Jahrbuch %> $ H. 3/ H H der Königlich Preussischen geologischen Landesanstalt und Bergakademie Berlin für das Ja h r 1887. ; { Berlin. In Commission bei der Simon ScHROPP’schen Hof- Landkartenhandlung (J. H. Neumann). 1888. I ii 1i a 1 t. i. Mittheilungen aus der Anstalt. Seite 1. Bericht aber die Thätigkeit der Königl. geologischen Landesanstalt im Jahre 1887 ix 2. Arbeitsplan für die geologische Landesaufnahme im Jahre 1888 . . xix 3. Mittheilungen der Mitarbeiter der Königlichen geologischen Landes- anstalt über Ergebnisse der Aufnahmen im Jahre 1887 xxv K. A. Lossen: Ueber Aufnahmen im Brocken-Massiv und auf Blatt Harzburg xxv M. Koch: Ueber Aufnahmen auf Blatt Harzburg xxxn A. Half ak : Ueber die Auffindung von Petrefacten zwischen Bruch- berg - Ackerquarzit und Osteroder Grünsteinzug und über Aufnahmen auf Blatt Zellerfeld xxxvil A. von Koenen: Ueber Aufnahmen westlich und südwestlich vom Harz xli T ii. Ebert: Ueber Aufnahmen im Bereich der Blätter Waake und Gelliehausen xlii J. G. Bornemann: Ueber Aufnahmen auf Blatt Wutha .... xliv R. Scheibe: Ueber Aufnahmen auf den Blättern Friedrichroda und Ohrdruf xlv E. Zimmermann : Ueber Aufnahmen auf Blatt Crawinkel .... xlviii H. Proescholdt: Ueber Aufnahmen und Revisionen der Blätter Meudhausen, Rodach, Hildburghausen und Dingsleben . . lviii F. Beyschlao: Ueber Aufnahmen auf Blatt Salzungen .... lix F. Beyschlaq: Ueber Aufnahmen in Hessen lxi E. Kaiser: Ueber Aufnahmen in der Gegend von Marburg und Dillenburg lxiv H. Grebe: Ueber Aufnahmen an Mosel, Saar und Nahe .... lxv E. Dathe: Ueber Aufnahmen in den Blättern Neurode, Langen- bielau und Rudolfswaldau lxxii * Seite F. M. Stapff: Ueber Aufnahmen in Section Charlottenbrunn . . lxxv Schütze: Ueber Aufnahmen in der Umgegend von Waldenburg und Landeshut lxxxvii F. Wahnschaffe: Ueber Aufnahmen in der Uckermark .... xc H. Grüner: Ueber Aufnahme des Blattes Wilsnack xcn K. Keilhack: Ueber Aufnahmen in der Gegend zwischen Belzig und Brandenburg xcv L. Beushausen : Ueber Aufnahmen auf den Sectionen Gross - Wusterwitz und Brandenburg xcvi A. Jentzsch: Ueber Aufnahmen auf den Blättern Pestlin und Gross -Krebs xcvii R. Klebs: Ueber Aufnahme des Blattes Schippenbeil und Unter- suchung des ost- und westpreussischen Tertiär .... ci H. Schröder: Ueber Aufnahme des Blattes Heilige Linde . . . cvi 4. Personal -Nachrichten cvin 5. Nekrolog auf A. von Groddeck Cix II. Abhandlungen von Mitarbeitern der König!, geologischen Landesanstalt. Untersuchungen über die Gliederung des unteren Muschelkalks in einem Theile von Thüringen und Hessen und über die Natur der Ooüth- körner in diesen Gebirgsschichten. Von Herrn W. Frantzen in Mei- ningen. (Tafel I — III.) 1 Ueber Fayolia Sterzeliana n. sp. Von Herrn Ch. E. Weiss in Berlin. (Tafel IV.) 94 Ueber das Vorkommen von Kersantit und Glimmerporphyrit in derselben Gangspalte, bei Unterneubrunn im Thüringer Walde. Von Herrn H. Loretz in Berlin 100 Mittheilungen über die Eruptivgesteine der Section Schmalkalden (Thüringen). Von Herrn H. Bücking in Strassburg i. Eisass. ( Tafel V.) .... 119 Bemerkungen zu dem Funde eines Geschiebes mit Pentamerus borealis bei Havelberg. Von Herrn F. Wahnschaffe in Berlin 140 Zur Frage der Oberflächengestaltung im Gebiete der baltischen Seenplatte. Von Demselben 150 Pseudoseptale Bildungen in den Kammern fossiler Cephalopoden. Von Herrn Henry Schröder in Berlin. (Tafel VI — VIII.) 164 Ueber Schlackenkegel und Laven. Ein Beitrag zur Lehre vom Vulkanismus. Von Herrn J. G. Bornemann sen. in Eisenach. (Tafel IX u. X.) . . 230 Ueber einen Damhirsch aus dem deutschen Diluvium. Von Herrn K. Keilhack in Berlin. (Tafel XI.) 283 Ueber einige neue Vorkommnisse basaltischer Gesteine auf dem Gebiet der Messtischblätter Gerstungen und Eisenach. Von Herrn L. G. Borne- mann jun. in Eisenach 291 Seite Die südliche baltische Endmoräne in der Gegend von Joachimsthal. Von Herrn G. Berendt in Berlin 301 Die fossile Pflanzengattung TylodendroD. Von Herrn H. Potonie in Berlin. (Tafel XII— XIII a.) 311 Ueber gewisse nicht hercynische Störungen am Südwestrand des Thüringer Waldes. Von Herrn H. Pkoescholdt in Meiningen 332 Diluviale Süsswasser- Conchylien auf primärer Lagerstätte in Ostpreussen. Von Herrn Henrv Schröder in Berlin. (Tafel XIV.) 349 Ergebnisse eines geologischen Ausfluges durch die Uckermark und Mecklen- burg-Strelitz. Briefl. Mittheilung der Herren G. Berendt und F. Wahn- schaffe an Herrn W. Hauchecorne. (Tafel XV.) 363 Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide am nördlichen Harzrande. Von Herrn G. Müller in Berlin. (Tafel XVI -XVIII.) . ...... 372 Beitrag zur Kenntniss von Dislocationen. Von Herrn A. von Koenen in GöttiDgen. (Tafel XIX.) 457 Das Vorkommen von Inesit und braunem Mangankiesel im Dillenburgischen. Von Herrn A. Schneider in Berlin. (Tafel XX.) 472 Abhandlungen von ausserhalb der Königl. geologischen Landesanstalt stehenden Personen. Ueber das Vorkommen des oberen Jura in der Nähe von Kirehdornberg im Teutoburger Walde. Von Herrn Georg Gante in Cassel ... 1 1. Mittheilungen ans der Anstalt. 1. Bericht über die Thätigkeit der Königlichen geologischen Landesanstalt im Jahre 1887. I. Die Aufnahmen im Gebirgslande. Im Mittelharze wurden von dem Landesgeologen Professor 1. Der Harz. Dr. Lossen die für die Ost- und Südostseite des Brockenmassivs und seines Contacthofes auf den Blättern Wernigerode und Elbingerode (G. A. 56 ; 9, 15) x) behufs des Abschlusses der Auf- nahmen erforderlichen Begehungen ausgeführt. Im Zusammen- OO O hange damit wurden einige Begehungen auf den geologisch ent- o 000 OO sprechenden Antheilen der Blätter Braunlage und Zellerfeld vor- genommen (G. A. 56; 14, 7). Darüber hinaus wurde auf Blatt Harzburg (G. A. 56; 8) die Kartirung in dem Gebiete zwischen Brocken, Ilsethal und Radau- thal im Granit, Gabbro und Eckergneiss fortgesetzt. Bezirksgeologe Dr. Koch brachte die Aufnahme nordöstlich vom Brockenmassiv auf Blatt Wernigerode zum Abschluss und kartirte alsdann auf Blatt Harzburg (G. A. 56; s) das Schiefer- gebirge beiderseits der Ecker und bis zur Radau auf der Nord- seite, sowie in der Umgebung des Forsthauses Torf haus auf der Westseite des Granits. Demnächst hatte derselbe noch einige Nachtragungen innerhalb der Blätter Elbingerode und Blankenburg (G. A. 56; 15, 16) vorzunehmen. x) (6. A. 5G; 9, 15) = Gradabtheilung 56; Blatt 9 und 15, X 2. Thüringen. Im Oberharze wurden vom Sekretär Halfar die Unter- suchungen in dem nordwestlichen Theile des Blattes Zellerfeld (Gr. A. 56 ; 7) in der Gegend von Bockswiese und Hahnenklee, sowie am Auerhahn fortgesetzt. Derselbe bewirkte mit Erfolg die Aufsuchung von Versteine- rungen im Thale »der Grossen Schacht« bei Riefensbeek. Am Nordrande des Harzes wurde von Professor Dr. Dames die Aufnahme des Blattes Halberstadt, dessen östliche Hälfte im Vorjahre untersucht worden war, auch in dem west- lichen Theile vollendet (G. A. 56; 11). Am Westrande des Harzes führte Bezirksgeologe Dr. Ebert die Aufnahme des grössten Theiles des Blattes Waake (G. A. 55; 29) dem Abschlüsse nahe und begann die Untersuchungen auf Blatt Gelliehausen (G. A. 55; 35), dessen westliche Hälfte grösstentheils fertig; gestellt wurde. Professor Dr. von Koenen vervollständigte die Untersuchung der Blätter Gandersheim, Seesen, Westerhof und Osterode in deren nicht hercynischen Theilen durch Eintragung der neueren Aufschlüsse (G. A. 55; 11, 12, 17, is) und brachte das Blatt Göttingen (G. A. 55, 28) bis auf eine Schlussrevision zum Abschluss. Ausser- dem begann er die Aufnahme des im westlichen Theile des Blattes Waake belegenen Abschnitts des Muschelkalkplateaus des Göttinger Waldes. Im nördlichen Thüringen wurde vom Bergingenieur Frantzen die Revision des Blattes Kreuzburg (G. A. 55; eo) zu Ende geführt. Dr. Bornemann jun. setzte die Untersuchung des Blattes Fröttstedt (G. A. 70; 2) fort. Dr. G. Meyer begann die Aufnahme der Blätter Heiligen- stadt und Dingelstedt, welche bis auf den südwestlichen Tlieil des ersteren Blattes und vorbehaltlich einer Schlussrevision fertig gestellt wurden und kartirte den südöstlichen Theil des Blattes Kella (G. A. 55 ; 41, 42, 47). Im Thüringer Walde brachte Bezirksgeologe Dr. Beyschlag die Aufnahme des Blattes Salzungen (G. A. 69; 12) zum Abschluss und revidirte den südlichen Theil der auf Blatt Eisenach XI (Gr. A. 69; 6) verbreiteten Ablagerungen des Rothliegenden und der Zechsteinformation. Professor Dr. Weiss führte die Aufnahme der Blätter Brotte- rode und Friedrichroda (G. A. 70; 70, 78) und des ihm übertragenen Antheiles des Blattes Wutha (G. A. 70; l) zu Ende und bewirkte in Gemeinschaft mit Dr. Scheibe eine Schlussrevision der Dar- stellung des Rothliegenden und der Zechsteinformation im süd- westlichen Theile des Blattes Ohrdruff (G. A. 70; 9) zur Herbei- führung des Anschlusses an das westlich angrenzende Blatt Friedrichroda. Professor Dr. Bücking führte unter Beihülfe des Dr. Linck eine Revision der Aufnahmen der Blätter Schmalkalden und Tam- bach (G. A. 70; 13, 14) aus. Professor Dr. von Fritsch setzte die zur Abschliessung der Erläuterungen zu den Blättern Suhl, Schleusingen und Tambach (G. A. 70 ; 21, 27, u) erforderlichen Revisionsbegehungen fort und bearbeitete das Blatt Remda (G. A. 70; 18). Dr. Zimmermann brachte die Aufnahme des Blattes Crawinkel (G. A. 70; 15) bis auf die letzte Revision zum Abschluss und führte einzelne für die Vorbereitung der Blätter Gotha, Neu- Dietendorf, Plaue und Stadt Ilm (G. A. 70; 3, 4, 16, 17) zur Publi- kation erforderliche Revisionsbegehungen aus. Landesgeologe Dr. Loretz setzte die Bearbeitung der Blätter Königssee und Schwarzburg (G. A. 70; 23, 24) so weit fort, dass dieselbe ihrer Vollendung nahe gerückt ist. Derselbe begann demnächst die zu einer Umarbeitung der älteren Aufnahmen des Blattes Ilmenau erforderlichen Begehungen (G. A. 70; 22). Im südlichen und südöstlichen Thüringen wurden von Dr. Proescholdt die Blätter Dingsleben und Hildburghausen behufs des Anschlusses an die Nachbarblätter revidirt (G. A.70; 32, 33) und letzteres Blatt druckfertig vollendet. Von demselben wurden ferner neu aufgenommen der zu Meiningen gehörende nordöstliche Theil des Blattes Mendhausen (G. A. 70; 37) und der nördliche Theil des Blattes Rodach (G. A.70; 39). Ilofrath Professor Dr. Liebe revidirte in Gemeinschaft mit Dr. Zimmermann den südlichsten Theil des Blattes Probstzella XII (G. A. 7 1 ; 25) und setzte mit demselben die Aufnahme der Blätter Lobenstein und Greiz (G. A. 7 1 ; 32, 24) fort, von welchen letzteres vollendet wurde. Um behufs der Herstellung einer Uebersichtskarte des Thüringer Waldes Uebereinstimmung unter den dort arbeitenden Geologen insbesondere hinsichtlich der Behandlung des Roth- liegenden und der zugehörigen Eruptivgesteine in den verschiedenen Aufnahmegebieten herbeizuführen, wurden unter Leitung des Geheimen Bergraths Professor Dr. Beyrich in der ersten Hälfte des Monats September gemeinschaftliche Excursionen im Thüringer Walde ausgeführt. 3. Die Provinz Im Regierungsbezirk Cassel setzte Professor Dr. Kayser n.'j.sj". die Aufnahmen in der Gegend von Marburg fort und vollendete hier die grössere Hälfte des Blattes Nieder -Weimar (G. A. 68; 15). Bezirksgeologe Dr. Beyschlag begann nach einigen Orien- tirungstouren in der Umgegend von Cassel die Aufnahme des Blattes Wilhelmshöhe (G. A. 55; 37). Derselbe führte ferner die letzten Revisionen in den Blättern Melsungen und Altmorschen aus (G. A. 55 ; 50, 56) und stellte die von dem verstorbenen Landes- geologen Dr. Moesta begonnene. Aufnahme des Blattes Ludwigseck fertig (G. A. 69; 2). Professor Dr. Bücking führte die Aufnahme der Blätter Neuswarts, Kleinsassen und Hilders weiter (G. A. 69; 22, 28, 29). Bergingenieur Frantzen nahm die nördliche Hälfte des Blattes Salmünster (G. A. 69; 43) und im Anschluss daran Tlieile der Blätter Steinau, Birstein und Gelnhausen (G. A. 69; 37, G. A. 68; 42, 48) auf. Im Interesse der Eisenbahn -Verwaltung wurden von dem- selben Untersuchungen zur Auffindung von zur Anlage von Stein- O 00 brüchen geeigneten Bausteinen für die Ausmauerung des Milseburg- Tunnels mit gutem Erfolge ausgeführt. Sie gaben zur Eröffnung eines grossen Steinbruches im Trochitenkalk auf dem kleinen Ziegenkopf bei Kleinsassen Anlass. Im Regierungsbezirk Wiesbaden setzte Professor Dr. Kayser die im Vorjahre begonnenen Aufnahmearbeiten in der Gegend von Dillenburg fort. Von dem Blatte Herborn wurde ein XIII grösserer im nordöstlichen Tlieile des Blattes liegender Abschnitt vollendet, während von den Blättern Dillenburg, Tringenstein und Ballersbach nur kleine, an erstere Aufnahme angrenzende Tlieile kartirt wurden (G. A. 67 ; 18, 24, G. A. 68; 13, 19). Professor Dr. Holzapfel bearbeitete das Blatt Dachsenhausen, welches seiner Vollendung nahe geführt wurde (G. A. 67; 45) und begann die Aufnahme des Blattes St. Goarshausen (G. A. 67; 5i). In der Rheinprovinz revidirte Landesgeologe Grebe unter Zugrundelegung der neuen Messtischblattaufnahmen die Blätter Trier und Pfalzel (G. A. 80; 14, 15). Behufs der Verbindung mit den Reichsländischen Gebietsantheilen revidirte derselbe ferner die Preussisclien Antheile der Grenzblätter Ittersdorf, Bouss, Saar- brücken, Dudweiler, Lauterbach, Emmersweiler und Hanweiler (G. A. 80; 44, 45, 46, 47, 51, 52, 53) und der Blätter Freisen, Ottweiler und St. Wendel (G. A. 80; 30, 35, 36), letzterer wegen des Anschlusses an die Bayerischen Gebietsantheile. In der Provinz Schlesien vollendete Dr. Stapfe die Aufnahme des Blattes Charlottenbrunn (G. A. 76; 13). Landesgeologe Dr. Datiie brachte die Aufnahme des Blattes Langenbielau zum Abschluss (G. A. 76; 20). Die Aufnahme der Blätter Rudolfs waldau, Neurode und Frankenstein (G. A. 76; 19, 26, 27) wurde von demselben weiter- geführt. Bergrath Schütze setzte die Aufnahme der Blätter Landeshut und Waldenburg fort (G. A. 75; 17, 18). II. Die Aufnahmen im Flaehüande unter besonderer Berücksichtigung der agronomischen Verhältnisse. Landesgeologe Professor Dr. Berendt bearbeitete in der durch Revisionsreisen nicht in Anspruch genommenen Zeit mit Hülfe der Culturtechniker Baldus und Wülfer die Blätter Templin, Gollin und Ringenwalde, deren ersteres fertiggestellt wurde (G. A. 28; 50, 56, 57). 4. Die lxhein- provinz. 5. Die Provinz Schlesien 6. Ucker- iniirkisches Arbeitsgebiet XIV 7. Havel- Kindisches Arbeitsgebiet. 8. Insel Rügen 9. West- preussen. 10. Ost- preussen. Landesgeologe Dr. Wahnschaffe bearbeitete mit Hülfe des Culturtechnikers Toellner das Blatt Boitzenburg und vollendete dasselbe (G. A. 28; 44). Bezii’ksgeologe Dr. Klockmann begann und beendete mit Hülfe des Culturtechnikers Blüthner die Aufnahme der Blätter Wusterhausen a. D. und Wildberg (G. A. 44; 7,8). Professor Dr. Grüner führte die im Vorjahre begonnene Auf- nahme des Blattes Wilsnack (G. A. 43; 4) bis auf einen kleinen Antheil zu Ende. Bezirksgeologe Dr. Keilhack bearbeitete mit Hülfe der neu- eingetretenen Culturtechniker Poiilig, Gossner und Herberger, nachdem er dieselben in die Aufnahmemethode eingeführt hatte, die Blätter Göttin, Glienicke, Golzow und Damelang (G. A. 44; 38, 43, 44, 45). Landesgeologe Dr. Läufer führte die im Vorjahre begonnene Aufnahme des Blattes Gross-Kreuz (G. A. 44; 33) zu Ende, be- arbeitete alsdann in Gemeinschaft mit Dr. Beushausen das Blatt Gross -Wusterwitz (G. A. 44; 37) und begann die Untersuchung des Blattes Kyritz (G. A. 44; 1). Dr. Beushausen vollendete nach Abschluss des Blattes Gross- Wusterwitz die im Vorjahre von Professor Dr. Scholz begonnene Kartirung des Blattes Brandenburg (G. A. 44; 32). Professor Dr. Scholz setzte die Aufnahme der Insel Rügen in den Blättern Putbus und Vilmnitz fort (G. A. 11; 7,8). Dr. Jentzsch begann und vollendete die Aufnahme des Blattes Pestlin (G. A. 33; 11) und führte sodann diejenige des Blattes Gross -Krebs weiter (G. A. 33; 17). Dr. Klebs begann die Aufnahme des Blattes Schippenbeil (G. A. 18; 47) und brachte dieselbe zum Abschluss. Dr. Schroeder beendete die im Vorjahre angefangene Auf- nahme des Blattes Heiligelinde (G. A. 18; 60) bis auf eine noch erforderliche Schlussrevison. Alsdann begann derselbe eine Revision und die Fortsetzung der Aufnahmearbeiten in Blatt Bischofstein (G. A. 18; 58), dessen Untersuchung Dr. Noetling vor seiner Berufung nach Indien in Angriff' genommen hatte. XV Im Laufe des Jahres sind zur Publikation gelaugt: A. Karten. 1. Lieferung XXXII, enthaltend die Blätter Calbe a. M., Bismark, Schinne, Gardelegen, Klinke, Lüderitz 6 Blätter. 2. Lieferung XXXIV, enthaltend die Blätter Lindow, Gross-Mutz, Klein-Mutz, Wustrau, Beetz, Nassenheide 6 » 3. Lieferung XXXV, enthaltend die Blätter Rhinow, Friesack, Brunne, Rathenow, Idaage, Ribbeck, Bamme, Garlitz, Tremmen ... 9 » zusammen 21 Blätter. Es waren früher publicirt 173 » Mithin sind im Ganzen publicirt . . . 194 Blätter. Was deu Stand der noch nicht publicirten Kartenarbeiten betrifft, so ist derselbe gegenwärtig folgender: 1. In der lithographischen Ausführung sind ausserdem noch beeudet : Lief. XXXIII, die Gegend von Schillingen, Hermeskeil etc 6 Blätter. Lief. XXXVI , die Gegend von Uers- feld etc. ....... ... 6 » zusammen 1 2 Blätter. Die Publicirung dieser Blätter wird binnen Kurzem erfolgen. 2. In der lithographischen Ausführung begriffen sind 43 Blätter. 3. In der geologischen Aufnahme fertig, jedoch noch nicht zur Publikation iu Lieferungen abgeschlossen 136 » 4. Iu der geologischen Bearbeitung begriffen .108 » Summa 299 Blätter. Einschliesslich der publicirten Blätter in der Anzahl von 194 » sind demnach im Ganzen bisher zur Unter- suchung gelangt 493 Blätter. Stand der Publikationen. XVI Debit der Publikationen. B. Abhandlungen und Jahrbuch. 1. Band VII, Heft 3. Untersuchungen über den inneren Bau westfälischer Carbon -Pflanzen. Von Dr. Joh. Felix. Hierzu Tafel I — VI. — Beiträge zur fossilen Flora, IV. — Die Sigillarien der preussischen Steinkohlen- gebiete, I. Die Gruppe der Favularien, übersichtlich zusammengestellt von Prof. Dr. Weiss. Hierzu Tafel VII — XV. — Aus der Anatomie lebender Pteridophyten und von Cycas revoluta. Vergleichsmaterial für das phytopalaeontologische Studium der Pflanzen -Arten älterer Formationen. Von Dr. Potonie. Hierzu Taf. XVI -XXI. 2. Band VII, Heft 4. Beiträge zur Kenntniss der Gattung Lepi- doius. Von Professor Dr. W. Branco. Hierzu ein Atlas mit 8 Tafeln. 3. Band VIII, Heft 2. Ueber die geognostischen Verhältnisse der Umgegend von Dörnten nördlich Goslar, mit besonderer Berücksichtigung der Fauna des oberen Lias. Von Dr. Aug. Denckmann. Hierzu ein Atlas mit 10 Tafeln. 4. Jahrbuch der Königl. Preuss. geol. Landesanstalt und Berg- akademie für 1886. XCI und 369 Seiten Text und 13 Tafeln. Nach dem Berichte für das Jahr 1886 betrug die Gesammt- zahl der im Handel debitirten Kartenblätter . . 17 979 Blätter. Im Jahre 1887 wurden verkauft: von Lieferung I, Gegend von Nordhausen . . 40 Bl. » » ii, » » Jena . 27 y> » hi, » » Bleicherode . 17 IV, * » Erfurt . . 32 116 Blätter. Latus 18095 Blätter. XVII Transport 1 8 095 Blätter. von Lief. V, Gegend von Zöi'big .... 3 Bl. » » VI, » Saarbrücken I. Tlieil . . 11 » » » VII, » » II. * 8 » » » VIII, » » Riechelsdorf . 17 » » » IX, des Kyffliäusers 39 » » » X, von Saarburg . 6 » » » XI, » » Berlin Nordwesten (Nauen etc.) . 9 » » » XII, » » Naumburg a. S. . 26 » » » XIII, » » Gera 11 » » » XIV, » » Berlin Nordwesten (Spandau etc.) 12 » » » XV, » » Wiesbaden 23 » » » XVI, » » Mansfeld . 35 » » » XVII, » » Triptis - Neustadt 9 » » » XVIII, » » Eisleben 4 » » » XIX, » » Querfnrt 36 » » » XX, » Berlin Süden (Teltow etc.) . 32 » » » XXI, » » Frankfurt a. M. . 21 » » » XXII, » » Berlin Süd westen ( Potsdam etc.) 29 » » » XXIII, » » Ermschwerd . . 33 » » » XXIV, » » Tennstedt . . 15 » » » XXV, » » Mühlhausen . 19 » » » XXVI, » » Berlin Südosten (Cöpenick etc.) 46 » » » XXVII, » » Lauterberg a. Harz 11 » » » XXVIII, » » Rudolstadt 16 » » » XXIX, » » Berlin Nordosten 40 » » » XXX, » » Eisfeld in Thür. 30 » » » XXXI, » » Limburg . 46 » » » XXXII, » » Gardelegen . 214 » so dass im Ganzen durch den Verkauf debitirt sind: 18 896 Blätter. Jahrbuch 1887. b XVIII Von den sonstigen Publikationen sind verkauft worden: A b h andlunge n. Band I, Heft 1. (Eck, Rüdersdorf und Umgegend) 1 Exempl » » » 2. (Schmidt, Keuper des östlichen Thüringens) 1 » » » » 4. (Meyn, Insel Sylt) 2 » » II, » 1. (Weiss, Steinkolilen-Calamarien) . 2 » » » » 2. (Orth, Rüdersdorf und Umgegend) 3 » » » » 3. (Berendt, Umgegend von Berlin) 3 » » IV, » 4. (Speyer , Bivalven des Casseler Tertiärs) 2 » » V, » 3. (Noetling, Fauna d. samländischen Tertiärs) 1 » » » » 4. (Liebe, Schichtenaufbau Ost-Thü- ringens) 6 » » YI, » 1. (BeüSHAUSEN, Oberharzer Spiriferen- sandstein) 4 » » VII, » 2. (Berendt, Märkisch -Pommersches Tertiär) 2 » » » » 3. (Felix, Weiss, Potonie, Carbon- pflanzen ......... 46 . » » » » 4. (Branco, Lepidoten) 41 » » VIII, » 1. (Geologische Karte von Berlin und Umgegend) 18 » » » » 2. (Denckmann, Umgegend v. Hörnten) 43 » Ferner: Jahrbuch für 1885 6 Exempl » » 1886 41 » Weiss, Flora der Steinkohlenformation 30 » Geologische Karte des Harzgebirges 5 » Höhenschichtenkarte des Harzgebirges 3 » Karte der Umgegend von Thale 3 » ö O Geologische Karte der Stadt Berlin 8 » XIX 2. Arbeitsplan für die geologische Landesaufnahme im Jalire 1888. S. !m Harz und seiner Umgebung. Professor Dr. Lossen wird die Aufnahme des Blattes Harzburg (Gr. A. 56 ; s) fortsetzen. Bezirksgeologe Dr. Koch wird die vou Bergrath von Groddeck o o o bearbeiteten , jedoch nicht ganz vollendet hinterlassenen An- theile der Blätter Seesen, Osterode, Zellerfeld und Riefensbeek (G. A. 55; 12, 18. 56; 7, 13) behufs der Vorbereitung der Publication und der Erläuterungen begehen und die Aufnahme ergänzen. Nächstdem wird derselbe sich an der von Professor Dr. Lossen fortgesetzten Aufnahme des Blattes Harzburg betheiligen. Sekretär Halfar wird die Aufnahme des liercynischen Theiles des Blattes Goslar (G. A. 56 ; 1) und die Ergänzung der Aufnahme im nördlichen Theile des Blattes Zellerfeld abschliessen. Professor Dr. Dames wird die Untersuchung des Blattes Ballenstedt in seinem nicht hercynischen Theile in Angriff nehmen (G. A. 56; 18). Bezirksgeologe Dr. Ebert wird die Aufnahme des Blattes Waake (G. A. 55; 29) abschliessen und diejenige des Blattes Gelliehausen weiterführen (G. A. 55; 35). b* XX Professor Dr. von Koenen wird die von ihm begonnene Revision der Blätter Gandersheim, Seesen, Westerhof und Osterode (G. A. 55; n, 12, 17, 18) zum Abschluss bringen und die Aufnahme der Umgegend von Göttingen (G. A. 55; 28) weiterführen. il. Im Thüringer Walde und seiner Umgebung. Bezirksgeologe Dr. Beyschlag wird die begonnene Vervoll- ständigung der Aufnahme des Blattes Eisenach (G. A. 69; g) ab- schliessen und die zur Veröffentlichung dieses Blattes und der Blätter Wutha und Fröttstedt (G. A. 70; i, 2) erforderlichen ver- gleichenden Untersuchungen austeilen, welche sich auch auf die nördlich angrenzenden Blätter erstrecken werden. Bergingenieur Feantzen wird die Revision der Blätter Kreuz- burg und Treffurt beenden (G. A. 55; GO, 54). Professor Dr. von Fritsch wird die Revision der Blätter Halle, Gröbers , Merseburg, Kötschau, Weissenfels und Lützen (G. A. 57 ; 34, 35, 40, 41, 46, 47) absehliessen und diese Blätter zur Veröffentlichung fertig stellen. Nächstdem wird derselbe die Aufnahme des Blattes Remda (G. A. 70; is) zu Ende führen. Landesgeologe Dr. Loretz wird die Kartiruug der Blätter Königssee und Schwarzburg (G. A. 70; 22, 24) fertig stellen und alsdann die Umarbeitung des Blattes Ilmenau (G. A. 70; 22) be- ginnen, bei welcher er von Dr. Zimmermann, Dr. Scheibe und für die Verbreitung des Steinkohlengebirges von Professor Dr. WEISS unterstützt werden wird. Dr. Zimmermann wird eine Schlussrevision des Blattes Cra- winkel (G. A. 70; 15) bewirken und nächst der Mitwirkung bei der Umarbeitung des Blattes Ilmenau dem Hofrath Professor Dr. Liebe bei den Aufnahmen im östlichen Thüringen Hülfe leisten. Dr. Proesciiolpt wird die Blätter Dingsleben und Rodach (G. A. 70; 32, 39) zur Veröffentlichung fertig stellen und, wenn die Zeit es gestattet, die Arbeiten in den Blättern Sondheim und Ost- heim (G. A. 69; 35, 36) fortsetzen. Hofrath Professor Dr. Liebe wird unter Mitwirkung des Dr. Zimmermann die Aufnahme des Blattes Naitschau (G. A. 71; 23) XXI zu Eude führen und diejenige der Blätter Waltersdorf und Schön- bach (G. A. 71 ; 18,29) möglichst zu fördern suchen. Während der durch diese Arbeiten nicht beanspruchten Zeit wird derselbe die Arbeiten in den Blättern Schleiz, Lehesten, Lobenstein und Hirschberg fortsetzen und eine Revisionsbegehung des fertig vor- liegenden Blattes Weida ausführen (G. A. 7 1 ; 27, 31, 32, 33, 17). Professor Dr. Weiss wird die für die Herstellung einer Uebersichtskarte des Thüringer Waldes erforderlichen Begehungen des Gesam mtgebietes ausführen und den Landesgeologen Dr. Loretz bei der Untersuchung des Steinkohlengebirges in dem Blatte Ilmenau (G. A. 70; 22) unterstützen. III. Im Regierungsbezirk Cassel. Professor Dr. Ivayser wird die Aufnahmen in der weiteren Umgebung von Marburg fortsetzen. Bezirksgeologe Dr. Beyschlag wird die Aufnahme des Blattes Wilhelmshöhe (G. A. 55; 37) fortsetzen, und wenn thunlieh, die- jenige des Blattes Cassel (G. A. 55; 38) beginnen. Professor Dr. Oebbeke wird nach einer Schlussrevision des ' Blattes Niederaula und Beendigung der Aufnahme des Blattes Neukirchen diejenige des Blattes Schwarzenborn in Angriff nehmen (G. A. 69; 8, 7, 1). Bergingenieur Frantzen wird die Aufnahme des Blattes Sal- münster (G. A. 69; 43) abschliessen und diejenige der angrenzenden Blätter Birstein, Steinau und Altengronau (G. A. 68; 42. 69; 37,44) weiterführen. Professor Dr. Bücking wird behufs der Veröffentlichung der Blätter Gelnhausen , Langenselbold , Bieber und Lohrhaupten (G. A. 68 ; 48, 53, 54. 69; 49) einige Revisionsbegehungen innerhalb dieser von ihm aufgenommenen Blätter ausführen und, wenn thun- lieh, die Aufnahme innerhalb der Blätter Neuswarts, Kleinsassen und Hilders fortsetzen (G. A. 69; 22, 28, 29). Neben diesen Arbeiten für die geologische Specialkarte wird unter Leitung und Mitarbeit des Professors Dr. Kayser von den Herren Dr. Leppla und Dr. Denckmann die Bearbeitung eines XXII neuen Blattes Waldeck -Cassel der geologischen Uebersichtskarte von Rheinland -Westphalen im Maassstabe 1 : 80000 in Angriff genommen werden. IV. Im Regierungsbezirk Wiesbaden. Professor Dr. Kayser wird die Aufnahme der Blätter Dillen- burg, Herborn, Tringenstein und Ballersbach (G. A. 67; 18,24. 68; 13, 19) fortsetzen. Professor Dr. Holzapfel wird das Blatt Dachsenhausen ab- schliessen und das Blatt St. Goarshausen zu vollenden suchen (G. A. 67 ; 45, 5l). V. In der Rheinprovinz. Landesgeologe Grebe wird im Regierungsbezirk Trier die zur Uebertragung seiner auf alten Messtischblättern ausgeführten und fertig vorliegenden Aufnahmen auf die von der Königlichen Landesaufnahme hergestellten neuen Messtischblätter erforderlichen Begehungen und Umarbeitungen vornehmen, und zwar zunächst für die Blätter Wallendorf, Bollendorf, Cordeil und Ehrang (G. A. 79; 3. 80; 7, 8, 9) und wenn thunlichst demnächst für die nördlich angrenzenden Blätter. Ausserdem wird derselbe die zur Veröffentlichung der dem Nahe- Gebiet angehörenden Blätter Buhlenberg, Birkenfeld, Noh- felden, Freisen, Ottweiler und St. Wendel (G. A. 80; 23, 24, 29, 30, 35, 36) erforderlichen Revisionsbegehungen ausführen. VI. In der Provinz Schlesien. Landesgeologe Dr. Dathe wird die Aufnahme der an das vollendete Blatt Langenbielau (G. A. 76; 20) angrenzenden Blätter Reichenbach und Rudolfswaldau (G. A. 76; 14, 19) zum Abschluss bringen, damit demnächst die Veröffentlichung der genannten drei Blätter und des Blattes Charlottenbrunn (G. A. 76; 13) bewirkt werden könne. Dr. Stapfe wird die Aufnahmearbeiten in dem Blatte Schweid- nitz (G. A. 76; 7) fortsetzen. XXIII VII. Im Aufnahmegebiet des Flachlandes. a) Uckermärkisches Arbeitsgebiet. Landesgeologe Professor Dr. Berendt wird mit Hülfe der o O neu eiugetretenen Hülfsgeologen Dr. Lattermann und Müller, sowie zeitweise des Culturteclinikers Wülfer die Blätter Golliu, Ringenwalde und Gerswalde fertig stellen (G. A. 28; 56, 57, 5i). Der- selbe wird ausserdem die erforderlichen Revisionsreisen im ge- sammten Arbeitsgebiet des Flachlandes ausführen. Landesgeologe Dr. Wahnschaffe wird mit Hülfe des Cultur- technikers Blütiiner und Hübinger die Aufnahme der Blätter Fürsten werder, Dedelow und Hindenburg fortsetzen (G. A. 28; 38, 39, 45). Dr. Ivlebs wird Blatt Prenzlau bearbeiten und eventuell nach dessen Vollendung auf Blatt Nechlin übergehen (G. A. 28; 40, 34). Dr. Schröder wird das Blatt Wallmow aufnehmen und eventuell nach dessen Abschliessung das Blatt Brüssow in Angriff1 nehmen (G. A. 28 ; 41, 35). Dr. Beushausen wird das Blatt Brandenburg (G. A. 44; 32) revidiren und die Aufnahme der Blätter Bietikow und Gramzow beginnen (G. A. 28 ; 46, 47). b) Aufnahmegebiet der Priegnitz. Professor Dr. Grüner wird nach Abschliessung des Blattes Wilsnack (G. A. 43; 4) unter Hülfeleistung der Culturtechniker Töllner und Gossner die Blätter Glöwen und Deinertin be- arbeiten (G. A. 43; 5, e). Dr. Klockmann wird Blatt Tramnitz (G. A. 44; 2) beenden und eventuell das bereits in der Aufnahme begriffene Blatt Ivyritz (G. A. 44; 1) fertig zu stellen suchen. c) Aufnahmegebiet der Insel Rügen. Professor Dr. Scholz wird die Aufnahme der Blätter Lubkow, Putbus, Vilmnitz und Middelhagen (G. A. 11; 6, 7, 8, 9) zu be- enden suchen und eventuell nach deren Vollendung nach Westen weitergehen. XXIV d) Ilinterpommersches Arbeitsgebiet. Bezirksgeologe Dr. Keilhack wird unter Hülfeleistung des Culturtechnikers Pohlitz die Bearbeitung der Blätter Voldekow, Bublitz, Gross -Karzenburg, Gramenz, Wurchow und Kasimirshof (G. A. 31; l, 2, 3, 7, 8, 9) in Augrifl- nehmen und dabei zugleich die Unterweisung; der neu eingetretenen Culturtechniker BaldüS und o o Burek bewirken. e) Westpr eussisches Arbeitsgebiet. Dr. Jentzsch wird die Aufnahme der Blätter Gross -Krebs, Riesenburg und Gross-Radau (G. A. 33 ; 17, 18, 12) weiterführen. XXV 3. Mittlieilungen der Mitarbeiter der Königlichen geologischen Landesanstalt über Ergebnisse der Aufnahmen im Jahre 1887. Mittheilung des Herrn K. A. Lossen über Aufnahmen im Brocken-Massiv und auf Blatt Harzburg. Im Anschluss an die Untersuchungen des Vorjahrs und ältere Voruntersuchungen x) und unter Berücksichtigung der seiner Zeit durch Chr. Fr. Jasche* 2) getroffenen Unterscheidungen wurde das Brocken-Massiv einer umfangreicheren und eingehenderen Durch- o o forschung unterworfen behufs Lösung der Frage, in wie weit substanzielle und structurelle Verschiedenheiten der darin auftretenden Gesteine eine Gliederung des selb eil in solche Glieder zulassen, welchen eine besondere geologische Bedeutung zukommt. Substanziell kommt namentlich die Vertheilung von Turmalin (Schörl) einerseits und die von Malakolith - Augit andererseits in Betracht. Structurell tritt der schlichte, deutlich und dabei möglichst gleichmässig und richtungslos körnige Granit (Eugranit im engeren Sinne des Worts) Ü Yergl. dieses Jahrb. f. 1882, S. xxff. , sowie Zeitschr. d. Deutsch, geol. Gesellsch. 1876, S. 405; 1880, S. 206 u. 1887, S. 233 ff. 2) Die Gebirgsformationen in der Grafschaft Wernigerode am Harz etc. 2. Aufl. 1863. Abschn. I. Es bedarf nicht erst der Erwähnung, dass unsere Vorstellungen, welche wir vom Granit hegen, ganz andere sind, als die Jasche’s; das hindert uns aber nicht, seinen thatsächlichen Beobachtungen und Unter- scheidungen gerecht zu werden. XXVI in Gegensatz zn Jen ganz oder theilweise als Schriftgranit aus- gebildeten Spielarten, dem Pegmatit und Mikropegmatit, und zu den mehr oder minder ausgesprochen porphyrischen Spielarten, dem porphyrartigen Granit, Granitporphyr und der Granophyr- oder Porphyr -Facies des Granits; daneben ist die drüsige Be- schaffenheit gegensätzlich zu der geschlossenen. Hinsichtlich der besonderen geologischen Rolle verdienen die gangförmigen Ge- birgsglieder Berücksichtigung neben den Gesteinen des stockförmigen Massivs, sowie innerhalb dieses letzteren die Unterschiede des Kerns und der Hülle oder diejenigen randlicher und innerer Zonen. Eine innere Zone ist z. B. die Zone der Gabbro-Granite Jasche’s, d. h. der Granite, welche diagonal durch das Massiv den Gabbro von Hasserode über den Meineckenberg und die Gruhe mit dem Harzburger Gabbro an der Ecker verbinden, während der Ilsen- steiner Granit Jasche’s ebenso deutlich eine Randzone zusammen- setzt. — Unter diesen Gesichtspunkten lassen sich die Ergebnisse der einschlägigen Untersuchungen zusammenfassen, wie folgt: 1. Substanziell ist Turmalingehalt an und für sich für keinen der Harzgranite als solchen allein bezeichnend, er kommt vor im Eugranit des Brockengebiets, im Granit der Gabbro- Granit- Zone, im Ilsensteiner, wie im Andreasberger Granit, in den Gängen im Gabbro, selbst im Hohne-Diorit (speciell in der von Keibel analysirten, auf der Universität zu Berlin bewahrten Probe), fehlt nicht ganz im Rammberggranit und wird für den Ockergranit geradezu als besonders charakteristisch angegeben, was indessen wohl eher für das vielbegangene Ockerthal, in dem der Granit fortwährend an den Hornfels grenzt, als für die grössere östlich anschliessende Masse gelten dürfte. — Immerhin scheint der Tur- malin in der nordöstlichen Ilsensteiner und der südwestlichen Andreasberger Randzone des Brocken - Massivs als Drusen- mineral besonders stark hervorzutreten, wie dies wohl auch für den, übrigens viel selteneren Flussspath gilt. 2. Augitische Mineralien sind im Granit bisher nur aus der Gabbro - Granitzone und zwar hier unbeschadet des höheren oder niederen Kieselsäuregehalts und unbeschadet der eugranitischen oder mikropegmatitischen Structur gefunden. Ebenso auch in Granit- XXVII gangen zwischen dem Radautlial und der Ostseite des Ocker- grauits uud ganz speciell in dem Augitgranitit, der in schmalen, übrigens recht quarzarmen Gängen der Harzburger Gabbroformation und ihres metamorphosirten Nebengesteins auftritt. Dagegen ist der Malakolith-Augit, von dem letztgenannten Vorkommen abge- sehen, keineswegs in allen Graniten dieser Zone oder dieser Gänge vorhanden, viel eher in der Minderzahl derselben, ja anscheinend, obwohl sich das nicht ohne umfangreiche mikroskopische Studien sicher behaupten lässt, ist die grosse Mehrzahl augitfrei. Der Hauptaugitgehalt ist im Augitquarzdiorit, Augitdiorit und Gabbro zu suchen, die auf der Ost- und Westseite des Brockengranits stehen, in einzelnen Vorkommnissen aber auch inmitten der Gabbro- Granitzone zwischen dieser Ost- und Westseite und noch jenseits des Harzburger Gabbro gegen den Ockergranit hinzu Vorkommen. (Meineckenberg, Grube, Ferdinandsthal, Silberborn). 3. Eine scharfe Grenze zwischen den basischeren Augit- führenden Granititen und den saureren Augit-Biotit-Quarzdioriten giebt es ebenso wenig als zwischen den basischeren Augit-Biotit- Quarzdioriten und den sauersten Gabbro -Typen (Biotit- Augit- Gabbro). Das weist uns auf die annähernde Gleichaltrigkeit des Gabbro-Gran its mit den Dioriten und Gabbros hin. 4. Es giebt zwar andererseits ganz zuverlässig Granit- Gänge im G a b b r o , wel che auf das rel ativ jüngere Alter eines Theiles der Granitformation hinweiseu, aber es giebt auch Granit-Gänge im Granit, was für die lange Dauer der Granit- Aufpressung spricht. Der Ilsensteiner Granit greift an seinem NW. -Ende westlich von der Ecker vom Kalte- thalskopf her direct mit seinen Ausläufern in den Gabbro bei Harzburg ein, so dass man speciell diesen Theil der Brocken- granit-Formation als den jüngsten bezeichnen darf, um so mehr als er porphyrische Apopliysen in der NW.- SO. -Richtung, ent- sprechend seiner Axeuriehtung , aussendet und quer gegen das vorherrschende Streichen der Harzschichten gerichtet ist. Der Augit- Gehalt gewisser Granit- Gänge im Gabbro dürfte darauf hindeuten , wie allmählich ’ das aufgepresste Magma wieder die reine Granit-Mischung annahm. XXVIII 5. Eine Stelle wenig unterhalb des Radauborns , an welcher Granit und Bastit-Serpentin aneinandergrenzen und der letztere wallnuss- bis faustdicke Kerne von typischem eugranitischem Brockengranitit nmschliesst, die gegen den Serpentin hin von einer basischeren, glimmerreicheren und Bisilicat führenden Hülle umgeben sind, zeigt das umgekehrte Verhältniss derjenigen Granite der Gabbro-Granit-Zone oder der Harzburger Gangformation, welche basische Kerne in einer sauren Hauptmasse bergen (in einem Harzburger Ganggranit mit 75,98 pCt. Si02 z. B. ein Augit reiches Gestein von nur 44,57 pCt. Si-C^); gleichviel ob man diese Kerne als Bruchstücke ansehen will oder als Folge unhomogener Erstarrung zweier gemischter Magmen, wird man hier, wo die basische Hauptmasse das umhüllende Ge- stein ist, dazu geführt, derselben eine relativ spätere Festwerdung als dem Granit zuzuerkennen; bezeichnender Weise liegt diese Stelle auf der Grenze des bis gegen den Sclmbenstein vorge- schobenen Andreasberger Granits und des Gabbro- Granits, der bis in die Gegend des Abbensteins zu reichen scheint. — Es reden diese Verhältnisse der Auffassung das Wort, wonach die Eruption der basischeren Eugranite (Diorite, Gabbros etc.) eine vorübergehende Phase während der längere Zeit vor und nach ihrer Aufpressung andauernden Granit- Eruption war. 6. Structurell und substanziell sind Ilsensteiner und Andreas- berger Granit nahezu gleichartig mit dem Unterschiede jedoch, dass in dem letzteren granitporphyrische Structuren mehrfach die sonst hier wie dort herrschenden mikropegmatitischen vertreten. Eine Altersgleichheit ist aus dieser Uebereinstimmung indessen nicht abzu leiten, da der Ilsensteiner Granit sicht- lich jünger als die Gabbroformation ist, wie oben dargethan; nur so viel scheint daraus abzuleiten, dass nach und vor der Gabbro- Eruption die gleichen Mischungsverhältnisse im Eruptionsheerde geherrscht haben. Auch können jene vom Eugranit abweichenden Structurformen nicht schlechthin als an die Aussenseite des Granit-Massivs gebunden bezeichnet werden oder an die ursprüng- liche Oberfläche der unter den erst später weggewaschenen Sedi- XXIX menten im Erdinneren erstarrten Eruptivmasse, obwohl dieselben im Extrem ihrer Ausbildung, einschliesslich der Drusigkeit und der charakteristischen Drusenmineralien hier ihre Stelle haben. Im SW. der Brockengruppe unterlagert der solchergestalt abnorm er- « starrte Andreasberger Granit in einer ungeahnt breiten Ausdehnung die Reste der erodirten Hornfels-Decke, setzt aber auch da noch fort, wo diese aufhören, offenbar zufolge einer nur um einen ge- ringen Betrag tiefgreifenderen Erosion. Gegen NO., also in der vorherrschenden Streichrichtung der Harzschichten, gegen den Brocken hebt sich der eugranitische Kern aus der Hülle dieses Andreasbe rger Granits heraus, das sind die Granit- Massen der hohen Gipfel, die Brockengranite im engeren Sinne des Worts. An ihre NW.-, N.-, NO.- und O.- Seite legt sich nun aber nicht der Ilsensteiner Granit als eine den Andreas- berger Granit auf der gegenüberliegenden Seite ergänzende Hülle an. Wohl umgeben auch hier zur Mikropegmatit- Structur hin- neigende oder sogar ausgezeichnet mikropegmatitische Granite den Eugranit, aber sie sind nicht so drüsig wie der Andreasberger und der Ilsensteiner Granit, sie führen z. Th. Augit und sind un- trennbar eng verbunden mit den noch mehr nach Aussen liegen- den Gabbro-Graniten, die Quarzdiorite und Gabbro -Massen einhüllen und dabei wieder echt eugranitisch werden, als habe die Aufpressung des aus grösserer Tiefe stammenden schwereren basischeren Magmas zugleich eine Wärmezufuhr und damit lang- samere gleichmässigere grobkörnigere Auskrystallisirung bedingt. Erst dann folgt nach Aussen der von Hasserode bis nahe an den Harzburger Schlossberg reichende Ilsensteiner Granit, der nirgends direct mit dem Andreasberger Granit in gleicher Ausbildung zusammenhängt und vielmehr einen mächtigen randlichen Nachschub der wiedergekehrten reinen Granit-Masse in der jüngeren hercynischen Streichrichtung bedeutet, als einen Krustentheil des Brockengranits. Das spricht sich dann auch aus im Fehlen der auflagernden IIornfels- Massen, die den Andreasberger Granit auszeichnen, während die Gabbro - Granite reich an in die Tiefe gestürzten Hornfels- Schollen sind, die bis in die Thalsohlen der tiefen Thäler reichen. XXX Dem Ilsensteiner Granit müssen zeitlich die Granitgänge im Gabbro zugerechnet werden, obwohl sie grossentheils, wenn sie nicht gar zu geringmächtig sind, eugranitische oder porphyrartig- eugranitische Structur besitzep, was wohl ebenfalls der Wärme- zufuhr durch den Gabbro zugeschrieben werden muss, wie denn ja auch der Gabbro selber sichtlich viel weniger zur Feinkörnig- keit oder gar porphyrähnlichen Structur neigt, als der Granit, obwohl örtlich Verdichtungen nicht ganz fehlen. Will man nach diesen Ergebnissen den Brocken granit gliedern, so würden demnach zu unterscheiden sein durch Nüancen derselben Grundfarbe oder Signaturen auf derselben: 1. Der Eugranit der engeren Brockengruppe (Granit der mittleren Hochgipfel), 2. die Mikropegmatit- oder Granitporphyr - reiche drüsige Hülle desselben im S.-, SW.- und W.: Andreasberger Granit, 3. die Gabbro-Granit-Zone, in welcher überdies die basischeren Quarzaugitdiorit- und Gabbro -Massen die ihnen zukömmlichen Farben zu erhalten hätten, 4. der Ilsensteiner Nachschub-Granit, 5. die porphyrischen Apophysen dieses letzteren, 6. Harzburger Gang- Granite und Granite in den Dioriten und Gabbros der Hohne, einschliesslich 7. der Audalusit - führenden porphyrisch - felsitischen bis gneissigen Granit-Bandstücke oder Gänge 1). Ueber die sonstigen Fortschritte speciell auf Blatt Harzburg wird Herr Koch, welcher unter meiner Leitung den grössten Theil der den Granit nicht betreffenden Aufnahmen ausgeführt hat, specieller berichten. Generell sei nur bemerkt: 1. Die Umwandlung der typischen Kieselschiefer, sowohl der Culmkieselschiefer, als der unterdevonischen (letztere auf den Bl. Wernigerode und Elbingerode^ im Granitcontact zu zuckerkörnigen Quarziten hat sich überall sehr deutlich ') Vergl. Zeilschr. d. Deutsch, geol. Gesellsch. 1887, S. 234. XXXI bestätigt gefunden und konnten darnach Hauptquarzit-Einlagerungen, welche frühere Forscher verzeichnet hatten, sicher als Culmkiesel- schiefer an mehreren Stellen nachgewiesen werden. 2. Die Zusammengehörigkeit der sehr Kali-reichen, durch kleine Orthoklas - Krystalloide scheckig gezeichneten bis dichten, weissliehen bis gelblichweissen oder grauen Bandhorn- felse1), welche früher mit Kalkhornfelsen verwechselt worden sind, zum Kieselschiefer als umgewandelte Wetz- oder Adinolschi efer-Lagen ist ebenso sicher erwiesen für das gleiche Verbreitungsgebiet und für Culm, wie für Devon. Der hohe Kali-Gelialt ist wohl durch Verdrängung des Natron-Silicats durch Kali-Silicat bei der Metamorphose zu erklären. 3. Eckergneisse stehen ausserhalb der grossen zusammen- hangenden Masse des Eckergebiets z. B. ganz typisch entwickelt zu- sammen mit zuckerkörnigem Kieselschiefer - Quarzit an der W.- Seite des Unteren Radaubergs neben einem Granit-Durchbruch an und sind hier sicher hochgradig metamorphosirte Culmschiefer- Hornfelse, in Einklang mit der Darstellung der Uebersichtskarte; doch dürften Grauwacken-Aequivalente im Eckergneiss nicht fehlen, ob auch Kieselschiefer - Aequivalente , muss noch dahin gestellt bleiben. Die chemische und mikroskopische Untersuchung der Eeker- gneisse ist z. Th. bereits durchgeführt, die Kieselsäure- Wertlie schwanken danach unter Miteinbeziehung der C. W. C. Füchs- schen älteren Analysen zwischen 80,96 und 59,09 pCt., die Basen schwanken z. Th. ebenfalls recht auffällig. Unter deu von Kayser seiner Zeit gesammelten Ecltergneiss-Proben finden sich mehrfach feinkörnige glimmerführende Gabbro-Gesteine. 4. An der neugebauten Kohleborn -Strasse wurde ein sehr deutlicher Gang grobkörnigen Gabbros im Bastit-Olivin- Serp entinfels beobachtet. Er enthält auch deu schon Jasciie nicht unbekannten schönen rotlien Rutil, allem Anschein nach durch Umwandlung aus Titaneisenerz hervorgegangen. 9 Ein Theil der i. d. Zeitschr. d. Deutsch, geol. Gesellsch. 1887, S. 511 auf- geführten Orthoklas-Hornfelse. XXXII Mittheilung des Herrn M. Koch über Aufnahmen auf Blatt Harzburg. Die auf Blatt Harzburg untersuchten Gebirgstheile in der Umgebung des Torfhauses westlich vom Brockengranitmassiv und zwischen Ilse und Radau nördlich desselben, umfassen die nord- östliche Endigung des Acker-Bruchbergquarzits, die Quarzitmassen zu beiden Seiten der Ecker , als dessen streichende nur durch den Granit getrennte Fortsetzung, sowie die aus Kiesel-, Thon- scliiefern und Grauwacken sich aufbauenden Schichten, welche sich gegen Altenau resp. Harzburg hin nordwestlich an den Quarzit auschliessen. Sie bilden einen Theil jenes mächtigen, quer durch den Harz gerichteten Schichtenbandes, welches sich zwischen die ihrem Alter nach wohl bestimmten Ablagerungen des Unter- und Oberharzes einschiebt, über dessen geologische Stellung selbst jedoch sich in Folge des Fehlens leitender Petre- facten eine sichere Auffassung: nicht gewinnen liess. F. A. Roemer rechnete die Quarzite zum Spiriferen- Sandstein, also zum Unter- devon, später zum Culm. E. Kayser wurde durch die gleiche Folge und petrographische Ueberseinstimmung der Schichten nord- westlich vom Quarzit mit denen auf der Südostseite desselben veranlasst, die Grauwacken, Kiesel- und Thonschiefer als Aequi- valente der Tanner Grauwacke und der Wiederschiefer, den Quarzit selbst als eine in diese eingelagerte Mulde des Haupt- quarzits anzusehen, eine Auffassung, welche nicht mehr haltbar war, seitdem v. Groddeck das Vorkommen der Posidonomya Beclieri im Huhthal, südöstlich vom Osteröder Grünsteinzug, sicher nachgewiesen hatte. Lossen vertrat schon im Jahre 1877 die Ansicht 1), dass die überaus mächtig entwickelten Quarzit- massen nicht nur dem stets geringmächtigen Hauptquarzit, sondern dem gesammten Unterdevon incl. der Elbingeroder Grauwacke entsprächen, und dieses abweichend ausgebildete Unterdevon längs einer streichenden Störung unter Verstauchung mittel- und ober- devonischer Schichten auf Culm aufgeschoben sei. Durch die Untersuchungen des Berichterstatters konnte nun zwar die petro- ') Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1877, S. 612 — 624. XXXIII graphische Uebereinstimnmng und der streichende Zusammenhang der Schichten auf der Nordwestseite des Ecker - Usequarzits mit den unzweifelhaft dem Culm angehörenden Ablagerungen zwischen Grünsteinzug und Bruchbergquarzit und damit die Unhaltbarkeit der Auffassung E. Kayser’s auch für diesen Theil des Ge- birges nachgewiesen werden; die Altersstellung des Quarzits sicher beweisende Beobachtungen sind jedoch nicht zu verzeichnen. Es sind weder leitende Petrefacten aufgefunden, noch sichere Anhalts- punkte gewonnen worden, welche für die Annahme Lossen’s einer streichenden Wechselüberschiebung Verwerthung finden könnten. In dem Gebiete am Torfhaus liegen die Verhältnisse nicht günstiger als an den nordwestlichen Einhängen des Acker- und Bruchbergs, indem auch hier mächtige Quarzitschuttmassen die Hänge überrollen und nur unter vieler Mühe und mit geringer Sicherheit auf Genauigkeit Abgrenzung der an den Quarzit sichU anschliessenden Schichtenglieder gestatten. In dem Ge- biete bei Idarzburg nördlich des Granits erscheinen die Auf- schlussverhältnisse insofern günstiger, als durch einen neuen Fahr- weg, welcher von der Mündung des Grossen Thals auslaufend in einer Serpentine den Wartenberg, die Kattnäse und die Höhe der Uhlenköpfe erklimmt, die sämmtlichen Glieder vom Quarzit bis zur Culmgrauwacke mehrmals annähernd gegen das Streichen durchquert werden. Jedoch auch hier lässt sich nirgends der Anschluss des Quarzits an die Culmscliichten in anstehendem Gestein beobachten. Quarzite von meist deutlichem sandsteinartigem Habitus setzen die Höhen zwischen Ilse und Ecker und jenseits der letztem bis zur Kattnäse zusammen; westlich vom Torfhaus nehmen sie den grössten Theil des Dänenkopfes und der Lerchenköpfe ein. In beiden Gebieten ist die petrographische Beschaffenheit des Quar- zits die gleiche. Es sind kalkfreie, hellfarbige und gleichkörnige, meist lockere und dann löcherige (Kienberg), seltener zähe oder ungleichkörnig und conglomeratisch ( Hirschkopf ) ausgebildete Gesteine. Wie die Aufschlüsse der Steinbrüche am Kienberg, die Profile am rechten Ufer der Ecker und der neuen Holzabfuhr- wege am Gehänge des Hirschkopfs gegen die Ecker recht Jahrbuch 1887. n XXXIV schön zeigen, bildet der Quarzit nicht zusammenhängende Massen, sondern es wechsellagern mehr oder weniger mächtige Bänke reiner Quarzite mit sehr wechselnd starken Lagen äusserst fein- schliegiger Thonschiefer oder sandigschiefrigen, lockern und au hellem Glimmer reichen Materials. Letzteres ist bisweilen der- artig mit undeutlichen Pflanzenresten erfüllt, dass die für gewöhn- lich hellgefärbten Zwischenhafen dunkel erscheinen. Starke Zerklüftung und der massige Charakter der Quarzite lässt die eigentliche Schichtung stark zurücktreten. Dennoch ermöglichen der häufige Gesteinswechsel und die unten erwähnten Einlage- rungen der Quarzite eine ziemlich genaue Feststellung der Streich- linien und dadurch der Faltungen in den Quarzitmassen selbst. Als vereinzelte Erscheinung (unterer Holzabfuhrweg am Hirsch- kopf) wurden sehr schöne gewellte Schichtflächen beobachtet, deren krumm schalige Vertiefungen mit thonigem Material ausgefüllt sind. In ihrer Form entsprechen sie ganz den Wellenfurchen der Sandsteine jüngerer Formationen und sind wohl auch auf die gleiche Entstehung zurückzuführen. XXXV Ausser den oben erwähnten, in inniger Wechsellagerung mit Quarzitbänken auftretenden und unzweifelhaft der Quarzitformation selbst augehörenden Zwischenlagen wird deren Zusammenhang häufig durch ziemlich bedeutende Mächtigkeit erreichende Kicsel- und Wetzschiefereinlagerungen, zu denen grüne und rothe Schiefer und untergeordnet Adinolen treten, unterbrochen. Die bedeutendste derselben läuft von der Schmalen Scheide unweit der Ecker aus- gehend quer über den Bauerberg und ist mit nur einmaliger Unterbrechung bis an den Granit zu verfolgen. Sie besteht quer gegen das Streichen gerechnet aus 30 Schritt schwarzem Kiesel- schiefer, 80 Schritt grünlichgrauen Wetzschiefern und 50 Schritt rothem Schiefer. Adinolen wurden nur in der äussersten, nach der Ecker hinweisenden Spitze des Zuges gesammelt. Auch jen- seits der Ecker am Hirschkopf treten derartige Kiesel -Wetzschiefer- züge mit grösserer oder geringerer Betheiligung von bunten Schiefern recht häufig aus dem Quarzit hervor. Neben dichten Adinolen kommen hier eigenthümliche porphyroidartige, durch makroskopisch erkennbare Quarzkörnchen und braune Glimmer- blättchen ausgezeichnete schwarze oder graue Gesteine vor. Sie erinnern in ihrer Zusammensetzung einerseits an adinolartige Ge- steine, welche in Verbindung mit Kieselschiefer am Kipper- und Löbeberg bei Oehrenfeld im Liegenden des Quarzits, aber auch von Lossen am Ifenkopf südlich Altenau in echtem Culm beob- achtet wurden; andererseits an feinkörnige, braunen Glimmer führende Grauwacken aus dem Klosterholz bei Usenburg, ebenfalls aus dem Liegenden des Quarzits. Was die Auffassung der Kiesel- schiefereinschaltungen betrifft, so könnten dieselben als zur Quar- zitformation zu zählende Einlagerungen, als sattelförmig auf- tauchende oder bei der Faltung hindurchgestossene Theile des zunächst Liegenden des Quarzits oder endlich als Aequivalente der Culmkieselschiefer angesehen werden. Trotz der grossen petro- graphischen Aelinlichkeit mit den letzteren scheint die Ausbildung der Quarzitbänke, welche an die Kieselschieferzüge angrenzen, darauf hinzudeuten, dass sie Schichtengliedern der Wiederschiefer entsprechen, in denen der Quarzit im Klosterholz bei Ilsenburg und am Spitzen- und Kipperberg südlich Oehrenfeld aushebt. XXXVI Es treten nämlich längs der Kieselschieferzöge alle jene Aus- bildungsformen quarzitischer Gesteine auf, wie sie nördlich der Sattelaxe der Tauner Grauwacke im Bereich des Hauptquarzits bekannt geworden sind : sehr glimmerreiche plattigbrechende Ge- steine, krummschalige, auf den Schichtflächen mit Glimmer über- zogene Quarzitschiefer, schwarze glasige, eigenthümlich rund- höckerige Quarzite und durch Aufnahme von Feldspatli- und Schiefermaterial auf der Grenze zwischen Grauwacken und Quar- ziten stehende Gesteine. Nur die kohlensauren Kalk enthaltenden Glieder des Hauptquarzits fehlen nach den bisherigen Beob- achtungen. Eigentümliche breccienartige Quarzite, wie sie von Herrn Prof. Lossen schon auf Blatt Wernigerode am Nackten Stein und dem Kamm der Hippein, nahe der Granitgrenze beobachtet wurden, treten auch hier, längs der Granitgrenze der Stötterthals- köpfe, auf. Sie bestehen aus scharfkantigen Quarzitbruchstücken, welche durch ein sandiges Gement verkittet sind, und haben ihre Entstehung wohl nur mechanischer Zertrümmerung der dem Granit zunächst liegenden Quarzitschichten bei der Faltung des Gebirges und der Aufpressung des Granits zu danken. Durch Turmalingehalt dunkel gefärbte Quarzite besitzen auf Blatt Harz- burg nicht die Verbreitung wie längs der Granitgrenze am Nackten Stein und Halberstädter Kopf auf Blatt Wernigerode. Als trennende Glieder zwischen Quarzit und derben Cnlm- grauwacken treten zunächst dem Quarzit Culmkieselschiefer auf, am Wartenberg gemeinsam mit Adinolen, rothen und grünen Schiefern und schwachen Diabaslagern, gegen die Grauwacke hin Schiefer mit schmalen Bändern von feinkörnigem Grauwacken- material. Nur an wenigen Stellen, wie an dem stark mit Quarzit- schutt überrollten Nordabfall der Lerchenköpfe, konnten Kiesel- schiefer am Quarzit nicht nachgewiesen werden. Es würde dies auf eine streichende Störung längs des Quarzits schliessen lassen, wenn nicht die Ungunst des Terrains und die Ueberrolluug mit Schutt die Zuverlässigkeit der Beobachtung in Frage stellten. Die Umwandlung der Kieselschiefer in der Granitnähe zu hell- farbigen, feinkörnigen Quarziten, welche schon früher in Gemein- XXXVII Schaft mit Herrn Prof. Lossen am Meineberge an den Kiesel- schiefereinlagerungen der Wiederschiefer beobachtet wurde, hat in dem untersuchten Gebiet in weitem Maasse stattgefunden. Diese umgewandelten Kieselschiefer sehen echten Quarziten so- wohl im Stück wie auch im Dünnschliff so täuschend ähnlich, dass nur der streichende Zusammenhang mit unverändertem Gestein, die deutliche Schichtung gegenüber dem mehr massigen Quarzit und die Erhaltung der häufig vorhandenen Streifung und Bände- rung auch im Hornfelszustand darüber entscheiden kann, ob das eine oder andere vorliegt. Eine Reihe von Vorkommnissen, welche früher als Quarziteinlagerungen angesehen wurden, haben sich als solche durch Contact umgewandelte Kieselschiefer erwiesen. Mittheilung des Herrn A. IIalfar über neuere Auffindung von Petrefacten zwischen dem Bru chberg- Acker-Quarzit und Osteroder Grünsteinzug und über Aufnahmen auf Blatt Zellerfeld. Herr A. Halfar erlangte durch seine geologische Thätigkeit Ö o o o im Jahre 1887 hauptsächlich zwei Resultate. Zunächst gelang es ihm, ausserhalb seines Arbeitsgebietes im südlichen Theile des nordwestlichen Oberharzes in der bis zum Jahre 1883 nur als fast petrefactenleer gekannten Schichtenfolge zwischen dem Quarzitrücken des Bruchberg-Ackers und dem nordwestlich davon gelegenen sogenannten Osteroder Grünsteinzuge , und zwar im Thale der »Grossen Schacht« südwestlich von Riefensbeek, nachzu- weisen, dass die recht unbedeutende Petrefacten-Fauna, welche auf Adolph Roemer’s Andeutungen hin durch den inzwischen verstorbenen Director der Clausthaler Bergakademie, Herrn Berg- rath Dr. von Groddeck ermittelt und von 1883 — 1885 mit grossem Fleisse ausgebeutet worden war, doch etwas reicher ist, als dies bisher bekannt war. Zu den nicht seltenen Crinoidenstielen, einigen un- deutlichen Orthoceren und einem verkiesten Lamellibranchiaten, welche bereits von letztgenanntem Forscher im Grosse Schacht- Thale vorwiegend aus einer Einlagerung sehr dunklen, höchst un- reinen Kalksteins in Thonschiefern zwischen zwei Kieselschiefer- Zonen gewonnen worden waren, kamen noch in grosser Individuen- XXXVIII Zahl Tentaculiten und Goniatiten hinzu, leider jedoch in der denkbar schlechtesten Erhaltung1). Andererseits liess sich in dem eigentlichen Arbeitsgebiete (Blatt Zellerfeld) in der neuerdings »Goslarer Schiefer« benannt gewesenen Schichtengruppe am nördlichen Saume des Mittleren Grumbacher Teiches östlich Bockswiese und nördlich von Zellerfeld das Auf- treten der Gattung Homalonotus nachweisen , obschon vorläufig nur aus sehr mangelhaften, wenigen Kesten. Bedarf dasselbe daher auch noch einer weiteren Bestätigung durch zukünftige deutlichere Funde, so liefert es doch einen Beitrag mehr zur richtigen Altersdeutung der sogenannten Goslarer Schiefer. Ausser den petrographischen Analogien dieser mit den Orthocerasschiefern von Wissenbach und den jenen gleichstehenden Devonbildungen im Nassauischen kommen nämlich beiderseits auch gleiche Petre- facten vor, und unter diesen sind von Goniatiten als besonders charakteristisch bekannt: Goniatites occultus Barr.2), sogar von der oben genannten Fundstelle der Homalonoten- Reste, Gon. verna- rhenanus Maurer3 4) vom nördlichen Saume des Oberen Grum- bacher Teiches östlich Bockswiese sowie vom untersten Schalk- teiche nordöstlich von Zellerfeld, und der allgemein als Leitfossil betrachtete Gon. Jugleri A. RoemA) (= Gon. emaciatus Barr.) von der Festenburg, welcher auch gar nicht selten in den Thonschiefern im Rammelsberg-Bergwerke südlich Goslar vorkommt. Da hiernach die Gleichaltrigkeit der in Rede stehenden Nassauer und Oberharzer Devonbildungen keinem Zweifel unterliegen dürften, so muss auch der frühere A. RoEMER’sche Name »Wissenbacher Schiefer« für die letzteren wieder an die Stelle der Bezeichnung »Goslarer Schiefer« treten 5). Im Uebrigen wurde bei den letzten geognostischen Aufnahmen, welche sich auf die theilweise Beseitigung mehrerer Lücken be- *) Siehe auch Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges., Jahrg. 1887, Protokoll der November- Sitzung. 2) Dieses Jahrbuch für 1883, S. 51. 3) Dieses Jahrbuch für 1883, S. 53. 4) Dieses Jahrbuch für 1883, S. 45. 5) Vergl. Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges., Jahrg. 1887, Protokoll der December- Sitzung. XXXIX schränkten, die in der bisherigen Darstellung des Devon und Culm in der Gegend zwischen Hahnenklee, Bockswiese und dem Auer- hahn-Gasthause sowie südlich Goslar am Herz- und Rainmelsberge verblieben waren, wenig bemerkenswerthes Neue beobachtet. An der nördlichen Abdachung des Herzberges tritt auf dem kleineren östlichen Bergtheile in der südlichen Böschung des mittleren der drei neu angelegten Forstwege (des Kükenkorbs- Weges der Oberförster REUSs’schen Uebersichtskarte von der Stadtforst Goslar a. II ., im Maassstabe 1 : 16000) in den Calceola- schicliten ein Gestein auf, welches in ihnen von keiner anderen Stelle auf dem nordwestlichen Oberharze bisher bekannt geworden ist. Dasselbe bildet ein schmales, nur 5 Centimeter dickes Bänkchen, welches an genanntem Wege etwa 45 Schritt nordwest- wärts von der Grenze des Spiriferensandsteins in h. 4. 6. 0 *) streicht und unter 40° nach SO. einfällt. Es besitzt bei einer grauen bis duukelgrauen, feucht einen deutlichen Stich in’s Berg- grüne zeigenden Farbe die Härte 7, ist spröde, dicht, hat un- deutlich kleinmuschligen bis splittrigen Bruch und lässt als accessorische Bestandtheile unter der Lupe zahlreiche metall- glänzende punktförmige Kryställclien von fein eingesprengten Kiesen, besonders wohl Schwefelkies und Bleiglanz, erkennen. Dieses Gestein wird durch unzählige, zu seinen Begrenzungs- flächen mehr oder weniger schräge, mit weissein Quarz und Kalk- spath meist wieder ausgefüllte Querklüftchen förmlich in unregel- mässige, sehr dünne Querplatten zerschnitten. Da es vor dem Löthrohr nicht schmilzt und in Säuren unlöslich erscheint, so kann es in Anbetracht seiner grossen Härte und sonstigen Eigen- schaften nur als eine Kieselschiefer- Varietät betrachtet werden. An dem steilen, westsüdwestlichen Absturze des Rammels- berges, östlich oberhalb des Herzberger Teiches, wurde, einiger- maassen aufgeschlossen durch einen neuen Forstfussweg, welcher von der eingeebneten Fläche mit dem langen Maschinengebäude des Rammeisberg - Bergwerks westlich unterhalb des Grossen ') Die magnetische Deklination nach W. betrug für Clausthal in der Auf- nahmezeit 12° 24 Vf oder h. 9. G. 9,8 0. = rund h. 9. 6. 10. 0. XL Communionsteinbruches mit sanftem Ansteigen in südsüdwest- licher Richtung angelegt ist, zwischen den zweifellosen Calceola- schichten und den darüber (hier scheinbar darunter) folgenden Wissenbacher Schiefern eine etwa 15 Schritt breite eigenthümliche Schichtenzone beobachtet. An ihrem Liegenden treten zwei sehr mächtige Einlagerungen von recht hell bis ziemlich dunkel berg- grünem, feinkörnigem Quarzit auf, während sie sonst aus meist auffallend harten, grünlichgrauen, durch den Einschluss von mikroskopisch kleinen Glimmerschüppchen hell schimmernden, z. Th. phyllitähnlichen Thonschiefern besteht, die am Hangenden in niederen Klippen aus dem von Gesteinsschutt ganz überrollten Bergabsturze hervortreten. Diese Zwischenbildung schliesst sich in ihrer allgemeinen Beschaffenheit den hiesigen Calceolaschichten an. An dem nordwestlichen Innenrande des grösseren unteren Theiles des Kranicher Teiches südwestlich Hahnenklee tritt, etwa 50 Schritt vom unteren Damme, in ein Paar kaum ^3 Meter starken bankförmigen Einlagerungen, ganz an der unteren Grenze des Culm-Posidonomyenschiefers, deutlich körnige Grauwacke auf, und zwar mit einem Uebergauge in kleinkörniges Conglomerat, welches Milchquarzbrocken von mehr als Erbsengrösse enthält. Südsüdöstlich gegenüber von hier, in der südlichen Teichecke, erscheint in dem daselbst ungewöhnlich harten Posidonomyen- scliiefer diese conglomeratische Grauwacke in Folge eines kiesel- säurereicheren Bindemittels fester, ist Kieselschiefer ähnlich zer- klüftet und zeigt auf den Kluftflächen ockergelbe und rauchgraue Anflüge. Die überaus verwickelten Lagerungsverhältnisse der Devon- und Culmschichten in dem diesmaligen Untersuchungsgebiete O O Ö lassen sich ohne bildliche Darstellung leider nicht klarlegen. Bezüglich der ungemein zahlreichen und mannigfaltigen Schichtenzerreissungen, durch welche ihre Erkenntniss noch mehr erschwert wird, sei nur ganz allgemein angeführt, dass, wie sonst im nordwestlichen Oberharze, auch diesmal vorwiegend mehr oder minder querschlägige Verwerfungen neben den mehr zurück- tretenden nachgewiesen wurden, die in einer streichenden, im XLI Allgemeinen südwest- nordöstlichen Richtung liegen, wobei jedoch nicht unbedeutende Abweichungen von dieser Vorkommen. Ferner konnten auch einige, zur Lage dieser beiden Hauptverwerfungen annähernd diagonal, mehr nordsftdwärts , verlaufende Schichten- störungen mit Sicherheit festgestellt werden. Mittheilung des Herrn A. von Koenen über Aufnahmen westlich und südwestlich vom Harz. Die Kartirung der Umgegend von Göttingen ergab eine immer grössere Zahl von grösseren und kleineren Dislocationen, welche durchweg in ihrem Verhalten als weitere Belege für die An- schauungen gelten können, welche vom Verfasser in den letzten Bänden des Jahrbuchs der Königl. Preuss. geol. Landesanstalt mitgetheilt wurden, z. Th. auch iu dem Aufsatz »Beitrag zur Kenntniss von Dislocationen« in diesem Bande benutzt wurden. Name atlich zeigten sich an den Abhängen in der Gegend von Nikolausberg-Moringen mehrere schmale Gräben, mittlerer Muschel- kalk in Wellenkalk eingesenkt in Parallelspaltungen zum Leine- thal, deren Fortsetzung auf den Plateaus von oberem Muschelkalk oder von Wellenkalk gar nicht nachzuweisen ist oder nur dann verfolgt werden kann, wenn man von jenen besseren Aufschlüssen ausgeht. Recht eigenthümlich verhält sich ferner eine von dem Dorfe Geismar verlaufende Spalte. Zunächst liegt hier Keuper zwischen oberem Muschelkalk eingesunken, weiterhin hat sich die »Lengdener Burg« längs dieser Spalte gegen das Wellenkalk- Plateau des »Göttinger Waldes« gesenkt; über Gross-Lengden hinaus ist sie im Gebiet des Röth nicht zu verfolgen, aber im Fortstreichen derselben folgt der »Hengst«, eine Wellenkalk-Mulde mit deutlicher Verwerfungsspalte in der Muldenlinie und meist ziem- lich steil einfällenden Flügeln, welche durch drei verschiedene Nord- Süd-Brüche mehrmals nach Osten hin in’s Liegende verworfen wird, so dass der im Westen einen hohen Kamm bildende Nord- Hügel im Osten in die Thalsohle hinabsinkt. Ferner stellte sich heraus, dass die südlich von Herberhausen verlaufende komplizirte Bruchlinie und die Sattelspalte der »Kieper« XLII welche den Bau des Hainberges wesentlich beeinflussen, nach Süd- osten hin konvergiren und bei dem Gute Kerstlingeröderfeld sich vereinigen. Aufschlüsse bei der Neu-Fassung des »Reinsbrunnens für die Wasserleitung von Göttingen « stehen z. Th. noch in Aussicht, haben aber im letzten Herbst ergeben, dass stellenweise über dem Kalktuff ein grauer bis gelber oder bläulicher kalkhaltiger Sand liegt, z. Th. noch von Kalktufi' bedeckt, in welchem Ziegelstück- chen liegen, z. Th. aber auch von Lehm bedeckt. Der Sand ent- hielt an einer Stelle zahlreiche Helix, Pupa , Succinea oblonga etc. Vermuthlich hat Bornemann solchen Sand, der in solcher Lage und als Diluvialsand mir sonst nicht bekannt geworden ist, als Tertiärsand gedeutet, welchem er auch in der That ähnlich ist. (Ueber die Liasformation in der Umgegend von Göttingen, Inaug.- Diss., Göttingen 1854, S. 14.) Ich habe wirklichen Tertiärsand unterhalb des Reinsbrunnens nicht gesehen; übrigens hat ja Borne- mann diese Deutung nur mit allem Vorbehalt gegeben. Mittheilung des Herrn Th. Ebert über Aufnahmen im Bereich der Blätter Waake und Gelliehausen. Die Aufnahme auf Blatt Waake und Blatt Gelliehausen haben ergeben, dass dieses Gebiet reich au Schichtenstörungen ist, die zum grossen Theil offenbar mit den Störungen des Leinethaies im engen Zusammenhänge. stehen. Die Mehrzahl der nachgewiesenen Bruchlinien hat ein nordnordöstliches Streichen. Die bedeutendste derselben ist eine Verwerfung, welche beide Blätter durchschneidet und sowohl nördlich wie südlich des Gebietes sich noch weiter fortsetzt. Dieselbe zieht sich, vom Süden kommend, auf Blatt Gelliehausen östlich vom Dorfe Rohrberg, am »Heinebrink«, dem »Gr. Seeberg«, am Dorfe Bremke und dem Escheberg vorüber in das Thal zwischen »Blumenthalsberg« und »Dibichsberg«. Auf der ganzen Strecke ist der Röth gegen den Mittleren Buntsand- stein verworfen. Der weitere Verlauf bis zum »Alten Kaiser« (Blatt Waake) ist noch nicht sicher gestellt, da hier die Unter- suchungen noch nicht beendigt sind. Dort ist aber die Verwerfung wieder deutlich zu beobachten. Dieselbe erhält am Hengstberg XLIII eine starke Ablenkung nach Osten, und zwar wahrscheinlich in Folge einer hier durchschneidenden Querverwerfung. Jenseits der letzteren am Dachsberg wendet sie sich wieder nach Nord, be- ziehungsweise Nordost, läuft durch das Thälchen zwischen Mittel- und Langenberg, schneidet die Schweckhäuser Wiesen, zieht sich am Ostabhang der »Fuchslöcher« entlang, durchquert zwischen Ebergötzen und Domäne Radolfshausen das Auethal, und verläuft wahrscheinlich über »Borzeleck« und »Streit« und durch das Sau- thal nach Werxhausen auf Blatt Lindau. Kurz vor diesem Orte schneidet der Fahrweg nach Krebeck (Blatt Waake) die Ver- werfung. Obwohl auf der Strecke vom Dachsberg bis Werxhausen nur wenig Aufschlüsse die Verwerfung deutlich zeigen, ist der angegebene Verlauf doch als richtig anzunehmen, da östlich dieser Linie die Bausandsteine bis auf unbedeutende Partieen, der Chirotheriumsandstein und der Röth aber gänzlich fehlen, und vielmehr, selbst in den höchsten Niveaus, nur die unteren Schichten des Mittleren Buntsandsteins mit Gervillia Murchisoni Dein, und Estherien vertreten sind. Ausserdem beweist aber auch das vielfach zu beobachtende steile Einfallen der Schichten in der Nähe der angegebenen Linie die Richtigkeit der Auffassung. Vom Südrand des Blattes Gelliehausen bis Bremke bildet diese Verwerfung, die ich der Kürze halber die »Bremker -Ver- werfung« nennen will, die östliche Begrenzung einer Grabenver- senkung. Der westliche Rand des Grabens wird durch eine Bruchliuie gebildet, die in vorwiegend nördlicher Richtung am Westabhang des Rohrbergs entlang, dann mehr nordöstlich durch ein Thälchen im Hüttenholz nach Ischenrode verläuft und jenseit des Dorfes mit mehr nördlicher Richtung am Möncheberg durch Lehmablagerungen verdeckt wird. Wahrscheinlich bildet eine Ver- werfung am Ostabhang des Eschebergs die Fortsetzung, so dass der Graben sich hier an der Bremker Verwerfung auskeilt. Die ganze Röth- und Muschelkalk -Partie südlich Bremke ist also eingesunken, und zwar z. Th. te rassenförmig, wie ein Auf- schluss am Nordrand des Rohrbergs zeigt, andererseits auch die verschiedene Höhenlage der unteren Grenze der einzelnen Wellen- kalk-Partieen vermuthen lässt. XLIV Die zahlreichen Bruchlinien östlich der Bremker Verwerfung sind schwer zu verfolgen und zu fixiren, da dieselben sich im Gebiet des Mittleren Buntsandsteins, und zwar vorwiegend der unteren Abtheilung desselben befinden. Mittheilung des Herrn J. G. Bornemann über Aufnahmen auf Blatt Wutha. Die Aufnahme des Blattes Wutha wurde zum Abschluss gebracht. Im Gebiete des Oberen Rothliegenden gestatteten einige neuere Aufschlüsse in Eisenach specielle Studien bezüglich der Ent- stehuugsweise dieser Ablagerung. Fussgrosse Granitblöcke sind in dieser massigen Aufschüttung von vorweltlichem Gebirgsschutt nicht selten und die eigenthümliche Vertheilung gleichgrosser Ge- steinsfragmente zeigt die Linien unvollkommener Schichtung in der Art eines Schuttdeltas, welches in einem tiefen Binnengewässer abgesetzt wurde. Dabei sind zuweilen durch den Druck höherer Aufschüttung die unterliegenden Massen vorwärts geschoben und in bauchigen Formen aufgestaut worden, deren Umrisse sich durch die Reihen jener gleichartigen Fragmente erkennen lassen. Im östlichen Gebiet von Schmerbach, wo die unteren Glieder der marinen Zechsteinformation als eine mächtig entwickelte schiefrige Facies gegenüber den in nächster Nähe anstehenden mächtigen Riffbildungen des Wartberges auffallen, ist auch im Oberen Rothliegenden, welches dort als eine Folge fein- körniger Sandsteine ausgebildet ist, eine bemerkenswerthe Er- scheinung zu beobachten. In einem Steinbruch, in welchem dort Sandsteinplatten gewonnen werden, sieht man in einer mächtigen Sandsteinbank eine muldenförmige, mit groben Geröllschotter er- füllte Aushöhlung — dem Bett eines Gebirgsbaches ähnlich — über welcher die Schichtfläche der Sandsteinbank wieder voll- kommen eingeebnet ist und concordante Schichten folgen. Es ist danach anzunehmen, dass an jener Stelle die Schichtenablagerung unter zeitweisem Einfluss eines vom Lande in’s Meer austretenden fliessenden Gewässers stattfand. XLV Im Zechsteindolomit des Krumsberges bei Thal ist durch die bergbaulichen Arbeiten auf Scliwerspath eine geräumige Holde mit Stalaktiten augefahren worden. Bezüglich des Buntsandsteins ergiebt die Vergleichung der in verschiedenen Höhenstufen der Formation gelegenen Steinbrüche im Poppenberge bei Sondra und am Dorfe Schwarzhausen eine grosse Einförmigkeit in dem mächtigen Schichtensystem des Haupt- sandsteins, welcher gänzlich als eine grosse Dünensandbildung zu betrachten ist. Dieselbe zeigt alle Wechselfälle und strati- graphischen Eigentümlichkeiten, welche derartige Gebilde aufzu- weisen pflegen. Geröllführende Schichten fehlen und die im Ge- steinsbestand wenig variirenden Bänke greifen durch Auskeilen oder Zerspalten so innig in einander, dass sich die bisher ver- suchte Abtrennung einer unteren feinkörnigen Abtheilung weisser Sandsteine nicht durchführen Hess. Als unterste. Abtheilung des Buntsandsteins kann hier eine un- bedeutend entwickelte Schichtenfolge dünnschichtiger, braunroter, thoniger Sandsteine gelten, welche andererseits wieder mit den sogenannten Bröckelschiefern an der Grenze des Zechsteins so innig Zusammenhängen, dass am besten diese beiden wenig mäch- tigen Schichten als ein Glied vereinigt kartirt werden. Von Chirotheriumsaudstein , welcher im südlichen Thüringen eine typische Küstenbildung ist, hat sich auf Section Wutha Nichts auffinden lassen. Dagegen erreicht der Röth eine ansehnliche Mächtigkeit und enthält stellenweise unbedeutende Gypsschnüre und au der unteren Grenze Chalcedoueinlagerungen. Mitteilung des Herrn Robert Scheibe über Aufnahmen auf den Blättern Friedrichroda und Ohrdruf. In der ersten Zeit meiner Thätigkeit in Thüringen unter- stützte ich Herrn Professor Weiss bei der Durchführung der Gliederung des Unteren Muschelkalkes auf Blatt Friedrichroda. Die Ausbildung dieses Formationsgliedes weicht im Wesentlichen von der im südwestlichen Thüringen erkannten nicht ab. In seiner unteren Abteilung sind die als Oolithbänke bezeichneten festen XLVI Schichten, in der oberen die sogenannten Terebratel- und die oberen Werksteinbänke (Schaumkalke) verfolgt und eingetragen worden. Hierauf wurde die südwestliche Ecke des von Herrn Professor Bauer bereits aufgenommenen Blattes Ohrdruf, nachdem bessere topographische Grundlagen gewonnen worden waren, neu darge- stellt. Gliedert man das Rothliegende in Unteres und Oberes Rothliegendes, wovon die letztere Abtheilung im Wesentlichen die Ablagerungen umfasst, die nach Abschluss der eruptiven Thätig- keit während der Zeit des Rothli egenden gebildet worden sind, so gehören auf unserem Blatte der oberen Abtheilung des Unteren Rothliegenden an: der Porphyrit, die Quarzporphyre, die Tuffe und wenig mächtige sandige Schieferthone (Thonsteine), welch’ letztere in dem Hohlweg südlich des Waldhäuschens bei Neuendorf aufgeschlossen sind. In das Obere Rothliegende gehören die Por- phyrconglomerate. Unteres Rothliegendes. Der Porphyrit tritt nicht nur, wie bisher angenommen wurde, am Finkenberg, sondern auch südlich vom Waldhäuschen bei Neuendorf auf. An beiden Stellen ist es mehr oder weniger stark verwitterter Augitglinnnerporphyrit. Da zahlreiche Brocken dieses Porphyrits in den Porphyren eingeschlossen sind, so sind letztere jünger als der Phorphyrit. Man tritt in der Südwestecke des Blattes Ohrdruf bereits in ein Gebiet, wo die Quarzporphyre grosse Massen bilden und das geschichtete Roth- liegende zurücktreten lassen. Diese Porphyre zeigen viele der Erscheinungen in besonderer Schönheit, wie sie aus anderen Theilen des Thüringer Waldes bekannt geworden sind, so die sphärolithischen und Kugelbildungen, die Fluidalerscheinungen, blasige Massen, Verbindung mit Tuffen. An einzelnen Stellen hat sich der Porphyr in einen feinen, bunt- gefärbten Grus aufgelöst. In dem oben erwähnten Hohlwege liegen auf Porphyr rothe und grüne, harte Schieferthone, welche an ihrer unteren Grenze eine Lage groben Sandsteins einschliessen. Dieselben sind überlagert von Tuffen, die nach Süden hin grössere Verbreitung erlangen und auf Blatt Friedrichroda übergreifen. XL VII Oberes Rothliegendes. Das Obere Rothliegende wird ver- treten durch Porpbyrconglomerate, die nach Osten hin weniger grob, manchmal sandsteinartig sind, nach Westen hin dagegen recht klotzig werden und besonders auf den Blättern Friedrich- roda und Tambach weiter verbreitet sind. Die Gerolle der Con- glomerate bestehen fest ausschliesslich aus Porphyr, nur nordöstlich am Waldhäuschen, nahe der Zechsteingrenze, wurden einzelne Granitgerölle gefunden. In den anstossenden Gebieten der Blätter Tambach und Friedrichroda lassen sich im Oberen Rothliegenden leicht drei Glieder unterscheiden: die liegenden, groben Porphyr- conglomerate ohne Granitgerölle, die Zwischenschichten, bestehend aus Sandsteinen und Schieferthoneu, die hangenden, mehr schüt- tigen und grauitführenden Conglomerate. Die Porphyrconglomerate auf Blatt Ohrdruf sind die Fortsetzung jener liegenden Conglo- merate des Nachbargebietes. In ihnen sind aber, wie erwähnt, grauitische Gerolle vorhanden. Im Gebiete des Blattes Ohrdruf © sind die Zwischenschichten und hangenden Conglomerate nicht aufgefunden worden. Ueber den Zechstein würde zu bemerken sein, dass seine untere und mittlere Abtheilung in der Mächtigkeit auffallend gegen den oberen Zechstein zurücktreten, eine Erscheinung, die auch auf den angrenzenden Blättern beobachtet worden ist. Nahe am Süd- rande des Blattes ist das Zechsteinband durch eine in h. 5 streichende Verwerfung unterbrochen. Die beiden Tlieile desselben sind um etwa 200 Schritt gegen einander verschoben. Im Gebiete der Trias treten mehrere starke Verwerfungen © auf. Die Fortsetzung eines Sprungs, welcher von Herrn Prof. Weiss auf Blatt Friedrichroda beobachtet worden ist, wird an der Apfelstädt bei Georgenthal sichtbar, setzt sich, in nordwest-südost- lic.her Richtung verlaufend, bis an die oberen Häuser von Neuen- dorf fort und endet hier plötzlich an einer südnördlich streichenden Querverwerfung. Jene in der Längsrichtung des Thüringer Waldes verlaufende Verwerfung schneidet sämmtliche Schichten der Trias vom Oberen Buntsaudstein bis zum Nodosenkalk ab, so dass Mitt- lerer Buntsaudstein und Nodosenkalk, und an der Querverwerfung XLYIII sogar Mittlerer Buntsandstein und Lettenkohle au einander stossen. Letzterer Sprung lässt sich, nachdem er bald in nordöstliche Richtung umgebogen ist, nicht weiter verfolgen. Nordöstlich von Gräfenhain stossen auch Mittlerer Buntsandstein und Lettenkohle an einander. Die hier vorhandene Verwerfung konnte der Diluvial- bedeckung halber nicht verfolgt werden. Es bleibt demnach dahin- gestellt, oh sie etwa mit den oben genannten Sprüngen im Zu- sammenhang steht. Mittheilung des Herrn Zimmermann über Aufnahmen auf Blatt Crawinkel. Der mittlere Thüringer Wald ist seit langer Zeit durch seinen Reichthum an Manganerzen bekannt; neben Blatt Ilmenau und Suhl ist es besonders Blatt Crawinkel, welches diesen Reichthum birgt und auf welchem das Erz in vielen Gruben gewonnen wird. Dem Geologen drängen sich da zunächst die Fragen nach der Beschaffenheit und Entstehung der Braunsteingänge und nach der Herkunft des Erzes auf. Zur Beantwortung der letzteren Frage können von unsrer Section zunächst folgende Beiträge geliefert werden. Die Braun- steingänge setzen fast ausschliesslich im Porphyr auf; ausgenommen scheint nur der Gang Gotthilftgewiss auf dem nördlichen Theil des Walsberges und ein Vorkommen bei der Grube Heinrichs- glück im Untern Steiuthal zu sein; beide habe ich nicht näher untersuchen können. Auch im Porphyr ist das Auftreten der Gänge nicht auf die verschiedenen Varietäten gleich vertheilt, sondern es steht im fluidalen, gebänderten Porphyr nur ein einziger Gang (Grube Eisass im Langen Grund). Dagegen setzen in dem massigen, an grossen Krystallen von Feldspath und Quarz reichen Porphyr des Altebergs mehrere, wenn auch kurze Gänge dicht bei einander auf, vor allen andern — wie nebenbei bemerkt sei — durch Fluoritführung ausgezeichnet. Weitaus die meisten Braun- steingänge setzen jedoch in dem mittelgrob- und mittelreich- körnigen Porphyr auf, welcher die herrschende Varietät auf dem Blatte bildet und älter als der erstgenannte (fluidale) zu sein scheint. Wenn bei ihm auch die Bergleute zwischen einem röth- XLIX liehen und einem weissen Porphyr unterscheiden, so scheinen mir diese Differenzen nur auf Zersetzungsvorgänge zurückzuführen zu sein und auch praktisch wenig Werth zu besitzen. In der Regel erkennt man in diesem Porphyr mit blossem Auge keinen Glimmer, doch lässt das Mikroskop nicht selten zersetzte Reste davon wahrnehmen, und an einzelnen Stellen, die aber auffälliger Weise sonst nicht den Eindruck möglichster Frische machen, blitzen schon aus dem Handstück überaus zahlreiche sehr dunkle frische, bis 2 Millimeter grosse Biotittäfelchen hervor ; solche Abände- rungen sind auch durch den Reichthum an noch wasserklar durch- sichtigen Feldspathkrystallen (Orthoklas und Plagioklas) aus- gezeichnet neben milchweisstrüben, welche den gewöhnlichen Varietäten eigen sind. Die Untersuchung der frischen Glimmer auf Mangangehalt steht noch aus, zu vermuthen ist aber doch, dass vielleicht auf sie der Mangangehalt der Erzgänge zurück- geführt werden könne. Was die Beschaffenheit der Gänge betrifft, so dürften als Typus wohl jene aufgestellt werden können, bei denen die liegende Grenzfläche glatt ist oder gar als Rutschfläche gestreift ist, wäh- rend gegen das Hangende sich ein allmählicher Uebeigang der O O p} O O aus kleineren oder grösseren Porphyrbrocken oder gar Schollen mit mehr oder minder reichlichem Braunsteinbindemittel bestehen- den Gangfüllmasse in den anstehenden, aber noch von zahlreichen Ablösungen und Spältchen durchsetzten und endlich in den völlig compakten Porphyr geltend macht, sodass also von einem eigent- lichen Hangenden des Ganges schwer zu reden ist. Die Gang- füllung ist demnach geologisch als eine aus Porphyr bestehende Reibungsbreccie mit Manganbindemittel zu betrachten. Dem Berg- mann sind natürlich die Sf eilen die willkommensten, wo sich das Bindemittel in reineren Massen anhäuft. Wenn Seitentrümer von solchen Gängen abzweigen, so zeigen sie entweder dieselbe Beschaffenheit oder bestehen aus reinem Erz. Eine Frage ist es auch noch, in welcher Form das Erz in die Gänge gekommen sei oder wenigstens zuerst sich ausgeschieden habe. Mir scheinen nämlich drei Punkte darauf hinzudeuten, dass das Erz oder wenigstens ein gut Theil desselben sich aus den O O Jahrbuch 1887. d L Lösungen nicht gleich fest niedergeschlagen habe, sondern eine Zeit- lang eine feinschlammige Consistenz besessen habe, wie vergleichs- Aveise sich einSchlamm aus Lösung von übermangansaurem Kali beim Stehen an der Luft ausscheidet, oder wie der Manganniederschlag aus Lösungen durch Alkalien beschaffen ist. Erstens ist die Dicke vieler Mangandendriten auffällig, die zuweilen so stark ist, dass man die Dendriten mit dem Messer oder sogar durch Schlag mit dem Hammer unverletzt ablösen kann. Diese müssen doch in so weiten Spalten entstanden sein, dass man wohl nicht mehr die Capillarwirkung auf wässerige Lösungen, sondern die Adhäsion schlammiger Massen zur Erklärung in Anspruch nehmen muss. Es mag zugegeben werden, dass dieser Punkt der schwächste ist. — Zweitens aber ist der Umstand zu beachten, dass die Ausfüllung der Gänge nicht schichtenweise den Wänden parallel erfolgt ist, oder wenigstens nur selten einmal eine solche Beobachtung ge- o o o macht werden kann, sondern dass die Füllmasse in gewissem Sinne massig auftritt, als ob sie in der ganzen Mächtigkeit des Ganges bestanden hätte, ehe sie fest wurde. Es hängt, damit vielleicht auch der auffällige Mangel an besonderen Gangarten zusammen, denn es finden sich ausser Baryt und Calcit und (am Alteberg, wie erwähnt) Fluorit kaum andere Mineralien, und auch diese spärlich genug. Zudem sind diese drei Mineralien dermaassen nesterartig im Erz eingeschlossen und umschliessen andrerseits selbst wieder Erz (der Kalkspath ist dabei durch den feinen Staub dunkelbraun gefärbt), dass dies einer gleichzeitigen, nicht einer aufeinanderfolgenden Entstehung das Wort redet. — Endlich drittens kommen unter den beschriebenen Mangau-Porphyrbreccien auch solche vor, in welchen sich die Porphyrbrocken nicht be- rühren, sondern ziemlich weit von einander entfernt sind. Würde ursprünglich ein loses Haufwerk solcher Brocken den Gang erfüllt haben und nachträglich durch sogleich in fester harter Form sich ausscheidenden Psilomelan verkittet sein, so hätten sie sich doch anfangs berührt, und es wäre nicht leicht einzusehen, wie sie dann voii einander getrennt werden konnten. Hatte aber das jetzige Erzbindemittel ursprünglich eine plastische Beschaffenheit, so lassen sich verschiedene Möglichkeiten denken zur Erklärung der Ent- fernung der einzelnen Porphyrbrocken von einander. LI Im Anschluss hieran möge noch einer eigentümlichen Abart der Manganporphyrbreccien Erwähnung geschehen, welche sich besonders im Gebiet der Jüchnitz bei Arlesberg finden. Es bietet da das Handstück den Anblick eines compakten Porphyrs dar, in welchem die Grundmasse durch unreinen Psilomelan ersetzt und anscheinend auch die Feldspathe in eine manganige Masse verwandelt sind. Die Verteilung der Feldspathe, deren Form und Spaltbarkeit noch deutlich zu erkennen ist, und der rauch- braun durchsichtigen Quarzkörner ist eine so regelmässige, dass ich vor näherer Untersuchung durch das Mikroskop eine bis anf die Quarze vollständige Pseudomorphose von Braunstein nach Porphyr, oder einen manganisirten Porphyr vor mir zu haben glaubte. Im Dünnschliff erkennt man aber an den Quarzen sehr häufig noch kleine Partien von heller weisslicher, also unveränderter Porphyrmasse ansitzend; es muss demnach eine Zerreibung des Porphyrs zu grusartiger Feinheit und daun eiue compakte Wieder- verkittung stattgefunden haben. — Von den jüngeren Bildungen auf Blatt Crawinkel nehmen die auf dem Plateau liegenden Flussschotter ein besonderes Inter- esse in Anspruch. Ich habe schon im vorigen Jahre an dieser Stelle (S. L.) dieselben kurz berührt und darauf hingewiesen, dass dieselben auf der Höhe nördlich von Gräfenroda auf einer von tiefen eng an einander liegenden Binnen durchfurchten Fläche auflagern. Ich muss jetzt noch nachholen, dass diese Rinnen und dazwischen aufragenden Kämme quer zur heutigen Flussrichtung verlaufen und dadurch auf abweichende Abflussverhältnisse hinzu- deuten scheinen, — denn bei den sehr geringen Quer- und Längserstreckungen dieser Rinnen lassen sich sichere Schlüsse nicht daran knüpfen. — An den übrigen Vorkommnissen des gleichen Plateauschotters habe ich entsprechende Beobachtungen nicht machen können. Diese Vorkommnisse sind nun zwar jetzt alle nur insuläre Reste, die ursprünglich natürlich in Zusammen- hang gestanden haben müssen. Jetzt sind aber die Verbindungen durch Erosion soweit zerstör! , dass die wenigen sehr zerstreuten Geschiebe, die sich noch hier und da finden, keinen Anhalt mehr zu sicheren Construktionen alter Flussläufe geben. Eines aber d* LII muss doch besonders hervorgehoben werden: eine Beziehung zu o o heutigen Flussthälern lässt sich auf meinem Blatt uicht nachweisen, einzelne dieser isolirten Reste liegen sogar beträchtlich weit weg von jedem heutigen Fluss, der in Betracht kommen könnte; z. B. die Vorkommen zwischen Crawinkel, Gossel und Wölfis liegen 4 — 5 Kilometer von der Ohra oder der Gera entfernt. Dies weist, vielleicht unterstützt von der vorhin erwähnten Abweichung in der Flussrichtung, allerdings auf ein hohes Alter dieser Ablage- rungen hin; der Mangel nordischer Geschiebe könnte vielleicht O 7 o sogar für präglaciales Alter sprechen, aber ob desswegen schon pliocänes anzunehmen sei, muss immerhin noch fraglich bleiben. Jedenfalls kann die Frage völlig nur gelöst werden unter Berück- sichtigung aller innerthüringischen Plateauschotter, eine Aufgabe, die gewiss recht dankeuswerth wäre. — Auch über die verkieselteu Zechsteinblöcke haben die Aufnahmen des Jahres 1887 Neues ergeben. Als ich im vorigen Jahrbuch (S. XLViil) darüber berichtete, konnte ich nur 3 Fund- orte auf der Höhe des Gebirges angeben; jetzt kann ich noch zwei benachbarte zufügen, an denen die Blöcke auch nur lose sind, aber auf denselben Ausgangspunkt in der Nähe des Chaussee- hauses Wegscheid hinweisen. Ferner haben sich vereinzelte Blöcke noch auf dem Gabelkopf, im obern Kehlthal und auf Blatt Suhl — worauf mich Plerr v. Fritsch hinzuweisen die Güte hatte — im obern Schnabelbach gefunden, endlich ist auch im Orte Arlesberg ein Block, der als Prellstein benutzt wird, ein weiterer Beweis für die ehemalige ausgedehntere Verbreitung dieses interessanten Gesteins. Das Vorkommen im Schnabelbach zeichnet sich durch besonders grobe Krystallisation und Reichthum an secundären drüsigen Quarztrümern aus; dass es aber trotz dieser von der ursprünglichen überaus abweichenden Beschaffenheit und trotz des Mangels von Versteinerungen zu dem Zechstein zu ziehen ist, beweist die charakteristische mikroskopische Struktur. In überraschender Uebereinstimmung mit Schliffen des Quarzits von der Wegscheid erkennt man nämlich, dass das Gestein ein holokrystallinisches Gemeng von Quarzkörnern geworden ist, welche dicht von bräunlichen dendritischen Häutchen von Eisenhydroxyd Liir durchzogen sind; diese hauchdünnen Dendriten zeigen sehr häufig überaus regelmässige Anordnung der Aeste und Zweige nach (im Dünnschliff) zwei oder in Wirklichkeit jedenfalls drei Systemen, welche sich ungezwungen auf die Blätterdurchgänge von Kalk- spath beziehen lassen; dass diese Regelmässigkeit nicht eine Eigen- tümlichkeit des Dendriteumaterials sei, dies also nicht idiomorph auskrystallisirt sei, wird durch die völlige Abrundung der einzelnen Endblättchen bewiesen, welche jeder krystallinischen Form bar sind. Man muss also annehmeu, dass die fraglichen verkieselten Zechsteinblöcke früher einmal grobkrystallinischer Kalk waren, in welchem auf Spaltflächen der einzelnen Calcitindividuen sich Eisenlösungen capillar verbreiteten und Eisendendriten lieferten. Zu bemerken ist, dass zwischen den durch die Dendriten ange- deuteten früheren Calcitkörnern und den jetzigen Quarzkörnern keine Beziehungen bestehen; letztere sind in der Regel kleiner, und die Dendritensysteme gehen ungestört durch mehrere Quarz- körner durch. — Das Blatt Crawinkel entfällt zu etwa 2/s auf das nordöstliche Vorland des Thüringer Waldes, zu etwa 3/5 auf diesen selbst. Die jetzt abgeschlossene Kartirung des Blattes hat gezeigt, dass die Trias, welche den Vorlaudtheil zusammensetzt, in fast unge- störter, nur äusserst schwach geneigter Lagerung sich befindet; nur eine einzige Verwerfung scheint vorhanden zu sein und in etwa N. — S.-Richtung zu verlaufen, kann aber, ganz von Diluvium verdeckt, nicht direct beobachtet, sondern nur mit einiger Wahr- scheinlichkeit erschlossen werden. Viel auffälliger und wichtiger ist dagegen eine andere Störung, C5 O O O ©7 welche sich erst nahe dem Fuss des Gebirges einstellt, gegen diesen hin aber immer stärker wird: es richten sich die Schichten immer mehr auf, und diejenige Schicht, welche am nächsten an den sehr scharf markirten Fuss des • — ■ zudem auch uocli aus ganz andern Gesteinen und Formationen gebildeten Gebirges grenzt, ist schliesslich sehr steil oder gar senkrecht; zuweilen scheint sie so- gar überkippt zu sein und gegen (d. h. also unter) das Gebirge einzufallen. Ueber letzteres Verhalten werden wir unten noch besonders zu berichten haben. Es ist zunächst gleichgültig, ob LIV die betreffende Schicht Zechstein oder ein Glied der Trias ist. Jedenfalls biegt jede dieser steilen Schichten in irgend einer Tiefe unter der Oberfläche um und nimmt dann ungefähr söhlige Lage an, mit andern Worten, sie bildet eine Mulde oder den Mulden- theil einer Falte derjenigen besonderen Art, welche man neuerdings als Flexuren von den anderen unterscheidet. Der Satteltheil dieser Flexur scheint ehedem auch vorhanden gewesen zu sein, da die im vorigen Band dieses Jahrbuchs von mir beschriebenen ver- kieselten Zechsteinblöcke, welche sich auf der Kammhöhe des Ge- birges finden, als Beweis gelten können. Auch liefern die andern Zechsteinvorkommnisse (von gewöhnlicher Beschaffenheit), welche sich noch innerhalb des Gebirges selbst, wenn auch nicht auf Kammhöhe, vorfinden (auf dem Arlesberg und am Raubschloss), durch ihre horizontale Lagerung den weiteren Beweis, dass auch der jetzt durch Erosion zerstörte Schenkel der Flexur, von dem sie eben die (infolge von Einsinken zwischen Verwerfungen ge- retteten) Reste bilden, diejenige Lagerung besass, welche bei einer typischen Flexur vorauszusetzen ist. — Innerhalb des Rothliegen- den lässt sich freilich, selbst hart am Gebirgsrand, nicht mit Sicher- heit diejenige steile Schichtenstellung nachweisen, welche die Be- theiligung auch dieser Formation an der Flexur beweisen würde J). Man kann das Ganze also auch als ein grossartiges Beispiel jener »Rücken« oder »Niederziehungen« ansehen, wie sie der Kams- dorfer Bergmann gerade auch an der Sohle des Zechsteins so häufig beobachtet. Das Vorstehende ist zunächst gesagt im Hinblick auf die Beobachtungen auf Blatt Crawinkel. Wenn man aber die in Be- arbeitung befindliche geologische Uebersichtskarte des Thüringer Waldes betrachtet, so ergiebt sich schon aus dem Umstand, dass der Zeclistein in fast ununterbrochenem Zusammenhang den Nordost- fuss des Gebirges nur in dexjenigen äusserst geringen Breite um- b Zwar ist oft genug eine recht beträchtliche Neigung zu beobachten, z. B. sehr schön am Oberrothliegenden von Arlesberg bis gegen Elgersburg hin, aber doch bleibt sie auch hier wohl stets hinter der Neigung yon 30 — 35° zurück, welche eine Schicht gleich von Anbeginn (Uebergnssschichtung) an- nehmen kann. LV säumt , die fast unmittelbar seiner Mächtigkeit entspricht, der Schluss, dass er entlang diesem ganzen Gebirgsfuss als Flexur- mittelschenkel auf dem Kopfe stehe, - — ein Schluss, welcher durch die directen Einzelbeobachtungeu des Schichtenfalles voll bestätigt wird. — Die Flexuraxe verläuft natürlich, wie das ganze Gebirge, ungefähr nordwestlich, mit einem Schwanken zwischen den Stunden 8 bis 10. Es ist nun interessant zu sehen, wie an den wenigen Ausnahmefällen, wo die Flexur selbst einmal eine Unterbrechung erleidet (z. B. auf Blatt Ilmenau), das Zechsteinband sogleich nordöstliches Streichen, eine grössere Breite und ein sehr viel flacheres Schichtenfallen annimmt. Dies gilt in gleicher Weise bis zum südlichsten Punkt, den der Zechstein auf der Nordseite des Thüringer Waldes erreicht, auf Blatt Saalfeld: im westlichsten Theile dieses Blattes zeigt der Zechstein noch NW.- Streichen, sehr steilen Schichtenfall, sehr schmales Ausstreichen, nimmt also noch au der Bildung der Flexur theil; von der Mitte des Blattes aus gegen Osten ist das Streichen nordöstlich, das Schichtenfallen im einzelnen Aufschluss kaum merklich, die Breite des Ausstriches demnach recht beträchtlich, ein Verhältnis, wie es dann weiter- hin durch ganz Ostthüringen herrschend ist. Können wir also auf dem ganzen NO.-Fuss des Gebirges die Ausbildung einer flexurartigen Schichtenstellung insbesondere des Zechsteins als erwiesen ansehen , als deren unmittelbarer karten- mässiger Ausdruck das überaus schmale fast ununterbrochene Zechsteinband uns vor Augen tritt, so brauchen uns dessen aus- nahmsweise Unterbrechungen doch nicht weiter Wunder zu nehmen. Wie bei gewöhnlichen Falten, so kann auch bei Flexuren der Mittelschenkel sich einmal zu einer Verwerfung ausbilden und so im bestimmten Falle, wie z. B. bei Frankenhain auf Blatt Crawinkel, Muschelkalk in Berührung treten mit der Rothliegendformation. Aber gerade hier sieht man auch - — an der senkrechten Stellung der prächtig aufgeschlossenen Schichten, wie doch der Charakter der Flexur möglichst gewahrt ist. Anders auf dem Südwestfusse des Thüringer Waldes, und darin scheint mir ein charakteristischer tektonischer Unterschied vom Nordostfusse zu bestehen; dort tritt zwar auch die Trias oft genug in Berührung mit dem Rothliegen- O O D O LVI den, aber in der Regel hat sie eine ziemlich horizontale Lagerung bewahrt; sie ist entlang von glatt aufgerissenen Spalten nieder- gesunken. Wir haben demnach am Südfuss des Gebirges eine Randverwerfung, am Nordfuss eine Randflexur als die herrschende Regel für den Schichtenbau, während endlich für das nördliche Vorland des Frankenwaldes (Ostthüringen) eine auffällige nach- trägliche Schichtenstörung von vorherrschender Bedeutung über- haupt nicht zustande gekommen ist. Kehren wir zum Südfuss des Thüringer Waldes zurück, so ist dort eben infolge des Herrsehens echter Verwerfungen der Zechstein selten an der eigentlichen Rand Verwerfung; zu beobachten, vielmehr tritt er in der Regel abseits vom Gebirge an Parallel- verwerfungen zu Tage und zwar nicht eben selten. Nördlich des Thüringer Waldes1) dagegen ist meines Wissens bei Rudolstadt die einzige Stelle, wo Zechstein getrennt von seinem Hauptaus- streichen (natürlich von Trennungen durch Erosion abgesehen) wieder zu Tage tritt, und zwar geschieht es dort wohl nur infolge einfacher Emporsattelung, nicht infolge von Verwerfungen. Mit der Auffassung' der Lagerungsverhältnisse am Nordost- fusse des Gebirges, als beherrscht von einer Flexur, und derer am Südwestfuss als beherrscht durch ein System von Verwerfungen, steht die thatsächliche Beobachtung in gutem Einklang, dass dort das Profil aus dem Gebirge nach dem Triasvorland eine möglichst vollständige Schichtenfolge darbietet, oder wenigstens die Alters- Differenz der beiden am Gebirgsrand an einander stossenden Formationen meist eine verhältnissmässig geringe ist, und dass sich das Oberrothliegende am Nordostabhang des Gebirges reichlich ent- wickelt zeigt, dass dagegen ein Profil quer durch die südwestliche Rand Verwerfung im Alter sehr verschiedene Schichten neben ein- ander zeigt, dass das Oberrothliegende dort in der Regel fehlt und häufiger das Unterrothliegende oder gar dessen Basis an die Randspalte herantritt. Es ist darum um so interessanter zu sehen, wie dort an den Stellen, wo vor dem eigentlichen Gebirge ein- b Von der eigentlichen Nordspitze des Gebirges ist in dieser ganzen Mit- theilung abgesehen. LVII mal wieder Zechstein zusammen mit Rotldiegenden emportaucht, letzteres iu der Regel Oberrothliegendes ist (Blatt Meeder süd- östlich vou Eisfeld, Gegend von Stockheim). Aus dem Gesagten folgt nun aber nicht, dass der Zechstein immer auf Oberrothliegenden gelagert sein müsse (so scheint z. B. o-leich an dem ebenfalls aus der Trias isolirt aufragenden »Kleinen Thüringerwald« eine Abweichung sich zu finden), es bleibt viel- mehr die discordante Auflagerung des Zechsteins, wie auf ältere Formationen, so auch auf die verschiedenen Glieder des Roth- liegenden unangefochten bestehen, und darum wurde oben (auf voriger Seite) nur von einer »möglichst vollständigen Schichten- folge« gesprochen. Es ist zum Schluss noch ein Punkt zu besprechen. Es ist im Voraussehenden das Einfallen des Mittelschenkels der Flexur als ein (von den Stellen der endgiltigen Umbiegung in die Seiten- schenkel abgesehen) gleichförmiges, vielleicht entlang der Richtung des Streichens wechselndes, aber doch nicht entlang der Fall- richtung hin- und herschwankendes betrachtet worden, so zwar, dass angenommen wurde, das Fallen einer Schicht an einer be- stimmten Stelle des Streichens sei constant vom Gebirge weg ge- neigt, an einer andern Stelle constant senkrecht, endlich an einer dritten Stelle constant überkippt. Stellen letzterer Art hat man stets besondere Beachtung geschenkt, weil sie in der That eine eigenthümliclie, wohl meist recht schwierige Erklärung uöthig machten. Beobachtungen an dem oben schon erwähnten Muschel- kalk am Gebirgsrand bei Frankenhain haben aber ergeben, dass das Fallen gar nicht immer constant nach einer und derselben Richtung erfolge: die Schichten fällen dort im grossen betrachtet saiger ein, in der Nähe aber sieht man sie mehrfach hin- und hergebogen, also ähnlich einem aufrecht stehenden Wellblech mit horizontal verlaufenden Wellen. Es ist das eine Erscheinung, die wohl auf Zusammensinken und Stauchung zurückzuführen ist. Von den Schenkeln jeder einzelnen Welle oder Falte fällt natür- lich der eine stets von dem Gebirge ab, der andere gegen dieses zu. Sind dann die Wellen sehr weit, so ist vielleicht auf eine grosse Strecke nur ein Schenkel der letzteren Art der Beobachtung KVIII zugänglich, man hat dann scheinbar das Phänomen der Ueber- kippung, ist aber doch nicht berechtigt, dem ganzen Mittelschenkel der grossen Flexur am Gebirgsrand eine überkippte Stellung zu- zuschreiben. Mittheilung des Herrn II. Proescholdt über Aufnahmen und Revisionen der Blätter Mendhausen, Rodach, Hild- burg bansen und Dings leben. Die Sectionen Mendhausen und Rodach werden zum grössten Theil aus Kohlen- und Gypskeuper aufgebaut; die Gliederung des letzteren schliesst sich eng an die, welche von Gümbel bei der Aufnahme des Blattes Bamberg aufgestellt hat (Text zur Section Bamberg, S. 6 — 8). Die Schichten fallen flach südwestlich ein; an manchen Stellen jedoch, so namentlich in der Umgebung von Streufdorf und Steinfeld, zeigt der Ausstrich derselben ganz unverkennbar eine in nordöstlicher Richtung verlaufende ältere Sattelung an, die am deutlichsten in den Einschnitten der im Bau begriffenen Bahn Hildburghausen-Friedrichshall zu Tage tritt. Im nordwest- lichen Theil des Blattes Rodach sind Störungen beobachtet worden, und zwar Ueberschiebuugen, von denen eine den südwestlichen Theil der Section Hildburghausen durchsetzt, hier schwer erkenn- bar, dann mit zunehmender Intensität nach Dingsleben übergeht, auf diesem Blatt noch gegen 6 Kilometer lang bemerkbar ist und sich schliesslich in der Sattellinie des Sattels verliert, der die Main -Weser -Wasserscheide bildet. Im Gebiete der Section Rodach treten sehr zahlreiche Basalt- gänge zu Tage, die nahezu parallel mit einander ungefähr in Stunde 2 die Schichten durchbrechen. Diesem allgemeinen Ver- halten folgen auch die mächtigen Basaltgänge des Straufhains, die von mächtigen Tuffbildungen begleitet werden; die andern Gänge sind meistens sehr schmal, oft kaum 1 Meter breit, erreichen aber vielfach eine bedeutende Länge. Einer konnte gegen 10 Kilometer weit verfolgt werden. Das Gestein der Gänge scheint, soweit die noch nicht ganz zu Ende geführten Untersuchungen ein Urtheil ermöglichen, einem gemeinsamen oder gleichzeitigen Herd ent- quollen zu sein. Die Untersuchungen von Bücking, Luedecke LIX und mir stimmen darin überein, dass der Basalt dem Nephelin- basalt angehört, allerdings mit recht zurücktretendem Nephelin. Hierzu gehört auch der Basalt von Hessberg bei Hildburghausen. Andere Basalte sind bis jetzt auf der Section Rodach nicht auf- gefunden worden ; dagegen gehören die Gesteine im äussersten Westen und Norden des Gangzuges, der durch das Streichen in Stunde 2 charakterisirt wird, dem Plagioklasbasalt und Basanit zu, so die Basalte des Teufelsteins bei Themar, der Steinsburg bei Suhl u. a. Die Aufnahmen und Revisionen auf Dingsleben ergaben das ö O interessante Resultat, dass die Werra im langen Laufe Verwerfungen folgt, die im Zusammenhang mit der Marisfelder Midde stehen. D as heutige Werrathal zwischen Hildburghausen und Themar ist zum Theil sehr jugendlichen Alters, so die Strecke zwischen Ebenhards und Beurieth. Das alte Bett wich im grossen Bogen davon ab und lag über 3 Kilometer südlich ; es umfloss in grosser Schleife den Höhnberg und ist noch z. Th. im soge- nannten Zeilfelder Grund erhalten, durch Diluvialablagerungen deutlich gekennzeichnet. Die Verwerfungen im Werrathal laufen übrigens nicht mehr im nordwestlichen Streichen, sondern nehmen eine nahezu nördliche Richtung an. Bei der Schlussrevision von Section Hildburghausen wurde an der Wiedersbacher Störung, die von Eisfeld herkommt, infolge neuer Ausschürfungen das Vorkommen von oberem Zechstein bis zu den untern Letten constatirt, die hier an Anhydrit und Schaum- kalk stossen. Die Lagerungsverhältnisse sind hier sehr eigen- thümlicher Art und ganz abweichend von denen, die Loretz auf Eisfeld beobachtet hat. Der Zechstein mit dem feinkörnigen Sandstein und einem Theil des Gerolle -führenden zeigt deutliche fächerförmige Schichtenstellung; die ganze Partie gehört einer unzweifelhaft herausgequetschten Scholle an. Mittheilung des Herrn Beyschlag über Aufnahmen auf Blatt Salzungen. Die Gliederung der ausgedehnten Diluvial- und Alluvial- bildungen am südlichen Werra-Ufer bei Salzungen bewies, dass die Beschaffenheit des Schottermateriales allein als Kriterium zur LX Trennung von Haupt- und Seitenthal-Schotter selbst in den Fällen nicht immer ausreicht, wo die Gesteine der Seitenthäler sich wesentlich von den im Hauptthale bewegten Erosionsproducten unterscheiden. Indem die jüngeren Seitenthäler von Süden her sich zur Werra austieften, mussten sie die bereits existirenden, ansehn- lichen, älteren Schotterterrassen an den Flanken der Werra durch- sägen und mischten somit ihr eigenes ausschliesslich aus Bunt- sandstein und Bafealt bestehendes Material mit dem wiederauf- bereiteten Schottermaterial der diluvialen Werra, welche vorzugs- weise ältere Gesteine des Thüringer Waldes abgelagert hatte. Bei dergleichen aus gemischtem Material bestehenden jungdilu- vialen und alluvialen Schottermassen musste die Lagerung und die Verbreitung für die Beurtheilung des Alters und der Herkunft als ausschlaggebendes Merkmal betrachtet werden. Zu den wenigen, in ihrem relativen Alter schwer feststell- baren Tertiärablagerungen, welche aus dem Gebiete der Werra und ihrer Nebenflüsse bekannt geworden sind (Eisfeld, Plateau über Meiningen, Willmars, Schwarzbach, Rosa, Ober- Zella bei Vacha) gesellt sich ein in seiner Entwickeluüg namentlich dem letzten nahestehendes, räumlich sehr beschränktes Vorkommen unter dem Dorfe Gumpelstadt auf Blatt Salzungen. Plastische Tlione mit geringen Einlagerungen einer erdigen, schlechten Braunkohle setzen die Ablagerung zusammen, die jedenfalls mehr zu den oben aufgeführten jungtertiären Ablagerungen gehört, als zu den von Basaltergüssen bedeckten, der Braunkohlenformation der östlichen Rhön zugehörigen Ablagerungen der Geba und des Hahnberges bei Oberkatz. Für die Beurtheilung der Mächtigkeit der einzelnen Glieder der Zechsteinformation sind die Resultate von Bedeutung, welche bei den verschiedenen Bohrungen der Saline Salzungen gewonnen wurden. Es ergeben sich als Mittel aus 5 gut übereinstimmenden Bohrungen für die Bröckelschiefer und Obere Zechsteinletten zusammen 24,4 Meter, für den oberen Zechsteindolomit 17,2 Meter, für die Unteren Letten mit Gyps bis zum Steinsalzlager 48,4 Meter. Das Steinsalzlager wurde nirgends durchbohrt. O O LXI Mittheilung des Herrn F. Beyschlag über Aufnahmen in Hessen. In dem hessischen Arbeitsgebiet längs des Unterlaufes der Fulda von Rotenburg bis Cassel konnte das Bild der für den geologischen Bau jener Gegend so wichtigen Grabenversenkungen im Einzelnen vervollständigt werden. So wurde zunächst der Zusammenhang der von Grossalmerode in WNW.- Richtung streichenden Bruchlinie mit derjenigen, welche erst dem Losse- Thal folgend, dann von Oberkaufungen durch den Eichwald bei Bettenhausen quer durch die Stadt Cassel und von da in gleicher Richtung über Kirchditmold zum Fusse des Habichtwaldes ver- läuft, ermittelt. So sehr die Verwerfungen und Gräben der be- schriebenen Richtung; im weiter östlich gelegenen Gebiete nach dem Thüringer Walde zu an Zahl und Intensität zunehmen, so sehr tritt für unser Gebiet diese Bruchrichtung hinter der wich- tigeren SW. -NO. streichenden zurück. Erst auf dem Blatte Alt- morschen begegnen wir zwischen Wichte und Nieder- Beisheim wieder einer zwar kurzen aber typischen Versenkung in WNW.- Richtung, die den räumlichen Zusammenhang zweier an ihr ab- schneidender Grabentheile der anderen Richtung vermittelt. Der dritte und letzte Bruch ersterer Richtung verläuft auf dem Blatte Ludwigseck vom Semmelberge bei Raboldshausen über Saasen und Aua durch den oberen Gaisgrund in der Richtung auf Heenes zur Fulda unterhalb Uersfeld. Diese drei ihrem Verlauf nach skizzirten Gebirgsbrüclie haben die Eigentbündichkeit gemeinsam, dass die Form und Lagerung, unter welcher die aus ihrem ur- sprünglichen Gleichgewicht gelösten Schichtentheile dasselbe wieder- fanden, auf kurze streichende Erstreckungen in auffallender Weise wechselt. So kann ein einfacher linearer Bruch mit einseitiger Einsenkung der Schichten gegen die Bruchlinie übergehen in eine echte einflügelige oder doppeltflügelige Grabenversenkung, und diese wiederum kann übergehen zu einer flach -muldenförmigen Lagerung der Schichten, bei der nur noch das Ueberwiegen der Längsaxe der Mulde an die Verwandtschaft mit der ursprünglichen Grabenversenkung erinnert. Die bereits in der Drucklegung be- LXII griffene und demnächst erscheinende geologische Specialkarte dieser Gegend wird die Mannigfaltigkeit, in der sich die Zer- breclning des Gebirges vollzog, zum Ausdruck bringen. — Es dürfte schwer sein anzugeben und zu begründen , ob und welche der beiden in unserem Gebiete sich mannichfaltig kreuzenden, bezw. an einander absetzenden Brüche die älteren und welches die zu- letzt entstandenen seien. Es erscheint wohl angängig, die Kräfte, welche die Schichtendislocation verursachten , sich gleichzeitig wirkend vorzustellen, wenngleich nirgends eine in der Resultirenden beider Richtungen liegende Kraftwirkung erkennbar ist. Zieht man die Erfahrungen aus dem ganzen zwischen Thüringer Wald und der Fulda belegenen Gebiete in Betracht, so will es scheinen, als ob weder die eine, noch die andere Art von Brüchen in jedem der iu Rede stehenden Gebietsteile die ältere resp. die jüngere sei, sondern als ob zwischen der wiederholten Aeusserung der in der einen Richtung wirkenden Kraft wiederholte, der Zeit nach nicht beträchtlich von der ersteren unterschiedene, in der zweiten Richtung wirkende Kräfte thätig gewesen seien. Zur Begründung des Gesagten sei hier nochmals darauf hingewiesen, dass die NO. — SW. streichenden Brüche von Grossalmerode- Spangenberg- Wichte bezw. von Raboldshausen - Salzberg - Oberaula an den SO. — NW. verlaufenden Bruchlinien Wichte-Niederbeisheim bezw. Semmelberg-Saasen- Aua- Heenes absetzen, und dass andererseits das umgekehrte Verhältniss sowohl bei dem Bruche Wickenroda- Grossalmerode-Ungsterode, als auch bei dem etwas südlicheren Graben Waldkappel-Hollstein-Lichtenau zu beobachten ist. Die geringe Zeit, welche in diesem Jahre für die Aufnahmen in der Umgebung Cassels zur Verfügung stand, wurde noch durch die besondere Aufgabe beeinträchtigt, die hydrographischen Ver- hältnisse dieses Bezirkes in einer Weise zu untersuchen und dar- zustellen, dass der städtischen Verwaltung von Cassel für ihr Project einer neuen Wasserversorgung der .Stadt die nöthigen Grundlagen geschaffen würden. So beschränkten sich die Beob- achtungen und Begehungen im Wesentlichen auf die einzelnen Tertiärablagerungen in der Umgebung von Cassel und auf die © © © © Besichtigung der durch den Bergbau veranlassten Aufschlüsse in O © © LXIII denselben. Es gelang dabei in Sonderheit durch das Zuvorkommen der Kgl. Bergbehörde und privater Bergbautreibender eine nicht unbeträchtliche Zahl von Bohrlochs- und Schachtprofilen aufzu- zeichnen, welche für die weitere Beurtheilung der Lagerungs- verhältnisse sowohl, als auch des relativen Alters dieser Ablage- rungen von Werth sind. Gleichwohl sind die Untersuchungen darüber noch in einem Stadium, welche ein abschliessendes Urtheil noch nicht gestatten. — Von besonderem Interesse waren die Beobachtungen über das Verhältniss des Basaltes zu den Tertiär- ablagerungen, wie solche der Bergbau ausser auf dem Habichts- wald vor allem auf der Grube Stellberg III. bei Wattenbach ermöglicht hat. In letztgenannter Grube ist das Kohlenflötz in recht ansehnlicher Ausdehnung auf der Ostseite des Stellberges beim Hambülskopf durch ein intrusives Basaltlager vom Liegenden her metamorphosirt. Der mächtige Basalterguss hat sich nur wenige Fuss über dem mittleren Buntsandstein, zum Theil direct auf demselben in tertiäre Sande eingedrängt, die meist nur wenige Fuss mächtig unter dem Kohlenflötz liegen. Vom Basalt aus verzweigen sich durch den von Bitumen schwarz gefärbten Sand bis weit in das Kohlenflötz hinein Apophysen, in deren Nachbar- schaft die Umwandlung der Kohle bis zur stengeligen Absonderung gesteigert ist. Dennoch kann die metamorphosirende Wirkung des Basaltes, der zu Folge die gewöhnliche erdige Braunkohle in der ganzen Flötzmächtigkeit von 3 — 4 Meter zu Glanzkohle und Schwarzkohle veredelt ist, keineswegs lediglich auf diese das Flötz thatsächlich berührenden und durchsetzenden Apophysen bezogen werden, vielmehr ist dieselbe der Hauptsache nach durch den in der Sohle liegenden und durch die erwähnte Sandschicht getrennten Basalt hervorgebracht worden. Von der Intensität der Veränderung der Kohle geben folgende Verhältnisszahlen eine Vorstellung. Ist die Wassermenge von 0° C., welche von 1 Gewichts- theil unveränderter Braunkohle vom Stellberg in Dampf von 150° C. verwandelt wird, = 5,8 Gewichtstheilen, so ist die entsprechende Wassermenge bei Anwendung von Schwarzkohlen = 6,9 und bei Glanzkohlen = 7,6 dieser Gewichtstlieile. Es kann heute nur andeutungsweise darauf hingewiesen LXIV werden, dass eine Anzahl von Basaltergüssen dortiger Gegend wohl niemals Oberflächenergüsse gewesen sind, sondern Intrusiv- Masseu, Einpressungen, die seitlich von Spalten aus in Buntsand- stein, Muschelkalk oder Tertiärschichten injicirt wurden. In den weitaus meisten Fällen ist durch die nachfolgende Denudation und Erosion der Basalt bereits aus dem umgebenden Gestein herausgeschält und freigelegt worden. Um so werthvoller und interessanter sind Stellen, wie die angeführte am Stellberg, oder der altbekannte Punkt im Ahnegraben des nördlichen Habichts- waldes, wo der Basalt sich auf längere streichende Erstreckung zwischen die Muschelkalkschichten eingedräncft hat. Verhälinisse wie die vom Stellberg geschilderten, werden nun aber auch noch insofern von weitersehender Bedeutung: für die umliesende Gebend und insonderheit für die Beurtheilung der Altersverhältnisse von Basalt- und Braunkohlenbildungen des Habichtswaldes , als die übereinander folgenden, durch Tertiärschichten getrennten Basalt- massen nun nicht mehr für jeden Fall verschieden-zeitigen Ergüssen angehören müssen, sondern im gleichen Verhältniss zu einander stehen können wie die grosse Basaltdecke des Stellberg;es im Hangenden des Braunkohlenflötzes zu den Intrusiv- Massen im Liegenden desselben. Mittheilung des Herrn E. Kayser über Aufnahmen in der Gegend von Marburg und Dillenburg. Die schon im Jahre 1 88 G begonnenen, im Sommer 1887 fort- gesetzten Arbeiten führten zur Entdeckung; einer überraschend grossen Zahl von Verwerfungen im Buntsaudsteingfebiet der Blätter Marburg und Niederweimar. Diese z. Th. mehrere Kilo- meter weit verfolgbaren Spalten sind aber nicht blos auf den Bundsandstein beschränkt, sondern setzen sich auch in das Roth- liegende und in’s Alte Gebirge fort. Ein bestimmtes System in der Richtung der Spalten ist bis jetzt nicht zu erkenneu. In der Marburg;er wie auch in der DilDegrnd betraf die Untersuchung besonders auch die weitverbreiteten Tentaculiten- führenden Schiefer, die bis jetzt meist zum Culm gerechnet wurden, die aber sammt den sie begleitenden Dachschiefern, LXV Kieselschiefern, Grauwacken, Kalksteinen, Quarziten etc. ein weit höheres Alter besitzen. Das Hangende der fraglichen, sehr mäch- tigen Schichtenfolge besteht nämlich an vielen Punkten nachweis- bar aus Oberdevon, das Liegende aber aus den obersten Schichten des Unterdevon, so dass jene selbst nur ein mitteldevonisches Alter haben kann. Es ist eine sehr bemerkenswerthe Erweiterung der bisherigen Ansichten über das Alter der Tentaculiten-führenden Schiefer und der damit eng zusammenhängenden Orthocerasschiefer der Dillgegend und des hessischen Hinterlandes, dass dieselben nicht nur das untere, sondern auch das obere Mitteldevon ver- treten, während Stringocephalenkalk in jener Gegend gänzlich zu fehlen scheint. Ein anderes interessantes Resultat ist die Auffindung weiterer Punkte von Clymenienkalk im Dillenburg’schen. Ausser an der schon seit einigen Jahren bekannten, aber in der Literatur wohl nicht beschriebenen Localität bei Bicken, im Hangenden des dortigen schwarzen Kalkes mit Goniatites intumescens wurden Clymenien und Goniatiten des Clymenienniveaus auch bei Langen- aubach (unweit Ilaiger), in unmittelbarer Nähe des dort entwickelten Iberger Kalks nachgewiesen. c5 O Eine weitere unvermuthete Entdeckung ist die von typischem Unter devon mit Homalonoten, Pterineen, Pleurodictyum, Chonetes sarcinulata etc. mitten zwischen Schichten vom Alter des Mittel- devon, Oberdevon und Culm oberhalb Herbornseelbach, an der Landstrasse nach Bicken. Erwähnenswerth ist endlich der Nachweis einer viel grösseren Verbreitung der sog. Lahnporphyre im Dillgebiete, als man bisher annahm. Dieselben sind ganz an die Verbreitung der mitteldevonischen Schiefer geknüpft, in welchem sie als lager- und stockförmige, aber, wie es scheint, nie als gangförmige Massen auftreten. Mittheilung des Herrn H. Grebe über die Aufnahmen an der Mosel, Saar und Nahe im Sommer 1887. Die letztjährigen geologischen Arbeiten bestanden meist in Revisionen früher bearbeiteter Karten, zunächst der Blätter Trier Jahrbuch 1887. p LX VI und Pfalzel, mit Zugrundelegung der Neuaufnahmen des General- stabes. Es wurden auf Blatt Trier die vielen Verwerfungen der Trias in ihrem Verlauf von Neuem festgestellt und nicht nur verschiedene anders dargestellt, sondern es konnten auch einige, früher nicht erkannte, kartirt werden. Das gelang dadurch, dass auch hier, wie es im vorhergehenden Jahre bei der Revision der im Jahre 1 880 publi- cirten Blätter Merzig, Perl und Gross -Hemmersdorf (1876) ge- schehen, eine speziellere Gliederung des Buntsandsteins durch- geführt wurde. So ist westlich von Trier, kaum 1 Kilometer vom linken Moselufer, noch eine Verwerfung nachgewiesen worden, die bei 50 Meter Sprunghöhe in gleicher Richtung von SW. nach NO. wie die meisten übrigen Klüfte des Blattes streicht. Der nächste NW. -Sprung, welcher von Igel über Sirzenich nach dem Kockeisberg (etwa 3 Kilometer NW. von Trier) verläuft und von da nach NO. im Buntsandstein nicht weiter in seinem Fortstreichen zu erkennen war, ist jetzt bis zum Steigerberg (3 — 4 Kilometer vom Kockeisberg) festgestellt worden. Im nordwestlichen Tlieile des Blattes Trier sind die Zwischen- schichten zu beiden Seiten der Sauer, zwischen Wintersdorf und Metzdorf, auf eine Länge von 5 Kilometer und dann längs der Mosel von Wasserliesch bis nördlich von Pallien, sowie in den Seitenthälern bei Zewen, Euren und Pallien, in dem Biewerbacli- thal aufwärts bis Aach hin nachgewiesen worden. In der Nähe dieses Dorfes, woselbst die Triasschichten durch Klüfte ausser- ordentlich gestört sind, hat sich das Netz derselben bei der Revision und beim Peststellen der Zwischenschichten etwas anders gestaltet. Dann liegen auf der Höhe des Stubenbergs, nördlich der Kockels- berger Kluft Zwischenschichten, südlich davon Vogesensandstein in gleichem Niveau. Am Steigerberg liegen zu beiden Seiten desselben Zwischenschichten, auf der südöstlichen Seite aber in einem ca. 40 Meter höheren Niveau als auf der nordwestlichen. Dasselbe ist am Kockeisberg der Fall. Die an der Saar 40 — 50 Meter, in der Trier’schen Gegend bis 70 Meter mächtigen Zwischenschichten sind grob- bis fein- körnige Sandsteine, die sich wegen ihrer weichen Beschaffenheit LXVIt zu baulichen Zwecken selten eignen; sie sind im Gegensätze zuril hellrothen und buntfarbigen Yogesensandstein tief braunrotb bis graulich- violett gefärbt, glimmerführend und enthalten oftmals Knollen von grauem Dolomit, sowie auch kleine Geschiebe von Milcbquarz. Hohlräume, durch das Auswittern der Dolomite her- vorgerufen, bemerkt man häufig darin. Conglomeratische Schichten (Vertreter des Hauptconglomerates der Vogesen) zeigen sich auch in der Trier’schen Gegend nicht selten an der Basis der Zwischen- schichten; dagegen fehlt der in diesem Niveau an der Saar und in den Vogesen ziemlich häufige Carneol in der Trier’schen Gegend. Der auflagernde, bis zu 20 Meter mächtige Voltziensandstein ist dem Sandsteine der Zwischenschichten, wenn sie in festeren und stärkeren Bänken Vorkommen, ziemlich ähnlich; er erscheint meist in wohlgeschichteten und starken Bänken, zumal in den unteren Lagen; im Hangenden wird der Voltziensandstein gewöhnlich dünnschichtig und wechsellagert mit sandig-thonigen Schichten; meist liefert er einen geschätzten Baustein. Man hatte bei den Aufnahmen in Elsass-Lothringen versucht, eine Zweitheilung des Vogesensandsteins vorzunehmen und damit begonnen, dieselbe auch an der Preussisch-lothringischen Grenze in der Saarbrücker Gegend durchzuführen; ich erwähnte schon in meiner Mittheilung des Jahrbuches für 1886, dass eine solche nicht überall durchführbar sei; sie liess sich schon hei Saarlouis nicht nachweisen, noch weniger in der Trier’schen Gegend, und auch von Seiten der Strassburger Geologen ist sie bei ihren Auf- nahmen aufgegeben worden. Der Vogesensandstein ist auch hei Trier meist grobkörnig, glimmerfrei, nicht selten aber von fester Beschaffenheit, wird an manchen Stellen gewonnen und zum Bauen verwandt; manchmal erscheint er sogar in hoher Festigkeit. Ich erwähnte auch im vorigen Jahre, dass die in den Vogesen auf- gestellte, 100 Meter mächtige, untere Abtheilung des Buntsandsteins (thonige und glimmerreiche Sandsteine mit Thonen) sich an der Saar und Mosel nicht nachweisen lasse; meines Wissens ist sie auch von den Strassburger Geologen wieder aufgegeben worden und ist dieselbe als oberste Stufe des Oberrothliegendeu anzusehen, wie gemeinschaftliche Begehungen mit ihnen in der Pfalz im vorigen o o o o e LXVIII Sommer und eine erneute Bereisung derselben im letzten Herbste ergeben haben. Es kommen ganz ähnliche und recht mächtige glimmerreiche, thouige Sandsteine mit Thonen wechselnd, östlich von Trier bis zum Alfthal hin vor, die ich schon vor Jahren zur oberen Stufe des Oberrothliegenden gestellt und in einem Aufsatz1) in dem Jahrbuche für 1881 beschrieben habe: als braunrothe, mürbe Sandsteine mit sandigen Schieferthonen, die häufig grünlich- weiss gefleckt sind. Besonders kreisrunde, grünlich-weisse Flecken findet man fast überall in diesen Schichten (Kreuznacher Schichten). Die sandig-dolomitischen Schichten als Grenzgesteine zwischen dem Oberrothliegenden und Vogesensandstein, deren ich in dem ange- führten Aufsatze (S. 463) Erwähnung that, haben sich in der Pfalz auch nur in geringer Mächtigkeit (15 Centimeter) gleichfalls auf- finden lassen, hier aber thierische Beste einschliessend, die als Zechstein- Versteinerungen erkannt worden sind. Beste von Tertiär sind auf Blatt Trier spärlich vorhanden, das Vorkommen einzelner Blöcke von Braunkohlenquarzit auf dem Plateau (375 Meter über dem Meere) zwischen Fusenich und Sirzenich, 5 Kilometer westlich von Trier, sowie die auf dem 350 Meter hohen Steigerberg lagernden, weissen, ganz abgerundeten Quarzgerölle deuten darauf hin. Dann wurden im letzten Jahre vereinzelte Geschiebe und Conglomerate auf den 400 Meter hohen plateauförmigen Flächen zwischen Waldrach und Oberfell, ferner bei Oberfell (Blatt Pfalzel) gefunden, die ebenfalls dem Tertiär angehören dürften. Vulkanischer Sand wurde im Lehm auf dem Plateau nordöstlich von Buwer, auf der Fläche bei Franzen- knüppchen, in grösserer Ausdehnung am Boscheiderhof und im Eurener Walde beobachtet. Die Bevision des Blattes Pfalzel ging viel schneller und leichter von Statten, da hier vorherrschend Hunsrückschiefer Vor- kommen, die Arbeiten au der im Baue begriffenen Buwerthalbahn ergaben keine weiteren Aufschlüsse, nur sind einige kleine Diluvial- terrassen, mit Kies bedeckt, dabei entblösst worden. Dann sind einige grössere Vorkommen von Diabas bei Lichtungen von Waldparzellen aufgefunden worden. ') Ueber das Ober-ffothliegende, die Trias, das Tertiär und Diluvium in der Trier’ sehen Gegend. RXIX Noch wurde bei der Revision des Blattes Pfalzel nordöstlich von Ruwer eine Verwerfung erkannt, die das Oberrothliegende vom Unterdevon trennt. Bei den Revisionsarbeiten, die in der Saarbrücker Gegend vorgenommen worden sind, handelte es sich zunächst gleich wie bei denen von Blatt Merzig, Perl und Gross -Hemmersdorf im Jahre 1886, mit den Aufnahmen von Seiten Eisass -Lothringens Uebereinstimmung zu erlangen. Auf Blatt Ludweiler (Bouss) wurden von Merten (Lothringen) aus über Berus bis Felsberg (am Nordrande der Karte) die Zwischenschichten ausgeschieden, auf dem südlichen Anschluss- blatte St. Avold (Lauterbach) war an der Preussisch-lothringischen Grenze nur eine kleine Partie dieser Schichten zu verzeichnen. Auf dem Blatte Saarbrücken wurden dieselben an den Spicherer Höhen längs der Landesgrenze festgestellt. An der Grenze der Zwischenschichten gegen den Vogesen Sandstein kommen hier ebenfalls schmale Lagen von Conglomerat und mehrfach Knollen von Carneol vor, namentlich in der Schlucht östlich der Goldenen Bremm. Dann wurden auch östlich von Saarbrücken, sowie westlich und östlich von St. Arnual auf Blatt St. Johann (Dudweiler) die Zwischenschichten kartirt und dabei mehrere Verwerfungen fest- gestellt, die früher nicht erkannt waren. Eine derselben am Grossen Bartenberg bei Scheidt schneidet die Zwischenschichten gegen Norden ab; sie liegt im nordöstlichen Fortschreiten der grossen Kluft, die G. Meyer in seiner Abhandlung »über die Laererunffsverliältuisse der Trias am Südrande des Saarbrücker o o Steinkohlengebirges« auf der beigefügten Karte1) von Kochern her über Stieringen und nördlich der Spicherer Höhen verlaufend, angiebt. Eine andere, südlich des Winterbergs durchsetzende und nach Güdingen, in der Richtung von SW. nach NO. streichende von G. Meyer schon beobachtete Kluft, hat bewirkt, dass die Trias- schichten auf ihrer Nordostseite eingesunken sind und liegen die Zwischenschichten am steilen nördlichen Gehänge des Arnualer b Mittheilungen der CommissioQ für die geologische Landesuntersuchung von Elsass-Lothringen 1886, Bd. 1. LXX Stiftswaldes in einem etwa 50 Meter höheren Niveau als am Tief-Weiher (1 Kilometer westlich von St. Arnual). Auf Blatt Saargemünd (Hanweiler) erscheinen die Zwischen- schichten sowohl südlich von Güdingen, als auch westlich von da im südlichen Theile des Arnualer Stiftswaldes, ferner bei Fechingen gut aufgeschlossen. Auf den Blättern der Saarbrücker Gegend ist Oberroth- liegendes nur D/2 Kilometer südwestlich von Clarenthal (Blatt Saarbrücken) angegeben. In gleicher Beschaffenheit als ein mürbes, tiefbraunrothes, thonig-sandiges Conglomerat mit Stücken von verwittertem Melaphyr wurde es bei dem Bau der Fischbacli- balm am Bahnhofe Schleifmühle, 1 1/2 Kilometer vom Saarbrücker Bahnhof, unmittelbar an der Grenze des Steinkohlengebirges auf- geschlossen. Die Böschung ist jetzt überschottert, doch kann man das Gestein noch im Graben neben dem Bahnplanum anstehend finden. Ferner wurde ein guter Aufschluss von Oberrothliegendem dicht an der Mühle vou Werbeln (Blatt Luclweiler) augetroffen. Am Wege von der Mühle über den Kothen Berg nach Schaff- hausen steht es üeben dem Kohlengebirge an und scheint hier eine Verwerfung durchzusetzen. Das leicht zerfallende, undeutlich geschichtete ' Quarz- und Quarzitcouglomerat schliesst an dieser Stelle faustgrosse Stücke von stark zersetztem Melaphyr und Porphyrit ein. Noch an mehreren Localitäten treten an der Grenze des Kohlengebirges Schichten auf, die ich viel mehr für Oberroth- liegendes als für Buntsandstein ansehen möchte. Dies gilt be- sonders von einer Stelle am Käseberg bei Ludweiler, wo in einer grösseren Entblössung an der Strasse nach Gr.-Kosseln über dem zu Tage tretenden Kohlengebirge tief braunrothe, z. Th. auch violett- graue und graulich - weisse Conglomerate auftreten, die einzelne Gerolle von verwittertem Eruptivgestein einschliessen, das Melaphyr zu sein scheint. In dem Gesteine der 6 Meter tiefen Entblössung, t/a Kilometer nordöstlich vom Ramelter Schacht und links der Strasse von Völklingen nach Altenkessel fanden LXXI sich zwar keine Brocken von Melaphyr, indess erinnert dasselbe bei seiner eigentbömlicben Färbung — es ist ein grau-braunrotlier und grau-violetter Sandstein mit einzelnen Quarzbrocken von mürber Bescbaffeubeit - — doch sehr an gleiche Vorkommen, wie ich sie vielfach an der unteren Nabe und auf im letzten Sommer und Herbst unternommenen Excursionen in der Pfalz und in dem Odenwalde, bei denen es sieb um vergleichendende Studien im Öberrothliegenden bandelte, beobachtet habe. Ich bin geneigt, das Gestein zur obersten Stufe des Öberrothliegenden zu rechnen. Ferner kommen an der Grenze des Kohlengebirges Sandstein- schichten, die ebenfalls dahin gehören dürften, an folgenden Punkten vor: im Bahneinschnitt bei Krämershaus, zwischen Saar- brücken und Jägersfreude, bei Griessborn, bei Gersweiler und Schönecken nahe an der Landesgrenze. Bei der Revision der Grenzlinien des Steinkohlengebirges auf den Blättern Saarbrücken und Ludweiler (Bouss) auf Grund- lage der neuen Karten konnten dieselben gegen den Buntsand- stein schärfer angegeben, dann auch manche Diluvialterrassen ge- nauer dargestellt und mehrere zugefügt werden , so dass auf den neuerdings geologisch-colorirten beiden Blättern viel mehr Diluvium erscheint. Dieses auszuscheiden , hat namentlich im Gebiete des oft sehr geschiebereichen Vogesensandstein, der meist leicht zer- fällt, nicht selten seine grosse Schwierigkeit; ausser Zweifel bleibt man indess, dass Diluvium einzutragen ist, wenn mit den Ge- schieben von Quarz und Quarzit gleichzeitig solche von Bunt- sandstein und Muschelkalk Vorkommen, was vielfach der Fall ist. Das 30 — 40 Meter über der Saar, westwärts der Strecke Saar- louis-Bouss gelegene Vorland besteht aus Terrassen, die sich weiter nach Westen bis zu dem Höhenzuge ausdehnen, der vom Limberg (südwestlich von Dillingen) über Felsberg, Berus nach der Lothringischen Grenze hin verläuft. Sie sind stellenweise reichlich mit diluvialem Kies bedeckt und als ein ehemaliges o Saarbett anzusehen. An jenem steil abfallenden, östlichen Gehänge des eben erwähnten Höhenzuges floss früher die Saar vorüber, es bildete deren Uferrand oder vielmehr den eines Armes derselben. Die LXXII Begehung der Saarbrücker Gegend liat nämlich zu der Annahme geführt, dass zur Zeit, als die Saar noch in einem 30 — 40 Meter höheren Niveau floss, zwischen St. Arnual und Güdingen eine Theilung in zwei Arme stattfand. Ein Arm wandte sich in nordöstlicher Richtung zwischen den Haiberg und die Höhe des Kolbenholz nach der Scliaafbrücke, machte hier einen scharfen Bogen und setzte seinen Lauf zwischen dem Haiberg und Kaninchenberg gegen W. und NW. in der Richtung der heutigen Saar fort. Der zweite Arm verlief von St. Arnual in westlicher Richtung zwischen dem Winterberg und den Spicherer Höhen sehr wahrscheinlich über Forbacli hinaus und dann in einem grossen Bogen längs der Lothringischen Grenze und des vorher gedachten Höhenzuges Berus-Felsberg. Beide Arme vereinigten sich etwa nahe unterhalb Saarlouis. Diese beiden Saararme der älteren Diluvialzeit sind zu erkennen an den diluvialen Ab- lagerungen bei 30 — 40 Meter über dem jetzigen Saarbett, dann aber hauptsächlich an der Terrainbildung: die breiten Thäler zu beiden Seiten des Haiberges weisen auf den zuerst genannten, die grosse Thaleinsenkung zwischen dem Winterberg , altem Exercierplatz und den SpicRerer Höhen, welche sich nach Forbacli hin weiter ausdehnt, auf den westlichen Arm hin. Die übrigen Arbeiten des letzten Jahres erstreckten sich auf kleinere Berichtigungen in der Umgebung des Spiemont zwischen Ottweiler und St. Wendel, sowie auf Ausgleichung einiger Differenzen zwischen den diesseitigen und den Bayrischen Auf- nahmen an der Landesgrenze, in der Nähe von Dörrenbach (Blatt St. Wendel), auf Revisionen in der Gegend von Lichtenberg uud zwischen der Nahe und Mosel. Mittheilung des Herrn E. Datiie über Aufnahmen in den Blättern Neurode, Langenbielau und Rudolfs- waldau. Die Gneissfor mation auf Section Neurode gehört aus- nahmslos der Abtheilung der Zweiglimmergneisse an; sie ist im nordöstlichen, von Silberberg nördlich gelegenen Sectionstheil ent- wickelt. Breit- und grobflaserige Gneissvarietäten herrschen vor, LXXIII während die fein schiefrigen und köruigschuppigen Abänderungen zurücktreten. Von erstem sind die Augengneisse (bei den drei Grenzen, am Fuchsberge und die breite Zone von der grossen Strohhaube bis zum Mannsgrunde) besonders hervorzuheben. Einige 20 Amphibolit- und 4 Serpentinlager (drei bei dem Forstorte »die drei Grenzen« und eins am Fuchsberge) sind darin eingelagert. P e g m at i te durchsetzen zahlreich die Gneissschichten ; sie führen bei der Schutzhütte nördlich des Schwarzen Grabens neben Orthoklas, Mikroklin, Plagioklas, Glimmer, Quarz und Tur- malin, noch erbsengrosse, rothbraune Granatkry stalle und erbsen- grosse Körner von Apatit. Baryt- und Quarzgänge in der Um- gebung von Silberberg, auf welchen zu verschiedenen Zeiten ein wenig lohnender Bergbau umgegangen ist, sind Vertreter der Erz- gänge. Ein Kersantitgang, zwischen Mannsgrund und dem Hohenstein bei Silberberg in NS. -Richtung aufsetzend, ist da- durch ausgezeichnet, dass er zwar im südlichsten Gangtheil reich- lich dunklen Glimmer führt, aber in seiner Haupterstreckung fast glimmerfrei und feldspatlireieh sich erweist und zum Theil Pseudo- sphärolithe enthält, die auch mit unbewaffnetem Auge erkennbar, in Gestalt von Variolen hervortreten. Die Lagerungsverhältnisse sind vom Nordrand der Karte bis zum Mannsgrund im S. regelmässig; die Schichten streichen h. 6 — 7 bei steilem N. -Fallen; sie gehören der grossen, durch eine bedeutende OW. -Verwerfung und längs des Höhlergrundes auf- setzenden Verwerfung abgetrennten Scholle an. Bei der Abtrennung dieser ungefähr 15 Quadratkilometer grossen Scholle wurde der südlichste zwischen Mannsgrund und Silberberg vorhandene Theil o O der Gneissformation des Eulengebirges, den man jetzt gleichfalls als eine, wenn auch kleinere Scholle auffassen kann, dermaassen zerstückelt und in unendliche viele und ve rh ältni ssm ässi g kleine Schollen zertheilt, dass man das letztere Gebiet eigentlich als eine grossstückige Gneissbreccie auffassen muss. Die Gneiss- bruchstücke sind oft durch Reib ungsbreccien, die grünlichgrau oder graubraun gefärbt sind, ein grauwackenähnliches Aussehen besitzen, haselnussgrosse Fragmente von Gneiss und Quarz führen und deren Hauptmasse aus zerriebenem und nachträglich ver- LXXIV festigten! Gesteinspulver bestellen, tnun- oder gangförmig erfüllt. Die Grösse der Gänge von Reibungsbreccie ist verschieden, meist sind sie aber nur 1 — 2 Decimeter, höchstens 0,5 Meter stark. Der letztere Gneissdistrict ist als Gneisszone mit Reibungsbreccien auf der Karte ausgeschieden. Die erste Aufrichtung der Gueiss- formation und deren erste Schollenbildung geschah vor Ablagerung des Mittelsilurs von Herzogswalde bei Silberberg. Die Kartirung der Gneissformation in der Nordwestecke des Blattes Langenbielau und in der Nordostecke der Section Rudolfswaldau ergab das interessante Resultat, dass die der Abtheilung der Biotitgneisse beizuzählenden Gneissschichten um ein bei dem Orte Kasclibach gelegenes Centrum gruppirt sind. Dieser Sattelkern ist in der OW. -Richtung 2 Kilometer breit und fast ebenso gross in der NS. -Richtung; er besteht aus grob- bis mittelkörnig- schuppigen Biotitgneissen von oft granitähnlichem Aussehen und Gefüge. Die angrenzenden Gneissschichten fallen allseitig von diesem innern Kerne ab und bilden mit demselben und den weiter entfernt liegenden Gneisszonen einen deutlichen Sattel, dessen Verbreitung nach S. bis Steiukunzendorf, nach W. bis zur hohen Eule, nach O. bis nach Peterswaldau festgestellt werden konnte, während seine Ausdehnung nach N. auf Section Reichenbach durch Kartirung noch nachzuweisen ist. Es hat den Anschein, als ob mau den ganzen Bau des Eulengebirges auf diesen Sattel beziehen könne; dann würde allerdings die Abtheilung der Biotitgneisse in diesem Gebirge die Abtheilung; der Zweiglimmergneisse unzweifel- haft unterlagern. Neben den verschiedenen Gneissvarietäten er- scheinen in diesem Gebiete noch viele Amphibolite, die, je nachdem sie mit grobflaserigen oder körnigschuppigen Gneissen verbunden sind, gleichfalls grobe oder feinkörnige Ausbildung auf- weisen. Von den Serpentinen ist nur ein kleines Lager an der Südseite des Burgberges bei Peterswaldau aufgefunden worden. Von den zahlreichen Pegma täten mögen einige Vorkommen be- ö o o sonders erwähnt werden. Am Nordabhauge des Kesselberges bei Eriedrichshain brechen in einem grobkörnigen, aus Perthit, Mikro- klin, Quarz und dunklem Glimmer bestehend, sehr schöne, Smaragd- LXXV grüne, 3 — 4 Millimeter lange Kryställclien von Apatit. Zu den Pegmatiten ist ein nordsüdlich streichender Gang; an der NO. -Seite der hohen Eule zu stellen, welcher zwar hauptsächlich aus weiss- lichem, splittrigem Gangquarz besteht, aber auch recht reichlich bis mehrere Decimeter breite Gigen von schönem Rosenquarz führt, und zurücktretend körnigen, weissen Feldspath und etwas Mus- covit enthält. Im oberen Theile des Milmichthales, westlich der Försterei, konnte eine ziemlich 1 Kilometer lange und ^2 Kilometer breite Culmpartie nachgewiesen werden. Dieses Vorkommen ist deshalb von Wichtigkeit, weil dadurch einerseits der ehemalige Zusammenhang der beiden jetzt isolirt erscheinenden Culmpartieen von Steinkunzendorf und Altfriedersdorf erwiesen wird, andrerseits auch die Verbindung mit dem Culm südlich des Weistritzthales hergestellt wird. Der Culm des Milmichthales besteht aus Con- glomeraten und arkoseartigen , aus Gneiss entstandenen Grau- wacken, die in den liegendsten Schichten zu wahren Pseudogneissen (Seitenschlucht östlich vom Krähenberge) sich herausbilden. Schliesslich wurde die Kartirung des Obercarbons und Roth- liegenden auf der SW. -Ecke des Blattes Langenbielau vollendet. Mittheilung des Herrn F. M. Stapff über Aufnahmen in Section Charlottenbrunn. Gliederung der G n eis sfor matio n 1). Nachdem auch die in der NW. - Ecke der Section Charlottenbrunn vorherrschenden Cordieritgneisse aufgenommen sind, ist es möglich eine Glied e- rung des Biotitgneisses vorzunehmen, welcher nicht nur die Structur zu Grunde liegt, sondern auch solche augenfällige Ueber- gemengtheile, die für Bildung secundären Glimmers im Gneiss von Bedeutung sind, nämlich Cord ie ri t und daraus hervorgegangener Pinit und Fibrolith (oder gleichwerthige rhombische Thonerde- silikate als Sillimanit, Andalusit, Monroelith, Bucliolzit, Bandit, Xenolith, Wörthit). Man sieht im feinkörnig -schuppigen Biotitgneiss sehr häufig abgerundet-rhombische bohnenähnliche »Fibrolithkuoten«, aus Quarz *) Bulletin de la Societe beige de geologie. Tome II, 1888. Seance du 25. janvier, p. 10 — 18. LXXVI bestehend, welcher von Sillimanitnadeln durchwachsen ist, oder aus gelblich weissem Pinit, welcher Quarzkörner, Glimmerblättchen und Fibrolith einschliesst, manchmal aber auch einen glasigen Kern von Cordierit (?) umhüllt, ln grobflaserigem Cordieritgneiss von Dittmannsdorf liegen manchmal kartätschengrosse Cordierit- knollen, meist in Pinit zersetzt, von Magnesiaglimmerschuppen, dicken Fibrolithstrahlen, Quarzkörnern und spärlichen Kaliglimmer- schuppen durchwachsen ; letztere theils unmittelbar aus dem Cor- dierit, theils erst aus dem Pinit hervorgegangen. Es ist leicht zu übersehen, wie aus Cordierit (Al2 Si3 -+- 2 MgSi) unter Zu- fuhr von Kali (z. B. aus zersetztem Feldspath) Kaliglimmer, Pinit und Magnesiaglimmer hervorgehen kann, und weiter aus dem Pinit (AlSi2 -f- R,KaSi), (Kaliglimmer) Quarz und Fibrolith (Ai8Si9). Doch mag im Eulengebirgischen Gueiss auch primärer Fibrolith Vorkommen, besonders solcher, dessen mikro- skopische Nadeln die frischen Gesteinsgemengtlieile durchziehen. Durch die Möglichkeit des Auftretens von primärem, von Cordierit unabhängigem Fibrolith schwindet eine scheinbare Inconsecjuenz in der folgenden Gliederung des Gneisses. Kaliglimmer, nicht in dicken Schuppen, sondern in sporadischen Flimmern, zeigt sich hie und da auch ohne erkennbaren Cordierit im Biotitgueiss, be- sonders in zerrüttetem, von Eisenoxyd durchzogenem und von Baryttrümmern durchschwärmtem Biotitgneiss, welcher dadurch noch lange kein Zweiglimmergneiss wird. o o o Folgendes Schema dürfte, in Zusammenhang mit dem im Jahrbuch für 1883 S. 514 f. gesagten, meine Gliederung des Biotitgneisses im nordwestlichen Eulengebirge genügend veranschaulichen, auch hinsichtlich der wesentlichen Einlagerungen. J o o Wir erhalten hiernach 4 Hauptarten von Biotitgneiss: IF; quarzreicher, feinkörnig - klein schuppiger mit Fibrolith knoten aus Cordierit. II C ; feld spathreicher , grobkörnig-grossschuppiger mit Cordierit und daraus hervorgegangenem Pinit und Fibrolith. LXXVII Gliederung: nach Structur. Breitflaseriger Uebergänge Biotitgneiss II: aus I in II ( 1/ 1 1 ) oder (I. II) Körnig schuppiger Biotitgneiss II Parallelflächige oder flach linsen- förmige wechsellagernde Quarz- feldspathlamcllen, durch häutigen oder grossschupp. Biotit getrennt Sandsteinkörnig. Dünn und ebenstreifig Euritische Lamellen. Gefaltet, verworren, zerquetscht. Quetschgranit. Augengneis s. cra td ® D g OQ p cd p_, * CD 60 3 P B p r P“ cs S ClD 2- 2.dcr % P~ CD ST 8 5 O Cß CTr-J £-g. W o r** - • p rr p g. Cß g Ot! J S1 E- p1 o CS3 r- ►T er cd CO CD 3 ® P 3. i^Q pr © 3 £3 3. 5* M «>* cß — • co P P “o rs gO CD P ^ CS CS hri ^ Cß L- ^ :Lcd O ‘ --g-oQ o- ® n ^ O t1 p O O Ph 2. td Q . erq p P er r CD o“1 P P P- TI CD C(q B 5 T L- Q-> cß CD CT (JQ S 5 P CD fcrj -O s‘ r o T f H® Hp g Cfq g uq B S B ® P^ P P gq 3* 5’ 2 c+- ^ . p Qg B 5 ’-s cf' P. :: 3 CD ► — * ° £ Cß E Tg. b. e e-t- <— ■ • PT P go C 1 Cfq' cd prr P B ^ B 2 CD CD ’-J -J‘ • Cß td 3 p •p p Qg p P s 0q g 3 2 er 5? cd" 3 dd er P *-s P Hi CD >-j P mW ^ CD CD P »o 3 i? CJq - ;& ® d g- ® 3q Pi» in g rH. 5° t1 CD D P Z' ö • w CD tr CD 52’ B ctoq td p g % §. s-: £ o b- ’ g Bo < 3 " -CD D r* cd - p <0 0 25- 5* p P ^ 2 g! p ^ -»rrSS & B ^ | ä 5T O CD -1 j® P o 3.-&0 bdOE: goq ® p-2 td 1 o^-o p- CD CD g P^ P" Oq . CD £gcr g* ^ 3 S- ? pt ^ P B‘® 3 © © a ►-* p erp * P Cfq CD P ^ ^dtd S ® pr S-aQ 0 p 0 ^p^ cd *1 r; ►i «r CD < p ^ CD B-i-i. p" ^ oq CD g- CD 2- CT KH D - P . P P-i ^ Q tS3 "* P- ^ ?r P o P p — cd a t0 TQ P CD %: äd3- 3 p Q W. 3r p 3 p" p aQ p CD -T p erq ^ ^ cV P CD et- i — ■ 5* p" 0 hl Cß PCD 03 CD — • CD Cß O p Qq ^ g ^ °: B q3 -p - r^-* cd erq CD ; S0 3 _ ct- *~i er P o ^ p H*. CD • CD Cß ~o- §* 3 > 3 pr Er CD. p1 3 0 Cß erq CD P O P Ph CD ►-s P Cß* CD p1 © d Cß CS 0 CD P Cß 3- 3 a> a> er CD CD ■-S Cß CD 5* O Cß Q erq 5* CS 5' ü P P P t-s CD P CS a> P- aq CD ^ erq S p h-. P rf erq 2 o o O T< 5’ 1 Si o* O TI T TO ^ tr" O o ® Gliederung nach Uebergemengtheilen und besonderen Einlagerungen. Lxxvin I ; feldspathreicher, fein körnig - kleinschuppiger ohne secundären Fibrolith ; besonders als Grenzgestein von Granulit und Verbindungsglied zwischen einzelnen Granu- litlinsen bemerkenswerth. II ; feldspathreicher , grobkörnig - grossschuppiger Lagengneiss, ohne Cordierit (oder aus solchem her- vorgegangenem Fibrolith und Pinit). Die durch die Structur bedingten Zwischenglieder I/II und I. II muss man bei der Kartenconstruction möglichst zu eliminiren suchen; das accessorische Auftreten von Kaliglimmerflimmer n höchstens durch Chiffrirung andeuten. Die felsitischen Quarzitschiefereinlagerungen in IF sind eine Art Parallelbildung des Granulits in I und II. Der bisher unbekannte Granulitzug Oberweistritz, Höllenberg, Kyuau, Klinke, Kaiser-Heinrich endet mit Eklogitlinsen; beide Gesteine stehen also in einem geologischen Zusammenhang, welcher petrographisch in dem Zusammenvorkommen des Granulits mit Olivin- und Diallaghaltigem Amphibolgestein (und daraus her- vorgegangenem Serpentin) begründet ist. Gabbro, reich bald an Labrador, bald an Diallag, und Olivindiabas, tritt im feinkörnig -schuppigen Eiotitgneiss IF und im Fibrolith -führenden, breitflaserigen II F und I/IIF auf; und zwar liegen die Einzelvorkommnisse (meist nur lose Steine) in Linien, welche dem Verlauf der Gneissschichten folgen, wes- halb die Gabbro- artigen Gesteine des NW. -Eulengebirges der o o o Gneissformation anzugehören scheinen. Altersfolge der Gneissarten. Betrachtet man das aus den Aufnahmen sich ergebende tectonische Bild , so möchte man zunächst daran zweifeln, ob hier von einer gesetzmässigen Aufeinanderfolge ursprünglich nahezu horizontal abgelagerter Schichten überhaupt die Rede sein kann; man glaubt vielmehr in einander geschlungene Schlieren vor sich zu haben, welche beim Erstarren aus einem schmelzflüssigen Magma bereits so ungleichartig zusammengesetzt waren , dass sich verschiedene LXXIX Gesteine aus ihnen herausbilden konnten, als nachmals gleich- artige Kräfte und Keagentien gleichzeitig auf sie wirkten. Gneiss kann ebensowohl aus einem Glas herausgebildet sein, als aus dessen tuffigem Sediment. Nehmen wir bei den Eulengebirgischen Gneissen das letztere an, so müssen wir zugleich eine doppelte Faltung (über Kreuz) voraussetzen, welche Schnittfiguren erklären kann, wie sie die in einander geschlungenen Gneissvarietäten an der Oberfläche zeigen. Profile durch einzelne der angenommenen Calottensättel oder Schalenmulden zeigen dann die Cordierit- (Fibrolith-) führenden Gneisse mit ihren Einlagerungen als liegende (ältere), die Cordierit- (Fibrolith-) freien mit Zubehör als hangende (jüngere). Profile durch andere Sättel und Mulden ergeben aber nicht dasselbe Re- sultat, und nur durch die Annahme von Wiederholung gleich- artiger Schichten, von Auskeilung einzelner, von Unregelmässig- keiten im Faltenwurf, oder von späteren Störungen des Schichten- aufbaues könnte man solche Widersprüche wegraisonniren. In seinen Hauptzügen stellt das Schichtenbild der Section Charlottenbrunn die oben gegliederten Gneisssorten so dar, dass körnigschuppiger Fibrolithgneiss (IF) im Osten, Süden und Süd- westen des Kartenblattes, breitflaseriger Cordieritgneiss (II C) im Westen und Nordwesten desselben, ein ausgelapptes rundliches Gebiet von überwiegend Cordierit- und Fibrolith -freiem, körnig- schuppigem (I) und breitflaserigem (II) Biotitgneiss umfassen, welches mit seinen Granulit- u. a. Einlagerungen die Mitte und den Nordrand der Section einnimmt. Und da die, allerdings steil aufgerichteten, Gürtelschichten dem Centralgebiet zu fallen, so würden erstere das Liegende, letztere das Han gende ein- nehmen. Culm. Zu den kleinen, bisher gekannten Culminseln des Stenzelberg’s und des Spitzberg’s sind durch meine Aufnahmen in der Section Charlottenbrunn Culm ablager ungen von 7 bis 8 Quadratkilometer Flächenausdehnung gekommen, deren eine als 6V2 Kilometer langer, ununterbrochener, Streifen von Altfrieders- dorf bis in den Ob erweist ritzer Forst sich erstreckt. Es LXXX sind hauptsächlich r oth e Culmconglo me rate mit Gneissgeröllen ; theils solchen aus der Nachbarschaft, theils fremdartigen: rother Zweiglimmergneiss u. a., welche in einzelnen Fällen nordischen sehr ähneln. Von Neufriedersdorf bis zur Michelsdorfe r Kirche habe ich eine ganze Anzahl natürlicher Entblössungen in den Thalböden gefunden; weiter nordwärts werden solche aber sehr spärlich, und man ist genöthigt nach der intensiven Itothfärbung des Bodens und der Verbreitung loser Culmgerölle das Gebiet abzu- grenzen. Dadurch wird die äussere Begrenzung manchmal unsicher, um so mehr als Steine aus dem Gneissgrundschutt mit solchen aus der Culmdecke vermengt sind, und als einzelne Culmgerölle weit abwärts über die Berggehänge zerstreut liegen. An dieser Ver- schleppung scheinen die diluvialen Flutheu um so mehr betheiligt gewesen zu sein, als die Culmgrenze auf den Anhöhen nahezu in den 560 Meterhorizont des diluvialen Eismeers fällt. Da das Culmconglomerat ebensowohl auf den Böden der jetzigen Thäler, als auf den zwischenliegenden Anhöhen, schwebend abgelagert ist, so müssen den jetzigen Thälern conforme schon vor- der Culmzeit das Gneissgebirge durchzogen haben. Und da die Culmschichten überall schwebend verlaufen, so können seit ihrer Ablagerung auch keine bedeutende schiefe Aufwärtsverschie- bungen im Gebirge stattgefunden haben, obwohl sich das Eulen- gebirge seitdem als ganzes verschiedene Male gehoben und ge- senkt haben mag. Der Culm der Section Charlottenbrunn besteht aus der NNW. gerichteten Partie des Stenzelberg’s, aus der parallelen von Friedersdorf- Heiurichau - Michelsdorf nebst ihrer ausge- lappten nördlichen Fortsetzung, und aus einem Lappen zwischen Wüstewaltersdorf und Heiurichau, welcher diese beiden Züge verknüpft. Dazu kommt noch eine ganz kleine isolirte Insel am nordöstlichen Gebirgsfuss bei Ludwigsdorf, und schwache Andeutungen zwischen Wacheberg und Obertannhausen. Da sowohl auf dem Culmconglomerat des Stenzelberg’s als auf dem von H ein rieh au südwärts Grauwacke und Thonschiefer (am Spitzberg mit Spiriferen -führenden Kalkknollen) liegt, so scheint das Culmineer südwärts an Tiefe zugenommen zu haben. LXXXI Andererseits liegt aber auch eine Grauwackenablagerung auf dem nördlichsten Zipfel des Conglomerats am Schlossberg, nahe dem Schlesierthal. Hier sind der Culmgrauwacke drei oder vier Schichten von psammitischem, Sandstein - ähnlichem Porphyr concordant zwischengeschoben. Aeusserlich ähnelt dieser »Schlossbergporphyr« dem angewitterten Kersantit, welcher in repetirten Lagen dem Schiefer und Grauwackensandstein des Spitzberg’s, gleichfalls concordant, eingelagert ist. Auf der Verbindungslinie zwischen Spitzberg und Schlossberg, welche südostwärts verlängert die Culminsel von Steinkuuzen dorf trifft, liegt noch ein einzelnes kleines Vorkommen von »Schlossbergporphyr«, zwischen Michels- dorf und Leutmanns dorf. Diluvium. Die Meeresstrandhorizonte des NW.-Eulen- gebirges, welche ich im Jahrbuch der Königl. Geol. Landesanstalt für 1883, S. 540 f.; 1884, S. Lxxxvnf.; 1886, S. 317 f. beschrie- ben habe, konnten auch in dem nun aufgenommenen Theil der Section Charlottenbrunn wiedererkannt werden. Der oberste und deutlichste derselben, in 550 — 560 Meter M. II., bezeichnet den Strand des diluvialen Eismeers, in welchem die skandina- vischen Gletscher kalbten, und ist stellenweise noch jetzt mit ent- sprechenden Ablagerungen garnirt: schwebend geschichtete Sand- und Strandgeröll e-Bänke, mit zahlreichen Feuer- stein- u. a. nordischen Geschieben, zwischen Hexenstein und Hausmannsdorf, 555 Meter ii. M.; mit Lätt und Sand be- deckte Lehmlager, worin gleichfalls Feuerstein- u. a. nor- dische Geschiebe, am Heidelberg, 560 Meter ü. M. ; nordische Findlinge, SW. von Leutmannsdorf, bis 520 Meter M. IJ. Es ist mir nun aber auch gelungen, Bodenabsätze desselben Meeres aufzufinden, welche nachmals nicht umgelagert und durch Ueberdeckung so wenig gestört worden sind, dass über ihre Natur kein Zweifel sein kann, selbst wenn die Andeutungen von Yoldia , welche ich darin gefunden zu haben glaube, einem raschen vorgefassten Urtheil nur noch als Thongallen erscheinen. Ich habe diesen Meeresthon mit seinen Yoldiaspuren in der Sitzung f Jahrbuch 1887. lxxxii vom 2. November 1887 der Deutschen geologischen Gesellschaft vor- gelegt, und zugleich das schematische Profil des Eulengebirgisclien Gebirgsdiluviums skizzirt, welches weiter unten folgt. Auf dem Sattel zwischen Reussendorf, Bärengrund und Altwasser streckt sich von NO. nach SW. ein kilometerlanges Lehmlager, dessen höchsten (Sattel) Punkt die Chaussee nahe Cäsargrube in 486 Meter Meereshöhe passirt. D ie Einzelprofile in den verschiedenen Lehmgruben können dahin zusammengefasst werden, dass auf Grundschutt nach Steinkohlen- oder Culmconglomerat liegt : o o 1 1/-2 — 2 Meter dunkelgrauer, dünnschichtiger, fetter Thon; 0 — 2 » gelber, sandiger Thon, (aufwärts, öfters über- gehend in folgenden); 0,5 — 6 » gelber, magerer, ungeschichteter Lehm. Darüber 0,7 — 1,5 » wechselnde Schichten von gelbem und rotliem Sand, Kies, Gerolle, oft durch ein dünnes, rothes, sandiges Lehmband vom unter- liegenden getrennt. Die Decke der ganzen Ablagerung bildet O O o 1/4 — 3/4. Meter gelber und blauer Lätt mit torfiger Ober- fläche. Von diesen Schichten ist die unterste und theilweise die zweite, von »hvarfviglera« nicht zu unterscheiden. Sie besteht aus papierdünnen, schwarzgrauen, hellgrauen und rostigen Lagen, welche durch dünne Häutchen zartesten Sandes getrennt werden. Man trifft darin ausser Feuerstein- und anderen kleinen nordischen -Geschieben und Sandkörnern, Brocken von Lignit und tertiäre Quarzitgerölle; in einer der Lehm- gruben ist sogar Bernstein gefunden worden. Unter einhei- mischen Geschieben fallen ausser carbo nis eben namentlich solche von mürbem Phyllit auf. In diesem Thon fand ich, in der zur Domäne Reussendorf gehörigen, untersten Lehmgrube die fingernagelähnlichen Kerne nach Yoldia (?) ohne Schale und Epidermis (welche von der Thonmasse absorbirt sein könnten); ausserdem einzelne Mergel- LXXXIII puppen (mariekor). Dieser Thon kann nur äusserst zarter, ruhig abgesetzter Seeschlamm sein; und da die Lokalität (Sattel, welcher nach N bis O in eine freie Ebene abfällt, worüber ein Sperrdamm unabsehbar ist) die Voraussetzung eines kleinen Binnensees aus- schliesst, so können wir nur den Bodenabsatz eines Meeres vor uns haben, desselben Meeres, welches den Strandhorizont 560 Meter erreichte, bevor es sich senkte. Daraus erklärt sich danu von selbst, dass mit anderen Treibproducten auch eis be- förderte nordische Geschiebe zum Absatz gelangten. Solche sind in dem, in streifigen, gelben Thon übergehenden, Lehm aber viel häufiger und grösser; ein gerundeter nordischer Granit- block von 2 — 3 Kubikmeter liegt z. B. in der Lehmgrube nächst W. von der Strasse, 4&0 Meter ü. M. Im gelben, ungeschichteten Lehm sind auch Diluvialgeschiebe aus der Nachbarschaft viel häufiger; nicht nur Lignit, Basalt, tertiärer Sandstein u. dergl., sondern auch car bo ui sch es. Dieser Lehm ist offenbar kein einfaches Meeresdepositum mehr, sondern während und nach dem Rückzug des Meeres zusammen- geschwemmter Diluvialschutt, also Gehängelehm, dessen Um- lagerung in der Diluvialzeit begann. Noch mehr gilt dies von Ö O ö O dem Kies und Sand, welcher den Lehm bedeckt und dem Grundschutt der nächsten Anhöhen entnommen ist. Ueberlagert von alluvialem Lätt mit seiner Torfdecke schliesst er die Diluvialbildungen ab. Aehnliche Ablagerungen von streifigem, dunkelgrauem Thon, unter Lehm mit internen und nordischen Geschieben, kommen am NW.- Eulengebirge noch vor bei Seitendorf, 425 Meter ü. M. x), wo ich noch mehr Yoldia - ähnliche Thonkerne gesehen habe, als bei Eeussendorf; bei Wüste gier sdorf, 460 Meter; Nieder- tannhausen, 410 Meter; Schenkendorf, 380 Meter; (Ob er- weis tri tz, 320 Meter?). Abgesehen von Seiten dorf wird bei denselben aber fraglich, ob sie nicht in Landseen abgesetzt *) Hier liegt S'/a 0 einfallender, gelbgrauer, blätteriger Thon auf 12° ein- fallendem schwarzgrauem. Ich glaube nicht, dass die Discordanz beider, und Wirrungen an ihrer Grenzfläche, anderen Ursachen zuzuschreiben sind, als Ab- rutsclnmg der hangenden Schichten thalwärts. f* L.XXXIV sein mögen, welche bei Rückzug des Weistritzfjords successive in dessen äusserstem Winkel blieben; dies gilt namentlich von Niedertannhausen; auch habe ich in denselben nicht nach Meeresthierresten gesucht. Diese Vorkommnisse liegen ausserdem so eingeengt im Thal, dass sie der Confusion mit nachmaligen Diluvialtransporten aus dem Gebirge weit mehr ausgesetzt waren, als die Sattelablagerung bei Reussendorf. Es gliedert sich nun das Gebirgsdiluvium einfach und o O klar in 3 Gruppen: I. Grundschutt des Gebirges, verschwemmt und um- gelagert durch Fliesswässer (auch lokale Gletscher?) vor der letz- ten Meeresbedeckung des Gebirges (oder während dieser, aber über seinem Strand in 560 Meter Meereshöhe). Sturz-, Block- und Trümmerhalden; alte Schuttkegel und Muhren; Glim- mersand aus verwittertem Gneiss; steiniger, rauher, magerer Gneisslehm, auf den Anhöhen (über 560 Meter). Nordisches und tertiäres fehlt. II. Meeresabsätze, aus der Zeit da skandinavische Glet- scher im diluvialen Eismeer mündeten, welches Hör. 560 Meter des jetzigen Eulengebirges erreichte. 1°. Straudablagerungen. Strandbilder. Findlinge, von gestrandeten Eisbergen abgesetzt (Heinrichau-Leutmanns- dorf 520 Meter u. M.; Heinrichau -Wüste -Waltersdorf 620 Meter ?); Lehm (H ei delberg 560 Meter) und geschichteter Sand, Kies, Gerolle (Hexenstein-Hausdorf 555 Meter). Theils vom Gebirge abgeschwemmtes, theils vom Meer beigeflutetes und geschichtetes Material. 2°. Bodenablagerungen. Ausser Findlingen und Ge- schieben, welche das Treibeis, vom Hör. 560 Meter bis in die Ebene hinab abbürdete, bevor es strandete: Dünnstreifiger blätte- riger Thon (hvarfviglera) mit Sandschmitzen im Liegenden und II äugenden und in Strandnähe; mit einzelnen nordischen, tertiären und internen Geschieben, Lignit, Bernstein, Mariekor, Yoldia (?) (Reussendorf 486 Meter; Seitendorf 425 Meter; die anderen oben angeführten Vorkommnisse gehören theilweise schon zu 111). III. Meeresabsätze und Gebirgsschutt, umgelagert und vermischt, während des Rückzugs des Eismeeres und der LXXXV skandinavischen Gletscher (Vorschub lokaler Enlengebirgsgletscher?) und später. Die Strandablagerungen II 1° beginnen schon diese Reihe. Findlinge und heimische Klippblöcke nach Stein- schären, am ursprünglichen Absatzort liegen geblieben oder ver- rollt. Hauptgebilde ist diluvialer Gehängelehm, dessen Thongehalt theils dem Diluvialthon II 2° entstammt, theils dem verwitterten Gneissjmmdschutt des Gebirges. Die in diesem Lehm reichlich eingepackten Steine sind theils zusammengeschwemmte nordische und tertiäre Diluvialgeschiebe (selbst Blöcke) aus II, theils einheimischer Gebirgsschntt; Lignit und Bernstein aus II 2°. In der Oberweistritzer Lehmgrube sollen Säugethier- knochen gefunden worden sein (?), wohl im Löss. Plateau von Hohgiersdorf-Seitendorf, 460 — 480 Meter u. M. ; diluvialer Thalboden der Weistritz und des Zwicker-Goldbachthales mit ihren Terrassen, alten Seebecken und Stromrinnen. (Wüstegiesdorf 470 Meter, Obertannhausen 460 Meter, Niedertannhausen 410 Meter, Ivynau 380 Meter, Ober- weistritz 320 Meter, Reussendorf bis 486 Meter, Ditt- mannsdorf 420 Meter). Sand- und G eröll e- Ablagerungen (Kiesgruben) derselben Kategorie, mit nordischen und tertiären Geschieben in überwiegend internem Schutt: SW von Leut- mannsdorf 440 Meter, Mährlestein 360 Meter, Kynau 370 Meter, Dittmannsdorf-Tschorn 450 — 380 Meter; vordem Gebirgsfuss oft mit lössartiger Decke. Halden, Schutt- kegel, Muhren in und vor dem Gebirge. Das gemischte Gebirgsdiluvium (III) greift in die Erosionen und Alluvionen (IV) aller Art der Jetztzeit ein. Das con- ventionelle Ende der Diluvialzeit bezeichnen topographisch die neuen Thalwege des Weist r itzt h a les (Nie de rtann hausen, Mährlestein, Kynau) und Zwicker-Goldbachthales (Dittmannsdorf-Tschorn); die aus dem diluvialen Thalboden geschnittenen Terrassen, Erosionsmulden. Alluvialbildungen : Halden, Schuttkegel, Ueberschwemmungsschutt, Ge- hänge- (Au-) und W iesen-L ehm (Lätt), Torf u. dergl. Graphisch lässt sich diese Gliederung des Gebirgs- diluviums, von der ich hoffe, dass sie auch ausser dem Eulen - gebirge Bestätigung finden wird, ungefähr so darstellen: LXXXVI Im V orgelienden ist öfters von internen Gletschern ge- sprochen worden, während ich in früheren Berichten wiederholt auf Pseudoglacialphänomene im Enlengebirge hingewiesen habe, nämlich: Harnische auf anstehenden Klippen durch Klüftung uud Schichtung vorgeschriebene Verwitterungs- riefen auf Kohlensandstein, umgestauchte Schichtenköpfe, Radschrammen auf losen und anstehenden Steinen, Muhren- scheuerspuren an Thalwänden, Muhrengerölle mit rauh geschundenen Flecken. Letzten Herbst habe ich aber mitten in Dittmannsdorf dicht an der Chaussee Schrammen gefunden, welche von einem Gletscher herrühren dürften, und zwar nach Lage, Richtung, Stoss- und Läseite von einem Gletscher, welcher sich am Langeberg, Ochsenkopf, Kaudersberg (776,6 Meter) sammelte und theils dem Lehmwasserthal folgte, theils dem Zwickerbachthal durch Steingrund, Reussendorf, Ditt- mannsdorf. Bemerkenswerthe Ablagerungen oder Terraingestal- tungen hat er nicht hervorgebracht; zu ersteren könnte man vielleicht gemischte Gerölleablagerungen in Dittmannsdorf und am Anschnitt der neuen Strasse am Südabhang des Tschorn rechnen. Solchenfalls hätte der Zwickergletscher an Um- lagerung des Meeres- und internen Diluviums (III) theilgenommen; er könnte schon das Eismeer in seinem 560 Meter Strand erreicht haben, dem Rückzug desselben gefolgt sein, oder- erst später (durch Höheraufsteigen der Berge) sich gebildet haben. Das Seitenthälchen, welches bei der Domäne Reussendorf vorbei nach dem mehrerwähnten Sattel (Cäsargrube) führt, war aber EXXXVII nicht vergletschert, sonst würden die Thonablagerungen nicht ge- blieben sein. Da im Eulengebirge und Waiden b u r g e r Gebirge mehrere Berggruppen die Höhe von 700 — 800 Meter übersteigen, so darf man wohl noch mehrere solcher Miniaturgletscher voraussetzen, welche an der Umlagerung des Diluviums (III) theilnalunen. Ihre Bedeutung bleibt aber immerhin eine mehr meteorologische als geologische (ungefähr gleich jener jetziger Alpengletscher zweiten oder dritten Ranges), denn sie flössen in vorher existirenden Thälern, hinterliessen keine auffälligen Moränen, verrichteten mit einem Wort keine andere geologische Arbeit, als schuttreiche Wild- bäche (Muhren ohne Eispanzer) auch verrichtet haben. Einigermaasscn an Moränenlandschaft erinnert übrigens die Gegend südlich von Zedlitzheide (Section Rudolfs waldau). Mittheilung des Herrn Schütze über Aufnahmen in der Umüjea'eiid von Waldenburg; und Landeshut. o o Die Arbeiten des Jahres 1887 erstreckten sich auf dem Blatt Waldenburg in der Hauptsache auf das Rothliegende, Diluvium und Alluvium, sodann wurden auf dem Blatt Landeshut, welches die westliche Hälfte der Niederschlesischen. Steinkohlenmulde ent- hält, die Steinkohlenformation und das Rothliegende mit den zu- gehörigen Eruptivgesteinen in ihren Grenzen festgestellt. Der Cu Im auf Blatt Landeshut zeigt denselben Charakter wie in der Umgegend von Waldenburg, jedoch treten hier in der Umgebung von Reichhennersdorf häufig grössere Rollstücke von Gneiss in den Congloim raten hinzu. Schieferthone, denen des Ober-Carbon zum Verwechseln ähnlich, treten au der Grenze mit dem Ober-Carbon in der Nähe des Bahnhofes zu Landeshut auf, wo sie durch einen Versuchbau auf Steinkohlen bekannt geworden sind und sich durch zahlreiche Reste sehr gut erhaltener fossiler Pflanzen, namentlich von Sphenopteris ( Diplotmema ) distans Sternb. auszeichnen, während die früher im Betriebe gewesenen Steiu- brüche von Leppersdorf die in Sandstein eingeschlossenen Reste von Sagenaria Veltheimiana Sternb., Archaeocalamites radiatus LXXXVIII Brongn. , Sligmaria ficoides inaequalis Göpp., Adiantides tenui- folius etc. geliefert hatten. Bei Gaablau sind seit dem 16. Jahrhundert mehrere schwache Erzgänge im Culm bekannt, welche bis zn einer Tiefe von 113 Meter untersucht worden sind, sich aber schliesslich als un- bauwürdig erwiesen haben; sie führten Bleiglanz, silberreiches Fahlerz, in geringen Mengen auch noch Kupferkies, Blende und Speerkies, als Gangarten: Schwerspath, Flussspath und Quarz. Ober-Carbon. Dasselbe beginnt auf Blatt, Landeshut in einem grossen Theil seiner Erstreckung mit groben Conglomeraten, sodass dadurch die Abgrenzung gegen den Culm erschwert wird und dazu kommt noch, dass die Gerolle von Urscliiefern sich auch noch im Ober-Carbon zeigen. Ob sämmtliche Schichten des Ober- Carbon auf Blatt, Landeshut den Schatzlarer (Saarbrücker) Schichten angehören, ist nur in Bezug auf die liegendsten Schichten, welche den Ziegenrücken bei Hartau zusammensetzen, zweifelhaft. Das von der hier liegenden Concordia-Grube in Bau genommene Flötz wird überall von Sandstein bedeckt, Schiefer- thon fehlt fast vollständig und damit ist auch die Auffindung fossiler Pflanzenreste, welche die Bestimmung der Formationsstufe ermöglichen, ausserordentlich erschwert. Die geringen Spuren, welche gefunden worden sind, scheinen für die Zugehörigkeit dieser Schichten zu den Waldenburger (Ostrauer) Schichten zu sprechen. Hier endigen letztere, da es möglich war, festzustellen, dass die liegendsten Schichten bei Landeshut und Reichhenners- dorf den Schatzlarer Schichten angehören. Das Roth liegende. Ob dasselbe dem Ober -Carbon con- cordant oder discordant aufgelagert sei, lässt sich für die nächste Umgebung von Waldenburg wegen Mangel an Aufschlüssen nicht feststellen, wohl aber für das Terrain zwischen Gottesberg und Liebau. Bei Schwarzwaldau zeigen die Schichten des Ober- Carbon Neigungswinkel von 40 — 70°, während derselbe Winkel bei dem Kalklag-er im Roth liegenden bei Rothenbach höchstens 25° beträgt. Ferner lassen die bergmännischen Untersuchungs- arbeiten bei Reichhennersdorf ersehen, dass das Rothliegende unter einem Winkel von 14 — 15°, das darunter liegende Ober- Carbon dagegen unter einem solchen von 32° Neigung abgelagert LXXXIX ist. Endlich beweist das ans Felsitporphyr bestehende Grenzlager zwischen Ober -Carbon und Rothliegendem bei Alt- Lässig und Schwarzwaldau, dass die Ablagerung des letzteren nicht unmittel- bar auf die des ersteren gefolgt ist. Das vorhin erwähnte, dem Unter-Rothliegenden angehörende Kalklager von Rothenbach ist dem von Alt-Lässig und dem von der Wolkenbrust bei Langwaltersdorf (Blatt Waldenburg) parallel zu stellen. Das Mittel-Roth liegende. In weiter Erstreckung von Langwaltersdorf auf Blatt Waldenburg bis Liebau auf Blatt Landeshut lagern auf den Sandsteinen des Unter-Rothliegenden © >3» die Eruptivgesteine, Felsitporphyr und Melaphyr, und die aus der Zertrümmerung des ersteren hervorgegangenen Conglomerate und Tuffe. Die bisher unter dem Gesammtnamen Melaphyr zusammen- gefassten Gesteine sind in Phorphyrit und eigentlichen Melaphyr geschieden worden , von denen der letztere das ältere Ge- stein ist. Dem ersteren werden sämmtliche innerhalb des Ober-Carbons auftretende, bisher Melaphyr genannte Gesteine, sodann diejenigen, welche den Gr. und Kl. Wildberg und den Vogelsberg bei Lässig, o o o ©7 den Spitz- und Mühlenberg bei Mittel-Conradswaldau zusammen- setzen, dem letzteren der Storch- und Buchberg bei Langwalters- dorf, die dem Kl. und Gr. Wildberg vorgelagerten Höhen, die Forstberge, der Mummel- und Buchberg und die Hügelreihe am westlichen Fass der Reichhennersdorfer Berge zugerechnet. Süd- lieh von Reichhennersdorf löst sich dieser lange Melaphyrzug in einzelne dem Rothliegenden eingestreute insulare Partieen auf. Der Felsitporphyr, welcher vom nördlichen Ende der Reich- hennersdorfer Berge über Liebau hinaus bis zur südlich vor- liegenden Landesgrenze reicht, ist sehr arm an porphyrischen Ausscheidungen. Die Porphyrconglomerate kommen nur noch als eine bis zum südlichen Abhang der Forstberge reichende Fort- Setzung der entsprechenden Ablagerungen zwischen Lässig und Langwaltersdorf vor; mit ihnen ist diejenige Porphyrbreccie, welche als Saum den Felsitporphyr der Reichhennersdorfer Berge umgiebt, aber bei den südlich angrenzenden Liebauer Bergen fehlt, in keiner Weise zu vergleichen. xc Das Ober-Roth liege ncle füllt das sehr breite, flache, von Nieder- Zieder bis Kloster Gnissau nur sehr wenig ansteigende Ziederthal aus; an der Grenze mit den vorgenannten Eruptiv- gesteinen tritt vom Mummel- bis Habichtsberge eine Carneolbank auf. Die groben Conglomerate des Ober-Rothliegenden mit Roll- stücken vom Felsitporphyr, welche am Kirchberg bei Friedland an- stehen, reichen von dort in nordwestlicher Richtung nur bis Ober- Conradswaldau und scheinen im übrigen Theil der Mulde zu fehlen. Mittheilung des Herrn F. Wahnschaffe über seine Auf- nahmen im Uckermärkischen Arbeitsgebiete. Der Kartencomplex, dessen geologische Kartirung von mir im Sommer 1887 in Angriff genommen ist, umfasst die Messtisch- blätter Boitzenburg, Hindenburg, Fürstenwerder und Dedelow, von denen das erstgenannte Blatt fertig gestellt wurde. Gegenüber der Umgegend Berlins bietet dieses dem baltischen Landrücken zugehörige uckermärkische Aufnahmegebiet manche O ö O Eigentümlichkeiten dar. Dieselben bestehen in einer ziemlich beträchtlichen Erhebung der Diluvialhochfläche über dem Ostsee- spiegel , in einer sehr mannichfaltigen Gestaltung der Oberfläche und in dem Vorkommen von wallartigen Endmoränen. Auf Blatt Boitzenburg treten die angeführten Merkmale in sehr deutlicher Weise hervor. Die mittlere Meereshöhe der Diluvialhochfläche liegt hier zwischen 80 — 90 Meter, während einzelne Punkte, wie beispielsweise die Gegend nördlich von Klaushagen bis zu 120 Meter ansteigen. Eine grosse Verbreitung besitzt auf diesem Blatte der Geschiebemergel, welcher sich einem aus grandigen Sauden ge- bildeten stark welligen Untergründe anschmiegt und in Folge dessen an seiner Oberfläche ein sehr verschiedenartig gestaltetes Relief darbietet. Zahlreiche Pfuhle und unregelmässige, meist mit Torf erfüllte Bodenvertiefungen, sowie kleinere und grössere Seen sind in den Geschiebemergel eingesenkt und verleihen der Gegend den Charakter der Moränenlandschaft. Dazu kommen noch ver- schiedene Rinnen, durch welche die Seen zum Theil mit einander verbunden sind. Die erodirende Thätigkeit der Schmelzwasser des Eises hat sicher einen gewissen Einfluss auf die Ober- XCI flächengestaltung ausgeübt, doch ist dieselbe nicht als einziger geologischer Factor hier in Betracht zu ziehen, denn aus den Lagerungsverhältnissen geht deutlich hervor, dass viele der tieferen Seen älter sind als der Geschiebemergel und auf Einsenkungen zurückgeführt werden müssen, welche bereits in dem unregel- mässig gestalteten Untergründe vorhanden waren. In einem be- sonderen in diesem Jahrbuche befindlichen Aufsatze !) bin ich näher auf diese Verhältnisse eingegangen und kann daher auf die dortigen Ausführungen verweisen. Das Vorkommen eines schmalen' aus grossen Blöcken zu- sammengesetzten Walles, der mit nordwestlichem Streichen in den östlichen Theil des Blattes eintritt, bietet ein besonderes Interesse. Er ist nach Nordwesten zu unterbrochen, findet sich jedoch in der Zerweliner Haide wieder, woselbst er in mehrere parallele, die verschiedenen Etappen des sich langsam zurück- ziehenden Inlandeises andeutende Blockwälle sich auflöst. Die geologischen Verhältnisse des Blattes machen es wahr- scheinlich, dass der an der Oberfläche eine so ausgedehnte Ver- breitung besitzende Geschiebemergel als die Grundmoräne der zweiten Vereisung und der Geschiebewall als die während der Abschmelzperiode zurückgebliebene Endmoräne anzusehen sei, welche sich bildete, als das zurückschmelzende Eis der zweiten Vereisung auf dem baltischen Landrücken längere Zeit hindurch stationär war. Die in unmittelbarer Umgebung des Geschiebe- walles sich findenden Grande und Sande, welche oft zu kuppigen Hügeln angehäuft sind, stellen die Aufschüttungsmassen der vom Eisrande ausgehenden Schmelzwasser dar und sind daher dem Geschiebewalle in einer breiten Zone vorgelagert. Dabei ist der Geschiebemergel oft völlig von den Schmelzwassern denudirt oder auch mit mächtigen Ablagerungen von geschichtetem Sand und Grand überschüttet worden. Die Hauptaufgabe der ferneren Aufnahmen in jenem Gebiete wird es sein, den weiteren Verlauf des Geschiebewalles zu ver- folgen und sein Alter sowie seine Lagerungsverhältnisse mit Bezug b Zur Frage der Oberflächengestaltung im Gebiete der baltischen Seenplatte, S. 150 — 163. XC.I1 auf den ihn umgebenden Geschiebemergel festzustellen, da die bisherigen Beobachtungen noch nicht genügen, um darüber ein ganz bestimmtes Urtheil abgeben zu können 1). Mittheilung des Herrn H. Grüner über Aufnahme der Sectio n Wilsnack im Herbst des Jahres 1887. Das dem Westpriegnitzschen Kreise zugehörige, in seinem südwestlichen Theile von der Elbe begrenzte, der »Seehauser Wische« gegenüber liegende Gebiet der Section Wilsnack bildet eine weite Niederung, die in ihrer nordöstlichen Hälfte durch- schnittlich 30 Meter, in der südwestlichen, dem unmittelbaren Elbgebiete, etwa 23 Meter Meereshöhe besitzt. Erstere besteht in der Hauptsache aus jungdiluvialem, sehr feinkörnigem, voll- kommen steinfreiem Sand (Thalsand), der — wie Verfasser dieses im Jahrbuch für 1886 darlegte — sich früher südlich bis zum Höhenrand bei Hindenburg verbreitete. Die wasserfreien Höhen in der Wischa bei Berga, Schönfeld und Königsmark, diejenigen dicht an der Elbe bei Quitzöbel, Sandkrug und Bälow (Section Wilsnack), und die Höhen, auf welchen die Städte Wittenberge und Lenzen liegen, sind nur stehengebliebene Reste dieses einst weit verbreiteten Thalsandes. Letzterer charakterisirt sich auf dem Blatte dadurch, dass er seinem sonstigen Vorkommen ent- gegen humusfrei erscheint. Vielfältig zeigt er sich stark eisen- schüssig, demzufolge roth gefärbt, und in trockener Lage ganz unfruchtbar. Fast durchweg liegt der Grundwasserstand darin ziemlich nahe der Oberfläche und stellt sich Wasser schon bei dem zweiten oder dritten Spatenstich ein, weshalb die Friedhöfe vieler Ortschaften künstlichen Auftrag erhalten müssen. Eisen- schüssige Thalsandflächen neigen daher auch zur Bildung von Raseneisenerz und wird dieses in der gesammten Wilsnacker Feldmark angetroffen, verschwindet jedoch dui’ch systematisches Rajolen mehr und mehr. Die Feinkörnigkeit des Thalsandes, ') Durch die im Mai 1S88 ausgefiihrten Untersuchungen ist diese Frage bereits entschieden worden. Yergl. G. Berkndt und F. Wahnschaffe, Ergebnisse eines geologischen Ausfluges durch die Uckermark und Mecklenburg- Strelitz. Dieses Jahrb. für 1887, S. 363 — 371. XCIII der Mangel eines Bindemittels und seine der herrschenden Wind- richtung ausgesetzte Lage, bewirken leicht Verwehungen selbst bei nur massigen Winden, bei starken jedoch kommt die gesammte Fläche in Aufruhr und wird der Sand zu hohen, mächtigen und weit sich hinziehenden Dünen aufgethürmt. D ie Oberflächenbeschaffenheit des Thalsandes ist keine so ebene, wie z. B. in den Haupttliälern der Mark, seine Flächen sind mehr coupirt und treten darin weithin fortsetzende Rücken auf, die aber, weil zu trocken, von den Ackerwirthen mehr und mehr planirt werden. Die tiefer gelegenen Areale im Thalsande, wie auch die Rinnen und Schluchten in den Dünenterrains, sind theils mit Torf, theils mit Moorerde erfüllt, wozu noch Rasen- eisenerz tritt, so besonders in den Wiesen bei dem Vorwerk Siegröhn, wo es in erstaunlicher Verbreitung und Mächtigkeit vorkommt, fleissig gegraben und in der absolut steinfreien Gegend als Bau- wie als Wegematerial hoch geschätzt wird. Das näher der Elbe gelegene Gebiet besteht in der Haupt- sache aus Schlick — mehr oder minder sandigem, rotliem Lehm, Thon, humosem Thon und Schlicksand. Wie aber schon hervor- gehoben, schliesst es mehrere aus Thalsand bestehende Höhen ein, von denen diejenige bei Sandkrug — unmittelbar an der Elbe — die bedeutendste ist; Verwehungen bildeten hier aber so zahlreiche Hügel, dass die gesammte Fläche auf dem Blatte als Flugsand angegeben werden musste. Westlich von Kl. -Lüben und Legde finden sich noch Sandareale, welche erst in neuerer Zeit bei Dammbrüchen zum Absatz kamen und unter denen in geringer Tiefe der frühere gute Schlickboden entsteht. Diese Niederung ist im grossen Ganzen zwar eben zu nennen, doch zeigt sie vielfach tiefe Auskolkungen, welche bei Damm- brüchen entstanden und die mit sogenannten Qualmdeichen um- geben wurden, um das vorzugsweise hier erfolgende Austreten des Qualmwassers zu verhüten. In diese Niederung ergiesst sich auch das Flüsschen Karthan, das aus der Gegend von Leppin — auf dem anstossenden Blatte Glöwen — kommend, bei Wilsnack das Elballuvium erreicht, nahe der Rühstedter Grenze sich Witten- berge zuwendet und nach Vereinigung mit der Stepnitz oberhalb XCIV dieser Stadt in die Elbe fliesst. Das im näheren Bereiche des Karthau gelegene und ausschliesslich als Wiese benutzte Sehlick- terr.ain zeigt eine mehrere Decimeter mächtige Ueberlagerung von Moorerde, und weiterhin — zwischen Bälow und Kuhblank — bildet das Liegende des Schlicks wiederum Moorerde oder Torf und zwar unweit Gr.-Liiben so mächtig, dass der Torf unter dem Schlick mit Vortheil gestochen werden kann; hierdurch ist von Neuem bewiesen, dass die betreffenden Areale -=■- ehe die Elbe ihren Lauf hierher richtete — ursprünglich Sumpfflächen dar- stellten, welche später mit dem Schlick der Elbe und hierauf wieder lange Zeit mit Wasser bedeckt waren, in dem sich eine reiche Sumpfvegetation entwickelte. Hervorgehoben sei noch, dass sowohl verhäl'tnissmässig hoch, wie auch tief gelegene, mit Moorerde überlagerte Schlickterrains — wie z. B. südlich von Kuhblank und Gr.-Liiben — Nester von Wiesenkalk enthalten und rother Schlick auf der Rühstädter Feldmark auch oberflächlich mit Säuren übergossen braust, ein Vorkommen, das Verfasser Dieses auch auf anderen sogenannten Schlick -Sectionen — wie z. B. auf den Blättern Jerichow und Tangermünde — beobachtete und welches beweist, dass der Kalk- gehalt des Elbscldicks keine seltene Erscheinung ist. Beispiels- weise möge hier noch das südlich vom Tangermünder Chaussee- haus in den grossen Lehmgruben zwischen den beiden Tangerarmen o o o erschlossene Profil folgen : 9 — 17 Dec. rother Schlick, 5 — 7 Dec. schlickiger Wiesenkalk mit Kalkknauern, Flussgrand u. -Sand. Die gesammte Elbniederung des Blattes Wilsnack zeigt — mit Ausnahme der durch oesondere Deiche geschützten Feldmark — nur geringe Sicherheit gegen Uebersehwemmungen und stehen im Winter meist sämmtliche Wiesen bis unmittelbar vor Wilsnack, Legde und Abbendorf unter Wasser, weil bei längerem Hoch- wasserstande der Elbe der Rückstau des Karthan bis an genannte Ortschaften reicht. Ganz besonders leidet hierdurch Kl. -Lüben, wesshalb dort beinahe alle Gehöfte auf künstlich aufgeworfenen xcv Sandhügeln angelegt worden sind. Aber auch die eingedeichten Ländereien unterliegen Ueberschwennnnngen durch das sogenannte Qualmwasser, das bei hohem Elbwasserstande aus den Kolken oder hinter den Deichen, wo der Schlick zum Auftrag des Dammes Verwendung fand, emporsteigt. Mittheiluug des Herrn K. Keilhack über geologische Aufnahmen in der Gegend zwischen Belzig und Branden- b u r g. Ein im vorigen Bande dieses Jahrbuches aus dem Alluvium bei Genthin beschriebenes eigenthümliclies Gebilde, welches in der Hauptsache aus kohlensaurem Eisenoxydul, Eisenhydroxyd und Humus besteht , wurde bei den letztjährigen Aufnahmen in weiter Verbreitung gefunden. Nicht nur die grossen Moore des Fiener Bruches, sondern auch ein Theil der sogenannten Land- schaftswiesen im Baruther Hauptthale nördlich von Brück führen unter 2 — D/2 Meter mächtiger Torfdecke eine dünne Schicht jener grauen bis grünlichen, in trockenem Zustande ausserordent- lich leichten und dadurch an Diatomeenerde erinnernden Substanz. Der im Fiener Bruch für dieselbe angewendete Name »Mergel« ist wegen des gänzlichen Mangels an kohlensaurem Kalke nicht zu gebrauchen; ich nenne deshalb diese verbreitete, aber viel übersehene alluviale Bildung Eisenmoor. Wie so häutig der ersten Beobachtung mehrere weitere, bestätigende folgen, so auch hier: im Rhinluche bei Fehrbellin fand Klockmann, in der Gegend von Boitzeuburg Wahnschaffe und bei Ringen wähle Wölfer Eisenmoor als untere Grenze der Torflager. Ferner wurde durch die Specialaufnahmen das im vorigen Bande des Jahrbuches über Schotterdeltas am Nordrande des Fläming Gesagte bezüglich der Deltas vor der Plane, dem Beiziger Thale und dem von Verloren Wasser durchaus bestätigt. Vor der Altersfeststellung der Tertiärbildungen im nördlichen Theile des Fläming bedarf es noch eines Vergleiches derselben mit den ungleich grossartiger aufgeschlossenen Ablagerungen am O o o O OO Südrande des Gebirges. O XCVI Mittheilung; des Herrn L. Beushausen über die Ergeb- O O nisse seiner Aufnahmen auf den Sectionen Gross- Wusterwitz und Brandenburg a. H. Die Aufnahmearbeiten erstrebten die Fertigstellung der von den Herren Landesgeologe Dr. Läufer bezw. Prof. Dr. Scholz bereits theilweise kartirten Sectionen Gross- Wusterwitz und Brandenburg a. H. Erstere wurde abgeschlossen, die zweite dem Abschlüsse nahe gebracht. Beide Blätter bieten, was Oberflächenformen und geognostischen Aufbau anbetrifft, das gewöhnliche Bild der havelländischen Sectionen: grössere oder kleinere Diluvialplateaus zwischen weiten Thalflächen, welche grossentheils von jungalluvialen Bildungen eingenommen werden. Auch die Ausbildung der einzelnen Dilu- vial- und Alluvialablagerungen ist die gewöhnliche. Erwähnens- werth möchte in Bezug auf Section Gross -Wusterwitz vielleicht sein, dass ihre ganze südliche Partie — die östlichen Endigungen des grossen Fiener Bruches umfassend - — von Sand- und Grand- ablagerungen eingenommen wird, welche die von den nördlichen Hängen des Fläming herabströmenden Gewässer in dieser flachen Thalmulde zu jungdiluvialer Zeit absetzten. Es sind grandige Thalsande , zum Theil Thalgeschiebesande mit oft gehäuften Geschieben von Nuss- bis über Kopfgrösse. Sie bilden grossen- theils den Untergrund des Fiener Bruches, treten aber auch insel- förmig und im Osten zusammenhängend unter der allgemeinen Torfbedeckung heraus. Das von K. Keilhack im Jahrgang 1886 dieses Jahrbuches S. 139 beschriebene Schotter-Delta der Buckau liegt theilweise im Bereich des Blattes. Auf Blatt Brandenburg sind die durch F. Wahnschaffe zu- erst von Ketzin beschriebenen kalkreichen Havelthonmergel in weiter Verbreitung zur Beobachtung gelangt, besonders ehemalige Seitenbuchten früherer Wasserläufe in oft ziemlich beträchtlicher Mächtigkeit — bei Radewege über 5 Meter - — erfüllend. Sie erreichen im Uebrigen auf Section Brandenburg die West- O O grenze ihrer Verbreitung; die westlich bezw. nordwestlich an- XCVII stossenden Sectionen gehören bereits dem Verbreitungsgebiet des der Regel nach völlig kalkfreien Elbschlicks an. Südlich und östlich des Beetz -Sees und nördlich der Klein- Kreuzer Berge dehnt sich eine weite Thalebene, welche bis auf die stark abgewaschenen, aus Schichten des unteren Diluviums bestehenden Bodenwellen bei Mötzow und zwischen Grabow, Lünow, Weseram fast völlig horizontal ist. Sie besteht zum kleineren Theile aus vertorften, mit Havelthonmergel erfüllten Seitenbuchten des heutigen Beetz-Sees, zum bei weitem grössten Theile wird sie jedoch von feinen, fast oder ganz steinfreien Sanden eingenommen, in welche häufig — südwestlich von Grabow in ziemlich bedeutender Ausdehnung — mehr oder minder mäch- tige Schichten eines kalkreichen, feinsandigen Thonmergels einge- schaltet sind, welche jedoch in ihrer Ausbildung sehr wechseln und auf der einen Seite durch fast völliges Zurücktreten der thonigen Bestandtheile zu einem kalkreichen Schleppsande, auf der anderen durch Zurücktreten der feinsandigen Theile zu einem an thonigen Bestandteilen reichen Süsswasserkalk werden können. In der letzteren Ausbildungsweise gelangten dieselben besonders südwestlich Grabow zur Beobachtung. Ueber das Alter dieser Ablagerungen und ihre Beziehungen zu den Havelthonmergeln konnte ein abschliessendes Urtheil noch nicht erzielt werden, obgleich Manches dafür zu sprechen scheint, dass sie in früherer Zeit als jene abgesetzt wurden. Die über- lagernden Sande sind von den echten Thalsanden, mit denen sie z. B. nördlich Klein -Kreuz unmittelbar Zusammenhängen, petro- graphisch absolut nicht zu unterscheiden, und es erscheint die Möglichkeit, dass man es hier mit Aequivalenten der im Gebiete des Elbschlicks mehrfach zur Beobachtung gelangten »Thalthone« zu thun habe, nicht ausgeschlossen. Mittheilung des Herrn A. Jentzsch über Aufnahmen in W estpreussen. Section Pestlin wurde begonnen und vollendet. Dieselbe gehört (zwischen Stuhm, Marienwerder und Riesenburg liegend) der sanftwelligen Diluvialplatte an, welche rechts des Weichsel- Jahrbuch 1887. g XCVIII thal- Einschnittes von dem die russische Grenze bildenden Dre- wenzthal bis zum Weichseldelta sich in etwa 60 — 120 Meter Meereshöhe hält, eine westliche, bis 50 Kilometer breite Vorstufe des ostpreussischen Haupthöhenrückens bezeichnend. Die Höhe der Section variirt von 24 — 105 Meter und beträgt im Mittel circa 75 Meter. Höhen unter dem für die allgemeine Diluvialplatte an- gegebenen Maass von 60 Meter finden sich auf der Section nur in einer thalartigen Senke, welche fast geradlinig von der Nordost- ecke des Blattes bis zu den nördlichen Abbauten des Marktfleckens Pestlin hinzieht, von wo sie sich verflachend, anfangs verbreitert, zuletzt schmal werdend nach Süden lenkt, wo sie sich über Luisen- walde und zuletzt nur noch schwach angedeutet bis zum Südrande der Section bei Dubiel verfolgen lässt. Während die Senke in diesem ganzen Verlauf eine unregelmässig wellige, zumeist mit Humusansammlungen erfüllte Thalsohle besitzt, setzt sich ein Zweig derselben von Pestlin nach Westen fort und ist durch die darin fliessende Bache zum Erosionsthal umgeprägt. Inmitten der genannten Senke liegt eine nur 175 Fuss (55 Meter) hohe Wasserscheide in den Hügeln, auf welchen der Weg Ramsa - Sadlecken verläuft. Der nördliche Theil der Senke wässert nach der von Stangenberg kommenden »Bache«, welche bei Gr. -Rhodau beginnt, bei Dakau in die Section und dann in die Marien werderer Weichselniederung tritt. Der Lauf dieser »Pestliner Bache«, wie ich sie nennen möchte, besteht aus zahlreichen charakteristischen, aber kurzen Erosions- strecken, welche Torfniederungen verbinden — sichtlich alte See- becken , deren kettenförmige Reihe die Pestliner Bache im Laufe der Zeit in ein zusammenhängendes Erosionsthal umzuwandeln bestrebt ist. Trotz der zahlreichen fast horizontalen Strecken, innerhalb welcher sie Torfflächen durchzieht, hat die Pestliner Bache innerhalb der Section ein Gefälle von 188 Fuss (59 Meter). Die oben erwähnte Thalsenke lässt sich ausserhalb der Sections- grenze in der gleichen (d. h. ungefähr erzgebirgischen) Richtung meilenweit nach ONO. verfolgen, in schönster Uebereinstimmung mit der Richtung des Kreiderückens von Prothen, Krapen und Kerschitten bei Christburg und zahlreicher denselben benachbarter XCIX Rücken und Thalsenken. Diese Richtung spielt mithin in der Tektonik dieser Gegend eine hervorragende Rolle. Die Epoche der entsprechenden Terrainfaltung fiel mit dem Schlüsse der Glacialzeit zusammen. Ungefähr senkrecht auf diese Richtung steht diejenige einer andern Senke, welche sich von Michorowo nach SSO. erstreckt und nahe dem Südrande des Blattes unweit Orkusch plötzlich endet. Sie wird in einem Theile ihres Laufes von der Pestliner Bache durchströmt. Die eine wichtige tektonische Linie West- preussens mai'kirende Hauptsenke bezeichnen wir als die Wap- litzer Senke x), jene zuletzt erwähnte secundäre als die Port- schweitener Senke. Die nordwestliche Ecke des Blattes durchzieht eine schmale und weniger lange, doch gleichfalls unverkennbare Falte, die »Stuhmsdorfer Senke«, welche der Waplitzer Senke conform ver- läuft und wie diese von der Pestliner Bache durchbrochen wird. Auch die Stuhmsdorfer Senke ist mit Humusansammlungen und Abschlemm-Massen erfüllt; nahe dem Nordraude des Blattes gabelt sie sich. Durch genannte Senken gliedert sich die Diluvialplatte der Section in folgende Abschnitte: 1. Die Stuhmsdorfer Welle (80 Meter) in der NW.-Ecke. 2. Die Gurkener Welle zwischen der Stuhmsdorfer und Waplitzer Senke, innerhalb der Section bis 75 Meter, nordöstlich davon bei Gurken bis 84 Meter ansteigend. 3. Die Nikolaikener Platte, das Land südlich der Waplitzer Senke bis zur Liebe und zum Sorgensee, vom Weichselg'ehäno'e bei Rehhof bis zu dem von Stangenberg nach Waplitz ziehenden Thale begreifend. Dieselbe steigt auf Section Pestlin bis 108 Meter, östlich derselben (zwischen Nikolaiken und Gr. - Rolidau) auf 130 Meter. Der Boden der Section besteht ausschliesslich aus Diluvium und Alluvium. Unter den Diluvialgeschieben bemerkt man hin l) Nach dem in ihrer NO. -Fortsetzung liegenden gräflichen Gute Gross- Waplitz. g c und wieder gerollte Feuersteine, sogenannte »Wallsteine« Meyn’s, welche auch auf den Nachbarsectionen beobachtet, und welche er als gewöhnliche Kreidefeuersteine auffasst, die zur Tertiärzeit ab- gerollt und wie die sie begleitenden Phosphorite später in Dilu- vialmassen umgelagert wurden. Die Gliederung ist folgende: Oberer Sand und Grand untergeordnet, besonders als Bestreuung. Oberer Geschiebemergel, einen grossen Theil der Oberfläche bedeckend. Unterdiluvialer Thonmergel (besonders im Nordwesten stark entwickelt), Mergelsand, Unterdiluvialsand und Unterdiluvialgrand mit einer Mischfauna auf secundärer Lagerstätte. Dieselbe besteht aus folgenden nach ihrer Häufigkeit geordneten Arten: Yoldia arctica Gray, Cardium edule L., Cyprina islandica L., Dreyssena polymorpha Pall, sp., Tel- lina solidula Pult., Mactra subtruncata Dac., Palu- dina diluviana Kunth, Nassa reticulata L. sp., Ele- phas primigenius Blumenb. Unterer Geschiebemergel. Inter- glacial Mächtiger unterdiluvialer Sand mit Cardium echinatum L., stellenweise Unter diluvialer Thonmergel. Auf dem schwer durchlässigen Höhenboden des Jungglacial bei Stuhmsdorf zeigt sich eine örtlich beschränkte Anreicherung mit Humus, welche der jenseits der Weichsel in gleichem Niveau auftretenden »Schwarzerde« von Mewe zu vergleichen ist. Das Jungalluvium bietet, abgesehen von einzelnen kleinen Dünenbildungen, nichts bemerkenswerthes. Die Aufnahme der südlich angrenzenden Sectio n Gr. -Krebs wurde foi'tgesetzt. Zu deu vorjährigen Mittheilungen über die- selbe ist hinzuzufügen, dass eine Nordseefauna in dem inter- glacialen Sande rechts der Liebe nahe östlich von Brakau aufge- O 0 funden wurde. Zwar fand ich nur Cardium edule L., Tapes vir- ginea L. sp. und Tellina solidula Pult., aber schon der Gegensatz CI dieser kleinen Fauna zu derjenigen der auf Section Pestlin an- stehenden Diluvialsande beweist, im Verein mit den Lagerungs- verhältnissen, ihre Ursprünglichkeit. So schafft dieser Fund ein werthvolles Bindeglied zwischen dem Interglacial von Marienwerder und Biesenburg. Einen zweiten, etwas reicheren Fundort derselben Nordsee- fauna fand ich im interglacialen Sand ausserhalb der Section, doch dicht westlich der südwestlichsten Ecke derselben auf Section Marienwerder rechts der Cypelle auf. Dort sammelte ich: Car- dium edule L., Nassa reticidata L. sp., Cyprina islandica L., Ceri- thium lima Brug., Scrobicularia piper ata Gmel., Mactra subtruncata Dac., Tapes virginea L. sp. und ? Tellina solidula Pult., also eine ganz typische reine Fauna, in welcher die wichtigsten Arten von Jakobsmühle und Kleinschlanz vertreten sind. Von den dort einigermaassen häufigen Arten fehlen bis jetzt nur Cardium echi- natum L. und Mytilus edulis L. Mittheilung des Herrn R. Klebs über geologische- Auf- nahmen der Section Schippenbeil und über Unter- suchung des ost- und westpreussischen Tertiär. Section Schippenbeil wurde vollständig aufgenommen. Auf derselben treten flächenbildend besonders die obersten Schichten des ostpreussischen Diluviums: Decksand, Deckthon und Mergel in mannichfachem Wechsel zu Tage. In den Rinnen und tiefer gelegenen Districten ist der untere Thon verbreitet. Der obere Mergel zeichnet sich durch grosse Armuth an Geschieben und durch geringe Mächtigkeit aus. Der untere Sand ist meist sehr feinkörnig und auch wenig mächtig und besitzt vielfach Einlage- rungen von Thon, Fayencemergel und Mergelsand. Neu für die von mir in V25000 kartirten Blätter waren obere Mergel, bei welchen ein auffallender Gehalt an Humus sich in grösserer Tiefe (1,5 Meter) bemerkbar machte. Ein gewisser Humusgehalt ist zwar vielfach auch auf andern Sectionen beobachtet und in den Bohrtabellen bezeichnet worden, doch ging dieser kaum über 2 Decimeter in die Tiefe. Auf Section Schippenbeil jedoch finden wir schwarze humose Lehme in grösseren Gebieten gleichmässig bis zu einer cn Tiefe von 1,2 Meter. Es Hegt nahe, diesen humosen Lehm als übereinstimmend mit der Schwarzerde aufzufassen, welche in den undurchlässigen Lehmterrains bei Rastenburg, Rössel u. s. w. häufiger in Ostpreussen vorkommt. Auf Section Schippenbeil findet sich die Schwarzerde in zwei Gebieten. Das eine liegt unterhalb der 100 Fuss- Curve in dem Thale der Zaine südlich Schlampen, das andere unterhalb 112,5 Fuss zwischen Schmirdt- keim und Horst. In beiden Gebieten ist ein oberer Mergel imprägnirt, welcher auf unterem Saude in kaum D/2 — 2 Meter starker Decke lagert. Die Ursachen für die Bildung dieser Schicht sind namentlich klar in dem letzteren Gebiet. Hier kann entschieden nur ein höherer, wenn auch nur zeitweilig wieder- kehrender Wasserstand die Durchtränkung des Bodens bewirkt haben. Wenn wir die geologischen Verhältnisse dieses alluvialen Beckens näher betrachten, so finden wir, dass an einer Stelle, genau in der Höhe dieser Schwarzerde eine entschiedene Süss- wasserbildung, der Wiesenkalk unter alluvialem Sande und dass rund umher entweder Moorerde oder Wiesenlehm in demselben Horizonte auftreten, und dass sonst Sande sich finden, bei welchen man nicht entscheiden kann, ob sie als alluvialer oder diluvialer ehemaliger Seegrund aufzufassen sind. Die tieferen Partieen dieses Beckens sind mit Torf über Wiesenkalk oder mit Torf unter Wiesenlehm erfüllt. Da es nun wohl sicher ist, dass auch in dem Gebiet der Schwarzerde sich ähnlich, wie an den anderen Stellen moorige Ablagerungen gebildet haben würden, wenn das- selbe beständig unter Wasser gelegen hätte, so ist nur anzunehmen, dass das Lehmterrain etwas, wenn auch nicht viel höher als der damalige Wasserspiegel und zeitweilig trocken gelegen haben muss. Auf diesen Lehm trat nun bei hohem Wasserstand das von dem Torf braungefärbte Moorwasser und durchtränkte ober- flächlich den Boden. Wenn dann im Sommer der Lehm trocken lag, so erhielt er Risse und Sprünge; durch diese, durch die Röhren von Würmern etc. mag ein plötzlicher Regen die humosen Schichten in die Tiefe geführt, oft auch direct das Torfwasser sich hineingezogen haben. Als dann später bei Rosenort der Ab- fluss des Rosenorter Fliesses sich so vertieft hatte, dass die ein Wasser nicht mehr rückwärts stauen konnten, und sich durch Abtrag der Lehmplateaus eine Schicht von Wiesenlehm über den Torf lagerte, hatte die Bildung der Schwarzerde im Ganzen ihren Abschluss erlangt. Die Annahme, dass nur eine starke Vege- tationsdecke in früheren Zeiten, die sich auf dem undurchlässigen Untergrund durch die dahin zusammenfliessende Feuchtigkeit be- günstigt , gebildet hätte , wie Schröder die Schwarzerde von Rössel erklärt (vergl. dieses Jahrbuch 1886, S. xl), halte ich wenigstens für diese Gebiete auf Schippenbeil für unbegründbar. Einer genauen Untersuchung wurden die Tertiärgebiete am Nordstrand des Samlandes in Ostpreussen und zwischen Oxliöft und Rixhöft in Westpreussen unterzogen, einmal um aus den Letten eine grössere Sammlung der schön erhaltenen Pflanzen- reste für das Museum der Kgl, geologischen Landesanstalt zu- sammen zu bringen, sodann aber auch um Vergleiche mit dem bereits kartirten Tertiärgebiet von Heilsberg anzustellen. Das Resultat war im Ganzen ein recht günstiges. Am Nordstrande des Samlandes wurden circa 600 wohl erhaltene Blatt- und Frucht- abdrücke und Hölzer gesammelt. Von letzteren ist besonders ein 2,5 Meter langes Stammstück von Finites protolarix G. bemerkens- werth, welches wunderschön erhalten und nach dem Urtheil des leider inzwischen verstorbenen Prof. Dr. R. Caspary für die Pliytopalaeontologie sehr interessant dadurch ist, dass es bedeutende Abweichungen der Mikrostructur in verschiedener Höhe und an der Aussenseite und Innenseite des Stammes zeigt. Leider aber kamen diese vorläufigen Untersuchungen nicht über eine münd- liche Mittheilung hinaus. — In Westpreussen wurden circa 900 gut erhaltene' Blattabdrücke und Früchte gesammelt und etwa 17 bestimmbare Stämme z. Th. blossgelegt und davon grössere Belag- stücke genommen. Ein Cupressineenstamm hatte einen Durch- messer von 1,2 Meter und war 3 Meter zu verfolgen. Leider misslang es einen ganzen Querschnitt des Stammes zu nehmen, da derselbe so mit Schwefelkies durchsetzt war, dass die Zähne der Säge abbrachen. Die Vergleichung der einzelnen Schichten mit den von Zaddach aufgeführten ergab mancherlei Abweichungen. Wie CIV Zaddach beobachtete auch ich drei Kohlenflötze zwischen Chlapau und Rixliöft. Nach Zaddach, Menge und Heer1) enthält die oberste dieser Kohlen die Blattabdrücke. — Ich habe dort Nach- grabungen im grossen Maassstabe anstellen lassen, weil es mir sehr schwer wurde von dieser Anschauung ausgehend die Pflanzen- reste aufzufinden, und kann die einzelnen Kohlenflötze in folgender Weise charakterisiren: 1. Die obe rste Kohle enthielt absolut keine Blätter und Früchte, sondern nur flach gedrückte bituminöse Stamm- und Asttheile. Die grösste beobachtete Mächtigkeit war 1 Meter. 2. Die mittlere Kohle enthielt sehr viele runde Stamm- stücke und ganz vereinzelt Blätter. Bis zu 1,8 Meter Stärke beobachtet. 3. Die untere Kohle, etwa 1,5 Meter über dem Seespiegel beginnend und 2,5 — 3,0 Meter mächtig, ist reich an Blättern und Stammtheilen. Sie besteht zu oberst aus einer steinkohlenähnlichen schwarzen, sehr rissigen Kohle, in welcher die Blätter zerstört waren, 0,15 Meter; dann folgte eine 0,1 Meter starke Schicht, die fast nur aus undeutlichem mulmartigem Holz- und Blattrippen- theilen filzartig zusammengesetzt war; darunter lagen 0,6 Meter senkrecht zerklüftete Kohlen mit vielen Blättchen; darunter 0,5 Meter gut horizontal geschichtete Kohlen mit wenig Blättern ; dann 1 Meter fast blattfreie Kohle. Beschlossen wird das Flötz durch eine 0,3 Meter starke, grobsandige Kohle, in welcher viele, aber meist kaum conservirbare Blätter von Querem- Arten. — Die Schichten waren an der ganzen Küste von Chlapau bis Rix- höft mannichfach gestört. Das von mir untersuchte untere Flötz fiel in der ganzen Ausdehnung des s. g. Habichtsberges in einem Winkel von 60° nach Südosten ein und wurde in demselben Einfallswinkel bis ö1^ Meter in den Berg hinein d. h. hier bereits mit seiner oberen Kante etwa 1 Meter unter dem Seespiegel verfolgt und ausgebeutet. Leider setzte ein schnell auftretender starker Sturm meine Aus- grabungen unter Wasser und zerstörte die Abräumungen in wenig Minuten bis auf die geringste Spur. Durch diesen Sturm ') Heer, Miocene baltische Flora. Königsberg 1869. cv aber wurden die Ufer zwischen der grossen Schlucht von Chlapau bis nach Rixhöft fast vollständig von jedem Abrutsch rein gefegt und boten zahlreiche äusserst klare Profile. Als Gesammtresultat ergab sich aus diesen, dass wir es hier mit Quarzsanden zu thun haben, in welchen in verschiedenen Höhen drei Kohlenflötze lagern. Die Quarzsande variiren von ganz feinem lettenartigen bis zu gröberem, sie sind rein weiss, schwarz gestreift und gefleckt bis chocoladenbraun. Sie führen in allen Höhen Holzreste, die an einzelnen Stellen sehr reichlich, an anderen ganz vereinzelt Vor- kommen. Durch diese Holzreste aber und auch durch die ganze petrographische Beschaffenheit erweisen sich diese Schichten als innig zusammengehörend und halte ich es für unzulänglich, sie in eine obere und mittlere Etage nach Analogie des Samländischen Tertiärs zu theilen. Die ZADDACH’sche Angabe, dass die Pflanzen am Habichtsberge in der obersten Kohle (30 Fuss über der See) Vorkommen, könnte möglicher Weise auf einem Irrthum beruhen. ZaddaCH hat, wie er in seinen Arbeiten *) mehrfach sagt, die Stellen nie selbst gesehen, da sie bei seinen Besuchen stets durch Abrutsch verdeckt waren, sondern nur nach Angabe von Menge gearbeitet. Ein Irrthum meinerseits ist unmöglich, da ich auch die ganze Zusammensetzung und das Aussehen der obersten Kohle anders fand, wie der Kohle, aus welcher ich die Pflanzen sammelte. Sollten aber wirklich auch in der obersten Kohle damals, vor nunmehr 30 Jahren, die Blätter vorgekommen sein, so lagen diese sicher nur in einem kleinen Nest, dessen Spuren durch Abwässern durch die See verwischt sind. Dieses Vorkommen der Pflanzen aber würde für den engen Zusammenhang der drei Kohlenflötze und der Quarzsande zu einem Ganzen noch mehr sprechen. Ich kann daher der Ansicht Zaddach’s über das Rixhöfter Tertiär nur in so weit beistimmen , dass dasselbe den obersten Lagen des Samländischen Tertiärs entspricht, und fand ich hier wiederum eine Bestätigung dafür, dass die ZADDACH’sche Dreitheilung der Braunkohlenformation nur einen ganz lokalen Charakter für das 0 Zaddach, das Tertiär -Gebirge Samlands, Schriften der Ph ys.- ökon. Ges. zu Königsberg 1867 — 1869. Beobachtungen über das Vorkommen des Bern- steins etc. Ebenda, cvi Samland hat. Das au dem Westpreussischen Strande zu Tage tretende Tertiär entspricht der oberen Abtheilung der Heilsberger Braunkohle d. i. der oberen des Heilsberger Tertiär Q und somit den ZADDACH schen Schichten vom unteren Letten eingeschlossen aufwärts. Hierbei will ich noch bemerken, dass ich auch in dem unteren Letten Zaddacii’s am Rothen Sand -Rauschen und im oberen der Wolfskaule-Georgswalde Taxodium distichum miocenum Heer verhältnissmässig häufig gefunden habe. Aus dem unteren Letten waren auch Zaddach (S. 131) Blattabdrücke bekannt. — Die Sammlung der Tertiärpflanzen bei Kraxtepellen hat noch nicht stattgefunden, weil ein bald in Aussicht stehender sehr ausgedehnter neuer Tagebau auf Bernstein grössere Ausbeute an tertiären Pflanzen- und Thierresten verspricht, als ich sie je durch eigene Aufdeckarbeiten erlangen könnte. Mittheiluug des Herrn H. Schröder über Aufnahme der Section Heilig e Linde (Ostpreussen). Die g;eolo2'ische Kartiruna: der Section Heilige Linde verfolgte O O O O o zunächst den bereits im vorjährigen Jahresbericht kurz charakteri- sirten Dur chragungszug unterdiluvialer Geröll- und Sand- massen. Derselbe ist bei dem Rittergut Stumplack durch einen Querriegel oberdiluvialen Geschiebemergels unterbrochen, setzt dann aber unter Beibehaltung derselben Nordost- und Südwest- richtung S.- Rehstall weiter fort und ist sonach auf eine Strecke von ca. 15 Kilometer kartirt. Dieser und die ihm parallelllaufenden kürzeren Durchragungen (z. B. bei Poswangen) bedingen den Ver- lauf einiger Seen (Pötschendorfer, Wolfsbruch mit Wiladasee), die als reine Faltungsseen erscheinen. Ebenfalls ist von ihm in der nordöstlichen Ecke der Section die Richtung des Guberthales abhängig, das ebenso wie der Zainsee auf Blatt Rössel1) bereits unterdiluvial (rein geognostisch gesprochen) vorgebildet war, aber dann unter dem Einfluss einer starken Erosion gestanden hat. Beide sind also durch die Combiuation von Faltung und Erosion entstanden. b Das Tertiär von Heilsberg, Jalirb. der Kgl. preuss. geol. Landesanst. 1884. CVII In spitzem Winkel zu dem Heilige Linde - Durchragungszug, also Nord- Südrichtung mit einer geringen Abweichung nach 0. resp. W. streicht die grosse Sensburger Seenrinne — auf der Section repräsentirt durch den Heilige Linder- See und die lang- gestreckte Alluvion, den ehemaligen Wirbel -See — und durch- schneidet denselben. Da nun die NW. -SO. streichenden Durch- ragungszüge als ein« Faltungserscheinung von oberdiluvialem Alter erkannt und in anderer Richtung verlaufende Falten bisher nicht beobachtet sind, so können die SN.- Rinnen nach den bekannten Thatsaclien nur durch reine Erosion während der letzten Phase der Vergletscherung entstanden sein. Als eine vierte Art von Seen betrachte ich die Evorsions- (durch stürzende und strudelnde Wasser entstandene) Seen und als einen Repräsentanten derselben in Ostpreussen nenne ich den Mendar-See auf Section Cabienen. Eine sehr auffallende Erscheinung ist die Thatsache, dass die Sensburger SN. -Rinne nach Westen durch die Deine in das Guberthal einen Abfluss besitzt, der sich durch retrogressive Thalbildung von der alten Gubersenke aus erklärt. Bemerkenswerth auf der Section Heilige Linde ist noch, dass zu beiden Seiten der Deine bis in die Gegend von Rastenburg mächtige unterdiluviale Thonmergel flächenhaft zu Tage treten, deren Abtrennung gegen den oberdiluvialen Geschiebemergel, wenn beide Bildungen nicht durch Sand getrennt sind, unmög- lich ist. In der Nähe des Gutes Lindenberg wurde in den unter- diluvialen Sauden eine Süsswasserfauna auf primärer Lager- stätte aufgefunden. Dieselbe ist in diesem Jahrbuch S. 349 — 362 näher beschrieben. CVIII 4. Personal - Nachrichten. Der Königliche Landesgeologe Di’.Branco ist am 20. April 1887 als ordentlicher Professor an die Universität Königsberg i/P. be- rufen worden. Der Königliche Bezirksgeologe Dr. Klockmann erhielt am 1. November 1887 einen Kuf als Docent an die Berg- akademie zu Clausthal. Der bisherige Bezirksgeologe Dr. Dathe ist zum Landes- geologen und die bisherigen Ilülfsgeologen Dr. Ebert und Dr. Koch sind zu Bezirksgeolop-en ernannt. Dr. G. Meyer ist aus der geologischen Landesanstalt aus- geschieden, dagegen sind als Mitarbeiter neu eingetreten die Doc- toren Louis Beushausen, Georg Lattermann und Gottfried Müller. Bei dem chemischen Laboratorium der Anstalt sind die Chemiker Dr. Herrmann und Steffen ausgeschieden und au deren Stelle die Chemiker Dr. Hölzer und Fischer eingetreten. Bei der chemisch-technischen Versuchsanstalt ist der Chemiker J. Schade wieder eingetreten. In das Bureau der Anstalt ist der Bureauhülfsarbeiter Bottmer eingetreten. Bei der geologisch -agronomischen Aufnahme im Flachlande ist der Culturtechniker W. Baldus ausgeschieden und sind die Culturtechniker Gossner, Pohlitz, Herberger und P. Baldus eingetreten. Lichtdruck von A.Frisch, Berlin. OIX 5. Albrecht von Groddeck. Am 18. Juli 1887 starb zu Clausthal nach mehrwöchentlichem schwerem Leiden im 50. Lebensjahre Dr. Albrecht von Groddeck, Königl. Bergrath und Director der vereinigten Königl. Berg- akademie und Bergschule daselbst. Obwohl bereits im vorauf- gegangenen Winter mehrfach kränklich und demzufolge häufiger an’s Haus gefesselt, hatte er doch wohlgemuth und treu der ihm liebgewordenen Berufspflicht in der Woche vor Pfingsten eine geologische Studienreise mit seinen Zuhörern ausgeführt. Niemand aus seiner Umgebung, am wenigsten er selbst, konnte eine Ahnung von der Gefahr haben, welcher er sich dabei aussetzte. Eine Erkältung indessen, die er sich in den wie so oft um diese Jahres- zeit im Harz noch unfreundlichen rauhen Reisetagen zuzog, brachte ein schmerzliches organisches Leiden zum Durchbruch. Krank kam er nach Clausthal zurück und legte sich Pfingstmontag auf sein Lager, von dem er sich nach Gottes unerforsclilichem Rathschluss nicht wieder erheben sollte. — Tief erschüttert ver- nahmen seine Freunde und Fachgenossen die Nachricht von der Erkrankung und dem raschen Hinwegsterben des bis dahin so rüstig wirkenden, nur zu rastlos thätigen Mannes, allgemein war die warme Theilnahme an der Sorge um sein Leben und an dem leider unaufhaltbaren schmerzlichen Verlust. — Albrecht Ludwig von Groddeck ward geboren am 25. Au- gust 1837 zu Danzig als Sohn des Admiralitätsraths von Groddeck. Seine Mutter war eine Schwester des um das Bergwesen des cx preussischen Staats hochverdienten Berghauptmanns Martins, welcher nach einander den Ober b ergämtern Berlin, Brieg und Halle vorgestanden hat. Seine Gymnasialbildung erhielt er in seiner Vaterstadt und besuchte nach Ablegung der Abiturienten -Prüfung im Sommersemester 1856 die Universität Berlin, alsdann aber von Herbst 1856 bis Herbst 1857 das Collegium Carolinum zu Braunschweig. Hier entschloss er sich, Hüttenmann zu werden. Zu dem Zweck arbeitete er zunächst ein Jahr lang zur Erlangung der praktischen Fertigkeit auf der damals herzoglich braunschweigischen Eisenhütte zu Zorge im Harz und setzte, nachdem er auf sein Gesuch zur Ausbildung für den preussischen Staatsdienst zugelassen und ein Jahr später zum Exspectanten für das Hüttenfach angenommen worden war, diese Beschäftigung auf der Königshütte, der Eisengiesserei bei Gleiwitz und der Friedrichshütte bei Tarnowitz in Oberschlesien bis Ostern 1860 fort. Zwei Jahre lang vervollständigte er darauf seine theoretischen Studien auf den Universitäten zu Berlin und Breslau, während er die Ferienzeit zur Befahrung der Gruben Nieder- und Oberschlesiens ausnutzte. Im Sommer 1862 lernte er die Werke im Mansfeldiscken und im Oberharze kennen und besuchte in den darauffolgenden zwei Semestern die Bergakademie zu Clausthal, damals noch Bergschule geheissen. — Unter seinen akademischen Lehrern verehrte er besonders hoch Ferdinand Roemer in Breslau als denjenigen, der es vor Allen verstanden hatte, Lust und Liebe zur Wissenschaft in ihm zu wecken und zu pflegen. Nach Abschluss seiner Studienzeit bekleidete er kurze Zeit die Stelle eines Chemikers bei der Actiengesellschaft für Bergbau, Blei- und Zinkfabrikation in Stolberg und in Westfalen, folgte aber schon ein Jahr später im Herbst 1864 einem Ruf an die Clausthaler Akademie , der er fortan bis zu seinem frühzeitigen Tod angehören sollte. Hier trug er, zunächst als Candidat, seit Juli 1865 als angestellter Lehrer, Bergbaukunde und die Lehre von der Aufbereitung vor. Nachdem aber im Herbst 1867 P. A. Roemer sich in den Ruhestand zurückgezogen hatte, über- nahm von Groddeck zu den genannten Lehrfächern noch die- CXI jenigen der Mineralogie, Geognosie und Petrefactenkunde. Zu- gleich wurde er commissarisch mit der Wahrnehmung der Ge- schäfte des Directors der Lehranstalt betraut. Am 1. Januar 1871 erfolgte alsdann seine Ernennung zum Director der vereinigten Bergakademie und Bergschule, und am 16. Juni 1872 wurde ihm der Charakter eines königlichen Bergrathes zu Theil. Bis zum Beginn des Sommersemesters 1880 ist der Verstorbene 127a Jahre lang unablässig diesen überaus vielseitigen Anforde- rungen an seine Lehrthätigkeit neben seinen Verwaltungsgeschäften mit ebensoviel Treue und Gewissenhaftigkeit, als Eifer und Erfolg nachgekommen. Erst dann trat mit der Anstellung eines speciellen Lehrers für die obengenannten bergmännisch -technischen Fächer eine Erleichterung für ihn ein. Doch schon ein Jahr darauf unterzog er sich wieder einer neuen Lehraufgabe, indem er von da ab ausser den mineralogisch-geologischen Disciplinen auch die von ihm mit Vorliebe gepflegte Lehre von den Erzlagerstätten vortrug, deren Einfügung in den Studienplan der Clausthaler Akademie ihm zum besonderen Verdienst gereicht. Aus solchen viele Jahre hindurch fortgesetzten angestrengten Leistungen im Dienste der Lehranstalt erhellt schon sattsam die aussergewöhnliche Arbeitskraft, über welche der Verstorbene gebot. Noch höher aber muss man dieselbe veranschlagen, wenn man zugleich seine Thätigkeit als wissenschaftlicher Schriftsteller und als Mitarbeiter an der geologischen Detailkarte des Harzes über- blickt. Die wissenschaftlichen Schriften VON Groddeck’s gehören vorzugsweise zweien Forschungsgebieten an, welche sich ihm im folgerichtigen Fortschreiten auf der Bahn seines Studienganges und unter dem Einfluss der örtlichen und zeitlichen Verhältnisse in seiner Stellung in Clausthal naturgemäss zum Arbeitsfeld dar- boten. Gegenüber seinem Vorgänger im Lehramte, der noch sein Lehrer gewesen war, und überhaupt gegenüber seinen akademischen Lehrern bekundete er dabei in der Art und Weise, wie er die eigene Arbeit angriff und durchführte, ein bemerkenswerthes Maass von Selbständigkeit. Friedrich Adolf Roemer, von Haus aus Jurist, aber ausgerüstet mit vortrefflichen naturwissenschaftlichen CXII Kenntnissen und in hohem Grade ausgezeichnet durch ein Fein- gefühl für die Formunterschiede der Naturkörper, hatte sich mit Vorliebe und rastlosem Eifer den Versteinerungen des Harz- gebirges und seiner Vorlande zugewandt. Seine zahlreichen scharf- sinnigen, beschreibenden und vergleichenden palaeontologischen Untersuchungen hatten so viel Licht verbreitet, dass, als er sein Amt niederlegte, die Altersfolge und Verbreitung der Schichten im nördlichen Oberharze feststand und für das ganze Gebirge, unbeschadet gewisser wesentlich irriger Altersbestimmungen, einzelne wichtige Festpunkte gegeben waren, von welchen die nachfolgende Forschung ihren Ausgang genommen hat. Die Lagerungsverhältnisse der Gebirgsglieder dagegen zu entziffern, war Friedrich Adolf Roemer weniger gegeben. Der verwickelte Bau des eigentlichen Harzer Kerngebirges blieb daher zunächst selbst in den Grundzügen unverstanden. Erst dem Zusammen- wirken der vom Staate gesammelten und ausgerüsteten wissen- schaftlichen Kräfte verschiedener Begabung war es Vorbehalten, diese schwierige Aufgabe zu bewältigen, deren Grösse an Umfang und Inhalt des einzelnen Mannes Mittel überstieg, und deren Lösung nicht allein auf dem einseitig eingeschlagenen Wege der O O O O O Versteinerungskunde gesucht werden durfte. Demgegenüber fühlte sich von Groddeck gerade vorzugsweise zur Erforschung der Lagerungsverhältnisse hingezogen. Ihm, dem praktisch geschulten Berg- und Hüttenmann, lag die Geognosie der Erzlagerstätten zumeist am Herzen ; daneben beschäftigte ihn dann aber auch noch besonders die Zusammensetzung, Verbreitung, Gliederung und Lagerung der Formationsglieder des nordwestlichen Harzes. In seinen beiden Hauptwerken : »Die Lehre von den Lagerstätten der Erze. Ein Zweig der Geologie. 1879« und »Abriss der Geognosie des Harzes. Mit besonderer Berücksichtigung des nordwestlichen Theils. Ein Leitfäden zum Studium und zur Benutzung bei Excursionen. 2. Aufl. 1883« hat er jene zwei hauptsächlichen Richtungen seiner wissenschaftlichen Arbeit so- zusagen verkörpert; weitaus die meisten seiner Abhandlungen ordnen sich ungezwungen um diese beiden Sammelpunkte seines Wissens. CXIIt Nur die allerersten Schriften des Verstorbenen gehören der berg- und hüttenmännischen Technologie an. Das Hüttenfach hatte er sich, wie oben berichtet, ursprünglich zum eigensten Berufsstudium ausersehen. Dem entsprechend ist seine früheste Abhandlung aus den Jahren 1864 und 1865 eine hüttenmännische, aber indem er darin »die Mansfelder Hüttenprocesse in ihrer Abweichung von den Ober- und Unterharzer Kupfer- und Silber- gewinnungsarbeiten« beschrieb, umspannte er auf diesem Gebiete bereits den ganzen Harz. Dieser ersten Frucht seiner Harz- Studien folgten bald andere Leistungen, nachdem er in den Lehr- körper der Clausthaler Bergakademie eingetreten war, so z. B. im Jahre 1866 die »Uebersicht über die technischen Verhältnisse des Blei- und Silberbergbaus auf dem nordwestlichen Oberharz«. In demselben Jahre steht dann aber auch als ein Wende- punkt und Hauptmarkstein seines Schaffens jene classische Ab- handlung »über die Erzgänge des nordwestlichen Oberharzes«, durch welche von Groddeck seinen geologischen Ruf begründet hat. Mit ihr stellte er sich in die Reihen der Mitarbeiter der Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft, der er im darauffolgenden Jahre als Mitglied beigetreten ist (4. Dec. 1867), nachdem ihn die philosophische Facultät der Universität Göttingen einige Monate vorher (19. Juni) auf Grund derselben Schrift zum Doctor promovirt hatte. Die grossartige geologische Rolle der zusammengesetzten Gänge im Gebirgsbau des Oberharzes als Verwerfer ihres zerspaltenen und unter der Verwerfungswirkung zum Theil zermalmten Nebengesteins wurde von dem Autor zum erstenmal klar und bündig bewiesen und zugleich entgegen den bisher gehegten Anschauungen die Gleichartigkeit der Lagerung der Culm- und der Devon- Schichten dargethan. Den Faltenbau der Schichten im Einzelnen zu verstehen, dazn reichten die in dem meilenlangen tiefen Ernst- August-Stolln und seinen Flügelörtern u. a. gemachten Beobachtungen damals gleichwohl noch nicht aus. Erst, als einem amtlichen Aufträge zufolge die unterirdischen Profile dieser weitläufigen Grubenbaue unter markscheiderischer Beihülfe im Einzelnen aufgenommen und die dabei gewonnenen Gesteinsproben genau geprüft waren, konnte h Jahrbuch 1887. CXIV der Verstorbene jene 1873 in der Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen im Preussischen Staate veröffentlichten und erläuterten »Durchschnitte durch den Oberharz« entwerfen, welche dem Bergmann und Geologen den vollen Werth seiner Unter- suchungen über das Verhältniss der Oberharzer Gänge zu ihrem Nebengestein und über die Lagerungsweise dieses letzteren ent- hüllen. - — Andere Kapitel der Inauguraldissertation von Grod- deck’s beschäftigen sich mit der Füllmasse der Erzgänge. In seinen Mittheilungen über die Veränderungen, welche das in den Gangspaltenraum gerathene Nebengestein bei seiner Umbildung zu Ganggestein erleidet, vertrat er die allerdings in dieser Fassung nicht unangefochten gebliebene Anschauung, der schwarze Ober- harzer Gangthonschiefer sei »nichts Anderes, als zerriebenes und »mit Wasser in Schlamm umgewandeltes Nebengestein, welches »unter dem Druck des im Sinken begriffenen Hangenden der »Gänge sich zu schiefrig abgesonderten Massen umbildete«. O O '75 Wichtiger erscheinen uns seine umfassenden, auf nahezu 100 Einzel- beobachtungen gestützten paragenetischen Studien über Textur und räumlich-zeitliche Aufeinanderfolge der Gangmineralien. Dar- nach unterschied er in den Clausthaler Erzgängen eine nordöstliche Kalkspath- und eine südwestliche Schwerspath-Combination, indem er zeigte, wie bei sonst wesentlich gleichbleibender Erz- und Mineralführung die beiden genannten Spathe in getrennter regionaler Verbreitung einander nahezu völlig gegenseitig aus- schliessen. Alle diese in seiner geologischen Erstlingsarbeit eingeschlagenen Richtungen des Forschern finden wir nachmals in von Groddeck’s späteren Schriften weiter verfolgt. Für den Fortschritt seiner Untersuchungen über die Zusammensetzung, Gliederung und Lage- rung der Formationen des Oberharzes wurde alsbald seine vom Herbst 1872 bis zu seinem Tode andauernde Mitwirkung an der durch die geologische Landesaufnahme (seit 1873 Landesanstalt) zu Berliu in Angriff genommene Kartirung des Harzes (1 : 25000) maassgebend. Unter E. Beyrich’s bewährter Leitung hatten diese Arbeiten schon 1862 im Flötzgebirge des mittleren und östlichen Südharzes und seiner südlichen Vorlande begonnen und waren cxv 1865 in den eigentlichen Kern des Gebirges vorgerückt. Die beiden folgenden Jahre brachten wichtige palaeontologische Mit- theilnngeu E. Beyrich’s aus diesem neuen Aufnahmegebiete, darunter die wissenschaftliche Grundlage der ein Jahrzehnt später durch E. Kayser monographisch bearbeiteten Hercyn-Formation des Unterharzes, welche von F. A. Roemer theils dem Silur, theils dem Devon zugetlieilt worden war. Ende 1867 konnte der Verfasser dieses Nachrufs bereits den ersten Entwurf zur Gliede- rung der Schichten des Unterharzes und die Hauptgrundzüge ihres Faltenbaues unter Angabe der Sattelaxe und der drei Haupt- mulden in diesem Antheil des Gebirges, sowie die dreifache Rolle der Eruptivgesteine im Harz als sein Ergebniss aus der gemein- samen Aufnahme veröffentlichen. Damit war die Culmformation, welcher F. A. Roemer ausgedehnte Theile des Unterharzer Grau- wackengebirges zugewiesen hatte, auf den nordwestlichen An- theil des Gebirges zurückgedrängt; die HAUSMANN’sche Schollen- theorie vom Bau des Gebirges war definitiv beseitigt, die Einheit des Grundrisses und der formgebende Einfluss des Granits auf den Faltenbau betont; gleichwohl erschien nunmehr der wenig umfangreiche Oberharz durch die scharfe Ausprägung seiner im Gegensatz zum Hercyn normalen unterdevonischen Facies und durch das einseitige Vorhandensein der ihn besonders charak- terisirenden Culmformation, sowie schliesslich durch seine relativ geraden, in ihrer Richtung weniger abgelenkten Streichlinien dem Unterharze eher entfremdet als näher gerückt. Die Gegend der im Jahre 1870 als erste Lieferung der geologischen Specialkarte von Preussen und den Thüringischen Staaten erschienenen 6 Harz- blätter Zorge, Benneckenstein, Hasselfelde, Ellrich, Nordhausen, Stolberg lag zu fern vom Clausthaler Plateau, als dass die zu- gehörigen Erläuterungen bereits die Fühlung mit dessen Sonder- stellung hätten vermitteln können. Dieser Umstände muss man sich bewusst bleiben, will man von Groddeck’s Mitwirkung: an der geologischen Erforschung o o o o des Harzes richtig würdigen. Ihm war es nicht beschieden, einen so umfassenden Einfluss auf die Entwickelung der geologischen Erkenntuiss des Gebirges auszuüben, wie seinem Vorgänger. Klar li* CXVI erkannte er, dass mit dem Beginn der Kartirung im Einzelnen der Schwerpunkt der Untersuchungen in den Unterharz als den weitaus grösseren und am mannichfaltigsten zusammengesetzten Antheil des Gebirges verlegt war. Das geht aus der Einleitung zu seinen Erläuterungen zu den geognostischen Durchschnitten durch den Oberharz hervor, in welchen er offen ausspricht, der Faltenbau des Harzes sei zuerst von E. Beyrich und Iv. A. Lossen aufgehellt worden. Somit richtete er seinen Forscherblick nicht auf das Ganze, sondern auf den Theil des Gebirges, der ihm nach seinem Wohn- und Berufsort naturgemäss zufiel. Hier im Ober- harzer Culm und Devon — letzteres z. Th. durch A. Halfar kartirt — war so recht seine geologische Heimath, wozu nicht wenig beitrug, dass er sich als Bergmann hier heimisch fühlte. Froh der eigenen Arbeit und stets dankbar gegen die Natur, auch da, wo sie nur kärglich sein Bemühen lohnte, hat er seit 1872 den gi’össten Theil seiner Ferienzeit darauf verwendet, die palaeo- zoischen Formationen zwischen der Kammlinie des Bruch- und Ackerberges, der Ocker-Radau- W asserscheide südlich des Granits, dem Rammeisberg -Kahleberger Sattel, Hahnenklee und Langels- heim auf den Messtischblättern Clausthal (Seesen), Osterode, Riefensbeek, Harzburg, Zellerfeld, Hahausen zu kartiren. Ungenaues Kartenmaterial erleichterte ihm die Arbeit von Anfang an nicht eben, die Herausgabe der neuen metrischen Aufnahme des grossen Generalstabs half späterhin zwar diesem Uebelstande ab, nöthigte ihn aber, den grössten Theil des bereits untersuchten Gebiets wiederholt zu kartiren. So hat er leider den Abschluss und die Veröffentlichung dieser Specialkartenblätter nicht erlebt. Doch ist sein Antheil an der geologischen Kartirung des Gebirges schon einigermaassen aus der von dem Verfasser dieses Nachrufs zusammengestellten geognostischen Uebersiclitskarte des Harzes (1 : 100000), hinsichtlich der Gliederung der Oberharzer Culmschichten aber noch vollständiger aus einer 1883 durch von Groddeck selbst im 3. Bande des Jahrbuchs der Kgl. Preuss. geolog. Landesanstalt veröffentlichten und erläuterten Karte im gleichen Maasstab zu ersehen. Ebendaselbst ist auch eine Special- karte des von ihm verfolgten und beschriebenen Oberharzer Ker- CXVII santit-Ganges mitgetheilt. Ein Vergleich dieser Karten mit Pre- diger’s Karte vom nordwestlichen Harzgebirge mit geognostischer Colorirung von F. A. Roemer (1 : 50000) ermöglicht zum wenigsten einen alliremeinen Uebei’blick über die bedeutenden Fortschritte, welche wir dem Verstorbenen verdanken. Das richtige Maass für denselben gewinnt man aber erst aus einer Reihe von Ab- handlungen, welche der Verstorbene in dem Jahrzehnt von Ende 1872 bis Anfang 1883 in der Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft und in dem genannten Jahrbuche veröffentlicht hat. Zuerst beschrieb er den aus devonischen Schicht- und Eruptiv- gesteinen lagrenförmig zusammengesetzten Aufbau des Oberharzer Diabaszuges zwischen Osterode und Altenau, den F. A. Roemer als einen Lagergang im Culm mit emporgerissenen Schollen der Devonformation gedeutet hatte, während von Groddeck im Fort- gang seiner Untersuchungen eine zusammengepresste, einseitig gegen SO. einfallende Sattelfalte mit nordostwärts einschiebender Axenlinie darin erkannt hat. Wohl war diese Erkenntniss noch eine unvollkommene, zu wenig im Einzelnen durchgearbeitete: ohne die zusätzliche Annahme von Schichtenzerreissungen und Wechselüberschiebungen ist von Groddeck’s profilarische Dar- stellung: mit dem thatsächlich Beobachteten nicht in Einklang zu bringen, auch Querbrüche mit Verwerfungen fehlen nicht ganz in dem Sattelbau, haben aber nicht die ihnen übertriebener Weise beigelegte allgemeine Bedeutung. Solchen Vernachlässigungen der für das Verständniss des Ganzen schliesslich oft nicht un- wichtigen, aber im Beginn der Untersuchung wenig hervortreten- den und dann wohl von Anderen nachträglich bemerkten Neben- umstände begegnen wir bei dem Verstorbenen mehrfach; er ver- schloss sich Verbesserungen, welche er als solche erkannt hatte, nicht, aber von vornherein liebte er vor Allem eine einfache klare Darlegung des Hauptresultats, das er in ebenso einfacher Weise zum Ausgangspunkt erneuter Forschung nahm. So hat ihn das einmal gewonnene Verständniss jener in dem langgestreckten Diabaszuge hervortretenden Sattelaxe alsbald zu dem Nachweise geführt, dass die südöstlich derselben im Söse- Wassergebiet bis gegen den Bruch- und Ackerberg hin anstehenden Schichten trotz CXVIII mancher abweichenden Faciesverhältnisse und trotz ihrer Armutli an charakteristischen Leitfossilien gleichwohl dieselbe Culmformation darstellen, welche auf der Nord Westseite dieser Axe in typischer Weise das Clausthaler Plateau zusammensetzt. Daran reihten sich dann Untersuchungen über den Iberg, sowie namentlich Studien über die Verbreitung und petrographische Zusammensetzung einzelner Formationsglieder des Culms: so die Studie über die Oberharzer Adinolschichten , jene merkwürdigen, vorzugsweise aus mikrokry- stallinischem Quarz und Albit zusammengesetzten Culmsedimente, welche in besonders auffälliger Ausbildungsweise von Lerbach schon seit Lasius’ Zeiten gekannt waren, nunmehr aber durch von Groddeck als normale Einlagerung der Culmkieselschiefer im SO. aus der Umgebung von Osterode bis über Altenau hin- aus und im NW. in der Lautenthaler Gegend nachgewiesen und auf seine Veranlassung nebst den damit zusammenvorkommenden Wetz- und Kieselschiefern durch Wunderlich chemisch und mi- kroskopisch analysirt wurden. Eine andere Studie betraf die Charakteristik und Verbreitung der durch Fr. IIoffmann von Altenau her beschriebenen conglomeratischen Grauwacke mit Gra- nit-, Porphyr-, Quarz- und anderen Geschieben, worin der Ver- storbene wichtige Leitschichten eines besonderen Culmgrauwacken- Horizonts erkannte, den er später als Obere, posidonomyenfreie Gründer Grauwacke von der Unteren, posidonomyenhaltigen Claus- thaler Grauwacke geschieden hat. Beide Grauwacken-Stufen zu- sammen machen F. A. Koemer’s Culmgrauwacke im nordwest- lichen Oberharze aus, während die nächst tiefere Stufe der Posi- donomyenschiefer nicht alle von demselben Autor so bezeiclmeten Schichten umfasst: eine Anzahl Vorkommen zählt nach von Grod- deck vielmehr zur Clausthaler Grauwacke; umgekehrt hat der Letztere zahlreiche Sättel echter Posidonomyenschiefer da nach- gewiesen, wo man zu F. A. Roemer’s Zeiten nur Grauwacken kannte. Die Kieselschiefer, Wetzschiefer und Adinolen, örtlich auch Culmkalke, die indessen auch den Posidonomyenschiefern nicht fehlen, bilden überall, wo sie vorhanden sind, die tiefste Culm-Stufe. Mit diesen Fortschritten in der Erkenntniss der Einzelgliede- rung der Culmformation, die, wie zumeist im Harz, viel mehr auf CXIX petrographischer und stratigraphischer, als auf palaeontologischer Grundlage ruhen, wuchs mehr und mehr das Yerständniss des Faltenbaues des Oberharzes und des Zusammenhanges zwischen Falten und Spalten. Den Antheil nordwestlich des Diabaszuges erkannte der Verstorbene zvdetzt als einen »grossen, durch nahezu querschlägige Spaltenverwerfungen nach SW. zu terrassenförmig niedergesunkenen Sattel, welcher einen breiten, flach fallenden, nordwestlichen und einen schmalen, steil fallenden, südöstlichen Flügel hat«. Letzterer ist in seinen jüngsten Schichten durch das von E. Beyrich und A. IIalfar als Unterdevon nachge- wiesene Schichtensystem der Wissenbacher Schiefer F. A. Roemer’s am Liegenden des Diabaszuges längs einer Wechselkluft über- schoben. Im Hangenden dieses Zuges folgt abermals Culm in eng zusammengepressten, steil und tief gefalteten Sätteln und Mulden mit parallel gegen SO. einfallenden Flügeln bis gegen die Nordwestabdachung des Bruch- und Ackerberges hin, die trotz der eifrigen Bemühungen von Groddeck’s in dieser einsamen, schwer zu begehenden Gegend noch der weiteren Aufklärung be- darf. Durchweg zeigt sich eine Abschwächung der Faltung durch allmähliches Verflachen der Sättel und Midden in der Richtung von SO. gegen NW., d. h. von jener mächtigen Quarzitsandsteinkette und dem Brockengranit her gegen das Wassergebiet der Innerste. Aus der Gesetzmässigkeit dieser Faltungsweise zog dann von Groddeck den Schluss, den er zur Grundlage seiner Theorie über die Entstehung der Oberharzer Gangspalten gemacht hat: »dass bei der Hebung des Gebirges der Bruchbergquarzit und der Brockengranit sich in der Richtung von SO. nach NW. bewegten und dabei die vor ihnen liegenden Schichten zusammenschoben«. Voraufgegangen war jener Theorie die für die Weiterentwicklung der Geognosie des Gebirges wichtige Entdeckung der »Kellwasser- spalte«, des nördlichen Endes der späterhin als Oderspalte bekannt gewordenen Gang- und Verwerfungslinie. Durch den Nachweis einer Anzahl auf ein und derselben Flucht liegender Seitenver- Schiebungen der Culm- und Devonbildungen hatte der Verstorbene einen bis dahin unbekannten weithin fortsetzenden Gang in der Gegend östlich der Ocker bei Altenau aufgefunden. Erwies die Aufschürfung denselben auch unbauwürdig, so blieb doch das cxx geologische Interesse daran ungernindert. Zumal die von allen übrigen bedeutenderen Erzgängen des Oberharzes auffällig ab- weichende nordnordwestliche Streichrichtung und das ostwärts gekehrte Einfallen dieses östlichsten neuen Ganges traten bemerk- bar hervor und verliehen dem Grundplane des ganzen Spalten- netzes in diesem Gebirgsantlieil ein verändertes Aussehen. Der einseitig dem Oberharze zugewandte Blick von Groddeck’s er- fasste diesen Grundplan nunmehr dahin, »dass alle Gänge im grossen Ganzen strahlenförmig vom oberen Keilwasserthal aus- laufen«, und dass sich speciell die beiden äusseren Hauptstrahlen dieses gegen NW. geöffneten Strahlenfächers, der südlichste und jener östlichste, an der Steilen Wand da treffen, »wo Brucliberg- quarzit und Brockengranit zusammenstossen«. Darnach leitete er dann den Zerspaltungsvorgang aus seinem oben mitgetheilten Faltungsgesetze so ab, dass er das Ausstrahlen der Spalten von jener Stelle aus als Folge eines ungleich starken Faltungsdruckes bezeichnete, welchen Quarzit und Granit rechtwinklig auf die Streichlinie der in der Bewegungsrichtung vor ihnen liegenden Schichten gleichzeitig oder nacheinander ausübten. Es war zum erstenmal, dass von Groddeck den Granit in seine geologischen Untersuchungen und seine darauf begründeten Schlussfolgerungen miteinbezog. Das Jahr 1876, gegen dessen Ende er diese Spaltenbildungstheorie aufstellte, hatte ihn mehrfach mit den im Unterharze und im südöstlichen Oberharze kartiren- den Geologen zusammengeführt. Im Frühling desselben Jahres hatte der Verfasser dieses Nachrufs in kurzen gedrängten Worten seine Grundanschauung über den gekreuzten Faltenbau des Gebirges und die damit liarmonirende Lage und Neigung der mit ihren Hauptdurchmessern rechtwinklig auf einander gerichteten Granit- stöcke veröffentlicht und bei seinem zweimaligen Besuche im Ober- harz die Ansicht geäussert, dass das einseitige Andrängen des Granits in der hercynischen Richtung lediglich gegen die nörd- liche Hälfte des niederländisch gefalteten Oberharzes jene Umge- staltung und Spannung im Schichtenbaue erzeugt habe, als deren Ausgleichung das Gangspaltennetz aufzufassen sei. Solche Mit- theilungen mögen nicht ohne Einfluss auf die Theorie des Ver- CXXI storbenen geblieben sein, der eine Anregung aus fachgenossen- schaftlichen Kreisen stets dankbar anerkannte. Sie waren indessen zu unvermittelt und zu lückenhaft an ihn heraugetreten, als dass sie ihn veranlasst hätten, die geologische Rolle des Granits im Harz, dieses einen Factors in seiner Theorie, oder gar die niemals von ihm bestimmt anerkannte Einwirkung des hercynischen Systems auf den Oberharz eingehender zu studiren. So entging ihm der bereits im darauffolgenden Jahre in dem Entwurf zur geognosti- schen Uebersichtskarte des Harzgebirges klar zum Ausdruck ge- brachte Umstand, dass seine Keilwasserspalte an der Steilen Wand vorüber südwärts ins Oderthal hinein bis zu den Andreasberger Ruschein fortsetzt und auf diesem Wege auch den südwestlichen Antheil des Brocken - Granits im gleichen Sinne verwirft, wie die ganze Schichtenreihe von der Tanner Grauwacke bis zur Culm- Grauwacke einschliesslich. Die Differenz zwischen von Groddeck’s Auffassung und derjenigen der Unterharzer Geologen ist aus dein Aufsätze »über den Zusammenhang zwischen Falten, Spalten und Eruptivgesteinen im Harz«, der die Spalten als Torsionsspalten anspricht, und aus E. Kayser’s Abhandlung »über das Spalten- system am SW. -Abfall des Brockenmassivs, insbesondere in der Gegend von St. Andreasberg« leicht ersichtlich, nicht minder aber auch die grosse Bedeutung, welche die von dem Verstorbenen entdeckte Spalte für die Weiterentwickelung der Kenntniss vom Bau des Harzes erlangt hat. Es wäre indessen irrig, wollte man aus dieser Meinungsver- schiedenheit den Schluss ziehen, von Groddeck habe sich über- haupt den Resultaten gegenüber, die in den mittleren und öst- lichen Gegenden des Gebirges gewonnen wurden, ablehnend oder zurückhaltend gezeigt. Wenige haben so freudig diese Resultate und ihre Zusammenfassung in der Geognostischen Uebersichts- karte des Harzes begrüsst, wenige dieser Freude öffentlich einen so warmen anerkennenden Ausdruck verliehen, als gerade er. Da- von giebt namentlich die 1883 erschienene 2. Auflage seines »Ab- riss der Geognosie des Harzes« Zeugniss. Schon 12 Jahre früher, in der ersten Auflage des Buches, das ausser seiner Hauptaufgabe noch die eines Führers auf Excursionen durch den Nordwestharz CXXII erfüllt, hatte der Verfasser neben der älteren Literatur die neueste aus der geologischen Detailkartirung hervorgegangene sorgfältig zusammengestellt und benutzt. In der zweiten Ausgabe tritt dies sein Bestreben noch weit mehr und erfolgreicher hervor; darüber hinaus hat er aber die ganze Gliederung des geologischen Stoffs in Einklang gebracht mit der auf der Geognostlschen Uebersichts- karte des Harzgebirges durchgeführten Eintheilung, so dass der Abriss in der That der Absicht seines Verfassers gemäss zugleich als ein aller subjectiven Auffassung möglichst entkleidetes kurz- gefasstes Textbuch zu der Karte gelten kann. Aufgabe der Zukunft muss es sein, nach Abschluss der De- tailkartirung diesem einheitlichen Bilde der geologischen Gliede- rung des Harzes ein ebenso kurz und klar umrissenes einheit- liches Bild vom Zusammenhänge der Falten, Spalten und Eruptiv- gesteine des Gebirges zur Seite zu stellen, worin auch die Ab- hängigkeit der Füllmassen der Erzgänge von der Stellung dieser letzteren in verschiedener Höhe über der Steil- oder Flachseite der Granitstöcke zu berücksichtigen sein wird. Mit der zuletzt ausgesprochenen Forderung betreten wir jenes andere Forschungsgebiet von Groddeck’s, auf das sein Wirkungs- kreis ihn besonders hinwies, und auf dem sein schaffensfreudiger Geist seine eigenartigsten und tüchtigsten Leistungen hervor- gebracht hat: die Lehre von den Erzlagerstätten. Hier ist vor o o Allem seines — Ferdinand Roemer als Zeichen seiner Dank- barkeit gewidmeten — Lehrbuchs zu gedenken, das er in der arbeitsreichsten Zeit seines Lebens geschaffen hat. Seit seiner Studienreise hatte er dem Gegenstände das lebhafteste Interesse zugewandt, die einschlägige, gar sehr zerstreute Literatur in hohem Maass sich angeeignet und jede Gelegenheit, die sich darbot, aus- genutzt, um Lagerstätten durch den Augenschein kennen zu lernen. Was ihm dabei abging an Breite der eigenen Erfahrungsgrund- lage — grössere Reisen in entferntere Grubendistricte hat der Verstorbene erst nach der 1879 erfolgten Herausgabe seines Werks gemacht — , das ersetzte er durch Vertiefung in die geologische Natur des spröden Lehrstoffs, den er nach der ganzen Fülle seiner Eigenschaften begrifflich gründlicher erfasst und in knapper fasslicher Ausdrucksweise klarer dargestellt hat, als einer seiner CXXIII Vorgänger. An die Stelle der älteren, vorzugsweise auf die äussere Form oder die mineralisch - chemische Zusammensetzung der Lagerstätten begründeten Eintheilungsweise führte er, fort- bauend auf K. F. Naumann’s Grundlagen, eine naturgemässere Anordnung ein, die nach den räumlichen, structurellen und stoff- lichen Beziehungen der Lagerstätten zu den sie beherbergenden oder tragenden geologischen Formationsgliedern gebildet ist und genetisches Gepräge zeigt. Innerhalb dieser systematischen Ueber- siclit unterschied er 57 Lagerstätten-Typen vorwiegend nach deren stofflichem Inhalt und erläuterte jede dieser thunlichst natürlich abgegrenzten Familien durch zahlreiche um den leitenden Typus gruppirte Beispiele. Ueberall erkennt man das Bestreben des Verfassers, den Lehrstoff vom geologischen Gesichtspunkte aus dem Verständniss näher zu bringen. In der möglichst consequenten Anwendung dieses allein richtigen Princips nicht nur auf einzelne Fälle, sondern auf das Gesammtgebiet der Lagerstättenlehre liegt der epochemachende Fortschritt und die in die Zukunft segens- reich fortwirkende Kraft dieses Buchs, das nach seines Autors Willen nur der klare Ausdruck des zur Zeit Erkannten als sichere Grundlage für den zielbewussten Fortschritt einer in der Haupt- sache erst noch zu begründenden Wissenschaft sein sollte. In diesem Sinn hat der Verstorbene nicht nur sein Lehrbuch ein Jahr nach dessen Erscheinen zur Grundlage seines Lehrvor- trags über die Erzlagerstätten gemacht, den er an einer umfang- reichen, wesentlich durch sein Bemühen erst geschaffenen Samm- lung von Belegstücken aus allen Weltgegenden erläuterte, sondern er hat auch mit der ihn auszeichnenden Energie selbst eifrig den Ausbau seiner Lieblingswissenschaft betrieben, die fortan ganz im Vordergrund seiner schriftstellerischen Thätigkeit steht. Schon im darauffolgenden Jahr bot ihm die Beschreibung der den Gängen des Oberharzes ähnlichen Lintorfer Erzgänge die Gelegenheit, den Begriff der Contactgänge gegen denjenigen der Verwerfungsgänge besser abzugrenzen und den Begriff“ der Contactlagerstätten über- haupt dem geologischen Sprachgebrauche richtiger anzupassen. Wichtiger sind seine Studien über die chemischen und mine- ralischen Umbildungsprocesse, welche sich im Nebengestein und im Ganggestein zahlreicher Erzlagerstätten zu erkennen geben. CXXIV Neben der ihm aus seiner Studienzeit und hüttenmännischen Praxis her geläufigen quantitativen chemischen Analyse benutzte er hier- bei mit nicht geringem Erfolg die mikroskopische Untersuchungs- methode, deren Handhabung er sich, unterstützt dm'ch den Ordi- narius der ihm Freundnachbarlichen Universität Göttingen, mitten im Drange seiner maunichfaltigen Arbeiten in schätzenswerthem Grade zu erringen verstanden hat. Sericitschiefer , welche der Verfasser dieses Nachrufs längs einiger Gänge bei Stolberg beob- achtet und in Beziehung zu der Regionalmetamorphose des Süd- ostharzes anfgefasst hatte, weckten in von Groddeck den Ge- danken, die seit Bauer’ s mustergiltiger Abhandlung unter dem Namen »Weisses Gebirge« in der Gangliteratur eingebürgerten Gesteine aus der Umgebung der Holzappeler und Welmich-Wer- lauer Lagergänge, sowie den Mitterberger »Lagerschiefer« und den »Weissen Schiefer« von Agordo und ihre Zusammensetzung zu prüfen und mit den normalen Gesteinen aus der Nachbarschaft dieser Erzreviere zu vergleichen. Es war ein glücklicher Griff seines durch genetische Fragen stets kräftig angeregten Geistes. Die Resultate der stets denkwürdigen Untersuchung dieser Sericit- gesteine haben nicht nur die Lagerstättenlehre, die Petrographie und die Lehre vom Metamorphismus bereichert, sie eröffneten überdies einen neuen Weg der Forschung, den der Verstorbene fortan um so eifriger verfolgte, als er in der Begleitung der Lager- stätten durch sericitisches Neben- oder Ganggestein ein charakte- ristisches Merkmal der Lagergänge im Gegensatz zu den sedi- mentären Erzlagern und auch zu den meisten Quergängen erkannt zu haben glaubte. Seine Untersuchungen über die Grünen Schiefer von Mitterberg, über die Gesteine der Bindt in Ober - Ungarn, über die schwarzen und bunten Gangthonschiefer des Oberharzes, über Thon- und Sericitschiefer im Harz gehören in den Kreis dieser Studien. Andere seiner mikroskopischen und chemischen Analysen der Ganggesteine und Erze oder des zugehörigen Nebengesteins be- ziehen sich auf jene eigenartig unter den übrigen Lagerstätten hervortretende Gruppe, die sich durch die Anwesenheit Fluor- und Bor - haltiger Silicate auszeichnet : dahin gehören drei lehr- cxxv reiche Beiträge: »Zur Kenntniss der Zinnerzlagerstätte des Mount Bischof!’ in Tasmanien«, welche Topasfelse von porpliyrischer Structur und beibrechend zinusteinhaltige dichte Topas- und Tur- malinmassen u. a. beschreiben, deren geologische Bedeutung durch M. Schröder’ s zwischenzeitlich erfolgte Darstellung der topasirten Quarzporphyre und Turmalinschiefer aus der Topaszone des Schneckensteins in und vor dem Contacthof des Eibenstocker Granits das richtige Licht erhielt. Dahin zählt ferner ein Auf- satz »über Turmalin enthaltende Kupfererze von Tamaya in Chile«, dessen Veröffentlichung der Verfasser leider nicht mehr erlebt hat. Neben einer Fülle interessanter Untersuchungsergebnisse über dies bislang in seiner Art einzig dastehende Vorkommen bringt der- selbe eine »Uebersicht des geologischen Vorkommens der Bor- mineralien«, die ein ebenso beredtes Zeugniss für die umfassende Literaturkenntniss, wie für den mehr und mehr geschärften geo- logischen Blick des Verstorbenen ablegt. Besondere Erwähnung verlangt schliesslich noch von Grod- deck’s Abhandlung »über das Vorkommen von Quecksilbererzen am Avala - Berge bei Belgrad«. Der hierin vorzüglich aus der Mikrostructur der Gangmasse erbrachte Nachweis der Umbildung des als Nebengestein anstehenden Serpentins zu einem eisen- schüssigen, picotit-, chromit- und milleritführenden , mit feinzer- theiltem Chromglimmer untermengten, braun spathhaltigen oder eisenschüssigen Quarzgestein, in welchem Zinnober nebst Calomel, Quecksilber und Schwefelkies zumal auf schwerspathhaltigen Quarztrümern einbrechen, ist als einer der glücklichsten Erfolge seiner Anwendung der neueren petrographischen Untersuchungs- methoden auf die Ganggesteine zu verzeichnen. Die Aneignung dieser Methoden, welcher wir auch die ein- gehendere Untersuchung des von ihm in seiner ganzen Ausdehnung verfolgten Oberharzer Kersantitganges verdanken, hatte sein Urtheil über Erzlagerstätten binnen wenigen Jahren gewaltig gefördert. So hoch er aber auch das Mikroskop schätzen gelernt hatte, ver- gass er doch nie, dass jede geologische Untersuchung wenn mög- lich am geologischen Körper, wie er in der Erdfeste ansteht, zu beginnen habe. Die Gänge von Holzappel und Lintorf im Rhein- CXXVI land, die Lagerstätten der Bindt in Obernngarn, von Mitterberg in den Salzburgischen Alpen, die serbischen Quecksilbererzvor- kommen n. a., welche er beschrieb, hatte er zuvor an Ort und Stelle besucht. Solche geologischen Reisen, unter welchen besonders die im Jahre 1884 durch einen grossen Tlieil der österreichisch -ungari- schen Monarchie bis nach Serbien unternommene, weitere Ausdeh- dehnung besass, erquickten den Menschen nicht minder, als den Fachmann. Frisch gestärkt und reich beladen mit Ausbeute kehrte er dann in das stille Revier der Oberharzer Bergstädte heim, um auf’s Neue seinem Lehrberufe und der reinen Freude des Forschens obzuliegen. Er war ein unermüdlicher Arbeiter; als er im letzten Winter durch Kränklichkeit mehrfach schon an’s Flaus gefesselt war, ist das seiner wissenschaftlichen Thätigkeit nur zu gute gekommen. Es war ersichtlich, dass er in der Fortbildung der Lagerstätten- lehre seinen besonderen Beruf ergriffen hatte. Getragen von der festen Ueberzeugung, dass das wachsende Verständniss der geolo- gischen Natur der Erzlagerstätten, wenn auch nicht alsobald, so doch mit der Zeit dahin führen werde, die Gesetzmässigkeit ihrer Verbreitung zu enthüllen, schöpfte er aus dieser Ueberzeugung, aus dem Durst nach Wahrheit, der mit jedem Einzelresultat wuchs, die Kraft zur rastlosen Arbeit. Es war sein regster Wunsch, dein er stets wieder auf’s Neue Ausdruck verlieh, »dass monographische Arbeiten erscheinen, die sich nicht allein auf ein- zelne Erzlagerstätten erstrecken, sondern auf Typen derselben, damit die charakteristischen Eigenschaften derselben klarer hervortreten«. Wie wacker er selbst darin mit gutem Beispiel vorangegangen ist, erhellt aus den Mittheilungen über seine literarische Thätigkeit. In dem Streben, von der naturgetreuen Darstellung der Einzel- vorkommen zu allgemeineren Gesichtspunkten und schliesslich zur Erkenntniss der Bildungsweise der Erzlagerstätten vorzudringen, scheute er den Weg der Hypothese nicht. Ja in seinem Aufsatze über Lagergänge, welcher diese letzteren wegen ihrer »Niveau- beständigkeit innerhalb der Zonen regionalmetamorphischer Schich- ten« wenigstens in den meisten Fällen als »Umwandlungspro- ducte von Erzlagern (Metamorphisclie Erzlager)« aufzufassen ver- CXXVII sucht, hat er den hypothetischen Weg manchem Fachgenossen vielleicht zu kühn beschritten. Er schied aber stets sehr ge- wissenhaft das durch die geognostische Beobachtung und die daran geknüpfte Untersuchung Festgestellte von der daraus ent- wickelten theoretischen Speculation und hat in diesem besonders hervorgehobenen Falle ausdrücklich erklärt: »Die Hypothese soll einzig und allein zu neuen Untersuchungen anregen, sie soll nur als neuer Gesichtspunkt gelten , von dem aus die Lagergänge betrachtet und studirt werden können. — Da es dem Einzelnen nicht möglich ist, solche Studien durchzuführen, scheint es mir gerechtfertigt, einem solchen Gesichtspunkt öffentlich Ausdruck zu geben, damit derselbe einer möglichst vielseitigen Prüfung unter- zogen wird.« Die von F. v. Sandberger zum Beweis der Lateralsecretions- theorie unternommenen analytischen Arbeiten fanden bei von Grod- deck, der seinem ganzen Studiengang nach der chemischen Unter- suchungsmethode stets sehr zugethan war, von vornherein eine warme Aufnahme. Sein Lehrbuch spricht das unverhohlen aus, noch unverhohlener aber, dass der Verfasser keiner der Gangaus- füllungstheorien eine ausschliessliche Giltigkeit zuerkannte, viel- mehr eine jede innerhalb ihrer geologisch nachweisbaren Wirkungs- weise zu schätzen wusste. Ausdrücklich sei hervorgehoben, dass er die vielfach kurzsichtigerweise verworfene Congenerationstlieorie für Contractionsspalten (Primärtrümer) anerkannt hat. Je mehr er sich in das geologische Einzelstudium der Lagerstätten vertiefte, um so vorsichtiger wurde er in seinen genetischen Schlussfolgerungen. Um so bedeutungsvoller erscheint es, dass er die Haupterzgänge des Harzes offen als Ascensionsgänge angesprochen hat. Nach dem Wortlaute eines vom 28. April 1887 datirten, zur Veröffentlichung in der Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft bestimmten Briefes an den Verfasser dieses Nachrufs ist er »in der letzten Zeit bei seinen Studien über Erzlagerstätten mehrmals auf Verhältnisse gestossen«, welche sich dessen »Beob- achtungen über die Abhängigkeit der Ausfüllungsmassen der Harzer Erzgänge von der Lage der Spalten zu den Granitstöcken und ihren Contacthöfen anschliessen«. Dafür giebt der Brief CXXYIII Beispiele aus verschiedenen Weltgegenden und geologischen For- mationen an, darunter vor Allem die Clausthaler Gänge. Ihre bereits in von Groddeck s Inauguraldissertation topographisch in eine nordöstliche Kalkspath- und eine südwestliche Scliwerspath- Combination geschiedene Füllmasse wird nunmehr im Rahmen der auf jener Beobachtung beruhenden Eintlieilung der vier Harzer Gangformationen als gesetzmässig vertheilt nach der erkannten inneren Structur des Oberharzes betrachtet: »Die Kalkspatli-Com- bination entspricht einer tieferen, die Schwerspath - Combination einer höheren Lage über der Granitoberfläche«. Ueberhaupt scheint es auch ihm in hohem Grade wahrscheinlich, »dass Gang- füllungen, welchen man ein jugendliches Alter zuschreibt, höheren, solche, welche als älter bezeichnet werden, tieferen Tiefenzonen angehören«. Der Brief schliesst mit den Worten: »Das Dunkel, welches uns die wahre Natur der Gänge noch immer verhüllt, wird sich mehr und mehr lichten, wenn sie im Zusammenhang mit dem geognostischen Bau der Gegenden, in denen sie auftreten, betrachtet werden können.« Leider sollten diese Schlussworte zugleich auch die letzten seiner reichen und für die Zukunft noch viel mehr verheissenden Autorthätigkeit sein! Ihm blieb es versagt, in einer zweiten Aus- gabe seines Lehrbuchs der Erzlagerstätten, welche er sorglich vorbereitete, den durch die eigene Arbeit und durch die von ihr ausgehende Anregung nicht am wenigsten bewirkten Fortschritt der Erkenntniss auf’s Neue übersichtlich darzustellen. Doppelt schwer wird das empfunden auf einem solchen speciellen Arbeits- felde der Geologie, welches nur Wenige unter den Fachgenossen in gleichem oder annäherndem Maasse beherrschten, wie der Ver- storbene. Doch dürfen wir fest vertrauen, seine tief in der geo- logischen Natur der Erzlagerstätten begründete Forschungs- und Lehrmethode werde stets ihren Platz in der Geologie und im Bergfach behaupten, fortvererbt, geläutert und vervollkommnet durch seine Fachgenossen und insbesondere durch seine Freunde und Schüler. In seiner Stellung als Director der Bergakademie zu Claus- thal und der damit vereinigten Bergschule bewährte VON Groddeck o o CXXIX in vollem Maass jene Pflichttreue, die ihn überhaupt auszeichnete, und die ihm im Verein mit vielen anderen guten Eigenschaften die hohe Achtung seiner Vorgesetzten und Collegen gewährleistete. Zwar waren ihm die eigentlichen Verwaltungsgeschäfte, weil sie seine Zeit zu wissenschaftlichen Arbeiten beschränkten , wenig sympathisch, aber er hat stets nach bestem Wissen und Können Alles, was den guten Ruf der ihm unterstellten Anstalten zu er- halten oder zu heben im Stande war, redlich gethan. Wie er zu dem Zweck die Lehrpflicht bis zur Ueberbürdung seiner Kräfte auf sich genommen und den Lehrplan sowie die Sammlungen er- weitert hat, wurde bereits angegeben, im Vordergrund steht jedoch die Anziehungskraft, welche er als akademischer Lehrer aus- geübt hat. Diese ging nicht allein von seinen Schriften und den durch sie begründeten Ruf als Gelehrter, sondern ganz besonders von seiner Persönlichkeit aus. Wirkten die Erfahrenheit seines Urtheils und die Klarheit seines Vortrags überzeugend, so verstand er es überdies vortrefflich, in seinen Zuhörern jenes warme Interesse an der Wissenschaft zu wecken und zu erhalten, das ihn in so hohem Maasse beseelte. Begabte und strebsame Schüler schob er förmlich voran auf der Bahn des Studiums, aber auch weniger fähige hat er stets nach Möglichkeit im Leimen unterstützt. Voll- auf kam seine Liebenswürdigkeit im Verkehr mit der akademischen Jugend auf den alljährlich unter seiner Leitung unternommenen geologischen Excursionen zum Ausdruck. Nicht dass er dieselben eben zu Vergnügungsfahrten im geläufigen Sinne des Worts ge- macht hätte, wer mit ihm auszog, hatte vielmehr Noth, es ihm an Marschtüchtigkeit und Ausdauer in Erfüllung der wissenschaft- lichen Aufgabe gleich zu tlnin; war dann aber nach des Tages Last und Hitze Schicht gemacht, dann legte er den Lehrer und Vorgesetzten ab und wetteiferte in jugendlicher Frische und herz- licher Fröhlichkeit mit den Studenten. Es war sein Stolz, der Jugeud nahe zu stehen, und diese lohnte ihm mit Anhänglichkeit und Dankbarkeit; noch auf seinem letzten Schmerzenslager hat er sich kindlich gefreut, als einer seiner Zuhörer in einem schrift- lichen Abschiedswort ihn als »Freund der Jugend« bezeichnete: Jahrbuch 1887. 1 cxxx ein schlichtes Wort und doch der bestverdiente schönste Ehren- titel aus des Schülers Mund! — Der tiefere Grund dieses liebenswürdigen Verhältnisses zwischen Lehrer und Schüler war in von Groddeck’s harmo- nischer Charaktergrundlage gegeben. Er vereinigte in sich den Wissensdurst, den Arbeitsdrang und die Anspruchslosigkeit des echten Gelehrten mit der frischen, kernigen, schaffensfreudigen Natur des Bergmannes. Kalter wissenschaftlicher Egoismus, schwächliche Autoreitelkeit oder trockene Stubengelehrsamkeit blieben ihm daher gleich fremd. Gar wohl kleideten ihn sein offenes männliches Wesen und jenes berechtigte Maass von Selbst- bewusstsein, das der Mann aus der Tüchtigkeit gewinnt, mit der er seine Stelle ausfüllt. Selbstüberhebung lag ihm fern. Auch in der wissenschaftlichen Fehde strebte er aufrichtig nach Milde des Urtheils, unbeschadet einer wohlangebrachten Festigkeit des- selben. Dem entsprach der schöne Zug freudiger Dankbarkeit, mit der er alles Gute entgegennahm , das Gott ihm gewährt hat. Dieser Zu er der Herzensheiterkeit hat ihn sein ganzes Leben lang begleitet und ihn auch nicht in seinem schweren Leiden verlassen, das er in grosser Geduld bis an’s Ende ertrug. Auch auf den wissenschaftlichen Verkehr, welchen der Entschlafene in reichem Maasse pflegte, warf er seinen freundlichen Schein, denn wie der- selbe sich selber hellleuchtenden Auges in kindlicher Dankbarkeit des gewonnenen Resultats erfreute, so war es ihm auch Bedürfniss, Anderen davon mitzutheilen, und nicht minder dankbar erwies er sich dann gegen die Anregung, welche er im collegialischen Aus- tausch von den Fachgenossen empfing. — So ist von Groddeck Vielen ein wohlmeinender fördernder Lehrer und Berather gewesen, Viele hat er im wissenschaftlichen oder persönlichen Umgänge durch seine Tüchtigkeit und Liebens- würdigkeit angeregt und angezogen, Allen aber, welche, gleich dem Schreiber dieser Zeilen, das Glück hatten, ihm näher zu treten, war er ein treuer, zuverlässiger Fi’eund! — Sein Andenken bleibt ein gesegnetes, sein Name stets geehrt vom Bergmann und Geologen! Er ruhe in Frieden! Berlin, December 1887. K. A. Lossen. CXXXI Verzeichniss der Schriften von Groddeck’s. 1. Die Mansfelder Hüttenprocesse in ihrer Abweichung von den Ober- und Unterharzer Kupfer- und Silbergewinnungsarbeiten. (Berg- und hütten- männische Zeitung. 1864 u. 1865, Jahrg. XXIII u. XXIV.) 2. Ueber die Bestimmung von Sohlenabständen beim Bergbau , mit specieller Berücksichtigung der Harzer Verhältnisse. (Ibidem 1865, Jahrg. XXIV.) 3. Ueber das Zusammenvorkommen der wichtigsten Mineralien in den Ober- harzer Gängen westlich vom Bruchberge und die von Herrn Cornu be- merkten Beziehungen ihrer Aequivalentgewichte. (Ibidem 1866, Jahrg. XXV.) 4. Uebersicht über die technischen Verhältnisse des Blei- und Silberbergbaues auf dem nordwestlichen Oberharz. (Zeitschr. f. Berg-, Hütten- u. Salinen- wesen im preussischen Staate. 1866, Bd. XIV.) 5. Ueber die Erzgänge des nordwestlichen Oberharzes. (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1866.) 6. Ueber ein neues Vorkommen von sogenanntem Silbersand zu Andreasberg. (Neues Jahrb. f. Mineralogie etc. 1869.) 7. Ueber die schwarzen Oberharzer Gangthonschiefer. (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1869.) 8. Auffindung von Knochen diluvialer Thiere am Harze. (Neues Jahrb. f. Mine- ralogie etc. 1870.) 9. Abriss der Geognosie des Harzes. Clausthal. Verlag von Grosse. 1871. 10. Mittheilungen aus der Region des Oberharzer Diabaszuges zwischen Osterode und Altenau. (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1872.) 11. Erläuterungen zu den »Geognostischen Durchschnitten durch den Oberharz«. Mit 2 Tafeln. (Zeitschr. f. Berg-, Hütten- u. Salinen wesen im preussischen Staate. 1873, Bd. 21.) 12. Ueber die Lagerungsverhältnisse des Oberharzer Diabaszuges und das Auf- treten von Posidonomyenschiefern des Culm südöstlich von demselben. (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1876.) 13. Beiträge zur Geognosie des Oberharzes. (Ibidem 1877.) 14. Ueber das Vorkommen von Gold-, Kupfer- und Bleierzen in der Provinz Rio Grande do Sul in Brasilien. (Berg- u. hüttenmännische Zeitung. 1877.) 15. Die Lagerungsverhältnisse am Iberg und Winterberg bei Grund etc. (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1878.) 16. Die Lehre von den Lagerstätten der Erze. Leipzig 1879. 17. Ueber Grauwacken- und Posidonomyenschichten des Oberharzer Culm. (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1880.) 18. Ueber die Erzgänge bei Lintorf. (Zeitschr. f. Berg-, Hütten- und Salinen- wesen im preussischen Staate. 1881, Bd. 29.) 19. Zur Kenntniss einiger Sericitgesteine , welche neben und in Erzlagerstätten auftreten. (Neues Jahrb. f. Mineralogie etc. 1882, Beil.-Bd. II.) 20. Zur Kenntniss des Oberharzes. (Dieses Jahrb. 1882.) 21. Der Kersantitgang des Oberharzes. (Dieses Jahrb. 1883.) 22. Zur Kenntniss der grünen Gesteine (Grünen Schiefer) von Mitterberg im Salzburgischen (Jahrb. d. K. K. geol. Reichsanstalt 1883, Bd. 33, Heft 3). CXXXII 23. Abriss der Geognosie des Harzes. 2. Aufl. 1883. 24. Zur Kenntniss der Zinnerzlagerstätte des Mount Bischof! in Tasmanien. (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1884.) 25. Ueber das Vorkommen von Quecksilbererzen am Avala-Berge bei Belgrad in Serbien. (Zeitschr. f. Berg-, Hütten- u. Salinenwesen im preussischen Staate. XXXIII. 1885. 26. Die geologische Geschichte des Harzgebirges. (Humboldt 1885. Bd. III, Heft 5.) 27. Bemerkungen zur Classification der Erzlagerstätten. (Berg- und hütten- männische Zeitung 1885, No. 22 u. 23.) 28. Ueber Lagergänge. (Ibidem 1885, No. 28 u. 29.) 29. Ueber die Gesteine der Bindt in Ober-Ungarn. (Jahrb. d. K. K. geolog. Reichsanst. 1885, S. 663.) 30. Studien über Thonschiefer, Gangthonschiefer und Sericitschiefer. (Dieses Jahrbuch 1885 u. 1886.) 31. Zur Kenntniss der Zinnerzlagerstätte des Mount Bischof! in Tasmanien. (Forts, von S. 652 des Jahrg. 1884 der Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1886, S. 370.) 32. Dritter Beitrag zur Kenntniss der Zinnerzlagerstätte des Mount Bischof! in Tasmanien. (Ibidem 1887.) 33. Ueber die Abhängigkeit der Mineralfüllungen der Gänge von der Lage der- selben. (Brief vom 28. April 1887 abgedruckt in der Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1887.) 34. Ueber Turmalin enthaltende Kupfererze von Tamaya in Chile nebst einer Uebersicht des geologischen Vorkommens der Bormineralien. (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1887.) II. Abhandlungen von Mitarbeitern der Königlichen geologischen Landesanstalt. Untersuchungen über die Gliederung des unteren Muschelkalks in einem T heile von Thüringen und Hessen und über die Natur der Oolitlikörner in diesen Gebirgsschicliten. Von Herrn W. Frantzen in Meiningen. (Hierzu Tafel I — III.) Im Jahrbuch der Königl. preuss. geologischen Landesanstalt für das Jahr 1885 ist eine Abhandlung des Herrn J. Cr. Bornemann in Eisenach ]) veröffentlicht worden, welche sich mit dem in der Ueberschrift bezeichneten Gegenstände beschäftigt. Die Resultate, zu welchen derselbe bei seinen Untersuchungen gelangt, stimmen in vielen Punkten mit den Ansichten anderer Geologen nicht überein, und sind, soweit dies der Fall ist, unzutreffend. Wenn ich mich entschliesse, dies hier näher nachzuweisen, so werde ich dazu durch zweierlei Umstände veranlasst. Erstens hat sich Herr Bornemann bewogen gefunden, neben mehreren anderen Geologen, wie E. E. Schmid und Eck, in der bezeichneten Abhandlung besonders mich in heftiger Weise an- zugreifen. So erklärt er Seite 320 a. a. 0. in Bezug auf meine *) J. G. Bornemann, Beiträge zur Kenntniss des Muschelkalks etc. in Thü- ringen, Jahrbuch der Königl. preuss. geolog. Landesanstalt für 1885, S. 267. Jahrbuch 1887. 1 2 W. Frantzen, Untersuchungen über die Gliederung Ansicht über die Identität der Oolithbänke a und ß im Wellen- kalk bei Meiningen mit den beiden untersten Schaumkalkbänken a und ß in Thüringen und Hessen, »dass er derartige Behauptungen nur als willkürliche Annahme ansehen könne, denen die wissen- schaftliche Begründung fehle.« Diese durch mich in keiner Weise provocirten Angriffe erfordern eine Abwehr, da es sonst scheinen könnte, als ob ich solche Vorwürfe stillschweigend als begründet anerkannte. Ein anderer Anlass zur Veröffentlichung dieser Arbeit liegt in dem Umstande, dass ich bereits vor mehreren Jahren in Folge des Widerspruchs des Herrn J. G. Bornemann gegen die An- wendbarkeit der üblichen Gliederung des unteren Muschelkalks auf die Sectionen bei Eisenach, namentlich auf die Section Berka, seitens der Direction der Kgl. preuss. geologischen Landesanstalt beauftragt worden bin, die »Gliederung des unteren Muschelkalks innerhalb eines Theiles der Section Berka in ihrer Beziehung zu der Entwickelung im Meiningen’sclien zu untersuchen.« Nachdem Herr Bornemann seinen Standpunkt in dieser Streitfrage öffentlich dargelegt hat, wird mir durch jenen Auftrag die Verpflichtung auferlegt, die Resultate meiner Untersuchungen in jenen Sectionen ebenfalls zu veröffentlichen. Ich werde mich jedoch bei diesen Erörterungen nicht auf den engen Raum der Eisenacher Gegend beschränken, sondern stelle mir die weitere Aufgabe, zu zeigen, dass in einem grossen Umkreise rings um den Thüringer Wald bis weit in Hessen die Entwickelung des unteren Muschelkalks eine fast ganz gleich- mässige ist. V orbem erklingen. Ehe ich auf das Thema selbst eingehe, scheint es mir zur Vermeidung von Missverständnissen wünschenswerth, einige Be- zeichnungen, welche dazu Veranlassung geben könnten, näher zu definiren. Zur Gliederung des Wellenkalks hat man in Mitteldeutschland bekanntlich oolithische und schaumige Schichten benützt, und nach des unteren Muschelkalks in einem Theile von Thüringen etc. 3 ihrem Fehlen oder Vorhandensein zwei Hauptabtheilungen im Wellenkalk unterschieden, den unteren Wellenkalk ohne solche Bänke, den oberen mit Schaumkalkbänken und den letzteren nach dem Auftreten solcher Bänke in mehrere Unterabtheilungen zerlegt. Es fragt sich nun, was man unter einer Oolithbank und einer Schaumkalkbank zu verstehen hat. Herr Bornemann hat der Beantwortung dieser Frage in seiner Abhandlung einen besonderen Abschnitt gewidmet und be- zeichnet als Oolithe solche kugelige Kalkbildungen, welche eine concentrisch-schalige und eine radialfaserige Structur, oder eines von beiden zeigen und sich als mineralische Ausscheidungen aus Lösungen kennzeichnen. Dagegen hat er solche Formen, welche eine unregelmässige Gestalt besitzen, weil er sie für psammitischer Natur, für Zerreibungsproducte von Kalkstein und Mergel hält, als Pseudooolithe von jenen echten Oolithen abgetrennt. Ich werde weiter unten mich ebenfalls mit der Natur dieser Gebilde näher beschäftigen und bemerke vorläufig darüber, dass ich auch diese Körner mit sehr geringer Ausnahme für echte Oolithe halte. Ich vereinige daher die Pseudooolithe Bornemann’s mit den echten Oolithen. Den Schaumkalk im petrographischen Sinne sehe ich, wie dies bisher stets von den Geologen geschehen ist, als ein Gestein an, welches durch die Auslaugung von Oolithkörnern aus Oolithkalk entstanden ist, und so eine feinporige Beschaffenheit erlangt hat. Es sind also Schaumkalk und Oolithkalk nur Varietäten ein und derselben Gesteinsart, die in der Natur keineswegs scharf von einander getrennt sind. Es giebt oolithische Kalkbänke, in denen die Körner theilweise erhalten sind, während ein anderer Theil derselben ausgelaugt wurde. Derselbe Kalkstein ist häufig an einer Stelle typischer Schaumkalk, während in ganz geringer Entfernung davon, oft sogar an demselben Handstück das Gestein oolithisch erscheint. An manchen Körnern ist die Substanz der- selben nur theilweise zerstört. Ob eine derartige Bank aus echtem Schaumkalk oder aus Oolithkalk besteht, ist daher, wenn es sich um die Gliederung 1 4 W. Frantzen, Untersuchungen über die Gliederung der Gebirgsschichten oder um den Namen einer Bank handelt, ganz gleichgültig. In diesem Sinne bezeichnet man die einzelnen schaumigen oder oolithischen Schichten im Wellenkalk einfach als »Schaum- kalkbänke« und unterscheidet sie in den einzelnen Etagen nach dem Vorgänge von Moesta durch Hinzufügung der griechischen Buchstaben a bis 8. Ich werde mich weiterhin diesem Sprach- gebrauche anscbliessen. Die Beantwortung der Frage, in welchem Grade eine Bank oolithisch oder schaumig sein müsse, um den Namen Oolitli- oder Schaumkalkbank zu verdienen, hängt natürlich von dem Er- messen des einzelnen Beobachters ab. Man findet nicht selten, dass eine Bank, in welcher in der einen Gegend Oolithkorn dicht an Oolithkorn liegt, im weiteren Fortstreichen weniger Oolitli- körner enthält und auch wohl streckenweise ziemlich frei davon ist. Man hat dann ein und dieselbe Bank vor sich, welche nur ihre petrographische Beschaffenheit geändert hat. In letzterem Falle passt allerdings der der Zusammensetzung desselben Objects an dem einen Orte entlehnte Ausdruck »Schaumkalk« an dem anderen schlecht zur Sache, obwohl man ihn als Namen allenfalls auch jetzt noch gelten lassen kann. Man kann sich jedoch in diesem Falle damit helfen, dass man die petrographische Bezeich- nung Schaumkalk und Oolitlikalk weglässt und die Bänke bloss mit den Buchstaben a bis 8 benennt. Auch der Begriff »Bank« bedarf einer kurzen Erörterung. Die Autoren gehen in ihrem Sprachgebrauch in dieser Hin- sicht weit aus einander, so dass durch das Schwanken im Aus- druck die Verständigung erschwert wird und leicht Irrthümer erregt werden. Beim Bergbau bezeichnet man als Bank bekanntlich nicht jede Schicht, sondern nur solche Sedimente, welche sich durch ihre Zusammensetzung oder durch technische Wichtigkeit vor der übrigen Masse des Gesteins in auffallender Weise auszeichnen. Es empfiehlt sich die Anwendung dieses Wortes auch sonst in ähnlicher Weise zu beschränken, im unteren Muschelkalk speciell auf die mächtigen schaumigen und oolithischen Ablagerungen, des unteren Muschelkalks in einem Theile von Thüringen etc. 5 im Gegensatz zu der Masse des gewöhnlichen, zu technischen Zwecken unbrauchbaren Wellenkalks, dessen einzelne Straten ich Schichten, Lagen oder Platten nennen werde. Nur wenn letztere mächtiger sind, wie die blauen, zu Bausteinen brauch- baren Kalkplatten, welche sehr gewöhnlich in Begleitung der Schaumkalkbänke, meist im Liegenden, seltener im Hangenden auftreten, könnte man dickere Schichten von Kalkstein mit Rück- sicht auf ihre technische Verwendbarkeit auch wohl als Bänke bezeichnen. Ebenso wenig, wie über die Anwendbarkeit des Wortes »Bank«, herrscht bei den Autoren Uebereinstimmung in der Frage, welche Schichten, im Falle die Bänke aus einer Anzahl von Schichten zusammengesetzt sind, zu einer einzigen Bank gezählt werden können. Beim Steinkohlenbergbau hat sich der Sprachgebrauch so festgestellt, dass man zwei Lagen Kohlen dann als zwei besondere Flötze oder Bänke ansieht, wenn sie nicht mehr bequem auf ein- mal abgebaut werden können, was bei bis 1 Meter Entfernung der Fall ist. Es wäre recht wünschenswerth, wenn man sich eines ähn- lichen Sprachgebrauchs auch bei Beschreibung der Schaumkalk- bänke bedienen wollte. Bezeichnungen wie Doppelbank, Deckplatte oder gar »con- stante Bank«, mit welchem Ausdrucke man seltsamer Weise bei Jena ganze Complexe von dickeren und dünneren Schichten, die gesimseartig an den Felswänden vorspringen, bezeichnet hat, sollte man als uncorrect und selbst unverständlich gänzlich ver- meiden. A. Die Gliederung des unteren Muschelkalks. I. Der untere Wellenkalk. Die untere, schaumkalkfreie Abtheilung des Wellenkalks mit ihren einförmigen , dünnschiefrigen und wulstigen Kalkschichten giebt mir nur zu wenigen Bemerkungen Veranlassung, welche sich 6 W. Fkantzen, Untersuchungen über die Gliederung auf die Abgrenzung des Muschelkalks gegen den Buntsandstein beziehen. Diese Grenze ist in der Umgebung des Thüringer Waldes nicht gleichmässig gezogen worden. Bei Meiningen wird bekanntlich der obere Theil des Röths hauptsächlich aus lichten Mergeln gebildet, denen an manchen Orten splitterige, zum Bauen benutzbare Kalkbänke eingelagert sind. Man hat diese Schichten , die ich nach dem massenhaften Vorkommen der bei Meiningen anscheinend auf diese Ablagerung beschränkten Alodiola hirundiniformis v. Sciiaur. als Mocliola- Schichten bezeichnet habe und welche von anderen Autoren auch wohl als Myophorieubänke angeführt werdeu, an der Westseite des Thüringer Waldes deshalb zum Buntsandstein gestellt, weil über den Mergeln mit den festen Kalkbänken noch eine Zone von rothen, petrefactenleeren Tlionen von ganz ähnlicher Be- schaffenheit, wie die Thone des eigentlichen Röths folgt. Die- selben enthalten zahlreiche Geoden, welche, wie die Vergleichung ihrer Formen mit den Gypsknollen in den tieferen Röthschichten ergiebt , ohne Zweifel in Folge von Gypsauslaugung entstanden sind. Auch die Einlagerung einer schmalen, etwa 0,3 Meter dicken Zellenkalkschicht, welche unter der Rohrer Stirn bei Meiningen in den rothen Thonen der Modiola-Schichten vorkommt, sowie zahlreiche in diesen, wie in den lichten Mergeln vorhandene rauhe Kalkplättchen weisen darauf hin, dass diese Schichten gypshaltig waren, wie der Roth. Für die Zutheilung dieser Schichten zum oberen Buntsand- stein spricht auch die Entwickelung derselben weiter nach Süd- westen hin. Nach dieser Seite verschwinden, bald nachdem man das Werrathal verlassen hat, die festen, splitterigen Kalksteine im unteren lichten Mergel, der Kalkgehalt der Schichten nimmt ab und der rothe Thon gewinnt mehr und mehr die Oberhand, so dass bei Würzburg im Mainthal diese Schichten ihr charakte- ristisches Gepräge, die grosse Aehulichkeit mit dem Muschelkalk, so ziemlich eiugebüsst haben. Jedoch sind auch hier die einzelnen des unteren Muschelkalks in einem Theile von Thüringen etc. 7 bei Meiningen zu unterscheidenden Abtheilungen dieser Zone noch kenntlich * 1). In anderem Lichte erscheinen die Modiola- Schichten an der Ostseite des Thüringer Waldes. An den Bergen bei Plaue, am Ostfusse des Gebirges konnte ich das Vorhandensein der rothen Thone in dieser Ablagerung: noch feststellen; dagegen fehlen sie darin bei Jena. Hier wird die Modiola- Zone durch die »untersten ebenen Kalkschiefer« Schmid’s 2) vertreten, welche derselbe jedoch nicht dem Rüth, sondern dem Muschelkalk zugetheilt hat. Die Ablagerung wird bei Jena in ihrem unteren Theile von ebenflächigen, lichten, mergeligen Kalkplatten gebildet, in ihrem oberen Theile aber von Mergeln, welche nach Art der Schiefer- tlioue zu sehr feinen Blättchen zerfallen. Erstere kann mau mit den unteren die Baubänke einschliessenden kalkreicheren Schichten, die feinschieferige Ablagerung mit dem oberen Theile der Modiola- Zone der Meininger Gegend vergleichen. Bei Jena schliessen sich also die »untersten ebenen Kalk- schiefer« viel enger an den Muschelkalk an und sind von Schmid daher auch zu dieser Formation gestellt worden. Jedoch bemerkt er ausdrücklich, dass »sich dieselben fast schärfer von dem darüber liegenden Wellenkalk, als vom Röth unterscheiden«. Auch R. Wagner3 4 5 6), welcher kürzlich eine sehr bemerkens- werthe Arbeit über die Trias bei Jena veröffentlicht hat, hebt ') Am Wege von Thüngersheim nach Retzstadt unweit Würzburg ist der der Modiola- Zone bei Meiningen entsprechende Theil des Roths wie folgt zu- sammengesetzt und zwar von unten nach oben: 1) 0,80 Meter hellgrauer Mergel, 2) 0,20 » festere, würfelig zerfallende Mergelschicht mit Myophoria vul- garis. Sie steht den festen Kalksteinen mit Modiola hirun- diniformis bei Meiningen parallel, 3) 0,75 » hellgrauer Mergel, 4) 3,15 » rother Thon mit einigen dünnen Sandsteinlagen. Es ist dies der Geodenthon von Meiningen, 5) 0,60 » grauer Mergel mit Gypsresiduen, 6) 0,80 » gelber Kalk. Darüber folgt dann der Muschelkalk. 2) Erläuterungen zu Blatt Jena, S. 6. 3) Richard Wagner. Die Formationen des Buntsandsteins und Muschelkalks bei Jena, Jena 1887. 8 W. Frantzen, Untersuchungen über die Gliederung ausdrücklich die scharfe Trennung dieser Ablagerung von den darüber liegenden Wellenkalkschichten hervor. Die Grenze zwischen beiden Formationen würde sich auch bei Jena ganz scharf und in völliger Uebereinstimmung mit der Lage derselben bei Meiningen ziehen lassen; denn die von Herrn Wagner erwähnten, an der oberen Grenze der Ablagerung vor- kommenden »gelben Mergel« sind, wie ich mich unter seiner Führung im Rosenthale bei Zwätzen an Ort und Stelle überzeugt habe, mit dem gelben Kalk an der oberen Grenze des Röths bei Meiningen identisch. Ich mache auf das Vorkommen dieser gelben Kalke bei Jena besonders aufmerksam, da sie an der Ostseite des Thüringer Waldes sicher auch noch an vielen anderen Orten Vorkommen und in ihrer Bedeutung bisher verkannt worden sind. Wenn durch Herrn H. Loretz1) ein »ebenschichtiger Complex von dichten und krystallinischen Kalkbänken mit Mergelzwischen- lagen« aus der Eisfelder Gegend mit den »untersten ebenen Kalk- schiefern« bei Jena verglichen worden ist, so ist dies ein Irrthum, welcher offenbar durch die Zutheilung der Modiola- Schichten Jena’s zum Muschelkalk hervorgerufen worden ist. Wie Herr Loretz selbst angiebt, liegt der in Rede stehende Schichten- Complex bei Eisfeld unmittelbar über dem gelben Röthkalk an der Basis des Wellenkalks, während die »ebenen Kalkschiefer« Sciimid’s darunter liegen. In der Umgegend von Eisenach habe ich bisher keine Ge- legenheit gehabt, die untersten Schichten des Wellenkalks in guten Aufschlüssen zu sehen. Ich muss es daher zur Zeit dahin ge- stellt lassen, ob die Lage der Grenze dort mit derjenigen in der Meininger Gegend übereinstimmt, oder ob hier die Verhältnisse ähnlich liegen, wie bei Jena. IL. Die Gliederung des oberen Wellenkalks. Im oberen Wellenkalk hat man bei der geologischen Landes- aufnahme in Thüringen und Hessen bekanntlich 4 Schaumkalk' zonen unterschieden : b H. Loretz. Notizen über Buntsandstein und Muschelkalk. Jahrbuch d. Königl. preuss. geol. Landesanstalt für 1880, S. 146. des unteren Muschelkalks in einem Theile vod Thüringen etc. 9 1) Die Schaumkalkbank a : 2) die Schaumkalkbank ß ; 3) die Schaumkalkzone f (Zone der Bänke mit Terebratula vulgaris) mit zwei durch Wellenkalk getrennten Schaumkalkbänken und 4) die Schaumkalkzone 6, welche drei Schaumkalkbänke enthält. Dabei ist bisher angenommen worden, dass diese in den verschiedenen Gegenden beobachteten Schaumkalklager im Zu- sammenhang abgesetzte, also mit einander identische Bildungen seien. Herr Bornemann bestreitet die Richtigkeit dieser Ansicht. Nach seinen eigenen Worten sind nicht nur die von ihm speciell beschriebenen Schaumkalkeinlagerungen des Wellenkalks im Kirch- thale bei Eichrodt, sondern auch »die Mehrzahl der grossen Schaum- kalklager Thüringens und Hessens locale und vielen Zufälligkeiten unterworfene Einlagerungen ohne fortlaufenden Zusammenhang.« »Sie verändern«, wie er weiter ausführt, »ihre Natur in ihrem weiteren Fortstreichen und keilen sich aus, während in der Nach- barschaft und in etwas verschiedener Höhe andere Lager statt ihrer sich ansetzen« u. s. w. Ich muss diese Ansicht des Herrn Bornemann als eine irr- thümliche bezeichnen. Die Schaumkalkbänke in Thüringen und Hessen sind, wie ich weiterhin nachweisen werde, keine locale Bildungen, sondern im Zusammenhang abgesetzte Bänke, welche ein ganz bestimmtes Niveau einnehmen. Die Oolithbildung ist im Wellcnkalk, abgesehen von vereinzelten Oolithkörnern, welche man auch wohl in anderen dickeren Petrefacten-Schichten findet, in Thüringen und Hessen lediglich auf die oben von mir an- geführten 7 Bänke beschränkt. Diese 7 Bänke sind in diesen Ländern über einen sehr grossen Raum verbreitet und zeigen in ihren Abständen von einander, in ihrer Beschaffenheit und in ihren organischen Einschlüssen im Grossen und Ganzen eine ganz auffallende Gleichförmigkeit. Im Einzelnen sind sie allerdings in ihrem Verlaufe manchen Schwankungen unterworfen. Ihre Mächtigkeit ist zuweilen schon 10 W. Frantzen, Untersuch an gen über die Gliederung auf kurze Entfernung hin eine verschiedeue. Die Anzahl der Oolithkörner, oder wenn die Bänke schaumig sind, die Anzahl der Poren des Gesteins ist grösser oder kleiner. Es schieben sich ferner in eine einheitliche Schaumkalkbank in ihrer weiteren Erstreckung Lagen von oolithfreiem Kalk ein. Auch kommt es in einzelnen Gegenden wohl vor, dass auf längere oder kürzere Erstreckung der Oolithkalk ganz durch blauen, oolithfreien Kalk ersetzt wird, oder dass hie und da die ganze Bank verdrückt er- scheint. Besonders häufig wird der letztere Fall in solchen Ge- genden beobachtet, wo die Schaumkalkbänke sich auszukeilen beginnen. Neben diesen Verschiedenheiten, welche in Aenderungen der Beschaffenheit der ursprünglichen Absätze bestehen, beobachtet man in einigen Gegenden auch solche, welche erst nach der Ab- lagerung der oolithischen Schichten durch spätere Einflüsse her- vorgerufen sind. Dies ist nicht selten bei den Bänken der Schaum- kalkzone ö und den Orbicularis - Schichten der Fall, welche in Folge ihrer weichen Beschaffenheit und wegen ihrer krystallinischen Textur zuweilen irrthümlich zum mittleren Muschelkalk gezogen worden sind. Aus diesen Verhältnissen oder aus einer nicht überein- stimmenden Ausdruckweise oder Zählungsmethode entspringen ganz allein die verschiedenen Angaben der Autoren über die Zahl der Schaumkalkbänke, nicht aus der von Herrn Bornemann be- haupteten localen Natur derselben. Bei einer näheren Untersuchung dieser Verhältnisse ist es natürlich ausgeschlossen, die Schaumkalkbänke Schritt vor Schritt in einem so weiten Gebiete zu untersuchen. Ich muss mich darauf beschränken, ihr Verhalten an einzelnen weit auseinander liegenden Orten zu prüfen und so die Veränderungen, welche diese Schichten in ihrem Verlaufe erleiden, zur Anschauung bringen. Ich habe dazu die Gegend von Jena, Meiningen, Fulda, Eisenach und Worbis ausgewählt, welche Orte einen ansehnlichen Raum umspannen, und gerade diese einestheils deshalb, weil die Schichten an den meisten von diesen Orten mir aus eigener An- schauung bekannt sind, anderentheils, weil Herr Bornemann sich les unteren Muschelkalks in einem Theile von Thüringen etc. 11 auf das Verhalten der Schichten daselbst zum Beweise der Rich- tigkeit seiner Meinung berufen hat. 1. Die Zone der Schaumkalkbänke et und ß. Ich fasse hier die beiden Schaumkalkbänke a und ß zusammen, da dieselben iu ihrer Beschaffenheit wie in ihren organischen Ein- schlüssen einander so ähnlich sind, dass sie zu einer einzigen Zone vereinigt werden könnten. Zu ihrer Unterscheidung von den übrigen gleichartigen Ab- lagerungen ist man im Allgemeinen lediglich auf ihre relative Lage und auf die eigenthümliche Beschaffenheit eines Theiles der Zwischenschichten angewiesen. Für engere Bezirke können in dieser Beziehung natürlich auch noch andere Umstände, wie die Ausbildung der Bänke als Oolithe oder Schaumkalke, die Be- schaffenheit der Oolithkörner, die Färbung und die Einschlüsse an Petrefacten in Betracht kommen. Ich beginne die Untersuchung dieser Schichten in den durch die Herren Eck, Giebelhausen und v. Seebacii aufgenommenen Sectionen: Worbis, Bleicherode, Hayn, N ie der- O rschla, Gross-Keula und Immenrode in der Nähe der Hainleite. Aus persönlicher Anschauung kenne ich diese Gegend nicht, so dass ich auf die Mittheilungen der oben genannten Forscher angewiesen bin. In der nachfolgenden Tabelle, welche nach den Angaben in den zu den geologischen Karten gehörigen Erläuterungsheften ent- worfen ist, finden sich die Zahlen über die Lage der Bänke über der Basis des Wellenkalks, über ihre Entfernung von einander und von der unteren Terebratelbank und endlich die Angaben über ihre Mächtigkeit zusammengestellt. Wo die betreffenden Mittheilungen seitens der Autoren fehlen, steht iu der Spalte ein Strich. Es zeigt sich hiernach in diesem Gebiete zwar ein erheb- liches Schwanken in der Mächtigkeit der beiden Schaumkalkbänke, aber fast vollkommene Uebereinstimmung in der Entfernung der Schaumkalkbank a von der unteren Wellenkalkgrenze, in den Ab- ständen der Bänke a und ß von einander, sowie in der Entfer- 12 W. Frantzen, Untersuchungen über die Gliederung CG. ft fl B ^ Cd rrt =2 ^ ■* cd cd cd -A 9 1» § [> S Bl fl 3 a .M 2 g "fl fl k £ CO a cd S5 w nd o O rfl .ü fl u 9 T3 ’53 cd d i e verschiedene Mächtigkeit der Orbicularis -Schichten in verschiedenen Gegenden zeigt, dass die oberen Schaumkalkgrenzen nicht ein und dasselbe Niveau einhalten« . Diese Schlussfolgerung ist jedoch irrig, weil die Voraussetzung falsch ist; denn diejenigen Schichten des Kirchthals, die Herr Bornemann als Orbicularis - Schichten bezeichnet hat, sind nicht identisch mit den Orbicularis-Schichten anderer Autoren. Mit dem Ausdrucke »Orbicularis-Schichten« bezeichnet man nach Eck’s Vorgang und feststehendem Sprachgebrauch eine ganz bestimmte Schichtenreihe, welche unten von der obersten Schaum- kalkbank der Zone o und oben von den untersten Schichten des mittleren Muschelkalks begrenzt wird und die sich paläontologisch dadurch auszeichnet, dass sie gewöhnlich an Versteinerungen aus- schliesslich die Myophoria orbicularis enthält. Myophoria orbicularis kommt jedoch auch in tieferen Schichten vor. Sie ist, wie ich bereits oben angegeben habe, mit der Gervillia Goldfussi eine der beiden Hauptleitmuscheln für die Scliaumkalk- zone o, geht aber in einzelnen Exemplaren bis in die Terebratel- zone 7 abwärts, aus der Herr Bornemann diese Versteinerung (a. a. O. S. 300), sie vor allen anderen an die Spitze stellend, anführt, ohne dass er jedoch in diesem Falle daran gedacht hätte, auch diese Bänke zu den Orbicularis-Schichten zu ziehen. Was Herr Bornemann im Kirchthale als Orbicularis-Platten bezeichnet, umfasst die ganze Schaumkalkzone o und die Orbi- cularis-Schichten anderer Autoren und zwar beginnen letztere erst bei der Bank y, der obersten Mehlsteinbank des Kirchthaler Profils. Diese Bank ist ein dunkler, grünlichgrauer Schaumkalk und wie Herr Bornemann selbst angiebt, ganz gleich dem grünlichen Schaumkalk im Gemeindebruch bei Mihla und sowohl nach ihrer Lage, wie nach ihrer Beschaffenheit, wie auch nach den in ihr vorkommenden Petrefacten identisch mit der obersten Schaumkalk- bank der Zone o bei Meiningen, Jena und Eisenach. *) H. Eck, Rüdersdorf und Umgegend, S. 99. 74 W. Frantzen, Untersuchungen über die Gliederung Warum es Herr Bornemann für ein grosses Wagniss hält, diese Bank des Kirchthals mit der ganz gleich aussehenden Bank bei Mihla und mit der oberen Schaumkalkbank in anderen Gegenden zu identificiren, ist mir unverständlich. Es ist wohl übrigens nur ein lapsus calarni wenn derselbe ihre Mächtigkeit zu nur 3 Centimeter angiebt. Sie sieht 0,18 Meter dick aus dem Boden hervor, ist aber ungenügend aufgeschlossen, so dass ihre Mächtigkeit vielleicht noch grösser ist. Die beiden anderen Schaumkalkbänke der Zone o sind im Kirchthale ebenfalls vorhanden, allerdings in nicht besonders typischer Entwickelung und nicht genügend aufgeschlossen. Da ich an Ort und Stelle mit Sicherheit nicht feststellen konnte, welche Lagen den von Herrn Bornemann in seiner Zeich- nung mit den Buchstaben p, cs, t, u und ca bezeichneten Schichten entsprechen, so gebe ich das Profil, welches ich lediglich abge- schritten habe, nach meinen eigenen Aufzeichnungen. Vom Liegenden der leicht kenntlichen oberen Terebratelbank an trifft man in dem Wege in einer Entfernung von 47 Schritt östlich einen kleinen Wasserriss mit einer Reihe von Kirschbäumen. Von dieser Stelle an liegt 19 Schritt weit gut aufgeschlossen Wellenkalk, weiterhin tritt solches Gestein 1 1 Schritt breit nur hier und da hervor. An diesem Punkte sieht man westlich hart am Wege gran- gelbliche, durch ihre abweichende Färbung leicht kenntliche Schichten. Diese sind die untere Schaumkalkbank der Zone o. Das Gestein dieser Bank ist mit der Lupe betrachtet fein- krystallinisch, dicht und enthält Oolithkörner, die man allerdings erst unter dem Mikroskop im Dünnschliff erkennt. Die Bank sieht hier ganz ähnlich aus, wie die dichten Partieen der unteren Schaumkalkbank im Steinbruch am Brückenberge bei Kreuzburg, mit dem Unterschiede, dass das Gestein an letzterer Stelle nicht gelblich, sondern weiss ist. Wie dick die Bank ist, konnte ich nicht genau bestimmen, da. sie nicht ganz aufgeschlossen ist. So weit sie sichtbar ist, hat sie 0,3 bis 0,4 Meter Mächtigkeit. des unteren Muschelkalks in einem Theile von Thüringen etc. 75 Ueber diesem etwas weichen Gestein folgen wieder blaue, feste, fast ebenflächige Kalkschichten von etwa 3 Meter Mächtig- keit, welche gut aufgeschlossen sind und am Wege eine Breite von 22 Schritt einnehmen. Sie beginnen über der unteren Schaum- kalkbank mit einer festen, blauen, 0,5 Meter dicken Gage, welche oben mit einem Petrefactenstreifen abschliesst. Derartige feste Platten trifft man in der Umgegend von Eisenach öfters als Hangendes der unteren Schaumkalkbank und können local zur Erkennung derselben benutzt werden. Ich habe bereits weiter oben ein solches Vorkommen vom Ramsberge beschrieben. In dem untersten Theile dieses blauen Wellenkalks stehen wenig höher, wie die untere Schaumkalkbank, östlich am Berg- abhang, schräg mit der Schichtenneigung sich aufwärts ziehend einige kleine Steinbrüche, in denen man diese festen Straten in Ermangelung besseren Materials gelegentlich ausgebeutet hat. Ueber diesem blauen Wellenkalk tritt westlich am Wege mürbes graues Gestein hervor, in welchem ein Streifen von etwa 0,12 Meter Mächtigkeit den mittleren Schaumkalk repräsentirt. Wie dick die Bank hier in Wirklichkeit ist, konnte ich bei der mangelhaften Entblössung des Gesteins hier ebenso wenig fest- O O c5 stellen, wie bei der unteren und oberen Schaumkalkbank. Das Gestein ist gelblichgrau gefärbt, voll von Petrefacten, die in Kalk- spath verwandelt sind und zeigt deutlich schaumige Structur. Die Schichten zwischen der mittleren und oberen Schaum- kalkbank sind nicht aufgeschlossen. Die Entfernung der Bänke von einander beträgt 9 Schritt. Es sind also im Kirchthale ebenfalls alle 3 Schaumkalkbänke in der Zone 8 vorhanden und zwar, wie der Augenschein lehrt, in annähernd denselben Abständen von einander, wie überall bei Eisenach. Allerdings sehen hier die Bänke nicht sonderlich typisch aus. Dies ist jedoch ein rein zufälliger Umstand; anderswo er- scheinen sie auch an den Hörselbergen in ansehnlicher Mächtig- keit und in typischer Beschaffenheit, wofür Herr Bornemann selbst Material beigebracht hat. Die Orbicularis- Schichten über der dunklen oberen Schaum- kalkbank sind im Kirchthale nur ganz unvollständig aufgeschlossen. 76 W. Frantzen, Untersuchungen über die Gliederung Man sieht über der oberen Schaumkalkbank 3 Schritt breit zuerst graue, mergelige Kalkschichten von 0,6 Meter Mächtigkeit, über welchen nach einer Lücke von 3 Schritt Breite einige Kalk- schichten von fast normaler blauer Färbung sichtbar sind. Gleiches Gestein tritt auch weiterhin auf 14 Schritt Weglänge noch hier und da zu Tage. An dieser Stelle etwa kann man die Grenze zwischen dem unteren und mittleren Muschelkalk ziehen. Die untersten Schichten der letzteren Abtheilung, die auch hier ohne Zweifel aus weichen Mergeln bestehen, sind nicht sicht- bar. In 16 Schritt über der inuthmaasslichen Grenze liegen im Felde Zellenkalkstücke umher und 16 Schritt weiter steht Zellen- kalk in einer Mächtigkeit von 2 Meter an. Berücksichtigt man, dass der Fallwinkel der Schichten etwa 15 Grad beträgt, so ergiebt sich aus diesen Angaben wenigstens so viel, dass auch im Kirchthal die Orbicularis-Schichten nur die gewöhnliche Mächtigkeit von gegen 4 oder 5 Meter haben. In der Section Berka, in welcher nach der Angabe des H errn Bornemann die Orbicularis-Schichten ebenfalls eine ganz ungewöhnliche Mächtigkeit erreichen sollen, habe ich feststellen können, dass auch hier diese Schichten ihre gewöhnliche Mächtig- keit nicht überschreiten ; auch sind alle 3 Schaumkalkbänke in der Schaumkalkzone 8 vorhanden. Unter ihnen pflegt die oberste Bank die mächtigste zu sein, während die untere an manchen Stellen etwas verkümmert. Diejenige Bank, welche im Mihlaer Gemeindesteinbruch ab- gebaut und auch von Herrn Bornemann mehrfach erwähnt wird, ist die obere Schaumkalkbank der Zone 8. Sie schwillt hier zu ungewöhnlicher Mächtigkeit an, nach meinen Messungen bis zu 2,22 Meter. Ihre Identität mit der oberen Schaumkalkbank lässt sich leicht an ihrem ganzen Habitus, an ihren Petrefacten und an ihrer Lage feststellen. Das Gestein ist gelblich oder dunkel gefärbt und nimmt in letzterem Falle auch hier oft einen grünlichen Ton an. Es ist zuckerig gewordener Oolithkalk, dessen Structur erst im Dünn- schliffe deutlich erkennbar wird. des unteren Muschelkalks in einem Theile von Thüringen etc. 77 An Petrefacten enthält die Bank wie gewöhnlich fast nur die Myophoria orbicularis und die Gervittia Goldfussi , diese beiden jedoch in Menge. Eine ungewöhnliche Erscheinung sind in dieser Bank Encrinitenstiele, welche ich nördlich vom »Thal« im Walde darin nicht selten fand. Die Orbicularis-Schichten bedecken in der Nähe des Mihlaer Gemeindebruchs allerdings eine recht ausgedehnte Fläche, haben aber, wie ich in den Steinbrüchen an einzelnen Stellen feststellen konnte, doch nur wenige Meter Mächtigkeit. Es sind auch hier dickere, etwas mergelige, lichtgefärbte Kalkplatten. Die beiden anderen Schaumkalkbänke sind in der Nähe des Mihi aer Steinbruchs etwas verkümmert, so dass es einiger Auf- merksamkeit bedarf, um sie nicht zu übersehen. Man trifft die untere Bank, wenn man von Mihla den Weg im »Thal« zur Harstallswiese geht, in 143 Schritt nördlich von der Stelle, wo der Weg das in dem Grunde fliessende Wässerchen kreuzt, an dem östlichen Abhange nahe am Wege, in etwa 4 Meter Höhe über dem Acker. Die Bank ist hier 0,3 — 0,5 Meter dick, mehr oder weniger oolithisch und schwach gelblich gefärbt. Sie hat grosse Aehnlich- keit mit der gleichen Bank im Kirchthale. Auch hier wird sie von einer dickeren, blauen Kalkplatte bedeckt, die auch unten im Bette des Wässerchens, in 87 Schritt hinter der oben bezeichneten Kreuzung, zu sehen ist und dort viele grosse Encrinitenstiele führt. Ueber dieser festen Kalkschicht treten am Abhange zunächst auf etwa 2,8 Meter Höhe gewöhnliche blaue Wellenkalkschichten hervor. Weiter aufwärts ist der Abhang bis zur mittleren Schaum- kalkbank, die etwa 2,8 Meter höher sichtbar ist, mit gelblichem Kalksteinschutt überrollt. Die mittlere Schaumkalkbank ist nicht ganz entblösst. Sie steht an einer Stelle 0,28 Meter hoch aus dem Boden hervor und besteht hier, wie so häufig, nicht aus Schaumkalk, sondern aus festem, conglomeratischem Kalk. Die Schichten zwischen der mittleren und oberen Schaum- kalkbank sind hier nicht aufgeschlossen. Ich schätze den Abstand dieser beiden Bänke von einander auf etwa 3 — 3 Meter. 78 W. Frantzen, Untersuchungen über die Gliederung In grösserer Mächtigkeit, wie am Horstberg, und ganz typisch ist die untere Schaumkalkbank u. a. am Burgberg an der bereits früher angegebenen Stelle entwickelt. Sie besteht dort aus weissem, porösem Schaumkalk, iu welchem ein Theil der Oolith- körner noch erhalten ist. Das Gestein sieht hier ganz so aus, wie das der gleichen Bank bei Meiningen. Die untere Schaum- kalkbank hat am Burgberge eine Mächtigkeit von etwa 1 Meter. Ganz in der Nähe findet man unten im Grunde des vom Burgberg nach Südosten hin verlaufenden Seitenthals an dem neuen Separationswege, auf der Südseite desselben auch die beiden anderen Schaumkalkbänke aufgeschlossen. Sie erscheinen hier in Folge vou Gebirgsstör ungen in viel tieferem Niveau. Die obere Schaumkalkbank hat hier eiue dunkele, bräunliche Färbung und ist vou dem Gestein der oberen Schaumkalkbank bei Meiningen nicht zu unterscheiden. Die mittlere Bank besteht auch an dieser Stelle aus gewöhnlichem, festem, conglomeratischem Kalkstein. B. Untersuchungen über die Natur der oolithischen Gesteine im unteren Muschelkalk. Die herrschende Ansicht über die Natur der Schaumkalke und oolithischen Gesteine ist bekanntlich die, dass man die Oolitlikörner für Ausscheidungen von kohlensaurem Kalk iu Form kleiner Kügelchen aus dem Meerwasser hält, den Schaumkalk aber für Oolithkalk, aus welchem die Oolitlikörner durch Auslaugung ver- schwunden sind. Herr Bornemann ist auch in Bezug auf diese Materie bei seinen Untersuchungen der Gesteine des unteren Muschelkalks zu ganz anderen Resultaten gelangt. Er unterscheidet zwei Haupt- typen im Schaumkalk, den typischen porösen Schaumkalk und den Mehlstein. Letzteren gliedert er weiter iu gemeinen Mehlstein, der unter dem Mikroskop keine Oolitlikörner, sondern eine fein- des unteren Muschelkalks in einem Theile von Thüringen etc. 79 körnige, krystallinische Structur zeigt und in pliytogenen Mehlstein, welchen er als ein Product einer üppigen Vegetation von Kalkalgen, die er Calcinema triasinum nennt, betrachtet. Die Oolithe des Wellenkalks hält er nur theilweise für echte Oolithe, theil weise aber für durch Friction im bewegten Wasser abgeschliffene Frag- o o o mente krystallinischen Kalksteins. Ich kann auch in Bezug auf diese Fragen mich mit den Ansichten des Herrn Bornemann nicht einverstanden erklären, sondern scliliesse mich im Allgemeinen der herrschenden Anschau- ung über die Natur dieser Gesteine an. Jedoch halte ich die von mehreren Autoren ausgesprochene Meinung, dass die Oolithkörner des unteren Muschelkalks auf chemischem Wege ausgeschieden seien, für eine sehr zweifelhafte, unerwiesene Annahme und neige mich zu der Ansicht, dass der kohlensaure Kalk in diesen Körnern ähnlich wie bei Petrefacten mit Hülfe des Organismus ausgeschieden o o worden und zoogener Herkunft sei. O D ie ideale Form der Oolithkörner ist die Kugel. In Wirk- lichkeit weicht aber ihre Gestalt häufig davon ab. Diese Er- scheinung beruht auf zufälligen Umständen. Sehr häufig ist für die äussere Form der Oolithkörner die Gestalt von zufällig in denselben eingeschlossenen fremden Gegenständen, welche der oolithischeu Substanz als Ansatzpunkte gedient haben , be- stimmend gewesen. Eine andere Ursache der Unregelmässigkeit der Formen liegt in der Bewegung des Meerwassers. Durch Druck und Reibung ist die regelmässige Ausbildung der Körner zuweilen bereits bei ihrer Bildung gestört worden; zuweilen sind sie durch die mechanische Gewalt des Wassers sogar gänzlich zerdrückt. Auch in der Textur der Oolithkörner zeigen sich grosse Unterschiede. Es kommen Formen vor, welche mehr oder weniger deutlich Anwachsringe zeigen, ähnlich wie die Oolithkörner im oberen Muschelkalk. Die grosse Mehrzahl lässt jedoch von einer solchen Structur nichts wahrnehmen und zeigt eine feinkörnige oder grobkörnige, krystallinische Beschaffenheit, Alle diese Formen sind zwar in den Oolithbänken nicht schart von einander geschieden, aber es zeigt sich in denselben in dieser 80 W. Frantzen, Untersuchungen über die Gliederung Hinsicht doch eine gewisse Gleichförmigkeit, welche nicht nur in derselben Gegend, sondern selbst auf grosse Entfernungen hin erkennbar ist, so dass man mit einiger Vorsicht die Beschaffenheit der Oolithkörner zur Unterscheidung der verschiedenen Abtheilungen des Wellenkalks von einander benutzen kann. Ich beginne die Untersuchung der Oolithe des unteren © © Muschelkalks mit den Gesteinen der Schaumkalkzone 3 bei Mei- ningen. Alle drei Bänke bestehen hier gewöhnlich aus typischem Schaumkalk; doch trifft man in der oberen und unteren Bank zuweilen noch Partieen, in welchen die Oolithkörner erhalten sind. In der oberen Bank kommt derartiges Material in grosser Menge in einem Steinbruche am oberen Ende des Joachimthals vor. © Die oolithisclien Partieen sind hier sehr dunkelfarbig und © sehen nicht anders aus, wie gewöhnlicher dunkler Kalkstein. Dünnschliffe dieses Gesteins sind in den Figuren 1 bis 5 auf Tafel I in etwa 50 facher linearer Vergrösserung dargestellt. W as bei der Betrachtung derselben auf den ersten Blick auf- fällt, ist die sehr regelmässige Form der Durchschnitte. Sie sind meistens ganz regelmässig oval und gehen durch verschiedene Abstufungen in dem Verhältniss der Länge zur Breite in kreis- förmige Formen über. Letztere sind wenigstens theilweise nicht © © Durchschnitte von Kugeln, sondern ebenfalls Querschnitte von ovalen Körnern. Die Grösse der Körner mag im Durchschnitt etwa 0,2 Milli- meter betragen, doch weichen einzelne Körner ziemlich weit von diesem Mittel ab. Eins der grössten Körner, welches ich gemessen habe, hatte eine Länge 0,41 Millimeter bei einer Breite von 0,22 Millimeter; eins der kleinsten war 0,06 Millimeter laug und 0,04 Millimeter breit. Im Centrum sind in diesen Oolithkörneru sehr häufig Fora- miniferen eingeschlossen, auf deren Vorkommen in solchen Ge- steinen bereits Herr Bornemann aufmerksam gemacht hat. Ein- zelne sind in den vorliegenden Präparaten recht gut erhalten. Im Längsschnitt erscheinen dieselben als aufgerollte Spiralen, welche sich in ihrem Verlauf jedoch nur selten gut verfolgen lassen. des unteren Muschelkalks in einem Theile von Thüringen etc. 81 Deutlicher erkennt man sie an den Querschnitten, welche aus- sehen, wie gerade Perlenschnüre, an denen die einzelnen Perlen vom Centrum nach beiden Seiten hin an Dicke allmählich zunehmen. Ein sehr schönes Exemplar, nach der Bestimmung des Herrn Professor Gr. Steinmann zu Freiburg eine Cornuspira , ist in Figur 1 Tafel I zu sehen. Man zählt 14 einzelne Perlen, welche 7 Um- gängen der Schale entsprechen. Die Durchschnitte der Windungen sind oval; die letzte äussere Windung hat bei 0,037 Millimeter Höhe eine Breite von 0,056 Millimeter. Die 'Ausfüllung der Schale ist an dem grossen Exemplare in Fig. 1 theilweise recht klar, während die Masse an der Schalen- wandung getrübt erscheint, offenbar durch Thon und anderen Schmutz, welcher an der Schale Ansatzpunkte gefunden hat. Tn anderen Fällen ist die ganze Ausfüllung der Schale getrübt, wie in dem grossen Korn in Fig. 2 Tafel I. In Folge dieses Ansatzes von Schmutz müssen alle Längs- schnitte durch derartige Körner, welche die Schale der Foramini- feren nicht durclischneiden, also mehr oder weniger parallel mit ihr gehen, trüb erscheinen. Sind die Foraminiferenschalen weniger gut erhalten und zer- brochen, so sieht man in den Durchschnitten quer zur Schale häufig nur eine stabförmige Trübung im Centrum, an welcher sich die Zunahme der Weite der Windung von innen nach aussen oft noch durch die grössere Breite der trüben Masse gegen die äusseren Ränder hin bemerklich macht. Die Durchmusterung der Figuren lehrt, dass ein sehr grosser Theil der Oolithkörner, namentlich in den Figuren 1, 3 und 4 Foraminiferen enthält. Der Aufbau des Oolithkornes um diese Foraminiferenschalen ist in den abgebildeten Schliffen ein sehr symmetrischer. Als nächste Umhüllung erscheint an dem grössten Theile der Oolith- körner ein lichter, regelmässig begrenzter, je nach der Lage des Schnittes ovaler bis kreisförmiger Kern, welcher von einer dunkelen, offenbar durch Thon verunreinigten, breiteren oder schmäleren Hülle umgeben ist. An manchen Körnern verdrängt letztere den Jahrbuch 1887. 6 82 W. Frantzen. Untersuchungen über die Gliederurij lichten Kern auch ganz, so dass die Kügelchen trübe und dunkel erscheinen, wie die »Mergelkörner« in den Abbildungen des Herrn Bornemann (Fig. 5, Taf. I). An einigen Körnern wechseln um einen centralen, klaren Kern Ringe von klarer und trüber Kalk- masse ganz symmetrisch mit einander ab, so an einem Kern in Fig. 4, Taf. I , an welchem drei trübe und zwei helle Ringe um einen centralen, hellen Kern erscheinen. Selten kommt es vor, dass zwei Oolithkörner in unregelmässiger Lage zu einander von einer gemeinsamen Hülle umgeben werden, wie an einem Korn in Fig. 3, Taf. I. Man erkennt an diesen Körnern also deutlich einen zonalen Bau, der allerdings au ihnen viel weniger deutlich entwickelt ist, wie an den Oolithkörnern im oberen Muschelkalk. Die Fora- miniferen waren die Ansatzpunkte, um welche sich der kohlen- sauere Kalk schichtweise aus dem Wasser abgesetzt, hat. Die ovale Gestalt der Oolithkörner ist hier augenscheinlich durch die ungleiche Ausdehnung der eingeschlossenen Foraminiferen nach den verschiedenen Seiten hin bedingt. Der ganze Bau dieser Körner zwingt zu der Annahme, dass sie durch Ausscheidung des kohlensauren Kalks aus dem Meer- wasser entstanden sind. Von einer radialen Stellung der Kalkspathkrystalle ist an diesen Körnern nichts wahrzunehmen. Sie liegen regellos neben einander und sind im Allgemeinen um so grösser, je reiner der Kalkspath ist. An dem grosseu Oolithkorn in Fig. 1, Taf. I be- steht die klare Masse aus nur wenigen grösseren Krystallen, während die Krystalle an den getrübten Stellen oft zu sehr geringer Gi •össe herabsinken. An Stelle der Foraminiferen erscheinen in manchen Dünn- schliffen auch andere Gegenstände in den Oolithkörnern einge- schlossen, wie Brut von Gasteropoden, Encrinitenglieder und sehr häufig Bruchstücke von Muscheln. Ein derartiger Dünnschliff mit zahlreichen Muscheltrümmern, welche mit oolithischer Substanz überzogen sind, ist in Fig. 1, Taf. II abgebildet. Auch wurde von mir in dieser Bank nicht selten Glauconit als Kern in den Oolithkörnern aug-etroffeu. O des unteren Muschelkalks in einem Theile von Thüringen etc. 83 Es sind dies lauter Dinge, welche auch in allen anderen oolithischen Bänken Vorkommen; nur die Glauconitkörner habe ich bisher in der unteren Schaumkalkbank der Zone 8 nicht beob- achtet. In allen diesen Fällen passt sich die Hülle von kohlensaurem Kalk der Form des eingeschlossenen Körpers an. Solche Oolith- körner sind daher mehr oder weniger unregelmässig gestaltet. Neben diesen Körnern mit Einschlüssen verschiedener Art kommen in dem Oolithkalk des Joachimsthals auch solche vor, die frei davon sind. Wie dies von vorn herein erwartet werden darf, zeigen sie häufig ziemlich rein die Kugelgestalt (Fig. 1, Taf. I). Diese Untersuchungen lehren, dass an echten Oolithkörnern der kohlensaure Kalk in regellos zu einander gestellten, grossen oder kleinen, getrübten oder ungetrübten Krystallen vorkommt und dass es nicht richtig ist, den Begriff' Oolithkorn auf concen- trisch-schalige und radialfaserige Körner zu beschränken, wie dies Herr Bornemann gethan hat. Ueber das Aussehen der Oolithkörner in der unteren Schaum- kalkbank der Zone 8 in der Meininger Gegend giebt die Fig. 2, Taf. II Auskunft, in welcher ein Dünnschliff’ aus solchem Gestein in etwa 50 facher Vergrösserung abgebildet ist. Das Gestein stammt aus einem Steinbruch in den Herpfer Bergen, in welchen, wie auch an einigen anderen Stellen bei Meiningen , hier und da oolithische Partieen im Schaumkalk Vorkommen. Die Körner in dieser Bank sind bei Meiningen im Allge- meinen durch die Regelmässigkeit der Gestalt vor allen anderen ausgezeichnet. Sie bilden zum grossen Theil regelmässige Kugeln o o o ö o oder weichen nur wenig von dieser Form ab. Sie sind zum Theil recht klar, theilweise sind sie etwas getrübt, aber in viel geringerem Grade, wie in der oberen Bank. Die Trübung macht bei den meisten Körnern den Eindruck, als wären sie mit einem dünnen Nebelschleier überzogen. Zonale Structur ist an diesen Körnern gewöhnlich nicht wahr- nehmbar. Sie bestehen aus einem Haufwerk von Kalkspath- krystallen, welche im Allgemeinen nur geringe Dimensionen er- reichen. Am grössten werden die Krystalle in den klaren Oolith- 6* 8-1 W. Frantzen, Untersuchungen über die Gliederung körnern , während sie in den schwach getrübten kleiner sind. Foraminiferen kommen bei Meiningen in dieser Bank zwar eben- falls vor, aber verhältnissmässig selten. Die regelmässige Kugelgestalt des grössten Theils dieser Körner hängt offenbar mit dem Fehlen der fremden Einschlüsse zusammen. Sie beweist, dass diese Körner sich unmittelbar aus dem Wasser ausgeschieden haben müssen, da ihre regelmässige Kugelgestalt unerklärlich wäre, wenn dieselben weiter nichts, wie Kalksand wären. Es folgt dies übrigens auch aus den Störungen, welche auch diese Körner im bewegten Wasser zuweilen erlitten haben und von denen unten, bei der Untersuchung der »Pseudooolithe« weiter die Rede sein wird. Bei der Untersuchung der Schaumkalkbänke der Zone o bei Eisenach habe ich im Vergleich zur Entwickelung derselben bei Meiningen wesentliche Unterschiede in der Zusammensetzung dieser Gesteine nicht auffinden können. Wenn Herr Bobnemann zu einem anderen Resultate gekommen ist, so liegt dies nur daran, dass derselbe die Veränderungen , welche diese Gesteine durch die Umwandlung in zuckerige Kalke erlitten haben, nicht genügend o o o o in Rechnung gezogen hat. Wo die untere Schaumkalkbank ihr typisches Aussehen hat und die Oolithkörner nicht ausgelaugt sind, findet man, dass die- selben auch bei Eisenach aus Oolithkalk besteht. Die Formen der Oolithkörner sind theilweise dieselben, welche auch bei Mei- ningen darin Vorkommen. So findet man in dem Gestein der unteren Schaumkalkbank vom Ramsberg bei Eisenach, von dem ein Dünnschliff' in Fig. 1, Taf. III abgebildet ist, ganz dieselben schwach getrübten, regelmässig kugeligen Oolithkörner, wie ich sie oben aus der gleichen Bank bei Meiningen beschrieben habe und neben ihnen in grosser Menge diejenigen Körner, welche Herr Bornemann als Pseudooolithe bezeichnet hat. Wo jedoch die Schaumkalkbänke zuckerig geworden sind, wird die oolithische Structur des Gesteins mehr und mehr un- des unteren Muschelkalks in einem Theile von Thüringen etc. 85 deutlich und kann in einzelnen Handstücken zuweilen kaum noch nachgewiesen werden. Es ist ganz klar, dass ein solches Resultat bei langer Berüh- rung von oolithischen Gesteinen mit Sickerwasser endlich eintreten muss, bei dem einen früher, bei dem andern später. Am frühesten wird dies natürlich in solchen Bänken geschehen, welche freier von färbenden Substanzen sind. Daher kommt es, dass vorzugsweise die untere, auch bei Eisenach gewöhnlich recht hellfarbige, aus reinerem Kalk bestehende untere Schaumkalkbank der Zone 3 in der Form des »Mehlsteins« erscheint, ein Ausdruck, welcher am Thüringer Walde übrigens für alle weissen Schaumkalkbänke, auch für die typischen, porösen Schaumkalke und nicht bloss für dichte Gesteine gebräuchlich ist. Derartige Gesteine haben gewöhnlich ein etwas lockeres Ge- füge, dessen Entstehung durch Fortführung eines Theils des kohlensauren Kalks aus dem Gestein durch das Wasser leicht erklärlich ist. Sie siud mitunter ziemlich weich, so dass sie zum Bauen oft nicht benutzt werden können. Die Umwandlung des gewöhnlichen Kalksteins in zuckerigen Kalk wurde durch die eigentümliche Beschaffenheit der Schaum- kalke besonders begünstigt. Daher kommt es, dass bei diesen Gesteinen die krystallinische Structur überall viel deutlicher hervor- tritt, als bei den zwischen ihnen liegenden Wellenkalkschichten und dass die untere Schaumkalkbank zuweilen feinzuckerig ist, während darüber und darunter gewöhnlicher blauer Wellenkalk liegt. Zu den Gesteinen dieser Art gehört auch die untere Schaum- kalkbank an der Spillingskuppe bei Kreuzburg und ebenso die gleiche Bank im Kirchthal bei Eichrodt. In den Dünnschliffen aus letzterem Gestein sind die Oolitli- körner zwar noch teilweise erkennbar, aber meistens etwas un- deutlich geworden. Besser treten sie hier in der mittleren Schaum- kalkbank hervor; doch haben sie auch in dieser Bank ihre scharfen Umrisse verloren. In ganz ähnlicher Weise sind auch wohl die oolithischen Bänke in den tieferen Horizonten des unteren Muschelkalks in 86 W. Frantzen, Untersuchungen über die Gliederung der Nähe von Verwerfungsklüften verändert. So besteht das Ge- stein der Oolithbank ß an der Nordseite der Michelskuppe bei Eisenach hart neben der dort durchlaufenden Verwerfungsspalte aus gelb gefärbtem, krystallinisch gewordenem Kalkstein. Das Gleiche beobachtet man auch an dem Gestein der beiden Oolith- bänke a und ß an dem mitten im Keuper aufragenden Muschel- kalkfelsen der Galgenleite bei Madelungen unweit Eisenach. An letzterem Punkte wird der Oolithkalk ungewöhnlich grob -kry- stallinisch. Die Oolithkörner haben ihre Umrisse gänzlich ver- loren und sind nur durch trübe Flecken in den Krystallen an- gedeutet. Auch die zweite Art von »Mehlsteiu«, der »phytogene Mehl- stein« Bornemann’s, ist ebenfalls nichts Anderes, als gewöhnlicher Oolithkalk, der mehr oder weniger durch Krystallisation verändert ist. Ich habe eine grössere Anzahl von Dünnschliffen von dem Gestein der oberen Schaumkalkbank sowohl aus dem Gemeinde- bruch bei Mihla, als von anderen Orten jener Gegend hergestellt, in welchen ganz übereinstimmend dieselben regelmässig runden oder ovalen Formen von Oolithkörnern enthalten sind, welche auch bei Meiningen in dieser Bank Vorkommen. In Fig. 4, Taf. II ist ein Dünnschliff aus dem Gestein des Mihlaer Steinbruchs abgebildet, in welchem man die Oolithkörner recht deutlich erkennt. Wenn Herr Bornemann die in der Fiff. 2 Taf. XI im Jahr- buch der Königl. preuss. geol. Landesanstalt für 1885 erscheinenden runden und ovalen Schnitte für Querschnitte von langen cylin- drischen Körpern, für Kalkalgen erklärt, so kann ich diese Deutung nicht als richtig anerkennen. Wäre diese Ansicht begründet, so müssten neben den in grosser Zahl vorhandenen runden und ovalen Schnitten lang gestreckte Körper in viel grösserer Menge in der Abbildung erscheinen, als es der Fall ist. Es sind in der Figur nur ein Paar davon zu sehen. Ich kann in ihnen nichts als Muschelbruchstücke erkennen. In den tieferen Schaumkalkbänken, in den oolithischen Schich- ten der Zone a bis y zeigt bei Meiningen ein Theil der Oolithkörner des unteren Muschelkalks in einem Theile von Thüringen etc. 87 ganz dieselbe Beschaffenheit, wie diejenigen, welche ich oben aus der Schaumkalkzone 3 beschrieben habe. Bei einem anderen und zwar sehr bedeutenden Theil aber weicht die Form der Körner mehr oder weniger von der Kugelgestalt ab. Sie werden ab- gerundet-eckig, oft verhältnissmässig lang, oder sind gebogen und gekrümmt. In ihrer Textur unterscheiden sich diese Körner dadurch von den bisher betrachteten Oolithkörnern, dass der grösste Theil der- selben eine ziemlich grob-krystallinische Beschaffenheit hat. Dabei beobachtet man an den verschiedenen Orten oft eine gewisse Gleichförmigkeit in der Grösse der Kalkspathkörner. Manchmal sind die Oolithkörner nur aus wenigen grossen Kalkspathkrystallen zusammengesetzt und es kommt gar nicht selten vor, dass sie nur aus einem einzigen Individuum bestehen. In anderen Fällen gruppirt sich eine grössere Anzahl etwas kleinerer Krystalle zu einem Korn. Sie zeigen dann zuweilen eine auffallende Gleichheit der Grösse. Derartige Formen fand ich besonders schön in dem Gesteine der Oolithbänke a und ß bei Elters in der Ivhön. Sie bilden in demselben auch wohl längere Streifen und ungewöhn- lieh grosse Körner. Es ist sehr bemerkenswert!), dass diese grob-krystallinischen, etwas unregelmässig gestalteten Oolithe gewöhnlich eine grosse Anzahl von winzigen, unregelmässig begrenzten, undurchsichtigen, schwarzen Körnchen einschliessen, welche sich besonders nach dem Umfange hin anhäufen. Aus ihrer schwarzen Färbung und aus der Beschaffenheit ihres Verwitterungsrückstandes schliesse ich, dass sie wahrscheinlich eine Mangan-Eisen- Verbindung sind, nicht aber Schwefeleisen, wofür sie Herr Bornemann erklärt. Er will sogar aus der Zersetzung derselben zu Eisenvitriol und durch Einwirkung der entstandenen Schwefelsäure die poröse Beschaffen- heit der rostigen Schaumkalkbänke ableiten. Sie sind vermuthlich ganz ähnlich zusammengesetzt, wie die von Gümbel *) beschriebenen hauptsächlich aus Eisenoxyd, Mangansuperoxyd, Kieselsäure und Thonerde bestehenden Halosiderite der heutigen Meere. Bei der b K. W. Gümbel, Grundzüge der Geologie, S. 330, 88 W. Frantzen, Untersuchungen über die Gliederung Verwitterung lassen sie einen Auslaugungsrückstand von Eisen- oxydhydrat zurück und veranlassen dadurch die ockerige Färbung dieser Gesteine. Bei dieser Beschaffenheit liegt allerdings der Gedanke, dass diese krystallinischen Körner aus Zerstörung von Kalksteinfrag- menten hervorgegangen seien, sehr nahe. Herr Bornemann hat in der That diese Erklärung für die Entstehung derselben gegeben und sie daher als Pseudooolithe bezeichnet. Ich selbst habe sie, wie Herr Bornemann in seiner Ab- handlung (a. a. O. S. 277) ganz richtig angiebt, in meiner Arbeit »Ueber Terebratula Ecki « a) allerdings ebenfalls mit vom Wellen- schlag abgerundeten Gesteinsfragmenten verglichen, aber ich habe keineswegs gesagt, dass sie das wirklich seien. Als ich jene Worte schrieb, war mir die Natur dieser Körner noch nicht klar, so dass ich mich darauf beschränken musste, ihre Gestalt zu be- schreiben. Heute kann ich jedoch auch diese Körner fast ohne Ausnahme mit Bestimmtheit für echte Oolithe erklären und bin in der Lage diesen Ausspruch auch beweisen zu können. Die Annahme, die Pseudooolithe Bornemann’s seien psarn- mitischer Natur, scheitert von vorn herein an der Schwierigkeit, zu erklären, woher das zu Kalksand zerriebene Kalkgestein stamme. Man könnte sich hierbei allenfalls auf die Congdomeratbildungen O O im Wellenkalk berufen. Letztere bestehen jedoch aus Gesteinen, welche mit denen in den tieferen Schichten gar keine Aehnliehkeit haben, nament- lich nicht mit dem Zechstein, an welchen man in der Umgebung des Thüringer Waldes allenfalls als Ursprungsgestein denken könnte. Da ein anderes Festland gar nicht in der Nähe war, der Thüringer Wald aber aus ganz anderen Gesteinen besteht, so bleibt nur die Annahme übrig, dass die Gerolle im unteren Muschelkalk aus Material gebildet worden sind, welches die Strömungen vom Untergründe des Meeres losgerissen und eine kürzere oder längere Strecke weit fortgeführt haben. Sie würden ') Jahrbuch der Königl. preuss. geol. Landesanstalt für 1881, S. 157. des unteren Muschelkalks in einem Theile von Thüringen etc. 89 also im Wellenkalk eine ganz ähnliche Rolle spielen, wie die be- kannten Thongallen in den Sandsteinbänken des Buntsandsteins. Mit dieser Auffassung stimmt das Aussehen der Gerolle im Wellenkalk ganz überein. Es sind theils recht eckige Bruchstücke, denen man es ansieht, dass sie aus nächster Nähe stammen, theils sind es flache Steinchen, in ihrer Form ganz ähnlich den Thon- gallen des Buntsandsteins. Es mag wohl sein, dass ausnahmsweise derartige Gerolle auch wohl zu feinem Kalksand zerrieben worden sind. Im Allgemeinen erfordern aber die Verhältnisse der oolithischen Bänke eine andere Erklärung für die Entstehung der beschriebenen unregelmässigen, grobkristallinischen Oolithkörnern. Gerade diejenige Bank, in welcher die Rollsteine am zahl- reichsten Vorkommen und am weitesten verbreitet sind, die Bank mit Spirifer fragilis , ist frei von Oolithkörnern, während umge- kehrt diejenigen Bänke, in welchen die Oolithkörner am häufigsten die Form der »Pseudooolithe« haben, die Bänke a und ß, frei von Gerollen sind. Es existirt also zwischen den Gerollen und den Oolithkörnern kein Zusammenhang. Nirgends beobachtet man ferner unregelmässige, grössere An- häufungen von Oolithkörnern, wie man doch erwarten müsste, wenn dieselben in einem sturmdurchwühlten, seichten Meere durch Reibung gebildet worden wären. Im Gegentheil setzen, wie ich oben gezeigt habe, die dünnen Oolithbänke mit ganz überraschender Gleichförmigkeit über ganze Länder fort, so dass man deutlich erkennt, dass sie sich in einem sehr ruhigen Wasser gebildet haben müssen. Endlich ist es auch bei der Annahme, die »Pseudo- oolithe« seien lediglich Reibungsproducte, nicht zu erklären, warum diese Körner sich nicht in allen Schichten des Wellenkalks finden und warum sie an wenige mächtige Lagen gebunden sind. Es lässt sich auch durch directe Beobachtungen an diesen Körnern nachweisen, dass die »Pseudooolithe« sich ebenso aus dem Wasser zur Zeit der Bildung der oolithischen Schichten aus- geschieden haben, wie die concentrisch-schaligen und radialfaserigen Oolithkörner. Sie waren, als sie ausgeschieden wurden, noch ganz weich, so dass sie bei der Bewegung im Wasser mitunter zer- 90 W. Frantzen, Untersuchungen über die Gliederung brochen sind und selbst geringem Druck des Wassers nachgegeben O o o O haben. Man kann solche Veränderungen ganz vorzüglich an einem Dünnschliffe vorfolgen, den ich aus dem Grestein der Oolithbank ß vom Heldrastein bei Treffurt hergestellt habe. Es sind von diesem Dünnschliff an vier verschiedenen, nahe bei einander liegenden Stellen Abbildungen bei etwa 50 facher Vergrösseruug gemacht. (Fig. 3, Taf. II und Fig. 2, 3 und 4, Taf. III.) In der Fig. 3, Taf. II haben die Oolithkörner ihre normale Gestalt. Sie sind theils regelmässig rund, theils etwas unregel- mässig geformt und grobkrystallinisch. In der Fig. 2, Taf. III sieht man links ebenfalls normal ge- staltete Körner, rechts aber solche, welche durch die Bewegung des Wassers Veränderungen erlitten haben. Sie sind verbogen, zerquetscht, und zuweilen mit ganz scharfen Rändern in zwei Theile zerbrochen. Es kommen in dem Dünnschliffe auch Kügelchen vor, deren zerbrochene Theile noch hart neben einander liegen. © Die aus trüber Masse bestehenden Oolithkörner und die aus klarem Kalkspath zusammengesetzten zeigen sämmtlich derartige V eränder ungen. Fig. 3, Taf. III giebt eine andere Stelle des Schliffes mit © " © solchen durch den Wasserdruck verzerrten Oolithkügelchen wieder. In Fig. 4, Taf. III sind die Oolithkörner noch weiter zu- sammengedrückt. Sie sind so zerquetscht, dass, wenn man die Uebergänge vom runden Oolithkorn der Reihe nach nicht vor © © Augen hätte, mau in diesen Schlieren und Fetzen nicht oolithische Substanz vermuthen würde. Hat man diese zerbrochenen und zerquetschten Körner einmal in einem guten Dünnschliff gesehen, so ist es leicht, auch solche Dinge, wie Herr Bornemann sie in Fig. 1, Taf. VII im Jahrbuch für das Jahr 1885 abgebildet hat, zu verstehen. Man sieht unten in diesem Bilde ziemlich regelmässige, runde, aus kleinen Kalk- spathkrystallen zusammengesetzte, aussen von einer trüben Zone umgebene Oolithkörner; oben im Bilde aber solche, welche in Folge der Wasserbewegung in mehrere, durch Schweife noch mit- einander verbundene Theile auseinander gezogen sind. des unteren Muschelkalks in einem Tkeile von Thüringen etc. 91 Auch in diesem Falle waren also die Körner bei ihrer Bildung noch ganz weich, weicher noch, als in dem Präparate vom Heldra- steiu, in welchem die Bruchstücke zuweilen scharfkantig erschienen. Zuweilen beobachtet man in dem, Grundteig der Schaumkalk- bänke kleine, unregelmässige Flitter in grosser Menge. Sie sind nichts Anderes, als verdrückte, durch die Bewegung des Wassers zerstreute Fetzen von Oolithkörnern. Solche Beobachtungen, die mau in den oolithischen Bänken gar nicht so selten machen kann, beweisen ganz augenscheinlich, dass diese Körner sowohl die regelmässig runden, wie die unregel- mässig gestalteten grobkrystallinischen, zuweilen noch ganz weich waren, als sie sich absetzten. Sie müssen sich offenbar aus dem Wasser als rundliche Kügelchen abgeschieden haben. In ihrer Form spiegelt sich der Zustand des Wassers ab. Die regelmässigen, typischen Körner sind die Formen des ruhigen, die verunstalteten, unregelmässigen die Formen des stärker be- wegten Wassers. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass diejenige. Textur der Kalksteine, welche Gümbel *) als eine oolithähuliche bezeichnet hat, dieselbe ist, welche man an den Oolithkörnern der unteren oolithischen Bänke des Wellenkalks so häufig beobachtet. Er be- schreibt solche Körner als den »Oolithkügelchen entsprechende Absondei’ungen«, die eine »von der Kugelform sehr abweichende Gestalt zeigen und walzenförmig, wurstartig gekrümmt, gebogen, seitlich ausgebuchtet und oft nach der Form eiugeschlossener Theile gebildet sind«. An einer anderen Stelle seines Handbuch’s * 2) werden von ihm ganz ähnlich aussehende Dinge aus dem Jura als »Halboolithe« bezeichnet. Beide Namen scheinen mir jedoch für die von mir beschrie- benen unregelmässigen Oolithkörner nicht zu passen, der erstere Name nicht, weil diese Bildungen echte Oolithe sind. Auch das Wort »Halboolith« kann zu einer schiefen Auffassung Veranlassung geben. Ich schlage daher für die von Gümbel ganz treffend be- schriebenen, in ihrer regelmässigen Ausbildung gestörten Formen ‘) a. a. 0. S. 80. 2) a. a. 0. S. 173, 92 W. Frantzen, Untersuchungen über die Gliederung die Bezeichnung »gestörte Oolithe«, oder wenn man sich eines dem Griechischen entlehnten Wortes bedienen will, »Empodoolithe« vor. Ueber die Art und Weise, wie die Abscheidung der Oolith- körner aus dem Wasser erfolgte, haben meine Untersuchungen keine neuen Aufschlüsse ergeben. Wenn ich oben erklärt habe, dass ich geneigt sei, anzunehmen, dass sie nicht auf chemischem Wege erfolgt sei, sondern mit Hülfe des Organismus, so gründet sich diese Ansicht auf das Vorkommen der Oolithkörner und auf allgemeine Erwägungen. Die Annahme einiger Forscher, dass die Oolithkörner in ähn- licher Weise, wie die Pisolithe sich gebildet hätten, stösst auf die Schwierigkeit, zu erklären, durch welchen chemischen Process aus einer so sehr verdünnten Lösung, wie es das Meerwasser ist, der kohlensaure Kalk abgeschieden worden sein könnte. Wenn Gümbel *) dieses Hinderniss durch die Annahme zu beseitigen sucht, dass aus der Erde aufsteigende Quellen das Material für diesen Process geliefert haben könnten, so steht dieser Theorie in ihrer Anwendung auf die Oolithe des Muschelkalks das Vorkommen dieser Bildungen im Wege. Wäre diese Ansicht richtig, so müsste man die Oolithkörner in allen Schichten des Wellenkalks zerstreut linden. Man beob- achtet aber, dass sie iu Wirklichkeit an ganz bestimmte Horizonte gebunden sind. Diese Bänke sind stets durch ihre Ebenflächigkeit, ihre grosse Mächtigkeit und ihren Reichthum an Petrefacten ausgezeichnet. Die innige Verknüpfung der Oolithbildungen im Muschel- kalk mit den ebenflächigen, mächtigen, petrefactenreichen Bänken schliesst es auch aus, an eine Bildung der Oolithe auf chemischem Wege zu glauben und zwingt zu der Annahme, dass sie ähnlich, wie die Petrefacten , mit Hülfe des Organismus entstanden seien. Forscht man nach analogen Bildungen in den heutigen Meeren, so liegt es sehr nahe, die Oolithe der Trias mit den Coccolithen der Jetztzeit zu vergleichen. Es wäre wohl möglich, dass sich ') a. a. 0. S, 389. des unteren Muschelkalks in einem Theile von Thüringen etc. 1)3 derartige Formen zu grösseren Kugeln vereinigt hätten. Durch die Y erschiedenartigkeit derselben würde alsdann die Verschieden- artigkeit der Oolithkörner ihre einfache Erklärung finden. Diese Annahme wird durch die ganz überraschende Aehnlich- keit der heutigen Gflobigerinenschlämme mit den oolithischen Bänken des Wellenkalks sehr unterstützt. Nach Gümbel1) bestehen erstere vorzugsweise aus den Schalen von Foraminiferen, Coccolithen und pulverigen Kalktheilchen, daneben aus Fragmenten von Korallen und anderen Hartg ebilden, Flocken von Thon, feinsten Sandkörnchen und Beimengungen von Eisen- und Manganoxyden. Es sind dies, wenn man die Oolith- körner als geballte Coccolithe auffasst, lauter Dinge, welche sich auch in den oolithischen Bänken des Wellenkalks nachweisen lassen. Sie sind die Globigerinenschlämme dieser Zeitperiode. Ganz die gleiche Entstehung schreibe ich auch den radial- faserigen Oolithen des oberen Muschelkalks zu, deren radialfaserige Zusammensetzung zum Theil in einer etwas anderen Beschaffenheit der dieselben bildenden Coccolithe ihre Ursache haben mag, die aber zum Theil sicher eine Folge der grösseren Dimensionen dieser Körner ist, in denen das Bestreben des Kalkspaths, sich bei der Krystallisation in kugelförmigen Gebilden rechtwinklig gegen die Oberfläche zu stellen, an den grossen Körnern deutlicher zum Ausdruck kam, als an den winzigen Körnern der Oolithe des Wellenkalks. l) a. a. 0. S. 333. Ueber Fayolia Sterzeliana n. $p. Von Herrn Cb. E. Weiss in Berlin. (Hierzu Tafel IV.) Die nachfolgenden Zeilen liefern einen neuen Beitrag zur Kenntniss der Gattung Fayolia , welche in der Abhandlung des Verfassers über Calamarien (II. Theil, 1884) eine provisorische Stelle gefunden hatte. Ein solcher Fund ergab sich nämlich bei einem Besuche der Umgegend von Chemnitz in Sachsen, der den Verfasser unter der freundlichen Führung des Herrn Prof. Siegert in Kötschenbroda bei Dresden mit den dortigen geologischen Formationen näher bekannt machen sollte. Wir gelangten dabei auch in eine Gräberei nahe bei Borna, wo aus einem sehr lockeren grauen bis bräunlichen Sandstein durch Zerklopfen mit Dresch- flegeln Sand gewonnen wird , in deren westlichem Theile eine Schicht mit Pflanzenresten auftritt, welche über die Stellung der Schichten Aufschluss ertheilt. Die Beschaffenheit des Sandsteins hatte denselben zuerst als Bothliegendes deuten lassen, als welches er auch auf der Section Chemnitz der geologischen Specialkarte des Königreichs Sachsen eingetragen ist; jedoch die erwähnten Pflanzenreste, welche von Dr. Sterzel x) darin entdeckt wurden, haben gelehrt, dass man es mit Hainichen -Ebersdorfer Schichten zu thun hat, welche bekanntlich von den sächsischen Geologen ') Nachträge und Berichtigungen zur 2. Auü. des Kartenblattes 96a, Section Chemnitz 1880. — Ueber die Flora und das geologische Alter der Kulmformation von Chemnitz-Hainichen. IX. Ber. d. Nat. Ges. zu Chemnitz, 1884, S. 201. Ch. E. Weiss, Ueber Fayolia Sterzeliana n. sp. 95 zum Culm gezählt werden und welche nahezu mit den Walden- burger oder Ostrauer Schichten der Steinkohlenformation zu- sammenfallen. An dem angegebenen Punkte der Müller’schen Grube sind die Reste nicht selten und unter den Abdrücken fand ich an Ort und Stelle ein Stück, das ich als einen Vertreter der neuerdings von Renault und Zeiller aufgestellten Gattung Fayolia erkannte. Das besondere Interesse, welches dieser Fund trotz der problematischen Natur desselben hat, wird aus dem Folgenden hervorgehen. Herr Dr. Sterzel in Chemnitz hatte aber Stücke derselben Art schon längst gefunden, ehe noch die Gattung bekannt geworden war, uud daher auch nicht als Fayolia bestimmt. Er hat seine Exemplare mir freundlichst zur Benutzung geliehen; das beste davon ist in Fig. 2 abgebildet und weicht am meisten von dem meinigen (Fig. 1) ab; es ist mit Gegendruck vor- handen. Vier andere kleinere Bruchstücke stehen zwischen diesen beiden, so dass man Grund hat, alle als dieselbe Art zu betrachten. Die letzteren sind theils der städtischen Sammlung in Chemnitz, theils der geologischen Landessammlung in Leipzig einverleibt worden. Das von mir gesammelte gehört der geologischen Landes- anstalt in Berlin an. Es sind 4 Vorkommnisse, welche in der Litteratur als mehr oder weniger wahrscheinlich zu Fayolia gehörig zu finden sind oder in Betracht kommen. Am vollständigsten erhalten sind Reste aus der Steinkohlenformation von Commentry, welche Renault und Zeiller unter obigem Namen in 2 Arten ( dentata und grandis) unterschieden und in einer vorläufigen Mittheilung (Compt. rend. liebd. 1884, 2. Juni) beschrieben haben. In einer restaurirten Figur fassen sie ihre Beobachtungen an den einzelnen Stücken zu- sammen. Ich selbst hatte fast gleichzeitig einen Rest aus dem Rothliegenden der Pfalz (Steinkohlen - Calamarien II , Abhand], z. geol. Specialkarte v. Preussen, V. Bd., 2. Heft, 1884, S. 152 und Nachtrag S. 202) zuerst als Gyrocalamus palatinus , dann als Fayolia palatina beschrieben, letzteres weil der letztere Gattungsname vor beendigtem Druck meiner Abhandlung publicirt wurde. An der angegebenen Stelle ist die Zusammengehörigkeit der Reste zur nämlichen Gattung besprochen, auch die Renault-Zeiller sehen 96 Ch. E. Weiss, Ueber Fayolia Sterzeliana n. sp. Figuren *) wiedergegeben worden. Noch früher, jedoch noch un- vollkommenere Reste, deren Zugehörigkeit zur Gattung auch am ehesten angezweifelt werden kann, hat Newberry (Descr. of some peculiar screw-like fossils from the Chemung rocks. Aun. of the New -York Acad. of Sciences vol. III, No. 7, p. 217; — erschienen 1885, gelesen 10. Dec. 1883) als Spiraxis major und Randalli beschrieben und abgebildet. Endlich ist auch ein Körper als Spiraxis bivalvis durch Lester F. Ward (Types of the Laramie Hora. Unit. St. Geol. Surv. Washington 1887, p. 14, t. I, f'. 3) von Head of Clear Creek, Montana, beschrieben worden. Die als lang spindelförmige, fruchtähnliche Reste dargestellten Stücke von Commentry sind als verschieden von Palaeoxyris oder Spirangium anzusehen, alle übrigen erscheinen mehr als Stamm- stücke, cylindrisch, nur die als Spiraxis beschriebenen Körper sind wenigstens an einem Ende verschmälert. Um die spindel- förmige oder cylindrische Oberfläche verlaufen in 2 Spiralen er- habene Kantenlinien, welche bei den Commentry -Vorkommen in bandartige Fortsätze sich verlängern, wovon in den anderen Vor- kommen nichts erhalten geblieben ist. Dagegen zeigen die fran- zösischen Stücke und das aus der Pfalz über der Spiralkante je eine fortlaufende Reihe runder Narben auf mehr erhabenem Felde, woran nur bei den ersteren Stücken mitunter stachelähnliche An- hängsel befestigt gefunden worden sind. Diese Narben sind an den Stücken aus der Chemunggruppe nicht zu sehen, aber es ist möglich, dass sie hier nur nicht erhalten sind, statt ihrer giebt die Zeichnung je 2 erhabene parallele Spiralkanten, welche ein erhabenes Band einschliessen, worauf die Narben gesessen haben müssten. Sollten sie bei diesen Resten wirklich fehlen, so würde darin wohl besser ein generischer Unterschied zu finden und es würden diese Reste abzutrennen sein. Die Spiraxis bivalvis der Laramieflora zeigt überhaupt nur eingedrückte Spirallinien und deshalb nur mehr entfernte Aehulichkeit mit den übrigen Vor- kommen; sie würde fernerhin ausser Betracht bleiben können. Die übrigen Merkmale, welche die Commentry-Stücke erkennen Hessen, x) Eine Copie dieser Figuren siehe auch in N. Jahrb. für Min. 1885, I. Bd., Ref. S. 344. Ch. E. Weiss, Ueber Fayolia Sterzeliana n. sp. 97 wie die gehörnte Spitze und der Stiel der Körper, fallen bei der Vergleichung nicht in’s Gewicht, weil diese Theile eben bei den anderen nicht erhalten sind J). Die Chemnitzer neuen Funde schliessen sich am nächsten dem Pfälzer Vorkommen an und bilden mit ihm zusammen sicher ein und dieselbe Gattung. Dass man diese aber von der Fayolia von Commentry trennen sollte, wie Solms-Laubach geneigt scheint (Einleitung in die Palaeophytologie , Leipzig 1887, S. 378), ist zur Zeit wohl nicht räthlich, da zu wenig positive Merkmale hier- zu gegeben sind. Lässt man auch die devonischen Funde bei der Gattung, so kennt man jetzt zwei Arten aus Oberdevon, eine Art aus unterer, zwei Arten aus oberer Steinkohlenformation und eine aus Rothliegendem. Wenn die genauere Vergleichung mit Spirangium ermöglicht sein wird , wird man ein weiteres Urtheil über diese ähnlich aussehenden Körper und ihre Vertheilung er- langen. Für jetzt genügt es, nur diejenigen Merkmale zu be- rücksichtigen, welche an dem Pfälzer und Chemnitzer Vorkommen sichtbar sind; danach hat man bei Fayolia cylindrische oder spindelförmige Körper, welche von zwei gegenüber stehenden Spiralkanten umzogen werden, an welche sich oberwärts ein bandförmiges, vor springen des Feld anschliesst, das zahlreiche dicht stehende Narben trägt, welche selbst etwas vortreten, rundlich oder elliptisch und im Centrum durch einen Punkt markirt sind. Der übrige grössere Theil der Oberfläche zwischen Narbenreihe und nächst höherer Spiralkante ist etwas vertieft, concav. Nach den Mittheilungen von Renault und Zeiller an den Exemplaren von Commentry trägt die Spiralkante ein halskrausen- förmiges abstehendes Spiralband, die Narben dagegen Stacheln. Der centrale Punkt in den Narben der Exemplare von Chemnitz würde eher abgefallene Blätter als Stacheln erwarten lassen. 9 Wenn die Herren Renault und Zeiller als Analoga für Fayolia, Früchte von Medicago und Orchis citiren, so konnte man sich auch an die von Chara erinnern lassen, um so mehr als diese ähnliche Bekrönung zeigen. Jahrbuch 1887. 7 98 Ch. E. Weiss, Ueber Fayolia Sterzeliana u. sp. Die von Chemnitz vorliegenden Stücke x) zeigen speciell Folgendes. Das längste Bruchstück ist das in Fig. 1 gezeichnete von 72 Millimeter Länge bei nur 24 Millimeter unvollständiger Breite, während das von Fig. 2 62 Millimeter Länge auf 33 Millimeter ebenfalls noch unvollständiger Breite besitzt. Die übrigen Stücke sind noch unvollständiger und kleiner. Die scheinbaren Glieder oder die Entfernung zweier über einander liegender Spiralen, von Mittelpunkt zu Mittelpunkt der rundlichen Narben oder auch von kantiger Linie darunter zur nächstfolgenden gemessen, beträgt bei dem Stück Fig. 1 unten J 1 , oben 9,5 Millimeter bei dem Fig. 2 6 — 7 Millimeter, bei den übrigen zwischen diesen Grenzen. Die beiden Spiralen werden durch je eine hervorragende kantige Linie bezeichnet, über welcher in geringer Entfernung je eine Reihe dicht gedrängter, kleiner, rundlicher Narben stehen, die parallel der Spiralkante verlaufen. Bei Fig. 1 ist die Kante schwächer als bei Fig. 2, die übrigen Stücke, welche Hohldrücke sind, lassen sie als eingedrückte, verschieden stark ausgeprägte Linie erscheinen. In Fig. 2 bemerkt man dicht über der Kante einige feine schwach ausgeprägte parallele Linien, dicht unter ihr ist ebenfalls eine solche erkennbar. Es kommt auch vor, dass diese Linien und die Kante wellig verlaufen, aber dies ist wohl nur durch Druck hervorgerufen. Durch die Narbenreihen über der Spiralkaute, welche auf convexem Boden stehen, erhält das anstossende Feld das Ansehen eines gewölbten Bandes über der Kante, doch liegt zwischen letzterer und der Narbenreihe noch ein schmales concaves Feld. Der Abstand der unteren Ränder der Narben von der Spiralkaute beträgt 1 — 1,5 Millimeter, der Durchmesser der Narben ist kaum über 1 Millimeter, gewöhnlich in der Höhe etwas mehr als in der Breite. Die Narben sind demnach kreisrund bis etwas elliptisch, springen stets merklich vor, sind aber in der Mitte ein wenig eingesenkt, mit vortretendem 9 Siehe auch Zeitschr. der Deutsch, geol. Gesellsch. 1887, Sitzungsber. vom 7. December 1887. Ch. E. Weiss, TJeber Fayolia Sterzeliana n. sp. 99 Pünktchen. Dies Alles natürlich in umgekehrter Weise, vertieft statt erhaben, bei den Abdrücken. Diese Narben stehen sehr dicht, mit ihren Centren etwa 2 Millimeter auseinander, sie be- rühren sich jedoch wohl nie völlig. Ueber ihrem Oberrande senkt sich die Oberfläche ziemlich plötzlich ein, so dass hier ein stumpfer kantiger Abfall entsteht, besonders an Fig. 1 , weniger an Fig. 2, der ganze übrige Tlieil der übrigens glatten Oberfläche ist etwas vertieft, flacher bei Fig. 1 , stärker concav bei Fig. 2; bei den anderen Stücken, als Hohldrücken, sind es zum Theil stark con- vexe Spiralbänder. Dass der ganze Axentheil spiralförmig gedreht ist, kann nur an dem Stück Fig. 1 wahrgenommen werden, wo es möglich ge- wesen ist, eine Seite (links) so blosszulegen, dass die spiralige Krümmung der Kantenlinie und Narbenreihen zum Vorschein kommt. Die übrigen Bruchstücke könnten auch für quergegliederte gehalten werden. Wenn man die Bornaer Stücke mit der Fayolia palatina aus der Pfalz vergleicht, so ist der auffälligste Unterschied nur der in der Grösse. Der Durchmesser einer Narbe beträgt bei jener bis 4 Millimeter, hier nur 1 Millimeter, allerdings constant; dementsprechend sind auch die übrigen Maasse der sächsischen Art geringer. Die feine schwache Streifung neben der Spiral- kante, welche die sächsischen Exemplare zeigen, fehlt an der F. palatina; indessen könnte dies an der Erhaltung liegen. Da- gegen dürften die Narben bei ihnen verhältnissmässig noch enger stehen als bei der palatina. Es kommen nämlich bei der säch- sischen Art 10 — 11 Narben auf eine Länge von 17,5 Millimeter, bei der Pfälzer 10 Narben auf ungefähr 62 Millimeter. So fein diese Unterschiede auch sind, so wird man doch einen specifischen Unterschied in ihnen festlialten müssen und ich be- nenne daher die Art von Borna Fayolia Sterzeliana, nicht blos mit dem Namen des ersten Finders derselben, sondern auch des- jenigen, der sich in neuerer Zeit so vielfache Verdienste um die Kenntniss der sächsischen Steinkohlen- und llothliegendfloren er- worben hat. 7 Heber das Vorkommen von Kersantit und Glimmer- porphyrit in derselben Gangspalte, bei Unterneu- brunn im Thüringer Walde. Von Herrn H. Loretz in Berlin. Die Aufnahmen für die Königliche geologische Landesanstalt, welche dem Verfasser übertragen sind, haben sich in den letzten Jahren besonders in demjenigen Abschnitte des Thüringer Waldes bewegt, welcher das Grenzgebiet des nach Osten und Südosten folgenden Schiefergebirges und der nach Westen und Nordwesten sich anschliessenden Eruptivmassen des Rothliegenden enthält. Diese Arbeiten, besonders die im Bereiche der Section Masser- berg ausgeführten, haben die geologischen Erscheinungsformen einer Anzahl Ei’uptivgesteine kennen gelehrt, welche sich zum Schiefergebirge entweder als durchsetzende Gänge oder als auf- gelagerte deckenartige Massen verhalten, daher jüngeren Alters als jenes sind und in der Hauptsache der Periode des Rothliegenden angehören. Kurze Andeutungen über diese Verhältnisse sind seitens des Verfassers bereits in den Aufnahmeberichten in den letzten Bänden dieses Jahrbuchs J) gegeben worden; die ausführlichere Darlegung soll später in den Erläuterungen zu den betreffenden Blättern (wie bereits bei Blatt Eisfeld geschehen) folgen, womög- lich auch in einem weiteren Artikel in diesem Jahrbuch besprochen werden. Die folgenden Seiten dagegen werden sich mit einem b Jahrgang 1883, S. xlii; 1884, S. lxi; 1885, S. xl. H. Loretz, Ueber das Vorkommen von Kersantit etc. 101 besonderen Falle beschäftigen und seine geo- logische Bedeutung zu erörtern suchen, welcher bei den Eruptivgesteinen des aufgenommenen Gebietes an verschiedenen Stellen beobachtet wurde, und auch aus anderen Gebieten wieder- holt in der Fachlitteratur beschrieben worden ist, nämlich mit dem Nebeneinandererscheinen von zweierlei Eruptivgestein in demselben Gange, wofür sich auf dem Blatte Masserberg ein be- sonders gut zu beobachtendes Beispiel bietet 1). An der Vereinigungsstelle des von Nord- osten her kommenden Neubrunnthaies mit dem von Norden her kommenden Schleusethale liegt der Ort Unterneubrunn, und kaum eine Viertel- stunde Weges aufwärts im Neubrunnthale der Ort Oberneubrunn. Etwa halbwegs beider Orte schneidet die Strasse ein Protil an, welches in der beigezeichneten Figur schematisch wieder- gegeben ist. In derselben bedeutet p phyllitischen Schiefer, G Glimmerporphyrit und K Kersantit. In der Richtung thalaufwärts oder von Südwest nach Nordost folgen aufeinander: Phyllit; 21 bis 22 Meter (29 Schritt) Glimmerporphyrit; 1 Meter Kersantit; 10,5 Meter (14 Schritt) Phyl- lit; 7,5 Meter (10 Schritt) Kersantit; 9 Meter (12 Schritt) Phyllit; 1 Meter Kersantit ; 13,5 Meter (18 Schritt) Phyllit; 0,6 Meter Kersantit; 21 bis 22 Meter (28 — 29 Schritt) Glimmerporphyrit; 2,4 Meter (3 Schritt) Kersantit; Phyllit. Durch die Verwitterung, welche besonders den Ker- santit, aber auch Theile des Glimmerporphyrits stark zersetzt hat, sowie durch Schutt ist das Profil nicht in der Deutlichkeit zu sehen, wie es hier dargestellt ist, doch unterscheiden sich ') Kurz erwähnt bereits in diesem Jahrbuch, 1S83. S. XLVJ. 102 H. Loretz, Ueber das Vorkommen von Kersantit die Gesteine auch noch im zersetzten Zustande hinlänglich von einander, um das Profil sicher aufzunehmen. Das Auftreten der beiderlei Eruptivgesteine ist also derart, dass der thalaufwärts oder nordöstlich gelegene Gang ' von Glimmerporphyrit beiderseits ein schmales Salband von Kersantit hat, was bei dem anderen nur auf der rechten Seite der Fall zu sein scheint; doch ist die Mög- lichkeit nicht ausgeschlossen, dass an der linken Seite ein ent- sprechendes Salband bei sehr mangelhaft werdendem Aufschluss durch starke Verwitterung und Verschüttung verborgen bleibt. Ausserdem tritt der Kersantit noch für sich, ohne Glimmerporphyrit, in der Mitte des Profils auf, wo er in einem stärkeren und einem schwächeren Gange (die möglicherweise in der Tiefe mit den Ker- santit-Salbändern der Gänge rechts und links Zusammenhängen könnten) den phyllitischen Schiefer durchsetzt. Das nordöstliche Einfallen der Gänge in dem ganzen Anschnitt ist deutlich zu sehen. Eine metamorpliische Umwandlung des Schiefers durch die Eruptiv- gesteine wurde nicht beobachtet, doch ist derselbe in der Nähe der Gangwände mechanisch gestaucht und gebrochen und zum Theil breccienartig geworden. Das Nebeneinandervorkommen der beiden Eruptivgesteine macht sich auch im weiteren Verlaufe derselben Gangspalte be- merklich. Zunächst kann man die beiden Glimmerporphyritgänge in nordwestlicher Richtung eine Strecke weit auf ebendemselben Rücken, welchen die Strasse in unserem Profile anschneidet, ver- folgen, den weiter thalaufwärts befindlichen in einer Länge, deren Horizontalp rojection etwa Kilometer beträgt, den anderen etwa halb so weit 1). Auch die Begleitung des Glimmerporphyrits durch Kersantit, entweder einseitig oder an beiden Salbändern ist zu verfolgen; aber auch die Fortsetzung des in der Mitte unseres Profils für sich erscheinenden Kersantits kann weiterhin in nord- westlicher Richtung zwischen dem Schiefer deutlich erkannt werden. Nicht minder setzen beide Eruptivgesteine in entgegengesetzter *) Wollte man einen in derselben Richtung verlaufenden, nur durch eine kurze Zwischenstrecke davon getrennten Gang hinzurechnen, so würde die Ge- sammtlänge dieses letzteren Glimmerporpkyritgangs sogar noch grösser sein als die des anderen. und Glimmerporphyrit in derselben Gangspalte etc. 103 Richtung auf der südlichen Thalseite nach Südosten resp. Süd- südosten gangförmig im Schiefer fort, zunächst am nördlichen Abfall des Schnetter Berges und dann weiterhin über die Höhe dieses Berges hinweg, in einer Längenerstrecküng, deren Horizontal- projektion mindestens la/2 Kilometer beträgt, nur dass hier der Zusammenhang' des Gangvorkommens mehrfach kürzere Unter- brechungen zeigt und auch nicht mehr, wie an der anderen Thal- Seite , deutlich zwei Glimmerporphyritgänge zu erkennen sind x) ; diese Verschiedenheiten können aber zum Theil in mangelhaftem Aufschluss begründet sein, da man in dem Waldbestande an der südlichen Thalseite den Eruptivgesteinszug nur durch die Lage der losen Blöcke verfolgen kann. Diese zeigen wenigstens soviel, dass auch hier der Glimmerporphyritgang von Kersantit theils auf der einen, theils auf der anderen Seite begleitet wird. Die Ver- zeichnung des Gangverlaufes ergiebt eine Curve, aus deren Lage, in Uebereinstimmung mit dem Profil an der Strasse, ein nordöst- liches Einfallen des Ganges, beziehungsweise der beiden Gänge, zu erschlossen ist. In der weiteren Verlängerung derselben Richtung nach Südosten liegen noch Gangstücke von quarzarmem Porphyr (Orthophyr), sodass die Länge der eigentlichen Gang- spalte mit ihren Ausfüllungsmassen die angegebenen 1 lj-2 Kilometer jedenfalls noch übertrifft und auf wenigstens 2 Kilometer an- zugeben wäre. Das Streichen des durchsetzten Schiefers ist hier im Mittel nordöstlich, so dass also der Gang quer dazu steht. Die Begehung der weiterhin sich anschliessenden Berge und Thäler im Einzelnen zeigte, dass in diesem Gebiete das Neben- einander von zwei oder auch drei Eruptivgesteinen in derselben Gangspalte, oder doch in nahe benachbarten Spalten eine öfters sich wiederholende Erscheinung ist. Allerdings lässt sich diese Er- kenntniss in den meisten Fällen nur aus dem gemeinschaftlichen Vorkommen der Verwitterungsblöcke der betreffenden Eruptiv- gesteine in unmittelbarer Nachbarschaft und in derselben Richtung l) Man kann wegen des Thalalluviums und Schuttes an der südlichen Thal- seite nicht entscheiden, welcher der beiden Glimmerporphyritgänge hier fort- setzt, oder ob sich vielleicht beide vereinigen, 104 H. Loretz, Ueber das Vorkommen von Kersantit entnehmen, während Anschnitte an Wegen, oder ähnliche, bessere Aufschlüsse sehr selten sind. Doch genügt das, was zu beobachten ist, um sich von der häufigen Wiederkehr der in Rede stehenden Erscheinung zu überzeugen. Das sogenannte Köpfle und die weiterhin sich anschliessende Tannenleite nördlich von Unter- neubrunn, die Abhänge der nördlichen Seite des Neubrunnthaies zwischen dem genannten Ort und Giessübel, der Holzberg und Schnetterberg an der Südseite desselben Thaies, die südöstliche Seite der Hohen Warth u. s. w. bieten Beispiele für das Mit- einandervorkommen von Quarzarmem Porphyr (Orthophyr) und Glimmerporphyrit, Quarzarmem Porphyr und Kersantit, Glimmerporphyrit und Kersantit. Das letztere wiederholt sich be- sonders an der Siidost-Seite der Hohen Warth in mehreren parallel streichenden Gängen. Wir können daher in dem beschriebenen Profil nur einen besonders gut aufgeschlossenen Fall einer all- gemeiner verbreiteten Erscheinung sehen. Prüfen wir die beiden Eruptivgesteine unseres Profils etwas näher, so finden wir, dass sie die bekannten Eigenschaften von Kersantit und Glimmerporphyrit in recht typischer Weise besitzen. Was zunächst den Kersantit betrifft, so ist seine Structur in- soweit als porphyrisch zu bezeichnen, als grössere Blättchen von dunklem Magnesiaglimmer in Menge ausgeschieden sind, welche hier und da regelmässig verlaufende Kanten zeigen und bis zu 5 oder 6 Millimeter und mehr breit werden, und als auch hier und da einzelne grosse Feldspäthe mit polysynthetischer Zwillings- streifung: hervortreten. Die Grundmasse erscheint etwa zu gleichen Tlieilen aus feinen Feldspathpartikeln und Magnesiaglimmer- blättchen gemischt, unter der Lupe feinkörnig, mit blossem Auge gesehen oft fast dicht, von dunkelgrauer Farbe, mit einem Stich in’s bläuliche oder röthliche. Im mikroskopischen Präparate er- scheint die Structur der Grundmasse strahligkörnig , durch die Anordnung der Feldspathleistchen , welche übrigens nicht mehr frisch und zum Theil durch Zersetzungsprodukte so getrübt sind dass sie ihre muthmaassliche Plagioklasnatur nicht sicher mehr erkennen lassen. Dazwischen ist vielleicht noch etwas ungestreifter Feldspath (? Orthoklas) und etwas Quarz stellenweise vorhanden. und Glimm erporphyrit in derselben Gangspalte etc. 105 Magneteisen (nach dem Titangehalt der Analyse auch wohl etwas Titaneisen), und feine Magnesiaglimmerblättchen sind durch das Ganze der Grundmasse ziemlich gleichmässig zerstreut. Gewisse, mit Zersetzungsprodukten erfüllte Umrisse lassen sich ausser auf Glimmer vielleicht auch auf verschwundenen Augit deuten. Die Umwandlungsprodukte sind besonders chloritiseher und eisen- oxydischer Natur, dazu tritt Kalkspath und secundärer Quarz. Apatit ist unter dem Mikroskop recht deutlich wahrzunehmen. Die Verwitterung umzieht die Gesteinsstücke mit einer braunen Rinde, in welcher Grundmasse und Glimmereinsprenglinge sich verfärbt zeigen, die letzteren halten etwas länger Stand als die erstere; beim weiteren Vorschreiten lockert die Verwitterung das Ganze zu einer ockerigen Masse, was in unserem Profile bei dem grössten Theile des anstehenden Gesteins bereits eingetreten ist. Die Structur des Gesteins bleibt indess in ein und derselben Gangmasse nicht durchweg deutlich porphyrisch; durch Ver- schwinden der grösseren Glimmertäfelchen und der an sich schon nicht allzuhäufigen grösseren Feldspäthe wird die Structur so, dass sie, wenigstens für das Auge und die Lupe, feinköi’nig krystalli- nisch erscheint. Die dunkle Färbung des Gesteins im Gegen- sätze zu der des Glimmerporphyrits liegt im Gehalte an Magnet- eisen, welcher allerdings nur im mikroskopischen Bilde, oft in regelmässigen Umrissen, zum Vorschein kommt. Die chemische Zusammensetzling unseres Kersantits von Un- terneubrunn ergab sich in zwei, im Laboratorium der Königlichen geologischen Landesanstalt und Bergakademie angestellten Ana- lysen, wie folgt: I. 11. Si02 • 54,81 52,12 Ti02 . 0,75 1,20 Al2 O3 17,80 13,52 Fe2 O3 2,69 2,56 FeO . 4,46 4,53 MgO . 5,03 6,36 CaO . 1,78 5,78 Transport 87,32 86,07 106 H. Loretz, Ueber das Vorkommen von Kersantit Transport 87,32 86,07 k2o 3,86 5,36 Na20 4,06 2,34 S03 Spur 0,22 P2Oö . 0,45 0,92 co2 0,44 3,59 h2o 3,56 1,86 99,69 100,36 Spec. Gewicht . 2,712 2,72 W. Hampe G. F. Steffen. Probe I ist dem oberen Ende des Profils entnommen, sie stammt aus dem am meisten rechts verzeichneten Kersantit nahe an der Strasse. Probe II ist etwas weiter aufwärts am Abhang entnommen. Nach dem Gehalte an Kohlensäure sind beide Gesteine nicht mehr frisch, am wenigsten II. Zieht man von dem Kalkerde- gehalte der Analysen den entsprechenden Betrag ab, welcher auf Kohlensäure und Phosphorsäure entfällt, um Kalkspath und Apatit zu bilden, so bleibt weniger als 1 pCt. übrig. Es ergiebt sich auch hieraus, so wie aus dem Aussehen im mikroskopischen Bilde, der zersetzte Zustand des Plagioklas. Im Uebrigen wird zu dem vorhandenen Kalkcarbonat auch die Zersetzung des muthmaass- lichen augitischen Gemengtheils beigetragen haben. Soweit die Höhe des Kaligehaltes nicht durch den Glimmer und vielleicht etwas Kalifeldspath bedingt wird, ist dabei auch an eine relative Anreicherung gegenüber dem Natrongehalt durch die Zersetzungs- Vorgänge im Plagioklas zu denken. Der Wassergehalt ruht ab- gesehen von gewissen Zersetzungsproducten zum Theil auch schon im Glimmer. Was nun den Glim merp orphyrit unseres Profils betrifft, so ist er von ausgezeichnet porphyrischer Structur. In dichter, braunrother, mit dem Auge und der Lupe nicht aufzulösender Grundmasse liegen als Einsprenglinge dem Anschein nach noch ziemlich frische, durchsichtige oder doch durchscheinende Feld- späthe, tafelförmig nach der M. -Fläche ausgebildet, oder mehr und Glimmerporphyrit in derselben Gangspalte etc. 107 kurz leistenförmig; sie zeigen die polysynthetische Zwillingsstreifung der Plagioklase, in Verbindung mit Verwachsung nach dem Karlsbader Gesetz und scheinen von einerlei Art zu sein. Ebenso reichlich wohl, oder noch zahlreicher als die Feldspäthe, doch meist von geringerer Grösse, sind die ebenso frisch aussehenden, schwarzen, oft mit deutlichen Kanten und Seitenflächen aus- gebildeten Magnesiaglimmertäfelchen in die Grundmasse ein- gestreut. Als dritter Einsprengling macht sich ein in etwas grösseren, verschwommenen Umrissen, weniger reichlich als der Feldspath und Glimmer vorhandenes Mineral von dunkler, un- bestimmter Färbung geltend, in welchem wohl zersetzter Augit zu vermuthen ist. Im mikroskopischen Präparate sieht man, dass die Grundmasse im Wesentlichen aus einem feinen Gewebe kleiner Plagioklasnadeln besteht, in deren Anordnung und Vertheilung um die grösseren Einsprenglinge sich eine gewisse Fluidalstructur ausspricht, wenn auch nicht so in die Augen fallend wie bei an- deren Glimmerporphyritproben aus unserer Gegend. Die ganze Grundmasse ist von rothbraunen, eisenoxydischen Punkten (Ferrit) durchstäubt. Weniger reichlich ist dunkles Erz (Magneteisen, Titaneisen) vorhanden. Wie weit neben Plagioklas auch Ortho- klas in der Grundmasse steckt bleibt dahingestellt. Hier und da treten die Durchschnitte unregelmässiger Quarzkörnchen zwischen der feldspathigen Grundmasse hervor. In anderer Weise erscheint auch etwas Quarz, nebst Kalkspath, Chlorit und Eisenoxydations- stufen, als Zersetzungsproduct des muthmaasslichen Augits. Aehnlich wie dieser erscheint auch bereits ein Theil des Glimmers zer- setzt; auch die Plagioklaseinsprenglinge sind bereits etwas an- gegriffen. Solche Feldspath -Individuen, welche in ihrer Grösse zwischen den Mikrolithen der Grundmasse und den porphyrisch ausgeschiedenen vermittelten, fehlen bei unserem Glimmerpor- phyrit, dessen Structur aus diesem Grunde einen viel entschiedener porphyrischen Habitus besitzt als die des benachbarten Ker- santits. Mit beginnender Verwitterung trüben sich die porphyrisch ausgeschiedenen Feldspäthe unseres Glimmerporphyrits und werden weiss, während die Glimmertäfelchen das glänzende Schwarz ver- 108 H. Loretz, Ueber das Vorkommen von Kersantitf liereu, sich aufblättern und einen bräunlichen oder grünlichen Schiller, durch die Zersetzungsproducte bedingt, annehmen. Bei weiter fortschreitender Verwitterung lockert sich das Gestein und zerfällt zu Grus. In unserem Profil ist das Gestein nur theil- weise noch anscheinend frisch. In der weiteren Erstreckung des Ganges nach Nordwesten und nach Südosten ändert sich dasselbe in keinem wesentlichen Punkte, höchstens in der Färbung der Grundmasse. Die Analyse eines frisch aussehenden Stückes Glimmer- porphyrit von unserem Profil an der Strasse oberhalb Unterneu brunn ergab: SiOo 58,40 Ti02 0,38 A1203 15,61 F e2 03 2,72 FeO 2,94 MgO 3,50 CaO 3,97 k2o 5,37 Na2 0 3,13 SO, SPur p205 0,40 co2 2,56 h2o 1,72 Spec. 100,70 Gewicht . . . 2,6740 G. F. Steffen. Der Gehalt an Kieselsäure ist höher als bei den oben an- gegebenen Kersantit- Analysen , was mit einer Anzahl weiterer Analysen derselben Gesteine von anderen Punkten unseres Ge- bietes stimmt; bei etwa 12 Glimmerporphyrit-Proben ergaben sich Kieselsäuregehalte von ca. 65 bis 58 pCt., nur bei einer von etwas über 56pCt.; bei 4 Kersantit-Proben waren die Kieselsäuregehalte von etwa 56 bis 52 pCt. Der etwas grössere Eisengehalt der Ker- santit-Analysen im Vergleich zu dem des Glimmerporphyrits wird am reichlicher beigemengten Magneteisen, zum Theil vielleicht auch und Glimmerporphyrit in derselben Gangspalte etc. 109 am grösseren Glimmergehalte liegen, der letztere dürfte auch den grösseren Magnesiagehalt bewirken. Im Kalkerde- und Alkalien- gehalte unterscheiden sich beiderlei Gesteine nicht auffällig. In Bezug auf diese Bestandtheile gilt dasselbe, was oben beim Ker- santit bemerkt wurde. Der Gehalt unseres Glimmerporphyrits an Kohlensäure ist höher als man beim Ansehen des Gesteins erwarten möchte. Das specifische Gewicht des Glimmerporphyrits ist etwas geringer als das des Kersantits; von acht daraufhin untersuchten Glimmerporphyriten überstieg nur einer das specifische Gewicht 2,7 ; vier ebenso untersuchte Kersantite hatten alle etwas mehr als 2,7 aufzuweisen. Hiernach und nach dem Kieselsäuregehalte steht unser Kersantit an der Grenze zu den basischen Eruptivgesteinen, der Glimmerporphyrit entfernt sich von diesen schon etwas mehr. Im Uebrigen liegt der Unterschied dieser beiden Gesteine weniger in der Art ihrer Gemengtheile als in der relativen Menge und Grösse dieser letzteren, und in ihrer Anordnung, also der Structur1). Wenden wir uns nunmehr zur Frage nach der geologischen Bedeutung des Nebeneinandererscheinens beider Eruptivgesteine in demselben Gange; ob wir nämlich dieselben als unabhhängig von einander auffassen sollen, so dass das beiden Gemeinschaft- liche nur der Weg wäre, auf welchem sie emporgedrungen sind, oder ob wir dieselben als zusammengehörig, als durch Spaltung- getrennte Theile von einem und demselben Magma, resp. als Schlieren eines solchen anzusehen haben. Zur Beantwortung dieser Frage wird es gut sein zunächst die gesammte Erscheinungs- weise dieser Eruptivgesteine in unserem Gebirge und den Nach- bargebieten in Betracht zu ziehen. o ’) In den meisten Fällen war in unserem Aufnahmegebiete die Entscheidung darüber, ob ein Glimmerporphyrit oder ein Kersantit vorliegt, nicht schwierig; einzelne Fälle jedoch schienen zweifelhaft. Solches zwischen beiden Typen schwankendes Gestein entsteht, wie nähere Untersuchung zeigte, besonders da- durch, dass der Gegensatz in der Grösse zwischen den Feldspathmikrolithen der Grundmasse und den in grösseren Individuen ausgeschiedenen Feldspäthen sich vermindert oder schwindet, und dass die Zahl der Magnesiaglimmerblättchen zwischen den Feldspathleistchen zunimmt. 110 H. Loretz. Ueber das Vorkommen von Kersantit Den Kersantit finden wir in dem in Rede stehenden engeren Gebiete und im südöstlichen Thüringer Walde überhaupt in Form von Gängen, welche die aufgerichteten und gefalteten Schichten des Alten Schiefergebirges, von dem ältesten Cambrium bis zum Culm, durchschneiden ; so insbesondere im Gebiete der bis jetzt nur zum Theil veröffentlichten Sectionen Masserberg, Gross-Breiten- bach, Gräfenthal, Eisfeld, Steinheid, Spechtsbrunn der geologischen Specialkarte von Preussen und den Thüringischen Staaten. In Ostthüriugen (Vogtland) verhält es sich damit ebenso, nach den Beschreibungen, welche Liebe und Zimmermann *) von dem ent- sprechenden , dort als Lamprophyr bezeichneten Eruptivgesteine geben. Wie dort sind auch in unserer Gegend die betreffenden Gänge, bezw. Gangstücke, meistens wenig mächtig und horizontal gemessen von nicht langer Erstreckung, dazu nach sehr verschiedenen Richtungen orientirt, was selbst an recht nahe benachbarten Stellen Vorkommen kann. Eine Erweiterung eines Ganges zu einem mäch- tigen Stock, wie sie von Liebe und Zimmermann beobachtet ist, findet sich in unserem Gebiete nicht * 2). Auch in Bezug auf die Uebereinstimmung des Gesteins der verschiedenen Gänge und auf die lokale Umwandlung des Nebengesteins durch die eruptive Gangausfüllung; stimmt unsere Erfahrung; mit der von Liebe. Denn während für gewöhnlich, und so auch in dem oben be- schriebenen Strassenprofil am Schiefer keine chemisch -meta- morphisehe Aenderung auffällig ist, kommt etwas weiter süd- östlich, an der Südost-Seite der Hohen Warth auf engbegrenzter Stelle eine deutliche derartige Umwandlung vor; der betreffende Kersantitgang wird hier an der einen Seite von an Masse zurück- tretendem Glimmerporphyrit begleitet und ist an der anderen Seite mit einem Salband von hornfelsartig verändertem, pliylli- tischen Schiefer verwachsen, während nur kleine Theile von b Abhand], zur Geolog. Special-Karte von Preussen u. d. Thüring. Staaten, Bd. V, Heft 4. (Uebersicht über den Schichtenaufbau Ostthüringens.) S. 77 ff. Ferner dieses Jahrbuch für 1885. (Die jüngeren Eruptivgebilde im Südwesten Ostthüringens.) S. 183. 2) Dagegen beschreibt auch Dathe einen stockförmigeu Gang von Kersantit von Wüstewaltersdorf in Schlesien; dieses Jahrbuch für 1884, S. 567. und Glimmerporphyrit in derselben Gangspalte ete. 1 1 1 Glimmerporphyrit (deutlich vom Kersantit verschieden) auch au dieser Seite in Verwachsung mit Kersantit und verändertem Schiefer sich finden. Während somit der Kersantit in unserem Aufnahmegebiete, wie in den weiter ab liegenden Nachbargebirgen , sehr häufig als Gangformation wiederkehrt , für deren Altersstellung man den wiederholten Ausführungen Lossen’ s x) beipflichten muss, fehlt er, soweit wenigstens unsere Erfahrungen reichen, als eigentlicher Deckenerguss, und nimmt insofern den anderen, mit ihm vor- kommenden Eruptivgesteinen (Glimmerporphyrit, quarzarmer Por- phyr und auch Quarzporphyr) gegenüber eine besondere Stellung ein. Es ist mir nämlich in meinem Aufnahmegebiet bis jetzt kein Fall bekannt geworden, wo Kersantit in irgendwie bedeuten- derer Ala ss e eine deckenartige Ausbreitung oder einen Theil derselben bildete, so wie das bei jenen anderen Gesteinen der Fall ist, welche die Ergussmassen unseres Rothliegenden geliefert haben. Wohl aber kommt ein Gestein, Avelches mit Kersantit in allen wesentlichen Eigenschaften übereinstimmt, und welches ich un- bedenklich mit diesem Namen belegen möchte, innerhalb der vou jenen anderen Gesteinen gebildeten Ergüsse des Rothliegenden in verhältnissmässig ganz geringer Masse und nur an vereinzelten Stellen vor* 2). Obgleich das hierüber Anzuführende uns etw'as von unserem Thema ablenkt, möge es doch, des Interesses des Gegenstandes wegen, hier eine Stelle finden. Die von mir beobachteten hierhergehörigen Punkte befinden © © sich in dem grösstentheils von Porphyr und Porphyrit einge- nommenen Gebirgsabschnitte zwischen dem Schleusethal und Nahe- thal, im Hinternaher Forst, und zwar im Querbachthal und Glas- bachthal ( Seiten thäleru des Nahethals). Im erstgenannten Thale fielen mir besonders zwei Stellen auf, beide am Fahrweg im Tbal- grunde selbst gelegen; die eine am »Breiten Brunnen« des Mess- tischblattes Masserberg (1:25000), wo innerhalb einer grösseren, von Quarzporphyr und nächstverwandtem saurem Porphyr einge- nommenen Strecke anscheinend gangartig (? schlierenartig; der ') Siehe besonders dieses Jahrbuch für 1885, S. 192 Anmerkung. 2) Wie bereits in diesem Jahrbuch für 1885, S. xlv angegeben. 112 Ii. Loretz, Ueber das Vorkommen von Kersantit Aufschluss ist ungenügend) Kersantit in Verbindung mit Glimmer- porpbyrit erscheint. Die Uebereinstimmung des fraglichen Ge- steines dieser Stelle mit Kersantit scheint mir im mikroskopischen Bilde wie im Handstück vollständig zu sein. Die Stücke zeigen die abgerundeten Formen, die starke, schalig sich ablösende, zer- setzte Verwitterungsrinde, die Zähigkeit und schwere Zerspreng- barkeit, wie man dies von den sonstigen, sicheren Kersantitvor- kommnissen her kennt; das Gestein umschliesst ohne scharfe Um- grenzung einzelne kleine Theile, welche das Aussehen von Glimmer- porphyrit haben uud deu Eindruck abweichend gearteter Aus- scheidungen aus demselben Magma machen. Weiter abwärts im Querbachthal ist an demselben Fahrweg, an der südlichen Thal- seite, abermals eine Stelle, wo sehr glimmerreicher Kersantit vor- kommt, welcher hier anscheinend gangartig zwischen felsitischem Porphyr ansteht. Im Glasbachthal wurde Kersantit an einer Stelle mit Glimmerporphyrit zusammen beobachtet, innerhalb eines sonst von Quarzporphyr und nächstverwandtem sauren Porphyr eingenommenen Bereiches. Das Gestein von der erstgenannten Stelle, also der Kersantit vom »Breiten Brunnen« im Querbachthal, wurde einer Analyse unterworfen, welche ergab: Si02 .... . . 52,25 Ti 02 . . . . . . 0,62 Al2 O3 .... . . 14,93 Fe2Ü3 . . . 3,50 Fe 0 . . . . . . 3,70 Mg O . . . 5,84 CaO .... . . 6,33 K20 .... . . 3,76 Na20 .... . . 2,86 S03 .... . . 0,21 P2Oö .... . . 0,62 co2 . . . . . . 2,62 h20 .... . . 2,68 99,92 Spec. Gewicht . . . 2,7250 G. F. Steppen. und Glimmerporphyrit in derselben Gangspalte etc. 313 Die nahe Uebereinstimmung mit den weiter oben angegebenen Kersantit -Analysen ist ersichtlich. Von dem Kersantit aus dem Glasbachthale wurde nur der Gehalt an Kieselsäure und Kohlensäure, und das specifische Ge- wicht bestimmt und gefunden: SiOo 56,21 pCt. ; COj 1,19 pCt. ; Specifisches Gewicht 2,7047 (Steffen). Wir sehen also, dass eine eruptive Gesteinsmischung, welche petrographisch auf den Kersantit-Typus hinauskommt, wenn auch nur in ganz geringer Menge innerhalb der deckenartigen Ergüsse O O O O o Ö des Rotliliegenden erscheint, ihrem Alter nach also auch der Rotliliegendeu Periode angehört. Will man die genannten Vor- kommnisse nicht als der Kersantit -Gangformation gleichstehend, sondern nur als basischere Ausscheidungen aus demselben Magma auffassen, welches als Glimmerporphyrit erstarrte, so sind dieselben doch bei der Frage nach dem Alter unserer Kersantit - Formation überhaupt von Interesse , insofern sie zeigen, dass jedenfalls noch zur eigentlichen Rotliliegenden Zeit ebendieselbe Gesteinsmischung auf eruptivem Wege zu Stande kam , welche die , zum Theil vielleicht etwas älteren (doch wohl nicht älter als spätcarbonischen) Gänge im Schiefergebirge erfüllt 1). Abgesehen von diesen an Masse geringfügigen Vorkommnissen kommt wie gesagt unserem Kersantit in keiner Weise die Rolle eines Deckenergussgesteins zu. Im Gegensatz zum Kersantit ist nun das geologische Auftreten des Glimmerporphyrits nicht nur das eines Ganggesteius, sondern auch das eines Erguss- oder Deckengesteins; er durchsetzt einer- seits in zahlreichen Gängen das Grundgebirge (Schiefergebirge), breitet sich aber auch andererseits in ansehnlichen Massen über dem- selben aus; wiederholt kommt er auch innerhalb der vom Quarz- porphyr und felsitischen Porphyr gebildeten Decken, wie es scheint ') Es steht dies in Uebereinstimmung mit den Ergebnissen, zu welchen Liebe und Lossen gelangt sind. Jahrbuch 1887. 8 114 H. Lohk'iz. Ueber das Vorkommen von Kersantit gangartig durchsetzend vor 1). Er gehört also in der Hauptsache der Periode des Rothliegenden an, wenn auch die Möglichkeit besteht, dass einzelne Gänge desselben im Schiefergebirge bereits etwas älter, nämlich spätoarbonisch sind. Die Zeit der Entstehung der Glimmerporphyritmassen, welche wir in unserem Gebirge an- treffen, kann nicht sehr verschieden sein von der Zeit der Ent- stehung der Kersantitmassen; beide Zeiträume werden sich nicht ganz decken, derjenige des Kersantits dürfte früher begonnen haben. An Gesammtmasse wird der Glimmerporphyrit den Ker- santit übertreffen, wegen der bedeutenden, ihm zukommenden Er- güsse, welche dem letzteren fehlen. Das Zi isa nunen Vorkommen der beiderlei Gesteine in derselben Gangspalte ist wie wir gesehen haben nicht selten, doch ist es keineswegs Regel. Es giebt Gänge genug, welche nur das eine oder nur das andere Gestein enthalten; auch scheint das Vor- kommen dieser Gesteine nach den aus dem südöstlichen Thüringer W aide und weiterhin ostwärts vorliegenden Aufnahmen regionen- weise verschieden zu sein, in der Art, dass sie in gewissen Ge- birgstheilen überhaupt nicht beide zusammen erscheinen , oder doch ganz vorwiegend nur das eine von ihnen, was besonders vom Kersantit gilt. Das gemeinschaftliche Vorkommen und nament- lich das in ein und derselben Gangspalte scheint sich überdies besonders in denjenigen Gebirgstheilen einzustellen, wo der Glimmer- porphyrit auch deckenförmig vorkommt, oder vielleicht in früherer Zeit Decken desselben vorhanden waren, wie dies eben in der Gegend, welcher wir unser Profil entnommen haben, der Fall ist. Ziehen wir die Summe obiger Ausführungen über das Auf- treten des Kersantits und Glimmerporphyrits, so ergiebt sich, dass beiderlei Gesteinen nicht nur petrographisch sondern auch namentlich nach ihrem Vorkommen im Gebirge, also geologisch, das gleiche Maass von Selbständigkeit zukommt, sodass sie sich nicht gegen- seitig bedingen. Somit können auch in unserem besonderen Falle, nämlich im Gangprofil bei Unterneubrunn, zwei selbständige b Der Habitus des in Gängen und des in Decken erstarrten Glimmerpor- phyrits ist zum Theil etwas verschieden, doch bleibt das Gestein in den wesent- lichen Punkten dasselbe. und Glimmerporphyrit in derselben Gangspalte etc. 115 Eruptivgesteine vorliegen, welchen nur der Weg, den sie zum Aufdringen benutzt haben, gemeinsam ist. Dass dieselben sonst nichts mit einander zu thun haben, in keinem engen genetischen Zusammenhang stehen, ist damit noch nicht streng bewiesen, aber es ist wahrscheinlich; denn wäre ein solcher Zusammenhang vorhanden, so könnte es doch wohl nur der sein, dass der Kersantit ein basischeres Ausscheidungsproduct des beiden Gesteinen gemein- schaftlichen Magmas darstellte, und dann müsste man doch er- warten, in den an zahllosen Stellen freigelegten Decken und Gang- massen des Glimmerporphyrits häufig derartige basische Ein- schlüsse und Schlieren von Kersantitnatur zu sehen, was eben keineswegs der Fall ist x). Wie bereits erwähnt, beschränkt sich das Zusammenvorkommen von zwei , auch wohl drei Eruptivgesteinen in derselben Gang- spalte, oder in einem kleinen System sehr nahe benachbarter Spalten nicht auf Glimmerporphyrit und Kersantit, sondern ist eine allgemeinere Erscheinung, welche auch bei einer anderen Combination unserer Eruptivgesteine stattfinden kann, so zwischen Glimmerporphyrit und quarzarmem Porphyr (Orthophyr), und zwischen Kersantit und quarzarmem Porphyr; in diesem letzteren Falle stehen die beiden Gesteine in der petrographischen Reihe b Was ich an derartigen Vorkommnissen glimmerreicher Ausscheidungen oder Einschlüsse, die kersantitähnlich aussehen, im Glimmerporphyrit beobachtet habe, ist sehr vereinzelt und an Masse unbedeutend geblieben. Ebendesshalb scheinen sie mir für die genetischen Beziehungen von Glimmerporphyrit und Kersantit von keiner grösseren Bedeutung, als z. B. die örtlich vorkommende Verwachsung von Glimmerporphyrit mit kleinen Massen (? Schlieren) von felsi- tischem, quarz- und orthoklasreichem Porphyr für die Beziehungen zwischen Glimmerporphyrit und Felsitporphyr sein können ; den letzteren Fall beobachtete ich in einem Glimmerporphyritgang am linken Schleuseufer , eine Strecke ober- halb Unterneubrunn. Mögen auch die verschiedenen Typen unserer eruptiven Gang- und Decken- formationen des Rothliegenden und der nächst vorhergehenden Zeit, vom Quarz- porphyr bis zum Augitporphyr , als durch Spaltung aus noch älterem, einheit- licherem Magma entstanden gedacht werden können, so spricht die Art ihres Auftretens in jenen Formationen doch für eine geologische Selbständigkeit der einzelnen Typen. Wir mögen uns dann vorstellen, dass ihre Scheidung in den unterirdischen Heerden, mit welchen sie durch die Eruptionsspalten zunächst zusammenhingen, bereits vollzogen war; und der Kersantit würde in dieser Hin- sicht, nach den obigen Ausführungen, mit den anderen Typen gleichstehen. 8* H. Loretz. Ueber das Vorkommen von Kersantit 116 um eine Stufe weiter auseinander als in dem Falle unseres Profils. Beispiele hierfür finden sich, wie gesagt, wiederholt in der Um- gebung von Unterneubr unn. Fasst man nun die zweierlei neben einander, in durchgreifender Lagerung erscheinenden Eruptivgesteine als von einander unab- hängig auf, so wird weiter wahrscheinlich, dass die Erfüllung der Orangspalte mit denselben in getrennten eruptiven Acten vor sich gegangen ist, so dass dem einen Gestein ein etwas höheres Alter zukommt als dem anderen. Diese Annahme ist ja nicht neu, sondern ist in den Beschreibungen verschiedener derartiger Vor- kommnisse aus verschiedenen Gebieten wiederholt ausgesprochen worden. E. Weiss beschreibt ]) solche Fälle aus der Gegend von Friedrichroda im nördlichen Thüringer Walde; es kommt hier vor, dass ein und dasselbe Gestein einmal als Randgestein, in einem anderen Falle dagegen als Gestein der Gangmitte, als Kern- gestein, erscheint; das Randgestein wird als in der Eruption vor- ausgehend angesehen. Früher schon sind von demselben Verfasser verwandte Erscheinungen von den Gesteinsgängen des krystalli- nischen Grundgebirges bei Liebenstein u. s. w. beschrieben worden2). Wir möchten uns der von Weiss ausgesprochenen Auffassung des Randgestein.s als desjenigen, welches in der Eruption und Gang- erfüllung vorausging, für unser Profil von Unterneubrunn durch- aus anschliessen. Nach dem Aufreissen der Gangspalte wäre die- selbe also zunächst mit Kersantit erfüllt worden. Dass es übrigens weniger eine einheitliche Spalte ist als zwei Parallelspalten, oder eine kleine Gruppe von Rissen, welche untereinander parallel sein, vielleicht auch Zusammenhängen mögen, zeigt das Profil; zudem hat es in dem weiteren Verlaufe des Ganges nach Süden und Südosten den Anschein , dass der Kersantit die Spalte nicht zu- ') Petrograph. Beiträge aus dem nördl. Thüringer Walde. Dieses Jahrbuch für 1883. 2) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. Bd. XXXIV, 1882, S. 677. — Vgl. dazu PfflsGSHtui , a. a. 0. Bd. XXXII, 18S0. — Bei diesem Vorkommen spielen die Einschlüsse des Randgesteins im Gestein der Mitte eine grosse Rolle. In unserem Falle ist dies nicht so: Einschlüsse vom Kersantit des Randes im Glimmerpor- phyrit der Mitte machen sich im Ganzen so wenig bemerklich, dass wir sie für die Deutung der Erscheinung nicht in Betracht ziehen. und Glimmerporphyrit in derselben Gangspalte etc. 117 sammenhängend, sondern stückweise erfüllte, je nachdem sie mehr oder minder völlig aufgerissen war. Später erfolgte dann die Aus- füllung mit Glimmerporphyrit, wozu eiu wiederholtes Aufreisseu der Spalte, mit anderen Worten eine wiederholte gegenseitige Verschie- bung' der beiderseits angrenzenden Gebirgstheile nöthig war. Ein solches abermaliges Verschieben der Massen in derselben Richtung ist mechanisch sehr wohl denkbar, und steht ganz in Einklang oder ist nur ein besonderer Fall der geodyuamischen Erfahrung, dass in derselben Linie oder Richtung zu verschiedenen Zeiten Bewe- gungen sich wiederholen. Ein Hauptgrund davon liegt gewiss in der Versehwächung, welche durch die erste verschiebende Be- wegung in dieser Richtung eingetreten ist, da diese Versehwächung nach der ganzen Art des Beweguugsvorgangs sich nicht immer streng in einer Linie halten, sondern meistens einen Streifen von einer gewissen Breite betreffen wird, und da durch die blosse Anwesenheit der erstarrten Eruptivmasse die ursprüngliche Festig- keit, wie sie dem noch zusammenhängenden und nicht zerrütteten Nebengestein vor Entstehung der Spalte zukam, nicht ganz wieder hergestellt sein wird. Die zweite Verschiebung und Aufspaltung muss auch nicht genau, sondern nur ungefähr in die Lage der ersten fallen, und so mag es bewirkt werden, dass das in Folge dieses zweiten Bewegungsvorganges ei ud ringende, zweite Eruptiv- gestein auf eine gewisse Strecke als Gang innerhalb des ersten zu liegen kommt, auf andere Strecken seitwärts davon, auf wieder andere in der Verlängerung, indem es nämlich solche Stücke des Spaltenverlaufes erfüllt , welche wegen nicht völliger Aufreissung bei der ersten Bewegung, von dem ersten Eruptivgestein noch nicht erfüllt waren. Auf derartige Vorgänge lässt wenigstens das Verhalten der von uns in der bezeichueten Gegend aufgenommenen Gänge sohliessen. Eigentümlich bleibt es immerhin, dass der Kersantit, wenig- stens nach den Erfahrungen in unserem Gebiete und den Nach- bargebieten, nicht deckenbildend auftritt, wodurch er eben eine gewisse Sonderstellung einnimmt in der Reihe der ihm im Alter nahestehenden Eruptivgesteine, welche, wie er, das Grundgebirge in durchgreifender Lagerung durchsetzen, ausserdem aber auch in 118 H. Loretz, Ueber das Vorkommen von Kersantit etc. deckenförmigen Ausbreitungen Vorkommen, nämlich Quarzporphyr (Felsitporphyr etc.), Quarzarmer Porphyr (Orthophyr zum Thei.1), Glimmerporphyrit, Augitporphyrit (? Melaphyr). Man könnte aut die Vorstellung kommen, dass die Gesammtmasse des den Ker- santit liefernden Magmas für Deckenergüsse nicht bedeutend ge- nug war, sondern in ihrer horizontalen Verbreitung in der Tiefen- region, welcher sie entstammt, überall nur in solcher Menge vor- handen war, dass sie nur zur Ausfüllung der Gangspalten aus- i’eiclite; wir wollen indess dieser Vorstellung nicht den Werth einer Erklärung beimessen. Mitteilungen über die Eruptivgesteine der Seetion Schmalkalden (Thüringen). Von II errn H. Bücking in Strassburg i. Eisass. (Hierzu Tafel V.) Im Herbst 1887 wurde das im Norden der Seetion Schmal- kalden gelegene Gebiet, welches früher von Herrn von Seebach für eine detaillirte Aufnahme vorbereitet worden war, einer ein- gehenderen geognostischen Bearbeitung meinerseits unterzogen und damit die im Jahre 1879 von mir begonnene Detailaufnahme der Seetion Schmalkalden zum Abschluss gebracht- Besondere Auf- merksamkeit wurde diesmal, ebenso wie früher, den Eruptiv- gesteinen gewidmet, welche deckenartig im Rothliegenden und gangförmig sowohl in dieser Formation, als in dem unter-* liegenden Gneiss und Granit auftreten. A. Deckengesteine. Die Lagerung der Deckeilgesteilie ist aus den beigegebenen Pro- filen 1 — 3 (Taf. V) zu ersehen. Das erste Profil ist durch die Hohe Warte östlich von Kleinschmalkalden gelegt und zeigt über dem Granit, gegen welchen der westlich von einer Verwerfung auf- tretende Glimmerschiefer mit einer Neigung von 40° östlich ein- fällt, die gleichfalls östlich einschiessenden Sedimente des Unter- Rothliegenden, graue dünnplattige Sandsteine, graue und schwarze Schieferthone und wenig mächtige Conglomeratbänke. Diesen Schichten eingeschaltet, und zwar nahe an ihrer unteren Grenze, sind eine Decke von dunkelen, stark zersetzten melaphyrartigen Ge- 120 H. Bücking, Mittheilungen über die Eruptivgesteine steinen (a) und ein Lager von einsprenglingsarmem , zuweilen etwas plattig abgesondertem und deutlich fluidalstruirtem Quarz- porphyr (b), welches, im Hangenden der Decke (a) befindlich, von jener gewöhnlich durch eine schwache Lage von Sedimenten (Melaphyrconglomeraten z. Th.) getrennt, und von einem wenig ausgedehnten Lager von graugrünem, z. Th. mandelsteinartig entwickeltem Melaphyr (c) bedeckt ist. Das zweite Profil schliesst sich an das erste an. Ls benannt Ö am Kirchberg bei Floh, wo die gleichen Schichten zu Tage traten, wie an der Hohen Warte bei Kleinschmalkalden im Hangenden des Melaphyrlagers c, und folgt, einer über den Kohlberg und Hachelstein bei Asbach nach dem Heftenberg und Arzberg bei Steinbach-Hallenberg im Allgemeinen senkrecht zur Streichrichtunsr der Rothliegenden - Sedimente verlaufenden Linie. Am Kirchberg; bei Floh lagern über Unter-Rothliegendem, welches aus grauen Sandsteinen und Schieferthonen , auch Arkosen, besteht, rothgefärbte Sandsteine und Arkosen, mit welchen das Mittel- Roth liegende beginnt. Fs folgen nach oben bis zum Kohlberg rothe Sandsteine und Schieferthone, blaugraue tuffartige Gesteine und dünnplattige Quarzite, rothe Arkosen, Sandsteine und Schiefer- thoue mit eingelagerten Kalklinsen, Porphyrcouglomerate, und von da bis zur Grenze des Ober-Rothliegenden rothe Schieferthone mit untergeordneten Lagen von rothem Sandstein, Arkosen und Tuffen. Von Eruptivgesteinen erscheinen , von unten nach oben ge- zählt, zunächst nur vereinzelte, wenig ausgedehnte, linsenförmige Einlagerungen von stark zersetztem Melaphyr (d), dann Ausläufer des mächtigen Lagers von Hühnberggestein (e), ferner eine Decke eines einsprenglingsreichen Quarzporphyrs (f) und über diesem das am Kohlberg und am Hachelstein mächtig entwickelte Lager des bekannten dünnplattig abgesonderten, deutlich fluidalstruirten Quarz -Porphyrs von Asbach (g), welchem als jüngste, ebenfalls mächtige Porphyrdecke, von dem tieferen Lager nur durch eine schmale Zone von Sedimenten getrennt, wieder ein im Allgemeinen einsprenglingsreicher, massig (nicht plattig) abgesonderter Quarz- Porphyr, der Porphyr des Heftebergs (h) folgt. Zwischen Hefteberg und Steinbach-Hallenberg ändert sich das Einfällen der Schichten. Es bildet sich eine Mulde heraus, welche der Seetion Schmalkalden (Thüringen). 121 über dem mittleren Rothliegenden noch Oberes Rothliegendes enthält, d. i. ein Porphyrconglomerat mit vereinzelten Granit-, Gueiss- und Quarzgeschieben, welchem an einzelnen Stellen wenig mächtige Lagen von Schieferthon eingeschaltet sind. Das unter dem Ober- Rothliegeudeu bei Altersbach und am Arzberg hervor- tretende Mittel -Rothliegeude zeigt eine etwas andere petrogra- phische Entwickelung als in dem nördlichen Muldenflügel; es folgen nämlich unter rothem Schieferthon und Sandstein, der nach Be- obachtungen des Herrn von Fritsch bei Rotterode Kieselhölzer führt und noch zum Mittel-Rothliegenden zu rechnen ist, in der Thalsohle bei Altersbach violette, mürbe, kaolinhaltige Sandsteine und graudige, feldspathführende Schichten, in Wechsellagerung mit rothen Sandsteinen, Schieferthonen und Porphyrconglomeraten. Frei von diesen brandigen und conglomeratischen Zwischenlagen sind erst wieder die tieferen Sedimente, rothe Schieferthone und Sandsteine, welche unter der Decke des einsprenglingsreichen Porphyrs von Arzberg (hm) liegen und das Hangende des ein- sprenglingsarmen , zuweilen plattig abgesonderten und fluidal struirten Porphyrs von Steinbach-Hallenberg (g") bilden. Auch das dritte Profil, welches, dem zweiten nahezu parallel, das Gebirge weiter südwestlich schneidet, zeigt ähnliche Verhält- nisse, wie sie eben besprochen wurden. Es bedarf daher keiner weiteren Erläuterung. Nur, was den Porphyr des Dörnbergs (h) anlangt , so sei bemerkt, dass er petrographisch dem Porphyr des Stiller-Steins (h”), und mit dem letzteren dem des Heftebergs (10 gleich ausgebildet erscheint. Auch der Porphyr des Arzbergs (h'") ist diesen vergleichbar, während der Porphyr von Steinbach- H alienberg (g") eine gewisse Aehnlichkeit mit dem etwa gleich- alterigen Porphyr vom Kohlberg (g) besitzt, wenn er auch die für den letzteren charakteristische plattige Absonderung und Fluidal- structur nicht so deutlich erkennen lässt. G 1 i m m e r m e 1 a p h y r e. Die Gesteine der mit (a) bezeichneten weitverbreiteten Decke entsprechen sicherlich nicht einer einzigen Eruption, sondern viel- mehr mehreren über- und nebeneinander ausgebreiteten Ergüssen. Sie zeigen fast durchgängig in ihrer Structur eine grosse Aehn- Ö Ö Ö O O 122 H. Bücking, Mittheilungen über die Eruptivgesteine lichkeit mit echten Angitporphyriten, insofern als ihre Grundmasse (eine hyalopilitische im Sinne Rosenbusch s ist, d. h.) wesentlich aus kleinen schmalen, gewöhnlich unregelmässig angeordneten Feldspathleisten und Augitkörnchen neben Resten einer amorphen, fast immer zersetzten Basis besteht. Zuweilen befolgen die Plagio- klasleistchen, welche sich gewöhnlich erst bei gekreuzten Nicols von der zersetzten Basis gut unterscheiden lassen, eine parallele Anordnung, und entsteht dadurch eine deutliche Fluidalstructur. Aus der Grundmasse treten einsprenglingsartig einzelne grössere Krystalle von Biotit, Augit und Olivin hervor. Die letzten beiden Mineralien sind aber durchgehends zersetzt und umgewandelt in ein Gemenge von Quarz (resp. Chalcedon), Chlorit und Kalkspatb. Häufig ist auch der in frischem Zustande braune Biotit gebleicht und metamorphosirt: doch scheint ihn im Allgemeinen der charak- teristische schwarze Eisenerzrand gegen die Zersetzung widerstands- fähiger zu machen. Apatit kommt in etwas grösseren, durch staubähnliche Interpositionen grauen Krystallen mit pyramidaler Endigung in der Grundmasse ziemlich reichlich vor. Neben den herrschenden compacten Varietäten finden sich auch Mandelsteine mit länglichen, meist von Calcit und Chalcedon erfüllten Mandeln. Der Kieselsäuregehalt dieser Gesteine schwankt nach Analysen, welche ich an verhältuissmässig frischem Material habe anstellen lassen, zwischen 51 und 55 pCt. ; der Gehalt an Alkalien ist ge- ringer als der an alkalischen Erden; unter den letzteren scheint Magnesia über Kalk zu überwiegen. Wolff (Zeitsehr. für die ges. Naturwiss. , Halle 1878) fand in dem Gestein vom Reisigenstein bei Kleinschmalkalden sogar nur 43,5 Si02; jedenfalls hat ihm nur zersetztes Material zu Gebote gestanden, zumal da am Reisigen- stein kaum hinlänglich frische Gesteine, wie sie für eine ent- scheidende Analyse wünschenswert!» wären, zu erhalten sind. Auf Grund der gefundenen Zusammensetzung und mit Rück- sicht auf die Ergebnisse der mikroskopischen Untersuchung sind die eben besprochenen, die Hauptmasse des Eruptivlagers (a) zu- sammensetzenden Gesteine als saure Melaphyre oder als basische Augitporphyrite zu bezeichnen ; ich möchte den bisher für diese Gesteine gebräuchlichen Namen Glimmermelaphyr beizube- halten Vorschlägen. der Section Schmalkalden (Thüringen). 123 Eine charakteristische Melaphyrstructur zeigen unter den zur Untersuchung gelangten Gesteinen dieses Lagers nur die von der »Floher Gemeinde« (seil. = Wald) nordöstlich von Seligenthal, in welchen zwischen divergent-strahlig angeordneten Plagioklasleisten eingeschlossen eine stark zersetzte, reichlich Plagioklas in kleinen Kryställchen führende Grundmasse beobachtet wird (lntersertal- resp. Tholeiitstructur Rosenbusch’s). Sehr glimmerreiche Gesteine desselben Zuges herrschen süd- lich von den eben erwähnten, am Masskopf und am Kaiserskopf bei Floh, und kommen in nahezu gleicher Ausbildung auch in den Grubenbauen des Stahlbergs vor. Sie sind wegen ihres an Minette erinnernden Aeusseren früher von Moehl als solche beschrieben worden (Neues Jahrbuch für Mineralogie 1875). In ihrer Structur schliessen sie sich an die ersterwähnte Gesteinsgruppe dieses Lagers an; nur besitzen sie ausser den grösseren Biotitkrystallen, welche oft Rutilnadeln in regelmässiger Anordnung enthalten, auch in der Grundmasse neben divergent gelagerten Plagioklasen und Zer- setzungsproducten, welche vielleicht von einer vorhanden gewesenen Basis herrühren, noch Biotit in kleinen Blättchen. Darnach würden diese Gesteine den Glimmerporphyriten näher stehen als den eigentlichen Augitporphyriten. Die ähnlichen Gesteine vom Stahl- berg zeigen an den grösseren Biotitkrystallen unverkennbare Druck- einwirkungen; auch erscheinen in der Grundmasse gelegene, etwas grössere, chloritische Blättchen gebogen und zwischen den herr- schenden ungestreiften Feldspathen untereinander parallel ange- ordnet. Zersetzte Gesteins- Varietäten von Floh lassen häufig eine Mandelsteinbildung erkennen. Gesteine, welche bezüglich ihrer Structur den zuletzt be- sprochenen ähnlich sind, zum Theil aber auch als veränderte Tuffe angesehen werden können, stehen am Masskopf bei Floh in mäch- tigen Felsen an. Sie werden hier nach allen Richtungen von Quarzadern durchsetzt und sind durch und durch silificirt, der Art, dass sie bei reichlichem Gehalt an Eisenoxyd und Braun- eisen an Fisenkiesel erinnern. Die mangelhaften Aufschlüsse und der schlechte Erhaltungs- zustand der eben besprochenen Gesteine, welche das Lager (a) zusammensetzen, lassen eine Trennung: in die genannten verschie- ] 24 H. Bücking, Mittheilungen über die Eruptivgesteine denen Arten nicht durchführbar erscheinen. Man wird deshalb mit Rücksicht auf die kartographische Darstellung (im Maass- stabe ]/25ooo) einen Gesammtnamen für sie wählen müssen. Dem Namen » Gli mmerm elaphy r « möchte ich vor »Augitporphyrit« den Vorzug geben, einmal, weil die Bezeichnung »Augitporphyrit« den zuletzt erwähnten Gesteinen, welche durchgehends keinen Augit zu enthalten scheinen, nicht wohl beigelegt werden kann, und dann, weil unter Porphyr it schlechtweg im Allgemeinen kieselsäurereichere Gesteine verstanden werden, als sie hier vor- liegen, nämlich Gesteine mit 55 pCt. Kieselsäure und darüber (vergl. Lossen, Jahrb. d. geol. Landesanstalt für 1883, »S. xxix, und Zeitsehr. d. Deutsch, geol. Ges. 35, 1883, S. 212). Typische Melaphyre. Die mit dem Buchstaben (c) bezeichuete wenig ausgedehnte Gesteinsdecke besteht aus typischem Melaphyrgestein, welches con- verecent-strahliff angeordnete Plagioklasleisten und zwischen diesen eingeklemmt eine meist veränderte Grundmasse enthält. Dieselbe hat in frischem Zustande anscheinend eine amorphe Basis besessen ; jetzt führt sie reichlich Calcit und Chaleedon. Neben den ge- wöhnlich noch ziemlich frischen Plagioklasleisten finden sich als Einsprenglinge grössere, vollständig in Calcit und Chaleedon um- gewandelte Krystalle, vielleicht von Olivin und einem Augitmineral. Auch Mandelsteinstructur wurde beobachtet. Aehnlich diesem Vorkommen ist dasjenige, welches sich etwa 600 Schritt nördlich von Schnellbach im Unter-Rothliegenden be- findet. Auch die kleinen linsenförmigen Einlagerungen von stark zer- setztem Melaphyr (d) im mittleren Rothliegenden südlich von Floh schliessen sich hinsichtlich der Structur und der Zusammensetzung an die eben erwähnten Melaphyre des unteren Rothliegenden an. Das Ilüh nberggestein (e) ist, soweit es für die Section Schmalkalden in Betracht kommt, nach seiner Structur und seinem Mineralbestand ein Palatin it im Sinne von Lossen und Rosen- busch, enthält also in holokrystallinischer Grundmasse Leisten von Plagioklas und einen sehr gut prismatisch spaltenden, bräun- der Seetion Schmalkalden (Thüringen). 125 liehen Augit, Apatit und Eisenerze. Ein in dem Gestein sehr verbreitetes, ziemlich scharf gegen die Zersetzungsproducte der ge- nannten Gesteinsbestandtheile abgegrenztes serpentinartiges Mineral dürfte wohl als veränderter Enstatit oder Olivin anzusehen sein. Da, wo das mächtige Lager im Westen sich auskeilt, wird das sonst ziemlich grobe Korn des Gesteins ein feines; auch ist die Zersetzung weiter vorgeschritten und frischer Augit nicht mehr aufzufinden. Vollkommen dichte Gesteine von dieser Stelle, von welchen bei den hier sehr mangelhaften Aufschlüssen nicht nach- gewiesen werden konnte, in welcher Beziehung zum Palatinit sie stehen, besitzen Porphyrit-Structur, und sind demnach als Augit- porphyrit oder Melaphyr von porpliyritischem Habitus zu be- zeichnen. B. Ganggesteine. Die Eruptivgesteinsgäuge auf der Seetion Schmalkalden (und ebenso in dem angrenzenden Gebiet der Seetion Brotterode) bieten sehr eigenthümliche und interessante Verhältnisse dar. Neben Gängen, auf welchen nur eins der im Folgenden unter A, B und C erwähnten Gesteine auftritt, allerdings zuweilen in mehreren sowohl structurell als mineralogisch und chemisch etwas verschiedenen Abarten, sind auch sogenannte gemischte Gänge zu unterscheiden, auf welchen 2 oder 3 dieser Gesteine neben einander Vorkommen, nicht ohne in ihrem Verbände eine gewisse Regelmässigkeit er- kennen zu lassen. 1. Einfache Gänge. Die Gesteine der einfachen hänge lassen sich in 3 Haupt- gruppen eintheilen, welche leicht von einander zu unterscheiden sind. Es sind folgende: A. Basische Gesteinsgänge, namentlich im Gebiet des Glimmergneisses verbreitet, ausgezeichnet durch eine dunkele Farbe und ein mittleres Korn. Man kann folgende Gesteins -Varietäten unterscheiden : a) In Structur und mineralogischem Bestand dem Hühnberg- gesteiu durchaus entsprechende Gesteine (Palatinite). Ihr speci- 126 H. Bücking, Mittheilungen über die Eruptivgesteine fisohes Gewicht beträgt 2,8 — 2,9 (resp. 3,0 nach Pringsheim); ihr Kieselsäuregehalt 47 — 49 pCt. (vergl. WEISS, Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. XXX11I, 1881, S. 488). Die Plagioklase haben in diesem Gestein gewöhnlich eine convergeut stralilige Anordnung wie bei den körnigen Diabasen, und werden zum Theil umhüllt von den .oft gross ausgebildeten Augiten. Ausser einem bräunlichen Augit ( Diabasaugit) ist zuweilen auch noch ein ganz wasserheller, in der Farbe mit dem Olivin leicht zu verwechselnder Augit vor- handen, welcher randlich , auch in den frischesten Gesteinen, in Serpentin zersetzt erscheint (vergl. die Beschreibung des Plühnberg- gesteins (e) auf der vorigen Seite). Der bräunliche Augit ist in den der Umwandlung stärker anheimgefallenen Gesteinen sehr ge- wöhnlich am Rande oder durchaus in Uralit verändert, wobei in einzelnen Fällen auch etwas Biotit als Neubildung entsteht. Mehr untergeordnet erscheint zuweilen ein zweiter Feldspath. Die Ge- steine sind entweder gleichmässig körnig oder auch wohl por- phyrisch durch einzelne grössere Einsprenglinge von Plagioklas und von Augit. Die Einsprenglinge von Plagioklas, deren Zer- setzung immer im Centrum beginnt und allmählich nach aussen fortschreitet, so dass also die rundlichen Theile am längsten frisch bleiben, lassen nicht selten Biegungen (bis zu 25°), Brüche und andere auf Druckkräfte zurückzuführende Erscheinungen erkennen. b) In Gesteinen, welche den unter a) erwähnten im Allge- meinen ganz ähnlich sind, kann auch noch Quarz, entweder in ganz geringer Menge oder etwas häufiger, in Form von kleinen Körnern zwischen den anderen Gemengtheilen auftreten. c) In manchen dieser Gesteine erscheint neben dem Augit noch brauner Biotit und etwas Quarz, auch wohl etwas bräun- liche, von dem Uralit leicht zu unterscheidende, anscheinend pri- märe Hornblende. Ist in diesen Kersantit- und Proterobas- ähn- lichen Gesteinen — Lossen hat für sie den Namen »Hysterobas« in Vorschlag gebracht — der Quarz etwas reichlicher vorhanden, so zeigt er wohl auch eine regelmässige, schriftgranitartige (grano- phyrische) Verwachsung mit dem Feldspath. d) Es kann der Augit ganz zurücktreten oder fehlen, und neben den Feldspäthen kann vorhanden sein Hornblende, sowohl der Section Schmalkalden (Thüringen). 1'27 von uralitiscliem Aussehen (faserig, schilfig) und von grünlicher Färbung, als von dichterer, mehr compakter Beschaffenheit und von brauner Färbung, Biotit und reichlicher Quarz. Auch diese Gesteine sind Proterobas - ähnlich (Hysterobase Lossen’ s), nähern sich aber bei zunehmendem Biotitgehalt dem Kersantit. An einzelnen Stellen, wie bei Reichenbach, verfeinert sich das Korn der Gesteine, und es entstehen sehr feinkörnige bis dichte Varietäten, bei welchen in einer anscheinend etwas Basis führenden, sehr dichten Grundmasse einzelne oder sein’ viele grössere Plagioklasleisten convergentstrahlig angeordnet gelegen sind (Tholeiitstructur Rosenbusch’s). Gesteine, welche den hier erwähnten im A I Gemeinen sehr ähnlich sind, treten auch gangförmig im Unter -Roth liegen den an der Hausmaas und im Porphyr (b) des Haderholzsteins, an diesen beiden Orten ausgezeichnet durch deutliche Tholeiitstructur, aber ohne frischen Augit, sowie im Granit des Haderholzgrundes, hier als typischer Palatinit entwickelt, auf. Aus dem ersteren Vorkommen, im Unter - Rothliegenden und in dem Porphyr (b), kann man schliessen, dass wohl alle oder wenigstens die meisten dieser basischen Ganggesteine ihrer Erup- tionszeit nach dem Rothliegenden angehören und demnach mit den analog zusammengesetzten und struirten Deckengesteinen des Rothliegenden zu vergleichen sind. Die verschiedenen Varietäten entsprechen dann ihrer Structur und ihrer mineralogischen und chemischen Zusammensetzung zufolge den Melaphyren (und Pala- tiniten) und sind deshalb als Gangmelaphyre (Gangpalatinite) oder wohl auch, sofern sie porphyrisch ausgebildet sind, nach der Rosenbuscii sehen Nomenclatur als Diabasporphyrite (bezw. auch als Gangdiabase) zu bezeichnen. Nur sehr wenige von den oben genannten Gesteinen, die sauersten unter ihnen, könnten den Por- phyriten als Gangporphyrite (oder zum Theil als Dioritporphyrite) zur Seite gestellt werden. Eine scharfe Abgrenzung zwischen den verschiedenen mehr basischen und mehr sauren, oben erwähnten Varietäten ist aber kartographisch nicht durchführbar; sie gehen vielmehr, wie meine Untersuchungen ergeben, sogar innerhalb des- selben Ganges in einander über. Deshalb möchte ich sämmtliche, 128 H. Bücking, Mittheilungen über die Eruptivgesteine oben unter a) bis d) aufgeführten Gesteine unter einem gemein- schaftlichen Namen zusammenfassen und sie als Gangmelaphyr (oder Gangdiabas, Diabasporphyr it z. Th.) bezeichnen. Anmerkung. Im Haderholzgrund bei Seligenthal treten im Granit Eruptivgesteinsgänge auf, welche ihn nicht ganz bis oben durchsetzen, sondern sich in ihm verästeln und zerschlagen. Die Gesteine dieser Gänge enthalten als grössere Einsprenglinge etwas Feldspath, besonders aber Quarz, in welchen hier und da buchten- artig die Grundmasse eindringt. Letztere besteht wesentlich aus leistenförmigen Feldspäthen, welche, nach ihrem optischen Ver- halten zu scliliessen, ziemlich sauer sind, und Zersetzungsproducten, besonders Eisenoxyd. Andere Varietäten dieser Gesteine sind frei von Einsprenglingen und lassen eine deutliche Mikrofluidalstructur, bedingt durch parallele Anordnung der Feldspathleisten, erkennen. Ich möchte die Gesteine dieser Gänge als Gangporpliyrit (bezw. Dioritporphyrit) bezeichnen, und sie den vorher besprochenen Gangmelaphyren , mit welchen sie durch Uebergänge nicht vex-- bunden zu sein scheinen, gegenüberstellen. B. Gänge, deren Gesteine, unveränderte normale Glieder vor- ausgesetzt, einen Kieselsäuregehalt von 56 pCt. und darüber besitzen bei einem spec. Gew. von 2,71—2,75. Es lassen sich naturgemäss zweierlei Arten unter diesen Gesteinen unterscheiden, nämlich folgende : a) Dunkele Gesteine mit einer feinkörnigen bis dichten Gruud- inasse, aus welcher hin und wieder gi’össere, zuweilen glasig aus- gebildete Feldspäthe hervortreten, die neben Kalium fast immer, und zuweilen in beträchtlicher Menge, Natrium und Calcium ent- halten. Die Grundmasse ist, wie die miki'oskopische Untersuchung lehrt, vollkommen kristallinisch ausgebildet. Sie besteht vox- wiegend aus Orthoklas (bezw. ixugestreiftem Feldspath); neben diesem ist in zurücktretender Menge vorhanden Quarz, ferner Eisexxerz und entweder noch etwas Biotit oder Augit in kleinen Kryställchen, auch wohl Hoxmblende, welche, wenigstens zum Theil, aus dem Augit durch Zersetzuxxg hei'vorgegangen ist. Der Quarz ist gar nicht selten mit dem Oi'thoklas schriftgranitartig der Section Schmalkalden (Thüringen). 1-29 und granophyrisch verwachsen. Augit und Biotit vertreten sich gegenseitig, zuweilen auf demselben Gang. Uebergänge in die auf Seite 126 unter A. c), und auch d), erwähnten Gesteine können dadurch entstehen, dass der im All- gemeinen stets neben dem Orthoklas vorhandene Plagioklas reich- licher wird; doch gehören solche Uebergangsgesteine, welche sich in ihrer chemischen Zusammensetzung dem Palaeophyr Gümbel’s nähern, zu den Seltenheiten und treten nur unter- geordnet auf. b) Röth lieh graue und rothe Gesteine enthalten in einer kör- nigen bis dichten Grundmasse braunrotlie Feldspäthe eingewachsen und führen in seltenen Fällen auch Quarz, der aber dann von einer dunkelgrauen Hülle von basischen Mineralien (Biotit und Plornblende) umgeben ist und daran leicht als fremder Einschluss erkannt werden kann. Viele der Feldspatheinsprenglinge besitzen einen zonaren Aufbau; ein hellerer Kern wird häufig umsäumt von einer röthlichen , weniger durchscheinenden Randzone. Kern und Hülle unterscheiden sich durch einen verschiedenen Gehalt an Natrium und Calcium. In einzelnen Fällen scheint, nach Kieselfluorpräparaten zu urtheilen, das Natrium nicht nur im Kern, sondern auch in der natriumärmeren Hülle das Kalium zu überwiegen; dadurch entstehen dann Abarten des Gesteins, welche dem allerdings viel älteren Keratophyr Gümbel’s vergleichbar sind. Die Grundmasse besteht in allen den hierher gezählten Gesteinen aus Orthoklas (bezw. ungestreiftem Feldspath) und Quarz, die gewöhnlich mit einander regelmässig verwachsen sind. Die Granophyrstructur ist zwar sehr häufig, aber nicht immer vorhanden. Durch reichlicheres Auftreten von Quarz, der dann auch wohl in Einsprenglingen erscheint, entstehen Uebergänge in die dritte Gruppe von Gauggesteinen. Diese Uebergänge sind nicht sein- häufig und mehr auf locale abweichende Ausbildungsformen zurück- zuführen. Die unter a) und b) beschriebenen Gesteine werden als Gangorthoklasporphyre oder Syenitporphyre zu bezeichnen sein. Ich gebe, mit Rücksicht auf die holokrystallinische Aus- bildung der Grundmasse, dem letzteren Namen den Vorzug, be- 9 Jahrbuch 1887. 130 H. Bückixo, Mittheilungen über die Eruptivgesteine merke aber dabei, dass manche der hierher gehörigen, durch einen sehr hohen Natrongehalt ausgezeichneten Abarten vielleicht besser durch die von Lossen in Vorschlag gebrachte Bezeichnung »Meso- Keratophyr« und 'Meso-Augit-Keratophyr« charakterisirt werden. (Vergh Jahrbuch der geolog. Landesanst. für 1883, S. xxxiv.) C. G r an i tische Gänge, deren Gesteine einen Kieselsäure- gehalt von 67 pCt. und mehr aufweisen und das spec. Gew. 2,62 bis 2,66 (nach Pringsheim) besitzen. Die Ausbildung der Gesteine ist stets eine deutlich porphyrartige (porphyrische im Sinne Rosen- busch’s). In einer körnigen, gewöhnlich mit dem blossen Auge oder der Lupe auflösbaren Grundmasse liegen fast regelmässig grössere Krystalle von Orthoklas, Quarz und Biotit, bald reichlicher bald gegen die Grundmasse an Menge zurücktretend. Zuweilen ist durch parallele Anordnung der oft leistenförmig ausgebildeten Orthoklaskrystalle eine Fluidalstructur bedingt. Die Grundmasse ist entweder ein regellos körniges Gemenge von Orthoklas und Quarz, dem sich zuweilen etwas, wohl secundär gebildeter, Musko- wit zugesellt, ist also mikrogranitisch entwickelt (und zwar allo- triomorph- körnig), oder sie zeigt eine oft sehr ausgesprochene Granophyrstructur; selten sind die Feldspäthe in der Grundmasse ebenflächig' begrenzt. O O In schmalen Gängen und in schmalen Apophysen mächtiger Gänge ist die Grundmasse der hierher zu stellenden Gesteine ge- wohnlich so dicht ausgebildet, wie bei den dichtesten Mikrograniten, sodass sich oft nicht mit voller Sicherheit entscheiden lässt, ob sich nicht zwischen den Mineralbestandtheilen derselben noch eine amorphe Basis befindet. Die Gesteine machen dann ganz den Eindruck von felsitischen Quarzporphyren. Die Einsprenglinge, zumal von Quarz und Biotit, zeigen fast durchgängig Einwirkungen eines starken Druckes. Bei dem Biotit sind dieselben am auffälligsten und im Dünnschliff schon im ge- wöhnlichen Lichte sichtbar, bei dem Quarz erkennt man gewöhn- lich erst im polarisirten Licht die vielen unregelmässig verlaufen- den Biegungen, Knickungen und Brüche, bei deren Betrachtung der’ Section Schmalkalden (Thüringen). 131 man unwillkürlich an einen Vergleich mit stark zerknittertem und dann wieder schlecht geglättetem Papier denken muss. Die Gesteine dieser Gruppe C. werden jetzt allgemein mit dem Namen Granitporphyr bezeichnet; es liegt kein Grund vor, von dieser Bezeichnungsweise abzugehen. 2. Gemischte Gänge. Auf dem von mir im vergangenen Herbste kartirten Gebiet der Section Schmalkalden giebt es unter den gemischten (dingen alle Arten, welche bei Betheiligung von 3 Gesteinen überhaupt nur denkbar sind. Es können also auf demselben Gang zusammen auftreten — und hierbei bediene ich mich der Kürze halber der oben in Vorschlag gebrachten Bezeichnungsweise der Gesteine: 1 . Syenitporphyr und Gangmelaphyr, 2. Granitporphyr und Gangmelaphyr, 3. Granitporphyr und Syenitporphyr. 4. Granitporphyr, Syenitporphyr und Gangmelaphyr 1). Stets besteht dann die Gesetzmässigkeit, dass das kieselsäurereichste Gestein in der Mitte, das kiesel- säureärmste Gestein am Salband des Ganges gelegen ist. In der Regel ist die Anordnung und Aufeinanderfolge der Gesteine von der Mitte aus nach beiden Salbändern hin die gleiche, auch die Mächtigkeit der gewöhnlich scharf von einander geschie- denen Gesteine an beiden Seiten des Ganges ist nahezu dieselbe. (Vei’gl. Profil 4 und 5; sowie Weiss, Zeitschr. der Deutsch, geol. Ges. xxxiii, 1881, S. 483 etc. und Pringsiieim, ebenda, xxxn, 1880, S. 111 etc. In der letzteren Arbeit (S. 182) werden die Erscheinungen als auf den Gang am Korällchen bei Lieben- stein beschränkt hingestellt. Doch hat schon i. J. 1 858 (ebenda, x, S. 315) Senft auf den am südlichen Abhang des Thüringer J) Es liegt nahe, auch an gemischte Gänge, an welchen sich Dioritporphyrit betheiligt, zu denken. Indessen habe ich gemischte Gänge mit typischem Dioritporphjrit, wie er oben auf S. 128 aus dem Haderholzgrund erwähnt worden ist, bis jetzt noch nicht aufgefunden. 9 132 H. Bücking, Mittbeilungen über die Eruptivgesteine Waldes an mehreren Stellen zu beobachtenden »eigenthüm- lichen Zusammenhang der Melaphyre« mit den >Dioriten«< hin- gewiesen. Auch C. F. Danz, Topographie des Kreises Schmal- kalden, 1848, S. 58 u. und J. L. Heim, Geolog. Beschreibung des Thüringer Waldgebirges, Meiningen 1798, II. Theil, 1 (S. 111 u. 138 etc.) gedenken dieses Zusammenhangs als eines »gewöhn- lichen« Falles.) Die durchaus ge setz massige Lagerung der genannten Gesteine innerhalb der gleichen Gangspalte schliesst von vornherein die Annahme aus, dass das Gestein der Gangmitte bei einer späteren Eruption in die mit bereits verfestigtem Gestein erfüllte Gangspalte eingepresst worden sei. Solche Vorgänge könnten nur angenommen werden bei denjenigen gemischten Gängen, welche an beiden Salbändern ein verschiedenes Verhalten zeigen, also unsymmetrisch gestaltet sind, und auch noch gewisse andere, hier nicht näher zu besprechende Unregelmässigkeiten erkennen lassen ; solche Gänge gehören aber auf der Section Schmalkalden zu den Seltenheiten. Bei allen übrigen gemischten Gängen wird man die gesetzmässige Aufeinanderfolge der Gesteine kaum anders erklären können, als durch die Annahme, dass das in die Gans-- spalte eingepresste Magma sich unter gewissen Bedingungen, viel- leicht unter dem Einfluss eines sich allmählich oder plötzlich oder ruckweise verringernden, oder mehrmals wechselnden Druckes, in verschiedene Gesteine gespalten hat, der Art, dass die basischen Spaltungsproducte die randlichen, die saueren die mittleren Theile des Ganges einnehmen. Soweit die chemische Zusammensetzung der verschiedenen hier in Betracht kommenden Gesteine bekannt ist — und von den wichtigsten Typen liegen bereits mehrere Analysen vor — , spricht sie nicht gegen eine solche Auffassung; und was die Mine- ralien der verschiedenen auf demselben Gang auftretenden Gesteine anlangt, so würden sie in derselben Reihenfolge, in welcher sie sich auf dem Gange (also in den verschiedenen zwischen Salband und Gangmitte gelegenen und somit nach einander erstarrten Ge- steinen) gebildet haben, auch unter gewissen Umständen in einem und demselben Gestein in verschiedenen aufeinander folgenden der Section Schmalkalden (Thüringen). 133 Generationen haben zur Ausscheidung kommen können. Die Er- fahrungen, welche man bezüglich der Reihenfolge der Mineralaus- scheidungen aus Schmelzflüssen und speciell aus Gesteinsmagmen gesammelt hat, sprechen dafür, dass sich im Allgemeinen zuerst die Erze und die Eisen-, Magnesia-, Kalk- und Natronsilikate ausscheiden, während die Kalisilikate, ebenso wie die Kieselsäure, länger gelöst bleiben *), ferner dass unter gewissen Bedingungen in einer späteren Epoche der Gesteinsbildung bezw. -festwerdung die gleichen Gemengtheile sich noch einmal ausscheiden, ja dass sogar unter ganz besonderen Verhältnissen mehrmals ihre Bildung sich wiederholt und somit mehrere Generationen derselben Mine- ralien in dem Gestein vorhanden sein können. So lassen z. B., wie das Rosenbusci-i (1. c. S. 291) bestätigt, die Elvane vieler Fundorte drei verschiedene Quarz- und Feldspath- Generationen unterscheiden. Aehnliche, wenn auch nicht so auffallende Erscheinungen, wie sie die Gänge auf Section Schmalkalden darbieten, sind übrigens mehrfach auch in anderen Gegenden beobachtet worden. Diebisch berichtet in der Zeitschr. der Deutsch, geol. Ges. xxix, 1877, S. 719 über Ergebnisse, zu welchen die Untersuchung der von Kunth gesammelten »Syenitporpbyre« vom Hof Ris nördlich von Christiania geführt hat; sie deuten auf ähnliche Verhältnisse hin, wie sie auf Section Schmalkalden vorliegen. Auch BröGGEr erwähnt von Ganggesteinen der Gegend von Christiania, welche er als »porphyrartigen Glimmersyenit« bezeichnet, dass sie an den Salbändern eine porphyritische, plagioklasreiche Ausbildung besitzen (BröGGER, Silur. Etagen 2 und 3: 1882, S. 286). Noch mehr erinnern an die hier beschriebenen die von Holst und Eichstädt in Smäland beobachteten Gänge , welche in den centralen Theilen Quarzporphyr , 6 — 30 Meter mächtig, an den Salbändern »Uralitdiabas«, also Gangmelaphyr bezw. Diabas- porphyrit, etwa 1 Meter mächtig, enthalten. (Geolog. Foren, i Stockholm Förli. 1883, Bd. VI, S. 709 etc., sowie Neues Jahrb. f. l) Yergl. Lagokio, über die Krystallisationsvoi gange im eruptiven Magma, in Tschebmak’s Mineralog. u. petrograph. Mittli. 1887, VIII, S. 520 etc.; ferner Rosenbusch, massige Gesteine, 2. Aufl. 1887, an vielen Stellen. 134 H. Bücking, Mittheilungen über die Eruptivgesteine Min. 1884, II, S. 209). Auch auf Section Nassau im Königreich Sachsen (Specialkarte des Königr. Sachsens, Erl. 1887, S. 35) hat R. Beck einen Augitsyenitgang beobachtet, welcher an beiden Sal- bändern ein scharf gegen das saure Gestein der Gangmitte sich ab- setzendes basisches Gestein (mit gleichen Gemengtheilen wie jenes) zeigte. Ferner hat M. Koch einen Gang von grauem Porphyr des Harzes von Blatt Wernigerode besprochen (Jahrbuch d. geol. Landesanstalt für 1885, S. xxvii), bei welchem das saure Gestein der Gangmitte einen »allmählichen« Uebergang in basisches diabas- artiges Gestein des Salbandes erkennen lässt. Ein solcher allmählicher Uebergang des basischen Salband- gesteins in das saure Gestein der Gangmitte findet bei den ge- mischten Gängen auf Section Schmalkalden im Allgemeinen nicht statt; nur an wenigen, deren Untersuchung noch nicht als abge- schlossen betrachtet werden kann, ist der Uebergang ein schritt- weiser. In der Regel lässt sich eine scharfe Grenze zwischen den verschiedenen Ganggesteinen nachweisen. Zur Erklärung dieser Verhältnisse müsste man etwa Folgendes annehmen. Aus dem Magma bildet sich am Salband des Ganges, wo in Folge der Wärmeabgabe an das Nebengestein zuerst eine Ab- kühlung und deshalb eine Mineralausscheidung aus dem Magma eintreteu muss, zunächst ein aus vorwiegend basischen Mineralien bestehendes Gestein, so lange, bis bei dem Aufhören oder Nach- lassen der das Magma in die Gangspalte pressenden Druckkräfte die Auskrystallisation des Magmas unterbrochen wird. Erst nach einer gewissen Pause, nämlich dann, wenn die Temperatur des noch flüssigen Magmas bis zu einem bestimmten Grade ge- sunken oder der von unten wirkende Druck *) wieder eine be- stimmte Höhe erreicht hat, beginnt von Neuem eine Mineralaus- scheidung, welche nunmehr, im Falle dass das früher gebildete basischere Randgestein nicht wieder vollständig eingeschmolzen *) Bezüglich des Einflusses eines starken Drucks auf die Krystallisations- vorgänge im Magma muss ich auf die oben citirte Abhandlung Lagorio’s und die dort angeführte umfangreiche Litteratur verweisen. der Section Schmalkalden (Thüringen). 135 ist, bei der von der ursprünglichen abweichenden chemischen Zusammensetzung des Magmas zur Bildung eines anderen, saureren und von dem erstgebildeten Salbandgestein ziemlich scharf getrennten Gesteins führen muss. Die Annahme, dass die Schwankungen in der Grösse des von unten, vom Eruptionsherd, her wirkenden Druckes von Ein- fluss auf die Art der Erstarrung des Gesteinsmagmas in den Gang- spalten sein können, ist allerdings nur dann zulässig, wenn es sich um Theile von Gängen handelt, welche dem Eruptionsherd nicht allzu entfernt liegen, um Theile von Gängen, in welchen solche Schwankungen auch wirklich noch in hervorragendem Maasse fühlbar werden. Solche Gänge scheinen in dem be- sprochenen Gebiet nun wirklich vorzuliegen. Die ausserordentliche Menge von Gängen, und zwar gerade von gemischten Gängen, zwischen Elmenthal und Kleinschmalkalden und besonders im Trusenthal, muss Jeden, der die Gegend einmal besucht, über- raschen; sie scheint unwiderleglich daraufhinzudeuten, dass in dieser Gegend der Eruptionsherd nicht allzu tief unter der jetzigen Ober- fläche gelegen hat. Jedenfalls hat — und diese Ueberzeugung drängt sich jedem unbefangenen Beobachter auf — die eruptive Thätigkeit, welcher die erwähnten Gänge ihre Entstehung ver- danken, in dieser Gegend — gegenüber allen anderen im nörd- lichen Thüringer Wald — ihren grössten Umfang erreicht. Kreuzt man doch im Trusenthal zwischen der Stahlbergverwerfung in Hei ges und der Nordgrenze der Section Schmalkalden, auf einer nicht ganz 2 Kilometer langen Strecke 18 durchschnittlich je 10 Meter mächtige Eruptivgesteinsgänge. Zwischen der Restau- ration Ittershagen und dem Wasserfall folgt Gang auf Gang; O O O Ö 7 8 meist mehr als 10 Meter mächtige Gänge sind auf dieser nicht ganz 500 Meter betragenden Strecke anstehend beobachtet; zum Theil springen sie zwischen den abgerundeten Granitfelsen in Form scharfkantiger Klippen koulisseuartig in das Waldthal vor und verleihen demselben, es mehrfach einengend, seinen eigen- artigen Charakter. (Vergl. die Skizze 6 vom unteren Trusen- thal auf der Tafel V.) 136 H. Bücking, Mitteilungen über die Eruptivgesteine Für die Annahme nur eines einzigen Eruptivmagmas, welches in der Gangspalte selbst eine Spaltung in verschiedene Gesteine erlitten hat, sprechen namentlich diejenigen gemischten Gänge, welche sich aus drei verschiedenen Gesteinen symmetrisch auf- bauen (vergl. Profil 5). Auch folgende Beobachtung ist ge- eignet, diese Annahme zu unterstützen. Es tritt nämlich bei mehreren Gängen1) der Fall ein, dass sie in einer gewissen Er- streckung, und zwar besonders in den höher gelegenen, offenbar von dem Eruptionsherd weiter entfernten Theilen der Gangspalte, nur aus Syenitporphyr bestehen, während in anderen Theilen der- selben Gangspalte und zwar in tieferen, dem Eruptionsherd näher gelegenen Theilen, Granitporphyr mitten zwischen dem Syenit- porphyr erscheint, gleichzeitig aber auch an den Flanken des Syenit- porphyrs, an den beiden Salbändern des Ganges, Gangmelaphyr. Man möchte aus diesen Beobachtungen fast den Schluss ziehen, dass manche der einfachen Syenitporphyrgänge, ebenso wie sie im Fortstreichen in gemischte Gänge übergehen können, auch weiter nach der Tiefe hin, näher an ihrem Eruptionsherd, sich als ge- mischte Gänge darstelleu. Eine weitere, sehr wichtige Stütze für die Annahme einer Entstehung der gemischten Gänge aus einem einzigen Eruptiv- magma erblicke ich ferner in einer an mehreren Stellen, in guten Aufschlüssen, beobachteten Erscheinung, die darin besteht, dass auch da, wo die gemischten Gänge nach oben hin sich auskeilen, das sauere Gestein der Gangmitte von dem Nebengestein des Ganges durch das basische Salbandgestein getrennt ist. Das letztere schliesst also wie eine Hülle — (Heim spricht in dem oben citirten Werke von 1798, auf S. 111 u. S. 182, mehr divi- natorisch als auf Grund wirklicher Beobachtungen, von einem Ueberzug«, einer »Schale«) — den Gang ein, trennt den Kern des Ganges von dem Salband. !) Z. B. bei dem Gang »Elmenthal-Süd, welcher bei Elmenthal, am südwest- lichen Ende des Dorfes das im Profil 5 angegebene Verhalten zeigt, weiter östlich dagegen im Trusenthal, wie die Kartenskizze 6 ( i. M. 1 : 5000) angiebt, nur als einfacher Gang entwickelt ist. der Section Schmalkalden (Thüringen). 137 Das Vorhandensein von einfachen, entweder nur mit dem basischen Gangmelaphyr oder nur mit dem sauren Granitporphyr gefüllten Gängen würde dafür sprechen, dass solche Gesteine, wie sie sonst als Spaltungsproducte eines in seiner Zusammensetzung zwischen beiden stehenden Magmas auf den Gängen entstanden, auch bereits in grösserer Tiefe, etwa innerhalb des Eruptionsherdes, durch Differenzirungen aus ähnlichen Magmen erzeugt und von Zeit zu Zeit, von einander getrennt, in Spalten injicirt werden konnten. Es ist auch leicht möglich, dass das in dem Eruptions- herd gebildete Magma an verschiedenen Stellen des Herdes zu verschiedenen Zeiten der eruptiven Thätigkeit eine etwas andere Zusammensetzung hatte, und würden sich hieraus die oben er- wähnten Schwankungen , welche die Ganggesteine in ihrer che- mischen und mineralogischen Zusammensetzung zeigen, recht wohl erklären lassen. Diese eben versuchte Erklärung hat viele Vorzüge vor der Annahme mehrerer von einander getrennter Eruptionsherde. Immerhin aber könnte man, nach dem Vorgänge von Bunsen, auch an einen (vielleicht tiefer gelegenen) basischen (Mela- phyrherd) und an einen (etwa höher gelegenen) sauren (Granit- porphyr-) Eruptionsherd denken , und die Syenitporphyrgänge ebenso wie die gemischten Gänge, auf zwei sich mit einander mischende Magmen, ein basisches (Gangmelaphyr-) und ein saures (Granitporphyr-Magma), zurückführen. Was speziell die gemischten Gänge anlangt, so würde man dann für diese annehmen müssen, dass sie zuerst mit den basischen Magmen gefüllt wurden und noch, ehe dieses sich vollständig verfestigt hatte, das sauere ein- drang. War das letztere im Staude, das erste vollständig einzu- schmelzen (was z. B. bei Voraussetzung eines sehr weit nach oben sich erstreckenden Ganges nicht gerade leicht erklärlich und wahr- scheinlich ist), so konnte diese Mischung beider Magmen Syenit- porphyr liefern; wurde das basische Magma nur theilweise ein- geschmolzen, so konnten beim Erstarren, unter gewissen, oben näher angedeuteten Bedingungen, gemischte Gänge entstehen. Dass die Eruptionen, welche die Gänge gefüllt haben, nicht gleichzeitig stattfanden, sondern lange Zeit hindurch sich öfter © © © 138 H. Bücking, Mitteilungen über die Eruptivgesteine wiederholt haben, wird durch die Thatsache bewiesen, dass die einfachen und gemischten Gänge, wenngleich sie im Allgemeinen dasselbe Streichen, ein vorherrschend westnordwestliches, beob- achten, sich doch an einzelnen Stellen gegenseitig durchsetzen. So wird im Trusenthal ein gemischter, von Granitporphyr und Melaphyr erfüllter Gang (»Buchenberg-Süd«), von einem anderen gemischten, von Syenitporphyr und Melaphyr gebildeten Gang (dem Trusenthaler Hauptgang)1), und an den Pulverköpfen bei Hohleborn ein von Granitporphyr und Syenitporphyr erfüllter gemischt er Gang von einem Granitporphyr - Melaphyrgang durch- setzt. Jedenfalls besitzen — das folgt unzweideutig aus den geo- logischen Aufnahmen der Section Schmalkalden — die gemischten Gänge nahezu das gleiche Alter wie die einfachen Melaphyrgänge, von welchen ich oben erwähnt habe, dass sie noch bis in das Unter-Rothliegende hineinsetzen. Es gehören demnach nicht nur die gemischten, sondern auch die einfachen, mit Granitporphyr oder mit Syenitporphyr gefüllten Gänge, wenigstens zum grossen Theil, dem Rothliegenden an, und haben wir in den in dieser For- mation auftretenden Eruptivlagern die zu den erwähnten Gang- gesteinen zugehörigen Deckengesteine zu erblicken. Der Quarz- porphyr ist demnach das Aequivalent des Granitporphyrs, der quarzfreie Orthoklasporphyr das Aequivalent des Syenitporphyrs, der Melaphyr (Palatinit) das Aequivalent des Gangmelaphyrs (bezw. Diabasporphyrits), der Porphyrit das Aequivalent des Diorit- porphyrits (Gangporphyrits). Auch diese Beziehungen sollten durch die oben in Vorschlag gebrachten Benennungen angedeutet werden. Es erübrigt noch darauf aufmerksam zu machen, dass die im Granit und Gneiss bezw. Glimmerschiefer, Quarzitschiefer, Plorn- blendeschiefer etc. aufsetzenden Gänge keinerlei auffallende Con- tactwirkungen im Nebengestein hervorgerufen haben; ich betone ') Vergl. die Kartenskizze 6 vom unteren Trusenthal auf der Tafel Y. Die Gänge sind im Yerhältniss zum Maassstab der Karte (1:5000) zu breit gezeichnet. der Section Schmalkalden (Thüringen). 139 dasselbe ganz besonders, weil mehrfache Angaben in der Litteratur vorhanden sind, denen zufolge man sehr bemerkenswerthe Ver- änderungen im Nebengestein erwarten sollte. Die hier nur angedeuteten, zum grössten Theil nicht näher erörterten Verhältnisse hoffe ich demnächst in einer umfangreicheren Bearbeitung aller von mir untersuchten Gänge der Section Schmal- kalden, deren Zahl mehr als 70 beträgt, genauer darlegen zu können. Strassburg, den 12. Februar 1888. Bemerkungen zu dein Funde eines Geschiebes mit Pentamerus borealis bei Havelberg. Von Herrn F. WahnschafFe in Berlin. Bei der geologischen Aufnahme des Blattes Havel b erg fand ich ein Geschiebe, welches aus mehreren Gründeu von Interesse sein dürfte. Erstens gehört dasselbe in dem mittleren Gebiete des norddeutschen Flachlandes zu den verhältuissmässig seltenen Vorkommnissen, sodanu ist sein Heimathsgebiet ein so eng be- grenztes, dass die daraus herzuleitenden Findlinge als treffliche Leitblöcke« für die eiszeitliche Transportrichtung angesehen wer- den können und drittens gewinnt es dadurch an Bedeutung, dass es einem Geschiebemergel entstammt, dessen Lagerung sich genau feststellen liess. Dur ’ch das Vorkommen zahlreicher zusammengehäufter Schalen von Pentamerus borealis Eicihw. erweist sich das in Frage stehende Geschiebe als zur obersilurischen Borealis -Zone gehörig, welche nach Friedrich Schmidt über der Jörden’sclien Schicht liegt und von ihm als G 2 bezeichnet worden ist. Es besteht aus einem grobkrystall inischen, weissgrauen Kalk, in welchem die durch eiue beinerkenswerthe Dicke sich auszeichnenden Schalen einge- bettet sind. Ihre Oberfläche ist gleichmässig gewölbt und glatt; bei einigen Exemplaren sieht man eine schwache schmale Ein- senkung längs der Mittellinie der grösseren Klappe sich hinab- ziehen. Das Geschiebe stimmt sowohl in seiner petrographischen F. Wahnschaffe, Bemerkungen zu dem Funde eines Geschiebes etc. 141 Beschaffenheit, als auch hinsichtlich der Ausbildung der Schalen ganz und gar mit den Handstücken überein, welche ich im Früh- jahr 1887 in Estland in einem Steinbruche des Pentameruskalkes bei K ammarika unweit der Station Rakke sammelte. Zum Verständniss für den Fundort des Geschiebes ist eine kurze Darlegung der geologischen Verhältnisse bei Havelberg erforderlich. Die dortige Diluvialhochfläche bricht sowohl nach Süden gegen das vereinigte Oder-Weichselthal als auch nach Westen gegen die breite Thalebene des alten Elbthales in steilen Gehängen ab, an deren Fusse die Havel unmittelbar entlang fliesst. Diese Gehänge bestehen in der Umgebung von Havelberg zu unterst aus einem blaugrauen, thonigen und nicht sehr block- reichen Geschiebemergel, welcher mehrfach in den Gruben nördlich von Havelberg aufgeschlossen ist. Zufolge einer in Havelberg in der Lehmgrube des Herrn Otto Kirchner ausge- führten Tiefbohrung ruht dieser untere Geschiebemergel auf einem blaugrauen Tertiärthon, der bei 126 Meter noch nicht durch- sunken wurde und nach meiner Auffassung zum Septarienthon zu rechnen sein dürfte. Ueber dem blaugrauen Geschiebemergel fble't meist ohne Zwischenlagerung ein gelbrother Geschiebe- mergel, welcher viel blockreicher ist, als der darunter liegende und hinsichtlich seiner Färbung mit dem rothen Geschiebemergel der Altmark übereinstimmt. Oestlich der Elbe war letzterer bisher noch nicht in grösserer Ausdehnung bekannt. Berendt1) hat ihn als ein »vielfach durch eine gewisse Steiuarmuth sich auszeichnendes Gebilde« gekennzeichnet. Dies gilt, wie gesagt, nicht für den rothen Geschiebemergel von Havelberg und auch nur theilweis für den- jenigen der Altmark. Es geht dies aus den Mittheilungen Grüner1 s 2) hervor, welcher von dem rothen altmärker Geschiebe- mergel des Blattes Schinne folgendes schreibt: Die von ihm eiu- o-eschlossenen Geschiebe erreichen bisweilen erstaunliche Zahl und *) G. Berendt, Zur Geognosie der Altmark. Unterschiede in den geognosti- sehen Verhältnissen derselben gegenüber denen der Mark Brandenburg. (Jahrb. d. Königl. geol. Landesanstalt für 1886. Berlin 1887. S. 106.) 2) H. Grüner, Erläuterungen zu Blatt Schinne S. 23. 142 F. Wahnschaffe. Bemerkungen zu dem Funde eines Geschiebes Grösse und sind besonders die Höhen der vom Woltersberg und den Ortschaften Grünwulsch, Darnewitz und Steinfeld eiuo-e- Ö schlossenen Gebiete damit wie besät; sie bilden hier ein förm- liches Riesenpflaster, das man aber seit Jahren im Interesse der Bodencultur mehr und mehr zu zerstören eifrig bemüht ist. Von der Art und dem Umfang dieser Geschiebe erlangt man am besten durch Besuch der in der Nachbarschaft von Kläden und Steinfeld noch intact erhaltenen zahlreichen sogenannten Hühnen- gräber Aufschluss«. In ähnlicher Weise ist von demselben Autor1) der rothe Geschiebemergel des Blattes Lüderitz folgendermaassen beschrieben worden : Die in ihm und seinen Verwitterungsproducten , dem Lehm und lehmigen Sande auftretenden Geschiebe, mit denen sie bis- weilen wie bespickt erscheinen, oder die auch vereinzelt, aber oft von über Kubikmeter Grösse auftreten, sind im Laufe der Zeit, je näher an den Dörfern, desto mehr ausgegraben und zum Funda- ment der Wohnhäuser oder auch zum Oberbau der Wirthschafts- gebäude benutzt worden, wodurch oftmals eine wahre Musterkarte der aus dem Norden stammenden Abarten krystallinischer Gesteine entstand«. Auch Scholz 2) sagt von Blatt Gardelegen und Klinke : »Der Geschiebemergel des unteren Diluviums führt seinen Namen nach den zahlreich in ihm vorkommenden Geschieben der verschiedensten Grösse, sodass man der gewöhnlich vorkommenden Art desselben auch den Namen Blocklehm beigelegt hat. Er be- sitzt eine eigenthümlich röthliche Färbung und wird desshalb zum o o Unterschiede vom gemeinen auch roth er altmärkischer Geschiebe- mergel genannt«. Dagegen hebt er allerdings mehrfach hervor, dass der stellenweise den rothen Geschiebemergel unterlagernde graue meist sandiger und steinreicher ist als der erstere, während nach Grüner auf den Blättern Lüderitz und Schinne das um- gekehrte Verhältniss stattfindet. Was nun die Gegend von Havelberg anlangt, so finden sich an einigen Stellen des Gehänges, besonders in der Nähe des 1) H. Grüner, Erläuterungen zu Blatt Lüderitz S. 18 u. 19. 2) M. Scholz, Erläuterungen zu Blatt Gardelegen S. 18, desgl. zu Blatt Bismark S. 16. 143 mit Pentamerus boreatis bei Havelberg. nördlich von der Stadt gelegenen Dorfes Toppein einige Punkte, wo die zuoberst liegende Geschiebemergelbank eine sehr ausge- prägt rothe Farbe besitzt. Der Umstand, dass der graue und der rothe Mergel oft in einer geraden Linie und unter deutlicher Wahrnehmbarkeit einer Ablösungskluft von einander getrennt sind, sowie auch der soeben hervorgehobene deutliche Unterschied im Geschiebereichthum bestimmt mich dazu, hier nicht anzunehmen, dass die obere Bank durch Oxydation der unteren blaugrauen entstanden sei, sondern dass hier, ebenso wie westlich der Elbe, zwei dem Alter nach verschiedene Grundmoränen vorliegen. Die- jenigen der Altmark sind von Berendt beide dem Unterdiluvium zugewiesen worden, worauf ich noch später zurückkommen werde. Meine Annahme wird ferner unterstützt durch den ungleichen Kalkgehalt, welchen die Mergel besitzen , obgleich man aller- dings auf die eine vorliegende Untersuchung nicht zuviel Gewicht legen darf. Die mit dem ScHElBLER’schen Apparate ausgeführten Kohlensäurebestimmungen gaben auf Calciumcarbonat berechnet folgendes Resultat : Rothe obere Schicht aus der Wolf’schen Grube am Steilgehänge bei Schmokenberg. Erste Bestimmung 18,36 CaCOj* Zweite Bestimmung 18,34 » Durchschnitt 18,35 GaCO^. Graue untere Schicht aus der Wolf’schen Grube am Steilgeliänge bei Schmokenberg. Erste Bestimmung 23,43 Ca CO?, Zweite Bestimmung 23,12 » Durchschnitt 23,27 CaCOs- Für die Trennung spricht ausserdem noch der Umstand, dass sich in dem Einschnitt am Havelberger Dom, sowie in der weiteren Fortsetzung des Gehänges nach Osten zu zwischen die beiden Geschiebemergel geschichtete Bänke von Grand und Sand einschieben. 144 F. Wahnschaffe, Bemerkungen zu dem Funde eines Geschiebes Vom Rande aus senkt sich die Hochfläche allmählich nach Nordosten zu und die obere Bank des Geschiebemergels, welche mit ihren V erwitterungsproducten bei Havelberg in einer ungefähr 2 Kilometer breiten Zone die Oberfläche bildet, verschwindet unter z. Th. mächtigen Ablagerungen von geschichteten Sauden und Granden, welche unter Berücksichtigung der Auffassung über die Lagerungsverhältnisse am linken Elbufer bei der Kartirung von mir zum unteren Diluvium gestellt worden sind. Was nun das Vorkommen des Geschiebes mit Pentamerus borealis betrifft, so stammt dasselbe aus einem Steinhaufen, der am Rande der Ziegeleigrube zwischen Havelberg und Toppein sich nahe bei der am nördlichsten gelegenen Ziegelei befand. Die Geschiebe sind aus den beiden in der Grube aufgeschlossenen Geschiebemergeln ausgelesen, doch war nach den dem Borealis- kalk anhaftenden Mergelresten zu schliessen , dass derselbe in der oberen rothen Bank gelegen haben muss. Bekanntlich bildet der Borealiskalk nach Schmidts2) Unter- suchungen eine schmale, nicht mehr als 15 Friss Mächtigkeit be- sitzende' Zone, welche sich durch ganz Estland aus der Gegend nördlich vom Peipus-See bis nach Hapsal hinzieht und auch auf der benachbarten Iusel Dagö noch ihre weitere Fortsetzung findet. Sehr wahrscheinlich war das Vorkommen dieser Zone nicht nur auf dieses Gebiet beschränkt , sondern sie setzte sich weiter nach Westen in die Ostsee hinein fort. Ueber die Verbreitung des Borealiskalkes als Geschiebe giebt Ferd Roemer 3) in seiner Lethaea erratica eine umfassende Zusammenstellung. Darnach ist er durch die Untersuchungen von Roemer, Jentzsch und Noetling in Ost- und Westpreussen mehrfach nachgewiesen. Auch in der Provinz Posen wurde er bei Meseritz und Bromberg gefunden, während er in der bereits 0 Vergl. das von G. Berendt gegebene Profil vom hohen Steilufer südlich des Städtchens Arnebnrg. Jahrb. d. geol. Landesanstalt für 1886, S. 105. 2) Friedr. Schmidt, Revision der ostbaltischen sibirischen Trilobiten nebst geognostischer Uebersicht. des ostbaltischen Silurgebietes. St. Petersburg 1881. 3) Palaeontologische Abhandlungen, herausgegeben von Dames und Kayseb. Bd. II, Heft 5, S. 322 u. 323. mit Pentamerus borealis bei Havelberg. 145 genauer durchforschten Provinz Schlesien an verschiedenen Orten vorkommt. Weiter nach Westen zu in der Provinz Brandenburg gehören Geschiebe von Borealiskalk entschieden zu den Selten- heiten. Poeme R erwähnt ein solches von Sorau im Regierungs- bezirk Frankfurt a. d. O. , welches sich im Breslauer Museum befindet, sowie auf Grund einer Mittheilung Beyrich’s ein hand- grosses Stück, das bei Rixdorf gefunden ist. Ferner machte mich Herr Schröder auf ein ebenfalls handgrosses, in der Sammlung der Königlichen geologischen Landesanstalt befindliches Stück auf- merksam, welches die Bezeichnung »Berlin, Milecki’sche Sammlung« führt. Schliesslich erwähnt Dames zwei bei Bei’lin, im Grune- wald und bei Rüdersdorf, durch A. Krause gefundene Exem- plare. Dieselben befinden sich in der Sammlung des Letzteren und wurden mir freundlichst zur Untersuchung überlassen. Es sind Stücke von der ungefähren Grösse eines PXühnereies, die in ihrer petrographischen Beschaffenheit vollkommen mit dem Havel- berger Funde übereinstimmen. Von besonderer Wichtigkeit war mir die Mittheilung des Herrn Krause, dass das Rüdersdorfer Geschiebe von ihm in einem Haufen von Steinen gefunden wurde, die aus dem im Alvenslebenbruche den Schaumkalk direct über- lagernden Oberen Gesell iebemergel ausgelesen waren. Das Stück aus dem Grunewald lag an der Oberfläche; seine Herkunft aus dem Oberen Geschiebemergel ist hier ebenfalls sehr wahr- scheinlich, da derselbe mit seinen Verwitterungsresten bis in den Grunewald hineinreicht. Die dort auf dem Unteren Diluvialsande vereinzelt vorkommenden Blöcke sind als die Residua des in der Ab- sclnnelzperiode zerstörten Geschiebemergels anzusehen. Die Fund- orte in Holstein sind nach Meyn Schulau und nach Gottsche’s * 2) Angabe Seegeberg, Tarbeck, Bornhoeved und wahrscheinlich auch Lauenburg. Ferner wurde das Geschiebe bei Lüneburg in Hannover x) W. Dames, Uebersicht über die in der Umgebung Berlins beobachteten Sedimentärgeschiebe. (Erläuterungen zur geolog. Uebersichtskarte der Umgegend von Berlin im Maassstabe 1 : 100,000. Berlin 1885, S. 106 Anmerkung.) 2) G-ottsche, Die Sedimentär - Geschiebe der Provinz Schleswig- Holstein. Yokohama 1883, S. 23. Jahrbuch 18S7. io 146 F. Wahnschaffe, Bemerkungen zu dem Funde eines Geschiebes und nach Martin’s Angabe bei Jever und Essen in Oldenburo- gefunden. Das westlichste Vorkommen findet sich in Holland, wo bei Groningen zuerst durch Ferd. Roemer 1) und später durch Martin2) mehrere Stücke nachgewiesen wurden, sodass Letzterer sogar vier verschiedene Modificationen unter den Bore- aliskalken der dortigen Gegend aufgestellt hat. In dem ganzen Gebiet zwischen Berlin und Lauen bürg- Lüneburg war das Geschiebe bisher nicht bekannt, sodass der Fund bei Havelberg eine ziemlich grosse Lücke ausfüllt und den Zusammenhang zwischen den Fundpunkten bei Berlin und in Holstein herstellt. Bei keinem der bisher im westlichen Theile Norddeutschlands gefundenen Borealisgeschiebe ist das Alter der Schicht, aus der es stammt, aus der Literatur bekannt geworden, ja in den meisten Fällen ist es sogar nicht einmal möglich gewesen, zu bestimmen, aus welcher Schicht das betreffende Stück herrührt. Bei dem Havelberger Fund liess sich zwar die Diluvialschicht mit Sicher- heit feststellen, aber das Alter derselben ist nach meiner Auf- fassung noch immer fraglich. Die über dem rothen Geschiebemergel bei Havelberg und der entsprechenden Bildung der Altmark vorkommenden ge- schichteten Sande und Tlione bieten nach meiner Ansicht an sich keine zwingende Nothwendigkeit dar für ihre Zurech- nung zum Unterdiluvium, welche durch Berendt, Klockmann3) und Scholz 3) vertreten wird. Die Entstehung derartiger ge- schichteter Absätze über dem oberen Geschiebemergel während der Ab Schmelzperiode der zweiten Vereisung ist keineswegs undenkbar. Dazu kommt noch, dass der rotlie Geschiebemergel der Altmark ebenso wie der obere der Mark eine ausgedehnte Ver- breitung an der Oberfläche besitzt und in zusammenhängender Decke grosse Flächen beispielsweise von den Blättern Bismark, 1) F. Roemer, Die Versteinerungen der silurisclien Diluvialgeschiebe von Groningen in Holland. N. Jahrb. f. Min. etc. Jahrg. 1858, S. 269 u. Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1862, S. 596. 2) K. Martin, Niederländische u. Nordwestdeutsche Sedimentärgeschiebe etc. Leiden 187S, S. 21 u. 22. 3) Jahrbuch d. König!, geol. Landesanstalt für 1882. Berlin 1883, S. lii u. l. mit Pentamerus borealis bei Havelberg.- 147 Schinne, Lüderitz und zum Tlieil auch von Klinke bedeckt, während ein blaugrauer durch die Kartirung unterschiedener Geschiebemergel in tieferem Niveau darunter sich findet. Das vereinzelte Auftreten von Geschieben des Borealiskalkes im westlichen Glacialgebiete beweist, dass ein Transport sicher auf Estland zurückzuführender Gesteine im norddeutschen Flach- lande in ost-westlicher Richtung stattgefunden haben muss. Ist nun bereits während der ersten Vereisung eine solche Trans- portbewegung in ost-westlicher Richtung anzunehmen? Diese An- nahme wird in gewisser Hinsicht ausser durch die Borealisgeschiebe noch durch das häufige Vorkommen von Alandsgeschieben im westlichen Deutschland auf dem Hümmling bei Borges und bei Haselünne1), sowie in Holland bei Groningen und Neu- Amster- dam 2) unterstützt. Auch erwähnt Gottsche 3) einen Alands- rapakiwi aus dem Unteren Geschiebemergel von Kiel. Da es nun nach den Untersuchungen DE Geer’s 4) im südlichen Schonen den Anschein hat, dass die Älandsgeschiebe in den unteren Moränen Südschonens gänzlich fehlen, also zur Zeit der ersten Vereisung ihren Weg nicht über Schweden genommen haben können, so sind hinsichtlich ihres Vorkommens im nord- westlichen Deutschland und in Holland zwei Möglichkeiten zu erwägen. Entweder fand schon zur Zeit der ersten Vereisung ein ost- westlicher Geschiebetransport in Norddeutschland statt, während zu gleicher Zeit ganz Schonen bis zu Meereshöhen von 225 Meter von einem älteren baltischen Eisstrome 5) in Südost- ') Nach einer freundlichen Mittheilung F. Iylockmann’s, welcher Älandsge- schiebe einmal auf dem Hümmling bei Borges und dann auch noch bei Haselünne (2 Meilen östlich von Meppen), eingebettet in entschieden unterem Mergel, auffand. 2) van Calker, Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1884, S. 718 u. 1885, S. 796. 3) 1. c. Tab. I. Transport-Richtungen von Geschieben des unteren Geschiebe- mergels von Kiel (incl. Bülk, Labö, Ellerbeck). No. 5. 4) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1885, S. 205 und G. de Geer, Beskrif- ning tili Kartbladet Lund (S. G. U. Ser. Aa, No. 92). S. 41 u. 55 — 57. 5) Der zuerst von A. G. Nathorst auf Blatt Trolleholm (Sv. Geol. Und. Ser. Aa, No. 87) durch die Auffindung von Glacialschrammen in der Richtung S. 25 — 80° 0., sowie durch das Vorkommen von baltischen Geschieben vermuthete 10* 148 £\ Wahnschaffe, Bemerkungen zu dem Funde eines Geschiebes Nord west -Richtung überschritten wurde, oder die betreffenden Diluvialablagerungen im westlichsten Norddeutschland gehören nicht dem unteren, sondern dem oberen Diluvium an. Diese letztere Annahme dürfte jedoch bis auf Weiteres auf grösseren Widerstand stossen, als die erstere, denn in letzter Zeit ist auf Grund der Arbeiten Klockmann’s die Anschauung immer mehr herrschend geworden, dass die Ablagerungen der ersten Vereisung eine beträchtlich grössere Ausdehnung nach Westen zu besitzen, als die der zweiten, und jüngst hat Lorie *) gestützt auf seine sorgfältigen Untersuchungen in den Niederlanden ausgeführt, dass dort nur Ablagerungen der ersten Vereisung, also nur unterdiluviale vertreten seien. Aus diesem Grunde bekämpft er auch die Ansicht de Geer’s, dass sich die zweite Vereisung ursprünglich nach Groningen erstreckt haben könnte, was Letzterer aus dem Vorkommen estländiseher Geschiebe im Hondsruar ne- folgert hatte * 2). Klarheit kann in die Auffassungen über die Transportrich- tungen nur durch fortgesetzte vergleichende Untersuchungen der Geschiebeführung der verschiedenaltrigen Geschiebemergel im nord- westlichen Deutschland gebracht werden, denn im östlichen und mittleren Theile Norddeutschlands zeinen wahrscheinlich die O Grundmoränen der beiden Glacialperioden keinen Unterschied hin- sichtlich der Herkunft ihrer Geschiebe, worauf schon de Geer hingewiesen hat. Bei dem engbegrenzten Heimathsgebiete des Borealiskalkes und der leichten und sicheren Bestimmbarkeit des Geschiebes wäre es von grosser Wichtigkeit, immer genau das Alter der Ab- lagerung festzustellen, welche dasselbe einschloss. Aus einer grossen Anzahl solcher Beobachtungen lassen sich dann vielleicht ältere baltische Eisstrom ist neuerdings namentlich durch die Arbeiten H. Lund- bohm’s und G. de Geer’s mit ziemlicher Sicherheit nachgewiesen worden. Ver- gleiche H. Lundbohm, Om den äldre baltiska isströmmen i södra Sverige. (Geol. Foren. Förhandl. No. 115, Bd. X, 1888, S. 157 — 189.) *) J. Lorie, Contributions ä la geologie des Pays-Bas II, III. Haarlem 1887, S. 102. 2) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1885, S. 195. mit Pentamerus borealis bei Havelberg. 149 interessante Schlüsse ableiten über die Transportrichtungen der Geschiebe während der einzelnen Abschnitte der Eiszeit. Es ist möglich, dass man für Norddeutschland zur Zeit der ersten Vereisung bei grösster Mächtigkeit des Landeises im Allgemeinen eine nord-südliche radial sich ausbreitende Rich- tung des Geschiebetransportes annehmen kann, jedoch mit Ab- lenkungen nach West bei Beginn dieser Periode, als das Eis noch nicht die Mächtigkeit besass, um den von den deutschen und russischen Küstengebieten ausgeübten Widerstand überwinden zu können. Dagegen spricht vieles dafür, dass das Eis in der Periode der zweiten Vereisung, in welcher es nicht die Mächtigkeit und Ausdehnung wie in der ersten erlangte, vor- herrschend eine ost- westliche Bewegungsrichtung besessen haben mag. Es ist jedoch auch möglich, dass die Verhältnisse für Nord- deutschland viel verwickelter liegen als für Schweden, wo die Geschiebeführung der oberen und unteren Moränen deutliche Unterschiede in Betreff der Herkunft des Materials zeigt. Zur Frage der Oberflächengestaltung im Gebiete der baltischen Seenplatte. Von Herrn Felix Wahn schaffe in Berlin. Die mit der Oberflächengestaltnng des baltischen Landrückens im engsten Zusammenhang stehende Seenfrage ist in den letzten Jahren vielfach Gegenstand eingehender Erörterung gewesen. Die Versuche, die Entstehung dieser Seen zu erklären, gehen fast alle von der erodirenden Thätigkeit des Wassers aus und knüpfen meist an die Abschmelzperiode des Inlandeises an. Zu- erst hat G. Berendt diesen Weg1) beschritten, indem er die Pfuhle als Riesenkessel deutete und ferner ausführte, dass die Seenbildung 2) der Berliner Gegend, in Uebereinstimmung mit den ebenso hoch und höher gelegenen Gegenden Mecklenburgs und Pommerns, stets und ausnahmslos in engster Verbindung mit der Rinnenbildung stehe. Er sieht in den Seen jene Theile der nord- südlichen Schmelzwasserrinnen, welche durch allmähliche Senkung, bezw. durch Zurückbleiben bei allgemeiner Hebung des Gesammt- plateaus in diese relativ tiefere Lage gekommen sind. ') G. Berendt, lieber Riesentöpfe und ihre allgemeine Verbreitung in Nord- deutschland. Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1880, S. 56. 2) G. Bereindt u. W. Dames, Geognostische Beschreibung der Umgegend von BerÜD. Zur Erläuterung d. geol. Uebersichtskarte d. Umgegend von Berlin im Maassstabe 1 : 100,000. 1880, S. 27 u. 28. 1885, S. 24 u. 26. Felix Wahnschaffe, Zur Frage der Oberfläch engestaltung etc. 151 Klockmann1) schloss sich diesen Ansichten an, indem er Solle, Rinnen und Seen als nur dem Grade nach unterschieden auffasste und ihre Entstehung der Abschmelzung der zweiten Vereisung zuschrieb. Hiervon nimmt er jedoch diejenigen Seen aus, welche eine nordwestliche Längserstreckung besitzen und desshalb Aon ihm mit Rücksicht auf die gleiche Erstreckung des mecklenburgischen Landrückens für F altenseen gehalten werden, d. h. für Wasserausfüllungen der Thäler und tiefsten Einsenkungen der Diluvialdecke, deren Entstehung durch die orographische Beschaffenheit des Untergrundes bedingt sei. Nach Jentzsch 2) wirkte der abhobelnden, ausgleichenden Thätigkeit des sich auf fester Unterlage fortschiebenden Eises gleichzeitig die erodirende Kraft subglacial er Wasser entgegen. Durch das wechselseitige Ineinandergreifen beider Ursachen ent- stand angeblich jenes charakteristische vielgestaltige Relief, welches wir als Moränenlandschaft bezeichnen und dessen integrirenden Bestandtheil die Seen bilden. Die subglacialen Schmelzwasser vermochten, wenn das Eis bis auf den Wasserspiegel herabreichte, nach dem Princip des Fliessens in geschlossenen Röhren unter mehr oder minder hohem Druck streckenweise »bergauf« zu laufen, konnten demnach auch Sand und Schlamm, selbst grössere Ge- schiebe »bergauf« transportiren und Wannen aushöhlen, die uns als Seen erscheinen. Diese Ansicht ist jedoch von Jentzsch3) neuerdings wieder wesentlich modificirt worden, sodass er jetzt Seen und Seenthäler auf tektonische Linien zurückführt, die einer Erosion h F. Klockmann, Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Schwerin. (Archiv d. Vereins der Freunde der Naturgesch. in Mecklenburg, Heft XXXVI, 1883, S. 22 — 25.) — Die südliche Verbreitungsgrenze des ' oberen Geschiebe- mergels und deren Beziehung zu dem Vorkommen der Seen und des Lösses in Norddeutschland. Jahrb. d. Kgl. Pr. geol. Landesanstalt für 1883. Berlin 1884, S. 256. 2) A. Jentzsch, Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1884, S. 699 — 702. — Das Profil der Eisenbahn Konitz-Tuchel-Laskowitz (Jahrb. d. Kgl. Preuss. geol. Landes- anstalt für 1883. Berlin 1884, S. 563 — 564). — Beiträge zum Ausbau d. Glacial- hypothese (ibid. für 1884. Berlin 1885, S. 519). 3) A. Jentzsch, Ueber die neueren Fortschritte der Geologie Westpreussens. Schriften d. naturforsch. Gesellsch. zu Danzig. N. F. Bd. VII, Heft 1 , 18S8, S. 23- 25. 152 Felix Wahnschapfe, Zur Frage der Oberfläcliengestalturig unterworfen waren. Früher sah auch er in den Seen einen Ueber- gang zwischen Pfuhlen und Rinnen. Am ausführlichsten ist dieser Gegenstand bisher von F. E. Geinitz1) behandelt worden, welcher die Entstehung der Haupt- masse der Seen, sowie der Teiche, Sümpfe, Torfmoore, Kessel und Solle Mecklenburgs auf die postglaciale Abschmelz- periode zurückführt. Das durch das Abschmelzen des Diluvial- gletschers in ungeheuren Massen gelieferte Wasser soll bei seiner Bewegung und seinem Abfluss in sehr kurzer Zeit die Bodenum- formungen im norddeutschen Diluvialgebiete verursacht haben. Diese verhältnissmässig plötzlichen Erosions- und Denudations- wirkungen machten sich im Gebiete der Seenplatte nicht durch horizontal strömende Gewässer, sondern hauptsächlich durch ver- tikal wirkende Stromschnellen und Wasserfälle geltend, deren erodirende Thätigkeit Geinitz mit dem Namen »Evorsion« belegt hat. Penck 2) wollte die gesammte Oberflächengestaltung des preussisch-pommerschen Landrückens als Ausdruck receuter Ver- änderungen in den Gefällsverhältnissen der Flüsse ansehen, welche am Schluss der Eiszeit dem nördlich von der Seenplatte gelegenen Eisrande zuströmten, bei dem gänzlichen Verschwinden desselben aber in Folge der dadurch bewirkten Veränderung der Geoid- fläche in ihren völlig ausser Betrieb ersetzten Thälern zu Seen wurden. Er hat jedoch in seinem neuesten Werke 3) diese Hypo- these zu Gunsten der GEiNiTz’schen Ansicht aufgegeben. Da die geologische Kartirung eines Theiles der uckermär- kischen Seenplatte mir die Ueberzeugung verschafft hat, dass die Entstehung der Dberflächenformen nicht einzig und allein auf die erodirende Wirkung der postglacialen Abschmelzwässer zurück- b F. E. Geinitz, Ueber die Entstehung der mecklenburgischen Seen. (Archiv des Vereins der Freunde d. Naturgeschichte Mecklenburgs.) — Die Seen, Moore und Flussläufe Mecklenburgs. Güstrow 1S86. 2) A. Pencic, Ueber Periodicität der Thalbildung. (Verhandl. d. Ges. für Erdkunde. Berlin 1884, S. 1 9.) 3) A. Penck, Das deutsche Reich, S. 508 — 509. (Unser Wissen von der Erde. Länderkunde des Erdtheils Europa. I. Theil. Erste Hälfte. Herausgeg. von A. Kirchhofe.) im Gebiete der baltischen Seenplatte. 153 geführt werden darf, so werde ich im Nachstehenden die Resultate meiner Untersuchungen über diesen Gegenstand mittheilen. Die westlich von Prenzlan gelegene Gegend von Boitzenburg O O o o in der Uckermark stellt durch ihren eigen thiimlichen Landschafts- charakter einen Typus für die Oberflächengestalt der baltischen Seenplatte dar. Bezeichnend für dieses Gebiet ist einmal eine bedeutende Erhebung über den Ostseespiegel, welche hier im Durchschnitt 80 — 90 Meter beträgt, in einzelnen Punkten jedoch Höhen von 120 Meter erreicht; ferner eine ausgedehnte Ober- flächenverbreitung des Geschiebemergels, sowie ein rascher Wechsel der Höhenunterschiede innerhalb der Diluvialhochfläche, hervorgerufen durch das Auftreten zahlreicher Solle oder Pfuhle und grösserer Bodeneinsenkungen. O O Hierzu kommt als wesentliches Merkmal das Vorhandensein vieler, theils grösserer, theils kleinerer Seen, welche entweder durch Rinnen mit einander in Verbindung stehen oder auch als abfluss- lose Becken in die Hochfläche eingesenkt sind. Endlich erhält dieses Gebiet durch das Auftreten scharf markirter G e schieb e- wälle ein ganz besonderes Interesse. Alb die angeführten Er- scheinungen verleihen der Gegend den typischen Charakter einer Moränenlandschaft von grösster Mannigfaltigkeit der Formen, wie sie uns Desor, Zittel und Andere so trefflich geschildert haben. Die eigenthümliche Oberflächengestalt der Uckermark erregte bereits im vorigen Jahrhundert die Aufmerksamkeit Silber- SCHLAG’s x), welcher die Pfuhle und Kessel für Kratere hielt, aus denen Sand und Feldsteine hervorgeschleudert worden seien. Er schreibt darüber folgendes : »Von Boitzenburg aus mochte ich hingehen und hinschauen, wohio ich wollte, lauter Kraters mit Heerlagern von Steinen um- ringet und endlich fand gar, dass die ganze Uckermark aus lauter Kratern bestehe. Da erblickt man Reviere von ganzen Meilen im Umfange, wo Kraters in Menge anzutreffen sind.« Die ganze Gegend von Boitzenburg zeigt allerdings innerhalb der aus Geschiebemergel gebildeten Hochfläche einen Reichthum ') J.E. Silbers ch lag, Geogenie oder Erklärung der mosaischen Erderschaffung nach physikalischen und mathematischen Grundsätzen. Berlin 1780. Erster Theil. S. 10. 154 Felix Wahnschaffe, Zur Frage der Oberflächengestaltung an cisternenartigen Pfuhlen und mehr noch an unresrel- massig gestalteten Bo den de pressionen, der geradezu er- staunlich ist. In den meisten Fällen sind die letzteren hier nicht in eine gleichmässig ebene Platte eingesenkt, sodass man ihr Vor- handensein erst wahrnimmt , wenn man unmittelbar an dieselben herantritt, vielmehr ist der grösste Theil der Hochfläche derartig wellig und kuppig modellirt, dass derselbe ganz den Eindruck eines wogenden Meeres macht. Dies hat Silberschlag auf einer dem erwähnten Buche beigegebenen Tafel nicht richtig zur Darstellung gebracht. Er umgiebt seine »Krater« mit ringförmigen Wällen, welche einer ebenen Fläche aufgesetzt sind, während in Wirklichkeit die grosse Mehrzahl der uckermärkischen Pfuhle jene zahllosen Bodeneinsenkungen zwischen den eng zusammentretenden, regellos angeordneten kurzen Bodenwellen und isolirten Kuppen der Hochfläche darstellen. Sie sind zum Theil mit Wasser, am häufigsten jedoch mit Torfablagerungen von meist über 2 Meter Mächtigkeit erfüllt und haben dort, wo mehrere solcher mulden- und wannenförmigen Depressionen mit einander verschmelzen, sehr unregelmässige und verzerrte Formen. Obwohl der bedeutende Einfluss der postglacialen Schmelz- wasser des Eises auf die Oberflächengestaltung der Seenplatte keineswegs in Abrede gestellt werden soll, so ist hier doch noch ein anderer Umstand in Betracht zu ziehen, von welchem das Relief der Geschiebemergelplateaus in hervorragender Weise ab- hängig ist, nämlich die mannigfach gegliederte Oberfläche der diluvialen Basis des Geschiebemergels 1). fl Die Streichungsrichtung des baltischen Höhenrückens wird in ihren Haupt- zügen durch den älteren Flötzgebirgskern bedingt sein, dagegen sind die Einzelheiten der Oberflächenformen im Grossen und Ganzen davon unabhängig. Es ist allerdings nicht unwahrscheinlich, dass die orographische Beschaffenheit des tieferen Unter- grundes, wie Klockmann annimmt, für das Vorkommen einzelner Seen maassgebend gewesen ist. Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch einen Irrthum von E. Geinitz (Die mecklenburgischen Höhenrücken [Geschiebestreifen] und ihre Beziehungen zur Eiszeit , 'S. 65 Anmerk. 4) in Betreff meiner Auffassung über die Entstehung des baltischen Landrückens berichtigen. Geinitz führt mich als Vertreter der BEEENDx’schen Ansicht an, dass der Rand des zurückweichenden abschmelzenden Landeises den Landrücken wallartig emporgepresst habe. Ich habe jedoch in meiner Arbeit: Ueber einige glaciale Druckerscheinungen im norddeutschen Diluvium, S. 579 die BERENDi’sche Auffassung nur citirt, im Uebrigen jedoch im Gebiete der baltischen Seenplatte. 155 Die Begründung dieser Annahme führt uns zu der Betrach- tung der Seen, welche durch ihr Verbältniss zu den sie um- gebenden Ablagerungen Anhaltspunkte für ihre Entstehung geben. Der in ausgedehnten Flächen auftretende Geschiebemergel hat nach den vorhandenen Aufschlüssen und Bohrungen zu urtheilen eine durchschnittliche Mächtigkeit von 3 — 5 Meter. Das Liegende bildet überall ein meist grandig ausgebildeter geschichteter Diluvial- sand, dessen Oberfläche sehr unregelmässig gestaltet sein muss, da er zuweilen in hohen Kuppen den Geschiebemergel durchragt. Da sich nun der letztere von 120 Meter Meereshöhe auf der Hoch- fläche ohne Unterbrechung bis zu 70 Meter an die Bänder der Seen hinabzieht, so deutet dies darauf hin, dass er sich bereits vorhandenen Vertiefungen bei seiner Ablagerung angeschmiegt hat. Wären alle die Seen, welche Geinitz als »Evorsionsseen« zu- sammenfasst, einzig und allein durch die vertikale Erosion der Abschmelzwasser entstanden, so würde bei der verhältnissmässig geringen Mächtigkeit des Geschiebemergels die Denudation des- selben eine so vollständige gewesen sein, dass der darunter liegende Diluvialsand überall an den Seerändern zu Tage treten müsste. Wo das Letztere der Fall ist, wie z. B. am Haus-See und schmalen Lucin-See bei Feldberg haben wir es allerdings mit einer am Ende der Eiszeit stattgehabten Erosion der Schmelz- wasser zu thun. Unter den Seen des Blattes Boitzenburg ist eine langgestreckte gewundene Form nicht selten, woraus mir hervorzugehen scheint, dass dieselben als die zum Theil erhaltenen Reste alter Rinnen anzusehen sind, welche in dem mit Grand und Sand beschütteten Vorlande des vorrückenden Landeises als Wasserläufe glacialen Alters vorhanden waren. Hierher rechne ich vor allen Dingen den Haus- See bei Hardenbeck, der eine ostwestliche Längs- erstreckung besitzt und sich aus einem tief nach Süd und einem flach nach Nord gewölbten Bogen zusammensetzt. Die den Ge- diejenigen Störungen des Untergrundes, welche ich durch Glacialdruck erkläre, auf das vorr iick ende Inlandeis zurückgeführt, da ich der Ansicht bin, dass dasselbe in Folge seiner grösseren Mächtigkeit und seines steileren Randes weit eher dazu befähigt war, als das abschmelzende. Auf die Entstehung des bal- tischen Landrückens bin ich damals überhaupt nicht eingegangen. 156 Felix Wahnschaffe, Zur Frage der Oberflächengestaltung schiebemergel unterlagernden grandigen und gerölleführenden Sande sind die Absätze der dem Inlandeise entströmenden Gletscher- flüsse, welche, wie dies von Keilhack x) bei den isländischen »Sandr« beschrieben wurde, wegen der wechselnden Menge des Schmelzwassers und wegen ihrer grossen aufschüttenden Thätig- keit immerfort bestrebt sind, ihre Betten zu verlegen, sodass durch tief eingeschnittene Rinnen und beträchtliche Aufschüttungen die Landschaft einen hügeligen Charakter erhält. Dieses Hügelland überschritt das Eis, indem es seine Grundmoräne den Ober- flächenformen anpasste, die Rinnen zum Theil durch Erosion ver- tiefte oder auch in anderen Fällen durch Zuschüttung zum Ver- schwinden brachte. Dass die vorrückenden Eismassen einen be- deutenden Druck auszuüben vermochten, zeigt sehr deutlich eine nördlich von Boitzenburg gelegene Grandgrube, deren östliche Wand ganz aus Geschiebemergel besteht, während die Sohle der Grube den unterlagernden Sand erkennen lässt und die Westwand ebenfalls durchweg aus demselben gebildet wird. Diese Lagerung lässt sich nur durch eine starke Aufpressung der Sandschichten erklären, welche sich auch dadurch zu erkennen giebt, dass der Geschiebe- mergel keilförmig in den Sand hineinragt. Andere Seen der Boitzenburger Gegend haben eine mehr oder weniger ovale Gestalt und sind entweder ganz abflusslos, wie der Haus- See bei Wichmannsdorf, oder werden durch theils breitere, theils schmalere Rinnen mit anderen verbunden. Dass diese Rinnen jünger sein können als die Seebecken, ist schon früher von mir* 2) hervorgehoben worden; sie gehören zum Theil der Absclunelzperiode an und wurden in diesem Falle durch Schmelzwasser verursacht, welche den schon vorhandenen Boden- einsenkungen folgten. Dadurch wurde auch wahrscheinlich das lokale Hervortreten unterdiluvialer Sande an den Rändern sonst ganz im Geschiebemergel liegender Seen veranlasst. x) K. Keilhack, Vergleichende Beobachtungen an isländischen Gletscher- und norddeutschen Diluvial- Ablagerungen. (Jahrb. d. Kgl. Pr. geolog. Landesanstalt für 1883. Berlin 1884, S. 164.) 2) F. Wahnschaffe, Ueber einige glaciale Druck erscheinungen im nord- deutschen Diluvium. (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1882, S. 600 und 601.) im -Gebiete der baltischen Seenplatte. 157 Tiefenlothungen einiger Seen auf Blatt Boitzenburg. Maassstab 1 : 25000. 158 Felix Wahnschaffe, Zur Frage der Oberflächengestaltung Was die Tiefe der Seen anlangt, so habe ich einige Lotlmngen ausgeführt, deren Resultate die beigefügte Abbildung S. 1 57 enthält. Die nachgenannten Seen zeigten folgende Maximal-Tiefen: Haus -See südlich von Hardenbeck 22 Meter Schumellen- See 15,5 » Haus -See bei Wichmannsdorf 23 » Kleiner Suckow -See 3 » Mittlerer Suckow -See 8 » Grosser Suckow -See 8 » Kuhzer See a) 10 » Trebow-See x) 5,5 » Grosser Warthe-See1) 32 » Kleiner Warthe -See x) 3,8 » Dass diese Seen nicht ausgestrudelte, lochartige Vertiefungen darstellen, zeigt am besten ein Profil durch eins der tieferen See- becken. Profil durch den Haus-See bei Wichmannsdorf. 90 m. 90m w: " “ o. Maassstab = 1 : 12 500. Höhe : Länge =1:1. Der Haus -See bei Wichmannsdorf, durch welchen dasselbe gelegt ist, besitzt keineswegs vom Rande aus nach dem tiefsten Punkte zu steil-abgeböschte Kesselwände, sondern erscheint, im gleichen Längen- und Höhen verhältniss dargestellt, als eine ganz flache Mulde. Als solche würden auch zum grossen Theil die von Geinitz gegebenen Seeprofile erscheinen, wenn nicht ihr Höhenmaass zehnfach übertrieben worden wäre. Dieselben Oberflächenverhältnisse, wie sie die Uckermark zeigt, sind auch durch H. Schröder 2) vom masurischen Höhen- 0 Diese Lothungen wurden auf meine Veranlassung von Herrn Culturtechniker Töllnek ausgefiihrt. — Der Grosse und Kleine Warthe- See liegen in einem Sand- gebiete. 2) H. Schröder, Jahrb. d. Kgl. Pr. geol. Landesanstalt für das Jahr 1885. Berlin 1886, S. xciv. im Gebiete der baltischen Seenplatte. 159 rücken geschildert. Er schreibt in einer Mittheilung über die Aufnahme des südlichen Theiles der Section Krekollen und der Sectiou Siegfriedswalde in Ostpreussen: »Die »Durchragung« ist die über das Bereich der genannten Sectionen hinaus charakte- ristische Lagerungsform. Sie bedingt wesentlich das eigentüm- lich zerrissene Bild der »Moränenlandschaft«, die nicht durch Erosion einer gleichmässig ebenen Geschiebemergelfläche nach Ablagerung derselben entstanden ist, sondern zum grossen Theil schon durch die Oberkante der unterdiluvialen Sande und Grande angedeutet wird. Die ungleichmässige Anhäufung der durch die Gletscherwässer abgelagerten Sande und die gleichzeitig wirkende Erosion sind die primären Ursachen für die Entstehung von Höhendifferenzen , welche die Veranlassung zu Durchragungen gaben; die darüber gleitende Moräne hat nur die specielle Aus- führung der schon in allgemeinen Grundzügen gegebenen Ge- staltung des Terrains übernommen, namentlich insofern, als ihr Eigengewicht und das der ehemals über ihr ruhenden Eismassen durch Druck und Schub die Oberfläche noch complicirter ge- staltete, als sie ohnehin schon war.« Vom Zainsee auf Blatt Bössel t h eilt derselbe Autor *) mit, dass die jetzige Senke desselben in grossen Zügen unterdiluvial vorgebildet sei, dass sie dann nach Ablagerung des Oberen Ge- schiebemergels stark erodirt und durch alluviale Thonmergel zum grossen Theil wieder ausgefüllt wurde. Auch berichtet er über Aufpressungen von Diluvialschichten. Es liegt mir fern, die Bildung der Seen einseitig beurtheilen zu wollen; alle diejenigen, welche Abschnittsprofile an ihren Steil- rändern zeigen, werden den postglacialen Abschmelzwassern ihre Entstehung verdanken oder durch dieselben vertieft und erweitert sein. Es kommen sicher auch »Evorsionsseen« im Sinne von Geinitz vor. Viele Seen dagegen der näheren Umgebung von Boitzenburg, wie der Mellen-See, Krewitzer See, Haus-See süd- lich von Hardenbeck, Schumellen-, Krienkow-, Suckow-See, der Haus -See bei Wichmannsdorf, Trebow- und Kuhzer See, sowie *) Jahrb. d. Kgl. Pr. geol. Landesanstalt für 1886. Berlin 1887, S. xc. 160 Felix Wahn'schafpe, Zur Frage der Oberflächengestaltnng der Fürstenauer See und Wootzen-See bei Fürstenhagen zeigen jenes Hinabgehen des Geschiebemergels bis an ihre Ränder und deuten dadurch an, dass die erste Anlage zu ihrer Entstehung älter ist als der Geschiebemergel. Sie können demnach nicht zu den »Evorsions-Seen« gerechnet werden, welche nach Geinitz als Kessel-Seen sehr verschiedener Grösse die Hauptmasse der mecklenburgischen Seen ausmachen sollen. Nach ihm kommen in Mecklenburg ausser den Evorsionsseen noch einige Senkungs- und Stau- (Fluss-) Seen vor, dagegen sollen Moränen - Seen , bei welchen er allerdings nur au solche denkt, die durch Endmoränen- absperrung entstanden sind, hier nicht nachweisbar sein. Auch Penck *) sagt von den Seen der Seenplatte, dass sie nicht als Moränen -Seen gelten könnten, »denn anstatt sich zwischen die einzelnen Endmoränen zu drängen, zerschneiden sie dieselben; anstatt sich von Ost nach West zu erstrecken, besitzen sie eine deutlich ausgesprochene Nord -Süd -Richtung«. Trotzdem können wir einen, wie ich glaube, nicht unbeträchtlichen Theil der Seen des baltischen Landrückens als echte Moränen-Seen bezeichnen. Durch die unregelmässige Lagerungsform der unter- diluvialen Sande und Grande und die darüber gebreitete Grundmoräne, welche den Höhen undTiefen folgte und das vielgestaltige Relief noch mannigfach beeinflusst hat, wurde eine für die Ansammlung- grosser Wasser- massen günstige Oberflächengestalt dargeboten und so Veranlassung zur Bildung zahlreicher Seen gegeben. Viele mit Torf erfüllte Einsenkungen, welche die tieferen Tlieile der Geschiebemergelhochfläche einnehmen, sind ursprüngliche De- pressionen der Grundmoräne und als solche kleine erloschene Moränen-Seen oder -Weiher. Lüddecke * 2) hat bereits bei der Aufzählung der Gebiete, welche eine auffallende Seen -Häufung im Verein mit Moränen- landschaft zeigen, den östlichen Theil der norddeutschen Niederung erwähnt und damit ihre Seen den Moränen-Seen zugerechnet. Er ') A. Penck, Ueber Periodieität der Thalbildung. 2) R. Lüddecke, Ueber Moränenseen. Halle 1881, S. 12 u. 41. im Gebiete der baltischen Seenplatte. 161 hielt jedoch eine endgültige Erklärung ihrer Entstehung noch nicht für möglich, während er hei dem Eingehen auf die lokalen Verhältnisse der lombardischen Tiefebene, der schweizerischen Ebene und der schwäbisch-bayerischen Hochebene zeigte, dass in diesen Gebieten die Endmoränen auf das Vorkommen und die Verthei- lu 112: der Moränen-Seen von wesentlichem Einfluss gewesen sind. Die Endmoränen-Seen der ober-bayerischen Hochebene sind auch kürzlich von Geistbeck 1) in ihrem Verhältnis zu den concen- trisch geordneten Moränenzügen eingehend geschildert worden. Die von mir beschriebenen uckermärkischen Seen dagegen ge- hören einer Grundmoränenlandschaft an und müssen daher als Grundmoränen- Seen unterschieden werden. Die von Dames 2) geäusserte Ansicht, dass sich ein Theil der Schmelzwasser in Bodenvertiefungen ansammelte und nach dem gänzlichen Verschwinden des Eises als Seen zurückgeblieben ist, trifft auf die von mir geschilderten Seen zu. Für die Ver- muthung von Koenen’s 3), der auch ganz kürzlich Jentzscii4) beigetreten ist und nach welcher die Bildung der heutigen nord- deutschen Elussläufe und Seen mit Rücksicht auf die vorherr- schende Nordwest- und Südnord -Richtung in ursächlichen Zu- sammenhang mit postglacialen Dislokationen und Einstürzen zu bringen sei, habe ich bisher bei den von mir näher untersuchten Seen keine Anhaltspunkte in den Lagerungsverhältnissen gefunden. Der Charakter der Moränenlandschaft wird noch vervoll- ständigt durch das Vorkommen einer Endmoräne und der mit ihr im engsten Zusammenhänge auftretenden Ablagerungen. O O OO ') A. Geistbeck, Die Seen der deutschen Alpen. (Mittheilungen d. Vereins für Erdkunde zu Leipzig 1884.) 2) W. Dames, Die Glacialbildungen der norddeutschen Tiefebene. (Samm- lung gemeinverständlicher Vortrage, herausgeg. v. Vikchow u. Fr. von Holtzen- dorff, Heft 479, S. 39.) 3) A. von Koenen , Ueber das Verhalten von Dislokationen im nordwest- lichen Deutschland. (Jahrb. d. Kgl. Pr. geol. Landesanstalt für 1885. Berlin 1886, S. 83.) 4) A. Jentzsch, Ueber die neueren Fortschritte der Geologie Westpreussens. (Schriften d. naturf. Ges. zu Danzig. N. F. Bd. VII, Heft 1. 1888. S. 23 und 24.) Jahrbuch 1887. 11 162 Felix Wahnschaffe, Zur Frage der Oberflächengestaltun: Ganz entsprechend dem Joachimsthaler Geschiebewall tritt in den östlichen Theil des Blattes Boitzenbnrg eine schmale, wall- artige, 4 — 5 Meter betragende Erhebung ein, deren weitere Fortsetzung auf den Nachbarblättern bereits festgestellt ist; jedoch ist die Kartirung noch nicht soweit fortgeschritten, um den näheren Verlauf angeben zu können. Auf Blatt Boitzenburg hat dieser Ge- schiebewall ein südost- nordwestliches Streichen. Er besteht aus einer Packung von theilweis grossen Blöcken, von denen mehrere einen Durchmesser von einem Meter und darüber besitzen. Sein Zusammenhang ist kein völlig lückenloser. Zuerst wird er von der tiefen Rinne im Boitzenburger Thiergarten unterbrochen, setzt sich jedoch noch in einigen kleineren Kuppen jenseit derselben fort. Hier fand sich ein graues Granitgeschiebe von bedeutendem Umfange, dessen über der Erde befindlicher Theil 5,6 Meter Länge, 4,3 Meter Breite und 2 Meter Höhe besitzt. Nordwestlich von diesen Kuppen ist der Geschiebewall auf eine grössere Erstreckung unterbrochen, findet sich jedoch in der Zerweliner Haide wieder, woselbst er in mehrere parallele schmale Hügelrücken aufgelöst ist. Grosse Blöcke treten überall auf der Spitze oder am Ab- hange dieser Kämme hervor. Ein auf der Grenze zwischen Jagen 3 und 4 auf dem Kamme liegendes Geschiebe von rothem, grobflaserigen Gneiss war 2,5 Meter breit, 2,3 Meter lang und ragte 1,3 Meter aus der Erde hervor. Die Blöcke sind namentlich in der Zerweliner Haide vielfach mit Moos überkleidet und geben der Gegend oft ganz und gar den Charakter einer Granitregion, in welcher das anstehende Gestein wollsackähnliche Verwitterungsformen zeigt. Schon Silberschlag hat die Steinpackung der Wälle, die er, da sie zuweilen pfuhlartige Vertiefungen einschliessen, für Ringwälle von Kratern hielt, richtig beobachtet und in einem Profil der Gegend von Naugarten zur Darstellung gebracht. In der Umgebung des Geschieh ewalies treten kuppige Karnes -artige Grandhügel als Umrandung desselben auf, welche in einem Aufschlüsse deutliche Schichtung zeigten und als das durch die Schmelzwasser ausgespülte und zu Kegeln aufge- schüttete Endmoränenmaterial anzusehen sein dürften. Hieran schliesst sich eine breite Zone grundiger geröllführender Sande. im Gebiete der baltischen Seenplatte. 163 Als Abflussrinne der bei ihrem Absatz thätigen Schmelzwasser ist die mit Sand und Grand erfüllte Einsenkung: anzusehen, welche sich in nordost-südwestlicher Richtung von der Sandzone bei Zerwelin abzweigt und in einem Bogen westlich von Harden- beclc in das Becken des Haus -Sees einmündet. Dass wir es bei dem Geschiebewall mit einer Endmoräne zu thun haben, welche gebildet wurde, als das Eis in jener Gegend längere Zeit stationär war, können wir mit Sicherheit annehmen, besonders da das Vor- kommen im Zusammenhänge mit den von Berendt untersuchten endmoränenartigen Wällen der Liepe- Joachimsthaler Gegend zu stehen scheint. Diese Wälle unterscheiden sich deutlich von den ge- © schiebereichen Partieen des Geschiebemergels, die auch in der Boitzenburger Gegend mehrfach Vorkommen, und sind daher nicht als GEiNiTz’sche »Geschiebestreifen« aufzufassen. Wir haben in der Boitzenburger Gegend eine Grund- und eine Endmoränenlandschaft als neben einander vorkommende getrennte Typen; die erstere ist durch die stark wellige Geschiebemergeldecke und zahlreiche Pfuhle und Seen, die zweite durch scharf markirte Geschiebewälle, Grandkuppen und Grandflächen cliarakterisirt. Auf das Alter des Geschiebewalles und sein Verhältniss zum Geschiebemergel will ich hier noch nicht näher eingehen, da es dazu noch weiterer Forschungen in jener Gegend bedarf. Ich bemerke jedoch, wie ich dies auch in den Mittheilungen über die Aufnahmen im uckermärkischen Arbeitsgebiete ausgesprochen habe, dass ich der Ansicht zuneige, die Bildung des Geschiebemergels und des Geschiebewalles in die Periode der zweiten Vereisung zu verlegen. Die Frage konnte vorläufig ausser Acht gelassen werden, da es sich in obigen Ausführungen darum handelte, die verschiedenen geologischen Factoren festzustellen, welche die Ober- flächengestaltung der baltischen Seenplatte beeinflusst haben. 11 Pseudoseptale Bildungen in den Kammern fossiler Ceplialopoden. Von Herrn Henry Schröder in Berlin. (Hierzu Tafel VI — VIII.) Secundäre Pseudosepta, d. h. zwischen den normalen Kamraer- scheidewänden befindliche septenähnliclie Membranen und damit zusammenhängende Erscheinungen, sind unter allerdings sehr verschiedenartiger Benennung und Deutung von Woodward j), Barrande * 2), Dewitz 3), Holm4) und Anderen mehrfach bei Ortho- ceren und auch theilweise gewundenen Nautiliden beschrieben. Faltungen derselben hat zuerst Barrande und alsdann unter dem Terminus »Längswände« Mascke 5) bei Lituites lituus Monte, und Orthoceras cf. dimidiatum angegeben, später wies sie dann Dewitz 6) an seinem Orth. Berendti nach. Beide letztere Autoren haben jedoch die tiefere Bedeutung; dieser Erscheinung; nicht näher untersucht oder wenigstens nichts Genaueres darüber veröffentlicht. Noetling 7) beschrieb dann die »Verticallamellen« bei Lit. lituus näher, ohne sich auf eine Deutung einzulassen , und Holm 8) brachte eine ähnliche b Quart. Journ. geol. Soc. XII, 1856 p. 378. 2) Syst. sil. du ceutre de la Boli. II, 4, p. 264 sqcp 3) Zeitschr. f. d. ges. Naturw. Halle III, 3, 1878, S. 295 u. Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. xxxii, 1880, S. 386. 4) Palaeontol. Abhandl. kerausgegeb. von Dames und Rayser III, 1, S. 17 ff. 5) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. xxvm, 1876, S. 51. 6) Ibid. xxxii, 1880, S. 389. 7) Ibid. xxxiv, 1882, S. 184. 8) 1. c. S. 22. Henry Schröder, Pseudoseptale Bildungen etc. 165 Erscheinung unter der Bezeichnung » Pseudoseptalfalten « bei Lituiten aus der Gruppe des Ancistroceras undulatum Boll zu unserer Kenntniss. Das Auftreten der V erticallamellen auf den Stein- kernen von Orth. Berendti wird von Noetling und Holm als eine ähnliche Erscheinung kurz berührt, aber nicht näher in Erwägung gezogen. Diese Lücke auszufüllen war ursprünglich der Zweck vorliegenden Aufsatzes; um jedoch für eine Deutung eine möglichst breite Basis zu schaffen und um allgemeinere Gesichtspunkte zu gewinnen, stellte sich die Notwendigkeit heraus, die in der Literatur beschriebenen Erscheinungen einer nochmaligen Betrach- tung resp. Untersuchung zu unterwerfen. Das mir zu diesem Zwecke zu Gebote stehende Material sind grösstentheils ost- und westpreussisehe Geschiebe, die mir durch die Güte der Herren Proff. Drr. Liebiscii und Branuo und des Herrn Dr. Jentzscii zur Bearbeitung überlassen wurden, wofür ich meinen verbindlichsten Dank auszudrücken, an dieser Stelle mir erlaube. Aus der alten KLÖDEN’schen , in dem Besitz des Preussischen geologischen Landesmuseums befindlichen Sammlung liegen mit dem Eticpiette »Tempelhof« einige Sternkerne vor, welche die für die Gruppe des Orth. Berendti charakteristische Verticalfurche tragen, im Uebrigen aber sehr abgerieben und schlecht erhalten sind. Einige neuere Funde von Lituiten mit den genannten Eigentümlichkeiten , welche auch dem Landes- museum angehören, sind ebenfalls benutzt. Herr Dr. Beusiiausen, dem ich meine Beobachtungen an Orth. Berendti mittheilte , machte mich darauf aufmerksam , dass ähnliche Erscheinungen an Orthoceren des Spiriferensandsteins be- schrieben, aber bisher nicht gedeutet sind. Das hierher gehörige, in der geologischen Landesanstalt und dem Universitätsmuseum vorhandene Material, welch’ letzteres mir von Herrn Prof. Dames bereitwilligst zur Verfügung gestellt wurde, habe ich gleichfalls verwerten können. Aus den über die Bildung der Pseudosepta gemachten Beob- achtungen schien mir der Schluss hervorzugehen, dass die von Barrande beschriebene »Troncature normale ou periodique de la coquille« in die gleiche Reihe der Erscheinungen gehöre. Um 166 Henry Schröder, Pseudoseptale Bildungei nicht auf Barrande’s Beschreibungen und Abbildungen allein angewiesen zu sein, wandte ich mich durch die gütige Vermittlung von Herrn Geheimrath Hauchecorne an Herrn Prof. 0. Noväk in Prag mit der Bitte, mir die BARRANDE’schen Originale zur An- sicht zu senden. Meiner Bitte wurde mit grosser Liberalität gewill- fahrt und fühle ich mich genanntem Plerrn zu ausserordentlichem Danke verpflichtet. A. Beobachtungen über Pseudosepta. Lituites litnns Montf. , Lituites (Ancistroceras) undulatus Boll., Lit. (Aucistr.) Torelli Remele, Lit. (Ancistr.) Bolli Rem., Orthoceras (Rhynchoceras) Damesi Dewitz, Orth. (Rhynchoc.) tenuistriatum Rem., Orth, coiiicum His. Obwohl das mir vorliegende Material eine namhafte Erwei- terung des von meinen Vorgängern thatsächlich Beobachteten nicht ermöglicht, halte ich es dennoch, schon um die angewandte Nomen- clatur zu erläutern, für angemessen, mit den in der Ueberschrift genannten Formen zu beginnen, sehe jedoch von jeder speciellen Beschreibung ab und verweise deshalb auf die Ausführungen Dewitz’1), Noetling’s 2) und IIolm’s 3). Bei einem Vergleich meiner Darstellung mit den genannten Autoren wird man auf Differenzen in der Bezeichnungsweise stossen, die sich im Verlauf des Aufsatzes erklären werden. Secundäre Wandbildungen treten im Lumen der Luftkammer hier in zwiefacher Weise auf. 1) Am häufigsten findet sich namentlich bei Lituites lituus Monte, die von Mascke zuerst beobachtete, dann von Noetling näher beschriebene Pseudoseptenbildung. Man kann hier (Taf. VIII, Fig. 2) in jeder Luftkammer eine hintere, den Ansatzring der Septa und der concaven Fläche des hinteren Septums (sp) von ') Zeitschr. f. d. ges. Naturw. Halle III, 3, 1878, S. 295 und Zeitsebr. d. Deutsch, geol. Ges. xxxu, 1880, S. 386. 2) 1. c. S. 184. 3) 1. c. S. 17, in den Kammern fossiler Cephalopoden. 167 einer vorderen, der convexen Fläche des vorderen Septums (sa) auflagernde Kalkspathlamelle unterscheiden; die erstere bezeichne ich als die hintere (xtc), welche eigentlich aus einem ring- förmigen und einem horizontalen Theil besteht, die letztere als die vordere (xa) Horizontallamelle. Beide sind nach innen von dem mit Gesteinsmasse ausgefüllten Lumen der Kammer durch Membranen getrennt, die zwar in dem Anschliff als solche nicht hervortreten, aber sich bei Exemplaren, an denen die Kalkspath- lamellen von der Ausfüllungsmasse abgesprungen sind, als feine erdige Häutchen deutlich abheben. Diese Membranen sind die Pseudosepta (cnr und er«). Sie convergiren nach den vorderen Ecken jeder Luftkammer und spitzen sich dort zwischen den an einander tretenden Horizontallamellen aus. Auf der Siphonalseite, bei Lit. lituus genau in der Mediane, sind diese Membranen in einer schmalen, radiären Zone unterbrochen, von welcher aus sie sich, die hintere nach vorne und innen, die vordere nach hinten zu einer parallelwandigen Falte bis zum Sipho einstülpen und denselben, soweit er häutig war, zangenartig, soweit er verkalkt war , ringförmig umgeben. Dadurch , dass der Raum zwischen den eingestülpten Membranen durch Kalkspath von bräunlicher Farbe ausgefüllt ist, entsteht die Verticallamelle (u)1), die die vordere und hintere Horizontallamelle mit einander ver- bindet und von dem ringförmigen Theil der hinteren Lamelle bis zum Sipho (allerdings nur auf der Siphonalseite) durch- geht. Die innere Wandung jeder Kammer erscheint so mit einer krystallinischen Schicht ausgekleidet, von der aus einseitig eine von vorne nach hinten durchgehende Lamelle das Lumen der Kammer bis zum Sipho durchsetzt. Hat es der Zufall gefügt, dass die Kalkspathlamellen abgesprungen sindT so zeigt die Aus- füllungsmasse eine runzelige und buckelige Oberfläche; ausserdem treten mehr oder minder starke, anastomosirende, erhabene Linien auf, die nur als die Spuren von Gefässen gedeutet werden können. *) Man vergleiche, um sich diese Verhältnisse klar zu machen, die auf Taf. VII, Fig. 2 u. 8 gegebenen Querschnitte von Orth. Berendti, wo die Vertical- lamelle in ähnlicher Weise entwickelt ist, und namentlich Noetling, 1. c. Taf. XI, Fig. 6 — 8. 168 Henry Schröder, Pseudoseptale Bildungen Auf Kosten der Gesteins-Ausfüllung werden die Kalkspathlamellen nach hinten zu allmählich dicker, bis sie fast das ganze Lumen der Kammer einnehmen, so dass die Gesteinsmasse ganz ver- schwindet und beide Pseudosepten, welche die Lamellen nach innen begrenzen, aufeinander liegen. 2) Bei der zweiten Ausbildungsweise der pseudoseptalen Mantelausscheidungen, wie sie namentlich an den brevicouen Formen der Untergattung Ancistroceras , aber auch an dem longiconen Lit. lituus t) beschrieben ist, sind ebenfalls zwei pseudoseptale, deutlich als solche beobachtbare Membranen und Kalkspathlamellen vorhanden , die entweder direct aufeinander liegen oder durch einen Spalt, der mit dem Lumen des Sipho in Zusammenhang zu stehen scheint, von einander getrennt sind. Der mit Gesteinsmasse erfüllte Spalt wird nach dem Centrum weiter und keilt sich nach aussen zu spitz aus; je weiter nach vorne, um so weiter treten die Membranen von einander, bis sie zuletzt in nur geringer Entfernung von den normalen Septen der inneren Begrenzung der Kammer parallel laufen und so wie bei der ersten Ausbildungsweise als zwei deut- lich getrennte Pseudosepta erscheinen. Das eigentlich Abweichende besteht bei dieser Entwicklung darin, dass, wenn beide Membranen im Uebrigen einander berühren, auf der Siphonalseite doch eine theilweise Spaltung stattgefunden hat. Denn von dem scheinbar einheitlichen Pseudoseptum, welches sich von der vorderen Ecke in circa halber Kammerhöhe ausspannt, ist die hintere Membran nach hinten, die vordere nach vorne gefaltet; die hintere Falte ist an die concave Fläche des hinteren normalen Septum und an den Ansatzring desselben, die vordere an die convexe Fläche des vorderen in einer radiären Linie angeheftet. Der Gegensatz beider Entwicklungen besteht also darin, dass sich in ersterem Falle die hintere pseudoseptale Membran nach vorne und die vordere nach hinten, im zweiten Falle die hintere Membran nach hinten und die vordere nach vorne faltet; ausserdem sind im zweiten die Faltenmembranen nicht parallel, sondern schliessen einen Kaum von rhomboidischem Querschnitt ein. Holm, 1. c. Taf. Y, Fig. 3. in den Kammern fossiler Cepbalopoden. 169 Beide Erscheinungsweisen der pseudoseptalen Faltung treten an verschiedenen Individuen derselben Species und, wie es beob- achtet ist, an verschiedenen Luftkammern derselben Individuen zugleich auf, worauf ich hier noch näher eingehen muss. Bei Lit. lituus und Torelli haben Mascke und Noetling die V erti callamellen beobachtet und Holm erwähnt sie auch bei Lit. (. Ancistroc .) unchilatus; alle drei Species zeigen in anderen Indi- viduen auch die mit firstartigen Falten versehene Form der Pseudo- septenbildung. Holm hat offenbar auch an einem Individuum zugleich Pseudoseptalfalten und Verticallamellen beobachtet, denn er sagt1): »Bei einigen Exemplaren von Ancistroceras undulatum habe ich in einigen der letzten Luftkammern, die wie oft mit Steinmasse erfüllt sind, eine mehr oder weniger dicke, aus Kalk- spatli bestehende, einseitige Verticallamelle beobachtet. Dieselbe erstreckt sich die ganze Kammerhöhe vom Sipho bis zur Aussen- wand entlang und nimmt ungefähr dieselbe Lage ein, wie die Pseudoseptalfalte in den angrenzenden Luftkammern.« Nach der Beschreibung der Verticallamelle des Lit. ( Ancistroc .) Torelli fährt Noetling2) fort: »ln engem Zusammenhang mit der krystallinischeu Auskleidungsschicht (d. li. den beiden Horizontal- lamellen) scheint die von Dewitz zuerst (?) und bis jetzt nur (?) bei diesem Genus beobachtete »Doppelkammerung« zu stehen. Bei obigem Exemplar zeigen nämlich zwei mit gelblich weissem, grob- krystallinischem Kalkspath erfüllte Kammern zwei dunklere Streifen, welche jederseits von der oberen (nach meiner Bezeichnungsweise vorderen) Kammerecke beginnend, in schräger Richtung nach rück- wärts gegen die Mitte laufen, wo sie aber nicht mehr zu verfolgen sind. In der Nähe dieser Streifen konnte ich mit Hülfe der Nadel die Ausfüllungsmasse entfernen und hierbei ergab sich, dass die dunklen Streifen Querschnitte einer dünnen convexen (ringförmigen?) Lamelle (Membran?) darstellen, welche von der Seitenwand ausgehend, an- scheinend nicht den ganzen Querschnitt überspannt, sondern in 1. c. S. 26. 2) Jabrb. d. Königl. geol. Landesanst. für 1883 S. 132. 170 Henry Schröder, Pseudoseptale Bildungei der Mitte durchbrochen bleibt. An der Seitenwand verschmilzt diese Lamelle mit der krystallinischen Auskleidungsschicht der Kammern.« Diese Beobachtung kann ich an dem mir vorliegenden Original bis auf den letzten Passus bestätigen; betreffs desselben bemerke ich, dass sich die Lamelle, welche ich mit Holm pseudo- septale Membran nenne, vielmehr wie andere Pseudosepta bis an den äussersten Punkt der Kammerecke in vollständiger Unab- hängigkeit von der krystallinischen Schicht verfolgen lässt. Ausser- dem ist auf das Pseudoseptum einer der Kammern eine deutliche, firstartige Pseudoseptalfalte nach hinten aufgesetzt; derselben ent- spricht jedoch keine vordere Falte von gleichem Bau, denn von beiden Seiten der hinteren Pseudoseptalfalte gehen zwei parallele Linien senkrecht nach der vorderen normalen Kammerwand ab. Wir haben also an diesem Exemplare von Lit. Torelli typische Verticallamellen und deutliche HoLM’sche Pseudoseptalfalten ; in der Kammer, welche zum grossen Theil mit Gesteinsmasse erfüllt ist und die nur dünne Horizontallamellen besitzt, findet sich eine Verticallamelle, in der Kammer dagegen, die fast vollständig von den Horizontallamellen eingenommen wird, eine Pseudoseptalfalte. Es bestätigt sich also auch hier der Satz Holm’s1): »Wenn die Luftkammern bei Lit. lituus in dem Theile des Gehäuses, wo die Pseudosepta und Pseudoseptalfalten vorzukommen pflegen, ganz oder zum Theil mit Gesteinsmasse erfüllt sind, so fehlen, ganz wie bei Ancistroceras, die Pseudosepta (in der Form, wie sie mit der Bildung der Pseudoseptalfalten verbunden ist), und es treten meist Verticallamellen auf.« Hieraus folgt der Schluss, dass ein Causalnexus zwischen Pseudoseptalfalten und späthiger Ausfüllung einerseits und zwischen Verticallamellen und dichter Ausfüllungs- masse andrerseits existirt. Derselbe erklärt sich einfach folgender- maassen: Die Pseudosepta mit ihren Vertical- und Horizontal- lamellen waren, wie weiter unten ausgeführt werden wird, schon vorhanden, als das Thier starb, die Schale auf den Meeresboden sank und mit Schlamm erfüllt wurde, der nur durch den Siplio in die Luftkammern eindringen konnte; das Eindringen war auch ') 1. e. S. 27. in den Kammern fossiler Cephalopoden. 171 nur dann möglich, wenn der hornigkalkige Theil des Sipho durch- brochen wurde und so eine directe Communication zwischen der umgebenden Schlammmasse und dem Kammer-Inneren liergestellt war. Wo nun Pseudosepta mit HoLM’schen Falten entwickelt sind, treten dieselben meist ganz dicht aneinander und an den Sipho heran, wesshalb gar keine oder nur wenig Schlammmasse zwischen die pseudoseptalen Membranen eindringen konnte; wo dagegen Verticallam eilen vorhanden sind, ist die Entfernung der pseudoseptalen Membranen bedeutend und die Verbindung mit dem Sipho -Lumen offener, wodurch hinreichender Kalkschlamm Zutritt hatte. Aus der Thatsache, dass die beiden oben beschriebenen Aus- bildungsweisen der Pseudosepta sowohl an gleichen Species und auch, was mehr sagen will, an demselben Individuum in hintereinander liegenden Luftkammern auftreten, folgt unzweifel- haft, dass sie beide nur als Modifikationen desselben Vorganges zu betrachten sind. Jedoch darf man diese Abhängigkeit nicht so deuten wie Holm, der sagt1): »Sie (nämlich die Verticallamellen bei Lit. lituus ) erscheinen mir jedoch eine den Pseudoseptalfalten ent- sprechende Bildung zu sein, da bei Zerstörung der das Pseudo- septum bildenden Membran Ueberreste derselben zwischen den Verwachsungslinien erhalten blieben. An und zwischen den hier befindlichen Membranen konnte Kalkspath sich absetzen«. Der in zahlreichen Kammern und zahlreichen Individuen in gleicher Weise beobachtete, ununterbrochene Zusammenhang der Mem- branen, welche die Verticallamelle einschliessen, mit den vorderen und hinteren Pseudosepten und die scharfen Linien und Winkel derselben, schliessen eine derartige Ableitung der Verticallamellen aus zerbrochenen Pseudoseptalfalten vollkommen aus. Betreffs der mikroskopischen Beschaffenheit der Pseudosepta kann ich mich vollständig Holm1) anschliessen: »Weder die Septa noch die Begrenzungsschichten der Pseudosepta sind an meinen Dünnschliffen von bräunlicher organischer Substanz durchdrungen, wie es Dewitz beschreibt, sondern ganz hell durchleuchtend. ») I. c. S. 27. 172 Henky Schröder, Pseudoseptale Bildungen Die innere, von den Begrenzungsschichten eingeschlossene Schicht ist sehr unregelmässig Bald fehlt sie ganz, bald ist sie unregelmässig, abwechselnd angeschwollen und wieder einge- schnürt. Ihre Beschaffenheit ist ebenso wechselnd. Sie besteht selten aus Kalkspath, ist vielmehr meist aus einer bräunlichen, undurchsichtigen Kalkmasse gebildet, welche wahrscheinlich nur von aussen eingedrungener Schlamm, mitunter vielleicht auch von organischer Substanz durchdrungene Kalkausscheidung ist Die Wände der Pseudoseptalfalte werden nur von einer einzigen sehr dünnen Schicht gebildet, welche den Begrenzungsschichten des Pseudoseptum entspricht. In ein paar Fällen habe ich den Zusammenhang zwischen den Begrenzungsschichten und der Wand der Pseudoseptalfalte verfolgen können«. Meine eigenen Beob- achtungen haben mich überzeugt, dass die »innere Schicht der Hilfskammerwand Dewitz’« nichts als anorganische Ausfüllungs- masse ist und nichts mit den beiden »Begrenzungsschichten« der- selben zu tlmn hat. Vielmehr sind letztere das Wesentliche und spreche ich daher auch dort, wo beide auf einander liegen, von zwei pseudoseptalen Membranen oder kurz von zwei Pseudosepten. Orthoceras Berendti Dewitz. Unsere durch Dewitz *) erlangte Kenntniss der Species Orth. Berendti beschränkt sich nur auf einige Steinkerne, die keinen genügenden Aufschluss über den Querschnitt, die Dickenzunahme und den normalen Verlauf der Nahtlinien geben; ferner war die Schale als »nur an einem Stück auf einem kleinen Theil erhalten und quergerieft« beobachtet. In allen diesen Punkten gestattet mir mein Material, unsere Kenntniss zu erweitern. Das grösste Exemplar der vorstehenden Art ist bei Wehlau am Pregel gefunden und gehört dem Provinzial- Museum zu Königsberg i. Pr. an. Zwar zeigt es nicht die dem Orth. Berendti von Dewitz für specifiscli eigenthümlich gehaltene Form der Kammer und auch nicht das Längsseptum, jedoch stimmt es in sonstigen ‘) Zeitsclir. d. Deutsch, geol. Ges. xxxii, 1880, S. 389. in den Kammern fossiler Cephalopoden. 173 Beziehungen vorzüglich mit anderen überein, welche die genannten Eigentümlichkeiten tragen. Der Querschnitt ist elliptisch mit einem Verhältniss der Durchmesser von 4 : 5. Die Convergenz beträgt 1/6,25. Der Sipho liegt im grösseren Durchmesser der Ellipse und zwar der einen Seite etwas genähert, so dass sein Mittelpunkt von der Siphonalseite 12 Millimeter, von der Antisiphonalseite 17 Millimeter entfernt ist; sein Durchmesser beträgt in demselben Querschnitt fast 5 Millimeter, ist also immerhin im Vergleich mit anderen Ortlio- ceren sehr bedeutend. Ein Längsschnitt durch den Sipho zeigt deutlich, dass Orth. Berendti echte Siphonalduten wie Orth, reguläre besessen hat. Die Höhe der Kammern schwankt und zwar sind die hinteren höher als die vorderen, wie es schon mehrfach be- obachtet ist, worauf ich aber hier noch besonders aufmerksam mache, da es für die Erklärung einzelner BARRANDE’scher Beobach- tungen an Orth, truncatum von Wichtigkeit erscheint. Grösster Kammerdurchmesser Kammerhöhe 34 Millimeter 9,5 Millimeter 43.5 » 8 » 46.5 » 6 » Die Kammernahtlinien sind nicht grade, sondern beschreiben auf den Seiten, wenn man die durch Sipho und Siphonalseite gelegte Ebene als Symmetrieebene nimmt, einen flachen nach hinten gewandten Bogen und treten dementsprechend in der Mediane nach vorne. Der undulirende Verlauf der Nahtlinien tritt an beiden Seiten nicht in gleich starker Weise auf, ebenso sind am anderen Ende auf der Antisiphonalseite die Nahtlinien abnormal nach der Flanke und vorne gezogen. Jedenfalls ist ein Theil der Sinusbildung der Nahtlinien und auch ein Theil der Ellipticität des Schalenquerdurchmessers auf Verdrückung zu schieben, zumal über die Siphonalseite deutliche Bruchlinien laufen. Obwohl die Schale, welche auf der einen Seite anhaftet, stark abgerieben ist, lässt sich doch constatiren, dass die Ober- fläche mit dichten, erhabenen Querlinien geziert war, von denen 174 Henry Schröder, Pseudoseptale Bildungen 5 auf einen Raum von 3 Millimeter vertheilt sind. Ihr Verlauf ist undulirend, aber gegen den Verlauf der Nahtlinien gerichtet und auf der Antisiphonalseite deutlich nach vorne vortretend. Ein mit dem Etiquette »Ostpreussen« versehenes Exemplar (Taf. VI, Fig. 1) des Königsberger Mineralogischen Universitäts- Museum zeigt die Oberflächensculptur besser. Scharf zugehende Rippen sind durch flache Furchen von einander getrennt; beide bilden auf der nicht abgeriebenen Seite eine Hervor Wölbung; nach vorn und treten auf den Flanken zurück. Auf den Raum von 5 Millimetern kommen bei einem Schalendurchmesser von 22 Milli- metern etwa 12 Rippen. (Taf. VI, Fig. lb u. c.) Bei einer auf den Verlauf der Rippen gegründeten Reconstruction des Mündungrandes würde die Siphonalseite einen Sinus aufweisen, der sich seinem wahr- scheinlichen Zweck für die Aufnahme des Athmungstrichters ent- sprechend, auf der Bauchseite des Thieres befindet. Das abge- bildete Exemplar lag mit einer Hälfte im Gestein, das ein bläu- licher Kalk mit zahlreichen Primitien ist, während die andere Hälfte stark abgerieben war. Aus diesem und anderen Stücken geht her- vor, dass Ortli. Berenclti eine obersilurische Form ist. Von Maassen lässt sich nur die Convergenz 1/6,27, also fast genau so gross wie bei dem vorher beschriebenen Individuum, augeben. Die Frage, ob der Orthocere mit den vorbeschriebenen Merk- malen wirklich einer neuen Speciesbezeichnung als Orth. Berenclti bedurfte, will ich nicht entscheiden, da es mir hier nur auf die Eigentümlichkeit der Verticalfurchen ankommt, welche Dewitz als für seine Species characteristisch angiebt. Möglich ist es immerhin, dass unter der jetzigen Bezeichnung, soweit sie sich auf Steinkerne erstreckt, eine schon früher benannte oder gar mehrere Species begriffen werden. Die Steinkerne sämmtlicher normalen Exemplare und die vorderen Kammern aller Individuen von Orth. Berenclti zeigen eine glatte Rundung, an der nur die Kammernahtlinien als mehr oder minder ausgeprägte rinnenartige Linien hervortreten. Die Oberfläche der Steinkerne der hinteren Kammern erscheint jedoch eigenartig verändert. Die Ausfüllungsmassen der einzelnen noch ö ö Ö in den Kammern fossiler Cephalopoden. 175 zusammenhängenden Luftkammern sind nämlich durch tiefe Furchen von einander getrennt, und das Orthoceras - Hinterende ist dazu stärker convergent ; ausserdem erscheint fast regelmässig auf der Siphonalseite eine deutliche Längsfurche, welche über alle Kammern hinweg'o'eht. Die Abbildungen Dewitz geben gute oo O s o o Ansichten dieser Erscheinung. Man vergleiche auch die zu dieser Arbeit gegebenen Figuren Taf. VI, Fig. 2 a u. b und Taf. VII, Fig. 1 a u. b. Mehrere Exemplare von Orth. Berendti gestatten durch ihre vorzügliche Erhaltung einen tieferen Einblick in die Natur dieser scheinbaren Deformation . Das ausgezeichnetste Individuum, Taf. VI, Fig. 2, stammt aus einer Grandgrube von Kalthof bei Pr.-Holland (Ostpreusseu). Es ist ebenfalls nur ein Steinkern, dessen Querschnitt nahezu dreh- rund (28 — ■ 29 Millimeter) ist und aus 9 Kammern besteht, von denen 4, obwohl es die hinteren sind, sich schon durch grössere Kammerhöhe (7 — 9 gegen 4,5 • — 6 Millimeter) von den vorderen unterscheiden. Die einzelnen Kammern sind durch starke King- furchen von einander getrennt ; sie zeigen auch die Furche auf der Siphonalseite sehr deutlich, von der der Sipho 12 Millimeter entfernt ist. Die Furche durchsetzt die ganze Höhe der Kammerausfüllung; in der hintersten Kammer ist sie circa 3 Millimeter breit, an der dritten 1,5 Millimeter und an der vierten nur noch eine ganz schmale linienartige Rille. Auf der Antisiphonalseite zeigt sich der vordere Rand der drei hinteren Kammern zu einer kurzen Einbuch- tung zurückgezogen, während die vierte Kammer auf dieser Seite bereits normal beschaffen ist, was beweist, dass die Organisations- verhältnisse, denen die Verticalfurchen ihre Entstehung verdanken, auf der Antisiphonalseite nur unvollkommen entwickelt waren. Die von siphonalen und antisiphonalen Furchen gebildeten Verti- calreihen fallen im Allgemeinen in die Mediane des Orthoceras, die sich nicht nur durch die Lage des Sipho, sondern auch durch das Zurücktreten der Kammernahtlinien auf den beiderseitigen x) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. xxxii, 1880. Taf. XVIII, fig. 9 — 11. 176 Henry Schröder, Pseudosoplale Bildungen Flanken kennzeichnet. Dagegen bemerkt man, dass die einzelnen Furchen in ihrer Lage gegen einander etwas von der Mediane nach rechts und links schwenken. Die Convergenz der vier hinteren Kammern ist stärker als die der fünf vorderen, die sich ausserdem noch durch ihre voll- ständige Glätte auszeichnen. Lieber die Oberfläche der rauhen hinteren Kammerausfüllungen verläuft ein System erhabener Linien, die sich durch die Regel- mässigkeit ihrer Anordnung als entschieden organischen Ursprungs erweisen. Auf der Siphonalseite, wo die Längsfurchen vollständig entwickelt sind, erscheinen sie stärker und zusammenhängend; auf den Flanken werden sie schwächer, bis sie auf der Antisiphonal- seite auf undeutliche, unzusammenhängende, linienartige Erhaben- heiten reducirt sind. An zwei Kammern ist ihr Verlauf deutlich zu verfolgen. Zu jeder Seite der Längsfurche treten bis zur Mitte der Seitentheile mehrere Hauptstämme von der hinteren Begrenzung der Kammerausfüllung hervor; sie divergiren von hinten nach vorne, bilden jederseits einen Bogen und verlaufen dann auf den Flanken in schräger Richtung über den Stein- kern. Vor diesen Stämmen treten auf der äusseren Begrenzung: der Kammerausfüllungsmasse jederseits schwächere auf, die in ebenfalls bogigem Verlauf nach vorne und seitlich ziehend gegen die Längsfurche absetzen. Von den Hauptstämmen gehen dann noch schwächere Nebenstämme ab, die zum Theil auch eine Ana- stomose zwischen den Hauptstämmen bewirken. Ausserdem ist die Oberfläche zwischen den erhabenen Linien der vier hinteren Kammern (Taf. VI, Fig. 2d) vollständig mit einer Sculptur bedeckt, die dem unbewaffneten Auge als eine dichte, äusserst zarte Kör- nelung erscheint, auf den hinteren Kammern am stärksten auftritt und nach vorne zu allmählich undeutlicher wird; unter der Lupe bemerkt man, dass die Körnchen kleine, nur zum Theil rundliche, viel häufiger längliche und unregelmässig verzweigte Erhaben- heiten sind, die auch mit den erhabenen Linien in Verbindung treten können , so dass das Ganze netzartig gezeichnet erscheint. Der vordere Rand jeder Kammer ist ein wenig nach aussen auf- gebogen und zeichnet sich dadurch aus , dass auf ihm die Sculptur nicht so stark hervortritt. in den Kammern fossiler Ceplialopoden. 177 Die Regelmässigkeit der Anordnung und die Art der Ver- zweigung der erhabenen Linien lässt wohl keine andere Deutung zu als diejenige, dass das innere Lumen der Luftkammer nach hinten und den Seiten von einer Membran resp. festen Lamelle abgeschlossen war, die auf ihrer Concavseite Gefässe indrücke tru«f , welche nun auf der Ausfällungsmasse der Luftkammer als Erhabenheiten erscheinen müssen. Aelinlich wie man häufig auf der concaven Fläche der Septen des Nautilus deutlich Gefässein- drücke x) wahrnimmt, drückten sich die Gefässstämme des Mantel- hinterendes auf der Lamelle ab, die sich vor dem normalen Septum befand, aber mit ihm im Allgemeinen concentriscli angeordnet war. Dewitz nannte die Membran, welche sich vor dieser Lamelle be- findet, bei Vertretern der Untergattung Ancistroceras Hilfskammer- wand, Holm bezeichnete sie als Pseudoseptum, ohne dass beide Autoren jedoch die Spuren von GefäSsen nachweisen konnten. NoetlinG 2) beschreibt Gefässeindrücke auf den Horizontallamellen bei Lit. lituus und habe ich dieselben bei dieser Species mehr- fach beobachtet; sie sind aber hier nicht im entferntesten so deutlich und regelmässig angeordnet, wie an dem vorliegenden Exemplar von Orth. Berendti. In ähnlicher, wenn auch nicht so scharfer Weise habe ich die Spuren von Gefässen mehrfach auf den Steinkernen genannter Species gesehen; es gehört diese Er- scheinung nicht zu den grossen Seltenheiten. O O Es wurde oben erwähnt, dass an dem Exemplar von Pr. Holland der siphonalen Hauptfurche diametral gegenüber die undeutlichen Anzeichen einer antisiplionalen Furche sichtbar sind. Am schärfsten sind zwei einander gegenüberstehende Längsfurchen an einem grossen aus Westpreussen stammenden Individuum (Taf. VII, Fig. 1) des Mineralogischen Uuiversitäts -Museums zu Königsberg entwickelt. Obwohl die grössten Durchmesser, der hintere 26 Millimeter, der vordere 38 Millimeter betragen, führen sämmtliclie Luftkammern die verticalen Furchen. Während sonst bereits Steinkerne mit einem Durchmesser von 28 Millimeter die x) Waagen, Palaeontigraphiea XVII, S. 189. 2) Zeitsclir. cl. Deutsch, geol. Ges. xxxiv, 1882, S. 180. Jahrbuch 18S7. 12 178 Henry Schröder, Pseudoseptale Bildungen V erticalfurclien vermissen lassen, sind das erwähnte Exemplar nnd ein zweites von Königsberg (Provinzial -Museum) die einzigen, welche auch bei weiter fortgeschrittenem Wachsthum mit Längs- furchen versehen sind. Hieraus lässt sich der Schluss ziehen, dass das Verschwinden derselben nicht an eine bestimmte Grösse gebunden war. Das Aeussere der Luftkammerausfüllung ist das für die mit Längsfurchen versehenen Exemplare von Orth. Berendti ge- wöhnliche. Starke Furchen trennen die nach hinten gerundeten Ausfüllungen der einzelnen Kammern von einander, deren Höhe im Verhältuiss zu dem kleineren Exemplar von Pr. Holland gering ist. Legt man die Symmetrieebene durch den Sipho und den Punkt der äusseren Begrenzung, welcher demselben am nächsten liegt, so befinden sich die beiden Verticalfurchen seitlich von derselben, jedoch insofern einander diametral gegenüber, als sie auf ver- schiedenen Seiten der Symmetrieebene liegen. Dieselben sind aussergewöhnlich breit; an einzelnen, wo eine etwaige nachträgliche Beschädigung ausgeschlossen ist, mass ich 4 Millimeter. Wie auch sonst liegen die Furchen nicht in einer Verticalreihe, sondern schwanken nach rechts und links von -ihrer mittleren Richtung; auch sind diese Schwankungen nicht insofern gesetzmässig, dass eiue Abweichung nach liuks auf der Siphonalseite eine gleiche Ablenkung nach rechts der Gegenfurche derselben Kammer verursacht. Zu beiden Seiten beider Verticalfurchen ist die Oberflächen- zeichnung der Kammerausfüllung erhalten. (Taf. VII, Fig. 1 c.) Sie erscheint in anderer Weise als an dem Exemplar von Pr. Holland. Feine, dicht an einander liegende, stellenweise knotig anschwellende, erhabene Linien, von denen nur selten eine oder die andere etwas stärker hervortritt, kommen von der convexen Fläche der Kammer- ausfüllung hervor und convergiren in der Nähe der siphonalen und antisiphonalen Verticalfurche nach derselben. Diese radialen Linien machen den Eindruck von Runzeln eines gefalteten Membran, wie sie in ähnlicher Weise Holm ]) auf den Pseudosepten von l) 1. c. S. 2-2. in den Kammern fossiler Cephalopoden. 170 Ancistroceras undulatum beschrieb. Jedenfalls sind sie nicht als von Gefässen herrührend zu deuten, da sie sämmtlich nahezu parallel laufen, ohne sich zu verzweigen oder zu anastomosiren. Jedoch dürfte es kaum zweifelhaft sein, dass sie organischen Ur- sprungs und als Product des Mantelhinterendes zu betrachten sind. Spuren von Gefässen sind an diesem Exemplar nicht vorhanden. Zwei nahezu diametrale Yerticalfurchen sind an mehreren der mir vorliegenden Exemplare von Orth. Berendti vorhanden, die zweite auf der Antisiphonälseite befindliche ist aber bei allen bis auf das eben beschriebene Exemplar wesentlich schwächer und prägt sich häufig nur in einer mehr oder minder scharfen Ein- kerbung des Vorderrandes der Luftkammerausfüllung aus. An mehreren Steinkernen von Orth. Berendti lässt sich noch eine andere Art von Furchen beobachten. Mehrfach bemerkt man nämlich zu beiden Seiten der siphonalen resp. antisiphonalen Hauptfurche Nebenfurchen, die jedoch, da sie oben an der Haupt- furche beginnend, in schräger Richtung divergirend nach dem Vorderrande der Kammerausfüllung laufen, keine über die Kammern fortlaufende Verticalreihe bilden: ihre Anfänge und Endigungen stehen vielmehr über einander senkrecht, während sie unter sich parallel sind. An vier Exemplaren stehen diese Nebenfurchen weiter von der Hauptfurche ab, ja sie können aus der Mediane ganz auf die Flanken rücken. An einem sehr schönen Individuum von Steinbeck bei Königsberg sind diese Verhältnisse am besten erhalten. Es besitzt starke Siphonal- und schwache Antisiphonal- furchen und seine Oberfläche trägt deutliche Spuren von Gefässen. Ueber die Flanken von acht der erhaltenen Kammern sieht man jederseits schräge einander parallele, feine Furchen verlaufen, die ebenso wie die Hauptfurchen in engen Grenzen einer im Allge- meinen eingehaltenen Richtung schwanken. Die Nebenfurchen entsprechen in ihrer Stärke etwa den Autisiphonalfurchen, jedoch liegt mir auch ein Exemplar von Pr. Holland vor, welches die Nebenfurchen auf den Flanken in sehr kräftiger Entwicklung trägt. Es dürfte vielleicht gewagt erscheinen, die eben berührte Erscheinung der Nebenfurchen mit den verticalen Hauptfurchen in eine Linie zu stellen, da ja eine Furche auf einem Steinkern 180 Henry Schröder, Pseudoseptale Bildungei durch Entfernung einer lamellenartig auftretenden Substanz, die sich, ohne organischen Ursprungs zu sein, nur durch leichte Ver- witterbarkeit vor der umgebenden Kammerausfüllung auszeichnet. Das Auftreten der Nebenfurchen als ein zufälliges zu betrachten, verbietet jedoch die Thatsache, dass sie an vier Exemplaren und hierselbst in mehreren Luftkammern hintereinander in vollständig O gleicher Weise und Regelmässigkeit auftreten. Dazu kommt noch, dass Blake1) an Orth. Etheridgii ausser den beiden Hauptfurchen mehrere radiäre Nebenfurchen beobachtet hat. — Nach dieser Beschreibung der äusseren Erscheinung von Ortli. Berendti wenden wir uns zur Untersuchung der Frage: auf welchen Eigenthümlichkeiten der inneren Organisation beruht das Vorhandensein der Vertical- und Horizontalfurchen auf den Steinkernen? Aus den Querschnitten Taf. VII, Eig 2, 3 und 4a erhellt zu- nächst, dass die Verticalfurche ihr Erscheinen einer in das Innere des Orthoceras vordringenden Kalkspathlamelle (o, dj, u2) verdankt, die sich von der äusseren Wandung in radialer Richtung nach dem Sipho spannt und Septum mit Septum verbindet. Je nach der Höhe der Luftkammern, der Wölbung der Septen und Lage des Querschnittes wird eine solche Verti callamelle, die in sich einheit- lich erscheint, ein, zwei auch drei Luftkammern angehören. Sie endigt frei im Lumen der Kammer entweder spitz und dann zu- weilen peitschenartig ausgezogen (Fig. 2 a u. b) resp. gespalten (Fig\ 2b) oder stumpf (Fig. 2d u. Fig. 3a — c). Sie schärft sich, in die Nähe der Siphonaldute gekommen, zu (Fig. 3d) und heftet sich an einen Kalkspathring, der das Lumen des Sipho umgieht (Fig. 4a). Berücksichtigt man, dass Orth. Berendti kurze Siphonalduten besessen hat und zieht man dazu den Schliff Fig. 4c, der nahezu in die Verticalebene der Lamelle gefallen ist, so lässt sich dieses Verhalten dahin deuten, dass die Kalkspathlamelle nur mit der Siphonaldute und nicht mit dem häutigen Sipho in Verbin- dung trat oder vielmehr, dass letztere Verbindung nicht beobachtet ') Brit. foss. Cephalopoda p. 104. in den Kammern fossiler Cephalopoden. 181 werden kann, da der häutige Sipho nicht erhalten ist. Uebrigens tritt dieser Kalkspathring nicht nur als Ersatz für die Siphonaldute, sondern auch vor den siphonalen Durchbruchstellen an der concaven Fläche der Kammerwand als eine Art Prosipho auf, wie aus dein Längsschnitt Fi". 4c hervorgeht. o o Die Kalkspathlamelle geht vertical von Kammerwand zu Kammerwand und in allen Kammern liegen die Lamellen entweder in einer Ebene, wodurch sich die gradlinigen Furchen der Stein- oberfläche (Taf. VI, Fig. 2) erklären oder die Lamellen fallen in zwei auf einanderfolgende Kammern in verschiedene Ebenen (Taf. VII, Fig. 2c und e), was die Schwankungen der Verticalfurche an dem auf Taf. VII, Fig. 1 abgebildeten Individuum erläutert. In dem Querschnitt Taf. VII, Fig. 4a springt gegenüber der Hauptlamelle von dem siphonalen Kalkspathring ein kleiner Dorn hervor, die erste Andeutung einer Gegenlamelle, die in Fig. 2 ('(, Yi, Y2) in voller Entwicklung bis zur Aussenwand des Ortho- ceras sichtbar wird. Wie der Tangentialschnitt Fig. 4 b lehrt, setzen sich die Lamellen in bedeutender Breite an die Concavfläche des Septum; sie verschmälern sich nach vorne und sind in der Mitte der Luftkammerhöhe vou parallelen Begrenzungsflächen eingeschlossen, bis sie sich an die Convexfläche des folgenden Septums ohne oder mit Erweiterung anheften. Die Kalkspathmasse, welche die Verticallamellen bildet, breitet sich nach allen Seiten als Plorizontal- lamelle über die Concavfläche des Septum in einer dünnen Lage aus, die nach der äusseren Begrenzung zu immer etwas mächtiger wird. Auf Kosten der Kammerausfüllung nehmen sowohl die Vertical- als Horizontallamellen allmählich von hinten nach vorne an Dicke ab. Die hintere Begrenzung der horizontalen Kalkspath- lage ist fast stets glatt, nur einzelne Schuitte zeigten, dass sie am äusseren Rande von dem normalen bogigen Verlauf abweichend sich nach hinten aufbog. Bis auf diese Ausnahme entspricht die hintere Begrenzung genau der Gestalt eines normalen Kammer- septum; die vordere Grenze der Kalkspathlage ist dagegen stärker gekrümmt lind sehr unregelmässig zackig , indem feine Spitzen (die Durchschnitte der Radialsculptur an Taf. VII, Fig. la — c) 182 Henry Schröder, Pseudoseptalo Bildungen der dichten Ausfüllungsmasse in den Kalkspath eindringen. Im Bereich der Verticallamellen ist dieses zackige Aussehen namentlich an der Ansatzstelle derselben an die Concavflache einer Kammer- wand am schärfsten ausgeprägt. (Taf. VII, Fig. 4a u. b.) Die directe Beobachtung an einzelnen noch mit Schale ver- sehenen Individuen, deren Inneres jedoch mit den eigenthümlichen horizontalen und verticalen Kalkspathlamellen versehen war, lehrt, dass die abnorme äussere Erscheinung der Steinkerne von Orth. Berendti secundären Ursprungs ist und dass die Schale an den- selben nicht deformirt war, wie es Dewitz1) für möglich hält. Die ringförmigen Furchen sind vielmehr durch randliehe Aus- Witterung der die vordere Fläche des Septums bekleidenden Kalk- spatblage (der Horizontallamelle), die Längsfurchen durch Aus- witterung von radial in das Lumen der Luftkammer eindringenden Verticallamellen entstanden. Die Grenze zwischen den Kalkspath- lamellen und der inneren Kammerausfüllnng muss, da sie in ihrer ganzen Anordnung eine bedeutende Regelmässigkeit aufweist und da in ihr die Gefässspuren und die oben beschriebenen Ober- flächenzeichnungen auftreten, organischen Ursprungs sein; sie entspricht dem hinteren Pseudoseptum bei Lit. lituus. Ueber die Herkunft der späthigen Lamellen wird sich dagegen erst in weiterem Verfolg der Untersuchung ein Urtheil gewinnen lassen. Die umstehende Zeichnung (Fig. 1) möge die Deutung veran- schaulichen. c bezeichnet die äussere Schale, as den Ansatzring der Kammerwände, s die Kammerwand, p die Siphonaldute, x- die Kalkspathlamellen, u die Verticallamelle und a - das Pseudo- septum, k die Kammerausfüllung. Man denke sich längs der punktirten Linie x die Schale und die Kalkspath masse bis zur Kammerausfüllung fort, so erhält man einen Steinkern von dem Aussehen der als Orthoceras Berendti bezeichneten. Betreffs der Ausbildung der pseudoseptalen Membranen und der Verticallamelle bemerke ich, dass sie bei Orth. Berendti der an den Ehstländischen Exemplaren von Lituites lituus am häufigsten vorhandenen ersten Ausbildungsweise am meisten entspricht. Ein ') Zeitschrift der Deutsch, geol. Ges. xxxu, 1880, S. 385. in den Kammern fossiler Cephalopoden. 183 Fig. 1. Unterschied ist nur in sofern vorhanden, als bei Orth. Berendti kein vorderes Pseudoseptum entwickelt, oder vielmehr in Aus- buchtungen der Convexfläche einzelner Septen nur angedeutet ist. Ortlioceras discors Eiciiwald. D iese von Eiciiwald ( Trematoceras discors , Bulletin de la societe des naturalistes de Moscou 1857, S. 182 und Lethaea Ilossica ], 2, S. 1259, PI. 48, Fig. 8 a— c) in ihren verwandtschaftlichen Be- ziehungen vollständig verkannte1) Orthocerenspecies liegt mir in 5 allerdings nur als Steinkerne erhaltenen Exemplaren vor. Drei derselben zeigen denselben Erhaltungszustand, wie das Eiciiwald- sehe Original, indem nur die eine Hälfte an ihnen erhalten, die andere dagegen wie durch einen Längsschnitt in der Symmetrie- ebene verschwunden ist, ') Sandberger, Versteiner. d. rhein. Schichten syst. S. 141 und Barkande, 1. c. 11, 3, S. 771. 184 Henry Schröder, Pseudoseptale Bildungen Diese Stücke sind so sehr platt elliptisch, dass sich an zweien die Durchmesser wie 1 : 3 verhalten. Das beste Exemplar, ein Geschiebe von Allenstein, dessen Convergenz nicht gross ist, hat niedrige Luftkammern von nur 4,5 Millimeter Höhe bei einem Durchmesser der Kammern von 27 Millimeter. Die Nahtlinien beschreiben einen flachen, aber constanten Bogen nach hinten und treten auf Siphonal- und Antisiphonalseite nach vorne vor und zwar ein wenig mehr auf ersterer. Der Sipho liegt in der grösseren Axe des Querschnittes und zwar der einen Seite näher gerückt als der anderen. Bei einem Durchmesser der Schale von 24 Millimeter ist der Sipho 2,5 Millimeter dick und sein Centrum steht von den beiden Endpunkten der Querschnittsaxe 10 und 14 Millimeter ab. Ein Längsschnitt beweist das Vorhandensein echter Siphonal- duten bei Orth, discors , nur zeichnen sich dieselben dadurch aus, dass sie scheinbar kräftiger sind wie die Septen, deren nach hinten aufgebogene Fortsetzung sie darstellen. An einer Siplionaldute ver- bindet eine nach hinten bogige Linie die beiden Uebergangspunkte von Kammerwand zur Siplionaldute und schliesst so den hinteren Theil der Luftkammern von den vorderen ab. Die Verstärkung der Siplionaldute und die oben bezeichnete Linie gehören in die Reihe der Erscheinungen, die Barrande1) als »anneaux obstructeurs« be- zeichnet hat. Das Gleiche Mit von den Eigenthümlichkeiten der EiCHWALDschen Gattung Trematoceras , deren Sipho folgender- maassen beschrieben wird: »Le siphon ne se distingue pas bien, mais chaque löge se prolonge au-dessus du lobe dorsal en une pointe cpii simule un cornet siphonal presque globuleux, ä petite pointe terminale et separe du globe suivant et precedent.« Die Characteristik des Orthoceras discors ist noch immer eine sehr unvollständige, da bis jetzt nur Steinkerne ohne Schale be- kannt geworden sind, woraus es auch erklärlich ist, dass das Wesenberger Exemplar mit den Geschieben betreffs der Quer- schnitte nicht zu stimmen scheint. Interessant sind nun für uns zwei der mir vorliegenden Stücke, eines von Allenstein, das andere von Rastenburg dadurch, ») 1. c. II, 5 S. 1058. in den Kammern fossiler Cephalopoden. 185 dass sich an ihnen das Vorhandensein von pseudoseptalen Bildungen nachweisen lässt. Das erste Exemplar deutet dieselbe allerdings nur in sofern an, als die Convexität der letzten Kammer mit einem seitlich scharf begrenzten, durch seine dunkle Farbe hervortretenden, dünnen Polster bedeckt ist. Die dunkle Färbung der Kalkspath- lage, wie sie zuweilen auch an Orth. Derendti , in ganz ausge- zeichneter Weise aber an böhmischen Orthoceren (siehe weiter unten) beobachtet ist, weist auf das Vorhandensein der Horizontal- lind eventuell auch der Verticallamellen hin. Und wirklich ist an der letzten Kammer des anderen Stückes das Vorhandensein der Verticallamelle durch das Auftreten einer nahezu in der Mediane liegenden, schmalen Furche nachgewiesen, zu deren Seiten auch die oharacteristische radial - runzelige Seulptur der Kammerober- fläche sichtbar ist. Ortlioceras sevorum Barr., Orth, patronus Barr., Orth. Agassizi Barr., Orth. Jonesi Barr., Orth, probum Barr., Orth, bouum Barr., Orth, palma Barr. ]) etc. Aus mehreren der von Barrande abgebildeten Orthoceren- längsschnitte kann maii mit Bestimmtheit den Schluss ziehen, dass sie die Pseudosepta in ähnlicher Weise aufweisen, wie die im Vorhergehenden beschriebenen Orthoceren und Lituiten. Barrande behandelt dieselben gelegentlich seiner Auseinandersetzung über das »depöt organique.« In zahlreichen Kammern der oben genannten Orthoceren (■ Ortlioceras severum Barr., Taf. VIII, Fig. la Copie) bemerkt man nämlich zwei Linien, welche scheinbar nur die Grenze zwischen centraler Gesteinsmasse und dunkler Randzone darstellen; die hintere läuft der concaven Fläche des hinteren Septum und der inneren Fläche der äusseren Schale nahezu parallel, während die vordere sich in ihrem Verlauf der convexen Fläche des vorderen Septum anschliesst. Wie bei Orth. Berendti ist die Kalkspathzone *) Barrande, Bull, de la soc.-geol. de France, ser. 2. XVI, p. 828: — Neues Jahrb. f. Mineralogie etc. VII, 1859, S. 780; — Syst. sil. II, 4, p. 264. Aus der grossen Zalil von Orthoceren, an welchen Baurande das »depöt organique« be- obachtet hat, nenne ich nur diese; vollständig sind sie aufgezählt in Syst. sil. II, 4 p. 286. 186 Henry Schröder, Pseudoseptale Bildungen (depöt organique) häufig ausgewittert oder beim Zerschlagen ab- gesprungen und kann man so auf der inneren Ausfüllung die Ge- staltung des Pseudoseptum bequem studiren. Dieselbe erscheint mit rundlichen Buckeln besetzt; genau in der Mediane zieht auf der Siphonalseite der hinteren Begrenzung der Ausfüllungsmasse (nach Barrande = der Rückenseite) radial nach dem äusseren Rande ein firstartiger Wulst (Fig. 1 b uu) der an einzelnen Exem- plaren gerundet ist, an anderen scharf zugeht und mehrfach eine feine Furche trägt; seine Oberfläche ist im Gegensatz zu der sonst höckrigen Ausfüllungsmasse glatt. Auf der concaven vor- deren Begrenzung derselben erscheinen die gleichen Buckeln und ebenfalls ein radialer Wulst. Taf. VIII, Fig. 1 c giebt diese Fläche im Gegendruck wieder, und es erscheinen auf derselben daher die Buckel als durch scharfe Kanten getrennte, rundliche Vertiefungen und statt des Wulstes eine breite Furche (u a). Nach dem in Fig. 1 d gegebenen idealen Tangentialschnitt, der senkrecht zur Mediane gelegt ist, kann man sich am leichtesten über diese Ver- hältnisse orientiren. Ich bemerke, dass entgegengesetzt der Natur hier die centrale Ausfüllungsmasse dunkel, die Kalkspathamellen hell gezeichnet sind, um eiuen Vergleich mit den auf Taf. VII und VIII gegebenen Schnitten zu erleichtern, sp und sa sind die Septa, air und sa die Pseudosepta, uu und oa die Pseudo- sep talfalten und z- und za die Horizontallamellen. Ich glaube, es unterliegt keinem Zweifel, dass wir hier mit einigen nebensächlichen Modificationen dieselbe Erscheinung vor uns haben, wie sie Holm als Pseudosepta und Pseudoseptalfalten an Ancistroceras undulatum etc. beschrieben hat. Barrande giebt allerdings nicht an, dass zwischen innerer Ausfüllungsmasse und dunkler Randzone eine wirkliche Membran vorhanden war; je- doch darf uns dies nicht Wunder nehmen, da dieselbe bei Orth. Derendti auch nicht beobachtet ist und dort, wo sie noch vor- handen ist, leicht übersehen werden kann. Hierzu kommt noch, dass die Horizontallamelle häufig sammt Septum und Pseudo- septum wie bei Orth. Berendti einen Umkrystallisationsprocess durchgemacht haben, so dass alle drei zusammen eine einheitliche Kalkspathmasse bilden. An den böhmischen Orthocereu scheint in den Kammern fossiler Cephalopoden. 187 das Septum in der Mehrzahl der Fälle daran nicht Theil genommen zu haben. Ein Unterschied von der ,an Lit. (Ancistr.') undulatus am häufigsten Entwicklungsweise der Pseudosepta besteht darin, dass dieselben in den Böhmischen Orthoceren weiter von einander entfernt liegen und dass die Pseudoseptalfalten nicht direct an die normalen Septa angeheftet erscheinen. Das Vorhandensein eines Radialwulstes auf dem Ausfüllungs- kern scheint nicht constant für alle Individuen einer Species, welche die Pseudosepta aufweisen , auch nicht für alle Kammern eines Individuums zu sein. Orth, patronus (Barrande PI. 228, fig. 5 — 6), Orth. Agassizi (Barrande PI. 228, fig. 7 — 8) und Orth. Jonesi (Barrande PI. 404, fig. 10 — 11) zeigen keine Spur einer Pseudo- septalfalte. Mehrere Exemplare des Orth. Agassizi (Barrande, PI. 227, 282, 446) und Orth. Vibrayei weisen im Gegensatz zu der höckerigen Oberfläche der inneren Ausfüllungsmasse grubige Vertiefungen von grosser Regelmässigkeit, die mit einem feinen Netz kleinerer Ver- tiefungen geziert sind, auf. Einen dritten Typus vertritt Orth, honum (Barrande, PI. 228, fig. 9); hier erscheint auf der Ausfüllungsmasse jeder Kammer einseitig ein glattes radiales Band, das circa 1/^ der Kammerbreite einnimmt und von dem nach hinten divergirend Querrillen aus- gehen. Orth, palma (Barrande, Pl. 518, fig. 1 — 3) zeigt auf der hinteren Fläche der Ausfüllung neben den charakteristischen Ver- tiefungen ein erhabenes Band, das vom Sipho ausgehend in radialer Richtung elliptisch gestreckt und concentrisch gefurcht ist, jedoch die äussere Fläche der Ausfüllung nicht erreicht. Ausserordentlich deutlich vom Sipho ausstrahlende Furchen zeigt die Ausfüllungsmasse einer mit depöt organicjue ausgeklei- deten Kammern von Orthoceras sp. Barrande, Pl. 239, fig. 19. Wenig ausgeprägt sind sie an Orth, sarcinatum , Pl. 341, fig. 19 — 20, wo man jedoch ein Stück einer Verticallamelle in die Siphonalseite eindringen sieht. Die Stärke der jedes Septum einsch liessenden Kalkspathlagen (depöt organique) variirt in auffallender Weise, wenn man diese 188 Henry Schröder, Pseudoseptale Bildungei Verhältnisse in einem Ortlioceraslängsschnitte verfolgt. Sie ist sehr viel bedeutender in den hinteren Kammern und nimmt ab, je weiter nach vorne die Kammern liegen. An verschiedenen Indi- viduen kann man beobachten, dass die Kalkspathlamellen in einem gewissen Altersstadium der Schale auf der convexen Fläche des Septum vollständig verschwinden, während sie noch auf ihrer concaven Fläche persistiren, bis sie auch dort durch allmähliche Abnahme der Dicke reducirt werden (Orth, decipiens Barrande, PI. 325, fig. 12). Einzelne Ausnahmen abgerechnet, kann man behaupten, dass die Stärke der Lamellen im umgekehrten Ver- hältnis zum Dickenwachsthum der Schale steht, eine Beobachtung, die auch an den Lituiten und an Orth Berendti gemacht wurde. Die Farbe der Kalkspathlamelle ist ein dunkles Grau, das gegen die weisse Färbung der inneren Ausfüllung, die allerdings auch meist Kalkspath ist, scharf constratirt. Auf die durch diese und andere Eigenthümlichkeiten begründete Anschauung Barrande’s, dass die Lamellen organischen Ursprungs sind, komme ich weiter unten zurück. Ich glaube, es wird aus diesem Auszug der BARRANDE schen genauen Beschreibung zur Genüge klar geworden sein, dass die in Betracht gezogenen Erscheinungen der böhmischen Cepha- lopoden in eine Kategorie mit den pseudoseptalen Bildungen der Lituiten und des Orth. Berendti fallen. Orthoceras imbricatum Wahlbg. und Orth, semipartitum Sow. Blake x) beschreibt unter Orth, imbricatum, aus dem Upper Ludlow und aus Schichten unbestimmter obersilurischen Alters häutig vereinzelt gefundene Kammersteinkerne, deren Convex- seiten radiär vom Sipho nach dem Rande laufende, linienartige Ein- drücke zeigten, die er als Gefäfsemdrücke deutet und mit den bei Nautilus auf den Scheidewänden beobachteten Gefässeindrücken parallelisirt. Hier erscheinen dieselben jedoch auf der concaven Kammerwand als Vertiefungen, müssten also auf dem convexen Theil der Ausfüllungsmasse der Luftkammern, auf der sie Blake ') British foss. Cephalopoda. p. 153, PL XIV, fig. I und 3 — 6. in den Kammern fossiler Cephalopodon. 189 beobachtet hat, als Erhebungen auftreten. Die beiden Erschei- nungen lassen sich also direct nicht gleichstellen. Hält man daran fest, dass die vertieften Linien (impressions) wirklich Gefässein- drücke sind, so muss man, um das Verhalten zu deuten, annehmen, dass hier eine mit dem Septum conceutrische Membran existirt hat, auf deren Concavseite die Gefässe als erhabene Linien standen, wogegen die bei Nautilus und Orth. Berendti beschriebene Erschei- nuugsweise der Gefässspuren spricht, oder man muss von der Deutung der »impressions« als Gefässeindriicke Abstand nehmen und dieselbe für die Folge von radiärer Faltung einer pseudo- septalen Membran halten, wie sie von Dewitz und Holm an Anc. undulatum und von mir bei Orth. Berendti beobachtet ist. Es würde alsdann bei Orth, imbricatum nach der Beschreibung Blake’s neben dieser radiären Faltung noch eine ringförmige zu constatiren sein , die allerdings nur auf eine schmale randliche Zone beschränkt ist. Ferner erwähnt Blake auf der nach meiner Deutung als pseudoseptale Fläche zu betrachtenden Convexseite der »casts« ein »band passing from the siphuncle to some point in the siele, not always to either encl of the diameter, but varying in its position ; this is elevated on the cast, indicating a depression on the sliell itself«. Mit diesem radialen Band vergleicht Blake gelegentlich der Beschreibung von Orth, semipartitum eine Platte, die auf der Siphonalseite von der Aussenfläche des Steinkerns bis zum Siplio geht, aber nicht die ganze Höhe der Kammer durch- setzt. Dieses »band« und »plate« entsprechen dem Radialwulst Barrande’s und den Pseudoseptalfalten Holm’s. Orthoceras Etliei idgii Blake. Blake* 2) beschreibt aus fraglichem Ober -Silur Englands als Orth. Etheridgii eine Anzahl mit eigentümlichen Furchen versehener Orthoceras -Endigungen. »The remarkable feature of this species is that, taking the place of the septal surface, there is a peculiar inflated surface which is more or less oontiuous witli the outside 9 1. c. p. 125, PI. XIV, fig. 9 — 12. 2) Brit. foss. Cephalopoda p. 104 PI. VI, fig. 3 — G. 190 Henry Schröder, Pseudoseptale Bildungen of the shell; over the siphuncle and leading down to it is an elon- gated deep hollow in the direction of the longer diaineter; from this , radiating impressed lines or furrows proceed to the eircum- ference, having the aspect of heilig produced by folds . . . The section shows that the siphuncle narrows at the junction of the septa and expands cylindrically in the chanibers; the septal distance and convexity is confirmed, and it is seen that the surface which is exposed at the ends is not the septal surface; the latter are apparently smooth and the tliickness small, and the short necks are seen so turn rapidly outwards from the siphuncle; above these is the dark deposit, whose exterior is exposed when the fossil be- comes broken; this has a greater convexity then the septum, and is continous in appearance with the exterior of the shell. Its occu- rence in two or three chanibers proves that it is not a deposit formed after the smaller end of the shell is broken oft’. The nmnber of small fragments which occur, consisting of one or more chanibers with cliaracteristic ends, shows that the breaking off was not an uncommon circumstauce, and very possibly took place du- ring the life. On the surface of these caps the deeper furrows lie on the side uearest to the siphuncle; they are generally median, but occasionally paired ; on the other side are three or more lighter furrows, which occasionally bifurcate. It is difficult to conjecture the cause of these phenomena, which must have had their origin between the formation of one septum and the. next. I can only suggest a shriukage of the mantle during the iuterval, by which it was thrown into folds, which were perpetuated by an abnor- mal deposit on their surface ... A fragment, figured by Barrande under the title Orth, sarcinatum , shows very similar features on a pseudoseptal surface.« Bei einem Vergleich dieser Beschreibung mit der oben von Orth. Berendti gegebenen unter Hinzuziehung der beiderseitigen Abbildungen wird man ohne Weiteres zugeben, dass bei beiden sogar bis in die Einzelheiten ähnliche Erscheinungen vorliegen. Interessant ist namentlich die grosse Anzahl der radiären, aber doch symmetrisch angeordneten Furchen; an Orth. Berendti sind nur vier beobachtet, während das abgebildete Exemplar von in den Kammern fossiler Cephalopoden. 191 Orth. Etheridgii deren elf zeigt, von denen die der Siphonalseite angehörigen, wie in der Regel auch bei ersterer Species, die stärkeren sind. Eine Verschiedenheit existirt insoweit, als an den Englischen Orthoceren die Furchen auf den Convextheil der Kammer be- schränkt und auf dem Aeussern des Steinkernes nicht vorhanden sind, so dass dieselben hier jedenfalls nur wenig in das Kammer- lumen eindraugen. Blake’s »dark deposit« ist die »Horizontallamelle«, das »depöt organique« Barrande's. Orthoceras planiseptatum Sandb. und Ortli. midatolineolatum Sandb. Sandberger ]) erwähnt bei Orthoc. planiseptatum und unda- tolineolatum auf den Steinkernen der hinteren Kammern ähnliche Sculpturen l 2), wie ich sie an Orth. Berendti beobachtet habe. Nach Beschreibung der Wirtellamellen im Sipho sagt er: »Man darf das mineralisch - krystallinische Gefüge des strahligen Kalkspaths, welcher oft ganze Orthoceras-Kammern ausfüllt und von dem an und für sich sehr wohlbekannten Sipho aus radial, auch sogar unregelmässige Lamellen darstellend, zur Innenfläche der Röhre sich hinzieht, nicht mit der Wirtellamellenstructur von Siphonen verwechseln. Umsowenig’er würde eine solche Herleitung dieser zufälligen Structurverhältnisse einer infiltrirten Mineralsubstanz haltbar sein, als uns kein einziges Beispiel bekannt ist, wo eine solche Ausfüllungsmasse einer Kammer sich um einen deutlich mit Wirtellamellen versehenen dickeren Sipho anlegte. Vielmehr umlagert dieselbe, wie an unseren Figuren von Orthoceras plani- septatum und undatolineolatum ersichtlich ist, meist einen dünneren, einfachen walzigen Sipho.« Dass die hier beschriebene Erscheinung keinen zufälligen Structurverhältnissen einer infiltrirten Mineralsubstanz ihren Ur- ly Versteiner. d. Rhein. Schichtensyst. S. 141, Taf. XVII, Fig. 4c — f und Taf. XVIII, Fig. 6, Gb u. d. 2) F. A. Roemer, Harzgebirge, Taf. X, Fig. 10 bildet dieselbe Erscheinung ab. Beyrich, Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1850, ii, S. 10 gründete darauf das Genus Arthrophyllum. 192 Henry Schröder, Pseudoseptale Bildungen sprang verdankt, geht aus der Regelmässigkeit und dem immer gleichen Auftreten an zahlreichen Individuen genugsam hervor. Mir liegen mehrere Stücke vom Kahleberg hei Zellerfeld und von der Schalke aus der geologischen Sammlung der Universität, vom Kronsfeld, Sect. Goslar, durch Herrn Halfar gesammelt, vom Fahnenberg bei Ems und Niederlahnstein, beide letztere aus der KoCH’schen Sammlung vor. Sämmtliche Stücke gehören dem Spiriferensandstein resp. seinen Aequivalenten an. Vier Exemplare zeigen die Zusammengehörigkeit der von Roemer und Sandberger abgebildeten Erscheinung mit unzwei- O ö felhaften Orthoceren auf das Deutlichste. Während die Oberfläche der Steinkerne an den vorderen Kammern nur durch die regelmässigen Nahtlinien gegliedert er- o o Ö O scheint, zerfällt der hintere Theil des Orthoceras (Taf. VIII, Fig. 6 a u. b) in mehrere äusserlich von einander getrennte Segmente, die nur durch die Ausfüllungsmasse des Sipho central verbunden werden. Die Ringfurchen zwischen den schwachgewölbten Segmenten werden von vorne nach hinten tiefer und die Segmente selbst dadurch niedriger, oder die Furchen bleiben gleich breit, und nur der Umfang der einzelnen Segmente verringert sich, jedoch in viel stärkerem Grade, als der Schalendurchmesser von vorne nach hinten abnimmt. Sowohl die convexe als die concave Fläche jedes Gliedes ist nun mit einer eigenthümlichen Radialsculptur geziert; feine, erhabene, dicht ge- drängte Streifen gehen vom Sipho zum Rande, allmählich stärker werdend; einzelne keilen sich in ihrem Verlaufe und andere schieben sich dazwischen. So zierlich sie an einem Stück vom Kahleberg, so grob sind sie an einem anderen von der Schalke; an den Exem- plaren vom Fahnenberg bei Ems sind die Streifen vollständig scharfkantig und durch breitere, tief eingesenkte Furchen von ein- ander getrennt. Die Stärke der Sculptur nimmt von hinten nach vorne ab. Bei oberflächlicher Betrachtung scheinen diese Streifen lamellen- artig das ganze Segment von vorne nach hinten zu durchsetzen . an solchen Exemplaren jedoch, wo die einzelnen Segmente Bruch- flächen aufweisen, beobachtet man, dass die radiale Streifung in den Kammern fossiler Cephalopoden. 193 eben nur auf die convexen und concaven Fachen der Segmente beschränkt ist. Die ganze Art des Auftretens dieser Radialsculptur und ihre kleinen Modificationen , namentlich ihre Abhängigkeit vom Alter der Kammern erinnern vollkommen an die bei Orth. Berendti und imhricatum (cf. Taf. VII, Fig. 1) beschriebene und abgebildete Oberflächenzeichmmg der Kammerausfüllungen. Die oben beschriebenen Segmente sind also nichts Anderes als solche Kammerausfüllungen, die auf ihrer vorderen und hinteren Fläche den Abdruck einer radialen Faltung der Pseudosepta tragen. Die Pseudoseptallamellen und normalen Septa ebenso wie die Schale, aus Kalkspath bestehend, sind ausgelaugt, und daher scheint das Orthocerashinterende in einzelne Segmente zu zerfallen, wie es ähnlich an den hintersten Kammern von Orth. Berendti und anderen beobachtet ist. Die Uebereinstimmung geht jedoch noch weiter. An Exem- plaren aus dem Rheinischen Devon (Taf. VIII, Fig. 6 a) sind die Segmente durch eine mehr oder minder breite Furche (u) auf der Siphonalseite unterbrochen, so dass hier die Ausfüllungsmasse des Sipho als ein cylindrischer Strang (p) sichtbar wird. Diese Furche ist die Verticalfurche bei Orth. Berendti und verdankt ihr Dasein der Auslaugung einer Pseudoseptallamelle mit Pseudo- septallamelle verbindenden Verticallamelle. Die anderen Exem- plare deuten die Furche nur an, indem die Radialstreifen an einer Stelle (wohl Siphonalseite) gegen einander convergiren, wie es ja auch bei Orth. Berendti , Taf. VII, Fig. 1 c, beobachtet ist. Bei Orth, planiseptaturn waren also zwei Pseudosepta und zwei Pseudoseptallamellen entwickelt. Der Uebergang zu der normalen Septenbildung geschah wie bei Lituites lituus , indem die Horizontal- lamellen nach vorne zu immer dünner wurden, bis zuerst die vordere und dann die hintere in jeder Kammer ganz fortfiel und so nur das normale Septum gebildet wurde. Orthoceras elegans Münster und Orth, politum Klipst. An vier Individuen des aus den St. Cassian- Schichten stam- menden Orth, elegans bildet Barrande *) auf den Convexflächen 9 1. c. PI. 483, fig. 5 — 15. Jahrbuch 1867. 13 194 Henry Schröder, Pseudoseptale Bildungen den hinteren Endigungen auffallend regelmässige Zeichnungen ab. Dieselben sind um den Sipho entweder radialstrahlig und orden- sternartig angeordnet, oder mit zahlreichen, einfach radialen Linien von verschiedener Stärke, die von eoncentrischen Linien geschnitten werden, geziert. Quenstedt * 2 3 4) und Laube 2) schliessen aus dem Umstande, dass diese Zeichnungen bedeutend unter einander abweichen und fast bei jedem Exemplar ein anderes Aussehen zeigen, auf einen unorganischen Ursprung. MOJSISOVICS 3) scheint dagegen zu der entgegengesetzten Ansicht zu neigen. Dass diese Sculptur Membranen angehört hat, die sich inner- halb des Orthoceras septenartig ausspannten, ist zweifellos, da die äussere Schale über die convexen Endigungen ein Stück hinaus- reicht. Ausserdem siebt Barrande an, dass diese Zeichnungen der Kammerwand selbst angehören, und MOJSISOVICS hat über noch denselben noch ein durchscheinendes, glattes Häutchen beobachtet. An Orth. politum Klipstein erwähnt Laube4) »auf der Unter- seite der sehr convexen Kammerwand ein kleines Depot organischer Materie«. Nimmt man noch hierzu, dass MOJSISOVICS 5) bei Orth, dubium v. Hauer etwas Aehnliches beschreibt, so scheinen die pseudoseptalen Bildungen auch bei den letzten Vertretern der Orthoceren eine weitere Verbreitung zu besitzen. Der Vergleich mit Orth. Berendti und planiseptatum etc. führt zu der Annahme, dass die regelmässig sculpturirten Endigungen bei Orth, elegans ebenfalls auf pseudoseptale Bildungen zurück- zuführen sind. Nautilus pompilius L. An einem der zur Sammlung der Königlichen geologischen Landesanstalt gehörigen Exemplare von Nautilus pompilius beob- achtete ich ein Gebilde, das der Pseudoseptallamelle bei fossilen Cephalopoden, wenn nicht vollständig gleichwerthig, so doch wenigstens analog ist. 9 Cephalopoden S. 478, Tat. 31, Fig. 3 — 5. 2) Denkschr. d. Wiener Akad. XXX, S. 59. 3) Cephalopoden der mediterr. Triasprovinz S. 292, Tat. 92, Fig. 12, 4) 1. c. S. 60. 5) Gebirge um Hallstatt I, S. 4, Tat. I, Fig. 5. in den Kammern fossiler Cephalopoden. 195 Kg. 2. Sämmtliche Kammerwände (s) mit Ausnahme nämlich der letzten sind normal entwickelt und haben eine ungefähre Dicke von fast 1 Millimeter; diese jedoch über trifft ihre Vorgänger um das Dreifache an Stärke und lässt sich in zwei durch eine scharfe Linie deutlich getrennte Lagen zerlegen, von denen die hintere (s), circa 1 Millimeter dicke das normale Septum darstellt, die vordere dickere (x), circa 2 Millimeter stark, dasselbe in seiner ganzen Fläche nach vorne bekleidet. Diese Lamelle besteht aus Perl- muttersubstanz, wie das normale Septum; der Sipho durchbohrt sie wie jede Kammerwand, nur die Gefässeindrücke und die Nor- mallinie scheinen etwas stärker, als auf der vorderen Fläche der normalen Septa entwickelt. Das Verwachsungsband zieht sich über die Convexseite der vorhergehenden Windung in der ge- wöhnlichen Breite hin, ein Beweis dafür, dass bei der Entstehung dieser Lamelle das Thier den Mantel nebst Annulus vorwärts ge- schoben hat. Aus dieser, soweit ich die Literatur kenne, bisher nicht beobachteten Erscheinung geht hervor: Bei Nautilus war der Mantel bei allmählichem Vorrücken auch nach Abson- derung des normalen Septums befähigt, in Zusammen- hang mit demselben eine dicke Perlinutterlaa’e abzu- sondern. Mag diese Fähigkeit nun an den Schluss des Wachsthums des Thieres überhaupt gebunden sein und die Perlmutterlage nur vor der letzten Kammerwand auftreten oder nicht, die Analogie zwischen derselben und der hinteren Pseudoseptallamelle in den Luftkammern fossiler Cephalopoden wird man nicht verkennen. 13* 196 Henry Schröder, Pseudoseptale Bildungen Ein Septalhäutchen, welches dem Pseudoseptum der Orthoceren entsprechen würde, ist vor der accessorischen Lamelle bei Nautilus nicht vorhanden, ebensowenig wie es je vor dem normalen letzten Septum entwickelt ist, von dem das Thier durch den Tod entfernt wurde. Die Normallinie, wie H. v. Meyer und Sandberger* 2) so- wohl linienartige Eindrücke als Erhabenheiten 3) auf den Steinkernen von Orthoceren bezeichnet haben, wird bei Nautilus durch eine kleine Erhabenheit auf der inneren dorsalen Fläche des Septal- ringes repräsentirt und ist ausserordentlich deutlich auf der acces- sorischen Lamelle des obengenannten Nautilus -Individuums ent- wickelt; (Taf. VIII, Fig. 7 a — b). Sie stellt sich hier als ein feiner, vorne spitzer und scharf begrenzter, nach hinten zu sich allmählich verbreiternder und in die Septalfläche verfliessender Kiel dar. Sein längerer und breiterer Theil erstreckt sich von dem gerundet- spitzigen Dorsalsinus des Vorderrandes des Septalringes nach hinten, sein kürzerer und feinerer, vorderer Theil, dringt von demselben Sinus aus in den Hinterrand des Annulus ein. Dieser kleine der Innenfläche der Septen aufgesetzte Kiel muss einer feinen nach innen geschlagenen Falte des Mantelhinter- endes entsprechen, die ich als Analogon der Pseudoseptalfalte anselaen möchte. Mascke4), der zuerst auf die Normallinie bei Nau- tilus aufmerksam gemacht hat, nennt dieselbe und die Verticallamellen sogar »vicariirende Organreste«. Beide kämen nicht nebeneinander vor. Ausserdem benutzte er dieselben, um über die Lage des Bauches resp. Rückens des Thieres zur Schale und somit auch über die Art der Aufrollung zu entscheiden. Nach ihm wäre die Seite, welche diese Gebilde trägt, stets, wie bei Nautilus, die Rückenseite. Durch die Thatsache, dass nach Sandberger 5) und Keferstein 6) zwei Normallinien einander diametral gegenüber- 9 Nova Acta Acad. Leop. Car. XY, 2 p. 70 sqq. 2) Versteiner. d. Rhein. Schichtensyst. S. 125f. 3) Es ist wohl möglich, dass in der Literatur verschiedenartige Dinge unter der Bezeichnung Normallinie gehen. 4) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. XXVIII, 1876, S. 51. 5) 1. c. p. 126. G) Bronn, Klassen und Ordnungen III, S. 1426. in den Kammern fossiler Ceplialopoden. 197 stehend auftreten können und dass an mehreren Exemplaren von Orth. Berendti nach meinen Beobachtungen1) zwei diametral gegen- überstehende Yerticallamellen in einer Kammer Vorkommen, wird die Bedeutung dieses Kriterium für Bauch- und Rückenseite natür- lich abgeschwächt, obwohl zugegeben werden muss, dass in diesen Fällen eine von beiden Normallinien resp. Yerticallamellen stärker entwickelt ist als die andere. An den im Vorhergehenden behandelten Ceplialopoden konnten nach eigenen Beobachtungen und nach der vorhandenen Literatur pseudoseptale Bildungen nachgewiesen werden. In anderen Fällen Hessen mich die Beschreibungen und Abbildungen nicht zu einer bestimmten Entscheidung kommen und sind dieselben hier nicht berücksichtigt. B. Deutung der Pseudosepta. Da jede Erklärung von Organisationsverhältnissen ausgestor- bener Thiere sich selbstverständlich auf das Innigste an die Kennt- niss der jetzt lebenden Vertreter der Gruppe anschliessen muss und um so mehr Vertrauen verdient, je mehr sie auf die recenten Verwandten zurückgreifen kann, so sind wir bei der geringen Zahl von Anhaltspunkten, welche die Mollusken sch ade für eine Recon- struction der morphologischen und physiologischen Verhältnisse der Weichtheile bietet, angewiesen, jede Deutung, die nicht vollständig auf der Basis der an recenten Thieren beobachteten Thatsachen steht resp. in Folge wirklicher Abweichungen im Schalenbau nicht stehen kann, mit der grössten Vorsicht zu prüfen. Dieser Gedanke leitet mich, wenn ich in Folgendem eine Erklärung der oben beschriebenen Erscheinungen versuche, und ist maassgebend für die Kritik der Deutungen, welche meine Vorgänger versucht haben. Trotz der jedenfalls riesigen zeitlichen Kluft, welche einen Lituiten oder Orthoceratiten von einem Nautilus trennt, ist dennoch eine auffallende Gleichheit im Bau der Schale zu constatiren. !) Schröder, Schriften d. phys. ökon. Ges. Königsberg XXII, 1881, I, S. 61. 198 Henry Schröder, Pseudoseptale Bildungen Die äussere Schale der fossilen Cephalopoden besteht aus zwei *) häufig auch der Sculptur nach verschiedenen Schichten, von denen die äussere, dünnere der Porcellanschicht, die innere, dickere und blättrige der Perlmutterschicht des Nautilus entspricht. Jedes Septum setzt sich bei Nautilus aus einer Perlmutter- schicht, welche den grössten Theil seiner Dicke ausmacht, und zwei dünneren Lagen zusammen, von denen die eine die concave, die andere die convexe Oberfläche bedecken. Diese feinen Septal- häutchen unterscheiden sich leicht durch ihre gelbliche oder ein wenig bräunliche Farbe von der inneren hellen Perlmutterlage, welche sie bedecken. Die Beobachtungen Barranre’s 2) an sibiri- schen Orthoceren haben die vollständige Uebereinstimmung des Baues des Septum mit dem an Nautilus Beobachteten ergehen1 Ebenso kann ich selbst bestätigen, dass an vielen Orthoceren und Lituiten jede Kammerscheidewand vorne und hinten mit einem feinen staubartigen Ueberzuge bekleidet ist, welcher den beiden 3) obengenannten Häutchen entspricht. 1) In einem PostScript zu dem vierten » Beitrag zur Kenntniss der in ost- und westpreussischen Diluvialgeschieben gefundenen Silurcephalopoden« Schrift, d. physik -Ökonom. GesellschaÜ, Bd. XXIII, 1S82, S. 10G schrieb ich: »Sowohl Remele als Noetling sprechen von einer dritten Schalschicht bei TJtuites lituus. Dieselbe ist nach Ersterem punctirt, nach Letzterem glatt. Diese Differenz er- klärt, sich einfach daraus, dass Beide etwas Verschiedenes gesehen haben. Remele’s punctirte dritte Schicht ist eine innere Lage der zweiten, welche der Perlmutter- schicht des Nautilus entsprechend, auch bei anderen Cephalopoden, zuweilen in zwei oder mehr Lagen spaltet. Noetling’s glatte dritte Schicht ist, wie er selbst sagt, die Fortsetzung der Scheidewände auf die äussere Schale, welche ich in meinem Beitrag II, p. 67 den »Ansatzring der Kammerscheidewände« genannt habe. Ein integrirender Theil der äusseren Schale ist sie in den Luftkammern, die Wohnkammer zeigt sie nur vor der letzten Nahtlinie. Ich selbst spreche da- her von zwei Schalenmerabranen.« Eine andere Möglichkeit wäre die, dass Remele’s dritte Schalenschicht der »Runzelschicht« Sandberger’s und Barrandk’s 1. c. II, 5 p. 1181 cqq. Hiermit fällt natürlich auch die Homologisirung der »inneren glatten Schicht« mit der Perlmutterschicht des Nautilus, die Noetling zu ver- muthen scheint. Die zweite punctirte Schicht parallelisirt Noetling mit der schwarzen Schicht bei Nautilus, sie entspricht jedoch jedenfalls der Perlmutterschicht. 2) 1. c. H, 4 p. 208. 3) Keferstein, 1. c. S. 1342, behauptet zwar, dass sich auf der Vorderseite der Septa keine Spur einer unverkalkten Membran findet. Dem muss ich ent- schieden widersprechen; sämmtliche Exemplare des Nautilus zeigen deutlich zwei Septalhäutchen von der angegebenen hornig-kalkigen Beschaffenheit und gelblichen F arbe. in den Kammern fossiler Cephalopoden. 199 Der Bau des Sipho lässt sich namentlich an solchen In- dividuen, wo die Luftkammern mit krystallinischem Kalk und das Sipho- Lumen mit dichter Kalkmasse erfüllt sind, stndiren. Der Sipho ist in diesem Falle mit seiner Hülle in so vollstän- digem Zusammenhänge erhalten, dass er als vollständiger Cy- linder, wie bei vaginaten Orthoceren, aus der Schale beim Zer- schlagen herausfällt. Die Siphonalduten sind sehr kurz und häufig nur dadurch angedeutet, dass sich die Kammerwand ein wenig nach hinten umbiegt. Als Fortsetzung der Siphonaldute bemerkt man in Längsschliffen zwei feine Linien nach der nächstvorhergehenden siphonalen Durchbohrung gehen; diese Linien sind die Längs- schnitte desjenigen Theiles des Sipho, der dem hornigen Abschnitt bei Nautilus entspricht. Bei den vaginaten Orthoceren und den mit geschlossenem Sipho versehenen, gekrümmten Cephalopoden (IIolo- choanoiden Hyatt’s1)) ist die Structur der Wand, welche das Innere des Sipho von den Luftkammern trennt, ganz dieselbe, wie die der Kammerwand. Der hintere Theil der Siphonalumhüllung bei regulären und cochleaten Orthoceren (Ellipochoanoiden Hyatt’s) sticht dagegen vollständig gegen die Kammerwand der Structur nach ab; während diese aus bräunlichem, krystallinischem Kalk besteht, hat der hintere Theil des Sipho ein mehr erdiges Aussehen und eine gelbliche oder dunkle Farbe. Derselbe ist gegen Säuren wider- standsfähiger, was uns zu dem Schlüsse berechtigt, dass er aus einer mit organischer Substanz stark durchtränkten Masse bestand, wie die Verhältnisse ja auch bei Nautilus sind. Dass ferner die Verwachsung des Mantelhinterendes mit der Schale an den palaeozoischen Nautiliden eine in den allgemeinen Zügen und in manchen Fällen sogar bis in die Einzelheiten gleiche wie bei Nautilus gewesen ist, glaube ich, geht mit Bestimmtheit aus den Untersuchungen hervor, die Dames 2), Dewitz, Noetling und der Verfasser 3) über diesen Punkt veröffentlicht haben. Ich bin auf die nachweisbare morphologische Uebereinstimmung der Schale der palaeozoischen Cephalopoden und des Nautilus hier etwas näher eingegangen, um daraus den Schluss ziehen 9 Proc. of the Boston Soc. of Natural History Yol. XXII, 1884, p. 260. 2; Sitzungsber. d. Ges. natnrf. Freunde. Berlin 1879, S. 2. 3) Schrift, d. phys. Ök. Gesell. XXII, 1881, I, S. 55 ff. 200 Henry Schröder, Pscudoseptale Bildungen zu können, dass auch der physiologische Vorgang der Septen- und Siphobildung ein ähnlicher gewesen ist. Derselbe wird von Keferstein *) sehr anschaulich geschildert: »Der hinter dem Annulus liegende Theil der Körperoberfläche wird die Luft, die wir in den Kammern finden, absondern und der Annulus verhindert es, dass die Luft zwischen Mantel und Schale nach vorn entweicht. Beständig wird durch diese abgesonderte Luft das Thier nach vorne gedrängt und rückt darin ebenso fort, wie die Schnecke in der Schale, indem sich dabei an der Mündung die Schale beständig verlängert .... So sieht man an der Nautilusschale am Muskel- und Ring-Ansatz deutlich dem vordersten Rande parallele Streifen, als Zeichen des beständigen Fortrückens. In dieser Weise entfernt sich der Nautilus mit der Absonderung der Luft ständig von dem letzten Septum und wächst dabei bedeutend, wie die meisten Schnecken, indem sich die Schale nach vorne entsprechend dem Thier beträchtlich erweitert. Wie aber fast alle Concliylien Zeiten des Wachsthums mit denen der Ruhe wechseln lassen, wie bei den Schnecken z. B. sofort die in bestimmten Abständen wieder- kehrenden Mündungswülste zeigen, so ist es auch mit dem Nautilus. Und wenn er im Wachsthum stille steht, keine Luft mehr ab- sondert und in der Schale nicht mehr vorritckt, so entsteht auf dem sonst Luft ausscheidenden Hinterende des Thieres, hinter dem Annulus eine vertikale Cuticularbildung , Perlmutterschicht, das Septum, wie sie im vor dem Annulus liegenden Bereiche des Alanteis beständig gebildet wird.« Der Sipho, als die diiecte Ver- längerung des Mantelhinterendes, wird durch ein allmähliches Aus- ziehen desselben während des Wachsthums gebildet. Diese Beschreibung können wir kurz dahin zusammenfassen: Der Mantelrand, der Annulus und Sipho wachsen bei Nautilus gleichmässig fort und ruhen periodisch während der Abscheidung der Kammerwand. Dieselbe Anschauung vertritt Woodward * 2), wenn er sagt: » the septa indicate perodic rests«. Auch Waagen3), b Bronn, Klassen und Ordnungen des Thierreiches III, 2, S. 1343. 2) Manual of Mollusca p. 184. 3) Palaeontographica XVIII, S. 186. in den Kammern fossiler Ceplialopoden. 201 Barbande t) und Dewitz * 2) treten den Auseinandersetzungen Keferstein’s bei. In der Lebensthätigkeit des Mantels wechselt also bei Nautilus ein Stadium des fortschreitenden, die Körperfläche vergrössernden Wachthiuns mit einem Stadium der septenbildenden Ruhe ab. Kalkabsonderung und Ruhe, Luftabsonderung und W achs- thum sind aneinander gebunden. Die jedes Septum einfassenden, erdigen Membranen, die Septalhäutchen, zeigen den Anfang und das Ende des Ruhezustandes und d er Kalkab so nd e- riing an. Drücken wir dies schematisch aus: Anfang hinteres \ (Sp) Ruhe Septum Septalliiiutehen (sp) Endo vorderes ' (K) Wachsthum Kammerlumen (k) Anfang hinteres \ (Sa) Kühe Septum Septalhii utclien (sa) Ende vorderes > Auf einen ähnlichen Wechsel der Lebensfunctionen des Mantel- hinterendes führe ich ebenfalls die Bildung der Pseudosepta und Pseudoseptallamellen zurück, nur mit dem Unterschiede, dass die Kalkabsonderung vor und nach dem Stadium der absoluten Ruhe in das Wachsthumsstadium hinübergriff. Bevor ich jedoch diese Deutung auseinandersetze, will ich die Gründe hervorheben, welche zu der Annahme zwingen, dass die pseudoseptalen Membranen und auch die zwischen ihnen und den normalen Septen abgelagerten Kalklamellen organischen Ursprungs und zu Lebzeiten des Thieres entstanden sind. Betreffs der Pseudosepta dürften auch dem scrupulösesten Skeptiker folgende Thatsachen genügen: 1) Die Pseudosepta sind an vielen Individuen und von meh- reren Forschern als distincte Membranen oder Häutchen beobachtet worden. 2) Im Bereich der Pseudosepta sind deutliche Spuren von Gelassen vorhanden. ') 1. c. 11,5, p. 1237. 2) Zeitschr. f. d. ges. Naturw. Halle III, 3, 1878, S. 293. 202 Henry Schröder, Pseudoseptale Bildungen 3) Die Oberflächenzeichnung mehrerer Pseudosepta ist der- artig, wie wir sie nur an organischen Gebilden zu sehen ge- wohnt sind. 4) Die Pseudosepta sind in den Kammern vollständig sym- metrisch angeordnet und legen sich in Falten, die, abgesehen von geringen Schwankungen, zweifellose Beziehungen zur Mediane der Schale haben. 5) Die Entfernung der Pseudosepta von den normalen Septen steht im umgekehrten Verhältnis zu dem Alter des Thieres und weist somit auf eine Abhängigkeit von den Lebensfunctionen hin. Ist die organische Natur der Pseudosepta hiernach gesichert, so können dieselben entsprechend den normalen Septen nur als eine Cuticularbildung betrachtet werden und verlangen, wie die Septa als Hauptbedingung für ihre Entstehung, dass das Mantel- hinteren de an der Stelle, wo sie jetzt vorhanden sind, eine Zeit lang verharrt hat. Das Mantelhinterende ruhte also momentan während der unter normalen Verhältnissen geforderten Wachsthums- periode und erhielt dadurch die Fähigkeit, eine kalkige Membran abzusondern. Schwieriger wird die Deutung der Entstehung der Hori- zontallamellen , deren organische Natur man jedoch ebenfalls kaum bestreiten kann. Da dieselben durch die Gestalt der Pseudosepta bedingt sind, so können dieselben Gründe für ihre organische Natur angeführt werden. Doch wäre hiergegen fol- gender Ein wand möglich : Zugegeben, die Pseudosepta sind orga- nischen Ursprungs und waren bereits beim Absterben des Thieres vorhanden, so könnten die Kalkspathmassen zwischen ihnen und den normalen Septa immerhin noch rein anorganische Infiltration sein. Dieselbe war jedoch nur auf zwei Wegen möglich: durch die äussere Schale und durch den Sipho. Der letztere Weg ist der leichtere, da hier nur die dünne kalkige und bei manchen Formen zum grossen Theil aus nur hornig -kalkiger Masse be- stehende Wandung an dem mit kohlensaurem Kalk gesättigten Wasser zu durchdringen war. Um so auffallender und vollständig gegen eine derartige Infiltration sprechend ist die Thatsaehe, dass die siphonale Wand nicht und nur dann einseitig mit Kalkspath ia den Kammern fossiler Cephalopoden. 203 umhüllt ist, wenn die pseudoseptalen Falten mit dem Sipho in Verbindung treten. Die sämmtlichen von mir untersuchten Indi- viduen von Lit. lituus , deren Zahl nicht gering ist, zeigen in allen Kammern im Bereich des ehemals hornigen Sipho nur die zangen- artige mit der Verticallamelle verbundene Umfassung durch Kalk- spath auf der Siphoualseite, während die Antisiphonalseite davon frei ist. In gleicher Weise hat Barrande *) bei den obengenannten Formen Orth, seoerum etc. nie beobachtet, dass sich sein soge- nanntes depöt organique auf der Aussenseite der Wandung des Sipho vorfand. Bei einer supponirten Infiltration durch die äussere Schale ist es erstens unverständlich, wesshalb sie sich grade zwischen den Pseudo- septen und Septen ihren Weg suchen musste und alle anderen Räume der Luftkammern, zu denen sie ebenso leicht oder noch leichter Zutritt hatte, verschonte, ferner wesshalb man nur in den hinteren, jedoch nie in den vorderen Kammern, in denen die Pseudosepta fehlen, Kalkspathlagen von gleicher Beschaffenheit an- trifft, ferner weshalb z. B. in den Luftkammern von Orth. Berendti nur hintere und nicht auch vordere Horizontallamellen entwickelt sind. Pseudosepta und Horizontal- resp. Vertical- lam eilen sind au einander gebunden. Ebenso wenig kann man bei der Annahme einer rein anor- ganischen Infiltration erklären, wie die so äusserst zarten Mem- branen der Pseudosepta, wenn sie allein vorhanden waren, bei der Verwesung und während des Eindringens der Versteinerungsmasse sich in der so vielfach beobachteten Regelmässigkeit erhalten haben, ohne dass sie bereits auf einer festen Lamelle auflagen. Ein anderer Grund, die Horizontal- und Verticallamellen für ein bereits zu Lebzeiten des Thieres vorhanden gewesenes Kalk- gerüst zu erklären, ist die Beobachtung Barrande’s, dass bei deu zahl reichen Orthoceren des böhmischen Silur, die eine Pseudo- septenbildung aufweisen, ein scharfer Gegensatz zwischen Kalk- spath als Ausfüllung des inneren Kammerlumens und Kalkspath als innere Bekleidung der Kammerwandung existirt ; ersterer ist ■) Vergl. S. 185 ff. 204 Henry Schröder, Pseudoseptale Bildungen weiss imcl grobkrystallinisch, letzterer dunkel und kryptokrystalli- nisch. Bei einzelnen Exemplaren von Orth. Berendti und discors habe ich ebenfalls in den entsprechenden Gebilden eine derartige Färbung beobachtet. Die Horizontallamellen der nordeuropäischen Lituiten sind in ähnlicher Weise durch ihr milchiges und wolkiges, undeutlich krystallines Aussehen vor den Kalkspathmassen, wenn sie als Kammerausfüllung auftreten, ausgezeichnet. Kommen im ersteren Hohlräume vor, so sind dieselben, mit Kalkschlamm erfüllt, von glatten Grenzlinien eingeschlossen, und gewähren selten das Aus- sehen von Drusenräumen. Ein Bestehen der Horizontallamellen aus einzelnen, dünnen Lagen hat sich bis jetzt nicht nacliweisen lassen, ebenso wie ja auch an den Septen, die doch ohne Zweifel aus Perlmuttersubstanz bestanden haben, fast nie eine Spur der ursprünglichen Structur nachweisbar ist. Vielmehr haben dieselben ebenso wie die Septa und Pseudosepta eine Umkrystallisation erfahren, so dass häufig z. B. stets bei Orth. Berendti diese drei ursprünglich getrennten Gebilde eine einheitliche Kalkspathmasse bilden1); in anderen Fällen sind die Septa und Pseudosepta abtrennbar, während jedoch die eigent- liche Masse des Septum und die Horizontallamelle ihre organische Structur vollständig eingebüsst haben. Es ist dies Verhalten das Gleiche, wie in den »anneaux obstructeurs« Barrande’s und den Kalkspathmassen, welche die »dards siphonaux« der vaginaten Orthoceren umkleiden. Hiermit muss der Einwand, den man gegen die organische Natur Vorbringen könnte, dass alle diese Gebilde aus deutlich krystallinem Kalkspath bestehen, naturgemäss fallen. Sind die Beweisgründe für die organische Entstehung der Horizontallamellen auch fast lediglich negativer Natur, so erscheint !) Da die schlammige Kammerausfüllung der. Metamorphose einen bedeu- tenderen Widerstand entgegensetzte als die schon an sich balbkrystallinische Perl- muttersubstanz, so erklärt sich auf diesem Wege einfach die auffallende Beobach- tung Dewitz’ (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges.xxxu, 1880, S. 88G), dass die nor- malen, relativ dicken Septa häufig resorbirt, die Hilfskammerwände (d. h. die Grenzen von späthiger zur schlammiger Kammerausfüllung) dagegen wohl erhalten in ihrer ganzen Ausdehnung zu verfolgen sind. in den Kammern fossiler Cephalopoden. 205 dieselbe jedoeli gesichert. Im Gegensatz zu den durch Kalkab- sonderung währen d m omentaner Ruhe entstandenen Pseudo- septeu, müssen die Horizontallamellen während lang- samen Vorrückens des Thieres entstanden sein. Die sich aus der ganzen vorstehenden Erörterung ergebende Deutung der Pseudosepta und der Lamellen ist die folgende. Nehmen wir zunächst den gewöhnlichen Fall und diejenige Er- scheinungsweise an, welche in den mittleren Stadien ihrer Ent- wicklung die verbreitetste ist, nämlich dass in jeder Kammer zwei Fig. 3. von einander deutlich getrennte Pseudosepta o~ und acx vorhanden sind, so verdankt die hintere Horizontallamelle (xtt) und das hintere Pseudoseptum (ait) seine Entstehung dem Umstande, dass die Fähigkeit der Kalkabsonderung nicht gleich beim Verlassen des Sep- tum (sp) aufhörte, sondern über die Periode der absoluten Ruhe, in welcher dasselbe gebildet war, hinaus eine Zeit lang auch während langsamen Vorrückens des Mantels dauerte, bis sie nach Absonderung des Pseudoseptum (atr) ganz erlosch. Ebenso wie auf diese Weise die hintere Horizontallamelle (xu) und das hintere Pseudoseptum der Luftkammer eine Fortdauer der Kalkabsonderung andeuten, weist die vordere Kalkspathlage (xa) und das vordere Pseudo- septum (oa) der Luftkammer den vorzeitigen Beginn der Kalk- absonderung bei noch nicht vollständig eingetretenem Ruhestadium, o O O 7 dem das vordere Septum (sa) seine Entstehung verdankt, hin. Das mit Luft erfüllte Lumen der Kammer entspricht einem Vorrücken des Thieres bei fehlender Kalkab- sonderung, die jedes Septum einscli Hessen den Hori- zontallamellen dagegen einem Waclisthum des Thieres 206 Henry Schröder, Pseudoseptale Bildungen bei fortdauernder resp. frühzeitig eintretender Kalk- absonderung. Die Pseudosepta bezeichnen das Ende und den Beginn der Kalkabsonderung. Sie dürfen nicht als Analoga der normalen betrachtet werden, sondern sind den begleitenden erdigen Septalhäutchen derselben analog. Drücken wir den iu jeder Kammer stattfindenden Vorgang schematisch aus : hinteres ) (Sp) Ruhe Septum / Septalhäutchen (sp) vorderes ) (Ktc) Langsames Wachsthum1). Hintere Pseudoseptallamelle (xtt) (1 -) Ende. Hinteres Pseudoseptum (stt) (K) Waclisthum . . . Kammerlumen (k) (2 a) Anfang. Vorderes Pseudoseptum (atz) (Ka) Langsames Wachsthum1). Vordere Pseudoseptallamelle (xa) hinteres j (Sa) Ruhe Septum > Septalhäutchen (sa) vorderes ) W ie bekannt ist das Nautilusthier durch ein ringförmig um das hintere Körperende laufendes Band, als dessen Erweiterung die beiden seitlich symmetrisch liegenden Muskelplatten anzusehen sind, an die Schale geheftet2). Diese Verwachsungsstelle, der Annulus, liegt mit ihrem hinteren Rande auf der Bauchseite um ein beträchtliches Stück, auf der Rückenseite jedoch unbedeutend von dem Vorderrande des Ansatzringes der Kammerwände ent- fernt. Dass die Verhältnisse an fossilen Cephalopoden, wenn auch im Einzelnen vielfach abweichend, im Grundpriucip ähnliche waren, haben Dewitz3) und ich4) nachgewiesen. Auch hier blieb die Verbindung des hinter dem Annulus befindlichen Stückes des Mantels weniger fest, als sie im Bereich desselben war. 0 Das Vorriicken des Thieres in der Schale während dieser Periode dürfte man vielleicht besser als ein Abdrängen des Mantelhinterendes von dem Septum, hervorgerufen durch die Kalkabsonderung, bezeichnen. 2) Vergl. über diese Verhältnisse Schroeder, Schrift, d. phys. ökon. Ges. Königsberg XXII, 1S81, I S. 55. 3) Schrift, d. phys. ök. Ges. 1880, S. 1G8. 4) 1. c. S. 57 ff. in den Kammern fossiler Cephalopoden. 207 Begann nun die Wachthumsperiode , so rückte der Annulus jedenfalls wie der Spindelmuskel der Gastropoden durch Resorp- tion des Hinter- und Wachsen des Vorder -Randes in der Schale um eine Kammerhöhe vor, während das dahinter befindliche Mantel- stück sich mit seiner hinteren Fläche von dem Septum loslöste, mit seineu seitlichen Theilen jedoch auf der inneren Fläche der Ansatz ringe und der Schale nach vorne gleitend nachgezogen wurde, und machte Halt, um ein neues Septum abzuscheiden. Dies der normale Vorgang. Bei Bildung der Pseudosepta erfolgte dagegen das Vorrücken in drei Absätzen. Im ersten secundären Wachsthumstadium (Kit) rückte der Annulus und ebenfalls das hinter ihm befindliche Mantel- stück etwa um die Entfernung des alten Ansatzringes der Kammer- wand von dem neu zu bildenden normalen Septum vor; während dessen hatte die Kalkabsonderung den Mantel um ein nahezu gleich grosses Stück von dem alten Septum gewissermaassen abgedrängt und denselben auch seitlich beengt, so dass während des Haupt- wachsthumstadiums (K), in welchem der hauptsächliche Fortschritt des Thieres in der Schale stattfand, sich nur ein Theil der hinteren Fläche des Mantels von dem Pseudoseptum loslösen konnte, die seitlichen, äusseren Theile desselben dagegen in Berührung mit der inneren Fläche der bereits vorhandenen hinteren Horizontallamelle und des Pseudoseptum nach vorne glitten; ja sie blieben sogar auch während der Bildung des vorderen Pseudoseptum mit derselben innerhalb einer randlichen Zone in Connex. Flieraus erklärt sich die Erscheinung, welche Dewitz die »Gabelung der Hilfskammerwände« genannt hat und der Umstand, dass beide Pseudosepta sich ständig in demselben Punkt an die äussere Schale anlegen. Dieselbe Stelle hat sich in der Mehrzahl der Fälle1) das am Schluss des zweiten seenn- dären Stadiums (K a) entstehende normale Septum gewählt. Ich habe bisher nur diejenige Erscheinungsweise der Pseudo- septa behandelt, welche in den mittleren Lebensstadien des Individuums die verbreitetste ist. In älteren und jüngeren Kammern b Eine Ausnahme bietet Orth, truncatum Baku, siehe weiter unten. 208 Henry Schröder, Pseudoseptale Bildungen verschieben sich die drei oben getrennt gehaltenen Wachsthums- perioden gegen einander. Im Alter erscheint das Hauptwachs- thumstadium (K), dessen Product das Kammerlumen ist, gegen die beiden secundären Stadien soweit reducirt, dass beide Pseudo- septa in einem grossen Theil ihrer Fläche auf einander ruhen und so Ende und Anfang der Kalkabsonderung (2tt und 2 a) fast zu- sammen zufallen scheinen; in jüngeren Kammern dagegen über- wiegt das Hauptwachsthumstadium immer mehr, die secundären kommen immer weniger zur Geltung, bis dann zuerst das vordere, dann das hintere s;anz erlischt und so der Uebergang; in die normale Septenbildung, wie sie in den der Wohnkammer zunächst liegen- den Kammern vor sich geht, geschaffen ist. Bei Lit. lituus und den böhmischen Orthoceren ist die Entwicklung' dieser Verhält- nisse allmählich und continuirlich; in den Kammern der breviconen Lituiten scheint sie jedoch mehrfach sprungweise vor sich gegangen zu sein, indem hier eine Kammer mit weit von einander stehenden Pseudosepten auf eine solche mit dicht auf einander liegenden folgen kann (cf. Dewitz, Zeitschr. f. ges. Naturw. 1878, Taf. XIII, Fig. 2 u. 3; Holm, 1. c., Taf. IV, Fig. 3; Noetling, Jahrbuch der geol. Landesanstalt für 1883, Taf. XVIII, Fig. 6). Bei Orth. Berendti erscheint das zweite secundäre Stadium sehr frühzeitig unterdrückt, da bis jetzt noch kein vorderes Pseudoseptum in deutlicher Entwicklung beobachtet ist. Ich komme nun zu der Deutung der HoLM’schen dachförmigen und der MAsCKE’schen verticalen Pseudoseptalfalten. Erstere erklären sich folgendermaassen : Nach der Bildung eines normalen Septum rückte das Mantel- hinterende in einer radiären Linie auf der Siphonalseite garnicht von dem Septum ab, so dass das Pseudoseptum hier an die Con- cavfläche des Septum befestigt erscheint (Septale Verwachsuugs- linie Holms bei Ancistroceras undulaium ). In anderem Falle löste sich der Mantel zwar los , blieb aber auf der siphonalen Seite hinter der übrigen Mantelfläche entweder in einer anfangs linienartigen, dann sich allmählich zu einer radialen Zone ver- breiternden Fläche oder in einer ursprünglich breitangelegten Zone im Vorrücken zurück, so dass in ersterem Falle die dachartige in den Kammern fossiler Cephalopoden. 209 (Orth, severum ), in letzterem die mehr bandartige (Orth, bonum) Falte entstand. Der geschilderte Vorgang dürfte auf ein Stocken der Kalkabsonderung, welche die hintere Horizontallamelle bildete, zurückzuführen sein. Entspricht der hinteren Falte eine vordere, so unterblieb, wenn der Mantel in der Höhe des vorderen Pseudo- septum angelangt war, in einer der hinteren Falte entsprechenden Breite die Kalkabsonderung innerhalb der vorderen Horizontal- lamelle, der Mantel zog sich jedoch in dieser Zone nach vorne aus; diese Faltung ging entweder soweit, bis sich das Pseudo- septum in einer radiären Linie an die Convexfläche des vorderen Septum anlegte (Änc. vndulatum ) oder sie hörte früher auf (Orth, severum ). Die Bildung und Verkalkung der eigentlich pseudoseptalen Membranen erfolgte am Anfang resp. Ende des Hauptwachsthumsstadium, in welchem das Kammerlumen gebildet wurde; die Falten dagegen entstanden während der Entstehung der Pseudoseptallamellen. Schwieriger ist die Deutung der verticalen Pseudoseptalfalten bei Orth. Berendti, planiseptatum und Lit. lituus. Nur dem Grade der Entwicklung nach von der feinen Faltung der Pseudoseptal- membranen (cf. Orth. Berendti Taf. VII, Fig. 1 und planiseptatum Taf. VIII, Fig. 6), verschieden finden sie darin ihre physiologische Erklärung, dass sich das Mantelhinterende während des Vor- rückens von einem Septum zum anderen in einem Zustand der Wucherung befand. Einen Beweis dafür sehe ich in der Beobach- tung eines ausserordentlichen Gefässreichthums des Mantels während der secundären Wachsthumsstadien, denn nicht nur ver- einzelte, sondern zahlreiche Individuen des Lit. lituus und Orth. Berendti tragen die Spuren von sehr kräftig entwickelten Gefässen, wie sie auf den normalen Septen nie vorhanden sind. Eine Folge des abnormen Gefässreichthums war eine über das nothwendige Maass hinausgehende Flächenvergrösserung des Mantelhinterendes. Denkt man sich nämlich die eigenthümlich buckligen und wulstigen Pseudosepta von Lit. lituus, Orth, severum etc. zu einer septen- älinlichen Membran geglättet, so stellen dieselben eine viel grössere Oberfläche dar, als für die Bildung eines neuen normalen Septum erforderlich. Da sich aber der vollständigen glatten Ausbreitung Jahrbuch 1887. 14 210 Henry Schröder, Pseudoseptale Bildungen dieser hypertrophen Membranen die bereits vorhandene und z. Th. mit der Horizontallamelle innerlich bekleidete Schale und der noch nicht genügend weit vorgerückte Annulus entgegensetzte, mussten sich die Pseudosepta in Buckeln, Wülste und Falten legen, die entweder radiär oder concentrisch angeordnet und so die Veran- lassung zu den ihnen eigenthümlichen Oberflächenzeichnungen wurden. Wo durch die ganze Luftkammer hindurchsetzende Vertical- lamellen entwickelt sind, hörte die Kalkabsonderung auf der Sipho- ualseite (resp. wenn zwei Lamellen vorhanden sind auf Siphonal- und Antisiphonalseite) auch während des Hauptwachsthumstadiums innerhalb einer schmalen radiären Zone überhaupt nicht auf, und das Mantelhinterende schlug ich in Folge dessen zu einer Falte nach vorne bis zum vorderen Pseudoseptum resp. Septum und nach innen, wo sie entweder am Sipho endete (Orth. Berendti ) oder denselben zangenartig umfasste (Bit. lituus ). Bei Orth. Berendti legte sich die Falte, soweit beobachtet, direct an die Convexfläche des vorderen Septum an, während sie bei Lit. lituus an dem vorderen Pseudoseptum endigt, das hier eine dem nor- malen Septum ähnliche Gestalt annimmt, ein Vorgang, der sich während des Vorrückens des Mantels von dem hinteren nach dem vorderen Pseudoseptum abgespielt haben mag. Ebenso wie auf dem hinteren setzte sich auch während der Bildung des vorderen Pseudoseptum die Kalkabsonderung in einer entsprechenden radiären Zone fort. Der Raum zwischen den Membranen der Falte füllte sich mix organischer Kalkmasse (Perlmuttersubstanz?) und trat dadurch, dass er nach hinten und vorne von keiner Membran abgeschlossen war, mit der vorderen und hinteren Horizontallamelle in Verbindung. Ausser der oben berührten Hypertrophie und der dadurch veranlassten Faltung des Mantels war die Gestalt der Pseudosepta ferner durch die ungleichmässige Stärke ]) der Kalkabsonderung l) Namentlich hierauf muss die Unregelmässigkeit zurückgeführt werden, dass die Pseudosepta häufig nicht direct vom Sipho abgehen, sondern scheinbar auf der concaven Fläche des Septum beginnen und ebenso, dass sie nach dem Sipho stärker konisch zugehen (Dewitz). in den Kammern fossiler Cephalopoden. 211 innerhalb der Horizontal- und Verticallamellen und durch die Spannung, in welcher der Mantel durch die in seinem Innern befindlichen Organe und die Körperflüssigkeit gehalten wurde, bedingt. Die Analoga der Pseudoseptallamellen und Falten sehe ich bei der lebenden Gattung Nautilus, wie bereits oben bemerkt, in der accessorischen Perlmutterlage vor dem letzten Septum und in der Normallinie. Die eigentliche Ursache der Pseudosepta und der Lamellen ist uns verschlossen; die Frage, was veranlasste das Thier diese interseptalen Gebilde hinter sich zu schaffen, was war die Ursache der augenscheinlichen Hypertrophie des Mantelhinterendes, vermag ich nicht zu beantworten. Momentan abnorme Ernährungsver- hältnisse sind die Ursache nicht gewesen, da der Grad der Ent- wicklung dieser Erscheinungen eine Abhängigkeit von dem Alter des Individuums verräth. Dagegen darf man als sicher annehmen, dass das Vorhanden- sein der Pseudoseptallamellen einen Einfluss auf die Lebensthätig- keit des Thieres insofern gehabt hat, als es das Gewicht der Schale erhöhte1). Berücksichtigt man ausserdem, dass die Vertical- lamellen und Falten entweder genau in die Mediane fallen oder doch nur wenig in ihrer Lage um dieselbe sckwanken, so kann man behaupten, durch die Erhöhung des Schalengewichtes erlangte das Thier eine grössere Gewalt über die Schale und erzielte hierdurch eine sicherere Lenkbarkeit des Schalenendes. Mehrfach scheint eine Folge der mit der Pseudoseptenbildung verbundenen Ablagerung des »depöt organique« ein Abstossen ein- zelner damit erfüllten Kammern gewesen zu sein; so werden z. B. sehr häufig im Ober -Silur Englands die Steinkerne einzelner Kammern gefunden, die Blake2) zu Orth, imbricatum zieht und von denen ich oben wahrscheinlich gemacht habe, dass sie Ausfül- lungen von Luftkammern gewesen sind, die mit den pseudoseptalen Horizontallamellen ausgekleidet waren. Da ich diese Erscheinung o o ') Barrande 1. c. II, 4, p. 280 u. Zittel, Handb. d. Palaeontologie I, 2, S. 359. 3) Siehe oben S. 188. 14* 212 Henry Schröder, Pseudoseptale Bildungen der Abstossung, die au bestimmten Böhmischen Orthoceren Regel ist, weiter unten behandeln werde, verweise ich auf meine Seite 226 gegebenen Ausführungen. Ich habe bisher absichtlich, um die Sache nicht noch weiter zu compliciren, vermieden, auf die von meinen Vorgängern über die Entstehung der Pseudosepta geäusserten Ansichten einzugehen. Gelegentlich der folgenden Kritik der früheren Deutungen wird es sich heraussteilen, dass die meinige sich in mehrfachen Punkten an die älteren anlehnt, wenn sie auch, als Ganzes betrachtet, durchaus selbstständig ist. Bei S. P. Woodward x) linden wir die erste Deutung der Pseudoseptenbildung. Nach ihm löste sich eine die inneren Wände der Luftkammern auskleidende Membren ab und zog sich zu- sammen, so dass zwischen ihr und den Wänden ein Zwischenraum, in welchen der Schlamm nicht eindringen konnte, blieb. Der Schlamm nahm seinen Weg bei Actinoceras vom Sipho aus durch Blutgefässe , worunter die eigenthümlich radial angeordneten Zwischenräume zwischen den »anneaux obstructeurs« Barrande’s zu verstehen sind. In anderen Fällen * 2) drang der Schlamm durch den in den hinteren Kammern unvollständigen (indem sein »tube« nur ein Drittel der Kammerhöhe einnahm) Sipho in den von den »lining membranes« übrig gelassenen Raum ein. Wir haben also bereits hier die von allen (ausser Barrande) Forschern, welche sich mit dem Gegenstände befasst haben, festgehaltene Behauptung, dass die Pseudosepta wirkliche Membranen seien. Ich muss ge- stehen, das Grundprincip der WoODWARD’schen Deutung erschien mir am Anfang meiner Untersuchungen sehr einleuchtend, zumal ja eine die inneren Wände der Luftkammern auskleidende Mem- bran wirklich später entdeckt wurde. Jedoch hat mich nach vielen Bemühungen, den von dem englischen Forscher nicht ge- gebenen Beweis zu liefern — ich habe versucht, das Fehlen der erdigen Septalhäutchen auf den normalen Septen zu beweisen, ') Manual of Mollusca 1851 p. 82. 2) Wood ward, Quart. Journ. geol. Soc. 185G, XII, p. 378. in den Kammern fossiler Cephalopoden. 213 wann die Pseudosepta entwickelt sind — die Erwägung, dass die WooDWARü’sche Deutung für die begleitenden Erscheinungen der Faltung etc. unzureichend ist, bewogen, dieselbe aufzugeben. Barrande *) bestreitet 1857 die Möglichkeit einer sieb ab- lösenden und zusammenziehenden Haut, da dergleichen an Nau- tilus nie beobachtet wäre. Er erklärt die von Woodward beob- achteten Erscheinungen als »eigentbümliche Fälle von Ausfüllung, entweder durch Krystallisation im Innern oder durch mechanische Eintreibung von Schlamm von aussen her.« Jedoch bereits zwei Jahre später beschreibt Barrande * 2) eine ganze Reibe von Er- scheinungen, die in eine Kategorie mit der Pseudoseptenbildung fallen, wie ich oben nachgewiesen habe. Im Jahre 1877 führte3) er seine früheren Beschreibungen weiter aus und kommt zu fol- gender Theorie über die Entstehung des »depöt organique«: »Au moment oü la cloison est terminee, la faculte de secretion est suspendue sur une grande partie de la surface du fond du man- teau, tandisqu’elle persiste sur l’autre. D’apres la position ci-des- sus etablie du depöt organique, c’est la region ventrale qui con- serve la faculte de secretion, mais non plus avec la meme uniformite, car le produit qui en resulte est irregulier, et contraste avec la regularite du cloison. A mesure que ce produit recouvre la moitie ventrale, en s’etendant meine peu ä peu sur la moitie dor- sale, avec une epaisseur reduite, le fond du sac se trouve gra- duellement bossele et souleve, de sorte qu’une partie de sa sur- face ne repose plus immediatement sur la cloison, mais sur le depöt qui se forme. Cette accumulation de la substance secretee se continue jusq'au retour de l’epoque periodique de la progression du mollusque vers le haut. Alors, le manteau se detache ä la fois, mais lentement, de toute la surface sur la quelle il reposait et se trouvant libre, il reprend sa forme arrondie. Des ce moment, au- cune secretion ne peut s’ajouter ä la masse deposee sur la cloison, qui vient d’etre abandonne. Mais comme la secretion continue, ’) Neues Jahrb. f. Mineralogie 1857, S. 679 ff. 2) Bull. soc. geol. de France ser. 2, XVI, p. 828 und Neues Jahrb. f. Mineralogie etc. 1859, p. 780. 3) Syst. sil. II, 4 p. 264 sqcj. 214 Henry Schröder, Pseudoseptale Bildungen le produit solide qui en resulte reste fixe ä la calotte eile meine du manteau, pendant la progression. Seulement, comme le bord de la surface reste en contact avec la paroi ventrale du test de la coquille, cette paroi continue a recevoir la matiere exsudee, jus- qu’ä ce que le mollusque s’arrete dans sa prochaine Station.« Barrande’s Theorie von einem Ilinübergreifen der Kalksecretion in das Wachsthumstadium ist die Grundlage meiner eben ausein- andergesetzten Deutung der Pseudoseptallamellen. Barrande nimmt allerdings an, dass, wenn vorderes und hinteres depot or- ganique entwickelt sind, die Absonderung während der ganzen Wachsthumperiode persistirt habe; die Beobachtung jedoch, dass an nordeuropäischen Silurcephalopoden beide nach vorne resp. hinten von einer distincten Begrenzungsschicht, dem Pseudoseptum, gegen das Kammerlumen abgeschlossen sind, führt zur Annahme eines Intermittirens der Kalksecretion während der Wachsthumsperiode. Mascke a) erwähnt gelegentlich seiner Beschreibung des Genus Clinoceras bei perfecten Lituiten und einer Gruppe der regulären Orthoceratiten (cfr. Orth, dimidiatum ) das Auftreten von Längs- wänden, welche bis zum Sipho reichen. Es sind dies unsere Ver- ticallamellen. Ferner bespricht er die Bildung des depot organique und kommt dabei zu einer anderen Erklärungsweise wie Barrande. »Nach diesem ist das »depot organique« ein spontanes Erzeugniss des Organismus, müsste also in gleich grossen Gehäusen der gleichen Species vorschreiten und dürfte in keinem Gehäuse ganz fehlen. Es giebt nun aber Orthocerengehäuse ohne depot organique. . . . Da nun Barrande für keines der von ihm dieser- halb besprochenen Gehäuse die Unverletztheit testirt und unter circa 300 Nautilidengehäusen, welche vorliegen, auch keins befind- lich ist, in welchem das »depot organique« bei unverletztem Hinterende vorkommt, so steht der Annahme nichts entgegen, dass seine Bildung erst begann, nachdem und weil eine Verletzung des Nucleus und der Anheftestelle des Sipho in demselben oder den hinteren Kammern überhaupt stattgefunden hatte ... War auf !) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1876, xxviii, S. 53. in den Kammern fossiler Cephalopoden. 215 irgend eine Weise eine Verletzung des Nucleus vorgekommen, so füllten sich zuerst die hinteren und allmählich mehr und mehr Kammern durch Infiltration von dem freiliegenden Septum aus mit Wasser, an welches dann der Sipho, vielleicht in erhöhtem Maasse, die Ausscheidung abgab, welche sonst zur Siphonalscheide ver- wandt wurde. Aus der so entstandenen Lösung setzten sich die festen Bestandtheile an den gleichartigen Kammerwänden und der Siphonalscheide ab und bildeten eine allmählich an Dicke zu- nehmende, hornig - kalkige Incrustation, an deren Bildung die Lebensthätigkeit nur in direct betheiligt war.« Zunächst bemerke ich, dass es mir, nach der Abbildung Mascke’s (Taf. I, Fig. 1 c) zu urtheilen, gewagt erscheint, die Kalkincrustation der Kammern bei Clinoceras für depot organique zu erklären, da Barrande ausdrücklich bemerkt, dass dasselbe sich nie um den Sipho in ganzer Rundung ablagere. Eine der- artige von Mascke abgebildete Erscheinung mag vielleicht durch Eindringen kalkhaltiger Wässer in verletzte Schalen entstanden sein ; dagegen muss ich mich gegen seine Theorie der Entstehung des wirklichen depot organique auf das entschiedenste erklären, da dieselbe einen vom Nautilus wesentlich abweichenden Bau der Siphonalscheide involvirt. Auch in den jüngsten Kammern ist hier das Sipholumen durch theils vollständig verkalkte, theils hornig- kalkige Wände, innerhalb welcher sich der häutige Sipho befindet, von dem Kammerlumen getrennt und alle Beobachtungen sprechen dafür, dass diese Verhältnisse die gleichen bei palaeozoischen Ortho- ceren, wenn ihre Luftkammern auch mit den Horizontallamellen aus- gekleidet waren, gewesen sind. Ausserdem ist gegen die MASCKFÄche Deutung zu erinnern, dass jede Kalkabsonderung bei den Mollusken als Substrat ein organisches Gewebe verlangt, wesshalb sie in der Form von Membranen auftritt, und dass eine Abgabe von kohlen- saurem Kalk an die äussere Umgebung erst zu beweisen ist. Ferner ist die MASCKE’sche Theorie unvereinbar mit den Erscheinungen der Faltung und erklärt ganz und garniclit das Auftreten pseudoseptaler Membranen, wie sie mit dem depot or- ganique verbunden sind. 216 Henry Schröder, Pseudoseptale Bildungen Dewitz 1) hat sich in verschiedenen Publicationen mit der Entstehung der von ihm »Hilfskamm erwände« genannten Gebilde beschäftigt. Die Erscheinung selbst bezeichnet er als »Doppel- kammerung« und giebt folgende Erklärung: »Diese Doppelkam- kamerung wurde von dem Thier wohl folgendermaassen zu Stande gebracht. Nehmen wir an, es hat eine Kammerwand ausgeschieden; es rückte dann mit seinem Ringmuskel in der Wohnkammer, welche inzwischen durch die Ausscheidung des vorderen Mantelrandes nach vorne verlängert war, um eine Kammerlänge vor; der Sipho verlängerte sich jedoch nicht. Das auf der Kammerwand einen Kugeltheil (wenigstens annähernd) darstellende hintere Körperende musste sich natürlich, da der Annulus um eine Kammerlänge vor- gerückt, der Sipho jedoch um nichts verlängert war, mehr kegel- förmig ausziehen und in Falten schlagen, welche vom Sipho nach dem Annulus liefen. In dieser Form schied das hintere Körper- ende die Hilfskammerwand ab. Jetzt erst verlängerte sich der Sipho um eine Kammerlänge, das hintere Körperende zog sich wieder zu einem Kugeltheile zusammen und schied die neue Kammerwand aus, welche dieselbe Nahtlinie hat wie die Hilfs- kammerwand, da der Annulus inzwischen nicht weiter rückte. Bei der Verlängerung des Sipho wurden zunächst die in der Nähe desselben liegenden, mittleren Partieen der hinteren Körperenden nach vorne gehoben, während die vom Sipho entfernter, dem An- nulus zunächst liegenden Theile noch auf der Hilfskammerwand verblieben. Die abgehobenen centralen Theile schieden dann eine von der alten Hilfskammerwand sich abzweigende neue aus, und so sehen wir die Hilfskammerwände im Durchschnitt dicho- tomisch gegabelt.« Gegen diese Ausführungen Dewitz' habe ich mehrfach Be- denken zu erheben. Erstens bemerke ich, dass ich in den von mir angefertigten Längsschnitten von stark - konischen Lituiten, an denen Dewitz seine Beobachtungen gemacht hat, nur als Aus- nahme die Gestalt seiner Hilfskammerwände so gefunden habe, ') Zeitschr. f. d. ges. Naturw. Halle 1878, Bd. 51, S. 295 ff. — Schrift, d. physik. - oekon. Gesellscli. Königsberg 1879, Bd. 20, S 1 80 ff. — Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1880, Bd. 32, S. 384 ff. in den Kammern fossiler Cephalopoden. 217 wie er sie in seiner Figur 1, Tafel XIII abbildet und wie es seine Deutung; verlangt. Nach seiner Abbildung erscheint nämlich das Pseudoseptum als eine nur wenig gekrümmte Linie, die sich fast in der Diagonale der Kammerhälfte von der vorderen Oeffnuug der siphonalen Durchbohrung nach der vorderen Kammerecke erstreckt. Die mir vorliegenden Präparate ergeben dagegen im grossen Ganzen ein Bild, wie es Holm 1. c. Taf. IV, Fig. 3 und Taf. V, Fig. 2 darstellt, wo die Pseudosepta sich in halber Kammerhöhe an den Sipho in einem stumpfen bis rechten1) Winkel anlegen, und nur als Ausnahme erscheint der Fall, dass sich das Pseudoseptum direct nach der siphonalen Durchbohrung des Septum heraufzieht. Hieraus folgt, bei Bildung der Hilfs- kammerwand hatte sich meistens auch der Sipho bereits um ein Stück verlängert und war ebenso wie der Annulus vorgerückt. Die Beob- achtungen, welche zu der Annahme von Wachsthumsdifferenzen zwischen Sipho und Annulus zu führen scheinen , erklären sich vielmehr auf anderem Wege, nämlich dadurch, dass die hintere Körperfläche nebst der siphonalen Hülle als deren directer Ver- längerung den Spannungen, welche durch die ungleichmässige Abscheidung der Horizontallamelle und die Bildung der Pseudo- septalfalte, die Dewitz an Ancistroceras nicht bekannt, aber jedenfalls an seinen Stücken auch vorhanden war, verursacht wurden, nachgeben musste und so gezwungen war, die ursprüngliche Ka- lottenform aufzugeben. Als ganz unzureichend erweist sich die DEWiTz’sche Deutung der Pseudosepta, wenn man sie auf die Erscheinungsweise der- selben in den vorderen Kammern der Lituiten, wie sie auf Taf. VIII, Fig. 2 dargestellt ist, anzuwenden versucht. Falls man hier an- nehmen wollte, dass der Mantel sofort um eine ganze Kammer- höhe vorgerückt wäre, so müsste das hintere Pseudoseptum nur der eigentlich septalen Fläche des normalen Septum entsprechen, während es jedoch augenscheinlich dieser Fläche und dem Ansatz- ring des Septum an die äussere Schale gleichwertig ist. Der b Sehr selten ist dieser Winkel ein spitzer, so dass sich das hintere Pseudoseptum statt nach hinten herauf, nach vorne herabzieht. 218 Henry Schröder, Pseudoseptale Bildungen Mantel kann daher hier nur um die Entfernung von dem Vorder- rande des Ansatzringes bis zur nächsten Kammernahtlinie vor- gerückt sein, eine Entfernung, die durchschnittlich ebenso gross, wie die zwischen Pseudoseptum und Septum in der Nähe des Sipho, ist; Annulus und Sipho haben sich hier um das gleiche Stück vorgeschoben. Gegen die Ansicht Dewitz’, dass die Septa schon bei Leb- zeiten des Thieres aufgelöst und durch die Hilfskammerwände ersetzt wurden, habe ich mich oben x) gewandt. Dewitz erwähnt auch das Auftreten von Leisten, die in die Luftkammern hineinragen, bei Orth. Berendti Dewitz und schreibt sie der Bildung einer Mantelfalte zu, auf deren Entstehung er jedoch nicht eingeht. Die MASCKE’schen und DEWU'z’schen Beobachtungen sind von Noetling und Holm wiederholt und erweitert worden. Ersterer* 2) hat jedoch keine zusammenhängende Erörterung der Entstehung der Pseudosepta gegeben. Aus seinen kurzen An- deutungen geht hervor, dass seine Ansichten wesentlich den meinigen entsprechen. So sagt er nach Beschreibung der Gefässspuren bei Lit. lituus : »Zieht man in Erwägung, was Waagen über die Beschaffenheit mancher Septa bei Nautilus ne sagt hat, so muss man die Ueberzeugung gewinnen, dass hier die Eindrücke von Gefässen vorliegen. . . . Giebt man dies zu, so ist die kristallinische Schicht als eine secundäre Ausscheidung des zur Zeit ungemein blutreichen Mantels aufzufassen«. Wes- halb sich Noetling trotz dieser Auffassung gegen die Behauptung Mascke’s wendet, dass die Verticallamellen depöt organique seien, ist nicht einzusehen. Die von ihm angeführten Gründe, Barrande habe niemals Gefässeindrüeke und eine Umhüllung des Sipho durch das depöt gesehen, beweisen nur, dass die von Barrande untersuchten Stücke dergleichen Erscheinungen vielleicht wegen der ungeeigneten Erhaltung nicht aufweisen, wie er ja auch in der an Arten und Individuen so reichen Fauna des Böhmischen ') Seite 204 Anm. ')• 2) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. XXXIV, 1882, S. 184 und Jakrb. d. Kgl. Preuss. geolog. Landesanstalt für 18S3, S. 132. in den Kammern fossiler Cephalopoden. 219 Silurbeckens nie ein Verwachsungsband gesehen hat, dessen Spuren bei nordeuropäischen Silurcephalopoden nicht selten beobachtet werden. Holm 1) ist auf Grund seiner Untersuchungen zu einer voll- ständig originellen Theorie über die Entstehung der Pseudosepta gelangt: »Die Verlängerung des Gehäuses an der Mündung er- folgte ununterbrochen und langsam, das Vorrücken und die Aus- scheidung eines Septum dagegen periodisch und schneller. Es ist nicht wahrscheinlich, dass sich der Siphonaistrang bei Formen mit engem Sipho beim Vorrücken des Thieres ganz loslöste und in seiner ganzen Länge mit vorgeschoben wurde; man darf viel- mehr annehmen, dass seine Verlängerung nur am Ausgange des Mantels und in dem dem Mantel zunächst liegenden Theil statt- fand. Der Zuwachs, welcher eine solche Verlängerung und Vor- Schiebung ermöglichte, ging wahrscheinlich, wie der Zuwachs des Körpers allmählich und ununterbrochen vor sich. Bei dem perio- dischen Vorrücken schob sich das Thier in der Wohnkammer um die Höhe der neuen Luftkammern vor. Die Hautschicht des Mantels, welche das hintere, gewölbte Körperende bekleidete .... löste sich vom Septum und der Aussenwand des Gehäuses«. Ich glaube, Holm richtig verstanden zu haben, wenn ich seine Auseinandersetzung in folgender Weise etwas schärfer ausdrticke: Die Verlängerung des Gehäuses an der Mündung und die Ver- längerung des Sipho erfolgten allmählich und ununterbrochen, das Losrücken des Mantelhinterendes von dem alten Septum und Ab- sonderung eines neuen dagegen periodisch. Es wäre wohl denk- bar, dass zwischen dem vorderen und hinteren Theil des Mantels insofern ein Unterschied in den Wachsthumsverhältnissen statt hätte, dass während der Mantelrand ständig fortwuchs, Mantel- hinterende und Sipho in der alten Stellung verharrten und dass in Folge der dadurch eingetretenen Spannung letztere zu einem periodischen Loslösen resp. periodischen Fortwachsen gezwungen waren, aber dass eine derartige Differenz am hinteren Körper- ende selbst vorhanden war, dass der Sipho sich verlängerte, 9 Paläontolog. Abhandlungen, herausgeg. von Dames u. Kayser III, 1, S. 26. 220 Henry Schröder, Psoudoseptale Bildungen während das Mantelhinterende noch in seiner alten Lage blieb, ist unverständlich und widerspricht vollkommen den Ansichten, die Woodward, Keferstein, Waagen, Barrande und Andere über das Vorschreiten des Nautilusthieres in seinem Gehäuse geäussert haben. Diametral entgegengesetzt ist die HoLM’sche Annahme der DEWiTz'schen , dass das Wachsthum des Sipho bei Bildung der Pseudosepta hinter dem Vorrücken des Körper- endes zurückgeblieben sei. Die Pseudosepta erklärt Holm folgendermaassen : Die Haut- schicht des Mantelhinterendes bestand bei der Ablösung von dem Septum aus einer Doppelmembran; der Sipho verlängerte sich an zwei Stellen, erstens, wo er dem alten Septum und zweitens, wo er dem Mantel eingefügt war; durch ersteren Vorgang wurde die Doppelmembran von dem alten Septum, durch letzteren von dem Mantel abgehoben und war so etwa in halber Höhe der in Bildung begi'iffenen Luftkammer an dem Sipho befestigt. Dadurch dass sich der Sipho auch in dieser Befestigungsebene verlängerte, wurden die beiden Blätter der Doppelmembran oft ein wenig aus- einandergezogen. — Die Existenz einer Doppelmembran am Mantelhinterende, das Abstossen derselben und das Wachsthum des Sipho an drei verschiedenen Stellen erscheint so gezwungen und entbehrt so aller Analogieen mit Mollusken überhaupt und speciell mit Nautilus, auf welchen uns sämmtliche Beobachtungen an paläo- zoischen Cephalopoden hinweisen, dass jede andere Deutung vor ihr den Vorzug der Natürlichkeit und grösseren Wahrscheinlichkeit besitzt. Gegen die Deutung, die IIolm für die Verticallamellen in Anwendung bringen will, habe ich mich oben S. 171 gewandt. C. Ueber Barrande's Reparation de la troncature normale gu periodique de la coquille . Die an Orth. Berendti gewonnenen Erfahrungen führten mich O O zu der Vermuthung, dass die von Barrande als »reparation de la troncature normale ou periodique« an Orthoceras truncatum und anderen Cephalopoden gedeutete Erscheinung auf die gleichen in den Kammern fossiler Cephalopoden. 221 Eigentümlichkeiten der Pseudoseptenbildung zurückzuführen sei. Fest davon überzeugt, dass meine der BARRANDE’schen Erklärung entgegengesetzte Vermutung lediglich auf einer verschiedenen Deutung der Thatsachen beruhen würde, war ich nicht wenig er- staunt, als sich bei genauer Betrachtung der Originalstücke auch eine Differenz in der Beobachtung herausstellt. Barrande x) beobachtete nämlich, dass das Hinterende vieler Exemplare von Orthoceren und auch einiger gekrümmten Cepha- lopoden calottenartig abgestumpft sei und dass die Oberfläche dieser stumpfen Endigungen vollständig in die äussere Schalen- membran übergehe, so dass beide von einer zusammenhängenden Membran bekleidet zu sein scheinen. In den Endigungen gibt er drei resp. vier von einander getrennte Lagen an , deren Sculptur in vielen Fällen sich durch grosse Regelmässigkeit auszeichnet. Der Umstand, dass er diese Erscheinungen nie in mehreren Kammern hintereinander, sondern nur in den eigenthümlich stumpfen Endigungen beobachtete, veraulasste ilm zu folgender Deutung: Das Orthoceras - Individuum stiess zufällig oder absichtlich eine oder mehrere Luftkammern des Hinterendes ab; der hierdurch verursachte Bruchrand wurde alsdann, um das Thier vor etwa eindringendem Wasser zu schützen, verheilt, indem sich von der Wohnkammeröffnung her zwei Arme nach hinten herumsch lugen und dort von einer ringförmigen Linie (ligne de soudure) ab die schützenden Membranen absonderten. Meine Beobachtungen, die ich an den von Herrn Prof. Noväk mir giitigst übersandten Originalexemplaren machen konnte, haben mich nun gelehrt, dass die Oberfläche der äusseren Schale und der abgestumpften Endigungen durchaus nicht völlig in einander übergehen, sondern vielmehr häufig durch deutliche Bruchlinien von einander getrennt sind. Orth, truncatum gehört unter die regulären Orthoceratiten mit schwach elliptischem Querschnitt. Der Sipho liegt etwas ex- centrisch in der grösseren Axe. Die Wölbung jeder Kammerwand ') Syst. sil. IT, 4, p. 291. — Bull. Soc. geol. France, ser. 2, XVII, p. 573. — Neues Jalirb. f. Mineralogie etc. 1860 S. 641. 222 Henry Schröder, Pseudoseptale Bildungen ist sehr bedeutend und Schwankungen unterworfen, die jedoch in sofern gesetzmässig sind, als die hinteren Septen stärker gewölbt erscheinen und der Uebergang in die schwächere Wölbung der vorderen Septa ein allmählicher ist. Der von Barrande PL 343, fig. 15 abgebildete Längsschnitt, dessen Original mir vorliegt, zeigt das Yerhältniss auf das Deutlichste: die vordersten vier Septa weisen eine gleiche Wölbung auf, die fünfte lässt bereits eine Er- höhung derselben erkennen, die bei der sechsten bedeutend hervor- tritt !). Die Kammern sind im Allgemeinen sehr niedrig, doch be- merkt man auch hierin ein Schwanken namentlich in der Richtung, dass die älteren die höchsten sind. Man vergleiche hierzu das bei Orth. Berendti S. 173 Gesagte. Die Abstumpfung des Hinterendes ist symmetrisch nach ihrem etwas excentrischen Höhepunkt ausgezogen, wobei jedoch der Ab- fall nach der Siplionalseite bedeutend steiler wird als nach der Antisiphonalseite. Auf ihrem Höhepunkt wird die Oberfläche kreisförmig unterbrochen. An dem Exemplar PI. 343, fig. 4 — G hat die Unterbrechung 3 Millimeter Durchmesser, von der Peri- pherie derselben aus bemerkt man zuerst einen mehr glatten Ring von 0,5 Millimeter Breite, eingefasst von zwei feinen Kanten, während das Centrum durch eine rauhe Oberfläche gegen die glatte Endigung absticht. Aehnlich verhält sich PI. 342, fig. 2 und PI. 344, fig. 1 — 3; dagegen ist das Centrum an PI. 343, fig. 1 — 3 nur von einer 0,5 Millimeter grossen Grube durchbohrt. An den anderen Stücken sind diese Verhältnisse wegen der schlechten Erhaltung nicht deutlich. Die Oberfläche der Abstumpfung ist entweder glatt (PI. 312, fig. 2 und hoc loco Tafi. VIII, Fig. 3), was nach Barrande’s aus- drücklicher Bemerkung als Regel gilt, oder mit einer eigenthüm- lichen Sculptur versehen; am häufigsten (PI. 344, fig. 1 — 3; 343, fig. 4 — 6; 343, fig. 1 — 3) treten feine concentrische Linien (h. 1. Taf. VIII, Fig. 5) auf, die jedoch wegen ihres unregelmässig *) Barrande, I. c. ii, 4 p. 200 bemerkt: »Le bombement des cloisons est un element tres- variable non seulement entre les diverses especes d’un meme genre, mais encore dans la longueur d’un meme individu.« in den Kammern fossiler Cephalopoden. 223 zackigen Verlaufes und ihrer gleichen Begrenzung nicht an eine Oberflächensculptur erinnern. An dem grössten Stück (PL 341, fig. 15 — 18) kann man beobachten, dass diese Sculptur von grösseren Wärzchen, die kräftiger als die die Zwischenräume ausfüllenden, kleinern entwickelt und in concentrischen Reihen au- geordnet sind, herrührt. An zwei diametral gegenüberstehenden Seiten, die jedoch nicht immer in die Symmetrieebene fallen, sind die Reihen zu spitzen Winkeln nach oben gebogen. Nach hinten und nach vorne sind die Wärzchen schwächer, ja zwischen der in dieser Weise sculpturirten Oberfläche und der »ligne de sou- dure« (m in Fig. 5, Taf. VIII) ist stets ein mehr oder minder breiter Ring vollständig glatt. Die glatte Oberfläche der Abstumpfung führt Barrande auf eine »quatrieme Operation du mollusque ä combler les vides ou sillons creux, qui restent entre les stries transverses de la calotte terminale« zurück. Thatsächlich beobachtbar ist nur, dass glatte und concentrische Sculptur in verschieden starker Entwicklung an verschiedenen Individuen getrennt und an demselben Individuum gleichzeitig auf der hinteren Begrenzung der Abstumpfuug auf- treten können. Die eben geschilderte Fläche entspricht also nach der Beobachtung Barrandes »couche terminale, lisse« und »couche ornee des stries transverses« zugleich. Au den Exemplaren (PI. 343, fig. 11 — 12; 343, fig. 14; 343, fig. 15 und h. 1. Taf. VIII, Fig. 4) ist die Sculptur etwas anders beschaffen, obwohl es zweifellos ist, dass wir hier die äusserste Fläche der Abstumpfung vor uns haben. Statt der concentrischen Warzenreihen treten radiale, sehr feine, aber ebenfalls nicht glatte Linien auf, die direct bis an die Linie m (ligne de soudnre) heran- treten, ohne durch einen glatten Ring getrennt zu sein. Der Scheitel der Abstumpfung ist hier nur zu einer kleinen Vertiefung eingesenkt. An mehreren Exemplaren ist die äussere Hülle der Endigung abgebrochen und gestattet einen Einblick in den inneren Bau der Abstumpfung. An den Stücken PI. 343, flg. 1 — 3; 341, fig. 13 — 14 und 344, fig. 4 bemerkt man, dass dieselbe äusserlich von einer circa 1 Millimeter dicke Kalkspathlage (Taf. VIII, Fig. 5 xtt) be- kleidet ist, welche sich von dem aus derber Kalkmasse bestehenden 224 Henry Schrödre, Pseudoseptale Bildungen Kern scharf abhebt. Wo die innere Ausfüllung der Abstumpfung Kalkspath ist, sticht derselbe durch seine intensiv weisse Farbe gegen die dunkle, hintere Kalkspathlage ab. Die Oberfläche dieses Kernes (k der Taf. VIII, Fig. 5 und depöt conique Barrande’s), die concentrisch mit der äusseren Abstumpfung verläuft, ist für das unbewaffnete Auge nahezu glatt, erst unter der Lupe bemerkt man an PI. 343, fig. 14 und 343, fig. 1 — 3 eine zierliche Radialstreifung. An zwei Exemplaren PI. 344, fig. 4 und 341, fig. 13—14 verläuft auf der Siphonalseite jedoch nicht genau in der Mediane eine feine Furche vom Scheitel zum vorderen Rande der Ausfüllungsmasse. Noch complicirter sind die Stücke PI. 341, fig. 1 — 5 und 341, fig. 6 — 10 gebaut; an ersterem ist der mützenartige Kern hinten nicht so gleiclnnässig ge- wölbt, es lässt sich vielmehr eine randliche, stark gewölbte Partie von einer flacheren, eingezogenen unterscheiden, die nach hinten in eine stielartige, centrale Verlängerung ausläuft; letztere in der Rich- tung der Mediane gestreckt, verursacht aufSiphonal- und Antisipho- nalseite eine zum vorderen Rande herabgehende, radiale Hervor- wölbung; die antisiphonale ist kräftiger und breiter, dagegen die schwächere siphonale durch eine deutliche Längsfurche ausge- zeichnet. Die radiale Streifung der Oberfläche ist hier besonders deutlich und zierlich, aber bei weitem nicht in der Regelmässigkeit, wie sie die Barrande sehe Abbildung PI. 341, fig. 3 angiebt. Die vordere Begrenzung des Ausfüllungskernes wird entweder durch die convexe Fläche der letzten Kammerwand gebildet (PI. 341, fig. 6 — 10) oder es legt sich zwischen beide noch eine ca. 1 Milli- meter starke Kalkspathlage (PI. 341, fig. 1 — 5 und h. 1. Taf. VIII, Fig. 5 xa), die alsdann ebenfalls eine radiale, aber bei weitem nicht so ausgeprägte Sculptur auf ihrer hinteren Fläche trägt. Bei einem Vergleich mit den oben beschriebenen Erschei- nungen von Orth. Berendti etc. drängt sich die Ueberzeugung auf, dass die beiden mit Radialsculptur und Furchen gezierten Flächen (couche ornee de stries regulieres, longitudinales Barrande’s) den pseudoseptalen Membranen entsprechen, dass die hintere, durch ihre dunkle Farbe dem depöt orgauique gleichende und die vor- dere, selten entwickelte Kalkspathlage die Horizontallamellen sind in den Kammern fossiler Cephalopoden. 225 und ferner, dass das depöt conique als solches nur die Ausfüllung einer mit pseudoseptalen Bildungen ausgekleideten Kammer ist. Nach Barrande soll die Oberfläche der Abstumpfung direct in die äussere Schalenoberfläche übergehen, beide sind nach ihm nur durch eine feine Linie (ligne de soudure, m in Taf. VIII, Fig. 3 und 4), welche der Nahtlinie parallel läuft, von einander getrennt. Das eigentliche Wesen dieser Linie wird an einem der Barrande’- Ö sehen Anschliffe PI. 343, hg. 15 klar; hier trifft nämlich diese deut- lich sichtbare Linie der äusseren Oberfläche genau auf den Punkt, in welchem die Grenze zwischen dem aus weissem Kalkspath be- stehenden Kern der Kammerausfüllung und der äusseren, dunkleren Kalkspathumhüllung an der äusseren Begrenzung des Steinkernes ausgeht. Dieser Punkt liegt etwas hinter dem Ausgehenden des Kammerseptum d. h. der Nahtlinie, von der er durch eine Strecke dunklen Kalkspatlis getrennt ist, der sich in einer sehr dünnen Lage über die letzte Kammerwand ausdehnt. Ist diese letztere Kalkspathlage nicht entwickelt, so fällt die »ligne de soudure« mit der Nahtlinie zusammen. Erstere markirt sich um so mehr, als vor ihr die Oberfläche in einem ca. 3 Millimeter breiten Ringe (x bis m) eine etwas rauhe Beschaffenheit erhält und weil von ihr nach vorne die Schale sich ein wenig erweitert, um dann in die äussere Schalen- oberfläche überzugehen. Das Verhalten macht den Eindruck, als ob hier an den Orthoceraskern eine abgedachte Membran angelegt ist. Au der »ligne de soudure« erscheint das Ausgehende dieser Membran abgeschülfert und darunter kommt eine vollständig glatte Fläche zum Vorschein. Nach vorne setzt dieser schmale Ring mit einem deutlichen, unregelmässigen Bruchrand (x) gegen die äussere Schalschicht ab, deren Sculptur nur bis an denselben herangeht. Am schärfsten ist diese Erscheinung an PI. 343, fig. 14 (h. 1. Taf. VIII, Fig. 4), wo die erhabenen Linien der Schalenoberfläche in spitzen Winkeln gegen den Bruchrand absetzen, aber auch PI. 342, fig. 2 und andere zeigen dies Verhalten mit grosser Deut- lichkeit. Der Vergleich mit den Beobachtungen über die Pseudoseptal- bildungen an Orthoceren aus verschiedenen Formationen und ver- Jahrbuch lb87. 15 226 Henry Schröder, Pseudoseptale Bildungen schiedenen Bezirken führt mich nun zu folgender Deutung der eben kurz beschriebenen Erscheinungen an den böhmischen Orthocereu. Die an dem auf Taf. VI, Fig. 1 c abgebildeten Exemplar von Orth. Berendti beobachtete Sculptur , die sich in 9 Kammern wiederholt und die ich mehrfach an anderen, dem nordeuropäi- scheu Silur entstammenden Individuen beobachtet habe, gleicht vollkommen derjenigen, welche Barrande an seiner »couche ornee des stries regulieres, longitudinales« in den abgestumpften Endi- gungen seines Orth, truncatum beschreibt. Dieselbe entspricht dem Pseudoseptum (ait resp. aa), ihre auf der Siphonalseite mehrfach von Barrande constatirte Furche den Pseudoseptalfalten bei Orth. Berendti , Etheridgii , planiseptatum etc. Die in der Mehrzahl der Fälle glatte Oberfläche der Endigung deute ich als Bruchfläche des normalen Kammerseptum; ist dieselbe ausnahmsweise sculp- turirt, so haben wir uns hinter derselben noch eine feine Membran mit concentrisch angeordneten oder vor derselben eine Membran mit radialgestellten Wärzchen resp. Fältchen zu denken; diese Membranen sind die Septalhäutchen des normalen Septums. Die dunkle Kalkspathlage, welche die Abstumpfung hinten bekleidet, ist die Pseudoseptallamelle (depöt organique, /7t), und das »depöt conique« stellt nichts Anderes als die Ausfüllungsmasse (k) des von den Pseudoseptallamellen freigelassenen Kammerlumens dar. Die starke Wölbung der Abstumpfung erklärt sich einfach aus der stärkeren Wölbung der hinteren Kammerwände und der grösseren Höhe der hinteren Kammern (vergl. S. 173 u. 222). An den beiden Längsschnitten PI. 342, fig. 6 und PI. 343, fig. 15 verschliesst die dunkle Kalkspathlage auch die Stelle, wo unter normalen Verhältnissen der Siplio durch die Kammerwand gehen musste. Dieser vollständige Abschluss ist dadurch ver- O •-> anlasst, dass ausser den Pseudoseptallamellen im Innern der Kammer auch im Sipho eine Ablagerung von organischen Kalk- massen vor sich gegangen ist, wie sie ähnlich Barrande als »anneaux obstructeurs etc.« beschrieben hat. Hierdurch gerieth das Thier noch zu Lebzeiten ausser allem organischen Zusammen- hang mit den hinteren Kammern. Die Schale derselben wurde in in den Kammern fossiler Cephalopoden. 227 Folge dessen hinfällig und stiess sich, ebenso wie bei Gastro- poden a), welche die ersten Umgänge ihres Gehäuses verlassen und hinter sich Scheidewände bilden, ab. Hieraus erklärt sich der Umstand, dass Barrande nie an mehreren hintereinander liegenden Kammern die oben geschilderten Membranen und Sculp- turen beobachtet hat, womit noch nicht gesagt ist, dass diese Beobachtung; nicht doch noch einstmals im Böhmischen Silur ge- macht wird. Barrandes Deutung und die meinige stehen sich insofern einander gegenüber, als er die Bildung der verschiedenen »couches« und des »depöt conique« für eine Folge der Abstossung der Schale hält, während ich sie für die Ursache derselben erkläre. Fig. 4. Den Vorgang der Abstossung (troncature normale ou perio- dique de la coquille) stelle ich mir folgendermaassen vor: Hinter einer an sich schon höheren und mit sehr convexem hinterem Septum (sp) versehenen Luftkammer, in welcher sich bereits ein oder zwei Pseudoseptallamellen (xtt und za) und Pseudosepta (a tt und aoc) gebildet hatten, brachen die Schale und die dahinter ') Bronn, Klassen und Ordnungen des Thierreiches III, 2, S. 891 u. 909. 228 Henry Schröder, Pseudoseptale Bildungei liegenden Kammern ab. Der Bruch ging in einer Linie, die in der nebenanstehenden Zeichnung angedeutet ist, bei x durch die äussere Schalenmembran, von x bis m schräg durch die innere und dann längs des Septalringes und des Septum, falls die hintere Fläche glatt ist. Wenn die Abstumpfung eine coneentrische Sculptur aufweist, ging die Bruchlinie längs des warzig entwickelten hinteren Septalhäutchens (x — m — x^), zeigt sie dagegen radiäre, längs des vorderen (x — m — X2). Die coneentrische Sculptur der hinteren, die radiäre der vorderen Membran des Septums zuzurechnen, bestimmt mich der Umstand, dass die erstere von der Linie m durch eine Zone getrennt ist, welche der Ansatzfläche des Septal- ringes an die innere Schale entspricht und in Folge dessen glatt ist, und dass die radiale Sculptur direct bis an die Linie m heran- geht, bis wohin ja auch das vordere Septalhäutchen sich ausdehnen muss. Ferner ist bei concentrischer Sculptur auf dem Höhen- punkt der Abstumpfung ein glatter, von zwei feinen Kanten eingefasster Ring entwickelt, welcher die Bruchfläche der Siphonal- dute darstellt x). Lieber die beiden anderen Orthocerenspecies, disjunctum und pleurotomum , und ebenso über die ganze Familie der Ascoceratidae , an denen Barrande die gleiche Erscheinung wie bei Orth, trun- catuni erwähnt, erlaube ich mir kein Urtheil, da mir kein Material zur Nachuntersuchung zu Gebote steht. Betreffs der beiden mir vorliegenden Gomphoceren bemerke ich, dass an Gomphoceras Alphaeus Barr. PI. 83, fig. 6 nur eine beträchtliche Verdickung der letzten Kammerwand zu beobachten ist und dass die äussere Schale mit einem deutlichen Bruchrande über dieselbe hinausragt. Die Endigung von Gomphoceras- decurtatum Barr. PI. 75, fig. 13 ist dagegen beschädigt, so dass man etwas Bestimmtes über den Bau derselben nicht aussagen kann. Die Hypothese Barrande’s, dass das Orthoceras-Thier lange, an ihrem Ende verbreiterte Arme besessen habe, um die Reparatur des hinteren Bruchrandes zu vollziehen, und ebenso diejenige l) Vergl. S. 226. in den Kammern fossiler Cephalopoden. 229 Hyatt’s, der eher an eine Verlängerung der Kopf-Kappe denken möchte, wozu Zittel j) bemerkt, dass jede dieser Hypothesen »eine wesentliche Verschiedenheit des Orthoceras-Thieres von jenem des Nautilus« voraussetzt, fallen selbstverständlich mit der Annahme meiner Deutung. Den Satz Barrande’s, welchen man als Resultat seiner Aus- einandersetzung über die »reparation de la troncature« betrachten kann: »Dans tous les cas, l’etude cjue nous venons de faire nous indique suffisamment , que la forme des Nautilides paleozoiques ne saurait etre conyue rigoureusement d’apres le modele des Nautils vivants« halte ich nur mit ganz besonderer Betonung des »rigoureuse- ment« für berechtigt. Alle bisherigen Beobachtungen, die einen Schluss von dem Bau der Schale auf den des Thieres gestatten, drängen zu dem Endresultat, dass die Weichtheile der palaeozoi- schen Nautiliden in keinem wesentlichen Punkte von denen der lebenden Gattung Nautilus abwichen. ') Handbuch der Palaeontologie I, 2, S. 359. Ueber Sclilackenkegel und Laven. Ein Beitrag zur Lehre vom Vulkanismus. Von Herrn J. G. Bornemann in Eisenach. (Hierzu Tafel IX u. X.) Die Schmelzprocesse der Schlacken in Hochöfen und das Wesen der Laven in thätigen Vulkanen haben soviel Ver- wandtes in ihren Erscheinungen, dass Vergleiche zwischen beiden wohl geeignet sind, uns besser, als vieles Andere, den Weg zur Erklärung mancher Verhältnisse des Vulkanismus zu zeigen. Das Ausfli essen der Schlacken aus dem Ofen und der Aus- bruch eines Lavastromes aus einer Kraterspalte sind einander sehr ähnliche Vorgänge. In beiden Fällen besteht die glühendflüssige Masse vorwaltend aus geschmolzenen Silicaten von glasiger Be- schaffenheit, und aus der Glasmasse scheiden sich mehr oder weniger krystallinische oder krystallisirte Mineralsubstanzen aus, je nachdem die längere oder kürzere Zeitdauer bis zur Erstarrung die molekulare Veränderung des homogenen Magmas zulässt. Die bei dem Festwerden der geschmolzenen Massen statt- findenden Bewegungen, Formbildungen und Kraftäusserungen ge- statten uns hier, wie dort Schlüsse auf den inneren Zusammenhang der chemischen und physikalischen Vorgänge; aber das, was uns in den grossen Verhältnissen der Vulkane oft unnahbar und der Beobachtung entrückt bleibt, ist im engeren Raume der Hütte zu- gänglich und sicher zu controliren. J. G. Bornemann, Ueber Schlaekenkegel und Laven. 231 Gelegentlich eines Besuches, den ich im Herbst 1876 in Be- gleitung meines Sohnes L. Georg in den Stolberger Hüttenwerken machte, sahen wir bei dem Ablassen der Bleischlacken aus dem Hochofen Vorgänge, welche in treuester Weise Lavaströme und vulkanische Auswurfskegel im Kleinen nachahmten und wegen ihrer Analogie mit den grossen geologischen Phänomenen eine ausführliche Besprechung verdienen. Aehnliches mag zuweileir auch in anderen Hüttenwerken vor- gekommen sein — in der Clausthaler Silberhütte sah ich einen kleinen Schlackenkegel gleichen Ursprungs, aber von unvollkom- mener Gestalt — indessen die näheren Umstände des Verfahrens beim Ablassen der Schlacken mögen wohl kaum irgendwo für das vulkanologische Experiment so günstig gewesen sein, als damals in der Stolberger Hütte. In belgischen Bleihütten liess man schon damals die Schlacken in konische, leicht fahrbare Tiegel von Eisen laufen, welche von einem Arbeiter aus dem Vorraum der Hütte in’s Freie geführt und umgestürzt wurden. Die Schlacken erkalten dort rascher, sie lassen sich leicht zerschlagen und stören nicht durch Hitze, Rauch und Staub den Aufenthalt in der Hütte. In manchen deutschen Hütten lässt man die Schlacken einfach auf den ebenen Boden vor dem Ofen laufen und beseitigt sie von dort. Bei diesem Verfahren bilden sich keine dicken, zusammen- hängenden Massen und die Schlacken erstarren rasch und ohne erhebliche Ausscheidungen. In der Stolberger Hütte hatte man dagegen sehr grosse fahr- bare Pfannen zum Auffangen der Schlacke gewählt, ein Verfahren, welches wegen der Schwerfälligkeit des Apparates und der lang- samen Erkaltung in technischer Beziehung jedenfalls unzweckmässig war. Gerade dieser Umstand, dass die flüssige Schlacke in grosse Gefässe gesammelt wurde und eine dicke langsam erstarrende Masse bildete, gab aber dort Veranlassung zu einem sehr über- sichtlich zu beobachtenden Vorgänge, einem vulcanologischen Ex- periment von blendender Schönheit, welches sichere und weitgehende Folgerungen für die Geologie der Vulkane gestattete. Die Pro- ducte waren prachtvolle Exemplare von Schlackenkegeln, allmäh- 232 J. G. Bornemans, lieber Scklackenkegel und Laven. lieh aufgebaut mit allen Einzelnheiten der Erscheinungen, wie wir sie an den parasitischen Auswurfskegeln der Lavaströme kennen. Die Schlacken kamen sehr flüssig aus dem Ofen. Nach dem Volllaufen der Gefässe trat bald die Erstarrung der dabei etwas convex anschwellenden Oberfläche der flüssigen Masse ein, dann bildeten sich Risse durch Zusammenziehung der glasigen Kruste und Ausdehnung des umschlossenen flüssigen Magmas. Die Risse waren einzeln, meridianartig oder diametral von einem Rande der Pfanne bis zum andern laufend, zuweilen auch mehrere, oder mit seitlicher Abzweigung. Aus den Rissen quoll glühend flüssige Schlacke hervor und erstarrte in Gestalt von Rippen oder deckenartigen Ausbreitungen, wodurch sich die Spalten wieder schlossen. Nur eine oder wenige Stellen blieben offen, gestalteten sich zu runden Löchern und ver- mittelten längere Zeit hindurch das Austreten flüssiger Schlacke aus dem Innern, wodurch sich nun ein einzelner oder mehrere, in einer Reihe stehende Kegel bildeten. Stossweise, mit längeren oder kürzeren Pausen wurde glühend flüssige Masse aus den Oeff- nungen herausgetrieben und floss nach allen Seiten über den Rand des kleinen Kraters, mantelförmig oder kappenförmig die Kegel umgebend und vergrössernd. Mit dem Höherwerden der Kegel nahmen die Schlackenströme mehr einseitige Richtungen an und lieferten getreue Modelle von Lavaströmen, die kleinen zuweilen mit ganz glatter Kruste erstarrend, die grösseren mit runzlicher und faltiger Oberfläche, an den Rändern die gedrehten Formen der Stricklava nachahmend. Dann änderte sich die Art der Thätigkeit; statt des ruhigen Ausfliessens erfolgten kleine Explosionen, allmählich an Intensität zunehmend. Flüssige Schlacke wurde in die Höhe geschleudert und fiel auf den Talus des Kegels zurück, in schmalen Streifen herabfliessend. Manche Tropfen flogen wohl 50 Centimeter hoch über die Krateröffnung hinaus und hefteten sich, beim Niederfallen noch weich, in Gestalt kleiner Kuchen an die Fläche des Kegels. Nach dem Aufhören dieser Eruptionen rauchte der hohle Schlund des Miniaturvulkans noch längere Zeit hindurch und der aus Metalloxyden, besonders Zinkoxyd, bestehende Rauch setzte sich J. G. Bornemann, Geber Schlack enkegel und Laven. 233 als eine weisse Kruste am oberen Rande der schwarzen Mün- dung fest. Das schöne Schauspiel fesselte lange Zeit unsere Aufmerk- samkeit, und Herr Generaldirektor Landsberg1), welcher uns selbst bei diesem Besuche begleitete, hatte die Güte, den schönsten Kegel, welcher sich als ein kleiner Centralvulkan auf einer der Schlackenpfannen vor unsern Augen gebildet hatte, nach dem völligen Erkalten für mich sorgfältig ablösen zu lassen, denn sonst gingen die spröden Kegel bei der weiteren Behandlung in Stücke. Der wohlerhaltene Kegel, welchen ich als ein instructives Modell eines Vulkans aufbewahre 2) , ist auf Taf. IX in halber Grösse photographirt dargestellt. Er hat eine Höhe von 12,5 Centi- metern. Die etwas convexe, im Umriss unregelmässig elliptische Grundfläche, mit welcher er auf der ersten Erstarrungskruste der Schlacke aufgesessen hatte, war durch eine Oxydhaut von derselben getrennt und leicht abgelöst worden. Die Durchmesser der Basis sind 17 und 23 Centimeter. Der centrale Eruptionskanal ist hold, von elliptischem Querschnitt, unten mit 2,5 und 3 Centimeter Weite, nach oben conisch verengert, an der Mündung 1,5 und 2,4 Centimeter weit. Die innere Wandfläche des Kanals ist in der unteren Hälfte ziemlich regelmässig gestaltet und wenig rauh; in der oberen Hälfte befinden sich unregelmässige Ausbuchtungen und Erweiterungen der Röhre. Beim Erkalten des Kegels haben sich mehrere verticale Sprünge gebildet, welche vom Canal ausgehen, hier am weitesten klaffen und radial gegen den Mantel verlaufen, meist ohne dessen Aussen- fläche zu erreichen. Sie sind Erkaltungsrisse der sich ungleich *) Dieser thatkräftige Leiter der Stolberger Gesellschaft, welcher das grosse Unternehmen viele Jahre hindurch und zum Theil unter schwierigen Verhältnissen geführt hat, starb an einem plötzlichen Schlaganfall, welcher ihn in der diesjäh- rigen Generalversammlung seiner Gesellschaft ereilte. 2) Eine spätere Anfrage bei der Stolberger Hütte, um noch mehrere solcher Exemplare zu erhalten, blieb erfolglos. In der Antwort hiess es, sie bildeten sich nicht mehr und man sei froh darüber, denn sie seien ein Zeichen, dass der Gang des Ofens ein mangelhafter gewesen gei, was in der Art der Beschickung seinen Grund habe. Vielleicht hatte man auch die Methode des Schlackenablassens ge- ändert. 234 J. G. Bornemann, Ueber Scklackenkegel und Laven. zusammenziehenden festen Massen und vergegenwärtigen im Kleinen die Gangspalten der Eruptivgänge, welche wir an den Steilwänden der Kratere Lava- und Aschenschichten vertikal durchsetzen und von jüngeren Eruptivgesteinen erfüllt sehen. Zur Untersuchung der mikroskopischen Structur der Schlacke wurde ein Dünnschliff quer zu einem der zuletzt aus dem Kegel ausgetretenen und bis zur Basis gelaufenen Schlacken strömehen gemacht, und zwar von einer Stelle nahe am unteren Ende des- selben. Die äusserlich ganz schwarze Schlacke zeigte sich im Innern erfüllt von langgestreckten, wasserhellen Krystallen, welche mit der sie umgebenden schwarzen, in sehr dünnen Lamellen bräunlich durchscheinenden Glasmasse den Bestand der Schlacke ausmachen. Die äussere Kruste ist ganz von dichter Glassubstanz gebildet; im Innern walten die farblosen Krystalle vor; in der Mitte be- finden sich auch Hohlräume, in welche Krystalle hineinragen. Das farblose Mineral ist rhombisch und zeigt mit seinen schwarzen Kernen und Interpositionen derselben Masse eine sehr grosse Aehnlichkeit mit den Form Verhältnissen des Chiastolith, von dem es sich aber durch andere Eigenschaften unterscheidet. Es ist in Säuren ziemlich leicht auflöslich. Der Kiesel Säuregehalt der Schlacke wurde = 30 pCt. gefunden. Ein besonderes Interesse verleiht diesen Schlacke n- kegeln der Stolberger Bleihütte der Umstand, dass ihre Ent- stehung gänzlich ohne die Mitwirkung; von Wasser oder Wasser dampf vor sich ging und dabei eine vollkommene Ana- logie der Erscheinungen mit vulcanischen Eruptionen stattfand. Sie beweisen, dass alle diejenigen Kraftäusserungen, welch e wir bei der erstarrenden Lava beobachten, ohne die Mitwirkung; des Wassers zu Stande kommen können und dass andere Motoren wirksam sein müssen, welche in der ersten Phase der Eruption den ruhigen Auftrieb der feurig flüssigen Masse, in der zweiten das Schlackigwerden der erstarrenden Schmelzmasse, die Detonationen und das Ausschleudern von Schlacken- theilen bewirken. J. G. Bornemann, Ueber Schlackenkegel und Laven. 2 35 Die Erweiterungen des Centralskanals im oberen Theile des Kegels, welche entstanden, während die oberste Auswurfsöffnung immer eine ziemlich gleichbleibende Grösse behielt, beweisen, dass an dieser Stelle die nach und nach an der Mündung erstarrten Schlacken durch erhöhte Temperatur von neuem geschmolzen und wiederholt in den Kreis der Auswurfsthätiglceit gezogen worden sind, bevor der Miniaturvulkan zur Ruhe kam. Die erkaltete Bleischlacke zeigt auf dem Querbruche zahl- reiche blasige Hohlräume, Luftblasen; dieselben sind aber nicht gleichmässig durch die Masse vertheilt. Die schnell erkalteten Rinden sind dicht, die langsamer erstarrten inneren Theile sind blasig. Die kleinen Ströme, welche als flüssige Schlacken aus- geschleudert wurden und am Talus abwärts flössen, sind an ihren oberen Theilen, wo die Schlacke noch dünnflüssig war, als eine zarte, rasch erkaltende Rinde mit dichtem Gefüge und glatter Oberfläche erstarrt; nach unten werden sie dicker und haben eine rauhere Oberfläche; das untere Ende ist meistens sackförmig ge- staltet und zeigt gewöhnlich auf seiner Oberseite ein Loch; dieses ist meist von einer erhöhten Umrandung umgeben. Alles das sind Dinge, welche bis in Einzelnheiten mit den Vorgängen bei den auf den Lavaströmen vorkommenden Auswurfsöffnungen zu vergleichen sind. Die Ursachen, welche die Bewegungen der Massen veranlassen und jene Formenverhältnisse hervorbringen, sind complicirter Natur, und schon die Verschiedenheit der Phasen, welche wir beim Schlackenkegel der Bleihütte beobachten, deutet darauf hin, dass diese Erscheinungen , durch das Zusammentreten verschiedener Kräfte, deren Wirkungsweise keine gleichmässig verlaufende ist, zu Stande kommen müssen. Das Erstarren der Schlacken geschieht nicht continuirlich, sondern ruckweise fortschreitend; bei jeder Erstarrung einer Zone erfolgt ein Freiwerden von Wärme, welche die Erstarrung der nächsten Zone verzögert 1). Es folgt also eine Pause und dann ') Analoge Erscheinungen sind öfters an Lavaströmen des Vesuvs beobachtet worden. Pat.mieri berichtet, dass an mehreren Stellen an bereits erstarrter Lava im Fosse della Vetrana ein erneutes Erglühen stattfand (Roth, Vesuv, p. 295, 304). 236 J. G. Bornemann, Ueber Schlackenkegel und Laven. ein plötzliches Weitergreifen des Erstarrungsprocesses, und so ent- steht das Schauspiel einer von rythmischen Pausen unterbrochenen Thätigkeit. Mit jeder Temperaturveränderung ist auch eine Volumen- veränderung verbunden und es werden dadurch Schwankungen in Bezug auf die Quantität und Zeitdauer der periodisch aus- tretenden, feurig flüssigen Massen bedingt. Die Veränderung des Aggregatzustandes, der Uebergang der geschmolzenen Massen in den starren Zustand ist ebenfalls von Volumenänderungen begleitet; es ist aber nicht gleichgültig, ob dieser Uebergang schnell oder langsam vor sich geht und im ersteren Fall mehr glasige oder im letzteren mehr krystallinische Struktur der Schlacke oder des Gesteins zur Folge hat. Der leere Eruptionskanal des Schlackenkegels beweist, dass beim endlichen Erkalten der inneren Masse sich ihr Volumen erheblich verkleinert hatte. Diese Verringerung wurde aber nicht allein durch die in der Masse selbst vorgehenden molecularen Veränderungen beim Erkalten bedingt, sondern durch die Mit- wirkung elastischer Gase, welche in der flüssigen Schlacke gelöst waren und beim Erstarren ausgeschieden, die Blasenbildung, das gewaltsame Ausschleudern vieler Schlackentheile und schliesslich eine grössere Zusammenziehung der inneren, noch von Blasen erfüllten Schlacke veranlasst haben. Das Verhalten der Gase zu glühenden und im Feuer schmel- zenden Körpern bietet viele merkwürdige Erscheinungen, doch ist unsere Kenntniss in dieser Beziehung noch sehr lückenhaft, weil sich den Beobachtungen auf diesem Felde sehr viele Schwierig- keiten entgegenstellen. Es ist eine bekannte Thatsache, dass glühende und geschmol- zene Metalle für Gase durchdringbar werden und solche in Menge in sich aufnehmen. Glühendes Platin lässt nur Wasserstoff hin- durch, nicht aber Sauerstoff1, Stickstoff, Wasserdampf u s. w. , es absorbirt Wasserstoff in der Rothglühhitze und hält ihn bei nie- driger Temperatur lange gebunden. In viel höherem Grade als Platin absorbirt Palladium den Wasserstoff. Nach Graham nahm J. G. Bornemann, lieber Schlackenkegel und Laven. 237 schwammiges, durch Glühen von Palladiumcyanür erhaltenes Metall bei 200° sein 686faches Volumen an Wasserstoff’ in sich auf. Auch Eisen besitzt die Fähigkeit, in dunkler Rothglühliitze Wasserstoff und Kohlenoxyd zu absorbiren und unter anderen Umständen wieder abzugeben 1). Schmelzendes Silber nimmt in Berührung mit der Luft das 20 fache seines Volumens an Sauerstoff auf und scheidet ihn beim Erstarren wieder aus, wodurch plötzlich eine beträchtliche Gas- entwickelung und das Wegschleudern flüssiger Metalltheile be- wirkt wird. Durch langsames Abkühlen lässt sich das »Spratzen« verhindern. Die ähnlichen beim Kupferschmelzen vorkommenden Erschei- nungen, welche das Blasigwerden des Kupfers und das Entstehen von Spritzkupfer bewirken, sind nach Marci-iand und Scheerer ebenfalls durch eine Sauerstoffabsorption Seitens des flüssigen Kupfers, nach Böttger durch einen Schwefelgehalt desselben zu erklären 2). Ebenso wie die Metalle sind auch geschmolzene Silicatmassen für Gase durchdringbar. Den Ofenschlacken ist durch die Gebläse- luft und die sich beim Schmelzungs- und Verbrennungsproccss im Ofen bildenden Gase Gelegenheit zur Aufnahme derselben gegeben. Die erstarrte Kruste ausfliessender Schlacken ist für die Gase undurchlässig, und da die Aufnahmefähigkeit für sie in der ge- schmolzenen Masse eine begrenzte ist, so muss bei fortschreitender Erstarrung in der verminderten Menge des noch Flüssigen eine Concentration der aufgelösten Gase stattfinden, gerade so wie bei den Salzen einer Mutterlauge. Wird die Grenze der Absorptions- fähigkeit überstiegen, so scheiden sich die Gase in Blasenform aus. Bei verengertem Raum und Erhöhung des Drucks der bis zur Jahresbericht für Chemie XIX, 1866, S. 48 — 51. (Graham hat die Meinung ausgesprochen, dass die Absorption der Gase durch Metalle nicht ein rein physi- kalisches Phänomen sei, sondern dass die Gase durch Verflüssigung zwischen den feinsten molekularen Poren eindringen.) 3) cf. Kerl, Hüttenkunde 1855, 3a, S. 183, S. 199. Nach ersterer Ansicht ist es der entweichende Sauerstoff, nach der zweiten die aus der Wirkung des Schwefels auf Kupferoxydul oder Schwefelsäure auf Kohle entstehende schweflige Säure, welche das Steigen hervorbringt. 238 J. G. Bornemann, Ueber Schlackenkegel und Laven. vollendeten Erstarrung zunehmenden Gasausscheidung sind die Kräfte gegeben, welche die geräuschvollen Eruptionserscheinungen der zweiten Phase in der Bildung der beschriebenen Schlacken- kegel bewirken konnten. Da hierbei eine Mitwirkung von Wasser nicht stattfand, so wird man auch bei den Vulkanen in kritischer Weise zu unter- suchen haben, in wie weit dort eine Mitwirkung von Wasser oder Wasserdampf bei Eruptionen überhaupt angenommen werden kann. In der landläufigen Lehre vom Vulkanismus, wie sie sich aus den älteren Lehrbüchern der Geologie in viele neuere Werke über- tragen hat, wird die Bedeutung des Wassers und Wasserdampfs in den Vulkanen noch vielfach verkannt. Es wird dem Wasser- dampf gewöhnlich die Rolle als treibende Kraft zugeschrieben, die ihm bei Landvulkanen nur in wenigen ausserordentlichen Fällen, in der Regel nur bei submarinen Vulkanen, wirklich zukommt. C. F. Naumann, mein trefflicher Lehrer, pflegte in seinem Colleg über physische Geographie eine lebendige Schilderung der vulkanischen Phänomene zu geben, in denen er sich besonders von den phautasiereichen Beschreibungen L. v. Bucn’s *) leiten liess und der Wasserdampf hypothese huldigte. Auch bei Be- arbeitung der 2. Ausgabe seines Lehrbuchs der Geognosie (1858) blieb er derselben treu, obgleich er bei Benutzung von Deville’s Arbeiten aus dem Jahre 1855 sich des Widerspruchs der neuen Resultate gegen jene Theorie bewusst wurde * 2). Die Lehre von der wässerigen Schmelzung, von dem fried- liehen Beisammensein des Wassers und Feuers, wie sie in den Schriften von Menard de la Groye, Poulett Scrope, Scheerer, Virlet d'Aoust und Anderen sich entwickelt hatte, war so fest eingewurzelt, dass sie nicht leicht wieder beseitigt werden, sondern sogar neue Anhänger finden konnte. Bei der Schwefelgewinuung, wenn der unter Dampfdruck ge- schmolzene, wasserhaltige Schwefel ausgegossen wird und erkaltet, finden auf der erstarrten Oberfläche kleine Eruptionen statt, und es bilden sich kleine Kegel und überfliessende Ströme, welche die ') Geogn. Beobachtungen auf Reisen, 2. Bd. 2) Naumann, Geognosie 1858, I, S. 115 und 101. J. G. Bornemann, Ueber ScLilackenkegel und Laven. 239 Thätigkeit eines Vulkans im Kleinen nachahmen, v. Hochstetter, welcher diese Erscheinungen sehr anschaulich beschrieben hat, glaubte darin auch eine Stütze für die Ansicht gefunden zu haben, dass der Wasserdampf die hauptsächlichste Triebkraft der Vul- kane sei J). In ähnlicherWeise haben sich andere Geologen ausgesprochen. Neumayr bildet Spratzkegel von Bleiglätte 2) ab, welche in den Hüttenwerken von Pribram dadurch erhalten wurden, dass die flüssige Glätte auf eine nasse und kalte Unterlage aus- gegossen wurde. Diese Kegel haben Aehnlichkeit mit den Ge- stalten der Schlackenkegel und sind ebenso wie die kleinen Schwefelkegel unter Mitwirkung von Wasserdampf entstanden; auch sie sollen als Belege für den Hergang bei vulkanischen Erscheinungen dienen. An anderer Stelle 3) wird in demselben Werke angegeben, die geschmolzenen Laven führten eine un- geheure Menge von Wasserdampf und Kohlensäure, welche bei ihrem Austreten die Bildung von Schlackenkegelu auf Lava- strömen bewirken sollen, was durchaus unrichtig ist. Auch Credner s 4) weitverbreitetes Lehrbuch bringt Aehnliches, indem die aufsteigende Lava mit dem im Probirgläschen kochenden Wasser verglichen und auf den Zusammenhang der Vulkane mit der Meeresnähe ein besonderes Gewicht gelegt wird 5). 9 N. Jahrbuch f. Min. 1871, S. 469. Es heisst dort: »Es ist bekannt, welche wichtige Rolle der Wasserdampf bei den Eruptionen der Vulkane spielt. Wasser- dämpfe sind es, welche die Lava im Kraterschlund heben, Wasserdämpfe werden von den Lavaströmen noch ausgehaucht, lange nachdem sie schon zu fliessen aufgehört haben, oft in solcher Menge, dass sie zu kleinen secundären Eruptionen auf den Lavaströmen selbst Veranlassung gaben. Von eingeschlossenen Wasser- dämpfen rührt auch die blasige Struktur der Lava her, wenn sie unter geringem Druck erstarrt. Alle diese Thatsachen (?) beweisen, dass in den unterirdischen Herden der vulkanischen Thätigkeit die Gesteinsmassen nicht in einem Zustande von trockener Schmelzung, wie geschmolzenes Metall sich befinden, sondern in einem Zustande wässeriger Schmelzung unter hohem Druck überhitzter Wasser- dämpfe.« Dieselben Darstellungen finden sich in der Allgem. Erdkunde von Hann, v. Hochstetter, Pokorny (1886) wiederholt. 2) Erdgeschichte I, S. 161- 3) Ebenda S. 95. 4) Elemente der Geologie 1883. 5) ibid. S. 157. 240 J. Gr. Bornemann, Ueber Schlackenkegel und Laven. Gegen die alte Lehre, dass die Vulkane mit dem Meere in Zusammenhang stehen und deshalb stets in der Nähe der Küsten oder Wasserbecken stehen müssten, hat schon A. von Humboldt :) hervorgehoben, dass es sehr weit vom Meere entfernte Vulkane giebt; und bezüglich des aus den Kratern hervorkommenden Wasserdampfes schreibt er: »Wenn ich Alles zusammenfasse, was ich der eigenen Anschauung oder fleissig gesammelten Thatsachen entnehmen kann, so scheint mir in dieser verwickelten Unter- suchung Alles auf den Fragen zu beruhen: ob die unleugbar grosse Masse von Wasserdämpfen, welche die Vulkane selbst im Zustande der Ruhe aushauchen, dem mit Salzen geschwängerten Meerwasser oder nicht vielmehr den sogenannten süssen Meteor- wassern ihren Ursprung verdanken.«* 2) Dass bei dem denkwürdigen Ausbruch des Krakatoa3) im Jahre 1883, welcher ausserordentliche Zerstörungen anrichtete und dessen Kraftäusserungen sich weit über die Erdoberfläche fort- pflanzten, das Meerwasser und die Dampfkraft eine hervorragende Rolle gespielt haben, wird niemand bezweifeln. Es muss dort eine directe Berührung des Meerwassers mit dem feurigflüssigen Magma in grossem Maassstabe stattgefunden haben, durch welche eine lange Reihe furchtbarer Explosionen durch plötzlich sich ausdehnende Dampfmassen und eine beispiel- los massenhafte Zerstäubung von vulcanischem Gesteiusmaterial bewirkt wurde. Aehnlich scheint auch der Vorgang bei der grossen Kata- strophe gewesen zu sein, welche im Juni 1876 die Umgebung des Rot omahanasees umgestaltet hat4). Derselbe begann mit einem Ausbruch trockener Aschen aus dem Vulkan Tarawera. Darauf erst wurden die umliegenden Wassermassen in Mitleidenschaft ge- zogen und die Verwüstung jener merkwürdigen Landschaft voll- x) Kosmos I, S. 255. 2) ibid. S. 253. 3) cf. N. Jahrbuch 1884, II, S. 53 ff.; 1885, I, S. 52 ff. 4) cf. Roth, Sitzungsber. d. Berliner Akad. 21. Oct. 1886. vom Rath, N. Jahrb. 1887, 1, S. IUI. ,T. 6. Bornemann, Ueber Schlackenkegel und Laven. 241 bracht, von welcher uns von Hochstettee eine so schöne Be- schreibung !) hinterlassen hat. Ebenso wie bei jenen Ereignissen begleiten Dampfexplosionen naturgemäss in grösserem oder geringerem Maassstabe alle Aus- brüche submariner Vulkane. Solche Verhältnisse sind aber sehr verschieden von dem Ver- halten der continuirlichen oder mit Zwischenpausen thätigen Land- vulkane, welche eine stetige Verbindung des feurigflüssigen Erdinnern mit der Atmosphäre darstellen. Der plötzliche Ausbruch, welcher während der Eruption des Vesuv am 26. April 1872 am nördlichen Fuss des Eruptionskegels stattfand und mehreren Menschen das Leben kostete, ist von manchen dem Einfluss einer Wasserdampfexplosion zugeschrieben worden. Nach Palmieri bestand indessen das Ereigniss in dem plötzlichen Hervorbrechen einer gewaltigen Masse flüssiger Lava aus einer Spalte des Aschenkegels, während gleichzeitig die Gipfelkrater zahllose glühende Projectile unter heftigen Detona- tionen empor schleuderten * 2). Jenen im Volksglauben weitverbreiteten Ansichten und von vielen Geologen noch jetzt gelehrten Annahmen von dem Verhalten des Wassers in den Vulkanen stehen die von Charles Sainte- Claire Deville im Jahre 1855 3) an den Lavaströmen des Vesuv gemachten und vielfach bestätigten Beobachtungen entgegen. Deville fand die aus den Spalten des grossen Lavastromes austretenden Gase und Dämpfe vollständig wasserfrei, so- lange die Lava noch in Bewegung und nach ihrer Erstarrung noch glühend war. Er belegte sie mit dem Namen »f um er oll es seches«. Sie enthielten weder Wasserdampf noch Kohlensäure und keinerlei brennbare Gase, sondern sie bestanden vorwaltend aus den Bestandtheilen der atmosphärischen Luft im normalen Vei’hältniss von Sauerstoff und Stickstoff. Die sie begleitenden Sublimationsproducte waren zum grössten Theil Kochsalz mit Bei- x) Reise der Novara. Geol. Theil I. 2) Palmieri, Ausbruch des Vesuv vom 2G. April 1872. Deutsch vou Rammelsberg. 3) Bulletin geologique. II. Ser. V. 57, XIII, p. G19. Jahrbuch 1887. IG 242 J. G. Bohneman'n, Ueber Schlackenkegel und Laven. mengung mannigfaltiger anderer Chlorverbindungen , geringer Mengen schwefelsaurer Salze und anderer sublimirbarer Substanzen; auch Fluorverbindungen, welche die Glasgefässe angriffen, konnten nachgewiesen werden. Aus dem Verhalten der trockenen Fumarolen an den Spalten und Schlackenkegeln der Lavaströme schloss Deville schon damals x), dass die flüssige Lava in ihren Poren kein Wasser, wohl aber andere Gase und flüchtige Substanzen festhält, welche sie erst dann ausscheidet, wenn ihre Abkühlung in ein gewisses Stadium eingetreten ist. Die Untersuchung der vulkanischen Gasexhalationen hat Deville mit grosser Ausdauer und Sorgfalt und ungeachtet mancher Gefahren Jahre lang fortgesetzt und wiederholt. Meine Reise * 2) im Jahre 1856 fiel mit der seiuigen zusammen und lieferte eine reiche Ausbeute von Beobachtungen und Untersuchungs- material vom Vesuv, dem Aetna, Stromboli, Vulcano und von den Umgebungen dieser Vulkane. D ie damals gesammelten Proben von Gasen und anderen Ex- halationsproducten bilden den Gegenstand einer ganzen Reihe von Arbeiten über die chemischen Vorgänge in den Vulkanen, durch welche sich mein verstorbener Freund Charles Sainte- Claire Deville besondere Verdienste um die Geologie erworben hat. Während man früher die verschiedenartigen Gas- und Dampf- exhalationen der Vulkane nicht gehörig zu unterscheiden verstand und in den theoretischen Betrachtungen den Wasserdampf überall die Hauptrolle spielen liess, zeigte Deville, dass AVasser den flüssigen Laven nicht innewohnt und dass je nach der Entfernung von dem glühend flüssigen Centralapparat die Natur der Fumarolen sich ändert. Atmosphärische Niederschläge und Schicht- wasser, welche von oben und von den Seiten in den erwärmten x) 1. c. p. 621. — »la lave fondue maintient encore dans ses pores les gaz et les matieres volatiles et qu elle ne les abandonne que lorsqu’elle a dejä atteint une certaine periode de son refroidissement.« 2) cf. Brief an A. v. Humboldt in der Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1857, S. 464. — Deville, Cinquieme et sixieme lettre ä M. Elie de Beaumont. Compt. rend. tome XLIII, 1856. J. G. Bornemann, Ueber Schlackenkegel und Laven. 243 Schlackenmantel der Vulkane eiudringen, erhitzen sich und werden in Dampf verwandelt. Wo Wasserdampf mit glühenden Laven und ihren Sublimaten zusammentrifft, wird er in seine Bestandtheile zerlegt und kann nicht mehr als Wasserdampf seine Spannkraft ausüben. Durch die Wechselzersetzung des Wassers mit heissen Chlor- und Schwefel Verbindungen werden die sauren Fumarolen gebildet, welche im näheren Umkreise des Centralherdes überall zu Tage treten, weiter hin findet sich Schwefelwasserstoff“ und Schwefel, und allen diesen äusseren, zonenweise verschiedenartigen Ema- nationen ist Wasserdampf beigesellt und in der äussersten Um- gebung ihres Wirkungskreises ist er das alleinige Verdampfungs- product des Kegelmantels. Die massenhafte Verdampfung des Wassers aus dem erwärmten Körper der Aschenkegel macht den Vesuv und alle thätigen Vul- kane zu den empfindlichsten Hygrometern und Wetterverkündigern, und es ist deshalb wohl verzeihlich, dass vielfach dem Wasserdampf eine grössere Rolle im Vulkanismus zugeschrieben wird, als ihm in der That zukommt. Wenigen Besuchern der Vulkane und wenigen Geologen ist es vergönnt, trockene Fumarolen und fliessende Lava in nächster Nähe zu sehen und genauer beobachten zu können; meist sind die Verhältnisse ungünstig oder die Gefahren der Annäherung zu gross. Der Vesuv ist der einzige »civilisirte« Vulkan der Welt, wie geschaffen für das Studium des Vulkanismus in seiner Reinheit, und nicht mit Unrecht ist ihm ein eigenes Observatorium ge- widmet worden. Er ist in jeder Jahreszeit bequem zugänglich, und erprobte Führer, denen die Grenze der Gefahren geläufig ist, stehen stets zur Verfügung. Wie unbequem ist dagegen der 11000 Fuss hohe Aetna, den man mit Erfolg nur während einer kurzen Zeit des Jahres be- suchen kann und wo die in trostloser Einöde errichtete Casa inglese nur ein dürftiges Obdach gewährt! 16* 244 J. G. Borkemann, Ueber Schlackenkegel und Laven. Noch mehr Schwierigkeiten bietet der Besuch des Vulkans von Stromboli 1). Die Bewohner der Insel sind so abergläubisch, dass es Mühe kostet, Träger bis in das »verrufene Thal« zu er- halten, bei dessen Betreten sich die Leute bekreuzigen. Weiter nach dem Krater, der »Casa del diavolo« zu folgen, ist Niemand zu bewegen, so dass man bei dem nicht gefahrlosen weiteren Vor- dringen auf sich allein angewiesen ist. Dieselben Erfahrungen hat auch Abich gemacht, als er im Jahre 1836 Stromboli be- suchte 2). Der Aufenthalt auf Stromboli ist wegen der entomo- logischen Verhältnisse in den unreinlichen Wohnungen so wenig- einladend, dass man es gern vorzieht, unter freiem Himmel in der Barke zu übernachten. Ich unterlasse es, die vulkanischen Erscheinungen von San- torin, über welche wir besonders Fouque 3) ausgezeichnete Beob- achtungen verdanken, in den Bereich dieser Betrachtungen zu ziehen, weil es sich dort meist um submarine Ausbrüche handelt. Indessen mag doch auf die charakteristische Trennung hingewiesen werden, welche zwischen den glühenden Gesteins- und Aschen- eruptionen, den heissen und zum Theil brennbaren Gasemanationen und den peripherischen Wasserdampffumarolen beobachtet wurde. Dass die von der submarin fliessenden Lava aufsteigenden Gase nicht aus dem Lavamagma selbst stammen, sondern dass sie vorwaltend durch Wasserzersetzung u. s. w. an der Berührung mit den glühenden Massen erzeugt werden, lässt sich wohl mit Sicher- heit annehmen. Wenn nun schon die Mehrzahl der im civilisirten Europa ge- legenen Vulkane so wenig zum ruhigen Verweilen und längeren Aufenthalt geeignet sind, wie es zu eingehenden wissenschaftlichen Untersuchungen erforderlich ist, so begreift man die Schwierig- keiten, welche in fremden Ländern durch uncivilisirte , abergläu- bische Bewohner und örtliche Hindernisse der verschiedensten Art dergleichen Unternehmungen im Wege stehen, und wie wenig *) cf. meine Ansichten von Stromboli. Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1866, S. 696. 2) Ebenda 1857, S. 392. 3) Fouque, Santorin 1879. — N. Jahrb. f. Mineral. 1880, II, S. 313. J. G. Bornemann, Ueber Schlack enkegel und Laven. 245 fruchtbar für die Kenntniss des inneren Wesens der Vulkane auch die meisten der von begabten Forschungsreisenden aus der Ferne zurückgebrachten Reiseergebnisse sein werden. Bei meinen öfteren Besteigungen des Vesuv im Jahre 1856 war es nur die grosse unnahbare Fumarole im Schlunde des öst- lichen Kraters von 1850, welche vorwaltend aus trocknen Subli- maten, besonders aus Kochsalz bestand, aber doch auch schon saure Dämpfe mit sich führte. Die Ausströmungsöftnung dieser gewaltigen Rauchsäule war aber für jede directe Beobachtung unzugänglich. Fliessende Lava war nirgends sichtbar, nur im August 1856 konnte ich im Grunde des 160 Meter tiefen mittleren Kraterschlundes Schlackeneruptionen beobachten und auf Augen- blicke in die glühende enge Oeffnung eines kleinen Aschenkegels hinabsehen, welcher sich auf dem Boden des Kraters zu bilden begonnen hatte. Auch die in die Höhe geschleuderten glühenden Schlacken kamen nicht über den Rand des tiefen Schlundes hinaus, sondern fielen jedesmal wieder in denselben hinunter und nach jeder Explosion war alles wieder von dunklen Aschen und Schlacken verdeckt. Der Krater von Stromboli hatte während meines dortigen Aufenthalts nur eine, unzugängliche Auswurfsöffnung, die anderen Oeffnungen waren im Solfatarenzustande, ebenso die Krater des Aetna und der Insel Vulcano. Als ich am 15. März 1878 den Vesuv bestieg — es war am Tage nach einem starken Schneefall und etwas Schnee erleichterte den Aufstieg — fand ich den Gipfel ganz verändert; ein einziger tiefer Trichter nahm den Raum des ehemaligen Kraterplateaus ein; in seiner Mitte war ein kleiner dampfender Aschenkegel und an seinem Talus lag weisser Schnee, ein merkwürdiger Contrast gegen die gelbe Eisenchloridfärbung der hohen Kraterwände. Weit erfolgreicher war mein letzter am 15. Mai 1881 J) mit meinen Söhnen Adctor und Felix unternommener Besuch. Von der oberen Station der Drahtseilbahn erreichte man nach kurzem x) Ansichten des Vesuvkraters vom Jahre 1880 und 1882 finden sich in Neumayr’ s Erdgeschichte I, S. 157 u. 158 nach Photographien von Sommer. 246 J. G. Bornemann, lieber Schlackenkegel und Laven. Ansteigen den mit einem Kreise dünner Wasserdampffumarolen besetzten Rand des wieder ausgefüllten Hauptkraters, innerhalb dessen sich eine ziemlich ebene Aschenfläche ausbreitete. Auf dem östlichen Theile dieser Ebene erhob sich ein neuer Auswurfs- kegel, den wir bis zu seinem Rande ersteigen konnten. Er war offenbar mit flüssiger Lava erfüllt, aber die glühenden Massen konnte man nur auf Augenblicke während der periodisch sich wiederholenden Explosionen wahrnehmen. Grell gefärbte, mit Krusten sublimirter Substanzen und Effloreseenzen bedeckte Schollen schienen sich schwankend zu bewegen, aber dichte Rauchmassen verhinderten meist den Einblick. Von Zeit zu Zeit erfolgten starke Detonationen und massenhafte Lapilli auch grosse glühende Lava- fetzen flogen hoch in die Luft, manche über uns hinweg. Es gelang uns, ein faustgrosses Schlackenstück noch völlig glühend und weich zu erhaschen, so dass wir noch mehrere Münzen hineindrücken konnten. Nach längerem Verweilen auf dem Rande des Auswurfskegels stiegen wir hinab und waren im Begriff, das Kraterplateau zu verlassen, als wir durch einen von einer Recognoscirungstour zurück- kehrenden Führer von einem Lavastrom hörten, welcher an der Ostseite des von uns eben verlassenen Kegels auszufliessen be- gonnen hatte. Sofort begaben wir uns, dem südlichen Plateaurande folgend, nach der bezeichneten Stelle und waren hier Zeugen eines impo- santen Schauspieles. Aus einer Seitenöffnung des Kegels, welche etwa 15 Meter höher lag als unser Standpunkt, quollen die hell- glühenden, zähflüssigen Lavamassen hervor und hatten sich als ein breiter Strom am Talus des Auswurfskegels, dessen Ostseite mit dem Abhang des Hauptkegels in eine Linie fiel, weit an diesem hinab verlängert. Nahe an der Ausflussstelle sah man deutlich die Bewegung der Lava, deren Geschwindigkeit wir dort auf *5 Meter in der Minute schätzten. Die in fluctuirender Menge austretende feurige Masse drehte sich an den Rändern zu Stricklaven und häufte sich zu wilden Formen aufeinander. In unmittelbarer Nähe hatten wir vor uns eine frisch er- J. G. Bornemann, Ueber Schlackenkegel und Laven. 247 starrte Fläche schwarzer Lava, hinter welcher der glühendflüssige Strom durch erstarrte Schlackenmassen in Arme getheilt, in meh- reren Rinnen ganz ruhig, ohne Aufwallen und mit sehr geringer Rauchentwicklung abwärts floss. Es gelang uns, zu wiederholten Malen auf der heissen Kruste bis an die erste Rinne vorzudringen, mittelst eines Hakenstockes mehrere Fetzen der fliessenden Lava herauszureissen und dieselben aus dem Bereich der Hitze herauszutragen, worauf wir noch die üblichen Soldi in die noch weiche Pasta eiuschliessen konnten. Auch durch eine Spalte der Lavakruste, auf welcher wir standen, konnte man noch flüssige Lava erreichen, doch gelang es nur mühsam, etwas davon herauszureissen, weil sich der Stock dabei schnell entzündete. Von Dämpfen waren wir bei dieser Unternehmung garnicht belästigt, nur die intensive, von der Lava ausstrahlende Flitze erschwerte die Beobachtung; der erst seit kurzer Zeit erstarrte Rand war so heiss, dass nach kurzem Aufenthalt auf demselben die Stiefelsohlen versengten, und der fliessenden Lava dahinter konnte man sich nur auf Augenblicke nähern. Die Lava dieses Stromes zeigte eine starke Tendenz, sich in Fäden zu ziehen. Haardünne Spitzen und zarte Schlackenbüschel bedeckten die Oberfläche vieler Krusten. Da, wo dieselben nicht den zersetzenden Einflüssen der nahen Säurefumarolen ausgesetzt waren, zeigten sich die Laven überall schwarz und glasglänzend. Die Glasmasse ist aber durch Säuren leicht zersetzbar, wird durch dieselben ihres Glanzes beraubt, gebleicht und durch Eisenverbin- dungen gelb und braun gefärbt. In der Beschaffenheit der aus dem Strome entnommenen Lava und derjenigen des glühend und weich erlangten Auswürflings aus dem Krater zeigte sich kein Unterschied. Es war ganz das- selbe Magma, hier fliessend, dort zerrissen und ausgeschleudert. Nur die zahlreichen lufterfüllten Hohlräume sind bei der Stromlava mehr in die Länge gezogen, bei den Auswürflingen mehr gerundet. Die zahlreichen Luftblasen, welche die Lava mit sich führt, geben die Veranlassung zur Entstehung jener haarförmigen Bildungen, indem sich heim Indielängeziehen die aus zähflüssiger Glas- •248 J. G. Bornemann, Ueber Schlackenkegel und Laven. Substanz bestehenden Zwischenwände zusammenziehen und in Fäden verwandeln. Alle Unebenheiten auf der Oberfläche der schwarzen Schlacke bergen in ihrem Innern ausgeschiedene Krystalle, welche sämmtlich von einer feinen Glashaut verhüllt sind. Der Dünnschliff zeigt ein buntes Bild von Mineralsubstanzen. Die ausgeschiedenen Mineralien sind vor Allem kleine, wasserhelle Leucite, zu dichten Schwärmen versammelt. Weniger zahlreich sind die Augite, dafür sind sie grösser und einzeln durch die Masse zerstreut. Die Feldspathe sind klein und der Menge nach zurücktretend. Magneteisen in Körnern und Kryställchen findet sich gruppenweise angehäuft oder durch die Masse zerstreut. Die Leucitkrystal le enthalten Einschlüsse von Glas, theils gerundet, theils eckig mit vollkommener Leucitgestalt und meist von kleinen Bläschen begleitet, welche sich durch den dunklen Rand als Hohlräume oder (?) Gaseinschlüsse kundgeben. Zuweilen sind die Glaseinschlüsse auch noch von einer zweiten, anders aus- sehenden, amorphen festen Substanz begleitet, und an dieser befindet sich ein Bläschen. Flüssigkeitseinschlüsse konnte ich in diesen Krystallen nh’geuds entdecken. Die Augit- und Plagioklaskrystalle schliessen zahlreiche, un- regelmässig gestaltete Glaspartieen ein, ebenso die weniger häufig vorkommenden Olivine. Erhitzt man ein Stückchen solcher Lava vor dem Gasgebläse zum bellen Rothglühen, so erweicht es zu einer zähen Masse, indem die Glastheile schmelzen und Theile der eingeschlossenen Mineralien wieder auflösen. Während äusserlich das schwarze Glas zu einer zusammenhängenden Kruste zusammenfliesst, trennt es sich im Innern der eingeschlossenen Hohlräume von den grösseren Leucit- und Augitkrystallen , und diese werden blos- e’eleo-t. So maa' auch im Krater durch Umschmelzuna; von Schlacken oftmals die Bloslegung der Krystalle vor sich gehen, welche oft, von allem Nebengestein befreit, in Menge mit den Aschen ausgeworfen werden. J. 6. Bornemann, Ueber Schlackenkegel und Laven. 249 In einem Dünnschliff, den ich aus der vor dem Gebläse um- geschmolzenen Lava herstellte, sah man dunkle und helle Glas- partieen und in den letzteren fielen besonders kleine Leucitkrystalle auf, welche in der Mitte jeder Fläche eine tiefe Grube zeigten. Die Kanten waren noch wohl erhalten und stellten ein zierliches Krystallgerippe dar. Die hellen Glaspartieen waren offenbar durch Auflösen von Leucitmasse in dem umgebenden dunklen Glase ent- standen. Feldspathzwillinge zeigten sich von den Stirnseiten her angegriffen. Grössere Luftblasen, welche jedenfalls vorher lang- gestreckt gewesen waren, hatten vollkommene Kugelgestalt an- genommen. Auf Sprüngen, welche die grösseren Leucite durchsetzen und welche jedenfalls schon vor dem Schmelzversuch existirt hatten, waren die Glastheilchen sämmtlich zu kugeligen Perlen um- gestaltet. Die umgeschmolzenen Glaspartieen enthalten auch eine grosse Menge Neubildungen; das dunkle Glas ist ganz von kugeligen Gruppen kleiner schmaler, fast nadelförmiger, dunkelbrauner Krystalliten a) erfüllt, auch in den in Leucitkry stallen eingeschlos- senen Glasperlen sieht man einzelne solcher Sterne. Die globuli- tischen Bildungen finden sich stellenweise auch zu baumförmigen Gruppen vereinigt; sie bedingen die dunkle Färbung der Glas- masse, während die umschliessende Glassubstanz entfärbt ist. Das Studium des Leucit ist nicht allein von hohem minera- logischen Interesse und hat deshalb schon eine grosse Anzahl aus- gezeichneter Arbeiten der bedeutendsten Mineralogen veranlasst, es ist auch von grosser Bedeutung für die Lehre vom Vulkanismus überhaupt, wegen der besonderen chemischen und physikalischen Eigenschaften des Minerals und wegen der zahlreichen verschieden- artigen Einschlüsse, die es zu enthalten pflegt. Unter zahlreichen, an den Vulkanen Italiens gesammelten *) Hansel fand bei der Untersuchung der Vesuvlava von 1878 (Tschermak, Min. Mitth. 1880, S. 421) in Lava von der Oberfläche des Stromes: braunes Glas zuweilen mit globulitischen Entglasungsprodukten, welche aus gelben Schüppchen einer eisenreichen Verbindung — Ferrit — bestehen und durch ihre Bildung die einschliessende Grundmasse des Glases selbst entfärbt haben, 250 J. G\ Boknemann, Ueber Schlackenkegel und Laven. Leucitvorkommnissen erscheint mir eins ganz besonders der Beachtung werth. Es sind lose Krystalle, meist 5 — 9 Millimeter gross, welche ich im Jahre 1856 im Canale del Inferno am Vesuv aufhob, wo sie zahlreich in der Asche umherlagen. Sie stammen jedenfalls von einer der bedeutenderen vorhergehenden Ascheneruptionen und sind aus grosser Tiefe des Hauptkraters in die Luft ge- schleudert, nicht mit einem Lavaerguss herausbefördert worden. Im Aeussern gleichen die Krystalle sehr den ebenfalls an jenem Orte, in einer sehr rauhen Lava von grauer Farbe vor- kommenden Leuchten, im Innern sind sie aber sehr davon ver- schieden. Während bei den letzteren die bekannten Trübungs- zonen aus Glaseinschlüssen bestehen, verhalten sich die Einschlüsse der losen Krystalle ganz anders. Im Dünnschliff zeigen diese Krystalle in der durchsichtigen Leucitmasse ebenso vertheilte Trübungen, welche aus concen- trischen Zonen dunkler Krystalliten bestehen. Ueberall, wo diese Körperchen gleichmässig in der Zone vertheilt sind, erkennt man bei starker Vergrösserung, dass jeder einzelne dieser Punkte von einer Gruppe winziger Krystallelemente gebildet ist, welche zu kreuzförmiger oder oktaedrischer Stellung vereinigt sind. Glaseinschlüsse sieht man in diesen Zonen und in diesen Leuciten nirgends, ebensowenig Gasbläschen oder Hohlräume. Das Verhalten dieser Körperchen im polarisirten Lichte zeigte sich durchaus isotrop und handelte es sich daher um ein reguläres Mineral. Dennoch konnte man über die Art desselben im Zweifel bleiben, wenn nicht das Verhalten der Krystalliten zu einzelnen grösseren und wohlausgebildeten Melanitkrystallen, welche zerstreut in und zwischen den Trübungszonen Vorkommen, jede Unsicher- heit beseitigt hätte. O Liegt ein Mel anit inmitten der Trübungszone, so ist er zunächst von einem hellen Kaum umgeben, weil er die zunächst liegenden Körperchen an sich herangezogen hat. Fast immer sind die dem Krystall benachbarten Krystalliten nur kleine keilförmige Krystallelemente, welche mit der Spitze dem Krystalle zugekehrt und oftmals in Gruppen geordnet sind , welche rottenweise auf den Krystall zuzuschwirren scheinen. J. G. Bornemann, Ueber Schlaokenkegel und Laven. 251 Taf. X, Fig. 1 zeigt bei 460facher: V ergrösserung einen kleinen Theil eines Leucitdünnschliffs , in welchen ein Melanitkrystall zwischen zwei Krystallitenzonen liegt und im Momente der Er- starrung im Begriff war, die Krystalliten von beiden Seiten an sich heranzuziehen. Andere solche Melanite erscheinen mit rauher und förmlich borstiger Oberfläche von den eben angekommenen Krystallelementen, deren Attraction in flagranti unterbrochen wurde. Wir haben hier den sichersten Beweis vor uns, dass der fast unschmelzbare Leucit und der leicht schmelzbare Granat zu gleicher Zeit aus dem flüssigen Lavagemenge auskrystallisirt sind, dass beide Mineralien zonenweise er- starrten und dass jeder Erstarrung ein Zustand vorausging, in dem die Moleküle sich ordneten und eine Bewegung noch möglich war. Die Attraction der einzelnen Melanitkrystalle war stark genug, um seinen nächsten Umkreis zu beherrschen und das Gleichartige zu sich heranzuziehen , während in weiterer Ent- fernung die Melanitelemente sich begnügen mussten, selbstständig zu kleinen Axenkreuzchen zusammenzutreten. Die Entstehung dieser Krystalle muss in grosser Ruhe und tief im Innern des Vulkans, wohl unter hohem Druck, aber bei einer nicht besonders hohen Temperatur vor sich gegangen sein ]). Der Umstand, dass die Leucite der Lavaströme und der kleinen Gipfeleruptionen keinen Granat oder Melanit, sondern stets Glaseinschlüsse enthalten, verdient Beachtung und veranlasst zu einer näheren Betrachtung der beiden, einander in der Form so ähnlichen und in den physikalischen Eigenschaften so verschiedenen Mineralien des Leucites und Granates. Der Leucit ist für sich sehr feuerbeständig. Vor dem Gas- gebläse gelingt es nur schwer und nach langem W eissglühen seine Oberfläche, besonders die Kanten zum Schmelzen zu bringen. Das Innere bleibt dabei völlig unverändert und zeigt nach dem Glühen dieselben schönen Polarisationserscheinungen wie der un- geglühte Krystall. ’) Heim bemerkt: >Bie Leucitkrystalle , welche der Gipfelkrater häufig aus- schiesst, entstammen aus der Tiefe des Kraterschachtes und sind nicht erst während des seitlichen Lavaaustrittes ausgeschieden.« Zeitscbr. d. Deutsch, geol. Ges. 1873, S. 35. 252 J. G. Bobnemann, Ueber Schlackeakegel und Laven. Die angeschliffene und polirte Durchschnittsfläohe eines Kry- stalls war nach starkem Weissglühen glasglänzend geworden. An den Kanten hatte der schmelzende Lencit begonnen, sich in feinste Ström chen zu zertheilen, eine Art Aufschäumen, welches vielleicht durch Verflüchtigung fester alkalischer Bestandtheile *) bewirkt wird. Eine tiefergehende Schmelzung hatte an Trübungszonen stattgefunden. An den an der Durchschnittsfläche offenhegenden Einschlüssen hatten sich — wohl unter Luftaufnahme von Aussen — hohle Glasbläschen gebildet, welche über die Oberfläche her- vorragten. Schmilzt man Granat für sich vor dem Gebläse, so fliesst er bald, erstarrt aber nach kurzer Zeit zu einer blasigen, sehr streng flüssigen Masse, einem Gemenge krystallinischer Mineralien * 2). Der Versuch, auf einer Leucitfläche ein Stück Granat vor dem Gebläse festzuschmelzen, gelang nur unvollkommen, weil die Granatmasse sich sofort zu einer hügligen Perle zusammenzog; nur an kleinen Berührungsstellen zeigte sich, dass die beiden Mine- ralien vereinigt ein leichtflüssiges Glas zu bilden vermögen. Nach diesen Proben erschienen die Granateinschlüsse in den losen Leuciten vom Canale del Inferno als ein besonders geeig- netes Material zu Schmelzversuchen und diese Versuche führten zu einem überraschenden Resultate. Ich schnitt solche Krystalle in zwei Hälften und setzte die eine derselben längere Zeit vor dem Gasgebläse einer beinahe zur Weissgluth ansteigenden Hitze aus. Nach dem Erkalten erschien dieses Stück etwas fester in seiner Structur und weniger rissig als das andere. Beide Hälften wurden darauf dünn geschliffen. Während nun die trüben Zonen des nicht geglühten Stückes aus den oben beschriebenen dunkeln Krystalliten bestehen, sind sie in den geglühten aus ebenso vertheilten, hellgrünlichen Glaseinschlüssen gebildet, welche durchsichtiger und etwas x) Auch beim Glasschmelzen in den Glasfabriken kommen bedeutende Ver- flüchtigungen von Alkalien vor, wenn auch dabei nur kohlensaure Alkalien zur Verwendung kommen. 2) Nach Doelter und Hussak (N. Jahrbuch f. Mineral. 1884, I, S. 159) bilden sich Mejonit und Anorthit, nach Fouque Anorthit und Augit. J. G. Bornemann, Ueber Sch lack enkegel und Laven. 253 grösser sind als der Umfang, welchen jene Krystallkreuzchen ein- nehmen. Die Glaseinschlüsse sind theils eckig von annähernd octaedrischer Form, theils gerundet und zwar um so vollkommener kuglig, je stärker die Stelle erhitzt worden war. Taf. X, Fig. 2. In jedem dieser Glaseinschlüsse befindet sich nun ein Bläs- chen, An Stelle der kleinen, keilförmigen Krystalliten, welche die grösseren Melanitkrystalle zu umgeben pflegen, sieht man ent- sprechend längliche, mit dem spitzigen Ende einer grösseren Glas- kugel zugewendete Glaseinschlüsse und in diesen befindet sich ebenfalls ein kleines Bläschen. Die umgebende Leucitmasse des geglühten Krystalls hatte sich bei der Operation nicht verändert und das optische Verhalten im polarisirten Lichte ist bei dem geglühten Leucit ganz ebenso wie bei dem ungeglühten. Die eingeschlossenen dunkeln Kryställchen sind offenbar in der Glühhitze sämmtlich geschmolzen, haben sich mit angrenzenden Theilen des Leucits zu Glas vereinigt, und dieses ist dann als solches erkaltet. Das Volumen der bei diesem Vorgang betheiligten Substanzen o ö o ist dabei verringert worden und füllt nicht mehr den vorher ein- genommenen Raum aus; daher kommt das Bläschen, welches nicht als eine Gasblase, sondern als ein Vacuum zu betrachten ist. Alan könnte einwenden, dass die Bildung der Bläschen viel- leicht durch Lufttheilchen veranlasst worden sei, welche sich an den Berührungsflächen zwischen den Krystalliten und dem um- gebenden Leucit befunden und sich beim Schmelzen des Glases vereinigt hätten. Es müsste dann aber unnatürlich erscheinen, dass nach der Schmelzung unter den verschiedensten Hitzegraden fast regelmässig nur ein Bläschen vorhanden ist, während bei solchem Vorgang doch wohl mehrere Bläschen an der Peripherie der zusammenschmelzenden Glassubstanz entstanden sein würden, gerade so wie die Glasperlen, welche sich auf den Sprüngen grösserer Leucite aus Laven beim Umschmelzen bilden. Für das Nichtvorhandensein von Hohlräumen zwischen Granat und Leucitmasse spricht auch der Umstand, dass in einem durch Zufall mit Farbe injicirten Leucitkrystall vom Vesuv die bis in 254 J. (x. Bornemann, Ueber Schlackenkegel und Laven. die feinsten Sprünge eingedrnngene Tinte, welche auch braune Granateinschlüsse erreichte, nicht in die Begrenzungsflächen der- selben mit dein Leucit eindrang, während Kryställchen eines an- deren daneben befindlichen Minerals von weisser Farbe (vielleicht Nephelin!) von der eingedrungenen Farbe umsäumt wurden. Sowohl bei schwächerem als bei stärkerem Glühen, wobei verhältnissmässig weniger oder mehr Leueitmasse mit den eiuge- schlossenen Granatmikrolithen zur Glasbildung sich vereinigte, aber die übrige umgebende Leueitmasse in ihren optischen Eigen- schaften iutact blieb, schien das Grössenverhältniss zwischen den Glaskörpern und den von ihnen eingeschlossenen Bläschen stets annähernd constant zu bleiben. Dagegen zeigten sich an solchen Stellen, wo der Leucit selbst zum Schmelzen gebracht war, auch vollkommen kugelförmige und homogene Glaseinschlüsse, in denen das Bläschen verschwunden war. Dieses Verhalten spricht unbedingt für die Natur der Bläschen als durchaus leere Hohlräume. Sehr gut lässt sich der Versuch in der Weise ausführen, dass man aus der Mitte eines granatführenden Leucitkrystalls eine Scheibe herausschneidet und diese vor dem Gebläse nur an einem Rande zum Weissglühen bringt, während der entgegengesetzte Rand ungeglüht bleibt. Es wird dies leicht dadurch erreicht, dass man die Scheibe fast ganz in eine schmale passende Grube ver- senkt, welche man in eine Löthrohrkohle eingeschnitten hat und aus welcher nur die stark zu glühende Stelle hervorsieht. Die nach dem Glühen zum Dünnschliff verarbeitete Leucitscheibe zeigt dann in continuirlicher Reihe die verschiedenen Stadien der Schmel- zung an den eingeschlossenen Mikrolithen. Wir haben hier einen Beweis für die Richtigkeit der von Sorby ]) über die Entstehung der in vesuvischen Augitkrystallen die Glaseinschlüsse begleitenden Bläschen ausgesprochenen An- sicht, welche auch Zirkel* 2) angenommen, später aber wieder verlassen hat, um sich einer anderen von V ogelsang über diese Erscheinungen aufgestellten Hypothese anzuschliessen. *) Quart. Journ. 1858, p. 478. 2) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1868, S. 100. J. G. Bornemann, Ueber Schlackenkegel und Laven. 255 Der Versuch mit dem geglühten Leucitkrystall liefert uns ferner den Beweis, dass ein und dieselbe Quantität eines Gemenges von Silicaten im glasigen Zustande ein ge- ringeres Volumen einnehmen kann als dieselbe Menge © © im Zustande krystalliuischer Erstarrung. Diese Beobachtung steht scheinbar in directem Widerspruch mit den bisherigen, von vielen Geologen gemachten Erfahrungen und den zahlreichen Angaben in der Literatur, nach welchen das specifische Gewicht der Laven durch anhaltendes Glühen und Schmelzen abnimmt Es besteht aber ein grosser Unterschied zwischen unserer Beobachtung, bei welcher die Glasbildung in hermetisch abge- schlossenen , starren mikroskopischen Bäumen ohne Luftzutritt stattfand und den zahlreichen Versuchen, welche von Andern meist durch Glühen im Platintiegel zur Beobachtung der Veränderungen des specifischen Gewichts gemacht worden sind und bei welchen kein Abschluss der Luft stattfand. Viele Gesteine erleiden beim Schmelzen an der Luft Sub- stanzverlust oder sie werden schlackig oder sie nehmen Gase in sich auf. Es können daher Gewichts- und Volumveränderungen, und zwar ebensowohl im positiven als im negativen Sinne, dabei Vorkommen. Roth bemerkt 1 2), dass das specifische Gewicht geschmolzener Gesteine sich aus mehreren Gründen nicht sicher berechnen lässt und dass beim Schmelzen von Obsidian und Bimsstein bald Ver- mehrung, bald Verminderung des specifischen Gewichts stattfindet, wobei die austretenden flüchtigen Stoffe, welche darin enthalten sind, zur Volum- und Gewichtsveränderung Veranlassung gaben. Nach Abich schwillt z. B. der Obsidian von Procida »vor der Löthrohrflamme sogleich auf, bis er endlich, aber schwer, zum schaumigen Glase fliesst.« Aus dem schaumigen Glase lassen sich die Lufteinschlüsse beim Schmelzen an der Luft nur sehr schwer gänzlich austreiben. 1) Pfaff, Allg. Geologie 1873, S. 113. — Roth, Chem. Geologie II, S. 51 ff. 2) 1. c. S. 55. 256 J. G. Bornejiann, Ueber Schlaekenkegel und Laven. Bei Eisenhochofenschlacken ist die Dichtigkeit um so grösser, je rascher die Abkühlung von statten ging und nimmt in dem- selben Grade ab, je langsamer die Erstarrung erfolgt ist1). Bei rascher Abkühlung entsteht aber Glasstructur , bei langsamer Er- starrung ein krystallinisches Gefüge und damit eine Ausdehnung des Volumens. Diese Thatsache steht also völlig im Einklang mit der Volum- verminderung; des im Leucit unter hermetischem Abschluss g’ebil- o o deten Leucit - Granatglases. Leucit besteht nach Rammelsberg aus Kieselsäure . 55,58 pCt. » Thonerde .... . 23,16 » » Kali . 21,26 vom Vesuv nach Trolle -Wachtmeister aus Kieselsäure . 39,93 pCt. » Thonerde .... . 13,45 » » Eisenoxyd .... j » Eisenoxydul . 16,02 » Manganoxydul » Kalk 31,66 Denkt man sich Leucit und Granat zu gleichen Theilen zu- sammengeschmolzen, so hat man ein Gemenge von der unter a nachfolgenden Zusammensetzung. Vergleicht man dieselbe mit der Zusammensetzung der Vesuvlaven vom Jahre 1855, deren Analysen nach Deville die Resultate sub b und c 2) a ' b c Kieselerde .... . . 47,7 47,5 50,7 Thonerde .... . . 18,3 20,0 23,7 Eisenoxyd etc. . . 8,0 10,0 10,9 Kalk incl. Magnesia . . 16,0 10,5 7,3 Kali und Natrium o © 9,4 5,6 100,0 97,4 98,2 ') Kerl, Hüttenkunde I, S. 317. 2) cf. Roth, Gesteinsanalysen S. 25. — Ganz ähnliche Resultate erhielt Rammelsberg bei der Untersuchung anderer Vesuvlaven. Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1S59, S. 502 ff. J. Gr. Bornemann, Ueber Schlackenkegel und Laven. 257 ergaben, so sieht man, dass das Gemenge von gleichen Theilen Leucit und Granat der Zusammensetzung des allgemeinen Lava- Magmas sehr nahe kommt. Bezüglich des geringeren Gehaltes an Alkalien in der Lava ist dabei zu berücksichtigen, dass von den austretenden Laven grosse Mengen von Alkalien verflüchtigt werden und die Alkalibestimmungen selbst gewöhnlich den schwächsten Theil der Gesteins- Analysen ausmachen. Die relative Grösse der durch Glühen im Leucit entstandenen Glaseinschlüsse zu der Grösse der in ihnen befindlichen Bläschen liess auf den ersten Bick eine Gesetzmässigkeit erkennen. Je grösser der Glaskörper, desto grösser war auch das Bläschen, und umgekehrt nahm die Grösse der Bläschen mit den Dirnen- sionen des Glaseinschlusses ab. Eine grössere Anzahl von Messungen unter dem Ocularmikro- meter ergab die nachfolgenden Resultate, in denen [j, als Einheit = jjo Millimeter gebraucht ist. Von einer Anzahl annähernd octaedrisch gestalteter Glasein- schlüsse wurde die Breite oder Octaederkante (== k) gemessen und daraus nach der Formel 0,4714 k3 das Volumen dieser Einschlüsse berechnet. Aus dem Durchmesser der zugehörigen Bläschen = d wurde nach der Formel 0,5236 d3 der Inhalt ß dieser kugelför- migen Räume bestimmt. Die Werthe bezeichnen dann den n Procentsatz, um welchen die Volumina der Glaseinschlüsse kleiner sind als die vorher von denselben Substanzen im krystallinischein Zustande eingenommenen Räume. k a d ß 100 ß 1) 0,529 0,0697 0,176 0,00285 4,0 pCt. 2) 0,441 0,0404 0,147 0,00166 4,1 » 3) 0,588 0,0958 0,206 0,00458 4,7 » 4) 0,647 0,1276 0,235 0,00680 5,3 » 5) 1,029 0,5136 0,294 0,01330 2,5 » 6) 1,909 3,2795 0,706 0,18425 5,6 » 7) 1,909 3,2795 0,585 0,10482 3,2 » 8) 3,234 15,9446 0,882 0,35926 2,2 » 9) 2,058 4,1089 0,647 0,14116 3,4 » Mittel 3,9 pCt. 17 Jahrbuch 1887. 258 J. 6. Bornkmajjn, lieber Schlackenkegel und Laven. 1 u einem anderen etwas stärker geglühten ö o Präparate wurden runde Glaskörper nach ihrem Durc lnnesser D und ebenso die Bläscl lieu (nac h d), und zwar beide als Kugeln. , bestimmt. D CL d ß 100 ß a 10) 2,646 9,70 0,999 0,522 5,3 pCt. 11) 2,646 9,70 0,941 0,436 4,5 » 12) 4,116 36,51 1,323 1,212 3,3 » 13) 1,470 1,66 0,558 0,091 5,4 » 14) 1,470 1,66 0,529 0,077 4,6 » 15) 2,970 13,71 0,882 0,359 2,6 » 16) 1,350 1,28 0,382 0,029 2,3 » 17) 2,499 8,17 0,732 0,205 2,o » 18) 3,087 15,40 0,940 0,435 2,8 » 19) 0,881 0,36 0,294 0,013 3,7 » 20) 4,410 44,91 \ 0,911 \ 0,882 0,396 0,359 j j 0,755 1,7 Mittel 3,5 pCt. Die Bestimmung der Volumina der Glaseinschlüsse in beiden Beobachtungsreihen konnte nur ein annäherndes Resultat geben, weil die Gestalten nur unvollkommen den supponirten mathe- matischen Formen entsprechen. Dies ist besonders bei den grösseren Einschlüssen der Fall, deren Unregelmässigkeiten man nicht sicher beurtheilen kann, weil man sie nur in einer Richtung beobachtet. Bei den grössten Einschlüssen wurden in auffallendem Ver- hältnis kleinere Bläschen gefunden, besonders bei No. 20, wo 2 Bläschen eingeschlossen waren. Hierbei kommt aber in Betracht, dass der atmosphärische Druck auf die glühende Leucitsubstanz doch einen Einfluss ausüben und die grösseren Hohlräume ver- ringern konnte. Die kleinen Glaseinschlüsse, deren Regelmässigkeit eine ge- nauere Bestimmung zuliess, ergeben für -^--ß stets einen Werth, welcher nahezu = 4 ist, und welcher den Procentsatz aus- drückt, um welchen sich das Volumen des vulkanischen J. G. Bornemann, Ueber Scblackenkegel und Laven. 259 Glases vermehrt, wenn es bei der Erstarrung in kry- stallinischen Zustand übergeht. Die künstliche Hervorrufung der Bläschen in den Glasein- schlüssen der Leucite wirft ein eigenthümliches Licht auf die Bedeutung dieser in so ausgedehnter Verbreitung vorkommenden und sorgfältig beobachteten Erscheinungen, und es wird in vielen Fällen von neuem zu untersuchen sein, ob man sich für die Deutung als Gaseinschlüsse oder als Vacua zu entscheiden hat1). In vielen anderen Mineralien, namentlich in Augiten und Plagioklasen vulcanischer Gesteine sind zonenweise vertheilte Glas- einschlüsse mit Bläschen sehr häufig und diese können ebenfalls von späterer Einschmelzung früher krystallisirt gewesener Materie herstammen. Dabei mag es Vorkommen, dass in den Krystallen enthaltene Gas- oder Flüssigkeitsinterpositionen Formenänderung erlitten haben und in gerundeter Gestalt in die neugebildete Glasmasse eingeschlossen worden sind, vorausgesetzt dass bei solchen Vor- gängen genügender Druck vorhanden war, um das sonst eiu- tretende Zerspringen oder Decrepitiren der Krystalle zu ver- hindern. Die Annahme, dass bei Vorhandensein mehrerer Gasporen in einem Glaseinschluss2) die Gase in der Glassubstanz gelöst gewesen seien , als diese von dem beherbergenden Krystall umschlossen wurde, »da man sich sonst nicht denken könne, dass viele Bläschen in einem flüssigen Magma nebeneinander bestehen könnten, ohne sich zu vereinigen«, ist nicht immer die richtige. Man wird mit Sicherheit annehmen können, dass der Haupt- sitz der Laven, von welchem die tliätigen Vulkane ihr Ausbruchsmaterial erhalten, die zunächst unter der festen Erdkruste befindliche Zone des Erdinnern ist, und dass in dieser das Magma zähflüssig, rothglühend »Secundäre Gasporen in Mineralien können auf zweierlei Weise entstehen : 1. durch Eindringen des Magma von aussen; 2. durch Einschmelzen im Mineral praeexistirender leichter schmelzbarer Substanzen (Mikrolithe)«, — v. Chrustschoff in Tschermak’s Min. Mitth. VII, 1885. S. 66. 2) cf. Penck Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1878, S. 126. 17 260 J. G. Bornemans, Ueber Schlackenkegel und Laven. und von der E r s t a r r u n g s t e m p e r a t u r nicht sehr weit entfernt ist. Der Zustand der Laven in grossen langan- dauernden Stromergüssen, welche sich in einem Zustand ruhigen Abfliessens befinden, dürfte diesem Ursprungszustand sehr nahe liegen, ln diesem Stadium werden jedenfalls Krystallausscheidungen stattfinden, welche bei' ruhiger und langsamer Erstarrung holo- krystalüne Gebilde und Durchwachsungen verschiedener Mineralien, und zwar ohne erhebliche Glasbeimengungen darstellen werden. Bei einem solchen ruhigen Vorgänge werden auch die im flüssigen Magma absorbirten oder diffuudirten Gase Zeit haben, sich aus der langsam festwerdenden Substanz in die flüssig bleibende zuriick- zuziehen oder auszuscheiden, ohne Gaseinschlüsse in den Krystallen zurückzulassen. Aus einer solchen Erstarrungszone dürften auch die oben be- schriebenen granatführenden Leucite herrühren. Für die meisten von den Vulkanen zu Tage geförder- t en E r up ti onsp r o d u ct e ist nun aber reichliche Gelegen- heit zu neuer und starker Erhitzung u n d U m s c h m e 1 z u n g gegeben, bevor sie ausserhalb des Vulkanherdes end- lich zur Ruhe kommen. Bei solcher Umschmelzung muss folgerichtig auch die Entstehung secundärer Glaseinschlüsse mit der Bildung von Bläschen verbunden sein und diese Bläschen können leer oder mit Flüssigkeit oder mit Gas gefüllt sein. Nach mehreren Schmelzversuchen mit den granatführenden Leucitkrystallen vom Vesuv fanden sich die grösseren Melanit- kryställchen nur theilweise mit Leucitmasse zu einer Glaszone ver- wandelt, und darin befand sich eine kristallinische Kugel von ent- glasten) Granatschmelz, daneben ein oder mehrere Bläschen. Bei schwerer schmelzbaren Mineraleinschlüssen, als der Granat, bleibt stets ein unveränderter Krystallkern umgeben von einer Glas- zone, aus dem Zusammenschmelzen von Theilen des Einschlusses und der Umgebung entstanden, und in dieser Glaszone befindet sich das Bläschen. Es gilt dies besonders von den schon früher er- wähnten weissen krystallinischen Einschlüssen, welche vielleicht dem Nephelin angehören. Die Leucite der Laven und Aschen finden sich in sehr verschiedenen Erhaltungszuständen. Manche sind aus dem Tiefsten J. G. Bornemann, Ueber Schlackenkegel and Laven. 261 des Schachtes direct ausgeschleudert , andere haben mit den sie einschliessenden Massen lange Zeit gebraucht, ehe sie an die Ober- fläche gelangten und haben auf ihrem Wege mancherlei Schicksale erlitten 1). Tn einem dunkelfarbigen, grünlichen Ganggestein des Atrio del Gavallo sieht man die Krystalle mit ihren Aussenflächen fest an der umgebenden Gesteinmasse anhängend, während sie im Innern von Sprüngen durchsetzt sind, welche von aussen eng beginnend im Innern stark erweitert sind. Diese Krystalle scheinen ähnlich wie Septarien einen inneren Substanzverlust und eine starke Con- traction erlitten zu haben. Andere Gesteine von dort enthalten wolilausgebildete Leucite, welche nur lose im Gestein sitzen und sich hei der geringsten Be- rührung von demselben ablösen. Tn vielen neuen Laven findet man, ebenso wie in derjenigen vom Mai 1881 kleine Leucite, welche nach dem ganz frischen Aus- sehen und ihrer Mikrostructur zu ertheilen erst kurz vor dem Er- starren der Lava aus dem glasigen Magma auskrystallisirt sind. Flüssigkeitseinschlüsse habe ich in den Leuciten der Vesuv- laven nirgends entdecken können, auch nicht in meinen Stücken vom Capo di Bove, von wo ich reichliches Material im Jahre 1856 selbst sammelte und die am wenigsten verwitterten Gesteine näher untersuchte. In den kleinen Leuciten, welche den Hauptgemengtheil des Lavastromes von Capo di Bove bilden, sah ich in meinen Dünn- schliffen alle jene Einschlüsse, welche Zirkel von dort beschrieben hat,2), mit Ausnahme der Flüssigkeitseinschlüsse. In den einzelnen grösseren Leuciten, welche in der Lava Vorkommen, fand ich das Innere ganz frei von Einschlüssen und nur ganz nahe der äusseren Begrenzung lagen verschiedenartige Kryställchen und Schlacken- perlen eingestreut. Diese Leucite sind von Sprüngen durchsetzt, von denen einzelne im Innern weit klaffen. In einem anderen solchen Leucit sieht man nur Schlacken- perlen, welche aber nicht in concentrischen Zonen, sondern in ') Siehe auch C. W. C. Fuchs, Die Veränderungen in der flüssigen und er- starrenden Lava in Tschermak Min. Mitth. Eef. N. Jahrb. 1S62, S. 541. 2) Zeitschr. der Deutsch, geol. Ges. 1868, S. 116. 262 J. G. Bornemann, Ueber Schlackenkegel und Laven. Gruppen und Schichten in solcher Weise vertheilt sind, dass sie Sprüngen und Rissen entsprechen, welche den Krystall ehemals durchsetzt haben und welche nach dem Eindringen von Schlacken- material durch eine spätere Umschmelzung wieder geschlossen worden sind. In Aschen am Capo di Bove findet man auch viele lose Leucitkrystalle von grosser Reinheit, fast ganz frei von Zonen und Einschlüssen und nur von wenigen Sprüngen durchsetzt. Nach Zirkei/s Beschreibung der von ihm in Leuciten der Lava vom Capo di Bove aufgefundenen Flüssigkeitseinschlüsse lässt sich annehmen, dass dieselben nicht ursprünglich darin ent- halten waren oder mit den Leuciten aus dem Vulkan gekommen, sondern dass sie erst später in die Krystalle hineingelangt sind. Sie finden sich nämlich in den Leuciten »bald nur ganz vereinzelt, bald zu Haufen versammelt, bald schichtweise angeordnet, aber nicht in ähnlicher Weise wie jene schlackigen oder glasigen Ein- schlüsse kranzförmig gruppirt« 1). Wie weit Flüssigkeiten in Leucit eindringen können, wurde schon oben erwähnt. Die zufällige Tinteninjection jenes zu Dünnschliffen benutzten Krystalls, welcher auch Zonen der oben beschriebenen Granatkrystalliten enthält, bot nebenbei eine will- kommene Controle für die Integrität der zwischen den Sprüngen liegenden Leucitsubstanz und die Beobachtungen über die beim Glühen vorgehenden Volumänderungen. Die Verbreitung der von Zirkel im Leucit der Lava von Capo di Bove gefundenen Flüssigkeitseinschlüsse ist höchst wahr- scheinlich eine local beschränkte, und ihr Ursprung ist in den von der Lava überdeckten jüngeren Sedimenten der Campagna zu suchen. Ebenso fand derselbe Forscher Ansammlungen grosser Wasserporen im Olivin der Lava vom Mosenberg in der Eifel am unteren Ende des Stromes, also da, wo derselbe über wasser- haltige Schichten geflossen ist. Die meisten Mineralien haben, ähnlich wie Eisen und Glas nach dem Schmelzen, einen Zwischenzustand, in welchem sie zähe und dickflüssig sind. Sie können dann, weil weich vor dem ') 1. c. S. 116. J. G. Bornemann, Ueber Schlackenkegel und Laven. 263 Erstarren, durch Gase oder Dämpfe, welche sie entwickeln oder von welchen sie durchströmt werden, bleibende Unterbrechungen der Raumerfüllung erfahren :l). Nach Scheerer 2) sollte die im Granit enthaltene geringe Wassermenge die Schmelzbarkeit befördert haben. Daubree 8) sprach von einer »wässerigen Schmelzung, welche durch den Druck in ihrem Bestände erhalten werde«. Sehr treffend bemerkt dagegen Roth4): Wäre es richtig, dass Wasser den Schmelzfluss der Silicate befördert, so würde höchst wahrscheinlich davon in der Technik längst Anwendung gemacht sein«. Dass Gase und Dämpfe von geschmolzenen Gesteinsmassen gelöst und condensirt wurden, folgt aus dem Befunde vieler in den Mineralien dieser Gesteine enthaltenen mikroskopischen Flüssig- keitseinschlüsse. Sehr merkwürdig ist der Wassergehalt in mäch- tigen Strömen von Obsidian und Bimsstein. Von ihrer Entstehung o o vermag man sich schwer eine klare Vorstellung zu machen. Indessen bieten auch hier die Hütten analoge Erscheinungen. Bimssteinähnliche Garschlacke entsteht aus glasartigen Schlacken, wenn dieselben beim Ausfliessen mit der feuchten Hüttensohle in Berührung kommen oder wenn Wasser auf sie gegossen wird5). Der Wassergehalt in frischen krystallinisclien Eruptivgesteinen ist stets so gering, dass man ihm eine Bedeutung für das Schmelzen nicht zuschreiben kann und, wo er grösser wird, ist das Wasser später vom Gestein aufgenommen worden. Auch bei Gläsern hat in vielen Fällen eine spätere Wasseraufnahme stattgefunden6). Aelinlich verhalten sich Hochofenschlacken, in deren Zu- sammensetzung gewiss Niemand einen ursprünglichen Wasserge- halt annehmen wird. Doch fand man z. B. in einer auf der ') Roth, Chem. Geologie I, S. 41. 2) Bull. geol. II. ser., vol. 4, p. 492. 3) ibitl. vol. 18, p. 486. 4) Chemische Geologie II, S. 70. 5) Kerl, Hüttenkunde I, S. 316. 6) cf. Roth, 1. c. S. 71. Roth bemerkt dabei : »mir erscheint die Bezeichnung hydroplutonisehe Schmelzung oder hydatopyrogene Bildung der plutonischen Gesteine in Betrachtung der geringen Wassermenge als eine Uebertreibung«. ■264 J. G. Bornemann, lieber Schlackenkegel und Laven. Königshütte in Schlesien bei Versuchen zur gleichzeitigen Erzeu- gung von Zink und Eisen erhaltenen Schlacke, welche die Eigen- Schaft hatte, an der Luft zu Staub zu zerfallen, 0,9 pCt. Wasser. Solche Schlacken zersetzen sich aber leicht, indem sie aus der Luft Wasser anziehen. Schwefelhaltige Schlacken enthalten ge- wöhnlich Schwefelcalcium und riechen schon beim Zerreiben nach Schwefelwasserstoff1), indem sie das hygroskopisch aufgenommene Wasser in seine Bestandtheile zerlegen. Schlackenwolle, welche in ihrer Zusammensetzung im Allgemeinen der Amphibolformel entspricht, enthält iu der Kegel etwas Schwefelcalcium und ent- wickelt bei Anwesenheit von Feuchtigkeit so viel Schwefelwasser- stoff, dass sie zur Ausfüllung von Fussböden und Bauzwecken überhaupt unbrauchbar ist2). Wenn schon diese im Kleinen stattfindenden Zersetzungen bemerklich werden, so mag man sich eine Vorstellung von der Grossartigkeit der chemischen Wechselwirkungen machen, welche statthaben müssen, wenn die im Vulkanschlot aufsteigenden, glühendflüssigen Laven mit schwefelhaltigen, salzführenden und wasserhaltigen Schichten Zusammentreffen. Die Fumarolenzonen der thätigen und die als Solfataren im Zustande zeitweiser Ruhe befindlichen Kratere bieten in der That einen solchen Reichthum chemischer Neubildungen dar, dass wir sie als grosse natürliche Laboratorien bezeichnen können. Viele ihrer Producte sind alte Rückstände und nicht erst durch die neuesten Ausbrüche aus dem unteren Vulkanherde ge- liefert. So kennt man seit lange Schwefel auf gewissen Stellen des Vesuvplateaus und jedesmal, wenn ein neuer Lavastrom jene Stellen überdeckt, erscheint der Schwefel von Neuem sublimirt in der erkaltenden Decke. Ebenso ergeht es dem Kochsalz, welches in grosser Masse von den Laven sublimirt wird und sich in Krusten absetzt. Das Regenwasser löst es wieder auf und führt es hinab in die porösen Gesteine der Tiefe, wo die Soole in der Nähe der heissen Lava Jahresbericht f. Chemie 1870, S. 1087. 3) Jahresbericht f. Chemie 1876, S. 1119. J. G. Bornemann, Ueber Scblackenkegel und Laven. 265 wieder eingedampft wird und bei Gelegenheit neuer Eruptionen abermals verwendet werden kann. Die Frage nach der ursprünglichen Herkunft des vulkanischen Chlornatriums ist vielfach Gegenstand der Betrachtung gewesen. Eine beliebte Hypothese leitet es direkt vom Meereswasser ab1). Viel einfacher würde es sein, an die Steinsalzlager zu denken, von denen die jüngeren Sedimentforinationen Italiens und Siciliens zahlreiche Beispiele darbieten. Dass auch der Hauptschlot des Vesuv steinsalzführende Schichten durchkreuzt hat, ist durchaus wahrscheinlich. Auf ähnliche Weise erklärt sich das Vorkommen vieler anderen Substanzen in den Krateren, auch das Jod, welches ich in Vulcano beobachtete2) und von welchem A. v. Humboldt der Meinung war, es möchte »von dem mitgehobenen fossilen Seetang her- ö O rühren 3). Eine grosse Bedeutung für die Erklärung der bei den Erup- tionen stattfindenden Vorgänge haben die mineralogischen und namentlich die mikroskopischen Untersuchungen der vul- kanischen Aschen und Sande, welche wir Zirkel4), Penck5) und Andern verdanken. Lapilli und Laven unterscheiden sich dadurch, dass in den ersteren die Glassubstanz die Grundmasse ausmacht, während in den letzteren gewöhnlich die krystallinischen Bestandtheile vor- walteu und in ihnen nur hier und da mehr oder weniger Glas- partieen auftreten, die nur an der Oberfläche der Ströme an deren oberster Kruste vorwalteu6). Besonders charakterisirt sind die Lapilli durch di»' zahlreichen Luftblasen, die sich nach allen Richtungen hindurch ziehen, ihnen das eigenthümliche schlackige bis schaumige Ansehen gebend, das sie von den ihnen sonst gleichenden Lavathränen oder Bomben 0 cf. vom Rath, Zeitsclii'. d. Deutsch, geol. Ges. 1871, S. 721. 2) Tagebl. d 32. Versamml. Deutsch. Naturf. Wien 1856, S. 116. 3) Brief vom 7. Oct. 1856 an den Verfasser. 4) N. Jahrb. 1872, S. 16 ff. 5) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1878, S. 97 ff. 6) cf. Penck, 1. c. S. 107. 266 J. G. Bornemann, Ueber Schlackenkegel und Laven. auszeichnet. Bewirkt wird diese Aufblähung, wie besonders aus der mehrfach beobachteten Mikrofluctuationsstructur hervorgeht, iu einem nicht allzu zähflüssigen Magma, in dem die Krystallbildung lebhaft von statten geht '). Die vulkanischen Sande und Aschen sind als solche durch Zerstäubung eines flüssigen Magmas entstanden, indem Gas- und Dampfexplosionen sich stossweise durch die Laven Bahn brachen. Zur Bildung der Lapilli ist weiter nichts nöthig als eine flüssige Lava, aus welcher Gase entweichen. Die im flüssigen Magma diffundirten Gase — meist atmosphärische Luft — werden beim Erstarren aus demselben ausgeschieden oder in die flüssigbleibende Schmelzmasse zurückgedrängt. Sobald aber die Grenze der Absorptionsfähigkeit überstiegen wird, müssen sich blasige Schlacken bilden, in denen sich die Gase sammeln; und indem sie sich zu grösseren Blasen vereinigen, blähen sie die zähe Masse auf und bringen sie zum Zerplatzen. Zn dem Schluss, dass Wasser bei diesem Vorgang nicht mit- wirkt, ist auch Penck bei seinen sorgfältigen Untersuchungen ge- kommen; er sagt* 2): »es dürfte jedoch das Wasser dabei kaum die Bolle spielen, die ihm häufig zugetheilt wird, z. B. die, dass es die alleinige Ursache der Aschenbildung sei. Es würde dies vor Allem einen grossen Reichthum von Wasserporen in jüngeren Eruptivgesteinen verlangen, der denselben bekanntlich fehlt.« Bezeichnend ist die Beschreibung, welche vom Rath von den Schlackenauswürfen des Vesuv im April 1871 gegeben hat. In einem Schlunde von 2 — 3 Meter Durchmesser, welcher aus 13 — 16 Meter Entfernung und von einem 7 — 8 Meter höheren Standpunkte übersehen wurde, wallte und brodelte die glühend- flüssige Lava. Alle 6 — 8 Secunden hob sich das Niveau des flüssigen Feuers um nahe 1 Meter und schwoll bis fast zum Rande anf3). Dann stiegen kopfgrosse Blasen auf, welche unter heftiger Bewegung der zähflüssigen Masse platzten, und Stücke ihrer *) Penck, 1. c. S. 1 14. 2) 1. c. S. 127. 3) Zeitsckr. d. Deutsch, geol. Ges. 1871, S. 720. J. G. Bornemann, Ueber Schlackenkegel und Laven. 267 Schalen flogen auf und bildeten die bekannten Schlackenauswürf- linge. vom Rath glaubte den Inhalt der platzenden Blasen für Wasserdampf ansprechen zu sollen. Das ist aber nicht anzu- nehmen, denn es könnten dann die Schlacken nicht die schwarze, glänzende Oberfläche haben, die ihnen beim Auffliegen eigen ist. Mit dem in Menge vorhandenen Chlornatrium hätte Wasserdampf in der Glühhitze Chlorwasserstoff bilden *) und dieser würde wei- tere Zersetzungen der glasigen Schlacken haben hervorbringen müssen. Nicht alle festen Auswurfsstoffe bedürfen einer be- sonderen Wurfkraft, um in die Luft zu fliegen. Die pinienförmige Aschenwolke, welche in manchen Zeiten so ruhig und gleichmässig über dem Vesuvgipfel steht, ist der Rauchsäule eines Fabrikschlots vergleichbar, wo der starke Luftzug allein hin- reicht, nicht allein Gase und Dämpfe, sondern auch massenhafte feste Kohlen und Aschentheilehen in die Höhe zu führen. Die starke Luftbewegung, welche durch die Anwesenheit einer grossen glühenden Lavamasse im Grunde des geöffneten Krater- schlotes erzeugt werden muss, besteht in einem centralen Strom aufsteigender erhitzter Luft, welcher ein Zuströmen kalter Luft von den Seiten in den Krater hervorruft und genügt, um alle feineren Staub- und Aschentlieile in ihrem Bereich zusammenzu- kehren und aufwärtszutreiben. Der starke Luftzug aspirirt eben- so die aus dem erhitzten Kratermantel ausströmenden Wasser dampf - und Sublimationsproducte. Bei manchen grösseren Eruptionen, wenn mehrere Ausbruchsöffnungen thätig sind, kommt es vor, dass dieselben abwechselnd arbeiten und sich gleichsam die Wetter- führung streitig machen. Dabei können die Aschenausbrüche un- geheuere Massen festen Materials zu Tage fördern. Bei dem Vesuvausbruch des Jahres 1872 sah Heim von Castellamare aus am 29. April grosse schwarze Aschenwolken 2) aufsteigen, welche nur aus festen Theilen zu bestehen schienen, und zu Anfang Mai erschien die Centralfumarole als eine schwarze x) cf. Rammelsbbrg, Der Ausbruch des Vesuv vom 26. April 1872, S. 42. 3) Zeitsebr. d. Deutsch, geol. Ges. 1873, S. 22, Taf. III, Fig. 2. 268 J. G. Bornemann, Ucber Schlackenkegel und Laven. Aschensandwolke, welche geräuschlos und in wechselnder Stärke aufstieg. Man hörte aus nächster Nähe nur von Zeit zn Zeit den leisen Ton des an den Rändern des Kraters hinabrieseluden Aschensandes. Die Wolke enthielt aber Schwefeldämpfe; von anderen Stoffen, wie Salzsäure, schweflige Säure oder Schwefel- wasserstoff roch inan keine Spur in der Kraterwolke, nur die Ranclfumarolen bestanden vorwaltend aus Salzsäure (1. c. S. 32). Bezüglich einer in Calabrien niedergefal lenen Aetnaasche er- klärt Guembel, welcher sie untersuchte, dass sie aus zertrümmerten, schon früher erstarrten Lavatheilen, nicht aus Zerstäubungsproducten flüssiger Lava durch Wirkung von Dampfexplosionen bestehe J). Die vulkanischen Bomben, welche sich durch Gestalt und Zusammensetzung: wesentlich von den anderen schlackigen Aus- würflingen der Kratere unterscheiden und in Bezug auf ihre Wurf- bewegung abgeschossenen Projectilen gleichen, verdienen noch nähere Betrachtung als ihnen gewöhnlich in der V ulkanlehre zu Theil zu werden pflegt. Tn Naumann’s Lehrbuch der Geognosie * 2) ist versucht, das Phänomen mit den folgenden Worten zu erklären : »Werden noch halbflüssige Lavaklumpen während des Auffliegens durch einen seitlichen Stoss in rotirende Bewegung versetzt, so hallen sie sich zu kugligen, ellipsoidischen , bimförmigen oder zapfen- förmigen Schlackensphäroiden , den sogenannten vulkanischen Bomben.« Bei (.'REDNER 3) heisst es: »Bei zähflüssiger Lava, wo dem Entweichen der Dämpfe und Gase ein grosser Widerstand ent- gegengesetzt wird, wo sie demnach sich ansammeln müssen, um letzteren zu überwinden, ist die Gewalt der zur Oberfläche ge- langenden explodirenden Gase so bedeutend, dass die noch weichen Schlackenfragmente bis zu Tausenden von Fussen hoch in die Luft geworfen werden können, auf ihrem Wege in Folge rascher Rotation kuglige oder elliptische Gestalt annehmen und als vul- kanische Bomben rings um den Krater zurückfallen.« ‘) N. Jaln-b. 1879, S. 861. 2) 1858, I, S. 125. 3) 1. c. S. 157. J. G. Bornemann, Ueber Scklackenkegel und Laven. 269 Aehuliche Schilderungen findet- man in den meisten der neueren geologischen Lehrbücher. Wäre das darin Gesagte für die Frage erschöpfend, so würde man nicht einsehen, warum die Bomben nicht dieselbe blasig- schlackige Structur haben, wie die gewöhnlichen Rapilli und Schlackenkuchen, welche beim Platzen der luftgefüllten zähflüssigen Lavablasen hinweggeschleudert werden, und warum diese Gas- entwicklungen gerade besondere Anstrengungen machen sollen, um solche compacte Gesteinsklumpen besonders hoch in die Lüfte zu schleudern. Dazu kommt noch, dass sehr viele solche Bomben nicht allein aus dichterer Lavamasse bestehen, sondern dass sie Gesteinsstücke von dichten oder ganz kristallinischen älteren Laven oder von geschichteten Gesteinen enthalten, welche die aufsteigende Lava auf ihrem Wege mitgenommen und eingehüllt hat. Andere Bomben — und an solchen ist besonders der Vesuv reich — enthalten im Innern ein Haufwerk krystallisirter Mineralien und Drusen mit kleinen oft sehr schönen Kryställehen. Eisenglanz und Magnet- eisen sind darin sehr verbreitet. Die grosse Vesuv eruption im April 1872 hat zahlreiche sehr merkwürdige Bomben dieser Art geliefert, welche von Scacchi j) und vom Rath 2) beschrieben worden sind. Sehr merkwürdig ist eine, wohl 4,5 Meter im Durchmesser haltende Riesenbombe, welche unweit des Weges vom Observa- torium nach der unteren Vesuvbahnstation niedergefallen und dort zerschellt ist. Ihre Umhüllung besteht aus einer Lava mit krystal- liuischer Grundmasse, sehr nahe übereinstimmend mit derjenigen der Schollenlava des aus derselben Zeit stammenden Stromes bei S. Sebastiano, aber verschieden von der glasigen Stricklava gleichen Alters aus dem Atrio. Das Innere der Bombe besteht aus einem lockeren Krystall- haufwerk, in welchem zahlreiche Mineralspecies vertreten sind, von welchen unter vielen anderen Silicaten besonders Augit und nach diesem kleine Leucitkryställchen vorwalten. l) Zeitsclir. d. Deutsch, geol. Ges. 1872, S. 497. 3) Ibid. 1873, S. 220. 270 J. G. Bornemann, Ueber Schlackenkegel und Laven. Das eigenthüinliche Aussehen dieser Krystalldrusen veranlasste Scacchi zur Annahme, dass diese Mineralien, und zwar: Leucit, Augit, Hornblende, Glimmer, Sodalith, Mikrosommit, Cavolinit, Granat, Sanidin, Idokras (?) neben Eisenglanz und Magueteisen, durch Sublimation gebildet seien. Diese Ansicht ist auch von Andern ziemlich allgemein adoptirt worden. Roth bringt zur Erklärung die Hypothese, dass jene Silicate aus dem Zusammentreffen der entsprechenden Fluoride oder Chloride und Fluorsiliciumverbindungen mit Wasserdampf hervorgegangen sein möchten. O O O Es widerstrebt aber den bisherigen Erfahrungen, für so schwer schmelzbare Silicate, wie Leucit u. s. w., die Möglichkeit der Subli- mation, d. h. die Verflüchtigung der fertig gebildeten Silicate in gasförmigem oder in Gasen fein zertheiltem Zustande und Wieder- anschiessen derselben in Krystallform anzunehmen. Nach Roth’s Hypothese würde die betreffende Mineralbildung streng genommen keine Sublimation sein, sondern eine Neubildung fester Mineralien aus der Wechselzersetzung flüchtiger Verbin- düngen, nach Art der bekannten Entstehung des Eisenglanzes aus der Zersetzung von gasförmigem Eisenchlorid und Wasserdampf. Wenn auch das von Scacchi vielfach beobachtete Vorkommen flüchtiger Fluorverbindungen eine solche Annahme zu stützen scheint, so ist es dennoch nicht wahrscheinlich, dass eine Zer- setzung eines solchen Silicats, z. B. des Leucits, auch wieder die Neubildung desselben zur Folge haben sollte. Die aus diesen Gründen gegen die Idee der Sublimation der so widerstandsfähigen Silicate zu erhebenden Einwände begegnen sich auf der anderen Seite mit der bisher ungenügenden Erklärung der Entstehungsweise der vulkanischen Bomben überhaupt. Es scheint mir aber in den interessanten Beobachtungen Scacchi 's selbst der uöthige Anhalt gegeben, um sowohl für die Genese der sogenannten »Sublimatbomben« als der vulkanischen Bomben im Allgemeinen eine genügende Erklärung zu finden. o o o <_5 ') Chemische Geologie I, S. 418. J. G. Bornemann, Ueber Schlackonkegel und Laven. 271 Scaochi fand nämlich in mehreren Bomben vom Jahre 1872 Einschlüsse von Chloriden1) und zwar einestheils Erythrosiderit, aus Chlorkalium, Eisenchlorid und Wasser, anderutheils Chlor o- calcit aus wasserfreiem Chlor calci um und Chloriden von Kalium, Natrium und Maugan bestehend. Eine sehr grosse, auf der Lava bis nach Massa di Somma fortgeführte Bombe enthielt viele solche zum grössten Theil aus Chlorcalcium besteheude Krystalle. Da man nun einerseits als Inhalt der Bomben Gesteiusstücke kennt, welche die Lava den Wänden ihres Leitungskanals ent- nommen hat und ferner in der Contactzone zwischen der Lava und dem Nebengestein grosse Massen von verflüchtigten Sub- stanzen, besonders Chloriden aufgespeichert sein müssen, so lässt sich mit Hülfe derselben der Ursprung der Bomben erklären. Sobald die zähflüssige Lava einen Brocken solcher Chlorverbin- dungen oder anderer leichtflüssiger Salze oder ein damit umhülltes Gesteinsstück ergreift und umschliesst, werden diese Körper als Flussmittel wirken; es wird eine flüssigere und sich im Auf- steigen stärker erhitzende Kugel entstehen. Dabei werden die geschmolzenen Chloride sich nach und nach in Dampf verwandeln ; die Kugel wird nach Art einer Rakete mit beschleunigter Ge- schwindigkeit aufwärts steigen und schliesslich mit Gewalt, die obersten erkaltenden Laven des Kraters durchbrechend und mit einer Hülle von denselben umgeben, als Bombe in die Luft hinauä- schiessen. Die Chlorverbindungen und wohl auch noch andere flüchtige Körper, welche die Ursache solchen Vorganges sind, werden gewöhnlich schon auf dem Wege bis zur Oberfläche der Lava, besonders aber, wenn sie als hellglühende Projectile an die Luft treten, sich gänzlich verflüchtigen. Die in den sublimirbaren Flussmitteln aufgelösten Lavatheile werden aber während der Verdampfung derselben sich als ein Haufwerk klein-krystallisirter und krystallinischer Mineralien aus- scheiden müssen. x) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1872, S. 505. 272 J. G. Bornemann, Ueber Schlackenkegel und Laven. Eine Bestätigung der liier gegebenen Ansicht über die Ent- stehung der Bomben finde ich in den Beschreibungen *), welche vom Bat II von den von ihm im Jahre 1871 am Vesuv beobach- teten Erscheinungen dieser Art gegeben hat, obgleich er selbst auch hierbei eine Mitwirkung von Wasserdampf anzunehmen scheint. Er fand grosse ausgeschleuderte Steine von Leucitophyrlava, welche noch heiss waren und Chlornatrium ausschiedeu, und sagt: Wir hoben einen eben niedergefalleneu Stein noch glühend auf und sahen, während er vor unseren Augen sich abkühlte, jenen weisseu Salzschimmer sich auf demselben erzeugen.« Am 17. April 1871 sah er »massenhafte Steine ausschleudern, wobei eine heftige Dampfentwicklung stattfand. Jeder der grösseren Steine zog gleichsam einen Dampfstreifen nach sich. Da die Steine in Folge ihres Zusammenschlagens oft plötzlich ihre Bahnrichtungen änder- ten, so bildeten zuweilen die Dampfschweife gebrochene Linien«. Alle diese Sublimationen waren offenbar vorwaltend alkalische Chorverbindungen; die zur Verdampfung derselben nöthige Hitze ist aber so gross, dass man auf eine gleichzeitige Gegenwart von Wasserdampf gewiss nicht scliliessen kann. Die Hitzegrade, welche in manchen Bomben bei ihrem Aufsteigen stattfinden, müssen eine ganz bedeutende Höhe erreichen, wie die nähere Untersuchung ihrer Schmelzungszustände lehrt. Dabei hat in der Mitte der Bombe wie in einer Muffel die weitgehendste Feuereinwirkung stattgefunden. So fand ich in einem Stücke von der 1872er Eruption einen in der Mitte der Bombe eiugeschlossenen Leucitophyrbrocken vollständig gefrittet, während Fragmente desselben Gesteines, welche sich in der schwarzen Umhüllung eingebettet finden, bei weitem weniger alterirt sind. Beide Einschlüsse sind durch die grosse Menge kleiner Leucite von ganz bestimmtem Habitus unverkennbar als ursprünglich gleichartig und von demselben älteren Gesteins- Material herrührend anzusehen. An dem ganz gefritteten inneren Einschluss sieht man eine völlig opake und homogene ziegelrothe Grundmasse; die Leucite sind, obgleich mit wohlerhaltener Gestalt, .') Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1871, S. 722 und S. 731. J. G. Bornemann, Ueber Schlackenkegel und Laven. 273 vollständig geschmolzen und zu einer krystallinisch körnigen Masse entglast. Neben ihnen liegen einzelne frische Feldspäthe. In dem in der Umhüllung eingeschlossenen Fragmente des- selben Gesteins sind dagegen die Leucite nur weiss umrandet, d. h. in ihrer äusseren Zone zu einem undurchsichtigen Email umgewandelt, während das Innere vollkommen erhalten ist und die bekannte Leucitpolarisation zeigt. Die Grundmasse dieses Gesteins ist grau und krystallinisch geblieben, es zeigt nur geringe Glasbildungen. Die schwarze Umhüllung der Bombe enthält in der sehr dichten Paste grössere Krystalle von Augit, Hornblende und Glim- mer porphyrartig eingemengt. In der Grundmasse erscheinen im Dünnschliff sehr zahlreiche kleine Leucite mit jenen sonderbaren radialen Glaseinschlüssen, welche Zirkel1) beschrieben und ab- gebildet hat. Das zwischen den Leuciten befindliche, dieselben einschliessende Grundgemenge ist ein nur in äusserst dünnen Schliffen auflösliches mikrokrystallinisches Haufwerk kleiner Nadeln und schwarzer Magneteisenkörner u. s. w. Da die völlige Schmelzung des Leucits Temperaturen voraus- setzt, wie wir sie nur mit dem Knallgasgebläse erzeugen können, so harren hier noch ungelöste Fragen der Aufklärung durch die chemische Geologie, wobei die Leucitkrystalle als die natür- lichen Pyrometer vielleicht eine wichtige Rolle zu spielen be- rufen sein werden. Das Austreten und die Bewegu ngsers cheinungen der Lavaströme sind vielfach der Gegenstand eingehender Unter- suchungen und Beschreibungen gewesen. Auch hier finden wir, dass die meisten Autoren zur Erklärung der dabei stattfindenden Vorgänge den Wasserdampf zu Hülfe nehmen, ohne dass dazu eine begründete Veranlassung gegeben wäre. In seiner mit meisterhaften Zeichnungen geschmückten Ab- handlung über die Vesuveruption im April 1872 unterscheidet Heim die »Schollenlava« von der »Fladenlava« und giebt an 2), ') Mikrosk. Beschaffenheit d. Mineralien und Gesteine 1873, S. 150. 2) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1873, S. 38 — 41. Jahrbuch 1887. 18 274 J. G\ Bornemann, Ueber Scblackenkegel und Laven. die erstere erstarre aus Mischung mit Wasser und Salzsäure, welche gleichzeitig als Dampf entwichen, »wobei die Wassermenge der Schollenlava immerhin relativ geringer sei als bei Hochofen- schlacken«. Dagegen seien die Fladenlaven »ohne Dämpfe flüssig«, sie erstarrten trocken und ohne Dampfentwickelung mit glasiger Oberfläche. Obgleich Heim die beiden Lavavarietäten im Innern und Aeussern chemisch identisch und bei Schmelzversuchen durchaus gleichartig fand und den Strom im Grunde des Atrio ruhig und geräuschlos zu Tage treten sah, während weiter unten »die weissen Dämpfe den Laven, besonders an ihren vorschreitenden Rändern, wo sie die Vegetation versengten, entstiegen«, blieb er doch bei der Ansicht, das Lavamagma müsse im Erdinnern sich in wässe- riger Schmelzung befinden und beim Austritt in Dämpfe und Lava zerlegt werden. Das Lavamagma ist dabei als eine Lösung von Chlornatrium, Salmiak, Kieselsäure, Kalk, Natron, Kali, Magnesia, Eisen, Schwefel, Wasser, Salzsäure, scliwefelige Säure, Schwefel- wasserstoff u. s. w. in und durcheinander bei hohem Druck und hoher Temperatur gedacht (!) ]). Es dürfte schwer halten, sich von einem solchen Hexenbrei eine Vorstellung zu machen. Die mechanische Fortbewegung eines erstarrenden Lavastromes auf wenig geneigter Bahn ist kaum noch ein Fliessen zu nennen, denn es ist nichts Flüssiges mehr, was sich fortbewea't. Die innere zähe Gluthmasse dehnt sich beim Er- starren aus, indem das glasige, noch plastische Magma sich in krystallinische Masse verwandelt. Geringe Mengen von Gasen und Dämpfen können dabei keinen mechanischen Druck mehr ausüben, denn sie vermögen überall ungehindert auszutreten. Die im Magma während des weichen Glaszustandes gebil- deten Blasen werden bei der Fortbewegung und Pressung oftmals zusammengedrückt und Krystallenden ragen in sie hinein, meistens aber bleiben sie völlig offen, weil ihre aus krystallinischen Elementen zusammengefügten Wände wie ein Gewölbe dem Druck der sie umgebenden Masse zu widerstehen vermögen. 0 1. c. S. 42. J. G. Bornemann, Ueber Schlackenkegel und Laven. 275 So vermag die Scholleidava, abgesehen von dem Druck nach- folgender Gluthmassen, in langsamer Ausdehnung ihres Volumens vorzurücken und an ihrem Stirnende mit klirrendem Geräusch Schollen auf Schollen zu wälzen, so lange noch weiche Gluth- massen oder nur noch glühende Theile vorhanden sind, welche der Umwandlung aus dem glasigen in den krystallinischen Zustand unterliegen. Indem die Krystallbildung aus dem amorphen nachgiebigen Magma starre geometrische Mineralkörper mit ebenen Flächen erzeugt, welche verschiedenen Krystallisationssystemen angehören und mit ihren Flächen nicht überall genau aneinander scbliessen können, werden bei der totalen Umlagerung der Moleküle mehr oder weniger poröse Gesteine entstehen und ein Anschwellen des Gesammtvolumens stattfinden müssen, welches erheblich grösser ist als die Volumendifferenzen, welche wir bei den Schmelzver- suchen der im Leucit eingeschlossenen Mineralien besprochen haben. Dass diese Volumenvermehrung eine gewaltige treibende Kraft auszuüben vermag, kann nicht zweifelhaft sein. Als ein Beispiel eines solchen Vorganges lässt sich ein Lavakegel anführen, welchen vom Rath auf dem grossen Lavastrom von 1858 beobachtete und wie folgt beschrieb1): »Er ist ein wahrer Erhebungskegel, gebildet aus mächtigen gegen einander geneigten Lavaplatten, welche an der Basis sich berührend, an der Spitze der Bocca aus- einander klaffen«, vom Rath glaubt, dass er »durch die Gewalt der sich entwickelnden Dämpfe gehoben worden sei, gerade so wie sich L. von Buch die Entstehung; seiner Erhebungskratere dachte«. Diese Annahme ist aber nicht zutreffend wegen der starken Porosität der Lava, welche für Gase und Flüssigkeiten durchlässig ist. Dünne Scheiben derselben, welche man auf eine nasse Unter- lage legt, saugen durch Capillarität sehr schnell Wasser auf und erscheinen dann auf der Oberfläche dunkel. Es gilt dieses Ver- hältniss vorzüglich für die sogenannte Schollenlava der grossen l) Der Vesuv am 1. u. 17. April 1871. Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1871, S. 711. 18* 27G J. G. Bornemann, Ueber Schlackenkeg'el und Laven. Ströme, deren Grundmasse unter dem Mikroskop fast ganz aus einem Haufwerk krystallisirter Mineralsubstanzen bestellt, es gilt, wenn auch in geringerem Grade, auch für die Fladenlava, deren Grundmasse noch ziemlich viel glasige Bestandtheile enthält. Regenwasser und Thau, welche auf die Laven niederfallen, werden von den Laven begierig eingesogen und die Lavaströme sind auch für das in der von ihnen überdeckten Unterlage ent- haltene und durch die Wärme zur Destillation gebrachte Wasser durchlässig. Dadurch entstehen besonders in der kälteren Jahreszeit überall w asserdampffumarolen secundären Ursprungs auf den Lava- strömen, durch welche sich viele Beobachter haben täuschen lassen. Betrachten wir zum Schluss unserer Erörterungen die Lehre vom Vulkanismus in ihrer historischen Entwickelung, so erinnern wir uns zuerst an den Streit der Neptunisten und Plutonisten. Daun kam die Theorie der Erhebungskrater e von L. von Buch und Elie de Beaumont, welche die Geologen in zwei Lager tlieilte. Zu Frankreich blieb diese Lehre unter Elie de Beaumont, welchen A. vonHumboldt scherzweise1) den »pentagonalen« nannte, lange die herrschende und Constant Prevost versuchte vergebens dagegen anzukämpfen. Auch mein Reisegefährte Ch. S. C. Deville war als E. de Beaumont's Schüler sein eifriger Anhänger und manche Discussion2) über die Streitfrage ist mir von meiner Vulkan- reise mit ihm in Erinnerung geblieben. !) In einem Briefe vom 4. März 1856 an den Verfasser. 2) Die letzte mag hier erzählt werden: Als wir zu Anfang Juni 185G zusammen auf dem Vesuvplateau standen und vor uns den raucherfüllten mittleren Krater- schlund hatten, in welchem man nichts Deutliches erkennen konnte, sahen wir jenseits desselben die Punta di Pompei« hoch aufragen. Ihre uns zugewendete Seite war durch den Einsturz des Kraters senkrecht abgeschnitten und man sah, dass sie aus stark geneigten Schichten zusammengesetzt war. Es war ein gross- artiger Anblick. Voilä un veritable soulevement! rief mein Freund begeistert aus und schrieb in seinem 5. Briefe an E. de Beaumont (d. d. 13 Juni — Compt. rend. tome XLIII), dass die Punta di Pompei nicht durch Aufschüttung, sondern durch Erhebung entstanden sei. Als wir dann zu Anfang August von neuem den Vesuv bestiegen, war der Kraterschlund völlig klar und frei von Dämpfen, so dass ich sogar die Tiefe trigonometrisch messen konnte. Da sah man deutlich, J. G. Bornemann, Heber Schlackenkegel und Laven. 277 Zur Erklärung der Erhebungskratere und zur Bildung ihres sternförmigen Aufbruchs war ein besonderer Krafteffect nöthig und dieser musste in der Gewalt der Wasserdämpfe gesucht werden. Die Erhebungskratere sind beseitigt, aber von dem Glauben an die Wirkungen des Wasserdampfes in den Vulkanen ist noch vieles in der Vulkanlehre zurückgeblieben, was unserem gegenwärtigen Wissen nicht mehr entspricht. Durchliest man in den Werken von Spallanzani, Breislak, Fr. IIoefmann, Abich und Andern, welche in älterer und neuerer Zeit als Augenzeugen vulkanische Eruptionen in nächster Nähe beobachtet haben, so findet man überall, wo es sich in ihren Schriften um eigene unmittelbare Wahrnehmung handelt, getreue Schilderungen der Vorgänge, oft bis in die feinsten Einzelnheiten einer exacten Darstellung; nur dann, wenn die Speculation über jene Erscheinungen auf unsicherer Basis weiter geführt wird, als die directe Beobachtung- bedingt, beginnen die Fehlschlüsse und Ver- irrungen auf dem Gebiete fruchtloser theoretischer Betrachtung 1). Gar maunichfaltig sind die zum Theil sehr geistreichen Com- binationen, welche die ausgedehnte Literatur über die Theorie des Vulkanismus erfüllen und welche die Vorstellungen von den ein- gesperrten Gasen und Wasserdämpfen auf die verschiedenartigste Weise mit den Erstarrungsvorgängen des flüssigen Magmas im Erdinnern verbinden. Ich erinnere nur au die zahlreichen Aufsätze von Angelot 2) und seine Discussionen mit anderen namhaften Mitgliedern der Societe geologique, so wie an vieles andere, was man in Zirkel’s Petrographie 3) über diese Fragen zusammengestellt findet. dass den geneigten Aschenschichten der Punta ein mächtiger Wechsel fast hori- zontaler Lavabänke und schwacher Aschenschichten zur Basis diente. Mit meinem Gefährten auf derselben Stelle am Bande des 160 Meter tiefen Abgrundes stehend, wie im Juni, zeigte ich mit der Hand nach dem Gipfel der Punta und dann nach unten. — Deville aber wandte sich ab und hat niemals mehr mit mir von Er- hebungskrateren gesprochen. fl cf. z. B. Abich: Ueber Erhebungskratere, SAU, wo von »Centralisirung auf grössere Flächenräume« von »horizontaler Verbreitung nach oben« etc. die Rede ist! 2) Bulletin geologique I. Ser., vol. XI, XIII, XIV. 3) 1. c. II, S. 363-411. 278 J. G. Bornemann, Ueber Schlackenkegel und Laven. In einem soeben erschienenen Buche über allgemeine Geologie hat auch K. von Fritsch die Fragen des Vulkanismus besprochen, indem er dem Wasser die gewohnte Rolle zutheilt. Nach ihm »ist im Vulkanherde selbst die Lava einem Gemenge von Salzen, die mit ihrem gebundenen Wasser schmelzen (etwa einem Zeolith-, Chlorit- und Pinit- Gemisch), vergleichbar« x). Weshalb enthalten dann die Laven niemals ursprünglich Zeolith?! Es wird ferner der Satz aufgestellt, dass »die Krystalli- sationen im Lavamagma durch die Verflüchtigung der dampf- förmigen Stoffe veranlasst würden«. Die Erfahrungen in Laboratorium und Hütte bestätigen diese Ansicht nicht und die Beobachtungen an den Vesuvlaven stehen ebenfalls nicht damit in Einklang. Auch die Angabe, dass in der glühenden Lava »der Wasser- dampf fester gehalten wird als andere flüchtige Substanzen« (1. c., S. 263) entspricht der Natur nicht. Wenn es nun auch keinem Zweifel unterliegt, dass die feurig- flüssige Erdmasse vom Anfänge ihrer Entstehung an grosse Mengen von Gasen absorbirt haben muss, und diese Gase bei ihrem Aus- treten eine Quelle für vulkanische Erscheinungen* 2) darbieten können, so wird dagegen wieder anzunehmen sein, dass durch allmälige Scheidung der Massen nach ihrer Schwere jene Gase im Laufe der geologischen Perioden zum allergrössten Theile wieder ausgeschieden und in die Atmosphäre und äussere Erdkruste über- gegangen sein müssen, soweit sie nicht selbst schon in dem flüssigen Magma chemische Verbindungen eingehen konnten. Dass die glühendflüssige Masse des Erdinnern selbst eine grosse Menge Wasserdampf und Gase unter Druck eingeschlossen halte, ist nicht anzunehmen, da sich das Wasser zersetzt und seine b v. Fritsch, Allgemeine Geologie 1888, S. 271. 2) Dem von v. Seebach aufgestellten Satz (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1866, S. 647), nach -welchem die recenten Vulkane vorherrschend durch leichtflüssige Lava und beträchtliche Einwirkung von Gasen sich von den älteren Eruptiv- massen unterscheiden sollen u. s. w. — lässt sich kaum eine Bedeutung einräumen. J. G. Boknemann, Ueber Schlackenkegel und Laven. 279 Bestandteile in der Bildung anderer Verbindungen Verwendung finden. Sauerstoff' ist ja ein Hauptbestandteil der meisten Mineral- körper im flüssigen und festen Zustande und Wasserstoff findet sich ebenfalls als integrirender Bestandteil mancher Mineralien 1). Für die Erscheinungen an den gegenwärtigen Vulkanen wird man kaum noch einen so erheblichen Gasgehalt bei der in die Eruptionsschlöte von unten eindringenden Schmelzmasse voraus- setzen dürfen, dass aus dessen Ausscheidung die Hauptkraft für die Auswurfsphaenomene abgeleitet werden könnte. Der Druck, unter welchem sich die in der flüssigen Lava des Erdinnern jetzt noch diffundirten Gase befinden müssen, ist gar nicht als ein so übermässig grosser anzusehen, weil sie überall, wo die flüssige Lava mit der Luft in Berührung kommt, frei austreten können, und dazu hat die Erde eine grosse Anzahl offener Ventile. In den grossen Krateren der Sandwichinseln gehen die vulkanischen Ausbrüche aus diesem Grunde in verhaltnissmässig grosser Ruhe von statten. Nur dann, wenn die Gase durch erstarrte Glaskrusten ein- gesperrt und durch Erstarrung zur Ausscheidung aus dem Magma gezwungen sind, beginnt die geräuschvolle Thätigkeit der vulka- nischen Ausbrüche. Für den Auftrieb der Laven aus dem Erdinnern genügt es, zur Erklärung der gegenwärtigen Kraftäusserungen als Haupt- ursache die Volumenvermehrung der krystalliniseh erstarrenden Gesteine anzunehmen, abgesehen von der Zusammenziehung der erkaltenden Erdkruste und allgemeinen, durch kosmische Zustände hervorgerufenen Schwankungen derselben. Dass aber beim Aufsteigen der Lava und ihrem Contact mit den Schichten der festen Erdmasse gewaltige chemische Zer- o o Setzungen und massenhafte Gasentwicklungen erzeugt werden müssen, wer wollte daran zweifeln? Räthselhaft bleibt dabei noch das Verhalten des Wasserstoff- gases2) und Fluors3), welche bei den Vulkaneruptionen entschieden 9 cf. Roth, Chem. Geologie 11, S. 71. 2) cf. Fouque, Santorin 1879. 3) Einen Schlackenüberzug vom Vesuv von sehr eigenthümlicher Zusammen- setzung analysirte Fkeda (N. Jahrb. f. Min. 1881 1, S. 198). 280 J. G-. Bornemann, Ueber Schlackenkegel und Laven. nachgewiesen worden sind, wenn auch die grossen Flammen x), welche manche Beobachter zu sehen geglaubt haben, auf Täuschun- gen beruhen mögen. Dass Wasserstoffgas in Menge von manchen Körpern absorbirt werden und plötzlich wieder ausgeschieden werden kann, dass dann durch Verbrennung sehr hohe Temperaturen entstehen können, ist klar und Beispiele solcher bedeutender Erhitzung liefern die Leucite in den Vesuvbomben von 1872. Die Beobachtung von Flammen ist eine sehr schwierige. Abgesehen von den grossen Flammenausbrüchen bei submarinen Vulkanen kommen sie auch in Solfataren entschieden vor. Im Krater von Vulcano habe ich selbst ihre Temperatur zu bestimmen versucht, indem ich mit Hülfe einer langen eisernen Zange Metall- stücke in Schmelztiegeln in die aus den Spalten austretenden Flammen einführte * 2). Bei erhöhter Thätigkeit der V ulkane, wenn die Lava aufsteigt und wenn Schlacken und Aschenausbrüche stattfinden, spielen in den Kratern gewiss auch brennbare Gase eine Bolle, aber ihre Natur ist dann schwer zu bestimmen wegen der Unnahbarkeit der Vorgänge. Der Vulkan von Vulcano, diese interessanteste aller Solfa- taren 3), dürfte der geeignetste Ort sein, um durch weitere Beob- achtung über manche der noch dunklen Fragen Licht zu verbreiten, weil dort eine fortdauernde chemische Controle der Vorgänge ausführbar und die vulkanische Thätigkeit leicht in eine Phase grösserer Intensität übergehen kann. Fassen wir das Kesultat unserer Betrachtungen zusammen, so 0 cf. das feurige Gemälde, ■welches L. v. Buch von dem Kampfe des Hydrogens mit dem »wüthenden« Oxygen gegeben hat. Geol. Beob. II, S. 141 — 146. 2) Tageblatt der 32. Versamml. Deutscher Naturforscher, Wien 1856, S. 116. 3) Der Vulkan von Vulcano hat später wieder eine grössere Thätigkeit entfaltet und Aschenausbrüche geliefert, über welche Baltzer (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1875) berichtet hat. Bemerkenswerth ist der dort gemachte Versuch, ein Bohrloch in der Sohle des Kraters niederzubringen, wobei, nachdem man in einer Tiefe von 7 Meter angelangt war, eine Dampfexplosion erfolgte, welche den Bohrer in die Höhe schleuderte. Eine mächtige Fumarole entstand in dem Bohrloch selbst und verhinderte weitere Versuche. J. G. Bornemann, Ueber Schlackenkegel uncl Laven. 281 sehen wir, dass beim Schlackenkegel der Bleihütte im Anfang blasenlose Erstarrungsmasse gebildet wird und das Aus- fliessen ruhig und ohne Detonationen vor sich geht. Erst bei zunehmender Höhe des Kegels findet ein ge- räuschvolles Auswerfen statt, weil die beim Erstarren in die noch flüssige innere Schlacke gedrängten Gase dort Ueber- Sättigung hervorbringen und ausgeschieden werden müssen. Ebenso geben auch grosse Lavaströme, welche aus Seiten- spalten der Vulkane ausbrechen, zum grössten Theil blasenlose Laven; dichtgefügte Gesteine erfüllen die Gänge. Beim Aufst eigen der Lavasä ule im Kraters chacht finden aber gewaltige Reibungen statt, chemische Zer- setzungen der verschiedensten Art vollziehen sich bei der Berührung der gluthflüssigen Masse mit ihrer neuen Umgebung; eine stärkere Erhitzung und eine Ver- flüssigung des zähen Magmas muss stattfinden. Gase, aus den chemischen Processen entstehend oder aus der porösen Umgebung mechanisch hinzutretend, werden in vergrösserter Menge in der Lava diffundiren, empor- fahrende Bomben rühren den Gluthbrei durcheinander. Im oberen Lavakessel ist das Getöse am stärksten. Hier erkaltet die Oberfläche der Lava unter glasiger Erstar- rung des mit Gasen gesättigten Magmas. Dabei müssen die Gase sich sondern, die Masse wird mehr und mehr blasig; die Blasen vereinigen sich und sprengen, sich aufblähend, die erstarrten Krusten. Andauernd sich wiederholend liefert diese Thätigkeit die zerkleinerten Auswurfsproducte der Vulkane, in denen wir meistens ein vielfach umgeschmolzenes und auf seinem Durchgänge durch den Vulkanschlot in Bestand und Form ver- ändertes Material erblicken dürfen. Je höher die Krater, um so mehr herrschen im Allgemeinen die schlackigen Aschen und Auswürflinge vor. Der Wasserdampf aber spielt bei ihrer Entstehung durchaus nicht die Rolle 1), welche ihm noch von Vielen zugeschrieben wird Ü cf. Penck, 1. c. S. 128. 282 J. G. Bornemann, Ueber Schlack enkegel und Laven. und ganz besonders weisen uns das wasserfreie Chlorcalcium und die hohen Schmelztemperaturen in den Vesuvbomben darauf hin, dass dabei keine Was s er da mpfwir kungen, wohl aber an- dere chemische Vorgänge mit intensiven Feuererschei- nungen stattfinden müssen. Ueber einen Damhirsch aus dem deutschen Diluvium. Von Herrn K. Keilhack in Berlin. (Hierzu Tafel XI.) In einem Aufsätze in diesem Jahrbuche für 1882 »Ueber präglaciale Süsswasserbildungen im Diluvium Norddeutschlands« konnte ich nur noch in einer Fussnote darauf hinweisen, dass ich während des Druckes die Reste eines fast vollständigen Geweihes eines Dama-ähnlichen Hirsches aus den unterdiluvialen Süsswasser- kalken der Gegend von Belzig (10 Meilen südwestlich von Berlin am Nordrande des Fläming gelegen) erhielt. Nach der Präpa- rirung und Wiederherstellung des durch die Arbeiter beim Kalk- graben in einige 30 Stücke zertrümmerten Geweihes ergab es sich, dass dasselbe im Allgemeinen das Aussehen derjenigen alter Dam- hirsche besitzt. Bei dem hohen, wahrscheinlich prä- oder alt- glacialen Alter des Fundes erschien es indessen wünschenswerth, durch eine Reihe von vergleichenden Messungen festzustellen, ob resp. in welcher Hinsicht durchgreifende Veränderungen im Ge- weihbaue des Damhirsches seit der älteren Diluvialzeit stattge- funden haben. Ich habe zu diesem Zwecke genaue Messungen an 30 der stärksten Damhirschgeweihe angestellt, die ich tlieils im Gräfl. Fürstenstein’schen Schlosse zu Wiesenburg bei Belzig, 284 K. Keilhack, lieber einen Damhirsch theils im Königl. Jagdschlösse zu Letzlingen bei Gardelegen in der Altmark vorfand. Ich bin Herrn Oberförster Müller in Wiesenburg und dem Kastellan des Jagdschlosses in Letzlingen zu Danke verpflichtet für die Bereitwilligkeit, mit welcher sie mir bei der Ausführung dieser Arbeit behülflich waren. Es werden besonders in Letzlingen ausserordentlich zahlreiche Geweihe aus den durch die jährlichen Hofjagden bekannten, durch reichen Be- stand an starken Damhirschen ausgezeichneten, ausgedehnten Letz- linger Forsten auf bewahrt. Ich habe an diesen 30 Geweihen 16 verschiedene Maasse in Millimetern resp. Graden in überein- stimmender Weise ermittelt, nämlich : 1. den Umfang des Geweihzapfens hart unter dem Rosen- stocke ; 2. den Umfang der Stange hart über dem Rosenstocke; 3. den Umfang der Stange unterhalb des zweiten Sprosses; 4. den Umfang des Augensprosses an der Wurzel; 5. den Umfang des zweiten Sprosses an der Wurzel; 6. die grösste Dicke der Schaufel; 7. die Dicke der Schaufel 2 Centimeter vom hinteren Rande entfernt ; 8. die Breite der Schaufel; 9. den Abstand des ersten vom zweiten Spross; 10. den Abstand des äussersten vorderen Schaufelendes vom Rosenstock; 11. den Abstand der äussersten vorderen Schaufelenden beider Stangen ; 12. den Abstand der Wurzeln des zweiten Sprosses; 13. den Abstand der Wurzeln des Augensprosses; 14. den Abstand der Geweihzapfen (Mitte zu Mitte); 15. den Winkel der Stange mit dem Augenspross; 16. den Winkel der Stange mit dem zweiten Spross. aus dem deutschen Diluvium. 285 CD CO lO O O 'O o ‘O O >C O »O O CC 'O »O h 'O O kO O O CO CUO lO o CO o c o »o o o o (MOHQrHC50rHHr-(OOHOOHC)C'iC'lC'lHOCO^'^OHHHr-(COOHC5^^ rH— -IMOCO oiioi i o o i |io>oooioooooooioiooootoinomooio-^oiO olcol I (jo 1 | temaooomorooomonnoroMGiOcDoiomaio I ® CO O 1 O 1 1 OO 1 1 00000k0»0000i(0 00000 0000‘0 000000 CM 1 — < 1 1 CO CO 1 1 CM kO ^ CO CO CM -'f CO CO CO CO CO CO CO "fl CM CO CM CO CM ‘O »— < CO »— T— t O T-H t-H t-H t— ( t-H rH t— H rH i-H T-H rH rH T-H t— H rH rH •— 1 *-H r-H r— ( rH rH — ■ I rH r H r H rH f-H rH rH CM (M C* Ck (M HI OIOI I O O 1 IOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOO I"- 1 GO 1 1 —<01 1 1 O ^ lO CM CO — CO O Ci — < Ci Ol CO lO CM 00 GO i-H C kO kO »O ^ Tt< O CD rfl lO rf lO CO o Ci OOOkOkOOOOOOOOOOOOOuoOOOOOOOOO^OOOOOOOOO COkOCikOCOcDOCiCDOCiCOO^OCit^-^COCii-HkOO’— •COCO^CiCiOOCOcOGOCO^t'Ci 00>0 00‘0 0000000000k00000*c)00‘0kc>000000*0 000 Gi Ci 00 CO O 00 Oi Ol - iGOOOCiOCiCOOOCDuOCiCDOCOOl^-C^CDCiOOcDOluOOOI^-C^iO _ < rH ,-H Ol HH Ol Ol H — H Ol — rH rH — IrtH Ol— < CM »— < ’ — < — 1 — < Ol Ol— 1 Ol — — 1*— 1-H— 1 CO OkOOOOkOOOOOOOOOOOOOOOkOOOOOkOOOOtOOOkOOO , — i^OlOlTfiCOOTiHTtirf- 1 ^ ^ O CO - ICOOOOICOOICOTH- 1 OI OJ OW ^ >o O CO O Ol | t> — Ci C/D — !CiI>l>OCiCOcOCOCOCidCiJ5CßOC— i — < OOCiOOOlCiOlOiGOOOCO | cd CO— i^Olt^-O-rHOCMCOCiOlCMCO— ‘COOOl— 'Ci — OOl— 'OOl— ‘OlkOCOC^COOiP^^O Ol Ol Ol Ol Ol Ol Ol Ol Ol Ol i — 1 Ol Ol — < Ol Ol Ol Ol Ol —i Ol Ol Ol Ol Ol Ol Ol Ol Ol Ol CM —1 Ol CO Ol co lO O Ol Ol O lO O kO O O O kO O »O kO O ‘O O O O O O O O O O ‘O »O lO kO O O O Ci 56 o o D*OD*Cit^COCDCOD*Lv*Is*t^'DCDCDCDCDCDCDCCCDCDi>CDCDCDt>I>I>I>ClCDCDC. h-O C/D Ol O lO O O O O ‘O O O O kO kO O kO o O ‘C) kO O O kO o O O kO O kO k_o lO o Ol O O ‘O l> C"- CO D- t- l'* D- t"- t- L'- D- D- l'- D- r- I-- t^- D* CG H- t'- D- t'- CD H* CO OD D- CD CD c G- CO 05 kO kO ‘O k.O kO O O ‘O 'O O O O O kO O O kO O O O O O O ‘O O CO rO O O kO O Ol O O ‘O hhhhh OOOOOOOOCiCiOOOOOOOCiOOCiCiO — O— CiO*^rOO 000k000‘0 000»c)0‘0 0‘c)000000*0 000000‘0c0i0 00l0'0‘0 CD CD CD ^ Ol co co -N co O) Ol Ol CO Ol Ol Ol Ol t CO Ol Ol CO Ol Ol CO -f CO rf< CD CM CO X1 Ol 'CD rH ""H t-H rH t-H rH rH rH t-H rH rH rH t-H t-H t-H t-H t-H rH t-H rH v— H i-H t-H rH r-H t-H t-H r-H r-H t— H r-H T-H r— l rH t— i t— H O O O O »O O kO O CO O O O o lO vO o CJOOOhojOäOOOOOOOOJOO H C) CO »O O l'- C/D O ^ CI CO rfl «O D" CO (ji O h Ol CO ^ CD 1^ CO O) O HHHHHHHHHH(^(M(M3yl(M(M(M(M^(NCO QipSJlTjnr6(J 0tps^n9ppj0j\[ hH 9 3 e8 03 03 5 (Ci ® Q 7=3 H C-) Sfua 3 § P (H Ph O *) Geweihe nicht auf dem Zapfen aufsitzend oder dieser noch mit der Haut bedeckt. 2) Geweihe nicht schädelecht. 286 K. Keilhack, Ueber einen Damhirsch Die Tabelle giebt in den ersten 30 Columnen eine systema- tische Uebersicht über die sämmtlichen an norddeutschen Hirschen ermittelten Werthe und zwar entfallen die Nummern 1 — 12 auf Wiesenburger, 13 — 30 auf Letzlinger Hirsche. Die drei folgen- den Reihen enthalten für jede Dimension resp. Winkel den ge- fundenen grössten und kleinsten Werth sowie das Mittel. Die fettgedruckte Reihe enthält die auf den fossilen Hirsch bezüg- liehen Werthe. Ueber die beiden letzten auf ausländische Dam- hirsche bezüglichen Reihen siehe unten. Die aus dieser Tabelle sich ergebenden Abweichungen im Geweihbaue des fossilen Damhirsches gegenüber den lebenden deutschen sind so zahlreich, dass sie eine etwas eingehendere Be- sprechung verdienen. Wir können von vornherein die für den fossilen Damhirsch ermittelten 16 Werthe in 3 Gruppen ein- theilen : 1. in solche, die völlig ausserhalb der für den lebenden Damhirsch Norddeutschlands gefundenen Grenzwerthe stehen (!! der Tabelle). 2. in solche, die mit einem dieser Grenzwerthe zusammen- fallen (! der Tabelle). 3. in solche, die innerhalb dieser Grenzwerthe liegen. Die ersten werden uns die stärksten, die zweiten weniger starke Abweichungen anzeigen und die letzten endlich diejenigen Tlieile des Geweihes bezeichnen, in denen keine Veränderung ein- getreten ist. Von den gefundenen 16 Werth en nun gehören 11 der ersten und nur 2 resp. 3 der zweiten und dritten Gruppe an. Der Umfang des Geweihzapfens (1) des fossilen Hirsches übertritft den der lebenden in allen Fällen, überschreitet den ge- fundenen grössten Werth (Geweihe No. 7 und 14) um 14, das Mittel um 23 Millimeter. In direktem Zusammenhänge damit zeigt auch die Stange an den beiden gemessenen Stellen unter dem Rosenstock (2) und unter dem zweiten Spross (3) einen den lebenden Damhirsch übertreffenden Umfang, der an der ersten Stelle den oberen Grenzwerth um 10, das Mittel aber um 50 Millimeter, an der zweiten um 25 resp. 38 Millimeter übertrifft. Ganz besonders auffallend ist aber diese grössere Stärke der Hauptstange in dem aus dem deutschen Diluvium. 287 stark verdickten vorderen Schaufeltheile. Hier beträgt die grösste Stärke (6) bei dem lebenden Hirsche 27 Millimeter, bei dem fos- silen dagegen 37 Millimeter. Nicht minder bedeutende Differenzen zeigen die beiden Sprossen, deren Wurzelumfang (4 und 5) den oberen Grenzwerth des lebenden Hirsches um 15 resp. 8 Milli- meter übertrifft. Auch die Breite der Schaufel (8) überragt die des lebenden Hirsches und zwar den grössten Werth um 10, das Mittel um 25 Millimeter. Waren in den bisherigen Fällen die Grenzwerthe für den heutigen Damhirsch durch den fossilen alle nach oben hin über- schritten , so finden wir das Gegentheil bei einer zweiten Gruppe von Zahlen, die die Stellung der beiden Stangen zu einander be- stimmen. Während der Mittenabstand der beiden Geweihzapfen (14) des fossilen Hirsches noch innerhalb der Grenzwerthe des lebenden liegt, sind die Wurzeln des ersten Sprosses (13) einander bereits so genähert, dass ihr Abstand gleich dem unteren Grenzwerthe wird, den nur ein lebender so niedrig zeigt (No. 3), während die weitaus meisten beträchtlich grössere Zahlen zeigen. Diese Au- näherung der Stangen drückt sich noch besser im Abstande der Wurzeln des zweiten Sprosses (12) aus, indem hier der untere Grenzwerth des lebenden Hirsches um 50, das Mittel um 80 Milli- meter unterschritten wird. Auch im Abstande der beiden vorderen Schaufelenden (11) zeigt sich noch die gleiche Tendenz, indem er um 40 Millimeter hinter dem Grenzwerthe, um 106 Millimeter hinter dem Mittel zurückbleibt. Ergeben so diese Maasse einen geringeren Winkel beider Stangen als bei dem lebenden Hirsche, so zeigt ein Vergleich der unter (10) gegebenen, auf den Abstand des Schaufelendes vom Rosenstocke bezüglichen Zahlen, dass das Geweih des fossilen Hirsches von oben nach unten zusammengedrückt erscheint, denn der lebende Hirsch besitzt ein bedeutend gestreckteres Geweihe, so zwar, dass die längsten das fossile um 100 Millimeter über- treffen, keines aber kürzer ist. Ganz eigenthümliche Differenzen mit dem lebenden Hirsche zeigt die Anordnung beider Sprossen an der Stange. Der Winkel von 135°, den der untere Spross des fossilen Geweihes mit der 288 K. Keilhack, lieber einen Damhirsch Stange bildet, ist um 5° grösser, als der grösste am lebenden Hirsche gemessene Winkel, um 16° grösser als der Durchschnitt. Dahingegen ist der Winkel des zweiten Sprosses mit der Stange um 15° kleiner als der untere Grenzwerth und um 25° kleiner als das Mittel: mit anderen Worten, die Differenz beider Winkel beträgt 45° bei dem fossilen, 0 — 25° bei dem lebenden Hirsche. Keine Aenderungen zeigt die Dicke der Schaufel am hinteren Rande und der Abstand der beiden Sprossen von einander. Kurz zusammengefasst ergeben sich daraus folgende Diffe- renzen des fossilen Damhirsches mit dem lebenden: der Geweih- zapfen, die Stange, die beiden Sprossen und die Schaufel sind be- deutend stärker und dicker, die beiden Sprossen erscheinen die untere nach unten, die obere nach oben gedreht; das Geweih selbst ist etwas kürzer und erscheint in Folge der grösseren Stärke be- deutend gedrungener. Die beiden Stangen gehen unter weniger stumpfem Winkel vom Schädel ab und erscheinen dadurch, zumal im mittleren Theile, einander genähert. In der Entwickelung des Damhirschgeweihes seit der älteren Diluvialzeit ist also eine mit beträchtlichem Schwächerwerden verbundene Tendenz zu grösserer Schlankheit, ein Grösserwerden des Abstandes gleicher Theile beider Stangen und eine Näherung derWertlie der Winkel beider Sprossen mit der Stange deutlich wahrzunehmen. Da das beschriebene Damhirschgeweih den ersten und bisher einzigen zweifellosen Beweis für das Auftreten von Dama vulgaris im Diluvium Deutschlands bildet, so darf es eine gewisse Be- achtung beanspruchen. Ich habe deshalb geglaubt, eine Abbildung des ganzen Geweihes, sowie der Innenseite beider Stangen auf Tafel XI geben zu sollen. Gleichzeitig zwang aber die starke Diffe- renz jenes fossilen Geweihes mit demjenigen des heute in Deutsch- land lebenden Damhirsches zu Erwägungen anderer Art. Bekannter- maassen ist der Damhirsch im ganzen nördlichen und mittleren Europa erst zur nachchristlichen Zeit, in Norddeutschland sogar erst in den letzten Jahrhunderten eingeführt worden und noch heute wird er zumeist in Wildpark -artigen, eingehegten Forsten gehalten, in denen er trefflich gedeiht. Es war nun leicht mög- lich, dass die oben besprochenen Aenderungen im Geweihbau eine aus dem deutschen Diluvium. 289 durch die halbe Domesticirung bedingte Verkümmerung darstellten. Zwar ist durchaus nicht immer mit der Hegung der Hirsche eine Neigung zu Rückschritten in der Geweihbildung verbunden, denn das doch gewiss im vollen Sinne des Wortes gehegte Elch- wild in der Ibenhorster Forst in Ostpreussen zeichnet sich nach freundlicher Mittheilung des ehemaligen Ibenhorster, jetzt Letzlinger Oberförsters, Herrn Axt, durch ausserordentlich starke Schaufelbildung gerade gegenüber dem frei lebenden volhynischen und podolischen Elche aus. Nichtsdestoweniger erschien es an- gemessen, wenn irgend möglich, Geweihe von Damhirschen aus dem ursprünglichen Verbreitungsgebiete des Thieres, d. h. aus den Mittelmeerländern, zum Vergleiche heranzuziehen. Der Güte der Herren Dr. P. Choffat in Lissabon und Dr. Tu. KrÜper in Athen, denen ich auch an dieser Stelle meinen Dank für ihre freundlichen Bemühungen aussprechen möchte, ver- danke ich die Mittheilung der den oben angeführten entsprechenden Maasse von je einem starken portugiesischen und griechischen Damhirsche. Dieselben sind in der obigen Tabelle unter den Nummern 31 und 32 angegeben und zeigen recht beachtenswerthe Unterschiede. Das Geweih des portugiesischen Hirsches unter- scheidet sich danach in nichts von demjenigen des norddeutschen und zeigt somit in keiner Beziehung nähere Uebereinstimmung mit dem fossilen, und die aus den Differenzen zwischen dem Ge- weihe unseres norddeutschen Hirsches und dem fossilen gezogenen Schlüssse behalten auch für den portugiesischen volle Gültigkeit. Wie mir aber Herr Choffat schreibt, ist auch in Portugal der Damhirsch schon längst kein seiner vollen Freiheit sich erfreuen- des Thier mehr, sondern findet sich nur noch in einigen König- lichen Parks, wenn auch in diesen seit unvordenklichen Zeiten. Dagegen steht der in völliger Freiheit bei Astakon in Akar- nanien geschossene griechische Hirsch, von dessen Geweih mir Herr Dr. KrÜper die Maasse besorgte, unserem fossilen ganz be- deutend näher. Einmal sind bei diesem die auf die Stärke der einzelnen Stangen und der Schaufel bezüglichen Maasse zum Theil so hoch, wie die der stärksten norddeutschen Damhirsche, zum Theil übertreffen sie dieselben sogar; dann aber, und das ist der 19 Jahrbuch 1887. 290 K. Keilhack, Ueber einen Damhirsch etc. Hauptunterschied, geht aus den auf die gegenseitige Stellung beider Schaufeln und auf die Höhe der einzelnen Schaufel bezüglichen Messungen eine Gedrungenheit im Geweihbaue des griechischen Damhirsches hervor, die ihn dem fossilen ganz bedeutend nähert. Es ergiebt sich also aus dieser Untersuchung, dass der altdilu- viale fossile Damhirsch mit seinem in völliger Freiheit im Südosten Europas lebenden Artgenossen bei Weitem mehr übereinstimmt, als mit dem durch Jahrhunderte lange, halbe Domesticiruug stark veränderten heutigen deutschen Damhirsche. Zu den in der Eingangs citirten Abhandlung aufgeführten © © © © 3 Cerviden aus dem altdiluvialen Süsswasserkalke von Belzig, näm- lich dem Reh, dem Rothhirsch und dem Damhirsch, kommt als vierter Hirsch der Elch. Durch die Liebenswürdigkeit des Herrn Bürgermeister Wall- © © BAUM in Belzig erhielt ich für die geologische Landesanstalt eine prächtige dreisprossige Schaufel eines etwa fünfjährigen Elchhirsches aus derselben Grube, die die zahlreichen anderen Reste von Hirschen, aber auch nur von solchen und von keinem anderen Säugethiere bisher geliefert hat. Ueber einige neue Vorkommnisse basaltischer (jiesleine auf dein Gebiet der Messtischblätter Gerstlingen und Eisenach. Von Herrn L. 0. Bornemann jun. in Eisenach. Der Basaltgang Landerskopf - Kupfergrube. Im vergangenen Frühjahr erhielt ich von dem Cf rossherzog- lichen Oberförster Herrn Gerlach in Frauensee die Mittheilung, dass im dortigen Forstrevier ein neues Basaltvorkommen im Bunten Sandstein aufgefunden worden sei, und zwar auf der Südseite des Landerskopfes, dicht an dem vom Josthof nach Gospen- roda führenden Wege und genau südlich von dem unter dem Namen der Kupfergrube1) altbekannten Basaltbruch. (Siehe umstehende Kartenskizze.) Bei einem Besuch der Localität fand ich diese Angaben be- stätigt. Der Basalt hat den unteren Bunten Sandstein zweifellos auf der gleichen nord-südlichen Eruptionsspalte wie derjenige der Kupfergrube durchbrochen, und scheint, soweit sich nach der Be- schaffenheit des mit Wald bestandenen Terrains beurtheilen lässt, eine flachrunde Anschwellung von etwa 60 Schritt Durchmesser *) Vergl. über diese Moesta, Erläut. zu Blatt Gerstungen S. 13, sowie dieses Jahrb. 1882, S. 156, Arun. 3, und die nachfolgenden Ausführungen in gegenwärtiger Abhandlung. 19 292 L. G. Bornemann, lieber einige neue Vorkommnisse basalt. Gesteine etc. zu bilden. In der Mitte desselben war z. Z. meines Besuches eine ungefähr 2 Meter tiefe Grube angelegt, aus welcher ein in unregel- massigen Stücken brechender, sehr fester Basalt gefördert wurde. Weitere Steinbruchsarbeiten werden lehren, ob der Basalt mit der au der Oberfläche beobachteten Mächtigkeit in die Tiefe setzt oder ob er lediglich einer schmalen Spalte oder einem engen Kanal ent- quollen ist. Auch über das etwaige Vorhandensein blasiger Rand- gesteine, welche an der Kupfergrube eine so ausgezeichnete Rolle spielen, geben die Abbauarbeiten zur Zeit noch keinen Aufschluss. Schon makroskopisch erweist sich der Basalt des Landers- kopfes etwas grobkörniger als derjenige der Kupfergrube; er führt wie dieser grosse und schöne Augite, ausserdem reichlich Pyrit in Trümern und als Ueberzug der Flächen der Augite. U. d. M. unterscheidet man in dem Mineralgemenge eine spärliche glasige Grundmasse, schöne frische Plagioklase, Augit, etwas Biotit, Nephelin in einzelnen, aber wohlumgrenzten Durchschnitten, Schwefelkies und Magneteisen. Letzteres ist in bedeutend ge- ringerer Menge vorhanden als im Basalt der Kupfergrube, daher die Schliffe leichter pellucid werden als von letzterem Gestein. L. G. Boksemann, Ueber einige neue Vorkommnisse basalt-, Gesteine etc. 293 Salzsäure scheidet aus dem Basalt des Lauderskopfes Chlornatrium- würfel. Hiernach und nach dem mikroskopischen Befund ist der- selbe den hornblendefreien Tephriten zuzuzählen. Was die Zusammensetzung des mehrerwähnten Basaltes der Kupfergrube anbetrifft, so hat Moesta eine dieselbe im Allgemeinen gut charakterisirende Beschreibung gegeben, auf die hier nochmals hingewiesen sei, obgleich seine Bestimmungen in mehreren Punkten der Berichtigung bedürfen J). Dass dieser Basalt auch Hornblende führt, habe ich schon früher erwähnt; man findet sie theils isolirt, theils in regelmässiger Verwachsung mit Augit ; dieser ist meist lichtbraun, häufig mit einem unregelmässigen grünen Kern ver- sehen und mitunter verzwillingt. Olivin fehlt auch dem Basalt der Kupfergrube gänzlich; was von Moesta dafür angesprochen wurde, sind dem Bunten Sandstein entstammende Quarzkörner mit grünlicher Silicatschmelzrinde. Die von Moesta auf Apatit be- zogenen, »grellumgrenzten sechseckigen, wasserhellen, übrigens recht häufigen Krystalldurchschnitte mit schwarzem Kern« gehören zweifellos dem Nephelin an. Bei der Behandlung des Gesteins mit Salzsäure erhält man, wie nicht anders zu erwarten, Chlornatriumwürfel. Hiernach ge- hört dasselbe zu den hornblendeführenden Tephriten und bieten somit die beiden Basalte des Landerskopfes und der Kupfer- grube ein Beispiel der verschiedenen Ausbildung, deren ein und dasselbe Magma auf kurze Entfernung hin fähig ist. Das Gestein, auf welches sich vorstehende Beschreibung be- zieht, stammt aus der Mitte der Kupfergrube und ist dicht und tiefschwarz. Nach den Rändern des Ganges zu geht es in ein graugrünes, weicheres und körnigeres, magneteisenarmes Gestein mit vielen Blasenräumen über und noch weiter folgen thonige, blasig zellige Tuffmassen. Jenes zweite Gestein führt in seinen Blasenräumen Drusen mannigfacher zeolithischer und anderer Mineralien, die in früheren Jahren in sehr schönen Exemplaren vorgekommen und Gegenstand des Handels gewesen sind. ■) Herr Dr. R. Brauns in Marburg hatte die Güte, meine Schliffe von diesem Gestein nachzuprüfen. 294 L. G. Bornemann, Ueber einige neue Vorkommnisse basalt. Gesteine etc. Von diesen Mineralien erwähne ich hier nur Breithaüpt’s so- genannten Glimmer von Berka1), weil auf denselben im Verlauf dieser Arbeit nochmals Bezug genommen werden muss. Es ist dies ein eigenthümliches, in rhomboedrischen Tafeln der Combina- tion B, OB. krystallisirendes, gelblichgrünes, perlmutterglänzendes Silicat von noch unbekannter chemischer Zusammensetzung, dessen nähere Beschreibung man a. a. O. zusammen mit dem Thuringit als Anhang zum Genus Astrites findet, und welches jedenfalls mit Glimmer nichts zu thun hat. Ich hoffe, später eine ausführliche Untersuchung dieses Minerals anstellen und veröffentlichen zu können. Einstweilen sei dasselbe durch diesen Hinweis der Ver- gessenheit entrissen, in die es gerathen. Moesta schildert den Basaltgang der Kupfergrube als con- tinuirlich ausstreichend, gegen das südliche Ende geknickt und aus- gelenkt. In Wahrheit liegt die Sache so, dass eigentlich zwei Basaltdurchbrüche vorhanden sind, getrennt durch eine Partie Bunten Sandsteins. Diese Beobachtung wird durch eine Angabe von -T. C. W. Sartorius bestätigt, welcher hier zu Anfang des Jahrhunderts die Steinbruchsarbeiten leitete2). »Im Verfolg der Steinbruchsarbeiten«, schreibt derselbe, »bin ich belehrt worden, dass der daselbst sich findende Basalt in zwei Abtheilungen, die eine Sandwand von 20 Fuss trennt, vorkommt, und beide von Sandstein umschlossen sind«. Basaltgang am Königsrain hei Dippach. Bei Gelegenheit der vorerwähnten Excursion erfuhr ich von einem alten Einwohner der Stadt Berka a/W., dass vor langen Jahren ein Basaltgang am sogenannten Königsrain, d. i. der westliche Steilrand des Oelberges, südlich vom Dorfe Dippach, ausgebrochen und das gewonnene Material zur Pflasterung von Berka verwandt worden sei. Da auch dieses Vorkommen auf dem geologisch bearbeiteten Blatt Gerstungen nicht vermerkt ist, so Breithaupt, Mineralogie Bel. II, S. 390: »Findet sich, in den Blasenräumen eines der Werke etwas genäherten Basaltes aus der Kupfergrube (kein Bergwerk) zu Berka an der Werra im Herzogthum Eisenach.« 2) Sartorius, Geogn. Beob. und Erfahrungen vorzüglich in Hinsicht des Basaltes. Eisenach 1821, S. 29. L. G. Bornemann, Ueber einige neue Vorkommnisse basalt. Gesteine etc. 295 hielt ich es für geboten , die mir gewordenen Angaben an Ort O " O ö und Stelle zu prüfen. In der Tliat liess sich das Vorhandensein eines schmalen Ganges, welcher vielleicht 1 Meter Mächtigkeit gehabt haben mag, aus dem Vorhandensein eines Grabens bezüglich einer durch Wiederzuschüttung desselben entstandenen Terrasse, welche sich an der Kante des bezeichneten Steilrandes hinziehen, ermitteln und von der preussisch-weimarischen Landesgrenze ca. 500 Schritt in süd-nördlichem etwas östlichem Streichen verfolgen. Die zahlreich umherliegenden Gesteinsbrocken gehören einem nur selten noch in unverwittertem Zustand anzutreffenden, meist in sichtlicher Zersetzung befindlichem Basalt an, aus dessen dichter Grundmasse Einsprenglinge von Augit und Olivin sowie Kalk- spathmandeln in reichlicher Menge hervortreten. Die Grundmasse löst sich u. d. M. zu einem Gemenge von Glasmasse, Augit, Olivin in allen Verwitterungsstadien, Plagioklas und Magneteisen auf und ist vielfach durch als Zersetzungsprodukt auftretendes Eisen- oxyd braun gefärbt. Nephelin konnte nicht direkt nachgewiesen werden, da sich aber bei Behandlung des Gesteius mit Salzsäure Chlornatriumwürfel ausscheiden, so dürfte das Gestein den in der Umgegend verbreiteten Basaniten zuzurechnen sein (cf. Bücking, Dieses Jahrbuch 1882, S. 2). 296 L. G. Bornemann, Ueber einige neue Vorkommnisse basalt. Gesteine etc. Die Verbreitung der Basalte auf Blatt Eisenach. Der am Schlüsse meiner Bemerkungen über einige Basaltgesteine aus der Umgebung von Eisenach (Dieses Jahrbuch 1882, S. 157) erwähnte Gang am Ende des Bingerthals, welchen ich Mangels entsprechender Ortsbezeichnung auf den Messtischblättern nördlich der Pflasterkaute suchen zu müssen glaubte, ist seitdem durch Herrn Geh. Rath Beyrich in südöstlicher Richtung, jenseits der Werrabahn im Forstort Birkenkopf wieder aufgefunden worden1); es ist ein kleiner Durchbruch eines olivinführenden Limburgites, dem Hauptgestein der Stopfeiskuppe zum Verwechseln ähnlich. Ferner habe ich durch einen alten, beim Bau der Werrabahn beschäftigt gewesenen Arbeiter in Erfahrung bringen können, dass bei Ausschachtung des tiefen Einschnittes oberhalb Marksuhl, ca. 200 Schritt über dem zweiten Viadukt ein schmaler Basaltgang c7> O durchfahren worden ist. Derselbe ist zwar gegenwärtig vollständig verrollt, die mir bezeichnete Stelle liegt aber genau in der die Pflasterkaute mit dem Birkenkopf verbindenden Linie. Von der Pflasterkaute selbst giebt Sartorius an2), dass sie 4 Gänge von 1 1/2 — 4 Fuss Breite in der Richtung der Stopfels- kuppe entsende. Die Fortsetzung der Stopfeiskuppe nach Norden lässt sich an einem den Berg umkreisenden, neuangelegten Fahrweg und dann weiter an einem schmalen Ausstreichen, welches auf der halben Höhe des jenseitigen Berghanges von einem Fussweg ge- kreuzt wird, etwa 300 Schritt südlich von den von mir a. a. O. beschriebenen Gängen an der Berkaerstrasse verfolgen. Durch diese Beobachtungen ist die Zusammengehörigkeit zu einem einzigen Gangzuge aller der Basaltdurchbrüche aufs Neue bestätigt, welche zwischen dem Birkenkopf einerseits und den Gängen im Muschelkalk von Hörschel andrerseits auf einer Längen-/ erstreckung von ca. 1 0'/g Kilometer liegen, gleichgültig, ob die- selben als Limburgit oder als olivinführende Nephelinbasalte auf- 9 Nachträglich gewahre ich, dass der Punkt sich auch auf Cotta’ s geolo- gischer Karte von Thüringen (1847) ziemlich richtig eingezeichnet findet. 2) 1. c. S. 25. L. G. Bornemann, Ueber einige neue Vorkommnisse basalt. Gesteine etc. 297 treten. Dieser Gang streicht vom Birkenkopf zur Pflasterkaute h. 10 und von da ca. h. 1 2 1/4. Die vorhin aus Blatt Gerstlingen geschilderten Gänge Landerskopf-Kupfergrube und am Königsrain stellen sich als Parallelgänge zu diesem grossen Gangzug dar, und was von mir in meiner früheren Arbeit über die Beziehungen des Basaltdurchbruches von Vitzerode und der Kupfergrube zur Stopfels- kuppe vermuthungsweise ausgesprochen war, erweist sich daher als hinfällig. Nepheliiiitgänge der Stopfeiskuppe. Als ich seiner Zeit das gangförmige Vorkommen eines ächten olivinfreien Nephelinits in den Tuffen der Stopfeiskuppe be- schrieb, kannte ich nur den einen in jener Arbeit skizzirten Gang. Bei wiederholtem Besuch der Lokalität stellte sich jedoch bald heraus, dass die östliche Tuflwand des Bruches von einem wahren Netz- werk derartiger Gänge der verschiedensten Mächtigkeit durchzogen ist, die sich durch ihre graue, dem Nebengestein ähnelnde Farbe dem ersten Blick entziehen. Von 30 Centimeter bis herab zu wenigen Millimetern Mächtigkeit kann man diese Gänge bei einigermaassen geschärftem Blick in allen Richtungen den Tuff an der angegebenen Stelle durchkreuzen sehen , bald sich zer- theilend und Apophysen aussendend, bald sich schaarend und ver- einigend, bald sich kreuzend und verwerfend. 298 L. G. Bornemann, Ueber einige neue Vorkommnisse basalt. Gesteine etc. Alle diese Gänge sind intrusiv geblieben und nirgends ge- wahrt man an ihnen ein Saalband oder eine Einwirkung auf den umgebenden Tuff'. Wie erstaunlich dünnflüssig muss dieses Magma gewesen sein, um solche Injectionen bewirkt haben t.\\ können! Höchst auffällig ist, dass gerade die mächtigsten dieser Gänge ganz feinkörnige, fast dichte Gesteine führen und dass mit ab- nehmender Mächtigkeit die Korngrösse zunimmt, so dass die ganz schmalen Gänge ein wahrhaft granitisehes Aussehen mit makro- skopisch deutlichen Bestandteilen besitzen. Da aber die Nephe- line der Einwirkung der Atmosphärilien um so bessere Angriffs- flächen bieten, je grösser sie sind, so ist die Folge, dass man in den schmäleren, grobkörnigen Gängen nur wenig oder keinen frischen Nephelin mehr findet. Meist ist dieser Gemengtheil dann vollständig in sclmeeweissen Natrolith umgewandelt und oft ermög- licht es nur dieser, den Verlauf der fadendünnen Gänge zu verfolgen. Zur mikroskopischen Untersuchung sind die fein- und mittel- körnigen Varietäten der grösseren Frische wegen vorzuziehen. Die Beschreibung des mikroskopischen Befundes habe ich schon früher gegeben. Das Bild ist für alle Gesteinsvarietäten, abge- sehen von der verschiedenen Grösse der Gemengtheile, genau das gleiche, nachzutragen ist nur, dass auch Biotit in dem Mineral- gemenge vertreten ist. Das hierunter in 25 facher Vergrösserung reproducirte Photogramm L. G. Bornemann, Geber einige neue Vorkommnisse basalt. Gesteine eto. 299 giebt ein anschauliches Gesammtbild dieses wegen der Deutlich- keit seiner Gemengtheile besonders auch für das Studium der beiden hexagonalen Mineralien Nephelin und Apatit überaus lehr- reichen Gesteins, welches den schönsten bisher bekannten Nephe- liniten an die Seite gestellt zu werden verdient. Anhang. Ein angebliches Gestein der Pflasterkaute. Heinrich Credner führt in seiner -Beschreibung der Pflaster- kaute dreierlei Gesteinsvarietäten als dort vorkommend an : 1. »am Rande ein schwarzes dichtes basaltartiges Gestein . .« 2. »nach der Mitte zu ein schwarzgrüner feinkörniger Do- lerit ... .« das Muttergestein der zahlreichen an der Pflasterkaute vorkommenden Zeolithe ; 3. »in der Mitte der ganzen Masse herrscht neben diesem Gestein ein minder fester, z. Th. mürber, grünlichgrauer Dolerit vor, zumeist innig mit weissem Mesotyp gemischt. In den häufig in ihm vorkommenden Drusen finden sich vorzüglich Mesotyp, Natrolith, Sphärosiderit, Kalkspath und ein licht graugrüner Glimmer, in der Grundmasse selbst Rubellan und Hornblende.« Das Gestein No. 1 ist heute noch anstehend zu beobachten, von No. 2 findet man in dem tief ausgebrochenen und voll Sand- stein gerollten Bruch noch ansehnliche Blöcke, von No. 3 hin- gegen, dessen absonderliche Beschaffenheit mir ohnehin auffällig erschien, konnte nie eine Spur gefunden werden. Dies und der Umstand, dass Credner dann im weiteren Verlauf der Arbeit (S. 60) seinen »licht graugrünen Glimmer« als »Breithaupt’ s Glimmer von Berka« bezeichnet und entsprechend beschreibt, stieg in mir die Vermuthung auf, es könne hier eine falsche Fundortsangabe ') Jahrb. f. Mineralogie etc. 1860, S, 57, 300 L. G. Born-emann, Ueber einige neue Vorkommnisse etc. untergelaufen sein. Diese Vermuthung wurde vollauf bestätigt durch Besichtigung des CREDNER’schen Originalhandstückes, welches sich mit der Bezeichnung Pflasterkaute bei Marksuhl in der Uni- versitätssammlung zu Halle befindet und von dem ich Herrn Prof. Lüdecke einige Brocken verdanke. Es ergab sich hiernach eine so vollständige Uebereinstimmuug (die Richtigkeit der Credner sehen Mineralbestimmungen ausser Acht gelassen) zwischen diesem Stück und dem oben beschriebenen grauen Mittelgestein der Kupfergrube, auch bezüglich des »Glimmer von Berka« genannten Minerals, dass jeder Zweifel über die Ab- stammung des ersteren beseitigt erscheint, und also das von Credner unter 3) beschriebene Gestein an der Pflasterkaute gar nicht vorkommt.- Die südliche baltische Endmoräne in der Gegend von Joachimsthal Von Herrn G. Berendt in Berlin. Die Kartenaufnahme im Uckermärkischen Arbeitsgebiet, ins- besondere in der Joachimsthal -Templiner Gegend, boten mir im vorigen Herbste Veranlassung zu einer näheren Verfolgung des bekannten Joachimsthal- Chorin -Lieper Geschiebewalles. Richtiger gesagt, setzten diese Aufnahmen die nähere Keuutuiss des Ge- schiebewalles, sowohl in seinem Aufbau, wie in seinem Verlaufe geradezu voraus und zwangen mich somit zu einer solchen Einzel- Studie. Die darauf bezüglichen Untersuchungen sind nun zwar noch keineswegs abgeschlossen; doch schon die Ergebnisse einer vorläufigen Zusammenstellung zeigten sich von so allgemeinem Interesse, dass ich auch in Hoffnung auf eine durch vereinte Kräfte schnellere Lösung der dabei angeregten, für das Verständ- niss der Diluvialbildungen Norddeutschlands so wichtigen Fragen glaube, die bisherigen Ergebnisse noch vor Abschluss der bezüg- lichen Untersuchungen bekannt geben zu sollen, und mir weitere Mittheilung über den Gegenstand Vorbehalte. Die wichtigste, und daher in erster Reihe hervorzuhebende Beobachtung ist zumeist die Feststellung der Thatsache, dass 302 G. Berendt, Die südliche baltische Endmoräne mau es in dem genannten Geschiebewall wirklich mit einem solchen, d. h. mit einer, zum Theil sogar ausge- prägt wallartigen, einstmaligen Endmoräne des, hier längere Zeit abschmelzend, zum Stillstände gekommenen Eises der Diluvialzeit zu thun hat, wie sie nur den End- moränen heutiger Gletscher verglichen werden kann. Seit jener denkwürdigen November- Sitzung der Deutschen geologischen Gesellschaft im Jahre 1875, in welcher zuerst die Gletscherschrammung der Riidersdorfer Kalksteinoberfläche fest- gestellt wurde, blieb eine andere Auffassung des Geschiebewalles zwar kaum übrig und habe ich die Endmoränennatur desselben seitdem durch Wort uud Schrift mehrfach vertheidigt, ebenso wie diese Ansicht seitens des Prof. Kemele zum Jubiläum der Kgl. Forstakademie in Eberswalde und auch in einer geognostischen Bergreferendararbeit des nachherigen Bergassessor Dr. Busse ver- treten wurde. Dennoch bedarf es der Hervorhebung dieses Punktes in doppelter Hinsicht. Einmal deswegen, weil die verschiedenen Aufschlüsse des Geschiebewalles, namentlich bei Fiepe, bei Chorin und bei Joachimsthal, zwar schon lange bekannt und auch von anderen Geologen besucht worden sind — im Jahre 1880 hatte ich selbst die Ehre , den damals in Berlin tagenden Deutschen Geologentag zu einem der schönsten Aufschlüsse bei Liepe zu führen — jedoch stets in der Hauptsache nur betreffs des inneren Aufbaues, der Art der Gesteine und dergl. Beachtung fanden; zum anderen, weil die in seiner Abhandlung über die mecklen- burgischen Höhenrücken (Geschiebestreifen) von E. Geinitz un- längst gegebene Darstellung der mecklenburgischen Verhältnisse wirkliche Geschiebewälle gar nicht kennt, so dass es bereits den Anschein hatte, als habe es sich bei allen bisherigen Nachrichten von Geschiebewällen nur um die von E. Geinitz beschriebenen Geschiebestreifen gehandelt, d. h. mehr oder weniger breite Landstriche, in welchen der Geschiebereichthum der Oberfläche oder der an der Oberfläche liegenden Schicht besonders zunimmt. E. Geinitz sagt ausdrücklich von seinen Geschiebestreifen, deren in der Gegend von Joachimsthal. 303 Breite er auf »etwa ^ bis 2 Meilen« angiebt: »Die Geschiebe- streifen gleichen nicht den »Endmoränen moderner Gletscher, vielmehr sind sie zu bezeichnen als die geschiebereichen Grund- moränenabsätze des sogenannten Oberen Diluviums, welche nur in geringer Mächtigkeit (0 — 8 Meter) auf schon vorhandenen Boden- erhebungen auf- und angelagert worden sind.« Solche, durch ihre Geschiebebestreuung besonders in die Augen fallende Landstriche giebt es allerdings vielfach in Norddeutsch- land und ganz besonders auch in der soeben in Rede stehenden Uckermark. Ja, die Breite der einzelnen Streifen wird vielfach so bedeutend, ihre Entfernung von einander so gering und ihre Uebergänge ineinander, bei häufig wechselnder Erstreckungsrich- tung, so zahlreich, dass es — wie solches sich auch in Mecklen- burg erwiesen hat — vielfach gar nicht möglich ist, dieselben aus- einander zu halten und die Zugehörigkeit zu dem einen oder anderen Geschiebestreifen zu behaupten. Dem gegenüber ist der in Rede stehende Uckermärker Geschiebe wall ein entweder aus mehr oder weniger gerundeten Hügeln sich zusammensetzender oder auch, was ich selbst früher in dem Grade garnicht kannte, wallartig fortlaufender Höhenkamm, von dessen Rücken man beider- seits mehr oder weniger weit das Land zu überschauen im Stande ist. Ebenso unterscheidet sich der Uckermärker Geschiebewall, der eben nichts anderes als die grosse südliche Endmoräne des skandinavischen Eises ist, iu seiner inneren Zusammensetzung dadurch von den mecklenburgischen Geschiebe streifen und den auch ihn seitlich begleitenden, in gleicher Weise besonders ge- schiebereichen Landstrichen bezw. Geschiebestreifen der Uckermark, dass er, wo er bisher aufgeschlossen worden ist, sich geradezu als eine Steinpackung erweist. Dieser Steinpackung sind sowohl Ge- schiebemergel wie geschichtete Bildungen nur untergeordnet ein- gelagert oder seitlich an- bezw. nebengelagert. Die Steinpackung ist vielfach so dicht, dass sich die einzelnen grösseren Geschiebe berühren und nur die zwischen ihnen entstandenen Hohlräume mit Sand, Grand oder kleinerem Geröll oder auch mit geschiebe- mergelartigem Bindemittel ausgefüllt sind. 304 G. Berendt, Die südliche baltische Endmoräne In dieser Weise hatte ich im vorigen Herbste Gelegenheit, den Verlauf der grossen Endmoräne aus der Gegend von Oderberg und Liepe über Chorinchen und Senftenhütte mit einer Eückbiegung bis in die Gegend von Schmargendorf über Alte Hütte, Joachimsthal, Friedrichs walde und Ringenwalde mit einer abermaligen Rückbiegung nach Alt- Tem men zu und weiter bis Vorwerk Alt-Kölpin in ununter- brochenem, mit der allgemeinen Oberfläche auf und absteigendem Zuge volle 8 Meilen oder 60 Kilometer genauer zu ver- folgen und durch Eintragung in die Karte festzustellen. in der Gegend von Joachimsthal. 305 Die Breite des Geschiebewalles schwankt auf diese ganze Erstreckung hin in der Hauptsache nur zwischen 100 und 400 Meter. Das Doppelte, also 8 — 900 Meter erreichende Verbreiterungen kommen nur ganz vereinzelt an zwei Stellen, einerseits bei Senften- liiitte, andererseits bei Ringenwalde vor (s. das Uebersichtskärtchen). Aber auch hier beschränkt sich die hauptsächlichste Geschiebe- anhäufung, die eigentliche Geschiebepackung, auf einen mehr oder weniger schmalen Streifen auf diesem breiteren Rücken. Was die Höhe dieses Kammes oder der einzelnen Kegel- berge betrifft, so überragen sie ihre Umgebung um durchschnitt- lich etwa 5 — 10, aber auch bis 20 Meter, ja stellenweise selbst bis 40 Meter mit vielfach 30 — 45° erreichendem Böschungswinkel. O Ihre innere Beschaffenheit lassen schon oberflächlich die zuweilen aus der Gras- oder Moosdecke des sie meist bedeckenden Waldes hervorblickenden, oder namentlich kleine Kuppen und Vorsprünge unverhüllt bildenden, gewaltigen Geschiebeblöcke erkennen. Ueberblickt man den bereits oben angedeuteten Verlauf des Geschiebewalles im Ganzen, wie es das beigegebene Karten- bildchen gestattet, so sieht man, dass man es auf der in Rede stehenden Strecke mit zwei grossen, gegen W. bezw. WSW. vor- geschobenen, bogenartigen Ausbuchtungen der grossen Endmoräne zu thun hat, innerhalb welcher, also gegen ONO., der Geschiebe- mergel, die alte Grundmoräne, in der Hauptsache die Oberfläche bildet, während ausserhalb der Bogen weite, Anfangs wellige, weiterhin zum Theil völlig; ebenflächige und nur von aufgesetzten Dünenkämmen durchzogene Sandflächen , nach Art der aus Island durch Dr. Keilhack beschriebenen Sandrs , sich vor- legen. Besonders schön lässt sich dieser Gegensatz in der Boden- beschaffenheit der Innen- und Aussenseite unserer End- moräne an der Stelle beobachten und in der Natur überblicken, wo beide Bogen aneinanderstossen. Während hinter dem Ge- schiebewall, dort, wo man sich die in der Endmoräne abschmelzende Eismasse seiner Zeit zu denken hat, einerseits also bei Gr.-Ziethen und Senftenhütte, andererseits bei Amt Grimnitz und Alte-Hütte, Jahrbuch lö$7. 20 306 G. Berendt, Die südliche baltische Endmoräne überall fruchtbare, wenn auch zum Theil steinbesäete Felder die wellige Oberfläche des Geschiebemergels bedecken, starren vor der Endmoräne, d. h. in der breiten, durch ihre beiderseitige Be- grenzung gebildeten, nach Schmargendorf hinaufführenden Rinne, magere, meist brach liegende Grand- und Sandfelder. Ja, die hier beiderseits damals dem Eise entströmenden Schmelzwasser haben ihre durch den Zusammenfluss weit mehr als gedoppelten Sand- massen vor der Mündung der in Rede stehenden Rinne, zu einem für lose Masse wunderbar steilen, nur den Karnes Schottlands und Nordamerikas vergleichbaren kammartigen Hügel von 50 Meter Höhe aufgeschüttet. Diese, den Rücken der Endmoräne selbst weit überragende Höhe, der sogen. Aue rhah*npfalz, ist nur ya\ verstehen, wenn man bedenkt, dass hier auf die Erstreckung einer Viertelmeile — soviel beträgt etwa die Breite der Ausmündung des durch die Moränenbogen gebildeten Thaies — sich die Ab- sätze von ungefähr 2 Meilen Länge des an der Moräne ab- sclnnelzenden Eises zusammendrängen. Aber noch ein zweites Merkmal ausgeprägter Endmoränen finden wir auf der in Rede stehenden Strecke auf’s Schönste zum Ausdruck kommen. Während in dem einen der grossen Bogen unserer Endmoräne der Paarsteiner, Serwster und Gr.-Plagen- See sich als die Ueberreste eines grossartigen Stausees zu er- kennen geben, fliessen auch der Grimnitz-, der Mellin- und die beiden Prüssnick - Seen in dem zweiten Bogen vermittelst der grossen, den alten wenig höher gelegenen Seeboden bezeich- nenden Sandebene der Joachimsthaler Haide, zu einem noch grösseren, mehr als eine Quadratmeile einst bedeckenden zweiten Stausee, wie er aus der breiteren Horizontalstreifung im Ueber- sichtskärtchen zu erkennen ist, zusammen. Der Gegensatz zwischen den hinter der Endmoräne liegen- den flachen Stauseen und den vor derselben schluchtartig im engen Thale sich hinziehenden tiefen Auswaschungs-Seen kann kaum schöner ausgesprochen erscheinen, als in den beiden bei Joachimsthal liegenden derartigen Beispielen, dem Grimnitz -See und dem Wer bellin- See. Während der erstem nach den bis- herigen Messungen 15 — 18 Fuss Tiefe zeigt, beträgt die des in der Gegend von Joachimsthal. 307 letzteren 60 — 70 Fuss 1). Während der Grimnitz-See bei fast 3/s Meilen Durchmesser fast kreisrunde Form besitzt, zieht sich der an den breitesten Stellen J/g Meile durchschnittlich nicht über- schreitende Werbellin volle 1 3/g Meilen lang hin. Während der Spiegel des Grimnitz-Sees noch gegenwärtig in einer Meereshöhe von 65 Meter liegt, ergaben die Messungen des Generalstabes für den Werbellin eine solche von 43 Meter mithin auf eine Entfernung von kaum mehr als 1/8 Meile diesseits und jenseits der Endmoräne einen Höhenunterschied des Wasserspiegels von 22 Meter oder fast 70 Fuss. Nimmt man die vorhin erwähnte Tiefe von 60 — 70 Fuss oder ebenfalls über 20 Meter hinzu und bedenkt, dass die Ufer des Werbellin in unmittelbarster Nähe über 30 und 40 Meter an- steigen, so ergiebt sich eine Auswaschungsfurche von 50 bis 60 Meter Tiefe. Und selbst an den Stellen, wo diese schluchtartige Ausbildung der Ausspülung vor dem Geschiebe wall fehlt, wie z. B. bei den Choriner Schmelzwasssern , da bezeichnet doch eine weithin mit den Blicken von der Höhe des Geschiebewalles zu verfolgende Wiesenschlänge, aus der eine ganze Anzahl kleiner, aber meist tiefer Wasserbecken flussartig hervorleuchten, die später zuge- schlemmte und verwachsene Rinne. Es bleibt zum Schluss noch eine, allerdings sehr wichtige und leider bis jetzt auch noch nicht mit Sicherheit zu entschei- dende Frage zu erwähnen: Welcher Vereisung, der ersten oder der zweiten, der unteren oder der oberen Grund- moräne bezw. Geschiebemergelbildung gehört diese grosse südbaltische Endmoräne an? Vor 2 Jahren glaubte ich allerdings (s. briefl. Mittheilung im Jahrg. 1885 d. Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. S. 804) diese Frage bereits zu Gunsten der ersten Vereisung entschieden halten zu dürfen. Seitdem sind mir jedoch so erhebliche Bedenken gegen die Durchführung dieser Annahme entgegengetreten; dass ich mich *) Auf meine Veranlassung von Herrn Postverwalter Treskow in Joachims- thal gegenwärtig in der Ausführung begriffene Tiefenmessungen haben nach freundlicher Mittheilung desselben bereits Tiefen von 90, ja sogar 107 Fuss ergeben. 20* 308 G. Berendt, Die südliche baltische Endmoräne genöthigt sehe, die Frage noch für eine offene zn erklären und die Entscheidung derselben von den Ergebnissen der diesjährigen Sommeraufnahme zu erhoffen. Während nämlich auf der einen Seite die Einlagerung einer deutlichen Bank als durch seine tief blaugraue Farbe seither zu unterscheidenden Unteren Geschiebe- mergels und im Einklang damit das unmittelbare Hervortreten des hoch aufgepressten Tertiärgebirges als der nächsten Unterlage in unmittelbarer Nähe vor der Endmoräne (bei Joachimsthal und Freienwalde) wohl geeignet war, für die erste Vereisung zu sprechen, stimmt die Richtung der bisher verfolgten Längserstreckung des Uckermärker Geschiebewalles in NNW. zu SSO. -Richtung vielmehr zu derjenigen der zweiten Vereisung, des eigentlichen baltischen Eisstromes. Und wenn auch die meisten Untersuchungen unserer schwedischen Nachbarn (Lundbohm) dieselben gegenwärtig zu der Annahme geführt haben, dass die Stromrichtung schon einmal zum Beginn der ersten Vereisung vorübergehend die ost- westliche des baltischen Eisstromes gewesen sei, was wieder ge- eignet wäre, das eben geltend gemachte Bedenken zu beseitigen, so bedurfte es doch unter allen Umständen erst eines sicheren Nachweises des Weges, auf welchem die zweite Vereisung — der nördlich und südlich der Endmoräne, wenn auch in grösserer Entfernung, bekannte Obere Geschiebemergel — in diesem Falle die noch frisch und unzerstört liegende Endmoräne der ersten Vereisung als Nunatakker umflossen hätte. Kann nun aber auch entgegnet werden, einer solchen Mühe bedarf es überhaupt nicht, sobald man den Uckermärker Geschiebe- wall als Endmoräne der zurückweichenden letzten Vereisung an- nimmt, so muss man sich dagegen auch klar machen, dass dann einerseits auch die bisher, übereinstimmend mit den Schweden, Engländern und Franzosen für Oberes und Unteres Diluvium cum grano salis in Anspruch genommene gelbe und blaue Fär- bung, so gut wie gänzlich, ihre Brauchbarkeit als Unterscheidungs- merkmal verliert, und dass andrerseits auch unsere bisherigen Anschauungen über die Zusammensetzung des Oberen Diluviums einer weiteren wesentlichen Berichtigung bedürfen, indem die mächtigen Sandmassen, welche der Endmoräne vorgelagert sind in der Gegend von Joachimsthal. 309 und — wie bisher nur aus dem Unteren Diluvium bekannt ge- worden — in steilen Hügeln, selbst zu 50 Metern, wie die oben erwähnte Auerhahn - Pfalz , aufsteigen, möglicher Weise dem Oberen Diluvium angehören bezw. dem Oberen Geschiebemergel aufgelagert sind *). Wenn ich somit zum Schluss sehr erhebliche Zweifel angeregt und neue Fragen als der Lösung bedürftig auf- geworfen habe, so ändert doch diese Zugehörigkeit zur ersten oder zweiten Vereisung an dem Vorhandensein der Endmoräne selbst nicht das Mindeste. Unter diesen Umständen kann all’ unseren Geologen der Be- such der genannten Strecke' des Uckermärker Geschiebewalles nicht genug empfohlen werden, damit doch endlich die Natur des Geschiebewalles als echte Endmoräne anerkannt wird und mir nicht z. B. der durch seine Arbeiten auf dem Gebiete der glacialen Geologie bekannte Mitarbeiter Prof. Chamberlin’s, Herr Salisbury, schreiben kann, er sei sehr überrascht gewesen, als er kürzlich aus dem Jahrg. 1879 der Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. ersehen habe, dass ich bereits damals den baltischen Höhenzug mit Endmoränen in enge Beziehung gebracht habe, während er bisher nie in der Literatur eine anderweitige ähnliche Bemerkung gefunden habe und ihm auf bestimmte auf die Endmoränen des Höhenzuges ge- richtete Fragen wiederholt von deutschen Geologen das Gegen- O o o theil versichert sei. Dann wird es sicher auch unserem mecklen- burgischen Nachbar Prof. E. Geinitz bald gelingen, die Fort- 9 Von der durch Prof. Eug. Geinitz und fast gleichzeitig durch Dr. Keil- hack kürzlich besonders betonten Zugehörigkeit eines Theiles der unter dem Oberen Mergel liegenden Sande zum Oberen Diluvium ist hier garnicht die Rede. Sie war theoretisch stets, ich möchte sagen als selbstverständlich, angenommen. Sie ist aber praktisch d. h. in der Unterscheidung auf Karten auch heute noch ebenso unausführbar, es sei denn an Stellen, wo eben eine eingelagerte inter- glac-iale Fauna oder Flora die Trennung ermöglicht. Im Uebrigen wird man sich auch heute noch darauf beschränken müssen, die von den Schmelz wassern der zurückweichenden ersten Vereisung und die von denjenigen der wieder vor- dringenden zweiten Vereisung abgesetzten mächtigen Sandmassen als Untere Sande wie bisher ungetrennt zu lassen. Nicht einmal als Mittlere Sande sie von den unter dem Unteren Mergel wieder bekannten Unteren Diluvialsanden abzu- trennen, lässt sich mit einiger Sicherheit kartographisch durchführen. 310 G. Bekendt, Die südliche baltische Endmoräne etc. Setzung echter Endmoränen neben oder zwischen den Geschiebe- O streifen aufzufinden, wie durch die früheren BoLL’schen Angaben doppelt wahrscheinlich gemacht wird. Grade diese Angaben, wie überhaupt die ganze WNW. -Rich- tung der mit der Endmoränenbildung in ursächlichem Zusammen- hange stehenden mecklenburgisch - uckermärkischen Seenplatte, lassen mich auch die Fortsetzung des Uckermärker Geschiebe- walles, als eines Theiles der entsprechend langen Endmoräne, nicht in der in dem Kärtchen hervortretenden NNW. -Richtung nach Vorpommern zu, sondern vielmehr in dieser WNW. -Rich- tung nach Mecklenburg hinein suchen. Der ganze in dem Ueber- sichtskärtchen bereits mehrere Bogen darstellende, bisher beob- achtete Theil der Endmoräne wäre somit, meiner Auffassung nach, wieder nur ein grösserer Bogen in dem Gesammtverlauf der bal- tischen Endmoräne, dessen Gegenbogen weiter westlich läge. Ebenso würde aber auch die Fortsetzung nach Osten zu, in der Gegend zwischen Oder und Weichsel, entsprechend der ONO. -Richtung der hinterpommerschen Seenplatte bezw. der ge- sammten baltisch-uralischeu Landeserhebung, von der die mecklen- burgisch-uckermärkische und die pommersche Seenplatte nur Theile sind, in letztgenannter Richtung zu suchen sein, wozu mir Spuren der Endmoräne wie ich sie in Geschiebepackungen gerade auf den höchsten Erhebungen in der Gegend von Bublitz in Hinterpommern bereits kenne, festen Anhalt gewähren. Die fossile Pflanzen -Gattung Tylodendron* Voa Herrn H. PotOH!8 in Berlin. (Hierzu Tafel XII- XIII a.) V orbemerkung. Der König!. Landesgeologe, Herr Prof. Dr. E. Weiss, wurde durch den Erwerb zweier neuer verkieselter Stückchen von Tylo- dendron veranlasst, mir eine anatomische Nachuntersuchung dieser interessanten Gattung der oberen Steinkohlenformation und des Rothliegenden zu empfehlen. Bevor ich nun das überraschend ausgefallene Resultat dieser Untersuchung mittheile, gebe ich vor- erst unsere bisherigen Kenntnisse der in Rede stehenden, eigen- thümlichen Gattung. I. Unsere bisherigen Kenntnisse über Tylodendron. In seiner 1869- — 1872 in Bonn erschienenen »Fossilen Florader jüngsten Steinkohlenformation und des Rothliegenden im Saar- Rheingebiete« machte E. Weiss einen fossilen Coniferen- Typus aus der oberen Steinkohlenformation und dem Rothliegenden be- kannt, welchem er den Gattungs - Namen Tylodendron beilegte; übrigens war ein zu Tylodendron gehöriger Pflanzenrest schon 1845 von Ad. Brongniart unter dem Namen Lepidodendron 312 H. Potonie, Die fossile Pflanzen- Gattung Tylodendron. elongatum beschrieben und abgebildet worden 1). Vor dem voll- ständigen Erscheinen der genannten Flora hatte Weiss bereits in der Sitzung vom 21. Februar 1870 der Niederrheinischen Gesell- schaft für Natur- und Heilkunde in Bonn2) Tylodendron vorgelegt und kurz besprochen. Zur Orientirung über das in Rede stehende Petrefact gebe ich zunächst in der Hauptsache nach diesen beiden Quellen im Folgenden eine kurze Besprechung des Wesentlichsten und daran anschliessend eine Darstellung des Wichtigsten aus der Litteratur, die wir nicht umgehen können. Tylodendron ist näm-, lieh zu wiederholten Malen und in den verschiedensten Gegenden gefunden worden, jedoch immer nur in einzelnen Stücken. Des- halb und wegen des Interesses, welches eine wirklich »echte Conifere 3)« mit Araucarioxylon- ( Araucarites -) Structur aus den palaeozoischen Formationen bietet, auch wegen der auffallenden äusseren Gestaltung unseres Petrefactes, ist es erklärlich, dass jeder Autor, dem ein Tylodendron -Rest zur Verfügung stand, denselben immer wieder beschrieben und auch abgebildet hat. Es standen Weiss ein verkieseltes , in seiner anatomischen Structur erhaltenes Stück, (Taf. XII), aus dem Feldspathsandstein am Bahnhofe zu Ottweiler (mittlere Ottweiler Schichten) und mehrere längere »in Sandstein umgewandelte Stämme« aus mehreren Steinbrüchen bei Otzenhausen und (nach Exemplaren der WEiss’schen Sammlung) bei Schwarzenbach, beide unweit Birkenfeld (nach Grebe Lebacher Schichten) zur Verfügung, von denen das längste über 70 Centiineter lange Exemplar eine »Vege- tationsspitze«, nämlich ein kuppelig verjüngtes Ende zeigt. Als weiteren Fundpunkt giebt Weiss noch an: im Sandstein am Bleckarsch südöstlich von Ulmet bei Altenglan. Die in Rede stehenden Birkenfelder Stücke und das Ott- weiler Exemplar — jetzt in der Sammlung der Königl. Preuss. ') Seite 10 und Tafel C Fig. 6 in R. J. Murchison, E. de Verneuil und A. de Keyserling: »Geologie de la Russie de l’Europe et des montagnes de l’Oural«, Bd. II, Theil 3: Palaeontologie. — London u. Paris 1845. 2) Verhandl. des naturh. Vereins d. preuss. Rheinlande und Westphalens. Sitzungsber. der Niederrhein. Gesellsch. S. 47 — 48. Bonn 1870. 3) H. Graf zu Solms -Laubaoh : »Einleitung in die Palaeophytologie«. Leipzig 1887, S. 81 u. 85. H. Potonie, Die fossile Pflanzen-Gattung Tylodendron. 313 geologischen Landesanstalt und Bergakademie zu Berlin befind- lich — sind stielrund ; in Entfernungen von etwa je 3 Decimeter erscheinen periodisch wiederkehrende Anschwellungen. Die wohl- erhaltene Oberfläche ist mit dichtgedrängten und spiralig gestellten »Polstern« bedeckt, welche länglich-rhombische Gestalt haben, in- dem der Längendurchmesser derselben mit der Längsachse des Stammes zusammenfällt. Die eine Polsterhälfte — Weiss sagt die obere auf Grund des Exemplares mit »Vegetationsspitze« — wird durch einen Schlitz der Länge nach gespalten, in der Weise also wie dies das hier beigegebene einfache Schema zur Veran- schaulichung der Form eines »Polsters« klar macht. Unsere Figuren 2, 10, 14 zeigen das natürliche Aussehen dieser »Polster«. Besondere Blattnarben zeigen diese Polster nicht, und Weiss spricht daher die Vermuthung aus, dass dieselben »die Oberfläche des inneren Kernes des entrindeten Stammes« sein könnten. In dem »unteren« Theil der Anschwellungen sind bei Tylo- dendron speciosum Weiss j) die Polster am längsten, von wo aus die Länge derselben allmählich bis zur nächsten Anschwellung wieder abnimmt. Die Anschwellungen und periodisch kleineren und grösseren Polster mögen »sicher auf periodisch beschleunigtes, dann wieder verlangsamtes oder sistirtes Wachsthum (Jahres- periode?) deuten«. Bei Tylodendron saxonicum Weiss 2) aus dem Rothliegenden des Mansfeldischen ist ein solcher Unterschied in Bezug auf die Länge der Polster jedoch nicht zu bemerken, während die periodischen Anschwellungen nicht fehlen. Weiss giebt zwar von dieser »Art« keine Diagnose, jedoch konnte ich b Foss. Flora d. jüngsten Steinkohlenformation u. d. Rothliegenden. 3) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. Bd. 26, S. 616. Berlin 1874. 314 H. PotoniiS, Die fossile Pflanzen- Gattung Tylodendron. das Gesagte an dem ebenfalls in der Sammlung der geol. Landes- anstalt befindlichen Original-Stück ersehen, und auch Herr Prof. Weiss bestätigte mir mündlich, dass er in dem angedeuteten Ver- hältniss den Unterschied zwischen beiden Arten erblickt habe. Vergl. Taf XIII a, Fig. 10. — Auch ein in der naturwissenschaftlichen Sammlung der Stadt Chemnitz befindliches verkieseltes , von O. Weber gesammeltes Stück von Araucarioxylon aus der unteren Abtheilung des mittleren erzgebirgischen Rothliegenden von Hilbers- dorf bei Chemnitz, welches mir Herr Dr. T. Sterzel, der Custos der mineralogisch-palaeontologischen Abtheilung der genannten Samm- lung, vorlegte, ist dem Tylodendron saxonicum zuzurechnen. Das Exemplar zeigt eine Anschwellung des zerstörten Markkörpers im Hohldruck. Die übrigen Tylodendron-Exemplare der Chemnitzer Sammlung — alle aus dem Chemnitzer Rothliegenden stammend — Hessen die Oberflächen-Sructur des Markes nicht erkennen. Ein in Herrn Dr. J. G. Bornemann’s Besitz befindliches Exemplar, ebenfalls aus der Chemnitzer Gegend — nämlich aus dem Mittel- bacher-Schacht bei Chemnitz — ergiebt gleichfalls keinen sicheren Anhalt zur Ermittelung der »Art« , obwohl die Tylodendron- Oberflächen-Structur nicht zu verkennen ist. Bemerkenswerth für unsere spätere Darlegung ist es ferner, dass an der einen Seite des verkieselten Exemplares an der angeschwollenen Stelle ein Körper zu bemerken ist, »welcher ein abgebrochener Ast sein mag«: a in Fig. 1, 2 u. 3. »Doch — fährt Weiss fort — ist gerade bei diesem Exemplare der Umstand störend, dass ein anscheinend fremder ebenfalls ver- kieselter Körper, über welchen man nicht klar wird, parallel dem Stammstücke und fest mit ihm zusammengewachsen, da- nebenliegt. Das Wahrscheinlichste ist allerdings, dass es ein zweites Stammstück derselben Art, vielleicht desselben Individuums gewesen sei, welches aber entrindet, also ohne Blattpolster, in der Araucariten - Form auftritt«. Den fraglichen Anhang habe ich in den beigegebenen Figuren 1 u. 3, welche beide dasselbe Exemplar (vergl. Figuren - Erklärung) von verschiedenen Seiten darstellen, mit II bezeichnet. Von dem in Frage stehenden Exemplar — und zwar, wie sich später von selbst ergeben wird, vielleicht von jenem »fremden H. Potonie, Die fossile Pflanzen-Gattung Tylodendron. 315 Körper« — erhielt L. Dippel einige Schliffe, der dieselben auf Anregung von Weiss untersuchte. Dippel äussert sich *) über seinen Befund wie folgt: »Die innere Structur des Holzes, von welchem der Quer- schnitt nur die primären Wände und eine mannichfach verschobene Form der Zellen erkennen lässt, der Längsschnitt dagegen viel brauchbarere Präparate gewährt, stimmt allerdings keineswegs mit jener unserer Nadelhölzer überhaupt überein. Hiernach wäre man viel eher versucht, das Holz zu den Cycadeen zu stellen, indem die Holzfaser auf ihren radialen Längswänden ein, zwei bis drei Reihen behöfter Poren (Tüpfel) zeigen, wie sie bei allen jetzt lebenden Cycadeen in ganz übereinstimmender Weise auftreten. Es möchte daher am geeignetsten erscheinen, vorläufig: die Stellung: des Holzes unter Ertheilung eines diese keineswegs anticipirenden Namens, innerhalb der Gymnospermen unbestimmt zu lassen und eine genauere Einreihung späterer, sich über Rinde u. s. w. er- streckender mikroskopischer Analyse, zu der uns für jetzt das Material gemangelt hat, vorzubehalten.« Weiss fügt hinzu: » . . . Dippel giebt hier die Möglichkeit auf, dass das PIolz nach seiner Structur allenfalls mit Araucaria verglichen werden könnte, woran er früher noch festhielt. Es ist mir bei dem noch unzureichenden Materiale der mikroskopischen Untersuchung nicht möglich, ihm hierin zu folgen und ich glaubte in letzterer Be- ziehung keinen entscheidenden Grund zur Abtrennung von den Coniferen zu finden.« Namentlich also ist es die beschriebene charakteristische Oberflächenbeschaffenheit, die sich mit derjenigen gewisser Coni- ferenzweige vergleichen lässt, welche Weiss veranlasste, Tylo- dendron bei den Coniferen unterzubringen. Den eigenthümlichen Schlitz glaubte er vermuthungsweise als die Spur eines Harz- ganges deuten zu dürfen. Wie bereits gesagt, ist also Tylodendron schon früher unter dem Synonym Lepidodendron elongatum Brong. bekannt gewesen; Brongniart’s Rest entspricht einer Anschwellung von Tylo- *) In Weiss, Foss. Flora S. 183 — 184. 316 H. Potonie, Die fossile Pflanzen-Gattung Tylodendron. dendron — »provenant d une montagne ä trois verstes de l’usine de Kameusk, gouvernement de Perm«. Brongniart giebt die- selbe Species auch aus Bitschweiler iu den Vogesen an, aus Schichten, die nach Angabe von Voltz älter als das Carbon sein sollen. Die Polster des abgebildeten Stückes sind über und unter der Anschwellung von gleicher Länge. Will man Tylodendron saxonicum als »Art« belassen, so müsste dieselbe demnach, ge- mäss dem Prioritätsprincip, in der Nomenclatur T. elongatum ge- nannt werden. Ausser Lepido dendron elongatum rechnet Weiss aber noch als Synonyme zu Tylodendron vier von E. von Eichwald *) be- kannt gemachte Arten; es sind dies /S tigmato dendron cribromm , Angiodendron orientale, Schizodendron tuberculatum und Schizo- dendron lineare. Obwohl allerdings die Oberfläche der von dem genannten Autor beschriebenen und aba'ebildeten Stücke der von ~ O Tylodendron gleicht oder doch sehr ähnlich ist, vermag ich mir doch — ohne die Originale gesehen und untersucht zu haben — über die Beziehung der genannten vier Arten zu Tylodendron keine bestimmte Meinung zu bilden. Nur Schizodendron tuber- culatum * 2) — »d’un gres cuivreux pres de Bjelebei du gouverne- ment d’Orenbourg« — scheint mir trotz des Widerspruches von R. Zeiller 3) mit Tylodendron zusammen zu gehören ; der von Eichwald abgebildete kurze Rest ist wenigstens bezüglich seiner Oberflächenbeschaffenheit und seiner Grössenverhältnisse von Tylo- dendron nicht zu unterscheiden, wenn er auch keine Anschwellung zeigt. Auch in der zugehörigen Beschreibung steht nichts, was nicht auch für Tylodendron Geltung hätte. Uebrigens beschreibt Zeiller 4) selbst einen sehr charakte- ristischen längeren Steinkern von Tylodendron speciosum mit einer *) E. d’Eichwald, Lethaea Rossica ou Paleontologie de la Russie. Bd. 1. Stuttgart 1860. 2) 1. c. S. 266 und Taf. XVIII, Fig. 10. 3) Note snr quelques plantes fossiles du terrain permien de la Correge p. 204, 205 (Bulletin de la societe geologique de France. 3. Serie, t. 8, 1879 — 80). Paris 1880. 4) 1. c. S. 203, 204. H. Potonie, Die fossile Pflanzen- Gattung Tylodendron. 317 Anschwellung und bildet denselben auch ab ]) ; er stammt aus dem Perm in der Nähe von Brive in Frankreich. Zeiller macht darauf aufmerksam, dass zwischen den Polstern, welche die An- schwellung bedecken, Narben bemerkbar sind, »ou pour mieux dire des arrachements qui semblent correspondre ä des ramaux disposes en verticilles, comme ceux de beaucoup de coniferes,« » il est probable — sagt Zeiller weiter — , comme l’in- dique M. Weiss, que la trace charbonneuse qui existe dans le sillou de chaque tubercule correspond au faisceau foliaire«. Letzteres ist, wie man sieht, ein Missverständniss * 2). Der Ver- fasser spricht endlich die Vermuthung aus, dass die Tylodendron- Stengel zu Walchia gehören. AI. Blankeniiorn bemerkt3), dass die von Weiss abgebil- deten »Aeste« die Annahme einer umgekehrten Stellung und da- mit der »Blattkissen« nicht unmöglich erscheinen lassen, zumal die drei längsten abgebildeten Aeste am »oberen« Ende verhält- nissmässig dicker aussehen als unten. Dem Verfasser erscheint Tylodendron sehr nahe verwandt mit Voltzia. Schliesslich hat noch J. Schmalhausen4) Tylodendron specio- sum aus der artinskischen Stufe (Permo- Carbon) und in einem zweifelhaften Stück auch aus dem Perm im Osten des europäischen Russlands bekannt gemacht. Seiner russisch geschriebenen und mir daher leider unverständlichen Abhandlung ist glücklicher Weise ein ausführliches Resume in deutscher Sprache beigegeben. Der Autor schreibt in diesem über unsere Pflanze: »Die zuweilen eine Anschwellung zeigenden Stengelstücke dieser Conifere sind von mehr oder weniger langgezogenen rhom- bischen Blattpolstern bedeckt; diese haben eine breite Längsfurche, welche meist etwas über der Alitte der Polster beginnt und ge- x) 1. c. Tafel V, Fig. 1. 2) Vergl. Seite 315 dieser Abhandlung. 3) »Die fossile Flora des Buntsandsteins und des Muschelkalkes der Umgegend von Commern« S. 136. (Palaeontographica Bd. 32.) Stuttgart 1885 — 86. 4) »Die Pflanzenreste der artinskischen und permisclien Ablagerungen im Osten des europäischen Russlands« S. 41. (Memoires du cornite geologique. Bd. II, No. 4.) Petersbourg 1887. 318 H. Potonik, Die fossile Pflanzen-Gattung Tylodendron. wohnlich bis zum unteren Ende verläuft, wodurch dieses in zwei fein zugespitzte Schenkel getheilt ist. An den meisten Stücken sind die Polster sehr in die Lauge gezogen und in der gleichen Richtung miteinander verschmolzen, sodass sie längsfurchigen Calamiten ähnlich erscheinen, sich aber von diesen dadurch unter- scheiden, dass die Rippen ungleich breit und an den Blattpolstern entsprechenden Stellen angeschwollen sind Ungeachtet der Unterschiede, welche verschiedene Exemplare zeigen, habe ich es nicht für möglich gefunden verschiedene Arten zu unter- O o scheiden « Obwohl Schmalhausen im Text — wenigstens im deutschen Resume — keinen Grund dafür angiebt, orientirt er in seiner Figur ]), welche ein sehr charakteristisches Stückchen von Tylo- dendron vorstellt, dasselbe anders als Weiss, indem die Mittel- furchen in seiner Figur die unteren Polsterhälften zweitheilen. Ich habe im obigen alle mir bekannt gewordenen Fund- orte von Tylodendron angegeben bis auf einen; ich entnehme denselben einem verkieselten Tylodendron -Exemplar des Roth- liegenden der Berliner Sammlung , dessen beigefügter Zettel von Weiss’ Hand die Auskunft giebt: » Tylodendron cf. speciosum. Uord westabhang der Nauenburg bei Kaichen (resp. Windecken), fiskalischer Steinbruch. Feg. v. Koenen 1879« 2). II. Anatomie von Tylodendron. Die von mir unternommene anatomische Neuuntersuchung von Tylodendron hat nun ergeben, dass die eigenthümlichen Reste dieser Pflanze eine vollständige Umdeutung erfahren müssen. *) 1. c. Taf. VII, Fig. 34. 2) Zur Vervollständigung der Tylodendron -Litteratur sei erwähnt, dass in den Abhandlungen des Botanischen Vereins der Provinz Brandenburg XXIX, Berlin 1888, eine vorläufige Mittheilung nach einem von mir im genannten Verein am 1 1. November 1887 gehaltenen Vortrag erschienen ist. Auch in den Berichten der Deutsch. Botan. Ges. (Jahrg. 1887, Bd. V, Heft 10) und der Deutsch, geol. Ges. ist je eine wenigzeilige Notiz zu finden. H. Potonik, Die fossile Pflanzen-Gattung Tylodendron. 319 Es standen zur anatomischen Untersuchung drei verkieselte Bruchstücke zur Verfügung, unter diesen als das besterhaltene und vollständigste auch das bereits von Weiss abgebildete J) und beschriebene Stück aus Ottweiler, das wir in den Figuren der Tat'. XII noch einmal veranschaulichen, und ausserdem zwei Herrn Prof. Weiss 1887 von A. Lapointe zugestellte kurze Stücke, angeb- lich aus der Gegend von Tholey, also ebenfalls aus dem Saar-Rhein- Gebiet stammend, welche zu der vorliegenden Nachuntersuchung die Veranlassung; gegeben haben. Aus dem Chemnitzer Roth- liegenden konnte ich Schliffe aus der städtischen Sammlung zu Chemnitz und des BoRNEMANN’schen Exemplars vergleichen. Ich will das Resultat der Untersuchung vorweg nehmen und erst dann die Thatsachen Vorbringen, welche zu demselben ge- führt haben. Tylodendron ist kein Holz, sondern das Mark und zwar allerdings einer Conifere, wahrscheinlich specieller von einer Araucariee in dem Sinne A. W. Eichler’s * 2). Es geht uns also mit Tylodendron genau so wie seinerzeit mit den Artisien, welche erst nach anatomischen Untersuchungen als die Markkörper der Cordaiten erkannt worden sind, nachdem sie bekanntlich vorher ebenfalls für Stämme gehalten worden waren; ihre den Markdiaphragmen entsprechenden, die Oberfläche charak- terisirenden Querfurchen galten demgemäss begreiflicherweise für die Insertionsstellen von Blättern. Die Oberflächenstructur von Tylodendron hat allerdings eine ganz andere Ursache als die der Artisien : sie wird durch den Verlauf der Primärbündel in den Thälern zwischen den Rhomben- feldern und der von diesen abgehenden Blattspuren — in den die halben Felder spaltenden Schlitzen — bedingt 3). An den best- *) Foss. Flora Taf. XIX— XX, Fig. 4 — 7. 2) »Coniferen« in Englek und Pkantl: Die natürlichen Pflanzenfamilien (Leipzig 1887). Auch im Folgenden richten wir uns nach der in dieser Bear- beitung gegebenen Nomenclatur und Systematik der Coniferen. 3) Ganz ähnliche Markkörper — die zuweilen ebenfalls im freien Zustande gefunden werden — besitzt Stigmaria. W. C. WiLLiAMSon (A. monograph of the morphology and histology of Stigmaria ßcoides. Taf. XIII, Fig. 64 u. 65. — The palaeontolographical Society. London 18S7) giebt Abbildungen von einem 320 H. Potonie, Die fossile Pflanzen- Gattung Tylodenclron. erhaltenen Stellen kann man an den Objecten wahrnehmen, dass der eine jener Schenkel, in welche die Hälfte jedes Feldes durch den Schlitz getheilt wird, wie Taf. Xllla, Figur 14 deutlich macht, etwas über den anderen hinausgeht. Dieser Umstand deutet wohl daraufhin, dass die Blattspuren von Tylodenclron um ein Geringes seitlich von der Längsmittellinie der Felder abgingen. Eine Folge dieser Erkenn tniss ist — um eine weitere Ueber- eiustimmung mit Bekanntem zu erzielen, nämlich der abgehenden Blattspur die übliche Lage zu geben — , dass wir Tylodenclron nun- mehr umgekehrt als bei WEISS orientiren müssen: also derartig, dass die Mittelfurche der Felder die untere Hälfte derselben theilt, wie in unseren Figuren 2, 10 u. 14. — Die vermeintliche Vege- tationsspitze des Otzenhausener Exemplares mag daher die übliche Verjüngung des Markkörpers an der Stelle, wo der Stamm mit der Hauptwurzel resp. der Zweig mit dem Stamm in Verbindung steht, vorstellen: ebenso wie die sich verjüngenden Enden der Calamiten - Steinkerne als Ausfüllungen der Markhöhlung nicht — wie früher angenommen — die Spitzen, sondern vielmehr die Ansatzstellen der Zweige an ihrem Mutterspross sind. Das Holz, von dem sich an den Tholeyer Exemplaren hier und da noch Spuren in den Primär-Leitbündel-Furchen der Mark- oberfläche erhalten haben, welches ferner in einem grösseren Stück mit einem Radial-Durchmesser von etwa 4 und einem Tangential- Durchmesser von etwa 2 Centimeter dem Ottweiler Exemplar an- hängt, H in den Fig. 1 u. 3, Taf. XII, gehört zu Araucarites Göppert, oder — ■ wenn man lieber will — Araucarioxylon Kraus. Von dem einen der Exemplare der Chemnitzer Sammlung mit verkieseltem Holz habe ich Schliffe gesehen und ebenso wie diejenigen des BoRNEMANN’scheu Exemplares mit den für meine Untersuchung angefertigten Schliffen der Stücke der Berliner Sammlung überein- stimmend gefunden. solchen und von einem Markltörper-Hohldruck, welche Objecte nicht nur die den primären Markstrahlen entsprechenden rhombischen Felder, sondern auch die das halbe Feld der Länge nach deutlich zweitheilenden Schlitze — den in die Appendices der Stigmarien eintretenden Spuren entsprechend — aufweisen. H. Potonie, Die fossile Pflanzen- Gattung Tylodendron. 321 Eine sichere »Art« -Bestimmung des Holzes ist meines Er- achtens nach mit Hilfe der vorliegenden Litteratur-Mittel jedoch nicht möglich. Die Gattung Araucarioxylon harrt einer gewissenhaften monographischen Bearbeitung. Nun hat ja allerdings G. Stenzel in Breslau im Aufträge der Akademie der Wissenschaften zu Berlin eine von Göppert hinterlassene Arbeit über palaeozoische Coniferen herausgegeben *), von welcher Göppert eine vorläufige Uebersicht im »Botanischen Centralblatt« von 1881 veröffentlicht hat, aber auch diese neueste Arbeit befriedigt das Bedürfniss nicht. Herr Prof. Stenzel schreibt mir: ...... In dem mir übersendeten, von anderer Hand aus dem Nachlass zusammengestellten Manuskript waren erstens nur die Hölzer der fossilen Coniferen der palaeozoischen Formation behandelt und auch von diesen fast nur die aus früheren Ver- öffentlichungen bekannten Diagnosen. Der fast gänzliche Mangel einer, auf den Werth der benutzten Merkmale eingehenden, ver- gleichenden Behandlung bestimmte mich hauptsächlich, der Aka- demie vorzuschlagen, von der Veröffentlichung der Monographie abzusehen und nur eine Auswahl von Arten, für welche bessere Abbildungen gegeben waren, zu veröffentlichen. Dieser Vorschlag ist angenommen und danach Cordaites Ouangondianus, Brandlingii, medullosus, Araucarites Thannensis, Ungeri, Beinertianus , Tschihcit- cheffianus , carbonaceus , Elberfeldensis und cupreus, endlich Pinites Conwentzianus neu bearbeitet worden. Von einer Abgrenzung dieser Arten gegen die zahlreichen anderen Araucariten- Hölzer, welche ich selbst würde als Dadoxylon bezeichnet haben, habe ich aber abgesehen, um nicht noch weiter, als es ohnehin schien, über das Original hinausgehen zu müssen. Eine Monographie der Araucariten- und Cordaiten-Hölzer in diesem Sinne ist daher heute noch ein frommer Wunsch. Ich würde schon zufrieden Nachträge zur Kenntniss der Coniferenhölzer der palaeozoischen For- mationen. Aus dem Nachlass von H. R. Göppert, im Aufträge der Kgl. Akademie der Wissenschaften bearbeitet von G. Stenzel, Berlin 1888. — Von Göppert schon in der Anmerkung auf Seite 2 des gedruckten Begleitschreibens zu dem »Arboretum fossile«, einer »Sammlung von Dünnschliffen fossiler Coniferen- Hölzer der palaeozoischen Formation gefertigt von Voigt & Hochgesang in Göttingen« (1880) angekiindigt. Jahrbuch 1887. 21 322 H. Potonik, Die fossile Pflanzen-Gattung Tylodendron. sein, wenn ich einige Bausteine dazu beigetragen hätte, welche von einem späteren Bearbeiter verwendet werden könnten.« Demnach muss ich mich vorläufig auf die Beschreibung dessen, was ich aus meinen Schliffen ermitteln konnte, beschränken. Nur möchte ich auf den von Göppert x) beschriebenen Araucarites meduttosus, der sich durch einen auffallend grossen Markcylinder auszeiclmet, wenigstens liinweisen, da er zum Theil wohl mit Tylodendron zusammenfällt. Die der Diagnose beigegebene Radialschliff - Figur* 2) bietet allerdings nur sehr wenig dar; die Traclieiden zeigen hier vier Reihen gehöfter Tüpfel, in der Diagnose p'iebt Göppert 2 — 4 Reihen an. Im SxENZEL’schen Nachtraa: o o zeigen die Figuren 1 — 3, die Diagnose giebt 1 — 2 (3 — 4) Tüpfel- reihen an. Meine Schliffe durch das Holz von Tylodendron zeigen ein oder zwei, selten drei Tüpfel-Reihen, Fig. 5, und in dieser Flinsicht stimmt es eher z. B. mit Araucarites Rhodeanus Göpp. 3) überein. Eine sichere Bestimmung nach der bisherigen Litteratur scheint mir aber — wie gesagt — unmöglich, und G. Kraus4) hat ganz Recht, wenn er sich dahin äussert, dass falls man nicht den allein richtigen Weg des Analogieschlusses von der Jetzt- auf die Vorwelt verlassen wolle, man unbedingt zugeben müsse, dass von einer Art - Unterscheidung »der Araucarien« einer und derselben Formation nach dem Holzbau gar nicht die Rede sein könne. Er geht jedoch vielleicht etwas zu weit, wenn er Arau- carites stigmolithos Ung. sp. , stellaris Göpp., Valdojolensis Moug., Richteri Ung. sp., Kutorgae Merkl., Brandlingi , Rhodeanus, pachy- tichus, Fleurotü, cupreus Göpp. und permicus Merkl. unterschieds- los mit Araucarites Schrollianus Göpp. zusammenbringt: es sind die Diagnosen dieser »Arten« für ihn nur Diagnosen von Indi- viduen. ') »Die fossile Flora der Perinischen Formation« S. 259 — 260 (Palaeonto- graphica Bd. 511). — Cassel 1864 — 65. 2) 1. c. Taf. LX, Fig. 8. 3) 1. c. S. 256. 4) »Zur Kenntniss der Araucarien des Rothliegenden und der Steinkohlen- formation« S. 70 — 71 (Würzburger naturw- Zeitschr. Herausgeg. v. d. physik. - medicin. Gesellsch. Bd. VI). — Würzburg 1866 — 1867. H. Potonie, Die fossile Pflanzen-Gattung Tylodendron. 323 Die periodischen Anschwellungen des Tylodendron- Markes sind mit denen im Mark des Hauptstammes lebender Araucarieen, an den Stellen wo die Zweigquirle abgehen, zu vergleichen. Schon äusserlich betrachtet zeigen viele lebenden Araucarieen, z. B. Arau- caria brasiliana Lamb. , A. Bidwillii Hook, und A. imbricata R. et Pav. an den bezeichneten Stellen ganz deutliche Ver- dickungen, und zwei Stammstücke der letztgenannten Art, die ich zu untersuchen Gelegenheit hatte, ergaben denn auch in der That eine entsprechende Erweiterung in dem verhältnissmässig grossen Mark. Der Querdurchmesser des Markkörpers an den Anschwel- lungen im Vergleich mit dem Querdurchmesser des Markes an anderen Stellen ergiebt durchaus das gleiche Verhältniss wie bei Tylodendron. Unsere Figur 12 bietet zum Vergleich die Abbildung eines (von Herrn E. Oiimann für mich hergestellten) Wachsabgusses des Markes mit einer Anschwellung im Haupt-Stamm von Arau- caria imbricata in natürlicher Grösse. Meine Deutung befindet sich auch — wie wir gesehen haben — vollständig im Einklang mit dem Befund an dem einer An- schwellung entsprechenden Ottweiler Exemplar (Fig. 1 — 3) mit einem Astrest a, sowie an dem von Zeiller beschriebenen Stück mit »Astnarben« und endlich an dem Exemplar Bornemann’s, welches gleichfalls einen von der Anschwellung abgehenden Ast aufweist. Das Ottweiler Stück zeigt übrigens ausser jenem Ast- rest ebenfalls solche »Astnarben« zwischen den Rhombenfeldern: b, Fig. 1 u. 2. Bei Ayathis australis Salisb. (= Dammara australis Lamb.) ist eine Markanschwellung des Hauptstammes an den Stellen der Zweigquirle ebenfalls zu beobachten, wenn auch nicht so auf- fallend wie bei Araucaria imbricata. — Bei Pinus-Arten und ver- wandten Arten aus anderen Gattungen, auch bei der ein besonders grosses Mark besitzenden Pinus nigricans Host habe ich solche Anschwellungen nicht finden können, ferner auch nicht bei den im Königl. botanischen Garten zu Berlin vorhandenen Taxoideen (Arten der Gattungen Phyllocladus, Ginkgo, Cephalotaxus, Torreya, Taxus, Podocarpus, Dacrydium ), die desshalb zu untersuchen 21* 324 H. Potonie, Die fossile Pflanzen-Gattung Tylodendron. waren, weil aus den Funden hervorgeht, dass die bis jetzt be- kannten echten Coniferen der palaeozoischen Formationen ver- muthlich zu dieser Abtheilung gehören J). Was mich mit veranlasst hat Tylodendron mit Araucarites medullosus zu vergleichen, ist die bemerkenswerthe Figur 5 in Göppert’s citirter Arbeit* 2). Diese Figur stellt einen Holzrest mit Markcylinder seiner äusseren Ansicht nach dar; sie entspricht einer Anschwellung, wie wir solche an den Astquirlen des Stammes lebender Araucarien kennen gelernt haben. Göppert macht auf diese sich deutlich markirende Anschwellung zwar nicht aufmerk- sam, wohl aber auf einen an der breitesten Stelle bemerkbaren Aststumpf. Fig. 14 in der STENZEL'schen Bearbeitung von der nachgelassenen Arbeit Göppert’s über palaeozoische Coniferen- hölzer bietet eine Stelle mit quirlig stehenden Astabgängen. — Es ist allerdings dabei zu beachten, dass T. Sterzel 3) das Holz eines Stammstückchens — wie ich mich überzeugt habe — mit deutlichem Artisia-Mark als Araucarites medullosus bestimmt hat. Die vom Holz hergestellten Dünnschliffe sind aber ziemlich mangelhaft und lassen sich wohl besser als Cordaites ( Cordaioxylon ) Brandlingii bestimmen. Herr Dr. Sterzel betonte mir gegenüber übrigens auch schriftlich und mündlich, dass Araucarites medullosus verschiedenen Gattungen anzugehören scheine, eine Ansicht, der ich — wie schon S. 322 angedeutet — durchaus beipflichte. Auch beschreibt Göppert 4) ein Stammstück von Araucarites Rliodeanus von zwei Fuss Durchmesser, welches vier in einen Quirl gestellte Astnarben aufweist. Auch dieses Stück zeigt sich auf der beigegebenen Abbildung 5) an dieser Stelle gelinde an- geschwollen. Das Auftreten längerer Felder unter den Anschwellungen und kürzerer über denselben bei Tylodendron speciosum ist eben- b Vergl. A. Schenk in Zittel’s Handbuch der Palaeontologie. Bd. II, Lief. III, S. 259. — München und Leipzig 1884. 2) 1. c. Taf. LX. 3) »Palaeontologischer Charakter der oberen Steinkohlenformation und des Rothliegenden im erzgebirgischen Becken« S. 26G — 267. (Siebenter Bericht der naturw. Gesellsch. zu Chemnitz.) Chemnitz 1881. 4) 1. c. S. 257. 5) 1. c. Taf. LXIV, Fig. 8. H. Potonib, Die fossile Pflanzen-Gattung Tylodendron. 325 falls nichts Besonderes im Vergleich mit lebenden Pflanzen; denn man findet oftmals bei Coniferen — z. B. bei einem mir gerade vorliegenden dünnen Zweig von Pinus nigricans — die Blattpolster unterhalb der Zweigquirle länger als oberhalb derselben: ein Ver- bältniss, das sich im Verlauf der Primär-Leitbündel doch ebenfalls kund geben muss. Unser Wachsabdruck des Markes von Araucaria imbricata (Fig. 12) zeigt genau dieselbe Rhombenfeldbildung auf seiner Oberfläche wie Tylodendron. Figur 13 zeigt ein solches Feld vergrössert. Die Felder werden auf den Strecken zwischen den Anschwellungen mehr oder minder undeutlich, sie verlängern sich hier bedeutend, so dass die von Schmalhausen erwähnte Cala- miten - ähnliche Streifung zu Stande kommt. Auch die Birken- felder Exemplare der Berliner Sammlung zeigen an den ent- sprechenden Stellen diese Streifung sehr deutlich. Das KÖNEN’sche Tylodendron -Exemplar der Berliner Sammlung ähnelt unserem Wachsabdruck von Araucaria so sehr, dass es sogar die die Ast- ansätze andeutenden Markvorsprünge (a, Fig. 12) an der einzigen Anschwellung besitzt. Wir gehen nun zur eingehenderen Beschreibung der Ana- tomie über. Von dem besten, nämlich dem Ottweiler Exemplar habe ich — um dieses Unicum möglichst zu schonen — ein Scheibchen von nicht einem Centimeter Höbe untersucht, aus dem sich aber genügend viele Schliffe zur Erforschung des Wesentlichsten haben hersteilen lassen. Das Mark. Fig. 7 u. 9. Der Markkörper zeigt auf dem Querschliff (Fig. 7) in allen seinen Theilen ein gleichmässiges, grosszeiliges, dünnwandiges Parenchym, welches allerdings an einigen Stellen der Präparate durch kieselige, strukturlose Substanz ersetzt ist; jedoch lässt sich durch Combination ermitteln, dass auch hier dasselbe Parenchym vorhanden gewesen sein muss. An manchen Stellen ist es so vorzüglich erhalten, dass sogar die Intercellularräume constatirbar sind. Im Längsschliff zeigen sich die Zellen niedriger als breit, 326 H. Potonie, Die fossile Pflanzen-Gattung Tylodendron. nur hier und da höher als breit wie in Fig. 9. Längsschliffe durch das Mark des BoRNEMANN’schen Exemplares zeigen etwas wie längsverlaufende, mit einer dunklen Substanz angefüllte Gänge von der Breite einer Parenchymzelle; diese Gebilde bedürfen je- doch noch näherer Untersuchung. Au den bis jetzt vorhandenen Schliffen der Stücke der Berliner Sammlung konnte ich Aelmliches nicht bemerken. Das vollständig: für Schliffe aufgebrauchte kleinere LAPOiNTE’sche Stück zeigt auf Längsschliffen verschwommen - parenchymatische, den Markraum durchquerende Gewebeplatten, die sich nach der Peripherie zu in mehrere spalten, während die zwischen den Platten liegenden Partieen ausschliesslich Kieselsubstanz bergen resp. ganz frei von Material sind. Unsere Figur 11 zeigt einen solchen Längsschliff, geführt von der Peripherie des Markes bis zur Centralachse desselben. Es ist diese Eigenthümlichkeit nur auf eine besondere Art des Verwesungsprocesses vor dem Beginn der Verkieselung zurückzuführen, sodass die fraglichen Quer- platten nicht etwa als Diaphragmen gedeutet werden können. — Aehnliches habe ich an dem ausfaulenden Mark eines Stammes von Cycas revoluta beobachtet. — Auch die Tylodendron -Exem- plare der Chemnitzer Sammlung zeigen häufig die beschriebenen Pseudodiaphragmen . Das Holz. Fig. 4, 5, 6 u. 8. Der Querschliff zeigt in der Markkrone — in den Furchen zwischen den Rhombenfeldern und in dem halbirenden Schlitz — Holzkeile aus kleineren, sehr bald radial voreinander gestellten Tracheiden (Fig. 4). Auf dem radialen Längsschliff durch die Markkrone habe ich Spiralgefässe erkennen können (Fig. 8), und in der Markkrone des BoRNEMANN’schen Exemplares sind deut- liche Treppenhydroiden bemerkbar; sonst besteht das Holz aus Tracheiden mit gehöften, kreisförmigen Tüpfeln auf den radialen Wandungen (Fig. 5), welche auf diesen einreihig oder in zwei, sehr selten in drei alternirenden Reihen oft so dicht stehen, dass sie sich berühren und hierdurch häufig an den Berührungsstellen H. Potonie, Die fossile Pflanzen-Gattung Tylodendron. 327 polygonal werden. Die Poren in den Tüpfel-Wölbungen er- scheinen — an den wenigen Stellen wo sie bemerkt werden können — kreisförmig. Die Markstrahlen bilden, wie der Holz-Querschnitt (Fig. 4) und der Holz-Tangentialschnitt (Fig. 6) zeigen, im Secundärholz meist nur einzellschichtige, nur selten streckenweise auch zweizellschichtige Lamellen. Die Höhe derselben kann auf dem Holz- Tangential- schnitt bis über 20 Zellen betragen. Die Länge der Markstrahl- zellen beträgt 2 ^ bis 3 Trachei'den-Querdurchmesser. Auf ihren Radialwänden tragen die Markstrahlelemente spaltenförmige, schief- stehende Poren; es lässt sich an mehreren Stellen der Präparate ausmachen, dass diese Tüpfel linksschief zur Längsaxe der Mark- strahlzellen gerichtet sind: in Fig. 5 wurden die bei oberer mikro- skopischer Einstellung sichtbaren Tüpfel nur conturirt, die bei unterer Erstellung sichtbaren vollständig schwarz zugelegt. Gleiche schiefgestellte Poren finden sich auf den Markstrahlzell- wänden an dem Präparat von Araucarites Rhodeanus in der schon genannten von Göppert herausgegebenen Sammlung »Arboretum fossile Q«. Jahresringe habe ich im Holz von Tylodendron nicht be- merkt. Ein von WEISS gesammeltes, in der Sammlung der geolo- gischen Landesanstalt befindliches Holzstück von Ottweiler (Ott- weiler Schichten) zeigt genau denselben Bau wie das Tylodendron- Holz. Herrn Prof. Stenzel habe ich 3 Schliffe von Tylodendron gesandt. Er schreibt mir über dieselben: »Soviel ich bei Durchsicht der Schliffe gesehen habe, hat das Holz ganz den Araucariten- oder Dadoxylon-Charakter. Dass die Tüpfelhöfe meist kreisrund sind, spricht bei der unvollständigen Erhaltung derselben nicht dagegen; ich habe bei keinem Tüpfel einen deutlichen Porus gesehen. Dass namentlich einreihige Tüpfel breitgedrückt- elliptisch sind, kommt auch bei anderen l) Sammlung von Dünnschliffen fossiler Coniferen- Hölzer der palaeozoischen Formationen gefertigt von Voigt & Hochgesang in Göttingen 1880. 328 H. Potonib, Die fossile Pflanzen-Gattung Tylodendron. Arten, z. B. Araucarites cupreus vor. Die Häufigkeit einreihiger Tüpfel ist auffallend, aber sie sind keineswegs nur bei dieser Art vorkommend. Einen Punkt, welchen ich bei Besprechung von Corddites Brandlingii behandelt habe, können Sie vielleicht auch benutzen : die Höhe der Markstrahlzellen verglichen mit der der Tüpfel. Bei Tylodendron sind sie etwa so hoch wie zwei Tüpfel, fast ebenso bei Corddites medullosus, Araucarites cupreus; bei Cor- ddites Brandlingi und Araucarites ccerbonaceus nur wie l1/^ Tüpfel. Bei T schihatchef fianus über 3; bei Ungeri, Beinertianus 6. Aber der Werth des Merkmals bedarf noch weiterer Prüfung«. III. Ergebmiss bezüglich der systematischen Stellung von Tylodendron. Nach alledem scheint mir Tylodendron bis auf Weiteres — wie schon gesagt — zu den Araucarieen, jedenfalls aber zu den echten Coniferen gestellt werden zu dürfen. Letzteres ausdrück- lich zu bemerken, ist nicht überflüssig, da ja durch C. Grand’ Eury a) nachgewiesen worden ist, dass die Cordai'ten, welche so- wohl zu den Cycadaceen als auch zu den Coniferen — innerhalb dieser specieller zu den Taxoideen — Beziehungen aufweisen, Holz von Araucarioxylon - Struktur besessen haben. Zwar hat Grand’ Eury nur Hölzer vou dem charakteristischen Bau des Araucarites Brandlingii Göpp. mit mehrzellschichtigen Markstrahlen und Tracheiden mit 3 — 4, selten 2 oder öreihigen, dicht ge- drängten und polygonal erscheinenden gehöften Tüpfeln als sicher zu Cordaites - Blüthenständen gehörig nachgewiesen , und nur solche können zunächst daher mit Recht als zu Cordaiten gehörig bezeichnet werden; aber man darf doch nicht behaupten wollen, dass wegen dieses Nachweises auch alle übrigen Hölzer der palaeozoi sehen Formationen mit Araucarioxylon-Struktur desshalb ebenfalls Corda'iten-Hölzer seien. x) »Flore carbonifere du Departement de la Loire et du centre de la France« p. 248 u. ff. — Paris 1877. H. Potonib, Die fossile Pflanzen-Gattung Tylodendron. 329 Uebrigens spricht, abgesehen vom anatomischen Bau des Holzes, für die echte Coniferen - Natur unseres Gewächses der Verlauf' der Primärbündel, welcher mit dem mancher lebenden Coniferen übereinstimmt — man vergleiche z. B. nur die von H. Th. Geyler *) gegebenen Abbildungen des Bündelverlaufes von Juniperus nana (gilt nach Angabe des Autors auch für Juni- perus communis ) und Callitris quadrivalvis — und endlich noch die charakteristischen Anschwellungen im Mark gleich denen bei jetztlebenden Araucarieen. Die im freien Zustande unter dem Namen Artisia bekannten Markkörper von Cordaiten haben ja eine ganz andere Oberflächen-Beschaffenheit als die Tylodendron- Markkörper und die Verzweigung der Cordaiten - Stämme ist vor allen Dingen im allgemeinen auch nicht quirlig wie bei Tijlo- dendron. Wenn nun auch für den kritischen Sinn vieler Forscher der Hinweis auf die Uebereinstimmung des Holzbaues von Tylo- dendron mit dem der Araucarieen, ferner der Markanschwellungen, wie solche bei den jetzt lebenden Gymnospermen doch für die Araucarieen charakteristisch zu sein scheinen, mit Recht nicht genügen wird, um schon aus diesen Daten die zweifellose Zu- gehörigkeit von Tylodendron zu den Araucarieen hcrzuleiten — namentlich weil auch in den Schichten , in denen Tylodendron vorkommt, bislang noch keine sicheren Araucarieen- Blüthenreste gefunden worden sind — , so wird doch immerhin an der echten Coniferen - Natur von Tylodendron weniger gezweifelt werden können. Die Richtigkeit der KRAUS’schen Angabe vorausgesetzt, dass sich aus der absoluten Grösse und dem Verhältniss der tangen- tialen Holzzellbreite zur Breite des Tüpfelhofes echte Araucarien von araucarien-ähnlichen aber nicht zu ersteren gehörenden Hölzern unterscheiden lassen * 2), würde Tylodendron übrigens ebenfalls zu 9 »Ueber den Gefässbündelverlauf in den Laubblattregionen der Coniferen« Taf. I, Fig. 1 u. 3 (Prinqsheim’s Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik Bd. VI). — Leipzig 1867 — 1868. 2) »Ueber das Araucarioxylon« (Sitzungsberichte der naturforschenden Ge- sellschaft zu Halle. Sitzung vom 25. November 1882). 330 H. Potonie, Die fossile Pflanzen-Gattung Tylodendron. den Araucarieen gestellt werden können: wenigstens auf Grund des Verhältnisses jener beiden Grössen, welches mit dem bei lebenden Araucarien übereinstimmt. Kraus giebt für lebende Araucarien an *) : für die tangentiale Holzzellbreite 25,3 — 34,0 Mikromillimeter, für die Grösse des Tüpfelhofes 9,2 — 10,5 Mikro- millimeter, ergiebt ein Verhältniss von 3:1. Beim Tylodendron- Holz fand ich an meinen Schliffen die tangentiale Holzzellbreite im Mittel 48,07 Mikromillimeter, die Grösse des Tüpfelhofes zu 15,51 Mikromillimeter ergiebt ebenfalls das Verhältniss 3:1. Wegen der KRAüs’schen Ermittelungen musste ich auf diese Zahlen ein- gehen, wenn ich auch kein Gewicht auf dieselben lege; weist doch Kraus selber in einer späteren Arbeit* 2) nach, »dass Grössen- messungen nur unter besonders günstigen Verhältnissen und unter genau bestimmbaren Beschränkungen Anwendung für specifische Diagnostik finden können«. Ich bemerke hierzu, dass die von mir angestellten Messungen bezüglich der absoluten Grössen mit den Angaben von Kraus nicht recht übereinstimmen; denn z. B. für seinen Typus I der Araucarioxyla, wohin Tylodendron gehören müsste, giebt Kraus die Zahlen 25,8 — 38,8 für die tangentiale Holzzellbreite und 14,3 — 16,7 für die Grösse des Tüpfelhofes an, also Zahlen, denen das Verhältniss 2 : 1 entspricht. Alles zusammen genommen geht jedenfalls soviel aus der vorausgehenden Untersuchung hervor, dass sich das Wenige, was wir zur Zeit von Tylodendron kennen, nur mit dem von den jetztlebenden Araucarieen her Bekannten in vollen Einklang bringen lässt. Die end- gültige Entscheidung, ob die Araucarieen, wie Schenk3) und andere Autoren angeben, wirklich erst in der meso- zoischen Zeit auftreten, bleibt daher der Zukunft Vor- behalten. *) ]. c. S. 3 des Separat- Abzuges. 2) »Beiträge zur Kenntuiss fossiler Hölzer. II. Zur Diagnostik des Coniferen- Holzes« S. 95 (Abhandl. der naturforschenden Gesellsch. zu Halle. XVI. Band). — Halle 1886. 3) 1. c. S. 279. H. Potonie, Die fossile Pflanzen-Gattung Tylodendron. 331 Zusammenfassung des Resultates. Die Tylodendron- Petrefaeten sind nicht , wie bisher ange- nommen wurde, ganze resp. entrindete Stämme, sondern nur Mark- körper. Die Felder der Oberfläche derselben sind demgemäss keine Blattpolster, kommen vielmehr durch den Verlauf der Primärbündel und der von diesen abgehenden Blattspuren in den Furchen der Oberfläche zu Stande. Ein ähnlicher Bündelverlauf ist bei Coniferen zu beobachten. Die periodischen Anschwellungen von Tylodendron entsprechen denen des Markes lebender Arau- carien an den Stellen, wo die Zweigquirle abgehen. Das Holz gehört zu Araucarioxylon im engeren Sinne. Der Bau von Tylo- dendron und seines Holzes weist auf die systematische Zugehörig- keit der in Rede stehenden Petrefaeten zu den Araucarieen. In halts-U ebersicht. Seite Vorbemerkung 311 I. Unsere bisherigen Kenntnisse über Tylodendron ........ 311 II. Anatomie von Tylodendron 3 IS III. Ergebniss bezüglich der systematischen Stellung von Tylodendron . . 328 Zusammenfassung des Resultates 331 Tafel -Erklärungen und 3 Tafeln. lieber gewisse nicht liercynisclie Störungen am Südwestrand des Thüringer Waldes. Von Herrn H. Proescholdt in Meiningen. Die Arbeiten von Credner und Cotta, namentlich aber die Specialaufnahmen der letzten Jahre haben in dem fränkischen Vorland des Thüringer Waldes eine grosse Anzahl von in nord- westlicher Richtung verlaufenden (hercynischen) Störungen nach- gewiesen , die in langen Linien den Bruchrand des Gebirges be- gleiten. Einzelne Theile der Dislocationen sind monographisch behandelt worden 1), andere sind im Zusammenhang auf den von Loretz aufgenommenen und bereits herausgegebenen Blättern Eisfeld, Meeder, Neustadt a. d. Heide zur Darstellung gekommen. Aus diesen Karten scheint hervorzugehen, dass der orographische und geologische Bau des auf ihnen dargestellten Terrains aus- schliesslich durch hercynische Störungen bestimmt ist. In dem nordwestlich anstossenden Gebiet treten indessen neben denselben ') Bücking, Gebirgsstörungen und Erosionserscheinungen südwestlich vom Thüringer Walde. Jahrb. d. König!. Preuss. geol. Landesanstalt 1880, S. 60 — 105; Fkantzen, Die Störungen in der Umgebung des Grossen Dollmars bei Meiningen. Ebenda, S. 106 — 136; Bücking, Gebirgsstörungen südwestlich vom Thüringer Walde etc. Jahrb. 1882, S. 33 — 43; Pkoescholdt, Die Marisfelder Mulde und der Feldstein bei Themar. Ebenda, S. 190 — 218; Bücking, Gebirgsstörungen südwestlich vom Thüriuger Walde. Jahrb. 1884, S. 546 — 555; Bücking, Ge- birgsstörungen südwestlich vom Thüringer Walde. Jahrb. 1886, S. 40—43, H. Proescholdt, Ueber gewisse nicht hercynische Störungen etc. 333 auch Störungen anderer Richtung auf, die an Energie allerdings hinter den ersteren zurücktreten. Doch ist ihre Bedeutung grösser, als man aus den dürftigen Notizen in der Literatur schliessen darf. Nach ihrer Entstehung kann man sie in zwei Gruppen trennen. Die eine umfasst Störungen von geringer Erstreckung und Intensität und von unbestimmter Richtung; sie sind jedenfalls gleichzeitig mit den hercynischen entstanden und zwar infolge des sehr verschiedenen Widerstandes der verschiedenen Gebirgsglieder gegen Faltung und Zerreissung. Sie können als Localstörungen bezeichnet werden und bedürfen keiner weiteren Besprechung. Die andere Gruppe zeigt ein wesentlich abweichendes Verhalten, wie aus dem Folgenden ersichtlich sein wird. Auf ihr zugehörige Störungen wies zuerst Emmrich hin : »Wenn wir den Keuper am Dollmar 850 Fuss höher liegend finden als bei Marisfeld, so sehen wir darin die Folge einer Senkung, deren Richtung durch frühere Störungen in der Richtung des nordwestlichen Thüringer Waldes vorbereitet wurde. Die verwickelten Lagerungsverhältnisse dieser Versenkungsmulde, in der sich Schollen des Letten- und rothen Keupers erhalten konnten, stehen wohl mit der Bildung des Dollmars in Zusammenhang.« Emmrich schreibt also diese Niveaudifferenz einer Hebung durch den Dollmarbasalt und einer Senkung in liercynischer Richtung zu. Viel bestimmter spricht sich über ähnliche Störungen Frantzen * 2) aus. Er unterscheidet Faltungen und Brüche des Gebirges nach zwei Richtungen, »von denen jedoch diejenigen, welche von Südwesten nach Nordosten laufen, den Faltungen und Störungen der Thüringer Wald-Richtung an Bedeutung sehr nach- stehen. Zu den rechtwinklig gegen den Thüringer Wald laufenden Faltungen gehört z. B. die flache, muldenförmige Einsenkung der Schichten in der Nähe des Helbaer Grundes bei Meiningen. Ferner liegt nördlich von der Wellenkalkgrenze in ca. 5 Kilometer Entfernung von ihr im Buntsandstein die bedeutendere und mit 0 Geologische Skizze der Umgegend von Meiningen. Realschulprogramm Meiningen 1873, S. 12 — 13. 2) Die Störungen in der Umgegend des Grossen Dollmars bei Meiningen. Jahrb. d. Königl. Pr. geol. Landcsanstalt für 1880. S. 100—107. 334 H. Proescholdt, Ueber gewisse nicht hercynische Störungen Brüchen verbundene, grabenartige Schichtensenkung bei Wasungen. Dass die Faltungen, welche ein gegen den Thüringer Wald recht- winkliges Streichen zeigen, ebenso gut wie diejenigen, welche mit ihm parallel gehen, mit dem Aufsteigen der Basalte in Zusammen- hang stehen, darauf deutet z. B. die Lage der Mehmelser Kuppe bei Mehmels an der Westseite der Werra, nicht weit von Wa- sungen. Dieser kleine Basaltausbruch liegt nahe bei der erwähnten Gebirgsstürung bei Wasungen, und zwar annähernd in ihrem Streichen, nimmt also eine ganz ähnliche Lage zu der Störung bei Wasungen ein, wie der Grosse Dollmar zu den Faltungen und Verwerfungen in seiner Umgebung«. Frantzen unterscheidet also von den hercynischen Störungen solche, die rechtwinklig gegen den Thüringer Wald, also nord- östlich, gerichtet sind, die aber ebenso wie die ersteren durch die Eruption der Basalte hervorgerufen sein sollen. In meiner Abhandlung über die Marisfelder Mulde sind nord- östliche Störungen nicht erwähnt worden. Die fortgesetzten Unter- suchungen haben aber ergeben, dass dieselben sich durchaus nicht auf die von Frantzen angeführten Fälle beschränken, sondern weit verbreitet sind. Am besten lässt sich das Auftreten der- Fig. 1. Gr Oollmar selben aus den beiden beigegebenen Profilen beurtheilen. Das eine folgt der Tiefeulinie der Marisfelder Mulde vom Dollmar bis über den Feldstein hinaus, läuft also von Nordwesten nach Süd- osten , das andere gleich lange und dem vorigen parallele liegt südlich ab und durchschneidet das Gebiet ausserhalb der Dislo- cationen. Der Verticalabstand beider Profile liegt demnach in nordöstlicher Richtung und beträgt 3 Kilometer. Da das Gebirge, am Südwestrand des Thüringer Waldes. 335 das von Südwesten her an die Marisfelder Störungen stösst, eine deutliche, wenn auch schwache Faltung im liercynischen Sinne zeigt, so haben die Angaben der Meereshöhen von ein und der- selben Schicht in dem zweiten Profil nur bedingten Werth; die Fehler werden jedoch durch die hercynische Richtung desselben zum grössten Theil ausgeglichen. Die Profile lassen sofort erkennen, dass sowohl die Maris- felder Mulde als auch das von den Störungen nicht betroffene Gebiet eine Faltung in südwestlich - nordöstlicher Richtung zeigt, also senkrecht gegen die hercynische. Sehr schön sind die ent- sprechenden Sattel- und Muldenbiegungen des letzteren an den Steilrändern des Werrathals aufgeschlossen, so namentlich bei Vachdorf. Ein genaues Studium der Karten lässt übrigens deut- lich erkennen, dass die Sättel und Mulden in und ausserhalb der Mulde mit einander correspondiren; in der Mulde erscheinen sie vertiefter und intensiver, ausserhalb derselben werden sie wegen der erwähnten hercynischen Faltung undeutlicher. Recht auf- fällig ist die wellenförmige Lagerung der Schichten in nordöst- lieber Richtung am Feldstein bei Themar und seiner Umgebung. Sie tritt hier nicht nur in weiten Sätteln und Mulden auf, son- dern auch als förmliche Runzelung. Spuren dieser Faltung lassen sich noch weit nach Süden nachweisen, so z. B. recht hervor- tretend in der Nähe des Dorfes Steinfeld bei Rodach. Bei gleich- massigem Einfallen der Schichten nach Südwesten zeigt der Aus- strich derselben durchaus keinen nordwestlichen Verlauf, sondern wellenförmiges Auf- und Abbiegen und zwar vollständig unab- hängig vom orographisclieu Bau des Terrains. Das beigegebene Situationsbild mag die Verhältnisse veranschaulichen. 336 H. Proescholdt, Ueber gewisse nicht hercynische Störungen Da in diesem Falle, wie gesagt, an Erosionserscheinnngen nicht gedacht werden kann, so lässt sich dieses eigentümliche Verhalten der Lagerung nur dadurch erklären, dass die Schichten bereits in nordöstlich -südwestlich streichende Sättel und Mulden zusammengeschoben waren, ehe sie in südwestlicher Richtung einsanken. Wenn hier noch Zweifel vorhanden sein könnten, so würden dieselben sicherlich schwinden durch die Aufschlüsse, die die im Bau befindliche Hildburghäuser Heldburger Bahn in der Nähe liefert. Die Einschnitte derselben am sogenannten Hahnritz zeigen auf das deutlichste starke Faltungen der Letten- kohlenschichten in nordöstlicher Richtung, ja sogar Ueberfaltung, wie die Figur darstellt. Es dürfte überflüssig sein , noch weitere Beispiele als Nach- weis anzuführen, dass das Gebirge südwestlich der Marisfelder Störungen von Faltungen betroffen worden sind, die mit den hercynisclien Dislocationen ungefähr einen rechten Winkel bilden. Nördlich der Marisfelder Mulde ist der Nachweis viel schwieriger. o Denn die Muschelkalkschichten in diesem Gebiet sind in nord- westlicher Richtung steil aufgerichtet, stehen sogar in langer Er- streckung auf dem Kopf; sodass eine früher vorhandene Faltung nicht mehr erkennbar ist. Der Buntsandstein, der bis zum Rand des Thüringer Waldes noch ein breites Band bildet, liegt zwar flacher, indessen bereiten der Mangel an Aufschlüssen bezüglich der Schichtenstellung, die grosse Mächtigkeit der einzelnen Glieder und vor Allem die petrograpliische Beschaffenheit derselben x) dem *) Der Gerolle -führende Sandstein geht auf Section Themar durch allmäh- liches Verschwinden der Gerolle und Zurücktreten des Kornes nach und nach in feinkörnigen über. Es wiederholen sich aber gerade hier starke Einlage- rungen von grobkörnigem Sandstein und machen dadurch auch die Unterschei- dung von dem typisch groben unsicher. Vergl. Zeitscbr. d. Deutsch, geol. Ges. 1887, S. .343, 35S. am Südwestrand des Thüringer Waldes. 337 genaueren Einblick in den Gebirgsbau sehr grosse Schwierigkeiten. Dass aber nordöstliche Faltung nicht fehlt, folgt aus dem Hervor- treten von Zechstein und Rothliegendem am Kleinen Thüringer Wald. lieber der Dyas folgt in ungestörter Lagerung der Buntsandstein, der auf dem Kopf des Gruber Schneebergs in 1845 Decimalfuss Meereshöhe mit dem Gerolle führenden endigt, während der höhere Horizont, der grobe, in nordwestlicher Rich- tung schon in 1200 Fuss Höhe ansteht. Recht bemerkbar ist die Faltung bei Ebertshausen-Benshausen; ihr folgt eine Strecke des Thaies der Lichtenau, und in der weiteren Umgebung lässt sich nicht gar selten ein nordwestliches oder südöstliches Einfallen der Buntsandsteinschichten beobachten. Es sind also in dem Gebirge südwestlich vom Thüringer Wald neben den hercynischen Dislocationen auch solche in nord- östlicher Richtung vorhanden. Sie äussern sich vorzugsweise in Faltungen, seltener in Verwerfungen, wie bei Wasungen. Diese Lagerungsverhältnisse erinnern sogleich an den Bau des südöst- lichen Thüringer Waldes und lassen eine besonders grosse Aehn- liclikeit mit denen erkennen , die Loretz x) aus der Gegend von Gräfenthal eingehend dargestellt hat. Wie dort herrscht, was den Vorgang der Faltung anbetrifft, auch hier von den beiden tectonisclien Richtungen die nordöstlich-südwestliche, also die erz- gebirgische vor, während die liercynische in den Vordergrund tritt, was Verwerfungen betrifft. Wie dort entspricht auch hier der Schichtenausstrich nicht immer dem Streichen. Während aber die Orographie des Thüringer Waldes wesentlich durch das Vorherrschen der erzgebirgischen Richtung hervorgerufen ist, tritt diese in dem südlichen Vorland an Bedeutung hinter der hercy- nischen zurück. Es fragt sich nun zunächst, wie das zeitliche Verhältniss der beiden tectonisclien Richtungen oder Kräfte beschaffen ist. Loretz* 2), dem dieselbe Frage bezüglich des südöstlichen Thüringer Waldes Vorgelegen hat, hat dieselbe dahin beantwortet, dass jeden- ') Zur Beurtheilung der beiden Haupt- Streicbrichtungen im südöstlichen Thüririger Walde. Jahrb. d. Königl. Preuss. geol. Landesanstalt, S. 84—104. 2) 1. c. S. 98-101. Jahrbuch 1887. 22 338 H. Proescholdt, lieber gewisse nicht hercynische Störungen falls ein Theil der Wirkungen in hercynischer Richtung erst nach erfolgter Hauptfaltung im erzgebirgischen Sinne eingetreten sei, ein Theil jedoch oder die erste Anlage mancher nordwestlich streichenden Sattel- und Muldenbiea;un2:en aber auch aus früherer Zeit herrühren könne. Dieser Beurtheilung kann man sich fast vollinhaltlich auch in Bezug auf das fränkische Vorland an- schliessen. Vergleicht man die Sattel- und Muldenbiegungen in nord- östlicher Richtung innerhalb der Marisfelder Mulde mit denen des anstossenden , nicht gestörten Gebietes , wie in den Profilen dargestellt ist, so geht daraus mit ziemlicher Gewissheit hervor, dass die hercynischen Brüche und Faltungen in einen Theil der Erdoberfläche eingebrochen sind , der bereits in nordöstlich streichende flache und steile Mulden und Sättel gelegt war. Fast noch deutlicher als an den Marisfelder Störungen tritt dieses Verhalten in der Gegend von Rodach hervor. Hier wird das einst im erzgebirgischen Sinn gefaltete Gebirge von einigen her- cynischen Verwerfungen und zwar Ueberschiebungen durch- schnitten, an deren Linien die entsprechenden Sattel- und Mulden- linien eine seitliche Verschiebung aufweisen. Aus dem Altersverhältniss der beiden tectonischen Rich- tungen im Vorland ergiebt sich, dass die erzgebirgische zu einer Zeit entstanden sein muss, in der der Thüringer Wald noch nicht als ein Horst aus seiner Umgebung hervorragte. Die nordöst- lichen Falten bei Themar, Rodach etc. sind gewissermaassen Er- innerungen an jene Periode, in der das Gebirge mit dem fränkischen Senkungsfeld ein zusammenhängendes Ganze bildete. Denn die hercynischen Störungen der Gegend sind wohl sicherlich erst mit und nach dem Absinken erfolgt, obwohl es keinem Zweifel unter- liegt, dass die hercynische Kraft schon viel früher thätig war. Jedenfalls ist das Auftreten von nordöstlicher Faltung daselbst nicht zu verwechseln mit der Erscheinung, die SüESS »Unter- brochene Gebirgsfaltung« nennt, trotzdem ausserordentlich grosse Aehnlichkeit vorhanden ist. Denn Suess x) versteht darunter, wie b Ueber unterbrochene Gebirgsfaltung. Sitzungsberichte der Kais. Acad. d. Wissenschaften. Wien. Bd. XC1V, S. 111 — 117. am Südwestrand des Thüringer Waldes. 339 er sagt, einen posthumen Versuch der Gebirgsbildung auf dem Senkungsfeld selbst. Nach dieser Theorie müsste die nordöstliche Faltung Nordostfrankens gleichzeitig oder gar später als die her- cynischen Störungen eingetreten sein, eine Zeitfolge, die aus den Lagerungsverhältnissen nicht gefolgert werden darf. Höchstens kann man in dem vorliegenden Fall nur in dem Sinne von unter- brochener Gebirgsfaltung reden , als nach Liebe t) in Ost- thüringen die im erzgebirgischen Sinn wirkende Kraft hauptsäch- lich in der vorcarbonischen Zeit thätig war. Aus der Existenz und der Zeitfolge der beiden teutonischen Wirkungen ergeben sich Resultate, die geeignet sind, neues Licht auf manche Erscheinung in der Architectur des fränkischen Vor- landes zu werfen. So ist es nicht richtig, wenn man ohne Weiteres in den verschiedenen Höhenlagen ein und derselben Schicht das Ausmaass der Intensität der hercynischen Störungen zu bemessen glaubt, wie das bisher geschehen ist. Wenn z. B. Emmrich * 2) in der Thatsache, dass am Dollmar der Keuper 850 Fuss höher liegt als bei Marisfeld, die Folge einer Senkung sieht, deren Richtung durch frühere Störungen in der Richtung des nordwestlichen Thüringer Waldes vorbereitet wurde, so ist diese Angabe dahin zu berichtigen, dass diese bedeutende Niveau- differenz in erster Linie durch Faltung im erzgebirgischen Sinn entstanden ist und dann nachträglich durch hercynische Störungen bis zum vollen Betrag gebracht wurde. Bei seinen Untersuchungen über die Störungen in der Um- gebung des Grossen Dollmars ist Frantzen 3) zu dem Resultate gekommen, dass infolge des Basaltausbruches eine locale Hebung des Gebirges an diesem Berge eingetreten sei, deren Länge von Norden nach Süden etwa 5^2 Kilometer betrage. Bei Betrachtung der Karte, der ja zuverlässige Aufnahmen zu Grunde liegen, hat in der That diese Annahme etwas Bestechendes für sich. Trotz- dem ist sie unrichtig. Frantzen ist zu seiner Annahme verführt worden einestheils durch das Ansteigen der Schichten nach der 9 Uebersieht über den Sehicbtenaufbau Ostthüringens, S. 68. 2) a. a. 0. S. 9 u. 12. 3) a. a. 0. S. 116 — 117. 22* \ 340 H. Proescholdt, Ueber gewisse nicht hercynische Störungen Höhe des Berges zu nicht nur von Südwesten nach Nordosten, sondern auch von Süden nach Norden, anderntheils durch auf- fällige Lagerungsverhältnisse in der Gegend südlich von Kühn- dorf, da wo die Hebung beginnen soll. Hier zeigen die Schichten ein Fallen nach dem Dollmar hin, also ein nordwestliches, ändern jedoch dasselbe wieder südlich davon gegen das Schwarzathal zu in das umgekehrte. Diese Lagerungsverhältnisse sind nichts anderes als das com- binirte Resultat von grossartiger Erosion und 2 auf einander senk- recht wirkender, aber zeitlich getrennter tectonischer Kräfte. Vom Nordwestfuss des Dollmar läuft nach dem Werrathal bei Wall- dorf und jenseits desselben nach Melkers und weiter nach der Rhön zu ein scharf ausgeprägter Wellenkalksteilrand, dessen Schichten südöstlich einfallen. Er gehört einer nordöstlich streichenden Falte an, die ursprünglich nicht gegen den Dollmar anstieg, sondern horizontal lag. Ihr laufen nach Südosten zu andere Faltungen parallel, so ein Sattel in der Gegend südlich von Kühndorf, dessen Fortsetzung sowohl südlich als nördlich x) noch nachweisbar ist. Das so gefaltete Gebirge ist später in hercynisclier Richtung aufgerichtet worden. Wo die Schichten steil stehen, ist natürlich von der ehemaligen Querfaltung sehr wenig oder nichts zu bemerken, wo aber, wie von Kühndorf nach dem Schwarzathal zu, durch die Erosion dieselben Schichten in flacher Lagerung entblösst werden, da müssen die ehemaligen nordöstlich streichenden Sättel und Mulden bei nordwestlicher Hebung, wenn diese Bezeichnung erlaubt ist, die Ausstriche geben, die auf der Karte des Dollmar von Frantzen südlich von Kühn- dorf sichtbar sind. Unter solchen Umständen wird man sogar das ursprüngliche Fallen der Schichten zu beobachten im Stande sein, wie es eben bei Kühndorf der Fall ist. Erzgebirgische und hercynische Dislocationen, Faltungen und Verwerfungen bedingen natürlich eine förmliche Gitterstructur des Landes, die ihren Ausdruck nicht nur in der Thalbildung, sondern auch in der Verbreitung der Formationsglieder findet. Ist die- b Im Christeser Grund trifft man im Streichen dieses Sattels die Buntsand- steinschichten mit einem Fallen nach Südwesten und Südosten an. am Südwestrand des Thüringer Waldes. 341 selbe auch hauptsächlich durch die hercyuische tectonische Kraft als durch die intensivere und jüngere bedingt, so lässt sich die Wirkung der älteren doch auch vielfach erkennen. Schon die CREDNER’sche Karte zeigt deutlich, dass die nach dem Thüringer Wald zu vorgeschobene Partie mittlerer und oberer Triasschichten zwischen dem Dollmar und dem Feldstein auf beiden Flanken mit nordöstlichem Ausstrich endigt, entsprechend dem südöstlichen und nordwestlichem Einfallen. Ebenso auffällig ist der Ausstrich des Wellenkalks auf Blatt Neustadt a. d. Heide, bei Kronach und an anderen Orten. Sehr wahrscheinlich hängt auch das Auftreten mancher vereinzelter Schollen irgend eines Formationsgliedes, z. B. des Zechsteins, mit der früheren erzgebirgischen Sattelung zu- sammen, wie das am Kleinen Thüringer Wald bei Bischofsrod, wie denn auch das Auftreten und Verschwinden von älteren und jüngeren Schichten an Verwerfungsspalten wohl nicht immer durch eine wechselnde Intensität des Verwurfs, sondern auch durch eine frühere Querfaltung der verworfenen Schichten in manchen Fällen zu erklären ist. Die erzgebirgische Faltung scheint schliesslich in einem sehr bestimmten ursächlichen Zusammenhang zu stehen zu dem Auf- treten und der Richtung der zahlreichen Basaltgänge in Nord- ostfranken, die auf den Blättern Meeder, Rodach, Heldburg, Römhild, Hildburghausen, Themar und Schleusingen zu Tage gehen. Die Mächtigkeit ist meist sehr gering, 0,6 bis 1 Meter, wird aber beträchtlich am Straufhain und bei den nördlichen Gängen am Ottilienstein und Feldstein bei Themar und der Steinsburg bei Suhl. Die Gänge, besonders die schmalen, erreichen häufig eine bedeutende Länge; auf Section Rodach konnte einer gegen 6 Kilometer weit verfolgt werden. Heber die mineralo- gische Zusammensetzung liegen Untersuchungen vor von Loretz1), Bücking 2) , Luedecke 3) und mir 4). Dieselben sind von mir 0 Text zu Blatt Meeder, S. 34—35. 3) Jahrb. d. Königl. Preuss. geol. Landesanstalt für 1880, S. 164 — 189. 3) Zeitschr. für Naturwissenschaften, LVI. Band, Halle 1883, S. 661. Die Ortsangaben sind hierin nicht immer richtig. 4) Jahrb. d. Königl. Preuss. geol. Landesanstalt für 1883, S, 180 — 181. Ebenda für 1886, p. lv. 342 H. Proescholdt, TJeber gewisse nicht hercynische Störungen fortgesetzt, aber noch nicht abgeschlossen worden. Nach den- selben herrschen durchaus 1) Nephelinbasalte vor; nur die Gänge an der Peripherie des gesammten Gebiets, und zwar im Westen auf der Section Römhild am Einfahrtsberg, im Norden auf den Blättern Themar und Schleusingen an den eben erwähnten Locali- täten sind Feldspathbasalte und Basanite. Alle diese Gänge laufen parallel mit einander und halten in ihrem Streichen nahezu oder völlig die erzgebirgische Richtung ein. Der Parallelismus derselben erinnert an den der Küstenflüsse der Normandie, Picardie und des Artois, welchen Daubree2) auf den Parallelismus von das Gebiet durchziehenden Diaclasen zurückzuführen ver- sucht. Zuweilen erregt es den Anschein, als wenn die Gänge durch spätere kleinere und grössere Verwerfer eine seitliche, nordwestlich -südöstliche Verschiebung erfahren hätten; in den Sedimentärschichten konnten jedoch entsprechende Lagerungs- verhältnisse nicht beobachtet werden. Es ist nicht leicht, für das Auftreten der Basalte eine be- friedigende Erklärung zu geben. Dass die Uebereinstimmung im Streichen der unter sich parallelen Gänge mit der erzgebirgischen Faltung eine rein zufällige ist, wird wohl Niemand annehmen. Die Vermuthung, dass hier ein ursächlicher Zusammenhang vor- liegt, wird überdies um so lebendiger, wenn man sieht, dass da, wo die nordöstliche Faltung am auffälligsten erscheint, die Gänge besonders mächtig auftreten wie am Feldstein. Bei dem Versuch einer Erklärung stellt sich zuerst die Frage in den Vordergrund: Sind die Basalte älter als die Faltung, die durch ihr Hervortreten erst entstanden ist, oder sind sie jünger als dieselbe und haben ihren Weg in einer Richtung genommen, die ihnen gewissermaassen infolge bestimmter tectonischer Vor- gänge vorgeschrieben war? Der erste Theil der Frage ist entsprechend der in jüngster Zeit gewonnenen Einsicht über das Verhältniss der Basalte zu den grossen tectonischen Vorgängen der Gebirgsbildung zu ver- neinen. Bei dem absolut passiven Verhalten der an die Basalte ') Der Nephelin tritt zuweilen bis zum Verschwinden zurück. 2) Bullet, de la soc. geol. de France Ser. 3, t. VII, p. 144. am Südwestrand des Thüringer Waldes. 343 stossenden Schichten ist an irgend welche Hebung durch die Eruption derselben gar nicht zu denken. Wodurch ist aber die gleich bleibende Richtung der Basalt- gänge veranlasst worden? Es liegt sehr nahe, in ihr die Folge desselben nordwestlich wirkenden Horizontaldruckes zu sehen, der die nordöstlich streichenden Sättel und Mulden der Gegend zu- sammengeschoben hat. Es ist wohl denkbar und physikalisch möglich, dass ein der- artiger lang anhaltender Process neben der Faltung der gepressten Schichten die Cohäsion in einer senkrecht gegen den Druck stehenden Richtung modificirt und dadurch Erscheinungen hervor- ruft, die die grösste Aehnlichke.it mit den Diaclasen Daubree’s1) zeigen. Die Abtheilung der Lithoclasen oder Brüche des be- rühmten Verfassers zeigt nach ihm Neigung, sich parallel unter sich in zwei oder mehrere Systeme zu gruppiren, jedoch herrscht häufig ein System vollständig vor. Baubree hat bekanntlich solche Spaltensysteme experimentell durch Torsion oder Druck erzeugt, aber wie er selbst2) sagt: »la regularite geometrique ne peut etre obtenue qu’au moyen de precautions particulieres«. Die von ihm erzielten Resultate lassen sich daher nicht ohne Weiteres auf die Verhältnisse im Gebirge anwenden. Uebrigens sind die Diaclasen nur graduell verschieden von seinen »paraclases« oder »failles«, unseren Verwerfungen, da Daübree3) selbst angiebt, dass entlang der Diaclasen deutlicher Verwurf constatirt werden konnte und auf den Wänden Gleitflächen oder Harnische zu sehen waren; ebenso seine »piesoclases«. Man könnte annehmen, dass das Basalt- magma, durch das Sinken der fränkischen Scholle in die Tiefe *) Essai de geologie experimentale, p. 289 etc. und Les eaux souterraines ä l’epoque aetuelle, 1. 1, p. 132 — 143. 3) Les eaux souterraines etc. p. 143. Yergl. Lossen: Ueber ein durch Zu- fall etc. Jahrb. für 1886, S. 337. 3) a. a. 0. p. 145. Es geht das namentlich auch aus seinen Besprechungen der Quellen, vorzüglich der Thermen hervor, so z. B. der von Carlsbad ( S. 286). Die Diaclasen, aus denen die Quellen hervorbrechen, sind identisch mit den beiden Verwerfungssystemen Hochstetter’s, die die verschiedenen Granite durch- setzen und , beiläufig bemerkt, auch das Egerthal bei Ellbogen z. Th. vorgebildet haben, wie ich in dem letzten Winter beobachtet habe. 344 H. Proescholdt, Ueber gewisse nicht hereynische Störungen in die Höhe gepresst, auf Diaclasen ähnlichen Spalten zur Ober- fläche emporstieg. Die Dichtung der Spalten war durch den im erzgebirgischen Sinn wirkenden Druck vorher gegeben worden. Allein eine derartige Erklärung befriedigt nicht in jeder Beziehung, wenigstens für sich allein nicht, obgleich Vieles für sie spricht. Mir scheint es, als ob die Richtung und der Parallelismus der Basaltgänge gar nicht einfacher und verständlicher erklärt werden könnten als durch die Ansichten, welche von Koenen t) über den Bau von Mulden und Sätteln ausgesprochen hat, und welche ich in nicht vereinzelten Fällen als richtig erkennen konnte. Der Erguss des Basaltes durch Mulden- und Sattelspalten, von denen die ersteren der Natur der Sache nach viel häufiger benutzt werden als die letzteren, würde genau das Bild ergeben, das die Basalt- gänge in Nordostfranken darbieten. Man kann dagegen allerdings mit Recht einwenden, dass die flachen nordöstlichen Sättel und Mulden, die in den Triasschichten bemerkbar sind, keine Veran- lassung zur Zerreissung des Schichtenverbändes gegeben haben können oder doch höchstens zur Entstehung von nur ganz ver- einzelten Spalten. Aber diesen Einwand kann man entkräften, sowie man den Versuch macht, sich eine Vorstellung von der Structur der Schichten unter der Trias zu verschaffen. Dazu haben wir manche zuverlässige Anhaltspunkte. Der südöstliche Thüringer Wald ist ein Abrasionsplateau, das ehemals von Trias und Dyas überlagert wurde, von der sich Reste bis zum heutigen Tage erhalten haben. Im Schiefergebirge machen sich 2 tecto- nische Richtungen geltend, eine südwestlich-nordöstliche und eine südöstlich-nordwestliche, von denen die erstere hauptsächlich in Faltungen sich äussert und älterer Entstehung im Allgemeinen ist. Sicherlich dürfen wir anuehmen, dass die nordöstliche Faltung des Gebirges der Hauptsache nach beendigt war, ehe an der Bruch- linie des Thüringer Waldes ein Theil desselben in die Tiefe sank. Dieser abgesunkene Theil des Schiefergebirges muss dann natür- lich auch iu nordösticher Richtung gefaltet sein, und da die erz- b Ueber das Verhalten von Dislocationen im nordwestlichen Deutschland. Jahrb. für 1885, S. 53 — 83, am Südwestrand des Thüringer Waldes. 345 gebirgische Faltung des alten Gebirges sehr energisch gewesen ist, so können wir erst recht bei demselben von Sattel- nnd Mulden- spalten im Sinne von Koenen’s sprechen. Die Richtung und der Parallelismus der Basaltgänge erklären sich dann sehr einfach. Die Basaltmasse ist während des Absinkens Fraukens auf den Muldenspalten des alten , nordöstlich gefalteten , und nieder- sinkenden Schiefergebirges aufgestiegen und hat dann in der auf- gezwängten Richtung das überlagernde Schichtensystem durch- brochen; dieses um so leichter, wenn es wie in unserem Fall den- selben Faltungsprocess, nur schwächer durchgemacht hat. Diese Theorie erklärt zunächst die immerhin befremdliche Thatsache, dass nirgends ein Basaltgang in hercynisclier Richtung trotz der zahlreichen nordwestlich verlaufenden Brüche in unserem Gebiet zu Tage tritt. Sie erklärt aber auch in ganz überraschender und einfacher Weise, warum die Basaltgänge bald ganz vereinzelt, bald in Gesellschaft mit einander auftreten. von Koenen x) schreibt, nachdem er auseinander gesetzt, dass Schichtenbiegungen ohne Zertrümmerung der Schichten nicht denkbar und auch nirgends nachgewiesen sind: »Ich glaube vielmehr annehmen zu müssen, dass bei uns im Grossen und Ganzen entweder nur in den sogenannten Mulden- und Sattel - Linien Zerreissungen der Schichten, mit einem Worte »Spalten« entstanden, so dass die tafelartigen Gebirgsmassen zwischen den Sattel- und Mulden- Spalten immer in ungestörtem Zusammenhang blieben, oder es wurden durch Nebenspalten, welche annähernd dasselbe Streichen wie die Hanpt-Mulden- und Sattel-Spalten erhielten, stärker ge- störte, resp. geneigte oder aufgerichtete Gebirgstheile von den übrigen, ziemlich ungestört gebliebenen Massen abgetrennt, oder endlich — und dies ist das am meisten an wirkliche Sättel und Mulden erinnernde — es entstanden eine ganze Anzahl paralleler oder schwach divergirender und convergirender enger Spalten, welche sich leichter der Beobachtung entziehen, so dass bei mangelhaften Aufschlüssen oder oberflächlicher Untersuchung die Schichten dann wohl einfach gebogen erscheinen; von diesen b a. a. 0. S. 56. 346 H. Proescholdt, Ueber gewisse nicht hercyniscke Störunge] Spalten ist aber gewöhnlich eine auf der Sattel- resp. Mulden-Linie liegende etwas stärker entwickelt und desshalb als Haupt- Sattel- resp. Mulden -Spalte zu bezeichnen gegenüber den die Sattel- und Mulden-Flügel durchsetzenden »Nebenspalten«. Ganz gewöhnlich verschwächt sich aber eine solche Hauptspalte im Fortstreichen, und eine benachbarte Nebenspalte öffnet sich weiter und wird dann allmählich zur Hauptspalte, ebenso wie durch Verschwinden oder Erscheinen von Nebenspalten Uebergänge und Zwischenformen zwischen diesen Haupt- Typen nichts weniger als ungewöhnlich sind«. Vergleicht man nun mit dieser Schilderung das Auftreten der Basaltgänge, wie sie bald vereinzelt, bald vergesellschaftet erscheinen, bald in ansehnlicher, bald in kaum nennenswerther Mächtigkeit zu Tage treten und häufig anscheinend durch Quer- störungen seitliche Verschiebungen aufweisen, so ist der causale Zusammenhang in die Augen springend. Die Basaltgänge in Nordostfranken verrathen die Structur des unter der Trias und Dyas lagernden Schiefergebirges. Dislocationen in nordöstlicher Richtung scheinen im fränkischen Senkungsgebiet weit verbreitet zu sein. Ich habe früher nach- gewiesen, dass die äusserst verwickelten Lagerungsverhältnisse am Südostrande der Rhön durch das Durchkreuzen von 3 Spalten- systemen, in nordwestlicher, nordöstlicher und nordsüdlicher Rich- tung hervorgerufen werden *). Herr von Koenen hat indessen die Selbstständigkeit der nordöstlichen Verwerfungen in Frage gestellt und die Vermuthung ausgesprochen, dass dieselben ent- weder als Querbrüche zu den Nordwestspalten oder als etwas mehr nach Osten abweichende Süd-Nordspalten aufzufassen seien* 2). !) Geologische und petrograph. Beiträge zur Kenntniss der Langen Rhön. Jahrb. d. Königl. Preuss. geol. Landesanstalt für 1884, S. 242. 2) a. a. 0. S. 77. Herr von Koenen scheint anzunehmen, dass ich die Auf- findung der Nord -Südspalten in der Ostrhön für mich in Anspruch nehmen wolle. Das ist ein Missverständniss. Ich habe nur das Nebeneinandervor- kommen der drei Spaltensysteme betont. Die Entdeckung der nord- südlichen Rhönrichtung konnte ich mir um so weniger zuschreiben, als kurz zuvor Frantzen dieselbe in seiner Arbeit über den Dollmar erwähnt hatte, ohne Emsirich’s zu gedenken. Dies zur Klarstellung, namentlich gegen das sehr subjectiv gehaltene Referat im Neuen Jahrbuch für Mineralogie etc. 1886, II. Bd., S. 237, gelegent- lich dessen Erwähnung ich entschieden Verwahrung einlege gegen die Unter- schiebung, als hätte ich Mittheilungen von Embirich als eigene ausgegeben. am Südwestrand des Thüringer Waldes. 347 Dieser Deutung kann ich nach meinen Erfahrungen nicht zu- stimmen; ich kann hier nur wiederholen, dass in der Gegend von Ostheim Verwerfungen in erzgebirgischer Richtung ebenso zahlreich und wirkungsvoll auftreten als diejenigen der beiden anderen Richtungen. Bereits von Gümbel führte eine Kreuzung von süd- östlichen und südwestlichen Verwerfungen bei Kissingen an l). Aehnliche Verhältnisse kenne ich aus der Gegend von Neustadt a. d. Saale, und Lenk kommt in seiner jüngst erschienenen Ab- handlung 2) zu dem Resultat, dass die Lagerungsstörungen der südlichen Rhön sich in solche mit nordwestlicher und solche mit nordöstlicher Richtung gruppiren. Zu den letzteren gehören z. B. die Lagerungsstörungen bei dem Bad Brückenau. Nach Lenk ist es übrigens nicht unwahrscheinlich, dass dem nordöstlichen Spaltensystem manche Basaltgänge angehören, so der Zug der Bammersfelder Kuppe3), die in h. 2 streicht, demnach wie der Ottilienstein und Feldstein und andere Gänge bei Themar und Hildburghausen. lieber das gegenseitige zeitliche Verhältniss sind keine Angaben gemacht worden. Es erscheinen also in Nordfranken neben den Südostdisloca- tionen auch solche in nordöstlicher Richtung und zwar in grosser Verbreitung. Es steht zu hoffen, dass, wenn das Auftreten der beiden Systeme, wie auch das der Nordsüdstörungen kartographisch festgestellt ist, sich wichtige Aufschlüsse über die Zeitfolge der- selben, ihren Ursprung und ihre Bedeutung für Oro- und Hydro- graphie ergeben werden. Es ist im Laufe unserer Untersuchung der Nachweis zu führen versucht worden, dass die Faltungen wie überhaupt die Disloca- tionen in nordöstlicher Richtung im fränkischen Vorland des Thüringer Waldes älter sind, als die hercynischen Mulden, Brüche und Ueberscliiebungen, welche den Bruchrand des Gebirges be- gleiten und die ersteren sehr verwischt haben. Es wäre irrthüm- lich, daraus zu folgern, dass die tectonischen Kräfte in hercy- nischem Sinne erst dann ihre Wirksamkeit begannen, als bereits ]) Bad. Kissingen von Sotiek, S. 13 — 16. 3) Zur geologischen Kenntniss der Südlichen Rhön. 3) a. a. 0. S. 31. 348 H. Proesoholdt, Ueber gewisse nicht hercynische Störungen etc. die erzgebirgische faltende Kraft erloschen war. Nach Liebe1) sind ja beide Kräfte schon in vorcarbonischer Zeit in Ostthüringen thätig gewesen. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass dieselben gleichzeitig in Wirkung treten konnten. Für Südostthüringen hat allerdings Loretz2) das gleichzeitige Auftreten verneint, da hier- selbst im Gebirgsbau eine einheitliche dritte Streichrichtung fehlt, wie sie in dem Falle resultiren müsste. In dem fränkischen Vor- land treten aber zuweilen Lagerungsverhältnisse hervor, in denen man wohl das Resultat gemeinsamen und gleichzeitigen Wirkens der beiden technischen Kräfte erkennen kann. Hierher möchte ich manche nordsüdliche oder nahezu nordsüdliche Dislocation in der Umgebung des Feldsteins und des Werrathals zwischen Themar und Hildburghansen rechnen. Sie sind vielleicht älteren Ursprungs als die nordwestlichen Spalten und Faltungen. Auch im Thüringer Becken sind Dislocationen in nahezu nordöstlicher Richtung nachweisbar. Sie ergeben sich aus dem Studium der Karten, sind aber jüngst besonders hervorgehoben worden aus der Umgebung von Jena3). Wie in Franken treten sie auch hier hauptsächlich als Faltungen auf und treten an Be- deutung hinter den hercynischen zurück. Meiningen, im April 1888. b a. a. 0. S. 48—41. 3) a. a. 0. S. 98. 3) R. Wagner, Die Formationen des Buntsandsteins und des Muschelkalkes bei Jena; ferner Mittbeilungen der Geograph. Gesellschaft zu Jena 1888, S. 172. Diluviale Süsswasser-Conchylien auf primärer Lagerstätte in Ostpreussen. Von Herrn Henry Schröder in Berlin. (Hierzu Tafel XIV.) Vor zwei Jahren entdeckte ich gelegentlich der Kartirung der Blätter Krekollen und Siegfridswalde zwei neue Fuudpunkte mariner Diluvialconchylien auf primärer Lagerstätte1) im Herzen von Ostpreussen. Die Untersuchung der Gegend ist seit- dem weiter nach Osten vorgeschritten und hat zu der Auffindung eines ausgezeichneten Fundpunktes diluvialer Süsswasser- concliylien auf ebenfalls zweifellos ursprünglicher Lagerstätte geführt. Lindenberg bei Rössel. Der Punkt liegt ca. 2 Kilometer von der Kreisstadt Rössel südlich der nach dem Wallfahrtsorte Heiligelinde führenden Chaussee an dem Communicationswege, der von ihr nach dem Rittergut Kattmedien abführt. Betritt man diesen Weg von der Chaussee aus, so hat man nach einer kurzen Strecke zu rechter Hand eine ca. 0/2 Meter tiefe Grube vor sich, in welcher in deutlicher *) Schröder, Ueber zwei neue Fundpunkte mariner Diluvialconchylien in Ostpreussen. Dieses Jakrb. für 1885, S. 219. 350 Henry Schrödrr, Diluviale Süsswasser-Conchylien Weise typischer Geschiebemergel aufgeschlossen ist. Derselbe besitzt ziemlich bedeutenden Thongehalt , hat -eine rothbraune Farbe und ist von Kalksträhnen durchzogen ; er zerklüftet in mehr oder minder grosse, scharfkantige Stücke von ausser- ordentlicher Festigkeit; Geschiebe sind in ihm in normaler Weise vertheilt. Dass derselbe oberdiluvialen Alters, lässt sich kaum be- zweifeln; zunächst ergiebt seine Verbreitung und zeigen die in der Nähe der Grenze zum Unterdiluvium gelegenen Aufschlüsse, dass derselbe discordant dem Grand, Sand und Thonmergel auf- lagert und dass dieser Geschiebemergel das höchste in dieser Gegend entwickelte diluviale Gebilde ist. Was seine Beziehungen zu den entsprechenden Bildungen im mittleren Norddeutschland betrifft, so kann ich hier nur wiederholen, was ich im Jahre 1886 gesagt habe1): »Durch die Kartiruug im Maassstabe 1 : 100 000 und die sich anschliessende im Maassstabe 1 : 25 000 ist constatirt, dass ein Geschiebemergel sich von der Meeresküste auf die höchsten Punkte des masurischen Landrückens heraufzieht.« Innerhalb der Gebiete, die unter meiner Bearbeitung gestanden haben, kann ich mit Bestimmtheit behaupten, dass dieselbe Geschiebemergel-Bank bei 150' Meereshöhe die Oberfläche bildet wie bei 600'. Die Gründe, welche Berendt zu der Vermuthung veranlassten 2), die norddeutschen Höhenrücken haben unterdiluviales Alter d. h. wur- den von der zweiten Vergletscherung nicht überschritten, sind lediglich speculativer Natur. Bis jetzt liegt kein auf reinen Be- obachtungen basirender Grund vor, den höchsten Geschiebemergel Ostpreussens nicht als oberdiluvial aufzufassen. Verfolgt man den Weg von der oben genannten Mergelgrube, so beobachtet man bald auf der Kuppe des Hügels an der Ober- fläche, die leichter und sandiger wird, dass man an die Grenze zwischen Geschiebemergel und Sand gelangt ist. Noch einige Schritte, man steht vor einer grossen zu dem nahebei liegen- den Gute Lindenberg gehörigen Sandgrube, deren Ansicht auf Tafel XIV, Figur 1 gegeben ist3). Der grösste Tlieil der Gruben- ») 1. c. S. 229. 2) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1885, S. 807. 3) Die beiden Ansichten auf Tafel XIV sind nach den an Ort und Stelle ent- worfenen Skizzen des Herrn Regierungsbaumeister Schröder angefertigt. auf primärer Lagerstätte in Ostpreussen. 351 wände ist mit sandigen und grandigen Abrutschmassen bedeckt; nur an der östlichen Wand ist durch neue Abgrabungen ein Theil der Schichten entblösst, die in umstehendem Profil skizzirt sind. Unter 5 Meter grandigem Abrutsch beobachtet man nachstehende Schichtenfolge von oben nach unten: 1) 0,5 Meter Spathsand. 2) 0,15 » deutlich fein geschichteter Kalk. 3) 0,25 » feiner Sand mit wenigen Thonmergelstreifen. 4) 0,75 » feine Sande und dünne Thonmergelstreifen wechsellagernd mit vereinzelten Linsen gröberen Sandes resp. Grandes. 5) 3,00 » Spathsand, nicht durchsunken. Lassen sich diese einzelnen Schichten in der Mitte nun auch bequem trennen, so sind sie doch am nordwestlichen und südöstlichen Ende des Profils nicht mehr zu erkennen. Nach ersterer Richtung wird 2) 3) und 4) immer weniger mächtig, 2) verliert seinen Charakter als Kalk und wird durch dünne Thonstreifen zu einem dünngeschichteten Thonmergel; nach Süd- osten nimmt die Mächtigkeit der Schichten zu, zwischen 2) und 3) schiebt sich eine Grandlinse von 0,35 Meter Dicke ein und die obersten Schichten bilden hier einen deutlichen Sattel, der sich nach dem Liegenden zu vollständig ausgleicht; in der Lage 4) keilen sich die Thonmergelstreifen vollständig aus und ein feiner Spathsand tritt an seine Stelle. In den sämmtlichen Schichten 1) bis 4) habe ich Süsswasserconchylien in sehr verschieden- artiger Vertheilung gefunden. Während sie in 1) und 3) selten sind, ist der Kalk 2) vollständig von kleinen Schalenbruchstücken erfüllt und enthalten die feingeschichteten Thonmergelstreifen 4) zahlreiche wohlerhaltene Conchylien, die jedoch wegen ihrer Zer- brechlichkeit ausserordentlich schwer herauszubringen waren 1). In der Schicht 5) habe ich nie ein Conchyl bemerkt. Die Schichten fallen in schwacher Neigung gegen den Hori- zont nach Nordosten ein. Die von oben her von Sand und Thon befreite Schale wurde in ihrem Lager mit einer Lösung von Kopallack in Aether getränkt und erst nach voll- ständigem Verdunsten des Aethers herausgehoben. 352 Henry Schröder, Diluviale Süss wasser- Conchylien fl cs (n Bei Bartenstein ist das Profil: 1) Lehmig humoser Grand ...... 0,8 Meter 2) Grand 0,4 » 3) Humoser Grand 0,1 » 4) Lehmiger Grand 0,4 » 5) Grandiger Sand 1,0 » 6) Sand 0,6 » 7) Fayencemergel mit feinsandigen Einlagen 0,8 » (Derselbe wird 10 Meter westlich mindestens 2,0 Meter stark.) auf primärer Lagerstätte in Ostpreussen. 357 8) Grand 1,2 Meter 9) Grandiger Sand mit einzelnen Bänken von Fayencemergel 2,0 » 1 0) Grandiger Sand 1,0 » Die Schichten 7) 8) 9) enthalten hier die Fauna und zwar 7) am reichlichsten. Auch hier scheinen diese Schichten zwischen 2 unteren Mergeln zu liegen, doch ist ein directes Auflagern nicht beobachtet worden. Aus diesen Gründen stehe ich der Auf- fassung, dass diese Schichten unterdiluvial sind, immer noch etwas ' pessimistisch entgegen, und habe die Publication, trotzdem dass ich die Heilsberger Aufschlüsse schon 1882 gefunden habe, noch zurückgehalten. « Einen vierten Punkt beschreibt Jentzsch j) von der Heide- schanze von Taubendorf, Kreis Graudenz; er erwähnt von demselben einen von Süsswasser abgelagerten Grand, »wie eine darin liegende mit bröcklichen Schalen von Unio (oder Anodonta?) erfüllte Muschelbank beweist«; und bezeichnet ihn als interglacial. Auf Süsswasser deuten ferner die ™ l Neuenburg, 1 ori lasrer von / ( Purmallen und (iwilden bei Memel, ; Succase, Diatomeenmergel von < Vogelsang, ( Wilmsdorf und Domblitten bei Zinten hin. Sie sind sämmtlich zweifellos unterdiluvial und werden von Jentzsch als interglacial bezeichnet. Das geologische Niveau der in Ost- und Westpreussen ver- hältnissmässig seltenen Diluvialsäugethiere (abgesehen von den aus den Yoldiathonen bekannten) wird uns durch einen Fundort ‘) Schrift, d. naturf. Ges. zu Danzig VII, 1. S. 6. 358 Henry Schröder, Diluviale Süsswasser-Conchylien angegeben, der das vollständige Analogon zu dem durch seine Säugethierfauna so bekannten Rixdorf ist. Von Fort Neudamm bei Königsberg i. Fr. sind durch Schirrmacher :) zahlreiche Reste diluvialer Wirbel- thiere beschrieben worden, nachdem Jentzsch* 2) und Noetling3) bereits vorher auf diesen Punkt aufmerksam gemacht hatten. Das Profil des dort angelegten Wasserkanals wird angegeben als: Brauner Lehm resp. Mergel . . ca. 3,0 Meter, Spathsand ca. 1,5 » Grauer Mergel bis ca. 3,5 » In dem Spathsand sind nun zum Theil an einer ganz eng begrenzten Stelle folgende Reste 4) gefunden worden : Rhinoceros antiquitatis Blumenb. 1) Rechter m3 vollständig, 2) Rechtes Femur, Fragment der Diaphyse, 3) Linkes Femur, Caput und distales Gelenkfragment, 4) Linker Calcaneus, 5) Rechtes Ulnafragment. Equus caballus L. 1) Atlas, fast vollständig, 2) Linke Tibia mit distaler Gelenkfläche, 3) Rechter Metacarpus, proximales Ende, 4) Linker Calcaneus vollständig. Bos sp. 1) Epistropheus, Basalstück mit Proc. odontoideus und Resten der seitlichen Wirbelbogen, 2) Linke Ulna, proximaler Fortsatz, 3) Proc. spinosus eines Brustwirbels. ') Die diluvialen Wirbelthierreste der Provinzen Ost- und Westpreussen. Diss. inaug. Königsberg i/Pr. 1882, S. 11. 2) Schrift, d. Physik. -Oekon. Ges. 1877, S. 142. 3) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1881. 4) Demselben Niveau gehören ebenfalls die im Graben des 250 Meter ent- fernten Forts selbst gefundenen Knochen an. Dieselben sind in die folgende Auf- zählung aufgenommen. auf primärer Lagerstätte in Ostpreussen. 359 Elephas priniigenius Blumenb. 1) Stosszahnfragment 1,35 Meter Länge und 0,16 Meter Dicke, mittleres Stück, 3) L wohl einem Individuum angehörig, 4) Rechter Humerus, Fragment, 5) Rechter Radius, Fragment, 6) Calcaneus, 7} Rippen, 8 Bruchstücke. Ausserdem erwähnt Sci-iirrmacher noch eine ganze Reihe von Knochenbruchstücken , deren Erhaltungszustand zu einer Be- stimmung nicht hinreichte. Ich habe die Belegstücke der vier Species einzeln auf- geführt, um zu zeigen, dass wir hier nicht eine Ablagerung, in der vereinzelt wie auch sonst in Ostpreussen Wirbelthierreste Vor- kommen, vor uns haben. Die Zahl der Reste, ihre Beschränkung auf einen relativ eng begrenzten Raum und ihre Erhaltung, von der Schirrmacher ausdrücklich betont, dass der Gedanke eines längeren Transportes derselben ausgeschlossen ist, weisen vielmehr darauf hin, dass die diluvialen Säugethiere an Ort und Stelle gelebt haben. Nimmt man hierzu noch die Lagerung der Fauna zwischen zwei Geschiebemergeln und ihre zoologische Zusammen- setzung, so springt die Gleichheit aller Verhältnisse mit dem be- kannten Rixdorfer1) Fundorte in die Augen. 0 Bei dieser Gelegenheit bemerke ich zu der von Pohlig, Zeitsclir. d. Deutsch, geologischen Gesellschaft 1888, S. 806 gegebenen Anordnung der mitteleuro- päischen Diluvial-Säugethierfaunen, dass dieselbe den maassgebenden Principien einer geologisch - palaeontologischen Classification widerspricht. Berücksichtigt man nur die Elephas- und Rhinoceros -Arten, so ist die Rixdorfer Fauna gegen- über der Mosbacher und Taubacher, die hauptsächlich E. antiquus und Rh. Merckii führen, durch E. primigenius und Rh. antiquitatis charakterisirt, denn neben den sehr zahlreichen Belegstücken dieser beiden Species haben sich in Rixdorf nur ein Zahn von Rh. Merckii und nur ein Zahn, der nicht zu E. primi- genius gehört, gefunden. Mag letzterer nun als »broad crowned variety of E. antiquus Adams« oder als E. trogontherii Pohlig, einer Uebergangsform zwischen 2) R ' 360 Henry Schröder, Diluviale Siisswasser- Concliylien Man würde deshalb auch nicht fehlgehen, die Neudammer und Rixdorfer Säugethierfauna als gleichzeitig anzusprechen und die unter gleichen Lagerungsverhältnissen auftretende Diluvial- kohle. von Purmallen und die Conchylienlager von Lindenberg bei Rössel als Aequivalente der Interglacialschichten des Westens anzusehen, wenn dieser Parallelisirung der märkischen und alt- preussischen Diluvialbildungen nicht eiu gewichtiger Umstand entgegen stände. Die geologischen Verhältnisse an der Weichsel und auch im inneren Ostpreussen zwingen nämlich, wenn man von dem Vorhandensein von zwei durch eine Inter- glacialzeit getrennten Vergletscherungen Norddeutsch- lands ausgeht, zur Annahme von grossen Oscillationen des Eises, die nicht localer Natur waren, sondern sich über weite Flächen Alt- preussens ausdehnten. Diese Annahme ist begründet durch die Existenz von drei und mehr Geschiebemergeln übereinander und durch den von Jentzsch, Ebert, Klebs und mir geführten Nach- weis, dass diese Geschiebemergel in scharfer Trennung von ein- ander auf weite Strecken hin aushalten. Da man nun die Möglich- keit der Existenz von Faunen und Floren zwischen grossen Oscil- lationen einer Vergletscherung nicht bestreiten kann, so ist es bis jetzt für Ost- und Westpreussen nicht gelungen zu entscheiden, ob man in den Sanden und Thonmergeln, welche die Grund- moränen von einander trennen und die mehrfach thierische und pflanzliche Reste geliefert haben, nur interglaciale oder zum Theil auch interoscilläre Bildungen vor sich hat. Die Möglichkeit, dass die 3 oben namhaft gemachten Punkte einem geologischen Niveau angehören, ist allerdings nicht von der Hand zu weisen. Eine nach allen Richtungen hin sichergestellte Parallelisirung der östlichen und westlichen Diluvialbildungen wird sich erst E. meridionalis und primigenius , bestimmt werden, so kann man auf einen Zahn hin nicht die Altersstellung einer im fiebrigen ausreichend bekannten Fauna be- stimmen wollen, zumal wenn alle anderen Thier -Species derselben auf eine zoologische Beziehung zur Fauna des Löss hindeuten und ihr in Folge dessen mit mehr Recht nicht die älteste sondern die jüngste Stelle in der Reihe der Säugethierfaunen anweisen. Uebrigens halte ich die Frage nach dem Alters- verhältniss der oben genannten Faunen für noch nicht lösbar. auf primärer Lagerstätte in Ostpreussen. 361 dann vornehmen lassen, wenn das Gebiet zwischen Oder und Weichsel, das bis jetzt fast eine geologische Terra incognita ist, genau untersucht wird. Betreffs der Altersstellung der marinen Schichten West- preussens muss ich heute noch an dem im Jahre 1885 ver- tretenen Standpunkt festhalten, dass es verfrüht ist, die Conchylien- lager von Jakobsmühle, Mewe etc. für ein Aequivalent der Lauen- burger Kohle und der Rixdorfer Säugethierfauna zu erklären. Entgegen der mit Bestimmtheit auftretenden Ansicht Jentzsch’ *), dass dieselben interglacial seien, kann ich liier nur wieder- holen, dass die marine Fauna zur Annahme eines gemässigten Klimas nicht zwingt. Ihre zoologische Zusammensetzung findet o o o eine ebenso genügende Erklärung darin, dass die damalige Ostsee nicht in weiter, offener Verbindung mit dem Weltmeer gestanden hat und dass die jüngere marine Fauna Ost- und Westpreussens ebenso gut als eine durch abnehmenden Salzgehalt und andere äussere Ursachen verarmte Eismeerfauna betrachtet werden kann. H err Dr. Ebert * 2) giebt in dem Profil zu der von ihm ge- fundenen Diluvialkohle von Neuenburg, die Jentzsch für inter- glacial, also seinen marinen Schichten für gleichaltrig erklärt, an, dass in dem dieselbe unterteufenden, dritten Geschiebe- mergel ebenfalls eine marine Fauna steckt, die sich durch Nichts von der in höheren Geschiebemergeln und Sanden auf- tretenden unterscheidet. Nach einer persönlichen Mittheiluug des Genannten enthält sie: Dreyssena polymorpha Pall., selten, CarcLium edule L., sehr häufig, Cardium echinatum L., sehr selten, Tapes virginea Gmel., sehr häufig, Tellina baitica L., selten, Mactra subtruncata Dac., häufig, !) Zeitsclir. d. Deutsch, geol. Ges. 1885, S. 804. 2) Schrift, d. naturf. Ges. zu Danzig 1888, VII, S. 5. 362 Henkt Schröder, Diluviale Süsswasser-Conchylien etc. Scrobicularia piper ata Gmel., selten, Corbula gibba Oliv., sehr häufig, Nassa reticulata L., sehr häufig, Ceritliium lima BrüG., häufig. Ein Besuch der genannten Stelle hat mich von Richtigkeit der Ebert sehen Angaben überzeugt; ich kann hinzufügen, dass sich sogar in dem 4. Geschiebemergel marine Fauna findet. Jedenfalls befinden sich die Conchylien hier auf secundärer Lagerstätte ; Dreyssena polymorplia liesse sich aus dem tieferen Niveau der mit den Yoldiathonen eng verbundenen Siisswasser- schichten herleiten, aber woher stammen die übrigen Formen? Sie sind in den Yoldiathonen noch nicht gefunden und weisen darauf hin, dass auch vor den von Jentzsch als interglacial supponirten marinen Schichten eine in gleicher Weise zusammen- gesetzte Fauna in Westpreussen existirt haben muss. Es sind nur zwei Möglichkeiten vorhanden, entweder die marinen Faunen von Jacobsmühle etc. befinden sich auf secundärer Lagerstätte und ihre primäre ist älter oder es existiren zwei Niveaus mit mariner Fauna, die den Charakter der jetzt in der westlichen Ostsee lebenden trägt. Ergebnisse eines geologischen Ausfluges durch die Uckermark und Mecklenburg- Strelitz. Briefliche Mittheilung der Herren G. Berendt und F. WafonschafFe an Herrn W. Hauchecorne. (Hierzu Tafel XV.) Der von den Verfassern unternommene geologische Ausflug hatte den Zweck, den weiteren Verlauf des uckermärkischen Ge- schiebewalles, sowie das Altersverhältniss desselben zu den in seiner Umgebung auftretenden Ablagerungen der Eiszeit festzu- stellen. In dieser Hinsicht bildet diese Mittheilung eine Ergänzung und Bestätigung der von den Verfassern in zwei besonderen Ab- handlungen niedergelegten Beobachtungen, welche unter dem Titel: »Die südliche baltische Endmoräne des skandinavischen Eises in der Uckermark« von G. Berendt und »Zur Frage der Oberflächengestaltung der baltischen Seenplatte« von F. Wahnschaffe in dem vorliegenden Baude dieses Jahr- buches enthalten sind. Da die Ergebnisse des Ausfluges für die Kartenaufnahmen in jenem Gebiete von Wichtigkeit sind, so hielten die Verfasser eine sofortige Mittheilung darüber für au- gezeigt. Was zunächst den Gesammtverlauf der Endmoräne betrifft, wie ihn das beigegebene Uebersichtskärtchen (Taf. XV) giebt, so unterscheidet man deutlich eine erste und älteste Endmoräne aus der 364 G. Berendt u. F. Wahnschaffe, Ergebnisse eines geolog. Ausfluges Gegend von Alt- und Neu-Strelitz, über Feldberg, Warthe, Alt- Temmen und Joachimsthal bis Liepe und Oderberg ziehend, und eine dem flachen Bogen zwischen Feldberg und Alt-Temmen gleichlaufende zweite Endmoräne, zu welcher auch das Verbin- dungsstück von Wendorf bis Feldberg gehört. Nur diese zweite Endmoräne, zwischen Fürstenwerder und Gerswalde einerseits, Wendorf und Feldberg andererseits, war Gegenstand der gemeinsamen Bereisung und soll hier näher be- sprochen werden. Das von Liepe über Joachimsthal bis Alt- Temmen und Alt-Ivölpin sich erstreckende Stück der ersten süd- lichen Endmoräne ist dagegen bereits in der Eingangs erwähnten Abhandlung in diesem Jahrbuche eingehend beschrieben worden während eine nähere Mittheilung über den übrigen Theil derselben Vorbehalten bleibt. Diese zweite Endmoräne, welche sich in der Hauptsache immer längs der, nur einmal von dem Thale des Boitzenburger Fliesses oder sogenannten Stromes unterbrochenen, fast nördlich streichenden Hauptbodenerhebung verfolgen lässt, beginnt schon nördlich der et>va meilebreiten Gerswalder Senke, zwischen Gers- walde und Buchholz deutlich in die Erscheinung zu treten. An- fangs die eigentliche Höhe der gen. Hauptbodenerhebung be- herrschend, bleibt sie in der Folge mehr auf dem westlichen Gehänge und wird von dahinterliegenden Sandkämmen noch überragt. Nördlich von Hassleben, noch einen einfachen Kamm bildend, beginnt sie schon vor dem Boitzenburger Thale, sich in mehrere gleichlaufende Ketten zu spalten, welche nach der Unterbrechung des Thaies in der grossen Zerweliuer Forst westlich Berckholz und Naugarten , wie bereits in der Eingangs zweitgenannten Abhand- lung J) erwähnt wurde, zu vollster Entwickelung kommen. Schon in der Gegend des Forsthauses Zenvelin, südlich Arendsee und westlich Berckholz, wo in diesem Frühjahre die gemeinschaftlichen Beobachtungen wieder aufgenommen wurden, sind alle diese Kämme allmählich bereits ausgelaufen und lassen nur noch einen b Dieses Jahrbuch S. 162. durch die Uckermark und Mecklenburg-Strelitz. 365 einzigen schmalen, z. Th. sehr scharf hervortretenden Wall er- kennen. Derselbe erstreckt sich, wie dies das beigefügte Ueber- sichtskärtchen zeigt, fast ununterbrochen und immer durch das Auftreten grosser Blöcke auf dem Kamme oder am Gehänge ge- kennzeichnet, in einer fast nördlichen Richtung längs der Prenzlau- Templiner Kreisgrenze, bis er von der Rinne zwischen Parmener Mühle und Porsthaus Kicker unterbrochen wird. Jedoch gleich bei genanntem Forsthause setzt er wieder ein, durchquert die Forst nördlich vom Parmener See in südost- nordwestlicher Richtung, wird abermals durch einen nach Ost gerichteten Arm dieses Sees unterbrochen und reicht dann in sehr gleichmässigem und deut- lichem Zusammenhänge bis unmittelbar an das Südthor von Fürsten- werder heran, indem er hier allmählich ausläuft. Die zuletzt geschilderte Nordrichtung des Geschiebewalles ist aber nur eine scheinbare, denn sie ist nur dadurch bedingt, dass die baltische Endmoräne hier den Theil eines grossen Bogens bildet. Diese Auffassung, welche bereits in der Eingangs ge- nannten Mittheilung über die Endmoräne als Vermuthung aus- gesprochen war, wurde durch die Auffindung eines zweiten, west- lich davon gelegenen Bogentheils vollkommen bestätigt. Dieser besitzt, der Südnord-Linie Arendsee-Fürstenwerder entsprechend, einen nord-südlichen Verlauf, um dann in der Gegend von Feld- berg sich wieder mit der ersten und ältesten Endmoräne zu ver- binden. Dieser westliche, mit der westlichen Fortsetzung der Hauptmoräne den entsprechenden nächsten Bogen bildende Bogen- theil wurde zuerst ungefähr 6 Kilometer westlich von Fürstenwerder zwischen Wendorf und Lichtenberg aufgefunden, von wo aus er sich in südlicher Richtung bis an das Nordufer des Breiten Luzin- Sees verfolgen liess. Südlich vom See erstreckt sich die End- moräne in gleicher Richtung zwischen Tornowliof und Wittenhagen auf der Landzunge zwischen dem Schmalen Luzin-See und dem Zausen entlang, um sich im sogenannten Hullerbusch, gegenüber Feldberg, mit der ersten Endmoräne zu verbinden. Die Bezeichnung: »südliche baltische Endmoräne« anstatt »Geschiebewall« erscheint nothwendig, um einmal diese Ablagerung in ihrer geologischen Bedeutung als etwas sicher Erkanntes 366 G. Berbndt u. F. Wahnschaffe, Ergebnisse eines geolog. Ausfluges zu kennzeichnen und zweitens, weil ihre Ausbildungsform sich nicht in den verschiedenen Theilen völlig gleich bleibt, sodass das Vorkommen als Geschiebewall nur die eine, wenn auch bis jetzt hauptsächlichste Art ihrer Entwickelung darstellt. Nördlich der Zerweliner Haide in der Gegend von Arendsee (Südwest-Ende des Parkes) und besonders schön auch bei Schulzendorf, südlich Fürsten- werder, bildet die Endmoräne einen scharfen, gegen das umliegende Gebiet deutlich abgesetzten Wall von etwa 100 bis 200 Meter Breite, der aus einer Packung von z. Th. sehr grossen Blöcken besteht, ganz entsprechend der Ausbildungsweise, wie sie in der betreffenden obengenannten Abhandlung aus der Joachimsthaler Gegend geschildert worden ist. Die andere Ausbildungsform giebt sich als eine mehr aus- gebreitete Geschiebeschüttung auf dem Geschiebemergel zu er- kennen und beschränkt sich auf die Stellen, wo entweder eine Verbreiterung der Moräne auf das Doppelte oder Dreifache der oben angegebenen Breite stattfindet, wie bei Tornowhof und Wittenhagen, oder wo, wie dicht südlich Fürstenwerder einerseits und bei Lichtenberg und Wendorf andererseits, die Moräne aus- läuft. Besonders deutlich sieht man letzteres in den Aufschlüssen südlich von Fürstenwerder. Die eine der dortigen Gruben zeigt zu oberst eine 1,5, eine zweite, der Stadt noch näher gelegene, sogar nur noch eine 0,5 Meter mächtige schichtungslose Geröll- decke mit beigemengten grossen Geschieben. Darunter folgt eine 0,5 — 1,5 Meter mächtige Lage eines nicht gerade geschiebereichen Geschiebemergels und die Unterlage bilden Grande und Sande, welche, wie wir weiter unten zeigen werden, in dem ganzen be- reisten Gebiete das Liegende des Geschiebemergels bilden. Ganz der Ausbildung am auslaufenden Ende entsprechend, erscheint die Endmoräne als eine verhältnissmässig breite Geschiebeschüttung in dem nordsüdlichen Bogentheile zwischen Tornowhof und Witten- hagen. Auf diese Ausbildungsform würde die E. GEiNiTz’sche Bezeichnung »Geschiebestreifen« (Geröllstreifen Bole’s) noch am ehesten passen, obgleich sowohl von E. Geinitz, wie von Boll vor ihm in diesem Namen stets auch die reichere Geschiebe- bestreuung breiter angrenzender Gebiete , wie sie sich in der Zu- durch die Uckermark und Mecklenburg- Strelitz. 367 nähme der Steinmauern in den Dörfern und an den Wegen kund- giebt, mit einbegriffen ist. Dagegen hat eine reihenweise Anordnung dieser Geschiebe- streifen in nordwest - südöstlicher Richtung, insbesondere eine Fortsetzung der mit III und IV bezeichneten, wie dies E. Geinitz1) auf zwei Uebersichtskärtchen angedeutet hat, auf preussischer Seite der Grenze bezw. in der ganzen Uckermark von uns nicht beobachtet werden können. Aber auch auf mecklen- burgischer Seite stimmt die von der Endmoräne mit ihrem Geschiebestreifen eingehaltene scharfe Ostwest-Richtung südlich Feldberg bis Goldenbaum keineswegs mit der angeblichen Nord- west-Richtung; und müssen wir ausdrücklich Verwahrung einlegen gegen die Einordnung des von gewöhnlichem Geschiebemergel ohne jeden besonderen Blockreichthum bedeckten Helpter Berg in einen Geschiebestreifen, ja gegen den mit dem Helpter Berg (s. die gen. beiden Uebersichtskärtchen) dann überhaupt fallenden Geschiebestreifen III. Wir würden einer solchen widersprechenden Beobachtung kaum Erwähnung gethan haben, wenn nicht "gerade der Helpter Berg als eine die ganze Seenplatte zwischen Elbe und Oder beherrschende Höhe mit Recht die besondere Aufmerk- samkeit der Geologen , wie der Geographen zu erregen geeignet wäre und derartige Angaben, wie solches z. Th. schon geschehen ist, daraufhin dann sogar in geographische Lehrbücher über- gingen. Innerhalb des ganzen Gebietes, in welchem die Endmoräne auftritt, konnte in der Regel die Wahrnehmung gemacht werden, dass die sogenannte Stein bestreu ung, das Vorkommen von Ge- schieben an der Oberfläche, mit der Annäherung an die Endmoräne zunimmt. Diese Erscheinung wird demnach auf eine gemeinsame Entstehungsursache zurückzuführen sein. Be- sonders deutlich zeigt sich dies beispielsweise zwischen Bredenfelde und Wendorf, wo bis zu letztgenanntem Orte hin der die Ober- fläche einnehmende Geschiebemergel geradezu als steinarm be- ') E. Geisitz, Die mecklenburgischen Höhenrücken (Geschiebestreifen) und ihre Beziehungen zur Eiszeit. 1886. (Forschungen z. deutsch. Landes- und Volkskunde, I. Bd., Heft 5.) 368 G-. Berendt u. F. Wahnschaffe, Ergebnisse eines geolog. Ausfluges zeichnet, werden kann. Dies ändert sich sofort, wenn man sich östlich von Wendorf der Endmoräne nähert. Hier sind die Felder an der Oberfläche mit zahlreichen kleineren Geschieben oft wie besäet, und je näher der Endmoräne, um so grösser und zahlreicher werden dieselben. Dieselbe Beobachtung macht man, wenn man sich von Prenzlau her über Arendsee oder Rackow, sowie andrer- seits von Hassleben aus dem östlichen, oder auch von Weggun her- über Fürstenhagen dem westlichen Arme der Endmoräne nähert, so dass, falls nicht Sandüberdeckung an der Aussenseite die Sachlage ändert, das Gleiche von der Innen- wie von der Aussenseite der Moräne gilt. Was den Geschiebemergel selbst betrifft, auf welchem die Steinbestreu ung augetroffen wird oder auch die Endmoräne selbst aufgesetzt ist, so besitzt derselbe keineswegs eine sich durch besonderen Steinreichthum auszeichnende Aus- bildung. In verschiedenen, oft in unmittelbarer Nähe des Ge- schiebewalles befindlichen Mergelgruben zeigte derselbe die ge- wohnliche Ausbildung, wie der Obere Mergel der Umgegend Berlins und im Flachlande überhaupt, und nur die Oberfläche lässt einen grösseren Reichthum an Geschieben erkennen. In der ausgedehnten Geschiebemergelhochfläche der Uckermark und des angrenzenden Mecklenburg -Strelitz’schen Gebietes, nördlich der Endmoräne, scheint der Geschiebemergel vielfach nur etwas fetter ausgebildet zu sein, als der Obere Mergel der Berliner Gegend, und hieraus erklärt sich wohl der Umstand, dass die äusserste Verwitterungsrinde, der lehmige Sand, häufig auf der baltischen Seenplatte fehlt, sodass dann ein zäher Verwitterungslehm un- mittelbar die Oberfläche bildet. Die Lagerungsverhältnisse des Geschiebemergels in Beziehung zu der Endmoräne sind durch die bereits erwähnten Aufschlüsse südlich von Fürstenwerder, ebenso aber auch bei Tornowhof und Wittenhagen, sowie östlich Boitzenburg und a. a. O. sehr deutlich zu erkennen. Der auslaufende und als Geröllschicht mit tbeilweis grossen Blöcken entwickelte Geschiebewall ruht dort auf Resten oder noch unversehrt erhalten gebliebenen Theilen des Geschiebe- mergels, während letzterer von Sanden und Granden unterlagert durch die Uckermark und Mecklenburg- Strelitz. 369 wird. Ebenso deutlich ist diese Auflagerung der Endmoräne auf dem Geschiebemergel zwischen Wittenhageu und Tornowhof, Wendorf und Lichtenberg, woselbst eine ausgedehnte Geschiebe- mergeldecke sowohl vor als hinter der Endmoräne liegt und man beim Dünnerwerden der Steinbeschüttung die Fortsetzung des Mergels unter der Endmoräne durch Bohrungen nachweisen kann. Die ausgedehnte deckenartige Verbreitung des Geschiebe- mergels an der Oberfläche, seine verhältnissmässig geringe Mächtig- keit, welche, nach den Aufschlüssen zu urtheilen, im Durchschnitt 3 bis 5 Meter beträgt, und vor allem sein regelmässiges IJeber- gehen in die allgemeine, stets für Oberes Diluvium angesprochene Geschiebemergelplatte der Prenzlauer und Angermünder Gegend veranlassen uns dazu, denselben zum Oberen Diluvium zu stellen. Beide Verfasser sind darin übereingekommen, dass die blaue Farbe des im Geschiebewal! bei Joachimsthal und Liepe x) vorkommenden Geschiebemergels, sowie die au einigen Stellen darüber liegenden geschichteten Sande keinen Beweis mehr für die Zurechnung zum Unteren Diluvium abgeben können. Auch die Grundmoränen der heutigen Gletscher sind gewöhnlich von graublauer Farbe, und wenn der Geschiebemergel in der Endmoräne bei Joachimsthal eine solche zeigt, so ist dies sehr wohl durch seiue verhältniss- mässig tiefe Lage bedingt, welche ihn vor dem Zutritt der Luft der dabei bewirkten' Oxydation seiner Oxydulverbindungen schützt. Die auf der Endmoräne dort beobachteten geschichteten Bildungen dagegen sind offenbar durch die Abschmelzwasser des längere Zeit auf derselben Stelle verweilenden Eisrandes auf der Endmoräne abgelagert, wie solches auch längs des ganzen äusseren Moränen- randes vom Boitzenburger Thal bis Pannen und ebenso früher (s. d. erste Abhdl. über die Endmoräne) an der Aussenseite des Joachimsthal-Bingen walder und des Chorin-Lieper Moränenbogens beobachtet wurde. x) G. Berendt, I)as unterdiluviale Alter des Joachimsthal- Oderberger Ge- schiebewalles. (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1885, S. 804 — 807.) — A. Remele, Bemerkungen über die geologische Stellung des Joachimsthal - Licper Geschiebe- walles. (Ibid. 1885, S. 1014 — 1021.) Jahrbuch 1887. 24 370 Gr. Berendt u. F. Wahnschaffe, Ergebnisse eines geolog. Ausfluges Die Verfasser sind demnach zn der Ueberzeugung gelangt, dass die Endmoräne jünger ist als der Obere Geschiebemergel, nnd als eine Bildung der Abschmelzperiode der zweiten Inland- eisbedeckunof angesehen werden muss. Nicht minder ergab der geologische Ausflug eine Bestätigung der bereits in dem zweiterwähnten Aufsatze ausgeführten Ansicht, dass die ausserordentlich unregelmässige und kuppige Oberflächen- gestalt der Uckermark nicht ausschliesslich, aber im Wesentlichen durch den Vorgefundenen Untergrund bedingt wird. Der Geschiebe- mergel hat sich , ungeachtet man gerade eine Einebenung durch das Vorrücken der zweiten Vereisung erwarten sollte, einer stark welligen, aus Sauden und Granden gebildeten Hochfläche an- gesclnniegt und erstreckt sich daher, wenn auch nicht in gleicli- mässiger, so doch auf den Höhen nur meist dünner werdender oder auch stellenweise durchbrochener Decke von den höchsten Kuppen, die im Helpter Berg bei Woldegk 179 Meter erreichen, oft bis in den Spiegel der Seen herab. Demgegenüber finden sich Abschnitts-Profile einer stattgefundenen Auswaschung nur da, wo auch zur Zeit der zweiten Vereisung eine solche zur Geltung ge- kommen ist. Wie weit eine solche Seen- oder Thalrinne dann ausschliesslich das Werk 'dieser zweiten Vereisung bezw. deren Abschmelzperiode ist, oder wie weit sie bereits vorgebildet ge- wesen, lässt sich schwer ermessen. Jedenfalls sind aber — und darauf kommt es hier in erster Reihe an — viele Seen und Thäler, wie beispielsweise das Uckerthal, an dessen Rande die Stadt Prenzlau gelegen ist, älter als der Obere Geschiebemergel. Auf seiner unregelmässig gestalteten Oberfläche ist die End- moräne zur Ablagerung gelangt. Sie ist nicht das eigentlich Be- dingende für die Oberflächengestalt der Uckermark im Allgemeinen. Sie ist andrerseits aber auch unabhängig, sowohl von dem dilu- vialen, als auch von dem tieferen Untergründe. Dies zeigt sich einmal in ihrem bogenförmigen, die einzelnen Eiszungen sichtbar veranschaulichenden Verlauf und zweitens auch darin, dass sie über Anhöhen und Vertiefungen gleichmässig hinweggeht. Sie ist demnach nicht durch Flötzgebirgsfalten und regelmässig auf- tretende Wellen des unteren Diluviums bedingt, wie dies E. Geinitz durch die Uckermark und Mecklenburg- Strelitz. 371 für die mecklenburgischen Geschiebestreifen annimmt, denen er einen endmoränenartigen Charakter zuschreibt. Wohl kommen Fälle vor, wo auch die Endmoräne für kürzere oder längere Strecke, namentlich mit letztgenannter Wallung in gewisser Be- ziehung steht; bis jetzt ist aber noch nicht nachweisbar, welche von beiden Erscheinungen als Ursache, welche als Wirkung zu betrachten ist. Dagegen schliessen sich die, wie schon bei der früheren Besprechung der Frage erwähnt, auch in der Ucker- mark beobachteten und bis in’s Mecklenburgische hinein verfolgten Geschiebestreifen eng an die Endmoräne an, gehen mit dieser über Höhen und durch Senken und sind gewissermassen der bald lang, bald kurz, bald vor-, bald zurückgeworfene Schatten der Endmoräne. Bei der Oberflächengestalt der Uckermark ist somit zu unter- scheiden zwischen der Oberflächenform, wie sie von dem Oberen Geschiebemergel mit der ihm aufgelagerten Endmoräne vorge- fundeu wurde, und der nachträglichen Veränderung, welche dieses Gebiet sowohl durch die ausgrabende als auch durch die auf- sclnittende Thätigkeit der Schmelzwasser des hinter der End- moräne befindlichen Eisrandes erhalten hat. Prenzlau, im Juni 1888. 24* Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide am nördlichen Harzrande. Von Herrn G, Müller in Berlin. (Hierzu Tafel XVI -XVIII.) Schon Friedrich Hoffmann j) beschrieb eingehend die Kreide- ablagerungen zwischen Blankenburg, Halberstadt und Quedlinburg und übertrug auf die Kreide jener Gegend die von Werner für die sächsisch-böhmischen Kreidesandsteine eingeführte Benennung »Quadersandsteingebirge«, welche Bezeichnungsweise von Bey- ricii 2) durch den Zusatz »subhercynisches« noch genauer gefasst wurde. Wenn Hoffmann auch im Allgemeinen die Lagerungs- Verhältnisse des subhercynisclien Kreidegebirges richtig erkannt hatte, so unterschied er doch nichts weiter als Kreidekalkstein und Kreidesandstein. Noch 1852 finden wir auf der von Lachmann herausgegebenen Karte des Herzogthums Braunschweig und des Harzgebietes Nichts wie jene von Hoffmann unterschiedenen Glieder, obwohl inzwischen die Arbeiten Roemer's s) und Beyrich’s erschienen waren , welche auf Grund eingehender geognostischer und palaeontologischer Unter- suchungen die Gliederung der subhercynischen Kreide bedeutend *) Geognostische Beschreibung des Herzogthums Magdeburg. 1823. — Ueber- sicht der orographischen und geognostischen Verhältnisse vom nordwestlichen Deutschland. 1830. S. 457 ff. 2) Ueber die Zusammensetzung und Lagerung der Kreideformation zwischen Halberstadt, Blankenburg und Quedlinburg. Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. Bd. 1, S. 288 ff. 3) Die Versteinerungen des norddeutschen Kreidegebirges. 1841. G. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide etc. 373 gefördert hatten. Die von Beyrich vorgenommene Gliederung war um so wichtiger, als er derselben eine geognostische Karte jenes Gebietes beigab, welcher er einige Jahre später eine zweite für die Gegend zwischen Blankenburg und Langelsheim1) folgen liess. Beyrich macht jedoch nur wenige Angaben über palaeonto- logische Funde, welche ihn ausser seinen stratigraphischen Beob- achtungen bei der Aufstellung seines Systems geleitet haben. In der Eintheilung des subhercynischen Senons folgte ihm im Wesent- lichen Ewald 2). Derselbe unterschied Salzbergmergel, Senon- quader, Heimburggestein und Ilsenburgmergel, indessen leider nur kartographisch. Es war deshalb von grösster Wichtig- keit, als Schlüter 3) in seiner auf Grund palaeontologischer Unter- suchungen aufgestellten Gliederung der oberen Kreide, welche zu- nächst für das westfälische Kreidegebirge berechnet war, sich bemühte, die von Ewald unterschiedenen Horizonte des sub- hercynischen Unter- Senons mit den drei Horizonten des west- fälischen Unter-Senons (1. Sandmergel von Recklinghausen mit Marsupites ornatus , 2. Quarzige Gesteine von Haltern mit Pecten muricatus , 3. Kalkig-sandige Gesteine von Dülmen mit Scaphites binoclosus') in Einklang zu bringen. Gleichzeitig gelang es Schlüter, nachzuweisen, dass die Vertreter der in Westfalen über dem Cuvieri- Pläner folgenden »Emscher-Mergel« (»graue Mergel« Strombeck’s ) auch am nördlichen Harzrande auftreten. Ferner vermuthete Schlüter, dass die Ilsenburgmergel, nach dem von Ch. Fr. Jasche 4) gegebenen Verzeichniss von Versteinerungen zu schliessen, nicht ausschliesslich der oberen *) Bemerkungen zu einer geognostisclien Karte des nördlichen Harzrandes von Langelsheim bis Blankenburg. Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. Bd. III, S. 567 ff. 2) Geognostische Uebersichtska.rte der Provinz Sachsen. 4 Blätter. 1865 — 1869. 3) Cephalopoden der oberen deutschen Kreide. Theil I, 1870 — 72 in Palaeon- tographica Bd. 21, Tat. 1 — 35. Theil II ibidem Bd. 24, Taf. 38 — 40. — Der Emscher- Mergel, in Verh. d. naturhist. Vereins d. Pr. Rheinl. u. West.f. Jahrg. 31, S. 89 ff. u. Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. Bd. 26, S. 775 ff., 1874. — Kreidebivalven. Zur Gattung Inoceramus. Palaeontographica Bd. 24, S. 249 ff. 4) Die Gebirgsformation in der Grafschaft Wernigerode a. H. 2. Aufl. 1863, S. 98 ff. 374 G. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide Quadraten -Kreide, sondern auch noch tieferen Stufen des Senon entsprechen dürften. Verschiedene Aufschlüsse und Vorkommnisse von Fossilien aus der Gegend von Halberstadt und Zilly, über welche Herr Professor VON Koenen eine kurze Mittheilung auf der Conferenz der Mitarbeiter der geologischen Landesanstalt im Jahre 1886 machte, zeigten nun, dass Vertreter der Emscher Mergel, die Schichten mit Ammonites Margae in grösserer Verbreitung dort vorkämen. Ewald hatte diese Schichten, welche nördlich Zilly anscheinend auf dem Pläner mit Inoceramus Cuvieri und unter seinen Ilsenburgmergeln lagen, als Heimburggesteine aufgefasst. II ei'r Professor von Koenen, dem ich auch an dieser Stelle meinen besten Dank ausspreche für die mannigfache Unterstützung, die er mir hat zu Theil werden lassen, schlug mir daher vor, die hier gegebenen Aufschlüsse durch eine Untersuchung der übrigen subhercynischen Kreide zu vervollständigen, soweit dies eben ohne eine specielle geologische Aufnahme des Gebietes möglich ist. Zu einer solchen reichte die mir disponible Zeit nicht ent- fernt aus. Ich hoffe aber immerhin für die endgültige Regelung dieser Frage einen brauchbaren Beitrag geliefert zu haben. Die Arbeit wurde mir wesentlich erleichtert durch die reiche Sammlung von Fossilien der subhercynen Kreide und durch das gute Vergleichsmaterial, welche im Göttinger Museum vor- handen sind. Jedoch habe ich nur die Fauna der Localitäten beschrieben, die ich auch selbst ausbeuten konnte. Herr Professor Kloos ge- stattete mir ferner gütigst die Benutzung der Sammlung des Poly- technicums zu Braunschweig. Herrn Oberlehrer Zech verdanke ich eine Anzahl Formen vom Salzberg bei Quedlinburg. Ausser- dem konnte ich die Sammlungen der Herren Hütteuinspector a. D. Stern, Bergrath Württenberger, Pastor Lindemann benutzen. II errn Betriebsführer Winkhold und Herrn Rittmeister von Haen- lein verdanke ich endlich einen wesentlichen Theil der aus der Zone des Ammonites Margae von Zilly angeführten Arten. Allen genannten Herren bin ich zum grössten Danke verpflichtet. am nördlichen Harzrande. 375 I. Geologischer Theil. Gegend von Zilly - Heudeber. Nördlich von Zilly (etwa 16 Kilometer west-nordwestlich von Halberstadt) ist an der Strasse nach Dardeslxeim in einem Ein- schnitt ein Profil durch das mit ca. 40° nach West- Südwesten einfallende Kreidegebirge sichtbar. Ueber dem Cenoman mit Ammonites Rhotomagensis u. s. f. folgt in normaler Entwickelung das Turon. An dieser Stelle fand ich zwar nicht den Inoceramus Cnvieri selbst, wohl aber weiter nach Westnordwesten bei Hoppen- stedt im Fortstreichen in Mergeln, welche dieselbe Lage haben. An beiden Stellen folgen darüber grau-blaue, sandige Mergel, welche auf der EwALü’schen Karte als Heimburggesteine ein- getragen sind. Dieselben zerfallen leicht und sind bei Hoppen- stedt besser aufgeschlossen, als bei Zilly, wo sie erst in neuerer Zeit durch bergmännische Arbeiten zur Gewinnung von Phospho- riten durch eine belgische Gesellschaft nordöstlich von Zilly und durch die Firma Merck & Cie. östlich von Zilly auf der »Trift« unter den phosphorithaltigen Sanden und Conglomeraten aufgedeckt worden sind. Das Phosphoritlager auf der Trift ist lediglich ein Conglomerat von wenig abgerundeten, höchstens haselnuss- bis wallnussgrossen Phosphoritgeschieben und grobem glaukonitischem Quarzsand. Ueber dem eigentlichen Phosphoritlager liegt ähnlicher glauko- nitischer Quarzsand, gelegentlich durch Kalkspath zu festem Ge- stein verkittet und in diesem Quarzsande treten noch kleinere, unregelmässige Conglomeratlagen auf. 376 G. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide Die Mächtigkeit des Sandsteins und Conglomerats ist eine ziemlich bedeutende. Etwa 75 Meter südlich vom Ausgehenden des Phosphoritlagers abgeteufte Schächte erreichten dasselbe erst in einer Tiefe von circa 25 Metern. An einigen Stellen schieben sich in das eigentliche Lager grobe Sande ohne Phosphorite ein. So vereinigen sich nach Osten hin zwei durch sandige Schichten getrennte Lager von je 1,5 Meter Mächtigkeit zu einem einzigen von 3 Meter Mächtigkeit. In den Tagebauen am Aus- gehenden des Lagers sind vielfach streichende Verwerfungen auf- geschlossen worden, deren Sprunghöhe jedoch selten mehr wie 0,80 Meter beträgt. Einen Kilometer westlich von diesen Gruben wurde zuerst von Herrn Maass und dann bis zum Jahre 1887 durch eine bel- gische Gesellschaft dasselbe Lager ausgebeutet. Leider wurden bei meinem ersten Besuch die Tagebaue schon wieder zugefüllt. Doch verdanke ich der Güte des Herrn Director Schräder eine Reihe von Profilen, welche einen Einblick in den dortigen Gebirgs- bau gestatten. Auf dem östlichen Flügel des Betriebes wurde folgende Schichtenfolge festgestellt : A. 1. Dammerde, Gerolle, Lehm, Thon; 2. 1,60 Meter sandige Letten, ziemlich reich an Phos- phoritknollen ; 3. 1,00 » fester, grünlicher Sandstein; 4. 2,00 » fester bläulicher Sandstein, reich an Phos- phoritgeschieben ; 5. fester bläulicher Sandstein. Westlich von hier folgen unter B. 1. Dammerde, Gerolle, Lehm, Thon; 2. 2,00 Meter thoniger Mergel mit wenigen, aber grossen Phosphoritgeschieben ; 3. 1,25 » sandiger Thon, nach oben loser werdend, reich an Phosphoriten; 4. ca. 4,00 Meter fester Sandstein, reich an Phosphorit- knollen von geringerer Grösse; 5. wie oben. am nördlichen Harzrande. 377 100 Meter nach Westen folgen unter C. 1. Dammerde, Gerolle, Lehm, Thon; 2. 0,60 Meter thonige Mergel mit einzelnen grossen Phos- phoritgeschieben ; 3. 0,75 » Letten; 4. 1,00 » thonig-sandiges Conglomerat mit zahlreichen Phosphoritgeschieben ; 5. ca. 4,00 Meter sandiges reiches Phosphoritconglomerat; 6. wie bei A und B 5. Am Westflügel des Betriebes, 70 Meter von Profil C entfernt, ergab sich folgendes Profil: o o D. 1. Dammerde, Gerolle, Lehm, Mergel; 2. 0,75 Meter thonige Mei'gel wie im Profil C; 3. 1,00 » sandig-tlioniges Conglomerat, reich an Phos- phoriten ; 4. ca. 4,00 Meter festes, reiches Phosphoritlager; 5. wie in den übrigen Profilen. Das bei A, B, D unter No. 4 und bei C unter No. 5 auf- geführte Lager ist, wie mir Herr Director Schräder giftigst mit- theilte, dasselbe, wie das Hauptlager auf der »Trift«. Die Einstellung des Betriebes auf den Gruben der Belgischen Gesellschaft wurde dadurch herbeigeführt, dass durch eine strei- chende Verwerfung das Lager unter das Grundwasserniveau kam. Auf den Gruben sind eine Reihe von Fossilien gesammelt worden, die ebenso, wie die von Herrn Professor von Koenen angeführten den Nachweis liefern, dass diese Schichten dem Horizont des Ammonites Margae oder dem » Emscher- Mergel « Schlüter s entsprechen. Die Erhaltung der auf der »Trift« vor- kommenden Formen ist insofern eine günstigere, als die Schale zumeist noch erhalten ist. Doch gelingt es nicht immer, dieselben unbeschädigt herauszupräpariren , namentlich wenn sie in sphä- ro'idische Concretionen eingebettet sind, deren Bindemittel Kalk- spath ist. In den lockeren sandigen Conglomeraten sind die Fossilien gewöhnlich nur Steinkerne und zerbröckeln leicht. Zum 378 G. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide Theil waren sie abgerieben und genügen oft nicht zu einer näheren Bestimmung. Folgende Formen konnte ich nach weisen und habe sie zum Theil im palaeontologischen Theil der Arbeit beschrieben: Rhynchonella vespertilio Brocchi. Ostrea sulcata Blumenb. Spondylus spinosus Sow. Lima Hoperi Sow. Vola quadricostata Sow. Inoceramus subcardissoides Schlüt. » bilobatus n. sp. » n. sp. » involutus Sow. » Winkholdi n. sp. » sp. » Cripsii Mant. Cucullaea subglabra d’Orb. Crassatella arcacea Roem. Cardium productum Sow. Venus Goldf ussi Gein. ? Cytlierea ovalis Goldf. Panopaea gurgitis Brongn. Gastrochaena amphisbaena Goldf. Pleurotomaria linearis Mant. Trochus tricarinatus Roem. Voluta sp. Nautilus Neubergicus Redt. » leiotropis Schlüt. Ammonites Texanus Roem. » Emscheris Schlüt. » Alargae Schlüt. » aff. Lewesiensis Mant. Scaphites sp. indet. Turrilites cf. varians Schlüt. Sowohl die Inoceramus- Arten als auch die Cephalopoden ge- hören durchweg der Zone des Ammonites Alargae an. Die san- am nördlichen Harzrande. 379 digen Mergel im Liegenden haben bis jetzt keine Versteinerungen geliefert. Da sie jedoch petrographisch von dem Cuvieri- Pläner verschieden sind, so möchte ich vorziehen, sie als einen unteren mergeligen Horizont,1) zu unseren Conglomeraten und Sanden zu ziehen. Ueber den Conglomeraten folgen dunkelgraue, mergelige Thone, welche nach oben durch Verwitterung gelbbraun werden. Dieselben sind östlich Zilly durch Thongruben aufgeschlossen , in welchen ich ausser Leda producta Nilss. und unbestimmbaren Pholadomya- Arten A ctinocam ax Westphalicus Schlüt. fand. Ob demnach die Thone schon dem nächst höheren Horizont, dem Salzbergmergel, zuzuweisen sind, wage ich vorläufig nicht zu ent- scheiden, doch neige ich zu letzterer Annahme, da die Thone nach oben in gelblich grauen bis gelbbraunen Mergel übergehen, in denen festere, bis 0,5 Meter mächtige Kalkbänke eingelagert sind. Dieselben treten am Nordabhang des Galgenbergs zu Tage und sind nach Süden zu durch diluviale Bildungen bedeckt. An- scheinend dieselben Mergel und Kalke sah ich südöstlich vom Galgenberg an den »Rabenbergen« an Wegen und in Gräben ebenfalls mit südwestlichem Einfallen. Von Versteinerungen habe ich hier indessen ausser einem Haifischzahn nur Cytherea ovalis Goldf. aufgelesen. Eine reichere Fauna aus diesen Mergeln sammelte ich jedoch am Südwest- Abhang der Schanzenburg bei Heudeber, wo petrographisch vollkommen ähnliche Mergel mit festeren Kalkbänken abwechseln, aber weit reicher an Fossilien sind. Es sind zwar meist nur Steinkerne und Abdrücke, lassen aber deutlich die Sculptur erkennen. Wegen ihrer mürben Be- schaffenheit mussten sie freilich an Ort und Stelle mit verdünntem Gummi getränkt werden. Die Schale ist nur bei einigen Austern, den Anomia- und theilweise auch bei den Inoceramus- Arten er- halten. Die Versteinerungen aus den festen Bänken sind in ihrer Erhaltung den Vorkommnissen vom Salzberg bei Quedlinburg voll- kommen gleich. x) Diesem Niveau gehören auch die grauen Mergel an , welche nördlich von Hoppenstedt über dem Cuvieri- Pläner folgen, und welche von Ewald als Heim- burggestein bezeichnet sind. 380 Gr. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide Folgende Arten wurden von mir an der Schanzenbui sammelt: Rhynchonella vespertilio Brocchi. Ostrea sulcata Blumenb. Exogyra sigmoidea Keuss. Anomia semiglobosa Gein. » subtruncata d Orb. » n. sp. Lima canalifera Golde. Limatula semisulcata Nilss. Pecten septemplicatus Nilss. Pecten virgatus Nilss. Vota quadricostata Sow. Avicula glabra ReüSS. Lnoceramus cardissoides Golde. » lobatus Mstr. » sp. » Cripsii Mant. Modiola radiata Mstr. » concentrica Mstr. Myoconcha discrepans J. Müller. Pinna quadrangularis Golde. » decussata Goldf. Area striatula Reu, SS. » undulata Reuss. Isoarca Hercynica Brauns. Cucullaea subglabra d'Orb. Pectunculus dux J. Böhm. Leda producta Nilss. Trigonia Vaalsiensis J. Böhm. Crassatella arcacea Roem. Eriphyla lenticularis Golde. Cardium productum Sow. » alutaceum Golde. » deforme Gein. Isocardia cretacea Goldf. Cytherea ovalis Goldf. am nördlichen Harzrande. 381 Cyprimeria faba Sow. Tellina strigata Goldf. » subdecussata Roem. Siliqua concentristriata n. sp. » sinuosa n. sp. Panopaea gurgitis Brongjst. » mcmdibula Sow. Pholadomya Esmarki Nilss. » nodulifera Mstr. Goniomya designata Goldf. » Sterni n. sp. Liopistha aequivalois Goldf. Corbulamella striatula Goldf. Pleurotomaria sp. Trochus Nilssoni Mstr. » planatus Roem. Nerita rugosa Roem. Turritella sexcincta Goldf. Natica lamellosa Roem. Cerithium binodosum Roem. Aporrhais stenoptera Goldf. Fasas Buchii J. Müller. » Renauxii ü'Orb. Fusus coronatus Roem. Voluta suturalis Goldf. sp. » subgranulosa n. sp. Cinidia Humboldti J. Müller. Ammonites clypealis Schlüt. Scapliites aquisgranensis Schlüt. » hippocrepis Dekay. Baculites incurvatus Dujardin. Actinocamax Westphalicus Schlüt. » verus Schlüt. Flabellina cordata Reuss. Lunulites Bourgeoisii d’Orb. Calianassa antiqua Otto und eine Anzahl Fischzähne. 382 G. Müller, Beitrag zur Kenutniss der oberen Kreide Die grosse Mehrzahl der angeführten Arten wurde von Brauns1) vom Salzberg bei Quedlinburg beschrieben. Auch das häufige Vorkommen von Inoceramus cardissoides Goldf. , welcher bis jetzt mit Sicherheit nur im untersten Senon nachgewiesen ist, deutet darauf hin, dass die Gesteine der Schanzenburg, der Raben- berge und des Galgenbergs dem Salzberghorizont angehören. Einige von obigen für die Salzbergmergel neuen Arten fanden sich im gleichen Niveau auch am »Anisberg« nördlich Derenburg in ähnlichen, festeren, kalkigen und auch mürberen Mergeln, die mit einander in Wechsellagerung treten. Der Vollständigkeit halber führe ich die von Herrn Pastor Schmidt in Aschersleben und im letzten Herbste von mir gesam- melte Suite von Versteinerungen vom Anisberg bei Derenburg mit an : Lima canalifera Goldf. Pecten virgatus Nilss. Vola quadricostata Sow. Avicula glabra Reuss. Inoceramus cardissoides Goldf. Modiola radiata Mstr. Isoarca Hercynica Brauns. Cucullaea subglabra dOrb. Pectunculus dux J. Böhm. » decussatus Roem. Trigonia Vaalsiensis J. Böhm, Crassatella arcacea Roem. Cardium alutaceum Goldf. Isocardia cretacea Goldf. Tapes elliptica Roem. Cytherea ovalis Goldf. Cyprimeria faba Sow. Tellina Renauxii Math. » subdecussata Roem. ‘) Die senonen Mergel des Salzberges bei Quedlinburg und ihre organischen Einschlüsse. Zeitschr. f. d. gesammten Naturwissenschaften Bd. XL VI, S. 323 ff. Halle 1876. am nördlichen Harzrande. 383 Tellina costulcita Goldf. Panopaea gurgitis Brongn. Mactra angulata Sow. Corbulamella striatulä Goldf. Turritella nodosa Roem. Fusus coronatus Roem. Ammonites clypealis Schlüt. Westlich und südwestlich von der Schanzenburg bei Heudeber folgen nach der EwALD’schen Karte die Ilsenburgmergel, welche ich indessen nicht aufgeschlossen gefunden habe. Dagegen wurden die Ilsenburgmergel des »Börnkerberges« bei Berssel westlich von Zilly, durch einen Schurfschacht auf Phosphorite aufgeschlossen, ln den zähen, dunkeln Tlionen wurden von Herrn Professor VON Ivoenen und Herrn Dr. Denckmann eine Reihe interessanter Arten gesammelt, welche beweisen, dass jene Thone ebenfalls dem Niveau des Salzberggesteins angehören. Ob- wohl die Versteinerungen z. Th. durch Verdrückung gelitten hatten, so gelang es mir doch, folgende Arten festzustellen: Pecten virgatus Nilss. Vola quadricostata Sow. Gervillia solenoides Defr. Inoceramus cardissoides Goldf. Inoceramus Cripsii Mant. Pinna decussata Goldf. Area undulata ReüSS. » . striatula » Leda producta Nilss. Cardium alutaceum Goldf. Cytherea ovalis Goldf. Cyprimeria faba Sow. Turritella quadricincta Goldf. Natica lamellosa Roem. Aporrhais Reussi Gein. » stenoptera Goldf. Voluta suturalis Goldf. 384 G. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide Voluta subgranulosa n. sp. Fusus coronatus Roem. Ammonites clypealis SchlÜt. Actinocamas quädratus Blainv. Gegend von Quedlinburg -Halberstadt. Aus der WlTTE’schen Sammlung herrührend, besitzt das Göttinger Museum zwei Inoceramen als Inoceramus involutus Sow. und Inoceramus mytiloides Mant. bestimmt, mit dem Fundpunkt: Löhofsberg bei Quedlinburg. Ausserdem wurde dem Göttinger Museum von Herrn Pastor Schmidt in Aschersleben eine Reihe von Fossilien von den Spiegelsbergen bei Halberstadt geschenkt. Nach der EwALD’sclien Karte besteht das Quedlinburg-Halber- städter Plateau, auf welchem diese Fundpunkte liegen, aus sub- hercynischem Senon-Quader, und darunter Salzberggestein. Ueber die Lagerungsverhältnisse habe ich Folgendes zu bemerken. Ueber dem Cuvieri- Pläner, welcher in dem Kalkbruche in der Nähe der Eisenbahn-Haltestelle Spiegelsberg gut aufgeschlossen ist, folgen graue Mergel, welche leicht zerfallen und nur gelegent- lich durch tiefes Pflügen sichtbar werden. Anstehend aber schon sandig sah ich sie am Fusse des Plateaus und am Fuss des Lohofs- berges bei Quedlinburg, wo sie als Formsande gewonnen werden. Fossilien enthalten sie anscheinend nur in kugeligen, kalkhaltigen Concretionen, meist mit erhaltener Schale. Doch ist diese nicht leicht vom Gestein zu reinigen. An den Spiegelsbergen sind von Herrn Schmidt und mir folgende Arten gesammelt worden: Rhynchonella vespertilio Brocchi. Ostrea sulcata Blumenb. Exogyra canaliculata Sow. Spondylus spinosus Sow. Lima canalifera Goldf. Lima Hoperi Mant. Pecten virgatus Nilss. Vola quadricostata Sow. Avicula lobata n. sp. am nördlichen Harzrande. 385 Inoceramus sublabiatus n. sp. » Koeneni n. sp. » percostatus n. sp. » sinuosus n. sp. Perna lanceolata ReüSS. Nucula truncata Nilss. Pectunculus dux J. Böhm. Trigonia Vaalsiensis J. Böhm. Crassatella arcacea Roem. Cyprimeria faba Sow. Panopaea gurgitis Brongn. Liopistha aequivalvis Golde. Natica lamellosa Roem. Scaphites sp. Toxoceras sp. Turrilites varians Schlüt. Baculites sp. Calianassa antiqua Otto. Am Löhofsberg bei Quedlinburg sammelte ich bei einem flüchtigen Besuch: Ostrea sulcata Blumenb. Pecten virgatus Nilss. Inoceramus sublabiatus n. sp. » Koeneni n. sp. » percostatus n. sp. Perna lanceolata ReüSS. Pectunculus dux J. Böhm. Panopaea gurgitis Brongn. Goniomya designata Golde. Turritella cf. acantophora J. Müller. Scaphites sp. In dem darüber folgenden Sandstein, welcher schon von Weitem durch die von ihm gebildete Terrainkante kenntlich ist, sind nur spärliche Fossilien gefunden worden. So liegen im Göttinger Museum aus dem Sandstein der Spiegelsberge nur Vola quadri- 25 Jahrbuch 1887. 386 G. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide costata Sow. und Pinna sp. — Auf dem Sandstein des Halber- städter-Quedlinburger Plateaus legt sich noch ein glaukonitisclier Sand, in welchem auch Kieslagen und in diesen Phosphoritgerölle auftreten. Das Conglomerat bedeckt jedoch nicht das Plateau in seiner ganzen Ausdehnung, sondern tritt nach Angabe von Herrn Professor Dames 3) erst nach Westen hin auf, während im Osten der unterlagernde Sandstein direct von diluvialem Schotter bedeckt wird. An der oberen Grenze des Sandsteins treten, wie dies schön am Löhofsberg und in dem Einschnitt der Chaussee von Halber- stadt nach Börnecke in der Nähe des »Molken-Bruches« zu sehen ist, schon eine Reihe von wenig mächtigen Conglomeratbänken auf, so dass ein allmählicher Uebergang von dem feinköniigen Sandstein zu dem Phosphoritgeschiebelager statt hat, welches in- dessen wegen Yorwaltens von Quarzgeschieben zur Zeit nicht mehr ausgebeutet wird. Es lassen sich hiernach zwischen Quedlinburg und Halber- stadt die Schichten über dem Cuvieri - Pläner , welche auf der EwALü’schen Karte als Salzberggestein und Senon- Quader be- zeichnet sind, in der That in zwei Horizonte trennen, in untere mergelige und obere sandig- conglomeratische Schichten. o r? o o Dieselben würden nach Analogie ihrer Lagerung den Mergeln und Sauden von Zilly , also der Zone der Ammonites Margae an- gehören können. Es wird dies bestätigt dadurch, dass einige der von Löhofsberg gefundenen Formen, wie Turrilites varians Scheut. bisher nur aus dem Emscher Schlüter’s und aus den Conglo- meraten von Zilly bekannt geworden sind. Inoceramus involutus Sow. ist nach Roemer’s* 2) Angabe am Gläsernen Mönch« südlich Halberstadt gefunden worden. Schlüter3) glaubt jedoch, dass die Art aus den Mergeln im Liegenden des Quaders stamme. Inoceramus percostatus n. sp. kenne ich auch aus dem Bahnein- schnitte bei Goslar, in dem Ammonites Texanus Roem. von Herrn Bergrath Württenberger gefunden und unzweifelhafter Emscher ansteht. Inoceramus Koeneni n. sp. ist diesem Plateau eigen- •) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. Bd. 38, S. 915. 2) Nordd. Kreidegeb. S. 61. 3) Palaeontogr. Bd. 24, S. 273. am nördlichen Harzrande. 387 thümlich. Inoceramus involutus Sow. habe ich übrigens bis jetzt nicht trotz aller Mühe im Salzbergmergel finden können, während Brauns Q diese Art aus diesem Horizont citirt. Vielleicht stammt das von Brauns angeführte Exemplar, falls es in der Tliat zu Inoceramus involutus gehört, aus den tieferen Sandsteinen, die von Brauns * 2) gleichfalls in die Zone des Ammonites Margae gestellt werden. Es ist dies jener Quadersandsteinzug, welcher sich vom St. Wipertikloster bei Quedlinburg aus nach NW. über Wester- hausen, Börnecke bis nach Langenstein hinzieht. Die Mehrzahl der übrigen Formen ist allerdings auch in höheren Horizonten des Senons vorhanden, jedoch treten dieselben zum grossen Theil auch in den Conglomeraten von Zilly auf. Durch den grossen Procentsatz von senonen Arten wird höchstens bewiesen, dass die Zone des Ammonites Margae näher dem Senon steht als dem Turon und somit am besten als unterstes Senon aufzufassen ist. Sudmerberg bei Goslar. Als gleichaltrig mit dem westfälischen Emscher - Mergel wurden von Schlüter 3) »die lockeren grauen kalkigen Mergel« angesehen , welche am Fuss des Petersberges östlich von Goslar im Paradiesgrund die Inoceramus Cuoieri - Schichten überlagern. Ebenso wie Schlüter habe auch ich nichts deutlich Be- stimmbares von Fossilien darin gefunden. Doch sind nach einer gütigen Mittheilung von Herrn Schuch die Mergel reich an Foraminiferen. Nach oben hin erhalten die Mergel sandige, glaukonitische Lagen. 200 Schritt nördlich von dem Profil des Paradiesgrandes sind durch die Eisenbahn nach Vienenburg flach nach Norden einfallende, gelblich graue, mer- gelige Sandsteine aufgeschlossen, aus welchen A. Eoemer4) u. a. folgende Arten auf führte : 0 Salzbergmergel, S. 579. 2) a. a. 0., S. 418. 3) Palaeontographica Bei. 24, S. 229. 4) Die Quadraten -Kreide des Sudmerberges bei Goslar. Palaeontographica Bd. 13, S. 193. 388 G. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide Terebratula carnea. Pecten quadricostatus. Lima Hoperi. Spondylus striatus. Inoceramus Cuvieri. » digitatus. » lobatus. $> cancellatus. Cardium decussatum. Scaphites binodosus. Nautilus laevigatus. Beleinnitella quadrata. Die Göttinger Sammlung erhielt vor einigen Jahren folgende, von Herrn Bahnmeister Winter beim Bau der Bahn gesammelte Arten : Rhy nchonella vespertilio Brocchi. Exogyra canaliculata Sow. Spondylus spinosus Sow. Lima Hoperi Mant. Inoceramus Cuvieri Sow. » subcardissoides Schlüt. » percostatus n. sp. » sp. » cfr. Cripsii Mant. Lithodomus cfr. Scheuchzeri Gutb. Nautilus cfr. Neubergicus Redt. Scaphites sp. Actinocamax Westphalicus Schlüt. Scalpellum maximum Sow. Ausserdem befindet sich in der Sammlung der geologischen Landesanstalt zu Berlin ein Bruchstück von Ammonites Texanus Roem. aus dem Bahneinschnitt bei Goslar, welches von Herrn Bergrath Württenberger gesammelt worden ist. Dieselben Schichten wie im Eisenbahneinschnitt sind im Bett der »Abezucht« unterhalb der Oelmühle aufgeschlossen. Bis zum am nördlichen Harzrande. 389 Fass des Sudmerbergs sind dann die Kreideablagerungen durch Schottermassen verdeckt. Die Spongien- und Bryozoenreichen Mergel und das Sudmer- bergconglomerat dürften nicht, wie Schlüter1) glaubt, der Zone des Ammonites Margae angehören, sondern einem höheren Niveau. Nach den mir vorliegenden Versteinerungen, die z. Th. von den Herren Bergrath Württenberger, Pastor Lindemann und Lehrer Reitemeier gesammelt sind, z. Th. aus der WiTTE’schen Sammlung herrühren, glaube ich jene Mergel mit dem Salzbergmergel paralleli- siren zu dürfen. Da es nicht leicht ist festzustellen, ob die am Fuss des Sudmerbergs liegenden Fossilien aus den unteren Mergeln oder aus den Mergeln zwischen den Conglomeratbänken herrühren, so führe ich in der folgenden Liste nur diejenigen Arten auf, von denen ich mit genügender Sicherheit weiss, dass sie aus den unteren Mergeln stammen : Ostrea diluviana Linn. » proteus ReüSS. » sulcata Blumenb. Exogyra laciniata NlLSS. » canaliculata Sow. Inoceramus cardissoides Goldf. Panopaea gurgitis Brongn. Goniomya designata Goldf. Natica lamellosa Roem. » acutimarga Roem. Nerita rugosa PIoeningh. Baculites incurvatus Duj. Actinocamax Westphalicus Schlüt. Entscheidend für die Bestimmung des Horizonts dürfte Inoce- ramus cardissoides sein, welchen ich bis jetzt nicht höher als im Horizont der Salzbergmergel gefunden habe. Vom Sudmerberg sind mir im Uebrigen folgende Arten noch bekannt geworden, von welchen die mit einem Kreuz versehenen ») a. a. 0. S. 229. 390 G-. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide aus den Conglomeraten stammen. Von den übrigen könnten ein- zelne immerhin auch aus den unteren Mergeln herrühren. Crania Parisierisis Defr. Terebratula subrotunda Sow. Terebratulina chrysalis Schloth. » rigida Sow. Rhynchonella vespertilio Brocchi. » Cuvieri d’Orb. Ostrea sulcata Blumenb. -f- Exogyra auricularis Wahlenb. -+- Lima canalifera Golde. IAmatuia semisulcata Nilss. -+- Pecten undulatus Nilss. -(- Vota quadricostata Sow. -+- Inoceramus fasciatus n. sp. -4- » Cripsii Mant. -h Pinna decussata Goldf. Radiolites subhercynicus Ewald. -+- Panopaea gurgitis Brongn. -+- Goniomya designata Goldf. Anatina concentrica n. sp. -b Nautilus sublaevigatus d'Orb. -4- Ammonites syrtalis Mort. Unter diesen Arten befindet sich keine recht bezeichnende, wir werden aber bei Besprechung des »Butterberges« sehen, dass diese Schichten aller Wahrscheinlichkeit nach mit dem in der Blankenburger Gegend verbreiteten Senon- Quader zu paral- lelisiren sind. Durch eine etwa 5 Meter mächtige, an der Westseite in halber Höhe des Berges liegende Schicht graublauen, glaukonitischen Mergels wird das Sudmerbergconglomerat in zwei Bänke getrennt, von denen die obere sich nicht unwesentlich durch den bedeutend geringeren Gehalt an Quarz und Glaukonit von der unteren unter- scheidet. am nördlichen Harzrande. 391 Gegend von Harzburg, Ilsenburg und Vienenburg. Auf der EwALD’schen Karte sind am »Butterberg« nördlich von Harzburg direct über dem Neocom »Ilsenburgmergel« und dann »conglomeratische Bänke im Ilsenburgmergel« angegeben. Nördlich vom Bahnhof Harzburg, dicht bei der Flussbade- anstalt sind diese Ilsenburgmergel blossgelegt. Es sind wie die Mergel im Liegenden des Sudmerbergconglomerats graue, glauko- mtische Mei'gel , welche anscheinend steil nach Norden ein- fallen. Herr Hütteninspector Stern hat an dem steilen Abhange des Radauufers vor längeren Jahren eine Reihe von Versteine- rungen gesammelt, von denen ich folgende Formen bestimmen konnte : Rhynchonella vespertilio Brocchi. Ostrea sulcata Blumenb. Gryphaea vesicularis Lamk. Exogyra laciniata Nilss. Lima canalifera Golde. » pseudocardium Reuss. » Hoperi Sow. Limatula semisulcata Nilss. Pecten virgatus Nilss. » serratus Nilss. Vola quadricostata Sow. Modiola siliqua Math. Pinna decussata Golde. Crassatella arcacea Roem. Cytherea ovalis Golde. Cyprimeria faba Sow. Tellina subdecussata Roem. Panopaea mandibula Sow. Goniomya designata Goldf. Liopitha aequivalvis Goldf. Nautilus sublaevigatus dOkb, 392 G. Müller, Beitrag zur Kennt niss der oberen Kreide Ammonites syrtalis Mort. Actinocamax Westphalicus SchlÜt. » verus Mill. Spongien fanden sich nicht an dieser Fundstätte. Wenn auch unter den oben angeführten Arten keine einzige o o der für die Altersbestimmung so wichtigen Gattung Inoceramus vorhanden ist, so scheint doch die bis auf drei Arten vollkommene Uebereinstimmung mit der Fauna des Salzbergs bei Quedlinburg hinlänglich zu beweisen, dass die am Radauufer anstehenden Mergel in das Niveau der Salzbergmergel zu stellen sind. Noch wahrscheinlicher wird diese Annahme gemacht durch ein Profil auf der Höhe des Butterberges, welches durch eine Mergelgrube östlich der Chaussee von Harzburg nach Westerode aufgeschlossen ist. Hier folgen über blaugrauen, an der Ober- fläche durch Verwitterung gelblich grau gewordenen Mergeln, welche reich an Versteinerungen sind, nach Norden einfallend: 1) eine 1,10 Meter mächtige Bank feinkörnigen, gelblich grauen Sandsteins; 2) 6,50 Meter graue Mergel, welche nach oben sandig werden ; 3) ca. 4 » grauer, stark zerklüfteter Kalksandstein; 4) 0,12 » Kalkconglomerat, welchem wie dem Sudmer- bergconglomerat Quarz, Glaukonit u. s. w. beigemengt sind; 5) ca. 4,10 Meter feinkörniger, gelblich grauer Kalksand- stein. Ungefähr 40 Schritt weiter nördlich sind in einem jetzt auf- gegebenen Steinbruche 1) 4,55 Meter hellgrauer, schwach dolomitischer Kalk, 2) 5,50 » stark zerklüftetes , glaukonitisches , sandiges Kalkconglomerat aufgeschlossen. Die festen conglomeratischen Bänke auf dem Kamm des Butterberges sind schon von Beyrich mit Recht mit dem Sudmer- am nördlichen Harzrande. 393 berggestein parallelisirt worden. Die Parallelisirung des Ge- steins vom Butterberg mit dem Quader bei Derenburg, Blanken- burg u. s. f. wird bewiesen durch die Versteinerungen, welche sich hauptsächlich in den unter und über der 1,10 Meter mächtigen Bank feinkörnigen Sandsteins liegenden Mergeln finden. Die von mir bestimmten Arten wurden gleichfalls zum grössten Theil von Herrn Hütteninspector Stern gesammelt. Es sind dies: Credneria sp. Ostrea sulcata Blumenb. Gryphaea vesicularis Lamk. Exogyra canaliculata Sow. Spondylus striatus Sow. Limatula semisulcata Nilss. Pecten virgatus Nilss. Vola quadricostata Sow. Inoceramus Cripsii Mant. Pinna decussata Golde. Area striatula ReüSS. » undulata ReüSS. Cucullaea subglabra d’Orb. Leda producta Nilss. Trigonia Vaalsiensis J. Böhm. Eriphyla lenticularis Goldf. Cardium Ottoi Gein. » productum Sow. » alutaceum Goldf. Cytherea ovalis Goldf. Cyprimeria faba Sow. Siliqua concentristriata n. sp. Panopaea gurgitis Brongn. Goniomya designata Goldf. » Sterni n. sp. Liopistha aequivalvis Goldf. Turritella sexcincta Goldf. nodosa Roem. » 394 G. Müi-ler, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide Natica lamellosa Roem. » acutimargo Roem. Aporrhais stenoptera Golde. » granulata Sow. Cylichna sp. Ammonites syrtalis Mort. » clypealis Schlüt. Scaphites sp. Baculites incurvatus DüJ. Actinocamax Westphalicus Schlüt. Calianassa antiqua Otto. Allerdings zeigt die Fauna eine grosse Uebereinstimmung mit der Fauna des Salzbergiuergels der Schanzenburg. Doch fehlt einerseits der im Salzbergmergel aller von mir besuchten Localitäten nicht gerade seltene Inoceramus cardissoides gänzlich, während der typische Inoceramus Cripsii in den Mergeln des Butterberges häufig ist. Andererseits sammelte ich bei einem nur flüchtigen Besuch des »Teichberges« bei Derenburg1) im dortigen Quader ebenfalls Ammonites syrtalis , Ammonites cf. clypealis und Baculites incurvatus. Auch hier gehört Inoceramus Cripsii zu den häufig vorkommenden Arten. Zudem tritt hier eine Quadersandsteinbank mit auf, welche auch petrographisch auf den Senon-Quader von Blankenburg u. s. f. hi uw ei st. Leider ist die Fauna des Senon- Quaders bis jetzt nur un- vollkommen bekannt. Doch scheint sich die Fauna des Quaders von der des Salzbergmergels besonders durch die Inoceramus- Arten b Da bis jetzt nur vereinzelte Angaben über die im Quader vorkommenden Versteinerungen sich in der Literatur finden, so veröffentliche ich hier gleich- zeitig die am Teichberge gesammelten Arten: Inoceramus Cripsii Mant. Pinna decussata Goldf. Cucullaea subglabra d’Orb. Pectunculus dux J. Böhm. Crassatella arcacea Roem. Cardium cf. productum Sow. Cyprimeria faba Sow. Liopistha aequivalvis Goldf. Turritella nodosa Roem. Volutoderma fenestrata Roem. Nautilus sp. Ammonites syrtalis Mort. » cf. clypealis Schlüt. Baculites incurvatus Duj. am nördlichen Harzrande. 395 zu unterscheiden. Während im Quader Inoceramus lobatus, Ino- ceramus lingua und der für das ganze Senon als Leitfossil geltende Inoceramus Cripsii ihre Hauptverbreitung haben, ist Inoceramus cardissoides nach Schlüter1) und den von mir gesammelten Er- fahrungen nicht höher als im Salzbergniveau zu treffen. Brauns1) glaubt die Schichten des Butterberges in den Horizont der Heimburggesteine setzen zu müssen, doch bieten hierzu die aufgezählten Arten durchaus keinen Anlass. Nördlich vom Butterberg werden die Kreideschichten von alluvialen und diluvialen Bildungen verdeckt, so dass es nicht mög- lich ist, festzustellen, welche Schichten unmittelbar im Hangenden der festen Kalke folgen. Erst bei Bettingerode und nördlich von hier am »Hopfenberge« bei Lochtum sind in Mergelgruben blau- graue und gelblichgraue Mergel aufgeschlossen, deren Fauna sich durch kleine Formen auszeichnet, von denen ich hier folgende Arten anführen will: Terebratulina chrysalis Schloth. Rhynchonella vespertilio Brochhi. Spondylus spinosus Sow. Vola quadricostata Sow. Inoceramus lobatus Mstr. Pinna decussata Golde. Area undulata ReüSS. Leda producta Nilss. Cardium alutaceum Golde. Panopaea gurgitis Brongn. Turritella nodosa Roem. Natica lamellosa Roem. Aporrhais stenoptera Goldf. Actinocamax verus Miller. Unter diesen Arten weisen Inoceramus lobatus und Actinocamax verus darauf hin, dass die Mergel von Bettingerode und vom Hopfenberge nordwestlich Lochtum noch zum Unter -Senon zu ziehen sind. 1 ) Palaeontographica Bd. 24, S. 275. 396 G. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide Im Hangenden der Mergel folgt nach Osten die Coeloptychien- Kreide mit Actinocamax quadratus (Zone der Becksia Sockelandi ), welche östlich von Westerode und südöstlich von Lochtum in einer Anzahl Mergelgruben, vor Allem aber gut in einem Hohlwege 500 Meter südlich von letzterem Orte aufgeschlossen ist. Ebenso liegen am Sassberge westlich Veckenstädt bei Ilsen- burg und in der Nähe des Vorwerks Wenderode östlich Vienen- burg unter der Coeloptychien - Kreide graue Mergel, durchaus ähnlich den Mergeln des Hopfenberges bei Lochtum, aber meist durch diluviale Bildungen bedeckt. Auch wurden im vergangenen Jahi’e dieselben grauen Mergel gelegentlich einer Vertiefung des Chausseegrabens auf dem Nordabhange des ersten Hügels nördlich von Gr.-Biewende bei Börssuin blossgelegt. Aus diesen stammt ö O vielleicht Actinocamax verus , welchen Schlüter1) von Biewende anführt. In der Coeloptychien-Kreide des Wohrenberges bei Gr.- Biewende habe ich trotz häufiger Besuche Actinocamax verus nicht gefunden. Wichtig sind endlich die Aufschlüsse der sog. Ilsenburgmergel bei Stapelburg nördlich von Ilsenburg. Hier folgen über der Coeloptychien-Kreide am Kirchhof im Osten des Dorfes zunächst graue Mergel und dann ein festes helles Kalkconglomerat. Dieses bildet eine kleine Anhöhe, auf welcher sich die Ruine Stapelburg erhebt. Nördlich von hier, am rechten Ufer der »Stimmecke«, zwischen dem Dorfe ixnd der Amtsmühle bilden die nach Norden einfallendeil Conglomerate eine kleine Bodenanschwellung und lieferten mir zahlreiche grosse Spongien und kleine der Gattung Radiolites angehörende Rudisten von ca. 15 Millimeter Länge. Ausserdem fand ich Caratomus- und Cidaris- Arten und vereinzelte Mollusken, wie Vola quinquecostata und Area sp. Leider konnte ich die Fundstelle der vorgerückten Jahreszeit halber nicht genügend ausbeuten, um mir ein Urtheil darüber zu bilden, ob dieselbe nach der oberen Quadratenkreide oder schon zu der unteren Mukronatenzone zu ziehen sei. ’) Palaeontographiea Bd. 24, S. 194. Zu S. 397. Quedlinburg - Blankenburg nach Ewald und Brauns Quedlinburg- Halberstadt Zilly- Heudeber Harzburg- Vienenburg Sudmerberg Westfalen nach Schlüter Ober- Ilsenburgmergel Conglomerate des Burgberges bei Stapelburg (?) (Conglom er atische Bänke im Ilsenburg- mergel nach Ewald) Untere Mucronatenkreide Senon Ilsenb urgmergel (nach Ewald) Zone der Becksia Soekelandi bei Lochtum, Wenderode, Stapelburg u. s. f. (Ilsenburgmergel Ewald’s) Zone der Becksia Soekelandi Heimb urggestein Mergel vom Hopfen- berg bei Lochtum, von Bettingerode. ( Ilsenburgmergel Ewald’s) Die obersten Bänke des Sudmer- berg’s (?) Kalkig -sandige Gesteine v. Dülmen mit Scaphites binodosus Unter- Senon Senon- Quader Conglomerate des Butterberges bei Harzburg nebst den Mergeln unmittel- bar im Liegenden des Conglomerats. (Conglomeratische Bänke im Ilsenburg- mergel nach Ewald) Sudmerberg conglomerat Quarzige Gesteine von Haltern mit Pecten muricatws Salzberggestein Mergel des Galgen- bergs, der Rabenberge, der Schanzenburg. ( Heimburggestein nach Ewald) Graue Mergel am Radauufer nördlich Harzburg. (Ilsenburgmergel Ewald’s) Die grauen sogenannten Sandmergel von Thonmergel des Börnkerberges bei Berssel. ( Ilsenburgmergel nach Ewald) Siphonien- Mergel Recklinghausen mit Marsupites ornatus Zone des Avim. Sandstein im Liegenden des S alzb er gges teins am St. Wiperti- kloster bei Quedlin- burg (nach Brauns) Sandstein der Clus- u. Spiegelsberge, des Löhofsbergs u. s. f. (Senon-Quader Ewald’s) Sandstein der »Trift« östlich Zilly. ( Heimburggestein Ewald’s) Conglomerat des Bahn- einschnitts bei Goslar Emscher - Mergel Margae ? Mergel im Liegenden des Sandsteins ( Salzberggestein Ewald’s) Mergel im Liegenden des Sandsteins ( Heimburggestein Ewald’s) Mergel des Paradies- grundes am Betersberg bei Goslar am nördlichen Harzrande. 397 Jasche1) citirt in seiner Liste Belemnitella mucronata vom Burgberge bei Stapelburg. Beyrich2) dagegen hat die Schichten auf seiner »geognostischen Karte des nördlichen Harzrandes von Langelsheim bis Blanken- burg« als Sudmerberggestein eingetragen. Während demnach ein Theil der Ilsenburgmergel, welche das wellige Plateau zwischen der Ilse, Radau und Oker auf bauen, dem Ober-Senon (im Sinne Schlüter s) zufällt, gehört ein anderer Theil noch dem Unter -Senon an. Welchem Gliede des Unter- Senons der östlichen Kreidebildungen jene untersenoneir Mergel angehören, für welche wir den Ausdruck Ilsenburgmergel bei- behalten wollen, wage ich vorläufig nicht zu entscheiden, da hierzu noch eingehende palaeontologische und stratigraphische Unter- suchungen, wie ich sie in der kurzen Zeit nicht habe ausführen können, gemacht werden müssen. Doch möchte ich annehmen, dass die Mergel von Bettingerode, Lochtum und Veckenstädt gleichaltrig mit dem Heimburggestein sind. Aus beiliegender Uebersichtstabelle ergiebt sich wohl am besten das Resultat meiner Untersuchung. ') Gebirgsformation in der Grafschaft Wernigerode a. H. 2. Aufl. 2) Zeitsclir. d. Deutsch, geol. Ges. Bd. III. 1S63. 398 G-. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide II. Palaeontologischer Theil. Bracbiopoda. 1. Crania Parisiensis Defr. 1818. Crania Parisiensis Defrance, Diet. II, p. 313, No. 3. 1866. » » Schloenbach , Iirit. Stud., S. 323, t. 40, f. 18 — 22. Pal. XIII, c. syn. 1868. » » » Sitzb. d. K. Akad. d. Wissensch. Bd. LVII, S. 41, t. 3, f. 11. Diese Art ist schon seit langer Zeit vom Sudmerberg bekannt. Von den beiden vorliegenden Exemplaren ist das eine auf einer Rhynchonella vespertilio festgewachsen. Eine Oberklappe verdanke ich Herrn Pastor Lindemann in Seesen. 2. Rhynchonella vespertilio Brocchi sp. 1814. Anomia vespertilio Brocchi, Conch. foss. subapenn. t. 15, f. 10. 1847. Rhynchonella vespertilio d'Orbigny, Terr. cret. IV, p. 44, t. 499, f. 1 — 7. 1876. » » Brauns, Sal/.bergm. S. 397 (c. syn.). Die von Brauns aufgestellte Synonymik scheint mir die richtige zu sein, da ich keinen Unterschied zwischen Rhynchonella alata Lamk. und Rhynchonella ala Marklin bei Roemer (Kreide- geb. S. 39) habe herausfinden können, und deshalb der von d’Orbigny wieder aufgenommene Name Rhynchonella vespertilio der Priorität halber vorzuziehen ist. Rhynchonella vespertilio findet sich im »Emscher« von Zilly, am Fusse der Spiegelsberge, im Bahneinschnitt von Goslar; im Mergel des Salzbergs und der Schanzenburg bei Heudeber; ferner häufig am Sudmerberg und auch im Ilsenburgmergel von Lochtum. am nördlichen Harzrande. 399 3. Rhynclionella Cuvieri d’Orb. 1847. Rhynclionella Cuvieri d’Orbigny, Terr. cret. IY, p. 39, t. 497, f. 12 — 15. 1868. » » Schloenbach, Sitzb. d. K. Akad. d. Wissensch. Bd. LVII, S. 33, t. 3, f. 3, 4 (c. syn.) Diese von vielen Autoren als Rhynclionella ( Terebratula ) pisum Buch citirte Art stand mir in 4 Exemplaren vom Sudmer- berg zur Verfügung. 4. Terebratulina chrysalis Schloth. sp. 1813. Terebratulites chrysalis Schlotheim, Leonh. Taschenb. YII, S. 113. Terebratulina » Schloenbach, Palaeont. Bd. XIII, S. 277, t. 38, f. 3, 4. » » » Sitzb. d. K. Akad. d. Wissensch. Bd. LVII, S. IS, t. 1, f. 3 — 5. Terebratulina chrysalis fand ich im Emscher Mergel des »Abezucht«-Bettes bei Goslar in einem Exemplar. Am Sudmer- berg ist die Art ziemlich häufig. Eine Jugendform aus den Mergeln von Lochtum war in der S'rERN’schen Sammlung vor- handen. 5. Terebratulina rigida Sow. sp. 1829. Terebratula rigida Sowerby, Min. Conch., t. 536, f. 2. 1866. Terebratulina rigida Schloksbach, Palaeontog. Bd. XIII, S. 283, t. 38, f. 10—17. 1868. » » » Sitzb. d. K. Akad. d. Wissensch. Bd. LVII, S. 18, t. 1, f. 1, 2. Während das eine der von Herrn Reitemeier am Sudmer- berg gesammelten Stücke die typische Form zeigt, zeichnen sich die beiden anderen durch eine gewölbtere Ventralklappe und weniger scharfe Sculptur aus. (i. Terebratula subrotunda Sow. 1813. Terebratula subrotunda Sowerby, Min. Conch., t. 15, f. 1. 1868. » » Schloenbach, Sitzb. d. K. Akad. d. Wissensch. Bd. LVII, S. 19, t. 1, f. 6—12. Bezüglich der Abgrenzug dieser Art schliesse ich mich gleich- falls vollkommen an Schloenbach an. Ich kenne Terebratula subrotunda aus dem Emscher des Bahneinschnitts von Goslar und vom Sudmerberg. 400 0. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide Lamellibranchiata. 7. Ostrea (Alectryonia) diluviana Linn. 1767. Alectryonia diluviana Linnk, Syst. nat. p. 1148. 1834. Ostrea diluviana Goldfuss, Petr. Germ. II, S. 11, t. 75, f. 4. » pectinata » ib. S. 9, t. 74, f. 7. 1872 — 75. » diluviana Geinitz, Elbthalgeb. I, S. 176, t. 39, f. 1 — 5. 1876. » » Brauns, Salzbergm. S. 392. Eine Muschel vom Sudmerberg stimmt am besten mit Geinitz (a. a. O.) t. 39, f. 1 überein. Kleinere Formen finden sich nach Brauns im Mergel des Salzbergs bei Quedlinburg. 8. Ostrea proteus Keuss. 1845. Ostrea proteus Reuss, Böhm. Kreidef. II, S . 41, t. 27, f. 12 — 17. 1869. » » Coquand, Monogr. du genre Ostrea, p.94, t. 27, f. 2 — 14. In der Sammlung des Herrn Bergrath Württenberger in Hannover befinden sich einige Stücke dieser Species vom Sudmer- berg, von denen das grösste 15 Millimeter hoch ist. Dieselben unterscheiden sich von den böhmischen Exemplaren garuicht. 9. Ostrea sulcata Blumenb. 1803. 1825. 1827. 1834. » » 1841. 1869. 1872-75. 1876. Ostracites sulcatus Blumenbach, Spec. Arch. Teil., t. 1, f. 3. Ostrea semiplana Sowerby, Min. Conch. t. 489, f. 1, 2. » flabelliformis Nilsson, Petref. Suec. p. 31, t. 6, f. 4. » » Goldfuss, Petr. Germ. S. 12, t. 76, f. 1. » sulcata » ib. S. 13, t. 76, f. 2. » armata » ib. S. 13, t. 76, f. 3. » » sulcata , flabelliformis Roemer, Nordd. Kreidegeb. S. 45 u. 46. » semiplana Coquand, Monogr. du genre Ostrea, p. 74, t. 28. f. 1-15, t. 35. f. 1, 2, t. 38, f. 10—12. » » Geinitz, Elbthalgeb. II, S. 38, t. 9, f. 6—8. » sulcata Brauns, Salzbergm. S. 393. Mit Brauns gebe ich dem älteren BLUMENBACEfschen Namen den Vorzug. Die horizontale wie verticale Verbreitung ist sehr gross. So liegt mir Ostrea sulcata aus dem Emscher des Löhof’s- berges bei Quedlinburg, der Spiegels- und Clusberge, aus dem gleichen Niveau von Zilly und aus dem Bahneinschnitt bei Goslar vor, wo sie überall häufig auftritt. Nicht, minder häufig kommt am nördlichen Harzrande. 401 die Muschel vor im Salzberghorizout bei Quedlinburg, Langen- steiu, der Schanzenburg bei Heudeber, des Radauufers gegenüber Bahnhof Harzburg und am Sudmerberg. Aus dem nächst höheren Horizont kenne ich Ostrea sulcata vom Butterberg bei Harzburg und aus den festen Bänken des Sudmerberges. Ein Exemplar aus den Ilsenburgmergeln von Lochtum liegt in der STERN’schen Sammlung. 10. Grypliaea vesicnlaris Lamk. sp. 1806. Ostrea vesicularis Lamarck, Ann. Mus. tome 8, t. 22, f. 3. 1834. » » Goldfuss, Petr. Germ. S. 23, t. 81, f. 2. 1840. Gryphaea » Roemer, Nordd. Kreidegeb. S. 46. 1865. Ostrea » Zittel, Gosaubivalv. II, S. 47, t. 19, f. 6. Aus dem Salzberghorizont am Radauufer nördlich vom Bahn- hof Harzburg liegen drei Exemplare dieser leicht bestimmbaren Muschel vor. 11. Exogyra sigmoidea Eeuss. 1846. Exogyra sigmoidea Reuss, Böhm. Kreidef. S. 44, t. 27, f. 1 — 4. 1846 — 47. » haliotidea Geinitz, Grundr. S. 481, pars, t. 20, f. 21 a.c 1849 — 50. » sigmoidea u. squamula Geinitz, Quad. Deutschi. S. 204. 1864. » cf. » Zittel, Gosaubivalv. S. 47, t. 19, f. 5. 1871 — 75. » » Geinitz, Elbthalgeb. S. 186, t. 41, f. 14 — 27. Zwei rechte Klappen, von denen die grössere 3 Centimeter hoch ist, fand ich im Salzbergmergel der Schanzenburg. Auf der ohrförmigen Schale verläuft ein sehr scharfer Kiel, von dem der hintere (bei dem grösseren Exemplare 14 Millimeter hohe) Rand senkrecht abfällt, während die vordere Fläche concav ist. Die Oberfläche ist mit feinen Auwachsstreifen versehen. 12. Exogyra canaliculata Sow. sp. 1813. Chama canaliculata Soweuby, Min. Conch. t. 26, f. 1. 1827. Ostrea lateralis Nilsson, Petr. Suec. p. 29, t. 7, f. 7 — 10. 1834. » » Goldfuss, Petr. Germ. II, S. 24, t. 82, f. 1. 1837. » » Hisinger, Leth. Suec. p. 46, t. 13, f. 1. 1843. » canaliculata d’Obbigny, Terr. cret. III, p.709, t. 471, f. 4 — 8. 1846. » lateralis Geinitz, Grundr. S. 480, t. 20, f. 22. Exogyra » Reuss, Böhm. Kreidef. II, S. 42, t. 27, f. 38 — 47. 1869. Ostrea canaliculata Coquand, Monogr. du genre Ostrea, p. 128. 26 Jahrbuch 1887. 402 G. Müller, Beitrag zur Renntniss der oberen Kreide 1870. Ostrea lateralis Roemer, Geol. v. Oberschi. S. 341, t. 29, f. 4, 5. 1871. » canaliculata Stoliczka, Cret. Fauna of South. Ind. Pelec. p. 463, t. 48, f. 6-8. 1871 — 75. Exogyra lateralis Geinitz, Elbthalgeb. I, S. 179, t. 41, f. 28 — 35; II, t. 8, f. 15-17. Diese von den englischen und französischen Autoren als Ostrea canaliculata aufgeführte Muschel, wird von den deutschen Geologen gewöhnlich als Ostrea lateralis Ntlss. beschrieben, ob- wohl schon d’Orbigny erkannt hatte, dass Chama canaliculata Sow. identisch ist mit Ostrea lateralis NlLSS. Exogyra canaliculata findet sich nicht selten im Emscher an den Clus- und Spiegelsbergen bei Halberstadt, am Löhofsberg bei Quedlinburg, im Eisenbahneinschnitt bei Goslar und im Salzberg- mergel am Bahnhof Harzburs:. o o 13. Exogyra laciniata Nilss. sp. 1827. Chama laciniata Nii.sson, Petr. Suec. p. 28, t. S, f. 2. 1834. Exogyra » Goldfuss, Petr. Germ. II, S. 35, t. 86, f. 12. 1841. » » Roemer, Nordd. Kreidegeb. S. 48. 1876. » » Brauns, Salzbergm. S. 394. Ausser vom Salzberg bei Quedlinburg liegen typische Exem- plare vom Sudmerberg und vom Radauufer nördlich Bahnhof Harzburg vor. Brauns führt Exogyra laciniata noch von Langen- stein an. 14. Exogyra auricularis Wahl. sp. 1821. Ostracites auricularis Wahlenberg, Petref. p. 58. 1827. Chama, haliotidea Nii.sson, Petr. Suec. S. 28, t- 8, f. 3. 1834. Exogyra planospirites Goldfuss, Petr. Germ. II, S. 39, t. 88, f. 3. » » auricularis Goldfuss, ib. S. 39, t. 88, f. 2. 1841. » » Roemer, Nordd. Kreidegeb. S. 48 (non E. conica ). Exogyra auricularis vom Sudmerberg stimmt vollkommen mit Nilsson's Chama haliotidea überein, welche von Wahlenberg als Ostracites auricularis beschrieben war. Ob Coquand in seiner Monographie der Gattung Ostrea bei der Aufstellung der Liste der synonymen Formen von Ostrea canaliculata überall das Richtige getroffen hat, scheint mir zweifelhaft. am nördlichen Harzrande. 403 15. Aiiomia semiglobosa Gein. 1844—50. Anomia subglobosa Geinitz, Quadergeb. Deutschi. S. 206, t. 11, f. 6 — 9. 1864. » » Zittel, Gosaubivalv. S. 51, t. 19, f. 9. Eine Oberschale einer 8 Millimeter grossen, stark gewölbten fein concentrisch gestreiften Anomia von der Schanzenburg bei Heudeber stimmt mit der Beschreibung von Geinitz und Zittel soweit gut überein. Doch ist die Muschel noch stärker gewölbt als wie dies bei den von den genannten Autoren gegebenen Ab- bildungen der Fall ist. 16. Anomia subtruncata d’Orb. 1842. Anomia truncata Geinitz, Char. IIL, S. 87, t. 19, f. 4, 5. 1846. » » Reuss, Böhm. Kreidef. II, S.45, z. Th., t. 31, f. 13. 1850. » subtruncata d’Orbigny, Prodr. de Pal. II, p. 171. Die sehr dünnen, runden, gleichmässig gewölbten, am Schloss- rande gerade abgeschnittenen Schalen zeigen bei einiger Yer- grösserung feine concentrische Linien. Der kleine, bei oberfläch- licher Betrachtung kaum bemerkbare Wirbel liegt in der Mitte des Schlossrandes, ohne jedoch denselben zu erreichen. Vier mit Schale erhaltene Exemplare von der Schanzenburg bei Heudeber lagen zur Beschreibung vor, von denen das grösste 15 Millimeter mass. 17. Anomia n. sp. Oberschale rundlich, gewölbt, nach vorn ein wenig steiler als nach hinten abfallend. Schale verliältnissmässig dick, regelmässig concentrisch gestreift. Die im gleichen Horizont auftretende Anomia lamellosa Boem. unterscheidet sich leicht durch die lamel- lösen Anwachsstreifen und die stets stärkere Wölbung der Ober- schale. Vier Oberschalen aus dem Salzbergmergel der Schanzenburg bei Heudeber sind von mir gesammelt worden. Das Material ist jedoch derartig, dass ich vorläufig von einer Namengebung ab- sehen muss. 404 6. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide 18. Spondylus spiuosus Sow. sp. 1814. Plagiostoma spinosa Sowerby, Min. Couch, t. 78. 1834 — 40. Spondylus spinosus Goldfuss, Petr. Germ. TI, S. 95, t. 105, f. 5. 1841. » » Roemer, Nordd. Kreidegeb. S. 58. 1843 — 47. » » d’Orbigsy, Terr. cret. III, p. 173, t.461, f. 1 — 4. 1872—75. » » Geinitz, Geol d. Elbthalgeb. II, S. 31, t. 9, f. 1 — 3. 1876. » » Brauns, Salzbergm. S. 391. Diese von den Autoren so häufig citirte Art ist in der Zone des Amm. Margae von Zilly sehr gewöhnlich; aus dem gleichen Horizont kenne ich sie von den Spiegelsbergen bei Halberstadt und aus dem Bahneinschnitt bei Goslar. Auch im Mergel des Salzberges bei Quedlinburg tritt sie nach Brauns auf. 19. Spondylus striatus Sow. sp. 1815. Dianchora striata Sowerby, Min. Conch. t. 80, f. 1. 1864. Spondylus striatus Zittel, Gosaubiv. S. 42, t. 18, f . 7 (cum syn.). 1871 — 75. » » Geinitz, Elbthalgeb. I, S. 186, t. 42, f. 1 — 3. Spondylus striatus soll nach Roemer ]) im Bahneinschnitt bei Goslar vorgekömmen sein. Eine auf einer Spongie festgewachsene Schale wurde von Herrn Hütteninspector Stern am Butterberg bei Harzburg gesammelt. 20. Lima pseudocardium Reuss. 1846. Lima pseudocardium Reuss, Böhm. Kreidef. II, S. 33, t. 38, f. 2, 3. 1871 — 75. » » Geinitz, Geologie des Elbth. I, S. 204, t. 42. f. 14, 15. 1876. » » Brauns, Salzbergm. S. 3S6. Ein Stück vom Ufer der Radau nördlich von Harzburg scheint mit der REUSS’schen Abbildung übereinzustimmen. Am Salzberg bei Quedlinburg soll die Art auch gefunden sein. 21. Lima canalifera Goldf. 1834. Lima canalifera Goldfuss, Petr. Germ. II, S. 89, t. 104, f. 1. 1872 — 75. » » Geinitz, Elbthalgeb. II, S. 38, t. 9, f. 6 — 8 (e. syn.). 1876. » » Brauns, Salzbergm. S. 386. Diese Muschel wurde von den Palaeontologen je nach der Zahl der Rippen und dem Abstand derselben untereinander theils !) A. Roemer, Quadratenkreide des Sudmerberges. Pal. Bd. XIII, S. 196. am nördlichen Harzrande. 405 als Lima canalifera oder als Lima multicostata Gein. oder als Lima laticostata Roem. * 2) aufgeführt. Nachdem von Kunth 3) und Gümbel 4) bemerkt war, dass Lima multicostata nichts anderes als wie eine Varietät von Lima canalifera sei, wurde die erste Art von Geinitz selbst eingezogen und auch Lima laticostata da- mit vereinigt, da sie alle durch Uebergäuge mit einander ver- bunden sein sollen. Die zur Untersuchung vorliegenden Stücke von den Spiegels- bergen, vom Salzberg, von Derenburg, von der Schanzenburg und vom Radauufer nördlich Harzburg stimmen gut mit den Goldfuss’- schen und GEiNiTz’schen Abbildungen überein. Nach Brauns ist Lima canalifera auch im Salzbergmergel bei Langenstein anzu- treffen. 22. Lima (Plagiostoma) Hoperi Mant. 1822. Plagiostoma Hoperi Mant., Geol. of Sussex, p. 204, t. 20, f. 2, 3, 15. 1872 — 75. » » Geinitz, Elbthalgeb. II, S. 40, t. 9, f. 11, 12 (c. syn.). Diese von den Autoren wegen ihrer grossen vertikalen und horizontalen Verbreitung häufig angeführte Muschel kenne ich aus der Zone des Amm. Margae des Bahneinschnitts bei Goslar, von Zilly und von den Spiegelsbergen. 23. Lima (Limatula) semisnlcata Nilsson. 1827. Plagiostoma semisulcata Nilsson, Petr. Suec. p. 25, t. 9, f. 3. 1837. » » Hisinqer, Leth. Suec. p. 25, t. 9, f. 3. 1876. Limatula semisulcata Brauns, Salzbergmergel S. 3S7 (c. syn.). Die Schalen sind elliptisch, ziemlich gleichseitig, wenig schief, hoch gewölbt. Der hohe Wirbel greift nach vorn über. Die kleinen Ohren sind gleich gross. Die Oberfläche der Schalen ist ') Geinitz, Charakt. I, S. 24, t. 8, f. 3 (excl. Naundorf und Tunnel). 2) A. Roemer, Nordd. Kreidegeb. S. 56, 57. 3) Kunth, Kreidemulde bei Lahn in Niederschlesien in Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 4) Gümbel, Geogn. Beschr. des Königr. Bayern II, S. 757. 406 G. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide in der Mitte mit 16 — 20 scharfen Rippen versehen, welche durch die nahezu gleichen Furchen von einander getrennt sind. Die beiden steil abfallenden Seitenflächen sind dagegen nur mit feinen wellenförmigen Anwachslinien geziert, welche über die Radial- rippen fortlaufen und dort dann, namentlich dem unteren Rande zu eine Körnelung veranlassen können, wie dies auf den von d’Orbigny x) abgebildeten Formen besonders auffällt. Die von Kn er* 2) und Alth3) aus dem Lemberger Becken als Lima semisulcata bestimmten Exemplare werden von Favre4) zu Lima decussata gezogen. Da jedoch Kner ausdrücklich her- vorhebt, dass die von ihm untersuchten Stücke zum Theil sehr wohl erhaltene Schale gezeigt hätten, so scheint mir die von Favre vorgenommene Vereinigung um so weniger berechtigt, als Kner selbst Stücke mit »weniger steil abfallendem Rücken und beiderseits bis an die Ohren (selbst an Steinkernen) sehr deut- lichen Rippen« als Lima decussata deutet. Auch auf den mir vor- liegenden Steinkernen unserer Art hebt sich die Sculptur scharf ab, dass sie zu einer Bestimmung der Art immerhin noch gut ausreicht. Limatula semdsulcata findet sich am Salzberg, bei Langenstein, an der Schanzenburg bei Heudeber, am Radauufer nördlich Harz- burg, am Sudmerberg, am Butterberg bei Flarzburg und in den Lochtumer Mergeln. 24. Pecten serratus Nilss. 1827. Pecten serratus Nilsson, Petr. Suec. p. 20, t. 9, f. 9. 1834. » » Goi.dfuss, Petr. Germ. II, S. 58, t. 94, f. 3. 1846. » » Reuss, Böhm. Kreidef. II, S. 30, t. 39, f. 19. Die eiförmige Schale ist von zahlreichen, schmalen, wenig erhabenen Rippen bedeckt. Die Zwischenräume sind doppelt so breit wie die Rippen selbst und mit feinen concentrischen Streifen d’Orbigny, Terr. cret. III, p. 562, t. 424, f. 5 — 9. 2) Haidinger’s Abhandlungen, III. Band, S. 29. 3) ibid. S. 242. 4) Description des mollusques fossiles de la crace environs de Lemberg , p. 135. am nördlichen Harzrande. 407 versehen. Auf den Rippen erheben sich dichtgedrängt schräg- stehende Körnchen, welche die Rippen spiralig gedreht erscheinen lassen. Von Pecten hispidus Goldf. unterscheidet sich die obige Art dadurch, dass die Längsrippen gerade nach unten verlaufen, während bei ersterer dieselben nach vorn gebogen sind. Des- halb ist eine Vereinigung der sonst verwandten Formen ausge- schlossen. Zwei Exemplare vom Radauufer konnten bestimmt werden. 25. Pecten imdulatas Nilss. 1827. Pecten undulatus Nilsson, Petr. Suec. p. 21, t. 9, f. 10 (non t. 10, f. 10). 1834. » » Goldfuss, Petr. Germ. II, S. 50, t. 91, f. 7. 1837. » » Hisinger, Leth. Suec. p. 51, t. 16, f. 7. 1872-75. » » Geinitz, Elbthalgeb. II, S. 35, t. 10, f. 7. Ein anscheinend aus den festen Bänken des Sudmerberg;- conglomerats stammendes Stück stimmt gut mit der von Nilsson gegebenen Beschreibung und Abbildung überein. 26. Pecten septemplicatns Nilss. 1827. Pecten septeniplicatus Nilsson, Petr. Suec. t. 10, f. 8 A u. B. 1834. » ptychodus Goldfuss, Petr. Germ. II, S. 56, t. 93, f. 4. 1841. » septemplicatus Roemer, Nordd. Kreidegeb. S. 51. 1876. » » Brauns, Salzbergm. S. 389. Dieser durch die Sculptur leicht erkennbare Pecten findet sich, wenn auch selten, ausser am Salzberg und bei Langenstein auch an der Schanzenburg bei Heudeber. Zu welcher Untergattung von Pecten die Art zu stellen ist, ob zu Pseuclamusium Klein, wie Brauns glaubt, oder zu Lyropecten Conrad, wie Zettel1) mit Stoliczka annimmt, konnte ich nach den vorliegenden Stücken nicht entscheiden. Doch halte ich die letztere Annahme für die richtige, da die Oberfläche von Pseudamusium glatt, radial gestreift oder gefaltet sein soll, während doch Brauns selbst an- giebt, dass die Formen vom Salzburg mit schuppigen, wenn auch zarten Anwachsstreifen bedeckt sind. b Handbuch d. Palaeont. S. 29. 408 Gr. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide 27. Pecten (Oamptouectes) virgatus Nilss. 1827. Pecten virgatus Nilsson, Petr. Suec. p. 22, t. 9, f. 15. 1834. » arcuatus Goldfuss, Petr. Germ. II, S. 50, t. 91, f. 6. 1876. » virgatus Brauns, Salzbergm. S. 390. Diese Art ist mit der verwandten Pecten curvatus Gein. häufig verwechselt worden. Die von Zittel1) veröffentlichte Sy- nonymik wurde von Stoliczka2) als unrichtig verworfen, und es liegt nach letzterem Autor das Hauptunterscheidungsmerkmal zwischen den beiden sehr nahe verwandten Arten nur darin, dass Pecten curvatus Gein. viel enger stehende und zahlreichere Rippen, welche durch Reihen feiner Punkte von einander getrennt sind, als Pecten virgatus zeigt. Brauns vereinigt Pecten striatopunctatus, Gein.3) und Pecten divaricatus Reuss4) mit unserer Muschel. Nun hat aber Geinitz5) seinen Pecten striatopunctatus in neuerer Zeit zu Pecten curvatus gezogen und ebenso Pecten divaricatus ReüSS, was schon von Stoliczka als wahrscheinlich angedeutet wurde. Frech 6) führt Pecten arcuatus Sow. bei Goldfüss unter Pecten curvatus auf, während Stoliczka, welchen Frech als Autorität anerkennt, ausdrücklich die von Goldfüss beschriebene Form als Pecten virgatus bezeichnet. Die Muschel ist in den senonen Schichten am Harzrande nicht selten, jedoch gelingt es nicht leicht, brauchbare Stücke zu erlangen, da die Schalen zu zerbrechlich sind. An der Schanzen- burg bei Heudeber habe ich Exemplare gesammelt, welche gut mit der GoLDFUSS’schen Abbildung übereinstimmen. Nur sind die concentrischen Anwachsstreifen der linken Schale in der Nähe des Wirbels noch schärfer als dort, so dass dieselben selbst auf Stein- kernen deutlich zu sehen sind. Ausserdem standen mir bestimm- baie Stücke vom Anisberg bei Derenburg, von Berssel, vom Radauufer nördlich Harzburg und vom Butterberg zur Verfügung. ’) Denkschr. Acad. Wien, XXV, 2, S. 109, t. 17, f. 8. 2) Cret. Pelecyp. of S. India, p. 433. 3) Ckarakt. S. 83. 4) Böhm. Kreidef. I, S. 28, t. 39, f. 6. 5) Elbthalgeb. S. 193. 6) Zeitsehr. d. Deutsch, geol. Ges. Bd. 39, S. 155. am nördlichen Harzrande. 409 In der Zone des Amm. Margae fand ich Pecten virgatus bisher nur an den Spiegelsbergen bei Halberstadt und am Löhofsberg bei Quedlinburg. 28. Vola quadricostata Sow. sp. 1814. Pecten quadricostatus Sowerby, Min. Concli. p. 121, t. 56, f. 1,2. 1840. » » Goldfuss, Petr. Germ. II, S. 54, t. 92, f. 7. 1866. Vola quadricostata Zittel, Gosaubivalv. S. 115 (39), t. 18, f. 4. (t. syn.). 1872-75. » » Geinitz, Elbthalgeb. II, S. 37, t. 10, f. 14 — 16. 1876. » » Brauns, Salzbergm. S. 388. Da diese Art ausserordentlich häufig und weit verbreitet ist, wird sie von den Autoren vielfach citirt und beschrieben, u. A. auch von Brauns. Jedoch habe ich nicht finden können, dass, wie Brauns angiebt, die Deckelschale gleiclnnässig gerippt sei. Vielmehr sind, und das tritt besonders bei jugendlichen Exemplaren hervor, ebenso wie auf der gewölbten Schale auch auf der Deckel- schale Zwischenrippen vorhanden, die allerdings im späteren Alter den stärkeren Rippen gleich werden können. Aber auch bei diesen ist die BRAUNs’sche Angabe keineswegs die Regel. Vola quadricostata liegt in einer grossen Anzahl von Exem- plaren vor, von den Spiegelsbergen bei Halberstadt, von Zilly, vom Salzberg, von der Schanzenburg bei Heudeber, von Berssel, vom Radauufer nördlich Harzburg, vom Sudmerberg und aus den Ilsenburmnergreln von Lochtum. O O 29. Avicula glabra Reuss. 1846. Avicula glabra ; Reuss, Böhm. Kreidef. II, S 22, t. 32, f. 4, 5. 1849. » anomala Geinitz, Quadergeb. Deutschi. S. 170, pars. 1871-75. » glabra Geinitz, Elbthalgeb. I, S. 208, t. 46, f. 7; II, t. 1 1, f. 2. Schale quer verlängert, fast viereckig. Ueber den Rücken läuft eine scharfe Kante, von der die Vorderseite steil, die Hinter- seite allmählich abfällt. Die Oberfläche der Schale ist mit feinen concentrischen Anwachslinien bedeckt. Geinitz j) hat auf dem vorderen steil abfallenden Theile der Schale einzelne radiale Streifen beobachtet und glaubt daraufhin, *) a. a. O. S. 208. 410 G. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide obige Art mit Avicula raricostata ReüSS *) aus der Gosau ver- einigen zu können. Da Reuss auf den in Böhmen häufig vor- kommenden Stücken nie radiale Linien beobachtet hat, und auch auf den mir vorliegenden Stücken aus dem Salzbergmergel der Schanzen- burg bei Heudeber und von Derenburg keine Spur von radialer Streifung vorhanden ist, so scheint mir die Vereinigung der beiden Arten nicht richtig zu sein. 30. Avicula (Pseudoptera) lobata n. sp. Tat. XVI, Fig. 1. Lanzett-eiförmig, schief, etwa doppelt so hoch wie breit. Die schwach gerundeten Vorder- und Unterränder der Schale bilden einen stumpfen Winkel mit einander, während der Unterrand mit dem ein wenig- ausgebuchteten hinteren Schalenrande einen rechten Winkel beschreibt. Die gerade Schlosslinie beträgt nur die Hälfte o o der Schalenhöhe. Ueber den Rücken ziehen sich zwei stumpfe Kanten, zwischen denen die Schale schwach eingedrückt erscheint. Die vordere Fläche fällt gewölbt nach dein vorderen Schalenrande ab, mit der stärksten Wölbung etwas über der Mitte der Höhe. Der vordere Flügel ist sehr klein, der hintere nur niedrig. Die Oberfläche der Schale ist von feinen unregelmässigen, con- centrischen An wachsstreifen bedeckt. Aviculata lobata ist mit Avicula anomala Sow. und Avicula glabra ReüSS verwandt und gehört wie diese zur Untergattung Pseudoptera Meek. Es liegt nur ein Exemplar aus dem Emscher der Spiegels- berge bei Halberstadt zur Beschreibung vor. 31. Gervillia soleuoides Defr. 1820. 1866. 1871. 1875. 1876. Gervillia solenoides Defrancjs, Diet. Sc. nat. XV III, p. 503, t. 86, f. 4. » » Zittel, Gosaubivalv. II, S. 15, t. 13, f. 2 (c. syn.). » » Stoliczka, Cret. Pelecyp. of S. Ind. p. 409, t. 50, f. 5. » » Geinitz, Elbthalgeb. I, S. 209, t. 48, f. 19, II, t. 11, f. 1. » » Brauns, Salzbergm. S. 376. !) Char, d. Kreidesch. d. Ostalp, S. 147, t. 28, f. 16. am nördlichen Harzrande. 411 Von dieser leicht bestimmbaren Muschel liegen Stücke vom Salzberg, Berssel und Butterberg bei Harzburg vor. Brauns führt Geroittia solenoides ausserdem von Langenstein au. 32. Inoceramus cf. Cuvieri Sow. 1823. Inoceramus Cuvieri Sowerby, Linn. Trans. XIII, t. 25 u. Min. Conch. t. 441, f. 1. 1877. » » Schlüter, Palaeontogr. Bd. 24, S. 266, (c. syn.). Eine Muschel aus dem Bahneinschnitt bei Goslar stimmt am besten mit Inoceramus Cuvieri überein. 33. Inoceramus sublabiatus n. sp. Taf. XVI, Fig. 2. ? Inoceramus mytiloides Roemer, Kreidebild. v. Texas, S. 60, t. 7, f. 5. In der Sammlung des Göttinger Museums fand sich eine Inoceramen-Species vom Löhofsberg bei Quedlinburg, welche als Inoceramus mytiloides Mant. bestimmt war. Abgesehen von dem höheren Horizont Hessen sich auch sonst Unterschiede finden, welche die Aufstellung einer neuen Art hinreichend berechtigen. Im Umriss Inoceramus labiatus soweit ähnlich, ziehen die schwachen, an einigen Exemplaren kaum bemerkbaren concen- trischen Runzeln sich nicht soweit hinunter, sondern biegen sich rascher um, wie es bei der unterturonen Art der Fall ist. Ausser den concentrischen Runzeln ist die Schale mit feinen, con- centrischen Streifen bedeckt, die genau so verlaufen, wie die Runzeln. Die Wirbel sind spitz, etwas nach vorn gedreht und niedergebogen. Möglicherweise gehört Inoceramus mytiloides bei Roemer (a. a. O.) zu Inoceramus sublabiatus , welcher nach Roemer mit Inoceramus Cripsii zusammen bei Neu -Braunfels Vorkommen soll. 34. Iiioceramus (Volviceraimis) involutus Sow. Taf. XVI, Fig. 3, 4. 1828. Inoceramus involutus Sowerby, Min. Conch. t. 583. 1845. » » d’Orbigny, Terr. cret. III, p. 520, t. 413. 1877. » » Schlüter, Palaeontogr. Bd. 24, S. 272. Diese nach den Beschreibungen und Abbildungen von Sowerby und d’Orbigny leicht erkennbare Art kommt in der Zone des Anim, 412 G-. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide Margae bei Zilly häufig vor. Doch siud die eingerollten Buckel in der Regel abgebrochen oder abgerieben, da hier die sonst sehr dick werdende Schale noch sehr dünn ist. Bei günstiger Erhaltungs- weise zeigt sich an den Zillyer Stücken, dass die nautilusartig eingerollte , linke Schale mit unregelmässigen Runzeln versehen ist und erst im Alter glatt wird. Brauns x) citirt Inoceramus involutus aus dem Mergel des Salzbergs bei Quedlinburg. Mir ist es bis jetzt nicht gelungen, in diesem Horizont obige Art zu finden. Ausserdem führt Brauns (a. a. O.) Inoceramus involutus noch vom Sudmerberg an. 35. Inoceramus (Yolviceramus) Koeneui n. sp. Tat. XVII, Fig. 1. Schale gewölbt, ungleichklappig. Wirbel annähernd median, schlank, schräg nach vorn geneigt, niedergebogen, sich beinahe berührend. Nach hinten ein flügelartiger Fortsatz. Die Oberfläche der rechten Klappe ist mit hohen concentri sehen Rippen versehen, welche durch tiefe, halbkreisförmig ausgekehlte Rillen getrennt sind. Die Runzeln werden auf den Flügeln schwächer, ebenso werden sie im Alter weniger scharf. Die gewöhnlich erhaltene Faserschale springt äusserst leicht beim Herauspräparireu aus dem Gestein ab. Dann erscheinen zuweilen auf dem gewölbten Rücken in der Nähe der Wirbel in den Rillen radialverlaufende Runzeln. Die linke Klappe ist gewölbter wie die rechte und unter dem Wirbel auf der vorderen Seite tief eingedrückt. Die concentrischen Runzeln sind viel weniger hoch und unregelmässiger wie auf der rechten Klappe. Im Alter wird die Schale fast glatt. Das Ligament konnte nicht blossgelegt werden. In den Sammlungen des Göttinger Museums und des Braun- schweiger Polytechnicums fand ich die Muschel als Inoceramus involutus bestimmt, an welche sie in der That erinnert. Doch unterscheidet sich Inoceramus Koeneni von Inoceramus involutus leicht dadurch, dass die rechte Klappe bei ersterer Art stets be- deutend gewölbter ist und somit die Muschel nicht so stark un- gleichklappig wie Inoceramus involutus ist. Auch an Inoceramus umbonatus Meek erinnert der Habitus unserer Art. B Salzbergmergel, S. 379. am nördlichen Harzrande. 413 Inoceramus Koeneni gehört der Untergattung Volviceramus Stol. an. Die Muschel ist am Löhofsberg bei Quedlinburg und au den Spiegelsbergen bei Halberstadt häufig. Das Stück des Braun- schweiger Museums stammt vom »Steinholz« nordwestlich von Quedlinburg. 36. Inoceramus Winkholdi n. sp. Taf. XVII, Fig. 2. Steinkern oval, höher wie breit, massig gewölbt. Bücken nach dem hinteren Rande steiler abfallend wie nach vorn. Die Ornamentik, welche der der rechten Klappe von Inoceramus in- volutus ähnlich ist, besteht aus concentrischen , im Alter scharf- kantigen Rippen. Von Inoceramus Winklioldi liegt eine linke Klappe aus dem Emscher von Zilly zur Beschreibung vor. 37. Inoceramus n. sp.? Unregelmässig vierseitig, höher wie lang, schwach gewölbt, hinten allmählich in den flachen, vierseitigen Flügel übergehend. Wirbel ganz nach vorn gerückt, Schlossrand senkrecht zum geraden Vorderrand. Der Unterrand ist halbkreisförmig gebogen und bildet mit dem unteren Rande des Flügels eine S-förmig geschwungene Linie. Die Oberfläche des Steinkerns ist mit concentrischen Falten versehen, die im Alter undeutlich werden. Eine rechte Klappe aus dem Emscher von Zilly liegt vor. 38. Inoceramus subeardissohles Schlüt. 1877. Inoceramus subcardissoides Schlüter, Palaecmtogr. Bd. 24, S. 271, t. 37. Ein Exemplar aus dem Emscher von Zilly, welches von Herrn Professor von Koenen gesammelt wurde, und ein Stück aus dem Bahneinschnitt von Goslar stimmen vorzüglich mit der Abbildung bei Schlüter überein. 39. Inoceramus percostatus n. sp. Taf. XVII, Fig. 3a— 3c. Die oval-dreiseitige; stark gewölbte Muschel erinnert nament- lich in den Jugendformen an Inoceramus striatus Mant. bei Gold- 414 G. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide FUSS (t. 112, f. 2). Die sehr starken, unregelmässigen Wülste, zu denen in der Nähe der spitzen niedergebogenen Wirbel noch feinere gleichfalls unregelmässige Streifen kommen, unterscheiden obige Art hinlänglich von der des sächsischen cenomanen Quaders. Auf die kurzen, hinten vorhandenen Flügel gehen, nach den Stein- kernen zu urtheilen, die Runzeln nicht über. An einigen Exem- plaren beobachtet man vom Wirbel ausstrahlende Linien. Dazu kommt eine mehr oder minder scharf ausgeprägte Einsenkung auf der hinteren Schalenhälfte, die vom Wirbel aus an Deutlichkeit zunimmt. Ausser einem ausgewachsenen Exemplar aus dem Eisenbahn- einschnitt bei Goslar, welches aus der WiNTER’schen Sammlung stammt, fand ich Inoceramus percostatus am Löhofsberg bei Qued- linburg. 40. Inoceramus bilobatus n. sp. Taf. XVIII, Fig. 2. Mit voriger Art form verwandt, jedoch breiter und weniger gewölbt. Nach der vorderen und hinteren gebogenen Seite steil abfallend. Schlossrand senkrecht zur Achse. Die im Alter sehr stark werdenden Wülste sind abgestumpft. Die Oberfläche der Schale ist mit regelmässigen, concentrisclien Rippen bedeckt, die nach dem unteren Schlossrande hin undeutlich werden. Vom Wirbel aus verlaufen zwei Einsenkungen, von welchen jedoch die auf der hinteren Schalenhälfte schärfer ausgeprägt ist, so dass der Rücken mit einem zweikantigen Kiel versehen ist. Eine linke Klappe aus dem festen Conglomerat im Hangenden des Phosphoritknollenlagers von Zilly wurde von mir aufgelesen. 41. Inoceramus sp. Aus dem »Emscher« von Zilly liegen einige unvollständige Steinkerne vor, die möglicherweise zu einer bis jetzt unbekannten Art gehören. Dreiseitig, gewölbt; Wirbel schlank, scheinbar nicht gedreht. Oberfläche mit gleichmässigen concentrisclien Falten bedeckt. am nördlichen Harzrande. 415 42. Inoceramus Kleini n. sp. Taf. XVIII, Fig. 1 a und 1 b. Muschel ungleichseitig, gleichklappig, hoch gewölbt, eiförmig, höher wie lang. Die vordere Seite gerade abgeschnitten. Die spitzen, gedrehten Wirbel liegen ganz am vorderen Ende. Der gewölbte Rücken setzt sich scharf gegen den kurzen Flügel ab. Der Schlossrand bildet mit dem vorderen Rande einen rechten Winkel. Die concentrischen, in der Achse nach dem unteren Rande herabgezogenen Rippen sind mehr oder weniger stark ent- wickelt, doch stets scharf und deutlich. In der Zone des Avim. Margae der Spiegelsberge nicht selten. 43. Inoceramus cardissoides Goldf. 1840. Inoceramus cardissoides Goldfuss, Petr. Germ. II, S. 112, t. 110, f. 2. 1876. » » Brauns, Salzbergm. S. 377 (pars). 1877. » » Schlüter, Palaeontogr. Bd. 24, S. 274. Auch hier schliesse ich mich Schlüter an, welcher Inoceramus cardissoides von dem verwandten Inoceramus lobatus vorläufig noch getrennt wissen will. Die Art findet sich nur im untersten Senon. Ausser vom Salzberg und Langenstein kenne ich Inoceramus cardissoides von der Schanzenburg bei Heudeber, Anisberg bei Derenburg und vom Börnkerberg bei Berssel. 44. Inoceramus sp. ? Zwei Bruchstücke von rechten Klappen eines Inoceramus fand ich im Mergel der Schanzenburg, welche anscheinend einer neuen Art angehören. Dieselben sind jedoch nicht vollständig genug, um eingehend beschrieben werden zu können. Der Umriss scheint dreiseitig, der Unterrand abgerundet ge- wesen zu sein. Der Wirbel ist schlank. Die Oberfläche des Steinkerns ist mit regelmässigen, concentrischen Falten bedeckt. 45. Inoceramus lobatus Mstr. 1840. Inoceramus lobatus Münster in Goldfuss, Petr. Germ. II, S. 113, t. 1 10, f. 3. » » Schlüter, Palaeontogr. Bd. 24, S. 275, t. 39, f. 1,2. 1877. 416 G. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide Vereinzelt im Salzbergmergel der Schanzenburg. Einige gute Stücke vom Heidelberg bei Blankenburg verdanke ich der Güte des Herrn Rittmeisters von Haenlein. Ein Exemplar von Ino- ceramus lobatus sammelte ich am Hopfenberg bei Lochtum. 46. Inoceraimis firipsii Mant. 1S22. Inoceraimis Cripsii Mantell, Geol. of Sussex, p. 139, t. 27, f. 11. 1840. » planus Münster in Goldfuss, Petr. Germ. II, t. 113, f. 1. 1877. » Cripsii Schlüter, Palaeontogr. Bd. 24, S. 277. Aus der Zone des Arnm. Margae von Zilly ist mir ein Exemplar bekannt, welches sich in der Sammlung des Herrn Rittmeisters von Haenlein befindet. Aus dem Bahneinschnitt bei Goslar liegen im Göttinger Museum einige gewölbte Formen, die noch am besten mit den von Geinitz1) abgebildeten Exem- plaren übereinstimmen und die ich deshalb als Inoceramus cf. Cripsii anführe. Inoceramus Cripsii findet sich dann, wenn auch nicht häufig, am Salzberg und im gleichen Niveau am Fuss der Schanzenburg bei Heudeber und bei Berssel. Sehr gewöhnlich ist die Muschel im Quader, im Heimburggestein und in der Coeloptychienkreide, z. B. bei Blankenburg, Derenburg, Butterberg bei Harzburg, Sud- merberg, Lochtum, Biewende u. s. w. 47. jiioceramiis (Actinoceramus) fasciatus n. sp. Tat. XVIII, Fig. 3. Von dreiseitigem Umriss, wenig gewölbt, Wirbel nicht her- vorragend. Der gebogene Unterrand bildet mit dem geraden Vorderrande einen rechten Winkel. Nach hinten fällt die Schale rechtwinklig ab. Vom stumpfen Wirbel aus strahlen etwa 15 mehr oder weniger scharfe, nach vorn schwach concave Rippen büschelartig nach dem unteren Rande zu. Demnach gehört Inoceramus fasciatus zu der von Meek2) auf- gestellten Untergattung Actinoceramus , welcher von deutschen Arten Inoceramu ssulcatus Park, des Gault und Inoceramus radians Schlüt. aus dem Emscher angehören. Ein Exemplar aus dem festen Sudmerberggestein liegt vor. b Elbthalgeb. II, t. 13, f. 13 u. 15. 2) Invertebr. Cret. and Tert. foss. of Upper Missouri, p. 39. am nördlichen Harzrande. 417 48. Ferna lanceolata Gein. 1842. Perna lanceolata Geinitz, Char. S. 80, t. 21, f. 18. 1843. » » d’Orbigny, Terr. cret. III, p. 498, t. 402, f. 1—3. 1846. » » Reuss, Böhm. Kreidef. II, S. 24, t. 32, f. 15, 21, t. 33, f. 2; t. 37, f. 3, 4. 1871 — 75. » » Geinitz, Elbthalgeb. I, S. 210, t. 46, f. 8. Schale lang eiförmig, schief, etwa doppelt so hoch wie breit, schwach gewölbt. Der hintere und vordere Rand wenig gebogen, der untere Rand spatelförmig abgerundet. In der Nähe der Wirbel unregelmässige, concentrische Streifen. An den Steinkernen ist ein grosser elliptischer Muskeleindruck sichtbar. Am besten stimmen die vorliegenden Stücke mit der Geinitz- schen (Elbthalgeb.) Beschreibung und Abbildung überein. Häufig in der Zone des Amm. Margae der Spiegels- und Clus- berge bei Halberstadt und des Löhofsberges bei Quedlinburg. 49. Modiola siliqiia Matheron. 1842. Modiola siliqua Matheron, Cat. meth. p. 178, t. 28, f. 5, 6. 1844. Mytilus » d’Orbigny, Terr. cret. III, p. 274, t. 339, f. 3, 4. 1850. » » Geinitz, Quad. Deutschi. S. 168, t. 10, f. 14. 1866. Modiola » Zittei,, Gosaubivalv. II, S. 5, t. 11, f. 3. 1871 — 75. » » Geinitz, Elbthalgeb. I, S. 215, t. 47, f. 3; II, t. 13, f. 4. Unter den citirten Abbildungen stimmen die von d’Orbigny und Geinitz (Quadergeb.) am besten mit den vorliegenden Stücken vom Salzberg und vom Radauufer nördlich Harzburg überein. 50. Modiola conceutrica Mstr. sp. 1840. Mytilus concentricus Münster in Goldfuss, Petr. Germ. II, S. 178, t. 138, f. 5. 1841. Modiola concentrica Roemer, Nordd. Kreidegeb. S. 67. 1876. » » Brauns, Salzbergm. S. 374. Die länglich ovale Schale ist etwa doppelt so lang wie hoch. Von dem am Ende der abgerundeten Vorderseite liegenden, ein wenig angeschwollenen Wirbel zieht sich ein gewölbter Rücken, unter welchem eine schwache Furche liegt, nach der schräg nach unten abgerundeten Hinterseite. Der gerade Schlossrand geht bis zur Mitte der Länge. Die Oberfläche der Schalen ist mit unregelmässigen, concentrischen Linien versehen. Jahrbuch 1887, 27 418 G. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide Von Modiola aequalis Sow. *), welche nach Zittel* 2) bis in den oberen Pläner hinaufgeht, unterscheidet sich unsere Art durch die verhältnissmässig höhere Vorderseite. Modiola concentrica ist am Salzberg und an der Schanzenburg ziemlich selten. 51. Modiola typica Forb. sp. 1846. Mytilus ( Modiola ) typicus Forbes, Geol. trans. II, ser. VII, p. 152, t. 14, f. 4. 1866. Modiola typica Zittel, Gosaubivalv. II, S. 2, t. 11, f. 5. 1871. » » Stoliczka, Cret. Pelee. of S. Ind. p. 377, t. 23, f. 12 bis 15. Die von den angeführten Autoren eingehend beschriebene Art findet sich, wenn auch höchst selten, am Salzberg bei Qued- linburg. 52. Modiola flagellifera Forb. sp. 1846. Mytilus ( Modiola ) flagelliferus Forbes, Geol. Trans. II, ser. VII, p. 152, t. 16, f. 9. 1866. Modiola flagellifera Zittel, Gosaubivalv. II, S. 6, t. 12, f. 2. 1871. » » Stoliczka, Cret. Pelec. of S. Ind. p. 379, t. 24, f. 1, 2. 1872 — 75. » » Geinitz, Elbthalgeb. II, S. 55, t. 15, f. 5. Der von den Buckeln nach hinten verlaufende Kiel ist auf den Exemplaren vom Salzberg weniger scharf als wie bei den Gosauformen, und stimmen in dieser Beziehung die vorhandenen Stücke mehr mit den von Stoliczka abgebildeten überein. Im Uebrigen lässt die eigenartige Sculptur keinen Zweifel darüber aufkommen, dass wir obige Art vor uns haben. Der Habitus von Modiola flagellifera erinnert an Modiola pli- cata Sow. aus dem Dogger und an Modiola Gillieroni Pict. und Camp. 3) aus dem Valangien. 53. Modiola radiata Mstr. sp. 1840. Mytilus radiatus Münster in Goldfuss, Petr. Germ. II, S. 178, t. 128, f. 6. 1866. Modiola radiata Zittel, Gosaubivalv. II, S. 7, t. 12, f. 3. 1876. » » Brauns, Salzbergm. S. 375. !) Min. Conch. t. 210, f. 2. 2) Gosaubivalv. II, S. 5. 3) Pictet et Campiche, Pal. suisse, 4 ser., p. 503, t. 133, f. 9 — 10. am nördlichen Harzrande. 419 Länge 40 Millimeter, grösste Höhe 16 Millimeter. Schale länglich oval, etwas gebogen. Von dem nahezu end- ständigen Wirbel verläuft nach dem abgerundeten Hinterrand ein hoher Rücken, unter welchem eine Depression der Schale sichtbar ist. Der gerade Schlossrand ist schräg nach oben gerichtet und trifft mit dem gebogenen Hinterrand unter einem stumpfen Winkel zusammen. Die ganze Oberfläche ist mit unregelmässigen , con- centrischen An wachsstreifen bedeckt, die von der Depression zur Höhe des Rückens sich zu Rippen verdicken. Ausserdem strahlen vom Rücken zwei divergirende Systeme von gebogenen Rippen aus , von denen die auf der oberen Hälfte den Rand etwa unter einem rechten Winkel treffen und weit kräftiger hervortreten, wie die auf der unteren. Die letzteren gehen nur bis zur Furche herab und kreuzen sich hier mit den concentrischen Rippen, so dass dieser Theil der Schale eine gitterförmige Verzierung erhält. Selten am Salzberg, am Anisberg bei Derenburg und an der Schanzenburg bei Heudeber. 54. Lithodomus cf. Sclieuchzeri Gutbier sp. bei Gein. 1871—75. Lithodomus Sclieuchzeri Geinitz, Elbthalgeb. 1, S. 219, t. 51, f. 22, 23, 27-30. Eine Colonie von Bohrmuscheln aus dem Horizont des Am- monites Margae vom Bahneinschnitt bei Goslar, welche auf einer Spongie festgewachsen ist, stimmt am besten mit den von Geinitz beschriebenen Stücken überein. 55. Myoconeha discrepans Jos. Müller sp. 1847. Lithodomus ( Modiolina ) discrepans Müller, Monogr. Aach. Krdf. I, S. 36, t. 2, f. 15. 1876. Myoconclia spathulata Geinitz b. Brauns, Salzbergm. S. 373, t. 9, f. 11, 12 (excl. syn.). 1885. Modiolina discrepans Böhm, Grüns, von Aach. u. s. Mollskf. S. 89. Böhm vereinigt die von Brauns als Myoconclia spathulata Gein. bestimmte Art vom Salzberg mit Modiolina discrepans Müller. Die stark verlängerte, schotenförmige, ungleichseitige Schale stimmt mit Myoconclia discrepans um so mehr überein, als die von 27 * 420 G. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide Brauns bei dieser angeführte »scharf begrenzte, vertiefte Lunula« an tien Aachener Exemplaren nach Böhm nicht vorhanden ist. Böhm beschreibt obige Art als Modiolina discrepans , indem er Modiolina Müller als Untergattung zu Myoconcha festhält. Als Gattungsmerkmal giebt Böhm einen »in Form einer Rinne aufwärts gezogenen Zahn« an. Da mir leider keine Aachener Schalen zur Verfügung stehen, und ich mir ein derartiges Schloss nicht so ohne weiteres vorstellen kann, so folge ich vorläufig Zittel1) und führe die von der Schanzenbnrg bei Heudeber und vom Salzberg vorhandenen Stücke als Myoconcha discrepans an. 56. Pinna decussata Goldf. 1840. Pinna decussata Goldfuss, Petr. Germ. II, S. 166, t. 128, f. 1,2. » compressa ibid. S. 167, t. 128, f. 4. 1871—75. » decussata Geinitz, Elbthalgeb. I, S. 211, t. 47, f . 4 , 5; II, t. 15, f. 2, 5 und t. 16, f. 1. 1876. » diluviana Brauns, Salzbergm. S. 376 (pars). Die von Brauns wieder aufgenommene Artbezeichnung Pinna diluviana Schloth. ist nach Zittel zu verwerfen, weil die von Schlotheim2) citirte Abbildung im WALCiüschen Petrefactenwerk ein verwittertes Exemplar eines Inoceramus darstellt. Pinna quadrangularis Göldf., welche von Brauns mit Pinna decussata vereinigt ist, unterscheidet sich bestimmt dadurch, dass unterhalb des Kiels nur Anwachsstreifen auftreten. Pinna decussata kommt vor am Salzberg bei Quedlinburg, im gleichen Niveau bei Berssel und am Radauufer nördlich Harzburg, im Quader von Derenburg, am Butterberg bei Harzburg und am Sudmerberg. 57. Pinna quadrangularis Goldf. 1840. Pinna quadrangularis Goldfuss, Petr. Germ. II, S. 168, t. 127, f. 8. 1887. » » Frech, Zeitscbr. d. Deutsch, geol. Ges. Bd. 39, S. 158 (c. syn.). Zwei Exemplare von der Schanzenburg bei Heudeber stimmen gut mit den von Frech beschriebenen Suderoder Stücken überein. l) Haudb. d. Palaeontol. II. Bd. S. 45. 3) Petrefact. S. 303. am nördlichen Harzrande. 42] 58. Area undiilata Reuss. 1843. Area undulata Reuss, Geogn. Skizz. II, S. 195. 184G. Oucullaea » Reuss, Böhm. Kreidef. I, S. 12, t. 34, f, 33 und 39. 1876. Area » Brauns, Salzbergm. S. 384. Da an keinem Steinkerne dieser Art das Schloss beobachtet werden konnte, so ist eine genaue generische Bestimmung mir zur Zeit unmöglich. Doch möchte ich mit Brauns die Art eher zu der Untergattung Scapharea Gray als zu Trigonoarca Conr. stellen, wie Stoliczka1) vorschlägt. Area undulata findet sich als Steinkern erhalten sehr ver- breitet im subhercynischen Senon. Die zur Bestimmung vorliegen- den Exemplare stammen von der Schanzenburg bei Heudeber, vom Börnkerberg bei Berssel, aus der Thongrube östlich Zilly, vom Butterberg bei Harzburg, Hopfenberg bei Lochtum und vom Hillerberg nördlich Osterwieck. 59. Area (Barbatia) striatula Reuss sp. 1843. Cucullaea striatula Reuss, Geogn. Skizz. II, S. 195. 1846. » » Reuss, Böhm. Kreidef. II, S. 12, t. 34, f. 28. 1850. Area » Geinitz, Quader Deutschi. S. 162. Die ungleichseitigen, querovalen Schalen sind etwa doppelt so lang wie hoch. Die niedrige Vorderseite ist abgerundet, während die höhere Hinterseite schräg abgeschnitten erscheint. Die ein- wärts gebogenen Wirbel liegen stark antemedian. Die Oberfläche der Schalen ist mit feinen, engstehenden, concentrischen und radialen Linien bedeckt, die jedoch an den Steinkernen nicht leicht sichtbar sind. Am deutlichsten sind sie an den Stücken von Berssel zu beobachten, da hier die Schale zum Theil mit- erhalten ist. Die Exemplare aus dem subhercynischen Senon werden be- deutend grösser wie die böhmischen, zeigen aber sonst keine Ver- schiedenheiten. Stoliczka2) stellt Area striatula zu Barbatia Gray, welcher sie allerdings äusserlich am meisten gleicht. ’) Cret. Pelecyp. of S. Ind. p. 344. 2) Cret. Pelecyp. of S. Ind. p. 344. 422 G. Müllek, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide Häufig an der Sclianzenburg, bei Berssel und am Butterberg bei Harzburg. 60 Area (Isoarca) hercyuica Brauns. 187G. Isoarca hercynica Brauns, Salzbergm. S. 382, t. 10, f. 15 — 17. Da die aus dem Salzberggestein der Schanzenburg und des Anisberges bei Derenburg gesammelten Exemplare zur Beschrei- bung nicht genügend erhalten sind, so verweise ich auf die BRAUNs’sche Beschreibung und Abbildung, nach welchen die ge- sammelten Steinkernen leicht zu bestimmen sind. 61. Cucullaea (Trigonoarca) Gosaviensis Zittel. 1864. Cucullaea Gosaviensis Zittel, Gosaubivalv. I, S. 69, t. 10, f. 4. Eine Muschel vom Salzberg stimmt mit Cucullaea Gosaviensis , wie ich durch Vergleichung mit Stücken aus der Gosau feststellen konnte, vollkommen überein. 62. Cucullaea subglabra d’Orb. 1840. Cucullaea ylabra Goldfuss, Petr. Germ. II, S. 149, t. 124, f. 1. 1841. » » Roemek, Nordd. Kreideg. S. 70 (non Sow. Min. Coneh.) t. 67. 1850. » » Geinitz, Kieslingswalde, S. 14, t. 3, f. 5 — 7. 1850. » subglabra d’Orbigny, Prod. de Pal. p. 244. 1885. » » Böhm, Verb. d. naturh. Ver. f. Rkeinl. u. Westf. Bd. 42, S. 92. Mit Cucullaea subglabra aus dem Aachener Grünsand scheint mein Material, welches fast ausschliesslich aus Steinkernen besteht, genügend übereinzustimmen. Brauns x) beschreibt vom Salzberg Cucullaea Matheroniana d’Orb. Holzapfel * 2) führt in seiner neuesten Arbeit in einer Liste beide Arten nebeneinander auf. Es ist immerhin möglich, dass auch unter meinem Material sich Ctocullaea Matheroniana be- findet, doch konnte ich bis jetzt unter den Steinkernen letztere Art nicht herausfinden. Cucullaea subglabra ist gefunden in der Zone des Amm. Margae von Zilly, am Salzberg, bei Derenburg, an der Schanzen- 6 Salzbergmergel, S. 385. 2) Palaeontographica, Bd. 34, S. 38. am nördlichen Harzrande. 423 bürg, im Quader von Derenburg (Teichberg) und am Butterberg bei Harzburg. 63. Pectunculus dux J. Böhm. 1840. Pectunculus sublaevis Sowerby bei Goldfuss, Petr. Germ. II, S. 160, t. 126, f. 3. 1878. » lens Brauns, Salzbergm. S. 383. 1885. » dux Böhm, Verh. naturh. Ver. f. d. Rheinl. u. Westf. Bd. 42, S. 93. Diese in den senonen Ablagerungen am nördlichen Harzrande in ungeheuerer Individuumzahl auftretende Muschel (bestehen doch ganze Bänke des Quaders von Derenburg fast nur aus ihr) wird von den älteren Autoren entweder als Pectunculus sublaevis Sow. J) oder Pectunculus lens Nilss. 2) citirt. Da nun einerseits die Aachener Form wie die hierherzuziehenden aus dem subhercynischen Senon von der englischen Pectunculus sublaevis verschieden ist, und andrer- seits Nilsson’s Abbildung und Text zu ungenügend sind, um danach eine bestimmte Art wiedererkennen zu können, so war Böhm’s Aufstellung einer neuen Art sehr berechtigt. Im Salzbergmergel von Quedlinburg, Langenstein, von der Schanzenburg, vom Anisberg bei Derenburg; ferner am Teichberg bei Derenburg und am Butterberg bei Harzburg. 64. Pectunculus decussatus Roem. 1841. Pectunculus decussatus Roemer, Nordd. Kreideg. S. 69. 1876. » » Brauns, Salzbergm. S. 383. Einige Steinkerne aus dem Salzberggestein vom Anisberg bei Derenburg liegen vor, die nach Brauns’ Beschreibung hierher- zurechnen sind. 65. Leda producta Nilss. sp. 1827. Nucula producta Niusson, Petr. Suee. p. 16, t. 10, f. 5. 1846. » » Reuss, Böhm. Kreidef. II, S. 17, t. 34, f. 17 — 20. 1869. Leda » Favre, Moll. foss. de Lemb. p. 118, t. 12, f. 9 (c. syn.). 1876. » » Brauns, Salzbergm. S. 380. z. Th.? Ich habe mich nicht überzeugen können, dass Leda tellinella Reuss, Leda nana Roem. und Leda Hagenowi J. Müll., wie Brauns annimmt, mit obiger Art ident sind und folge hier Favre. ') Min. Conch. t. 472, f. 5, 6. '0 Petr. Suec. t. 5, f. 4. 424 G. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide Leda producta ist häufig an der Schanzenburg, am Börnker- berg bei Berssel, am Salzberg bei Quedlinburg, am Radauufer nördlich Harzburg, am Butterberg bei Harzburg und am Hopfen- berg bei Lochtum. 66. Trigonia Vaalsiensis J. Böhm. 1884. Trigonia Vaalsiensis J. Böhm, Verb. d. naturhist. Ver. f. Rheinl. u. Westf. 1884, S. 55. 1885. » » Holzapfel, Zeitsehr. d. Deutsch, geol. Ges. S. 456, t. 6, f. 3 (c. syn.) Diese Art wird von den älteren Autoren gewöhnlich als Trigonia alata , Trigonia aliformis Park., Trigonia scahra Lam. und Trigonia limbata d’Orb. angeführt. Die von mir am Salzberg gesammelten Exemplare, welche z. Th. noch mit Schale erhalten sind, lassen keinen Zweifel darüber bestehen, dass sie als Trigonia Vaalsiensis zu bestimmen sind. Ausser am Salzberg fand ich die Art in der Zone des Amm. Margae der Spiegelsberge, im Salzberggestein der Schanzenburg, am Anisberg bei Derenburg, am Radauufer nördlich Harzburg und am Butterberg bei Harzburg. 67. Astarte (Eriphyla) lenticularis Goldf. sp. 1840. Lucina lenticularis Goldfuss, Petr. Germ. II, S. 228, t. 146, f. 16. 1872—75. Eriphyla » Gehetz, Elbthalgeb. II, S. 62, t. 17, f. 1,2; t. 18, f. 1,2. 1876. » » Brauns, Salzbergm. S. 367. 1884. » » Holzapfel, Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. S. 458, t. 6, f. 1, 2. 1885. Dozyia » Böhm, Verh. d. naturh. Ver. f. Rheinl. u. Westf. S. 126. Der von Holzapfel gegebenen Artbeschreibung habe ich nichts hinzuzufügen. Brauns führt die Art vom Salzberg und von Langenstein an. Ich sammelte Eriphyla lenticularis in grosser Zahl am Fuss der Schanzenburg bei Heudeber. 68. Crassatella arcacea Roem. 1841. Crassatella arcacea Roemer, Nordd. Kreidegeb. S. 74, t. 9, f. 24. 1876. » • » Brauns, Salzbergm. S. 372. 1885. » » Böhm, Verh. d. naturhist. Ver. f. Rheinl. u. Westf. S. 108 (c. syn.). am nördlichen Harzrande. 425 Crassatella arcacea ist in der subhercynischen Kreide sehr verbreitet. So kenne ich die Art aus dem »Emscher« der Spiegels- berge und von Zilly, aus dem Salzberghorizont von Derenburg, von der Schanzenburg und vom Radauufer bei Harzburg, ferner aus dem Quader des Teichbergs bei Derenburg. 69. Radiolites subliercynicns Ewald sp. 1856. Biradiolites subhercynicus Ewald, Monatsber. der Königl. Akad. der Wissensch. zu Berlin, S. 596. 1866. Radiolites Gosae Roemer, Paläontogr. XIII, S. 193. Da Ewald, die Art hinlänglich beschrieben hat, so dürfte sein Name der RoEMER’schen Bezeichnung vorzuziehen sein. Im Göttinger Museum sind 8 Stück dieser Rudistenart vorhanden, welche jetzt nur noch selten am Sudmerberg gefunden wird. 1831. 1864. 1871. 1876. 1884. 70. Cardium productum Sow. Cardium productum Sowerbt, Trans. Geol. Soc. III, p. 417, t. 39, f. 15. » » Zittel, Gosaubiv. I, S. 37, t. 6, f. 1 (cum syn.). » » Stoliczka, Cret. Pelecyp. of S. Ind. p. 217, t. 11, f. 15, 16. » » » Brauns, Salzbergm. S. 371. » Holzappel, Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. S. 461, t. 6, f. 4 — 6 (cum syn.). Diese Muschel findet sich in den senonen Ablagerungen am Harzrande nicht gerade selten. Doch liegen nur Steinkerne vor, so dass es unmöglich ist, zu bestätigen, dass Cardium 'productum und Cardium tubuliforme zusämmenfallen, wie Holzapfel nachzuweisen sucht. Ausser vom Salzberg und Langenstein ist mir obige Art bekannt von der Schanzenburg und vom Butterberg bei Harzburg. Aus dem »Emscher« von Zilly standen mir zwei Exemplare zur Verfügung. 71. Cardium alutaceum Goldf. 1834 Cardium alutaceum Goldfuss, Petr. Germ. II, S. 220, t. 144, f. 5. 1875. » » Geinitz, Elbthalgeb. II, S. 65, t. 18, f. 6, 7. 1887. » » Frech, Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. S. 162, t. 12, f. 16. Schale eiförmig, bauchig gewölbt, fast gleichseitig. Wirbel dick, mittelständig. Radial verlaufende, durch schmälere Rinnen von einander getrennte, gleichmässige Rippen. 426 G. Müller, Beitrag zur Kermtniss der oberen Kreide Leider ist, wie bei allen vorliegenden Cardien, auch bei Car- dium alutaceum die Schale nie erhalten. Am besten stimmen die vorhandenen Stücke mit Geinitz (a. a. 0. t. 18, f. 6) überein. Nicht selten an der Schanzenburg, am Börnkerberg bei Berssel und am Anisberg bei Derenburg. 72. Cartliiim deforme Gein. 1875. Cardium deforme Geinitz, Elbthalgeb. II, S. 64, t. 18, f. 8. Schale länglich oval, hoch gewölbt, mit einem der hinteren Seite genäherten Längskiele versehen, von dem die Schale nach dem vorderen Rande gewölbt, nach dem Hinterrande fast senk- recht abfällt. Die mittelständigen, hervorragenden Wirbel er- scheinen eingerollt. Von dem Wirbel ausstrahlende Linien be- decken die Oberfläche der Schalen. Die von mir an der Schanzenburg gesammelten Steinkerne stimmen gut mit der von Geinitz gegebenen Abbildung überein. 73. Cardium Öttoi Gein. 1843. Cardium Ottonis Geinitz, Kieslingsw. S. 14, t. 1, f. 31, 32. 1850. » Ottoi » Quadergeb. Deutschi. S. 154. Der Umriss der Schale gerundet, ein wenig schief. Der ge- wölbte, fast mediane Buckel niedergebogen. Die Hinterseite fällt steiler ab wie die Vorderseite. Die Oberfläche der Schale ist mit gerundeten Rippen versehen, welche durch gleich grosse Zwischen- räume von einander getrennt sind. Im Quader des Butterbergs selten. 74. Isocardia cretacea Goldf. 1840. Isocardia cretacea Goldfuss, Petr. Germ. II, S. 211, t. 141, f. 1. 1876. » » Brauns, Salzbergm. S. 370. Bauchig, gleichmässig gewölbt. Der Umriss der Muschel ist ovalkreisförmig, die median liegenden hohen, dicken Buckel sind eingerollt und gegen einander geneigt. Nach Brauns am Salzberg und bei Langenstein, im gleichen Niveau an der Schanzenburg bei Heudeber, jedoch überall selten. am nördlichen Harzrande. 427 75. Tapes (Baroda) elliptica Roem. sp. 1841. Venus elliptica Roemer, Nordd. Kreidegeb. S. 72. 1876. Tapes » Brauns, Salzbergm. S. 366. Steinkern elliptisch, schwach gewölbt; vorn kurz und zu- gespitzt; hinten lang, stumpf abgerundet. Wirbel wenig hervor- ragend. Oberfläche mit feinen, concentrischen Streifen bedeckt. Tapes fragilis d’Orb. x), welcher von Brauns mit Tapes elliptica vereinigt wird, unterscheidet sich durch die abgerundet vierseitige Gestalt. Selten im Salzbergmergel des Anisberges bei Deren- burg und nach Brauns bei Langenstein. 76. Venus Goldfussi Gein. 1849. Venus Goldfussi Geinitz, Quadergeb. Deutsch. S. 154, t. 10, f. 7, 8. 1872 — 75. » » » Elbthalgebirge II, S. 67, t. 18, f. 16 (cum syn.). Ein Steinkern aus dem Emscher von Zilly stimmt vollkommen mit der Beschreibung und Zeichnung von Geinitz, ist nur etwas grösser, als wie Geinitz es als Regel angiebt. Ob Venus Golcl/ussi wirklich zu Eriphyla gehört, wieSTOLiCZKA2) muthmaasst, konnte auf Grund des einen Steinkerns nicht ent- schieden werden. 77. Cytherea ovalis Goldf. sp. 1840. Venus ovalis Goldfuss, Petr. Germ. II, S. 247, t. 151, f. 5. 1884. Cytherea ovalis Holzapfel, Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. S. 464, t. 7, f. 2 — 4 (cum syn.). Die schwach querovale, flach gewölbte, mit feinen, con- centrischen Linien versehene Art hat einen wenig vor der Mitte gelegenen Wirbel. Brauns 3) führt von Veneriden vom Salzberg und von Langen- stein ausser Cytherea plana Sow. noch Venus fabacea Roem. an und vereinigt Venus ovalis Goldf. = Venus fabacea Roem. mit Venus ( Cyprimeria ) faba Sow. Die von Zilly, vom Salzberg, von der Schanzenburg, vom Anisberg bei Derenburg, von Berssel, ') Terr. cret. III, p. 446, t. 385, f. 11, 12. 2) Cret. Pelec. of S. Ind. p. 162. 3) Salzbergm. S. 367. 428 G. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide vom Radauufer nördlich Harzburg uud vom Butterberg bei Harz- burg vorliegenden Exemplare, obwohl zumeist nur als Steinkerne erhalten, sind trotzdem nicht schwer von Cyprimeria faba Sow. zu trennen, da Cytherea ovalis weniger seitlich verlängert und mit mehr in der Mitte liegendem Wirbel versehen ist, als Cyprimeria faba. Ausserdem beträgt nach Holzapfel bei Cytherea ovalis das Verhältniss der Höhe zur Breite durchschnittlich 100 : 118, während es bei Cyprimeria faba etwa 100:133 ist. 78. Cyprimeria faba Sow. sp. 1829. Venus faba Sowerby, Min. Conch. t. 567, f. 3. 1884. Cyprimeria faba Holzapfel, Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. S. 467, t. VII, f. 1 (cum syn.). Cyprimeria faba ist am Salzberg weniger häufig als wie die vorhergehende Art, während im Salzberggestein von Derenburg und der Schanzenburg Cytherea ovalis an Zahl der Individuen be- deutend übertrifft. Ausserdem findet sich Cyprimeria faba am Börnkerberg bei Berssel, am Radauufer bei Harzburg, am Butter- berg bei Harzburg und im Quader des Teichberges bei Deren- burg. Ein Exemplar fand ich im Niveau des Amm. Margae der Spiegelsberge bei Halberstadt. 79. Tellina Renauxii Math. 1842. Tellina Renauxii Matheron, Cath. meth. p. 143, t. 13, f. 4. 1844. » » d’Orbigny, Terr. cret. III, p. 421, t. 380, f. 6 — 8. Muschel quer verlängert, wenig gewölbt, ungleichseitig, glatt. Der Wirbel nahezu mittelständig, ein wenig vor der Mitte. Vorder- seite gerundet, hintere Seite zugespitzt, mit einer vom Wirbel bis zum Hinterrande verlaufenden Kante. Der untere Rand wenig gebogen. Die zur Beschreibung vorliegenden Stücke aus dem Salzbergmergel des Anisberges bei Derenburg stimmen gut mit d’Orbigny’s Abbildung überein. Ob Tellina Renauxii wirklich zur Untergattung Tellinella Gray gehört, wie Stoliczka *) annimmt, konnte ich nach den Stein- kernen nicht entscheiden. *) Cret. Pelec. of S. Ind. p. 123. am nördlichen Harzrande. 429 80. Tellina strigata Goldfuss. 1840. Tellina strigata Goldfuss, Petr. Germ. II, S. 235, t. 147, f. 18. 1885. » » Böhm, Verb, naturhist. Ver. f. Rhein), u. Westf. S. 131. Die hierher gehörenden Steinkerne vom Salzberg und von der Schanzenburg stimmen gut mit der GoLDFUSS’schen Abbildung und den Von Aachen zu Gebote stehenden Stücken überein. Tellina strigata gehört nach Stoliczka ]) zur Untergattung Palaeomoera. 81. Tellina (Linearia) suMecnssata Roem. 1841. Tellina subdecussata Roemer, Nordd. Kreideb. S. 74, t. 9, f. 20. 1849. » » Gf.initz, Quad. Deutschi. S. 150 (z. Th.). 1864. Arcopagia semiradiata Zittel, Gosaubiv. S. 14, t. 2, f. 9 (c. syn.). 1876. Capsula subdecussata Brauns, Salzbergm. S. 364. Schalen gleichklappig, flach, länglich oval, vorn ein wenig niedriger wie hinten, mit concentriscben Falten bedeckt. Auf dem hinteren Theile der Schale werden die concentrischen Rippen durch feine Radialrippen gekreuzt, wodurch eine gitterförmige Verzierung hervorgebracht wird. Die Zahl der Radialrippen wird von Roemer und Brauns auf 8 angegeben. Unter der Lupe konnte ich an Stücken von der Schanzenburg, die zum Theil die Sculptur noch recht scharf zeigen, beobachten, dass in der Nähe des nahezu median liegenden, wenig erhabenen Wirbels die radiale Berippung, wenn auch nach vorn feiner und gedrängter werdend, sich über die ganze Schale fortsetzt. Jugendexemplare sind daher ganz mit feiner gittex-iger Sculptur versehen. Im Alter verschwinden die Radialrippen dem hinteren Rande zu allmählich, bis zuletzt nur noch etwa 8 sich bis zum unteren Rande fortsetzen. Die con- centrischen, ziemlich scharfen Rippen sind durch circa 1 Milli- meter breite Zwischenräume von einander getrennt. Linearia ( Arcopagia ) semiradiata Math.* 2) = Linearia radiata d’Orb. 3) steht unserer Ax’t so nahe, dass die von Geinitz4) vox'- geschlagene Vei’einigung berechtigt erscheint. ') a. a. 0. p. 116. 2) Cath. meth. p. 153, t. 15, f. 6. 3) Terr. cret. III, p. 412, t. 378, f. 11 — 13. 4) Elbthalgeb. I, S. 232. 430 G. Müller, Beitrag zur Keuntniss der oberen Kreide Ob Tellina inaequalis Sow. x), welche den äusseren Umrissen nach allerdings sehr nahe steht, mit Linearia subdecussata zu ver- einigen ist, kann ich nach Sowerby’s Text und Abbildung nicht entscheiden. Was die generische Bestimmung anbelangt, so stellen d’Or- bigny* 2), PiCTET und Campiche 3) und Stoliczka4) obige Species zur Gattung Arcopagia Brown, deren Arten von Meek 5) zum grössten Theil der Gattung Linearia Conr. zugewiesen werden. Zittel 6), dem ich hier folge, betrachtet Arcopagia bei D Orbigny u. a. als synonym mit Linearia Conr. und stellt Arcopagia semi- radiata Math, zu Linearia. Bei Brauns finden wir Tellina ( Linearia ) subdecussata als Cap- sula subdecussata aufgeführt. Capsula Schum, deckt sich nach Zittel mit Asapkis Modeer, und da Brauns wahrscheinlich auch blos Steinkerne Vorgelegen haben werden, so scheint mir seine generische Bestimmung um so weniger festzuhalten sein, als unsere Art äusserlich die Merkmale von Linearia besitzt. 82. Tellina (Linearia) costulata Goldf. 1840. Tellina costulata Goldfuss, Petr. Germ. II., S. 235, t. 147, f. 19. 1885. Linearia » J. Böhm, Verb. d. naturh. Ver. f. Rheinl. u. Westf. S. 133 (c. syn.). Brauns 7) stellt diese Art gleichfalls zur Gattung Capsula Schum. , wozu ihn wohl die radiale Berippung veranlasst hat. Wegen der an Aachener Exemplaren sichtbaren Seitenzähne wurde von Zittel 8) die Muschel Linearia Conr. zugewiesen. Die von mir am Salzbei'g und am Anisberg bei Derenburg gesammelten Stücke stimmen mit Exemplaren von Vaels gut überein. x) Min. Conch. t. 456, f. 2. 2) Prod. de Pal. II, p. 235. 3) Materiaux p. 1. paleont. suisse III, p. 144. 4) Cret. Pelec. of S. Ind. p. 124. s) Report on the invert. cret. and ter. foss. of the Up. Miss. Country p. 196. 6) Handbuch d. Pal. II, S. 116. 7) Salzbergm. S. 364. 8) Handbuch d. Palaeont. II, S. 116. am nördlichen Harzrande. 431 83. Siliqna concentristriata n. sp. Taf. XVIII, Fig. 5. Länge: 45 Millimeter, Höhe: 15 Millimeter. Die vorliegenden Steinkerne sind stark quer verlängerte, klaffende, mit concentrischen Linien bedeckte Formen. Die ein Viertel der Länge einnehmende Vorderseite ist etwas verschmälert und gerundeter wie die längere Analseite, welche fast rechtwinklig abgestumpft erscheint. Vom Wirbel verläuft schräg nach hinten dem unteren Rande zu eine tiefe Furche als Abdruck der Wirbel- leiste, welche dem Unterrand der Schale sich bis ein Drittel der Höhe nähert. Siliqua truncatula ReüSS1) und Siliqua Moreana d’Orbigny 2) unterscheiden sich durch die senkrecht herablaufende Leiste. Die ähnliche Siliqua Petersi ReüSS3 4) hat eine glatte Schale. Siliqua limata StolA) ist niedriger. Häufig im Salzbergmergel der Schanzenburg bei Heudeber, ferner am Anisberg bei Derenburg und am Butterberg bei Harzburg. 84. Siliqua sinuosa n. sp. Taf. XVIII, Fig. 6. Länge: 35 Millimeter, Höhe: 12 Millimeter. Steinkern stark quer verlängert, ungleichseitig, gleichschalig, abgerundet vierseitig, klaffend, vorn abgerundet, hinten abgestumpft. Wirbel sehr klein, weit nach vorn gelegen, am Ende des ersten Viertels der Schalenlänge. Die beinahe senkrechte, starke Schalen- leiste nähert sich bis auf der Höhe dem unteren, dem Schloss- rande parallelen Rande. Die Oberfläche ist mit feinen con- centrischen Linien bedeckt, die jedoch nur auf dem hinteren Theile der Schale schärfer hervortreten. Charakteristisch für Siliqua sinuosa ist die doppelte Eindrückung des vorderen Schalen- theils, wodurch sie sich von allen anderen zur Zeit bekannten Arten leicht unterscheidet. Selten im Salzbergmergel der Schanzenburg bei Heudeber. *) Böhm. Kreide f. n, S. 17, t. 26, f. 13, 16, 17. 2) Terr. cret. III, p. 324, t. 350, f. 8 — 10. 3) Cliar. Kr. Ost. Alp. S. 145, t. 28, f. 10 u. Zittel, Gosaub. S. 5, t. 1, f. 3, 4) Cret. Pelee. of p. Ind. p. 101, t. 1, f. 12, 13. 432 Gr. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide 85. Glycimeris gurgitis Brongn. sp. 1822. Lutraria gurgitis Brongniart, Descr. des env. de Paris, p. 97, t. 9, f. 15. 1872—75. Paiiopaea » Gf.initz, Geol. d. Elbthalgeb. II, S. 68, t. 19, f. 1, 2. Die Gestalt von Glycimeris gurgitis ist mannigfachen Form- veränderungen unterworfen. Das Verhältniss der Längen- und Höhemnaasse wechselt, jedoch gilt die Regel, dass die quer ver- längerte, gleichklappige , weitklaflende Muschel hinten höher, wie vorn ist. Die Oberfläche ist mit concentrischen Falten bedeckt, welche am hinteren Rande unter stumpfen Winkeln umbiegen; diese sind durch eine schwach angedeutete Furche getheilt, welche sich von der hinteren Seite des Wirbels nach der hinteren Ecke des UnterraDdes der Schale hinüberzieht. Der Vorderrand ist ab- gerundet, während der hintere Rand mit dem unteren Schalrande einen stumpfen Winkel bildet. Die von Geinitz vorgenommene Vereinigung von Panopaea plicata Golde.1) und Panopaea Goldfussi d’Orbigny2) scheint mir richtig und die von Stoliczka 3) vorgeschlagene Aufstellung einer neuen Art für GoldfüSS ’ Panopaea plicata, d’Orbigny’s4) und Reuss’ 5) Panopaea gurgitis nach dem mir zur Beschreibung vor- liegenden Material unthunlich zu sein. Glycimeris gurgitis fand ich am Löhofsberg bei Quedlinburg und an den Spiegelsbergen bei Halberstadt, bei Zilly, am Salzberg, an der Schanzenburg bei Heudeber (über 40 Stück), am Anisberg bei Derenburg, am Sudmerberg' und am Butterberg bei Harzburg. 86. Glycimeris mandibula Sow. sp. 1813. Mya mandibula Sowerby, Min. Couch. t. 43. 1840. Panopaea Beaumontii Münster bei Goldf., Petr. Germ. II, S. 274, t. 158, f. 4. 1841. » lugleri Roemer, Norddeutsch. Kreidegeb. S. 75, t. 10, f. 4. 1847. » mandibula iüOrbigny, Terr. cret. III, p. 344, t. 360, f. 3, 4. 1871 — 75. » » Geinitz, Geol. d. Elbthalgeb. I, S. 70, t. 18, f. 20, 21. b Petr. Germ. II, S. 274, t. 158, f. 5. b Prodr. de Pal. II, p. 157 u. 233. 3) Cret. Pelec. of S. Ind. p. 87. 4) Terr. cret. III, t. 361, f. 1. 5) Böhm. Kreidef. II, S. 17, t. 36, f. 3. am nördlichen Harzrande. 433 Die rhomboidale, hinten weit klaffende Muschel unterscheidet sich von der vorigen Art durch die geringe Differenz der Höhen- und Längenmaasse (Länge: 45 Millimeter, Höhe: 42 Millimeter, während bei der vorhergehenden Art die Länge durchschnittlich 50 Millimeter und die Höhe 35 Millimeter betrug). Die wulstigen, concentrischen Runzeln biegen sich dem entsprechend früher um als bei Glycimeris gurgitis. Die schlanken, spitzen Wirbel liegen vor der Mitte. Auch hier verläuft eine Furche nach hinten herab, welche den hohen gewölbten Rücken begrenzt. Am besten stimmen die Stücke von der Schanzenburg und dem Radauufer nördlich Harzburg mit d’Örbigny’s und Goldfuss’ Abbildungen überein. 87. Plioladomya Esmarkii Nilss. sp. 1827. Cardita Esmarkii Nii.sson, Petr. Suec. p. 17, t. 5, f. 8. 1875. Plioladomya Esmarkii Moesch, Abhandl. d. Schweiz, pal. Ges. Bd. II, S. 101, t. 83, f. 7 u. t. 34, f. 5. 1876. » » Brauns, Salzbergm. S. 360. Zwei defecte Steinkerne von der Schanzenburg stimmen mit einem wohl erhaltenen Exemplare vom Salzberg so gut überein, dass ich nicht anstehe, dieselben als obige Art anzusprechen. Vor allem weisen die durch runzelige Längsstreifen schwach höckrig gewordenen radialen Rippen, und der ganz vorn gelegene Wirbel darauf hin, dass wir Plioladomya Esmarkii vor uns haben. Brauns führt die Art noch von Langenstein an. 88. Plioladomya nodulifera Mstr. 1840. Plioladomya nodulifera Münster in Goldf. Petr.Germ.il, S. 273, t. 158, f. 2. 1875. » » Moesch, Abhandl. d. Schweiz, pal. Ges. Bd. II, S. 103, t. 34, f. 2 (c. syn.). 1872—75. » » Geinitz, Elbthalgeb. II, S. 70, t. 19, f. 5. 1876. » elliptica Brauns, Salzbergm. S. 360, z. Theil? Steinkern oval, bauchig ungleichseitig. Von dem weit nach vorn liegenden Wirbel strahlen 14 starke, radiale Rippen aus, welche durch concentrische Anwachsrunzeln kräftige Knoten er- halten. Der obere Theil des vorderen und hinteren Randes ist Jahrbuch 1887, 28 434 G. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide davon befreit. In der Seulptur ist Pholadomya nodulifera ähnlich der gleichaltrigen Pholadomya elliptica , unterscheidet sich jedoch von letzterer Art durch die im Verhältniss zur Länge geringere Höhe. Ein am Wirbel abgeriebener, aber sonst noch die Seulptur gut zeigender Steinkern von der Schanzenburg bei Heudeber stimmt am besten mit den von Moesch abgebildeten Formen überein. 89. Goniomya designata Goldf. sp. 1840. Lysianassa designata Goldfuss, Petr. Germ. II, S. 264, t. 154, f. 13. 1841. Goniomya consignata Roemer, Nordd. Kreidegeb. S. 75, t. 10, f. 3. 1872 — 75. » designata Geinitz, Elbthalgeb. II, S. 71, t. 19, f. 8. 1876. » » Brauns, Salzbergm. S. 361. Diese leicht erkennbare Art findet sich am nördlichen Harz- rande häufig. So kenne ich Goniomya designata vom Salzberg, von Langenstein, vom Anisberg bei Derenburg, von der Schanzenburg, vom Sudmerberg und vom Butterberg bei Harzburg. 90. Goniomya Sterni n. sp. Taf. XVIII, Fig. 4 a u. 4 b. Länge: 72,5 Millimeter, Höhe: vorn 27 Millimeter, hinten 32 Millimeter. Diese Muschel ist quer verlängert, bauchig, sehr ungleich- seitig, vorn niedriger wie hinten, stark klaffend, gleichklappig. Vorn und hinten abgerundet, Unterrand gerade, hinter den Wirbeln eine schwache Einbiegung des Schlossrandes. Die niederen, ein wenig; hinter dem Ende des ersten Viertheiles der Schale liegen- den Wirbel sind vorn übergebogen und berühren sich. Die Ober- fläche ist mit convergirenden Rippen verziert, jedoch ist die Spitze der Winkel durch eine Querrippe abgeschnitten, ähnlich wie bei Goniomya rhombifera Goldf. aus dem oberen Lias. Die von vorn kommenden Rippen erreichen aber nur in der Jugend die Quer- rippen, wodurch ein blos von unregelmässigen, feinen concentrischen Anwachsstreifen bedecktes, dreiseitiges Feld frei bleibt. Ausser- dem muss die Schale mit sehr feinen, radialen Körnchenreihen versehen gewesen sein, die noch stellenweise, auch schon mit un- bewaffnetem Auge, bemerkbar sind. am nördlichen Harzrande. 435 Selten im Unter-Senon der Schanzenburg und des Butterbergs bei Harzburg. 91. Anatina concentrica n. sp. Tat. XVIII, Fig. 7 a u. 7 b. Steinkern quer verlängert, ungleichseitig, vorn abgerundet; hinten verschmälert sich die Muschel und klafft. Von dem schwach hervortretenden Wirbel verläuft nach hinten eine Falte, über wel- cher die. Schale etwas eingedrückt erscheint. Die Oberfläche ist concentrisch gefurcht und mit schon mit blossem Auge sichtbaren, radialverlaufenden, dichtgedrängten Punktreihen versehen. Von der verwandten Anatina producta Zitt. 1 ) unterscheidet sich unsere Art durch eine vom Buckel aus sich allmählich ver- stärkende, schräg nach unten ziehende Eindrückung. Anatina concentrica liegt in zwei Exemplaren vom Sudmerberg bei Goslar vor. 92. Liopistha aequivalvis Goldf. sp. 1840. Corbula aequivalvis Goldfuss, Petr. Germ. II, S. 250, t. 151, f. 15. 1884. Liopistlia » Holzapfel, Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. S. 471, t. 6, f. 3. 1887. » » Frech, ib. S. 172. Diese von den meisten Autoren zu Pholadomya gestellte Art ist neuerdings von Holzapfel und Böhm zu der von Meek geschaffenen Gattung Liopistha gestellt worden, wie dies auch schon von Meek selbst als wahrscheinlich angedeutet war. Die in der Quedlinburger Gegend so gewöhnliche Muschel findet sich an der Schanzenburg nicht sehr häufig, ebenso kenne ich dieselbe von Harzburg und Derenburg nur in einigen Exemplaren. An den Spiegelsbergen fand ich Liopistha aequivalvis einmal. 93. Mactra angulata Sow. 1850. Mactra angulata Sow. bei Geinitz, Quadergeb. Deutselil. S. 148, t. 10, f. 5, 6. Dieser Steinkern ist dreiseitig, glatt, hinten mit einer scharfen Kante versehen, vorn schwach eingedrückt, der Unterrand gerundet, Wirbel spitz. 9 Gosaubivalv. I, S. 10, t. 1 , f. 6. 28* 436 G. Mü ller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide Das aus dem Salzbergmergel von Derenburg stammende Stück stimmt völlig mit den von Geinitz gegebenen Bildern überein. 94. Corbulamella striatula Golde. 1S40. Corbula striatula Goldfuss, Petr. Germ. II, S. 251, t. 151, f. 16. 1885. Corbulamella striatula J. Böhm, Verh. d. naturhist. Ver. f. Rheinland und Westf. S. 144. 1887. » » Frech, Zeitschr. d. Deutsch, geolog. Ges. S. 173, 1. 12, f. 5 — 8. Die von mir im Salzbergmergel der Schanzenburg und am Anisberg östlich Derenburg gesammelten Stücke sind nur als Steinkerne erhalten. Dieselben zeigen sämmtlich eine vom Wirbel nach hinten verlaufende schwache Vertiefung, welche wohl als der Abdruck des von Meek und IIayden beschriebenen, den hinteren Sehliessmuskel tragenden Plättchens zu deuten ist. Die quer- ovale, sehr ungleichseitige Schale ist nach dem unteren Rande zu mit concentrischen Rippen bedeckt, welche nach dem Wirbel hin zu feinen Streifen werden. Die auf den Suderoder Exem- plaren vorhandene, radiale Streifung ist auf den vorliegenden nicht zu sehen, obwohl sonst die Versteinerungen aus dein Mergel der Schanzenburg häufig noch sehr scharfe Sculptur zu zeigen pflegen. Doch hebt sich der stark gerippte, untere Abschnitt der Schale scharf gegen die darüber beginnende, cou- centrische Streifung ab, ebenso wie bei Corbulamella striatula von Suderode die obere, fein concentrisch und radial gestreifte Partie deutlich gegen den mit wulstigen Rippen versehenen Theil der Schale absticht. Die grösste Uebereinstimmung haben die von mir bestimmten Stücke mit den von Müller x) beschriebenen Formen, doch übertreffen sie die Suderoder und Aachener Stücke an Grösse nicht unbedeutend. Die durchschnittliche Länge betrug 13 Millimeter, die Höhe 8 Millimeter. 95. (jastrochaeua Amphisbaeiia Goldf. 1833. Serpula Ampkisbaena Goldfuss, Petr. Germ. S. 239, t. 70, f. 16. 1843. Fistulana » Geinitz, Kieslingsw. S. 11, t. 4, f. 11 — 14. 1871—75. Gastrochaena » » Elbthalgeb. I, S. 235, t. 52, f. 8 — 12. 1876. » » Brauns, Salzbergm. S. 358. l) Aach. Kreidet. I, S. 25, t. 2, f. 8. am nördlichen Harzrande. 437 Diese meist als Serpula beschriebene Muschel findet sich ver- einzelt im »Emscher« von Zilly. Brauns führt sie vom Salzberg und Langenstein an. Gastropoda. 96. Pleurotomaria linearis Mant. sp. 1822. Trochus linearis Mantell, Geology of Snssex, p. 1 10, t. 1 8, f. 16, 17. 1872 — 75. Pleurotomaria linearis Geinitz, Elbthalgeb. II, S. 165, t. 29, f. 10. 1876. » » Bkauns, Salzbergm. S. 356, z. Th. Von dieser variablen Art liegen 6 Exemplare aus dem Emscher von Zilly vor, die am besten mit Pleurotomaria velata Goldf. *) und Pleurotomaria granulifera Goldf.* 2) übereinstimmen. Im Salz- bergmergel von Quedlinburg ist die Art nach Brauns selten, noch seltener bei Langenstein. 97. Pleurotomaria sp. Einige Steinkerne aus dem Salzberggestein der Schanzenburg bei Heudeber erinnern im Habitus an Margarita ( Soraiella ) glabra Jos. Müll. Doch ist ausser dem deutlich wahrnehmbaren Schlitz- band und feiner Spiralstreifung keine Sculptur vorhanden und zudem die Erhaltung so schlecht, dass eine genauere Bestimmung ausgeschlossen ist. 98. Turbo cf. qoadricinctus Jos. Müll. 1851. Turbo quadricinctus Jos. Müller, Monogr. d. Aach. Kreidef. S. 43, t. 5, f. 7. Steinkern niedrig, kreiselförmig. Die schwach gewölbten Umgänge (nach Müller 5 an der Zahl) tragen vier stark ge- körnte Spiralgürtel. An dem einzigen vorhandenen Exemplar aus dem Thone im Hangenden des Phosphoritknollenlagers von Zilly, von dem nur die beiden letzten Windungen erhalten sind, bemerkt *) Petr. Germ. III, S. 75, t. 187, f. 2. 2) ibid. t. 187, f. 3. 438 G. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide man einen gleichfalls gekörnten Nahtsaum. Weitere Verschieden- heiten konnten nicht ermittelt werden. 99. Troclius Nilssoni Mstr. 1842. Trockus Nilssoni Münster bei Golde., Petr. Germ. III, S. 58, t. 181, f. G. 1850. » » Geinitz, Quadergeb. Deutsch! S. 132. Gehäuse kegelförmig. Die 5 bis 6 runden Windungen sind durch tiefe Nähte von einander getrennt. Die Oberfläche der Umgänge ist mit drei Gürteln von spitzen Höckern verziert, von denen je 20 bis 25 auf eine Windung kommen. 15 Stück wurden von mir im Mergel der Schanzenburp; bei Heudeber gesammelt. 100. Troclius planatus Roem. 1841. Troclius planatus Roemer, Nordd. Kreidegeb. S. 81, t. 12, f. 8. 1850. » » Geinitz, Quadergeb. Deutsch!. S. 132. Dieser niedrige, kegelförmige Troclius besteht aus vier flachen Windungen, welche über die scharfen Nähte ein wenig hinüber- ragen. Auf der Schale sieht man zwei spiralige Knoteureihen. Die flache Basis ist ebenfalls mit Knötchen besetzt. Der Nabel ist weit. Sechs Exemplare von Trockus planatus sammelte ich im Salz- bergmergel der Schanzenburg bei Heudeber. 101. Troclius tricarinatus Roem. sp. 1841. Trockus tricarinatus Roemer, Nordd. Kreidegeb. S. 81, t. 12, f. 3 — 6. 1876. » » Brauns, Salzbergm. S 355. Ich folge hier noch Brauns und lasse es unentschieden, ob Trockus plicato -carinatus Goldf. *) und Trockus tuberculato-cinctus Goldf. 2) in der Tbat so scharf von einander zu trennen sind, wie Favre s) annimmt, und Trockus tricarinatus Roemer bei diesen Arten unterzubringen ist. Im Horizont des Anim. Mcirgae von Zilly, am Salzberge und bei Langenstein. Jedoch überall nur selten. 0 Petr. Germ. III, S. 59, t. 181, f. 11. 2) ibid. t. 181, f. 12. 3) Kreide v. Lemberg S. 54 u. 62. am nördlichen Harzrande. 439 102. Nerita (Otostoma) rugosa Hoeningh sp. 1830- Natica rugosa Hoeninqhaus, Jahrb. f. Min. S. 467. 1841. » » Eoemer, Nordd. Kreidegeb. S. 83, t. 12, f. 16. 1844. » » Goldfuss, Petr. Germ. III, S. 119, t. 199, f. 11. 1876. Nerita rugosa Brauns, Salzbergm. S. 354. Die von der tiefen Nahtfurche aus nach unten und hinten verlaufenden Furchen und Falten — auf dem letzten der drei sehr gewölbten Umgänge, etwa 20 an der Zahl — lassen die Art sehr leicht erkennen. Nerita rugosa liegt vor vom Salzberge, von der Schanzenburg bei Heudeber und aus dem Mergel im Liegenden des Sudmerberg- conglomerats (1 St. aus der WiTTE’schen Sammlung). 103. Turritella nodosa Roem. 1841. Turritella nodosa Roemer, Nordd. Kreidegeb. S. 80, t. 11, f. 20. 1876. » » Brauns, Salzbergm. S. 353. 1887. » » Frech, Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. S. 177, t. 16, f. 18 u. 19 (c. syn.). Die im Unter-Senon weit verbreitete Art findet sich im Mergel des Salzberges, bei Langenstein, bei Derenburg, Suderode, am Butterberge bei Harzburg und im Ilsenburgmergel von Lochtum. 104. Turritella sexcincta Golde. 1841. Turritella sexcincta Goedfuss, Petr. Germ. III, S. 107, t. 197, f. 2. 1876. » » Brauns, Salzbergm. S. 352. 1887. » » Frech, Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. S. 174, t. 16, f. 14, 15. Sehr häufig im Salzberggestein von Quedlinburg, Langenstein, der Schanzenburg am Radauufer nördlich Flarzburg, ferner in den Thonen von Suderode und am Butterberge bei Harzburg. 105. Turritella quadricincta Golde. 1844. Turritella quadricincta Goldfuss, Petr. Germ. III, S. 106, t. 196, f. 16 u. 17 c. 1876. » » Brauns, Salzbergm. S. 352 (c. syn.). Sechs Exemplare aus dem Salzberghorizont von Berssel stimmen vollständig mit den Beschreibungen der Autoren überein. Nach Brauns findet sich die Art am Salzberge und bei Langenstein. 440 G. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide 106. Tnrritella cf. acaiitophora Jos. Müll. 1851. Turritella acantophora J. Müller, Monogr. d. Aach. Kreidef. II, S. 32, t. 3, f. 15. 1887. » » Frech, Zeitsc.hr. d. Deutsch, geol. Ges. S. 179, t. 16, f. 1—7. Windungen flach, die Nähte wenig vertieft. Die Oberfläche der Umgänge ist mit vier gleich starken und gleich weit von einander entfernten Spiralgürteln bedeckt, welche mit schwachen Knoten besetzt sind. Zwischen den Spiralgürteln beobachtet man feine Spiralstreifen. Da nur ein Bruchstück vom Löhofsberg bei Quedlinburg vor- handen ist, so möchte ich dasselbe nur als Turritella cf. acanto- phora bestimmen. 107. Natica lamellosa Roem. 1841. Natica lamellosa Roem er, Nordd. Kreidegeb. S. 83, t. 12, f. 13. 1871 — 75. » » Geinitz, Elbthalgeb. I, S. 243, t. 54, f. 17 (excl. N. exaltata Goldf.). 1876. » » Brauns, Salzbergm. S. 348 (excl. syn. parte). Ich folge hier Holzapfel 1), welcher das Verhältniss der verwandten Natica lamellosa Roem. , Natica cretacea Goldf. und Natica exaltata Goldf. eingehend bespricht. Die Stücke von den Spiegelsbergen bei Halberstadt und vom Löhofsberge bei Quedlin- burg stimmen gut mit der Beschreibung von Roemer überein, ebenso die kleinen Exemplare von der Schanzenburg, Berssel und vom Butterberge bei Harzburg. Aus dem Mergel im Liegenden des Conglomerats am Sudmerberge steht mir ein defectes Stück zur V erfügung, welches jedoch durch Vergleich als Natica lamellosa bestimmt werden konnte. Nach Brauns häufig am Salzberge und bei Langenstein. 108. Natica acutimargo Roem. 1841. Natica acutimargo Roemer, Nordd. Kreidegeb. S. 83, t. 11, f. 14. 1876. » » Brauns, Salzbergm. S. 349. 1884. » » Holzapfel, Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. S. 476. Diese leicht bestimmbare Art liegt vom Salzberge und vom Butterberge bei Harzburg vor. Brauns führt Natica acutimargo noch von Langenstein an. ') Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. Bd. 36, S. 472 ff. am nördlichen Harzrande. 441 109. Ceritliiuin binodosum Roem. 1841. Cerithium binodosum Roemer, Nordd. Kreidegeb. S. 79, t. 11, f. 16. 1872 — 75. » » Geinitz, Elbthalgeb. II, S. 176, t. 31, f. 4. 1876. » » Brauns, Salzbergm. S. 351. Gehäuse schlank, thurmförmig. Die niedrigen schwach ge- wölbten Windungen (nach Geinitz mindestens 12) zeigen an der Naht zwei Reihen von Knötchen. Zwischen diesen und den in der Mitte befindlichen zwei dicken Höckerreihen sieht man feinere Spirallinien. Canal kurz. Im Salzbergmergel der Schanzenburg nicht selten, jedoch meist nur in Bruchstücken zu erhalten. 110. Aporrliais (Lispodestlies) Reussi, Gein. sp, var. megaloptera Reuss. 1842. Rostellaria Reussi Geinitz, Charakt. III, S. 71, t. 18, f. 1. 1845. » megaloptera Reuss, Böhm. Kreidef. I, S. 45, t. 9, f. 3 u. 9. 1872 — 75. » » Geinitz, Elbthalgeb.il, S. 169, t. 30, f. 10. In der Sculptur und in der Ausbildung des Flügels stimmen die von Berssel vorliegenden Exemplare am besten mit Reuss (a. a. O.) t. 9, f. 3 überein. 111. Aporrliais (Helicaulax) granulata Sow. sp. 1887. Aporrliais granulata Soweeby bei Frech, Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. S. 193, t. 19, f. 10, 12—14. 1888. Helicaulax » Holzapfel, Palaeontogr. S. 117, t. 12, f. 6 — 9. Zwei einzelne Bruchstücke vom Butterberge bei Harzburg, von denen sich eins im Museum des Braunschweiger Polytechnikums befindet, konnten durch Vergleichung mit Suderoder Stücken mit Sicherheit als Aporrliais granulata bestimmt werden. 1 1 2. Aporrliais (Helicaulax) stenoptera Godlf. sp. 1844. Rostellaria stenoptera Goldfuss, Petr. Germ. III, S. 18, t. 170, f. 6. 1869. Aporrliais » Favre, Lemberg, S. 76, t. 10, f. 2, 3. 1885. Dimorph osoma, » Böhm, Verh. d. naturh. Ver. f. Rheinl. u. Westf. S. 55. 1888. Helicaulax » Holzapfel, Palaeontogr. S. 116, t. 12, f. I — 3. Bezüglich der Artbestimmung schliesse ich mich Böhm und Holzapfel an, welche obige Form ausführlich beschrieben haben. 442 G. Müller, Beitrag zur KenntDiss der oberen Kreide Die von der Schanzenburg, von Berssel, vom Radauufer nördlich Bahnhof Harzburg gesammelten Exemplare stimmen gut mit der GoLDFüSs’schen Zeichnung überein. 1 1 3. Fnsus Buclii Jos. Müll. 1851. Fusus Buclii Jos. Müller, Monogr. d. Aach. Kreidet. II, S. 35, t. 5, f. 15. 1876. » » Brauns, Salzbergm. S. 345. 1888. Chrysodomus Buclii Holzapfel, Palaeontogr. S. 102, t. 10, f. 9 — 12. Gehäuse kreiselig-spindelförmig. Von den sechs Windungen ist die letzte stark bauchig. Ueber alle Windungen ziehen sich etwa 12 bis 14 wulstige Längsrippen, welche von abwechselnd schwächeren und stärkeren Spirallinien durchschnitten werden. Auf den Durchschnittspunkten stehen scharfe Knötchen. Nach Holzapfel gehört die Art zu Chrysodomus Swainson. (a. a. O.) Vier Exemplare von Fusus Buchi aus dem Salzbergmergel der Schanzenburg liegen vor, welche vollständig den im Göttinger Museum vorhandenen Exemplaren von Aachen gleichen. 114. Fusus Reuauxianus d'Orb. 1843. Fusus Reuauxianus d’Orbigny, Terr. cret. II, p. 339, t. 223, f. 10, 1852. » » Zekeli, Gastrop. Gosaugeb. S. 85, t. 15, f. 9. Gehäuse spindelförmig. Die 6 bis 7 Windungen sind von 8 Längswülsten bedeckt, welche ihrerseits von 6 bis 8 Spiral- linien durchschnitten werden. Der Canal ist lang und zugespitzt. Die von mir an der Schanzenburg; gesammelten Stücke stehen in Bezug auf die Grösse in der Mitte zwischen der französischen Form und der Aachener Art Fusus gracilis Böhm. 115. Fusus (Hemifusus) coronatns Roem. sp. 1841. Pyrula coronata Roemer, Nordd. Kreidegeb. S. 78, t. 11, f. 13. 1887. Tudicla Monheimi Frech, Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. S. 197, t. 19, f. 6-8. 1888. Hemifusus caronatus Holzapfel, Palaentogr. S. 105, t. 11, f. 8 — 13. Ich habe es mir nicht zur Aufgabe gestellt, zu untersuchen, ob die von Holzapfel gegebene Synonymik die richtige ist. Doch kann ich bestätigen (und zu diesem Ergebniss war ich schon vor dem Er- scheinen der IIOLZAPFEL’schen Arbeit gekommen), dass Frech’s am nördlichen Harzrande. 443 Tucllica Monheimi nichts ist wie Pyrula coronata Roem. Die Stein- kerne ans den Thonen von Berssel und aus den milden Mergeln der Schanzenburg, bei denen die Sculptur verhältnissmässig gut aus- geprägt ist, stellen die Verbindung her zwischen den Suderoder Stücken und den Steinkernen aus dem festere!). Salzberggestein von Quedlinburg und Derenburg. 116. Ficulomorplia pyruliformis Jos. Müll. sp. 1851. Mitra pyruliformis Müllek, Monogr. d. Aach. Kreidef. II, S 23, t. 3, f. 25. 1888. Ficulomorplia pyruliformis Holzapfel, Palaentogr. S. 101, t. 9, f. 17, 18. Wenn mir auch nur die letzte Windung eines Steinkernes vom Salzberg bei Quedlinburg zur Verfügung steht, so stimmt dieselbe, wie durch Vergleich mit Aachener Stücken festgestellt werden konnte, mit der Art von Aachen vollkommen überein. 117. Voluta (Volutilithes) suturalis Golde, sp. 1841. Pleurotoma suturalis Goldfuss, Petr. Germ. III, S. 19, t. 170, f. 12. 1872 — 75. Voluta » Geinitz, Elbthalgeb. II, S. 172, t. 31, f. 2. An den Steinkernen aus dem Salzbergmergel von der Schanzen- burg und von Berssel beträgt die Anzahl der Längsrippen 10 bis 12 auf jeder Windung, über welche feine Spirallinien ver- laufen. An den Jugendexemplaren tritt der Kiel auf den gewölbten Umgängen noch nicht so hervor, ebenso ist der Nahtsaum nicht so deutlich, so dass man anfangs geneigt ist, dieselben zu Voluta semiplicata Goldf. *) zu stellen. Doch ist bei dieser Art die letzte Windung viel länger. 118. Voluta (Volutilithes) subgrauulosa n. sp. Höhe 50 Millimeter, Breite 18 Millimeter. Gehäuse spindelförmig, stark verlängert. Die leicht gewölbten Windungen sind nach der Naht abgestuft. Der letzte Umgang geht allmählich in den Canal über. Ueber die Windungen ver- laufen gleichmässig 10 bis 12 Spiralrippen, welche durch 25 bis 30 Längsrippen gekreuzt werden. Durch diese gegitterte Sculptur erinnert Voluta subgranulosa an Voluta granulosa Favre 3). Doch 0 Goldfuss, Petr. Germ. III, S. 19, t. 170, f. 11. 2) Kreide von Lemberg, S. 95, t. 11, f. 1, 2. 444 G. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide abgesehen von der geringeren Anzahl von Längs- und Querrippen unterscheidet sich unsere Art von der Nagorzanyer noch durch den breiteren Nahtsaum. Je ein Exemplar aus dem Salzbergmergel von der Schanzen- burg bei Heudeber und von Berssel liegt vor. 119. Cinulia ilumboldti Jos. Müll. sp. 1851. Avellana Humboldti Jos. Müller, Monogr. Aach. Kreidef. II, S. 12, t. 3, f. 15. 1888. Cinulia » Holzapfel, Palaeontogr. S. 84, t. 6, f. 19 — 21. Höhe: 8 — 10 Millimeter. Gehäuse oval, bauchig. Die vier gewölbten Windungen sind mit zahlreichen Querrippen verziert, welche durch halb so breite Furchen getrennt sind. Die Aussenlippe ist verdickt. Obwohl nur Steinkerne von der Schanzenburg bei Heudeber von mir gesammelt wurden, so finde ich zwischen diesen und den Aachener Exem- plaren keinen weiteren Unterschied als die geringere Grösse. Die Breite konnte nicht gemessen werden, da hierzu die Steinkerne zu sehr verdrückt waren. 120. Cylichna sp. Höhe: 10 Millimeter, Breite: 3,5 Millimeter. Ein Steinkern vom Butterberg lässt sich der ungenügenden Erhaltung wegen nur als Cylichna sp. bestimmen. Ceplialopoda. 121. Nautilns Neubergicus Redt. 1858. Nautilus Sowerbyanus Hauer, Cephalopod. d. Gosausch. S. 14, t. 1, f. 1, 2. 1873. » Neubergicus Redtenbacher, Abh. d. K. K. Reichsanstalt Bd. 5, S. 97, t. 22, f. 4. Ganzer Durchmesser des Gehäuses 150 Millimeter. Höhe des letzten Umganges in der Windungsebene 64 Millimeter. Sowohl der enge Nabel als auch der Verlauf der Nähte und die Form des ganzen Gehäuses beweisen, dass das vorliegende am nördlichen Harzrande. 445 Stück aus der Zone des Amm. Margae von Zilly der echte Nautilus Neubergicus ist. Die Lage des Sipho konnte nicht beobachtet werden. Dies Exemplar befindet sich in der Sammlung des Herrn von Haenlein zu Blankenburg. Ein anderes breitrückigeres, aber stark verdrücktes Gehäuse von Zilly stimmt mehr mit den westfälischen Formen überein, welche von Schlüter ]) als Nautilus cfr. Neubergicus beschrieben sind. Ebenso habe ich ein Bruchstück aus der Zone des Amm. Margae des Bahneinschnitts bei Goslar, auf welchem noch eine Naht vorhanden war, als Nautilus cfr. Neubergicus bestimmt, da dasselbe die Formverhältnisse der ScHLÜTER’schen Stücke zeigt. 122. Nautilus leiotropis Schlüter. 1876. Nautilus leiotropis Schlüter, Palaeontogr. Bd. 24, S. 175, t. 4S, f. 1, 2. Nautilus leiotropis wohl charakterisirt durch den scharfen Kiel, über welchen die das übrige Gehäuse bedeckenden breiten Rippen nicht hinweggehen, ist in drei Exemplaren bei Zilly gefunden worden. Ein Stück befindet sich in der Sammlung des Herrn von Haenlein in Blankenburg. 123. Nautilus sublaevigatus d’Orb. 1840. 1850. 1872. 1873. 1872—75. 1876. Nautilus laevigatus d’Orbigny, Terr. cret. I, p. 84, t. 17. » sublaevigatus d’Orbigny, Prod. de Pal. II, p. 189. » » Fritsch u. Schlönbach, Cepli. d. böhm. Krdef. S. 21, t. 12, f. 1. » » Redtenbacher, Abh. d. K. K. Reichsanst. Bd. V, S. 95, t. 22, f. 1. •» » Geinitz, Elbthalgeb. II, S. 182, t. 32, f. 1, 3 (non! 2). » » Brauns, Salzbergm. S. 339. Ausser wohl erhaltenen Stücken vom Salzberg liegt ein Exemplar aus dem festen Conglomerat des Sudmerberges vor, welches in der Gestalt mit Nautilus sublaevigatus übereinstimmt. Der Verlauf der Loben und die Lage des Siphos war nicht zu sehen. [) Palaeontogr. Bd. 24, S. 174, t. 48, f. 3 — 5. 446 G. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide Da jedoch der Horizont (ganz abgesehen von der Gestalt) gut passt, so stehe ich nicht an, jenes Gehäuse, welches aus der WiTTEschen Sammlung herrührt, hier mit aufzuführen. In der Stern’ sehen Sammlung liegt ein Stück vom Radau- ufer bei Harzburg. 124. Ammonites aff. Lewesiensis Mant. Ein flach scheibenförmiges Gehäuse eines riesigen Ammoniten von Zilly wurde von Herrn Gutsbesitzer Hoffmeister in Zilly dem Göttinger Museum geschenkt. Dasselbe ist nicht vollständig, da der äussere Umgang mit einer Kammerwand endigt. Ausserdem war das Innere so ver- drückt, dass nur U/2 Umgänge beschrieben werden können. Diese zeigen einen eiförmigen Querschnitt. Die Nabelfläche fällt senk- recht ab. Bis zur Mitte des letzten Umganges bemerkt man zwölf schwache Wülste, die sich nach der Mitte zu verlieren. Der Umriss ist eine Ellipse wie bei Ammonites ( Oekotraustes ) subfuscus Waag. aus dem braunen Jura. Auf dem Steinkerne fanden sich einzelne regelmässige, an- scheinend aus Kalkspath bestehende Pyramiden, ähnlich wie sie Denckmann !) beschrieben hat. Auch hier standen an einer Stelle dieselben »mit ihrer Basis an einander gereiht«. Eine concentri- sclie Berippung war jedoch nicht vorhanden. Am nächsten verwandt ist der vorliegende Steinkern mit Ammonites Lewesiensis , dessen Umgänge jedoch nach Schlüter2) einen »nahezu halbkreisförmigen« Querschnitt haben, und dessen Nabelweite eine grössere ist. Die Loben konnten nicht präparirt werden, so dass eine sichere Bestimmung ausgeschlossen ist. Durchmesser des Gehäuses .... 73,0 Centimeter, Weite des Nabels 17,5 » Höhe des letzten Umganges in der o o Windungsebene 28,0 » ') Abh. zur geolog. Speeialkarte von Preussen etc. Bd. VIII, Heft 2, S. 95, t. 10, f. 4. Palaeontogr. Bd. 21, S. 23. am nördlichen Harzrande. 447 Höhe des letzten Umganges von der Naht zum Bauche Höhe der vorletzten Windung von der Naht zum Bauche Dicke des letzten Umganges ca. » » vorletzten Umganges ca. 35.5 Centimeter, 14.5 »' 18,0 » 7,0 » 125. Ammonites Texanus F. Roem. 1849. Ammonites Texanus F. Roemer, Texas mit bes. Rücksicht auf deutsche Auswanderung etc. S. 417. 1852. » » » Kreidebild, von Texas etc. S. 31, t. 3, f. 1. 1872. » » Schlüter, Palaeontogr. S. 41 z. Th. 1876. » » » ibid. S. 155, t. 41, f . 1,2 u. t. 42 , f. 1 1 (cum syn.) Ausser zwei Fragmenten stand mir ein nahezu vollständiges Exemplar von Ammonites Texanus von Zilly von 175 Millimeter Durchmesser zur Verfügung. Das Gehäuse ist zwar ein wenig verdrückt, doch ist die Berippung genau dieselbe, wie sie auf der ScHLÜTER’schen Zeichnung- angegeben ist. Die Knotenreihen sind jedoch weniger scharf. In dieser Hinsicht ähnelt das Zillyer Stück mehr dem Original Eoemer’s. 126. Ammonites Emscheris Schlüter. 1876. Ammonites Emscheris Schlüter, PalaeODtogr. S. 155, t. 42, f. 8 — 10. Ein ca. 10 Centimeter grosses Fragment dieser durch die Stellung der Knotenreihe von Ammonites Texanus verschiedenen Art befindet sich in der Sammlung des Herrn von Haenlein in Blankenburg. Dasselbe mass von der Naht bis zum Bauch 72 Millimeter. Leider ist nur noch die eine Seite des Bruch- stückes erhalten. Doch genügte dieselbe, um die Art genau fest- stellen zu können. 127. Ammonites Margae Schlüter. 1867. Ammonites Margae Schlüter, Beitrag zur Kenntniss der jüngsten Am- moneen N. -Deutschi. S. 29, t. 5, f. 2. » » » Palaeontogr. S. 43, t. 12, f. 4 » » Redtenbacher , Cephalop. der Gosausch. S. 109, t. 25, f. 1. 1572. 1573. 448 G. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide Ein auf einen Durchmesser von etwa 250 Millimeter deutendes Bruchstück aus dem Emscher von Zilly ist zwar ein wenig abge- rieben, jedoch noch immer so gut erhalten, dass man mit Sicherheit dasselbe zu obiger Art stellen kann. Das flache, weit genabelte, scharf gekielte Gehäuse stimmt sowohl mit dem von Schlüter als auch mit dem von Redtenbacher gegebenen Bilde gut überein. Ein zweites Stück glaube ich in der Sammlung des Herrn Jehniscii in Oker gesehen zu haben. 128. Ammonites syrtalis Morton. 1834. Ammonites syrtalis Morton, Synopsis of organ. remains of creta- ceous group of U. S. p. 40, t. IG, f. 4. 1871. » » Schlüter, Palaeontogr. S. 46, t. 14, f. 1 — 10 t. 15, f. 1 — 5 (c. syn.) 1878. » » Brauns, Salzbergm. S. 339. Ausser vom Salzberg kenne ich Ammonites syrtalis vom Radau- ufer nördlich Harzburg, vom Teichberg bei Derenberg und vom Sudmerberg. Vom Butterberg liegt u. a. ein Bruchstück vor, welches einen Durchmesser von etwa 155 Millimeter gehabt zu haben scheint. 129. Ammonites clypealis Schlüter. 1871. Ammonites clypealis Schlüter, Palaeontogr. S. 51, t. 15, f. 9 — 14. 1876. » » Brauns, Salzbergm. S. 34?, t. 8, f. 1 — 3. Ammonites clypealis ist am nördlichen Harzrande weit ver- breitet. Am Salzberg bei Quedlinburg ist die Art nicht selten. Im gleichen Horizonte sammelte ich dieselbe am Anisberg bei Derenburg und an der Schanzenburg bei Heudeber. Herr Pro- fessor v. Koenen fand Ammonites clypealis in den über dem Con- glomerat von Zilly folgenden Thomnergeln und am Börnkerberge bei Berssel. In der STERN’schen Sammlung liegt ein Bruchstück vom Butterberg bei Harzburg mit theilweise erhaltener Mündung, welche den eigenthümlichen sichelförmigen Anwachsstreifen folgt. Die Höhe des Umganges von der Naht zum Bauche beträgt an diesem Stücke 60 Millimeter. 130. Scapliites sp. Vom Löhofsberg bei Quedlinburg und aus dem Bahneinschnitt bei Goslar liegen Bruchstücke einer anscheinend neuen Art vor. am nördlichen Harzrande. 449 Leider ist der spirale Theil an den drei vorhandenen Exemplaren abgebrochen. Der breite convexe Bauch ist mit kräftigen Rippen verziert, welche nicht ganz so breit sind als wie die Zwischenräume und von denen je 2—3 auf je ein Knoten paar kommen. An dem Stück aus dem Bahneinschnitt zählte ich 14 Knoten an dem ge- streckten und kurzen aufgebogenen Theile des Gehäuses. Ausser dieser auf der Grenze von Bauch und Flanken sitzenden Knoten- reihe ist noch eine innere, schwächere Knotenreihe an der Nabel- kante vorhanden, welche mit der äusseren durch Falten verbunden ist. Doch beginnt die innere Knotenreihe nicht auf allen Stücken gleich an der Mündung, sondern auf einem Exemplar vom Löhofsberg erst auf dem gestreckten Theile. Nach der ovalen Mündung hin verjüngt sich das Gehäuse nicht unwesentlich. 131. Scaphites aquisgranensis Schlüter. 1868. Scaphites compressus Bosquet bei Dewalque, Prodr., p. 405. 1876. » aquisgranensis Schlüter, Palaeontogr. Bd. 21, S. 81, t. 24, f. 7—9. 1887. » » Holzapfel, ibid. Bd. 34, S. 61, t. 5, f. 2. In Form und Ornamentik stimmt ein vollständiges Stück aus den festen Bänken des Salzberggesteins der Schanzenburg bei Heudeber ziemlich genau mit Scaphites aquisgranensis Schlüter überein. Nur der Bauch ist ein wenig breiter als wie ihn Holzapfel abbildet. Scaphites Roemeri Brauns !) habe ich im Salzberggestein der von mir besuchten Lokalitäten nicht gefunden. Wie von Schlüter2) bemerkt ist, muss für die von Brauns beschriebene Art ein neuer Name geschaffen werden, da jene Bezeichnung schon für eine Art der Mukronatenkreide vergeben war. 132. Scaphites hippocrepis Dekay. 1876. Scaphites Cuvieri Morton bei Schlüter, Palaeontogr. Bd. 24, S. 162, t. 42, f. 1-3. 1887. » hippocrepis Dekay bei Holzapfel, ibid. Bd.34, S. 62, t. 5, f. 3. ') Salzbergm. S. 342, t. 8, f. 4, 5. 2) Palaeontogr. Bd. 24, S. 240. Jahrbuch 1887. 29 450 G. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide Von dieser Art fand ich ein ziemlich vollständiges Stück im Salzbergmergel der Schanzenbnrg bei Heudeber. Dasselbe ist ein wenig grösser als wie die abgebildeten Aachener Exemplare. Auf dem aufgebogenen Theil des Gehäuses stehen die Rippen etwas weniger gedrängt. Im Uebrigen ist die Uebereinstimmung eine vollkommene. 133. Toxoceras (?) sp. Ein nur 2 Centimeter langes und dabei 13 Millimeter hohes Bruchstück von den Spiegelsbergen bei Halberstadt erinnert im Habitus an Toxoceras Turoniense Schlüt. 1). Der Querschnitt ist ein schmales Oval. Die Flanken und die Aussenseite sind mit starken Rippen bedeckt, welche ähnlich wie bei Hamites aquis- granensis Schlüt.2) von der Mitte der Flanken an ein wenig nach hinten gebogen sind. Die Innenseite ist glatt. Loben sind nicht vorhanden. 134. Turrilites variaiis Schlüt. 1876. Turrilites varians Schlüter, Palaeontogr. Bd. 24, S. 137, t. 36, f. 2— 5 u. Bd. 21, t. 35, f. 11-13. Ein Bruchstück von den Spiegelsbergen bei Halberstadt stimmt vollkommen mit obiger Art überein. Aus der Zone des Amm. Margae von Zilly befindet sich in der Sammlung des Herrn Rittmeister VON Haenlein ein stark ver- drücktes Fragment, dessen Ornamentik etwas verwischt ist, so dass ich dasselbe nur als fraglich hierher stelle. 135. Bacnlites sp. Am Fuss der Spiegelsberge bei Halberstadt fand ich eine Anzahl von Bruchstücken von einem glatten Baculiten von schmal ovalem Querschnitt. Anhaltspunkte für eine sichere Bestimmung sind leider nicht vorhanden. :) Palaeontogr. Bd. 21, t. 31, f. 4. 2) ibid. t. 31, f. 6 — 11 u. Holzapfel ibid. Bd. 34, t. 5, f. 8. am nördlichen Harzrande. 451 136. baculites incurvatus Duj. 1835. Baculites incurvatus Dujardin, Mein. soc. geol. p. 232, t. 17, f. 13. 1876. » anceps Brauns, Salzbergm. S. 344. 1876. » incurvatus Schlüter, Palaeontogr. Bd. 24, S. 142, t. 39, f. 6, 7, t. 40, f. 3. 1887. » » Holzapfel, ibid. Bd. 34, S. 64, t. 4, f. 5, 6, t. 5, f. 10. Baculites incurvatus findet sich am Salzberg, bei Langenstein (nach Brauns), an der Scbanzenburg bei Heudeber, am Sudmer- berg in den Mergeln, welche im Liegenden des festen Conglo- merats folgen, im Quader des Teichberges bei Derenburg und am Butterberg bei Harzburg. 137. Actinocamax Westphalicus Schlüt. 1876. Actinocamax Westphalicus Schlüter, Palaeontogr. Bd. 24, S. 188, t. 53, f. 10—19. Actinocamax Westphalicus liegt vor aus dem Bahneinschnitt bei Goslar, aus den Tbongruben östlich Zilly, vom Salzberg, von der Scbanzenburg, vom Radauufer nördlich Harzburg, vom Sudmerberg und vom Butterberg bei Harzburg. 138. Actinocamax verus Miller. 1823. Actinocamax verus Miller, Transact. geol. soc. II. ser. Yol. II, p. 63, t. 9, f. 17. 1876. » » Schlüter, Palaeontogr. Bd. 24, S. 191, t. 52, f. 9 bis 15. Von Actinocamax verus sammelte ich zwei typische Exemplare im Salzbergmergel der Schanzenburg und eines im Ilsenburgmergel von Lochtum. In der STERN schen Sammlung befinden sich zwei Stück vom Radauufer nördlich Harzburg. 139. Actinocamax quadratus Blainv. sp. . 1827. Belemnites quadratus Bainville, Mem. sur les Belemnites, p. 62, t. 1, f. 8. 1876. Actinocamax » Schlüter, Palaeontogr. Bd. 24, S. 197, t. 54, f. 1 — 13, t. 53, f. 20-25. Aus dem Versuchsschacht von Berssel bei Wasserleben wurden einige Exemplare von Actinocamax quadratus gefördert. 29* 452 G. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide No. Zone des Amm. Margae Salzberg- Gestein Senon- Quader 1 Crania Parisiensis Defr ? X 2 Rhynchonella vespertilio Brocchi . . X X X 3 » Cuvieri d’Orb. . . . ? X 4 Terebratulina chrysalis Schloth. . . X X X 5 » rigida Sow ? X 6 Terebratula subrotunda Sow. . . . X X X 7 Ostrea diluviana Linne X 8 » proteus Reuss ? X 9 » sulcata Blumenb X X X 10 Gryphaea vesicularis Lamk X 11 Exogyra sigmoidea Reuss .... X 12 » canaliculata Sow X X 13 » laciniata Nilss. . . . . . X 14 » auricularis Wahl X 15 Anomia semiglobosa Geinitz . . . X 16 » subtruncata d’Orb X 17 » n. sp X 18 Spondylus spinosus Sow X X 19 » striatus Sow X 20 Lima pseudocardium Reuss .... X 21 » canalifera Goldf X X 22 » Hoperi Mant X 23 » semisulcata Nilss X X 24 Pecten serratus Nilss X 25 » undulatus Nilss. . . . . . X 26 » septemplicatus Nilss X 27 » virgatus Nilss X X X 28 Vola quadricostata Sow X X X 29 Avicula glabra Reuss X 30 » lobata G. Müller .... X 31 Gervillia solenoides Defr X X 32 Inoceramus Cuvieri Sow X 33 » sublabiatus G. Müller X No. 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 am nördlichen Harzrande. 453 Zone des Arnim. Margae Salzberg- Gestein Senon- Quader Heimburg- Gestein lnoceramus involutus Sow X » Koeneni G. Müller X » Winklioldi G. Müller . . X » subcardissoides Schlüt. . X » n. sp. ? X » percostatus G. Müller X » bilobatus G. Müller . . X » sp X » Kleini G. Müller . . . X » cardissoides Goldf. . . X » sp. ? X » lobatus Mstr X X ? » Cripsii Mant X X X X » fasciatus G. Müller . . X Per na lanceolata Gein X Modiola siliqua Matheron .... X » concentrica Mstr X » typica Forb X » flagellifera Forb X » radiata Mstr X Lithodomus cf. Scheuchzeri Gutbier . X Myoconcha discrepans Jos. Müller X Pinna decussata Goldf X X » quadr angularis Golde. . . . X Area undulata Reuss X X ? » striatula Reuss X X » hercynica Brauns X Gucullaea Gosaviensis Zittel . . . X » subglabra d’Orb X X X Pectunculus dux J. Böhm X X » decussatus Roem. . . . X Leda producta Nilss X X ? Trigonia Vaalsiensis J. Böhm . . . X X 454 G. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberer: Kreide No. Zone des Amm. Margae Salzberg- Gestein Senon- Quader Heimburg- Gestein 67 Astarte lenticularis Goldf X 68 Crassatella arcacea Roem X X X 6‘J Racliolites subhercynicus Ewald X 70 Cardium produclum Sow X X X 71 » alutaceum Goldf X 72 » deforme Gein X 73 » Ottoi Gein X 74 Isocardia cretacea Goldf X 75 Tapes elliptica Roem X 76 Venus Goldfussi Gein X 77 Gijtherea ovalis Goldf X X X 78 Cyprimeria faba Sow X X X 79 Tellina Renauxii Matheron . . . X 80 » strigata Goldf X 81 » subdecussata, Roem X 82 » costulata Goldf X 83 Siliqua concentristriata G. Müller X X 84 » sinuosa G. Müller .... X 85 Glycimeris gurgitis Brongn X X X 86 » mandibula Sow X 87 Pholadomya Esmarkii Nilss. . . . X 88 » nodulifera Mstr. . . . X 89 Goniomya designata Goldf X X 90 » Sterni G. Müller . . . X X 91 Anatina concentrica G. Müller . . X 92 Liopistha aequivalms Goldf. . . . X X 93 Mactra angulata Sow X 94 Corbulamella striatula Goldf. . . . X 95 Gastrochaena Amphisbaena Goldf. X X 96 Pleurotomaria linearis Mant. . . . X 97 » sp X 98 Turbo cf. quadricinctus J. Müller X 99 Trochus Nilssoni Mstr. X No. 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131 132 am nördlichen Harzrande. 455 Zone des Amm. Margae Salzberg- Gestein Senon- Quader Heimburg- Gestein Trochus planatus Roem X » tricarinatus Roem X X Nerita rugosa Hoeningh X 7 urritella nodosa Roem. ..... X X ? » sexcincta Goldf X X » quadricincta Goldf. . . . X » cf. acantophora J. Müller X Natica lamellosa Roem X X » acutimargo Roem X X Cerithium binodosum Roem X Aporrhais Reussi Gein X » granulata Sow. .... X » stenoptera Goldf. . . . X Firnis Buclii Jos. Müller .... X » Renauxianus d’Orb X » coronatus Roem X X Ficulomorpha pyruliformis Müller . X Voluta suturalis Goldf X » subgranulosa G. Müller . . X Cinulia Humboldti J. Müller . . . X Cijlichne sp X Nautilus Neubergicus Redt X » leiotropis Schlüt X » sublaevigatus d’Orb. . . . X Ammonites aff. Lewesiensis Mant. . X » Texanus Roem X » Emsclieris Schlüt. . . . X » Margae Schlüt X » syrtalis Mort X X » elypealis Schlüt. . . . X X Scaphites sp X » aquisgranensis Schlüt. . . X » hippocrepis Dekay . . . X 456 G. Müller, Beitrag zur Kenntniss der oberen Kreide etc. No. Zone des Amm. Margae Salzberg- Gestein Senon- Qnader Heimburg- Gestein 133 Toxoceras (?) sp X 134 Turrilites varians Schlüt X 135 Baculites sp X 136 » incurvatus Duj X X 137 Actinocamax Westphalicus Schlüt. X X X 138 » verus Miller .... X X ? 139 » quadratus Blainv. . . X ? ? Beitrag zur Kenntniss vom Dislocationen. Von Herrn A. von Koenen in Göttingen. (Hierzu Tafel XIX.) In den letzten vier Bänden des Jahrbuches der Königlich Preussischen geologischen Landesanstalt habe ich eine Reihe von Beobachtungen, Anschauungen und Folgerungen mitgetheilt, welche, wie mir recht wohl bewusst war, zum Theil allgemein verbreiteten Ansichten wenig entsprechen und deshalb theils Widerspruch her- vorrufen, theils leicht missverstanden werden konnten, und zwar letzteres besonders deshalb, weil ich gesucht hatte, möglichst kurz einen Stoff darzustellen, über welchen sich recht wohl ein »Buch« hätte schreiben lassen, sobald nur die einzelnen Betrachtungen weiter ausgeführt , und zahlreichere Profile und Beispiele hinzu- gefügt wurden. Ich möchte daher im Folgenden ein Paar Einwendungen richtigstellen, die in den letzten Jahren gegen meine Ausführungen gemacht worden sind, dann aber auf einige Arbeiten Anderer hin- weisen, welche mit meinen eigenen Resultaten mehr oder weniger übereinstimmen, und endlich einige Profile mittheilen, welche ich im letzten Jahre kennen lernte und welche sehr klar und ent- scheidend sind. Berendt hatte meine Angabe, dass die Seen- und Fluss- thäler der norddeutschen Ebene so viel Aehnlichkeit in ihrem Auftreten, in ihren Richtungen und Richtungsänderungen sowie in den Terrainformen ihrer Ufer mit den Seen- und Flussläufen zunächst der Göttinger Gegend bieten, dass sie vermuthlich eben- 458 A. von Koenisn, Beitrag zur Kenntniss von Dislocationen. so wie diese mit Dislocationen und Versenkungen in ursächlichen Zusammenhang zu bringen wären, scharf und richtig aufgefasst und gleich auch einen Beleg dafür beigebracht (Jahrbuch 1886, S. 1); er nahm auch Veranlassung, sich selbst von den ver- wickelten Verhältnissen unserer Gegend persönlich nähere Ein- sicht zu verschaffen, wie dies auch andere Fachgenossen seitdem gethan haben. Wenn Andere, welche sich vorzugsweise mit der norddeutschen Ebene beschäftigen, anderen Anschauungen huldigen, so ist es ja möglich, dass sie Recht haben, es ist aber auch möglich, dass sie selbst oder Andere auf Grund der von ihnen schon gemachten oder neuer Beobachtungen schliesslich zu ganz anderen Ansichten gelangen, und ich überlasse es getrost der Zukunft, die jetzt herrschenden Ideen zu klären oder zu bestätigen oder über Bord zu werfen. Ich verzichte deshalb auch ganz darauf auf einzelne neuere, mir bedenklich erscheinende Angaben hier einzugehen. Wenn aber Scholz (Jahrbuch 1887, S. 220) für die Thäler und Sumpf- resp. Wasserlöcher im nordöstlichen Theile von Rügen ausführt, dass »nach den Tiefbohrungen weder an die Unterlage der Kreide, noch an etwaige Steinsalzlager in grösserer Tiefe begleitende Gypslager zu denken ist« (dieser Satz ist wohl durch einen Druck- fehler etwas unklar geworden), und daraus folgert, dass diese Boden- Vertiefungen nicht Erdfälle, sondern » Strudellöcher, jedenfalls aber, man möge ihre Entstehung auch anders deuten, allein durch glaciale Wirkungen im oberen Diluvium erzeugte Bildungen darstellen « , so hat er ganz übersehen , dass ich ausdrücklich und wiederholt darauf hingewiesen habe, dass die Auslaugung von Gyps und Steinsalz und dadurch veranlasste Erdfälle secundäre Erscheinungen sind und erst durch Spalten verursacht werden, mögen diese nun deutlich nachweisbare Dislocationen im Gefolge haben oder nicht, und dass ich vielfach grabenartige oder rund- liche Bodenvertiefungen auf solchen Spalten beobachtet habe, also auch » Erdfälle « , ohne dass dabei an eine Auslaugung von Gyps oder Steinsalz zu denken ist. Gerade mit solchen Erdfällen und Rinnen in unserer Gegend, wo doch Glacialbildungen ganz fehlen, habe ich aber das auf Rügen Beobachtete verglichen. Ich acceptire A. von Koenen, Beitrag zur Kenntniss von Dislocationen. 459 im Uebrigen vollständig die von ihm, zum Theil nach Meyn und Geinitz hervorgehobene Aehnlichkeit mit den Verhältnissen in Mecklenburg und dem östlichen Schleswig und Holstein und habe selbst seitdem noch viel Aehnliches in Westpreussen gesehen. Für Westpreussen hat aber soeben Jentzsch in einem sehr inhaltreichen Aufsatze »Ueber die neueren Fortschritte der Geologie Westpreussens« (Schriften der Naturforschenden Gesellschaft zu Danzig, No. 7, Band VII, Heftl, 1888, S. 24) die Ueberzeugung aus- gesprochen, dass die dortigen »Seen und Seenthäler auf tectonische Linien, die Flussthäler auf erodirte Seenthäler zurückzuführen« seien, indem er hinzufügt, dass meilenlange, schmale, bis 24 Meter hohe nordsüdlich streichende Terrainwellen quer durch das Verbreitungsgebiet jungdiluvialer Schichten hindurch- setzen. Es hat hiernach Jentzsch eine Begründung der von mir hervorgehobenen Analogie ebenfalls gefunden, und ich würde nur nach dem, was ich aus dem mittleren Deutschland kenne, für noch zutreffender halten, dass die »Flussthäler auf theils erodirte, theils durch Diluvium oder Alluvium ausgefüllte Seenthäler zurück- zuführen« seien. Ich hatte ferner (Jahrbuch 1883, S. 198) ausgesprochen, das Vorkommen von Geschieben auf dem östlichen Harz sei leichter erklärlich, wenn man annähme, »dass der Harz zur Glacialzeit noch weniger hoch gewesen sei«; Wahnschaffe (Zeitschr. der Deutsch, geol. Gesellsch. 1885, S. 903) meint dagegen, es sei »viel- leicht nicht nöthig, eine beträchtliche Hebung des Harzes zur Quartärzeit anzunehmen, um das Vorkommen der nordischen Blöcke auf so bedeutenden Höhen (452 Meter) zu erklären; wahr- scheinlich seien dieselben durch Drift dorthin transportirt worden, so dass sie für die Mächtigkeit des Binneneises nur insofern einen Maassstab abgäben, als aus ihrer Höhenlage ein Rückschluss auf die Hochfluth gemacht werden kann, die nur durch den Eisrand zu so bedeutender Höhe angestaut werden konnte«. Diese Aus- führungen sind ja nun auf den ersten Blick recht annehmbar, und ich selbst habe früher gemeint, die Ablagerung der gewaltigen, bis zu beträchtlicher Höhe über den Thalsohlen ansteigenden Lehm- massen in den Flussthälern und Becken des mitteldeutschen Berg- 460 A. von Koenen, Beitrag zur Kenntniss von Dislocationen. laudes dadurch erklären zu können, dass die Flüsse zur Glacialzeit durch den Eisrand zurückgedrängt und angestaut worden seien, und ich habe dergleichen auch bis vor ca. 6 Jahren in meinen Vorlesungen erörtert. Diese Erklärung einer Anstauung durch nordische Gletscher wurde aber völlig unhaltbar, nachdem ich die Beobachtung gemacht hatte, dass Reste von Mammuth, Rliino- ceros u. s. w. sich, abgesehen von Spalten und Klüften im an- stehenden Buntsandstein u. s. w., ausschliesslich in Kies und Ge- rölleschichten der Thalsohlen bei uns finden; es müssen daher die Flüsse in der Glacialzeit annähernd in demselben Niveau geflossen sein, wie diejenigen der Jetztzeit, wie ich dies schon früher ausgesprochen habe, und die Löss- Lehmmassen, welche vor allem Einsturzbecken und beckenartige Erweiterungen der Flüsse bis über 40 Meter über der Thalsohle resp. über dem Kies erfüllen, müssen in anderer Weise erklärt werden. Da ferner in manchen Thalbecken, wie in dem von Göttingen, die Kiesmassen noch in grösserer Mächtigkeit unter dem jetzigen Flussniveau anstehen, so muss in solchen Becken das Wasser- niveau seitdem gestiegen, das Becken durch Kiesmassen zum Theil ausgefüllt worden sein , und wir haben hier eine ähnliche Er- scheinung der Hebung und Senkung des Wasserniveaus vor uns, wie sie aus der Nachbarschaft der Meeresküsten ja in so aus- gedehntem Maasse fast in allen Ländern mit Sicherheit nach- gewiesen worden ist. Ein Anstauen unserer Flussläufe allein durch das in postglacialer Zeit etwa höher gestiegene Niveau des Meeres ist aber sicher nicht anzunehmen, da ausgedehnte Ablagerungen von Löss-Lehm in der Gegend von Kreiensen u. s. w. sich noch in einer Höhe von über 200 Meter über dem Meere finden, und da keinerlei Anzeichen dafür vorhanden sind, dass das Meer in postglacialer Zeit auch nur an den Harz heraugereicht, geschweige denn hier eine nennenswerthe Höhe erreicht hätte. Wir müssen daher diese Anstauungen des Wassers durch Niveauveränderungen der Erdoberfläche erkläi'en, sei es durch Oscillationen, sei es durch Dislocationen. Dass solche Niveauveränderungen überhaupt stattgefunden haben, ergiebt sich aus der jetzigen Lage ganz gleichalteriger A. von Koenen, Beitrag zur Kenntniss von Dislocationen. 461 und gleichartiger, zweifellos in gleicher Meerestiefe abgelagerten Schichten im Berglande und in der norddeutschen Ebene, und zwar nicht nur der Tx-ias-, Jura- und Kreidebildungen, sondern auch des marinen Mittel- und Ober- Oligocäns, welches in der hiesigen Gegend z. Th. über 300 Meter über dem Meere liegt, in der norddeutschen Ebene z. Th. unter dem Meeresniveau. Es würde aber kein Grund gegen die Annahme sprechen, dass diese Niveauveränderung z. Th. erst in postglacialer Zeit erfolgt ist. Da die Lehmmassen aber ganz gewöhnlich auf Bruchlinien resp. in Versenkungsbecken liegen, so liegt es nahe, sie mit diesen in ursächlichen Zusammenhang zu bringen und anzunehmen, dass nach der Ablagerung des Schotters mit Rhinoceros u. s. w. und vor der Ablagerung des Lehms Dislocationen erfolgt sind. Gegen Wafinschaffe’s Ausführungen ist aber geltend zu machen, dass, wenn der Harzschotter zur Glacialzeit sich circa 4 Kilometer weit deltaartig nördlich vom Harzrande ausbreitet, hier auch ganz flaches Wasser und genügendes Gefälle und Ab- fluss vorhanden sein musste, und wenn der Eisrand, wie er glaubt, nördlich von den Vorbergen des Harzes lag, so musste hier eine so breite Rinne bleiben, dass mir eine Hochfluth, welche von ca. 200 Meter (dem Niveau des Harzschotters) bis zu 450 Meter (der Lage der Geschiebe auf dem Harz) anschwoll durch die Schmelzwasser des Harzes , in dieser Rinne bei dem vorhandenen Gefälle doch nicht glaubhaft erscheint. Auch Beyrich’s , von Wahnschaffe citirte Beobachtung, dass die Gerölleablagerungen am Harzrande z. Th. ganz unab- hängig von den jetzigen Flussläufen abgesetzt sind, würde durch die Annahme postglacialer Dislocationen sehr wohl ihre Erklärung finden. Dass übrigens in recht junger Zeit noch Spalten am Harz- rande sich gebildet haben, ergiebt sich ausser aus dem im ver- gangenen Jahre von mir Angeführten auch aus folgender Beob- achtung. In und neben dem Innerste -Thal nordöstlich von Langelsheim sind in der Entfernung von ca. 1 bis ca. 3 Kilometer nördlich von der Eisenbahn eine ganze Reihe von kleinen Erd- fällen vorhanden, welche meist auf der Niveaukarte im Maassstabe 462 A. von Koenen, Beitrag zur Kenntniss von Dislocationen. von 1 : 25000 verzeichnet, zum Theil aber auch erst in neuester Zeit entstanden sind. In einen derartigen Erdfall war nun das Wasser der Kahnstein -Mühle hineingelaufen und auf längere Zeit spurlos darin verschwunden, ohne ihn auszufüllen. Dies wurde der Direction des Kalisalzbergwerkes zu Vienenburg bekannt, welche für den Bau einer chemischen Fabrik eine geeignete Stelle suchte, von welcher die Abwässer abfliessen könnten, ohne Schaden zu thun. Es wurde deshalb nordöstlich der Kahnstein -Mühle im Pläner mit Inoceramus Brongniarti ein kleiner Schacht von 26 Meter Tiefe abgeteuft, welcher durchweg Pläner mit weit klaffenden Rissen und Oeffnungen antraf, und, wie ich mich selbst im vergangenen Jahre überzeugte, verschwand alles Wasser, welches von oben herabträufelte, sofort in diesen Rissen. Später wurden, wie mir Herr Director Wiefel gütigst mittheilte, 5 bis 6000 Cubikmeter Wasser der Innerste pro Tag in den Schacht geleitet, und selbst diese grosse Wassermasse verschwand in dem Schacht, ohne dass es gelang, in der näheren oder weiteren Um- gegend eine Stelle zu finden, wo dieses Wasser wieder zu Tage gekommen wäre. Nach der Richtung der erwähnten Erdfälle zu urtheilen, liegt hier also eine vom Harz aus nach Norden verlaufende Spalte vor, welcher das Bett der Innerste folgt; die Sohle desselben ist aber einigermaassen wasserundurchlässig, sonst würde die Innerste viel- leicht ganz verschwinden. Die Sohle des Schachtes erreicht aber etwa den Spiegel der Innerste bei Ostharingen und Othfresen, und das in die Schacht- sohle verlaufende Wasser könnte also erst etwa bei Ringelheim- Salzgitter, also mindestens 9 Kilometer weiter nördlich, zu Tage treten. Diese Spalten können aber nicht wohl schon zur Diluvialzeit existirt haben, da sie sonst doch von Diluvialsand u. s. w. erfüllt worden wären. Veranlasst durch meinen Aufsatz über postglaciale Disloca- tionen machte mich ferner Herr Professor Kirciihoff auf eine Mittheilung von P. Kahle »über Höhenänderungen in der Gegend von Jena (Mittheilungen der geographischen Gesellschaft zu Jena A. von Koenen, Beitrag zur Kenntniss von Disloeationen. 463 1886, Band V, Heft 13)« aufmerksam, welche mir hier nicht zu- gänglich war, und welche Herr Dr. Regel mir auf meine Bitte gütigst zusendete. Es werden dort eine Anzahl Fälle namhaft gemacht, in welchen in der Gegend von Jena, Weimar und Sulza nach Aus- sage von Ortsbewohnern eine Verschiebung des Horizontes in neuester Zeit stattgefunden habe, so dass Gebäude u. s. w. von bestimmten Punkten sichtbar oder vollständiger sichtbar geworden seien, als früher, oder umgekehrt, dass sie unsichtbar geworden seien. Ein ganz ähnlicher Fall wurde mir aber vor 6 Jahren aus der Nähe von Göttingen mitgetheilt, indem der Kirchthurm von Nikolausberg und ein Theil des Dorfes selbst von Grone und anderen Punkten in den letzten 40 Jahren weit besser sichtbar geworden wäre. Nun geht durch die Schlucht, welche sich durch Nikolaus- berg hindurchzieht, eine Verwerfung, und andere Störungen ver- laufen westlich und südlich davon , zwischen dem Dorfe und den angegebenen Beobachtungspunkten, ähnlich wie Kahle für die meisten seiner Fälle das Vorhandensein von Disloeationen con- statirte und auf solche jene Verschiebungen zurückführte 1). Selbstverständlich bin ich weit entfernt davon, die erwähnten, in keiner Weise controllirbaren Angaben als wissenschaftlichen Beweis anzusehen; wenn solche Angaben aber in grösserer Zahl von verschiedenen Leuten und in verschiedenen Gegenden gemacht werden, so ist doch eine gewisse Geneigtheit zu dem Glauben ge- rechtfertigt, dass für jene Angaben ein gewisser thatsächlicher Anhalt vorhanden sein könnte, und dass es erforderlich ist, noch weiteres Material in dieser Beziehung zu sammeln, um möglichst Fälle zu finden, in welchen durch Messungen aus älterer Zeit wie aus neuester Zeit Veränderungen der Erdoberfläche bestimmt nachgewiesen werden können. 0 In neuester Zeit hat Kahle in den Mittkeilungen der geographischen Gesellschaft für Thüringen Band VI, S. 169 ff. eine ganze Reihe von ihm neuer- dings zugegangenen Angaben mitgetheilt, durch welche die früheren Beobachtungen zum Theil noch von anderen Seiten bestätigt wurden, zum Theil aber noch an anderen Stellen Verschiebungen und Niveauveränderungen bekannt gemacht werden. 464 A. von Koenen, Beitrag zur Kenntniss von Dislocationen. Nun hat schon im folgenden Hefte (Band Y, Heft 4, S. 165) der geographischen Gesellschaft zu Jena E. Pfeiffer jene Höhen- veränderungen durch die Gegenwart von Gyps und Anhydrit- Lagern resp. durch die Umwandlung des Anhydrit in Gyps und andererseits durch Auflösung des Gypses an den Thalrändern er- klären wollen, aber wenn auch die Möglichkeit einer derartigen Erscheinung nicht in Abrede gestellt werden kann, so ist doch das Vorhandensein von Gyps oder Anhydrit an all’ den von Kahle angeführten Stellen nicht erwiesen, und wenn die Ver- schiebungen in relativ kurzer Zeit so merklich geworden sind, so hätten die erwähnten Gesteins-Umwandlungen doch so bedeuten- den Umfang haben müssen, dass, wären sie auch nur seit der Tertiärzeit in nur gleicher Weise erfolgt, der Anhydrit doch wohl längst in Gyps übergeführt wäre. Wenn aber selbst die Annahme von Pfeiffer für die Gegend von Jena zutreffen könnte, so liegt doch bei Nikolausberg die Sache wesentlich anders, da das Dorf theils auf Trocliitenkalk, theils auf mittlerem Muschelkalk steht, und die Gypslager in letzterem hier nirgends zu Tage treten, und da nur stellenweise ihr früheres Vorhandensein durch Zellenkalke an- gedeutet wird; auch ist der mittlere Muschelkalk nur ca. 40 Meter mächtig, so dass Gyps und Anhydrit hier nicht wesentlich in Betracht kommen. Die von mir über das Verhalten von Dislocationen aus- gesprochenen Anschauungen haben nun, wie nicht anders zu er- warten war, bei denjenigen, welche nicht selbst ähnliche Ver- hältnisse beobachtet haben, wie ich, wohl nicht ohne Weiteres Zustimmung gefunden; es ist mir indessen direct nur der Einwand mündlich gemacht worden, dass nämlich eine Zerreissung der Gesteine in der Muldenlinie nicht habe erfolgen können in Folge des hohen Druckes, unter welchem dieselben plastisch geworden sein müssten. Ich habe aber keineswegs das Vorhandensein oder die Möglichkeit von einfachen Schichtenbiegungen in Abrede ge- stellt, sondern die Entstehung von Dislocationen beleuchten wollen. Abgesehen aber davon, dass mindestens in manchen Fällen die Schichtenfaltungen nur unter mässigem Druck darüber liegender Gesteine erfolgt sind, ist gegen diesen Einwand vor allem an- A. von Koenen, Beitrag zur Kenntniss von Dislocationen. 4G5 zuführen, dass Basalt-Gänge u. s. w. vorwiegend auf Muldenspalten hervorgedrungen sind, so dass in diesen selbst die milden Thone und Sande der Braunkohlenformation zerrissen worden sind, wie ja am Habichtswald und an zahlreichen anderen Punkten durch Bergbau nachgewiesen worden ist, dass in der That der Basalt auf Muldenspalten emporgedrungen ist. Beyschlag hat nun zwar sehr richtig in den Erläuterungen zur geol. Specialkarte, Blatt Aliendorf, hervorgehoben, dass der Basalt stets gangförmig emporgedrungen ist, hat dann aber gefolgert, dass der runde Eruptionskanal von 100 Meter Durchmesser in der Ebene des Friedrichsstollns am Meissner » eine Einsenkung der Basaltdecke in eine Vertiefung der Unterlage« sei. Ich würde es immerhin für möglich halten, dass diese »Einsenkung« sich weiter nach unten noch mehr verjüngt und doch ein Eruptionskanal ist. Ich habe häufig genug gesehen, dass Spalten, welche an einzelnen Stellen Basaltgänge enthalten, an anderen sich ganz schliessen und oft genug kaum noch nachweisbar sind oder sich dem Auge ganz entziehen, an anderen Stellen dagegen Basalt-Kuppen oder Kegel tragen, welche in keiner Weise gangförmig erscheinen. Im Uebrigen liegt es ja auf der Hand, dass eine ganz geringfügige Ver- schiebung der Schichten längs einer sonst ganz geschlossenen Spalte an solchen Stellen, wo sie ein wenig von ihrer Haupt- richtung abspringt, ein Klaffen zur Folge haben muss. Ich würde daher vorziehen, dem Meissner einen ähnlichen Stiel zu- zuschreiben, wie ihn Beyschlag in seinem Profil dem Hirschberge zugebilligt hat. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auf die nicht bloss in der Gegend von Kassel und Dransfeld, sondern auch in der Rhön häufig wiederkehrende Erscheinung hinweisen, dass die von Basalt überlagerten Mulden vom Tertiärgebirge discordant auf der Trias liegen, so dass das Liegende auf dem einen Flügel durch ältere Schichten gebildet wird, als auf dem anderen. Die Profile werden nun ganz allgemein so construirt, wie auch Beyschlag es gethan hat, dass diese Discordanz durch vorher gehende Erosion erklärt wird. Wenn aber doch in der Muldenlinie und vielleicht auch sonst Spalten durch dieses Liegende hindurchsetzen, so liegt die Möglich- 30 Jahrbuch 1887. 4G6 A. von Roenen, Beitrag zur Kenntniss von Dislocationen. keit vor, dass vor Ablagerung der Tertiärbildungen die Trias- Scbichten an diesen Spalten gegen einander verschoben, also ver- worfen worden, und der höher emporragende Theil allein oder doch stärker erodirt worden sei, und dass dieselben Spalten später dem Basalt als Ausweg gedient hätten. Es würde sich hierdurch die Häufigkeit jener Erscheinung gut erklären; ich selbst habe noch keinen Aufschluss gesehen, welcher ein sicheres Urtheil über diesen Punkt gestattete, und möchte daher Andere anregen, denselben im Auge zu behalten. Ein Profil, welches besonders geeignet ist, für meine Aus- führungen über Sattel- und Mulden-Spalten als Beispiel zu dienen, wurde im letzten Herbst etwa 2 Kilometer nordöstlich von Göttingen, ca. 1500 Meter ostsüdöstlich vou Weende am südlichen Gehänge des Butterberges in einem Steinbruche aufgeschlossen. Es liegen hier im Bereich der nordsüdlich verlaufenden Leinethal- Spalte, meist von Keuper umgeben, Fetzen von Muschelkalk, welche im nordwestlichen Fortstreichen der sehr complicirten Bruchlinie südlich Herberhausen belegen, dasselbe Streichen und mit dieser ohne Zweifel ursprünglich zusammen gehangen haben. In jenem Steinbruche werden die obersten Schichten des Wellenkalkes aus- gebeutet, und es wurde hierbei eine ganz kurze Sattel- und Mulden-Faltung aufgedeckt, welche diese Faltung mit durch- schnittlich nordwestlichem Streichen ohne Zweifel, ebenso wie eine Reihe anderer Fetzen, erhalten hat, ehe sie durch die südnördlichen Brüche von dem übrigen Muschelkalk abgerissen wurden. Der nordöstliche Flügel der Mulde fällt mit ca. 40 Grad, der süd- westliche mit ca. 30 Grad ein; dieser ist bis zur Sattellinie nur ca. 10 Meter lang, und der Südwestflügel des Sattels hat eine Neigung von ca. 15 Grad. Sowohl in der Sattellinie als auch in der Muldenlinie ist je eine Spalte vorhanden, welche indessen nicht eine merkliche Verschiebung der Flügel gegen einander zur Folge hat, sondern nur von einer starken Stauchung und Zer- trümmerung der zunächst angrenzenden Gesteine begleitet wird. o o o Während aber die Sattelspalte ganz eng ist und nur etwas braunen Thon, zersetztes Nebengestein, enthält, ist die Mulden- spalte oben zwar eng, wird aber nach unten schnell weiter resp. A. von Koenen, Beitrag zur Kenntniss von Dislocationen. 467 theilt sich in mehrere Spalten, welche durch lose, von den Seiten hineingefallene Gesteinsbrocken zu einem kleinen Theile ausgefüllt werden. Es ist hier also eine nach unten weiter klaffende Mulden- spalte sichtbar, welche sich noch im ersten Stadium der Ausfüllung durch Hereinbröckeln von Gestein befindet; derartige Profile sind jedenfalls schon deshalb äusserst selten aufgeschlossen, weil so stark zerrüttete Schichten für Steinbruchsbetrieb in der Regel nicht gewählt, sondern möglichst vermieden werden, und weil sie leicht und schnell zerfallen, wenn sie wirklich einmal künstlich aufgeschlossen wurden. Uebrigens zeigt der längs des Stein- bruches z. Th. stehen gebliebene Südwestflügel des Sattels auch einige nach Südwesten verlaufende Querbrüche von geringer Sprung- höhe. Herr Dr. Stremme, welcher dieses Profil während seines Aufenthaltes hier in Göttingen kennen gelernt hatte, schickte mir kürzlich ein Photogramm der Südostecke des »Alvensleben-Bruchs bei Rüdersdorf«, welches ein ganz ähnliches Verhalten einer Muldenspalte zeigt, so dass bis jetzt noch Jeder bei oberfläch- licher Betrachtung glaubte, ein Photogramm des Profiles am Butterberge zu sehen. Es sind hiernach auch im norddeutschen Flachlande ähnliche Muldenspalten vorhanden, wie am westlichen Harzrande. In neuester Zeit hat Andreae (Verhandl. d. Naturhist.-Med.- Vereins zu Heidelberg N. F. IV. Band, 1. Heft 1887) interessante Mittheilungen gemacht über das Verhalten des Rheinthalspalten- systems, in welchem er u. a. auch Profile beschrieb resp. ab- bildete, welche ein Divergiren der Rheinthalspalten nach unten bestimmt erkennen lassen; es ist dies also genau dasselbe, was ich für die Leinethalspalte, die nördliche Fortsetzung der Rhein- thalspalte, wiederholt ausgesprochen hatte; man findet dergleichen freilich sehr selten aufgeschlossen, und noch seltener dürfte sich sicher entscheiden lassen, ob die jetzige, vom Thal abfallende Richtung einer Verwerfung die ursprüngliche ist oder dadurch hervorgebracht, dass die hinter der Verwerfung liegenden Gesteius- massen sich secundär in Folge einer Art Ilinüberkippung oder Oscillation nach dem Thale zu gesenkt resp. geneigt haben. Ich muss übrigens darauf hinweisen, dass die beiden Flügel seines 30* 468 A. von Koenen, Beitrag zur Kenntniss von Dislocationen. »idealen Querprofils« des Rheinthalgrabens doch eine gewisse Analogie zeigen mit den weiter unten von mir besprochenen Schichten- Verschiebungen im 13 Lachter-Querschlag bei Clausthal, so dass die »Abrutschungsspalten« wenigstens theilweise vielleicht nicht durch ein Abrutschen nach »den seitlichen Senkungsfeldern«, sondern durch Neigung und Senkung der Gesteinsmassen nach dem Rheinthal zu hervorgebracht sind, vielleicht auch beides gleich- zeitig, oder erst das Eine, dann das Andere. Von Seiten des Königlichen Oberbergamtes in Clausthal wurde mir im letzten Sommer mitgetheilt, dass sich in dem sogenannten »13 Lacliter-Stollu«, welcher bei ca. 160 Meter Tiefe zwischen den alten Schächten Dorothea und Caroline hindurch den längst ab- gebauten Burgstädter Gang und den Rosenbüscher und den Silbernaaler Gang querschlägig von Norden nach Süden durch- fahren hat, Verschiebungen der Schichten bemerkbar machten, welche z. Th. aus neuester Zeit herrühren, da sie stärker sind, als diejenigen, welche von Ch. Zimmermann (die Wiederausrichtung verworfener Gänge, Lager und Flötze) 1828 an derselben Stelle beobachtet und (Tab. II, Fig. 1 — 5) ziemlich genau abgebildet wurden. Auf meine Bitte Hess das Königliche Oberbergamt den be- treffenden Theil des Stöllns durch den Königlichen Markscheider Herrn Flachsbart genau aufnehmen, und diese Aufnahme ist auf Taf. XIX in verkleinertem Maassstabe (1 : 500) wiedergegeben. Dieser Stölln ist aber nach den an einzelnen Stellen ein- gehauenen Jahreszahlen und nach den von Zimmermann mit- getheilten Angaben der alten Acten in den Jahren 1720 bis 1730 getrieben worden, und der uns interessirende Theil zwischen 1723 und 1727. Der Stölln ist auf der östlichen Seite mit Schlägel und Eisen, meist in Grauwacke, zugeführt, auf der westlichen Seite dagegen mit Pulver gesprengt, wie einzelne Reste von Bohrlöchern (und die alten Acten) ergeben. Verschiebungen in demselben, der, wie alle Stölln, schwach ansteigend getrieben ist, damit das Wasser ablaufen kann, wurden wohl besonders dadurch bemerkbar, dass hinter einzelnen stärkeren derselben das Wasser nicht ablief; A. von Koenen, Beitrag zur Kenntniss von Dislocationen. 469 hinter den Spalten n bis p, die unten ca. 6 Meter von einander entfernt sind, beträgt die Verschiebung in’s Liegende 0,37 Meter, so dass hier fusstiefes Wasser stehen blieb. Dass die Ver- schiebungen aber erst nach Fertigstellung des Stolln-Querschlages erfolgt sind, ergiebt sich auch daraus, dass nahe dem Silbernaaler Gang ein Bohrloch und an zwei Stellen »Gedinge -Stuffen« durch Spalten durchschnitten und verworfen worden sind. Die Gedinge- Stuffen sind etwa % Zoll (2 Centimeter) tief eingehauen, und die langen Striche sind etwa 6 Zoll (14 Centi- meter) lang; dieselben bezeichnen die bis zu jedem Abrechnungs- tage hergestellte Streckenlänge in ganzen, halben, viertel und achtel Lachtern (=2 Meter). Die Verschiebung der nördlichsten Gedinge - Stuffe ist aber jetzt etwa doppelt so stark, als wie Zimmermann sie a. a. O. abbildete. Diese liegt nun noch circa 30 Meter südlich vom Rosenbftscher Gange, und dieser ist hier noch über 60 Meter vom Burgstädter Hauptzuge entfernt. Dar- aus , dass hier sowohl der Rosenbiischer Gang als auch der Silbernaaler Gang taub (nicht erzführend) sind, und dass deshalb niemals Bergbau auf denselben stattgefunden hat, folgerte Zimmer- mann mit Recht, dass jene Verschiebungen nicht durch Bergbau veranlasst sein könnten, der im Hangenden, nach Süden zu, statt- gefunden hätte. Herrn Bergrath Fickler verdanke ich nun folgende Angaben: Der Rosenbiischer Gang convergirt mit dem Burgstädter Gang bis zum Caroliner Schacht, wo beide sich treffen, unter ca. 30 Grad, und ersterer weicht nach Osten um ca. 60 Grad gegen die Haupt- richtung des Stöllns ab, fällt aber mit ca. 70 Grad nach Süden ein. Er hat bis zu 20 Meter Mächtigkeit und wird seit Anfang des sechszehnten Jahrhunderts bebaut; 1720 war jedenfalls die Sohle unseres Querschlages mit 160 Meter Tiefe schon erreicht, und 1826, wo der tiefe Ernst- August -Stölln schon angefangen war, gingen die Baue schon bis unter 386 Meter herab, während sie heute bis zu 540 Meter reichen. Die grossen, durch den Bergbau entstandenen Hohlräume im Burgstädter Gange gaben aber ohne Zweifel Veranlassung dazu, dass dessen Hangendes sich auf seiner Unterlage von unverritztem 470 A. von Koenen, Beitrag zur Keüntniss von Dislocationen. Gestein gleichsam nach Norden, nach dem Gange zu, überneigte, so dass nach Süden hin eine Lücke entstand, nach welcher Gesteins- massen längs der darin auftretenden Spalten und Klüfte ab- rutschen konnten. Es ist also die erste Ursache dieser Ver- schiebungen im Liegenden, nach Norden hiu, zu suchen, nicht im Hangenden, wie man sonst wohl glauben sollte, und der Vorgang ist ganz analog demjenigen, den ich für den Rand einer Mulden- spalte in Anspruch genommen hatte. Aus dem Grundriss ergiebt sich nun weiter, dass die seitliche Verschiebung der Schichten an jeder einzelnen Kluft stärker oder doch mindestens ebenso stark ist, als die verticale oder richtiger schräge, mit dem Einfallen der Klüfte. Hier beträgt sie, Alles in Allem, 0,572 Meter, seitlich dagegen im Ganzen 0,793 Meter und zwar verschieben sich nach Norden hin die Schichten hinter jeder Kluft nach Osten, also nach der Seite, auf welcher der abgebaute Burgstädter Zug dem Querschlag näher liegt, nach welcher hin schräg gegen den Querschlag also die ganze Bewegung hin erfolgt sein muss. Es ist dies zugleich ein Beweis dafür, dass wirklich ein Kippen der Gesteinsmassen nach dem Burgstädter Gange hin, eine Art Oscillation stattgefunden hat. Der Querschlag ist nach Angabe Zimmermann’s und nach Ausweis der alten Grubenrisse 384 Lachter = 768 Meter lang gewesen, war aber 1828 nur noch auf eine Länge von 1 14 Lachtern = 228 Metern fahrbar. Jetzt steht er in starkem Druck, wie dies ja in Folge jener Ver- schiebungen selbstverständlich ist; er wird zur Zeit aber zum Zweck der Wasserableitung erhalten. Da im vorigen Sommer eine genaue Vermessung des jetzigen Zustandes erfolgt ist, so wird eine neue Vermessung in einer Reihe von Jahren ein noch klareres Bild gewähren können über das Fortschreiten jener Verschiebungen, namentlich auch in Folge des immer tiefer fortschreitenden Abbaues. Es ist dies aber vielleicht der einzige Punkt auf der Erde, an welchem sich Ursache und Wirkung durch einen so langen Zeitraum von über 160 Jahren mit gleicher Sicherheit und Genauig- keit übersehen lassen. Als ich die erste Nachricht von diesen Verschiebungen er- hielt und zugleich erfuhr, dass die benachbarten Gänge, der Silbern- A. von Koenen, Beitrag zur Kenntniss von Dislocationen. 471 aaler und der Rosenbüscher Gang dort nicht erzführend seien, so dass ein Bergbau hier nach Süden, also in der Richtung der Ver- schiebungen, nicht stattgefunden habe, glaubte ich annehmen zu dürfen, dass dieselben auf Bewegungen in der Erdrinde zurück- zuführen wären. Als ich aber in Clausthal den oben kurz ne- o schilderten Sachverhalt erfuhr, habe ich jene Annahme natürlich aufgegeben und zwar um so eher, als ich erwarten möchte, dass, wenn einst eine neuere Bewegung in der Erdrinde im Harz nach- gewiesen werden kann, dies nicht in der hier vorliegenden Richtung erfolgen wird, sondern eher senkrecht dagegen, also in der Rich- tung der meisten Flussthäler des Harzes und der Oderthalspalte und parallel den jüngsten Störungen, die ich am Harzraude kennen lernte. Ueber moderne Dislocationen, Hebungen und Senkungen sind nun in letzter Zeit eine Reihe von Angaben gemacht worden aus sehr verschiedenen Gegenden, so von Le Conte (Eine posttertiäre Hebung der Sierra Nevada. American Journal of Science 1886, S. 167), von Ochsenius (Ueber das Alter einiger Tlieile der süd- amerikanischen Anden. Zeitschr. d. Deutsch, geol. Gesellseh. 1886, S. 766 und 1887, S. 301), wonach die Anden sich in neuester Zeit gesenkt haben sollen, so dass Quito von 9596 Fuss im Jahre 1745 bis 1876 auf 9520 Fuss über dem Meere gekommen sei. Hierbei ist die Richtigkeit und Zuverlässigkeit der früheren Messungen in keiner Weise zu controlliren. Sehr viel wichtiger, schon weil sie weit näher belegene Gebiete betrifft, ist die Mittheilung von Heim (Vierteljahrsschr. d. Naturforsch. -Ges. zu Zürich 1887, S. 137), dass nach trigono- metrischen Messungen in der Zeit von etwas über 30 Jahren die Lägern sich dem Rigi und Napf um 1 Meter genähert hätten. Das Vorkommen von Inesit und braunem Mangankiesel im Dillenburgischen. Von Herrn Adolf Schneider in Berlin. (Hierzu Tafel XX.) Die Umgebung von Dillenburg, den nordöstlichen Theil des Bergreviers gleichen Namens bildend, wird von Gesteinen des Mittel- und Oberdevons, sowie des Untercarbons zusammengesetzt, welche eine zwei Meilen breite Unterdevon- Mulde ausfüllen J), deren nordwestliche Grenze von Haigerseelbach über Strassebers- bach hinüberläuft, während nach SO. die Rückenlinie des bei Rodenhausen auftauchenden und nach Greifenstein hinstreichenden Sattels die Begrenzung angiebt. Innerhalb der Mulde lagern sich an die oberen Coblenzschichten von Haigerseelbach in schmalem, nordöstlich gestrecktem Zime die Orthocerasschiefer von Wissen- o o bach, sowie der ältere Schalstein von Nanzenbach an und es folgt hierauf eine bis Bicken reichende 8 Kilometer breite Zone von vorwiegend jüngeren Schalsteinen und Kramenzelschichten, die von schmalen Bändern mitteldevonischer Gesteine und Culm- schichten durchzogen werden. In dem nach SO. hin übrig bleibenden Theile der Mulde sind die Schichten des Untercarbons vorherrschend. Die zwischen den Schiefern von Wissenbach und den Hercynkalken von Bicken2) gelegene Partie paläozoischer Schichten ') v. Dechen, Geolog. Karte der Rheinprovinz etc. Sect. Laasphe. 2) E. Kayseh, Zeitschr. der Deutsch, geol. Ges., Bd. XXIX, S. 407. Adolf Schneider, Das Vorkommen von Inesit etc. 473 wird von vielen Zügen von Diabasgesteinen durchsetzt, welche im Allgemeinen das mittlere, in hora 4 liegende Schichtenstreichen ein- halten und mit den Sedimentgesteinen wechsellagern, oft aber auch unterirdische Kuppen bilden und dann bedeutende lokale Störungen in der regelmässigen Schichtenlagerung hervorbringen. Es sind theils echte Diabase, theils Diabasporphyrite 1), neben welchen noch glimmerführende und glimmerfreie Proterobase 2) und ein als Pikrit 3) bezw. Paläopikrit 4) bezeichnetes Gestein bestimmt worden sind. Das vorliegende Gebiet ist für den Bergbau von grosser Wichtigkeit, weil in demselben die altberühmten Dillenburger Kupfererzgänge 5) und sehr bedeutende Kotheisenerzlagerzüge 6) auftreten. Der auf diesen Lagerstätten begründete alte Gruben- betrieb hat in günstiger Weise dazu beigetragen, den mit dem lebhaften Wechsel der erwähnten Gesteine in Zusammenhang stehenden complicirten Schichtenaufbau näher kennen zu lernen und den an der Oberfläche vielfach zerstörten Zusammenhang der Schichten wieder aufzufinden. Dieselben erscheinen somit als ein System engzusammengepresster, meist in überkippter Stellung be- findlicher Falten, welche das vorstehend genannte mittlere Ge- birgsstreichen besitzen und nach SO. einfallen, wobei aber grosse örtliche Abweichungen gerade in dem Bezirk, welcher hier näher besprochen werden soll, nachgewiesen sind. Nahezu in der Mitte der Unterdevon- Mulde und etwa eine Meile nordöstlich von Dillenburg, im Thale des Scheldebaches, ist während der letzten Jahre ein lebhafter Betrieb auf Manganerze entstanden, welcher in mehrfacher Beziehung bemerkenswerthe Ergebnisse geliefert hat. Das Erzvorkommen ist in den auf der fl Rosenbusch, Mikroskopische Physiographie der massigen Gesteine. 1877. S. 382. 2) Schauf, Verhandlungen des naturhistorischen Vereins für Rheinland und Westfalen. 1880. S. 1 — 34. 3) Angelbis, Verhandl. ders. Zeitschr. 1887, S. 118—130. 4) Oebbecke, lnaugural-Dissertation, Würzburg 1877. 5) Becher, J. P. , Mineralog. Beschreibung der Oranien-Nassauischen Lande etc. Marburg 1789. 61 Frohwein, E., Beschreibung des Bergreviers Dillenburg. Bonn 1885. 474 Adolf Schneider, Das Vorkommen von Inesit nordwestlichen Thalseite gelegenen Grubenfeldern »Friedrichszug«, »Hilfe Gottes« und »Ferdinand« bei Nanzenbach aufgefunden worden und erreicht unter Hinzuziehung der Verleihungen von »Medardus« und »Julius« eine Länge von 2 Kilometer bei einem Hauptstreichen in hör. 4 und Einfallen nach SO. Es tritt an der Grenze eines Diabasgesteines gegen dunkel gefärbte Thonschiefer und zwar so auf, dass jenes durchweg das Hangende ist, diese das Liegende der Lagerstätte bilden. Für die genannte relativ be- deutende Erstreckung ist eine grosse Regelmässigkeit im Streichen zu bemerken, welche zum Verhalten der direct anschliessenden Rotheisenerzlager im Gegensatz steht. So zeigen die an den beiden Enden des Vorkommens gelegenen, zwischen liegendem Schalstein und bangendem Diabas aufgeschlossenen Lager der Gruben »Friedrichszug« und »Schwinueboden« grosse Umbiegungen o o O O aus NO. über N. nach NW. und ähnlich sind die im Liegenden befindlichen, zwischen Schalstein und hangendem Kramenzel- schiefer bekannten Eisenerzlager der Gruben »Ferdinand«, »Glück- stern« und »Glücksmond« in ihrem Streichen um zwei Stunden steiler nach N. gerichet. Die Eisen- und Kupfererzgrube »Ferdinand« hat die Be- rechtigung zur Mitgewinnung von Manganerzen schon vor 1867 O O ö Ö Ö erworben, den weiteren Aufschluss des Manganerz- Vorkommens aber seit 1884 in Angriff genommen. Der Betrieb wird in zwei Stölln geführt, welche zu beiden Seiten des Hermannsgrundes liegen, 195 Meter von einander entfernt sind und die Lagerstätte h. 3 . 6 . 0 streichend und SO. 50° einfallend bis jetzt in einer Gesammtlänge von 210 Meter nachgewiesen haben. In einem aus dem nordöstlichen Stölln (No. 1) 20 Meter tief niedergebrachten Gesenke ist das Niedersetzen der Erze bis zur Scheldethalsohle verfolgt. Das Fördergut besteht aus einem gelb- bis röthlich- braunen Kieselmanganerz, das öfter Manganit fein eingesprengt enthält und dann dunkelbraune Farbe annimmt. Die Mächtigkeit beträgt im ersten Stölln 1 bis 1,5 Meter, im Stölln II (Betriebs- punkt Untereck) 0,5 bis 1 Meter; das im erwähnten Gesenke in durchweg hellbrauner Farbe anstehende Erz ist über 1 Meter mächtig. und braunem Mangankiesel im Dillenburgisclien. 475 Südwestlich von Stölln Untereck, etwa 800 Meter entfernt, ist im Grabenfelde des Bergwerks »Hilfe Gottes« im Jahre 1885 die Fortsetzung der Manganerzlagerstätte nachgewiesen und ein Jahr später der Betrieb auf derselben begonnen worden. Die Stelle befindet sich zwischen den im südöstlichen Feldestheile den Schalstein querdurchsetzenden, schon im vorigen Jahrhundert be- bauten Kupfererzgängen und dem nordwestlich gelegenen, an zwei im Kramenzelsandstein auftretende Serpentingänge gebundenen reichen Nickelerzvorkommen, welches während der fünfziger und sechziger Jahre Gegenstand blühenden Betriebes war *) und zwar in 180 Meter südöstlicher Entfernung von diesem Nickelerzvor- O kommen. Die Aufschlüsse sind in einem Stölln und drei in süd- westlicher Richtung vorgeschlagenen Schächten bewirkt. Der ebenfalls nach SW. eingetriebene Stölln hat vom Tage aus die während der ersten 10 Meter 1,3 Meter mächtige und SO.-Fallen zeigende Manganerzlagerstätte in h. 4 bis zu einer Verwerfungs- lduft, welche anfänglich westliches, dann allmälig nordwestliches Streichen annimmt und mit 40° in S. bezw. SSW. einfällt, ver- folgt. Nach 40 Meter weitem Auffahren auf der Kluft, welche vom 30. Meter an Kupferkies und Schwefelkies führt, ist die Lagerstätte etwas über 1 Meter mächtig wieder ausgerichtet, streicht während der nächsten 25 Meter in h. W. 6.6, wendet sich dann nach SW. in h. 3.6 und wird, nachdem bei 10 Meter eine Verdrückung eingetreten war, hinter welcher sie sich wieder zu einer mittleren Mächtigkeit von 1 Meter aufgethan hatte, bei 40 Meter Länge von einer h. 8 streichenden, steil stehenden Kluft abgeschnitten, legt sich aber, ohne eine grössere seitliche Ver- schiebung erlitten zu haben, im linken Stoss als Besteg wieder an. Nachdem von hieraus im vierten Meter eine zweite Kluft durch- fahren worden war und die Lagerstätte hinter derselben annähernd die frühere Mächtigkeit wieder erlangt hatte, wurde sie in ver- minderter Bauwürdigkeit bei 13 Meter von einem h. 6.6 streichenden, 12 Centimeter mächtigen Nickelerzgang durchsetzt. Von dieser Ü Kauth in Odernheijier, Das Berg- und Hüttenwesen im Herzogtkum Nassau. Wiesbaden 1867. II, S. 111 — 118, 476 Adolf Schneider, Das Vorkommen von Inesit Stelle an wurde die Lagerstätte schwächer, zeigte sich total unbau- würdig und stiess in der Stollnsohle an einer 3 Meter entfernten, h. 9.1 streichenden uud SW. einfallenden offenen Querkluft ganz ab. Hinter derselben ist der Gebirgswechsel zwischen Hangendem und Liegendem noch 6,5 Meter weit bis zu einem h. 9 streichenden und SW. einfallenden Serpentingang verfolgt. In den oben genannten, 42 Meter über der Stollnsohle am Ausgehenden au- gesetzten drei Schächten ist die directe Fortsetzung der Lagerstätte auf weitere 60 Meter nachgewiesen. Der in der Nähe des Stolln- ortes stehende Schacht No. III ist 23 Meter tief auf derselben mit 50° SO. -Fallen niedergebracht worden. Im Tiefsten des tonnlägigen Schachtes nimmt die Lagerstätte flacheres Fallen an und keilt sich nach dem Hangenden hin aus. Erwähnt sei noch, dass der Anhieb der in der Nähe des Ortstosses durchsetzenden Querkluft dem Schaarungspunkt mit dem, im südöstlich vorliegenden Carolinen- Stolln bebauten und ins Niveau des neuen Stöllns projicirten Hauptkupfererzgang entspricht. Die Verhältnisse des Nebengesteins sind denen auf Grube Ferdinand analog. Das im Hangenden befindliche Diabasgestein zeigt krystallinisch feinkörniges, nur ausnahmsweise grobkörniges Gefüge, ist sehr fest und zähe, hat graugrüne Farbe und tritt meist massig, selten Uebergänge ins Schiefrige zeigend auf. Durch zahlreich eingestreute erbsengrosse Mandeln von weissem und röthlichem Kalkspath wird oft deutliche Maudelsteinstructur hervorgerufen, welche aber in der Nähe der Lagerstätte durch Zurücktreten der Kalkmandeln verschwindet. Das Gestein nimmt hier ein dichtes aphanitisches Aussehen an und sein hoher Kalk- gehalt ist dem unbewaffneten Auge nicht mehr bemerkbar. Als accessorische Bestandtheile des in den eingangs erwähnten Gruben- feldern häufig anstehenden Diabasgesteines sind nickelhaltiger Schwefelkies, Kupferkies, Magneteisenerz und geringe Mengen von in krystallinischen Körnern eingesprengten Cordierits be- kannt geworden. Dem aus dem feinkörnigen Gestein hergestellten l) C. Koch, Jahrbücher des Vereins für Naturkunde in Nassau. H. 13, 1858, S. 137. und braunem Mangankiesel im Dillenburgischen. 477 Dünnschliff geinäss besteht die Grundmasse aus Plagioklas, dessen schmale Leistchen divergentstrahlig gruppirt sind imd Neigung zu büscheliger Anordnung zeigen. Als Gemengtheil erscheint Augit, zersetzt in Chlorit und Epidot und spärlich Magneteisen; als weiteres Zersetzungsproduct ist reichlich Kalkspath vorhanden. Das hangende Gestein ist also ein echter Diabas und es wird von dem, auf der von DECHEN’schen Karte an dieser Stelle wie auch im übrigen Scheldethal verzeichneteu Melapliyr x) ein breiter Streifen hierhergehören. Am Hangenden der Lagerstätte sind öfter Uebergänge des Gesteins in grau und röthlich gefärbten Schalstein zu bemerken und es finden sich an diesen Stellen rothe Letten und bis 0,5 Meter mächtige Bänke kieseligen Rotheisen- steins. Der das Liegende der Manganerze bildende, scheinbar nicht sehr mächtige Thonschiefer hat dunkelgraue Farbe mit lieber- gängen nach graubraun und graugrün ; einzelne Lagen sind glimmerführend oder auch feinsandig. Im Gegensatz zu dem frischen Aussehn des hangenden Diabases ist er mehr zersetzt und von milder Beschaffenheit, zeigt aber im Ganzen grosse Aelmlichkeit mit den benachbarten , sicher bestimmten Culm- schiefern und dürfte zu diesen zu rechnen sehr. Organische Reste sind bis jetzt darin nicht beobachtet worden. Nach der Lager- stätte hin treten da, wo ihre Mächtigkeit abnimmt, bis 0,6 Meter starke Lagen von hellgelblich- und röthlichgrauen Adinolschiefern und verschiedenfarbigen Hornsteinen auf, deren gebändertes Aus- sehen von einem grösseren oder geringeren Maugangehalt beein- flusst wird. An den Stellen , an welchen der vollständige Con- tact von Adinolen und Diabas vorhanden ist, sind erstere total schwarz gefärbt, sodass sie von Lydit nur durch ihre Schmelz- barkeit unterschieden werden können. Eigentlicher Kieselschiefer ist nur auf Grube Ferdinand in der Nähe des auf dem nordöst- lichen Stölln stehenden Schachtes II in einer 20 Centimeter dicken Schicht anstehend gefunden worden. 0 C. Koch hat in der, dein vorseitig genannten Heft der nassauischen Jahr- bücher beigegebenen geognostischen Uebersichtskarte der Gegend von Dillenburg und Herborn den grössten Theil dieser Gesteine als Eisenspilit eingetragen. 478 Adoi.p Schneider, Das Vorkommen von Inesit Das Mineral, welches Gegenstand des Bergbaus ist, besitzt zwar auf Grube »Hilfe Gottes« eine etwas wechselvollere Be- schaffenheit, als auf Grube »Ferdinand«, besteht aber auch liier hauptsächlich aus dichtem, undurchsichtigem Kieselmangan, dessen rötlilichbraune Grundfarbe die verschiedensten Scliattiruugen von hellen bis zu den dunkelsten Tönen zeigt. Das mittlere speci- fische Gewicht des mattschimmernden Erzes ist 3,1, sein Bruch splittrig, die Härte (nach der Mohs- von KoBELlfschen Scala) — 5. Wie die weitere Untersuchung dargethan hat, wird die Hauptmasse aus einem Erz gebildet, welches wir mit von Ivobell Klipsteinit nennen wollen. Es enthält neben Kieselsäure Mangan- oxyd, Manganoxydul und Wasser und ist zweifellos ein Mineral- gemisch, hervorgegangen durch Umwandlung aus einem Mangan- oxydulsilicat, welches jetzt noch einen Theil der Masse bildet. Letzteres findet sich da in reineren Partien vor, wo in der Masse dünne, dunkelbernstejn- bis schwarzbraune Schichten auf- treten, welche öfter von dunkelrothbraunen bis kirschrothen Lagen begleitet wurden. Ferner sind wulstige Anhäufungen vorhanden, bei denen ein länglicher, unregelmässig geformter schwarzbrauner Kern von rothen Lagen schalenförmig umhüllt wird und endlich durchzieht das dunkelbernsteinbraune Mineral hellrothbraune auf- fallend leichte Erzstücke in äusserst dünnen Klüftchen, welche im Querbruch als feine, glänzend schwarze Linien erscheinen. Das- selbe ist ki'ystallisii’t noch nicht gefunden worden; sein Bruch ist splittrig bis kleinmuschlig, die Härte 3 — 4, der Strich gelbbraun, die Schmelzbarkeit — 3, das specifische Gewicht = 2,465. Es besitzt starken Fettglanz und ist in Splittern vollkommen durch- scheinend. Mit concentrirter Phosphorsäure gekocht, erhält man eine farblose Lösung unter Ausscheidung von schleimigem Kiesel- erdepulver, Manganoxyd ist demnach nicht darin enthalten. Im Dünnschliff ist vorherrschend ein honiggelbes, durchsichtig wer- dendes Mineral in unscharf begrenzten parallel oder strahlig ge- ordneten Leistchen. Dasselbe ist doppelbrechend, optisch zwei- axig mit positivem Charakter der Doppelbrechung; Brechungs- exponent und Doppelbrechung ungefähr, wie bei Quarz. Hin und wieder zeigen sich gelbliche, trübe Stellen, welche isotrop sind und braunem Mangankiesel im Dillenburgischen. 479 und einer beigemischten, amorphen Substanz angehören. Die Grundmasse wird von Kalkspath in Trümchen und unregelmässigen Partien durchzogen. Vereinzelt bemerkbar sind Büschel oder Sphärolithe bisweilen roth durchscheinender Nüdelchen, welche als Göthit gedeutet wurden. Eine in dem unter Leitung des Herrn Prof. Dr. Finkener stehenden chemischen Laboratorium der hiesigen Königl. Berg- ö O Ö akademie von Herrn Dr. Bärwald angefertigte Analyse ergab : Si0.2 . . . . 35,64 pCt. Fe2Oß . 3,02 » Ala O3 • • . 2,59 » Mn 0 . . . 39,26 » CaO . . . . 1,75 » ( MgO . . . . 1,31 » co2 . . . 0,60 » h2o . . . . . 13,94 » 98,11 pCt. Der Best sind Alkalien, welche aus Mangel an Material nicht näher bestimmt wurden. Der gefundenen Kohlensäure entsprechen 0,76 pCt. CaO, welche, als beigemengtem Kalkspath angehörig, wie oben angedeutet, in Abzug zu bringen sind. Obige pro- centische Zusammensetzung kommt der des Stratopeit von Pajs- berg, den Nordenskjöld *) analysirt hat, nahe. Wie jedoch nach der mikroskopischen Untersuchung schon zu vermuthen war, eignen sich die Kesultate unserer Analyse nicht zur Ableitung einer einfachen Formel, da ganz reines, vollständig homogenes Material, welches in derben Partien honig- bis bern- steingelbe Farbe hat, so spärlich auftritt, dass es der Analyse nicht zu Grunde gelegt werden konnte. Es ist aber neuerdings Aussicht vorhanden, soviel von letzterem zu beschaffen , dass die Untersuchungen mit definitiven Resultaten abgeschlossen werden können. Die erwähnten hellrotlibraunen, leichten Erzstücke haben ein spec. Gew. von 2,313, hellbräunlichgelben Strich, flach- Vergl. Dana, a System of mineralogy, 18G8, S. 491. 480 Adolf Schneider, Das Vorkommen von Inesit muschligen bis splittrigen Bruch, Schmelzbarkeit — 3,5 und matten Fettglanz, der aber auch öfter einem stumpfen, erdigen Aussehen Platz macht. Im Dünnschliff sind ausser viel Kalkspatli, gelbe doppelbrechende und bräunlichgelbe isotrope Stellen nebst undurchsichtigen Theilen bemerkbar; untergeordnet ist Quarz in Körnchen vorhanden ; Hohlräume dagegen, welche die Bestimmung des specifisclien Gewichtes unsicher erscheinen lassen würden, sind nicht wahrzunehmen. Die dunkelr otli braun e oder kirschrothe Erzvarietät, welche das dunkelbernsteinfarbene Mineral begleitet, ist undurchsichtig, hat starken Fettglanz, flachmuschligen, zuweilen splittrigen Bruch, Härte 4, Schmelzbarkeit 3,5, rothbraunen Strich uud ein spec. Gew. von 2,675. Oefter ist das Material von bröckeliger Be- schaffenheit, hat dann etwas geringere Härte und sein spec. Gew. nimmt ab bis zu 2,34. Die mikroskopische Untersuchung zeigt eine bernsteingelbe, durchsichtige Grundmasse von ziemlich hoher Lichtbrechung, aber isotrop, also jedenfalls amorph, stark durch- setzt mit Brauneisenerz; auch einzelne doppelbrechende Stellen sind vorhanden. Daneben treten ausschliesslich in den eisenerz- freien Theilen Anhäufungen von Erzpartikelchen auf, welche aus Magneteisen zu bestehen scheinen. Auch Eisenglanzblättchen sind eingeschlossen. Durchsetzt wird die Grundmasse noch von unregelmässigen Partien weissen Kalkspathes. Das Resultat der von Dr. Bärwald angefertigten Analyse ist: Si02 . 30,21 pCt. Fe203 . . . . . 12,49 » A1203 . . . . . 2,30 » Mn 0 . . . . . 29,16 » CaO . . . . . 6,04 » (- - 3,05) MgO . . . . . 0,98 » o* o ü . . . . 2,40 » h2o . . . . . 16,62 » 100,20 aCt. rührt die g efundene Kohlensäure von eingesprengtem der trotz sorgfältigsten Au^ O O lesens nicht ganz ent- und braunem Mangankiesel im Dillenburgischen. 481 fernt werden konnte. Die Menge desselben beträgt 5,45 pCt. Das rotbe Erz ist demnach im Wesentlichen als eine Abänderung der dunkelbernstein- bis glänzend schwarzbraunen Erzmasse an- zusehen. Der reichlichen Beimischung von Brauneisenerz ent- spricht der höhere Gehalt an FegC^ und Wasser. Es ist charakteristisch für das ganze bis jetzt besprochene Fördergut, dass alle Erzstücke von unzähligen feinen Klüftchen durchzogen werden, in welchen sich in den meisten Fällen papier- dünne Lagen von hellem Kalkspatli ausgeschieden haben. Zu- weilen ist eine gewisse Gesetzmässigkeit in dem Verhalten der Klüfte dann bemerkbar, wenn dieselben eine Breite von mehreren Millimetern annehmen und in grösserer Zahl bestimmte Richtungen, welche entweder parallel den Begrenzungsflächen der Lagerstätte oder schräg dagegen verlaufen können, einhalten. So ist an einer solchen Stelle des Aufschlusses ein vorliegendes Handstück ab- geschlagen worden, das aus vielen dünnen bis centimeterdicken, mit einander abwechselnden Erzlagen von dunkelleberbrauner und grauer Farbe besteht, an welchem diese scharf abgegrenzten Lagen, in der Horizontalprojection betrachtet, von einem System von Klüften in einem Winkel von 70° durchschnitten werden, und nun durchsetzt ein zweites Kluftsystem das Ganze so, dass die Begrenzungsflächen der Erzlagen nahezu im rechten Winkel ge- kreuzt, die ersterwähnten Klüfte aber im Streichen spitzwinklig, im Einfallen dagegen unter 80° getroffen werden. Hierdurch ist in den verschiedenfarbigen Erzlagen und Klüften eine Anzahl deutlich bemerkbarer Verwerfungserscheinungen im Kleinen hervor- o o gerufen worden. Hin und wieder treten in der Kieselmanganerzlagerstätte Nester von Psilomelan, Manganit und Wad auf, welche man, da das Fördergut an Eisenhütten zur Darstellung von Spiegeleisen abgesetzt wird , nicht besonders ausscheidet. In der ganzen Erz- masse fein vertheilt, wie auch zu körnigen Krystallaggregaten und grösseren derben Partien vereinigt, treten Schwefelkies und Kupferkies auf, wobei ersterer der Menge nach vorwiegt und namentlich nach dem Liegenden zu Nester bis zu 10 Centimeter Mächtigkeit bildet, welche häufig von schwarzer, stark zerklüfteter, Jahrbuch 1887. 31 482 Adolf Schneider, Das Vorkommen von Inesit kieseliger Grundmasse umhüllt sind. Seine speisgelbe, ins Silber- weisse verlaufende Farbe und die ganze Aebnlicbkeit mit den früher auf den Nickelerzgängen von »Hilfe Gottes« gewonnenen Erzen deuten auf einen ziemlich hohen Nickelgehalt hin. Erwähnens- werth ist noch das zuweilen beobachtbare Auftreten von «e dienen o o Kupfer, welches in dünnen Lamellen auf feinen Schnittflächen des Mangankiesels erscheint. Die kleinen Schuppen haben ein stumpfes Aussehen und kupferrothe Farbe. Des Weiteren ist hervorzuheben, dass innerhalb der Lager- stätte Anthracit vorkommt, welcher als pulveriger Ueberzug in schmalen Klüften des dunkelgefärbten harten Mangankiesels oder auch als eisenschwarze, stark glänzende, bröcklige Anhäufungen kleine Nester in einer dunkeln, kieseligen Grundmasse bildend, gefunden worden ist. Die partielle Analyse einer möglichst rein ausgehaltenen Probe ergab: Kohlenstoff .... 72,67 pCt. Wasserstoff .... 3,38 » Asche 20,40 » Als Eeductionsmittel hat er offenbar zur Ausscheidung der erwähnten Schüppchen von gediegen Kupfer beigetragen. Aehn- liche Vorkommen von Anthracit in den benachbarten Rotheisen- steinlagern der Gruben »Schwarzenstein«, »Breitehecke«, »Stillings- eisenzug« und »Königszug« bei Nanzenbach *), sowie im Eisenspilit des Scheider Waldes an dessen hangendem Salband* 2) sind bereits früher bekannt gewesen. In dem S. 475 beschriebenen Stollnaufschluss der Grube »Hilfe Gottes« und zwar bei 61 bezw. 104 Meter Stollnlänge ziehen sich von der Manganerzlagerstätte zwei apophysenartige Abzweigungen (Fig. 1. a und b auf Tafel XX) in den hangenden Diabas, welche beide nicht viel über je 1 Meter laug sind, anfangs eine Mächtigkeit am ersten Punkte von 0,3 und am zweiten von 0,5 Meter besitzen, sich aber im linken Stollenstoss rasch aus- keilen. Die Erzführuug ist im Allgemeinen die gleiche, wie auf der Hauptlagerstätte, nur ist der Fördermasse Manganit etwas ]) Fr. Wenciienbach in Jahrbücher des Vereins für Naturkunde in Nassau, 1878 u. 1879, S. 154. 2) C. Koch, Dieselbe Zeitschrift, Heft 13, 1858, S. 101. und braunem Mangankiesel im Dillenburgischen. 483 häufiger beigemengt, wodurch sie eine dunklere Färbung besitzt. Die eben erwähnten beiden Stellen sind deshalb von besondei'er Bedeutung, weil an ihnen das neue wasserhaltige Mangansilicat, welches ich bereits früher für den ersten Fundort a beschrieben und mit dem Namen Inesit (von Ivsc Fleischfaser) belegt habe, auftritt. Dasselbe durchsetzt in zwei Trümchen von 6 bezw. 4 Centi- meter Dicke den dunkelbraunen Mangankiesel, findet sich aber auch in vielen schmalen Klüftehen des letzteren vor. Der Inesit hat fleischrothe Farbe und bildet radialstrahlige Massen, deren Büschelsysteme von meist an den Begrenzungsflächen der Trümchen gelegenen Centren ausstrahlen und oft ineinander geschoben er- scheinen. Die einzelnen Fasern erreichen dabei eine Länge bis zu 2 Centimeter und eine Dicke von 1 bis 2 Millimeter. Die Zwischenräume sind durch ein weisses Carbonat ausgefüllt, welches sowohl häufig die strahligen Gruppen umhüllt oder als Ausfüllung von Klüften dieselben durchsetzt, wie auch zwischen die Fasern eindringt. Als seltenere Gemengtheile sind messinggelber Kupfer- kies, schwarzglänzende krystallinische Körner von Manganit, so- wie ein feinfaseriges, kirschrothes Mineral zu nennen, welch’ letz- teres sowohl in sphärolitischen Aggregaten von 1,5 Millimeter Durchmesser, wie auch in feinen, parallel verlaufenden Klüftehen mit normal gegen die Wandungen derselben gerichteter Stellung der Nüdelchen auftritt, welche aber ebenfalls die Neigung zu radialer Gruppirung erkennen lassen. Diese, auf Farbe, Härte, Strich und chemisches Verhalten geprüften Mineralaggregate scheinen nur aus Eisenoxyd zu bestehen. Diejenigen Stücke des Inesit, welche das frischeste Aussehen haben, besitzen die Härte 6, haben Glasglanz, sind lebhaft fleischroth bis rosenrotli gefärbt und an den Bändern durchscheinend; Anhäufungen feiner Krystall- nädelchen haben ziegelrothe Farbe. Die beginnende oder fort- schreitende Umänderung des Materiales, welche sich zunächst in einem Nachlassen des Härtegrades ausspricht, bewirkt ein Aus- bleichen der Farbe, so dass diejenigen Stücke, welche den Ein- wirkungen der Atmosphärilien längere Zeit ausgesetzt waren, voll- l) Zeitsckr. d. Deutsch, geol. Gesellsck. Jahrg. 1887, H. 4, S. 833 u. f. 31* 484 Adolf Schneider, Das Vorkommen von Inesit ständig weiss geworden sind, nunmehr eher Seidenglanz besitzen und sich zwischen den Fingern zu weissem Pulver zerreiben lassen. Sowohl in sehr dünnen Blättchen, wie, auch in dem, aus dem fleischrothen Material hergestellten Dünnschliff sind in der schwach rosafarbenen durchsichtigen Grundmasse öfters winzige, gelb- bis rothb raune Einschlüsse sichtbar, welche bei Anwendung starker Vergrösserungen als kleine, rundlich begrenzte Flocken einer amorphen röthlichbraunen Substanz, deren Natur nicht anerkannt wurde, erscheinen. Ausserdem sind stellenweise wahrscheinlich dem Eisenglanz angehörende rundliche Blättchen eingebettet. Der Brechungsexponent der Grundmasse ist viel grösser, als derjenige des Canadabalsams , da das Mineral sich mit bedeutendem Relief von diesem abhebt. Die obenerwähnten rothbraunen Einschlüsse bewirken offenbar eine öfter hervortretende Nüancirung der Grund- farbe des Inesit. Eine zweite, durch Herrn Dr. Bärwald im hiesigen Labo- ratorium ausgeführte Analyse ergab folgende Bestandteile : Si 02 . . . 43,92 pCt. -ABO3 . . . . 0,29 » FeO . . . . . 0,69 » MnO . . . . . 37,87 » CaO . . . . . 8,40 » MgO . . . . . 0,33 » II20 . . . . . 9,22 » 100,72 pCt. Ueber die mit grosser Sorgfalt ausgeführte Wasserbestimmung ist hervorzuheben, dass das Mineral beim Erhitzen das Wasser ganz allmälig verliert, wie die folgenden Zahlen zeigen: Bei 110° wurden abgegeben . . . 4,54 pCt. H20 » 200° » » ... 0,48 » » » 300° » » ... 2,23 » » » 440° (Siedepunkt des Schwefels) 0,62 » ». Ueber dem Gebläse ...... 1,35 » » 9,22 pCt. Id20 ') Vergl. die erste von Herrn Dr. Hampe angefertigte Analyse in der Zeit- schrift d. Deutsch, geol. Gesellsch. Jahrg. 1887, H. 4, S. 833. und braunem MangaDkiesel im Dillenburgischcn. 485 Das Wasser wurde durch Phosphorsäure absorbirt. Das Phosphorsäurerohr staud mit einem Kölbchen in Verbindung, welches die Substanz aufnahm. Der Apparat wurde evacuirt und darauf das Erhitzen vorgenommen. Vor dem Wägen des Rohres wurde dasselbe mit trockener Luft gefüllt. Das Erhitzen über dem Gebläse geschah in einem Porcellanrohr ebenfalls im Vacuum. Ueber die Verwerthung der vorstehenden Analysenresultate theilt Herr Dr. Bärwald Folgendes mit: Wie der mikroskopische Befund bereits ergeben hat, war das Analysenmaterial nicht voll- kommen rein und nicht einheitlich gefärbt. Rothbraune winzige Einschlüsse und die etwas schwankende Farbe lassen vermuthen, dass das Mineral eine geringe Veränderung erlitten hat, aus welchem Grunde von der Aufstellung einer Formel Abstand ge- nommen wurde. Dem unveränderten Mineral kommt vielleicht II II die Formel RglLtSigOn zu, wobei R = Mn und Ca ist. Wir II kommen sodann zu dem Ausdruck R3 (OH^SigOg -+- H20 oder II II R(R0H)2Si308 -h aq, wenn wir dem Umstand Rechnung tragen, dass nur ein Theil des Wassers bei 110° abgegeben wird, während das Mineral den übrigen Theil erst bei ziemlich hoher Temperatur verliert. Hiernach hätte man es mit einem basischen Silicat zu thun, welches sich von der Polykieselsäure H^S^Og ableitet, derselben Säure, die Groth1) den Alkali-Feldspäthen zu Grunde legt. Für ein solches Silicat berechnet sich unter der Annahme, dass Mn : Ca sich wie 4:1 verhält, folgende procentische Zusammensetzung: Si02 42,86 pCt. Mn O ...... 40,57 » CaO 7,99 » H20 8,57 » 99,99 pCt. Der als Krystall wasser angenommene Theil des Wassers be- trägt 4,29 pCt., das analysirte Material verlor bei 110° 4,54 pCt. Wie früher schon erwähnt, erscheint das mit dem braunen Kieselmanganerz im Zusammenhang auftretende Carbonat öfter 9 Tabellarische Uebersickt der Mineralien, II. Aufl. 486 Adolf Schneider, Das Vorkommen von Inesit gelblich und röthlich gefäi’bt; dagegen besitzt dasjenige, welches den Inesit begleitet und in die Faserbüschel desselben eindringt, oder ihn als Ausfüllung von Klüften durchsetzt, eine weisse Farbe und es sind, wo diese getrübt erscheint, in den meisten Fällen fein eingesprengte Erztheilchen als die Ursache der Färbung zu erkennen. Ganz rein ausgesuchte weisse Stücke zeigten folgende Zusammensetzung : C02 . . . 42,92 PCt. MnO . . 4,18 » ( — 2,59 pCt. C02 erfordernd) CaO . . . 52,20 » (—41,01 » » » ) MgO . . Spur zus. 43,60 pCt. C02 erfordernd Rückstand . 0,45 » 99,75 pCt. Das weisse Carbonat ist demnach als manganhaltiarer Kalk- spath, bestehend aus 93,21 pCt. CaCÜ3 und 6,77 pCt. MnC03 an- zusehen. Au einer einzigen bisher gefundenen Stelle umschloss dieser auch eine kleine Partie von derbem cochenillrothem, lebhaft glänzendem Zinnober. Das Belegstück befindet sich im Besitze des Königlichen Revierbeamten, Herrn Bergrath Froh wein in Dillenburg, welcher mir dasselbe zum Zweck der Bestimmung freundlichst iiberliess. Herr Dr. Scheibe, welcher die weitere mineralogische Unter- suchung des Inesit ausgeführt hat, spricht sich über die Ergeb- nisse derselben aus, wie folgt: »An den strahlig angeordneten Individuen des Minerals konnten Krystallfläclien ohne Weiteres nicht wahrgenommen werden. In der Zone der Längsrichtung zeigten sich die abgelösten Strahlen durch zwei Spaltflächen begrenzt, welche sich unter etwa 82 y20 schneiden. Der Inesit besitzt nämlich einen sehr vollkommenen und einen weniger hervortretenden Blätterbruch , eine Eigenschaft, welche das Zerfallen der Individuen in dünne Blättchen begünstigt und beim Herausbrechen von Krystallen sich nachtheilig bemerk- bar macht. Durch vorsichtiges, stundenlang fortgesetztes Behandeln be- sonders von kleineren, von Kalkspath umgebenen Stücken des und braunem Mangankiesel im Dillenburgischen. 487 Inesit mit Essigsäure oder verdünnter kalter Salzsäure gelang es, den Kalkspath zu entfernen, und bei möglichster Schonung des eingeschlossenen Minerals Strahlen bloss zu legen, an denen be- sonders das freie Ende durch Krystallflächen abgeschlossen war. Freilich war dies nur bei wenigen der Fall und noch weniger von ihnen konnten unbeschädigt aus dem immer noch festen Ver- band gelöst werden. Die gewonnenen Krystalle besitzen kaum 0,5 Millimeter Dicke. Es sind schiefwinklige, gewöhnlich vier- seitige Säulchen, welche bei übereinstimmender Aufstellung bald am oberen, bald am unteren Ende Krystallflächen zeigen. Nehmen wir die Hauptausdehnungsrichtung als Vertikalachse an, so erfolgt die Begrenzung in der Säulenzone stets durch die Flächen b (Taf. XX, Fig. 2), parallel zu welcher der erste, voll- kommene Blätterbruch, und a, parallel zu welcher der zweite, weniger vollkommene Blätterbruch verläuft. Hierzu kommt öfters noch die Fläche m als Abstumpfung der scharfen Kante der Flächen a und b (Fig. 3, 4), etwas gegen letztere zurücktretend. An dem Ende zeigen die einfach gebauten Krystalle die Flächen d und e (Fig. 2). An anderen Krystallen finden sich noch c und g vor (Fig. 3), oder auch c, 1 und i. Nur einmal wurde Fläche o beobachtet, in Verbindung mit a, b, m, c, d, e, i. Sämmtliche beobachtete Flächen sind in Fig. 4 dargestellt. Die Flächen d und e herrschen stets vor. Im Ganzen waren die Krystalle zu Messungen auf dem Reflexionsgoniometer (Modell 2 a von Fuess in Berlin) wenig ge- eignet. Die Flächen der Säulenzone besassen zwar meist genügen- den Glanz, um die Messung unter Anwendung des Oculars ß oder j x) zu gestatten, gaben jedoch nur selten scharfe und ein- fache Bilder des W EBSKY’schen Spaltes. Die Flächen a und b waren uneben, gewöhnlich in Folge unregelmässigen Aufbaues des Krystalles, wodurch auch die Parallelität von Fläche und Gegenfläche gestört wurde. Die Winkel schwanken beträchtlich. Die Endflächen hatten in der Regel nicht genügenden Glanz, um ') Vergl. Webskv. Ueber Einrichtung und Gebrauch der von R. Fuess in Berlin nach dem System B abinet gebauten Reflexionsgoniometer, Modell II. Groth, Zeitschr. IV, 545. 1880. 488 Adolf Schneider, Das Vorkommen von Inesit Anwendung des Oculars y zu gestatten ; sie waren rauh oder matt, wohl in Folge der Bedeckung mit Kalkspath und z. Th. auch des Aetzens heim Entfernen des letzteren. Die Messungen an den- selben wurden beinahe stets mit Ocular 8 :) ausgeführt, da nur mit diesem Bilder erhalten werden konnten, die zudem fast nie einfach und scharf waren. Unter diesen Umständen konnte geringe Uebereinstimmung in den Werthen entsprechender Kantenwinkel nicht gerade auffallen. Differenzen von mehr als 1° kamen vor. Sechs ausgesuchte Krystalle wurden vollständig, etliche andere nur in der Säulenzone gemessen. Aus den erhaltenen Werthen wurden mit Rücksicht auf das den einzelnen Werthen zukommende Gewicht Mittelwerthe berechnet. Der Inesit krystallisirt triklin. Deutet man: a = a : 00 b : 00 c — 00 P V» (100) b = 00 a : b : 00 c = 00 P ^ (010) d = 00 a : b' : c = 'P, 88 (Oll) e = a' : 00 b : c = (P(~öö (101) und legt man den Berechnungen zu Grunde: a : b = (100) : (010) = 97° 25’ a : e = (100) : (TOI) = 132° 39' b : d = (010): (011) = 1 30° 37 ' a:d = (100): (011) = 1150 23’ b : e = (010) : (101) = 86° 40' so ergiebt sich: a: b : c = 0,9753 : 1 : 1,3208 und im Oktanten v . r . 0 : A = 96° 45' 1" a = 92° 18' 12” B = 133° 18' 28” ß = 132° 55' 54” C = 97° 25' — ” y = 930 50' 42” Aus einer QuENSTEDT’schen Projektion (Fig. 5) erkennt man sogleich das Zeichen der Flächen c und m, während die Symbole von 1, g, o, i durch Berechnung bezw. Zonenverband bestimmt wurden. 9 Websky a. a. 0. und braunem Mangankiesel im Dillenburgischen. 489 Die beobachteten Formen sind demnach: a — a : co b : 00 c = OO-P Go (100) b = co a : b : 00 c = CO P (010) c = 00 a : co b : c = 0P (001) m = a : b' : co c = co P (110) d = co a : b' : c - ;p ^ v , GO (011) e — a' : co b : c = ,P,oo (101) l = a : 00 b : c = ’P’"oö (101) g = 2 a : 00 b : c = 2'P'^ (201) °= 5a': gb : 5C = 5 P5 (532) i = a' : |b : c = P7 fl (747) In der folgenden Tabelle sind neben den ans den Grund- dimensionen berechneten Combinationskantenwinkeln die an den Krystallen No. 1, 5, 10, 12, 13 gefundenen Wertlie angeführt, um einen Einblick in den Grad der Abweichung der gemessenen Winkel unter sich und von den berechneten Winkeln gewinnen zu können. Ungeachtet der grossen Differenz, welche zwischen den ge- messenen und berechneten Winkeln der Form i = P \ (747) be- steht, ist an diesem Symbol zunächst festgehalten worden. Den gemessenen Winkeln würde die Gestalt (il a : j b : c) = P 25 (98 . 52 . 91) entsprechen. Da aber die Abweichung der Fläche i aus der Zone [e : b] nur gering ist und nur an einem Krystall Mes- sungen möglich waren, so wurde mangelhafte Ausbildung des Krystalls als Ursache der Abweichung angenommen und dem einfachen Symbol der Vorzug gegeben. Immerhin bedarf dasselbe noch der Bestätigung. Wie die geometrische, ergab auch die optische Natur des Inesit seine Zugehörigkeit zum triklinen Krystallsystem. Die Lage der Auslöschungsrichtungen schwankt etwas. Diejenigen, welche die Lage der optischen Axenebene andeuten, liegen auf b (010) im Mittel GO1/^0 gegen Kante a:b nach oben hinten, auf a (100) im Mittel 12° gegen Kante a/b nach links unten gerichtet (Fig. 6). Orientirte Schnitte für Messung des Winkels der optischen Axen Gemessen 490 Adolf Schneider, Das Vorkommen von Inesit fl c3 Ui O CO O njH CM fl A3 CO CM CO CO 00 CO IO CM CQ O O O O — < — < , — , I , — , I , — , I o o o o O r— I H CM *— < O o o o o o o o o O O I— 1 o o o r-l — ! T— I O F— I T-l I o uo CM »o (M C— O l— O i—i o CO ^ co CM r- C5 co co O CO co co vO C5 05 co co co CM co CM O I -H rH I ^ O CO io CO CO 05 I I I I I CM CM o CM CO CO rH CO CO C"- r-HCOCO rti r-( lO C) C4 ^ lO LO wOcOCMCOCMkOOcOh^ ^ 05 CO 05 CO 1—t co co 05 lO O CM I rH 05 — < ^ co I >o O ‘O ^ lO io ^ co co CM ^ i—t kO CO CM kO CM 05 »O CO CO ^ CO C) I>* O CM CO ^ CO -rji CM CO 05 CO kO CM WO »O CM 05 CO CO CM 05 CO KO O »— h CO CO kO CO C5 O co CM CO 05 - I I>- I t'- OOOrH^HOOOrHO O I rH r-< O | rH | rH rH rH O O rH O O I rH O rH , r-, O |H |H ') Granddimensionen. und braunem Mangankiesel im Dillenburgischen. 491 anzufertiffen, gestattete die Beschaffenheit des Materials nicht. Da aber in Spaltblättchen nach b (010) im konvergenten polarisirten Licht ein Axenbild sichtbar wird, wurden solche zur Bestimmung benutzt. Die Dispersion der Axen ist p >* v, die Doppelbrechung negativ ( — ) um die erste Mittellinie, welche etwas schief auf b (010) austritt. Im AüAMs’schen Polarisationsapparat ]) wurde in einem Spaltblättchen der Axenwinkel gemessen. Es ergab sich 2 Ha = 64° — ' für Lithiumlicht — 63° 28' » Natriumlicht = 62° 51' » Thalliumlicht. Der Brechungsexponent des zu den Halbkugeln benutzten Glases ist n = 1,7782 für Linie D des Spektrums (Natriumlicht). So lange der Inesit noch nicht ausgebleicht ist, zeigt er deut- lichen, wenn auch nur schwachen Dichroismus. Es tritt ein Wechsel zwischen sehr blassem und etwas lebhafterem rosa ein. Aus den angeführten Beobachtungen geht hervor, dass der Inesit mindestens geometrisch und physikalisch als ein selbst- ständiges Mineral charakterisirt ist. Ich hebe dies hervor, weil M. Bauer neuerdings* 2) in einer vorläufigen Mittheilung neben dichten Mangansilicaten ein Mineral aus dem Dillenburgischen be- schreibt, welches hellroth, nach zwei Richtungen stralilig, der Länge der Fasern nach spaltbar ist. Diese Charakteristik und das Auftreten des Minerals treffen auch für den Inesit zu. Das Mineral enthält ferner neben Kieselsäure und Manganoxydul etwas Kalkerde, Wasser und Kohlensäure und stimmt in jeder Beziehung mit Rhodonit überein. Letzteres ist beim Inesit nicht der Fall. Der- selbe enthält auch keine Kohlensäure. Im Uebrigen könnte seine chemische Zusammensetzung, obwohl sie eine stabile erscheint, wie die beiden kaum von einander abweichenden Analysen zeigen, die Vermuthung nahe legen, dass man einen Körper vor sich habe, der durch theil weise Umwandlung, insbesondere durch Wasserauf- 9 Von Fuess in Berlin konstruirt. 2) Briefliche Mittheilnng im Neuen Jahrbuch für Mineralogie u. s. w, 1888, I. Bd., S. 214. 492 Adolf Schneider, Das Vorkommen von Inesit nähme aus einem Bisilicat, etwa von der Zusammensetzung des Pajsbergit (Rhodonit) entstanden, oder geradezu iu Veränderung begriffener Rhodonit ist. Das Verhältnis der Kieselsäure zu den Basen ist nahezu =1:1. Iu einem solchen Falle müssten aber auch krystallographische Beziehungen zum Rhodonit vorhanden sein, was jedoch nicht zutrifft. Eine Zurückführung der Gestalten des Inesit auf die Augitform geht nicht an. Deutet man am Inesit die Flächen b (010) und e (101), welche unter 86° 40' gegen einander geneigt sind, als Säulenflächen, macht also b = (110) und e = (110) und dann d (011)= (111) und a (100) = (111), so wird nun zwar eine Annäherung der Winkel (110) : (1 10), (1 10) : (111), und (11 0) : (111), welche 86° 40', 132° 39', 130° 37’ messen, mit den entsprechenden am Augit J), welche hier 87° 6', 134° 39', 134° 39’ betragen, erzielt, aber eine Annäherung in anderen Winkeln, eine Uebereinstimmung im ganzen Habitus und in den Blätterbrüchen tritt durchaus nicht hervor. Als ebenso gering' ergiebt sich die Annäherung an die Winkel des Rhodonit. Zur Klarlegung derselben stellt man am besten den Inesit so auf, dass seine Flächen e (101), b (010), a (100), d (011) den Flächen (110), (110), (113), (443) am Rhodonit* 2) entsprechen. Die Winkel (110): (110), (110): (111), (110:443) betragen dann am Inesit 86° 40’, 132° 39’, 130° 37', am Rhodonit (nach Flink) 87° 31’ 24", 135° 33' 8", 126° 49’ 58". Auch die optische Natur des Inesit weicht von der des Rhodonit ab. Bei der soeben angegebenen Aufstellung des Inesit, in welcher eine, allerdings nur entfernte Annäherung einiger Winkelwerthe an analoge des Rhodonit hervortreten sollte, ent- spricht Fläche b am Inesit der Fläche b (110) am Rhodonit. Beiden Flächen geht auch eine deutliche Spaltbarkeit parallel. Während aber Rhodonit von Pajsberg auf Fläche b eiue uuter etwa 2674° gegen Kante (110): 110) nach rechts unten geneigte 9 Vergl. Koicscharow, Mat. zur Mineralogie Russlands, IV. Bd., 285. 2) Vergl. G. Flink, Studien über schwedische Pyroxenmineralien. Gkoth, Zeitschr. XI, 506. Obige Symbole beziehen sich auf die DANA-GROTH-FLiNic’sche Aufstellung des Rhodonit. und braunem Mangankiesel im Dillenburgischen. 493 Auslöschungsrichtung und im konvergenten polarisierten Lichte den Austritt nur einer optischen Axe dicht am Rande des Ge- sichtsfeldes zeigt, bildet jene Richtung auf Fläche h des Inesit mit der analogen Kante einen nach rechts unten offenen Winkel von 721/4° und im konvergenten Lichte treten beide optischen Axen aus. Endlich stimmen auch, abgesehen von der verschiedenen Lage der optischen Axenebenen, die Winkel der optischen Axen in beiden Körpern nicht überein. G. Flink x) fand für den Rhodonit in Jodkalium- Jodquecksilberlösung (n — 1,726 für eine mittlere Farbe) 2 II a= 79° für Natriumlicht. Auf ein Medium, dessen n = 1,7782 ist, zurückgeführt, würde 2 Ha = 76° 15' be- tragen. Beim Inesit wurde in Spaltblättchen nach b 2 Ha = 63° 28' gefunden, welcher Werth in Platten senkrecht zur ersten Mittel- linie sich nur wenig anders darstellen würde. Aus alle dem geht aber hervor, dass andere Beziehungen zwischen Inesit und Rho- donit, als dass beide wesentlich Kieselsäure und Mangan ent- halten, zunächst nicht nachweisbar sind. Ein Mineral, auf welches hier hingewiesen werden möge, weil seine Zusammensetzung, abgesehen von einem 1,6 pCt. be- tragenden Gehalt an Alkalien, nur wenig von der des Inesit ab- weicht, ist der Hydrorhodonit von Längbanshyttan. Engström ') beschreibt denselben als ein krystallinisches, ziemlich leicht in einer Richtung spaltbares, durchscheinendes, in Splittern auch durch- sichtiges, rothbraunes Mineral. Die Härte ist 5 — 6, das Gew. 2,7. Zwei Analysen ergaben : I. II. Si02 . . 44,07 pCt. 44,06 pCt. Mn 0 . . . 30,83 » 31,15 » FeO . . . 1,04 » 1,00 » CaO . 3,60 » 3,54 » MgO . 6,98 » 7,24 y> Na20 . • • 0,39 » 1 = 4,48 j Li2 0 . 1,23 » j Chloralkalien i 4,80 » IJ20 . . . 11,84 » 11,96 » 99,98 pCt. *) Geol. Foren. i Stockholm Förh. 2. Bd. 1875. S. 468. 494 Adolf Schneider, Das Vorkommen yon Inesit Daraus folgt die Formel R0.Si02 + H20. Nähere Angaben über Vorkommen und Eigenschaften des Minerals werden nicht gemacht. Aus diesem Grunde sind nähere Beziehungen nicht festzustellen. Ebensowenig können Vergleiche mit den Mineralien, welche man als Umwand lungs- und Zer- setzungsproducte von Rhodonit betrachtet und mit den Namen Stratopeit, Photicit, Neotocit, Wittingit belegt hat, zu bemerkens- werthen Ergebnissen führen, denn diese Substanzen sind amorph oder dicht und kaum homogen.« Soweit Herr Dr. Scheibe. Fasst man das Auftreten des Inesit und seine Beziehungen zu den Mangansilicaten seiner Umgebung in das Auge, so ergiebt sich, dass an den hier vorliegenden Stücken ein directer genetischer Zusammenhang nicht vorhanden ist. Hiermit soll nicht gesagt sein, dass nicht das Eine Material zur Bildung des Anderen ge- liefert habe, sondern nur, dass eine allmälige Umwandlung des Einen in das Andere in situ nicht nachweisbar ist. Als ältestes und ursprüngliches Mangansilicat auf der Lager- stätte erweist sich das homogene, honig- bis bernsteingelbe, stark durchscheinende, optisch zweiaxige Mineral 1). Aus ihm gingen durch allmälige Umwandlung, z. Th. unter Bildung von Eisen- erzen, amorphe Massen hervor, in denen der Wassergehalt steigt und zuletzt Eisenoxyd und Manganoxyd sich einstellen. Die hell- rothbraunen 2) und duukelrothbraunen oder kirschrothen Erzmassen sind so entstanden und zeigen noch wechselnde Reste des ur- sprünglichen Minerals. Als letztes und am stärksten verändertes Product ist der sogenannte Klipsteinit anzusehen. Die nach Bildung der Massen eintretenden Zerklüftungen gaben Wege für weitere eindringende Lösungen ab und nun wurde auch in Spalten des Kieselmanganerzes an den zwei Abzweigungen a und b der Lagerstätte der Inesit als wasserhaltiges Kalk-Manganoxydulsilicat •) Vergl. S. 478 ff. 2) Vergl. S. 479 ff. und braunem Mangankiesel im Dillenburgischen. 495 abgesetzt und von Kallcspath oft vollständig umhüllt. Die An- wesenheit von Anthracit und von Sulfiden weist darauf hin, dass auch nach Bildung von Eisen- und Manganoxydsilicaten eine solche von Oxydulsilicaten möglich sein konnte. Dass der Inesit seinerseits durch Zersetzung Material zur Bildung von Erzmassen, die zum Klipsteinit hinüberführen, geben kann, ist durch die winzigen, rothbraunen Zersetzungsflocken, welche sich stellenweise in ihm zeigen, wahrscheinlich gemacht. Da aber eine Ausbleichung des Inesit im Fortschreiten der Um- wandlung stattfindet und die rothbraunen Einschlüsse verschwinden, so ist eine Wegführung derselben anzunehmen. Ob nun den Kieselmanganerzen der Lagerstätte wasserfreie, dem Rhodonit zugehörende Mangansilicate als erste Producte vor- ausgegangen sind, kann an dem vorliegenden Material nicht ent- schieden werden, da dieselben nicht bemerkt worden sind. Der nach grösserer Teufe vorschreitende Betrieb wird aber hierüber Auskunft geben. Wie die beiden mehrfach erwähnten, in den Diabas ver- laufenden, apophysenartigen Trümer der Kieselmanganerz -Lager- stätte, ferner die an den Begrenzungsflächen (Salbändern) der- selben hin und wieder blossgelegten Rutschflächen, ebenso die zahl- losen in der Erzmasse befindlichen Klüfte und Schnitte und endlich die an einzelnen Faserbüscheln des Inesit bemerkbaren Stauchungen beweisen, haben vor, während und nach der Bildung der Erz- lagerstätte viele kleine Bewegungen des Nebengesteins statt- gefunden, welche auf das Vorhandensein von mit der Gebirgs- faltung im Zusammenhang stehenden Schiclitungs- und auch Quer- klüften zurückzuführen sind. Unsere Erzlagerstätte erscheint als eine, aus den Absätzen der eindringenden Mineralsolutionen ent- standene theilweise Verkittung einer solchen Schichtungskluft oder Grenzfuge und besitzt demnach den Charakter eines Contactganges. Was nun den Zeitpunkt des ersten Auffindens des Inesit an- Jangt, so ist darüber zu bemerken, dass an einem Handstück von Klipsteinit, welches aus der, durch das mineralogische Museum der Königlichen Bergakademie zu Berlin in den siebziger Jahren erworbenen 1 ) a n n e n be rg’s eben Sammlung herstammt und im 496 Adolf Schneider, Das Vorkommen von Inesit etc. Monzenbaclithal bei Herborn x) gefunden sein soll, kleine Partieen eines röthlichgrauen , faserigen Minerals anhaften, welches als Tremolit signirt war, aber mit dem Inesit identisch ist. Zum Schlüsse spreche ich den Herren Bezirksgeolog Dr. Max Koch für die mir gewährte Unterstützung bei der mikroskopischen Untersuchung, Dr. R. Scheibe für die krystallographische Bestim- mung des Inesit, Dr. C. Bärwald für die Ausführung der Ana- lysen und den Herren Betriebsführern H. MöbüS in Oberscheld und W. Hardt in Frohnhausen für freundliche Ueberlassung der zur Untersuchung; nothwendigen Erze meinen verbindlichsten O O Dank aus. ’) Der Angabe von Kobell’s bezw. von Klipstein’s (vergl. Erdmann, Journal für praktische Chemie, Jahrg. 1866, S. 181) ist berichtigend hinzuznfügen, dass bei Herborn, wie Herr Bergrath Frohwein von Dillenburg die Freundlichkeit hatte mir zu bestätigen, eine Grube »Bornberg« nie bestanden hat, wohl aber eine Grube »Burmberg« im Monzenbachthal vorhanden ist, in welcher durch Prof, von Klipstein im Jahre 1865 der Klipsteinit gefunden worden ist. Abhandlungen von ausserhalb der Koni gl. geologischen stehenden Personen. Landesanstalt Jahrbuch 1887, Ci] Ueber das Vorkommen des oberen Jura in der Nähe von Kirclidornberg im Teutoburger Walde. Von Herrn Georg Gante in Cassel. Auf der von von Dechen herausgegebenen geognostischen Karte des Teutoburger Waldes findet man als einzigen Ort, an welchem der obere Jura zur Ablagerung gekommen ist, den Kreuz- krug bei Kirclidornberg verzeichnet, und auch liier ist derselbe nur auf eine Länge von 500 — 600 Meter und eine Breite von höchstens 200 Meter entwickelt. Das Vorkommen desselben hier auf dem Nordostabhang des Muschelkalkrückens ist um so auf- fallender, als erst einige Meilen nordwärts in der Kette des Weser- gebirges der obere Jura wieder zum Vorschein kommt, während die ganze Mulde zwischen Teutoburger Wald und Wesergebirge, abgesehen von einzelnen lokalen Tertiärablagerungen, wie im Doberg bei Bünde, nur von älteren Formationen bis zum Lias aufwärts ausgefüllt wird. Noch auffallender war es aber dem Verfasser, dass auf dem Südwestabhang des Muschelkalkrückens, wo die übrigen Glieder der Trias-, Jura- und Kreide-Formationen, wenn auch räumlich in geringer Ausdehnung , zur Ablagerung gekommen sind, der obere Jura gänzlich fehlen sollte. Durch den Bergbau auf die im Wälderthone auftretenden Steinkohlenflötze in der Nähe von Kirclidornberg und durch den zu diesem Zweck von letzterem Dorfe aus getriebenen Stölln hatte man die einzelnen Abtheilungen der oben erwähnten Formationen aufgeschlossen, merkwürdigerweise aber das Vorhandensein des 4 Georg Gante, lieber das Vorkommen des oberen Jura weissen Jura übersehen. Abgesehen davon, dass der Stölln schon vor etwa 50 Jahren aufgefahren ist, und die Leiter des Unter- nehmens mehr praktische als wissenschaftliche Zwecke verfolgten, ist das Uebersehen bezüglich Nichterkennen des oberen Jura schon aus dem Grunde erklärlich, weil das Vorkommen desselben wesentlich von demjenigen in anderen bekannten Gebieten ab- weicht, und das Gestein selbst theilweise sehr leicht mit dem des Muschelkalkes verwechselt werden kann. Während es nun dem Verfasser trotz aller Mühe — das Flussbett des am Kreuzkruge vorbeifliessenden Baches wurde unter anderem sorgfältig untersucht, — nicht gelungen ist, das Vorhandensein des weissen Jura an der auf der von DECHEN’schen Karte angegebenen Stelle nachzuweisen, wurde der obere Jura auf dem Südwestabhange des Muschelkalkrückens auf eine ziem- lich weite Erstreckung constatirt und zugleich auch das Alter der Sandsteinschichten des Hassberges und Wittbrinkes dem Kreuzkruge gegenüber, welche bisher für Neocom gehalten wurden, genauer bestimmt. Etwa 850 Meter auf dem von Kirchdornberg nach der Stein- kohlenzeche Friedrich Wilhelm führenden Wege zweigt sich nach Westen ein kurzer Fahrweg vou 120 Meter Länge ab, welcher in einen Steinbruch (No. I der nachstehenden Skizze) mündet. Dieser Steinbruch ist etwa 4 — 5 Meter tief und bildet die Fortsetzung eines früheren, jetzt vollständig von Moos überwucherten Stein- bruchs südlich des Fahrweges. Die hier gewonnenen Steine sind bedeutend fester als die sonst zum Strassenbau verwendeten Plänerkalke. Die Schichten stehen fast auf dem Kopfe mit einer geringen Neigung nach Nordosten; die Streichrichtung ist, soweit dies ersichtlich war, parallel dem Hauptstreichen des Gebirgs- zuges vou Nordwest nach Südost. Die Farbe des Gesteins ist in den oberen, mehr der Verwitterung ausgesetzten Theilen grau- weiss und wird nach der Tiefe zu dunkler. Die Mächtigkeit der Schichten beträgt nur 4 — 6 Meter; im Hangenden und Liegenden zeigt sich ein aus Letten bestehendes und von Kalkspathadern durchzogenes grünlich - braunes Gestein, dessen Verwendbarkeit zu Bausteinen und zur Pflasterung ausgeschlossen ist, da dasselbe nach t Wert her in der Nähe von Kirchdornberg im Teutoburger Walde. 5 250 0 500 1 0 0 0 2 000 rn Muschel- Keuper Lias Dogger Heersumer Oberer Wealden Hils kalk Schichten weisser Jura an der Luft schnell verwittert und zerfällt. Zwischen diesen Schichten setzt etwa 1 Meter vom Liegenden 1) eine mit schwarz- blauem Letten ausgefüllte Kluft durch. Der Zusammensetzung nach besteht das Gestein vorwiegend aus kohlensaurem Kalk, da es mit Säure betupft heftig aufbraust. Auf dem Bruch erscheint dasselbe grobkörnig-oolithisch. Mitunter finden sich darin Gerolle von Nussgrösse und darüber, die so innig mit dem feineren Binde- mittel verkittet sind, dass sie beim Zerschlagen eines Gesteins- stückes nicht herausfallen, sondern zerspringen. Im Allgemeinen ist das Gestein arm an Versteinerungen, nur Stücke kleinerer Austerschalen finden sich häufiger. Als wichtigste Versteinerung kann das Bruchstück einer Nerinea von 45 Milli- meter Länge und 30 Millimeter Durchmesser gelten. Dieselbe ist langkegelförmig, sehr allmählich sich nach oben verjüngend. Der Durchmesser des Nabels beträgt an der Mündung 8 Millimeter, x) Da die Gebirgsschicbten vollständig überkippt sind, sind die anscheinend bangenden Schichten thatsächlich die liegenden. 6 Georg Gante, Ueber das Vorkommen des oberen Jura die Höhe der untersten Windung 15, die der nächstfolgenden 10 und die der dritten 9 Millimeter. Die Mitte eines jeden Um- ganges ist von einer ziemlich tiefen Furche durchzogen, welche parallel dem Umgänge läuft. Der Spiralwinkel ist gering. Sie hat am meisten Aehnlichkeit mit der aus dem mittleren Kimme- ridge (s Qüenst.) stammenden Nerinea Gosae F. A. Roem.1). Obwohl das Stück nur ein Steinkern ist und desshalb der für die genannte Species charakteristische aus 18 bis 20 Knoten gebildete Naht- wulst und auch die sichelförmigen nach oben zurückgebogenen Anwachsstreifen nicht sichtbar sind, so möchte ich dennoch (da der sonstige Bau dem der Nerinea Gosae sehr ähnlich ist) die Versteinerung zu jener Species rechnen. Ferner fanden sich kleine Lepidotus- und Pycnodus ähnliche Zähne. Dieselben erreichen eine Höhe von 2 — 4 Millimeter, einen Durchmesser von 1 — 8 Millimeter und sind cylindrisch oder oval geformt. Die Krone ist flach oder wenig gewölbt und theilweise (. Lepidotus ) mit einer kleinen Vertiefung versehen. Die Farbe ist oben tiefschwarz, unten bräunlich. Von einer Pycnodus- Art fand sich noch ein Theil einer der vier Zahnreihen, aus drei Zähuen bestehend, vor, welche nach ihrer geringen Grösse zu urtheilen, der vierten oder dritten Reihe angehören. Auch wurde ein Knochen, etwa 50 Millimeter lang und etwa 30 Millimeter breit, gefunden, doch gelang es nicht, denselben unversehrt aus dem Gestein heraus zu bekommen. Der Streichrichtung der im eben beschriebenen Steinbruche anstehenden Schichten folgend, gelangt man zu dem etwa 300 Meter entfernt liegenden Steinbruch. (No. II der Skizze.) Während im Steinbruch No. I das Einfällen noch als nord- östlich bezeichnet werden konnte, stehen hier die Schichten auf dem Kopfe oder zeigen schon ein südwestliches Einfallen und sind demnach weniger überkippt. Auch liier haben die zu baulichen Zwecken verwendbaren Schichten nur eine Mächtigkeit von wenigen Metern, während das Flangende und Liegende derselben sehr schnell der Ver- x) H. Credner, Ueber die Gliederung des oberen Jura etc. S. 160, Taf. I, Fig. 2. in der Nähe von Kirclulornberg im Teutoburger Walde. 7 Witterung unterliegt. Conglomerate treten noch häufiger wie im Steinbruch No. I auf. Auch hier zeigen häufig ganze Quader die oolithische Struktur der im Steinbruch I anstehenden Schichten. Versteinerungen waren selten, nur einige Knochen- und Pflanzen- Eeste, welch’ letztere verkiest sind, fanden sich vor. Bemerkens- werth ist ferner noch das Vorkommen von Asphalt, welcher kleine Risse und Spalten der Kalksteinbänke durchsetzt. Höchst wahrscheinlich rührt auch die dunkle Farbe der tiefer liegenden Schichten von der Imprägnation mit diesem Bitumen her, während die oberen Schichten durch das Sonnenlicht nnd sonstige atmo- sphärische Einflüsse gebleicht sind. Es dürfte dieses Vorkommen von Asphalt grosse Aehnlichkeit mit demjenigen in der Nähe von H annover am Ith und bei Limmer haben. Den dritten Aufschlusspunkt bildet der etwa 300 Meter vom Steinbruch No. II entfernt liegende, augenblicklich nicht im Betrieb befindliche Steinbruch No. III der Skizze. Hier zeigen die Schichten deutlich das ursprüngliche Einfallen nach Südwest und zwar unter einem Winkel von 50 — 60°. Versteinerungen wurden nicht gefunden und herrschte auch hier die oolithische Struktur vor. Aus der in allen drei Steinbrüchen gefundenen geringen Zahl von Versteinerungen würde sich kaum bestimmen lassen, mit welchem Gliede des oberen Jura man es zu thuu hat, zumal Leitfossilien, mit Ausnahme der erwähnten Nerinea , vollständig zu fehlen scheinen. Aus der Lage dieser Schichten indessen zu den im weiteren Verlauf der Arbeit behandelten wird es aber doch möglich sein, annähernd zu bestimmen, welchem Gliede des oberen Jura dieselben zuzuzählen sind. Kurz vor dem Steinbruch No. I führt nach Norden hin ein schmaler Hohlweg ab, welcher einen weiteren Aufschluss bietet. (Punkt B der Skizze.) Man sieht, dass hier in einer Entfernung von nur 8 Meter die Schichten allmählich flacher nach Nordosten einfallen. Dieselben bestehen vom Hangenden nach dem Liegenden zu aus oben verwitterten Massen, wie schon vorher erwähnt, dann folgen grauweisse, sehr feste Kalksteine und darunter lagert eine 1 Meter mächtige, grün - bräunliche Schicht, aus Letten be- stehend. In den festen Kalken fehlt die oolithische Struktur vollständig. 8 Georg Gante, Ueber das Vorkommen des oberen Jura Es fand sich ein Bruchstück eines Gastropods, welches mit der Melania Bronnii F. A. Roemer identisch zu sein scheint und stimmt dieselbe auch mit dem in der Sammlung der geologischen Landesanstalt zu Berlin vorhandenen Exemplar vollständig überein. Ferner fanden sich das Bruchstück einer Nerinea cfr. Visurgis F. A. Roem. von sehr schlanker Form, ein Bruchstück eines Ab- druckes eines Pecten , ein Stückchen von der Schale eines Echi- niden und endlich in ziemlich guter Erhaltung die Eccogyra vir- gula Golde. Wenngleich auch hier die Anzahl der gefundenen Versteine- rungen sehr gering und der Erhaltungszustand derselben ein wenig guter ist, so dürfte man doch aus dem Vorkommen der Exogyra virgula schliessen, dass diese Gesteine dem Kimmeridge angehören. Die oben erwähnte grün-bräunliche Schicht bildet den Ueber- gang zu braunen Sandsteinschichten, welche nach Farbe und Be- schaffenheit genau dem weiter südlich liegenden, die höchsten Kuppen des Gebirges bildenden Hilssandstein ähnlich sehen. Die Mächtigkeit dieser braunen Sandsteinschichten liess sich nicht genau feststellen, da der Weg sehr bald den Charakter eines Hohlweges verliert, und der Boden an der Oberfläche mit Humus bedeckt ist. Indessen beträgt die Mächtigkeit, nach den überall um- herliegenden Sandsteingeröllen zu schliessen, mindestens 100 Meter. Auf der von DECHEN’schen Karte ist das Auftreten dieser Saud- steinschichten nicht bezeichnet, sondern an Stelle derselben findet sich der braune Jura, wie solcher weiter nördlich durch den alten Stölln und an anderen auf der Skizze angegebenen Punkten unzweifelhaft aufgeschlossen ist. Anfänglich glaubte ich wegen der grossen Aehnlichkeit mit dem Hilssandstein auch dieses Vorkommen für eine den mecha- nischen Einflüssen des Wassers und der Luft entgangene Scholle einer Hilsablagerung halten zu müssen, trotzdem ich mir die Con- cordanz der Schichten mit denen des oberen Jura nicht erklären konnte. Da jedoch nach den Lagerungsverhältnissen das ganze Gebirge bedeutenden Störungen unterworfen gewesen sein muss, 0 Versteinerungen des norddeutschen Oolitlien- Gebirges S. 159, Tab. IX, fig. 22. in der Nähe von Kirchdornberg im Teutoburger Walde. 9 so schenkte ich diesen Schichten anfangs um so weniger Auf- merksamkeit, als ja auch der Hassberg und Wittbrink auf dem Nordabhang: des Muschelkalkrückens für Hilsschollen angesehen wurden. Ich verfolgte indessen diese Schichten über den vom Dorfe Kirchdornberg nach der Steinkohlenzeche Friedrich Wilhelm führenden Weg in südöstlicher Richtung weiter und fand hier in einer Thalrinne (Punkt A der Skizze) einen kleinen verlassenen Steinbruch, dessen Material früher zur Herstellung von Gement benutzt worden ist. Die hier gebrochenen Steine hatten aber einen zu geringen Kalkgehalt ergeben und der aus denselben bereitete Gement hatte so wenig Bindekraft, dass der Betrieb des Stein- bruches sehr bald eingestellt wurde. Das Gestein zeigt hier eine tief braune bis schwarze Farbe, ist häufig von helleren Flammen durchzogen und ähnelt in mancher Beziehung den im Lias vorkommenden, zur Cementfabrikation verwendeten, thonhaltigen Kalksteinen. Die der Verwitterung ausgesetzten Blöcke besassen eine bedeutend hellere, grauweisse Kruste, während der Kern noch die ursprüngliche Farbe zeigte. Im Uebrigen liess sich das Gestein sehr schlecht mit Hammer und Meissei bearbeiten und die darin vorhandenen Versteinerungen zersprangen häufig beim Zerschlagen des dieselben umschliessenden Materials. Eine Schichtung war nicht wahrzunehmen, da nur einzelne Blöcke aus dem mit dichtem Gesträuch bewachsenen Boden herausragten. Die Versteinerungen, welche ich hier fand, belehrten mich sehr bald, dass diese Sandsteine nicht dem Hils angehören konnten. Von den sämmtlichen, hier gefundenen Petrefakten war kein ein- ziges mit den im Hils vorkommenden identisch und das häufigere Auftreten von Ammoniten, die im Hils des Teutoburger Waldes zu den Seltenheiten gehören, meines Wissens aber in den Hils- sandsteinbrüchen der benachbarten Hüneuburg noch irar nicht ire- funden worden sind, führte mich zu der festen Ueberzeugung, dass ich es mit einer älteren Formation zu thun haben müsse. Bei näherer Untersuchung stellte es sich denn auch heraus, dass der erwähnte Ammonit der in den Heersumer Schichten typische Ämmonites cordatus Sow. sei. 10 Geokq Gante, Ueber das Vorkommen des oberen Jura Ausser diesem fand sich in einem unvollständigen Exemplar der Abdruck eines Ammoniten, den ich für den gleichfalls in den Heersumer Schichten vorkommenden Ammonites plicatilis Sow. halte. Die unregelmässig vertheilten Rippen sind meist gerade, zum Theil etwas gebogen und in der Nähe des Rückens zweispaltig. Ein Kiel ist nicht vorhanden, doch bildet bei dem vorliegenden Exemplar der Rücken eine mässig scharfe Kaute, über welche indessen die Theilrippen fortsetzen. Von Brachiopoden fand ich eine kleine Rhynchonella, welche mit Rhynchonella varians v. Sciilotii. grosse Aehnlichkeit hat und welche sowohl als Steinkern, als auch mit Schale erhalten war. Von Zweischalern ist zunächst eine Lima zu erwähnen, welche durch ihre Grösse sehr an die L. gigantea des Lias erinnert. Dieselbe ist gestreckt und wenig ungleichseitig. Die radiale Rippung ist sehr dicht und fein, von concentrischen Anwachsstreifen in ziemlich weiten Zwischenräumen durchzogen und an den Zuwachs- ansätzen wellig geformt. Die Länge derselben beträgt 35, die Breite 30 Millimeter. Dieselbe dürfte vielleicht mit der Lima nubantiquata F. A. Roem. ]) identisch sein. Eine Pholadomya fand sich nur als Bruchstück, der obere Theil derselben mit den Wirbeln, welche ich als Pholadomya paucicosta F. A. Roem. bestimmt habe. Besonders bemerkenswerth ist eine Goniomya, deren beide Schalen sehr schön erhalten sind. Die Form derselben ist quer- oval, die Höhe beträgt vom Wirbel bis zum Schalenrande ge- messen 39, die Länge 58 Millimeter. Die Rippen, etwa 20 an der Zahl, gehen von beiden Seiten des Wirbels aus und wei’den unter einem stumpfen Winkel durch einen Querbalken verbunden. Diese Querbalken sind allerdings nur auf den Wirbeln sichtbar, während sie nach dem Mantelrande zu mehr und mehr verschwinden. Nur die äussersten beiden Rippen ziehen sich in eiförmigen Linien parallel dem Schalenrande herum. Sie unterscheidet sich von der im Lias o. vorkommenden G. rhombifera Golde, durch ihre bedeutende Grösse und dadurch, dass die zweimal geknickten Rippen nur wenig über den Wirbel hinaus die Rhombenform er- ') 1. c. S. 78. in der Nähe von Kirchdornberg im Teutoburger Walde. 1 1 kennen lassen. Sie dürfte mit der Goniomya litterata Sow. iden- tisch sein. Ferner wurde eine Thracia gefunden, welche mit Thracia incerta Thurm, viel Aehnlichkeit besitzt. Dieselbe ist fast ffleichschalig; vorn mehr abgestutzt als hinten, während hinten eine vom Wirbel ausgehende Falte bis zum Rande verläuft. Die Höhe beträgt 45, die Breite 64 Millimeter. Die rechte Schale einer Muschel, an welcher indessen der Schlossrand wenig deutlich sichtbar ist, erinnert sehr an Sanguinolaria undulata QuenStedt 1). Es ist eine sehr schlanke Form, 24 Millimeter breit und 57 Millimeter lang, mit concentrischen Rippen versehen, welche nach vorn un- deutlich verlaufen. Zugleich verjüngt sich die Schale nach vorn und scheint dort weit zu klaffen. In dem bei Punkt B bezeichneten Hohlwege, an welchem die oben angeführten Schichten in ihrem Streichen nach Nordwesten hin einen Aufschlusspuukt bieten, fand sich ausser einem kleinen Gastropoden, vielleicht einer Chemnitzia zugehörig, ein Abdruck eines Pecten , der merkwürdigerweise ausserordentlich häufig in den Sandsteinen des Hassberges und Wittbrinkes ist und, wie noch weiter unten erwähnt werden wird, auch im Streichen dieser Schichten in der Nähe von Werther angetroffen wurde. Die Schalen sind ungleich, die rechte meist symmetrisch, die linke mehr oder weniger schief. Vom Wirbel gehen dichte, feine ra- diale Rippen aus, welche feine kurze Stacheln tragen. Derselbe hat grosse Aehnlichkeit mit dem im Korallenoolith ( ß Quenst.) häufig auftretenden Pecten subßbrosus d’Orb. In den unteren Schichten des Wittbrinkes, gegenüber dem Kreuzkruge, welche aus einem sehr festen, kieselartigen Sandstein bestehen, wird ausser der grossen Fülle von Trigonien namentlich dieser Pecten sehr häufig gefunden. Ebenso waren Ammoniten häufig und unter ihnen Ammonites cordatus Sow. Der Sandstein des Hassberges und Wittbrinkes kann in Folge dessen nicht dem Hils angehören, sondern muss einer älteren For- !) Handbuch der Petrefaktenkunde S. 657, Taf. 58, hg. 1. 12 Geokg Gante, Ueber das Vorkommen des oberen Jura mation zugezählt werden, eine Behauptung, die sich durch die bei der Stadt Werther untersuchten Aufschlüsse bestätigt. Während auf dem Nordostabhange des den Kern des Teuto- burger Waldes bildenden Muschelkalkrückens im ganzen Verlauf des Gebirges nur Keuper und Lias zur Ablagerung gelangt sind, zieht sich von Kirchdornberg; bis in die Nähe von Werther ein Sandsteinzug hin, der in dem Hassberg und Wittbrink seine höchsten Erhebungen bildet. Die Sandsteinschichten reichen theil- weise bis dicht an die von Bielefeld nach Werther führende Chaussee heran und gewähren dort einige Aufschlusspunkte. Zu einem der wichtigsten gehört die einen Hohlweg bildende alte Werther Poststrasse, welche sich in einer Entfernung von etwa 1,5 Kilometer vor der Stadt Werther westlich von der neuen Chaussee abzweigt. Namentlich an der nördlichen Seite der Chaussee sind die Schichten auf eine ziemlich weite Entfernung blosssreleort , und man kann hier auch das nordöstliche Einfallen derselben constatiren. Das Gestein, ein Sandstein, variirt in der Farbe und in der Härte sehr; bald hat dasselbe das dunkle, von hellen Flammen durchzogene Aussehen wie an dem Aufschlusspunkte B bei Kirch- dornberg und in den oberen Schichten des Hassberges und Witt- brinkes und ist dann nicht besonders fest, bald ist es heller und kieselartiger, wie die unteren Schichten des Hassberges und Witt- brinkes in dem Thal zwischen den beiden Hügeln, bald endlich ist es braun und zerreiblich und ähnelt dann sehr dem Hilssandstein. Schon das Auftreten des Ammonites cordatus , den ich hier in verschiedenen Exemplaren fand, zeigte mir, dass diese Sand- steinschichten nicht dem Idils angehören konnten und das Bruch- stück eines Abdruckes eines anderen Ammoniten, den ich als Ammonites mendax v. Seebach1) bestimmen, möchte, gaben mir die Gewissheit, dass auch diese Ablagerungen den Heersumer Schichten zuzuzählen sind. Von Brachiopoden fand sich die vorher erwähnte Rhynchonella varians v. Schloth. wieder und ferner eine sehr ähnliche Species der- x) Der Hannoversche Jura, S. 154, Tat. IX, fig. 3. in der Nähe von Kirckdornberg im Teutoburger Walde. 13 seihen Gattung, welche indessen bedeutend grösser ist. Letztere ist auf der Bauchseite ganz flach, während sich auf der Mitte der Rückenseite eine Vertiefung befindet, so dass hier die Seiten be- deutend vorstehen. Von Zweischal ern fanden sich zwei Pholadomyen , von denen ich die eine als Plioladomya hemicardia F. A. Roem. bestimmte und das Bruchstück, nämlich der Wirbel, der linken Schale der Goniomya sp. mit rhombenförmigen Rippen, höchstwahrscheinlich derselben Species angehörend, wie das bei Kirch dornberg gefundene Stück. Ferner trat in den mehr kieseligen Partieen, welche, wie schon erwähnt, sehr grosse Aehnlichkeit mit den unteren, im Wittbrink anstehenden Schichten zeigten und eine solche Menge von Versteinerungen enthielten, dass beim Zerschlagen eines Stückes die meisten zerbrachen , Trigonia muricata Goldf. häufiger auf. Von Gastropoden fanden sich eine Menge von Steinkernen von Chemnitzia. Der aus Kitt hergestellte Abdruck zeigt eine stumpfkegelförmige Gestalt mit vielen Spiralstreifen, welche mit Knötchen versehen sind. Leider ist der letzte Umgang mit dem Mundsaum nicht erhalten, so dass eine genauere Bestimmung der Gattung nicht möglich ist. Die Gattung Pecten wurde in verschiedenen Exemplaren ( Pecten cfr. fibrosus ) gefunden, unter welchen sich auch der schon vorher erwähnte, am Hassberg und beim Punkte B in der Nähe des Steinkohlenschachtes Friedrich Wilhelm gefundene Pecten subfibrosus d’Orb. befand. Fassen wir die Resultate der vorliegenden Arbeit kurz zu- sammen, so ergiebt sich Folgendes. Auf beiden Seiten des Muschelkalkrückens des Teutoburger Waldes ist das Vorhandensein des oberen Jura nachgewiesen, und zwar lässt sich die aus Sandstein bestehende Zone durch das häufige Vorkommen des Ammonites cordatus als Oxford oder Heersumer Schichten näher bestimmen. Die Schichten des Hass- berges und Wittbrinkes, welche bisher für Hils gehalten wurdeu, gehören ebenfalls den Heersumer Schichten an, während in dem 14 Georg Gante, Ueber das Vorkommen des oberen Jura etc. Bachthal zwischen den beiden Bergen nachweisbar Dogger und Lias auftreten. Die über den Heersumer Schichten liegenden weissen Kalke auf der Südwestseite des Muschelkalkrückens (Punkt B der Skizze) mit den Nerineenbruchstücken und der Exogyra virgula dürften zum Kimmeridge zu zählen sein, doch wird eine Gliederung derselben in oberen, mittleren und unteren Kimmeridge wenigstens an dem oben erwähnten Aufschlusspunkte wegen der geringen räumlichen Ausdehnung und der schlecht erhaltenen Versteine- rungen vorläufig: nicht möglich sein. Die auflagernden, festen Kalke, welche die feine oolithische Struktur zeigen, und die leicht verwitternden grau - grünlichen Lettenmassen im Hangenden und Liegenden derselben würden dann vielleicht dem Portland und Purbeck entsprechen, auf welche der Wälderthon mit den in demselben aufgeschlossenen Steiu- kohlenflötzen folgt. A. W Schade’s Buchdruckerei (L. Schade) in Berlin, Stallschreiberstr. 45/46. Berichtigungen zum Jahrbuch für 1885. Abhandlungen von Mitarbeitern der Königl. geologischen Landesanstalt. Seite 276 Zeile 6 von unten lies: vielmals statt vielmehr. » 276 » 3 » » » organischen statt animalischen. » 277 » 3 » » » 7) statt n. » 313 » 17 » oben » Ausnahme statt Annahme. » 314 » 4 » » » im statt ein. » 314 » 16 » » » werden statt wurden. » 318 » 5 » unten » die Bank statt bei Bank. » 319 » 5 » oben » Nur statt Vor. » 321 » 15 » » » Calcinema statt Calcinima. Erkl ärung ZU Tafel IX Fig. 3 zu ergänzen : b b Lücken und Hohlräume. » » » IX » 4 » » a a Gastropoden. » » » IX » 4 » » b c Oolithkörner. » » » IX » 5 » » a a Kalksteinkörner. » » » IX » 5 » » b b Mergelkörner. » » » XIII » 1 » » c c Hohlräume. » » » XIII » 7 » » c c Hohlräume. » » » XIII Zeile 4 von unten lies: mit Foraminiferen statt aus Foraminiferen. Berichtigt! n gen z u m Jahrbuch für 1887. Abhandlungen von Mitarbeitern der Königl. geologischen Landesanstalt. Seite 158 Zeile 6 von oben lies: 24 statt 23. » 233 » 14 » » » concave statt convexe. » 361 » 17 » » » hochnordische Fauna statt Eismeerfauna. » 366 » 6 » » » Schulzenshof statt Schulzendorf. » 369 » 10 » unten » der Luft und der dabei statt der Luft der dabei. 1 ( Tafel I Fig. 1. Oolithischer Kalkstein mit ovaleu und runden, hellen und trüben Oolithkörnern. Querschnitt einer Cornmpira. Fig. 2. Oolithkörner mit undeutlichen Querschnitten von Cor- nuspira. Fig. 3. Oolithischer Kalkstein mit einem aus 2 Oolithkörnern zu- sammengesetzten Oolithkorn. Fig. 4. Oolithischer Kalkstein mit zahlreichen , Foraminiferen- haltigen, ovalen Oolithkörnern. Ein Oolithkorn mit mehreren Anwachsringen. Fig. 5. Oolithischer Kalkstein mit trüben Oolithkörnern. Sämmtliclie Figuren sind Abbildungen nach Photographieen von Dünnschliffen aus Gestein der oberen Schaumkalkbank bei Meiningen in etwa 50 fach er Vergrösserung. © © © Jahrbuch d.geolog.Laudesanstu.Bergakademie 1887. Taf . I . Lichtdruck vA. Frisch Berlin. Tafel II. Fig. 1. Oolithischer Kalkstein mit trüben, in die Länge gezogenen Oolithkörnern und mit Schalenresten , überzogen mit oolithischer Substanz. Gestein aus der unteren Schaum- kalkbank bei Meiningen. Fig. 2. Regelmässige Oolithbildung der unteren Schaumkalkbank bei Meiningen. Fig. 3. Trübe und lichte, grobkristallinische durch Druck und Reibung deformirte Oolithkörner. Gestein aus der Oolithbank ß am Heldrastein. Fig. 4. Dunkele, runde und ovale Oolithkörner. Gestein aus der zuckerig gewordenen oberen Schaumkalkbank im Ge- meindebruch bei Mihla. Die Figuren sind Abbildungen von Dünnschliffen in etwa 50 facher Vergrösserung. Jahrbuch d.geolog.Landesanst uBergakademie 188/. Taf. II. Lichtdruck v A Frisch, Berlin. Tafel 1X1. Fig. 1. Oolithischer Kalkstein aus der unteren Schaumkalkbank der Zone o vom Ramsberg bei Eisenach. Fig. 2 und 3. Durch Wasserbewegung zerbrochene und aus ein- ander gezogene Oolithköruer. Gestein aus der Oolith- bank ß vom Heldrastein. Fig. 4. Durch den Druck des Wassers zusammengeschobene und zerquetschte Oolithköruer. Ebendaher. Die Figuren 1 — 3 sind nach Photographieen von Diinu- schliffen hergestellt. Fig. 4 ist unter dem Mikroskop gezeichnet. Vergrösserung aller Abbildungen etwa 50. Jahrbuch d.geolog.Landesanstu Bergakademie 1887. Taf. H. Lichtdruck v A. Frisch, Berlin. Tafel IV. \/ Fig. 1. Fayolia Sterzeliana n. sp., von Borna bei Chemnitz, Ha inichen-Ebersdorfer Schichten. In der geologischen Laudessammlung in Berlin. \j Fig. 2. Desgl. Geologische Landessammlung in Leipzig. Taf. IV. WStaack del Li eilt druck v. A. Frisch, B eilin , Taf.V. Stembaclt- KoTübertj Altersbach Arzt>erg Hallenbers * Meter über Meer. Süd V ; i [ _ Ob ci' - Ruth- Zi e cf &7Lde.s Ti"- — ■ v 1 — jf y / J fi tte.l-Jtotkli&c/ e7id.es ^Jlittlerer Bunts andstem. i'2, 03 = Verti callamellen der Antisiphonalseite ; Yb 72 , 73 = Verticallamellen der Siphonalseite S. 180 — e. Orthoceras Berendti Dewitz. Querschliffe 0 und ux — V erticallamelle S. 180 Desgl. 4 a Querschliff; 4 b Tangentialschliff' senk- recht zur Ebene der Yerticallamelle; 4cLängs- schliff' in der Ebene der Verticallamelle; s = Septum; an = hinterer Pseudoseptum; X7T = hintere Horizontallamelle; 0 = Vertical- lamelle s/x (Jer natürl. Grösse S. 181 Taf.VH . Jahrb.d.geol.Landesansl.u. Bergakad 1887. 1a, . 1c. 1b. Tafel VIII. Fig. 1. Orthoceras severum Barr. Copie von Barrande Syst. sil. II, PI. 229, fig. 5 — 8. - — la von der Seite gesehen, die drei hinteren Kammern im Längsschnitt ; 1 b Ansicht des Abdruckes der Concavfläche der hinteren Pseudoseptallamelle ; 1 c Ansicht der Convexfläche der vorderen Pseudoseptallamelle ; 1 d Idealer Tangential- schnitt durch die Pseudoseptalfalten . S. 185 Fig. 2. Lituites lituus Monte. Czerwiusk in West- preussen. Geologisches Landes - Museum. — 2 a LängsschlifF in der Ebene der Vertical- lamelle; 2 b Längsschliff, etwas seitlich davon S. 166 Fig. 3. Orthoceras truncatum Barr. Hintere Abstumpfung des Individuums Barrande PI. 342, fig. 2 . . S. 222 Fig. 4. Desgl. Barrande PI. 343, fig. 2, 2/i der natürl. Grösse S. 223 Fig. 5. Desgl. Barrande PI. 343, fig. 14, 3/2 der natürl. Grösse S. 223 Fig. 6. Orthoceras planiseptatum Sandberger. 6 a Fahnen- berg bei Ems. Geologisches Landes-Museum. — 3/ 2 der natürl. Grösse; 6b Oberfläche eines Kammerausfüllungsegmentes. Zellerfeld. Geolo- O o gisches Universitäts- Museum Berlin . S. 191 Fig. 7. Nautilus pompilius L. Normallinie 2/i der natürl. Grösse S. 196 Buchstabenerklärung für alle Figuren. K Ausfüllung des Kammerlumens (= Barrande's depöt conique), sp hinteres ) . feeptum, sa vorderes ) p Sipho, m x an CS U a a XU x a Uli u a Barrande’s »ligne de soudure«, Bruchrand der änsseren Schalenmembran, Annulus, hinteres i , Pseudoseptum, vorderes ) hintere ) , Pseudoseptallamelle, vordere ) hintere 1 , / Pseudoseptalfalte. vordere } Taf. VI . ihi'b. dcjeol. Landesaiist.u. Bergakad . 1 887 . W: Pute ad. rat in Jap del. Druck v. A. Renan d Tafel IX. Bleischlackenkegel von der Stolberger Hütte S. 233 Jahrbuch d.geolng.tandesanstu-Bergakademie 1887. Taf.IX Autor phot . lichtdruckv A.Frisch, Berlin. Tafel X. Fig. 1. Dünnschliff ans einem Leucitkrystall vom Vesnv (Canale del Inferno) bei 460facher Vergrösserung. Derselbe zeigt einen Melanitkrystall zwischen zwei aus Melanitkrystalliten bestehenden Trü- bungszonen des Leucits (Ungeglüht) . . . . S. 251 Fig. 2. Dünnschliff aus der geglühten Hälfte desselben Krystalls bei 4G0 facher Vergrösserung. Die kleinen Krystalliten sind in Glaseinschlüsse mit Bläschen verwandelt. Ein grösserer Glasein- schluss mit Bläschen rührt ebenfalls von Melanit her. Ein anderer Glaseinschluss mit unver- ändertem krystallinischen Kern und Bläschen entspricht einem schwerer schmelzbaren weissen Mineral (Nephelin?) S. 253 Jahrb.d. geolog. Landesänst . u. Bergakad. 1887. Tal'. X. 2. 0 Q i CD CJ> O CP . £.® ^ o G3 © o © a ©( 0. ~W 0 © © Q 0 % % ® Q ® © © Q CP © © © © Q Qq1 © © © © o © CD ( © ©0 ®-6 © O (9 <5> Qi O Q <© ©0 © &© © G? ® 00 G Q QQ © © © © © Cö o <© o © 0 Q o © ® © Q0® Q ® Pf) E.Ohnuum, hlh.. Druck v. A. RenmiöL. Talei XI Geweih von Dama vulgaris Brook aus dem unterdiluvialen Süsswasserkalk von Belzig. Fig. ]. Ansicht des ganzen Geweihes schräg von vorne. O O O Fig. 2. Rechte Schaufel von der Seite. Fig. 3. Linke Schaufel von der Seite. Sämmtliche Figuren 1/e der natürlichen Grösse. Jahrbuch d.geolog.LandesanstaBergakademie 1887. Taf.XI. W. Pütz pliot. Lichtdruck v A. Frisch, Berlin. Tafel XII. Fig. 1. V Fig. 2. i/Fi«- 3- Exemplar von Tylodendron speciosum aus dem Feldspath- sandstein am Bahnhofe zu Ottweiler von der Seite gesehen. — Natürliche Grösse. Dasselbe von vorne gesehen. — Natürliche Grösse. Querschliff des über a, b, Fig. 1 befindlichen Stückes. — Natürliche Grösse. In allen 3 Figuren bedeuten: M = Mark, II = Holz, a = Astrest, b — Astabgangsstelle, sich narbenförmig markirend. Jahrbuch d.geolog.LandesanstuBergakademie 1887. Taf.Xfl. Gez.vonW.Piitz u.E.Raatz. Lichtdruck A. Frisch, Berlin. Tafel XIII. Fig. 4. Querschliff durch das Holz. — Stark vergrössert. Fig. 5. Radialschliff durch das Holz. - — Stark vergrössert. Fig. 6. Tangentialschliff durch das Holz. — Stark vergrössert. Fig. 7. Querschliff durch Markgewebe. — Stark vergrössert. Fig. 8. Stück einer Spiralhydroi'de aus der Markkrone. — Stark vergrössert. Fig. 9. Längsschliff durch Markgewebe. — Stark vergrössert. Jahrbuch d. geolog. Landesanst. u. Bergakademie 1887. Taf. XIII. Gez. von C. Boeuecke. Druck von A. W. Schade. Tafel XHIa. M Fig. 10. \ Fig. 11. Fig. 12. Fig. 13. Fig. 14. Steiukern einer Markanschwellung von Tylodendron saxo- nicum aus dem Rothliegenden des Mansfeldischen. — Natürliche Grösse. Längsschliff durch das Mark von Tylodendron speciosum des kleineren LAPOiNTE’schen Stückes, von der Peri- pherie bis zur Centralachse des Markes reichend, um die Pseudo - Diaphragmen zu zeigen. — Natürliche Grösse. Wachsabdruck der durch Ausbürsten von seinem Marke befreiten Markhöhlung des Hauptstammes von Arau- caria imbricata. — Natürliche Grösse. Vorsprünge des Markes die Astabgänge anzeigend. Ein Rhombenfeld des Wachsabdruckes der Markhöhluug von Araucaria imbricata. Der die Figuren 12 und 13 verbindende Strich führt auf das betreffende Feld des Abdruckes. — 2 x/2 mal vergrössert. Ein Rhombenfeld des grösseren LAPOiNTE’schen Exem- plares. — Natürliche Grösse. Jahrbuch d.jSeolog.Landesansi u.Bergakademie 1887. faUXIU. a Gez.von W.Pütz L ichtdruck v. A.Fri sch. B e rl i n . Jahrbuch d.geolog.LandesanstuBergakademie 1887. Taf.XIV. W.Pütz clel. Lichtdruck v.A.Frisch., Berlin. . Tafel XVI. Fig. 1. Avicula lobata G. Müller von den Spiegelsbergen bei Halberstadt. Fig. 2. Inoceramus sublabiatus G. Müller vom Löliofsberg bei Quedlinburg. Fig. 3. Inoceramus involutus Sow. von Zilly. Fiff. 4. » » » » » Die abgebildeten Exemplare befinden sich im geologisch- palaeontologischen Museum der Universität Göttingen. Taf.XVI. Li eilt druck v: AJnscli, B_e rlin. 4t Jahfb.d-geol.Landesanst u.Berg-Akad.1887. Tal'.XVl. 0 Peters gez Lichtdruck-- AFriscKBerLn Tafel XVII. Fig. 1. Inoceramus Koeneni G. Müller vom Löhofsberg bei Quedlinburg. Fig. 2. Inoceramus Winkholdi G. Müller von Zilly. Fig. 3 a — 3 c. Inoceramus percostatus G. Müller vom Löhofsberg bei Quedlinburg. Die abgebildeten Exemplare befinden sich im geologisch- pal aeontologischen Museum der Universität Göttingen. Taf.XVE. Lichtdruck v.ATrisch, Berlin. Lichtdruck v A Frisch, Berlr Tafel XVIII. Fig. 1. Inoceramus Kleini G. Müller von den Spiegelsbergen bei Halberstadt. Fig. 2. Inoceramus bilobatus G. Müller von Zilly. Fig. 3. » fasciatus G. Müller vom Sudmerberg. Fig. 4 a — 4 b. Goniomya Storni G. Müller vom Butterberg bei Harzburg. Fig. 5. Siliqua concentristriata G. Müller von der Schanzenburg bei Heudeber. Fig. 6. Siliqua sinuosa G. Müller von der Schanzenburg bei Heudeber. Fig. 7 a u. 7 b. Anatina concentrica G. Müller vom Sudmerberg. Die abgebildeten Exemplare befinden sich im geologisch- palaeontologischen Museum der Universität Göttingen. Taf.XVHL Fig. 6. Fig.7§ Fig. I's Fig. 5. Lichtdruck v. A Frisch, Berliii. Jahvb.cLgeol.Landesanst.u.Uertj- Akad.1887. Taf.XVIII. 0 Peters gez Fi ff- 5. Fig. 6. Fig.7? Fig 7b Lichtdruck v. AFnsch,Berha Markscheiderische Afiiahme zur Ermittelung der Gesteinsverschiebungen im Juliane - Sophier Querschlage östlich vom Dorotheer Schachte, nn Niveau des 13 Lachter -Stollens. Mm. Marksclieiderisch auföenommen durch H Flachsbart . Clausthal .d. 29. Juli 1887. Lith.Anst.v. L.Kraatz. Berlin. Horizontale Jahrb. d geol Landesanst.u. Bergakad. 1887 Taf.XX. 4 Fiep 1. Pütz lith. t&'fm MM SMITHSONIAN INSTITUTION LIBRARIES 3 9088 01365 7846