F >>>, 1 3 2222 8 > FR E | ) HB »: x ee I. 5 ID > DD, > A FRE > 8 > > 35 >» >» 23 > 5 8 > WIPMDD DI 5 IT —— mr 9 255 35 25 2 D> >> > . » 58 2 * * N een ET Et 7 * 1993 . = N F » ä =. 2 "m f \ * 9 4 : | 1 x . > . \ — 7 1 E 1 Abhtundzwanzigiter ohresbericht der Schleſiſchen Geſellſchaſt für vaterländiſche Kultur. Enthält: Arbeiten und Veränderungen der Geſellſchaft im Jahre 1850. Breslau. Gedruckt bei Graß, Barth und Comp. ven Er 2 * BT eng af N gen U blu 0 TI AN We 4 * 2 * * ef. * “A * 0 . 1 2 7 * 8 * r 8 1 = > Bu. — — — * * | m | ab 7 1 5 \ n . . „ene bee ee Allgemeiner Bericht über die Verhältniſſe und die Wirkſamkeit der Geſellſchaft im Jahre 1850, abgeſtattet in der allgemeinen Verſammlung den 19. Dezember d. J. vom Profeſſor Dr. Kaßlert, z. 3. zweitem General-Secretair der Geſellſchaft. b. G. Das Jahr, welches ſeinem Schluſſe entgegeneilt, iſt im Vergleich mit den beiden vorhergegangenen, worin der Drang gewaltiger Bewegungen im öffentlichen Leben die Aufmerkſamkeit von wiſſenſchaftlicher Forſchung ablenkte, ein ruhigeres geweſen, ſo daß wenigſtens manche förderliche Beſtrebung, die längere Zeit unbeachtet geblieben war, wieder aufgenommen werden konnte. Bevor nun hier auf die Darlegung der in den beſon— deren Sektionen unſerer Geſellſchaft hervorgetretenen Thätigkeit eingegangen wird, ſei es erlaubt, der die ganze Geſellſchaft betreffenden Thatſachen zu gedenken. Nachdem das Unternehmen öffentlicher Vorträge zur Verbreitung wiſſenſchaftlicher Erkennt— niß, im Winter 1849/50 durch die Herren Stenzel, Duflos und Purkinje, wie bereits im letzten Jahresbericht erwähnt, bereitwilligſt gefördert, als allgemein nützlich erkannt worden war, fand die Wieder— aufnahme deſſelben im gegenwärtigen Winter ſtatt. Herr Geheime Archivrath Profeſſor Dr. Stenzel hat es mit einem Cyclus von ſechs Vorträgen über europäiſche Geſchichte der Jahre 1807 — 1813 er— öffnet; nach Weihnachten wird Profeſſor Dr. Braniß ſechs Vorträge über den Entwickelungsgang deutſcher Bildung im 18ten Jahrhundert, Profeſſor Dr. Frankenheim ſechs Vorträge über Phyſik halten. Die äußeren Formen des Unternehmens find die früheren geblieben, mit Ausnahme des Umſtandes, daß man ſtatt des Sonnabends den Sonntag erwählt hat. Vielleicht aber iſt es dieſem Umſtande beizumeſſen, daß die Zuhörerliſte etwas ſchwächer als in früheren Jahren ausgefallen iſt. Ein anderes Unternehmen, das vielfach in den Präſidialberathungen angeregt worden, iſt dagegen lei— der noch nicht zur Ausführung gelangt, es wäre dies die Begründung einer Zeitſchrift, wodurch die Geſell— ſchaft in ähnlicher Weiſe, als durch jene öffentlichen Vorträge auf Verbreitung von Kenntniſſen wirke. Man kann ſich nicht verhehlen, daß in Schleſien in dieſer Hinſicht ein fühlbares Bedürfniß obwaltet, indem die 1785 begründeten „Schleſiſchen Provinzialblätter,“ welche provinzielle Intereſſen mit günſtigem Erfolge ver— traten, vor zwei Jahren eingegangen ſind, die großen Zeitungsblätter aber, die die Neugier der Leſewelt vor— zugsweiſe zu befriedigen haben, gar keine literariſche Dauer beanſpruchen, ſondern Eintagsfliegen vergleichbar ſind. Wenn nun auch die betreffenden Verhandlungen, Vorſchläge und Berathungen noch zu keinem Ergeb— niſſe geführt haben, ſo wird das Präſidium dennoch dieſe Pläne für die Zukunft nicht aus dem Auge laſſen, da ſie den Zwecken der Geſellſchaft durchaus gemäß ſcheinen. 1 * 4 Die Erinnerung an die Stiftung der Geſellſchaft vor 47 Jahren wurde durch ein Feſtmahl am 18. Januar begangen. Zu einem ähnlichen Feſte gab der Abſchied des Herrn Profeſſor Dr. Purkinje am 3. März Gelegenheit, indem dieſer verehrte Gelehrte, der ſo lange zu den thätigſten Mitgliedern der Geſellſchaft gehört hot, nach 27jährigem Aufenthalte in Breslau, einem Rufe an die Univerſität Prag folgte. Im Oktober d. J. wurde der Mann, der jetzt am längſten, nämlich ſeit 1804, der Geſellſchaft als einhei— miſches Mitglied angehört, Herr Geheime Sanitätsrath Dr. Krocker, bei Gelegenheit feines 50 jährigen Doktorjubiläums feierlich beglückwünſcht. Die Preisaufgabe einer ſtreng wiſſenſchaftlichen Beſchreibung aller ſchleſiſchen Heilquellen iſt zwar zu löſen verſucht worden, doch hat die Schiedskommiſſion der einzigen eingegangenen Arbeit nicht den Preis, ſondern nur eine ehrenvolle Anerkennung zuſprechen können. Die Motive des Spruchs ſind in un— ſerem Jahresbericht pro 1849 bereits gedruckt, wie auch die abermalige Eröffnung der Konkurrenz um dieſe, fo wie um eine zweite Preisaufgabe über die ſchleſiſche Obſtbaumzucht zugleich erfolgt iſt. Als beſondere Gunſtbezeugungen, welche die Geſellſchaft erfahren hat, iſt ein Geſchenk von 100 Thlrn. Seitens des ſchleſiſchen Landes-Oekonomie-Kollegiums zur Förderung der Zwecke der Sektion für Obſt— baumzucht und ein gleiches Geſchenk des Königl. Miniſteriums für Handel und Gewerbe an die tech— niſche Sektion dankbarlichſt zu erwähnen. Die zahlreichen, unſerer allgemeinen ſowohl, als ſchleſiſchen Bibliothek zugefloſſenen Gaben werden wir in dem Bibliothekbericht ſogleich näher bezeichnen. Das Diplom, das unſere Geſellſchaft allen ihren Mitgliedern ertheilt, iſt geändert und namentlich für ein zierlicheres und dauerhafteres Aeußere Sorge getragen worden. Es wird künftig auf Pergament, mit paſſender Vignette geſchmückt, ausgefertigt werden. Die Namen der im vorigen Jahre verſtorbenen beiden Stifter, Profeſſor Müller und Profeſſor Reiche, ſind auf die in unſeren Räumen ausgehängten Gedenk— tafeln geſetzt worden. Die Geſellſchaftsſäle find auch im Jahre 1850 zu manchen, dem öffentlichen Wohle gewidmeten Zwek— ken bewilligt und benützt worden. Der Breslauer Gewerbeverein hielt, außer ſeinen wöchentlichen Verſammlungen, ſeine zweijährliche Gewerbe-Ausſtellung im Mai und Juni d. J. darin ab. Ebenſo im Dezember der Kuhnſche Frauenverein für Hausarme. Die Vereine für das Auguſten-Hoſpital, für Beſpei— ſung und Bekleidung der Armen, für Belohnung weiblicher Dienſtboten hielten hier Konferenzen ab. Endlich geſchah dies Seitens des ſchleſiſchen Kunſtvereins und des Vereins für ſchleſiſche Geſchichte. Allgemeine Verſammlungen unſerer Geſellſchaft fanden im Jahre 1850, mit Einſchluß der heutigen, ſieben ſtatt. Im Januar las Herr Profeſſor Dr. Kahlert einen Nekrolog der 1849 geſtorbenen Geſellſchaftsmitglieder. „ Februar „ „ Profeſſor Dr. Göppert: Ueber die geologiſchen Entwickelungsperioden der Erde. „ März „ „ Geh. Rath Dr. Ebers: Biographie des Stifters der Geſellſchaft, Profeſſ. Müller; und Profeſſor Dr. Göppert: Ueber die Vorgänge denen wir die Erhaltung der foſſilen Organiſation verdanken. „ April „ „ Dr. Koch aus Dresden: Ueber die für die Auswanderung wichtigſten Theile Amerika's, und die in den Vereinigten Staaten vorkommenden Raub- und jagdbaren Thiere. A „ Oktober „ „ Geh. Rath Profeffor Dr. Stenzel: Ueber Friedrich den Großen in der Friedens⸗ zeit 1746 — 1756. „ Novbr. „ „ Profeffor Dr. Guhrauer: Nachrichten über den noch ungedruckten Briefwechſel Göthe's mit Knebel. In der Dezember-Verſammlung, der heutigen, wird nach dem Vortrage des gegenwärtigen allge— meinen Jahresberichtes der Geſellſchaft, der Generalſekretär Profeſſor Dr. Röpell über „das Miniſterium Villèle“ einen Vortrag halten. l. Abtheilung für Naturkunde. A. Naturwiſſenſchaſten im engeren Sinne. 1. Die naturwiſſenſchaftliche Sektion (Sekretär der Präſes der Geſellſchaft: Herr Prof. Dr. Göppert) vereinigte ſich in dieſem Jahre zu achtzehn Sitzungen, deren Vorträge und Mittheilungen die Sektion nachſtehend genannten Herren verdankt: Aus dem Gebiete der Phyſik: Herrn Prorektor Dr. Marbach, den Herren Oberlehrern Dr. Sa: debeck und Sondhauß, dem Erblandhofmeifter Herrn Grafen Leopold v. Schaffgotſch und dem Sekretär der Sektion. Aſtronomie: Herrn Oberlehrer Dr. Heiß aus Aachen. Chemie: Dem Herrn Dr. Med. et Chir. Baumert; dem inzwiſchen leider verſtorbenen Herrn Profeſſor Dr. Fiſcher, einem hochgeſchätzten Mitgliede, von deſſen rühmlicher Thätigkeit alljqährlich unſere Berichte Zeugniß gaben; Herrn Privatdocenten Dr. Schwarz. Geologie und Petrefaktenkunde: Herrn Dr. Alb. Koch, Herrn Obriſtlieut. Dr. v. Strantz und dem Sekretär der Sektion. Zoologie: Herrn Privatdocenten Dr. Cohn, Herrn Profeſſ. Dr. v. Siebold und dem Sekretär der Sektion. Phyſiologie: Herrn Privatdocenten Dr. Cohn, Herrn Dr. Phil. Heinzel in Proskau und dem Sekretär der Sektion. Der literariſche Verkehr mit auswärtigen gelehrten Vereinen iſt fortdauernd im Steigen. In dem verfloſſenen Jahre haben uns außer den früher ſchon genannten Akademien und Geſellſchaften auch die Ber— liner Akademie, die naturforſchenden Geſellſchaften zu Bern, Nürnberg und Cambridge, die hollän— diſche Geſellſchaft der Wiſſenſchaften zu Harlem, das niederländiſche Inſtitut zu Amſterdam, die ökonomiſch— phyſikaliſche Societät zu Utrecht, die königl. ſchwediſche Akademie der Wiſſenſchaften zu Stockholm ihre Ver— handlungen mitgetheilt, wie auch viele Auswärtige werthvolle Werke eingeſendet, worüber der Bericht über die Bibliothek das Nähere enthält. Die wiſſenſchaftliche Anordnung des Mineralienkabinettes, welche von dem jetzigen Profeſſor Kenngott zu Preßburg begonnen wurde, hat unſer Bibliothekar und Cuſtos, Herr Lehrer Letzner, eifrig fortgeſetzt. 2. Die botaniſche Sektion (Sekretär: Herr Direktor Dr. Wimmer) hat im Jahre 1850 ſieben Verſammlungen gehalten: am 6. Juni, 4. Juli, 10. und 24. Oktober, 6. und 21. November und am 5. Dezember, in welchen Folgendes verhandelt wurde: Herr Profeſſor Dr. Göppert trug Mittheilungen aus ſeiner Reiſe durch Weſtphalen, Holland und Belgien vor. En Herr Dr. Milde erläuterte in mehreren Vorträgen die Phyſiologie und die Arten von Equisetum und die Natur der Lemna arrhiza. Herr Aſſeſſor Wichura hielt einen Vortrag über das Winden der Blätter. Herr Dr. Cohn erläuterte die Anatomie der Aldrovanda vesiculosa. Herr Muſikdirektor Siegert theilte feine Beobachtungen über Salix, Cirsium und einige andere Sippen im ſchleſiſchen Gebirge mit. Herr Pharmaceut Krauſe ſprach über einige Veronica-Arten und ein neues Hieracium. Der Sekretär legte in mehreren Verſammlungen vor: 1) literariſche Neuigkeiten; 2) einige für Schle— ſien neue Pflanzenarten; 3) die Gruppe der Valeriana officinalis und neue Formen von Salix; 4) zwei Gruppen von Carex. 3. Die entomologiſche Sektion (Sekretär: Herr Geh. Hofrath Profeſſor Dr. Gravenhorſt) hat im Jahre 1850 ſiebenzehn Sitzungen gehalten, in denen manches Berichtigende und Neue aus den meiſten Ordnungen der Inſekten zur Sprache kam, welches ſpäter in dem allgemeinen Berichte veröffentlicht werden ſoll. — Noch muß hier mit Dank bemerkt werden, daß die entomologiſche Bibliothek nicht nur durch Ankauf, ſondern auch durch Geſchenke von Seiten des Herrn Dr. nen hierſelbſt und des Herrn Fiber in Prag bereichert worden iſt. 4. Die Sektion für die allgemeine Erdkunde (Sekretär: Herr Profeffor Dr. v. Boguslawski) kehrt allmälig zu ihrer früheren Thätigkeit zurück, und zwar nicht blos von Seiten der nur ganz kleinen Zahl derjenigen auswärtigen Mitglieder, welche ſich von dem Wellenſchlage der Zeit hatten berühren laſſen, ſondern auch von Seiten der hier einheimiſchen, welche manche wichtige Frucht ihrer Arbeiten in der Sektion zum Vortrage gebracht haben und noch mehr für die Folge in Ausſicht ſtellen. Im Ganzen verſammelte ſich die Sektion in d. J. fünf Mal, und zwar, ſo oft die Gegenſtände des Vortrages beide Sektionen gemeinſam berührten, wie es an den drei Erſtenmalen der Fall war, mit der phyſi— kaliſchen Sektion gemeinſchaftlich. In der erſten dieſer Verſammlungen, am 13. März, beſchenkte Se. Excel⸗ lenz der freie Standesherr Leopold Graf v. Schaffgotſch einen ſehr zahlreich verſammelten Zuhörerkreis mit einem viel ausführlicheren Berichte über den Vorgang mit dem Wanderſteine in der Agnetendorfer Schneegrube, als der Sekretär nach nur einmal genommenem Augenſchein ihn im vorigen Jahre zu geben im Stande geweſen war. In der zweiten vom 28. Mai ſprach: 1) unſer korreſpondirendes Mitglied, Herr Profeſſor E. Heiß aus Aachen, bei ſeiner Anweſenheit in unſerer Stadt, erſtlich über die höchſt mühſame, aber auch in hohem Grade verdienſtliche Aufnahme aller mit bloßen Augen ſichtbaren Sterne über unſerem Hori— zont, wie er ſie ſeit Jahren aus- und durchgeführt hat, mit inſtruktiven Erläuterungen ſeines ſinnreichen Ver— fahrens dabei, und ſodann über die damit in Verbindung ſtehende Unterſuchung der Veränderlichkeit des Lichtes einer namhaften Anzahl von Firfternen; 2) der Sekretär der phyſikaliſchen Sektion über fof- ſile, durch Herrn Dr. Albert Koch am oberen Miſſiſippi gefundene Pflanzen, und 3) der Sekretär der geographiſchen Sektion über den am 1. Mai d. J. von Dr. Peterſen zu Altona entdeckten teleſko⸗ piſchen Kometen und deſſen Eigenthümlichkeiten. In der dritten Verſammlung, am 6. November, hielt Herr Oberlehrer Dr. Sadebeck einen Vor: trag, deſſen Gegenſtand von ausgebreitetem Intereſſe iſt: über die theils erfahrungsmäßigen, theils von ihm wiſſenſchaftlich begründeten Prinzipien, welche bei Ausarbeitung eines Straßenbeleuchtungs-Kalenders zu befolgen und bei Begründung eines ſolchen für Breslau von demſelben erſt neu zuſammengeſtellt und dann ſogleich auch erfolgreich angewendet worden ſind. 7 In der vierten, am 27. November, legte Herr Apotheker Büttner, bis vor Kurzem in Löwen, die Reſultate ſeiner dort mit der größten Sorgfalt angeſtellten meteorologiſchen Beobachtungen vor, welche immer ein Muſter bleiben werden, wie man die meteorologiſchen, klimatiſchen und hypſometri— ſchen Verhältniſſe eines Ortes am beſten zu ermitteln und wiſſenſchaftlich zu ordnen hat, um ſie der Oeffentlichkeit zu übergeben, damit, wenn Mehrere, ja möglichſt Viele, dieſem Beiſpiele zu folgen ſich ent: ſchließen, eine ganze Provinz wie die unſerige endlich einmal eine höchſt dankenswerthe Ueberſicht über dieſe in ſo vieler Hinſicht wichtigen Verhältniſſe erhält, welche vorzugsweiſe viele Haupteigenthümlichkeiten eines Landes begründen. In der fünften und letzten Verſammlung dieſes Jahres, am 11. Dezember, ſprach Herr Oberlehrer Dr. Sadebeck: über die verſchiedenen Methoden, die Lage öffentlicher Monumente, wie Kirchen u. ſ. w., unter ſich und gegen die Weltgegenden zu unterſuchen und feſtzuſtellen, ſo wie über die Reſultate der von ihm in Bezug auf die Hauptpunkte Breslau's vorgenommenen Orientirungen. Sie vers dienen die ernſteſte Berückſichtigung in Bezug auf die jetzt vorhandenen Pläne von Breslau, noch mehr aber der künftig aufzunehmenden, da es nicht mehr ignorirt werden darf, daß in dieſer Beziehung bedeutende Fehler in der Odervermeſſung in Bezug auf Breslau ſich herausgeſtellt haben. Die meteorologiſchen und klimatologiſchen Beobachtungen der auswärtigen Mit— glieder der Sektion nehmen ihren gedeihlichen Fortgang und berechtigen uns nach dem Vorangange der bisherigen Station Löwen zu neuen ſchönen Hoffnungen für die Klimatologie unſerer Provinz, nachdem die hypſometriſchen Verhältniſſe der von der Sektion gegründeten Stationen, größtentheils, ſo wie es beabſich— tigt worden war, hinreichend genau feſtgeſtellt worden ſind. B. Angewandte Naturwiſſenſchaften. 5. Die mediziniſche Sektion. (Sekretär: Herr Dr. Krocker.) Die mediziniſche Sektion verſammelte ſich während des verfloſſenen Jahres dreizehn Mal. Die Sitzungen wurden theils zum Austauſche der Beobachtungen benutzt, welche ſich den einzelnen Mitgliedern in ihrem praktiſchen Wirkungskreiſe dargeboten hatten, beſonders inſofern dieſelben die eben herrſchenden Krankheitsformen betrafen; theils wurden ſie durch Vorträge aus verſchiedenen Gebieten mediziniſcher Kunſt und Wiſſenſchaft ausgefüllt, welche die Herren: Medizinalrath Profeſſor Dr. Barkow, Regimentsarzt Dr. Bayer, Hofrath Dr. Burchard, Geh. Medizinalrath Dr. Ebers, Dr. Grötzner, Dr. Günsburg, Hoſpital⸗Wundarzt Hodann, Dr. Landsberg, Dr. Middeldorpf, Dr. Nega, Dr. Neumann, Dr. Seidel und Profeſſor Dr. v. Siebold zu halten die Güte hatten. 6. Die ökonomiſche Sektion. (Sekretär: General-Landſchafts-Repräſentant Graf Hoverden.) In dem ablaufenden Jahre ſind von der Sektion acht Sitzungen gehalten worden. Die Theilnahme an dieſen Verſammlungen hat ſich, im Vergleich zu den zwei vorangegangenen Jahren, wieder einigermaßen gehoben und berechtigt zu neuen Hoffnungen für die Wirkſamkeit der Sektion. J Die Korreſpondenz mit dem Landesökonomie-Kollegio und dem hieſigen landwirthſchaftlichen Central— vereine berührte die mannigfachſten Gegenſtände. Sie beſprach die Thätigkeit des Kongreſſes aller preußiſchen Vereine, Anfang dieſes Jahres zu Berlin; — ſie theilte eine Ueberſicht der Ernte-Erträge des Jahres 1849 8 — klimatologiſche und Eulturftatiftifche Karten — mehrere gemeinnützige Brochüren und Nachrichten über die Vieh- und Düng-Salzpreiſe mit. Auch der Anbau des nordamerikaniſchen Maiſes und der gelben Luzerne ward beſprochen. Was die Gegenſtände betrifft, welche in den Sitzungen der Sektion verhandelt wurden, ſo müſſen be— ſonders hervorgehoben werden: die Vorträge über die neuen Renten und Ablöſungs-Geſetzgebung; — die Belebung der Theilnahme an landwirthſchaftlichen Beſtrebungen durch Ernennung korreſpondirender Mit— glieder aus der Zahl der bewährteſten praktiſchen Landwirthe der Provinz; — die Unterſtützung des Garten— bauvereins durch reelle, d. h. von dem Miniſterio erwirkte Geldmittel; — die Benutzung des Zinkes zu Farben- Material und dergleichen. Zu den Sendungen welche der Sektion von auswärtigen Vereinen zugingen und von hier erwiedert wurden, iſt in dieſem Jahre ein Bericht der Landwirthſchafts-Geſellſchaft in Utrecht hinzugetreten, deſſen reiche Ausſtattung auf die großen Mittel dieſer Vereinigung ſchließen läßt. 7. Die Sektion für Obſt⸗ und Gartenkultur (Sekretär: Herr Univerſitäts-Sekretär Nadbyl) hat auch in dem ablaufenden Jahre geſtrebt, in der bisherigen Weiſe wirkſam zu ſein. J. Sie hielt zweiundzwanzig Verſammlungen ab, in denen theils Vorträge gehalten, theils ge— genſeitige Mittheilungen gemacht, theils Berathungen über die inneren Angelegenheiten der Sektion gepflogen wurden. Die dreiundzwanzigſte Verſammlung war eine mit der naturhiſtoriſchen gemeinſchaftliche, wie der Bericht über die Verhandlungen dieſer Sektion zeigen wird. Die gehaltenen Vorträge waren folgende: der des Herrn Landſchaftsgärtners Alexander Monhaupt: über die Maulbeerbaumzucht, mit be— ſonderer Berückſichtigung der Einführung des Seidenbaues in Schleſien; der des Sekretärs der Sektion aus einer eingeſandten Abhandlung: über die Ahornarten und deren Verbreitung, unter Rückſichtnahme auf die Gärten Breslau's und der Umgegend; der des Herrn Oberforſtmeiſters v. Pannewitz: über Obſtbaumzucht im In- und Auslande; endlich der des Herrn Handelsgärtners Eduard Monhaupt: über den Einfluß der Witterung im Früh— jahre 1850 auf die Bäume. Zur Berathung wurden gezogen: 1) mehrere auf die innere Organiſation der Sektion bezügliche Vorſchläge des Herrn Kaufmann Müller, als deren Reſultat ſich eine neue Redaktion der Sektions-Statuten und die Ausar⸗ beitung von Geſchäftsordnungen für die Leitung der Sektion, für den Ordner bei den Ausſtel— lungen, für die Preisrichter, für die Verloſungs-Kommiſſion und für den Verkäufer in der Ver⸗ kaufsſtelle herausſtellte; 2) eine an das königl. Landes-Oekonomie-Kollegium abgeſendete Denkſchrift, auf welche unterm 23. Juni 1850 ein ſehr anerkennendes Reſcript erging. II. Es find in dieſem Jahre zwei Ausſtellungen veranſtaltet worden, und zwar die Frühjahrs-Aus— ſtellung vom 21. bis zum 24. April von der Sektion allein, und die Herbſt-Ausſtellung vom 20. bis zum 24. September, in Gemeinſchaft mit dem Central-Gärtnervereine von Schleſien. Beide Ausſtellungen über— trafen alle früheren bedeutend und hatten dieſelben auch darin einen Glanzpunkt, daß Preisvertheilungen für vorzügliche Leiſtungen erfolgten. Mit der Frühjahrs-Ausſtellung war eine Pflanzenverloofung verbunden. 9 III. Pflanzen- und Saamenankäufe wurden nicht gemacht, daher auch keine Vertheilung ſtattfand. Dagegen beſchloß die Sektion den Ankauf des Dittrich ſchen Obſtkabinets, wovon ein Theil bereits die Herbſt⸗Ausſtellung ſchmückte. Die Koſten dieſes theueren Werkes find durch den Zuſchuß von 100 Thalern gedeckt worden, welche der hieſige landwirthſchaftliche Centralverein der Sektion zur Förderung ihrer Zwecke bewilligt hat, wofür die Sektion hier ihren beſonderen Dank abſtattet. IV. Die Promenaden-Verwaltung in Gemeinſchaft mit der Stadt geſchah in der bisherigen Art, erlitt aber dadurch eine große Störung, daß der Promenaden-Inſpektor Schauer über 10 Monate krank lag und ſpäter mit Tode abging. Die Anſtellung eines neuen Inſpektors, in der Perſon des Herrn Kunſt— gärtners Schwager, iſt erfolgt. V. Das Leſekabinet hat in der bisherigen Weiſe fortbeſtanden. Zu den zirkulirenden Schriften iſt hinzugetreten: Le Jardin fleuriste, Journal general, red. par Ch. Lemaire, ed. C. Muquardt à Gand. S. Die techniſche Sektion (Sekretär: Herr Direktor Gebauer) hielt im Jahre 1850 eilf Verſammlungen, in welchen nachſtehend verzeichnete Vorträge gehalten wurden: 1) Den 14. Januar: Herr Privatdocent Dr. Phil. Schwarz „über die Fabrikation des geſtreckten Scheibenglaſes in der Glashütte zu Tambach, und über die Anwendung der Wünſchelruthe.“ 2) Den 28. Januar: Herr Kaufmann C. G. Kopiſch „über Bergbau und das neue Berggeſetz.“ 3) Den 11. März: Herr Profeſſor Dr. Duflos „über Gewinnung und techniſche Anwendung des Zinks als Farbematerial, ſtatt des giftigen Bleiweißes.“ 4) Den 8. April: Herr Baumeiſter Hoffmann „über elektromagnetiſche Telegraphie, durch Zeich— nungen und Modelle veranſchaulicht.“ 5) Den 22. April: Herr Profeſſor Dr. Duflos „über Feuer und Feuerlöſchung.“ 6) Den 6. Mai: Herr Privatdocent Dr. Phil. Schwarz „über die Verarbeitung und Behandlung des Platin's.“ N 7) Den 14. Oktober: Herr Kaufmann Anders ſohn jun. „über Fabrikate aus Blei.“ 8) Den 28. Oktober: Herr Profeſſor Dr. Duflos „über Kohlenſäure.“ 9) Den 11. November: Herr Privatdocent Dr. Phil. Schwarz „über die Stückgießerei in Straßburg.“ 10) Den 25. November: Herr Oberlehrer Dr. Sondhauß „über das Parallelogramm der Kräfte und über die Centrifugalkräfte.“ 11) Den 9. Dezember: Herr Privatdocent Dr. Phil. Schwarz „über die Fabrikation des Weißblechs in Dillingen.“ II. Abtheilung für Geſchichte, Philologie und Pädagogik. 9. Die hiſtoriſche Sektion (Sekretär: Herr Profeſſor Dr. Röpell) hat ſich im Jahre 1850 acht Mal verſammelt. Folgende Vorträge wurden gehalten: 5 1) Den 21. Februar: Herr Profeſſor Dr. Guhrauer „über die Weiſſagung von Lehnin.“ 2) Den 14. März: Der Sekretär der Sektion „über die Habeas-Corpus-Akte Englands.“ 3) Den 11. April: Herr Profeſſor Dr. Kahlert „Mittheilung eines ungedruckten Manuſcripts des Geh. Raths Suaretz, über die preußiſche Staatsverfaſſung im Jahre 1791.“ 2 10 4) Den 2. Mai: Herr Profeffor Dr. Guhrauer „Breslauſche Zuſtände 1803 bis 1806. Nach einer Handſchrift.“ 5) Den 16. Mai: Herr Schulamts-Kandidat Harnecker „die Verfaſſung von Breslau, zunächſt vor Einführung der Städte-Ordnung vom 19. November 1808.“ 6) Den 7. November: Derſelbe „Zuſätze zu vorſtehendem Vortrage der Verfaſſung Breslau's vom Jahre 1741 bis zum Jahre 1809.“ 7) Den 21. November: Herr R. Saske „über Joachim Lelewell und deſſen Vorleſungen über allge— meine Geſchichte.“ 8 8) Den 12. Dezember: Herr Oberſtlieutenant Dr. v. Strantz „Beiträge zur Charakteriſtik Friedrich des Großen.“ 10. Die philologiſche Sektion (Sekretär: Herr Direktor Dr. Schönborn) hat ſich in dem Jahre 1850 leider nur ein Mal am 17. Dezember verſammelt, um einen Vortrag des Gymnaſiallehrers Herrn Dr. Tagmann „über die Bedeutung der Principes bei den alten Germanen zur Zeit des Tacitus“ und eine Erklärung aller auf ſie ſich beziehenden Stellen der Germania zu hören; an die— ſen Vortrag ſchloß ſich eine längere Diskuſſion über mehrere der aufgeſtellten Anſichten. Es läßt ſich hoffen, daß die Sektion im künftigen Jahre wieder öfter zuſammenkommen wird. 11. Die pädagogiſche Sektion (Sekretär: Herr Oberlehrer Scholz) hatte im Ganzen ſechs Verſammlungen ausgeſchrieben, von denen aber eine aus beſonderen Gründen nicht ſtattfinden konnte. In der erſten Verſammlung hielt der Sekretär der Sektion einen Vortrag „über die Reaktion auf dem Gebiet des Unterrichts;“ in der zweiten und dritten lieferte er einen ausführlichen „Bericht über das Breslauer Elementar-Schulweſen und über die diesjährigen Schulprüfungen.“ In der vier: ten gab Herr R. Saske ausführliche „Mittheilungen aus einer polniſchen Schrift von Piramowitſch vom Jahre 1787, betreffend die Pflichten eines Lehrers.“ In der letzten Verſammlung kam eine Abhand— lung von Lehmann „über den Unterricht im Deutſchen als Erziehungsmittel“ zur Sprache, und zwar durch den Sekretär der Sektion. Bibliotheken und Muſeen. Im Jahre 1850 haben die Bibliotheken einen Zuwachs von 508 Nummern erhalten, wovon 183 der ſchle— ſiſchen, 325 der allgemeinen Bibliothek angehoͤren. Die Namen der Behoͤrden, Inſtitute, Vereine und einzelnen Herren, denen ſie dieſen Zuwachs verdanken, ſind mit beigefuͤgter Zahl der von ihnen geſchenkten Buͤcher folgende: A. Dei der ſchleſiſchen Bibliothek. a. von Behörden, Inſtituten, vereinen u. ſ. w. Der Gewerbeverein zu Breslau 2, der Verein für Erziehung huͤlfloſer Kinder in Breslau !, der Verein für den Unterricht und die Erziehung Taubſtummgeborener in Schleſien zu Breslau 1, die ſchleſiſche Blinden-unterrichts Anſtalt zu Breslau 1, die koͤnigl. Univerfität zu Breslau 44, die koͤnigl. Univerſitaͤts-Sternwarte zu Breslau 1, 11 der ſchleſ. Forſtverein (durch Hrn. Oberforſtmeiſter v. Pannewitz) 1, der ſchleſ. Verein fuͤr Pferderennen und Pferde— zucht 1, der Magiſtrat in Gruͤnberg 1, der Gewerbe- und Gartenverein in Gruͤnberg 1, die Verwaltungs-Kom— miſſion der Taubſtummen-Anſtalt in Ratibor 1, die oͤkonomiſch-patriotiſche Sozietät der Fuͤrſtenthuͤmer Schweidnitz und Jauer 1 Nummer. b. Von einzelnen Seſchenkgebern. Hr. Rektor Prof. Anton in Görlig 1, Hr. Senior Berndt 2, Hr. Graf v. Vethuſy, Major und Direktor der koͤnigl. Ritter⸗Akademie zu Liegnitz 1, Hr. Geh. Medizinalrath Dr. Ebers 1, Hr. Prorektor Ender in Hirſch— berg 1, Hr. Direktor Dr. Fickert 1, Hr. Kaſtellan Glänz 1, Hr. Dr. Gottwald in Reinerz 1, Hr. Prof. Dr. Göppert 10, Hr. Oberlehrer Th. Härtel in Goͤrlitz 1, Hr. Buchhändler F. Hirt 1, Hr. Dr. Hübner in Lö: wenberg 1, Hr. Direktor Prof. Dr. Kabath in Gleiwitz 2, Hr. Prof. Dr. Kahlert 1, Hr. Rektor Dr. Kayſer in Pandeshut 1, Hr. Rektor Kämp 1, Hr. Direktor Dr. Klopſch in Glogau 2, Hr. Dr. A. Koch 2, Hr. Direktor, Hauptmann a. D. M. Köhler in Liegnitz 1, Hr. Lehrer D. Letzner 5, Hr. Lehrer K. Lehner 13, Hr. Direktor Matthiſſon in Brieg I, Hr. Muſiklehrer Mettner in Muͤnſterberg 1, Hr. Dr. Niedenführ in Kunzendorf 1, Hr. Literat Th. Oelsner 13, Hr. Direktor Petzeld in Neiſſe 1, Hr. Hauptlehrer Nittermann 51, Hr. Oekonom Nohleder in Winzig 1, Hr. Dr. Schneider 2, Hr. Direktor Dr. Schönborn 1, verwittwete Frau Kretſchmer Schüttler 1, Hr. Dr. Warmann in Neiſſe 1, Hr. Direktor Profeſſor Dr. Wimmer 1, Hr. Direktor Dr. Wiffowa 1, Hr. Lehrer K. Jahn 1 Nummer. ö An Abbildungen wurden geſchenkt: Von Hrn. Profeſſor Dr. Güppert: Portrait des verſt. Medizinalrathes Vogel. — Von Hrn. Literaten Th. Oelsner: Perſpektiviſche Anſicht des Bober-Viaduktes bei Bunzlau (Litho— graphie). — Von Hrn. Oberlehrer Rektor Nendſchmidt: fein Portrait. B. Dei der allgemeinen Bibliothek. a. Von Behörden, Inſtituten, Vereinen u. ſ. w. Der großherzoglich baden ſche landwirthſchaftliche Verein 1, der hiſtoriſche Verein faͤr Ober-Baiern 1, die koͤnigl. baier ſche Akademie der Wiſſenſchaften in Münden 4, der landwirthſchaftliche Verein in Baiern 2, der balt iſche Verein zur Förderung der Landwirthſchaft zu Greifswalde 1, die Eönigl, preuß. Akademie der Wiffen: ſchaften zu Berlin 2, das koͤnigl. preuß. Landes-Oekonomie-Kollegium zu Berlin 2, der Verein zur Verbreitung volkswiſſenſchaftlicher Kenntniſſe zu Berlin 1, die deutſche geologiſche Geſellſchaft in Berlin 1, die naturforſchende Geſellſchaft in Bern 1, die k. k. patriotiſch⸗oͤkonomiſche Geſellſchaft im Koͤnigreiche Boͤhmen 3, der landwirth— ſchaftliche Provinzialverein für die Mark Brandenburg und Nieder-Lauſitz 1, die britiſche Geſellſchaft der Wiſ— ſenſchaften in London 1, die religioͤſe Geſellſchaft der Freunde in Groß-Britannien und Irland 1, die k. k. maͤh⸗ riſch⸗ſchleſiſche Geſellſchaft zur Befoͤrderung des Ackerbaues zu Brünn 1, die philoſophiſche Sozietät in Cambridge 1, die naturforſchende Geſellſchaft in Danzig 1, die Geſellſchaft fuͤr Natur- und Heilkunde in Dresden 1, der hiſto— riſche Verein fuͤr Ober-Franken zu Bamberg 2, der landwirthſchaftliche Centralverein zu Frankfurt a. O. 1, die naturforſchende Geſellſchaft zu Goͤrlitz 1, der norddeutſche Gerberverein zu Hamburg 2, der landwirthſchaft— liche Provinzialverein zu Hannover 2, der Verein fuͤr heſſiſche Geſchichte und Landeskunde 2, der hiſtoriſche Verein fuͤr das Großherzogthum Heſſen zu Darmſtadt 5, der landwirthſchaftliche Verein fuͤr Churheſſen 1, die ober⸗heſſiſche Geſellſchaft für Natur- und Heilkunde 1, die hollaͤndiſche Geſellſchaft der Wiſſenſchaften zu Harlem 1, der hiſtoriſche Verein für Krain 1, die ober lauſitzſche Geſellſchaft der Wiſſenſchaften zu Goͤrlitz 2, der landwirthſchaftliche Verein für Litthauen zu Gumbinnen 1, der Verein für luͤbeck ſche Statiſtik zu Luͤbeck 2, der Verein weſtpreußiſcher Landwirthe zu Marienwerder 2, der mecklenburger patriotiſche Verein 1, der Verein fuͤr mecklenburgiſche Geſchichte und Alterthumskunde 1, die k. ruſſiſche Sozietaͤt der Naturwiſſenſchaften zu Moskau 1, die Nathuſius ſche Gewerbe-Anſtalt zu Althaldensleben 1, das koͤnigl. niederlaͤndiſche Inſtitut der Wiſſenſchaften zu Amſterdam 3, die naturhiſtoriſche Geſellſchaft in Nuͤrnberg 1) der hiſtoriſche Verein fuͤr Inner-Oeſterreich 1, die kaiſerl. Akademie der Wiſſenſchaften in Petersburg 3, die kaiſerl. freie oͤkonomiſche Geſellſchaft in Petersburg 1, die koͤnigl. preuß. maͤrkiſche oͤkonomiſche Geſellſchaft zu Potsdam 1, der Land: wirthſchaftliche Verein für Rhein-Preußen 2, der naturwiſſenſchaftliche Verein der baierſchen Pfalz „Polichia“ 1, der hiſtoriſche Verein fuͤr die Ober-Pfalz und Regensburg 1, der zoologiſch-mineralogiſche Verein zu Regensburg 2, die oͤkonomiſche Geſellſchaft im Koͤnigreich Sachſen 1, die ſchleswig-holſtein-lauenburgſche Geſellſchaft für Sammlung und Erhaltung vaterlaͤndiſcher Alterthuͤmer 1, die ſchleswig-holſtein-lauenburgſche Geſellſchaft fuͤr vaterlaͤndiſche Ge— ſchichte 1, die k. ſchwediſche Akademie der Wiſſenſchaften zu Stockholm 1, die ſchweizeriſche naturforſchende 2 * 12 Geſellſchaft 1, die ſchweizeriſche geſchichtsforſchende Geſellſchaft 1, der provinzial-landwirthſchaftliche Verein für den Landdroſtei⸗Bezirk Stade 1, der entomologiſche Verein zu Stettin 1, die k. k. landwirthſchaftliche Geſell— ſchaft von Tyrol und Vorarlberg 1, der Verein für Kunſt und Alterthum zu Ulm 1, die Geſellſchaft für Land⸗ bau und Kraͤuterkunde zu Utrecht 1, die k. k. Landwirthſchafts-Geſellſchaft in Wien 1, die k. k. Akademie der Wiſſenſchaften in Wien 4, der k. wuͤrtembergſche landwirthſchaftliche Verein 1, die k. wuͤrtembergſche Central— ſtelle für die Landwirthſchaft in Stuttgart 1, das ſtatiſtiſch-topographiſche Bureau in Würtemberg 1, die phy— ſikaliſch-mediziniſche Geſellſchaft in Würzburg 1, die antiquariſche Geſellſchaft in Zuͤrich 1, die naturforſchende Geſellſchaft in Zuͤrich 1 Nummer. Die allgemeine Bibliothek verdankt ſomit ihre Vermehrung an Schriften gelehrter Ge- ſellſchaften ꝛc. in dieſem Jahre 51 deutſchen, 5 ſchweizeriſchen, 3 engliſchen, 3 niederländiſchen, 3 ruſſiſchen und 1 ſchwediſchen, zuſammen 66 verſchiedenen Geſellſchaften. b. Von einzelnen Seſchenkgebern. Hr. I. Barrande in Prag 1, Hr. Senior Berndt 1, Hr. A. A. Berthold in Göttingen 2, Hr. Kreis⸗ Kommiſſar d Elvert 2, Hr. Dr. Fr. X. Fieber in Prag 1, Hr. Kaſtellan Glänz 2, Hr. Prof. Dr. Göppert 11, Hr. Forſtrath Prof. Dr. Th. Hartig in Braunſchweig 1, Hr. Sektionsrath Prof. Dr. Haidinger in Wien 2, Hr. Prof. Heimbrod in Gleiwitz 1, Hr. Prof. E. Heis in Aachen 1, Hr. General-Lieut. Freiherr Hiller v. Gärtringen zu Thiemendorf bei Lauban 3, Hr. Kammerherr und General-Landſchafts-Repraͤſentant Graf v. Hoverden 24, Hr. Hofrath K. W. G. Kaſtner in Erlangen 3, Hr. Dr. Kenngott 1, Hr. H. Kloßmann 1, Hr. Lehrer K. Letz- ner 4, Hr. Paſtor Letzner 2, Hr. Direktor Dr. Läw in Meſeritz 1, Hr. Miniſter Milde 1, Hr. Joſ. Ritter v. Moczarzki zu Moczarz 1, Hr. Kaufmann E. F. Mooyer in Minden 2, Hr. Univerfitäts-Sefretär Nadbyl 1, Hr. Dr. Wevermann zu Plau in Mecklenburg 4, Hr. Redakteur Nowack 1, Hr. Literat Th. Oelsner 6, Hr. Geh. Legationsrath Dr. v. Olfers in Berlin 1, Hr. Dr. Wabenhorft in Dresden 1, Hr. Hauptlehrer Witter- mann Al, Hr. Kandid. Boßteutſcher 2, Hr. Dr. phil. Schneider 21, Hr. Mag. Pharm. Skoſitz in Wien 1, Hr. Prof. Dr. Stannius in Roſtock 1, von Ungenannten 7, Hr. Geh. Medizinalrath Dr. Wenderoth in Mar: burg 1, Hr. Prof. Dr. Weiſſe in Krakau 3, Hr. Dr. A. Migand in Halle 1, Hr. Superintendent und Past. prim. O. Wolff in Gruͤnberg 2 Nummern. Eingetauſcht wurden für dieſe Bibliothek 2, gekauft 67 Nummern, worunter Al Schriften mediziniſchen Inhalts. An die Sammlungen der Geſellſchaft gingen als Geſchenke ein: Von Hrn. Prof. Dr. Güppert: Das Por: traͤt des Hr. Dr. Schultz Bipontinus. — Von Hrn. Kammerherrn und Landſchafts-Repraͤſentanten Grafen v. Hoverden: Eine Quantität Neu-Süd-Wales-Wolle. — Von Hrn. Literaten Th. Oelsner: 3 Zableaur zur Geſchichte Friedrichs II. (Kupferſtich); 1 Tableau zur Jubelfeier der Reformation; das Portrait Guſtav Adolfs von Schweden und 6 Me— daillen. — Von Hrn. Dr. phil. Schneider: 21 Stuͤck Mineralien. — Frau Prof. Müller: ein Oelbild, Por- trait ihres verſtorbenen Gatten, des Prof. Dr. Müller, Stifters der Geſellſchaft. In den 5 letzten Jahren, alſo ſeit dem Jahre 1846, haben ſich die Bibliotheken zuſammen um 2470 Nummern vermehrt, wovon 1025 der ſchleſiſchen, 1445 der allgemeinen zugefallen ſind. Sonach hat ſich die letzte durchſchnittlich um 289, die erſte um 205 Nummern jaͤhrlich vermehrt. Den hoͤchſten Numerus des Zugangs er— reichte in dem erwaͤhnten Zeitraume die ſchleſiſche Bibliothek im J. 1847 mit 366, die allgemeine im J. 1849 mit 446 Nummern. — Ausgeliehen wurden im abgelaufenen Jahre 451 Baͤnde. Kaſſen⸗Abſchluß für das Jahr 1850. Soll einkommen. Ausgaben. F Iſt eingekommen. Baar. Iſt verausgav. Nach der Nach dem Etat] wirklichen Zahl Nach dem Etat * der Effekten. Baar. ür 185051. 8 . ; für 1850 —51.] Mitglieder. Allgemeine Kaſſe. . 9 (> Allgemeine Kaſſe. en Bet BE Sm | RUE Ion: Po. BEE ME Tom Fa || RB: Io: M, BE . Beſtand aus dem vorigen Jahre: in Breslau-Freib. 4% Prioritäts-Obligationen 800 Thlr. Ausgaben. in Niederſchleſiſch- Märk. 5% „ 0 3600 in Seehandlungs⸗Prämien- Scheinen ..... 150 Ju 4550 600% I Miete. tk. ee, geg eng bed, pegel. gd ne Gb be en ee N — 559 4 9 eee, . a Hr oro — 8x0 — — e Nenahesgsſchene dem aſtennin jn 8 — 11, | =. || <— 0 300 Seba emen 8 — 300 — — Einnahmen. enn... et — a | || = — — 79 —— In Reſten: rückſtändige Beiträge und Eintrittsgebühren ..... ...... — 20 — — S ess. 8 — 57 13 1 (53 Thaler niedergeſchlagen und 6 Thaler in Rückſtand verblieben.) 50 | — ] Beleuchtung. 67 ãũVãw )* — 5 0 9 = — 13) 26) 1] In zurückgezahlten Vorſchüſſen: von der Sektion für Obſt- und e ee . Mobilien TTC 2 : 28 9 Freese — 16 2 — Garten ftnt 8 — 13 | 26 1 0 3 95 8 5 Semi gnres — 10 — 212 | — | 212] —| | Zinſen von Effekten: ns , sa — EB A — von 800 Thlr. Breslau-Freib. Obligationen a 4% ... 32 Thlr. i , e . 39 von 3600 Thlr. Niederſchleſiſch-Märk. desgl. a 5% ... 180 Sn 222 535 Buchhinder⸗ Arbeiten P dl» er aan — 62 5 6 30 — Iſt Prokürg und off 8 — 26 18 6 1143 — [1146| — — | Halbjährige Beiträge von einheimiſchen Mitgliedern: a) 0 2 JJ NE RE NEN 2 24 22 1 für Termin Johanni 184 a 3 Thlr. 552 Thlr. 12 | — | Dem Sternwarten-Diener für meteorologiſche Beobachtungen ........ — 12 — — „ Weihnachten 180 a 3 Tl. 540 = „ 10920 | 50 | — [Naturwiſſenſchaftliche Sektinu : D“D“D“D“„D — 22 16 9 (9 Thaler niedergeſchlagen und 45 Thaler in Rückſtand verblieben.) 50 1 oe Sektionnn:tnn?;!:-:?- nennen an 100 10 0 * — „ . . 7 ” . . „ 75 1 10 (A GOOD OG OGG GGG SGS SGG DGG OHG GOGO 5 268 | — 275 — | —| Halbjährige Beiträge von auswärtigen Mitgliedern: 118 — [Prämie für Preisſchrift nun „„4 = 88 me |” für Termin Johanni 67 à 2 Thle. 2.2.22 2c2cnenn. 134 Thlr. 20 — | Beitrag an die Sektion für Obſt- und Garten-Kultur zu Zeitſchriften — 20 — — „ Weihnachten 1 a 3 Thlr., 67 à 2 Thlr. 137 = — 271 — — Dass = Unvoühergefebene Falle Safe suaaasleen Baus anne — 55 6 ( — (4 Thlr. in Rückſtand verblieben.) — 5 5 e 21 — | 39 —|—| Eintrittsgebühren: 1990 | — 5 5 — 1921 23 2 n e een enen , ee — 39 — — Außergewöhnliche Ausgaben. 150 | — 150 — | — | Miethe von dem ſchleſiſchen Kunſtvereine ...... .. — 150 — — - : . j; 150 — 180 —[— | Miethe von dem 0 WET. ur — 180 — | — Koſtenreſt für die öffentlichen Vorleſungen im Winter 1849/50, ein— 16 16 —|— | Beitrag der Sektion für Obſt- und Garten-Kultur zur schließlich Honor ) ĩ 1 297 1 Salarirung des Kaſtellan Glan — 5 Koſten für die öffentlichen Vorleſungen im Winter 1850/51... ..... == 25 20 Außergewöhnliche Einnahmen— Wee i ef ae nee 8 4550 575 15 2 reſtituirte Beheizungs- und Beleuchtungskoſte nnn... — 1 29 — Beitrag der Redaktion der ſchleſiſchen Zeitung... ...... — 10 — — für verkaufte Eintrittskarten zu den öffentl. Vorleſungen im Winter r ee ee — 31 — — Vergütigung von Profeſſor Dr. Purkinje für Demfelben überlaſſene Jichhngese 8 — 10 — — für verkaufte Eintrittskarten zu den öffentl. Vorleſungen im Winter — — LSV ST — 214 ee I m 4550 | 2819 | 29 4550 | 2819 | 29 | 10 G. Liebich, z. 3. Kaſſirer der Geſellſchaft. Kaſſen⸗Abſchluß für das Jahr 1850. — — p bf nn | Effekten. , 77 Separat⸗ Fond der techniſchen Sektion. ))))õõ ROH OL ha UNG Beftand aus dem vorigen Jahre | Beitrag von dem Königl. Minifterium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten ...... | Dun nero slelmla er el ana e » ulle,. nlulalere met I 530 Separat- Fond der Sektion für Obſt⸗ und Garten - Kultur, Beftand aus dem vorigen Jahre: Nichte. WMeittag Nest zus dem Jahſe 1819... an ante A Te: u 1 Beiträge von den Mitgliedern der Sektion pro a. G., 131 a 1 Tl — 131 Beiträge von den Theilnehmern des Leſezirkels, 23 8 20 Sg en 15 Beitrag von dem Königl. Landes-Oekonomie- Kollegium een nennen — 100 Beitrag der allgemeinen Kaffe zur Anſchaffung von Zeitſchrifte nnn — 20 Eren! yy y — 1 Ueberſchüſſe von den Ausſtellungen dieſes Jahres: 1) bei der Ausſtellung im Frühjahre: : Einnahmen 117 Thlr. 2 Sgr. 6 Pf. Ausgaben 98 =: 1:27: Ueberſchuß — 19 2) bei der Ausſtellung im Herbſte: Einnahmen 155 Thlr. 5 Sgr. 6 Pf. Ausgaben 133 27 — . Ueberſchuß 21 Thlr. 28 Sgr. 6 Pf. ab die Hälfte von letzterem an den Central-Gärtner-Verein 10 - 29 3 - u 10 Iſt eingekommen. Baar. 2 6 11 Iſt verausgabt. Effekten. Separat Fond der techniſchen Sektion. Für techniſche Zeitſchriften N / EN NET. 0 2 — 51 Dem Kolpotej tt; pp ] — 20 ee t,... e SF — 6 FF ² ff 8 — 1 end neff, 8 — 149 Separat⸗ Fond der Sektion für Obſt⸗ und Garten⸗Kultur. Poſt- Prokura für Einziehung der Beiträge von auswärtigen Mitgliedern.... — 3 Zum Ankauf von Pflanzen bei der Frühjahrs- Ausſtellun E — 50 Geldpeämiez bei de d r —? qu-ꝗ&ͤ8 — 14 rn ee es ee ae. — 38 Buchbinder zebeiten mer r d e e — 2 Dem Köl pekte p ß . m... — 36 Jeitüngs⸗Inſer at ʃ̃Ꝙ?v (( 0... — 26 Gee e PPy MMD — 1 M ˙² d ̃ . 8 — — Beitrag der Sektion zur Salarirung des Kaftellan Glän n — 16 Rückzahlung der in 1848 und 1849 aus der allgemeinen Kaffe empfangenen Vorfhüffe ..... — 13 Betanken... ee — 95 — 299 G. Liebich, z. 3. Kaſſirer der Geſellſchaft. Baar. 2 — Berieht über die Verwaltung der Kaſſe. Die gewöhnlichen Einnahmen der allgemeinen Kaſſe werden in dieſem Jahre die Höhe erreichen, welche im Etat dafür angenommen iſt, die Ausgaben dagegen, — vorausgeſetzt, daß die Prämie für eine Preis— ſchrift zur Ertheilung kommt, — den Betrag der Einnahme um etwa 50 Thlr. überſteigen, in Folge von Ueberſchreitungen in einzelnen Poſitionen, als: Druckkoſten, Buchbinderarbeiten und Auslagen für die Biblio— thek. Jene Mehrausgabe wird für dieſes Jahres durch zufällige Einnahmen, namentlich die Rückgewähr früherer Vorſchüſſe an die Sektion für Obſt- und Gartenkultur und einen Ueberſchuß bei den öffentlichen Vor— trägen des verfloſſenen Winters, ziemlich gedeckt werden. Jene Vorleſungen haben durch den Verkauf der Einlaßkarten einen Betrag von 346 Thalern geliefert, während die Koſten ſich nur auf 316 Thlr. 19 Sgr. beliefen. Das finanzielle Ergebniß der in dieſem Winter-Halbjahre veranſtalteten Vorleſungen ſcheint minder günſtig zu werden, da der Betrag der bisher gelöſten Eintrittsgelder um 100 Thaler geringer iſt, als gleich— zeitig im vorigen Jahre. Die techniſche Sektion hat in dieſem Jahre von dem königl. Miniſterium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten eine Gabe von 100 Thalern empfangen, ſo daß ihr Separatfond mit einem Beſtande von eirca 150 Thalern in dieſem Jahre abſchließen wird. a Die Sektion für Obſt- und Gartenkultur hat außer den jährlichen Beiträgen der Sektions-Mitglie— der, die ſich jetzt auf 150 Thaler belaufen, dem landwirthſchaftlichen Centralvereine ein Geſchenk von 100 Thalern zu danken, auch bei den Ausſtellungen einen Ueberſchuß von 30 Thalern gewonnen. Dieſe Revenuen haben die Sektion in den Stand geſetzt, nicht blos die gewöhnlichen Ausgaben zu beſtreiten, ſon— dern auch zur Förderung der Ausſtellungen 65 Thaler auf Ankauf und Prämiirung von Pflanzen zu ver— wenden. Der Kaſſenbeſtand der Sektion wird am Ende des Jahres nahe zu 100 Thaler betragen. Breslau, den 20. Dezember 1850. G. Liebich, z. 3. Kaſſirer. 14 In dem Status der Mitglieder unſerer Geſellſchaft haben folgende Veränderungen ſtattgefunden: Eilf wirkliche einheimiſche und zwei wirkliche auswärtige Mitglieder ſind der Geſellſchaft beigetreten, als: A. Die wirklichen einheimiſchen Mitglieder: 1) Herr Generalmajor und Kommandant v. Aſchoff. 2) „ Oberarzt Dr. Med. Biefel. 3) „ Kreisrichter und Appellations-Gerichts-Aſſeſſor Conrad. 4) „ Ober- und Geh. Regierungsrath Elwanger, Direktor der General-Kommiſſion. 5) „ Regimentsarzt Dr. Med. Sleifhhammer. 6) „ Privatdocent Dr. Phil. Gröger. 7) „ Geh. Ober-Bergrath und Berghauptmann v. Oeynhanſen. 8) „ Kaufmann und Metallwaaren-Fabrikant Vinghoffer. 9) „ Profeſſor Dr. Med. v. Liebold. 10) „ Geh. Ober-Bergrath Steinbeck. 11) „ Stadtrath und Kaufmann Zwinger. B. Die wirklichen auswärtigen Mitglieder: 1) Herr Sanitätsrath Dr. Med. Bannerth in Landeck. 2) „ Dr. Phil. Geisler in Brieg. C. Als Ehrenmitglieder wurden aufgenommen: 1) Herr Chmel, Archivar und Chorherr am St. Florian-Stift zu Wien. 2) „ Ettinghauſen, Sekretär der k. k. Akademie zu Wien. 3) „ Haidinger, k. k. Bergrath in Wien. 4) „ Profeſſor Dr. Med. Purkinje in Prag. D. Zu korreſpondirenden Mitgliedern wurden ernannt: 1) Herr Privatdocent Dr. Phil. Andrae in Halle. 2) „ Profeffor Dr. Budge in Bonn. 3) „ Wirthſchafts-Inſpektor Borrmann in Wangern. 4) „ Dr. Med. Debey in Aachen. 5) „ Hauptmann Fahrtmann in Klein-Schwein. 6) „ Geh. Medizinalrath Profeſſor Dr. Froriep in Weimar. „ Forſtrath und Profeffor Dr. Hartig in Braunſchweig. „ Profeſſor Dr. Oswald Heer in Zürich. 9) „ Wirthſchafts-Direktor Herrmann in Toſt. 10) „ Medizinalrath Profeſſor Dr. Med. Heyfelder in Erlangen. 11) „ Dr. Phil. Albert Koch aus Dresden. 12) „ Theodor Hotſchy, Aſſiſtent des k. k. Naturalien-Kabinets in Wien. 13) „ Profeſſor Dr. Kützing in Nordhauſen. 14) „ Dr. Phil. Sow, Direktor der Realſchule in Meſeritz. 15) „ Profeſſor Dr. Münter in Greifswald. 16) Herr Dr. Phil. Babenhorft in Dresden. 17) „ Profeſſor Dr. Neuß in Prag. 18) „ Wirthſchafts-Direktor Niedel in Falkenberg. 19) „ Dr. Fridolin Sandberger in Wiesbaden. 20) „ Dr. Guido Sandberger in Wiesbaden. 21) „ Profeſſor Dr. Schimper in Straßburg. 22) „ Dr. Med. et Chir. Carl Heinrich Schultz, gen. Bipontinus, Direktor der Geſellſchaft Pollichia in Deidesheim. 23) „ Profeſſor Dr. Stannius in Roſtock. Durch den Tod verlor die Geſellſchaft 14 Mitglieder, nämlich: A. Wirkliche einheimiſche Mitglieder: 1) Herrn Hoſpital-Ober-Wundarzt Alter. 2) „ Dr. Med. Bürkner. 3) „ Profeſſor Dr. Liſcher. 4) „ Geh. Juſtizrath Gelineck. 5) „ Sanitätsrath Dr. Guttentag. 6) „ Medizinal-Aſſeſſor Olearius. 7) „ Ober-Bergrath Singer. B. Ehrenmitglied: 1) Herrn Ziſchoff Edler v. Altenftern, k. k. Hofrath, oberſter Feld-Stabsarzt und Direktor der med.-chirurg. Joſephs-Akademie in Wien. C. Korreſpondirende Mitglieder: 1) Herrn Geh. Kommerzienrath Dr. M. Beer in Berlin. 2) „ Sanitätsrath Dr. Berendt in Danzig. 3) „ Corda, Cuſtos des böhmiſchen Muſeums in Prag. 4) „ Seminar-Direktor F. W. Kölbing in Klein-Welken bei Herrnhut. 5) „ Kammerrath Waitz in Altenburg. 6) „ Bergmeiſter Zobel in Reichenſtein. — — + 2 % ur ** * 5 N 4 A. * 4 * S Nee er, g e we Wi | e 2. 2 5 wa 2 i 4 * 5 5 * 2 2 * 1 55 1 „ e . ect 55 Ben t r Nr re a . tm ih e ee, ö 7 ars Mr Be M., ae * K ae ene Ye: TR je Se we 15 feder Kriens ia 20 AR „eh bk fi. d * . | Ur Pr ler Rind au‘ 2 N i * r Waun „ SE Nee, - 17 I. Abtheilung für Naturwiſſenſchaften. A. Naturwiſſenſchaften an und für ſich. 1. Bericht über die Thätigkeit der allgemeinen naturwiſſenſehaftlichen Sektion der ſchleſiſchen Gefellfebaft im Jahre 1851 von 3). R. Göppert, zeitigem Sekretaͤr derſelben und Praͤſes der Geſellſchaft. Die naturwiſſenſchaftliche Sektion hielt im vergangenen Jahre ſiebenzehn Sitzungen, in welchen aus ver— ſchiedenen Zweigen der Naturwiſſenſchaften folgende einzelne Vorträge und Mittheilungen vorkamen: Phyſik. Am 6. Januar ſprach Herr Prorektor Dr. Marbach: Ueber die Meſſung elektriſcher Ströme; in welchem Vortrage die verſchiedenen Methoden derartiger Meſſungen auseinandergeſetzt und der Gebrauch der Rheoſtaten durch Vorzeigung von zwei ſolchen Inſtrumenten erläutert wurde. Den 20. November Derſelbe: Ueber die Wirkung des Magnetismus auf kryſtalliſirte Körper. Herr Dr. Marbach referirte über die auf dieſem Gebiete gemachten Entdeckungen, und hob nament— lich die Beobachtungen von Knoblauch und dann von Plücker in Betreff des Kalkſpathes hervor; dann zeigte Herr Dr. Marbach die Wirkung des Magnetismus auf Sapphir, fo wie auf einen Kalkſpath vom Kapellenberge bei Hirſchberg, welcher die von Knoblauch und Tyndall gefundenen Modifikationen der Wir: kungen erkennen ließ. 3 18 Am 6. November. Herr Oberlehrer Dr. Sadebeck: Ueber die Prinzipien, welche bei Anfertigung eines Straßenbeleuchtungskalenders zu beachten ſind. Im Auftrage des Magiſtrats von Breslau hat Ref. den Straßenbeleuchtungskalender für das Jahr 1850 revidirt und die Ausarbeitung eines ſolchen für das Jahr 1851 übernommen. Es war ihm die Be— dingung geſtellt worden, daß die Summe aller Brennſtunden des Jahres nicht mehr als 2000 betragen ſolle. Obgleich er deshalb überall das Minimum der Brennzeit angeſetzt und das Mondlicht ſoviel, als nur irgend möglich, in Anſpruch genommen hatte, ſo erwies ſich doch jene vorgeſchriebene Zahl der Brennſtunden unzu— reichend, denn für das Jahr 1851 kamen deren 2082 zuſammen. Da alſo die Dauer der Brennzeit mit einem nicht gerade reichlichen Maße beſtimmt werden mußte, ſo iſt es einleuchtend, daß ungünſtiges Wetter ſehr leicht die Stadt in Finſterniß verſetzen kann, wenn nicht für ſolche Fälle außerordentliche Beleuchtung angeſetzt wird. Es ſteht jedoch in Ausſicht, daß in Zukunft zur Verhütung dieſes Uebelſtandes an den Tagen, an welchen des Mondſcheins wegen im Kalender eine abgekürzte Brennzeit angeſetzt worden iſt, auf die Witterung Rückſicht genommen werden wird. Wenn kein Mondſchein iſt, ſo tritt nach den vom Ref. gemachten Beobachtungen und Rechnungen des Abends auf den Straßen die Dunkelheit ein, wenn die Sonne 10 Grad unter den Horizont hinabge— ſunken iſt, und dauert ſo lange, bis ſich des Morgens die Sonne wieder bis zu dieſem Grade dem Hori— zonte genähert hat. Dieſe beiden Zeitpunkte ſind für jeden Tag des Jahres berechnet worden. Aus der Polhöhe von Breslau (510 6° 56“), der Abweichung der Sonne vom Aequator und der negativen Höhe von 10 Grad muß man zuerſt den Stundenwinkel berechnen. Bezeichnet man dieſen mit t, die Polhöhe mit 9, die Abweichung der Sonne mit d und die Höhe derſelben mit h, fo ift allgemein Sin. h — Sin. de. Sin. ꝙ Cos. d , Cos. ꝙ Dieſer Ausdruck kann für die Rechnung bequemer gemacht werden, wenn man ſtatt der Abweichung der Sonne den Polabſtand derſelben einführt. Bezeichnet man denſelben mit p, ſo erhält man nach einer leichten Umformung Cos. t = Si sy aan +p—h) Cos. 1 ( p h) in. — Ener nn ren en ee Cos. ꝙ . Sin. p Dieſer Stundenwinkel, in Zeit umgewandelt, giebt an, wie lange vor dem wahren Mittage die Dunkelheit auf den Straßen aufhört, und wie lange nachher ſie wieder beginnt. So wird z. B. für Juni 21 gefunden t = 1474 5 oder 9 48” 3 und der wahre Mittag trifft 0 In 3, folglich endet die Dun⸗ kelheit des Morgens 14 13 * 0 und beginnt des Abends 9" 49 6. Es iſt hierbei unnöthig, den in Sternzeit ausgedrückten Stundenwinkel auf mittlere Zeit zu reduziren, denn um wieviel derſelbe dadurch ver— mindert werden würde, um ebenſoviel wird er durch das Fortrücken der Sonne in Rektaszenſion vergrößert werden. Endlich wird auch die Veränderung der Abweichung der Sonne vom Aequator auf den Stunden- winkel einen Einfluß haben, doch iſt derſelbe ſo gering, daß er für den vorliegenden Zweck vernachläßigt werden kann. Es bleibt jetzt noch zu ermitteln, um wieviel des Mondſcheins wegen die gewöhnliche Brennzeit der Straßenlaternen abgekürzt werden dürfe, und deshalb hat Ref. zuerſt durch eine Reihe von Beobachtungen zu ermitteln geſucht, welche Höhe der Vollmond mindeſtens haben müſſe, damit er die für die Straßenbe— leuchtung nöthige Leuchtkraft beſize. Er hat den Beobachtungen zufolge für dieſe Höhe 50 20“ über dem wahren Horizonte feſtgeſetzt. Um darauf die Höhe zu beſtimmen, welche der Mond bei irgend einer andern 19 Phaſe haben muß, iſt zunächft berechnet worden, wie ſich die Leuchtkraft des Mondes bei feinen verfchiede- nen Phaſen zu der des Vollmondes verhält. Lambert giebt in ſeiner Photometrie für die Leuchtkraft des Mondes den Ausdruck he. e— 37 (Sin. v — v Cos. v) wo v den im Bogen ausgedrückten Abſtand des Mondes von der Sonne bezeichnet. Weil dieſer für den Vollmond = 7 iſt, fo wird 1 = %. Da es aber bequemer war, die Leuchtkraft des Vollmondes als Einheit zu nehmen, fo iſt in dem obigen Ausdrucke der Faktor 23 weggelaſſen worden, wodurch er überge— gangen iſt in EZ Eu (Sin. v — v Cos. v). TE Daraus kann die Höhe berechnet werden, welche der Mond bei den verfchiedenen Phaſen haben muß. Bezeichnet man die Leuchtkraft des Vollmondes mit L und die kleinſte Höhe deſſelben mit H, für eine andere Phaſe aber mit 1 und h, ſo iſt: Sin, h: Sin. H = L.: I; folglich, da L = 1 angenommen worden iſt, eee. l Zur Ueberſicht möge folgende Tafel dienen: 1 l h Bogenabſtand Leuchtkraft Kleinſte Höhe C und O des Mondes des Mondes 90 Grad 0.3183 16 Grad 59 Min. 100 „ 0.4099 De 110 „ 0.5080 ss e 120 „ 0.6090 ae, 130 „ 0.7080 ae, 140 „ 0.8004 e a 0.8809 BIER FIR TRUG 160 „ 0.9441 > u 170 „ 0.9854 Nes 180 „ 1.0000 . eee, Die letzte mit h bezeichnete Kolumne giebt die kleinſte Höhe des Mondes an, d. h. wie hoch der Mond mindeſtens über dem wahren Horizonte ſtehen muß, wenn ſein Licht für die Straßenbeleuchtung genügen ſoll. Aus dieſer Höhe, der geocentriſchen Deklination des Mondes und der Polhöhe muß hierauf der Stun— denwinkel ebenſo, wie früher bei der Sonne, berechnet werden; aber es darf hierbei die Reduktion auf mitt— lere Zeit nicht vernachläßigt werden, weil dieſelbe beim Monde durch das Fortrücken in Rektaszenſion nicht vollſtändig ausgeglichen wird. In Beziehung auf das Fortrücken des Mondes genügt es, einen Mittel werth, nämlich für die Stunde 132 Sekunden, anzunehmen und dieſem proportional den Stundenwinkel zu vergrößern. 3 * 20 Beifpiel für 1851, März 12: Kulminationszeit des Mondes... = 7 47 Geocentriſche Deklination... — 219 237% 4 N. Bogenabſtand C und .. 1180 Kleinſte Höhe des Mondes — 90 Aus diefen Angaben folgt: Stunbenmwinkelun ne le = 6" 49 4 Mittl. Zeit. Fortrücken des Mondes in R. A... = 15:0 Verbeſſerter Stundenwinkel........ 4 Zieht man letzteren von der Kulminationszeit des Mondes ab, ſo findet man den Moment, wenn der Mond zu leuchten beginnt, und addirt man, ſo erfährt man, wenn er zu leuchten aufhört. Im vorliegenden Falle hat man natürlich blos den letzten Moment, nämlich 14" 547 6 zu beachten. Will man auch noch auf die Veränderung der Deklination des Mondes Rückſicht nehmen, ſo muß man dieſe für den eben beſtimmten Moment ſuchen und mit Benützung derſelben die Berechnung des Stun— denwinkels wiederholen. Man wird dann finden: Deklination des Mondes = 210 3, 0 N. Stundenwin kel . RL — 6h 47 5 Mittl. Zeit. Fortrücken des Mondes in R. 4. — 14-9 Verbeſſerter Stundenmwinkel........ — [a 00 4 Dazu die Kulminationszeit des Mondes — 7 472 Ende der Leuchtkraft des Mondes... — 14 49 6. Ref. legte zuletzt noch die Tafeln vor, welche er zur Beſtimmung des Stundenwinkels berechnet hat, und durch welche die Rechnung bedeutend erleichtert wird. Am 30. Januar 1850. Herr Oberlehrer Dr. Sondhauß: Ueber das Tönen erhitzter Glasröhren. Herr Dr. Sondhauß zeigte Glasröhren vor, welche durch Erhitzung einer an Fig. 1. Fig. 2. dem einen Ende angeblaſenen Kugel einen Ton hören laſſen. Man kann zur Anferti— Pr gung folcher Apparate Glasröhren von 2 bis 3 Millimeter innerem Durchmeſſer an— wenden, an welche man auf gewöhnliche Weiſe eine Kugel bläſt und ſo lange vergrö— 3 ßert, bis der Ton hörbar wird. Der Apparat hat dann die in Figur 1 abgebildete & Geſtalt. Bedient man fich weiterer Röhren von 5 bis 6 Mllm. Durchmeſſer, fo zieht man dieſelben unterhalb der Kugel in einen 1 bis 2 Mllm. engen Hals aus, wie 0 Figur 2 zeigt. Es iſt nicht nothwendig, daß die an die Röhre geblaſene Erweiterung kugelförmig ſei, dagegen muß ein beſtimmtes zweckmäßiges Verhältniß zwiſchen dem Volumen der Erweiterung und der Länge und Weite der Röhre ſtattfinden, wenn der Apparat den Ton leicht und ſicher angeben ſoll. Der Ton rührt von den Schwingun— gen der im Innern des Apparats enthaltenen Luft her und wird von in der Kugel vorhandenen Dämpfen nicht bedingt, ſpricht jedoch, wenn ſolche vorhanden ſind, leichter an. Wird während des Tönens die Kugel ab durch zu ſtarke Erhitzung weich, oder die Röhre bd bei d zugehalten, fo hört der Apparat augenblicklich auf zu tönen. Iſt 2 in der Kugel eine kleine Oeffnung vorhanden, ſo ſpricht der Ton nicht an, wogegen bedeutende in der Kugel vorhandene Sprünge nicht hinderlich ſind. ad 21 Die Höhe des Tones hängt von den Dimenfionen des Apparats in der Weiſe ab, daß derſelbe um ſo tiefer iſt, je größer die Kugel und je länger und enger die Röhre iſt. Die von Herrn Dr. Sondhauß angegefertigten Apparate gaben Töne von E bis e an. Aus der Vergleichung der Dimenſionen der Apparate und der von ihnen erzeugten Töne hat ſich er— geben: daß die Quadrate ihrer Schwingungszahlen im umgekehrten Verhältniſſe zu dem Volumen der Kugel und der Länge der Röhre und im graden Verhältniſſe zu dem Querſchnitt der Röhre ſtehen. Man kann daher die Schwingungszahl des Tons, welchen ein ſolcher Apparat durch Erhitzung der Kugel angiebt, nach der empiriſchen Formel . 8 e Fig. 3. berechnen, in welcher n die Schwingungszahl, V das Volumen der Kugel, L die Länge und S den 4 Querſchnitt der Röhre, in Mllm. ausgedrückt, und C eine Conſtante, welche = 194400 iſt, bezeich⸗ net. Daſſelbe Geſetz gilt auch für gedeckte Pfeifen von ähnlicher Geſtalt. Eine ausführliche Be— . ſchreibung der zur Unterſuchung dieſer Töne angeſtellten Verſuche findet ſich in Poggendorff's Annalen 4 Bd. 79 pag. 1. 5 Zuletzt machte Herr Dr. Sondhauß noch auf eine von ihm bemerkte eigenthümliche Toner— zeugung aufmerkſam, welche ſich mit dem in Figur 3 abgebildeten gläſernen Apparate leicht nach— weiſen läßt. Derſelbe iſt den oben beſchriebenen tönenden Glasröhren ähnlich, unterſcheidet ſich aber von ihnen durch das an die Kugel angeſchmolzene offene enge Glasröhrchen ad. Erhitzt man die Kugel ab beinahe bis zum Glühen und bläſt, während die Kugel noch heiß iſt, bei e mit dem Munde kräftig in die Röhre, ſo hört man einen meiſtens tiefen Ton, welcher mit dem Tone eines Fagott's einige Aehnlichkeit hat. Hat ſich die Kugel wieder abgekühlt, ſo gelingt es nicht mehr, dieſen Ton zu erzeugen, wenn man auch noch ſo kräftig durch die Röhre bläſt. Die bei dieſer Erſcheinung ſtattfindenden eigenthümlichen Verhältniſſe werden ſich hoffentlich bei der weiteren Unter— c! ſuchung ergeben. Der Sekretär der Sektion befand ſich am 15. Auguſt zufällig in Sprottau in Niederſchleſien, wo er Gelegenheit hatte, einen merkwürdigen „Blitzſchlag“ zu beobachten, deſſen Beſchreibung hier folgt. Nach einem ſehr ſchwülen Tage entlud ſich Abends nach 10 Uhr ein heftiges Gewitter über dem Ho— rizont von Sprottau. Gegen 10%, Uhr erfolgte ein gewaltiger Schlag, der auch in der That nicht weit von meiner Wohnung ein Haus getroffen hatte. Bei der näheren Beſichtigung deſſelben ergab ſich Folgendes: In ein einſtöckiges Haus war der Blitz wahrſcheinlich durch zwei ſeitwärts gelegene offenſtehende Bodenfenſter, durch die etwa an dieſer Stelle 6 Zoll dicke Mauer nahe am Fenſter, in eine nach dem Hofe im erſten Stock gelegene Stube eingedrungen. Seinen Eintritt bezeichnete er durch eine runde, um den Rand ge— ſchwärzte Oeffnung, überſchüttete hier ein unmittelbar darunter liegendes, im Bette ſchlafendes Kind mit zahlreichen Funken, ohne es aber weiter zu beſchädigen, und ging in völlig gerader Richtung an der Decke längs zweien zur Befeſtigung der Strohdecke in derſelben angebrachten Drähten, und zwar an dem einen in ſechs ziemlich gleich weit von einander entfernten Abſätzen, die ſich durch kleiner rundlicher Löcher bezeich— neten, ſichtbar bis über die Mitte der 12 Fuß breiten Stube hinaus, an dem andern nur etwa in der Länge von 3 Fuß, wo er ebenfalls die Spuren kleine runde Löcher zurückließ. Faſt gerade gegenüber von ſeinem Eintritt in die Stube hing an der Wand, zur Seite eines hölzernen Schranks, ein mit einem ledernen dünnen Riemen verſehener eiſerner, etwa 2 Fuß langer Bogen, an deſſen unteres Ende ſich eine 4 Fuß lange gewöhnliche grobe Brettſäge lehnte. Wahrſcheinlich durch dieſe größere Eiſenmaſſe angezogen, ſprang er von den obengenannten Drähten ab und ging nun, indem er ein oberflächliches Loch in die Wand ſchlug und die Spitze des genannten, etwa nur 4 Lin. dicken Eiſenſtabes ſchmolz weiter; längs deſſelben ſchmolz auch 22 das andere Ende, an welcher Stelle ſich wieder ein Loch in der Wand befindet, und lief nun längs der Säge herunter. Man ſieht an derſelben an dem Eintrittspunkte drei kleine runde vertiefte Löcher, deren Ränder nur Spuren von Schmelzung zeigten. Unterhalb der Säge, die auf dem Fußboden ſtand, ging er durch denſelben und durch die Mauer hindurch in eine darunter liegende Stube, die Wohnung des Stadt— muſikus, welche mit meſſingnen Blaſeinſtrumenten erfüllt war, deren bei weitem größerer Theil an einer höl— zernen, in der Mitte der Stube gezogenen, die Decke nicht ganz erreichenden Wand hing; nur eine Poſaune befand ſich gerade an der Stelle, wo in der oberen Stube der Blitz an der Säge heruntergefahren war. Indem er nun durch die Mauer oberhalb der Poſaune eindrang, erreichte er das ſeitliche zum Aus- und Ein- ziehen beſtimmte Stück, durchbohrte daſſelbe mit einer runden Oeffnung, fuhr innerhalb in der Länge des ganzen Stückes am anderen Ende wieder heraus, ſchmolz es und drückte es 3 Zoll tief in die Mauer, wie denn gerade überhaupt an dieſer Stelle die Mauer ſehr beſchädiget und der Kalk an 1 F. Länge und 5 bis 6 Zoll Breite dies entfernt war. Ein Theil des Metalles fehlt und iſt offenbar von dem Blitz in die Mauer geführt worden, wies auch ſchon anderweitig beobachtet worden iſt. Von hier drang nun der Blitz in die nächſtanſtehende, etwa 1½ Fuß dicke Mauer des Nachbarhauſes und kam oberhalb des in den Hof führenden Ganges wieder zum Vorſchein, wie ſich aus der etwa 1 Fuß im Durchmeſſer haltenden, von Kalk entblößten Stelle erkennen läßt. In der Mitte dieſer Stelle befindet ſich das Ende einer großen mit Eiſen— oxyd bedeckten Handhabe, an welcher die unmittelbar daran befindliche, in den Hof führende Thür befeſtiget iſt. — Jedoch läßt ſich an dieſem 3 Zoll dicken Eiſen eben ſo wenig, wie an der dieſer Stelle zuge— kehrten, mit ein Paar eiſernen Haften beſchlagenen Seite der Thür eine Spur von Schmelzung entdecken, wie ſich denn überhaupt von dieſem, noch in der Höhe von 8 Fuß über dem Erdboden befindlichen Punkte jede Spur von einem weiteren Verlaufe des Blitzes verliert. Unter dieſer Stelle befanden ſich, etwa 4 Fuß entfernt, wollene, auf den Spannbrettern noch hängende Strümpfe aufgeſtellt, an denen ſich keine Brandflecke befinden. Dergleichen ſehen wir nur beim Eintritt des Blitzes in die erſt beſchriebene Stube auf den Bett— decken, etwa 12 ungleich von einander entfernte, Y, Zoll breite Brandflecke, fo wie auf dem Hemde des Kindes. Der Vater des in dieſem Bette ſchlafenden Knaben hatte Geiſtesgegenwart genug, auf der Stelle die brennenden Funken abzukehren und ſomit die weitere Verbreitung des Feuers zu verhindern. Es befan— den ſich in dieſem Zimmer noch 3, in dem unteren 5 Menſchen. Betäubt oder niedergeworfen wurde keine einzige Perſon, nur im unteren Zimmer ein auf dem Sopha ſchlafender Knabe, der etwa 4 Fuß von der genannten Poſaune entfernt, aber von ihr noch durch einen Schreibtiſch getrennt lag, ohne weitere Beſchä— digung heruntergeworfen. Die Mutter deſſelben, mit einem kleinen Kinde auf dem Arme, befand ſich in der Mitte der Stube. Alle wollen gewaltiges Gepraſſel, Funkenſprühen und Schwefelgeruch verſpürt haben. Chemie. Herr Dr. Med. et Chir. M. Baumert zwei Vorträge: 1. Am 13. Februar 1851: Ueber das Vorkommen des Zuckers im thieriſchen Organismus. Es iſt bekannt, welche wichtige Rolle die Holzfaſer, das Stärkemehl, die verſchiedenen Zuckerarten und die meiſten zu dieſer Gruppe gehörenden Verbindungen im Pflanzenreiche ſpielen. Die Aehnlichkeit ihrer chemiſchen Zuſammenſetzung erklärt ihr häufiges Vorkommen nebeneinander, ſo wie ihren leichten Uebergang in einander auf ganz ungezwungene Weiſe. Sie ſind theils iſomer, theils nur durch die größere oder ge— ringere Zahl von Waſſerelementen unterſchieden. Beſonders iſt der Traubenzucker ein ganz allgemeines Um⸗ wandlungsprodukt der einzelnen zu dieſer Gruppe gehörenden Verbindungen. Da wir denſelben auch auf 23 künſtlichem Wege, d. h. ohne Mitwirkung organifcher Kräfte, aus Holzfaſer, Stärkemehl, Dextrin u. f. w. mittelſt gewiſſer Fermente und verdünnter Säuren zu erzeugen im Stande ſind, und da wir im Pflanzen— organismus überall, wo wir Traubenzucker antreffen, einer oder der andern dieſer Bedingungen begegnen, ſo müſſen wir mit Recht auf eine analoge Bildung deſſelben im Pflanzenreiche ſchließen. Ob indeß die Natur zu ſeiner Erzeugung im pflanzlichen Organismus nicht auch noch andere Mittel beſitze, ſoll damit nicht be— hauptet werden; bisher iſt jedoch, ſo viel mir bekannt, noch keine Beobachtung gemacht worden, welche eine andere Entſtehungsweiſe des Traubenzuckers als nothwendige Forderung hingeſtellt hätte. Im Thierreich iſt das Vorkommen des Zuckers bei weitem beſchränkter. Die allergrößte Menge deſ— ſelben iſt vegetabiliſchen Urſprungs und entweder in einer leicht in Zucker umzuwandelnden Form, z. B. als Stärkemehl, oder bereits als fertig gebildeter Zucker mit den Nahrungsmitteln dem thieriſchen Organismus zugeführt worden. Der Verdauungsapparat der Thiere beſitzt in dem Sekrete der Speicheldrüſen und des Pankreas ein der vegetabiliſchen Diaſtaſe ähnlich wirkendes Ferment, welches die Ueberführung des Stärke— mehls in Traubenzucker zu bewirken beſtimmt iſt. Selbſt der Milchzucker, der ſo lange als integrirender Beſtandtheil der Milch der Säugethiere gegolten hat, wird nach neueren Unterſuchungen ebenfalls im Pflan— zenreiche angetroffen; fo z. B. in den Eicheln von Quercus racemosa Lam. und sessiliflora Sm., in den Cotyledonen einiger Leguminoſen ꝛc. So wenig man alſo im allgemeinen über den Urſprung des Zuckers, der im Thierkörper ſich findet, zweifelhaft ſein kann, ſo ſehr müſſen gerade die ſpeziellen Fälle, die eine ſelbſt— ſtändige Zuckerproduktion des thieriſchen Organismus aus Fett oder ſtickſtoffhaltigen Gebilden beweiſen, un— ſere Aufmerkſamkeit erwecken. Dieſe Entſtehung des Zuckers bei reiner Fleiſchnahrung iſt zuerſt von Benſch beobachtet worden. Derſelbe unterſuchte die Milch zweier ſaugender Hündinnen, die wochenlang nur mit Fleiſch gefüttert worden waren. Die Milch enthielt Milchzucker, obwohl die Menge deſſelben geringer war, wie bei gemiſchter Nahrung. Cl. Bernard), der dieſe Frage ſpäter zum Gegenftand einer beſonderen Unterſuchung machte, gelangte unter andern zu folgenden, uns hier intereſſirenden Schlüſſen: 1. „Es findet ſich Eonftant und bei norma— lem Verhalten des thieriſchen Körpers Traubenzucker im Blute des Herzens und in der Leber. 2. Die Bil— dung des Traubenzuckers erfolgt in der Leber und iſt unabhängig von einer zucker- oder ſtärkemehlartigen Nahrung.“ Die Anweſenheit des Traubenzuckers in der Leber iſt ſehr leicht nachzuweiſen und ſeitdem bereits von verſchiedenen Phyſiologen und Chemikern beſtätiget worden. Wenn die Leber friſch geſchlachteter Thiere zerkleinert, ausgepreßt und die erhaltene Flüſſigkeit zur Ab— ſcheidung des Eiweißes und Blutfarbeſtoffes erwärmt wird, ſo geht das mit friſcher und gut ausgewaſchener Hefe verſetzte Serum (unter Einhaltung der erforderlichen Gährungsbedingungen) ſehr bald in die weinige Gährung über. Um wenigſtens annähernd den Traubenzuckergehalt der Leber zu ermitteln, habe ich die Flüſſigkeit, nachdem die Gährung vollendet war, deſtillirt, das Deſtillat mit Aetzkalk verſetzt und alsdann rektifizirt. 5 Ich erhielt aus zwei 6 Pfund wiegenden friſchen Schöpſenlebern 3%, Skrupel Alkohol von 0,892 ſpez. Gewicht, was ohngefähr 70 Volumsprozenten Alkohol entſpricht. Man ſollte meinen, daß dieſer nicht unbedeutende Zuckergehalt der Leber den Phyſiologen und Aerzten nicht ſo lange verborgen bleiben konnte, da ſchon in den Schriften des Ariſtoteles ſich eine hierauf bezüg— liche Stelle *) findet. „Deshalb, fo ſagt Ariſtoteles, iſt auch die Leber der Thiere, die keine Gallenblaſe ) Archives générales de Médeeine. 4e. Série, tome XVIII. Novembre 1848, pag. 303. ) De partibus animalium libri quatuor, eddidit Becker. Berolini 1829, lib. IV, cap. II, pag. 86. 24 haben, von gutem Ausſehen und ſüß, wie man allgemein behauptet, und bei denjenigen Thieren mit einer Gallenblaſe iſt die Stelle der Leber unter der Gallenblaſe am ſüßeſten.“ In der Leber fleiſchfreſſender Thiere iſt der Traubenzucker eben ſo nachweisbar. Ich habe dazu die Leber eines Fuchſes benutzt, welcher, nachdem er ſechs Wochen im hieſigen phyſiologiſchen Inſtitute aus⸗ ſchließlich mit Fleiſch gefüttert worden war, durch falpeterfaures Strychnin getödtet wurde. Durch Gäh— rung konnte ich eine hinreichende Quantität Alkohol gewinnen, um Letzteren aus ſeinen phyſikaliſchen Eigen⸗ ſchaften zu erkennen. Ein anderer Fuchs, der in den kälteſten Tagen des Januar, wo die Erde gleichzeitig. mehrere Fuß hoch mit Schnee bedeckt war, gefchoffen wurde, ein Hund und eine Katze, die ich zu dieſem Zwecke einige Wochen hindurch wieder nur mit Fleiſch ernährt hatte, zeigten, als ich deren Leber auf Trau— benzucker unterſuchte, daſſelbe beſtätigende Reſultat. Es kann demnach wohl keinem Zweifel unterliegen, daß auch bei reiner Fleiſchkoſt im thieriſchen Organismus Zucker erzeugt werden kann. Allerdings bliebe noch der Ausweg offen, daß in allen dieſen Fällen der in der Leber nachweisbare Traubenzucker ein Reſiduum früherer amylumhaltiger Nahrung geweſen ſein könne, da man ja die Hart— näckigkeit, mit der die Leber gewiſſe Metalle, wie Arſenik, Kupfer u. ſ. w. zurückzuhalten oder anzuſammeln geneigt iſt, als etwas Analoges anführen könnte. Dieſe Anſicht hat jedoch wegen der leichten Veränderlich— keit des Traubenzuckers in thieriſchen Flüſſigkeiten wenig Wahrſcheinlichkeit für ſich und würde überdem eine weit größere Menge von Traubenzucker, als ſich wirklich findet, in der Leber der Pflanzenfreſſer vorausſetzen laſſen. Wenn wir daher die Gegenwart des Traubenzuckers mit der Fleiſchkoſt verträglich finden, ſo frägt es ſich zunächſt, ob die Leber als Zucker erzeugendes Organ zu betrachten ſei, oder ob der Traubenzucker nicht bereits mit dem Pfortaderblute aus dem Verdauungskanal der Leber zugeführt wurde. Bernard konnte bei ſeinen Verſuchen keinen Traubenzucker im Pfortaderblute finden, in denjenigen Fällen, wo es ihm gelang, glaubt er aus anatomiſchen Gründen ein Zurücktreten des Leberblutes nach der Pfortader annehmen zu müſſen. Abgeſehen von allen operativen Schwierigkeiten, halte ich die Frage beſonders deshalb für ſchwer entſcheidbar, weil wir nur mit ſolchen fleiſchfreſſenden Thieren experimentiren können, deren Pfortader nicht die nöthige Quantität Blut zu liefern vermag, um über die Gegenwart oder Abweſenheit des Trauben— zuckers in demſelben mit Sicherheit zu urtheilen. Sobald wir weder den Zucker in Subſtanz, noch ſeine Gährungsprodukte darzuthun vermögen, läßt ſich, trotz der vielen ſogenannten Zuckerproben, immer nur mit größerer oder geringerer Wahrſcheinlichkeit auf ſeine Exiſtenz ſchließen. Ich habe den oben erwähnten, nur mit Fleiſch gefütterten Thieren, unter den von Bernard vorgeſchriebenen Cautelen, die Pfortader unterbun— den, das friſch entnommene Blut durch ſtarken Alkohol koagulirt und das nur ſchwach gefärbte Blutſerum bei gelinder Wärme eingeengt. Nach der Behandlung des Rückſtandes durch Alkohol von 85 Prozent, habe ich dem von neuem eingedickten Filtrat eine alkoholiſche Aetzkalilöſung hinzugefügt; den durch Kali erzeugten, niederſinkenden Syrup habe ich mit abſolutem Alkohol geſchüttelt, den Rückſtand in Waſſer gelöſt, einige Tropfen Kupfervitriollöſung hinzugeſetzt und im Waſſerbade allmälig erwärmt. f Das Reſultat war ein verſchiedenes. Das Blut des vergifteten Fuchſes feste Kupferoxydulhydrat ab, das der anderen drei Thiere reduzirte Kupferoxyd nicht, der erſte Fall ſprach alſo für, die anderen drei gegen die Anweſenheit des Traubenzuckers. Ich muß daher dieſe Frage noch für unentſchieden halten. Von grö— ßeren Thieren, die von vegetabiliſcher Nahrung leben, z. B. vom Ochſen, habe ich unvermiſchtes Pfortader— blut bisher noch nicht unterſucht, zweifle jedoch nicht, daß nach Allem, was bisher über das Vorkommen des Traubenzuckers im Blute der Pflanzenfreſſer bekannt geworden iſt, ſich auch im Pfortaderblute Trauben⸗ zucker werde nachweiſen laſſen. Die Angabe Bernard's, über das Vorhandenſein des Traubenzuckers im Blute des rechten Herzens bei fleiſch- und pflanzenfreſſenden Thieren, habe ich immer beſtätiget gefunden. Daß der Traubenzucker beim Durchgang durch die Lungen zu Kohlenſäure und Waſſer verbrannt werde, iſt bei der chemiſchen Zuſammenſetzung deſſelben und bei der chemiſchen Veränderung des Blutes durch den Reſpirationsprozeß mehr als wahrſcheinlich. 25 Daß diefer Oxydationsprozeß gleichfalls in den Capillargefäßen der übrigen Organe ſich fortſetzt, ift eine phyſiologiſche Thatſache. In der Hoffnung, näheren Aufſchluß über die intermediären Verbrennungs— produkte des Traubenzuckers vor ſeiner vollſtändigen Oxydation zu Kohlenſäure und Waſſer zu erhalten, un— ternahm ich unter gütiger Beihülfe des Herrn Dr. Rühle einige Injektionsverſuche, die, wenn ſie auch kein entſcheidendes Reſultat in der geſtellten Frage geben, doch vielleicht in anderer Beziehung Erwähnung ver— dienen. Zunächſt überzeugten wir uns, daß ſelbſt nach dem Genuß anſehnlicher Quantitäten Zucker (wenn man z. B. Kaninchen längere Zeit mit in Zuckerwaſſer erweichten Mohrrüben fütterte, oder denſelben Zucker— waſſer in den Magen ſpritzte) niemals Zucker mit dem Harn wieder ausgeſchieden wurde. Der Zucker ver— harrt in dieſen Fällen lange genug in den Cirkulationswegen, um in andere Verbindungen übergeführt zu werden. Der Harn war alkaliſch und zeigte bei der Unterſuchung weder Eſſigſäure, Milchſäure noch Amei— ſenſäure. Anfangs fiel uns die Menge des Harnſtoffs auf, bei wiederholter Unterſuchung erſchien jedoch der Harnſtoffgehalt des Kaninchenharns überhaupt bedeutender, als aus der ſonſtigen Beſchaffenheit dieſes Harns gefolgert worden zu ſein ſcheint. Bei direkten Injektionen des Zuckers in die Blutkanäle verhält es ſich anders. Doch hat ſich für uns, obgleich wir 20 Kaninchen auf dieſelbe Weiſe, und ohne daß das Reſultat ſtörende Zufälle eintraten, operirten, keine beſondere Regelmäßigkeit der auftretenden Erſcheinungen herausgeſtellt. Bei der Schwierigkeit oder Unmöglichkeit, hinreichende Mengen von Harn in den erſten 24 Stunden nach der Operation zu ſammeln, mußten wir bald auf das Aufſuchen der aus dem Zucker muthmaßlich gebildeten Säuren verzichten. Wir beſchränkten uns daher darauf, wenigſtens für das Wiedererſcheinen des Zuckers im Harn einen ſicheren Anhaltspunkt zu finden. Den Kaninchen wurde 1 Gramme der verſchiedenen Zuckerarten, in derſelben Menge Waſſer gelöſt, in die linke Jugularvene injicirt. Das Ergebniß der einzelnen Operationen läßt ſich nach unſeren Verſuchen folgendermaßen formuliren: Der Rohr- und Milchzucker wird langſamer in andere Verbindungen zerlegt, als der Traubenzucker. Dies war zu erwarten, da dieſe Zuckerarten vor ihrer weiteren Zerlegung im Organis— mus zuerſt in Traubenzucker übergeführt werden. Eine ſaure Reaktion des Urins, wie dies behauptet wor— den iſt, trat durchaus nicht immer ein, vielmehr ſahen wir den urſprünglich alkaliſchen Harn bisweilen al— kaliſch bleiben, in anderen Fällen wieder bald anfänglich oder erſt bei der zweiten und dritten Urinentleerung eine ſaure Beſchaffenheit annehmen. Daß dieſes Sauerwerden nicht Folge der Harngährung war, haben wir uns überzeugt. Die Urſachen der ſaueren Reaktion konnten wir aus Mangel an Material nicht ermit— teln. Bei der Injektion von Milch oder Rohrzucker erhielten wir in einzelnen Fällen noch nach 24 Stun— den einen zuckerhaltigen Urin, beim Einſpritzen von Traubenzuckerlöſung war meiſt ſchon nach den erſten 12 Stunden keine Reaktion auf Traubenzucker wahrzunehmen. Der Harn war, im Falle Traubenzucker angewendet worden war, immer alkaliſch und brauſte, wie der normale Kaninchenharn, ſtark mit Säuren auf. Aus dem Blute haben wir in zwei Fällen 1 Stunde nach der Operation noch Milchzucker in Kryſtall— form darſtellen können. Die Thiere fraßen oft gleich nach der Operation und erholten ſich überhaupt meiſt vollkommen in den erſten 24 Stunden. Leider erlaubten uns anderweitige Beſchäftigungen nicht, dieſe Ver— ſuche, deren Mangelhaftigkeit uns vollkommen bewußt iſt, weiter fortzuſetzen. Sollen dergleichen Verſuche zu einem exakten Reſultate führen, ſo dürfte es vor allen erforderlich ſein, dieſelben an größeren Thieren, bei denen die Menge des abgeſonderten Harns bedeutender iſt, vorzunehmen. 2. Am 1. März 1850: Chemiſche Unterſuchung der Knochen von Zeuglodon makrospondylus. Trotz vielfacher Analyſen foſſiler Knochen läßt ſich über deren Zuſammenſetzung wenig Allgemeingülti— ges ſagen. Der Lagerungsort, das Alter, die mehr oder minder vollkommene Infiltration fremdartiger Sub— ſtanzen ſind für die Zuſammenſetzung foſſiler Knochen vom weſentlichſten Einfluß. Das einzige konſtante 4 26 Merkmal ſolcher Knochen dürfte ihr bedeutender Gehalt an Fluorcaleium fein. Dieſe Vermehrung des Fluorcalcium's hat daher auch die beſondere Aufmerkſamkeit der Forſcher erregt und zu verſchiedenen Erklä— rungsverſuchen Veranlaſſung gegeben. Man war verſucht, in den Knochen früherer Schöpfungsperioden einen relativ größeren Fluorgehalt vorauszuſetzen, allein als Liebig in den zu Pompeji ausgegrabenen Menſchen— ſchädeln die Menge des Fluor's ebenfalls vermehrt fand, konnte dieſe Anſicht ſich nicht länger behaupten. Die Lagerungsſtätte, d. h. das Muttergeſtein, in dem die Knochen eingebettet waren, kann wenigſtens nicht immer den bedeutenden Fluorcaleium foſſiler Knochen erklären, da durch Verſuche nachgewieſen iſt, daß Geſteine, welche Fluorreiche Knochen enthielten, frei von Fluor ſein können. Man hat auch die Anſicht geltend gemacht, daß der geringe Fluorgehalt mancher Quellen, beſonders ſolcher, die in glimmerhaltigem Geſtein fließen, die Veranlaſſung zu dieſer Eigenthümlichkeit der foſſilen Knochen werden könne, jedoch ſetzt dieſe Anſicht immer das gleichzeitige Vorkommen des Fluor's im Muttergeſtein voraus, oder macht die wei— tere Vorausſetzung nothwendig, daß der phosphorſaure Kalk der Knochen vorzugsweiſe geeignet ſei, Fluor aufzunehmen oder ſich in Fluorcalcium umzuſetzen. Dieſe letztere Annahme iſt bisher auf experimentellem Wege noch nicht geprüft worden. Was den Gehalt der foſſilen Knochen an Knorpelſubſtanz betrifft, ſo findet man letztere bald unver— ändert, bald mehr oder weniger zerſtört. Gimbernat erzählt, er habe aus Mammuthknochen vom Ohio eine Gallert bereitet, die als Speiſe brauchbar war. Wirkt hingegen eine langdauernde Näſſe auf die Kno— chen ein, ſo wird der größte Theil der Knorpelmaſſe zerſtört. Man findet dann den noch etwa vorhandenen Knochenknorpel in eine huminartige Maſſe verwandelt, die ſich beim Auflöſen des Knochens in verdünnter Salzſäure in braunen Flocken zu Boden ſenkt und unter dem Mikroſkop keine Spur von organiſcher Struktur wahrnehmen läßt. Solche Knochen pflegen eine bedeutende Menge hygroſkopiſchen Waſſers zu enthalten, daher ihr Knor— pelgehalt keineswegs ohne weiteres aus dem Glühverluſt beſtimmt werden kann. Das Material zu der nachfolgenden Unterſuchung verdanke ich der Güte des Herrn Dr. Koch. Zur Analyſe wurde ein Stück des processus spinosus vom fünften Lendenwirbel verwendet. Der Knochen war auffallend mürbe, ließ ſich ſehr leicht pulveriſiren und zeigte gepulvert eine röthliche Farbe, die von Eiſen— oxyd herrührt. Der Gehalt des Knochens an hygroſkopiſchem Waſſer ſchwankt zwiſchen 4½ bis 5 Prozent. Drei Verſuche, bei denen der gepulverte Knochen bei 120% e getrocknet wurde, ergaben: A 1. II. III. 4.64 4.82 5.01 Die organiſche Subſtanz des Knochens iſt faſt ganz verſchwunden, fie hat alle Eigenſchaften des ge— wöhnlichen Knochenknorpels verloren. Sie bildet in Säuren unlösliche rothbraune Flocken, die in Alkalien leicht löslich, durch Säuren wieder amorph niedergeſchlagen werden. Die Menge der organiſchen Subſtanz betrug nach vier Beſtimmungen, in Prozenten ausgedrückt: ̃ J. II. III. IV. Unorganiſche Subſtanz .... 93.44 94.15 93.42 94.18 Organiſche Subſtan d 6.56 5.85 6.58 5.82 100 100 100 100 Im Mittel: Unorganiſche Subſtanz. ... 93.79 Organiſche Subſtanz ... 6.21 100 Die einzelnen Beſtandtheile des mineraliſchen Knochentheils find nach drei vorgenommenen Beſtim— mungen folgende: . II. II. Mittel 1 e 40.70 40.02 39.73 40.15 Sa ee 50.82 51.46 50.96 51.08 30 San une es 72700 2.32 S0 U RR 0.57 0.41 fe 0.49 co 3.09 3431 4 3.20 Nb. Ne. 3.58 4.60 2 4.09 E t. . 0.06 . — 0.06 Rückſtand . 0.40 0.43 0.10 0.31 101.80 Er m 101.70 Daher beſteht die Aſche: 320, 8Ca0 ... 76.15 enthält 38.77 Cao CO. cao ee e n e eee e N e eee PO, 3Mg0 .... 5.09 50.82 0 ERBE 0.40 Free; 0.06 99.35 Zum Vergleich möge hier die Analyſe eine Stelle finden, welche Hr. Lehmann mit der Rippenrinde vom Hydrarchos ausgeführt hat: Hygroſkopiſches Waſſer: J. II. III. 5.668 5.339 4.967 In 100 Theilen trockener Subſtanz ſind enthalten: Organiſche Subſtan zz 3.46 3.46 4.27 Unorganiſche Subſtanz .... 96.54 96.54 95.73 100. 100. 100. Als Mittel dreier Analyſen wurden mineraliſche Beſtandtheile gefunden: d, 6.180 Daher die Aſche: ; D 53.823 O0, CO 14.080 M go 0.945 N 3.168 aa e 0.118 350, Sao 63.810 een 1.855 NN 16.668 > Z 31.267 n 0.945 4 e 8.050 e 0.118 Unlöslich h. 0.328 Unlös lich 0.328 99.127. 28 Unſer einft fo thätiges und um die Geſellſchaft fo ſehr verdientes Mitglied, der am 19. Auguſt 1850 verſtorbene Profeſſor Dr. Fiſcher ), ſprach am 27. Februar über die Anwendung der Kletallreduktion auf naſſem Wege zur qualitativen Analyfe. Folgendes Referat hat ſich über dieſen Vortrag in ſeinem Nachlaſſe vorgefunden, welches, wie es ſcheint, nur als Bruchſtück einer größeren Arbeit über dieſen Gegenſtand zu betrachten iſt: So wie das bisherige Verfahren durch Anwendung von Schwefelwaſſerſtoff und Schwefelammonium, ſo ſetzt auch das folgende die Auflöſung der Metalloxyde, demnach ihre Verbindung mit Säuren voraus. Wenn bei jenem alle Baſen in vier Gruppen getrennt werden, ſo findet bei dieſem, welches ſich freilich nur auf einen Theil derſelben beziehet, die Trennung in weit mehr Abtheilungen, ja mit wenigen Ausnahmen in die der einzelnen Baſen ſelbſt ſtatt. Kann dieſemnach das darzuſtellende Verfahren das bisherige nicht entbehrlich machen, ſo verdient es doch in den Fällen, in welchen es angewandt werden kann, inſofern eine beſondere Berückſichtigung, als durch daſſelbe das Endreſultat der Unterſuchung, die Ausmittelung der einzelnen Metalle, weit leichter und ſchneller als nach dem bisherigen erhalten wird. Gegründet iſt dieſes Verfahren auf das Verhalten der Metalle, nach welchem eine Anzahl derſelben aus ihren Auflöſungen wiederhergeſtellt werden und eine Anzahl dieſe Reduktion bewirken. Mit wenigen Ausnahmen ſind es aber dieſelben Metalle, welche einerſeits reducirbar und andererſeits reducirend ſind. So wie in elektriſcher, ſo bilden nämlich die Metalle in Hinſicht der chemiſchen Verwandtſchaft, welche ja auf dem elektriſchen Gegenſatze beruhet, und namentlich in Hinſicht ihrer Verwandtſchaft zum Sauerſtoff, eine Reihe, in welcher, wenn von dem gegen alle anderen ſich negativ verhaltenden und folglich den geringſten Grad der Verwandtſchaft zum Sauerſtoff beſitzenden ausgegangen wird, jedes folgende relativ, poſitiv und negativ iſt, das erſte zu dem vorhergehenden und das zweite zu dem folgenden, es iſt demnach oxydirbarer als das vorhergehende und weniger orydirbar als das folgende, folglich reducirt es das erſte und wird von dem zweiten reducirt. Wie alſo das erſte Metall dieſer Reihe ein nur reducirbares, ſo iſt das letzte ein blos reducirendes. Eine ſolche nach dem elektriſchen Syſtem gebildete chemiſche Reihe findet aber in der Erfahrung nicht ſtatt. Denn abgeſehen, daß die meiſten Metalle nicht reducirbar und viele auch nicht reducirend ſind — *) Wir erlauben uns, aus Nowack's ſchleſiſchem Schriftftellerleriton folgendes über den Verſtorbenen zu entnehmen: „Fiſcher, Nicolaus Wolfgang, ordentl. Profeſſor der Chemie und Direktor des chemiſchen Laboratoriums an der Univerſitaͤt in Breslau, geboren den 15. Januar 1782 zu Groß-Meſeritz in Maͤhren, kam, nachdem er Anfangs in Wien, dann in Prag einige Zeit gelebt hatte, im Jahre 1800 nach Breslau, wo er bis 1802 das Eliſabetanum beſuchte. Im Jahre 1803 bei dem Coll. med. et sanit. daſelbſt als Studioſus der Me— dizin immatrikulirt, ging er 1804 nach Berlin und hörte daſelbſt neben den mediziniſchen Vorleſungen be: ſonders phyſikaliſche und chemiſche Vortraͤge. Nach ſeiner Promotion in Erfurt (den 10. Oktober 1806) ließ er ſich 1807 als praktiſcher Arzt in Breslau nieder und hielt daſelbſt 1808 Vorleſungen uͤber Chemie, wozu ihm das Coll. med. et sanit. nach einer Probevorleſung die Erlaubniß ertheilt hatte. Im Jahre 1810 wurde er zum außerordentlichen und 1811 zum ordentlichen Mitgliede der wiſſenſchaftlichen Deputa— tion ernannt und in demſelben Jahre von dem Regierungsrath Bredow aufgefordert, ſich als Docent bei der neu organiſirten Univerſitaͤt zu habilitiren. Er erwarb ſich die Erlaubniß dazu durch die Herausgabe einer Diſſertation: De modis arsenici detegendi, im Mai 1812, worauf er im Januar 1813 zum außerordent⸗ lichen und 1814 zum ordentlichen Profeſſor und Direktor des chemiſchen Inſtituts ernannt worden iſt. Von der ſchleſ. Geſellſchaft zur Beförderung der Induſtrie wurde er 1807 und von der naturwiſſenſch. Geſellſchaft zu Marburg 1817 zum ordentlichen Mitgliede, ſo wie von der pharmaceutiſchen Geſellſchaft zu Petersburg 1819 zum Ehrenmitgliede erwaͤhlt.“ Hinzuzufuͤgen haͤtten wir noch, daß die Reſultate ſeiner Thaͤtigkeit in verſchiedenen einzelnen, bei Nowack angef. Schriften und in einer großen Reihe von Abhandlungen enthalten ſind. 29 was wohl darin feinen Grund hat, daß dieſer Reduktion auf naſſem Wege die Flüſſigkeit, das Waſſer ıc. entgegenwirkt — ſo giebt es ſelbſt bei der geringen Anzahl der Metalle, welche eine ſolche Reihe in chemi— ſcher Beziehung bilden, viele Abweichungen von dem Verhalten derſelben in elektriſcher Hinſicht. So giebt es Paare, von denen das eine das andere nicht reducirt, z. B. Gold und Platin, Kupfer und Wismuth; ein anderes Paar, wo jedes das andere wiederherſtellt, wie Zinn und Blei; mehrere, welche von einem und demſelben weit orydirbareren Metall nicht reducirt werden, wie z. B. Kupfer, Zinn und Blei nicht von Mangan reducirt werden; und endlich giebt es auch einzelne Metalle, die aus allen anderen Salzen durch beſtimmte orydirbare Metalle leicht und vollſtändig wieder hergeſtellt werden, während fie in einem beſtimm— ten Salze der Reduktion widerſtehen, ſo z. B. wird das Silber aus allen anderen Auflöſungen durch Eiſen und Nickel, ſo wie durch die anderen reducirenden Metalle leicht reducirt, nicht aber aus der ſalpeterſaueren Auflöſung. Ich habe vor einer großen Reihe von Jahren dieſe Metallreduktion auf naſſem Wege umſtändlich un— terſucht und die Reſultate in der im Jahre 1830 herausgegebenen Schrift „das Verhältniß der chemiſchen Verwandtſchaft zur galvaniſchen Elektricität“ (S. 77— 145) zuſammengeſtellt. Dabei habe ich auch alle dieſe Abweichungen näher erörtert und den Grund derſelben im Allgemeinen dahin angegeben, daß bei dieſem Prozeß noch andere Verwandtſchaftsverhältniſſe als blos die zum Sauerſtoff thätig ſind. Nach dieſer Unterſuchung beſteht die Reihe der reducirbaren Metalle aus: Gold, Platin, Palladium, Silber, Queckſilber, Antimon, Kupfer, Wismuth, Zinn, Blei und Kadmium, und die der reducirenden aus: Zink, Kadmium, Eiſen, Zinn, Blei, Kobalt, Wismuth, Nickel, Spießglanz, Queckſilber, Silber und Palladium 9. Das Verfahren, um durch die Reduktion die in einer Auflöſung enthaltenen Metalle qualitativ zu be— ſtimmen, welches — vorläufig — nur auf die aufgeſtellten reducirbaren Metalle ſich beſchränkt, iſt im Allgemeinen folgendes: Zunächſt wird ein Theil der Auflöſung — nach dem Grade der Sättigung derſelben iſt dazu ein oder ein paar Tropfen hinreichend — mit Zink, als dem Metall, welches alle der erſten Reihe re— ducirt, in Berührung gebracht. Findet Reduktion ſtatt, ſo wird ein anderer Theil der Einwirkung des Kadmium und bei erfolgender Reduktion der des Eiſens ausgeſetzt, und ſo fort, bis das ange— wandte reducirende Metall keine Reduktion bewirkt. Das Nähere zur Ausmittelung der einzelnen Metalle in der abgeſchiedenen Gruppe der reducirten enthält das folgende ſpezielle Verfahren. Hin— gegen iſt in dem angegebenen ſchon die Abweſenheit beſtimmter Metalle deutlich dargethan, fobald durch entſprechende reducirende keine Reduktion erfolgt. So z. B. wird durch Palladium, wenn es keine Reduktion bewirkt, die Abweſenheit von Gold und Platin, von Silber zugleich die von Palladium, und endlich wenn Kadmium nicht wirkt, die Abweſenheit aller anderen Metalle außer Kadmium ſelbſt — vorausgeſetzt, daß durch Zink eine Reduktion ſtattgefunden hat, — dargethan. „) Die in der angeführten Schrift S. 145 aufgeſtellte Tabelle über dieſe beiden Metallreihen enthält noch ats reducirbare die anderen Platinmetalle: Osmium, Iridium ꝛc., fo wie Tellur, Arſen und Eiſen, und als redu— cirende Arſen, Tellur und Uran, Ich laſſe fie aber hier aus dem Grunde unberuͤckſichtigt, weil ich die Ver— ſuche nur mit aͤußerſt geringen Mengen und zugleich nicht reiner Beſchaffenheit dieſer Metalle angeſtellt habe, und ſie jedenfalls von keinem beſonderen Einfluß auf die Anwendung dieſes Verfahrens ſind. Die beobachtete Reduktion des Eiſens aber (S. 141) iſt unter Umftänden erfolgt, wie fie bei dieſer Anwendung nicht vorkommen. 30 Um ſpeziell die einzelnen Metalle zu erkennen, erfordert das Verfahren: 1) eine Anzahl der Metalle aus der Reihe der reducirbaren und reducirenden, in Form von —— Lamellen; 2) eine Anzahl reducirender Metalle in Form von Stäbchen. Um ſolche ſtets zur Hand zu haben, habe ich nach beigehender Zeichnung die beiden kleineren Appa— rate zuſammengeſtellt. Figur I enthält die Metalle als Platten ꝛc., Figur II als Stäbchen. Die erſten ſind Gold, Platin, Palladium, Silber, Kupfer, Zinn, Blei, Eiſen, Kadmium und Zink. Die zweiten Zink, Kadmium, Eiſen, Blei, Zinn, Kupfer, Wismuth, Antimon und Silber. a Fig. La, Der Zweck dieſer Apparate iſt nicht blos der, um in allen Fällen das geeignete Metall zur Reduktion anwenden zu können, ſondern um mit dem reducirenden und einem anderen Metalle, welches das aus der Auflöſung auszuſcheidende nicht zu reduciren vermag — alſo aus einem elektriſch-poſitiven und elektriſch— negativen Metall — eine Kette zu bilden und dieſe zur Reduktion anzuwenden. Durch die verſchiedene Form der Metalle in beiden Apparaten iſt dieſes ſehr bequem zu bewerkſtelligen, indem auf die Metallfläche des nicht reducirenden die Auflöſung gebracht und das Stäbchen des reducirenden Metalls durch dieſelbe in Berührung mit der Platte geſetzt wird. Durch dieſe Anwendung einer galvaniſchen Kette wird nicht nur die Reduktion beſchleunigt, ſondern, was weit wichtiger iſt, das reducirte Metall ſicherer nach ſeinen charak— 31 teriſtiſchen Eigenſchaften erkannt, als bei der Anwendung des reducirenden Metalls allein. Der Grund da— von iſt daß im letzteren Falle das reducirte Metall ſich an dem reducirenden ſelbſt, bei Anwendung der Kette hingegen an dem nicht reducirenden — negativen — anlegt. Dadurch aber, daß das reducirende Metall an der Stelle des reducirten aufgelöſt wird und dabei feine Oberfläche das metalliſche Anſehen, Farbe, Glanz ꝛc. verliert, iſt das ſich daranlegende reducirte Metall, beſonders wenn es, wie hier vorausgeſetzt wer— den muß, in geringer Menge abgeſchieden wird, nicht ſicher zu erkennen, wohl aber in der geringſten Menge bei Anwendung der Kette, deren negatives Metall, auf welchem es abgeſchieden wird, unverändert ſeine Metall— fläche behält. Beſonders muß in den Fällen die Kette angewandt werden, in welchen das reducirte Metall auf dem reducirenden zu einer Art Lagerung oder Amalgam ſich verbindet, wie dieſes z. B. bei der Reduk— tion des Kupfers durch Zink oder Zinn der Fall iſt, da dann das Charakteriſtiſche des reducirten Metalls nicht wahrgenommen werden kann. Die Wahl der beiden Metalle zur Kette beſtimmt die Natur des aus der Auflöſung zu reducirenden Metalls, dabei iſt es vortheilhaft, wenn dieſes ein weißes oder graues iſt, zum negativen ein gefärbtes, Gold oder Kupfer, und wenn es ein gefärbtes, ein weißes, Platin oder Silber, anzuwenden. Um nun ſpeziell die Auflöſung auf alle in derſelben möglichſt enthaltenen ) reducirbaren Metalle zu prüfen, werden folgende Verſuche angeſtellt. Angenommen, die Auflöſung, eine ſalzſaure, enthalte alle reducirbaren Metalle, die darin ſein können, das Zink habe daher bei einem vorläufigen Verſuche mit wenigen Tropfen eine bedeutende Abſcheidung der reducirten Metalle bewirkt, ſo wird 1) ein Theil der Auflöſung auf das Silberblech gebracht, und zwar muß dazu eine größere Menge, als ſonſt nöthig iſt, angewandt werden, weil dieſelbe Flüſſigkeit noch zu den folgenden Verſuchen dienen ſoll. Es erfolgt die Reduktion von Gold, Platin und Palladium, die zugleich mit dem gebildeten Chlorſilber das Silberblech feſt überziehen. Die nähere Prüfung des reducirten Me— talls, ob es aus einem, oder aus zweien, oder allen dreien der bezeichneten Metalle beſteht, wird ſpäter angegeben werden. Nachdem das Silber nicht mehr einwirkt, wird 2) die Flüſſigkeit durch eine Pipette von der Silberplatte aufgeſogen, auf ein Goldblech gebracht und der Einwirkung der Wismuthgoldkette ausgeſetzt. Das Queckſilber wird reducirt, welches auch dann ſicher zu erkennen iſt, wenn zugleich Antimon, falls es in der Auflöſung enthalten wäre, mit reducirt worden iſt, indem dieſes, als kryſtalliniſches Pulver abgeſchieden, leicht vom Golde weggewiſcht werden kann, das Queckſilber hingegen, welches das Gold amalgamirt, feſt an der Oberfläche haftet und nicht nur durch die charakteriſtiſche Farbe und Spiegelung, ſon— dern beſonders dadurch ſich von allen anderen Metallen unterſcheidet, daß, wenn durch einen Tropfen Salpeterſäure, auf die amalgamirte Stelle gebracht, das Queckſilber aufgelöſt wird, das Gold an dieſer Stelle nicht mit der eigenthümlichen gelben, ſondern mit einer braunrothen Farbe erſcheint “). ) Es verſteht ſich von ſelbſt, daß es von der Natur der Säure, mit welcher die Metalloryde verbunden find abhaͤngen wird, welche von den angegebenen reducirbaren Metallen in der Aufloͤſung enthalten ſein koͤnnen So z. B. wenn die Salze Chlorverbindungen ſind, ſo wird kein Silber, und wenn ſie ſalpeterſaure ſind, kein Gold und kein Platin in der Aufloͤſung ſein. — ) Der Grund davon ift, daß das Queckſilber das Gold nicht blos oberflächlich uͤberzieht, wie dieſes durch an— dere Metalle unter dieſen Umſtaͤnden bewirkt werden kann, ſondern daß es ſich mit demſelben zu einem Amal— gam verbindet; wird nun von dieſem durch Salpeterſaͤure das Queckſilber aufgeloͤſt, ſo bleibt das Gold mit einer unebenen und wenig glaͤnzenden Oberflaͤche an dieſer Stelle zuruͤck, wodurch es eben ſo ausſieht, wie das aus der Aufloͤſung durch Eifenorydulfalze und dergleichen gefaͤllte. 32 3) Nach erfolgter Ausſcheidung des Queckſilbers wird die Flüſſigkeit wieder vermittelft einer Pipette von dem Goldblech auf ein Platin- oder Silberblech gebracht und ein Eiſenſtäbchen hineinge⸗ ſtellt. Das Kupfer welches dabei reducirt wird, bildet auf der Platte einen feſten Ueberzug mit der charakteriſtiſch rothen Farbe *). Von der von Kupfer befreiten Auflöſung wird 4) ein Theil zur Prüfung auf Zinn der Einwirkung des Bleis und 5) ein Theil zur Prüfung auf Blei der Einwirkung des Zinns ausgeſetzt. N In beiden Fällen erfolgt die Ausſcheidung des reducirten Metalls an dem reducirenden ſelbſt. Die Verbindung deſſelben mit einem negativen zu einer Kette iſt hier ohne allen Nutzen. Dagegen wird die Reduktion ſehr gefördert durch Mitwirkung der Wärme. Die Flüſſigkeit wird daher in zwei Glasröhrchen vertheilt und in dem einen mit dem hin— eingeſtellten Zinnblatt und in dem andern mit einem Bleiblatt bis zum Kochen erhitzt. Die Flächen beider Metalle müſſen rein, am beſten friſch geſchabt ſein. Beide Metalle werden dann ſchnell reducirt, wobei das reducirte Blei das Zinnblatt als eine Metallfläche überzieht, das re— ducirte Zinn hingegen legt ſich in dem Blei als feine Dendriten an. 6) Um endlich das Kadmium zu reduciren wird die Auflöſung vom vierten Verſuch “), aus welcher das etwa enthaltene Blei durch ein ſchwefelſaures Salz gefällt worden iſt, der Einwirkung des Zinks ausgeſetzt. Iſt die Auflöſung eine ſalpeterſaure, welche ebenfalls die angegebenen Metalle — ausgenommen Gold, Platin, Antimon und Zinn — zugleich aber auch Silber enthalten kann, ſo iſt das Verfahren zur Ausmit— telung der einzelnen Metalle natürlich daſſelbe, wie bei der ſalzſauren Auflöſung. Das Silber allein erfor— dert ein eigenes, welches darin beſteht, daß die Flüſſigkeit, aus der durch Eiſen alle durch dieſes Metall re— ducirbaren abgeſchieden worden ſind — wozu aber das Silber als ſalpeterſaures nicht gehört — auf eine Queckſilberfläche gebracht wird, welche auf ein Goldblech dargeſtellt worden iſt. Die Reduktion des Silbers, die dann erfolgt, wird nicht nur durch die ausgeſchiedenen Silberdendriten, ſondern auch dadurch erkannt, daß an der Stelle, auf welche die Auflöſung gebracht worden iſt, das Gold frei vom Queckſilber erſcheint, welches ſich an der Stelle des Silbers aufgelöſt hat. Von den andern Metallen, welche nach Einwirkung des Eiſens noch aufgelöſt bleiben, wie von Blei und Kadmium, kann natürlich keine ſolche Wirkung ſtatt— finden. Bleibt daher die Queckſilberfläche unverändert, ſo iſt dadurch die Abweſenheit des Silbers darge— than. Vorausgeſetzt muß jedoch werden, daß die Auflöſung keine freie Salpeterſäure haben darf, weil ſonſt auch bei Abweſenheit des Silbers die Stelle des Goldes von Queckſilber entblößt werden wird. Was die nähere Unterſuchung der im erſten Verſuch durch Silber bewirkten Reduktion betrifft, fo wird die Auflöſung, um Gold und Platin darin zu entdecken, auf ein Palladiumblech gebracht. Bei der Gegenwart von Gold allein iſt die Reduktion deſſelben leicht und ſicher zu erkennen, indem es die Palla— * Das Eiſen reducirt freilich auch Wismuth, welches ungeachtet der verduͤnnten Aufloͤſung darin enthalten fein kann, aber dieſes Metall wird als kryſtalliniſches Pulver abgeſchieden, und kann eben ſo von dem feſten Ueberzug, den das Kupfer bildet, weggewiſcht werden, wie im zweiten Verſuche das mitreducirte Antimon von dem gebildeten Amalgam. Zinn und Blei werden zwar auch von Eiſen reducirt aber unter beſonderen Umſtaͤnden, welche bei dieſen Verſuchen nicht vorkommen. * Wie bereits erwähnt, bedarf es zwar zu dieſen Verſuchen nur wenige Tropfen der Aufloͤſung, doch braucht man ſich nicht bei den Verſuchen (2 bis 6) auf die Quantitaͤt zu beſchraͤnken, welche zum erſten Verſuch angewandt wordeu iſt, ſondern kann zu jedem dieſer Verſuche eine beſondere Menge verwenden, aus der jedoch vorher durch die geeigneten Metalle diejenigen reducirt worden ſind, welche bei den einzelnen Verſuchen als abgeſchieden vorausgeſetzt werden. Alſo zum zweiten Verſuch muß vorher Silber auf die Aufloͤſung gewirkt haben, zum dritten Verſuch Wismuth, Eiſen u. ſ. f. 33 diumfläche mit der charakteriſtiſch gelben Farbe und Glanz feſt überzieht. Zugleich erfolgt dieſe Reduktion auch bei möglichſt neutraler Auflöſung ſehr ſchnell. Iſt hingegen Platin allein in der Auflöſung und ent— hält dieſe keine freie Säure, fo wirkt das Palladium bei gewöhnlicher Temperatur gar nicht ein, ſondern erſt beim Erhitzen, und das reducirte Platin — oder vielmehr das gebildete Chlorür, welches ſich am Palla— dium abſcheidet, läßt ſich leicht wegſpülen, ſo daß nur ein grauer Fleck zurückbleibt. Dieſem nach werden beide Metalle, wenn ſie zugleich in der Auflöſung enthalten und durch Palladium reducirt ſind, leicht zu er— kennen ſein, da das Gold auch in dieſem Falle feſt am Palladium haftet und das Platin weggewaſchen werden kann. Es verſteht ſich von ſelbſt, daß vom Palladium keine Reduktion erfolgt, und die durch Silber ſtattgefundene das alleinige Vorhandenſein des Palladium in der Auflöſung anzeigt. Dieſes wird aber auch dann leicht zu erkennen ſein, wenn das Silber zugleich Gold und Platin reducirt hat, indem ein Tropfen Salpeterſäure aus den reducirten Metallen das Palladium leicht mit brauner Farbe auflöſen wird. Die Anwendung des Silbers in dem erſten Verſuche hat dieſemnach den Zweck, auch bei der Ge— genwart von Gold und Platin das Palladium in der Auflöſung auszumitteln, und indem es, dieſe Me— talle abſcheidend, ſich nicht an ihrer Stelle auflöſt, ſondern als Chlorſilber ſich mit den reducirten Metallen abſetzt, ſo wird die fernere Unterſuchung ſehr erleichtert. So viel über dieſes Verfahren im Allgemeinen. Die Anwendung deſſelben iſt beſonders in den Fällen zu empfehlen, wo die Auflöſung auf die Gegen— wart einer geringen Menge eines dieſer reducirbaren Metalle geprüft werden ſoll, wie z. B. beſtimmte Metallſalze — oder die Metalle ſelbſt — auf die Verunreinigung mit fremden Metallen. Zur Begründung dieſer Empfehlung mögen folgende Verſuche über die gewöhnlich vorkommenden Ver— unreinigungen dieſer Art dienen: 1) Um Silberſalpeter auf Kupfer zu prüfen, werden einige Tropfen der Auflöſung auf eine Platin— platte gebracht und der Wirkung des Eiſens in Berührung mit dem Platin ausgeſetzt. Bei der geringſten Menge Kupfer erfolgt die Reduktion deſſelben, die durch die charakteriſtiſch rothe Farbe, die das Platin an dieſer Stelle zeigt, ſicher zu erkennen iſt. Die Empfindlichkeit des Kupfers für dieſe Reduktion iſt eben ſo groß wie für das Kaliumeiſencyanur, bei deſſen unmit— telbarer Anwendung die beſtimmte Reaktion nicht wohl wahrzunehmen iſt, weil die Spuren des bräunlich rothen Niederſchlags, welchen das Kupfer bildet, durch die große Menge weißen, den dieſes Reagens mit dem Silber bewirkt, nicht ſicher zu erkennen ſind. 2) Eben ſo werden in demſelben Silberſalz Spuren von Queckſilber durch die Einwirkung einer Eiſengoldkette auf die Auflöſung ſehr leicht, und wie oben angegeben, vollkommen charakteriſtiſch zu entdecken ſein. 3) Umgekehrt können Spuren von Silber in der Auflöſung des ſalpeterſauren Queckſilbers dadurch entdeckt werden, daß einige Tropfen der Auflöfung auf die auf Goldblech dargeſtellte Queckſilber— fläche gebracht werden, indem dann dieſe Stelle des Goldblechs vom Queckſilber entblößt wird. 4) Eben ſo kann Kupfer in Bleiſalzen — wie ſolches nicht ſelten in dem käuflichen Bleizucker vor— kommt — durch Eiſen auf Platin, und 5) durch dieſelben Metalle auch Kupfer in Eiſenſalzen entdeckt werden. Es verſteht ſich von ſelbſt, daß nach demſelben Verfahren auch die Metalle ſelbſt auf die Beimengung anderer Metalle, wie Silber auf Kupfer, Queckſilber auf Silber ꝛc. geprüft werden können, nachdem ſie in einer geeigneten Säure aufgelöſt worden ſind. In Beziehung dieſer beſondern Anwendung verdient noch angeführt zu werden, daß mehrere von den auf naſſem Wege nicht reducirbaren Metallen dann leicht reducirt und entdeckt werden können, wenn ſtatt der angegebenen einfachen Kette eine kleine, aus wenigen einzölligen Kupferzinkplatten mit dazwiſchenliegenden, 5 34 in Kochſalzlöſung getränkten Papierſcheiben gebildete Säule auf die Auflöſung einwirkt. Namentlich kann Nickel, Eiſen, Kobalt, Zink und Mangan dadurch reducirt werden. In der angef. Schrift S. 221 iſt angegeben, daß dieſe Reduktion ſchon von vier ſolchen Platten— paaren bewirkt wird, dazu iſt aber bei den verſchiedenen Metallen Y,= bis Yzftündige Einwirkung erforder⸗ lich. Wird hingegen eine Säule von 8 bis 10 ſolcher Plattenpaare angewandt, ſo findet die Reduktion von Eiſen und Nickel ſofort und die der anderen Metalle nach wenigen Minuten ſtatt. Das reducirte Metall legt ſich an dem negativen Polardraht an — der ſo wie der poſitive nur von Platin oder Gold ſein darf — und jedes derſelben iſt dadurch leicht zu erkennen, daß es durch einen Tropfen Salpeter- oder Salzſäure, an die Stelle des Polardrahts gebracht, wo es ſich angelegt, aufgelöſt wird, da die Auflöſung jedes dieſer Metalle eine andere Farbe hat. Daß bei einer ſolchen Anwendung der galvani— ſchen Säule die Abweſenheit aller Metalle, welche an und für ſich reducirbar ſind vorausgeſetzt wird, verſteht ſich von ſelbſt. Bei Nickel, Kobalt und Mangan in der Auflöſung wird zugleich am poſitiven Pol ein Superoryd gebildet, welches eben ſo dieſen Draht überzieht, wie das reducirte Metall den negativen. Alle drei Super— oryde — wie auch das von Blei — zeigen eine gleiche Farbe, in geringer Menge eine lichtbraune, in grö— ßerer eine dunkelbraune bis ſchwarze, ſie können aber dennoch leicht von einander unterſchieden werden durch die verſchiedene Farbe, die ſie, in Salzſäure gelöſt, zeigen. Am 18. Dezember 1850. Herr Dr. Phil. Schwarz, Privatdocent an der hieſigen Univerſität: Ueber den brennenden Zerg bei Duttweiler. Dieſe eigenthümliche Naturerſcheinung iſt ſchon ſeit mehr als 200 Jahren bekannt. Es iſt nichts anderes als ein mächtiges brennendes Steinkohlenflöz. Während früher die Flammen zu Tage ausgingen, hat die Heftigkeit des Brandes ſo bedeutend nachgelaſſen, daß jetzt nur noch ſchwache Spuren deſſelben in aufſteigenden Dämpfe vorhanden find, Das brennende Flöz geht unter einer Neigung von e. 300 in die Tiefe, und der noch nicht angegriffene Theil iſt jetzt durch eine Quermauer geſchützt. Um zu dieſem ſogenannten brennenden Berge zu gelangen, ſteigt man von dem Sulzbach ', Stunde bergaufwärts und gelangt alsdann an ein Thal, deſſen kahles, rothgebranntes Anſehen die Thätigkeit des Feuers ahnen läßt. Auf der einen Seite deſſelben, an welcher das Flöz zu Tagen ausgeht, ſtrömt aus vielen Spalten heißer Waſſerdampf, welcher eine Temperatur bis zu 1809 C. hat. Dieſem Waſſerdampf iſt viel Kohlenſäure beigemiſcht. Außerdem riecht man deutlich den beigemengten Schwefelwaſſerſtoff. Dieſer ver— brennt an der Luft zu ſchwefeliger Säure, die ſich theilweiſe mit dem unverbrannten Schwefelwaſſerſtoff zu Schwefel und Waſſer umſetzt. Ein anderer Theil der SO? oder auch der SH direkt verbindet ſich mit dem Sauerſtoff der Luft unter dem Einfluſſe der Feuchtigkeit zu Schwefelſäure, welche nun mit der Thon— erde des Geſteins ſchwefelſaure Thonerde bildet. Außerdem iſt dem Geſteine etwas Kochſalz beigemengt, da— her rührt die Bildung von ſchwefelſaurem Natron einerſeits, von Salzſäure andererſeits. Unter den Ver— brennungsprodukten der Steinkohlen findet ſich jedoch auch Ammoniak, und ſo entſteht Salmiak, der oft in ſehr eigenthümlichen, rhombrodriſchen Formen kryſtalliſirt vorkommt; dieſes Ammoniak bewirkt endlich noch die Bildung einer kleinen Menge Ammoniakalaun. i So haben wir hier, baſirt auf das Vorkommen von Schwefelwaſſerſtoff, ganz dieſelben Erſcheinungen wie bei den Fumarolen Italiens. Der Schieferthon iſt voll von Verſteinerungen. Durch die Wärme angelockt, ſollen im Winter ſich Wölfe, Haſen, auch ſehr große Schlangen in dem erwähnten Thale aufhalten. 35 Geologie. Herr Obriſtlieutenant Dr. v. Strantz: Ueber die großen Continental-Erdbeben. Referent begreift darunter diejenigen Erderſchütterungen, welche ſich in den Alpen oder großen Gebirgs— ketten, periodiſch wiederkehrend, entlangs ihrem Fuße oder deren Hauptthälern ergeben, die zwar vielſeitig be— ſprochen, aber keine neueren äußeren Erſcheinungen wahrnehmen laſſen. Anders verhält es ſich mit dem un— terirdiſchen Prozeß dieſer Ereigniſſe, welchen Referent ſeit Jahren in Prag und hier in dieſer geehrten Ge— ſellſchaft zum Vortrage gebracht hat, wo aber zur Zeit darüber weder eine Diskuſſion, noch eine Aufnahme in einem ſelbſtſtändigen Werke ſtattgefunden hat, obgleich dieſer Prozeß ſich mathematiſch demonſtriren und im Kleinen im Wege der Minentheorie auch ausführen läßt. Dieſes muß um ſo mehr befremden, als Herr A. v. Humboldt in ſeinem alles umfaſſenden Kosmos, wenn auch nur mit wenig Worten, darauf hindeutet; aber von denen, die ein Reſumé darüber geliefert (denn von einer Rezenſion kann bei einem ſolchen Meiſterwerke nicht die Rede ſein), geſchieht deſſen keine Erwähnung, indem ſie, wie uns dünkt, dieſes Neueſte entweder für einen veralteten oder wenig zu beach— tenden Gegenſtand erkennen. Was die Natur dieſer in Rede ſtehenden Erdbeben betrifft, ſo glauben wir ſie mit Gründen in Fol— gendem verſinnlichen zu können: Sie ſind ein Aggregat partieller, von unten nach oben ſich erweiternder Kreis— erſchütterungen, die von eben ſo viel Exploſionsheerden ausgehen. Für deſſen Zuſammenhang ſprechen hier die ſucceſſiv aufeinanderfolgenden Exploſionen, deren Entſtehen durch Kompreſſion der Gaſe in Urhöhlen außer Zweifel geſetzt iſt, ſo wie die Ruhe welche nach dieſer wieder eintritt, auf die Zeit hindeutet, welche bei dieſen Gaſometern der Erde, dazu gehört ihre Speiſung zu bewirken. Weiter in dieſer Sache einzugehen, dürfte unſere Erkenntniſſe überſteigen. Die Minentheorie, wie uns dünkt, wird von den meiſten Naturforſchern, welchen ein ſolches Wort gebührt, einſtweilen vornehm auf ſich beruhen laſſen, und würde der guten Sache, wenn es dabei ſein Bewenden hätte, den Todesſtoß geben. Referent rechnet jedoch darauf, Herr A. v. Humboldt werde dem angeregten Gegenſtande ſeine Aufmerkſamkeit ferner nicht verſagen. Am 13. März fand eine gemeinſchaftliche Sitzung der geographiſchen und naturwiſſenſchaftlichen Sektion ſtatt, in welcher Se. Excellenz der Herr Erblandhofmeiſter Graf Schaffgotſch einen Vortrag „über den wandernden Stein in der Schneegrube bei Agnetendorf im Rieſengebirge,“ hielt, von welchem ausführlicher in dem Bericht der geographiſchen Sektion die Rede ſein wird. Zoologie und Phyſiologie beider organiſchen Reiche. Herr Profeſſor v. Siebold hielt drei Vorträge. 1. Am 15. Mai: Ueber die organiſirten Kalkablagerungen der Haut der Strahlthiere (Radiala). Derſelbe ſuchte nachzuweiſen, wie wichtig und fruchtbringend eine genaue Kenntniß dieſer meiſt höchſt merkwürdigen und äußerſt zierlich geformten Hautgebilde ſein müſſe, indem wir nicht allein nach der ver— ſchiedenen ſpezifiſchen Form dieſer Kalkablagerungen Gattungen und Arten der Radiaten unterſcheiden können, 5 * 36 fondern auch vermittelft der Kenntniß dieſer Hautgebilde ähnliche Körper unter den organiſchen Trümmern der Vorwelt herauszufinden im Stande ſind, die uns den Beweis liefern, daß in den urweltlichen Meeren ähnliche ganz weiche, ſkelet- und gehäusloſe Radiaten gelebt haben. Man kannte übrigens ſchon lange dieſe deutlich organiſirten Kalkkörperchen, ohne daß man ihre Abſtammung errathen hatte. Nach dem Tode Löft ſich nämlich der Körper gewiſſer Strahlthiere bis auf die mikroſkopiſchen Hautkonkremente vollſtändig auf. Dieſe letzteren fallen auseinander und verlieren ſich im Grunde des Meeres. Da dieſelben aber ſchwer ver— gänglich find, fo können fie im Schlamme und Sande der See mit Hülfe eines Mikroſkops leicht heraus— gefunden werden. Es haben ſolche vereinzelte organiſirte Kalkgebilde ſchon mehrmals irre geleitet, indem ſie für ein im Meeresſchlamme begrabenes Infuſoriengehäuſe gehalten wurden. So wurden eine Reihe ſolcher Hautgebilde der Radiaten von Ehrenberg mit beſonderen Gattungs- und Speziesnamen belegt und theil— weiſe als Gehäuſe polygaſtriſcher Infuſorien betrachtet. In der Abhandlung: Verbreitung und Einfluß des mikroſkopiſchen Lebens in Süd- und Nordamerika (Berlin, 1843) hat Ehrenberg dergleichen Kalkablage— rungen in genannter Weiſe aufgefaßt. Die beiden Panzer polygaſtriſcher Infuſorien Mesocena hepta- gona und octogena (Taf. I. III. Fig. 26 und 27) find aber gewiß Zoolitharien und höchſt wahrſcheinlich Hautgebilde aus Holothuria tubulosa, wie ſie Frey (Ueber die Bedeckungen der wirbelloſen Thiere. Göt— tingen, 1848. Pag. 52, Fig. 16) beſchrieben und abgebildet hat. Die beiden Infuſoriengehäuſe Di- etyocha Fibula und trifenestrata (Taf. II. IV. Fig. 11 und 12) find ebenfalls für Zoolitharien zu halten und dürfen vielleicht von der Haut einer Holothuria elegans herrühren, aus welcher Frey (a. a. O. pag. 49, Fig. 9) ähnliche Gebilde beſchrieben hat. Von Dietyocha splendens und Spongolithis Anchora (Taf. III. VII. Fig. 35 und 36) läßt ſich mit Beſtimmtheit ſagen, daß fie zu den Hautgebil— den einer Synapta gehören, nachdem Quatrefages eine ſo genaue Beſchreibung ähnlicher Körper aus der Haut von Synapta Duvernaea geliefert hat (vergl. Annales des sciences naturelles. Tom. 17, 1842, pag. 33, Pl. 3, Fig. 4 und 2). Ehrenberg ſelbſt (a. a. O. pag. 120 und 155) hat ſchon die Ver: muthung ausgeſprochen, daß dieſe beiden Körper Hautgebilde eines Echinodermen (Synapta) ſein könnten. Auch bei dem polygaſtriſchen Infuſorium Actinoptychus hexapterus (Taf. III. VII. Fig. 2) konnte ſich Ehrenberg (a. a. O. pag. 121) der Frage nicht erwehren: an particula calcarea Echinodermatis? Durch Joh. Müller (Ueber die Larven und die Metamorphoſe der Holothurien und Aſterien. Berlin, 1850. Pag. 16, Taf. III. Fig. 8) wiſſen wir jetzt, daß Actinoptychus hexapterus nichts anderes iſt, als ein Kalk rädchen aus den Hautwarzen einer Chirodota. So ift auch Ehrenberg's Spongolithis uncinata (Taf. III. VII. Fig. 37) von Joh. Müller (a. a. O. pag. 15) als ein Kalkgebilde aus der Mundröhre des Echinus lividus richtig beſtimmt worden, wie aus den von Valentin (Anatomie du genre Echinus. 1841, Fig. 65) gelieferten Abbildungen hervorgeht. Daß ſich durch die charakteriſtiſchen ankerförmigen Haut⸗ gebilde auch auf das Vorkommen urweltlicher Synapten ſchließen ließ, hatte Siebold ſchon früher nachge— wieſen (vergl. Münſter: Beiträge zur Petrefaktenkunde. Heft VI, 1843. Pag. 96, Taf. IV, Fig. 9). Am Schluſſe dieſes Vortrags zeigte Siebold der Verſammlung die Anker mit ihren Schildchen von einer Synapta und die Kalkrädchen von einer Chirodota unter dem Mikroſkope vor. Am 4. Dezember: Ueber die Conjugation des Diplozoon paradoxum. Herr Profeſſor v. Siebold theilte über das Diplo zoon paradoxum folgende Beobachtun⸗ gen mit. Es beſteht dieſes merkwürdige Doppelthier, welches von Nordmann im Jahre 1832 zu Berlin als Paraſit an den Kiemen verſchiedener Karpfenarten entdeckt worden iſt, aus zwei im mitt— leren Körpertheile kreuzweiſe zuſammengewachſenen Thierchen, deren jedes ſeine beſonderen Organe hat. 37 Ueber die Entſtehungsweiſe dieſes Doppelthieres herrſchten bisher nur unwahrſcheinliche Anſichten. Sie— bold fand dieſen Paraſiten während ſeines Aufenthaltes zu Freiburg im Breisgau an den Kiemen der Ellritze, Cyprinus phoxinus, fo häufig, daß er denſelben zu einer genaueren Unterſuchung benutzen konnte. Bei dieſen Unterſuchungen war es ihm aufgefallen, einen anderen Schmarotzer, nämlich die von Dujardin beſchriebene Diporpa, ſtets mit jenem Diplozoon in Geſellſchaft anzutreffen. Bei näherer Vergleichung beider Paraſiten ſtellte es ſich bald heraus, daß die einfache Diporpa mit dem doppelten Diplozoon in einer gewiſſen Beziehung ſtehen müſſe; denn das Mundende ſowohl wie der Darmkanal von Diporpa ſtimmte mit denſelben Theilen von Diplozoon vollkommen überein. Ebenſo hatten die beiden am Hinterleibsende der Diporpa angebrachten hornigen Klammerorgane ganz dieſelbe Beſchaffenheit, wie die einzelnen Klammer— organe, deren Diplozoon an jedem der beiden Hinterleibsenden acht trägt. Außerdem erkannte Siebold bei Diporpa ſowohl wie bei Diplozoon zwiſchen den Klammerorganen, in der Mitte des Hinterleibes, zwei ſchmächtige, aber ſcharf gekrümmte Häkchen. Der Unterſchied beider Thiere beſtand aber darin, daß Diporpa keine Spur von Fortpflanzungsorganen enthielt, welche Diplozoon in jeder Leibeshälfte erkennen ließ; ferner daß Diporpa ſtets um vieles kleiner iſt als Diplozoon, und endlich daß Diporpa hinter der Mitte der Bauchfläche an derjenigen Stelle, an welcher die beiden Leiber von Diplozoon verſchmolzen find, einen Saug— napf trägt. Was beſonders auffiel, war das häufige Vorkommen von je zwei Diporpen, welche ſich mit den erwähnten Bauchnäpfen gegenſeitig kreuzweiſe angeſogen hatten. Bei weiterem Suchen entdeckte Sie— bold an den Kiemen der Ellritzen dergleichen kreuzweiſe vereinigte Diporpen, die umſomehr an das Diplo— zoon erinnerten, als an der Stelle, wo ſich die beiden Saugnäpfe befanden, dieſe verſchwunden und eine lokale Verſchmelzung beider Körper der Diporpen eingetreten war. Siebold überzeugte ſich weiter, daß durch dieſe Vereinigung und Verſchmelzung zweier Diporpen wirklich ein Diplozoon entſteht, indem es ihm glückte, verſchiedene auf die genannte Weiſe verſchmolzene Diporpen zu Geſicht zu bekommen, an welchen ſtatt zweier Klammergerüſte an den Hinterleibsenden vier ſolcher Organe bemerkt werden konnten; bei andern verſchmolzenen Diporpen ließen ſich auch ſechs, ja auch acht Klammergerüſte an jedem Hinterleibsende zäh— len; kurz Siebold erkannte ſo auf das Beſtimmteſte, daß die einfachen geſchlechtsloſen Dipor— pen, durch Verſchmelzung je zweier Individuen, ſich in das fortpflanzungs fähige Dop— pelthier Diplozoon verwandeln. Es findet hier alſo jener intereſſante Konjugationsprozeß ſtatt, welcher bisher nur in der niederen Pflanzenwelt, namentlich bei den Konferven, gekannt war. Wie aber bei dieſen Pflanzen dieſer Verſchmel— zungsprozeß zweier Individuen zu einem einzigen Individuum nicht eigentlich eine Verminderung der Indi— duen, ſondern vielmehr eine Vermehrung derſelben zur Folge hat, indem das durch Konjugation entſtandene Weſen ſich anderweitig fortpflanzt, ſo trägt auch bei Diporpa die Konjugation zweier ſolcher Weſen zu ihrer Vermehrung und nicht zu ihrer Verminderung bei, indem die konjugirten Diporpen als Diplozoon Fort— pflanzungsorgane erhalten und Eier erzeugen, was ſie als einfache Diporpen nicht im Stande ſind. Sie— bold hat auf dieſe Weiſe die Ueberzeugung gewonnen, daß aus den Eiern des Diplo zoon paradoxum kein Doppelthier, ſondern eine einfache Diporpe ausſchlüpfen werde. Leider hat Derſelbe ſeine Unterſuchun— gen in Freiburg unterbrechen müſſen, ſo daß es ihm nicht vergönnt war, die Diplozooneier, die er in Menge von den Kiemen der Ellritzen geſammelt, in ihrer Entwickelung ſo weit zu verfolgen, um die Form des daraus hervorſchlüpfenden Embryo zu erkennen. An dieſen Vortrag ſchloß ſich die Mittheilung des Herrn Dr. Cohn über die Konjugation der Infu— ſorien. Derſelbe hat, wie Kölliker in Würzburg, zwei Individuen von Actinophrys sol ſich verei⸗ nigen und in Eins zuſammenfließen ſehen. Zwiſchen ihnen zeigte ſich dann eine Blaſe, in der ein zellen— ähnliches Gebilde lag, das vielleicht in Folge der Kopulation entſtanden ſein und als Fortpflanzungskörper dienen könnte. — 2. Am 24. Juli: Ueber die Wanderungen, welche von gewiſſen Eingeweidewürmern vorgenommen werden, Hr. Prof. v. Siebold machte zunächſt darauf aufmerkſam, wie noch immer eine Anzahl von Aerzten ge— neigt iſt, das Vorkommen gewiſſer Paraſiten im Innern von ganz abgeſchloſſenen Höhlen verſchiedener Organe, z. B. im Gehirne, im Augapfel, in der Leberſubſtanz ꝛc., durch Urzeugung (generatio aequivoca oder spon- tanea) zu erklären. Daß aber die Eingeweidewürmer nicht durch eine ſolche ungleichartige Zeugung, ſondern nur durch Ihresgleichen hervorgebracht werden, davon glaubt v. Siebold ſich durch ſeine ſeit mehreren Jahren angeſtellten Unterſuchungen und Beobachtungen beſtimmt überzeugt zu haben. Derſelbe konnte es ſich beſonders an den Gordiaceen, einer Familie der Fadenwürmer, klar machen, daß, obgleich es bei ober— flächlicher Betrachtung das Anſehen haben könnte, als entſtänden dieſe Thiere durch Urzeugung, gerade hier leicht Täuſchungen möglich ſind; daß man ſich hier viele Mühe geben und weit umher ſuchen müſſe, um den ganzen Lebenslauf dieſer Thiere von Anfang bis zu Ende zu verfolgen. Diejenigen Naturforſcher, welche ſich ſolchen mühſamen Unterſuchungen nicht unterzogen, ſondern etwa nur aus der Beobachtung von einzel— nen Lebensabſchnitten dieſer Gordiaceen Folgerungen über die Fortpflanzungs- und Vermehrungsweiſe der— ſelben zu ziehen Anlaß nahmen, dieſe konnten es nur bis zu unhaltbaren Hypotheſen bringen. Es gab eine Zeit, wo man ſich mit ſolchen Hypotheſen begnügte. Dies war aber auch Urſache, weshalb man nicht ahn— dete, daß die im Waſſer, im Schlamme oder in feuchter Erde lebenden Gordiaceen, unter denen der Gor— dius aquaticus (Waſſerkalb) der bekannteſte iſt, und die Filarien, welche in der Leibeshöhle der Käfer, Heu— ſchrecken, Raupen, Spinnen, kurz der verſchiedenſten Inſekten verborgen wohnen, in einer ſehr nahen Bezie— hung zu einander ſtehen. Erſtere ſind nämlich die ausgewachſenen geſchlechtlich entwickelten, letztere dagegen die jungen noch geſchlechtsloſen Individuen derſelben Wurmarten. Die jungen Gordiaceen müſſen nämlich als ganz winzige Embryone in die jungen Larven den verſchiedenen Inſekten einwandern, wachſen als Schma— rotzer mit ihren Wohnthieren heran und wandern zuletzt, wenn ſie ihre vollkommene Größe erreicht haben, aus den Inſekten wieder aus, wobei die letzteren entweder noch im Stadium der Larve oder Puppe, oder als vollkommen entwickeltes Inſekt durch die von dieſen Paraſiten erlittene Beeinträchtigung umkommen. Die auf dieſe Weiſe ausgewanderten Gordiaceen befinden ſich immer im geſchlechtsloſen Zuſtande. Sie be— geben ſich nach ihrer Auswanderung in den Schlamm oder in die feuchte Erde, in welchem Medium die— ſelben erſt nach mehreren Monaten geſchlechtsreif werden, indem ſich aus den in ihrem Leibe während des Schmarotzerlebens reichlich angeſammelten Fettmaſſen die Geſchlechtswerkzeuge und Eier entwickeln, ohne daß dieſe Thiere nöthig hätten, noch weitere Nahrung in ſich aufzunehmen. Gelingt es übrigens den ausge— wanderten Gordiaceen nicht, in die genannten feuchten Medien ſich zurückzuziehen, ſo gehen auch ſie, wie ihre verlaſſenen Wohnthiere, durch Vertrocknen zu Grunde. Sind dieſelben im Schlamme oder in der Tiefe der feuchten Erde endlich geſchlechtsreif und fortpflanzungsfähig geworden, ſo werden die Eier von ihnen an Ort und Stelle abgeſetzt; die aus dieſen hervorkriechenden Embryone begeben ſich näher an die Oberfläche ihres Geburtsortes, und finden hier unter Laub, Moos, unter der lockeren Humusdecke der Erde, oder im Waſſer eine Menge junger Inſektenlarven, in welche ſie einwandern können, um hier, wie ihre Eltern, ei— nige Zeit ein Schmarotzerleben zu führen, bis auch ſie nachher zum Auswandern genöthigt werden, um außer— halb der Inſekten durch geſchlechtliche Fortpflanzung ihre Art zu erhalten. Es wurden der Verſammlung verſchiedene Gordiaceen in Weingeiſt vorgezeigt, nämlich Gordius aquaticus, Mermis nigrescens, Mermis albicans, von welchen einige eine Länge von 3 Fuß 5 bis 9 Zoll beſaßen, und andere eben im Begriffe geweſen waren, auszuwandern. Dieſe letzteren hatten den Leib eines Käfers, einer Heuſchrecke oder Raupe an verſchiedenen Stellen durchbohrt und ſteckten noch mit ihrer hinteren Körperhälfte im Innern der genann— ten Inſekten verborgen. Von dieſen Gordiaceen war es v. Siebold bei Mermis albicans gelungen, den ganzen Lebenslauf des Wurms von Anfang bis zu Ende zu verfolgen. Er verſchaffte ſich nämlich die in 39 einem Geſpinnſte beiſammenlebenden Raupen von Tinea evonymella und cognatella in möglichſt großer Menge, und hatte ſo recht oft Gelegenheit, das Auswandern der Mermis albicans quer durch die Leibes— haut dieſer Raupen zu beobachten. Die ausgewanderten Würmer fielen entweder zu Boden oder blieben in den Geſpinnſten hängen, wo ſie, wenn ſie nicht bei Zeiten daraus befreit wurden, vertrockneten. Es wurden die friſch ausgewanderten Würmer geſammelt und auf feuchte Topferde gelegt, in welche ſie ſich ſchnell ein— bohrten und gänzlich zurückzogen. v. Siebold bewahrte dieſe Würmer in Blumentöpfen auf und zerglie— derte von Zeit zu Zeit einige dieſer in der Topferde ganz munter gebliebenen Würmer. Derſelbe überzeugte ſich, daß die vor kurzem ausgewanderten Individuen durchaus geſchlechtslos aber fettreich waren, und daß die vor längerer Zeit ausgewanderten und in der Erde am Leben gebliebenen Individuen von Monat zu Monat auf Koſten ihres Fettkörpers deutlicher entwickelte Geſchlechtsorgane erhielten. Gegen das nächſte Frühjahr hin konnten die Eier nicht blos im Innern der Würmer, ſondern auch ſchon außerhalb derſelben in der ſie zunächſt umgebenden Erde aufgefunden werden. Noch weiter hin zeigten ſich in dieſen Eiern die Embryone, von welchen auch ſchon viele die Eihüllen verlaſſen hatten und frei in der Erde herumkrochen. Es wurde um dieſelbe Zeit draußen im Freien, an den Hecken von Evonymus europaeus, deſſen Blätter eben im Hervorkeimen begriffen waren, zwiſchen den zarten Blattkeimen nach jungen Räupchen der Tinea evonymella und cognatella geſucht. Nachdem dieſelben von der Größe ½ Linie aufgefunden waren, wur— den ſie unter dem Mikroſkope geprüft, ob ſie bereits Mermis-Embryone enthielten oder nicht, welche Un— terſuchung wegen der Durchſichtigkeit dieſer kleinen Thierchen ſehr leicht vorgenommen werden konnte, ohne ſie zu verletzen. Diejenigen Räupchen, welche zuverläßig keinen Paraſiten bei ſich hatten, wurden in ein Uhrglas auf feuchte Erde gelegt, welche eine Menge der v. Siebold erzogenen Embryone der Mermis albicans ent— hielt. Nach einigen Stunden wurden dieſe jungen Räupchen von neuem unter dem Mikroſkope geprüft, und nun zeigte ſich's, daß viele derſelben einen, zwei auch drei Mermis-Embryone in ihrer Leibeshöhle be— herbergten, die alſo während jener Zeit ſich durch die zarte Hautbedeckung der Räupchen eingebohrt hatten. v. Siebold hatte dieſe Verſuche noch in Freiburg angeſtellt, konnte aber hier der Verſammlung einige von Freiburg mitgebrachte, mit Erde gefüllte Blumentöpfe, vorzeigen, in denen Derſelbe ſeit einem bis zwei Jah— ren Gordiaceen aufbewahrt, welche aus Heuſchrecken und Raupen ausgewandert waren, und an welchen die entwickelten Geſchlechtswerkzeuge und Eier, in denen bereits Embryone zur Entwickelung gekommen waren, unter dem Mikroſkope demonſtrirt werden konnten. Am 19. Juni. Herr Privatdocent Dr. Phil. Ferdinand Cohn: Ueber blutähnliche Färbungen durch mikroſkopiſche Organismen. Als Leuwenhoek im April 1675, mit Hülfe eines geſchmolzenen Glaskügelchens, zum erſten Male lebendige Thierchen im Waſſertropfen aufgefunden hatte, ſo wurde er dadurch wahrhaft der Entdecker einer neuen Welt, von der er freilich nicht ahnen konnte, welche großartige Bedeutung eine ſpätere Wiſſenſchaft derſelben für das Leben der Natur im Großen und Ganzen nachweiſen würde. Seitdem haben die Arbei— ten von faſt zwei Jahrhunderten nach jeder Richtung unſere Kenntniſſe von jenen unſichtbaren Pflanzen und Thieren vervielfältigt, die in ihrer Form und Entwickelungsgeſchichte von allen Weſen der ſichtbaren Welt bei weitem mehr abweichen, als die Flora oder Fauna irgend einer der untergegangenen Schöpfungen von der jetzt lebenden. * Nachdem namentlich in den beiden letzten Jahrzehnten ein genialer Beobachter ſich dieſes wunderbare Gebiet zum ausſchließlichen Objekte ſeiner Studien erwählt hat, ſo wiſſen wir jetzt, daß dieſe mikroſkopiſchen Organismen, mögen ſie nun dem Thier- oder dem Pflanzenreiche angehören, oder an der Grenze beider Na— turgebiete ſtehen, obwohl ſämmtlich als Individuen faſt unſichtbar, doch in unendlicher Anzahl alle Seen, 40 Flüſſe und ſelbſt das Luftmeer erfüllen und dadurch einen unermeßlichen Einfluß auf das Leben unferer Erde ausüben; wir wiſſen, daß ſie die thätigſten Arbeiter ſind am Aufbau unſerer Berge und Felſen, unſe— ſerer Inſeln und Dammerden; daß dem Sauerſtoff, den ſie ausathmen, unſere Gewäſſer zum großen Theil die Fähigkeit verdanken, die Vegetation zu ernähren, unſere Gewebe zu bleichen und den größeren Waſſerthie— ren hinreichende Luft zum Athmen zuzuführen; daß durch ſie zahlloſe faulende Subſtanzen zerſtört werden, ehe ſie unſer Waſſer ungeſund machen und die Luft mit Miasmen erfüllen, wie dieſelben andererſeits un— zähligen größeren Thieren und ſo mittelbar auch dem Menſchen zur Nahrung unentbehrlich ſind. Wer hätte es ahnen können, daß mikroſkopiſche Organismen, von denen viele Millionen in einem Kubikzoll leben, im Laufe der Jahrhunderte weſentlich dazu beitragen, um ſelbſt die mächtigſten Gebäude in dem, allmälig aus der Atmoſphäre abgelagerten, von lebenden Weſen erfülltem Staube zu begraben? Faſt nicht minder intereſſant, als dieſe großartigen materiellen Einwirkungen mikroſkopiſcher Organis— men iſt ein anderer, mehr pſychiſcher Einfluß, den einige derſelben auf die Geſchichte der Menſchheit ſelbſt durch die eigenthümlichen Umſtände ausgeübt haben, unter denen ihr Auftreten beobachtet wurde. Ich meine die Bluterſcheinungen, welche zu verſchiedener Zeit in verſchiedener Weiſe wahrgenommen wur— den, bald in Speiſen, bald auf Kleidern, bald im ſtehenden Waſſer, bald im Regen, auf Mauern oder an Felſen, Schneefelder oder Meeresflächen röthend. Dieſe Erſcheinungen haben von jeher des Volkes Aufmerk— ſamkeit auf ſich gelenkt, und das Volk, in ſeiner Weiſe die Natur auffaſſend, hat ſie von je als wichtige verhängnißvolle Erſcheinungen angeſehen. Aber erſt in der letzten Zeit hat die Wiſſenſchaft erkannt, daß hier auch ihr ein Gebiet für ihre Forſchungen eröffnet ſei. Und erſt ſeitdem dieſe ſich eines Bereichs bemächtigt hatte, das früher ausſchließlich als Tummelplatz des Aberglaubens und der Phantaſie gegolten hatte, ſeitdem iſt es einerſeits möglich geworden, den Thatſachen ſelbſt ihr Recht werden zu laſſen, welche die Aufklärung des vergangenen Jahrhunderts gänzlich abgeleugnet hatte, und dieſelben andererſeits unter die Reihe bekann— ter Naturerſcheinungen einzuordnen, denen der Volksglaube ſie als Ausnahme, als Wunder entgegenzuſtellen gewohnt war. Brot im Schrank feſtverſchloſſen bedeckt ſich über Nacht mit Blut, das ſich in rothen Tropfen an— ſammelt; des anderen Tages zeigt ſich das Blut auf allen Speiſen; Blutflecke erſcheinen an den Kleidern u. ſ. w. plötzlich, ohne alle Urſache, und verſchwinden wieder, ohne daß etwas vorangegangen wäre, was dieſe wunderbare Erſcheinung mit den Erfahrungen des gemeinen Lebens in Zuſammenhang brächte. Oder ein Weiher, ein Graben, ja alle Gewäſſer in einem Lande färben ſich erſt grün, dann gehen ſie durch oli— vengrün, gelb in ziegelroth bis zum purpurroth; und wenn das Waſſer in der Sonne austrocknet, ſcheinen allerorten Blutlachen zurückzubleiben. Oder auf den höchſten Spitzen der Alpen, in der Region des ewigen Eiſes, wo längſt im endloſen Winter die letzte Spur des Lebens aufgehört hat, oder auf einer Inſel unter den Polen, die niemals den Frühling kennt, verſchwindet plötzlich die blendende Reinheit des Schneefeldes; es wird grün und die Färbung erſcheint um ſo lebhafter, je minder das Auge in der einförmigen Weiße ringsumher an das lichte Spiel der Farben gewöhnt iſt; bald wandelt ſich die Färbung in Roth um und ſcheint zuletzt an Glanz mit dem Karmin zu wetteifern. Oder ein See, oder ſelbſt das Meer blüht plötzlich in weiten Strecken bei hellem Sonnenſchein in purpurnem Schimmer; ſo weit das Auge reicht, ſieht es eine rothe Fläche; wenige Stunden darauf wird die Sonne von Wolken verdeckt und das Waſſer iſt wieder klar; des anderen Tages erſcheint es von Neuem in ſeiner rothen Färbung. f Solche Erſcheinungen mußten das Gemüth der Naturvölker im höchſten Grade aufregen; ſie paßten nicht in den regelmäßigen Kreis der Wahrnehmungen, welche die Natur ihnen darbot; ſie mußten ihnen daher als der unmittelbare Ausfluß einer höheren Macht erſcheinen, welche über und außer der Natur ſteht, als Zeichen und als Wunder. Freilich ſtehen dieſe Phänomene keineswegs ſo völlig iſolirt da, als man nach dem Eindrucke vermuthen möchte, den ſie auf die Völker machten, wo und ſo oft ſie auch beobachtet wurden. Gar oft färben ſich Speiſen mit weißem, grünem, blauem Ueberzuge; gar oft zeigt die Außenſeite 41 der Häuſer, der Steine, der Baumſtämme eine grüne, ſchwarze, gelbe Färbung; gar oft erſcheint das Waſſer unſerer Gräben und Teiche ſchön grün; aber Niemand wundert ſich, wenn Brot ſchimmelt, und eine grüne Färbung ſcheint dem Waſſer ſo natürlich, daß wir es kaum ohne eine ſolche zu denken gewohnt ſind. Dieſe farbigen Phänome, konnten freilich nicht in die Augen fallen, und wir finden in der That bei älteren Schrift— ſtellern kaum eine Spur davon, daß ſie einmal in früheren Zeiten beobachtet und der Aufzeichnung für werth erachtet worden wären. Was aber die ihrem Weſen nach ganz verwandten, rothen Färbungen den Völkern ſo merkwürdig machte und ihnen einen ſo auffallenden Einfluß auf ihre Religion, ihre Sagen, ja ſelbſt auf ihre Geſchichte verlieh, das war ihre Aehnlichkeit mit dem Blute. Denn faſt überall ſah man in jenen Erſcheinungen wirkliches lebendiges Blut, das vom Himmel herabgefallen oder durch Verwan— delung entſtanden ſei. In der That ähneln einige dieſer Phänomene täuſchend flüſſigem oder geronnenem Blute; andere dagegen bieten außer der rothen Farbe auch einer lebhaften Phantaſie kaum etwas Analoges dar; aber freilich war eine ſcharfe Beobachtung niemals Sache des nur oberfläche Eindrücke aufnehmenden, wunderliebenden Volkes. Daher leſen wir überall und zu allen Zeiten nur vom Blut auf Speiſen, von in Blut verwandeltem Waſſer, vom Blut regen, blutigem Thau u. ſ. w. Jener myſtiſche Nimbus, der dem Blute, dem Sitze der Seele, im Auge aller Völker anhaftet, übertrug ſich nun unmittelbar auf jene Phänomene; er gewann ihnen eine Aufmerkſamkeit, deren ſich wenige Naturerſcheinungen im Volke zu er— freuen haben, und legte ihnen zugleich in den Augen deſſelben eine Bedeutſamkeit bei, die wir nur unter die— ſer Vorausſetzung uns erklären können. Wenn die Gottheit es an der Zeit hielt, in das geſetzliche Getriebe der Naturereigniſſe einzugreifen und noch dazu in ſolch' geheimnißvoller Weiſe, wie ſie eben dem Blute im Volksglauben anhaftete, ſo mußte dies als ein Beweis gelten, daß der Lauf der Weltordnung durch ſchwere Thaten oder durch unerhörte Ereigniſſe geſtört fei*); die blutigen Phänomene erſchienen fo als Zeichen des göttlichen Zornes, als Unglück drohende Vorbedeutungen begangener Verbrechen und drohender Strafen, gleich— ſam als „der blutige Schatten, den kommendes Unheil vor ſich vorauswirft.“ An dieſe Vorſtellungen knüpfte ſich von ſelbſt das Beſtreben, die beleidigte Gottheit durch Vernichtung der Schuldigen zu ſühnen; daher waren Verfolgungen, ja Hinrichtungen zahlreicher Opfer bis in die neueſte Zeit die unmittelbare Folge, ſo oft eine ſolche Erſcheinung irgendwo beobachtet worden war. Man kann wohl ſagen, daß die Geſchichte der rothen blutähnlichen Färbungen in den Annalen der Menſchheit mit Blut geſchrieben iſt. *) Schon in dem aͤlteſten Dichterwerke, in der Ilias, finden wir Stellen, die von folder Anſchauung Zeugniß geben. Wenn Zeus den Achaͤern zuͤrnt, laͤßt er den Thau vom Blute triefend vom Himmel tropfen. In Und wenn er den lieben Sohn Sarpedon beweint, der fern von der Heimat gefallen, dann laͤßt er Blut zur Erde ftrömen. Il. may Man vergleiche damit die Wunderzeichen, durch welche der Dichter die Erde an dem bevorſtehenden Tode ihres Beherrſchers Theil nehmen laͤßt: Feurige Krieger fochten auf den Wolken * In Reih' und Glied nach rechtem Kriegsgebrauch, Und nieder tropft ihr Blut auf's Kapitol. Dann ſpricht der Roͤmer: Wenn ſolche Zeichen Zuſammentreffen, mag wohl Mancher ſagen: Das iſt natuͤrlich, und das ſind die Gruͤnde, — Ich aber ſage: es iſt Vorbedeutung, Wo dies ſich zutraͤgt unter unſerm Himmel. Julius Caͤſar von Shakeſpegre. Bei dieſer Antwort beruhigte ſich die Menſchheit Jahrhunderte lang. 42 Die Naturwiſſenſchaft, welche ſchon das Thatſächliche, das mancher anderen alten, für Fabel gehaltenen Sage zu Grunde liegt, feſtſtellte, hat in neueſter Zeit mehrfach Gelegenheit gehabt, auch dieſe Phänomene zu prüfen, und durch ſie ſind wir jetzt im Stande, wenn auch nicht alles Einzelne in ihrer Erſcheinung und Kauſalität aufzuklären, fo doch dieſelben in das Gebiet der bekannten Naturgeſetze einzureihen und mit zahl⸗ reichen ähnlichen Thatſachen in Analogie und Zuſammenhang zu bringen. Chladni war es, der, nachdem er die mythiſchen Bäolithen und Steinregen als Aerolithen und Meteorſteinfälle der Naturwiſſenſchaft vin- dicirt hatte, ſo auch zuerſt die blutähnlichen Färbungen nicht als leere Erfindungen des Aberglaubens und der aufgeregten Phantaſie, ſondern als Naturphänomene aufzufaſſen wagte, indem er einen Zuſammenhang derſelben mit allgemeinen kosmiſchen Verhältniſſen in Anregung brachte. Nach ihm gebührt vor Allem C. Nees von Eſenbeck das Verdienſt, in ſeinen Nachträgen zu Robert Brown's Abhandlung über die Pflanzen der Baffinsbay “) alle älteren, in dieſes weite und dunkle Gebiet einſchlagenden Angaben mit geiſt— voller Kritik und höchſt ausgebreiteter Gelehrſamkeit zuſammengefaßt und dadurch das erforderliche hiſtoriſche Fundament für eine ſpätere naturwiſſenſchaftliche Bearbeitung gelegt und die Anregung zu weiteren Forſchun— gen gegeben zu haben. Ihre Vollendung erhielt die Lehre von den blutähnlichen Färbungen erſt durch Ehrenberg. Mit einer ſeltenen Gelehrſamkeit, einer bewunderungswürdigen Beobachtungsgabe des Klein— ſten und einer aus den einfachſten Erſcheinungen zu den großartigſten Geſetzen ſich erhebenden Weltanſchauung hat Ehrenberg ſeit dem Jahre 1830 faft ununterbrochen feine Aufmerkſamkeit den blutähnlichen Färbun— gen zugewendet; ihm verdanken wir es allein, daß die in älteren Sagen und Geſchichtsbüchern erwähnten, ſehr verſchiedenen Erſcheinungsweiſen dieſer Phänomene faſt ſämmtlich als noch gegenwärtig in gewiſſen Verhältniſſen fortwirkend erkannt und auf allgemeine Geſetze zurückgeführt ſind. Seine Abhandlungen in Poggendorff's Annalen 1830, in dem großen Infuſorienwerke 1839, in den Monatsberichten der königl. Akademie der Wiſſenſchaften 1847 — 1851, fo wie in ſeinem größeren Werke über den Paſſatſtaub 1850, bieten ein bewunderungswürdig reiches Material zur Beurtheilung dieſer Verhältniſſe dar; ihnen ſind vorzugsweiſe die nachſtehenden Angaben entnommen, de— nen ich noch einige Beobachtungen über das Vorkommen derſelben in Schleſien hinzufügen konnte. Einzelne der hier in Betracht kommenden Formen find durch monographiſche Bearbeitungen von Agardh, Shutt— leworth, de Candolle, v. Flotow, Vogt, Montagne und namentlich durch Ch. und A. Morren in ihren „Recherches sur la rubefaction des eaux. Bruxelles 1841“ näher erforſcht worden. Die blutähnlichen Phänomene gehören im Allgemeinen in das weite Gebiet der Färbungen durch mikroſkopiſche Organismen. Das Charakteriſtiſche aller dieſer Erſcheinungen be— ruht darauf, daß die Färbung dem bloßen Auge ſich als eine ganz gleichartige, kein Merkmal von Thieri— ſchem oder Pflanzlichem an ſich tragende darbietet, ſo daß es meiſt unmöglich iſt, dieſelbe an ſich von einer anorganiſchen, auf chemiſchen Verhältniſſen beruhenden zu unterſcheiden. Erſt das Mikroſkop läßt erkennen, daß dieſe Färbungen ihren Urſprung einer unermeßlichen Menge geſellig lebender Organismen verdanken; die— ſelben gehören ohne Unterſchied dem Thier- wie dem Pflanzenreiche an, und in beiden wieder den allerver⸗ ſchiedenſten Bildungstypen, da für die ganze Reihe dieſer Phänomene nicht die Formen, ſondern einzig ihre, bei ſehr verſchiedenen Arten ganz gleichförmigen Farben maßgebend ſind; alle dieſe Organismen haben aber das gemein, daß jedes Individuum, obwohl dem unbewaffneten Auge unſichtbar, doch ſchon dieſelbe Färbung in ſich trägt, welche ſich in ihrer Aneinanderhäufung, wenn auch bei weitem intenſiver, reflektirt. Charakteriſtiſch für dieſe Phänomene und vorzugsweiſe den Hang des Menſchen zum Wunderbaren reizend, iſt ihr raſches, oft plötzliches Erſcheinen und Wiederverſchwinden; es beruht auf den eigenthümlichen ) Sie knuͤpften an den von R. Brown unter die Algen geſtellten, von Capit. Roß geſammelten rothen Schnee (Protococcus nivalis) an. Bd. I. p. 571. 43 Entwickelungsgeſetzen der mikroſkopiſchen Organismen: einerſeits auf der kurzen Lebensdauer der Individuen, welche ſchon in wenig Stunden ihren ganzen Cyklus durchlaufen und zur Fortpflanzung durch Selbſtthei— lung oder Sporens(Keim)bildung fähig werden — daher kann ſich ein einzelnes Individuum ſchon in kurzer Zeit in geometriſchem Verhältniß durch eine große Zahl von Generationen vermehrt haben. Es beruht an— dererſeits auf der Abhängigkeit des Erſcheinens und Gedeihens dieſer Organismen von gewiſſen äußeren, oft unbeſtimmbaren Einflüſſen, welche ihre Vervielfältigung in's Unglaubliche ſteigern, während eine Berinberung derfelben oft mit einem Schlage alle Generationen vernichtet. Die Art der Färbung hängt natürlich von dem Farbeftoffe ab, den dieſe Organismen beſitzen; find dieſelben farblos, ſo erſcheinen ſie in Maſſe bei reflektirtem Lichte weiß; am gewöhnlichſten iſt namentlich unter den mikroſkopiſchen Algen eine grüne Färbung, welche auf das im Pflanzenreiche allgemein verbrei— tete Chlorophyll ſich zurückführen läßt; daſſelbe findet ſich auch bei zahlreichen mikroſkopiſchen Thierchen aus der Klaſſe der Infuſorien “), fo daß beide gleichmäßig zur Färbung grünen Waſſens, wie zur Erzeugung grüner Ueberzüge beitragen. Ebenſo giebt es auch eine ganze Reihe rother Farbeſtoffe, welche vorzugsweiſe im Pflanzenreich unter Algen und Pilzen, doch auch unter den Infuſorien vorkommen, von verſchiedener Natur und Nuance, ob— wohl nur bei den wenigſten ihre Zuſammenſetzungen und ihre chemiſchen Verhältniſſe in's Klare geſetzt ſind. Wichtig als beitragend zur Erzeugung blutähnlicher Phänomene iſt namentlich der purpurrothe Farbeſtoff, welcher als Modifikation des in der ganzen Abtheilung der Oscillarinae vorkommenden ſpangrünen Pigments erſcheint. Dieſes Pigment, das Phycochrom Nägeli, Phycocyan Küs. ex part. läßt ſich durch Maceration ſowohl, als durch chemiſche Reagentien in mannig— faltiger Weiſe in orange, kupferroth, purpurroth, violett, ſelbſt in Blau umwandeln, und derſelbe Farbenwan— delungsprozeß geht normal in gewiſſen Arten dieſer ausgebreiteten Algenfamilie vor ſich. Außerdem kommt hier noch ein orange- bis karminrother Stoff in Betracht, der ſich ge— gen Alkohol und Aether als ölähnlicher Natur erweiſt und zum Chlorophyll in einem beſtimmten Verhältniſſe ſteht, indem er unter gewiſſen Bedingungen von der Peripherie nach dem Centrum hin ſich in dieſes umwandelt, und umgekehrt. Ich habe anderswo nachgewieſen, daß dieſer Farbeſtoff durch Jod bläulich— grün bis blau gefärbt wird und daß er in den Familien der Chantransieae (Chroolepus), der Palmelleae, Protococcaceae und vielleicht auch gewiſſer roth gonimiſcher Flechtenformen (Opegrapha, Verrucaria), ſo wie im Thierreich bei Euglena und wohl auch bei Astasia vorkommt (Nova Acta Ac. C. C. L. N. C. Tom. XXII. P. II. pag. 640). Verſchieden von dieſem ſoll ein mit dem Erythrophyll der herbſtlich gerötheten Blätter und der Flo— rideen übereinſtimmender Farbeſtoff ſein, welcher unter den hier in Betracht kommenden Algen ſich nur bei Palmella eruenta findet. Außerdem kommen noch mehrere Farbenſtoffe unter den Algen und Pilzen, ſo wie bei den Infuſorien vor, welche zwiſchen orange-, roſen- bis blutroth liegen, deren Natur aber nicht näher erforſcht iſt. Die meiſten der mit rothem Farbeſtoff begabten mikroſkopiſchen Organismen können zur Hervorru— fung blutähnlicher Phänomene Veranlaſſung geben, und ſind zu gewiſſen Zeiten als ſolche beobachtet worden. Doch werden nicht alle rothen Färbungen von Pflanzen oder Thieren hervorgebracht; wir müſſen vielmehr aus der Reihe derſelben vornweg die oft ſehr ähnlichen Färbungen ausſchließen, welche durch anorganiſche Verhältniſſe herbeigeführt werden. Die gelbrothe bis ockerrothe Farbe mancher Gewäſſer, nicht *) Bei Monaden, Cryptomonaden Euglenen, Volvocinen; unter den Enterodela Ehrenb., Stomatoda v. Sieb. auch bei Vorticella viridis, Spirostomum v., Amphileptus v., Stentor v., Holophrya v., Euplotes v. n. s., Bursaria Loxodes, Ophrydium versatile. Der grüne Farbeſtoff gewiſſer Turbellarien und Hydrinen iſt eben- falls nach meinen Unterſuchungen mit dem Chlorophyll uͤbereinſtimmend. 6 * 44 nur ſtehender Lachen, ſondern auch größerer Flüſſe, entfpricht der rothen Erde, welche gewiſſe Landſtrecken charakteriſirt; fie verdankt ihren Urſprung meiſt dem Hindurchſtrömen durch einen ſolchen mit Eiſenoxyd durchdrungenen Boden; ſie tritt namentlich nach Ueberſchwemmungen ein, wo das Waſſer in ungeheuerer Maſſe dergleichen rothe Eiſenoxydtheilchen in ſich ſuspendirt enthält. Dies läßt ſich namentlich an der Oder beobachten, welche zu gewiſſen Zeiten bei Hochwaſſer eine mehr oder minder auffallende, roſtrothe Färbung zeigt; die Urſache derſelben muß bis auf die Steina zurückgeführt werden, welche durch das rothe Sand— ſteingebiet der Grafſchaft Glaz hindurchſtrömt, und, durch Regen aufgeſchwollen, ihre rothen Waſſermaſſen der Gläzer Neiſſe und durch dieſe der Oder zuführt. Wahrſcheinlich walten ähnliche Verhältniſſe auch bei anderen, durch entſprechende Benennungen bezeichneten Flüſſen ob; ſo beim rothen Main, bei dem rothen Fluß, Red⸗river in Nordamerika u. ſ. w. ). Auch der Euphrat erſcheint bei hohem Waſſer roth. Wichtig in kosmologiſcher Hinſicht find die ebenfalls durch Eiſenoryd zimmtfarben bis ziegel— roth, ſeltener gelblichgrau gefärbten Staubmeteore, welche durch Ehrenberg als ein konſtan— tes, mit den allgemeinen Geſetzen der Luftſtrömungen in Verbindung ſtehendes Phänomen erkannt worden find. Die Unterſuchungen dieſes Naturforſchers ergeben, daß ungeheuere Maſſen ſolches, durch feine eigen- thümliche Farbe und durch feinen Reichthum an Bacillarien und Pflanzenfragmenten charakteriſirten Staus bes in den tropiſchen Sumpfgegenden von Südamerika beſtändig von dem erhitzten Luftſtrome, dem courant ascendant, emporgehoben und in das Gebiet des obern Südweſtpaſſats hinaufgeführt werden. Hier bilden dieſelben ein unermeßliches ſchwebendes Staubnebeldepot, bis ſie in der Nähe der capverdiſchen Inſeln in der Geſtalt eines konſtanten, das ganze Jahr hindurch die Atmoſphäre trübenden, röthlichen Staub re— gens niederfallen. Zu außergewöhnlichen Zeiten werden dieſe Staubmaſſen, der fogenannte Paſſatſtaub, von heftigen Stürmen, welche in der Paſſatzone ihren Urſprung nehmen, weiter ab nach Weſten und Nor— den verſchlagen; alsdann gelangen fie durch den Scirocco in die Länder des Mittelmeeres, oder fie überfchreis ten die Alpen, werden durch die Fortſetzung des Scirocco, den Föhn, über die Schweiz und Tirol bis hinauf nach Schleſien und die Lauſitz meiſt in rothen Wolken fortgeführt und bedecken niederfallend oft ungeheuere Landſtrecken mit röthlichem, ſogenannten Meteorſtaube. Iſt das Herabfallen der Meteorſtaubwolke mit Regen verbunden, ſo erſcheint dieſer ſelbſt dadurch roth gefärbt und läßt einen röthlichen Niederſchlag auf allen Körpern und ſelbſt rothe Lachen zurück. Auf dieſes Phänomen laſſen ſich leicht die zahlreichen Be— * Daß eine blutaͤhnliche Färbung des Waſſers durch rothe Erde bereits im Alterthum bekannt war, beweiſt eine intereſſante Stelle in Lucian's ſyriſcher Goͤttin, 8, auf welche ich durch meinen gelehrten Freund, Herrn Dr. Chwolſohn in Petersburg, aufmerkſam gemacht worden bin. Lucian beſchreibt ein Wunder von Byblus, naͤmlich einen Fluß, der im Gebirge Libanus entſpringt und Adonis genannt wird. „Der Fluß verliert alljaͤhrlich ſeine Farbe, wird blutroth und faͤrbt bei ſeiner Ausmuͤndung das Meer weithin roth; es iſt dies ein Zeichen für die Byblier, ihr Trauerfeſt zu beginnen. Denn fie nehmen an, daß in dieſen naͤm⸗ lichen Tagen auf den Bergen des Libanus Adonis verwundet werde, und daß ſein in den Fluß rinnendes Blut denſelben faͤrbe, daher auch der Name deſſelben. Aber, meint Lucian, ein bybliſcher Mann, der mir die Wahrheit zu jagen ſchien, gab eine andere Urſache dieſer Erſcheinung an. Das Gebirge Libanus näm- lich, durch welches der Fluß Adonis ſtroͤmt, habe ein ſehr roͤthliches Erdreichz die heftigen Stürme nun, welche in jenen Tagen dort herrſchen, fuͤhren den Staub in den Fluß und geben ihm die blutige Farbe. So iſt alſo nicht das Blut die Urſache dieſer Erſcheinung, ſondern der Boden.“ Sollte etwa die Angabe von Stuͤrmen und rothem Staube dieſe Faͤrbung in das Gebiet der Meteor- und Paſſatſtaubfaͤlle verwei⸗ fen? Auffallend find die vielen Orts- und Voͤlkernamen im ſyriſchen Kuͤſtenlande, an welche ſich die Bezeich⸗ nung von roth knuͤpft, von Edom, Idumaea, den Phoͤniziern bis zur Erythraea, dem rothen Meere und den Erythraͤern. Einen rothen Fluß, in der Nähe des Meeres, deſſen Farbe der des Blutes gleichkommt, er— waͤhnt auch Pauſanias im Lande der Hebraͤer bei der Stadt Joppe; er ſoll ſeine Farbe dem Perſeus ver— danken, der in ihm das Blut des getoͤdteten Meerungeheuers abgewaſchen (Beſchreibung von Griechenland. 255 45 richte älterer wie neuerer Hiſtoriker zurückführen, welche das Regnen von Blut und rother Erde erwähnen). Fällt rother Meteorſtaub auf Schnee, fo theilt er natürlich auch dieſem feine Färbung mit, wie dies auch bei dem Meteorſtaubfall der Fall war, welcher am 31. Januar 1848 durch ganz Niederöſterreich und Schleſien, über Breslau, Liegnitz bis hinauf nach Glogau und Görlitz ſtattfand “*); ja es kann auch vorkommen, daß die mit Staub und Feuchtigkeit geladenen Wolken der Aequatorialſtrömung im Winter ſich gleichzeitig als rothgefärbter Schnee niederlaſſen; ſolche Phänomene erklären die direkten Beobachtungen vom Fallen rothen Schnees, welche bis in die neueſte Zeit zur Verwechſelung mit dem eigentlichen liegen— den, durch organiſche Verhältniſſe bedingten rothen Schnee, der nie fallend beobachtet wurde, Veranlaſſung gaben *). In die Reihe dieſer Erſcheinungen ſtellt Ehrenberg auch den rothen Hagel, welchen Alexander v. Humboldt am Paramo de Guanacos in einer Höhe von 2300 Toiſen fallen ſah. Dagegen fand Morren zu Lüttich in gefärbten Hagelkörnern eingeſchloſſene Räderthierchen (Philodina roseola) — es iſt dies zugleich die einzige Angabe, welche unmittelbar den Aufenthalt hochorganiſirter Thierchen im Luft— raume beweiſt *). Ein völlig unerklärliches Phänomen iſt der dunkelrothe Regen, welcher zu Blankenburg in Flandern am 2. November 1819 niederfiel; das Waſſer deſſelben gab keinen Niederſchlag, wie dies bei dem durch rothen Meteorſtaub gefärbten der Fall ſein muß; die Analyſe wies in ihm als färbendes Prinzip ſalzſau— ren Kobalt aufgelöſt nach; ähnliche chemiſche Färbungen des Regens ſcheinen in den Jahren 1821—23 mehrfach bei Gießen vorgekommen zu ſein. Ganz verſchieden von allen dieſen Erſcheinungen iſt der ſo— genannte Blutregen, welcher von dem rothen Reinigungsſafte gewiſſer, eben ausgekrochener Schmet— terlinge, oder von dem, der zum erſten Male im Vorfrühling ausgeflogenen und ſich ſäubernden Bienen ſeinen Urſprung nehmen ſoll. Was nun die eigentlichen, durch mikroſkopiſche Organismen verurſachten Färbungen betrifft, ſo laſſen ſich dieſelben auf zwei Grundformen zurückführen, welche auf der Lebensweiſe der an der Färbung theilnehmenden Arten beruhen. Dieſe halten ſich entweder im Waſſer oder in freier Luft auf, und wenn in erſterem, entweder freiſchwimmend oder auf einer Grundlage fixirt. Demnach erſcheinen dieſe Or— ganismen in Maſſe entweder als Färbungen des Waſſers ſelbſt, das ſie dicht erfüllen und oft dick— flüſſig machen, oder ſie treten auf als Ueberzüge von verſchiedener Konſiſtenz. So erſcheinen die chlorophyllführenden Algen und Infuſorien in unendlicher Vermehrung entweder als grünes Waſſer von verſchiedener Intenſität und Dichtigkeit; ſie rufen dann, namentlich, wenn ſie ſich an der Oberfläche anhäu— fen, das Phänomen hervor, welches wir als Blüthe des Waſſers (flos aquae) bezeichnen. Oder ſie bedecken Baumſtämme, Wände, Zäune, Dächer, Felſen, ſelbſt den Erdboden, ſo wie die Ränder und den Boden mit Waſſer gefüllter Gefäße in lebhaft grünem Ueberzuge, und pflegen alsdann als prieſtleyſche Materie (matière verte) zuſammengefaßt zu werden. In ähnlicher Weiſe unterſcheiden wir rothe Fär- bungen, die der prieſtleyſchen Subſtanz, und ſolche, die der Waſſerblüthe entſprechen. — ) Namentlich in Italien ſcheint nach den Angaben der roͤmiſchen Schriftſteller folder, meiſt von Stuͤrmen be— gleiteter, rother Regen nicht ſelten zu ſein; doch er kannte ſchon Cicero, daß hier „die Faͤrbung nur eine Folge einer erdigen Beimiſchung ſei, welche dem Blute ſehr ähnlich fein koͤnne.“ Cie, de div. II. — *) Vergleiche den Jahresbericht der ſchleſiſchen Geſellſchaft für 1849 und Monatsbericht der berliner Akademie 1848, p. 107. „%) Vergleiche Monatsbericht der berliner Akademie 1850 und 1851. ) Sigism. Schulze in Greifswald fand allerdings ſchon 1828 Raͤderthierchen durch Regentropfen an die Fenſter geſpritzt; dagegen konnte Ehrenberg niemals ſolche Thiere in atmoſphaͤriſchem Waſſer auffinden. 46 Das Phänomen der Waſſerblüthe wird in der Regel von mikroſkopiſchen Algen aus den Familien der Palmelleae, Oscillareae und Nostocheae hervorgerufen, welche meiſt durch einen ſpangrünen Farbeſtoff, das Phycochrom, charakteriſirt find. Sie ſcheinen ſich ſämmtlich auf dem Grunde des Waſſers zu entwik⸗ keln, und ſteigen erſt dann an die Oberfläche, wenn die lebhaftere Sonne Gasblaſen in ihnen entbindet. Alsdann emporgehoben, erfüllen ſie das Waſſer bis zu einer gewiſſen Tiefe in dichten Maſſen, und indem ſich namentlich bei den zu beſtimmten größeren Kugeln vereinten Palmella- und Nostoc- Formen *) die um: hüllende Intercellularſubſtanz allmälig auflöſt, vertheilen ſich die einzelnen Zellen und Fäden gleichmäßiger im Waſſer und verleihen ihm dadurch eine faſt kleiſterähnliche Konſiſtenz und Farbe. Da das Phycochrom leicht in eine purpurrothe Modifikation übergeht, ſo erklärt es ſich, daß ſtatt der gewöhnlichen grünen, nicht ſelten rothe Waſſerblüthen beobachtet worden ſind, welche in der Regel die beſondere Aufmerkſamkeit des Volkes auf ſich gelenkt und ſeiner aufgeregten Phantaſie die Verwandelung des Waſſers in Blut annehmbar gemacht haben. Das ältefte “) in dieſes Gebiet fallende Beiſpiel bietet der See von Lubotin in Oſtpreußen, deſſen ſtellenweiſe rothe Färbung ſchon im Jahre 1800 bekannt war; berühmter iſt der See von Murten, deſſen Waſſer ſich periodiſch in breiten Streifen mit blutähnlichem, rothem Schaume bedeckt; in ihm fand de Candolle 1825 eine rothe Oscillarie, die Oscillaria rubescens *). Großartiger iſt das Vorkommen ſolcher Färbungen im Meere, wo dieſelben ungeheure Flächen bedek— ken. Namentlich im rothen Meere, in der Bucht von Tor, hat Ehrenberg das Waſſer am 10. Dezember 1823 und ſpäter noch zwei Mal blutroth gefärbt beobachtet. Dieſes Phänomen rührte von zahlloſen liniengroßen ſpindelförmigen Körperchen her, welche das farbloſe Waſſer dicht erfüllten und aus rothen, in Bündel vereinten Oscillarienfäden beſtanden. Er betrachtet dieſe Alge, die er Trichodesmium erythraeum nennt, als die eigentliche Urſache, welche dieſem Meerbufen, dem Bahr Suph (Mare algosum, Tangmeer) der heiligen Schrift, den uralten, ſonſt unerklärlichen Namen des rothen gegeben. Ohne Eh— renberg's Entdeckung zu kennen, fand ſpäter 1843 Evenor Dupont diefelbe rothe Färbung an derſelben Stelle in einer Ausdehnung von 85 Lieus, und zwar nicht blos in der Nähe der Küſte, ſondern auch auf der hohen See; er erwies dadurch die Conſtanz dieſes Phänomens, trotz ſeines periodiſchen, von unbekannten Verhältniſſen abhängenden Verſchwindens. Seitdem wiſſen wir, daß das Meer noch an vielen Stellen im indiſchen, atlantiſchen und ſtillen Ocean, an der Küſte von Kalifornien) u. ſ. w. durch mikroſkopiſche Oscillarienbündel blutähnlich geröthet iſt. Eine ziegel- bis karminrothe Färbung des Meeres von anderer Art wurde 1846 von Turrel an der portugieſiſchen Küſte beobachtet; hier waren die färbenden Organismen außerordentlich kleine Protococcus- Kügelchen (Pr. atlanticus) von ½00 — 60“ Diürchmeſſer, von denen kaum 100 Millionen Individuen eine Kubiklinie erfüllen, während das ganze Phänomen ſich auf 6 Quadratmeilen erſtreckte. Verwandt mit dieſer Erſcheinung find die Färbungen gewiſſer ſtehender Gewäſſer durch andere karminrothe Arten der Gattung Protococcus, wie fie in Salinen an der Küſte des Mittelmeeres (Proto- coccus marinus) in Lachen bei Brüſſel (Haematococcus mucosus Morren) aufgefunden wurden. Zunächſt an dieſe Phänomene ſchließen ſich die prachtvollen, meiſt karminrothen Färbungen an, welche unter gewiſſen Umſtänden in dem, durch atmoſphäriſchen, theils feſten, theils flüſſigen Niederſchlag angeſam— melten Waſſer beobachtet werden — die Alge der Regenlachen und des ewigen Schnees, der Protococcus (Chlamidococcus) pluvialis und nivalis. Die Geſchichte dieſer beiden Formen *) Vergleiche Thuret sur le Nostoc verrucosum. Ann. d. sc. nat. 1843. ) Einen rothen See bei Babylon erwähnt ſchon Plinius, der wohl auch hierher gehört. * Eine rothe Färbung des Waſſers durch eine Conferve (Sphaeroplea annulina) beobachtete Ehrenberg bei Berlin und in Aegypten. * Durch Trichodesmium Hindsii. 47 zeugt von den vielen wunderbaren Eigenthümlichkeiten, welche ihr Lebensprozeß darbietet; man hat fie nach— einander unter die Pilze, die Algen, die Flechten, die Infuſorien, die Räderthiere geſtellt, als Blüthen- oder als atmoſphäriſchen Staub, als Fiſcheier oder als aufgelöſte Glimmerblättchen gedeutet. Die Entwickelung des Protococcus nivalis (Sphaerella n.), welcher in den Polarländern, wie in den Alpen ungeheuere Schnee— flächen röthet, iſt noch immer nicht außer allem Zweifel, ſeit Ehrenberg in neueſter Zeit die von Wran— gel, Shuttleworth und Vogt beobachteten, beweglichen Formen nicht als Entwickelungsſtufen der un— zweifelhaft pflanzlichen Zellen, ſondern als ganz fremde Infuſorien (Astasia) anerkannt wiſſen will. Dage— gen iſt bei dem anſcheinend ganz verwandten Protococcus (Chlamidococcus, Haematoc.) pluvialis durch die Unterſuchungen von Vogt, A. Braun, Morren, v. Flotow und meine eigenen der geſammte Le— bensprozeß vollſtändig in's Klare geſtellt worden. Dieſes merkwürdige Gebilde findet ſich in Vertiefungen von Steinen (ausgewaſchenen Höhlungen von Felſen, Grabſteinen, Granitplatten), in denen ſich Regenwaſſer anſammelt, und färbt ſowohl letzteres als auch den Stein ſelbſt mit bräunlich-, karmin- bis purpurrothem Ueberzuge. In Schleſien wurde dieſe Form von Herrn Major v. Flotow auf einer Exkurſion mit Herrn Dr. Körber im September 1841 in der Vertiefung einer Granitplatte, welche den Steg über den Froſchgraben bei Hirſchberg bildet, im Jahre 1846 auch in Vertiefungen der Granitfelſen im Opitzberge bei Hirſchberg aufgefunden und einer bewunderungswürdigen Unterſuchung unterworfen. Gewöhnlich ſtellt der Protococeus pluvialis kugelige Zellen mit karminrothem Inhalt dar, die unbeweglich den Boden in einer blutrothen gallertartigen Schicht überziehen. Wird aber ſeine Lebensthätigkeit durch äußere Umſtände, na— mentlich nach langjährigem Austrocknen, gleichſam verjüngt, ſo theilt ſich der Inhalt in 2 bis 8 Kügelchen, welche austreten, zwei fadenförmige Bewegungsorgane und eine weite Hülle entwickeln, und eine lebhafte, an die Infuſorien erinnernde Bewegung im Waſſer zeigen. Nach einiger Zeit, innerhalb welcher die beweg— lichen Zellen ſich durch Theilung in's Unendliche vermehrt haben, kehren dieſelben durch Metamorphoſe wie— der in den ruhenden Zuſtand zurück“). Obwohl ſowohl der Prot. pluvialis als der Prot. nivalis nur im atmoſphäriſchen Waſſer (Regen oder Schnee) gefunden wurde, ſo ſpricht doch nichts für einen meteoriſchen Urſprung derſelben, da dieſelben nie mit ſolchem wäſſerigen Niederſchlage herabfallend beobachtet wurden. Verwandt, wo nicht identiſch mit Beben, find einige andere rothe Protococcus-Arten, Protococcus umbri- nus, in Regenwaſſer auf Felſen, Trachelomonas volvocina Morren, in Höhlungen auf Kirchthürmen von Morren beobachtet; ferner die Lepra Kermesina, welche Wrangel an Felſen in Norwegen auffand, und andere mehr. Andere blutrothe Färbungen, welche das Waſſer durch und durch erfüllen, und namentlich leicht zu den Mythen von der Verwandelung des Waſſers in Blut Veranlaſſung geben konnten, werden durch rothe Infuſorien hervorgerufen. Die kleinſten von ihnen ſind die Monaden (Monas vinosa, erubescens, Okenii Ehr., rosea Morren); am verbreitetſten und intereſſanteſten jedoch iſt Euglena sanguinea, ein ſchönes, blutrothes, ſich allmälig in Grün umwandelndes, ſehr contractiles Thierchen, welches ſtehendes Waſ— ſer erſt gelblich, dann bis ziegelroth färbt und bei Sonnenſchein ſich an der Oberfläche deſſelben zu blutro— then ſchleimigen Häutchen anſammelt. In Schleſien wurde dieſes Thierchen zuerſt von Göppert in Eilau bei Sprottau 1830 aufgefunden; ich ſelbſt finde dieſe Erſcheinung alljährlich ſehr intenſiv ausgebildet in der Nähe der alten Oder, an der Straße nach Roſenthal, in vielen Lachen, die ihr Waſſer den Ueberſchwem— mungen verdanken“). Hierher gehört, wie ich glaube, auch die Microcystis Noltii Kg., welche in Torfgräben. ) Vergleiche meine Nachtraͤge zur Naturgeſchichte des Protococcus pluvialis, Nov. Act. Ac. C. Car. Leop. nat. cur. XXII. II. 8 ) Ehrenberg glaubt auf dieſe Form die Verwandelung des Waſſers in Blut, von welcher der Exodus er= zählt, zuruͤckfuͤhren zu dürfen, während er dieſelbe an anderen Stellen mit den rothen Staubmeteoren in Ver— bindung bringt. 48 in Schleswig ſchwimmende, blutrothe Häute bilden ſoll. Nach Vergleichung der Originalexemplare von Kützing im Herbarium des Herrn v. Flotow, ſo wie ſeiner Abbildungen (Tab. phyc. T. 9) muß ich dieſe Form nicht für eine Alge, ſondern für identiſch mit Euglena sanguinea halten, welche in kontrahirtem Zuſtande pflanzenähnliche Häute zu bilden pflegt. Ein verwandtes Thierchen ohne rothen Augenpunkt, die Astasia haematodes, vertritt nach Ehrenberg die Stelle unſerer Form in der Schneeregion; er fand daſſelbe in der ſibiriſchen Steppe und unter den Gletſchern der Schweiz. Auch größere Thiere, die an ſich farblos find, können Waſſer ſchön roth färben, wenn fie ihren Darm: kanal mit mikroſkopiſchen rothen Pflänzchen, von denen ſie leben, erfüllt haben. Hierher gehört Philodina roseola, welche v. Flotow und auch ich in Waſſer mit Protococeus in auffallender Vermehrung beobach—⸗ teten; dieſe Thierchen, die ſchon einzeln mit bloßem Auge ſich erkennen laſſen, bildeten in Maſſen brennend rothe Klümpchen und Säume in dem nur blaßroth oder grün gefärbten Waſſer, und das Mikroſkop zeigte nicht nur ihren Darmkanal mit gefreſſenen Protococeus-Kugeln erfüllt, ſondern auch den ganzen Körper in röthlicher Färbung. Dieſelbe Form ſcheint ſich auch unter der Alge des rothen Schnees ungeheuer zu ver— mehren, fo daß Vogt die Protococcus- Zellen ſelbſt für Eier der Philodina halten konnte. In ähnlicher Weiſe werden Salzlachen am Mittelmeer durch eine Cruſtacee, die Artemia salina, geröthet, welche ſelbſt dieſe Färbung ihrer Nahrung, dem dunkelrothen Protococcus marinus (salinus), verdankt. Andere kleine Gru- ſtaceen erſcheinen an ſich entweder konſtant, oder in gewiſſen Lebensperioden in röthlicher Farbe und können alsdann dem Waſſer, das ſie in großen Mengen erfüllen, ein auffallend rothes, in gewiſſer Entfernung ſelbſt blutähnliches Anſehen verleihen. Daß Daphnia pulex auf dieſe Weiſe ein für das Volk ſchreckhaftes Phänomen darſtellte, erwähnt bereits Swammerdam, und ich ſelbſt habe bei Stroppen in Gräben rothe Daphnia in zahlloſen, in die Augen fallenden Maſſen beobachtet; ähnliche Erſcheinungen rühren von Cyclops quadricornis her, und auch die röthlichen Cypris-Formen mögen hierzu beitragen können. Daß gewiſſe Naiden und Hydrachne ebenfalls blutroth ſind, hat hier ein verhältnißmäßig untergeordnetes Intereſſe; auf— fallender dagegen ſind die bräunlichrothen Färbungen des Meeres, welche nach den Angaben der Seefahrer in ungeheueren Flächen ausſchließlich durch kleine ſtecknadelkopfgroße Acalephen hervorgerufen werden. Während die bisher berührten rothen Färbungen das Waſſer unmittelbar afficiren, und daher gewiſ— ſermaßen als Blüthen deſſelben im weiteſten Sinne betrachtet werden können, ſo ſtellt eine zweite Reihe blutähnlicher Erſcheinungen ſich in verſchiedenartigen Ueberzügen, fixirt auf gewiſſen Grundlagen, dar, und entſpricht dadurch der ſogenannten prieſtleyſchen Materie. Eine ſcharfe Grenze zwiſchen dieſen bei— den Phänomenen läßt ſich keineswegs ziehen, indem ſich vermittelnde Formen finden, welche zwar gewöhn— lich am Boden des Waſſers feſtſitzen, aber doch zu gewiſſen Zeiten aufſteigen und daſſelbe dicht erfüllen, wie dies ja ſchon bei dem Protococcus pluvialis der Fall iſt, der bald ausgetrocknet, im ruhenden Stadium die Felſen überzieht, bald durch Regenwaſſer belebt, dieſes ſelbſt intenſiv röthet. Derſelbe Fall findet auch bei Pr. nivalis ſtatt, wenn anders die Lepra kermesina Wrangel der nordiſchen Kalkfelſen wirklich mit ihm identiſch ſein ſollte. An dieſe beiden Protococcus- Formen ſchließen ſich einige Arten derſelben Gat— tung an, welche nur als Ueberzüge bekannt find; dieſelben bilden meiſt pulverige, dünne, nur wenig ſchleimige Schichten, theils unter Waſſer, theils auf feuchtem, theils endlich auf ganz trockenem Bo— den, auf Felſen, Mauern u. ſ. w. So kennen wir den mennig- bis blutrothen Protococeus pulcher, wel⸗ chen Herr v. Flotow auf Steinen im Flußbett des Bobers entdeckte, den fleiſchrothen Prot. carneus, wel⸗ chen derſelbe tiefſte Kenner der ſchleſiſchen Zellenkryptogamen in einer Flaſche mit Brunnenwaſſer fand; den Protococcus roseo- persicinus beobachtete ich ſelbſt in roſenrothen Flecken auf faulen Blättern, die Herr Prof. Göppert bei Charlottenbrunn geſammelt hatte; er beſteht aus kleinen elliptiſchen, denen von Merismopedia ganz ähnlichen pfirſichblüthrothen Zellen, welche durch ein ſchleimiges Medium zu größeren 49 Kugeln vereinigt find ); ich erinnere daran, daß eine pfirſichblüthrothe Merismopedia, M. violacea, als Waſſerblüthe auf ſtehendem Waſſer ſchwimmend bei Freiburg im Breisgau von Hrn. Profeſſor A. Braun beobachtet wurde, der mir mit gewohnter Liberalität Exemplare davon mitzutheilen die Güte hatte. Auf ausgetrocknetem Schlamm, feuchter Erde kommen andere Arten vor, deren Farbe von blut- bis ziegelroth variirt: fo Pr. Coccoma auf vertrockneten Sümpfen, Pr. botry- oides auf nackter feuchter Erde, Pr. sabulosus an den fandigen Ufern der Brenta, Pr. rufescens, den Herr v. Flotow auch in Schleſien beobachtet hat. Mehr zimmtorangeroth erſcheint Pr. Orsinii, goldgelb bis ziegelroth Pr. Cementii. Auf Kalkmauern kommt vor Pr. roseus, der auch bei der Naturforſcherver— ſammlung zu Greifswald im Jahre 1850 zu Zweifeln Veranlaſſung gab; endlich auf den Rinden der Bäume Protococcus crustaceus, der durch fein zweifelhaftes Verhältniß zu gewiſſen Flechten, wie zu hö— heren Algenformen das Intereſſe rege macht“). Die Lichenologen zählen in ihren Bereich eine Form, die ſie als Byssus oder Lepra rubens bezeichnen, während die Mycologen zum Theil ebenfalls auf dieſe Ge— bilde Anſpruch machen (als Dematium c.). Dieſe Lepra rubens iſt identiſch mit dem Pr. erustaceus und ſtellt, ganz wie Pr. viridis aut., auf Baumſtämmen große, pulverige Ueberzüge dar, von roſtrother bis zinnoberrother Farbe, wie dies die von Herrn v. Flotow mitgetheilten, auf Zitterpappeln, Fichten und andern geſammelten Exemplare beweiſen. Eine ähnliche oder dieſelbe Lepra rubens fand Herr v. Floto w auf der Mauer an der Hirſchberger Zuckerraffinerie zwiſchen Barbula muralis; an ihr entdeckte er das merkwürdige Phänomen der Vermehrung durch infuſorienähnlich bewegte Kügelchen (Schwärmzellen). Dieſe Beobachtung, die mir zu wiederholen leider noch nicht gelungen iſt, würde wohl der Lepra rubens ihre Stelle unter Protoccocus- Arten ſichern (auch Prot. viridis hat Schwärmſporen). Die Lichenologen ſelbſt ſtellen dieſe Lepra in die Nähe oder zu Pyrenothea stictica, ſo daß dieſelbe mit den rothgonimiſchen Formen der Opegraphen, Lecideen u. a. in Verbindung treten würde. Herr Profeſſor Göppert fand die Lepra rubens an Bäumen des botaniſchen Gartens, ich ſelbſt an den Gartenzäunen des Lehmdamms in auffallender Entwickelung, als ob die Bretter mit einem dicken Anſtrich von Eiſenocker, bei feuchtem Wetter ſelbſt dem Blute nicht unähnlich, überzogen wären. Charakteriſtiſch iſt der ſchöne Veilchengeruch, den ich an dieſer Form fand, und den Schärer als ſpe— zifiſches Merkmal einer beſonderen Art, der Lepra odorata, aufſtellt, während dieſer Geruch den Erythro— gonidien gewiſſer Flechten ebenfalls eigenthümlich iſt. Er bezeichnet andererſeits auch mehrere, ebenfalls durch den rothen, ölähnlichen Farbeſtoff charakteriſirte Arten der Gattung Chroolepus, welche aus kugeli— gen oder geſtreckt cylindriſchen und in veräſtelte Fäden vereinigten Zellen beſtehen; auch die anatomiſchen Verhältniſſe zeigen zwiſchen dem Prot. crustaceus (Lepra rubens Hoffm.) und dieſen Chroolepus-Formen manches Analoge, was Kützing zur Annahme eines Ueberganges beider Formen in einander veranlaßte. Solche rothe, als kruſtenförmiger Schorf, oder als zarte Polſter auf Felſen oder Baumſtämmen aufſitzende Chroolepus-Arten kennen wir von der Rinde der Tannen aus den Sudeten durch Herrn v. Flotow (Chr. abietinum), auf Fraxinus excelsior an den Ufern des Dobbertiner-See in Mecklenburg durch denſelben Naturforſcher (Chr. riparium), auf Birken (Chr. oleiferum), auf Buchen (Chr. umbrinum und odora- tum), auf Brettern (Chr. irregulare), auf Felſen (Chr. velutinum, aureum, das ich auf den Sandſtein— felſen der Heuſcheuer beobachtete“), rupestre von Tyrol, hereynicum vom Harz und unſer ſchönes Chr. *) Hierher auch Pr. persieinus, zwiſchen Oscillarien in den Thermen der Euganeen. ) Auffallend iſt noch der Standort des Protococcus miniatus (Pleur. miniat. Naeg.), welchen Herr Profeſſor A. Braun als praͤchtig mennigrothen Ueberzug der Glashauswaͤnde im botaniſchen Garten zu Freiburg i. B. entdeckte und mir guͤtigſt mittheilte. e) Hierzu gehört wohl auch das zinnoberrothe Chroolepus Koerberi v. Flotow, welches Dr. Körber an den— ſelben Felſen aufgefunden hat (Bot. Zeit. 1850, p. 76). 7 50 Jolithus, die Form des Veilchenſteins, welche außer auf den Kuppen des Rieſengebirges, auch von Island und Scandinavien bekannt iſt). Zunächſt an Chroolepus grenzt die Gattung Chantransia, in welcher Ch. coceinea einen karmin- bis purpurrothen Filz auf Kalkmauern bildet, während die meiſten andern Arten purpurne (Ch. Hermanni), roſenrothe (Ch. ramellosa) und violette Räschen im Waſſer bilden. Aus der großen Abtheilung der Oscillarinae giebt es gleichfalls eine Menge von Formen, die meiſt Steine in feuchter Luft oder im Waſſer in rothen, in der Regel durch Dicke und eine mehr gallert- bis lederähnliche Konſiſtenz ausgezeichneten Ueberzügen bedecken, während die Protococcus- und Chroolepus- Arten mehr in trockenen pulverigen Kruſten auftreten. So kennen wir aus der Gattung Leptothrix die karminrothen, gallertartigen Schichten der L. Kermesina aus den euganeiſchen Bädern, aus Waſſerbe— hältern die ſchleimige bräunlichrothe L. rufescens, auf Waſſerpflanzen die purpurvioletten Flecken der L. tinctoria; auf feuchten Steinen und Felſen finden wir die roſenrothen Ueberzüge der L. rosea, die ziegel: rothe zerfloſſene Schicht der L. lateritia und die prachtvoll violett-amethyſtfarbene Kruſte der L. janthina auf dem Kalktuff von Teneriffa. Die zunächſt ſtehende Gattung Hypheothrix bildet derbe zum Theil filzige Schichten auf feuchten Felſen, unter denen H. Regeliana purpur- bis blut⸗ rothe lederartig-filzige weiche Schichten bei Zürich, H. coriacea ähnliche derbere auf feuchten Mauern und Felſen, H. Zenkeri roſenrothe Polſter auf Kalk bei Jena“) bildet; analog verhalten ſich H. calcarea, la- teritia, turicensis, cataractarum, Meneghinii, subtilis u. a. Violett find die Schichten der Symploca lacustris aus dem Züricher See, fleiſchroth die der 8. rubra auf Erde in Italien. Hieran ſchließen ſich, indem ich mich an Kützing's Species Algarum halte, einige Mastichotricheae und Scey- tonemeae, von denen ich die theilweiſe purpurrothen, filzähnlichen Kruſten des Scytonema cinereum, das ſchwarzpurpurne Sc. Notarsii und das rothe Sc. telephoroides aus Braſilien erwähne; als dunkel— rothe Räschen auf Steinen im Titiſee fand A. Braun die Calothrix cespitosa; tief blutrothe Schichten auf feuchten Felſen bildet Schizosiphon Kützingianus bei Zürich. Auch einige höhere Süßwaſſer- und Meeresalgen erſcheinen in purpurrothem Raſen oder in mehr ſchlei— migen Maſſen; ſo der Actinococcus roseus, der roſenrothe, an Fukoideen aufſitzende Gallertkugeln darſtellt, die Cruoria pellita, welche an den Küſten des Nordmeeres in angewachſenen, knorpeligen, gallertartigen, in: tenſiv purpurrothen Häuten auftritt. In den Bächen der Inſel Bourbon fand Bory die purpurvioletten Schleimmaſſen der Thorea violacea; auch unſer gemeines Batrachospermum kommt in ſchön purpurrothen ſchleimigen Formen vor; einzelne derſelben ſind als beſondere Arten (B. rubrum, claviceps, purpurascens :c.) abgefondert worden. Die hier berührten Farbeftoffe find wohl ſämmtlich oder doch größtentheils Modifika— tionen des ſpangrünen Phycochrom; dagegen ſcheint der Farbeſtoff der roſen-, karmin-, blut= bis purpurro⸗ then Bangia-Arten, welche im Meere, wie im ſüßen Waſſer, namentlich in Waſſerfällen, angewachſene, ſchlei— mige Maſſen darſtellen, in die Entwickelungsreihe des Chlorophylls zu gehören. Vermuthlich ſtimmt hiermit die Färbung des auf Meerkonferven angewachſenen karminrothen Gonjotrichum ceramicola überein. Daß alle die höchſt mannigfaltigen Formen der Florideen durch ihren ſchönen rothen Farbeſtoff charakteriſirt ſind, welcher in gewiſſer Entfernung dem Meere oder dem Strande, an dem ſie zuſammengeſchweift ſind, eigen zu ſein ſcheint, brauche ich hier nur zu erinnern. Am meiſten fließendem oder geronnenem Blute an Farbe und Konſiſtenz ähnlich und dhe am haus figſten Veranlaſſung gebend zu den Sagen von herabgefallenem Blute, ſind einige Arten aus der Gattung Palmella und Gloeocapsa. Dieſelben ftellen weite, zerfloſſene, intenſiv blutrothe bis ſchwarzpurpurne Gallert⸗ maſſen dar, und beſtehen aus kleinen farbigen Zellchen, welche iſolirt, oder zu mehreren von ihrer gemeinſchaft— ) Dieſe Form iſt Nr. 66 der VI Decade in der Rabenhorſtſchen Algenſammlung. 51 lichen Mutterzelle umſchloſſen und durch eine ſchleimige Interzellularſubſtanz verbunden ſind. In trockener Luft werden ſie ſchwärzlich, fallen zuſammen und ſind dann ganz unſcheinbar und leicht zu überſehen; durch Regen befeuchtet, ſchwellen ſie plötzlich außerordentlich auf, vergrößern ſich durch Fortpflanzung und erlangen erſt dann ihre intenſive Farbe und Schlüpfrigkeit; das Volk konnte ſich dieſes unerwartete Erſcheinen nicht anders erklären, als daß es ſie mit dem Regen vom Himmel herabgekommen betrachtete, wie dies ja auch mit den ſogenannten Sternſchnuppen, den terreſtriſchen Nostoc-Arten, der Fall war. Auf trockenem Erdboden iſt am häufigſten die Palmella cruenta, die in ganz Europa, nach Ehrenberg's Beobachtun— gen ) auch in Aegypten, oft zum Schrecken des Volkes, zerfloſſene blutähnliche Flecken bildet“). Auf feuch⸗ ten Felſen finden ſich an ihrer Stelle zahlreiche Gloeocapsa- Arten, die große Flächen mit blutrother Gal— lert bedecken. Außer der Gl. sanguinolenta vom Harz, Ralfsiana aus England, compacta aus Frank⸗ reich, rupicola aus Scandinavien, opaca aus den Alpen kennen wir hier in Schleſien durch Hrn. v. Floto w die Gloeocapsa magma, sanguinea und Shuttleworthiana auf den Felſen des Rieſengebirges und der Vor— berge in maſſenhafter Verbreitung. Herr v. Flotow ſelbſt iſt durch ſeine 10 Jahre lang durchgeführte Unterſuchung zu dem Reſultate gelangt, daß dieſe und ſelbſt mehrere ſogenannte Scytonema- Formen nur Entwickelungsſtadien (gonimiſche Zuſtände) einer Flechte aus der Gruppe der Collemaceae, nämlich der Ephebe pubescens, find, von welcher die Thermutis cruenta Fries. nur eine einzelne Form iſt. Die Reihe der blutähnlichen, durch mikroſkopiſche Organismen herbeigeführten Färbungen ſchließt ſich durch das merkwürdige Phänomen, deſſen hiſtoriſche und naturgeſchichtliche Würdigung wir vorzugsweiſe den neueſten Unterſuchungen Ehrenberg's verdanken. Ich meine das, durch die Schriftſteller des Alter— thums und die Chroniſten des Mittelalters berühmte Prodigium des Blutes im Brot, welches als wiſſen— ſchaftlich zugängliche Erſcheinung zuerſt im Jahre 1818 durch Sette in Padua erforſcht wurde, dann im Jahre 1821 in einer Mühle bei Enkirch an der Moſel wieder vorkam, im September 1848 in Berlin beobachtet und hier von Ehrenberg unterſucht und allſeitig erſchöpft wurde. Seitdem iſt dieſe wunderbare Erſcheinung auch an anderen Orten, in Hamburg, Greifswald u. ſ. w. geſehen worden; auch in Breslau fand ſie ſich noch vor Ehrenberg's Mittheilungen im September des Jahres 1847 auf gekochtem Kar— toffelbrei, wo fie von den Herren Prof. Göppert und Duflos beobachtet wurde. Im Allgemeinen ſcheint dieſelbe jedoch zu den ſelteneren Naturphänomenen zu gehören. Das Weſentlichſte der Erſcheinung beruht darin, daß meiſt bei heißer, feuchter Witterung in verſchloſſenem Schrank ſich auf Speiſen aller Art, Brot, Fleiſch, Käſe, gekochtem Reis, Kartoffeln u. ſ. w. zuerſt ſehr kleine, intenſiv rothe Pünktchen zeigen; anfangs verein— zelt, ſehen ſie Fiſchrogen ähnlich, fließen aber ſchnell in lange und breite, blutrothe, leicht abtropfbare, dünn gallertartig fließende Maſſen zuſammen. Dieſe beſtehen aus zahlloſen, außerordentlich (00 — 6000“ kleinen, beweglichen Kügelchen, in welchen Ehrenberg Selbſttheilung als Beweis ihrer Thierheit und einen kurzen Rüſſel als Bewegungsorgan angiebt, weshalb er dieſelben als Monas prodigiosa zu den Infuſorien ſtellt; 46 Millionen bis 885 Billionen dieſer Monaden ſollen in einem Kubikzoll leben. Das ganze Phä— nomen gleicht friſch, wie angetrocknet dem Blute ganz auffallend, und läßt ſich unter gewiſſen Bedingungen leicht auf geeignete Subſtanzen, ſelbſt auf Zeuge fortpflanzen. Andere Beobachter haben in ihm nicht thie— riſche Organismen, ſondern Pilze erkennen wollen *); fie berufen ſich dabei auf die Analogie mehrerer rother ) Wenigſtens nach Kuͤtzing's Synonymie; Ehrenberg ſelbſt hält die aͤgyptiſche Form für eine eigene Pilz— gattung, die er Thelephora sanguinea nannte. Eine andere blutaͤhnliche Faͤrbung, die Ehrenberg in Aegypten beobachtete, ſchreibt derſelbe ebenfalls einem Pilze, Geocharis nilotica, zu. ) Sie kommt auch, wie mein Freund, Dr. Milde fand, in Breslau hinter der Univerſitaͤt auf bloßer Erde vor. ) Schon Sette fand in Padua einen Pilz, Mucor sanguineus oder vielmehr Zoogalaetina imetrosa, als Urſache der Blutflecken; auch nach Ehrenberg's Entdeckungen iſt dieſe Anſicht wieder aufgeſtellt worden. 7* Hypho- und Coniomyceten, welche in ähnlicher Weiſe auf Speiſen vorkommen; bekannt ift namentlich Oidium aurantiacum Lev., welches in Frankreich 1843 einen großen Theil des Kommißbrotes den Sol— daten ungenießbar machte. Ehrenberg hat dieſem Phänomene ein beſonderes, kulturgeſchichtliches Intereſſe abgewonnen, indem er einige Centurien hiſtoriſcher Thatſachen zuſammenſtellte, welche ſich mit hoher Wahrſcheinlichkeit auf Mo— nas prodigiosa zurückführen laſſen. Er hat den Einfluß dieſer höchſt auffallenden Bluterſcheinung auf die Anſchauungen und Inſtitutionen der alten polytheiſtiſchen, wie der jüdiſchen, chriſtlichen und mohamedaniſchen Religion verfolgt“); er hat gezeigt, daß dieſelbe wahrſcheinlich bei der Eroberung von Tyrus durch Alexan— der von Einfluß geweſen, daß dieſelbe ſchon im alten Rom zu Hinrichtungen zahlreicher Unſchuldiger Veran— laſſung gegeben, daß namentlich die im Mittelalter äußerſt häufigen, mit dem Beginn der neueren Zeit all— mälig aufhörenden Angaben von Blut auf geweihten Hoſtien ſich nur durch dieſes Phänomen erklären laſ— ſen, daß überall Verfolgungen und Juſtizmorde ſich an Beobachtung deſſelben geknüpft, und daß namentlich die Juden unzählige Male das Opfer derſelben geworden ſind. Ich muß für einen ſpezielleren Nachweis auf Ehrenberg's ſchon citirte Abhandlungen verweiſen. Ehrenberg ſchließt ſeine intereſſante hiſtoriſche Zuſammenſtellung über die blutähnlichen Phänomene mit den Worten: „Werden dieſelben nie mehr dem entmenſchten Fanatismus dienen? Noch vor einem Jahre hätte man dies mit freudiger Anerkennung einer ſittlichen Vervollkommnung des Menſchengeſchlechts durch Geiſtesbildung und mit Zuverſicht verneinend beantworten können; heute (1848) iſt es anders. Die niederen Leidenſchaften auch des gebildeten Menſchen ſind ſtärker, als alle Wiſſenſchaft und alle Vernunft.“ Ich glaube nicht, daß wir berechtigt ſind, aus der naturwiſſenſchaftlichen und geſchichtlichen Betrach— tung dieſer Erſcheinungen ein ſo troſtloſes Endergebniß zu entnehmen. Wir glauben an die Macht der Wahrheit, an eine ununterbrochene Entwickelung zur wahren Humanität, die ſich in der Weltgeſchichte offen— bart; wir ſind überzeugt, daß, wenn einmal die Wiſſenſchaft ein Gebiet in Wahrheit und Klarheit durchdrun— gen, der Gewinn davon der Menſchheit niemals wieder verloren gehen könne. — Einige rothe oder blutähnliche Färbungen, namentlich Protococcus pluvialis, Philodina roseola und Monas prodigiosa auf Brot wurden unter dem Mikroſkop demonſtrirt. Unſer korreſpondirendes Mitglied, Herr Dr. Heinzel, Lehrer der Naturwiſſenſchaften an der land— wirthſchaftlichen Lehranſtalt zu Proskau, theilte uns folgende Abhandlungen mit: In einer Zeit, wo die Kartoffel eine unſichere Frucht zu werden droht, dürfte es nicht unpaſſend ſein, eine Frage anzuregen, deren befriedigende Beantwortung geeignet wäre, einen nicht unbeträchtlichen Theil der Kartoffelernten, namentlich in bedrohten Jahren, dem Menſchen oder dem Viehe zukommen zu laſſen, ſtatt ihn nutzlos dem Acker zu übergeben. Die Frage, die ich zur Beantwortung vorſchlagen möchte, lautet: 1. Welche Bedeutung hat die Mutterknolle für die Kartoffelftande ? Gegenwärtig bin ich ſelbſt durchaus nicht im Stande, ein entſchiedenes Urtheil über den fraglichen Punkt zu ſprechen, weil ich noch keine vergleichende Verſuche zu dieſem Zwecke angeſtellt habe, allein ich hoffe, ) Daß das Verbot des Bohnengenuſſes für die Pythagoraͤer ſich wahrſcheinlich auf Monas prodigiosa zum Theil begruͤndet, habe ich ſelbſt aus einer Stelle des Lucian zu zeigen geſucht (Monatsberichte der berl. Akademie. 1850. Jan.). Ehrenberg ſtellt hierher auch das Wunder von Bolſena, welches die naͤchſte Veranlaſſung zur Einſetzung des heil. Frohnleichnamsfeſtes geworden iſt. 53 ſchon im nächſten Jahre einige Reſultate von Verſuchen, die ich in der unten anzugebenden Art anſtellen werde, der ſehr geehrten Verſammlung vorlegen zu können. Was ich heute demnach zu thun vermag, kann nur darin beſtehen, den Zweifel, den obige Frage ein— ſchließt, ob der Landwirth mit den Knollen, die er der Erde anvertraut, auch rationell verfahre, oder unbe— wußt, beſonders in jüngſter Zeit, zu viel Stoff verſchwende, zu rechtfertigen und Gründe beizubringen, die mich beſtimmen, jenen Zweifel zu hegen. Es liegt eine halbe Knolle vor mir, welche etwa 2 bis 3 Wochen in der Erde gelegen hat. Nur ein Auge derſelben hat einen Keim getrieben, welcher 1% Zoll lang iſt, und ſchon haben ſich aus dem Keime heraus 9 zarte Adventivwurzeln gebildet, von denen 4 etwa 2—3 Zoll, 5 aber nur 1 —1 Zoll lang find, Außer der Endknospe zeigen ſich noch 3 Seitenknospen, von denen die eine dicht unter der Spitze, 2 aber näher der Baſis des Keimes entſpringen. Die halbe Mutterknolle ſelbſt iſt dem äußeren Anſcheine nach nicht weſentlich verändert, ſie erſcheint ein wenig eingeſchrumpft, wie jede ältere Knolle durch Verluſt an Waſſer— gehalt. Amylum war, ſowohl an den Stellen, die vom Keime entfernt ſind, als ganz in der Nähe des Keimes, in bedeutender Maſſe in den Zellen des Parenchyms vorhanden; ich verglich unter dem Mikroſkope andere Knollen, die nicht in der Erde gelegen hatten, und fand die Zellen nicht reichlicher mit Amylumkör— nern erfüllt. Jede Wurzel, ſobald ſie erſcheint, übt ihre Funktionen, denn eben nur durch dieſe Thätigkeit kann ſie mit der ganzen Pflanze beſtehen; es giebt während des ganzen Lebens der Pflanze keinen Augenblick, in wel— chem ein für das Leben weſentliches Organ, wie die Wurzel, ganz und gar aufhört thätig zu ſein. Da ferner bei jeder Pflanze in jedem Alter die Wurzel ihre Funktionen hinreichend üben muß, um das Ge— wächs mit der nöthigen Bodennahrung zu verſehen, ſo werden auch die Adventivwurzeln des Kartoffelkeimes, ſobald ſie ſich zeigen, die allen echten Wurzeln eigenthümlichen Funktionen verrichten, der jungen Pflanze die Erdnahrung zuführen, und zwar in ſo genügendem Maße, daß ſie, ſo lange bis die Blätter ſich entfalten und die Nahrungsaufnahme aus der Luft vermitteln können, allein durch die Wurzelnahrung beſteht. Hieraus läßt ſich ſchließen, daß die Subſtanz der Mutterknolle für die Ausbildung des bewurzelten Keimes eine ſehr geringe, vielleicht keine Bedeutung hat, und die Richtigkeit des Schluſſes wird dadurch um ſo wahrſcheinli— cher, daß bei faſt zweizölligem Keime die Mutterknolle keine weſentlichen Veränderungen äußerlich zeigte, ihre Zellen waren reichlich mit Amylum gefüllt, welches für Jodine ſehr empfindlich war, ihr Aeußeres ſah alten, ſonſt aber genießbaren Knollen ganz ähnlich, die Schnittflächen färbten ſich nicht ſchneller und nicht anders als bei gewöhnlichen alten Kartoffeln. Ob in allen, auch in den vom Keime entfernten Theilen der halben Mutterknolle weſentliche chemiſche Veränderungen, die in Beziehung zur Ausbildung des Keimes ſtehen, vor— gegangen ſein ſollten, muß der Analyſe vorbehalten bleiben; ich glaube jedoch jetzt ſchon behaupten zu dür— fen, daß dieſe aus der Erde genommenen Knollen, wenn nicht für die Menſchen gerade wohlſchmeckend, doch wenigſtens für das Vieh noch genießbar ſeien. Für die Richtigkeit des obigen Schluſſes, daß die Mutter— knolle für die Ausbildung des bewurzelten Keimes von geringer Bedeutung ſei, ſpricht auch die Erfahrung, daß bewurzelte Keime, behutſam mit der Mutterknolle aus der Erde entnommen und von ihr abgelöſt, fröh— lich fortwachſen, wenn ſie wieder in die Erde gelegt werden, und daß aus ihnen Knollen tragende Stauden ſich entwickeln. Endlich läßt ſich noch eine Thatſache dafür anführen, daß der Erde zu viel Knollenſubſtanz übergeben werde und daß ſie ohne Wirkung auf die Ausbildung der Staude ſei. Man findet nämlich nicht ſelten, beſonders in trockenen Jahren, bei der Kartoffelernte die Mutterknollen noch vor, allerdings oft in einem der Verrottung ähnlichen Zuſtande, woraus hervorzugehen ſcheint, daß die Mutterknolle, wenn ſie über— haupt von Einfluß für das ſpätere Leben des Keimes iſt, dieſen nur dadurch ausübt, daß ſie durch Verrot— tung zur lokalen Düngung des Bodens beiträgt. Es liegt nun die Frage nahe, wenn die Subſtanz der Knolle den bewurzelten Keim nicht fördert, welche Bedeutung hat ſie überhaupt für den Keim? 54 Allerdings ſteht die Knollenmaſſe in Beziehung zum Keime, aber gewiß nicht in einer ſolchen, wie man gewöhnlich vermuthet. Schon eine flüchtige Betrachtung zeigt, daß die Augen auf den Knollen zur Maſſe derſelben in keinem fo beſtimmten Verhältniſſe ſtehen, wie der Eiweißkörper im Samen der Kartoffel zum Embryon; große Knollen haben oft weniger Augen als kleine, woraus mir hervorzugehen ſcheint, daß die Knollenmaſſe nicht dazu beſtimmt ſein könne, alle auf ihr befindlichen Augen ſo lange durch Nahrungs— zuführung zu unterſtützen, bis die Pflanzen ſich beblättert haben; ſollte dieſer Zweck erreicht werden, fo müß— ten ſtets größere Knollen mehr Augen haben und zu Keimen entwickeln, als kleine. Der Zweck der Knolle kann nur der ſein, alle mehr oder minder zahlreiche, in ihre Subſtanz eingeſenkte Augen durch den Winter hindurch, während deſſen Dauer ſie im natürlichen Zuſtande, wo der Menſch durch ſeine egoiſtiſche Kultur die Natur nicht alterirt und ſeinen Zwecken dienſtbar macht, unter der Erde verharren, entwickelungsfähig zu erhalten und ſie gegen Feuchtigkeit, Trockenheit, Kälte, überhaupt gegen ſchädliche Einflüſſe des Bodens und der Atmoſphäre während dieſer Zeit, und zwar fo lange zu ſchützen, bis fie wieder ſich ſelbſtthätig zu ernäh— ren im Stande ſind. Darum ſcheinen nur die Knollen die ziemlich dicke und feſte Oberhaut zu haben, da— rum ſo die Keime in die mit Nährſtoff reich angefüllte Parenchymmaſſe eingeſenkt. Da aber bei uns die Knollen nicht ſo lange in der Erde verbleiben, ſo wird es auch nur nöthig ſein, von der ganzen Maſſe jedem Auge nicht mehr in die Erde mitzugeben als hinreicht, um es während der kurzen Zeit zwiſchen dem Legen und dem Bewurzeln des Keimes gegen jene ſchädlichen Einflüſſe des Bodens zu ſchützen. Wie groß die mit— zugebende Maſſe ſein müſſe, läßt ſich a priori nicht beſtimmen; es müſſen hier beſtimmte Reſultate durch genaue und gewiſſenhafte Verſuche ermittelt werden, indem man genau erprobt, wie viele Keime mit der an ihnen befindlichen Knollenſubſtanz auf 1 Pfund zu rechnen ſind; daß ſich ein ſolches Maß wird finden laſſen, davon bin ich feſt überzeugt, und es lohnt gewiß der Mühe, durch Verſuche der Art jeder Verſchwendung der Knollenmaſſe vorzubeugen. Gewöhnlich wird man hier durch die Praxis abgewieſen; es zeige ſich, ſagt man, daß die aus Schnittlingen oder Augen gezogenen Stauden keine ſo reichlichen Ernten trügen, als die aus ganzen Mutterknollen erwachſenen. Einmal dürfte dies eine Täuſchung inſofern ſein, als man bei Schnittlingen eine geringere Einlage giebt, die Ernte alſo, wenn auch dem Gewichte nach geringer, doch im Verhältniß zum Gewicht der Einlage gleich oder größer iſt als jene, die aus ganzen Knollen erzielt wurde. Der Hauptgrund aber, daß nicht ſelten von Schnittlingen geringere Ernten gewonnen werden, als von gan— zen Satzknollen, ſcheint nur mehr in einer unrichtigen Behandlung der Schnittlinge vor und während des Legens zu liegen. Man bedenke doch nur, daß die Knolle als Ganzes durch ihre Oberhaut gegen die er— wähnten üblen Einflüſſe geſchützt iſt und die Knospen ſelbſt ſchützt; durchſchneidet man ſie aber, ſo entſtehen Wundflächen, welche, wenn ſie nicht ſorgfältig getrocknet werden, ſehr leicht in der Erde faulen, und bei fort— ſchreitender Fäulniß außer Stand geſetzt werden, der Knospe den nöthigen Schutz zu gewähren, ſo daß alſo in Folge mangelhafter Entwickelung die Stauden überhaupt durch ihr ganzes Leben kränkeln und ebenſo ſelten reichliche und gute Knollen geben, als aus ungeſunden Kindern kräftige Männer werden. Auch iſt an— zunehmen, daß nicht alle Keime einer und derſelben Knolle ſich auf gleiche Weiſe entwickelungsfähig zeigen, daß alſo Lücken im Felde und Ausfälle in der Ernte entſtehen beim Legen der Augen, während beim Legen ganzer Knollen oder Kappen von mehreren Augen gewiß wenigſtens eins ſich entwickelt. Ueber das Zerſtückeln der Brutknollen und die Behandlung der Schnittlinge ſpricht ſich Martius in feiner trefflichen Schrift „Die Kartoffelepidemie der letzten Jahre ꝛc.,“ München 1842, ſehr beſtimmt aus. Mit Recht bemerkt er auch, daß man gewöhnlich nur die Kappen oder Spitzen der Knollen zum Legen wählt, weil dort die meiſten Augen zu finden find, den unteren Theil aber zum Branntweinbrennen ꝛc. ver— wendet; wenn nun Weiber oder Kinder oft ſchon im Januar mit dem „Zerſchneiden“ der Knollen beauftragt werden, ſo werfen ſie nicht ſelten aus Bequemlichkeit oder Unkunde alle Stücke über einen Haufen, ſo daß dann im Kartoffelfelde manche Lücken entſtehen, weil die augenloſen oder mit wenigen und vielleicht geſchnit— tenen oder kranken Augen verſehenen Stücke nicht Keime entwickeln, oder die Schnittlinge, die ſo lange Zeit 55 vor dem Legen zubereitet und dann nicht ſorgfältig verwahrt wurden, überhaupt krankhaft werden, und viele von ihnen, noch ehe ſie in's Land kommen, verderben. Sobald eine Kartoffelſtaude einmal ſo weit gediehen iſt, daß ſie kräftig vegetirt, ſo dürfte es für die Ernte wohl gleichgültig ſein, ob ſie aus Stücken oder gan— zen Mutterknollen entſtanden iſt. Die Mutterknolle ſelbſt kann, wie es mir ſcheinen will, für die Erzeugung von Knollen nichts wirken, da ja die Knollenbildung an den unterirdiſchen Aeſten der Staude bekanntlich erſt zur Zeit der kräftigſten Vegetation beginnt. Daß hier unter kräftiger Vegetatition nicht eine überreiche Blatt und Stengelentwickelung, ſondern überhaupt nur Geſundheit, organiſcher Einklang in allen Theilen der Pflanze gemeint ſei, darf ich wohl nur erwähnen, denn die Erfahrung hat zu oft ſchon gezeigt, daß Stauden mit übermäßiger Blattentwickelung im Gegentheil kränkeln und nicht viele, oft keine Knollen tragen. Eine zu große Blattentwickelung, der Blattſucht ähnlich, iſt eben ſo gut krankhaft, als ein Mangel der zur freudigen Vegetation nöthigen Blätter. Auch eine andere Erfahrung ſpricht dafür, daß die eingelegte Mut— terknolle als ſolche für die Knollenbildung nur mittelbar von Bedeutung ſei, mittelbar inſofern, als ſie be— wirkt, daß der Keim ſich geſund entwickele. Wenn man die mit Knospen verſehenen Spitzen der Aeſte in die Erde bringt nach Art der Stecklinge, ſo liefern ſie, ſobald ſie ſich kräftig entwickeln, ebenfalls einen oft wichtigen Knollenertrag. Wenn die Mutterknolle an ſich alſo zur Knollenbildung unbedingt erforderlich wäre und nicht vielmehr die Geſundheit des Stockes, ſo wäre Knollenbildung an Stecklingen unmöglich. Bis noch vor wenigen Jahren war der Landwirth für ſeine Kartoffelernte wenig beſorgt, die Kartoffel galt ihm als eine ganz ſichere Frucht; er mochte Stücke, Augen, ja ſelbſt Schalen gelegt haben, die Ernte war ergiebig; der Ausfall, den er hier und da erlitt, war im Ganzen unbedeutend; er ſchrieb ihn nicht der zerſtückelten Mutterknolle zu, und in der That, er iſt auch in anderen Umſtänden zu ſuchen; denn ob die Knollen groß oder klein, zahlreich oder gering, hängt nächſt der Bodenbeſchaffenheit und der Witterung von der richtigen Behandelung der Schnittlinge ab, davon beſonders, daß ſie nicht ſchon verdorben ſind, ehe ſie in den Boden kommen, oder im Boden ſelbſt verkümmern, ehe der Keim ſich bewurzelt hat. Jetzt aber hat die furchtbare Kartoffelkrankheit, welche in ihrem Gebiete ebenſo geheimnißvoll und ſicher zerſtört, wie die Cholera in einem anderen, die Ernten des Landwirths bedroht, und ſchon haben ſich Stimmen vernehmen laſſen, welche ſtatt der nun unſicher gewordenen Knolle Erſatzfrüchte empfehlen. Doch geben wir ſo ſchnell die Kartoffel nicht auf, ſie iſt ſchwer zu erſetzen; vielleicht läßt ſich durch Verſuche noch ermitteln, wie die Krankheit zu bekämpfen, oder doch weniger ſchädlich zu machen ſei. Schleiden knüpft an die verheerende Kartoffelkrankheit die ſchöne Hoffnung, daß ſie wohl geeignet iſt, auch den indolenteſten Landwirth aus dem Schlummer zu wecken, indem ſie weſentliche Umgeſtaltungen in dem Betriebe unſerer Landwirthſchaft hervor— rufen und ſo ein ſegensvolles Moment in unſerer Kulturgeſchichte ſein wird. Möge dieſe Hoffnung bald Wirk— lichkeit werden! Auch hier kann ich nicht glauben, daß gegen jene Stauden, die nicht aus ganzen Mutter— knollen entſtanden, die Krankheit beſonders wüthe; die Erfahrung hat im Gegentheil gezeigt, daß, wo die Krankheit auftritt, ſie alle Stauden und Knollen, ohne Rückſicht auf ihren Urſprung, erfaßt. Daß die ein— gelegte Knolle Nichts für oder gegen die Krankheit direkt wirken könne, geht daraus hervor, daß die Krank— heit erſt zur Zeit erſcheint, wo die unterirdiſchen Aeſte Knollen entwickelt haben; indirekt oder mittelbar wird die gelegte Mutterknolle allerdings einen größeren oder geringeren Einfluß üben, inſoweit nämlich die Ge— ſundheit oder die kräftige Vegetation der Staude von ihr abhängt. Wenn alſo auch Stücke oder Augen gelegt werden, ſo iſt nur dafür zu ſorgen, daß dieſe wohlerhalten in die Erde kommen und eine kräftige Staude produziren. Auch die aus Samen gezogenen Stauden und Knollen wurden von der Krankheit nicht verſchont, fo daß auch die Samenzucht nicht gegen die Krankheit unbedingt ſchützt, abgeſehen davon, daß fie ſchon deshalb für die Dauer nicht zu empfehlen iſt, weil unſere wohlſchmeckenden Speiſekartoffeln durch lang— jährige Kultur entſtandene Varietäten ſind, die durch Samen fortgepflanzt nach mehreren Generationen ſich verſchlechtern und endlich in die Stammart zurückkehren; dagegen zeigen die durch Vermehrung hervorge— brachten Knollen die Vorzüge oder Mängel des Individuums, aus dem ſie vermehrt worden. So lange wir 56 über die Urſachen der Kartoffelepidemie nicht aufgeklärt, halte ich es daher für beffer, bei dem bisherigen Verfahren, die Kartoffeln zu legen, zu verharren, dabei aber genau auf die Bodenverhältniſſe und die Be⸗ ſchaffenheit der Atmoſphäre zu achten, weil wahrſcheinlicher Weiſe in einem von beiden die Urſachen eher zu ſuchen find, als in der Pflanze ſelbſt, obgleich auch letzteres nicht unwahrſcheinlich iſt; denn daß Organis— men für neue Krankheitsformen befähigt ſind, lehrt die Geſchichte der Medizin. Heute haben die Menſchen an vielen Krankheiten zu leiden, die den Aerzten früher gar nicht bekannt fein konnten, weil ſie nicht exi— ſtirten. Sollte aber nicht die Kultur durch Vernichtung der Wälder, Austrocknung der Sümpfe, Verban⸗ nung der dem Boden eigenthümlichen mannigfaltigen Flora, Vorherrſchen der Animaliſation ꝛc. Einfluß auf das Klima und den Boden üben, der ſich jetzt erſt thätig erweiſt? Ein breiter Streifen verwüſteten Landes folgt allmälig den Schritten der Kultur. Schwer iſt, daß der Menſch, ohne auf die Vortheile der Kultur zu verzichten, den Schaden dereinſt wieder gut mache, den er angeſtiftet. (Schleiden, die Pflanze und ihr Leben.) Sollten vielleicht die abnormen Sommer und Winter, die große Hitze einiger Sommertage mit darauf folgenden ſehr kühlen Nächten eine Folge davon ſein? Die große Temperaturdifferenz, die zwiſchen Sommertagen und Nächten ſtattfindet, führt Profeſſor Dr. Schauer lin der ſehr beachtenswerthen Schrift „Die Stockfäule der Kartoffeln,“ Anklam und Swinemünde 1846) als eine Urſache der Krankheit an. Er ſagt (Seite 16 und 17): „Am gefährlichſten find plötzliche Uebergänge der Temperatur und Feuchtigkeit aus einem Extrem in's andere, wenn ſie die Pflanzen im üppigen Wachsthume betreffen. Die Gärtner, welche die Gegenſtände ihrer Kultur täglich vor Augen haben und dieſelben im einzelnen beobachten, wiſſen ſehr wohl, welche gefährliche Folgen der in unſeren Gegenden während der heißeſten Monate oft genug eintre— tende große Unterſchied der Temperatur zwiſchen Tag und Nacht haben kann. Es iſt nicht ſelten, daß üp— pig wachſende Pflanzen, welche an einem heißen Tage bedeutend verdunſtet haben und am Abende begoſſen worden find, nach einer hellen kühlen Nacht, in welcher die Temperatur nur auf 4— 60 R. gefallen war, plötzlich welken und vertrocknen, ſo wie die Temperatur und Trockenheit der Luft am anderen Morgen wie— der zunimmt. Die nähere Unterſuchung zeigt, daß meiſt nur unmittelbar an der feuchten Erde, wo die Temperatur in Folge der Ausſtrahlung am tiefſten geſunken war, das junge Rinden- und Holzgewebe rings um den Stengel und in geringer Höhenerſtreckung getödtet iſt, ſo daß die oberen, faſt unverſehrten Theile der Pflanze raſch vertrocknen müſſen, da ihnen von den Wurzeln her nicht hinreichend Saft zugeführt wer— den kann. — Dies wollte ich nur zum Beiſpiel und zum Beweiſe anführen, daß es keiner Erniedrigung der Lufttemperatur über der Erde bis auf oder unter den Gefrierpunkt bedarf, um am Boden eine Zerſtö— rung junger, von wäſſerigem Safte angeſchwellter Gewebe durch Mangel an Wärme herbeizuführen ꝛc.“ Wenn ſich dies ſo verhält, woran nicht zu zweifeln, ſo iſt leicht einzuſehen, daß, wenn der obere Theil der Pflanze geſtört, vernichtet iſt, auch die Knollen, die als Axengebilde durch den Stamm vorzugsweiſe er— nährt werden, ebenfalls inſofern leiden, als eine unvollkommene Aſſimilation der Säftemaſſe in den Zellen erfolgt, und darin ſcheint die Krankheit beſonders ihren Grund zu haben. Daß nicht alle Kartoffeln eines Feldes und nicht alle Felder einer Gegend der Krankheit erliegen, dürfte vielleicht in individuellen Verhält— niſſen ſeinen Grund haben, gleich wie von zwei Menſchen, die derſelben Abendkühle ausgeſetzt ſind, der eine Erkältung davonträgt, der andere geſund bleibt. Hoffen wir, daß dieſe Krankheit, nachdem ſie gleich einer unerklärten Peſt einige Dezennien bald ſporadiſch ſich gezeigt, bald peſtartig gewüthet, von ſelbſt wieder ſchwinde; die Geſchichte der Medizin zeigt, daß ſolche Hoffnung nicht thöricht iſt. Wie nun dem auch ſein mag, bevor wir der Kartoffel als einer unſichern Frucht den Rücken wenden, müſſen wir kein Mittel, welches Schutz zu verſprechen ſcheint, unverſucht bei Seite legen. So verdient das Verfahren des Dr. Klotzſch auch einer genauen Prüfung; es kann ſich, wenn es überhaupt Berückſichtigung verdient, nach zwei Richtungen hin ſegenbringend erweiſen. Einmal nämlich kann es durch Unterdrückung der Blüthen bewirken, daß die Knollen ſich kräftiger entwickeln und quantitativ und qualitativ ſich beſſern; dann aber kann durch das Abkneifen der Spitzen das Längenwachsthum des Hauptſtengels gehindert werden; die Seitenäſte mit ihren Blättern 57 werden gezwungen, ſich kräftiger zu entwickeln und durch ihre ſeitliche Ausbreitung eine Laubdecke über den Boden zu bilden, als Schutz gegen die oben erwähnte Wärmeausſtrahlung. Um nun meine hier ausgeſprochenen Anſichten entweder beſtätigt oder widerlegt zu ſehen und auch zu erfahren, wie die verſchiedenen Kulturarten rückſichtlich der Erträge ſich zu einander verhalten, werde ich, wenn die Domaine Proskau nur das nöthige Land und die erforderlichen Arbeitskräfte zu beliebiger Dispo⸗ ſition für dieſen Zweck zu ſtellen ermächtigt iſt, vergleichende Verſuche anſtellen und die Reſultate rechtzeitig vorlegen. Wünſchenswerth wäre es, daß auch Andere, die ſich für die Sache intereſſiren, dieſe Verſuche ebenfalls machten, denn ein Verſuch trägt zur Berichtigung des anderen bei, man kommt ſchneller der Wahr— heit näher. — Das Verfahren bei dem Verſuche iſt folgendes: Ein Morgen Landes, der im nächſten Jahre (1850) Kartoffeln tragen ſoll, von möglichſt gleicher Bo⸗ denbeſchaffenheit, nicht forgfältiger bearbeitet, als es gewöhnlich zu geſchehen pflegt, wird in ſechs gleiche Theile getheilt. Um nun zu erfahren, wieviel Kartoffelſubſtanz jedem Auge gegeben werden müſſe, ſchneide man aus gefunden Knollen ſorgfältig eine für /6 Morgen genügende Zahl von Augen aus, fo daß 80 — 90 Augen mit der ihnen gelaſſenen Kartoffelſubſtanz auf 1 Pfund gehen, behandele ſie ſorgfältig, daß ſie nicht ſchon beſchädigt in den Acker kommen und beſtimme das Gewicht, der wirklich eingelegten Augen. Dieſe und jede folgende Abtheilung theile man in zwei Hälften; die eine Hälfte laſſe man ungeſtört fortwachſen, die andere Hälfte aber behandele man nach der Methode des Dr. Klotzſch. Bei der Ernte beſtimme man hier wie bei den folgenden Abtheilungen das Gewicht jeder Unterabtheilung beſonders und vergleiche es mit dem Ge— wicht der Einlage. Daß auch auf die Qualität der geernteten Knollen zu achten ſei, verſteht ſich von ſelbſt. Um nun die nöthigen Vergleiche anſtellen zu können, lege man in die zweite Abtheilung Schnittlinge (am beſten Kappen oder doch halbe Knollen), in die dritte Abtheilung ganze Knollen. In die vierte Abthei— lung bringe man bewurzelte Keime von Knollen, welche ſchon 2— 3 Wochen in der Erde gelegen haben. Die Keime breche man ſorgfältig aus, ohne ſie zu verletzen, die Kartoffeln aber unterſuche man, ob ſie noch genießbar für Menſchen ſeien oder dem Viehe als Futter dienen können. Endlich in die fünfte Abtheilung bringe man Stecklinge, entnommen von zwei oder drei ſehr frühzeitig geſteckten Knollen, nachdem ſie Stengel mit einigen Knospen getrieben haben, welche kräftig vegetiren und völlig geſund ſind. Um dann noch zu erproben, ob die Mutterknolle zur Bildung der Knollen beitrage, werde ich in die ſechſte Abtheilung ganze Knollen legen, und nachdem dieſelben Keime über die Erde geſchickt haben, welche mit den erſten Blättern verſehen ſind, werde ich dieſen jungen Stauden, ohne ſie aus der Erde zu heben, durch Untergrabung ſo viel als möglich ohne Verletzung der Wurzel die Mutterknolle nehmen und ſie ſo fortwachſen laſſen. Hier müßte man, um das Gewicht der Einlage zu beſtimmen, das Gewicht der herausgenommenen Mutterknollen von dem der hineingelegten ſubtrahiren, alſo der Gewichtsverluſt (der theils durch Abgabe von flüſſigem Zellinhalt entſteht, theils durch das Zurückbleiben kleiner Theile der Knollenſubſtanz an den Keimen) der ſich an den Mutterknollen zeigen wird, müßte hier als Einlage betrachtet werden. Doch wird man in dieſem Falle wohl nie genau den wirklichen Verluſt erfahren, weil anzunehmen iſt, daß die Mutterknolle Feuchtigkeit aus der Erde aufzunehmen im Stande iſt, ſo wie ſie in der Luft einen Theil des Waſſergehaltes abgiebt. 7 2. Vegetationskraft der Saubohne (Faba vulgaris, Moench. Vicia Faba Lin. ). Am 17. Juni c. wurde unſere Feldmark von einem Hagelwetter heimgeſucht, welches an den Feld— früchten bedeutenden Schaden anrichtete. Die Saubohne, in der Nähe von Zlattnik gebaut, war damals etwa einen Fuß hoch aufgeſchoſſen, als ſie durch die großen Hagelſtücke theils niedergeworfen, theils geknickt und bedeutend beſchädigt wurde. Die nur umgelegten Stengel richteten ſich bald wieder auf und vegetirten ungeſtört fort, die geknickten aber und theilweiſe zerſchlagenen ſenkten traurig das Haupt, ihre Spitzen hin— gen von der verletzten Stelle herab und zeigten nur einen ſehr geringen Zuſammenhang mit dem unteren 8 58 Theile des Stengels, fo daß es Anfangs ſchien, als würden fie ſich nicht erholen. Trotz dieſer großen Ver: letzung vegetirten ſie jedoch fort; die nach unten hängende Spitze bog ſich in einer Kurve nach oben, blühte und ſetzte Früchte an, welche in kurzer Zeit reifen werden. Viele dieſer früher verletzten Stengel zeigen jetzt unmittelbar über der verwundeten Stelle ſonderbare, gewaltſame, unregelmäßig ſpiralige Windungen. Auch Kartoffelkraut in anderen, vom Hagel betroffenen Gegenden zeigte dieſe Erſcheinung. Dieſe intereſſante Erſcheinung läßt ſich folgendermaßen erklären. Die Pflanzen haben kein Gemedlots gan, wie es die Thiere haben, deſſen Verletzung ſofort den Tod des Organismus herbeiführt; alle Zellen leben bei der Pflanze mehr oder minder ſelbſtſtändig als Individuum, jede für ſich, und ſind nur inſoweit einander und dem ganzen Organismus untergeordnet, als es die Exiſtenz deſſelben nothwendig erheiſcht. Daher kann, wie im vorliegenden Falle, eine Pflanze unter begünſtigenden Verhältniſſen fortvegetiren, wenn auch nur auf einer Seite des Stengels ein geringer Zuſammenhang zwiſchen dem oberen und unteren Theile deſſelben exiſtirt. Solche begünſtigende Bedingungen ſind für die Saubohne eine kräftige und üppige Vege— tation, dicke, faſt fleiſchige Blätter, ein ſaftreicher Stengel ice. Am durchſchnittenen Stengel unterſcheidet man deutlich die Rindenſchicht, einen Kreis ziemlich ſtarker Gefäßbündel und einen großen Markkörper, beſte— hend aus Parenchym und einigen getüpfelten Zellen. In allen Fällen nun, wo der Stengel, wenn auch ſtark, doch ſo verletzt war, daß nur einige Gefäßbündel oder Theile derſelben im Stande waren, an den ge— knickten Stellen die Saftleitung fortzuſetzen, da vegetirte die Pflanze fort, trotz des geringen und leicht lös— lichen Zuſammenhanges. Die Wunde des Stengels, welche viel zu bedeutend war, als daß ſie heilen konnte, denn es fehlten bisweilen Stücke von ½ Zoll, ſchloß ſich dadurch, daß die Zellen an den Rändern der Wunde bräunten und verhärteten. Die ſonderbaren, gewaltſamen, ſpiraligen Windungen und Drehungen der ſo verletzten Stengel rüh— ren von dem Streben der Pflanze her, ſich dem Lichte zuzuwenden. Daher richteten ſich die nach unten gebrochenen oder auch nur gebogenen Spitzen ſofort in einem Bogen nach oben, da aber nunmehr die Spiz— zen ſich ſehr weit unten an der Erde befanden und von den unverletzt gebliebenen Pflanzen weit überragt wurden, ſo erhielten ſie in dieſer Lage weniger Licht von oben, als von der Seite, durch die Lücken der Nach— barpflanzen hindurch, und wandten ſich nun mit großer Kraft nach den Stellen hin, wo jedesmal ihnen das meiſte Sonnenlicht zukam. Da dieſe Stellen unregelmäßig wechſelten, fo entſtanden die unregelmäßigen, hin— und hergebogenen Windungen; als endlich die Spitzen dieſer verwundeten Stengel allmälig gleiches Licht von oben mit den übrigen erreicht hatten, wuchſen ſie gleich jenen ſenkrecht in die Höhe. Daß das Streben der Pflanzen, nach dem Lichte zu wachſen, ſehr groß iſt, ſieht man, wenn man Pflanzen in einem Topfe hat, dieſen in einiger Entfernung vom Fenſter in's Zimmer ſetzt, ſo daß das Licht die Pflänzchen in ſchräger Linie trifft, und ſo den Topf längere Zeit, ohne ihn zu drehen, ſtehen läßt. Die jungen Pflänzchen werden nicht ſenkrecht in die Höhe wachſen, ſondern in ſchiefer Richtung dem Fenſter zu— ſtreben. In Skarſine bei Breslau ſieht man daſſelbe Phänomen, nur großartiger, an den Bäumen der ſo— genannten Brunnenallee. Dieſe Allee nämlich iſt ſehr dunkel, weil ſie auf der einen Seite durch einen ziem— lich hohen Hügel beſchattet wird. Die dieſem Hügel gegenüberſtehende Baumreihe empfängt dagegen von einer Seite her ſtarkes Licht, welches jedoch nicht durch das dichte Laubdach vollſtändig in die Allee dringen und alle Seiten der Bäume gleichmäßig erfreuen kann. Dieſem kräftigen Lichte nun ſtrecken ſich nicht nur die Aeſte der ihm zugewandten Seite der Bäume entgegen, ſondern die auf der abgewandten, in das Innere der Allee gekehrte Seite der Bäume entſpringenden Aeſte, machen eine ſtarke Drehung um den Stamm und entfalten ihre beblätterten Spitzen nicht im Innern der Allee, ſondern nach Außen zu. Ein Beweis, wie weſentlich auf das Gedeihen der meiſten Pflanzen das Licht iſt, nur ſehr wenige von ihnen ſind Finſterlinge. 59 Petrefaktenkunde. Herr Dr. Albert Koch: Ueber die Gattung Zeuglodon Owen (Basilosaurus Harlan, Hydrarchus l Koch, Dorndon Gibbes). Nach einigen einleitenden Worten, in denen der Redner andeutete, daß er den größten Theil ſeines Lebens außerhalb Deutſchlands zugebracht habe, ging er zu einer Beſchreibung des von ihm entdeckten Rie— ſenthieres der Urwelt über. a Die Zeuglodonten, von denen gegenwärtig drei, ſämmtlich von Koch in Amerika aufgefundene Arten, das großwirbelige Zeuglodon macrospondylus, das kurzwirbelige Z. brachyspondylus und das Z. Hy- drarchus, bekannt ſind, gehören nach den Unterſuchungen von Carus, Burmeiſter und J. Müller unzweifelhaft zu den Säugethieren, und bilden mit der in Europa aufgefundenen, jedoch noch wenig bekann— ten Gattung Squalodon eine beſondere, nur in der oberen Tertiärformation exiſtirende, jetzt gänzlich ausge— ſtorbene Gruppe, die der Hydrarchen; dieſelbe ſteht in der Mitte zwiſchen den Seehunden und den Cetaceen oder Wallfiſchen, zeigt jedoch zahlreiche Eigenthümlichkeiten, die ſich bei keinem anderen lebenden oder foſſilen Säugethiere vorfinden, und nur an die Saurier erinnern. Der Schädel iſt von ganz unverhältnißmäßiger Kleinheit, höchſtens 6 Fuß lang, wenn das ganze Skelett 96 Fuß erreicht; beſonders tritt dies bei dem Hirnkaſten hervor, der kaum ein Quart Gehirn faßt, ein Mißverhältniß, wie es bei keinem Säugethiere und nur bei eidechſenartigen Thieren vorkommt. Die Zähne, 36 an der Zahl, beſtehen aus zadigen Backzähnen und ſpitzen Vorderzähnen, wie fie den Raubthie— ren eigen ſind, und erinnern an das Gebiß der Seehunde; die Kiefern ſind ſchnabelförmig ausgezogen, wie bei den Delphinen; am beiderſeitigen Rande des Oberkiefers finden ſich tiefe Gruben, in welche die Hau— zähne des langen, ſchlanken, frei beweglichen Unterkiefers einpaſſen, ein Verhältniß, das ſich nur noch bei den Sauriern, namentlich den Krokodillen, wiederfindet. Die Augen ſind groß und durch Stirnplatten gedeckt, die ähnlich auch nur bei Amphibien vorkommen; die Naſenlöcher ſtehen nach vorn, wie bei den Seehunden, lange nicht ſo weit nach hinten, wie bei den Wallfiſchen. Das Thier hatte, wie alle Säugethiere, 7 kleine, ſehr bewegliche Halswirbel, die auf einen biegſamen Hals hindeuten; die Wirbelſäule beſteht aus ſehr zahl— reichen, koloſſalen Wirbeln von ſo verſchiedener Größe, daß es anfänglich unglaublich ſchien, ſie einem Indi— viduum zuzuſchreiben. Die neueſten Unterſuchungen des Herrn Koch, welcher die Wirbel eines faſt ganz in ſeiner natürlichen Lage gefundenen Thieres in ihrem Zuſammenhange nach Europa brachte, löſten das Räth— ſel, indem ſie zeigten, daß die Wirbel der Wirbelſäule vom Halſe nach der Mitte des Leibes hin an Größe zunehmen, und von da nach den Schwanzwirbeln zu wieder kleiner werden. Ein ähnliches Verhältniß zei— gen die Dornfortſätze der Wirbel, die, in der Mitte am längſten, nach den Enden hin abnehmend, einen nach beiden Seiten zu verjüngten Kamm darſtellen. Die Rückenmarkröhre hat am Halſe einen Durchmeſſer von 2 ½ Zoll und nimmt, wie die Wirbel, nach hinten an Größe zu, fo daß fie an 6 Zoll weit wird, bis fie ſich wieder im Schwanze verliert. Die Rippen ſind kurz und dünn, und verdicken ſich am freien Ende kol— benförmig, was auf kräftige Muskelanſätze hindeutet; ihre große Zahl (es giebt 36 Bruſtwirbel) gab dem Thiere eine ſchlanke, von der plumpen des Wallfiſches abweichende Geſtalt. Die vorderen Extremitäten wa— ren Ruderfüße, frei beweglich wie bei den Seehunden, doch verhältnißmäßig klein, und wahrſcheinlich mit Schwimmhaut und langeln Nägeln verſehen; von letzteren hat ſich noch ein einziger erhalten. Ein langer Schweif unterſtützte das Thier beim Schwimmen und diente ihm als furchtbare Waffe. Endlich gelang es Herrn Dr. Koch, noch einige Stücke der Hautbedeckung aufzufinden; dieſelbe beſteht aus vieleckigen Platten von ar Größe eines Thalers bis zu der eines Silbergroſchens, und geftattete eine große Beweglichkeit des 8 * 60 Leibes. Der ganze Bau weiſt darauf hin, daß das Zeuglodon ein Seethier war, welches fich jedoch nur in flachen Buchten, wie die des mexikaniſchen Meerbuſens, aufhielt, wo es allein, als gefräßiges Raubthier, hinreichende Nahrung finden konnte. Hierauf gab der Redner eine Schilderung der intereſſanten Umſtände, die ihn bei der Auffindung der Zeuglodonreſte geleitet hatten. Nachdem es ihm gelungen war, ein vollſtändiges Skelett des merkwürdigen Mastodon Theristocaulodon, gegenwärtig in London, im Staate Ohio auszugraben, erfuhr er, daß ſich auch in Alabama ähnliche foſſile Thierknochen vorfinden ſollten; als er jedoch erſt nach längerer Zeit ſich an den bezeichneten Ort begeben konnte, waren dieſelben von dem Beſitzer des Grundſtücks, der ihren Werth nicht ahnte, zu Kalk gebrannt, jedoch dazu unbrauchbar gefunden worden. Doch gelang es Herrn Koch nach mancherlei Abenteuern, im Washington County bei Washington old court house ein anderes Skelett herauszuarbeiten, das als ein Zeuglodon erkannt wurde und ſich gegenwärtig in Berlin befindet, wo es für das dortige anatomiſche Muſeum angekauft worden iſt. Durch die Munificenz unſers Königs Majeſtät wurde Herr Koch in den Stand geſetzt, nach Alabama zurückzukehren, wo es ihm am 6. Februar 1848 glückte, in einem alten Felde wiederum ein faſt ganz vollſtändiges Skelett deſſelben Thieres zu entdecken. Daſſelbe war in Breslau in der vom Grafen Henckel von Donnersmark Excellenz, gütigſt wn Reitbahn längere Zeit öffentlich ausgeſtellt. Herr Dr. Koch gab alsdann einen Ueberblick über die geognoſtiſche Beſchaffenheit des Terrains, in welchem die Zeuglodonten entdeckt worden find, und erläuterte es durch eine Karte. Der Boden von Ala— bama beſteht abwechſelnd aus verſteinerungsführenden Sand-, Thon- und Kalklagern von verſchiedener Mächtigkeit, ſämmtlich aus der Tertiärformation herrührend, welche bald dem tiefen, bald dem flachen Meere, bald dem ſüßen Waſſer angehören, und unzweifelhaft auf ein periodiſches abwechſelndes Steigen und Fallen des ehemaligen Meeresboden hinweiſen. Ausſchließlich in einer der jüngſten dieſer Schichten, einem Kalk— ſteinlager, wurden da, wo es zu Tage kommt, ſämmtliche Skelette wenige Fuß unter der Oberfläche, und zum Theil mit den Schädeln frei herausragend, aufgefunden. Die geringe Mächtigkeit dieſer Schicht be— weiſt, daß die Zeuglodonten nur kurze Zeit auf der Erde exiſtirt haben können; die zugleich mit ihnen allein vorgefundenen Haifiſchzähne und Wirbel ſcheinen anzudeuten, daß dieſe Thiere dem Zeuglodon ehemals zur Nahrung gedient haben. Der Redner ſchloß mit einer Mittheilung über die vielbeſtrittene Seeſchlange, die urſprünglich als Urbild des Hydrarchus oder Zeuglodon betrachtet wurde, und deren Exiſtenz durch viele glaubwürdige Zeugniſſe, namentlich das des Kapitäns von dem amerikaniſchen Schiffe „Albatroß“ nachgewieſen wird, wel— chem durch ein ſolches Thier das Bugſpriet zerſchmettert wurde; wahrſcheinlich iſt daſſelbe jedoch keine Schlange, ſondern eine noch unbekannte rieſige Cetacee. Der Sekretär der Sektion, Profeſſor Dr. Göppert, hielt folgende Vorträge: 1. Ueber die Entwickelungsperioden der Erde vom heutigen Standpunkte der Naturwiſſenſchaften. Der Vortragende begann mit einer Begriffsbeſtimmung der Geologie, foſſilen Botanik und Zoologie, und ging dann zu einer kurzen Geſchichte dieſer Wiſſenſchaften über, in denen zwei Hauptrichtungen, der Neptunismus und der Vulkanismus, angedeutet wurden. Der erſtere wurde durch die begeiſternden Vorträge von Werner in Freiberg am Anfange dieſes Jahrhunderts zur Alleinherrſchaft erhoben; nach ihm ſind alle Gebirgsarten aus dem Waſſer als geſchichtete Maſſen niedergeſchlagen worden. Der Wechſel der organiſchen Schöpfung wurde durch periodiſches, fünf Mal wiederholtes Steigen und Fallen des Meeres erklärt. Die Widerſprüche dieſer Lehre verſchafften nach Werner's Tode dem von dem Engländer Hutton und ſchon früher gegründeten Vulkanismus, allgemeine Aufnahme fo daß ſelbſt Werner's größte Schüler, A. v. Hum— bold und L. v. Buch, ſpäter die eifrigſten Stützen der neuen Lehre wurden. L. v. Buch, der größte Geolog unſerer, wo nicht aller Zeiten, wies nach, daß die Vulkane und die mit ihnen zuſammenhängenden Erdbeben durch große Längeſpalten der Erdrinde in Verbindung ſtehen, durch die ſich die unterirdiſchen Kräfte den Weg bahnen. Eben ſo ſind alle Urgebirge, wie die Alpen und unſer Rieſengebirge, wahrſcheinlich im feuerflüſſigen Zuſtande in ſolchen Längeſpalten aus der Tiefe der Erde her— vorgedrungen, wodurch der, organiſches Leben begrabende Meeresboden durchbrochen und emporgehoben wor— den iſt. Von dieſen Grundanſichten ausgehend, unterſcheidet man heute fünf Hauptperioden der Erde. In die erſte fällt die Bildung derſelben, als einer glühenden ungeheueren Kugel; dieſe erkaltet an ihrer Rinde, und in dem ſich auf ihr niederſchlagenden Meere entſtehen in der zweiten, der Uebergangsperiode, durch göttliche Urkraft die erſten organiſchen Weſen aus den niedrigſten Familien, Trilobiten, Muſcheln, Korallen und Fiſche, ſämmtlich heute ausgeſtorben. Wie dieſes geſchehen, vermag die Wiſſenſchaft nicht zu entſcheiden; ſie über— läßt dieſes dem Glauben, der da beginnt, wo die Wiſſenſchaft aufhört. In der Steinkohlenformation treten die Pflanzen in ungeheuerer Zahl, wenn auch ſehr einförmig ent— wickelt, auf. Der Charakter derſelben iſt tropiſch und ſetzt ein gleichmäßiges, über die ganze Erde verbreite— tes heißes Klima voraus, da ſich ſelbſt am Nordpol noch Steinkohlenlager finden. Blüthen und Früchte, ſo wie kleinere Thiere und Pflanzen fehlten zum Theil, ſo daß die Natur ein trauriges, ſtilles Anſehen haben mußte; baumartige Farren, Lycopodien, Schachtelhalme, Nadelhölzer und Stigmarien bildeten die ungeheueren Steinkohlenlager, die für das Menſchengeſchlecht von unberechenbarem Segen ſind, indem ſie in Flußmündungen und Seen zuſammengeſchwemmt wurden und auf naſſem Wege verkohlten, während der Schlamm und Sand des Waſſers zu Kohlenſandſtein und Schieferthon erhärteten. Ihr Reichthum iſt ſelbſt in Jahrtauſenden nicht zu erſchöpfen; unbegründet iſt dagegen die allgemeine Vorſtellung von der koloſſalen Größe der damali— gen Flora und Fauna, indem zu keiner Periode der Erde größere Weſen exiſtirt haben, als heute. (Der größte foſſile Baumſtamm befindet ſich im Braunkohlenlager zu Laaſan bei Königszelt.) Gewaltige Kriſen bereiten dieſen Thieren und Pflanzen den Untergang; nun erſcheinen in der nächſten, der dritten oder ſekundären Erdepoche meiſt Thiere von wunderlicher, rieſiger Geſtalt, Pterodactylen, an die Drachen der Mythen erinnernd, koloſſale Iguanodonten, Ichthyoſauren, Pleſioſauren, Reptilien, deren Fuß— tapfen noch heute im damals weichen Sandſteine ſich abgedrückt zeigen, und andere, die ſich alle gänzlich von den jetzt lebenden Thieren unterſcheiden. Die vierte, Kreide- und Tertiärformation hat ſchon Organismen, die den unſerigen näher ſtehen, Säugethiere, meiſtens aus der Familie der Dickhäuter und Raubthiere; das Paläotherium, Dinotherium, Mylodon, den Hydrarchos, deſſen koloſſales Skelett vor Kurzem in Breslau zu ſehen war, das Mammuth, das man in Sibirien mit Haut und Haar bedeckt fand und deſſen Zähne heute einen Handelsartikel ausmachen. Auf der anderen Seite bilden die kleinſten Organismen, Baicillarien, von denen 41 Millionen in einem Kubik⸗ zoll ſich finden, große Lager von Bergmehl und Kieſelguhr, ſo wie den bekannten Tripel und Polirſchiefer. Das Klima und die Pflanzen waren damals den unſeren ſchon ähnlich, wie die Flora der Braunkohlenlager beweiſt, die in Flußthälern zuſammengeſchwemmt wurden. Auch grünte damals der Baum, deſſen Harz den koſtbaren Bernſtein bildete. Die Erde war jetzt entwickelt genug, um in der fünften, der hiſtoriſchen, Periode den Menſchen zu tragen, von dem früher noch keine Spur vorhanden war. Daß jedoch noch nach ſeiner Schöpfung gewal— tige Erdumwälzungen ſtattfanden, beweiſen die überall zerſtreuten, aus Skandinavien ſtammenden, vielleicht durch Eisſchollen fortgetriebenen erratiſchen Blöcke und die durch die Sagen aller Völker der alten und neuen Welt beſtätigte Sündfluth. 62 Der Redner ſchloß mit der Betrachtung des göttlichen Planes, der ſich unzweifelhaft in diefer Auf⸗ einanderfolge der Schöpfung ausſpricht und ſchon in der moſaiſchen Geneſis mit bewunderungswürdiger Ein⸗ fachheit dargelegt ift. Abbildungen der wichtigſten foſſilen Thiere, fo wie inſtruktive Stücke verſteinerter Pflanzen erläuterten den Vortrag. 2. Ueber die Erhaltung der foſſilen Reſte. Dieſer Vortrag ſchließt ſich an den vorhergehenden an. Wenn in demſelben die foſſilen Thier- und Pflanzenreſte in unſerer Erdrinde gleichſam als die Urkunden für deren Entſtehungsgeſchichte aufgewieſen wurden, ſo ſoll heute gezeigt werden, auf welche Weiſe dieſelben in ihren Zuſtand gebracht und erhalten worden ſind. Anſichten hierüber finden ſich bei den Autoren des Alterthums, namentlich Herodot, Ariſtoteles, Theophraſt, Plinius, weit treffender als im Mittelalter, welches der eigentlichen Naturwiſſenſchaft oft baar war. Bei Sueton findet ſich ſogar Nachricht von einer Petrefaktenaufſtellung, welche Auguſtus beſeſſen ). Die Alten ſind überhaupt reich an Aufſchlüſſen für die Naturwiſſenſchaft, ein Fingerzeig denjenigen, die vor lau⸗ ter Realismus ihr Studium gänzlich verbannen möchten. — Mit der Entdeckung Amerika's nahm die Naturwiſſenſchaft neuen Aufſchwung, ohne daß doch über Petrefakten ſich ſobald eine richtige Anſicht durchgearbeitet hätte, deren Entſtehung man, geſtützt auf die Theorie der generatio aequivoca, eine Geburt einer mittelalterlichen Scholaſtik, auf die wunderlichſte Weiſe erklärt. In den Jahren 1565 — 1570 hielt zuerſt ein Töpfer Paliſſy, durch ſeine Handarbeiten zu einer richtigen Anſicht über Abdrücke ꝛc. gelangt, in Paris Vorträge über Verſteinerung, und noch hundert Jahre ſpäter ſuchte Tenzel vergeblich das Me⸗ dizinalkollegium zu Gotha über ein dort gefundenes Mammuth zu belehren. Erſt durch Scheuchzer, Leibnitz, Woodward kam rechtes Licht in die dieſen Zweig der Naturkunde überhaupt; durch Blumenbach u. Cuvier ward dann die Kenntniß der foſſilen, thieriſchen, durch Brongniart und Sternberg der pflanzlichen Reſte ausgebaut. Der Letzte, der jenen älteren Anſichten huldigte und ihnen zum Opfer fiel, war Beringer, Pro⸗ feſſor in Würzburg, der 1726 in einem für damals koſtbaren Kupferwerke die Ergebniſſe ſeiner Forſchungen niederlegte, bei denen er jedoch durch den boshafteſten Scherz leichtgläubig ſich hatte irre führen laſſen. Man hatte ihm da, wo er zu ſuchen pflegte, roh gemeißelte Figuren, abenteuerlicher Thiere und Pflanzen, Kome⸗ tenſchwänze und hebräiſche Buchſtaben vergraben, die er fand, bewunderte und für Werke der Natur hielt. Erſt nach dem Erſcheinen des Werkes erfuhr er den wahren Zuſammenhang; er kaufte die ganze Aufl. zurück, was ihm ziemlich gelungen, da deren Exemplare zu den liter. Seltenheiten gehören, ſtarb aber, angeblich in Folge des Aergers, worauf ſpäter 1767 das Buch als Kurioſität wieder im Buchhandel als 2. Aufl. erſchien. Die Foſſilienreſte von Thieren und Pflanzen finden ſich in drei verſchiedenen Zuſtänden vor, in dem der mehr oder minder vollſtändigen Erhaltung, der Ausfüllung und der Durchdringung mit mineraliſchen Maſſen. Es beruht dieſes auf der Verſchiedenheit der Umſtände, welche bei Beginn und Verlauf des Um⸗ wandelungsprozeſſes obwalteten: höhere oder niedere Temperatur, Berührung mit der atmoſphäriſchen Luft, Druck durch oberhalb gelagerte Maſſen c. Man kann ſich die Sache durch Vergegenwärtigung eines von der Fluth zuſammengeworfenen, überſchwemmten, dann Schicht auf Schicht mit feſten Niederſchlägen aus *) Dieſe von dem verſtorbenen Sanitaͤtsrath Dr. Guttentag mir nachgewieſene Stelle befindet ſich vita Aug. LXXII. und lautet: Et neptis quidem suae Juliae, profuse ab ea exstructa, etiam diruit ab solum: sua vero, quamvis modica non tam statuarum tabularumque pictarum ornatu, quam xystis et nemoribus exco- luit, rebus vetustate ac raritate notabilibus; qualia sunt Capreis immanium belluarum ferarumque menbra praegrandia, qua dicuntur: Gigantum ossa, et arma heroum. (In ſeinem Palaſte zu Capri habe er ſeltene und alterthuͤmliche Gegenftände aufbewahrt, z. B. übergroße Gliedmaßen ungeheurer Thiere, die man Rieſen⸗ beine nennt, und Waffen der Heroen.) dem Waſſer bedeckten Waldes, ſammt all feinen Pflanzen und Thieren veranſchaulichen. — Die erhaltenen Refte find entweder verkohlt, oder nur wenig durch eingedrungene Mineralſtoffe umgewandelt in ihrer ur⸗ ſprünglichen Farbe und Form; lesterer Art giebt es namentlich Krachen, Zähne mit ihrem Schmelz, Mu- ſcheln mit ihrem Perlmutterglanz. Der Prozeß der Ausfüllung wird bei Pflanzen vorbereitet durch den des Ausfaulens; die Rinde ift auch bei den Eleinften das, was letzterm am längſten widersteht, fie bildet ein Gefäß für das eindringende Bergmittel. Denſelben Dienſt leiſtet bei Thieren (Conchplien) die Schale, die entweder erhalten, oder dem Bergmittel aſſimilirt wird. Was hier Rinde und Schale, das find bei der Durchdringung die Zellen und Gefäße der Körper; in die, die nicht vorher zerſtört werden, drängt ſich das Verſteinerungs mittel ein und füllt ſie aus, wie Profeſſor Göppert durch Beobachtungen und Verſuche aufs Entſchiedenſte nachgewieſen hat. Die Produkte dieſes letzteren Vorganges könnte man noch am eheſten „Verſtrinerungen ! nennen, wiewohl von einer Verwandelung des pflanzlichen oder thieriſchen Stoffs in Stein auch da nicht die Rede, indem z. B. in der Aſche kieſelhaltige Steinkohle die urſprünglichet Pflanzenzelle ſich wiederfindet. „Foſſile Refte von Thieren und Pflanzen“ ift jedenfalls ein mehrentſprechender Name. Eine zahlreiche Auswahl meiſt vorzüglich ſchöner Exemplare ward zur Veranſchaulichung vorgelegt. Auch das Werk des Dr. Beringer und Stücke feiner (zum Theil wenigſtens, jetzt in Erlangen aufbewahrten) Sammlung fehlten nicht. 3. Ueber die Verwandtſchaft der Flora der Steinkohlenformation Europa’s mit der von Vordamerika. Herr De. Albert Koch, der Entdecker und Befiger des Zeuglodon, widmete auch den foſſilen Pflanzen Amexika's feine Aufmerkſamkeit und theilte dem Vortragenden eine Anzahl derſelden mit, welche er an den Ufern des ba Miſſiſippi in der Nähe der im Staate Jova gelegenen Stadt Bloomingten, im Gebicte der Steinkohlenformation geſammelt hatte. Die Unterſuchung derſelben lieferte eine neue Beſtätigung der ſchon im Jahre 1839 von dem Vortragenden veröffentlichten Beobachtungen über die große Verwandtſchaft, ja theilweiſe Uebereinſtimmung der Steinkohlen⸗ Flora Nordamerikas mit der von Europa (in der nordame⸗ rikaniſchen Reife des Prinzen Maximilian von Neuwied, 1 Bd. u. S. V. Einl. zu meiner Preisſchrift über die Bildung der Steinkohlen x. Leyden 1848), indem jene dort geſammelten Arten, an Zahl zwölf, auch in unferer Steinkohlenformation vorkommen, nämlich Sagenaria aculeata Presl., crenata P., Volk- manniana P., obovata P., Cyclopteris gigantea Presl., Alethopteris Serlii et Goepp- Sphenopteris acutifolia Brgm., Asterophyllites dubius Brgm., A. grandis L. et H., Stigmaria ficoides und Blätter einer Noeggerathia. Da nun eine ähnliche Verwandtſchaft der Flora faſt an allen Punkten der Erde, wo man Steinfoh- len findet, nachgewieſen worden iſt, und dieſe Vegetation überall einen wahrhaft tropiſchen Charakter zeigt, haben dieſe anſcheinend unbedeutenden Erfahrungen bekanntlich zu dem Reſultate geführt, daß zur Zeit der Exiſtenz der in der Steinfehlenformatien uns aufbewahrten Flora auf der ganzen Erde ein tropiſches Klima verbreitet war. 4. Ueber lebende und foſſile Coniferen. Der Vortragende bezog ſich beſonders auf Beobachtungen, welche er über das Verhältniß der Jahtes⸗ ringe in den Coniferen verſchiedener Formationen in feiner Preisſchrift über dieſe Familie veröffentlicht hat, und führte an, daß Herr Hüttenmeiſter Brand in Gleiwitz unter den in der Gleiwitzerhütte verwendeten Koaks mehrere Eremplare gefunden und ihm zugeſendet habe, welche höchſt wahrſcheinlich von, mit vollkem⸗ 64 menen Holzringen verfehenen Bäumen abſtammen, wie dergleichen wohl kaum bis jetzt in der alten Kohlen— formation beobachtet worden ſind. Er hofft, noch weitere Nachrichten über das merkwürdige Vorkommen zu erhalten. Bis jetzt gelang es noch nicht, in der unverkoakten Kohle dieſe konzentriſchen Formen zu entdecken. 5. Ueber die Flora des Uebergangsgebirges. Seitdem ich im Jahre 1847 eine Ueberſicht der foſſilen, von mir im Uebergangsgebirge beobachteten Pflanzen veröffentlichte, hat ſich die Kenntniß derſelben nicht blos hinſichtlich der Zahl der Arten faſt verdoppelt, ſondern auch hinſichtlich der genaueren geologiſchen Beſtimmung ihrer Fundörter ſehr erweitert. Sie um— faßt gegenwärtig alle die verſchiedenen Schichten, welche älter als die Steinkohlenformation ſind, alſo nach unten die jüngere Grauwacke Schleſiens und Sachſens, welche wahrſcheinlich dem Milston grit, dem liegen— den Sandſteine der engliſchen Kohlenformation, analog iſt, den Poſidonomyenſchiefer des Harzes und Naſſaus, den Kohlenkalk, die ältere rheiniſche Grauwacke oder die Spiriferenſandſtein- und analoge Schichten in Nord— amerika, ſo wie auch endlich die ſiluriſche Formation, als Schichten, in denen man Pflanzen gefunden hat. Gegenwärtig ſteht der Druck dieſer Arbeit nahe bevor, welche folgende Abſchnitte enthalten wird: I. Ueberſicht des Vorkommens des Uebergangsgebirges. II. Vorkommen von Pflanzenreſten und Art ihrer Erhaltung. III. Vorkommen des Uebergangsgebirges in Schleſien; wegen der großen Zahl, faſt der Hälfte der bis jetzt bekannten Pflanzen dieſer Formation, als beſonderer Abſchnitt bearbeitet. IV. Syſtematiſche Beſchreibung der foſſilen Reſte. V. Reſultate. a VI. Erklärung der Tafeln, deren 44 in Quart und Folio das Werk begleiten werden. Inzwiſchen erlaube ich mir hier die Geſammtüberſicht ſämmtlicher Arten nebſt ihren Fundörtern in ſyſtematiſcher und geologiſcher Folge vorläufig zu veröffentlichen und daran einige Reſultate dieſer Unterſuchung zu knüpfen: ö A. Syſtematiſche Ueberſicht Samilie. Fucoides. A. Syſtematiſche Weberficht der foffilen Pflanzen, welche in den Schichten unterhalb der älteren Kohlenformation, oder im fogenannten uebergangsgebirge Namen der Pflanze. Confervites acicularis m. Chondrites antiquus Sternb. Chondrites cireinnatus Sternb. + Nessigii F. A. Römer x tenellus F. A. Römer Butotrephis antiquata Hall. . 5 gracilis Hall. 75 succulenta Hall. 95 subnodosa Hall. er flexuosa Hall. Sphenothallus angustifolius Hall. . Sphenothallus angustifolius Hall. Haliserites Dechenianus m. Sphaerococeites dentatus Sternb. 75 Serra Sternb. 55 lichenoides m. angetroffen werden. Spezieller Fundort derſelben. Zu Steinsberg bei Dietz im Naſſauſchen, im Cypridinenſchiefer. 8 Aeltere Grauwacke unmittelbar an der Schicht mit Spirifer ee zu An menau bei Ems \ Uebergangsſchiefer an den Ufern Gr Moſel bei Bradenbach, N aus 1175 Condethal bei Winningen und am Rhein bei Niederlahnſtein . a Im Uebergangskalk auf der Inſel Linde bei Chriſtiania in egen 8 Im Schieferthon des Berges Billingen zu Lilla Lycke und zu Vorring in Beton land, fo wie in Dalekarlien . IE ae u BE ET ; In Kärnthen In New-Vork. Uebergangsf. zu Räbäck in 1 Künnekulle in dalla Uebergangsf, im Harz im Nammelsberge . . Uebergangsf. im Harz zu Schulzenburg Im kieſelhaltigen SEN bei A in der Gg Clinton im Staate New⸗ Vork. 1 s FF Zu Jackſonburgh und Middleville in der Grafſchaft Herkimer im Staate New-York Glen's Fall im Staate New-York Grafſchaft Lewis, Loraine in der Grafſchaft Sefa 10 zu 1 Pulaski in Me Graf⸗ ſchaft Oswego im Staate New— Vork . Arthur's Steinbr. zu Jackſon in der Grafſchaft Waſhington im Staate New-Pork Bei den Dörfern Canajoharia, Mohawk und Schoharie in New-Pork Im Centrum der Hudſonflußgruppe bei Schoharie in New-Pork In Rheinpreußen in Thonſchiefern bei Horhauſen, am e des Brohlthales um Koblenz, bei Vallendar, Winningen und Kapellen EEE NETT WC Im Naſſauſchen bei Hackenburg f ah In Kalkſchichten bei Quebe in Canada. Desgl. In Cvypridinenſchiefer zu Steinsberg bei Dietz im Naſſau'ſchen . Formation. Devoniſche Formation. (F. u. G. Sandberger.) Desgl. Aeltere devoniſche Schichten. Aeltere devoniſche Schichten. (Spiriferenſandſtein.) (Wirtgen.) Desgl. Desgl. Obere ſiluriſche Formation in der Clintongruppe. Aeltere Devoniſche Schichten. Aeltere devoniſche Schichten. (Spiriferenſandſtein.) Jüngere Grauwacke angeblich wechſellagernd mit Poſidonomyenſchiefer. (Römer.) Siluriſche Formation in der zweiten Etage (von unten nach oben) der unterſten Abtheilung. Siluriſche Formation in der vierten Etage der unterſten Abtheilung im Trenton— kalkſtein. Desgl. Siluriſche Formation in der ſechſten Etage der unterſten Abtheilung in der Hudſon— flußgruppe. Desgl. Desgl. Desgl. Aeltere devoniſche Schichten. (Spiriferenſandſtein.) Desgl. Siluriſche Formation. Wahrſcheinlich im Trentonkalkſtein oder der vierten Etage der unterſten Abtheilung. Desgl. Cypridinenſchiefer der devoniſchen Formation. (F. u. G. Sandberger.) Penn f—hp. . —.—ñ— . ——— —— . — ͤ.—..ñ — — EEE Bj Kd . e . . . ee Equisetaceae., — — IN Oo — Fucoides Namen der Pflanze. Delesserites antiquus m. Palaeophycus tubularis Hall. irregularis Hall. rugosus Hall. simplex Halli virgatus Hall. Harlania Hall. m. Phytopsis tubulosa Hall. Phytopsis cellulosa Hall. Scolecolithus linearis Hall. . Fucoides auriformis Hall. Equisetites radiatus Sternb. Calamites transitionis m. > cannaeformis Schloth. 90 Römeri m. (C. Göpperti Röm. ) Spezieller Fundort derſelben. In feinkörnigem Sandſtein im untern Goſethal bei Goslar Im kalkhaltigen Sandſtein in zahlreichen Lokalitäten längs des Mohawkthales, 115 ſonders bei Amſterdam; ferner gegenüber dem Dorfe von Fort Plain, längs der Eiſenbahn; Canajoharia; im Oſten von der Palatin-Brücke an mehreren Orten Im kalkhaltigen Sandſtein unter der vorigen Art bei Chazy, Grafſchaft Clinton, nahe an Keeſeville in der Grafſchaft Effer, zwiſchen dem . und Amſter⸗ dam im Mohawkthal .. 5 Im Trenton Kalkſtein in Middlevill, Weſt⸗Canada 118 unter RR Hiltprofpekt In der letzten ſchaligen Abtheilung des ae zu Middleville in der Graf— ſchaft Herkimer . In den Schichten der enn in dt cage. von min un Sch in der Grafſchaft Waſhington i SE In New=VHork, Virginien, Canada und Penfplvanien . In verſchiedenen Lokalitäten längs dem Mohawkthale bei Amſterdam, Fort Plain, St. Johnville, Canajoharia in New-VYork SI En ER Zu Waterlown und anderen Orten am ſchwarzen Fluß im Champlainthal in New— Vork. . Im Potsdamſandſtein ec im Thale des Champa Sees, Rollſteinen im sftti chen Theile von News Mork, ferner in demſelben Sandfteine zu New-Verſey, zu Susquehanna und einigen anderen Orten Penſylvaniens, Spuren davon durch Maryland und Virginien bis Teneſſe . Be Im weſtlichen Staate von New-Pork und dem benachbarten Canada Im Thale St. Amarin am oberen Rhein Im Grauwackenſandſtein zu Leobſchütz, Toſt in Deren, Kanes, B bene Haynichen in Sachſen : Bei Neuhof und Lauterberg im 9 0 Graudgcke des Puchthales i Bei Landeshut . i Ä Im Thonſchiefer bei Friedersdorf 110 Bägendorf bei Schweidnitz Im Grauwackenſandſtein zu Berndau bei Leobſchütz Bei Grund und im Innerſtethal im Harz EAN (Calamites Goepperti Röm.) Roſenhöfergangzuge Formation. Aeltere devoniſche Schichten. (Spiriferenſandſtein.) Siluriſche Formation in der zweiten Etage der unterſten Abtheilung. Desgl. Siluriſche Formation in der vierten Etage der unterſten Abtheilung im Trenton— kalkſtein. Desgl. Siluriſche Formation in der ſechſten Etage der unterſten Abtheilung der Hudſonfluß— gruppe. Siluriſche Formation in der erſten Etage im Medinaſandſtein der oberen ſiluriſchen Abtheilung. Siluriſche Formation in der vierten Etage, dem ſogenannten Vogelaugenkalkſtein der unterſten Abtheilung. Desgl. Siluriſche Formation in der erſten Etage in dem ſogenannten Potsdamſandſtein der unterſten Abtheilung. Siluriſche Formation in der erſten Etage im Medinaſandſtein der oberen ſiluriſchen Abtheilung (eine mehrere 100 Fuß mächtige rothe Sandſteinbildung, welche die Grenze zwiſchen der oberen und unteren Abtheilung der ſiluriſchen Formation bildet). Devoniſche Schichten? Schichten unter der Kohlenformation, analog dem Liegenden der engl. Kohlenformat. Aus der angeblich mit Poſidonomyenſchiefern abwechſelnden jüngeren Grauwacke. Schichten unter der Kohlenformation. Desgl. Desgl. Jüngere Grauwacke. (Römer.) Desgl. Samilie. quisetace ae. E Asterophyllitae. Filices. Namen der Pflanze. Calamites dilatatus m. (C. distans Röm.) tenuissimus m. . obliquus m. . variolatus m. Voltzii Brong. * Stigmatocanna Volkmanniana Anarthrocanna deliquescens m. 55 tuberculosa m. 95 approximata m. 95 stigmarioides m. Bornia scrobiculata St. Asterophyllites elegans m. 5 pygmaeus Brong. 55 Römeri m. 5 Hausmannianus m. Zygopteris solitaria m. Gyropteris sinuosa m. Sphenopteris refracta m. 3 pachyrrhachis m. = petiolata m. . 95 obtusiloba Brong. . 355 Halliana m. 95 Beyrichiana m. 5 anthriscifolia m. imbricata m. Hymenöphyliiies Gersdorfii m. Trichomanites grypophyllus m. eee species s (Jedoch nur 1 Fieber) Hiynigbopliitliten species (Fragment) Hymenophyllites dissectus . Spezieller Fundort derſelben. Im Grauwackenſandſtein zu Berndau bei Leobſchütz Buntebock im Harz r Im Dachſchiefer zu Grätz bei Troppau Im Dachſchiefer bei Friedersdorf und Bögendorf bei Schweidnitz In Schiefern bei Hausdorf in der Grafſchaft Glatz } Im Grauwackenſandſtein bei Landeshut Im Schieferthon des anthracitartigen auf Gneus eden Kohlenlagers zu a haupten und Zundsweiler im Großherzogthum Baden, am 1 Rande des Schwarzwaldes zwiſchen Offenburg und Lahr Grauwackenſandſtein bei Landeshut und zu Berndau bei Los Grauwackenartiges Geſtein am Jeniſey im Altai 8 Grauwackenkonglomerat bei Landeshut Lautenthal im Harz Zu Uckersdorf im Naſſauſchen Grauwackenkonglomerat bei Landeshut Haynichen in Sachſen : 8 In der Grauwacke der Siemäthalle: Silberhütte Im ſchieferigen Geſtein zu Hausdorf in der a Sins Ohne weitere Angabe des Fundortes In dichtem Sandſtein des Rammelsberges bei Goslar Lonau bei Harzberg am weſtlichen Fuß des Harzes In kalkhaltigen eee zu . Gatten in Bonn Graf⸗ ſchaft Glatz N 9 ; en Desgl. Desgl. Herborn im Naſſauſchen Desgl. Grauwackenſchiefer bei Landeshut mit Oyelopteris tenuifolia Im weſtlichen Theile von New- York. Haynichen in Sachſen Beim Dorfe Afonino im Altai im Baſſin Roklahsge... Desgl. Grauwackenſchiefer bei Landeshut Grauwackenſchiefer bei Elberfeld i Grauwackenſchiefer, Berndau bei Leobſchütz Weilburg in Naſſau Im Schieferthon des auf Gneus nden Ar taten Steinkohlenlagers zu 1 Bari haupten am weſtlichen Rande des Schwarzwaldes, zwiſchen Offenburg und Lahr. Desgleichen an mehreren Punkten der Steinkohlenform. Frankreichs Formation. — b ä. ů ̃.ẽ̃ẽ ẽẽ— — — ¼˙̃g 2¼½— —ꝛU:¼ W — — — — — — — —¼-— — — Schichten unter der Kohlenformation. Jüngere Grauwacke. Schicht unter der Kohlenformation, wohl älter als die Landeshuter Schichten und als jüngere Grauwacke zu bezeichnen. Desgl. Kohlenkalkformation. Schichten unter der Kohlenf., analog d. Lieg. d. engl. Kohlenf. Schichten unter der Kohlenformation. Desgl. Desgl. (Tchicatcheff.) Schichten unter der Kohlenf., analog d. Lieg. d. engl. 8 Jüngere Grauwacke. Im Poſidonomyenſchiefer. Desgl. Desgl. Jüngere Grauwacke angeblich mit Poſidonomyenſchiefer abwechſelnd. Kohlenkalk. Grauwacke. Aeltere devoniſche Schichten. (Spiriferenſandſtein.) Jüngere Grauwacke. (Römer.) (F. u. G. Sandberger.) Kohlenkalk. Desgl. Desgl. Im Poſidonomyenſchiefer. Desgl. Schichten unter der Kohlenformation. In der Chemunggruppe der devoniſchen Form. Schichten unter der Kohlenformation. Jüngere Grauwackeſchichten unter der Kohlenformation. Desgl. Schichten unter der Kohlenformation. Poſidonomyenſchiefer. Schichten unter der Kohlenformation. (F. u. G. Sandberger.) Im Poſidonomyenſchiefer. Schichten unter der Kohlenformation. Filices Lycopodiaceae. Namen der Pflanze. Trichomanites, 1 Spec. nur 2 kleine Fiedern Neuropteris Loshii Brong. . Odontopteris Stiehleriana m. Odontopteris imbricata m. Cyclopteris flabellata Brgn. > dissecta m. 15 tenuifolia m. 35 Bockschii m. EN frondosa m. = spec. (Fragment) in spec. (Fragment) > spec. (Fragment) Cyatheites asper m. Pecopteris stricta m. Dactylopteris Stiehleriana m. Lycopodites acicularis m. Lycopodites Stiehlerianus m. Lepidodendron hexagonum m. Lepidodendron squamosum m. Sagenaria aculeata Presl. 5 depressa m. . ” Veltheimiana Presl. x Roemeriana m. = acuminata m. J, geniculata Röm. 55 remota m. 75 concatenata m. 7 chemungensis m. 55 Spec. Spezieller Fundort derſelben. Berndau bei Leobſchütz Grauwackenſtein bei Landeshut . 5 (In der Kohlenformation zu Zwickau, England und Frankreich). Im Thonſtein von der Trift bei Wiegersdorf, oberhalb der Bielſteinsklippe b. Ihlfeld (welcher Thonſtein nach Stiehler's Mittheilungen unter dem Thonporphyr liegt, der zur Formation des älteſten Sandſteins, incl. Steinkohlenflötzes, bei Ihlefeld gehört). Herborn im Naſſauſchen Im Schieferthon des auf Gneus kuhenden 1 Steinkohlenlagers zu Berghaupten am weſtlichen Rande des Schwarzwaldes, Sn al und Lahr Grauwackenſchiefer zu Hausdorf, Grafſchaft Glatz . Grauwackenſchiefer bei Landeshut Grauwackenſchiefer bei Hausdorf, Grafſchaft Glatz Im kalkhaltigen Grauwackenkonglomerat bei Falkenberg, ah ee Grauwackenſchiefer zu Berndau bei Leobſchütz 8 A Herbornſaalbach bei Herborn im Naſſauſchen Bei Hausdorf, Grafſchaft Glatz .. Im Schieferthon des auf Gneus 1 9 anthegetgentgeh Steinkohlenlagers zu Berghaupten am weſtlichen Rande des Schwarzwaldes, zwiſchen Offenburg und Lahr. Desgleichen in der e zu Montrelais und zu St. George Chatelaiſon „„ eee Grauwackenſchiefer bei Sandeehur 2 In der Grauwacke am neuen Wege am Wal im Aena zu Wenigelade 4 Kunzendorf bei Freiburg . Im Thonſtein von der Trift bei Wiegersdorf, e der Bielſteinsklippe bei Ilfeld Grauwackenkonglomerat bei Landeshut, Grauwacke bei Lauterberg im Harz Kalkhaltige Grauwacke bei Glätziſch-Falkenberg in „ 5 Im Grauwackenſchiefer bei Hultſchin . . Uckersdorf im Naſſauſchen Grauwackenſandſtein bei Landeshut Berndau im Leobſchützſchen . Im Magdeburgſchen Im Harze bei Lautenthal Grund im Harz Hausdorf in der Graſſchaft Glas 9909 Sandes Bei Lautenthal im Harz . 8 In Berndau bei Leobſchütz in Deren . Landeshut in Schleſien 5 ; Im weſtlichen Theile von New— Pork er ee eee na Clausthal im Hatz in As ieee ner ebd ———— ——ĩ— . — —.—. ¶ K- hh Formation. Untere Schichten der Kohlenformation Schichten unter der Kohlenformation. Desgl. Im Poſidonomyenſchiefer. (F. u. G. Sandberger.) Schichten unter der Kohlenformation. 2 Kohlenkalk. Schichten unter der Kohlenformation. Kohlenkalk. Desgl. Schichten unter der Kohlenformation. Poſidonomyenſchiefer. Kohlenkalk. Schichten unter der Kohlenformation. Desgl. Aeltere Grauwacke, analog dem Spiriferenſandſtein im Naſſauſchen. Kohlenkalk. Schichten unter der Kohlenformation. Desgl. Kohlenkalk. Schichten unter der Kohlenformation. Poſidonomyenſchiefer. Schichten unter der Kohlenformation. Desgl. (Rücker.) Grauwacke. Poſidonomyenſchiefer. Jüngere Grauwacke. Schichten unter der -Kohlenformation und Kohlenkalk. Poſidonomyenſchiefer. Grauwacke, gleich den Schichten unter der Kohlenformation. Desgl. 9 In der Chemunggruppe der devoniſchen Formation. Jüngere Grauwacke. (Stichler.) (Stichler.) Lycopodiaceae., Stigmarieae. Noeggerathiae. — Namen der Pflanze. Sagenaria spec. (Knorria cylindrica F. A. » Römer) Sagenaria spec. (nor is Aug Röm“) In Dunk. u. Meyer Paleont. III. 1. T. VII. F. 17. Sagenaria spec. A spec. % spec. Aupidierin 1 Ancistrophyllum stigmariaeforme . (5. minutum m.) Dechenia euphorbioides m. Didymophyllon Schottini Cardiocarpum punctulatum . (Goepp. et Berger.) Megaphytum Kuhianum m. 1 remotissimum m. 5 dubium m. 1 Hollebeni Ung. . Knorria imbricata Sternb. a longifolia m. 15 acicularis m. A Schrammiana m. 1 polyphylla F. A. Röm. 55 Jugleri F. A. Röm. 90 Goepperti F. A. Röm. 95 megastigma F. A. Röm. Noeggerathia obliqua m. 0 abscissa m. ” ovata m. . aequalis m. . distans m. / Stigmaria ficoides Brgn. _ B. undulata m. &. sigillarioides m. C. inaequalis m. 3. elliptica m. ı. laevis m. —— ——— w Ya ee ——ñůßÄ—ßÄ—vX⁸üʒ—ñ ——ꝛßꝛßꝛ3;L˖⸗»f ——ß—ß—ßð3xÜ‚—uũ ! — —̃ —ßß—ß7v7tꝛ? — — —————ññ ̃ —ͤ6ͤ— Spezieller Fundort derſelben. Bei Grund im Harz . Clausthal nt Cazenovia im Staate New-Pork Koblenz. Grauwacke des Clausthaler Pochthales Grauwackenſandſtein bei Landeshut i Grauwackenſandſtein zu Berndau bei Leobfehüp . Grauwackenſandſtein bei Landeshut Grauwackenſandſtein bei Landeshut . Mit Produkten zu Ebersdorf Grauwacke bei Katſcher in Oberſchleſien. Grauwacke bei Berndau (Leobſchütz) Grauwacke bei Landeshut Grauwacke im Rothenberge bei Saalfeld. 5 Im Grauwackenkonglomerat bei Landeshut und bei Adelnau bei bender Ans a Im Grauwackenſchiefer bei Cazenovia, Madiſon im Staate New: dort, (Schäfer.) Im Harz und bei Magdeburg . en Re Grauwackenſchiefer bei Kittelwitz bei Leobſchütz Desgl. Desgl. In der Grauwacke zu Voigt's Luſt, unweit Clausthal im Harz In der Dorothea bei Clausthal ag EEE In der Grauwacke zwiſchen Neuhof und aebi Desgl. in denſelben Schichten bei Straßberg In der Grauwacke zwiſchen Neuhof und Lauterberg Im Grauwackenſchiefer bei Gl.-Falkenberg Im Grauwackenſchiefer, Berndau bei Leobfhüg . Im Grauwackenſchiefer zu Mockerlaſitz bei Leobſchütz . Am rechten Ufer der Inia im Altai, im Baſſin von Kousnetzk Desgl. (Kuh.) Grauwackenſchiefer bei Landeshut Desgl. Desgl. Desgl. Herbornſaalbach im Naſſauſchen Formation. Jüngere Grauwacke. Desgl. Hamiltonſchichten, mittlere devoniſche Formation. Aeltere rheiniſche Grauwacke. Jüngere Grauwacke. Schichten unter der Kohlenformation. Desgl. Desgl. Desgl. Kohlenkalk. (Schäfer.) Schichten unter der Kohlenformation. Desgl. Desgl. Grauwacke. Schichten unter der Kohlenformation. Mittlere devoniſche Schichten in der Hamiltongruppe. Grauwacke. Schichten unter der Kohlenformation. Desgl. Desgl. Jüngere Grauwacke. Desgl. Desgl. Desgl. Desgl. Kohlenkalk. Schichten unter der Kohlenformation. Desgl. Jüngere kalkhaltige Grauwacke oder Schichten unter der Kohlenformation. Desgl. Schichten unter der Kohlenformation. Desgl. Desgl. Desgl. Poſidonomyenſchiefer. (F. u. G. Sandberger.) Sigillarieae. Coniferae. Stigmaria ficoides Brgn. x. Anabathra Cord. Sigillaria minutissima m. i Voltzii Brongn. 99 densifolia Brongn. undulata m. . SE Vanuxemi m. Protopitys Bucheana m. . Araucarites Beinertianus m. Araucarites 'Tchichatcheffianus m. 7 7 Spezieller Fundort derſelben. Glätziſch-Falkenberg Im Dachſchiefer zu Bögendorf bei Schweitnig . Im Schieferthon des auf Gneus ruhenden Ui rpelkartigeir Steinkohlenlagers zu Berghaupten am 1 0 Rande des eee a a und Lahr. $ { Mit der origen Grauwackenkonglomerat bei Landeshut In Allen's Steinbruch bei dem Dorfe Se in 1 Pork Kalkhaltiges Grauwackenkonglomerat bei Gl.-Falkenberg Desgl. Am rechten Ufer des Jeniſei im Altaigebirge — — — Formation. \ Namen der Pflanze. VVV Kohlenkalk. Schichten unter der Kohlenformation. Desgl. Desgl. Desgl. Chemunggruppe der devoniſchen Formation. Kohlenkalk. Desgl. Schichten unter der Kohlenformation. 65 B. Geologiſche Ueberſicht der foſſilen Pflanzen, geordnet nach den Abtheilungen der Uebergangsformation. I. Siluriſche Formation. A. Untere ſiluriſche Formation. 1. Potsdam -Sandſtein. Buthotrephis gracilis Hall. Scolecolithus linearis Haldermann. Buthotrephis succulenta Hall. 2. Kalkführender Sandſtein. Sphaerococcites Serra St. *) Palaeophycus tubularis Hall. Sphaerococeites dentatus St. Palaeophycus irregularis Hall. 8 5 0 Buthotrephis antiquata Hall. 5. Utika⸗ Schichten. 3. Birdſeye oder Vogelaugenkalkſtein. Sphenothallus angustifolius Hall. Phytopsis tubulosa Hall. Phytopsis cellulosa Hall. 6. Hudſon⸗Flußgruppe. ? 4. Trenton = Kalfftein. Palaeophycus virgatus Hall. Palaeophycus rugosus Hall. Buthotrephis subnodosa Hall. Palaeophycus simplex Hall. Sphenothallus latifolius Hall. B. Obere filurifche Formation. Medinaſandſtein. 0 Clintongruppe. Harlania Hallii m. Chondrites antiquus St. Fucoides auriformis Hall. II. Devoniſche Formation. Europa: Amerika: Aeltere oder rheiniſche Grauwacke. 4 7 3 amiltonſchichten. Spiriferenſandſtein. ® ſchich Haliserites Dechenianus m. Knorriae species. Chondrites antiquus Sternb. Sagenariae species. Chondrites Nessigii F. A. Röm. Sagenariae spec. Chemungſchichten. Delesserites antiquus m. Sphenopteris Halliana m. Asterophyllites Römeri m. e Sagenaria chemungensis m. Dactylopteris Stiehleriana m. Sigillaria Vanuxemi m. *) Dieſe beiden ſchon von Adolph Brongniart beſchriebenen Fukoiden werden in Kalkſchichten bei Quebeck angegeben, welche Gegend die amerikaniſchen Geologen zum Trentonkalkſtein rechnen, obſchon ſie dieſer beiden foſſilen Reſte nicht gedenken. Vielleicht ſind es auch keine Pflanzen, ſondern Graptolithen, was ich gar nicht fuͤr unwahrſcheinlich halte. 9a 66 Cypridinenſchiefer. Confervites acicularis m. Sphaerococcites lichenoides m. III. Kohlenkalk. Asterophyllites elegans m. Cyclopteris spec. Fragment. Calamites transitionis m. N Lycopodites acicularis m. Zygopteris Tubicaulis m. Cardiocarpon punctulatum Goepp. et Berg. Gyropteris sinuosa m. Lepidodendron squamosum m. Sphenopteris refracta m. Noeggerathia obliqua m. Cyclopteris dissecta m. Stigmaria ficoides x. Anabathra m. - Bockschii m. Protopitys Bucheana m. - frondosa m. Araucarites Beinertianus m. IV. Poſtdonomyenſchiefer. ) Anarthrocanna stigmarioides m. | * Sagenaria Veltheimiana m. * Bornia scrobiculata Sternb. - Roemeriana m. Sphenopteris pachyrrhachis m. - geniculata F. A. Römer. Sphenopteris petiolata m. Knorria polyphylla F. A. Römer. Hymenophyllites spec. fragment. - Jugleri - Odontopteris imbricata m. Goepperti Cyclopteris spec. fragment. megastigma - * Lepidodendron hexagonum m. Stigmaria ficoides A. laevis m. Sagenaria depressa m. V. Jüngere Grauwacke des Harzes, Sachſens und Schleſtiens, “) analog dem Liegenden der engliſchen Kohlenformation. Equisetites radiatus Sternb. Anarthrocanna tuberculosa m. + Calamites transitionis m. deliquescens m. + - cannaeformis Schloth. Bornia scrobiculata St. - Roemeri m. Asterophyllites pygmaeus Brong. - dilatatus m. 5 Asterophyllites Hausmannianus m. tenuissimus m. Sphenopteris Beyrichiana m. - obliquus m. - anthriscifolia m. - variolatus m. - imbricata m. - Voltzii Brong. - obtusiloba m. Stigmatocanna Volkmanniana m. ++ Hymenophyllites Gersdorfii m. Anarthrocanna approximata m. - spec. fragment. * „) Nach F. A. Römer ſollen im Harz die Schichten jüngerer Grauwacke mit Poſidonomyenſchiefer abwechſeln, womit jedoch v. Dechen (Verh. des naturh. Vereins der Rheinlande, Jahrg. 7. 1850. S. 186 u. f.) nicht übereinftimmt, daher ich auch die Flora deſſelben beſonders aufführte, jedoch die mit einem Sternchen bezeich⸗ net, welche ſowohl in dem Poſidonomyenſchiefen wie in der juͤngeren Grauwacke vorkommen. In Schleſien iſt Poſidonomyenſchiefer, außer vielleicht von mir in der Gegend von Reinerz, noch nicht beobachtet worden. ) Die mit einem ſtehenden Kreuz bezeichneten Arten kommen auch im Kohlenkalk, die mit zwei Kreuzen ver— ſehenen zugleich auch in der Steinkohlenformation vor. 67 ++ Hymenophyllites dissectus m. Ancistrophyllum stigmariaeforme m. Trichomanites grypophyllus m. Dechenia euphorbioides m. spec. fragment. Didymophyllon Schottini m. +r Neuropteris Loshii Brgn. Megaphytum Kuhianum m. Odontopteris Stiehleriana m. - remotissimum m. ” Cyelopteris flabellata Bran. - dubium m. Cyclopteris tenuifolia m. - Hollebeni Ung. +} Cyatheites asper m. Knorria imbricata Sternb. Pecopteris strieta m. - longifolia m. Noeggerathia aequalis m. - acuminata m. - distans m. - Schrammiana m. - ovata m. Stigmaria ficoides Brgn. - abscissa m. ß. undulata m. Lycopodites Stiehlerianus m. &. sigillarioides m. Lepidodendron hexagonum m. €. inaequalis m. Sagenaria Veltheimiana m. J. elliptica m. Tr - aculeata Presl. Sigillaria minutissima m. + - acuminata m. - Voltzii Brgn. - remota m. - densifolia Brgn. - concatenata m. - undulata m. Sagenariae spec. fragm. Araucarites Tchichatcheffianus m. Ergebniſſe. Wenn ich auch vorausſetzen darf, daß binnen wenigen Jahren, namentlich nach Veröffentlichung die— ſer Arbeit, man im Uebergangsgebirge bald eine viel größere Zahl von Arten entdecken dürfte (50 beob— achtete ich auf einem im Verhältniſſe zur Ausdehnung der Uebergangsformation ſehr kleinem Areal allein in Schleſien), ſo will ich doch nicht unterlaſſen, ſchon jetzt einige Schlußfolgerungen nach der gegenwärtigen Erkenntniß derſelben zu ziehen. 1) 2 — 3) Landpflanzen fehlen in den älteſten oder ſiluriſchen Schichten, wie die in dieſer Hinſicht ganz be— ſonders werthvollen Forſchungen der amerikaniſchen Geologen für Amerika nachgewieſen haben. Hoffentlich wird man auch bald in Europa Aehnliches beobachten. Seepflanzen und zwar Fukoiden beginnen auf unſerer Erde die Vegetation. Jedoch können wir nicht behaupten, obſchon mehrere von ihnen, wie z. B. Harlania Hallii, eine ſehr eigenthümliche Organiſation zu beſitzen ſcheinen (worüber erſt ſpätere Forſchungen uns Aufſchlüſſe ertheilen können), daß dieſe erſte Vegetation ſich ſo auffallend verſchieden von der unſerigen zeigte, wie dies von der Landvegetation der Steinkohlen— formation im Vergleich zu der gegenwärtigen geſagt werden muß. In Amerika wie in Europa treten die erſten Landpflanzen und zwar nur ſehr vereinzelt auf, begin— nen jedoch ſchon mit bekannten Familien der Steinkohlenflora (Lycopodiaceen, Filices und Aſtero— phylliten), vermiſcht mit Seepflanzen (Fukoiden), welche letztere gewiſſe Schichten, wie die der Cypridinenſchiefer, vielleicht ausſchließlich einnehmen. 2 Im Kohlenkalk find die Pflanzen ſchon zahlreicher; Fukoiden ſcheinen zu fehlen, wenigſtens find fie bis jetzt noch nicht gefunden. Zu den vorhin genannten Familien der Landpflanzen treten Farren in größerer Mannigfaltigkeit hinzu, wie auch Stigmarien, Sigillarien, Nöggerathien und Coniferen, letztere zum Theil ohne Jahresringe. Bei der geringen Zahl der Farren läßt ſich jedoch das Vor— 4 — — 68 herrſchen der Neuropteriden wahrnehmen, was auch in den jüngeren meiſt folgenden Formationen der Fall iſt. Nächſt ihnen treten die Sphenopteriden zuerſt hier auf. Pecopteriden erſcheinen erſt in den folgenden jüngeren Schichten. Die Flora des Poſidonomyenſchiefers iſt von der der jüngeren, dem Milston grit der engliſchen Kohlenformation zu paralleliſirenden Grauwacke hinſichtlich der Gattungen und Arten nicht we⸗ ſentlich verſchieden, ja ſelbſt in verſchiedenen Gegenden wie im Harz und in Schleſien, haben ſie mehrere Arten gemeinſchaftlich. Fukoiden fehlen gänzlich; Equiſeten, namentlich Calamiten, Farren, insbeſondere die Gruppe der Neuropteriden und Sphenopteriden (Pecopteriden ſind nur durch ein Paar Arten vertreten), herrſchen vor. Nur eine Art, die Sagenaria acuminata, hat dieſe Forma⸗ tion mit der älteren des Kohlenkalks gemein, mehrere dagegen, 6 an der Zahl (Calamites cannae- formis, Sphenopteris obtusiloba, Hymenophyllites dissectus, Cyatheites asper, Sagenaria aculeata) mit der jüngeren Formation der Steinkohlen. Die Geſammtzahl ſämmtlicher, in diefen verſchiedenen Gebirgsſchichten bis jetzt entdeckten Arten be⸗ trägt inel. von 9 gewiß entſchiedenen, aber nur fragmentariſch erhaltenen Arten 119, welche folgen: den Familien angehören: Fucoiden . 24 Arten, Kaulseten 14 „ Asterophylliten 4 „ Sphenopterides 16 „ Filices Neuropterides . 10 „ Pecopterides „„ Noeggerathiaee . . 6 „ Lycopödiaceaee . 36 „ W 323 s 122 Arten. Sämmtliche Hauptfamilien der Kohlenformation, mit alleiniger Ausnahme der auch in dieſer Forma⸗ tion nur ſparſam beobachteten Cycadeen und Palmen, ſind unter ihnen bereits vertreten. Hieraus ſcheint nun allerdings hervorzugehen, wie auch Brongniart ſchon behauptete, daß in der langen Periode, welche von dem erſten Erſcheinen der Vegetation auf der Erde bis zum rothen Sandſtein, der die Steinkohlen bedeckt, keine weſentliche Verſchiedenheit in der Vegetation der verſchiedenen Schichten gefunden werde. Ob aber wirklich die hier aufgeſtellte, doch auch unverkennbar ſich herausſtellende Reihenfolge der Entwickelung der Vegetation ſich ferner beſtätigen wird (Sharpe und Bunburg fanden nach Brongniart in Portugal größere Kohlenlager und Landpflanzen, mit entſchieden ſiluriſchen thieriſchen Verſteinerungen), müſſen wir erwarten. ; — F —— 69 2. Bericht über die Arbeiten der entomologiſchen Sektion im Jahre 1850. Die entomologiſche Sektion hat ſich im abgelaufenen Jahre zu fünfzehn Sitzungen verſammelt, in welchen folgende Vorträge gehalten wurden: A. Allgemeines. Herr Profeſſor C. Th. v. Siebold legte der Sektion ein von ihm geſammeltes entomologiſches Her— barium vor, worüber Näheres unter dem Abſchnitt „Arachniden“ mitgetheilt werden wird. — Derſelbe zeigte ferner verſchiedene Coleopteren, Orthopteren und Iſopoden vor, welche die berühmten Adelsberger Höhlen be— wohnen und welche derſelbe der Güte des Herrn Kollar in Wien und Schmidt in Laibach zu ver— danken hatte. Der Sekretär der Sektion hielt einen Vortrag über die vorzüglichſten Ergebniſſe auf dem Gebiete der Entomologie ſeit einem Jahre. B. Beſonderes. „e I. Coleoptera. Lehrer Letzner zeigte ein Stück eines Bolyporus vor, welches ihm von Herrn Oberförſter Zebe jun. in Volpersdorf überſendet und an einem Feldbirnbaume gefunden worden war. Daſſelbe war bewohnt von Larven der Eledona agaricola Latr., die ſich in kugelförmig zugenagten, von einer Höhlung umgebenen, nur an einem Punkte noch feſtſitzenden Pilzſtücken perpuppt hatten, und im warmen Zimmer Herrn Zebe ſchon im Januar als vollkommene Inſekten ausgekrochen waren. E Derſelbe zeigte die von ihm bisher in Schlefien geſammelten Arten des Genus Callidium vor, untet denen C. coriaceum Payk. bis jetzt noch von keinem Entomologen Schleſiens aufgefunden worden war. Es wurde von ihm Ende Juli am N.- und S.⸗W.⸗Abhange des Altvaters an Holzſtößen angetroffen. — Ebenſo zeigte er eine bei Uſtron gefangene Varietät des Cychrus rostratus Lin., nämlich C. elongatus Hoppe, vor. 9 b 70 Derſelbe zeigte eine Anzahl Larven und Puppen von Clythra 4 punctata Lin. vor, welche ihm Herr Oberförſter Zebe jun. zugefandt hatte und die von dieſem in dem unterften Theile eines Neſtes der For— mica ruſa zu Hunderten gefunden worden waren. Lehrer Letzner zeigte ferner 30 Exemplare der in Schleſien ſeltenen Cantharis clypeata III. vor, welche er zu Pfingſten d. J. auf den Abhängen des Kitzelberges bei Kauffung, im Katzbachgebirge, gefangen hatte. Außer der Hauptform, bei welcher der Scheitel und ein winkeliger Fleck auf der Mitte des Thorax ſchwarz und die Hinterſchenkel an der Spitze ſchwärzlich oder bräunlich ſind, hatten ſich noch folgende Va— rietäten herausgeſtellt: a) Thorax mit zwei bräunlichen Flecken oder ganz gelblich; Kopf und Füße wie bei der Hauptart. — b) Hinterſchenkel ganz gelb; Kopf und Thorax wie bei der Hauptform. — c) Thorax und Hinterſchenkel ganz gelb; Kopf wie bei der Grundform. — d) Kopf und Schenkel ganz gelb; Hals— ſchild mit einem bräunlichen Flecken. — g Lehrer Letzner zeigte ferner einen Theil der von ihm in der letzten Hälfte des Monats Juli d. J. im Rieſengebirge gefangenen Käfer vor, und berichtete darüber Folgendes: Wegen des täglich wieder eintretenden feuchten Nebels oder Regens, beſchränkte ſich mein Aufenthalt im Rieſengebirge auf die Tage vom 20. bis 31. Juli. Die Ausbeute mußte des ungünſtigen Wetters we— gen gering und einſeitig ſein, und konnte ſich, da der Käſcher auch nicht ein Mal benutzt werden konnte, nur auf die unter Steinen und Moos lebenden Thiere beſchränken. Was auf dieſe Weiſe an Zahl der Arten verloren ging, wurde jedoch reichlich durch die Zahl von Exemplaren, welche von mehreren, ſonſt ſel— tenen Spezies in meine Hände gelangten, erſetzt. — Die von mir beſuchten Punkte des Gebirges waren: Reifträger, Veigelſtein, hohes Rad, Keſſelkoppe, Elbfall und Elbthal, große und kleine Schneegrube, Sieben— gründe, Thal des Weißwaſſers bis zur Wieſenbaude (offenbar der, die üppigſte Vegetation zeigende Theil des Rieſengebirges), Spaltebauden, Ziegenrücken, Brunnenberg, Rieſengrund, Thal der großen Aupe bis Zehgrund, Rübezahls Gärtchen, Schneekoppe, Melzergrund, Krummhübel, Hain, Agnetendorfer Schneegrube ic. — Als bemerkenswerth erlaube ich mir von den gefangenen Thieren folgende hervorzuheben: 1) Cieindela hybrida Fab., Var. virescens, Form b, ce Geitſchrift für Ent., herausgegeben vom Vereine für ſchleſ. Inſektenkunde, Coleopt., S. 46), gefangen in 1 Exempl. Ende Juli in der Agnetendorfer Schneegrube, unfern des oft beſprochenen Wanderſteines. Dieſer Fundort iſt darum von Intereſſe, weil bis jetzt das Vorkommen des Thieres im höhern Gebirge noch gar nicht beobachtet worden war. 2) Nebria Jockischii St., mehrere Exemplare oberhalb der Hampelbaude unter loſer Rinde liegen- der Baumſtämme, darunter einige mit rothen Kinnbacken. 3) Nebria nivalis Payk. und zwar vorzüglich die Var. arctica Dej. (hyperborea Gyl.). Dieſes in Schleſien blos im Rieſengebirge ſich findende, ſchöne und ſeltene Thier wurde in großer Menge, jedoch merkwürdiger Weiſe nur von den Rändern der Schneegruben an, auf dem großen Plateau um die Gruben— baude (ſelbſt in der unmittelbarſten Nähe derſelben) bis gegen den Elbfall hin, ſeltener am Gipfel des hohen Rades und noch ſeltener in der kleinen Schneegrube unfern der Schneeflächen, ſtets unter Steinen von mir gefangen. In anderen, eben ſo hoch und höher gelegenen Theilen des Gebirges iſt es mir, trotz des auf— merkſamſten Suchens, nicht vorgekommen. Es laſſen ſich unter den mehr als 140 von mir gefangenen Exemplaren folgende Zwiſchenformen markiren: aa) Decken dunkelrothbraun oder faſt ſchwarz; Unterſeite, Beine, Halsſchild und Fühler ſchwarz. Macht ſehr deutlich den Uebergang zu N. Gyllenhalii. Einige Exemplare, welche lebend noch eine ſchwache, röthliche Färbung wahrnehmen ließen, waren todt vollkommen ſchwarz und alſo zu N. Gyllenhalii (welche mit ihr in Geſellſchaft, jedoch nur ſparſam, vorkam) geworden, wodurch alſo die Anſicht, daß die letztere wie die N. arctica nur Variet. einer Art ſeien, vollkommen beſtä— tigt wird. — bb) Decken lebhaft roth; Kopf, Halsſchild, Beine und Unterſeite ſchwarz; Fühler ſchwarz, oder nach der Spitze hin bräunlich; Kinnbacken öfters roth. Dunkelrothe Exemplare machen den Uebergang zu der vorhergehenden Form. — cc) Decken gelblichroth oder röthlichgelb; Kopf, Halsſchild, Beine und Unter⸗ 71 ſeite ſchwarz, letztere zuweilen in der Mitte ſchwärzlichbraun; Fühler wie bei der vorigen, Kinnbacken meiſt roth. — dd) Decken gelblich; Kopf und Halsſchild ſchwarz, letzteres öfter an feinem äußerſten Seitenrande röthlich durchſcheinend; Kinnbacken, Fühler und Unterſeite wie bei der vorigen; Schenkel ſchwarz, Schienen meiſt braun, Tarſen gelbroth. — ee) Decken gelblich; Kopf und Halsſchild ſchwarz, letzteres zuweilen mit ſchmalem, röthlichem Rande; Unterſeite braun, Beine mehr oder weniger ſchwärzlich braun. Fühler und Kinnbacken wie bei ce. Es gehören hierher nur junge Exemplare mit weichen Flügeldecken. — ff) Decken gelblich; Unterſeite mehr oder weniger gelblichbraun; Kopf ſchwarz, Halsſchild ſchwarz mit breitem gelblichbrau— nem Rande; Beine ſchwarz oder mehr oder weniger bräunlich; im Uebrigen wie die vorige. Meiſt junge, zum Theil noch weiche Exemplare. — Die erſten vier Formen umfaſſen vollkommen ausgebildete Exemplare mit ganz erhärteten, nach dem Tode etwas weniger lebhaft als vorher gefärbten Deckſchilden, die beiden letz— ten meiſt junge, eben ausgekrochene Exemplare. Jedenfalls iſt der Mangel an Licht und Wärme, der na— mentlich dieſen Sommer bei den faſt fortwährend nebel- oder regenreichen Tagen ſich ſehr bemerkbar machte, die Urſache der bei ſo vielen Thieren verzögerten oder gar unterbliebenen Ausfärbung, und man dürfte des— halb in ſonnigen, warmen Sommern jedenfalls an den oben angeführten Orten nur N. Gyllenhalii zu Ge⸗ ſicht bekommen. Merkwürdig iſt es jedoch, daß unter ſo vielen Thieren auch nicht eins mit rothen Schen— keln (N. nivalis Payk.) oder ganz rothen Beinen (Var. rufipes v. Ue.) ſich vorfand. Beide wurden von mir bisher nur am Altvater gefangen. — Daß übrigens dieſe Thiere nicht ſämmtlich zu einer und derſelben Zeit die Puppenhülle verlaſſen, hatte ich mehrfach zu beobachten Gelegenheit. Schon am 20. Juli fing ich einige eben ausgekrochene Exemplare und ebendaſelbſt 8 und 11 Tage ſpäter noch mehrere, ja ich erhielt ſogar ſolche, welche an demſelben Orte Mitte Auguſt geſammelt worden waren. — Am Weißwaſſer war bis nahe zur Wieſenbaude N. Gyllenhalii häufig, jedoch kein Exemplar von arctica, und ſelbſt die noch ganz weichen, noch nicht einen Tag alten Exemplare zeigten auf der Oberſeite eine faſt pechbraune, alſo dunkelere Färbung, als fie bei arctica vorzukommen pflegt. Die einzigen beiden Abänderungen, welche mir hier auf: ſtießen, beſtanden darin, daß bei Einigen die Unterſeite mehr oder weniger gelblichbraun, bei Anderen die Kinnbacken mehr oder weniger roth und die Taſter zuweilen bräunlich waren. 4) Leistus spinibarbis Fab. Von dieſem, erſt im vorigen Jahre von Hrn. Dr. Wocke in 1 Exemplar in Schleſien aufgefundenen, ſeltenen Thiere iſt es mir trotz des fleißigſten Suchens nur gelungen 7 Exemplare zu fangen, davon eines am Fuße des Koppenkegels, die übrigen auf dem Veigelſteine, alſo ſtets über 4300 F. Bei allen Exemplaren zeigt der Rand des Halsſchildes eine röthliche Färbung. 5) Carabus catenulatus Fab., welcher, gegen alle bisherigen Beobachtungen, ein Mal am oberen Theile des Koppenkegels, ein ander Mal auf dem Gipfel des hohen Rades unter Steinen von mir gefan— gen wurde. N 6) Carabus violaceus Lin., Var. nivalis; Halsſchild und Ränder der Decken ſchwarz, die letzteren bei todten Exemplaren auf der Mitte rothbraun, bei lebenden heller. Dieſe in der Zeitſchrift für Entomol. (herausgegeben vom Vereine für ſchleſ. Inſ.-Kunde, Coleopt. S. 88) bereits erwähnte, ſeltene Var. wurde in 1 Exemplar (ein 10““ langes, vollkommen hartes, alſo ſchon vor längerer Zeit ausgekrochenes P) eben— falls am Koppenkegel unfern des Vorſtehenden gefangen. Jedenfalls waren auch hier die trüben, kalten Tage die Urſache der nicht vollſtändig erfolgten Ausfärbung. 7) Platysma negligens St., Pterostichus Sturmii Dej., in Schleſien allein im Rieſengebirge und zwar nur auf dem höchſten Theile deſſelben. Das Thier wurde von mir in Menge (130 Exemplare) an den Rändern der Schneegruben, auf dem hohen Rade, der großen Sturmhaube, dem Lahnberge, dem Brun— nenberge, dem Ziegenrücken und am Fuße des Koppenkegels unter Steinen geſammelt. Die Färbung der Fühler und Beine iſt bei dieſer Art durchaus nicht beſtändig, und bald erlangt die rothe, bald die ſchwarze Farbe bei denſelben das Uebergewicht. Bei vielen Exemplaren find die Fühler wie fie Sturm (Fn. Deutſch— lands VII, Taf. 113) abgebildet hat, alſo die erſten 3 Glieder, zuweilen auch noch die Wurzel des 4., heit 72 roth, die übrigen ſchwarz, oder an ihren Wurzeln mehr oder weniger bräunlich oder röthlich. Nicht felten find auch alle Glieder hellroth. Dehnt ſich die ſchwarze Farbe mehr aus, fo erſcheinen die 3 Wurzelglieder dunkler roth, braun, ſchwärzlich oder zuletzt ganz ſchwarz. — Ebenſo veränderlich iſt die Färbung der Beine, welche entweder ebenfalls ganz hellroth oder braun vorkommen, oder an den Schenkeln und ſelbſt mehr oder weniger an den Schienen ſchwarz gefärbt ſind. Oft entſpricht die Färbung der Beine der der Fühler, doch kommen auch zahlreiche Fälle vor, wo bei den erſteren das Schwarz vorherrſcht (Var. a), die Fühler jedoch ganz roth ſind. — Da bis jetzt auch in den neueſten Werken über die verſchiedenen Formen dieſes Thieres nichts geſagt iſt, ſo erlaube ich mir folgende hier namhaft zu machen: a) Schenkel ſchwarz, Schienen an der Baſis in größerer oder geringerer Ausdehnung ſchwarz, fo daß zuweilen nur noch 3 — . derſelben an der Spitze roth iſt; Tarſen auf der Oberſeite oft ſchwärzlich, namentlich die hinterſten. In Beziehung auf die Färbung der Fühler zerfällt dieſe Variet. in folgende Unterformen: aa) Fühler ganz ſchwarz. Sehr ſel— ten, ich beſitze nur 1 Exemplar. — bb) Wurzelglied der Fühler roth, die übrigen ſchwarz. — ce) Die erſten 3 Glieder ſchwärzlich oder bräunlich, die übrigen ganz ſchwarz. — dd) Die erſten 3 Glieder, zuweilen auch noch die Wurzel des 4., hellroth, die übrigen ſchwarz oder an ihrer Wurzel mehr oder weniger röthlich. — ee) Fühler ganz hellroth. — b) Schenkel entweder ſämmtlich, oder wenigſtens noch die hinterſten ſchwarz, Schienen und Tarſen roth; Fühler ganz roth oder an der äußeren Hälfte bräunlich oder ſchwärzlich. — c) Schenkel ſchwärzlichbraun oder dunkelroth; Fühler wie bei der vorſtehenden. Dieſe Varietät dürfte die meiſten Exemplare umfaſſen, ſonach die Hauptform fein. — d) Füße ganz hellroth; Fühler ganz roth oder an der Spitze bräunlich. — e) Halsſchild unten roth, Abdomen ſchwarz. — 1) Ganze Unterfeite gelblichroth. — 2) Unterſeite gelb, Oberſeite braunroth. — h) Halsſchild, Beine und ganze Unterſeite gelb, Kopf und Decken gelblichbraun. Unausgefärbte, weiche Exemplare. — i) Halsſchild an den Seiten viel weniger ge— rundet, merklich ſchmäler und daher ſcheinbar länger als bei den vorigen. Sehr ſelten; ich beſitze nur ein, feiner Färbung nach der Var. a zugehörendes Thier. Es gelang mir ferner: 8) Chrysomela islandica Köhler dies Jahr in bedeutender Anzahl (an 300 Stück) und in man⸗ cherlei Abänderungen zu fangen. Da der Käfer ſonſt im Ganzen ſelten zu ſein ſcheint, über Varietäten deſ— ſelben ich aber noch nirgend etwas geleſen habe, ſo erlaube ich mir Folgendes darüber mitzutheilen: Was zunächſt den Namen betrifft, ſo muß das Thier Chr. islandica Köhler (nicht Andersch oder Germar) heißen, da daſſelbe zuerſt von dem ſchleſ. Entomologen Lehrer Köhler in Schmiedeberg aufgefunden, unter⸗ ſchieden und unter dieſem Namen in Weigel's geograph. Beſchreibung von Schleſien X, 104 (Berl. 1806) aufgeführt, durch die Beifügung: „Auf dem Rieſengebirge unter dem isländiſchen Moos“ hinlänglich kennt⸗ lich gemacht, und auch von ſpäteren ſchleſ. Entomologen (namentlich Herrn Schummel, der dem Kantor Köhler innig befreundet war) als die Chr. islandica And. oder Germ. erkannt worden iſt. Im Jahre 1820 wurde das Thier zuerſt beſchrieben und abgebildet von dem verft. breslauer Entomologen Richter, in deſſen Suppl. Faunae inseetorum Europae Fasc. I, Taf. 6 (Vratislaviae 3820) und zwar mit Uns recht unter dem neuen Namen Chr. lichenis Richter, weil der Letztere nicht nur durch mündliche und ſchriftliche Mittheilungen den ſchon ſo lange üblichen Namen kannte, ſondern auch in ſeiner Beſchreibung die Chr. islandica Köhler als Synonym citirt. Erſt im Jahre 1824 beſchrieb Germar das Thier in ſeinen Coleopterorum spec. nov. p. 585 als Chr. islandica Andersch (welcher Letztere ſie, wofür auch die Angabe Germar's: „habitat in Silesiae lichene islandico“ ſpricht, jedenfalls aus Schleſien wahr— ſcheinlich von Köhler ſelbſt unter dieſem Namen erhalten hatte), und erſt im Jahre 1825 Duftſchmid in feiner Fn. Austriae III, 177 als Chr. lichenis Dahl, welchem fie, wie zu vermuthen iſt, von Richter, der mit ihm in Verbindung ſtand, mitgetheilt worden war. Da die bis jetzt exiſtirenden mir bekannten Beſchreibungen dieſer Chryſomele nur auf eine kleine An⸗ zahl von Thieren gebaut zu ſein ſcheinen, ſo erlaube ich mir, als Beitrag zur genaueren Kenntniß der Art, 73 eine auf meine zahlreichen Exemplare ſich gründende Beſchreibung beizufügen: Kopf von der Farbe des Hals— ſchildes, in dieſes zurückgezogen, vorn tief-, weiter nach oben fein weitläuftig punktirt, auf dem Scheitel öf— ters ganz glatt; zwiſchen den Antennen mit einem ſanft nach oben gebogenen, tiefen und beſtimmten Quer— eindrucke, von deſſen oberſtem Punkte (in der Mitte der Stirn) ſich eine mehr oder weniger tiefe, zuweilen kaum oder auch gar nicht wahrnehmbare, in dieſem Falle jedoch auf dem Scheitel meiſt tiefer werdende, und bei vorgeſtrecktem Kopfe daſelbſt faſt immer ſichtbare, bisweilen ſehr tiefe, eingedrückte Längslinie emporzieht. — Die Fühler ſtehen auf einem kleinen Vorſprunge des Kopfes, werden nach der Spitze hin dicker (na— mentlich beim §) und find ſchwarz, nach der Spitze hin grau behaart; das 1. und 2., zuweilen auch noch das 3. Glied ſind auf der unteren Hälfte heller oder dunkler roth, auf der oberen grünlich, bläulich oder erzfarbig, ſelten auch da röthlich. — Das Halsſchild iſt doppelt ſo breit, als in der Mitte lang, vorn ſchmaler als hinten, in der Mitte am breiteſten, ringsum fein gerandet. Seiten mäßig gerundet, hinten (kurz vor dem Hinterwinkel) ein wenig einwärts geſchwungen; Hinterrand in der Mitte ſtark nach hinten ausgebogen, Hinterecken faſt rechtwinkelig. Vorderrand mäßig ausgerandet, Vorderwinkel abgerundet. Sei— tenrand durch einen ſanft gebogenen, mit dem Außenrande parallel laufenden (vorn zuweilen ein wenig mehr nach einwärts gekrümmten), tiefen, nach vorn meiſt immer (zuweilen plötzlich) flacher werdenden Längsein— druck ſeiner ganzen Länge nach ſtark wulſtartig emporgehoben. Oberſeite mäßig gewölbt, in den Eindrücken dicht und tief, nach der Mitte zu feiner und weitläuftiger, auf den Wülſten in der Regel ſehr fein und zer— ſtreut punktirt. Ueber die Mitte zieht eine ſchmale, glatte, ebene Längslinie, die zuweilen (bald vorn, bald in der Mitte) in eine mehr oder weniger vertiefte Längsfurche, ſeltener, und dann meiſt in der Nähe des Hinterrandes, in eine flache Kiellinie verwandelt iſt. — Schildchen breit dreieckig, glatt. — Deckſchilde ſehr hochgewölbt, an der Baſis mit einer ſcharfen, an den Hinterrand des Thorax genau ſchließenden Quer— kante, hinten ſteil abfallend, beim 2 nach hinten mehr verbreitert als beim &., bei dem erſteren an der Naht hinter der Mitte öfters abgeplattet oder mehr oder weniger tief eingedrückt; im Ganzen mäßig fein und mäßig dicht punktirt; doch kommen auch zahlreich Exemplare mit tieferer und ſeichterer Punktirung vor. Meiſt iſt die Punktirung auf der Mitte des Thorax feiner und auch wohl weitläuftiger, als die der Decken, oft iſt dieſelbe jedoch auch bei beiden gleich, oder ſogar auf dem erſten faſt dichter und tiefer, als bei den letzten. Die Punkte auf den Deckſchilden zeigen mehr oder weniger das Beſtreben, ſich hier und da in län— gere oder kürzere, zuweilen in ſanften Furchen liegende Reihen zu ordnen. Eine derſelben beginnt öfters un— fern der Spitze und zieht ſich an der Naht (meiſtentheils in einer Furche) zuweilen bis über die Mitte empor. Ebenſo zeigt ſich nicht ſelten unfern des Außenrandes eine mit dieſem parallel gehende kürzere oder längere Punktreihe. Bisweilen bemerkt man auf der Mitte der Decken eine mehr oder minder deutliche, verſchieden lange Doppelreihe von Punkten, welche von der Schulter nach der Spitze, alſo in etwas ſchräger Richtung hinzulaufen ſcheint, jedoch den Außenrand nie erreicht. Gewöhnlich bemerkt man bei ſo gezeichneten Exem— plaren eine meiſt noch deutlichere, mit jener parallel laufende, zweite Doppelreihe zwiſchen ihr und der Naht, ſo wie eine undeutliche dritte zwiſchen ihr und dem Außenrande. Dieſe Punktreihen ſind jedoch ſo verän— derlich, daß in Beziehung auf ſie nicht ſelten ſchon eine Decke von der andern abweicht. Der zwiſchen jeder Doppelreihe liegende Raum iſt zuweilen mit etwas weitläuftigeren und auch wohl feineren Punkten beſetzt, und erſcheint alsdann als etwas glatterer Streif. Dies iſt wohl die Chr. ahena Ziegl. (Germar species noy. I. 586). Nur bei einem Exemplare find an der Stelle dieſer doppelten Punktreihen flache Kiellinien deutlich (bei zwei anderen undeutlich) wahrnehmbar. — Die Deckſchilde ſind wie der Thorax in der Regel mit einem mehr oder weniger ſtarken Glanze begabt, doch kommen auch Exemplare vor, bei welchen bald die erſteren, bald der letztere, bald beide, ein mattes, ſeidenartiges Ausſehen haben. — Unterſeite ſehr weitläuftig punktirt und wie die Beine bläulich oder grünlich, mehr oder weniger metalliſch glänzend. — Die Größe des Thieres variirt ſehr bedeutend von 2½ — 3 ½ Lin., fo daß die größten Exemplare 3 Mal fo groß ſind, als die kleinſten. Es bewohnt die höchſten Kämme der Sudeten: Altvater (ſehr ſelten), Glatzer 10 74 Schneeberg (ziemlich häufig), Koppenkegel, Koppenplan, Brunnenberg, weiße Wieſe, Ziegenrücken, Lahnberg, Sturmhauben, hohes Rad, Schneegruben, Rübezahls Kanzel, Elbfall, Elb- und Pantſchwieſe, Keſſelkoppe, Veigelſtein, Reifträger ꝛc., und ſteigt nur ſelten bis zu 3500 F. (kleiner Teich) herab. Es iſt im Rieſenge— birge im Juli und Auguſt in manchen Jahren häufig und lebt (wie ſchon Köhler vor dem Jahre 1806 beobachtet hat) unter isländiſchem Mooſe, oft zwiſchen den unter demſelben ſich befindenden fauligen Blättern und Stengeln der Heidelbeere (Vaccinium Myrtillus). Seltener findet es ſich unter Steinen. — Von einem Pärchen, welches ich in Copula gefangen hatte und mit nach Breslau brachte, ſtarb das & ſchon nach 8 Tagen, das 2 dagegen, obgleich es keine Nahrung zu ſich genommen hatte, erſt nach 8 Wochen. Eier hatte es nicht gelegt. Die Färbung der Oberſeite dieſes Thieres iſt ebenfalls ſehr veränderlich, und man kann in Beziehung auf dieſelbe etwa folgende Varietäten unterſcheiden: a) Bläulichgrün, mattglänzend. — b) Grün (ftahl- grün), mit ſchwachem Glanze, zuweilen ganz mattglänzend. — ce) Grün, aber mit ſchwachem gelblichem Metallſchimmer übergoſſen. Bei vielen Exemplaren nimmt das Halsſchild noch nicht an dieſer Färbung Theil, iſt alſo noch grün. — d) Der Metallglanz wird ſtärker, fo daß das Grün dadurch faſt verdrängt wird und das Thier eine gelblich meſſingartige Färbung zeigt. Auch hier iſt bei manchen Exemplaren das Halsſchild noch grün und zuweilen von matterem Glanze. — e) Oberſeite meſſingfarben mit hellem Kupfer— glanze. — f) Dunkel meſſingfarben, mit einer Beimiſchung von Grün und Kupferbraun. Ein Exemplar zeigt auf einer Decke einen blauen Fleck. — g) Halsſchild meſſingfarben, mattglänzend, Decken hell kupfer— violett, glänzend. Die Schönſte unter allen Varietäten. — h) Ganze Oberſeite ſchön kupferviolett. — i) Mitte der Decken ſchwärzlich, doch fo, daß die Grundfarbe immer noch durchſchimmert. — ) Seiten der Decken kupfrig oder grünlich, Mitte tief ſchwarz. — !) Oberſeite bis auf den äußerſten Seitenrand der Decken ganz ſchwarz. — m) Oberſeite ſchwärzlichgrün. — n) Seiten grün wie bei Var. b, Mitte der Dek— ken bläulich. — o) Seiten grünlich, Mitte vorn blau, hinten violett. — Dazu treten noch: p) Punkte zu⸗ ſammengefloſſen, Decken daher runzlich. — q) Decken mit 2—3 mehr oder weniger deutlichen, beiderſeits abgekürzten, ſchräg nach hinten laufenden Doppelpunktreihen, an deren Stelle zuweilen ſanft erhabene Kiel— linien zu bemerken ſind. Ch. ahena Ziegl. — Der Färbung nach gehören hierzu Exemplare aus allen vorhergehenden Varietäten. Bemerk. Kurz vor dem Druck vorſtehender Zeilen, erſehe ich aus dem ſo eben erſchienenen fünften Bande der Linnaea entomologica, daß Herr Dr. Suffrian in feinem vortrefflichen Aufſatze über die europäiſchen Chryſomelen S. 186 auch von der Chr. islandica eine Beſchreibung gegeben hat, welche den oben angeführten Grund für die Veröffentlichung vorſtehender Bemerkungen wegfallen läßt. Da indeß in den letzteren immer noch einiges Ergänzende und Neue enthalten ſein dürfte, ſo wird, wie ich glaube, die Veröffentlichung derſelben immer noch von einigem Intereſſe fein. — S. 184 iſt in der ebenerwähnten Mo— nographie der europ. Chryſomelen Chr. ahena Ziegl. als eigene Art aufgeführt; ich kann dieſer Anſicht nach meinen Erfahrungen durchaus nicht beipflichten. Als Merkmale, welche fie von Chr. islandica tren⸗ nen, werden angegeben: Seiteneindruck des Halsſchildes vorn ſo tief als hinten; Mittelfeld des letzteren fla— cher, feiner und ſparſamer punktirt, als die Deckſchilde; Fühler kürzer; der Umriß vorn bedeutend ſchmäler als bei Chr. islandica. Alle dieſe Kennzeichen ſind zwar vorhanden, ſelten aber an einem und demſelben Thiere, und noch ſeltener bei mehreren Exemplaren in gleichem Grade. In der Bildung dieſer Theile herrſcht bei der in Rede ſtehenden Art eine außerordentliche Unbeſtändigkeit, und während ein Exemplar hinſichtlich des ſeitlichen Längseindruckes auf dem Thorax zu Chr. ahena gehören würde, müßte man es wegen Punk: tirung und Wölbung des Halsſchildes zu Chr. islandica ſtellen, und umgekehrt. Nicht anders iſt es in Beziehung auf den Umriß; während manche Exemplare vorn faſt ſo breit ſind als hinten und nach den übrigen Kennzeichen zu Chr. ahena gehören, zeigen andere nach vorn zu eine wirklich auffallende Verſchmä— lerung, tragen aber im Uebrigen die Kennzeichen der Chr. islandica an ſich. Bei den ? ſcheint eine ſolche 75 Verſchmälerung öfterer vorzukommen, als bei den G. — Die kürzeren Fühler ſcheinen Geſchlechtsunterſchied zu fein, da die einzelnen Glieder derſelben bei den & allerdings etwas kürzer und dicker als bei den & zu ſein pflegen. Das Halsſchild ändert eben ſo oft hinſichtlich ſeiner Wölbung, als Punktirung ab. Hat daſ— ſelbe eine tief eingedrückte Längslinie auf ſeiner Mitte, fo erſcheint es in jedem Falle weniger gewölbt, als wenn es eine flache Kiellinie zeigt. Bald iſt das Mittelfeld feiner, bald eben ſo ſtark, bald dichter und fei— ner als die Deckſchilde punktirt. Ebenſowenig beſtändig iſt der Seiteneindruck auf dem Halsſchilde; wäh— rend er bei manchen Stücken nur bis etwa zur Mitte reicht, und da plötzlich und zuweilen gänzlich aufhört, ſetzt er ſich bei andern, bald mehr bald weniger tief, bis in die Nähe, ja ſelbſt bis ganz an den Vorderrand fort. Zuweilen iſt er nicht einmal bei einem und demſelben Thiere gleichmäßig gebildet; ich beſitze 1 Exem— plar, bei welchem derſelbe auf der rechten Seite bis zur Mitte, auf der linken bis an den Vorderrand reicht. Bei den beiden oben erwähnten, von mir in Copula gefangenen Thieren iſt der Seiteneindruck beim P vorn flacher als beim &i, und der Discus bei jenem in der Mitte feiner, bei dieſem eben fo tief punktirt, als die Flügeldecken. — Die erloſchenen Kiellinien kann auch ich nur für individuelle Mißbildungen halten. — Sonach würde an der Identität der Ch. islandica und ahena wohl nicht gezweifelt werden können. Herr Oberlehrer Rektor Rendſchmidt hielt einen Vortrag: Ueber die Cerambycinen Schleſiens. Die Familie der Cerambycinen gehört zu den Tetrameren, denn die Füße der Käfer ſind viergliederig. Fabricius bildete hier die Geſchlechter Spondilis, Prionus, Cerambyx, Lamia, Saperda, Callidium u. ſ. w. — Neuere Entomologen machen noch mehr Geſchlechter und trennen Cerambyx in Hamaticherus, Callichroma, Purpuricenus, Trachyderes und Pogonocherus; ferner find aus Lamia entſtanden: Mono- chamus, Acanthocinus, Dorcadion und andere. Die Cerambycinen unterſcheiden ſich von den übrigen Tetrameren durch einen geſtreckten Körper, lange Fühler, weißgelbe, beinloſe oder ſehr kurzbeinige Larven, ſo wie durch ihre Wohnungen in Pflanzen. Die Bildung der Mundtheile iſt faſt bei allen Geſchlechtern gleich. Die Männchen beſitzen längere Fühler als die Weibchen. Die Larven haben einen walzenförmigen eilfgliederigen Körper, flachen Kopf, abgeſtutztes Kopf— ſchild und ſtarke Oberkiefern. Die Puppen ſind am Rücken mit Dornenhöckern verſehen. Die Entwickelung geſchieht bei den meiſten im Holze, wenn auch die Käfer ſich oft an Kräutern, Blättern und Blüthen finden. Man bemerkt eine entſchiedene Auswahl der Baumarten, und keiner lebt in Nadel- und Laubholz zugleich. Das Weibchen legt die Eier in die Ritzen des Stammes. Die Larven bohren ſich in die Rinde und den— Splint ein. Die Generation iſt einjährig, ſelten zweijährig. Die Flugzeit iſt im Juni, Juli und Auguſt. Einige zeigen ein flüchtiges, ſchüchternes, manche wieder, wie die Lamien, ein träges, beißiges Weſen, indem ſie die Fühler wie Bockshörner aufrichten. Nur wenige, die ſich in friſches Holz einbohren, ſind ſchäd— lich; die meiſten leben in anbrüchigen oder faulen Stämmen. Zu den erſteren gehört der bei uns vorkom— mende Hamaticherus (Cerambyx) heros. Er gehört zu den größten unſerer Käfer, denn er iſt faſt 2 Zoll lang und die Fühler des Männchens erreichen 3 Zoll. Die Larve mißt faſt 3 Zoll. Der Käfer iſt in ganz Deutſchland verbreitet. Er lebt in Eichen und ſeine Larve macht in das geſunde Holz 1½ Zoll breite, von oben nach unten oder nach dem Kern gehende lange Gänge. Der Käfer ſitzt am Tage im Flugloche und kommt erſt gegen Abend hervor. In Oberſchleſien hat man ihn oft über Korn- und Weizenfeldern fliegen ſehen. Der Vortragende hat ihn mehrmals auf Holzklaftern gefunden. Bei Trieſt bemerkte er ihn in gro⸗ ßer Menge. Dort hat er im Boschetto, einem Eichenwäldchen, bedeutende Verwüſtungen angerichtet; die Bäume waren krank und verkrüppelt. Er fand daſelbſt drei Arten, die er vorzeigte: 1) Hamaticherus he- ros, 2) H. Kollarii, 3) H. Welensii. — Es fand ſich in jener Gegend noch ein kleinerer zu demſelben Geſchlechte gehöriger Käfer, der auch in Oberſchleſien angetroffen wird, nämlich Hamaticherus cerdo. 10 * 76 Andere bei uns lebende Geſchlechter und Arten find: Cerambyx moschatus, Callichroma alpina, Purpuricenus Köhleri, Monochamus sutor, M. sartor, Acanthocinus aedilis, A. atomarius, Pogono- cherus nebulosus, P. fascicularis, P. crinitus, P. hispidulus; Lamia textor, L. curculionoides, L. varia und L. nebulosa. Herr Profeſſor v. Siebold zeigte eine mit vielen kleinen Rüſſelkäfern angefüllte Schachtel vor, welche aus der Nähe von Breslau durch einen Landwirth mit der Klage eingeſendet worden war, daß dieſe Rüſſel⸗ käfer und deren Larven, in welchen Herr v. Siebold den Apion pallipes Kby. erkannt hatte, auf den Kleefeldern großen Schaden angerichtet haben. Herr Baron v. Uechtritz zeigte eine Varietät des Hister cadaverinus E. H. mit in die Quere gerunzelten Deckſchilden vor. II. Hymenoptera. Herr Profeſſor Schilling hielt folgenden Vortrag: Ueber die Arten der Gattung Vespa. Aufzählung der in Schleſien und der Grafſchaft Glatz von mir geſammelten Arten der Gattung Vespa (Wespe). Das deutſche Wort Wespe hat ſehr vielfache Bedeutungen und bezeichnet Hymenoptern aus ſehr ver— ſchiedenen Abtheilungen, z. B. Blattwespe (Tenthredo), Holzwespe (Siren), Schlupfwespe (Ichneumon), Gallwespe (Cynips), Schenkelwespe (Chalcis), Goldwespe (Chrysis), Mordwespe (Sphex), Wegewespe (Pompilus), Siebwespe (Crabro) und mehrere andere Abtheilungen, welche von der Gattung Vespa ſehr verſchieden ſind. Man hat in neueren Zeiten die ſyſtematiſche Benennung Vespa mit dem Worte Zellen— wespe überſetzt; jedoch iſt dieſe Benennung nicht füglich anwendbar, weil ſie zu dem Irrthume verleitet, als ob alle Arten, die in Folge der ſyſtematiſchen Kennzeichen zu der Gattung Vespa gezählt werden müſſen, ſogenannte Zellen erbauen. Die zu der Gattung Vespa gehörigen Arten unterſcheiden ſich von allen übrigen Hymenoptern durch ein ſehr in die Augen fallendes Merkmal, nämlich: die Oberflügel ſind im Ruhe— ſtande der Länge nach gefaltet, daher ſie weit ſchmäler zu ſein ſcheinen, als ſie wirklich ſind. — Andere Kennzeichen ſind: Die Oberflügel enthalten eine große Randzelle und drei Unterrandzellen, von denen die erſte groß, die zweite kleiner, nach oben verſchmälert iſt und zwei aufſteigende Nerven aufnimmt; die dritte iſt faſt viereckig. — Der Kopfſchild (clypeus) iſt groß, rundlich, conver und am Ende gezähnelt. Die Kinnbacken ſind breit, lang und ſtark gezähnt. — Die Fühler gebrochen, nach dem Ende hin verdickt; das erſte Glied ſehr lang. — Die Augen find ſtark ausgerandet. — Der Körper der Wespen iſt meiſt glatt oder feinhaarig, hartſchalig, ſchwarz, gelbgeſcheckt. — Die Leibringe, deren das Männchen 7, das Weibchen aber und die Geſchlechtsloſen nur 6 haben, ſind meiſt an der Baſis ſchwarz, am Außenrande gelb und bil— den mehrere oder wenigere gelbe Binden um den Hinterleib. Mehrere Arten der Wespen leben geſellig; bei dieſen unterſcheidet man dreierlei Individuen: Männ⸗ chen, Weibchen und Geſchlechtsloſe oder ſogenannte Arbeiter; nur die beiden letzteren ſind von der Natur mit einem Wehrſtachel verſehen; die Männchen hingegen ſind ohne dieſe Waffe. Die bei uns einheimiſchen Arten laſſen ſich füglich in drei Abtheilungen ordnen: A. Mit langgeſtrecktem, faſt cylinderiſchem, am Ende koniſch zugeſpitztem Hinterleibe, deſſen Leibringe meiſt von einerlei Laͤnge ſind. Der Koͤrper iſt feinhaarig. Zu dieſer Abtheilung gehoͤren: Vespa crabro (Horniß) Linné. Bei weitem die größte unter allen inländiſchen Arten von Wespen; ſie iſt faſt einen Zoll lang; ſie lebt von der Jagd, welche ſie auf andere, nicht hartſchalige Inſekten macht. 77 Sie niſtet in hohlen Bäumen, in welchen ſie ein Neſt, eine Art Waben mit Zellen verſehen, erbauet; daſ— ſelbe beſteht aus einer Maſſe, die einem groben Löſchpapiere ähnlich iſt. Sie niſtet auch in Gebäuden, be— ſonders in Scheunen, und wird von den Landleuten gern geſehen, weil fie auf die Kornmotte (Tinea gra- nella) Jagd macht. Ihr Stachel iſt eine fürchterliche Waffe; ſie ſticht aber nur, wenn ſie gereizt wird. Vespa vulgaris (gemeine Wespe) Linné. Viel kleiner als die vorige; lebt geſellig in Erdhöhlen oder auch in Scheunen, Viehſtällen und dergleichen. Sie bauet ein Neſt, welches aus mehreren, oft aus 810 horizontal übereinander gereiheten Waben beſteht und wohl 10 — 20,000 Zellen enthält. Sie lebt, ſo wie alle ihre Stammverwandten, vom Raube; beſonders ſind die Stubenfliegen ihr liebſtes Wildpret. Aber auch ſüßes Obſt und Fleiſch, wo ſie deſſen habhaft werden kann, läßt ſie ſich wohlſchmecken. So viele Einwohner auch ein ſolches Wespenneſt immer haben mag, ſo ſtammen ſie doch alle von einer einzigen Mutter her. Jedes Wespenneſt wird im Frühjahre von einem einzigen Weibchen geſtiftet, welches einige Zellen bauet und in jede derſelben ein Ei legt; die auskommenden Larven wachſen ſchnell heran, verpuppen ſich und bilden ſich bald zu vollkommenen Wespen aus; es ſind ſämmtlich Arbeiter. Erſt ſpäterhin, wenn be— reits eine hinreichende Anzahl von Arbeitern ausgekommen iſt, legt das Weibchen Eier, aus welchen Ge— ſchlechtswespen kommen. Es iſt ein merkwürdiges Schauſpiel! Die Arbeitswespen, wenn ſie ſo eben erſt ihre Puppenhülle verlaſſen haben, gehen ſogleich an die Arbeit, fliegen aus, holen Nahrungsmittel herbei, füttern die jungen Larven, bereiten die nöthigen Baumaterialien zu, um das Neſt zu vergrößern, und ver— richten, in Folge des ihnen von der Natur eingepflanzten Triebes, alle Arbeiten mit einer Pünktlichkeit, als ob ſie ſeit langer Zeit daran gewöhnt geweſen wären. Die Wespen bauen nur Zellen um ihre Brut zu er— ziehen. Vorrath ſammeln ſie nicht ein, denn bei Annäherung des Winters ſterben die meiſten Bewohner des Wespenneſtes, und nur einige Weibchen, die ſich unter Moos oder Steine verkriechen, überleben den Winter, im Zuſtande der Erſtarrung, aus dem ſie erſt beim Eintritt des Frühlings erwachen. Ein ſolches überwintertes Weibchen wird Stifterin einer neuen Kolonie. — Die Baumaterialien, woraus die Wespen iſt Neſt verfertigen, ſind Holzfaſern, die ſie mit ihrem ſcharfen Gebiß von altem Holzwerke oder auch von abgeſtorbenen Baumſtämmen abnagen, dieſe vermittelſt einer klebrigen Feuchtigkeit, die ſie aus dem Munde von ſich geben, in eine Art Teig verwandeln und daraus das Neſt bilden. — V. germanica (deutſche Wespe) Fabr., Panzer. Wohnt in Wäldern, auf Wieſen und in Gärten; ſie gehört ebenfalls zu den ge— ſelligen Wespen; jedoch find ihre Neſter weniger bevölkert als bei der vorigen Art. — V. saxonica (ſäch— ſiſche Wespe) Fabr., Panz. Weniger häufig als die vorher genannten Arten. — V. norwegica, Fabr., Panz. Sehr leicht durch die beiden rothen Flecken auf dem zweiten Leibringe erkennbar. — V. rufa (rothe Wespe) Linné. Der erſte Leibring iſt roth mit gelbem Außenrande. — V. sexeincta (die ſechsgegürtete Wespe) Panz. Ziemlich ſelten. — V. biloba (zweilappige Wespe) n. sp. Die ſchwarze Baſis des erſten Leibringes verlängert ſich in einen zweilappigen ſchwarzen Fleck. — Hat die Größe der Vespa vulgaris. B. Körper glatt; Hinterleib meiſt eifoͤrmig. Erſter Leibring faſt glockenfoͤrmig; der zweite am größten; Hinterrand deſſelben vom erſten weit abſtehend; folgende Segmente klein, einen ſpitzen Kegel bildend. Zu dieſer Abtheilung gehoͤren: Vespa parietum (Wandwespe). Wohnt in den Löchern hölzerner Wände und alter Baumſtämme. — V. parietina (Zaunwespe) Fabr., Panz. Der vorhergehenden ähnlich, unterſcheidet ſich aber von derſelben dadurch, daß ſie auf der Unterſeite des Hinterleibes nur zwei gelbe Binden, jene hingegen fünf trägt. — V. biglumis (zweiklappige Wespe) Fabr., Panz. Durch die zwei gelben Punkte auf dem zweiten Leibringe, leicht erkennbar. Dieſe Wespe lebt meiſt in gebirgigen Gegenden; ſie bauet ihr Neſt, welches nur aus einer einzigen Wabe beſteht, an einen Felſen. Sie läßt ſich von dem Neſte nicht wegjagen, ſondern ſobald man daſſelbe angreift, kommt ſie grimmig herbeigelaufen und ſetzt ſich in eine Stellung, um von ihrem Stachel Gebrauch zu machen. Merkwürdig iſt der Ortsſinn dieſer Wespe. Ich nahm dieſelbe von ihrer Wabe in das Inſektennetz und ließ ſie von meinem Begleiter einige Schritte entfernt tragen, ſie wurde dann auf 78 ein gegebenes Zeichen losgelaſſen; aber kaum daß ſie ihre Freiheit erhalten hatte, ſo flog ſie ohne Zeitverluſt zu ihrem Neſte zurück. Dieſer Verſuch wurde mehreremale wiederholt und die Entfernung immer weiter ges nommen, ſo daß ſie endlich einige hundert Schritte weit vom Neſte getragen und erſt alsdann in Freiheit geſetzt wurde; aber der Erfolg blieb immer derſelbe; kaum daß mein Begleiter das Zeichen des Loslaſſens gegeben hatte, ſo fand ſie ſich auch jedesmal ohne Verzug wieder auf ihrem Neſte ein. Sie wußte alſo, ohne erſt zu ſuchen oder die Gegend auszukundſchaften, jedesmal den geraden Weg ohne Umſchweife zu fin- den. — V. quadrifasciata (Wespe mit 4 Binden) Fabr. — V. emarginata (ausgerandete Wespe) Fabr. Der erſte Leibring iſt in ſeiner Mitte ausgerandet. — V. sexfasciata (Wespe mit 6 Binden) Fab. Iſt nicht mit V. sexcincta zu verwechſeln, welche in die erſte Abtheilung gehört. — V. bifasciata (Wespe mit 2 gelben Binden) Fabr. Gehört zu den kleinſten Arten der Wespen. — V. trifasciata (Wespe mit 3 gelben Binden) Fabr. Nicht viel größer als die vorhergehende Art, aber der Körper mehr zugeſpitzt. — V. aucta (Hakenwespe), Hinterleib mit 6 gelben Binden, die erſten beiderſeits hakenförmig einwärtsgebogen. — V. antilope Panz. Die erſte gelbe Binde gezähnelt. — V. quadrata (die viereckig gezeichnete Wespe) Panz. Die erſte gelbe Binde ſehr breit, in der Mitte mit einer tiefen Ausrandung in Geſtalt eines Vier⸗ eds. — V. phalerata (die geſchmückte Wespe) Panz. Die gelben Leibbinden gezähnelt; Ende des Hinter— leibes mit zwei Dornen. — V. erassicornis (Wespe mit dicken Fühlern) Panz. Die Fühler kurz, dick, die Leibringe gezähnelt. C. Der Körper glatt; der Hinterleib eifoͤrmig, lang geſtielt; das erſte Glied trichterförmig, das folgende ſehr groß, faſt kugelig; die folgenden klein, in einen ſpitzen Kegel auslaufend. Dazu gehören: V. pomiformis (Apfelwespe) Fab., Panz. Der trichterförmige Stiel ſchwarz, mit zwei gelben Punk— ten. — V. coronata (die gekrönte Wespe), Panz., unterſcheidet ſich von der vorhergehenden durch den Mangel der zwei gelben Punkte auf dem trichterförmigen Stiele und durch die am Ende deſſelben befindli⸗ chen gelben Striche, welche wie eine Krone denſelben umgeben. Anmerk. Die Gattungen Polistes und Eumenes Fabricii gehören den weſentlichen Kennzeichen nach zur Gattung Vespa. III. Diptera. Herr Dr. H. Scholz zeigte ein von Löw als Phylloteles picta beſtimmtes Dipteron vor, und machte auf die ausgezeichnete Fühlerbildung deſſelben aufmerkſam. Herr Dr. H. Scholz hielt folgenden Vortrag über die bisher in Schleſien aufgefundenen, von ihm beſchriebenen und zuſammengeſtellten Arten der Zweiflügler-Gattung Tetanocera Latr. 1. Chaerophylli Fbr. ( variegata FI). — 2. reticulata Fll. ( obsoleta FI.). — 3. marginata Fbr. (= crinicornis Fl.). — 4. punctata Fbr. — 5. eincta Fbr. — 6. pratorum Fl. (= flavifrons Pnz.). — 7. obliterata Fbr. — 8. nemorum FIl. ( Tephritis Hieracii Fbr. Dietya umbrarum. Fbr. Oseinis Argus Fbr.). — 9. umbrarum Fl. (= Scatophaga gemmata Ahrens. — 10, ferruginea Fil. — 11. arrogans Fbr. — 12. elata Fbr. — 13, silvatica Meig. — 14. rufa Pnz. (Scatophaga cucullaria Fbr., Fll.). — 15. cucularia L. Meig. (= Tetanocera Sundewalli Fries.), — 16, aratoria Fbr. ( interstineta Fll.), — 17. sciomyzina Zett. — 18. dorsalis Fbr. (= punctipennis Fl. = Musca rufifrons Pnz.). A. Fühlerborſte gefiedert. Tetanocera Meig. Suppl. (Pars VI“. I. Flügel mit netzförmiger oder wolkiger Zeichnung. 79 J. Chaerophylli Fbr. 32. (Scatophaga Chaerophylli Fbr.) Gelblichbraun; Untergeſicht weißlich ſchimmernd; Stirn röthlichgelb mit drei ſchwarzbraunen Flecken. Rücken des Bruſtſchildes reihenweiſe dunkelbraun punktirt; Fühler und Beine blaßgelblich mit dunklen Tar— ſengliedern; Hinterleib gelblichgrau mit dunkler unterbrochener Rückenſtrieme; Flügel weißlich mit brauner netzförmiger Zeichnung; Randflecke faſt quadratiſch; äußerer Quernerv nur wenig gebogen. L. 3%, Das Z hat, was auch für alle übrigen Arten gilt, ein ſtumpfes Hinterleibsende und unten mit uns gleichen ſchwarzen Borſten bekleidete Hinterſchenkel, das Q ein ſpitzes Hinterleibsende und unten faſt ganz unbewehrte Hinterſchenkel. Iſt bei uns nicht ſelten, doch, wie es ſcheint, faſt ausſchließlich dem Gebirge angehörig. Ich fand ſie ſtets in feuchten Waldungen und angrenzenden Wieſen, ſo um Nieder-Langenau und Charlottenbrunn. Aus Warmbrunn erhielt ich fie durch Dr. Luchs. Schillingſche und Univerſitäts-Sammlung. 2, Reticulata Fbr. 32. (Obsoleta FlI.) Gelbbräunlich; Untergeficht weißlich ſchimmernd; Stirn röthlichgelb mit drei ſchwarzen Punkten am inneren Augenrande; Rücken des Bruſtſchildes graubräunlich mit vier blaſſen Längslinien; Fühler und Beine graugelblich; Flügel mit brauner netzförmiger Zeichnung; Randflecke rund; äußerer Quernerv ſtark einge— bogen. L. 3“. An ähnlichen Orten, wie vorige, doch im Gebirge wie in der Ebene gleich häufig; im Gebirge oft mit ihr gemeinſchaftlich. Um Breslau, z. B. bei Höfchen, Scheitnig u. a. O. faſt den ganzen Sommer über. 3. Punctata Fbr. F . Graubräunlich; Untergeſicht weißlich ſchimmernd; Stirn gelblich, undeutlich dreiſtriemig; Rücken des Bruſtſchildes graugelblich mit vier hellbräunlichen Längslinien; Fühler rothgelb, ſpitz, kahl; Beine gelb; Flü— gel gräulich; Längsnerven beiderſeits braun punktirt, ein dunkler Fleck auf der kleinen Querader und einer am oberen und unteren Ende der großen (äußeren); Randflecke ziemlich groß, mehr entfernt, rundlich; äuße— rer Quernerv Sförmig gebogen. L. 2½ —3“. Bei uns eine der zeitigſten Arten, denn ich fing ſie ſchon am 28. April. Bisher kam ſie mir nur in der Ebene und zwar in der Gegend von Breslau, z. B. bei Höfchen, vor. Scheint nicht ganz gemein zu ſein. 4. Marginata Fbr. 52. (Crinicornis Fil.) Rücken des Bruſtſchildes ſtaubgrau, fein und dicht unregelmäßig ſchwarzbraun punktirt; Hinterleib ſchwärzlich; Untergeſicht weiß ſchimmernd; Stirn gelb mit zwei großen punktförmigen mattſchwarzen Flecken; Fühler röthlichgelb, ſchwarzborſtig mit ſchwarzer Spitze und weißer, am Grunde gelblicher Borſte; Beine ſchwarzbraun; Schenkel und Schienen nach den Knieen zu röthlichbraun; Flügel weißlich mit dichter feiner und brauner netzförmiger Zeichnung und einem breiten ſchwarzbraunen Saum längs des äußeren Randes und der Spitze; äußerer Quernerv eingebogen. L. 3%, Scheint nur im Gebirge und ſelbſt da nicht häufig zu ſein, denn ich fand ſie ſtets nur vereinzelt. Liebt mehr ſchattige Orte, ſehr ſchattige Waldwieſen, Bachufer, als freie Orte; ſo fand ich ſie in der Ge— gend von Charlottenbrunn und Nieder-Langenau. Schillingſche Sammlung. Univerſitäts-Sammlung. 5. Cineta Fbr. &. Rücken des Bruſtſchildes graugelblich mit vielen undeutlichen Längsreihen bräunlicher Punkte und zwei ebenfalls undeutlichen genäherten, von vorn nur bis zur Mitte des Bruſtſchildes reichenden, blaßgelblichen Li— nien; Schulterbeulen bräunlich, etwas glänzend; Hinterleib ſchwärzlichbraun (beim & mit hellerem, etwas glänzenderem After); Stirn gelb mit zwei großen mattſchwarzen länglichen Flecken; Fühler ſchwarzborſtig, rothgelb, nur die Spitze des letzten Gliedes dunkler, Borſte weiß, am Grunde gelb; Flügel weißlich mit einem ziemlich großmaſchigen bräunlichen Netz und etwas dunkler gefärbtem Vorderrande, wie auch Spitze; Randflecken nicht ſehr deutlich, ziemlich entfernt, rundlich; äußere Querader ziemlich fteil, ganz gerade, wie auch die innere bräunlich geſäumt; Längsnerven ſehr dick, ſtark und dunkel gefärbt. L. 21,“ Ich glaube hier eine etwas genauere Beſchreibung geben zu müſſen, da dieſe Art mit voriger viel Aehnlichkeit hat, auch mein mir vorliegendes Exemplar (3) manche Merkmale zeigt, die von früheren Be: ſchreibern entweder überſehen worden ſind, oder ſie zu einer noch nicht beſchriebenen neuen Art ſtempeln. So finde ich nirgends der nackten (gleichſam von dem grauen Reif des Bruſtrückens freien) Schulterbeulen, der zwei hellen, nur bis zur Mitte des Bruſtrückens reichenden genäherten blaßgelblichen Linien und der ſchwarzen Fühlerſpitze Erwähnung gethan. Erſtere zwei Merkmale übergeht Meigen und Zetterſtedt ganz; das letztere anlangend, negiren es ſogar Beide, indem ſie die Fühler als ganz rothgelb angeben. Aus der Diagnoſe des Fabricius (Ent. syst. IV. 347, 144) welche lautet: Musca (cineta) antennis setariis, einerea, capite pedibusque testaceis, alis nebulosis, costa nigra — iſt, wie von ſelbſt einleuchtet, nicht gar viel zu erſehen. Von marginata unterſcheiden ſie, außer der geringeren Größe und viel helleren Färbung (auch der Flügel), die in deutliche Längsreihen geordneten Punkte und die zwei kurzen gelblichen Linien auf dem Tho— raxrücken, ferner die bräunlichen Schulterbeulen und die ganz gerade äußere Querader. Bei der ihr ähnlichen pratorum Fll. iſt ſchon, wie wir bald ſehen werden, die Zeichnung des Thorax— rückens und der Stirn eine ganz andere. Ich fing bisher nur 1 3 am 7. Juli 1850 bei Charlottenbrunn. Entweder iſt fie wirklich ſehr ſelten, oder ich überſah fie oft, indem ich fie im Augenblick für pratorum hielt. 6. Pratorum Fl. 32. Gelbbräunlich; Untergeſicht weißſchimmernd; Stirn gelb mit drei ſchwarzen Punkten am inneren Au— genrande; Fühler gelb, ſchwarz behaart, mit Ausnahme der dunkelgefärbten Spitze des letzten Gliedes; Rük— ken des Bruſtſchildes grau mit drei hellgelben, braunroth geſäumten Längsſtreifen; Beine gelblich; Flügel blaß und undeutlich gegittert; äußerer Rand und Spitze dunkler gefärbt (ohne wahrnehmbare Randflecke); äußerer Quernerv bogenförmig gekrümmt. L. 27,” Von der ihr verwandten marginata und cincta ift fie, abgeſehen von der Abweichung in der Fär— bung, leicht durch die ganz kahle Spitze des letzten Fühlergliedes und die Beſchaffenheit der äußeren Quer— ader zu unterſcheiden, welche bei eincta ganz gerade, pratorum flach bogenförmig nach Außen gebogen, bei marginata nicht bogenförmig gekrümmt, ſondern in der Mitte nach Außen wie eingebrochen (gleichfam ge: kniet) erſcheint. Eine auf feuchten Wieſen den Sommer über, ſowohl in der Ebene als im Gebirge ſehr gemeine Art. 7. Obliterata Fbr. 32. 4 Rücken und Seiten des Bruſtſchildes grau, erſterer mit vier braunen Striemen (mittlere genähert ſchmal, ſeitliche breit, meiſt unterbrochen); zwiſchen den glänzenden braunen Schulterſchwielen und der Fühler— wurzel jederſeits ein breiterer bräunlicher Streif; Hinterleib roſtbräunlich; Untergeſicht im Anfange ſtark zu— rücktretend; Stirn bräunlichgelb mit drei ſchwarzen Punkten an der inneren Augenſeite (mittler der größte); Fühler röthlichgelb, das langſpitzige letzte Glied am Ende dunkelgefärbt, ganz nackt; Beine gelblich, Tarſen nach dem Ende zu und (bei unſeren Exemplaren wenigſtens) auch die äußerſte Spitze der Schenkel dunkel gefärbt; Flügel weißlich mit gleichfarbigem Vorderrande und ſehr undeutlicher netzförmiger Zeichnung, nur die 4 —ö viereckigen Randpunkte etwas deutlicher und dunkler. L. 2½ “. Von voriger leicht durch die Thoraxzeichnung und die nicht dunkelgerandeten Flügel, wie auch die ganz gerade äußere Querader verſchieden. Mit eincta kann fie wegen der abweichenden Stirn und Thorarzeich- nung, wie auch wegen des mangelnden dunklen Flügelſaumes nicht leicht verwechſelt werden. Bei uns, wie es ſcheint, nur dem Gebirge zugehörig, denn von den drei Stück, welche ich beſitze, fing ich ein § im Juli 1850 bei Charlottenbrunn und zwei 2 im Juli 1849 bei Nieder-Langenau. 81 8. Nemorum Fll. 52. (Tephritis Hieracii Fbr., Dietya umbrarum Fbr., Oscinis Argus Fbr.) Thorax und Schildchen braungelb, erſterer mit vier braunen Punkten auf der Mitte und zwei bergleis chen ſehr kurzen Linien am Vorderrande, letzteres mit brauner Mittellinie; Untergeſicht ſchneeweiß; Stirn fahlgelb mit undeutlichen Spuren der drei Augenrandpunkte; Fühler blaßgelb, am Ende ſtumpf; Hinterleib bläulichweiß, über den mittleren Theil mit breiten ausgebuchteten braunen Binden, im Uebrigen noch mit braunen Punkten oder Flecken; Beine blaßgelb; Flügel weiß mit dunkelbraunem Netz, drei größere Flecke am Vorderrande und ein dergleichen den Quernerv einſchließender; äußerer Quernerv faſt gerade. L. 1½ —2““. In der Ebene und im Gebirge gemein. Um Breslau: Höfchen, Scheitnig u. a. O. Um Charlotten- brunn und Nieder-Langenau. Mehrmals fing ich ſie in Begattung. 9. Umbrarum Fll. 32. (Scatophaga gemmata Fl.) Dunkelgrau; Rücken des Bruſtſchildes mit unzähligen braunen Pünktchen und vier (nur nach vorn etwas deutlicheren) dergleichen Linien; der Hinterleib mit verſchiedenen größeren dunklen Flecken; Untergeſicht ſchneeweiß mit ſchwarzem Punkt in der Mitte; Stirn gelblich, dicht braun punktirt; Fühler gelblich, ziemlich ſtumpf; Beine bräunlichgelb, dunkelbraun geringelt; Flügel weiß mit ſehr dichtem, am Vorderrande 3— 4 größere Flecke bildendem, dunkelbraunem Netz; äußere Querader etwas gebogen. L. 1½ —2“/. Die dunkle Färbung, geringelten Füße und der ſchwarze Punkt auf dem Untergeſicht unterſcheiden ſie leicht von voriger. je minder häufig als vorige und mit ihr an denſelben Orten: um Breslau, Langenau. Flügel ohne netzförmige Zeichnung: Quernerven meiſt dunkel geſäumt, äußerer grade oder nur wenig 1 Stirn mit drei Furchen, röthlichgelb; Untergeſicht weißlich; Augen im Leben roſtbraun, erz— glänzend, einfarbig ohne Querbinden. 10. Ferruginea Fll. & ꝙ. Roſtgelb; Rückenſchild mit vier hellbräunlichen Längslinien (die äußeren unterbrochen); Bruſtſeiten ſchie⸗ fergrau; Stirn und Fühler rothgelb, erſtere etwas hervorragend; letztes Fühlerglied etwas zugeſpitzt, nur ſehr wenig länger als das zweite; Beine gelblich; Hinterleib oben in der Mitte meiſt etwas dunkler gefärbt; Flügel blaß bräunlichgelb; Quernerven braun geſäumt, äußerer etwas eingebogen. L. 3—3 ½ “. Im Sommer auf feuchten Wieſen, an Fluß- und Teichufern ſehr gemein. 11. Arrogans Fbr. & g. Roſtgelb; Rückenſchild mit vier hellen Längslinien (äußere unterbrochen); Bruſtſeiten ſchiefergrau; Stirn und Fühler rothgelb, erſtere etwas hervorragend; letztes Fühlerglied ganz ſtumpf, kaum etwas länger als das zweite; Beine gelblich; Hinterleib oben meiſt etwas dunkler; Flügel blaß bräunlichgelb; Quernerven braun geſäumt, äußerer etwas gebogen. L. 3½ —3½/ “/. Zetterſtedt ſagt von ihr in Bezug der Unterſcheidung von voriger (Dept. Scand. v. p. 2138) Fol⸗ gendes: Simillima priori, sed plerumque paullo major et antennarum articulo ultimo apice obtusiore 2doque subaeque longis, thoracis lineis dorsalibus paullo distinctioribus, alis forte magis flavescen- tibus, ut et nervo transverso ordinario interdum nonnihil magis inflexo, differre videtur. Von ſämmtlichen hier angegebenen, lediglich graduellen Unterſchieden kann ich nur eins Eonftant finden (ich verglich nicht nur zahlreiche einzelne Stücke aus beiden Geſchlechtern, ſondern auch mehrere gepaarte Paare beider Arten), nämlich den in der Geſtalt des letzten Fühlergliedes beruhenden, indem ſelbiges bei 2 ruginea ſtets mehr zugeſpitzt, bei arrogans ganz abgeſtumpft erſcheint. 12. Elata Fbr. G . Roſtgelb; Rückenſchild mit zwei deutlichen, ſich nach hinten in die Spitze des Schildchens vereinigen den blaſſen Linien und einer nur ſchwachen Andeutung der Seitenlinien; Stirn und Fühler rothgelb; letztes Fühlerglied ziemlich ſtumpf, kaum länger als das zweite; Stirn wenig hervorragend; Füße gelblich; Flügel 11 82 blaß bräunlichgelb; äußerer Rand, Spitze und Quernerven braun geſäumt; äußerer Quernerv nur wenig gekrümmt. L. 2½ — 2 /“. Von beiden vorigen ihr naheſtehenden ſchon ſehr leicht durch den breiten braunen Saum, der ſich auf den Flügeln um den äußeren Rand bis um die Spitze herumzieht, zu unterſcheiden; fand ich bisher nur im Gebirge, doch ſtets ſehr häufig; fo auf den Wieſen am Neißufer bei Nieder-Langenau, auch um Char: lottenbrunn. Nicht ſelten fing ich ſie in Begattung. 13. Silvatica Meig. 3. N Bräunlichgelb; Fühler lehmgelb, letztes Glied ziemlich ſtumpf, faſt doppelt ſo lang als das zweite; Rückenſchild einfarbig; Stirn wenig hervortretend; Füße gelblich; Hinterleibsmitte meiſt bräunlich; Flügel etwas graugelb getrübt, ohne dunklere Einfaſſung des Randes und der Spitze; Quernerven braun geſäumt; äußerer faſt grade. L. 2½ —3 9.4“. Nahe verwandt mit den drei vorhergehenden, doch von arrogans und ferruginea durch das einfar— bige, keine Spur von Linien oder ſonſtiger Zeichnung zeigende Bruſtſchild und von elata durch den Mangel des ſchwarzbraunen Saumes am Vorderrande und der Spitze der Flügel verſchieden. Ich fing bisher nur 1 & bei Breslau. B. Fühlerborſte nackt oder feinhaarig; Stirn etwas vorſtehend; Untergeſicht faſt ſenkrecht; äußerer Quernerv Sförmig gekrümmt (in sciomyzina grade); Augen im Leben lebhaft rothbraun, ſehr oft mit zwei purpurnen Querbinden. Elgiva Meig. Suppl. (Part. 7, p. 365, Tab. 74, F. 32.) * Fühler lang, drittes Glied ziemlich ſpitz und meiſt faſt von der gleichen Länge des zweiten. 14, Rufa Panz. 5 g. (Scatophaga cucularia Fbr. Fll.) Roſtgelb; Thoraxrücken ſtaubgrau mit vier deutlichen, gelbbräunlichen Längslinien; Untergeſicht weiß: gelb; Fühlerborſte von der Mitte ab weiß; Flügel blaß bräunlichgelb, mit dunkleren undeutlichen Längswi— ſchen und dergleichen Flecken an der Spitze, ein deutlicherer runder Punkt ſchließt den kleinen Quernerven ein und ein ſolcher befindet ſich auch am oberen und unteren Ende des äußeren Quernerven; Vorderſchenkel an ihrer letzten Hälfte oben und unten mit kurzen Dörnchen beſetzt. L. 2— 2°," Dieſe Art nähert ſich wegen der nach der Spitze zu kurzborſtigen Vorderſchenkel der Gattung Sepedon. Um Breslau an feuchten, gras- und kräuterreichen Orten nicht ſelten. 15. Cucularia S., Meig. & . (Tetanocera Sundewalli Fries.) Rothbraun; der ganze Thorax aſchgrau mit vier bräunlichen Längslinien obenauf; Untergeſicht weißlich ſchimmernd; Fühlerborſte von der Mitte an weiß; Flügel gelblichgrau mit verwaſchenen bräunlichen Längs— wiſchen und Endflecken; ein deutlicher Punkt auf der kleinen Querader und je einer dergleichen am oberen und unteren Ende der äußeren. L. 2— 2½“. Unterſcheidet ſich von voriger hauptſächlich durch die an der Spitze etwas ſtumpferen Fühler, die viel deutlichere Flügelzeichnung, die nur mit wenigen, weicheren dornartigen Härchen beſetzten Vorderſchenkel (im vollen Sinne des Wortes ſelbige mit Zetterſtedt: mutica, zu nennen, vermag ich nach meinen Beobach— tungen nicht), den ganz aſchgrauen Thorax und die auf ſelbigem deutlicher hervortretenden vier Längslinien. Der Name cucularia ift ihr von Linné deshalb gegeben, weil fie dieſelbe Erſcheinungszeit mit dem Kukuck haben ſoll; er ſagt nämlich von ihr (Syst. nat. ed. XII, p. 995, Nr. 103): Habitat in Suecia, adveniens cum Cuculo. Im Gebirge, wie in der Ebene nicht felten. Breslau. Nieder-Langenau. 16. Aratoria Fabr. F g. (Interstineta Fall.) Roſtfarbig; Thoraxrücken undeutlich vierſtriemig; Untergeficht weiß; Spitze der Fühlerborſte weiß; Flü⸗ gel gelblichgrau getrübt, gewöhnlich mit fünf Punkten, einer auf der kleinen Querader, einer am oberen, einer am unteren Ende der äußeren Querader, die letzten zwei auf der vierten Längsader (einer zwiſchen der klei— neren und äußeren Querader der andere zwiſchen der äußeren Querader und der Spitze). L. 2% — 31“. 85 Von den beiden vorigen ſchon hinreichend durch die Flügelzeichnung verſchieden. Von dieſer, wie es ſcheint, nicht häufigen Art fing ich bisher nur 2 8 und 1 2 bei Höfchen. Das Weibchen iſt bedeutend größer als das Männchen. Anmerk. Die var. a (J g) Zetterst. (Dipt. Scand. V. 2143) alarum nervis transversis pun- etisque 3 nervi longitudinalis quarti fuscis kommt unter den mir bekannten ſchleſiſchen Stücken nicht vor, ſondern fie gehören ſämmtlich der in meiner Beſchreibung als gewöhnliche Form aufgenommenen var. b (32) Zett. I. c.: alarum nervis transversis punctisque 2 nervi longitudinalis quarti fuseis, an. 17. Sciomyzina Zett. Schwarz, etwas glänzend; Thoraxrücken mitten aſchgrau mit zwei genäherten dunklen Längslinien; Stirn und Scheitel glänzend ſchwarz, erſtere dicht über den Fühlern mit einem gelben Querbändchen; Un— tergeſicht glänzend ſchwarz, an den Seiten wie auch die Backen meiſt ſeidenartig ſchimmernd, Fühler gelb, letztes Glied verlängert mit ſchwarzer Spitze; Borſte blaßgelb, nach der Spitze weißlich; Beine ſchwarz, Vor— der- und Hinterſchenkel an der Baſis breit, gelb und die mittleren nebſt den Schienen ganz gelb; Flügel grau mit dunkleren Nerven. L. faſt 1½“. Die ausgezeichnete Art iſt ſchon wegen ihrer Kleinheit mit keiner andern zu verwechſeln. Von Scio— myza glabricula und albitarsis, denen ſie im Habitus, in der Richtung der Flügelnerven, annähernden Färbung der Beine u. ſ. w. ähnlich ſieht, unterſcheidet fie ſchon der Fühlerbau, welcher dem genus Te- tanocera eigenthümlich iſt. Iſt entweder ſehr ſelten oder bisher wegen ihrer Kleinheit überſehen worden. Ich fing bisher nur ein & im Juli 1850 in einer ſchattigen Bergſchlucht oberhalb des Dorfes Lehmwaſſer bei Charlottenbrunn. * * Fühler weniger lang, drittes Glied an der Spitze ſtumpflich, kaum länger als das zweite. 18, Dorsalis Fbr. (punctipennis Fll. Musca rufifrons Pnz.) Rothbraun; Thorarrüden grau mit vier braunen Längslinien in der Mitte und zwei weißen ſeitlichen; Untergeſicht weiß; Fühlerborſte bräunlichgelb; Flügel blaß gelbbräunlich mit fünf Punkten, vier auf der vier— ten, einer auf der fünften Längsader. L. ungefähr 2½“. Dieſe Art ſieht aratoria ſehr ähnlich und hat ganz dieſelbe Punktſtellung auf den Flügeln, unterſchei— det ſich außer durch etwas geringere Größe, durch kürzere Fühler, das mehr ſtumpfe letzte Fühlerglied, die ganz gelbbräunlich, mehr gegen das Ende hin weiße Borſte, den grauen Thoraxrücken, dunklere Flügel, die mehr Grau eingemiſcht haben, und die unten gleichſam graubereiften Unterſchenkel der Vorderbeine. In der Ebene, wie im Gebirge, häufig. Breslau. Langenau. Herr Profeſſor v. Siebold hielt einen Vortrag über die Naturgeſchichte der Hirſch-Lausfliege (Lipoptera Cervi Nitzsch), in welchem Derſelbe, wie er es bereits in einem ähnlichen Vortrage bei der diesjährigen zu Gorkau am Zobten ftattgehabten Verſammlung des ſchleſiſchen Forſtvereins gethan hatte, auf die Identität der Ornithobia pallida Meig. und Haemobora pallipes Curt. mit jener Lausfliege auf: merkſam machte. Herr v. Siebold hob beſonders hervor, daß, obgleich ſchon Schaum und Löw die Uebereinſtimmung der Ornithobia pallida mit Lipoptera Cervi erkannt haben, doch noch mancherlei und namentlich der Umſtand dabei räthſelhaft geblieben ſei, daß nämlich die geflügelte blaſſe Form (Ornithobia pallida) dieſer Lausfliege, ſowie die geflügelte ausgefärbte und dunkle Form (Hacmobora pallipes) immer Männchen ſeien, während ſowohl die ungeflügelten Männchen und Weibchen der Lipoptera Cervi an ihren Flügelſtummeln errathen laſſen, daß beide Geſchlechter geflügelt aus der Puppe hervorkommen müſſen. Herr v. Siebold wirft hierauf die Frage auf, woher es komme, daß man noch nie ein vollkommen geflügeltes Weibchen der Lipoptera Cervi aufgefunden hat, und fordert zum Erziehen dieſer Paraſiten aus der Puppe auf, wodurch man jedenfalls geflügelte Weibchen erhalten müßte. Das Einſammeln der Puppen dieſer Laus⸗ 11 fliege könne nicht ſchwierig fein, da während der warmen Jahreszeit dieſelben zwiſchen den Pelzhaaren der Hirſche und Rehe feſtkleben. Herr v. Siebold zeigte ferner der Verſammlung ein Fläſchchen mit grauen, ſchwarzköpfigen und fuß— loſen Larven gefüllt vor, in welcher Derſelbe den ſogenannten Heerwurm erkannte. Man weiß jetzt, daß dieſe in langen Zügen und militäriſcher Ordnung auf dem Boden der Wälder fortkriechenden und ſtets die gerade Richtung verfolgenden Maden einer Trauermücke, nämlich der Sciara Thomae Meig., ange: hören. Herr v. Siebold hatte dieſelben dem Herrn Oberforſtmeiſter v. Pannewitz zu verdanken, nach deſſen Bericht dieſelben während des verfloſſenen Juli und Auguſt im Neſſelgrunder Forſt bei Reinerz, zu mehreren Zügen von den Holzarbeitern beobachtet worden waren. Es ſpielte der Aberglaube, welcher ſich an das Erſcheinen dieſer Larvenzüge knüpft und ſchon zu Schwenckfeld's Zeiten zu verſchiedenen Prophezei— hungen Veranlaſſung gab, auch diesmal wieder ſeine Rolle, indem das diesjährige Erſcheinen dieſer Heer— würmer, welche ſich ſeit 1806 und 1813 nicht mehr gezeigt haben ſollen, von den Arbeitern als der Vorläu— fer eines bevorſtehenden Krieges gehalten worden iſt. Im Schwenckfeld: Theriotropheum Silesiae (Lig- nicii 1603, p. 511) leſen wir in dieſer Beziehung Folgendes: Ascarides militares, Heer-Würme vulgo. Has si montium juga versus processerint, annonae caritatem: sin vero, deorsum ad plana deelina— verint, annum foecundum et fertilem portendere monticolarum opinio. IV. Lepidoptera. Herr Profeffor C. Th. v. Siebold hielt folgenden Vortrag: Bemerkungen über Pſychiden. Schon in dem erſten Jahrgange (1849) der Zeitſchrift für wiſſenſchaftliche Zoologie habe ich die Auf— merkſamkeit der Phyſiologen und Entomologen auf die höchſt intereſſante Fortpflanzungsgeſchichte der Pſy— chiden zu lenken geſucht, indem ich dort nachgewieſen, daß die Behauptung, als könnten ſich die weiblichen Individuen der Pſychen sine concubitu ohne Einwirkung des männlichen Samens fortpflanzen, auf Täu— ſchung und Irrthum beruhe. Es kann nämlich das ganz eigenthümliche Verhalten dieſer Schmetterlinge bei dem Begattungsgeſchäfte ſowohl als bei dem Eierlegen ſehr leicht dazu beitragen, den Beobachter irre zu leiten, wie man aus Folgendem entnehmen kann. Die weiblichen Individuen vieler dieſer Sackträger legen, nachdem ſie ſich begattet haben, ihre Eier in die verlaſſene, im Sacke zurückbleibende Puppenhülſe, und fül— len damit dieſelben von unten bis oben prall an, ſo daß man, wenn ſolche Säcke eingeſammelt und aufbe— wahrt werden, leicht in den Glauben verfallen kann, es wären dies Säcke, in welchen die Weibchen noch nicht aus der Puppe geſchlüpft ſeien. Wenn dann ſpäter aus einem ſolchen Sacke junge Räupchen hervor— kriechen, ſo ſchließt man irrthümlich daraus, daß hier ein Weibchen, welches man noch als Puppe aufbe— wahrt und daher nicht befruchtet ſein konnte, sine concubitu Brut erzeugt habe. Es gilt dies aber nur von den beiden Pſychiden-Gattungen Psyche und Fumea, nicht aber von der Gattung Talaeporia. Ich bin jetzt zu der Ueberzeugung gekommen, daß die Weibchen der Gattung Talaeporia, welche ich früher nicht ſtreng von den Weibchen der Gattung Fumea unterſcheiden gelernt hatte, unter gewiſſen Verhältniſſen ohne männlichen Einfluß ſich fortpflanzen können. Es wird ſich dieſe Erſcheinung aber nicht als eine Ausnahme von demjenigen phyſiologiſchen Geſetze hinſtellen laſſen, nach welchem alle wahren Eier, wenn ſie zur Entwickelung kommen ſollen, vorher durch männlichen Samen befruchtet werden müſſen, fondern es wird ſich dieſes bei Talaeporia wahrzuneh— mende Phänomen an diejenigen in der niederen Thierwelt ſehr weit verbreiteten Vorgänge anſchließen, welche man erſt in neuerer Zeit unter dem Namen Generationswechſel gehörig zu würdigen gelernt hat. Man darf hiernach dergleichen ohne männlichen Einfluß fortpflanzungsfähige Individuen nicht mehr als mit Eier: ſtöcken ausgeſtattete Weibchen betrachten, ſondern wird ſie als in ihrer Organiſation von weiblichen Thieren ganz verſchiedene geſchlechtsloſe Individuen deuten müſſen. Dieſe geſchlechtsloſen, aber dennoch fortpflanzungs— fähigen Individuen, wie man ſie jetzt ſo häufig als Glieder wirbelloſer Thierſpezies kennen gelernt hat, ſind von Steenſtrup, der uns zuerſt auf den Generationswechſel aufmerkſam gemacht hat, als Ammen be— zeichnet worden. Dieſe Ammen können ſich mittelſt Längs- oder Quertheilung, mittelſt äußerer oder innerer Knospenbildung, oder mittelſt eines Keimſtockes fortpflanzen. Dieſer Keimſtock vertritt gleichſam die Stelle eines Eierſtocks, macht aber nicht die Anweſenheit und den Einfluß eines Hoden erforderlich. Ein ſolcher Keimfto erzeugt daher auch keine Eier, ſondern Keime (Keimkörner oder Keimkugeln). Nach dieſem phyſiologiſchen, erſt in neuerer Zeit erkannten Geſetze läßt ſich nun auch das bekannte lange bewunderte Phänomen bei den Blattläuſen ganz anders beurtheilen, als es bisher geſchehen iſt. Es folgen hier nicht im Laufe eines Sommers Generationen und Generationen von ausſchließlich weiblichen vi— viparen Individuen ohne Spur von männlichen Individuen aufeinander, bis zuletzt eine Generation von männlichen und weiblichen oviparen Blattläuſen erſcheint, die ſich begatten und befruchten müſſen. Wir werden jetzt jene weiblichen viviparen Individuen als geſchlechtsloſe, mit Keimſtöcken verſehene Ammen zu betrachten haben. Daß dieſe Blattlaus-Ammen in Bezug auf ihre Fortpflanzungsorgane wirklich eine an— dere Organiſation beſitzen, als die oviparen Blattlaus-Weibchen, habe ich ſchon im Jahre 1839 (ſ. Froriep's neue Notizen. Bd. XII, pag. 307) nachgewieſen. Es fehlt den geſchlechtsloſen viviparen Blattläuſen nicht blos das receptaculum seminis, welches die geſchlechtsloſen oviparen Blattläuſe beſitzen, ſondern auch die Keimſtöcke dieſer Blattlaus-Ammen zeigen eine ganz andere Form und Struktur als die Eierſtöcke der Blatt: laus⸗Weibchen. Ich habe ſchon früher die Vermuthung ausgeſprochen (f. mein Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der wirbelloſen Thiere, pag. 634), daß das Vorkommen von geſchlechtsloſen Ammen unter den Inſekten nicht auf die einzige Familie der Aphiden beſchränkt ſei, und daß vielleicht auch bei den Cynips— Arten und Pſyche-Arten dergleichen Ammenbildungen vorkommen mögen. Bei den Pſpychiden hat es ſich jetzt beſtimmt herausgeſtellt, daß die Taläporien einem ſolchen Generationswechſel unterworfen ſind. Die zu den verſchiedenſten Zeiten ſich immer wiederholenden Erzählungen der Lepidopterologen, daß die Weibchen gewiſſer Pſyche-Arten ohne vorausgegangene Begattung (sine Lucina) Brut erzeugt hätten, hat mich veranlaßt, dieſe Mittheilungen genauer zu prüfen; ich wählte dazu Psyche graminella und Fumea nitidella. Ich überzeugte mich durch dieſe Unterſuchungen bald, daß die meiſten Behauptungen, als könn— ten ſich dieſe Psychiden sine concubitu fortpflanzen, auf Täuſchungen beruhen. Ich habe die dieſen Täu— ſchungen zum Grunde liegenden Irrthümer in der Zeitſchrift für wiſſenſchaftliche Zoologie (Bd. I, 1849, pag. 93) weiter auseinandergeſetzt. Nachdem ich meine Anſicht hierüber bekannt gemacht hatte, erhielt ich von verſchiedenen Seiten immer wieder Andeutungen, daß bei gewiſſen Pſychiden, welche als Raupen einge— ſammelt und gepflegt wurden, doch eine Fortpflanzung sine Lueina ſtattfinden müſſe, da aus ſolchen Rau— pen, nachdem ſie ſich verpuppt, nur Weibchen ausgeſchlüpft ſeien, welche Eier gelegt hätten, aus denen ſpäter wirklich Räupchen hervorgekrochen wären. Dergleichen Mittheilungen bezogen ſich jedoch meiſtens auf Talaeporia lichenella Zell. Ich wen⸗ dete von nun an meine ganze Aufmerkſamkeit den Taläporien zu, wobei mir das häufige Vorkommen der Talaep. lichenella bei Freiburg im Breisgau, meinem früheren Aufenthaltsorte, ſehr zu ſtatten kam. Leider wurde ich in dieſen Unterſuchungen durch meine Ueberſiedelung von Freiburg nach Breslau unterbrochen, doch hatte ich Hrn. Reutti, welcher in Freiburg in Gemeinſchaft mit mir ſich denſelben Unterſuchungen unterzogen hatte, es an's Herz gelegt, unſere Beobachtungen weiter zu verfolgen. Derſelbe hat mir den weiteren Erfolg dieſer Beobachtungen getreulich mitgetheilt, und ſo bin ich jetzt in den Stand geſetzt, mit Beſtimmtheit zu verſichern, daß die Talaeporia lichenella Zell. einem Generationswechſel unterworfen ift, oder vielmehr, daß die Talaeporia lichenella Zell. eine geſchlechtsloſe Amme iſt, da aus den Raupen 86 dieſes Sackträgers nichts als Weibchen und immer nur wieder Weibchen hervorkommen, welche sine con- cubitu Eier legen, aus denen ſpäter in der That Räupchen ausſchlüpfen. Offenbar entſprechen dieſe flügel⸗ loſen, mit einer Legeröhre verſehenen Individuen der Talaep. lichenella nicht den Weibchen, ſondern den ge— ſchlechtsloſen Ammen einer dem Generationswechſel unterworfenen Taläporien-Art. Wie viele Generationen dieſer Ammen aufeinander folgen, bis zuletzt die geſchlechtliche Generation zum Vorſchein kommt, das iſt bis jetzt noch nicht ergründet worden. Wir werden uns jetzt zuerſt bemühen müſſen, die geſchlechtliche Form zu dieſer Talaep. lichenella aufzufinden, denn obgleich Zeller (ſ. Isis. 1838, p. 718. 1839, p. 182 und 302) zu dieſem Sackträger die Psyche triquetrella des Fiſcher v. Röslerſtamm citirt, fo iſt es doch noch nicht ausgemacht, ob beide Formen wirklich zuſammengehören. Ich kenne die Männchen und Weibchen dieſer Talaeporia triquetrella F. v. R. von eigener Anſchauung. Ich habe fie in Freiburg aus ihren dreikantigen Säcken oft erzogen, und dabei Weibchen und Männchen in ziemlich gleicher Zahl erhalten. Jedenfalls find die Säcke der ges ſchlechtlichen Talaeporia triquetrella F. v. R. und der geſchlechtsloſen Talaeporia lichenella Z., obgleich beide Sack-Arten dreikantig erſcheinen, ſehr ſtark von einander verſchieden; dieſe Verſchiedenheit rührt nicht etwa von dem verſchiedenen Material her, welches dieſe Sackträgerraupen zur Verfertigung ihrer Hülle be— nutzen, denn Talaeporia lichenella Z. fand ich ſtets als Raupe an alten Zäunen, während Talaeporia triquetrella F. v. R. als Raupe ſich wahrſcheinlich auf niederen Graspflanzen aufhält und zur Verpuppung an Baumſtämmen und Felswänden hinaufkriecht. Erſtere hält ſich faſt nur in der Nähe von Gärten und Woh— nungen auf, letztere dagegen kommt auch entfernt von dieſen in Wäldern vor. Die Säcke von Talaep. liche- nella Z. find konſtant kleiner und dunkler als die von Talaep. triquetrella F. v. R. Da die Säcke dieſer Taläporienammen wahrſcheinlich verſchieden geformt find im Vergleich zu den Säcken der geſchlechtl. Taläporien⸗ Individuen, da ferner angenommen werden darf, daß Ammenformen auch bei anderen Taläporien-Arten vor— kommen werden und man bisher auf den Generationswechſel dieſer Schmetterlinge überhaupt nicht geachtet hat, ſo konnte es nicht ausbleiben, daß die Artunterſcheidung bei der Gattung Talaeporia, welche durch dieſe verwickelten Verhältniſſe ſehr erſchwert iſt, in die heilloſeſte Verwirrung gerathen mußte. Es iſt jetzt Aufgabe der Lepidopterologen, dieſe höchſt intereſſanten Lebensverhältniſſe der Taläporien weiter zu verfolgen, damit die vielen noch ungelöſten Fragen, welche ſich daran knüpfen, bald und ſicher ihre Beantwortung finden mögen. Für alle Diejenigen, welche ſich die Beobachtung und Unterſuchung der Pſychiden zur Aufgabe machen wollen, will ich noch Folgendes zur Beherzigung an die Hand geben. Es dürfte ausreichen, vor der Hand nur drei Gattungen der Pſychiden zu unterſcheiden: Psyche, Fumea und Talacporia. Psyche und Ta- laeporia bilden die Extreme dieſer Familie, und Fumea ſteht als verbindendes Glied zwiſchen beiden Gat— tungen in der Mitte. 1. Psyche. Das Männchen trägt gekämmte Fühler, der Hinterleib kann ſich mehr oder weniger in die Länge recken und wird von demſelben zur Begattung des im Sacke verborgen bleibenden Weibchens tief in den erſteren hineingeſchoben. Das flügelloſe Weibchen iſt madenförmig geſtaltet, beſitzt weder Beine, Fühler, noch Augen, auch fehlt demſelben eine Legeröhre. Es bleibt nach dem Verlaſſen der Puppenhülſe im Sacke verborgen, um ſich zu begatten, kriecht nach der Begattung rückwärts in die verlaſſene Puppenhülſe zurück und legt dieſe von unten dis oben mit Eiern voll, worauf daſſelbe als völlig verſchrumpft zu Grunde geht. 2. Fumea. Das Männchen iſt mit gekämmten Fühlern ausgeſtattet. Der Hinterleib kann ſich nicht ungewöhnlich in die Länge ſtrecken. Die Begattung wird mit dem Weibchen außerhalb des Sackes des letzteren vollzogen. 5 Das flügelloſe Weibchen beſitzt gehörig entwickelte Beine, Fühler und Augen. Die Fühler ſind perl— ſchnurförmig und kurz, ſie erreichen nicht mit ihrer Spitze das Hinterende des Thorax. Der Hinterleib endigt mu mit einer perfpeftivartig aus- und einziehbaren Legeröhre, deren Baſis mit vielen Wollhaaren beſetzt ift. Das Weibchen kriecht unter Zurücklaſſung der Puppenhülſe aus dem Sacke hervor und erwartet am Sacke feſtgeklammert das Herannahen der begattungsluſtigen Männchen. Nach der Begattung legt das Weibchen mittelſt ſeiner Legeröhre die Eier in die im Sacke zurückgebliebene leere Puppenhülſe, und füllt dieſe mit Eiern und Wollhaaren prall aus, worauf das Thierchen verſchrumpft vom Sacke abfällt. 3. Talaeporia. Das Männchen beſitzt lange einfache fadenförmige Fühler. Hinterleib kann ſich nicht verlängern. Die Begattung nimmt daſſelbe mit dem Weibchen außerhalb des Sackes vor. Das flügelloſe Weibchen gleicht ganz dem Weibchen einer Fumea; Beine, Fühler und Augen ſind entwickelt, die Wollhaare am Hinterleibsende und die aus- und einſchiebbare Legeröhre ſind vorhanden. Der einzige Unterſchied liegt in der Form der Fühler. Die fadenförmigen Fühler ſind hier nämlich ſtets länger als bei den Weibchen von Fumea, ſie erreichen entweder das Hinterende des Thorax oder ragen über daſ— ſelbe hinaus. Das Weibchen kriecht beim Ausſchlüpfen ſammt der Puppenhülſe aus dem Sacke hervor; hat daſſelbe die Puppenhülſe verlaſſen, ſo fällt dieſe ab und das Weibchen legt, nachdem es ſich, außerhalb des Sackes und an dieſen feſt geklammert, begattet hat, die Eier mittelſt ſeiner Legeröhre in die Höhle des leeren Sackes. Derſelbe machte in einem ſpäteren Vortrage auf den ſchneckenförmig gewundenen Sack einer Pſycheraupe in folgender Weiſe aufmerkſam. Dieſer Sackträger, welcher bei Freiburg im Breisgau an Felswänden vorkommt, aber auch von Kollar bei Wien an einer Mauerwand aufgefunden worden iſt, muß in jeder Beziehung die Aufmerkſamkeit der Entomologen und Phyſiologen auf ſich ziehen. Aus den meiſten dieſer Säcke, welche mir durch die Güte Kollar's von Wien zugeſendet wurden, war eine Chaleis auss geſchlüpft, die eine neue Spezies ausmacht und von Kollar den Namen Chaleis unicolor erhalten hat. Nur aus ſehr wenigen Puppen hatte ich bis jetzt madenförmige Weibchen ohne Legeröhre erzogen, Männ— chen waren mir nie ausgeſchlüpft. Ich wurde von Herrn v. Heyden zuerſt auf das Vorkommen dieſer Pſyche bei Freiburg aufmerkſam gemacht, hatte dieſelbe einſtweilen Psyche Helix genannt, erfuhr aber ſpäter, daß ſchon Herrich-Schäffer (ſyſtematiſche Bearbeitung der Schmetterlinge von Europa, Bd. II. Fig. 108 — 109 mit Sack) eine männliche Psyche helicinella beſchrieben und abgebildet habe, und zwar nach von Mann eingeſendeten Exemplaren, von welchen der Letztere jedoch nur vermuthete, daß dieſelben aus ſchneckenhausförmigen Säcken, welche er auf Sicilien in ihrer Nähe angetroffen, ausgeſchlüpft ſein könn— ten. Es hat übrigens ſchon Reaumur diefe eigenthümlichen Säcke gekannt und beſchrieben (ſ. deſſen Mé— moires pour servir à Thistoire naturelle des insectes. Tom. III. Part. 1. 120. Pag. 249. Pl. 15. Fig. 20 — 22), und auch die Chaleis daraus erzogen, dafür muß man wenigſtens die „petite mouche noire et à quatre ailes“ halten, welche ihm aus dieſen ſchneckenhausartigen Säcken hervorgeſchlüpft iſt. Zeller hat in feiner kritiſchen Beſtimmung der von Reaumur befchriebenen Schmetterlinge dieſen Sad: träger zu deuten unterlaſſen (ſ. Isis. 1838, pag. 718), doch ſprach ſich Derſelbe kürzlich in einem Briefe gegen mich aus, daß jene ſchneckenhausartigen Säcke keiner Pſyche angehören können, da die darin lebenden Raupen nach Art der Raupen von Coleophora freſſen. Dies letztere hatte mir auch ſchon Reutti aus Freiburg mitgetheilt, dem ich die weitere Beobachtung dieſes höchſt intereſſanten Sackträgers bei meinem Abzuge von Freiburg ganz beſonders empfohlen hatte. Dennoch iſt aber bis jetzt keine Cole ophora aus dieſen Sackträgern hervorgekommen. Ueberhaupt iſt es bis jetzt noch keinem Entomologen, der dieſe Sack— träger zu beobachten Gelegenheit hatte, geglückt, geflügelte Schmetterlinge daraus zu erziehen. Weder REau— mur noch ich, ebenſowenig (mündlichen und brieflichen Mittheilungen zufolge) Kollar, Mann, Zeller und Reutti können ſich deſſen rühmen. Es muß dies im höchſten Grade auffallen und unſer Intereſſe für dieſen Sackträger ganz beſonders anregen. Ich erſuche daher die Herren Entomologen, dieſem höchſt intereſ— ſanten Gegenſtande doch alle ihre Aufmerkſamkeit und Sorgfalt zuwenden zu wollen. Jede Notiz hierüber werde ich mit größtem Danke annehmen. Das Auffinden dieſer ſchneckenhausförmigen Säcke wird auch im nördlichen Deutſchland und ſelbſt hier in der Provinz Schleſien gelingen, da nach einer brieflichen Notiz, welche ich Herrn Zeller verdanke, dieſer Letztere jene Säcke überall (und auch bei Glogau) gefunden haben will. In Italien hatte ſie Der— ſelbe an Oelbäumen häufig angetroffen; die dazugehörigen Raupen beobachtete er an Anthyllis vulneraria, Lotus corniculatus und Gnaphalium arenarium, welche Pflanzen fie wirklich fraßen. Bei Wien ſammelte ich dieſe verpuppten Sackträger nur von einer der Sonne ſtark ausgeſetzten Mauer, in deren nächſter Nähe Atriplex laciniata wuchs, auf welcher nach Kollar's Verſicherung dieſer Sackträger als Raupe leben ſoll. Ich muß hier beiläufig bemerken, daß ich dort mit dieſen angeſponnenen Säcken auch die verpuppte Coleo- phora auroguttella antraf, deren ſacktragende Raupe ſich ebenfalls von Atriplex laciniata ernährt. Durch Reutti erfuhr ich ſpäter, daß er die Artemisia vulgaris, welche in der Nähe des Fundorts der ſchneckenhausartigen Säcke auf dem Schloßberge bei Freiburg wächſt, als die Futterpflanze der jenen Säcken angehörenden Raupen erkannt habe. 0 Aus Allem, was bis jetzt über dieſe Sackträger bekannt geworden iſt, läßt ſich vermuthen, daß die den Weibchen von Pſyche ſo ähnlichen madenförmigen Inſekten, welche aus den Puppen dieſer Sackträger her— vorſchlüpfen, nicht eigentlich Weibchen find, ſondern, ähnlich wie bei Talaeporia lichenella Zell., geſchlechts⸗ loſen Ammen entſprechen, welche sine concubitu Brut erzeugen können. Ich hege dieſe Vermuthung ſchon lange, da ich theils in Freiburg theils hier wohl mehrere hundert Säcke beobachtete, welche nie einen männ— lichen Schmetterling lieferten, ſondern entweder eine Chaleis oder Pteromalinen oder ein madenförmiges Weibchen. Von jedem Sacke, den ich angeſponnen eingeſammelt und nachher geöffnet hatte, war ich im Voraus gewiß geworden, daß er eine weibliche Puppe oder deren Reſte enthielt. Viele Puppen erſchienen leer oder vertrocknet, einige waren aber auch mit Eiern oder, zu meinem Erſtaunen, mit jungen ſechsbeinigen Räupchen angefüllt. Hieraus geht hervor, daß bei dem Ausſchlüpfen dieſer ſogenannten Weibchen der Psyche Helix die Puppenhülſe im Sacke zurückbleibt, und daß daſſelbe die Eier bei dem Legen in die verlaſſene Puppenhülſe zu ſchaffen weiß, wodurch dieſes Thier an die Weibchen von Psyche und Fumea erinnert. Aus einer ſpä— teren mir gemachten brieflichen Mittheilung Reutti's entnehme ich, daß derſelbe Aehnliches beobachtet hat, ja daß derſelbe auch in ſolchen Säcken, deren einzeln erzogene Raupen er iſolirt ſich hatte verpuppen laſſen, ſpäter die Puppenhülſe mit jungen Räupchen ausgeſtopft fand, wodurch es zur Gewißheit wird, daß dieſe Sackträger mit ſchneckenhausartigen Hüllen ammenartige Weſen liefern, deren geſchlechtliche Individuen bis jetzt noch nicht entdeckt worden ſind. Herr Dr. Wocke hielt einen Vortrag über die Kennzeichen der Familien und Gattungen der Tinien, und erläuterte denſelben durch vorgezeigte Exemplare ſeiner reichhaltigen Sammlung. V. Neuroptera. Der Unterzeichnete hielt einen Vortrag über Termiten und namentlich über Termes fatale F., welchen er durch vorgezeigte Exemplare dieſer Thiere erläuterte. B. Arachniden. Herr Profeſſor v. Siebold legte der Verſammlung ein von ihm angelegtes Herbarium entomolo- gicum vor, welches verſchiedene Gallauswüchſe und krankhafte Entartungen an Pflanzengebilden enthielt, die theils durch Gallwespen, Gallmücken, theils durch Blattläuſe und andere Inſekten erzeugt worden waren. Derſelbe hatte auch ſolche Blätter von niederen Pflanzen, Sträuchen und Bäumen geſammelt, auf welchen verſchiedene Minirer ihre Spuren hinterlaſſen hatten. Ganz beſonders aber machte derſelbe auf die erineen⸗ 89 artigen Gebilde feines Herbariums aufmerkſam, nämlich auf die an Knospen, Blättern und jungen Trieben der verſchiedenartigſten Pflanzen ſo häufig vorkommenden, krankhaft vermehrten Haarbildungen. Mehrere Botaniker haben dieſe Haarauswüchſe für Schimmelbildung gehalten, welche Perſoon ſogar zu der beſonderen Gattung Erineum erhoben hat. Herr v. Siebold traf faſt regelmäßig zwiſchen den Haarauswüchfen dieſer Erineen ein milbenartiges Geſchöpf an, wodurch er ſich veranlaßt ſah, die Vermuthung zu hegen, daß dieſe Milbe zu den erineenartigen Haarbildungen in einer gewiſſen Beziehung ſtehe. Er nannte das Thier daher vorläufig Eriophyes, mußte aber geſtehen, daß dieſe Eriophyes- Form ihrer Geſtalt und Organiſation nach keine vollſtändig entwickelte Milbe fein könne. Es beſitzt eine ſolche Erio- phyes etwa die Länge von Y—Y, Lin., eine blaßgelbe Farbe und einen langgeſtreckten, cylinderiſchen, äu— ßerſt fein geringelten Leib. Nach vorne ragen zwei lange, vollkommen entwickelte Fußpaare hervor. Die Körperoberfläche iſt mit einigen wenigen, aber langen Borſten beſetzt. Die Mundtheile find undeutlich und ſchwer zu entziffern. Die Bewegungen der Milbe erſcheinen ziemlich lebhaft. Die Abbildungen, welche bis jetzt von dieſer Milbe geliefert worden ſind, gaben kein klares Bild von derſelben, indem die auffallende Leibesringelung dabei ſtets überſehen worden iſt. Ganz ſchlecht und roh ſind mehrere dieſer Milben von Fee abgebildet worden in feinem Memoire sur le groupe des Phylleriees et notamment sur le genre Erineum (Paris. 1834. Pl. I. Fig. 1 et 2c. Pl. V. Fig. 8b). Turpin, welcher dieſe Milbe aus den taſchenförmigen mit Erineen ausgekleideten Auswüchſen der Lindenblätter unterſucht hat, bezeichnete ſie als Sarcoptes gallarum tiliae und lieferte von ihr eine ganz gute Abbildung (ſ. deſſen Mémoire de No- sologie végétale observations philosophiques in deſſen Mémoires présentés par divers savans a l’Aca- demie roy. des sciences de Institut de France. Tom. VI. 1835). Auch von Duges haben wir eine ziemlich gute Darſtellung derſelben Milbe erhalten (f. deſſen Nouvelles observations sur les Acariens, in den Annales des sciences naturelles, Tom. II. 1834, p. 104, pl. XI. A. TAcaride des galles du tilleul). Duges hat ebenfalls dieſe Milbe für ein noch nicht vollkommen entwickeltes Thier erklärt, welches einem Tetranychus nahe zu kommen ſcheine. Herr v. Siebold geht noch weiter, indem er glaubt, daß man es hier wieder mit einer Ammenbildung zu thun habe. Eriophyes pflanzt ſich wie Demodex folli- culorum fort, ohne daß ſich an beiden deutlich Geſchlechtswerkzeuge unterſcheiden laſſen, und es wird unſere Aufgabe ſein, zu beiden ammenartigen Milbenformen noch die geſchlechtlichen Formen aufzuſuchen. C. Kruſtenthiere. Herr Profeſſor v. Siebold hielt folgenden Vortrag über verſchiedene Phyllopoden: Ueber Isaura cycladoides Jol., als Zeitrag zur ſchleſiſchen Fauna. Isaura cycladoides iſt bekanntlich als Bewohner von Südfrankreich durch Joly bei Toulouſe zuerſt entdeckt und im Jahre 1842 ausführlich beſchrieben worden (ſ. die Annales des sciences naturelles. Se— conde série. Tom. 17, pag. 293). Ich war daher ſehr überraſcht, dieſen niedlichen Muſchelkrebs im ver— gangenen Frühjahre vor den Thoren Breslau's in einigen ſtehenden Gewäſſern häufig anzutreffen. Ueber die Identität des von mir aufgefundenen Phyllopoden mit der genannten Isaura kann kein Zweifel obwalten, da ich Gelegenheit hatte, einige von Joly mir ſelbſt überſchickte Exemplare der Isaura cycladoides damit zu vergleichen. Es gehören übrigens die Stellen, wo ich die Isaura aufgefunden, zu denjenigen Gewäſſern, welche im Laufe des Sommers regelmäßig austrocknen, wodurch die in ſolchem Waſſer lebenden Thiere ab⸗ ſterben und mithin auch dem Treiben jenes Muſchelkrebſes auf eine längere Zeit ein Ende gemacht werden mußte. Gewiß ſind indeſſen von den Isaura-Weibchen reichlich Eier gelegt worden, welche ſich in den Schlamm am Boden des Waſſers geſenkt haben, und hier wie die Eier von Apus, Branchipus und an- dere Entomoſtraceen während der wärmeren Jahreszeit im Trocknen ausharren, bis im nächſten Frühjahre bei 12 90 dem eintretenden Thauwetter an jenen Stellen, wo dieſe Eier vergraben liegen, ſich von neuem Waſſer an⸗ ſammelt und auf dieſe Weiſe den Eiern Veranlaſſung giebt, ſich zu entwickeln. Ich fand die Weibchen und Männchen der Isaura in ziemlich gleicher Anzahl vor, und konnte den Begattungsakt derſelben ſehr häufig beobachten, wobei die Männchen ihre vorderen verdickten und mit Krallen endigenden Fußpaare benutzten, um ſich an den freien Bauchrand der beiden klaffenden Schalen der Weibchen anzuklammern. Es wurde dieſe Gelegenheit von mir noch dazu benutzt, um der Verſammlung noch einige andere zu den Phyllopoden gehörige, in Weingeiſt aufbewahrte Krebsformen vorzuzeigen: nämlich Limnadia Hermanni Brong. von Straßburg, Estheria Dahalacensis Str. Dürkh. aus Nubien, eine mit dieſer verwandte Form aus Spanien und Hedessa Sieboldii Liev. von Danzig. Ich ſprach dabei die Ueberzeugung aus, daß das letztere Entomoſtracon, welches übrigens von O. F. Müller (Entomostraca, pag. 69, Tab. VIII) unter dem Namen Lynceus brachyurus zuerſt beſchrieben wurde, auch in unſerer Gegend einheimiſch ſein werde, da daſſelbe von Waga (vergl. Annales de la société entomologique de France. Tom. VI, 1837. pag. XI) bei Warſchau gefunden worden iſt. Die Zahl der Mitglieder der entomologiſchen Sektion iſt durch den Beitritt des Herrn Profeffor v. Siebold in dieſem Jahre um eines vermehrt worden. An Geſchenken gingen ein, an die Bibliothek: I) Von Hrn. Dr. X. Fieber in Prag: Deſſen Sy: nopſis aller in Europa entdecken Arten der Gattung Oorixa. — 2) Von dem entomologiſchen Verein in Stettin 1 Nummer. — 3) Von der naturhiſtoriſchen Geſellſchaft in Nürnberg 1 Nr. — 4) Von dem zoologiſch⸗mineralogiſchen Verein in Regensburg 1 Nr. — 5) Von Hrn. Dr. Phil. Schneider hierſelbſt 5 Nrn. — Eingetauſcht wurden 2, gekauft 4 Nrn. Gravenhorſt, zeitiger Sekretaͤr der entomol. Sektion. 3. Bericht über die Verhandlungen der botaniſchen Sektion im Jahre 1850, von Fr. Wimmer, zeitigem Sekretaͤr derſelben. Die Sektion hat im Jahre 1850 ſieben Verſammlungen gehalten, am 6. Juni, am 4. Juli, am 10. und 24. Oktober, am 6. und 21. November und am 5. Dezember. Die Vorträge und Mittheilungen waren der Reihe nach folgende: Der Sekretär referirte über folgende botaniſche Schriften: Flora von Preußen von Patze, Meyer und Elkan, Flora von Nord- und Mitteldeutſchland von Garde, Flora Hanoverana auct. Meyer und Cyperographia Scandinaviae ed. Andersson. x Derſelbe machte einige Mittheilungen über neue und feltene Arten der ſchleſiſchen Flora. Herr Dr. Milde legte Formen von Equisetum vor und erläuterte dieſelben. Derſelbe gab Beiträge zur Kenntniß der Lemna arrhiza und zur Keimung der Equisetum - Arten und legte eine Anzahl ſeltnerer ſchleſiſcher Pflanzen von neuen Standorten vor. Der Zögling der hieſigen Realſchule Bail berichtete über die von ihm bei Pleß geſammelte, bekannt⸗ lich von Herrn Hausleutner in Reichenbach entdeckte, Aldrovanda vesiculosa und andere Pflanzen jener Gegend. ; 3 Herr Dr. Cohn theilte die von Röper bei Warnemünde gefundene Sclerochloa procumbens mit. Herr Aſſeſſor Wichura hielt einen Vortrag über das Winden der Blätter. Der Sekretär machte Mittheilungen über die von A. Skofitz zu Wien eingeſandten Programme zu einem Pflanzentauſchverkehr und zu einer botaniſchen Zeitſchrift. Der Sekretär legte die aus Koch's Hand ſtammenden, der Valeriana officinalis verwandten For⸗ men, hybride Epilobia von Laſch in Drieſen und Salix Hegetschweileri Heer von Dr. Lagger in Freiburg vor, welche ſämmtlich Herr Apotheker Buek in Frankfurt mitgetheilt hatte. Derſelbe machte Mittheilung über verſchiedene Weidenformen und einige neue Pflanzenarten der ſchle— ſiſchen Flora. Derſelbe erläuterte einige Carex-Arten der ſchleſiſchen Flora. Herr Muſikdirektor Siegert berichtete über die Ergebniffe feiner diesjährigen Exkurſionen, welche be— ſonders die Salix-, Carex-, Hieracium- und Cirsium- Formen betrafen. 12* 92 Herr Profeſſor Dr. Göppert hielt einen Vortrag über die Gärten Belgiens und Hollands, knüpfte daran eine Ueberſicht der in Deutſchlands Gärten im Freien ausdauernden Bäume und legte eine Erläute⸗ rung über die im vorigem Jahre bereits vorgezeigten metamorphoſirten Mohnköpfe vor. Derſelbe übergab die Fortſetzung der von Herrn v. Flotow in Hirſchberg im vorigen Jahre begon⸗ nenen Enumeratio Lichenum Silesiae. Herr Pharmazeut Krauſe berichtete über einige neue und ſeltenere Pflanzenformen Schleſiens. Folgende ſind die einzelnen Vorträge und Mittheilungen, wie ſie die Herren Mitglieder zur Veröffent⸗ lichung beſtimmt haben. Allgemeine Ueberſicht der in Deutſchlands Gärten im Freien ausdauernden Bäume und Sträucher. 5 (Entworfen im Juli 1850 von Profeſſor Dr. Göppert.) Die große Menge von Bäumen und Sträuchern welche alljährlich nach Deutſchland gelangen, läßt es gerechtfertigt erſcheinen eine Ueberſicht zu liefern, deren numeriſchen Theil ich hier kurz liefere, obſchon ſehr natürlich eine Arbeit dieſer Art nur eine relative Genauigkeit haben kann. Gegen Ende des ſiebenzehnten Jahrhunderts verſuchte man zuerſt in England, nordamerikaniſche Bäume (aus den Gegenden zwiſchen dem 39. und 45. Gr. N. B.) in größerer Ausdehnung anzupflanzen, was in Deutſchland erſt zwiſchen 1720 und 1730 gefhab. Der Landdroſt v. Münchhauſen zu Schwobber bei Herford und der Hofrichter v. Veltheim in Harbke im Braunſchweigſchen waren inzwiſchen die Erſten, welche nordamerikaniſche Höl⸗ zer nicht zum Vergnügen oder zur Zierde von Gärten, ſondern als forſtgemäße Anlagen im Großen anpflanz⸗ ten, wie ſich auch etwas fpäter der Forſtrath der Mittel- und Uckermark v. Burgsdorf in gleicher Weiſe Verdienſte erwarb. Man kultivirte beſonders Acer saccharinum, A. rubrum, Betula lenta, Fraxinus- Arten, Juglans alba, nigra, glabra, Liriodendron, Juniperus virginiana, Pinus nigra, P. alba, P. ca- nadensis, P. Strobus, Prunus virginiana, Quercus Prinos, @. rubra, @. coceinea, Robinia Pseuda- cacia ꝛc. Ueberdies wurden in damaliger Zeit auch im markgräflichen Garten zu Carlsruhe, wie im land⸗ gräflich Heſſiſchen zu Weiſſenſtein bei Kaſſel großartige Anpflanzungen dieſer Art angelegt unter andern am letzten Orte an 20,000 Weymouthskiefern kultivirt. Burgsdorf führt in ſeiner im Jahre 1787 erſchiene⸗ nen Arbeit zur ſicheren Erziehung und zweckmäßigen Anpflanzung der einheimiſchen und fremden, in Deutſch⸗ land und unter ähnlichem Klima im Freien fortkommenden Holzarten überhaupt 674 Arten auf, unter denen ſich nach Abzug von 130 einheimiſchen Arten, bereits 544 exotiſche befinden; Wildenow in ſeiner berlinſchen Baumzucht im Jahre 1811, alſo 23 Jahre ſpäter, 370 Arten, alſo etwa einen Zuwachs von 96 Arten; Hayne in der dendrologiſchen Flora der Umgegend und der Gärten Berlins im Jahre 1822 892 Arten, alſo 192 mehr als Wildenow. Freilich iſt hier zu bemerken, daß, inſofern ſich die letzten beiden Autoren nur auf Beſchreibung der in Berlin und in der Umgegend dieſer Stadt kultivirten Bäume und Sträucher beſchränken, ſchon damals die Zahl der in Deutſchland kultivirten fremden holzartigen Gewächſe viel höher anzuſchlagen iſt, jedoch fehlt es an einem anderen literariſchen Anhaltspunkt, daher wir uns darauf beſchränken und dei Vergleichungen von ihnen ausgehen müſſen. Nach einer Zuſammenſtellung, die aber, wie geſagt, auf abſolute Genauigkeit keine Anſprüche machen darf, beträgt gegenwärtig die Zahl ſämmtlicher in Deutſchlands Gärten im Freien kultivirten Holzgewächſe an 1400 wirkliche Arten, wozu noch 1100 Spiel⸗ Arten derſelben kommen, die ſich auf Form des Wachsthumes, auf die Form der Stämme, Blätter, Blüthen und die Farbenverhältniſſe der beiden letzteren Pflanzenorgane beziehen. Nicht mehr die nordamerikaniſchen Freiſtaaten allein, ſondern auch viele andere Gegenden der Erde haben zu dieſer ſo anſehnlichen Vermehrung beigetragen, insbeſondere Californien, Japan, China und Nepaul. 93 Unter dieſer Summe von 2500 Arten und Spielarten von Bäumen und Sträuchern befinden ſich noch nicht die Obſtarten im weiteren Sinne des Wortes und ebenſowenig die Roſenarten und Spielarten der Roſen, deren wir wohl mindeſtens an 2000 annehmen können. Wenn wir nun die Zahl der Spielarten der letzteren nach den neueſten möglichſt vollſtändigen Verzeichniſſen der mit ihrer Kultur beſonders beſchäftigten Handelsgärtnereien hinzurechnen, nämlich alſo 2000 Sorten Roſen und 1500 „ Aäaepfel, 1200 „ Birnen, 1500 „ Weintrauben, 350 „ Kirſchen, 200 „ Pflaumen, 30 „ Aprikoſen, Pfirfichen, 250 „ Stachelbeeren, 30 „ Johannisbeeren, 20 „ Himbeeren, fo ergiebt ſich eine Anzahl von 9580 Arten und Spielarten von Bäumen und Sträuchern, die wir gegen⸗ wärtig in deutſchen Gärten im freien Lande kultiviren. Ueber metamorphoſirte Mohnköpfe. Bekanntlich lieferte zuerſt de Candolle (Organographie végétale. T. II. Tabl. 39. Fig. 3) die Abbildung eines Mohnkopfes, an welchem 2—3 Staubgefäße in Kapſeln verwandelt waren. Später legte ich im Jahre 1832 der Verſammlung der Naturforſcher in Wien ein vollſtändigeres Exemplar vor, an wel⸗ chem der bei weitem größte Theil der Staubgefäße in Kapſeln von größerer oder geringerer Vollſtändigkeit verändert erſchien, welches nebſt einigen anderen von mir an Weiden und Cichoraceen beobachteten Meta— morphoſen einer meiner Schüler, Herr Dr. Hamburger, in einer auch dem Buchhandel übergebenen Schrift beſchrieb und abbildete. (Symbolae quaedam ad doctrinam de plantarum metamorphosi Vratisl. 1842.) Im Sommer 1849 brachte ich in Erfahrung, daß einige Meilen von Breslau ein ganzes Feld mit auf die angegebene Weiſe gebildeten Mohnköpfen ſich befände. In der That erhielt ich daher durch die Güte des Herrn Apotheker Müller eine große Menge in allen Stadien der Metamorphoſe, mit 1—60 kleineren, um die Hauptkapſel verſammelten reifen Kapſeln, von denen nicht blos die Hauptkapſel, ſondern auch viele Ne— benkapſeln vollkommen reifen Samen enthielten. Ich ſäete nun Samen von den erſteren, und zwar von den— jenigen, welche mit einer möglichſt großen Zahl von Nebenkapſeln verſehen waren, aus, und zwar an zwei verſchiedenen Orten, auf der hieſigen ſtädtiſchen Promenade auf ein zum Theil ſonniges Beet und in einem etwas ſchattigen Gärtchen, unter Aufſicht eines meiner jüngeren Freunde und Schüler, Dr. Milde. Es zeigte ſich nun hier recht entſchieden, wie eben nur die zum Wachsthume dieſer Pflanzenart über— haupt günſtigen Bedingungen: guter Boden, ſonnige Lage und möglichſt großer Raum, auch nur allein die genannte Metamorphoſe in ihrer höchſten Entwickelung zum Vorſchein brachten. Auf dem erſtgenannten Beete, nämlich dem der Promenade, war nur der vordere Theil gänzlich ſchattenlos, während der hintere an einem kleinen Hügelabhange befindliche Theil deſſelben rechts und links von einigen, wenn auch nur niedrigen, Cy- tisus Laburnum beſchattet wurde. Auch hatte man an dieſer Stelle nicht die überall üppig ſproſſende Saat hinreichend gelichtet, ſo daß die jungen Pflanzen hier viel gedrängter als am anderen Theile ſtanden und daher viel kleiner blieben. Nichts deſtoweniger zeigten von 80 auf dieſem Raume gepflanzten etwa nur 10 keine Spur jener Metamorphoſe, bei allen anderen war ſie in den verſchiedenſten Graden zu bemerken, obſchon freilich nur bei zehn in der höchſten Potenz. Auf dem zweiten ſehr ſchattigen Punkte war zwar 91 allerdings auch der größte Theil der Kapfeln mit metamorphoſirten Staubgefäßen verſehen, jedoch war ihre Zahl nur ſehr gering, 1, 2— 10 an jeder Kapſel, und nur 4—5 unter etwa 60 Stück zählten etwa 40—50. Jedoch waren auch hier, wenn auch dicht gedrängt und häufig untereinander verwachſen die kleinen Kapſeln die Centralkapſel umgaben, keineswegs alle Staubgefäße, wie früher von mir angegeben wurde, da ich noch niemals dieſe Metamorphoſe in der Entwickelung, ſondern immer nur an reifen und getrockneten Exemplaren beobachtet hatte, verwandelt, ſondern immer noch eine ziemlich große Zahl derſelben in unverändertem Zuſtande erhalten. . Die Metamorphoſe beginnt ſichtlich mit einer Bildung einer vom Torus abſtehenden Subſtanz, die von der Baſis der Staubgefäße ihren Urſprung nimmt und ſich zwiſchen ihnen entwickelt, ſo daß dann die Staubgefäße an ihrer Baſis verwachſen erſcheinen. Bald umgiebt ſie nur einen Theil der Hauptkapſel, wenn nur einzelne Staubgefäße die genannte Veränderung erleiden, oder auch wohl die ganze Hauptkapſel, wenn der größte Theil in die Veränderung eingeht; jedoch ſind es dann immer nur die inneren Kreiſe der Staubgefäße, die äußeren bleiben meiſtens davon frei, fo daß alſo, wie ſchon erwähnt, auch bei 80 — 100 metamorphoſirten Kapſeln dennoch eine ſehr große Zahl von Staubgefäßen völlig unverändert erſcheinen. Auch ſitzen dergleichen immer noch mit mehr oder minder langen Fäden auf der genannten, die metamorphoſirten verbindenden Subſtanz. Sie hinterlaſſen nach dem Abfallen eine kleine Erhöhung, die auch bei der Reife der geſammten Kapſeln noch ſichtbar iſt. Wenn dieſe Subſtanz in 2—3 Linien Länge die Baſis der Staub⸗ gefäße verbunden hat, beginnt ebenfalls die Metamorphoſe, anfänglich mit der Anſchwellung des Connectivs, welches ſich nach Außen wölbt und allmälig nach Innen öffnet, während die hinteren Antherenflügel ſich zu— rückſchlagen, flügelförmig abſtehen und die inneren ſich zur Narbe umwandeln, indem die Papillen auf dem äußeren Rande der inneren Antherenwand ſich bilden. Jene äußere Antherenwand wird nun allmälig zu flügelförmiger Einfaſſung der Narbe, während der innere Rand ſich mehr erhebt und den erhabenen Theil der Narbe, beſetzt mit Papillen, bildet, welche mit dem Stigma des ausgebildeten Carpells zu vergleichen iſt. Dieſe Metamorphoſe beſteht noch ohne Eibildung, die letztere erfolgt erſt bei allmäliger Erweiterung des Con— nectivs, welches ſich nach Innen öffnet, in welcher Höhlung, die von dem Papillenrand der inneren Anthe— renwand eingefaßt erſcheint, die Bildung der Eier beginnt. Das obere Ende des Staubfadens nimmt nun durch das oberhalb auf die beſchriebene Weiſe erweiterte Connectiv eine keulenförmige Geſtalt an; allmälig geſchieht nun auch die Bildung der Eichen, welche in Längsreihen ſtehen. Jedoch fehlen mir hier noch meh— rere Zwiſchenſtufen zu vollſtändiger Schilderung dieſer Metamorphoſe, die ich im nächſten Jahre auszufüllen hoffe, da die Beobachtung durch eine Reiſe unterbrochen wurde. Bei zahlreich metamorphoſirten Staubges fäßen erfolgt ſehr häufig, weil ſie dann dicht gedrängt nebeneinander ſtehen, auch eine Verwachſung derſelben bis oben zur Narbe hinauf, wodurch dann zuweilen ein einer vollkommenen Kapſel ähnlicher, oben mit drei⸗ bis vierſtrahligen Narben verſehener Samenbehälter gebildet wird. Oft ſitzen auch noch unveränderte Ans theren an bereits metamorphofirten. Nicht nur dieſe Unterſuchungen, ſondern auch die Ausſaatsverſuche find noch vieler Modifikationen fähig, ſo daß von einer wiederholten Beobachtung aller dieſer Verhältniſſe die Wiſſenſchaft ſich viel Ausbeute verſprechen kann. Soviel ſteht gegenwärtig feſt, daß ſich dieſe Monſtroſität nun ſchon bei wiederholter Ausſaat Eonftant erhalten hat, alſo vielleicht ſchon unter einem eigenen Namen Papaver officinale Gmel. f. monstrosum Einführung in Gärten verdient. Der Sekretär erftattete einen Dericht über drei neuerdings erſchienene Floren und legte dieſelben zur Einſicht vor. sy | 1. Flora der Provinz Preußen. Von C. Pape, E. Meyer und L. Elkan. Königsberg 1848 bis 1850. Drei Lieferungen. Vorläufer war „E. Meyer, die Pflanzengattungen Preußens.“ Es iſt dies die erſte vollſtändig und kritiſch⸗geſichtete Ueberſicht der Vegetation dieſes intereſſanten Gebiets, ſehr zu empfehlen wegen der genauen Charakteriſirung, der genauen Angabe des Wohnplatzes und der Standorte, ſo wie wegen der in Zeichen angedeuteten Vergleichung mit den Nachbarfloren, worin treffliche Fingerzeige über die Verbreitung der Arten gegeben ſind. Die Arten ſind mit Beſonnenheit und kritiſcher Schärfe feſtgeſtellt. Auch den Baſtardformen iſt, z. B. in den Sippen Hieracium und Salix, die gebührende Aufmerkſamkeit gewidmet. — Ueber Einzel- nes behalten wir uns die Mittheilung für die Zukunft vor. Für jetzt nur die eine Bemerkung, daß die Verf. bei den Hieracia die An- und Abweſenheit der Stolonen für ein Merkmal anſehen, das zur Unter: ſcheidung der Arten taugt. Nach unſeren Erfahrungen haben die Hieracia cymosa in feſtem Boden bei ſtarkem Stengel und reichem gedrängtem Blüthenſtande keine Ausläufer, während ſie ſich in lockerem Boden bei allen Arten finden, abgeſehen davon, daß ſie bei einigen Arten häufiger ſind als bei anderen. 2. Flora von Nord- und Mittel-Deutſchland. Von Dr. A. Garcke. Berlin bei K. Wiegand. 1849. — Wenn wir an dieſes Buch auch nur den Maßſtab anlegen, der auf dem Titel angegeben iſt, daß es Schülern auf Exkurſionen und zum Selbſtunterricht dienen ſoll, fo glauben wir doch, daß es mit Koch's Taſchenbuch der deutſchen Flora, welches ein weiteres Gebiet umfaßt und durchaus zuverläßig iſt, keinen Vergleich aushalten kann. 3. Flora Hanoverana Excursoria. Von G. F. W. Meyer. Göttingen 1849. — Bei der Aus: dehnung, welche der Verf. ſeinem Gebiete gegeben hat, welches die Flußgebiete der Ems, Weſer und Unter— elbe begreift, kann man dieſe Flora geradehin als eine Flora des nördlichen Deutſchlands betrachten; nur wenige Arten dürften fehlen. Dieſes Buch, das wir als ein ſehr werthvolles bezeichnen müſſen, iſt voll von eigenthümlichen Beobachtungen, wie auch von eigenthümlichen Anſichten. Der Verf. weicht in der Begren— zung der Arten von vielen der neueren Beobachter ab und iſt geneigt, in manchen Sippen mehrere Arten als Formen einer Art zu betrachten. Beiſpielshalber führe ich an, daß ihm Betula alba und B. pubescens, Tragopogon orientalis und Tr. pratensis, Senecio Jacobaea und S. barbaraeifolius Krock. Formen einer Art ſind. Es wäre unverſtändig, deshalb mit ihm zu rechten, dergleichen Dinge muß Jeder vor ſich ſelbſt zu verantworten wiſſen. Dabei aber wird in anderen Sippen ſorgfältig und ſtreng zwiſchen den Arten unterſchieden. Ueberhaupt aber wiederholen wir, daß dieſes Buch reich iſt an genauen Beobachtungen und neuen Bemerkungen und in mehrfacher Hinſicht die ſorgfältigſte Beachtung verdient. 4. Plantae Scandinaviae descriptae et delineatae. Auct. N. J. Andersson. Fasc. I. Cype- rographia. Holmiae. Bonnier. — Dieſes Unternehmen wird durch ein Vorwort von Fries eingeleitet. Die Gramineae follen demnächſt folgen und fo weiter diejenigen Gruppen zunächſt, welche im Norden do— miniren. Wie von dem Verf. der Salices Lapponiae zu erwarten war, iſt dieſe Arbeit vortrefflich. Die Beſchreibungen äußerſt ſorgfältig, die Standorte und Wohnplätze genau bezeichnet, befonders die Unterſchiede von den ähnlichen und verwandten Arten treffend bezeichnet. Uebrigens geht der Verf., wenn er ſich auch immerhin den Anſichten der Koryphäen ſeines Landes anſchließt, ſeinen eigenen Weg und weiſt in den ange— ſchloſſenen Bemerkungen darauf hin, wie manche Art oder Form vielleicht auch anders zu deuten ſein dürfte, und macht durch Expoſition des Zweifelhaften auf die noch mangelhaften Punkte und Deſiderata der Beob— achtung aufmerkſam. Die Abbildungen ſind mit der größten Oekonomie gefertigt und leiſten in der Art und Weiſe, wie ſie eingerichtet ſind, das Mögliche. Derſelbe legte folgende . nene Arten der ſchleſiſchen Flora vor: Bupleurum tenuissimum, neu für die Flora von Schleſien, mitgetheilt von Apotheker Knorr in Sommerfeld, bei Naumburg am Bober. 96 Geaster fornicatus Fries. — Aus der Gegend von Tarnowitz, von Hrn. Kandidat Jungnickel, durch Hrn. Profeſſor Schilling mitgetheilt. Fit Carex evoluta Hartmann. — In der Tſchoke bei Liegnitz, am Dorfe Kunitz. Entdeckt vom Lehrer Gerhard im J. 1848. Dies iſt der zweite Standort dieſer nordiſchen Art in Deutſchland (nach Koch's Taſchenbuch bei Ulm). Wächſt zwiſchen C. riparia und C. filiformis, zwiſchen denen dieſe Art in der Mitte ſteht. 4 Derſelbe legte einige intereſſante, von Herrn Buek in Frankfurt freundlichſt mitgetheilte Pflanzenformen vor, namentlich die verwandten Formen der Valeriana officinalis und V. sambucifolia, von Koch in Erlangen geſammelt und mit deſſen Erläuterungen. Salix Hegetschweileri Heer, am Rhonegletſcher im obern Wallis, von Dr. Lagger am 18. Juli 1848 geſammelt. — Ich halte fie für eine hybride aus S. phylieifolia und S. hastata. Potamogeton nataus in feinen Entwickelungsſtufen, vom Hofr. Koch in Erlangen geſammelt. Eine Reihe hybrider Formen von Epilobium, von Laſch in Drieſen geſammelt. Derſelbe legte zur Anſicht vor und erläuterte einige Formen von Salix und neue Arten und Varietäten aus der ſchleſiſchen Flora. Salix conifera. — Die hier vorliegenden Exemplare theilte mir Herr Aſſeſſor Wichura aus dem Berliner Garten ohne Benennung mit; ein anderes der kürzlich verſtorbene Promenadeninſpektor Schauer, welches wahrſcheinlich aus dem Bonner Garten ſtammt. Dieſe Exemplare ſtimmen genau mit ſolchen über— ein, welche, von Dewey in Nordamerika geſammelt, ſich im Wiener Herbarium finden. Dieſe ſcheinen da= her die echte Art zu fein. — In Herbarien findet man unter dieſem Namen oft S. acuminata Koch, S. dasyclados und eine dieſer verwandte. Salix bicolor. Hortul. — In Garten- und Parkanlagen findet man häufig eine männliche Weide als 8. bicolor bezeichnet. Hier lege ich die mir bisher unbekannt geweſene weibliche Pflanze vor, leider mit mißgebildeten Ovarien, welche ich unter dem Namen S. Croweana aus dem k. k. botaniſchen Garten zu Wien durch Th. Kotſchy erhielt. Ob dieſe Art eine echte oder hybride ſei, vermag ich jetzt noch nicht zu entſcheiden. Jedenfalls wird fie aber den Namen S. bicolor behalten dürfen, da die S. bicolor Ehrh. vom Brocken erweislich S. Weigeliana Willd., d. i. S. phylicifolia Linn. iſt. S. tetrapla Walker, 3, aus dem k. k. botaniſchen Garten zu Wien, durch Th. Kotſchy mitge: theilt; ich kultivire dieſelbe auch. Ich glaube nicht zu irren, wenn ich fie für eine hybride aus S. phyli- cifolia und S. nigricans halte. Ein gleichfalls männlicher Strauch befindet ſich ohne Namen auch im hieſigen botaniſchen Garten. S. hastata, aus dem Keſſel im Geſenke: 1) 2 mit großen Blättern und dicken Kätzchen, gewöhnlich als S. malifolia Smith., vielleicht mit Unrecht bezeichnet; 2) 2 mit großen Blättern und ſchmächtigen Kätzchen; 3) 2 mit kleineren ſchmäleren, beiderſeits ſpitzen Blättern; 4) C am 6. Auguſt 1850, mit Blüthen geſammelt. S. silesiaca- caprea. In Petersdorf im Rieſengebirge. Eine ſehr ausgebildete und ſprechende Form. S. aurita, 2 von Liſſa bei Br., mit ſehr ausgebildeten proleptiſchen Kätzchen, im Juni d. J. ge⸗ ſammelt. * 97 S. hastata - silesiaca, aus dem Keſſel im Geſenke. — Blätter von zwei Sträuchern, und eines mit Blüthen, im Auguſt geſammelt. S. nigricans-repens, zwei Formen, von Fiſchhauſen bei Königsberg, durch Herrn Apotheker Patze mitgetheilt, welcher fie für 8. daphnoides- repens hält. S. dasyclados, J et 2, von Königsberg. Dieſe hält Herr Patze für S. acuminata Smith. Viel⸗ leicht iſt dieſe Beſtimmung richtig, aber 8. acuminata Koch, welcher die Smithſche zu kennen behauptete, iſt eine andere. S. dasyclados, ebendaher. Dieſe Form, welche Herr Patze nicht trennt, unterſcheidet ſich von der vorigen durch viel ſchwächere Bekleidung der krautigen Triebe, kürzere Griffel und Narben und durchgängig kleinere, weniger wollige Kätzchen. Sie iſt ohne Zweifel eine hybride. S. aurita-livida, ebendaher, welche Herr Patze gleichfalls als hybride erkennt und S. aurita-Star— keana bezeichnete. S. silesiaca-Lapponum. Aus der Melzergrube, ein Standort welchen Herr Muſikdirektor Siegert in dieſem Frühjahre entdeckte. — An dieſem Orte unterſcheiden ſich die Baſtarde, deren wir dort an zwölf Sträucher, größtentheils P, ſahen, durch die Farbe des Laubes ſchon von weitem von beiden Stammarten. Sie ſchwanken in ihrer Geſtalt inſofern, als die Kapſeln bald kürzer bald länger geſtielt, bald ganz kahl, bald mit feinem Haar ſtellenweiſe bekleidet und hin und wieder kahl, ſeltener gleichmäßig grauſeidenhaarig erſcheinen; daß die Griffel bald etwas kürzer bald etwas länger, die Narben, die ſelten gut ausgebildet ſind, bald auswärts gekrümmt, bald aufrecht zuſammengeklebt (dann nie gut entwickelt); daß die Nectarien bald kürzer, faſt quadratiſch, bald länglich in die Länge gezogen ſich darſtellen. Die Blätter ſind auf der Unter— ſeite bald mehr bald minder dicht feinhaarig, ſelten etwas grau, ſtets ſo, daß die blaßgrüne Blattfläche durch— ſchimmert. Die Schuppen ſind bald ſchwarz, weißzottig, gebärtet, und dann kürzer und breiter; bald mehr roſtbraun, nur an der Spitze ſchwärzlich, ſchwach behaart oder faſt kahl und länglich. In der Wiener und Regensburger Sammlung habe ich zahlreiche Exemplare und mehrere Formen dieſer Baſtardform geſehen, welche Tauſch im Rieſengebirge geſammelt hatte, meiſt mit der kurzen Angabe „in Sümpfen des Rieſengebirges,“ unter dem Namen S. sphenogyna, S. multiglandulosa, S. albina, S. riphaea und dergleichen. Dieſe Exemplare waren beſſer entwickelt als die unſerigen. In meiner Sammlung fand ich Blattzweige, die ich im Jahre 1841 am kleinen Teiche geſammelt habe, von einem Strauche, der noch heute, wiewohl ſehr kümmerlich, eriftirt, von dem ich aber Stecklinge kultivire. Der früheſte Entdecker dieſes Baſtards iſt aber Profeſſor Göppert, welcher Exemplare, die ich noch getrocknet aufbewahre, ſchon im Jahre 1824 in meinem Beiſein an einer Lehne des kleinen Teiches ſammelte. Thalictrum simplex. Dieſe für Schleſien neue Art fand ich mit Hrn. Krauſe im Juni d. J. auf einer Waldwieſe bei Liſſa bei Breslau, etwa 12 Exemplare auf einer Stelle nahe bei einander. Dieſe Art gehört den Blüthen nach zur Gruppe des Th. minus, den Blättern nach zur Gruppe des Th. nigricans. Sweertia perennis var. flore sulphureo. Dieſe ſchöne Farbenvarietät fand Dr. Andersſon aus Stockholm an einem Abhange neben dem Elbfall im Rieſengebirge. Campanula Trachelium var. calycibus complanatis. So benenne ich vorläufig eine Form aus dem großen Keſſel im Geſenke, welche von der Form der Ebene, zunächſt in der Geſtalt der Kelche, außer— dem aber auch in der Tracht abweicht. Glyceria plicata Fries. — Dieſe für Schleſien (und wie es ſcheint, auch für Deutſchland) neue Art zeigte mir zuerſt Dr. Andersſon aus Stockholm im Straßengraben in Neu-Reichenau vor Landeshut. Dann bemerkten wir dieſelbe bei Buſchvorwerk bei Schmiedeberg und ſpäter in einem Bache im Walde 13 98 oberhalb Carlsbrunn. Obwohl nicht alle Kennzeichen, welche Fries angiebt, zutreffen, ſo nehmen wir doch keinen Anſtand, ſie unter jenem Namen aufzuführen, da ſie in einigen, wie es ſcheint weſentlichen Punkten damit übereinkommt; jedenfalls iſt ſie eine wohl unterſchiedene Art. Die unſerige unterſcheidet ſich von G. fluitans 1, durch eine mehr gleichförmige nicht einſeitwendige Rispe, viel kürzere Aehren, viel kürzere und breitere Blüthendeckblätter, welche oben abgeſtumpft und mehr oder minder deutlich dreiſpitzig ſind. Dage— gen treffen folgende Merkmale, welche Fries Mant. II. p. 6 von feiner G. plicata anführt, auf die un⸗ ſerige nicht zu. Die unſerige iſt nicht größer, ſondern kleiner als G. fluitans; die Blätter find nicht brei ter, ſondern ſchmäler als an G. fluitans; die unteren Blattſcheiden find nicht in ein Faſernetz aufgelöft; auch entſpringen an dem unteren Theile der Blüthenrispe nicht immer fünf Blüthenäſte. Juncus Tenageja. — Von Herrn Lehrer Gerhardt in Liegnitz in Menge daſelbſt gefunden. Leontodon Taraxacum, caule trifloro. — Von Herrn Lehrer Bartſch bei Garſuche bei Ohlau gefunden. Der eine Blüthenſtiel entſpringt aus der Baſis des Schaftes ſelbſt und ſcheint mit ihm nicht zuſammenzuhängen; der andere oben unter der Spitze des Schaftes. Offenbar iſt der Schaft aus zwei Schaf— ten verwachſen, die ſich dann oben trennen und deren jeder ſeine Blüthe trägt. Ranunculus polyanthemus. Dieſe bei Gr.-Schottgau geſammelte und ſchon vor 25 Jahren daſelbſt beobachtete Form zeichnet ſich durch äußerſt ſchmale Zipfel der Blätter aus. Viola elatior Fries. — Neuer Standort: Am Bahnhofe bei Canth. Campanula Rapunculus, Thalictrum flavum, Aster salignus; neue Fundorte um Wohlau, mitge— theilt durch Günzel-Becker. Folgende Mittheilungen ſeltenerer außerſchleſiſcher Pflanzen verdanken wir der Gefälligkeit des Herrn Apotheker Buek in Frankfurt a. O. Lycopodium Chamaeycparissus Al. Br. von Schneeberg in Sachſen. Carex pseudo-arenaria Lasch. — Bei Drieſen in der Neumark. Dieſe Form ſcheint zwiſchen C. arenaria und C. Schreberi in der Mitte zu ſtehen. Hieracium sabaudum L. — Um Frankfurt a. O. Dieſe Form ſtimmt genau überein mit der von Fries von Upſala, wo ſie im Garten und um denſelben verwildert wächſt, mitgetheilten. Hieracium rigidum Hartm. — Um Frankfurt a. O. Dieſe Form hat Fries für die echte dieſes Namens erklärt, fie weicht aber von derjenigen, welche ich früher als H. rigidum H. erkannt und beſchrie⸗ ben habe, und welches Fries gleichfalls für das Richtige erkannt hat, weſentlich ab. Die Buekſche Pflanze ſteht dem I. boreale (und einigermaßen nach der Blüthenhülle dem H. umbellatum) am nächſten, während die meinige in Tracht und Merkmalen dem II. vulgatum zur Seite geht, von welchem ich es auch bis zum Jahre 1843 nicht unterſchieden habe. In dieſen Formen herrſcht noch große Unſicherheit und wird ſo lange herrſchen bis man die accidentellen Formen, d. h. die Baſtarde, auszuſondern, ſich wird überwinden können. Atriplex calotheca. — Um Frankfurt a. O. Dies iſt die A. hastata der Berliner Flora. Allein es iſt ſo gut als gewiß, daß die A. hastata L. nichts anderes iſt, als die A. latifolia Wahlenb. oder A. patula Smith. b Derſelbe erläuterte eine Anzahl ſchwieriger und ſeltenerer Carex-Arten. Carex stricta Good. varietas. — Von Herrn M.-D. Siegert bei Schmolz gefunden. Dieſe Form weicht von C. stricta, als deren kleinere Form mit entfernten und verkürzten Aehren ſie ſich beim erſten Blick darſtellt, ab, durch das längere Deckblatt der unterſten Aehre, den etwas beblätterten Halm, die wenig aufgefaſerten, am Rande weißhäutigen Scheiden, durch ſechs- (nicht acht-) reihige Früchte und ſchwä— 99 chere Nerven derſelben. Ohne Zweifel haben wir es hier mit einer intereſſanten Mittelform zu thun, welche ſich zu C. tricostata zu neigen ſcheint. C. tricostata Fries begreift Formen, welche wir ſonſt unter C. vulgaris oder C. acuta mitbegriffen hatten. Sie unterſcheidet ſich von C. strieta, caespitosa und turlosa durch Mangel des Faſernetzes; von C. acuta durch geringere Größe, helleres Grün, mehr aufrechten Halm und innen platte nicht aufgeblaſene Früchte; von C. vulgaris durch höheren, kräftigeren unten aufrechten Wuchs, entferntere Aehrchen, welche dicker und überhaupt größer find, breitere und aufrechte bis an die Aehre reichende Blätter. Die 2-Aehrchen ſind ſechsreihig, die Reihen ſehr augenfällig regelmäßig; die Schuppen meiſt etwas kürzer als die Früchte, mit breitem bräunlichem, ſelten mit ſchmalem Rückenſtreifen; die Früchte ſchmal eiförmig, ſelten breiter. Carex turſosa Fries. — Von dieſer Art, welche ich bereits früher auseinandergeſetzt habe, ſind mir ſeitdem drei neue Standorte bekannt geworden. Wir fanden fie in einem Sumpfe bei Kl.-Tſchanſch bei Breslau, dann ſehr zahlreich und in großen 2“ hohen Exemplaren in der Tſchoke bei Kunitz bei Liegnitz, endlich Herr Apotheker Lohmeyer bei Neiſſe. Die Früchte bei dieſer Art ſind ſtets matt- und bleichgrau. Carex gracilis mihi. — Dieſe früher am Geiersberge und bei Schmolz bei Breslau beobachtete Form habe ich nun in größter Menge und mit jenen durchaus gleichförmig in Charakteren und im Wuchs in der Tſchoke bei Liegnitz gefunden, ſo daß ich ſie jetzt für eine wohlunterſchiedene Art halte. Sie hält im Ausſehen das Mittel zwiſchen C. stricta Good. und C. turfosa Fries. Von jener unterſcheidet ſie ſich durch ſchlankere Halme, ſchmälere Blätter, geringeres Faſernetz, ſchmächtigere Aehrchen, ſchwärzere Schuppen, außen konvexe ſchmälere Früchte; von dieſer durch kürzere Blätter, blattloſen Halm, ſtärkeres Faſernetz, dun— kelgrüne nervige, leicht abfallende gereihete Früchte. C. caespitosa L., nach Fries. — Dieſe Art iſt nun auch von Herrn M.-D. Siegert bei Canth und von Herrn Lehrer Bartſch in Ohlau bei Garſuche bei Ohlau gefunden worden. C. helvola Blytt. — Um Oppeln, wahrſcheinlich in den Sümpfen um Königshuld, von Finde ge ſammelt. Die Beſtimmung dieſer von uns früher nicht geſehenen Art verdanken wir Herrn Dr. Anders— fon. Von C. microstachya, welcher fie zunächſt ſteht, unterſcheidet fie ſich durch breite flache Blätter und dadurch, daß das oberſte Aehrchen den übrigen an Größe gleich iſt. C. vitilis Fries. — Dieſe Form beſtimmte mir Dr. Andersſon auf der Mädelwieſe im Bi birge, wo ich dieſelbe zwar ſchon immer beobachtet, aber für eine Form der C. canescens gehalten hatte. Nach genauer Vergleichung unſerer Pflanze, eines Originalexemplars von Fries, und der Beſchreibungen, kann ich mich indeß nicht überzeugen, daß dies mehr als eine Varietät der C. canescens ſei, welche ich daher als C. canescens chersaea bezeichne, da ſie ſtets auf trockneren Stellen wächſt. C. distans, Hornschuchiana, fulva, flava, Oederi bilden eine Reihe verwandter Arten, die wir mit Ausnahme der C. fulva feit langer Zeit beobachtet hatten. In den bisherigen Ausgaben der ſchleſiſchen Flora habe ich die C. Hornschuchiana als C. fulva beſchrieben und die C. Oederi als eine Varietät der C. flava betrachtet. Nach mehreren mir gewordenen Mittheilungen meiner Freunde und meinen fortgeſetzten Beobachtungen habe ich jetzt Folgendes über dieſe Pflanzen zu bemerken: Die C. fulva wird aus der Reihe der Arten geſtrichen werden müſſen. Beim erſten Blick verräth ſie ſich durch ihr dürftiges Ausſehen als eine unvollkommene Pflanze; ſie trägt nie Früchte, daher die Aehr— chen ſtets ein hohles, gleichſam verkümmertes Ausſehen haben, wie denn auch die Blüthen bald dahinwel— ken. Unterſucht man ſie näher, ſo wird man bald finden, daß ſie ſich in ihren Merkmalen, beſonders im Anſehen der utrieuli und des Schnabels, wie auch in den vegetativen Merkmalen, in den Charakter der C. Hornschuchiana und C. flava theilt, ſo daß Diejenigen faſt unzweifelhaft Recht gehabt haben, von denen Andersson Cyper. Scandin. p. 24 ſagt: „Alii C. fulvam quasi ex C. Hornschuchiana et C. flava inter quas eam crescere contendunt, hybridam proposuerunt.“ In Liſſa bei Breslau ſah ich fie in die— ſem Sommer auch hiermit übereinſtimmend in Geſellſchaft jener beiden Arten. Einen ſchärferen Beweis 1 100 dafür, daß dies keine echte Art iſt, kann es nicht geben, als daß fie immer nur unfruchtbar geſehen worden iſt. Der Name C. fulva würde alſo entbehrlich werden. Es dürfte daher vielleicht zuläßig fein, dieſen Namen auf die C. Hornschuchiana zu übertragen, welche weder Goodenough noch unzählige andere Autoren, wie ich glaube, davon unterſchieden haben. f C. Hornschuchiana. Dieſe Art unterſcheidet ſich von C. distans durch niedrigeren mehr aufrechten Halm, ſattgrüne ſchmälere Blätter, kürzere Bracteen, kürzere weibliche Aehrchen, ſtumpfe Schuppen mit ſatt⸗ grünem gekielten glatten Rückenſtreifen und ſcherbenbraunen Flächen, rundliche Früchte, die plötzlich in einen mäßigen Schnabel übergehen. Hingegen iſt C. distans höher mit noch weiter entfernten Aehren, am Grunde aufſteigenden oder überhaupt ſchief aufſtrebenden Halmen, breiteren ſeegrünen Blättern, Schuppen oft mit borſtiger Stachelſpitze, ſeegrünem ner—⸗ vigem Rückenſtreifen mit feinen Borſtchen und roſtfarbenen Flächen, eiförmigen, in einen dicklichen lang zwei: zähnigen Schnabel verlängerten Früchten. Dennoch ſcheinen auch zwiſchen dieſen Arten Mittelformen vorzu⸗ kommen, dergleichen ich eine von Seiffersdorf bei Ohlau als C. distans * virescens bezeichnet habe. C. Oederi. Nachdem ich dieſe Pflanze in vielen hundert Exemplaren in dieſem Sommer an meh— reren Stellen im Walde bei Liſſa, wo ſie mitunter große Wieſenſtrecken bedeckte, beobachtet habe, muß ich dieſelbe als eine von C. flava wohl unterſchiedene Art anerkennen. Sie unterſcheidet ſich durch ſchmälere Blätter, ſchlaffere Stängel, kleinere Aehrchen, ſtarkrippige Früchte mit kürzerem, meiſt geradem Schnabel. Bisher habe ich dieſe Art aus anderen Gegenden Deutſchlands und aus Schweden nur in niedrigen Exem— plaren von 1—4“ Höhe geſehen; die Exemplare, welche ich in dieſem Jahre bei Liſſa fand, hatten durch— ſchnittlich die Höhe von einem, viele bis gegen zwei Fuß. Letztere gehören zu der Form C. Oederi* oedo- carpa Andersson Cyper. Scandin. p. 25. — Von dieſer Art kenne ich bis jetzt folgende Standorte. Um Breslau: bei Liſſa, Mahlen (Milde), Schmolz (Milde), Koberwitz (Milde), Steinſeiffen bei Schmiedeberg, Milikau bei Teſchen und Jablunka (Reiſſek). Herr M. D. Siegert: Beiträge zur ſchleſiſchen Hora vom Jahre 1850. Auf einer zu Ende Mai d. J. unternommenen und ſpäter wiederholten Wanderung über Landeshut, Schmiedeberg und Krummhübel nach den am Fuße der Schneekoppe liegenden Gründen hatte ich Gelegen— heit, die Höhenverbreitung einiger unſerer ſchleſiſchen Weidenarten an mehreren Stellen zu beobachten. Salix silesiaca Willd., von Wimmer als eine echte Gebirgsweide bezeichnet, die einen ſcharfbegrenz— ten Höhenverbreitungsbezirk hat und nie in's Vorgebirge hinabſteigt, fand ich zuerſt in zahlreichen Exempla— ren am Schmiedeberger Berge, oberhalb des Dorfes Hohenwalde. Von dort aus verbreitet ſie ſich weiter über Krummhübel hinauf bis an die Ränder des kleinen Teiches, ſo wie in den Melzer- und Rieſengrund. S. Lapponum L., bei uns bekanntlich nur in den Sümpfen der höchſten Gebirgsregion wuchernd, fand ich ausnahmsweiſe auch noch zahlreich auf den ſchon niedriger liegenden Wieſen an der Schlingelbaude. Sie ſcheint dort ihren unteren Ausgangspunkt zu haben. S. purpurea und S. pentandra L. erreichen ihren oberen Grenzpunkt unweit Krummhübel und Brük— kenberg. S. aurita L. dagegen ſteigt noch weiter hinauf bis an die Schlingelbaude, woſelbſt ſie in Geſell— ſchaft von 8. Lapponum und S. silesiaca noch ziemlich zahlreich vorhanden iſt. Durch dieſes Zuſammentreffen mehrerer Arten der höheren und niedrigen Region zu weiteren Nach— forſchungen veranlaßt, gelang es mir, an einigen der angeführten Stellen folgende hybride Formen zu ent— decken: 1) S. aurita-silesiaca Wimmer. Drei Sträuche mit faſt kahlen Früchten auf dem Schmiedeber—⸗ ger Kamme; desgleichen zwei Sträuche mit ſeidigen Früchten oberhalb Krummhübel. 2) S. aurita-Lapponum Wimmer. Ein Strauch an der Schlingelbude. 101 3) S. silesiaca-Lapponum Wimmer. Ein Strauch an der Lehne des kleinen Teiches; mehrere derſelben im Melzergrunde. Die beiden letztgenannten Arten ſind als ein neuer Zuwachs zur Flora von Schleſien zu betrachten. Von dem, was ich ſonſt noch im Laufe des Sommers zu ſammeln Gelegenheit hatte, dürfte hervor— zuheben ſein: Thesium pratense Ehrh., bei Hohenwalde; früher ſchon von Herrn Apotheker Krauſe daſelbſt entdeckt. Carex paradoxa Willd. und C. caespitosa Fries, bei Canth. Carex tricostata Fries, auf den Wieſen bei Scheitnig und am Weidendamm. Carex turfosa Fries, am Lehmdamm. Hieracium auricula- praealtum Wimmer, bei Canth. Hieracium pilosella- collinum Wimmer, Merzdorf bei Ohlau. Cirsium heterophyllum- palustre Naegeli, bei Brückenberg unter den Stammarten. Cirsium oleraceum - palustre Naegeli, bei Canth, Seiffersdorf und Moisdorf, in verſchiedenen Ueber— gangsformen. Salix caprea- cinerea Wimmer, ein Strauch bei Margareth. Herr Apotheker Krauſe: Ueber zwei neue Pflanzenformen aus der ſchleſiſchen Flora. Rosa canina-gallica. — R. Jundzilliana Besser, nach Reichenb. fl. exe. fand ich zwei faſt 5 — 6’ hohe Sträucher unter den Stammeltern am Damme bei Roſenthal. Durch hohen Wuchs und eiförmige Früchte von R. gallica einerſeits, durch größere, dunkler gefärbte Blüthen und rundlich eiförmige, drüſig— geſägte Blättchen andererſeits von R. canina verſchieden. Rosa marginata Wallr. wurde ſchon früher um Breslau von Direktor Wimmer beobachtet, dieſelbe ift ein Baſtard von R. rubiginosa und gallica. Hieracium silesiacum n. sp. Dieſe Form beobachtete ich zuerſt im Jahre 1846 im Geſenke an zwei Stellen, an der Hungerlehne und im Keſſel. In dem damals noch nicht völlig blühendem Zuſtande hielt ich fie für eine Zwiſchenform des H. prenanthoides und rigidum oder auch vulgatum. Anfang Auguſt dieſes Jahres gelang es mir in Geſellſchaft des Direktor Wimmer, dieſe Form blühend im Keſſel wieder aufzufinden, haben uns aber überzeugt die frühere Anſicht aufzugeben und ſie als ſelbſtſtändige Art betrachten zu müſſen. Der Wurzelſtock federkieldick, ſchief, einen, ſeltener zwei Stengel treibend. Stengel 1—1 ½ hoch, auf: recht, ſtielrund, meiſt welliggebogen, an der Baſis reichlich, nach oben hin ſparſamer langhaarig, mit 5—8 bis unter den Blüthenſtand allmälig kleiner werdenden, aufrecht ſtehenden Blättern bekleidet. Wurzelblätter meiſt 2—4, länglich oder länglich lanzettlich in den Blattſtiel ſich verlaufend, kerbzäh— nig, am Rande ſparſam, nach dem Grunde hin und auf der Mittelrippe ſtärker gewimpert, unterſeits ins Graue ſchielend. Die Stengelblätter lanzettlich, ſitzend, die mittleren und oberen mit ſchmaler Baſis ſtengelumfaſſend, meiſt nur am Grunde und an der Spitze gewimpert, hellgrün, beiderſeits kahl. Oft ſind die mittleren Blätter durch die Mittelrippe ungleichſeitig, wodurch ſie eine krumme gefaltete Spitze erhalten. Der Blüthenſtand iſt rispig, ähnlich dem des II. prenanthoides, meiſt vier-, ſeltener vielköpfig; Aeſte 1—2föpfig. Blüthenſtiele von einem linealiſchen Deckblatte geſtützt, faſt kahl oder auch mit zerſtreuten kurzen Drüſenhaaren und vereinzelten langen Borſten bekleidet. Die Hüllblätter in 2 — 3facher Reihe, von unregelmäßiger Länge, lanzettlich; die äußern dunkelgrün mit ſchwarzem Mittelſtreif, mit kurzen drüſentragenden und langen drüſenloſen Haaren bekleidet, die innern hellgrün mit dunkelgrünem Mittelſtreif, faſt kahl. Blumenkronen goldgelb. 102 Von H. prenanth. unterſcheidet es fich vorzugsweiſe durch einen weniger beblätterten Stengel, auf: rechte Blätter mit ſchmaler Baſis und geringerer Bekleidung. In der Diagnoſe würde es heißen: Caule simplici flexuoso-folioso, inferne pilis simplieibus hirsuto superne paniculato, ramis mono- dicepha- lis, pedunculis involucrisve piloso-glanduliferis, foliis ovato-lanceolatis lanceolatisve, denticulatis, caulinis anguste lanceolatis amplexicaulibus arrectis, inferioribus in petiolum atte- nuatis, radicalibus oblongis vel oblongo-lanceolatis petiolatis ad basin attenuatis, subtus glauce- scentibus. Herr Dr. Milde: Ueber Eguiſetenformen. In Folgendem erlaube ich mir meine diesjährigen, an Equiſeten gemachten Beobachtungen mitzuthei— len; es ſoll dies die Fortſetzung eines Vortrages ſein, den ich im vorigen Jahre über E. Telmateja und ſeine Formen zu halten die Ehre hatte. In dieſem Jahre beſuchte ich Mitte April Neiſſe, um die Frucht— ſtengel von E. Telmateja zu beobachten. Bei der Beſitzung Wangenfield, wo die ſterile Pflanze eine ſehr große Verbreitung erlangt hat, finden ſich die fruchtbaren Stengel nur auf einem kleinen Raume, und zwar auf demſelben, wo ſpäter die Monſtroſitäten des ſterilen Stengels in großer Menge ſich vorfinden. Ich fand die Fruchtſtengel in allen Stadien der Entwickelung, ſowohl ſchon abgeſtorbene, als erſt ſproſſende und ſolche, die in vollſter Kraft ſtanden. Mir fiel ſogleich auf, daß die unzähligen Schafte, die ich ſah, ſämmtlich die Elfenbeinfarbe des ſterilen Stengels hatten, da doch dieſelbe in allen den zahlreichen Floren, die ich nachge— ſchlagen habe, als röthlichbraun beſchrieben wird; ferner war an ſehr vielen Exemplaren der Theil des Sten— gels zunächſt unter der Aehre kropfartig aufgeſchwollen, ohne daß dieſe Bildung durch Inſektenſtiche hervor— gebracht worden war; daſſelbe zeigte ſich auch an vielen Schaften des E. arvense, welches in ſeiner Geſell— ſchaft wuchs. So ſehr das E. Telmateja ſonſt geneigt iſt, Monſtroſitäten zu bilden, ſo habe ich von dem Fruchtſtengel unter den zahlreichen Individuen nur noch zwei auffallende Formen gefunden. Die Aehre des einen Stengels endigte nämlich nicht in eine einfache Spitze, ſondern war mit fünf Höckern gekrönt; eine ähnliche monſtr. Form fand Röper, deren Aehre hirſchgeweihartig verzweigt war. Intereſſanter aber iſt eine Form, bei welcher ſich unter den oberſten Scheiden Aeſte zu entwickeln anfingen; ich fand trotz vielen Suchens nur zwei Exemplare von dieſer Form, welche einer ähnlichen von E. arvense entſpricht, die ich als var. irriguum bezeichnen will. Roth ſagt von den Fruchtſtengeln des E. Telmateja in ſeinem Ten— tamen Florae Germanicae. Tom. III; Pars prior; 1800: Semine disperso et spica marcescente, demum corrugata vel desidua, scapus elongatur in frondem verticillato-ramosam, saepius ultra - tri- pedalem, erectam, strietam. Auch Biſchoff fpricht in feinen eryptogam. Gewächſen Deutſchlands in derfelben Weiſe. Von meinen Freunden in Neiffe wurden die Fruchtſtengel bis zu ihrem Untergange beob— achtet und keine Verwandelung bemerkt. Wahrſcheinlich hat man die monſtröſen Formen des ſterilen Sten— gels mit einer Aehre an der Spitze für ſolche verwandelte Fruchtſtengel angeſehen. Schon Vaucher erklärt es für einen Irrthum, daß ſich der Scapus in einen caulis frondescens verwandele, da er — das Ab⸗ ſterben des Scapus bis zur Wurzel bemerkt habe. Ueber die Monſtroſitäten des ſterilen Stengels hatte ich ſchon früher zu ſprechen die Ehre; ich wollte mir daher nur erlauben, Ihnen ausgezeichnete Exemplare, welche in dieſem Sommer geſammelt wurden, vor— zulegen, und zwar: 1) die Form, welche an der Spitze des Stengels eine Aehre trägt; 2) eine Form mit proliferirender Aehre an dem Hauptſtengel; 3) eine Form, deren Aeſte an der Spitze Aehrchen tragen, das ausgezeichnetſte Exemplar trägt mehr als 100 Aehrchen; 4) eine Form mit proliferirenden Aehrchen der Aeſte, an welcher man die deutlichſten Uebergänge der receptacula in die Scheidenblätter beobachtet. Noch ſpät im Herbſte fand ich einen ſterilen Stengel, an deſſen oberem Theile eine bandförmige Scheide in einer 103 Spirale um den Stengel herumgeht, nun folgt eine regelmäßig gebildete Scheide, aus welcher zwei kleine Stengel entſpringen; der eine beugt ſich etwas ſchief um den andern herum und iſt regelmäßig gebildet, während die Spitze des andern ſpiralig aufgerollt iſt. Mitte April beſuchte ich die Oderufer bei Kottwitz, wo ich E. pratense Ehrh. in ziemlicher Menge fructificirend fand. Der fruchtbare Stengel erſcheint in zwei Formen, die eine mit grünem, die andere mit braunem Stengel, wie er dem E. arvense zukommt. Von dieſer letzteren Form fand ich bei Grüneiche eine merkwürdige Monſtroſität. Ein 7 Zoll hoher Stengel trägt an der Spitze eine Aehre, unter welcher in einer Entfernung von ungefähr einem Zoll ein aus zwei Wirbeln von Receptakeln beſtehender Kranz ſitzt. Zwiſchen ihm und der Endähre befinden ſich drei Scheiden, unter denen kurze Aeſtchen ſitzen. Auch der ſte— rile Stengel bot einiges Beſondere dar; ſo fand ich im Juni bei Treſchen, wo dieſe Art gleichfalls fructi— ficirend vorkommt, ſehr häufig eine Form mit ramis ramuliferis; dagegen wurde eine Monſtroſität, wo ſich der Stengel an der Spitze in 3—5 Stengelchen theilt, welche aus einer gemeinſchaftlichen Scheide ent— ſpringen, nur zwei Mal beobachtet. Das E. pratense Ehr. ſcheint überall an den Ufern der Oder vorzukommen; es iſt bis jetzt um Breslau bei Kottwitz, bei Tzſchirne, bei Treſchen, in der Strachate, bei Grüneiche, vor und bei Maſſelwitz, bei Auras und bei Leerbeutel an den Ufern der Oder gefunden worden. Intereſſanter ſind aber die Formen des Fruchtſtengels von E. arvense, die ich von der Mitte des Aprils an zuerſt bei Tzſchirne beobachtete. Man hat die Exiſtenz einer frondeſcirenden Form des Frucht— ſtengels von E. arvense oft bezweifelt und ſie geradezu geleugnet und erſt in der neueſten Zeit ſie mit Ge— nauigkeit beſchrieben. Vaucher ſagt in feiner Monographie des Preles, er habe eine frondeſcirende Form von E. arvense nie geſehen; v. Schlechtendal ſpricht in ſeinem Aufſatze: Ueber ein deutſches Equisetum in der Flora von 1836, daß er von E. arvense noch nie einen Fruchtſtengel mit Aeſten geſehen habe, und daß er auch an eine ſolche Form nie glaube, es liege hier wahrſcheinlich eine Verwechſelung mit E. pra— tense Ehrh. (umbrosum Mey.) zu Grunde; ebenſo Röper in ſeiner Flora von Mecklenburg 1843. Im Jahre 1846 endlich beſchrieb Apotheker Laſch aus Drieſen in der Neumark, in einem Aufſatze in dem bo— taniſchen Centralblatte für Deutſchland, eine frondeſcirende Form von E. arvense in nicht zu verkennender Weiſe, welche bei ihm auf Sandhügeln beſonders ſehr häufig erſcheint. Dieſe Form iſt dieſelbe, welche Schultz in der Mark entdeckte und als E. campestre beſchrieb, wie ich an Exemplaren geſehen habe, die Schultz ſelbſt an Nees mitgetheilt hat. Im Jahre 1848 beſchrieb J. W. Sturm in Nr. 25 der Re— gensburger Flora dieſelbe Form, welche er um Nürnberg ſammelte, und berichtet daſelbſt, daß er auch von E. arvense v. nemorosum ein fructificirendes Exemplar gefunden habe. In den von Danzig als E. arvense v. campestre mir mitgetheilten Exemplaren konnte ich nur E. palustre erkennen. Bei dem Drieſener E. a. ». campestre entwickelten ſich, wie bei palustre, Aehre und Aeſte gleichzeitig, oder letztere auch noch eher als die Aehre, und die Aeſte immer zuerſt zunächſt unter der Aehre, wie es bei allen Fruchtſtengeln der Equiſeten der Fall iſt. Bei dem Nürnberger E. a. v. cam- pestre dagegen, deſſen völlig ausgebildete Exemplare ganz dem Drieſener gleichen, bildet ſich der braune Schaft erſt in den grünen beäſteten Stengel um, wie Sturm beobachtet hat und wie es auch die Ueber— gänge deutlich zeigen. Ich bemerke dies nur zum Unterſchiede von einer Form, welche bis jetzt noch nicht genauer beſchrie— ben worden iſt, die aber gerade um Breslau im April und Mai nicht ſelten iſt. Schon Biſchoff ſpricht in feinen cryptogam. Gewächſen Deutſchlands in einer Anmerkung: „Das völlige Abſterben des Schaftes bei E. arvense erleidet jedoch Ausnahmen. Es giebt nämlich Beiſpiele, daß an ſolchen Standorten, die im erſten Frühlinge unter Waſſer ſtehen, in Folge eines dadurch bewirkten üppigeren Wachsthums der bräun— liche Schaft aus ſeinen unterſten Gelenken grüne Aeſte treibt und ſo allmälig Stengelnatur annimmt, eine Erſcheinung, welche jedoch nie auf trockenen Standorten beobachtet wird.“ — Ich beobachtete dieſe Form 104 zuerſt bei Tzſchirne und ſpäter überall an den Ufern der Oder, welche überſchwemmt worden waren, ich fand ſie ſogar an trockenen Dämmen, die vom Waſſer nicht berührt worden ſind. Ich habe die Verwandelung des unteren Theiles des Schaftes in den frondeſcirenden Stengel in folgender Weiſe beobachtet. Wenn die Sporen verſtreut ſind und die obere Hälfte des Schaftes ſchon verwelkt und völlig todt iſt, legt ſich die untere Hälfte etwas nieder (nur auf trockenen Standorten bleibt ſie aufrecht) und färbt ſich ſammt dem unteren Theile der Scheiden wenig grün, bekommt Spaltöffnungen und Furchen, die ſie beide vorher nicht hatte, und nun brechen unter den unterſten Scheiden des Stengels die Aeſte, die oft wieder veräſtelt ſind, hervor. Die Aeſte erreichen oft die Länge der des ſterilen Stengels. Sehr ſelten dagegen iſt die Form, bei welcher die einzelnen Aeſte in ihrer Mitte Aehrchen tragen, deren receptacula ſich wie bei ähnlichen Formen von Telmateja allmälig in Scheidenblättchen verwandeln. Dieſe Monſtroſität fand ich bei Grüneiche und bei Liſſa. Bei Treſchen und Grüneiche fand ich Ende April und Anfang Mai die zweite Hauptform des fron⸗ deſcirenden Stengels von E. arvense. Wenn man die eben beſchriebene Form einen frondeſcirenden Scapus nennt, ſo ſtellt die zweite Form eigentlich einen ſterilen Stengel dar, der nur zufällig eine Aehre trägt. Bei der erſten Form ſind alſo die Aeſte, bei der zweiten die Aehre ſekundär. Dieſe letztere iſt das ſchon er— wähnte E. campestre Schultz. Um Breslau iſt dieſe Form ſehr ſparſam und ſtets in Geſellſchaft des normalen Fruchtſtengels; ſie iſt robuſter als von allen anderen mir bekannten Standorten. Merkwürdiger Weiſe fand ich ſie eben in der Entwickelung begriffen noch im Oktober 1850 auf einem ſehr fruchtbaren Acker bei Liſſa, auf welchem der anhaltende Regen eine Menge von Stengelknospen, die ſich erſt künftiges Frühjahr entwickeln ſollten, blosgelegt hatte. Auf demſelben Acker hatte ich im April die Form E. arv. v. irriguum ramorum spicis proliferis geſammelt. An dieſe Form ſchließt ſich zunächſt ein Equisetum an, welches zuerſt in Drieſen und dann von Dr. Sonder in Hamburg nach ſchriftlicher Mittheilung, fo wie von mir um Breslau vor dem Dorfe Karlowitz in dieſem Sommer gefunden worden iſt; ich meine das E. inundatum Lasch. Der erſte Entdecker, Herr Apotheker Laſch, beſchrieb es in der Nr. 2 des botan. Centralblattes für Deutſchland 1846. Er fand es an den oft überſchwemmten, ſandigen Ufern der Netze, in Geſellſchaft des E. limosum, palustre und arvense, und theilte mir freundlich friſche und getrocknete Exemplare mit. Ham— burger Exemplare ſah ich nicht, doch kommt es nach Dr. Sonder ebenfalls im Sande mit Carex are- naria und Tussilago am Elbufer vor. Bei Breslau wächſt es vor dem Dorfe Karlowitz in ungeheurer Menge an einem etwas ſandigen Damme, ſteigt von hier auf eine kleine Sandfläche herab und breitet ſich von hier weiter über einen ſehr großen Acker aus;, außer einer Menge von Gräſern und des normalen E. arvense befinden ſich nur wenige Pflanzen in ſeiner Geſellſchaft. Es wird oft an 3 Fuß hoch und kommt theils ohne alle Aeſte, theils mit ſparſamen Aeſten, theils reichbeäſtet vor. Die erſte Form erinnert ſehr an E. variegatum, aber die Aehnlichkeit iſt nur ſcheinbar; die anderen Formen ähneln bald dem E. palustre bald dem limosum, der ſterile Stengel aber iſt, beſonders getrocknet, von E. arvense faſt nicht zu unterſcheiden, lebend hat er mehrere konſtante Kennzeichen; zerreißt man einen Stengel von E. arvense, ſo ſieht man, daß derſelbe aus zwei Röhren beſteht, aus einer grünen, äußeren und einer weißlichen, inneren, welche die Gefäße enthält und faſt den ganzen Stengel ausfüllt. Der Sten— gel des E. inundatum beſteht nur aus einer einzigen Röhre, der hohle Raum iſt auffallend größer als bei arvense und der Stengel mehr gefurcht als bei letzterem. Die äußerſten Spitzen der Zähne der Aeſte ſind haarfein und ſchwarz, was bei E. arvense äußerſt ſelten vorkommt, hier aber koſtant iſt. Die Scheiden find länglich, die oberſten glockig und die 3 bis 4 oberften wenigſtens ſtets ohne Aeſte. Die Aehre iſt eiför- mig länglich, ſtumpf, bedeutend kleiner als die von arvense, unten orangefarben, oben in's fleiſchrothe über— gehend. Der Stiel derſelben tritt oft über 1 Zoll über die umgebende Scheide heraus und iſt röthlichbraun und hinfällig. Die Sporangien zeichnen ſich durch ihre ſchneeweiße Farbe aus, entbehren ſtets der Spiral— — 105 faſern und find mit farblofen, inhaltslofen, zweihäutigen Zellchen erfüllt, welche ungefähr % der Größe der Sporen haben, ohne eine Spur von Schleuderer. Dieſe Eigenthümlichkeiten finden ſich nicht etwa bei einigen oder den meiſten Exemplaren; ich habe ſie bis jetzt an allen, ſowohl an den Drieſener von 1850 und 1849, als auch an den Breslauer Pflanzen gefunden. Ich war Anfangs ſehr geneigt, das E. inunda- tum Lasch für eine eigene Art zu halten, glaube mich aber beſtimmt vom Gegentheile überzeugt zu haben, ſo daß ich es nur für eine Form von E. arvense anſehen kann. Ich fand nämlich auf den ſandigen Ufern der Oder bei Auras und ſpäter auch noch an anderen Stellen, wie z. B. bei Kottwitz, das E. arvense ſehr oft mit ſterilen Stengeln, deren innere Röhre mit der äußeren feſt verwachſen war, ſo daß ſie nicht getrennt werden konnten und ſich nur durch die Farbe von einander unterſchieden, bei anderen Exemplaren verſchmol— zen ſie endlich ganz ſo wie bei inundatum, dagegen waren die Riefen des Stengels ganz wie bei der nor— malen Form. Daſſelbe beobachtete ich auch an E. palustre, und der einfache Cylinder iſt ſomit kein ſpezi— fifches Kennzeichen. Endlich wäre es wohl ſonderbar, wenn eine einheimiſche Art ſtets ſterile Samen trüge, was ſich bei einer Varietät, deren Auftreten durch Vielerlei bedingt wird, eher erklären läßt. Herr Apother Laſch hält es für einen Baſtard von E. arvense und limosum; dieſer Anſicht kann ich aber nach genauerer Unterſuchung darum nicht beiſtimmen, weil ich an ihm Nichts, was dem limosum zukäme, gefunden habe. Von E. hiemale beobachte ich ſeit mehreren Jahren im Sande der Oder bei Karlowitz eine Form, welche ſich beſonders durch ihren ſehr dünnen Stengel auszeichnet; auch an ihr habe ich nie regelmäßig ge— bildete Sporangien finden können, dieſelben entbehrten ſtets der Spiralfaſern, und die Sporen waren ſtets farblos aber mit Schleuderern verſehen, ſo wie von der normalen Größe. Einige Fuß von dieſer Form ſteht die Normalform auf ſchwarzem Boden mit regelmäßigen Bildungen. Dieſe Form ſchließt ſich an das E. trachyodon Al. Br. (E. Mackaii Newm.). Von E. limosum fand ich Mitte Juni bei Krittern eine Menge von Exemplaren, bei denen der Stengel zwei Aehren, eine an der Spitze, die andere unter derſelben trug, wie ich es an E. pratense beob- achtete. Durch die mannigfachſten Uebergänge wurde ich über die Art der Entwickelung dieſer Monſtroſität belehrt. Es ſchnürt ſich nämlich der obere Theil der Aehre von dem unteren ſcheinbar ab, ich ſage ſchein— bar; denn eigentlich wird dieſe Abſchnürung dadurch hervorgebracht, daß ſich die Spindel mit der oberen Hälfte der Aehre erhebt und die untere Hälfte zurückläßt. Der Zwiſchenraum zwiſchen beiden Aehren be— trägt bei einem Exemplare über /½ Fuß und iſt mit Scheiden beſetzt. Eine andere Form von limosum zeigte die Eigenthümlichkeit, daß die die Spitze der Aehre bildenden Receptacula ſich ſämmtlich in kleine Blätt— chen aufgelöſt hatten und ſo eine Art Schopf bildeten. Eine andere Form fand ich bei Friedeberg in Mäh— ren; der Stengel ſetzte ſich zwar durch die Aehre fort, trug aber an ſeiner Spitze keine zweite. Dieſelbe Monſtroſität wurde von mir ſchon früher an E. Telmateja und von Dr. Sturm. an E. pratense beobachtet. Herr Dr. Milde: Vermiſchte Mittheilungen. Am 25. Auguſt fand ich an dem ſteilen Oderufer bei Maſſelwitz auf Sand, welcher durch die Waſ— ſerdünſte beſtändig feucht gehalten wird, zahlloſe Vorkeime von Equisetum arvense, die zum größten Theile ſchon junge Equiſetenſtengel trugen; in ihrer Geſellſchaft befanden ſich Blasia, Riccia glauca, Anthoceros laevis und punctatus. Die Vorkeime ſtellten kreisrunde, dicke, grüne Polſter von zuweilen 4 Linien Durch— meſſer dar, und können bei einer nicht genauen Unterſuchung leicht mit Anthoceros punctatus oder Fossom- bronia verwechſelt werden. Die einzelnen Lappen des Proémbryo find ſämmtlich am Grunde zu einer dich: ten Maſſe, welche des Chlorophylls ganz entbehrt, dagegen mit Amy lum ganz erfüllt ift, verwachſen. Eine 14 106 Menge derſelben trug weder Antheridien noch Stengelchen, und ein ſolcher vegetirte in der Stube noch bis Mitte Dezember; andere trugen nur Antheridien, welche meiſt an der Peripherie des Vorkeimes in großer Menge dicht nebeneinander ſaßen. Mehrere Male habe ich die Spermatozoen an ihnen beobachtet und Alles ſo gefunden, wie ich es ſchon in meiner Diſſertation beſchrieben habe. Archegonien konnte ich leider nicht auffinden, da doch das Vorhandenſein der Antheridien darauf ſchließen ließ. Das jüngſte Stadium des Stengels, welches ich geſehen habe, war folgendes: Aus einer unregelmäßig zerriſſenen Hülle des Proömbryo erhob ſich ein kaum %, Linien hoher grüner hohler Cylinder, welcher ſich oben in ſechs regelmäßige Zähne ſpaltete, nach unten ſich aber zwiebelförmig verdickte. Im Grunde deſſelben lag nämlich die Knospe, aus welcher ſich der Equiſetenſtengel entwickeln ſollte. Dieſelbe beſtand aus länglichen grauen Blättchen, und ihr innerſter Theil ſtellte einen grauen dreilappigen Körper dar, welcher aus Merenchym zuſammengeſetzt und dicht mit Schleim und Eytoblaſten erfüllt war. In die Erde hatte der Cylinder eine kleine Hauptwurzel ge trieben; dieſelbe war dunkel gefärbt und beſtand aus langgeſtreckten Zellen; bei fortſchreitendem Wachsthume erſcheinen erſt, wie ich an größeren Exemplaren ſah, Ringgefäße. Dieſe Wurzel vegetirt jedoch nicht lange, denn ſobald ſich mehrere Stengelchen entwickelt haben, ſtirbt ſie ab und mehrere Stengel beugen ſich geradezu in die Erde, färben ſich blaß und dann braun und verwandeln ſich in das Rhizom. Unter den Scheiden dieſer unterirdiſchen Stengel ſitzen ſtatt der Aeſte entweder wirtelförmig angeordnete Wurzelzaſern oder auch Stockknospen, welche ſich nach oben zu neuen Stengeln entwickeln. So wie ſich nun mehrere Stengel ent— wickelt haben, wird der Vorkeim braun und ſtirbt ab. Dagegen erſcheinen jetzt neue Organe. Wenn näm— lich die Rhizome noch nicht einmal die Länge eines Zolles erreicht haben, treten die Knollen auf. Dieſelben zeigen ſich zuerſt als kleine Anſchwellungen des Rhizoms und beſtehen zuerſt nur aus Zellen, welche dicht mit Amylum erfüllt ſind; ſpäter finden ſich Ringgefäße ein. Von dieſen Tubera habe ich zwei verſchiedene Arten beobachtet. Die eine, die häufigſte, beſteht aus länglichen, ſchwarzen Knöllchen, an denen man durch— aus keine beſondere Oeffnung wahrnehmen kann, durch welche die ſich aus ihnen entwickelnden Stengelchen hindurchdringen, ſondern an jeder beliebigen Stelle des Tuber brechen Knospen hervor, die ſich zu Stengeln oder Rhizomen entwickeln. Die zweite, ſeltenere Art hat eine flaſchenförmige Geſtalt und eine aus drei regelmäßigen Zähnen be— ſtehende Spitze, unterhalb welcher im Innern des Tuber eine Knospe liegt, welche ſich zu einem Stengel oder zu einem zweiten Tuber entwickeln kann, daher die Erſcheinung von roſenkranzförmig aneinandergerei— heten Tubera an den Rhizomen. Lycopodium chamaecyparissus, aus dem Rieſengebirge, von Nees und um Wohlau von Güntzel— Becker geſammelt. Utricularia minor, Thalictrum flavum, Aster salignus, vor Oswitz an der Oder und bei Auras, Potamogeton gramineus, bei Bettlern, Caulinia fragilis, von Brandſchütz aus dem „See“, von Kand. Bartſch geſammelt. aus Koberwitz, Herr O.⸗G.⸗-Aſſeſſor Wichura: Weber eine den Blättern vieler Pflanzen eigenthümliche Drehungsbewegung, welche ſich in der Geſetzmäßigkeit ihrer Richtung mit dem Winden der Stengel vergleichen läßt und von den Drehungen, welche die Blätter machen, um ihre Oberſeite dem Lichte zuzuwenden, weſentlich unterſchieden iſt. Wir geben folgendes Reſumé feines Vortrages: I 2 — 3 — 4 — 6) 7) 8) 107 Die windenden Blätter find im Pflanzenreiche weit verbreitet. Beiſpiele davon finden ſich in allen Metamorphoſen des Blattes, in den verſchiedenartigſten Familien des natürlichen Syſtems und in allen Florengebieten der Erde. Dieſer weiten Verbreitung ungeachtet, haben die windenden Blätter in ihrer Bildung viel Ueber— einſtimmendes. Sie ſind ſämmtlich von länglicher, meiſt lineal-lanzettlicher Geſtalt, haben glatte Ränder und gehören, was die Vertheilung der Gefäßbündel betrifft, entweder dem parallelen Syſteme an, wie wir es am Laubblatt der Monokotyledonen vorzüglich ausgebildet finden, oder ſie entbehren der Seitennerven gänzlich, wie die Blätter der Laubmooſe. Ihr charakteriſtiſches Kennzeichen iſt die ſchraubenförmige Windung. Es herrſcht aber unter dieſen Schraubenlinien der Blätter große Mannigfaltigkeit, da die Elemente der Schraubenlinie, nämlich der Neigungswinkel, die Entfernung der Schraubenlinie von der Axe und die Länge der Schraubenlinie bei den windenden Blättern, mannigfaltigen Abweichungen unterworfen ſind. Der Neigungswinkel durchläuft von einer kaum wahrnehmbaren Größe bis zu 30—40 Graden alle möglichen Zwiſchenſtufen. Das windende Blatt oder der windende Theil eines Blattes kann länger oder kürzer ſein. Die Axe der Schraubenlinie endlich liegt bald innerhalb der Blattſub— ſtanz ſelbſt, bald außerhalb derſelben, und dann wieder dem Blatte entweder näher oder ferner. Die Zahl der Umläufe iſt das Produkt aller dieſer Elemente zuſammengenommen. Der Nei— gungswinkel und die Länge der Schraubenlinie ſtehen dazu in direktem, die Entfernung der Schraubenlinie von der Axe in indirektem Verhältniß. Die größte Zahl der Umläufe zeigt daher ſehr lange und ſchmale Blätter, wie z. B. die Grannen der Gräſer, die Blätter der Gethyllisarten ꝛc. Die Bewegung des Windens geht ſchneller oder langſamer vor ſich. Bei den vom Fruchtſäul— chen ſich ablöſenden Samenanhängſeln der Geranien iſt ſie ſogar für unſer Auge ſichtbar. In anderen Fällen gehören oft Tage oder Wochen dazu, um auch nur eine Umlaufswindung zu vollenden. In der Zeit ihres Eintritts iſt die Bewegung an gewiſſe Stadien des Wachsthum gebunden, die aber bei den verſchiedenen Pflanzen ſehr verſchieden ſind. Die früheſten Spuren gewahren wir in der ſogenannten aestivatio contorta. Die äußerſt ſchwache Windung geſchieht hier zu einer Zeit, wo die Blätter noch völlig unausgebildet, ja dem bloßen Auge kaum wahrnehmbar ſind. In der Regel aber tritt die Windung erſt ein, nachdem das Blatt ſchon eine gewiſſe Größe und Reife erlangt hat. Bei den Laubblättern iſt alsdann der Verlauf der Bewegung ein ſehr langſamer. Die Spitze des Blattes, als der älteſte Theil, windet zuerſt, die unteren Theile des Blattes folgen im Heranwachſen allmälig nach. 0 Bei den windenden Blüthentheilen fällt der Beginn der Bewegung häufig mit einem Sta— dium des Wachsthums zuſammen, welches auch übrigens von Bedeutung für die Pflanze iſt. Die Bewegung iſt in dieſen Fällen raſcher, plötzlicher und von kürzerer Dauer. So beginnen die Hülſen von Medicago ihre Windung nach ſtattgehabter Befruchtung, die Antheren vieler Pflanzen nach dem Verſtäuben, die Blüthenblätter von Cyclamen europaeum und mancher anderer Pflanzen nach dem Aufblühen, die Blüthen gewiſſer Irideen im Verwelken, die Gran— nen von Avena fatua beim Eintreten der Samenreife ꝛc. * Der Bewegung des Windens liegt allemal eine Drehung des Blattes um ſeine eigene Axe zu Grunde. Dazu tritt aber in den meiſten Fällen eine mehr oder weniger bedeutende Krümmung des Blattes. Kommt die Axendrehung unvermiſcht zum Vorſchein, ſo bildet die von der Spitze nach der Baſis des Blattes gezogene Mittellinie die geradlinige Axe der Bewegung. Miſcht ſie 14* 108 ſich aber mit einer Krümmung des Blattes, fo befchreiben alle Theile des Blattes, die Mittel: linie mit inbegriffen, eine Curve, und die Axe der Schraubenlinie iſt eine außerhalb des Blat⸗ tes liegende ideale gerade Linie. Die Geſtalten, welche aus einer ſolchen Kombination beider Bewegungen hervorgehen, laſſen ſich einem Bande vergleichen, welches mit ſeiner einen Seite um einen cylindriſchen oder kegelförmigen Körper geſchlungen wird, während die andere Seite nach Außen hin ſieht. Es verſteht ſich von ſelbſt, daß die concave Fläche der Krümmung das Innere, die convere Fläche aber das Aeußere der Schraubenwindung einnimmt. 9) Da das Blatt zwei gegeneinander differenziirte Seiten, eine Ober- und eine Unterſeite, hat, Bu welchen hin es ſich krümmen kann, fo erhalten wir auf dieſe Weife zwei Arten gewundener Blätter. Solche, bei denen die Oberſeite, und ſolche, bei denen die Unterſeite das Innere der Windung einnimmt. Zu den Blättern der erſten Art gehören z. B. die Laubblätter eines gro= ßen Theils unſerer einheimiſchen Gramineen, zu denen der letzteren Art die Antheren von Erythraea Centaurium. In Bezug auf die Drehungsbewegung müſſen wir rechts- und linksgewundene Blätter unter: ſcheiden. Wie bei allen gegenſätzlich wirkenden Kräften der geringſte Unterſchied des Daſeins genügt, um die Gegenſätze hervorzurufen, ſo verhält es ſich auch hier. Die verſchiedenen Alters— ſtufen des Blattes, ſeine Differenziirung in Spitze und Baſis, die ungleich hohe oder verſchie— dene ſeitliche Inſertion der zu derſelben Metamorphoſe gehörigen Blätter deſſelben Stengels, die verſchiedene Richtung der Blattſpirale am Stengel, endlich die verſchiedenen Metamorphoſen des Blattes erweiſen ſich als ebenſoviel Gründe, welche den meiſt ganz plötzlichen Uebergang aus einer Richtung in die andere beſtimmen. In allen dieſen Stücken herrſcht die größte Regelmäßigkeit. Es giebt ganze Familien, durch welche ein und daſſelbe Richtungsgeſetz hindurchgeht. Gattungen, die ſich Hinſichts der Rich— tung ihrer Windung gleichartig verhalten, find ſehr häufig, und bei den Individuen einer Spe— zies gehören Abweichungen zu den großen Seltenheiten. Dabei iſt jeder einzelnen Richtung nach rechts oder links ihre ganz beſtimmte Stelle angewieſen, und ſelbſt bei eintretendem Wech— ſel zeigt ſich in der Aufeinanderfolge der beiden verſchiedenen Richtungen eine im Voraus ein— für allemal beſtimmte Ordnung. 10 — 11 — Herr Privatdocent Dr. Ferdinand Cohn: Ueber Aldrovanda vesiculosa Monti. Durch die Entdeckung der Aldrovanda vesiculosa in Schleſien iſt eine Lücke ausgefüllt worden, welche ſich in der Verbreitungsſphäre dieſes merkwürdigen Pflänzchens herausgeſtellt hatte. Zuerſt wurde daſſelbe nämlich durch Leon Pluknet in ſeinem 1696 erſchienenen Almagestum botanicum unter dem Namen der Lenticula palustris indica beſchrieben und abgebildet. Auch von den ſpäteren Bearbeitern der oſtindiſchen Flora wird die Aldrovanda als eine weitverbreitete Bewohnerin der bengaliſchen Sumpfgegenden aufgeführt; freilich haben Einige, namentlich Rorxburg und Planchon, der neueſte Monograph der Droſe— raceen, dieſe exotiſche Form zu einer beſonderen Art, als A. verticillata, erhoben, während unter andern Walker Arnott und Wight ſie als identiſch mit der europäiſchen betrachten. In unſerem Welttheile wurde das Pflänzchen zuerſt durch Monti aus Oberitalien bekannt gemacht und zur eigenen Gattung als A. vesiculosa erhoben. Seit der Zeit iſt die Verbreitung derſelben nicht nur durch den ganzen nördlichen Theil von Italien und Piemont, ſo wie durch Süd-Frankreich nachgewieſen, ſondern dieſelbe iſt auch bis 109 zur Südſpitze von Italien hinab verfolgt worden, von wo ich ſelbſt Exemplare, in Calabrien geſammelt, in dem reichen Herbarium des Herrn Profeſſor Henſchel geſehen habe. Schienen dieſe Fundorte die Aldro- vanda als auf wärmere, ja tropiſche Landſtriche angewieſen zu charakteriſiren, ſo mußte es um ſo mehr auf— fallen, als im Jahre 1830 der Staatsrath Eichwald dieſelbe, als auch in Litthauen einheimiſch, in feiner „naturhiſtoriſchen Skizze Litthauens, Volhyniens und Podoliens“ nachwies; ich ſelbſt habe Exemplare von daher in ſumpfigen Gräben bei Pinsk, Gouvern. Minsk, von Wolfgang geſammelt, im Herbarium des Herrn Präſidenten Nees v. Eſenbeck geſehen. Die Vermittelung zwiſchen zwei ſo weit entlegenen Stand— punkten übernimmt nun das Vorkommen der Aldrovanda in Schleſien, wo fie zunächſt im Jahre 1846 durch Herrn Apotheker Hausleutner auf einer Reiſe durch Oberſchleſien aufgefunden und im Jahre 1850 durch den Apothekerlehrling Hrn. Fuchs in einem beſtimmten Bezirke in einem einzigen Teiche, in der Nähe von Pleß, aber in zahlreicher Menge, einheimiſch nachgewieſen wurde. Bleibt nun auch dieſe in der Verthei— lung der Pflanzen faſt iſolirt ſtehende Verbreitungsſphäre der Aldrovanda und ihr ſprungweiſes, immer auf beſchränkte Lokalitäten ſich eingrenzendes Vorkommen ein pflanzengeographiſches Räthſel, deſſen Löſung man bald in einem Verſchwundenſein aus einer früher ausgedehnteren Heimat, bald in einem zufälligen Ausſtreuen durch Winde, Vögel oder Menſchen geſucht hat; ſo viel ſcheint jedoch gewiß, daß dieſelbe ſich in Schleſien an der bezeichneten Lokalität in ſehr zahlreichen Exemplaren vorfindet, daß ſie unſere Winter überdauert, Blüthe und Frucht entwickelt, daß ſie demnach gegenwärtig als eine echte Bürgerin unſerer vaterländiſchen Flora zu betrachten iſt. Durch Herrn Fuchs in Pleß erhielt ich, ſobald die intereſſante Entdeckung der Aldrovanda bekannt geworden war, eine Anzahl lebender und getrockneter Exemplare dieſes Pflänzchens; dadurch wurde ich zu einer Unterſuchung in den Stand geſetzt, deren Reſultate ich in der botaniſchen Sektion der 26. Verſamm— lung deutſcher Naturforſcher und Aerzte zu Greifswald vorgetragen und in der Regensburger Flora (Nr. 43, 1850 mit Tafel VII) abgedruckt habe. Bei dem Intereſſe, das gerade für Schleſien die Aldrovanda beſitzt, möge es mir geſtattet ſein, die weſentlichſten Ergebniſſe hier nochmals mit einigen Erweiterungen zuſammen— zufaſſen. A. Organologiſches. Den äußeren Habitus, ſo wie den Bau von Blüthe und Frucht darf ich hier als bekannt vorausſez— zen. Von Abbildungen kenne ich nur die Pluknetſche und die von Reichenbach in feinen lcones florae germanicae; doch geben beide kein vollſtändig befriedigendes Bild. Die alte Abbildung von Monti in den Act. Bonon. ift mir noch nicht zu Geſicht gekommen. Eine faſt ſtielrunde, im Querſchnitt zum Theil polygonale Achſe iſt in geringen Entfernungen mit Knoten verſehen, welche einen ſechs- bis achttheiligen Blattwirtel tragen; letztere Zahl ſcheint die normale. An dem einen Ende rücken die Blattwirtel dicht aneinander mit ſtets verkürzten Internodien und gehen ſo unmittelbar in die große Endknospe über, welche, von den zahlreichen, dachziegelförmig übereinander liegen— den Blättchen gebildet, das ganze Jahr hindurch in gleicher Weiſe vorhanden iſt. Am entgegengeſetzten Ende bricht der Stengel ohne Spur einer Wurzel mit einem ſich zerſetzenden Internodium ab. Der Entwides lungsgang, ſoweit ich ihn an lebenden Exemplaren verfolgen konnte, iſt nun der, daß an der ununterbrochen fortvegetirenden und ſich verlängernden Endknospe ein angelegter Wirtel nach dem andern ſich zum Blatt— cyklus ausbildet, während an dem entgegengeſetzten Ende der Achſe ein ausgewachſener Wirtel nach dem andern in Fäulniß übergeht und ſich endlich durch Abgliederung löſt. Dieſes eigenthümliche, gänzlich an die Acotyledonen erinnernde Wachsthum ſcheint in unſerem Winter ſich nur inſofern zu unterbrechen, als die ganze Pflanze dann bis auf die Endknospe abſtirbt, während dieſe allein den Winter entweder auf der Ober— fläche ſchwimmend oder zu Boden geſunken überdauert und im nächſten Frühjahr ſich durch Auswachſen der angelegten Internodien wieder zur neuen Pflanze verlängert. Ein analoger Entwickelungsgang findet nach 110 den Beobachtungen von Benjamin (botan. Zeit. 1848) auch bei Utricularia ftatt, Unter den von mir kultivirten Pflänzchen überwinterten die einen an der Oberfläche, die anderen am Boden des Gefäßes; letz— tere, meiſt von Conferven durchwebt, ſtiegen mit dem Beginn der Frühlingsvegetation Mitte März wieder in die Höhe; welches von dieſem Verhalten das normale ſei, vermag ich nicht zu entſcheiden; jedenfalls erklärt es ſich hieraus, wenn einige Beobachter die Aldrovanda einjährig, andere fie als perennirend be— zeichnen. Die Hauptachſe veräſtelt ſich nicht ſelten, und die in den Blattwinkeln herausgeſproßten Nebenachſen trennen ſich nach einiger Zeit durch Abgliederung in Geſtalt mehr oder minder entwickelter Knöspchen, die ſpäter auswachſen; es iſt dies eine gewöhnliche Vermehrungsweiſe des Pflänzchens, namentlich da, wo daſ— ſelbe keine reifen Samen hervorbringt, wie dies ja auch bei mehreren anderen Waſſerpflanzen der Fall iſt. Die Achſe ſchwimmt vollſtändig horizontal im Waſſer, ſo daß die an ihr ſitzenden Blattorgane in einer auf dem Waſſerniveau ſenkrechten Ebene ſtehen; doch find dieſelben ganz vom Waſſer bedeckt; die Blüthe iſt das einzige Organ, welches bei ſeiner Reife über die Oberfläche tritt; nach dem Verblühen aber dreht ſich der kurze Blüthenſtiel wieder nach unten, ſo daß die Frucht ſelbſt ſich im Waſſer entwickelt. An den Blattorganen laſſen ſich in ihrer vollſtändigen Entwickelung drei verſchiedene Theile unterſchei— den; an der Baſis zuſammenhängend, zeigen dieſelben eine linealkeilförmige Baſis, die ſich gewiſſer— maßen als Blattſtiel verhält, dieſer läuft in 5 oder 6 lange borſtenförmige Fortſätze aus, in deren Mitte ſich in der Regel noch ein breites, der Blattſcheibe analoges Organ vorfindet und das ſogenannte Bläschen (vesicula) darſtellt. Dieſes Organ, welches, namentlich wenn es durch die in ſeinem Innern enthaltene Luft aufgeſchwellt iſt, den Utrikularienſchläuchen ähnelt, iſt jedoch kein hohler geſchloſſener Utrikel, wie faſt alle älteren Beſchreiber von Linné bis auf Decandolle und Reichenbach meinten, ſondern es wird nur durch die längs des Mittelnerven gefalteten und an den Blatträndern feſt zuſammenhängenden Hälften der Blattſcheibe gebildet, wie zuerſt von L. C. Treviranus „De Aldrovandae et Mesembryan- themi foliorum structura,“ Berlin 1837 und Pflanzenphyſiologie Band J. nachgewieſen und durch eine ſchöne Zeichnung erläutert worden iſt. Der Mittelnerv, in den ſich das Gefäßbündel verlängert, welches auch den Blattſtiel durchzieht, ſetzt ſich in der Regel noch über die zuſammengefalteten Blatthälften als kleines Spitzchen fort. Das breite, blaſenähnliche Organ entwickelt ſich nicht an den Blättern, welche als Bracteen in ihren Achſen Blüthen tragen, ſo wie an den gegen das Ende der Vegetation im Herbſt gebildeten Wir— teln; auch die lange Zeit hindurch kultivirten Pflänzchen ſcheinen die Blattſcheibe nicht zur Ausbildung zu bringen; das ganze Blatt beſteht hier nur aus dem keilförmigen Blattſtiel, der ſich am oberen Ende in die borſtenähnlichen Zipfel auflöſt, während das mittlere Bläschen entweder gar nicht oder nur als ein verküm— mertes Spitzchen zum Vorſchein kommt. h Ueber die Blüthen kann ich keine eigenen Beobachtungen anführen, da dieſelben an den von mir kul— tivirten Exemplaren ſtets ſammt ihren Blüthenſtielchen verfaulten, ehe ſie aufgebrochen waren; nach den Mit— theilungen des Herrn Fuchs dauert die Blüthezeit etwa 5 Stunden, von 10 — 3 Uhr. Alsdann ſollen in den Kapſeln die Samen, 6 an der Zahl, zur Reife gelangen und im nächſten Frühjahr keimen. Ich ſelbſt habe leider noch keine reifen Samen erlangen können, was ich um ſo mehr bedauere, da die Beobachtung des Keimungsprozeſſes für das Verſtändniß ſo vieler morphologiſcher Eigenthümlichkeiten, namentlich des gänz— lichen Mangels der Wurzel und des horizontalen Wachsthums, von größter Wichtigkeit wäre. B. Nnatomiſches. Die anatomiſche Struktur der Pflanze iſt im hohen Grade einfach und der aller untergetauchten Pflanzen entſprechend. Der Stengel beſteht aus einer langzelligen Oberhaut ohne Spaltöffnungenz; hierauf folgt, den größten Theil des Durchmeſſers einnehmend, eine Rindenſchicht, die durch große ſechseckige von Se — Zi 111 einfachen Zellreihen begrenzte Luftgänge durchbrochen wird; das Centrum des Stengels nimmt ein kreisför— miges Gefäßbündel ein, welches auch in die Blätter tritt und aus langgeſtreckten zarten Zellen beſteht; wirk— liche Spiralgefäße konnte ich wenigſtens in den von mir unterſuchten Exemplaren, in keinem Theile der Pflanze, auffinden; nur das Endothecium der Antheren zeigt die hier ſehr zierlich entwickelte Spiralfaſer— ſchicht. Eben ſo einfach iſt im Ganzen die Struktur der Blattorgane. Der Blattſtiel erſcheint ſchon mit bloßem Auge gleichſam als aus größeren zellenähnlichen Maſchen gebildet; es ſind dies jedoch nur große, pa— renchymatiſch aneinander gereihete Luftgänge, welche durch einfache Zellreihen von einander getrennt und nach Außen von der Epidermis umſchloſſen find. Auch die borſtenähnlichen Fortſätze beſtehen aus vielen grünen, langgeſtreckten Zellen und laufen an der Spitze in ein oder mehrere langzugeſpitzte und verdickte Stachelhaare aus, während ihre Außenfläche durch hakenförmige Zellen gezähnt erſcheint. Dagegen zeigt das als Blattſcheibe bezeichnete Organ eine weit komplizirtere Struktur. Der Mittel— nerv zwar beſitzt denſelben Bau wie die eben beſchriebenen Borſten, und iſt, wie dieſe, mit einem kegeligen, ſtark verdickten Stachelhaar gekrönt; aber die aufeinander liegenden Hälften des gefalteten Blattes laſſen ſchon mit bloßen Augen zwei Theile unterſcheiden, einen zunächſt am Mittelnerv liegenden, dickeren, inten— ſiv grünen, D- oder halbkreisförmigen, welcher von dem anderen, bläſſeren, C- oder ſichelförmi— gen umſchloſſen wird. Der Rand der Blattſcheibe iſt von kegeligen, einzelligen, nicht verdickten Haaren der— geſtalt bewimpert, daß ſämmtliche Randzellen in einen ſolchen Kegel ſich verlängern und die einzelnen Haare ſelbſt demnach eine ganz eigenthümliche, trichterförmige Geſtalt zeigen. Indem die Haare der beiden auf— einander liegenden Blattſcheibenhälften ineinander greifen, ſo wird durch dieſen, den Dionaea-Blättern analo— gen Mechanismus ein hohler Raum umſchloſſen, welcher, durch Luftblaſen aufgeſchwellt, ein den Utricularia- Schläuchen ähnliches Organ darſtellt, obwohl hier durchaus keine Metamorphoſe des gewöhnlichen Blatttypus ſtattfindet. Anders geſtaltete, lange, prismatiſche und gegliederte Haare gehen von der inneren (oberen) Fläche der Mittelnerven aus und bilden einen dichten Bart, der in die von den Blatthälften umſchloſſene Höhle hineinragt. Das verſchiedene Ausſehen der beiden Theile jeder Blattſcheibe beruht darauf, daß in dem umranden— den, ſichelförmigen Theile zwiſchen den beiden Platten der aus wellenförmigen Zellen zuſammengeſetzten Epi— dermis “) nur eine ſchmale Schicht ſchwammförmigen Diachyms ſich befindet, während in dem halbkreisför— migen Theile dieſelben zu einem dickeren Gewebe auseinanderweichen, welches von großen, grünen, Inter— cellulargänge zeigenden Parenchymzellen gebildet iſt. Alle dieſe Theile zeigen nun ganz verſchiedene Haargebilde, welche man namentlich in den jungen Blät— tern verfolgen muß, um ihre Struktur und ihr wechſelſeitiges Verhältniß zu erkennen. Die ganze untere, in der gefalteten Blattſcheibe nach außen gekehrte Fläche nämlich trägt in regelmäßiger Vertheilung eigen— thümliche, mehrzellige Organe, die in dieſer Weiſe nur noch von der Außenſeite der Utricularia- Blätter und Schläuche bekannt ſind; ſie beſtehen aus zwei kurzen, als Stiel fungirende und zuſammen einen Cylinder bildenden Zellen, auf denen, wie eine Magnetnadel auf dem Träger, zwei andere, weit längere Zellen hori— zontal und zwar dergeſtalt gelagert ſind, daß ſie gerade über der Scheidewand zwiſchen den beiden Stiel— zellen zuſammenſtoßen. Dieſe ſonderbaren Haare ſind am größten und zahlreichſten in den jüngeren Blättern, bei denen ſie ſehr früh erſcheinen und raſch ihre vollſtändige Entwickelung erreichen; ſie bedecken alsdann ebenſo die bor— *) Bemerkenswerth iſt, daß die gewöhnlich als vollkommen farblos angenommenen Epidermiszellen an den Sten— geln und Blaͤttern der Aldrovanda, wie bei den meiſten anderen Waſſerpflanzen (Najas, Vallisneria, Hydrocha- ris ꝛc.), zahlreiche Chlorophyllkuͤgelchen enthalten, und zwar nicht blos auf der von Spaltoͤffnungen entbloͤßten Seite (Epiblema Schleiden), ſondern auch auf der mit ſolchen verſehenen (Epidermis p. s. d. Schleiden). 112 ſtenähnlichen Fortſätze, den Blattſtiel und die äußere Seite des Mittelnerven und überziehen fo in der Knospe die ganze Oberfläche der Blattorgane. Indem ſie aber ſehr früh, wie die meiſten Knospenhaare, ihre Ent⸗ wickelungsfähigkeit verlieren, ſo ſterben ſie bald ab; der flüſſige, aus Protoplasma beſtehende Inhalt erſetzt ſich durch Luft; alsdann fallen ſie leicht ab, und es bleiben im ausgewachſenen Blatte blos die Stielchen als kleine, durch einen Durchmeſſer halbirte Ringe zwiſchen den Epidermiszellen übrig, wie dies bei anderen Pflanzen, namentlich auch bei Utricularia, ebenfalls ſchon beobachtet worden iſt. Dieſe merkwürdige Ueber⸗ einſtimmung der anatomiſchen Struktur mit den morphologiſch ganz abweichenden Utricularia-Schläuchen, tritt noch auffallender auf der inneren Seite des ſichelförmigen Theiles der Blattſcheibe hervor. Dieſer trägt nämlich jene zierlichen vierarmigen, kreuzförmigen, auf einem kurzen Stielchen aufſitzenden Haare, wie wir ſie nur noch von Utricularia durch die Beſchreibungen von Meyen, Schleiden, Göppert und Benjamin kennen. Dieſe Gebilde hören bei Aldrovanda auf der inneren Fläche der Blattſcheibe da auf, wo der dickere, halbkreisförmige Theil beginnt; auch dieſer trägt in regelmäßiger Entfernung eigenthümliche Organe, die zwar nach demſelben Typus im Weſentlichen gebaut ſind, jedoch ein ganz anderes, den freilich mit Unrecht ſo genannten Drüſen gewiſſer Pflanzen am meiſten ähnelndes Ausſehen zeigen. Es ſitzt hier nämlich auf dem cylindriſchen Stielchen ein rundlich-linſenförmiges Körperchen; daſſelbe beſteht aus 4 gleich großen, im Centrum zuſammenſtoßenden Zellen, um welche 8 kleinere und niedrigere, wie der Rand eines Schildes, in großer Regelmäßigkeit ſich herumlagern; ſeltener fehlen die 8 Randzellen. Von oben unter dem Mikroſkope betrachtet, zeigt ſich ein ſolches Gebilde von 3 concentriſchen Kreiſen eingeſchloſſen, von denen der innerſte (Stielchen) durch einen Diameter halbirt iſt, der mittlere in 4 Quadranten getheilt erſcheint, während der zwiſchen dieſem und dem äußerſten Kreiſe gelegene Raum durch Radien in 8 gleiche Segmente zerlegt iſt. Aehnliche drüſenähnliche Gebilde finden ſich auch in anderen Waſſerpflanzen; fo tragen die Cal- litriche-Blätter ſehr zierliche Organe, die aus einem kurzen Stielchen beſtehen, auf welchem ein linſenförmi⸗ ges, aus 8 im Centrum zuſammenſtoßenden Zellen gebildetes Körperchen ſitzt. Auch die ſogenannten Drü— ſen von Pinguicula zeigen eine ähnliche Struktur, und die Blätter der meiſten Labiaten ſind mit zahlreichen, nach ganz demſelben Typus gebaueten, ätheriſche Oele enthaltenden Gebilden bedeckt (Plectranthus ꝛc.). Da: gegen finden ſich zweiarmige Haare, wie bei Utricularia und Aldrovanda, nach den Beobachtungen des Herrn Dr. Pringsheim auch auf den jungen Knospen der Vallisneria und in etwas abweichendem Typus ſelbſt bei Hottonia u, a. Die Entwickelungsgeſchichte dieſer Gebilde, ſoweit ich ſie bei Aldrovanda habe verfolgen können, weiſt nach, daß ſich in einem ſehr frühen Stadium über die Oberfläche der jungen Blättchen einzelne Zellen des Epitheliums papillenartig erheben, die ſich alsbald durch eine Längs- und Querſcheidewand in 4 Quadranten theilen. Von dieſen erleiden die beiden unterſten nur eine geringe Ausdehnung und bilden ſich zum Stiel— chen aus, während die beiden oberen ſeitlich zu zwei langen Armen auswachſen, oder ſich (wie bei den vier— armigen Haaren) erſt in 4 theilen, ehe ſie ſich radial bedeutend verlängern. Bei den ſogenannten Drüſen endlich theilen ſich die beiden oberen Zellen durch abwechſelnde Scheidewände erſt in 4 und 8, ehe ſie ſich zu den linſenförmigen Körperchen ausbilden, die eines der zierlichſten mikroſkopiſchen Objekte darſtellen. Es bleibt mir ſchließlich nur noch übrig, über die morphologiſche Bedeutung der am Aldrovanda- Blatte wahrgenommenen Theile Einiges zu bemerken. Verfolgt man die Entwickelung eines ſolchen Blattes, ſo möchte es ſcheinen, als könnte der als Blattſcheibe bezeichnete Theil unmöglich dieſem Organe entſprechen. Denn während nach dem von Schleiden zur Grundlage der ganzen Morphologie gemachten Geſetze die Spitze der zuerſt gebildete Theil eines jeden Blattorgans ſein muß, ſo iſt die gefaltete Blattſcheibe bei Aldrovanda zwar an ausgewachſenen Blättern in der Regel der bei weitem ausgebildetſte Theil, aber je weiter man in der Jugend zurückgeht, deſto kleiner erſcheint ſie im Verhältniß zu den borſtenähnlichen Zipfeln und dem Blattſtiele, ſo daß ſie in den jüngeren Blättchen erſt als ein kleines Spitzchen auftritt, während — —— 113 dieſe bereits ihre vollſtändige Ausbildung erreicht haben. Unterſucht man jedoch die erſten Bildungsſtadien, indem man eine geſchloſſene Knospe analyſirt, ſo erkennt man, daß hier das Verhältniß ein anderes ſei. Das Centrum der Knospe nämlich wird von der halbkugelig abgerundeten Achſe eingenommen, welche als das punctum vegetationis der ganzen Pflanze beſtändig an der Spitze ſich verlängert und dadurch allein das Wachsthum der letzteren hervorruft. Unter dieſem Theile deuten 8 Wärzchen den erſten Blattwirtel an; von da an erſcheint Wirtel unter Wirtel angelegt, nach unten raſch an Größe zunehmend, mit immer weiter hervortretenden Internodien, zuletzt grün und in die jungen, aber im Weſentlichen ſchon ausgebildeten Blatt— kreiſe übergehend, welche dachförmig übereinander gebeugt, den jüngſten Theil der Knospe waſſerdicht ein— ſchließen. Eine Betrachtung der einzelnen Blattorgane in verſchiedenen alten Wirteln der Knospe zeigt nun, daß das zuerſt gebildete Wärzchen beſtändig an ſeiner Baſis ſich ausdehnt und allmälig zuſammengedrückt cylindriſch wird; daß ſich alsdann der Rand deſſelben vorzugsweiſe ausdehnt, wodurch das Ganze faſt kahn— förmig erſcheint; in dieſer Geſtalt iſt bereits die ſpätere Faltung der Blattſcheibe angedeutet, die durch eine größere, flügelförmige Entwickelung des Randes erſt in ziemlich ausgebildeten Blättern zur Vollendung kommt. Erſt nachdem die Anlage der Blattſcheibe zum Vorſchein gekommen, erheben ſich an der Baſis zuerſt zwei, dann in verſchiedenen Zeiträumen noch 3 — 4 Höckerchen, die ſich endlich zu den borſtenähnlichen Zipfeln ent: wickeln, während gleichzeitig der Blattſtiel ſich mehr und mehr herausſchiebt. So ſtellt ſich denn heraus, daß bei dem Aldrovanda-Blatte, wie überall, die Spitze das zuerſt gebildete, an der Baſis fortwach— ſende Organ iſt, nach welchem erſt ſich Mittelnerv, Blattfläche, borſtenähnliche Zipfel und Blattſtiel der Reihe nach entwickeln. Nur bildet ſich die Blattſcheibe ſpäter und langſamer aus, als die beiden letzteren Organe, welche bereits, ähnlich den Stipulargebilden, das Maximum ihrer Entwickelung erreicht haben, wenn die Blattſcheibe ſelbſt noch zurückbleibt, um erſt ſpäter ſich zur normalen Größe zu entfalten. Wahrſcheinlich iſt daſſelbe Verhältniß auch bei den Blättern der Dionaea und den Schläuchen von Nepenthes anzunehmen, welche ebenfalls bis zu einem gewiſſen Alter als die kleinſten, unentwickeltſten Theile des ganzen Organes erſcheinen, obwohl fie morphologiſch den Blattſcheiben entſprechen. Mit den Blättern der Dionaea nament— lich zeigt dies blaſenähnliche Organ der Aldrovanda eine vollſtändige Analogie, die ſich bis auf die anato— miſche Struktur und die Sonderung eines dickeren, drüſentragenden, mittleren Theiles und eines ſichelförmi— gen, durch Haare ſich verſchließenden Randes erſtreckt“). Nur fehlen dem Blatte der Dionaea die borſten— ähnlichen Zipfel der Aldrovanda, welche ſich anatomiſch und morphologiſch als Blattfiedern betrachten laſſen, wie fie ähnlich in den meiſten der untergetauchten Blätter zum Vorſchein kommen, auch wenn die verwandteſten Arten und ſelbſt die über dem Waſſer erhabenen Theile derſelben Pflanze ganzrandige Blatt: formen beſitzen“). Demnach ift das Aldrovanda- Blatt als ein unpaarig gefiedertes Blatt zu betrachten, deſſen Endblättchen ſtets zuerſt gebildet wird und ſich ſpäter in der Regel vorwaltend (leierförmig) entwickelt; nur in den Bracteenwirteln und bei minder energiſcher Vegetation verkümmert das Endblättchen, und ein unentwickelter Stachel krönt, wie bei den paarig gefiederten Blättern, das ganze Organ. Wahrſcheinlich waltet daſſelbe Verhältniß auch bei den Blättern von Ceratophyllum ob. Ich beobachtete nämlich bei dieſen in der Jugend an der Spitze ſämmtlicher Zacken zwiſchen zwei oder mehreren Stachelhaaren ein eigenthüm— liches Organ, über deſſen Bedeutung ich in den mir bekannten Monographieen keine Aufklärung finden konnte. Es beſteht aus einer Reihe großer, zartwandiger Zellen, welche zuſammen in regelmäßiger Aufein— anderordnung einen ſchmalen, cylindriſchen Körper darſtellen und durch ihren, das Licht ſehr ſtark brechen— den, dichten Inhalt charakteriſirt ſind. Die Zellen ſind urſprünglich farblos, werden aber ſpäter zum Theil roth. Das von ihnen dargeſtellte Organ iſt das erſte des ganzen Blattes, welches ſich aus der Achſe her— ) Auch in den Nepenthes- Schläuchen unterſcheidet man einen mit Druͤſen beſetzten und einen kahlen Theil. ) Eine Andeutung geſiederter Blätter zeigt bereits eine Art der naͤchſt verwandten Gattung Drosera, die D. pedata Pers., die durch folia pedatim dichotoma lobis linearibus charakteriſirt iſt. 15 114 ausſchiebt; doch verändert ſich der urſprünglich in lebhafter Zelltheilung begriffene und wohl auch aus Pro: toplasma beſtehende Inhalt ſehr früh in jenen dichten, ſchleimähnlichen Stoff, der die weitere Entwickelung begrenzt; im erwachſenen Blatte iſt das Organ in der Regel bereits wieder zerſtört. Ich vermuthe daher, daß daſſelbe der zuerſt gebildeten, aber hier nicht weiter zur a gelangenden und daher bald ver— kümmernden Blattſcheibe morphologiſch entſpreche. Bei Aldrovanda ſchließt die gefaltete Blattſcheibe im ausgebildeten Zuſtande in der Regel eine große Luftblaſe ein, welche gegen das Ende der Vegetation verſchwindet und durch Waſſer erſetzt wird. Jedoch iſt dieſe Luft durchaus nicht dazu erforderlich, um das Pflänzchen an der Oberfläche des Waſſers zu erhalten, da daſſelbe ebenſogut ſchwimmt, auch wenn die Blattſcheibe gar nicht zur Entwickelung gelangt iſt. Offen— bar verhindern ſchon die großen, luftführenden Intercellulargänge im Innern der Pflanze das Sinken derſel— ben, und das Erſcheinen der Luft in den Bläschen iſt nur Folge der gewöhnlichen Reſpirationsthätigkeit, welche an allen grünen Theilen der Pflanze Gasblaſen entbindet, die nur hier zwiſchen den geſchloſſenen Platten der Blattſcheibe nicht entweichen können, und ſich anſammelnd dieſelbe blaſenförmig aufſchwellen. Abkürzungen. DNtrs. Framm. Bayrh. Uebers. Sch. En. Hmp. Decad. L. 115 Flotow, Lichenes Florae Silesiae. weiter Artikel *). Sitirte Werke. De Notaris, Frammenti Lichenografiei di un lavoro inedito del Cav. Guiseppe —; in Par- latore Giornale Botanico italiano I. 2. p. 174— 224. Firenze 1844. Bayrhoffer, Ueberfiht der Mooſe, Lebermooſe und Flechten des Taunus. Wiesbaden 1849. Schaerer (Lud. Eman.), Enumeratio critica Lichenum europaeorum. Bernae 1850. Hampe, Vegetabilia cellularia in Germania septentrionali praesertim in Hercynia lecta. C. Lichenes, Decades I- VIII. (fr. Bot. Zeit. 1845. pag. 534. 535. Es konnten nur von 50 geſehenen Nummern aus den 6 erſten Decaden die hierher gehörigen Formen zitirt werden. Die Nummern aus Decad. Lich. VI und VII find nach den Angaben in Bot. Zeitſch. I. c. eingeſchaltet und mit F bezeichnet worden.) Tribus 3. Ramalineae Fee emend. Körber, Grundriss, p. 85. 197. Rb h. Crypt. Germ. II. I. p. XII. 113. Fée Essai I. p. LXXI (excl. Roccella). Hook. Engl. Flor. V. 1. 134 (excl. Roccella). Cornicularii p. p. et Cetrariacei Schaer. Enumeratio Lichenum p. 4 et 12. Usneaccae et Parmeliaceae p. p. Eschw. Syst. Lich. p. 23 et 20 (Hagenia). Parmeliaceae A. Usneaceae Fries L. E. p. 1 sq. Montagne l. c. Parmeliaceae p. p. Link, Handb. III. 178 — 180. Parmelia D. Platisma Wallr. Comp. 518. p. p. 10. Ramalina Ach. Fries, L. E. p. 1. 28. Achar., Synops. 293. Hook., Engl. Flor. V. I. p. 135. 224. Rb h. J. c. 117. Schaer. En. 7. Spic. 493. 498. Evernia Eschw. Syst. Lich. p. 23 n. 47. p. p. *) Fortſetzung des im vorigen Jahresbericht abgebrochenen Aufſatzes. 116 Evernia Link, Handb. III. 180. p. p. Parmelia D. Platisma W. C. 533. p. p. Parmelia VI. Physcia Schaer. Spic. p. p. (bag. 493 — 498). 48. 1. R. fraxinea L. Sch. En. 9 n. 5. — (W. 94%). — III. II. a. I. platyloba Wallr. Fr. LS. 71. Rchb. L. 19. Fk. Cr. 114. Sch. LH. 492. FW. DL. 56 A. * taeniaeformis Ach. ** ampliata Ach. * tuberculata Ach. . 2. leptoloba W. Fw. DL. 56B. 5. inflata W. R. fastigiata Ach. p. p. Rchb. L. 91. Fr. LS. 263 A! Sch. LH. 4913. Fw. DL. 37 C. An bejahrten Baumſtämmen in Alleen, an Waldſäumen, in Dörfern (Pappeln, Weiden, Ebereſchen u. ſ. w.). Wohlau, Sprottau (Göppert); Hirſchberg: Grunau, Stonsdorf, Cammerswalde, Kauffung ꝛc. 49. 2. R. ealyearis L. (K. fraxinea y. Sch. En. I. c.). — II. c. I. doryphora W. Fr. LS. 721 Fw. DL. 57 C. Hmp. Dec. Lich. 42. 2. dilacerata Hffm. FW. DL. 57 A. Sch. LH. 493. 8. fastigiata Pers. *) Fr. LS. 263 B (2). Fw. DL. 57 B. Sch. LH. 491 A. Fk- Cr. 663. y. thrausta Ach. Fr. LS. 267. Rchb. L. 143. 0. crustacea Fw. An Baumſtämmen und Aeſten in lichten Wäldern, beſonders der Vorberge. Sechsſtädter Buſch bei Hirſchberg, Kochelfall, Schreiberhauer Schwarzenberg, Kauffung. — Wölfelsgrund (Glatz). — 7. bei Mef— fersdorf, Moſig! d. auf dem Kynaſt, nur einmal gefunden. 50. 3. R. farinacea L. (Ach) Montg.! — III. II. I. cc. polita Fw. (intacta W.). 8. soreumatica W. R. farinacea Ach. Fr. LS. 73. F. Cr. 401. Ludw. Cr. 182! Sch. LH. 494. Fw. DL. 58 A-E. . platyloba (polyschides) Fw. J. c. 58 A. 2. leptoloba (gracilenta Ach.) Fw. J. c. 58B-D. * minutula Ach. Fw. I. c. 58 E. 3. pendulina Ach. An Baumſtämmen und Aeſten in Alleen und Wäldern, in der Ebene und in den Vorbergen bis in die höheren Gebirgswälder hinauf. — Wohlau. Gr.-Mühlenwerder bei Sprotten (Göppert); Stonsdorf, Sechsſtädter Buſch, Feſtungsberge, Maiwalde bei Hirſchberg, Schreiberhauer Hochſtein, keulichter Buchberg. Anm. 1. Eine var. & polita wird ſich ſonder Zweifel ergeben, ſobald der Sporencharakter ermittelt, oder der von Montagne bereits gefundene bekannt geworden. Ich glaubte fie in Schaer. LH. 493 gefunden zu haben, wo eine Hälfte des Raſens ſoredientragende, ſterile, die andere unverſehrte fruktifizirende Stämmchen zeigte. Doch ergab ſich beim Aufweichen, daß beiderlei Stämmchen nicht einem und demſelben ſchildförmigen Baſilartheil entſproſſen, ſondern nur geſellig nebeneinan⸗ der gewachſen waren, woraus nichts für ihre ſpezifiſche Verwandtſchaft zu ſchließen. ) Oö alle zitirte Muſterexemplare in den Lich. exs. Auct. wirklich hierher gehören, bleibt noch mikroſkopiſch feſtzuſtellen. 117 Anm. 2. An der ſpezifiſchen Verſchiedenheit der vorftehenden drei Kinneifchen Arten zweifele ich nicht, Anm. 51. 4. da Laurer (in litt.) ſchon vor mehreren Jahren die beiden erſten, und Montagne (Voy. au Pol Sud) die dritte als ſolche anerkannt haben. Ihre Formen ſind nach beſtem Ermeſſen und vorbe— haltlich einer mikroſkopiſchen Reviſion vertheilt worden. Früher glaubte man die im Habitus ſo ſehr von einander abweichenden RK. fraxinea und R. calycaris vereinigen zu müſſen, weil R. fa- stigiata Ach. als Bindeglied zwiſchen Beiden zu beobachten ſei. Die Erfahrung beſtätigt aber zur Genüge, daß R. fraxinea und R. calycaris jede ihre forma fastigiata (inflata W.) hervor⸗ bringe, und dieſe niederen Formen, aus denen R. fastigiata Ach. zuſammengeſetzt war, ſind es, nicht ihre Typen, deren Unterſcheidung zuweilen ſchwer fällt. (Cfr. Jahrb. d. Geol. I. 3. S. 154. 155.) 3. Aus DNtrs., Frammenti Lichenografici, worin ebenfalls R. fraxinea L. R. ca- Jyearis L. R. farinacea L. ſpezifiſch unterſchieden werden, erſehe ich, daß der Verf. die Rama— linenformen in Schaer. LH. und Funk Crypt. (im Text mit Curſiv-Schrift gedruckt) zu denſel— ben Arten eingeordnet hat, wie ſie hier zitirt ſind. Nur über Schaer. LII. 491 B (eine robuſtere, von mir zu R. fraxinea 8 inflata Wallr. gebrachte Form [im Text mit fetter Schrift gedruckt)) find wir verſchiedener Anſicht; die meinige gründet ſich auf die in Anm. 2 genannten Beobachtun— gen. Vielleicht hat DNtrs. eben nur die Eine Form A in Schaer. LH. 491 erhalten. Von dieſen drei Ramalinen giebt nun DNtrs. folgende Sporencharaktere: R. fraxinea: Sporen ſtark gekrümmt, 2 — 3mal länger als breit. R. calycaris: Sporen nierenförmig oder elliptiſch, an den durchſichtigen Scheidewänden etwas eingeſchnürt, 2mal (oder ein wenig darüber) länger als breit. R. farinacea: Sporen elliptiſch gerade, höchſt ſelten faſt gekrümmt, mehr als doppelt ſo lang wie breit. Uebrigens find die Gehäuſe von R. fraxinea unterwärts netzartig gerunzelt oder knitterfaltig, von R. calycaris — runzlich, von R. farinacea dagegen — glatt. R. pollinaria Ach. (W. 9%). — III. II. Fik. DL. 115. Fw. DL. 59. 60. Fr. LS. 143. Rchb. L. 66. Fk. 460. Sch. LH. 393. Hnip. Decad. L. II. c. pulvinata WC. 539. ** prolifera W. t ampullacea W. 5. erustacea Fw. Fw. Regensb. Bot. Z. 1828. p. 746. 747. An Bäumen, vorzüglich Eichen, alten Balken und Bretterwänden, an ſchattigen Felſen (nordöftlicher Expoſition) nahe der Erde, in der Ebene und in den Vorbergen gemein. Wohlau. — Eilau bei Sprottau an Baumſtämmen, und Wehrau am Queis an Sandſteinfelſen (Göppert). — Im Hirſchberger Thal: Hertelb., Gellhornb., Kuhb., Kreuzb., Paulinum, Eichberger Mol— kenberg, Balken und Bretterwänden. f. Grunauer Friedrichsb., Kynaſt, an Granit und Urſchiefer; Flachenſeiffen, Schreiberhau an alten Feſtungsberge bei Hirſchberg. 52. 6. R. tinetoria Web. Sch. En. 8 n. 4. — I. R. polymorpha Ach. (W. 9%). Fik. DL. 40. Fw. DL. 61. Fr. LS. 144. Sch. LH. 394. Hmp, Decad. L. 12. 118 An freiliegenden Felsblöcken in den Vorbergen hier und da häufig, fruktifizirt bei uns ſelten. Hirſch— berger Thal: Hertelb., Gellhornb., Kynaſt u. ſ. w. — Cudower Thal (Glatz). 12. Evernia Ach. Achar. Synops. 244. Rb h. I. c. 115. Hook. Engl. Flor. V. 1. 135. 224. Fries LE. 20 (excl. Bryopogon). Eschw. Syst. Lich. 23 n. 47 p. p. (excl. Bu Link Handb. III. 179 (excl. Ramalina). Parmelia C. Circinaria WC. 490. 491 (p. p.). Parmelia Sect. VI. Physcia Sch. Spic. 485 p. p. (excl. Anaptychia, Ramalina). Physcia (Schreb.) Sch. En. 9 (excl. Anaptychia). 533. I. E. vulpina L. (W. °%). — II. I. Fik. DL. 70. Fr. LS. 142. Fk. Cr. 397. Sch. LH. 390. Cornicularia vulpina Sch. En. 6 n. 6. An alten hölzernen Zäunen und auf Schindeldächern im Rieſengebirge „Weigel.“ 54. 3. E. divarieata L. — II. I. III. Ludw. Crypt. 183! Fr. LS. 332. Fk. Cr. 262. Sch. LH. 392. Physcia divaricata Sch. En. 12 n. 7 (excl. ß). An Tannen und Fichten in Gebirgswäldern, feltener in der Ebene; und auf dem Hochgebirge: Zob— tenberg, Schreiberhauer Schwarzenb., Zackenfall, Seidelbuſch bei den Grenzbauden; Dreiſteine im Rieſen— gebirge an Felſen; Glätzer Gebirge. — Schöneberg bei Görlitz an Kiefern. 55. 4. E. prunastri L. (W. %). — III. II. I. Fik. DL. 92. Fw. DL. 54 A— C. Fr. LS. 141. Fk. Cr. 280. Sch. LH. 391. — Physcia — Sch. En. 11 n. 6. a. platyphylla W. Fw. DL. 54 4. J * retusa Ach. Fw. I. c. 54 B. ** flavicans Fw. B. leptophylla W. y. thamnodes Fw. J. c. 54 C. — II. var. arenaria (Retz) Fr. Physcia divaricata 8. Sch. En. 12 n. 7 fl. An Laub- und Nadelholzbäumen, Bretterzäunen und anderem alten Holzwerk überall ſehr gemein. In der Ebene ſelten mit Früchten, doch z. B. im Seifersdorfer Walde bei Wohlau (woher die Exemplare in FIk. DL. 92); in den Vorbergen häufiger fruktifizirend, vorzugsweiſe an P. Larix, z. B. im Berbis⸗ dorfer, Sechsſtädter Buſch bei Hirſchberg, auch an P. Abies unterhalb der Schlingelbaude im Rieſengebirge. * an alten Zäunen: Wohlau, — Hirſchberg. * an P. Larix auf dem Molkenberge bei Schmiedeberg, — bei Brückeberg, am Kochelfall ꝛc. y. an Felſen hier und da, doch nicht häufig, z. B. Hertelb., Gellhornb., Kreuzb., Kuhb. bei Hirſch— berg, Popelſtein, Weihrichsb. bei Warmbrunn. 119 56. 5. E. furfuracea L. -— III. II. I. Ludw. Cr. 181! Flik. DL. 173. Fw. DL. 55 A—C. Fr. LS. 140. Schaer. LH. 387. — Physcia — Sch. En. 10 n. 1. c. platyphylla Fw. I. c. 55 A. * nuda Ach. * coccophora WC. 493. * coralloidea Fw. I. c. 55 C. H. leptophylla Fw. * stellaris Fw. [E. furfuracea, platyphyllina Fw. in Linnaea 1834. p. 498). * soreumatica WC. I. c. Fw. I. c. 55 B. In der Ebene, den Vorbergen und auf dem Hochgebirge an alten Bäumen, beſonders Kiefern, Bir— ken, Knieholz, an hölzernen Zäunen und an Felſen überaus gemein. Fruktifizirt ſelten, doch hier und da, z. B. an alten Kiefern: Gr.-Ausker bei Wohlau; — im Berbisdorfer und Sechsſtädter Buſch bei Hirſch— berg, an Fichten „auf der Haide“ bei den Grenzbauden, an Knieholz auf dem Koppenplan, auf dem Zobten— berge, der Heuſcheuer u. ſ. w. * an P. Larix auf dem Molkenberge bei Schmiedeberg, an Felſen: Frieſenſteine, Schreiber— hauer Hochſtein; an Knieholz auf dem Koppenplan; sean bejahrten Birken auf dem Cavalierberge, an Felſen beim Halulckun (Hirſchberg); 8 an Schindeldächern der Brotbaude im Rieſengebirge, — in Cunersdorf bei Hirſchberg; 38 * an Fichten um die alte ſchleſiſche Baude und „auf der Haide“ bei den Grenzbauden. 14. Anaptychia Kbr. “) Körber, Grundriss, p. 87 n. 27. Hagenia E schw. Syst. L. p. 20 n. 34. Rb h. p. 115 p. p Borrera Ach. Synops. 220 p. p. — Hook. Engl. Flor. V. 1. 135. 222 p. p. (excl. Parmel. et Evern. specc.). Parmeliae Fr. LE. 76 spec. — Link, Handb. III. 180. — Schaer. Spic. 486. Parmelia C. Cireinaria WC. 483 p. p Physciae Sch. En. XXVII et 10 spec. 57. 1. A. eiliaris (L.) Kbr. (W. °%). — III. II. Fik. DL. 152. Fw. DL. 62 A- B. Fr. LS. 139. Rchb. L. 38. Fk. Cr. 161. Sch. LH. 388. c. platyphylla W. Fw. I. c. 62 A. * verrucosa Fw. I. c. 62 B. (Cfr. BZ. 1850, p. 916). g. leptophylla W. An Baumſtämmen (Eichen, Weiden, Linden, Espen, Pappeln, Birken) vorzugsweiſe in der Ebene gemein; ſeltener in den Vorbergen. Wohlau. Sprottau (Göppert). Fürſtenſtein. @* an Linden. Adelsbach bei Salzbrunn; 1 g. an Felſen. Friedrichsberg bei Grunau an Urfchiefer. ) Hagenia und Borrera find an phanerogamiſche Gattungen vergebene Namen. 120 15. Cetraria Ach. Achar. Synops. 226. Hook. Engl. Flor. V. 1. 135. 220. Link, Handb. III. 178. Rb h. I. c. 113. Schaer. En. XXVI. 12 (excl. Corniculariae spec.). Fries LE. 34 (excl. Corniculariae spec.). Sch. Spic. 249 (exelus. Cornicul. et N specc.). Parmelia D. Platisma WC. p. p. (p. 521 — 525). Sect. 1. Physcia Fr. 58. 1. C. islandiea L. (V. ). — J. II. c. vulgaris Sch. LH. 22. Ludw. Cr. 190! Fik. DL. 136. Fw. DL. 65 AB. Fr. LS. 174. Fk. Cr. 399. * albomaculata Fw. * leucochroa Fw. I. c. 69 B. ß. platyna Ach. y. erispa Ach. Flik. DL. 109. Sch. LH. 23. * tentaculata W. Fw. DL. 67 A. * subinermis Fw. I. c. 67 BC. * innoeua W. Fw. I. c. 67 J. subtubulosa Fr. Fw. I. c. 66. Im Rieſengebirge längs des Gebirgskammes ſowohl, als in der Grafſchaft Glatz an ſonnigen moos— reichen Stellen; — in den Vorbergen auf Haideplätzen, in lichten Nadelholzwäldern gemein, obwohl ſelten fruktifizirend, wie z. B. auf dem Koppenplan, auf der kleinen Mooswieſe 3 bei Gr.⸗Aupa), in der großen Schneegrube, an der Keſſelkoppe u. ſ. w. c im Rieſengebirge (Göppert); in Gebirgswäldern oberhalb Krummhübel und anderwärts; Molkenberg bei Eichberg; B. im Hochgebirge, z. B. auf dem Koppenplan ſelten, gewöhnlich bei uns ſchmalblätteriger als ee, und zu var. „** hinneigend; 7. im Hochgebirge an trockeneren Stellen, an bemooſten Steinen, auf morſchem Holz; in den Vor⸗ bergen häufig, hier und da auch in der Ebene. Koppenplan, kleine Schneegrube, auf der kleinen Mooswieſe an faulen Stöcken; im Satt⸗ ler, auf dem Kreuzberge u. ſ. w. bei Hirſchberg. — Mähriſcher Schneeberg, Heuſcheuer. 7 kleine Schneegrube. „**, „ auf dem hohen Rade an Knieholz; d. im Berbisdorfer Buſch auf lichten Waldſtrecken zwiſchen * und Haidekraut: 59. 2. C. eueullata Bellard. (W. ). — l. Ludw. Crypt. 191. Fw. DL. 69. Sch. LH. 18. Fr. LS. 173. Im Rieſengebirge und auf den höheren Bergen der Grafſchaft Glatz, auf Haideplägen. und an baum⸗ loſen moosreichen Stellen. Schneekoppe, Koppenplan, Gebirgskamm. Mähriſcher Schneeberg, Heuſcheuer. Fruktifizirt ſelten, — nach Moſig im zeitigen Frühjahr, ſpäter fallen die Früchte ab. 121 6o. 3. C. nivalis L. (W. °%,). — Ludw. Crypt. — Fw. DL. 70. Sch. LH. 19. — Cr. Germ. 120. Fr. LS. 172. Fk. Cr. 419 et 729. Smf. Cr. N. 76. In der Knieholzregion an ſonnigen Stellen: Schneekoppe, Koppenkamm, Gebirgskamm. Fruktifizirt ſelten. — Moſig fand auch dieſe nur im früheſten Frühjahr mit Früchten. Sect. 2. Squamaria Fr. 61. 4. C. glauea L. — I. II. III. c. vulgaris Sch. LH. 252. Fw. DL. 63 A-C. Fr. LS. 112. Fk. Cr. 361. c 2. fusca Fw. 3. ulophylla W. 4. coralloidea Fw. DL. 63 C. 5. bullata Sch. En. 13 n. 1. . — 1. 8. fallax Ach. Fw. DL. 64. Sch. LH. 253. — l. Im Hochgebirge gemein an ſonnigen oder ſchattigen Felſen und Steinen, auch an Knieholz; in Hoch— gebirgswäldern ganze Fichtenſtämme und Aeſte überziehend; ebenſo häufig in den Vorbergen an Baumſtäm— men, Bretterzäunen, Schindeldächern; minder häufig in der Ebene an bejahrten Kiefern. Mit den ſehr ſeltenen Früchten auf der Waſſakugel an Baumleichen, im Seidelbuſch (Kl.-Aupa) an Fichtenſtämmen. . Wohlau; — Sattler, Grünbuſch, Cavalierberg, Kreuzberg bei Hirſchberg. 2. Fusca (Thallus beiderſeits braun), auf dem Koppenplan abgeſtorbene Zwergfichten federbuſchartig umkleidend. * 3. An Felſen und Baumſtämmen: Frieſenſteine bei Schmiedeberg, Kochelfall, Cavalierberg bei Hirſch— berg (an alten Birken); — Hochwald bei Sprottau (Göppert); Heuſcheuer, Mähriſcher Schneeberg ꝛc. 4. An Felſen auf dem Kreuzberge bei Hirſchberg und anderwärts. c 5. Auf der ſchwarzen Koppe an Knieholz. 8. In Hochgebirgswäldern und in den Wäldern der Vorberge an gleichen Orten mit var. : Sei— delbuſch, Schreiberhauer Schwarzenberg, Zobtenberg u. ſ. w. 62. 5. C. sepincola Ehrh. (W. °%). — I. II. III. Ludw. Cr. 195. Fw. DL. 68. Fr. LS. 170. Fk. Cr. 541. Smf. Cr. 152. a. nuda W. Fw. DL. 68 A-B. Sch. LH. 297. . ehlorophylia Humb. Fik. DL. 48. An Zäunen, Schindeldächern, Dorngebüſchen, Baumſtämmen und Aeſten in der Ebene und in den Vorbergen; im Hochgebirge an Knieholz häufig (um Hirſchberg ſelten). c. An Dorngebüſchen: Kl.-Ausker bei Wohlau; an Schindeldächern: Wehrau bei Sprottau (Göp— pert); an Ebereſchen in N an Knieholz auf dem Koppenplan, der kleinen Sturmhaube, dem hohen Rade. g. An Bretterzäunen, biahrtm Kiefern: Wohlau; Sprottau (Göppert); im Berbisdorfer Buſch bei Hirſchberg, in der Nähe der Teiche. Anm. Von den in meinem Tagebuche 1816 notirten Standorten für. var. 8 „an nackten fonnigen Sand? ſteinfelſen des wilden Loches und des Spiegelberges (Glatz)“ — ſind mir die dort geſammelten Exemplare nicht zur Hand: ich verdächtige ſie jetzt als muthmaßliche Verkümmerungen der C. glauca c 3 ulophylla mit braunem Thallus und welligen, weißbeſtäubten Rändern (C. hypocarpa Pers.), wie ſie auch an Felſen des Kreuzberges bei Hirſchberg vorkommt. 16 122 63. 6. C. juniperina L. — I. va nm Fk. Cr. 598. Fr. LS. 171. Smf. Cr. N. 153. Sch. LH. 20. „Im Rieſengebirge“ Moſig! 64. 7. C. pinastri Seop. (W. ). — J. II. III. Ludw. Cr. 194! Fw. DL. 71. Sch. LH. 21. Fr. LS. 333. Fk. 362. Im Rieſengebirge und in der Grafſchaft Glatz an Fichten und Knieholz nahe der Erde, bis in's Hirſchberger Thal hinabſteigend. Dürftig auch in der Ebene. Koppenkamm, Koppenplan, Reifträger, kleine Sturmhaube. — An P. Larix auf dem Molkenberge bei Schmiedeberg; im Sattler-Grünbuſch, Berbisdorfer Buſch bei Hirſchberg, — ſelbſt auf dem Cavalier— berge an Kiefern. Tribus 4. Peltideaceae Fw. Körber, Grundriss, p. 85; 197. Peltigereae Hook. Engl. Flor. V. 1. 134; 214. Peltidei Sch. En. 17. Parmeliaceae Subtrib. 3. Peltigereae Montg. |. c. Parmeliaceae B. Parmelieae Fr. LE. p. 2. Parmeliaceae C. Peltideaceae Rbh. I. c. p. XI; 65. Parmeliaceae Link Handb. III. 174. 16. Nephroma Ach. Achar. Synops. 241. Hook. Engl. Flor. V. 1. 134; 216. Link, Handb. III. 176. Fr. S. V. Scand. p. 104. Rb h. I. c. 68. Schaer. En. XXVII; 17. Peltigera I. Nephroma Fr. LE. 42. Peltigera III. Schaer. Spic. 269. Parmelia C. Circinaria WC. p. p. (p. 510). 65. 2. N. resupinatum L. — I. Ludw. Crypt. 1871 Fk. Cr. 116. Sch. LH. 259. Fr. LS. 179. Smf. Cr. N. 69. Fw. DL. 80 A-B. 80 A: glaucescens. B: fuscum. N. tomentosum Hffm. (W. 946). ß. leptophyllum F. Sch. LH. 508 (v. papyracea Sch. Spie. — ». rameum Sch. En. 18 n. 2. y. helveticum Sch. LH. 260. — Sch. En. 19 n. 2 0. An alten bemooften Baumſtämmen (Fagus, Acer, Sorbus) und an den Wurzeln derſelben in den Wäldern des Hochgebirges und deſſen Thälern. Melzergrund, Gehänge (kleine Koppe), Agnetendorfer Schneegrube, Karlsthal, keulichter Buchberg; Morawathal am Fuß des Mähriſchen Schneeberges. H. y. Bisher nur in der Schweiz, Tyrol, dem Schwarzwald, an Fichtenäſten im Hochgebirge. 66. 3. N. papyraceum Hifm. (W. °%). — I. II. WC. 511 (Parmelia). Fw. DL. 81 A-B. Smf. Cr. N. 70 (N. parilis Ach.). cc. incomtum W. Fw. J. c. 81 A. B. leioplacinum W. Breut. Cr. G. 119. 5. innovans Fw. I. c. 81 B. Smf. Cr. N. 70. q. diminutum Fw. In den Wäldern der Vorberge und des Hochgebirges, ſelbſt auch auf den baumloſen Kämmen deſſel— ben an bemooſten Steinen; häufiger als die Vorige, doch ſeltener mit Früchten. Sattler, Gellhornberg bei Hirſchberg, Molkenberg bei Eichberg, Kynaſt ()), Hummelberg (c), Kochel— fall (c); — Gehänge am Fuß der kleinen Koppe (ce), am kleinen Teich, Aupenabhang (weiße Wieſe) ꝛc. — Cudower Thal, Ueberſchaar bei Landeck und anderwärts in der Grafſchaft Glatz. d. Gellhornberg bei Hirſchberg. (Vergl. die Anmerkung zu Zeora muscorum, Arb. d. ſchleſ. Geſ. 1849, S. 121.) 18. Peltigera Willd. emend. Rabenhorst J. c. 66. Schaer. En. p. XXVII; 19. Peltigera II. Spic. 264 (excl. Sticta sylv.). Fries S. V. Sc. 104 (excl. Solorina); Peltigera II. Peltidea Fr. LE. 33. Peltigera C Phlebia, D Antilyssa Wallr. Comp. 556, 557. Peltidea Achar. Synops. 237. Eschw. SL. p. 22 n. 40. Hook. Engl. Flor. V. 1. 134, 214. Link, Handb. III. 174 (excl. Solorina ete.). Sect. 1. Antilyssa WC. 557. 67. 1. F. aphthosa L. (W. %). — I. II. III. Fik. DL. 49. Fw. DL. 78 A-B. Fk. Cr. 459. Sch. LH. 29. Fr. ES. 178. Hmp. Dec. L. 74. + In Kiefergebüſchen und auf Haideplätzen zwiſchen Mooſen in der Ebene; auf Wald- und Haideboden an Berglehnen und an bemooſten Felſen in den Vorbergen wie im Hochgebirge. Wohlau, Zobtenberg, Fürſtenſtein; — Wolfsberg bei Goldberg, Bora bei Görlitz an Baſalt; — Sattler, Kynaſt, Kochelfall, Zackenfall, Iſergrund, Melzergrund, am kleinen Teich u. ſ. w. — Mähriſcher Schneeberg (Glatz). 68. 2. P. malacea Ach. (W. %). — II. II. Laur. in Sturm Fl. Germ. II. 28. 29. p. 45. t. 17. Flk. DL. 137. Fw. DL. 74 A-C. Rehb. 116. Fk. Cr. 683. Fr. LS. 177. . (Laur. I. c. t. 17). Fw. DL. 74 A. % fusca J. c. 74 B. 16* 124 — c I. polyphylla I. c. 74 C. 2. ulophylla W. Laur. I. c. p. 47. g. phymatodes FW. Cfr. WC. 557, 58. Laur. I. c. p. 48. Anm. 3. In der Ebene und in den Vorbergen, in Kiefern- oder Fichtenwäldern, an Waldſäumen, auf Haide⸗ plätzen an der Erde zwiſchen Mooſen — nicht ſehr häufig. Wohlau. Hirſchberger Thal: Sattler, Räuberberg, Gellhornberg, Berbisdorfer Buſch, Grunau, Kynaſt; — Bora bei Görlitz (Baſalt); Hirtenſteine bei Conradswalde (Glatz). al. 2. (Letztere der P. rufescens Hffm. angenähert) auf kieſigen oder felfigen, mit Haidekraut be⸗ wachſenen Bergen: Gellhornberg, Paulinum, Kynaſt. 3. Weſtlicher Waldſaum am Kynaſt, zwiſchen Haidekraut und Mooſen, in Geſellſchaft von Zeora hypnorum, — der Peltigera aphthosa verähnlicht, doch nach Habitus und Beſchaffenheit der Unterſeite ganz wie P. malacea q. 69. 3. P. canina L. (W. %). — III. II. I. Flk. DL. 153. Rehb. 114. Fr. LS. III. Sch. LH. 28. Fw. DL. 72 A- F. Hmp. Des E. 71. «1. leucorrhiza Flk. I. ce. Fw. I. c. 72 A. 2. phaeorrhiza Wallr. p. p. Fw. I. c. 72 B. 3. crispa Ach. p. p. 4. innovans Fw. (ulophylla W.). 5. soreumatica Fw. J. c. 72 DE. B. pusilla Dill. Fr. Fw. I. c. 72 C. var. pygmaea Fw. Regensb. Flora 1828, p. 740. In Wäldern, Vorhölzern, auf Haideplätzen an der Erde zwiſchen Mooſen, an ſchattigen Felſen, überall gemein. 1. In rieſengroßen Exemplaren (6— 8” breiten Roſetten) mit gleichfalls doppeltgroßen Früchten bei der Kl.⸗Aupaer Mühle auf Kalkgrund, und im Sattler (Hirſchberg) an bemooſten Granitfelſen. 2. Auf Waldboden. 3. Auf trockenen bemooften Grasplätzen (Rainen, Angern), Hirſchberg, Kynaſt; — Cudower Thal. 4. Kynaſt. c 5. Waldhohlwege: Falkenberge bei Fiſchbach; Grünbuſch, Sattler bei Hirſchberg. 3. Auf lichten Waldplätzen und Haideboden: Sattler, Grünbuſch, Koppenſtein bei Hirſchberg; — auf den höchſten (Sandſtein-) Felſen des Waſſerfalles bei Adersbach. (Prof. W. Henſchel.) 20. 4. P. rufescens Hffm. III. II. J. Fik. DL. 154. 74. Fk. Cr. 476. 860. Rchb. 115. Fr. LS. 110. Ludw. Cr. 186. Fw. DL. 73 All. c. pachyphylla Fw. I. c. 73 A. 2. spuria Flk. DL. 74. Ludw. Cr. 186. 3. crispa Ach. p. p. Fw. I. c. 73 E, 75 C. 4. incusa W. Fw. I. c. 73 F. + 5. soreumatica W. B. leptophylla. 1. leioplacina (ambitu velato) Fw. I. c. 73 G. 2. microcarpa Fw. I. c. 73D (et 731. e. Peziz. epiblastematica we. II. 464). v. innovans Fw. I. c. 73H. — 7 A Mit der vorigen Art an gleichen Orten, auch auf vermooſten trockenen Wieſen, dürren Grasplätzen, in Wäldern an Baumwurzeln, Felſen, an Erdwällen und Mauern u. ſ. w. überall gemein, von der Ebene bis in Hochgebirge. 2. 3. Gellhornberg, Hertelberg, Kreuzberg, Sattler, Kynaſt, Bober-Ullersdorf u. ſ. w., Heuſcheuer. 4. Auf Kalkboden: Kitzelberg bei Kauffung, Rieſengrund am Kiesgraben; auf altem bemooſtem Gemäuer der Ruine Kynaſt. — Leipe bei Jauer. 5. Weltende im Sattler, Räuberberg; — Fürftenftein. Pl. Im Sattler; 52. in der Ebene: Wohlau (Neumark). 7. Im Sattler. — Fürſtenſtein. Anm. 1. Die ſchuppigen Randſproſſen der var. y (oben DL. 73 H) erinnern auch an manche ſterile Formen der Zeora muscorum. (Cfr. Nephroma papyraceum oben S. 123.) Anm. 2. P. rufescens Sch. En. 21 n. 7 „mit glatter glänzender Oberfläche, grauer oder brauner ſchwammiger Unterſeite und krausgeſäumten Laubabſchnitten“ ſcheint dieſer Beſchreibung und des Zitats in Spic. 267 von P. polydactyla b. scutata Fr. zufolge, der P. scutata f. propagulifera anzugehören. 71. 5. P. seutata Deks. — II. Breutel Crypt. Germ. 203. — Bot. Z. 1850, p. 539. 8. propagulifera Fw. P. rufescens Sch. En. 21. Vergl. die Anm. zur vorhergehenden Art. g. An bemooften Felswänden auf dem Kynaſt im Aufſteig von der Höllenſeite. Anderswo habe ich ſie nicht angetroffen, und kenne fruchtbare Exemplare nur aus Frankreich und Grönland. (Breutel J. c.) 22. 6. P. polydaectyla (Neck.) Hffm. — I. II. III. * Hmp. Dec. L. 72. + cc. pachyphylla (W.). Fik. DL. 175. Rehb. L. 117. Fw. DL. 75 A-B. Fr. LS. 109. 2. microcarpa Sch. LH. 30. 3. erispa (Ach.). g. hymenina Ach. (leptophylla W.). Fw. DL. 76. 1. II. 2. microcarpa Fik. DL. 192. An der Erde zwiſchen Moofen in Waldungen, an bemooften Felſen, auf trockenen Grasplätzen in der Ebene, den Vorbergen, im Hochgebirge gemein. c. Wohlau. Fürſtenſtein. Landeck (Glatz), Hirſchberger Thal: Sattler, Räuberberg, Kreuzberg, Gell— hornberg, Kauffung, Bober⸗Ullersdorf, Kynaſt, Molkenberg bei Schmiedeberg, Gehänge (kleine Koppe). 3. In Wäldern der Vorberge und des Hochgebirges, z. B. nahe vor der großen Schneegrube. Anm. Fw. DL. 75 C. (an mit Erde bedeckten, von Bäumen überſchatteten Granitmauern in dem Ge— birgsdorfe Petersdorf) hatte ich früher der Beſchaffenheit ihrer mit P. polydactyla harmonirenden Unterſeite wegen mit dieſer verbunden gehabt. Das nehme ich jetzt unbedenklich zurück, muß ihr aber die einmal gegebene Nummer laſſen. Die glanzloſe, an den äußerſten Rändern noch eine Spur von ſpinnwebigem Filz zeigende Oberfläche und ſelbſt der Habitus fordern die Vereinigung mit P. rufescens Hffm., welches bei Vergleichung mit der nur mehr dünnlaubigen Form in Fw. DL. 73 G. noch augenfälliger wird. 126 23. 7. P. horizontalis a L. — I. II. III. 8 Fw. DL. 77 A. Breutel Cr. G. 118. Sch. LH. 27. Fr. LS. 209. Hmp. Dec. L. 73. + @* crispa. minor. 3. leptophylla W. Fw. DL. 77 B. In den Waldungen der Ebene an der Erde zwiſchen Mooſen, ziemlich ſelten; häufiger in den Vor: bergen und im Hochgebirge an bemooften Steinen, Baumwurzeln, moosreichen Abhängen in lichten Nadel⸗ holzwäldern. Hochwald bei Wohlau, Fürſtenſtein, Hirſchberger Thal: Sattler, Koppenſtein, Räuberberg, Kynaſt, Herdberg, Hummelsberg, Kochelfall, Iſergrund, Gehänge (kleine Koppe), Melzergrund. — Cudower Thal, Landeck, Wölfelsgrund, Wölfelsdorfer Spitzberg. Die Formen *, , 8 mit @ an gleichen Orten, z. B. Kynaſt, Herdberg u. ſ. w. Sect. 2. Phlebia WC. 556. 24. 8. P. venosa L. (W. %). — III. II. Rchb. L. 40. Fk. Cr. 115. Fw. DL. 79. Sch. LH. 26. Fr. LS. 176. An ſchattigen Abhängen, in Waldhohlwegen der Ebene und der Vorberge; Wohlau. — Im Hirſch⸗ berger Thal ſelten; Kynaſt, Carlsthal, Wolfsberg bei Goldberg, Bora bei Görlitz (Baſalt). 19. Solorina Ach. Achar. Synops. 8 Eschw. Syst. Lich. p. 21 n. 35. Hook. Engl. Flor. V. 1. 134; 214. Rb h. I. c. 65. Schaer. En. XXVII; 22. Peltigera III. _olorina Fries LE. 48. Sch. Spic. 263. Wallr. Comp. 555. Link Handb. III. 175. 25. 1. S. erocea L. (W. /). — l. Ludw. Cr. 188! Breutel Cr. Germ. 117. Fw. DL. 82. Fk. Cr. 578. Schaer. LH. 24. Fr. LS. 298. 8 In Hochgebirgen an der Erde; im Rieſengebirge ſehr ſelten: „um die Schneekoppe, Moſig, Ludwig, Weigel Herb.“ — Am oberen Rande der Agnetendorfer Schneegrube: Wenzel 1831; und im Aufſteig aus der Melzergrube nach dem Koppenkegel (aus der ſüdlichen Ecke gerade hinauf, erſter Abſatz), Sieben— haar Juni 1844, ebendaſelbſt Theodor Schmidt 1845. 76. 2. S. saceata L. (W. %). — l. Ludw. Cr. 189! Fk. Cr. 320. Schaer. LH. 25. Fr. LS. 175. Hmp. Dec. L. 75 + (Peltigera). c incusa W. 8. limbata Smf. Cr. N. 149. In Felsritzen, an Steinen auf humusreicher Erde im Hochgebirge: am Abhange des Kiesberges nach dem Rieſengrunde auf Urkalk (mit Saxifraga oppositifolia); — und in der kleinen Schneegrube um den Baſaltfelſen, Siebenhaar 1844. d und 8 mit @ am Kiesberge auf Kalkgrund, geſellig mit Duvalia rupestris. 127 Tribus 5. Parmeliaceae Hook. Körber, Grundriss, p. 85; 197. — Lich. Germ. Specim. (Wratisl. 1846), p. 5. Hooker, Engl. Flor. V. 1. p. 133. 198. armeliacei Sch. En. 30 (excl. Parmelia $ 3. Squamaria). en Sect. IV. Imbricaria, V. sticta Sch. Spic. 436 — 484. Parmeliaceae B. Parmelieae (excl. Peltideaceae, Lecanorinae), Fries LE. 49 — 86. Parmeliaceae b. Parmeliae genuinae Rbh. I. c. p. XI; 54 — 69. Parmeliaceae Link Handb. III. 174 (excl. Peltideaceae, Ramalineae, Umbilicarieae). Parmelia et Sticta Eschw. Syst. Lich. p. 20 n. 32, 33. Parmelia C. Circinaria p. p. WC. 478 — 509. 20. Sticta Schreb. emend. Körber, Lich. Germ. Specim. p. 5 (excl. Lobaria Link). Delise, Monogr. du genre Sticta 1825 (excl. Lobaria Link). Rbh. Cr. Germ. 64. p. p. (excl. St. laetevirens). Stieta et Crocodia Link Handb. III. 177. Fries, LE. 49 (excl. Lobaria Link). Schaer. En. p. XXVII; 30 (excl. Lobaria Link). 27. I. St. sylvatiea L. (W. %). — J. II. Ludw. Crypt. 185 A. Fw. DL. 83 A. Fk. Fr. 442. Fr. LS. 79. Sch. LH. 258. — (Peltigera. — Sch. En. 22 n. 8). An Baumwurzeln, bemooften Felſen in den Wäldern der Vorberge und des Hochgebirges; im Rieſen— gebirge ſeltener, als in der Grafſchaft Glatz. In der Nähe des Kochelfalls, im Melzergrunde, Bober-Ullersdorf, Hummelberg; — Wölfelsfall, Wöl— felsdorfer Spitzberg u. ſ. w. 28. 3. St. fuliginosa Deks. (W. 9%). — II. I. Ludw. Cr. 185 B. Fw. DL. 83 B. Sch. LH. 386 (Sticta). An beſchatteten Felſen bewaldeter Vorberge; in Thälern und Schluchten des Hochgebirges. Nur ein— mal (September 1834) im Sattler (rechtes Boberufer) mit Früchten gefunden, ſonſt immer ſteril: Kreuz— berg, „Welt Ende“ im Sattler, Eichberger Molkenberg bei Hirſchberg, Prudelberg, Kynaſt, Hummelberg, Melzergrund. — Bei Salzbrunn. je 29. 5. St. serobiculata Scop. (W. %). Ludw. Cr. 175! — Fr. LS. 78. Sch. LH. 490. An bemooften Bäumen und Felfen im Rieſengebirge „Ludwig! Weigel.“ Auf dem Kynaſt an bemooſten Felſen; ſelten. 21. Imbricaria DC. emend. Körber, Lich. Germ. Specim. p. 8. De Can d. Flor. Frang. II. 385 (excl. Parmeliae specc.). Parmelia Ach. Synops. 195. p. p. Lich. univ. 89 et 456. 7 Trib. 1. Imbricaria Schreb. Fr. LE. 57. 5 $ 1 et 2. Sch. En. 33 (excl. Parmelia Kbr. et nonnullis Zeoris, Lobariis etc.). Parmelia Sect. IV. Imbricaria Sch. Spie. 436. p. p. (excl. Parmelia Kbr.). Rbh. I. c. 54 (excl. Zeorae, Parmeliae Kbr.). C. Circinaria WC. p. p. (496 s.). ” Sect. 2. Link Handb. III. 182 sq. p. p. * Glaucescentes. so.?? 1. I. perforata Wulff. „An Baumſtämmen (im Rieſengebirge?), in der Lauſi itz (Ach. Univ. 459).“ Mofig! Anm. Dieſer beſonders im Süden, ja vorzugsweiſe in den Tropenländern einheimiſchen Art habe ich nur mit bedeutendem Zweifel an ihrem Vorkommen in Schleſien oder der Lauſitz hier einen Platz gegönnt. Schon Fries in Lich. Eur. 59 ſpricht ihn aus, und neuerdings giebt Schärer (En. 34 n. 2) durch Weglaſſung aller von Hepp (Flora v. Würzb.), Genth (Flora v. Naſſau) und Rabenhorſt (Lich. Germ.), neuerdings von Bayrhoffer Crypt. Taun. p. 64 genannten Stand⸗ orte ihn ſtillſchweigend zu. Ein Original der Lauſitzer I. perforata erhielt ich (nach dem zurück⸗ behaltenen Verzeichniß) 1817, Görlitz paſſirend aus Moſig, Händen, trat es jedoch einige Tage ſpäter an K. Sprengel in Halle ab. Ob dies nun die echte I. perforata oder nur I. perlata var. ciliata DC. geweſen, vermochte ich damals nicht zu beurtheilen. Indeß möge obige Spezies einſtweilen hier aufgeführt bleiben, bis die in Görlitz oder Halle aufbewahrten Moſig-Acharius⸗ ſchen Originale von Kennern geprüft worden ſind. S1. 2. I. perlata L. g. ulophylla Wallr. (W. ). — I. Fw. DL. 96 A. Fk. Cr. 661. Sch. LH. 360. * leucoplaca W. Fw. DL. 96 B. y. eiliata DC. Fw. I. c. 96 C. An bejahrten Buchen, Eichen, Tannen in Gebirgswäldern, ſo wie an bemooſten Felſen auf waldigen Vorbergen, an mehreren Orten, doch nirgends häufig; bei uns iſt var. A vorherrſchend, die fruktifizirende var. a fehlt ganz. Kreuzberg, Audienzberg, Gellhornberg, Paulinum, Sattler, Grünbuſch bei Hirſchberg; Prudelberg, Hummelberg, Kynaſt, Weg zum Kochelfall; Zobtenberg; hohe Menſe, Cudower Thal, Wölfelsgrund (Glatz). ?* An Eichen bei Maiwaldau. 7. Sattler an bemooſten Uferfelſen; Audienzberg, Popelftein, Kynaſt. S2. 3. I. tiliacea (Ehrh.). (W. %). — II. III. Fr. LS. 169 (c, &**). Fk. Cr. 141. c munda Sch. LH. 358. Fw. DL. 97 A. ** incusa, coccodes W. I. c. 97 B-C. Sch. LH. 359. *** coralloides (P. scortea Ach.) . 1. c. 97 D. 83. quercifolia Wulff. An Baumſtämmen, beſonders Linden, Eichen, Pappeln, Birken, Kirſchbäumen, und an Felſen — nicht ſehr häufig: Hirſchberg-Warmbrunner Straße, Hausberg, Kreuzberg, Fiſchbach, Schnaumberg bei Kauffung, Meffersdorf, Jauernik bei Görlitz; Zobtenberg, Fürſtenſtein. Wohlau. & Die ſeltenere Form, Petersdorf, Buſchkäte, und an genannten Orten hie und da; a** die häufigſte — ebendaf. — * Fiſchbach (Linden); Wolfelsdorf (Granit). 8. An Granitfelſen: Gellhornberg, Hausberg, Kynaſt; an Baſalt der Ruine Greifenſtein bei Friedeberg a. Q. 129 Sa. 4. I. revoluta FIk.! DL. 15. — I. III. I. sinuosa fü revoluta Fw. (W. 9%) Kbr. Spec. 10 n. 7. Rbh. I. c. 59. Parmelia quercifolia y revoluta Sch. En. 44 n. 20 5. An Birken in der Nähe des Heydauer Teiches bei Wohlau; an Erlen, Kieferſtämmen und deren über die Erde hinkriechenden Wurzeln im Grünbuſch, Berbisdorfer Buſch, auf dem Cavalierberge bei Hirſchberg, im Tannenbuſch bei Eichberg, im Walde bei Schönberg (Görlitz); an Felswänden (NO. -Seite): Audienz⸗ berg, Gellhornberg, um das Straupitzer Wehr (nur vom Eiſe aus zugänglich), Paulinum, Prudelberg, Popelſtein. Anm. Bei den widerſprechenden, meines Erachtens noch zu erweiſenden Behauptungen über die Abſtam⸗ mung dieſer Flechte, halte ich es für angemeſſener, ihr bis auf Weiteres den Flörkeſchen Namen zu laſſen. Die erſten Anfänge der P. revoluta FIk. find viel zarter, ſchmallaubiger, als die un— ſerer I. tiliacea, zugleich den ſchmalblätterigen Formen von I. sinuosa, wie man fie fo häufig auf Chinarinden findet, viel ähnlicher als jener. Auch neuerdings erkannte ich den Typus von 1. si- nuosa in einem Exemplare von Pinus sylvestris bei Carlsruhe in Baden wieder, das v. Zwackh mir zur Anſicht vorgelegt. Endlich habe ich weder hier noch in der Mark Uebergänge von J. revo- luta in J. tiliacea angetroffen. S4. 5. I. Borreri Turn. (W. °%). — II. Fw. DL. 99. — Parmelia dubia (Wulff... Sch. En. 45 n. 23. LH. 361. g. stictica Duby, Sch. En. J. e. An P. Picea im Tannenbuſch bei Eichberg; oberhalb des Kochelfalls (G. A. Fintelmann); an Birken auf dem Cavalierberge; an Baumſtämmen in der Grafſchaft Glatz (Seligei). 8. An Felſen auf dem Prudelberge (Stonsdorf), auch an Baumſtämmen unter den vorigen. S5. 6. I. saxatilis L. (W. %). — 1. II. III. Fr. LS. 168 A-C. Rechb. L. 35. Fk. Cr. 108. cc. leucochroa W. Sch. LH. 362. 1. leptophylla W. Fw. DL. 98 A. — Fr. LS. 168 A. 2. soreumatica W. — l. c. 98 B. 3. grammica W. — I. c. 98 C. Breutel Cr. G. 116. 4. coralloides Fw. I. c. 98 D. = Fr. LS. 168 B. Sch. LH. 363. g. omphalodes L. — I. II. — I. c. 98 E. Fr. LS. 108. Sch. LH. 488. Smf. Cr. N. 130. 7. panniformis Ach. — II. — 1. c. 98 F. = Fr. LS. 168 C. Sch. LH. 364. An Bäumen, beſonders Eichen, Linden und an Felſen gemein, nicht ſo häufig mit Früchten, doch hier und da auf dem Kynaſt, dem Prudelberge, Lorenzberge bei Stonsdorf, an Knieholz auf dem Koppenplan; auf dem Zobtenberge; an jungen Eichen, Seifersdorf bei Wohlau. el. An Ahorn in der Agnetendorfer Schneegrube. 2. An ſchroffen Felswänden im Bober. 3. Gemein an Baumſtämmen und freiliegenden Felsblöcken, auf dem Cavalierberge an Birken, auf dem Kitzelberge, dem Hartauer Langenberge mit Früchten. 4. An Felsblöcken in lichten Gebüſchen am häufigſten fruktifizirend, z. B. Lorenzberg bei Stonsdorf. B. An Felſen im Hochgebirge, bis in's Hirſchberger Thal herabſteigend: Prudelberg, Kynaſt, Bieberſteine. — Grafſchaft Glatz. 7. Kynaſt, Prudelberg; wildes Loch in der Grafſchaft Glatz, an Felſen. 17 150 S6. 7. I. aleurites Ach. (W. %). — III. II. 100 Ludw. Cr. 172. Fk. 398. Fw. DL. 106. Fr. LS. 2090. Sch. LH, 480. Parmelia tiliacea var. pityriaeformis Hmp. Decad. L. 44. An Kieferſtämmen, Bretterwänden, hölzernen Pfoſten, zuweilen auch an Santfehrtiign; in den Vor⸗ bergen nicht gemein, in der Ebene häufiger. Fruktifizirt ſelten. Auf dem Cavalierberge, im Berbisdorfer Buſch, Kynaſt, Langenauer Sandſteinbrüche; — Heuſcheuer (Glatz); Wohlau, Czepelwitz bei Oppeln; — an Plankenzäunen um Görlitz, — an Kiefern, Schöneberg bei Görlitz. 87. 8. I. terebhrata Hfifm. -— I. II. III. . | Ludw.! Cr. 180. Fk. Cr. 198. Sch. LH. 365. Fw. DL. 103 A. B. Imbricaria dia. trypa (Ach.) DC. — Parmelia pertusa (Schrank) Sch. En. 43 n. 18. In Gebirgswäldern an Fichten, Tannen, nicht häufig; Keuliger Buchberg bei Carlsthal, Schreiber⸗ hauer Schwarzenberg, Kochelfall, Popelſtein; — hohe Menſe, Wölfelsgrund (Glatz). Zuweilen an Felſen: Kynaſt, Gellhornberg bei Hirſchberg; fruktifizirt ſelten. — Vereinzelt in der Ebene (3. B. in der Neumark: Fw. DL. 103 B.). ss. 9. I. physodes d L. (W. 9%). — III. II. I. Fr. LS. 291. Fk. Cr. 197 A. Rehb. L. 65. Sch. LH. 366. Fw. DL. 101 A. (fer- tilis). Hmp. Decad. L. 45. — Parmelia ceratophylla (Raj.). WC. 488. Sch. En. 41 n. 17. 2. tubulosa W. — Fw. I. c. 101 B. 3. fornicata W. — J. c. 101 C. N 4. ampullacea W. — J. c. 101 D. (Parm. distorta Ach. ). * nigrescens. 5. stigmatea W. — J. c. 102 E. 6. soreumatica W. — J. c. 102 F. H. platyphylla Ach. Meth. Sch. En. I. c. — II. III. y. obscurata Ach. (var. rufescens Fw. W. 9%). — 1. d. vittata Ach. — II. Fk. Cr. 197 B. Sch. LH. 367. Fw. DL. 104. 8. encausta Sm. Fr. — J. Ludw. Cr. 170. Fk. Cr. 374. Hmp. Decad. L. 2. var. multipuncta Sch. En. I. c. LH. 368. 1. cladodes W. — Fw. DL. 105 A. 2. thamnodes W. — 1. c. 105 B. An der Rinde verſchiedener Bäume, an freiliegenden Steinen, Felſen, Bretterwänden, Pfoſten; überall ſehr gemein. Hie und da mit Frucht, z. B. im Grünbuſch, auf dem Lorenzberge Stunidorß, Popelſtein bei Warmbrunn, Zobtenberg; Wohlau an alten Birken. „ 2. 3. Gellhornberg, Kreuzberg bei Hirſchberg an Felſen. 4. Cavalierberg an Schindeldächern, Birken, Kreuzberg bei Hirfeberg an Felſen; Schreiberhau an Birken. 5. 6; f. Kreuzberg bei Hirſchberg an Felſen. 7. An Fichtenſtämmen auf der Waſſakugel im Rieſengebirge. d. An bemooſten halbſchattigen Felſen: Feſtungsberge, Lorenzberg Sieden am en Stein bei Johannisbad in Böhmen. — Heuſcheuer (Glatz). - t 131 & Im Hochgebirge, von der Schneekoppe bis zum Ziegenrück und Reifträger, auf allen Höhen des Gebirgskammes und in den Hochgebirgsthälern: Weißwaſſergrund, Rieſengrund, um die Teiche u. ſ. w. an Steinen und Felſen nicht ſelten; 12 bis zum eee Hochſtein und zum blauen Stein bei Johannisbad (Kieſelſchiefer). ** Fuscescentes, ss. 10. I. Acetabulum Neck. (W. 99 — III. II. Fr. LS. 292. Fk. Cr. 596. Sch. LH. 547. Fw. DL. 107. N corrugata Ach. An Baumſtämmen im Rieſengebirge „Weigel“ — um Meffersdorf „Moſig.“ 90. 11. I. olivacea (L.) DC. (W. %). — II. III. Fr. LS. 261 A. B. Fk. Cr. 497. Rehb. L. 89. Fw. DL. 108 A-E. Sch. LH. 370. 371. c. nuda Fr. Sch. LH. 370 A. B. 8 I. amplissima Fw. DL. 108 A. *) 2. rugosa Fw. I. c. 108 B. Sch. LH. 370 A. Fr. LS. 261 A Birken). B. adspersa Fw. 1. soreumatica — J. c. 108 C. Sch. LH. 371 (furfuracea Sch. En. 47). 2. coccodes — 1. c. 108 DP. Fr. LS. 261 B. Fk. 497. 3. coralloides. 4. ampullacea. 7. laetevirens — J. c. 108 E. d. microphylla Laur. Ueberall gemein und vielgeſtaltig an Baumſtämmen, altem gezimmerten Holze, an Felsblöcken und Steinen in freier Lage; die var. y in Fichtenwäldern. 1. An Eſchen auf dem Kitzelberge bei Kauffung. — y. Im Grünbuſch, auf dem Cavalierberge an Fichten, am Kochelfall an Buchen. Die übrigen Formen allenthalben gemein. Aus den koralliniſchen Zacken auf der Frons von 83 entwickeln ſich bei 84 aufgeblafene Stielchen. o. Klein- und vielblätterig, analog der I. saxatilis panniformis: Andeutungen an dieſe Form an Sorbus in Marienthal (Schreiberhau), vollkommen und ſehr zierlich ausgebildet an Sorbus in der Gams— grube in Tyrol. Laurer! *) I. olivacea d 1 amplissima Fw. I. thallo membranaceo-coriaceo ruguloso olivaceo-virescente, lobis radiantibus rotundatis inciso -erena- tis margine elevatis plicato-flexuosis, subtus nigro ambitu pallide-fusco, fibrilloso; apotheciis amplis cupu- laribus, spadiceis, margine simpliei suberenulato. Asci obovati basin obtusi, sporis octonis ovalibus majusculis 1—2 — polyblastis repleti. Es ift nicht zu leugnen, daß fie von beiden Arten: I. Acetabnlum und I. olivacea, Etwas an ſich habe, von jener die Größe und Form des Thallus, Größe der Frucht und der Sporen, von dieſer dagegen Thallus⸗ farbe und — Oberflaͤche ſowohl als Beſchaffenheit des Fruchtrandes. Man ft:äubt ſich fie mit I. Acetabulum zu verbinden, manche der Merkmale aber widerſprechen auch gar ſehr ihrer Abkunft von I. olivacea. Und ſo zieht ſich ein verbindender Faden — aͤhnlich dem rothen durch das Tauwerk der engliſchen Marine — nicht allein durch die Imbricariae fuscescentes von I. Acetabulum bis I. dendritica, ſondern ebenſowohl durch die I. ochroleucae wie durch die uͤbrigen Gruppen, die unter ſich, abgeſehen von der Faͤrbung des Thallus, wieder in gleichem Zuſammenhange ftehen. 17* 132 91. 12. I. fahlunensis L. (W. %). — I. (I). tan na Flk. DL. 93. Fk. Cr. 180. Fr. LS. 335. Fw. DL. 110 A. B. Parmelia falilunensis « Schaer. En. 48 n. 31. * platyphylla W. (major Sch.). LH. 373. Breutel Cr. G. 202. Fw. I. c. 110 A. „ leptophylla (tentaculata W. minor Sch.). LH. 374. Fw. I. c. 110 B. Parmelia sciastra Ach. Parm. fahlunensis var. cetrata Hmp. Decad. Lich. 53. Im Rieſengebirge und der Grafſchaft Glatz auf allen höheren Bergen an Steinen und Felſen häufig, — vereinzelt in die Vorberge hinabſteigend. Schneekoppe, um die Teiche, Dreiſteine, große Sturmhaube u. ſ. w. — Mähriſcher Schneeberg. — Am „blauen Stein“ im Klauſengrunde bei Johannisbad lauf Kieſelſchiefer) mit Früchten; auf dem Schrei⸗ berhauer Hochſtein. — Zobtenberg (Körber). 92. 13. I. stygia L. (W. %). — I. (IJ). Fr. LS. 166. Hmp. Decad. Lich. 37. Parm. fahlunensis g stygia Sch. En. 48 n. 31 fl. & I. latior Sch. LH. 255. Fw. DL. 111 A. 2. angustior Sch. Fk. Cr. 107. 3. laniformis Sch. Spic. 467. Fw. DL. 111 B. 8. lanata Meyer Entw. 231. Ludw. Cr. 196. Fr. LS. 307. Sch. LH. 257. Fk. Cr. 481. Fw. DL. 112. An Steinen und Felſen auf allen höheren Bergen und Kämmen des Rieſengebirges und der Sudeten. Von der Schneekoppe bis zum hohen Rade; auf dem Mähriſchen ane, Spiegelberge, Dreieckberge (Glatz), Zobtenberge. 3. Auf Felsblöcken am Fuß der Schneekoppe, dem Koppenplan, im Rieſengrunde x. Mähriſcher Schneeberg, Heuſcheuer am „Großvaterſtuhl“ (Glatz). 93. 14. I. dendritiea Pers. — II. I. III. Sch. En. 48 n. 30. LH. 372. Fw. DL. 109. . Sprengelii Fik.! (polita) — J. c. 109 A. Sch. LH. 372 B Parmelia Sprengelii Flk. Spr. SV. IV. 289 n. 130. Lich. pullus Schreb.? 2. leptophylla — J. c. 109 B. 3. coralloides — J. c. 109 C. g. pulla Ach. (opaca) — J. c. 109 P. Sch. LH. 372 A. Parm. dendritica Fr. LE. 68. 2. soreumatica. 3. mierodactylina. An freiliegenden Felſen in den Vorbergen nicht ſelten, bis auf das Hochgebirge ſteigend. — Auch in der Ebene hie und da. Auf dem Kynaſt, Felswände an der Oſtſeite; Ottilienberge, Feſtungsberge, Paulinum, Cavalierberge, Grunauer Spitzberge bei Hirſchberg; Popelſtein bei Warmbrunn; Ziegenrück bei Steinſeiffen; — auch auf der Schneekoppe. — Bilathal, Kreuzberg, Sattelberg, Dreieckberg, Spitzberg bei Landeck (Glatz); Kreuzberg bei Jauernick (Görlitzz. — Garwen bei Wohlau. Anm. 1. Aus den übereinſtimmenden Synonymen in Fr. LE. und Sch. En. geht hervor, daß beide Autoren eine und dieſelbe Pflanze meinen, — doch hat es den Anſchein, als wären bei Schärer die Grenzen weiter gezogen und unter var. & (pro parte) Formen mit inbegriffen, die Fries noch zu P. olivacea bringt, während Fries nur bin; 8 pulla unter P. dendritica Pers. verſtanden haben mag. 133 Anm. 2. Als P. dendritica var. incusa (W. °%) nahm ich bisher P. elaeina Spr., die nach meiner Deutung von Fr. LS. 68 obs. hieher zu gehören ſchien, en beſſer an ns als an P. obscura ſich anreiht. Vergl. die Folgende. 93 h. 14 b. I. demissa Fw. ad int. ). — II. (II), Parmelia dendritica var. incusa Fw. (W. %) Kbr. Specim. 16 n. 19. P. elaeina Spr.! Hal. edit. 2. p. 529. (EBot. 2158) An Felſen (Granit, Grünſtein, Prophyr). Räuberberg im Sattler, Hertelberg bei Hirſchberg, Prudel— berg bei Stonsdorf, Popelſtein, Kynaſt bei Warmbrunn (Weſenſtein bei Dresden; Kröllwitz bei Halle a. S.). — Durch das Zuſammenfließen mehrerer Exemplare an ſenkrechten Felswänden oft große Strecken bedeckend. Fruktifizirt ſelten. . Anm. 1. Den Sporen zufolge iſt dieſe Flechte kein Abkömmling von Parm. obscura, überhaupt keine Parmelia, ſondern eine Imbricaria, der I. dendritica Pers. zunächſt verwandt. Da ſie für eine ſelbſtſtändige Spezies mir nicht hinreichend entwickelt ſchien, fo reihete ich fie dieſer als var. in- cusa an. 25 Jahre habe ich fie in hieſiger Gegend beobachtet, ohne irgendwo einmal von ihr Uebergänge in eine andere Spezies anzutreffen. Deshalb möge ſie einſtweilen noch getrennt aufge— führt werden, zugleich um ſie der weiteren Aufmerkſamkeit der Lichenologen zu empfehlen. Sie ſteht in der Reihe der braunlaubigen Imbricarien auf derſelben Stufe, die I. Mougeotii Sch. unter den blaßgelben einnimmt. Anm. 2. Parmelia obscura d. adglutinata Sch. En. 37 n. 9, unter welcher Benennung der Verf. mehrere von P. obscura Ehrh. ſtammende Formen, namentlich Lecanora adzlutinata, L. leprae- formis, L. nigricans Flk., nebſt Lich. elaeinus EBot. 2158, den Fries auch daher ableitet (Fr. SV. Sc. p. 105 n. 24), zuſammenfaßt, kann nach Diagnoſ. und Standort nicht auf dieſe Flechte bezogen werden. Sie unterſcheiden ſich durch ſitzende (unten freie, vom thallodiſchen Ge— häuſe bekleidete) Apothecien, welche bei noch ſehr jungen Individuen ſchon die charakteriſtiſchen Sporen der P. obscura, nämlich elliptiſche bis längliche, gezweite, bräunlich-rußfarbene, mit zwei großen Zellenkernen verſehene Sporen, enthalten. * Ochroleucae. 94. 15. I. eaperata (Dill. L.). (W. %). — II. IH. Ludw. Cr. 174. Fr. LS. 293. Sch. LH. 377. Fw. DL. 113 A- D. (A. fertilis, — B. pachyphylla, submonophylla, sterilis, — C. polyphylla tenuior, sterilis, — D. tenuata). An bejahrten Bäumen, an Felfen in den Vorbergen und der Ebene Schlefiens und der Grafſchaft Glatz gemein. Mit Früchten nicht häufig, doch hie und da, z. B. am Gellhornberge, Kynaſt, Kochelfall; Zobtenberge, Cudower Thal, Sattelberg bei Landeck (Glatz). Wohlau. Anm. Zeora lanuginosa (Ach.) Lich. Flor. Siles. I. 2% *) wird von Schärer und Bayrhof— fer als Varietät mit dieſer Art verbunden. In hieſiger Gegend hat es bei aller ſeit Jahren dar— auf verwendeten Aufmerkſamkeit mir noch nicht gelingen wollen, Uebergänge zwiſchen ihnen aufzu— finden, obgleich es nicht ſchwer fällt, ſie nebeneinander wachſend anzutreffen. ) I. thallo membranaceo adpresso orbiculari opaco umbrino-olivaceo, centro sorediis pallidis utplurimum confluentibus 1. in pulverem solutis obtecto, laciniis contiguis convexis strictis digitato-multifidis apice di- latatis saepe incusis; apotheciis minutis adnatis umbrino-fuseis integerrimis. — Asei obovati sporis Snis oblongis simplieibus hyalinis. *) Arbeiten der ſchleſiſchen Geſellſchaft für Be Kultur im J. 1849, S. 120, Separatabdr. S. 46. 134 95. 16. I. eonspersa Ehrh. (W. %). — II. III. Ludw. Cr. 171. Fik. DL. — Rehb. L. 11 A. B. Fk. Cr. 109. Fr. LS. 167. Sch. LH. 379. Fw. DL. 114. 115. Hmp. Decad. Lich. 76. + cc. polita Fr. zen I. platyphylla W. Fw. I. c. 114 A. B. (B. macrocarpa). 2. stenophylla A. — 1. c. 114 C. 3. polyphylla — J. c. 115 D. 4. umbrina — J. c. 115 E. B. coralloidea — J. c. 115 F. An Steinen und Felſen (Schiefer, Grünſtein, Granit, ee und anderen quarzhaltigen Steinen) in der Ebene und in den Vorbergen gemein. Sattler, Paulinum, Ottilienberg, Grunauer Spitzberg, Buſchkäte, Kochelfall; Jauernicker Kreuzberg (Görlitz). Zobtenberg, Fürſtenſtein. — Bilathal bei Landeck (Glatz) u. ſ. w. 9. 17. I. centrifuga L. (W. %). — 1. Fr. LS. 48. Fw. DL. 117. An Felsplatten (Granit) auf dem „Sattel,“ einem ſcharfkantig verſchmälerten, 6 — 800° hohen Fels⸗ rücken zwiſchen beiden Schneegruben im Rieſengebirge. (Auguſt 1828.) 97. 18. I. ineurva Pers. (W. %). — J. Ludw. Cr. 169. Rchb. L. 88. Fr. LS. 260. Fk. Cr. 539. Fw. DL. 118 A. (Parmelia recurva Ach.) g. nigrita Fw. DL. 118 B. (Regensb. Flora 1828, p. 725.) Parm. aquila Mosig! (non Ach.) An Felſen und Steinen (Gneuß, Granit) im Hochgebirge: Sahne end, Dreiſteine, Mittagsſtein, große Sturmhaube, Mädelſteine und längs des Gebirgskammes. — Heuſcheuer an Sandſteinfelſen. (Glatz.) 98. 20. I. ambigua (Wulf.) DC. — 1. II. III. J. diffusa (WC.) Kbr. Specim. 15 n. 18. (W. 97) cc. ochromatica WC. Fr. LS. 295. Fk. Cr. 418. Sch. LH. 375. Fw. DL. 119 A. 8. albescens Whinb. Sch. LH. 376. Fw. DL. 119 B. C. (B. fertilis. C. sterilis, latior.) — J. II. Parm. hyperopta Ach. Syn. 208. An Knieholz, Fichten, Baumleichen und faulen Strünken im Hochgebirge und deſſen Waldungen — beſonders var. & — häufig, — ſeltener an Felſen; in abnehmender Menge in den Vorbergen; vereinzelt an bejahrten Eichen, Kiefern in der Ebene. a. Längs des Gebirgskammes, und hinabſteigend bis Brückeberg, Kynaſt; — auf Kieſelſchiefer am „blauen Stein“ bei Johannisbad in Böhmen, auf der kleinen Mooswieſe am Ruhrenberge und um die Förſterwohnung in Gr.-Aupa. B. Koppenplan, große Sturmhaube, Reifträger; — auf Kieſelſchiefer am „blauen Stein;“ — auf der Heuſcheuer (Glatz); — ſeltener als var. a. 99. 21. I. Mougeotii Schaer. II. Schaer.! En. 46 n. 25. LH. 548. Fw. DL. 116. I. conspersa, steno-microphylla soreumatica Fw. Herb. Regensb. Flora 1828, p. 724. 135 Auf Granit, Urſchiefer, Sandftein in den Vorbergen — nicht häufig, noch ſeltener mit Früchten. — Hertelberg, Ottilienberg, Prudelberg, Buſchkäte bei Lähn; Ober-Berbisdorf; — Langenauer Sandſteinbrüche. — Auch auf Sandſtein in der ſächſiſchen Schweiz mit Früchten. Dr. Klotz in Pirna. Litrinse. 100. 22. I. parietina L. (W. °%). — II. III. (J. cc. platyphylla W. (formae macrophyllae, stellatae). 1. vulgaris Sch. LH. 380. — II. III. Fr. LS. 259. Fk. Cr. 111. Rchb. L. 90 A. Fw. DL. 120 A-C. (A. submonophylla. — B. polyphylla. — C. expallens). 2. aureola Ach. Fr. LS. 296 (Fw. I. c. 120 Bb ihr ſtark angenähert). 3. nodulosa Flk.! (pachyphylla) Fw. I. c. 120 D. E. — II. 4. ulophylla W. (substellata Ach.) Fw. I. c. 121 A. B. Rchb. L. 90 B. Fk. Cr. 518. — Parm. elegans Ludw.! (non Ach.) Cr. 168. 8. microphylla Fw. (stellatae, I. acolytae, I. laciniatae, utplurimum adscendentes), polycarpa Ehrh. Fik. DL. 90. Fr. LS. 106. Fk. Cr. 622. — II. III. Fw. DL. 123 A. B. lobulata Flk. DL. 14. Fr. LS. 325. Fw. Lich. exs. 395. — U. III. . fornicata W. (concolor Hffm. Fr.) Fw. DL. 122. — III. (IJ. „ laciniosa Duf. Sch. LH. 381. — I. II. . eandelaria Ach. Fr. LS. 258. Fk. DL. 171. — III. II. (). Fw. DL. 124 A. Lich. exs. 439 A. ** fulva (Hffm.) Sch. LH. 382. 383. — J. Fw. DL. 124 B. (zu var. polycarpa hinneigend). *** leprosa Fw. Lich. exs. 439 B. — II. Sch. LH. 549 (P. parietina var. lychnea LM 29 Schaer.! Cfr. Sch. Spic. 478. 6. pygmaea Bory. — II. III. I. — * = g y. suberustacea Fr. — III. II. 1. lychnea Ach. Fr. 2. eitrinella Fr. LS. 324. Flk. DL. 108. Rchb. et Sch. 102. Fw. Lich. exs. 396. An Bäumen, Bretterwänden, Steinen, in den Vorbergen und der Ebene überall ſehr gemein. Nur einige Formen ſteigen bis auf's Hochgebirge. 3. An Eichen bei Schwarzbach und Grunau. — % 4. An Linden bei Hirſchberg, Fischbach, Buch⸗ wald; Fürſtenſtein. An Felſen auf dem Kynaſt (in der Nähe des Echofelſens) — Hirtenſteine bei Landeck (Glatz). Pl. An Baumſtämmen und Lattenzäunen gemein, z. B. Cavalierberg, Roſenau bei Hirſchberg, Wer: nersdorf bei Warmbrunn. 82. An Weiden hie und da, in der Ebene häufig. (Die ſteinbewohnende „Lecanora lobulata Fk.“ gehört zu Placod. murorum y. lobulatum [Flk.] Fw. Lich. exs. 404.) 83. An Linden, Weiden ꝛc., beſonders in der Ebene, z. B. auf dem Kirchhofe zu Pitſchen; — auf dem Molkenberge bei Eichberg (Hirſchberg). 84. An Pinus-Stämmen in freier Lage, beſonders im Hochgebirge. 65. Von der Ebene bis zum Hochgebirge an der Schattenſeite der Baumſtämme in freien Lagen oder an Waldſäumen, in lichten Waldungen. Beſonders ſchön im Buchenwäldchen um die Gieſche-Mühle 136 bei Wohlau, an Carpinus; Zobtenberg, an Alleebäumen bei Hirſchberg u. ſ. w. — B5** an Brettern um die Hampelbaude, in Klein-Aupa, im Rieſengrunde u. ſ. w. — 6 5* auf dem 3 an Fichten, Birken, Ahlkirſchen. 66. An Felſen auf Aeckern zwiſchen Audienzberg, Gellhornberg und Paulinum; Cunersdorfer Fiebig (Viehweg), reichlich fruktifizirend; im Sattler bei Hirſchberg — Bora bei Görlitz auf Baſalt. 7 1. Nach geſehenen Flörkeſchen Originalen im Herb. reg. Berolin. iſt dies eine in der Ebene häufig, auch wohl hie und da in den Vorbergen vorkommende, der Teora vitellina Ehrh. ſtark verähn⸗ lichte, von Vielen vielleicht als Bindeglied zwiſchen dieſer und I. parietina angeſehene, kruſtige, körnige Form, aber mit reifloſer Fruchtſcheibe. 22. Parmelia Ach. emend. Körber, Lich. Germ. Specim. p. 16 (excl. P. parietina). Achar. Syn. 195. p. p. Lich. Univ. 89 et 456. p. p. (exel. Imbricaria et Zeorae nonnullae). Parmelia Trib. 2. Physcia Fr. LE. 76. p. p. (excl. Anaptychia). er Schaer. En. 33 (excl. Imbricaria et Zeoras, Placodias nonnullis). 5 Schaer. Spic. Sect. IV. p. 436. p. p. (excl. Imbricaria). 7 C. Cireinaria WC. 478. p. p. 7 Rbh. I. c. 54 p. p. (ut Achar.). 7 (Sect. 2). Link Handb. III. 185. p. p. Hook. Engl. Fl. V. 1. 198. p. p. (p. 201 sd). I DC. Fl. Frang. II. p. 385. § 1 p. p. Hagenia DNtrs. Framm. 180 (excl. H. ciliaris et H. intricata). * Glaucescentes. 101. 3. P. stellaris L. (W. %). — II. III. c. aipolia Ehrh. (platyphylla) WC. * Flk. DL. 135. Fk. Cr. 475. Fr. LS. 307 A. B. (B. angustior). Sch. LH. 350. Fw. DL. 89. B. ambigua Ehrh. (campylophyllina.Wallr. Natgsch.). Sch. LH. 351. Fr. LS. 206 A. Rehb. L. 86 A. Fw. DL. 8SA-D. (B. thallus centro torulosus; — C. polycarpa, thallus abbrevia- tus; — D. major platycarpa prolifera, thallus centro torulosus). | y. adscendens Fr. 1. tubulosa WC. (hispida Fr.). Ludw. Cr. 179. Fik. DL. 73. Fr. LS. 206 B. Rchb. L. 37 et 86 B. Sch. LH. 562. Fw. DL. 90 A. ' 2. fornicata WC. (tenella Scop. Schaer.). Sch. LH. 352. — Fw. DL. 90 B. An Baumrinden, Bretterzäunen, Geſträuchen, überall ſehr gemein. 102. 5. P. eaesia HHH. (W. %). — III. II. I. N Fr. LS. 323. — Sch. LH. 348 (latior, munda, laciniis adpressis). Parm. pulchella Schaer. En. 40 n. 15. — q — — — c. pulchella Wulff. Fik. DL. 71. Fw. DL. 91 A. B. 2. albinea Ach. (alboatra Sch.). 3. atrocinerea Sch. Spic. 438. 4. stenophylla W. Sch. L. 347. 5. stigmatea W. Fw. DL. 91 C. B. adscendens Fr. Fr. LS. 298. Fik. DL. 72 (P. dubia Fik.). 2. semipinnata Hffm. Sch. LH. 349. Fk. Cr. 417. Fw. DL. 91 E. 3. fornicata W. — |. c. 91 D. Vielgeſtaltig; allenthalben an Bretterzäunen, Schindel- und Ziegeldächern, Steinen und Felſen gemein. Wohlau. Hirſchberg: Sattler, Ottilienberg, Grunau, Grunauer Spitzberg, Galgenberg, Popelſtein, Kochel— fall; Rieſengebirgskamm. — Zobtenberg, Jauernicker Kreuzberg (Görlitz). — Grafſchaft Glatz. — œ 2. an Felſen im Rieſengebirge „Moſig.“ — 5 2. beſonders groß ausgebildet auf Leichenſteinen des Kirchhofes in Meffersdorf. | ** Fuscescentes. 103. 7. P. pulverulenta Schreh. (MW. %). — III. II. I. c. allochrosa Ehrh. (platyphylla W.). Ludw. Cr. 173. Flk. DL. 172. Fk. Cr. 110. Fr. LS. 76. Schaer. LH. 376 A. (B.) Fw. DL. 85. 86. 1. polita Fw. I. c. 85 (A. glauca; — D. F. fusca). * phyllophora — 1. c. 86 E. Sch. LH. 356 B. 2. incusa W. I. c. 85 B. C. B. angustata Ach. (platyphylla). 1. phyllophora. — Fk. Cr. 597 (P. venusta, hybrida). 2. museigena Ach. Sch. LH. 486. y. grisea Lam. (tenuata W.) — J. c. 87 A-D (ulophylla A. Hai — B, C. fusca. — D. mesogonimico-placodes W.) — Sch. LH. 487. P. pityrea Ach. Flk. DL. 47. Fr. LS. 105. Rchb. L. 87. 2. muscigena Mosig. o. adscendens Fr. (fornicata W.) — I. c. STE. Fr. LS. 204 (P. farrea Ach.). Ueberall in mannigfachen Formen an Baumſtämmen, Bretterzäunen, alten Kalkmauern gemein, ſeltener an bemooſten Felſen. * c. An Eichen, Linden, Pappeln u. ſ. w. Wohlau. Falkenbenberg (O. S.). Hirſchberg: Paulinum; Wernersdorf bei Warmbrunn. Zobtenberg. f 3. Beſonders an Espen in lichten Wäldern, an Waldſäumen: Wohlau. Falkenberg. Buſchkäte bei Lähn. — 5 1. An Baumrinden im Rieſengebirge „Moſig,“ an Eichen in dem Wäldchen vor Wernersdorf, 7. An Weiden, Linden, Zäunen u. ſ. w. Wohlau. Sandewalde bei Guhrau. Cavalierberg bei Hirſchberg. Die braune Form bei Carlsthal an Baumſtämmen, bei Hirſchberg an alten Kalkmauern. — 7 2. An bemooften Felſen im Rieſengebirge „Moſig.“ o. An alten Weiden: Feigenmund bei Hirſchberg; an Espen, Linden, Cavalierberg. Anm. Parmelia venusta Ach. Synops. 214 nach dem von Garovaglio erhaltenen italieniſchen Exem— plare erſcheint mir fo ausgezeichnet, den nordiſchen Formen fo durchaus unähnlich, daß ich fie für eine eigene Spezies zu halten ſehr geneigt bin. Die Lichenologen des europäiſchen Südens mögen darüber entſcheiden. 18 id 204. P. obscura Ehrh. (W. %). — III. II. I. a. orbicularis Neck. Sch. LH. 354. I. platyphylla W. — II. * polita FW. DL. 92 A; C. (C. cinerascens). ** soreumatica — J. c. 92 B. *** chloantha Ach. Sch. LH. 2. stenophylla W. (cycloselis Ach.). — III. II. I. Sch. LH. 355. Fr. LS. 205. Smf. Cr. N. 68. ** Jithotea Ach. Syn. 217. Sch. LH. 485. Fw. DL. 92 E. — 1. II. * muscicola Sch. 3. leptophylla (adglutinata Fik.!) — III. II. Fw. DL. 92D. 4. lepraeformis Fik. DL. 68. — III. ß. ulothrix (Ach.). — III. II. Flk. DL. 94. Fr. LS. 138. Fk. Cr. 498. Fw. DL. 93. * * melanimon Spr. y. adscendens Fr. — III. II. I. fornicata W. Fw. DL. 94. 2. virella Ach. 3. nigricans Flk. DL. 91. Rchb. L. 84. Fk. Cr. 540. Fw. DL. 95. ö. crustacea Sch. p. p. — III. II. 2. leprosa Sch. En. 38 n. 99. 1 An der Rinde verſchiedener Bäume und Sträucher in Feldern, Gärten, Parkanlagen, an Schindeldä— chern, Bretterzäunen, altem Holze u. ſ. w., ſeltener an Steinen; in der Ebene, den Vorbergen ſehr gemein, — nur in einigen Formen bis auf's Hochgebirge ſich erſtreckend. a*, ** An Espen, Pappeln in freien Lagen, an Landſtraßen, Waldſäumen: Berbisdorfer Chauſſee, Cavalierberg, Sattler bei Hirſchberg. — Grafſchaft Glatz. — Scheint nur am Fuß des Gebirges und in den Vorbergen ſich vollkommen auszubilden; aus der Ebene ſah ich ſie nicht. c 2. An Baumrinden, Bretterzäunen ſehr gemein. Falkenberg (O. S.), Wohlau, Hirſchberg, Stons⸗ dorf. — d 4. An Pappeln bei Fürftenftein, Obſtbäumen bei Oppeln (im Gieſche'ſchen Garten). Wohlau. 5. An Weiden, Pappeln und anderen Feldbäumen gemein. Buſchkäte bei Lähn; im Park in Stons— dorf. Schindeldächer bei Hirſchberg. Wohlau. — 8.“ An Sandſtein bei Grunau, Langenau. 51. Weiden: Roſenau, Papiermühle bei Hirſchberg, Akazien auf dem Cavalierberge, Kapellenberg (Hirſchberg) an Weißdorn. 7 2. Auf Ackerrainen an Ahlkirſchen. 7 3. An Espen, Pappeln; Berbisdorfer Chauſſee. — Wohlau. N d. An Bäumen bei Sprottau (Göppert). 0 2. An alten Weiden hie und da. Anm. 1. Die Formen «1* polita, einerascens, und 5 1 fornicata find den entſprechenden Abänderun⸗ gen von Parm. stellaris gar ſehr verähnlicht. Vergl. Link, Handb. III. 186, wo P. obscura und ſelbſt P. caesia mit P. stellaris verbunden werden. 0 Wer täglich oder doch häufig mit den Lichenen umgeht, läßt ſich durch ſolche Erſcheinungen nicht irren. Anm. 2. Schärer bringt noch (wie ich es früher in Regensb. Flora 1828, p. 729 auch gethan) in En. 38 n. 9 $. Lecanora caesiella Flk. als Varietät zu P. obscura; feine Lecanora atra var. sporadica iſt aber dieſelbe Flechte, nur der Thallus gemiſcht mit niederen Formen von Ephebe Anm. pubescens, die gern zwiſchen die Areolen der Kruſtenflechten und beſonders dieſer L. caesiella ſich einniſten. Es bleibt immer mißlich, Kruſtenflechten mit Entſchiedenheit von höheren Laubflechten abzuleiten, weil direkte Beweiſe ſchwer zu führen und auch für eine ſchärfere Abgränzung der Arten nichts gewonnen wird, zumal niedere Formen benachbarter Arten einander bis zur Ununterſcheidbar— keit ähnlich werden. — In hieſiger Gegend ſchien mir Lecanora caesiella Flk. ein Abkömmling von P. stellaris zu ſein, indem zwiſchen — manchmal auch ſcheinbar aus — den Kruſtenkörnern derſelben äußerſt kleine Laubläppchen, ähnlich den Uranfängen von Parm. stellaris adscendens, hervorwuchſen. — Aus gleichen Gründen — trifftigere boten ſich nicht dar — glaubte ich auf ein ähnliches Verhältniß zwiſchen Zeora confragosa und Parmelia caesia ſchließen zu müſſen. Aber eben dieſe Z. confragosa findet ſich an den Königshayner Bergen bei Görlitz auch mit blaß— gelblichem Thallus — fie der Lecan. thiodes Spr. verähnlichend, vor, zeigt ſomit einen Farben— wechſel, wie er der Stammart nicht eigen iſt. Und wie käme Z. confragosa zu einem doppelten (zeoriniſchen) — alſo zu einem vollkommeneren Gehäuſe als das der angeblichen Stammart? Aus welcher Schicht dieſer vermeinten Stammarten (P. obscura, P. stellaris, P. caesia) ſoll ſich dann der anſehnliche ſchwarze Hypothallus bilden, den Lecanora caesiella und Z. confragosa beſitzen? — Endlich, weil der Sporencharakter, der allerdings Parmelia von Imbricaria ſicher unterſcheidet, für die präſumirten niederen Formen dieſer Parmelien keinen überzeugenden Beweis liefert, indem eine große Menge von Zeoren, Lecanoren, Lecideen, Verrucarien die gleichen gezweiten ruſſig-brau— nen Sporen haben, — und man durch Kultur noch keine Sämlinge aus Parmelien-Sporen zu kruſtigen Formen zu erziehen vermochte, habe ich die frühere Anſicht (Regensb. Flora 1828, p. 728, 29) über die niederen Formen der Parm. obscura auf die unwiderleglichſten Beiſpiele — und die var. crustacea auf ſolche Abänderungen beſchränkt, welche offenbar durch eine rückſchrei— tende Metamorphoſe, hier z. B. aus Lecanora lepraeformis und L. nigricans Fk., entftanden ſind. Wie ſehr ſolche Vorſicht geboten und die Anwendung des Mikroſkops bei den kleinen Liche— nenformen überall anzuempfehlen iſt, beweiſt die gar zu leichte Verwechſelung derſelben unter ſich: fo wurde mir einmal vor Jahren Z. variabilis y. obscura Lich. Fl. Siles. I. %% als Parm. obscura var. erustacea zugefandt. 3. Schlußbemerkung zu Parmelia Ach. Syn. Im Jahre 1827 überreichte ich der ſchleſiſchen Geſellſchaft für vaterländiſche Kultur ein Flech— tenverzeichniß unſerer Provinz, welches nach damaligen Anſichten 455 Arten, 192 Varietäten, 97 Formen, Summa 744 Formen enthielt [dev heutige (März 1851), vorliegend in der Ausführung begriffene Entwurf umfaßt 442 Arten]. Seitdem iſt manches Neue hinzugekommen; die Natur iſt die alte geblieben, aber was hat nicht in der Wiſſenſchaft ſeit jenen 24 Jahren ſich geändert! Und wie wird fie im nächſten Vierteljahrhundert ſich geſtaltet haben? Die Vergleichung beider Verzeichniſſe von 1827 und 1861 ift nicht unintereſſant. 3. B. von Parmelia Ach. (Imbricaria Schrb. et Parmelia Ach. Körber emend.) waren 1827 nach Acharius, Flörke und Moſig bekannt: 38 Arten; Zuwachs bis 1851: 3 Arten (J. centrifuga L. I. demissa Fw. ad int. P. elaeina Spr.J. I. Mougeatii Schaer.). Summa 41 Arten. Abgang: P. conoplea Ach. zu Zeora rubiginosa Thunb. — 1 Art; als Varietäten erkannt, demnach eingezogen 14 Arten! Summa des Abgangs 15 Arten: verbleiben Beſtand 26 Arten (Imbricaria 22. — Parmelia 4). Jene eingezogenen 4 Arten find: A. Imbricaria (Schreb.) Kbr. 1) P. aquila Mosig (non Ach.) — Imbrie. recurva Pers. 5. — 2) P. encausta Ach. = 1. physodes L. 8. — 3) P. hyperopta Ach. — 1. ambigua Wulfl. 8. — 4) P. omphalodes (L.) Ach. = J. saxatilis L. 8. — 5) P. scortea Ach. — J. tiliacca Hffm. & ***. — B. Parmelia (Ach.) Kbr. 6) P. adglutinata Fik. = P. obscura Khrh. &3. — 7) P. aipolia Ehrh. — P. stellaris L. c. 15* 140 8) P. albinea Ach. = P. caesia Hffm. «2. — 9) P. dubia Fk. = P. caesia Hffm. 3. — 10) P. farrea Ach. — P. pulverulenta Schreb. d. — 11) P. muscigena Ach. = P. pul- verulenta Schreb. 5 2. — 12) P. pityrea Ach. = P. pulverulenta Schreb. 5. — 13) P. ulothrix Ach. — P. obscura Ehrh. 8. — 14) P. venusta Mosig (non genuina Achariana) P. pulverulenta Schreb. y2. Von atypiſchen Imbricarien oder Parmelien enthielt jenes Flechtenverzeichniß von 1827 unter Lecanora 5 hiehergehörige nunmehr reduzirte Arten, namentlich 15) 16) 17) Lecanora candelaria Ach., L. lobulata Flk., L. polycarpa Fk., ſämmtlich zu Imbricaria parietina L. gehörig; 18) 19) L. lepraeformis Fik., L. nigricans Flk., jetzt bei Parmelia obscura Ehrh. eingereiht. Demnach ſind 27 vormalige Arten auf 19 Imbricarien, — und 15 dergleichen auf 4 Parmelien reduzirt, woraus ſich ergiebt, daß vorzugsweiſe bei Parmelia die zahlreichſten Reformen ſtattgefun— den haben. Dem Leſer bleibt überlaſſen, die weiteren hier ſich darbietenden Betrachtungen in pflanzengeographiſcher und ſtatiſtiſcher Hinſicht ſelbſt anzuſtellen. 23. Lobaria Hffm. emend. Lobaria Hoffm. Fl. Germ. 146. p. p. Link Handb. III. 178. DC. Fl. Frang. II. 402. p. p. Rbh. II. 1. 65. Bayrh. Taun. 63. Sticta Seet. Pulmonaceae Delise Monogr. Sticta 139. Fries LE. $*** p. 53. Ach. Univ. 449 sq. Syn. 233 sq. Schaer. En. 30. $ 1 p. p. Spic. 480 (Parm.). Kbr. Specim. 7 n. 6 et 7. Ricasolia DNtrs. Framm. |. c. 178. p. p. Parmelia C. Circinaria WC. 505 et 507. Anm. Die Begränzung dieſer von Link wiederhergeſtellten Hoffmannfhen Gattung kann erſt nach gründlichen mikroſkopiſchen Studien feſtgeſtellt werden. Nur aus einer Summe von mikroſkopi⸗ ſchen Beobachtungen an möglichft vielen Exemplaren und Arten kann ſich ergeben, welche Arten ihr angehören müffen. De Notaris gibt ihr den Namen Ricasolia, gründet den Charakter auf ein dickes thallodiſches Gehäuſe, welches eine auf der gonimiſchen Schicht ruhende Keimplatte um— ſchließt, auf zweifächerige Sporen und den Mangel von Cyyphellen auf der Unterſeite des Thallus, jedoch die abweichend gebauten St. pulmonacea und St. scrobiculata ausdrücklich ausſchließend; Link dagegen ſtellt St. pulmonacea allein als Lobaria hin. — De Candolle Fl. Frang. I. e. begreift unter Lobaria: L. scrobiculata, L. pulmonaria, L. glomulifera und L. perlata; Delise J. c. aber unter feiner Abtheilung Pulmonaceae: St. pulmonacea, St. linita, St. scrobiculata und mehrere exotiſche. Nach Montagne Canaries p. 105 entſpringen die Apothecien bei Sticta aus der Markſchicht, die Keimplatte ruht auf dieſer und die Sporen find mehr oder weniger kahnförmig, 4ächerig. Ich kann hinzufügen, daß das Gehäufe allein aus der lockeren zelligen Rindenſchicht des Thallus gebildet iſt, die in demſelben bald aus einer einfachen, bald aus mehrfachen Lagen ſolcher Rinden— zellen beſteht, weshalb es nicht ſelten leicht zerfällt. Dieſe Charakteriſtik iſt indeß nur auf die Unterſuchung einiger erotifchen und der St. fuliginosa gegründet und bleibt für die Lobarien noch zu ergänzen. Sticta hat demnach unter den Laubflechten den einfachſten Gehäufebau; bei Lobaria ſcheint er zuſammengeſetzter zu fein. — Wie Ricasolia DNtrs., beſitzt auch L. pul- monaria zweikernige bis zweikammerige, ovale bis elliptiſche Sporen. 105. I. L. pulmonaria (L.) Hffm. (W. %). — II. III. Hffm. Link DC. Rbh. Bayrh. J. c. Sticta — Fries LS. 77. Flik. DL. 174. Sch. LH. 384 (et 550). Rchb. L. 134. — Parmelia — Ludw. Cr. 176. * coralloides Fw. DL. S4A. ** soreumatica — l. c. 84 B. - In Gebirgswäldern an alten Buchen und Eichen. Carlsthal, keuliger Buchberg, Melzergrund, Kochel— fall; — an Felſen auf dem Kynaſt, Körber. — Zobtenberg. — Hohe Menſe (Glatz). Anm. Die ſchwarzen Früchte der var. pleurocarpa Ach. (Sch. LH. 550) find paraſitiſche Biatoren, von denen bei dieſer Gattung die Rede fein wird. Cfr. Körber Spec. p. 7. 8. 106. 2. L. herbacea Huds. (W. ). — II. Sch. LII. 560 (Parmelia laetevirens Dill. Sch. En. 35). Im Rieſengebirge (2) — Günther Herb. — ſehr ſelten. — Ich habe ſie nicht wieder auffinden können. Tribus 7. Umbilicarieae Fee emend.) (W. %). Fee Essai I. p. LXVIII. Hook. Engl. Fl. V. I. 134; 217. Rbh. II. 1. p. X. 45. Körber Grundr. 197. Bayrh. Taun. 87. Schaer. En. 23. Ord. V (Umbilicarii). Dermatocarpeae Eschw. Syst. Lich. p. 21. p. p. (compr. Peltigera, Endocarpon, Gyrophora). Graphideae Fr. Summ. V. Sc. p. 117. p. p. Lecideae spec. Meyer Entw. 333. Lecideae spec. et Umbilicaria Sch. Spic. Graphis B. Umbilicaria WC. 337 (i. e. Gyrophora et Umbilicaria Fee). - 27. Umbilicaria Hffm. emend. (W. ) Fee Essai I. p. LXX; Hook., Rbh., Krbr., Bayrh. l. c. Lecidea Sect. **** Omphalaria Ach. Meth. 85. Meyer Entw. 333. p. p. Graphis B. Umbilicaria WC. I. c. (excl. Gyrophora Ach.). Umbilicaria Fr. LE. 347 (excl. Gyrophora Fee et Omphalodium). Gyrophora Ach. Univ. 36; 218. Syn. 63 (excl. Gyrophora Fee et Omphalod.). 107. 1. U. pustulata Hfrm. (W. °%). — II. Fr. LS. 125. Rehb. L. 29. Fk. Cr. 96. Sch. LH. 156. Fw. DL. 125. Breutel Cr. G. 201. Hmp. Decad. Lich. n. 23. ) Cfr. Fw. Mikroſkopiſche Flechtenſtudien in Bot. 3. 1850, S. 364. 365, 142 An ſonnigen Felſen auf Aeckern in den Vorbergen der Sudeten gemein. Hirſchberger Thal: auf dem Audienzberge (Carl Krauſe 20. II. 1841), Hertelberg, um Heriſchdorf (Warmbrunn) fruktifizirend. 28. Gyrophora Ach. Meth. Ach. Meth. 100. Ach. Synops. 63 Kc. — excl. Umbilicaria et Omphalodium. Fee, Hook., Rbh., Kbr., Bayrh. II. ce. Umbilicaria DC. Fr. Sch. En. Il. cc. (excl. Umbilicaria Fee et Omphalodium). Gyromiem Whlnb. Lapp. 481 Ke. Graphis WC. 1. c. 108. 1. G. polyphylla L. (W. %). — J. II. c. glabra Ach. Sch. LH. 149. Ludw. Cr. 160. Flik. DL. 67. Fr. LS. 278. Rchb. 128. Fk. Cr. 97. Breut. Cr. G. 114. 8. deusta (L.). Fr. LS. 279. Flk. DL. 86. Sch. LH. 152 (f. floceulosa Wulff). In mehreren Formen an Steinen und Felſen (Gneuß, Granit, Glimmer- und Kieſelſchiefer, Gabbro, Sandſtein) vom Hochgebirge bis in das Thal herab, — hie und da häufig. c. Felstrümmer auf der Schneekoppe und am Fuß derſelben; um die Teiche, Schneegruben, Melzer: grube, am „blauen Stein“ bei Johannisbad; am Kochelfall (mit Früchten); Kynaſt, Prudelberg, Koppenſtein bei Hirſchberg. — Zobtenberg. — Mähriſcher Schneeberg (mit Früchten). — Dreieckberg bei Landeck, Heu⸗ ſcheuer (Glatz). 5 B. Wie die vorige, am Fuß der Schneekoppe; weiße Wieſe, am kleinen Teich, Schneegrubenränder, Agnetendorfer Schneegrube, Schlingelbaude, Melzergrund, Kochelfall, Kynaſt, Prudelberg, Popelſtein; Pau: linum, am Fuß des Kreuzberges bei Hirſchberg. — Spiegelberg, Heuſcheuer (Glatz). 109. 2. G. hyperborea Ach. M. ). — 1. Fr. LS. 126. Fk. Cr. 98. 99. Breutel Cr. G. 111. Hmp. Decad. Lich. 61. + Sch. LH. 150. 151 (U. polyphylla y. Sch. En. 29). An Steinen und Felſen im Hochgebirge. — Schneekoppe, Rieſengebirgskamm, in den Schneegruben und anderwärts. 2 110. 3. G. erosa Web. M. %). — l. Fr. LS. 127. Rech. L. 129. Sch. LH. 153. Hmp. Decad. Lich. n. 7. An Felſen im Hochgebirge — ſelten. — Schneekoppe, am großen Teich, Frieſenſteine. — Mährifcher Schneeberg. 111. 4. G. prohoseidea L. M. . — I. II. Fik. DL 7. Fr. LS. 128. Fk. Cr. 100. Sch. LH. 148 (U. polymorpha gl. deusta L. teste Borr.)). — U. corrugata Schrad. Hffm. An Felſen im Hochgebirge; großer Teich. — Mähriſcher Schneeberg, Heuſcheuer (Glatz), im Gläser Sandſteingebirge in die Vorberge herabſteigend). 112. 6. G. eylindriea L. Fr. M. ). — 1. Fr. LS. 315. Fk. Cr. 440. Breut. Cr. G. 113. Hmp. Decad. L. n. 8. Fw. DL. 127 A-C. (A. platiloba. — B. fimbriata. — C. mesenteriformis Wulff.) U. polymorpha c. cylindrica Sch. En. 26 n. 4.) 143 I. erinita Lghtf. Hffm. (monophylla). Sch. LH. 143 (U. polymorpha «1 crinita Sch.). . denticulata Ach. Meth. — Sch. LH. 144. . nudiuscula Sch. LH. 145 (Lich. proboscideus L.! fide Schaer.). . fimbriata Hffm. (polyphylla). Sch. LH. 146. . mesenteriformis Wulff. (polyphylla, nudiuscula) Sch. LH. 147. An Steinen und Felfen, am reichlichſten über unſer Hochgebirge und deſſen Thäler verbreitet. — Schneekoppe, Koppenkamm, kleiner Teich, Melzergrund, Rieſengrund u. ſ. w. — Mähriſcher Schneeberg. 113. 7. G. vellea L. Fr. (W. %). — l. c. spadochroa Fr. LS. 130. Ludw.! Cr. 161. g. depressa Sch. LH. 137 — 142. Breut. Cr. G. 115A. Fw. DL. 128. c. Im Rieſengebirge am Mittagftein, Reifträger; — am großen Teich (Göppert). 8. An den Teichen, in den Schneegruben, vorzugsweiſe häufig im Ziegenwaſſer (dem Abfluß des kleinen Teiches) an Steinen im Bachbette, reichlich fruktifizirend. 114. 8. G. hirsuta Ach. « (W. %). — II. Ludw. Cr. 162. — Rehb. L. 3. Fr. LS. 131. Fk. Cr. 643. Breut. Cr. G. 115 B. Fw. DL. 129. c murina Ach. Fr. LS. 132. 8. melanotricha (spadochroa) Fw. Fr. LS. 277. An ſonnigen Felſen und Felsblöden in den Vorbergen. Hirſchberger Thal: Opitzberg, Schwarzbach, Prudelberg, Popelſtein. Königshayner Hochſtein bei Görlitz. 8. Kynaſt, Prudelberg, Königshayner Hochſtein. = 2 4. Sektion für die allgemeine Erdkunde. Wegen Erkrankung des Herrn Sekretär Profeſſor Dr. v. Boguslawski wird der diesfallſige nähere Bericht dem nächſten Jahrgange beigegeben werden. —— 0 ᷓ — ion . — e ne ae 225 . n * * 8 8 2 Ye . e * AM 7 N ; * ur BR * * R ST Bet * rn 1 —— — De 4 K * . ei g ’ # 17% 2 ee E EL: 0 7 > ‚ i f x * S? eee re 12 8 * Sr 7 2 ar: 7 * * n Sch ap 1 ar PETE . . T hinter ur l ae 5; pr. ee 1 dur 8 ö 1 at n * Mie e pe u r er ae Gran Dr en * me N r- 8 85 bee ale e. . e af: * . eee r Pe aa. e fa A 25 Id i eee N ea En . S ARE. DAye; N? * 0 ee bes cd Bi — ö — a nit 3 a 1 en rn e 71 wur ee N 1 AB N eee e ee eee RT SER * re Sa. v6 A * zer 6 Zu. Keine. N 145 B. Angewandte Naturwiſſenſchaften. 5. Bericht über die Verhandlungen der medizinifchen Sektion im Jahre 1850, von Dr. Krocker jun., zeitigem Sekretaͤr derſelben. Sitzung vom 4. Januar 1850. Herr Dr. Günsburg: Ueber die Behandlung der Lungentuberkuloſe. Die erſte Frage des Therapeuten in der Tuberkuloſe der Lungen iſt die Heilbarkeit überhaupt. Welche Krankheit wäre ſo verrufen als unheilbar, wie ſie? Dieſe durch ärztliche Verzweifelung eben ſo ſehr als durch das Gebundenſein der Krankheit an hereditäre Bedingungen veranlaßte Meinung muß von vornherein negirt werden. Um die Frage der Heilbarkeit zu erörtern, ſind nicht blos alle jene Fälle zu ſummiren, in welchen die Tuberkuloſe der Lungen in Behandlung kam, und in Geneſung oder Tod ausging. Sie wird nur gelöſt, indem man aus den Sektionsergebniſſen überhaupt das Vorkommen der Lungentuberkeln feſtſtellt und ihren Einfluß auf Lebensfähigkeit, Lebensdauer, Todesurſache in Zahlen feſtſetzt. Die Heilung der Krankheit erfolgt in verſchiedenen Entwickelungsepochen. Nach den Reſultaten der pathologiſchen Anatomie iſt es die Einkapſelung und Obſolescenz des rohen Tuberkels oder die Verirdung, welche die tuberkulöſe Infiltration der Lungen in verſchiedener Ausdehnung begrenzen. Beide Ausgangsfor— men kommen oft gleichzeitig vor. Keine von ihnen ſchließt die Regeneration der Tuberkuloſe in einem ſpä— teren Lebensalter aus; es iſt aus dieſem Grunde die Siſtirung der Lungentuberkuloſe durch Obſolescenz der einzelnen Produkte als ſtationärer Krankheitszuſtand angeſehen worden. Die Obſolescenz des Tuberkels durch Einkapſelung mit verdichtetem Gewebe neugebildeter Bindefaſern iſt mit Pigmentablagerung im Umfang der früher hyperämiſchen Gefäßausbreitung verbunden. Seltener als in dem genannten glücklichen Ausgange der tuberkuloſen Infiltration der Lungen, erfolgt eine Wiederherſtellung in der Kontinuität des Lungengewebes nach ſeiner Zerſtörung durch erweichten Tu— berkel. Die kleinen Höhlen von begrenztem Umfange werden bei Verödung der zuführenden Bronchialäſte häufig 19 zuſammengelöthet oder treten felbft offenftehend außer Beziehung zu der zerſtörenden Sekretionsfähigkeit, einge⸗ ſchloſſen von einem der weiteren Ernährung unfähigen Gewebe. Die Verſchließung ſelbſt ſehr umfänglicher Höhlen gehört nicht zu den Seltenheiten. Die Anbahnung dieſer Heilung, unterbrochen durch einen Nach: ſchub ſpäterer Tuberkelzeugung wird noch häufiger angetroffen. Für ſpäter behalten wir die Angabe ftati- ſtiſcher Verhältniſſe hierüber vor. r So lange die Therapie die Gebilde des pathologiſchen Lebens in ihrer ſtarren, vollendeten Geſtalt vor ſich ſieht und mit verwegenem Gedankenſprunge daran denkt, auf direktem Wege ſolche Ergebniſſe zu erzie⸗ len, wird ſie nichts beſſeres thun, als jene Alchymiſten, die den homunculus aus den Elementen wollten erſtehen laſſen. Im Gefühle der Ohnmacht verſinkt ſie in ein unpraktiſches, nutzloſes Anſtaunen der Natur⸗ heilkraft. Es iſt die Pflicht des Therapeuten, und dieſelben find ſich deren in der Neuzeit bewußt gewor⸗ den, die genetiſche Reihe der pathologiſchen Entwickelung zu verfolgen. Soviel Materialismus deshalb auch den neueren Beſtrebungen der Pathologie vorgeworfen iſt, ſie ſind damit der Erkenntniß der Heilbarkeit näher gerückt. Die erſte Entwickelung der Tuberkuloſe erfolgt unter Einwirkung einer periodiſch wiederkehrenden, ge— ſteigerten Erregung der vaſomotoriſchen Nerven und der Endausbreitungen des Vagus. Die örtlich begrenzte Hyperämie einzelner Lungenabſchnitte iſt ſchon einer der erſten Folgezuſtände, noch mehr die bald ſichtbaren, veränderten Ernährungsverhältniſſe anderer Gewebe des Körpers. Warum dieſe Erſcheinung abnormer Inner— vationen auftrete, ob die Erregung der vaſomotoriſchen Nerven die primäre ſei, oder jene des Vagus iſt unermittelt. Die Urſache iſt wahrſcheinlich in der qualitativen Veränderung des allgemeinen Plasma, des Blutes, zu ſuchen. Die ärmliche Auskunft, welche die pathologiſche Chemie in der Faſerſtoffzunahme wäh— rend der Tuberkuloſe uns darbietet, berechtigt noch zu keinem bindenden Schluß. Die Erblichkeit der Krank— heit ſpricht ebenfalls dafür, in der Blutbereitung den Ausgangspunkt derſelben zu ſuchen. In der Erb— lichkeit eines Geſtaltstypus der Lungen die Gründe der generiſchen Fortpflanzung dieſer Krankheit zu ſuchen, verbietet die unumſtößliche Erfahrung, daß die Lungentuberkuloſe an keine individuelle Konfiguration des Körpers gebunden iſt. Es bleibt alſo nichts übrig, als bei den erſten Kennzeichen der beginnenden Tuberkuloſe der Lungen die Lebensvorgänge zu beſchränken, unter welchen die Fortentwickelung des Produktes erfolgt. Dieſe Erkenntniß vorausgeſetzt, ſind es die übermäßige Erregung des Gefäßnervenſyſtems, die daraus hervorgehenden Katarrhe der Bronchialausbreitungen, die periodiſchen Hyperämien einzelner Lungentheile, welchen der Therapeut entgegentreten muß. Der Werth der allgemeinen Blutentziehungen zur Erfüllung dieſer Anzeigen, iſt ſehr ver— ſchieden angeſchlagen worden. Sie find von Brouſſais an bis zu unſerer Zeit vielfach angerühmt. Die Wirkung des Aderlaſſes auf das Gefäßnervenſyſtem der Tuberkulöſen iſt ſehr verſchieden. Bei einigen iſt die Innervation durch die Blutenziehung für längere Zeit vermindert, bei anderen wird die Erregung noch er— höht und die tuberkuloſe Infiltration erfolgt ſchneller. Oertlich begrenzte Hyperämien der Lungen werden durch noch ſo profuſe Blutentziehungen nicht beherrſcht. Es iſt der Glaube an das Gegentheil ein ererb— ter Irrthum in der Therapie, der durch ein theoretiſches Subtraktionsexempel geſetzt, in der pathologiſchen Er— fahrung keine Thatſachen für ſich hat. Der hämatoſtatiſche Werth der Blutentziehungen iſt noch viel zu wenig durchforſcht, und es lohnt ſich wahrlich der Mühe, durch Experimente an größeren Thieren Aufſchluß über die Veränderungen der Blutvertheilung zu ſuchen, welche durch den Aderlaß bewirkt werden. Die Abſcheidbarkeit des Faſerſtoffes, die dadurch bedingte Fähigkeit der Organiſation von Exſudaten wird bei Tuberkuloſen durch wiederholte Blutentziehungen nicht vermindert. Die Verſuche von Andral, Zimmer: mann, Popp beweiſen dies ebenſoſehr, als die fruchtloſe Praxis nicht längſt vergangener Dezennien, die der Lanzette hold, durch ſie gleichwohl keine günſtigeren Geſammtreſultate bei Behandlung der Tuberkulöſen erzielt haben, als die Gegenwart. 147 Ohne Nachtheil war die allgemeine Blutentziehung bei Beginn der erworbenen Lungentuberkuloſe, wenn die Körpermaſſe nicht ſchon großen Verluſt erlitten hatte, oder nicht ſchon Exſudationen auf der Pleura, dem Peri⸗ oder Endokardium vorausgegangen waren. Nachtheilig war der Aderlaß bei erblicher Dispoſi— tion und zwar gerade darum, weil in dieſen Fällen eine primäre pathologiſche Blutbeſchaffenheit nothwendi— ger Weiſe eine mangelhafte Ernährung des Körpers bedingt. Gleich nachtheilig iſt der Aderlaß, wenn die Entwickelung des Lungentuberkels wiederholt mit umſchriebener Gefäßzerreißung unter Haemoptoò erfolgte. Die Theorie von der Herſtellung des Gleichgewichts der Blutſtrömungen, der Ableitung von dem kongeſtio— nirten Punkte, mit denen der therapeutiſche Vampyrismus ſich ſelbſt getäuſcht hat, erleiden nirgends eine traut rigere Widerlegung, als in der Haemoptoe der Tuberkulöſen. Der Aderlaß iſt in der Abart der Tuberkuloſe, die unter begrenzten Apoplexien des Lungengewebes ſich bildet, vollkommen verwerflich. Der Blutverluſt wird durch ihn nicht aufgehoben, die Ablagerung des Tuberkels vielmehr beſchleunigt. Wir find in der Hoſpital— praxis bei dieſer Form völlig von der Anwendung des Aderlaſſes zurückgekommen. Er iſt gegen den ſoge⸗ nannten hämorrhagiſchen Tuberkel nur alsdann zu entſchuldigen, wenn mit ihm die Infiltration eines grö— ßeren Abſchnitts der Lunge durch phyſikaliſche Zeichen kenntlich iſt. Wie prekär auch gegen die Exſusdatio— nen in größere Abſchnitte der Lungen der Aderlaß ſein müſſe, iſt hier nicht der Ort, uns im Einzelnen aus— zulaſſen. — Weit weniger zweifelhaft iſt der Nutzen derjenigen Mittel, welche nach dem pathologi— ſchen Experiment die Erregung des Gefäßnervenſyſtems mindern. Es ſind dies diejenigen Narcotica, die in torifher Anwendung das vaſomotoriſche Nervenſyſtem lähmen. Die wichtigſte Stelle nimmt hierin die Digitalis ein. In dem Hoſpital ſind durch unſern hochgeehrten Chef, Hrn. Geh. Rath Ebers, von die— fen Mitteln Präparate der Digitalis, des Conium, der Blauſäure und des Crocus zur Erfüllung der mehr: fach gedachten Anzeigen in Anwendung gebracht worden. Die numeriſche Anzahl der Erfahrungen gibt nach der ſorgfältigſten Prüfung den Ausſchlag zu Gunſten des Alkaloids der Digitalis. Die Blauſäure nach der offizinellen Bereitungsweiſe, und ihre Präparate, bewirken die Verminderung der übermäßig thätigen Propulſivkraft des Herzens, der pathologiſchen Sekretion der Bronchialſchleimhaut nur alsdann, wenn die Individuen ſchon den ſpäteren Lebensaltern angehören, wenn dies ſtete Gefolge der Tuberkelinfiltration nur in länger auseinander liegenden Epochen auftritt. Die Präparate des Crocus, das in unſerem Hoſpital vorzugsweiſe angewandte Extr. Croc. aquos. (zu 1, — ½% Gr.) 4 Mal täglich, bringt nur eine Beſchränkung der Bronchialſekretion hervor. Dieſe Angaben ſind inſofern zu reinen Thatſachen her— ausgekehrt worden, als die genannten Mittel bei einer Reihe Tuberkulöſer unvermengt mit anderen Medika— menten gereicht wurden. Natürlich war ihr Gebrauch in vielen Fällen fruchtlos, die unverweilt zu akuter Infiltration oder zur Erweichung fortſchritten. Die Nützlichkeit der Erfolge wurde mit dem ven Rückhalt aus der durchſchnittlichen Mehrzahl der günſtigen Erfolge gefolgert. Eine umfaſſendere Anwendung verdient in der erſten Entwickelung der Tuberkuloſe das Digitalin. Wenn wir in früheren Jahren dem vielfach bewährten Rufe der Digitalis aus Erfahrung beiſtimmen muß- ten, ſo gehörten zu den nach individueller Verſchiedenheit in verſchiedener Geſchwindigkeit auftretenden ſtören— den Nebenwirkungen 1) die Reizung der Nerven der Magenſchleimhaut; 2) die mit der Verminderung der vaſomotoriſchen Energie verbundene Wirkung auf das Gehirn; 3) die häufig bis zur Hämaturie geſteigerte Reizung der Gefäßnerven der Nieren. Der erſten und letzten iſt man bei Verordnung des Digitalins nicht ausgeſetzt, die Wirkung auf die Sinnesnerven und das Gehirn kann man bei Anwendung des Alkaloids verhüten, weil ſie erſt lange Zeit nach Gebrauch des Digitalins hervortritt. Die Auffindung des Präparats von Honolle und Queſenne hatte die fruchtbaren, experimentellen Arbeiten von Sandras und Bon— chardat zur Folge. Die Intenſität der toxiſchen Wirkung macht es nothwendig, mit einer ſehr geringen Doſis vorzugehen. — Deshalb iſt es auch erforderlich, diejenige Darreichungsweiſe zu wählen, in welcher eine derartige Graduirung des Mittels allein möglich iſt. (Die Form Mialhe's, Alkaloide mit Zucker und 19 * 148 Tragantſchleim zur Pille zu machen, iſt die zuverläßigſte. / Gr. pro dos. iſt beim Anfang 4 — 5 Mal täglich, mithin 12 Gr. p. d., %o Gr. p. die 4 —5 Mal täglich, alſo 8 % Gr. die höchſte Doſi 8. So wurde von einem jährigen Kranken vom 17. bis 27. Auguſt vorigen Jahres 1,5 Gr. gebraucht, alfo etwa ½ Gr. täglich; dabei wurde die Pulsfrequenz von 84 auf 48 herabgeſetzt. Die Abſonderung der Bronchialſchleimhaut wird vermindert; mit der Regulirung der Funktionen des Vagus tritt auch die Reflexreizung der Athmungsnerven ſeltener hervor; fie kehren zu ihrem normalen Ryth⸗ mus und Frequenz zurück, die angeſtrengten Erſpirationen werden ſeltener. Die Anwendung des Digitalins wurde in gedachter Art mehrere Monate fortgeſetzt. a. dr Es verſteht ſich von felbft, daß die allgemeinen hygieniſchen Bedingungen: Ruhe, reſpiratoriſche Uebung, reizloſe Diät gleichzeitig erfüllt wurden. Daß aber nicht dieſen allein die günſtige Wirkung, angerechnet werden konnte, welche ſoeben dem Heilmittel zugeſchrieben worden iſt, ging daraus hervor, daß bei glei— chen hygieniſchen Verhältniſſen und gleichem Grade der Krankheit der gedachte Erfolg nicht erzielt wurde. Von den anderen, zur Erfüllung der vorſchwebenden Heilanzeigen angewandten Verfahrungsweiſen ge⸗ denke ich: 5 1) des Konins: So wirkſam das Mittel bei Paräſtheſien, Hyperämien, bei Ueberreizungen einzelner Schleimhautabſchnitte ſein möge, gegen die Tuberkuloſe der Lungen, hat es in den vielfachſten Verſuchen gar nichts geleiſtet. 2) Die Präparate des Opiums, von denen namentlich Morphium und Codein in Anwendung gekom⸗ men ſind, haben nachtheiligen Einfluß gehabt. Sie ſind im Stande, die Erregung des Vagus in gleichem Grade wie die Energie der Nervencentra zu beherrſchen. Das auf ihren Gebrauch folgende Gefäßfieber, die dadurch vermehrten und geſteigerten Huſtenanfälle laſſen die erzwungene und nur kurze Ruhe als eine illuſoriſche Hülfe erkennen. 3) Die Belladonna und ihr ſo furchtbares Alkaloid, das Atropin, ſind ebenſowenig wie das Hyoscyamin mit experimenteller Schärfe gegen die konkomitirenden Vorgänge der erſten Tuberkelentwicke⸗ lung verſucht worden. Ueber das Atropin habe ich in Gemeinſchaft mit dem Herrn Kollegen Langner vor zwei Jahren eine Reihe von Verſuchen begonnen, deren Ergebniß vor Allem die Intenſität der paralyſi⸗ renden Wirkung dieſes Mittels auf die Gefäßnerven herauskehrt. Es iſt dieſem höchſt beachtenswerthen Mittel der Eintritt in die Reihe gebräuchlicher Heilmittel ſchon deshalb zu wünſchen, weil durch die immer ausgedehntere Anwendung der Alkaloide, als der einzigen Präparate von einer gewiſſen Stetigkeit und Uebereinſtimmung, überhaupt immer mehr eine zuverläßige Statiſtik der Heilergebniſſe möglich wird. Doch darf man nicht vergeſſen, daß ſchon ½ Gr. größere Nagethiere tödtet. In den von Langner und mir angeſtellten Verſuchen an uns ſelbſt haben wir mit Yon Gr. agirt. So klein wie die Doſis, ſo zuverläßig muß auch die Darreichungsweiſe der einzelnen Gaben ſein. 4) Vollkommen fruchtlos waren die Verſuche, die wir nach den Empfehlungen von Chomel und Lugol mit endermatiſcher Anwendung des Jods gemacht haben. Die Geſchichtchen von der Reſorption der Lungentuberkeln find überhaupt für eine Gläubigkeit eingerichtet, die blind jeder eigenen pathologiſchen For⸗ ſchung entſagt. Durch die Einreibungen von Jodtinktur, Jodkaliumſalbe wurde das Wachsthum We in den Lungen nicht im entfernteſten aufgehalten. Nicht beſſer hat ſich die von verſchiedenen Aerzten wiederholt gerühmte Kraft der Chinapräparate zur Siſtirung der Tuberkuloſe bewährt. Die uns unbekannte Einwirkung der China auf das Nervenſyſtem iſt nicht der Art, daß ſie die pathologiſche, periodiſch wiederkehrende Erregung der Gefäßnerven aufhöbe. Die Tuberkuloſe der Lungen erlitt durch den Chinagebrauch nicht nur keine Zögerung, ſondern ſchritt in den Fällen von Kombination derſelben mit Intermittensformen nach Beſeitigung der letzteren durch Chinin nur um ſo ſchneller fort. 149 Mit der Wirkſamkeit des Chinin's zur Verhütung der Weiterent wickelung des Lungentuberkels iſt es nicht viel beſſer, als mit dem Ausſchließungsverhältniſſe der Intermittens gegen Tuberkuloſe. Vor Allem iſt es gerade unſere Provinz, in der dieſe urſprünglich von Boudin ausgeſprochene und von Vielen mit Anpreiſungen wiederholte Behauptung ihre Widerlegung findet. 5) Die Eiſenpräparate, denen von jeher ein ſo gewichtiger Antheil an der Wirkſamkeit der gegen die Tuberkuloſe angewandten Mineralquellen zugeſchrieben wurde, gaben den beharrlich wiederholten Verſuchen in der Hoſpitalpraxis nicht den Erfolg einer Rückbildung oder Siſtirung. Das milchſaure, kohlenſaure Eiſen und das Eiſenjodid wurden in ſteigenden Gaben verordnet. Negative Ergebniſſe ſolcher Heilverſuche bewei— ſen den Ungrund vieler überkommener Anpreiſungen, und ſprechen dafür, daß der günſtige Erfolg vieler Mine— nalkuren auf andern Urſachen beruhen müſſe. Eine fernere Erfahrung der Pathologie gibt endlich die Heilanzeige, bei beginnender Lungentuberkuloſe die Sekretion der Darmſchleimhaut künſtlich zu erhöhen. Die Reichertſche Lehre von der Kontinuität der Gewebe, die jener Forſcher aus der Entwickelungsgeſchichte zunächſt für das fibröſe Gewebe beleuchtet hat, gibt die Veranlaſſung, auch die pathologiſchen Beziehungen kontinuirlicher Gewebe zu ergründen. Von ſolchen Studien kann eine rationelle derivatoriſche Heilmethode ausgehen. Die pathologiſche Anatomie bietet die wichtige Thatſache dar, daß diejenigen Tuberkulöſen das höchſte Alter erreichen, d. h. alſo mit anderen Wor— ten, daß die Siſtirung der Lungentuberkuloſe in den Fällen am vollſtändigſten Statt hat, in welchen gleich— zeitig mit dem Lungenleiden ein oder wenige tuberkulöſe Darmgeſchwüre vorhanden waren. Am Kranken— bette beſtätigt ſich dieſe Erfahrung dadurch, daß mit Eintritt der Durchfälle die Sekretion des Auswurfs abnimmt, gleichviel, ob die Durchfälle von Hyperämie des Darms mit übermäßiger Epithelialablöſung, oder von Erweichung des Darmtuberkels herrühren. Der langſame Verlauf der Lungentuberkuloſe bei vorhan— dener Maſtdarmfiſtel iſt ebenfalls feit langer Zeit gefunden und vielfach beſtätigt worden. Aus dieſen Grün— den iſt es einleuchtend, daß mit Ausſchluß jener Fälle, in welchen nicht ausgedehnte Darmtuberkuloſe wahr— ſcheinlich iſt, eine geſteigerte Abſonderung der Darmſchleimhaut der Abſetzung des Lungentuberkels Einhalt thun wird. Jedenfalls iſt dieſer Antagonismus weit förderlicher, als das durch Gewohnheit ſanktionirte Verfahren, Exutorien in dem fibröſen Gewebe der Haut zu ſchaffen. Weder Fieber noch abnorme Abſon— derung der Bronchialdrüſen der Tuberkulöſen weichen den großen Eiterflächen der Haut und der ſubkutanen Fettfaſerſchicht. Iſt es gelungen die Ausbreitung der Lungentuberkuloſe zeitweilig zu verhindern, dann kommen aller— dings die wichtigen Forderungen der Hygiene, die leichter ausgeſprochen als erfüllt ſind. Es iſt dann Pflicht des Arztes, den Gefährdeten die Perſpektive ihrer Zukunft vorzuhalten, durch diä— tetiſchen Rath, durch Anempfehlung einer veränderten Beſchäftigung der Fortentwickelung des Uebels entge— genzuwirken. Wie fruchtlos in der Mehrzahl der Fälle ſolcher Rath ſei, wie unausführbar den faktiſchen Verhältniſſen des bürgerlichen Lebens gegenüber, dürfte Niemandem entgehen, der nur einigermaßen die ver— ſchiedenen Volksſchichten kennen gelernt hat. Wo nicht das Lebensalter, die Gewohnheit und die Ungefü— gigkeit der intellektuellen Eigenſchaften von einem Berufswechſel abhalten, da verbietet es vor Allem die Armuth, das Bedürfniß des täglichen Broterwerbs. Wenn man daher der Heilung der Lungentuberkeln in einem konkreten Falle Vorſchub leiſten will, ſo begebe man ſich zuerſt der ſchönen Redensarten, die in dem Kapitel von der Prophylaxis in jedem Handbuche einzuſehen ſind. Viel nützlicher iſt ein Studium über die Schädlichkeiten der verſchiedenſten Gewerbe, in welchem die franzöſiſchen Akademiker, ihres praktiſchen End— zwecks bewußt, täglich vorwärts ſchreiten. Mit ſolchen Vorbegriffen ausgerüſtet, kann ſich der Arzt in den Grenzen des wirklich Möglichen und Ausführbaren bewegen. Herr Regimentsarzt Dr. Bayer theilte die Krankengeſchichte eines Mädchens mit, welches an Epi— lepſie und Delirium maniacum gelitten hatte, fo wie der Sekretär der Sektion einige aus franzöſiſchen 150 Journalen gezogene Notizen über die in Paris 1849 berefehende Gheleta⸗Ertdemie und die Refultate der dabei angewendeten Kurmethoden. Sitzung vom 1. Februar 1850. Her Dr. Seidel: Ueber die Wickung der Arzurimittel; befonders der Mincrelguellen. Nachdem Derſelde hervorgehoben hatte, wie wenig die Begriffe: Nahrungsmittel, Heilmittel, Arznei mittel und Gift einer ſcharfen gegenſeitigen Abgrenzung fähig feien, warf er die Frage auf: ob es ein Arz⸗ neibedürfniß gäbe? Es giebt bei Menſchen und höheren Thieren einen eingeborenen Heiltrieb. Thiere trin⸗ ken fehr eifrig manche Mineralguellen, lecken Steinſalz, ſuchen Rinden und Kräuter, welche fie, wenn geſund, verſchmãhen. Hierauf gründet ſich der Anfang der Heilkunde. Je civiliſirter aber der Menſch wird, deſto⸗ mehr fehen wir das, was dem einfachen Naturmenſchen Heilmittel wat, zum Gewürz oder anderweitigen Sinnesreize hetabſinken, und damit das Bedürfniß nach mehr differenten —— in krankhaften Zu⸗ ſtänden, mithin das künſtliche Arzneibedürfniß, erwachen, welches freilich einer weiteren Steigerung durch Miß⸗ brauch beſtimmter Atzneien oder Heilmethoden, z. B. der antiphlogiſtiſchen oder antigaſtriſchen, fähig if. Hier hat die Homöopathie den Nutzen, daß fie die Empfänglichkeit für gewöhnliche Arzneien wieder her⸗ vorruft. Die Frage nach der Wirkungsart der Arzneien ift unzertrennlich von der nach der Wirkungsart äuße⸗ rer Einfluſſe überhaupt und von der der Gifte und Nahrungsmittel in's Beſondere. Es iſt Myſticismus, den Arzneien an ſich eine deſondere Wirkungsweiſe zuzuſchreiben, und unbekannte oder unerforſchte Stoffe mit unbekannten Kräften auf unbekannte Weiſe als heilbringende Potenzen einwirken zu laſſen. Das Fatit iſt dann wieder eine unbekannte Größe. Die ſogenannte Wirkung der Arzneien iſt offenbar nichts Einfa⸗ ches, ſondern ein Produkt, entſtanden aus dem Konflikt eines in den Körper gebrachten fremden Stoffes mit der organiſchen Thätigkeit des Organismus. Es darf nicht geleugnet werden, daß viele Arzneien nach ihrer Ingeſtion mehr chemiſch als auf orga⸗ niſche Weiſe wirken, z. B. die Alkalien und Säuren. Giebt man bei freiem oder kohlenſaurem Ammonium im Magen ſogleich Hydrochlorſaure nach, fo bildet ſich gewiß Salmiak, aber es bleibt nicht bei dieſer pti⸗ mären Wirkung, ſondern es manifeftirt ſich nun die chemiſch vitale Wirkung des letzteren Salzes. Aber eine vitale Thätigkeit zeigt ſich in der im Organismus gegen die Geſetze der unorganiſchen Chemie erfolgenden Umwandlung der pflanzenſauren Salze in Carbonate. Der thieriſche Organismus ſteht mit der Außenwelt in beftändiger, wenn gleich nach Alter, Indivi⸗ dualitãt ꝛc. verſchiedener Wechſelwirkung, und hierauf gründet ſich im Allgemeinen die Wirkungsart der Arz⸗ neien. Ihre Einwirkung beruht gewiß auf ihren phyſikaliſch⸗ chemiſchen Eigenſchaften. Die Alkalien wir⸗ ken gewiß Säure vernichtend, oder, fo wie ihre Salze, eiweißſtofflöſend, die Säuren ſäurend, d. h. Sauer⸗ ſtoff abgebend, die adſtringirenden Mittel Eiweißſtoff fällend; da aber keins derſelben einfach einwirkt, ſondern 3 B. der Galvanismus auch Licht, Wärme und chemiſche Aktion hervorruft, die Wärme zwar erpandirend, auch chemiſch auflöfend ſich erweiſt, da die Mannigfaltigkeit des Einfluſſes beſonders denjenigen chemi⸗ ſchen Stoffen eigen iſt, die als wichtige Arzneimittel bekannt find, und da fie alle im Organismus ein fo meltes Feld finden, gegen deſſen mannigfache Stoffe und Kräfte zu wirken, fo haben wir nicht nöthig, un⸗ bekannte Wunderkräfte in ihnen zu ſuchen. Bleiben auch noch viele Fragen zu löfen, fo ſtehen wir doch damit dieſer Löfung gewiß näher, als Alle, welche den Arzneien mpiteriöfe, von ihren phyſikaliſch⸗chemiſchen Eigenſchaften unabhängige Kräfte poſtu⸗ liren, wie z. B. nach Noack und Trinks Lamium album den Menſchen mit feinen eigenen Leiſtungen 151 unzufrieden machen, Ledum palustre Unzufriedenheit mit feinem Nebenmenſchen hervorrufen fol. — Die zweite Seite der Arzneiwirkung ift das Verhalten des Organismus gegen die medikamentöſen Kräfte. Dieſe Reaktion läßt ſich zurückführen auf Mehrung, Verminderung oder Abänderung: 1) des Stoffes, 2) der Funktion; die ſogenannten ſpezifiſchen Wirkungen der Arzneien ſollten richtiger ſpezifiſche Reaktionen der Organe heißen. Die Heilkraft eines Mittels iſt zu unterſcheiden von ſeiner Einwirkung und der Gegenwirkung des Organismus. Sie ruht im Organismus ſelbſt. Weder dieſer, noch das Mittel verhalten ſich dabei paſſiv, doch oft eins verhältnißmäßig mehr aktiv als das andere, und es entſteht aus ihrem beiderſeitigen Verhalten ein objektiv⸗ſubjektiver Prozeß. Auf dieſem homologen Verhalten der durch das Heilmittel bewirkten Verän— derungen mit der autonomen Heilwirkung im Organismus (vis naturae medicatrix) beruht alle Heilung durch Kunſtmittel. Folgende Sätze kann man als ziemlich erwieſen annehmen: 1) Nur auflösliche Arzneimittel bringen eine Allgemeinwirkung hervor. Unlösliche wirken nur mechaniſch. — 2) Die normalen Verdauungsſäfte und die Milchſäure zerlegen die Arzneimittel chemiſch, ähnlich wie die Nahrungsmittel. Die rein chemiſche, z. B. ätzende Wirkung der Arzneien beſchränkt ſich auf eine lokale chemiſche, wenn nicht etwa in Blut und Lymphe neue, die Verbreitung im Organismus befördernde Löſungsmittel ſich darbieten. — 3) Faſt alle Arzneiſtoffe, für welche ſichere chemiſche Reagentien bekannt ſind, hat man theils im Blute, der Lymphe, den feſten Theilen oder den Sekreten wiedergefunden. — 4) Dieſe Verbreitung und die darauf beruhende phyſiologiſche Reaktion kann nur eintreten, inſofern die Mittel reſorbirt werden. — 5) Wie die Arzneien ſtufenweis verändert oder endlich aſſimilirt werden, iſt uns zum großen Theile unbekannt. Die Nahrungs— ſäfte ſpielen hier wahrſcheinlich ihre Rolle wie bei der Aſſimilation der Nutrimente. Wie die Chemie ſchon längſt gezeigt hat, daß gewiſſe Metalle ꝛc. im gefunden Körper in eigenthümlichen binären, ternären, quater— nären Verbindungen vorkommen, welche den bekannten Reagentien widerſtehen, ſo gehen auch die übrigen Metalle und Metalloide mit dem Hämatin, dem Eiweißſtoffe des Blutes und der feſten Theile neue charak— teriſtiſche chemiſche Verbindungen ein. — 6) Die arzneilichen Erſtwirkungen der Mittel find bei den meiften adäquat oder analog ihren rein chemiſchen Wirkungen. Mittel, die durch beſtimmte Sekretionsorgane wie— der ausgeſchieden werden, zeigen auch eine beſtimmte primäre Wirkung auf dieſelben. — 7) Mittel von ſehr ähnlicher chemiſcher Miſchung gleichen ſich auch in ihrer Arzneiwirkung. Scheinbare Ausnahmen beruhen wieder auf chemiſchen Gründen, z. B. Unauflöslichkeit in den thieriſchen Säften. Bei allen vegetabiliſchen und animaliſchen Mitteln findet ſich für jede Klaſſe ein beſtimmtes Verhält— niß der Grundſtoffe. Ein chemiſches Gleichgewicht derſelben giebt die mehr indifferenten Mittel, ein Ueber: wiegen des einen oder anderen die mehr differenten Mittel. So überwiegt in den flüchtigen Arzneien der Waſſerſtoff, in den bitteren der Kohlenſtoff, in den narkotiſchen der Kohlenſtoff mit Stickſtoff. So geben auch die natürlichen Pflanzenfamilien mit einigen Ausnahmen analoge Arzneiſtoffe. — 8) Geruchs- und Geſchmacksſinn zeigen oft die arzneiliche Wirkung eines Mittels ſicher an. — 9) Viele Mittel wirken rein mechaniſch oder nach phyſikaliſchen Geſetzen wie außerhalb des Organismus, z. B. durch Schwere, Poroſität, Agglutination ꝛc. i Dieſen Anſichten ſteht die Theorie des Vitalismus gegenüber, der die Arzneiwirkungen nur als geiſtig lebendige Thätigkeiten des Organismus anſieht und von den Arzneien nur gewiſſe Nervenumſtimmungen er— wartet. Auch der Dynamismus ſetzte an die Stelle des überall empfindenden und belebten Organismus eine Autokratie der Nerven und bewegte ſich in R Sympathie u. dgl. Die Phyſiologie hat dem ein Ende gemacht. Jede dieſer Theorien hat ihre theilweiſe Berechtigung, aber man kann auf keine als durchgreifend gültig fußen wollen. Daſſelbe gilt von der Entgiftungstheorie Eiſenmann's, wie von der Zellentheorie, 152 nach welcher es die Aufgabe des Heilkünſtlers wäre, die Selbſtſtändigkeit der Zellen, nach ihrer abnormen Richtung ſtrebend, zu unterbrechen. Abgeſehen von dem Allen, unterſcheiden ſich die Arzneiwirkungen J) ihrem Weſen nach, a. in die Grund- und die Nebenwirkungen (letztere vermittelt durch Nervenreflexe, Continuität der Gewebe, Verbreitung im Kreislaufe ꝛc.); b. in Contactwirkungen, durch Berührung einzelner Nervenzweige und Subſtanzwirkun⸗ gen, welche durch Uebergang des Arzneiſtoffes in das reagirende Organ bedingt werden; e. in primäre und ſekundäre; d. aktive (lebendige) und paſſive (mechaniſche, chemiſche); e. in ſubjektiv und objektiv wahrnehm⸗ bare Wirkungen. — 2) Der Form nach erſcheinen die Arzneieffekte a. als Geſammtwirkung oder Einzelwir⸗ kung; b. als einfache, zuſammengeſetzte (wenn eine Erſcheinung durch mehrere gleichzeitige organiſche Thä—⸗ tigkeiten vermittelt wird), und komplizirte, d. h. der Effekt iſt mit dem anderer Mittel oder mit Krankheits⸗ ſymptomen verbunden; «. als konſtante und veränderliche; d. endlich ſpricht man von normalen und ano- malen, exquiſiten und modifizirten, reinen und unreinen, larvirten, ſimulirten und diſſimulirten Arzneiwir⸗ kungen. — 3) Dem Sitze nach hat man a. begrenzte und ausgebreitete Wirkungen; b. idiokratiſche, die ſich am Applikationsorgane ſelbſt zeigen, und konſenſuelle, ſympathiſche, reflektirte; o. äußere und innere; d. fixe und vage, auch wohl flüchtige genannt. — 4) Dem Verlaufe nach ſind die Arzneiwirkungen: a. ſchnelle und langſame; b. vorübergehende und permanente; o. typiſche und atypiſche. — 5) Dem Heilzwecke nach, und zum Theil nach den geltenden Heilſyſtemen, ſind die Mittel ſchwächend, ſtärkend, beruhigend ꝛc. Gehen wir nun auf die Mineralquellen über, ſo haben wir es mit ſehr komplizirten Arzneien zu thun, deren Wirkung um ſo ſchwerer feſtzuſtellen iſt, als hier zu den Umſtänden, welche ſchon die genaue Erfor- ſchung einfacher Mittel erſchweren, noch manche Nebendinge kommen. Der Brunnenarzt kennt ſeine Kran⸗ ken nicht; ihm ſteht auch nur ſeine Quelle als Heilmittel zur Dispoſition und er fällt in die Verſuchung, dieſer eine Vielſeitigkeit der Kräfte zuzuſchreiben, wie ſie nur immer in Brunnenſchriften angeprieſen zu wer⸗ den pflegt. Es ſoll hier nicht über die Wirkung gewiſſer Klaſſen von Mineralquellen gemäß ihrer vorwaltenden Beſtandtheile geſprochen werden. Man hat, vielleicht nicht ohne Berechtigung, behauptet: die chemiſche Analyſe gebe nur den Leichnam der Quellen. Andererſeits ſteht der Fortſchritt der Chemie in dieſem Zweige feſt, welcher es nur noch nicht gelingen wollte, die telluriſchen Geiſter zu fangen, die vorläufig nur im Ber: ſchluſſe der Brunnenärzte bleiben. Wenn der Arzt ſich freuen muß, nicht nur glückliche Kuren zu machen, ſondern auch zu wiſſen, wie fie zu Stande gekommen find, fo wird dieſe Einſicht bei Arzneikomplexen, wie die Mineralquellen ſind, deren einzelne Stoffe nicht nach einer Richtung hinwirken, ſich widerſprechen und modifiziren, bis zur Unmöglichkeit erſchwert. Reichthum an Beſtandtheilen macht eine Quelle nicht für jeden Kranken wünſchenswerth. Oft hängt die Wirkung weniger von dem Waſſer, als von der Oertlichkeit, dem Vertrauen und der Hoffnung des Kranken, von der Reiſe, dem Badeleben ꝛc. ab. Die klimatiſchen Ver⸗ hältniſſe, der veränderte Luftdruck ſind Einflüſſe, deren Wirkung der Arzt von dem Erfolge einer Brunnen— kur in Abrechnung bringen muß, wenn er den Einfluß des Waſſers ſelbſt beurtheilen will, wenn es auch für den Kranken ſelbſt gleichgütltig iſt, wodurch er geheilt worden iſt. Sitzung vom 1. März 1850. Herr Dr. Landsberg: Ueber einen Fall von penetrirender Herzwunde. Die Lethalität penetrirender Herzwunden wurde noch im vorigen Jahrhundert auf Grund gefundener Narben fo wie mehrerer Fälle, in welchen der Tod erſt nach 5—15 Tagen erfolgt war, nicht als eine abfo= lute betrachtet. Indeſſen laſſen jene Fälle den Einwand zu: daß die Wunde anfänglich nicht penetrirend 153 geweſen, und es erſt durch Berſtung der verdünnten Herzwand geworden, oder daß der Tod eine Folge der Entzündung und Eiterung geweſen ſei. Es frägt ſich nun, welches wohl die Todesurſache bei penetrirenden Herzwunden ſei, da nach denſelben das Leben oft, ſelbſt bei völliger Afphyrie, noch mehrere Stunden währt, während es nach Verletzung großer Arterien ſchon nach Minuten erliſcht; da ferner das bei Herzwunden im Herzbeutel gefundene Blut oft nur Zvjjj — xjj beträgt, alfo zu wenig, um einen Erwachſenen durch Verblu— tung zu tödten, in anderen Fällen aber der Tod erſt erfolgt, nachdem große Mengen Blutes in Bruſt- und Bauchhöhle extravaſirt ſind. Man muß daher mit Bouillaud annehmen, daß der Tod oft nur eine Folge der durch den Druck des extravaſirten Blutes auf das Herz bewirkten Lähmung deſſelben ſei. Dieſer iſt um ſo bedeutender, je weniger ein Abfluß des Blutes aus dem Herzbeutel nach Bruſt- oder Bauchhöhle ſtattfindet, während, wenn das Letztere der Fall iſt, der Tod in Folge der Inanition ſchneller oder lang— ſamer eintritt. Daß ein Thrombus den Blutaustritt aus dem Herzen hemmen könne, iſt durch die Erfah— rung noch nicht erwieſen. Ohnmacht, Kälte und Pulsloſigkeit ſcheinen bei penetrirenden Herzwunden nie zu fehlen. Angſtgefühl, wo es vorhanden iſt, ſcheint, wie auch der Huſten und die Unruhe, erſt in Folge des Druckes des Extrava— ſates auf die benachbarten Reſpirationsorgane, oder einer Verletzung derſelben, einzutreten. Dagegen fehlen Erbrechen und Durchfall wohl nie, ſei es in Folge der Verblutung oder der Reizung des n. vagus. Ueber die phyſikaliſchen Symptome erwähnen die Autoren wenig. Ferrus hörte ein Geräuſch, ähnlich wie bei Aneurysma varicosum. In dem vorliegenden Falle zeigte die Herzgegend einen dumpfen Perkuſſionston, und das Zellengeräuſch in den Lungen war ſchwach. Die Geiſtesfunktionen bleiben bis kurz vor dem Tode, wo ſtille Delirien eintreten, ungeſtört. Die Diagnoſe iſt alſo unſicher, wenigſtens wird man zwiſchen der Verwundung des Herzens und der eines großen Blutgefäßes ſchwanken. Glücklicherweiſe entſteht hieraus für die Behandlung kein Nachtheil. Vielleicht dürfte der in dem vorliegenden Falle beobachtete Umſtand: daß aus der geöffneten Armvene kein Blut floß, wenn er ſich als konſtant erwieſe, zur Diagnoſe der Herz— wunden beitragen, da ſich der Mangel eines erneueten Blutzufluſſes zu den Venen wohl bei keiner Verlez— zung eines anderen Organs in dem Maße finden dürfte, wie bei der des Herzens. P. R., 24 J., wurde im Streit mit einem vierkantigen Schuſterpfriemen in die Bruſt geſtochen, ging aber ohne Beſchwerden nach ſeiner auf der anderen Seite der Straße 1 Treppe hoch gelegenen Wohnung, wo er nach / Stunde von Erbrechen und Ohnmacht befallen wurde. Der herbeigerufene Dr. S. verord— nete Ag. Cinnamom. mit Tinet. Op., was aber der Patient jedesmal ausbrach. Der nun hinzugezogene Dr. L. fand den Kranken (1 Stunde nach geſchehener Verwundung) im Bette liegend, blaß, erſchöpft, mit lividen Ringen um die Augen, kalter Naſe und Ohren, etwas blaſſen Lippen, während an den Extremitäten Kälte mit künſtlich provozirter Wärme wechſelte. An der a. radial. war nur zuweilen ein frequenter ſchnel— ler kleiner Puls, an den Carotiden ein etwas größerer fühlbar. Herzſchlag ſehr frequent, ſchwach, mit dem Pulſe der Carotis nicht genau ſynchroniſtiſch, die Töne gleichſam in einander überſchleifend; Perkuſſionston in der Herzgegend dumpf; Reſpiration kurz, beſchleunigt, tiefe Inſpiration iſt möglich, ruft aber Schmerz in der Gegend der Wunde hervor. Sprache ſonor aber ſchwach. Unterleib in der Magengegend etwas em— pfindlich und hart. Aus der im größten Durchmeſſer nur 1 L. großen viereckigen Wunde am unteren Rande der 6. linken Rippe, etwa 3 Zoll von der Mittellinie, fließt kein Blut. Druck auf dieſe Stelle verurſacht keinen Schmerz, doch glaubt man ſchwache Crepitation zu fühlen. Weder Huſten noch Oppreſſion oder Blutauswurf. Zunge rein, feucht. Gefühl von Hitze und Verlangen nach kaltem Waſſer. Erbrechen und Ohnmacht haben ſich verloren, dagegen iſt etwas Durchfall eingetreten. Aus der geöffneten vena basilica fließt nur wenig Blut tropfenweiſe ab. Verordnung: Emuls. mit Nitr.; ruhige Lage. — Nachmittags nach reichlichem Trinken von Waſſer, Erbrechen und Ohnmacht. Herzſchlag ſchwächer als früh, Puls nirgends fühlbar. Obwohl die Möglichkeit einer Herzwunde vorlag, ſo glaubten die Aerzte doch, in Betracht, daß das Ganze auch nur die Folge der Verletzung eines der Unterbindung zugängigen Gefäßes ſein könne, die Wunde 20 154 erweitern zu müſſen, doch floß nach ſchichtweiſer Durchſchneidung der Weichtheile und der Pleura kein Blut aus. Die Wunde wurde daher wieder durch Heftpflaſter geſchloſſen. Schlafloſe Nacht. Gegen Morgen ſtille Delirien; Patient ſetzte ſich auf, ſang leiſe, ſank dann auf das Lager zurück und verſchied (16 Stunden nach der Verwundung). Sektion 32 Stunden nach dem Tode. Todtenſtarre ſchwach, nur am linken Arme ſtark. Im Geſicht einige, am Rücken und den Beinen viele blaue Todtenflecke. Aus Mund und Naſe floß eine blutig jauchige Flüſſigkeit. Hals aufgetrieben ohne Emphyſem. Aus der geöffneten vena jugul. kam nur wenig halbgeronnenes Blut. Am Thorax keine Spur größerer Wölbung, Magengegend aufgetrieben, Bauchdecken hart, geſpannt. Nach Entfernung des sternum floß etwas ſchwarzes Blut aus. Die Lungen liegen normal, füllen den Thorax aus und ſind durch alte Pſeudomembranen an die Rippenpleura geheftet. Der untere linke Lungenlappen ſehr blutreich, ſonſt normal. Herzbeutel in Form eines Sackes, deſſen Baſis nach unten gerichtet iſt, ſehr ausgedehnt, den linken unteren Lungenlappen zum Theil bedeckend, fluktuirend. Beim Verſuche, ihn von dem Zwerchfelle, mit welchem er durch plaſtiſches Exſudat vereinigt war, zu löſen, ſtürzte plötzlich eine Menge dicken ſchwarzen Blutes (wohl 73) hervor. Die hierdurch wahrſcheinlich erweiterte Wunde im Herzbeutel war 3 — 4 L. groß. Das Herz in normaler Lage, ziemlich groß, blaß, ſchlaff, beſonders gilt dies vom rechten Herzen. Am linken Ventrikel nahe der Spitze und 1 L. von der fogenannten incisura cordis eine kleine, von unten und links ſich nach oben und rechts erſtreckende Stich— wunde von 1½ L. Länge. Die eingeführte Sonde drang nicht in die Herzhöhle, weil die innere Stichöff— nung ſich unter einer trabec. carnea befand, wie ſich bei Eröffnung des Herzens zeigte. Ventrikel blutleer, Klappen gefund, die in ihrem Volumen verkleinert erſcheinenden Gefäßſtämme leer. Aus vena cava adse. und Leber fließt ziemlich viel dunkles Blut. Gehirn nicht auffallend blutleer, von gehöriger Konſiſtenz. In den übrigen Organen nichts Abnormes. N Sitzung vom 12. April 1850. Herr Geh. Medizinalrath Dr. Ebers trug den Nekrolog des am 10. März 1770 geborenen, trotz äußerlich ſehr mißlichen Verhältniſſen durch Eifer und raſtloſe Thätigkeit zum Militärarzt, Lehrer der chirur— giſchen Schule und endlich zum Mitgliede des Medizinal-Kollegiums aufgeſtiegenen, am 22. Juni 1849 hierſelbſt geſtorbenen Geh. Medizinalrathes Dr. Joh. Wenz. Hancke vor. Er hob namentlich hervor, wie bedeutende Verdienſte ſich der Verſtorbene während der Freiheitskriege um die Lazarethpflege, wie ſpäter um das hieſige Krankenhaus der barmherzigen Brüder erworben habe, welches er aus tiefer Verſunkenheit em— porhob und zu einer tüchtigen Schule für Wundärzte ausbildete. Seine große Humanität bewährte ſich in jeder Weiſe bei den ſeiner Pflege anvertrauten Unglücklichen. Als Beamter war er treu und unermüdlich in Er— füllung ſeiner Pflichten, ein freundlich theilnehmender Arzt, treuer Freund und Kollege. Außer einer Anzahl von Aufſätzen in Zeitſchriften hat er wenig geſchrieben, ſo 1807 ſeine Diſſertation: De inaccessa diagnosi pericardii inflammati; über Kopfverletzungen in Ruſt's Journal; über die ſchwarze Blatter in den neuen Breslauer Sammlungen; über Eröffnung der Eitergeſchwulſte nach verſchiedenen Methoden, Breslau 1829; prophylaktiſches Heilverfahren bei Verletzungen von tollen Hunden und Behandlung der eingetretenen Wuth— krankheit, Breslau 1830; endlich: der Chlorzink als Heilmittel gegen Syphilis, chroniſche Exantheme und Ulcerationen 1841, 155 Herr Hoſpital-Wundarzt Hodann: Ueber fistula stercoracea. Die Kothfiſtel iſt gewöhnlich die Folge einer zu ſpät unternommenen Herniotomie. Im günftigften Falle ſchließt ſie ſich und der Kranke iſt dann als geheilt zu betrachten, obgleich er die Adhärenz des Dar— mes an die Bruchpforte als eine ewig ſchwarze Sorge mit ſich herumtragen muß. In den weniger günſti— gen Fällen bleibt ſie beſtehen, läßt bei wiedererlangten Kräften eine oft von Neuem lebensgefährlich werdende Operation zu oder tödtet durch den Verluſt edler Säfte, der Qual eines ſolchen Leidens nicht zu gedenken. Unter 220 von mir geſammelten, bis jetzt noch nicht beſchriebenen Fällen eingeklemmter Brüche befinden ſich nur 12, welche von Fist. stercor. gefolgt waren. Unter dieſen 12 Perſonen waren 10 weibliche und nur 2 männliche. Der Grund hiervon iſt wohl darin zu ſuchen, daß die Cruralbrüche mehr zu dieſem Ausgange hinneigen und dieſelben beim weiblichen Geſchlecht ungleich häufiger ſind. Von dieſen 12 Perſo— nen ſtarben ſechs, alſo gerade die Hälfte. — Bei den Geneſenen erfolgte die Schließung der Fiſtel in der Zeit von 4—12 Wochen, vom Tage ihres Entſtehens an gerechnet, und zwar in vier Fällen in 4 Wochen, in einem Falle in 6 Wochen und in einem Falle in 12 Wochen. Der Tod erfolgte in einem Falle in 14 Tagen, im zweiten in 4 Wochen, in drei Fällen nach 3 Monaten und in einem Falle nach 4½ Jahren nach Entſtehung des Leidens. Einige dieſer Fälle will ich kurz erwähnen und ebenſo drei dergleichen, wo die Fist. stercor. nicht Folge eingeklemmter Brüche war, ſondern ihre Entſtehung anderen Urſachen verdankte. 1) G. Kluge, Vogt, 42 Jahr, kam den 16. Juni 1839 in unſere Pflege. Mittlere Größe, ſchwäch— liche Konſtitution. Vom 8. bis 12. Jahre litt er häufig an heftigen Leibſchmerzen. Im Mai 1839 bemerkte er zuerſt eine hühnereigroße Geſchwulſt in der linken Leiſtengegend, welche ſich bei einer Anſtrengung ein— klemmte, jedoch bald reponirt wurde, worauf er, jedoch nur mit Unterbrechung, ein Bruchband trug. Bald darauf entftand in der linken Leiſtengegend, mehr nach dem Nabel aufwärts, eine 3 — 4 Zoll lange und % Zoll breite Geſchwulſt, welche von brandiger Entzündung ergriffen, ſich in ein Geſchwür verwandelte. Bei der Beſichtigung zeigte ſich längs des Lig. Poupart. die Geſchwürsfläche, welche nach Unten und Innen einen ſpitzen Winkel bildet und am oberen Ende ein herausgetretenes Darmſtück enthält. Durch dieſes ſo— wohl, als durch den After, wurden faeces entleert. Die Ränder des Geſchwüres roth, hart, aufgewulſtet; im Grunde deſſelben drei Oeffnungen, von welchen die obere mit der Unterleibshöhle kommunizirt, die un— teren nur bis auf die fascia zu dringen ſcheinen. — Puls 80 Schläge, Appetit gut. — Trotz der ſorgfäl— tigſten Pflege und Medikation und der zweckmäßigſten Diät, erlag der Patient am 6. Juli Abends 7 Uhr feinen Leiden. — Der Stuhl war immer thonartig. Es ſtellten ſich zuletzt heftige Schmerzen und die Symp— tome einer inneren Entzündung ein; die Ausleerung durch beide Pforten ſtockte einen Tag vor dem Tode. Sektion. Die Lunge kollabirt, das Herz klein, feſt und blutleer. Die konvexe Fläche der Leber mit dem Zwerchfell verwachſen, die Gallenblaſe mit gelbbrauner Galle erfüllt, die Gallengänge erweitert, die Leber groß, brüchig, braun. Milz und Pankreas normal; das Netz groß und an mehreren Stellen, beſon— ders nach der linken Weiche, mit dem Peritonäum verwachſen; das Ileum, luftgefüllt, adhäcirte ebenfalls an den Nachbartheilen. Im linken Hypogaſtrikum etwa / Pfund hellgrauer Fäkalſtoff; das Duodenum ſchlaff, faſt normal, mit Brei gefüllt; der ganze Dünndarm mißfarbig, blauſchwarz, die Subſtanz deſſelben dünn, mürbe, zerreiblich. In der linken Unterbauchgegend brandige Zerſtörung in großem Umfange. Die perfo— rirte Schlinge wurde vom Grimmdarm gebildet, oberhalb der Fiſtel war er enger, unterhalb derſelben weiter in ſeinem Lumen. Beide Darmſtücke waren im Inguinalkanal und unter ſich feſt verwachſen, ſetzten ihren Lauf etwa 3 Zoll nebeneinander fort und bildeten hier die Fiſtelöffnung, worauf das untere Darmſtück leer und noch 9 Zoll lang nach dem Blinddarm verlief. Das Colon mit Schleim gefüllt, die flexura sigmoidea mürbe, 20 * ä entzündet und theilweis brandig. Das obere verengte Stück der Grimmdarmſchlinge ſtand jetzt nicht mehr mit dem Lumen des unteren in Verbindung. Die Medulla spinalis ſehr erweicht. 2) Den 29. September 1849 wurde ich zu der 49 Jahre alten Waſchfrau Seifert gerufen, welche ſeit 4 Tagen an einem eingeklemmten Schenkelbruche linker Seits litt, von deſſen Exiſtenz ſie früher nichts geahnet hatte. Schon waren energiſche Repoſitionsverſuche gemacht worden, und mit Mühe erlangte ich ſpät Abends die Einwilligung zur Operation, welche ich unter den ſchwierigſten Umſtänden und der trau⸗ rigſten Prognoſe machte. Kleiner Bruchſack, wenig ſtinkendes Bruchwaſſer, brandiger, dem Zerreißen naher, zu % mit der Bruchpforte verwachſener Darm. Etwas eingeklemmtes Netz wurde zurückgebracht, die Bruch— pforte an dieſer freien Stelle erweitert und ſo die Inkarzeration gehoben. Das Erbrechen ließ nach, jedoch erfolgte auch kein Stuhl; erſt den 1. Januar kam ein Spuhlwurm aus der Operationswunde zum Vor— ſchein. Den 2. Januar Entleerung von Koth aus der Fiſtel und auf natürlichem Wege, kein Erbrechen. Erträglicher Zuſtand bis zum 5. Januar; von da ab, trotz geregelter Ausleerung, Erbrechen alles Genoſſe— nen und zuletzt von Koth bis zum 8. Januar, dann ein Befinden, welches zu aller frohen Hoffnung berech— tigte. Mehrfach wiederkehrende entzündliche Symptome hatten bisher die Anwendung der Antiphlogoſe nöthig gemacht, und ſobald es irgend möglich war, wurden die Kräfte der Patientin zweckmäßig unterſtützt, welche ſich nach ihrer Ausſage ſehr wohl fühlte, aber dennoch den 11. Januar, alſo am 14. Tage nach der Ope— ration, ſtarb. — Bei der Sektion alle Unterleibsorgane von normaler Beſchaffenheit, kein Exſudat, keine Spuren noch vorhandener Entzündung. Eine Dünndarmſchlinge 50 Zoll vom Duodenum ab gerechnet, im Umfange eines Silbergroſchens an die innere Bruchpforte geheftet. Der Adhäſionsprozeß beendet, kein Zei— chen noch vorhandener Reizung. Der Zuſtand der Fiſtel von der Art, daß ſie ſich wahrſcheinlich in kurzer Zeit geſchloſſen haben würde. Nur die vorangegangenen Stürme und ungünſtige Verhältniſſe konnten hier Urſache ſein, daß die Kräfte nicht mehr die heilende Natur unterſtützten, ſondern brachen. 3) Den 13. Februar 1850 operirte ich die 59 Jahr alte Frau Ruffer, welche den 10. Februar ſchon Symptome einer Inkarzeration wahrgenommen, aber, ärztliche Hülfe verſchmähend, 3 Tage lang in einer Dachkammer lag. — Haut und Zellgewebe faſt verwachſen; nach Trennung vieler Bruchſack ähnlichen Schichten gelangte ich zu einem länglich runden, knolligen, von der Umgebung iſolirten Körper, welcher dem Darm ſehr ähnlich ſah, ſich aber ſpäter als Bruchſack erwies. Derſelbe enthielt etwa ½ Unze ſtinkender brauner Flüſſigkeit, ein Stück Netz, welches eine kleine, mißfarbige Darmſchlinge verbarg, welche jedoch noch nicht perforirt war. Nach außerhalb des Sackes erweiterter Bruchpforte zeigten ſich Netz und Darmſchlinge mit dem Bruchkanale beinahe vollſtändig verwachſen, ſo daß ſie Schnitt um Schnitt abpräparirt werden mußten, um fie vollſtändig reponiren zu können. Bald nach der Operation Nachlaß des Erbrechens und Stuhl, ganz erwünſchter Zuſtand bei eingeleiteter Antiphlogoſe. Zu meiner großen Verwunderung fand ich 8 Tage nach der Operation den Verband voll ſchäumenden Kothes. Dieſes merkwürdig ſpäte Erſcheinen einer Kothfiſtel erklärte ſich einigermaßen dadurch, daß die folgenden Tage drei (unfinniger Weiſe verſchluckte) Pflaumenkerne in derſelben zum Vorſchein kamen. Der Stuhl ging längere Zeit durch die Fiſtel, jedoch auch auf natürlichem Wege ab und die Patientin wurde nach kurzer Zeit vollſtändig geheilt aus der Be— handlung entlaſſen, nachdem nur einige Male Kolikſchmerzen während der Rekonvaleſcenz eingetreten waren. Der Vortragende erwähnte noch zweier Fälle von Kothfiſteln, die in Folge von Abſceſſen nach Peri— tonitis entſtanden und beide durch Erſchöpfung und ſchleichendes Fieber zum Tode führten. Sie betrafen einen Mann von 65 und eine Frau von 80 Jahren. Die Mitte des Dünndarmes war bei Beiden die adhäri— rende und durchbrochene Stelle. Ein dritter Fall, wo bei einem Manne ein früher entſtandener Bauchabſceß durch das Causticum eröffnet und dadurch wahrſcheinlich Adhäſion mit dem Darm und dann eine Koth- fiſtel entſtanden war, ging in Zeit von 8 Tagen in Heilung über, nachdem ein zweckmäßig angelegter und durch Zeichnung erläuterter Verband dem Ausfluß der kaum genoſſenen Speiſen Einhalt that. Ebenſo wurde von dem Vortragenden die ihm am zweckmäßigſten ſcheinende Behandlungsweiſe der genannten Leiden beſprochen. Sitzung vom 3. Mai 1850. Herr Hofrath Dr. Burchard ſprach: Ueber die Ereigniſſe im Königl. Hebammen -Inſtitute und die Wefultate der damit verbundenen Gebäranſtalt im Jahre 1848. Mit dem Jahre 1848 feierte das Hebammen-Inſtitut das 76. Jahr ſeiner Begründung und die damit verbundene Gebäranſtalt das 57. Jahr. Das Inſtitut in ſeinem gegenwärtigen Beſtande umfaßt zweierlei ſich integrirende Anſtalten: die Heb— ammenſchule und die Gebäranſtalt. Ueber die Ereigniſſe in der Gebäranſtalt im Jahre 1848. Aus dem Jahre 1847 ſind übertragen: 11 Wöchnerinnen und 11 Wochenkinder. Im Laufe des Jahres ſind aufgenommen worden: 260 Schwangere oder Gebärende, 50 Unſchwangere, 211 Schwangere, welche der Diagnoſe wegen zeitweiſe nach der Anſtalt kommen. Davon haben geboren und ſind als Wöchnerinnen gepflegt worden: 250, und haben Kinder zur Welt gebracht: 248, indem ſich zwei Molengeburten ereigneten. Entlaſſen wurden 245 Wöchnerinnen, 8 Schwangere und 50 Unſchwangere; die Wöchnerinnen wur— den durch 14 Tage, in Krankheiten aber länger, ſammt ihren Wochenkindern gepflegt, die todtgeborenen oder in der Anſtalt verſtorbenen Wochenkinder Seitens der Anſtalt beerdigt und die geſunden zur heiligen Taufe befördert. Die entlaſſenen Schwangeren waren ſolche, welche mit drohendem Abortus in die Anſtalt kamen, aber hergeſtellt und wieder entlaſſen wurden. Von den 50 unſchwangeren, theils der Diagnoſe, theils der praktiſchen Uebung wegen, ambulatoriſch angenommenen Leidenden haben gelitten: an Fungus haematodes uteri 1, Deviatio uteri et vaginae 35, Polypus uteri 2, Hydrops ovarii 2, Degeneratio labii uteri hypertrophiei 1, Fistula vesico-vagi- nalis 4, Extractio persarii e vagina inde laesa 1, Polypus orificii urethrae 1, Hernia (inguinalis) labialis 1, Hernia umbilicalis 1, Hernia ventralis 1. Die übrigen Wöchnerinnen mit ihren Kindern wurden in das folgende Jahr übertragen. Die Geburten waren ſämmtlich einfache (Einlinge), und es ereigneten ſich unter ihnen am rechtzeitigen Ende 222, frühzeitig 24, unzeitig 2, abortirte Eier 2. Das Verhältniß der vorzeitigen zu den rechtzeitigen Geburten iſt kein naturgemäßes, etc auf den Zufall der Hülfsbedürftigkeit begründet. Um daher auf ſichere Reſultate zu gelangen, muß man die erſteren von den letzteren trennen, und ge— ſondert die Schwangerſchafts-, Geburts- und Wochenbett-Verhältniſſe prüfen. Da es ſich hier nur um ſummariſche Reſultate der Gebäranſtalt handelt, ſo werde ich dieſe Trennung an einem anderen Orte machen und daraus die für die Wiſſenſchaft intereſſanten Reſultate ziehen. Von 250 Gebärenden ſind aber 144 Knaben, 104 Mädchen und 2 degenerirte Eier geboren worden. Darunter wurden 232 Kopflagen, 7 Steißlagen, 7 Schulterlagen, 1 Hüftlage, 1 Querlage und 2 nicht anzugebende beobachtet. Als regelwidrige Stellung der Früchte kam die Geſichtslage 1 Mal, Handlage neben dem Kopf 5 Mal, Füße neben dem Steiß 3 Mal vor. Der Mutterkuchen verhielt ſich zweimal regelwidrig. Die Nabelſchnure war in 30 Fällen umſchlun⸗ gen. — Das Fruchtwaſſer ſo wie die Eihäute boten mancherlei Regelwidrigkeiten und Abnormitäten dar, wie man denn auch in Bezug auf die neugeborenen Kinder, deren Größe, Gewicht und Geſundheit große Varie⸗ täten beobachtete. a Von obengenannten 222 rechtzeitigen Geburten erfolgten nur 186 ganz regelmäßig, 36 erfolten regel⸗ widrig und krankhaft, mußten alſo durch Hülfe der Kunſt beendigt werden. Von den 28 vorzeitigen Gebur— ten wurden die meiſten durch die alleinigen Kräfte der Natur abſolvirt. Von den genannten 4 Frauen, welche in Folge ſchwerer Geburten an Durchlöcherungen der Blaſen— ſcheidewand litten, wurden im Jahre 1848 nur 2 operirt, welche bei ſonſt entgegengeſetzten Verhältniſſen ganz gleiche Beſchaffenheit der Durchlöcherungsſtellen darboten. Sitzung vom 7. Juni 1850. Herr Dr. Nega ſprach: Ueber Echinococcus hominis im Allgemeinen und ſpeziell über einen kürzlich beobachteten Fall. Unter Verweiſung auf den von Herrn Dr. Nega ſeitdem in Günsburg's Zeitſchr. für klin. Med. 1. Bd. 4. Hft. veröffentlichten Aufſatz, heben wir nur Folgendes hervor: C. F., 42 J. alt, litt ſeit 20 Jahren an Kurzathmigkeit, Huſten und Schwindel, ſeit 15 Jahren an Schwellung der Leber, geſtörter Ver— dauung und häufigen cardialgiſchen Erſcheinungen. Am 7. März a. c. unter den Zeichen lobulärer Pneu⸗ monie der rechten Seite in das Hoſpital Allerheiligen aufgenommen, huſtete er am 14. April zum erſten⸗ male und ſeitdem mehrere Hundert erbſengroße Blaſen aus. Die ſtarke elaſtiſche Wölbung des ſehr vergrö— ßerten linken Leberlappens ließ auf gleichzeitigen Echinococcus der Leber, und da die Entleerung derſelben unter heftigen Brechbewegungen ſtattfand und der Umfang des linken Leberlappens dabei ſichtlich abnahm, auf eine vorhandene Kommunikation zwiſchen Leber und Magen ſchließen. Jedoch zeigten ſich am 15. Mai, nach einer reichlichen ohne Brechreiz ſtattgefundenen Entleerung von Cyſten, an der Stelle, wo früher die phy— ſikaliſchen Symptome auf eine von Pneumonie herrührende Unwegſamkeit der Lunge hingewieſen hatten, die Phä— nomene einer geräumigen, mit einem Bronchialaſte kommunizirenden Höhle, Grund genug, um nun im Ge— genſatze mit der erwähnten Annahme den Urſprungsort der Cyſten in der Lunge zu ſuchen. Unter Erſchei— nungen von Pleuritis der linken Seite und Hirnhauterfudat ſtarb der Kranke am 27. Juni. Mit Uebergehung der übrigen Reſultate der Sektion erwähnen wir, daß die rechte Lunge zum großen Theile aus einem weiten Sacke mit zahlreichen Echinococcen beſtand. Nach Unten und Außen hatte der— ſelbe das Zwerchfell in der Größe eines Silbergroſchens durchbrochen, die Entleerung deſſelben nach der Bauchhöhle hin war aber durch Anlöthung an die Leber verhindert worden. Die Leber war vergrößert, zeigte die Erſcheinung der Fettleber, jedoch keinen Echinococcus. Beſonders bemerkenswerth erſcheint dem— nach in dieſem Falle das iſolirte Vorkommen des Echinococcus in der Lunge. Sitzung vom 21. Juni 1850. Herr Profeſſor Dr. v. Siebold: Bemerkungen zur Vaturgeſchichte der Band- und Jlaſenwürmer. Während man früher eine Entſtehung dieſer Thiere durch gener. aequivoca annahm, hat man ſich neuerdings überzeugt, daß man nicht nöthig habe, dieſe Art ihrer Erzeugung anzunehmen, wie auch, daß ſie wandern und daß manche, vermeintlich verſchiedene Arten derſelben nichts ſeien, als Individuen derſelben Spezies auf verſchiedenen Stufen des Alters und der Ausbildung, welche ſie ſucceſſiv in verſchiedenen Indi— 159 viduen verleben. Der in der gefchloffenen Bauchhöhle des Stichlings lebende Botryoceph. solidus, welcher deutliche Glieder, aber keine Geſchlechtstheile zeigt, findet ſich auch im Darme vieler Waſſervögel, und neben ihm der B. nodosus, mit Geſchlechtstheilen begabt. Der Uebergang des erſten in den zweiten läßt ſich ſtufenweis verfolgen. Ebenſo ſieht man den Cysticercus fasciolaris in der Leber der Ratten geſchlechtslos, im Darme der Katze geſchlechtlich entwickelt als Taenia crassicollis. Der Tetrarhynchus lebt in den Cephalopoden zwiſchen dem Bindegewebe geſchlechtslos; im Haifiſche, welcher die Sepien frißt, geſchlechtlich entwickelt als Botryorhynchus. Viele wandern aber in ſehr früher Jugend, ja als Eier. Der Bandwurm des Menſchen legt ſehr viele Eier, doch entwickeln ſich dieſe nie im Menſchen; es ſcheint vielmehr, als müß— ten ſie vor ihrer weiteren Ausbildung mehreren Einflüſſen ausgeſetzt werden, welche im menſchlichen Darm— kanale fehlen, wie man ja auch bei manchen Cruſtaceen in unſeren Pfützen ſieht, deren Eier ſich erſt ent— wickeln, wenn die Pfütze erſt einmal ausgetrocknet geweſen iſt, und ſich wieder, ſei es auch nach Jahren, mit Waſſer füllt. Aehnliches ſcheint bei den Bandwurmeiern ſtattzufinden. Sie mögen, entleert, in Pfützen gelangen, mit dieſen auf eßbare Vegetabilien und fo wieder in den Darm. Die geographiſche Vertheilung von Taenia solium und Botryoceph. latus ſteht übrigens feſt, und ſcheinbare Ausnahmen finden ſich nur bei Individuen, welche aus anderen Gegenden eingewandert ſind. — Die Blaſenwürmer nun ſind nur ent— artete, auf der Wanderſchaft verirrte Bandwürmer, die, weil ſie nicht in den für ihre volle Entwickelung be— ſtimmten Darmkanal gelangt ſind, keine Geſchlechtsreife erlangt haben. Sie werden dann oft waſſerſüchtig, und ſchwellen blaſenförmig an. Ob der Cysticercus cellulosae eine unentwickelte Taenia ſei, iſt noch die Frage. Sitzung vom 5. Juli 1850. Herr Dr. Middeldorpf gab eine komparative Kritik der Steinoperation mittelſt des Schnittes von innen nach außen, und deſſen von außen nach innen. Nachdem Derſelbe die Geſchichte des Streites zwiſchen Lecat und Frère Eöme durchgegangen und hervorgehoben hatte, wie wohl nur die Furcht vor Blutungen Lecat zu der Anſicht gebracht haben könne, daß kleine Einſchnitte mit großer darauf folgender Erweiterung den großen Einſchnitten vorzuziehen ſeien, daß die bei Frͤre Côme's Methode allerdings leichter vorkommende Verletzung des bulbus nicht fo ge— fährlich fei, als Lecat glaubte, daß Frère Cöme bei der Annäherung des Schnittes an den After aller dings die A. haemorrh. leichter verletze, die A. pudenda int. aber ſicherer vermeide, daß das Oeffnen des Frére Cömefchen Lithotome cache bei großen Steinen zwar ſchwierig, aber doch ſtets wenigſtens in geringem Umfange möglich und nur bei ſehr degenerirter Blaſe bedeutend erſchwert ſei, in welchen Fällen aber auch Lecat's Ausdehnung gar nicht anwendbar ſei, fügt er hinzu, daß auch die Gefahr der Verletzung des Blaſenkörpers durch Frͤre Cöme’s Inſtrument nicht größer ſei, als bei dem Schnitte von außen nach innen durch das Cystitome caché von Lecat, welches, wie auch das Gorgeret, die zu durchſchneidenden Theile erſt vor ſich hinſchiebe, und gerade den gefährdeten und zu vermeidenden Theilen nähere, dann aber oft mit einem plötzlichen Ruck in ſie eindringe, und ſo eine weit weniger ſichere Berechnung der Größe des Schnittes geſtatte, als Frere Cöme's Lithotom, welches zugleich die zu durchſchneidenden Theile von den zu vermeidenden gleichſam abhebe. Herr Dr. Günsburg theilt einen Fall von Aneurysma aortae mit, welches durch feine Eigenthüm— lichkeit der Diagnoſe entging. Die Kranke war eine Frau von 37 Jahren. Im Juli 1849 im Hoſpitale Allerheiligen wegen Pneumonie des rechten oberen Lappens verpflegt, zeigte ſie ſchon ſtarke Pulſation der Aorta abd. Später kam fie wieder in das Hoſpital wegen mehrfacher Motilitätsſtörungen, zeigte einen 160 kachektiſchen Habitus, ſchwere Beweglichkeit der Arme, Paräſtheſe der Finger und Zehen. Letzte Aufnahme am 25. Mai 1850. Geſchwulſt im Epigaſtrium von der Größe einer halben flachen Hand, welche nach den Ergebniſſen der Percuſſion weder mit der Leber noch der Milz zuſammenhing. Keine Geräuſche darin hörbar. Sie war reſiſtent, hob und ſenkte ſich nicht und hatte keine Ausläufer nach links. Es wurde eine Retroperitonäalgeſchwulſt diagnoſtizirt. Im Uebrigen gleichmäßige Reſpiration (16 — 20), langſamer Puls, kleiner Herzſchlag. Zunahme der Magerkeit, Abnahme des Appetits, kein Gefühl von Unannehmlichkeit in der Herzgrube. Tod am 3. Juli. — Sektion: Herz nicht halb ſo groß als die Fauſt; die kindskopfsgroße Geſchwulſt drängt den Magen nach links, entſpringt von der Aorta dicht unterhalb ihres Austritts durch das Zwerchfell und kommunizirt mit deren Höhle durch eine Oeffnung von der Größe eines Zweithalerſtückes. Das Innere des Sackes iſt von vielen Schichten Faſerſtoffes ganz erfüllt. Der Körper des eilften Rücken⸗ wirbels ausgehölt, porös, locker, das Rückenmark an der entſprechenden Stelle im Centrum eitrig infiltrit. Gewebe und Volumen der Aorta ober- und unterhalb der Geſchwulſt normal. Außerdem Echinocoeccus hepatis. Sitzung am 2. Auguſt 1850. Herr Dr. Seidel theilte Bemerkungen über Thermen und in's Beſondere über Johannesbad mit. Zuvörderſt hob Derſelbe das Wichtigſte über die Entſtehungsart der Mineralquellen überhaupt, ſo wie die mannigfachen Vorurtheile hervor, welche zum Theil noch heut über manche derſelben, namentlich aber über manche Thermen, z. B. hinſichtlich ihres vermeintlich geringeren ſpezifiſchen Gewichtes, ſo wie ihrer angeblichen Fähigkeit, die Wärme länger feſtzuhalten, als anderes Waſſer, in Geltung ſind. Wohl aber können ihre Beſtandtheile, da ſie einem hohen Luftdrucke ausgeſetzt geweſen ſind, inniger gebunden ſein. Die hohe Temperatur macht Thermen ungleich wirkſamer, als kalte Quellen gleichen Gehaltes. Sie ſind aſſimi— lirbarer, löſen die verſchiedenen Stoffe ſtärker auf, erregen, als Bäder angewendet, nicht nur die Haut, ſon— dern wirken auch mittelſt der Inſpiration auf den Körper ein. Auffallender aber iſt der nicht zu bezwei— felnde Erfolg der indifferenten Thermen, der vielleicht auf der großen Auflösbarkeit vieler Stoffe in einem fo reinen, dem deſtillirten naheſtehenden Waſſer beruht, wenn wir nicht noch unentdeckte Stoffe darin an— nehmen, oder ihre Wirkung dem Arſenik, oder der in verſchiedenen Quellen verſchieden geſtalteten Baregine zuſchreiben wollen. Daß dieſer Stoff, deſſen Menge nicht mit dem Schwefelgehalte der Quellen in geradem und konſtanten Verhältniſſe ſteht, ſich in Quellen, welche aus Urgebirgen entſtehen, konſtant findet, iſt ein Beweis, daß er nicht zufällig vorhandenen, organiſche Beſtandtheile führenden Erdſchichten, ſondern wohl dem Stickgasgehalte ſolcher Quellen ſeinen Urſprung verdanke. Zu dieſen indifferenten Thermen gehört auch Jo— hannesbad in Böhmen, . Meile von der Bergſtadt Freiheit, am ſüdlichen Abhange der Sudeten, in einem engen, nach Süden abhängigen Thale, das ſeine Wäſſer der Aupe zuſendet, mit großartigen Umgebungen. Die Literatur über Johannesbad iſt ſparſam: 1) Urſprung und Gebrauch des uralten Johannesbades. 1680. 2) Logdmann de Aven. Beachtſame Beſchr. der min. W. in den St. Joh.-Bädern. 1707. 3) Arnolt's Zerglieder. u. Beſchr. des uralten, der Stadt Trautenau nächſt gelegenen min. Badeſprudels Johannesbrunn. Prag 1795. 4) Kablik, die Mineralg. zu Johannesbad, phyſ. chem. unterſucht. Prag 1837. 5) Eiſelt, der Johannesbader Sprudel. Prag 1846. Das Waſſer ſoll ſeit 1006 als Bad benutzt worden ſein, doch ſind die Anſtalten noch jetzt ſehr un— vollkommen. Das ſehr klare Waſſer quillt ſehr reichlich, ſtößt beſtändig Blaſen auf, ift von etwas laugen— haftem Geruch, unbedeutendem, etwas weichlichen Geſchmacke, fühlt ſich weich, wie ſchwache Seifenlöſung an. Der Gehalt an Hydrothiongas iſt kaum merklich. Temperatur 23 ½% “ R. 161 Wolff (in Prag) fand 1838 in Zxvj ee Wiener a ee Kali sulphuric N 0,06353 Natr. sulphur ic . 0, 08039 Natr. ‚phesphorieiui e 000132 Nr H ·˙ ůAͥm it . . , 02511 P ĩ ² A mm ͥ U—ʃ˙̊ 008323 i „ Spuren Galcan. e 3 5 55 1 . 8 0 — 5 Big nt d 76, EM en e e * . * x 5 r3 * ae 7 * n 1 * 18 IN Rn ka er we ee eee * 5 Ra 5 N — % FW 311 » e ron * 5 4 Y ns * 1 Fu FR; 0 9 G . 7 n Nen ei wein } 2 FR ei 8 1 . > 4 . . et e: Ih cu, e e r ——— 2 * j 5 305 * 4 1 * D it dent! ride re 1 A u 173 7. Bericht über die Verhandlungen der Sektion für Obſt⸗ und Garten⸗Kultur im Jahre 1850, von UHadbyl, zeitigem Sekretaͤr derſelben. Im Allgemeinen. 1) Der allgemeine Bericht über die Thätigkeit der Sektion für Obſt- und Gartenkultur im Jahre 1850 zeigt, daß ſich dieſe hauptſächlich dahin concentrirte, durch das Zuſtandebringen von entſprechenden Ausſtellungen den Fortſchritt, welchen die Gartenkunſt ſeit dem vierjährigen Beſtehen der Sektion gemacht hat, anſchaulich zu machen. Die Ausſtellungen ſind aber auch in der That der Brennpunkt, in welchem ſich alle Thätigkeit der Sektions-Mitglieder vereinigen muß. Daher konnte die Sektion nicht umhin, den Aus— ſtellungen ein weſentliches Beförderungsmittel, welches ihnen bisher abgegangen war, beizufügen, nämlich die Prämienvertheilungen. Dieſe waren bisher wegen Mangel an Mitteln weggeblieben; eine Subſcription unter den Sektiong- Mitgliedern für die Herſtellung eines Fonds zur Anſchaffung von Prämienhatte es ermög— licht, daß bei der Frühjahrsausſtellung 1850 die erſten Prämien ausgetheilt werden konnten. Die günſtigen Reſultate dieſer Frühjahrsausſtellung, welche lediglich von Sektions-Mitgliedern veran— ſtaltet worden war, hatte bei dem hieſigen Central-Gärtnervereine den Wunſch rege gemacht, ſich in Zukunft bei den Ausſtellungen zu betheiligen. Die deshalb gepflogenen Unterhandlungen führten die Vereinigung in dieſem Punkte herbei, und wurde demnächſt im Herbſte 1850 die erſte gemeinſchaftliche Ausſtellung ver— anſtaltet. a b 2) Der allgemeine Bericht ergiebt aber auch ferner, daß die Sektion in wiſſenſchaftlicher Beziehung die Arbeiten in bisheriger Weiſe durch gegenſeitige Belehrung in Vorträgen, durch gemeinſchaftliches Beſu— chen hieſiger Gärten und durch Anſchaffen neuer Gartenſchriften für das Leſekabinet fortgeleiſtet hat. Des— gleichen, daß ſie auf Verbeſſerung ihrer Mittel bedacht geweſen, die dadurch einen erheblichen Zuwachs er— hielten, daß das hieſige landwirthſchaftliche Centralkollegium der Sektion als Beihülfe zu den Koſten der Ausſtellungen für das Jahr 1850 100 Thaler gewährte und gleiche Zuſchüſſe für die Zukunft in Ausſicht ſtellte, wofür die Sektion wiederholt ihren Dank ausſprechen muß. 3) Die Sektion gedachte demnächſt auch noch ihre bisherige Wirkſamkeit weit umfangreicher zu machen und machte deshalb in einer Denkſchrift vom 7. Mai c. das Königl. Landes-Oekonomiekollegium zu Berlin auf die hauptſächlichſten Uebelſtände aufmerkſam, welche der Verbreitung der Obſtkultur in Schleſien bisher entgegengetreten ſind. Sie gab Vorſchläge, wie am geeignetſten den Uebelſtänden zu begegnen ſei. Als ſolche dem Obſtbaue in Schleſien entgegentretende Haupthinderniſſe bezeichnete die Sektion: die Unkenntniß der Behandlung der Obſtbäume, den damit zuſammenhängenden Indifferentismus der Landbe⸗ wohner für dieſen Gegenſtand und die große Mittelloſigkeit des kleinen Grundbeſitzers, welcher aber gerade von dem Obſtbaue den größten Vortheil ziehen könnte. Als Gegenmittel hob die Sektion in der Denkſchrift hervor: Den Unterricht über den Obſtbau in den Schullehrer⸗Seminarien, welcher wieder den nothwendigen Schulunterricht zur Folge haben würde; die mög— lichſt billige Verbreitung populärer Schriften über den Obſtbau, und die Vertheilung von Pfropfreiſern und Obſtbäumen an fleißige kleine Landwirthe und an Schulkinder als Prämien. Zur Realiſirung des letzteren Mittels bot die Sektion ihre Kräfte der gedachten Staatsbehörde an, indem ſie unter Aufſicht der Regierung die Leitung einer alljährlichen Vertheilung von Pfropfreiſern an die Schullehrer und Landbewohner, ſo wie den Ankauf von Obſtbäumen und deren Vertheilung übernehmen wollte, ſich aber die Mittel zur Beſchaffung dieſer Gegenſtände erbat. Als ein ſolches Mittel proponirte die Sektion unter anderen die Anlegung einer Schule von Mutter- oder Standbäumen, von denen die Edelreiſer entnommen werden könnten, wozu ſie allerdings ein Grundſtück haben müßte. Sie berechnete die Koſten der erſten Anlage auf ungefähr 4000 Thaler und war der Anſicht, daß dieſes Kapital dem Lande hundertfache Prozente gewähren müßte. Die darauf der Sektion zugekommene Antwort des Königl. Landes-Oekonomiekollegii vom 23. Juni 1850 iſt für die Sektion ein wichtiges Aktenſtück und darf den Mitgliedern nicht vorenthalten werden. Sie lautet: Es iſt dem Landes-Oekonomiekollegium ſehr erfreulich geweſen, aus der mittelſt gefälligen Schreibens vom 13. Mai c. überſandten Denkſchrift der Sektion für Obſt⸗ und Gartenbau in der ſchleſiſchen Geſellſchaft für vaterländiſche Kultur zu entnehmen, wie ſehr auch dortſeits die Wichtig⸗ keit der Verbreitung und Hebung des Obſtbaues erkannt wird und mit welchem gemeinnützigen Eifer die genannte Abtheilung beſtrebt iſt, diejenigen Wege zu ermitteln, welche zu einem nachdrück⸗ lichen Angriffe der Sache führen dürften. Um ſo höher wir ſolch rühmliches Bemühen anerken⸗ nen, um deſto weniger nehmen wir Anſtand, in dieſer unſerer ergebenen Erwiderung auch diejeni⸗ gen Bedenken, welche uns gegen die von der Sektion vorgeſchlagenen Mittel zum Zwecke aufge⸗ ſtoßen ſind, unumwunden auszuſprechen: Zunächſt können wir den in der Denkſchrift entwickelten Anſichten in Betreff der Art und Weiſe, wie mittelſt Belehrung und Ermunterung auf die Hebung der Obſtkultur hinzuwirken ſein möchte, nur vollkommen beipflichten. Die diesfälligen Vorſchläge treffen ganz überein mit den Abſichten des Miniſteriums der Unterrichts- Angelegenheiten, in deſſen bereits ausgearbeitetem Entwurfe zu einem Geſetze über das Volksſchulweſen ausdrücklich beſtimmt worden iſt: „daß auf dem Lande überall die nöthige Anleitung zum Obſt- und Gartenbau gegeben werden ſoll,“ ſo wie mit den bezüglichen Beſchlüſſen des landwirthſchaftlichen Kongreſſes zu Berlin, wonach 1) die Staatsregierung gebeten werden ſoll, ſowohl dahin zu wirken, daß auf den Schul⸗ lehrer-Seminarien während des ganzen Kurſus ein fortſchreitender Unterricht im ganzen Gartenbau ertheilt werde, als auch für den Zweck der Beförderung des Gartenbaues bei den kleineren Wirthen durch Einrichtungen in den Ackerbauſchulen zu ſorgen, und 2) die landwirthſchaftlichen Vereine ver⸗ anlaßt werden ſollen, zur Beförderung des Gartenbaues, inſonderheit in Beziehung auf Obſt- und Gemüſebau, ſich die Verbreitung von zweckmäßigen Schriften, von Ermunterung durch Beiſpiele, durch Vertheilung von Sämereien, Bäumen und Pfropfreiſern und durch angemeſſene Prämiirung angelegen ſein zu laſſen. 4 Die Erfüllung der Wünſche der Sektion in den obigen Beziehungen ſind demnach bereits in geeigneter Weiſe angebahnt. Wenden wir uns zu dem zweiten Theile der in der Denkſchrift gemachten Vorſchläge, demje— nigen, der auf die Förderung des Obſtbaues mittelſt materieller Hülfsleiſtungen Seitens des Staats abzielt, ſo geht aus Obigem ſchon unſer Einverſtändniß damit hervor, daß möglichſte Erleichterung der Anſchaffung des Pflanzenmaterials für den kleineren, mittelloſen Grundbeſitzer, Vertheilung von Obſtreiſern, unentgeldliche Vertheilung von Obſtbäumen ꝛc. ganz geeignete Mittel zum Zwecke ſind; aber hinſichtlich der Art und Weiſe, wie dieſe Unterſtützungen in's Werk zu richten ſein würden, weichen unſere Anſichten von den in der Denkſchrift dargelegten erheblich ab, ja ſtehen ihnen eigent— lich geradezu entgegen. Wenn in der Denkſchrift einleitend ausgeſprochen wird: „daß die Sektion gegen eine Landes— (Provinzial⸗) Baumſchule fein müſſe, weil dadurch dem Erwerbe der Privatbaumſchulen durch den Staat Eintrag geſchehen würde;“ ſo lehrt die Erfahrung bei uns, ſo wie in anderen Ländern, als namentlich in Frankreich, England, Oeſterreich, Baiern, Sachſen, Hannover ꝛc., gerade das Gegen— theil; die Privatinſtitute ſtehen auf den Schultern der Landesinſtitute, werden von den letzteren ge— ſtützt und getragen. Das Kollegium hat erſt kürzlich Veranlaſſung gehabt, dieſe Thatſache in einem, die Landesbaumſchule betreffenden Gutachten gründlich darzulegen, und erlaubt ſich deshalb auf die— ſes im 15. Bande der von feinem Präſidium herausgegebenen „Annalen“ pag. 323 und f. abge: druckte Votum ergebenſt hinzuweiſen. So lange man dem Prinzipe Geltung läßt, daß die Bei— ſchaffung des Pflanzmaterials lediglich der Privat-Konkurrenz zu überlaſſen ſei, ſo lange wird man es nie dazu bringen, ganz normales Pflanzmaterial in vollkommen ausreichender Menze zur Ver— fügung zu erhalten. Sehen wir jedoch von Obigem für jetzt ab, ſo gehen die hier in's Auge zu faſſenden Vor— ſchläge der Sektion dahin: 1) daß eine allgemeine Vertheilung von Obſtreiſern veranſtaltet und zu dieſem Behufe ein 6 Morgen großer Garten gegründet, ausgeſtattet und unterhalten werden möge, was eine einmalige Verwendung von gegen 4000 Thalern und einen jährlichen Koſtenaufwand von 300 Thalern erheiſchen würde; 2) daß alljährlich zum Betrage von 700 Thaler auf Staatskoſten Obſtbäume zur unentgeldlichen Vertheilung an Schullehrer und kleine Wirthe als Prämien angekauft werden möchten. Dieſen beiden Vorſchlägen nun muß das Kollegium von ſeinem Standpunkte das Bedenken entgegenſtellen, daß die gewählten Mittel zum Zwecke von einer ganz unverhältnißmäßigen Koſtſpie⸗ ligkeit ſind, und zwar einmal mit Rückſicht auf die bereits vorhandenen großartigen Obſtbaumſchu— len und die erleichterten Verkehrsmittel, mittelſt deren es ſchon jetzt möglich gemacht iſt, Maſſen von vorzüglichen Edelreiſern zu geringen Preiſen aus weiten Entfernungen rechtzeitig zu beziehen, ſodann in Erwägung der Größe und Mannigfachheit der Vortheile, welche die Anlage einer Obſt— baumſchule überhaupt zu ſichern vermag, und wovon die ſchlagendſten Beiſpiele in der Wirklichkeit bereits vorhanden ſind. Wenn wir erläuternd hinzufügen, daß aus der hieſigen Landesbaumſchule 1000 Stück Edelreiſer nach Breslau zum Preiſe von 10 Sgr. geſandt werden können; wenn wir aufmerkſam machen, daß es an näheren guten Bezugsquellen für Schleſien (z. V. Poln.-Warten⸗ berg, Poſen ꝛc.) nicht fehlt; wenn wir in Bezug auf die Einſeitigkeit des Zweckes der projektirten Baumſchule noch bemerken, daß ein rationell angelegtes und geleitetes Inſtitut dieſer Art bereits in 5 — 6 Jahren ſich überall erhalten, und daß feine Rentabilität ſtets progreſſiv wachſen wird, in Bezug auf die Gründung einer ſolchen Normalbaumſchule aber noch hinzuſetzen, daß das Kollegium prinzipmäßig die Anlagen dergleichen Inſtitute mittelſt Erwirkung von Vorſchüſſen für die Unter⸗ nehmer, unterſtützt — wenn, fagen wir, wir mit allem dieſem unſere Gegenäußerung ergänzen; fo glauben wir uns auch verſichert halten zu dürfen, daß die Sektion ihren uns durch Ein Verehrli⸗ ches Präſidium vorgelegten Plan in ſeinem materiellen Theile einer nochmaligen Berathung unter⸗ werfen, dabei die dieſſeits erhobenen Bedenken gegen denſelben in (regte Erwägung viegen und uns recht bald ihre modifizirten ** zugehen laſſen werde. Berlin, den 23. Juni 1850 Das eee ⸗Oekonomie-Kollegium. Beckedorff. An Ein Verehrliches Präſidium der ſchleſiſchen Geſellſchaft für vaterländiſche Kultur zu Breslau. 852/50. Die nach der Zeit eingetretenen politiſchen, auf die Staatsmittel bedeutenden Einfluß übenden Verhält⸗ niſſe ließen nicht hoffen, daß es eine geeignete Zeit geweſen wäre, erneuerte und modifizirte, auf Gewährung außerordentlicher Ausgaben hinzielende Anträge zu ſtellen. 4) Da in dem Jahre 1849 über die Reſultate der vertheilten Sämereien und Pfropfreiſer ſo wenige Berichte eingegangen waren, ſo beſchloß die Sektion, im Jahre 1850 keine dergleichen Vertheilung vorzuneh— men, dafür aber ein für Alle belehrendes und nothwendiges Werk anzuſchaffen, nämlich das „deutſche Obſt⸗ kabinet“ von Dittrich, d. i. eine Sammlung von naturgetreu, in Pappmaſſe nachgebildeten Obſtſorten, wel⸗ ches nach dem Tode des Küchenmeiſters Dittrich (10. Mai 1842) von dem Thüringer Gartenbau⸗Vereine zu Gotha fortgeſetzt wurde. Für dieſes Werk hat die Sektionskaſſe über 60 Thaler ausgegeben. Den größten Theil der Sammlung erhielt ſie noch vor Eintritt der Herbſtausſtellung und konnte ſie dem Publikum auf derſelben bereits vorlegen, was bei der vorzüglichen Ausſtattung der einzelnen Früchte jedem Beſchauer einen hohen Genuß verſchaffte. Den damals noch fehlenden Theil erhielt die Sektion ſpäter, ſo daß ſie auf der Herbſtausſtellung 1851 das ganze Kabinet, d. h. ſo weit es überhaupt erſchienen iſt, — zur Anſchauung vorlegen kann. Die Sammlung iſt in dem Lokale der vaterländiſchen Geſellſchaft aufgeſtellt, wo auch den auswärtigen Mitglie⸗ dern zu deren Beſichtigung Gelegenheit gegeben iſt. Es wird den Mitgliedern jedenfalls erwünſcht ſein, die Obſtſorten kennen zu lernen, welche in dieſem Kabinet ihre Abbildung gefunden haben, deshalb war es nöthig, ſie hier aufzunehmen. Es ſind folgende: A. Aepfel: 1. Große engliſche Reinette. 2. Reinette von Orleans. 3. Reinette von Breda. 4. Engliſche Wintergoldparmäne. 5. Rother Cardinal. 6. Orangenpepping. 7. Muskatreinette. 8. Große Kaſſeler Reinette. 9. Mohrenkopf. 10. Walliſer Limonenpepping. 11. Wachsapfel. 12. Königlicher Täub⸗ ling. 13. Goldreinette von Bordeaur. 14. Poſſart's Moskauer Nalivia. 15. Wellington's Reinette. 16. Janſen von Welten. 17. Leckerbiſſen. 18. Goldapfel von Kew. 19. Diel's Reinette. 20. Neuer großer engliſcher Nonpareil. 21. Franzöſiſcher königlicher Edelapfel. 22. Spaniſche Herbſtreinette. 23. Scott's gelbe Winterreinette. 24. Crede's blutrother Wintertäubling. 25. Calvill von Rochelle. 26. Bürgerherren⸗ apfel. 27. Braddick's Sondergleichen. 28. Ananasreinette. 29. Ruſſiſche langdauernde Reinette. 30. Köſt⸗ licher von Kew. 31. Hoheitsapfel. 32. Baumann's rothe Winterreinete. 33. Lamb Abbey Pearmain. 34. Gelbe ſpaniſche Reinette. 35. Downton's Pepping. 36. Dittrich's Winterroſenapfel. 37. Sterncalvill. 38. Herzog Bernhard. 39. Pfirſichrother Sommerroſenapfel. 40. Weiße Wachsreinette. 41. Citronen⸗ F ͤüill 2. — ee 177 reinette. 42. Reinette von Auvergne. 43, Türkencalvill. 44. Eggermont's Calvill. 45. Kaiſer Alexander von Rußland. 46. Grüne Reinette. 47. Geiger's Prinzeſſin Auguſte. 48. Parker's grauer Pepping. 49. Winterpoſtoph. 50. Blenheim's Pepping. 51. Harbert's reinettenartiger Rambour. 52. Biſchofs⸗ reinette. 53. Engliſche Spitalsreinette. 54. Edelkönig. 55. Engliſche Granatreinette. 56. Engliſche rothe Winterparmäne. 57. Franzöſiſche Quittenreinette. 58. Weißer italieniſcher Rosmarinapfel. 59. Neuſtadt's großer Pepping. 60. Weißer Auguſtcalvill. B. Birnen: 1. Napoleon's Butterbirne. 2. Diel's Butterbirne. 3. Caloma's Carmeliter. 4. Kronprinz Ferdinand von Oeſterreich. 5. Preul's Colmar. 6. Capiaumont's Herbſtbutterbirne. 7. Van Marum's Schmalzbirne. 8. Winterdechantsbirne. 9. Jaminette. 10. Herrmannsbirne. 11. Markbirne. 12. Forellenbirne. 13. Prinzeſſin Marianne. 14. Wildling von Motte. 15. Coloma's köſtliche Winter: birne. 16. Normänniſche rothe Herbſtbutterbirne. 17. Graue Dechantsbirne. 18. Truchſeß. 19. Hardenpont's Winterbutterblume. 20. Mannabirne. 21. Regentin. 22. Braunrothe Frühlingsbirne. 23. Merlet's Herrmanns— birne. 24. Johann Dewitte. 25. Noirchain. 26. Salisbury. 27. Köſtliche von Charneu. 28. Herzogin Caroline Amalie. 29. Schönlin's Stuttgarter ſpäte Winterbutterbirne. 30. Grüne Oſterzuckerbirne. 31. Enghien. 32. Boſe's frühzeitige Flaſchenbirne. 33. Winterſylveſter. 34. Lange weiße Dechantsbirne. 35. Virgou— leuſe. 36. Lechaſſerie. 37. Königsgeſchenk von Neapel. 38. Boſe's Flaſchenbirne. 39. Coloma's Herbſt⸗ butterbirne. 40. Kaiſer Alexander. 41. Franz II. 42. Fourcroy. 43. Saint Lazainbirne. 44. Wahre bronzirte Herbſtbutterbirne. 45. Hardenpont's ſpäte Winterbutterbirne. 46. Dillen. 47. Chevalier. 48. Neue ſpäte Winterdechantsbirne. 49. Treſſor. 50. Winterbutterbirne. 51. Berlaimont. 52. König Leopold von Belgien. 53. König von Rom. 54. Frühzeitige Marie Louiſe. 55. Holzfarbige Butterbirne. 56. Kever's Nonpareil. 57. Rothe Herbſtbutterbirne. 58. Coloma's Bergamotte. 59. Comperette. 60. Graf Canal von Malabaila. C. Kirſchen: 1. Süße Maiherzkirſche. 2. Bettenburger ſchwarze Herzkirſche. 3. Frühe ſchwarze Herzkirſche. 4. Purpurrothe Knorpelkirſche. 5. Große ſchwarze Knorpelkirſche. 6. Flamentiner. 7. Frühe bunte Herzkirſche. 8. Engliſche weiße frühe Herzkirſche. 9. Lauermannskirſche. 10. Weiße ſpaniſche Knor— pelkirſche. 11. Holländiſche große Prinzeß. 12. Gelbe Herzkirſche. 13. Rothe Maikirſche. 14. Pragiſche Muskateller. 15. Rothe Oranienkirſche. 16. Große Glaskirſche von Montmorency. 17. Amerikaniſche Gewürzkirſche. 18. Liegel's ſüße Frühkirſche. 19. Spaniſche Frühweichſel. 20. Oſtheimer Weichſel. 21. Große lange Lothkirſche. 22. Deutſche Griotte. 23. Königliche Amarelle. 24. Juinat. 25. Große glänzende ſchwarze Herzkirſche. 26. Mosler's ſchwarze Herzkirſche. 27. Keil's kleine ſchwarze Herzkirſche. 28. Große ſchwarze Knorpelkirſche mit dem feſteſten Fleiſche. 29. Kleine weiße Frühkirſche. 30. Große weiße Frühkirſche. 31. Türkine. 32. Perlknorpelkirſche. 33. Gemeine Marmorkirſche. 34. Späte Her: zogskirſche. 35. Große ſchwarze Himbeerkirſche. 36. Doppelte Glaskirſche. 37. Schöne von Choify. 38. Pomeranzenkirſche. 39. Lothkirſche. 40. Schwarze Soodkirſche. 41. Schwarze ungariſche Kirſche. 42. Wohltragende holländiſche Kirſche. 43. Neue engliſche Weichſel. 44. Prinzenkirſche. 45. Jeruſalems— kirſche. 46. Doppelte Natte. 47. Bettenburger Weichſel. 48. Späte Amarelle. D. Pflaumen: +. Rothe Kaiſerpflaume. 2. Große engliſche Zwetſche. 3. Rothe Dattelzwetſche. 4. Große blaue Eierpflaume. 5. Rothe Eierpflaume. 6. Italieniſche grüne Zwetſche. 7. Damascene von Maugerou. 8. Johannespflaume. 9. Echte große Renklode. 10. Gelbe Renklode. 11. Wangenheim's Frühzwetſche. 12. Rothe Aprikoſenpflaume. 13. Violetter Perdrigon. 14. Weiße Diapree. 15. Katha⸗ rinenpflaume. 16. Goldpflaume. 17. Kleine Damascene. 18. Blauer Spilling. 19. Violette Kaiſer⸗ pflaume. 20. Italieniſche Zwetſche. 21. Violette Dattelzwetſche. 22. Große gelbe Eierpflaume. 23. Glü⸗ hende Kohle von Sicklern. 24. Grüne Dattelzwetſche. 25. Herrenpflaume. 26. Auguſtzwetſche. 27. Apri⸗ koſenartige Pflaume. 28. Renklode mit gefüllter Blüthe. 29. Kirſchpflaume. 30. Rother Perdrigon. 23 178 31. Weißer Perdrigon. 32. Rothe Diapree. 33. Gelbe Spätzwetſche. 34. Gelbe Mirabelle. 35. Sul: taneh Erik. 36. Gelber Spilling. 37. Diamantpflaume. 38. Ransleben's Zwetſche. 39. Große Zucker⸗ zwetſche. 40. Iſabelle. 41. Donauer's zuſammengedrückte Zwetſche. 42. Rothe Nektarine. 43. Duhamel's große weiße Damascene. 44. Blaue Renklode. 45. Violette Renklode. 46. Normänniſcher Perdrigon. 47. Nikitaner blaue Frühzwetſche. 48. Violette Oktoberpflaume. 49. Italieniſche Damascene. 50. Weiße Kaiſerin. 51. Gelbe Dattelzwetſche. 52. Große Damascene von Tours. 53. Grüne Weinpflaume. 54. Rother Spilling. 55. Violette Jeruſalemspflaume. 56. Flaſchenförmige Zwetſche. 57. Kleine Zucker⸗ zwetſche. 58. Königspflaume von Tours. 59. Gelbe Marunke. 60. Königspflaume. 61. Weiße Jung⸗ fernpflaume. 62. Rothe Jungfernpflaume. 63. Unvergleichliche. 64. Kleine grüne Renklode. 65. Spa⸗ niſche Damascene. 66. Liefländiſche gelbe Pflaume. 67. Rothe Mirabelle. 68. Schwarze Muskateller. 69. Ottomaniſche Kaiſerpflaume. 70. Blaue Weinpflaume. 71. Kleine weiße Damascene. 72. Trauben⸗ pflaume. 73. Dörell's neue große Zwetſche. 74. Große blaue Zwetſche von der Worms. 75. Ungariſche Dattelzwetſche. 76. Engliſche Zwetſche. 77. Hahnenhode. 78. Gelbe Frühzwetſche. 79. Gelbe Jeruſa⸗ lemspflaume. 80. Grüne Inſelpflaume. 81. Dunkelblaue Kaiſerin. 82. Große blaue Nikitaner. 83. Gelbe Aprikoſenpflaume. 84. Braunauer aprikoſenartige Pflaume. 85. Domwnton’s Kaiferin. 86. Admiral Rigny. 87. Jaspisartige Pflaume. 88. Bunter Perdrigon. 89. Lenne's blaue Dronet. 90. Peter's große gelbe Pflaume. ’ 5) Was die innere Organifation der Sektion anbelangt, fo ift auch hierin Bedeutendes geſchehen. Es wurde das Statut der Sektion einer Reviſion unterworfen und hat die am Schluſſe dieſes Berichtes beigefügte Form unter Genehmigung der Sektion erhalten. Demnächſt ſind auch ausgearbeitet und genehmigt worden: Die Geſchäftsordnung für die Leitung der Sektion, die Inſtruktionen für den Ordner, für die Preisrichter, für die ee Kommiſſion und für den Verkäufer in der Verkaufshalle bei Ausſtellungen. Dieſe Inſtruktionen können in dem Verſammlungslokale eingeſehen werden. II. Was nun Insbeſondere 4. die Vorträge anlangt, ſo muß zuvörderſt das Bedauern ausgeſprochen werden, daß eine von dem inzwiſchen verſtorbenen Promenaden-Inſpektor S. Schauer eingeſendete Abhandlung über die Ahornarten nicht mitgetheilt werden kann, weil dieſelbe von dem Verfaſſer zurückverlangt wurde und dann nicht wieder zum Vorſchein gekommen iſt. Dagegen folgt hier 1) eine von Schauer gemachte Zuſammenſtellung der bekannten, in den Gärten in und um Breslau vorkommenden Berberisarten, welche wohl die letzte Arbeit dieſes thätigſten Mitgliedes der Sektion geweſen ſein mag. Berberis L. Sauerdorn. Ord. Berberideae Vent. Hexandria Monogynia. Kelch ſechstheilig, offen; Abſchnitte eirund, vertieft, abfällig, die äußern kleiner; Blumenkrone ſechsblät⸗ terig; Blumenblätter faft rund, ausgetieft, kaum größer als der Kelch, innerhalb am Grunde mit zwei Honig⸗ drüſen verſehen oder dieſe fehlend; Griffel fehlt; Narbe breit, bleibend; Staubfäden ſechs; Beere eirund⸗ walzenförmig mit bleibendem Nabelfleck, einfächerig, zwei- bis neunſamig; Samen länglich, am Boden der Beere angeheftet. Sträucher der alten und einem großen Theile der neuen Welt, wenige Länder ausgenommen, mit gel ben Blüthen und einfachen und gefiederten Blättern, rothen oder ſchwarzblauen herben Beeren. 1. Berberis, Blätter einfach. 1. Berberis vulgaris L., Sauerdorn, Eſſigdorn, gemeine Berberitze. Stacheln drei — vieltheilig; Blätter büſchelweiſe ſtehend, verkehrt — eirund, wimperartig — gefügt; Trauben gedrängt — vielblüthig, hängend; Blumenblätter ganzrandig oder ſchwach ausgerandet. Abb. Guimp. et Hayne. Holzg. 1. tab. 39! Reitter et Abel tab. 49! Kerner, Würtemb. tab. 32! Fl. Dan. tab. 904. Sw. Bot. tab. 24. Schk. tab. 99! Nees off. Pfl. tab. 368! Wächſt im nördlichen Rußland: in Finnland, im mittleren Lievland, Kurland, Lithauen ꝛc., im ſüd⸗ lichen: in Podolien, Ukraine, durch den Cherſones, Taurien am Terek, Caucaſus und faft in allen Ländern des übrigen Europa's in Hecken, Geſträuch, Verzäunungen ıc. Aendert ab: B. leucocarpa, mit weißen Beeren; 5. violacea, mit blaurothen Früchten; 9. foliis purpureis, Blätter im Herbſte blutroth gefärbt. Ein Strauch von 5 — 12 Fuß Höhe. Die innere gelbe Rinde des Holzes und der Wurzeln wird zum Gelbfärben gebraucht, die Beeren geben den Konditoren einen angenehmen rothen Farbeſtoff zu Confi— türen ab und der Saft enthält eine angenehme erfriſchende Säure, auch werden die Früchte überzuckert oder in Zucker eingelegt. Der Strauch eignet ſich zu ſtarken Hecken nur da, wo er nicht ſtark beſchnitten wer— den darf, beſſer ſteht er in Luſtgebüſchen. Die Blumen haben einen harnartigen Geruch und erſcheinen im Mai an hängenden einfachen Trauben und ſind von einem ſchönen Gelb. Die Varietät mit weißen Früchten ſetzt ſelten Samen an und iſt weniger ſtachelig, dabei fiche Sie muß durch Stecklinge oder Wur⸗ zeltheilung vermehrt werden. Auf der Promenade und im botaniſchen Garten ꝛc. 2. Berberis canadensis Mill. Pursh., canadiſcher Sauerdorn. Stacheln dreitheilig; Blätter ver— kehrt — eirund, länglich; Sägezähne rückwärts gebogen, die obern faſt ganzrandig; Trauben vielblüthig, überhängend. 5 Abb. Guimp. et Hayne fremd. Holz. tab. 63! Wächſt auf fruchtbaren Hügeln und zwifchen Felſen in Nordamerika: von Canada bis Virginien. Blüht im April und Mai. Die Beeren ſind ſchön roth und von einer angenehmen Säure. Hooker hält die amerikaniſche Berberitze nicht verſchieden von unſerer europäiſchen gemeinen, jedoch in ihrer Tracht kann man ſie wohl unterſcheiden. 3. Berberis emarginata W., ausgerandeter Sauerdorn. Stacheln dreitheilig; Blätter lanzettlich — verkehrt eirund, wimperartig — ſägezähnig; Trauben kaum hängend und kürzer als das Blatt; Blumen— blätter ausgerandet. Abb. Guimp. et Hayne fremd. Holz. tab. 62! Syn. B. dentata Tausch. f Wächſt in Sibirien. Ein 3—4 Fuß hoher Strauch mit lanzettförmigen, an der Spitze abgerundeten Blättern, welche nach der Baſis keilförmig verdünnt zulaufen und am Rande mit ſtachelſpitzigen Zähnen verſehen ſind. Die Sta— cheln find drei-, zuweilen fünftheilig und pfriemenförmig. Die kurzen gedrängten Trauben erſcheinen im Mai. Sie unterſcheidet ſich von dem gemeinen Sauerdorn beſonders durch die an der Spitze eingeſchnittenen aus— gerandeten Blumenblätter, iſt jedoch dieſem ſehr nahe verwandt. Auf der Promenade und im botaniſchen Garten hierſelbſt. 4. Berberis sinensis Desf., chineſiſcher Sauerdorn. Stacheln dreitheilig oder faſt nicht vorhanden; Blätter länglich, ſtumpf, ganzrandig oder nach unten etwas gezahnt; Trauben vielblüthig, überhängend. Abb. Watson Dend. brit. tab. 26. Wächſt in China. 23 * 180 Obgleich dieſer Strauch aus China ſtammt, ſo hält er unſere Winter doch gleich den ſibiriſchen Arten aus. Die Aeſte dieſes Sauerdorns ſind ſchlanker, die Blätter mehr lichtgrün, ſchmal und wenig gezahnt. Die Beeren find oval und hochroth, ein- bis zweiſamig. Zu Gruppirungen iſt fie weit zierlicher als die gemeine Berberitze. Auf der Promenade; im botaniſchen Garten hierſelbſt. 5. Berberis melanocarpa S. Schauer, ſchwarzfrüchtiger Sauerdorn. Blätter verkehrt eiförmig oder mehr elliptiſch, am Rande ſteifſtachelig gezahnt, an der Spitze mit einer Stachelſpitze verſehen; Stacheln in: nerhalb der Blattachſeln ſtehend, meiſt dreitheilig; Trauben ſchlaff, locker; Blüthen klein; Früchte ſchwarzblau. Wächſt in Nordamerika (efr. Marſchall p. 32). Auf der Promenade. 6. Berberis sibirica Pall., ſibiriſcher Sauerdorn. Stacheln drei- bis viertheilig; Blätter verkehrt eirund, wimperartig oder ſtachelig-ſägezähnig; Blüthenſtiele einblüthig, kürzer als die Blätter. Abb. Pall. A. II. app. p. 737. n. 108“ tab. P. f. 2! ejusd. Flor. ros. II. tab. 67! et ed. gall. 1. II. tab. 18! Bot. Reg. tab. 487! Muhr. in Com. Gott. VI. tab. 6. Guimp. fremd. Holz. tab. 64! Syn. B. altaica Pall. Wächſt an Felſen des altaifchen und baikalſchen Sibiriens und in Daurien. Dieſer Strauch wird nie viel höher als 2 höchſtens 3 Fuß. Die Blätter find nur halb fo groß als die des gemeinen Sauerdorns, die Blumen dagegen etwas größer als jene und ſtehen einzeln auf langen Stielen, welche aus den Büſcheln der Blätter im Mai hervorbrechen. Wir erzogen dieſen Strauch aus Samen des Dorpater botaniſchen Gartens. Auf der Promenade. 7. Berberis asiatica DC., aſiatiſcher Sauerdorn. Stacheln dreitheilig oder einfach; Blätter oval, ſtachelſpitzig, glatt, unterhalb blaugrün, ganzrandig oder dorniggezahnt; Trauben kurz, vielblüthig; Blumen⸗ ſtiele verlängert, Beeren faſt kugelrund. Abb. Deless. Ic. sel. 2, tab. 1. Syn. B. nepalensis Lodd. Cat. B. ilicifolia Roxb. Wächſt in Oſtindien und Nepal. Ein 3 — 4 Fuß hoher Strauch, mit ſteifen, ſtarken, wellig-gebogenen Blättern, welche am Rande bald ganz glatt, bald mit einigen ſtarken, an der Spitze durchſichtigen Dornzähnen verſehen find. Auf der Unter: fläche ſind ſie durch einen weißlichen Staub blaugrün. Die faſt kugelrunden Früchte ſind an der Spitze mit dem ſehr kurzen Griffel und der Narbe gekrönt. Dieſe Art leidet bei uns nur in ſehr ſtrengen Wintern etwas. Man deckt ſie daher am Grunde etwas mit Laub und ſteckt zwiſchen die Aeſte etwas lockeres Schilf. Auf der Ziegelbaſtion. 8. Berberis aristata DC., gegrannter Sauerdorn. Die unteren Stacheln dreitheilig, die oberen ein⸗ fach, am Grunde kaum zweizähnig; Blätter länglich, glatt, am Rande vier- bis fünfzähnig; Trauben hän⸗ gend und aufrecht, vielblüthig. Abb. Bot. Reg. tab. 729! Bot. Mag. tab. 2549! Hook. exot. Fl. tab. 98! Syn. B. Chitria Hamilt. B. angustifoliae Roxb. Wächſt in Nepal. Ein ſchöner Strauch, der jedoch im Winter gut eingedeckt werden muß, wenn er im Freien aus⸗ halten ſoll. N Die Früchte ſind länglich-walzenförmig. Der Griffel iſt verhältnißmäßig dick und ſehr kurz, aber deut⸗ lich unterſcheidbar und an der Spitze durch die kugelrunde Narbe bekrönt. Wird im botaniſchen Garten dahier im Frigidarium kultivirt. 181 9, Berberis erataegina DC., weißdornartiger Sauerdorn. Stacheln einfach; Blätter länglich, netz— artig geadert, hier und da kaum etwas ſägezähnig; Trauben vielblüthig, gedrängt, abſtehend und kaum länger als das Blatt. Wächſt in Kleinaſien. Auch dieſer Strauch hält ohne Schutz nicht im Freien aus. Er iſt noch ſelten in Gärten und meiſt nur auf den gemeinen Sauerdorn veredelt aus den Baumſchulen. Wird im botaniſchen Garten im Kalthaus kultivirt. 10. Berberis cretica L., candiſcher Sauerdorn. Stacheln drei-fünftheilig; Blätter ovallänglich, ganzrandig oder etwas geſägt; Trauben drei- bis achtblüthig, faſt kürzer als die Blätter. Abb. Sibth. et Sm. Fl. graec. tab. 342. Wächſt auf den Bergen Candiens und auf den Bergen der Inſel Euböa, beſonders auf der mittleren Gruppe dem Delphis. Der cretiſche Sauerdorn bleibt ein Fuß hohes Sträuchchen mit ſtraffen und dichten Aeſtchen. Die Blätter ſind kaum ½ Zoll lang. Die Beeren eiförmig, ſchwarzblau, zweiſamig und mehr herbe als ſauer, die Narbe iſt ganz kurz geſtielt. Im Winter muß dieſes Sträuchchen in einen froſtfreien Ort gebracht werden, da es unſere Kältegrade nicht erträgt. Im botaniſchen Garten. 2. Mahonia, Blätter gefiedert. 11. Berberis Aquifolium Pursh., Stechhülſen-Sauerdorn. Stengel kriechend, wehrlos; Blätter ge— fiedert, zwei⸗ bis dreijochig; Blättchen länglich, geſchweift, dornig-gezahnt, an der Baſis herzförmig, einnervig, geadert; Trauben aufrecht, gedrängt; Staubfäden zweizähnig. Abb. Pursh. Fl. Am. north. 1. tab. 4! (ſehr gut). Syn. B. pinnata Banks. Mahonia Aquifolium Nott. Wächſt an den großen Waſſerſchnellen des Columbiafluſſes. Aendert ab: 8. repens F. et Groy = Mahonia repens G. Dom. Stengel mehr niederliegend wurzelnd. Abb. Bot. Reg. tab. 1176! Blüht im April und im Mai. Die Blüthen ſtehen in großen Büſcheln, aus mehreren Trauben beſtehend, und ſind gelb. Die Beeren ſind ſchwarzblau mit feinem weißlichen Dufte überhaucht und eßbar. Der Stamm iſt aufrecht, ſchlaffäſtig; die Aeſte ſind rankenartig niederliegend oder kriechend. Die Blätter immergrün, wechſelſtändig, geſtielt und unpaarig gefiedert. Die Blättchen dreijochig, einander gegenüberſtehend, ſitzend, blos das Endblättchen iſt geſtielt, länglich-eirund, an der Baſis ſchief abgeſtutzt, am Rande knorpelig buchtiggezahnt, lederartig, auf beiden Seiten glatt, glänzend. Die Zähne ſind an der Spitze ſtachelſpitzig. Die Blattſtiele drahtrund und glatt. Die Blüthentrauben ſtehen gedrängt in einem Büſchel und ſind mit den vorjährigen Knospenſchuppen am Grunde umſchloſſen. Die Blumen ſind ſchön goldgelb. Die Deck— ſchuppen ſtehen einzeln und ſind häutig, an der Baſis faſt herzförmig in einer langen Spitze endend und ab— fällig. Der dreifache Kelch iſt abfällig und offen. Der äußere ſehr klein, dreiblätterig. Die Kelchblättchen eirund, ſpitz. Der mittlere dreimal ſo lang mit faſt kreisrunden, häutigen Blättchen, welche in der Mitte mit einem Nerven verſehen ſind. Die ſechs Blumenblätter ſind faſt aufrecht, länglich, an der Spitze einge— ſchnitten, zweizähnig und kaum von der Länge des Kelches. Staubfäden ſind ſieben, welche kürzer als die Blumenkrone, etwas dick und in der Mitte mit zwei Zähnen verſehen ſind, dieſe ſtehen einander gegenüber. Die Staubbeutel find zweilappig und dick. Der Fruchtknoten oberftändig, eiförmig. Griffel ſitzend mit einer dreitheiligen Narbe. Die Beere iſt dreifächerig, dreiſamig, durch Verkümmerung öfters aber nur einſamig. Auf der Promenade; im Garten des Herrn Baron v. Richthofen. 12. Berberis nervosa Pursh., nerviger Sauerdorn. Stengel rankend geſtreckt, wehrlos; Blätter ges fiedert, verlängert, 5 — 6jochig. Blättchen eirund-länglich, lang zugeſpitzt, buchtig-dornigſägezähnig, drei- bis fünfnervig, Blumentrauben verlängert; Blumenblätter ganzrandig; Staubfäden zweizähnig. Im nordweſtlichen Amerika, an den Ufern bei den Waſſerſchnellen des Columbia. Abb. Pursch. Flor. Am. sept. 1. tab. 5! (excl. fig. florum) Bot. Reg. tab. 1425! Syn. Mahonia glumacea DC., M. nervosa Nutt. Dieſe Art unterſcheidet ſich von der vorhergehenden ſogleich durch die fünfnervigen Blätter und die ganzrandigen Blumenblätter, ſonſt übrigens dieſer in allen Theilen ſehr ähnlich. Sie wird auch nicht ſo hoch als die vorige und folgende. Beide vermehren ſich leicht aus Samen, der jedoch oft in der reifen Beere fehlgeſchlagen iſt. Im Winter müſſen ſie, damit die immergrünen Blätter nicht verderben, mit Nadelholzzweigen überbaut und am Grunde mit trockenem Eichenlaube oder Kiefernadeln bei uns eingedeckt werden. 13. Berberis fasciculata Sims., büſchelblüthiger Sauerdorn. Blätter 3 — 6jochig mit einem End- blättchen, die unteren Jochpaare dem Stiele an der Baſis angenähert; Blättchen eirund-lanzettförmig, buch⸗ tig⸗ſtachelzahnig, einnervig, auf beiden Seiten 4 — 5zähnig oder vielzähnig; Trauben aufrecht, ſehr gedrängt⸗ ſtehend; Staubfäden zweizähnig. Abb. Ker. Bot. Reg. tab. 702! Sims. Bo. Mag. tab. 2396! Deless. Ic. sel. 2. tab. 3. H. B. et Kunth. N. S. Am. V. tab. 434! Syn. Mahonia fascicularis DC. B. pinnata Lag. Wächſt in Neu-Spanien, Californien und um den Notka-Sund. Ein aufrechter, 3—4 Fuß hoher Strauch, den beiden vorhergehenden in allen Theilen ähnlich und der⸗ ſelben Kultur unterworfen. Im botaniſchen Garten; auf der Promenade. Die Gattung Berberis hat ſich in den letzten Dezennien außerordentlich vermehrt und umfaßt die mannigfaltigſten Geſtalten und Blattformen. Sie gehören jedoch meiſt den mittleren Höhenregionen der Gebirgszüge wärmerer Länder an und müſſen daher im Winter in Frigidarien konſervirt werden. Die Han⸗ delsgärtner Englands und Belgiens betrieben das Sammeln in dieſem Geſchlechte mit einer wahren Manie, und es iſt ihnen in der That gelungen, eine bedeutende Anzahl der herrlichſten Arten zuſammenzubringen. Sehr ſchöne Arten ſind noch folgende, welche ſchon in deutſche Gärten eingeführt worden ſind. Berberis empetrifolia Lam., B. cuneata Banks, B. heterophylla Juss., B. dealbata Lindl., B. tenuifolia Lindl., B. (Mah.) Fortunei Lindl., B. (Mah.) Ehrenbergii Kunze, B. (Mah.) trifoliata Moric., B. ilicifolia Forst., B. buxifolia Lam. (B. dulcis Sweet.). Es exiſtirt ferner in Baumſchulen noch ein ganzes Heer von Baſtarden des gemeinen, chinefifchen und canadiſchen Sauerdorns. Dahin gehören: B. cerasina, crenulata, declinata, laxiflora, lucida, macracantha, macrocarpa, mitis, nitens, obovata, sanguinolenta. spathulata et lacquini, welche Herr Profeſſor Schrader, wei— land im botaniſchen Garten zu Göttingen, unterſchieden hat, doch find nur einige davon beſchrieben. Biel fältige Ausſaaten davon haben mich aber überzeugt, daß es keine Arten ſind. — 2) Eine zweite Abhandlung iſt die zwar im Jahre 1850 in die Hände des Sekretärs der Sektion gekommene, aber in dieſem Jahre nicht mehr zum Vortrage gelangte Abhandlung des Herrn e v. Fabian: Ueber die Kultur der Melonen im Freien auf Hügeln, welche ſchon hier mitgetheilt wird, weil bis zu deren Veröffentlichung ſonſt noch ein Jahr vergehen würde. Sie lautet: Das Stück Land, welches zu den zu errichtenden Hügeln beſtimmt wird, mußte im Herbſte vorigen Jahres ſorgfältig bearbeitet und ſtark gedüngt werden. Ende April oder Anfang Mai (nie ſpäter, damit die Hügel ſich gehörig ſenken können, ehe fie bepflanzt werden) macht man runde Löcher 1½“ im Durchmeſſer, 6“ tief, 5 — 6“ von einander entfernt. In dieſe Löcher werden Kegel, 15“ hoch, von halbverfaultem Dünger (Pferdedünger iſt der beſte) aufgerichtet; der Dünger muß feſt an- und eingedrückt werden, und wenn er zu trocken iſt, ſo muß man ihn etwas anfeuchten. Auch kann man zu dieſen Kegeln Laub oder Moos nehmen, darf aber das Anfeuchten nicht vergeſſen, falls es zu trocken iſt. Mit erſterem habe ich den Verſuch gemacht, und beim Erfolge keinen Unterſchied zwiſchen der Anwendung von Dünger oder Laub ge— funden. Die Kegel werden nun mit einer 6—7 Zoll ſtarken Erddecke belegt, die von unten nach oben auf: geſchüttet und feſt angedrückt werden muß. Die Erde muß eine humusreiche, mehr ſchwere als leichte, ſchwarze Erde ſein, gut verkleinert und gereinigt; eine gute Gartenerde iſt oft die beſte und anwendbarſte. Der fo fertige Hügel würde an der Baſis 28 — 30“ im Durchmeſſer und eine Höhe, von der Ober: fläche des Beetes an gerechnet, von 22—24 Zoll haben; die Spitze hätte 12—14“ im Durchmeſſer. Hier werden nun 2 Löcher von 3“ Tiefe und Durchmeſſer gemacht und mit ganz abgelegener Düngererde gefüllt. In dieſe legt man die Melonenkörner oder ſetzt die ſchon vorräthigen Pflanzen aus; auf jeden Hügel zwei. Die Pflanzen müſſen aber tief bis zu den Samenlappen eingeſetzt werden. Die Pflanzung iſt für unſer Klima allein rathſam, weil hierdurch mindeſtens 2— 3 Wochen Zeit gewonnen wird. Es iſt gut, wenn, falls die Pflanzen aus ihren Samentöpfen ſchon in größere verſetzt waren, vor der Einpflanzung auf den Hügel die Spitzen abgeſchnitten werden. Sobald die Pflanzen eingeſetzt ſind, wird über je zwei Pflanzen eine gläſerne Glocke, 10 — 12“ im Durchmeſſer 8—10“ Höhe, feſt aufgeſetzt (die Glocke koſtet 8 Sgr.). Man kann auch Glocken von geöltem, ſchwarz angeſtrichenen Papiere hierzu verwenden, ſolche haben aber nicht ausdauernde Haltbarkeit. Die Glocken dürfen, bevor die Ranken ſolche nicht ausfüllt, nie abgenommen oder gelüftet werden, da hierdurch im Frühjahre zu leicht eine Erkältung der jungen Pflanzen herbeigeführt würde, die dem Wachsthume ſehr nachtheilig werden kann. Wenn die Ranken die Glocke ausfüllen, wird letztere abgenommen, die Ranken auf dem Hügel niedergebogen und die Spitzen derſelben abgeſchnitten. Der ganze Hügel ſelbſt wird bis zu dem Stocke der Pflanze 1— 1% Zoll hoch, mit halbverfaultem ſchwarzen Dünger bedeckt und die Glocke 2—3“ hoch auf Gabeln (3 Stück find hinreichend) geſtellt, damit die Ranken Spiel— raum haben. Sobald die Ranken die Mitte des Hügels erreicht haben, werden die Spitzen derſelben aber— mals abgeſchnitten; eine weitere Verkürzung oder Beſeitigung derſelben würde der Ernte Abbruch thun. Das ganze Beet wird nun ſorgfältig aufgelockert, von allem Unkraute befreit. Es darf nun ſo wenig als möglich um die Hügel herumgegangen werden, auch keine weitere Auflockerung der Erde ſtattfinden, aber das Unkraut muß ſtets entfernt werden. In kurzer Zeit werden ſich die feinen Wurzeln der Melonenpflanzen bis 9“ lang zwiſchen der Erde und der Düngerdeckung hinziehen. Jedes Herumwühlen in den Ranken iſt ſchädlich, ſolche werden hierdurch gedrückt oder verdreht. Vorzügliche Aufmerkſamkeit muß auf die Erhaltung der Blätter verwendet werden, da die geringſte Beſchädigung das Blatt abſterben läßt. Es iſt ein richtiger Erfahrungsſatz: jemehr Blätter, jemehr Melonen. Es giebt Melonen, z. B. die von Aſtrachan, die durchaus ihre Ranken nicht von ſelbſt niederbeugen wollen, ſolche müſſen durch Haken hierzu genöthigt werden. Wenn neue Ranken die Glocke ausfüllen, müſſen ſie ſehr behutſam unter ihr hervorgezogen werden, ſie würden ſonſt dem Stocke der Pflanze die Sonnenwärme entziehen. Sobald die Ranken über den Fuß des Hügels hinausgehen, wer— den die Spitzen mit einem ſcharfen Grabſcheite abgeſchnitten, dies muß ſpäter noch einmal wiederholt wer— den, niemals aber zum drittenmale, weil dies die Pflanze überreizen würde. Wenn die Melone die Hälfte 184 ihrer Größe erreicht hat, nehme man ſie ſehr vorſichtig unter dem Laube hervor und lege ſie auf mit Löchern verſehene Bretter oder auf Flachwerk. Es iſt größtentheils der Gebrauch, die Melonen, wenn ſie ausgewachſen ſind und anfangen zu reifen, umzuwenden; dies iſt zur Verfrühung ihrer Reife durchaus nicht nöthig. Durch das Umwenden werden Ranke und Stiel gedreht und hierdurch eine nachtheilige Hemmung des Zufluſſes der Säfte, ohne allen Vor: theil, herbeigeführt. Haben die Früchte die Größe einer Fauſt erreicht, kann man, wenn zu viel Ranken vor⸗ handen find, deren einige Sorten gern viele machen, die nicht tragenden mit Vorſicht abſchneiden. Dft fegen. die Pflanzen unter der Glocke Früchte an; dieſe muß man ſo lange ſie Raum haben, darunter liegen laſſen, es werden ſtets die größten und beſten Früchte. Das Begießen der Pflanzen mit einer feinen Brauſe darf nie verſäumt werden, und man braucht bei dieſer Kultur weit weniger ängſtlich mit dem Begießen zu ſein. Bei großer Hitze und Trockenheit muß Morgens und Abends ſtark begoſſen werden; nie dürfen die Pflanzen ſo Mangel an Feuchtigkeit leiden, daß es ſichtbar wird. Manchmal befinden ſich zwei Früchte zuſammen; wenn ſolche gleichmäßig im Wachsthume vorſchrei⸗ ten, können ſie bleiben, wenn aber die eine ſchneller wächſt, muß die zurückbleibende entfernt werden, ſonſt wird aus beiden Früchten nichts. Es würde nicht rathſam fein, die Hügel größer, als ich angegeben, aufzurichten; dieſe Dimenſionen ges währen den großen Vortheil, daß die Sonne die Hügel durch und durch erwärmt, welches bei größerem Umfange nicht ftattfinden könnte. Man kann auch Dämme zu dieſer Kultur verwenden, wo die Pflanzen 5 —6“ von einander geſetzt werden; fie bedürfen aber mehr Dünger und Erde, und werden nicht wie die Hügel ſo ſtark von der Sonne erwärmt. Ich habe im vorigen Jahre ſchon Ende Auguſt von den Hügeln reife Melonen geerntet; überhaupt verſpäteten fi) von den auf Hügeln gezogenen Melonen weit wenigere, als von denen im Frühbeete ge: pflanzten. Aus Vorſtehendem ergiebt ſich wohl, daß die Kultur der Melonen im Freien weniger Schwierigkeit, weniger Arbeit und Koſten verlangt als in Frühbeeten. Die Unterhaltung der Frühbeetfenſter, der theuere Dünger ſind Unkoſten, die größtentheils erſpart werden. Dagegen iſt die Ernte eine viel größere, denn wenn ich im Frühbeete nur eine gewiſſe Anzahl Früchte der Pflanze belaſſen darf, ſo wird hier keine entfernt; ſo viel die Pflanze tragen will, wird ihr gelaſſen. Am beſten ſcheinen ſich zu der Kultur im Freien zu eignen: 1) Muscatello (nicht mit Muscatmelone zu verwechſeln); ſie ſetzt bald keulenartige, bald runde Früchte an; von drei Pflanzen erhielt ich nun erſtere, 20 Stück; ſie hat wenige dünne, nicht lange Ran— ken, blüht ſehr ſtark, ſetzt viel Früchte an, wirft aber auch viel ab. Ihre Kultur iſt im Freien viel leichter als im Frühbeete, da die ſtets abfallenden Blüthen und Früchte hier, wenn ſie nicht täglich zweimal abgeſucht werden, ſofort Fäulniß erzeugen, was im Freien nicht eintrifft. Sie ver— trägt ungern Berührung der Ranken und Entfernung derſelben. Sie hat die Eigenheit, daß die Früchte ſchon reif noch 14 Tage am Stocke, abgenommen noch 14 Tage in einem trockenen Keller aufbewahrt bleiben müſſen, worauf ſie erſt verſpeiſt werden. Nach meiner Wahrnehmung iſt bei Kultur dieſer Melone noch mehrjährige Erfahrung nöthig, um die richtige Behandlung für unſer Klima feſtſetzen zu können. Sie gehört unſtreitig zu den beſten ihrer Art; keine andere hat das Aroma wie ſie. Es iſt ſelten, daß ſie über 3 Pfund ſchwer wird. Sie iſt in Italien durch künſtliche Kreuzung erzeugt, von da nach Frankreich gebracht, wo ſie Loiſel zuerſt anbauete; 2) weiße Amerikaner, eine ſehr gute große Melone; 3) neue Amerikaner, klein, ſehr reichtragend und ſüß, läßt ſich nur im Freien mit Erfolg ziehen; reift ſchon im Auguſt; — 185 4) von Aſtrachan, länglich, ziemlich groß, ſehr gut; 5) Maimelone, groß und rund, ſehr zart; 6) Beinahe ſämmtliche Netzmelonen; 7) Pfirſich, wohl eine der vorzüglichſten Melonen, entſpricht im Geſchmacke dem Namen, reift leicht und früh, wird nicht groß; 8) Chineſiſche Apfelſine. Nach meinem Dafürhalten möchte ich die mir bekannten Melonen klaſſifiziren: Sarepta, Pfirſich, Muscatella, Ispahan, Griechiſche Königs-, weiße Amerik., weiße Netz-, neue Amerik., ſchwarze Portugieſiſche (die reichſt tragende, ſehr ſüß), Mai-, Aſtrachan- u. ſ. w. Sarepta und Ispahan haben grünes Fleiſch und die Eigenheit, daß ſie bei ihrer Reife weder ein Aroma verbreiten, noch gelb werden, nur durch ihre werdende Weiche zeigen ſie die Reife an. Es iſt beſſer, ſie etwas zu früh als zu ſpät abzunehmen und im trockenen Keller nachreifen zu laſſen, nicht aber der Sonne auszuſetzen, wodurch jede Melone an Geſchmack verlirt. 3) Zur Ergänzung der früheren Jahresberichte mag Einiges aus dem Berichte des Herrn v. Fabian und den vom Sekretär der Sektion gemachten Erfahrungen über den Gemüſebau noch folgen. Von den Kohlarten hat ſich das griechiſche Centner Kraut wiederholt als gut und für den Anbau im größeren Umfange beſonders tauglich erwieſen. Die angeprieſenen neuen Salaten ſcheinen keinen Beifall zu finden; ſie werden auf dem Markte in Breslau ſich noch lange nicht einbürgern, weil man hier an den feinen und zarten Salat ſich nicht gewöh— nen will, und nur da kauft, wo Salat mit ſteinfeſten Köpfen zu haben iſt. Als gute Bohnen können von den neuen Arten empfohlen werden: die römiſche durchſichtige Brech-Wachsbohne, welche eine der beſten Brechbohnen iſt. Sie hat eine noch fleiſchigere Schote als die gleichnamige Stangenbohne, reift früher und trägt reichlich. Sie macht kurze Ranken, iſt daher nicht ganz eine Buſchbohne. — Die braune Rieſen-Speckbohne, welche zart und reichtragend iſt. — Die Rieſen-Schwertbohne, fein, zart und reichtragend. — Die Caroliniſche Bohne (Buſchbohne) liefert zwar die beſten und zarteſten Körner für die Küche, wird aber für den allgemeinen Anbau nicht zu brauchen ſein, da ſie einen großen Raum, warmen Stand— ort und günſtige Witterung zum Reifen braucht. Ausftellungen. a. Die Frühjahrs- Ausstellung. f Dieſe wurde vom 21. bis zum 25. April in dem Saale des Café restaurant, Karlsſtraße Nr. 37, veranſtaltet und fand im Publikum großen Beifall. Es hatten ſich nur Sektionsmitglieder betheiligt, und zwar die Herren: Kunſt⸗ und Handelsgärtner Breiter, Ed. Monhaupt, Rittergutsbeſitzer Bar. v. Richt— hofen, Kaufm. Müller, Oberſtlieut. v. Fabian, Zimmermſtr. Roth, v. Wallenberg auf Maria-Höfchen, Gartenbeſitzer Berndt, Kunſtgärtner Urban, Kaufmann L. Hüſer, Rittergutsbeſitzer Mens auf Schottwitz und der Sekretär der Sektion. Von Nichtmitgliedern hatten ſich betheiligt: die Hrn. Kaufleute Müller und Krull, der Rechtskanzliſt Glatzel zu Neuſtadt O/ S. und der Hofzahnarzt Mangelsdorf. Die Dekorationspflanzen waren von der ſtädtiſchen Promenade, aus dem botaniſchen Garten und von dem Sekretär der Sektion geliefert worden. Nächſt dem Herrn Breiter hatten zur Ausſtellung die Herren Nadbyl, Müller, B. v. Richthofen und Roth die meiſten blühenden Pflanzen eingeliefert und ver— dankt ihnen die Sektion hauptſächlich die ſchöne Ausſtattung derſelben. 24 186 Von Herrn Breiter war, um fo nur das Hauptſächlichſte hervorzuheben, geliefert worden: Ein Pracht: exemplar der Weigelia rosea Lind., welches mit der goldenen Medaille gekrönt wurde. Es war gewiß das größte Exemplar, das bisher auf irgend eine Ausſtellung gebracht worden iſt, da es 6 Fuß im Durchmeſſer zählte, während das in London gekrönte nur 4 Fuß im Durchmeſſer hielt. Der Bau war armleuchterför— mig gehalten, wodurch ſich die Blüthenpracht eines jeden Zweiges dem Beſchauer präſentirte. Sämmtliche Blüthen, — nach vorgenommener Zählung drittehalb Tauſend, — prangten im herrlichſten Roth. Eine Kollektion von Tropäolumarten: T. brachyceras, T. azureum, T. tricolor mit der Varietät versicolor, T. pentaphyllum, T. speciosum, T. Haynianum, T. Deckerianum, Smithii &e., brachte ihm ebenfalls viel Ehre. Mit Ausnahme des Deckerianum waren fie alle in Blüthe, an Drahtſpalieren in Ballon-, Pyramiden- und Lyraformen ſich emporſchlingend, ausgeſtellt. Dieſer Tropäolum Kollektion war der erſte Preis der vaterländiſchen Geſellſchaft, eine ſilberne große Medaille, zu Theil geworden, den ſie auch, wenn man die Schwierigkeit der Kultur dieſer Pflanzengattung erwägt, verdiente. Herr Breiter hatte ferner eingeliefert eine Kollektion von Azaleen, darunter die neueſten engliſchen Arten, zum großen Theile hochſtämmig, mit ſchönen Kronen gezogen, die den zweiten Preis der vaterländi— ſchen Geſellſchaft, eine broncene Medaille, erhielten; dann reiche Sammlungen von Eriken — darunter in ſchönſter Pracht E. vernix coceinea, — und von neueſten Fuchſien. Unter feinen Camellien zeichnete ſich ein 6 Fuß hoher Baum mit 28 verſchiedenen Arten in ſchönſter Blüthe aus. Ein nach engliſcher Manier gezogenes Eriostemon scabrum, viele Arten von Rhododendron arboreum, von Akazien, Correen ꝛc. zier⸗ ten endlich noch die von Herrn Breiter eingenommenen Tafeln. Der Sekretär der Sektion hatte drei größere Pflanzengruppen und zwei kleinere Hyazinthengruppen ausgeſtellt. Die erſteren enthielten ſchön gezogene, baumhohe, neuholländiſche Gewächſe, Akazien, Melaleuken, Metroſideros, Rhododendrons, Camellien, Azaleen ꝛc., und gewährten einen ſchönen Anblick, beſonders zeichnete ſich das Rhododendron arb. Lady Bufly und die Camellia Prinz Albert aus. Den Saum dieſer Gruppen bildete ein Kranz von mehr als 200 prachtvoll blühenden, aus Harlem bezogenen Hyazinthen, dar— unter die rothen einfachen: Appelius, Bouquet tendre, Cochenille, Diebitsch Sabalkansky, Le franc de Berkhey, Mars, Monsieur de Faesch, Tempel von Apollo; — die einfach blauen: Bar. v. Thuyll, Emilius, Grand Vedette, La crepuscule, Mademoiselle de Lavalière, Prinz Albert v. Preussen, Quen- tin Durward; — die einfach weißen: Grand Vaingeur, Grand Vedette, Hercules, Madame Talleyrand, Queen Victoria, Voltaire. Die beiden beſonders aufgeſtellten Hyazinthengruppen ſind ein Breslauer Erzeugniß, und die Anſicht derſelben zeigt, daß ſie in nichts den aus Holland bezogenen nachſtehen. Es waren die verſchiedenſten Arten, gefüllte und einfache, abgeſchnitten, theils in feuchtem Moos, theils in Baumſtützchen, mit Epheu umrankt, zur Schau geſtellt, und erhielten den zweiten Preis der Sektion, die große ſilberne Medaille. 1 Herr Kaufmann Müller hatte eine große, ſchön arrangirte Gruppe verſchiedener Pflanzen aufgeſtellt, worunter ſich vorzüglich die Calceolarien auszeichneten; es wurde dieſer Gruppe die Belobung zu Theil. Herr Baron v. Richthofen hatte Cacteen und Rhododendra eingeliefert. Letztere find meiſt Säm— linge aus Samen vom Himalaya. Ein Exemplar zeichnete ſich vorzüglich durch ſeine dunkelrothen, braungefleckten, großen Blüthen aus, weshalb es den dritten Preis der Sektion, die kleine ſilberne Medaille, erhielt. Es wurde dieſer Varietät der Name Rhod. arb. Goeppertianum beigelegt, und erhielt fie Herr Breiter zur Kultivirung. Herr Kaufmann L. Hüſer hatte eine gutkultivirte Cacteen-Kollektur aufgeſtellt, in der ſich Echinopsis rhodacantha auszeichnete und welche eine Belobung erhielt. Herr Maurermeiſter Roth hatte eine Rotunde ſchön blühender Pflanzen, die Beifall fand, aufgeſtellt, und Herr Kunſtgärtner Urban zierte die Ausſtellung mit verſchiedenen zwergartig gezogenen Pflanzen in 187 niedlichen Gefäßchen, welche vielen Anklang, namentlich bei der Damenwelt fanden, und auch einen Preis erhielten. Bohnen und Maisarten waren von Herrn Oberſtlieutenant v. Fabian, Rüben von Herrn Rit— tergutsbeſitzer Mens und Kartoffelarten von Herrn Eduard Monhaupt eingegangen, welcher auch das Arrangement des Ganzen geſchmackvoll beſorgt hatte. Ueber das am erſten Tage der Ausſtellung gefällte Urtheil des Preisrichter-Kollegiums lautet die Ver— handlung wie folgt: Das Preisrichter-Kollegium beſtand aus folgenden Perſonen: 1) dem Herrn Profeſſor Dr. Henſchel, als Vertreter des abweſenden Präſes der vaterländiſchen Geſellſchaft, 2) dem Sekretär der Sektion, 3) den gewählten Mitgliedern: Herren Lieutenant Sternaux, Oberforſtmeiſter v. Pannewitz, Gymna— ſial⸗Direktor Dr. Wimmer, Kunſt- und Handelsgärtner Breiter, Landſchaftsgärtner Alexander Mon: haupt, Kunſtgärtner Berger und 4) den Stellvertretern Herren Kaufmann Müller, Oberſtlieutenant v. Fabian, Maurermeiſter Roth und Kunſtgärtner Urban. Es hat nach der ihm für die diesjährige Frühjahrs-Ausſtellung gewordenen Inſtruktion nachſtehende Preiſe vertheilt: 1) die goldene Medaille, als erſter Preis der Sektion, auf die Weigelia rosea des Kunſt- und Han⸗ delsgärtner Breiter, wegen ihrer vorzüglichen Schönheit in Bezug auf Größe (Umfang 187, Höhe 3“ und 6“ Durchmeſſer), Kultur und Blüthenfülle (2500 Blüthen); 2) die ſilberne Medaille, als erſter Preis der ſchleſiſchen Geſellſchaft für vaterländiſche Kultur, auf eine Kollektion Tropaeola des Herrn Kunſt- und Handelsgärtners Breiter (brachyceras, azureum, tricolorum, Heynianum, Deckerianum, speciosum; Smittii, pentaphyllum &.), ſämmtlich blü— hend (in Ballon-, Pyramiden- und Lyraform); 3) die große ſilberne Medaille, als zweiter Preis der Sektion, auf eine Hyazinthen-Kollektion des Herrn Univerſitäts⸗Sekretär Nadbyl, in Berückſicktigung ihrer Schönheit und eigener Erziehung und der bedeutenderen Einführung der Hyazinthenkultur in Breslau; die kleine ſilberne Medaille, als dritter Preis der Sektion, auf ein neues aus Samen erzogenes Rhododendron arboreum des Herrn Baron v. Richthofen, wegen der Vorzüglichkeit der Blume in Farbe und Bau und der Eigenthümlichkeit der Blätter; 5) die erſte broncene Medaille, als zweiter Preis der ſchleſiſchen Geſellſchaft, auf eine Gruppe Liliput— Pflanzen des Kunſtgärtners Herrn Urban, in Berückſichtigung ihrer Lieblichkeit und der damit verbundenen Reellität der Kultur; 6) die zweite broncene Medaille, als dritter Preis der ſchleſiſchen Geſellſchaft, auf die Kollektion der neueſten engliſchen Varietäten der Azalea indica des Herrn Kunſt- und Handelsgärtner Breiter, wegen deren Schönheit in Bau, Blüthenfülle und Art der Kultur. F 4 — Die ſechs Belobigungen wurden zuerkannt: 1) Einem mit 28 Varietäten beſetzten Camellien-Baume des Kunſt⸗ und Handelsgärtners Herrn Breiter, 2) der Gruppe des Univerſitäts-Sekretärs Herrn Nadbyl, rechts im Saale, wegen der darin befindlichen Rhododendron arboreum, Azalea indica, Hyazinthen, Ca: mellien ꝛc., 3) der Gruppe des Herrn Kaufmann Müller wegen des Arrangements und der darin enthal— tenen Cinerarien, Calceolarien ꝛc., 4) der durch beſonders ſchöne Exemplare gezierten Cacteengruppe des Herrn Kaufmann Hüfer, 5) einer auf einer großen Lyra geflochtenen blühenden Rosa banksia lutea vom Herrn Promenaden⸗Inſpektor Schauer, und 6) der durch Penſe's ſich auszeichnenden Gruppe des Herrn v. Wal— lenberg auf Maria-Höfchen. Die Preisrichter glaubten außerdem noch nach ihrer individuellen Ueberzeugung ehrenvoll erwähnen zu können: die nachträglich ausgeſtellte Lackgruppe des Kunſt- und Handelsgärtners Herrn Eduard Monhaupt, und die ausliegende Rüben-Kollektion vom Dominium Schottwitz. 24 h. Die Herbit - Ausstellung, an welcher ſich nicht blos Mitglieder der Sektion, ſondern auch die des hieſigen Central-Gärtnervereins be: theiligten, fiel recht befriedigend aus. Das Arrangement, welches wieder Herr Kunſt- und Handelsgärtner Ed. Monhaupt, unter Beihülfe des Herrn Promenaden-Inſpektors Schwager, beſorgt hatte, war ſehr geſchmackvoll ausgefallen und wurde durch die Dekoration des Herrn Brückner aus Bohrau erhöht. In die Herbſt-Ausſtellung kann ſtets eine größere Mannigfaltigkeit gebracht werden, da ſie neben den Pflanzen auch Früchte aufnimmt. Von den letzteren war das Obſt freilich im Jahre 1850 gänzlich mißrathen, ſo daß eine reiche Repräſentation deſſel⸗ ben nicht zu erwarten war. Daher hatte die Sektion dieſe Lücke durch die Vorlegung des angekauften, ſchon erwähnten Dittrich ſchen Obſtkabinets ausgefüllt und hierdurch dem Publikum einen hohen Genuß verſchafft. Es hatten ſich an der Ausſtellung betheiligt, aus Breslau die Herren: Kunſt- und Handelsgärtner Breiter, Eduard Monhaupt, Julius Monhaupt, Pohlſche Erben, durch den Geſchäftsführer Erkel; die Kunft- gärtner: Brieger, Eiſtert, Göldner, Ibiſch, Kattner, Kraus pe, Springer und Urban; die Pri- vaten: Partikulier Adler, Oberſtlieutenant v. Fabian, Geh. Ober-Regierungsrath Heinke, Kaufmann Held, Kaufmann L. Hüſer, Kaufmann Liebich, Kaufmann Molinari, Kaufmann Müller, Univerſitäts⸗ Sekretär Nadbyl, Baron v. Richthofen, Maurermeiſter Roth, Kalkbrennereibeſitzer Strauß, Kaufmann Thiel und Kaufmann Zeiſig. Von Auswärts die Herren: Kunſt- und Handelsgärtner Brückner aus Bohrau und Eyſſenhardt aus Liegnitz, der Promenadengärtner Hoffmann aus Salzbrunn, Bahnhofinſpektor Fellmann aus Frei— burg, Rittergutsbeſitzer Mens auf Schottwitz, König aus Tinz und das Dominium Roſenthal. Demnächſt hatten auch der botaniſche Garten und die ſtädtiſche Promenade die Ausſtellung mit Pflanzen geziert. Die hauptſächlichſten Leiſtungen auf dieſer Ausſtellung ſind folgende: Um mit der Königin der Herbſtblumen anzufangen, ſo ſind zunächſt die drei Sammlungen von Geor— ginen zu erwähnen, welche die Herren Eyſſenhardt aus Liegnitz und die beiden hieſigen Georginenzüchter Kattner und Nadbyl vorgelegt hatten, von denen die erſtere die reichhaltigſte war, mit der aber die letz— teren rückſichtlich der Neuheit der Sorten wetteiferte. Die neueſten Fuchſien hatte Herr Breiter eingeliefert und darunter namentlich: Fuchsia corymbi- flora fl. albo, f. macrantha, f. spectabilis, f. elegans Turville, f. Lord Nelson, f. caracticus, f. Gem of the West, f. magnificens, f. Triomphe (Miellez), f. Perfection, f. admirable, f. the President u. a. m. Die übrigen Pflanzengruppen deſſelben Züchters enthielten an hervorzuhebenden neuen Pflanzen: Gloxinia venusta, Gl. Handleyana, Petunia Erzherzog Johann, Zauschneria californica, Chirita sinen- sis, Cantua pyrifolia et C. bicolor, Calystegia pubescens &e. Eine große Zierde der Ausſtellung war die von Herrn Jul. Monhaupt aufgeſtellte Coniferen-Samm⸗ lung, ſicher die bedeutendſte in Schleſien. Wohl ſelten iſt eine Ausſtellung mit einer ſo reichen Sammlung geziert worden, denn ſie zählte gegen 100 Arten. Es befanden ſich darunter: Pinus canariensis (Sweeh, filifolia, longifolia, macrophylla, Bankseana, ayacahuita, Picea Douglasia, Brunoniana, Pindrow, spe- etabilis, Nordmanniana, Cedrus, Deodora, C. Libani, Cryptomeria japonica, Auracaria imbricata, Cupressus Tournefortii, C. torulosa, Dammara australis, Podocarpus longifolia, P. nervifolia, Taxo- dium Horsfieldii, T. sempervirens, T. sinense pendulum, Torreya taxifolia, Juniperus ericoides u. a. Demnächſt müſſen die aus dem botaniſchen Garten gelieferten Blattpflanzen als beſonders in's Auge fallend bezeichnet werden, darunter namentlich die zwei blühenden Prachteremplare der Yucca aloifolia, Za- mia horrida, Begonia macrophylla, B. platanifolia u. a. Von ſelteneren Pflanzen hatte auch Herr Nadbyl aufgeſtellt: Banksia australis, B. attenuata, B. serratifolia, B. phylicaefolia, Beaufortia splendens nova, Protea cynaroides, Dryandra dentata. D. ner- 189 vosa, D. forınosa, Rhododendron Gibsoni und eine blühende Orchidee, Rodrigesia Barkeria, die erfte auf den ſchleſiſchen Ausſtellungen. Von den aufgeſtellten Pflanzengruppen wetteiferten die des Herrn Müller und der Pohlſchen Erben um den darauf geſetzten Preis, und wurden beide prämiirt, erſtere mit der Prämie und letztere mit dem Acceſſit. Die Müller ſche Gruppe enthielt bei Weitem mehr blühende Pflanzen als die Pohlſche, und fanden ſich in ihr außer Farrenkräutern und Mooſen vor: Torrenia asiatica, Dracaena australis, Argelonia Gardneri, Plumbago Larpentae, — während die Pohlſche Gruppe ein Prachtexemplar von Bonapartea juncea, eine große blühende Begonia fuchsioides und eine Zamia horrida enthielt. Die Gruppen der Herren Krauspe, Göldner, Brieger, v. Richthofen, Roth, v. Fabian und Zeiſig enthielten ſchöne Fuchſien-Sammlungen, Eriken, Schlingpflanzen, Verbenen u. dergl., und zierten die von ihnen eingenommenen Tafeln in hohem Grade. Herr Urban und Herr Kaufmann Thiel verſchönerten durch ihre Lüliputpflanzen und einen von letz— terem aufgeſtellten Pflanzengarten in franzöſiſcher Manier die Ausſtellung. Das Obſt war hauptſächlich durch Wein repräſentirt, namentlich hatte Herr Kaufmann Held und Herr E. Monhaupt richtig bezeichnete Weinſortimente vorgelegt, von denen das erſtere das reichhaltigere war und deshalb auch die Prämie erhielt, während dem zweiten das Acceſſit zuerkannt worden iſt. Außerdem waren prachtvolle Trauben ausgeſtellt von den Herren: Strauß, Adler, Molinari, L. Hüſer, Eiſtert und Ibiſch. Von Gemüſen war das Sortiment des Herrn v. Fabian das reichhaltigſte. Es befanden ſich dar— unter 21 Bohnenſorten, größtentheils grün, die purpurrothe Kohlrabi, die Rübe v. Freuneuſe, die Mairübe u. a. Außerdem hatten Gemüſe und Rüben geliefert die Herren: Mens, Springer, Fellmann, Brückner, Strauß und das Dominium Roſenthal. Am ſtärkſten vertreten waren die Kürbiſſe. Von dieſen hatten die Herren v. Fabian, Liebich, Roth, Mens, Brückner und König ausgeſtellt. Die Sammlung des Hrn. v. Fabian enthielt 82 Spez. in 95 Exemplaren. Nächſt ihr kam die durch die ſchönſten Formbildungen gezierte Kürbisgruppe des Herrn Liebich. Der von Herrn König eingeſendete Kürbis wog 128 Pfund. Endlich müſſen noch die künſtlichen Arbeiten des Herrn Brückner und des Kunſtgärtners Herrn Hübſcher erwähnt werden. Erſterer hatte außer einer paſſenden Dekoration für den Eingang zum Saale — eine Vaſe, und Letzterer ebenfalls eine Vaſe von Immortellen eingeliefert. Dieſe Arbeiten verdienen Nach— ahmung und werden ſicher immer geſchmackvoller hergeſtellt werden. Das am erſten Tage gefällte Urtheil der Preisrichter lautet wie folgt: Es erhielten nach dem Ausſpruche des Preisrichter-Kollegiums: I. Die Sektions-Prämien: 2 A. Herr Kaufmann Müller die Prämie von 1 Frd'or. und Herr Erkel, als Geſchäftsführer in der Pohlſchen Gärtnerei, das Acceſſit von 1 Dukaten für die gelungenſte Zuſammenſtellung gut kul— tivirter blühender und nicht blühender Pflanzen eigener Züchtung. B. Herr Handelsgärtner Breiter die Prämie von 1 Frd'or. für werthvolle Pflanzen, die für Breslau als neu eingefühtt erkannt wurden. C. Herr Kaufmann Held die Prämie, beſtehend in einer großen ſilbernen Medaille, und Herr Han— delsgärtner Eduard Monhaupt das Acceſſit, beſtehend in einer kleineren ſilbernen Medaille, für die reichſte und richtig bezeichnete Sammlung von Wein. D. Herr Handelsgärtner Julius Monhaupt die Prämie, beſtehend in der großen ſilbernen Medaille, für einzelne Exemplare von Gemüſen im beſten Kulturzuſtande. Die Sektions-Prämie nebſt Acceſſit für ausgezeichnete Kulturpflanzen wurden wegen mangelnder Bewerbung nicht vergeben. 190 II. Die Prämien des Central⸗Gärtnervereins erhielten: A. Herr Breiter die Prämie von 1 Frd'or. und Herr Kunſtgärtner Krauspe das Acceſſit von 1 Dukaten für das ſchönſte Sortiment blühender Pflanzen eigener Kultur. B. Herr Oberſtlieutenant v. Fabian die Prämie von 1 Frd'or, und Herr Julius Monhaupt das Acceſſit von 1 Dukaten, für die im beſten Zuſtande befindliche Sammlung von Gemüſen eigener Züchtung. III. Ehrenvolle Erwähnung wurde zu Theil: f Dem Herrn Handelsgärtner Eyſſenhardt in Liegnitz, dem Herrn Kunſtgärtner Kattner und dem Herrn Univerſitäts⸗Sekretär Nadbyl, für ihre Georginen-Sammlungen; dem Herrn Jul. Monhaupt, für die Coniferen⸗Sammlung; dem Herrn Promenaden-Inſpektor Hoffmann zu Salzbrunn für die Fuch⸗ ſien⸗ und Roſen⸗Sammlung; dem Herrn Kaufmann Zeiſig, für ſeine Gruppe; dem Herrn Krauspe, für ſeine Schlingpflanzen; dem Herrn Kunſtgärtner Brückner zu Bohrau und dem Dominium Schottwitz, für die Gemüſe, Kürbiſſe und Feldfrüchte; dem Herrn Nadbyl, für die vorgelegten ſelbſtgezogenen Hpazinthen⸗ Zwiebeln; dem Herrn Thiel für ſeinen Miniaturgarten; dem Herrn Kunſtgärtner Urban, für ſeine Liliput⸗ Pflanzen; den Herren Brückner und Hübſcher für Immortellen⸗ Arbeiten. Das revidirte Statut der Sektion lautet dahin: Statut der Sektion für Obft- und Gartenkultur in der ſchleſiſchen Seſellſchaft für vaterländiſche Kultur. Bildung der Sektion. § 1. a) Aus wirklichen Mitgliedern der ſchleſiſchen Geſellſchaft; b) aus Mitgliedern, welche dieſer Sektion allein angehören. Hinſichtlich der erſteren gelten die allgemeinen Statuten der ſchleſiſchen Geſellſchaft; die letzteren, für welche das beſondere Statut der Sektion gilt, werden durch Behändigung eines von der Sektion ausge⸗ henden Diploms Mitglied derſelben. $ 2. Die Anmeldung zur Aufnahme geſchieht bei dem Präſidio der ſchleſiſchen Geſellſchaft. $ 3. Die Leitung der Sektion hat ein Sekretär; ihm zur Seite ſteht ein Stellvertreter, gleichzeitig als Protokollführer. Beide werden auf zwei Jahre gewählt. Geldmittel. $ 4. Die aufgenommenen außerordentlichen Mitglieder find zur Zahlung eines jährlichen Beitrages von I Thaler und zur thätigen Wirkſamkeit für die Sektion verpflichtet. Aus dieſen jährlichen Beiträgen, ſo wie aus allen anderweitigen Einnahmen der Sektion, wird für dieſe ein Separatfonds bei der ſchleſiſchen Geſellſchafb unter Verwaltung des Kaſſirers derſelben gebildet. Das Präſidium der ſchleſiſchen Geſellſchaft behält ſich jedoch vor, nach Befund der Umſtände einen Theil dieſes Fonds zur Lokalmiethe, Beheizung, Beleuchtung und Remuneration des Dieners in Anſpruch zu nehmen“). Bei etwaiger Auflöfung der Sektion verbleibt der Separatfonds und was daraus angeſchafft worden, der ſchleſiſchen Geſellſchaft als Eigenthum. ) Es iſt jedoch zu bemerken, daß dies bis jetzt noch nicht geſchehen iſt. 191 Zweck und Wirkſamkeit. § 5. Hebung der Obſt-, Gemüſe- und Blumenkultur in Schleſien. § 6. Möglichſte Concentrirung der auf dieſem Gebiete arbeitenden Kräfte. $ 7. Gegenſeitige Belehrung a) durch Vortrag und Debatten in Verſammlungen an beſtimmten Tagen im Lokale der ſchleſiſchen Geſellſchaft; b) durch Lektüre. Die den Gartenbau betreffenden Schriften der ſchleſiſchen Geſellſchaft ſtehen der Sektion zur Verfü— gung und genießt dieſelbe auch die Portofreiheit, als zufammenhängend mit der naturwiſſenſchaftlichen Sektion der ſchleſiſchen Geſellſchaft. Mitglieder, welche an dem Leſezirkel der Sektion theilnehmen wollen, zahlen hierfür einen außerordentlichen Beitrag von 20 Sgr. 8 8. Belebung und Aneiferung nel Ausſtellungen, Preisvertheilungen und anderer zweckdienlicher Mittel. a) Es finden jährlich mindeſtens zwei Ausſtellungen von Gartenerzeugniſſen aller Art ſtatt. Die hierzu nöthigen Anordnungen wird die Sektion beſonders treffen, für jede Ausſtellung aber einen Ordner beſtellen. 8 b) Geſtatten es die vorhandenen Geldmittel, ſo wird die Sektion bei Gelegenheit der Ausſtellungen Preiſe ertheilen und hierzu mindeſtens 6 Preisrichter und etwaige Stellvertreter ernennen, welche nebſt dem Sekretär der Sektion die Kommiſſion bilden, die ſich unter Leitung des jedesmaligen Präſes der ſchleſiſchen Geſellſchaft verſammelt. Der Ordner darf jedoch in der Regel nicht Mitglied dieſe Kommiſſion fein. e) Nach Beſchluß der Sektion können zur Zeit der Ausſtellungen öffentliche Verloſungen von Blu— mengewächſen ſtattfinden, auch im Ausſtellungslokale eine Verkaufsſtelle errichtet werden. § 9. Ankauf, Vertheilung und Beaufſichtigung des Angekauften. Die Sektion wird nach Maßgabe ihrer Geldmittel Sämereien, Pfropfreiſer, Pflanzen und Gehölze ankaufen, an die Mitglieder für Kulturverſuche zum Anbau und Berichterſtattung übergeben und dieſelben durch eine Kommiſſion beaufſichtigen. Beſondere Beſtimmungen. § 10, Mitglieder, welche der Sektion allein angehören, find verpflichtet, ein vorhabendes Ausſcheiden aus derſelben bis 6 Wochen vor Jahresſchluß dem Sekretär ſchriftlich anzumelden; ſpätere en bedingt die fernere Verpflichtung der Mitgliedſchaft während des nächſtfolgenden Jahres. $ 11, Es iſt eine beſondere Geſchäftsordnung für die Leitung der Sektion, fo wie Juſtruktlonen in Betreff der Ausſtellungen für die Preisrichter und wo es ſonſt erforderlich iſt, ausgearbeitet. Von der Sek— tion genehmiget, dienen dieſelben zur Darnachachtung des Sekretärs, der einzelnen Kommiſſionen und der ſonſt Beauftragten. $ 12, Das Statut, die Geſchäftsordnung und Inſtruktionen können nach den inneren Bedürfniſſen und Entwickelung der Sektion eine Abänderung durch Beſchluß derſelben, erſteres jedoch nur mit Genehmigung des Präſidii der ſchleſiſchen Geſellſchaft, erleiden. 2 * — * Ber 6 . reren wte * r 2 Der wou, weed did cher ne * n cn n A ; * Ki 2 er r U: eee SR" 0 N M unn ee de cher gebe n et . en Bum — n mne nee ori le r di 5 ac e U s der» ar 2 — * A ai ee, Nene in bl eee ED dern, a na gon nd a run G „= re 1 — * win . 5 W Nai Kt, dg a 3 e — all mol re; % Mme gnueg 5 Wü ne nz nd. anne 2 2 | 9 f Br Se 1 > PP 1 * dt ane m — 73 l 2 be a 8 5 ds. 5 * e Pi. nett gn Mr T PER ver a denden Diem We, > A n in Be Wr eee n ee PR, e, a arg en W e n a N „ e de ren dun Acht / beet ae es e wee 4 a ro nu, eh Defeat ne a = u er l X „ Satan Y * c Ban * 4 4. 1 1 T ie ee e ee N — 193 Bericht über die Vorträge der techniſchen Sektion im Jahre 1850, von Direktor Gebauer, zeitigem Sekretaͤr derſelben. Am 14. Januar ſprach Herr Dr. Schwarz: Ueber die Einrichtung der Glasfabrik zu Tembach im Thüringer Walde. Die Oefen ſind aus lufttrockenen Ziegeln erbaut und für ſechs Häfen eingerichtet, welche mit Holz auf zwei Schürungen geheizt werden. Der Thon zu den Häfen wird aus Almerode entnommen. Um die Oberfläche des Glaſes ſchaumfrei zu erhalten, ſchwimmt in den Häfen ein Thonring. Zur Schmelzung der auch anderwärts üblichen Materialien wird Glauberſalz verwendet. Er ſetzte die Formung, Streckung und Kühlung des Glaſes näher auseinander. Auch machte Derſelbe eine Beſchreibung der Wünſchelruthe. Den 28. Januar hielt Herr Kaufmann C. G. Kopiſch einen Vortrag: Ueber das neue Dergwerksgeſetz. Nach der in Schleſien geltenden Bergordnung iſt der Staat Eigenthümer der Erze, Kohlen und ande⸗ ret Foſſilien, mit Ausnahme des Eiſens, Kalkes und Gypſes. Er überträgt ſein Eigenthum als Lehn auf folgende Bedingungen: Wer auf die erwähnten, dem Eigenthume des Staats vorbehaltenen Stoffe graben will, erhält einen Schürfſchein auf 1 Jahr und 6 Wochen, der ihm das Recht giebt, auf fremdem Grund und Boden zu ſchürfen, d. h. zu graben. — Findet er in dieſer Zeit ein Erz- oder Kohlenlager, ſo läßt er den Fund be⸗ ſichtigen und muthet, d. h. er nimmt den Fund als den ſeinigen in Anſpruch. — Wird derſelbe für bau— würdig erkannt, ſo wird die Grube beliehen und vermeſſen. — Vorher aber wird der Grundeigenthümer be— fragt, ob er mitbauen will. Erklärt Derſelbe ſich zum Mitbau, ſo findet folgende Eintheilung des Gruben— lehns ſtatt: 61 Kure oder Antheile erhält der Finder, h BIP PIE) 5 „ der Grundeigenthümer, nine „ „ die Knappſchaftskaſſe, ain M „der Grundeigenthümer als fogenannte Grundkuxe. 25 194 Für die dem Grundeigenthümer zufallenden 61 Kure muß er, gleich dem Finder, die Grubenbaukoſten tragen und hat gleichen Antheil am Gewinn oder Verluſt des Unternehmens. Die übrigen 6 Kuxe nehmen erſt am Gewinne Theil, wenn die ſämmtlichen Auslagen durch die Aus⸗ beute vollſtändig bezahlt ſind, haben aber auch nichts zu den Koſten beizutragen. Der Betrieb der Grube ſelbſt wird durch königl. Beamten geleitet. Die Lehnsträger haben nur die Gelder zu beſchaffen und die geförderten Vorräthe zu verwerthen. Die Idee dieſes Berggeſetzes iſt nur von Anfang an geweſen, die Gefahr des Bergbaues von dem Staat abzuwälzen und denſelben durch die Induſtrie der Privaten ergiebiger zu machen. — Es leuchtet aber ein, daß dieſer Zweck nur ſehr mangelhaft erreicht wird. — Da der Betrieb ganz in den Händen der königl. Beamten liegt, ſo würde es eigentlich viel einfacher und natürlicher ſein, denſelben ganz für königl. Rechnung zu betreiben. — Die Einwirkung der Privaten kann, wie die Sache liegt, dabei wenig oder gar nichts nützen. Der Staat hat beſſere Gelegenheit, ſich große Kapitalien zu verſchaffen, er kann einzelne Un⸗ glücksfälle leichter überwinden; die Einmiſchung der Privaten verhindert eher großartige und zweckmäßige Pläne in Ausführung zu bringen. Dagegen iſt bei der Verwerthung der geförderten Stoffe, die mit wenigen Einſchränkungen den Pri— vaten überlaſſen iſt, deren Mitwirkung von großem Vortheil. Es leuchtet aber auf den erſten Blick ein, wie groß die Verwickelung der Rechtsverhältniſſe und des Betriebes wird durch die Betheiligung fo vieler verſchiedener Perſonen, wie des Staats, des Grundeigenthü- mers in zweierlei Geſtalt, des Finders und der Knappſchaftskaſſe. Hierzu treten die Verwickelungen die aus den Rechten auf die Oberfläche und die darunter liegenden Schätze ſelbſt entſtehen. Alles dieſes ſammt dem Bergbau läßt eine durchgreifende Reform um ſo mehr als wünſchenswerth erſcheinen, als es von größter Wichtigkeit iſt, auf dem Weltmarkt mit dem engliſchen Bergbau insbeſondere wetteifern zu können. Das neue Berggeſetz ſchlägt nun vor, den Bergbau den Privaten ſelbſtſtändig zu überlaſſen, unter⸗ wirft ihn aber ſehr ſtrengen Polizeigeſetzen, nicht nur in Betreff der Sicherheit, als vielmehr auch der Oeko⸗ nomie. — Es behält die verwickelten Rechtsverhältniſſe bei und vergrößert dabei wo möglich noch die Ver⸗ wirrung. Es iſt nun wohl augenſcheinlich, daß, wenn der Bergbau gedeihen ſol, der Eigenthümer auch berech- tigt fein muß, denſelben felbft zu betreiben. So nur allein kann das eigene Intereſſe, der wichtigſte Hebel und das wichtigſte Förderungsmittel jeder Induſtrie, in Wirkſamkeit treten; was nützt es aber, wenn dieſes auch nachgegeben wird und man andererſeits die freie Thätigkeit wieder durch Polizeigeſetze einſchränkt und hemmt. Der Staat hat die Pflicht, für das Leben und die Sicherheit ſeiner Unterthanen einzuſtehen, nicht aber ſich in die Oekonomie der Einzelnen zu miſchen; wo dies geſchehen iſt, ſind die ſchlechten Früchte nicht ausgeblieben. Was nun den Bergbau anbetrifft, ſo dürfte es vollkommen genügen, wenn derſelbe nur durch geprüfte und verantwortliche Sachverſtändige betrieben werden dürfte, wie jeder andere Bau, und wenn zeitweiſe die Bergwerke der Reviſion eines höheren Beamten unterworfen würden. Wird indeß die Polizeiaufſicht ſo weit ausgedehnt, daß die einzelnen Baupläne eingereicht und von einer höheren Behörde geprüft werden müſſen, ſo kann dies nur nachtheilig wirken. — Soll dieſelbe aber, wie der neue Berggeſetzentwruf vorſchreibt, ſo weit gehen, auch das Oekonomiſche der Sache zu prüfen, ſo ſind Verzögerungen und Nachtheile aller Art unvermeidlich und die Freiheit des Bergbaues wird rein nominell. Man findet eine Aufſicht in ökonomiſcher Hinſicht nothwendig, weil man die Verwüſtung der unter⸗ irdiſchen Schätze fürchtet; dieſe Beſorgniß iſt aber völlig illuſoriſch. — Niemand kann und wird den Berg— 195 bau auf die Dauer betreiben, wenn er ihm keinen Nutzen bringt. Auch die jetzige Bergbehörde hat diefen Grundſatz angenommen und befolgt ihn, weil ſie nicht anders kann. Sie verfolgt die Erzadern nur ſo lange, als ſie lohnend ſind, und läßt das Uebrige zu Brüchen gehen. Sie thut alſo nichts anderes, als was der Privatmann auch thun würde, da er, ſo lange er Vortheil daran hat, gewiß nichts liegen laſſen wird. Ein ſehr ſchlagender Fall in Oberſchleſien wird dieſen Satz vollkommen klar machen. Eine Kohlengrube bei Beuthen beſitzt zwei Kohlenflöze, ein ſchlechtes, welches oben liegt, ein gutes darunter. Man will ein Eiſenwerk errichten, was nur die untere Lage Kohlen verwenden kann, die obere aber findet ihrer ſchlechten Beſchaffenheit wegen keine Käufer. — Soll nun die Grube liegen bleiben, oder das Eiſenwerk in Betrieb geſetzt werden? Die Bergbehörde war lange zweifelhaft; endlich entſchied ſie ſich zu Gunſten des Eiſenwerkes. Das untere Flöz wird abgebaut und das obere geht zu Brüchen. Hier findet alſo offenbar ein ſogenannter Raubbau ſtatt. — Wer wollte aber der Behörde daraus einen Vorwurf machen? ſie hat ganz recht, das wichtigere Eiſenwerk zum Nachtheile der weniger wichtigen Grube zu begünſtigen, umſomehr als das zu Brüche gegangene obere Kohlenflöz nicht verloren gegangen iſt und vielleicht nach 4 — 500 Jahren doch noch verwendet werden wird, da bis dahin noch hinreichend beſſere Kohlen in der Gegend vorhanden ſind. Wenn nun dabei kein anderes Prinzip als der Vortheil maßgebend ſein kann, ſo kann man dem Privatmann in dieſem Punkte ruhig ſo viel Ueberlegung zutrauen als der Behörde, und die Bevormundung erſcheint als völlig unnöthig und ſchädlich. Sie würde höchſt ſtörend in den geſammten Bergbau eingreifen. Die Rechtsverhältniſſe, welche aus dem Geſetzentwurfe hervorgehen, dürften noch größere Verwickelun— gen herbeiführen, als bereits vorhanden. Ohne näher auf dieſelben einzugehen, da ſie ſicherlich nirgends An— klang finden werden, mag es zweckmäßiger ſein, auf die ganz einfache und natürliche Geſetzgebung Englands zu verweiſen, die uns ſo außerordentlich glänzende Reſultate vor Augen ſtellt. Nach engliſchen Geſetzen iſt der Grundbeſitzer auch Herr der unterirdiſchen Schätze. Es iſt dies ſo natürlich, daß man ſich unwillkürlich frägt, wie kann es anders ſein? Urſprünglich war es ſo allein. Im Laufe der Zeit haben die Majoratsbeſitzer und Fürſten die Foſſi⸗ lien für Regale erklärt und dieſelben beſonders verliehen. Man will nun dieſes Regal für den Staat beibe⸗ halten, obwohl es einleuchtend iſt, daß, wenn er nur die Bergwerke mit Abgaben belegt, er daſſelbe ruhig aufgeben kann, ohne das mindeſte zu verlieren. Das Regal iſt in keiner Weiſe mehr geſichert, als das Be— ſteuerungsrecht. Es kommt daher nur darauf an, das Nützlichere zu ermitteln. Iſt der Grundeigenthümer Herr der Foſſilien, ſo ſind die Rechtsverhältniſſe klar und geſtalten ſich in jedem einzelnen Falle durch freien Vertrag. So wird der Eiſenbergbau Schleſiens auf die einfachſte Weiſe gegen Zins für die Tonne Erz ver— pachtet, zum gegenſeitigen Vortheil des Grundeigenthümers und des Pächters. Alle Einwendungen gegen dieſes freie Prinzip zerfallen bei näherer Beleuchtung in Nichts. Zuerſt behauptet man, der Grundeigenthümer werde ſeine unterirdiſchen Schätze liegen laſſen, wenn ihm die Kapitale oder die Luſt zum Selbſtbetriebe fehlen, wenn er nicht gezwungen wird, Fremden das Schürfen zu geſtatten. Der Eiſenerzbergbau in Schleſien und der geſammte Bergbau Englands beweiſen das Gegentheil. Ein Monopol kann der Grundbeſitzer aber unmöglich feſthalten, wenn er mit ſeinen Kohlen gegen die engliſchen oder mit ſeinem Zink auf dem Weltmarkt wetteifern will und muß. Ein anderer Einwurf gegen das engliſche Syſtem iſt der Umſtand, daß die Grenze der Oberfläche nicht mit der der Lagerſtätte der Erze und Kohlen übereinſtimmt; dies iſt richtig. Wer aber die Grubenkarte Oberſchleſiens betrachtet, findet dieſe Uebereinſtimmung eben ſo wenig bei den durch königl. Beamte vermeſſenen Gruben; die Foſſilien überſchreiten überall die Grenzen, und es bleibt a 25 * ſich ſehr gleich, ob ſich zwei Gruben oder zwei eee über einen gemeinſchaftlichen Biete einigen müffen. Die durch das jetzige Geſetz bewirkte Zerfplitterung des Grubeneigenthums hat aber ſehr — Nachtheile. Die Anlage größerer Werke wird erſchwert; die Betriebskoſten werden vermehrt und ſtatt eine Grube in großartigen vollkommenen Betrieb zu ſetzen, werden viele kleinere Gruben höchſt mangelhaft verwaltet. — Kann der Staat ſich nur mit der Idee befreunden, daß ſein Regal ein werthloſer Name iſt, ſo iſt ſicher kein vollkommeneres Syſtem für den Bergbau zu finden, als die Freigebung an den Grundeigenthümer. ö Was nun die beſtehenden Werke anbelangt, ſo können deren Rechte nicht geſchmälert werden, ſie ſind mit großen Koſten und Gefahren wohl erworben. — Deren Betrieb muß freigegeben und ein Ablöſungs⸗ verfahren hinſichtlich der dabei obwaltenden Rechtsverhältniſſe eingeleitet werden. — Am beſten dürfte es ſein, wenn die Rechte des Grundbeſitzers, der Knappſchaftskaſſe und des Staats gegen einen einfachen Zins von der Tonne Erz oder Kohlen nach Verhältniß der Umſtände ausgeglichen würden. Sollten dieſe einfachen und natürlichen Grundſaͤtze bei der neuen Geſetzgebung zur Anwendung kom⸗ men, ſo dürfte die Zeit nicht entfernt ſein, wo wir auch in dieſer Branche, ſo wie in mancher anderen, England die Spitze bieten können. Den 11. März hielt Herr Profeſſor Dr. Duflos einen Vortrag: Ueber die Gewinnung und techniſche Anwendung des Binkoryds als Farbenmaterial anſtatt des giftigen Dleiweißes. Es wurden Proben von aus franzöſiſchen Fabriken bezogenem Zinkweiß vorgelegt, welche rückſichtlich der blendend weißen Farbe dem beſten Bleiweiße nicht nachſtehen, aber von erheblich niedrigerem Preiſe. Der Vortragende hob zunächſt die Unſchädlichkeit des Zinkweißes hervor und erläuterte durch vergleichende Verſuche feine Beſtändigkeit an der Luft, und feine Unveränderlichkeit gegen irgend welche, beſonders ſchwe— felwaſſerſtoffhaltige Ausdünſtungen, wodurch die ſchönſten Bleiweißüberzüge in fo kurzer Zeit mißfarbig wer⸗ den. Ganz beſonders ſei daher das Zinkweiß zum Bemalen von Tapeten geeignet. Man habe bis dahin dem mit Zinkweiß abgeriebenen Firnißanſtrich den allerdings nicht ganz unbegründeten Vorwurf gemacht, daß er langſamer trockene als der bleiiſche. Aber auch dieſem Uebelſtande habe man neuerdings mit dem beſten Erfolge dadurch abgeholfen, daß man zu dem zum Abreiben zu verwendenden Firniß eine kleine Quantität von mit Manganhyperoxyd gekochtem Leinöl (huile manganisée) zufügt. Es wird hierdurch die Sauerſtoff abſorbirende Kraft des Firniſſes in ſolchem Grade gefteigert, daß die Trocknung nun viel ſchneller als bei Anwendung von Bleiweiß vor ſich geht. Der Vortr. legt dann Proben von Zinkgrün und Zinkgelb vor. Die erſtere Farbe iſt ein Eobaltorydhaltiges Zinkorpd (Rinmanſches Grün) und ganz beſonders für die Tapetenmalerei zu empfehlen. Es ſteht allerdings dem Schweinfurter Grün an Schönheit des Lüſtre etwas nach, iſt aber in Betreff ſeiner Wohlfeilheit, ſeiner Luftbeſtändigkeit und ganz beſonders ſeiner Unſchäd— lichkeit dieſem weit vorzuziehen, wie denn überhaupt gegen die Anwendung dieſer Farbe zum Bemalen der Zimmer und Tapeten nicht dringend genug gewarnt werden kann. Sie iſt einer der giftigſten Körper, wel⸗ cher, mittelſt eines organiſchen Bindemittels (Milch, Leim: oder Gummiwaſſer) aufgetragen, fortdauerd Arſen⸗ waſſerſtoffluft ausdunſtet, eine Luft, die der ärgſte Feind der menſchlichen Geſundheit iſt. Nur dadurch, daß man ſolche Tapeten mit einem guten Copalfirniß überzieht, kann man dem Uebel einigermaßen begegnen. Der Vortr. legte Proben von mit arſenikaliſchen Kupfergrün bemalten Tapeten vor, und zeigte, wie man mit⸗ telſt eines ſehr einfachen und einem Jeden zugänglichen Verfahrens erſteres als ſolches erkennen könne. Man übergießt in einem kleinen Likörglaſe einen Streifen des Papieres mit Salmiakgeiſt und erhält bei Vorhan⸗ denſein von Kupfer eine blaue Flüſſigkeit, man fügt reine Salzſäure zu, bis die Farbe grün geworden, bringt 197 von dieſer grünen Flüſſigkeit einige Tropfen auf ein blankes Kupferblech oder eine blankgeſcheuerte Kupfer: münze und erwärmt dieſe gelinde — bei Vorhandenſein von Arſen, entſteht ein dunkler, grauſchwarzer Fleck. Das Zinkgelb iſt chromſaures Zinkoxyd, ebenfalls unſchädlich und durchaus luftbeſtändig. Am 8. April hielt Herr Baumeiſter Hoffmann einen Vortrag: Ueber elektriſche Telegraphie. Nach der geſchichtlichen Erörterung erläuterte Derſelbe die Einrichtung der angewendeten Daniellſchen Kupferzink⸗Ketten und die Art und Weiſe, wie die Verbindungsdrähte mit Gutta percha dadurch überzogen werden, daß letztere in einem Cylinder durch Erwärmung erweicht und mittelſt eines Kolbens zuſammenge— preßt wird, während an dem entgegengeſetzten Ende quer durch den Cylinder der Zuleitungsdraht durch zwei gegenüberliegende Oeffnungen geſteckt wird, von denen die eine nur ſo groß als der Querſchnitt des Drahtes, die zweite aber ſo groß als der Querſchnitt des mit Gutta percha überzogenen Drahtes werden fol. Der vorräthige Kupferdraht windet ſich von einer Trommel ab, und der mit Gutta percha überzo⸗ gene wird in der Luft ſo hoch gehoben, bis der Ueberzug hart genug geworden, um das Aufwinden auf eine Trommel zu geſtatten. Nach Mittheilung des Erforderlichen über die Fortleitung und die Geſchwindigkeit des elektriſchen Stromes, wurde ein Apparat, welcher Eigenthum der oberſchleſ. Ciſenbahngeſellſchaft war, geöffnet und in ſeinen einzelnen Theilen erörtert und hierauf durch Mittheilung einiger Depeſchen die Wirk— ſamkeit des Apparates veranſchaulicht. Am 22. April hielt Herr Profeſſor Duflos einen Vortrag: Ueber Feuer und Feuerlöſchung. Der Vortragende deferirte zunächſt vom chemiſchen Standpunkte was Feuer ſei, und erläuterte dann, wie mit ſachkundiger Beachtung dieſer chemiſchen Verhältniſſe dem Ausbruche eines Feuers entgegengewirkt und bereits ausgebrochenes möglicherweiſe wieder zum Verlöſchen gebracht werden könne. In erſterer Be— ziehung hob der Vortragende beſonders hervor, wie wichtig es ſei, leicht feuerfangende Gegenſtände, wie Dra— perien, Kouliſſen, papierne Dekorationen, durch Tränken mit Löſungen gewiſſer Salze unentzündlich zu machen. Als beſonders zweckmäßig hierzu wurde eine Auflöſung von phosphorſaurer Thonerde in deſtillirtem Eſſig be— zeichnet. (Wäre in dem Krollſchen Etabliſſement in Berlin ſolche Vorſicht beobachtet worden, ſo hätte ſicherlich das jüngſte entſetzliche Unglück nicht ſtattgefunden; wir können daher nicht umhin, nachträglich her— vorzuheben, wie ſehr es Sache der Baupolizei ſei, auf ſolche Sicherheitsmaßregeln zu dringen.) Am 7. Mai ſprach Herr Dr. Schwarz: Ueber die Platinbereitung. Das Metall hat ſeinen Namen von Plata, im Spaniſchen: Silber, kommt in Süd-Amerika und am Ural mit mehreren Metallen verbunden, in Begleitung von Diamanten und Korunth im aufgeſchwemmten Lande vor. Er erörterte die Eigenſchaften des Platin's, feine Unoxydirbarkeit, Unauflöslichkeit in den mei— ſten Säuren, Schwerſchmelzbarkeit und hohes ſpezifiſches Gewicht. Bei der früheren Darſtellung dieſes Metalles durch Schmelzen der Erze mittelſt Arſenik und Potaſche, welches von Janety angewendet wurde, blieben Spuren von Arſenik beim Ausglühen des erhaltenen Metalles und machten daſſelbe brüchig und blaſig. Nach der faſt allgemein angenommenen Methode der Darſtellung von Vauquelin und Wolla— ſton wird das Platinerz in Königswaſſer gelöſt und mit Salmiak gefällt. Nach dem Glühen und Auswa— ſchen wird das Platinpulver in einen feſten Kuchen gepreßt und mit dem Hammer zuſammengeſchweißt. Das Platin iſt beim Glühen gegen den nachtheiligen Einfluß anderer Metalle, des Phosphors, Kieſels, Kalis und 198 Salpeters zu ſchützen. Kleinere Fehler in Platingefäßen laſſen ſich durch Schweißen, größere durch Löthen mit Gold beſeitigen. Der verſchiedenen Verwendungsarten des Platins und der wichtigeren Platinpräparate wurde Erwähnung gethan. a Am 14. Oktober hielt Herr Kaufmann Aurel Andersſohn einen Vortrag: Ueber Fabrikate aus Jlei. Das metalliſche Blei kommt im Handel mehr oder weniger rein vor und wurde früher vorzugsweiſe aus Spanien und Amerika bezogen; nur in den letzteren Jahren hat der kräftigere Bergbau um Freiberg in Sachſen die Zollvereinsſtaaten mit den benöthigten paar Tauſend Centnern Blei verſehen. Die Bleiwaa⸗ renfabrik des Vortragenden, Firma C. F. Ohle's Erben hier, verbraucht zu ihren Fabrikaten nur Tarno: witzer Blei, weil deſſen Qualität die zuverläßigſte iſt. Blei iſt als Rohſtoff nicht preiswürdig in großen Quantitäten zu veräußern, weshalb ſich die königl. Hüttenwerke ſelbſt darauf verlegt haben, das Blei in Fabrikaten in Handel zu bringen. Solche Fabrikate ſind nun: Schroot, Rehpoſten, Kugeln, Walzblei, großes, kleines und verzinntes Fen⸗ ſterblei, Bleifarben, Bleiröhren und Bleidraht. Noch vor etwa 30 Jahren wurde der Schroot auf ganz einfache Art durch Granulation hergeſtellt. Noch von feinem Großvater wurden 15 Centner arſenikhaltiges Blei in einem Keſſel geſchmolzen und mit: telſt eines Siebes zu Körnern gegoſſen, die in die etwa 3—4 Zoll darunter befindliche Wanne voll Waſſer fielen. Dieſer Schroot war natürlich durch die plötzliche Abkühlung nur ſehr unvollkommen rund und iſt, wie eine von damals aufgehobene Probe beweiſt, flach, löcherig und unegal. Doch wurde die Waare zu damaliger Zeit zu Tauſenden von Centnern verkauft und mußte genügen. Etwas ſpäter kam das Walzen des Schrootes zwiſchen Stahlwalzen auf, wodurch die Waare aber theuer wurde, ohne vollkommen rund zu werden. Die Erfahrung eines Klemptners, daß geſchmolzenes Blei, welches er ohne Abſicht vom Dache eines Hauſes herabfallen ließ, während des Falles in unzählige kleine runde Körner zerſtiebte, gab den eng: liſchen Schrootgießern Veranlaſſung, zu ihrer Fabrikation Thürme von 160 — 200 Fuß Höhe aufzuführen. England feste viel Schroot nach dem Continent ab und bedrängte die Schrootfabrik des Vortragenden. Mittlerweile entſtanden um Magdeburg einige Schrootthürme und ſpäter die Schrootfabrik in Freiberg. Dieſe letztere lieferte das billigſte, wenn auch nicht beſte Fabrikat, denn ſie nimmt das härteſte Blei dazu. Um wieder in Konkurrenz zu treten, wurde in Oberſchleſien bei Friedrichshütte eine Schrootgießerei über einem Schachte, welcher in einer Tiefe von 33 Lachtern von einem zu Tage ausgehenden Stollen gekreuzt wird, der einen ſteten ſcharfen Luftſtrom erzeugt, welcher den herunterfallenden Schrootkügelchen entgegen kommt und fie fo vorher hinreichend abkühlt, bevor fie in das unten befindliche fließende Waſſer fallen, eingerichtet. Um Schroot zu gießen, heizt man die über dem Schacht befindlichen zwei Keſſel mit arſenikhaltigem Blei, a 7 Centner Inhalt mit 1 Prozent Arſenikgehalt, ohne das Blei rothglühend zu machen. Die an der Ober— fläche des Blei's ſich bildende Oxydhaut bildet das Filtrum in dem Siebchen durch welches der Guß erfolgt. Das Siebchen ſteht auf einem Dreifuß über dem Schacht. Der aus dem Waſſerbaſſin genommene Schroot wird in einer eiſernen Pfanne getrocknet, durch Siebe nach Nummern ſortirt, durch Kinder auf Spiegelglas— platten von den etwa unvollkommenen Körnern befreit und in einem Polirfaß mit Graphit mit ſchönem Silberglanz verſehen. Proben verſchiedener Nummern von älterem und neuem Schroot wurden vorgelegt, und die ausgezeichnete Beſchaffenheit des letzteren anerkannt. An die größte Sorte oder Nummer-Schroot, der einen Durchmeſſer von 24, Linien hat, ſchließen ſich vier Größen von Rehpoſten an, welche mit der Hand in Formen gegoſſen werden, deren jede etwa 20 Stück enthält und die immer durch einmaliges Eingießen zugleich fertig werden. Die Eingußrinne iſt zugleich das Abſchneidemeſſer des Einguſſes ſelbſt und die Poſten fallen bei geöffneter Zange von ſelbſt aus ihrer 199 getheilten Hülſe heraus. Ein gleiches Verfahren findet bei den Kugeln ſtatt. Die Eingußtrichter müſſen hinreichend groß ſein, damit das Blei beim Erſtarren in die Kugel nachſinken kann, ohne innerlich eine Höh— lung zu laſſen. Es find in der Fabrik ſtets Kugeln für jedes Büchſen- und PiftolensKaliber vorräthig, da 45 verſchie— dene Größen gehalten werden. In England werden Bleiplatten von 12 Fuß Breite und bis 50 Fuß Länge, aus dickeren über Formenſand gegoſſenen Platten, durch eine Walze von gehöriger Breite, welche ſich vor- und rückwärts bewegen läßt, bis zur erforderlichen Dicke ausgewalzt und beſonders zu Bleikammern verwandt. Das kleine Walzblei wird in hieſiger Fabrik aus Szölligen, Y, Zoll dick gegoſſenen Platten gewalzt und zum Verpacken des Tabaks, vorzugsweiſe aber zum Ausſchlagen feuchter Wände als ſogenanntes Tape— zirerblei, welches ſich zu dieſem Behufe gut bewährt, verwendet. Zum Verpacken mancher Tabakſorten werden dünne Bleiplatten mit Zinnfolie zuſammengewalzt und dadurch verzinntes Bleiblatt erhalten. Das Fenſterblei wird aus paſſend gegoſſenen Bleiſtücken mittelſt eines Stahlzuges in die erforderliche Form gezogen. Das Minium von leuchtend rother Farbe und verwendbarer Qualität kann nur aus chemiſch reinem Blei hergeſtellt werden. Beimengungen von fremden Metallen, ſelbſt in den kleinſten Quantitäten, üben einen nachtheiligen Einfluß. Man läßt reines Blei in einem Flammofen mit vertieftem Heerde ſchmelzen und zieht mit einer eiſernen Kratze beſtändig die oberfte Oxydhaut des Blei's bei Seite, bis alles Blei in graues Oxyd verwandelt iſt, dann giebt man ſtarke Glühhitze und rührt dieſes graue Oxyd im Ofen ſo lange, bis es ſich in citronengelbes verwandelt hat. Dieſes gelbe Bleioxyd, oder Maſſicot genannt, wird auf einer Mühle mit Waſſer zu zartem Schlamme gemahlen und geſchlemmt. Das erhaltene feine Produkt wird nun in einem ähnlichen Ofen, wie der zum Maſſicotbrennen iſt, auf einem Haufen getrocknet, dann zerdrückt und gebeu— telt. Das feingebeutelte Maſſicot wird in den eigentlichen Minium-Feinbrennofen durch höchſt vorſichtiges Rothglühen bis zur erforderlichen Röthe oxydirt und nochmals gebeutelt. Man verwendet es in Steingut⸗ fabriken, Glashütten, zum Anſtrich und Kitt. Eine noch feinere Mennige wird durch nochmaliges Mahlen und Brennen erzielt, wobei die Farbe durch die außerordentliche Feinheit einen höheren Luſtre erhält. Die gepreßten Bleiröhren werden in der hieſigen Fabrik von / — 5 Zoll Durchmeſſer unverzinnt, innerhalb und auf beiden Oberflächen verzinnt geliefert. Sie werden dadurch erhalten, daß geſchmolzenes Blei aus einem Cylinder von etwa 6 Zoll Durchmeſſer durch einen von einer hydrauliſchen Preſſe in Be— wegung geſetzten Kolben gedrückt wird, während in das dem Kolben gegenüberliegende Ende des Cylinders ein Dorn mit Hülſe, welche die Dicke der Röhre beſtimmt, befeſtiget iſt. Das im breiartigen Zuſtande ge— haltene Blei erſtarrt beim Austreten aus der Hülſe, und es entſteht eine Röhre von ſolcher Länge, als das im Cylinder befindliche Material geſtattet. Solche Röhren werden auch in England und am Rhein in gro— ßer Maſſe verfertigt und zu Waſſerleitungen, Dampfleitungen, Sprachröhren, Gasleitungen viel angewendet. Doch bei uns in Schleſien werden ſie, da ſie noch wenig gekannt ſind, ſparſam gebraucht. Bei der Ver— wendung zu Waſſerleitungen machte ſich die Beſorgniß geltend, daß möglicherweiſe kohlenſauere Bleitheilchen nachtheilig auf die Geſundheit wirken könnten, obgleich Schweidnitz, Bonn und viele andere Städte ſeit Jahrhunderten nur Bleiröhren-Waſſerleitungen haben. Um auch dieſem Einwande zu begegnen, find die Bleis röhren durch ſtarke Verzinnung ſowohl in- wie auswendig gegen jeden nachtheiligen Einfluß geſchützt und iſt durch billige Preiſe der praktiſchen Anwendung Vorſchub geleiſtet worden. Nach der chemiſchen Prüfung des Herrn Prof. Dr. Duflos leiſtet die Verzinnung allen Anſprüchen vollkommen Genüge. Der Bleidraht wird hier auf ähnliche Art dargeſtellt, nur daß der Dorn weggelaſſen wird. Seine Anwendung als Dichtung bei Verſchraubungen iſt den gewöhnlichen Platten vorzuziehen. 200 Herr Apotheker Müller zeigte mehrere Proben glänzend gefärbter Zinnfolie vor. Die Zinnfolie wird durch Baumwolle und Kreide ſorgfältig gereiniget, mit Leim aus Hauſenblaſe überzogen und mit Berberis, Lackmus, Orſeille, Safran u. dgl. gefärbt und nach dem Trocknen mit Collodium überſtrichen, wodurch die Farbe vollſtändig gegen Feuchtigkeit geſchützt wird. Derſelbe zeigte auch rein dargeſtellte Gutta percha vor. Sie iſt weiß und hart, wird aber durch genügende Erwärmung weich. Sie eignet ſich zu Zahnkitt. Man erhält ſie durch Auflöſung der Gutta percha in Chloroform. Die Auflöſung wird filtrirt und das Chloro- form abdeſtillirt. Am 28. Oktober beſprach Herr Profeſſor Dr. Duflos in einem ausführlichen, durch Experimente erläuterten Vortrage: Die chemiſchen Verhältniſſe der Kohlenſäure und deren Zedeutung für die organiſche und anorganiſche Natur. Schlüßlich wurden ſogenannte Vases aerofuges vorgezeigt und damit experimentirt. Es find dies Apparate, welche zur ſchnellen Bereitung von mit komprimirter Kohlenſäure angeſchwängertem Waſſer oder Wein höchſt geeignet find und zuerſt in Paris, gegenwärtig aber auch hier von dem ausgezeichneten Mecha: nikus Ilgmann fabrizirt werden, welcher die dazu nöthigen Flaſchen in der Porzellanmanufaktur des Herrn Unger zu Hirſchberg verfertigen läßt. Am 11. November ſprach Herr Dr. Schwarz: | Ueber die Geſchützgießerei in Straßburg. Bei Gelegenheit einer wiſſenſchaftlichen Reiſe im Elſaß wurde es dem Vortragenden möglich, dieſe be- rühmte Geſchützgießerei in allen ihren Details kennen zu lernen. Wenn man die Geſchichte des Geſchütz⸗ guſſes betrachtet, ſo findet man zuerſt aus Eiſenſtaͤben zuſammengeſchmiedete rohe, dann gußeiſerne Geſchütze. Hierher gehören auch die Lederkanonen. 1375 wurden in Augsburg von Aarau die erſten bronzenen Ge— ſchütze gegoſſen. Jetzt wendet man zum Guß der größeren Geſchütze beſonders ein halbirtes Gußeiſen an, die leichteren Geſchütze werden meiſt aus einer Bronzelegirung von 90 Proz. Cu. und 10 Proz. Sn. gegof- ſen. Die Anforderungen an ein Geſchütz ſind ganz anderer Art, als bei einer Flinte oder Büchſe. Hier iſt ein weiches Projektil in einen harten Lauf hineingepreßt, es kann kein Pulvergas ungenützt entweichen, man bedarf daher nur einer kleinen Gewichtsmenge Pulver.. Dort beim Geſchütz hat die Kugel, ſelbſt wenn fie auf einem hölzernen Spiegel aufſitzt, einen bedeutenden Spielraum, es entweichen daher viel — man be⸗ darf einer großen Pulvermenge (/ — „ der Kugelſchwere). Die Kugeln ſind meiſtens ſehr hart; die Wände des Geſchützes im Verhältniſſe weich. Die ä der Verderbniß der Geſchütze ſind mannigfaltig. Durch die über der Kugel wegſtreichenden Gaſe wird ein heftiger Druck derſelben gegen den Boden und damit ein Kugellager erzeugt. Durch den kolloſſalen Druck der explodirenden Pulvermenge werden Aus⸗ bauchungen hervorgebracht. Spröde Metallgemiſche ſpringen dadurch. Oft werden auch die Geſchütze durch die wiederholten Erſchütterungen in ihrer Molekularkonſtruktion verändert und dadurch ſpröde (Beiſpiel der Lokomotiv⸗ achſen). Die chemifchen Einwirkungen des Pulverſchleims, beſonders bei Ueberſchuß an 8, der Atmoſphäre (bei vergrabenen Geſchützen) wirken auch zerſtörend ein. Das Ausbrennen der Zündlöcher macht die Anwen⸗ dung von einzuſchraubenden kupfernen Zündlochſtollen erforderlich. Alle dieſe Umſtände machen es nöthig, um beſonders Härte und Widerſtand gegen chemiſche Einflůſſe mit Zähigkeit zu vereinigen, ſtatt eines einfachen Metalles eine Metalllegirung, alſo das halbirte Gußeiſen, oder wovon hier die Rede iſt, die Legirung von Kupfer und Zinn, die Bronze, anzuwenden. Kupfer und 201 Zinn treten zu einer wirklichen Legirung nur in dem Verhältniſſe Cu.“ Sn. zuſammen und bilden fo die fogenannte weiße Bronze, welche aus 31,67 Proz. Sn. und 68,33 Proz. Cu. beſteht. Sie iſt bläulichweiß, ſehr hart, ſehr ſpröde und ſo dicht, daß ihr ſpez. Gewicht gleich dem des Kupfers iſt. Schmilzt man mehr Zinn zu, ſo kann dies durch gelinde Wärme ausgeſaigert werden. Schmilzt man mehr Kupfer zu, fo ſcheint dies ſich zwar in ſehr hoher Temperatur gleichmäßig in der Legirung Cu. * Sn. zu vertheilen, aber beim Erkalten erſtarrt das reine Kupfer zuerſt und ſchließt die weiße Bronze, welche län— ger flüſſig bleibt, netzförmig ein. Dies iſt das Verhältniß, wie es beim Geſchützmetall vorkommt und welchem dieſes zugleich ſeine Härte und Zähigkeit verdankt. Die Bronze hat noch eine Eigenthümlichkeit, die hier zu erwähnen iſt. Läßt man fie langſam erfal- ten, ſo wird ſie ſpröde. Durch raſches Ablöſchen wird ſie weich und dann bei Rothgluht hämmerbar. Dies Verhalten iſt umgekehrt wie beim Stahl. Auf dieſe Eigenthümlichkeiten kommt es beim Geſchützguß mehr an, als auf die genaue Zuſammen— ſetzung. Qualitativ ſind Beimengungen von Eiſen, Zink und Silber unſchädlich, wohl aber Blei und Ar— ſenik. Dieſe gehen jedoch meiſt als Oxyde in die Schlacke beim Schmelzen. Quantitativ ſchwankt der In.-Gehalt von 20—5 Proz. Der mittlere iſt von 9 — 11 Proz. Wir werden unten ſehen, warum dieſe Zuſammenſetzung nur ſchwierig einzuhalten iſt. Bedeutend wichtiger iſt die Art des Guſſes. Früher goß man über einen Lehmkern, die Mündung des Geſchützes nach unten. Der verlorene Kopf, eine Verlängerung des Geſchützes, welche zur Ausübung des Druckes auf die ſonſt poröswerdende Maſſe dient, kam daher auf das dicke Ende des Geſchützes zu ſtehen. Die Theile, welche zuerſt erſtarrten, waren daher die äußeren und inneren Wände der Geſchützmündung; dies war alsdann ein inniges Gemenge von Kupfer und weißer Bronze, alſo gerade das Gewünſchte. Außer— dem war die Erkaltung ſo raſch, daß die Bronze hämmerbar blieb. Der verlorene Kopf konnte, da er auf dem breiten Ende, welches langſamer erſtarrte, aufſaß, mit ſeinem ganzen Gewicht flüſſigen Metalls drücken. Bei der jetzigen Methode, wo man die Geſchütze mit dem Bodenſtück nach unten und maſſiv gießt und der verlorene Kopf auf der dünnſten Stelle aufſitzt, erſtarren die äußeren Wände zuerſt, die weiße Bronze wird nach innen und oben gedrückt und der Kopf kann, da der dünne Theil des Geſchützes bald feſt wird, dann nicht mehr komprimirend wirken. Wird nun das Rohr ausgebohrt, ſo wird gerade die weiße Bronze in größter Menge ausgebohrt; ſie findet ſich in geringer Menge im Bodenſtück, welches doch den größten Druck aushalten muß. Wie man ſieht, ſind daher faſt alle Theile des Geſchützes in ihrer quantitativen Zuſammenſetzung ver— ſchieden, und da man nicht gut eine mittlere Probe davon nehmen kann, ſo iſt es auch unmöglich, einen mittleren Gehalt zu ermitteln. Beim Zuſammenſchmelzen neuer Metalle tritt eine Veränderung durch den Abbrand ein. Durch eine Analyſe unmittelbar vor dem Guß kann man indeſſen die Zuſammenſetzung des Guß— metalles ermitteln und nach Bedürfniß zuſetzen. Daß aber beim ſo beliebten Einſchmelzen von alten Ge— ſchützen und von Bronzeſpähnen (Arbeitsabfall) eine genaue quantitative Zuſammenſetzung unmöglich iſt, leuchtet ein. N Nach dieſen allgemeinen Bemerkungen ging er auf die ſpeziellere Beſchreibung der Straßburger Gie— ßerei über. Dieſe liegt in der Stadt, unmittelbar neben der Kriegsſchule, vor der eine Reihe von 105 me: tallenen 24 Pfündern liegt. Es ſind ziemlich unregelmäßig angelegte Gebäulichkeiten, nur einen Stock hoch. Wir treten zuerſt in das Formenhaus. 1. Formen. Die Förmerei iſt eine Maſſenförmerei, ähnlich wie bei dem Glocken- und Statuenguß. Das Modell wird gebildet, indem man zuerſt einen allmälig abnehmenden Holzkern mit Strohſeilen umwickelt, und auf dieſen ein Gemenge von Thon, Rheinſand, Pferdemiſt und Kuhhaaren aufträgt. Durch Umdrehen 26 202 des Modelles und Anhalten einer Chablone erhält man die Form, welche das Rohr außen erhalten fol. Es liegt mit noch zwei anderen in einem Holzgeſtell, unter dem auf dem Boden ein e Holzfeuer brennt, wodurch es getrocknet wird. * Es werden nun die Formen der Schildzapfen und ter Henkel angeſetzt, welche aus Gyps gegoſſen in die noch weiche Maſſe eingedrückt werden. Jetzt wird mit Leimwaſſer beſtrichen und mit Holzaſche be— ſtreut, um das Anhaften des Mantels zu verhindern. 2. Anfertigung des Mantels. Es werden nun Schichten von einem nur etwas cohärenteren Material aufgetragen. Schildzapfen und Henkel werden für ſich mit Maſſe umgeben, dieſe dann ringsherum aufgeſchnitten, die obere Hälfte abgenommen und nun, nachdem die Gypsmodelle entfernt, die obere Hälfte wieder aufgeſetzt und das Ganze mit Draht umwickelt. Zwiſchen die einzelnen Schichten werden Eiſenſtäbe eingelegt. Der fertige Mantel wird mit Eiſenbändern umgeben und ſcharf getrocknet. Nun wird der Holz— kern durch ſchwache Schläge entfernt, nach Abwickelung der Strohſeile der Modellkern zerbrochen und ſtück— weiſe herausgenommen. Das Bodenſtück wird zuerſt in einer erzenen Hohlform aus Gyps gegoſſen, darüber ein Mantel geformt, getrocknet, unter einer Glocke ſchwach gebrannt und nun mit dem Rohrmodell durch Haken feſt verbunden; die Mörſer werden über einen Kern geformt und gegoſſen. 3. Die Modelle werden nun in eine Grube unmittelbar vor dem Ofen eingeſetzt und mit Erde feſt— geſtampft, ungefähr 10 — 12 auf einmal in zwei Reihen. Zwiſchen beiden läuft ein Kanal hin, von dem Zweige zu jeder einzelnen Form führen und in dieſelbe durch eine ſeitliche Röhre münden, die gleich Anfangs in den Mantel eingeſetzt wird. Eine Form nach der andern wird gefüllt. 4. Ofen. Es ſind dies Flammöfen, zu Holz- oder Steinkohlenfeuerung eingerichtet. Die Holzöfen haben eine Feuerung, in welche von oben her das kleingeſpaltene Holz hineingeworfen wird. Die Luft wird durch einen beſonderen Kanal von der Straße der Feuerung zugeführt. Der Heizraum iſt kreisrund mit niedrigem Gewölbe und nach vorn geneigter Sohle, welche aus feuerfeſten Backſteinen, die auf die hohe Kante geſtellt ſind, in der beliebten Kreuzform ausgeführt iſt. Die Flamme entweicht durch Rauchöffnungen an der Seite, welche in einen Rauchmantel führen. Zur Seite befindet ſich die Eintragöffnung, welche ſpäter bis auf eine kleine Oeffnung zum Rühren zugemauert wird. Die Gießöffnung iſt durch einen davorgeſtell— ten Backſtein und einen Lehmpfropf geſchloſſen; durch Einſtoßen einer eiſernen Stange wird ſie geöffnet. Wäre es nicht zweckmäßig, mehrere Feuerungen, nach Art der Porzellanöfen, mit Zug von oben einzurichten? Der Steinkohlenflammofen iſt ganz ſo wie die gewöhnlichen Puddelöfen konſtruirt, nur daß unter der Arbeits- und Eintragsthüre an der Stirn des Ofens auch die Stichöffnung iſt. Hier, ſo wie bei den kleineren Holzöfen bedient man ſich der mit Thon ausgeſchlagenen Keſſel zum Guß von kleinen Gegenſtänden. 5. Gießen. Das Metall läuft ſeitlich zu, die Luft entweicht von oben. 6. Herausheben der Kanone aus der Grube, Entfernen der Gußhaut und der zuſammengeſunkenen Thonmaſſe mit Hammer und Meißel, beſonders ſchwierig bei den Mörſern, Abſchneiden des verlorenen Kopfes — ſind rein mechaniſche, wenig intereſſante Operationen. 7. Ausbohren und Abdrehen. Das Geſchütz wird am Traubenende durch eine Klaue, die mit Schrauben zuſammengezogen iſt, gefaßt; dieſe ſteht mit einer langſam rotirenden Achſe in Verbindung. An der Mündung ruht die Kanone in Lagern. Für Schildzapfen iſt ein Ausſchnitt im Geſtelle. Der Bohrer iſt eine eiſerne Stange, die zwiſchen zwei übergreifenden Schienen feſt liegt und durch eine Zahnſtange und Rad vorwärts bewegt werden kann. An ihrem vorderen Ende befindet ſich ein Ausſchnitt, in welchem vor— ſpringend ein Gußſtahlſtück mit ſcharfen Rändern feſtgemacht werden kann; dieſes bohrt. Zugleich befindet ſich außen ein verſchiebbarer Support, welcher einen Meißel trägt, durch den zugleich das Geſchütz außen ab gedreht wird. Die Schildzapfen werden durch Feilen und Ciſeliren meiſt ganz einfach fertig gemacht. Den Zuſtand der Seele ſieht man am beſten durch ein an einem Stabe hineingehaltenes Licht. 203 8. Für den kupfernen, gehämmerten Zündlochſtollen wird ein Schraubengang eingeſchnitten und die— ſer dann eingedreht. Außerdem wird Viſir- und Kornlinie eingeſchnitten. Dann werden die Geſchütze beſichtiget, beſchoſſen und nochmals revidirt, alsdann abgenommen. Am 25. November hielt Herr Oberlehrer Dr. Sondhauß einen Vortrag: Ueber das Parallelogramm der Kräfte und über die Centrifugalkraft. Nach einer kurzen Erörterung über die Zuſammenſetzung der Kräfte, beſchrieb Derſelbe die von Nollet, Eberhard und Graveſand zum experimentellen Beweiſe des Satzes vom Parallelogramm der Kräfte kon— ſtruirten Apparate und zeigte eine nach Crahay's Angabe konſtruirte Diagonalmaſchine vor, mit welcher ſich die Zuſammenſetzung der Kräfte ſehr bequem veranſchaulichen läßt. Er wendete hierauf das Parallelogramm der Kräfte auf die Konſtruktion der Centralbewegung an, zeigte die Wirkung der Centrifugalkraft durch einige mit der Schwungmaſchine angeſtellte Experimente, kam auf die Einrichtung der Centrifugaleiſenbahn, der Centrifugalkanone und des Centrifugalgebläſes zu ſprechen und wies zuletzt mit dem Bohnenberger— ſchen Kugelapparat den Einfluß nach, welchen die Centrifugalkraft auf die Stetigkeit der Axe der rotirenden Körper ausübt. Derſelbe Apparat zeigte auch, als er durch ein auf der einen Seite angebrachtes kleines Uebergewicht aus dem Gleichgewichte gebracht wurde, das Zurückweichen der Knotenpunkte. Am 9. Dezember ſprach Herr Dr. Schwarz: Ueber die Schwarz- und Weißblechfabrikation in Dillingen bei Saarlouis. In der großartigen Fabrik von Herrn Kiefer wird ſowohl Schwarz- als Weißblech verfertigt. Zu erſterem wird mit Steinkohlen gepuddeltes Stabeiſen verwendet. Das Eiſen, das in breiten Platinen dort— hin geliefert wird, wird in einem Schweißofen zur Rothglühhitze erwärmt. Um die zu ſtarke Oxydation zu verhindern, werden Steinkohlen durch die Arbeitsthüre eingeworfen, ſo daß der Heerdraum mit den entwik— kelten Gaſen angefüllt wird. Die Platten werden herausgenommen, der Glühſpahn abgeklopft und nun zwiſchen drei ſtellbaren glat— ten Walzen durchgelaſſen. Durch öftere Wiederholung erhält man ſo ziemlich regelmäßige Schwarzbleche, deren Ränder noch beſchnitten werden. Die Scheere wird nicht durch ein Excentricum, ſondern durch einen Winkelhebel bewegt. So kommt das Schwarzblech in den Handel. Zur Fabrikation des Weißbleches, d. h. des mit Zinn überzogenen Bleches, muß ſehr reines Eiſen an— gewendet werden. Man ſtellt es in der Hütte ſelbſt durch Friſchen mit Holzkohlen dar. Die Friſchfeuer ſind klein; zwei Reihen derſelben ſtoßen unter einem rechten Winkel aneinander. Ihre Füchſe münden in einen Kanal unter dem Boden, der in die Eſſe, welche im Winkel ſteht, ausgeht. Die Luft wird durch ein großes Cylindergebläſe geliefert. Sie kann entweder durch einen Vorwärm— kaſten, der durch die abziehende Wärme des Friſchfeuers ſelbſt geheizt wird, oder direkt in das Feuer geleitet werden. Ein Zwiſchenſtück trägt einen ſehr genau gearbeiteten Schieber zum Reguliren des Luftzutrittes. Das Eiſen wird vor dem Friſchen durch Eingießen in naſſen Sand weiß gemacht. Das erzeugte Stabeiſen wird durch ein Fallwerk auf ſeine Güte probirt. Die Schwarzblechabſchnitzel werden dem fertig gefriſchten Eiſen zugeſetzt und ſo mit eingeſchweißt und verwerthet. Aus kleineren ſo erhaltenen Eiſenſtäben werden nun die Weißblechtafeln ausgewalzt und beſchnitten. Das feſtſitzende Eifenoryd wird durch Eintauchen in verdünnte Salzſäure, Ausglühen in einem Flammofen und Abklopfen des Oxydes mit hölzernen Hämmern beſeitiget. Man biegt dabei die Bleche winkelförmig zuſammen, damit die Flamme ſie von allen Seiten erhitzen kann. Durch kaltes Durchgehen durch ein Paar Glättwalzen werden ſie gerade gerichtet und polirt. Dann legt man ſie zum Beizen in Säuren, entweder 26 * 204 Kleienwaſſer (Milchſäure), Holzeſſig oder verdünnte Schwefelſäure, ſcheuert fie forgfältig mit Sand ab und bringt ſie in reines Waſſer, in welchem ſie alsdann nicht leicht roſten. Beim Verzinnen werden ſie zuerſt in erwärmten Sägeſpähnen abgetrocknet und dann durch eine Oeffnung in der Wand in den Verzin⸗ nungsraum gereicht; ſeine Feuerung erhitzt ſämmtliche dazu nöthigen Pfannen. Zuerſt kommen die Bleche in die Talgpfanne, wo alle Feuchtigkeit, alle adhärirende Luft entfernt wird, ſie aber zugleich vor Oxydation ge— ſchützt ſind; dann in die nicht mit Talg bedeckte Grobzinnpfanne, wo das Zinn ſich ſchon bedeutend mit Eiſen verunreinigt hat; daraus herausgenommen, taucht man ſie in die, aus zwei unten kommunizirenden Abtheilungen beſtehende Feinzinnpfanne, wo das Zinn mit einer Schicht Talg bedeckt iſt. Zuerſt kommen ſie in die erſte Abtheilung, wo ſich etwa gebildetes Oxyd ablöſt und als Gekräze auf die Oberfläche kommt, daraus herausgenommen, werden ſie abgewiſcht und nun in die zweite Abtheilung getaucht, dann auf einen Drehling geſtellt und zuletzt der an der unteren Kante angeſammelte Zinnrand durch raſches Eintauchen deſ— ſelben in überhitztes Zinn und einen kurzen Schlag entfernt. Die Tafeln gelangen ſo durch eine Mauer⸗ öffnung in ein zweites Zimmer, wo ſie durch zerfallenen Kalk und Kleie gereinigt und dann verpackt wer— den. Der ganze Verzinnungs-Apparat iſt mit einer gut ziehenden Eſſe in Verbindung. Die Anwendung des Chlorzinkchlorammoniums, welches das Eifenoryd auflöſen ſoll, iſt nicht üblich. Die verzinnten Bleche ſind nur ſo lange vor den Einwirkungen der Luft und des Waſſers geſchützt, als ſie keine von Zinn freie Stellen zeigen. An dieſen geht die Oxydation wegen des galvaniſchen Stromes zwiſchen Zinn und Eiſen um ſo raſcher vorwärts. Viel vortheilhafter ſind in dieſer Hinſicht die verzinkten oder galvaniſirten Bleche. Von dem hohen Miniſterium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten iſt zur Anſchaffung von techniſchen Zeitſchriften und Modellen eine Unterſtützung huldreichſt bewilliget worden, wofür die Sektion ſich verpflichtet fühlt, ihren verbindlichſten Dank auszuſprechen. — 0 — II. Abtheilung für Geſchichte, Philologie und Pädagogik. Die hiſtoriſche Sektion. (Sekretär Profeſſor Dr. Röpell.) Herr Profeſſor Dr. Auguſt Kahlert hielt am 11. April 1850 folgenden Vortrag: Carl Gottlieb Suarez als Lehrer Königs Friedrich Wilhelm des Dritten. Zu denjenigen Schleſiern, die den größten Anſpruch darauf haben, daß ihr Name in den Jahrbüchern der Geſchichte bewahrt bleibe, gehört Suarez, unſtreitig einer der erleuchtetſten Rechtsgelehrten des achtzehn— ten Jahrhunderts, in den Kreiſen preußiſcher Juſtizbeamten allerdings noch jetzt mit größter Verehrung ge— nannt, in weiteren Kreiſen aber, wo die oft citirten Namen unermüdlicher Bücherſchreiber hinreichend bekannt ſind, mehr als billig iſt, vergeſſen. Selbſt fleißige Hiſtoriker nennen ihn daher nicht einmal, wie z. B. Schloſſer, der in der Geſchichte des achtzehnten Jahrhunderts ſo viele ungleich geringere Perſönlichkeiten hiſtoriſch bemerkenswerth gefunden hat; in faſt allen Converſations-Handbüchern fehlt er gleichfalls, und doch hat Suarez ungleich entſchiedener auf das Rechtsleben ſeines Volkes eingewirkt, als ſo mancher Rechtsgelehrte, deſſen Kompendium ſo und ſo vielmal aufgelegt worden iſt, denn Suarez war weit mehr als ein Verſorger des literariſchen Marktes, — er war Geſetzgeber. So paßt denn auf ihn wieder einmal Leſſing's Para— doron: „Einige find berühmt, Andere verdienen es zu fein!‘ 5 Die Hauptquelle für Kenntniß der Thatſachen ſeines thatenreichen Lebens iſt eine kleine Schrift von Goßler „Lebensgeſchichte des Geh. Ober-Juſtizraths Suarez,“ die auch den in Kamptz Jahrbüchern für die preußiſche Geſetzgebung, Rechtswiſſenſchaft und Rechtsverwaltung (Bd. 41, Berlin 1833) enthaltenen Mittheilungen zum Grunde liegt. In Streit's „Gelehrtem Schleſien“ (Breslau 1776) kommt er zwar ſchon vor, doch mit ſehr dürftigen Bemerkungen, weil der Mann erſt weit ſpäter ſeine höhere Geltung er— halten ſollte. Carl Gottlieb Suarez war am 27. Februar 1746 zu Schweidnitz, wo ſein Vater als Handwerker und Rathsmann lebte, geboren. Die Rechtswiſſenſchaft ſtudirte er in Frankfurt a. O., wo Prof. Daries, ein Schüler Wolf's, der die Rechtswiſſenſchaft durch philoſophiſchen Geiſt zu läutern beſtrebt war, auf ihn großen Einfluß hatte. Er verdankte dem Prof. Daries, wie er ſpäter bekannte, viel, namentlich die Fä— higkeit, mittelſt logiſcher Schärfe ſich über den Wuſt der Caſuiſtik aufzuſchwingen, jenes in feinen geſetzgebe⸗ riſ chen Arbeiten fo glänzend bewährte Talent, aufgehäuften Stoff ſyſtematiſch zu ordnen. 1 2 Im Jahre 1766 trat er als Auskultator bei der Breslauſchen Oberamtsregierung feine praktiſche Lauf: bahn an. Aus dem bei dieſer Behörde damals herrſchenden gedankenloſen Formenweſen würde der zum felbft- ſtändigen Denker berufene junge Juriſt ſich ſchwerlich ſo ſchnell, wenn überhaupt einmal, emporgearbeitet haben, wenn nicht ein äußerer Umſtand feinem Talente Bahn gebrochen hätte. Friedrich II. gab, wegen ge— häufter Klagen über Verwaltungs- und Juſtizpflege in Schleſien, wo man mit dem dirigirenden Minifter, Grafen Schlabrendorf, einem ziemlich ſtrengen Manne, nicht zufrieden war, dem Lande einen beſonderen Miniſter für das Juſtizfach in dem genialen Carmer, der bald nach ſeiner Ankunft die vorhandenen Män⸗ gel eben ſo ſehr, als die Untüchtigkeit der Beamten erkannte, ſofort aber in dem jungen Suarez einen Mann nach ſeinem Sinne fand. In den Berichten hob er dieſen faſt allein als eine Capacität hervor, ja, er ſagte in einer Eingabe an Jariges, worin er den jungen Suarez zum Pupillenrath vorſchlug: „er habe bei feinen. vielen Geſchäften keinen Menſchen außer S., der ihn im Mindeſten zu ſoulagiren vermöge.“ Schon 1771, nach zurückgelegtem Berliner Staatsexamen, finden wir S. als Oberamtsregierungs— rath in Breslau mit einem Gehalte von 500 Rthlrn. Eine Wirkſamkeit beſonderer Art öffnete ſich um dieſe Zeit für ſeinen Gönner durch das von dieſem errichtete neue Inſtitut der „Schleſiſchen Landſchaft,“ jener großartigen, damals von einem Theile des Publi⸗ kums eben fo ſehr bewunderten, als von dem anderen herabgeſetzten und mißverſtandenen Anſtalt, wodurch der drohende gänzliche Ruin von den ſchleſiſchen Gutsbeſitzern abgewendet wurde. Zwei kleinere Schriften über das ſchleſiſche Kreditweſen führt Streit a. a. O. als von S. damals herausgegeben an. Außerdem gab er in 3 Bänden „die Sammlung alter und neuer Provinzialgeſetze zum Gebrauche für Richter und Advokaten“ (1771 - 1773) heraus. Als aber 1778 Carmer zum Großkanzler ernannt wurde, berief er ſofort S. in ſeine Nähe, und zwar zum Zwecke der weſentlichen Mithülfe bei der längſt vorbereiteten, nun zu beſchleunigenden, durchgreifenden Juſtizreform in den preußiſchen Staaten, die nach des Königs Willen ſowohl auf das formelle, als materielle Recht gerichtet war. Außer Suarez wurden zur Ausarbeitung des neuen Geſetzbuches bekanntlich noch Baumgarten, Pacchaly und Volkmar berufen; über alle Mitar: beiter an der großen, von ſo ſchwerer Verantwortlichkeit begleiteten Arbeit erhob ſich bald S. durch Schärfe des Gedankens, umfaſſende Gelehrſamkeit, Entſchloſſenheit und Gründlichkeit in der Ausführung. In Berlin empfing man ihn zuerſt mit Mißtrauen. Seine kleine zarte Figur, ſchüchterne Haltung, geringe Weltkennt⸗ niß imponirten viel zu wenig. Allmälig aber, wie Goßler ſagt, zollte man ihm allgemeine Bewunderung, ja, dieſe grenzte zuletzt an Vergötterung. Der „Entwurf des allgemeinen Geſetzbuches“ war (ſeit 1784) eben gedruckt erſchienen, als der große König ſtarb. Die philoſophiſche Richtung feiner treuen und geiſtvol⸗ len Diener mißfiel dem neuen königlichen Günſtlinge, Miniſter Wöllner; die Feinde und Neider Carmer's verdächtigten deſſen liberale Grundſätze. Wer wollte freilich leugnen, daß er und S. die Schriften Rouf- ſeau's genau kannten, daß die Blüthe des im achtzehnten Jahrhundert herrſchenden philoſophiſchen Geiſtes durch dieſe Männer in der bürgerlichen Geſetzgebung ihren Ausdruck finden ſollte? C. und S. ergänzten einander; der Erſte, zum Reformator geboren, legte ſeinen Geiſt allerdings dem Ganzen zum Grunde, aber ſtets in die Zukunft blickend, wäre er hierüber nicht zur Ausführung gekommen, ohne den Freund, der dieſe. allein übernahm, mit ungeheuerem Fleiß und einer ſich in der Handſchrift ſchon verrathenden ausdauernden Genauigkeit, der Carmer's Ideen im Einzelnen entwickelte, den Blick ſtets auf die Gegenwart gerichtet, nicht blos das Mögliche, ſondern ſtets das Wirkliche bedenkend. Ohne Suarez wäre Carmer ein Utopiſt geſcholten worden. Endlich verſtummten die Kabalen und Verdächtigungen in den Kreiſen des Hofes. Carmer ſiegte und ſah mit Hochgefühl langjährige Hoffnungen verwirklicht, als alle ſeine und ſeines Freun⸗ des Ausarbeitungen und Entwürfe Geſetzeskraft erhielten und ſich nun in der Praxis bewähren konnten. Was die ſonſtigen Verhältniſſe von Suarez betrifft, ſo iſt hier nachzuholen, daß er ſchon 1787 Geheimer Ober-Juſtizrath wurde, und als Vorſitzender der Geſetzkommiſſion bis an ſein Lebensende unermüd⸗ lich thätig blieb. (Mitglied des Geheimen Ober-Tribunals wurde er zwar auch, aber eigentlich nur, damit 3 es möglich wurde, ihm den Gehalt von 1600 Thlrn. zu verleihen.) Im Jahre 1791 wurde ihm der Auf: trag, dem Kronprinzen (nachherigem König Friedrich Wilhelm III.) Vorträge über Rechtswiſſenſchaft und Geſetzgebung zu halten; in welcher Weiſe er zwei Jahre lang dieſen Auftrag erfüllt hat, davon wird weiter unten näher die Rede ſein. Sein Schüler bewahrte ihm das innigſte Dankgefühl und bewährte dies in einer denkwürdigen Kabinetsordre vom 8. Mai 1798. In dieſem Jahre nämlich fühlte S. ſeine ſo lange angeſpannte Kraft erſchlaffen. Die Aerzte erklärten, „er habe ſich überarbeitet.“ Kummervoll ſah er ſeine Gattin (geb. Arndt) an ſeinem Krankenlager ſtehen. Mittellos, konnte er ihr nichts, als ſeinen berühmten Namen hinterlaſſen, und wagte daher, ſich an den König, ſeinen einſtigen Schüler, mit der Bitte zu wen— den, durch einen Jahrgehalt feine Wittwe vor Nahrungsſorgen zu ſchützen. Wenige Tage vor feinem Tode empfing er noch die Bewilligung feines Wunſches, indem ein Wittwengehalt von 800 Thlrn. der Gattin des um den Staat ſo hochverdienten Mannes zugeſichert wurde. In gedachter Kabinetsordre ſagte der König wörtlich Folgendes: „Ich kenne den ganzen Umfang Eurer Verdienſte um den Staat, für den Ihr 33 Dienſt⸗ jahre gelebt und in denſelben mit einer beiſpielloſen Anſtrengung Eure ſeltenen Talente und allumfaſſenden Kenntniſſe lediglich dazu angewendet habet, meinem Staate die Segnungen einer ſo vollkommenen Juſtizver⸗ faſſung zu verſchaffen, als ſolche noch nie ein Staat beſeſſen hat. Ohne Euch würde weder die „Allgemeine Gerichtsordnung“ noch das „Allgemeine Landrecht,“ das bis dahin als ein unauflösliches Problem betrach— tet wurde, je zu Stande gekommen fein. Und Ihr, den ich als den Schöpfer dieſer unvergänglichen Denk: male der Weisheit und Gerechtigkeit meiner Vorfahren in der Regierung betrachte, werdet in dieſen Eueren Werken noch für die ſpäteſte Nachwelt leben.“ Außerdem ſpricht der König noch herzliche Wünſche für die Geneſung für S. aus, die leider uner- füllt blieben, denn ſchon am 14. Mai 1798 erlag dieſer der Krankheit. Kinder hinterließ er nicht. Seine Wittwe hat ihn lange überlebt. Sie ſtarb erſt 1827. Die Hefte, deren der Verſtorbene ſich bei dem erwähnten Unterrichte des Königs einſt bedient hatte, nahm v. Kircheiſen an ſich, und ließ dann ſpäter eine beglaubigte Abſchrift davon, als er Juſtizminiſter geworden war, in dem Archiv des Juſtizminiſteriums niederlegen. — Durch einen günſtigen Zufall wurde es möglich, einige Einſicht in dieſe nie gedruckten Sachen zu gewinnen, indem ſchon 1801, durch Vermitte— lung des Staatsminiſters Grafen v. d. Oſten-Sacken, behufs des, Seitens eines Erziehers von Fürſten— ſöhnen denſelben zu ertheilenden Unterrichts eine Abſchrift jener in Kircheiſen's Beſitz befindlichen Hefte erreicht wurde. Doch auch von dieſer iſt nur noch der erſte Theil vorhanden, der aber ein deutliches Bild von dem im ganzen Werke waltenden Geiſte giebt. Wenn man die Regierungsgrundſätze Friedrich Wilhelms III. mit den in dieſen Heften ausgeſprochenen vergleicht, ſo ergiebt ſich unzweifelhaft der bedeutende Einfluß, den der Lehrer auf den Schüler geübt hat. Achtung vor der Heiligkeit des Geſetzes, Abſcheu vor blinder Willkür wird überall gelehrt, die Strafwürdigkeit tyranniſcher Unterdrückung perſönlicher Rechte anſchaulich gemacht. Der Beginn der franzöſiſchen Revolution von 1789 wurde von den redlichſten Deutſchen bekannt— lich mit Freuden und Hoffnung begrüßt, bis nach wenigen Jahren die bitterſte Enttäuſchung folgte. Nach Goßler's Biographie theilte auch Suarez dieſes Loos. Aehnlichem Elend, meinte er, könne die Geſetzgebung allein vorbeugen, wenn ſie den Bedürfniſſen des Volkes mit weiſer Vorausſicht ſeines allgemeinen Bildungsſtandes Rechnung trage. Die Idee der Humanität hatte damals mit ihrem Strahle alle Gemüther erleuchtet, und ließ fie die grellen Mißverhältniſſe beſtehender Einrichtungen nur um fo deut licher empfinden. Für einen Regenten war alſo jetzt eine höhere Aufgabe, denn jemals, geſtellt, und der Beruf, den Regenten für ſein Amt vorzubereiten, doppelt inhaltſchwer. Die Grundſätze ſeines „Allgemeinen Landrechts“ legte S. bei dieſem Unterrichte zum Grunde, wie denn auch ein Blick auf die Faſſung der Paragraphen in den hier beſprochenen Heften die größte Aehnlichkeit mit dem im „Allgemeinen Landrechte“ herrſchenden Style zeigt. Man hat dieſem Geſetzbuche mit Recht vorgeworfen, daß es viel zu viel Detail enthalte, und, einem guten Hausvater gleich, Alles vorbedenken wolle, daher wenn es kaum einen allgemei— 1 * 4 nen Grundſatz ausgeſprochen hat, es ſogleich Beſtimmungen über einzelne mögliche Fälle in Menge gäbe, — ein Mangel, der aber aus der Sorge, daß die, welche das Rechtsbuch anwenden ſollten, daſſelbe hinſichtlich der Motive jedes Geſetzes mißverſtehen würden, entſprungen iſt. Daher ſind auch viele Definitionen dieſes Buches dem heutigen Stande der Rechtsphiloſophie nach ungenügend, und müſſen, weil ſie allzuviel Merk⸗ male in ſich aufzunehmen trachten, mehr für bloße Beſchreibungen als für wiſſenſchaftliche Definitionen gel⸗ ten, was aber für die Praxis nicht von Gewicht iſt. Denn je philoſophiſcher eine Definition klingt, deſto ſeltener iſt damit dem Praktiker etwas gedient. In ſeinem Kollegium nun hat S. vor allen Dingen der größten Klarheit und Konſequenz ſich befleißigt, feinen Definitionen immer nur die Geſtalt von verſtändigen Erklärungen eines Begriffes gegeben, und inſofern, als er ſtets einem Lehrſatze deſſen Gründe oft auch mit Berückſichtigung ſeiner Gegengründe folgen läßt, die ſtrenge dogmatiſche Methode angewandt. Damals fan⸗ den überhaupt die Lehrer philoſophiſcher Wiſſenſchaften dieſelbe für ungleich brauchbarer als die analytifche. Die Paragraphen ſind wahrſcheinlich diktirt und mündlich erörtert worden. Bei vielen iſt dies ſogar gewiß, da ſie nur eine kurze Andeutung des an dieſer Stelle zu überliefernden Stoffes enthalten. Das uns vorliegende Heft iſt 131 kleingeſchriebene Quartſeiten ſtark und führt den Titel: „Kollegium über das Allgemeine Staatsrecht mit beſonderer Rückſicht auf den preußiſchen Staat, Sr. Majeſtät, dem jetzt regierenden König von Preußen, Friedrich Wilhelm III. als Kronprinz vorgetragen von dem Ober-Tri⸗ bunalsrath Suarez.“ Es hat 12 Abſchnitte, die jeder wieder in Paragraphen getheilt ſind, folgenden In⸗ halts: J. Grundſätze des Natur- und allgemeinen Staatsrechts. II. Ueber die Regierungsformen. III. Ueber das Recht der Geſetzgebung. IV. Ueber das Recht der höchſten Gerichtsbarkeit. V. Ueber das Strafrecht. VI. Ueber das Recht der Polizei. VII. Vom Landes-Hoheitsrechte der Oberaufſicht. VIII. Rechte des Staats in Anſehung der Religions-Geſellſchaften. IX. Ueber das Recht des Staats, Aemter und Würden zu ertheilen. X. Ueber das Recht des Krieges, des Friedens und der Bündniſſe. XI. Ueber das Finanz⸗ und Kameralrecht. XII. Allgemeine Ueberſicht der Landes-Hoheitsrechte des Regenten und der Verwaltung in der preußiſchen Monarchie. Wir laſſen nunmehr die erſten vier Abſchnitte unverändert folgen: Erſter Abſchnitt. Grundſätze des Natur- und allgemeinen Staatsrechts. $ 1. Die Beſtimmung des Menſchen, der Zweck feines Daſeins iſt Glückſeligkeit. $ II. Zur Glückſeligkeit des Menſchen gehört:. 1) Die Erhaltung und Vervollkommnung der angeborenen Fähigkeiten ſeines Geiſtes, der natürlichen Kräfte ſeines Körpers. 2) Die Erwerbung und der Genuß der Güter außer ihm, durch welche ſein Daſein erhalten oder froher und angenehmer gemacht werden kann. $ III. Die angeborenen oder erworbenen Güter eines Menſchen zuſammengenommen, heißen das Seine deſſelben ). $ IV. Zu dem Seinen eines jeden Menſchen gehört beſonders auch die Freiheit, feine Fähigkeiten und Kräfte zur Beförderung ſeiner Glückſeligkeit nach eigener Einſicht und Ueberzeugung anzuwenden. $ V. Der Menſch ift vermöge feiner Beſtimmung berechtiget, Alles zu thun, was feine Glückſeligkeit befördert. *) Dieſe auffallende Sprachwidrigkeit erklärt ſich leicht daraus, daß Suarez den Wahlſpruch des preußiſchen Königshaufes: „Suum cuique“ feinem Schüler nach der umfaſſenden Bedeutung klar und eindringlich machen wollte. $ VI. Er ift verpflichtet: 1) Die ihm dargebotenen Mittel zur Glückſeligkeit gehörig anzuwenden. 2) Wenn er von den verſchiedenen Arten der Güter nicht alle zugleich erwerben kann, das größere Gut dem geringen nach einer richtigen Schätzung vorzuziehen. $ VI. Die Pflichten des Menſchen gegen andere außer ihm find: 3. 1) Zwangspflichten, zu deren Erfüllung er nöthigenfalls mit Gewalt angehalten werden kann. 2) Pflichten des Wohlwollens, oder moraliſche Pflichten. VIII. Die Zwangspflichten des Menſchen find der Gegenſtand des Naturrechts. Die Pflichten des Wohlwollens lehrt die Moral. $ IX. Alle Zwangspflichten des Menſchen beruhen auf dem Grundſatze: ) Niemanden zu beleidigen, ſondern einem Jeden das Seine zu laſſen. $ X. Im Stande der Natur hat jeder Menſch ein vollkommenes Recht, den andern zur Beobach— tung dieſer Pflichten gegen ihn mit Gewalt zu zwingen; ſich gegen Beleidigung mit Gewalt zu vertheidigen; das, was ihm von dem Seinen wider ſeinen Willen entzogen worden, zurückzufordern; und wenn die Rück— gabe nicht ſtattfinden kann, die Beleidiger zum Schadenerſatz zu zwingen, das iſt: das Recht der Selbſt— Vertheidigung. XI. Die Pflichten des Wohlwollens verbinden die Menſchen, zur Beförderung der Glückſeligkeit Anderer thätig beizutragen. $ X. Moral und Religion ſtellen dem Menſchen zur Erfüllung dieſer Pflichten ſehr dringende Bewegungsgründe aus ſeiner eigenen Glückſeligkeit vor. XIII. Aber mit Gewalt kann ein Menſch den Anderen zur Handlung des Wohlwollens nicht zwingen, weil ein ſolcher Zwang einen Eingriff in die Freiheit des Gezwungenen ($ 18), folglich eine Verlez— zung der ihm ſchuldigen Zwangspflichten enthalten würde. XIV. Die natürliche Gleichheit aller Menſchen beruht darauf, daß jeder Menſch von Natur berechtiget iſt, ſeine Glückſeligkeit zu befördern, und daß er in dieſem Rechte blos durch die Pflicht, gleich andere nicht zu beleidigen, ſondern einem Jeden das Seine zu laſſen, eingeſchränkt wird. $ XV. An ſich iſt es möglich, daß Menſchen im Stande der natürlichen Gleichheit glücklich fein können, wenn bei allen richtige Begriffe von ihren Pflichten und Laſten und die Neigung, ſie zu erfüllen, vorhanden iſt. XVI. Die Erfahrung lehrt aber, daß bei den meiſten Menſchen eingeſchränkte Verſtandeskräfte, überwiegende Eindrücke der Sinnlichkeit und heftige Leidenſchaften unrichtige Begriffe von ihren Pflichten und Abneigung, dieſelben zu beobachten, hervorbringen. XVII. Daher kommt es, daß im Zuſtande der natürlichen Gleichheit die Zwangspflichten, die man auch Pflichten der Gerechtigkeit nennt, nicht immer reſpektirt werden, und daß ihre Bewegungsgründe zur Beobachtung der Pflichten des Wohlwollens nicht ſtets wirkſam genug ſind. XVIII. Der Stand der Natur iſt alſo nach dem Zeugniß der Geſchichte ein Stand der Unruhe und Verwirrung, in welchem keine Sicherheit bei dem Seinen, keine Ausbildung und Veredelung der Geiſtes— kräfte, folglich keine wahre Glückſeligkeit ſtattfinden kann. $ XIX. Durch dieſe Unvollkommenheiten des Naturzuſtandes find die Menſchen genöthiget und ver— anlaßt worden, aus demſelben heraus und in den Stand der bürgerlichen Geſellſchaft zu treten. XX. Bürgerliche Geſellſchaften, deren Mitglieder einer gemeinſchaftlichen Obergewalt unterworfen ſind, heißen: Staaten. *) Der roͤmiſche Grundſatz: „Neminem laede, suum ceuique tribue.“ 6 XXI. Die Rechte der Obergewalt im Staate fließen nicht aus einer unmittelbaren göttlichen Ein⸗ ſetzung, weil dergleichen eng durch irgend ein glaubwürdiges Zeugniß der Geſchichte nicht beſtätiget werden kann. XXII. Sie fließen nicht aus dem Rechte des Stärkeren, weil Stärke nie Recht geben kann, und weil die Obergewalt im Staate nur ſo lange der Stärkere iſt, als die an ſich viel größere Stärke der Unterthanen ihm gehorchen will. XXIII. Sie fließen aber aus dem bürgerlichen Vertrage, der zwiſchen der Obergewalt im Staate, oder dem Regenten und ſeinen Unterthanen, theils ausdrücklich theils ſtillſchweigend errichtet worden. a XXIV. Die aus dieſem Vertrage dem Regenten zukommenden Rechte müſſen aus dem Zweck der Staatsverbindung hergeleitet werden, und dieſer Zweck iſt aus den Urſachen zu erklären, welche die Menſchen veranlaßt haben, aus dem Stande der natürlichen Gleichheit in die Unterwürfigkeit unter eine Obergewalt überzugehen. ($$ XVIII. XIX.) $ XXV. Der Zweck des Staates iſt alfo: daß durch die vereinigten Kräfte Aller jeder Einzelne bei dem Seinen ſicher ſein ſoll. Oder mit anderen Worten: Sicherheit des Eigenthums und der Rechte für jeden Einzelnen, durch die vereinigten Kräfte Aller. XXVI. Zu dieſem Hauptzwecke des Staats gehört: 1) Daß ein Jeder durch den Staat gegen Beleidigungen auswärtiger Feinde und innere Ruheſtörer geſichert werde. 2) Daß durch allgemeines Uebereinkommen ſichere und feſte Merkmale beſtimmt werden, an welchen man ſogleich erkennen kann, was zu dem Eigenthume und Rechte eines Jeden gehöre und daher von allen Uebrigen zu reſpektiren ſei. 3) Daß für die Kolliſionsfälle, wo die menſchlichen Rechte der Mitglieder nicht zugleich ausgeübt werden können, ohne einander aufzuheben, allgemein anerkannte Regeln, nach welchen ein Recht dem andern weichen muß, feſtgeſetzt werden. 4) Daß die nöthigen Mittel zur Aufrechthaltung der Staatsverbindung ſelbſt mit vereinigten Kräften angewendet werden. 5) Daß die Mitglieder des Staates zur Beobachtung der Pflichten des Wohlwollens aufgemuntert und geneigt gemacht werden. $ XXVII. Zwang zu den Pflichten des Wohlwollens kann nicht Zweck des Staats ſein, weil ein ſolcher Zwang den Gezwungenen in dem freien Gebrauche ſeiner Fähigkeiten und Kräfte beeinträchtiget, folg⸗ lich dem Hauptzwecke des Staates, einen Jeden bei dem Seinen zu ſchützen, entgegen iſt. (§ XIII.) $ XXVIII. Aus dem Zwecke des Staates fließen die Rechte und Pflichten zwiſchen Regenten und Unterthanen. N J. Pflichten der Unterthanen. 1) Sie ſind ſchuldig, ihre Handlungen nach denen vom Staate gegebenen Geſetzen einzurichten. 2) Sie dürfen das Recht der Selbſtvertheidigung (X) nicht mit eigener Gewalt ausüben, ſondern müſſen die Ausübung deſſelben dem Staate und denen von dieſem geſetzten Obrigkeiten überlaſſen. 3) Sie müſſen zur Aufrechthaltung und Befeſtigung der Staatsverbindung nach ihrem Vermögen und Kräften beitragen. 4) Sie müſſen es ſich gefallen laſſen, daß, wenn die Sicherheit und Wohlfahrt des Ganzen mit ihrem Privatintereſſe in Kolliſion kommt, letzteres dem erſteren aufgeopfert werde. II. Pflichten des Regenten. 1) Alle ſeine Handlungen müſſen auf Erreichung der Zwecke des Staates, das heißt: auf Erhaltung und Beförderung des gemeinen Wohles abzielen. 2 7 2) Er muß die ihm anvertraute Gewalt nur zu diefen Zwecken, nicht aber zur Erlangung feiner Privatabſichten, oder zur Befriedigung ſeiner Leidenſchaften anwenden. N 3) Er muß die natürliche Freiheit ſeiner Unterthanen nur ſoweit einſchränken, als es nothwendig iſt, damit die Sicherheit und Freiheit Aller erhalten werde. 4) Er muß ſeine Gewalt nur nach den vorhandenen allgemeinen Geſetzen ausüben, weil die Willkür des Regenten mit der Sicherheit des Eigenthums und dem Rechte der Unterthanen, als dem Hauptzwecke des Staates, unmöglich beſtehen kann. 5) Er muß für Anſtalten ſorgen, wodurch Kultur und Moralität unter ſeinen Bürgern, jedoch ohne Zwang ausgebreitet und befördert werde. (Essai sur les formes de Gouvernemens et sur les devoirs des Souverains. Oeuvres posthumes de Frédéric II. Tom. VI. pag. 53.) Zweiter Abſchnitt. Ueber die Regierungsformen. $ I. Die Art und Weiſe, wie die Rechte der Obergewalt in einem Staate ausgeübt werden, heißt: die Regierungsform deſſelben. $ I. Die Rechte der Obergewalt oder die Souveränitätsrechte werden eingetheilt: 1) in die geſetzgebende Macht, welche in dem Rechte beſteht, Vorſchriften zu ertheilen, nach welchen ſowohl der ganze Staat, als die einzelnen Mitglieder deſſelben ihre Handlungen ein— richten ſollen; 2) in die vollziehende Macht, welche das Recht in ſich begreift, die Beſchlüſſe der geſetzge— benden Macht zur Ausführung zu bringen und die Mitglieder des Staats zu deren Befolgung anzuhalten; 3) in die richterliche Macht, welche das Recht enthält, die Streitigkeiten der Bürger des Staats bei der Anwendung der Geſetze auf ihre Handlungen zu beurtheilen und zu entſcheiden. § III. Je nachdem dieſe verſchiedenen Beſtandtheile der Obergewalt, einzeln oder zuſammen, Einem oder Mehreren übertragen ſind, entſtehen die verſchiedenen Regierungsformen. Die Vorſchriften, wodurch die Regierungsform eines Staates beſtimmt wird, heißen deſſen Grundgeſetze. $ IV. Demokratie heißt ein Staat, in welchem alle Rechte der Obergewalt von der ganzen Na: tion, es ſei in ihren Verſammlungen oder durch gewiſſe ſelbſt gewählte Repräſentanten, ausgeübt werden; z. B. einige Kantons der Schweiz, einige Provinzen in den vereinigten Niederlanden, die einzelnen Staaten von Nord-Amerika. § V. Ein Staat, in welchem die Rechte der Obergewalt nur gewiſſen Klaſſen der Staatsbürger, gewiſſen Ständen oder Familien übertragen ſind, heißt Ariſtokratie; z. B. Venedig, Genua, Bern, einige Provinzen der vereinigten Niederlande. $ VI. Ein Staat, in welchem alle Rechte der Obergewalt ſich in den Händen eines Einzigen befin— den, wird Monarchie genannt; z. B. Portugal, Spanien, Dänemark, Rußland, Preußen. $ VI. Vermiſchte Regierungsformen entſtehen, wenn die verſchiedenen Rechte der Obergewalt unter Mehrere vertheilt ſind. Dahin gehören beſonders die eingeſchränkten Monarchien, worin außer dem Monarchen auch noch andere Bürger des Staates an allen oder einigen Souveränitätsrechten Theil nehmen; z. B. England, Schweden. $ VII. Staatsſyſteme entſtehen durch die Verbindung mehrerer an und für ſich unabhängigen Staaten, zur Erreichung gewiſſer gemeinſchaftlicher fortwährender Endzwecke; z. B. zur gemeinſchaftlichen Vertheidigung der Juſtiz, in denen unter ihnen ſelbſt vorfallenden Streitigkeiten; z. B. Deutſchland, die Republik der vereinigten Niederlande, die Republik der vereinigten nordamerikaniſchen Staaten, die Schweizer Republik. $ IX. Die Demokratie hat 1) Vorzüge: a. Sie nähert ſich am meiſten dem Stande der natürlichen Gleichheit und ſcheint alſo die bürger— liche Freiheit am meiſten zu begünſtigen. b. Sie ſcheint die größte Sicherheit für das Privateigenthum der Einzelnen zu gewähren. c. Sie läßt den willigſten Gehorſam gegen die Geſetze und den höchſten Patriotismus erwarten. 2) Mängel: a. Die Geſetzgebung wird nicht mit gehöriger Vorſicht und Ueberlegung, nicht nach feſten und gleichförmigen Grundſätzen, ſondern nach Laune, me Leichtſinn und Uebereilung ausgeübt. b. Bei der ausübenden Macht fehlt Gleichförmigkeit des Planes, Standhaftigkeit, Verſchwiegenheit und Schnelligkeit in der Ausführung genommener Maßregeln. c. Die richterliche Macht wird zu ſehr nach Gunſt, Vorurtheilen, Leidenſchaften und dem Ein- fluß einer blendenden Beredtſamkeit verwaltet. $ X. Die Ariſtokratie hat 1) Vorzüge: a. Weisheit und Bedachtſamkeit in der Geſetzgebung. b. Feſtigkeit und Gleichförmigkeit der Grundſätze in der Staatsverwaltung. 2) Mängel: a. Langſamkeit und Mangel an Verſchwiegenheit. b. Unterdrückung der übrigen Volksklaſſen, theils aus Verachtung, theils aus Argwohn und Eifer: ſucht. c. Gänzlicher Mangel an bürgerlicher Freiheit. § XL Die eingeſchränkte Monarchie hat 1) Vorzüge: a. Sicherheit des Privateigenthums und der bürgerlichen Freiheit durch die Mitwirkung des Volkes bei der Geſetzgebung; Verhütung der bei Demokratien gewöhnlichen Unbedachtſamkeit und Ueber⸗ eilung durch die Mitwirkung der Krone. b. Fähigkeit des Planes, Nachdruck, Verſchwiegenheit und Schnelligkeit in 15 Ausführung genom⸗ mener Maßregeln bei der der Krone allein anvertrauten exekutiven Gewalt. e. Gleichgewicht der verſchiedenen Theilnehmer an der Regierung, mittelſt deſſen ein Jeder von dem Andern in ſeinen Grenzen erhalten und die allgemeine Freiheit geſichert wird. 2) Mängel: a. Schwierigkeit in Beſtimmung der Grenzen einer jeden an der Regierung theilneh— menden Macht; innere Unruhen und Bürgerkriege, die nothwendig vorhergehen müſſen, ehe dieſe Grenzen genau genug feſtgeſetzt werden können. (Beiſpiel von England, welches beinahe 500 Jahre um ſeine jetzige Verfaſſung gekämpft hat.) b. Nach beſtimmten Grenzen, beſtändiges Streben einer jeden an der Regierung theilnehmenden Macht ihre Grenzen, zu erweitern und die anderen einzuſchränken. Ringen um Macht zwiſchen den Parteien auf Koſten und mit Vernachläßigung des Ganzen. c. Schwierigkeit, ja faſt Unmöglichkeit der Verbeſſerung der in der Staatsverfaſſung eingeſchlichenen Fehler und Mißbräuche. $ XU. Die uneingeſchränkte Monarchie hat 1) Vorzüge: a. Es findet bei ihr kein getheiltes Intereſſe ſtatt. Die Glückſeligkeit und der Wohlſtand des Volkes, die Größe und der Ruhm des Monarchen ſind eins. b. Große Sicherheit des Staats gegen auswärtige Feinde. c. Gegen innere Unruhen und Revolutionen. d. Sicherheit des Privateigenthums und der bürgerlichen guiheit, u weil kein Stand im Staate den andern unterdrücken kann und der Monarch ein gleiches Intereſſe dabei hat, den Geringſten fo- wohl wie den Vornehmſten bei dem Seinigen zu ſchützen. 2) Mängel: Der Hang der uneingeſchränkten Monarchie zum Despotismus. $ XIII. Der Monarch wird Despot: J) Wenn er in der inneren Staatsverwaltung nicht nach allgemeinen und ge Grund⸗ ſätzen, ſondern nach Willkür, Laune und Einfällen handelt. 2) Wenn er die Geſetze, welche die Rechte der Unterthanen theils unter ſich, theils gegen den Me: genten beſtimmen, nicht reſpektirt, ſondern an die Stelle dieſer Geſetze blos ſeinen Willen zur Richtſchnur ſeiner Handlungen und Verfügungen annimmt. 3) Wenn er die ihm anvertraute Macht nicht zum Wohle des Ganzen, ſondern zur Beförderung ſeines Privatintereſſes, zur Befriedigung ſeines Ehrgeizes oder anderer Leidenſchaften anwendet. $ XIV. Despotismus ſetzt bei dem Despoten Mangel an Einſicht oder Schwäche des Charakters voraus. Denn der Despot handelt nicht nur gegen ſeine Pflicht, ſondern auch gegen ſein eigenes Intereſſe. $ XV. Der Despot verändert den Zweck des Staates und des bürgerlichen Vertrages. Er verliert alſo ſein Recht zur Regierung und untergräbt den Grund, auf welchem die Pflicht ſeiner Unterthanen, ihm zu gehorchen, beruhet. XVI. Seine Macht iſt alſo nicht mehr auf Recht, ſondern blos auf Stärke gegründet. Seine Stärke aber iſt nichts gegen die Stärke ſo vieler Millionen, denen er befehlen will, und die doch zum Gehorſam gegen ihn nicht mehr verpflichtet ſind. XVII. Der beſſere Theil der Nation wird zwar nicht gleich zu Aufruhr und Revolten ſchrei— ten, aber er wird nicht mehr freudig und willig gehorchen. Er wird keinen Trieb mehr fühlen, eine Staats— verfaſſung zu unterſtützen und zu vertheidigen, in welcher allgemeine Sicherheit und Glückſeligkeit nicht mehr der Zweck iſt. XVIII. Dem großen Haufen ſagt es der gemeine Menſchenverſtand, daß Millionen nicht um eines Einzigen willen da ſein können, und daß wenn dieſer Einzige die ihm anvertraute Gewalt mißbraucht, die Millionen nicht ſchuldig ſein können, ihm zu gehorchen; hieraus entſteht Unzufriedenheit und Mißvergnügen über die Regierung, und dieſe Geſinnungen gehen ſehr leicht in Aufruhr und Empörung über, wenn Schwäche des Regiments, vermehrter Druck von Auflagen, unglückliche Kriege oder allgemeine Landplagen das Volk aus ſeiner natürlichen Indolenz herausreißen und ſein Mißvergnügen bis zu einem gewiſſen Grade von Ver— zweiflung erhöhen. $ XIX. Gegen dieſe Gefahr haben ſich die Despoten ſchützen wollen. Entweder dadurch, daß fie ſich die Anhänglichkeit der ſtehenden Armeen durch alle nur mögliche Mittel geſichert (militäriſcher Despo— tismus), oder daß ſie die höheren Stände im Staate, vorzüglich den Adel, durch große Vorrechte und durch die ihm verſtattete Theilnahme an den Bedrückungen der übrigen Stände an ihr Intereſſe zu binden geſucht haben. (Ariſtokratiſcher Despotismus.) XX. Der militäriſche Despotismus macht den Monarchen zum Sklaven der Armee; er führt noth⸗ wendig auf Vernachläßigung der Kriegszucht und Subordination; er ſchwächt alſo die innere Stärke und Güte des Heeres; er macht daſſelbe unfähig, den auswärtigen Feinden des Staats gehörig Widerſtand zu leiſten. Will der Despot die Geſetze der Kriegszucht mit Strenge aufrecht erhalten, ſo verliert er ſeinen Einfluß auf das Heer, und dieſes, welches wohl weiß, daß die ganze Macht des Regenten nur auf ihm be: ruhe, wird entweder die Partei des Volkes ergreifen, oder dem Regenten ſelbſt Geſetze vorſchreiben und ihm alſo ſeine Unabhängigkeit rauben, oder wohl gar über ſeine Krone und ſein Leben, zu Gunſten eines anderen, von dem es ſich mehr Nachſicht, größere Freigebigkeit ꝛc. verſpricht, disponiren. Militäriſcher Despotismus führt alſo auf den Untergang des Staats durch auswärtige Feinde, oder auf den Untergang der Staatsverfaſſung durch Soldaten-Empörungen, oder auf den Untergang der Perſon des Regenten. XXI. Der ariſtokratiſche Despotismus vermehrt den Druck des Volkes, welches ftatt Eines nun mehrere Despoten hat; er führt, wenn das Volk dieſen vervielfältigten Druck nicht mehr aushalten kann, deſto gewiſſer auf Rebellionen und bürgerliche Kriege. Behält in dieſen das Volk die Oberhand, fo 2 10 entfteht eine ordnungsloſe Demokratie. Siegen die Ariſtokraten, fo ſuchen fie ſich ihrer Theilnahme an der Obergewalt, die bisher nur von dem Willen des Regenten abhing, durch Staatsgeſetze zu verſichern, und fo wird die uneingeſchränkte Monarchie im beſten Falle in eine eingeſchränkte verwandelt. XXII. Die Beiſpiele einiger glücklichen Despoten, die in vollem Beſitz ihrer uſurpirten Gewalt geſtorben ſind, beweiſen dagegen nichts. Auch dieſe haben den Untergang ihrer Familien und Nachkommen vorbereitet und ihren Zweck, vor der Nachwelt ebenſo, wie vor ihren Zeitgenoſſen zu glänzen, ganz ver= fehlt, da das unparteiiſche und unbeſtechliche Zeugniß der Geſchichte ſie mit dem Namen der „Tyrannen“ brandmarkt und dadurch ihren Ruhm, den ſie mit Aufopferung ihrer heiligſten Pflichten erkaufen wollten, auf ewig verdunkelt. Dritter Abſchnitt. Ueber das Recht der Seſetzgebung. $ 1. Geſetze im allgemeinen Verſtande find alle Vorſchriften der Obergewalt im Staate, nach wel— chen die Handlungen der Unterthanen eingerichtet werden ſollen. $ N. Zur geſetzgebenden Macht gehört das Recht: 1) neue Geſetze zu geben; 2) vorhandene Geſetze abzuſchaffen; 3) dunkele Geſetze ſo zu erklären, daß die Erklärung ſelbſt geſetzliche Kraft habe; 4) Ausnahmen von allgemeinen Geſetzen zu beſtimmen, in Anſehung gewiſſer Perſonen (Privilegia), oder für gewiſſe Fälle (Dispenfationen). § III. Das Recht der Geſetzgebung iſt das erſte und wichtigſte Souveränitätsrecht. Es iſt unveräu⸗ ßerlich und kann von der Obergewalt im Staate, ohne das Weſen derſelben zu zernichten, nicht getrennt werden. $ IV. Durch Geſetze werden 1) Handlungen verboten. Verbotsgeſetze. Iſt die Uebertretung dieſer Geſetze mit gewiſſen po= ſitiven Folgen, welche zum Nachtheil des Uebertreters ſtattfinden ſollen, verknüpft, ſo heißen ſie Strafgeſetze. 2) Handlungen werden befohlen. Gebote. Auch dieſe find Strafgeſetze, wenn dergleichen un⸗ angenehme poſitive Folgen, mit der Unterlaſſung der gebotenen Handlungen verknüpft ſind. 3) Handlungen, deren Begehung oder Unterlaſſung einem Jeden freigeſtellt bleibet, werden für den Fall wenn ſie vorgenommen werden, blos beſtimmt: a. in Anſehung ihrer Form oder der Erforderniſſe ihrer Gültigkeit; b. in Anſehung der Folgen, welche daraus als Rechte oder Pflichten für den Handelnden entſprin⸗ gen ſollen. $ V. Man theilt die Geſetze ein: 1) in bürgerliche, wodurch die Privatrechte der einzelnen Unterthanen des Staats, us gegen⸗ einander, als gegen den Staat beſtimmt werden; 2) in peinliche, welche die Verbrechen und deren Beſtrafung angeben; 3) in Polizeigeſetze, welche die Anſtalten betreffen, wodurch der innere Wohlſtand des Staats und ſeiner Bürger befördert werden, oder den Hinderniſſen und Störungen dieſes Wohlſtandes vorgebeugt werden ſoll; 4) in Auflagegeſetze, welche die Beiträge der Einwohner zu den Bedürfniſſen des Staats, ſo wie die Einziehung, Verwendung und Berechnung der Staatseinkünfte beſtimmen. 11 § VI. Die geſetzgebende Macht iſt bei ihrer Ausübung an gewiſſe Einſchränkungen gebunden, die ent- weder aus der Natur der Sache und dem Zwecke des Staates fließen, oder durch die Staatsverfaſſung feſt— geſetzt ſind. Jene heißen: innere, dieſe äußere Einſchränkungen der geſetzgebenden Macht. $ VI. Die inneren Einſchränkungen der geſetzgebenden Macht find folgende: 1) Durch Geſetze können nur äußere Handlungen der Bürger des Staats beſtimmt werden. Der 2 3 4 — — — 5) 6 8 — Staat kann und darf den inneren Geſinnungen ſeiner Bürger keine Geſetze vorſchreiben. Alle Geſetze müſſen zur Erreichung der Zwecke des Staats abzielen, ſie müſſen alſo die Erhal— tung und Beförderung der allgemeinen Ruhe und Sicherheit eines Jeden bei dem Seinigen, oder die Aufrechthaltung und Befeſtigung der Staatsverbindung, oder die Erleichterung der Mittel, durch deren freien Gebrauch ein jeder Bürger des Staats ſeine Privatglückſeligkeit be— fördern kann, zur Abſicht haben. Durch Verbotsgeſetze müſſen nur Handlungen unterſagt werden, die der Staatsverbindung ſelbſt und der davon abhängenden allgemeinen Ruhe und Ordnung, oder der Sicherheit des Privateigenthums nachtheilig ſind. Gleichgültige Handlungen durch Geſetze zu unterſagen, iſt eine unnütze und alſo widerrechtliche Einſchränkung der natürlichen und bürgerlichen Freiheit. Der Staat kann Handlungen gebieten, welche zur Unterſtützung und Aufrechthaltung der Staatsverbindung ſelbſt nothwendig ſind. Das Nähere hierüber gehört in die Abhandlung von den Auflagegeſetzen. Handlungen, wodurch ein Bürger des Staats etwas zum Beſten eines Anderen thun ſoll, kön— nen in der Regel durch Geſetze nicht geboten werden, weil zu bloßen Pflichten des Wohlwollens Niemand gezwungen werden kann und dergleichen geſetzlicher Zwang einen Eingriff in den freien Gebrauch feines Vermögens und feiner Kräfte, wobei der Staat einen Jeden ſchützen ſoll, ent- halten würde. Ausnahmen von dieſer Regel und geſetzliche Gebote gewiſſer Handlungen können ſtattfinden, wenn mit überzeugender Gewißheit angenommen werden kann, daß bei der Unterlaf- ſung ſolcher Handlungen entweder die Staatsverbindung ſelbſt, oder die allgemeine Ruhe und Ordnung im Staate nicht würde beſtehen können. Bei Geſetzen, welche blos die Form der Handlungen, oder die daraus entſpringenden Privatrechte des Handelnden beſtimmen, hat der Staat freie Hand, aber er iſt doch auch hierin inſoweit eingeſchränkt: daß er . nichts verordnen darf, was den Rechten der Natur zuwider iſt; daß er — — . von allgemein angenommenen Meinungen und Gebräuchen, welche früher als das Geſetz da waren, nicht ohne die wichtigſten und erheblichſten Gründe abgehen darf; daß er Jauch hier die natürliche Freiheit möglichſt ſchonen und daher beſonders bei Rechten, welche von Verträgen abhängen, die Beſtimmung derſelben dem Uebereinkommen der Parteien überlaſſen muß; ſobald nur nicht dies Uebereinkommen etwas enthält, was einem vorhandenen Verbotge— ſetze zuwider iſt. Außer dieſem Falle muß der Staat ſich damit begnügen, Geſetze zu geben, durch welche das, was in den Verabredungen der den Vertrag ſchließenden Parteien übergangen iſt, ergänzt, und was dunkel iſt, erklärt und näher beſtimmt werde. Zur Abſchaffung oder Abänderung alter Geſetze muß nicht ohne Noth und nur nach der reif: lichſten Ueberlegung geſchritten werden. Der Staat kann ſein Recht, alte Geſetze abzuſchaffen, nicht dazu brauchen, daß denjenigen, welche auf dem Grunde derſelben gewiſſe Rechte ſchon wirklich erworben haben, dieſe Rechte wieder genommen werden. Dies würde ſeiner erſten Pflicht, einen Jeden bei dem Seinigen zu ſchützen, gerade entgegen ſein. 2 * 9) 10) m) 12) 12 Der Staat darf neue Gefege auf vergangene Fälle und ſchon vollbrachte Handlungen niemals ausdehnen. Der Staat muß in Ertheilung von Privilegiis und Dispenſationen äußerſt behutſam ſein, weil ſie allemal eine Ungleichheit der Rechte hervorbringen und das Anſehen der allgemeinen Geſetze ſchwächen. Wenn aber Privilegia einmal ertheilt ſind, ſo muß der Staat dieſelben ſo gut wie wirkliche Geſetze aufrecht erhalten, und kann fie nur gegen Entſchädigung des Privilegiums wieder auf- heben. Der Staat iſt ſchuldig, für eine verſtändliche Faſſung und möglichſt allgemeine Bekanntmachung ſeiner Geſetze zu ſorgen. $ VIII. Die äußeren Einſchränkungen der geſetzgebenden Macht beruhen: b. entweder darauf, daß außer dem Regenten Jemand da iſt, der an dem Rechte der Geſetzgebung ſelbſt Theil nimmt; daß zwar das Recht ſelbſt dem Regenten allein und ungetheilt zukommt, aber die Ausübung deſſelben an eine gewiſſe durch Verfaſſungen beſtimmte Form gebunden iſt. $ IX. Aeußere Einſchränkungen der erſten Art finden in der preußiſchen Monarchie nicht ſtatt, wohl aber iſt die Ausübung der geſetzgebenden Macht in ſelbiger an gewiſſe Formen gebunden. 1 J) 3) 91. Es ſoll kein neues Geſetz dem Landesherrn zur Vollziehung vorgelegt und publizirt werden, ‚wor: über nicht zuvor die Geſetzkommiſſion mit ihrem Gutachten vernommen worden. (Kabinetsordre vom 14. April 1780, Patent vom 29. Mai 1781.) Die Geſetzkommiſſion muß bei ihrem Gutachten darauf ſehen: Ob das entworfene neue Geſetz den Zwecken des Staats und den allgemeinen Grundſätzen der Legislation gemäß ſei? Ob es mit der Billigkeit und dem Zuſammenhange des ganzen Syſtems der Geſetze harmonire? Ob nicht etwa dadurch Jemand if ſeinen wohl erworbenen Rechten gedrückt werde? Ob das Geſetz vollſtändig und ſeine Faſſung deutlich und beſtimmt genug ſei? Die Stände der verſchiedenen Provinzen ſollen über die zu gebenden neuen Geſetze vernommen werden, wenn dieſelben Rechte der Bürger des Staats unter ſich, oder gegen den Staat beſtim— men, inſofern es dabei auf Landesverfaſſung und Privilegia der Stände mit ankommt. Dieſe Einrichtung gründet ſich auf Privilegia und Verträge zwiſchen dem Landesherrn und den Stän— den, welche bei den jedesmaligen Regierungs-Veränderungen erneuert und beſtätiget werden. Sie iſt bei Gelegenheit des allgemeinen Geſetzbuches durch die Kabinetsordre vom 26. Mai 1780 den Ständen von Neuem verſichert worden. Nutzen dieſer verfaſſungsmäßigen Formen bei der Ausübung des Rechts der Geſetzgebung. Es werden dadurch Uebereilungen verhütet. Der Regent wird dadurch in den Stand geſetzt, die Rechtmäßigkeit und Nützlichkeit des zu ge— benden Geſetzes richtig und vollſtändig zu beurtheilen. Er wird gegen alle falſchen Schritte, wozu ihn Irrthümer, Leidenſchaften, Nebenabſichten und Hang zum Miniſterial-Despotismus von Seiten ſeiner unmittelbaren Staatsdiener verleiten könnte, ſichergeſtellt. Vierter Abſchnitt. Ueber das Kecht der höchſten Gerichtsbarkeit. Zu den Zwecken der Staatsverbindung gehört es mit, daß die zwiſchen den Mitgliedern der bürgerlichen Geſellſchaft entſtehenden Streitigkeiten nicht durch Gewalt und Waffen, ſondern durch die Geſetze, 13 als den Ausſpruch des allgemeinen Willens, entſchieden werden ſollen. Die bürgerliche Geſellſchaft hat alfo ihrem Oberhaupt das Recht übertragen, die Streitigkeiten ihrer Mitglieder zu richten und die von ihm ge— fällten Ausſprüche gegen den, welcher ihnen nicht gutwillig Folge leiſten will, durch Anwendung der ihm bei— gelegten zwingenden Gewalt zu vollſtrecken, dieſes Recht heißt: die Gerichtsbarkeit. § U. Mit der Gerichtsbarkeit iſt zugleich das Recht verbunden: 1) Gewiſſe wichtige Verhandlungen einzelner Staatsbürger mit geſetzmäßigen Kennzeichen ihrer Gül— igkeit und verbindlicher Kraft zu verſehen: die freiwillige Gerichtsbarkeit. 2) Für einzelne Staatsbürger zu ſorgen, die aus Mangel an Alter oder Verſtandeskräften nicht für ſich ſelbſt ſorgen können: das Recht der Vormundſchaft. § III. Geſchichte der Gerichtsbarkeit. Urſprünglich ward fie von den Regenten ſelbſt, mit Zuziehung ihrer Räthe, verwaltet. Die zunehmende Größe der Staaten; die Vermehrung der Geſchäfte des bürgerlichen Lebens, der Gewerbe und des Handels; die daraus folgende Vervielfältigung der Geſetze; der mit der ſteigenden Kultur in den Charakter der Nation ſich einſchleichende Hang zur Schlauheit, Liſt und Betrug; die dadurch immer ſchwieriger gewordene Unterſuchung der entſtehenden Streitigkeiten; das ganze veränderte politiſche Syſtem; die erweiterten Sorgen für das Militär und die Finanzen haben den Regenten die fernere ſelbſteigene Verwaltung des Richteramts unmöglich gemacht. Dadurch iſt eine doppelte Verän— derung in der Verfaſſung der Gerichtsbarkeit entſtanden. 1) Die Regenten haben die Verwaltung der ihnen zukommenden Gerichtsbarkeit gewiſſen Perſonen und Collegiis übertragen, ſich aber die Beſtallung derſelben und die Aufſicht über ſie vorbehalten. 2) Sie haben die Ausübung dieſes Rechtes in Anſehung gewiſſer Oerter, Diſtrikte oder Volksklaſſen, theils den Beſitzern der adeligen Güter, theils den Magiſträten der Städte verliehen. Jenes heißt die Patrimonial- dieſes die ſtädtiſche Gerichts barkeit. 3) Beiderlei mittelbare Gerichtsbarkeiten ſind aber jederzeit der Oberaufſicht des Landesherrn, von welchem ſie herrühren, unterworfen geblieben. IV. Heutige Verfaſſung der Gerichtsbarkeit. 1) Der Landesherr iſt und bleibt die Quelle aller Jurisdiktion; ſeine Gerichtsbarkeit tritt in allen Orten und in allen Fällen ein, wo Niemand eine ihm geſchehene Verleihung nachweiſen kann. 2) In der Regel aber iſt, beſonders in den Provinzen dieſſeits der Weſer, dem Adel die Jurisdik— tion über die Bewohner ſeiner Dörfer und den Magiſträten über die Bürger in den Städten beigelegt. 3) Der unmittelbaren landesherrlichen Jurisdiktion ſind unterworfen: a. der Adel für ſeine Perſon und Güter; b. die Städte, ſoweit die Bürgerkommunen gemeinſchaftliche Rechte haben; _ c. alle Bedienten des Staates und alle, welchen vom Staate Titel oder Würden ertheilt worden; d. die Geiſtlichkeit. 4) Die unmittelbare Jurisdiktion des Landesherrn wird durch die von ihm beſtellten Richter und Collegia ausgeübt. Collegia, welchen dieſe Ausübung in einer ganzen Provinz übertragen iſt, heißen Landesjuſtiz— Collegia. 6) Die Patrimonial-Gerichtsbarkeit des Adels wird durch Juſtitiarien oder Gerichtshalter verwal— tet, die zwar der Adel ſelbſt beſtellt, wozu er aber nur ſolche Subjekte wählen kann, die von den Landesjuſtiz⸗Collegiis nach angeſtellter Prüfung zu einer ſolchen Gerichtsbarkeit tauglich befunden werden. 7) Die ſtädtiſche Gerichtsbarkeit wird durch Juſtiz-, Bürgermeiſter und Richter verwaltet, die von dem Magiſtrate gewählt, aber von dem Landesherrn beſtellt werden. 5 — un 8 6) VI. I 2) 3 — 4 — ni — 6) 14 Die Patrimonial- und ftädtifhen Gerichte ſtehen unter der Aufſicht des Landesherrn, welcher dieſe Aufſicht durch ſeine Landesjuſtiz-Collegia ausübt. Rechte des Landesherrn in Anſehung der Gerichtsbarkeit. Der Landesherr hat das Recht, Prozeßordnungen zu machen, das heißt: die Art des Verfahrens bei Erörterung und Entſcheidung der vorkommenden Rechtsſtreitigkeiten durch allgemeine Vor— ſchriften zu beſtimmen. Er beſtellt die Richter und Mitglieder der Landesjuſtiz-Collegien. Er führt die Aufſicht über dieſelben und iſt berechtiget, ſie wegen Uebertretung oder Vernach— läſſigung ihrer Amtspflichten zur Verantwortung zu ziehen. Er hat das Recht die mittelbare Gerichtsbarkeiten zur Beobachtung der wegen Ausübung der Gerichtsbarkeit überhaupt ergangenen Vorſchriften anzuhalten, zu dem Ende ihr Verfahren unterſuchen zu laſſen und die befundenen Mißbräuche abzuſtellen: das Viſitationsrecht. Die gegen ſolche mittelbaren Gerichte und deren Erkenntniſſe in einzelnen Fällen von den Par: teien erhobenen Beſchwerden gelangen zur Erörterung und Entſcheidung der Landesjuſtiz- Colle⸗ gien: das Appellationsrecht. Der Landesherr zieht von ſeinen unmittelbaren Gerichtsbarkeiten gewiſſe Nutzungen, wovon an einem anderen Orte umſtändlicher gehandelt werden wird. Pflichten des Landesherrn. Der Landesherr muß für eine gute Prozeßordnung ſorgen, damit die Unterthanen des Staates einer gründlichen, unparteiiſchen, prompten und ſo wenig als möglich koſtbaren Rechtspflege ſich zu erfreuen haben. . Er muß mit Ernſt darauf halten, daß jeder Unterthan des Staates, ohne den geringſten Unter— ſchied des Standes und Ranges, mit ſeinen Anſprüchen nach den Vorſchriften der Prozeßord⸗ nung vollſtändig gehört; daß aber auch Niemand ohne dergleichen vollſtändiges rechtliches Gehör abgewieſen oder verurtheilt werde. Kein Unterthan des Staates muß ohne ganz beſondere und überwiegende Gründe vor ein an⸗ deres Gericht, als dasjenige, welches die Geſetze für ihn beſtimmen, gezogen werden; willkürliche Abänderungen in der durch allgemeine Geſetze beſtimmten Ordnung des Gerichtsſtandes und der Inſtanzen haben alle die Gründe widerſich, welche jeder blos willkürlichen Abweichung von den Geſetzen überhaupt entgegenſtehen; ſie ſind nach dem Zeugniß der Geſchichte das gewöhnliche Mittel geweſen, deſſen ſich beſonders der Miniſterial-Despotismus zur Unterdrückung der Unterthanen bedient hat. Der Staat muß für Beſtellung tüchtiger Juſtizbedienten ſorgen und zu dem Ende Niemanden zu einem ſolchen Amte ernennen oder zulaſſen, deſſen Tüchtigkeit in den vorgeſchriebenen Prü— fungen nicht hinlänglich bewährt gefunden worden. Der Regent muß nicht ſelbſt Richter ſein wollen. Es fehlt ihm dazu an der nöthigen Zeit, Kenntniß und Uebung, und er lauft Gefahr, in der beſten Abſicht und aus wirklicher Gerechtig— keitsliebe dennoch große Ungerechtigkeiten zu begehen. Er muß die Erkenntniſſe der Gerichte, welche mit gehöriger Beobachtung der Prozeßordnung ergangen ſind, aufrecht erhalten und ſie durch Machtſprüche nicht umſtoßen. Der Sicherheit des Eigenthums und der Rechte im Staate iſt äußerſt daran gelegen, daß die Kennzeichen derſel— ben, welche durch die Geſetze beſtimmt ſind, von einem Jeden reſpektirt werden. Eins der wich— tigſten dieſer Kennzeichen iſt: daß, wenn ſtreitige Rechte von dem Richter nach der in der Pro— zeßordnung vorgeſchriebenen Form einmal geprüft und entſchieden worden, dieſe Entſcheidungen eine feſte und unverbrüchliche Gültigkeit haben ſollen. Der Landesherr kann alle die rechtskräf— tigen Erkenntniſſe feiner Gerichte ſelbſt unter dem Scheine einer vermeinten Billigkeit nicht um: ftoßen, ohne die Sicherheit des Eigenthums feiner Unterthanen, wobei er dieſelben ſchützen ſoll, zu ſtören und zu beeinträchtigen. Die Geſetze ſorgen dafür, daß dergleichen rechtskräftige Er— kenntniſſe nicht ohne die genaueſte, ſorgfältigſte und von ganz verſchiedenen ſachkundigen Leuten zu wiederholten Malen angeſtellte Prüfung erfolgen können. 7) Der Landesherr muß aber auch ſeine Unterthanen mit ihren Beſchwerden über die Gerichte wil— lig hören, keiner dieſer Beſchwerden den Zutritt verſagen, die Gerichte darüber zur Verant— wortung ziehen, nöthigenfalls durch die Miniſter der Juſtiz-Departements dergleichen Beſchwer— den beſonders unterſuchen und ſich darüber Vortrag thun laſſen; auch ſobald ſich findet, daß ein Gericht: oder Juſtizbedienter gegen feine Pflicht gehandelt habe, dergleichen Vergehen nach den darüber vorhandenen Geſetzen mit unerbittlicher Strenge beſtrafen. 8) Der Staat muß die Inhaber der Patrimonial- und ſtädtiſchen Gerichtsbarkeit bei ihren Privi— legiis ſchützen, weil dieſe Rechte, ſo gut wie andere, zu dem wohlerworbenen Eigenthum derſelben gehören. 9) Er muß aber auch dieſen mittelbaren Gerichtsinhabern keine Ausdehnung ihrer Gerichtsbarkeiten geſtatten und fie durch die Landesjuſtiz-Collegia unter eben der ſtrengen Aufſicht halten laſſen, wie dergleichen von ihm ſelbſt über dieſe unmittelbaren Collegia geführt wird. Anmerk. Der fuͤr gegenwaͤrtige Mittheilung geſtattete Raum macht Beſchraͤnkung in der Auswahl noth— wendig; indem daher der größere Theil des Suarez ſchen Collegienheftes einer anderen Gelegenheit vorbehalten bleibt, ſei nur noch erlaubt, einen Abſchnitt aus der Skizze des „jus publicum“ zum Schluſſe mitzutheilen. Im zehnten Abſchnitte, wo von dem Rechte des Krieges und Friedens gehan— delt wird, bemuͤht ſich naͤmlich Suarez, vor Allem die damals allbeliebte Theorie des „politiſchen Gleichgewichts“ anſchaulich zu machen. Er trennt zuvoͤrderſt die „unrechtmaͤßigen von den rechtmaͤßi— gen Urſachen zum Kriege“ und bezeichnet als erſtere „Raubſucht, Eroberungsſucht, Rachbegier und Privatleidenſchaften uͤberhaupt.“ Dagegen geſtattet er den Krieg zur Aufrechthaltung des politiſchen Gleichgewichts. Hieruͤber aͤußert er ſich folgendermaßen: Zehnter Abſchnitt. § XIX. Krieg zur Aufrechthaltung des politiſchen Gleichgewichts. 1) Begriff dieſes Gleichgewichts. Es beſteht darin, daß keine der europäiſchen Nationen zu einem ſolchen Uebergewicht von Macht gelange, welches der Freiheit und Unabhängigkeit der übrigen Nationen gefährlich werden könnte. 2) Rechtfertigung dieſes Syſtems durch Vernunft und Erfahrung. Unrichtige Be— griffe von Glück und Größe und heftige Leidenſchaften erzeugen bei den Völkern und ihren Re— genten, eben ſo wie bei Privatperſonen, einen überwiegenden Hang, die anderen ſchuldigen Pflich— ten des Wohlwollens und ſelbſt der Gerechtigkeit zu verletzen, ſobald hinlängliche Macht dazu vorhanden iſt und die Befriedigung irgend einer Lieblingsleidenſchaft es erfordert. Ehrgeiz und Vergrößerungsſucht ſind die gewöhnlichſten und heftigſten Leidenſchaften der Volksbeherrſcher. Sobald daher ein Volk zu einem ſolchen Grade von Macht gelangt, daß die Rechte der Freiheit und die Unabhängigkeit der übrigen Völker nur noch von ſeiner Mäßigung und ſeinem guten Willen abhängen, ſobald ſind dieſe ſchätzbarſten Güter einer Nation der augenſcheinlichſten Gefahr ausgeſetzt; das natürliche Recht alſo, vermöge deſſen es einem jeden Volke zukommt, ſeine Frei— heit und Unabhängigkeit zu behaupten, giebt ihm auch das Recht, ſich der Vergrößerung eines anderen Volkes, durch welche daſſelbe zu einer unwiderſtehlichen Macht gelangen würde, nöthi— genfalls mit Gewaltt zu widerſetzen. 3) Geſchichte des Syſtems und deſſen gegenwärtige Lage. 4) Scheinbare Einwendungen gegen die Richtigkeit und Rechtmäßigkeit deſſelben. 16 a. Die Völker haben keine Intereſſe dabei, ob dieſes oder jenes Fürſtenhaus über fie herrſche; fie haben alſo auch keine Pflicht, ihren Regenten in dem Beſitz der Oberherrſchaft über ſie mit Aufopferung ihres Vermögens und Lebens zu vertheidigen. Widerlegung. Der Vertrag, welcher Regenten und Unterthanen verbindet, iſt gegen⸗ ſeitig. Mit eben dem Rechte, womit der Unterthan von ſeinem Landesherrn Schutz und Sicher⸗ heit bei feinem Eigenthume fordert, fordert auch der Regent von den Unterthanen Vertheidi⸗ gung bei feinen Gerechtſamen gegen die Angriffe auswärtiger Gegner. Die Güte einer Staats- verfaſſung hat allerdings den ſtärkſten Einfluß auf das Wohl und die Glückſeligkeit des Vol⸗ kes; ſein eigenes Intereſſe fordert daher eben ſo ſehr als ſtrenge Pflicht, ein Volk aus einer ſolchen guten Staatsverfaſſung gegen feindliche Angriffe von außenher zu vertheidigen. b. Die Aufrechthaltung des politiſchen Gleichgewichts habe zur letzten Abſicht, die Entſtehung einer Univerſalmonarchie zu verhindern. Nun ſei aber gar nicht abzuſehen, was das menſchliche Ge— ſchlecht im Ganzen genommen dabei verlieren ſollte, wenn eine Univerſalmonarchie wirklich er⸗ richtet würde. Vielmehr würde dieſelbe das ſicherſte Mittel ſein, einen immerwährenden Frieden herzuſtellen und alle Veranlaſſungen zum Kriege von der Erde zu verbannen; alſo laſſe ſich für die Unterthanen in den europäiſchen Staaten keine Pflicht denken, Leben und Vermögen im Kriege zur Aufrechthaltung des politiſchen Gleichgewichts aufzuopfern. Widerlegung. Das ganze Raiſonnement, wenn es auch gegründet wäre, beweiſet nichts. Unabhängige Völker und Fürſten haben einmal ein unſtreitiges Recht, ihre Freiheit zu behaup⸗ ten; die Unterthanen eines jeden Regenten ſind durch den bürgerlichen Vertrag verpflichtet, den Thron ihres Fürſten zu ſchützen. Ob das menſchliche Geſchlecht bei einer Univerſalmonarchie verlieren oder gewinnen würde, kann alſo hier nichts entſcheiden. Es iſt aber auch falſch, daß eine Univerſalmonarchie der wahren Glückſeligkeit des menſchlichen Geſchlechts zuträglich ſein würde; Reichthum, Luxus und Kultur würden ſich in und um den Sitz des Monarchen con⸗ centriren, die entfernteren Provinzen würden vernachläßiget, ihre Einwohner ſklaviſch behandelt, von eigennützigen und habſüchtigen Statthaltern, die der Regent einer Univerſalmonarchie un⸗ möglich unter der gehörigen Aufſicht erhalten könnte und die nicht ſo, wie unabhängige erbliche Fürſten, ihre eigene Größe in dem Glück ihrer Völker finden, ausgeſogen und unterdrückt wer⸗ den. Dieſe Statthalter würden bald Luſt bekommen, ſich unabhängig zu machen, und ſo wür⸗ den lauter innerliche Kriege entſtehen, die weit ſchädlicher und verheerender für das Glück des menſchlichen Geſchlechts fein würden, als. alle Kriege, welche zur Aufrechthaltung des politifchen Gleichgewichts und Verhinderung einer Univerſalmonarchie geführt werden. 5) Nöthige Einſchränkungen bei der Anwendung dieſer Grundſätze. a. Nicht innere Verſtärkung der Macht eines Staats durch weiſe und gute Anſtalten, ſondern nur Vergrößerung durch auswärtige Erwerbungen enthält eine Ueberſchreitung des Gleichgewichts, welcher andere Nationen ſich widerſetzen können. b. Nicht jede äußere Vergrößerung des einen Staates kann dem anderen ein Recht geben, dieſelbe mit Gewalt zu verhindern, ſondern ſie muß entweder übermäßig ſein, dergeſtalt, daß wenn ſie ſtattfände, ein entſchiedenes und unwiderſtehliches Uebergewicht bei dem vergrößerten Staate vorhanden ſein würde, oder ſie muß unrechtmäßig ſein und bei dem ſich vergrößernden Staate, einen formirten Plan, ſich in den Beſitz einer drückenden Uebermacht zum Nachtheile der Frei⸗ heit und Unabhängigkeit anderer Staaten zu ſetzen, verrathen, oder der ſich vergrößernde Staat muß ſchon feindſelige Geſinnungen gegen einen anderen Staat an den Tag gelegt haben. ——— . ———- Die pädagogiſche Sektion. (Sekretär: Oberlehrer Chr. G. Scholz. Her Literat R. Sascke machte folgende Mittheilungen aus einer in polniſcher Sprache verfaßten, von ihm überfegten Schrift von Piramowitſch, die als ein Zeitrag zur Seſchichte der Pädagogik zu betrachten ſind. Zu den wichtigſten Unternehmungen, welche das unglückliche Polen zu ſeiner inneren Regeneration auf das eifrigſte betrieb, gehören auch unſtreitig die Arbeiten der nach Joachim Chreptowitſch's Plan und Vorſchlag vom Reichstage niedergeſetzten Kommiſſion für das Unterrichtsweſen im ganzen Königreiche Polen. Hatte ſchon vorher das ganze Auftreten Konarski's ein neues Leden in alle Untertichtsanſtalten des Landes gebracht, fo waren dieſe Verbeſſerungen nur den modernen Ausſchmückungen zu vergleichen, welche man an einem altehrwürdigen gothiſchen Bauwerke anbringt. Im Weſentlichen aber und von Grund aus war nichts verändert. Dies war jener Kommiſſion vorbehalten. Die Mitglieder bekamen keine Diäten und verſammel⸗ ten ſich zweimal wöchentlich in der Saluskiſchen Bibliothek und zwar von 1773 — 1794. Alle Vierteljahre legte fie Rechnung von der Verwendung des ihr anvertrauten Unterrichtsfonds, der beſonders durch die eben erſt erfolgte Aufhebung des Jeſuitenordens bereichert worden war, nahm alle Dalbjahre die Berichte über alle Schulen entgegen, ging fie durch, machte ihre Bemerkungen darüber und ſorgte für fofortige Abhülfe der von den Viſitatoren eingereichten Beſchwerden und Bitten. Sekretär dieſer denkwürdigen Behörde war der gelehrte Exjeſuit Piramowitſch, und in feinem Büreau arbeitete der als Dramatiker dekannte S a⸗ blozki. Dieſe Kommiſſion bildete die höchſte Inſtanz in Unterrichtsangelegenheiten, hatte freie Verfügung über alle Unterrichtsanſtalten des Landes, von der Univerfität an dis zur undedeutendſten Privatanſtalt herab, über alle Bibliotheken, Sammlungen und Inſtitute, Fundationen, Gelder, Pfänder u. ſ. w., über die dem Staate ein Recht zuſtand. Ebenſo hatte fie auch über den ganzen Lehrerſtand und das jenen Anſtalten zu⸗ gehörige Beamtenperſonal frei und ungehindert zu verfügen. Mit dem Fonds ift dieſe Kommiſſion nicht gerade haus hältetiſch umgegangen; denn ſchlechte Finanz⸗ operationen, Verſchleuderungen beim Verkauf u. ſ. w. hatten ihn gewaltig geſchmälert. An Kapitalien beſaß et an 4½ Millionen Gulden und wohl das Zehnfache an liegenden Gründen. Ihr Einkommen betrug aber im Jahre 1783 etwa 1,311,875 Gulden poln. Deſto thätiger und wirkſamer arbeitete fie an einer durch⸗ greifenden Reorganifation des geſammten Untertichtsweſens im Lande, von der Univerſität anzufangen. Ignaz Potozki ſtellte den Antrag einen Elementarſchulenvetein zu errichten zur Einführung guter Lehrbücher für Schulen. Hier trat unter Anderen, auch Piramowitſch ein. Sie ſetzten Preife für die beften Erzeug⸗ 3 18 niffe des In- und Auslandes aus von 50 bis 150 Dukaten, und zwar Anfangs für ein Lehrbuch der Geo— metrie, der Naturgeſchichte, der Landwirthſchaft, der Phyſik und Mechanik, Logik und ein Elementarbuch, in welchem die nöthigſten Wiſſenſchaften, Künſte und Gewerbe kurz behandelt werden ſollten, mit Bezug auf die beſten Autoren in jedem Fache. Was Kollontaj hierbei für das höhere Unterrichtsweſen, namentlich für die Univerſität in Krakau leiſtete, das that Piramowitſch für die Volks- und Elementarſchulen. Hier war Hülfe zunächſt am nöthigſten. Viele Schulen waren aus Mangel an Sorgfalt von Seiten der Regie— rung eingegangen, an vielen Orten ſind gar keine geweſen. Nur hier und da hatte ein edler Pfarrer aus eigenen Mittel Schulen erhalten und gehalten. Sie, die oft mit nur wenigen Hundert Gulden polniſch ihr Leben ärmlich friſteten, opferten edel ihre freie Zeit und ihre Kräfte für die Heranbildung der Jugend. Doch das war nicht überall der Fall. An vielen Orten geſchah für die Landjugend geradezu gar nichts, und die Fundationen, die oft noch für Schulen ausgeſetzt waren, gingen geradezu verloren. Da ward ein— gegriffen. Alte Schulen wurden wieder hergeſtellt neue errichtet, und die Inhaber alter Fundationen zur Herausgabe aufgefordert, was größtentheils in ſehr edler Weiſe geſchah. Es ward eine Inſtruktion für die Lehrer verfaßt und ihnen die Unterrichtspläne und das Lehrverfahren vorgeſchrieben. Dazu wurde nun eine eigene Abhandlung: „Ueber die Pflichten eines Lehrers, namentlich in Landſchulen und in kleinen Städten‘ bekannt gemacht und dem Lehrer zur Nachachtung und Belehrung übergeben, ihnen auch beim Eintritte in's Amt die Kenntnißnahme zur Bedingung gemacht. Beides war aus der Feder des gelehrten Piramowitſch und verdient als ein Beitrag zur Geſchichte der Pädagogik alle Beachtung. Es erſchien 1783 und iſt im vorigen Jahre der in Poſen erſcheinenden pädagogiſchen Zeitſchrift: „Szkota polska,“ neu abgedruckt, bei- gelegt worden. Sie enthält nicht vieles, was nicht ſeitdem in pädagogiſchen Werken vorgekommen wäre; aber auch manches Originelle. Vieles iſt ſchon oft gelehrt und gepredigt worden, aber es iſt dabei auch ge— blieben. Manches wird aber doch als ganz neu und originell Intereſſe erregen. Es ſoll daher von dieſer, für die damalige Zeit höchſt wichtigen pädagogiſchen Erſcheinung ein Auszug mit Hervorhebung des Charakter: riſtiſchen gegeben werden. Den Einfluß, den die damaligen humaniſtiſchen und philanthropiſchen Beſtrebun⸗ gen, die von Rouſſeau's kritiſchem Geiſte ausgingen und ſich durch Baſedov und ſeine Freunde über Deutſchland ergoſſen, ausübten, wird man nicht verkennen können, obwohl der fromme Exjeſuit es forgfältig vermeidet, eine literariſche Verwandtſchaft mit denſelben auch nur entfernt anzudeuten. Man müßte denn annehmen, daß gewiſſe Ideen, wenn ihre Zeit gekommen, gewiſſermaßen ſich durch die Luft fortpflanzen, oder an mehreren Orten zu gleicher Zeit, unter gleichen Umſtänden natürlich, von ſelbſt entſtehen. Das Büchelchen zerfällt in vier Abtheilungen, von denen die erſte das „Lehrziel und die Pflichten des Lehrers,“ die zweite „die körperliche Erziehung,“ die dritte „die ſittliche und Charakterbildung der Jugend,“ die vierte „die Methode und den Lehrplan“ behandelt. In einem „Anhange“ werden noch einige Bemerkungen über weibliche Erziehung, einige Aeußerungen des heil. Hieronymus über Pädagogik, die Erforderniſſe zur Anſtellungsberechtigung eines Lehrers und die Einrichtung der neu zu errichtenden Lehrerſeminare in Kielce und Lowitſch mitgetheilt. Was den Beruf eines Lehrers anbetrifft, ſo will der Verfaſſer ihn als einen hohen betrachtet 2 ſowohl von dem, der ihn übernimmt, als von denen, die ihm mit Vertrauen gegenüberſtehen und ihm das Liebſte, was ſie haben, anvertrauen. Denn durch ſeine Bemühungen und ſeinen Unterricht ſollen die ihm nur zum Wohl anvertrauten Kinder das erhalten, wodurch ſie ſowohl in der Kindheit als im ſpäteren Leben gefördert werden können. Um ſie glücklich und brauchbar zu machen, müſſen ſie geſund und kräftig werden und bleiben, müſſen ſie lernen, was ſie Gott, dem Nächſten und ſich ſchuldig ſind, müſſen gute Sitte, als: Gerechtigkeit, Arbeitſamkeit, Beſcheidenheit und Nüchternheit ſich aneignen, ihre üblen Angewohnheiten und Neigungen zu zügeln wiſſen; müſſen Dinge, die fie geeignet machen, die Mühen und Beſchwerden des Lebens zu ertragen, den Ackerbau, die Gewerbe, den Handel und verſchiedene Handarbeiten, und die Behör⸗ 19 den in Dörfern und Städten und deren Zweck kennen lernen. Es kann nichts Schöneres geben, als das Glück, die Bildung und das Wohl des Leibes und der Seele, nicht eines Menſchen, ſondern ganzer Gemein- den und Städte, zu fördern. Der Lehrer wird in dieſem Gedanken ſein Amt nicht für gering achten, ſeine Arbeit wird ihm theuer ſein, ſeine Mühe ihm leicht werden. Alle ordentlichen Menſchen, ſelbſt die Paſtoren, die geiſtlichen Behörden und die Hofherren werden anerkennen, wie heilſam ſein Amt iſt. Sie werden ihn achten und ſchätzen; die dies nicht thun, deren Herzen fehlt es an wahrer Liebe zum menſchlichen Geſchlechte— Der Lehrer würde ſehr irren, wenn er glaubte, daß das Schreiben- und Leſenlernen und die Aneignung an— derer Dinge, deren Kenntniß für nöthig gehalten wird, ſeine ganze Arbeit ſei; daß es genug ſei, wenn er ſie einige Stunden in der Schule behält, ſie anbrüllt, ſtraft für ihre Faulheit, Unachtſamkeit oder Tändelei. Das würde für das künftige Leben ihnen wenig nütze ſein. Lernten ſie nichts weiter, das werden ſie daheim bald wieder vergeſſen haben. Ihr Herz muß gebildet werden zur Rechtſchaffenheit, ſo daß ſie lernen im täg— lichen Leben mit Jung und Alt zu verkehren, wahre tiefe Frömmigkeit zu üben, Liebe zur Arbeit, zur Zu— verläſſigkeit, Nüchternheit und andern Tugenden gewinnen. Was nützt ihnen das Schreiben und Leſen, wenn ſie nicht lernen, welchen Nutzen ſie aus demſelben für die Mühen des Lebens ziehen, wie ſie mit Ver— ſtand ihren Ackerbau und Gewerbe und Handel treiben ſollen, wenn ihnen nicht die Fehler der Menſchen, die noch ungebildet, vor die Augen geführt werden. Wer da weiß, wie er mit ſeiner Geſundheit, im ehe— lichen Leben mit Kindern, Freunden und Geſinde, in geſunden und kranken Tagen, umzugehen hat, iſt beſſer unterrichtet als der, der Buchſtaben malen und Worte ſtammeln gelernt hat. Wer ſein Vieh heilen und vor Krankheit wahren kann, iſt dem Städter und Landbewohner lieber, als ein müſſiger Leſer und Schön— ſchreiber. Der Lehrer ſoll täglich denken, daß er nach Gottes Willen berufen ſei, die Jugend zu frommen, tugendhaften, nützlichen, gebildeten, muntern und geſunden Menſchen zu bilden, daß ſie dadurch ihr Glück finden. Der Menſch muß alles Nöthige erſt lernen, er kann urſprünglich nichts. Dazu braucht er Men— ſchen und Bücher, er muß hören, nachdenken und arbeiten und durch Uebung ſich alle Fertigkeiten aneignen. Der Lehrer muß ſtets ſo verfahren, daß er vor Gott nicht verantwortlich befunden werden kann für die ver— lorene Jugend, für die von Eltern oder Wohlthätern aufgewendeten Koſten. Darum muß er ſich gehörig gerüſtet haben. Auch der Schneider muß fein Handwerk erlernen. Dazu wird der Lehrer 1) Gott um Er— leuchtung von oben anflehen, 2) durch Unterhaltung mit klugen, verſtändigen und erfahrenen Männern Kennt⸗ niſſe erwerben, ſich Raths erholen, Zweifel berichtigen für alle Zweige ſeines Berufes, 3) gute Bücher mit Nachdenken und Rückſicht auf ſeinen Beruf leſen, 4) nur das lehren, was er vorher ganz genau erkannt und überlegt hat, wie er es dem Faſſungsvermögen der Kinder nahe bringen kann, 5) vor der Schule ſich vorbereitet haben und in der Schule mit voller ungetrübter Aufmerkſamkeit dem Unterrichte folgen. Die Fragen und Bedenken der Kinder muß er anhören; denn auch daraus läßt ſich manches lernen, was uns ſonſt nicht eingefallen wäre. Kannſt du nicht antworten, ſo gieb keine falſche oder unſichere Antwort, ſon— dern ſchiebe ſie auf. Niemand kann alles wiſſen, auch der Geſchickteſte kann viel vergeſſen. Der Lehrer denke über das nach, was in der Schule vorkam, ſinne, ob es noch anders oder beſſer zu machen gehe. Sind ihm aus den Antworten der Kinder Zweifel aufgeſtiegen, ſo beſeitige er ſie. Aber auch von Seiten des Charakters und des Herzens hat er ſich zu bilden und ſtets wird er an ſich zu beſſern finden, wobei ihm das Bewußtſein der Wichtigkeit ſeines Berufes ſtets zu Hülfe kommen wird. Sein Betragen wird ſtets anſtändig, verſtändig, beſonnen und geeignet ſein, ihm Liebe und Vertrauen bei den Kindern zu erwer— ben. Fehler und Gebrechen durchſchauen die Kinder nur zu bald. Können ſie den Lehrer nicht achten und lieben, fo iſt's mit der Luft zum Lernen vorbei, als auch mit feiner ganzen Wirkſamkeit. Die Liebe derfel- ben erwirbt man ſich aber, 1) wenn man durch Wort und That eine väterliche Liebe und Vorſorge für ihr Wohl an den Tag legt, mit ihrer Noth, ihrem Kummer bei Krankheiten Theilnahme zeigt, ſie erfreut, be— ſucht, um Arzt und Arznei ſich bemüht; 2) wenn man kein Kind bevorzugt; in Lob, Tadel, Belohnung und Strafe nur die Gerechtigkeit zu Rathe zieht; dabei niemals Erbitterung, Beſchimpfung aus Hitze oder Wider⸗ 3 * 20 willen hervorbringt: denn das kann die Lernluft oft für immer ertödten. Zutrauen erwirbt man ſich, wenn man ſanft mit ihnen umgeht, ihre Zweifel geduldig anhört, Fehler väterlich rügt, und erfährt man etwas über ein Kind in's Geheim, einen diskreten Gebrauch davon macht, das Geheimniß bewahrt, wenn nicht drin— gende Umſtände es anders verlangen; dann muß es aber auch ſehr beſonnen und vorſichtig geſchehen; 3) darf er Armuth in Kleidung und im häuslichen Leben nie zum beſchämenden Vorwurf werden laſſen. Den an⸗ vertrauten Kindern allen ſoll er Vater ſein, er muß ſie alle gleich lieben, er muß in ihnen den Menſchen achten. Je ärmer und niedriger einer erſcheint, deſtomehr bedarf er des Schutzes, der Freude, des guten Muthes. Darin kann der Lehrer ſehr viel ausrichten. Echte Liebe und Anhänglichkeit erwirbt er ſich aber, wenn er durch ſein Leben als Muſter von Frömmigkeit, Mäßigkeit und Sittenreinheit vorleuchtet. Ein übles Beiſpiel ſteckt die Jugend an und zieht von Eltern und Vorgeſetzten Verachtung und Spott zu. Was kann ein Trunkenbold, Lüdrian, Schwindler und Zänker bei der Jugend wohl noch Gutes wirken? Anſtand und Würde muß ſich in allen ſeinen Bewegungen, in ſeinem ganzen Benehmen ausdrücken. Alles, was in Gang, Sprache u. ſ. w. lächerlich erſcheinen könnte, muß ebenſo vermieden werden, als Härte und Stolz. Die Kinder reden über Alles und iſt nicht Alles einfach, ungezwungen und natürlich, ohne alle Oberflächlich⸗ keit, ſo ſpotten ſie insgeheim darüber, was ihnen aufgefallen iſt. Die Kinder achten ihn auch dann, wenn er nur mit rechtſchaffenen und achtbaren Leuten umgeht. Er muß die Kinder nicht mürriſch hehandeln, doch auch nicht zu vertraulich ſein, ſtreng ohne zu erbittern, freundlich ohne zu verweichlichen, ſagt der Papſt Gregor. Eine achtſame konſequente Heilung der Kinder iſt die wahre Zucht, nicht aber die Gewalt oder Gewohnheit zu ſtrafen. Die Jugend darf nicht durch Haß, ſondern muß durch gute Mittel zur Tugend und Weisheit geleitet werden. Die guten Menſchen widert jene auch an, meiſtens iſt ſie auch nicht einmal förderlich. Der Lehrer ſoll das nur reden und thun, und zu dem anleiten, was den Kindern gut iſt. Die Zucht ſoll die Kinder zum nöthigen Gehorfam anhalten und zwar durch vernünftige, gerechte, mäßige Strafe, Ermahnungen, Tadel, Lob und Belohnungen. Die größte Geſchicklichkeit und Tüchtigkeit zeigt ſich hier, wenn der Lehrer hierbei verſtändig verfährt. Gehorſam werden die Kinder ſein, wenn ſie den Lehrer lieben und achten; iſt es doch auch bei Erwachſenen ſo. Nicht aber, wenn er beſtändig ſchilt und hart anfährt, nicht ſanft gegen ſie iſt; ein freundlich behandeltes Kind wird ſeinen Befehlen zuvorkommen. Man ändere ſeine Befehle und Anordnungen nicht zu ſchnell und häufig, das erzeugt Leichtſinn, Nachläſſigkeit und voll⸗ ſtändigen Ungehorſam. Man befehle ihnen nichts, was ihnen als Schülern nicht zukommt, in dein Amt eingreift oder ſie zu deinen Dienſtboten herabwürdigt, in Feld, Garten und Küche, ausgenommen ſie erbieten ſich ohne Eigennutz, ohne Rückſicht auf Strafe oder auf Belohnung, auf Straferlaß, Bevorzugung oder ohne Furcht zu kleinen Gefälligkeiten: wer dawider handelt, ſollte feinen Gehalt oder feine Stelle ein— büßen, wenn Klagen bei der Behörde einlaufen. Ebenſo hat ſich der Lehrer gegen Augendienerei und Schmei— chelei zu hüten. Lob und Furcht vor Strafe muß lächerlich erſcheinen. Kinder, die den Lehrer der Schmei— chelei zugänglich wiſſen, werden Lügner und Heuchler; hinter dem Rücken lachen ſie ihn aus. Die Befehle ſeien mild und verſtändig; die Kinder ſollen wiſſen, warum ſie etwas thun ſollen, wozu es ihnen gut iſt, das macht ſie gehorſam. Wie viel Verſtand, Kraft und Konſequenz, gepaart mit Milde und Mäßigung, zur Erziehung der Kinder zum Guten erforderlich ſeien, bedarf keiner langen Auseinanderſetzung. Unwürdig eines Lehramtes wäre der, der Alles durch Strafe erzielen wollte und darin ſeinen Beruf fände. Des Lehrers Aufgabe iſt, die Kinder zu erziehen und im Denken zu üben, ſo daß ſie zeitig die Tugend lieben, durch häufige Uebung im Gutes thun Neigung zum Guten und gute Sitten ſich aneignen. Das erreicht man nicht durch Fuchteln, Schelten und Schimpfen. Dafür giebt Piramowitſch folgende Vorſchriften zu beherzigen. Väterliche Ermahnungen und Warnungen müſſen einem Verweiſe vorausgehen. Viele Vergehungen der Kinder ſind eigentlich nichts Böſes, wenn ſie (die Vergehungen) aus der angeborenen Lebendigkeit hervorge— hen, wenn ſie aus Furchtſamkeit, ohne abſichtliche Bosheit, ſich Uebertretungen zu Schulden kommen laſſen 21 wenn fie aus Schaam oder Furcht lügen u. ſ. w. Doch muß man ihnen den Abſcheu vor Lüge, Falſch— heit, Heuchelei recht einſchärfen und vor Allem zu verhüten ſuchen, daß ſie nicht aus Leichtſinn oder Furcht vor Härte zum Lügen ſich gewöhnen. Hat ein Kind etwas verbrochen, ſo nimm es allein vor, halte ihm mit ſanften väterlichen Worten ſeine Handlungsweiſe vor; es erzähle ſelbſt und erkenne ſelbſt ſeine Schuld; kläre es ſelbſt darüber auf und zeige ihm, welche Beſchämung du ihm vor andern erſparen wollteſt, warne es, daß es ſich künftig vor Irrthum und Sünde hüten ſolle. Deine Rede ſoll es nicht quälen, es ſoll dadurch die Tugend und dich lieben. Begeht es zum zweiten Male daſſelbe, ſo iſt zu erwägen, ob das aus jugendlichem Leichtſinn oder aus überlegter Bosheit oder Halsſtarrigkeit geſchah: dann ermahne man wieder, aber ernſter und eindringlicher, dringe auf Beſſerung; das kann vor den Andern geſchehen. Geſchah es aus Bosheit, dann erfolge ein ſtrenger Verweis, bleib aber dabei ruhig, damit der Knabe dies nicht für eine Uebereilung hält; damit er zur Erkenntniß ſeiner Schuld gelange, ſo hüte man ſich vor Schimpfworten; die Sache an ſich iſt ſchon ſchlimm und häßlich genug, ſie braucht nicht erſt durch Schimpfereien noch häßlicher zu werden; dazu iſt kein Schreien, Lärmen und Toben nöthig. Das bringt nichts Gutes zu Wege. Der Lehrer bringt ſich um Achtung und in das Gelächter der Kinder, ſchadet ſeiner Geſundheit und der Schüler wird nur um ſo erbitterter, boshafter, und mit der Beſſerung iſt es vorbei. Der Lehrer ſoll ſich auch hüten, durch unvorſichtige Warnungen Böſes zu lehren und Neigung zum Verbotenen zu erregen. Nichts iſt ſchwieriger in der Pädagogik, als die Strafe für Vergehungen richtig abzuwägen. Es giebt Vergehen: als Halsſtarrigkeit, böswilliges und leichtfertiges Lügen, andauernde Nachläſſigkeit bei dem Unter— richte, die dürfen nicht ungeſtraft hingehen. Unkluge Härte, Gewaltthätigkeit und Uebermaß der Strenge führen üble Folgen mit ſich, oftmals für das ganze Leben des Schülers, und vernichten manchmal alles, was für ſeine Erziehung geſchehen iſt. Es iſt alſo zu erwägen, wie und weshalb man ſtraft. Jeder Lehrer und Vorgeſetzte muß es für ein heiliges und ſtrenges Geſetz halten, beim Strafen volle Billigkeit walten zu laſſen; nach Erwägung aller Umſtände dem einen die Strafe nicht zu erlaſſen, und ſie an einem andern zu vollziehen, daß ſeine Beſtrafung nicht als perſönlicher Haß oder Rache des Lehrers erſcheint, daß Mitſchüler und der Schuldige erkennen, daß nicht raſche Hitze oder Willkür und Laune dabei vorwalten, daß allein Gerechtigkeit gehandhabt ward. Kommt eine Klage, ſo muß die Gegenpartei geduldig angehört werden, der Angeklagte muß Zeit und Freiheit zur Vertheidigung haben. Der Lehrer muß durch Wort und That zeigen, daß er nur widerwillig und gezwungen zur Strafe ſchreite, daß alle Mittel zur Beſſerung unwirkſam waren, daß der Schuldige, wollte er aufrichtig ſein, ſich der Strafe ſchuldig bekennen mußte; er bedauere den Strafwürdigen, daß er es zum Aeußerſten hat kommen laſſen; ſpreche die Hoffnung aus, daß er ſein Vergehen erkenne und die Billigkeit der Strafe einſehe; fordere ihn zur Beſſerung auf; ſtelle die Guten zum Muſter auf und fordere alle zum Vergeſſen der Strafe und Beſchämung auf. Strafe nie, wenn du zornig oder in der Hitze biſt, denn du kannſt bei der Strafe nicht mit Nutzen ermahnen; das Kind könnte glauben, daß es nicht aus Gerechtigkeit und zur Beſſerung geſchehe, ſondern aus Hitze oder Uebereilung be— ſtraft werde; es hält dich dann nicht für einen beſſernden Vater, ſondern für einen übelwollenden Feind. Gott verhüte, daß je ein Lehrer wild und grauſam ſei, von groben und barbariſchen Sitten, der zum Ver— gnügen züchtigt, ohrfeigt, ſchlägt und fuchtelt. Ein ſolcher ſollte gar nicht unter Kindern geduldet, ſondern aus dem Amte getrieben werden. Wenn ein Kind nicht wiſſen kann, daß das, was es that, ſtraffällig ſei, fo darf es nicht beſtraft werden. Es muß ihm auch Zeit gelaſſen werden, vorher feine Schuld einzufehen. Dadurch wird es erweicht und nimmt dann geduldig ſeine Strafe hin. Die größte Umſicht iſt bei der Un— terſcheidung ſtrafbarer Vergehen von bloßen Irrthümern, Verſehen aus Unkenntniß und Lebhaftigkeit nöthig. Ein Menſch ohne Bildung, ein unbeſonnener Menſch hält alle kindiſchen Spielereien, ihre Lebhaftigkeit, ihren Leichtſinn, Unachtſamkeit für Verbrechen und ſtraft ſie hart — ein arger Fehler, der Lehrern und Schülern verderblich iſt. Der Lehrer ärgert ſich und wüthet gegen das, was der Jugend ſtets eigen ſein wird; er wird immer grämlicher und widerwärtiger. Die Schüler, die ſich wohl bewußt find, daß fie nichts Arges 22 muthwillig verbrochen haben und dafür beftraft werden, fangen an, ſchlecht zu denken von ihren Eltern, ver: achten ſie und werden böſe auf ſie. Die Kinder gewöhnen ſich an die Strafe, halten ſich auch dann für unſchuldig, wenn ſie wirklich Strafe verdient hatten, glauben, daß es nur aus Gewohnheit geſchehe. Die Beſſerung aber, der Zweck der Strafe, geht ganz verloren dabei. Die Strafe muß dem Vergehen angemeſ— ſen ſein. Iſt die Schuld klein, ſo werde ſie zuerſt geheim vollzogen, habe mehr den Charakter der Warnung an ſich. Härtere Strafe verdient offenbare Bosheit, die oft wiederkehrt und immer ſchlimmer wird. Niemals darf ein Lehrer zu körperlicher Züchtigung, d. h. zu Schlägen, ſchreiten, es ſei denn, wenn alles andere nichts fruchtete, oder bei überlegter Halsſtarrigkeit, oder bei unverbeſſerlicher Lügenhaftigkeit, bei Verführung Anderer. Dann muß der Lehrer dem Schuldigen und den Mitſchülern zu verſtehen geben, daß er nur gezwungen dazu ſchreite, und ſie bitten, ihm nicht wieder dazu Anlaß zu geben. Je ſeltener und wenn ſie nur bei dringenden Veranlaſſungen angewendet werden, deſto mehr wird man ſich dafür hüten, deſto wirkſamer wird ſie ſein. Solche Strafen wirken auf das Gemüth, es ſind ſklaviſche Strafen. Wenn nun auch das nichts hilft und die Verdorbenheit groß iſt, ſo ſoll der Lehrer nach mehrmaliger Anwendung von Strafen und Bitten die Angehörigen des Kindes anhalten, es aus der Schule zu nehmen, damit ſein Beiſpiel nicht andere verderbe. Allein ſoll er dies nicht thun, ſondern den Ortspfarrer und andere Vorge⸗ ſetzte dabei zu Rathe ziehen. Ehrenſtrafen ſind die beſten, wir dürfen ihm das Ehrgefühl nicht abſtumpfen. Das würde Alles verderben. Aber es giebt kleine Mittel, die ſehr wirkſam ſind; gleichgiltige Dinge, geſchickt angewandt, vermögen oft viel. Wenn ſie z. B. Aufſchriften tragen müſſen, als: Lügner, Nachläßig, Gott⸗ los; oder es ſoll die Mütze aufſetzen, wenn Fremde in das Zimmer treten u. dergl., Arreſt, beſondere Plätze u. ſ. w. Die Strafen dürfen ſich aber nicht nach der Aermlichkeit der Kinder richten, denn dies würde die Meinung erregen, als ob der äußere Putz unſchuldig und tugendhaft mache, und die Armuth Verachtung zuziehe. Nur das Vergehen, Bosheit, Unredlichkeit ſoll beſtraft werden. Einen Beſtraften ſollen dann aber auch Freunde und Angehörige nicht hätſcheln, oder ſprechen, daß er die Strafe für nichts achten ſolle. Sie ſollen ihn vielmehr ermahnen und ihn aufmerkſam machen, daß es ſchimpflich ſei, ein Lügner, Nachläßiger oder Raufbold zu ſein, und ihn zur Beſſerung anleiten. ö Ein guter Lehrer braucht ſelten zu ſtrafen, er thut dies nur, um zu beſſern. Er hat väterliche Liebe zu den Schülern und wird auch andere mildere und gerade Mittel anwenden, und ſie werden um ſo wirk⸗ ſamer ſein, die Kleinen zur Tugend und zu ihrer Pflicht zu führen und Früchte aus dem ihnen nöthigen Unterrichte zu ziehen: das ſind Anfeuerung zum Guten, Lob, Belohnung. Sprich oft und mit innerer feu⸗ riger Begeiſterung von der Tugend, der Rechtſchaffenheit, der Nächſtenliebe, von dem Nutzen und dem Bes dürfniſſe der Bildung des Verſtandes. Erzähle ihnen Beiſpiele aus dem Leben, wodurch du das alles als nachahmungswerthe Begebenheiten darſtellſt; führe dann häßliche und verderbliche Ereigniſſe vor, die das Ge⸗ gentheil anregen. Dadurch erhalten ſie den Unterſchied vom guten und böſen Thun. Wenn ein Schüler fleißig lernt, Gutes thut, ſeinem Nächſten hilft und beiſteht, ſo gut er kann, Klugheit und Gerechtigkeit an den Tag legt, ſich durch nichts zu einer Lüge verleiten läßt u. ſ. w.: ſo lobe ihn öffentlich, ſtelle ihn andern zum Muſter auf, ohne andere zu beeinträchtigen, ſage es den Eltern, dem Paſtor, Amtmann oder dem Guts⸗ herrn. Auch belohnen kann man gute Thaten. Gewöhne die kleinen Gemüther daran, den ſchönſten Lohn in einem guten Gewiſſen, dem Zeugniß vor ſich und vor Gott, dem höchſten Richter, zu ſuchen und zu finden. Sie werden die Tugend nur hochſchätzen und das Schlechte nicht mehr aus Furcht vor Strafe meiden; ſie werden ſich glücklich ſchätzen, wenn gute und redliche Leute ſie loben und lieben. Prunkloſe, aber nutzreiche Geſchenke, die nur als Beweis der Anerkennung ihres guten Verhaltens einen Werth haben, an verdiente Schüler vertheilt, ſind ebenſo förderlich. Alſo Bücher, kleine Bäumchen, Kleidungsſtücke und Schuh⸗ werk für die Aermeren u. ſ. w. Auch hier dürfen gut gekleidete nicht vorgezogen werden, denn nur die Tugend, nicht das Geld ſoll belohnt werden; auch hüte man ſich zur Habgier, ſtatt zur Liebe und zur Tu⸗ gend zu reizen, dies iſt beſonders bei Aermeren zu fürchten. Die Umſtände thun dabei das Meiſte. Gute — nun > on Du 1 Paſtoren und Gutsherren werden ohne große Koſten viel ſolche Belohnungen anſchaffen können. Laß alle genannten guten Handlungen der Schüler aufzeichnen, fie mögen dann beim Examen vor der Verſam mlung verleſen und belohnt werden. Dieſes Lob und der Lohn wird noch wirkſamer ſein, wenn ſie auf dieſe Weiſe vertheilt werden. Das Weitere wird Erfahrung und Umſicht lehren. Doch muß dabei ſtrenge Gerechtigkeit vorwalten, alle müſſen überzeugt ſein, daß nicht Vorliebe für den Einen, oder fremder Einfluß, oder gar Gewinnſucht dabei vorgewaltet hat, daß ſie wohl verdient waren, daß keiner anderen vorgezogen wurde aus Augendienerei, Laune und andere Beweggründe. Haſt du eine Belohnung verſprochen, ſo mußt du auch Wort halten, und nichts kann dich deiner Verpflichtung entbinden. Daher hat der Lehrer dabei zu erwägen: 1) daß er in den Kleinen die jungen Seelen für den Himmel ziehen ſoll und er einſt davon Rechenſchaft abzulegen hat; 2) er wird ſich eine gründliche Kenntniß in der Religion zu verſchaffen ſuchen, durch Bücher, die ihm der Reviſor und der Paſtor angiebt; ) beim Unter: richt halte er ſich ſtreng an den Katechismus und unterwerfe die Vernunft dem Glauben. Zum Abendmahle die Kinder vorbereiten iſt Pflicht des Lehrers; 4) der Unterricht ſei eine wahre Andachtsſtunde, nur geſuchte Worte und feierlicher Ernſt dürfen dabei vorkommen. Doch hüte man ſich vor Heuchelei und Frömmelei, die Kinder merken das gleich und ſpotten darüber. Die Kinder ſollen die wahre Frömmigkeit unterſcheiden lernen. Sie beſteht nicht im Gebeteherſummen, Augenverdrehen und Händeringen, nicht darin, daß man faul ſeine Pflicht über der Andacht verſäumt. Dagegen muß den Kindern eingeprägt werden, daß nicht Werke äußerer Frömmigkeit Gott gefällig ſind, ſondern eine werkthätige, das Herz durchdringende und er— wärmende Liebe zu guten Thaten, zur Pflichterfüllung, zur Wohlthätigkeit in jeder Weiſe. Segensreich wirkt auch die lebhafte Erinnerung an die Allgegenwart Gottes, der auch das Verborgene ſieht. Der Lehrer wird auch auf ordentlichen Kirchenbeſuch bei den Kindern halten und ihnen gute Sitten dabei einſchärfen. Ueber die Unterrichts-Gegenſtände ſagt Piramowitſch: Der Unterricht an ſich kann nicht Zweck der Schule ſein, ſondern der daraus für's praktiſche Leben erwachſende Nutzen; gelehrt ſollen die Bauern nicht werden. Es muß aber wohl erwogen werden, daß der Mangel einer entſprechenden Volks— bildung ein Land unglücklich machen kann, daß Aufklärung des Verſtandes die Grundlage zu einer guten Leitung eines Hausweſens iſt, daß eine verſtändig verrichtete Arbeit weit erfolgreicher iſt, daß der Menſch zur Rechtſchaffenheit erzogen werden muß, daß das Alles allein das Glück eines Landes herbeiführen kann. Als Unterrichtsgegenſtände ſind für nöthig befunden worden: Leſen, Schreiben, das einfache Rechnen, dann Landwirthſchaft in Feld, Haus und Garten, Schifffahrt, Werkzeuge, Mühlen u. a. Maſchinen, Handel wie er in Städten und Dörfern vorkommt, und die gewöhnlichen Gewerbe, Alles getragen durch ſittliches und religiöſes Handeln. Darüber muß ein Lehrer ſich nun meiſt praktiſche Kenntniß, meiſt aus eigener An— ſchauung zu verſchaffen ſuchen. Im Allgemeinen gelten für den Unterricht folgende Vorſchriften: 1) Der Lehrer präge ſich das zu Lernende aus dem Elementarbuche, den Abſchnitt aus der Sittenlehre und von der Arbeit ein, leſe in anderen Büchern, die ihm von gelehrteren Leuten empfohlen werden, nach und prüfe, wie er es den Kinden am Beſten begreiflich machen kann. 2) Er wird genau erwägen, ob ein Gegenſtand für die Kinder durchaus nöthig ſein werde zur Erfüllung ihrer Pflichten gegen Gott und den Nächſten, zur Förderung des Ganzen durch den Einzelnen. 3) Nicht ein blo- ßes Schwatzen über einen Gegenſtand, nicht ein Aufhäufen von rohem Material, ſondern eine Anleitung zum Nachdenken, Aufklärung und gründliche Kenntniß von ſolchen Gegenſtänden iſt der Zweck deſſelben. Daher höre man die Fragen und Bedenken der Kinder ruhig an, belehre ſie darüber. Laſſe ſie zu Hauſe wieder— holen und lehre ſie ſich deutlich, rund und nett darüber ausdrücken. 4) Die Kinder müſſen ſtets in ihren Antworten den Sinn richtig wiedergeben, Sprachfehler verbeſſern. 5) Die Kinder müſſen zum Selbſtdenken angeleitet werden; dazu wird auch die Uebung im mündlichen und ſchriftlichen Ausdruck ihrer Gedanken in der Mutterſprache führen. 6) Die Kinder müſſen dabei immer erfahren, wozu ihnen ein ſolcher Unterricht 24 nützt; gut ift es, wenn ein Schüler die Antworten eines Anderen beurtheilt, das leitet Beide zum Nachden⸗ ken an. Haben ſie Bedenken, dann ſollen ſie ſie ſchriftlich aufſetzen; dann frage er andere, und wenn der Gegenſtand von vielen erläutert iſt, giebt der Lehrer den Ausſchlag. 7) Der Unterricht ſei nie trocken, ſon⸗ dern lebendig, abwechſelnd und anziehend, die Schule ſollte nie zum Popanz werden; der Lehrer ſei ernſt, aber ruhig und ſanft, höre die Schüler gelaſſen an, antworte ebenſo, ihre natürliche Neugierde reize er, aber mit Maßen. Lob, Belohnung, Heraufkommen, die Eintheilung einer Klaſſe in zwei wetteifernde Abtheilun⸗ gen find treffliche Werke der Luft. Dabei muß aber auch Abwechſelung vorkommen, fie müſſen nicht zu - lange mit einem Gegenſtande geplagt werden. 8) Es müſſen auch Pauſen zur Erholung und Bewegung ge⸗ geben werden, die beſonders bei der kräftigen, zur Arbeit beſtimmten Landjugend ſehr nöthig iſt. 9) Die Schüler dürfen durch die Schule nicht von häuslichen Hülfsleiſtungen abgehalten werden, der Lehrer wird fie ſogar zur Gefälligkeit aufmuntern; verſäumen fie darüber etwas für die Schule, fo iſt ihnen dies nach⸗ zuſehen, ſind ſie unter dem Deckmantel der Schule daheim faul und ungefällig, ſo iſt das eher eine Schuld. Die Kinder gehen von Michaelis bis St. Adalbert in die Schule, dann kommen ſie nur an Feſttagen zu⸗ ſammen zur Wiederholung; nur in den Städten iſt das ganze Jahr hindurch Schule, außer in den gewöhn⸗ lichen Ferien. . Schreiben und Leſen iſt nicht Zweck, ſondern nur Mittel zum Lernen. Sonſt könnte die Zeit beſſer zur Wirthſchaft verwandt werden. Sie ſollen dadurch die für das Leben nöthigen Kenntniſſe ſich er— werben über Handel, Gewerbe und Ackerbau, über Tugend, Rechtſchaffenheit, Kindererziehung, Recht und Geſetz, denn viele Vergehen, viel Elend rührt von Unwiſſenheit her. Auch zum Leſen von Papieren und Dokumenten wird es gut ſein, für ſich und andere. Das Schreiben iſt eine Aushülfe für das Gedächtniß, ein Mittel in die Ferne ſich mitzutheilen, Rath zu erholen von da. Dieſe Kunſt iſt es, die alle Erfahrun⸗ gen der Vergangenheit uns zugänglich macht. Man kann dann auch immer Armen helfen durch eine Bitt⸗ ſchrift u. dgl. 2) Dürch Beiſpiele und Gründe wird der Lehrer die Kinder über den Nutzen beider Künſte klar machen, ohne ihnen dadurch Stolz auf ihr Wiſſen einzuimpfen; der Vielleſerei muß aber auch geſteuert werden. 3) Nur nützliche Dinge ſollen damit getrieben werden, das Elementarbuch giebt dazu den Faden, die Sitten- und Glaubenslehre, Stücke aus dem alten und neuen Teſtament, die technologiſchen Stücke über Krankheiten, Rettung in Lebensgefahr, nicht aber, was dem Alter und Stande nicht zuſagt; Stücke, davon ſchreiben ſie, faſſen ihre Bedenken in Worte, ſetzen Bittſchriften auf, machen Erzählungen und Beſchreibun⸗ gen über Dinge, die in ihren Geſichtskreis fallen. Der Lehrer verbeſſere das und erkläre ſeine Korrektur; auch landwirthſchaftliche Bücher mögen fie an⸗ legen lernen, ebenſo Briefe ſchreiben aller Art. Das Schreiben und Leſen beginne zu gleicher Zeit eines för— dert das andere. Auf eine Tafel werde ein Buchſtabe geſtellt, den Alle zugleich ſehen, dann ſuche jedes Kind denſelben im Buche auf; das hindert die Zerſtreuung und damit die Nutzloſigkeit des Unterrichts. Der Lehrer wird auf eine gute und deutliche Ausſprache und Ausdruck beim Leſen halten. Auch Handſchriften ſollen ſie leſen lernen. Oft leſe er ihnen etwas vor, um ihnen zu zeigen, wie man leſen müſſe. Kalligraphie iſt nicht erforderlich, Reinlichkeit, Sauberkeit, Korrektheit bis auf die Interpunktion ſind aber, unerläßlich. Federn ſchneiden und Dinte machen, muß auch gezeigt werden. Der praktiſche Nutzen des Rechnens war damals noch nicht allgemein begriffen worden, der Lehrer mußte alſo dazu angehalten werden, dies den Schülern anſchaulich zu machen. 1) Lehrt er ihnen die Zahl: zeichen machen und zeigt ihre Bequemlichkeit beim Aufzeichnen. 2) Die Aufgaben zum Rechnen müſſen ſich meiſt nur auf Fälle aus dem Geſichtskreiſe der Kinder beziehen. 3) Doch der Lehrer darf die Kleinen nicht mit allzu ſchweren Aufgaben plagen. 4) Die Uebungen müſſen aber oft geſchehen, und es darf nicht weiter gegangen werden, wenn das Vorhergegangene nicht feſtſitzt. 5) Allein ſie müſſen auch verſtehen und einſehen, 25 warum fie das Eine oder das Andere fo machen, wie eins aus dem anderen folgt, es muß ihnen Alles klar werden, alles Mechaniſche darf nicht erſt aufkommen. Das fördert klares Denken und Sprechen. Die Feldmeßkunſt und Geometrie iſt für den Landwirth und Gewerbsmann ſehr nöthig, erleichtert die Eintheilung der Arbeit, erſpart viele Mühe und Verluſte an Zeit und Geld. Der Lehrer muß den Nutzen derſelben den Kindern zeigen, vom Leichten zum Schweren übergehen und ſich auf das praktiſch Nothwen— dige und Brauchbare beſchränken, ihrem Faſſungsvermögen zu Hülfe kommen. Der praktiſche Nutzen in Stadt und Land iſt leicht darzuthun und der Lehrer wird dies leicht nachweiſen können. Hat der Lehrer den Kindern einen Begriff von den zu meſſenden Figuren beigebracht, ſo gehe er mit ihnen auf das Feld, auf Plätze und meſſe nun ſelbſt mit der Kette und andern Werkzeugen, Entfernungen, Höhen. Das wird den Kindern viel Vergnügen machen, wenn ihnen das ſcheinbar Unbegreifliche klar wird und ſie neue Wahrheiten kennen lernen. Das Lehrbuch wird zu Allem Anleitung geben. Dann kommt die Lehre vom verjüngten Maß— ſtabe, große Genauigkeit wird nicht erzielt werden, doch das iſt auch nicht der Zweck. Dies bildet einen Uebergang zu den übrigen Maßen und Gewichten; Warnung vor Betrug, Ermahnung zur Ehrlichkeit, An— weiſung Betrüger zu entlarven, laſſen ſich daran knüpfen. Dies hilft auch Regeln für Sparſamkeit in der Wirthſchaft, leichten Ueberblick in vorhandene Vorräthe u. ſ. w. ſchaffen. Der Lehrer wiege den Kin— dern ſogar etwas vor. Auch von der Baukunſt ſoll der Landmann etwas verſtehen, wenigſtens was die Benutzung des Rau— mes betrifft, die Beaufſichtigung eines Baues und die Anſchaffung und Zurichtung des Materials, die An— legung und Beurtheilung eines Grundriſſes u. ſ. w. Das zu kennen, iſt keinem ſchädlich, auch nicht gar zu ſchwierig. Geſchicktere Köpfe können auch beſonders in Mechanik, Phyſik, Mühlenbaukunſt u. ſ. w. unter⸗ richtet und den Patronen zu weiterer Beförderung anempfohlen werden. Der Lehrer gehe 1) mit den Schülern Mühlen, Stampfen und Ackerbaugeräthſchaften durch, zeige ihren Nutzen, ihre Mängel, wie dem abzuhelfen ſei und wie man ſie am beſten ſchonen und vor dem Ver— derben ſichern kann. 2) Der Lehrer zeige den Kindern, nachdem er ſich ſelbſt bei Handwerkern davon unter— richtet hat, den Unterſchied zwiſchen guten und ſchlechten Gewerbeerzeugniſſen und kläre ſie darüber auf, daß gute Sachen nie zu theuer ſind. Das Lehrbuch wird einen technologiſchen Abſchnitt enthalten. Den leſe man nicht vor, oder gehe ihn durch bis man die praktiſche Anwendung gezeigt hat; man gehe mit den Kindern z. B. in eine Mühle, unterhalte ſich mit dem Müller, zeige ihnen Alles. In der Schule gehe man dann im Buche den Abſchnitt über Mühlen durch, zeige Vorzüge und Gebrechen der gezeigten Mühle, und ſo ge— ſchehe es mit den anderen Maſchinen. Geſchickte Schüler mögen auch Modelle verfertigen, die dann zum Vorzeigen der Schule verbleiben. Daran laſſen ſich auch mancherlei moraliſche Betrachtungen anknüpfen über Ehrlichkeit, Geſchicklichkeit, Sparſamkeit, Pünktlichkeit der Handwerker. Man ſtelle ſich das Alles nur nicht zu ſchwer vor und es wird ſchon gehen. Der Landmann ſetzt in der Stadt ſeine Rohprodukte gegen die verfeinerten der Stadt um, das iſt ſein Handel; der Lehrer muß die Schüler dafür vorbereiten, daß ſie dabei nicht künftig ſchlecht fahren oder andere betrügen. Dabei iſt Folgendes zu beachten: 1) Benutze er die Tauſend Gelegenheiten, zu zeigen, wie durch Thätigkeit und zweckmäßigen Handel ein Vermögen ſich mehren und im anderen Falle ſich mindern kann; daß dann nicht die Juden, ſondern fie ſelbſt Schuld find, wenn es den Leuten manchmal ſchlecht geht. Bei⸗ ſpiele von guten Folgen der Redlichkeit und Arbeitſamkeit finden ſich immer. 2) Zeige er, daß dazu nicht viel gehört, klein anzufangen und groß zu enden; geſchickt, gut, zu rechter Zeit einkaufen, ſchnell, wohlfeil und ehr— lich verkaufen, das iſt das ganze Geheimniß. 3) Erkundigungen bei eingeweihten Männern, eigenes Nachden⸗ ken und die Andeutungen im Leſebuche geben die erforderliche Anweiſung in dem Abſchnitte über Geographie. 4) Das dazu erforderliche Rechnen wird er für dieſen Zweig des Wiſſens anderweitig lehren. 5) Er gehe mit ihnen auf den Markt und ergänze dann in der Schule die Lücken in dem Wiſſen der Kinder, die ſich durch Fragen kundgeben. 6) Er mache ſie aufmerkſam auf viele Dinge, die ſonſt weggeworfen werden, doch 4 26 aber für manche Handwerker noch einen Werth haben, als Knochen, Haare u. ſ. w. 7) Lehre fie Handels- briefe ſchreiben. 8) Der Lehrer ſchließe alles dem Stande der Kinder nicht Gehörige aus, das Maß bleibt ſeinem Gutachten überlaſſen. Auch hierbei ſind 9) moraliſche Ermahnungen und Warnungen anzubringen. Die Schrift enthält noch manchen ſchönen Gedanken. Das Mitgetheilte aber dürfte genügen, um darzuthun, daß in pädag. Beziehung auf Polen das Sprichwort: „In Polen iſt nicht viel zu holen“ keine Anwendung findet. Der Sekretär der Sektion, Seminar-Oberlehrer Scholz, hielt einen umfangreichen Vortrag: Ueber das Preslauer Elementarſchulweſen mit Bezug auf die diesjährigen öffentlichen Prüfungen. In der Vorausſetzung, daß es ſowohl für Hieſige, in welchen für die Jugendbildung ein warmes Herz ſchlägt, als auch für Auswärtige in unſerer Provinz, welche das Breslauer Schulweſen als die Central— Schul-Sonne betrachten, von nicht geringem Intereſſe fein werde, hat ſich Ref. entſchloſſen, fein Urtheil über dieſen Gegenſtand zu veröffentlichen. Sch. ſprach zunächſt über die Arten der Schulprüfungen und unterſchied öffentliche und geheime, ließ ſich aber nur auf die Charakteriſirung der erſteren ein. In der eigenthümlichen Art und Weiſe, wie ſelbige hier in Breslau vor ſich gehen, erſcheinen ihm die Prü— fungen als ſchöne Schulfeſte, die der Ausführung eines Kinderſchauſpiels nicht unähnlich ſind. Die Schüler und Lehrer erſcheinen bei denſelben in ihrem beſten Sonntagskleide mit Anſtand und Würde. Der Tag, an welchem die Prüfung ſtattfindet, iſt der Sonntag eines faſt 50 Wochen lang dauernden, ſaueren und ſchweren Jahreswerkes. Von dem Ausfall dieſer Prüfung hängt die fernere Freude des Lehrers an ſeinem Berufsleben ab. Der Wermuth, den er hier ſtatt des Lorbeerkranzes erntet, verbittert ihm auf lange Zeit eine mühſame Jahresarbeit. Die Wichtigkeit der öffentlichen Prüfungen für die Lehrer, Vorgeſetzten, Kinder, Eltern und Schulfreunde wird hervorgehoben. — Sch. beſpricht hierauf die Arten der Elementarſchu⸗ len Breslau's. Es giebt nämlich in Breslau Elementarſchulen, welche ſich an höhere Bildungsanſtalten, an die Gymnaſien und Realſchulen anlehnen, von denen vier namhaft gemacht wurden, und ſelbſtſtändig daſtehende Elementarſchulen, auch Volksſchulen genannt. Letztere find entweder dreiklaffig oder zwei— klaſſig. Unter den erſteren haben zwei ein ſehr junges Daſein, und die letzteren ſind theils ſolche, die aus den ehemaligen Freiſchulen mit einem Lehrer gebildet worden ſind (Nr. 11. 12. 13. 14. 16. 18.), theils neugeſchaffene (Nr. 15. 20.). Auch die Elementarſchule der Hofkirch-Gemeinde iſt zweiklaſſig, ebenſo die Elementarſchule Nr. 10 in Neu-Scheitnig und die Mil deſche Freiſchule, die aber nur von einem Lehrer verwaltet wird. Unter den dreiklaſſigen giebt es zwei Mädchenſchulen (Nr. 1 und 7), und eine Knaben⸗ ſchule (Nr. 5), die übrigen (Nr. 2. 3. 4. 5. 6. 8 und 9) ſind gemiſchte Schulen. Die evangeliſche Ver⸗ einsſchule, ſeit 1844 beſtehend, iſt nur zweiklaſſig. Daß man mit einer Trennung der Geſchlechter in den meiſten Elementarſchulen Breslau's noch nicht weiter vorgegangen, iſt als ein Fortſchritt in der richtigen Anſicht von dem eigentlichen Zweck der Volksſchule anzuſehen; hoffentlich wird dieſer geſunde Sinn der Breslauer Kommunal-Behörden ſich auch in der Folge bewähren und zwar im Intereſſe des erziehlichen Zweckes des Unterrichts. Unter den katholiſchen Elementarſchulen giebt es vier, die nicht Pfarrſchulen ſind, jede iſt zweiklaſſig mit je zwei Lehrern. Die Pfarrſchulen, als: die Dom- und Kreuzſchule, zu St. Maria, St. Adalbert, St. Dorothea, St. Matthias, St. Mauritius, St. Michael, St. Nikolai ſind mit Ausnahme der zu St. Maria zweiklaſſige gemiſchte Schulen und ſtehen unter der Regierung und unter dem Domka— pitel. Die Domſchule wird für die erſte chriſtliche Schule in Schleſien gehalten. — Außerdem wurde in dem Vortrage noch der Privat-Elementarſchule für Kinder der chriſtkatholiſchen Eltern, ſeit 1846 beſtehend, der Fabrikſchule (eine Simultanſchule) und der zahlreichen Hoſpital-Elementarſchulen bis zur Miniſtranten⸗ ſchule herab, gedacht. — Hierauf unterwarf Sch. die Lage und Beſchaffenheit der Schulräume einer Kritik. Breslau hat Schullokale in nicht geringer Anzahl, die weder der Würde der Stadt entſpre⸗ 27 chen, noch den Zwecken der Bildung förderlich find. Einige befinden ſich in engen abgelegenen Gaſſen, an— dere haben eine geräuſchvolle, den Unterricht erſchwerende Nachbarſchaft, noch andere leiden unter dem Einfluß der Kloaken. Ja es giebt Schulen, in denen kaum ein Plätzchen für das Tiſchchen des Lehrers in Anſpruch genommen werden kann. Namentlich ſteht es in dieſer Beziehung höchſt kläglich mit den meiſten der katho— liſchen Pfarrſchulen. Man ſollte es kaum glauben, daß in der von Jahr zu Jahr ſich vergrößernden und verſchönernden Hauptſtadt Schleſiens ein ſo düſteres Bild von den Bildungsſtätten, in welchen die jugend— liche Intelligenz genährt und gepflegt werden ſoll, entworfen werden könnte. Doch fehlt es nicht an ſchö— nen, lichten und geräumigen Schulzimmern, z. B. Nr. 9. 10. 11. 17. 21. Daß von Seiten der Stadt- behörde Außerordentliches geſchehen iſt, um in dieſer Beziehung der Forderung der Zeit zu genügen, wird anerkannt; das neu erbauete Schulgebäude auf der Tauenzienſtraße iſt ein Muſter-Schulgebäude in jeder Hinſicht, und das neue Bürger-Schulgebäude zum heiligen Geiſt gleicht innerlich und äußerlich einem Schul— palaſte. Bei den katholiſchen Pfarrſchulen iſt ſo lange keine Ausſicht, daß der Status quo ſich in Kurzem ändern, ſich zum Beſſeren geſtalten werde, bevor nicht die drei Gewalten: die Regierung, das Domkapitel und der Magiſtrat einig geworden ſind, und ſo lange die Mittel zur Erbauung mehrerer neuer Schul— häuſer fehlen. Die Freudigkeit der Lehrer an ihrem Berufe und die Pflichttreue derſelben wird ſo auf eine harte Probe geſtellt. Und wie viel dabei für die Jugendbildung verloren geht, das läßt ſich gar nicht über— ſehen. — Zu der ungeeigneten Räumlichkeit der meiſten Schulzimmer tritt noch die Ueber füllung der Klaſſen mit Schülern und Schülerinnen, die Sch. als den Hemmſchuh einer gedeihlichen Wirkſamkeit der Lehrer bezeichnet. Mit der Zunahme der Bevölkerung Breslau's iſt auch die Zahl der ſchulfähigen unter— richtsbedürftigen Kinder in enormer Weiſe geſtiegen. Es ſteht feſt, daß ein Lehrer einer Klaſſe mit einer Menge von 80 Schülern vollauf zu thun hat; nach den preuß. Schulgeſetzen ſoll, wenn die Klaſſe 100 Schüler hat, ein Hülfslehrer angeſtellt werden. Dieſem Geſetze wird aber nirgends, auch in Breslau nicht, Folge geleiſtet. Namentlich ſeufzen die Lehrer der unterſten Klaſſen unter der Laſt der Ueberfüllung. Wir finden hier wenig Schulen, deren untere Klaſſe weniger als 100 Schüler zählt, aber viele, in denen jene Zahl um faſt / Hundert übertroffen wird. Leider hat man ſich auch in Breslau von dem unpädagogiſchen Her— kommen noch nicht losgeſagt, die unterſte Klaſſe am zahlreichſten mit Schülern zu verſehen. Iſt nicht der allererſte Unterricht auch der allerſchwierigſte? Bedürfen die kleinen Anfänger nicht die meiſte Aufſicht und Pflege? Nimmt hier nicht jedes einzelne Kind den Lehrer auf längere Zeit in Anſpruch? Es wurde die Nothwendigkeit dargethan, alle unterſten Klaſſen in Parallelklaſſen zu ſpalten. Wollte die ſtädtiſche Behörde nach den geſetzlichen Beſtimmungen — das neue Unterrichtsgeſetz wird und kann dieſelben nicht beeinträchti— gen — die Elementarſchulen organiſiren, ſo müßte entweder jede dreiklaſſige Schule zu einer vierklaſſigen und ebenſo jede zweiklaſſige zu einer dreiklaſſigen mit beſonderen Lehrkräften erweitert, oder es müßten noch neue Schulen in denſelben Stadtbezirken geſchaffen werden. Nicht wieviel Schüler moch in einer Klaſſe Raum finden, ſondern wieviel Schüler der Lehrer mit Nutzen zu unterrichten im Stande iſt: das muß bei der Ueberweiſung der Schüler maßgebend und leitend ſein. Die Lehrer wären in vollem Recht, wenn ſie gegen jede Ueberbürdung der Art proteſtirten. Das Geſetz ſchützt ſie. — Nächſt der Quantität iſt bei der Beurtheilung der Leiſtungen einer Schule auch die Qualität der Schüler in Erwägung zu ziehen. Es kommt nämlich ſehr viel darauf an, welchem Stande die Eltern der Schulkinder angehören, weil von der Zeit, welche den Kindern zu Hauſe auf die Vorarbeitung der Schulpenſen zu verwenden vergönnt iſt, ſo wie von der Möglichkeit, den Kindern die Hülfslehrmittel in die Hände zu geben, die größeren oder geringeren Forderungen an die Schule abhängen. In der Intelligenz und äußeren Bildung ſtehen die Kinder der nie— deren Volksklaſſen größtentheils hinter den der vornehmeren Stände. Wie die Sache gegenwärtig ſteht, ſo verbleiben für die Elementarſchulen nur die Kinder der niederen, weniger gebildeten Stände und Volksſchich— ten und — die Proletarierkinder. Und wenn gleich nicht beſtritten werden kann, daß es unter den letzteren ausgezeichnete Köpfe giebt, ſo iſt doch im Allgemeinen der ganze Standpunkt dieſer Kinder ein niederer, den 4 * die Schule zu berüdfichtigen hat. Sch. hat bei den öffentlichen Prüfungen ſehr verſchiedene Schattirungen der Schulen wahrgenommen; einen ganz anderen Schlag von Kindern haben z. B. die Elementarſchulen auf der Kloſterſtraße, oder auf der Matthiasſtraße, oder an der Ufergaſſe, oder in den Schulen am Wäldchen als die in der Stadt ſelbſt. Hiernach haben die Schulen unterſchiedliche Phyſiognomien. Die Eitelkeit der Eltern aus dem Bürger- und Gewerbsſtande liebäugelt ſchon mit den ſogenannten höheren Ständen. Die ſchöne Hoffnung, daß in der Neuzeit die Standesunterſchiede der Kinder aus den Schulen ganz ſchwinden werden, iſt ſo gut wie vernichtet. Die Abneigung der höheren Stände vor den Schulen, in denen Kinder der niederen Volksſchichten find, tritt wieder mehr als je hervor. Der Bürgerſtand kommt dieſer Abneigung ent— gegen, wenn er ſeine Kinder den Elementarſchulen ohne Noth entzieht; er trägt dadurch nichts zur Hebung der wahren Volksbildung bei, ſondern unterſtützt die Kaſtengeiſt-Bildung. Aus dem äußeren Benehmen der Kinder bei den öffentlichen Prüfungen iſt auf den Geiſt der Ordnung und der Sittſamkeit derſelben ein ſicherer Schluß zuläßig. Die Kinder haben den Ref. ſehr befriedigt, ſie erſchienen ſämmtlich gut diszi— plinirt. Selbſt in jenen Viertel- oder Halbeſtunden, wo eine Klaſſe ohne Beſchäftigung war, weil die Kinder einer anderen Klaſſe geprüft wurden, gab hierin keine Veranlaſſung zu tadelnden Bemerkungen oder zu Störungen. Die Kinder ſelbſt ſchienen von der Wichtigkeit der Prüfungen durchdrungen zu ſein und zeigten eine große Willfährigkeit zum Antworten, die Hände flogen in Menge raſch in die Höhe als Zeichen, daß man eine Antwort habe, hier und da auch wohl früher, als für den Lehrer wünſchenswerth ſein mochte. Einen üblen Eindruck machte das Zuſammenantworten der Kinder, eine Unart, welche kein Lehrer beim Alltagsunterricht geſtatten ſollte. Hie und da wurde auch ein lautes, verſtändliches Antworten vermißt. Ein Unterſchied zwiſchen denjenigen Mädchen, welche mit Knaben gemeinſam unterrichtet worden ſind und denen, die ausſchließlich Mädchenſchulen angehören, iſt bei der Prüfung nicht auffällig bemerkbar geweſen. Erfreu- lich war die Bemerkung, daß in den hieſigen Elementar-Mädchenſchulen die unangenehmen Eindruck erzeugende Zimperlichkeit, welche faſt allgemein in den höheren Töchterſchulen zu finden iſt, nicht angetroffen wird. Die Schülerinnen der erſteren antworteten faſt durchgehends, namentlich die in den nicht mehr ſchüchternen Ober— klaſſen, die ſchon ein paarmal auf dieſen Bänken der Oeffentlichkeit geſeſſen hatten, mit vernehmlicher An— ſtändigkeit, während die Schülerinnen in den Töchterſchulen der Vornehmen ſo leiſe und wortkarg antworten, daß, wenn der Lehrer die gegebene Antwort nicht wiederholt hätte, die Zuhörer leer ausgehen müßten. — Die Lehrerperſönlichkeiten Breslau's betreffend, ſo halten wir die Mittheilung der Charakteriſi— rung derſelben nicht für dieſe Blätter geeignet. Nur ſo viel: Wie ein König Frankreichs einſt ſagen durfte: „der Staat bin ich,“ ein Seminar-Direktor: „das Seminar bin ich,“ ſo gilt auch vom Lehrer der Aus— ſpruch: „die Schule bin ich.“ Der Lehrer iſt wirklich, der Träger, der wahre Repräſentant ſeiner Schule. Von einer guten Schule ſchließt man untrüglich auf einen geſchickten Lehrer, und ſteht dieſer in dem Rufe, ein wackerer Mann, ein tüchtiger Lehrer zu ſein, ſo wird auch ſeiner Schule das Prädikat, eine gute zu ſein, zukommen. Der Lehrer muß ein Mann des Vertrauens ſein. Die Eltern übergeben ihm ja die Lieb— linge ihres Herzens, um das Werk der Bildung, des Geiſtes und Herzens an ihnen fortſetzen zu laſſen. In Hinſicht auf die Altersſtufen giebt es ein paar Lehrer, welche auf dem Meere des Lebens bereits die Linie paſſirt ſind, Mehrere ſteuern derſelben rüſtig zu, Viele haben noch eine bedeutende Strecke zurückzulegen. Einem der älteſten, der ſich noch einmal als bewanderter Ruderer dokumentirte, iſt die Behörde in ehren— voller Weiſe bereits entgegengekommen, und obgleich ſeine Geiſteskraft noch friſch, ſein Wille noch kräftig iſt und ſein Herz noch warm für die Schule ſchlägt, ſo iſt er doch entſchloſſen, dem Geſchick nicht zu trotzen und ſich in das Unvermeidliche würdevoll zu fügen. Ein Anderer, den ein Körperleiden faſt ein ganzes Jahr lang feiner ſchönen, erfolgreichen Wirkſamkeit entzogen hatte und an dem die Kunſt des Hypokrates leider ſcheiterte, muß ſeiner Schule, die er über Alles liebte und für die er ſeine Geſundheit opferte, wehmuthsvoll und gebrochenen Herzens das Lebewohl zurufen. Einige Lehrer, deren Haare die Schulhitze bereits gebleicht hat, entwickelten deſſen ungeachtet viel phyſiſche und pſychiſche Kraft. Ein guter Theil der Lehrer ſteht im 29 kräftigſten, ſchaffensfähigſten Mannesalter, zwiſchen 30—50 Jahren, und mehrere unter denfelben tragen ſchon den ſilbernen Kranz ihres Amtsjubiläums auf dem Haupte. Auch dieſe haben den Ernſt des Schullebens kennen gelernt. Die bei weitem größere Zahl der Lehrer iſt junger Zuwachs, von denen Einzelne kaum das Alter der Volljährigkeit erreicht haben, lauter kräftige Jünglinge mit entſprechendem Aeußeren. Mögen ihnen die Roſen ihres Schulgartens noch lange grünen und blühen. Faſt alle Lehrer Breslau's ſind Freunde eines anſtändigen Aeußeren und halten viel auf gute Kleidung, damit man ihnen trotz ihrer ärmlichen Salarirung ja nicht den ärmlichen Schulmeiſter anſehe, der hier wie überall nicht viel gilt. Die Beſtrebungen der Bres— lauer Lehrer haben bei der Regierung Anerkennung gefunden. Drei der hieſigen Elementarlehrer ſind im Beſitze des allgemeinen Ehrenzeichens. Andere haben ſich theils durch ihre ſchriftſtelleriſche Leiſtungen, theils durch induſtriöſe Erfindungen einen guten Ruf nach Außen hin erworben. Einer beſchäftigt ſich mit der Stotter⸗Heilkunde, zwei mit der Anwendung eines von ihnen erfundenen und patentirten Schwimmapparats, einer iſt ein kenntnißreicher Entymologe, einer ein ausgezeichneter Chartenzeichner, mehrere haben die Reli— gions⸗, Sprach-, Rechnen- und Fibel-Literatur bereichert, andere gute Zeichnen- und Schreib-Vorlegeblätter geliefert, noch andere ſind namhafte Sänger und Muſiker, wieder andere Mineralien-Freunde, Botaniker, Geologen, Turner; einer hat erfreuliche Proben von ſeiner parlamentariſchen Geſchicklichkeit gegeben, einer ſcheint ſich zum Klubredner ausbilden zu wollen, und einzelne haben mit Glück den Pegaſus beſtiegen. Die Vorliebe zur Wiſſenſchaft bekundete ſich bei mehreren in der Theilnahme an den Vorträgen auf der hieſigen Univerſität, einzelne ſind Mitglieder der ſchleſiſchen Geſellſchaft für vaterländiſche Kultur, jeder gehört wenig— ſtens einem der hieſigen Lehrervereine an. Dem Wiſſensdrange haben mehrere nachgegeben und größere Rei— ſen gemacht, über Schleſien hinaus nach Rügen, Trieſt, Venedig, Rom, nach der Schweiz, Frankreich und England — nur Rußland hatte für keinen Reiz. Die Kollegialität der Breslauer Elementarlehrer war vor 1848 eine andere als jetzt; ſie iſt leider ſchiffbrüchig geworden. Mehreres, z. B. über die Lehrbefähigung und die geiſtigen Eigenthümlichkeiten, wird in der Schullehrer-Zeitung zu leſen ſein. Seit acht Jahren verwalten die Elementarlehrer Breslau's ihr Amt nach einem oktroyirten Lektions— plan, begleitet von einer Inſtruktion, die ihnen beide gedruckt zugefertigt worden ſind und die jedem neu an— zuſtellenden Lehrer bei deſſen Einführung behändigt werden. Wir nennen den Lektionsplan einen „oktroyir— ten,“ weil bei dem Entwurf deſſelben keiner der Lehrer zur Mitberathung zugezogen worden iſt. Er iſt das Werk einiger Mitglieder der Schulen-Deputation, die theils Geiſtliche, theils Gymnaſial-Direktoren ſind. Dieſer Lektionsplan wurde von der Nothwendigkeit geboten; der Mangel eines ſolchen brachte den Lehrer mit Vorgeſetzten und Eltern in Konflikte, die, je länger je läſtiger wurden. Der Willkür der Lehrer, welche aus eben nicht immer ſehr ehrenwerthen Gründen das Maß für die Volksſchule überſchritten hatten, wur— den dadurch heilſame Schranken geſetzt und ſo die Einheit im Unterrichtsweſen der Hauptſtadt erzielt. Von den Lehrern, welchen vorher jeglicher Anhaltspunkt und jegliche Richtſchnur fehlte, wurde dieſer Lehrplan deſſen ungeachtet freudig begrüßt, und wenn auch mit einigem Kopfſchütteln, darnach der geſammte Elementarunterricht organiſirt. Von da an begann die innere Umgeſtaltung des Breslauer Elementar— Schulweſens. In der Jenaiſchen allgemeinen Literaturzeitung ward einmal folgende Behauptung aufgeſtellt: „Nichts iſt unrichtiger und dem Gedeihen der Schulen nachtheiliger, als wenn man den Lehrer ſelbſt gewöhnt zu glauben, er habe nur zu gehorchen und ertheilte Vorſchriften auszuführen. Man kann unbedenklich denjeni— gen Lehrer für ſchlecht erklären, der nichts weiter thut, als dies. Das Beſte, was ein Lehrer thut, der da iſt, wie er ſein ſoll, kann ihm nicht befohlen werden; es muß aus ihm ſelbſt, aus ſeinem eigenen Geiſte und Gemüthe hervorgehen, und man ſorgt wahrhaftig ſchlecht für die Schulen, wenn man die Lehrer dahin bringt, daß ſie im Unmuthe endlich nur das thun, was ihnen geheißen wird.“ — Das iſt richtig, iſt jedoch nicht anwendbar auf die in Rede ſtehende Inſtruktion, und noch weniger auf die Mehrzahl der dieſelbe exekutirenden Breslauer Lehrer, die ſich durch dieſelbe in der freien Bewegung beim Unterricht nicht be— ſchränkt oder gehemmt fühlen. Zwar lautet § I ziemlich diktatoriſch: „Alle Lehrer müſſen ſich genau an 30 den Lektionsplan und an die vorgeſchriebenen Lehrbücher halten und ſtreng darauf ſehen, daß fie die vorgeſchriebenen Penſa in der feſtgeſetzten Zeit beenden. Die Reviſoren allein haben etwa nöthige Abweichungen zu beſtimmen; doch können dieſe nie in Erweiterung der Penſa oder in anderer Vertheilung derſelben an einzelne Klaſſen beſtehen.“ Aber die Breslauer Lehrer ſehen ſich dadurch nicht in die Kategorie derjenigen Lehrer verſetzt, die nur das thun, was ihnen geheißen wird; ohne den Wortlaut dieſes Paragraphen zu verſtoßen, wiſſen ſie ihre Freiheit im Unterricht zu bewahren und geltend zu machen. Die Reviſoren üben eben keine ſtrenge Kon- trole, ſondern halten ſich an die Ergebniſſe der Lehrthätigkeit, welche bisher im Ganzen Befriedigung ges währten. Und auch die ſtädtiſche Schulbehörde erkennt, daß der gedeihliche innere Zuſtand der Schulen ein Produkt der freien und freudigen Thätigkeit der Lehrer iſt, die eine eben ſolche Thätigkeit bei den Schülern hervorruft. Da Breslau zwei- und dreiklaſſige Elementarſchulen beſitzt, ſo mußte billiger- und gerechterweiſe auch für jede Art dieſer Schulen ein beſonderer Lektionsplan gegeben werden, was denn auch geſchehen iſt. Sch. beſchränkte ſich in ſeinem Vortrage auf die Beurtheilung des Religionsunterrichts, deſſen Gebiet er genau abgeſteckt und mit großer Genauigkeit begrenzt fand. Bei der großen Ausdehnung dieſes Gebietes wäre es gewiß von Intereſſe, von den Lehrern ſelbſt, die nun ſchon acht Jahre daſſelbe durchſchritten, ihre eigenen Erfahrungen entgegenzunehmen. In Erwägung aber, daß die Schülerzahl jeder Klaſſe das Maß überſchreitet, daß ferner bei den meiſten dieſer Kinder auf den Fleiß im Lernen zu Hauſe darum nur in mäßigen Anſprüchen zu rechnen iſt, weil ſie ihre Eltern bei den häuslichen Geſchäften unterſtützen müſſen, und daß endlich die Zeit, welche man den inhaltreichen Reli— gions-Lektionen ausgeſetzt hat, unzureichend iſt, glaubt Sch. mit Beſtimmtheit die Möglichkeit in Zweifel ziehen zu dürfen, daß das vorgeſteckte Ziel auch nur annäherungsweiſe erreicht worden ſei. — Die Religionsſtunden können, wenn die Katechismus- und Perikopen-, Spruch- und Liedervers-Penſen zu blei- bendem Eigenthum der Kinder werden ſollen, nichts weiter als Memorir- und Ueberhörungsſtunden ſein. Zu gründlichen Erklärungen und religiöſen Anſprachen reſp. Katecheſen wird wenig oder gar keine Zeit übrig bleiben. — Aber die öffentlichen Prüfungen, hören wir einwenden, „haben ja dargethan, daß den Kindern viel und ſchöne Religionskenntniſſe beigebracht worden ſind.“ Allerdings, wenn das kurze, kaum 20 Minu⸗ ten dauernde Abfragen eines Penſums als eine richtige, der Wahrheit entſprechende Folgerung gelten darf. Auch wir haben uns über die mit großer Fertigkeit und Schnelligkeit gegebenen Antworten der Kinder ge— freut, und wenn ſie in allen Theilen des vorgeſchriebenen Religionsgebietes ſo tüchtig ſind, als ſie ſich bei der Prüfung gezeigt haben, fo flößen uns Lehrer und. Schüler nicht nur Reſpekt, ſondern auch Bewunde⸗ rung ein. Aber wir ſind ſehr ſchwergläubig. Aus eigener Erfahrung wiſſen wir, daß ſelbſt Kandidaten der Theologie bei ihrer pädagogiſchen Prüfung religiöſe Begriffe nicht ſo ſchnell, ſo vollſtändig, ſo wohl geordnet und ſo richtig zu geben im Stande waren, als dies von jenen Kindern auf den Bänken der Armenhaus⸗ kirche geſchah; nur aus unſerer eigenen Praxis kennen wir die Schwierigkeit, mit Schülern Begriffe aus der Glaubens- und Sittenlehre anſchaulich zu entwickeln und ſo auf die Dauer einzuprägen, daß ſie im Stande wären, ſpäterhin in befriedigender Weiſe Rechenſchaft abzulegen. Nach den Proben, welche die Bres— lauer Elementarſchüler von ihren Religionskenntniſſen gegeben haben, dürfte der Schluß zuläßig ſein, daß die Religionsbegriffe auf demſelben Wege zum Eigenthume der Kinder geworden ſind, als der Katechismus, die Perikopen, die Bibelſprüche und Geſangbuchlieder. Wir machen damit den Lehrern keinen Vorwurf, denn die Definitionen, welche ſie entwickeln, werden ja deshalb entwickelt, daß dieſelben von den Kindern be— halten werden ſollen; haben dieſe Definitionen mit den übrigen Penſen, welche memorirt werden müſſen, nicht gleiche Berechtigung? Wenngleich dieſe Methode geeignet iſt, den Elementarſchülern poſitive Religions kenntniſſe beizubringen, fo dürfte durch dieſelbe der höhere Zweck des Religionsunterrichts, die religiöſe Bildung der Kinder zu fördern, nicht erreicht werden. Ueberdies richtet jene Methode nur Verwirrung in 31 den Köpfen der Kinder an, wenn die eingelernten Begriffe in der Schule nicht mit denen, welche die Geiſt— lichen bei ihrem Konfirmanden-Unterricht in Anwendung bringen, wörtlich übereinſtimmen. Die Breslauer Jugend iſt in dieſer Beziehung recht übel berathen. Die Lehrer ſind zwar an den Katechismus ꝛc. gewieſen, aber die Wahl der Hülfsbücher, deren ſie ſich bei ihrem Religionsunterrichte bedienen, iſt ihnen freigelaſſen. Während in einer Schule der lutheriſche Katechismus nach Handel oder Redlich erklärt wird, hat man vielleicht in einer anderen Schule Dinter oder Pariſius, in einer dritten Harniſch oder Kniewel und dgl. zu Grunde gelegt. Selbſt in den kathol. Schulen herrſcht keine Uebereinſtimmung, indem hier Barthel's, dort Ontrupp's Lehrbuch benutzt wird. Wenn nun durch Wohnungswechſel der Eltern auch ein Wechſel mit der Schule verbunden iſt, ſo kann es vorkommen, daß in der neuen Schule eine Begriffsbe— ſtimmung für ungenügend erklärt wird, die dem Kinde in der vorigen Stunde eingeprägt worden iſt. Sind ſolche Kinder nicht zu beklagen? — Noch kläglicher iſt die Verwirrung bei dem Religionsunterrichte der Geiſtlichen. Den Eltern ſteht es völlig frei, ihre Kinder zu irgend welchem Geiſtlichen in den Konfirman— denunterricht zu ſchicken und bei den verſchiedenen religiöſen Richtungen dieſer Herren, die überdies von der der Lehrer abweichend ſein kann, dürfte der Fall eintreten, daß Kindrr aus einer Schule, in welcher das Dinter'ſche Lehrbuch für den Lehrer leitend geweſen iſt, zu einem Konfeſſionarius gebracht werden, der mit Kniewel übereinſtimmt, und ſo umgekehrt. Was wird die Frucht eines ſolchen Religionsunterrichts ſein? Müſſen die Kinder nicht mit ſich ſelbſt in Zwieſpalt gerathen? Mehr Einheit würde herbeigeführt werden, wenn man die Schüler einer Schule verpflichten dürfte, den Konfirmandenunterricht des Geiſtlichen zu be— ſuchen, der zugleich Reviſor derſelben Schule iſt, und wenn hier zwiſchen ihm und dem Lehrer eine Verſtän— digung in Betreff der zu entwickelnden Religionsbegriffe oder eines Hülfslehrbuches ſtattfände. Das iſt aber ein frommer Wunſch, der bekanntlich nicht erfüllt werden wird. Die Themata zu den Prüfungen aus der Glaubens- und Sittenlehre ſchloſſen ſich an den Katechis— mus an; es ſchien, als hätte der Vorſitzende durch die Wahl derſelben dem einen oder dem anderen der Lehrer auf den Glaubenszahn fühlen wollen. Wenn Einzelne ihren religiöſen Standpunkt zu verleugnen ſuchten, ſo handelten ſie eben ſo klug als die Geiſtlichen, von denen mehrere noch ein privates Glaubensbe— kenntniß beſitzen. Wir wollen hierüber nicht richten, aber gewiß iſt es, daß kein Lehrer in Breslau ein eif— riger Anhänger der kraſſen Orthodoxie, noch weniger aber Pietiſt iſt; wir finden dies ganz natürlich, denn eine geſunde Pädagogik verträgt ſich weder mit der Orthodoxie, noch mit dem Pietismus. Das Streben des Lehrers, ſeinen Schülern faßlich zu ſein, bewahrt ihn vor den für Kinder unverſtändlichen Lehren der Orthodoxie; mit der wörtlichen Auffaſſung einer Lehre iſt kein nach Gründlichkeit ſtrebender Lehrer befriedigt, denn er weiß, daß ſie nicht in's Herz dringt und deshalb bald wieder verloren geht. Wir haben über das Gebet, über die Taufe, über einen oder den anderen Artikel, über einzelne Bitten und Gebote examiniren hören. 5 Von dem Reichthume der „Bibelſpruchkenntniß und Kirchenlieder“ ſind keine Proben abgelegt worden. Die Kinder zitirten und rezitirten zwar einzelne Bibelſprüche aus der Glaubens- und Sittenlehre, aber nur indirekt. Uns erſcheint es jedoch von Wichtigkeit, daß hierin auch direkt geprüft werde. Wir würden dann geſehen haben, welche Auswahl getroffen worden ſei und wie die Kinder ſie aufgefaßt haben und vortragen. Daſſelbe gilt von den „Kirchenliedern,“ auf die in den hieſigen Schulen nach dem Lektionsplan ebenfalls Zeit und Fleiß verwendet werden ſoll. Wir wiſſen aus eigener Beobachtung, daß ſich die Breslauer Lehrer hierin keine Fahrläßigkeit zu Schulden kommen laſſen; den Kindern werden die Perikopen, Bibelſprüche und namentlich chriſtliche Feſtagslieder zum Memoriren regelmäßig aufgegeben. Das Abhören derſelben iſt freilich zeitraubend, und die Lehrer würden damit zu viel Zeit tödten, wenn ſie jedes derartige Penſum jeden Schüler ganz herſagen ließen. Das geſchieht ebenſowenig, als auf den höheren Lehranſtalten das Ueberhören der aufgegebenen Penſen aus der Grammatik. Man nimmt vielmehr heute eine beſtimmte Anzahl von Schü— lern und überzeugt ſich, ob dieſe das Penſum gut memorirt haben oder nicht, ein andermal werden dazu 32 andere Schüler ausgewählt. Dieſe Form hat zwar auch ihre Nachtheile, denn die Schüler welche in die— ſer Woche daran geweſen ſind, wiſſen, daß ſie in der nächſten Woche vom Herſagen ausgeſchloſſen bleiben werden und verabſäumen theilweiſe das Auswendiglernen; aber dieſem Uebelſtande wird von dem Lehrer da— durch leicht begegnet, daß er einen oder den anderen jener liſtigen Schüler nicht in der Sicherheit des Aus— ſchluſſes vom Vortrage des Auswendiggelernten beſtärkt. Inwiefern die Lehrer in Breslau das Memoriren der Religionspenſen aus Ueberzeugung oder nur als fügſame Ausüber des oktroyirten Lehrplanes vollzogen haben, können wir nicht fo genau wiſſen, als zu wün- ſchen wäre; aber wir werden uns nicht in gänzlichem Irrthume befinden, wenn von uns im Allgemeinen das letztere angenommen wird. Es wäre in der That zu verwundern, wenn die in neuerer Zeit von den Pädagogen, namentlich von den modernen, zur Sprache gebrachte Angelegenheit — wornach einerſeits die Zweckmäßigkeit des Memorirens des Katechismus und der Bibelpenſen in Frage, und die Heilſamkeit eines ſolchen Lehrverfahrens in Abrede geſtellt wird — ſpurlos bei den Breslauer Lehrern, die an eine Lehrthätig⸗ keit mit Bewußtſein gewohnt ſind, vorübergegangen ſein ſollte. So iſt es nicht. Aus Verhandlungen in dem älteren Breslauer Lehrervereine iſt uns bekannt, daß namentlich das Auswendiglernen des Katechismus zu den Lehrerplagen und zu den Schülerquälereien gehört, und daß in keiner Disziplin in dem Grade gegen die Padagogik geſündiget wird, als hierin. In Bezug auf das Memoriren der Bibelſprüche dagegen ſtimmt Ref. ganz und gar der Anſicht des Dr. Anhalt in ſeiner „Volksſchule“ bei. Da heißt es: „Religion iſt im Allgemeinen die Beziehung des Lebens auf Gott. Unſer Leben iſt ein innerliches und ein äußerliches. Jenes umfaßt das Denken und Glauben, dieſes das Handeln. Die Religion ſetzt alſo voraus einen beſtimmten Glaubensgehalt und ein demgemäßes Handeln. Der Glaube ohne Werke iſt todt. In Bezug auf das erſte hat die Schule den Kindern einen poſitiven Glaubensinhalt mit in's Leben hinauszugeben, und ſie thut es nach der Anſicht der ausgezeichnetſten Pädagogen am ſchönſten und eindringlichſten, wenn ſie die Kernſprüche der Bibel als Vehikel der Glaubenswahrheiten benutzt. Dieſe haben für beſtimmte Entwickelungsſtufen eine gar wunderbare und gewaltige Kraft. Manche von ihnen ſind ſchlicht und einfach — alſo ohne Weiteres dem Kinde verſtänd— lich, andere bedürfen nur einiger Worte, Andeutungen und Hinweiſungen, um augenblicklich durchſichtig zu werden, andere werden äſthetiſch leicht verſtanden werden können, noch andere werden dem Kinde nicht voll— kommen nahe gebracht werden können, ſondern durch weitläufige Erklärungen noch dunkeler werden. Die letzten ſind ganz auszuſchließen, nicht aber die vorletzten. Denn wenn auch das Kind wenig oder gar keine Sprüche mehr kann; erſt dann in die Bibel ſehen, wenn die Stürme des Lebens heranbrauſen, iſt ein miß- liches Ding: das Bibelwort muß in die Stürme des Lebens hineinklingen aus dem Innern heraus, damit es ſich bewähre als eine wunderbare Kraft, als Troſt und Erhebung, mag es vorher rationell verſtanden worden fein oder blos äſthetiſch. Zwar iſt nicht zu verkennen, daß falſch verftandene Bibelſprüche ſchon gro— ßes Unheil angerichtet haben, allein das haben auch ſchon richtig verſtandene gethan.“ Die umfangreiche Abhandlung über die „Reaktion auf dem Gebiet des Unterrichts“ betrifft eine lite— rariſche Streitigkeit, in welche der Seminar-Oberlehrer Scholz mit dem Seminar-Direktor Dieſterweg über eine Rechenſchrift des Erſteren: „die Dreiſatzrechnung in Bruchform ausgeführt,“ gerathen war. Sie eignet ſich nicht zur auszugsweiſen Mittheilung, iſt aber vollſtändig in der „ſchleſiſchen Schullehrer-Zeitung“ Jahrgang 1850 in Bogen 4 und 5 abgedruckt. Daſſelbe gilt von dem Vortrage über den „Sprachunterricht als Erziehungsmittel,“ der ſich in dem „Magazin für Pädagogik,“ welches in Ludwigsburg erſcheint, befindet. —— r — Inhalt. Allgemeiner Bericht über die Verhaͤltniſſe und die Wirkſamkeit der Geſellſchaft im Jahre 185800. S. Allgemeine Verſammlungen der Geſellſchaft Verzeichniß der im Jahre 1850 thätigen Sektionen. Die naturwiſſenſchaftliche Sektion ........... S. 5 Die botaniſche Sektii ggg. — 5 Die entomologiſche Sektiaannnnnnnddndsns. — 6 Die Sektion für allgemeine Erdkundeeeeeeeeeeeee — 6 Die mediziniſche Sekttiin dsds. — 7 Die oͤkonomiſche Sektion»... ----rr:nce en. zu 9 Die Sektion für Obſt⸗ und Gartenkultur ...»-.. — 8 R e S. 9 De hit eren Soon eh nan as een — 9 Die philologiſche Sektiin dnss — 10 Die pädan dich Sete — 10 Zuwachs der Bibliotheken und Muſeen ... — 10 Bericht über die Verwaltung der Kaſſe — 13 Status der Mitglieder der Geſellſchaft ... — 14 Berichte über die Arbeiten in den einzelnen Sektionen. I. Abtheilung für Vaturwiſſenſchaften. A. Naturwiſſenſchaften an und für ſich. 1) Naturwiſſenſchaftliche Sektion Abth. I. S. 17 a) Phyſik. Dr. Marbach: uͤber d. Meſſung elek⸗ triſcher Stroͤnne Abth. I. — 17 Ob.⸗L. Dr. Sadebeck: über die bei Anferti⸗ gung eines Straßenbeleuchtungs-Kalenders zu beachtenden Prinzipien .... Abth. I. — 18 Ob.⸗L. Dr. Sondhauß: uͤber das Toͤnen er⸗ hitzter Glasroͤhren Abth. I. — 20 b) Chemie. Dr. Baumert: 1) uͤber das Vor: kommen des Zuckers im thieriſchen Orga: nismunns iA bi Abth. I. — 22 2) Chemiſche Unterſuchung der Knochen des Zeuglodon macrospondylus Abth. I. — 25 Prof. Dr. Fiſcher: uͤber die Anwendung der Metallreduktion auf naſſem Wege Abth. I. — 28 Dr. Schwarz: uͤber den brennenden Berg bei Wüttweller nn. he Abth. I. — 34 c) Geologie. Oberſtlieut. Dr. v. Stranz: über die großen Continental⸗Erdbeben Abth. I. — 35 d) Zoologie u. Phyſiologie. Prof. v. Siebold: 1) über die organiſirten Kalkablagerungen der Haut der Strahlthiere .. Abth. I. S. 35 2) über die Conjugation des Diplozoon PT Abth. I. — 36 3) uͤber die Wanderungen gewiſſer Einge— Wider e mun en. Abth. I. — 38 Dr. F. Cohn: uͤber blutaͤhnliche Faͤrbungen durch mikroſkopiſche Organismen Abth. I. — 39 Dr. Heinzel in Proskau: 1) Welche Bedeu⸗ tung hat die Mutterknolle fuͤr die Kartof⸗ ſelſtaude m. (. n. 2 Abth. I. — 52 2) Vegetationskraft d. Saubohne Abth. I. — 57 e) Petrefaktenkunde. Dr. A. Koch: uͤber die Gattung Zeuglodon Ow. ..... Abth, I. — 59 Prof. Dr. Goͤppert: 1) über die Entwicke⸗ lungsperioden d. Erde vom heutigen Stand» punkte der Naturwiſſenſchaften Abth. I. — 60 2) über die Erhaltung der foſſilen Reſte Abth. I. — 62 3) uͤber die Verwandtſchaft der Flora der Steinkohlen-Formation Europa's mit der von Nord⸗Amerika Abth. I. — 63 5 34 4) über lebende u. foffile Coniferen Abth. I. S. 63 5) uͤber eine Anzahl ſchwieriger und ſel⸗ 5) uͤber die Flora des Uebergangsgebirges tenerer Carex-Arten Abth. I. S. 98 Abth. I. — 64 Muſik⸗Direktor Siegert: Beiträge zur 2) Entomologiſche Sektion. ſchleſiſchen Flora vom J. 1850 Abth. I. — 100 A. Allgemeines (die Herren v. Siebold und Apotheker Kraufe: über zwei neue Pflan⸗ Gravenhorſt ) . Abth. I. — 69 zenformen aus der ſchleſ. Flora Abth. I. — 101 B. Pep des Dr. Milde: uͤb. Equiſetenformen Abth. I. — 102 a 1 . Ob.⸗G.⸗Aſſeſſor Wichura: über eine den I. Coleoptera. Lehrer Letzner: 1) Verſchiedene Blaͤttern vieler Pflanzen eigenthuͤmliche Mittheilungen — * Abth. I. — 69 Drehungs- Bewegung Abth. I. — 106 2) über die Nebria nivalis Payk. Abth. ie — 70 Dr. F. Cohn: uͤb. Aldrovanda vesiculosa 3) über Platysma negligens St. Abth. I. — 71 R Abth. I. — 108 4) über Chrysomela islandica v. Flotow: Lichenes Florae Silesiae Köhler 3 2 eee Abth. 1 — 72 (Fort ſetzung) nl Abth. J. — 115 Rektor Rendſchmidt: uͤb. d. Cerambycinen De h Schleſtenns . Abth. I. — 73 4) Sektion für allgemeine Erdkunde .. Abth. I. — 143 Profeſſ. v. Siebold: über Apion pallipes 5) Mediziniſche Sektion. Kr... . „„ ge Abth. I. — 76 Dr. Günsburg: 1) über die Behandlung v. Uechtritz: uͤber eine Var. des Hister 8 der Lungentuberkuloſe Abth. I. — 145 cadaverinus 5 22 mo.» Abth. 1 -_ 76 2) über einen Fall v. Aneurysma aortae II. Hymenoptera. Prof. Schilling: über die Ar⸗ Abth. I. — 159 ten der Gattung Vespa ... . . Abth. J. — 76 Dr. Seidel: 1) uͤber die Wirkung d. Arz⸗ III. Diptera. Dr. H. Scholz: uͤber die ſchleſiſch. neimittel, beſonders der Mineralquellen Arten d. Gatt. Tetanocera Latr. Abth. I. — 78 . Abth. I. — 150 cerxi NN Abth. I. — 83 beſondere über Johannisbad Abth. I. — 160 2) über Sciara Thomae Meig. Abth. I. — 84 D + : 1 i De e ee r. Landsberg: 1) uͤber einen Fall von penetrirender Herzwunde .... Abth. I. — 152 gen über Pſych ideen Abth. . — 84 3 Ä Dr. Wode: über Familien u. Gattungen 7 Si 1 durch ſogenanntes Halsabſchneiden C Abth. I. — 88 V. Neuroptera. Geh. Rath Prof. Dr. Graven⸗ f Abth. I. — 161 ’ horſt: ne m ormes fatale F Abth. I. — 88 amm F: % Abtb. J. d. Geh. Med.⸗Rath Dr. Hancke Abth. I. — 154 VI. Arachniden. Prof. v. Siebold: uͤber die eri⸗ neenartigen Gebilde ſeines Herbariums Hoſp.⸗Wundarzt Hodann: 1) über fistula Abth. I. — 89 stercor ace. Abth. I. — 155 vn. Kruſtenthiere. Prof. v. Siebold: über 2) über Hernien Abth. I. — 170 Isaura cycladoides Jol. Abth. I. — 89 e Hofrath Dr. Burchard: 1) uͤber die Er⸗ 3 tani tied deres sehe einde 1 eigniſſe im koͤnigl. Hebammen-Inſtitute Pa re 1 5 im J. 18. Abth. I. — 157 (Vortraͤge und Mittheilungen der Herren Bail, Cohn, v. Flotow, Goͤppert, Krauſe, 2) über Falle von Gangraena und Bla⸗ Milde, Siegert, Wichura und Wimmer.) ſenſcheidenfiſttt ns Abth. I. — 163 Prof. Dr. Goͤppert: 1) Allgem. Ueberſicht Dr. Nega: 1) über Eehinococeus homi- der in Deutſchlands Gaͤrten im Freien Gs oe es L. enn Abth. I. — 158 ausdauernden Bäume und Straͤucher 2) Beitraͤge zur Kenntniß d. Funktionen Abth. I. — 92 der Atrio=Ventrikular Klappen und 2) über metamorphoſirte Mohnkoͤpfe Erzeugung der Herztoͤne ... Abth. I. — 164 Abth. I. — 93 Prof. v. Siebold: Bemerkungen z. Natur⸗ Direktor Dr. Wimmer: 1) Bericht uͤber geſchichte der Band- und Blaſenwuͤrmer drei neue Floren Abth. I.— 94 Abth. I. — 158 2) Neue Arten der ſchleſ. Flora Abth. I. — 95 Dr. Middeldorpf: Komparative Kritik der 3) Einige Formen von Salix .. Abth. I. — 96 Stein operation. Abth. I. — 159 4) Varietäten aus der ſchleſiſchen Flora Dr. Neumann: uͤber d. Gallerte als Nah⸗ Abth. I. — 97 rungs mittel .. Abth. I. — 162 Dr. Größner: ber den Brand der Alten Abth. I. S. 163 Med.⸗Rath Prof. Dr. Barkow: uͤber mehrere anatomiſche Praͤparate Abth. I. — 170 6) Oekonomiſche Sekttiiun s Abth. I. — 171 7) Sektion fuͤr Obſt⸗ und Gartenkultur Abth. I. — 173 Promen.⸗Inſpektor Schauer: über die um Breslau vorkommenden Berberis-Arten Abth. I. — 178 Oberſtlieut. v. Fabian: uͤber die Kultur der Melonen im Freien auf Huͤgeln Abth. I. — 183 Die Fruͤhjahrs-Ausſtellung der Sektion Abth. I. — 185 Die Herbſt-Ausſtellung Abth. I. — 188 Statut der Sektion Abth. I. — 190 8) Techniſche Sektion. Dr. Schwarz: 1) uͤber d. Einrichtung der Glasfabrik zu Tembach im Thuͤringer Walde Abth. I. — 193 2) über die Platin-Bereitung Abth. I. — 197 3) uͤber die Geſchuͤtz-Gießerei in Straß⸗ burg Abth. I. — 200 4) über die Schwarz: und Weißblech-Fa⸗ brikation in Dillingen .... Abth. I. — 203 Kaufmann C. G. Kopiſch: uͤber das neue Bergwerksgeſetz Abth. I. — 193 Prof. Dr. Duflos: 1) uͤber Gewinnung u. Anwendung des Zinkoxyds als Farben⸗ material Abth. I. — 196 235353552525„5„„566õũ6ꝛ „„ „„ 35 2) uͤber Feuer u. Feuerloͤſchung Abth. I. S. 197 3) die chem. Verhaͤltniſſe d. Kohlenſaͤure und deren Bedeutung fuͤr die Natur Abth. I. — 200 Baumeiſter Hoffmann: uͤber elektriſche Deere ER Abth. I. — 197 Kaufmann A. Andersſohn: uͤb. Fabrikate aus Bl Abth. I. — 198 Apotheker Muͤller: uͤber gefaͤrbte Zinnfolie Abth. I. — 200 Ob.⸗L. Dr. Sondhauß: über das Paralle: logramm der Kräfte u. die Gentrifugal- kraft Abth. I. — 203 G —ͤjßkł-ů Br ur Er Er Er 334 II. Abtheilung für Geſchichte, Philologie und Pädagogik. 9) Hiſtoriſche Sektion. Prof. Dr. Kahlert: C. G. Suarez als Lehrer Friedrich Wilhelm III. Abth. II. S. 10) Paͤdagogiſche Sektion. Literat Sascke: Mittheilungen aus einer Schrift von Piramowitſch ... Abth. II. — 17 Seminar⸗Oberlehrer Scholz: Vortrag über das Breslauer Elementarſchulweſen mit Bezug auf die diesjährigen öffentlichen Prüfungen Abth. II. — 26 1 — — „„ 2er 00006 * | Alphabetiſches Namenverzeichniß der Verſaſſer der in vorſtehendem Jahres- Berichte erwähnten Mittheilungen und Vorträge. Herr Kaufmann A. Andersſohn jun., Abth. I. S. 9, 198. Bail, Abth. I. S. 91. Med.⸗Rath Prof. Dr. Barkow, Abth. I. S. 7, 170. Dr. med. et chir. Baumert, Abth. I. S. 5, 22, 25. Regts.⸗Arzt Dr. Bayer, Abth. I. S. 7. Prof. Dr. v. Boguslawski, Abth. I. S. 6. Apotheker Buͤttner, Abth. I. S. 7. Hofrath Dr. Burchard, Abth. I. S. 157, 163. Privat⸗Docent Dr. F. Cohn, Abth. I. S. 5, 6, 37, 39, 91, 108. Prof. Dr. Duflos, Abth. I. S. 9, 196, 197, 200. Geh. Med.⸗Rath Dr. Ebers, Abth. I. S. 4, 7, 154. Oberſtlieut. a. D. v. Fabian, Abth. I. S. 183, 185. Prof. Dr. Fiſcher, Abth. I. S. 5, 28. J. v. Flotow, Abth. I. S. 115. Prof. Dr. Goͤppert, Abth. I. S. 4, 5, 21, 60, 62, 63, 64, 92, 93. Geheim. Hof⸗Rath Prof. Dr. Gravenhorſt, Abth. I. S. 69, 88. Dr. Groͤtzner, Abth. I. S. 7, 163. Dr. Guͤnsburg, Abth. I. S. 7, 145, 159, 163, 164. Prof. Dr. Guhrauer, Abth. I. S. 4, 9, 10. Schulamts⸗Kandidat Harnecker, Abth. I. S. 10. Dr. Heinzel in Proskau, Abth. I. S. 5, 52. Oberlehrer Dr. Heiß in Aachen, Abth. I. S. 5, 6. Hoſp.⸗Wundarzt Hodann, Abth. I. S. 7, 155, 170. Baumeiſter Hoffmann, Abth. I. S. 197. Prof. Dr. Kahlert, Abth. I. S. 4, 9. Abth. II. S. 1. Dr. Koch, Abth. I. S. 4, 5, 59. Kaufmann C. G. Kopiſch, Abth. I. S. 9, 193. Apotheker Krauſe, Abth. I. S. 6, 92, 101. Dr. Landsberg, Abth. I. S. 7, 152, 161. Lehrer K. Letzner, Abth. I. S. 69, 70, 72. Prorektor Dr. Marbach, Abth. I. S. 5, 17. | Herr Dr. med. Middeldorpf, Abth. I. S. 7, 159. Dr. Milde, Abth. I. S. 5, 91, 102, 105. Landſchaftsgaͤrtner Monhaupt, Abth. I. S. 8. Apotheker Müller, Abth. I. S. 200, Kaufmann Muͤller, Abth. I. S. 8. Univerſitaͤts⸗Sekretaͤr Nadbyl, Abth. I. S. 8, 185. Dr. Nega, Abth. I. S. 7, 158, 164. Dr. Neumann, Abth. I. S. 7, 162. Oberforſtmeiſter v. Pannewitz, Abth. I. S. 8. Oberlehrer Rektor Rendſchmidt, Abth. I. S. 75. Prof. Dr. Roͤpell, Abth. I. S. 4, 9. Oberlehrer Dr. Sadebeck, Abth. I. S. 5, 6, 7, 18. Literat Sascke, Abth. II. S. 17. Erblandhofmeifter Graf Leop. v. Schaffgotſch, Abth. I. S. 5, 6. Promenaden⸗Inſpektor Schauer, Abth. I. S. 178. Prof. Schilling, Abth. I. S. 76. Dr. med. Scholz, Abth. I. S. 10. Oberlehrer Scholz, Abth. I. S. 10. Abth. II. S. 26. Privatdocent Dr. Schwarz, Abth. I. S. 5, 9, 28, 193, 197, 200, 203. Dr. med. Seidel, Abth. I. S. 7, 150, 160. Prof. v. Siebold, Abth. I. S. 5, 7, 35, 36, 38, 69, 76, 83, 84, 87, 88, 89, 158. -Muſikdirektor Siegert, Abth. I. S. 6, 91, 100, Oberlehrer Dr. Sondhauß, Abth. I. S. 5, 9, 18, 203. Geh. Rath Prof. Dr. Stenzel, Abth. 1 S. 4. Oberſtl. a. D. Dr. v. Strang, Abth. I. S. 5, 10, 35. Gymnaſiallehrer Dr. Tagmann, Abth. I. S. 10. Baron M. v. Uechtritz, Abth. I. S. 76. O.⸗G.⸗Aſſeſſor Wichura, Abth. I. S. 5, 91, 106. Direktor Prof. Dr. Wimmer, Abth. I. S. 6, 91, 94, 95, 96, 98. ö Dr. med. Wocke, Abth. I. S. 88. ——— 0 — * 2 = E cz \ a = 1 an x De der . 1 4 5 | N E \ 71 2 I h N 7 \i \ r2 AG MANN U 0 4 \ 8 V | 1 Ur | \ Um 672 N N ai Ya f N f \ | \/ | | \ “N A 8 [CE 1 LG a «dc «ca ac ( S >> ad CCC SIT 7 CLCE CE AT ECO CE ra 7° Ce s RUE | Ce F e e 5 7 S 1 CARE SIE es r S e ae ee d ER e N A N BANG = NN r N 2 pr N EN WANN f h N \ \ | | | \ 5 f | m ö ö e \ \ 2 2 \ 2 \ . N \ \f 2 2 2 \ AA; AANN NN N