% u . er. ur . u. Be ge 3 u" R 0 “ Et “ s v % dr . W 0 a u AN: n u.“ ’ “ =. ri 3 293.4 Vibrarp of tbe Museum .» OF COMPARATIVE ZOÖLOGY, AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS. BDounded by private subscription, in 1861. nNnNnNnNnnNnnnN DR. L. pe KONINCK’S LIBRARY. “ on _ ‘ ai " ‘ # > Er ß. 2 € v2 Fe Ne . I > hn | y = y f . “ x x u. a ’ ‘ F - . Bau 5: a . £ AL ih Pi ““ n ’ ” }= s Nr $ v g% a, - ’ « \ Fi X B ) \ y BU CHEN . e BE R PS ’ " \ AR 3 rı # “ “ 2 N \ > =: ‘ A .r = u‘ . j 3 . ER * ‘ - Bu % 2 17 zu . “u P m J a P= * . . E B. I | \ en? . & 74 “r .“ Fu i % Sl Ei 7 EPK 4 = E ei . ’ ‘ . nl r “ n # n ”. ’ „ \ R ur 3 ‘ [F ER be j er « . i * y Sr r « Fe, 2 i N N La 2. . a RE De 4 + S ” ” & r 2 Er u, Eu £ ; ie we PRERTEN Ein und dreissigster Jahres- Bericht der Schlefifchen Gefellfhaft für vaterländifche Kultur. Enthält: Arbeiten und Veränderungen der Gesellschaft im Jahre 1853. — er — . r Sm Breslau, Druck von Grass, Barth und Comp, (W. Friedrich.) gel oda Er BR fr abe w) na . se Allgemeiner Bericht über die Verhältnisse und die Wirksamkeit der Gesellschaft im Jahre 1853, abgestattet . in der allgemeinen Versammlung den 23. December 1853 vom Bürgermeifter Bartfch, z. Z. General-Secretair der Gesellschaft, HH Winrena des Verwaltungsjahres 1853 ist im Bereiche der Ehren-Aemter der Gesellschaft insofern eine Veränderung eingetreten, als sich der um die Belebung der ökonomischen Section sehr verdiente Secre- tair der letzteren, Herr General-Landschafts-Repräsentant Graf Hoverden, durch seine Berufsverhältnisse genöthigt gesehen hat, das Secretariat niederzulegen. Es ist an dessen Stelle für die laufende Etats-Zeit von der Section der General-Landschafts-Repräsentant Herr Freiherr v. Wechmar zum Secretair ge- wählt und derselbe als solcher in das Präsidium eingeführt worden. Durch den Tod verlor die Gesellschaft in dem Seminar-Oberlehrer Felix Rendschmidt ein hochgeschätztes, vielseitig, namentlich in der pädagogischen, naturwissenschaftlichen und in der entomo- logischen Section thätiges Mitglied. Wirkliche Mitglieder sind 18 der Gesellschaft zugetreten. Zu correspondirenden Mitgliedern wurden ernannt die Herren: Pfarrer Rückert zu Leisnitz, Professor Dr. med. et chir. W. Lachmann zu Braunschweig, Professor Fleischer zu Hohenheim, Baron v. Biedenfeld zu Erfurt, Dr. med. Bierbaum zu Dorsten, der Lehrer an der Gewerbeschule zu Liegnitz Pharmaceut Jäckel, Professor Dr. Massalongo zu Verona und der Privat-Docent Dr. Gustav Leonhard zu Heidelberg. - Zu Ehrenmitgliedern sind von dem Präsidium ernannt worden: 1) Herr Professor Dr. v. Siebold zu München, nachdem dieser ausgezeichnete Gelehrte bis zu seinem Abgange sich durch rege Theilnahme an den Arbeiten der Gesellschaft und fortgesetzte Mittheilung der Ergebnisse seiner wissenschaftlichen Forschungen besonders werth und verdient gemacht hatte; 1* 4 2) der königliche Bergamts-Assessor und Markscheider Herr Bocksch bei Gelegenheit seiner 50 jäh- rigen Amts-Jubelfeier ; 3) der Herr Baron v. Aufsess zu Nürnberg, Gründer des Museum Germanicum. Der feierlichen Einweihung des Blücher-Denkmals bei Krieblowitz hat das Präsidium durch Deputirte beigewohnt. Nach Allerhöchster Bestimmung Sr. Majestät des Königs ist der Gesellschaft ein Exemplar der von dem Ober-Ceremonienmeister Frh. v. Stillfried und dem Archiv-Rathe Dr. Märcker herausgegebenen Monumenta Zolleriana überwiesen worden’. als für welchen hocherfreulichen Beweis königlicher Huld und Gnade der ehrfurchtsvolle Dank hiermit auch öffentlich erneuert wird. Mit auswärtigen Gesellschaften , welche den unseren verwandte „Zwecke verfolgen, hat das Prä- idium Idie) bestehenden Verbindungen gepflegt! ünd neue Verbindungen " an&eknüpft/ "Letzteres ist 'namient- lich durch Vermittlung des General-Consuls der vereinigten Staaten, Herrn Flügel zu Leipzig, bezüglich des grossartigen Instituts von Smithson zu Washington der Fall gewesen, wovon unsere Gesellschaft die interessantesten literarischen Mittheilungen aus dem Gebiete ‚der naturwissenschaftlichen Forschungen in jenem Staate fortgesetzt zu erwarten hat. Eine sehr bedeutende und schätzbare Erweiterung unserer Bibliothek hat das Präsidium durch ein Abkommen mit der hiesigen Börsen-Ressource erzielt, nach welchem von dieser Gesellschaft 700 Bände ihrer besonders für die neuere Geschichte interessanten literarischen Sammlung, vorbehaltlich des Eigenthums und der Mitbenutzung nach unserer Bibliothek-Ordnung, zur Aufstellung in den Räumen un- serer Bibliothek, welche wir jetzt auf 6000 Thaler gegen Feuersgefahr versichert haben, überwiesen worden sind. Das Präsidium lebt der Zuversicht, ganz im Sinne unserer Gesellschaft gehandelt zu haben, indem es dem Unternehmen des schlesischen Kunstvereins: die; in : verschiedenen hiesigen Anstalten zerstreuten ‚werthvollen Gemälde zu einer öffentlichen Gallerie in den Sälen des Ständehauses zu vereinigen und da- durch einem längst und allgemein gefühlten Bedürfnisse zu entsprechen, die kräftigste Förderung ange- deihen liess. Es hat daher nach erlangter Allerhöchster Genehmigung nicht nur die unter seine, Gustodie gestellt gewesene königliche ‚Sammlung .altdeutscher Gemälde, so wie die Bachsche Sammlung dem schlesischen Kunstvereine für gedachte Gallerie überantwortet, sondern auch demselben zur gleichmässi- gen Aufstellung unter Vorbehalt des Eigenthums und auf Widerruf folgende unserer Gesellschaft gehörige Gemälde anvertraut: 1) von Pistorius: Goldschmied-Werkstätte; 2) von Zrhferikäl Gang nach Emmaus; 3) von Schiller: Abendlandschaft; 4) von Mücke: Nareiss; 5) von Klein: Pferdestück; 6) von Quaglio: Ar- chitektur; 7) Fortuna, Copie nach G. Reni von Temmel; 8) Lavinia, Copie nach Titian ‚von Herrmann. Es ist hierbei jedoch die ausdrückliche Zustimmung der Gesellschaft zu dieser örtlich veränderten Aufstellung unserer Gemälde vorbehalten worden, welche sich das Präsidium von der heutigen General- Versammlung erbittet. Zur Verbreitung wissenschaftlicher, praktisch nützlicher Kenntnisse hat das Präsidium auch für das jetzige Winterhalbjahr öffentliche Vorträge veranstaltet; es haben dieselben übernommen: Herr Privat- " Docent Dr. Scharenberg über Meteorologie, Herr Privat-Docent Dr. Stenzel über vor- und jetzt- weltliche Geschichte der Pflanzen, und Herr Prof. Dr. Löwig über die Verhältnisse ‚des, Unorganischen zum Organischen, Der Ablauf des ersten halben Jahrhunderts des gedeihlichen Bestehens unserer, Gesellschaft ist von dieser selbsi und über ihren Bereich hinaus auf das Freudigste begrüsst worden. Das Präsidium ist 5 eifrig bemüht.gewesen, zu einer würdigen und nachhaltig anregenden Begehung dieses für uns so be- deutungsvollen Jubelfestes das Entsprechende zu veranstalten. Demgemäss ist eine Denkschrift, wozu die allgemeine Versammlung am 28. Januar c. 500 Thaler bewilligt‘ hatte, herausgegeben worden, welche gegen den Subscriptions-Beitrag von nur 15 Sgr. von den Mitgliedern der Gesellschaft, aus dem Buchhandel aber für 2 Thlr. 25 Sgr. zu beziehen ist. Es enthält diese Jubelschrift eine von Herrn Prof. Dr. Kahlert verfasste aktenmässige Geschichte unserer Gesell- schaft und ausserdem eine Reihe interessanter wissenschaftlicher Beiträge der Herren: Geh. Archiv-Rath Prof. Dr. Stenzel, Prof. Dr. Henschel, Director Dr. Wimmer, Dr. J. Milde, Lehrer Letzner, Dr. Beinert, Dr. Körber, Dr. Hensel, Prof. Dr. Göppert und Dr. Cohn. Der Jubeltag selbst, ‚17.. December, wurde in unserem, mit den Bildnissen der verewigten Stifter Müller und Reiche festlich geschmückten Saale in einer feierlichen Allgemeinen Versammlung, welcher der einzige noch lebende Mitstifter der Gesellschaft, Herr Apotheker Wocke, und der Sohn des Stifters, Herr Dr. phil. Müller, beiwohnten, unter Theilnahme der Chefs der Behörden durch Vorträge des Präses und des Vice-Präses ausgezeichnet und Tages darauf durch ein Fest-Diner von 220 Theilnehmern nach- gefeiert, gehoben durch dichterische Widmungen der Herren Geh. Rath Dr. Ebers, Prof. Dr. Kahlert und Dr. Tagmann, bei welchem eine grosse Anzahl (32) Gäste ihre Aufnahme als wirkliche Mitglie- der der Gesellschaft nachsuchten. In Veranlassung des Jubiläums aber sind der Gesellschaft von dem Herrn G.-L.-R. Grafen Hoverden 66 Bände von Kamptz Annalen und von dem Herrn Geh. Sanitäts- Rathe Dr. Krocker das aus 16 Bänden bestehende Manuscript der von seinem Vater, dem im Jahre 1822 verstorbenen Geh. Medicinalrathe Dr. Krocker, gegen Ende des vorigen und Anfang des jetzigen Jahrhunderts bearbeiteten, aber nicht zum Drucke gekommenen kryptogamischen Flora Schlesiens nebst vielen dazu gehörenden Abbildungen, übereignet worden, für welche werthvollen Zuwendungen den ver- ehrten Gebern wir uns zu dem innigsten Danke verpflichtet fühlen. Und so möge denn das Stiftungsfest für Gegenwart und Zukunft segensreich fortwirken, so dass die schlesische Gesellschaft in verstärkter Kraft und in erhöhtem Bewusstsein ihres für das Wohl des Vaterlandes bedeutungsvollen, wahrhaft pa- triotischen Zweckes sich selbst in regem Zusammenwirken ihrer Mitglieder immer lebendiger erfasse und bis in die späteste Zukunft stets verjüngt den sich steigernden Aufgaben einer fortschreitenden grossen Zeit rühmlich gewachsen bleibe. Während des Jahres 1853 haben, ausser der heutigen, 7 allgemeine Versammlungen der Gesellschaft stattgefunden. In diesen wurden folgende Vorträge gehalten: im Januar, nach Abstattung des Jahresberichts pro 1852, von dem Präses, Herrn Prof. Dr. Göp- pert „über die königliche Landesbaumschule zu Potsdam‘‘; im Februar von dem königlichen Consistorial- und Schulrathe Herrn Menzel über die religiösen Elemente in dem Staatswesen der Völker des Alterthums‘“ ; in demselben Monate theilte Herr Prof. Dr. Guhrauer einen Abschnitt aus seinem zu ediren- den Werke „Lessings italienische Reise‘ mit; im: April von Herrn Privat-Docenten Dr. Suckow „über Steffen’s Ansichten vom Zwecke der schlesischen Gesellschaft‘“ ; im October von Herrn Privat-Docenten Dr. Gröger „über den Einfluss der Hegelschen Philoso- phie auf die geschichtliche Entwicklung‘ ; im November von Herrn Consistorial-Rath Menzel ‚‚über des Verhältniss des hebräischen Prie- sterthums im Königthume‘“; am 50jährigen Stiftungstage, den 17. December, 1) von dem Präses, Herrn Prof. Dr. Göp- pert „über die naturwissenschaftlichen Verhältnisse Schlesiens zur Zeit der Stiftung 6 - der Gesellschaft, so wie über die Stigmaria ficoides, die Hauptpflanze der Stein- kohlenformation (welche Abhandlungen in dem Berichte der naturwissenschaftlichen Se- ction folgen); 2) von dem Vice-Präses, Herrn Geh. Medicinalrath Dr. Ebers ‚‚über Christian Heinrich Müller, den Stifter der Gesellschaft: ein Lebensbild der Zeit“. Ueber die Thätigkeit der einzelnen Sectionen haben die betreffenden Herren Secretaire F olgen- des berichtet: Die naturwissenschaftliche Section (Secretaire: Herr Professor Dr. Göppert und Herr Dr. Cohn ) hielt im Laufe dieses Jahres 14 Sitzungen, in welchen über folgende Gegenstände von den Herren Mit- gliedern derselben Vorträge gehalten wurden. Aus dem Gebiete der physikalischen Geographie und Geognosie Herr Privat-Docent Dr. Scharenberg, Herr Professor Dr. Mosch zu Herischdorf bei Warmbrunn, Herr Apotheker Jäckel in Liegnitz; aus der Chemie Herr Privat-Docent Dr. Bau- mert und Herr Professor Dr. Löwig; aus der Mineralogie, Geognosie und Petrefaktenkunde Herr Dr. phil. Hensel, Herr Apotheker Oswald, Herr Literat Oelsner und der Secretair Göppert; aus der Zoologie, Physiologie, Pathologie und Entwickelungsgeschichte beider organi- schen Reiche Herr Dr. med. Aubert, Herr Dr. phil. Hensel, Herr Privat-Docent Dr. Pringsheim zu Berlin und Herr Prof. Dr. v. Siebold, so wie die Secretaire der Section, Göppert und Cohn; endlich aus dem Gebiete der angewandten Naturwissenschaft Herr Ober-Forstmeister v. Panne- witz und Herr Regierungs-Assessor Dr. Schneer zu Ohlau. Die in- und ausländischen Verbindungen der Section haben sich auch in diesem Jahre ansehnlich erweitert. Herr Professor Dr. v. Siebold, dem wir viele wichtige und interessante Vorträge verdan- ken, vertauschte seinen hiesigen Aufenthalt mit dem von München, und einen zweiten herben Verlust erlitt die Section durch den im August dieses Jahres plötzlich erfolgten Tod eines ihrer thätigsten und ältesten Mitglieder, des Herrn Rektor Rendschmidt. Die Wahl der Secretaire führte keine Verände- rung herbei. Die botanische Section (Secretair; Herr Direktor Dr. Wimmer) hat im Jahre 1853 sechs Versammlungen gehalten, in denen Folgendes vorgetragen und verhandelt wor- den ist. Herr Privat-Docent Dr. Cohn erläuterte die Structur und Reizbarkeit der Blätter der Drosera und ähnlicher Pflanzen. Herr Privat-Docent Dr. Körber besprach die bisherigen Flechtensysteme und legte die Resultate seiner Untersuchungen über die Sporen der Flechten vor, nebst einem Aufsatze des Herrn v. Flotow über parasitische Biatorae. Derselbe kritisirte die neuesten Arbeiten auf dem Felde der Lichenologie und demonstrirte eine Anzahl von ihm neu entdeckter und unterschiedener Flechten-Formen. Herr Stadtrichter Wichura berichtet über die zur Aufklärung hybrider Weidenformen angestellten Versuche. Derselbe legte die auf einer Reise in die Karpathen beobachteten seltneren Pflanzen vor. 7 Herr Dr. Milde sprach über die im Jahre 1853 von ihm auf verschiedenen Exkursionen beobach- teten seltneren Pflanzen und theilte mehrere neue Standorte derselben mit. Herr Professor Dr. Göppert erläuterte die in den botanischen Gärten vorkommenden Arten des Drachenbaumes (Dracaena Draco und Dracaena Boerhavii) und die Benutzung des Cyperus Papyrus. Herr Musikdirector Siegert besprach die von Naegeli und Grenier aufgestellten Grundsätze zur Unterscheidung der hybriden Cirsia und legte eine Reihe dergleichen von ihm selbst gesammelter For- men vor. Der Secretair legte seltnere Pflanzen aus der schlesischen Flora vor, welche von den Herren Apo- theker Mielke in Glogau, Lehrer Bartsch in Ohlau, Lehrer Gerhardt in Liegnitz, Lehrer Hilse in Strehlen und Gymnasiallehrer Kelch in Ratibor gesammelt und eingesandt worden waren. Derselbe erläuterte einige neue und schwierigere Pflanzen der. Schlesischen Flora. Der bisherige Secretair wurde auch für die nächste Etatszeit wieder gewählt. Die entomologische Section (Secretair: Herr Geh. Rath Professor Dr. Gravenhorst) hat sich im Jahre 1853 zu zehn Versammlungen vereinigt, in welchen Vorträge und Mittheilungen über Thiere aus der Ordnung der Coleoptera, Lepidoptera, Diptera, Hymenoptera und der Klasse der Ara- chnida gehalten wurden, und zwar: 1) von Herrn Hauptlehrer Letzner: a) über die Käfer-Fauna von Meran; b) über Scorpio germanus K. und europaeus L.; e) über mehrere in Schlesien sehr seltene, im laufenden Jahre von ihm gefangene Käfer; | d) über Cionus scrophulariae L. und seine Verwandlung; e) über Dorcaloma rubens E. H. und ihre Verwandlung; 2) von Herrn Kaufmann A. Neustädt: über das Genus Argynnis; 3) von Herrn Oberlehrer Rector Rendschmidt (dessen ebenso unerwarteten als schmerzli- chen Verlust im Laufe des Jahres die Section tief betrauert): über Nitidularien ; 4) von Herrn Dr. phil. Schneider: a) über Arten der Gattung Laphria; b) über Arten der Gattung Asilus; c) über die Spinner-Familie der Lithosiden; 5) von Herrn Dr. med. Wocke: a) über die Tinien-Gattungen Lipusa, Taleporia, Solenobia, Diplodoma, AXysmato- doma, Adela und Nemotois; b) über die, Mitte September d. J. von ihm unternommene lepidopterologische Ex- cursion nach dem Riesengebirge. Die Bibliothek der Section wurde auch in diesem Jahre durch Kauf und Schenkung ansehnlich ver- mehrt, namentlich. flossen ihr aus. dem Nachlasse des verstorbenen Ober-Bergrathes v. Charpentier Ss durch die Freundlichkeit des Herrn Grafen v. Hardenberg mehrere werthvolle Nummern zu. — Ihr Stiftungsfest feierte die Section am 22. December. Die meteorologische Section (Secretair: Herr Professor Dr. Balle) hat im verflossenen Jahre zwei Sitzungen gehalten, am 6. April und am 23. November, in denen vor- nehmlich über den Fortgang der die Klimatologie Schlesiens betreffenden Rechnungen von dem Secretair berichtet wurde: Es sind in diesem Jahre von dem Gehülfen der Sternwarte, Herrn Günther, be- rechnet worden: B moin8 s die Beobachtungen in Breslau, 62 Jahrgänge seit 1791, die Beobachtungen in Neurode, 21 Jahrgänge. Von dem Magliede der Section, Herrn Büttner, wurden berechnet: “ die Beobachtungen in Zapplau, 11 Jahrgänge, _ „ „ R Tarnowitz, 5 Jahrgänge, » » ;, Landeshut, 11 Jahrgänge, » » „ Gross-Glogau, 1 Jahrgang, » „» „ Görlitz, 9 Jahrgänge, > Br ‚„‚ Carolath, 1 Jahrgang, » „» „, Reichenstein, 7 Jahrgänge. Herr v. Rothkirch führte die Berechnung der 23jährigen Beobachtungen in Neisse’ aus. Es sind nunmehr im Ganzen von Herrn Günther 174 Jahrgänge, von Herrn Büttner 105, von Herrn v. Roth- kirch 23, zusammen 302 Jahrgänge berechnet worden, und es ist diese umfangreiche Arbeit durch den ausdauernden Fleiss der Herren Berechner in dem verhältnissmässig kurzen Zeitraume von zwei Jahren zum Schlusse geführt worden, da nur einige wenige, nicht genügend vollständige Beobachtungsreihen zurückgelassen und unberechnet geblieben sind. Für die Veröffentlichung dieser werthvollen und die schlesische Klimatologie mit einer vorzüglichen Bestimmtheit feststellenden Ergebnisse sind einige vorbe- reitende Schritte gethan worden, welche erwarten lassen, dass schon im Laufe des nächsten Jahres es möglich sein wird, dieselben allgemeiner bekannt und nutzbar zu machen, Mit der Veräusserung der von der Gesellschaft beim Beginne. der Beobachtungen beschafften me- teorologischen Instrumente ist fortgefahren worden, und es sind bisher 9. Barometer und 11 Thermome- ter verkauft. Einige Instrumente sind zur Zeit noch nicht eingeliefert, über den Verbleib einzelner hat eine bestimmte Auskunft bisher nicht erlangt werden können. In der Sitzung der Section vom 6. April gab der Seeretair einen Bericht über die am n. Decem- ber 1852 in Schlesien beobachtete Feuerkugel und die daraus über die wahre Bahn und Grösse dersel- ben hergeleiteten Folgerungen. Bei der Wahl eines Secretairs für die nächste Etats-Periode, welche am 29. November stattfand, wurde der bisherige Secretair wieder gewählt. Die medicinische Section (Secretair: Herr Dr. A. Krocker) versammelte sich in dem verflossenen Jahre 13mal, und es hatten die Herren: Medicinalrath Professor Dr. Barkow, Regimentsarzt Dr. Beyer, Hofrath Dr. Burchard, Dr. Grätzer,' Dr. Günsburg, Ra. ACER Hospital-Wundarzt Hodann, Dr. Kürschner, Dr. Landsberg, Dr. Middeldorpff und Dr. Neu- mann die Güte, in diesen Sitzungen Vorträge zu halten, über welche in dem specielleren Berichte Ge- naueres angegeben werden wird. Bei der am 2. December stattgefundenen Neuwahl eines Secretairs der medicinischen Section für die nächste Etatszeit wurde der bisherige Secretair mit 10 Stimmen unter 14 Anwesenden auf’s Neue gewählt. Die ökonomische Section. (Secretair: Herr Geh. Regierungsrath Freiherr v. Wechmar.) In dem abgelaufenen Jahre sind von der Section zwei Sitzungen gehalten worden. Die Theilnahme an diesen Versammlungen war keine zahlreiche, wovon der Grund in dem Umstande zu suchen ist, dass die ökonomischen Zeitfragen von denen seitens der Staatsbehörden sehr beförderten, sich immer mehr bildenden landwirthschaftlichen Kreisvereinen zur Sprache gebracht werden und bei den Erleichterungen der Betheiligung an diesen Vereinen von dem Besuche diesseitiger Versammlungen ableiten. Um so mehr wird hier darauf hingearbeitet werden, einschlagende Gegenstände von hervorragender Wichtigkeit in den Bereich der Section zu ziehen und den darüber zur Geltung kommenden Ansichten in weiteren Kreisen Ausdruck zu geben. In dieser Klasse der hier behandelten Gegenstände sind zu erwähnen: eine Betrachtung über die Aufgabe für die Section, an die theilweise noch sehr mangelhaft bearbeitete Statistik der Provinz Schle- sien Hand zu legen; — ferner eine Beleuchtung der Frage: ob die Runkelrübenzucker-Fabrikation den landwirthschaftlichen Nebengewerben beizuzählen sei? — und in Folge der in diesem Jahre zahlreichen Hagelschäden: ein Vortrag über Hagelschlag und Hagelversicherungs-Anstalten mit besonderem Bezug auf die Provinz Schlesien. Die Correspondenz mit dem Landes-Oekonomie-Collegium und auswärtigen Interessenten befand sich auch in diesem Jahre in lebhaftem Gange. Der Section gingen aus allen Theilen Preussens und Deutschlands die interessantesten ökonomischen Zeitschriften und Mittheilungen zu, welche gesammelt und der Bibliothek der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur überwiesen wurden. Die Section für Obst- und Gartenbau (Secretair: Herr Direetor Dr. Wimmer) hat im Jahre 1853 fünfzehn Versammlungen gehalten und zwei Ausstellungen von Gartenerzeugnissen veranstaltet. Die Frühjahrs-Ausstellung fand statt vom 26. bis 29. April und lieferte einen Ueberschuss von 63 Thalern. Die Herbst-Ausstellung vom 27. bis 30. September verursachte einen Kostenaufwand aus der Kasse von 27 Thalern. Bei beiden Ausstellungen wurden Preise vertheilt, ausserdem auch dem Kunstgärtner Schulze für die Erziehung der Victoria regia die grössere Medaille der Section zuerkannt. In der Mehrzahl der Versammlungen fanden Berathungen über die Ausstellungen und die inneren Angelegenheiten der Section statt. Ausserdem wurden in denselben folgende Vorträge gehalten: 2 10 1) von Herrn Präses Professor Dr. Göppert: über die Sippe Jlex, die in den deutschen Gär- ten gebauten und namentlich in der Sammlung des Geh. Medicinalraths Betschler befindlichen Arten derselben; 2) von demselben: Demonstration seltener exotischer Hölzer und Früchte; 3) von Herrn Kunstgärtner Eduard Monhaupt: über Kultur der Cyclamen-Arten, nebst Vor- zeigung derselben; 4) von Herrn Inspector Neumann: über die Kultur der Rhöum-Arten, namentlich der Victo- ria-Rhabarber; - | 5) von demselben: "über Ullueus ne ren 6) von Herrn Kaufmann Hutstein: über Entwickelung und Erziehung der Farn, nebst Vorzei- gung einer reichen aus Samen erzogenen Collection; 7) von Herrn Privat-Docenten Dr. Cohn: Mittheilungen über die auf einer Reise durch Süd- Deutschland besuchten Gärten. Die Section hat zur Hebung des Gemüsebaues Sämereien seltener Gemüse an drei Gemüsezüchter hieselbst und an einen in Langenhof bei Bernstadt vertheilt. Die hierorts gemachten Anbauversuche ha- ben einen günstigen Erfolg gehabt; die Herren Bloch und Timmler in Gabitz und Freytag in Sie- benhuben konnten die zugesagten Prämien erhalten, und es haben die erbauten Gemüse auf dem Markte eine gute Abnahme gefunden. Dem Landwirthschaftlichen Central-Vereine ist die Section auch in diesem Jahre für die zu Prä- mien bewilligte Summe dankbar verpflichtet. Dieselbe hat indess auf höhere Anordnung von 100 Thlr. auf 50 Thlr. ermässigt werden müssen. Zwei grössere Werke: „Risso’s Monographie der Orangen“ und „Diel’s Eisslogie“ sind von der Section angekauft und der Bibliothek der Gesellschaft einverleibt worden. Ausgetreten sind drei, zugetreten ein und zwanzig Mitglieder. Der bisherige Secretair wurde aufgefordert, sein Amt fortzuführen, und erklärte sich dazu bereit. Zum Stellvertreter wurde Herr Kaufmann E. H. Müller gewählt. Die technische Section. (Secretair: Herr Director Gebauer.) Am 7. Februar. Von Herrn Dr. Schwarz: Ueber die analytische Maassbestimmung des Jods und Zinks. Am 7. März. Von Herrn Kaufmann Cohn: Ueber schlesische Leinen-Production. Am 18. April. Von Herrn Dr. Schwarz: Ueber Gewinnung des Rübenzuckers. Am 10. October. Von Director Gebauer: Ueber Einrichtung und Leistung der kalorischen Maschine von Ericsson. Am 7. November. Von Herrn Dr. Schwarz: Ueber Gewinnung des Paraffins auf der Augustenhütte bei Bonn. Am 19. December. Von Herrn Dr. Schwarz: Ueber die Gewinnung des Zinks auf der Grube bei Aachen. Der bisherige Secretair, Director Gebauer, wurde für die nächste Etatsperiode wieder gewählt. ' Die historische Section. (Secretair: Herr Professor Dr. Roepell.) 1) Ueber die Wirkungen der Reformbill vom Jahre 1832 auf die Entwickelung des politischen Lebens in England, vom Secretair. 2) Herr Dr. Cauer: Ueber eine neu entdeckte Nachricht über die Ermordung des Julius Cäsar. 3) Der Secretair: Ueber die englische Habeas-Corpus-Acte. 4) Der Secretair: Mittheilung einer Boten- und Feuerordnung der Stadt Breslau v. J. 1573. 5) Herr Professor Guhrauer: Ueber die Vermählung des Markgrafen Karl von Brandenburg mit der Gräfin Katharina Salmur in Turin. 6) Herr Consistorialrath Menzel: Ueber die politischen Zustände Schlesiens bei dem Ausbruche des 30 jährigen Krieges. 7) Herr Dr. Reimann: Ueber den Federalist, nebst Mittheilung einiger übersetzten Stücke. Der bisherige Herr Secretair legte in der Schlussversammlung sein Amt nieder, worauf Herr Geh. Archivrath Dr. Stenzel zum Secretair gewählt wurde. *) Die philologische Section (Secretair: Herr Direktor Dr. Schönborn) hat sich im Jahre 1853 viermal versammelt. Am 1. März sprach Herr Professor Dr. Wagner über die Musik der Griechen; am 26. April hielt Herr Direktor Dr. Fickert einen Vortrag über eine Ei- genthümlichkeit in der Wortstellung bei Thucydides; am 7. Juni gab Herr Direktor Dr. Wissowa eine Fortsetzung der Beiträge zur inneren Geschichte des zweiten Jahrhunderts nach Christi Geburt, die Philo- sophen betreffend; am 6. December sprach der Secretair über den Breslauer Meistersänger Adam Puschmann und die von ihm herrührende Sammlung von Meistergesängen, welche auf der hiesigen Magdalenen-Kirchen-Bibliothek vorhanden ist. Darauf wurde für die nächste Etatszeit Herr Professor Dr. Wagner zum Secretair der Section gewählt. Die pädagogische Section (Secretair: Herr Oberlehrer Scholz) hat sich in Laufe des Jahres 1853 neunmal versammelt. EIf Vorträge sind gehalten worden, und zwar fünf von dem Secretair selbst, einer von dem Literaten Herrn Th. Oelsner, drei von Herrn Dr. Suckow, einer von Herrn Professor Dr. Guhrauer und einer von dem Hauptlehrer Herrn Stütze. Seminar-Oberlehrer Scholz las über den „‚Kindergottesdienst‘“, welcher jüngst in Berlin eingerich- tet worden ist, und verglich denselben mit den Andachten der „Betekinder in Schlesien“. Hierauf besprach derselbe in einem zweiten Vortrage nochmals die ‚‚Concentration des Unterrichts“, wie sie von dem würtembergischen Pfarrer Nölter in Vorschlag gebracht worden ist, und zeigte die Unausführbarkeit derselben in den Schulen. *) Durch den am 2. Januar plötzlich erfolgten Tod des Herrn Geheimrath Stenzel war eine Neuwahl er- forderlich; sie fiel auf Professor Dr. Roepell, der das Amt wieder übernahnı. 2* 12 In einem dritten Vortrage machte er Mittheilungen aus dem Diesterweg’schen pädagogischen Jahr- buche von 1853; namentlich war die Abhandlung: ‚‚der Eintritt in ein neues Zeitalter“, den dieser Pä- dagog in jener Schrift darstellt, Gegenstand der Besprechung. Der vierte Vortrag war ausschliesslich der ‚Erinnerung an den im September verstorbenen Semi- nar-Oberlehrer Felix Rendschmidt‘“ gewidmet. In dem fünften Vortrage referirte Scholz aus dem Hamburger Schulblatte über die Bestrebungen des neuen stenographischen Vereins in Hamburg, und veranlasste in einer Besprechung die Vergleichung der Stenographie nach dem Berliner Stolze mit der des Münchner Gabelsberg. Den sechsten Vortrag hielt Herr Literat Theodor Oelsner „über die Kunst, Gedanken zu sam- meln“, und referirte ausserdem über einige neuere literarische Erscheinungen auf dem Gebiete der Pädagogik. In den drei folgenden Versammlungen las Herr Pastor Dr. Suckow eine ausführliche Abhandlung aus seinem für den Druck bestimmten Manuscripte vor, betreffend die „Katechismus-Frage“. Im zehnten Vortrage gab Herr Prof. Dr. Guhrauer Bruchstücke aus einem grösseren Werke von Fenelon ‚über weibliche Erziehung‘. Den Schluss bildete der elfte Vortrag, in welchem Herr Hauptlehrer Stütze „über das 25 jährige Bestehen der Breslauer Sonntagsschule für Handwerkslehrlinge‘‘ berichtete. — Die Wahl des Secretairs pro 18°%,, fiel auf den bisherigen. Die musikalische Section (Secretair: Herr Musikdirektor Dr. Mosewius) ist, seitdem andauernde Krankheit eines ihrer Mitglieder an thätiger Betheiligung in ihr hindert, drei ih- rer Mitglieder gestorben sind und ein Mitglied Breslau verlassen hat, fast nur auf die Thätigkeit zweier Mitglieder beschränkt gewesen. Auch der letzte Versuch, die Section am 29. November ce. zur Wahl eines Secretairs versammeln zu wollen, ist misslungen. — In Folge dessen hatte der bisherige Secretair der Section die Absicht, ihre Mitglieder zu befragen: „ob sie die Aufhebung der Section wünschten und ihn zur Anzeige davon an das Präsidium autorisiren wollten?‘ — Dem Wunsche des Herrn Präsidenten gemäss, welchem sich der des Herrn General-Secretairs der Gesellschaft anschloss, wurde das bezeich- nete Vorhaben aufgegeben und“es wurden im Sinne der Direktion der Gesellschaft aus ihren sämmtli- chen Mitgliedern diejenigen zum Anschlusse an’ die Section aufgefordert, deren Theilnahme für tonkünst- lerische Bestrebungen überhaupt dem zeitigen Secretair bekannt war. Der Versuch ist gelungen und das Fortbestehen der Section, welche sich zuvörderst nur einmal quarlaliter versammeln wird, durch die Anzahl von fünf und zwanzig Mitgliedern gesichert. — Die Jubelfeier der Gesellschaft hat eine wie- derholte Versammlung zur Wahl des Secretairs für die bevorstehende Etats-Zeit unmöglich gemacht und soll dieselbe noch vor dem Jahres-Schlusse statthaben. Mitglieder der musikalischen Section. 1. Herr Ambrosch, Dr. phil., Professor. 2. , Baumgart, Dr. phil., Lehrer der Tonkunst an der Universität. 3. „ Betschler, Dr. med., Geh. Medicinalrath. 4 „ Braniss, Dr. phil., Professor. 5. ,„ Ebers, Dr. med., Geh. Medicinalrath, Soll einkommen. Baar. Nach der wirklichen Zahl Nach gen? am er 102 1853. Mitglieder. RUE 198 Igr: Hassen-Abschluss für das Jahr 1852. Allgemeine Kasse. Einnahmen. Zinsen von Effekten: von 800 Thlr. Breslau-FreiburgerPriorit.-Obligat. ProFaunoNaA Une enanesbenenenenne ee 2 Thlr. — Ser. von 900 Thlr. Niederschles.-Märk. dergl. Ser. IV. TILOGANTTO RAM ee ee er von 100 Thlr. Niederschles. -Märk. dergl. Ser. I. DLORaNT ON AA er ernereneeree I von 2400 Thlr. Niederschl -Märk. dergl. Ser. I. für 3 Quartale a A VW... ..ereeneeeneneeenn. 5) ae ee de I (Ornell ANE enosonnonna000 Banana MH ,. — Convertirungs-Prämie für "die 2400 Thlr. Prior.- Obligationen UN Se ee zz Halbjährige Beiträge von einheimischen Mitgliedern: ern Torannı IS9 STE 567 Thlr. n „Weihnachten 191733 Thle. nn... u (15 Thlr. in Rückstand verblieben.) Halbjährige Beiträge von auswärtigen Mitgliedern: Kin Mermin Johannı 632 N 126 Thlr. 7 N\VeifinachtenloHr aw2alhle a 110 ,„, (4 Thlr. in Rückstand verblieben.) Eintrittsgebühren: von 57 neuen Mitgliedern & 3 Thlr.................2--2z0e40 00000. > Beitrag zur Miethe von dem Schlesischen Kunsivereine Beitrag zur Miethe von dem Gewerbevereine................ Rest-Einnahmen: rückständige Beiträge ...............-.uu........: (50 Thlr. niedergeschlagen.) Aussergewöhnliche Einnahmen: Beitrag d. Redaktion d. Schlesischen Zeitung 10 Thlr. — Sgr. — Pf. Restituirte Beheizungs- und Beleuchtungs- KOSTEN ernennen nee andele er Für abgesetzte Jahresberichte............... 1,„ 10, —, Für verkaufte Barometer u. Thermometer. 26 „ 27, 6, Für verlooste u. baar eingelöste 300 Thlr. Niederschles.-Märk. Prioritäts-Oblig. 310 ’’ Für verkaufte Eintrittskarten zu den öffent- * s lichen Vorlesungen im Winter 1552535 9 „ — „ —„ Für verkaufte Eintrittskarten zu den öffent- lichen Vorlesungen im Winter 1853/54 102 „ 20 „ — , (Für Eintrittskarten zu den Vorlesungen im Winter 1852/53 sind eingegangen in 1852: 287 Thlr. 20 Sgr. in 1855: 9 Thlr. — Ser. zusammen: 296 Thlr. 20 Sgr.) Bestand aus dem vorigen Jahre: In Prioritäts-Obligationen der Breslau-Freiburger Ei- senbahn A 49, re ee In dergl. der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn, VORASENIEET. SARA Ya ee ee ar ern, 2,600 „, 800 Thlr. ni EERIVEFAED N ee =E000 In 1 preuss. Seehandlungs-Prämienschein............ .- 50 „ a or Baars N Ist eingekommen. Bi 7 Effekten. Baar CZ 7 —_ 198 | 15 — 1140 | — _ 2356 | — — 1711| — _ 150 | — — 180 | — — 2075 | 15 ee Sl. —_ 480 | 27 4450 — 112 6 4450 I 3334 | 19 1 Ausgaben nach dem Etat für 1852-53. RE Ion: 600 80 15 300 Te AS LEE eu Bene EEEEEEEEEEESTEEESEREEEETEESTEREEE Allgemeine Kasse. Ausgaben. Neujahrsgeschenk dem Kastellan..............cceceenen aeaeaeeeanenn Gehalt demseljen, für 4 Monate A 250 Thlr., für 8 Monate a 230 Tllr. pro anno Dem Haushälter Heizunr ae enemäitenen ee Beleuchtung Rn ee Unterhaltung der Mobilien Feuerversicherungs-Prämie Schreibmaterialien Zeitungs-Annencen Druckkosten KleinesAuspalen. rare seen nee Dee Dem Sternwaren-Diener für meteorologische Beobachtungen .. Naturwissenschaftliche Section Entomologische Section Bibliothele. 1 Se eig erde aan Prämie für Preisschriften Unvorhergesehene Fälle Aussergewöhnliche Ausgaben. Ausgelooste und gegen Baarzahlung eingezogene: 3 Stück Niederschles.-Märk. Prioritäts-Obligationen, 2 von Ser. I, 1 von Serie IV a 100 Thlr. pro Stück Kosten d. Denkschrift beim 50jähr. Jubiläum 756 Thlr.25Sgr. 5Pf. ab Ertrag der Subscription auf 238 Exemplare 119 ” „ &R) Kosten des Jubelfestes und Diners......... ab derErtrag der verkauften Tafelbillets 183 ,„ 10 „, a Honorare und Restbetrag der Kosten für die öffentlichen Vor- lesungen im Winter 1852/53 Lithographirte Eintrittskarten zu den öffentlichen Vorlesungen im Winter 1853/54 und betreffende Zeitungs-Inserate ....... ; (Die Kosten für die Vorlesungen im Winter a haben betragen: im Jahre 1852.... 30 Thlr. 23 Sgr. 9 Pf. im Jahre 1853.... 49 „ — » 6 2 zusammen 279 Thlr. 24 Sgr. 3 Pf.) Bestand am Schlusse dieses Jahres: in Prioritits-Obligationen der Breslau-Freiburger Eisen- halte & AN enenasono B0s000020BRRBE‚ae E00 Thlr. in dergl. der Niederschl. -Märkischen Eisenbahn, von. Serie I. a AU ee vertenerse 2,40 „ 5. LVA One ehe „90027, 50 ,„ in 1 preussischen Seehandlungs - Prämienschein G. Liebich, z. Z. Kassier der Gesellschaft. 230 Thlr. 16Sgr. 6Pf. Ist verausgabt, Effekten. Baar. _ 600 | — n s0 ae 2 15 — — 256 | 20 ie le _ 71 | 28 = BZ — 15 | 10 — 8 | 29 _ 4 1 — 42 | 23 — 388 | — — 55 ı 15 — 42 | 10 — 30 | 27 a 19. — 30 | 15 — 22 | 13 — 76 | 11 - I ıs| 5 — 46 5 — 11911 | 5 300 _ _ — 637 | 25 = 47 6 — 249 | — es 25 | 20 4150 e% 463 | 21 4450 | 3334 19 nn Joa! ilolalssellısalı Il ee EEE Hussen- Abschluss für das Jahr 1853. Ist eingekommen. Effekten. Baar. BE RE Som RG. Separat-F'oond der technischen Section. Bestand auszdemayorigenwJahrerze. ner Zuschuss aus der allgemeinen Kasse ...... ...............- Separat-Fond der Section für Obst- und Gartenkultur. BieSKanulkaussdemayorigenwlalhre:...aee ee ner ed nenne naar _ 212 7 Z Beitrag von dem landwirthschaftlichen Central-Vereine der Provinz.......................... — || | = -Beitrag=Reät "aus: dem: Iahre Al S92..2. 2... m — 1 | Beiträge von den Mitgliedern der Section pro a. c..... Beiträge von den Theilnehmern des Journal-Lesezirkels Ueberschuss von der diesjährigen Frühjahrs-Ausstellung —ı PLOLAICS rn — 42 Separat-F'ond der technischen Section. Bünstechnische: Zeischniikene a en ne Buchbinderanbeitenkr en EEE N DemWColROnleUreM 2... er ee. use Zeitungs-Inserate..%. 1...777. 4... mer er ER... Separat-F'ond der Section für Obst- und Gartenkultur. Post-Procura für Einziehung der Beiträge von auswärtigen Mitgliedern................... --. Kuns)ournalesund Ibotanische Werke... nel... .oo0.eoee esse een. Für Buchbinderarbeiten ........................ 2 Er dann oBAerenanegetle ee DemEVolNorieunup 2 u u nen ein ee 2 Asse er Ze ed: BursGemüser und Samerelen.... 2... 2. Re tue nee. Frachtvergütung für eine Yucca von Gogolin...................euusuesessnennenncunnensenennesnen Kaufmann Müller, Zahlung für Prämien und Ausstellungskosten....... ee Hurahthogtaphırte Diplome 227... ee ee ee nen Für einen gravirten Stempel der Section............u.u.omeneuen oenannnenenene mens nessnnenenent Meitunds- Inseraten hu... 0 en een NUU REBEL Rennen une. donencs Bestand verblieben ................ Re 1 NEE SEE ee ET G. Liebich, z. Z. Kassirer der Gesellschaft. Ist verausgabt. Effekten. Kfz KR Baar. 29 6 2 6 ir 3 96 | 23 5| 2 26 | — 9 | 14 1| 12 45| 3 101 — 2 | 15 6 | 27 329 | — 536 | 22 ———— En I. Iv: VI. Entwurf zu dem Einnahme- und Ausgabe-Ktat der allgemeinen Kasse für die Jahre 1854 und 1855. Einnahmen. Ausgaben. RB: Pk *% Zinsen von Activ-Capitalien: J..:p Miethe 2.2.2.2: LO OO EEE BE 600 von den jetzt vorhandenen zinstragenden Eifecten, als: II. Hansten dem Präfeceten über Bibliothek und Museum der Gesellschaft .. 80 2400 5. 4% Niederschl,-Märk. Prior.-Obligationen Ser, 1... 96 a II. In Neujahrsgeschenk dem Kastellan.... u... un oo ou nee san 15 900 45% 3 Y 2 i .W.. 15 = IV. | Gehalt em elyen a ae year 230 300 m 4% Belatesehreiliizenrehrgapittoe. 9 u: V, Ber zule an die verwittwete Kastellan Glaenz........... et 30 VS Deme Haushalter..se mau a ee asrarsne art ssunelahen 3 173 = VIII SH EIZUN EA N es ee ee ee 50 Beiträge von einheimischen Mitgliedern: MIISSEBeleuchlungn.. see ee er ee 55 nach der für dieses Jahr verbleibenden Anzahl der Beiträge zah- Ba tnlinterhaltungzdenXMohilienera. enter a ee a ohne 95 lenden Mitglieder, 226 a6 4, 9 aA I mg... cc rcene 1365 — Aral Heuer Versicherungs-Bramie.e are sa. ee eat ae 9 KISS l5Schreibmaterialien) cr ereerereee eaeeeae ertel nee ee are et ekskehene 20 Beiträge von auswärtigen Mitgliedern: AI SSH Zeilungs ZÄNNONTeEnuK sr. or ee aaa ale ee rein once 50 nach der für dieses Jahr verbliebenen Anzahl der Beiträge zahlen- UST Druckkostenn.s . 7-15 she ee See] a en 360 lenden@Mislieden KoDEam A mar en a anne 948 IV aBuchbinderarbeitenkense: we er ee ee 60 ; RVM. Post-Procurasund Konto: 4 ass ernen eeee 45 Eintrittsgebühren von neu aufgenommenen Mitgliedern: SUSE Kleine Aussaben..... 4... ae er 30 nach einem Durchschnitt früherer Jahre, 9a 3 me ascccaecen 97 Er XVII. | Dem Sternwarten-Diener für meteorologische Beobachtungen ......... 12 XVII. | Naturwissenschaftliche Section ..........o.2eroeessereeeoneennne AV Beitrag zur Miethe von dem hiesigen Kunstvereine...... zuseceeo.. 150 u KIX. 7] Entomologische Section .....2.n.ueueconncanan. Kenerensnenenn 20 VORNE Bibliotheken. ea a ee ne een so Beitrag zur Miethe von dem hiesigen Gewerbevereine, einschliesslich der XXL | Technische Section ........2.. -enceeeeeneeeeenernennennnnune 60 Beheizungs- und Beleuchtungs-Kosten . ..... 2.22... 222... 180 = OS Unvorhersesehene Kalle 2... 0.0... 020.000. Do een don aan seen. 369 as | — 2143 | In heutiger Präsidial-Sitzung ist vorstehender Etat genehmigt und festgestellt. Breslau, den 6. Januar 1854. Das Präsidium der schlesischen Gesellschaft. Köppert, Bbers. Bartsch, Kahlert. Galle Gebauer. Schönborn. Röpel. Krocker. Wagner. Scholz. Liebich, z. Z. Kassirer. er Zune bs > 2 5- : = hr es ge FA ar a 03 e- er 2 4 a BREIT 12 oo. tr. stellun u en RO ran Vans: Ben a re 3, A ee SRH iais him miele Geneltschait, Pr ea e ET TER un a RR TE: | s lamasl an Er Bu Wiki: ..® 13 6. Herr Fleischhammer, Dr. med., Regiments-Arzt. 7. „ Franck, Banquier, Stadtrath. 8. ,„ Henschel, Dr. med., Professor. 9. ,„ Kahlert, Dr. phil., Professor. 10. , Krocker, Dr. med. ll. ,, Kruttge, Dr. med. 12. , Letzner, Pastor. 13. , Letzner, Lehrer. 14. „Levy, Dr. med. 15. , Neumann, Dr. med. 16. _,, Otto, Hauptlehrer an der Elementarschule Nr. 3. 17. ,„ Palm, Dr. phil., Gymnasial-College. 18. ,, Rutsch, Dr. med. 19. ,„ Sadebeck, Dr. phil., Professor. 20. , Saszke, Lehrer und Bibliothekar der Volksbibliothek. 21. ,, Schönborn, Dr. phil., Professor und Gymnasial-Direktor. 22. ,„ Siegert, königl. Musik-Direktor und Cantor. 23. ,„ Stütze, Hauptlehrer der Elementarschule Nr. 2. . 24. v. Willich, Regierungsrath. 25. Mo osewius, derzeitiger Secretair. Bericht über die Verwaltung der Kasse. Den Herren Mitgliedern, welche .der Kassen-Verwaltung ein Interesse schenken, ist bekannt, dass zwei Sectionen, die für Obst- und Garten-Cultur und die technische Section, bisher Separat-Fonds hatten, dass dagegen alle übrigen Einnahmen und Ausgaben der Gesellschaft unter dem Titel „Allgemeine Kasse‘ in Rechnung kommen. Dies vorausgeschickt, habe ich die Ehre, zu berichten, dass der Separat-Fond der Section für Obst- und Garten-Culiur sich auch in diesem Jahre fortschreitend günstiger finanzieller Re- sultate zu erfreuen hatte. Demselben flossen zu: durch die Jahres-Beiträge der IENERNEE und von den Theilnehmern des Journal- Lesezirkels. . . . 2.000.210 Thlr. 20 Sgr. — Pf. ein Ueberschuss von der Frische Aussteliung dee wenn Fe und ein Beitrag von dem landwirthschaftlichen Centralvereine der Borna Benageienn =. NT Ir nr | in Summa 324 Thlr. 14 Sgr. 7 Pf. wogegen die Gesammt-Ausgaben nur . . . . . nm. Pros Te erBer. 7 Bf. betragen werden, obschon die Herbst- Ausstellung Einschliesstich der dabei verausgabten Prämien einen Zuschuss von 45 Thlr. 3 Sgr. 4 Pf. erfordert hat. Der Kassen-Bestand dieser Section, der Ende des 14 vorigen Jahres 212 Thlr. 7 Sgr. 7 Pf. betrug, wird sonach mit dem Schlusse dieses Jahres auf einen Betrag von 328 Thlr. 16 Sgr. 7 Pf. anwachsen. Zu bemerken ist dabei, dass die silbernen Medaillen, welche zur Prämiirung der Aussteller mit ei- nem Kosten-Aufwande von 48 Thlr. 4 Sgr. 6 Pf. angeschafft worden sind, zu Lasten der Allgemeinen Kasse berichtigt wurden. Der Separat-Fond der technischen Section ist früher nur durch zeitweise erfolgte Be- willigungen von Seiten der beiden königlichen Ministerien für Unterricht und für Handel und Gewerbe erhalten worden, hat aber in den letzten Jahren diese wiederholt nachgesuchten Unterstützungen nicht mehr erhalten. Ein bestimmter Entschluss über den ferneren Bestand dieser Section ist von dem Präsi- dium der Gesellschaft noch nicht gefasst worden, und es wird demnach, um die Ausgaben der Section in diesem Jahre im Betrage von 64 Thlr. 19 Sgr. 3 Pf. zu decken, nach Verwendung des aus dem vo- rigen Jahre derselben verbliebenen Kassen-Bestandes von 18 Thlr. 13 Sgr. 6 Pf. noch ein Zuschuss von 46 Thlr. 5 Sgr. 9 Pf. aus der Allgemeinen Kasse nöthig werden. In der Allgemeinen Kasse ist nach dem definitiven Abschlusse derselben Ende vorigen Jahres ein Saldo verblieben von 5,222 Thlr. 6 Sgr. 7 Pf., wovon 4,450 Thlr. in Effekten bestanden und bei der städtischen Instituten-Hauptkasse hierselbst deponirt waren. Von diesen Effekten sind 100 Thir. 4”, procentige ond 100 Thle; Bpepcilihs Prioritäts-Obligationen der Niederschles.-Märkischen Eisenbahn zusammen 200 Thlr. zufolge Verloosung gekündigt und mit Anfange des Jahres baar bezahlt worden; ferner 100 Thlr. 4%, procentige Obligationen gleicher Art zur Zahlung im nächsten Jahre verloost, und 2400 Thlr. 4%, procentige Obligationen unter Bewilligung einer Convertirungs-Prämie von 1, Procent mit Genehmigung des Präsidiums im Zinssatze auf 4 Procent reducirt worden, was eine entsprechende Verringerung der Zinsen-Einnahme zur Folge hat. Uebrige gewöhnliche Einnahmen haben sich ziemlich auf der Höhe. der etatirten Beträge erhalten, an Eintrittsgebühren von neu aufgenommenen Mitgliedern wird sich aber ein bedeutendes Mehr gegen den Etat ergeben, da in diesem Jahre die Gesellschaft bis dato 49 neue Mitglieder gewonnen hat, wo- von 32 bei Gelegenheit des Jubelmahls. Auf diese Weise werden jene Einnahmen, im Etat mit 1,950 Thlr. veranschlagt, eine Höhe von 2,057 Thlr. 15 Sgr. erreichen und mit Zuziehung von aussergewöhnlichen Einnahmen, worunter der Erlös von 2060 Thlr. verlooster Obligationen und ein Betrag von 26 Thlr. 27 Sgr. 6 Pf. für in diesem Jahre verkaufte meteorologische Instrumente, auf 2,334 Thir. 22 Sgr. 6 Pf. sich steigern. Die gewöhnlichen Ausgaben er iigenkeiien Kasse, im Etat auf gleicher Höhe wie die Einnahme, mit 1,950 Thlr. normirt, haben, nachdem das frühere Gehalt des Castellans bei der neuen An- stellung herabgesetzt worden, auch die für Preisschriften ausgesetzte Prämie nicht zur Ertheilung gekom- men ist, sich auf eine Summe beschränkt von . °. . 2°. 2°... 1,820 Thlr. 4 Sgr. 8 Pf. wozu an 'aussergewöhnlichen Ausgaben hinzutreten: für silberne Preis-Medaillen für die Section für Obst- und Gar- ten-Cultur ‘. °. °. °. auau mi mv ZI. 6, Zuschuss zur Deckung der PRRRTSNN der Inlaehen Section aD „ Restkosten für die im Winter 185%,, veranstalteten öffentlichen Vorträge ara anf = Anltemailduent. ae a Latus 2,182 Thlr. 28 Sgr. 5 Pf. 15 Transport 2,182 Thir. 28 Sgr. 5 Pf. Kosten für die Jubelschrit. . . . . 748 Thlr. 10 Sgr. 5 Pf. nach Abzug der auf Subscription abzu- setzenden 216 Exempl. 4 15 Sgr. 108 Thlr. — Sgr. — Pf. gerechnet für 640 „ 10 „5 „ Kosten der Jubelfeier und des Diner abzüglich der zu letzterem CE 5 MM u. .6. 6, wonach die Gesammt-Ausgaben betragen . . . ea BO Tele. 15 Ser. A Pf. Am Ende dieses Jahres wird sich hiernach . Be in der es Kasse, einschliesslich 4,250 Thlr. in Effekten, auf 4,492 Thlr. 13 Sgr. 9 Pf. stellen. Die für den Winter 18°°,, veranstalteten öffentlichen Vorträge haben nicht den früheren Zuspruch gefunden, und sind an Eintrittskarten für dieselben bisher nur für 102 Thlr. 20 Sgr. abgesetzt worden, ein Betrag, der bei Weitem nicht die Kosten der Gesellschaft decken dürfte. Noch erlaube ich mir zu erwähnen und zu meiner Entschuldigung und Rechtfertigung anzuführen, dass, wenn vorstehend aufgestellte, einem vorläufigen Abschlusse entnommene Zahlen nicht überall ge- nau mit der erst später aufzunehmenden definitiven Jahresrechnung übereinstimmen, dies nicht zu ver- meiden ist, weil im gegenwärtigen Momente kaum 'mehr als ‘die Hälfte der Einnahmen wirklich einge- gangen ist, auch die Ausgaben noch nicht vollständig liquidirt und festgestellt sind. Breslau, den 23. December 1853. h Der derzeitige Kassirer der Gesellschaft: &. Liebich. Bibliotheken und Museen. (Ueber dieselben ist von dem Custos, Herrn Letzner, folgender spezieller Bericht geliefert worden: ) In dem abgelaufenen Jahre haben die Bibliotheken einen Zuwachs von 426 Nummern mit 555 Bän- den erhalten, von denen 327 mit 413 Bänden der allgemeinen, 99 mit 142 Bänden der schlesischen Bibliothek zugefallen sind. — An Gesellschafts-Schriften verdanken die Bibliotheken dieses Jahr ihre Vermehrung ausser 7 schlesischen 59 deutschen, 5 russischen, 3 schweizerischen, 2 dänischen, 2 engli- schen, 1 belgischen, 1 niederläudischen und 1 schwedischen, in Summa 74 Gesellschaften. — Die Na- men der Behörden, Institute, Vereine und einzelnen Herren, von denen sie in dem abgelaufenen Jahre freundlichst bedacht wurden, sind mit beigefügter Zahl der von ihnen geschenkten Bücher folgende: A, Bei der schlesischen Bibliothek. a. Von Behörden, Instituten, Vereinen etc. Das ev. Gymnasium zu St. Elisabet in Breslau 1, das ev. Gymnasium zu St. Maria. Magdalena in Breslau 1, das k. Friedrichs-Gymnasium in Breslau 1, der Brosinunt Gewerbe-Verein 2 und ein Paquet die Industrie-Ausstel- lung i. J. 1852 betreffende kleine Nummern, der Magistrat in Breslau 1, der schles. Verein für Pferderennen und 16 Pferdezucht in Breslau 1, der Verein zum Schutze der Thiere in Breslau 1, die höhere Bürgerschule am Zwinger in Breslau 1, die höhere Bürgerschule zum h, Geist in Breslau 1, die höhere Töchterschule in Breslau 1, die kön. Universität in Breslau 5 (in 30 Heften), das k. Gymnasium in Brieg 1, das ev. Gymnasium in Gr.-Glogau 1, das Gymnasium in Görlitz (Herr Rector Prof. Dr. Mag. Anton) 13, die naturforschende Gesellschaft in Görlitz 2, die oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften in Görlitz 2, der Gewerbe- und Garten-Verein in Grünberg 1, das ev. Gymnasium in Hirschberg 1, die ökon.-patriot. Societät der Fürstenthümer Schweidnitz und Jauer zu Jauer 1, die höhere Bürgerschule in Landeshut I, die k. Ritter-Akademie in Liegnitz 1, die Realschule in Neisse Il, der landwirthschaftliche Verein im Kreise Oels zu Oels l, der Magistrat in Ohlau 1, die Direktion der Wilhelmsbahn 1 Nummer. b. Von einzelnen Geschenkgebern. Herr Sanitätsrath Dr. Bannerth in Landeck 1, Herr Kaufmann und Fabrik-Besitzer J. Cohn 1, Herr Professor Dr. Göppert 1 und 22 kleine Nummern, Herr Graf v. Hardenberg 9, verwittw. Frau Gymnasıal-Lehrer Hromatka in Liegnitz eine Anzahl handschriftlicher Notizen über die Geschichte von Liegnitz, Herr Prof. Dr. Kahlert 1, Herr Direktor Dr. Klopsch in Zerb bei Glogau I, Herr Oberlehrer Dr. Körber 1, Herr Gutsbesitzer K. v. Koschützki auf Gross-Wilkowitz bei Tarnowitz 1, Herr Geh. Sanitätsrath Dr. Krocker 5 (in 16 Bänden), Herr Hauptlehrer D. Letzner 3 und eine Anzahl kleiner Nummern, Herr Pastor G. Letzner 1, der zeit, Custos K. Letzner 1 und eine Anzahl kleiner Nummern, Herr Musiklehrer Mettner in Münsterberg 1, Herr Literat Th. Oelsner 5 kleine Num- mern, Herr Dr. Rother durch den Custos 12, Herr Archidiakonus und Senior Schmeidler 1, Herr Direktor Rektor Schönborn 3 Nummern. Eingetauscht wurden 12 (in 20 Bänden) und eine Anzahl kleiner Nummern. B. Bei der allgemeinen Bibliothek, a) Von Behörden, Instituten, Vereinen etc. Die Geschichts- und Alterthums-forschende Gesellschaft des Osterlandes zu Altenburg 1, der historische Ver- ein in Mittel-Franken zw Ansbach 1, der Verein für Geschichte und Alterthumskunde von Ober-Franken zu Bay- reuth 1, die königl. preuss. Akademie der Wissenschaften in Berlin 2, die deutsche geologische Gesellschaft in Berlin 1, die Gesellschaft zur Beförderung des Flachs- und Hanfbaues in Preussen zu Berlin 1, das königl. Lan- des-Oekonomie-Collegium in Berlin 1, der landwirthschaftliche. Provinzia!-Verein für die Mark Brandenburg und Niederlausitz zu Berlin und Frankfurt a. O. 1, der Verein zur Beförderung des Gartenbaues in Berlin I, der Ver- ein zur Beförderung des Gewerbfleisses in Preussen zu Berlin 1, der Verein zur Beförderung des Seidenbaues in der Mark Brandenburg zu Berlin 1, die naturforschende Gesellschaft in Bern 1, der landwirthschaftliche Verein für Rheinpreussen zu Bonn 1, der naturhistorische Verein der preuss. Rheinlande und Westfalens zu Bonn 1, der Verein der Freunde der Natur-Geschichte in Mecklenburg zu Neu-Brandenburg 1, der Verein für Land- und Forst- wirthschaft im Herzogthume Braunschweig zu Braunschweig 1, die kaiserlich leopoldinisch-karolin. Akademie der Naturforscher in Breslau 1, die k. k. mährisch-schlesische Gesellschaft des Ackerbaues, der Natur- und Landes- Kunde zu Brünn 2, der Werner-Verein zur geologischen Durchforschung von Mähren und Schlesien zu Brünn 1, die k. belgische Akademie der Wissenschaften in Brüssel 7, die k. Landwirthschafts-Gesellschaft für das König- reich Hannover in Celle 1, die norwegische Universität in Christiania 9, die naturforschende Gesellschaft in Dan- zig 1, der historische Verein für das Grossherzogthum Hessen in Darmstadt 1, die Gesellschaft zur Beförderung der Naturwissenschaften zu Freiburg im Breisgau 1, die oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Gies- sen 1, der historische Verein für Steiermark zu Graz l, der baltische Verein für Förderung der Landwirthschaft zu Greifswalde 1, der landwirthschaftliche Verein für Litthauen zu Gumbinnen 1, der historische Verein für Nie- der-Sachsen in Hannover 3, die holländische Gesellschaft der Wissenschaften zu Harlem 1, der naturwissenschaft- liche Verein des Harzes Il, der Verein für thüringische Geschichte und Alterthumskunde zu Jena 3, die badische Centralstelle für Landwirthschaft zu Karlsruh 2, die hessischen Vereine für Geschichts-, Landes- und Alterthums- kunde zu Kassel, Darmstadt und Mainz 2, der landwirthschaftliche Verein für Rheinpreussen in Koblenz 1, die Centralstelle der landwirthschaftlichen Vereine der Regierungsbezirke Königsberg und Danzig zu Königsberg 1, die k. dänische Gesellschaft der Wissenschaften zu Kopenhagen 1, die Gesellschaft für nordische Alterthumskunde in Kopenhagen 2, der historische Verein für Krain zu Laibach 1. Direction of the British Government zu London }, the British Association for the Advencement of Science in London 1, der Verein zur Erforschung rheinischer Ge- schichte und Alterthümer zu Mainz 1, der Verein westpreuss. Landwirthe zu Marienwerder 1, die kais. russische Ge- sellschaft der Naturwissenschaften zu Moskau 1, der historische Verein von und für Ober-Baiern zu München 2, die k. baiersche Akademie der Wissenschaften in München 5, der landwirthschaftliche Verein in Baiern zu München 2, der landwirthschaftliche Hauptverein für Westfalen zu Münster l, die naturhistorische Gesellschaft in Nürnberg 1, die kais. Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg 1, die kaiserl. freie ökonomische Gesellschaft zu St. Pe- tersburg 1, der naturwissenschaftliche Verein der baierschen Pfalz: Pollichia 3, die k. böhmische Gesellschaft der Wissenschaften in Prag 1, die k. k. patriotisch-ökonomische Gesellschaft im Königreiche Böhmen zu Prag 5, der zoologisch-mineralogische Verein zu Regensburg 1, die Gesellschaft für Geschichte und Alterthumskunde der russi- schen Ostsee-Provinzen zu Riga 2, der naturforschende Verein zu Riga 1, der mecklenburger patriotische Verein in Rostock 2, die allgemeine schweizerische naturforschende Gesellschaft 1, der Verein für mecklenburgische Geschichte und Alterthumskunde in Schwerin 1, die Gesellschaft für pommersche Geschichte und Alterthumskunde in Stettin 1, das königl. statistisch-topographische Bureau zu Stuttgart 1, die königl. württembergische Centralstelle für die Land- wirthschaft zu Stuttgart 1, der Verein für vaterländische Naturkunde in Württemberg zu Stuttgart 1, die Gesell- schaft nützlicher Forschungen in Trier 4 die kaiserl. österreichische Academie der Wissenschaften in Wien 8 (in 11 Bänden), die k. k. geologische Reichs-Anstalt in Wienl, der Verein für nassauische Alterthumskunde und Ge- schichtsforschung zu Wiesbaden 2: der Verein für Naturkunde im Herzogthum Nassau zu Wiesbaden 1, die physi- kalisch-medizinische Gesellschaft zu Würzburg 1, der polytechnische Verein zu Würzburg 1, die Gesellschaft für vaterländische Alterthümer zu Zürich 1 Nummer. b) Von einzelnen Geschenkgebern. Se. Majestät der König von Preussen durch Herrn Ober-Ceremonienmeister, Kammerherrn Baron v. Stillfried: Monumenta Zollerana. Urkundenbuch zur Geschichte des Hauses Hohenzollern. Von R. Freiherr v. Stillfried und Dr. Traug. Maercker. Bd. 1. Herr Dr. Freib. von und zu Aufsess zu Nürnberg 2, Herr Wundarzt u. Geburtshelfer Dr. Bamberger, Direktor des concess. Heil- und Kranken-Instituts zu Berlin 1, Herr Privat-Docent Dr. Baumert 1, Herr Behnes 1, Herr G. von Boguslawski 2, Se. Excellenz Herr v. Brock, Secretaire d’Etat, Dirigeant le Ministere des Finances etc. in St. Petersburg 2 (in 5 Bänden), Herr Geh. Medizinalrath Dr. Ebers 3, Herr Dr. Eulenburg, Direktor des Instituts für Orthopädie zu Berlin I, Herr Prof. Dr. Göppert 2 und 6 kleine Nummern, Herr Graf v. Hardenberg 89 (in 117 Bänden), Herr Dr. v. Haidinger, k. k. Sectionsrath in Wien 1, Herr Geh. Hofrath Professor Dr. Hausmann in Göttingen 2, Herr General-Consul Pr. Ritter Hebeler in London 1, Herr Prof. Dr. O. Heer in Zürich 1, Herr Kam- merherr und General-Landschafts-Repräsentant Graf v. Hoverden 1 (in 68 Bänden), die Maschinen-Bau-Anstalt J. Jordan und Sohn in Darmstadt 1, Herr Professor Dr. Kahlert 4, Herr Prof. Dr. A. Kenngott, Custos der k. k. geologischen Reichs-Anstalt in Wien 5, Herr J. B. Kraus, k. k. Münz- und Bergwerks-Hofbuchhaltungs-Official, Ausschussrath etc. in Wien 1, durch Herrn Dr. med. Krocker 2, Herr Prof. Dr. Kützing in Nordhausen 1, Herr Professor Dr. Lachmann in Braunschweig 1, Herr Privat-Docent Dr. Leonhard in Heidelberg 1, Herr Direktor Dr. Loew in Meseritz I, Herr Dr. und Mag. L. J. Melicher in Wien 2, Herr Sanitätsrath Dr. Meyer in Brieg 8, Herr Kreis-Physicus Dr. Neumann in Berlin 1, Herr Literat Th. Oelsner 2, der Wirkl. Geh. Legationsrath und Ge- neral-Direktor der k. Museen Herr Dr. v. Olfers in Berlin 12, Herr L. Graf v. Pfeil 1, Herr Dr. phil. Rabenhorst in Dresden 3 (in 12 Bänden), Herr Dr. Freiherr v. Reden 1, Herr Dr. Rother (durch den Custos) I, Herr Gutsbe- sitzer Baron v. Rothkirch 1, Herr Gymnasiallehrer Sachse in Dresden 1, Herr Dr. F. Sandberger, Inspektor des naturhistorischen Museums in Wiesbaden 2, Herr J. Scheiger, k. k. Postdirektor für Steiermark und Kärnthen zu Graz 1, Herr Badearzt Dr. Seiche in Teplitz 1, Herr Freiherr v, Speck-Sternburg in Leipzig 1, Herr Hofrath und Badearzt Dr. L. Spengler in Ems 1, Herr Dr. med. et chir. Steetz in Hamburg 1, Herr Graf V. Trevisan, Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Padua 1, Herr Augenarzt Dr. med. F. Vauquelin in Paris 1, Herr Geh. Hof- rath Professor Dr. Wackenroder in Jena 3, Herr Forstinspektor H. Weber in Brünn (Forstsection für Mähren und Schlesien) I, durch Herrn General-Landschafts-Repräsentanten, Geh. Regierungsrath FKreiherrn v. Wechmar 4, Herr Dr. Weitenweber, Ober-Stadt-Physicus von Prag 1, Herr Prof. Dr. Wutke in Leipzig 1 Nummer. Gekauft wurden 30 Nummern mit 58 Bänden. An die Sammlungen der Gesellschaft gingen als Geschenke ein: Von Herrn Prof. Dr. Frankenheim: Das Portrait Passow’s, Steindruck. — Von Herrn Grafen v. Hardenberg: 16 Karten und Pläne. — Von Herrn Literaten Th. Oelsner: 1) 21 Portraits von Schlesiern, Kupferstiche; 2) Ein Portrait, Lithographie; 3) 4 geschichtliche Tableaux, Kupferstich; 4) Ein Abguss des Siegels der goldenen Bulle; 5) 2 sächsisch-polnische Groschen; 6) 6 Stück von Melanopsis Martiana aus dem Tegelsande bei Bisenz; 7) 4 Stück schlesische Mineralien. — Von Herrn Buchhändler Schmeidler: Trauung Friedrichs II. in Salzthal, von J. G. Schmidt, Kupferstich. In Berücksichtigung des in diesem Jahre begangenen 50 jährigen Jubiläums der schlesischen Gesell- schaft dürfte es gerechtfertigt erscheinen, noch einige Notizen, die Bibliothek betreffend, hier mitzutheilen. Die Gründung der Bibliothek der schlesischen Gesellschaft fällt in das Jahr 1810, in welchem die an mathematischen und physikalischen Werken so reiche Bibliothek des Rector Scheibel für 2000 Thaler von der Gesellschaft erworben wurde. Sie zählte circa 6200 Bände. In den folgenden Jahren (mit Ausnahme von 1813 und 1815) schlossen sich daran kleine Geschenke der Mitglieder*) der Gesellschaft *) Als die ersten Wohlthäter aus dem Jahre 1811 werden Herr Oberbergrath v. Charpentier, Herr Dr. Wendt, Herr Baron v. Stillfried in Hirschberg, Herr Dr. Ebers und Herr Prof. Bräss aufgeführt. 3 (1811 43, 1812 4, 1814 16, 1816 3, 1817 A, 1818 4,1819 12 Bände), so dass sie von 1811—1821 sich nur um 1S1, von 1822—1831 um 928 Bände vermehrte. Im Jahre 1832 erhielt sie durch ein Vermächtniss des Syndikus Ludwig 636 Bände nur Schlesien betreffende Schriften, welche die Veranlassung zu ihrer Theilung und der Begründung einer schlesischen und einer allgemeinen Biblio- thek wurden. Die. erstere erfreute sich in den nächsten 10 Jahren, von 1833 — 1842, des grössten Wohlwollens, denn sie erhielt in diesem Zeitraume 4458 freilich oft nur sehr wenig umfangreiche Bände oder Hefte, und nicht selten in zahlreichen Doubletten, während die allgemeine Bibliothek nur eines Zu- gangs von 2167 Bänden genoss. Von dem Jahre 1843 ab wendete sich die Theilnahme wieder mehr der allgemeinen Bibliothek zu, so dass von diesem Jahre bis 1852 dieselbe um 2858, die schlesische nur um 1876 Bände sich vermehrt hat. — Bei der im Laufe des Jahres 1853 vorgenommenen Durch- sicht zählte die schlesische Bibliothek 3400 Bände und Faszikel, von denen viele der letzteren mehr als 20 einzelne Hefte, Brochuren, Programme etc. enthalten, die allgemeine Bibliothek dagegen über 15000 Bände und Faszikel. Somit legt denn das Präsidium sein Amt in die Hände der geehrten Gesellschaft mit dem Ersuchen nieder, für die neue Etats-Zeit der Jahre 18°%,, zur verfassungsmässigen Neuwahl schreiten zu wollen. Möge denn das Stiftungsfest für Gegenwart und Zukunft segensreich fortwirken, dass die Gesell- schaft in verstärkter Kraft und in erhöhtem Bewusstsein ihrer für das Wohl des Vaterlandes bedeutungs- vollen Aufgabe sich selbst immer lebendiger und thatkräftiger erfasse und bis in die. späteste Zukunft immer frischer verjüngt den stets sich steigernden Aufgaben einer fortschreitenden Zeit rühmlich gewach- sen bleibe! a — 19 Bericht über die Thätigkeit der naturwissenschaftlichen Section im Jahre 1853, abgestattet von den Secretairen. der,Section H. R. Göppert und FE. Cohn. D.. Section versammelte sich in dem verflossenen Jahre zu 13 verschiedenen Malen. Ehe wir jedoch ‘zur Mittheilung der in diesen Sitzungen gehaltenen Vorträge übergehen, schicken wir auszüglich die Rede voran, welche der erstere von uns als Präses der Gesellschaft zur Feier ihres 50 jährigen Bestehens am 17. December 1853 hielt. Ueber die naturwissenschaftlichken Zustände zur Zeit der Stiftung der schlesischen | Gesellschaft für vaterländische Kultur. Als heute vor 50 Jahren, von wissenschaftlichem Eifer beseelt, die Gründer unserer Gesellschaft zu gegenseitiger Belehrung und zum Austausche ernster Betrachtungen anspruchslos zusammentraten, durften sie kaum auf den Erfolg hoffen, den jene für uns so wichtige Zusammenkunft gehabt hat. Das gemein- same Streben nach demselben Ziele war das sichere und feste Band, welches sie vereinigte in einer Zeit, wo nicht blos in Schlesien, sondern in unserem deutschen Vaterlande Vereine zu wissenschaftlichen Zwecken noch zu den Seltenheiten gehörten, und eben deswegen erscheint jene Zusammenkunft einem Er- eignisse gleich, für uns von inhaltsschwerer Bedeutung. Wenn wir es aber unternehmen, an die Ver- dienste der Vergangenheit zu erinnern, so ist es erforderlich, mit dem ganzen Umfange ihrer Leistungen und den Verhältnissen genau bekannt zu sein, unter welchen es vergönnt war, eine erspriessliche Thä- tigkeit zu entwickeln. Nur auf diese Weise werden wir im Stande sein, uns eben: so vor Ueberschätzung wie vor Geringachtung früherer Bestrebungen zu bewahren, unser Urtheil über die Vergangenheit wird gerechter und schonenter, so wie gewiss der Wunsch recht lebendig in uns hervortreten, von der Nachwelt einst auch nur nach den Verhältnissen unserer Befähigung, nicht nach einem späteren grösseren Maassstabe gerichtet zu werden. Indem ich nun eine kurze Skizze unserer früheren naturwissenschaftli- chen Verhältnisse zu entwerfen versuche, so vermag ich freilich nicht an glänzende, epochemachende Namen zu erinnern, noch Entdeckungen vorzuführen, welche die ganze Gestalt der damaligen Erkenntniss veränderten, wohl aber wird man sich überzeugen, dass ungeachtet aller die selbstständige Entwickelung der Wissenschaften in unserer Provinz hemmenden Einflüsse, wie die Theilung des Landes in so viele 3* 20 kleine nur ihr eigenstes Interesse verfolgende Staaten, und der Mangel eines, literarische Bestrebungen vereinigenden Punktes, der Mangel einer Hochschule im eigentlichen Sinne des Wortes, es doch zu keiner Zeit an Männern fehlte, die mit Eifer und Thätigkeit das zu erreichen strebten, was ihnen ungün- stige Umstände in vollem Maasse zu erlangen versagten. Dem ärztlichen Stande, der allein die Restauration der Naturwissenschaften und ihren Fortbau im 16. Jahrhundert bewirkte, verdanken wir auch in Schlesien den Anfang der Erforschung der naturwis- senschaftlichen Verhältnisse unseres Landes. Die Breslauer Aerzte Vuoissel und Laurentius Scholz, besonders der letztere, an welchen Herr Professor Dr. Henschel in neuerer Zeit zuerst wieder erinnerte, pflegten bereits im 16. Jahrhundert Gärten, die sich durch Menge, Schönheit und Seltenheit der Ge- wächse auszeichneten. Gegen Ende desselben Jahrhunderts begann der in zahllosen Oden und Epigram- men gefeierte Hirschberger Arzt Schwenkfeld, zu seiner Zeit der schlesische Plinius genannt, die Reihe mit einer Beschreibung der gesammten schlesischen Naturprodukte, begleitet von einer Art physi- kalisch-geographischer Beschreibung des ganzen Landes, welche, wir müssen es leider bekennen, bis jetzt, ungeachtet fast 200 Jahre seit ihrem Erscheinen verflossen sind, ohne Nachahmung geblieben ist, da es bis jetzt noch Niemand weiter unternommen hat, alle diese verschiedenen Gesichtspunkte in einem Werke zu umfassen. Im Laufe des 17. Jahrhunderts, welches kaum irgendwo in Deutschland die so lebhaft begonnene Erhebung der naturwissenschaftlichen Studien wesentlich förderte, haben wir auch von vaterländischen Leistungen wenig zu berichten, ungeachtet sogar die Schriften der in der Mitte des Jahr- hunderts gestifteten Leopoldinisch-Carolinischen Akademie eine Zeit lang hier erschienen, woran sich damals mehrere schlesische Aerzte, jedoch fast nur vom medizinischen Standpunkte aus, literarisch be- theiligten.. Auch schien ein ungünstiges Geschick auf den Bemühungen zweier Männer zu ruhen, die wohl im Stande gewesen wären, noch einmal, wie einst durch Schwenkfeld, der Schlesier Ruf auch in diesem Zweige der Wissenschaft mit glänzendem Erfolge zu verbreiten. In Liegnitz lebte ein Arzt, Israel Volkmann, von 1660 bis 1706, der sich, so viel es seine ausgebreiteten ärztlichen Beschäftigungen erlaubten, sehr eifrig mit der Erforschung der vaterländischen Flora beschäftigte. Er ward 1636 zu Nicolstadt, wo sein Vater Pastor war, geboren, kam später auf das Gymnasium zu Liegnitz, dann auf das hiesige Elisabethanum, von wo aus er 1655 die Universität Leipzig besuchte. Nach Öjährigen, der Medizin und Philosophie gewidmeten Studien ging er nach Ita- lien, promovirte in Padua, wie es damals Sitte war, und kehrte bald nach Liegnitz zurück. Von hier aus besuchte er häufig das Riesengebirge, die Schneekoppe, und begann die Ausarbeitung eines grossen Werkes, welches die Beschreibung der einheimischen, wie auch die der exotischen Pflanzen umfasste. Ununterbrochen setzte er seine Bemühungen fort bis zum Jahre 1686, von welcher Zeit an er an seinem Sohne C. Anton Volkmann, Dr. med. et phil., einen thätigen Mitarbeiter fand, der das Werk mit einer grossen Zahl von Abbildungen ganzer Pflanzen, wie auch einzelner Theile derselben zierte. So war es 1710, also nach 50jährigen vereinten Anstrengungen, bis zu dem bedeutenden Umfange von 10 Folio- Bänden herangewachsen, zur Ausgabe nun wohl reif, aber keine Aussicht vorhanden, einen Verleger zu finden. Runge, ein gleichzeitiger Schriftsteller, sagt von ihm: Si enim laborem spectamus, inimilabile, si pretium inaestimabile, si editionem, spes est onmino nulla, regios enim sumtus postulat. Der Ver- fasser, den wir auch in einer anderen Richtung als den ersten schlesischen Paläontologen zu betrachten haben, starb 1721. Die Schriftsteller seiner Zeit erwähnten nichts von dem Schicksale dieses Manu- scriptes, und schon glaubte ich es verloren, als ich endlich in einem ein Paar Decennien später erschie- nenen Werke von Burghart, eines um die vaterländische Naturgeschichte, insbesondere die des Zobten, recht verdienten Mannes, die Notiz fand, dass es nach Leipzig und von da nach Dresden auf die könig- liche Bibliothek gekommen sei. Eingezogenen Erkundigungen zufolge wird es auch noch daselbst auf- 21 bewahrt, und die Urtheile meines höchst sachkundigen Freundes, Herrn Hofrath Prof. Dr. Reichenbach, über dasselbe bestätigen vollkommen den hohen Werth, welchen ihm seine Zeitgenossen einst mit Recht bei- legten. Ausser diesen nicht zur Oeffentlichkeit gekommenen Leistungen zeigen noch verschiedene ein- zelne Beiträge in einigen in jener Zeit veröffentlichten periodischen Schriften, wie z.B. in den Breslauer Sammlungen für Kunst und Naturgeschichte, die von 1719—1737 erschienen, dass zu jener Zeit we- nigstens ein reger Sinn für diese Richtungen vorhanden war, wenn auch keine Neigung, eine Uebersicht über das ganze Feld der Naturgeschichte zu gewinnen. Noch begann erst das Licht im hohen Norden zu dämmern, welches bestimmt war, nicht nur die damaligen, sondern auch alle folgenden Zeiten zu erleuchten und Einheit und übersichtliche Ordnung in das bis dahin überall noch sehr chaotische Ge- wühl naturgeschichtlichen Treibens zu bringen. Linne, der grosse Reformator in diesem Gebiete der Wissenschaft, gründete damals sein unsterbliches System, jedoch verging noch eine geraume Zeit, ehe man in Schlesien daran dachte, die Vorzüge desselben zum Besten vaterländischer Naturgeschichte zu verwenden. Ein Breslauer, Dr. Rudolph, fasste zuerst diese Idee, aber bei seinem frühen Tode war es nicht ihm, sondern dem Grafen Mattuschka, einem Manne der vielseitigsten literarischen und künstlerischen Bildung, vorbehalten, sie zum Besten der Mit- und Nachwelt in’s Leben treten zu lassen. Die von ihm 1773—1778 herausgegebene Flora war nicht nur für die Provinz von grösstem Interesse, sondern ge- hört auch zu den vorzüglichsten ihrer Zeit. Zu früh, schon im Jahre 1779, der Wissenschaft und dep Seinigen entrissen, finden wir als Erbe dieser Bestrebungen in jener Zeit Dr. Johann Anton Krocker, der in inhaltsreichen Arbeiten mit Mattuschka den Grund .zu unserem heutigen Wissen in diesem Gebiete der Naturgeschichte. legte. Der Name des Grafen Mattuschka knüpft sich noch an einen anderen wichtigen Verein, an die patriotische Gesellschaft in Schlesien, als dessen thätigstes Mitglied er längere Zeit erscheint. Dieser Verein, den wir wohl nicht mit Unrecht als einen Vorläufer des unsrigen betrachten dürfen, wie Herr Professor Dr. Kahlert, dem wir die Geschichte desselben verdanken, mit Recht bemerkt, wurde im Jahre 1772 durch den damaligen schlesischen Justizminister, Grafen Carmer, in’s Leben gerufen. Nach dem Willen des Stifters stellte er sich die Verbreitung allgemeiner Wohlfahrt zum Zwecke, und bestrebte sich daher, fast alle Verhältnisse Schlesiens in den Bereich seiner Wirksamkeit zu ziehen. Eng mit der damals, auch erst nicht lange in’s Leben getretenen Land- schaft verbunden, bestand diese Gesellschaft aus der Hauptsocietät in Breslau und Kreis- oder Fürsten- thums-Societäten, die alle nur ein Ganzes bilden sollten. In der Zeitschrift, welche sie vom Jahre 1772 bis 1784 herausgab, finden wir sehr verschiedenartige Abhandlungen; Graf Mattuschka vertrat die Bota- nik, Zeplichal, der Reformator des katholischen schlesischen Schulwesens, die Mineralogie; Magister Börner, geb. 1745 zu Merseburg, den Graf Carmer aus Sachsen zur Förderung seines Werkes berief, die Zoologie, mit der sich in jener Zeit auch ein Verwandter des Grafen Mattuschka, Domherr Graf Mat- tuschka, besonders mit Untersuchungen über die Lebensart der Thiere hierselbst beschäftigte. Der, wie schon erwähnt, 1779 erfolgte Tod des Grafen Mattuschka scheint der Gesellschaft sehr nachtheilig gewesen zu sein; die Zeitschrift erlosch, in nicht gar langer Zeit darauf, im Jahre 1791, auch die Ge- sellschaft, wenigstens die Haupt-Societät. Nur ein Zweigverein, der Schweidnitz-Jauer’sche, erklärte sich für selbstständige Fortdauer und besteht heute noch als die ökonomisch-patriotische Societät der Fürstenthümer Jauer und Schweidnitz. In dem Gebiete der Mineralogie ging man in Schlesien in dem ganzen 17. Jahrhundert nicht über Schwenkfeld’s Arbeiten hinaus, daher die Vorliebe für die Versteinerungen und die sogenann- ten Naturspiele, in denen eine ungezügelte Phantasie die wunderlichsten Gebilde zu erkennen vermeinte; erst am Anfange dieses Jahrhunderts traten der schon oben erwähnte Volkmann und Herrmann, Pa- stor zu Massel, mit selbstständigen Forschungen auf. Volkert, Conrector zu Liegnitz, lieferte im Jahre 22 1775 die erste mineralogische Topographie; Kapf, Kreis-Caleulator (starb zu. Breslau 1797), nach den dankenswerthen Vorarbeiten von Lehmann und Karsten, bereits 1790 ‚die ersten Grundzüge einer Gebirgslehre von Schlesien. Leopold v. Buch, der Unsterbliche, begann seine grossartige literarische Laufbahn mit Untersuchung und Schilderung schlesischer Gebirge, insbesondere der Grafschaft Glatz, des Zobten. (Der Name Zobtenfels verdankt ihm seine Entstehung. Er verwandelte ihn später in das ita- lienische Gabbro.) Unser Riesengebirge ward in jener Zeit immer mehr. berücksichtigt: zuerst von Zel- ler im Jahre 1726, später von dem hochverdienten A..E. v. Gersdorf, Volkmar, den böhmischen Naturforschern Fuss, Hänke, Gruber, Hoser (starb als Leibarzt des Erzherzogs Carl 1848) ver- öffentlichte am Anfange des Jahrhunderts ein Werk über alle Verhältnisse desselben, welches heut noch nicht übertroffen worden ist. Die grossartige Umgestaltung der Chemie in den beiden letzten Decennien des verflossenen: Jahr- hunderts blieb nicht ohne Einfluss. Nicht wenig trug hiezu unseres Landsmannes G. F. Richter Werk über die Stöcheometrie bei (Hirschberg 1793), obschon es erst mehrere Decennien später die gebüh- rende Beachtung erfuhr. Günther’s Analyse der schlesischen Mineralquellen, die er für Mogalla’s Schriften über die schlesischen Bäder lieferte, zeigt wenigstens, dass es auch hier nicht ‘an einem Manne fehlte, der sie zu benutzen verstand, obschon freilich, wie vielleicht in jener Zeit fast überall, chemische Yan wenig verbreitet waren. Man bauie hie und da noch. Oefen für Schwerspath, um daraus alk zu brennen, und eben hatte erst Ruhberg in der einsamen Glashütte zu Wissolla im Plessischen gelehrt, aus dem Gallmei, den man als ein sehr müssiges Naturprodukt nur zu ein paar Tausend Cent- ner im Auslande zu verwerthen wusste, Zink zu bereiten, für Schlesiens Interessen (in England war es schon seit 70 Jahren bekannt) die bedeutendste Entdeckung, die je in unseren Gauen gemacht ward, ohne dass es damals besonders beachtet wurde; wie.denn auch die undankbare Nachwelt, sonst so denkmalssüchtig, ihn, den Urheber des Reichthums so vieler Tausende, vergessen hat. | Die gewaltigen Kämpfe, welche insbesondere in dem letzten Decennium des Jahrhunderts die ge- sammte literarische Welt bewegten, in dem Gebiete der Philosophie, der. Medizin, der. Kampf des Brow- nianismus mit den früheren Systemen, die beginnende Schöpfung der Geognosie, der Geschichte der Erde, welche die Geognosien mit rasllosem Eifer aus den Denkmalen längst vergangener Zeiten, in welche keine menschliche Tradition zurückreichen kann, entzifferten, die Umgestaltung der Physik, fanden bei dem scheidenden Jahrhundert in unserer Provinz, so zu sagen, keine offizielle oder selbsithätige Theilnahme. In stiller Zurückgezogenheit pflegte man die vaterländische Naturgeschichte, besonders die Botanik. Unser verdienter Professor Dr, Jungnitz beschäftigte sich mit Fesstellung der meteorologi- schen Verhältnisse der Provinz. Krocker, schon oben mit Recht rühmlich genannt, Nachfolger des Grafen Mattuschka, hatte in 3 Bänden sein grosses Werk über die Flora Schlesiens beendet, in wel- chem wir auch‘ die ersten getreuen Abbildungen schlesischer Pflanzen finden. Leider erlebte er das Missgeschick und zwar zum Theil aus ähnlichen Gründen, wie einst die Gebrüder Volkmann, seine durch zahireiche Abbildungen erläuterten Arbeiten über die kryptogamischen Gewächse unserer Provinz nicht veröffentlicht zu sehen. Sein Sohn, der Herr Geh. Sanitätsrath Dr. Krocker, hat uns soeben zur Feier des heutigen Tages das überaus werthvolle Manuscript jener Arbeit in 12 Octav- und 2 Quartbänden nebst 2 Foliobänden kolorirter- Abbildungen für unser Archiv übergeben, wo wir es dankbarlichst bewah- ren zur Erinnerung an eine Familie, deren Namen nun schon durch drei Generationen in der Wissen- schaft rühmlichst genannt. wird. In dem romantisch gelegenen Wölfelsdorf liess sich- Pfarrer Seeliger 1752— 1812 die Erfor- schung der Grafschaft, Kaluza, einst mein theurer Lehrer in der Botanik, ‚die Oberschlesiens, Pastor Weigel in Haselbach, auch in weiteren Kreisen durch seine treflliche naturhistorische, geographische 23 und geologische Beschreibung 'Schlesiens bekannt, die Ermittlung der Flora und Fauna ‘des Riesen- gebirges angelegen sein. Alle diese Bestrebungen vereinigten sich damals wie in einem Centralpunkt in Günther, Apotheker und Medizinal-Assessor in Breslau (starb 1833), hochverdient um Schlesiens Naturgeschichte, insbesondere um die kritische Sichtung der schlesischen Flora, von eben so ausgezeich- neter vielseitiger Bildung, als einer zwar sehr liebenswürdigen, aber doch fast unangemessenen Beschei- denheit, die es aber dennoch nicht verhindern konnte, dass gar bald fast alle Botaniker Deutschlands, ja Europa’s, ihn mit Hochachtung begrüssten. Jedoch auch in anderen Ländern, wo die Verhältnisse ein regeres literarisches Leben begünstigten, waren die Naturwissenschaften nur im Besitze weniger Ein- geweihten, der sogenannten Gelehrten. Man wetteiferte noch nicht, auch Anderen Gelegenheit zu bie- ten, sich Einsicht in die erhabene Werkstätte der Natur zu verschaffen. Was heute überall in Schulen vorgetragen wird, war nur Wenigen bekannt oder auch wohl gar noch den scharfsinnigsten Köpfen ver- borgen. Auch ahnte man noch nicht, wie der wahre Weg zur Kenntniss des Bestehenden, des Fertigen nur gefunden werden könne durch die Erforschung: der früheren Zustände; der Talisman, der die verborgen- sten Wege uns offenbart, der Kern der neueren Naturwissenschaft, die Nothwendigkeit der Entwicklungs- geschichte, war 'noch nicht zum Bewusstsein jener Tage gekommen. In dieser also durch ihre äusseren und inneren Verhältnisse wahrlich nicht besonders günstigen Zeit beschloss Prof. Dr. Müller, einen der im vorigen Jahrhundert einst gestifteten Societät ähnlichen Verein zu begründen, und lud hiezu zum 17. December 1803 eine Anzahl von Männern, verwandter Gesinnung wie zu einer Berathung ein. Es fanden sich von den zahlreich Geladenen zwar nur 6 Per- sonen ein: Bönisch, Technolog, Wocke und Günther, Apotheker, Mendel, Arzt, Schiebel, Kaufmann, Lessing, Münz-Direktor, jedoch ging aus dieser Zusammenkunft als unmittelbares Ergebniss die Gründung einer Gesellschaft zur Beförderung der Naturkunde und Industrie für Schlesien hervor. Von diesen 6 ehrenwerthen Männern, die wir als die Mitstifter unseres Vereins zu betrachten haben, lebi nur noch Herr Wocke, den wir das Vergnügen haben, in unserer Mitte zu sehen. Als allgemeiner Zweck der Gesellschaft ward bestimmt: Erleichterung und Belebung des Studiums der Mathematik und sämmtlicher Naturwissenschaften in Schlesien, als besonderer, jenes Studium mit be- ständiger Beziehung auf das wirkliche Leben und die Bedürfnisse der Provinz zu betreiben, Schlesien in physi- kalischer, naturhistorischer und technischer Hinsicht genau kennen zu lernen und der Unkunde entgegenzutre- ten, die in manchen Zweigen der Industrie noch stattfände. Durch welche Einrichtungen man sich nun be- strebte, diesen Zweck zu erreichen, welche Theilnahme sie damals fanden, wie die kaum in’s Leben ge- iretene Gesellschaft sich durch die nur zu bald erfolgenden unglücklichen kriegerischen Ereignisse der Auflösung nahe sah, aber durch unseres würdigen Reiche kräftiges Wort wieder zusammengehalten wurde, wie allmälig nach Verlegung der Universität Frankfurt der Wirkungskreis der Gesellschaft sich durch Theilnahme der Universitätslehrer wesentlich erweiterte, eine wissenschaftliche Bestrebung nach der andern, für welche in der allgemein naturwissenschaftlichen sich kein Raum mehr darbot, sich zur be- sonderen Section gestaltete, finden. Sie, hochverehrte Anwesende, in der Einleitung zu der Schrift, die wir ihnen heut übergeben, von unserem: verdienstvollen General-Secretair, Herrn Professor Dr. Kahlert, ausführlicher geschildert. Inwiefern nun vielleicht unser, obschon von den hohen Behörden stets wohl- wollend unterstützter, jedoch in pekuniärer wie in literarischer Hinsicht nur auf seine eignen Kräfte angewiesener Verein einen weitgreifenden Einfluss auf die Kultur des Lamdes, auf Naturkunde und Medizin geübt hat, inwieweit ihm ein Antheil an den jetzt fast nach allen Richtungen hin erforschten naturhistorischen Verhältnissen unserer Provinz, an dem regen wissenschaftlichen Sinne, der in ihr herrscht, 24 zuzuschreiben ist, dies Alles hier zu erörtern und zu erwägen, scheint eine weit grössere Befähigung und vielseitigere Kenntniss zu erfordern, als ich mir zutrauen kann, möchte sich auch für mich um so weniger schicken, als ich hier im Namen meiner verehrten Herren Kollegen zu Ihnen spreche, die wir fast sämmtlich schon seit einer langen Reihe von Jahren uns bestreben, die Aemter, zu denen wir uns durch Ihr Ver- trauen berufen sahen, nach Kräften zu verwalten. Ihre Gegenwart, hochverehrte Anwesende! wodurch Sie uns den heutigen Abend zu einem wahrhaft festlichen machen, wie wir dankbar anerkennen, dürfen wir vielleicht als einen Beweis betrachten, dass Sie sich geneigt fühlen, unseren Bestrebungen ihre Beachtung zuzuwenden, wie denn auch die nachsichtsvolle Anerkennung, die unsere Verhandlungen im In- und Aus- lande zu finden so glücklich waren, deren verwandte Gesellschaften und Akademien fast sämmtlich mit uns nach und nach in Verbindung getreten sind, uns vielleicht ermuntern könnten, auf der Bahn weiter zu schreiten, welche unsere hohverehrten Ahnen, die Stifter unseres Vereins, sich einst vor 50 Jahren in derselben Stunde als Ziel ihrer Thätigkeit setzten. Möge das freundschaftliche Band, welches in unserer Gesellschaft die Theorie mit der Praxis verbindet und in ihr ein der Verbreitung der Wissenschaften geweihtes Institut erkennt, sich immer inniger knü- pfen, mögen sich auch zur Zeit noch fernstehende Richtungen uns zuwenden, unser Verein dadurch noch sichere Bürgschaft für seine Fortdauer gewinnen und zu immer höherer Blüthe gelangen. Denn die Er- forschung der Natur, welche in unseren Tagen mehr als irgend ein anderes Gebiet des menschlichen Wissens die Geister an sich zieht, ist nicht blos eine Quelle des erhabensten geistigen Genusses, son- dern auch für das unendliche Feld des praktischen Lebens von der höchsten Bedeutung! Chemie. Herr Privat-Docent Dr. Baumert den 14. April: Ueber eine neue Oxydationsstufe des Wasserstoffes und deren Verhältniss zum Ozon. Der Verfasser weist zunächst nach, dass in dem durch Elektrolyse dargestellten Ozon sowohl Was- serstoff als Sauertoff enthalten ist, und macht es wahrscheinlich, dass das Ozon ein Oxyd des Wasser- stoffes von der Formel HO, ist. Den Gehalt an Wasserstoff findet man durch folgenden Versuch. Man beschlägt die Wände einer engen langen Glasröhre mit einem hauchartigen Anfluge von wasserfreier Phosphorsäure, was am leich- testen durch einen trockenen Luftstrom, der das eben gebildete Verbrennungsprodukt des Phosphors durch die Röhre treibt, geschehen kann. Lässt man durch diese Röhre vollkommen getrocknetes Ozon treten, so bleibt die Phosphorsäure unverändert. Wird aber die Mitte der Röhre ‚schwach erhitzt und damit das Ozon zersetzt, so löst das gebildete Wasser die wasserfreie Phosphorsäure jenseits der Flamme nach der Richtung des strömenden Gases hin auf, während die Phosphorsäure diesseits der Flamme keine Veränderung erfährt. Es ergiebt sich aus demselben Versuche zugleich, dass diese Elemente des Was- sers nicht mit Wasserstoff, sondern mit Sauerstoff zu Ozon verbunden sind. Denn diese Substanz wirkt in einer solchen Weise oxydirend, dass selbst Chlorkalium unter Ausscheidung von Chlor und unter Bildung von Aetzkali dadurch zersetzt wird. Ein Mehrgehalt von Wasserstoff würde dagegen nur re- ducirende Eigenschaften bedingen können. Dieser mit den Elementen des Wassers verbundene Sauerstoff scheidet, ähnlich wie freies Chlor oder Brom, aus Jodkalium äquivalente Mengen Jod aus, das sich nach einer Methode, die Bunsen zur Untersuchung des Jodstickstoffes anwandte, genau bestimmen lässt. 25 Man stelli nämlich zu dem Ende eine Lösung von Jod in Jodkalium von solcher Stärke her, dass das in einem Grade der Burette enthaltene Jod einen kleinen Bruchtheil eines Milligramms, etwa wie bei des Verfassers Untersuchungen 0,0002538 Grm. chemisch reines Jod — a enthält. Ferner bereitet man sich einige Litres höchst verdünnter schwefliger Säure, welche nicht mehr als °, yo000 an schwelli- ger Säure enthalten. Es wird nun ermittelt, wie viele Burettengrade £ der Jodflüssigkeit nothwendig sind, um ein abgemessenes Volum dieser schwefligen Säure zu zerstören. Die dazu nöthige Jodmenge ist daher at. Werden r Maasse jener schwefligen Säure der durch Ozon erhaltenen Jodflüssigkeit hin- zugefügt, welche letztere die zu suchende Jodmenge x enthält, so zerstört dieses = einen Theil der schwefligen Säure. Ermittelt man nun endlich noch die Burettengrade t‘, und also auch die Jodmenge at’, welche zur vollständigen Zerstörung der n Maasse schwefliger Säure erforderlich sind, so ergiebt sich die Gleichung: z& + at’ = nat; oder x = a(nt—t'). Der Punkt, wo die Zerstörung der Säure eingetreten ist, lässt sich leicht nach dem von Dupasquier angegebenen Verfahren mittels Stärke- lösung bestimmen. Aus diesem x, d. h. der durch den Sauerstoff des Ozons freigemachten Jodmenge, ergiebt sich die äquival. Menge Sauerstoff w, welche das Ozon ausser den Elementen des Wassers ent- hielt, aus der Gleichung Sarn t—t)=w. Da das Gesammtgewicht des Ozons weniger diesem Sauerstoffe w Wasser, also ein Körper von bekannter Zusammensetzung ist, so handelt es sich nur noch darum, eben dieses Gesammtgewicht des Ozons zu bestimmen. Dies geschieht durch die einzige Wägung eines kleinen Kugelapparates, durch . welchen das scharf getrocknete Ozon geleitet, und worin einerseits dessen Zersetzungsprodukte in der Jodkaliumlösung, andererseits das verdunstende Wasser in einem damit verbundenen Schwefelsäurerohre zurückgehalten wurden. Besondere Schwierigkeiten fanden sich bei der Darstellung der erforderlichen Mengen Ozons. Am meisten mit Ozon beladenes Gas erhielt der Verfasser durch die Elektrolyse schwefelsäurehaltiger Chrom- säure. Indessen mussten auch bei solchem Verfahren in der Untersuchung 7— 800 Liter elektrolytisches Knallgas entwickelt werden. Dieses Gas wirkt auf Röhren von vulkanisirtem Kautschuk so heftig, dass sie bei der Dicke von 1 Linie binnen wenigen Minuten zerfressen werden. Mit Ammoniak raucht es stark unter Bildung von salpetersaurem Ammoniak. Daher muss der ganze Apparat aus Glas bestehen, die Röhren wurden eingeschliffen oder zusammengeschmolzen. Eine weitere Schwierigkeit lag darin, dass das ozonhaltige Sauerstoffgas keinen freien Wasserstoff enthalten darf. Der Apparat, von dem das Original eine Abbildung enthält, war so construirt, dass nur das vom positiven Pole der Batterie ent- wickelte Gas durch den Apparat ging, in dem das Ozon getrocknet, zersetzt und die Zersetzungspro- dnkte aufgefangen wurden. Die Dauer der Entwicklung betrug durchschnittlich 7 Tage, die absolute Intensität des Stromes, auf die Gauss’sche Einheit bezogen, war zwischen 10,6 bis 21,8. Der Apparat wirkte so, dass das entwickelte Gas vollkommen. getrocknet durch einen Kugelapparat ging, in welchem das Ozon durch Jodkaliumlösung zersetzt wurde. Jod wird frei und es bildet sich Aetzkali, das dann das ausgeschiedene Jod wieder löst, indem sich jodsaures Kali bildet. Der Verfasser überzeugte sich aber durch besondere Versuche, dass in einer Flüssigkeit, die neben Jodkalium freies Jod und jodsaures Kali enthält, durch Salzsäure das jodsaure Kali wieder so zersetzt wird, dass das Jod des jodsauren Kali’s wieder vollkommen frei wird. Somit konnte nach der angegebenen Methode das durch Ozon ausgeschiedene Jod vollkommen bestimmt werden. Das mit dem Ozon durch den Kugelapparat gehende Sauerstoflgas ist durch einen Strom trockener Luft ausgetrieben, bei der Wägung ist alle erdenkliche Sorgfalt genommen. Die durch den Versuch gewonnenen Data sind folgende (4 bedeutet das Gesammt- gewicht des entwickelten Ozons): 4 ıE - Hu. A = 0,0133 Grm. A = 0,0149 Grm. a —= 0,00025387 a —= 0,00025387 tr =D t = 2465 v0 = 4 t = 121,8 n = 10. n = 3. Aus I. erhält man: Aus II. erhält man: w = 0,008109 v = 0,009887 A — w —= 0,005191. A— uw = 0,005013. Aus diesen Zahlen leitet sich als einfachster Ausdruck für die Zusammensetzung des Ozons die Formel HO, ab, wie folgt: Ber 11. Mittel H 4,34 3,76 4,00 jo 4,00 0 95,66 96,24 - 96,00 3. 96,00 100,00. Wir haben somit folgende Oxydationsreihe des Wasserstoffes: HO — Wasser, HO, — Wasserstoffsuperoxyd, HO, = Ozon. Der Vortragende stellt sich nun die Frage, ob auch das durch den elektrischen Funken erzeugte Ozon mit dem von ihm untersuchten identisch war. Zu dem Ende liess er den durch eine Inductionsspirale, wie sich deren Halske und Siemens bedienen, erzeugten Funkenstrom durch vollkommen wasser-, wasserstoff- und ozonfreies Sauerstoffgas gehen. Das Sauerstoffgas war zwar durch Elektrolyse darge- stellt, aber bevor es durch das Glasrohr ging, das die eingeschmolizenen Platindrähte zum Uebergange der Funken enthält, geglüht und vollkommen getrocknet und über Jodkalium geleitet. Um sehen zu können, ob das Gas trocken war, hat man das die Platindrähte enthaltende Rohr mit wasserfreier Phos- phorsäure sich beschlagen lassen. Durch diesen Versuch legt der Vortragende dar, dass das reine Sauerstoffgas durch den elektrischen Funken in einen allotropischen Zustand übergeht, der darin besteht, dass das Sauerstoffgas die Eigen- schaft erhält, bei gewöhnlicher Temperatur stärkere Verwandtschaft zu äussern, als Chlor. So wie die- ser allotropische Sauerstoff mit feuchter Luft in Berührung kommt, oxydirt er das Wasser derselben zu HO, , und dieses ist eben das Ozon, das dann sogleich an seinem Geruche kenntlich ist. (Poggendorffs Annalen. Bd. LXXXIX. p. 38—55.) Herr Professor Dr. C. Löwig den 27. Juli: Ueber die organischen Metallverbindungen. Im Jahre 1849 publieirte Frankland seine wichtige Abhandlung über Isolirung des Aethyls als Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doctorwürde in Marburg. Die Isolirung gelang ihm durch Ein- wirkung von Zink auf Jodäthyl bei einer Temperatur von 150 bis 180°. Von organischen Metallver- bindungen ist in der ganzen Abhandlung nichts zu lesen, mit Ausnahme der Schlusstelle, welche also lautet: 1 —t „Eisen, Blei, Kupfer und Quecksilber, bei einer von 150 bis 200° C. variirenden Temperatur mit Jodäthyl erhitzt, zersetzen kaum eine Spur davon; dagegen wird es von Arsenik bei circa 160° rasch zerlegt, indem sich eine blutrothe Flüssigkeit erzeugt, welche beim Erkalten in prachtvollen Krystallen, wahrscheinlich Arsenikjodid, anschiesst. Beim Oeffnen der capillaren Spitze der Röhre erwies sich die- selbe luftleer, auch entwickelt die krystallinische Masse im Contact mit Wasser, worin sie sehr wenig löslich ist, kein Gas. Das übrig gebliebene Arsenik besitzt im auffallend hohen Grade einen starken, dem des Antimons sehr ähnlichen Metallglanz.. Zinn bewirkt die Zerlegung des Jodäthyls beinahe bei derselben Temperatur wie Arsenik, und das flüssige Jodid verwandelt sich dabei allmälig in ein gelbli- ches öliges Liquidum, welches beim Erkalten krystallinisch erstarrt. Eine Gasentwicklung findet weder beim Oeffnen der Röhre, noch bei nacheriger Behandlung des Rückstandes mit Wasser statt, welches kaum eine Spur davon löst. Auch vom Kalium wird das Jodäthyl bei einer Temperatur von ungefähr 130° C. mit Leichtigkeit zersetzt in fast reines Methyl und eine nicht untersuchte gelbliche äther- artige Flüssigkeit.‘ Aber selbst in dieser Schlussstelle ist die Bildung an Metallverbindungen nicht ausgespro- chen. Diese Abhandlung ist im Augusthefte 1849, Bd. LXXI, S. 171 der Ann. d. Chemie und Phar- macie vollständig abgedruckt und derselben als Anhang noch eine Notiz „Ueber eine neue Reihe organischer Körper, welche Metalle enthalten‘ beigefügt. In derselben erwähnt Frankland, dass, als er Zink auf Jodmethyl bei erhöhter Temperatur einwirken liess, ein Rückstand erhalten wurde, welcher bei der trocknen Destillation in trocknem Wasserstoff eine farblose Flüssigkeit lieferte, welche sich an der Luft entzündete und mit einer dichten Wolke von Zinkoxyd verbrannte. Er betrachtet diese Flüssigkeit als eine Verbindung von Zink mit Methyl und schliesst die Notiz mit folgenden Worten: „Diese Thatsachen machen es wahrscheinlich, dass bei der Zersetzung von Jodäthyl durch Arsenik oder Zinn diese Metalle sich mit dem Aethyl zu neuen, dem Kakodyl ähnlichen Radikalen ver- einigen. Ferner die Existenz von Wasserstoflverbindungen des Arsens, Antimons und Tellurs, so wie die Substitution von Methyl und Aethyl für Wasserstoff zeigen deutlich die auffallende Aehnlichkeit der Functionen dieser Radikale und des Wasserstoffs, so dass in Verbindung mit obigen Thatsachen wir die Erwartung hegen dürfen, dass die meisten, wenn nicht alle der folgenden Verbindungen darstellbar sind.“ Nun folgt eine Aufstellung von Verbindungen, welche wahrscheinlich Zink, Arsen, Antimon und Phosphor mit Methyl, Aethyl, Butyl, Valyl, Amyl und Phenyl bilden können. Aus dem wörtlich Mitgetheilten geht hervor, dass Frankland, ausser dem Zinkmethyl, keine neue organische Metallver- bindung dargestellt, sondern nur die Vermuthung ausgesprochen hat, dass solche erhalten werden können, und eben so ergiebt sich aus demselben, dass er seine Untersuchungen zunächst nur in der Absicht angestellt, das Aeıhyl zu isoliren, keineswegs aber in der, organische Metallverbindungen zu erhalten. Im Märzhefte 1853 der genannten Annalen, also über 3 Jahre später, beginnt Frankland eine Abhandlung „Ueber eine neue Reihe organischer Körper, welche Metalle enthalten“ folgendermassen: „Unter obigem Titel beschrieb ich vor länger als 3 Jahren einige vorläufige Versuche, welche die Existenz gewisser organischer Verbindungen darthaten, die dem Kakodyl in hohem Grade analog sind, wie dieser Körper aus einem Metall, — in einigen Fällen auch der Phosphor — in Verbindung mit den Atomgruppen C,H,, C,H,, C,H, u. s. w. bestehen und in vielen Beziehungen bemerkenswerth grosse Affinität zeigen. Ich stellte ihre Zusammensetzung fest und untersuchte für 2 von diesen Körpern, die ich vorläufig als Zinkmethyl und Zinkäthyl bezeichnete, einige ihrer Reactionen. Ausserdem gab ich A*® 25 die Verfahrungsweise an, um ähnliche Verbindungen darzustellen, welche Zinn, Arsen und Phosphor ent- halten.‘ Frankland fährt fort: „In neuerer Zeit haben Löwig und Schweizer auf demselben Felde zu arbeiten begonnen und eine von den Lücken in der vorhergehenden Tabelle ausgefüllt, indem sie Stibäthyl durch Einwirkung von Jodäthyl auf eine Legirung von Antimon und Kalium darstellten; dieselben Chemiker machten die Bildung ähnlicher Verbindungen wahrscheinlich, welche Methyl und Amyl an der Stelle des Aethyls und Wismutn und Phosphor an der Stelle des Antimons enthalten.“ Wäre ich bei der Entdeckung der organischen Metallverbindungen allein betheiligt, so würde ich die historische Darstellungsweise des Herın Frankland auf sich beruhen lassen, weil ich die Ueber- zeugung habe, dass in der unparteiischen Geschichte der Wissenschaften doch Alles seine richtige Stelle finden muss. Da sich aber mehrere jüngere Chemiker an diesen Arbeiten in meinem Laboratorium be- theiligten, so halte ich es für meine Pflicht, für sie in die Schranken zu treten und ihnen die Ehre, die ihnen gebührt, wenn auch nur auf kurze Zeit, nicht entreissen zu lassen, obschon ich fest überzeugt bin, dass dies von Frankland auch nicht beabsichtigt wurde. Schon im Jahre 1842 suchte ich, veranlasst durch die Untersuchungen Bunsen’s über das Kako- dyl, direkt eine demselben entsprechende Antimonverbindung durch Einwirkung von Chlor- und Brom- äthyl auf Antimonkalium darzustellen. Ich erhielt. auf diese Weise eine farblose, an der Luft stark rau- chende Flüssigkeit, deren ich in der ersten Hälfte des zweiten Bandes meiner Chemie der organischen Verbindungen, welche im Jahre 1844, also 5 Jahre früher, als Frankland seine Arbeiten veröffent- lichte, in den Buchhandel kam, kurz unter dem Namen Antimonäthyl erwähnte. Meine Zeit war durch die Herausgabe dieses Werkes, welches mich bis 1848 beschäftigte, so sehr in Anspruch genommen, dass ich zu der näheren Untersuchung dieser Verbindung nicht gelangen konnte. Nachdem Frankland seine Arbeit über die Isolirung des Aethyls publieirt hatte, unterwarf ich in Gemeinschaft mit Schwei- zer das Stibäthyl einer näheren Untersuchung, und schon im November 1849 enthielten die Mittheilun- gen der naturforschenden Gesellschaft in Zürich unsere erste Abhandlung, welcher im Sommer 1850 die zweite ausführlichere folgte. Gleich darauf unsersuchte Landolt das Stibmethyl; er entdeckte das Stib- methylium, und seine Abhandlungen finden sich in den genannten Mittheilungen und im Aprilheft 1851, so wie im Oktoberheft 1852 der Annalen der Chemie und Pharmacie. Im Jahre 1851 stellie Cramer das Stibamyl dar, und im gleichen Jahre unterwarf Dr. Brreed das schon früher von mir dargestellte Bismä- thyl einer näheren Untersuchung. Bei sämmtlichen Untersuchungen wurde immer die gleiche Methode in Anwendung gebracht, deren ich. mich zuerst zur Darstellung des Stibäthyls bediente, nämlich die Ein- wirkung der entsprechenden Jodverbindung auf Legirungen von Kalium mit Antimon und Wismuth. Hierauf folgte meine Arbeit über die Zinnäthyle, deren Resultate vollständig im November 1852 in den Züricher Mittheilungen zu lesen waren, und würde nicht der Umzug von Zürich nach Breslau eine Un- terbrechung meiner Arbeiten veranlasst haben, so würde auch schon die Untersuchung über die Bleiäthyle, welche sich ganz an die Zinnäthyle anschliessen und welche zum Theil beendigt ist, der Oeflentlichkeit übergeben sein. Es ist daher schwer zu begreifen, wie Frankland angesichts dieser Thatsachen im Jahre 1853 drucken lassen konnte: „In neuer Zeit haben Löwig und Schweizer auf demselben Felde zu arbeiten begonnen und die Bildung ähnlicher Verbindungen, welche Methyl und Amyl.an der Stelle des Aethyls, und Wismuth an der Stelle des Antimons enthalten, wahrscheinlich gemacht,“ und um so weniger, als das hierher Gehörige aus meinem Grundrisse der organischen Chemie in das Journal of the Chemi- cal Society, welches in London erscheint, übergegangen ist, überhaupt nicht vorausgesetzt werden kann, 29 dass ihm die Abhandlungen, die von Zürich ausgingen, unbekannt geblieben sind. Ich nehme, daher die Priorität der Entdeckung und Darstellung organischer Metallverbindungen durch Einwirkung von Bromäthyl auf Legirungen von Kalium und Natrium mit Antimon, Wismuth, Zinn und Blei für mich ‚in Anspruch und bin überzeugt, dass mir dieselbe von jedem Unbefangenen zugestanden werden wird. Ich suchte diese Verbindungen direkt darzustellen und begann meine Untersuchungen in dieser Absicht; Frankland er- hielt sie nur zufällig bei der beabsichtigten Isolirung des Aethyls; dagegen gehört ihm die Entdeckung, dass die genannten Metallverbindungen auch durch unmittelbare Einwirkung der Metalle auf die organi- schen Jodverbindungen in hoher Temperatur gebildet werden. Suum cuique. Derselbe: Ueber einige Stibäthylverbindungen. Antimonigsaures Stibäthyloxyd. Ueberlässt man die ätherische Lösung des Stibäthyls der freiwilligen Verdunstung und entzieht man dem Rückstande das gebildete Stibäthyloxyd durch eine Mi- schung von Aether und Weingeist, so bleibt ein weisser, pulverförmiger, amorpher Körper, welchen ich in den früheren Abhandlungen über das Stibäthyl Aethylstibylsäure genannt habe. Der weisse Rauch, welcher sich vor der Entzündung bildet, wenn das Stibäthyl mit der Luft in Berührung kommt, besteht fast ganz aus dieser Verbindung. Schon in meinem Grundrisse der organischen Chemie habe ich an- gegeben, dass dieser Körper eine Verbindung ist von Antimonoxyd mit Stibäthyloxyd, entsprechend der Formel (StAe,) O, + 2St0,. Die Elementaranalyse der bei 100° ausgetrockneten Substanz lieferte folgende Resultate. 1,200 Substanz gaben: 0,560 Kohlensäure —= 12,58 p. C. Kohlenstoff, 0,293 Wasser = 2,70 p. C. Wasserstoff. 0,956 Substanz gaben: 0,443 Kohlensäure —= 12,67 p. C. Kohlenstoff, 0,240 Wasser = 2,77 p. C. Wasserstoff. 0,540 Substanz gaben: 0,370 Antimon = 68,33 p. C. Antimon. 0,365 Substanz gaben: 0,253 Antimon — 69,04 .p. C. Antimon, 0,455 Substanz gaben: 0,317 Antimon — 69,66 p. C. Antimon.*) *) Zur Antimonbestimmung wurde die Substanz in einer Verbrennungsröhre mit einer Mischung von Salpeter und kohlensaurem Natron verbrannt. Der Rückstand wurde in Königswasser gelöst, aus der mit Wasser und Wein- säure vermischten Lösung das Antimon durch Schwefelwasserstoff gefällt und durch Bestimmung des Schwefelgehal- tes im Niederschlage das Antimon gefunden. Das Material zur Antimonbestimmung war von verschiedenen Bereitun- gen. Digerirt man die Substanz ohne vorhergegangene Verbrennung längere Zeit mit Königswaser, so erhält man nur 66 — 67 p. C. Antimon. Dies bestimmte mich früher, für die Verbindung die Formel: (StAe)O, anzunehmen, welche 65,3 p. C. Antimon erfordert. 30 Aus diesen Resultaten lassen sich 3 Formeln berechnen: 1. Formel. 2. Formel. 3. Formel. (StAe)0,. (StAe,)0,,2S10,. (StAe, ) O,, 2St0,. Gefunden. St 129 70,88 St, 387 69,67 St, 387 71,92 63,33 69,04 69,66 C;, 24 13,18 C, 72 11,18 C. 72 13,38 12,58 12,67 H, 5 2,74 H, 15 271 H,; (TE 2,70 2,77 0, 24 15,20 0,, 80 16,51 0, 64 11,92 182 100,00 554 100,00 538 100,00 Dass die Verbindung Stibäthyloxyd (StAe,,O,) enthält, folglich nicht der ersten Fanne) entspre- chen kann, ergiebt sich aus folgenden Reactionen: 1) Setzt man zu der weingeistigen Lösung derselben concentrirte Salzsäure, so scheidet sich so- gleich eine farblose Flüssigkeit aus, welche in AR gelöst durch Schwefelwasserstoff nicht ge- fällt wird. 0,365 Grm. der gefällten Substanz gaben: 0,361 Grm. Chlorsilber — 24,60 Chlor oder: 1 At. Stibäthyl 216,2 75,28 75,40 2 At. Chlor 71,0 24,72 24,60 287,2 100,00 . . 100,00 2) Schwefelwasserstoff erzeugt in der von dem Chlorstibäthyl getrennten salzsauren Lösung sogleich einen Niederschlag von Kermes, und vermischt man dieselbe mit Wasser, so fällt Algarothpulver nieder. 3) Digerirt man die Verbindung mit verdünnter Salpetersäure und dampft man die Lösung ab, so erhält man Krystalle von salpetersaurem Stibäthyloxyd.. Das Ungelöste entwickelt, in einer Glasröhre geglüht, keine Spur. Sauerstoffgas. Hieraus folgt, dass die Verbindung Stibäthyloxyd und Antimonoxyd enthält. Sie besitzt einen bittern Geschmack, ähnelt dem schwefelsaurem Chinin und ist in Wasser und in Weingeist löslich. Die kalt bereitete wässrige Lösung ist vollkommen dünnflüssig und besitzt die merkwürdige Eigenschaft, sich beim Erwärmen wie Stärkekleister zu verdicken und zu einer porcellanartigen, zerreiblichen Masse ein- zutrocknen; übergiesst man dieselbe mit Wasser, so bleibt etwas Antimonoxyd ungelöst. Sulfantimonigsaures Stibäthylsulfid. Setzt man zu der wässerigen Lösung der vorigen Verbindung Schwefelwasserstoff, so entsteht ein hellgelber Niederschlag, ähnlich dem Arsensulfid, von höchst unangenehmem, mercaptanähnlichem, lange anhaftendem Geruch. Unter der Glocke über Schwe- felsäure getrocknet, erscheint er als ein sehr schönes, hellgelbes Pulver, welches im Wasserbade erhitzt eine braunrothe Farbe annimmt. Rauchende Salpetersäure zersetzt die Verbindung unter Feuererschei- nung; erhitzt man dieselbe über der ‚Spirituslampe in einem kleinen Destillationsapparate, so erhält man ein flüssiges Produkt, welches alle Eigenschaften des Schwefeläthyls besitzt. Uebergiesst man die Ver- bindung mit verdünnter Schwefelsäure, so scheidet sich unter Entwicklung von Schwefelwasserstoff und Bildung von schwefelsaurem Stibäthyloxyd Kermes aus, was sogleich an der Farbenänderung zu erken- nen ist. Die zur Analyse verwandte Substanz war über Schwefelsäure getrocknet. Die Schwefelbestimmung geschah mit Salpetersäure von 1,44 spec. Gewicht. sl 0,342 Substanz gaben: 0,074 Schwefel und 0,460 schwefels. Baryt = 20,70 p. C. Schwefel. 0,278 Substanz gaben: 0,060 Schwefel und 0,376 schwefels. Baryt = 20,78 p. C. Schwefel. 0,890 Substanz gaben: 0,350 Kohlensäure = 11,68 p. C. Kohlenstoff, 0,210 Wasser — 2,59 p. C. Wasserstoff, oder: 3 At. Antimon 387 64,28 12 At. Kohlenstoff 72 11,96 11,68 15 At. Wasserstoff 15 2,49 2,59 8 At. Schwefel 128 21,27 20,70 20,78 602 100,00 Formel (StAe,)S, + 2S1S,, Die gleiche Verbindung kann auch direkt erhalten werden. Bringt man nämlich in eine Lösung von Schwefelstibäthyl (StAe,,S,) frisch gefällten Kermes mit der Vorsicht, dass ersteres im Ueberschuss bleibt, so geht die braunrothe Farbe des Kermes sogleich in hellgelb über und die so erhaltene Ver- bindung besitzt den Geruch und alle übrigen Eigenschaften der durch Fällung erhaltenen. Derselbe: Ueber Methplumbäthyl. Lässt man auf eine Legirung von 1 Theil Natrium auf 6 Theile Blei, welche direkt wie das Zinn- natrium erhalten wird, Jodäthyl einwirken, so beginnt nach kurzer Zeit eine lebhafte Einwirkung. Schüt- telt man nach beendigter Reaction die Masse mit Aether, so bleibt nach dem Verdunsten der ätherischen Lösung bei abgehaltener Luft ein Gemenge von Radikalen zurück, deren Trennung wegen der überein- stimmenden physikalischen Verhältnisse nicht ausgeführt werden kann. Die Radikale sind vollkommen farblos, ziemlich dünnflüssig, flüchtig, von keinem stark hervortretenden Geruch, in Wasser ganz unlös- lich, aber leicht löslich in Weingeist und Aether. Sie rauchen nicht an der Luft, aber angezündet ver- brennen sie unter Entwicklung eines starken Dampfes von Bleioxyd; sie entzünden sich beim Ueber- giessen mit concentrirter Salpetersäure und explodiren mit grosser Heftigkeit beim Zusammenbringen mit Jod und besönders mit Brom. Lässt man die weingeistige oder ätherische Lösung an der Luft verdun- sten, so scheidet sich ein weisses, in Wasser, Weingeist und Aether unlöliches, amorphes Pulver aus, welches mit den Säuren krystallisirbare Salze bildet, und in der Lösung befindet sich eine stark alka- lisch reagirende Basis, das Methplumbäthyloxyd, dessen Radikal bei der Einwirkung des Jodäthyls auf Bleinatrium in überwiegender Menge gebildet wird, und dessen wesentliche Verhältnisse in dem Foelgen- den beschrieben werden sollen. Methplumbäthyl. Pb,Ae,. Die Zusammensetzung des Radikals, wie dieselbe aus seinen Verbin- dungen hervorgeht, ist: | + 9) 32 2 At. Blei 208 70,52 12 At. Kohlenstoff 72 24,41. 15 At. Wasserstoff 15 5,07 295 100,00. Methplumbäthyloxyd. (Pb, Ae,)O. Wird zu der weingeistigen Lösung des Radikalgemenges so lange eine mit Weingeist versetzte Lösung von salpetersaurem Silberoxyd gesetzt, bis kein metallisches Silber mehr gefällt wird, so enthält die vom Silber abfiltrirte Flüssigkeit das salpetersaure Methplumb- äthyloxyd gelöst. Um das Oxyd zu erhalten, wird diese Lösung zuerst mit einer weingeistigen Kali- lösung und dann mit Aether geschüttelt; durch Zusatz einer gehörigen Quantität Wasser gewinnt man eine ätherische Lösung des Oxyds und durch Verdunsten des Aethers in einem Destillationsapparate das reine Methplumbäthyloxydhydrat in Gestalt einer dicköligen Flüssigkeit, welche nach einiger Zeit zu _ einer krystallinischen Masse gesteht. Die Basis ist in Weingeist und Aether leicht löslich, auch vom Wasser wird sie in geringer Menge aufgenommen; sie ist flüchtig; hält man über dieselbe einen mit Salzsäure befeuchteten Glasstab, so bilden sich weisse Nebel. Beim Erwärmen verdampft sie unter Ver- breitung weisser, heftig zum Niesen reizender Dämpfe, eine Eigenschaft, welche auch’ dem Radikal und sämmtlichen Verbindungen zukommt. Die Lösungen der Basis reagiren stark alkalisch; sie besitzen einen unangenehmen scharfen, ätzenden Geschmack und bewirken ein höchst unangenehmes Gefühl im ganzen Schlunde. Die Basis fühlt sich schlüpfrig an, wie Kalihydrat, und zieht an der Luft aa Kohlensäure an.. Die Zusammensetzung des reinen Oxydes ist: . 2 At. Blei 208 69,07 12 At. Kohlenstoff 72 23,92 15 At. Wasserstoff 15 4,98 1 At. Sauerstoff SA 2,03 301 ds 100,00: °. R Das Hydrat besteht aus: 1 At. Methplumbäthyloxyd 301 97,10 1 At. Wasser 3 2,90 310 100,00. Kohlensaures Methplumbäthyloxyd. (Pb,Ae,)0,CO,. Man erhält diese Verbindung in glän- zenden, harten, kleinen Krystallen, wenn man die weingeistige Lösung des Oxyds langsam an der Luft verdunsten lässt, Die Verbindung ist in Wasser fast unlöslich, auch von Weingeist und Aether wird sie nur in geringer Menge aufgenommen. Von salzsäurehaltigem Weingeist wird sie leicht und unter Brau- sen gelöst; sie besitzt einen starken brennenden Geschmack und verhält sich im Allgemeinen wie ein alkalisches kohlensaures Salz. Zur Bestimmung’ des Bleies wurde die Verbindung in einer geräumigen Platinschale mit verdünnter Schwefelsäure übergossen und dann tropfenweise concentrirte Salpetersäure so oft zugesetzt, bis die Oxydation beendigt. Das Ganze wurde dann auf dem Wasserbade verdunstet und der Rückstand zuletzt bis zum Glühen erhitzt. Während der Oxydation muss die Schale mit einer Glasplatte bedeckt werden, damit durch Spritzen kein Verlust stattfindet, 0,516 Substanz gaben: 0,480 schwefelsaures Bleioxyd = 63,87 Blei. 33 : 0,422 Substanz gaben: 0,394 schwefelsaures Bleioxyd = 63,74 Blei. 0,632 Substanz gaben: | 0,553 Kohlensäure —= 23,95 Kohlenstoff. 0,276 Wasser — 4,74 Wasserstoff. 0,420 Substanz gaben: 0,360 Kohlensäure —= 23,40 Kohlenstoff. 0,186 Wasser — 5,00 Wasserstoff. oder: | 2 At. Blei 208 64,00 63,87 63,74 13 At. Kohlenstoff 78 24,00 23,93 23,40 15 At. Wasserstoff 15 4,62 4,74 5,00 3 At. Sauerstoff 24 7,38 7,46 7,86 325 160,00 100,00 100,00 Schwefelsaures Methplumbäthyloxyd. (Pb,Ae,)O,S0O,. Diese Verbindung wird. rein erhalten. wenn zu der weingeistigen Lösung des Oxyds tropfenweise und mit der Vorsicht verdünnte Schwefel- säure gesetzt wird, dass die Basis im Ueberschuss bleib. Es entsteht sogleich ein blendend weisser krystallinischer Niederschlag, welcher einige Male mit Weingeist und dann mit Aether ausgewaschen wird. Das Salz ist in Wasser, absolutem Weingeist und in Aether fast unlöslich. Setzt man aber zu dem Weingeist einige Tropfen Salzsäure, so wird es sogleich und in reichlicher Menge gelöst; Schwe- felsäure so wie andere Säuren verhalten sich auf gleiche Weise. Aus der sauren Lösung krystallisirt das Salz in ziemlich grossen, glänzenden, harten octa@drischen Krystallen.‘ 0,257 Substanz gaben: 0,232 schwefels. Bleioxyd — 61,4 Blei. 0,351 Substanz gaben: 0,309. schwefels. Bleiorxyd — 60,3 Blei. 0,400 Substanz gaben: 0,348 schwefels. Bleioxyd = 59,5 Blei. 0,565 Substanz gaben: RE 0,498 schwefels. Bleioxyd = 60,6 Blei. 0,452 Substanz gaben: 0,399 schwefels. Bleioxyd — 60,4 Blei. 0,394 Substanz gaben: 0,135 schwefels. Baryt —= 11,74 Schwefelsäure. 0,605 Substanz gaben: 0,205 schwefels. Baryt = 11,67 Schwefelsäure. 0,533 Substanz gaben: 0,9395 Kohlensäure — 20,30 Kohlenstofl. 0,217 Wasser — 4,48 Wasserstoff. 0,471 Substanz gaben: 0,351 Kohlensäure — 20,33 Kohlenstoff. 0,203 Wasser — 4,60 Wasserstoff. 5* 34 oder: - | 2 At. Blei 208 60,60 61,40 60,30 595 60,6 60,4 12 At. Kohlenstoff 72 20,90 20,30 20,33 15 At. Wasserstoff 15 4,30 4,48 4,60 1 At. Sauerstoff 8 2,54 2,08 3,10 1 At. Schwefelsäure 40 11,66 11,74 11,67 343 100,00 100,00 100,00. Salpetersaures Methplumbäthyl. (Pb, Ae,)O,NO,. Verdunstet man die weingeistige Lösung die- ses Salzes, welche man erhält, indem man die weingeistige Lösung des Radikals mit salpetersaurem Silberoxyd auf die oben angegebene Weise zersetzt, auf dem Wasserbade, so bleibt dasselbe in Gestalt einer farblosen, dicköligen Flüssigkeit zurück, von butterartigem Geruch und scharf brennendem Geschmack, welche nach einiger Zeit zu einer krystallinischen, fettig anzufühlenden Masse erstarrt. Diese Verbin- dung ist in Weingeist und Aether leicht löslich, beim Erhitzen zersetzt sie sich unter schwacher Ver- puffung. Erwärmt man die IUAPEIPFTEBR: Lösung längere Zeit, so scheidet sich eine kleine Menge sal- petersaures Bleioxyd aus. Zur Beskmmung der Salpetersäure wurde die weingeistige- Lösung des Salzes mit Barytwasser ge- schüttelt und hierauf das Ganze auf einem Wasserbade verdunste. Der Rückstand wurde zuerst zur Entfernung des Oxydes mit absolutem Weingeist, dem etwas Aether zugesetzt war, extrahirt, dann mit Wasser behandelt, aus der filtrirten wässrigen Lösung der noch vorhandene Baryt durch Kohlensäure und zuletzt der noch gelöste Baryt durch Schwefelsäure gefällt. 0,715 Substanz gaben: 0,226 schwefelsauren Baryt = 14,65 Salpetersäure. 0,509 Substanz gaben: 0,163 schwefelsauren Baryt = 14,89 Salpetersäure entsprechend: 2 At. Blei 208 ° 58,21 12 At. Kohlenstoff 72 20,17 15 At. Wasserstoff 15 4,20 1 At. Sauerstoff 8 1,29 1 At. Salpetersäure 54 15,13 14,65 14,89 357 100,00. Chlormethplumbäthyl. (Pb, Ae,)Cl. Man erhält diese Verbindung, wenn man das schwefelsaure Salz in Weingeist, zu dem etwas Salzsäure gesetzt wird, löst, hierauf mit Chlorbaryum fällt, das Ganze mit Aether schüttelt und dann so viel Wasser zusetzt, dass sich der Aether, welcher die Verbindung gelöst enthält, wieder ausscheidet. Bei dem freiwilligen Verdunsten der ätherischen Lösung krystallisirt sie in ausgezeichnet schönen, langen, stark glänzenden Nadeln, welche sich leicht in Aether und Wein- geist lösen und beim schwachen Erwärmen einen starken senfölähnlichen Geruch entwickeln. Erhitzt man die Verbindung in einer engen Glasröhre, so tritt schon bei niederer Temperatur eine schwache Verpuffung ein unter Bildung von Chlorblei und Abscheidung von metallischem Blei. 0,560 Substanz gaben: 0,514 schwefelsaures Bleioxyd = 62,66 Blei. 35 0,314 Substanz gaben: 0,288 schwefelsaures Bleioxyd = 62,74 Blei. 0,352 Substanz gaben: 0,276 Kohlensäure = 21,58 Kohlenstoff. 0,158 Wasser = 4,85 Wasserstoff. 0,530 Substanz gaben: 0,418 Kohlensäure —= 21,51 Kohlenstoff. 0,227 Wasser — 4,71 Wasserstoff. 0,840 Substanz gaben: 0,358 Chlorsilber = 10,54 Chlor. 1,057 Substanz gaben: 0,465 Chlorsilber —= 10,58 Chlor oder: 2 At. Blei 208 62,93 62,66 62,74 12 At. Kohlenstoff 72 21,78 21,68 21,51 15 At. Wasserstoff 15 4,56 4,85 4,71 1 At. Chlor 35,9 10,73 10,54 10,58 330,5 100,00 99,63 99,54. Brommethplumbäthyl. (Pb,Ae,)Br. Man erhält diese Verbindung auf gleiche Weise, wie die vorhergehende, nur löst man das schwefelsaure Salz in Weingeist auf, den man mit Schwefelsäure an- gesäuert, und setzt dazu eine weingeistige Lösung von Bromkalium. Das Salz krystallisirt aus der äthe- rischen Lösung, wie die Chlorverbindung, in langen zn, und ist von derselben nach den äusseren Verhältnissen nicht zu unterscheiden. 0,460 Substanz gaben: - 0,223 Bromsilber —= 20,98 Brom. 0,723 Substanz gaben: 0,360 Bromsilber = 21,23 Brom entsprechend: 2 At. Blei 208 59,46 12 At. Kohlenstoff 72 19,20 15 At. Wasserstoff 15 4,01 1 At. Brom 80 21,33 20,98 21,23 375 100,0. Jodmethplumbäthyl. Setzt man zu der mit etwas Schwefelsäure angesäuerten weingeistigen Lösung des schwefelsauren Salzes eine weingeistige Jodkaliumlösung, schüttelt hierauf mit Aether und operirt im Uebrigen wie bei den vorhergenannten Haloidverbindungen, so scheidet sich bei dem freiwilligen Ver- dunsten der ätherischen Lösung des Jodmethplumbäthyls Jodblei in sehr schönen perlmutterglänzenden gelben Blättchen in beträchtlicher Menge ab. Wird die Verdunstung rasch vorgenommen, so bleibt eine farblose ölige Flüssigkeit zurück von penetrantem Geruch, in welcher sich in kurzer Zeit ebenfalls Jod- blei ausscheidet. Unterwirft man die noch nicht zersetzte Verbindung mit Wasser einer Destillation, so erfolgt sogleich die Ausscheidung des Jodbleies, während ein farbloses dünnflüssiges Liquidum mit den 36 Wasserdämpfen übergeht, welches nun keine freiwillige ne mehr erleidet, und einen höchst ste- chenden senfölähnlichen Geruch besitzt. Die Analyse dieses Destillats gab folgende Resultate: 0,683 Substanz gaben: 0,430 Jodsilber = 34,16 Jod. 0,793 Substanz gaben: 0,424 schwefelsaures Bleioxyd = 36,58 Blei. 0,731 Substanz gaben: 0,675 Kohlensäure = 25,11 Kohlenstoff. 0,378 Wasserstoff = 5,7 Wasserstoff. Diese Resultate würden zu der Formel (Pb, Ae,,)J, stimmen: 4 At. Blei 416 36,40 36,58 48 At. Kohlenstoff 286 25,02 25,11 60 At. Wassersof 60 5,24 5,20. 3 At. Jod 38l 33,94 34,16 1143 100,00. Ueber die eigentliche Zusammensetzung dieser Substanz müssen weitere Untersuchungen entscheiden. Unser correspondirendes Mitglied, Herr Professor Dr. Kroker in Proskau, übersandte am 15. De- cember folgende Abhandlung: Chemische Untersuchung von Drainwässern. Bereits seit mehreren Jahren werden auf den zur königl. landwirthschaftlichen Lehranstalt Proskau gehörenden Feldern, von denen ein grosser Theil an Nässe leidet, Drain-Anlagen mit sehr günstigem Erfolge ausgeführt. Die ungünstige Beschaffenheit der Felder, welche im Allgemeinen eine schwach hügelige Oberfläche zeigen, ist wesentlich durch ein weit ausgedehntes, sehr mächtiges, zum Theil der Tertiärformation angehörendes Thonlager bedingt, welches mitunter die Ackerkrume. selbst trifft, an an- deren Orten erst in einer Tiefe von 6 bis 8 Fuss auftritt, und im letzteren Falle von sandigen Diluvial- massen überlagert ist, denen sich oft in grösseren Strecken in erheblicher Menge die nordischen Ge- schiebe von Gebirgsarten beimischen. Da Erhebungen und Senkungen des Thonlagers oft schnell wech- seln, so findet man auf kurzen Strecken Ackerkrume so wie Untergrund von sehr verschiedener Beschaffen- heit, welche durch die mannigfache Natur der Hauptgemengtheile wesentlich erhöht wird. Der Sand wechselt von der feinsten+Staubform bis zu grobem Kies; Thon findet sich an einigen Orten so rein und gleichmässig, dass er ein vorzügliches Material für Dachziegel zu liefern vermag,*) während er an ”) Der reinste in nächster Umgebung auftretende Thon, welcher das Material für eine Ziegelei liefert, liegt in der Nähe der letzteren etwa vier bis fünf Fuss unter der Oberfläche in abwechselnder Mächtigkeit von mehreren Fussen, Er hat eine gleichmässige hellgraue Farbe und enthält Einschlüsse eines mangan- und eisenreichen Sand- steins. Unter diesem sehr fetten Thon liegt ein mehr magerer, welcher'vorzugsweise das Material für Mauerziegeln 37 anderen Orten durch grossen Gehalt an humosen Substanzen, an anderen durch vorherrschende Beimen- gungen von Eisenoxydul-Salzen, Eisenoxydhydrat, sowie phosphorsauren Eisenoxyden, an noch 'anderen liefert, während der erstere entweder allein oder mit geringer Zumischung des letzteren zur Verarbeitung von Dach- und Drainziegeln verwendet wird. Dieser reinere Thon gab bei genauer Analyse folgende Resultate. Der Then ist sehr plastisch, fühlt sich fett an, ist beim Schneiden weich, ohne zu knirschen, braust mit Säuren nicht auf. In starker Glühhitze zeigt er anfan- gende Sinterung und brennt sich feurig-roth; in verschlossenen Gefässen erhitzt, färbt er sich dunkelgrau und giebt etwas Wasser, welches anfangs sauer, dann alkalisch reagirt. A. Die mechanische Analyse des lufttrocknen Materials ergab bei Behandlung im Schlämmapparat: Snubsandi 19h norymmil, ward ir B4rPpHO, hans ns brafl- eh Ak al a ER Feuchtigkeit bei Trocknen bis 100° C. . 5,27 p. C. 100,00 p. €. B. Die Resultate der chemischen Analyse sind folgende: 1) 1,599 Grmm. bei 100° C. getrockneten Thons gaben einen Glühverlust von 0,0889 Grmm. = 5,56 p. C. 2) 1,274 Grmm. bei 100° C. getrockneten Thons mit kohlensaurem Natron geschmolzen gaben: Kieselerde. . . 2»... 0,848 Grmm. = 66,56 p. C. Kieselerde, Thonerde . 2 22.0.2... 0,233 Grmm. = 18,29 p. C. Thonerde, Eisenoxyd. 2 . 1... ....0,042 Grmm. = 3,18 p. C. Eisenoxyd, kohlensauren Kalk. . . . 0,067 Grmm. = 2,94 p. C. Kalkerde, pyrophosphorsaure Magnesia 0,040 Grmm. —= 1,09 p. C. Magnesia. 3) 1,038 Grmm. bei 100° getrockneten Thons mit Fluorbaryum aufgeschlossen gaben 0,100 Grmm. Ka- liamplatinchlorid = 1,64 p. €. Kali. 4) 0,5155 Grmm. bei 100° getrockneten Thons mit concentrirter reiner Schwefelsäure behandelt ergaben 0,130 Grmm. feinen Sand —= 25,22 Grmm. 5) 2 Grmm. bei 100° getrockn. Thons mit kohlensaurem Natron längere Zeit digerirt lösten 0,006 Grmm. Kieselerde = 0,30 p. C. I. Procentische Zusammensetsung des bei 100° getrockneten Thones. Stawbamnd ynnısamsın.t Seub, bau. Inionn 75. 6. Feinster, mit Thon abschlämmbarer Sand . 19,47 p. C. Lösliche, ;Kieaelerde.. 5 alas iledisrin suite 10,80, Pr. Kieselerde an Basen gebunden . . . . 41,04 p. C. TE A RN 1) IE 19% 202108 skeglapnd a r N ig: Eu Kulkerdan .t), Sie io u RT, AO DIDANBPIGN en Sn et a, u 5 BOB .D.:C, a ee Aatie 0 a cn BRD Wasser incl. etwas organischer Substanz . 5,56 p. €. 99,76 p. C. II, Procentische Zusammensetzung nach Abzug des Sandes. Kieselsäure . . . 55,28. Hierin Sauerstoff 28,73. Thonerde . . . . 24,63. ; 5 11,52. Eisenoxyd. . .. 4,9. er „ 1,48. Kalkerde ..: « ...2.2:.8,96. n + 1,13. Mapnenmm® ',® SI AURFEL U he „ 0,57. Kaltah yorlirerd, oh y b 0,37. Qualitativ konnten noch nachgewiesen werden: Phosphorsäure, Schwefelsäure, Chlor, Mangan, Ammoniak und Natron. 38 durch Nester von kohlensaurem Kalk oder innigste Mengung mit letzterem, oft auch durch grösseren Gypsgehalt, selbst ausgeschiedene Krystalle des letzteren, sich charakterisirt. Die durch das vorwaltende Auftreten der einen oder andern der genannten Beimengungen bedingte verschiedene chemische Natur des Bodens verräth sich auch schon äusserlich durch die an einzelnen Orten in grösserer Ausdehnung auf- tretende schwarze, röthliche, gelbliche oder weisse Färbung desselben. Wenn der meist strenge, thonige Boden schon nasse und kalte Felder bedingt, so ist dies grösstentheils der gleiche Fall bei dem hier vorkommenden Boden von mehr sandiger Natur, da er wegen des in verschiedenen Höhen unter ihm sich befindenden Thonlagers theils mit stauenden Wässern, theils mit quellendem Wasser durchdrun- gen ist. Dass unter solchen Umständen auf diesen Ländereien der Anbau von Kulturgewächsen überhaupt mit grossen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, liegt auf der Hand; ein lohnender Anbau, wenn überhaupt möglich, war immer in völliger Abhängigkeit von der Witterung während der Bestellungszeit und der Vegetationsperiode, und die entschieden günstige Wirkung der Drainirung musste unter diesen Verhält- nissen weniger überraschen. Nach der Drainirung der an stauender Nässe leidenden Felder zeigen sich nach und nach Verände- rungen in den chemischen und physikalischen Bodeneigenschaften, welche, je stärker sie im Einzelnen oder in der Gesammtheit, je nach der Natur des Bodens überhaupt, hervortreten können, von einem um so entschiedeneren Wechsel des Vegetationscharakters begleitet sind. Es äussert sich die chemische Ver- änderung sowohl auf die organischen wie die mineralischen Substanzen, veranlasst durch die Einwirkung des später weniger gehinderten und tiefer gehenden Eintritts des Sauerstoffs wie der Kohlensäure der - atmosphärischen Luft. Die organische Masse zersetzt sich bei mässiger Feuchtigkeit und weniger ge- hindertem Luftzutritt einerseits schneller, während deren Veränderung unter Wasser nur äusserst langsam vor sich geht, andrerseits erfolgt die Zersetzung in einer für die Kulturpflanzen günstigeren Weise, in- dem die organische Substanz mehr einem Verwesungs- als einem Fäulnissakt unterlieg. Nicht minder wird ein grösserer Einfluss auf die oxydirbaren, sowie auf die durch Kohlensäure löslichen und unter deren Mitwirkung zersetzbaren mineralischen Substanzen herbeigeführt; es wird die Verwitterung und Auflösung mineralischer Stoffe beschleunigt und diese Veränderung auch auf tiefere Schichten geleitet werden, da der atmosphärischen Luft mehr Angriffspunkte nach Entfernung des den Boden erfüllenden Wassers geboten sind. In Bezug auf die physikalische Beschaffenheit wird der Boden auf das ihm ent- sprechende natürliche Mass seiner wasserfassenden Kraft und Aufsaugungsfähigkeit für Feuchtigkeit durch Capillarität beschränkt, und in dem Grade, als das Wasser entfernt wird, welches seine wasserfassende Kraft überstieg, seine Erwärmungsfähigkeit erhöht. Es zeigte sich die chemische Aenderung des Bodens in Folge der Drainirung an einzelnen Stellen, besonders wo der Boden an stauender Nässe sehr erheblich litt, selbst in der Reaction der die Erde durchdringenden Feuchtigkeit, indem die früher entschieden saure Reaction derselben sich verlor. Ob- wohl eine Veränderung in physikalischen Eigenschaften durch Entfernung des Wassers sich hei allen Bodenarten zeigte, so trat sie schneller bei den leichteren Bodenarten ein, und es machte sich dieser Wechsel der Bodeneigenthümlichkeit dann sehr bald in einzelnen Vegetations-Erscheinungen bemerklich. Früher nicht zu vertlilgende Binsen und Seggen verschwanden, und die Kulturpflanzen zeigten in ihrem Wachsthume das dem Landwirth wohl bekannte „‚gesunde Ansehen.‘ Durch die zeitigere Entfernung der überschüssigen Nässe im Frühjahre wird dem Landwirthe ferner die für viele klimatischen Verhältnisse sehr wichtige frühere Bestellung des Feldes ermöglicht, und er ist im Stande, den chemischen Einfluss des Bodens mit grösserer Sicherheit zu erhöhen, die Düngungsmit- 39 tel zur höheren Verwerthung zu bringen, überhaupt Kapitalsverwendungen für den Boden mit zuverläs- sigerem Erfolge zu machen. Gewiss werden diese Vortheile nur erreicht werden, wenn mit dieser Melioration die Pflege des Bodens in Bearbeitung und Düngung Hand in Hand geht, und selbst in diesem Falle lassen sich Um- stände denken, wo dieselbe, abgesehen von zweckmässiger Anlage der Abzugsgräben, durch ungünstige Bodenbeschaffenheit, Lage ete. den Erwartungen nicht sofort oder nicht in dem gewünschten Grade ent- spricht; es wird die Drainirung um so vortheilhafter sein, je mehr überhaupt ein Boden seiner Natur nach fähig ist, seine chemischen und physikalischen Eigenschaften günstig zu verändern. Es ist dem Landwirthe nicht zu verargen, wenn er mit Vorsicht‘und nur nach reiflicher Ueberlegung diese Melio- ration erfasst und nicht sofort Kapitalsverwendungen macht, welche oft nöthiger zunächst in einer andern Seite seines Wirthschaftsbetriebes ihren Platz finden möchten. Es liegt aber auch ferner nicht nur im Interesse des Landwirths, sondern es ist von allgemeiner Bedeutung, die Fälle zu erwägen, inwiefern eime günstige Wirkung dieser Entwässerungsmethode durch Umstände beeinträchtigt werden könne, welche entweder in der technischen Anlage oder in einer späteren Veränderung des Bodens ihre Begründung fin- den. Wenn man in ersterer Beziehung als sicherstes Schutzmittel mit Recht die grösste Gediegenheit bei Ausführung der Arbeit und Sorgfalt in der Wahl des Materials erkennt, so ist man in letzterer geneigt, auch in der Fortführung von Bodenbestandtheilen, welche für die Pflanzenernährung von Wichtigkeit sind, spätere Nachtheile zu erblicken. Wiewohl bereits Analysen von Drainwässern von Wolff, Wilson ausgeführt worden sind, so war es bei der so verschiedenen Bodenbeschaffenheit der hier drainirten Flächen von Interesse, die Bestand- theile auch dieser Wässer zu prüfen, um noch mehr Anhaltungspunkte für die allgemeine Natur der Drainwässer zu gewinnen, und wurden deshalb ausführliche chemische Analysen einiger derselben unter- nommen. Die genaue chemische Analyse des Bodens konnte für den Vergleich nur wenig Anhaltungs- punkte bieten, da, aus früher erörterten Gründen, Ackerkrume und Untergrund grossen Wechseln unter- worfen sind; doch wurden mit Rücksicht auf die allgemeine, vorherrschende Beschaffenheit Analysen von Bodenproben gemacht, welche solchen Stellen entnommen wurden, durch welche der Hauptcharakter des Bodens bedingt wird. Von den Wässern wurden je zehn Liter zur Untersuchung verwendet, und die- selbe nach der für die Analyse der Brunnenwässer bekannten Methode ausgeführt. Da sich nach der qualitativen Prüfung in allen Wässern deutlich Salpetersäure nachweisen liess, so wurde, in Betracht der Wichtigkeit ‚dieses Bestandtheils, in besonderen Mengen die Bestimmung der letzteren mittelst Kupfer und Chlorwasserstoffsäure ausgeführt. _ I. Den 1. April 1853 wurde das ablaufende Drainwasser eines im Laufe des vorhergehenden Jah- res drainirten, 30 Morgen grossen Feldes zur Analyse verwendet. Die Röhrenstränge liegen in einer Tiefe von etwa 4 Fuss bei Entfernung von etwa 30 Fuss. Der Untergrund von etwa 12 Morgen bildet eine an kohlensaurem Kalk reiche Lette und enthält denselben grösstentheils in sehr inniger Mengung, während im Untergrunde des übrigen Theils die Lette nur wenige Procent von diesem Bestandtheile enthält. .Die Ackerkrume hat fast überall rein streng thonige Beschaffenheit und ist, je nachdem die kalkreiche Thonschicht dieselbe erreicht oder tiefer liegt, mehr oder weniger kalkhaltig, während der Ge- halt an organischer Substanz 3 his 3,5 p. C. des bei 100° getrockneten Bodens beträgt. Die lufttrockne kalkreiche Lette enthielt in 100 Theilen: Feuchtigkeit, durch Trocknen bis 100° C. entweichend . . 5,109 p. €. Organische Substanz und Feuchtigkeit, durch Glühen der bei 100° ©. getrockneten Substanz entweichend. . . . 1,586 p. C. Latus 6,645 p. C. 6 40 Transport 6,645 p. Kohlensaure Kalkerde. . . . 34,050 p. Kohlensaure Magnesia. . . . 1,344 p. i Schwefelsauren Kalk . -. » 0,069 p. In Salzsäure und Was- / Eisenoxyd und Thonerde. . . 1,805 p ser löslich Kieselerde: 4... ‚ugs 60,888, R; Kalij. „lan s Menilayiten nie. wur MB: Nateonıs A nie le ar AR: Chlornatrium. . 2» 2.2.2... 0,006 p. In Salzsäure unlöslich ( Thon . . . . 2 2.2... 46,282 p. und durch Schlämmen | Streusand. . » 2» 2.2... 6,720 p. geschieden Staubsand. . . . 22... 1550 p. Summa 99,968 p. C. ana anmnnmaemmaman In 10,000 Theilen des Drainwassers waren enthalten: Organische Substanz. . . . . 0,250 p. Kohlensaurer Kalk . » . .» . 0,837 p Schwefelsaurer Kalk. . . °. . 2,084 p. Salpetersaurer Kalk. . . . . 0,023 p. Kohlensaure Magnesia . . » . 0,701 p. Kohlensaures Eisenoxydull . . . 0,043 p. Kali. © 22 220202020. 0,028 p. Natron...» 2.2.0 2.00. 0,109 p. Chlornatrium . » 2» 2. 2.°...0,076 p. Kieselerde in .77 ac u), u NZ Summa 4,219 p. c. Aaeanaenanaa II. Den 1. Mai 1853 wurde das Drainwasser dehkelben Feldes nochmals zur Untersuchung ver- wendet, nachdem in der Zwischenzeit in hiesiger Gegend ein Regenfall von. "218 rheinländ. Kubikzoll auf den Quadratfuss stattgefunden hatte, und zwar in folgender Vertheilung: DAB ren denn Kubikzoll ai Br Te re »51.. 9... und 10., April. u... Ela 5, 3,4 12.;und 13. April. &, 426, „ 15. April . wer . . 8. 22 }) si Aril;. 20 nie nen en „ 18. April. I ae. 24 RN. | „ 21. -Apsil.: ie. has ea » 28. bis 25. Apeil A »» 028. Apr, ine mu mm DD ur Sag? ——n Be Summa 218 Kubikzoll. 41 Die Analyse zeigte, dass das Wasser keine wesentliche Veränderung hierdurch erfahren hatte; 10,000 Theile enthielten: | Organische Substanz . . . . . 0,244 p. Kohlensaurer Kalk. . . : .. 0,840 p. Schwefelsaurer Kalk . . » . . 2,09 p. Salpetersaurer Kalk - . .» » . 0,020 p. Kohlensaure Magnesia. . . . . 0,691 p. Kohlensaures Eisenoxydll . . . 0,037 p. a 2 ee 11 Mn eo. A eG Ta B& Oblomsisum. 2... We ce 5.0080 p. ee 5 ARFEE nn. &, 0.020 p. Summa 4,250 p. C. aaeannmenaa II. Im Juni 1853 wurde ein Schlag von 10 Morgen, an die in Nr. I. bezeichnete Fläche an- stossend, drainirt und das ablaufende Wasser in den Haupt-Drain, welcher auch das Wasser jener Fläche ableitet, geführt. Die Beschaffenheit des humosen Thonbodens steht der genannten Fläche sehr nahe, der Untergrund enthält jedoch fast durchgängig kalkreiche Lette. Das ablaufende Wasser wurde im Oktober 1853 untersucht, und es fand sich, dass sich durch das Hinzutreten dieses neuen Drainwas- sers die Zusammensetzung des früheren verändert hatte. In 10,000 Theilen des Drainwassers waren enthalten: Organische Substanz . . . . - 0,155 p. E Kohlensaurer Kalk. . . . . . 1,266 p. ‚Schwefelsaurer Kalk . . . . . 1,139 p. Salpetersaurer Kalk . . . . . 0,014 p. Kohlensaure Magnesia. . . . . 0,466 p. Kohlensaures Eisenoxydull . . . 0,037 p. a N 7 0 N . sI26 m. Chlornatrium . » 2» . ......0,068 p. Kiesderde . . . » .. -:.,.1.0,068 p. - Summa 9,354 p. C. IV. Es wurde ferner im "Oktober 1853 das Drainwasser untersucht, welches von einem im Sommer 1852 drainirten Felde von 15 Morgen abgeleitet ward. Es war im Herbste mit Guano gedüngt und hatte Roggen getragen. Die undurchlassende, etwas kalkhaltige Letteschicht liegt hier tiefer, oft 5—6’ überlagert von sandig kiesigem Boden. “Auch in der trockensten Jahreszeit zeigte sich derselbe an vielen Stellen immer nass und man stiess beim Auswerfen der Draingräben mehrfach auf aus der Tiefe und von der Seite eindringende Quellen. Der Boden ist jetzt trocken, trägt eine gesunde Vegetation, doch haben die Drains wegen des fortwährend zufliessenden Wassers nie aufgehört, ziemlich stark zu laufen. A. Die mechanische Analyse des bei ‚100° getrockneten Bodens ergab in 100 Theilen: Kits. 2n:.5, ee. 0,4115 PC. Grandiger Sand. a BO: Latus 25,48 p. C. aanmnanannaana ‚ Transport 23,48 p. C. Sireusand Saubsand 0. - . ... nun Thon inel. der in Wasser löslichen Sobstanz . 2. een Glühyerustü. .. ra. Men Summa 100,00 p. C. B. Die chemische Analyse des bei 100° getrockneten Bodens ergab: Organische Substanz aaa .2,855 p. C.. OBlor 1 Son, Ar Spur Schwefelsäure .'.'".'.’.'.’00825 p.%- Phosphorsäure . . . °.°. . Spur In Wasser \ikieselerde. u...» . . 0,085 p. €. ‚ und Eigenoegd. ., ame in. Bkmire Thonerde‘ . n,@ NM. Satin. 1 Weite up ale RUE MOD 6 Va | MahneBlare: alle un mr; 80 mn TREE Sn, 109 En Nr Aa 5 une A a Thon Unlöslich | Sn . 96,731 p. C. Kies Summa 100,000 p. C. In 10,000 Theilen Dratitwäbser waren enthalten: Organische Substanz . . » - . 0,0635 p. € . Kohlensäurer Kalk. . . . . . 0,79 p. C Schwefelsaurer Kalk . . . . . 0,166 p. € Salpetersaurer Kalk . . . . . 0,024 p. C. Kohlensaure Magnesia . - . . 0,269 p. C. Kohlensaures -Eisenoxydull . . . 0,017 p. € Kal ı ES ER; mes : .. . aan „Natron, 0 220. 5 east Chlornatrium. ..- ».. =... 0,025 .p: C Kiesalerde 1. am autesiisnn = ee, C Summa 1,522 p. C. V. Es war von Interesse, das Wasser ' zu untersuchen, welches nach einem Regen durch die Was- serfurchen eines Feldes von der Oberfläche desselben abläuft. Die Wasserfurchen von 110 Quadratruthen schweren Thonboden, welcher an die in Nr. III. bezeichnete Fläche anstösst, nahe gleiche Beschaffen- heit mit der letzteren und eine sehr wenig geneigte Oberfläche hat, liessen das sämmtliche von der Ackerkrume abfliessende Wasser in einen grossen Behälter sich sammelte. Es war der letztere mit einem verschliessbaren Abschluss versehen, und behufs Beobachtungen über die Menge des abfliessenden Was- sers vom Herrn Dr. John aufgestellt worden. Das Feld war im Frühjahre 1852 mit Komposterde ge- 43 düngt worden, und hatte bis zum Juli 1853, in welchem Monat das Wasser untersucht wurde, keine neue Düngung erhalten. Zur Analyse wurden zwei Quantitäten Wasser ä 10 Liter verwendet, welche Anfang Juni und Mitte August 18553 von der nach einem Regenfalle auflaufenden Wassermenge entnom- men waren. *) In 10,000 Theilen des von der Oberfläche des Feldes ablaufenden Wassers waren enthalten: Anfang Juni. Mitte August. Organische Substanz . . : . 0,680 p.C. . . . 0,560 p. C. Kohlensaurer Kak . . . . . 0712 p.C. . . . 0,843 p. C. Schwefelsaurer Kalk . . . . 0,773p.C. . . . 09/715 p. C. Salpetersaurer Kalk . . . . 0,016 p.C. . . . 0,023 p. C. Kohlensaure Magnesia. . . . 0,270 p. €. 0,165 p. €. Kohlensaures Eisenoxydll . . 0,021 p. C. 0,011 p. €. mim molnitaie ds rad, 1b. ©; 0,055 p. ©. Ron empund Dur nn. OS € ....2.0,045 p. 'C. Chlorsatriand ‚Nr, OO BT. 7900,06 pe Kissdlerde- ML -FBTAR, sun Dana. RO DENE Summa 2,589 p. C. . . . 23,473 p. C. In sämmtlichen der untersuchten Wässer war Phosphorsäure durch molybdänsaures Ammoniak in den durch Kochen erhaltenen Niederschlägen nachzuweisen, so wie ebenfalls in einer besonderen Menge von 10 Litern des in Nr. I. beschriebenen Drainwassers die Reaktion für Ammoniak in dem mit Zusatz von Salzsäure verdampften Destillat jenes Wassers, in welchem allein die Gegenwart des Körpers gesucht wurde, unzweifelhaft zu erkennen. Die quantitative Bestimmung dieser beiden Bestandtheile wurde we- gen.der geringen Menge derselben unterlassen. In dem Mengenverhältnisse der übrigen in den Wässern gelösten Bestandtheile zeigt sich auch hier die Abhängigkeit von der Natur des Bodens. Wenn im All- gemeinen die sandigeren, gewöhnlich ärmeren Bodenarten überhaupt weniger lösliche Substanzen abge- ben können, so wird das Mengenverhältniss der von dem Wasser fortgeführten Bestandtheile eines rei- cheren, gewöhnlich auch durch Thongehalt ausgezeichneten Bodens durch die Absorptionsfähigkeit des Thons für einzelne lösliche Substanzen wesentlich modificirt. Relativ ist die organische Substanz in dem von der Oberfläche des Bodens abfliessenden Wasser in grösster Menge enthalten und’ erfährt er- sichtlich eine Absorption, wiewohl auch bei dem thonigen Boden keine völlige, da bei dem Durchgange des Wassers durch die Haarrisse des Thons der innigen Berührung um so mehr Eintrag geschieht, je grösser dieselben sich vorfinden. Die grosse Anziehung der Bodenarten für Ammoniak ist so unzwei- felhaft erwiesen, dass die eben nur mögliche Nachweisung von sehr geringen Mengen nicht auffallen *) Die Messungen des Herrn Dr. John ergaben, dass das zu dem Versuche verwendete Feld bei einer Länge von 22‘, Ruthen 110 Quadratruthen gross sei und eine fast durchaus gleichmässige Neigung von einem Zoll auf eine Ruthe habe, in welcher Richtung auch die Beetfurchen laufen. Die Beobachtungen vom 3. Juni bis 19. August ergaben, dass das als Furchenwasser abfliessende Regenwasser auf einen Morgen 3173 Kubikfuss betragen habe, während in derselben Zeit die für dies Jahr sehr bedeutende Regenmenge von 13,8 Höhenzoll gefallen war, & Mor- gen 29,388 Kubikfuss. Das abfliessende Wasser betrug mithin im Durchschnitte 10,8 p. C. des Regenfalls. Von sehr wesentlichem Einflusse ist hierbei natürlich die Vertheilung, sowie die Heftigkeit des Regens, da gelinde und nach längerem Zeitraume eintretende Niederschläge gänzlich in den Boden eindrangen, während nach heftigen Regen- güssen der dritte Theil, selbst über die Hälfte des Regenwassers als Furchenwasser ablief. (Zeitschrift für die deut- sche Drainirung, 1853, Nr. 11.) 44 kann, während hingegen der Stickstoff, wenn das Ammoniak in Salpetersäure verändert ist, in Form eines salpetersauren Salzes durch den Boden filtrirt. Diese Fortführung geschieht aber in gleichem Grade im sandigen ‘wie im ihonigen Boden, und zwar scheint die völlige Aufnahme schon in den obersten Schichten stattzufinden, wo auch der Heerd ihrer Bildung gedacht werden muss. Die schneller vorüber- gehende Wirkung bei Düngung mit salpetersauren Salzen wird für alle Bodenarten maassgebend sein, und das öftere Düngen in kleineren Mengen und in gewisser Periode des Wachsthums steht mit diesem Verhalten im Einklange. Unter den mineralischen Substanzen überhaupt betrifft die Fortführung am mei- sten den kohlensauren Kalk, Gyps, kohlensaure Magnesia und Natronsalze, wie dies auch in anderweiti- gen Analysen von Drainwässern sich ergeben hat. Das Natron tritt theils als Kochsalz, theils an orga- nische und unorganische Säuren gebunden aus, da sich in den Bodenarten, wie die Analysen derselben ergeben, zersetzbare Natronsilicate vorfinden. Während seine Menge in dem von der Oberfläche des Feldes ablaufenden Wasser schr zurücktritt, vermehrt sich dieselbe in den Drainwässern selbst in dem Maasse, als sie tiefere Bodenschichten durch- dringen. Im relativen Verhältnisse zu ihm nimmt in den Drainwässern hingegen das Kali ab und wird von dem thonigen Bestandtheil des Bodens zurückgehalten, wiewohl eine völlige Absorption in dem strengsten Thonboden nicht statifand; doch ist die austretende Menge von nur geringer Bedeutung in Betreff der in dem Thonboden überhaupt enthaltenen Kalimengen. Berechnet man, um sich ein Bild über die in einem gewissen Zeitraume gelösten Bodenbestandtheile zu machen, mit Zugrundlegung obiger Analysen, die während eines Jahres forigeführten Mengen, unter Annahme eines Regenfalles von 20”, von denen eine Wassermenge von 8“ durch die Drains ablaufe, so ergiebt sich für letztere etwa eine Million Pfund Drainwasser von jedem Morgen. Zu den minerali- schen Bestandtheilen, welche durch ihren weniger leichten Ersatz den grössten Werth für den Landwirth haben, müssten wir das Kali so wie das salpetersaure Salz rechnen, und würde sich ein jährlicher Ver- lust jedes einzelnen dieser Bestandtheile pro Morgen auf 1%, bis 2Y, Pfund berechnen, während: der Verlust an organischer Substanz gegen 30 Pfund betragen könnte. Wenn, in Betracht des Ersatzes die- ser Bestandtheile durch den Dünger und der schon im Boden enthaltenen grossen Quantitäten. derselben, in Fortführung jener Mengen ein Nachtheil zu erblicken wäre, so könnte dies nur die sandigeren, ge- wöhnlich ärmeren Bodenarten betreffen, deren Drainirung jedoch überhaupt nur selten Erforderniss ist. Aber auch selbst bei Bodenarten letzterer Natur, welche an stauender Nässe wegen einer nahe liegen- den undurchlassenden Bodenschicht leiden, ist der durch den letzteren Umstand entstehende Nachtheil gewöhnlich so gross, die günstige Wirkung des Düngers so beeinträchtigt, dass der geringe Verlust, welcher durch Fortführung der Bodenbestandtheile in den angeführten. Mengen herbeigeführt werden könnte, bei nicht zu ungünstiger physikalischer Beschaffenheit des Bodens von den durch die Meliora- tion erwachsenen Vortheilen gewiss übertroffen wird. Physik. Herr Direktor Gebauer den 16. April: Ueber das sogenannte Tischrücken. Die Unkenntniss der Grösse der anzuwendenden Kraft, um einen Tisch in Umdrehung zu setzen, ist- sicherlich der Hauptgrund, dass abenteuerliche Ansichten über das Hervortreten neuer, bisher nicht beobachteter Kräfte, oder neuer, mit der Wirkungsweise bekannter Kräfte in Widerspruch stehender Ei- 45 genschaften so in Umschwung gekommen sind, als sich leider in der Erfahrung gezeigt hat. . Von die- sem Gesichtspunkte ausgehend, hat es der Vortragende für erspriesslich gehalten, an einem Beispiele durch Zahlen die Erfolge angewendeter Kräfte näher der Beurtheilung vorzulegen. Es wird ein runder Tisch von 50 Pfund Gewicht = U, dessen Durchmesser der Tafelfläche 4 Fuss = 2r und des runden Fusses 2 Fuss = 2r’ vorausgesetzt, um welchen 6 Personen = p in einem Abstande von einem halben Fusse herumstehen, und ihre Hände in der bekannten Art und Weise gegen denselben halten. Nach den Versuchen mit dem Dynamometer ergiebt sich, dass unter diesen Umständen, wenn nicht be- sondere Absichtlichkeit vorherrscht, ein Druck von 5 Pfund, der sich bald zu 10 Pfund und bei ein- tretender Ermüdung bis zu 20 Pfund steigert, von jeder Person in der Richtung der Arme geübt wird. Es sind hier nur 10 Pfund — a in Betracht gezogen worden. Die Richtung der Arme gegen den Tisch, obgleich mannigfach geneigt, dürfte doch einen Winkel von 564 Grad = g nicht überschreiten. Zerlegt man die in dieser Richtung angewendete Kraft in zwei Kräfte, von welchen die eine senkrecht gegen die Tischfläche, die andere in der Ebene derselben wirkt, so vermehrt die erstere nur die zur Ueberwindung der Reibung des Fusses erforderliche Kraft, und trägt zur Drehung des Tisches Nichts bei. Ihrer Grösse nach ist sie 49,8 Pfund — pa sin y. Der Fuss des Tisches drückt den Boden mit einem Gewichte von 50 + 49,8 Pfund. Zur Ueberwindung der dadurch veranlassten Reibung ist eine j | Kraft von 6,6 Pfund—= R = Auen an dem Umfange des Tisches angebracht, erforder- lich, wobei f= +, welche sich bei grosser Rauhheit der Dielen bis zu 11 Pfund, f= 3, steigern, aber bei grosser Glätte auch noch unter jenen Werth sinken kanı. Wirken die Arme in geneigterer Stellung, so ist der senkrechte Druck und damit auch die zur Ueberwindung der Reibung erforderliche Kraft noch geringer. Auch vermindert sich dieselbe, wenn an einer Stelle des Tisches eine verhältniss- mässig grössere Druckkraft ausgeübt wird. - Stellt die Figur die Tischfläche, & den Ort einer Person dar, und ist fb = 4 Fuss = m, e etwa $ Fuss = n vom Tisch- rande entfernt, so wird de die Richtung der aus der Zerlegung der angewendeten Kraft entsprungenen, in der Ebene des Tisches wirkenden Seitenkraft des einen Arms a 07 man dieselbe in zwei Kräfte, von denen die eine nach der Richtung des Halbmessers da, die zweite senkrecht gegen denselben wirkt, so. beträgt letztere 2,5 Pfund = a ehem ini... ah 7 605 p.5ind, wolgd = (r + m) cos u — (r —n) 360 NE — GE 3 = 68°15’. Eine Kraft in der Richtung der Tangente am Umfange des Tisches von 2,2 Pfund = ; > » ie = p . c08S p . sin 3 würde dieselbe Wirkung aus- darstellen. Sie beträgt 2,75 Pfund = —- cos p. Zerlegt üben. Sie hat das Bestreben, den Tisch in der Richtung dd zu ‘drehen. Die Kraft, welche durch Zer- legung des Druckes der anderen Hand entspringt, wird dieselbe Wirkung, nur nach der anderen entge- gengesetzten Richtung dg ausüben. Im Anfange des Versuches drücken beide Hände gleich stark, und die daraus enispringenden Drehkräfte heben sich auf. Sobald aber die Ermüdung des Körpers zunimmt, wird ein Wechsel in dem Drucke entstehen, indem sich der Körper mehr auf die eine oder andere Hand stützt, um während dieser Zeit der anderen Hand und dem entsprechenden Körpertheile eine kleine Erholung zu gönnen, wobei der Druck oft noch stärker wird, als oben angenommen wurde. Drückt die rechte Hand mit 2,3 Pfund und die linke mit 7,7 Pfund, so entspringt daraus für die rechte Hand eine Drehkraft nach rechts von 1 Pfund, für die linke nach links von 3,4 Pfund, mithin ein Ueberschuss nach links von 2,4 Pfund. Tritt dieser günstige Umstand auch nur bei 3 Personen ein, so ist die Dreh- kraft nach dieser Richtung 7,2 Pfund, während die zur Ueberwindung der Reibung erforderliche Kraft nur 6,6 Pfund beträgt. Es erfolgt daher eine Drehung nach dieser Seite, und zwar bei gleich bleiben- der Wirkung der Kräfte mit beschleunigter Bewegung. Die Drehung erfolgt stets, wenn der Druck der einen Hand a’ > bie me Meilen a 2peosysnd.r—n se Im günstigen Falle, dass alle sechs Personen mit der linken Hand in der angenommenen Grösse drücken, ist der Ueberschuss der Drehkraft 14,4 Pfund, daher die zur Bewegung verwendete Kraft 14,4—6,6 = 7,8 Pfund, welche, da ein Gewicht von 26,5 Pfund, am Umfange des Tisches angebracht, so viel leistet, als das Trägheitsmoment des Tisches, vorausgesetzt, dass die Tischplatten und der Fuss is . 312 = 9 Fuss erzeugen, wodurch der Umfang des Tisches nach 2 Sekunden 18 Fuss Geschwindigkeit haben würde, wenn die drückenden Personen diese Geschwindigkeit selbst annehmen könnten. Bei absichtlich ange- wendetem einseitigen, mehr oder weniger verabredetem Druck wird die drehende Bewegung des Tisches sehr bald oder auch fast augenblicklich eintreten, wie sich dies auch bewahrheitet, wenn die Drehung kommandirt wird. Wirken die Kräfte nicht mit gleicher Stärke, so wird die Rotation. des Tisches mehr oder weniger gleichförmig; hört der Druck auf, so steht der Tisch still, geht der Druck nach der an- deren Hand, so erfolgt die Drehung nach dieser Richtung. Die Kraft, welche nach der Richtung des Radius aus der horizontalen in der Ebene des Tisches wirkenden Kraft hervorgeht, beträgt unter der angenommenen Voraussetzung für jede Hand 0,6 Pfund a.cosgp cos d nn üben. Ueben einzelne Personen einen stärkeren Druck aus, so entsteht ausser der rotirenden Bewegung auch eine fortschreitende nach der Richtung dieser Kraft. Diese Bewegungen erfolgen, wenn die ange- führten Bedingungen erfüllt werden, mit und ohne Berührung der Hände des Rn. auch. bei günsti- ger Aufstellung nur einer Hand derselben Seite der drückenden Personen. einen Zoll dick und 37 resp. 12 Pfund schwer sind, eine Beschleunigung von —— , und bringt keine Wirkung hervor, sobald alle Personen gleich starke Kräfte aus- Physikalische Geographie. Herr Privat-Docent Dr. Scharenberg den 23. Februar: Bemerkungen über die Hyerischen Inseln. Es ist ein selbst in viele Lehrbücher der Geographie eingeschlichener Irrthum, die Hyerischen In- seln als überaus fruchtbar und paradiesisch zu betrachten, während sie in Wirklichkeit nichts als kahle, öde und fast unbewohnte Felsen sind, auf denen nur an einzelnen besonders geschützten Stellen eine kärgliche Vegetation ihr Fortkommen findet. Dieser Umstand, sowie die seit mehreren Jahren in den 47 Orangenpflanzungen bei Hyeres eingerissene Krankheit gaben die nächste Veranlassung zu den folgenden Mittheilungen. Von den Seealpen aus ziehen sich im Departement Var zwei Gebirgsketten in südwestli- cher Richtung fast parallel mit einander hin, von denen die nördlichere Monts Estrelles, die südlichere Monts des Maures genannt wird. Diese letztere hat ihre letzten Spitzen in den schroffen Vorgebirgen bei Marseille, bildet die malerischen Umgebungen von Toulon und besteht ihrer Hauptmasse nach aus Kalk. Aber bald hinter Toulon zeigen sich am Meeresufer wild zerrissene Felsmassen einer älteren Formation, die klippenartig in’s Meer hinausreichen, von den Fluthen zum Theil durchbrochen sind und so die Reihe der Hyerischen Inseln bilden, die, von Osten nach Westen gezählt, Porquerolles, Bagueau, Porteros und Ile du Titan heissen. Sie bestehen mit den nächsten Umgebungen des Festlandes sämmt- lich aus quarzreichem Glimmerschiefer, der an einzelnen Stellen Durchbrüche jüngerer plutonischer Mas- sen erfahren hat, so z. B. auf Ile du Titan und in der Halbinsel St. Gien, wo gangförmige Massen von kugelförmig abgesonderten Trachyten an der steilen Küste zu beobachten sind. St. Gien, obgleich mit dem Festlande durch zwei gerade parallele Dünenstreifen in sehr merkwürdiger Weise verbunden, ge- hört eigentlich nach seiner Lage wie nach seiner Beschaffenheit ganz zu den Inseln. Man erkennt leicht, dass der westliche jener Dünenstreifen durch die Anschwemmungen von Sand und Muschelresten entstan- den ist, die bei Weststürmen das Meer zwischen die ehemalige Insel und das Festland aufgeworfen hat, während auf der anderen östlichen Seite der langgestreckten klippenreichen Insel die Oststürme ganz ähnlich verfuhren und den anderen Dünenwall aufwarfen. Diesen letzteren hat man mit geringer Mühe durchstochen und die Communication zwischen dem Meere und dem Brackwasser innerhalb der zwei Dünenstreifen zum Zwecke des Fischfangs- wieder hergestellt. Bei unruhiger See oder zur Laichzeit flüchten nämlich eine Menge von Fischen nach diesem Durchstiche, um stilleres Wasser zu erreichen. Der Graben ist aber auf beiden Seiten durch Pfähle eingefasst, die, sich allmälig verengend, in Art einer kolossalen Fischreuse nach einem zweiten etwas kleineren Raume den Zugang gewähren. Dieser führt dann nach einem dritten, noch engeren Behältnisse u. s. w., so dass die der unruhigen See entfliehenden Meerthiere zuletzt in einem wahren Käfig sich selbst fangen. Es gewährt nach einem Sturme einen überaus interessanten Anblick, in diesem Raume zahllose Seethiere umher- schwimmen und grosse Mengen von Krabben an den Stäben des Behälters gewand hinaufklettern zu se- hen. St. Gien sowohl, wie die übrigen eigentlichen Hyerischen Inseln sind kaum bewohnt zu nennen, denn von Bauwerken findet man nur einzelne Fischerhütten und einige zur Küstenvertheidigung angelegte Befestigungswerke, sowie die Ruinen eines alten weitläuftigen Schlosses. Auf St. Gien hat der preussi- sche Consul von Marseille ein unbedeutendes Landhaus, und in der Nähe desselben sieht man die küm- merliche Anlage eines Weinberges mit krüppelhaften Olivenbäumen. Ueberall tritt der nackte‘ Glimmer- schiefer zu Tage, und nur an den schmalen Buchten und Bergrissen, die vor den Seewinden geschützt sind, wuchert die Myrte, die Tamariske und immergrüne Eichensträucher, durch Smilax' zu undurch- dringlichem Laubwerk verfilzt. Rosmarin und andere starkduftende Sträucher verbreiten freilich oft weit- hin über das Meer ihre Wohlgerüche, aber der Aufenthalt auf den Inseln selbst ist keineswegs so an- genehm, wie man sich denselben häufig zu denken pflegt. Ganz anders’ ist es dagegen mit der näch- sten Umgebung des Festlandes und mit Hyeres selbst. Von St. Gien aus dehnt. sich nach Ost eine flache, dem Meere abgewonnene Ebene hin, die an der Küste zum Theil mit alten malerischen Strand- kiefern besetzt ist, zum Theil weite sumpfige Wiesenflächen bildet, die ‚sich eine. Viertelmeile landein- wärts in fruchtbares Ackerland verwandeln. Dies letztere ist überall mit Olivenbäumen besetzt, zwischen deren Reihen abwechselnd ein Streifen zu Getreidebau und ein zweiter zur Zucht der Reben benutzt wird. Es bildet diese Region einen breiten Kranz um die etwa ", Meile entfernte, am Abhange des Gebirges liegende Stadt Hyeres, die selbst wieder auf der unteren Seite von Orangengärten umgürtet - d 48 wird. In diesen Gärten hat man vielfach auf der Ostseite zum Schutze gegen die Winde Cypressen eng neben einander gepflanzt und dadurch zugleich der Gegend einen grossen landschaftlichen Schmuck verliehen. Einzelne Dattelpalmen erheben sich neben den freundlichen Landhäusern, in deren Nähe die Aloe (Agave americana) und die indianische Feige (Opuntia) zum Schmuck gezogen werden. Alleen feinblättriger Akazien, einzelne prachtvolle Araukarien und eine Menge anderer tropischer Pflanzen über- raschen den Fremden durch ihre Grösse und Vollkommenheit. Alles, was man so oft Rühmliches in Bezug auf Klima und Vegetation der Hyerischen Inseln hört, gilt nur für das Festland und namentlich für die Umgebungen der Stadt, denen die Inseln ihre Namen verdanken. Die Kultur des Bodens steht hier auf einer hohen Stufe der Ausbildung. Seit der Besitznahme von Algier durch die Franzosen hat man in Hyeres fast alle grösseren oder schöneren und nützlichen Pflan- zen des Nordrandes von Afrika hier zu acclimatisiren versucht, und grosse Gartenanlagen sind noch heut einzig diesem Zwecke gewidmet. Was aber den Ruf der Gegend am meisten erhöht hat, ist die seit langer Zeit schon mit Vortheil getriebene Zucht der Orange. Sie ist nur da möglich, wo man während des heissen Sommers über fliessendes Wasser zu gebieten hat. Deshalb hat man mehrere Meilen ober- halb Hyeres das Wasser des Gapaux, der eine halbe Meile westlich von der Stadt in’s Meer fällt, abge- leitet, und in Kanälen mit allen Orangengärten verbunden. Zweimal während jedes Sommers werden die Bäume mehrere Tage hindurch bewässert. Leider aber unterliegen bereits seit einer Reihe von Jahren die Bäume einer sonderbaren Krankheit. Die Rinde derselben bekommt meist bald nach. den Bewässerungen unten am Stamme einzelne Risse und trennt sich einige Zeit nachher bis auf das Holz ringsum ab, in Folge dessen der Baum unrettbar verloren ist. Mehr als 40,000 Stämme sollen seit acht Jahren auf diese Weise zu Grunde gegangen sein, und viele Besitzer sind jetzt so muthlos, dass sie an die Stelle der eingegangenen Bäume nicht mehr Orangen, sondern Oelbäume pflanzen, deren Ertrag zwar geringer, aber sicherer ist. Ausser der Olive und Orange, dem Weizen und Wein wird im Grossen noch die Feige und die Lambert-Haselnuss (Corylus tubulosa Wild.) gezogen. In neuerer Zeit hat endlich die Zucht der Seidenraupe und der Gewinn am Kork eine hohe Bedeutung gewonnen. Fast alle trocknen Gebirgshöhen sind an ihren Südabhängen mit Korkeichen (Quercus suber) bewachsen, und der Gewinn aus diesen Waldungen ist in steter Zunahme begriffen. Aber während meiner Anwesenheit war ein solcher Wald ein überaus unsicherer Besitz. Die Leichtigkeit, mit der Bosheit in einem solchen Re- viere Feuer anzulegen vermag, hatte bei den politisch durch und durch zerrütteten Zuständen Frankreichs im Jahre 1849 in jenen Gegenden grosse Verluste zur. Folge, und an vielen Stellen fand ich grosse niedergebrannte Strecken, die einer langen Reihe von Jahren bedürfen, ehe sie wieder Hoffnung auf Er- trag geben. An diese Mittheilungen schlossen sich Bemerkungen über die technische Behandlungsweise der Oli- ven, über den Gewinn des Korkes und über den Werth der Grundstücke in jener Gegend. Oryktognosie und Geognosie. Der Secretair der Section Göppert den 16 November: Ueber zellenähnliche Einschlüsse in einem Diamanten. Schon Lavoisier, Guyton Morreau, Fourcroy, Macquer und Murray bemerkten bei der Verbrennung des Diamanten schwarze oder bleigraue Flecke, welche Gilbert für unkrystallisirten Kohlen- stoff erklärte. Alexander Petzholdt in seiner interessanten Schrift (Beiträge zur Naturgeschichte 49 des Diamanten.‘ ‘Dresden und Leipzig, 1842. Mit 1 Kupfertafel.) bestätigte diese Beobachtungen und erklärt dadurch auch noch eine Angabe von J. Barrot, der von uralischen Diamanten sagte, dass viele. rohe Diamanten gleich von Natur aus einen metallähnlichen, in’s Bleigraue übergehenden Glanz besässen, oder auch bisweilen schwärzliche Flecke, welche, an der Oberfläche haftend, durch starkes Glühen des Diamanten ‚oder durch Abschleifen weggeschaflt würden. Abgesehen von fleckenähnlichen Rissen und Sprüngen, die am Diamant häufig vorkämen, führte Petzholdt noch weiter an, fände man auch noch Flecken, Punkte und moosförmige Zeichnungen von gelb durch braun in schwarz übergehender Farbe, von verschiedener Grösse, selten über 0,1 Pariser Zoll, von scharfem, wohlbegränztem Umrisse, ähnlich Schuppen, Blättern oder Splittern, jedoch niemals von regelmässiger Gestaltung oder krystallini- scher Struktur, so dass er diese Flecken und Punkte allemal als wohlbegrenzte, in sich abgeschlossene und von dem Diamante nur umhüllte Körper zu unterscheiden vermochte. Was nun endlich die weitere physikalische Beschaffenheit, so wie die chemische Zusammensetzung dieser Flecken und Punkte beträfe, so. erkannte er in der Asche, welche Erdmann und Marchand beim Verbrennen einer bedeutenden Quantität Diamanten (5,6344 Grammen) erhielten und ihm mitgetheilt hatten, und zwar in einem darin enthaltenen Quarzsplitter, ein feines schwarzes oder dunkelbraunes Netzwerk mit sechseitigen Maschen, so. wie eine ähnliche Bildung auch in einem kleinen nelkenbraunen Diamant der kgl. Minerailensammlung in Dresden, wo. diese Stelle sich nur als eine leichte Trübung darstellte und von ihm ebenfalls für einen eingeschlossenen Quarzsplitter gehalten wurde. Er meint in diesem von ihm auch abgebildeten Gewebe mehr oder weniger gut erhaltenes parenchymatöses Zellengewebe zu erkennen, und fühlt sich dadurch noch mehr bewogen, an den vegetabilischen Ursprung des Diamanten zu glauben, welche Ansicht schon früher Newton aufstellte und Dameron und Brewster in ueuerer Zeit vertheidigten. Veranlasst durch diese Untersuchungen, benutzte ich in den letzten Jahren jede sich mir darbietende Gelegenheit, mit Flecken verschene Diamanten mikroskopisch zu beobachten. In mehreren Fällen sah ich wie Brewster, dass die schwarze Farbe nicht durch Farbestoff, sondern durch eine grosse Menge darin erhaltener Hählungen hervorgebracht wurde, endlich in einem kleinen als Brillant geschliffenen Diamanten 2 nelkenbraun ge- färbte, mit Sprüngen in Verbindung stehende Flecken, parenchymatösen Pflanzenzellen ähnliche Bildun- gen...Das Gewebe in dem grösseren, etwa !; L. breiten und Y, L. hohen Flecken ähnelt mehr zersetz- tem Parenchym, wie auch die sechseckigen Maschen von ungleicher Grösse erschienen, zarte Punkte befinden sich im Innern derselben; während das des kleineren an der entgegengesetzten Stelle mehr im Inneren befindlichen Fleckens sich durch grosse Regelmässigkeit der Maschen auszeichnet. Einzelne derselben sind mit einer braunen undurchsichtigen Masse erfüllt. Zur Seite des letzteren befinden sich auch eine Reihe von Bildungen, die wie vierseitige Säulen erscheinen. Das Vorkommen: des Diamanten in einem ganz; versteinerungsleeren Gestein, abgesehen von allen anderen bisher über seinen Ursprung aufgestellten Ansichten, erfordert doch die umsichtigste Erwägung, ehe wir uns für die Zellennatur jener Gebilde aussprechen. Man vermisst überall die hinteren Wandungen, die sonst bei Zellen, freilich we- niger deutlich bei stark zersetzten, sichtbar sind. Sprünge in Copal, Bernstein, Achat, insbesondere hier in Verbindung mit Eisenoxyd, die ich selbst früher schon beschrieb und abbildete, so ‚wie namentlich langsam eingetrocknete dieke Lösungen organischer Stoffe, wie die pharmaceutischen Extrakte, Gummi, Gallert,. sehr zierlich Eiweiss, zeigen verwandte Bildungen, die durch: ihre Regelmässigkeit oft in Erstau- nen setzen. Um nun auch Andere in den Stand zu setzen, meine Bedenken und Ansichten zu theilen oder überhaupt darüber zu urtheilen, entschloss ich mieh doch endlich nach langem Zögern, die vorste- henden Beobachtungen zu veröffentlichen, die mein Freund und College, Herr Dr. Cohn,’ mit naturge- treuen Abbildungen zu zieren die Güte hatte. 07 7 * 50 Unser correspondirendes Mitglied, Herr Apotheker Oswald in Oels, übersandte nachstehende‘ Ab- handlung: Ueber das Vorkommen von Cyanit in einem Gneiss geschiebe. Bei einem kleinen Ausfluge, den ich im verflossenen Jahre mit einem meiner Freunde machte, hiel- ten wir in dem Dorfe Zucklau, ungefähr %, Meilen von Oels, vor einem Gehöfte an. So wie ich den Wagen verlassen hatte, fielen mir sofort ein Paar Gneissgeschiebe-Stücke auf, welche ein stark glas- glänzendes Mineral enthielten. Ich nahm beide Stücke mit und überzeugte mich noch, dass ein grösse- res als Prellstein eingegraben sei, welches demselben Block anzugehören schien, von welchem der grösste Theil, wie ich nachträglich erfuhr, zum Baue eines Glockenthurmes benutzt worden ist. Bei näherer Untersuchung liessen sich folgende Merkmale von dem eingesprengten Minerale festsetzen: Es ist dasselbe in einzelnen krystallinischen Individuen in den Gneiss eingewachsen, welche auf der Längsfläche den stärksten Glasglanz bei reflektirtem Lichte zeigen. Die Struktur ist geradstänglig, mit- unter strahlig, und zeigt Querrisse, die auf eine klinorhombische oder klinorhomboidische Säule schlies- sen lassen. So vollkommen krystallinisch die Längsfläche der zum Theil 2 Zoll langen Stücke ist, so struktur- und glanzlos ist der Querbruch dieser Massen, welche auf demselben von schmutzig weiss- graulich-grünem Ansehen sind. Da ich kein analoges Mineral in meiner Sammlung fand, namentlich aber der Querbruch mich auf den Gedanken brachte, dass dies wohl ein feldspathartiges Mineral sein könne, so hielt ich es für das Beste, eine gründliche physikalische und chemische Untersuchung damit vorzu- nehmen, deren Resultate ich mir hier mitzutheilen erlaube. Härte: verschieden, zwischen Quarz und Apatit. Specifisches Gewicht: 3,057; mit möglichst reinem gröblich gepulverten Mineral wurde dies Resultat erlangt, ein ganzes grösseres Stück in Wasser gewogen gab 3,056. Löthrohr-Proben. Mit Natron und Kali klares Glas. Phosphorsalz, Kieselskelett in der klaren Perle. Für sich allein weder vor der Löthrohrflamme, noch im Gebläse mit Leuchtgas schmelzbar, verliert dabei wenig an Glanz, wird aber etwas gelblich von Eisenoxyd, und dadurch an den Kanten etwas weniger durchscheinend. — Der comprimirten Flamme des Knallgases widersteht es aber nicht, Cyanit verhält sich indess ebenso. — Mit Kobalt-So- lution blaue Färbung. Zur qualitativen weiteren Prüfung wurde etwas fein gepulvertes Mineral mit Natron und Kali im Platintiegel zusammengeschmolzen; die Masse, wie gewöhnlich mit Salzsäure behandelt, gela- tinirte. Nach Abscheidung der Kieselerde wurden folgende Reactions-Versuche gemacht. Ammoniak fällte Thonerde mit 'Eisenoxyd, die hievon abfiltrirte Flüssigkeit gab mit Oxalsäure schwache Fällung von Kalk. Kohlensaures Ammoniak, dito von Kalk und Magnesia. Kalium-Eisencyanür in frischer Solution blauen Niederschlag von Eisen-Cyanür Oyrumin Schwefelwasserstoff Schwefel-Ammon. schwärzlich grüne Fällung. Phosphorsaures Natron in der ammoniakalischen Solution schwache Fällung von Magnesiasalz. Molybdänsaures Ammoniak Salpetersaurer Baryt Als Resultat wäre also hieraus Thonerde, Kieselerde, so wie Eisenoxyd nebst Spuren von Kalk und Magnesia hervorgegangen. Obschon die Löthrohr-Versuche ziemlich gewiss andeuteten, dass Kali oder Natron wohl kaum in dem Mineral enthalten sein dürften, schloss ich doch Behufs der quantitativen Untersuchung 2 Grammen ohne Reaktion. Sl Mineral fein gepulvert mit Flusspath-Dämpfen auf. Das Resultat dieser Untersuchung, bei welcher je- doch etwas unzersetztes Mineral übrig blieb, und als solches angenommen wurde und abgerechnet wor- den war, gab in 100 Theilen: Kieselerde . ... . .. 0,410, Thonerde . » 2.2.0511, " Eisenoxydull . . . . 0,016, Caleiumoxyd -» . 2... 0,012, Magnesia . . 2.2 + ..0,009, Kali nsidon. ansaniold a PANI; Datromn.: 4o1l].- Hi. » 000,020, Verlash,.an dla i.dnndar 0, Da sich indess bei dem Präpariren des Minerals zeigte, dass es fast unmöglich sei, die fein einge- sprengten Glimmerblättchen vollkommen zu trennen, so schreibe ich die kleinen Mengen alkalischer Ba- sen nur dem Glimmer und vielleicht etwas feldspaltigen Theilen zu, die in dem untersuchten Mineral enthalten waren. Eine Gegenuntersuchung, bei welcher das Mineral auf das Allersorgfältigste elegirt worden, gab: Thonerde . „.-:..:. 0,568, Kieselerde. ! . ..... 0,403, Eisenoxydul 0,012, Magnesiakalk und Verlust 0,020, 1,000. Nach diesen Resultaten wäre das Mineral Cyanit, trotz des merkwürdigen Querbruches, welcher leicht zu der Vermuthung Anlass giebt, es sei ein feldspathiges Mineral. Jedenfalls dürfte es aber eine Varietät sein, wegen des specifischen Gewichtes, da dieses bei Cyanit von 3,100 — 3,700 abwechselt. Herr Prof. Gustav Rose erklärte dies Mineral bald dafür, während Herr Prof. Glocker mehr Aehn- lichkeit mit dem sogenannten Glanzspath fand; da indess zu der Zeit noch nicht genau feststand, ob das Mineral vor dem Löthrohr und Gebläse so: vollkommen feuerfest sei und sich darauf seine Ansicht ba- sirte, so ist jetzt die Richtigkeit der ersten Ansicht begründet. Der Gneiss, in welchem dieser Cyanit vorkommt, ist auf der Oberfläche oft so glimmerreich und mitunter krummschaalig, dass man ihn für Glimmerschiefer erklären könnte; im Inneren ist er aber ohne alle schieferige Struktur und von ausnehmender Härte. Der Glimmer besitzt einen ausgezeichne- ten Metallglanz, so dass man oft glaubt, eingesprengte Metalltheilchen darin vertheilt zu sehen. Nach Herrn Professor Gustav Rose’s gütiger Mitiheilung hat Kloeden in seinem Programme vom Jahre 1834, S. 50, das Vorkommen des Cyanit in nordischen Geschieben erwähnt, jedoch ist dies bisher nur selten gefunden worden, daher die vorliegenden Stücke als eine willkommene Erscheinung in unserer Provinz anzusehen sein dürften. Unser correspondirendes Mitglied, Herr. Apotheker Jäkel, übersandte eine Abhandlung: Ueber die in der Umgegend von Liegnitz vorkommenden Mineralien und ihre technische Anwendung. Die Ebene, welche die Stadt Liegnitz umgiebt, gehört dem aufgeschwemmten Lande an, und ent- hält nur unbedeutende Anhöhen, welche dem Mineralogen wenig Interessantes darbieten. Entfernter als 2 die im Westen gelegene Siegeshöhe und die Anhöhen von Lindenbusch sind diejenigen nach Osten bei dem Dorfe Kunitz und in Norden und Nordosten bei Hummel, Kuchelberg und Bienowitz. — "Als Be- grenzung der in dem Folgenden geschilderten Umgegend von Liegnitz mögen einstweilen nördlich die Anhöhen von Kuchelberg und Kaltwasser, östlich der bei dem Dorfe Kohlhöhe am Fusse des Streitber- ges entspringende, unweit Rogau in die Oder fallende‘ Leisebach, südlich die sich nach Westen ziehen- den, dem Thonschiefer angehörenden Berge hinter Jauer, westlich die unweit Probsthain entspringende schnelle Deichse, welche in das Schwarzwasser- fällt, angenommen werden. Dieser hier rein willkürlich abgegrenzte kleine "Theil Niederschlesiens erhält seine reichliche Be- wässerung aus dem Vorgebirge wie aus den kleineren Gebirgszügen, die mit dem eigentlichen Vorge- birge zusammenhängen. Die beiden grösseren, ihre Ufer ‘oft überströmenden Gewässer sind: die am Bleiberge bei Ketschdorf entspringende Katzbach, welche, nachdem sie bei Schönau, Goldberg und Lieg- nitz vorbeigeflossen ist, hinter Parchwitz in die Oder fällt, und die bei Thomasdorf unweit Rudolstadt entspringende, bei Bolkenhain und Jauer vorbeifliessende, unweit Dohnau in die Katzbach fallende wü- thende Neisse. Andere Gewässer sind noch: das Fellendorfer Wasser, das bei Liegnitz in die Katzbach mündende Schwarzwasser, der oben erwähnte Leisebach und die am westlichen Fusse des Streitberges entspringende, unweit Kunitz in die Katzbach fallende Weidelache. Ausser der hier genannten Bewäs- serung ist die Umgegend von Liegnitz noch durch ‘mehrere grössere und kleinere Teiche, deren einige, wie die bei Würchwitz, jetzt trocken gelegt sind, charakterisirt. Westlich von der Stadt sind bei Petsch- kendorf, Göltschau und Seedorf die kleineren, östlich bei Spittlendorf, Jeschkendorf, Koischwitz und Ku- nitz die grösseren, hier Seen genannt. Die beiden letzteren stehen beim Landmanne in dem Rufe, einen unterirdischen Zusammenhang zu haben, welche Vermuthung aber durch Nichts unterstützt wird. Un- streitig ist der Kunitzer See der merkwürdigste, sowohl durch seine an einigen Stellen so sehr 'verschie- dene Tiefe, als auch dadurch, dass er keinen sichtbaren Ab- und Zufluss hat. Eine andere, dem Zoo- logen interessante Merkwürdigkeit ist seine, nicht völlig in der Mitte liegende kleine, kaum anderthalb Fuss ‚hohe Insel, welche im Frühjahre der Brüteplatz vieler Tausende von Möwen ist, deren Nester den Boden so dicht bedecken, dass man keinen Schritt gehen kann, ohne Eier zu zertreten. Nicht allein mehrere Arten Möwen, sondern auch mancher andere Vogel, wie 2 Arten Seeschwalben (sterna) und zwei Arten Haubentaucher (podiceps) nebst 3 Arten: von Wasserhühnern, kommen hier vor. Die nächste Umgegend von Liegnitz, besonders die Nordseite, hat für den Mineralogen wenig In- teressantes. Es finden sich mehrere Lehmlager, welche. benutzt werden; auch einige Thongruben sind im Betriebe, jedoch liefern sie keine vorzügliche Sorte. Der eigentliche plastische Thon erscheint erst bei Tillendorf hinter Bunzlau; eine Mittelsorte bei Rausse zwischen Parchwitz und Neumarkt gehört eben- falls nicht mehr der Umgegend von Liegnitz an. — Einige Thon- und Lehmsorten der östlichen Ge- gend, besonders die von Beckern und Kalthaus, zeichnen sich durch einen auffallend bituminösen Geruch aus. Im Norden von Liegnitz befinden sich bedeutende Torflager. Ausser. bei Jakobsdorf ist dasjenige bei Kaltwasser das grösste; es liefert nicht blos den gewöhnlichen Rasentorf, sondern. mitunter auch, ei- nen dichten, schwarzen Pechtorf von grösserer Schwere, welcher höchst wenig Wurzeln und Stengel- theile enthält. In diesem Torflager kommt auch mitunter Blaueisenerde vor, jedoch nur im erdigen Zustande, im krystallisirten wurde sie noch nicht bemerkt. ‘Ausser einem Torflager zwischen Ojas und Wahlstadt befindet sich noch ein grösseres zwischen Kunitz und der Weidelache. Es führt den Namen Schocke und ist durch seinen Reichthum an Sumpftorf und Moorpflanzen für den Botaniker von grossem Werthe, welchen der früher in Kunitz lebende Lehrer Gerhard den Pflanzenliebhabern bekannt machte. Wohl wenig Gegenden in Schlesien dürften so viele 'Torfpflanzen auf einem so. kleinen Raume zusam- mengedrängt aufzuweisen haben, als diese Schocke, selbst ‚die, Seefelder auf ‘der hohen Mense nicht. 53 Interessanter für den Mineralogen ist die südlicher gelegene Gegend von Liegnitz mit ihren Anhöhen und niedrigen Bergen, und zwar vor allen die Anhöhen und Berge bei Nikolstadt und Wahlstadt, bei erste- rem die rothen Berge, bei letzterem die südlich gelegenen Berge. Die zuletzt genannten liefern schon seit sehr langer Zeit den Basalt' zu allen Bauten der Umgegend, nicht nur für die nächsten Dörfer, son- dern auch für Liegnitz, wo nächst den Ziegeln der Basalt in dem Grund der Häuser wegen seines dich- ten Korns ein sehr gesuchtes Material ist, denn er enthält keine Einschlüsse, höchstens sehr fein einge- sprengte Olivinkörner. Ausserdem wird der Nikolstädter Basalt zum Strassenpflaster, zu Prellsteinen und auch zu Chausseebauten weit und breit verführt, indem er von allen anderen Abänderungen, die in der Nähe vorkommen, der Witterung am längsten widersteht. Dieses Gestein zeigt sich, wie in den meisten Basaltbergen, in fünfseitige Säulen zerklüftet, die man früher fälschlich für grosse fünfseitige Krystalle hielt; auch finden sich ebenfalls die sich wiederholenden horizontalen Absätze der Säulen mit concaven und convexen, ineinander passenden Flächen. — An einer südöstlich gelegenen Stelle des einen Berges sondert sich dies Gestein in unzähligen Kugeln (Sphäroiden) ab, im Durchmesser von 3 Linien bis zu 3 Zoll, die sich nach und nach aus dem Felsen ablösen, so dass am Fusse desselben solche Kugeln von allen Grössen zu finden sind. Ja, der südlichste jener Steinbrüche, welcher früher ein schönes, dichtes Material lieferte, musste wegen der Menge sich aus den Säulen ablösender Basaltkugeln, auf welche man in einer neuen Schicht stiess, aufgegeben werden. Dieser Bruch ist auch noch wegen der eigenthümli- chen Krümmung seiner Säulen merkwürdig, welene Referent nächstens abzubilden Willens ist. In der Nähe der Nikolstädter Basaltberge wird auf den Feldern eine grosse Menge weissen derben Quarzes gefunden; ja dicht am letzten, südlich vom Dorfe gelegenen Gehöfte befindet sich noch der Ueberrest eines grossen Quarzfelsens, bestehend aus weissem derben, etwas eisenoxydhaltigem Quarze. Alle diese Quarze, welche bis in der Gegend von Jauer unter der Dammerde vorkommen, werden viel- fach als Bausteine und zu Umfassungsmauern der Gärten benutzt. Häufig werden unter den Nikolstädter Quarzen Bergkrystalle, auch krystallisirter Quarz gefunden; von letzterem wurde ein seltenes Exemplar gefunden, wo an den sechsseitigen Säulen sämmtlich die sechsseitige Zuspitzung fehlte. Wir befinden uns hier auf dem früher durch seinen Goldbergbau berühmten Terrain, dessen Pingen südlich. von Wahlstadt zum Theil noch sichtbar sind. Die Gruben selbst erstreckten sich bis in die Gegend von Wandritsch und Mertschütz, so. dass das eigentliche Goldlager nördlich durch Wahlstadt begrenzt wurde. Es ist fast allgemein der Glaube, dass, da Batu Chan nach der Schlacht bei Wahl- stadt (den 9. April 1241) die gefangenen schlesischen Bergleute, wovon Goldberg allein 500 gestellt hatte, in’s Innere von Asien bei seinem Rückzuge mitgeschleppt hatte, um sie dort Bergbau treiben zu lassen, der Verfall des Nikolstädter Bergbaues sich von jener unglücklichen Schlacht herdatire. Nach Thebesius Chronik ist aber dieser Bergbau erst 1345 in Angriff genommen worden. In einer Nach- richt findet sich sogar, dass unter Herzog Ludwig im Jahre 1342° der wöchentliche Goldertrag 160 Pfund betragen habe, eine Angabe, welche indess wohl zu bezweifeln ist. Nach Thebesius waren im Jahre 1404 fünfzehn Gruben im Betriebe, welche er mit Namen aufführt; leider wussten die Bergleute in die- sem Jahre die Grubenwässer nicht zu bewältigen, weswegen sich Herzog Ruprecht mit dem Pfarrer zu St. Adalbert in Prag in Correspondenz setzte, der ihm kontraktmässig versprach, das Wasser in den Goldberger und Nikolstädter Bergwerken ohne Pferdemühlen (wie man die damaligen Maschinen nannte) herauszuschaffen. Dass in den Nikolstädter Gruben sehr viel böhmische Bergleute gearbeitet haben, be- weisen die Namen einiger Gruben, von denen im Ganzen 14 aufgeführt werden; 3 davon führen die Namen: Mosentzer, Keengitscher und Molatscher. — Auch das damals von Bergleuten bewohnte Dorf Kopatsch bei Goldberg deutet auf böhmischen Ursprung. 54 Es ist daher nicht genau zu bestimmen, wann der Goldbergbau eigentlich aufgehört habe. Am wahrscheinlichsten ist die Ansicht, dass die Einfälle der Hussiten in Schlesien die Ursache gewesen sind, von denen es bekannt ist, dass sie eben so störend auf den Goldbergbau. von Görrisseifen und Lauterseifen zwischen Goldberg und Löwenberg eingewirkt haben. Obgleich heute sich in der Nikolstädter Gegend kein Gold mehr findet, so schliesst doch diess nicht die Vermuthung aus, dass noch Goldlager vorhanden sein könnten; es müsste denn, wie Link angiebt, dieses Gold, so wie an manchen anderen Orten, so auch hier meist dicht unter der Dammerde gelegen haben und jetzt völlig ausgebeutet sein. | Südlich von Wahlstadt, eine Viertel Meile entfernt, liegt am linken Ufer der Weidelache das Dorf Liebenau; ihm gegenüber zieht sich am rechten Ufer ein niedriger Höhenzug von SO. nach NW., wel- cher nicht aus dem oft erwähnten Basalte, sondern aus Dolerit besteht, in welchem man das Magneteisen und den Augit in der Grundmasse des Labradorfeldspathes mit dem Vergrösserungsglase liegen sieht. Das ganze Gestein erscheint ebenfalls in Säulen zerklüftet, doch undeutlicher und nicht in jener Zier- lichkeit, welche das vorige Gestein charakterisirt. Im Innern erscheint es bald grob-, bald feinkörnig, mitunter bis in’s Undeutliche und mit Blasenräumen. Obgleich vielfach als Baustein benutzt, trotzt die- ser Dolerit doch nicht in dem Maasse der Witterung, wie der Basalt der vorigen Fundorte; daher ist der östlich von der nach Wahlstadt führenden Strasse gelegene Bruch schon längere Zeit verlassen, in- dem seine obersten Schichten in eine lose, zerreibliche (wackenartige) Masse verwandelt sind, ganz denen ähnlich, welche wir später bei Dohnau kennen lernen werden. In den beiden anderen, noch im Betriebe befindlichen Steinbrüchen stehen die säulenartig zerklüfteten Doleritmassen oft 3 Linien von einander ab, welche Kluftflächen der ganzen Länge nach mit schönem gelbrothen Bolus ausgefüllt sind, so dass man ohne grosse Mühe ganze Quantitäten sammeln könnte, wenn das Mineral noch den Werth hätte, wie vor Jahrhunderten. Anderseits ist der Dolerit von mehreren fast horizontalen Gängen eines interessanten Minerals durchzogen, bestehend aus den obengenannten 3 Hauptbestandtheilen des Dolerites, jedoch jeder derselben in grösseren Antheilen ausgeschieden, der Labrador in tafelähnlichen, zwillingsartig gruppirten Krystallen, das Magneteisen oft in deutlichen kleinen Octa@dern. Referent fand auf diesen Doleriten mit- unter noch andere Mineralien, als z. B. Chabasit, in der gewöhnlich vorkommenden Krystallform, als Rhomboeder mit Abstumpfung der Scheitelkanten und Randecken, ferner Hyalith, so wasserhell wie der böhmische (ja sogar einmal ein Exemplar von 9 Quadratzoll). Ferner kommen als Seltenheiten kleine schwarze mattglänzende Kugeln, auf dem Dolerit aufsitzend, vor, im Durchmesser von 1 bis 1', Linie, deren Inneres concentrisch schaalig erscheint; auch kommen dergleichen von brauner Farbe vor. Sie sind sehr weich und verhalten sich wie Wad (Glocker’s brauner und schwarzer Manganocker). — Andere Einschlüsse, wie sie sonst im Basalte häufig vorkommen, wie Zeolith, Stilbit, Arragonit, Olivin in krystallinischen Körnern liefert die bis jetzt genannte Gegend nicht. Anderthalb Meilen südwestlich von Liegnitz windet sich die wüthende Neisse durch ein von Dole- ritanhöhen 'gebildetes enges Thal, in dessen Mitte das Dorf Bremberg (Bremgarten) liegt, über welchem auf dem Gipfel der Anhöhe ein Steinbruch eröffnet ist. Nicht fern davon, unterhalb, dicht über dem Niveau der Neisse, ward vor einigen Jahren beim Graben eines Brunnens ein Braunkohlenlager entdeckt, aber ein fortgesetzter Bau hat nicht stattgefunden. Die Braunkohle war aber nicht von der gewöhnli- chen braunen Farbe, sondern sammtschwarz, zeigte an einigen Stellen deutliche Holztextur; mitunter fand sich an ein und demselben Stücke auf der einen Seite fasrige Kohle, auf der anderen ein musch- liger Bruch, wie bei der Pechkohle von Wenigrakwitz. Diese eigenthümlich schwarze Braunkohle, welche nach Göppert von Pinites basalticus herstammt, mag in der Tiefe vielleicht in grösseren Quantitäten vorhanden sein, jedoch waren die Flötze durch den Dolerit so verworfen, dass von einem weiteren 55 Fortbau Abstand genommen ward, da derselbe in dem harten Gestein zu grosse Kosten verursacht hätte. Uebrigens lagen unter der Kohle kleine Mengen schön dunkelgrüner Bolus, auf welchen ein eigen- thümlich durch’s Feuer verändertes Gestein folgte; auch viel verschlacktes Gestein fand sich von heller Farbe, sonst dem verschlackten Basalte ähnlich. Nicht weit von Bremgarten liegt an der wüthenden Neisse das Dorf Schlaupp. Die Anhöhen, auf welchen das Dorf liegt, und die Berge hinter demselben sind sämmtlich basaltisch, ja sogar entferntere Anhöhen bis Brechelshoff bestehen aus diesem Gesteine; auch Basaltkugeln von 2 Fuss Durchmesser werden jährlich von den Landleuten aus ihren Aeckern herausgeschafft und zerkleinert. Hinter der sehr hoch gelegenen Kirche wird ein Basaltbruch gern benutzt, weil das Gestein in demselben eine eigne plattenförmige Absonderung zeigt, ganz verschieden von dem sonstigen Vorkommen des Basaltes. Da diese Platten ein dichtes, festes Korn besitzen und 3 bis 4 Zoll dick sind, so werden sie vielfach zum Pflastern von Höfen und Hausfluren benutzt. Schade nur, dass diese Basaltplatten noch so wenig ge- kannt sind, sie würden sich für die Trottoirs in Städten ebenfalls eignen. Nicht weit von Schlaupp kam vor mehreren Jahren wasserheller Hyalith und auch desgleichen von rother Farbe vor. — In der Neisse selbst finden sich eine Menge Geschiebe, welche aus höher liegenden Bergen herabgeschwemmt wurden; häufig befinden sich Kieselschiefer von schwarzer Farbe darunter, welche durch die Reibung seit langer Zeit das Ansehen bekommen haben, als wären sie malt geschliffen worden, und als Probiersteine gebraucht werden können. Nächst diesen findet sich vorzüglich eine Sorte rother, mit weissen Quarz- adern durchzogener Jaspis vor, welcher geschliffen eine gute Politur annimmt. Wenden wir uns von hier eine kleine Meile nördlich, so gelangen wir unweit des Dörfchens Doh- nau am rechten Ufer der Neisse zu einem verlassenen Steinbruche,. wo früher Dolerit als Baustein ge- wonnen ward, jetzt aber wegen öfteren Uebertretens des Flusses nicht mehr gearbeitet wird. Die Decke dieses Dolerits ist ein dem bei Liebenau erwähnten ganz ähnliches, wackenartig zersetztes mürbes Ge- stein, in welches der Dolerit sich verwandelt hat. Es ist graugelb von Farbe und lässt sich mit dem Messer schneiden. Auf diese Doleritwacke passt ganz, was Vogt in seinem Lehrbuche der Geologie sagt: dass sich Basalte manchmal in körnig staubartige Massen verwandeln, welche durch Infiltration von Wasser wieder zusammengebacken sind, eine mitunter zähe Textur bekommen haben und zu den wei- cheren Sorten der Wacke gerechnet werden müssen. Die Eigenschaft, sich mit Wasser anrühren zu lassen, ohne damit einen eigentlichen Teig zu bilden; alles dies stimmt mit der obigen Beschreibung überein. Nach der Analyse des Herrn Apotheker Müller in Breslau besteht dieses Mineral aus: Kiesel- erde 35,00, Thonerde 24,60, Eisenoxyd 21,25, Talkerde 1,25, Kalkerde 0,15, Chromoxyd 4,37, Man- ganoxydul 0,46, Alkalien und Glühverlust 12,92. Höchst merkwürdig, und vielleicht in Schlesien nur hier vorkommend, sind die das oben genannte wacken- arlige Gestein durchziehenden '/, Linie Durchmesser haltenden schwarzen Streifen. Nach Ablösung ganzer Stücke des obigen Minerals zeigen sich schwarze spiegelnde Flächen oft mit einer Menge paralleler Strei- fen (Rutschllächen ähnlich); die schwarze Substanz ist sehr weich, denn sie wird von Gyps geritzt. Das Strichpulver ist tief schwarzbraun; heisse Salzsäure löst es unter Chlorentwicklung beinahe ganz zur grünen Flüssigkeit auf; Schwefelsäure gab in der Auflösung keine Trübung. Im Kolben erhitzt, zeigte das Mineral Wassergehalt; es wäre also dasselbe dem schwarzen Wad beizuordnen. Eine dieser ähn- liche Manganverbindung findet sich häufig auf den Klüften des Sandsteins von Wolfsdorf bei Goldberg, welcher dem Quader angehört; nur erscheint dieses Wad bald kleintraubig, bald dünn- und krummschaa- lig auf den Klufilächen des Sandsteins, ist mattglänzend und ebenfalls weich, doch etwas härter als das vorige. Das Strichpulver ist auch hier schwarzbraun; mit Salzsäure erhitzt, ist die Chlorentwicklung stärker; in der Auflösung giebt Schwefelsäure eine nach einiger Zeit eintretende starke Trübung. Im 8 56 Kolben erhitzt, zeigt sich ebenfalls Wasser. In der Kälte giebt Schwefelsäure nach einiger Zeit nur eine schwache rothe Färbung, während das vorige eine columbinrothe Färbung ertheilt. Beide Mineralien bestätigen hierdurch ebenfalls, dass das Wad bald barythaltig, bald barytfrei vorkommt. Blausaures Kali giebt auch einen deutlichen Eisengehalt an. Wir wenden uns jetzt zu dem höheren Gebirgszuge, der südwestlich von Liegnitz sich in einem Bogen um die Stadt Jauer zieht und beim Katzbachthale kurz vor Goldberg endet. Es besteht dieser Gebirgszug meistens aus Thonschiefer, sehr oft von Basalt durchbrochen. Verfolgen wir den Basalt noch weiter südlich, so durchbricht er in der Nähe von Striegau den Granit, nördlich, in der Nähe von Goldberg, den Quader, in der Mitte des ganzen Zuges den Thonschiefer und den Zechstein. Wir er- blicken in dem Raume einiger Quadratmeilen den Basalt bald als steilen Kegel, wie am Spitzberge bei Pombsen und Probsthayn und am Kreuz- und Fulmigsberge bei Seichau, bald als domförmige Kuppel, wie am Wolfsberge bei Goldberg, am Rathsberge bei Moisdorf und am Geiersberge bei Neuland, bald als flache Halbkugel, wie am Willmannsdorfer Berge. Bald finden wir ihn auch als lange flache Berg- rücken von nicht unbeträchtlicher Höhe, wie der Hessberg bei Herrmannsdorf (1316 Fuss über der Nord- see). Eben so hoch dürfte der in einem weit sichtbaren stumpfen Winkel abfallende Berg bei Kon- radwalde zu rechnen sein, dessen eigenthümliche; weit sichtbare Gestalt ihm den Namen des Sargberges gegeben hat. — In allen diesen Bergen, welche für die Umgegend eiu unerschöpfliches Baumaterial lie- fern, ist der Basalt fast stets derselbe, wenig Einschlüsse haltend, meistens nur in formlose Bruchstücke zerklüftend.. Nur an wenigen Stellen finden sich deutliche Säulen; blos am Willmannsdorfer kommen mitunter drei-, vier- oder fünfseitige Säulen vor. Am Pombsener Spitzberge kommt ein weisser und spargelgrüner, im Innern des Wolfsberges ein dunkelschwarz-grüner Bolus vor. Einer der merkwürdig- sten jener Basaltberge dürfte der am Fusse des Hessberges, fast im Thale isolirt liegende, eine platte Halbkugel bildende Weinberg bei Peterwitz sein, welcher an der Nordostseite in seiner halben Höhe ei- nige Basaltsäulen zeigt, dicht am Fusse desselben einen Basalttuff darbietet, demjenigen höchst ähnlich, welcher am Laacher See gefunden und dort Lava genannt wird. Seine Farbe ist meistens dunkelbraun- roth, oft graubraun, seine Schwere mitunter sehr gering. Im Innern finden sich oft Brocken von dunk- lem harten Basalte, während die leichteren Stücke porös und schwammig sind und oft von weitem den Wespennestern ähnlich sehen; auch kommen härtere Abänderungen vor, die mit dem rheinischen Mühl- steine grosse Aehnlichkeit haben. In diesem rothen Basalttuffe finden sich, für Schlesien wohl als Sel- tenheit, Krystalle von glasigem Feldspathe, denen vom Drachenfels gleich, nur kleiner, von 3 Linien bis Zoll Länge. Das letztere Mineral fand sich auch in dichtem Basalt, dessen Steinbruch am Fusse des oben genannten Berges erst voriges Jahr eröffnet wurde, und zwar weiss, wie auch durch Eisenoxyd etwas gelblich gefärbt und von vollkommenem Glasglanz. Leider ist dieser glasige Feldspath von Samm- lern ganz ausgebeutet worden. Alle Mühe, in obigem- verschlackten Basalte Hauyn zu finden, ist bis jetzt vergeblich gewesen. Sämmtliche Basalte der ganzen Gegend, die porösen ausgenommen, werden vielfach als Chaussee- beschlag, als Bausteine, Prellsteine und Meilensteine verwendet; vorzügliche Dienste leisten die in wür- felförmige Stücke geschlagenen Basalte als Strassenpflaster der Städte. Da nach den Versuchen von Rondelet und Gauthey ein rheinischer Kubikzoll Basalt erst unter einem Drucke von 22,638 Pfun- den zerbricht, seine Widerstandskraft aber mit seinem Umfange zunimmt, so sind jene Basaltwürfel in vieler Hinsicht zu empfehlen; ja bei seiner Anwendung zur Pflasterung entsteht der grosse Vortheil, dass, da die Würfel besser aneinander gepasst werden können, als die bei der gewöhnlichen Pflasterung an- gewendeten runden Geschiebe, sich kein Wasser zwischen denselben sammeln kann und die Strassen beim Regenweiter für den Fussgänger grosse Vortheile bieten, auch bald wieder trocken werden. 57 Der Basalt hat hier grösstentheils den Thonschiefer durchbrochen; selbst unter dem Gipfel des ba- saltischen Willmannsdorfer Berges kommt in dem Dorfe gleiches Namens derselbe zu Tage; fast von derselben grünen Farbe wie der Bolkenhaimer Thonschiefer, jedoch dunkler, zeigt sich letzterer von Moisdorf bis Seichau. Südöstlich von Goldberg. tritt Quader auf, von Basalt am Wolfsberge durchbro- chen (1138 Fuss). Unweit diesen ziehen sich Basaltberge nach Osten, die nächsten der Flens- und Ziegenberg, südwestlich der Geiersberg. An den Ufern der Katzbach bei Neukirch und in der Umge- gend von Schönau erscheint Rothliegendes. Zwischen den hier genannten Felsarten zieht sich ein schma- ler Bogen der Zechsteinformation hindurch, dem der später zu erwähnende Kalk von Hasel angehört. Gegen ‚Norden von Schönau findet sich Quarzporphyr, welcher besonders bei den Dörfern Schön- hausen, Rosenau, Willenberg und Röversdorf auftritt. Sämmtliche hier genannte Felsarten können an der Katzbach sehr gut beobachtet werden, deren malerische Ufer leider von Gebirgsreisenden noch viel zu wenig gekannt sind. Zahlreiche Steinbrüche liefern werthvolles Baumaterial. Der Quadersandstein wird nicht blos zu Bausteinen, sondern auch vielfach zu Sockeln, Säulen, Trögen, Pferdekrippen etc. verarbeitet, der Porphyr zu Bausteinen, zum Chausseebau und zu Prellsteinen. Im Bereiche des Porphyrs darf der nördlich ‚von Röversdorf, Y, Meile von Schönau gelegene, 1130 Fuss hohe Willenberg (auch Wildenberg genannt) nicht unerwähnt bleiben, der den Besteiger durch eine weite und abwechselnde Aussicht belohnt, in welchem am Fusse eine bedeutender Steinbruch im Betriebe ist. Die Farbe des dort gewonnenen Porphyrs ist hellviolett, in’s Schmutzig-rosenrothe über- gehend; durch eine Menge in seiner thonigen Grundmasse eingesprengte graue Quarzkörper und kleine weisse perlmutterartig glänzende, undeutliche Feldspathkrystalle erhält das Mineral ein schönes Ansehen. Das Merkwürdigste an diesem Berge sind seine langen dünnen, beinahe senkrecht stehenden, nach oben sich zusammenneigenden Porphyrsäulen, welche an diesem Steinbruche blossgelegt sind und wovon seit dem Betriebe des Steinbruches schon eine grosse Menge fortgeschafft worden sind. Ein ähnliches Zu- sammenneigen der Säulen lässt sich am Basalte der Südseite des Pombsener Spitzberges ebenfalls er- kennen. Die Porphyrsäulen sind von verschiedenem Durchmesser, von 2 Zoll bis 8 Zoll. Man hat sie 4-, 5- und 6seitig, ja sogar Iseilig gefunden. Unterzeichneter hat jedoch niemals eine der letzteren bemerkt und zweifelt an dem Vorkommen dergleichen. Käme dieser Porphyr in grösseren Absonderun- gen und nicht in so dünnen Säulen vor, so würde er ein schätzbares Material für die Ornamentik ab- geben, welches mit antiken Gesteinen wetteifern könnte, denn er nimmt eine ziemlich gute Politur an. Wegen des eigenthümlichen Anblicks, welchen die parallelen Säulen des Steinbruches von Weitem ge- währen, hat der Landmann demselben den Namen der ‚grossen Orgel‘ beigelegt. — Die am Fusse des Berges, etwa 1000 Schritte von dem Steinbruche, dicht über dem Niveau der Katzbach in’s Innere des Berges führenden zwei stollenähnlichen Eingänge, deren Endpunkt noch nicht erreicht wurde, lassen vermuthen, dass es Ausgänge gewesen sind, welche einst mit den Kellern der auf dem Willenberge gelegenen Ritterburg in Verbindung gestanden haben, von welcher Burg nur noch wenige niedrige Mauern zu sehen sind. ‘An der Ostseite des Willenberges, am Czechenberge, findet sich viel Kiesel- schiefer, welcher zum Chausseebau benutzt wird; er ist mitunter von schöner schwarzer Farbe, und kann geschliffen als Probierstein benutzt werden. Auch der dem Willenberge gegenüber gelegene Berg am linken Ufer der Katzbach besteht aus Porphyr, jedoch sind seine näheren Verhältnisse nicht bekannt, da bis jetzt kein Steinbruch daselbst betrieben wird. Folgen wir von hier dem Laufe der Kaizbach nördlich, so finden wir am linken Ufer unweit des Dorfes Rosenau einen etwa 1000 Fuss hohen Porphyrberg, von welchem, durch Gebüsch verdeckt, ein kleiner Bach herabfliesst, welcher in mehreren mineralogischen Werken unter dem Namen ‚‚Höllengra- ben“ vorkommt. Dieser Bach, von den Landleuten ‚‚Höllenbach‘“ genannt, ist für den Sammler wegen s* 58 seiner grossen Menge von Porphyrgeschieben von Wichtigkeit, welche, äusserlich unansehnlich, in ihrem Inneren die schönsten Fortifikations-Achate enthalten, die eine gute Politur annehmen. Sie bestehen aus dunkellauchgrünem Chalcedon, Karniol, Bergkrystall und Amethyst. Es ist nicht unmöglich, dass in dem Berge, wovon der Bach herabfliesst, noch eine grosse Menge dergleichen Achate vorhanden seien. Wir wenden uns jetzt nordöstlich und betreten abwechselnd das Gebiet des bunten Sandsteines und des Zechsteines, wo wir das Dorf Hasel aufsuchen, nachdem wir hinter Polnisch-Hundorf zwischen zwei Basaltbergen vorher die Wilsbach passirt haben. Hasel selbst liegt in einem lieblichen, sich bei Praus- nitz öffnenden Thale, ist von mässig hohen bewaldeten Bergen eingeschlossen, welche dem Sammler reiche Ausbeute versprechen. Durch mehrere, schon lange im Betriebe befindliche Steinbrüche ist ein grosser Theil des dem Zechsteine angehörigen Mergelkalksteins aufgedeckt worden, mehrere Kalköfen sorgen für den zum Mörtel und zum Dünger weit und breit gesuchten Kalk, ja seit Kurzem ist sogar ein neuer, nach Art der Rüdersdorfer Oefen gebauter Kalkofen im Betriebe. Der Kalkstein von Hasel ist dicht, hart, beim Anhauchen thonig riechend, von Farbe sehr er den, bald leberfarben, bald schmutzig ockergelb, bald rauchgrau, oft mit schönen Dendriten geschmückt. Im obersten Bruche finden sich mitunter Stylolithen; vörzüglich ist der Haseler Kalkstein durch seine Kalkspathkrystalle interessant; es finden sich Rhomboeder, Skalenoeder, rhomboedrische‘’ Säulen, Linsen und eine Menge Combinationen, von Farbe bald gelb, bald schwarzbraun, bald wasserhell. Von ähnli- cher Farbe sind die für Hasel besonders charakteristischen Drusen äusserst kleiner Bergkrystalle, welche auch von vorzüglich schöner blassblauer, auch lavendelblauer und röthlicher Farbe vorkommen. Die schönsten hellblauen Drusen finden sich jedoch manches Jahr gar nicht; die seltensten sind die durch Kupfer gefärbten spangrünen Drusen. In der Mitte des sich noch von S. nach N. erstreckenden Thales ist an seiner Westseite ein Lager von schmutzig rosenrothem, feinkörnigem bunten Sandsteine, woselbst ein Steinbruch im Betriebe ist und Schleifsteine verfertigt werden, vom kleinsten Wetzsteine zu 6 Pfennigen bis zum grossen Schleifsteine zu 3 und 4 Thalern, welche alle nicht blos in Schlesien Abgang finden, sondern weit bis in die See- städte versendet werden. An Güte sollen sie diejenigen von Neukirch bei Goldberg ‚übertreffen. Diesem Steinbruche gegenüber ist an der östlichen Seite des Thales der bunte Sandstein grau, mit weissen Glimmerschüppchen gemengt, und geht derselbe häufig in ein schiefriges Gestein über, auf welchem schöne Dendriten vorkommen. Jn dem untersten, nach Prausnitz zu gelegenen Kalkbruche, so wie in dem, einige 100 Fuss höher nach Seichau gelegenen findet sich erdiges Kupfergrün, Malachit, Braunei- senstein, und von Kupferlasur in kleinen Krystallen sind oft ganze Klufiflächen überzogen. Nicht weit von Prausnitz befindet sich in einem Thale das zugeschüttete Mundloch eines Schachtes von dem bis zum siebenjährigen Kriege im Betriebe gewesenen Kupferbergwerke. Am Rande des Schachtes fand sich vor 8 Jahren schuppiger Eisenglanz und Eisenrahm im Thonschiefer (denn hier hat der Zechstein schon aufgehört), schöne Exemplare für Sammler darbietend, welches leider jetzt alles ausgebeutet ist. Oestlich von Hasel befindet sich das am höchsten gelegene Dörfehen Willmannsdorf, am Fusse des Berges gleiches Namens, dessen domförmige Kuppe ohne Zweifel die höchste des ganzen Gebirgszuges zwi- schen Jauer und Goldberg ist und daher auch mit einer vorzüglichen Aussicht belohnt. Dieser Basaltberg hat östlich den Thonschiefer, westlich den Zechsteinkalk. durchbrochen und fällt nach allen Seiten ziemlich steil ab. An seiner Südseite, bald unter der Kuppe, sind: zwei Kalköfen in Thätigkeit, deren Material von dem bis jetzt genannten verschieden ist: es ist ein dunkelgelber, meist grobkörniger Kalkstein, welcher sich in Säuren langsam auflöst und in mineralogischen Werken als Zechsteindolomit aufgeführt wird, je- doch wurde in mehreren bis jetzt untersuchten Exemplaren der Talkerdegehalt nur mit 3 bis 4%, ge- funden, während eine Probe des Haseler Mergelkalksteines 40%, Talkerde ergab. — An Krystallisationen Ei ist dieser Kalkstein arm, besonders an Kalkspathen, dagegen finden sich Einschlüsse von Brauneisenstein, und zwar derb, wie auch brauner Glaskopf. In dem südlicher gelegenen Bruche kommt Kalkstein von feinem Korn und von Chocoladefarbe vor, so wie auch eine Abänderung, die durch '/, Linie breite, parallele weisse und braune Streifen sehr schön gezeichnet ist, zum Schleifen jedoch sich nicht eignet. Ein nördlich in diesem Dolomit gelegener, jetzt nicht mehr in Betrieb stehender Steinbruch war es, welcher in der Nacht vom 1. zum 2. Oktober 1847 durch einen Erdfall verschüttet wurde, wobei der dicht daneben befindliche Kalkofen von einander gesprengt wurde, das Kalkhaus aus seiner Lage ge- bracht und die von Willmannsdorf nach Goldberg führende Strasse ganz zur Seite geschoben wurde. Noch heute bietet der Erdfall einen eigenthümlichen Anblick dar, der jedoch mit den Beasmelaelern der Schweiz nicht zu vergleichen ist, da er nur gering war. Auf der Nordseite, dicht unter dem Gipfel des basaltischen Berges, befindet sich ein Lager bunten Sandsteins, von ähnlicher Farbe wie unten in Hasel; auch werden daselbst Schleif- und Wetzsteine verfertigt. Wenden wir uns jetzt nach Südosten, so finden wir am Fusse des Hessberges das Dorf Kolbnitz, eine Meile von Jauer, woselbst seit einigen Jahren ein Bergwerk auf Blei und Silber betrieben wird, wozu jedoch der Zutritt versagt ist. Es findet sich daselbst Bleiglanz, Kupferkies, welche beide in ei- nem mit vielem Quarze gemengten Thonschiefer lagern. Auch findet sich mitunter gelbgrüner Talkschie- fer. Der Silbergehalt des Bleiglanzes konnte bis jetzt vom Referenten noch nicht festgestellt werden, er soll aber nicht unbedeutend sein; zu wünschen ist nur eine recht reichliche Ausbeute. Südwestlich von Kolbnitz liegt ebenfalls im Thonschiefer, welcher mehrfach von Basalt durchbrochen ist, in einem vom Pladerbach durchströmten Thale ein Lager Urkalk, der sowohl grobkörnig als auch gross- blättrig auftritt und sich durch seine röthliche, bis in’s dunkelblutrothe streifende Farbe auszeichnet. Die letzte Färbung dürfte zu den. seltneren ‚gehören. ‘ In diesem Urkalk finden sich Skalenoeder von verschie- dener Grösse, oft mit einer mantelförmigen Decke überzogen. Auch dieser Kalk wird zum Brennen be- nutzt, doch ist der dortige, eine Viertelstunde hinter dem Dorfe Moisdorf befindliche Kalkbruch nur sel- ten im Betriebe. Von da an theilt sich das Thal in zwei Arme, dessen romantische Felspartieen viel- fach besucht werden, auch einen steten Zielpunkt für Botaniker ausmachen, da hier die Vorgebirgsflora auf einem kleinen Raume zusammengedrängt ist. Der eine Arm dieses Thales endet unweit Jakobsdorf, wo sich über einem Plateau die Wasserscheide befindet, so dass die südlich fliessenden Bäche nach der Neisse. zufliessen; der andere Arm des Thales endigt bei einem anderen Plateau in der Nähe des Dor- fes Jägendorf. Wenn die für diesen Abriss festgesetzte Grenze der Umgegend von Liegnitz noch um ein Geringes überschritten werden dürfte, so müssten zuerst nordwestlich von Jauer die Anhöhen von Jenkau und Gränowitz genannt werden, woselbst grosse Lager von Thonschiefer zu Tage liegen, völlig in seiner Struktur verschieden von demjenigen, welcher von Jauer bis Goldberg und bis Bolkenhain vorkommt. Er zeichnet sich durch Härte, schwarze Farbe, Glanz (denn auf den Spaltungsflächen zeigt er ein auf- fallendes Schillern), so wie durch die Eigenschaft aus, in grosse rhomboidische Tafeln zu spalten. Beide, bei den obengenannten Dörfern befindliche Lager liefern ein reiches Material für die Bauten der Umge- gend; zum Decken der Dächer wird dieser Schiefer jedoch nicht gebraucht, da er nieht dünn genug spaltet. Sämmtliche bis jetzt genannte Schiefer enthalten keine Versteinerungen, eben so wenig sind in der Zechsteinformation der oben genannten Gegend dergleichen gefunden worden, ausser den oben erwähnten Stylolithen. Nicht minder sind mehrere in der Gegend von Jauer und Striegau gelegene Granitlager bemerkens- werth. ° Bei den Dörfern Tschirnitz und Kaltenhaus befinden sich Lager eines vorzüglich harten kleinkör- 60 nigen Granites, welcher aus gelbbraunem Quarz, weissem Feldspath und schwarzem Glimmer besteht und als gutes Baumaterial gesucht wird. Noch interessanter sind die beiden grossen Granitbrüche auf der Südseite eines Berges dicht bei Bohrauseifersdorf, in welchen über vierzig Arbeiter beschäftigt sind. Der dortige Granit enthält einen weissen Feldspath, welcher an einigen Stellen schöne apfelgrüne Fär- bung zeigt, fast wie die Farbe eines blassen Chrysopras, so dass er also dem Amazonensteine nahe steht. Die Farbe rührt übrigens nicht von Nickel-, sondern von Eisenoxyd her. Ausserdem finden sich in diesem Granit schöne Krystalle von Albit, kleine Krystalle von Pistazit und Drusen von Rauchtopas. Kaum eine Meile von hier befinden sich die bekannten Striegauer Berge, welche aus Basalt beste- hen, der hier den Granit durchbrach. Die grossen Granitlager am Fusse des Windmühlberges liefern bekanntlich seit vielen Jahren ein reichliches Material zu Säulen, Sockeln, Prellsteinen und Trottoirs, die mitunter sehr weit versendet werden, welches die über Striegau nach Maltsch führende Kohlenstrasse sehr be- günstigt. Nicht wenig wird ein Schlesier überrascht, -wenn er die Trottoirs in Putbus auf Rügen aus Striegauer und Zobtener Granit bestehend findet. Grosse Aehnlichkeit mit dem Granit vom Windmühl- berge hat derjenige, welcher am Streitberge nordöstlich von Striegau gebrochen wird, dessen Besteigung wegen seiner schönen Aussicht eben so lohnend ist als die von den nachfolgend genannten Bergen. Seine Höhe ist 1132 Fuss. Nordwestlich von Striegau erheben sich nahe bei der Stadt mehrere Ba- saltberge; der höchste ist der Kreuzberg (1111 Fuss), an welchem sich auf der einen Seite und oben fünfseitige Basaltsäulen zeigen; ferner der Georgenberg und der breite Berg; etwas entfernter nach We- sten bei Pilgramshayn der Brechelsberg. Diese sämmtlichen Basalte zeigen wenig Einschlüsse, doch fand Referent in dem Basalte des Georgenberges kugelförmige Massen, aus haarförmigen kleinen Pistazitkry- stallen bestehend, völlig denen ähnlich, welche in der Nähe des Laacher Sees vorkommen; desgleichen ein mit dem Cerolith von Kosemitz ganz übereinstimmendes Mineral von weisser und rother Farbe, was jetzt nicht mehr vorkommt. Der breite Berg hat für den Mineralogen noch insofern historisches Interesse, als auf seiner Südseite, versteckt zwischen Basaltsäulen, die Felsenspalte ist, welche zu der alten Grube führt, aus welcher im Mittelalter die weit und breit versendete terra sigillata gewonnen wurde. Noch heute liegen eine Menge Blöcke eines Basalttuffes an der Mündung derselben, welche eine Menge roth- gelber, 1 Linie im Durchmesser haltender Bolusstückchen enthalten, die heute nur noch für den Samm- ler Werth haben. Die Mineralien des hier geschilderten Vorgebirges sind hier noch nicht erschöpft. Ein Zug nicht bedeutend hoher Berge, deren Bäche theils in die Neisse, theils in die Katzbach münden, zieht sich von Striegau nach Schönau und Bolkenhain und gehört grösstentheils dem Thonschiefer an, enthält aber grosse Lager Urkalk, welcher in einer Menge Steinbrüche ausgebeutet wird. Nur andeutend mögen hier die Dörfer Helmsdorf, Röhrsdorf, Leipe, Petersgrund, Lauterbach und Hohendorf erwähnt werden. Die vie- len dort im Betriebe stehenden Kalkbrüche liefern ein sehr gesuchtes Material für die Mörtelbereitung. Der Kalk selbst ist ausserordentlich verschieden, sowohl in Farbe, wie im Korn; bei Lauterbach kom- men mitunter Stücke vor, welche in Korn, Farbe und Durchscheinigkeit dem carrarischen Marmor gleich- kommen, doch leider niemals in Massen, daher sie zur Ornamentik nicht anzuwenden sind. Am. letzte- ren Orte kommen auch schöne Doppelspathe vor; auch wurde kürzlich eines der schönsten Skalenoeder von 2', Zoll Länge gefunden. Möge dieser kleine Abriss, dessen Grenzen schon über die Gebühr erweitert wurden, eine Andeu- tung geben, mit welchen nützlichen Mineralien das Vorgebirge, welches man von Liegnitz aus erblickt und dessen ganze Kette man von der eine halbe Stunde entfernten Siegeshöhe übersehen ‘kann, ausge- stattet ist. Ist auch gegenwärtig keine grosse Aussicht auf Gewinnung von Erzen und ist der einst so berühmte Goldbergbau eingegangen, so besitzt dagegen das ganze Vorgebirge einen unerschöpflichen 61 Vorrath an Baumaterialien. Die grosse Fruchtbarkeit der ganzen Gegend kann nur der Verwitterung sämmtlicher hier angeführten Felsarten zugeschrieben werden, wozu unbedingt der Basalt, der Dolerit und der Thonschiefer das Meiste beigetragen haben. Dass in dem hier geschilderten Terrain die Braun- kohle nicht fehlen wird und es nur eines fleissigen Suchers oder glücklichen Finders bedarf, beweist die Braunkohle von Bremgarten und ein während des Niederschreibens dieses Aufsatzes soeben mir über- brachtes Stück bituminösen Holzes aus einem Lager schwärzlichen Lehmes dicht bei Goldberg. Die so- eben aufgefundene Steinkohle in der Nähe von Altschönau bedarf noch näherer Bestätigung. Zum Schlusse nur noch die Bitte an den freundlichen Leser dieser kleinen Skizze um Nachsicht, und zwar um so mehr, da zur Darstellung derselben fast gar keine geognostischen Karten, sondern ei- gene mehrjährige Beobachtungen an Ort und Stelle das Meiste beigetragen haben. Petrefaktenkunde. Herr Dr. phil. Hensel den 5. Januar 1853: Ueber angeblich fossile Menschenreste. Die Frage nach dem Vorhandensein fossiler Menschenreste muss vielmehr so gestellt werden: ‚‚war der Mensch ein Zeitlgenosse jener längst ausgestorbenen Thiergeschlechter, z. B. der Höhlenbären, der Höhlenhyänen und jener riesigen Pachydermen, deren Ueberreste in den Diluvialschichten so häufig ge- funden werden?“ Die alten Paläontologen, welche in allen fossilen Ueberresten die Zeugen einer all- gemeinen Sündfluth sahen, mussten auch das Dasein fossiler Menschenreste voraussetzen. Diese Annahme in Verbindung mit einem grossen Mangel an Kritik und einer mangelhaften anatomischen Kenntniss gab Veranlassung, fossile Knochen, die den menschlichen einigermassen ähnelten, als solche auszugeben, z. B. die des Höhlenbären. Oft aber mussten auch Gebeine, welche in ihren Dimensionen über alles menschliche Maass hinausgingen, als Reste vor- und nachsündfluthlicher Menschen gelten. Die im Jahre 1613 bei Chaumont entdeckten Gebeine des Cimbernkönigs Teutoboch hat Blainville als Ueberreste eines riesigen Dickhäuter, des Mastodon, erkannt. So gilt der in hiesiger Kreuzkirche aufbewahrte Ober- schenkel eines Mammuths noch als ein Riesenbein. Die gläubige Phantasie blieb aber nicht blos bei wirklichen Knochen stehen, sondern sah in ganz zufälligen Bildungen versteinerte Menschenreste. Voll- ständige Hände wollte man gefunden haben — wahrscheinlich handförmige Stalaktiten — ja sogar Füsse sammt den Stiefeln. Der Züricher Stadtphysicus und Kanonikus Scheuchzer, der am Anfange des 18. Jahrhunderts bei seiner Untersuchung der Sündfluths-Pflanzen und Thiere zu seiner Verwunderung niemals von dem Vorkommen eines Sündfluths-Menschen gehört hatte, erhielt endlich einen solchen aus dem Oeninger Kalkschiefer und beschrieb ihn 1726 in einer besonderen Schrift: ‚„Aomo diluvüi testis,“ später, 1730, in seiner „physica sacra.* — Gessner, der ein ähnliches Petrefakt besass, und später Blumenbach, schrieben jedoch dasselbe einem welsartigen Fische zu, bis endlich G. Cuvier in ihm die Ueberreste eines riesigen Salamander der Vorzeit erkannte, dessen Analoga gegenwärtig noch in Japan leben. Grosses Aufsehen, und mit mehr Recht als die vorhergenannten Fälle, machte im Jahre 1813 die Entdeckung menschlicher Skelette in felsenfestem Kalkstein an der Küste der Insel Guadeloupe. Schon glaubte man dadurch die Existenz fossiler Menschen erwiesen zu haben, als eine genaue Untersuchung des Muttergesteins dessen jugendliches Alter darthat; seine Bildung gehört der Gegenwart an. Die Ske- 62 lette, die sich in den Museen zu London und Paris befinden, sollen nach der plattgedrückten Schädelform Caraiben angehören. Die wichtigsten Fundorte für Menschen- und andere Säugethierreste sind jedoch die Knochenhöhlen. Wie die Knochen in jene Höhlen gelangt sein mögen, darüber sind die Meinungen getheill. Am wenigsten Wahrscheinlichkeit hat die Ansicht von Cuvier, Buckland etc., dass Fleisch-_ fresser viele Generationen hindurch in den Höhlen gelebt und die Knochen der übrigen Thiere darin aufgehäuft haben. Es ist unwahrscheinlich, dass die verschiedensten Raubthiere, wie Bären, Hyänen, Lö- wen, Wölfe, Vielfresser etc. einträchtig bei einander sollten gelebt oder einander gegenseitig als Beute hineingeschleppt haben. Will man die Knochen der Pflanzenfresser als von hineingeschleppter Beute herrührend ansehen, so bleibt es unerklärlich, dass die Zahl der Pflanzenfresser in vielen deulschen und englischen Höhlen so gering, da doch die Zahl der verzehrten Thiere grösser sein muss, als die der verzehrenden. Der Wahrheit näher kommt die Ansicht, welche die grosse Knochenanhäufung dem Wasser zu- schreibt. Doch sind gewiss nicht die einzelnen Knochen als solche vom Wasser zusammengeführt wor- den, wie Goldfuss, Wagner u. A. meinen, da sie ihres specifischen Gewichtes wegen sich ‚höchstens fortrollen lassen, die Knochen der Knochenhöhlen fast gar keine Rollung zeigen. Jedenfalls sind die ganzen Cadaver, nachdem sie durch die beginnende Fäulniss an specifischem Gewichte verloren hatten, aus weiter Ferne zusammengeführt und in die der Fluth entgegenstehenden Höhlen gebracht worden. Aus der verschiedenen Festigkeit, mit der die einzelnen Knochen der Skeleite aneinanderhängen, ist so- dann ihre Zerwerfung zu erklären. Nur in den seltensten Fällen, in Europa vielleicht nur in den mäh- rischen Höhlen finden sich noch mehr oder weniger vollständige Skelette. Dass Cadaver sehr weit fort- geführt werden können, beweist unter andern die Anschwemmung der Leichname amerikanischer Ein- gebornen durch den Golfstrom an den Küsten der Azoren. Die Ausfüllung der Knochenhöhlen scheint nicht periodisch gewesen zu sein, a man sonst Schichten müsste unterscheiden können. Nur Schmerling erwähnt von einer der Lütticher Höhlen, dass in ihr Stalagmitenkrusten mit Diluvium abwechseln. Der Inhalt der Knochenhöhlen ist derselbe wie der der Diluvialablagerungen, so dass man wohl mit Recht beiden Gebilden einen und denselben Ursprung zu- weisen kann. Vermuthlich sind die Thiere, welche in der jüngsten Tertiärperiode die baltische Ebene bewohnten, von jener grossen Meeresfluth fortgeschwemmt worden, deren Eintritt auch die Theorie der erratischen Phänomene erfordert und die vielleicht mit der Losreissung Englands vom Continent im Zu- sammenhange stand. Die Bildung der Knochenbreecie und Knochenhöhlen Süd-Europa’s hängt vielleicht mit der Bildung der jetzigen Verhältnisse des schwarzen und Mittel-Meeres zusammen. Je näher der Gegenwart, um so lokaler sind Katastrophen auf der Erdoberfläche gewesen, um so geringer ist die Zahl der jedesmal untergegangenen Thierspecies. Wir müssen sogar annehmen, dass einzelne Arten allmälig ausgestorben sind, wie es in historischer Zeit schon geschehen ist und noch ge- schehen wird. Der Theorie zu Liebe, nach welcher der Mensch als das vollkommenste Geschöpf der Erde allen übrigen organischen Wesen gegenüberstehen sollte, hat man ihm auch gern eine ganz besondere Schöpfungsperiode vindiciren wollen; man hat «a priori sein Vorkommen in diluvialen Ablagerungen ge- läugnet und von den im Diluvium gefundenen Menschenresten sich von vorn herein zu beweisen bemüht, dass sie erst später hinein gelangt sind. Diese Beweise sind bis jetzt wohl alle gelungen, denn die bei Grafenegg, Atzgersdorf und in der Krimm gefundenen Menschenschädel, gleich den Schädeln der alten Peruaner plattgedrückt, stammen nach Fitzinger von Avaren her. Die von Razoumovsky aus den Kalkhöhlen des Calvarienberges bei Wien erwähnten Menschenschädel gehören nach Fitzinger und Hyrtl Czechen an und sind später in jene Höhlen gelangt, als die gleichzeitig dort gefundenen Ueber- reste diluvialer Säugethiere. Die von Jäger beschriebenen Menschenzühne aus den Bohnerzgruben der 63 schwäbischen Alp sind gleichfalls erst in neuerer Zeit hineingelangt. So viel steht fest: wir kennen noch keine Thatsache, die das primäre Vorkommen von Menschenresten in diluvialen Ablagerungen be- wiese; daraus aber zu schliessen, dass sie überhaupt nicht vorkämen, ist mindestens sehr voreilig. Auch von den Affen war man früher geneigt zu glauben, dass sie, als die dem Menschen zunächst stehenden Thiere, erst mit diesem zugleich entstanden seien. Jetzt kennt man fossile Affen fast in allen Theilen der Erde, und nicht blos in den jüngsten Tertiärschichten, sondern selbst im Londonthone. Wenn wir bedenken, dass bereits in der Tertiärzeit der Zustand der Erde ein solcher war, dass der Mensch in aller Bequemlichkeit auf ihr existiren konnte, so wie dass doch nur in Europa, welches gewiss kein Mittelpunkt für Menschenschöpfung war, das Diluvium einigermassen untersucht ist, so werden wir uns mit der Behauptung begnügen müssen: „die Erfahrung hat bis jetzt noch keinen Beweis geliefert, dass der Mensch auch in der Diluvial- oder Tertiärzeit gelebt hat; aber andrerseits giebt es auch keine po- sitive Thatsache, welche die Existenz des Menschen auf die Gegenwart beschränkt.‘“ Das hiesige zoo- tomische Museum besitzt angeblich fossile Menschenknochen aus den Knochenhöhlen von Ojcon bei Kra- kau und Agg-Lelek in Ungarn. Doch hat sich bis jetzt über die näheren Umstände ihrer Lagerung nichts Weiteres ermitteln lassen, so dass auch sie nicht geeignet sind, die obige Behauptung umzustossen. Derselbe den 22. Juni 1853: Ueber fossile in Schlesien entdeckte Reste des Riesenhirsches. Seit langer Zeit schon fand man im diluvialen Boden Europa’s zerstreut ungeheure schaufelförmige Geweihe, die man einer entfernten Aehnlichkeit wegen dem Elenn zuschrieb. Mitunter fand man auch ganze Schädel, ja in Irland selbst vollständige Skelette dieses Thieres. Cuvier und Goldfuss haben zuerst durch genaue Vergleichungen nachgewiesen, dass jene Ueberreste nicht dem Elenn, sondern einer riesigen, jetzt ausgestorbenen Hirschart angehören. Das Geweih übertrifft das des Elenn bedeutend an Grösse; man kennt solche, deren entfernteste Enden 10—12, ja selbst 14° von einander abstehen. Fer- ner hat das Geweih des Riesenhirsches dicht über der Krone stets eine Augensprosse, die zuweilen wie- der gegabelt ist, dem Elenn aber ganz fehlt; diesem mangelt aber auch eine Sprosse am Hinterrande der Schaufel, die am Riesenhirsch sich auch stets findet. Der Schädel selbst unterscheidet sich wesentlich von dem des Elenn. Dieses Thier besitzt wegen der hohen Vorderläufe und des verhältnissmässig kurzen Halses ungemein grosse Lippen, um so das Aesen zu erleichtern. In Folge dieser Lippen und einer entsprechenden Nasenbildung zeigt der Schädel des Elenn eine ungemein grosse, sehr schräg abgestuzte Nasenöffnung. Der Riesenhirsch hat jedoch nichts Aehnliches nachzuweisen. Cuvier fand, dass der Riesenhirsch bei weitem mehr dem Rennthier glich als dem Elenn, sowohl in der Gestalt des Geweihes und Schädels, als auch des ganzen Skeletts. Diese Aehnlichkeit schien Cuvier noch grösser zu sein, als sie in der That ist, da man zu seiner Zeit noch keine Schädel ohne Geweihe gefunden hatte (wahrscheinlich hatten die Finder solche Schädel niemals beachtet, da anfänglich die Geweihe das meiste Interesse erregten). Er glaubte also, der Rie- senhirsch habe in beiden Geschlechtern Geweihe besessen, ein Fall, der nur bei dem Rennthier stattfin- det. Später jedoch beschrieb der berühmte englische Zoologe Owen vollständig erhaltene Schädel ohne Geweihe, die also jedenfalls den weiblichen Riesenhirschen angehörten. Owen, der die Gattung Cervus in mehrere Gattungen trennt, hat auch für den Riesenhirsch, da er mit keiner der gegenwärtig lebenden Arten übereinstimmt, eine neue Gattung Megacerus errichtet. Ueber 9 64 die Zeit, in der das erwähnte Thier lebte, herrscht noch Streit. Man fand seine Ueberreste häufig mit denen der Nashörner und Elephanten vereinigt, er muss also ein merkwürdiger Zeitgenosse dieser Rie- sen gewesen sein. So viel ist sicher; doch lassen ihn einige Naturhistoriker noch vor dem Erscheinen des Menschen aussterben, während andere in ihm selbst noch den ‚‚grimmen Schelch‘“ des Nibelungen- liedes erkennen wollen. Richtiger scheint mir jene erstere Ansicht zu sein, denn wer da weiss, dass in der Jägersprache die verschiedenen Geschlechter des Waldes stets mit verschiedenen, oft von einander ganz abweichenden Namen bezeichnet werden, der wird in ‚‚Elch“ und ‚‚Scheleh“ nur die beiden Ge- schlechter des Elenn oder vielleicht verschiedene Alterzustände des männlichen Elenn sehen. Die An- gaben bei Goldfuss über das Auffinden von Resten des Riesenhirsches zugleich mit menschlichen Kunstprodukten scheinen auf einem Irrthum zu beruhen, entbehren auch ausserdem der nöthigen Genauig- keit, um Schlüsse aus ihnen zu ziehen. Man glaubt häufig, dass vorzugsweise der Torf, eine Bildung der gegenwärtigen Schöpfungsperiode, eine Fundgrube für Ueberreste des Riesenhirsches sei, doch hat Owen nach Prüfung aller Angaben über das Vorkommen jener Reste in Irland gefunden, dass sie nie- mals im eigentlichen Torf vorkommen und dass sie somit diluvial zu sein scheinen. Bei der Häufigkeit jener Reste war es auffallend, dass in Schlesien noch nie dergleichen waren gefunden worden. Zwar beschrieb schon 1729 Pastor Herrmann zu Massel bei Trebnitz Ueberreste einer Hirschart, die er dem Elenn zuschrieb, die aber Cuvier für den Riesenhirsch in Anspruch nahm; je- doch scheinen sie, soweit die rohen Abbildungen und ungenauen Beschreibungen einen Schluss zulassen, wirklich dem Elenn angehört zu haben. Erst vor kurzer Zeit schickte der Regierungs-Ingenieur Herr Stocken einige Bruchstücke fossiler Knochen aus einer Mergelgrube. bei Wirrwitz an Herrn Professor Göppert, die sich bald als Ueberreste des längst vermissten Riesenhirsches auswiesen; sie bestehen aus dem Hinterhaupt und der Stirn, sowie aus einem gut erhaltenen Atlas. Möchte das Beispiel des Herrn Stocken Nachahmung finden bei allen Besitzern von Mergelgruben, damit nicht so manche für die Wissenschaft schätzbare Denkmale einer längst vergangenen Schöpfung durch die Nachlässigkeit oder Unwissenheit der Arbeiter verloren gehen. Der Secretair der Section Professor Dr. Göppert den 11. Mai: Ueber die Bernstein-Flora. Die wichtige Frage, ob wohl Organismen der verschiedenen Abtheilungen der Tertiärformation sich noch in der gegenwärtigen Fauna oder Flora vorfinden, ist wenigstens für die erstere ziemlich erledigt, weniger für die letztere, indem die Botaniker sich in dieser Hinsicht nicht so direct als die Zoologen ausgesprochen und sich fast nur auf das Zugeständniss beschränkt haben, dass sich gewisse Pflanzen der Tertiärformation von denen unserer lebenden Flora nicht unterscheiden lassen. An Identität dachte ich auch nicht, bis sich mir Gelegenheit darbot, ausgedehnte Lager von Tertiärpflanzen zu untersuchen, zu denen vor allen das schon früher beschriebene von Schosnitz bei Canth in Schlesien gehört. Der hier, wie an einigen anderen Orten beobachtete Taxodites dubius Sternb. liegt so vollständig vor, dass man an seiner Identität mit dem jetzt in den südlichen vereinigten Staaten und in Mexico lebenden Ta- xzodium distichum Rich. nicht zweifeln kann. Für mehrere andere Pflanzen dieser merkwürdigen Ab- lagerung, namentlich selbst an Platanen, wird sich Gleiches nachweisen lassen. Indem ich mich hierbei der früher im Jahre 1845 ‘bearbeiteten Pflanzeneinschlüsse in Bernstein erinnerte, und hier Aehnliches vermuthete, wurde ich durch Mittheilung einer überaus reichen Sammlung dieser Art überrascht, welche 65 Herr Oberlehrer Menge in Danzig mir zur Bearbeitung mittheilte, die nicht weniger als 570 Exemplare umfasst und;in der That von so hoher Bedeutung ist, dass die Wissenschaft ihm stets dafür verpflichtet sein muss. Hierzu kommen noch 30 interessante Stücke, welche mir die Familie Berend aus der Nachlassenschaft ihres, für die Wissenschaft und seine Freunde viel zu früh verstorbenen Vaters, meines früheren Mitarbeiters, überschickte, die ebenfalls viel Neues lieferten, so dass nun die Zahl sämmtlicher, bis jetzt von mir ermittelter Arten von 44, dem früheren Bestand vom Jahre 1845, bis auf 163 Arten gestiegen ist; unter ihnen sind 161 neu, da nur Libocedrites salicornioides und Taxodites europaeus auch noch in anderen Lagern vorkommen, Sie vertheilen sich in folgende Familien: Pilze 16 Arten, Flechten 12, Jungermannien }1, Moose 19, Farne 1, Cyperaceen 1, Gramineen 1, Alismaceen 1, Cu- pressineen 22, Abietineen 34, Gnetaceen 1, Betulaceen 2, Cupuliferen 9, Salieineen 3,' Ericineen 22, Vaceineen 1, Primuleen (1) 2, Verbascineen 2, .Lorantheen 1, Solaneen 1, Serophularineen 3, Lonice- reen 1, Crassulaceen 1. . Unter, jenen 163 Arten. befinden sich nun nicht weniger. als 30 Arten, ‘die mit jetzt lebenden Arten so übereinstimmen, dass man sie für identisch halten muss, nämlich 4 Pilze! (Sporo- trichum. Nyctomyces; Botrytis und Peziza), ‚1 Alge (Protococceus erustaceus), 6 Flechten (Graphis scripta, Sphaerophorum coralloides, Cornicularia aculeata, Cladonia furcata, Usnea barbata, U. b. hirta [Hoffm.], 11 Jungermannien (Aneura palmata, Jungermannia, cuspidata, conıplanata, crenulata, pumila, inflata, sphaerocarpa, Lejeunia serpyllifolia, Radula complanata, Frullania dilatata etc.), 2 Cupressineen (Thuja occidentalis und Libocedrus chilensis und wahrscheinlich noch mehrere), 3 Eri- cineen (Andromeda hypnoides eine ganze Pflanze mit Fruchtkapsel, A. ericoides, Pyrola uniflora)» 1 Verbascee (Verbascum thapsiforme, 1 Blüthe), 1 Crassulacee (Sedum ternatum Mx.). Näheres ent- hält hierüber die nun folgende systematische Uebersicht der aufgefundenen Pflanzen, der wir dann noch einige allgemeine Resultate beizufügen uns erlauben. 1. Uebersicht der bis jetzt im Bernstein Preussens entdeckten vegeta- bilischen Reste. Cl. 1. PLANTAE CELLULARES. Subel. I. Plantae cellulares aphyllae vel subaphyllae. Il. FUNGI. Hyphomycetes. Sporotrichites heterospermus Göpp. et Berend. 1 densus Göpp. et Menge. Weisse dichte Masse als Ueberzug von Insekten, an deren Seiten sich ‘eine grosse Menge kleiner Sporen befinden. Höchst ähnlich, ja wohl identisch mit dem Sporotrichum densum, welches todte In- sekten der Jetztwelt nicht selten überzieht. Sporotrichites intricatus G. et M.. (Mit jungen keimenden Pflanzen derselben Art.) Nytomyces divaricatus G. et M. Diese merkwürdige, im Innern der Gefässe und Holzzellen fau- lender Hölzer vorkommende, von Hartig zuerst beschriebene fadige Bildung habe ich auch in einem in Bernstein eingeschlossenen Splitter des Pinites Mengeanus ganz so vorgefunden, wie sie Hartig in sei- nem interessanten Werke (Th. Hartig, Abhandlung über die Verwandlung der polykotyledonischen Pflan- zenzellen in Pilze und Schwammgebilde. Berlin 1833. T. I. fol. 20.) auch aus Coniferen-Holz (Pinus sylvestris), abbildet. ‘Ohne der. Ansicht: derjenigen entgegentreten zu wollen, die diese Bildung gegen Hartig als Anfänge ‚oder als das Mycelium eines Pilzes betrachten, halte ich es doch für gerechtfer- 9* 66 tigt, sie hier unter einem eigenen Namen zu erwähnen. Ihre Beschaffenheit liefert nur einen neuen Bei- trag zu der grossen Aehnlichkeit, welche die Vegetation der Gegenwart nach verschiedenen Richtungen hin mit der der Tertiär-Flora zeigt. Nyctomyces densus G. et M. Eine zweite Form. Oidium thuigenum M. et G. Ein höchst zierliches Gebilde, welches Herr Menge auf einem Zweige unseres früheren Thuites Kleinianus, den wir geradezu als Thuja occidentalis betrachten müssen, entdeckte. Oidium moniliforme M. et G. Botrytis similis M. et G. Fäden ohne Sporen an einem Insekt. Ungemein ähnlich, ja wohl die- selbe Art, welche gegenwärtig todte, im Feuchten befindliche Thiere zu überziehen pflegt. (C. G. Ca- rus Beitrag zur Geschichte der unter Massen von verwesenden Thierkörpern sich erzeugenden Schimmel- oder Algengattungen mit einer Kupfertafel. Nova Acta phys. med. Acad. Caes. Leop. Carol. N. Cur. T. XI. Bonn 1832. pag. 409. T. I. VIII. Fig. 15.) Eurotium elegans G. et M. Penicillum curtipes Berkeley. Brachycladium Thomasianum Berk. Streptothrix spiralis Berk. Vorstehende 3 Arten wurden von Hr. Dr. Thomas aufgefunden und von Berkeley beschrieben und abgebildet (The Annales and Magazine of natural history 1848. pag. 380.), welche Schrift mir nicht zur Hand ist, daher ich nicht weiss, ob sie mit den von uns hier erwähnten Fadenpilzen überein- stimmen. Pyrenompycetes,. Sphaeria muricata M. et G. Runde Körperchen von mikroskopischer Kleinheit und verschiedener Grösse, mit stachelwarziger Oberfläche und rundlicher Oeffnung in der Mitte, Sclerotium seminiforme G. et M. Fast runde Körperchen von ansehnlicher Grösse ohne Aha Oeffnung, sehr ähnlich Selerotium Semen Tode. Discomycetes. Peziza candida G. et B. ’ Dieser Pilz, abgebildet in zahlreichen Entwickelungsstufen, wie man sie von einer jetztweltlichen Peziza noch nicht beschrieben hat, kommt höchst wahrscheinlich mit Peziza umbonata Pers. überein. Da dies aber doch nicht ganz gewiss, dagegen an der Peziza-Natur derselben nicht zu zweifeln ist, habe ich mich nur begnügt, den Gattungsnamen Pezizites in Peziza zu verändern. Peziza claviformis G. et M. Sehr ähnlich Peziza Clavus Alb. et Schwein. I. ALGAE. Protococcus crustaceus Kütz. Eine ganz und gar mit dem Protococcus crustaceus übereinstimmende Alge auf einer ziemlich grossen Fläche eines von der Rinde entblössten Rindenlängsschnittes des Bernsteinbaumes. In 3 Exem- plaren vorhanden. II. LICHENES. Flechten, von denen ich nur 3 Arten im Bernstein bisher kannte, sind hier in grösserer Anzahl vorhanden. Sie lassen sich gewiss alle auf jetztweltliche Arten zurückführen und entsprechen den jetzt 67 noch hier, so wie auch im hohen Norden vorkommenden Formen '), Wo sich dies jedoch nicht mit der grössten Bestimmtheit behaupten lässt, habe ich andere Specialnamen gewählt, ein gewiss zu billi- gendes Verfahren, da auch der beste Flechtenkenner nicht im Stande sein dürfte, aus einzelnen Bruch- stücken, wie z. B. aus allein nur vorliegenden Endzweigen .einer Cladonia, sichere Schlüsse auf ihre Abstammung zu machen. Nur ein Theil der beobachteten Arten, wie Graphis, Opegrapha, Ramalina und Usnea wachsen in der Jetztzeit auf der Rinde von Bäumen, die übrigen auf der Erde, so wie auch auf Felsen; alle sind häufig in Europa vom hohen Norden bis in den Süden und auch wohl in vielen anderen Gegenden der Erde, da die Flechten zu den wahren Kosmopoliten gehören. ?) Graphidenae. Graphis scripta 8) suceinea (Graphis succinea G. über die Braunkohlen-Flora des nordöstlichen Deutschlands. Zeitschrift der geologischen Gesellschaft, 4. Bd. 2. Heft. 1852. pag. 488.). Opegrapha Thomasiana Göpp. ebendaselbst Seite 488. Sehr ähnlich Opegrapha varia. Parmeliaceae. Parmelia lacunosa M. et G. Thallus: Bruchstück ähnlich Parm. saxatilis. Sphaerophorease, Sphaerophorum coralloides Pers. Cladonieae. Cladonia divaricata M. et G. Aehnlich Cladonia degenerans. Cladonia furcata Sommerf. In 5 Exemplaren vorhanden. Im hohen Norden ganz besonders häufig. Ramalineae. Ramalina calycaris Fries a. fraxinea Fr. Bruchstück des Thallus mit der ihm so eigenthümli- chen grauweisseu Farbe vortrefflich erhalten, und Ramalina calycaris c. canaliculata Fr. Usneacenae. Cornicularia aculeata Ach. in 4 Exemplaren vorhanden. u subpubescens M. et G. Sehr ähnlich Cornicularia pubescens der Jetztwelt. Cornicularia ochroleuea Ach. ? succinea G. u. a. O. Gehört vielleicht zu der vorigen. Usnea barbata Fries. c. hirta Hoffmann. In 2 Exemplaren. Subel. I. Plantae cellulares foliosae. IV. MUSCI HEPATICH. Mit noch viel grösserer Bestimmtheit als die Flechten lassen sich alle, im Ganzen in 39 Exempla- ren vorliegenden Jungermannien auf jetztweltliche Arten zurückführen, was ich allerdings wohl schon !) Soeben finde ich auf der Rinde einer Betula aus dem Braunkohlenlager von Salzhausen eine mit Pyrenula nitida. Achar. ganz übereinstimmende Art. 2) Es verdient hier wohl bemerkt zu werden, dass fast sämmtliche hier erwähnte Flechten neben mehreren andern sowohl auf der Ostküste des arktischen Amerika’s in Labrador, wie eine mir durch ein Mitglied der mähri- schen Brüdergemeinde mitgetheilte Sammlung zeigt, als auch auf der Westküste nach Berthold Seemann (Hook. J. of Bot. V. VII. 1851. p. 149.) vorkommen. 68 1843 ahnend aussprach, . aber erst jetzt in Folge der in solcher Menge vorliegenden Exemplare mit Ge- wissheit zu behaupten vermag. Fast alle gehören zu Arten, die jetzt keineswegs etwa nur an Bäumen, sondern auch unter Bäumen, auf schattigen Orten in Wäldern verschiedener Art in Europa, grösstentheils auch in Amerika, so wie anderen Erdtheilen, und zwar meist häufig, angetroffen werden, wie die fol- gende Uebersicht ihrer gegenwärtigen Verbreitung ergiebt, die ich den in Bernstein gefundenen Arten beifüge. Jungermanniaceae Cord. Frondosae. Aneura palmata N. ab E. In der Jetztwelt auf blosser Erde, namentlich auf Thon- und Sandboden, selbst auf Felsen, beson- ders von Sandstein, sowie auf Baumwurzeln und faulenden Baumstrünken in Deutschland, Frankreich, der Schweiz, Russland, Schweden, aber auch in Nord-Amerika, auf Jamaica und der Insel St. Vinzent. Foliosae. en berpihfoil Lib. (Unstreitig Jungermannites contortus G. et B. a. a. ‘0.) Häufig auf alten Baumstämmen, bemoosten Wurzeln, Felsen und auf Blöcken, besonders in Gebirgs- gegenden durch ganz Europa, von Lappland bis Italien, in Amerika, am Vorgebirge der guten Hoffnung und auf dem Festlande Ostindiens, in Singapora und auf dem Delta des Ganges. Frullania dilatata N. ab E. (Jungermannites transversus G. et B. a. a. O. und J. acinaciformis G. a. a. O. in der Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft, 4. Bd. 2. Heft. S. 488.) in 6 Exemplaren vorhanden. Gemein auf nackten Felsen und an Baumstämmen durch ganz Europa, Br riffa und wahrscheinlich auch in Nord-Amerika: Radula complanata Dumort. Auf Baumstämmen, seltener an schattigen Felsen, durch ganz Europa, Nord- und Süd-Amerika, Madeira, Vorgebirge der guten Hoffnung, Ostindien und Campbell-Insel in Australien. Jungermannia bicuspidata L. In 3 Exemplaren. Sehr häufig und auf jedem Boden, erdigem, wie felsigem, an Bäumen der Ebene, wie der Gebirge, durch ganz Europa vom hohen Norden bis in den Süden, in Grönland, Nord-Amerika, am Vorgebirge der guten Hoffnung, in Nord-Afrika bei Tanger, so wie auf Java. Jungermannia ineisa Schrad. Auf feuchten schattigen Orten an Hohlwegen auf Moosen, oder an faulenden Baumstrünken des nördlichen Europa’s und Amerika’s. ‘ Jungermannia inflata Huds. In bergigen und subalpinen Gegenden, auf Steinen und Felsen, seltener auf Moosen und auf der Erde, nicht selten; durch ganz Europa von Lappland bis Italien, auf den griechischen und auf den ca- narischen Inseln. Jungermannia pumila With. Seltener. in bergigen Gegenden, auf kalkigem Boden in England und Deutschland. Jungermannia cordifolia Hook. In subalpinen und alpinen Gegenden, auf Moorboden Deutschlands, Grossbritanniens, Islands und Grönlands. Jungermannia sphaerocarpa Hk. In 3 Exemplaren, worunter auch die Form $ gracilescens. Auf feuchtem Sand- und Thonboden Deutschlands, Frankreichs und Englands. Jungermannia crenulata Sm. Am häufigsten, in 8 Exemplaren vorhanden. (Jungermannites Neesianus G. a. a.'O.) 69 Häufig in der Ebene, wie in bergigen Gegenden, auf der Erde durch ganz Europa, von Lappland bis Italien und Spanien. u V. MUSCI FRONDOSI Die Moose lassen sich bekanntlich durch die Vegetationsorgane weniger leicht als die Lebermoose unterscheiden, daher die Bestimmung der im Bernstein eingeschlossenen Moose, da Kapseln überall feh- len, auf weniger Genauigkeit Anspruch zu machen hat, als‘ die der Lebermoose. Inzwischen hoffe ich vielleicht in den meisten Fällen wenigstens die Gattung erkannt zu haben, wenn ich auch die Zurück- führung auf jetztweltliche Arten nur bei ein paär Arten mit Sicherheit zu vertreten im Stande bin. Die Gattung Museites ist für einige dubiöse Species noch beibehalten worden. Auch die Moose gehören, wie die vorigen Familien, zu den Kosmopoliten, und alle hier bestimmten Arten zu den sehr weit ver- breiteten, die fast alle auf blosser Erde und nur zufällig auf Bäumen gefunden werden. Phasenceae. Phascum. -cuspidatum. Ein kleines mikroscopisches Pflänzchen, in dessen Bestimmung ich mich nicht zu irren glaube, in hellem, wasserklarem Bernstein... Auf thonigem Boden, in der gemässigten Zone der gesammten Erde. Dieranacenae. Dicranum subflagellare G. et M. Aehnlich Dieranum flagellare Hedw. Dicranum subscoparium G. et M. Aehnlich scoparium Hedw. Dicranum subpellueidum G. et M. Aehnlich pellucidum Hedw. Dicranum simplex G. et M. Aehnlich ‚Schreberi Hed w. Dieranum fuscescens Hornschuch. (D. congestum Brid.) Von Dicranum fuscescens der Jetzt- welt nicht zu unterscheiden. Auf Bergen und Alpen des ganzen nördlichen Europa’s und Amerika’s. Trichostomenae. Trichostomum substrietum G. et M. Aehnlich Trichostomum stricetum. Tr. subpolystichum G. et M. Aehnlich Tr. polystichum. Barbula subcanescens G. et B. (Muscites apicutatus G. et B. a. a. O.) | Weissiaceae. Hymenostomum microstomum R. Br. (Museites confertus G. et Ber.) Auf feuchter Erde durch ganz Europa häufig. Grimmiaceae., Grimmia subelongata G. et M. Polytrichacenae., Polytrichum suburnigerum M. et G. Polytrichum subseptentrionale G. et M. Polytrichum subundulatum G. et M. Leskencene. Hypnum squarrosum L. Ein Stengelchen mit mehreren Fiederästchen. Auf feuchten, besonders grasigen Orten, durch das ganze nördliche Europa, Asien und Amerika. Museites elegans G. Ein höchst zierliches, 3 Linien langes Pflänzchen, ähnlich manchen Mnium-Arten hinsichtlich der Insertion der fast gestielten, etwa Y, Linien langen Blättchen. 70 Musecites serratus G. et B. Muscites dubius G. et B. Muscites hirsutissimus G. et B. Cl. I. PLANTAE VASCULOSAE. Subel. III. Cryptogamae vel Acotyledones vasculosae. Filices. Pecopteris Humboldtiana G. et B. Es ist mir noch nicht gelungen, diese nur in einem einzigen Exemplare der Berendschen Samm- lung vorhandene Art auf ein noch lebendes Farrnkraut zurückzuführen. Subel. IV. Monocotyledones. Cyperaceae. Carex eximia G. et M. Eine trefflich erhaltene Aehre mit reifem Saamen, deren Form an C. Oederi erinnert, während die Zahl und Anordnung derselben mit C. ampullacea übereinkommt. Graminenae. Zwei Blattreste und ein Stengelrest, so wie auch ein Samen, die aber wegen Unvollständigkeit weitere Bestimmung nicht zulassen. Alismacenae. Alisma plantaginoides G. et M. Eine Blüthe. Subel. V. Dicotyledones gymnospermae. . Cupressinenae. Thuja oceidentalis L. Ich habe früher den beblätterten Zweig einer Thuja als Thuites Kleinianus und ein männliches Blüthenkätzchen als 7%. Klinsmannianus beschrieben, ‚die .aber zusammengehören, wie ein treffliches Exemplar der Mengeschen Sammlung lehrt. Zugleich ergiebt sich hieraus, wie auch aus der Verglei- chung mehrerer anderer Exemplare, dass diese Art von der heut noch in Amerika lebenden 7huja ocei- dentalis L. nicht zu unterscheiden, also auch so zu benennen ist. Für die anderen Arten kann vorläufig noch der Namen 7huites beibehalten werden. Thuites Ungerianus G. et B. » Mengeanus G. et B. . Breynianus G. et B. » gibbosus M. et G. > rhomboideus M. et G. es heterophylius G. Berendsche Sammlung. Widdringtonites oblongifolius M. et G. \ „» microphyllus M. et G. „ tenuis M. et G. „ cylindraceus M. et 6. Libocedrites salicornioides Ung. Berendsche Sammlung. 71 Sehr interessant, einmal, weil das uns vorliegende, noch sogar mit den weisslichen Längsstreifen auf den Blättern erhaltene Exemplar ganz und gar mit Libocedrus chilensis übereinstimmt, andrerseits, weil es, wie auch der bald folgende Taxodites europaeus in der Braunkohlenformation anderer Gegen- den vorkommt. - Diese beiden Pflanzen sind also gewissermassen als die Verbindungs- glieder der Bernsteinformation mit der europäischen Braunkohlenformation zu be- trachten. Libocedrites salicornioides ward von Unger in Radoboi, von Weber in Orsberg, von mir in Lissem bei Bonn, und neuerlichst in Schosnitz in Schlesien gefunden. Tazxodites europaeus kommt vor auf der Insel lliodroma in Griechenland, bei Parutz und Commotau in Böhmen, bei Arnfels in Steyermark und bei Salzhausen. Libocedrites ovalis G. et M. Callitrites manicatus G. Berendsche Sammlung. Cupressites Linkianus G. et B. Chamaecyparites sedifolius G. et B. 2 obtusifolius G. et M. E minutulus G. (G. et B.) a. a. O. Tab. VI. fol. 6. 7. Taxodites Bockianus G. et B. 2 europaeus Endl. (Taxodium europaeum Brongn.) Abietinenae. Es ist nicht mehr als wahrscheinlich, dass viele von den nachfolgenden Arten, die nur auf einzelne Theile gegründet sind, zu einander gehören, wie dies bei der vorigen Familie mit T7huites Klinsman- nianus und 7%. Kleinianus der Fall war. Jedoch können hierüber nur künftige glückliche Funde ent- scheiden; inzwischen sind wir noch .genöthigt, sie durch verschiedene Namen von einander zu trennen. Ganz besonders gilt dies von den Hölzern, die ich als die Mutterpflanzen des Bernsteins erkannte. Fort- gesetzte Untersuchungen der in meiner Sammlung sich befindlichen Holzreste, zu denen auch die Samm- lung des Herrn Menge erwünschte Beiträge lieferte, und genauere Erkenntniss der Struktur-Verhältnisse der Coniferen haben nämlich gezeigt, dass wir den Bernstein nicht etwa nur einer Art, sondern meh- reren Arten verdanken, wie es denn in der That mehr als wahrscheinlich ist, dass, da der Bernstein für nichts weiter als ein durch die Fossilisation verändertes, unserem Terpenfin ähnliches Harz angesehen werden kann, alle in dem Bernsteinwalde einst vegetirenden Abietineen hierzu ihren Beitrag lieferten. Ich unterscheide jetzt 1) ähnlich der Gattung Abies Tournef. 2 Blüthenkätzchen, 12 verschiedene Blatt- formen und 4 Arten von Holzresten; 2) ähnlich der Gattung Pinus Link: A Blattformen und 4 Arten von Holz. . Die physikalische Beschaffenheit des Bernsteins, welchen diese 8 Arten enthalten, zeigt keine Un- terschiede, 1. Aehnlich der Gattung Abies Tournef. + Holzreste. "Pinites succinifer G. » resinosissimus G. „ eximius G. „» Mengeanus G. In meiner Sammlung. rt Folia. Abietites lanceolatus G. Eigene Sammlung. Geschenk des Herrn Dr. Thomas. . striolatus M. et G. Blätter nicht zu unterscheiden von Abies balsamea Michx. 10 72 Abietites crassifolius G. et M. Aehnlich den Blättern von A. canadensis. # claveolatus M. ei G. ; pungens M. et G. P} acutatus M. et G. Aehnlich denen der japanischen Abies jecoensis Sieb. et Zuee. „ obtusifolius G. et B. In 6 Exemplaren. 5 glaucescens G. et M. 5 anceps M. et G. Fr mucronatus M. et G. Blätter ähnlich denen der japan. Abies leptolepis. Pr trinervis M. et G. 2 e microphyllus M. et G. Zweig mit Blättern. +rr Flores. m Reichianus G. “ elongatus M. et G. ” obtusatus M. et G. = rotundatus G. ® Wredeanus G. et B. 2. Holzreste und Blätter verwandt der Gattung Pinus Link. + Holzreste. Pinus anomala G. et M. „ sylvicola G. „ radiosa G. „ macroradiata G. ei M. Eigene Sammlung. ++ Blätter. Pinus banksioides G. et M. Aehnlich den Blättern von Pinus banksiana Lamb. „» sylvatica G. et M. Aehnlich Pinus sylvestris. „ subrigida G. (Pinites rigidus G. et B. a. a. 0.) Aehnlich Pinus rigida. „ triquetrifolia M. et G. Achnlich Pinus Taeda L. „» trigonifolia M. et G. Aehnlich Pinus serotina Mx. Wir behalten uns vor, in dem, der Beschreibung dieser fossilen Reste gewidmeten Werke von der ganzen Familie der Abietineen eine den gegenwärtigen Resultaten entsprechende Umarbeitung zu liefern. Gnetaceae. Ephedra Johniana G. et B. Wir hatten früher nur weibliche Blüthenknospen beschrieben. Durch Herrn Menge’s Entdeckungen kommt nun auch eine männliche Blüthenähre hinzu, so dass über die Iden- tität dieser Gattung mit Ephedra kein Zweifel mehr übrig bleibt, daher wir auch Ephedrites in Ephedra umänderten. Subel. VI. Monochlamydeae. Betulacene. Betula succinea M. et G. Ein männliches Blüthenkätzchen und einzelne Blättchen der Blüthe. Alnites succineus G. et B. Cupuliferae. Quercus succinea G. „ serrata G. Eine männliche Blüthe aus der Berendschen Sammlung. » Meyeriana Ung. (Quercites Meyerianus G. et B.) 73 Quercus agrioides M. et G. Ein vortrefflicher Blattabdruck, welcher der californischen Quercus agriae- folia täuschend ähnlich ist. „ subrepanda G. et M. » distans G. et M. Bruchstück eines Blattes mit entfernt stehenden Zähnen, wie sie bei manchen i Quercus-Arten, z. B. Qu. coccifera, Forbyana vorkommen. „ subacutifolia G. Eine 2',‘ lange Spitze eines Blattes. Schwer zu deuten, ähnlich, nur schmä- ler als bei Qu. acutifolia Humb. Plant. aequin. t. 95. Ein höchst ausge- zeichnetes Exemplar der Berendschen Sammlung, wohl der grösste vegetabi- * lische Rest, der je im Bernstein gefunden wurde. Fagus humata M. et G. Undeutlicher Blattabdruck, ähnelt mehr Fagus ferruginea als F. sylvatica. „ ‚succinea G. et M. Männliche und weibliche Blüthe, so wie wohl erhaltenen Samen in verschie- denen Alterszustäinden. Der grösste noch von schön kastanienbrauner Farbe, ähnlich dem Samen von Fagus sylvatica, jedoch mehr länglich und an den Enden nicht mit so vorgezogenen, fast REINER Kanten, wie bei der letzten Art. Carpinites dubius G. et B. Salicineae. Salix attenuata M. et G. „» squamaeformis M. et G. „ myrtifolia G. et B. Ueberdies noch eine Blüthenschuppe mit einem Staubgefässe, ähnlich der jetztweltlichen Salix mo- nandra. Subel. VII. Corolliflorae. Ericinene. Dermatophyllites G. et B. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die von uns hierher gerechneten Arten zu den Erieineen, und zwar zu den Galtungen Azalea und Andromeda L., vielleicht auch selbst zu Paccinium gehören. Bei der Unmöglichkeit jedoch, aus einzelnen kleinen Blättchen mit Sicherheit auf die Abstammung zu schlies- sen, schlage ich vor, jene Sammelgattung, deren Namen auch eine Haupteigenschaft derselben, nämlich ihre lederartige Beschaffenheit nachweist, so lange beizubehalten, bis der Zusammenhang mit grösseren Pflanzentheilen nachgewiesen sein dürfte, was gelegentlich wohl erwartet werden kann, wenn wir die glücklichen, die Gattung Ardromeda betreffenden Funde berücksichtigen. Dermatophyllites stelligerus G. et B. = obtusus G. . azaleoides G. et B. 5; repandus G. ” latipes G. et B. bs Kalmioides G. et B. " revolutus G. et B. R minutulus G, et B. % attenuatus G. et B. “ dentatus G. et B. Fr obovatus M. et G. Sehr ähnlich Vacein. acheronticum Ung. a lanceolatus M. et G. 10 * 74 Dermatophyllites hispidulus M. et 6. Pr subalatus M. et G. e aculifolius M. et G. Andromeda rosmarinoides M. et G. Prachtvolles Exemplar, Zweig mit 6— 8“ langen Blättern. Andromeda hypnoides L. Ein ganzes fructificirendes Pflänzchen, welches in jeder Hinsicht mit den Exemplaren der Andro- meda hypnoides, wie sie uns aus Labrador und Unalaschka vorliegen, übereinstimmt. Andromeda ericoides L. .. Zweige ohne Blüthe mit den charakteristischen stark gefranzten Blättern, von dieser lebenden Art nicht zu unterscheiden. Andromeda truncata M. et G. Eine einzelne Blüthe ähnlich der nordamerikanischen Phyllodoce empetriformis Don. Andromeda Berendtiana G. Carpantholithes Berendti G. Dieses früher für eine Blüthe gehaltene Inclusum glaube ich jetzt mit Sicherheit als die Frucht ei- ner Andromeda betrachten zu dürfen. Pyrola uniflora L. Ein fructificirendes Exemplar mit einem grossen Theile des Stiels, an welchem das einzelne Stütz- blätichen sitzt. In allen seinen Theilen von Pyrola uniflora nicht zu unterscheiden. Vaeceinene. Vaceinium simile G. et M. Ein Zweig mit völlig destruirten Blättern und einer Blüthe, die ihres Aeusseren wegen sehr an Vace. erinnert. An einzelnen Theilen des Stengels sieht man weisslichen Schimmel am Stengel fest- sitzend, der mit dem Stengel fast verschmolzen erscheint, welches Vorkommen einige Aehnlichkeit mit einer Destruction zeigt, wovon nicht selten Wacceinium Witis idaea befallen wird. In der Höhe des Sommers zeigt sich nämlich anfänglich am Stengel, dann auch an den Blättern eine weissliche Auftrei- bung, die im Ganzen die Form dieser Organe beibehält, später aber im Herbste braun wird und den Tod dieses Theiles nach sich zieht. Auf die eben beschriebene Weise scheint ein Theil des Stengels unse- rer in Bernstein enthaltenen Pflanze destruirt zu sein. Primulacene. Sendelia Ratzeburgiana G. et B. Berendtia primuloides G. et B. Verbascene. Verbascum thapsiforme Schrad.- Eine vollständig erhaltene Blüthe, wohl einer der interessantesten Funde unseres geehrten Freundes. Lange war ich zweifelhaft über ihre Abstammung, bis ich sie endlich erkannte. Nur der Kelch ist etwas kleiner als bei Verbascum thapsiforme, jedoch die Blumenblätter mit ihrer sternförmigen Behaarung, die zum Theil auch sichtbaren, halbnierenförmigen Staubbeutel stimmen ganz mit der Blüthe dieser Pflanze überein. Verbascum nudum G. Berendsche Sammlung. Eine zweite, wohl zu der Gattung Verbaseum gehörende Blüthe, die jedoch der Behaarung entbehrt. Solaneae. _ Die Anwesenheit dieser Familie erschliesse ich aus einem cylindrischen, an der Spitze in 2 Löchern sich öffnenden Staubgefäss, wie sie die Gattung Solanum besitzt. 75 Serophularinenae. Auch das Vorhandensein dieser Familie ‚vermuthe ich nur aus einem Staubgefäss, dessen in eine Längsspalte geöffnete Antheren nach unten sich in zwei Stachelspitzen endigen, wie dies bei Euphrasia, Bartsia u. a. angetroffen wird. Lonicereae. _ Ein kleines Zweigende mit kreuzweis gestellien Knöspchen, ganz ähnlich jungen unentwickelten Zweigen von Lonicera-Arten, wie z. B. Lonicera tartarica u. dgl. Subel. VII. Choristopetalae Bartl. Calyciflorae et Thhalamiflorae. Lorantheae. Enantioblastos viscoides G. et B. Crassulaceae. Sedum ternatum Mx. Zwei Zweige mit zum Theil erhaltenen, zu drei quirlförmig gestellten Blättern, täuschend ähnlich den Blättern des in Nord-Amerika einheimischen Sedum ternatum, für welches ich es auch erkläre, da bei der Seltenheit dieser Blattstellung man allenfalls auch wohl selbst ohne Blüthe einen solchen Schluss machen kann. Plantae incertae sedis. Enantiophyllites Sendelii G. et B. Ausserdem enthält die Sammlung des Herrn Menge eine nicht geringe Anzahl von charakteristischen Inclusen, deren Zurückführung auf ihre jetztweltlichen Analoga bis jetzt noch nicht gelingen wollte, näm- lich 6 Blüthen, 8 Blumenblätter, 6 Staubfäden, verschieden von den in allen anderen bis jetzt entdeckten Blüthen erhaltenen Staubfäden, 12 Samen und 8 Knospen, unter ihnen Lonicera-, Cornus-, Fagus-, Quereus-Arten, der überaus zahlreichen Knospenschuppen nicht zu gedenken. Hierzu kommen noch aus der, wie schon erwähnt, ebenfalls mitgetheilten Berendschen Sammlung an 6 zu ermittelnde Arten, so dass sich in nicht ganz kurzer Zeit die Summe sämmtlicher bis jetzt in Bernstein gefundener Arten min- destens auf 180 belaufen dürfte. Die ganze Flora besteht also aus 24 Familien, 64 Gattungen, die 162 Arten enthalten, von denen 30 mit Bestimmtheit noch der Jetziwelt angehören, wie sich noch aus folgender Uebersicht nach Fami- lien ergiebt. | Pilze 16, vielleicht sämmtliche Arten jetztweltlich, jedoch mit apodictischer Gewissheit nur 4 lach Arelapastlani: ce: „en Ian any -hernino mis A Flechten 12 . . . . eum\. nun? „on Jungermannien 11, sämmtlich . AU ETE Te" 11 Moose 19, vielleicht sämmtlich, mit Bestimmtheit eisitie as stzen .ninbags „wir ori BenebBt. han patdaala] „uak, am) velg demisadıgu ri Orpasceini inne a ee rend Greikineeiknaht vita van dire Alismaceeh Ihn ohaienienumtih. url dh, Hin Cupressineen 20: Jim dummen ler. :öihbietinedin 34 uwio...2 z- mobi, sans elite Gnetscen 1 . „ ammtiankudumer _ Bobilbenem 2 zun.yus das „adtunwsr. line — Cupuliferen 10 — Salicineen 3 . Pa Ericineen 22. 3 Vaeccinieen 1. _ Primuleeen 2... von wpinsh a a WR ‚mE Verbasceen 2. 1 Solaneen 1 _ Scrophularineen . — Loniceren 1 _ Lorantheen 1. _ 1) Crassulaceen 1 . ‚sassnlunnansd. + Unbestimmte Familien 1 163 Arten 30 2. Folgerungen. 1) Es unterliegt also keinem Zweifel mehr, dass eine nicht geringe Zahl von Pflanzen der Tertiärformation, insbesondere Zellenpflanzen, sich durch die Diluvialformation hindurch erhalten haben und in die Jetztwelt übergegangen sind. Die Pflanzen schliessen sich also in dieser wie in vielen anderen Hinsichten den Thieren an, von denen Gleiches schon früher nachgewiesen wurde. 2) Die Art und Weise der Zusammensetzung dieser Flora, wie die völlige Abwesenheit einer tro- pischen, ja selbst subtropischen Form spricht für das junge Alter der Bernsteinformation, die wir unbe- dingt zu den jüngsten Schichten der Tertiärgebilde, zur Pliocen-Abtheilung, rechnen müssen. Vor- herrschend können wir sie als eine Wald-Flora bezeichnen, ohne jedoch damit behaupten zu wollen, dass in jener Zeit nicht auch noch viele andere Pflanzen existirt hätten; jedoch der Bernstein, als Pro- dukt von gesellig bei einander wachsenden, also waldbildenden Bäumen, konnte, wie begreiflich, keine anderen, als eben in der Nähe des Waldes befindliche Pflanzen und deren Theile einschliessen. 3) Die Zellen-Kryptogamen der Bernstein-Flora lassen auf eine grosse Aehnlichkeit mit unserer gegenwärtigen Flora schliessen, die sich bedeutender herausstellen würde, wenn nicht die uns fast gänz- lich fehlenden Cupressineen und ebenso die äusserst zahlreichen Abietineen und Ericeen ihr ein fremd- artiges Gepräge verliehen. Dies erinnert ganz und gar, wie: insbesondere die von uns mit Bestimmtheit erkannten Thuja occidentalis, Sedum ternatum, Andromeda hypnoides und ericoides zeigen, an die heutige Flora des nördlichen Theiles der vereinigten Staaten, ja hinsichtlich der letzteren beiden Pflanzen sogar an die hochnordische Flora überhaupt, denn Andr. hypnoides wächst nicht blos in den hoch- nordischen westlichen Gebirgen Amerika’s, sondern auch auf Labrador, Grönland und Island, ja auch in Lappland, Norwegen, Sibirien, umkreiset also fast den Polarkreis, und Andr. ericoides gehört sogar den Alpen und den Ufern des Eismeeres in Sibirien und Kamtschatka allein nur an. Andrerseils erscheint auch wieder das Vorkommen des Libocedrites salicornioides sehr merkwürdig, indem der lebende, mit ihm fast ganz übereinstimmende Libocedrus chilensis auf den Anden des südlichen Theiles von Chili zu Hause ist. Diese Art, wie der Taxodites europaeus Endl., sind übrigens die beiden einzigen Arten, die diese Flora mit der Tertiär-Flora anderer Gegenden (S. oben S. 71) gemeinschaftlich besitzt. 71 4) In der lebenden Flora jener hochnordischen Länder finden wir jedoch die Cupressineen und Abietineen nicht so zahlreich vertreten, wie in der Bernstein-Flora. Der nördliche Theil der vereinig- ten Staaten (ich lege die von Asa Gray bearbeitete und im Jahre 1848 veröffentlichte Flora derselben zu Grunde) zählt zwar wohl 13 Abietineen, deren Analoga sich auch zum Theil in der Bernstein-Flora vorfinden, jedoch nur 5 Cupressineen. Die Bernstein-Flora enthält dagegen 31 Abietineen und 20 Cu- pressineen, Der bei weitem grösste Theil ist also dort jetzt nicht vorhanden, am wenigsten so harzreiche Arten, wie die Bernsteinbäume, die in dieser Hinsicht, nämlich rücksichtlich des Harzreichthums, nur mit der neuseeländischen Dammara australis sich vergleichen lassen, deren Zweige und Aeste von weissen Harztropfen so starren, dass sie wie mit Eiszapfen bedeckt erscheinen. Unter den Cupressineen finden wir sogar 2, die Libocedrites- Arten, die ihre Analoga nur in der gemässigten Zone des südlichen Amerika’s aufzuweisen haben. Wenn wir bedenken, welch unermessliches Areal jene gesellig wachsen- den Pflanzen heute noch in den nordischen Gegenden einnehmen (Adies alba und nigra erfüllen vor- herrschend, vermischt mit der weniger häufigen Abies balsamea, den nordöstlichen Theil von Amerika, einen Raum von 50,000 DjMeilen, während Abies sibirica Ledeb., Larix davurica Turcz., L. sibirica Fischer, Abies ovata Loud., Pinus Cembra L. auf einem Raume von mindestens 200,000 DjMeilen die ungeheuern Wälder Sibiriens bilden), so können wir, da die Vegetationsverhältnisse und Gesetze von jeher dieselben waren, hieraus wohl mit Recht schliessen, dass auch die Bernstein-Flora auf einem viel ansgedehnteren Raume verbreitet war, als man gewöhnlich anzunehmen geneigt ist, ja sich vielleicht auf sämmtliche arktische Länder der Erde erstreckte. Auch spricht dafür schon ganz ungezwungen, wie ich meine, die grosse Ausdehnung des Vorkommens von Bernstein, und zwar unter gleichen Verhältnissen zerstreut, in den jüngeren Diluvialschichten Nord-Amerika’s, wie von Holland, quer durch Deutschland, Russland, Sibirien bis nach Kamtschatka hin. Durch welche Cata- strophe freilich die Ostsee zu einem schon seit Jahrhunderten so ergiebigen Fundorte wurde, will ich nicht versuchen, zu erörtern, aber doch auch an die enormen Quantitäten von Erdbernstein erinnern, die in Deutschland, Preussen und Posen nicht selten angetroffen werden. Wer könnte leugnen, dass sich nicht in den weiter östlich gelegenen Ländern ähnliche Fundgruben zu erschliessen vermöchten, wenn man danach suchen wollte. 5) Aus der soeben beschriebenen Art der Zusammensetzung der bis jetzt ermittelten Bernstein- Flora, welche also der Vegetation nördlicher Gegenden so ähnlich erscheint, lässt sich einigermassen durch Vergleichung mit einer umfangreichen Flora der Gegenwart, wie etwa mit der Flora von Deutsch- land, ahnen, welche Menge von Arten glückliche Funde noch zu ermitteln vermöchten. Die im Bernstein enthaltenen Kryptogamen gehören sämmtlich zu Arten, oder sind solchen Arten analog, welche bei uns, namentlich in Wäldern, noch häufig angetroffen werden. Es ist also kein Grund vorhanden, nicht auch die Anwesenheit der seltneren und anderen Lokalitäten angehörigen vorauszusetzen. Die neueste kryptogamische Flora von Deutschland (von Rabenhorst) enthält 4056 Pilze, 433 Flechten, 1531 Algen, 176 Lebermoose, 539 Laubmoosen, 67 Farne, Equiseten und Lycopodien, und die Bernstein-Flora aus allen diesen Klassen, die mit Ausnahme der Lycopodien und Equiseten darin repräsentirt sind, bis jetzt nur 60. Die deutsche phanerogame Flora nach der neuesten Ausgabe von Kochs Deutschlands Flora (1851) führt im Ganzen 3454 in 135 Familien vertheilte Arten auf; die Bernstein-Flora umfasst in 20 Familien 102. Unter ihnen finden wir in der Bernstein-Flora die Cupuliferen mit 10, in der deut- schen mit 12, die Ericineen mit 24, in der deutschen mit 23 Arten vertreten. Das Verhältniss der strauch- und baumartigen Gewächse zu den krautartigen ist in der deutschen Flora 1:10 (333: 3121), in der Bernsteinflora umgekehrt wie 10:1 (94:9). Wenn wir nun hieraus, vielleicht nicht ganz unbe- rechtigter Weise, auf ein ähnliches Verhältniss der übrigen Familien in der Bernstein-Flora schliessen 78 wollten, so geht hieraus nur zu klar hervor, dass gewiss nur der allergeringste Theil derselben bis jetzt zu unserer Kenntniss gelangt ist. Unter den bituminösen Hölzern der ehe Braunkohle, von der uns aus der äusserst reichen Sammlung des um die Kenntniss des Bernsteins sehr verdienten Herrn Dr. Thomas eine grosse Aus- wahl aus dem Saamlande vorliegt, so wie auch unter den von Herrn Menge (a. a. O.) in Redlau bei Danzig beobachteten Hölzern findet sich kein Holz, in welchem der Bernstein, was ich durch- aus.aals ein Kriterium betrachten muss, im Innern in grösserer Oder geringerer Masse abgesondert vorkommt. Die in denselben enthaltenen Harzgefässe gehören sämmtlich zu den ein- fachen, die nur aus einer einfachen Reihe übereinanderstehender Zellen bestehen, in denen nicht gelbe Harzmassen, sondern dunkelbraune, mehr oder minder durchscheinende Harztropfen enthalten sind, wie sie den Cupressineen oder der von mir aufgestellten Gattung Cupressinoxylon zukommen. Die zusam- mengesetzten Harzgefässe der Abietineen, erfüllt mit Bernstein, wodurch sich die Bernsteinbäume aus- zeichnen, habe ich darunter nicht bemerkt. Ich lege hierauf, wie begreiflich, in diagnostischer Hinsicht einen grossen Werth, weil bei der grossen Verwandtschaft, welche die Coniferen hinsichtlich der Stru- etur unter einander zeigen, solche Kennzeichen hochzuhalten sind. Wenn, wie mir nicht unbekannt ist, Herr Dr. Reich auch aus einigen derselben durch trockne Destillation Bernsteinsäure schied, so spricht diese Beobachtung, deren Bestätigung noch abzuwarten ist, nicht gegen meine Behauptung, da bekannt- lich nicht blos durch Oxydation aller Wachse oder Fette, sondern auch durch den Gährungsprozess von Apfelsäure Bernsteinsäure gebildet wird. Die Hölzer der Braunkohlenformation Preussens schliessen sich durch das Vorherrschen der Gattung Cupressinoxylon der Braunkohlenformation des übrigen Deutsch- lands an, womit wieder, wie wir gesehen haben, unsere Bernstein-Flora nicht übereinstimmt. Nirgends in Deutschland hat man irgendwo in der Braunkohlenformation selbst Bernstein gefunden, wohl aber in dem darüber liegenden Diluvium, was oft damit verwechselt worden ist. Bestimmt weiss ich dies z. B. von dem angeblich aus der Braunkohle bei Grünberg in Schlesien stammenden Bernstein, der auch nur dem Diluvium angehört. Der Grund und Boden, wo wir den Bernstein heut noch antreffen, ist vielleicht überall ein secun- därer und nicht die Erzeugungsstätte desselben. In Schlesien, wo ich ihn aus eigener Anschauung kenne, und wo man an mehr als 100 Orten Bernstein in Stücken von verschiedener Grösse, ja bis zu 6 Pfund Schwere gefunden hat, so wie in anderen Gegenden, deren Beschreibung mit der unsrigen übereinstimmt, ist seine Lagerstätte, wie schon erwähnt, nur dem Diluvium zuzuzählen. Mein verstorbener Freund Be- rend theilte diese Ansicht, welche insbesondere auch für Preussen Herr Menge aus eigener Beobach- tung aufrecht hält. (Dessen geologische Abhandlung im Programm der Petrischule 1850, S. 22.) Ich selbst hatte noch nicht Gelegenheit, die preussischen Braunkohlenlager zu untersuchen. In Norwegen fand Scherer den Bernstein auch nur in einer geschiebhaltigen Lehmformation (Poggend. Annal. 56. Bd. p- 223.); A. v. Brevern zu Gischiginsk in Kamschatka, insbesondere nach der trefflichen Untersuchung der gefundenen Pflanzenreste durch v. Mercklin (über fossiles Holz und Bernstein in Braunkohle aus Gischiginsk, untersucht von Dr. C. v. Mercklin. Bull. de la classe physico-mathematique de ‚l’ Acad. imp. de sc. de St. Petersbourg. T. Xl. N. 67.), auch nur auf secundärer Stätte. Der von H. Rink auf der Hafeninsel, nördlich von der Disko-Insel im dänischen Handelsdistrikt von Nord-Grönland, entdeckte und mir gütigst mitgetheilte Bernstein sieht jenem, wie Herr v. Helmersen, welcher ihn bei mir sah, bemerkte, ausserordentlich ähnlich. Er ist in kleinen rundlichen Körnern in einem mit Holzresten ver- schiedener Grösse durchsetzten schwarzen Schieferthon enthalten. Die Holzreste zeigen noch Struktur und auch im Innern wirklichen Bernstein, so dass wir hier wirklich einen Bernstein liefernden Baum vor uns sahen, den Herr Vaupelt in gerechter Anerkennung des um die Erforschung jener fernen Gegenden 79 so. verdienten Dr. Rink Pinites Rinkianus nannte (On de geographiste Beskaffenhed af de donske Handelsdistrichen i Nordogrönland af H. Rink. Kopenhagen 1852. p. 62.). Der Bernstein findet sich hier in grösseren Harzgefässen ganz so, wie dies der Gattung Pinus eigenthümlich ist.!) Vielleicht gehört also, wie schon oben angedeutet wurde, die ganze Bernsteinformation nicht zur Tertiärformation, sondern nur zum Diluvium., Die weitere Erforschung dieser letzteren, bis jetzt fast noch ganz unbekannten Flora wird hierüber erst entscheidende Aufschlüsse zu geben vermögen. Zufällig kann ich jedoch einige Fakta anführen, welche in dieser Hinsicht von grösstem Interesse sind. In Nord-Amerika hat man in dem Magen der in dortigen Diluvial-Ablagerungen bei New-Yersey gefundenen Mastodonten wohl erhal- tene Zweige von Thuja oceidentalis gefunden (Lyell. 2. Reise nach den vereinigten Staaten. II. p. 351.), die wir, wie schon erwähnt, mit Bestimmtheit auch im Bernstein entdeckten. Desgleichen traf man in den Diluvialablagerungen am südlichen Gestade des Erie-Sees und am Erie-Kanal des Staates New-York, in einer Tiefe von 118°, mit Süsswassermuscheln Reste von Abies canadensis an, einem gegenwärtig noch in der Nähe wachsenden Baume, den wir, freilich nicht mit völliger Gewissheit, auch in den Bernstein- Einschlüssen erkannten. Auch die Diluvialperiode Sibiriens zählt einige Glieder der jetztweltlichen Flora, wie ich durch Untersuchung der sogenannten Adams- oder Noahhölzer, welche dort zugleich mit den Mammuths gefunden werden, nachgewiesen habe (v. Middendorfs Sibirische Reise. Bd. I. Theil 1.). 7) Die Höhe der gewaltigen Fluthen, welche den Bernstein verschwemmten, lässt sich in unseren Gegenden noch aus dem Vorkommen desselben ermitteln. Bernstein findet sich am Riesengebirge in der Nähe von Hermsdorf, unmittelbar beim dasigen herrschaftlichen Schlosse, in fast 1250 Fuss Seehöhe, und bei Tannhausen mit Spuren von Rollung zeigendem Treibholze, beim Grundgraben der Grossmannschen Fabrik in 1350 Fuss Seehöhe. So hoch haben also die Diluvialfluthen, welche die Gegenden von Hol- land bis zum Ural mit den nordischen Geschieben überschütteten, an unsere Gebirge herangereicht. Es ist mir nicht bekannt, ob man auch in Sachsen, Thüringen oder im Harz Gelegenheit genommen hat, durch solche Beobachtungen, zu denen es auch wohl dort nicht an Gelegenheit fehlen wird, die Höhe der einstigen Diluvialfluthen zu ermitteln. 8) Der Bernstein selbst stammt also, wie auch aus unseren neueren Untersuchungen sich ergiebt, nicht von der einzigen Art, die wir früher Pinites succinifer nannten, sondern nachgewiesenermas- sen zunächst auch noch von 8 anderen Arten?), ja vielleicht lieferten, da wir mit gutem Grunde glauben, dass der Bernstein nur ein, durch die Fossilisation verändertes Fichtenharz ist, alle in dem Bernsteinwälde vegetirenden Abietineen oder auch vielleicht die Cupressineen hierzu ihre Contingente. Dafür sprechen meine Versuche, Bernstein auf einem ähnlichen Wege wie Braunkohle, nämlich auf nassem Wege, zu bilden. Als ich nämlich Harz von Pinus Abies mit Zweigen dieses Baumes 3 Mo- nate lang in warmem Wasser von 60-—80 Grad digerirte, roch das Harz nicht mehr terpentinartig, son- dern ganz verändert angenehm balsamisch, war aber noch in Weingeist auflöslich. Diese Fähigkeit ver- lor jedoch, wenigstens zum Theil, venetianischer Terpentin, der mit Zweigen von Lerchenbäumen 1 Jahr lang auf ähnliche Weise digerirt worden war, näherte sich also in dieser Beziehung dem Bernstein, der bekanntlich vom Weingeist fast gar nicht aufgenommen wird. Als ich nun Fichtenharz ohne Zusatz von Holztheilen digerirte, war ausser Veränderung im Geruch selbst nach 2 Jahren das Harz noch vollkom- men löslich geblieben. Es scheint, als wenn die anderweitigen organischen Bestandtheile des Holzes, 1) Das „Ductus resiniferi nulli‘“ in der Diagnose kann sich daher nur auf die Abwesenheit der kleineren einfa- chen Harzgefässe beziehen, die ich allerdings auch nicht aufzufinden vermochte. 2) Ich rechne hieher, ausser den von mir aufgeführten Arten, auch noch den Pinites Rinkianus. 11 80 vielleicht die Humussäuren, welche während der beginnenden Umbildung des Holzes in Braunkohle ent- stehen, bei der Umwandlung des Harzes nicht ohne Einfluss seien. Mit Rücksicht auf diese Erfahrun- gen habe ich abermals Versuche eingeleitet. Alle Formen des Vorkommens lassen sich aus seiner ur- sprünglichen Gestalt als dünnflüssiges Harz sehr leicht erklären, wie die Tropfen, die konzentrisch schaaligen Stücke, Produkte mehrer: zu verschiedenen Zeiten erfolgender Ergüsse, von denen wir vortreffliche, noch auf Rinde sitzende Exemplare besitzen, ferner die flachen, mehr oder minder concaven Stücke, die entweder im Umfange des Stammes zwischen den Jahresringen sassen und dann auf beiden Seiten die Abdrücke der Markstrahlenendungen zeigen, oder sie nur auf einer der con- caven Seiten besitzen, in welchem Falle sie auf dem von der Rinde entblössten Stamme abgesondert wurden. Die plattenförmigen Stücke mit gleichweit von einander entfernten, mehr oder minder angedeuteten Längslinien (den Jahresringen) sassen excentrisch im Stamme, und die gewöhnlich sehr grossen kugelförmigen oder rundlichen Massen, oft mit tiefen, der Form der Aeste oder Wurzeln entsprechenden Eindrücken versehen, wurden von dem unteren Theile des Stammes oder von der Wurzel excernirt, wie wir dies nicht blos bei Coniferen, sondern auch bei anderen durch reich- liche Harzabsonderung ausgezeichneten Bäumen, z. B. Copalbäumen, sehen. Die weissliche Farbe rührt nicht von besonderen Arten her, sondern kommt an einem und demselben Holzreste von Bernsteinbäumen mit denen anderer Farben gemischt vor, wie ich früher schon fand und durch wiederholte aufmerksame Prüfung des alten und neuerdings hinzugekommenen Materials nun zu bestätigen vermag. Die im Interesse der Wissenschaft gewiss wünschenswerthe ausführliche, durch Abbildungen erläu- terte Beschreibung der vorliegenden, in ihrer Art einzigen Sammlung würde ich im Vereine mit Herrn Menge gern übernehmen, wenn es mir möglich wäre, die zur Herausgabe derselben erforderlichen Geld- mittel zu beschaffen. Derselbe den 30. November: Ueber unser gegenwärtiges Wissen von der Tertiär-Flora. Während der Charakter der Steinkohlenperiode durch das Vorherrschen der Gefässkryptogamen, so ist die Flora der gesammten Tertiärepoche durch das Ueberwiegen dikotyledonischer Holzpflanzen bezeichnet; nach dem Vorwalten einzelner Pflanzenfamilien unterscheiden wir als Glieder der Tertiär- Flora die auf einander folgenden Perioden der Eocene, Miocene und Pliocene; an sie schliesst sich -die nur sehr unvollkommen bekannte Diluvial-Flora, von der die in den ältesten Kalktuffen, Torflagern und submarinen Wäldern erhaltene Flor der jüngsten vorgeschichtlichen Zeit den Uebergang zur Gegenwart bildet; die Verbreitung und Begrenzung dieser verschiedenen Florengebiete wurde über die ganze Erde durchgeführt. Seit der letzten Zusammenstellung des Vortragenden in Bronn’s Geschichte der Schö- pfung, 1845, ist die Zahl der Pflanzen aus der Tertiärperiode von 754 auf 2015 Arten gestiegen, die in etwa 140 Fundorten entdeckt wurden, und von denen etwa 808 in der Eocen-, 916 in der Miocen-, 291 in der Pliocen-Periode vorkommen; doch ist gewiss nur der allerkleinste Theil der damals existi- renden Pflanzen bekannt; namentlich fehlen krautartige Gewächse fast ganz. Der Vortragende konnte im Bernstein nur 60 Kryptogamen (13 mikroskopische Algen, 15 Pilze, 29 Laub- und Lebermoose) und 102 Phanerogamen nachweisen, während die wahrscheinlich sehr analoge Flora des gegenwärtigen Deutschlands 3454 Phanerogamen und 6802 Kryptogamen umfasst; die Sträucher und Bäume verhalten sich jetzt zu den Kräutern wie 1:10, im Bernstein wie 10:1. si Die Pflanzen der Eocenperiode tragen den Charakter einer tropischen oder doch subtropischen Ve- getalion; es herrschen Palmen, Bananen, Proteen, Malpighieen, Myrten-, Lorbeer-, Brodfrucht-, Bra- silholz-, China- und Wollbäume vor; dazwischen finden sich jedoch, wie noch heutzutage in den Gebir- gen der‘ Tropen, einzelne nordische Formen. Der gleichartige Charakter, den die Eocen-Flora in den verschiedensten Theilen der Erde, Oesterreich, Ober-Italien, um London, Paris, in Mexiko und Java trägt, beweist ein damals gleichförmig über die ganze Erde verbreitetes Tropenklima. Auch in der Miocenperiode war das Klima viel wärmer als heutzutage bei uns, und es finden sich Pflanzen vereint, die heut nur in weit getrennten Zonen wachsen; doch überwiegen über die tropischen Formen der Palmen, Seifen-, Woll- und Lebensbäume bereits die Nadelhölzer, die Weiden-, Eichen-, Ahorn-, Nuss- und Firnissbäume; die erhaltenen Reste wuchsen meist in sumpfigen, von Gebirgen um- säumten Wäldern. ' Uebrigens hat nicht Alles, was wir als Eocen- oder Miocen-Flora zusammenfassen, gleichzeitig existirt; es lässt sich ein allmäliger Uebergang jener tropischen Flora in die Vegetation ei- nes gemässigteren Klima’s nachweisen. Die Pliocenflora ist erst kürzlich durch das überaus reiche Lager von Schossnitz bei Canth, das in einem Raume von 20 Fuss im Quadrat bereits 136 Arten geliefert hat, so wie durch die Untersuchung der Bernsteinsammlung des Herrn Oberlehrer Menge genauer bekannt worden; sie vereinigt mexikani- sche Taxodien, nordamerikanische Eichen, Ahorne, Ulmen, Cypressen und Tannen, orientalische Platanen mit nordischen Birken, Weiden-, Haide-, Fett- und Wollkräutern; dagegen fehlen alle tropischen und oceanischen Formen. Ein grosser Theil ihrer Arten, namentlich die Zellenpflanzen, existiren noch heut- zutage; eine Art, Libocedrites salicorniodes, wahrscheinlich identisch mit dem Libocedrus von Chile, scheint sogar von der Eocenperiode durch alle Katastrophen hindurch sich bis heut erhalten zu haben. Ueberhaupt hat Pliocene, Miocene und Eocene 2, Miocene und Pliocene 4, dagegen Miocene und Eocene 88 Pflanzen gemein. — Alle diese Schlüsse gelten jedoch nur von dem Charakter der Tertiär-Flora in unserer nördlichen gemässigten Zone; innerhalb der Wendekreise hatte die Vegetation schon in der Eo- cenperiode ihren gegenwärtigen tropischen Charakter und hat diesen ohne Zweifel auch in der Miocene und Pliocene behalten, Derselbe am 50jährigen Stiftungstage der schlesischen Gesellschaft für vaterländische. Kultur, den 17. December 1853: Ueber die Stigmaria ficoides Brongn., die Hauptpflanze der Steinkohlenperiode. Von den älteren Zeiten an, in denen man überhaupt sich mit Untersuchung der Natur der fossilen Brennmaterialien beschäftigte, bis heut sprach man die Ansicht aus, dass die Steinkohle eine ganz struk- turlose Masse, ja wohl der primitive Kohlenstoff sei, der sein Alter von der ersten Schöpfung her da- tire, nicht aber von Vegetabilien stamme, die in irgend einer Erdperiode gelebt hätten; und auch dieje- nigen, welche die letztere Meinung noch etwa theilten, glaubten, dass in diesem Fossil jedes organische Strukturverhältniss verschwunden sei. Bereits vor längerer Zeit fand ich, dass man durch Untersuchung der Steinkohlenasche den Beweis für die einstige Zusammensetzung aus Vegetabilien führen könne, indem in derselben aus an Kieselerde so reichen Pflanzen, wie deren auch zur Zeit der Steinkohlen- periode gelebt haben, das eben durch Kieselerde gebildete Zellengewebe zurückbleibt, und somit der organische Ursprung unzweifelhaft dargelegt wird. Später entdeckte ich aber auch, und zwar zuerst in Oberschlesien in den Kohlen des Nikolaier Reviers, dass man fast in allen Kohlenlagern mit 4” 82 unbewaffnetem Auge die Pflanzen wahrzunehmen’ vermöchte, aus denen sie einst gebildet wurden, und gelangte dahin, da ich besonders von diesem Gesichtspunkte aus.alle Kohlenlager des preus- sischen Staates zu untersuchen Gelegenheit hatte, auch‘ zu bestimmen, ‚welche; Pflanzen vorzugsweise durch ihr massenhaftes Vorkommen den meisten Antheil an ihrer Bildung gehabt haben. Obenan: stehen die Stigmaria, dann folgen die Sigillarien und Lepidodendreen, Farne, "Calamiten, : Asterophylliten und andere Familien geringeren Umfanges. ‘Die erstere, die Stigmaria, ein ästiges zweitheiliges Gewächs mit rundlichen Narben und mit den Ansätzen der Blätter an ‚manche Cactus-Arten. im Aeusseren erin- nernd, fehlt in keinem Kohlenlager, erfüllt die. Schieferihone, und die, Sandsteine, welche die Koh- len begleiten, und ist fast in jedem einzelnen Kohlenstücke nachzuweisen. (In der. niederschlesischen Kohle ist sie noch häufiger als in der oberschlesischen, in der. die Sigillarien, vorherrschen.) Wegen dieses häufigen Vorkommens erregte sie auch von jeher. die grösste, Aufmerksamkeit, so. dass ‘die ersten kennbaren Abbildungen fossiler Pflanzen,, welche wir aus ‚dem. vorigen Jahrhundert besitzen, ihr gewidmet sind. Nichtsdestoweniger war ihre eigentliche Natur, ihre etwaige Verwandtschaft mit Formen der Jetzt- welt doch völlig unbekannt. _ Da entdeckte Steinhauer, ein. amerikanischer Geistlicher, bereits im Jahre 1819, dass ihre stets sich gablig theilenden Zweige sich von einem 3—4 Fuss im Durchmesser kaltenden Centralkörper in horizontaler Richtung oft bis zu 20 Fuss Länge, erstreckten und mit stumpfen Spitzen endigten, dass die Blätter rundlich, nicht flach, und gleich den Stämmen ebenfalls mit einer Centralachse versehen wären. Er schloss daraus, dass das Vegetabil eine ungeheure Sumpf- oder Wasserpflanze ge- wesen sei. Ich selbst fand nun später im Vereine mit meinem Freunde Beinert mehrere solcher Knol- len, aber leider nur ‚unvollständig, nicht im Zusammenhange mit den Aesten. Die Bergleute kennen sie sehr wohl und nennen sie Särge, weil sie sich oft plötzlich aus den weicheren Schieferthonen los- lösen und dann durch ihre ungeheure Schwere, indem sie gewöhnlich noch durch Schwefelkies ausgefüllt sind, Unglücksfälle veranlassen. Inzwischen konnte man sich, namentlich in. England, „mit der eben, an- gegebenen, allerdings von jetztweltlicher Pflanzenbildung sehr abweichenden ‚Natur unserer ‚Pflanze nicht vertraut machen, und meinte «ur, dass es wohl der Wurzelstock von der andern. in der Steinkohlenfor- mation so häufig vorkommenden Gruppe von Sigillarien sei, zu- welcher Annahme man sich auch in ‚der That um so mehr berechtiget glaubte, weil die inzwischen von Brongniart und mir nachgewiesene Struktur mit der der Sigillarien grosse Aehnlichkeit zeig. Um nun hierüber in’s Klare zu kommen, liess ich im Jahre 1846 eine kleine Schrift drucken, die durch Herrn Berghaupimann v. Dechen in allen Bergwerks-Distrikten Preussens und mehrerer benachbarter Staaten verbreitet wurde, in welcher ich auf alle Umstände aufmerksam machte, die bei etwaiger Auffindung derselben zu ihrer vollkommenen Erhal- tung zu beachten wären. Jedoch ward auch hiervon kein Resultat erzielt. Da fand ich vor 3 Jahren bei Untersuchung der westphälischen oder märkischen Kohlenlager in der Grube Präsident bei Bochum mitten in. der Kohle des Flötzes Sonnenschein Zweige ‚oder Aeste der in Rede. stehenden ‚Pflanze, an denen fast kein Theil’ zu fehlen schien, knollige Bildungen mit Verlängerungen in kleine Aeste, und kam nun bald auf den Gedanken, dass hier wohl junge Exemplare vorlägen. In der That musste man sich wundern, dass man nicht längst dergleichen beobachtet hatte, da bei der einstigen Fossilisation einer ‚so ungeheuer weit verbreiteten Pflanze doch. gewiss ‚Exemplare jeden: Alters ‘vorhanden waren. Während meiner. Anwesenheit konnte ich ungeachtet aller: Bemühungen ein’ weiteres Resultat nicht 'erreichen,;doch wusste ich einen kenntnissvollen Beamten, Herrn. Bergmeister Herold, dafür auf: das; Lebhafteste zu in- teressiren, dessen unermüdlich fortgesetzten Forschungen es gelang, noch vollständigere, Exemplare ‚in einer ganzen Entwickelungsreihe zu entdecken, die er mir vor wenigen Wochen überschickte. Diese Exemplare sind von verschiedener Grösse; es befindet sich darunter eines von Y, Fuss, ein anderes von 1-Fuss, ein drittes von 4 Fuss, ein viertes von.7 Fuss Länge, inclusive aller Windungen, sämmtlich so erhalten, 83 dass nirgends‘ etwas fehlt; ‘bei einem fünften Exemplar von etwa 8 Fuss Länge fehlt etwas an der Spitze in der Art, dass man glauben könnte, als habe hier bereits die den Stigmarien so eigenthümliche dichotome Theilung begonnen; ein ‘sechstes, von 8 Fuss Länge, ist an der Spitze nicht ganz erhalten. Bei allen stellt es sich klar heraus, dass von einer knolligen Basis aus das Wachsthum nach zwei Rich- tungen ‘hin, aber horizontal sich erstreckte. Wahrscheinlich erwächst nun allmälig die knollige Basis zu jener grossen Centralknolle, wie sie Steinhauer einst beschrieb, deren von mir früher gefundene Bruch- stücke ebenfalls vorliegen. Ueberall sind diese Stigmarienexemplare mit ganz gleichen rundlichen Narben bedeckt, die auf eine völlige Gleichheit der Blattentwickelung von allen Seiten aus schliessen lassen. Eine solche Pflanze kann nun nach allen Bildungsgesetzen ähnlicher Formen der Jetztwelt, soviel ich vorläufig zu. beurtheilen vermag, keine andere als eine schwimmende gewesen sein, die in den damaligen seich- ten Buchten der Süsswasserseen vegetirte. Am passendsten liesse sie sich etwa hinsichtlich ihrer äusseren Form, jedoch nicht nach ihren anatomischen Strukturverhältnissen, unter den Pflanzen der Gegenwart mit einer kolossalen Nymphaeacee vergleichen. Vermittelst ihrer von allen Seiten ausgehenden, über 30 Fuss langen Aeste (denn in solcher Länge kann man sie heut‘ noch in einem Steinbruche bei Landshut se- hen) 'vermochte sie 'die zahlreichen am Ufer und in den Sümpfen wachsenden Vegetabilien aufzunehmen, die mit ihr ‚zugleich dann unter Einwirkung anderer bekannter Verhältnisse in Steinkohle verwandelt wurden. Die oben angeführte Ansicht von Steinhauer erhält hierdurch neue Bestätigung. Noch sind jedoch so manche Räthsel zu lösen, z. B. zu fragen, wo sich denn die doch gewiss auch einst vorhan- denen Reproduktionsorgane befanden? Von den Zweigen können sie nicht ausgegangen sein, weil hier Alles für gleichförmige Bildung der Vegetationsorgane spricht, wohl aber vielleicht von dem Centralstock, an dem man also nach den solchen Bildungen entsprechenden Narben suchen müsste. Zoologie. Herr Professor Dr. von Siebold den 9. Februar 1853: Ueber die Strepsipteren oder Stylopiden. Die Strepsipteren (Schraubenflügler) bilden eine so merkwürdige und in sich abgeschlossene Insek- ten-Gruppe, dass die älteren französischen und englischen Entomologen, welche zuerst die Aufmerksam- keit der Naturforscher auf ‘diese höchst seltenen Schmarotzer-Insekten gelenkt haben, dieselbe zu einer besonderen Insekten-Ordnung erhoben. In Deutschland blieben diese Thiere fast gänzlich unbeachtet: ja, die Unbekanntschaft mit dieser interessanten Insekten-Gruppe ging so weit, dass fast bis auf die neuste Zeit in keinem deutschen zoologischen Handbuche von diesen Thieren die Rede gewesen ist. Ich habe schon früher zu verschiedenen Malen in Zeitschriften und naturwissenschaftlichen Gesellschaftsschriften meine Beobachtungen über die ganz auffallende, von allen übrigen Insekten abweichende Organisation der Strepsipteren, so wie über ihre wunderbare Fortpflanzungsgeschichte bekannt gemacht, ohne dass von anderer Seite her in Deutschland diese Mittheilungen vervollständigt oder erweitert worden sind, wäh- rend man in England im Auffinden und Beobachten dieser Insekten besonders glücklich zu sein scheint. Durch‘ die Bemühungen englischer Entomologen kennt man bis jetzt 14 Strepsipteren-Species in fünf Gattungen, unter denen sich I1 europäische Arten befinden. Um nicht das zu wiederholen, was ich schon’ vor einigen Jahren über die Gruppe der Strepsipteren bekannt gemacht habe, berufe ich mich nur auf meine diesen’ Gegenstand betreffenden Arbeiten in den neuesten Schriften der naturforschenden Ge- 84 sellschaft in Danzig, Bd. II. Heft 2. 1839. pag. 72, ferner in der entomologischen Zeitung 1843. p. 113, und in Wiegmann’s Archiv für Naturgeschichte 1843, Bd. I. p. 137. Ich habe meine zuerst in Danzig und Erlangen begonnenen Untersuchungen über die Strepsipteren auch in Freiburg fortgesetzt, wo es mir leicht wurde, mir Material dazu zu verschaffen; hier in Breslau hatte ich mir jedoch verge- bens Mühe gegeben, Strepsipteren zu erhalten; keiner der vielen und tüchtigen Entomologen Schlesiens konnte mir Winke geben, wo und wie man hier dieser Schmarotzer-Insekten habhaft werden könne. Ich hoffte daher nach meiner bevorstehenden Rückkehr in Süd-Deutschland (München) meine Untersu- chungen wieder aufnehmen und die von mir begonnene Monographie der Strepsipteren vollenden zu kön- nen. Was mir Veranlassung gab, mich hier über diese Thiere auszusprechen, ist der Umstand, dass in dem neuesten von dem entomologischen Vereine in Stettin herausgegebenen Catalogus Coleopterorum Europae (4te Aufl. Berlin 1852. pag. 64.) die Strepsipteren unter dem Namen Stylopides als Käfer- familie aufgeführt worden sind. Es haben die Strepsipteren das Schicksal gehabt, sich von den Ento- mologen, die sie als besondere Insekten-Ordnung nicht anerkennen wollten, in die verschiedensten, bis- her bekannten Insekten-Ordnungen eingereiht zu sehen. Der erste Vorschlag, die Strepsipteren bei den Käfern unterzubringen, ist von Burmeister (in seinem Handbuche der Naturgeschichte, 1837, p. 643.) ausgegangen, ohne dass die Vermuthung, dass die Ordnung Strepsiptera ihre natürliche Stellung in der Nähe der Käferfamilie der Mordellinen einzunehmen habe, von Burmeister näher motivirt worden ist; es leitete ihn dabei nur der Gedanke, dass die Larven der Strepsipteren an Bienen schmarotzen und dass auch die Larven von dem zu den Mordellinen gehörigen Symbius und Rhipiphorus schmarotzend leben, jene in Blatta, diese in Vespa. Dieser Ansicht Burmeisters ist man neuerdings auch in Eng- land beigetreten, indem Newman im Zoologist (1850. pag. 2684) den Beweis zu liefern suchte, dass die Strepsipteren ächte Käfer seien. Man findet die Beweisgründe dafür im entomologischen Jahres- berichte des Wiegmann’schen Archivs (1851. Bd. II. pag. 200.) im Auszuge aufgeführt. Ich kann mich jedoch durch diese angeführten Gründe nicht überzeugt halten, dass die Strepsipteren Käfer sind. Man beruft sich auf die Aehnlichkeit der Strepsipteren-Larven mit den Meloe-Larven, allein das ist eine nur ganz oberflächliche; die letzteren besitzen deutlich entwickelte Mundtheile, welche den er- steren durchaus fehlen. Die Mundtheile aller Käfer sind in beiden Geschlechtern stets sehr vollkommen entwickelte Beissorgane; bei den entwickelten Strepsipteren-Männchen sind sie zu zwei Kieferrudimenten verkümmert und bei den Weibchen derselben fehlen sie ganz und gar. Der Prothorax erscheint bei allen Käfern sehr stark entwickelt, und bietet der obere Theil desselben eine grosse, mit vielen Gattungs- und Speciesmerkmalen ausgestattete Fläche dar; bei den Strepsipteren ist dieser obere Theil des Pro- thorax fast ganz geschwunden. Die verkümmerten und etwas schraubenförmig gedrehten Vorderflügel der Strepsipteren sind äusserst bewegliche Anhängsel ‚und vertreten die Stelle von vorderen Schwingkol- ben im Vergleiche zu den hinteren Schwingkolben der. Dipteren; bei den Käfern sind die’ Vorderflügel einfache Deckorgane für die Hinterflügel, die ‚bei. dem Fliegen nur gelüftet und unbeweglich gehalten werden, mögen dieselben verkümmert, sein oder. nicht. ‚Allen Strepsipteren-Männchen fehlen an den letz- ten Tarsengliedern die Krallen, ein den Käfern unentbehrlicher Apparat; denn alle Käfer sind bestimmt, ihre Beine zum Laufen, Kleitern und Festhalten zu gebrauchen, da sie, nachdem sie ihre: Puppenhülle abgestreift, noch Monate, ‚selbst Jahre. lang fortleben, während die Strepsipteren-Männchen von dem Au- genblicke an, nachdem sie aus ‚ihrer Puppe hervorgeschlüpft, ununterbrochen flattern, wobei: sie nie länger als einen Tag am Leben bleiben. ‚Wenn ich nun auch davon. überzeugt bin, dass die Strepsipte- ren keine Käfer sind, so glaube ich doch, dass der von den Entomologen jetzt gemachte ‚Versuch, die Strepsipteren zu den Käfern zu stellen, vor der Hand geduldet, ja sogar willkommen geheissen werden müsse, da derselbe seine sehr gute praktische Seite hat, aus welcher die‘ Wissenschaft gar bald.ihren at 55 Nutzen wird ziehen können. Bisher ist nämlich die ganze Strepsipteren-Gruppe von den deutschen Entomologen auf eine unerhörte Weise vernachlässigt worden; jetzt, nachdem die Herren Coleopterolo- gen in den Käfer-Katalogen diese Strepsipteren aufgeführt finden, wird denselben daran liegen, ihre Sammlungen mit diesen niedlichen Thierchen zu schmücken. Man wird sich jetzt um diese Schmarotzer- Insekten kümmern, man wird ihnen nachstellen, und, um sie auf die Nadel spiessen zu. können, wird man ihre Lebensgeschichte studiren müssen; man wird genöthigt, sie und ihre Wohnthiere mit der gröss- ten Aufmerksamkeit zu beobachten; denn das ist durchaus nothwendig, wenn man einen geflügelten Stylo- piden habhaft werden will. Hierdurch werden sich Beobachtungen und Mittheilungen über diese noch so wenig gekannten Thiere häufen, aus denen es sich dann später mit grösserer Bestimmtheit heraus- stellen wird, welche Stelle dieselben im Insekten- Systeme einzunehmen haben. Da ich hierselbst schon von mehreren Coleopterologen angegangen worden bin, eine Methode anzugeben, wie man diese Strepsipteren sich verschaffen könne, so halte ich es für geeignet, hier folgendes Verfahren zur Strepsipteren-Zucht, welches mir bisher stets sehr gute Dienste geleistet hat, anzurathen; denn nur durch Zucht kann man in den Besitz der geflügelten Strepsipteren-Männchen gelangen, da bei ihrer Kleinheit, Zartheit und bei ihrem kurzen versteckten Leben dieselben nur höchst selten und ganz zufällig im Freien angetroffen werden. Vor Allem muss man sich einen sehr geräumigen, hellen und luftigen Zwinger her- richten, in welchem blühende, durch Wassergläser getränkte und frisch zu erhaltende Umbellaten, welche von Hymenopteren sehr gern besucht werden, aufgestellt werden können; hierauf muss man sich die Mühe nicht verdriessen lassen an blühenden Weiden die diese Weidenblüthen besuchenden Apiden und Andreniden einzufangen und zu prüfen, ob sie stylopisirt sind oder nicht; die von den nicht stylo- pisirten Bienen leicht zu unterscheidenden stylopisirten Individuen werden unversehrt in den oben erwähn- ten Zwinger gesetzt. Auf gleiche Art verfährt man mit stylopisirten Vespiden (Polistes gallica) und Sphegiden (Ammophila sabulosa), welche auf Doldengewächsen häufig angetroffen werden. Diese In- sekten, obwohl sie als Gefangene Anfangs ihre gewohnte Thätigkeit und Sorge für ihre Brut vermissen werden, leben in jenen Zwingern einige Wochen fort, zumal wenn sie von Zeit zu Zeit frische blühende Dolden erhalten, die man noch mit gestossenem Zucker bestreut. Diese an Arbeit gewöhnten Insekten finden so Unterhaltung, indem sie an den Blüthen sich beschäftigen und den umhergestreuten Zucker auf- lecken; es wird auf diese Weise ihr Leben so lange als möglich gefristet, wodurch die in ihnen stek- kenden Stylopiden-Puppen (wenn es Männchen sind) Zeit erhalten, sich zu entwickeln und als geflügelte Insekten auszuschlüpfen. Die stylopisirten Hymenopteren werden auf folgende Weise erkannt. Die als Entozoen in der Hinterleibshöhle der Hymenopteren lebenden Strepsipteren-Larven durchbohren später, um sich zu verpuppen, mit ihrem Vorderleibsende die weichen Gelenkstellen. zwischen den Hinterleibs- Segmenten ihrer Wohnthiere, bleiben hier stecken und warten so als stets ungeflügelt und fusslos blei- bende Weibchen ihr Lebensende ab; die Männchen dagegen stossen nach einiger Zeit den aus dem Hin- terleibe ihrer Wohnthiere hervorragenden Vordertheil ihrer Puppenhülse ab und flattern aus ihrem Versteck hervor. Die mit männlichen Puppen behafteten Hymenopteren erkennt man an dem schwarzbraunen, konischen, zwischen den Segmenten des Bienen- und Wespen-Leibes hervorragenden Vorderende der Puppenhülsen; die weiblichen Strepsipteren geben sich durch ein hellbraunes, schuppenförmiges, aus ihren Wohnthieren hervorragendes Vorderleibsende zu erkennen, welches unverändert sitzen bleibt, während der konische Vorderleib (Cephalothorax) der männlichen Puppe vor dem Ausschlüpfen des Männchens abfällt. s5 Herr Privat-Docent Dr. med. Aubert den 27. April 1853: Ueber die künstliche Befruchtung der Fischeier und einige Erscheinungen der ersten Entwickelung derselben. Die künstliche Befruchtung der Fischeier hat in der neuesten Zeit das Interesse der Franzosen in hohem Grade erregt, und sie verspricht bald ein wichtiger Industriezweig in Frankreich zu werden. Ge- wiss wäre es auch für uns wichtig, die künstliche Befruchtung zur Aufziehung von Fischen anzuwenden und ihre Kultur einigermassen zu regeln und zu überwachen; wir würden dadurch eine angenehme Nah- rung durch verhältnissmässig sehr geringe Mühe erzeugen und eine grosse — proteinhaltigen Stoffes auf einem bisher wenig ausgebeuteten Wege erlangen. Die Absicht, die wohlschmeckenden Forellen in grösserer Menge zu erzeugen, gab zuerst zwei Deutschen, dem Grafen v. Golstein und dem preussischen Major Jacobi, Anlass, die künstliche Be- fruchtung der Fische zu bewerkstelligen, und sie halten guten Erfolg. Seitdem ist an verschiedenen Orten von diesem Verfahren Gebrauch gemacht worden, indess blieb es wenig beachtet und auf kleine Distrikte beschränkt. Zu wissenschaftlichen Zwecken, um die Entwickelung der Fischeier zu beobach- ten, benutzte es erst der Italiener Mauro Rusconi vor etwa 20 Jahren. Er wurde durch Zufall darauf geführt. Er bemerkte eines Tages, dass eine Menge kleiner Fische in einem seichten Bache am Comer- See schwammen und, indem sie ihren Bauch auf dem Sande rieben und mit den Schwänzen heftig schlu- gen, ihren Laich von sich gaben. Hier konnte er nun wohlfeilen Kaufes die erste Entwickelung der Eier beobachten, was dem um die Entwickelungsgeschichte hochverdienten v. Baer trotz seiner mühe- vollen Manöver nicht gelungen war. Diese Beobachtung gab ihm die künstliche Befruchtung der Fisch- eier an die Hand, und er wendete sie bei Schleien, Barschen und Hechten mit gutem Erfolge an. Lei- der sind seine Berichte nur fragmentarisch, da er sie in Briefen an Ernst Heinrich Weber berichtete, der dieselben in Müllers Archiv (1836 und 1840) abdrucken liess. Ferner stellte um dieselbe Zeit Carl Vogt in Gemeinschaft mit Agassiz seine künstliche Befruch- tungen an dem Salmling, einer kleinen, im Neuenburger See lebenden Forellen-Art, an, und sie gaben die Gelegenheit zu seinem ausgezeichneten Werke, der Embryologie des Salmones, dem einzigen Werke, welches die vollständige Entwickelungsgeschichte eines Fisches enthält, und nach seinem Reichthum an Beobachtungen und geistreicher Verarbeitung des Materials als eine Zierde der Literatur über Entwicke- lungsgeschichte dasteht. Vogt wusste wohl, dass die künstliche Befruchtung des Fischlaichs in Deutschland und Schottland gebräuchlich ist; er hät sie mit Agassiz Hülfe auch im Neuenburger Kanton zu verbreiten und dort zu allgemeiner Anwendung zu bringen gewusst. Indess wurde damals nicht der Lärm gemacht, welcher immer erforderlich ist, um das grosse Publikum auf eine ihm fern liegende Angelosenhei aufmerksam zu machen. ; Dieses Verdienst gebührt in der That den Franzosen, A die Glocke geläutet haben, welche wenigstens durch ganz Frankreich tönt. Quatrefages sagt in der Sitzung der Akademie der Wissen- schaften vom 2%. Oktober 1848: | \ „Ein Barsch von mitilerer Grösse enthält 69,000 Eier, ein Hecht von 20 Pfunden 166,000, ein Karpfen von 12 Pfund 621,600, ein Stör nach Rousseau 7,635,000, ein Kabeljau nach Leeuwen- hook 9,344,000 Eier. Wo sind die einer solchen Menge von Keimen entsprechenden Fische? „Aber“ sagt er, ‚die Eier werden theils von den Fischen als Nahrung verschlungen, theils vertrocknen sie an 87 seichten Stellen, indem das Wasser der Flüsse fällt, meistens aber werden sie bei der unvollkommenen Begattung der Fische nicht befruchtet und bleiben so zur Entwickelung unfähig.‘ Dieser letzte Punkt dürfte indess wohl nicht für alle Fische gelten, wenigstens giebt schon Aristo- les in seiner Entwickelungsgeschichte der Thiere an, dass die Fische aneinander fahren beim Laichen, und auch nach den mühevollen Untersuchungen von Baer’s verfolgen viele Männchen das im Laichen begriffene Weibchen, schlagen dasselbe mit den Schwänzen, ja sie kehren sogar einander die Bäuche zu, so dass wohl der Mangel an Befruchtung nicht ein so wichtiges Moment für das Umkommen der Fisch- eier sein dürfte. „Durch die künstliche Befruchtung,“ fährt Quatrefages fort, „würde man diesen letzteren Uebel- stand ganz vermeiden, indem man die Milch des Männchens mit den Eiern des Weibchens in einem Ge- fässe zusammenrührte ; schützte man sie dann in der ersten Zeit ihrer Entwickelung vor den Raubfischen und setzte sie erst in grössere Teiche, wenn sie schon eine gewisse Grösse erreicht hätten, so würde man sich eine angenehme und gesuchte Nahrung leicht verschaffen und einen bisher fast ganz unbekannten sehr wichtigen Industriezweig kultiviren.‘ Am 5. Mai 1849 berichtete die societe d’emulation du departement des Vosges an die Acade- mie des sciences über die Versuche zweier Fischer, Gehin und Remy, welche in den Vogesen die Bäche mit Forellen bevölkert hatten, die sie durch künstliche Befruchtung zogen. Schon im Jahre 1844 habe die Gesellschaft diese Herren durch einen Preis zu weiteren Unternehmungen zu ermuntern gesucht, und jetzt besässen dieselben in ihren Teichen eine Anzahl von 5—6 Millionen Forellen, welche schon nach zwei Jahren ',, nach drei Jahren %, Pfund wögen und in dieser Grösse von ihnen in den Handel ge- bracht würden. Seitdem wird in Frankreich viel mit künstlicher Befruchtung der Fische experimentirt; man lässt sich die befruchteten Eier ausländischer Fische mit der Diligence schicken, man versucht Bastard-Er- zeugungen, man benutzt die todten Fische, um ihren Laich zu befruchten, denn noch am vierten Tage nach dem Tode sind die Eier entwickelungsfähig u. s. w. Kurz, man ist dort auf dem Wege, einen neuen Handelszweig zu kultiviren, der von grossem Erfolge sein wird, und der zu der jetzigen Fisch- benutzung in dem Verhältnisse steht, wie ein kultivirtes, von Aeckern und Obstgärten durchzogenes Land, welches dem Willen des Menschen unterthänig ist, zu einem rohen Boden, welcher nur die kümmerlichen Halme liefert, die ihm Regen und Sonne abnöthigen. In der That ist nichts leichter, als die künstliche Befruchtung der Fischeier und ihre erste Er- ziehung. Die Eier der Fische entwickeln sich, wie die Eier aller Thiere, in dem Gewebe des Eierstocks: indem sie darin wachsen, verdünnt sich allmälig dieses Gewebe, so dass es zuletzt nur noch ein dün- nes Häutchen bildet; platzt dieses, so sind die Eier frei im Eierstock, treten in die Bauchhöhle und kön- nen leicht aus der Cloake ausgedrückt werden. Dieser Vorgang tritt zur Zeit des Laichens oder Strei- chens der Fische ein, die für die verschiedenen Fische sehr verschieden ist, zum Theil auch von der wärmeren oder kälteren Witterung abhängt. Drückt man nun den Bauch eines solchen Weibchens, in- dem man sanft von oben nach unten streicht, so drückt man die Eier heraus; nimmt man dann ein Männchen von derselben Art und verfährt ebenso, so wird seine Milch in einem Strahle herausspritzen: diese ist aber der befruchtende Samen; rührt man beides in einem Gefässe mit Wasser gehörig durch einander, so sind die Eier befruchtet und man wird schon nach einer Stunde Veränderungen an ihnen bemerken. Man kann nun die Eier ruhig in diesem Wasser liegen lassen, braucht nur für eine nicht schnell wechselnde Temperatur zu sorgen und nach einigen Tagen wird man das Vergnügen haben, die Eihülle von dem Fischchen durchbrechen zu sehen. Bringt man dies nun in ein grösseres Gefäss mit 12 88 Wasser, damit es frei herumschwimmen kann, und sorgt für einige Bewegung oder Strömung in dem Wasser, so braucht es in den nächsten 8—14 Tagen noch kein Futter, denn die Dottermasse, die noch in seinem Bauche liegt, dient ihm zur Nahrung. Dann erst ist es nöthig, ihm Infusorien und andere kleine Wasserthiere und Pflanzen zur Nahrung zu geben. Alles dieses liesse sich mit geringer Mühe und unbedeutenden Kosten in jedem Teiche in’s Werk setzen, und es wäre gewiss wünschenswerth, dass eine so leicht ausführbare und in ihren Resultaten schon jetzt gerechtfertigte Veranstaltung mit einigem Nachdrucke verfolgt würde. Hat man Gelegenheit, diese Vorgänge mit dem Mikroskope zu verfolgen, so wird jeder von der Zierlichkeit des Anblicks überrascht sein: der vollständig durchsichtige Dotter, in dem nur einige Oel- tröpfchen schwimmen, das Fischchen, welches schon am dritten Tage auf demselben liegt, der Herzschlag desselben der, schon am sechsten Tage beginnt und bei der Durchsichtigkeit des sich entwickelnden Fischchens so, wie noch bei keinem anderen Thiere, beobachtet werden kann, das sind Bilder, die mir bei dem gespanntesten Interesse, diese Vorgänge für die Wissenschaft auszubeuten, zugleich das grösste Vergnügen gewährt haben, und die Herren, denen ich die Ehre hatte, diese TER zu zeigen, werden mir hierin gewiss beipflichten. Ich bekam schon am 9. April ein Hechtweibchen, dem sich die Eier leicht aus der Civakin: aus- drücken liessen, die also völlig reif waren, und da ich auch zugleich ein Männchen hatte, so drückte ich auch seinen Samen darüber aus; und da es mir nicht genug. schien, schnitt ich ihm den Leib auf und drückte noch mehr Samen aus den Hoden über den Laich aus. Beides rührte ich gehörig durch einan- der. Diese Eier haben sich in meiner Stube in kleinen Uhrgläschen, Tassen und Tellern bis heut, zum zwanzigsten Tage entwickelt, so dass ich die Ehre hatte, sie der Gesellschaft vorzuzeigen. Fast alle Organe sind bei ihnen entwickelt, wenigstens in der Anlage vorhanden. Bereits nach einer Stunde waren Veränderungen an den Eiern zu bemerken, indem sich die eine Seite derselben etwas zu verdunkeln und gelblich zu färben begann. Nach 2 Stunden erfolgte die Er- hebung des Dotters an dieser Stelle, welche sich bald darauf in zwei Hügel theilte: der erste Anfang des Furchungsprozesses, wie derselbe von Vogt- ausführlich beschrieben und abgebildet worden ist, Während ich meine Freude an diesem Anblicke hatte, bemerkte ich, dass die Oeltröpfchen, welche sich in dem Dotter fast aller Fische finden, ihre Lage veränderten, ‚und zwar mit einer gewissen gravitäli- schen Gleichmässigkeit. Mit Hülfe des Fadenkreuzes im Oculare beobachtete ich diese Erscheinung weiter und sah, wie das Oeltröpfehen, nachdem es eine Ellipse beschrieben hatte, wieder an denselben Punkt zurückkehrte. Die Dauer dieser einen Umdrehung betrug 1,85 Minuten, es war Nachmittags gegen 3 Uhr. Die Furchung des Dotters an jener erhabenen Stelle schritt nun allmälig vorwärts; es bildeten sich 4, 8, 16 Abthei- lungen u. s. w., und die Drehungen gingen gleichmässig fort, wurden aber etwas langsamer, denn um 11 Uhr Abends dauerten sie 3 Minuten, Nachts um 3 Uhr 2,92 Minuten, Morgens um 7 Uhr, wo die Durchfurchung beinahe vollendet war, 3,2 Minuten. Gegen Mittag wurden sie wieder etwas schneller, denn um 1 Uhr war eine Rotation binnen 2 Minuten vollendet. uf ’ Hat sich nun aus dem gefurchten Dottersegmente eine Zellenmasse gebildet, welche den Keim dar- stellt, so fängt derselbe an, den Dotter zu umwachsen, indem er zugleich niedriger wird, wie wenn sich ein Stück Wachs auf einer heissen Kanonenkugel verflüssigt. Unterdess dauere die Rotationen ungestört fort, sie wurden aber gegen Abend langsamer, um 8 Uhr 3,5 Minuten. Diese Schwankungen der Ge- schwindigkeit sind höchst wahrscheinlich durch die abnehmende und zunehmende Temperatur bedingt, vielleicht auch durch die Intensität des Lichtes, das überhaupt eine grosse Rolle in der Entwickelung der Fischeier zu spielen scheint. ». 89 Wenn der Keim etwa zwei Dritttheile des Dotters überwachsen hat, ein Stadium, in dem sich schon die ersten Andeutungen des Embryo’s wahrnehmen lassen, so werden die Rotationen langsamer, eine Rotation dauert dann 4,5 Minuten, und zur Zeit, wo der Dotter fast ganz mit dem Keime und seinem Embryo umgeben ist, betragen sie 6 Minuten und darüber. Zugleich werden sie unregelmässig, indem ein be- stimmter Punkt des Dotters nicht wieder an denselben Ort zurückkehrt, sondern an einen vor oder hin- ter ihm gelegenen. Ich habe die Drehungen bis zu der Zeit beobachtet, wo der Embryo anfängt, sich zu bewegen, bis zu Ende des vierten Tages; ob sie noch weiter stattfinden, weiss ich nicht, halte es aber für wahr- scheinlich; der Beobachtung sind aber durch die Bewegungen des Embryo Grenzen gesetzt, da dieselben alle 3—4 Minuten stattfinden und jeder momentanen Zuckung eine abnehmend beschleunigte Bewegung des Dotters folgt. Mir über die Ursache dieser Bewegung Rechenschaft zu geben, oder vielmehr Cilien zu entdecken, die dieselbe veranlassten, habe ich mir alle mögliche Mühe gegeben, aber nichts davon bemerken kön- nen. Jedenfalls liegt es nicht an meinem Mikroskope, denn dies hat sich bisher bei den diffizilsten Prüfungen stets in vollem Maasse ausreichend gezeigl. An dem Ei des Barsches und Kaulbarsches habe ich indess keine Rotationen bemerkt. Derselbe den 20. Juni: Ueber Wanderungen der Eingeweidewürmer. Herr Professor v. Siebold hat schon seit mehreren Jahren wiederholt die Frage nach den Wan- derungen verschiedener Eingeweidewürmer unter wechselnden Formen angeregt und experimentell verfolgt, eine Frage, welche nicht allein wissenschaftlich, sondern auch in ökonomischer und sanitätspolizeilicher Hinsicht von dem grössten Interesse ist. Bei einer solchen Angelegenheit dürfte vielleicht kein Beitrag, wenn er auch zunächst nur naturgeschichtlicher Art ist, unnütz erscheinen; denn bei einer wissenschaft- lichen Untersuchung lässt sich die Tragweite auf andere Verhältnisse niemals von vorn herein bestimmen. Bisher haben v. Siebold, Küchenmeister und Lewald nur die Verwandlung der Blasenwür- mer oder Finnen in geschlechtsreife Bandwürmer verfolgt, und so sehr auch ihre Meinungen in manchen Punkten abweichen, so hat sich doch aus ihren Experimenten das mit Sicherheit herausgestellt, dass ein solcher Uebergang, wenn die Finnen des einen Thieres in den Darmkanal eines bestimmten anderen Thieres gelangen, in der That stattfindet und somit die ganze Ordnung der Blasenwürmer aus dem z00- logischen Systeme zu streichen sein wird. — Ausserdem hat v. Siebold mehrfach auf die Verwandlung der höchst räthselhaften Cercarienschläuche in Distomen hingewiesen. Ich habe im letzten Winter häufig Gelegenheit gehabt, eigenthümliche Saugwürmer, die v. Nord- mann zuerst in dem Auge der Fische, namentlich in der Linse und dem Glaskörper entdeckt und Di- plostomen genannt, und denen Henle noch einen in dem Rückenmarke der Frösche lebenden Wurm sehr ähnlicher Form hinzugefügt.hat, zu beobachten. Sie sind mit blossem Auge noch deutlich zu se- hen, da sie sich durch ihre glänzend weisse Farbe in den durchsichtigen Augenmedien gut markiren. Sie haben im Uebrigen die ‚Gestalt der Distomen oder Doppellöcher, deren bekanntester wohl der Leber- ‚egel der Schafe ist; einen Mundnapf nebst Schlundkopf und gabelförmigem, blind endendem Darme, ei- nen Saugnapf etwa im Centrum der Unterfläche ihres Leibes (denn der von v. Nordmann als zweiter Saugnapf angesprochene Theil sind die unentwickelten Genitalien), und ein sehr ausgebildetes Wasser- gefässsystem. Ausserdem enthalten sie runde, das Licht stark brechende Körperchen, die sich in den 12* 9 Diplostomen der Fischaugen wie Fett, in denen des Froschrückenmarkes wie kohlensaurer Kalk verhal- ten. Die Thiere sind stets in einer eigenthümlichen undulirenden Bewegung begriffen. Da die Diplo- stomen geschlechtslos sind, so entsteht die Frage: woher kommen sie? und was wird aus ihnen? Auf diese letzte Frage antworte ich: aus den Diplostomen werden reife Distomen, und zwar zunächst aus dem Diplostomum volvens v. Nordmanns das Distoma nodulosum des Barsches. Deduciren wir uns aus dem Verhältnisse zwischen Bandwürmern und Finnen die Beschaffenheit ei- nes Thieres, dessen entwickelte reife Form ein Saugwurm, und zwar ein Doppelloch ist, so werden wir hier alle die Eigenschaften finden, welche die Diplostomen besitzen. — Die Haftorgane der Bandwürmer sind der Hakenkranz und die Saugnäpfe: sie bleiben bei den Finnen. Bei den Distomen ist es ein Mundnapf und Saugnapf, die in einem bestimmten Grössenverhältnisse bei den verschiedenen Arten zu . einander stehen; das Verhältniss ist dasselbe bei dem Distomum nodulosum und dem Distomum volvens. Das Nahrungsaufnahme-Organ der Tänien und Cystenwürmer ist die Haut; sie bleibt unverändert. Das Nahrungsorgan der Doppellöcher ist ein gablich sich theilender, blind endender Darm mit muskulö- sem, längs- und ringgefasertem Schlunde und häutiger Speiseröhre: wir finden ihn in gleicher Form bei den Diplostomen. Das eigenthümliche Wassergefäss-System ist bei den Bandwürmern weniger entwik- kelt als bei den Finnen, bei denen ihm noch ein besonderer grosser Behälter in der sogenannten Schwanz- blase beigefügt ist; unser Diplostomum hat ein ausserordentlich stark entwickeltes Wassergefäss-System mit einem besonderen Behälter im Hinterleibe. Bei dem entsprechenden Distomum ist es nicht so stark entwickelt. Es finden sich ferner in manchen encystirten Bandwurmköpfen oder Bunde Fetttröpfchen (Tetrarrhynchus, Gryporrhynchus). Sie sind bei unseren Diplostomen gleichfalls in ausserordentlicher Menge vorhanden. Da aber alle Diplostomen aus dem Rückenmarke des Frosches statt dieser Fett- tröpfehen Kalkkörperchen enthalten, der in jenem Theile sehr viel enthalten ist, so folgt daraus, dass die Aufnahme dieser Substanzen von der Umgebung dieser Thiere abhängig ist. — Endlich sind die Finnen immer geschlechtslos, während die einzelnen Glieder der Tänien hermaphroditische Genitalien be- sitzen. Ein gleiches Verhältnis findet zwischen dem Diplostomum volvens und dem Distomum nodu- .losum statt, da, wie schon bemerkt, der sogenannte zweite Saugnapf v. Nordmann’s kein Saugnapf ist, ‘und dies vielmehr die rudimentären Geschlechtstheile sein dürften. v. Nordmann ist aber ein so treuer und gewissenhafter Beobachter, dass seine Beschreibung dieses Organs, welches er Saugnapf nannte, durch- aus der Natur desselben entspricht. . Haben wir uns so gewissermassen @ priori ein Diplostoman eonstruirt, so müssen wir uns Beweise aus der Erfahrung suchen. Was mich aber zuerst auf‘ didses Verhältniss führte, war die Linse eines halbverdauten Barsches in einem grösseren Barsche, in dessen einem Pylorusanhang neben jener Linse ein Distomum nodulosum mit Eiern sass; es enthielt noch einen Rest jener Fetttröpfchen, welche bei Diplostomum in ausserordentlicher Menge vorkommen, im hinteren Theile seines durch die Eier stark ausgedehnten Hinterleibes. Diese Körper sind auch schon Dujardin aufgefallen. Zugleich hat dieses Distomum zwei eigenthümliche Fortsätze neben dem Mundnapfe, wie sie auch das Diplosto- mum volvens auszeichnen. Ich habe seitdem noch in-4 Barschen, welche dieses Distomum enthielten, halbverdaute Linsen gefunden; bei anderen Individuen fehlte Beides. Ich hätte nun Fütterungsversuche machen sollen, das heisst, Barschen Linsen mit Diplostomen zu fressen geben und ihre Fortschritte nach verschiedenen Zeiträumen beobachten sollen. Aber leider habe ich Barsche nie länger als 12’ Stunden am Leben erhalten können, und da ich vor der Hand keine Aus- sicht zu derartigen Fütterungsversuchen habe, so kann ich nur nach den bisherigen Erfahrungen auf die hohe Wahrscheinlichkeit der Umwandlung des Diplostomum volvens indas Distomum nodulosum aufmerksam machen. — Aehnliche Verhältnisse mögen wohl dem oft massenhaften Auftreten der Leberegel zu Grunde liegen, welches nach dem sogenannten „Verhüten“ der Schafe eintritt. Uebrigens kann ich nicht umhin, die Wanderungen der Eingeweidewürmer als einen in allen Ord- nungen derselben stattfindenden Vorgang anzusehen, denn man findet auch Rundwürmer häufig in einem unentwickelten Zustande encystirt in Theilen, wo sie gewiss nicht geschlechtsreif werden; gleichwohl zeigen sie dort eine so grosse Lebendigkeit, dass sie gewiss in ihrer eigentlichen Heimath ihre völlige Ausbildung erreichen. Dass endlich die Hakenwürmer durch verschiedene Thiere wandern mögen, hat schon v. Siebold aus dem eigentlichen Bau der Riesenkratzereier geschlossen. Andrerseits bin ich weit entfernt, mit Küchenmeister den Encyslirungsprozess für ein nothwendiges Entwickelungsstadium anzusehen, da wir theils für eine solche Annahme viel zu wenig Erfahrungen besitzen, theils teleologi- sche Gründe in der Naturgeschichte ohne allen Werth sind. Physiologie und Pathologie der Thiere und Pflanzen. Der zweite Secretair der Section, Privat-Docent Dr. Ferdinand Cohn, den 10. März. Ueber lebendige Organismen im Trinkwasser. Bei dem ersten Auftreten der Cholera in Europa suchte das Volk die Ursache in den Brun- nen; noch heut in Erinnerung sind. die Excesse, welche damals gegen solche Personen gerichtet waren, denen die Volkssiimme Schuld gab, sie hätten die Brunnen vergiftet. Dass während der Cho- leraepidemieen sich das Trinkwasser in abnormem Zustande befinde, ist auch in neuerer Zeit ein allge- meiner Glaube geblieben, ohne dass eine wissenschaftliche Autorität sich die Mühe genommen hätte, zu untersuchen, ob dieser Annalıme eine Thatsache zu Grunde liege. Es ist daher mit, Dank anzuerkennen, dass bei der letzten Choleraepidemie in Breslau die hiesige Sanitäts-Commission Veranlassung nahm, eine Untersuchung der Brunnen in solchen Häusern anzuordnen, in welchen die Krankheit in besonderer Heftigkeit und Allgemeinheit aufgetreten war. Als in der Nähe des Polizeipräsidiums und im Ursuliner- kloster eine grosse Zahl von Erkrankungen und Todesfällen eingetreten war, wurde das Trinkwasser aus dem Ursulinerkloster Herrn Professor v. Siebold zur mikroskopischen Untersuchung übergeben; gleich- zeitig erhielt derselbe Wasser aus dem Brunnen eines Hauses auf der Mäntlergasse Nr. 2. Nach der Abreise des Prof. v. Siebold nach München wurden Brunnenproben aus anderen Theilen der Stadt, in denen inzwischen die Cholera sich concentrirt hatte, durch Herrn Stadtphysikus Wendt dem Herrn Apotheker Müller zur chemischen Analyse mitgetheilt, während ich selbst die mikroskopische Analyse übernahm. Auf diese Weise habe ich einiges Material über die Beschaffenheit des Trinkwassers während der Choleraepidemie, namentlich aus besonders inficirten Häusern erhalten, das mir nachfolgende Ergeb- nisse geliefert hat. Die von mir mikroskopisch analysirten Brunnen zeigten sich sehr verschieden in Beschaffenheit und Reichthum organischer Beimengungen. Die grösste Menge enthielt eine Probe aus dem Brunnen des Hauses Vorwerksstrasse Nr. 4, in welchem die Cholera vorzugsweise heftig aufgetreten war und zahlreiche Menschen hinweggerafft hatte. Das Wasser war zwar ziemlich klar und hell, aber es schlug sich aus ihm ein sehr reichlicher Bodensatz von erdbräunlicher Farbe und blättrig flockiger Beschaffen- heit nieder. Dieser erwies sich unter dem Mikroskop als bestehend: 92 l) aus vermoderten Holzsplittern, die mit Eisenoxyd so stark durchtränkt waren, dass ihre Struk- tur erst durch Behandlung mit Salzsäure deutlich wurde; 2) aus weisslichen Schüppchen; diese waren fast ausschliesslich von einem eigenthümlichen® Was- serschimmel gebildet, den ich nicht systematisch zu bestimmen vermag, da er wahrscheinlich neu ist. Er besteht aus verästelten Fäden, die traubenförmig an der Spitze zu kugelförmigen Sporen aufschwellen. Dieser Wasserpilz bildete einen Haupttheil des Niederschlag. Die Blättchen, die er zusammensetzte, zeigten ihre Struktur erst deutlich, wenn man sie mit Salzsäure behandelte, wodurch sie lebhaft auf- brausten ; sie waren demnach mit kohlensaurem Kalk incerustirt. Mehr vereinzelt fanden sich 3) Flöckchen eines andern Wasserpilzes, der, durch lange zarte Fäden charakterisirt, der Gattung Hygrocrocis angehört; 4) bräunliche Fäden, von Kützing unter dem Namen Stereonema unter die Pilzalgen (Myco- phyceae) gestellt; nach meinen Untersuchungen sind dies keine selbstständigen pflanzlichen Gebilde, son- dern die Stiele eines Infusorium ( Uvella glaucoma Ehr.); 5) schwärzliche mehrzellige Pilzsporen, in die Gruppe der Brandpilze gehörig; ihrer Gestalt nach sind sie zu der Gattung Phragmidium zu stellen. Die ad 4 und 5 genannten Gebilde sassen meist an den unter 1 erwähnten Holzfragmenten fest. Zwischen diesen unbeweglichen Formen schwammen 6) zahlreiche Infusorien, angehörig den Gattungen Vorticella, Cyclidium, Monas, Paramecium; am häufigsten waren die mit ihren spiraligen Stielen zusammenschnellenden Vorticellen. Langsam bewegten sich vereinzelt: 7) die contractilen Formen einiger Rhizopoden zwischen den Pilzfäden; ich beobachtete Amoeba- und Actinophrys-Arten. Sehr verbreitet waren: 8) die in allen Entwickelungsstadien vorkommenden- Räderthiere (Rotifer vulgaris), während sich 9) der bekannte Fadenwurm des Schlammes, das Wasserälchen, Anguillala fluviatilis, lustig durch den Bodensatz schlängelte. In diesem lebten auch 10) grössere Borstenwürmer (Nais), während im Wasser selbst 11) einzelne Süsswasserkrebse aus der Gattung Cyelops sich schon mit blossen Augen erkennen liessen. Viele abgestorbene Thierreste fanden sich im Bodensatze, nament- lich 12) die Häute von Mückenlarven, 13) der Flügel einer Fliege, 14) ‚Fussglieder einer Spinne. Fer- ner 15) Federn, — sowie 16) Flachsfasern; die beiden letzteren waren :im Brunnenwasset schon ur- sprünglich vorhanden und nicht erst nachträglich hineingerathen, da sie meist mit Vorticellen besetzt waren, die oft in der Theilung sich begriffen zeigten. Von unorganischen Gemengtheilen zeigte das Mikroskop 17) kleine Splitter von Kiesel, Kalk und Eisen; sie waren ohne Zweifel, wie der grösste Theil der unter 13—16 erwähnten Formen, durch den Staub in’s Wasser geweht worden. So reich an Organismen, wie das Wasser aus der Vorwerksstrasse Nr. 4, dessen Analyse ich eben gegeben, fand ich keinen der von mir untersuchten Brunnen, obwohl die in jenem aufgefundenen For- men zum grössten Theil auch anderswo, wenn auch meist spärlicher, wieder vorkamen. Das Wasser die- ser Brunnen war selbst überall mehr oder minder klar und hell, und einzelne Tropfen zeigten meist gar keine fremden Theile; nur vereinzelt schwammen Monaden umher; liess man das Wasser stehen, so setzte sich mit der Zeit meist etwas Niederschlag ab, der aber von sehr verschiedener Menge und meist sehr unbedeutend war; indem ich diesen Niederschlag untersuchte, konnte ich die Organismen, welche ge- wöhnlich vereinzelt im Wasser suspendirt sind, bequemer und sichrer untersuchen. Der Niederschlag aus dem Brunnen des Hauses Tauenzienstrasse Nr. 50, von dem mir Herr Dr. Asch eine Probe mittheilte, bestand aus Staub, Holzfragmenten, Federn, aus Pilzfäden von der Gat- tung Hygrocroeis, aus schwarzen mehrzelligen Brandpilzsporen der Gattung Phragmidium und Stemphy- lium, so wie aus farblosen Fusidiumsporen; ferner aus einer Menge von Infusorien, vorzugsweise den 93 Gattungen Monas, Cyelidium Glaucoma, Trachelius Lamella, Trachelius strietus Duj., Ozxytricha Pellionella, Euplotes Charon und Peranema Duj. (Trachelius trichophorus Ehr.) angehörig; auch eine gepanzerte Rhizopode (Difflugia Enchelys) fand sich vor. Das Wasser aus dem Brunnen Siebenhubenerstrasse Nr. 1, wo die Cholera kurz vor ihrem Aufhören besonders heftig auftrat, wurde mir vom Herrn Stadtphysikus Wendt zur Untersuchung über- wiesen und zeigte selbst keine organischen Formen; nach einiger Zeit setzte sich jedoch aus ihm ein spärlicher flockiger Niederschlag ab, der ausser unwesentlichen, schon oben berührten Beimengungen insbesondere aus Aygrocrocis-Fäden, so wie aus einem sehr interessanten mikroskopischen Pilz bestand, der auf verästelten Fäden schneckenartig zusammengerollte Sporen trug; diese Bildung weist auf die Gattung HAelicomyces oder Helicotrichum hin, die jedoch beide nicht im Wasser beobachtet wurden. Dazwischen bewegten sich einzelne Infusorien (Monaden). Zwei Proben aus der Vorwerksstrasse Nr. 3 und 25 zeigten fast gar keinen Niederschlag und nur bei Nr. 3 war das Wasser von Monaden belebt. Das Wasser eines Brunnens, Flurstrasse Nr. 5, enthielt schwarzbräunliche Gallertflöckchen, die von Hygrocroeis- und Stereonema-Fäden gebildet und von lebenden Infusorien, Monaden, Paramecium Chrysalis, Oxytricha Pellionella, Euplotes Charon und Amphileptus Fasciola umschwärmt waren. Letz- tere Thiere wurden auch encystirt, als scharfumgrenzte, ruhende Kugeln gefunden und schlüpften während der Beobachtung aus den Cysten aus. ') Vorticellenstiele bewiesen die Anwesenheit auch dieser Infuso- rien. Auch wurden kleine Amöben so wie Actinophrys in verschiedenen Grössen aufgefunden. Um mir über die Beschaffenheit dieser, in inficirten Häusern befindlichea Brunnen ein vergleichen- des Urtheil zu bilden, untersuchte ich das Wasser in einem Brunnen der Ohlauerstrasse, welches ich selbst als Trinkwasser- benutzte und in dessen ganzer Umgebung kein Cholerafall vorgekommen ist. Das Wasser war rein und setzte auch aus einem Glase keinen Bodensatz ab; als ich jedoch ein blech- nes Gefäss untersuchte, in dem das Wasser seit Jahren geholt wird, so fand ich den Boden mit einer sehr dünnen Schleimschicht bedeckt, in welcher das Mikroskop ausser Rostpartikeln, Stärkekörnchen, Baumwollen- und Leinenfäserchen, Holzfragmenten auch sehr zahlreiche Aygrocrocis- und Stereonema- Fäden nachwies, zwischen denen sich Rotifer und Anguillula, einige Infusorien (Cyelidium, Ozxytricha, Monas) und Rhizopoden befanden; letztere waren besonders häufig, namentlich Actinophrys und eine eigenthümliche Amöbenform, welche durch einen sehr deutlichen Kern mit Kernkörperchen charakteri- sirt von meinem Freunde Dr. Auerbach zuerst beobachtet und untersucht worden ist. Das Wasser des Brunnens Schweidnitzer Stadtgraben Nr. 18, aus einer cholerafreien Ge- gend, welches Herr Professor v. Siebold zur Vergleichung RR, ergab sich als ganz frei von Organismen. — An diese Zusammenstellung einiger mikroskopischen Ditinananeiyee während der Choleräepide- mie von 1853 schliesse ich einige Betrachtungen, in wie weit dieselben zu allgemeineren Schlussfolge- rungen Veranlassung geben können. Zunächst müssen wir erörtern, was durch die mikroskopischen Brunnenanalysen überhaupt erstrebt werden kann. Entweder kann untersucht werden, ob in der Beschaffenheit des Trinkwassers die Ur- sache für die Entstehung der Cholera liegt; oder im Fall die primäre Ursache der Cholera anderswo zu suchen wäre, so kann gefragt werden, ob nicht eine gewisse Beschaffenheit des Trinkwas- !) Vergleiche über die Encystirung von Amphileptus Fasciola meinen Aufsatz in Siebolds und Köllikers Zeit- schrift für wissenschaftliche Zoologie. Bd. 5. Heft 1. 94 sers auf die Verbreitung, namentlich auf die Concentrirung dieser Krankheit in beschränkten Lo- kalitäten von Einfluss sein kann. \ Was nun die erste Alternative betrifft, so lässt sich von vornherein durchaus nicht die Möglich- keit abläugnen, dass eine gewisse Veränderung des Trinkwassers die Ursache der Cholera sein könne. Das Auftreten der Cholera, wie es sich namentlich in der letzten Epidemie in Breslau herausstellte, in einem engbegrenzten Raume, wo die meisten Bewohner ergriffen wurden, während in der nächsten Um- gebung kaum ein sporadischer Fall vorkam, das Erlöschen an einem Heerde und das Ueberspringen nach einem zweiten, wo sie sich ebenso lokalisirte; alles das macht es unwahrscheinlich, in einer kosmi- schen Ursache, in einer Veränderung der magnetischen, elektrischen, der sonstigen physikalischen oder chemischen Verhältnisse der Erde oder ihrer Atmosphäre die Quelle der Epidemie zu suchen. Schwer- lich lässt sich denken, dass eine kosmische Alteration sich auf ein paar Häuser beschränkt, während auf der übrigen Erde keine Spur davon wahrnehmbar ist. Dagegen begünstigt dieses Auftreten die Theorie einer ponderabeln Ursache, eines körperlichen Contagium, welches an einem gewissen Orte sich einfindet und mit der Zeit wieder verliert. ’ Die Untersuchungen von C. Schmidt (Charakteristik der epidemischen Cholera etc.) haben zu dem Resultate geführt, dass die Phänomene der Krankheit und die Veränderungen des Organismus durch die- selbe sich am besten durch die Annahme eines Ferments erklären lassen. Ein solches Ferment kann nun entweder ein eigenthümlicher, nicht weiter organisirter Stoff sein; oder es kann auftreten als organisches Wesen, namentlich als Pilz, wie die Pilze der Hefe ein Ferment für Zucker sind. Ein solches organisches Fermeyxt in der Gestalt eigenthümlicher Pilze ist bei allen Epidemieen nachgewie- sen worden, welche seit einer Reihe von Jahren fast sämmtliche Kulturgewächse heimsuchen, und die in ihrem Auftreten, ihrer geographischen Verbreitung und ihrer Wirkung mit der Cholera auffallende Analogieen darbieten. Uredoarten sind die Ursachen des Brandes und des Rostes auf unseren Ge- treidefeldern; die Sporen des Oidium Tuckeri rufen, indem sie nach bestimmten Gesetzen vorwärts schreiten, die verheerende Traubenkrankheit hervor; eine Schimmelart ist bei der Kartoffelkrankheit nachgewiesen worden, die im vergangenen Jahre von selbst ausblieb, nachdem sie eine Reihe von Jah- ren furchtbar gewüthet hatte; andere Schimmelarten hat man bei der Krankheit der Orangen, der Oel- bäume, der Maulbeerbäume, der Haidekräuter, der Möhren und der Runkelrüben nachgewiesen. Es sind immer eigenthümliche Arten, die sich nirgends vorfinden als auf den erkrankten Pflanzen, die zugleich mit der Epidemie im Lande erscheinen, wo sie früher unbekannt waren, und mit ihr wieder verschwin- den. Selbst unter Thieren sind Epidemieen beobachtet, deren primäre Ursache in Pilzen zu suchen ist; bekannt ist die Muscardine, ‘die Krankheit der italienischen Seidenraupen, welche durch eine Botrytis Bassiana getödtet werden. Es wäre, daher wohl möglich, dass auch ein Pilz existirt, der durch seine Sporen gleichzeitig in ungeheurer Menge nach einem bestimmten Orte geführt würde und, indem er auf den menschlichen Organismus gelangt, die Erscheinungen der Cholera hervorriefe. Ein solcher Pilz, resp. seine Sporen, könnte nun entweder durch die Luft dem Menschen zugeführt werden oder durch das Wasser. Werden die Sporen durch die Luft getragen, so müssten sie sich auch in dem Absatz aus der Luft, im Staube, nachweisen lassen. Ehrenberg hat dieserhalb während der Berliner Cho- leraepidemie von 1849 den Staub in inficirten Häusern untersucht, aber darin keine eigenthümlichen Gebilde gefunden; er hat erklärt, dass die Cholerathierchen und Cholerapilze, soweit die mikroskopische Analyse der Luft und ihrer Niederschläge darüber Aufschluss geben können, in’s Reich der Fabeln zu verweisen seien. Vielleicht aber ist es nicht die Luft, sondern das Wasser, namentlich das Trinkwasser der Brunnen, in welchem die Cholera erzeugenden Pilze zu suchen sind? Ueberblickt man unter dieser ’ 95 Witatssetzuig pr igebniss unserer Brunnen-Analysen, so finden wir allerdings eine auffallende Menge von Pilzen!) in fast allem Trinkwasser, und die meisten in den besonders von der Cholera heimgesuchten Häusern. Wären diese Pilze die Urheber der Epidemie, dann müssten sie in ei- gegjhümljeher Form, eigenen Arten anftreten, die sich nirgends finden, als in infieirten Localitäten, die l erscheinen, wo die Cholera herrscht, dagegen in cholerafreien Orten und Zeiten fehlen. Nun u die Systematik und Entwicklungsgeschichte der Wasserpilze nicht hinlänglich festgestellt, und ‚überall mit Sicherheit zu unterscheiden, ob eine Form eine neue Art sei oder nicht; dennoch lässt sich schon im Voraus angeben, dass die am meisten verbreiteten Hygrocrocis-Arten von denen nicht we- sentlich abweichen, welche in allem stehenden Wasser vorkommen. Grösseres Bedenken könnten die Phragmidien, der Helicomyces und die eigenthümlichen Pilze erregen, die ich in Massen im Brunnen der Vorwerksstrasse Nr. 4 fand; doch spricht durchaus nichts dafür, dass der Genuss derselben die Cholera herbeiführen könnte. Ebenso wenig lässt sich dies von den Wasserälchen, den Räderthieren, den Infu- sorien, den Rhizopoden behaupten, welche in grösserer oder geringerer Zahl im Brunnenwasser vorkom- men, und die mit den in allem stehenden Wasser lebenden Arten völlig übereinstimmen. Den besten Aufschluss darüber, ob die Brunnen infieirter Häuser eigenthümliche Organismen enthal- ten, giebt eine Vergleichung mit dem Wasser aus solchen Orten, in denen die Cholera nicht herrscht. Solche Wasser-Analysen besitzen wir von dem: Wasser, welches verschiedene Com- pagnieen Londons den Bewohnern der Stadt zum Theil aus der Themse, zum Theil aus anderen Quellen zuleiten: in der kleinen Schrift von Arthur Hill Hassal (4 Microscopic. examination of the water supplied to the inhabitants of London and the suburban distriets, London 1850, mit 6 colorirten Tafeln.). Hassal fand die verschiedenen Proben des Wassers von verschiedener Beschaffenheit, aber sämmtlich reich an Organismen, unter denen die wichtigsten: Entomostraceae, nämlich Daphnid und Cyclops, Ro- tifer, Anguillula, Vorticellen, Oxytricha, Paramecium, Cyelidium, Monaden, Actinophrys, Uvella mit den braunen Stereonema-Stielen, Hygrocrocis, sowie verschiedene andere Pilze, ausserdem die Fragmente von Thierexcrementen (mit Galle gefärbte Muskelfasern und Kartoffelzellen). Fast alle diese Formen sind auch bei der Untersuchung unserer Brunnen und zwar in denselben Orten vorgekommen; ausserdem giebt Hassal mehrere Bacillarien in reineren Wasserproben an, die bei uns fehlten. Da nach Hassals Versicherung diese organischen Bewohner des Londoner Trinkwassers sich das ganze Jahr vorfinden, obwohl keineswegs das ganze Jahr dort die Cholera herrscht, so ergiebt sich daraus, dass in den Or- ganismen der von mir untersuchten Brunnen schwerlich die primäre Ursache für die Entstehung der Cho- lera zu suchen ist, Wie reich an “organischem ‚Leben ein Wasser sein könne, ohne ‘dass sich nothwendig in Folge dessen eine Epidemie entwickeln müsse, beweist die gegenwärtige (März 1853) abnorme Beschaffenheit des Wassers in Schweidnitz, über welche ich eine Mittheilung‘anschliesse. Seit dem Herbste vori- gen Jahres wurde in der Wasserkunst dieser Stadt, welche ihren Bedarf aus der Weistritz zieht und das ?) Gewöhnlich werden die im Wasser wachsenden Pilze, zu denen alle von uns gefundenen Gebilde gehö- ren, wegen ihres Standorts unter die Algen gestellt oder wenigstens als Mittelgruppe zwischen Pilzen und Algen, als Pilzalgen (Mycophyceae), getrennt. Doch glaube ich nicht, dass der Aufenthalt im Wasser als wesentliches Unterscheidungsmerkmal der Algen aufrecht erhalten werden kann, wenn man bedenkt, dass selbst in einer und derselben Gattung, zum Beispiel bei Vaucheria und Ulothriz, einige Arten im Wasser, andere im Trocknen vegetiren. Die Lebensweise, die Ernährung auf Kosten von organischer Substanz, die Formenreihe, sowie den Mangel der Farbe, kurz alle wesentlichen Merkmale haben die Mycophyceae mit den Pilzen gemein. Vergl. übrigens über die Stellung der Mycophyceae meine Abhandlung: Zur Entwicklungsgeschichte mikroskopischer Algen und Pilze, Nova Actu Ac. Nat, Cur. vol. XXIV. p. 1. c, tab. VI. 13 Ye 96 Wasser den Bewohnern zuleitet, das Auftreten von weissen Flocken beobachtet, die sich mit der Zeit in solcher Masse vermehrten, dass sie die Leitungsröhren verstopften. Herr Prof. Göppert untersuchte dieses Verhältniss im Dezember 1852 und fand den Ursprung der Flocken in einem Mühlgraben, welcher oberhalb der Stadt in die Weistritz mündet und mit diesen flockigen Massen in seiner ganzen Ausdeh- nung so vollständig erfüllt war, dass es schien, als sei der Boden des Grabens mit Schafvliessen aus- tapeziert. Göppert erkannte, dass diese Massen ausschliesslich von einem Wasserpilze gebildet waren, der schon früher zur Winterzeit in raschfliessenden Bächen in. der Nähe von Städten, jedoch’ nie in solch ungeheurer Verbreitung beobachtet worden war. Es sind fädige, einzellige, aber verästelte Röhren, die von Kützing als Leptomitus lacleus unter seine Ordnung der Pilzalgen (Mycophyceae) gestellt werden. Die Ursache von dieser ungeheuren Entwickelung des Leptomitus lacteus wird einer in neue- rer Zeit in der Nähe des oben erwähnten Mühlgrabens errichteten Fabrik zugeschrieben, welche 'aus Melasse Rum brennt; die Schlampe wurde anfänglich in den Mühlgraben geleitet; erst seit dieser Zeit ist das massenhafte Auftreten des Leptomitus lacteus in dem Graben beobachtet worden. Obwohl in Folge eines Verbots der Regierung gegenwärtig die Schlampe 60 Schritt vor dem Graben in einem Re- servoir aufgesammelt wird, das möglicherweise mit dem Graben noch in unterirdischer Communication stehen könnte, so hat sich doch der Leptomitus lacteus nicht vermindert, sondern immer furchtbarer entwickelt, und ist zu einer wahren Calamität für Schweidnitz geworden, denn alles aus der Wei- stritz geholte Wasser ist mit den Leptomitus-Flocken erfüllt; diese zersetzen sich in wenigen Stunden und entwickeln bei ihrer Fäulniss einen furchtbaren aashaften Gestank. Gegenwärtig (im Frühjahre 1853) hat sich das hier geschilderte, aus Göppert’s Untersuchungen sich ergebende Verhältniss insofern geän- dert, als das Wasser zwar noch seine frühere abnorme Beschaffenheit behalten, dagegen in ihm neben dem Leptomitus lacteus eine ungeheure Menge anderer Organismen sich entwickelt hat, welche die Haupimasse der organischen Beimengungen ausmachen. Es wurde mir vom Herrn Apotheker Hede- mann eine Wasserprobe zur mikroskopischen Analyse übergeben. Das Wasser befand sich in dem Zustande, wie .es aus den von der Weistritz gespeisten Pumpen des Militärlazareths hervorkommt; es war schlammig, ähnlich dem bei Regenwetter in Pfützen sich ansammelnden Strassen- koth, und besass einen humus- oder moderartigen, starken Geruch. Als ich das Wasser stehen liess, so setzte sich ein dunkler Bodensatz nieder, der etwa ein Drittel von dem Volumen des Ganzen betrug, während das darüber stehende Wasser eine trübe bräunliche Färbung behielt; dieses war von lebenden Organismen erfüllt, der Bodensatz aber bestand fast - ausschliesslich aus solchen. Die überwiegende Hauptmasse bildeten Bacillarien; dazwischen kamen in grosser Menge Infusorien, Räderthiere und andere höhere Thiere, so wie Algen vor; endlich fanden sich massenweise die Flocken des Leptomitus lacteus und einiger anderer Wasserpilze. Ich gebe ein Verzeichniss der Formen, welche ich in der von mir untersuchten Probe bestimmen konnte. Unter den Bacillarien waren am häufigsten verschiedene Arten der Gattung Synedra: die kleineren Stäbchen der Synedra Palea und -Synedra Fusidium Kg., die grossen der S. splendens Kg. und 8. Ulna Ehr. und die S-förmigen der $. sigmoidea Kg. und $. vermicularis Kg. Ueberall verbreitet waren auch die biscuitförmigen Tafeln der Surirella Solea Breb. und die eiförmigen der Surirella ovata Kg. Die Galtung Navieula war durch zahlreiche Arten vertreten, darunter Navicula ewilis Kg., Naei- cula cuspidata Kg., Navieula graeilis Ehr., N. viridis Kg. und N. euroula Ehr. Ferner fanden sich die Zickzackketten des Diatoma vulgare Kg., die halbkreisförmigen des Meridion eireulare Ag., die bandförmigen der Fragillaria capucina Desm. und die fadenförmigen der Gallionella varians Ehr. Nicht ' selten fanden sich Epithemia zebrina Kg. und Cocconeis Pediculus Ehr., so wie Cymbella Gastroides Kg. und ventricosa. Die beiden ersteren hatten wahrscheinlich parasitisch auf Conferven fesigesessen, 97 welche durch Fäulniss bereits zerstört waren. Spuren von n.solchen, insbesondere von Oedogonium und Spirogyren, kamen häufig vor, während Wasserpilze, namentlich Aygrocrocis-Arten und der Leptomitus lacteus, in weissen Flocken den Schlamm durchzogen. Von Desmideen fand ich das halbmondförmige Closterium Dianae und das spindelförmige Closterium Libellula; von Infusorien viele Arten, insbeson- dere Monaden, Vorticellen, Colpoden, Trachelius trichophorus, Paramecium Aurelia; von Rhizopoden die aus Sandkörnchen gebauten Gehäuse von Difflugien und die durchsichtigen Büchschen der Dujardinschen Gatlung Trinema (Difflugia Enchelys Ehr.). Sehr zalreich waren die Räderthiere (Rotifer vulgaris) und die Wasserälchen (Anguillula fluviatilis); seltner fand sich von Tardigraden der Macrobiotus Oberhaeuseri. Während diese Thiere in frischem Wasser sich lebhaft bewegten, so star- ben sie alsbald ab, so wie das Wasser einige Stunden im Zimmer stand; denn alsdann begannen die überall zerstreuten Leptomitus-Flocken zu faulen und mit-penetrirendem Gestank zugleich alles organi- sche Leben, das in dem Wasser sich entwickelt hatte, zu tödten. — Trotz dieses ungeheuren Reich- thums des Weistritz-Wassers an organischen Formen aller Art, zugleich an solchen, die im Wesentlichen mit den Bewohnern der von mir untersuchten Brunnen übereinstimmen (nur die Bacillarien und Desmideen fehlten in letzteren), wurde doch in Schweidnitz kein Cholerafall bemerkt, zu einer Zeit, wo in Breslau diese Epidemie bei ungleich reinerem Wasser zahlreiche Opfer forderte. Aus alle dem geht hervor, dass es für jeizt wenigstens nicht gerechtfertigt ist, den im Wasser, namentlich im Trink- und Brunnenwasser, lebenden Organismen, die zum Theil zu den Thieren, zum Theil in’s Pflanzenreich gehören, die Entstehung der Cholera zuzuschreiben. Wenn aber auch die Pilze und Infusorien der von uns untersuchten Brunnen an der primären Er- zeugung der Cholera unschuldig waren, diese vielmehr ihre eigentliche Entstehung irgend einem unbe- kannten Agens, vielleicht einem chemischen, aber nicht in organischer Form auftretenden Ferment ver- dankte, so bliebe noch immer die Frage, ob diese Organismen nicht zur Ausbildung und Verbreitung dieses Ferments, Miasma, Contagium empfänglich machen, und so für das gleichzeitige Befallenwerden einer grossen Anzahl Personen im selben Hause die aceidentelle Ursache abgeben. Nach dieser Ansicht würden Organismen des Wassers zwar nicht die Ursache der Entstehung sein, wohl aber bei bereits herrschender Epidemie die Veranlassung für das Befallenwerden des Einzel- nen werden können; es würde ihnen dasselbe Verhältniss zugeschrieben werden, welches etwa von dem Genusse gewisser, schwer verdaulicher Speisen oder von sonstigen Diätfehlern anerkannt wird, die in gewöhnlichen Zeiten ganz "unschädlich sind oder nur zu unbedeutenden Beschwerden ei geben, während der Cholera aber für diese Krankheit besonders empfänglich machen. So könnten auch die Infusorien und Pilze des Triokwassers, wenn sie auch das ganze Jahr darin ohne besonderen Nachtheil genossen werden, doch während einer Epidemie eine schädliche Einwirkung ausüben. Dennoch halte ich es für sehr zweifelhaft, dass eine solche Einwirkung von dem blossen Genusse dieser Organismen behauptet werden könne; nach meiner Ansicht sind dieselben viel zu klein und im Ganzen zu spärlich im Wasser enthalten, als dass sie bei der Verdauung irgend eine Rolle spielen könnten; ich glaube, dass alle diese Krebse, Würmer, Räderthiere, Infusorien und Pflänzchen alsbald absterben und verdaut werden, so wie sie in die Verdauungswege eingetreten sind; von keinem lässt sich vermuthen, dass es im lanern des Organismus sich weiter entwickeln und von specifischer Wirkung sein könnte. Ganz anders stellt sich aber das Verhältniss heraus, wenn wir fragen, ob diese Organismen des _ Trinkwassers nicht sowphl an sich einen nachtheiligen Einfluss auf das Leben des Menschen, der sie geniesst, ausüben, als vielmehr ein Anzeichen sind, dass das Wasser, in dem sie vorkommen, eine der Gesundheit nicht zuträgliche Beschaffenheit besitzt. Eine grosse Menge von Infusorien und Pilzen würde beweisen, dass das Trinkwasser schlecht, unrein, verdorben sei; wenu 15* 98 sie auch selbst nicht schädlich seien, so seien sie doch das Symptom einer Schädlichkeit, deren eigent“ liche Quelle in der chemischen Beschaffenheit des Wassers zu suchen sei. Dass Brunnenwasser mit reichlichem organischen Leben sich in abnormer Beschaffenheit befinde, lässt sich keineswegs ableugnen. Brunnenwasser, das in normaler Beschaffenheit mit einem gewissen Salzgehalt aus einer gewissen Tiefe der Erde hervorquillt, ist sehr arm, ja fast ganz frei von Organismen. Die vulgäre Ansicht, dass mit jedem Glase Wasser Tausende von Infusorien herabgeschluckt würden, 'ist durchaus unbegründet. In reinem Quellwasser kann der grösste Theil der Infusorien und Räderthiere gar nicht existiren, von Pflanzen nur die eigentlichen grünen Algen, die Desmidieen und Bacillarien, welche das Vermögen besitzen, aus den im Wasser gelösten Luftarten, namentlich der Kohlensäure, ihre Nah- rung zu ziehen. Daher sind diese Formen ein Anzeichen eines verhältnissmässig reinen Wassers, ob- wohl auch sie Wasser vorziehen, das eine gewisse Menge organischer Substanz gelöst enthält (die Des- midieen die Humusverbindungen des Torfwassers) und in reinem Brunnenwasser meist ganz fehlen. Die Pilze dagegen können in reinem Wasser nicht existiren; sie müssen die Substanzen, die zu ihrer Ernäh- rung erforderlich sind, bereits in organischer Form aufnehmen; sie brauchen daher entweder als Substrat absterbende, insbesondere stickstoffhaltige, thierische oder pflanzliche Körper, auf deren Kosten sie sich ernähren, wie die Achlya Insektenleichen, die Uredines Pflanzen; oder das Wasser selbst muss eine gewisse Menge organischer Substanz gelöst enthalten, wie dies bei den meisten Wasserpilzen (Aygro- crocis, Leptomitus) wahrscheinlich ist. Dasselbe gilt von den Infusorien, von denen die einfachsten mundlosen Monaden wahrscheinlich wie die Pilze sich durch unmittelbares endosmotisches Aufsaugen der im Wasser gelösten stickstoffhaltigen Stoffe ernähren, während die grösseren (Puramecium, Vorticella etc.) von dem Genusse der kleinsten Pflanzen, sowie von sich zersetzenden Thier- und Pflanzentheilen leben, die Räderthiere und Crustaceen endlich selbst wieder die grossen Infusorien aufspeisen. Wenn das Wasser nicht eine gewisse Menge organischer Substanz enthält, so werden keine Infusorien entstehen, und die grossen Räderthiere und Daphnien müssten dann verhungern. Wasser, welches eine grössere Menge solcher organischer Substanz enthält, ist leicht geneigt zu faulen, wenn es auch nur kurze Zeit in der Luft steht; es wird trübe, bedeckt sich mit einem Häutchen und entwickelt selbst übeln Geruch; Wasser, in dem sich entweder eine grosse Menge von Thier- oder Pflanzenresten befindet, oder das sehr viel organische Substanzen infundirt enthält, wie das in Gossen, Mistpfützes, Gräben angesammelte, kann sich in einem ununterbrochenen Fäulniss- oder Gährungsprozesse befindeg. In solchem faulenden Wasser gehen die meisten mikroskopischen Thiere und Pflanzen, insbesondere die grösseren, höher or- ganisirten, grün oder sonst gefärbten, bald zu Grunde; dagegen finden in ihm andere Formen jetzt ihren geeignetsten Boden und vermehren sich überwiegend, und zwar ebensowohl Wasserpilze als gewisse Infusorienarten, die man als Gährungs- oder eigentliche Aufgussthierchen bezeichnen kann. Dahin gehören insbesondere neben den Vibrionen die Monaden, Vorticellen, Paramecien, Oxytrichen, all die Formen, die wir in unseren Brunnen beobachteten, und die ebenso in jeder gährenden Infusion in Menge auftreten, im reinen Brunnen-, wie im harten Wasser der Bäche, selbst klarer Teiche und Grä- ben aber fehlen. Ihre Gegenwart in einem Brunnen ist daher ein untrüglicher Beweis, dass das’ Wasser desselben sich in einem unreinen Zustande befindet, dass es namentlich eine gewisse Menge organischer Substanz enthält, dass es geneigt ist zu faulen, ja dass vielleicht ein Gährungsprozess in ihm bereits . stattfindet. ’ Organische Substanz kann aber auf verschiedenen Wegen in die Brunnen gelaugen; sie kann durch den Staub in’s Wasser fallen und sich im Boden mit der Zeit anhäufen, wie dies mit den in allem Staube vorhandenen Federn, Leder-, Flachs-, Baumwollfragmenten der Fall ist; es kann die Auskleidung des Brunnens schadhaft sein und das vermoderte Holz in Massen in’s Wasser gelangen, wie dies bei den 99 Brunnen im Ursulinerkloster und der Vorwerksstrasse Nr. 4 ohne Zweifel der Fall war; es können na- mentlich bei offenen Ziehbrunnen selbst grössere Thierkörper absichtlich oder durch Zufall hineingeworfen werden und im Wasser verfaulen; es können endlich flüssige und feste Excremente, die in Düngergru- ben sich anhäuften, einen Weg in den Brunnen finden und das Wasser desselben verderben. Wer einen Blick in die Bauart unserer Hofräume gethan, beobachtet hat, welch eine Unmasse von Schmutz und Unrath aller Art dort sich meist ansammelt, wie insbesondere Abtritte und Düngergruben meist wie ge- flissentlich in die nächste Nähe der Brunnen gebaut werden, so dass durch dessen oft schadhafte Aus- kleidung eine Vermischung der löslichen Bestandtheile unabwendbar eintreten muss, wie die Leitung der Rinnsteine und Abzugskanäle nicht selten so angelegt ist, als sollte absichtlich Urin, Spülicht und der ganze Auswurf menschlicher Handthierungen in die Brunnen geleitet werden, den darf es nicht verwun- dern, wenn nachher die mikroskopische Analyse einen grossen Reichthum von Gährungspilzen und Gäh- rungsinfusorien nachweist, der von einer verdorbenen, insbesondere ammoniakreichen Beschaffenheit des Wassers Zeugniss giebt. Hassal hat nachgewiesen, dass das Themsewasser successive um so reicher an lebenden Wesen, namentlich aber an Pilzen und Infusorien wird, je länger dasselbe die Stadt durch- flossen, und je mehr es mit den organischen Excrementen und Auswürfen der Riesenstadt, die ihm durch die Gossen wieder zugeführt werden, durchtränkt ist, dass dasselbe beim Eintritt in die Stadt bei Brent- ford grösstentheils Bacillarien, nur wenig Infusorien führt, während es beim Austritt bei Hungerford einem wimmelnden Monadenhaufen gleicht. Ich muss dagegen bemerken, dass z. B. die Analyse des Brunnens Vorwerksstrasse Nr. 4 ein Wasser nachgewiesen hat, das an Reichthum an organischen Wesen dem vielberüchtigten Londoner Wasser wenig nachgiebt und noch dazu unmittelbar getrunken wird, während jenes (als sogenanntes Röhrwasser) doch entweder gar nicht oder nur nach mancherlei Vorbereitung (Kochen) zum Genusse kommt. Dass solches Trinkwasser mit seiner Geneigtheit zur Fäul- niss der Gesundheit zu allen Zeiten weniger zuträglich ist als reines, darf wohl kaum bezweifelt werden, und es wäre wohl möglich, dass zur Zeit von Choleraepidemieen sich seine Schädlichkeit noch entschie- dener herausstellen und für die gleichzeitigen zahlreichen Erkrankungen der Bewohner eines und dessel- ben Hauses eine Gelegenheitsursache darbieten könne, wenn dies auch wissenschaftlich wohl schwer nachzuweisen ist. Dennoch glauben wir, dass die Sache keineswegs abgeschlossen sei und eine syste- matische, mikroskopische und chemische Analyse verlangt, die jedoch nur dann von Erfolg sein kann, wenn sie sich auf eine wissenschaftliche Prüfung sämmtlichen Trinkwassers in ge- sunder Zeit und während einer Choleraepidemie basirt. Es scheint uns eine Pflicht der Sanitätsbehörden, überall solche Untersuchungen zu veranlassen, da nur diese es möglich machen, die normale Beschaffenheit eines der wichtigsten Lebensbedürfnisse, des Trinkwassers, zu controliren. (Günsburgs Zeitschrift für klinische Medicin. Bd. IV. Heft 3. p. 229 seq.) esse den 15. November: Ueber die Krankheit der Runkelrüben. Im Laufe des letzten Decenniums sind beinahe alle Kulturpflanzen in Mittel- und in noch höherem Grade in Süd-Europa von Epidemieen befallen worden, welche den Ertrag derselben oft in ausseror- dentlicher Weise verringert und um so verderblicher gewirkt'haben, als an eine günstige Ernte in der Regel auch das Wohl und Wehe ganzer Bevölkerungen geknüpft ist. Da dieser Gegenstand nicht blos die eigentlichen Naturforscher von Fach berührt, sondern beinahe in noch höherem Grade in das innerste Interesse der praktischen Landwirthe eingreift, so ist es erklärlich, dass hierbei eine grosse Menge von Beobachtungen, Ansichten und Vorschlägen selbst von Seiten solcher bekannt gemacht worden sind, de- nen sonst die Beschäftigung mit den streitigen Fragen der Naturwissenschaft ferner liegt. Trotz dieser allgemeinen Betheiligung ist es bisher noch nicht gelungen, das Wesen und die Ursache jener Pflanzen- krankheiten überall mit Sicherheit zu ergründen, viel weniger für die Abhülfe oder gar Vorbeugung des Uebels ein irgend brauchbares Mittel aufzudecken. Namentlich darin besteht ein allgemeiner Zwiespalt, dass der grössere Theil der Naturforscher gewissen Pilzen die eigentliche Urheberschaft jener furchtba- ren Pflanzenepidemieen vindiciren will, während andere, und mit ihnen der grösste Theil der Praktiker, das Auftreten der Pilze für eine sekundäre Erscheinung hält und das Hauptgewicht auf ungünstige Ver- hältnisse, sei es der Kultur, sei es des Bodens, sei es der Witterung, legt. Ja man-hat sogar behaup- tet, unsere Kulturpflanzen seien eben dadurch, dass sie durch lange Zeit fern von ihrer ursprünglichen Heimath in den künstlichen, daher unnatürlichen Bedingungen, wie sie der Anbau notihwendig mit sich führt, leben mussten, so sehr entartet, dass sie überhaupt nicht mehr gesunde Individuen, kräftige Früchte zu produciren vermöchten — in ähnlicher Weise, wie man etwa auch von einer Degenerirung des Men- schengeschlechtes im Vergleich zu früheren Generationen gesprochen hat. Dass jedoch ‘bei unseren an- gebauten Gewächsen die lange Kultur unmöglich an jener angeblichen Entartung Schuld sein könne, er- giebt sich schon daraus, dass gewisse Pflanzen, wie die Gerste, der Reis u. s. w., deren Anbau fast so alt ist, wie das Menschengeschlecht, an keiner irgend bedeutenden Epidemie leiden, während mitunter ‚gerade die jüngsten Kulturgewächse, wie die Kartoffel, von der im grössten Theile von Europa kaum 100 Ernten gemacht sind, seit einer Reihe von Jahren in furchtbarer Weise heimgesucht wurden. Ueberhaupt scheint mir die Hypothese einer Degeneration der Kulturgewächse völlig unerwiesen und unglaubwürdig, da dieselben in allen Fällen, wo sie eben nicht von Krankheiten leiden, ohne Zwei- fel eben so gesund vegeliren und eben so gute und reichliche Frucht tragen, wie dies je der Fall ge- wesen ist. !) Dass die Einwirkungen, welche der Mensch auf die Pflanzen ausübt, bei ihren Krankheiten nur von untergeordneter Bedeutung sein können, ergiebt sich besonders daraus, dass auch die wilden, seinem Einflusse gänzlich entzogenen Gewächse ebenso häufig, wenn auch vielleicht nur selten in so grosser Ausdehnung, erkranken, als die angebauten. Die Physiognomie einer Gegend kann auf diese Weise al- terirt werden, wie dies Meyen von Rio Trinquiricaca in Chile berichtet, wo er ganze Bäume mit farbigen Blattpilzen bedeckt fand; in ähnlicher Weise wie in den von der Traubenkrankheit heimgesuchten Ländern die ganze Landschaft durch die enorme Entwicklung des Oidium Tuekeri ein welkes, trostloses Anse- hen erhält. Selbst im Gebiete der Alpen, zu denen nach des Dichters Wort die Qual des Menschen und der Moder der Grüfte nicht hinaufreichen soll, finden wir verbreitete Pflanzenkrankheiten; ich habe auf dem 5000’ hohen Nassfeld bei Gastein, auf der 6000° hohen Krimmler Platte die Blätter der Alpen- rosen auf grossen Strecken in ähnlicher "Weise durch einen Blattpilz verkrüppelt gesehen, wie dies bei der gemeinen Wolfsmilch bekannt ist. . Diejenigen, welche dem Boden und der Witterung die Schuld der Pflanzenepidemieen zuschreiben, übersehen in der Regel über lokalen Erscheinungen die weite Ausbreitung der meisten dieser Phänomene, ‘) Wären wirklich alle oder einige unserer Kulturpflanzen gänzlich entariet, so müsste auch für alle Zukunft die Hoffnung auf günstige Ernte verschwinden, und es bliebe nichts Anderes übrig, als den Anbau dieser Gewächse überhaupt aufzugeben und andere, gesündere an ihrer Stelle einzuführen, wie man dies in der That in einzelnen Fäl-: len, bei der Kartoffel, beim Weinstock u. s. w., vorgeschlagen und zum Theil selbst ausgeführt hat. Es liegt jedoch j hierzu, wie gesagt, nicht die geringste gerechtfertigte Veranlassung vor, da die Ursache jener Krankheiten nur als eine äusserliche, gewissermassen zufällige und daher wohl auch vorübergehende zu betrachten ist. 101 die sich in gleicher Weise in den verschiedensten klimatischen und Bodenverhältnissen eingefunden ha- ben. ‘Weder die zu vielen oder die zu sparsamen Regen, die zu kühlen Sommer oder die zu warmen Winter, die zu heissen Tage oder die zu kalten Nächte, oder der allzu rasche Wechsel dieser Erschei- nungen, die man bisher zur Erklärung bald dieser, bald jener Pflanzenkrankheit in Verdacht zog, können dieselbe wirklich veranlasst haben, da dergleichen schon von-jeher stattfanden, ohne dass sich in solcher Art schädliche Folgen bemerklich gemacht hätten, noch eine bestimmt meteorologische Abnormi- tät sich überall da nachweisen lässt, wo eine Epidemie eintrat. ‚Ueberhaupt ist es gegenwärtig meiner Ueberzeugung nach ausgemacht, dass wenigstens bei den meisten und wichtigsten Epidemieen das Erkranken der Pflanzen nur dadurch herbeigeführt wird, dass gewisse Pilze sich in ihnen und auf ihre Kosten entwickeln, welche sich von einem gewissen Heerde aus weiter ver- _ breiten, so wie die Epidemie über die Erde fortschreitet. Bei der Traubenkrankheit ist es durch italie- nische und französische Botaniker, zuletzt und besonders gründlich durch H. v. Mohl nachgewiesen, dass die Weinstöcke völlig gesund bleiben und nur dadurch und in dem Maase leiden, als sich auf den Blät- tern und Früchten der weisse Schimmel des Oidium Tuckeri (Erysiphe?) verbreitet; dasselbe ist in Eng- land bei einer verwandten Krankheit der Stachelbeeren der Fall. Ebenso sind ganz ohne allen Zweifel Pilze die einzige Ursache der verschiedenen Arten von Brand- und Rostkrankheiten, der Bräune der Haidesträucher, der Dürre der Kirschen und Maulbeerblätter, der Fleckenkrankheit der Fichtennadeln und zahlreicher Laubbäume, des Mehl- und Russthau’s u. s. w. Es darf jedoch nicht ausser Acht gelassen werden, dass, wenn es auch nachgewiesen ist, dass und in welcher Weise die parasitischen Pilze die eben erwähnten schädlichen Einflüsse auf ihren Nährpflan- zen veranlassen, damit die zeitweise Ausdehnung der lokalen Erkrankungsfälle zu weltüberziehenden Epidemieen noch nicht erklärt ist. Die Pilze müssen als von jeher existirend angenommen werden, und es müssen daher auch zu allen Zeiten vereinzelte Krankheitserscheinungen in dieser oder jener Gegend stattfinden, ohne bemerkt oder beachtet zu werden; aber es muss noch etwas hinzukommen, damit sich - aus diesen vereinzelten Fällen eine Epidemie entwickelt, die einen bestimmt in Raum und Zeit nach- weisbaren Gang verfolgt, in bestimmte geographische Grenzen sich einschliesst, innerhalb derselben aber einen grossen Theil aller Pflanzen befällt, kurz alle die Erscheinungen darbietet, welche auch in den Epidemieen der Menschen und Thiere beobachtet wurden, ohne dass sich bei diesen die Mitwirkung von Pilzen hätte constatiren lassen. Es muss eben noch ein unbekanntes Moment eintreten, von dem es ab- hängt, dass die Sporen der Pilze, welche die Krankheiten unserer Kulturpflanzen veranlassen, in gewis- sen Jahren besonders reichlich keimen und kräftig gedeihen, während sie in anderen Jahren gar nicht oder nur spärlich zur Entwicklung kommen, oder auch, dass die Nährpflanzen zu gewissen Zeiten vor- zugsweise disponirt werden, für die Pilzsporen einen günstigen Boden abzugeben. Dieses Moment, über das wir kaum die vagsten Vermulhungen aufstellen können, das wir möglicherweise in einer eigen- thümlichen, nur zeitweise sich findenden Mischung der klimatischen Verhältnisse ') zu suchen haben, ist die eigentliche, noch völlig unbekannte Ursache der Epidemieen, auch da, wo wir einen gewissen Pilz als Ursache der Krankheit nachgewiesen haben. u EEFEISSESSEESSSESSESEESSEER, ?) Dass unsere Atmosphäre, wenngleich ihre beiden Hauptbestandtheile, Sauerstoff und Stickstoff, überall ein eonstantes Verhältniss bewahren, doch in anderen Beziehungen grossen Schwankungen unterliegt, beweisen z. B. die Messungen am Ozonometer, welche für jeden Monat des Jahres eine andere Menge von Ozon in der Luft ergeben. Dass eine gewisse, freilich meist nicht näher bestimmbare Beschaffenheit der Atmosphäre für die Entwicklung vieler Pflanzen von grösster Wichtigkeit ist, ergiebt sich aus der bekannten Erfahrung, dass gewisse Jahreszeiten das Kei- men ganz ausserordentlich begünstigen (der Frühling bei den meisten Phanerogamen, der Herbst bei vielen Krypto- 102 Endlich darf auch nicht ausser Acht gelassen werden, dass es erwiesenermassen zahlreiche Pflan- zenkrankheiten giebt, bei welchen die Pilze gar keine oder doch keine primäre Rolle spielen, welche vielmehr nur auf ungünstigen Boden- oder Witterungsverhältnissen beruhen. Es sind daher in diesem Gebiete Schlussfolgerungen, die sich allein auf oberflächliche Analogieen begründen, nur mit grosser Vorsicht zulässig; es muss vielmehr in jedem einzelnen Falle einer Pflanzen- krankheit oder Epidemie sorgfältig untersucht werden, ob und ev. welche Rolle dabei die parasitischen Pilze, welche die anderen Lebensbedingungen der Pflanze gespielt haben. Die von Pilzen veranlassten Krankheiten lassen sich, so weit man bis jetzt übersehen kann, in ver- schiedene Gruppen zusammenfassen, je nach der Art des Parasiten, der sie veranlasst, nach dem Organ, das er befällt, und dem Schaden, den er hierbei anrichtet. Eine Reihe von Krankheiten beruht darauf, dass gewisse Fadenpilze sich auf der Oberfläche der Nährpflanzen, namentlich ihrer Blätter, ausbrei- ten, ohne in ihr Inneres einzudringen; dass sie sich dagegen nicht selten durch eigenthümliche Haftorgane an die Epidermis festsaugen und zunächst die Zellen dieses Gewebes, und erst dann nach und nach ‚auch die tiefer gelegenen aussaugen und tödten. Hierzu gehört die Traubenkrankheit, die von A. Braun geschilderte Krankheit der Weichselkirschen, die von Schweinitz in Nord-Amerika und von Cesati in Italien beobachtete Krankheit‘der Stachelbeeren, die Bräune der Haidekräuter, und alle die Fälle, wo auf Bäumen Mehl- oder Russthau beobachtet wird, der von Erysiphe- oder Torula-Arten herstammt. Eine zweite Gruppe von Pflanzenkrankheiten sind die sogenannten Exantheme, bei denen ein Pilz sich zunächst im Innern eines Organs entwickelt und erst später beim Fructifieiren nach Sprengung der Oberhaut an’s Licht kommt; hierher gehören die als Brand und Rost zusammengefassten Erschei- nungen, welche von Uredineen, Ustilagineen und Aecidineen veranlasst werden und über welche die vor- trefflichen Untersuchungen von De Bary ‚über Brandpilze und die durch sie verursachten Pflanzen- krankheiten‘‘ die wichtigsten neuen Aufklärungen gegeben haben. Während in diesen beiden Fällen nur diejenigen Pflanzenorgane 'krankhafte Erscheinungen zeigen, welche den Pilz tragen, die übrigen Theile aber gesund bleiben, insofern sie nicht durch allzu grosse Zerstörung jener in Mitleidenschaft gezogen werden, so scheint ein anderes Verhältniss bei einigen Ge- wächsen einzutreten, deren Rhizom- oder Wurzelbildungen sich durch grossen Zucker- oder Stärkereich- thum auszeichnen und aus diesem Grunde in Kultur genommen werden. Die wichtigste unter diesen Pflanzen ist die Kartoffel, deren alljährlich wiederkehrende Krankheit bereits eine historische Bedeu- tung erlangt hat. Hier zeigen sich nämlich abnorme Zerstörungserscheinungen gleichzeitig an den ober- irdischen Theilen der Stengel und Blätter, welche schwarz werden und verwelken, und an den unterir- dischen Knollen, welche in Fäulniss übergehen, beide von Pilzen verschiedener Art begleitet; und es ist sehr schwierig zu entscheiden, in welchem Theile die primäre, eigentlich destruktive Einwirkung zu su- chen ist, von welcher die Zerstörung des andern Theils nur als secundäre Folge zu betrachten wäre. Aehnlich verhält es sich mit der Fäule der Mohrrüben, welche durch Reisseks Untersuchun- gen aus Oesterreich näher bekannt worden ist. Die Fäule tritt schon im Boden auf und schreitet an gamen), was nicht allein von der Wärme und Feuchtigkeit, die man ja auch zu anderer Zeit künstlich zu reguliren vermag, abhängen kann. Die ungewöhnliche Vermehrung der Maikäfer, der Erbsenkäfer, der Heuschrecken, der Pro- cessionsraupen und anderer schädlicher Insekten in gewissen Jahren, welche aus ihnen zeitweise wahre Landplagen macht, während dieselben Thiere zu anderen Zeiten nur sparsam angetroffen werden, bietet nach meiner Meinung das nächste Analogon für die von Pilzen veranlassten Pflanzenepidemieen, obwohl in beiden Fällen die eigentliche Ursache jener enormen Vermehrung unbekannt ist. s 103 ö den herausgenommenen Rüben fort, wenn sie feucht erhalten werden. Zuerst wird die Rinde befallen, später das Innere, und zwar wird meist der obere, dünnere Theil der Wurzel mit zarterem Gewebe früher angegriffen; es zeigen sich kleine missfarbige, bräunliche Flecken, die allmälig tiefer eindringen, sich ausbreiten und zusammenfliessen; dies ist der Beginn der Fäulniss, welche in der Bildung fester ge- bräunter Inhaltsmassen aus und auf Kosten des Zuckers, Fettes und Proteins im Zellinhalte sich zeigt. All- mälig tritt eine Gährung des zuckerhaltigen Saftes ein, bei der Hefekügelchen mitwirken; die Wurzel überzieht sich mit Schimmel, meist Penieillium glaucum; zuletzt lösen sich die Zellen auf und das Ganze verwandelt sich in eine schmutzige, breiige Masse. Reissek betrachtet die Fäule der Möhren mehr als physiologischen, denn als pathologischen Process, „als ein früheres Erscheinen eines Vorgangs, der sonst in einer späteren Zeit eintritt“, und glaubt die erste Ursache nicht in dem krank machenden Einfluss eines Pilzes, sondern in dem vermehrten Proteingehalt der Zellen zu finden, der auf den zucker- haltigen Saft als ein Gährung und Fäulniss erweckendes Ferment wirkt. A. Braun macht jedoch dar- auf aufmerksam, dass bei dieser Schilderung wohl ein vorangehendes Erkranken der Blätter übersehen sei, und dass dieses und somit der eigentliche Quell der Krankheit wahrscheinlich einem mit dem Pilz der Kartoffelkrankheit (Botrytis oder Peronospora infestans) verwandten Pilz (Peronospora macrospora?) zugeschrieben werden müsse, welcher auch auf anderen Doldenpflanzen beobachtet worden ist. Die Erscheinungen, welche man bei der Kartoffel- und der Möhrenkrankheit beobachtet, stimmen völlig mit denjenigen überein, welche die Krankheit der Runkelrüben darbietet. Die bisherigen Be- schreibungen derselben, namentlich die der französischen Forscher Payen und Dumas, leiden, da sie mir nur aus Auszügen bekannt sind, an grosser Unbestimmtheit; das ausführliche, sämmtliche Pflanzen- epidemieen behandelnde Werk von Payen (sur les maladies des plantes cultivees) ist mir noch nicht zu Gesicht gekommen. Diese Krankheit der Runkelrüben ist zuerst von Frankreich aus näher bekannt worden, wo sie namentlich im Jahre 1851 in besonders grossem Maasse auftrat und durch Verminde- rung des Zuckergehalts im Safte und Fäulniss der Rüben grossen Schaden anrichtete; sie veranlasste damals allein in Frankreich einen Verlust an Zucker von etwa 4U0,000 Zentner. Eine andere Form der Rübenkrankheit wurde schon 1847 in der Nähe von Arras und Lille bemerkt, welche der Kartoffel- fäule sehr ähnlich war, sich jedoch von der Rübenepidemie des Jahres 1851 dadurch unterschied, dass damals die Erkrankung von den Blättern ausging und sich von da auf die Stengel und Wurzeln fort- pflanzte; auch wurden damals die erkrankten Theile durch Kochen härter, was 1851 nicht der Fall war; die Krankheit der Rüben im Jahre 1851 dagegen zeigte sich zuerst in den Faserwurzeln, an denen sich zunächst die Wurzelschwämmchen veränderten, aufschwollen und mit Schimmel bedeckten; von da pflanzte sich die Zersetzung fort nach dem Körper der Wurzel, deren Entwicklung bald stillstand. Die braune Farbe, die den Fortschritt der Fäule bezeichnet, folgte den Gefässbündeln und erreichte endlich Stengel und Blätter, die nun mit Luft injieirt und mit bleichen Flecken marmorirt erschienen. Zu einer gewissen Zeit verwelkten alle älteren Blätter auf einmal. (Moniteur industriel 1852.) Ueber die Ursache dieser Krankheit haben die französischen Landwirthe und Naturforscher verschie- dene Ansichten ausgesprochen und danach auch verschiedene Mittel zur Abhülfe: vorgeschlagen. Ein Theil glaubte, dass die Rübe dureh allzulange Kuliur entartet, geschwächt sei; Gouvion Deray wollte seit 1847 bis 1851 eine alljährliche continuirliche Abnahme im Ertrage der Rüben im Verhältniss von 62 zu 20 bemerkt habe. Andere glaubten, dass vielmehr dem Acker durch wiederholten Rübenbau ein Theil der für ihr Gedeihen erforderlichen Erden und Alkalien enizogen sei. Dass jedoch nicht eine Verringerung des Kaligehalts im Boden Schuld sein könne, zeigt nach Payen die chemische Ana- Iyse, welche eine solche Verminderung nicht bestätigte, obwohl bekanntlich die Rüben dem Boden so grosse Mengen Alkalis entziehen, dass sich noch aus der Melasse mit Vortheil Pottasche fabriziren lässt; 14 104 dennoch enthalten gerade die zuckerreichsten Rüben das wenigste Alkali. Nach Chevreuil trägt die Schuld die desoxydirende Einwirkung der gährenden organischen Substanzen im Boden auf die Sulfate desselben, was jedoch nach Payen ebenfalls nicht haltbar ist (Compt. rend. XXXVI. p. 637.). Namentlich soll kalkreicher Boden für einen reichen Rüben-Ertrag erforderlich, und der Mangel davon Veranlassung der Krankheit, dagegen Düngen mit Kalk oder Mergel ein Gegenmittel gegen dieselbe sein. Dass überhaupt nicht Erschöpfung des Ackers oder der Rüben durch allzuhäufige Kultur die Schuld tragen könne, widerlegt Brongniardt durch die Bemerkung, dass die Rüben nur sehr selten alljährlich, in der Regel nur alle 2 bis 3 Jahre auf demselben Boden gezogen würden. Payen ist dagegen der Ansicht, dass die erste Ursache der Krankheit auf den Mangel an Luft im Boden zurückgeführt werden müsse, welcher wieder eine Folge der in den letzten Jahren vorherr- schenden feuchten Witterung sei; das Zusammensinken des Erdreichs und das die Zwischenräume des- selben verschliessende Wasser habe vom Boden die zur Entwicklung der Würzelchen erforderliche Luft abgeschlossen. Als Mittel gegen die Fäule empfiehlt er daher Einführung von Luft in die Erde durch tiefes Umarbeiten des Bodens, Entfernung des Wassers durch Drainage, eine Kulturmethode, welche das Düngen und die Einsaat der Zeit nach auseinanderhält, sowie Zusatz von Kalk und Auswahl besserer Rü- bensorten. Die an den Wurzeln beobachteten Schimmel hält Payen nur für eine secundäre Erschei- nung der Fäule. Decaisne und Brongniardt dagegen vermulhen in ihnen die eigentliche Ursache des Uebels, und glauben diese Annahme noch dadurch unterstützt, dass die Krankheit der Rüben erst im Herbste, also zu einer Jahreszeit auftritt, die auch sonst der Entwicklung der Pilze günstig ist. In Deutschland ist die Rübenkrankheit ebenfalls seit 1847 beobachtet; doch ist sie nicht immer gleich verderblich aufgetreten; durch Aussondern der kranken Rüben bei der Ernte und baldiges Ver- futtern derselben war der durch sie herbeigeführte Schaden überhaupt kein bedeutender. Nur im Jahre 1852, wo die Krankheit die bereits geernteten Rüben in Kellern und Mieten in reicherem Maasse an- griff, richtete sie einen erheblichen Ausfall an; selbst die in den Boden eingegrabenen, ausgesucht schö- nen Samenrüben gingen an manchen Orten zu %, zu Grunde. Im November 1853 erhielt ich durch Herrn Amtmann Julius Kühn in Gross-Krausche bei Bunzlau, dem die Kenntniss der deutschen Krypto- gamen schon manche werthvolle Bereicherung verdankt, eine grosse Sendung erkrankter Rüben in ver- schiedenen Stadien, gleichzeitig eine Reihe schätzenswerther Mittheilungen über den Verlauf der Krank- heit, welche ich nachstehend im Auszuge mittheile. Die Krankheit begann 1853, wie gewöhnlich, in der letzten Hälfte des September durch Schwarzwerden. der Herzblätter; die meisten Rüben erkrankten jedoch erst Anfang November, je später, desto mehr; doch trat die Krankheit im Ganzen diesmal nicht in solcher Ausdehnung auf, wie im Jahre 1852; auch ist dieselbe im Laufe des Winters nicht sehr fort- geschrilten. Obwohl das Schwarzwerden der Blätter im Allgemeinen das erste Anzeichen der Krankheit ist, so fanden sich doch auch kranke Rüben ohne dieses Schwarzwerden; andererseits kann man zuweilen an Rüben mit schwarzen Blättern noch keine Spur der Krankheit auffinden. Herr Kühn unterscheidet zwei Formen der Krankheit, von denen die erste auch in früheren Jahren beobachtet wurde; sie zeigt sich durch erhabene, allmälig grösser werdende Flecke an der Rübe, welche mehr und mehr eine dunklere Farbe annehmen und endlich in trockene oder nasse Fäule übergehen. Diese Form tritt zumeist am oberen Theile der Rübe auf, doch auch nach unten zu. Die zweite Form ist zuerst im Jahre 1853 bemerkt worden und zeigt sich immer zuerst am unteren Theile der Rübe und zwar zumeist an der Wurzelspitze; oft ist auch nur erst eine Seitenwurzel angegriffen, die Rübe selbst noch gesund. Die Flecken dieser Form sind violett; die Oberhaut ist mit Pilzbildungen in punktförmigen Räschen bedeckt; das Zellgewebe geht bald in nasse Fäule über; die Oberhaut schält sich dann leicht ab; die Flecken 105 verbreiten sich ziemlich schnell, überziehen selbst die Zaserwurzeln, und nehmen, allmälig mehr und mehr sich nach oben ausbreitend, die ganze Rübe ein. Nicht selten beobachtet man beide Formen der Krank- heit an einer und derselben Rübe; es finden sich Beispiele, wo nur erst die äusserste Spitze einer Wurzel mit Pilzbildung bedeckt war, während die Krone die ersten Spuren der gewöhnlichen Krankheits- form bemerken liess. Es werden alle Rübensorten, gelbe, rothe, weisse, lange und runde, von der Krank- heit angegriffen. Die Rüben, deren Blätter ganz schwarz geworden, zeigen oft eine sehr reiche Seiten- knospung, ähnlich wie kranke Kartoffeln oft keimen und kleine Knollen ansetzen. Die verschiedenen Kultur- und Witterungsverhältnisse scheinen nicht ohne Einfluss auf die Krankheit. Sie tritt zwar auch bei einer Düngung im Herbste, jedoch besonders häufig bei Frühjahrsdüngung auf; auch die Lage, nas- ser Boden und späte Bestellung begünstigen sie sehr. Als Gegenmittel gegen die Krankheit empfiehlt sich daher vor allem die Trockenlegung des Bodens durch zweckmässige Drainage ') und zeitiges Dün- gen im Herbst; dies geschieht am besten, indem man Mist flach einpflügt und eggt, dann zur Gründün- gung Sommer- oder auch Winterraps sät, der im Spätherbst niedergewalzt und wo möglich bei trok- kener Witterung tief untergepflügt wird; auf diese Weise wird die möglichste Zersetzung des Düngers und gleichmässige Mengung mit dem Boden erzielt, ohne dass allzuviel durch Verflüchtigung ‘verloren geht. Dass jedoch die etwaige Nähe des Düngers an der Wurzel nicht alleinige Ursache zur Erkran- kung ist, zeigen viele völlig gesunde Rüben, deren Wurzeln unmittelbar mit dem Dünger in Berührung gekommen waren. Der Einfluss des Kalkes ist zwar für das Gedeihen der Rüben ein sehr günstiger, scheint jedoch das Erkranken nicht unbedingt verhindern zu können. Meine eigenen Untersuchungen über die Fäule der Runkelrüben lassen mich im Wesentlichen die obigen Beobachtungen bestätigen. Der anatomische Bau der Runkelrüben ist bekannt, zuletzt in Schachts Pflanzenzelle, p. 283, beschrieben und ebendaselbst Tab. XV abgebildet; die Runkelrübe besteht aus concentrischen Schichten von Gefässbündelkreisen und Reihen von grossen parenchymatischen Zellen; die Gefässbündel theilen sich in radialer und tangentialer Richtung und bestehen aus Gefässen und fast un- verdickten Holzzelleu; die Parenchymzellen enthalten einen flüssigen Inhalt ohne Stärke und sind punk- tirt; das Ganze umgiebt eine dünne Rindenschicht, deren Zellen einen röthlich gefärbten Saft enthalten. Bei der Fäule wird das Innere der Rübe fast gar nicht verändert; nur die Rinde wird angegriffen, in- dem sich ihre Zellen in Inhalt und Membran brävnlich färben; es tritt hier dieselbe Veränderung ein, die Harting auch bei der Kartoffelkrankheit als Ulmificationsprocess bezeichnet; er endet mit einer völligen Auflösung der Zellmembran, so dass sich das angegrifflene Gewebe in eine schwarze, schmierige Masse umwandelt. Die Zersetzung und Auflösung beginnt an der Oberfläche und schreitet allmälig wei- ter nach innen fort; der gebräunte, ulminreiche Saft der Rindenzellen wird zum Theil von den Holzzel- len der Gefässbündel in’s Innere fortgeleitet, daher diese bei einem Querschnitt ebenfalls dunkler, röthlich gefärbt erscheinen; sonst zeigt sich im Innern keine Zerstörung. Die geschwärzten und aufgelösten Flecken der Wurzelrinde greifen immer mehr um sich, vorzugsweise an den jüngeren, frisch vegetiren- „den Theilen derselben, also an der Spitze der Haupt- und der Faserwurzeln, die am intensivsten er- griffen werden; von da breiten sie sich weiter aus, so dass sie einen grossen Theil der Oberfläche zer- stören; doch erscheinen sie auch an allen anderen Theilen, in der Mitte und selbst an der laubtragenden Spitze. Kühn und auch Payen betrachten die am obern und die am untern Ende befallenen Rüben !) Herr Kühn macht darauf aufmerksam, dass hierbei nicht zu enge Drains (am besten 2 zu Parallel- und 3” zu Hauptdrains) gewählt werden dürfen, da einzöllige Drains sich zu leicht durch Ockersand, Schliefsand, Al- genbildungen, eingedrungene Wurzeln und Frösche verstopfen und dann nur sehr schwierig durch Ausspülen reini- gen lassen, 14 * 106 als von zwei verschiedenen Krankheiten angegriffen; ich konnte jedoch nach dem mir vorliegenden Ma- terial eine wesentliche Verschiedenheit noch nicht mit Sicherheit erkennen. Das Laub der kranken Rüben ist schwarz, in ähnlicher Weise wie bei den kranken Kartoffeln; das Mikroskop zeigt auf denselben das weisse, vielfach verästelte Gewebe eines Fadenpilzes, den ich jedoch nicht bestimmen konnte, da ich nur vertrocknete, schon lange abgestorbene Blätter zur Untersuchung vorhatte; zwischen den sporenlosen Fäden fand ich kleine elliptische, so wie einzelne farblose Doppelsporen, wie bei Arthrobotrys oder Trichothecium. Auch auf den Flecken der Wurzel zeigte sich stets Schimmelbildung, wie sie auch von Payen und Kühn beobachtet wurde; liess man die Wurzeln an der Luft liegen, so vermehrten sich die Pilze in ungeheurer Masse, so dass die Rüben ganz verschimmelten. Die Pilze waren von verschie- dener Farbe und bildeten bald weisse, wollähnliche Massen, bald gelbe, bläuliche, violette, grüne oder rothe Polster und Räschen. Schwärzlich violette Flecke waren mit den verworrenen, dunkelbraunen Fäden eines Schimmels bedeckt, der nach einer Mittheilung des Herrn Kühn von Rabenhorst als eine neue Art erkannt und als Helminthosporium rhizoctonon bezeichnet worden ist. Daneben vegetirte auf den Wurzeln in üppigster Fülle das Penieillium glaueum und bildete blaugrüne Polster; orangegelbe wurden durch das Sporotrichum aureum Lk. dargestellt; dazwischen fand sich ein Selenosporium mit farb- losen, closteriumähnlichen, 5—6zelligen Sporen; während eine andere Form von einzelligen, Y,,, bis Yo‘ langen, halbmondförmigen Spindelzellen gebildet wurde, die sich zu grossen Massen in kugligen Blasen entwickelt hatte und beim Betupfen mit Wasser auseinanderfuhren, in ähnlicher Weise, wie es Braun bei seinen Septosporium curvatum beobachtet hat; sie bildete röthliche Massen und ist wohl ein Fusarium-Art (analog dem Fusarıum Solani, das auf kranken Kartoffeln beobachtet wird.) Auch zeigten sich gelbliche Gallerttröpfehen, welche unter dem Mikroskop als aus zahllosen kleinen Pünktchen gebildet sich nachwiesen, in ähnlicher Weise, wie es bei der sogenannten Monas prodigiosa, der be- kannten Bluterscheinung auf Speisen, der Fall ist. Sie erinnern an jene Vibrionenmassen, welche nach der Beobachtung von Mitscherlich bei den faulenden Kartoffeln sich als ein eigenthümliches Ferment verhalten, das die Cellulose der Zellmembran auflöst. Noch viele Schimmelformen erscheinen auf der Wurzel, die ich nicht zu bestimmen wage. Auch Thiere bewegten sich zwischen der Pilzvegetation, die man früher als Produkte, jetzt als Begleiter der Fäulniss betrachtet, eigene eine durch spitzen Schwanz ausgezeichnete Anrguillula und eine Milbe. Der Wunsch, den Zusammenhang einer dieser Pilzbildungen mit der Entstehung der Fäule nachzu- weisen, veranlasste mich zu genauerer Beobachtung und zum Zeichnen der auf den Rüben gefundenen Schimmel; doch ist wohl klar, dass unmöglich alle diese Arten gleichzeitig die Ursache der Rübenkrank- heit sein können, dass vielmehr der grösste Theil, wo nicht alle auf der Wurzel beobachteten Formen nur secundäre Erscheinungen waren, welche in Folge der in den Wurzeln einmal eingetretenen Gährung sich entwickelten, so gut wie die Wasserälchen und die Milben. Es ist mir wahrscheinlich, dass, wenn überhaupt einem Pilze die Veranlassung der Rübenfäule zuzuschreiben ist, hier vorzugsweise der die Blätter befallende und tödtende Schimmel in’s Auge zu fassen ist, den ich noch nicht näher beobach- ten konnte, und dass die Zerstörung der Wurzel nur die Folge jener ersten und ursprünglichen, Altera- tion ist, während die auf der Wurzel beobachteten Pilze ihrerseits nur die Begleiter ihrer Fäulniss sind. Doch ist, um diese Vermuthung zu erweisen, eine fortgesetzte Beobachtung der Rübenkrankheit erfor- derlich, namentlich müsste festgestellt werden, ob nicht doch von den auf den kranken Rüben gefunde- nen Pilzarten die eine oder die andere als constant zu betrachten sei, insofern sie an allen Orten und in allen Jahrgängen zugleich mit der Krankheit aufgetreten wäre, was ich se noch nicht entschei- den kann. Derselbe den 15. November 1553: Ueber die Einwirkung des Blitzes auf Bäume. Dieser Vortrag ist bereits in der Denkschrift zur Feier des 50 jährigen Bestehens der Schlesischen Gesellschaft etc. p. 267 — 282 abgedruckt worden. Der erste Secretair der Section Dr. Göppert den 2. November 1853: Ueber das Auftreten der Traubenkrankheit in Schlesien. Seit dem Jahre 1848 hat die Traubenkrankheit aus englischen Treibhäusern ihren Weg nach Frank- ‚reich genommen, von wo sie ganz Italien von Mailand bis Neapel überzog; seit 1851 hat sie auch Südtyrol und die Schweiz ergriffen und in Griechenland die ganze Ernte der Trauben, namentlich der Corinthen, vernichtet; dagegen hat sie 1852 Deutschland nur in seinen südlichsten Punkten erreicht. Auch im gegenwärtigen Jahre ist die Epidemie an denselben Stellen wieder so verheerend aufgetreten, dass man bereits daran denkt, den Weinbau gänzlich aufzugeben; dagegen hat sie in Oesterreich und Ungarn, so wie am Rhein, bisher noch keinen merklichen Schaden angerichtet. Dass die Krankheit je- doch in diesem Jahre auch in Schlesien bereits Eingang gefunden, beweisen die von ihr ergriffenen Trauben, die Herrn Privatdocenten Dr. Cohn zuerst am 7. August aus dem Garten der hiesigen Peli- kan-Apotheke, dann am 15. August aus einem anderen Garten durch Herrn Stadtphysikus Dr. Wendt zur Untersuchung übergeben wurden. Im Laufe des Oktobers hat der Vortragende aus verschiedenen Weingärten bei Breslau Trauben erhalten, in welchen die bekannten Erscheinungen der Krankheit voll- ständig ausgeprägt waren. Sie äussert sich zunächst in einem weissen Schimmel, der auf den Beeren, so wie auf den Blättern und Stengeln des Weinstocks bemerkbar wird, worauf ein Verfärben und Ver- welken des Laubes, meist auch ein Einschrumpfen, Vertrocknen und Aufspringen der Trauben eintritt. Der Schimmel, Oidium Tuckeri, gehört einer eigenthümlichen, früher unbekannten Art an, und ist nach den Untersuchungen von Amici in Florenz und Hugo v. Mohl in Tübingen als die eigentliche Ursache der Krankheit anzusehen, indem sich derselbe an der Oberhaut der von ihm befallenen Pflanzen fest- saugt und zuerst das Absterben dieser, später des ganzen Pflanzentheils herbeiführt. Wenn dem so ist, so wird sich, wegen der ungemein leichten Verbreitung der mikroskopischen Pilzsamen, schwerlich ein Mittel gegen diese verderbliche Krankheit bewähren; man muss hoffen, dass dieselbe, wie es bei allen Epidemieen bisher der Fall gewesen, mit der Zeit von selbst wieder aufhören werde; am ehesten dürfte ein Erfolg zu hoffen sein, wenn man die Blätter und Zweige des Weinstocks, sobald man an ihnen Spuren der Krankheit, namentlich Schimmelbildung, wahrnimmt, sofort abreisst und vergäbt. um dadurch die gesunden Theile vor der Ansteckung zu bewahren. Derselbe den 14. Juni 1853: Ueber eine ungewöhnliche Wurzelentwickelung des Raps. Herr Regierungsrath v. Massow hatte auf seinem Gute Kammelwitz bei Steinau a. ©. im Mai d. J. durch Drainirung ein sonst überaus nasses Feld von 25 Morgen so trocken gelegt, dass es sich zum 108 Baue des Rapses geschickt zeigte. Im August des vorigen Jahres gesäet, gedieh er auch im Laufe dieses Winters trefflich, so dass die starkbeblätterten Stauden Anfang März durchschnittlich die Höhe von 2 bis 3 Fuss erreicht hatten. Plötzlich hörte der sonst reichliche Abfluss des Wassers auf, das Feld versumpfte und das fernere Gedeihen des Rapses erschien sehr zweifelhaft. Bei genauer Betrachtung der Röhren (der Hauptstrang wurde stellenweise innerhalb einer Länge von 600 Fuss, mehrere seitliche von 100 Fuss Länge geöffnet) fand man sie mit einem fädigen weisslichen Gebilde dicht erfüllt, wel- ches eben durch seine Anhäufung den Abfluss verhinderte. Es erschien dem Aeusseren nach durchweg wurzelähnlich, gehört jedoch nicht in die Reihe der Kryptogamen, die, heut an Allem Schuld, wie neu- lich Jemand scherzhaft sagte, zuweilen allerdings auch wirklich in Röhren von Wasserleitungen ihren Wohnsitz aufschlagen. In der Mitte jeder einzelnen ungegliederten Faser zeigt die mikroskopische Unter- suchung ein Spiralgefässbündel, umgeben von dünnwandigen Parenchymzellen von derselben Art, wie wir sie bei Wurzeln des Rapses sehen, wofür auch ihr starker rübenartiger Geruch und Geschmack spre- chen. Endlich haben auch nach den Versicherungen des Herrn Regierungsrath v. Massow, dem ich die Mittheilung dieses interessanten Faktums verdanke, genaue später angestellte Untersuchungen den Zusammenhang der Wurzeln der Rapspflanze mit den im Innern der Drainröhren vorhandenen, oft noch 2—3 Fuss langen Wurzelfasern auf das Bestimmteste nachgewiesen, obschon sich die Röhren in der nicht geringen Tiefe von mindestens 4, theilweise selbst 6 Fuss befinden. Der lockere Boden begün- stigte wohl das Hinabsteigen der Wurzel, und das fliessende Wasser beförderte diese gewaltige Ent- wickelung, die mir bei Landpflanzen in solchem Grade, noch nicht vorgekommen ist. Insofern aber diese ganze Wahrnehmung nicht unbedeutenden Nachtheil veranlasst, dem vielleicht durch eigene Vor- richtungen bei Anlage der Drainage vorgebeugt werden könnte, wollte ich nicht verfehlen, sie zur all- gemeinen Kenntniss zu bringen, wie auch noch anzuführen, dass Herr v. Massow sich bereit erklärt, nähere Auskunft zu ertheilen, wie es ihm gelungen ist, das beinahe drei Wochen hindurch vom Wasser überfluthete Rapsfeld noch so zu erhalten, dass es immerhin noch einen durchschnittlichen Ertrag von mindestens 12 Scheffel pro Morgen mit Sicherheit erwarten lässt. Herr Privat-Docent Dr. Pringsheim aus Berlin gab den 2. November 1853 eine Mittheilung von seinen an der adriatischen Küste gemachten Untersuchungen: Ueber die sogenannten Antheridien der Seealgen. Wenn für die höheren Kryptogamen, die Familie der Moose und Farren, die Existenz geschlechtlich verschiedener Organe und die Nothwendigkeit einer Befruchtung zum Zweck der Fortpflanzung gegen- wärlig ausser Zweifel gesetzt ist, so ist für die niedersten Pflanzen, die Pilze, Algen und Flechten, eine solche Geschlechtsverschiedenheit neuerdings zwar vielfach behauptet, aber durchaus nicht erwiesen wor- den. Zwar wurden, um bei den Algen stehen zu bleiben, bei den im Meere lebenden roth oder braun gefärbten Tangen eigenthümliche, in grosser Anzahl in besonderen Organen gebildete Körperchen auf- gefunden, welche man als analog den Samenfäden (Spermazoiden) der höheren Kryptogamen betrachtet hat. Thuret hat in der That bei den braunen Fucaceen, Solier und Derbes auch bei den rothen Florideen die für die Spermazoiden charakteristische, selbstständige Bewegung beobachtet; als Bewe- gungsorgane dienen bei den Fucaceen zwei flimmernde Fäden, von denen der eine an der Spitze, der andere in der Mitte des Körperchens befestigt ist. Es lag daher nahe, auch bei den Algen getrennte Geschlechter anzunehmen, repräsentirt durch die echten Sporen auf der einen und durch die in Anthe- 109 ridien entwickelten Spermazoiden auf der andern Seite. Thuret behauptet sogar, dass die Samen der braunen Seetange nicht keimen, wenn sie nicht mit den beweglichen ‚‚Spermazoiden“ in Berührung ge- kommen, befruchtet sind. Der Vortragende hatte bei seinem Aufenthalte in Triest Gelegenheit, an einer Sphacellaria das Auf- treten zahlloser beweglicher Körperchen in grossen seitlichen Schläuchen (Sphacellae) zu entdecken, worin diese sich innerhalb einer oder mehrerer Zellen entwickelten und nach einer höchst eigenthümli- chen Durchbrechung der Schläuche ausschwärmten. Die Gestalt dieser beweglichen Körperchen, namentlich die Befestigung der Bewegungsorgane, ent- spricht ganz den sogenannten Spermazoiden der Fucaceen. Bei Sphacellaria selbst kann jedoch von der Auffassung dieser beweglichen Körperchen als befruchtende Spermazoiden und der sie einschliessen- den Gebilde als Antheridien nicht die Rede sein, weil die von Thuret selbst gemachten Untersuchun- gen zeigen, dass es dieselben Körper sind, wie die von ihm in den sogenannten Oosporangien bei einigen Seealgengattungen (Myrionemeae, Chordarieae, Sporocchneae, Dictyosiphoneae, Laminarieae, Cutlerieae) entdeckten, die er selbst keimen sah. Die morphologische Uebereinstimmung und die nahe systematische Stellung jener Algengaltungen und der Gattung Sphacellaria berechtigen zu diesem Schlusse. Aber die bei letzterer gefundenen Körperchen und die Gebilde, welche sie einschliessen, ha- ben, wie die Entwicklungsgeschichte zeigt, eine völlige morphologische Gleichheit mit jenen Gebilden, die Thuret bei den Fucaceen im engeren Sinne Antheridien und Spermazoiden genannt hat, und es ist daher aus der morphologischen Gleichheit auch auf die gleiche physiologische Funktion zu schliessen: dass nämlich die sogenannten Spermazoiden der Fucaceen mit den beweglichen, erwiesenermassen nicht befruchtenden, sondern keimfähigen Sporen der Oossporangien in eine Reihe zu setzen sind. Sollten die beweglichen Körperchen der Fucaceen wirklich nicht keimen, so würden sie doch nur den Mikrogonidien der Süsswasseralgen analog sein, welche sich neben den echten, oft ebenfalls beweglichen, stets aber keimfähigen Sporen entwickeln, aber weder befruchten, noch keimen. Die Mikrogonidien der Algen sind zu betrachten als eine besondere Art der Samenbildung, die jedoch regelmässig und typisch fehlschlägt, weil für die Fortpflanzung der Art bereits auf andere Weise gesorgt ist; in ähnlicher Weise sehen wir auch bei vielen höheren, namentlich Sumpf- und Wasserpflanzen, dass die Samen sich regelmässig nicht entwickeln und die Vermehrung nur durch Knospung vor sich geht. Auch bei Sphacellaria hat der Vor- tragende eine eigenthümliche Fortpflanzung durch Knospen (Bulbillen) beobachtet. Aus alle dem folgt, dass man weder die beweglichen Körperchen der Meeralgen als Spermazoiden, noch die Organe, in de- nen sie gebildet, als Antheridien bezeichnen darf; daher erscheint die Ansicht, welche den Algen eine ähnliche geschlechtliche Verschiedenheit wie den höheren Kryptogamen und Phanerogamen zuschreibt, unbegründet. * Herr Regierungs-Assessor Dr. Schneer übersandte im Namen der Fabrik zum Watt in Ohlau nachstehenden Aufsatz: Ueber eine eigenthümliche Art des Anbaues von Kartoffeln. Wir haben bei uns den Versuch machen lassen, Kartoffeln nach einem in den Vierlanden und Hol- stein bereits früher angewendeten Verfahren, in Gruben zu bauen, und zwar in folgender Weise: In einem Loche, 3 Fuss tief, 5 Fuss breit und 10 Fuss laug, dessen Sohle gut planirt war, auf einem kies- und eisenhaltigen Sand enthaltenden Untergrunde von festem Boden, wurde 2 Zoll hoch 110 guter Dünger und darüber 1 Zoll hoch gute Erde aufgeschütfet. Hierauf wurden die Kartoffeln unge- theilt je 4 Zoll auseinander flach gelegt und über sie 2 Zoll hoch Boden ausgebreitel. Nachdem das Kartoffelkraut 3 Zoll hoch herausgewachsen war, wurde es mit kiesfreier gesiebter Gartenerde bedeckt, so dass nur die Spitzen durchschimmerten. Mit dem nun wieder herauf wachsenden Kraute wurde ebenso verfahren, bis endlich die Grube gefüllt war, wo dann die Kartoffeln herauswuchsen und blühten. Bis die Grube gefüllt war, vergingen eiwas mehr als drei Monate. Die Kartoffeln wurden im Kraute krank; wir liessen dieselben nach dem von dem Königl.-Landes-Oekonomie-Kollegium empfohlenen Ver- fahren im Stengel schlitzen, und das Kraut erholte sich. Um den Versuch zu vervielfäliigen, wurden sechs solcher Gruben angelegt, von denen die eine Hälfte bei zunehmendem, die andere Hälfte bei abnehmendem Monde im Laufe des Monats Juni bepflanzt ‚wurde und von denen je eine mit Kuhmist, die andere mit unserem feinsten Knochenmehl, und die dritte ganz ohne Düngung angebaut wurde. Wenn diese Art des Kartoffelbaues gelingt, so mag der Grund darin zu suchen sein, dass entweder das Blatt, seinen Lebensbedingungen, der Luft und dem Licht, entzogen und in die Lebenssphäre der Wurzel versetzt, selbst Wurzel wird, oder der nun in die Erde versenkte Stamm sich zur Wurzel um- bildet und Wurzeläste treibt. Wie sich dies auch verhalten mag, jedenfalls soll diese Art des Anbaues einen überaus reichlichen Ertrag liefern. Es ist unnöthig zu erwähnen, wie wichtig dies für den kleinen Mann werden müsste, der nur wenig Land besitzt. Unsere Versuche haben erst, wie angeführt, im Monat Juni begonnen; nicht lange nach dem Legen der Kartoffeln traten heftige Regengüsse ein, welche die Gruben mit Wasser füllten. Es ist wahrscheinlich den angegebenen ungünstigen Momenten zuzuschreiben, dass die Erwartungen, die wir vom Gelingen des Versuchs hegten, bei dem gestern stattgehabten Ausnehmen eines Theiles jener Gruben nicht erfüllt wurden. Wir halten uns aber zu der Meinung berechtigt, dass, wenn durch geeignete Mittel das Wasser abgeleitet und die Gruben rechtzeitig angelegt werden, der Ertrag in der That ein sehr reicher sein muss. Zu dieser Ansicht bewegen uns die hierbei folgenden Pflanzen, die bereits in einer Höhe Knollenbildung zeigen, wo sich vor dem Zuschütten Blätter befunden haben. Die Kleinheit der Knollen lehrt, dass die Kartoffeln sehr früh gelegt werden müssen, um reif zu werden. y Angewandte Naturwissenschaften. Herr Ober-Forstmeister v. Pannewitz den 5. Januar 1853: * Ueber Anfertigung des Holzpapiers. Das Bedürfniss, den Gedanken in einem bleibenden Material festzuhalten, führte schon früh zur Er- findung des Papiers. Das erste Papier wurde in Aegypten aus der dort einheimischen Papierstaude, Cy- perus Papyrus, verfertigt, die auch um Syracus wuchs; vorzugsweise Alexandrien verdankte diesem Industriezweige sehr bedeutende Einnahmen; derselbe erhielt sich bis ins achte oder neunte Jahrhundert. China lehrte zuerst Papier aus Baumwolle bereiten; dieses Land: zeichnet sich auch aus durch Ver- fertigung des durchsichtigen, sammtartigen, aber leicht zerreissbaren Reis- oder Blumenpapiers aus dem Marke der Schaampflanze, Aeschynomene paludosa, A. aspera, A. lagenaria. Im elften Jahrhun- derte brachten die Araber das Baumwollenpapier, welches sie auch aus roher Baumwolle zu verferligen 111 verstanden, nach Europa; doch wurde dieses, seit in Deutschland im dreizehnten Jahrhunderte das Lei- nenpapier erfunden war, durch letzteres verdrängt, dem es seiner geringen Haltbarkeit wegen nach- steht. Die ersten Dokumente aus Leinenpapier finden sich in Kaufbeuren vom Jahre 1318. Gegenwär- tig benutzt man zur Papierbereitung nur gebrauchte Leinwand; zu Löschpapier werden auch wollene Lumpen, zu feineren Sorten auch Seidenzeug verwendet. Der durch den starken Verbrauch ausserordentlich gesteigerte Preis der Leinenlumpen liess schon seit Langem auf Surrogate denken, welche namentlich durch den Superintendenten Schäfer in Regens- burg um 1764 in den verschiedensten vegetabilischen Stoffen gesucht wurden, z. B. in der Wolle von Pappeln, Disteln und Wollgras, in Nesseln, Moos, Stroh, Blättern und Stengeln verschiedener Pflanzen, Holz von Buchen u. s. w. Andere habes auch mit Flachs und Werg, Maishülsen, Lindenbast, Fichten- nadeln, Runkelrübenmark, Kartoffelwurzeln, Binsen, Seidelbast und selbst mit Torf Versuche angestellt. Alle diese Stoffe sind jedoch von keinem praktischen Belang gewesen, da sie entweder ein schlech- tes Produkt oder zwar gutes Papier lieferten, aber zu spärlich vorkommen. Die Benutzung von Holz zur Papierfabrikation hat bisher noch keine nur irgend entsprechenden Erfolge geliefert. Desto grösser ist das Verdienst des früher in Brieg, jetzt in Giersdorf bei Warmbrunn etablirten Papierfabrikanten Herrn Gross, der sich bemüht hat, aus Fichten- (Rothtannen-) Holz (Pinus abies) ein brauchbares Papier darzustellen, das, durch schöne, weisse Farbe ausgezeichnet, zugleich wegen des Harzgehaltes das Leimen entbehrlich macht. Das hierzu benutzte Holz muss frei von Harz- gallen und Knoten sein (daher Aeste nicht verwendbar), auch nicht von zu alten Stämmen herkommen. Holz von Weisstannen, Kiefern, Linden, Espen und Weiden liefert minder brauchbares Papier. In Betreff der Bereitung müssen, da das Verfahren des Herrn Gross noch Geheimniss ist, folgende Angaben genügen: Das Holz wird zu feinem weissen Brei zermalmt; dieser wird gebleicht und theils ganz allein, theils in Mischung mit Ganzzeug aus Leinenlumpen in die Bütte gebracht und wie anderes Papier verarbeitet; das Leimen ist nur bei gemischtem Papier in geringem Grade nöthig. Hinsichtlich des aus Holz verfertigten Schreibpapiers findet ein Unterschied in der Qualität gegen Lumpenpapier gar nicht statt; zwar ist Holzpapier jetzt noch etwas gelblicher, als gutes Lumpenpapier; doch wird sich dies un- zweifelhaft durch vervollkommnete Bleichung noch beseitigen lassen. Das aus Holz bereitete Druckpa- pier zeichnet sich vor dem aus Leinen gefertigten noch durch leichteres und innigeres Annehmen der Schwärze aus; auch zum Farbendruck eignet es sich vorzüglich; die Färbung in roth und blau gelingt sehr befriedigend. Von unübertroffener Schönheit und Brauchbarkeit sind endlich die Pappen aus Holzpapiermasse, welche die aus Lumpen durch Glätte und Reinheit übertreffen und schon jetzt ausge- dehnte Verbreitung gefunden haben. Bisher ist die Fabrikation des Herrn Gross meistentheils nur auf Pappe und Ganzzeug aus Holz gerichtet; in Zukunft werden auch dem Papier weitere Kräfte gewidmet werden. Das mit Leinen-Lumpen gemischte ee. lässt sich beim Verbrennen durch einen brenz- lichen Geruch vom reinen unterscheiden. Zum Beweise der Vollkommenheit des Holzpapiers hat der Vortragende 4 Exemplare der Verhand- lungen des schlesischen Forstvereins mit mehreren colorirten und schwarzen Kunstbeilagen darauf drucken lassen; auf ein Sr. Majestät dem Könige überreichtes Exemplar hat derselbe nachstehendes Allerhöchstes Kabinetsschreiben erhalten: „Ich habe das auf Papier aus Fichtenholz gedruckte Buch, welches Sie Mir am 28. v. M. . eingesandt haben, als ein neues Erzeugniss des Kunstfleisses mit vielem Interesse empfan- 15 112 gen und bezeuge Ihnen dafür, so wie für die Schrift selbst, Meinen besten Dank, indem ich Sie ermächtige: dem Erfinder des neuen Fabrikats Meine Anerkennung auszusprechen. ‘Charlottenburg, den 19. December 1852. (gez.) Friedrich Wilhelm.“ Ein Exemplar dieses Werkes, so wie eine Reihe von Proben des Holzpapieres in seinen verschie- denen Zubereitungs- und Verarbeitungsweisen wurden der Section vorgezeigt. Auch legte der Vortra- gende eine aus Aspenholz geflochtene, durch ausserordentliche Feinheit und Biegsamkeit ausgezeichnete Tischdecke vor. | 115 Bericht über die Entwicklung der Vegetation im Jahre 1852 von Dr. Ferdinand Cohn. Seit der Abfassung meines ersten Berichts über die Vegetation des Jahres 1851 (siehe Jahresbericht der schlesischen Gesellschaft für 1851) sind eine grosse Anzahl von Abhandlungen erschienen, welche die periodischen Erscheinungen im Pflanzenreiche zum Gegenstande haben, und den Beweis dafür liefern, dass das Interesse an diesen Untersuchungen sich in neuster Zeit so intensiv wie extensiv gesteigert hat. Namentlich ist die Akademie der Wissenschaften zu Brüssel, wie sie der Ausgangspunkt für die Lösung der hier auftretenden Fragen gewesen, so auch beständig der Mittelpunkt geblieben, in welchem die Beobachtungen über Entwicklung der Vegetation ihre wissenschaftliche Würdigung und Verarbeitung fan- den; und es waren insbesondere zwei ihrer Mitglieder, A. Quetelet und Ch. Morren, von denen der erstere fortfuhr, die Beziehungen zwischen der Vegetation und den Hauptfactoren des Klima’s, namentlich der Wärme, auf bestimmte Gesetze und Formeln zurückzuführen; nach seiner Annahme entspricht jeder Ent- wicklungsphase einer jeden Pflanze ein bestimmtes - Wärmequantum , welches ausgedrückt wird durch die Summe der Quadrate der mittleren Tagestemperaturen berechnet von einem Tage, welcher als allge- meines Erwachen der Vegetation bezeichnet und für Belgien eine Woche nach dem kältesten Tage des Jahres, im -Mittel zwischen dem 25—27.,Januar angenommen wird, — bis zu. dem Tage, wo die Pflanze in das betreffende Entwicklungsstadium eintritt. Es wird daher z. B. der Flieder (Syringa vulgaris) blühen, sobald er eine bestimmte Wärmemenge (unter obigen Voraussetzungen 4657°) em- pfangen hat, möge sich nun dieselbe auf wenige Tage mit verhältnissmässig hoher, oder auf eine längere Zeit mit entsprechend niederer Temperatur vertheilen; ja Quetelet hat selbst durch das Experiment nachgewiesen, dass man. im Treibhause die Syringa nach Verlauf einer beliebigen Anzahl von Tagen zum Blühen bringen kann, sobald man nur die Temperatur des Hauses dermassen regulirt, dass das Pro- dukt des Quadrates derselben in die Zahl der Tage gleich. dem bekannten, für das Blühen der Syringa erforderlichen Wärmequantum ist. | Morren hat hiergegen eine ausführliche und gründliche Kritik der Voraussetzungen geliefert, auf denen diese, so wie die früheren Ansichten von dem Wechselverhältniss zwischen Klima und Vegeta- 15* 114 tionsentwicklung beruhen; er hat namentlich darauf aufmerksam gemacht, dass bei den hier zur Ent- scheidung kommenden Fragen, die als eine eigene Wissenschaft, die Phänologie, zusammengefasst wer- den, die verschiedene Individualität der Pflanzenarten vorzugsweise in Betracht kommen müsse, dass man namentlich mit Unrecht für alle Pflanzen einen und denselben Tag als Ausgangspunkt für das Summiren der Temperaturquadrate nehmen, als den ‚‚des allgemeinen Erwachens der Vegetation aus dem Winter- schlafe“ bezeichnen würde; es ist vielmehr für jede Pflanze ein anderer Tag anzunehmen, an dem ihre Entwicklung beginnt, oder mit anderen Worten, es sind für die verschiedenen Pflanzen verschiedene, aber an sich constante Höhen der Temperatur erforderlich, damit überhaupt die Thätigkeit des Pflanzen- lebens vor sich gehe, und deren Steigerung erst eine, entsprechende Beschleunigung der Entwicklung zur Folge hat, während niedrigere Temperaturen völlig unwirksam sind.!). Ferner ist für den Eintritt der verschiedenen Entwicklungszustände, namentlich des Blühens, neben dem Wärmequantum noch eine meist bestimmte Dauer eines Ruhezustandes von Bedeutung, von der es z. B. abhängt, dass ein grosser Theil der Frühlingspflanzen erst dann wieder blüht, wenn nicht nur die Laubvegetation des Sommers, son- dern auch ein gänzlicher Stillstand des activen Lebensprocesses im Winter eingetreten ist; daher kom- men dieselben niemals im Sommer und Herbste, ja in der Regel auch nicht in den Wintermonaten zur Blüthe, selbst wenn diese eine dem normalen Frühling entsprechende Temperatur besitzen. Andere Pflanzen dagegen scheinen des Winterschlafs nicht zu bedürfen, wenngleich ihre Blüthenzeit ebenfalls eine eng- begrenzte ist und mehrere Monate vergehen müssen, ehe sie zum zweiten Male blühen können; dies ist dagegen schon im Herbste oder Winter möglich, wenn diese Jahreszeiten ungewöhnlich mild sind. Eine dritte Gruppe von Pflanzen endlich blüht durch viele Monate, ja vielleicht fast das ganze Jahr hindurch, so dass sich bei ihnen die Nothwendigkeit einer constanten Wärmemenge für den Eintritt des Blühens eben so wenig nachweisen lässt, als das Vorhandensein einer bestimmten mittleren Temperatur für die Fort- dauer dieses Aktes. Was hier vom Anfange des Blühens bemerkt ist, gilt mehr oder minder auch von den übrigen Phasen des Pflanzenlebens, vom Verblühen, vom Fruchtreifen, vom Belauben etc. Jeden- falls stellen diese Eiuwürfe heraus, dass das Queteletsche Theorem, indem es allein ein gewisses Ver- hältniss der Temperatur berücksichtigt, noch nicht alle Factoren in Berechnung gezogen hat, von denen der Eintritt der verschiedenen Entwicklungsstufen bei verschiedenen Arten abhängt. (Vergleiche über die neusten Untersuchungen von Quetelet und Morren die Bulletins der Brüsseler Akademie 1851, 1852, 1855, sowie die Annales d. I. soc. d’agrieulture et de botanique de Gand. vol. IV. V.) K. Fritsch hat in einer an werthvollen Beobachtungen und Schlussfolgerungen sehr reichen Schrift: Kalender der Flora des Horizonts von Prag (Monatsberichte der Wiener Akademie. Jan. 1852.) im We- sentlichen das Queteletsche Gesetz als allgemein gültig für die Entwicklung der Pilanzen angenommen, jedoch bei der Berechnung gefunden, dass man bei dem Summiren der Temperaturquadrate nicht von ei- nem hypothetischen Tage des allgemeinen Erwachens der Pflanzenwelt ausgehen könne, dass man dage- gen den geringsten mittleren Fehler machen würde, wenn man als Anfangspunkt das Wintersolstitium, den 21. December, zu Grunde legt. Die Summe der Quadrate der mitlleren Tagestemperaturen über 0° vom 21. December bis zum Eintritt eines beslimmten Entwicklungsstadiums einer Pflanze betrachtet Fritsch als das für dieselbe erforderliche Wärmequantum, und hat Tabellen gegeben, um für jede ') A. de Candolle drückt diese Erfahrung so aus: „die Pflanzen seien die empfindlichsten Thermometer, aber jede Art habe ihren eigenen Nullpunkt.“ Bei dem Queteletschen Theorem werden nur die Temperaturen über 0° in Berechnung gezogen, die mit negativen Vorzeichen bleiben unberücksichtigt; naturgemäss müssen jedoch alle Tage ausser Acht gelassen werden, deren Temperatur unter dem für die betreffende Art überhaupt noch wirk- samen Minimum liegt, wie Quetelet selbst im Prinzip zugiebt. 115 Pflanze, bei der man das mittlere normale Eintreten eines Entwicklungsstadiums aus einer grösseren Reihe von Beobachtungsjahren kennen gelernt hat, die unter obiger Voraussetzung erforderliche Wärmemenge auf leichte Weise zu finden. Indem Fritsch von 450 krautartigen Gewächsen Anfang, Mitte und Ende des Blühens und der Fruchtreife, von 104 Bäumen und Sträuchern noch ausserdem die der Blattentwicklung und des Laubfalls seit einer Reihe von Jahren (bis 14) verzeichnete, war er in den Stand gesetzt, an diesen Pflanzen die mittleren, normalen Entwicklungszeiten für den Horizont von Prag festzustellen und hierauf einen Kalen- der der Flora dieses Ortes zu begründen. Er fand, dass die normale Dauer des Winterschlafs für Prag auf 120, die der thätigen Vegetation dagegen auf 245 Tage (vom 11. März bis zum 10. November) anzunehmen sei; den letzteren Zeitraum theilt er in 15 Perioden, von denen die erste im Durchschnitt von Mitte bis Ende März, die zweite von Anfang bis Mitte April, die dritte vom 15. bis 20. April, die vierte vom 21. April bis 1. Mai, die fünfte vom 2. bis 12., die sechste vom 13. bis 26., die siebente vom 27. Mai bis 15. Juni reichen, die achte bis vierzehnte je halbmonatliche Dauer haben, während die fünfzehnte vom ‚Anfange bis zu Ende October sich erstreckt. Jeder einzelne Tag ist bezeichnet durch die Entwicklung eines bestimmten Zustands einer oder mehrerer Pflanzen, die im Mittel an demselben eintritt, und die Perioden selbst sind charakterisirt durch das Ueberwiegen des einen oder des anderen Entwicklungszustandes bei einer gewissen Anzahl von Pflanzen; so gelangen die meisten Pflanzen zur Blattentwicklung vom 21. bis 25. April, zur Blüthe vom 1. bis 5. Juli, zur Fruchtreife vom 26. bis 31. August, und zum Laubfall vom 11. bis 15. Oktober; überhaupt ist April als Monat der Blattent- wicklung, Mai, Juni, Juli als die der Blüthe, August, September als die der Fruchtreife, und Oktober als der des Laubfalls zu bezeichnen. Fritsch hat ausserdem die mittlere Dauer der verschiedenen Entwicklungsepochen, so wie den mittleren Eintritt derselben bei den verschiedenen Pflanzenfamilien fest- zustellen, endlich auch den wahrscheinlichen Fehler zu bestimmen gesucht, der in Folge der mangelhaf- ten Beobachtungen allen diesen Berechnungen anhaftet. Eine ähnliche Eintheilung des Jahres in Epochen hat Carl T. Sachse in einem Aufsatze: Beob- achtungen über die Witterungs- und Vegetationsverhältnisse des Dresdner Elbthales während der Jahre 1847—51 (Jahresbericht der Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. 1853. Dresden.) unternommen. Die Dauer der Vegetationsperiode in diesem Gebiete setzt Sachse durchschnittlich auf 250 Tage mit einer mittleren Temperatur von 11,5° R. Innerhalb dieser Periode, die jedoch des Anfangs in der Regel mehrfach unterbrochen wird, wenn die mittlere Tagestemperatur unter 50 R. herabsinkt, bestimmen nacheinander die Belaubung, die Blüthe, die Fruchtreife und der Blätterfall die Physiognomie der Vege- tation, und es lassen sich hierbei im Allgemeinen 10 Entwicklungsstadien von ungleicher Dauer und ver- schiedenem Charakter begründen. Das erste, die Kätzchenblüthe und allgemeine Belaubung, umfasst im Durchschnitt 50 Tage mit 6—70 R. mittlerer Temperatur; hierauf folgt das Stadium der Baumblüthe durch 17 Tage mit 10—11° m. T.; dann die Blüthe der Ziersträucher (Syringa, Aesculus etc.) 14 Tage, 9,4—17° m. T.; die Gras- und Getreideblüthe, 15 Tage, 13 — 15° m. T.; die Rosen- und Linden- blüthe, 22 Tage, 15° m. T.; die Kirschen- und Beerenreife, 13 Tage, 15° m. T.; die Aehrenreife, 32 Tage, 16,1° m. T.; die Obstreife, 45 Tage, 13° m. T.; die Weinreife, 14 Tage, 8,5° m. T.; der Blätterfall, 28 Tage mit 6,70 m. T. Begleitet ist dieser Aufsatz von einem Tableau, welches die Dauer dieser Entwicklungsstadien der Vegetation, so wie die ihnen zukommende Temperatur in verschiedenen Jahren graphisch darstellt. Um für die Lösung aller hier noch schwebenden Fragen neues Material zu sammeln, sind auch in den letzten Jahren regelmässige, nach bestimmtem Plane angeordnete Beobachtungen über die Entwick- lung der Vegetation fortgesetzt worden. Ausser mehreren russischen, schwedischen und nordamerikani- 116 schen Beobachtungsreihen, die ich noch nicht vergleichen konnte, sind namentlich in den Memoires de l’Academie de Belgique Beobachtungen über die periodischen Erscheinungen ‚des Pflanzenreichs, die letzten vom Jahre 1851, abgedruckt worden, welche in #1 belgischen Stationen, ausserdem. in Dijon, Stettin, München und Venedig gemacht wurden. Der Plan dieser Beobachtungsreihen ist der, dass von einer grossen Anzahl charakteristischer Gewächse (260 Arten) die vier wichtigsten Entwicklungsepochen, Blattentwicklung, Blüthe, Fruchtreife und Laubfall aufgezeichnet worden; für die Blattentwicklung wird der Tag, wo die ersten Blätter ihre obere Fläche ausbreiten, für das Blühen der Tag, wo die erste An- there stäubt, für die Fruchtreife der Tag der ersten reifen Frucht, für den Laubfall dagegen der Tag berücksichtigt, wo der grössere Theil der Blätter abgefallen ist (Instruction pour l’observation des phe- nomenes periodiques par A. Quelelet. 25. April 1853.). Ausserdem wird der allgemeine Zustand der Vegetation an einigen bestimmten Tagen (21. März, 21. April, 21. Oktober) aufgezeichnet. In einem Theile von Mitteldeutschland ist seit dem Jahre 1851 ebenfalls ein System von Vegeta- tionsbeobachtungen im Gange, deren Ergebnisse von Prof. Hoffmann in Giessen in der Grh. Hessischen landwirthschaftlichen Zeitschrift zusammengestellt worden (zuletzt vom Jahre 1853). Es ist dabei das allgemeine Laubausschlagen, der allgemeine Eintritt der Vollblüthe, der Eintritt der allgemeinen Reife und der Eintritt des allgemeinen Blattfalls bei 70 Pflanzen in Giessen, Frankfurt, Darmstadt, Marburg, Selters, Salzhausen, Geisenheim, Büdingen aufgezeichnet worden. Aus diesen Angaben wurde berechnet, um wie viel Tage im Durchschnitte das Laubausschlagen, die Vollblüthe, die Fruchtreife und, im Mittel aus diesen drei Angaben, die Vegetation im Allgemeinen in den verschiedenen Stationen gegen Giessen zurück oder voraus ist. Neuerdings schlägt Hoffmann vor, statt des allgemeinen Laubfalls die allge- meine Verfärbung der Blätter zu beobachten. Im vergangenen Jahre ist auch von der k. k. Centralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus in Wien eine Instruction für Vegetationsbeobachtungen im österreichischen Kaiserstaat ausgearbeitet - worden, nach welcher an 47 Bäumen und Sträuchern, 22 ein- bis zweijährigen Kulturpflanzen und 17 perennirenden Kräutern der Anfang der Laubentwicklung, des Blühens und der Fruchtreife, so wie das Ende der Belaubung beobachtet werden sollen; die Bestimmung dieser Epochen geschieht nach Mass- gabe der Queteletschen Instruction; bei den Kulturpflanzen soll die Saat, das Hervorkommen über die Erde, Erde, die erste Blüthe und die erste reife Frucht aufgezeichnet werden. Fritsch hatte bereits im Jahre 1850 eine ‚„‚Anleitung zur Ausführung von Beobachtungen über die an eine jährliche Periode gebundenen Er- scheinungen im Pflanzenreiche‘‘ (Sitzungsberichte der Wienef Akademie, Mai 1850.) bekannt gemacht, worin er für eine sehr grosse Anzahl von Pflanzen nicht nur den Anfang der vier wichtigsten Vegeta- tionsphasen, sondern auch die Mitte und das Ende, somit die Dauer derselben, ferner das Aufsteigen des Saftes im Frühjahre, die Herbstfärbung, die zweite Belaubung, den Fall der Nebenblätter und den Zustand der Knospen im Winter zur Beobachtung empfahl. Noch ausführlichere Beobachtungen hat Sendiner in München vorgeschlagen. ‚Es werden von ihm 25 Entwicklungszustände der Pflanzen un- terschieden, die sich auf die Phase der vegetaliven und der reproductiven Sphäre vertheilen; in ersterer wird das Verhalten der Cotyledonen, der Nieder-, Laub- und Hochblätter, in letzterer das der ‚Blüthen, und zwar ihrer einzelnen Glieder: Kelch, Blumenkrone, Staubgefäss, so wie der Inflorescenz und der Fruchtreife, endlich Entfärbung und Tod’ in ihren verschiedenen Graden gesondert untersucht. Zur Beob- achtung werden 235 Pflanzen empfohlen. (Gelehrte Anzeigen der k. bayer. Akademie der Wissenschaf- ten, 1851. Nr. 44—-52.) Auch das statistische Bureau für Mecklenburg hat am 30. Oktober 1852 unter seine Beobachter ein Schema vertheilt, welches für 35 Pflanzen die Aufzeichnung von 15 der wichtigsten Entwicklungs- Zustände empfiehlt, mit Zugrundelegung des Formulars, welches zunächst nach dem modifizirten Vor- schlage von Spring für die Beobachtungen unserer Gesellschaft ausgearbeitet worden war. Die Ergeb- nisse dieser von Wien, München und Schwerin ausgegangenen Anregungen zu Vegetationsbeobachtungen sind mir noch nicht bekannt geworden. Was nun endlich das von der schlesischen Gesellschaft geleitete Unternehmen, die Entwicklung der Pflanzenwelt nach einem bestimmten Plane zu beobachten, betrifft, so freue ich mich, berichten zu können, dass, wenn dasselbe bereits in seinem ersten Jahre lebhafte Unterstützung genoss, es in seinem zweiten (1852) eine noch ausgebreitetere Theilnahme gefunden hat. Nicht nur ist der grössere "Theil der Beobachter aus dem ersten Jahre uns treu geblieben, sondern es ist eine so grosse Zahl neuer Theilnehmer hinzugetreten, dass der Charakter des ganzen Unternehmens sich geändert hat. Während es anfänglich nur ‘unsere Absicht war, die periodischen Vegetationsphänomene in Bezug auf die klimati- sche Erforschung der Provinz Schlesien kennen zu lernen, so ist es jetzt möglich geworden, das Feld unserer Untersuchung über den ganzen preussischen Staat auszudehnen; ja wir dürfen hoffen, . dass es uns gelingen werde, alljährlich ein Bild von den Entwicklungsgesetzen der Vegetation in ganz Deutschland aufzustellen. Diese erfreuliche Erweiterung unserer Bestrebungen verdanken wir zum grössten Theil der freund- lichen Unterstützung des k. statistischen Bureau’s, des k. meteorologischen Instituts und des k. Landes-Oeko- nomie-Collegiums zu Berlin, indem die Directoren dieser Institute an die mit ihnen in Verbindung ste- stehenden Beobachter, resp. Vereine das von uns entworfene Formular vertheilten und denselben die Aufforderung zur Betheiligung an unseren Vegetationsbeobachtungen zukommen liessen. Auch die k. Aka- demie der Wissenschaften in Wien, so wie die physikalisch-medizinische Gesellschaft in Würzburg ha- ben unser Unternehmen unterstützt; ausserdem haben zahlreiche Naturfreunde unserer Einladung zur Be- theiligung mit grosser Bereitwilligkeit und Aufopferung entsprochen. Auf diese Weise haben wir eine bedeutende Anzahl von Beobachtungsreihen erhalten, welche, von zuverlässigen, in naturwissenschaftlichen Untersuchungen dieser Art geübten Männern aufgezeichnet, den Stempel der Gründlichkeit, Vollständig- keir und Glaubwürdigkeit an sich tragen. Wir können ‚wohl sagen, dass, wie unser Unternehmen in der Zahl der Theilnehmer allen übrigen vorangeht, es auch in dem Werth der Beobachtungen wohl keinem nachsteht. » Im Ganzen sind mir im Jahre 1852 Al Beobachtungsreihen nach Massgabe unseres Formulars zu- gekommen, und zwar: aus Aschaffenburg (Professor Kittel), Breslau (Professor Göppert und der Bericht- erstatter), Claussen bei Lyk (Observator R. Vogt), Conitz (Oberlehrer Wichert), Danzig (Dr. Klinsmann), Kloster Ebrach im Steigerwald (Wundarzt Kress), Eichberg (Fabrikbesitzer Bock), Giessen (Professor Hoffmann), Gleiwitz (Gymnasiallehrer Huber), Görlitz (Oberlehrer Fechner), Goldner Wald bei Schweid- nitz (Förster Bernhard), Grünberg (Apotheker Weinmann), Gross-Krebs bei Marienwerder (Institutslehrer a Nobis), Gütersloh (Dr. Stohlmann und Apotheker Müller), Hammer bei Gollub (Institutslehrer Gott- schalck), Karge (Landes-Oekonomierath Rothe), Kiew (Gymnasiallehrer Hochhuth), Kupferberg (Apothe- theker Chaussy), Leutmannsdorfer Forst bei Schweidnitz (Förster Rudolph), Marburg (Proff. Wenderoth und Wigand), Memel (Oberlehrer Sanio und Lehrer Kremp), Münster (Medizinal-Assessor Wilms und Prof. Heiss), St. Petersburg (Prof. v. Merklin), Petersdorf (Kaufmann Biemelt), Potsdam (v. Türk jun.), Proskau (Institutsgärtner Stoll), Rautenburg in Litthauen (Graf Keyserling), Reiffenstein bei Dingelstädt, Provinz Sachsen (Knipping), Riga (DDr. Neese und Buhse), Schellin in Pommern (Director v. Schmidt), Schreibershau (Pastor Standfuss), Sohrau-O /S. (Candidat Dirich), Steinbeck bei Königsberg in Preussen (Pfar- rer v. Duisburg), Stettin (Rector Hess), Strien bei Winzig in Schlesien (Pastor Kaiser), Torgau Ape- theker Knibbe), ‘Weyhers an der Rhön (Apotheker Hessenkamp), Wien (Adjunct Fritsch), Wohlau (Apotheker Güntzel-Becker), Wünschelburg (Apotheker Neumann). 118 Ausserdem sind mir von Steinbeck (v. Duisburg), Conitz (Wichern), Wohlau (Becker), Memel (Sanio), Marburg (Ritter), Stettin (Hess), Sanssouci (Legeler), Petersdorf (Biemelt), Kiew (Hochhuth), Claussen (Vogt), Görlitz (Fechner), Wünschelburg (Neumann), Kupferberg (Chaussy), Schreibershau (Standfuss), Grünberg (Weinmann) meteorologische Beobachtungsreihen, welche meist die mittleren Ta- gestemperaturen des ganzen Jahres vollständig enthalten, mitgetheilt worden. Indem ich jetzt daran gehe, die Ergebnisse aller dieser Beobachtungen zusammenzustellen, halte ich es für nicht überflüssig, noch einige allgemeine Bemerkungen über den Zweck, den Werth und die Me- thode dieser Beobachtungen voranzuschicken, die sich an das rel was ich bereits in meinem Berichte für 1851 zu besprechen Veranlassung nahm. I. Der Zweck unseres Unternehmens ist schlechthin der, von der Entwicklung der Vege- tation in verschiedenen Orten und Jahren ein scharfes und getreues Bild zu entwer- fen. Es ist daher zunächst nicht unsere Absicht, die Gesetze zu untersuchen, welche zwischen den Factoren des Klima’s und den Entwicklungsstufen der Pflanzen obwalten.» Obwohl die Erforschung derselben die letzte Aufgabe für das wissenschaftliche Verständniss der Vegetationserscheinungen ist, so wird dieselbe doch sicher nur durch das ausschliessliche und gründlichste Studium eines einzelnen Forschers, gewiss nicht durch das der Natur der Sache nach immer mangelhafte Zusammenwirken einer grossen Anzahl von Beobachternge löst werden können. Dass die bisher für das Verhältniss des Klima’s zur Entwicklung der Vegetation aufgestellten Formeln durchaus nicht geeignet sind, für eine weitere Untersuchung als Basis zu dienen, lässt sich mit vollster Schärfe nachweisen. Fast alle derselben haben nur einen, allerdings den Hauptfactor des Klima’s, die Wärme, in Berücksichtigung gezogen und können schon darum keinen genügenden Ausdruck bieten. Sendtner hat neuerdings entscheidend dargethan, dass die ver- schiedenen Phasen des Pflanzenlebens in ganz verschiedener Weise von der Wärme affızirı werden, dass namentlich für das Blühen dem Lichte eine überwiegende Bedeutung zukommt '), dass überhaupt alle Einflüsse, die die Entwicklung der vegetativen Sphäre, des Laubes, begünstigen (z. B. reichliche Nah- rung, Düngung), den Eintritt in die reproductive, das Blühen, verzögern eic. Auch, abgesehen hiervon, sind die bisher bekannten Formeln für die Wirkung der Wärme nur als ganz willkürliche, von der Er- fahrung nicht bestätigte Hypothesen zu betrachten. Quetelet hat dies selbst von zweien derselben an- schaulich nachgewiesen: von der zuerst durch Adanson aufgestellten, neuerdings durch Boussingault und Gasparin festgehaltenen Theorie, wonach sich der Einfluss der Wärme innerhalb eines bestimmten Zeitraums einfach verhalten solle wie die Summe der mittleren Tagestemperaturen; sodann von der durch Babinet (Compt. rend. t. XXX. p. 521. avr. 1851 .) begründeten, nach der die Einwirkung der Wärme auf die Pflanzen einer beschleunigten Bewegung, z. B. dem freien Fall der Körper entspricht und ihren Ausdruck in dem Produkt der Temperatur in das Quadrat der Tage findet, (Bullet, de l’ Acad. de Belgique XIX. T. I. p. 543, 1852; Fechners Centralblatt 1853, Nr. 45.). Aber auch Quetelets eigenes Theorem, wonach die Wirkung der Wärme auf die Pflanzen durch das Quadrat der mittleren Tagestemperaturen ausgedrückt werden soll, schwebt nicht minder in der Luft, so vielen Beifall es auch gefunden hat; und die Thatsachen, die es zu bestätigen scheinen, muss ich nur als_illusorisch ‚betrach- ten. Es lässt sich dies am leichtesten an dem von Quetelet selbst aufgestellten Beispiel zeigen; er berechnet nämlich die Einwirkung, welche 4 Tage a.5° C., 2 Tage a 10° C. und 1 Tag & 20° C. auf eine Pflanze ausüben, mit Zugrundelegung der drei bekanntesten Formeln in folgender Weise: ') Fritsch hatte bereits 1845 nachgewiesen, dass auf sonnigen Standpunkten die Zahl der blühenden Pflan- zen nahe dreimal grösser ist als auf beschatteten, oder indifferenten. (Ueber die periodischen Erscheinungen im Pflan- zenreich Abhandl. der k. böhmischen Gesellschaft. V. Folge. B. 4.). 119 Quetelet. ‚ Babinet. Adanson. 4 Tage a 5°C. 4.25 = 100 16.5 = 80 4.5 = 2 Tage a 10°C. | 2.100 = 200 4.10 = 40 2.10 = 2%0 1 Tag a 200 C. 1.400 = 400 1.20 = 20 1.20 = Hier ist freilich einleuchtend, dass ein heisser Tag auf die Vegetation nicht die Hälfte der Ein- wirkung ausübt, wie zwei milde, noch weniger das Viertel von dem, was vier kalte bewirken, wie Ba- binet will; ja dass nicht einmal alle drei Fälle einen gleichen Einfluss ausüben, wie Adanson folgern würde; und es mag der Wahrheit näher kommen, dass, mit Quetelet, in einem heissen Tage die Vegetation noch einmal so weit kommt, als in zwei halb so warmen, und viermal weiter als in A kal- ten. Dass aber dieses Ergebniss nur ein ganz zufälliges ist, wird sofort klar, wenn man die Tempera- turen etwa mit den Engländern nach Fahrenheitscher Scala bestimmen wollte, wodurch doch in ihrem Werthe nichts geändert wird. Alsdann wäre, da 5°C. = 41° F., 10° C. = 50°F., 20°C. = 68°F.: Quetelet. Babinet. Adanson. 4 Tage a Al® F. | 6724 = 4.41? | 656 = 16.41 | 164 = 4.41 2 Tage a 50° F. | 5000 = 2.50? | 200 = 4.50 | 100 = 2.50 1 Tag a 68° F. | 4624 = 68? 68 = 1.68 68 = 1.68 Hiernach würde, wenn man die Queteletsche Formel zu Grunde legt, der Einfluss des einen heissen zu den beiden milden und den vier kalten Tagen sich etwa verhalten wie 20 : 22 : 30; nach der Ba- binetschen Formel wäre ihr gegenseitiges Verhältniss wie 17 : 50 : 164 (also die Wirkung von vier Tagen & 5° fast 10Omal so gross als die eines von 20° C.); endlich nach der Adansonschen wie 17 : 25 : 40. Man sieht auch leicht, dass die Ursache des so ganz verschiedenen Ergebnisses der drei Formeln, je nach der Thermometerscala, darauf beruht, dass ihre Urheber unbewusst den Gefrierpunkt des Wassers als den Anfangspunkt für ihre Berechnungen nehmen, als ob nothwendigerweise hierbei auch die für die Pflanzen wirksame Wärme begänne; dies ist jedoch, wie schon oben bemerkt, eine willkürliche Voraus- setzung, indem jede Pflanze als ein Thermometer betrachtet werden kann, das seinen eigenen Nullpunkt hat. Es ist höchst wahrscheinlich, dass die meisten Pflanzen erst durch eine weit höhere Temperatur zum Beginne der Vegetation angeregt werden; für die Entwicklung vieler Gewächse mögen erst Temperaturen über 50 C. zu zählen sein. Denken wir uns eine Pflanze, für die 5° als Nullpunkt gilt, so wirkt natürlich auch für die höheren Temperaturen nur der Ueberschuss über 5°, und es gestaltet sich auch das von Quetelet citirte Beispiel ganz anders: Quetelet. Babinet. Adanson, ATage a5°C. |4.0 =0 18.0 = U 4.0 2 Tage a 10°C. | 2.5? = 50 4.10 = 40 2.5 = W 1 Tag a 20°C. | 1.15? = 125 1 Bl 0 2 2 re | 120 . Hiernach würden 4 Tage & 5° C. überhaupt gar keinen Einfluss auf die Vegetationsthätigkeit aus- üben; dagegen 2 Tage a 10° C. nach der Queteletschen Formel eine 2'/, mal geringere, nach der Adansonschen eine um %, geringere, nach der Babinetschen dagegen eine 2%, mal grössere Einwirkung haben, als ein doppelt so heisser Tag. Aus alle dem ergiebt sich, dass weder das Queteletsche, noch das Babinetsche, noch das Adan- sonsche Theorem in ihrer gegenwärtigen Form geeignet ist, einen wissenschaftlichen Werth zu bean- spruchen und bei der Bearbeitung unserer Beobachtungen zu Grunde gelegt zu werden, und wir werden daher überhaupt von der Vergleichung zwischen Temperatur und Vegetation so lange abstrahiren müs- sen, als es nicht der Mathematik, die hier vielleicht eins der schwierigsten Probleme findet, gelungen ist auszumitteln, eine Function welcher Art die Entwicklung der Pflanzen von der Wärme und den übrigen äusseren Einflüssen ist. Auch das ist zunächst nicht unsere Aufgabe, botanische Probleme aus der Entwicklungsgeschichte der Pflanzen zu lösen, wie sie den Sendtnerschen Instructionen vorschwebten. Wir betrachten die Be- deutung unser Vegetationsbeobachtungen nur als ein Moment in der Erforschung der klimatischen und allgemeinen Naturbeschaffenheit unseres Landes, analog den übrigen meteorologischen Beobachtungen, ohne dass wir es freilich aufgeben, mit Hülfe des von uns zusammengebrachten Mate- rials auch zur Aufklärung anderer, theils wissenschaftlicher, theils praktischer Fragen beizutragen. II. Indem unsere Beobachtungen sich zunächst darauf beschränken, den Entwicklungsgang der Ve- getation darzustellen, so müssen sie es sich zur Aufgabe stellen, aus der unendlichen Fülle der Pflan- zenentwicklung solche Momente hervorzuheben, welche gleichzeitig für sich scharf bestimmt und für die übrigen charakteristisch sind. Ein jeder Beobachter muss sich bestreben, alljährlich den Pflanzenkalender seiner Ge- gend festzustellen. Unsere bürgerliche Zeitrechnung wird bekanntlich bestimmt durch die periodischen Phänomene, welche die Bewegung der Himmelskörper uns beobachten lassen; wenn die Erde einmal ihre Bahn um die Sonne zurückgelegt, dann ist ein Jahr verflossen; eine Umdrehung des Mondes entspricht unsrem Monate; die vier Mondphasen bestimmen unsre Wochen; wenn sich die Erde einmal um die Axe ge- dreht, so ist ein Tag vorüber. Aber neben dieser immer gleichen Zeiteintheilung läuft in unseren An- schauungen eine zweite einher, im Wesentlichen von jener abhängig, aber durch mehr in die Augen fallende Momente bestimmt; sie beruht auf den periodischen Phänomenen der Natur auf der Erde selbst. Wenn wir vom Winter oder Frühling sprechen, so denken wir dabei zunächst nicht an die Jahreszeit, wo die Sonne in’s Zeichen des Steinbocks oder des Widders tritt, sondern dass dort Schnee und Frost herr- schen, hier das Wiedererwachen der Vegetation stattfindet u. s. w. Selbst bei unseren Monaten denken wir vorzugsweise an jene Naturerscheinungen, welche dieselben zu charakterisiren pflegen, namentlich an die am schärfsten ausgeprägten Epochen der Pflanzenwelt; wie dies schon die deutschen Benennun- gen derselben bezeugen (Blüthenmond, Brachmonat, Heumonat, Weinmonat etc.); noch vollständiger wurde dies Prinzip bei dem Kalender der ersten französischen Republik berücksichtigt, dessen Monate, mit dem 21sten Tage unsrer gewöhnlichen Zeitrechnung beginnend, zum grossen Theile ihre Namen den bedeu- tungsvollsten Vegetationsphasen verdanken (Germinal, Floreal, Prairial, Messidor, Fructidor, Vende- miaire). Ja es lässt sich, ganz unabhängig von der astronomischen Eintheilung, eine Zeitrechnung consequent durchführen, welche ausschliesslich auf die periodischen Phänomene der Pflanzenwelt gegründet ist. Ein Jahr würde dann den Zeitraum bezeichnen, der von einem bestimmten Entwieklungsstadium einer belie- bigen Pflanze bis zu der nächsten Wiederkehr desselben verfliesst; welche Phase wir als den Anfang desselben betrachten sollen, wäre eben so willkürlich wie der Tag, mit welchem unser bürgerliches Jahr beginnt. Dieses Jahr zerfällt in zwei Jahreszeiten, die der ruhenden und die der thätigen Vege- tation (Winter und Sommer). Für die erstere liefert das Leben der Pflanzen keine Unterabtheilungen; das zweite dagegen ist in unzählige Stufen gegliedert, von denen wir die auffallendsten zu weiteren Zeiteintheilungen benutzen So erhalten wir eine Anzahl von Epochen, gewissermassen von Monaten, die sich nicht auf die Stellung des Mondes oder der Sonne, sondern auf das Ueberwiegen gewisser Vegetationserscheinungen begrün- den. Wir haben bereits oben zwei Versuche zur Aufstellung solcher Monate (Stadien, Perioden) von Fritsch und Sachse besprochen. In diesen Hauptabschnitten können wir wieder kleinere Zeiträume, gleichsam Wochen, unterscheiden, welche von dem Beginne einer gewissen Phase bei einer charakteri- stischen Pflanze bis zu der nächst darauf folgenden bei einer zweiten reichen (z. B. von der ersten Blüthe bei Prunus Padus bis zu der von Syringa vulgaris, von da bis zum Aufblühen von Sambucus nigra u. S. W.). Auf diese Weise wird die Linnesche Idee eines Pflanzenkalenders (Calendarium florae) ver- wirklicht. ?) Die Möglichkeit einer solchen Zeiteintheilung ausschliesslich nach Momenten aus der Entwicklungsge- schichte der Pflanzenwelt beruht auf der Erfahrung, dass die Succession der einzelnen Vegetationserschei- nungen bei einer und derselben, so wie die gegenseitige Reihenfolge derselben bei verschiedenen Pflanzen überall und zu allen Zeiten eine und dieselbe ist, wenn auch die Zwischenräume zwischen den einzelnen Zuständen in verschiedenen Orten und Jahren verschieden gross sind.?) Schon dies Jahr, insofern es auf die Wiederkehr einer bestimmten Vegetationsepoche sich gründet (Morren nennt ein solches im Gegensatze zu dem bürgerlichen das biotische Jahr), wird nicht wirklich 365 Tage enthalten, sondern es wird in verschiedenen Orten und Zeiten einen verschiedenen Zeitraum umfassen; noch grösser wird die Verschiedenheit in dem relativen Verhältnisse der beiden Jahreszeiten (Sommer und Winter, thätige und schlummernde Vegetation) sein, und ebenso werden die einzelnen Epochen der ersteren, die biotischen Monate und Wochen, eine ganz verschiedene Dauer besitzen. So betrug z. B. der Zwischenraum zwi- schen der ersten Blüthe von Pramus Padus bis zu der von Syringa vulgaris in Breslau: 1852 8 Tage, 1853 6 Tage, in Memel: 1852 4, 1853 3 Tage, in Aschaffenburg: 1852 41, 1853 19 Tage u: s. f. Wenn es uns gelingt, einerseits die constante Ordnung aller verschiedenen Entwicklungszustände der Vegetation festzustellen, andererseits eine Reihe von charakteristischen Phänomenen aufzufinden, welche die Jahreszeit der thätigen Vegetation in eine gewisse Anzahl kleinerer, unter sich möglichst gleicher Zeitabschnitte, Wochen, theilen, so wird es möglich sein, die Geschichte der Vegetation eines bestimmten Jahres und Ortes mit verhältnissmässig wenigen Beobachtungen aufzuzeichnen, indem es dann !) Linne bezeichnet zugleich treffend die Aufgabe unserer Beobachtungen. Culendaria Florae quotannis conficienda sunt in quavis provincia secundum frondescentiam, efflorescentiam, fructescentium, defoliationem, observato simul cli- mate, ut inde constet diversitas regionum inter se (Philos. botan. Ed. I. p. 276.). 2) Auch dieses Gesetz erleidet mitunter Ausnahmen in Jahren von sehr abnormer Beschaffenheit, z. B. in dem milden Winter von 185%, wo nach den Beobachtungen von Morren ein Theil der Blumen des März, April, Mai und selbst des Juni sich im Januar bereits öffneten, z. B. die Kirschen, die Aepfelblüthe, selbst die der Berberizen und des Diunthus barbatus, während der grösste Theil der Frühlingsflora erst zu seiner gewöhnlichen Zeit, also weit später als jene, erschien. Dasselbe findet in südlicheren Himmelsstrichen statt, z. B. in Algier, wo Reuter gleich- zeitig Veilchen, Hyacinthen, Tulpen, Rosen, Nelken und Geranium Anfang März in Zum: fand. (Bull. de P’Acad. de Belgig. XX. T. I. p. 184.) 16 * 122 leicht ist, auf die Entwicklungsstadien aller übrigen Pflanzen, die nicht unmittelbar beobachtet wurden, aus den bekannten Epochen, in die sie erfahrungsmässig treffen, mit mehr oder minder grosser Sicher- heit zu schliessen. So wird man das Datum für die erste Blüthe der Rosskastanie aus den oben angeführten Beobachtungen interpoliren können, wenn man weiss, dass dieser Baum am selben Tage seine Blüthen öffnet, wie die Syringa. Ebenso lässt sich ungefähr angeben, wann Acer Pseudoplatanus blühte, des- sen Blüthenzeit zwischen die der Traubenkirsche und des spanischen Flieders fällt, Ich habe schon früher bemerkt, aus welchen Gründen ich die Entwicklung der ersten Blü- then bei den meisten Pflanzen für dasjenige Moment halte, welchem für die Bestimmung solcher Zeit- abschnitte der grösste Werth zukommt. Fritsch hält zwar die Vollbüthe für charakteristischer; ich glaube jedoch nicht, dass der Eintritt dieses Zustandes mit hinreichender Schärfe bestimmbar ist, da derselbe sich nicht durch einen einzelnen Tag, sondern nur durch einen Zeitraum ausdrücken lässt. Es kommt daher darauf an, eine Reihe von Pflanzen auszuwählen, deren erste Blüthen sich auf die ganze Vegetationsperiode von ihrem Erwachen bis zum Winterschlafe so vertheilen, dass sie dieselbe in kurze, möglichst gleiche Zeiträume abtheilen. Dieser Grundsatz ist auch bei der Auswahl der in unserem For- mular zur Beobachtung empfohlenen Gewächse massgebend gewesen; es hat sich jedoch hierbei ein grosser Uebelstand herausgestellt. Aus schon oft erwähnten Gründen eignen sich für die Beobachtungen vor allen nur Bäume und Sträucher mit grossen Blüthen, die in Gärten häufig angepflanzt werden. Die Blüthezeit dieser Gewächse ist jedoch mit geringen Ausnahmen in die Zeit von März bis Ende Juni zu- sammengedrängt, und selbst von perennirenden Kräutern, die zur Aushülfe benutzt werden könnten, las- sen sich nur sehr wenig passende für die zweite Hälfte des Jahres ausfindig machen. In den bisher von uns benutzten Formularen waren die Blüthen des Spätsommers und Herbstes fast gar nicht vertreten; ich habe mir desshalb für die zukünftigen Beobachtungen einige derselben vorzuschlagen erlaubt, Altkaea offieinalis, Artemisia Absynthium, Bignonia Catalpa, Hedera Helix, Nymphaea alba, Phytolacca de- candra, Sedum Telephium; wir werden uns freuen, wenn von Seiten der Herren Beobachter uns viel- leicht andere geeignetere Vorschläge gemacht würden. Auch in der ersten Hälfte des Jahres waren bisher mehrere Lücken geblieben, die wir durch Auf- nahme von Gewächsen, die in dieser Zeit zur Blüthe kommen, auszugleichen suchten; aus diesem Grunde wurde die Rose, die Esche, die Obstbäume und die Ulme hinzugefügt. Dagegen waren früher in den Formularen einige Pflanzen aufgenommen, die für diesen Zweck nicht recht geeignet waren und an de- nen in der That nur sehr wenig Beobachtungen gemacht wurden, z. B. Aster grandiflorus (dieser ist selten in Gärten, der gemeine Aster chinensis dagegen ist einjährig), Buxus sempervirens, Fagus syl- vatica, Helleborus niger, Pinus Abies, Populus nigra, Primula veris, die Vaccinia; diese sind dies- mal ausgelassen worden; ebenso auch Crataegus Oxyacantha, weil dessen Blüthezeit mit der von Sor- bus und Berberis fast zusammenfällt. Uebrigens ist es zu wünschen, dass auch an anderen Pflanzen, als den von uns vorgeschlagenen, Beobachtungen gemacht und uns mitgetheilt werden, weil solche oft zur Controle und Vervollständigung der Angaben von grossem Werthe sind. Wenn wir uns auch bemühten, die wichtigsten Zeitabschnitte des biotischen Jahres durch die erste Blüthe bestimmter Pflanzen zu charakterisiren, so bleiben doch immer, namentlich am Anfang und in der zweiten Hälfte desselben, grosse Zeiträume, wo es an Blüthen fehlt und man sich an andere Vegetations- phasen halten muss: an die Belaubung und die Herbstfärbung, die Fruchtreife und den Blattfall. Ich habe schon früher bemerkt, dass die Bestimmung dieser Epochen geringere Schärfe zulässt, als die der ersten Blüthe, und dass nur das Springen der Knospen und die Entwicklung der Blätter noch eine einigermas- sen genaue Beobachtung gestattet. Bei der letzteren sind die beiden Epochen, Entfaltung der ersten Blätter und allgemeine Belaubung, hinreichend dadurch markirt, dass bei den ersten und dann bei 123 den meisten Blättern die Oberflächen ihre normale Stellung erlangt und die Faltungen der Knospenlage sich ausgeglichen haben, auch wenn die Blätter ihre völlige Grösse noch nicht erreichten; weit später als diese Phasen tritt noch ein drittes Moment, nämlich das Ausgewachsensein der Blätter, hinzu, welches dann stattfindet, wenn das Laub seine vollständige Entwicklung erreicht, die Baumkronen sich geschlossen haben. Dagegen besitzen die Angaben über Fruchtreife, Herbstfärbung und Laubfall, also im Allgemeinen über den Zustand der Vegetation im Herbste, keine grosse Zuverlässigkeit; die Ursache hiervon liegt offenbar einerseits darin, dass bei diesen Phasen die scharfe Begrenzung und die Regel- mässigkeit der Frühjahrsepochen nicht obwaltet, andererseits darin, dass die meisten Beobachter, wenn sie auch der lebendigen, beständig spannenden Entwicklung des Frühlings ihre ungetheilte Aufmerksam- keit bewahren, in der zweiten Hälfte des Jahres bei dem langsamen Absterben der Vegetation lässig werden und nur unvollständige Beobachtungen aufzeichnen. Obwohl die belgischen, hessischen und österreichischen Beobachter sich mit dem Aufzeichnen des Eintritts der vier wichtigsen Pflanzenphasen begnügen, so glaube ich doch, dass der Charakter der verschiedenen Jahre und Orte vorzugsweise bestimmt wird durch die relative Dauer derselben, und dass es zu diesem Zwecke unumgänglich nothwendig ist, auch die Mitte und das Ende dieser Epochen zu beobachten, ganz abgesehen von dem Vortheil, der dadurch für die Controle der Angaben selbst er- wächst. Die nachfolgende Zusammenstellung wird zeigen, wieviel interessante Bemerkungen sich an derartige vollständigere Beebachtungsreihen knüpfen lassen, und es rechtfertigen, dass wir neben dem Brüs- seler Beobachtungsnetze, in dem wir das Centrum unserer Bestrebungen anerkennen, unser nach etwas anderem Plane geleitetes Unternehmen noch als selbsständig aufrecht erhalten. Dagegen halten wir es jetzt für überflüssig, die Dauer einer einzelnen Blüthe zu beobachten, wie wir in Uebereinstimmung mit einem Vorschlage von Spring in unseren bisherigen Formularen empfohlen hatten; auch die Beob- achtungen über das Erscheinen der Blüthenknospen besitzen nur für die Controle einigen Werth. Wichtig für die Charakteristik gewisser Jahre und daher der Aufzeichnung würdig ist dagegen der Ein- tritt der zweiten Belaubung und Blüthe im Herbste, so wie die frühen Blüthezeiten vie- ler Pflanzen in milden Wintern, wie sie uns die Jahre 1852 und 1853 gezeigt haben. Es sind uns bereits Beobachtungen hierüber von mehreren Seiten mitgetheilt worden, die sich an die ‚Souvenirs phenologiques de l’hiver 185%, von Morren und Quetelet anschliessen, aus denen diese beiden Forscher so viele interessante Schlussfolgerungen gezogen haben. Bei der Wichtigkeit, welche die beinahe regelmässig wiederkehrenden Pflanzenepidemieen für die Landwirthschaft, wie für die Wissenschaft haben, scheint es mir dem Zwecke unseres Unternehmens ganz angemessen, auch über das erste Erscheinen, die Fortschritte und die Verbreitung derselben Beob- achlungen zu sammeln, und wir ersuchen daher die Herren Beobachter, bei den wichtigsten Kulturpflan- zen (Weinstock, Kartoffel, Rüben, Getreide etc.) darüber Notizen zu verzeichnen, ob, resp. an welchen Tagen sich Spuren der betreffenden Krankheiten zuerst gezeigt und welche Entwicklung und Ausbreitung dieselben gewonnen haben. Il. Die Pflauzenkalender der einzelnen Jahre, welche wir nach unseren Beobachtungen zu begrün- den hoffen, sind immerhin von geringem Werth, insofern sie nur der Ausdruck für eine vorübergehende Witterungsbeschaffenheit sind. Es muss daher die Aufgabe sein, das normale Calendarium Flo- rae für jede Station kennen zu lernen, indem man aus den Beobachtungen einer grösseren An- zahl von Jahren den mittleren Eintritt aller wichtigsten Pflanzenphasen berechnet. Nur wenn man die mittleren Blüthenzeiten u. s. w. für jeden Ort kennt, ist man im Stande, Vergleichungen über das Klima desselben in Bezug auf Beschleunigung oder Verzögerung der Vegetation anzustellen. Die bisherigen Angaben über das Zurückbleiben der Vegetation nach Norden oder auf Bergen sind ganz werthlos. Sie gründen sich in der Regel nur auf einjährige und daher ganz unzuverlässige Beobachtungen über das Zurückbleiben des Frühlings und seiner Flora; da aber bekanntlich die Temperatur des Sommers auch im hohen Norden viel weniger gegen südlichere Breiten zurücksteht als die des Winters und Früh- lings "), so wird nach der Mitte des Jahres der Unterschied in der Vegetationsentwicklung immer gerin- ger werden müssen; die Herbstfärbung und der Laubfall dagegen ist zum Theil ganz vom Klima unab- hängig, da sie auch in solchen Gegenden eintreten, wo keine Winterkälte die Vegetation unterbricht ?); jedenfalls ist sie nicht, wie Belaubung, Blüthe und Fruchtreife, bedingt von der Steigerung der Tempe- ratur bis zu einer gewissen Höhe, sondern umgekehrt von dem Herabsinken derselben unter einen gewis- sen Grad; und bei dieser Annahme müssten die Vegetationserscheinungen des Herbstes im Norden und auf Gebirgen früher eintreten, als in südlicheren oder in der Ebene gelegenen Regionen. Inwieweit diese theoretischen Schlussfolgerungen durch die Beobachtung bestätigt werden, und in welchem Masse überhaupt die verschiedenen Vegetationsepochen verschiedener Orte von einander abweichen, darüber werden wir erst dann Auskunft erhalten, wenn wir den normalen Pflanzenkalender derselben kennen werden. Die Kenntniss der mittleren Vegetationsepochen reiht sich ebenbürtig an die übrigen Beob- achtungen über die mittleren Verhältnisse des Klima’s, den mittleren Luftdruck, die mittlere Temperatur eines Ortes u. s. w.; sie hat einen von jeder Theorie unabhängigen, bleibenden Werth, und wird die sicherste Grundlage, an die sich Untersuchungen über die Beziehungen zwischen Klima und Vegetation knüpfen lassen. Auch für zahlreiche praktische Fragen, insbesondere der Gartenkultur und des Acker- baues, liefert sie wichtiges Material. Es ist daher dringend zu wünschen, dass die Beobachtungen der Vegetation überall so lange fortgesetzt werden möchten, um die Berechnung des nn Pflanzenka- lenders für alle Stationen zu gestatten. Auch diesmal sehe ich mich wieder in den Stand gesetzt, für eine schlesische Station die mittle- ren Blüthenzeiten von 44 Gartengewächsen mitzutheilen, die sich den schon früher bekannten von Brüs- sel, Regensburg, Prag, Arys, Kalinowitz zur Seite stellen. Die Beobachtungen gehören dem verstorbe- nen Apotheker Lehmann in Kreuzburg an, dessen langjährige meteorologische Untersuchungen durch Vollständigkeit und Gewissenhaftigkeit sich auszeichnen, und die auch seinen botanischen Aufzeichnungen eine grosse Zuverlässigkeit sichern; der Neffe desselben, Herr Apotheker Bittner hier, hatte die Güte, aus den nachgelassenen meteorologischen Journalen der Jahre 1831-49 die Vegetationsbeobachtungen aus- zuziehen und zu ordnen, so wie die die daraus berechneten Mittel mir freundlichst mitzutheilen. Ich veröffentliche dieselben hier in ähnlicher Weise, wie ich es bereits bei den mittleren Blüthenzeiten von Kalinowitz im letzten Berichte gethan; ich habe zum Vergleiche die mittleren Blüthenzeiten derselben Pflanzen in Prag (nach Fritsch’s Kalender der Flora von Prag) und Arys in Preussen (nach Dove’s Mittheilung, Monatsberichte der Berliner Akademie 1850, p. 214) hinzugefügt; ich bemerke noch, dass überall die ersten Blüthen gemeint sind und dass die in Klammern eingeschlossene Zahl hinter den Pflan- zennamen die Anzahl der Beobachtungsjahre für Kreuzburg bedeutet; wo die Zahl für Verspätung oder Beschleunigung eingeklammert ist, da schien mir ein Irrthum in den Beobachtungsjournalen vorhanden, und ich habe alsdann die nächst grösste Differenz daneben gesetzt. no - !) Vergl. die neuste Zusammenstellung hierher gehöriger Thatsachen in den Tabellen über Vertheilung der Wärme auf der Erde (A. v. Humboldts kleinere Schriften, Band I.) und in Dove’s Darstellung der periodischen und nicht periodischen Veränderungen der Temperatur durch fünftägige Mittel (Monatsberichte der Berliner Akade- mie, Januar 1854). ?) ‚Vergl. die Beobachtungen von Oswald Heer über Herbstfärbung und Eallaubung ee Bäume und Sträucher auf Madeira (Verhandlungen der schweizer Naturf. Gesellsch. zu Glarus 1851. Botan. Zeit. 1853, p. 209). 125 Mittlerer Eintritt der ersten Blüthe in Kreuzburg Prag Arys (50° 55 N.B. 15° 52°0.L.) (60°5'N.B.12° 5°0.L.) _(63°48‘ N.B. 19047‘ O.L. v. Paris.) Seehöhe 596 Pariser Fuss. e 550 P. F. 450 P. F, 2 tr Ma ps 1.5 nr a: a re EETETEERNG Kreuzburg. | Prag. | Arys. Grösste | Mittel Mittel Mittel Beschleunigung | Verspätung | Galanthus nivalis (18)....:..... 15. März 22 Tage 22 Tage ö. März | 15. März Corylus Avellana (13) .......... 22. - 30 - 23 - d. - _— Hepatica triloba (15)......-.... 23. - 23 - 15 - 27. - 9. April Crocus vernus (10) ............ 3l. - 38, - - 12 - 17 u mh Primula elatior (13) ........... 3. April 33 (17) 16 - _ an Viola odorata (14) ............ u: "= 15 - 10 °- 5. April | 24, April Omphalodes verna (12)......... 1. - 16 - 13 - 16. - — Hyacinthus orientalis (14) ........ 15. - 15 - 13 - 10. - _ Nareissus Pseudonareissus (10) ..| 17. - 16 - 12 - 14. - _ Primula Aurieula ab) Mewız, } 20. - (33) 8 BB» = 11. - Ribes rubrum (15)............. 26. - 16 - 8 - Bun 20. April Ribes Grossularia (14) ......... 26. - 18 - 9. 19. - _ Fritillaria imperialis (10) ........ 23. - 141 - 9 - 17. - _ Amygdalus Persica (11) ......... 29. - 11 - 8 - 12. - RB! Nareissus poetieus (11)......... 1. Mai 4,y- 6 - 4. Mai — Prunus Cerasus (17)........... 2. - 22 - 1 - 26. April | 16. Mai Pyrus commwnis (16)........... 5. - 15 - 5 - 27. - 14. Mai Prunus domestica (15) ......... 5. - 25° - 11 - 1. Mai - #eyrus malus-Dr2.0...:%,.. 10. - 18 - 12 - 4. - 15. Mai Tulipa Gesneriana (15). ee 12. - (24) 9 13. - 26. April u Fragaria elatior (10)...... Mu 1a = 15 - I De _ e. 2) Syringa vulgaris (13) ........| 15. - 12 - 5 - 9. Mai 22. Mai Convallaria majalis (11) ........ 16. - 1 - 9 - 12. - —— Aesculus Hippocastanum (11)....| 16. - 14 - ee CH u Aquilegia vulgaris (15) ......... 23. - 141 - 7 - Ey Mae _ Viburnum Opulus (11) .......... 2. - 15 - 14 - 17. - —_ Berberis vulgaris (5) ......:.».. 26. - 9 - 8 - 13. - —_ !) In Kalinowitz der 11. Mai. 2) Daselbst der 13. Mai. 126 | Kreuzburg,. | Prag. | Arys. Grösste | | ü Mittel ‚ ’ Mittel Mittel Beschleunigung | Verspätung | | E Iris germanica (14)............ 27. Mai 13 Tage 7 Tage 13. Mai 22. Mai Paeonia officinalis (13) .......-- 27. - 10 - 12 - 14. - _ Lonicera Caprifolium (12) ...... 29. - 11 - 5 - 18. - _ Rubus -Idaeus-(5).. ren... sl. - 5 - 5 - 25. - ii. 1) Philadelphus eoronarius (14) ..| 5. Juni 16 - 1 - 3. Juni = Hemerocallis flava (14)......... 6. - 15 - 10 - l.. - Be Sambucus nigra (15) .......- Mens; (öris. Aalen 20 - I... I. - _ Secale cereale (11) ...........- A 14 - 1 gen 28. Mai S. Juni Eilium bulbiferum (5) .......»-- 9. - 11 - 1 - 3. Juni er Lilium Martagon (12).......-... 13. - 15 - 12 - 22. - Br 2) Rosa centifolia (14).........- 15. - 3 - 0 - iL on u Digitalis purpurea (11).....-.... 16. - 10 - 9 - Zepgr ven Hemerocallis fulva (8) ....:..-- 27. - (24) 4 1 - een en Vitis vinifera (W)............. 29, - 11 - 15 - 16. - ie Lilium candidum (13)........-. 8. Juli 15 - 12 - —_ Bo. Funkia coerulea (T)........--:»: 22. - 6 .- 6. _ um Lilium tigrinum (8)... ....:- +» sl. - ALT = 16 - _ \ N 15 Tage | 11 Tage | Auch in dieser Beobachtungsreihe stellt sich heraus, was ich schon bei den Beobachtungen aus Kalinowitz bemerkt hatte, dass nämlich die früheste Blüthenzeit bei fast allen Pflanzen mehr vom Mittel abweicht als die späteste. Das Verhältniss: „15 Tage für jene, 11 für diese“ ist nahezu dasselbe, wie das für Kalinowitz angegebene, wo es 16, resp. 11’Tage betrug. In dem Berichte für 1851 waren 15,6 und 12 Tage berechnet; das Verhältniss ändert sich jedoch in der oben bemerkten Weise, wenn man, wie für Kreuzburg, die zweifelhaften Angaben ganz ausser Rechnung lässt und noch folgende Daten aufnimmt, die ich nachträglich aus den Beobachtungen des Herrn v. Elsner zusammengestellt: mm m | Kalinowitz. im Mittel [Beschleunigung | Verspätung Brassica rapa (15) ...........- 26. April 22 Tage 13 Tage Brassica napus (14) ..... rg 7. Mai 19 - 5 - Pürus Japostea (107 ..2........ 5. Mai 18 - 15 - !) In Kalinowitz der 6. Juni. 2) Daselbst der 15. Juni. 127 Das Jahr 1853 zeichnet sich seit 22 Jahren durch den spätesten Eintritt des Frühjahrs aus, und es ist demnach die Blüthe aller Pflanzen, die bis Ende Mai stattzufinden pflegt, in diesem Jahre später eingetreten, als dies seit 1830, wenigstens in Kreuzburg, der Fall gewesen zu sein scheint. In der obi- gen Zusammenstellung sind nur die von Herrn Apotheker Lehmann bis 1849 gemachten Beobachtun- gen benutzt; hätte ich jedoch die Angaben über die erste Blüthe für 1853, deren Mittheilung aus Kreuz- burg ich Herrn Apotheker Bittner verdanke, bei Verzeichnung der grössten Verspätung mit berück- sichligt, so würde sich statt der oben angegebenen Tage ergeben haben, dass die erste Blüthe gegen das Mittel sich verspäten kann: bei Amygdalus persica um 12 Tage, | bei Syringa vulgaris um 12 Tage, bei Prunus Cerasus um 15 Tage, bei Convallaria majalis um 11 Tage, bei Pyrus communis um 13 Tage, bei Aesculus Hippocast. um 12 Tage, bei Prunus domestica um 16 Tage, bei Aquilegia vulgaris um 8 Tage, bei Pyrus Malus nm 15 Tage, bei Rubus Idaeus um 7 Tage, und es würden sich im Mittel als grösste Verspätung der ersten Blüthe für Kreuzburg 12 Tage berechnen lassen. Vergleichen wir den mittleren Beginn der Blüthezeit bei denjenigen Pflanzen, welche in obige Ta- belle für Kreuzburg aufgenommen sind, mit den Zahlen, welche Fritsch für Prag berechnet, so zeigt sich, wie auch nicht anders zu erwarten, dass im Allgemeinen dieses Phänomen bei fast allen Pflanzen in Kreuzburg mehrere Tage später eintritt als in Prag. Es stellt sich jedoch heraus, dass die Differenz zwischen diesen beiden Orten keineswegs für alle Gewächse eine gleiche ist; um nur die extremsten Fälle hier mitzutheilen, so soll in Kreuzburg der mittlere Blüthenanfang von Corylus Avellana, Amygda- lus persica, Crocus vernus, Tulipa Gessneriana um 17, resp. 16, der von Nareissus Pseudonareissus dagegen nur um 3, und der von Philadelphus coronarius nur um 2 Tage später eintreten als in Prag; der von Lilium Martagon, Omphalodes verna, Hepatica triloba und Nareissus poeticus wird sogar dort um 9, 5, 4 und 3 Tage früher angegeben als hier. An dieser Ungleichheit ist ohne Zwei- fel nicht allein der Umstand Schuld, dass in der That die Differenz zwischen der Blüthezeit verschiede- ner Pflanzen an verschiedenen Orten nicht die gleiche ist, sondern gewiss auch die Unsicherheit, die in Folge fehlerhafter oder nicht lange genug fortgesetzter, oder in verschiedenen Jahren angestellter Beob- achtungen über den wahren mittleren Blüthenanfang bei vielen Pflanzen noch herrscht. Sucht man diese Ungleichheiten dadurch zu beseitigen, dass man aus den Differenzen zwischen den mittleren Blüthenan- fängen jener 37 Gewächse, die in Prag und Kreuzburg festgestellt wurden, den Durchschnitt berechnet, so ergiebt sich, dass die erste Blüthe einer Pflanze in Kreuzburg im Mittel um 7 Tage später eintritt als in Prag. Genau dieselbe mittlere Differenz erhält man für die Blüthenanfänge zwischen Kalinowitz und Prag bei Zugrundelegung der im Berichte für 1851 mitgetheilten Tabelle, in welcher 15 gleichzeitig in Prag beobachtete Gewächse aufgezählt sind. Prag liegt unter 500 5° N. B.; Kreuzburg dagegen unter 50° 55‘, so dass letzteres noch nicht um einen geographischen Grad weiter nach Norden liegt; dabei ist die Erhebung beider Orte über das Meer nahezu dieselbe, 550— 600’; aber in Folge der Biegung der Isothermen besitzt Prag eine mittlere Jahrestempe- ratur von 9,7° C., während dieselbe für das östlichere Kreuzburg nach den Beobachtungen von Leh- mann 7,9° C, beträgt; ') es kann daher nicht auffallen, dass die Vegetation in letzterem Orte im Mittel !) Es nimmt daher zwischen Prag und Kreuzburg die mittlere Jahrestemperatur auf einen Breitegrad um 2° C. ab, während nach der gewöhnlichen mittleren Annahme dieselbe zwischen dem 50. und 60.° für jeden Breitegrad 17 128 um eine Woche zurückbleibt. Kalinowitz liegt sogar unter 50° 30‘, also nur 25° nördlicher als Prag, stimmt aber in den Entwicklungszeiten der ersten Blüthe mit Kreuzburg überein. j Gegen Arys dagegen ist Kreuzburg voraus, und zwar in verschiedener Weise; während die Diffe- renz für Galanthus — 0, so beträgt sie für Salix Caprea 15 und für Hepatica 17 Tage; im Mittel 8 Tage. Die mittlere Jahrestemperatur von Arys = 6,2° C. ist um oa geringer als die von Kreuzburg, das 2° 53° südlicher liegt. Eine Vergleichung der mittleren Vegetationsphasen von Arys und Prag, wie sie uns in den Tabel- len von Fritsch und Vogt geboten werden, zeigt die grosse Verschiedenheit, die insbesondere zwi- schen der Entwicklung der Blüthen und der Früchte obwaltet. Berücksirhilgtiien nur die Angaben über die ersten Blüthen, so steht Arys gegen Prag zurück im Mittel 15,5 Tage; nimmt man allein die Angaben über die ersten reifen Früchte in Betracht, so ist die mittlere Differenz 30 Tage; im Mittel aus beiden Angaben bleibt die Entwicklung der Vegetation von Arys gegen Prag zurück um 19,4 Tage. IV. Ich gehe nun daran, die mir zugekommenen Beobachtungen des Jahres 1852 übersichtlich zusammenzustellen. Leider gestattet es der mir zu Gebote stehende Raum nicht, dieselben, wie es wohl wünschenswerth wäre, vollständig abzudrucken, und ich muss mich daher darauf beschränken, eine Reihe von Beobachtungen herauszuheben, die mir zur Charakterisirung der Vegetation im Jahre 1852 am ge- eignetsten scheinen. Ich habe bei meiner Zusammenstellung einen ähnlichen Plan befolgt, wie in meinem Berichte für 1851, indem ich nämlich eine Anzahl von Pflanzen, deren Entwickung in verschiedene Epochen des Jahres fällt, auswählte und die Stationen nach der Reihenfolge, in welcher die Entwicklung vor sich ‚ging, ordnete. Als Fundamentalbeobachtung bezeichne ich den Tag der ersten Blüthe; doch stimmt die hierauf gegründete Ordnung der Stationen nicht immer mit den Reihen überein, die man erhält, wenn man andere Entwicklungsstufen zu Grunde legt; indem ich auch die letzteren aufnahm, so lassen sich die höchst mannigfaltigen Zeitverhältnisse anschaulich machen, in denen sich der Vegetationscyclus in ver- schiedenen Punkten unseres Beobachtungsnetzes abrollt. Eine Vergleichung der aufgenommenen Daten wird übrigens selbst am besten bekunden, dass die bei weitem meisten Beobachtungen sich durch grosse Genauigkeit und Zuverlässigkeit auszeichnen; die Ausstellungen, die ich bei meinem ersten Berichte in Bezug auf die Glaubwürdigkeit der Angaben machen musste, sind durch die schärfere Bestimmung der einzelnen Stadien und die erlangte Uebung der Beobachter im zweiten Jahre zum grossen Theile geho- ben worden. . Gern hätte ich schon diesmal den Versuch gemacht, aus den mir mitgetheilten Beobachtungsreihen die Pflanzenkalender des Jahres 1852 für die verschiedenen Stationen darzustellen; ich hätte alsdann zuvörderst eine Reihenfolge der charakteristischsten Entwicklungsstufen (zur Bestimmung der biotischen Wochen und Monate) herausheben und danach angeben müssen, an welchen Tagen dieselben in den verschiedenen Stationen eingetreten sind. Aus einer solchen Anordnung würde der Entwicklungsgang der Vegetation noch übersichtlicher hervortreten, als er sich aus den zerstreuten Da- ten der folgenden Zusammenstellungen abstrahiren lässt. Ich glaube jedoch, dass ein solcher Versuch sich erst dann mit Erfolg anstellen lässt, wenn sich auch die Vergleichung verschiedener Jahrgänge in derselben Station daran knüpfen lässt, und ich behalte mir für einen der nächsten Berichte eine solche Zusammenstellung der Beobachtungen in Form eines Pflanzenkalenders vor. Sehr erleichtert würde mir diese Arbeit werden, wenn die Herren, welche an diesen Untersuchungen sich zu betheiligen die Güte haben, noch die Mühe übernehmen wollten, ihre Beobachtungen ausser dem Eintragen in unsere For- sich nur um Y,°C. verringern soll. Zwischen Arys und Kreuzburg fällt dieselbe in der That für jeden Breitegrad um 0,6° C. 129 mulare noch nach dem Datum zu ordnen, etwa in folgender Weise: 1. Mai: 30 (10); 18 (2). 2 Mai: 29 (11); 2 (4) etc., wobei die erste Zahl die laufende Nummer der beobachteten Pflanze, die zweite, eingeklammerte das betreffende Entwicklungsstadium nach dem Formular von 1854 bedeuten würde. Der Charakter des Jahres 1852 unterschied sich von dem des nächst vorangegangenen fast auf allen unseren Beobachtungsstationen in wesentlichen Punkten. Schon der Anfang des Jahres 1852 zeigte eine so milde Temperatur, dass die Vegetation in Breslau im ersten Drittel des Februar bereits jene Entwick- lung erreicht hatte, die 1851 erst 6 Wochen später gefunden worden war. Um diese Zeit blühten Er- len- und Haselsträucher, entfalteten Seidelbast (Daphne Mezereum) und Cornelkirsche (Cornus mas) ihre Blüthenknospen, ein Zustand, den diese Pflanzen 1851 erst im zweiten Drittel des März erreicht hatten. Auch aus Wünschelburg wird mitgetheilt, dass Anfangs Januar schon die Knospen von Syringa schwellten und die Saaten grünten; in Wohlau blühten am 10. Februar Hepatica triloba, Crocus ver- nus, Helleborus viridis ete. Im Allgemeinen lässt sich behaupten, dass der Zustand der Vegetation in den ersten Monaten des Jahres 1852 dem normalen Verhalten in viel südlicheren Breiten, vielleicht dem von Mittelitalien, entsprach. Das rauhe, oft frostige Wetter des März und April glich dieses ungewöhnliche Voraneilen der Ve- getation nicht nur aus, sondern dieselbe blieb bald wieder in einem hohen Grade zurück; das Ausschla- gen, Belauben, Blühen der Bäume trat diesmal viel später ein, als im vergangenen Jahre. Die Verkünderin des Frühlings, die Nachtigall, liess sich 1852 zum ersten Mal am 2. Mai hören, während sie 1851 schon am 18. April, also 14 Tage früher, vernommen wurde. Noch länger verzö- gerte sich wegen des anfangs so unfreundlichen Mai die Baumblüthe. Erst am 10. Mai öffneten sich in Breslau die weissen Trauben der Ahlkirsche (Prunus Padus); ziemlich gleichzeitig blühten die Obstbäume auf; erst am 18. Mai die Rosskastanie und der blaue Hollunder (Syringa vulgaris); 1851 war dies bei der ersten schon am 21. April, bei den letzteren am 27. April der Fall gewesen; es war demnach 1852 eine Verzögerung von 19 bis 21 Tagen eingetreten. Dagegen finden wir in den Beobachtungen des Jahres 1851 aus Steinbeck bei Königsberg angegeben, dass daselbst Prunus Padus am 10. Mai, Syringa und Aesculus am 20. Mai zuerst aufgeblüht seien, also genau oder nahezu an denselben Tagen wie 1852 in einer um 3° A0’ südlicher gelegenen Gegend. War demnach 1852 unser Winter ein italienischer gewesen, so folgte auf ihn ein nordischer Früh- ling, und wie dieser bekanntlich an Kraft dasjenige ersetzt, was er an Dauer einbüsst, so bewährte auch der Frühling 1852 in Schlesien diesen Charakter durch die grosse Schnelligkeit, mit der die weitere Entwicklung vor sich ging, und das Versäumte im Laufe des Mai gänzlich eingeholt wurde. Ebereschen, Berberizen und Hagedorn blühten nur 15, der Goldregen (Cytisus Laburnum) nur 14, die Kiefer nur 8, der weisse Flieder (Sambucus nigra) am 1. Juni nur 2 Tage später als 1851. Der heisse Juni ver- schaffte sogar der Vegetation des Jahres 1852 einen Vorsprung gegen das vorangegangene Jahr, inso- fern der falsche Jasmin (Philadelphus coronarius) und die Akazie (Robinia Pseudacacia) 2—3 Tage, der Wein, die klein- und grossblättrige Linde sogar 6 Tage früher aufblühten, als 1851. Ein Reisen- der, der im. Jahre 1851 Anfang Februar aus Mittelitalien nach dem frischen Haff und vor der Mitte Mai zurück nach Süddeutschland gegangen wäre, hätte von Anfang bis zu Ende seiner Reise eine ähnliche Witterung und Entwicklung der Vegetation angetroffen, wie wir sie 1852 durchmachten, ohne unseren Ort zu verlassen. : Im weiteren Verlaufe des Jahres bewirkte die grosse Dürre der Monate Juni, Juli, August ein sehr zeiliges Gelbwerden, Welken und Abfallen' der Blätter und Reifen der Früchte, und darum einen schein- bar sehr frühen Eintritt des Herbstes. Jedoch hatte hierbei der Standort der Pflanzen grossen Einfluss, indem in feuchten Lokalitäten sich das Grün des Laubes, wie gewöhnlich, erhielt. Die Unregelmässig- gr 130 keiten in der Entwicklung der Vegetation zeigten sich bis in den October, wo einzelne Fröste oft plötz- lich die Entlaubung herbeiführten, zum Theil, ohne dass eine herbstliche Färbung vorangegangen” wäre. Der November und Dezember dagegen war 1852 so ungewöhnlich mild, dass nicht nur viele Bäume, z. B. die Linden, Rosskastanien, zum zweiten Male ausschlugen, sondern dass auch viele, namentlich Obstbäume, ihre Blüthen öffneten, und dass auch auf den Wiesen und in den Gärten kein Stillstand in den Blumen eintrat. Am 6. November blühten noch um Danzig: Galium Mollugo, Petunia nyctagini- flora, Viola tricolor, Anethum graveolens, Armeria vulgaris, Alsine media, Lychnis dioica, Reseda odorata, Ranunculus acris, Lamium album und purpureum, Tormentilla erecta, Eschholkzia californica, Neslea paniculata, Sinapis arvensis, Georgina variabilis, Bellis perennis, Achillea Millefolium (Klins- mann). Noch im Anfange des Jahres 1853 blühten überall die meisten dieser Pflanzen, ferner Veilchen, Schneeglöckchen; in Aschaffenburg Pyrus japonica, Corchorus japonicus; Daphne Mezereum und Cory- lus schickten sich an, die Blüthen zu öffnen. Auf den sehr merkwürdigen Winter 185%, nach Que- telet’s Bemerkung den wärmsten und nahezu auch den trockensten seit 1833, werde ich noch einmal bei der Geschichte des Jahres 1853, in dem die Vegetation einen ähnlichen, Zn noch extremeren Verlauf nahm als 1852, zurückkommen. In Folgendem habe ich die Entwickungszeiten nachstehender Gewächse im Jahre 1852 zusammen- gestellt: Daphne Mezereum, Alnus glutinosa, Ribes Grossularia, Fritillaria imperialis, Prunus Padus, Aesculus Hippocostanum, Philadelphus coronarius, Vitis vinifera, Tilia parvifolia, Lilium candi- dum, Colchicum autumnale. I. Daphne Mezereum. Dieser Strauch gehört unter die frühsten Anzeichen der wieder erwachenden Vegetation, indem er bereits in den ersten warmen Tagen des Jahres seine Blüthen öffnet; er ist zugleich eine echte Pflanze des Frühlings, indem seine Knospen nie im Sommer oder Herbst zur Entwicklung kommen. Ich habe mich hier damit begnügt, die Beobachtungen über die- Blüthe mitzutheilen; nach dem Vorgange von Fritsch habe ich aus den Angaben für Anfang, Mitte und Ende des Blühens das Mittel gezogen, um gewissermassen einen mittleren Blüthentag, den Culminationspunkt des Blühens, daraus zu berech- nen; dieser Tag fällt oft mit dem beobachteten Datum für die volle Blüthe zusammen, zeigt jedoch mit- unter auch Abweichungen. Wo nicht alle drei Epachen des Blühens beobachtet wurden, da habe ich direkt die Angabe für die volle Blüthe in der Reihe der mittleren Blüthentage aufgenommen, jedoch den betreffenden Ort in Klammer gestellt. Die Belaubung von Daphne hielt etwa mit der von Zibes Gros- sularia gleichen Schritt. Blüthezeit von Daphne Mezereum im Jahre 1852. No. | Name der Station. Anfang. | Mitte. | Ende. | ren... ee 8. Jan. 8-26 März 18. April 2. | Stelle 0 0 nd: 18. - 17. März | 24. - TA 2, - sl. - 20. - (26. März) 4.| 2 Aschaffenburg . RE! _ 5. April | 15. - a en | de No. | Name der Station. | Anfang. | Mitte. | Ende. le ee 20. Fehr. 5. April | 10. April 6. | Reiffenstein ......... 45. März 4. - 16. - Te SICHERER. ©... 28. - m -- 8 "PeierBuutter ........ 29, - 2. - vr. TOTER. 2. 30. - g. "= Ir . VO: TEE ER. ER... 30. - A 6. Mai 11. | Wünschelburg ...... 3. - 6. - Bus 12. | Goldner Wald....... 16. April | 19. - 27. April 13. | Leutmannsdorf ... .. er. 2 Da 38 - 14. | Steinbeck ... ......| 20. - 5. Mai | 20. Mai 15.| Hammer bei Gollub...) 23, - 27. April BrR_ 16. | Claussen bei Lyk.....| 28. - — w. . 77. | Küpferbeig - ....... 1. Mai an. 15. Mai Te. en on. e- 6. Juni — Mittlerer Blüthentag. 1. (Giessen) 14. Februar. 13. Petersdorf 5. April. 2. (Geisenheim) 22. Februar. 14. (Aschaffenburg) 5. April. 3. Stettin 7. März. 15. Eichberg 5. April. 4. (Salzhausen) 10. März. 16. Wohlau 6. April. 5. Marburg 10. März. 17. Görlitz 14. April. 6. Wien 13. März. 18. Wünschelburg 15. April. 7. (Darmstadt) 15. März. 19. Goldner Wald 21. April. 8. Breslau 15. März. 20. Leutmannsdorf 22. April. 9. (Marburg) 17. März. 21. Hammer 28. April. 10. (Danzig) 31. März. 22. Steinbeck 5. Mai. ll. Reifenstein 1. April. 23. Kupferberg 8. Mai. 12. Breslau 5. April. | 24. (Riga) 6. Juni. Die mittleren Blüthentage für Marburg, Stettin und vielleicht noch von anderen Orten sind darum mit den übrigen nicht genau vergleichbar, weil die im Januar entwickelten ersten Blüthen von Daphne nicht in die eigentliche continuirliche Blüthenzeit fallen, sondern nur verfrühte Erscheinungen sind, auf die eine längere Unterbrechung und ein neuer Anfang des Blühens (im März) folgte. Für. Breslau habe ich diesen zweiten Anfang des Blühens ebenfalls verzeichnet; der mittlere ‚Blüthentag wird natürlieh ein ganz anderer, je nachdem man den einen oder den anderen Datum in Berechnung bringt, wie die Ta- belle zeigt; doch giebt sicher nur die zweite Zahl ein richtiges Bild von der Vegetation der Daphne im Jahre 1852. Auch Marburg findet sich zweimal auf der Tabelle; die zweite Angabe stammt aus dem Hoffmannschen Verzeichnisse (Grossh. hessische landwirthschaftliche Zeitschrift 1853); ebenda- her sind die Angaben für Giessen, Salzhausen, Geisenheim, Frankfurt, Selters und Darmstadt über den Eintritt der Vollblüthe entnommen. 132 Alnus glutinosa. Auch die Erlenkätzchen öffnen sich in den ersten Frühlingstagen; jedoch ist das Verhältniss zu Daphne, ob früher ob später, nicht ganz sicher, wohl auch nicht in allen Orten gleich. Die Reihe für die ersten Blüthen ist hier folgende: 1. Wien 11. Februar. Karge 28. Februar. Stettin 19. März. Görlitz 24. März. Marburg 30. März. Kupferberg 1. April. Wünschelburg 6. April. nanppwm Nach dem Verblühen: Wien 27. März. Görlitz 10. April. Karge 18. April. Wünschelburg 18. April. Kupferberg 26. April. Stettin 29. April. PR N m Claussen 14. April. Steinbeck 20. April. Petersdorf 20. April. Petersburg 20. Mai. Conitz 22. Mai. Hammer 25. Mai. Petersdorf 5. Mai. Steinbeck 11. Mai. Memel 12. Mai. Marburg 25. Mai.!) Conitz 2. Juni. Hammer -7. Juni. Berechnet man aus den Angaben über Anfang, Mitte und Ende des Blühens einen ‚mittleren Blü- thentag, so erhält man folgende Reihe: (Salzhausen) 15. Februar. (Frankfurt) 5. März. Wien 5. März. (Selters) 13. März. Karge 25. März. Z (Giessen) 2. April. Görlitz 2. April. Stettin 3. April. (Wohlau) 6. April. sonantpam - 10. (Aschaffenburg) 24. Februar. Danzig 7. April. (Memel) 9. April. Wünschelburg 11. April. Kupferberg 13. April. (Darmstadt) 15. April. Petersdorf 27. April. Steinbeck 1. Mai. Marburg 3. Mai. Conitz 28. Mai. Hammer 1. Juni. Ganz andere Reihen erhält man, wenn man die Belaubung zum Grunde legt. Nach dem Schwellen der BIukAoHBen ist die Reihe folgende: Wohlau 22. März. Görlitz 25. März. Wünschelburg 29. März. Torgau 30. März. Marburg 30. März. Stettin 31. März. BeEPBMPpE ") Die Angaben aus Marburg sind auffallend spät. Petersdorf 3. April. Gütersloh 3. April. Karge 4A. April. Steinbeck 6. April. Schreibershau 8. April. Memel 16. April. — bu je _ ee SS ANnNTapwn DR ED Er 0 EB m DR NE NEID Claussen 25. April. 17. Steinbeck 6. Mai. Marienwerder 27. April. 18. Goldner Wald 7. Mai. Kiew 4. Mai. 19. Rautenburg 11. Mai. Leutmannsdorf 6. Mai. 20. Eichberg 14. Mai. » Nach dem Brechen der Knospen: Wohlau 30. März. 11. Marienwerder 5. Mai. Torgau 2. April. 12. Goldner Wald 9. Mai. Görlitz 8. April. 13. Steinbeck 9. Mai. Gütersloh 13. April. 14. Claussen 10. Mai. Petersdorf 20. April. 15. Schreibershau 11. Mai. Marburg 20. April. 16. Memel 12. Mai. Stettin 24. April. 17. Kiew 12. Mai. Karge 28. April. 18. Leutmannsdorf 12. Mai. Wünschelburg 28. April. 19. Rautenburg 14. Mai. Kupferberg 1. Mai. 20. Eichberg 18. Mai. Nach dem Entfalten der ersten Blätter: Wien 29. März. 12. Kupferberg 15. Mai. Görlitz 14. April. | 13. Hammer 16. Mai. Gütersloh 26. April. 14. Schreibershau 17. Mai. Torgau 1. Mai. 15. Goldner Wald 17. Mai. Petersdorf 1. Mai. 16. Rautenburg 17. Mai. Karge 6. Mai. 17. Leutmannsdorf 20. Mai. Stettin 9. Mai. 18. Eichberg 20. Mai. Wohlau 11. Mai. 19. Steinbeck 20. Mai. Marienwerder 12. Mai. 20. Memel 22. Mai. Wünschelburg 14. Mai. 21. Conitz 23. Mai. Claussen 14. Mai. 22. Kiew 24. Mai. Nach der allgemeinen Belaubung: Petersdorf 9. Mai. 11. Rautenburg 24. Mai. Wohlau 14. Mai. 12. Kupferberg 25. Mai. Wien 15. Mai. 13. Hammer 25. Mai. Torgau 15. Mai. 14. Eichberg 26. Mai. Karge 16. Mai. 15. Goldner Wald 27. Mai. Claussen 17. Mai. 16. Steinbeck 27. Mai. Görlitz 18. Mai. 17. Leutmannsdorf 30. Mai. Wünschelburg 18. Mai. 18. Memel 31. Mai. Stettin 18. Mai. 19. Kiew 5. Juni. Gütersloh 21. Mai. 20. Conitz 7. Juni. Nach dem Beginne der Herbstfärbung der Blätter: Rautenburg 27. September. 5. Conitz 9. Oct. Goldner Wald 1. October. 6. Kiew 14. Oct. Hammer 1. Oct. 7. Wünschelburg 19. Oct. Petersdorf 5. October. 8. Claussen Ende Oct. 134 Nach der allgemeinen Herbstfärbung der Blätter: 1. Goldner Wald 8. October. 5. Karge 16. Oct. 2. Conitz 10. Oct. 6. Petersdorf 20. Oct. x 3. Rautenburg 13. Oct. 7. Wünschelburg 24. Oct. 4. Hammer 15. Oct. 8. Claussen Ende Oct. Nach dem Beginne des Laubfalls: 1. Wien 23. Juni. 7. Karge 18. Oct. 2. Rautenburg 8. Oct. 8. Wien 18. Oct. 3. Görlitz 10. Oct. 9. Petersdorf 20. Oct. 4. Goldner Wald 13. Oct. 10. Hammer 21. Oct. 5. Conitz 15. Oct. | 11. Wünschelburg 24. Oct, 6. Stettin 16. Oct. | 12. Claussen Ende Oct. Nach der Vollendung des Laubfalls: 1. Rautenburg 21. Oct. 8. Hammer 1. Nov. 2. Steinbeck 25. Oct. 9. Wohlau 1. Nov. 3. Conitz 27. Oct. 10. Karge 6. Nov. 4. Kiew 27. Oct. 11. Wünschelburg 7. Nov. 5. Petersdorf 30. Oct. 12. Claussen Mitte November. 6. Görlitz 31. Oet. 13. Wien 26. November. 7. Goldner Wald 1. Nov. Interessante Resultate erhält man, wenn man das Verhältniss des Blühens zur Belaubung unter- sucht. Die Erle ist bekanntlich einer derjenigen Bäume, welche bei uns bereits lange verblüht sind, ehe sie die Blätter entfalten; ihre Blüthen gehören zu den ersten, die die Frühlingssonne zur Ent- faltung bringt; ihr Laub entwickelt sich ziemlich spät. Es ist jedoch der Zeitraum, um welchen die erste Blüthe dem ersten Blatte vorausgeht, nicht in allen Orten gleich; je später der Frühling be- ginnt, das heisst, je höher und je nördlicher ein Ort gelegen, desto rascher folgt Laub auf Blüthe; während in südlichen Gegenden (Wien) die Erle 7 Wochen verblüht steht, ehe sie völlig belaubt.ist, so finden wir andere Orte, wo Blüthen- und Laubknospen sich gleichzeitig entfalten, oder wo doch unter den völlig entwickelten Blättern sich noch blühende Kätzchen zeigen; ja wir finden sogar Stationen, wo die ersten Blätter früher entfaltet sind, ehe die ersten, Blüthen stäuben. Die nachstehenden Tabellen werden dies anschaulich machen: Die ersten Blätter entfalten sich nach den ersten Blüthen: in Karge 68, in Stettin 51, in Wien 47, in Kupferberg 45, in Wünschelburg 38, in Lyk und Stein- beck 30, in Görlitz 21, in Petersdorf 11, in Conitz 1 Tag später; in Hammer dagegen 9 Tage früher. Volle Belaubung tritt ein nach den mittleren Blüthentagen (Culminationspunkt des Blühens): in Wien 71, in Karge 52, in Görlitz und Stettin 45, in Kupferberg 42, in Wohlau 38, in Wün- schelburg 37, in Steinbeck 26, in Petersdorf 12, in Conitz 10 Tage später; in Hammer 6 Tage früher. Die ersten Blätter entwickeln sich nach dem Verblühen der letzten Kätzchen: in Wünschelburg 26, in Karge 18, in Kupferberg 19, in Stettin und Memel 10, in Steinbeck 9, in Görlitz 4, in Wien 2 Tage später; in Petersdorf 4, in Conitz 10 und in Hammer 22 Tage früher. Auffallend, jedoch aus dem kalten Frühling des Jahres 1852 leicht zu erklären ist auch, dass in diesem Jahre zwischen dem Blühen und Belauben der Erlen im Mittel ein weit grösserer Zeitraum lag, als das Jahr vorher. Aus den I1 Stationen des Jahres 1852 ergiebt sich, dass im Mittel die ersten _Blättter 30 Tage nach den ersten Blüthen sich entfalteten; 1851 betrug die Differenz nur 17 Tage. => Ill. Ribes Grossularia. Die beiden oben erwähnten Gewächse haben flores praecoces; sie entwickeln, wie die meisten Pflan- zen des ersten Frühlings, die Blüthen vor den Blättern. Ich reihe an sie einen Strauch, bei dem das umgekehrte Verhältniss obwaltet und der zugleich zuerst im Frühjahre völlig belaubt steht, den Stachel- _ beerstrauch, dessen Blüthe und Fruchtreife auch den meisten anderen vorausgeht. Ueber denselben ge- ben die Beobachtungen des Jahres 1852 folgende Reihen, bei denen die in Klammern stehende Zahl das Datum bezeichnet. ' Das Erwachen der Vegetation bekundet sich durch Schwellen der Knospen: am 14. Februar in Proskau; im ersten Drittel des März in Petersdorf (8), Torgau (10); “ im zweiten Drittel des März in Ebrach (16), Stettin (19), Wohlau (20); im letzten Drittel des März in Marburg (25), Wünschelburg (26 , Kiew (28), Karge, Görlitz 29); im ersten Drittel des April in Schreibershau (1), Steinbeck (3), Claussen (6), Memel (10); im letzten Drittel des April in Hammer (20), Rautenburg (21), Marienwerder (25), Goldner Wald (28); am 2. Mai in Reifenstein. Die Knospen brechen: . am 20. Januar in Aschaffenburg; am 26. Februar in Breslau; in der zweiten Hälfte des März in Proskau (14), Torgau, Wohlau (22), Marburg (26), Petersdorf (28), Wünschelburg (30), Görlitz, Stettin (31); in der ersten Hälfte des April in Ebrach (2), Kiew (6); in der zweiten Hälfte des April in Kupferberg (18), Memel (21), Karge, Rautenburg (26), Marienwer- % der, Claussen (28), Hammer (29); in der ersten Woche des Mai zu Schreibershau (1), 'Steinbeck (4), Reifenstein (5), Riga (7). Die ersten Blätter waren ausgeschlagen: am 25. Februar in Aschaffenburg; in der ersten Hälfte des März in Wien (3), Frankfurt (15); in der zweiten Hälfte des März in Giessen (18?), Selters (24°), Gütersloh (31); im ersten Dritiel des April in Darmstadt (1?), Torgau, Petersdorf (2), Weyhers (3), Stettin, Woh- lau (5), Proskau, Grünberg (6), Breslau (7); im zweiten Drittel des April in Wünschelburg (10), Görlitz (11), Ebrach (16); ‘ im letzten Drittel des April in Geisenheim (23°), Rautenburg (28); im ersten Drittel des Mai in Marienwerder (2), Claussen, Karge (9), Reifenstein (7), Kiew, Steinbeck (9), im zweiten Drittel des Mai in Memel (11), Hammer (12), Kupferberg (13), Goldner Wald (15), Schrei- bershau (19). Die Büsche waren völlig belaubt: im ersten Drittel des April in Gütersloh (5), Weyhers (7), Aschaffenburg, Petersdorf (10); im zweiten Drittel des April in Wien (11), Torgau (12), Schellin (15); im letzten Drittel des April in Grünberg (22), Stettin (24), Wohlau (26), Breslau (29); 18 im im 136 ersten Drittel des Mai in Proskau (1), Ebrach (2), Wünschelburg (3), Marienwerder (4), Görlitz (5), Claussen, Eichberg (9), Karge (10); zweiten Drittel des Mai in Steinbeck, Reifenstein? (15), Rautenburg (16), Memel (19), Hammer, Ku- pferberg (20); letzten Drittel des Mai in Goldner Wald, Schreibershau (21), Kiew (22), Riga (30); Die ersten Blüthen öffneten sich: ersten Drittel des April in Aschaffenburg (8), Ebrach (9); zweiten Drittel des April in Wien (15), Weyhers (18); letzten Drittel des April in Potsdam (23), Kupferberg (25), Breslau (30); ersten Drittel des Mai in Stettin, Gütersloh (2), Proskau (4), Wohlau, Grünberg (5), Torgau, Ma- rienwerder (6), Reifenstein, Wünschelburg (8), Eichberg, Görlitz (8), Karge, Gleiwitz (10); zweiten Viertel des Mai in Petersdorf, Steinbeck (12), Goldner Wald (13), Danzig (15), Kiew (17), Hammer (18); letzten Drittel des Mai in Rautenburg (21), Memel (22), Claussen (23). Der Tag der vollen Blüthe war:!) (15) April in Darmstadt. 14 (14) Mai in Wünschelburg. (18) - - Salzhausen. 15 (12) - - Eichberg. (20) - - Geisenheim, Selters. 15 (12) - - Görlitz. 20 - Wien. 15 (14) - - Karge. 23 (28) - - Aschaffenburg. 16 (12) - - Reifenstein. 26 (28) - - Ebrach. 16 (16) - - Conitz, Schellin. 26 (28) - - Marburg, Giessen. 17 (15) - - Steinbeck. 4 (6) Mai - Weyhers. 17 (16) - - Gleiwitz. 8 (8) - - Gütersloh. 17 (17) - - Danzig. I (9 - _ - Proskau. 19 (17) - - Petersdorf. 9 (9) - - Grünberg. 19 (20) - - Goldner Wald. 10 (8) - - Stettin. 21 (21) - - Kiew. 10 (12) - - Torgau. 25 (24) - - Hammer. 10 (15) - - Kupferberg. 3 26 (25) - - Rautenburg. 12 (10) - - Wohlau. 27 (25) - - Claussen, Memel. (12) - - Marienwerder. 27 (28) - - Riga. (12) - - Frankfurt a. M. Die Dauer der Blüthenzeit beitrug: in Ebrach‘: . ..@:+.3% 32 Tage, in Reifenstein ....... 19 Tage, in Weyhers......... U - is, Stellim. I ai -Meuah 18 - in Aschaffenburg. ... 26 - in Gödlite... 6 -£. >= 16 - in Kupferberg........ 26 - in Wohlau ........ .15_ - an lien 1: a or. ek 21 - in Eichberg ........ 15 - ) In dieser Reihe giebt die erste Zahl das aus Anfang, Mitte und Ende des Blühens berechnete Mittel; die zweite, eingeklammerte, das in den Tabellen enthaltene Datum für die volle Blüthe; das letztere steht allein, wo die Tabellen unvollständig waren und das Berechnen eines Durchschnitts nicht gestatteten. 137 in Petersdorf........ 15 Tage, in Memeh.u 246 - 12 Tage, in Gleiwitz ..-...... 4 - im goldnen Wald....11 - in Hammer ......... 14 - in Breskanauın.ı, su 11 - in Gütersloh ........ 13 - in Claussen......... 10 - in Wünschelburg ....12 - ni largeris -jöural). 10 °- in Steinbeck .....:.». 12 - iu Torgau. ">. aulanıni I - in Rautenburg ...... 12 - in;Biewil. zuulnltad In+ im Mittel 16 Tage. Verblüht waren die Johannisbeersträucher: im ersten Drittel des Mai in Aschaffenburg (4), Wien (6); im zweiten Drittel des Mai in Ebrach (11), Gütersloh, Tirams, Proskau (15), Weyhers (18), Karge, Wohlau, Wünschelburg, Stettin (20); im letzten Drittel des Mai in Kupferberg (21), Conitz (23), Goldner Wald, Steinbeck, Eichberg, Glei- witz (24), Görlitz (25), Kiew (26), Petersdorf, Reifenstein (27); im ersten Drittel des Juni in Hammer (1), Claussen, Rautenburg, Riga (2), Memel (3). Die ersten Früchte waren reif: in der ersten Hälfte des Juni in Karge (6); in der zweiten Hälfte des Juni in Stettin (22), Aschaffenburg (26), Reifenstein (28); in der ersten Hälfte des Juli in Gütersloh, Ebrach (2), Torgau (8), Conitz (9), Petersdorf (10), Ham- mer (12), Weyhers (14), Breslau, Proskaw (15); | in der zweiten Hälfte des Juli in Wünschelburg (16), Memel (17), Kiew (20), Rautenburg, Steinbeck (24), Riga (27), Claussen (28). Allgemeine Reife trat ein: Ende Juni in Karge (26), Stettin, Selters (31); im ersten Drittel des Juli in Darmstadt (1), Gütersloh, Frankfurt (8), Torgau (10); im zweiten Drittel des Juli in Aschaffenburg, Geisenheim (12), Ebrach (13), Marburg, Salzhausen (15), Giessen (18), Hammer, Conitz, Reifenstein, Kupferberg, Petersdorf (20); im letzten Drittel des Juli in Wünschelburg (23), Kiew (27); im ersten Drittel des August in Memel (1), Steinbeck (3), Rautenburg (5), Claussen (6). Die Herbstfärbung begann: am 8. August in Proskau, am 25. in Weyhers; in Steinbeck, Rautenburg, Ebrach, Torgau in der ersten, in Karge, Goldner Wald, Conitz, Kiew, Kupferberg, Reifen- stein, Hammer, Petersdorf, Claussen, Wünschelburg in der zweiten Hälfte des September; und war vollendet: Ende August in Proskau, Ende September (18—28) in Steinbeck, Görlitz, Ebrach, Rau- tenburg, Goldner Wald; in der ersten Hälfte des Oktober (®—14) in Karge, Conitz, Claussen, Reifen- stein, Hammer, Wünschelburg, Petersdorf, Kiew. Der Blattfall fand überall im Laufe des Oktobers statt. Die grössten beobachteten Differenzen betragen: für das Schwellen der Knospen (Proskau bis Reifenstein) 78 Tage; für das Brechen der Knospen (Aschaffenburg bis Riga) 108 Tage; (Aschaffenburg bis Memel 92 Tage); 13% 138 für die Entfaltung der ersten Blätter (Aschaffenburg bis Schreibershau) 84 Tage; (Aschaffenburg bis Memel 76 Tage); für die völlige Belaubung (Gütersloh bis Riga) 55 Tage; (Asch. bis und 39 Tage); für die erste Blüthe (Aschaffenburg bis Claussen) 45 Tage; (Asch. bis Memel 44 Tage); für die volle Blüthe (Darmstadt bis Riga) 43 Tage; (Asch. bis Memel 27 Tage); für den mittleren Blüthentag (Wien bis Memel) 37 Tage; (Asch. bis Memel 31 Tage) ; für das Verblühen (Aschaffenburg bis Memel) 30 Tage; für die ersten reifen Früchte (Karge bis Claussen) 52 Tage; (Asch. bis Memel 30 Tage) ; für die allgemeine Reife (Karge bis Claussen) 41 Tage; (Asch. bis Memel 21 Tage); für den Beginn der Herbstfärbung (Proskau bis Wünschelburg) 59 Tage ; für die allgemeine Herbstfärbung (Proskau bis Kiew) 44 Tage. IV. Fritillaria imperialis. V. Lilium candidum. VI. Colchicum autumnale. 2} Ich gebe jetzt die in engere Grenzen eingeschlossenen Blüthenzeiten von 3 monocotyledonischen Zwiebelgewächsen, deren Entwicklung wegen der Grösse und allgemeinen Verbreitung der Blüthen sich sehr sicher bestimmen lässt, und von denen die erste den Frühling, die zweite den Sommer, die dritte den Herbst charakterisirt. Blüthezeit von Fritillaria imperialis. No. | Name der Station. | Anfang. | Mitte. | Ende. 1. | Aschaffenburg ......- | - | 14. April | 14. Mai . .- 9 - 2.| Marburg ...... And x hi 76 Mai en 3.| Gütersloh .......... 7. - —_ _- 5.1 EDEGRR TO an 27. - 9. - 17. - 5. | Grünberg.... »..--- 2. Mai De 20 2l. - 6.| Sohrau....2.......- _ 6. - —_ 7.| Eichberg ......»» --- = 8. - —_ 9,1: Stekkin air ie. - Bir 2. - 12. - 14 — 9.4. Breslau. u: (BE.--5; - — 12. „oe 17, — 20. 1: Wohlen 208. u > 6 - 10. - 20. - 11.1 Gleieiie SE. in: 2a — 11: ‚- 24, ‚= 12.| Wünschelburg ......: 6 - 14. - 23. - 13 13.| Petersdorf .......... I _- 15. - VamEz 24. | Schell... „u nen, i —_ 16. - — 15. | Reifenstein ......... 10. - er. mer. E.. No. | Name der Station. | Anfang. | Mitte. | Ende. LE er 14. Mai | 19. Mai 4. Juni a. A —_ 19.) = er 18: Mae WM... =. *- = Bern BET Ie ..esns a9 '% DEN Ausıuns 20.| Kupferberg ........ » = 30. - Hr U 21.7 Cs: ee... — 1. Juli 29. Juli 22: VIUDRNER PR CN 2 5. Aug. | Ende Aug. | Ende Sept. Blüthezeit von Lilium eandidum., No. | Name der Station. Anfang. | Mitte. | Ende. 1. | Aschaffenburg ....... 10, Juni 20. Juni 16. Juli WIE 26. - - 3. - = 1 Yo Mar re 7. - 30. Junibis-‘ 12. - 4. Juli A. | Petersdorf @....... 30. - 93.7 - 22. - 5. | Rautenburg ......... 1. Juli 8 - >. Ol 6.) Tor u u . Ba 6b. - 20. - DE. . —, re 10.73 19. 8.| Wünschelburg ......| 6 - 1l. - 20. - TEE en. ...i.. 1... - 19. - 27. - 10.7 Marburger... . 1937 _18.= NR 7 1 VARL EG ART ARRERR u, 16. - 2. - 12. | Kupferberg . ....... 5 a 3. Aug h BR. a ET ) 18. - . Be #4, | Steinbeck „4... : 5 2 - l. - | Als mittleren Blüthentag für Fritillaria imperialis erhält man: 1. (Aschaffenburg) 14. April. 7. (Gleiwitz) 11. Mai. 2. Marburg a) 24. April. 8. (Breslau) 11. Mai. b) 3. Mai.? 9. Stettin 11. Mai. 3. Torgau 6. Mai. 10. Wohlau 12. Mai. 4. (Sohrau' 6. Mai. 11. Reifenstein 14. Mai. 5. (Eichberg) 8. Mai. 12. Wünschelburg 14. Mai. 6. Grünberg 10. Mai. 13. (Schellin) 16. Mai. ——— m [00 !) Die Angaben für Hammer und Claussen sind sehr auffallend; die von letzterem Orte stimmen eher für Col- chicum autumnale. 14. 15. 16. 17. Petersdorf 17. Mai. (Danzig) 19. Mai. Karge 23. Mai. Memel 27. Mai. 140 18. Kiew 28. Mai. 19. Kupferberg 30. Mai. 20. Hammer? Ende Juli. 21. Claussen? Ende August. Als mittleren Blüthentag für Lilium candidum erhält man: np > 5 I Aschaffenburg 25. Juni. Wien 29. Juni. Breslau 3. Juli. Torgau 9. Juli. Petersdorf 10. Juli. Görlitz 11. Juli. (Marburg) 12. Juli. 8. Wünschelburg 12. Juli. 9. Conitz 13. Juli. 10. Rautenburg 13. Juli. 1l. Kiew 18. Juli. 12. Memel 23. Juli. 13. Kupferberg 23. Juli. 14. Steinbeck 23. Juli. Die Dauer der Blüthenzeit bei Fritillaria betrug: 27 Tage für Marburg. - - Karge. - Torgau. - Grünberg. - —- Petersdorf. 17 Tage für Stettin, Wünschelburg. Memel. 14 - - Wohlau. 13 - - Kiew. 9 - - Kupferberg. im Mittel 18 Tage (1851 20 Tage). Die Dauer der Blüthenzeit bei der Lilie betrug: 36 Tage für Aschaffenburg. 23 - - Rautenburg. 22 - - Petersdorf. 21 - _ _- Kupferberg, Memel. 19 - - Torgau. f Zwischen 18 Tage für Steinbeck. 16 - - Conitz. 15 - - Gerlitz, Breslau. 14 - - Wünschelburg. im Mittel 20 Tage (1851 25 Tage). der ersten Blüthe der Kaiserkrone und der Lilie lagen: in Torgau in Wünschelburg in Memel in Kiew im Mittel 54 Tage; 1851 betrug die mittlere Differenz 84 Tage; es war nämlich damals die Blüthe von Fritillaria überall 16 bis 25 (im Mittel 20) Tage früher eingetreten, während die der Lilie zum Theil um dieselbe Zeit, zum Theil aber auch 11 bis 18 (im Mittel 11) Tage später begonnen hatte als im vergangenen Jahre. Ich schliesse hieran die wenigen Data, die ich über die Blüthe von Colehieum autumnale verzeich- net finde. 141 Blüthezeit von Colchieum autummnale. No. | Name der Station. | Anfang. | Mitte. | Ende. 1.) Bislags nn. ur...» 25. Aug. | 25. Sept. — 2.| Aschaffenburg ........ 1. Sept. 9. - _ 3.| Kupferberg ......... ı 0. - 10. Okt. ae 1l. - —_ 26. - BRETT RI IS, 25. - WU. - G Maar. : sah. »i- — 1: Okt. 1. Nov. 7.| Schreibershau ....... 29. - Er _ | Ich glaube nicht, dass diese Angaben zu allgemeineren Schlussfolgerungen berechtigen. VII. Prunus Padus. Dieser Baum ist in vielfacher Beziehung für die Charakterisirung des Entwicklungsganges der Vege- tation von Wichtigkeit; seine Belaubung bezeichnet die erste, und seine Blüthe gewissermassen die zweite Stufe des Frühlings; letztere fällt mit der für den Gartenbau so wichtigen der Obstbäume zusammen, von denen nur die Pfirsich und Aprikose ihm vorausgehen, während die Blüthe der Aepfelbäume ihm folgt. Ich gebe in angehefteter Tabelle (s. Tabelle I.) die sämmtlichen Beobachtungen über Entwicklung von Prunus Padus; die Stationen sind nach der ersten Blüthe geordnet, deren Angabe bei diesem Baume grosse Genauigkeit zulässt. Die Dauer der Blüthenzeit betrug: 8 Tage in Wien, Goldner Wald, Kupferberg, Leutmannsdorf, Petersburg. 9 - - Petersdorf, Memel. 10 - - Görlitz, Claussen. 12 - - Steinbeck. 13 - - Wohlau, Stettin, Conitz. 14 - - Kiew, Riga. 15 - - Marburg. 16 - - Breslau. 17 - - Rautenburg, Karge. 19 - - Ebrach, Hammer. 22 - - Torgau. 25 - - Aschaffenburg. 14 Tage im Mittel (1851 19 Tage). Der Tag der mittleren Blüthe war: 1. Aschaffenburg 22. April. 2. (Geisenheim) 27. April. 3. (Darmstadt) 1. Mai. (Salzhausen) 4. Mai. (Frankfurt) 5. Mai. (Giessen) 13. Mai. u» 7. (Gütersloh) 14. Mai. 21. Kupferberg 24. Mai. 8. Ebrach 17. Mai. 22. Goldner Wald 25. Mai. 9. Marburg 17. Mai. 23. Karge 26. Mai. 10. Breslau 17. Mai. 24. Steinbeck 26. Mai. 11. -Wohlau 17. Mai. 2%. Leutmannsdorf 27. Mai. 12. Grünberg 18. Mai. 26. Hammer 29. Mai. 13. Wien 19. Mai. 27. (Danzig) 30. Mai. 14. (Eichberg) 20. Mai. 28. Conitz 30. Mai. 15. Torgau 20. Mai. 29. Claussen 30. Mai. 16. Stettin 20. Mai. 30. Kiew 30. Mai. 17. Petersdorf 21. Mai. 31. Rautenburg 1. Juni. 18. (Gleiwitz) 22. Mai. 32. Memel 2. Juni. 19. (Schellin) 22. Mai. 33. Riga 3. Juni. 20. Görlitz 22. Mai. 34. Petersburg 4. Juni. Zwischen der Entfaltung der ersten Blätter und der ersten Blüthe lagen: 2 Tage in Kiew. 10 Tage in Rautenburg und Claussen. 5 - - Kupferberg und Goldner 11 - - Petersburg. . "Wald. 13 - - Ebrach. 6 - - Steinbeck und Memel. 15 - - Petersdorf und Karge. 7 - - Riga. 20 - - Stettin (Grünberg). S - - Eichberg. 30 - - Breslau, Wohlau. 9 -.. -. sorlkz. 42 - - Wien. im Mittel 14 Tage. Legt man dagegen die Angaben für volle Belaubung und volle Blüthe zu Grunde, so be- trägt die Differenz: — 5 Tage in Kiew. 10 Tage in Stettin, Breslau, Torgau, — 2 - - Kupferberg. Hammer (Wien?). — 1 Tag in Leutmannsdorf u. Riga. 12 - _ _- Ebrach. 0 Tag im Goldnen Wald. 3 13. - - Rautenburg. + 5 Tage in Görlitz. 14 - _ _- Wohlau, Karge, Gütersloh. 6 - - Steinbeck. 21 - _ _- Aschaffenburg. 7 - - Petersdorf, Memel. S - - Grünberg. im Mittel 7 Tage. Wenn demnach im Allgemeinen und im Mittel Prunus Padus 14 Tage nach Entfaltung der ersten Blätter zu blühen beginnt und bereits 7 Tage völlig belaubt ist, ehe er in voller Blüthe steht, so ist der Zwischenraum zwischen diesen Stadien doch nicht in allen Orten gleich. Obwohl sich noch kein ganz sicherer Schluss aus unseren Beobachtungen ziehen lässt, so scheint soviel doch aus der Vergleichung der einzelnen Orts- und Zeit-Angaben hervorzugehen, dass der Zwischenraum zwischen Belaubung und Blüthe im Allgemeinen in den nördlicher und höher gelegenen Orten geringer ist, als in den südli- cher und in der Ebene befindlichen. Noch richtiger werden sich diese Erscheinungen so auffassen las- sen: dass, je später der Frühling beginnt, desto rascher die verschiedenen Entwicklungsphasen der Pflanzen aufeinander folgen; während der frühe Eintritt des Frühlings den Zwischenraum zwischen den EEE EEE EEE ERS EEEBER OEEaESECEEr ee GEEB Eng nEBESBEEBEEEESEERRIIBEEIRRSESERTEFERFN BE Nummer. Tab. I. der Knospen. | Station. Anfang. | 1.*) Aschaffenburg .... En Ebrach...... 222: 14. März Marburen. 2er... —_ ?Gütersloh ......>» —_ Breslau... een. 2.7 MOrSaUN. nen — SOhnaur 02. — Wohlau....+%. 0% 23. - Grünbere .....0..8 = Steltin. . al). «HR. 30. - NICH Re N re _ Rschellm’® - 2... = Gleiwitz „202: :% — Gorlize enge 18. April Petersdorf ....... 9. - Katze) .0u.r 22.08 l. - Eichberg...... Er zur ?Reifenstein ...... 1. Mai Kupferberg ....... ir Steinbeck ........ 20. April Goldner Wald..... 3. Mai Hammense rear 17. April Leutmannsdorf .... 5. Mai Conilz - ..2..re >: PDanzie“ en — Biewis-....,:.5 0% 27. April Memels. 0.4.0... 9 1_- Rautenburg ...... IBeTe Plaussenn 2.224... De ie 5 10. Mai Petersburg... ,‚% . . A. fe | WVegetative Sphäre. Entwicklung Ende. Anfang. | 2. | 9. | 15. Januar — 15. April | 26. April 31. März | 20. - 3l. - 10-30 - 30. - IE 22. April | Ende April 6.8 De en, Be 1. Mai 8. Mai 10. April | 29. April IE 0. "- — 10. Mai 8. Mai Da 20. April | 15. - 7. Mai 14. .- else 16. -- 26. April | 29. April 16. Mai — De 22. Mai 14. — Da 1 14. "+ II. 15.25 II TI DE a 2D# "- der Blätter. Ende. 4. 7. April 2. Mai 30. April 2. Mai 8. - 30. April *) Diese Zahlen entsprechen den für die einzelnen Entwicklungsphasen in dem Formular für 1852 angegebenen. Anfang. 14. | | (Zu pag. 141.) Fruchtreife, Mitte. 15. 1. Juli en 28. Juni 14. Juli 15. Juli 12. Aug. 2. Aug. 10. - August 21. Juli A. Aug. 17. Juli 20. Juli 20. Aug. Ende Sept. 20. Aug. 1. Aug. 24. Sept. Ende Sept. Prunus Padus. Reproductive Sphäre. Herbstfärbung. | Laubfall. Knospen. Blühen. Anfang. | Ende. Anfang. | Ende. Anfang. Mitte. Ende. Ende. 5. | 6. | : 8. 9. 10. 1l. 12. 16.*) = ER er Enn -_ 7. April | 28. April | 2. Mai 30. Aug. 15. Sept. | 16. Okt. 30. Okt. 10. Nov. 2. Mai 9, Mai 1A. Mai 28 rn 7. Sept. FH pe N en art | a5: #8 = =. — — _ = — 14. Mai — 2 Ende Juni — Ende Sept. | 4. Okt. 12. April | 10, - 12—18. - | 20-26. - 5 e > — — 9. Mai 0 - 19. Mai 1. Juni _ = — _ = — E= 12: 20. Mai e: = — —_ —- 26. April | 2. - 15. - 25. - — ui — —_ — 10. Mai 1 - (18.) - _ —_ m — 3. Okt. -— 29. April | BD. - 18. "- 28. - _ = — 19. Juli 29, - —_ DD. - -_ 23. - 21. Juli en — _ u — _ 22.7 -— _ — —_ —_ — — B. - 22. - = = — — — _ 9. Mai 17. - 29. = a7, = = 19. Sept. | 5. - | 12. Okt. | 20. - 19. April | 17. - 20. "- 126. "- _ 5. - 22. Sept. 1e7= 22. - 0. - 18. - 24. - 4. Juni 2. Sept. ei = Bene eg = 4 24. - 29. - 28. Sept. | 16. - —_ = _ — == _ _ 11. Okt. a. - 12. - 2. _- 23. - 28. Mai = _ 10. - 20. Sept. | 15. - n.ınz WW. - 26. - 1. Juni 2. - 25. - 1. Okt. 16. - 14. - A. - 2. - 29. Mai 30. - 10. Okt. 23. - 7. Nov 12. - aa = 25." - 10. Juni & — — _ — 16. - 23. - 2. - 31. Mai 12. Okt. 1a. 7 = 2. - 13. - 2l. - MA - 29. - 6. Juni — _ _ — = — 30. - 10. - 30. Aug. | 17. Sept. 1. Sept. | 27. Sept 85. - MA. _- 28. - Me — — —_ _ En — 29, - l. Juni ZN 11. Sept. | 0. - 18. -- 4. Okt. 15. - 2. - 1. - 10. - Ende Sept. | Anf. Okt. | Anf. Okt. | Ende Okt. | 17. - 2 - 80. Mai 4. - — _ — _ 22. - 29, - 3l. - 9_12. - —i En =; nl an en — 85 - (Zu pag. 143.) Kreis der Blätter. Kreis der Blüthen. : . i lung = Station. Entwick 2 E der Knospen. Belaubung. Herbstfärbung. Blatifall. Knospen. Blühen. Fruchtreife. Anfang. Ende. Anfang. | Ende. 1! Anfang. | Ende. Anfang. | Ende. Anfang | Mitte. | Ende. Anfang. | Mitte. | Ende. 1. | 2. 9. | 4. 5. | 6. 7: | 8. 9 10. | 11. | 12. 14. | 15. | 16. 1. | Gütersloh? ....... 31. März | 25. April 4. Mai — — — _— — _ u: 21. Mai — ne = er 2. Stellin. .sauzar re 16. Jan. 21 = Re 12. Mai — Rz 27. Sept. — 9, Mai 12. Mai 22. = = Juni = 30. Sept. 3 3. | Aschaffenburg 25. März — 7. April Dre — ==. — == 2, - 14. u 19. 2 28. Mai 18. Aug. | 26. Aug. 9. Sept. 4.1 Karkb . ..4.. 4@.%- 28. - 2. - 5. Mai | 14. - 10. Sept. | 28. Sept. | 2. Okt. | 21. Okt. A. m 15. - 22. - 8. Juni | 14. Sept. | 30. Sept. | 10. Okt. DBUSWIEN, 4.2504. — 10. - 14. -- = —_ — 23. Juni 5. Nov. _ 19, 9- 5 — 29. Mai 2 _ 20. I- 6. | Münster?......... — _ 6. - _- | — — — — — | _ arte Be — —_ — 27. u Wohlu „2.4.4.4; 4. April | 30. - Ii0222 12. 04 — — — 10. Okt. il. = ms = a z | 3 Juni en = Sr, Sohraus...2..72.% — — — 12. »- — JEOR = ie - EE 18. 20. e BA; 5 en er 3 8. E 9.| Marburg ........ ea | je) | 1. Okt. | 7. Okt. |.12. Okt. er | a8. | | te) +8,10) kerien d ion, ‚on; naar] 10.11 Breslau... ...4.% 2. 4. - 19. - 10. - | 16. - 17. Juli Mitte Sept. | Anf. Sept. | 20. Sept. | 28. April | 18. - r - |28.Mai-2.Juni| 12. Sept. | 15. Sept. 1.1- 41.1 Potsdam . ......2. _ _ - — = — _ -- — 1/11 - 23. - us Zr == | = 32. ihrach ; ...52%..% 2. März | 26. - 1 RE 20. - 15. Sept. | 30. - 15. Okt. 30. Okt. 12. Mai au... 2, 0- 6. Juni Ach Pe an n 7: = 1.3.1 Nofemu.. .=u..02: 2. April | 11. - 30. April Ba 3l. Aug. | 15. - l. - 20. - 1. ur 20. 2 26. = 4. 7 un . dept. 4.13 14. | Proskau ........ 3. - 14, ‚- 9. Mi | 19. - 18.424 | 20: ge 1—3.Sept. | 24. Sept. | 12. - 2l. - a all — == w 15. | Grosskrebs bei Ma- 2 rienwerder ....| 16. - 4. Mai 12. - 20. - _ _ — E= 20. - 23. - | 29... - = 7 o5 = ö 16 Gr eg: 10. - 29. April | 10. - 16. - 1. Okt. 12. Okt. 5. Okt. 31. Okt. 14. - 23. - 123. - 8 vo 20. - Dee a|3 47.1 Biohlere ... .... 20. - 0. - 10: ot 16.002 — = — — 12. - > - ” —- = ar | He 18. | Kupferberg ....... — 20. - 15. - 28. - — _ 27. - 0. - 4. - 24. - er = == Er 51 19. | Peiersdorf....... 28. März | 14. - 2 13. - 27. Sept. I. - 14. - 18. - 13. - 2 - a4 - ie - 29. - 14. Okt. 18. - 20. | Danzig .........: sl. 12. Mai 18. +: — — — — — IBE = 24. - 21. - wr u: Per: 77 21.1 Hammer ......... 1. Mai 10. — ee DI Dr. hen Io 2, ge 1. Nov 13. - 2: - r = 2 _ S Okt. n - ge BL DONNZ „ana och = — = 50. - 9. - 12. 2> 13. - 20. Okt. 24. - 26. - - u = En : - 23. | Steinbeck ........ 2. Apnil! | 10. 17.06 26. - 2. - l. - 10. - 20. - 15. - al: ve 7 : sE = Fr 18. Sept ar Sept ER: Memel.. ana = ie = 2 m el —ı — — EB AT . 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In Wien, wo schon Anfang April die Belaubung beginnt, zeigt sich die erste Blüthe erst 6 Wochen später, und selbst 14 Tage, nachdem die Belaubung schon vollendet; in Breslau, wo sie Mitte April begann, trat die erste Blüthe nach 4 Wochen und 8 Tage nach voller Belaubung ein; in Claussen begann die Belaubung Mitte Mai und das Blühen 10 Tage später, 5 Tage nach voller Belau- bung; in der dritten Woche des Mai begann die Belaubung in Memel, 6 Tage ‚vor der ersten Blüthe, und war 4 Tage früher vollendet; in Kiew erschien sogar schon um dieselbe Zeit die erste Blüthe nur zwei Tage nach dem ersten Blatt und eine Woche vor der völligen Belaubung!); auch in Kupferberg trat die volle Belaubung erst 5 Tage nach der ersten Blüthe ein. Bei uns macht Prunus Padus von seinen Verwandten dadurch eine Ausnahme, dass er nicht flores praecoces oder cortanei hat, wie Kirsche, Pflaume, Schlehe, sondern dass sich die Blüthen spät nach den Blättern entwickeln; wo aber, wie im Norden und auf Gebirgen, der Frühling später eintritt, da scheint die Ahlkirsche dem Charakter unserer Obstbäume sich zu nähern und schon vor völliger Ausbildung des Laubes in Blüthe zu stehen. In meinem Berichte für 1851 habe ich die umgekehrte Bemerkung für Alnus glutinosa gemacht, indem ich fand, dass hier in Orten mit spät beginnendem Frühling Blätter und Blüthen sich gleichzeitig finden, während bei uns diese jenen lange vorausgehen, VII. Aesculus Hippocastanum. Auch dieser Baum bietet sehr scharf bestimmbare Entwicklungsstadien und seine Blüthezeit, nahezu zusammenfallend mit der von Syringa, Berberis, Sorbus, COrataegus, Viburnum ete., bezeichnet ebenfalls eine besondere Epoche des Frühlings, die der Blüthe der Obstbäume zunächst folgt, und durch das Blü- hen einer sehr grossen Anzahl schön blühender Sträucher charakterisirt ist. (s. Tabelle II.) Berechnet man aus Anfang, Mitte und Ende der Blüthenzeit einen mittleren Blüthentag (Cul- minationspunkt des Blühens), so ordnen sich die Stationen in folgender Reihe: 1. (Darmstadt) 15. Mai. 12. Stettin 23. Mai. 2. (Geisenheim) 18. Mai. 13. (Giessen) 24. Mai. 3. (Salzhausen) 18. Mai. 14. Sohrau 24. Mai. 4. (Selters) 20. Mai. 15. Breslau 24. Mai. 5. (Frankfurt) 20. Mai. 16. Karge 25. Mai. 6. Aschaffenburg 20. Mai. 17. Torgau 27. Mai. 7. (Gütersloh) 21. Mai. 18. (Marburg) 28. Mai. 8. Wien 22. Mai. 19. Proskau 28. Mai. 9. (Münster) 23. Mai. 20. Ebrach 28. Mai. 10. (Potsdam) 23. Mai. 21. Marienwerder 29. Mai. il. Wohlau 23. Mai. 22. Görlitz 29. Mai. *) Der Beobachter für Kiew, Herr Gymnasiallehrer Hochhuth, berichtet, dass, als im Jahre 1851 nach einem kühlen Nachwinter einige heisse trockene Tage eingetreten seien, gleichzeitig Kirschen, Pflaumen, Birnen, Aepfel, Prunus Tadus, Syringa, Philadelphus und Robinia pseudacacia zu blühen begannen. 2 19 144 23. Petersdorf 29, Mai. 29. Steinbeck 4. Juni. 24. Hammer 31. Mai. s 30. Rautenburg 5. Juni. 25. Conitz 1. Juni. 31. Kiew 5. Juni. :26. Kupferberg 1. Juni. 32. Memel 6. Juni. 27. Danzig 2. Juni. “838. (Petersburg) 8. Juni. 28. (Claussen) 3. Juni. }5 34. Riga 8. Juni. Die Dauer des Blühens von der ersten zur letzten Blüthe betrug: 13 Tage in Conitz, Hammer, Petersdorf. _ 19 Tage in Kupferberg, Kiew. 14 - - Aschaffenburg, Wien. 20 - - Steinbeck. 15 - - Torgau, Rautenburg, Breslau, Sohrau. 22 - _- Memel, Riga. 16 - - Proskau, Görlitz, Wohlau. 23 - - Danzig, Stettin. 17 - - Ebrach. 24 - - Karge. 15 - - Marburg.- Im Mittel beträgt im Jahre 1852 die Dauer der Blüthezeit der Rosskastanie 18 Tage; das Mittel der Blüthendauer für 14 Stationen des Jahres 1851 war auffallend grösser, nämlich 30 Tage; die kürzeste Dauer betrug damals 22, die längste 37 Tage; freilich fing im Jahre 1851 die Blüthe der Rosskastanie überall bei weitem früher an; der 20. Mai war damals (mit Ausnahme von Kupferberg) der späteste Termin für die Beobachtung der ersten Blüthen. Ich habe schon oben bemerkt, dass im Jahre 1852 die Rosskastanie zu Breslau nahezu an demselben Tage aufblühte, an welchem dies 1851 zu Stein- beck der Fall gewesen war :18—20. Mai); 1851 betrug die Differenz zwischen der ersten Kastanien- blüthe in Steinbeck und Breslau 23 Tage, 1852 nur 9 Tage. Zwischen der Entfaltung der ersten Blätter und der ersten Blüthen lagen 1852 im Mittel 11 Tage; im Jahre 1851 fand ich die Differenz noch einmal so gross = 21 Tage; 1851 trat bei der Rosskastanie die volle Blüthe im Mittel erst 18 Tage, nachdem die Belaubung vollendet war, ein; 1852 geschah dies schon im Mittel nach 8 Tagen. Die Ordnung der Stationen, welche in der obigen Tabelle mit Zugrundelegung der Blüthezeit festgestellt ist, wird eine andere, wenn wir andere Stadien in’s Auge fassen. Das Erwachen der Vegetation in den Rosskastanien, insofern es sich im Brechen der Knospen äussert, ging in folgender Reihe vor sich: 2 1. Wien; 2. Torgau; 3. Proskau; 4. Petersdorf; 5. Breslau; 6. Marburg; 7. Kupferberg; 8. Karge; 9. Stettin; 10. Gütersloh; 11. Ebrach; 12. Marburg; -13. Görlitz;. 14. Wohlau; 15. Eichberg; 16. Marienwerder; 17. Kiew; 18. Oihiseh; 19. Hammer; 20. Steinberk‘; 21. Riga; 22. Petersburg; 23. Danzig; 24. Memel. Die volle Belaubung vollendete sich in folgender Ordnung: 1. Aschaffenburg; 2. Tora; 3. Stet- tin; 4. Wohlau; 5. Sohrau; 6. Petersdorf; 7. Karge; 8. Breslau; 9. Eichberg; 10. Görlitz; 11. Proskau; 12. Claussen; 13. Ebrach; 14. Marienwerder; 15. Hammer; 16. Rautenburg; 17. Steinbeck; 18. Memel; 19. Kupferberg; 20. Conitz; 21. Riga; 22. Kiew. In den Vegetationserscheinungen, welche den Herbst charakterisiren, lässt sich eine von geographi- scher Breite und Höhe abhängige Reihe nicht nachweisen; so wird die vollständige Herbstfär- bung des Laubes angegeben: Er vom 15. bis 20. September in 1. Breslau; 2. Torgau; 3. Rautenburg; 4. Proskau; vom 28. September bis 1. Oktober in 5. Karge; 6. Ebrach; 7. Hammer; 8. Steinbeck; 145 vom 5. bis 12. Oktober in 9. Petersdorf; 10. Marburg; 11. Görlitz; 12. Conitz; Mitte Oktober in 13. Kiew, und 14. Claussen. . Der Blattfall begann: Anfang September in 1. Breslau; 2. Proskau; vom 18. bis 22. September in 3. Kiew; 4. Rautenburg; vom 27. September bis 5. October in 5. Stettin; 6. Torgau; 7. Karge; 8. Claussen; 9. Görlitz; vom 10. bis 15. Okt. in 10. Steinbeck; 11. Marburg; 12. Conitz; 13. Petersdorf; 14. Ebrach; vom 25. bis 27. Okt. in 15. Hammer; 16. Kupferberg. Die ersten reifen Früchte werden angegeben: in der dritten Woche des August (13. bis 18.) in 1. Riga, und 2. Aschaffenburg; in der ersten Woche des Sept. (1.) in 3. Torgau; in der zweiten Woche des Sept. (12. bis 14.) in 4. Breslau, Kan 5. Karge; in der dritten Woche des Sept. (18., 20.) in 6. Steinbeck; 7. Rautenburg; 8. Görlitz; in der vierten Woche des Sept. (25. bis 29.) in 9. Wien; 10. Ebrach; 11. Kiew; 12. Pe- tersdorf; ! in der ersten Woche des Oktober (1., 2.) in 13. Marburg, und 14. Conitz; in der dritten Woche des Oktober (17.) in 15. Hammer. Allgemeine Fruchtreife fand statt: in der vierten Woche des August (26.) in 1. Aschaffenburg; in der dritten Woche des September (15. bis 18.) in 2. Breslau; 3. Memel; 4. Torgau; in der vierten Woche des September (27. bis 1. Oktober) in 5. Riga; 6. Görlitz; 7. Karge; 8. Stettin; 9. Steinbeck ; in der zweiten Woche des Oktober :10. bis 15.) in 10. Kiew; 11. Ebrach; 12. Petersdorf; 13. Conitz; 14. Rautenburg; in der vierten Woche des Oktober (20. bis 29.) in 15. Marburg; 16. Hammer. IX. Philadelphus coronarius. Die Blüthen der noch folgenden Pflanzen bezeichnen im Allgemeinen in unseren Breiten den Monat Juni und reichen: bis in den Juli hinein. Gleichzeitig mit dem falschen Jasmin blüht Sambucus nigra, Robinia Pseudacacia, Cornus sanguinea Uytisus Laburnum u. a. BET (s. Tabelle II.) Das Baphen der Philadelphus-Knospen ist eines der ersten Zeichen des beginnenden Früh- Jıngs; daher lässt sich der Eintritt desselben aus folgender Reihe entnehmen: 20. bis 30. März: 1. Aschaffenburg, 2. Wohlau, 3. Wünschelburg, 4. Gütersloh. 8. bis 12. April: 5. Torgau, 6. Stettin, 7. Petersdorf, 8. Proskau. “ 20. bis 24. April: 9. Marburg, 10. Kupferberg, 11. Karge. 3. bis 20. Mai: 12. Kiew, 13. Steinbeck, 14. Rautenburg, 15. Conitz. 'Etwas anders ist die Reihe der ersten Blätter: im April: 1. Wien, 2. Weyhers, 3. Aschaffenburg, 4. Gütersloh, 5. Torgau; im Mai: 6. Petersdorf, 7. Grünberg, 8. Wünschelburg, 9. Karge, 10. Stettin, 11. Wohlau, 12. Proskau, 13. Rautenburg, 14. Steinbeck, 15. Kiew, 16. Vemel, 17. Conitz, 18. Kupferberg. 19* 146 Die Reihe der vollen Belaubung ist folgende: in der ersten Woche des Mai: 1. Aschaffenburg, 2. Weyhers, 3. Torgau, 4. Wien; in der zweiten: 5. Gütersloh, 6. Wünschelburg, 7. Petersdorf, 8. Grünberg, 9. Wohlau; in der dritten: 10. Karge, 11. Stettin, 12. Görlitz, 13. Proskau; in der vierten: 14. Memel, 15. Rautenburg, 16. Steinbeck, 17. Kupferberg; in. der ersten Woche des Juni: 18. Conitz, 19. Kiew, 20. Riga. Der mittlere Blüthentag war in: 1. Karge 4. Juni. 12. Proskau 14. Juni. 2. (Wohlau) 6. Juni. 13. Rautenburg 18. Juni. 3. Wien 8. Juni. 14. Marburg 19. Juni. 4. Aschaffenburg 8. Juni. 15. Conitz 21. Juni. 5. (Torgau) 9. Juni. 16. Kiew 22. Juni. 6. (Grünberg) 10. Juni. 17. Weyhers 23. Juni. 7. Breslau 10. Juni. 18. Wünschelburg 25. Juni. 8. Gütersloh 10. Juni. 19. Steinbeck 26. Juni. 9. (Görlitz) 12. Juni. 20. Memel 26. Juni. 10. (Petersdorf) 13. Juni. | 21. Kupferberg 28. Juni. 11. Stettin 14. Juni. 22. Riga 30. Juni. Reihe des Verblühens: Juni: Wien (15,, Gütersloh (22), Breslau (23),"Karge (24), Aschaffenburg, Proskau (25), Stettin (26), Rautenburg (27), Kiew, Marburg (30); Juli: Conitz (2), Steinbeck (3), Wünschelburg, Memel (5), Riga (8), Kupferberg (9). Zwischen voller Belaubung und erster Blüthe lagen in: Wünschelburg 39, Torgau 34, Weyhers 28, Wien 27, Memel 25, Steinbeck, Aschaffenburg 24, Güters- loh 23, Petersdorf 22, Kupferberg 21, Stettin, Görlitz 19, Riga, Breslau 17, Proskau 16, Rauten- burg 13, Kiew 9, Karge 4, ‚Conitz 2 Tage; im Mittel 20 Tage. Die Dauer der Blüthenzeit war in: Weyhers 41, Karge 35, Aschaffenburg 30, Conitz 25, Gütersloh, Breslau 22, Stettin, Proskau 21, Ku- pferberg 19, Marburg, Rautenburg 18, Wünschelburg 17, Memel 16, Kiew, Riga 15, Steinbeck, Wien 13 Tage; im Mittel 21 Tage. Grösste Differenz im Brechen der Blattknospen (Aschaffenburg — Conitz)..... 61 Tage, (Aschaffenburg — Steinbeck = 49 -) - - in der Entwicklung der ersten Blätter (Wien — Kupferberg) 56 - | (Aschaffenburg — Steinbeck = 27 -) - - in voller Belaubung (Aschaffenburg — Riga)... ..........- 3 - 1 (Aschaffenburg — Steinbeck = 25 -) - - in den ersten Blütnen (Karge — Petersburg) .....»....:+- 36 - (Aschaffenburg — Steinbeck = 25 -) - or in der Vollblüthe (Karge — Riga)...... EEE LTE 28 - > (Aschaffenburg — Steinbeck = 21 -) Tab. II. Station. Nummer. a Weyhers........- 10. |-Proskau...=.- -.- Beelorean.. ..0..5 12.7 Stettin... =: ..). 13. jeKörlitz ...7%.2. 1. 14-1 Conit2 : ,. ... 15.| Rautenburg ...... 16. | Marburg ......... 17. 17 Blaussen . : = -- . -- 18. | Kiew ..... ai, 21.| Kupferberg ....... 22.| Steinbeck ......-. DB. Riga net der me Aschaftenburg .... Gütersloh .. -....- ?Grünberg ....... Breslau... . . 8). VW ohlaus. «MA. Petersdorf ....... Wieni x. 2m... Philadelphus Vegetative Sphäre. Entwicklung coronarius. | der a Herbstfärbung. | Laubfall. Knospen. _ e Ba Ende. Anfang. | Ende. Anfang. | Ende. Anfang | 4. 5. | 6. ar RE ERREERENR % | 8. 9. 10. 24. April 6. Mai 16. Mai 22. Sept. 4. Okt. 16. Okt. 2. Nov. — 20, Mai 20. März | 24. April 2. 8- =! =: e— = — 2%. - sl. - 2 - 8. _ — _ _ _ 0) _ . Mai 1A. - _ _ —_ — - — —_ = _ = — ai — — 1. Juni 23. - 11. - 15. - — ; — — —_ _ 10. April 27. - 1l. - 10. Okt. 20. - 20. - 24. Okt. u 2% - — 30. März 6. - —- — 27. Mai sl. - —_ a - —_ 6. April I. - 16. Sept. — — — I. - 12. - 12. Mai 19. - 12. Aug. 5. Sept. | 28. MG 22. Sept = 7 me = 30. April 9. - = nn En = ei 5.08 10. - 7 Mai | ie: ,- — —_ — 16. Okt. — I. - = —_ 18. - a _ _ 6. - 20. Mai | 24. - 5. il | 7. 8 Okt. | 13. Okt. 13. Okt. | 30. - — 1% .- la-. - 16. - | 25. Mai 8. Sept. | 16. - b> +40 008 - — I. 20. April —- = 4 en ui. | Br = 2. - > kr: wu Er a = = —_ 1. - 3. Mai 22. =- 6. Juni‘ _ 22, !- 2%. - 29. - — 3 - 30. März | 5. - 10. Mai 2. Okt. 8 - 15. - 119. - — 18. - 14. Mai 22. - 25. - = | — = = _ 19. - 20. April | 25. - 30. - —_ — —_ 10. .- _ 2. - B. Maicı | 20 3. 1627. = 1. 2 11,48. «= 3°|.28, + — > 0. - —- 6. Juni = = — _ _ 23. - | | | = I - (zu pag. 145.) nn nn nn m m 2 REINER EEE VE ERLERNEN EI ER Reproductive Sphäre. Blühen, Fruchtreife, Mitte. | Ende. Anfang. | Mitte. | Ende. 11. | 12. 14. | 15. | 16. 30. Mai 24. Juni | 20. Aug. — 30. Sept. 3. Juni | 25. - 18. - 1. Sept. — 2. 8 22. - . = =. A—-I58-| | 38. Ki = — _ 6. - — —_ — = 9...88 — —_ = — PR: 15. - — — n 4. IE 14. Juli = — —_ 19; D4 25. Juni 2. Sept. | 10. - 1293 !- 9; .18 PeR er Be: — 10. .8€ 26. - 20. - - —: 2. 0. - _ 2 -i MA. - 2. Juli if — = 19, 21 27. Juni 2 —_ - 14—2.- | 0. - — 1. Okt — 2 - 0. - 9. - — a 22. - 23. - 26. - 2a 2 I, = Tab. W. Vitis Kreis der Blätter. E Station. Entwicklung i z der Knospen. Belaubung. Herbstfärbung. Anfang. Ende. Anfang. Ende. Anfang. | Ende. 1. | 2. BF 4. 5. | 6. ob. Karbe . . „+... 3. April | 29. April 6. Mai 12. Mai 20. Sept. 4. Okt. 2. Aschaffenburg!) ... = la. - 28. April | 15. - 10. Aug. | 20. Aug. 3. 4-Stetlin... m... . 12. Mai 14. Mai 19. Mai 25. - — _— 4. | Wünschelburg ....| 28. April | 13. - 19. - 28. - 27. Sept. | 14. Okt. 5. | Rautenburg....... 7. Mai 12. «= 24. - 29. - 12. - 24. Sept. 6. P-Breslau .... ...$. _ _ _ — — — 7.42 Wohlau ——....: 14. - 16. - 22. - 25. - — — 8. H-Proskau . =... 9 - 14. - 20. - 2. Juni | 28. Aug. | (18-20.) - 9. H-Petersdorf . ...- 12. - 18. - 21. .'= db. WE 6. Okt. 15. Okt. 10-5 Wäßn) ..r...04.3. — - 10. - 27. Mai _ = 11. | ?Eichberg ....... TA. = 15. - 21. 8- 26. - _ — 12. | ?Hammer ........ 10. - 15. - 23. . - 1. Juni _ —_ 13. | Gütersloh ........ 31. März | 15. April | 30. April | 18. Mai — _ 14. | Steinbeck ......... 12. Mai 20. Mai | 25. Mai | 3l. - 18. Sept. | 30. Sept 15. H-Görliz . man. .d. 13. - 17. - 19, ‚8: 2. - — —_ 16. | ?Marburg ........ —_ 8. JE 1: a Be 3 4 & ER 17. | ?Goldner Wald....| 10. - 20. - 29. - 6. Juni — — 18: 4-Kiewf)- - m - .-}. 21. .2- 27. - 7. Jin | 13... 11. Okt. 17. Okt. 19. 1-Conitz „m ..: _ DB. 26. Mai 12. - 18. Juli | 28. Sept 20. »-Memdl... nu... 4. } WARE 22. . - 25. - 9. - — — 21. | Kupferberg.....:.. zen DA. 8 l.. Juni 95: a an !) Früher kleiner Burgunder. ?) In der Tabelle steht statt September? August. 3) Wird selten reif. ?) Der Wein in geschützter Lage gedeiht vortrefflich, vinifera. Blattfall. Anfang. | Ende. ’® 8. 16. Okt. 6. Nov. 24. Sept. _ 20. Okt. 28. Okt. 15. Sept. | 24. Sept. 20. Okt. 24. Okt. 26: GE 11. Nov. 19, 2= 30. Okt. 18. 38 1. Nov 2. BE —_ Knospen. d), Anfang. | 10. | Kreis der Blüthen. Blühen. Mitte. | 16. 27. 18. 22. 24. 21 —23.)- 11. | Juni Ende, 12. 30. Juni 6. Juli Ds ae In 2 27. Juni 4. Juli u 28. Juni 10. Juli Anfang. 14. 2. Sept. 12. Aug. 19. Sept. 30. Aug. 20. Sept. 20. Aug. 30. - 6. Okt. 27. Aug. (Zu pag. 147.) ———— ns Fruchtreife. | Mitte. Ende | 15. | 16. 30. Sept. | 20. Okt. 1. - 25. - 3. Okt. - 12. Sept.2)| 16. Sept.?) 0. - 15. Okt. Anf. Sept. | Ende Sept. 15—20.-| 24. - 20. Okt. | 24. Okt. 6. - 13. - September | Oktober 0. - 19. Okt. 24. - _ 18. - _ 2 a EEE SEIEN EEE EEEENREREEEREEEEIREINERS ENGEREN EEE nn —————— nn nn. 147 Grösste Differenz in dem mittleren Blüthentag (Karge — Riga) ........... . 26 Tage, (Aschaffenburg — Steinbeck = 18 -) - 1:7 im Verblühen (Wien — Kupferberg) .....--zere 22er 2200. 24 - (Aschaffenburg — Steinbeck = 13 Tage.) X. Vitis vinifera. (s. Tabelle IV.) In Schreibershau, Reifenstein, Riga und Petersburg kommt der Wein nicht fort. Als mittleren Blüthentag im Jahre 1852 bestimmen wir für: 1. Karge 17. Juni. 12. (Geisenheim) 27. Juni. (Stettin) 18. Juni. 13. Proskau 27. Juni. 3. (Selters) 20. Juni. 14. Salzhausen 30. Juni. 4. (Frankfurt) 20. Juni. 15. (Görlitz) 1. Juli. 5. Breslau 23. Juni. 16. (Marburg) 1. Juli. 6. Wien 24. Juni. 17. Steinbeck 2. Juli. 7. Rautenburg 24. Juni. 18. (Gütersloh) 2. Juli. 8. Aschaffenburg 24. Juni. 19. Kiew 5. Juli. 9. Wünschelburg 24. Juni. 20. (Giessen) 6. Juli. 10. (Darmstadt) 25. Juni. 21. Conitz 6. Juli. *« 11. Petersdorf 26. Juni. 22. Memel 14. Juli. Nach dem Brechen der Knospen gestaltet sich die Reihe wie folgt: April: Gütersloh (13), Aschaffenburg (14), Karge (29); Mai: Rautenburg (12), Wünschelburg (13), Stettin, Proskau (14), Hammer (15), Wohlau (16), Gör- litz (17), Petersdorf, Eichberg (18), Goldner Wald, Steinbeck (20), Conitz, Memel (22), Kupferberg (24), Kiew (27). Nach der Entfaltung der ersten Blätter: April: Aschaffenburg (28), Gütersloh (30); Mai: Karge (6), Wien (10), Stettin, Wünschelburg, Görlitz (19), Proskau 0, Petersdorf, Eich- berg (21), Wohlau (22), Hammer (23), Rautenburg (24), Memel, Steinbeck (25), Conitz (21), Goldner Wald (29); Juni: Kupferberg (1), Kiew (7). Nach der vollen Belaubung: Mai: Karge (12), Aschaffenburg (15), Gütersloh (18), Görlitz (24), Wohlau, Stettin (25), Eichberg (26), Wien (27), Wünschelburg (28), Rautenburg (29); Juni: Hammer (1), Proskau (2), Memel, Petersdorf (5), Goldner Wald (6), Conitz (12), Kiew (13), Kupferberg (25). Die Vegetationsphasen des Herbstes stelle ich so zusammen: Reihe der allgemeinen Herbstfärbung: Aschaffenburg (20. August); Proskau, Rautenburg, Conitz, Steinbeck (20—30. Sept.); Karge, Wünschel- burg, Kiew, Petersdorf (A4—15. Oktober). 148 Reihe des Laubfalls: Proskau (15— 24. Sept.); Wünschelburg (24.—?); Steinbeck (12 —30. Oktober); Karge (16. Oktober bis 6. November); Kiew (18—31. Okt.); Petersdorf (20—24. Okt.); Rautenburg (20— 28. Okt.); Wien (26. Okt. bis 11. November). Bei der Fruchtreife scheinen sich die Modifikationen der Varietät eben so sehr geltend zu ma- | chen als die des Klima’s. Die ersten reifen Früchte lieferte im August: Aschaffenburg, dann Marburg, Breslau, Wien, Wünschelburg, Proskau; im September: Karge, Kiew, Steinbeck, Conitz, Stettin, Rauten- burg; im Oktober: Petersdorf, Memel, Kupferberg. Die Dauer der Blüthenzeit betrug: 27 Tage in Aschaffenburg 26 - - Karge 22 - - Kiew 17_- _ - Wünschelburg, Petersdorf im Mittel 16 Tage; 1851 betrug sie 25 Tage. 16 - - Steinbeck 15 - - Rautenburg 14 - - Proskau, Memel. 11 - - Conitz. 9 - - Breslau. Dagegen trat die allgemeine Fruchtreife ein: in der zweiten Woche des September (7—12.) in Aschaffenburg, Darmstadt, Breslau, Wünschelburg;; in der dritten Woche des Sept. (15—20.) in Marburg, Proskau, Selters, Darmstadt, Giessen, Frankfurt; in der vierten Woche des Sept. (24—-30.) in Conitz, Salzhausen, Karge, Rautenburg, Kiew; in der ersten Woche des Oktober (3—65) in Stettin, Steinbeck; in der dritten Woche des Oktober (18—20) in Memel, Petersdorf. !) Grösste Differenz im Brechen der Blatiknospen (Gütersloh — Kiew) ..... 44 Tage, (Aschaffenburg — Memel 38 -) in der Entwicklung der ersten Blätter(Aschaffenburg — Kiew) 40 - 5 (Aschaffenburg — Memel 27 -) - - in der vollen Belaubung (Karge — Kupferberg)......: 4 - (Aschaffenburg — Memel 21 -) - - in den ersten Blüthen (Karge — Kupferberg) ......... 67 - (Aschaffenburg — Memel 29 -) - 5 in der Vollblüthe (Karge — Memo) Ba EIN 26 - - (Aschaffenburg — Memel 15 -) » !) Ich verdanke der freundlichen Mittheilung des Herrn Direct. Ratzeburg in Neustadt-Eberswalde für die Jahre 1840—52 die Angaben über die ersten Blüthen des Weinstocks (Schönedel), welcher in einem Garten an der Südseite seines Hauses steht. Das Mittel aus diesen I3jährigen Beobachtungen giebt als normalen Eintritt der ersten Blüthe den 25. Juni; die grössten Abweichungen vom Mittel betragen für die Beschleunigung Il, für die Verspätung 13 Tage. In den günstigsten Lagen soll jedoch die Blüthe 6—8 Tage früher, in den ungün- stigen ebensoviel später beginnen, als an den beobachteten Stöcken; die allgemeine Blüthe tritt 6—8 Tage nach der ersten ein. 149 'Grösste Differenz im mittleren Blüthentage (Karge — Riga) ............ 27 Tage, (Aschaffenburg — Memel 20 -) - - im Verblühen (Wien — Kupferberg) ....»-.......... 7 Mc, (Aschaffenburg — Memel 16 - ) - - in allgemeiner Herbstfärbung (Aschaffenburg — Petersdorf) 56 - - - in den ersten reifen Früchten (Aschaffenb. — Kupferberg) 62 - (Aschaffenburg — Memel 55 -) - - in der allgemeinen Fruchtreife (Aschaffenb. — Petersdorf) 43 - (Aschaffenburg — Memel 41 -) - - im Beginne des Laubfalls (Proskau — Petersdorf).....- 3 - - - im Ende des Laubfalls (Proskau — Wien)............- | OBER XI. Tilia parvifolia. (s. Tabelle V.) Berechnen wir aus den Angaben der Tabelle den mittleren Blüthentag, so erhalten wir fol- gende Reihe: 1. Torgau 29. Juni. 16. Karge 11. Juli. 2. Wien 30. Juni. 17. Conitz 11. Juli. 3. (Frankfurt) 1. Juli. 18. (Schreibershau) 13. Juli. 4. (Darmstadt) 1. Juli. 19. Claussen 14. Juli. 5. Goldner Wald 2. Juli. 20. Wünschelburg 15. Juli. 6. Breslau 3. Juli. 21. Kiew 16. Juli. 7. (Gütersloh) 4. Juli. 22. Memel 16. Juli. 8. (Potsdam) 4. Juli. 23. (Kupferberg) 17. Juli. 9. (Salzhausen) 4. Juli. 24. Reifenstein 19. Juli. 10. (Selters) 5. Juli. 25. Hammer 20. Juli. 11. (Giessen) 5. Juli. . 26. Riga 20. Juli. 12. Aschaffenburg 8. Juli. a 27. Steinbeck 21.“ Juli. 13. (Sohrau) 9. Juli. \ 28. Petersdorf 24. Juli. 14. Stettin 10. Juli. s 29. Rautenburg 29. Juli. » 15. Görlitz 11. Juli. Nach dem Brechen der Knospen ordnen sich die Stationen: April: Breslau (9), Gütersloh (13), Torgau (14), Aschaffenburg (18), Petersdorf (25), Karge (28). Mai: Kupferberg (1), Stettin, Rautenburg (6), Kiew (7), Wünschelburg (9), Reifenstein (10), Stein- beck (15), Schreibershau (16), &oldner Wald, Görlitz, Memel (18), Riga (19), Claus- sen, Conitz (22). Nach der vollen Belaubung: Mai: Gütersloh (9), Karge (11), Torgau (12), Wien (15), Breslau (17), Stettin (18), Wünschelburg (20), Petersdorf (22), Görlitz, Schreibershau, Proskau (23), Rautenburg (24), Memel (25), Kupferberg (26), Goldner Wald (27), Reifenstein, Claussen 28), Steinbeck (29). Juni: Conitz (1), Riga (4), Kiew (6). 150 ı ß Die herbstliche Färbung trat ein in folgender Reihe: vor Mitte September: in Breslau, Proskau, Kiew, Torgau, Kupferberg, Steinbeck, Görlitz. bis Ende September: in Schreibershau, Karge, Wünschelburg, Goldner Wald, Petersdorf, Conitz, Claus- sen, Reifenstein; sie vollendete sich vom 18. September (Steinbeck) bis Mitte Oktober (Claussen); ebenso bedeutend variiren die Angaben über Laubfall im September, Oktober, und über Reife der Früchte von An- fang August (Torgau) bis Mitte Oktober (Petersburg), ohne dass dabei ein Gesetz sich herausstellte. Die Dauer der Blüthezeit betrug: 10 Tage in Rautenburg, 11 in Claussen und Hammer, 12 in Conitz, 13 in Aschaffenburg, 15 in Wien, Memel, 16 in Kiew, Riga, 17 in Stettin, Breslau, 18 in Görlitz, 19 in Steinbeck, Proskau, 23 in Reifenstein, 26 in Torgau, Petersdorf, 31 in Wünschelburg, 35 im goldnen Wald, 49 in Karge; im Mittel 20 Tage (1851 —= 23 Tage). Zwischen der Entfaltung der ersten Blätter und der ersten Blüthe verflossen: 74 Tage in Rautenburg, 58 in Petersdorf, 56 in Gütersloh, 54 in Aschaffenburg, 52 in Wien, 51 in Reifenstein, 50 in Kupferberg, 49 in Stettin, Steinbeck, Riga, 47 in Memel, Karge, 46 in Claussen, 45 in Kiew, 44 in Wünschelburg, 43 in Proskau, Görlitz, 41 in Tor- gau, Conitz, 26 im goldnen Wald; im Mittel 49 Tage (1851 = 77 re Zwischen der Blüthe der Rosskastanie und der Linde vergingen: 56 Tage in Rautenburg, 52 in Stettin, 5l in Petersdorf, 50 in Hammer, 48 in Danzig, Aschaffenburg, 47 in Steinbeck, Kupferberg, 43 in Memel, Riga, 42 in Kiew, 41 in Petersburg, Claussen, Conitz, 40 in Görlitz, Proskau, 39 in Wien, Proskau, 38 in Breslau, 37 in Potsdam, 36 in Karge, 29 in Torgau; im Mittel 44 Tage. Grösste Differenz im Schwellen der Knospen (Breslau — Steinbeck)...... 38 Tage, Torgau — Steinbeck 3 - _ - im Brechen der Knospen (Breslau — Riga) ........--» 40 °- Torgau — Steinbeck 31 - - - in der Entfaltung der ersten Blätter (Gütersloh — Riga) 25 - Torgau — Argerit kr 17 - - - in aa Belaubung (Gütersloh — Kiew) ............ 28 - Torgau — Steinbeck 17 - - - in erster Blüthe (Goldner Wald — Rautenburg) ......- 39 - Torgau — Steinbeck 25 - 5 - in der Vollblüthe (Torgau — Rautenburg)......-....-» 33 - Torgau — Steinbeck 23 - - E im mittleren Blüthentage (Torgau — Rautenburg)...... 30 - Torgau — Steinbeck 22 - s - - im Verblühen (Wien — Petersdorf)................. 32 - v Torgau — Steinbeck 18 - - - im Beginne der Herbstfärbung (Breslau — Reifenstein).. 82 - Torgau — Steinbeck 9 - - - in Vollendung der Herbstfärbung (Proskau — Reifenstein) 29 - Nummer. u el) Tab, V. Station. Gütersloh . Potsdam .. ..0. Breslau... u... .0.0. Wünschelburg. .... Proskau... Aschaffenburg .... Görlitz Stetlin.... Conitz Kiew ..0«. Kupferberg .o 0.0 _o eo. 000%. ? Schreibershau .... Danzig ... Petersburg Rautenburg .o ee». .»ueoseeo». vo ..:0.0. „eo0 00 Tilia parvifolia. Entwicklung der Knospen. Anfang. | 1. 5. April 6. - 22. April 5. - 8. Mai 20. April Ende. 9. 18. April 18. - 18. Mai 15. - 19. - 25. April 6. Mai | | der Blätter. Anfang. | 3. Ende. 4. WVegetative Sphäre. Herbstfärbung. Anfang. | Ende. 5. 6. 23. Sept. | 29. Sept. 1. - —_ 20. - 4. Okt. 14. Juli | Mitte Sept. 21. Sept. | 12. Okt. 20. Aug. | 18. Sept. 1A. Sept. | 29. - 29, - 10. Okt. 7. Okt. 17. - 30. Aug. 8 - Ende Sept. | Mitte Okt. 3. - 20. Sept. 18. - = 10. - 18. - 25. - 6. Okt. 2. - 15. Sept. | Laubfall. Anfang. | Ende. 7. 8. 3. Okt. 25. Okt. 27. Sept. | 24. - 5. Okt. 1. Nov. 30. Mai 5. - 18. Juli Ende Sept. 10. Okt. | 29. Okt. 1. Sept. | 25. Sept. 1. Okt. 15. Okt. 2. - — 12. - 0. - 20. - 9. Nov. 27. Sept.. | 15. Okt. Anf. Okt. | Ende Okt. — 27. - 27. Sept. | 80. - 13. - 23. - 9. - 24. - 1A - 28. - 25. - 23. - Knospen. 9. 6. Juni 6: 92. Mai — 2. - 20. - 20. - 26. Juni 26. Mai 1. Juli 1 15. Juni Mitte Juni PN 15. - 23. Mai 29. - 22. Juli Anfang. 10. 16. Juni | | (Zu pag. 149.) Reproductive Sphäre. Blühen, Mitte. 11. 30. Juni 25, ı= 4. Juli 39. Juni 4. Juli | | Ende. 12. 21. Juli NA 8. Aug. 8. Juli s12,- Anfang. | 14. | 3. Aug. 22. Sept. 1A. Aug. Fruchtreife, Mitte. | 15. | 20. Sept. 25. Okt. 13. Sept. 1A. Okt. Ende Okt. 15. Okt. Einde. 16. 3. Nov. ı Ende Okt. 27. Sept. 20. Okt. er \ u nn nn nn EB 1 0 op a gaaneh „== IV Te rn nn en a > aaeldslwi] . “* er u Be een nn Grösste Differenz im Beginne des Laubfalls (Breslau — Reifenstein) ..... 94 Tage, Steinbeck — Torgau 14 »- - - in Vollendung des Laubfalls (Proskau — Reifenstein)... 45 - Steinbeck — Torgau 9 Tage. Bekanntlich treten bei der 7ilia parvifolia sämmtliche Vegetationserscheinungen einige Tage später ein als bei Tilia grandifolia. Auch die Beobachtungen des Jahres 1851 geben hierüber Aufschluss. In nachstehender Tabelle habe ich angegeben, um wieviel Tage in den verschiedenen Stationen die wich- tigsten Vegetationsphasen der Tilia grandifolia denen von T. parvifolia vorausgingen. m Erste Volle Erste Letzte ee TE | Belaubung..| Biitbe.. | Biiike, N RN 14 Tage 1 Tag 10 Tage 12 Tage re 3 - 5 - 4 - 6 - a erden 5 - 7 - 12: - 8% N _ - —_ - I - 7 - Breblau 1 wann. —_ - 6 - 6 - ee Gore > Pr, De 3 - 6 - 9 - Wünschelburg...... 2 - 0 - 3 - gm Petersdorf we. . 3 - 4 - 3 - Gr Goldner Wald...... 5 - 3 - 6 - 6 - Schreibershau ...... 2 - 3 - _ - _sE Reifenstein ........ 8 - ra zen. va Benin hr. 3 - 2 - 11 - 4 - Baia. 2: u N. 6 - 5 - 17) Bat Fe 3 - 1 - 2 2 Zu 2 - 0 - Im Mittel 5 Tage 3 Tage 7 Tage 7 Tage. —— ZZ ——— 20 retpmersdBniielfengels +. 220, ‚BSRÄBAENLOT ; wor N nr engoß > ı RR a url. Var! rd 16.7 ren £ - Lu. Pe Ze ze 2 De n u | esiesegeen: 4 "z ra, Brenn > EL e ? A Da y = R, f Y Ay 2: y ae J va, air >, 5 Dun Fir - en u | en ui e) ä die r | Bi pi an Mi Br ik; g 3 A A te B' ü Lan na - ri. Wuchcn hans. ke ” 5 4 a % mie, Fr . kg re ” v We; ‚m n » -_ f [0 . u \ y »\ı F A s ' - * - a Be PER 153 | Bericht über die Verhandlungen der botanischen Section im Jahre 1853, von Dr. Fr. Wimmer, zeitigem Secretair derselben. D. botanische Section hat im Jahre 1853 sechs Versammlungen gehalten. In der ersten, am 3. Februar, erstattete der Secretair Bericht über die auf Veranlassung des Herrn Präses durch den Herrn Gymnasiallehrer Dr. Milde bewirkte Anordnung der im Besitze der Gesellschaft befindlichen Herbarien. Derselbe forderte unter Hinweisung auf die im Dezember des Jahres bevorste- hende fünfzigjährige Jubelfeier der Gesellschaft im Auftrage des Präsidiums die Mitglieder der Section auf, sich an der von demselben projectirten Jubelschrift zu betheiligen und von den von ihnen zu lie- fernden Abhandlungen rechtzeitig Kenntniss zu geben. Herr Privatdocent Dr. Cohn hielt einen Vortrag über die Blätter der Drosera-Arten, insbesondere über die Reizbarkeit derselben, sowie über die Entwicklungsgeschichte und die anatomische Structur der an ihnen befindlichen, sogenannten Drüsenhaare. Es wurde nachgewiesen, dass die von manchen Beob- achtern geläugnete, aber neuerlich von Milde beobachtete Reizbarkeit der Blätter der Drosera rotundi- folia wirklich vorhanden sei, so wie dass die sogenannten Drüsenhaare der Droserae keinesweges Haar- gebilde, also Epidermisanhängsel, sondern Theile des eigentlichen Blattes und mit den Zipfeln eines ein- geschnittenen Blattes zu vergleichen seien. Schliesslich erwähnte der Vortragende auch den Bau der Blätter von Dionaea und die Uebereinstimmung derselben mit gewissen Drüsenorganen mit Aldrovanda. In der zweilen, am 19. Mai, hielt Herr Privatdocent Dr. Körber einen Vortrag über die Sporen der Flechten, _Derselbe erläuterte, welche Bedeutung das Mikroskop und dessen Benutzung für das Stu- dium und die Systematik der Kryptogamen allmälig erlangt, und wie dasselbe verhältnissmässig erst spät in der Lichenologie zur Anwendung gekommen sei, und gab hierauf einen Ueberblick über den Entwik- kelungsgang der Systematik der Lichenen bis auf die neueste Zeit. Hierauf legte er seine Ansichten über die Benutzung der mikroskopischen Form der Flechtensporen für das System dar und gab eine durch Abbildungen erläuterte Uebersicht der verschiedenen Gestalt der Sporen der Flechten nebst mor- phologischen und biologischen Erläuterungen. — Derselbe überreichte ein von dem Herrn Major v. Flo- tow zu Hirschberg eingesandtes, zum Abdruck in dem Jahresberichte bestimmtes Manuscript ‚Ueber pa- rasitische Biatoren.“* 20* 154 In der dritten, am 20. Oktober, legte Herr Privatdocent Dr. Koerber eine Anzahl neuer Lichenen aus Schlesien vor und verbreitete sich dabei über die von den Lichenologen der neuesten Zeit bei der Aufstellung neuer genera und species befolgten Grundsätze. y; In der vierten, am 10. November, setzte Herr Stadtricher Wichura die Resultate seiner Versuche auseinander, durch künstliche Befruchtung mit anderen Formen hybride Salices zu produciren. — Der- selbe machte einige Mittheilungen über die Flora des Karpaten-Gebirges, namentlich des Chotsch und einiger Punkte des Tatra-Gebirges. — Herr Dr. Milde führt an, dass neuerlich die Lemna arrhiza auch bei Wohlau und dem Dorfe Gniechwitz bei Zobten aufgefunden worden sei. In der fünften, am 24. November, trug Herr Dr. Milde die Ergebnisse seiner Exkursionen des laufenden Jahres mit. — Herr Professor Dr. Göppert erläuterte die Arten des Drachenbaumes (Dra- caena Draco L.) und die Benutzung von Cyperus Papyrus. In der sechsten, am 8. December, gab Herr Musikdirector Siegert einen Auszug aus den Arbei- ten Nägeli’s über Cirsium, namentlich über die hybriden Cirsia, und theilte seine eigenen Beobach- tungen über die Arten und Bastarde dieser Sippe mit. Als Beweisstücke wurden getrocknete Exemplare vorgelegt von Cirsium canum-rivulare, Ü. palustre-rivulare, C. acaule, ©. bulbosum, C. bulbosum- oleraceum, ©. oleraceum-acaule, C. palustre-bulbosum, ©. oleraceum-tuberosum, C. oleraceum-palustre, C. rivulare-oleraceum, von welchen mehrere von Dr. Schultz in Deidesheim gesammelt und dem Re- ferenten mitgetheilt worden waren. Der Secretair gab Nachricht von den aus der Provinz von verschiedenen Botanikern eingegangenen Mittheilungen über die Flora ihrer Gegend und einzelne daselbst aufgefundene seltnere Pflanzen. Diese Mittheilungen rührten her von den Herren Gymnasiallehrer Kelch in Ratibor, Apotheker Mielke in Gross-Glogau, Lehrer Gerhardt in Liegnitz, Lehrer Bartsch in Ohlau, Lehrer Hilse in Strehlen u.a. — Derselbe legte einige schwierigere und seltnere Pflanzenformen aus dem Riesengebirge vor. Bei der hierauf vorschriftsmässig vorgenommenen Secretariatswahl wurde dem zeitigen Secretair dieses Amt für die nächste Etatszeit wieder übertragen. Nachstehend folgen die von den Mitgliedern der Section gehaltenen Vorträge, wie sie von denselben dem Secretair zum Abdrucke übergeben worden sind. Von Herrn Professor Dr. H. R. Göppert: Bemerkungen über den Drachenbaum, Dracaena Draco L. Die erste Kenntniss dieses merkwürdigen Baumes verdanken wir Clusius, der ihn 1564 in einem Klostergarten zu Lissabon fand und abbildete. (Far. plant. histor. 1601. Lib. J. Cap. I, p. 1. ce. icone.) Ob ihn Strabo schon kannte, wie Clusius vermuthet, erscheint ungewiss. ') Clusius führt ’ !) Clus. I. c. p. 2. Apud veteres neminem istius arboris mentionem facere invenio, nisi forte ea sit, quam Strabo ex Posidonio Gadibus nasci tradit, libro Geograph. tertio his verbis: De arbore Gadibus existente seriptis pro- didit Posidonius, quae ramos humum usque incurvatos habeat, frondes saepissime mucronis speciem gestantes, quarum longitudo cubitalis est latitudo digitorum quatuor. Huic et illud innatum esse creditur, ut uno fracto ramo lac effluat, radice abscissa min. humor exsudet. ee ee 155 an, dass dieser auf den canarischen Inseln einheimische Baum nach Lobel auch in dem Coldenberg’schen Garten zu Antwerpen, so wie auch in dem grossherzoglichen Garten zu Pisa anzutreffen sei. Jonston (hist. nat. de arbor. Francof. ad Moenum 1662. T. 81.) liefert eine Copie der Clusius’schen Abbil- dung. Linne, der anfänglich ihn auch noch zweifelhaft zu Asparagus rechnet = Asparagus? Draco, nannte ihn erst in der 12. Ausgabe seines Systems Dracuena Draco. Die späteren Editoren seines Systems, Willdenow, Persoon, nahmen alle früheren Angaben über Dracaena Draco vereint auf, ohne irgend einer Varietät desselben zu erwähnen. Erst Hayne, welcher die Beschreibungen und Ab- bildungen des in Rede stehenden Baumes genauer als seine Vorgänger studirte, unterschied 3 Abarten: «) strietifolia, 8) laxifolia, y) pendulifolia. Die Unterschiede zwischen den beiden ersten scheinen ihm sehr bedeutend, so dass sie sich wohl bei näherer Betrachtung als wahre Arten herausstellen könnten. Zu &) strietifolia eitirt er die Abbildungen von Clusius (Ej. hist. plant. rar. Lib. I. p. I. cum icone), von Blackwell (t. 358.) und Vandelli (Ej. Dissert. de Arbore Draconis seu Dracaena 1765 in J. J. Römer script. de plantis Lusit. Hisp. et Brasil. 1796, p. 39 — 46, nicht 37, wie Hayne und nach ihm Römer und Kunth angeben); zu 8) lawifolia die Abbildungen von Craniz de duabus Dracaen. arbor. p. 25. f. 2. Wien 1768, und Behrens de Dracone arbore Clusü, Göt- ting. 1770. Jener schreibt er folia substricta, dieser folia patenti-pendula zu. Die Abbildung von Clu- sius, die er nach einem alten, in einem Klostergarten zu Lissabon befindlichen, mächtigen, oberhalb vielfach verästelten Baume freilich nur in sehr verkleinertem Maasstabe darstellt, zeigt allerdings die Aeste mit steif aufrecht stehenden Blättern, Vandelli’s auch von in Portugal vorhandenen Bäumen dieser Art entnommene Abbildung dagegen fol. patentia; die unteren hängen sogar etwas herab, und nur die obe- ren, welche zunächst den Blüthenrispenstiel umgeben, stehen aufrecht. Etwas mehr herabhängend sind allerdings die unteren Blätter an dem von Crantz abgebildeten, in Wien im Garten des Prinzen Eu- gen von Savoyen Störkia Draco genannten Exemplar (1. ec. p. 27. ut inferiora dependeant flaccida, media magis pateant et superiora erecta sint), so wie an dem, welches 1759 in Berlin blühte, Gle- ditsch (Aet. Acad. Berol. Verm. Bemerk. I. 180.) beschrieb und R. Behrens in der eben erwähn- ten Dissertation abbildete, worin jedoch wohl Niemand ein zur Begründung einer Abart hinreichendes Moment finden dürfte, da überdiess in allen diese Abbildungen begleitenden Beschreibungen die Beschaf- fenheit der Blätter als ganz gleich geschildert wird, so dass ich die beiden von Hayne a. a. O. unter- schiedenen Abarten nicht als solche anzuerkennen vermag, sondern als eine betrachte, womit die auch in neuerer Zeit erschienenen Original-Abbildungen von Berthelot (Sabin. Berthelot., Observ. sur la Dr. Draco in Nov. Act. Ac. Caes. Leop.-Car. XV. p. 773. t. p. 35—89; Webb. et Berthel. Hist. des Canaries Atl. geograph. Bot. 3me ser. t. 8., fide Hook. in Bot. mag. sub t. 4571.) übereinstim- men; die 3te von Hayne aufgeführte Varietät pendulifolia erscheint dagegen allerdings als eine we- sentlich verschiedene Form, wie sich bald ergeben dürfte. Er gründet sie auf den zweiten, von Crantz als Oedera dragonalis, also sogar unter einem andern Gattungsnamen beschriebenen und theilweise ab- gebildeten Baum, welchen Crantz in dem Haruckerschen Garten in Wien fand. Mit Recht tadelt schon Behrens die Aufstellung dieser Gattung, geht aber offenbar zu weit, wenn er beide Bäume für gar nicht verschieden von einander, sondern für ein und dieselbe Art erklärt, denn der von den Blättern hergenommene Unterscheidungscharakter, die Crantz als schmäler bezeichnet, daher diese Art von den Gärtnern auch angustifolia genannt werde, verdient um so mehr Beachtung, als Crantz sie für lang herabhängend halten muss, weil er hierzu noch Boerhave’s Pflanze (Index alter plantar., quae in horto academico Lugduno- Batavo aluntur. Lugd. Bat. 1720. P. HI. 169, nicht p. 543, wie fälschlich Hayne und ihm folgend Römer nnd Kunth citiren) rechnet, nämlich Palma folüs longissimis, pen- 156 dulis, absque ullo pedunculo ex caudice glabro enatis. Palma prunifera, foliis Yuccae, fructu ra- cemoso, cerasiformi, ossiculo duro, einereo, pisi magnitudine Ht. Amst. 8. 261. An Draco arbor Clus. H. 1. le. et Deseript. C. Bauh. Pin. 505° H.), wozu auch wohl Royen’s (Lugd. 22.) Cor- dyline fol. integerrimis inermibus flaceidis gehört. Die Blätter seien ferner an der Basis mehr roth, auch am Rande roth eingefasst, übrigens weniger fleischig, mehr Iris-ähnlich, während-die der ersteren Art mehr denen der Aloe glichen. Auf die anderweitigen, von der Gestalt der mehr glockenförmigen Blumenkrone und der sehr relativen Länge der Staubfäden entlehnten Unterschiede ist wohl weniger Werth zu legen, wie schon Behrens und Meyer auseinandersetzen. Ebenso finde ich es nicht ge- rechtfertigt, wenn Crantz eine Bemerkung von Clusius (in notis ad Monardem simplie. medicam. er novo orbe delator. hist. alt. edit. Antwerp. 1579. p. 15 et Chusii exotic. Lib. X. Cap. 37. p. 33. Dragonalis Hollebesque) auf die vorliegende Pflanze bezieht, indem Clusius eben nur eine junge Pflanze seines Lissaboner Baumes beschreibt, und zwar so treu, wie ich es selbst bei dergleichen wahrgenom- men habe. Auf das von Behrens beschriebene Exemplar, welches, wie schon erwähnt, im Jahre 1770 blühte, kommt Meyer noch einmal zurück, (Mem. sur Varbre du Sang-Dracon in Mem. de l’ Acad. . royale de Berlin 1796, Berlin 1799. p. 29-44. avec PI.), beschreibt und bildet es ab, woraus sich. ergiebt, dass dasselbe allerdings zu der ersteren Form strietifolia oder der Störkia Draconis Crantz gehört. Er erwähnt, dass es 37 Fuss hoch sei, noch aus den Zeiten des grossen Churfürsten stamme und diesem von der Prinzessin von Oranien zum Geschenk gemacht worden sei. In den Berliner bota- nischen Gärten, wie auf der Pfaueninsel, erinnere ich mich nur die dritte Form, die y) pendulifolia Hayne, gesehen zu haben. Es fragt sich, ob jenes Exemplar, welches jetzt nahe an 200 Jahre alt sein müsste, noch existirt. Zwei Jahre vor dem Erscheinen von Hayne’s Arbeit sah sich Tenore erlanst ( ihre ad Florae Neapolit. Prodr. app. IV. 1823), unsre letzt erwähnte Varietät als eigne Art unter dem sehr passend gewählten Namen Dracaena Boerhavi aufzustellen, welchen jedoch Römer und Schultes (R. et Sch. syst. VI. p. 339.) nicht anerkennen, und eben so wenig Kunth (enum. V. p. 3. 1850.), obschon Tenore 1845 (Catalogo del real orto botanico di Napoli p. 84. 85.) abermals auf den Unterschied derselben von Dracaena Draco aufmerksam’ macht und sie folgendermassen charakterisirt: Dracaena Boerhavi Tenore. D. caudice arboreo, folüs loratim lanceolato-linearibus praelongis flaccidis, spiraliter contorlis apice inermibus; floribus subeampanulatis, peduneulis geniculatis longioribus filamentis medio crassio- ribus; panicula terminali erecta. Tenore, Atti della Reale Academia delle scienze di Napoli; tom. 3. pag. 37. tav. 3. Cordyline foliis inermibus integerrimis, flaceidis. Royen Lugd. Bat. p. 22. Palma folüis longissimis pendulis e caudice glabro enatis. Boerh. Lugd. Bat. 2. pag. 160. Obs. D. Dra- conis nomine a plantarum mercatore Camberiensis Martin Burdin, anno 1814, satis parvulam ac- cepi. Florentem vero in H. R. N. elupso anno (1821) habwi, cum vix ad septem pedum altitudi- nem se extulerit. Cum vero D. Draconis deseriptiones synonymiasque apud auctores diligenter per- scrutaverim, sub eodem D. Draconis nomine in hortis duas distinctas latuisse species suspicatus sum. Absurde nempe foret eandem plantam Boerhavium Royenumgque foliis flaccidis longissimis inermibus, Linnaeum caeterosque vero folüs erectis spinosis diwisse. Avendomi successivamente procurata la vera D. Draco, en tramle le piante vegelano di presente nella stufa temperata del Real Orto. Chiungue vorra dar, si la pena di guardale non porta aste- nersi dal ri, conoserne la diversita di specie, non essendo ra, gionevol cosa il ritenere la D. Boer- havii qual varietd della D. Draco come han fatto diversi autori. (Tenore a. angeg. 0.) 157 „ Ich kann mich nur,der Ansicht von Tenore anschliessen, denn wer beide Pflanzen in verschiede- nen Altersstadien sieht, ‚wär unmöglich ferner noch geneigt sein, die hier weitläufig in ihrem allmäligen geschichtlichen Auftreten entwickelten Pflanzen für ein und dieselbe Art zu erklären. Junge, nur zwei- jährige, aus Samen des botanischen Gartens zu Zürich gezogene Pflanzen, die ich für die ächte sudstrieta halte, entsprechen ganz und gar der von Berthelot in Nov. Act. auf Taf. 35, Fig. 1—2 im Umriss gegebenen Abbildung und der oben erwähnten Beschreibung des trefflichen Clusius. Sie ähneln in der That einer Iris, und ihre, von einander ‘gleichen parallelen Nerven durchzogenen Blätter sind etwa 1‘ lang, 2‘ breit, steif, nicht etwa wellig, an der dem Stengel zugekehrten Seite wie auch am Rande roth und etwas graugrün, an der Spitze jedoch schon etwas rinnenförmig und zusammengerollt. Inzwi- schen sehe ich, dass der rothe Rand bei den vorjährigen Blättern sich schon zu verlieren anfängt, eine durchsichtige weisse Einfassung bleibt zurück, die sie dann beibehalten. Berthelot’s Umrisszeichnung lässt zwar in den Blättern der einen Figur einen Mittelnerven erkennen, da er aber in der Beschreibung nichts erwähnt, so ist dies wohl nur einem Versehen des Zeichners aan Als Repräsentant der erwachsenen Pflanze, ganz eben so, wie sie auf Berthelot’s Tafel 35 abgebildet ist, cultiviren „wir ein prächtiges, bis zu der Blattkrone 6° und inclusive der Blatikrone 9° hohes Exemplar, welches, als es im Jahre 1818 unter der Direction meines verehrten Lehrers und Freundes L. C. Treviranus, des Begründers des Flors des hiesigen botanischen Gartens, aus dem Garten des Belvedere bei Weimar erworben wurde, schon Mannshöhe hatte, also bei so langsamem Wachsthume gewiss schon ein Alter von nahe an hundert Jahren besitzen mag. Die unteren 3° langen Blätter der schönen 6—7’ breiten Krone hängen bogenförmig herab, die in der Mitte stehen wagrecht, die innern oder obern 1— 3jähri- gen aufrecht, alle aber sind steif, flach, nicht wellig, weniger graugrün als die der jungen Pflanze und am Rande nicht oth, sondern mit ‚jener oben erwähnten zarten Einfassung versehen, aber an der Spitze etwas Tinnenförmig zusammengerollt, überhaupt ganz so, wie sie an den angezeigten Orten beschrieben wurden. ') Die Ansätze der Blätter sind 4 Zoll breit, die Blätter selbst an der Basis von 3 Zoll Breite, überhaupt von mehr dunkelgrüner Farbe als die erwähnten jungen Pflanzen. Ganz anders verhalten sich die Pflanzen, welche eben der pendulifolia oder der Drac. Boerhavi entsprechen, die wir vor 3 Jah- ren aus Samen von Padua erzogen. Schon im ersten Jahre legten sich die durchweg grünen, nur an der dem Stengel zugekehrten, ihn umfassenden Basis röthlichen Blätter zurück, noch ehe sie sich völlig entwickelt hatten, so dass sie nicht bogenförmig herab, sondern mit dem Stamme parallel hingen. Alle waren und sind noch jetzt schlaff, 2—3 Fuss lang, am Rande wellig, aber an der Spitze doch steif und wie die Blätter der ersteren Form etwas rinnig zusammengerollt und daher stechend. Ebenso erschei- nen die an mannshohen, mit schönen Kronen versehenen Stämme. Fast alle hängen schlaff herab und erscheinen so, wie Tenore es angiebt, fast spiralig gerollt, aber an der Spitze, wie die jüngeren, eben- falls etwas zusammengerollt und somit stachelspitzig, daher ich in dieser Hinsicht mit dem von Tenore angegebenen Charakter apice inermia nicht übereinstimmen kann. Durch alle diese Kennzeichen ins- gesammt besitzen Stämme dieser Art ein völlig verschiedenes Aussehen. In den Gärten Berlins glaube ich vorzugsweise nur diese vorstehende Art und eigentlich nirgends ein Exemplar, welches dem eben beschriebenen unseres Gartens gliche, gesehen zu haben, womit mein Herr College Betschler, ein genauer Kenner der Dracaenen, übereinstimmt, der noch jüngst Berlins und Hamburgs Gärten besuchte. Römer und Schultes fügen den obigen drei, auf Hayne’s Autorität aufgenommenen Varietäten noch r ‘) Herr Prof. Dr. Oswald Heer (der Rentongarten zu Funchal, Gartenflora von E. Regel, I. Jahrg. Erlangen 1352, S. 23.) sagt auch, dass die Blätter an den Aesten des Drachenbaumes etwas schief stehen. 158 eine vierte hinzu: d) angustifolia, und eitiren hierzu Jaeg. Fragm. 2. p. 4. 1. 2. f. A, welche auch Kunth annimmt, worüber mir jedoch kein Urtheil zustehen würde, da ich hier zu meinem Bedauern keine Gelegenheit habe, dies Werk einzusehen, wenn nicht mein sehr verehrter Freund und College, Herr Dr. Pritzel in Berlin, auf mein Ersuchen das fragliche Werk eingesehen und mir die genannte Stelle ausführlich mitgetheilt hätte, wofür ich mich ihm zu grossem Danke verpflichtet fühle. Es geht hieraus hervor, dass diese y) angustifolia keine andere ist, als die des oben angeführten Exemplars des Harucker’schen Gartens, von welchem Crantz schon anführte, dass sie von den Gärtnern wegen ihrer schmalen Blätter angustifolia genannt wird, also seine Oedera dragonalis. Das Jacquin’sche Citat ist also zu Dracena Boerhavi Tenore zu bringen. Wegen der Seltenheit des genannten Werkes führe ich die ganze Stelle in der Anmerkung auf. ') Zunächst wäre auch zu ermitteln, wo eigentlich die Dr. Boerhavi herstammt. Crantz giebt für Stoerkia Draco (Dracaena) die canarische Insel Porto Bello, für die zweite oder unsere Art ebenfalls die canarische Insel Madera als Vaterland an. Herr Prof. Dr. Heer, der jüngst erst diese an Pflanzen so reichen Gegenden besuchte, wird uns wohl hierüber die beste Auskunft ertheilen können. Schliesslich folgt nun mit Rücksicht auf die angeführten Beobachtungen die Diagnose der beiden Arten nebst ihren Synonymen. *) Wörtlich aus Jacquin, Fragmenta botanica p. 4. (anno 1809.) Dracanna Draco L. tab. 2. fig. 4. „Arbor Draconis quaedam Viennae in horto suburbano Haruckeriano anno 1756 floruit, «quo ego tempore in Ame- rica peregrinabar; atque haec illa est, quae ab Hortulanis Arbor Draconis angustifolia vocatur. Alia, quae apud eos- dem latifolia audit ob folia duplo latiora, floruit in horto Schoenbrunnensi a. 1768, quando Schemnizii in Hungaria degebam, ut itaque illarum neutrum videre florentem mihi contigerit. Utriusque arboris historia consuli potest in Crantzii Dissertatione de duabus Draconis arboribus, angustifoliae flores describens ex solis Hortulani Haruckeriani figuris, latifoliae autem Schoenbrunnensis ex autopsia. Non solum has specie, sed vel ipso esse distinctas genere, Crantzius contendit; cui contradixerunt Murray, Behrens, aliique, ne specie quidem diversas, sed omnino eandem utramque esse asserentes. His ego, qui neutrius flores videram, autoribus occupatus, eorumque eflatis fisus, obiter duntaxat examinavi postea fructificationem. Dracaena illius latifoliae, quam serius bis iterum florere in horto Schoen- brunnensi conspexi nec quidquam super hac scripto notavi; quam incuriam meam ad primam oblatam novam occa- sionem corrigam. Anno 1789 dono illustr. Viduae principis Caroli a Lichtenstein, quae jam a pluribus annis hortum Haruckerianum possidet, plures stirpes, exoticae in hortum botanicum transmigrarunt, Non ultra in isto horto vise- batur Arbor Draconis angustifolia illa, quae ibidem anno 1756 floruerat; nam Crantzius ex fide hortulani narrat, illam post peractam fructificationem in ramos extendi coepisse, nec hortulano contradieit, quando ipse eandem duodenis annis serius examinavit; quare periisse credibile est. Alia autem unica aderat Arbor Draconis angustifolia absque ullo-ramo simplieissima, cujus truncus praeter frondem octodeeim altitudine pedes aequabat; quam quum non capie- bat Caldarium horti botanici, fossae ad 5 pedes excavatae lateribusque coctis vestitae imposita ...... Hic anno 1795 spadicem paniculatum amplissimum oblique erectum floribus fructibusque maturis deinde onustum protulit, cujus ramulum florentem ad vivum expressum supra dicta tabula (tab. 2) sistit, ereetum quidem, qualis in spadice erigeba- tur. Pedicelli uniflori et aggregati unico geniculo instruebantur, in quo sponte solvebatur pars pedicelli superior una cum floribus numerosis illis, qui in fructum non abibant: parte inferiore in spadice persistente. Baccae omnes auranliae et uniloculares uniecum semen globosum fovebant; dum reliqua duo loculamenta cum seminibus suis evanue- rant. In tabula exhibentur aucta stamen cum parte petali antice visum idem cum petali lacinia integra conspectum a latere, tandem pistillum. Post fructificationem peractam basis spadicis et ipsa trunci contiguus apex cariem traxerunt, qua etiam plura folia amisit; sed vulnere sponte sanato novum ex apicis_latere ramum produxit. Anno autem pro- ximo (1796) mense Octobri, quando Caldarii sectum ruina minitabatur, tolli illam oportuit et ob defectum alius caldarü altioris in hortum Schoenbrunnensem vecta fuit; sed ab aeris inclementia . .. . interüt. Sunt in caldarüis nostratibus plura utriusque speciei individua.‘“ 159 Dracaena Draco L. ex parte. _ Dr. arborea; apice ramosa, foliis sessilibus semiamplexicaulibus linearibus apicem versus sensim attenualis apice ipso canaliculatis spinescentibus planis inferioribus arcuatim dependentibus, mediis palenlibus, summis ereclis; paniculis terminalibus ramosis foliaceo-bracteatis; ramis ternis patentissi- mis, floribus quaternis et quinis. Draco arbor Clusius hist. pl. rar. J. 1. p.1. ce. icone. Bauh. Pinax p. 505. Blackw. herb. t. 358. Arbor Draconis, Draco yuccaeformis vel Dracaena. Vandelli Dissert. in Roemer script. de plant. Hisp., Lusit., Bras. p. 37. t. 2. ab. Stoerkia Draco Crantz de duab. Dracon. arbor. p. 25. f. 1. 2. Arbor Draconis latifolia Hortulan. fide Crantzi p. 21. Yucca Draconis Hoyer Amoenit. acad. Linn. III. p. 407. Asparagus? Draco Linn. sp. pl. edit. 2. T. 1. p. 451. Linne edit. 12.; Willd. sp. pl. IH. p. 155.; Haw. pl. suce. p. 30. Syn. p. 67. Lam. Enc. meth. I. p. 323; Dalm. diss. praes. Thunb. p. 3.; Gleditsch in Act. Acad. Scient. Berol.; Behrens dissert. Götting. 1710. p. 36. f. 1. 2. 3. Meyer in Mem. de l’ Acad. royale de Berlin 1796 et Berlin 1799. p. 29 — 44. avec pl.; Berthelot in Nova Acta Acad. Caes. Leop. N. Cur. XV. p. 773. t. 33 — 39; Dracaena Draco strictifolia et laxifolia, Hayne getreue Darst. IX, t. 2. Roem. et Schult., syst. veg. T. VII. 1. p. 37.; Kunth. enum. T. V. p. 3. % Dracaena Boerhavi Tenore. Dr. arborea, apice ramosa, fol. sessilibus semiamplexicaulibus linearibus sensim atlenuatis apice eanaliculatis spinescentibus junioribus et adultis laxis flaccidis undulatis dependentibus; paniculis ter- minalibus erectis, floribus subeampanulatis pedunculis geniculatis longioribus, filamentis medio cras- sioribus. Tenore Atti della reale Acad. delle science di Napoli T. 3. p. 37. tav. 3.; Ej. fl. neap. prodr. App. IV., Catal. del real orto botanico di Napoli 1845. p. 85. Cordyline fol. inermibus integerrimis flaccidis Royeni Lugd. bat. p. 22. Palma folis longissimis pendulis e caudice glabro enatis Boerh. Lugd. bat. 2. p. 160. Oedera dragonalis Crantz I. c. p. 30. f. 3. Arbor Draconis angustifolia Hortul. fide Crantzii p. 28. Dracaena Draco pendulifolia Hayne I. c., Roemer et Schult. syst. veg. T. VII. 1. p. 358.; Kunth. enum. T. V. p. 3. Dracaena Draco ö. angustifolia Jacg. Fragmenta 2. p. 4. 2. f. 4. Nicht blos diese vor andern hervorragende und wegen mannigfacher bekannter Verhältnisse höchst bemerkenswerthe Art scheint also keineswegs so bekannt und entschieden festgestelli, wie man vermu- then sollte, sondern auch die übrigen Arten dieser Gruppe, mit deren Auseinandersetzung ich mich eifrig beschäftige, bieten noch mancherlei Controversen dar. Dankbar werde ich jede Belehrung empfangen. Lu 160 Von Herrn Stadtrichter Wichura: Ueber künstlich erzeugte Weidenbastarde. Herr Direktor Dr. Wimmer hat an verschiedenen Orten bereits zu wiederholten Malen auf die unter den Weiden vorkommenden Bastarde aufmerksam gemacht. Seine Entdeckung war für die richtige Begrenzung der wegen ihrer Schwierigkeit verrufenen Species dieser Gattung von wesentlichem Nutzen, Denn gerade die Bastarde hatten durch ihr schwankendes und vielgestaltiges Auftreten hauptsächlich dazu beigetragen, die Botaniker irre zu leiten. Klarheit und Ordnung konnten daher in das entstandene Chaos erst Eingang finden, als es möglich wurde, jenen zweifelhaften Formen eine ihrem eigentlichen Werthe entsprechende Stelle im System anzuweisen. Viele bisher irriger Weise als Species beschriebene Ba- starde wurden jetzt als solche erkannt, und nach dem Ausscheiden derselben zeigte sich, dass die übrig- bleibenden wirklichen Arten, auf ein ziemlich enges Gebiet der Variabilität beschränkt, sich mit Sicher- heit von’ einander unterscheiden liessen. Der Weg, welcher zur Entdeckung der Weidenbastarde geführt hatte, war naturgemäss aus den allgemeinen Eigenschaften der Bastarde überhaupt hergeleitet. Alle Bastarde kommen darin mit einander überein, dass sie in einer geringeren Individuenanzahl auftreten als die Species; dass sie nur da wach- sen, wo die beiden Stammarten vorkommen, und dass sie sich in die Eigenschaften der Stammarten theilen, entweder zwischen beiden vollständig die Mitte haltend, oder einer derselben sich nähernd. Die Formen, bei welchen diese Merkmale zusammentrafen, wurden daher mit Recht für Bastarde gehalten, Zur vollständigen Bestätigung dieser Ansicht bedurfte es aber noch des Experiments. Es musste, um sie gegen Zweifel und Widerspruch vollständig zu befestigen, mittelst künstlicher Befruchtung der thatsäch- liche Beweis geführt werden, dass die Formen, welche man als Bastarde ausgegeben, wirklich der Ver- mischung zweier verschiedener Species ihre Entstehung verdanken. Mir schien die Sache an sich von grossem Interesse zu sein; auch liess sich erwarten, dass bei solchen Versuchen künstlicher Befruchtung noch manche andere wichtige Aufschlüsse über die räthselhafte Natur der Bastarde zu erlangen sein würden. Ich beschloss daher, mich dieser freilich nicht mühelosen Arbeit zu unterziehen. Um zunächst über das Keimen der Weidensamen, über die Kultur der jungen Pflanzen und die viel- fach behauptete Unfruchtbarkeit der Bastarde einige Erfahrungen zu sammeln, begann ich meine Arbeit im Mai 1851 mit der Aussaat von Saliw einerea L.,"S. aurita-repens Wimm. (S. ambigua Ehrh.) und S. purpurea-repens Wimm. ($. Doniana Smith.) Die feinen, soeben reif gewordenen Samen, in Näpfen auf die feucht gehaltene Erde locker aufgestreut, keimten zu meiner Verwunderung schon in den ersten 12 Stunden. Am folgenden Tage waren die rundlichen kurzgestielten Cotyledonen entfaltet; ihnen folgte bald das erste Laubblatt, und am Ende des Sommers haite die junge Saat unter ziemlich ungün- stigen äussern Verhältnissen bereits die Höhe von ', bis %, Fuss erreicht. Die Samen der Bastarde waren, wie ich erwartet hatte, nicht minder reichlich als die der ächten Species aufgegangen. Auf diese Erfahrungen gestützt, ging ich im Frühjahr 1852 an meine eigentliche Aufgabe, in deren Lösung ich durch alle die Umstände begünstigt wurde, welche in der Natur selbst die verhältnissmässig häufige Erzeugung von Weidenbastarden zu bedingen scheinen. Die Hauptschwierigkeit der Bastard- befruchtung zwitterblüthiger Pflanzen, die rechtzeitige Entfernung der Staubgefässe, fiel bei den diveci- schen Weiden gänzlich hinweg. Es bedurfte keiner Exstirpation, sondern nur einer Absperrung der zu befruchtenden weiblichen Blüthen, und bei dieser Absperrung kam ferner als erleichterndes Moment die Beschaffenheit des Pollens in Betracht, der nicht, wie z. B. bei Corylus und Pinus, vom Winde umher- getrieben, sondern durch Insekten der weiblichen Blüthe zugeführt wird, so dass eine Absperrung genü- 161 gend erschien, die, obne den Zutritt der Luft ganz auszuschliessen, nur die Insekten von den weiblichen Blüthen entfernt hielt. Da diesem Zwecke eine Hülle von feinem durchsichtigen Gewebe am besten zu entsprechen schien, so liess ich von einem florarligen Baumwollenzeuge Schläuche im Lumen von 2 bis 3 Zoll anfertigen, die durch Drahtringe ausgespannt gehalten wurden und oben und unten mit einer Schnur zum Zusammenziehen versehen waren. Diese Schläuche wurden über die zu befruchtenden weiblichen Blüthenzweige vor Entwicklung der Narben gezogen und erst nach vollständigem Abwelken derselben entfernt, in der Zwischenzeit aber nur während des Aktes der Bestäubung heruntergenommen. Andrer- seits mussten die Insekten aber auch von den männlichen zur Befruchtung benutzten Blüthenzweigen ab- gehalten werden. Ich schnitt daher dieselben zu einer Zeit ab, wo sie zwar noch nicht völlig aufge- blüht, aber doch dem Aufblühen ganz nahe waren, liess sie im Zimmer in einem Glase mit Wasser auf- blühen, und sammelte nun den Pollen in einem Uhrgläschen auf, indem ich ihn von den Antheren mit- telst eines feinen Haarpinsels abstreifte. Mit eben diesem Pinsel brachte ich sodann den Pollen auf die Narbe; auch beobachtete ich die Vorsicht, an den sämmtlichen Blüthen eines abgesperrten weiblichen Zweiges immer nur mit dem Pollen derselben Art zu operiren. Auf diese Weise habe ich im Frühjahr 1852 in dem Weidengarten des Herrn Direktor Wimmer im Ganzen 26 verschiedene Bestäubungen vorgenommen, und obwohl ein im April plötzlich eintretender, lange anhaltender strenger Frost nachtheilig auf die Blüthen einwirkte, ergaben sich doch aus 9 Bestäu- bungen keimfähige Samen. Im Frühjahr 1853 wurden die Versuche in gleicher Art fortgeseizt, doch war das Ergebniss ein weniger günstiges als das im vorigen Jahre. Von den vorgenommenen 15 Be- stäubungen lieferten nur 4 keimfähigen Samen, augenscheinlich, weil eine im Herbst vorher nothwendig gewordene Versetzung der ganzen Weidensammlung der Fruchtbarkeit der weiblichen Sträucher Eintrag gethan hatte. Eine erschöpfende Beschreibung der erzielten Pflanzen wird erst möglich sein, wenn sie ihren Ent- wicklungskreis in der Blüthe und Frucht vollständig durchlaufen haben werden. Schon jetzt aber erhellt so viel mit Gewissheit, dass sie alle zwischen der Vater- und Mutterpflanze mehr oder weniger genau die Mitte halten. Der Versuch ist also gelungen, und eine vorläufige kurze Notiz über die Befruchtungs- combinationen, aus welchen die jungen Pflanzen hervorgegangen, dürfte hier nicht am unrechten Orte sein. Ich beginne mit dem einfachsten Falle: I. Befruchtung einer Species mit dem Pollen einer andern Species. 1. Salix capraea fem. mit S. viminalis L. mas. — Das Produkt war, der Erwartung entsprechend, die Salix acuminata Koch oder S. Capraea-viminalis Wimm., und zwar ganz in der Form, wie sie bei uns vorzukommen pflegt. Da die beiden Stammarten namentlich in der Blattform sehr von einander abweichen, so gewinnt diese Weide, indem sie zwischen beiden die Mitte hält, mehr als andere Bastarde den Schein einer selbstständigen Species, wofür sie auch alle bisherigen Autoren gehalten haben. Der Nachweis ihrer hybriden Natur ist die schönste Bestätigung, welche die Lehre von den Weidenbastarden finden konnte. Von dem im Mai 1852 zahlreich aufgegangenen jungen Pflanzen ist leider nur eine erhalten worden, die im Herbst 1853 einen bereits mannshohen Strauch bildete. Die übrigen sind durch Schneckenfrass zu Grunde gegangen. 2. Salix Capraea L. fem. mit $S. daphnoides Vill. mas. — Ebenfalls ein sehr ausgezeichneter Ba- stard, dessen rasches, kräftiges Wachsthum einen schönen Baum verspricht. Die jungen Zweige erinnern durch ihre röthliche Färbung und die Art ihrer Behaarung an S. daphnoides. Die Blätter halten zwischen $. daphnoides und S. Capraea vollständig die Mitte. In der Natur ist dieser Ba- 21 ”* BIRD... VO } stard bisher nicht aufgefunden worden. Die zehn Pflanzen, welche ich davon kultivire, zeigen in allen Stücken eine völlige Uebereinstimmung. II. Bastard befruchtet mit dem Pollen desselben Bastards. 3. Ich wählte zu diesem Versuche Salix aurita-repens Wimm. ($. ambigua Ehrh.) Um das Zwi- schentreten fremder Pollenkörner gewiss abzuhalten, nahm ich den weiblichen Strauch zur Zeit der Befruchtung in die Stube, nachdem ich ihn im Herbst 1851 aus dem freien Lande in einen Napf gesetzt hatte. Den Pollen lieferte ein bei Carlowitz stehender grosser männlicher Strauch. Die Befruchtung gelang vollständig; reichliche und durchaus keinfähige Samen waren das Resultat. Die jungen Pflanzen, die sich bisher, von anderen grösseren Weiden überwuchert, wenig entwickelt ha- ben, scheinen der $. ambigua ganz zu gleichen. Ein Zurückkehren zu der Form einer der beiden Stammarten liess sich daran nicht wahrnehmen. III. Species befruchtet mit dem Pollen eines Bastardes derselben Species. 4. Salix Capraea L. fem. mit $. Capraea-viminalis Wimm. mas.; diese Befruchtung hatte eine ganz besonders ergiebige Ernte geliefert. Die erzielten Pflanzen, im Allgemeinen der $. Capraea sehr ähnlich, doch durch die länger zugespitzten Blätter noch grösstentheils davon zu unterscheiden, weichen unter einander im Zuschnitt der Blätter erheblich ab. Das Wachsthum ist auch hier ein ungemein rasches. IV. Bastard befruchtet mit dem Pollen einer der beiden Stammarten. 5. Salix viminalis-purpurea Wimm. fem. (S. rubra Huds.) mit $. viminalis L. mas. — Während die Blätter der Mutterpflanze fast ganz kahl sind, zeigen die aus ihrem Samen erwachsenen jungen Pflanzen einen Anflug von der Seidenbehaarung der S. viminalis. Es ist offenbar eine zur $. vi- minalis zurückkehrende Form der $. viminalis-purpurea, weder das eine, noch das andere ganz, aber mit jeder von beiden nahe verwandt. Die schmalen Blätter, durch welche sich das mütterliche Individuum vor anderen Formen der $. rubra auszeichnete, sind in ihren Abkömmlingen noch wie- der zu erkennen. Mit diesen vier Combinationen, bei welchen immer nur zwei Species als Faktoren mitwirkten, sei es, dass sie in ihrer ursprünglichen Gestalt oder bereits in einer hybriden Verbindung auftraten, war formell das Gebiet erschöpft, auf welchem sich alle bisherigen Versuche künstlicher Bastarderzeugung bewegt hatten. Die Fruchtbarkeit einzelner Weidenbastarde war aber festgestellt, und so glaubte ich, hier- bei nicht stehen bleiben zu dürfen. Es galt vielmehr, auch die weiteren Combinationen, welche zwischen verschiedenen fruchtbaren Bastarden und Species möglich sind, in den Kreis der Beobachtung zu ziehen, und auch diese potenzirten Versuche künstlicher Bastarderzeugung sind von einem glücklichen Erfolge begleitet gewesen. Diese von mir vorgenommenen mehr als zweizähligen Combinationen sind folgende : V. Bastard befruchtet mit dem Pollen einer von den beiden Stammeltern verschiedenen Species. 6. Sulix purpurea-repens Wimm. fem. mit $. aurita L. mas. Während die Befruchtungen, die ich an dieser Weide mit dem Pollen der beiden Stammarten versuchte, erfolglos blieben, gelang die Befruchtung mit $. aurita mas. sehr gut. Die zahlreichen Samen waren sämmtlich keimfähig. Von den kräftig herangewachsenen jungen Pflanzen werden zwei bereits im nächsten Frühjahr blühen. Die Blätter sind denen von $. purpurea-repens ähnlich, gegen die Spitze zu etwas verbreitert. 163° Die stark hervortretenden Adern der Unterfläche lassen den Zusammenhang mit S. aurita nicht verkennen. 7. Salix incana-purpurea Wimm. mit $. einerea L. mas. Von den vielen in einem Kätzchen ver- einigten Kapseln der $. incana-purpurea scheinen immer nur einzelne fruchtbar zu sein, vielleicht die Andeutung einer beginnenden Sterilität des Bastardes. Diese wenigen fruchtbaren Kapseln lie- ferten aber sehr wohl entwickelte, verhältnissmässig grosse Samen, und die keimenden Pflanzen zeichneten sich durch die Grösse ihrer Cotyledonen vor allen bisher beobachteten Keimpflanzen der Weiden aus. In den Blättern der jungen Pflanzen ist die Mischung mit $. cinerea bereits deutlich ausgesprochen. 8. Salix silesiaca-purpurea Wimm. fem. mit $. viminalis L. mas. — Pr den nicht zahlreich ge- ernteten Samen sind nur wenige Pflänzchen aufgegangen, die Anfangs kränkelten und erst in der letzten Hälfte des Sommers, nachdem sie in einen grösseren Napf versetzt worden waren, kräftiger wurden. Auch hier ist schon jetzt der Unterschied der jungen Pflanzen von der Mutterpflanze und ihre Verwandtschaft mit $. viminalis sehr in die Augen fallend. VI. Bastard befruchtet mit dem Pollen eines andern Bastardes. 9. Salix Capraea-viminalis Wimm. fem. mit S. purpurea-viminalis Wimm. mas., oder mit anderen Worten: S. acuminata fem. mit $. rubra mas. — Die zahlreichen Samen, welche ich aus dieser Kreuzung erhielt, waren alle keimfähig. Von den vielen jungen Pflanzen haben mir indess die Schnecken nur zwei übrig gelassen. Diese Weide besteht, wenn man ihre Zusammensetzung nu- merisch betrachtet, aus je einem Theile $. purpurea und Capraea und zwei Theilen viminalis. Die letztere herrscht daher auch in der schmalen länglichen Gestalt der Blätter vor. Die $. Ca- praea-viminalis als Mutterpflanze, lässt sich in diesen ihren Abkömmlingen schwer oder gar nicht erkennen. Unter sich sind die beiden übrig gebliebenen jungen Pflanzen ebenfalls ziemlich verschie- den, obwohl sie das Gepräge eines gemeinschaftlichen Ursprungs unzweifelhaft an sich tragen. Die eine mit kürzeren, nach Oben hin verbreiterten Blättern zeigt eine deutliche Behaarung; die länge- ren, elwas schmäleren Blätter der andern sind dagegen fast ganz kahl. 10. Salix silesiaca-Lapponum Wimm. fem. mit $. purpurea-viminalis Wimm. mas. — Aus dieser merkwürdigen Kreuzung besitze ich einige dreissig Exemplare. Soviel sich an den kaum halbjäh- rigen Pflanzen bemerken liess, sind sie einander nicht ‚völlig gleich. Einige scheinen sich mehr der Mutter, andere mehr dem Vater zu nähern, doch halten sie im Allgemeinen zwischen beiden voll- ständig die Mitte. Ein aus vier gänzlich verschiedenen Species zusammengesetzter Bastard, der den Namen Salix silesiaca-Lapponum >< purpurea-viminalis wird führen müssen, ist somit unzweifel- haft hergestellt. Durch diese complicirten Bastardformen, bei deren Entstehung mehr als zwei Species mitgewirkt ha- ben, glaube ich einen neuen Beitrag zur Lehre von der Bastardbefruchtung geliefert zu haben. Ob sie auch noch bei anderen Pflanzen als bei den Weiden möglich sind, muss vorläufig dahingestellt bleiben; doch halte ich dies für etwas durchaus Wahrscheinliches. Bei den Weiden ist ihre Erzeugung jeden- falls mit keinen Schwierigkeiten verbunden. Nach meinen bisherigen Erfahrungen scheint jede weibliche Bastardweide, sofern sie überhaupt fruchtbar ist — denn es gibt auch einzelne unfruchtbare Weiden- bastarde, z. B. Salix hippophaifolia Thuill. oder $. viminalis-amygdalina Wimm. und $. viminalis- cinerea Wimm. — mit dem fruchtbaren Pollen jeder andern Weide, sei es Bastard oder Species, Ver- bindungen eingehen zu können. Ich zweifle daher auch nicht, dass in der Natur ebenfalls, wenn auch 164 gewiss nur selten, dergleichen complicirte Bastardformen vorkommen mögen; ja ich vermuthe sogar, dass wir in der Salix dasyclados Wimm., die mir ein Produkt von Salix cinerea L. und Salix Ca- praea-viminalis Wimm. zu sein scheint, eine solche Naturmerkwürdigkeit bereits besitzen. Aber selbst die scharfsinnigste Divinationsgabe dürfte schwerlich ausreichen, um aus der blossen Anschauung sich ein sicheres Urtheil über den Stammbaum eines solchen zusammengesetzten Bastards zu bilden. Hier kann nur das Experiment helfen, und ich hoffe, zur Anstellung desselben in Betreff der S. dasyclados schon im nächsten Frühjahr schreiten zu können. Weitere Berichterstattung hierüber sowohl als über die durch das Experiment noch festzustellende Fruchtbarkeit oder Unfruchtbarkeit der complicirten Bastarde, sowie endlich über das Verhältniss der zwar gleichartig zusammengesetzten, aber aus einer entgegengesetzten Kreuzung der beiden Geschlechter hervorgegangenen Bastarde bleiben vorbehalten. Von Herrn Dr. J. Milde: . \ Ueber meine Excursionen im Sommer 1853. Eine meiner ersten Excursionen ging in dem sehr milden Januar nach Scheitrig, um mich von dem Erscheinen des früher schon erwähnten Microstoma hiemale zu überzeugen. Der Pilz fand sich wirk- lich in sehr ausgezeichneten und schönen Exemplaren, wenn auch grade nicht häufig, vor. Er wächst meist einzeln in kleinen Erdlöchern oder an deren Rändern, zuweilen vom Laube verdeckt, seltner in kleinen Gesellschaften von 15—20 Individuen. Das Pflänzchen besitzt, wie schon früher erwähnt, ein wahres, knospentreibendes Rhizom, welches sich merkwürdiger Weise zuweilen aus der Erde stengelartig über dieselbe in einer Höhe von °, Zoll erhebt, und dann mit einem reinen, weissen Filze bekleidet er- scheint, so dass dadurch der Pilz äusserlich noch mehr Aehnlichkeit mit einem Tilostoma gewinnt. Die Cupula selbst übrigens spaltete sich nach meinen letzten Beobachtungen viel häufiger, als ich es bisher gefunden hatte, in mehrere unregelmässige Längsstücke, welche sich sehr bald zurückschlagen., Die Witterung wurde leider wieder so rauh, dass das Erscheinen der Frühlingspflanzen sehr ver- verzögert wurde, und so kam es, dass, was seit vielen Jahren der Fall nicht gewesen ist, z. B. Egw- setum arvense vier Wochen später als gewöhnlich seine Fruchtstengel entwickelte. Eine meiner ersten Exeursionen richtete sich nach Auras und zwar nach den ausgedehnten Sandflächen auf der linken Seite der Oder, welche durch das massenhafte Auftreten von Eqwiselum arvense und seinen verschiedenen Formen ausgezeichnet sind. Ich fand auch dieses Jahr das E. arvense, campestre Schultz in allen Entwickelungszuständen, von der Form an, welche ganz astlos mit grün gefärbtem Schafte äusserlich sogar an E. limosum erinnert, bis zu der Form mit lang- und reich beästetem Stengel. Unter den Monstrositäten fand ich mehrere in ganz ausgezeichneten Exemplaren von dieser Form. So z. B. beob- achtete ich eine var. polystachya, welche, am Grunde reich beästet, gegen die Spitze hin astlos wer- dend, unter 5—7 Scheiden Wirtel von mehr oder weniger proliferirenden Aesten trug. Die kleinen Aehrchen sassen auf einem meist nur wenige Linien langen Asttheile, und ihre Spitzen waren entweder von einzelnen Scheidenblättchen oder Uebergängen zu Fruchtbehältern gekrönt, oder auch, es ging ein oft über einen Zoll langer Asitheil durch die Aehre hindurch. Andere Monstrositäten des E. campestre Schultz stellten Pflanzen mit proliferirender Endähre dar. Bei dem ausgezeichnetsten Exemplare ist der oberhalb der Aehre sitzende Stengeltheil fast 5 Zoll lang, seine untere Hälfte reich-, die obere un- beästel. An einem anderen Stengel, der sonst ganz grün gefärbt ist und also das Ansehen eines sterilen trägt, ist ein Internodium über der Mitte des Stengels ganz rothbraun gefärbt, zum Zeichen, dass hier 165 eine Achre sitzen sollte; statt dieser findet sich aber hier ein Ring, das bekannte Organ, welches als Mittelding zwischen Scheide- und Receptakel-Wirtel am Grunde jeder Equisetenähre sitzt, und dicht über diesem Ringe, am Grunde noch von ihm umschlossen, eine Scheide, die sich in einzelne, roth- braune Blättchen aufgelöst hat, von denen einige am Grunde einen Fruchtbehälter tragen. An der Spitze des Stengels sitzt eine ganz kleine Aehre. Ebenso ausgezeichnet fand ich die Form E. arvense v. ir- riguum, das E. riparium Fries, theils mit einfachen Aesten, theils doppelt beästet, theils mit ährchen- tragenden Aestchen, letztere Monstrosität jedoch sehr selten. Zwischen Gebüsch findet sich hier überall sehr häufig Z. pratense, welches überhaupt dem Laufe der Oder zu folgen scheint. Fructificirende Exem- plare sah ich hier und bei Masselwitz in diesem Jahre zu vielen Hunderten, und darunter auch mehrere mit proliferirender Endähre. Auffallend war mir, dass sich, wahrscheinlich in Folge: eingetretener Kälte, das letzte Internodium, welches die Aehre trägt, bei vielen so wenig entwickelt hatte, dass die Aechre, ungestielt, von der ersten Scheide zum Theil umschlossen wurde; auch wiederholte ich die Beobachtung, dass an vielen Exemplaren die Aeste nicht wie gewöhnlich unter den Scheiden, sondern innerhalb durch- gebrochen waren, wodurch diese letzteren in einzelne Blättchen zertheilt wurden, für mich ein Beweis, wie die abweichende Stellung der Equisetenäste im normalem Zustande durchaus nicht von so grosser Bedeutung sein kann, dass man deswegen die Scheiden nicht als verwachsene Blätter betrachten dürfe. Sonst ist bei Auras auch Aster salignus und Arabis Gerardi nicht selten, und in der Nähe des „‚Brand- schützer Sees‘ findet sich auch Caulinia fragilis. Zu Pfingsten machte ich in Begleitung des Herrn Cand. Bartsch und des Herrn Stadtrichter Wi- chura einen Ausflug nach Carlsruhe, in Oberschlesien, einer Gegend, die manches Interessante in ihren Umgebungen darbietet. Ungeheure Kieferwälder, abwechselnd mit gemischten Waldungen, bilden schon die allernächste Umgebung dieses Städtchens. Das Terrain ist sehr verschieden und hat grosse Aehn- lichkeit mit der Lissaer Gegend, bald sumpfig, bald sandig, zuweilen auch zu kleinen Hügeln sich er- hebend. Auf einem kahlen Sandhügel vor der Stadt, nach Breslau zu, sammelten wir in Gesellschaft der gewöhnlichen Anemone pratensis, welche hier in dieser an Anemonen überhaupt sehr reichen Gegend allein in grosser Menge erscheint, auch ihre schöne schwefelgelbe Varietät; in den Wäldern, welche sich der Stadt nähern, fanden wir, wenn auch zerstreut, doch nicht gar selten, sowohl Anemone patens, ver- nalis, als auch den Bastard von beiden, aber meist schon verblüht. Am Rande der Wälder, und zuweilen sogar tiefer in sie eindringend, findet sich hier das Zquise- tum pratense, an einzelnen Stellen auch fructifieirend., An sehr vielen Exemplaren beobachtete ich eine auffallende Eigenthümlichkeit; es fanden sich nämlich sehr häufig mitten am Stengel bis 6 Internodien, welche so wenig entwickelt waren, dass die zugehörigen Scheiden sich zum grossen Theile deckten und ohne alle Aeste waren, während über und unter diesen abnorm gebildeten Internodien sich normal ge- bildete befanden. Standen die Scheiden auch nur so weit von einander, dass die Entwickelung und Aus- breitung von Aesten möglich war, dann erschienen auch diese, aber auffallend kürzer als alle höher und tiefer stehenden, so dass dadurch die Pflanze ein eignes auffallendes Aussehen erhält. Nur einmal fand ich ein Exemplar, wo sich unter den zum Theil sich deckenden Scheiden lange Aeste entwickelt hatten, die zusammen einen grossen Busch bildeten. Ein Exemplar fand ich auch mit doppelter Aehre am Hauptstengel; beide Aehren sassen aber ganz dicht übereinander und waren nur durch den bekannten Ring getheilt. An einem ähnlichen Exemplare, welches ich in früheren Jahren bei Grüneiche sammelte, sind beide Aehren durch einen Zwischenraum von 1”, Zoll getrennt. Am häufigsten tritt aber überhaupt bei allen Equiseten die Proliferation der Endähre auf; denn ich beobachtete sie bis jetzt bei E, arvense, Telmateja, silvaticum, pratense, limo- 166 sum, inundatum, sogar bei palustre, an einem in Nimkau aufgefundenen Exemplare. — Noch häufiger als pratense findet sich in den Wäldern um Carlsruhe das Eg. silvaticum. Da ich Gelegenheit hatte, diese Pflanze an den verschiedensten Lokalitäten und in unzähligen Exemplaren lebend zu beobachten, so will ich mir erlauben, über sie meine Beobachtungen mitzutheilen. (Hierauf folgte ein längerer Artikel über Equwisetum silvaticum, welcher bereits in der Jubelschrift der vaterländischen Gesellschaft abgedruckt ist.) Ausserdem finden sich in den Wäldern um Carlsruhe sehr häufig Pyrola umbellata, Andromeda polifolia, weiss und roth blühend, Ledum palustre, Lathraea squamaria in unendlicher Menge, auf Aeckern Potentilla nemoralis, in den Teichen Utricularia minor und Riceia natans, auf sumpfigen Wiesen Valeriana dioica und Cineraria crispa, auf einer sandigen Stelle Chenopodium Bolrys, ganz nahe bei der Stadt auf einer nassen, sandigen Fläche in Gesellschaft der Drosera rotundifolia ziemlich häufig Lycopodium inundatum, auf den Antonsbergen wenige Schritte getrennt von einander Z. com- planatum und L. chamaecyparissus, deren Aehren sich vollständig den Winter über erhalten hatten; häufig ist Z. elavatum und annotinum, selten L. Selago, an wenigen Orten findet sich Polypodium vul- gare, häufiger dagegen P. Phegopteris und Dryopteris. Von seltneren Laub- und Lebermoosen beob- achtete ich sehr häufig an Buchen Neckera pennata, N. cerispa, N. complanata, Anomodon viticulosus und A. curtipendulus, alle mit reichlichen Früchten, Metzgeria furcata, Pellia epiphylla, Feyatella co- nica, Mnium hornum, Herpelium trilobatum, Dicranum heteromallum, Diphyscium foliosum. Im Juni machte ich eine Exeursion in den Oderwald bei Brieg. Auch hier beobachtete ich sehr häufig an den Oderufern das E. pratense, und fand auch an einem Grabenrande das E. arvense, campestre Schultz mit proliferirender Endähre; am Ausgange des Waldes vor dem Dorfe Scheidelwitz bei Brieg sahen wir in zahlreichen Exemplaren die Scrophularia Scopolii und den Dipsacus laciniatus; sehr häufig begegnet man in dieser Gegend der Cardamine Impatiens, nicht selten auch der Neottia Nidus avis, und an einer Stelle sahen wir auch zahlreich die Calla palustris. Equisetum silvaticum ist überall sehr verbreitet. Bei einem längeren Aufenthalte in Reinerz während der Hundstagsferien hatte ich Gelegenheit, meine über die Flora dieser Gegend schon im Jahre 1849 gemachten Beobachtungen zu vervollständigen, und ich erlaube mir hiemit das Wichtigste mitzutheilen. Einer der beliebtesten Spazierorte ist der Weg nach der Eisenschmelze, über welche der Weg in das reizende Grunewalder Thal führt. Ein Seitenweg von diesem Hauptwege führt schnell nach den Seefeldern. Beide bieten auch dem Botaniker vieles In- teressante. Wir wollen den Weg nach dem Grunewalder Thale einschlagen. Dicht am Wege begegnen wir unter vielen anderen Pflanzen am Wasser dem Eguwis. pratense, der Spiraea Aruneus, Centaurea phrygia, Campanula latifolia, im Walde an feuchteren Stellen der Listera cordata und in sehr zahl- reichen Exemplaren der Cardamine trifolia; an Felsen, unter Gebüsch findet sich Asplenium viride gar nicht selten in ausnehmend schönen Exemplaren; die gewöhnlicheren Farren umgeben uns überall: Cystopteris filix femina, Aspidium filix mas., Asp. spinulosum, Polypodium Phegopteris, P. Dryopte- ris, seltner P. vulgare, in Seitenschluchten sehr häufig Asp. lobatum und seine Varietät Plukenetiü De C., auf blosser Erde ist gar nicht selten Calypogeia Trichomanes, auf faulenden Baumstämmen, wenngleich sehr sparsam, die sonst seline Buzrbaumia indusiata, häufig in Gesellschaft des niedlichen Aypnum silesiacum. Die Gegend wird, wenn wir uns der Riesentanne nähern, immer wilder, die feuchte Atmo- sphäre scheint die Entwickelung der Moose ungemein zu begünstigen, denn in ungeheuern Polstern fin- den sich hier besonders der Anomodon eurtipendulus und Neckera erispa, Neckera pennala, N. com- planata; Dicranum montanum feuktifieirt hier gar nicht selten; um die Riesentaune herum findet sich 167 sehr häufig Dentaria bulbifera, Allium ursinum, Neottia N. avis; unten im Grunde kann man schon von weitem das E. Telmateja am sumpfigen Rande eines Waldes erblicken. Der Seitenweg nach den Seefeldern ist noch wilder; an einzelnen bewaldeten Berglehnen, die mit Tausenden von Stöcken des Aspidium flix mas besetzt sind, welches hier zuweilen ungewöhnlich lange Wedel entwickelt, liegen haushohe Baumstämme, die seit Jahren unbenutzt daliegen, faulen und zur Woh- nung für die niedlichsten Laub- und Lebermoose dienen: mehrere Fuss lange Rasen der Jungermannia Taylori, mit unzähligen Früchten bedeckt, sind gar nicht selten; dazwischen Aneura palmata und Jun- germannia nemorosa, Herpelium reptans, Metzgeria furcata, Lejeunia serpyllifolia; an feuchten Stellen Hypnum erista castrensis, Plagiochila asplenioides; am Rande des Wassers finden sich nicht selten Lunaria rediviva, Sonchus alpinus, Veratrum Lobelianum, Cardamine trifolia, an Steinen im Wasser selbst Lemanea torulosa, an Baumstämmen Didymodon longirostris ungemein häufig, im Walde oft weite Strecken überziehend das Lycopodium annotinum. Auf den Seefeldern selbst beobachtete ich in einem früheren Jahre das schöne Splachnum ampullaceum in grosser Menge; diesen Sommer je- doch gelang es mir nur einige Rasen aufzufinden, die aber blos Antheridien trugen. Bei der mikrosko- pischen Untersuchung wurde ich angenehm durch die Bewegung von vielen Tausenden kleiner Schwärm- fäden überrascht, welche beim leisesten Drucke von den Schläuchen ausgestossen wurden. An der Drosera rotundifolia, welche ich von den Seefeldern in mein Zimmer verpflanzte, wiederholte ich die Beobachtung der Reizbarkeit ihrer Blätter. Nachdem ich kleine Fliegen mitten auf das Blatt gesetzt hatte, bogen sich erst die sonst horizontal am Rande abstehenden Drüsenhaare über diese Thierchen her- über, dann der Vorderrand des Blattes selbst, und endlich auch die beiden Seitenränder. Ich erlaube mir nur hierbei noch zu bemerken, dass diese Reizbarkeit nicht jedesmal deutlich sich zeigt, dass dies aber denn doch nicht genügt, die Reizbarkeit überhaupt, wie es so oft geschehen ist, bestreiten zu wollen; denn nach meinen Beobachtungen zeigen sich diese Erscheinungen nur an ganz kräftig vegelirenden, an der Blattfläche noch grün gefärbten Blättern. Bei einem Besuche des Einsiedlerberges wurde ich durch die in schönster Blüthe stehende Epipa- etis atrorubens überrascht, welche in grosser Menge den waldigen Theil des Hügels bedeckt. Leider konnte ich nicht, wie ich es gerne wünschte, die Blüthe der Epipactis latifolia mit der von atrorubens vergleichen. Die erstere Pflanze ist ziemlich häufig am Hummel; aber ihre ersten Blüthen fingen sich grade 14 Tage später an zu entwickeln als die von atrorubens, so dass letztere schon verblüht war, als jene erst anfing. Doch besitzt auch ausser der verschiedenen Blüthezeit die Epipactis alrorubens solche Eigenthümlichkeiten in Gestalt der Blätter, Blüthe und Färbung aller. Theile, dass, wer sie lebend beobachtet, an ihrer Species-Natur wohl nicht zweifeln wird. Eine gleichfalls sehr lohnende Exeursion kann man nach dem Hummelschlosse und dem Ratschen- berge machen. Die Wiesen noch lange vor beiden Bergen zeichnen sich aus durch eine Fülle von Arnica montana, Gladiolus imbricatus, Centaurea phrygia, Gymnadenia conopsea, Veratrum Lobelianum, zu denen an den Grabenrändern noch Botrychium Lunaria und Coeloglossum viride kommen; doch beobachtete ich beide Pflanzen, die überall, um Reinerz aber meist nur einzeln vorkommen, an den auf- geführten Lokalitäten in diesem Jahre auffallend sparsamer als früher, Nur der Ratschenberg in der Nähe des Hummels bot an festen grasigen Stellen eine unendliche Menge von Botrychium Lunaria dar; leider gelang es mir nicht, das im Jahre 1849 in dieser Gegend aufgefundene matricariaefolium B. wieder zu beobachten. Gentiana cruciata, ciliata und germanica, 22 168 welche ich früher um diese Zeit in Menge blühend beobachtete, waren noch sehr zurück und blühten dieses Jahr wahrscheinlich erst Ende August. Die Flora des Hummels, welche eine der reichsten um Reinerz ist, habe ich schon früher einmal geschildert, und ich wollte mir nur erlauben, noch zwei neue Bürger desselben Ihnen vorzuführen: BDuxbaumia indusiata und Carex mazima. Die erstere Pflanze fand ich auf faulenden Baumstämmen unter Gebüsch nur in wenigen Exemplaren; der letzteren begeg- nete ich an sonnigen Stellen am Südabhange des Berges, wo sie in kleinen, etwas feuchten Vertiefun- gen in Gesellschaft des Juncus effusus und der Carex silvatica stand. Sie war nicht häufig, und bei den meisten die Früchte schon so entwickelt, dass sie beim Trocknen ausfielen. Bei einem Besuche des Kohlauer Thales hatte ich die Freude, die Vaucheria clavata in einer schmalen Mühlrinne in prachtvollen, reinen Rasen zu beobachten. Später fand ich dieselbe Alge, die übrigens auch an unserem Lehmdamme bei Breslau in Gräben nicht selten ist, an mehreren anderen Orten in reissendem Wasser. \ Von Herrn Privat-Docent Dr. Körber: Ueber die Sporen der Flechten. Derselbe giebt in nachfolgenden Mittheilungen ein kurzes Resume seiner Erfahrungen über die für die Systematik der Lichenen überaus wichtigen Formverhältnisse der Sporen, hervorgegangen aus einer genauen und jahrelangen mikroskopischen Untersuchung sämmtlicher Flechten-Species seines Herbariums. Die Details dieser Untersuchungen einem grösseren (systematischen) Werke über die Lichenen Deutsch- lands vorbehaltend, giebt er in dem Folgenden nur eine terminologische Skizze, deren weitere Ausfüh- rung hier zu weit führen würde; die Gattungsnamen sind hiebei einstweilen noch nach den bisher üblich gewesenen Systemen aufgeführt. Die Sporen der Flechten treten auf: A. Hinsichtlich ihrer Grössenverhältnisse, als: 1) sehr klein, z. B. Coniocybe furfuracea ; 2) klein, z. B. Lecidea badia; 3) ziemlich klein, z. B. Imbricaria parietina ; 4) mittelmässig, z. B. Zeora Cenisea; 5) ziemlich gross, z. B. Verrucaria macularis; 6) gross, z. B. Lecidea atrovirens; 7) sehr gross, z. B. Lecanora pallescens. Anmerkung. Von entscheidendem Werthe können, wie sich von selbst versteht, nur solche Grössenangaben sein, welche das Resultat specieller Messungen sind. Bei monographischen Beschreibun- gen einzelner Arten z. B. werden daher auch nur solche verlangt und vernünftigerweise gegeben wer- den. Doch haben die obigen, wenn auch sehr unsicheren, relativen Bezeichnungen auch ihren Werth und unter Umständen ihren Vorzug. Sie werden namentlich demjenigen, der mit dem Gesammtgebiete der Flechten einigermassen vertraut und in der Anwendung des Mikroskopes auf diese Gewächse geübt 169 ist, jedenfalls bequem sein. Hier hätte es überdies auch viel zu weit geführt, specielle Messungen an- zugeben. Es genüge, anzuführen, dass die grössten bekannten Sporen nur bei wenigen Flechten über 0,”m022 — 0,””024 lang und etwa 0,"”06 — 0,””07 breit, die kleinsten (z. B. von Lecidea Morio, Endocarpon sinopieum, allen Calycien u. a.) schwerlich unter O,"=002 lang wie breit erscheinen. B. Hinsichtlich ihrer Färbung unterscheiden sich die Sporen in: 1) ungefärbte oder wasserhelle, z. B. Lecanora subfusca. Mindestens die Hälfte aller Flechtenarten zeigen ungefärbte Sporen; 2) gelbliche, z. B. Roccella tinctoria; 3) graubraune, z. B. Phlyctis argena; 4) röthlichbraune, z. B. Solorina saccata; 5) olivenbräunliche, z. B. Anaptychia ciliaris; 6) olivengrüne, z. B. manche Calyecia; 7) blauschwarze, z. B. Sphaerophoron coralloides. Anmerkung. Hierbei ist zu bemerken, dass in den ersten Entwickelungsstadien jede Spore un- gefärbt oder wasserhell erscheint, und dass man daher, um über die typische Färbung einer Spore im Klaren zu sein, einen gewissen praktischen Blick sich durch längere Uebung erworben haben muss. Nur aus der Vergleichung vieler mikroskopisch geprüfter Früchte aus den verschiedensten Alterszuständen lässt sich endlich ein Gesetz abstrahiren, das wir für die Systematik benutzen können. C. Ihrem Inhalte nach unterscheiden sich die Sporen in: 1) monoblastische, d. h. nur einen einzigen Sporoblasten (Keimkörper) enthaltende. Diese treten am häufigsten auf z. B. bei Lecanora atra. Das Sporoblastem füllt hiebei entweder die Spore gleichmässig aus, so dass diese gleichsam ein strotzendes Aussehen gewährt, oder sondert sich von der Sporen-Mutterzelle ab und bildet einen abgesetzten, zellig erscheinenden Sporoblasien. — Die monoblastischen Sporen sind zum grössten Theil ungefärbt; 2) dyblastische, und zwar entweder ungefärbte z. B. Verrucaria alba, oder gefärbte z. B. Lecidea parasema. Die beiden Sporoblasten bleiben entweder zellig abgesondert oder haben sich zur Erfüllung des inneren Sporenraumes ausgedehnt, berühren sich und bilden dann eine scheinbare (interstitiäre) oder auch unter Umständen wirkliche Scheide- wand, wie sich denn derartige Modifikationen in gleicher Weise auch bei den nachfol- genden Sporenformen selbstredend wiederholen; 3) tetrablastische, vier fast stets durch Zwischenräume oder Scheidewände getrennte Sporoblasten enthaltend, so dass die Spore d4kammerig oder Afächerich erscheint. Sehr häufig z. B. bei Diplotomma alboatrum; 4) pleiobastische, 6—8 Sporoblasten enthaltend, z. B. Opegrapha sceripta; 5) polyblastische, mehr als 8 (oft bis 40 und mehr), entweder zellig abgegrenzte oder mauerartig bis getäfelt (gegittert) verbundene Sporoblasten zeigend, z. B. Umbilicaria pustulata. Diese Sporenformen treten fast immer gefärbt auf. Anmerkung. Schon in meinem ‚Grundriss der Kryptogamenkunde“ S. 74 ff. habe ich die obige Bezeichnungsweise veröffentlicht und erklärt; indem ich daher auf das dort Gesagte hinweise, bedarf es 22* 170 nur noch folgender nachträglicher Bemerkungen. Den flüssigen plastischen Inhalt der Sporen nenne ich im Allgemeinen Sporoblastem (sporoblastema), es dabei unentschieden lassend, ob derselbe aus ei- ner proteinhaltenden, oder ölartigen oder amylumhaltigen Substanz, oder gar aus einer Mischung zweier solcher Substanzen bestehe. (Für die systematische Bedeutung der Spore ist diese Frage unerheblich, überdies ist sie sehr schwer zu beantworten, da die gewöhnlichsten Mittel hiezu, z. B. Behandlung des Sporoblastems mit Jodine oder mit Säuren je nach der Verschiedenheit der Arten oft ein sehr verschie- denes Resultat gewähren, d. h. Jodine reagirt z. B. bei der einen Flechte blau, bei einer andern bräun- lich färbend). Sobald sich das Sporoblastem zu einem oder mehren peripherisch abgeschlossenen Kör- pern („Zellen‘“ kann man kaum sagen) abgegrenzt hat, nenne ich diese letzteren: Sporoblasten, und es ist nach anderen Untersuchungen längst erwiesen, dass das Auskeimen der Sporen in einem schlauch- arligen Auswachsen dieser von mir sogenannten Sporoblasten besteht. Um zu wissen, ob es im Typus einer Flechte liege, monoblastische oder dyblastische u. s. w. Spo- ren zu erzeugen, ist die schon oben erwähnte erprobte Erfahrung unerlässlich. Denn das Sporoblastem, als eine zähe plastische Flüssigkeit, kann auch selbst dann, wenn z. B. die Sporen sonst normal mono- blastisch auftreten, in sich zellige Coagulationen oder grumöse Granulationen (denen stets eine opake Trübung des Sporoblastems vorangeht) erzeugen, ohne dass man glauben darf, dyblastische oder tetra- blastische u. s. w. Sporen vor sich zu haben. Derartige Modifikationen treten fast stets im Alter der Spore, so wie im Stadium ihres Auskeimens auf und werden dann leicht als physiologisch nothwen- dige Veränderungen zu erkennen sein. Es giebt aber für jede Spore ein gewisses stadium turgoris (um mich so auszudrücken), einen Zeitpunkt der grössten vitalen Spannung, d. h. der erlangten vollsten Reife; in diesem Stadium giebt uns die Spore wie für ihre äussere Gestalt, so für die Anordnung ihres Inhaltes den Typus zu erkennen, den wir als das Gesetzmässige an ihr festzuhalten haben. Nichts ist von Anfang an zusammengesetzt, daher auch nicht die polyblastische Spore. Auch diese ist uranfänglich monoblastisch. Aber die Art und Weise, wie bei dieser und allen anderen nicht mono- blastischen Sporen das Sporoblastem seine Sporoblasten allmälig erzeugt und anordnet, ist nicht die gleiche, welche die monoblastische Spore oder selbst ein einzelner Sporoblast bei Gelegenheit der Trü- bung ihres (seines) Inhalts zur Schau trägt. Ein erfahrener Mikroskopiker wird hier stets das Normale vom Abnormen unterscheiden können und deshalb z. B. die Sporen von Pertusaria communis trotz ihrer immer scheinbar zelligen Erfüllung doch nur monoblastisch nennen, während er schon die jüngere Spore von Urceolaria scruposa als entschieden pleio- bis polyblastisch erkennen wird. D. Hinsichtlich ihrer Gestalt treten die Sporen auf, und zwar a) die monoblastischen als: 1) kuglige, z.B. Usnea plicata; 2) eiförmige, z. B. Zeora cinerea. Ist die häufigste Form; 3) ellipsoidische, z. B. Heterothecium sanguinarium; 4) längliche, z. B. Gyalecta odora; 5) zielscheibenförmige, z. B. Calycium trichiale; 6) stäbchenförmige, den Spermatien der meisten ee nicht unähnlich, z. B. Biatora globulosa; 7) mondsichelförmige, z. B. Zeora rutilans; 8) meisselförmige (spitzweckartige), z. B. Lecanora badia; 9) 10) 11) 12) 13) 171 sichelförmige, z. B. manche Sporen von Baeomyces roseus; euterförmige, z. B. Verrucaria epigaea ; parallelopipedische, z. B. Lichina pygmaea; umsäumte, d. h. der Sporoblast erscheint von der Sporenrandung zellig abgesondert, z. B. Pertusaria Wulfenii; umhofte, d. h. mit einer schleimigen wasserhellen Hülle rings umgeben, z. B. Zeora cinereo-rufescens. (Es versteht sich von selbst, dass viele dieser Formen auch bei dyblastischen, tetrablastischen etc, Spo- ren auftreten können, und umgekehrt.) 14) 15) 16) 17) 18) 19) 20) 21) 22) b) die dyblastischen als: biscuitförmige (länglich-elliptisch, in der Mitte meist mit einer Scheidewand, aber daselbst nicht eingeschnürt), z. B. Parmelia stellaris; semmelförmige (wie vorhin, aber mehr stumpf, und in der Mitte eingeschnürt), z. B. Trachylia tympanella; bohnenförmige, z. B. manche Sporen von Zeora vitellina; tönnchenförmige (elliptisch mit polar vertheilten Sporoblasten, welche häufig durch einen Isthmus mit einander verbunden sind), z. B. Placodium murorum; rautenförmige (rhomboidisch mit polar vertheilten Sporoblasten), z. B. Placodium Callopisma; schuhsohlenförmige (der obere Sporoblast etwas breiter, aber kürzer als der un- tere), z. B. Abrothallus Bertianus; traubenkernförmige (der vorigen ähnlich), z. B. Arthania didyma Kbr. paragraphenförmige (wie ein $ gewunden, mit 2 zelligen Sporoblasten), z. B. Obry- zum corniculatum; kahnförmige (weberschiffartige), z. B. Leptogium muscicolum. ec) die tetrablastischen als: spindelförmige, z. B. Segestrella thelostoma; wurmförmige, z. B. Collema cheileum; puppenförmige (wie die Puppe eines Nachtschmelterlings aussehend, oberer Sporo- blast grösser), z. B. die meisten Arthoniae, Conioloma coccineum; läuseförmige (in Färbung wie Gestalt einer Kopflaus nicht unähnlich), z. B. Verru- caria nitida; cochenilleförmige (in ihrer Gestalt an die getrockneten Weibchen von Coceus cacti erinnernd), z. B. Verrucaria glabrata; fingerförmige, z. B. Opegrapha gyrocarpa. d) die pleio- und polyblastischen als: nadelförmige, z. B. Biutora luteola; älchenförmige, z. B. Biatora asserceulorum: raupenförmige, z. B. G/yphis favulosa; 172 32) schwertförmige, z. B. Opegrapha involuta; 35) mauerförmige, z. B. Endocarpon pusillum, manche Leeideae und Verrucariae. Anmerkung. Für viele Sporenformen, wie z. B. für die höchst eigenthümlichen Sporen der Gat- tung Phlyctis, lässt sich kein kurzer bezeichnender Ausdruck in unsrer (noch weniger in der lateinischen) Sprache auffinden; sie können nur umschrieben werden. Im Uebrigen ist zu bemerken, dass die mei- sten der oben gegebenen Bezeichnungsweisen cum grano salis zu verstehen sind, und dass man bei ihrer Beurtheilung nur das Nützlichkeitsprinzip im Auge haben, nicht aber mit einer gewissen Kleinmei- sterei über die Präzision manches Ausdruckes streiten wolle. Vom Secretair der Section: Neue oder seltenere Pflanzenformen aus Schlesien. In diesem Jahre haben wiederum mehrere derjenigen Botaniker, welche theils schon seit längerer Zeit, theils neuerlich erst sich mit der Erforschung der Schlesischen Flora beschäftigen, sehr dankens- werthe Mittheilungen gemacht, über welche ich hier berichten und einige eigene Bemerkungen anschlies- sen will. Herr Lehrer Hilse in Strehlen entdeckte bei der Durchsuchung der sehr reichen Umgegend seines Wohnortes daselbst Elatine Alsinastrum, Potamogeton gramineus heterophyllus, so wie die schon von Zoelffel beobachteten hybriden Cirsia, namentlich C. lanceolatum-oleraceum, acaule-canum, acaule- oleraceum, und am Galgenberge Salix aurita-purpurea. Herr Lehrer Bartsch in Ohlau sandte Carex fliformis von Sapratschine bei Ohlau, Anemone pa- tens-vernalis von Carlsruh, Litorella lacustris, Rhynchospora fusca, Erica Tetralix, Ornithopus per- pusillus, sämmtlich von Zibelle an der Grenze der Lausitz, und eine Anzahl von interessanten Carex- Formen aus der Gegend von Ohlau. Herr Apotheker Mielke in Gross-Glogau hat die Ergebnisse seiner Forschungen in dieser von Botanikern weniger durchsuchten Gegend mitgetheill. Die merkwürdigste Beobachtung ist ohne Zweifel die des Ranunculus illyrieus in dieser Gegend; ausserdem sind anzuführen: Gentiana Amarella, Cuscuta monogyna, Viola elatior, Osmunda regalis, Holoschoenus filiformis, Herminium Monorchis, Corydalis solida, Polygala amara (uliginosa Rehb.), Sedum soboliferum, Orchis ustulata, Campanula latifolia, Rubus thyrsoideus, Asperula tinctoria, Carex arenaria, Avena praecox, Alsine tenuifolia. Referent zeigte als einen neuen Bürger der Schlesischen Flora die Mentha gentilis L. vor, welche er in Gesellschaft der M. aguatica an den Ufern des Bober im Dorfe Wernersdorf zwischen Kupfer- berg und Landeshut gefunden hatte. Ausserdem legte derselbe eine Anzahl im Riesengebirge beobach- teter seltnerer und zweifelhafter Formen vor, namentlich Aieracium crocatum Fries von der Iserwiese, H. cydoniaefolium Vill. (= sudeticum Sternb.) vom grossen Teiche, eine zwischen diesem und dem AH. nigrescens schwankende Form von eben da, Epilobium virgatum vom Schmiedeberger Kamme an meh- reren Stellen und vom Ochsenberge, die Bergform von Achillea Millefolium, Potomogeton rufescens von Erdmannsdorf, Cirsium heterophyllum-palustre und C. heterophyllum-oleraceum aus der Gegend von Schmiedeberg, die Bergform von Silena inflata mit grossen Blumen vom Koppenplane u. a. — 173 Ueber Carex Buekii wurde bemerkt, dass diese Art an beiden Ufern der Ohlau von Marienau an bis gegen Althof hin beobachtet wird, ausserdem aber auch auf Wiesen bei Bleischwitz, Pirscham und Schwentnig, so wie in Wäldern bei Tschechnitz und im Fürstenwalde bei Ohlau gefunden worden ist. Ueber Rubus bemerkte derselbe, dass diese Pflanzen bei uns immer seltener werden, weil theils das be- waldete Terrain stets im Abnehmen ist, theils mit der zunehmenden Kultur diese lästigen Vegetabilien mit Feuer und Schwert vertilgt werden. Vor einigen Decennien war das Dorf Hohwiese bei Schmiede- berg ein’wahrer Sammelplatz der verschiedenartigsten Rubus-Formen, an dessen sonnigen und steinigen Lehnen und Waldrändern sie in üppigster Fülle wuchsen und wo der eifrigste Sammler der Brombeeren, Lehrer Köhler in Schmiedeberg, bei weitem die Mehrzahl seiner Formen gesammelt hatte. Heut sind nur noch dürftige Reste daselbst vorhanden, und vom Sommer 1852 bis 1853 waren wieder einige der grösseren daselbst noch gebliebenen Gruppen verschwunden. Die schon sonst bekannten Formen des R. villicaulis Köhler, R. hirtus, R. Koehleri Weihe, R. Bellardi Weihe, R. thyrsoideus Wimmer, R. Radula Weihe wurden auch hier beobachtet, ausserdem häufiger als irgendwo der R. Schleicheri Weihe, und als wohl unterschiedene Arten auf’s Neue erkannt; ausserdem auch der R. silesiacus Weihe, der nicht blos Abart des R. thyrsoideus zu sein scheint, und einige andere Formen hier und in der Um- gegend von Schmiedeberg, über welche nach genauerer Untersuchung berichtet werden soll. (BEPV«- seh rensPhaeaeEn ‚uoburuslarıoy . goggwıdı esdoildog ıdaoa, zuamamnid? surf) AR enalaW Sreniloit „SE le: rei warniehäse: Ak nl ge ER BuZEZ A OO adiaW amanianın „A | =) ah han an aan? zmobu opinia Di Ye Ai w e u ii: re a HR lei - - a, Melia m Fruch et, Wil: or 5. 18 vn, A) Kr alu « Jr. N & u kieze: Lammecı Mine in She amkiena ee Kol pie. Gaschiah Alkse. Senieaehrinn Fee meh Ipeseinss Akehe- bh: lien nen Ä F i race, wi, a ea > > 3: ‚Hase. unarer Pier ne hl arte ö termin von One, Zuterclls Teizeirtes + a Br. un, cl Fa Oi “er EI sen ir Par ke Pemio =s her Ge) ee Ha iR es Be m. r er an za Si PR Gl, por, Kite Kocher IR Poes Sg ge: hehe, ee a « or , j eg ash > irre ef, kn Verb drei. 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Durch meine eigene, freilich leider nur zu kurze Anwesenheit in Meran, vorzüglich aber durch ei- nen meiner Freunde, Herrn Rittermann, welcher sich längere Zeit daselbst aufhielt, bin ich in den Besitz einer nicht unbedeutenden Anzahl von Käfern gelangt, die in der nächsten und näheren Umgebung des erwähnten Ortes (also mit Ausschluss der höheren Berge) gesammelt worden sind. Nach diesen zeigt die Käferfauna dieser Gegend von Tyrol immer noch eine grosse Uebereinstimmung mit der Fauna Schlesiens, und es sind dieser, wie es darnach scheint, nur eine Zahl mehr dem Süden eigener Arten zugesellt worden, während dafür andere wahrscheinlich ausgeschieden sind. Wenigstens ebenso häufig als bei uns vorkommende Arten sind: Ciecindela hybrida L., Carabus granulatus L., Panagaeus erux major L., Clivina fossor L., Anisodactylus binotatus F., Harpalus ruficornis F., griseus Pz., aeneus F., honestus And., fulvipes F., servus Cr., tardus Pz., Stenolophus vaporariorum F., Pterosti- chus cupreus L., melanarius 1ll., nigritus F., vernalis F., niger F., striola F., ovalis Duft., Stomis Ppumicatus Pz., Amara picea F., trivialis Gyl., Chlaenius nigricornis F., Schrankii Duft., Calathus eisteloides Il., melanocephalus (die alpine Form), mieropterus Duft., Anchomenus parumpunctatus F., Bembidium celere F., rupestre 1ll., femoratum Gyl., Staphylinis caesareus Ced., Necrophorus vespillo F., Silpha rugosa L., obscura L., Dermestes pellio L., Cetonia metallica Payk., marmorata F., aurata L., Serica holosericea Scop., brunnea L., Geotrupes stercorarius L., mutator Marsh., Ontophagus tau- 25 176 rus L., Oniticellus flavipes F., Aphodius haemorrhoidalis L., fimetarius L., inguinatus F., prodromus Br., Dorcus parallelopipedus L., Lucanus cervus L., Trox hispidus Laich., Opatrum sabulosum L., Telephorus rusticus Fall., Otiorhynchus Ligustiei L., Lepyrus colon Pz., Rhynchites populi L., betu- leti F., Elater murinus L., sanguineus L., Aromia moschata L., Hammaticherus cerdo L., Lamia textor L., Chrysomela staphylea L., marginata L., cerealis L., goeltingensis L., aenea L., haemoptera L., armoraciae L., Crypiocephalus geminus Gyl., hieroglyphicus F., Clythra laeviuscula R., Age- laslica alni L., Galleruca viburni Payk., Adimonia tanaceti L., Coceinella 7 punctata L., 5 punctata L., bipunctata L., globosa Ill. u. s. w. Als in Schlesien sehr seltene oder gar nicht vorkommende Arten erlaube ich mir anzuführen: Chlaenius tibialis Dej. (über dessen Verwandtschaft mit Chl. Schrankii bereits im Jahresberichte für 1852, S. 91, eine Mittheilung gemacht worden ist), Aarpalus maculicornis Duft., Ocypus cyaneus Payk., Silpha laevigata F., Cetonia affinis And., stietica L., morio Hbst., Anomala vitis F., Juni Duft., Aphodius obliteralus Pz., testudinarius F., Gibbium scotias F., Helops lanipes F., Tenebrio curvipes F., Adimonia florentina Dej., Chrysomela Rossii Ill., asclepiadis Vill., Oryptocephalus vitis Pz. ete. Ausserdem gestatte ich mir noch zu bemerken, dass ich selbst unfern Botzen in Tyrol auf den die Ufer der Etsch zahlreich bedeckenden Weiden die Cliythra vieina Lac. in mehreren Exemplaren gefan- gen habe, diese Art also ebenfalls in die Fauna Deutschlands aufzunehmen ist. Herr Hauptlehrer Letzner machte ferner Mittheilungen über folgende, im laufenden Jahre von ihm gefangene Käfer, welche sämmtlich vorgezeigt wurden: 1) Lieinus depressus Payk. war nach einer Ueberschwemmung an der alten Oder unter Gerölle im April d. J. von ihm gefangen worden. Das Thier ist in Schlesien sehr selten. — 2) Xantholinus linearis. Oliv., häufig in Schlesien, wurde an demselben Orte und Tage, wie der vorige, in Copula ge- fangen, wobei bemerkt wurde, dass diese Thiere erst, nachdem sie längere Zeit mit der blossen Hand vom Boden aufgenommen und in ein Gefäss gebracht worden waren, die Verbindung (während welcher Anus gegen Anus gekehrt und das Männchen wie das Weibchen auf seinen Füssen war) auflösten. — 3) Monochamus sutor L. war in einem Hause auf der Albrechtsstrasse hierselbst im Juli d. J. gefan- gen worden. Dieses Thier, welches noch lebend in meine Hände gelangte, ist bei Breslau bis jetzt noch gar nicht beobachtet worden. — 4) Dromius linearis Oliv. Ende Juli d. J. von mir auf dem klei- nen Altvater in einem Exemplare gekäschert. Bisher war das Thier in Schlesien erst ein Mal (in 12 Exemplaren) von Herrn Hofrath Dr. Roger im vorigen Jahre am Schlossberge in Lubowitz bei Ra- tibor gefangen worden. Das Vorkommen desselben in unserer Provinz ist somit bestätige. Da der neue Fundort ein so sehr abweichender ist, lässt sich als gewiss annehmen, dass das Thier auch an mehre- ren anderen Orten sich noch vorfinden wird. — 5) Tiresias serra F. war mir dieses Frühjahr aus den in meinem Zimmer überwinterten Eichenrinden ausgekrochen. Die Larvenhaut, in welcher (wie Erichson ganz richtig beschreibt die Puppe bis zu erfolgtem Auskriechen des Thieres geruht hatte, wurde nebst einer nicht ausgekommenen Puppe ebenfalls vorgezeigt. Von hiesigen Entomologen ist das Thier bis jetzt noch nie gefangen worden. — 6) Diacanthus eruciatus L., in einem Exemplare oberhalb Krumm- hübel im Juli d. J. gefangen; in Schlesien sehr selten. — 7) Chrysomela tremulae Fab. Im Juni d. J. sammelte ich an der alten Oder eine Larve, welche einige Sträucher der Salix purpurea gänzlich ver- wüstete. Obgleich dieselbe mit der in Ratzeburgs Forstinsekten abgebildeten Larve der Chr. tremulae ziemlich genau übereinstimmte, so erzog ich dieselbe dennoch, da ich nirgends gelesen hatte, dass die- ses Thier auch auf Salix-Arten lebe. Es entwickelten sich daraus (der Puppenzustand hatte vom 9. bis 177 16. Juli gedauert) vollkommen normalmässig gebildete und gefärbte Exemplare der Chr. tremulae. Die Larve zeigte übrigens ganz denselben eigenthümlichen Geruch, welchen sie gewöhnlich, also von den Blättern der Pappeln lebend, von sich giebt. — 8) Eccoptogaster scolytus Hbst. Derselbe hatte die- ses Jahr mehrere grosse Bäume (Ulmus campestris, Prunus Padus) auf der hiesigen Promenade ge- tödtet. — 9) Cionus scrophulariae L. Dieses Thier bewohnte als Larve (und zwar in allen Grössen), Puppe und vollkommenes Insekt im Juli d. J. oberhalb des hohen Falles am Leiterberge (etwa 3500 F. hoch) die in einem jungen Haue in Menge vorhandene Scrophularia Scopolü sehr häufig. Drei Exem- plare der schmutzig weissen, weichen, mit Schleim überzogenen, fusslosen, mit schwarzem Kopfe und zwei schwarzen Hornschildchen am Vorderrande des Halsschildes versehenen Larven hatten sich in Bres- lau in einem kugelförmigen, am Pflanzenblatte festsitzenden Gespinste verpuppt, und es waren nach 12 Tagen die Käfer zum Vorschein gekommen. In der Ebene bewohnt das Thier, wie bekannt, ebenso häufig Serophularia nodosa. Herr Lehrer Letzner hielt ferner einen Vortrag: Veber Dorcatoma rubens E. H. und flavicornis Fab. Da es mir gelang, D. rubens E.H. zahlreich aus Larven zu erziehen, so erlaube ich mir Folgendes darüber mitzutheilen. Die Larve ist weiss, 21,—3 Linien lang, am 1. Brustringe (wo sie am breite- sten ist) 1 Linie breit, nach hinten sanft verschmälert, auf der Oberseite hoch gewölbt, und liegt, wie die Bostrichus-Larven, stets stark gekrümmt, so dass der Anus bis zu dem 3. Fusspaare, zuweilen so- gar bis an den Mund reicht. Der Kopf ist mit einer blassgelblichen Hornschale bedeckt. Die Kinnbak- ken sind stark, zweispitzig, wie die Ober- und Unterlippe an der Spitze braun. Kinnladen-Taster drei-, Lippen-Taster zweigliedrig. Augen und Fühler fehlen. Der Leib ist quergerunzelt, doch kann man die 3 Brust-, die 8 Hinterleibs-Ringe und den Anus (namentlich an den Seiten) deutlich erkennen. Die Brustringe haben keine Hornschalen zur Bedeckung. Die Luftlöcher an den Seiten des Hinterleibes sind nur durch die kleinen Grübchen, in denen sie liegen, erkennbar. Unter starker Vergrösserung ist der ganze Körper :mit sehr kurzen, röthlichen, weitläuftig stehenden Härchen bedeckt. Die Beine enden in eine einfache, gerade Klaue; die Schienen sind mit längeren und dichter stehenden Haaren bekleidet. Die weiblichen Larven sind, wenn sie ihrer Verpuppung nahe stehen, leicht daran kenntlich, dass bei ihnen die hintersten 3 Leibesringe weit stärker aufgetrieben sind, als bei den männliche Käfer liefern- den. — Die Puppe ist bis 2 Linien lang, weiss, dick und kurz, glatt. Auf ihrem Rücken lassen sich die beiden hinteren Brustsegmente wie 7 Hinterleibs-Ringe und der Anus sehr deutlich erkennen. Der letztere ist cylindrisch, abgerundet, und endet auf der Bauchseite in 2 sehr kurze, vom Rücken her be- trachtet nicht sichtbare Spitzchen. Der Kopf ist mit dem starken Munde abwärts geneigt; die beiden vorderen Beinpaare liegen auf den Decken, das hinterste unter denselben ganz verborgen, so dass man kaum die Tarsen wahrnehmen kann. Die Deckschilde sind viel kürzer als der Hinterleib, daher der Anus und fast die 4 letzten Abdominal-Segmente von ihnen unbedeckt bleiben. Das Thier lebt in dem weichen, mulmigen Holze alter Eichen in Gesellschaft mit Doreatoma chry- somelina Meg. und flavicornis Fab., wie Pentaphyllus testaceus Redt., überwintert als Larve in ver- schiedener Grösse, und bereitet sich, ehe es sich verpuppt, in dem oft schon zu lauter Wurmmehl ge- wordenen, etwas feuchten Holze eine eliptische Höhlung. Der Käfer erscheint im Mai (aus den klein überwinterten Larven im Juni) und begattet sich bald nach dem Auskriechen. Kurze Zeit darauf ist 23* 175 der Hinterleib des Q ungemein aufgetrieben, so dass der Anus und 4 Leibes-Ringe über die Decken hinausragen. In meinem Zimmer legten die ersten Q ihre Eier am 21. Mai; dieselben waren verhält- nissmässig gross, ', Linien lang, von eliptischem Umriss, weiss. Sie wurden einzeln und in Menge ohne Sorgfalt zerstreut in das Wurmmehl geleg.. — Der Käfer lebt nur wenige Tage, ist sehr träge und unbeholfen, kommt auf einer ebenen Fläche sehr langsam und nur mit grosser Mühe vorwärts, und fällt sehr oft auf den Rücken, von dem er sich, wegen seiner hochgewölbten Deckschilde, nur schwer emporhelfen kann. Die Larve von Dorcatoma flavicornis F., welche, wie schon erwähnt, mit der vorstehenden in Gesellschaft lebt, - zeigt ausser der geringeren Grösse (ausgewachsen etwa 14, Linien) keinen wesent- lichen Unterschied. Sie ist unter starker Vergrösserung ebenfalls kurz behaart. — Die Puppe ist ge- streckter als bei der vorigen Art, weiss, später röthlich, die Augen schwärzlich. Die 4 vorderen Beine sind frei und ihre Tarsen berühren sich fast. Von den Hinterbeinen bemerkt man keine Spur und auch deren Tarsen sind von den Flügeln bedeckt. Diese berühren einander fast mit ihren Spitzen und sind etwas länger als die Decken. Der cylindrische Anus ist durchscheinend, und hat auf der Bauchseite zwei sehr kleine, leicht zu übersehende Spitzchen. Wenn diese Art auch weniger unbeholfen ist, als D. rubens, so kann sie doch immer noch nicht beweglich genannt werden. Berührt stellt sich der Käfer, wie Anobien, Byrrhen etc., todt, bleibt aber weit länger in diesem Zustande, als jene, so dass es mir mehr als ein Mal begegnet ist, dass ich Exem- plare aufklebte, ohne einige Zeit vor- und nachher Spuren von Leben an ihnen wahrgenommen zu haben, und doch lebten dieselben noch. Herr Oberlehrer, Rector Rendschmidt hielt einen Vortrag über die Arten der Käferfamilie Nitidula Fab. Es wurden erwähnt und vorgezeigt: 1) Strongylus aeneus, ferrugineus F., strigatus F., impe- rialis F. und quadripunctatus Hbst. 2) Nitidula sordida, varia, colon, Apustulata, discoidea, 10 gut- tata, bipustulata, obscura, limbata, obsoleta, aestiva, pusilla, depressa, pedicularia und fervida (diese nicht aus Schlesien). 3) Cercus atratus, pygmaeus, pedicularius und pulicarius. I. Diptera. Herr Dr. phil. W. G. Schneider beendete seine Auseinandersetzung der schlesischen Arten der Dipteren-Familie Asilica mit der Erläuterung der: C. Asilusartige Raubfliegen. 5) Asilus Linne ex p. Herr Director Loew hat sehr gründliche Untersuchungen über die Bildung der äusseren männlichen und weiblichen Genitalien angestellt und daraus wesentliche Resultate nicht nur zur leichteren Unterscheidung der Arten, sondern auch zur übersichtlichen Gruppirung derselben in Abtheilungen und Untergattungen, welche vielleicht später Gattungsrechte haben dürften, gewonnen. Die Haupt-Abtheilungen sind: A. Arten mit zusammengedrückter weiblicher Legeröhre. B. Arten, deren weibliche Legeröhre konisch oder kolbig ist. Loew hat die ihm näher bekannten 74 europäischen Arten in 16 Gruppen gebracht, von denen 14 mit 25 Arten bis jetzt als in Schlesien einheimisch bekannt sind. Aus der Abtheilung A: Erste Gruppe: Lophonotus. Mitte des tkorax von hinten bis vorn mit Borsten besetzt. 1) A. punctipennis Meig. Von Herrn Prof. Zeller im Mai um Glogau, und von Herrn Schummel um Breslau (ohne nähere Angabe des Fundortes) gefunden. 2) A. spiniger Zeller. Um Glogau von Herrn Prof. Zeller entdeckt. 3) A. foreipula Zeller. In ganz Schlesien, in der Ebene und im Gebirge, gemein. 4) A. trigonus Meig. Im Mai und Juni bei Lissa; um Glogau. Zweite Gruppe: Eutolmus. Lamellen der weiblichen Legeröhre eiförmig. 5) 4A. rufibarbis Meig. Um Breslau bei Cosel, Lissa, Carlowitz; um Glogau (Zeller). Dritte Gruppe: Machimus. Hinterrand des Sten Hinterleibssegmentes beim Männchen unten zipfel- förmig verlängert. 6) A. Chrysitis Meig. Um Glogau (Zeller). 7) A. Gonatistes Zeller, bei Schwoitsch, Paschkerwitz; um Glogau von Zeller entdeckt. 8) A. rusticus Meig., um Breslau bei Pöpelwitz, Paschkerwitz; um Glogau. 9) A. atricapillus Fallen, in der Ebene und im Gebirge häufig. Vierte Gruppe: Mochtherus. Beine kahl, meist hellgefärbt; Knebelbart sehr sparsam; männliche Genitalien dick, kolbig; weibliche Legeröhre spitzig. 10) 4. flavicornis Ruthe, von Prof. Zeller nur in einem einzelnen weiblichen Exemplar auf den Striegauer Bergen entdeckt. 11) 4. pallipes Meig., nicht selten bei Lissa, Kottwitz, Glogau. Fünfte Gruppe: Stilpnogaster. Körper glänzend schwarz; Untergesichtshöcker gross. 12) A. aemulus Meig. Nur im Gebirge; um Reinerz, im Riesengebirge. Sechste Gruppe: Itamus. Weibliche Legeröhre sehr lang, männliche Genitalien glänzend schwarz, dick angeschwollen. 15) A. cyanurus Loew, in der Ebene, bei Lissa, Kranst u, s. w., und im Gebirge, bei Rein- erz, Hirschberg u. s. w. 14) A. cothurnatus Meig., bei Cosel, Lissa, Kranst u. s. w. 15) A. geniculatus Meig., von mir einmal bei Reinerz, und von Schummel einmal bei Char- lottenbrunn gefunden. Siebente Gruppe: Tolmerus. Männliche Genitalien klein, braun, weibliche kurz und spitz, 16) A. pyragra Zeller, häufig bei Paschkerwitz u. s. w.; bei Glogau. Achte Gruppe: Epitriptus. Körper gelbgrau, Beine hell geringelt oder gestreift; männliche Genita- lien klein, weibliche klein, spitz dreieckig; Bauchsegmente mit Borsten besetzt. 17) 4A. eingulatus Fabr., nicht häufig; um Breslau bei Cosel; bei Glogau. 18) 4A. setosulus Zeller, häufig, bei Carlowitz, Paschkerwitz, Scarsine; um Glogau. 19) A. arthriticus Zeller, von Herrn Prof. Zeller bei Glogau gefunden. Aus der Abtheilung B: Neunte Gruppe: Asilus sens. striet. Grosse, hochgefärbte Arten; Flügel rostgelb, mit braunem Hin- terrande. 20) 4A. erabroniformis- Linn., erscheint erst im Spätsommer und Herbst; bei Pöpelwitz, Schwoitsch, Bruschewitz u. s. w.; um Glogau. 180 Zehnte Gruppe: Zhadiurgus. Färbung des Körpers grauschwarz; Untergesicht glänzend schwarz; Hinterleib flach, kahl. 21) A. variabilis Zetterst., selten; von Schummel vor Jahren einmal im Gebirge gefangen. Eilfte Gruppe: Pamponerus. Körper schwarzgrau, Schienbeine roth gefärbt; Untergesichtshöcker und Knebelbart gross. 22) A. germanicus Linn., erscheint schon im Mai und ist in der Ebene, wie im Gebirge, ziemlich verbreitet. Zwölfte Gruppe: Antipalus. Genitalien gross, die weiblichen sehr dick und kolbig. 23) A. varipes Meig., nicht häufig, bei Paschkerwitz, Bruschewitz; um Glogau. Dreizehnte Gruppe: Echthistus. Körper graulichgelb gefärbt; Vorder- und Mittelschienen dicht bedornt; erstes Tarsenglied der Vorder- und Mittelfüsse sehr verkürzt. 24) A. rufinervis Meig. Nicht sehr häufig; bei Paschkerwitz; um Glogau. Vierzehnte Gruppe: Philonicus. Endlamellen der weiblichen Legeröhre mit kurzen Stachelborsten besetzt. 25) 4A. albiceps Meig. Eine der gemeinsten Arten um Breslau, wie um Glogau. II. Lepidoptera. Herr Kaufmann A. Neustädt hielt einen Vortrag über Vorkommen, Lebensart und Verwandlung der Arten des Genus Argynnis F., und zeigte die in Schlesien einheimischen Spezies vor. Es wa- ren: 1) Dia L., 2) Arsilache F., 3) Selene F., 4) Euphrosyne L., 5) Ino E., 6) Daphne F., 7) Niobe L., 8) Adippe F., 9) Aglaja L., 10) Paphia L., und 11) Zatonia S. V. Herr Dr. phil. W. G. Schneider sprach über die Familie der Lithosidae, als Fortsetzung eines früheren Vortrages des Herrn Dr. Wocke über dieselbe Familie, und erläuterte, da die schlesische Fauna in einzelnen Gattungen arm an Arten ist, sämmtliche ihm bekannte europäische Arten. Die vorgezeigten Gattungen und Arten waren folgende: I. Calligenia Duponch., eine unhaltbare, nur durch den bauchigen Vorderrand der Vorderflügel von der folgenden verschiedene Gattung, mit einer schlesischen Art: 1) €. rosea Borkh. (Miniata Forst.), im Juni bei Lissa nicht selten. ll. Nudaria Steph. Körper schlank, kurz behaart; Flügel ziemlich breit, rundlich, die vorderen mit 11—12, die hinteren mit 8 Rippen, letztere z. Th. gegabelt; Fühler nach unten lang gewimpert. Von den vier beschriebenen europäischen Arten finden sich nur 2 in Schlesien. 1) N. senex Hübn., sehr selten in Schlesien. 2) N. mundana Linne, seltener in der Ebene, mehr im schlesischen Gebirge. 3) N. murina Esp., letzterer ähnlich, aber grösser, findet sich in Frankreich. 4) N. einerascens Herr.-Sch., aus der Türkei, dürfte wohl nur eine dunkle Lokalvarietät der N. murina sein. Ill. Setina Schrank, Hinterleib kürzer als die Hinterflügel; Fühler des Männchens lang gewimpert, jedes Glied mit 2 längeren schrägen Borsten besetzt; Vorderfligel mit dreieckigem Umriss, Hinterflügel rundlich, breit, faltig, der Saum vor der Spitze etwas eingebogen; alle Flügel gleich gefärbt. 181 Von den 6 beschriebenen europäischen Arten ') sind bis jetzt nur 2 mit Sicherheit als ‚schlesisch bekannt. 1) $. flavicans Boisd., der S. örrorella ähnlich, aus dem Altai und der Provence. 2) S. irrorella Linne, in der Ebene, bei Bruschewitz u. a. O., und im Gebirge, z. B. Schrei- berhau. S. Andereggiü ist eine Varietät dieser Art aus der Schweiz, mit schwärzlichen Rippen der Vor- derflügel. Die beiden Varietäten: Freyeri Nick. und Signata Borkh., sind mir in natura unbekannt. 3) S. aurata Menetr., aus dem Caukasus; habe ich noch nicht gesehen. 4) S. roseida S. V., in Süd-Deutschland, Ungarn und den Alpen, mit 2 auffallenden Varietä- ten, deren eine: a) Kuhlweinii Hübn. in Nord-Deutschland vorkommt und vielleicht auch in Schlesien sich finden dürfte; die andere: b) Melanomos Nickerl, auf dem Gross-Glockner heimisch ist. 5) S. aurita Esp., aus den Alpen, mit einer schönen Varietät aus der Schweiz: S. ramosa Fabr., bei welcher die Vorderflügel mit schwarzen Striemen auf den Adern gezeichnet sind. 6) S. mesomella Linne (Eborina S. V.), in Schlesien an. vielen Orten nicht selten. IV. Paidia Hübn. Vz., der Gattung Setina am nächsten stehend und sie mit Lithosia verbindend; Fühler lang gewimpert; Rippe 11 der Vorderflügel durchschneidet die 12te (Vorderrandsrippe); die öte Rippe der Hinterflügel fehlt. Die drei beschriebenen, aber noch nicht allgemeiner bekannten Arten dieser Gattung: 1) P. mesogona God., 2) rufeola Boisd., und 3) odtusa H.-Sch. sind im südlichen Frank- reich gefunden worden. (Der Schluss folgt im nächsten Jahresberichte.) Herr Dr. Wocke gab am 29. Januar eine Uebersicht der in Schlesien einheimischen Arten der von Professor Zeller in der Linnaea entomologica, Band 7 und 8, abgehandelten Tineaceen-Gattungen. 1) Talaeporia Hb. Die einzige bei uns heimische Art pseudobombycella Hb. ist in ganz Schlesien verbreitet, mit Ausnahme der höchsten Gebirge. Die Raupe ist Ende April oder Anfang Mai er- wachsen, und man findet sie dann häufig, zur Verpuppung in die Höhe kriechend, an Bäumen, alten Zäunen oder Felsen. Der Schmetterling fliegt im Juni, im höheren Vorgebirge bis Mitte Juli. 2) Solenobia Dup. Pineti Zell. Nach Zeller bei Glogau häufig an Kiefern. Auch bei Breslau scheint sie in allen Kieferwaldungen vorzukommen, wenngleich sie noch nie in Menge gefunden wurde. — Oswilz, Paschkerwitz, Lissa. Triquetrella FR. Um Breslau in manchen Jahren nicht selten im April an alten Zäunen oder an Baumrinde. ‘) Herrich-Schäffer beschreibt zwar in seiner systematischen Bearbeitung von dieser Gattung 9 Arten, von diesen sind aber 3 durch Uebergänge als Varietäten nachzuweisen; aus diesem Grunde ist auch Herrich-Schäf- fer’s übersichtliche Eintheilung der Arten unbrauchbar. 182 Lichenella Lin. Die Säcke dieser Art fand ich im November vorigen Jahres in Menge an ei- nem alten Zaune in einer Vorstadt Breslau’s; ich nahm deren gegen 600 mit, die ich auch fast alle glücklich im Freien durchwinterte. Anfang März spannen sie sich zur Verpuppung fest, und gegen Ende des Monats erschienen die Schmetterlinge, Wie ich erwartet hatte, befand sich unter allen auch nicht ein Männchen. Die Thiere begannen bald nach dem Ausschlüpfen ihren Sack mit Eiern zu füllen, einige, die von demselben heruntergefallen waren, suchten sich den ersten besten fremden Sack dazu auf, und so sah ich ein paar Mal zwei Weibchen in derselben Hülse ihre Nachkommenschaft bergen. Noch andere gaben sich nicht einmal diese Mühe, sondern legten ihre Eier frei auf den Boden der Schachtel. Nach etwa vier Wochen waren die Räupchen ausgekrochen, von denen mir aber ein Theil durch die Ritzen der Schachtel entwischte; die Uebrigen setzte ich an einem für ihr Fort- kommen geeigneten Ort in’s Freie. Inconspicuella Stainton. Aus Säcken, die ich im Winter und ersten Frühjahre bei Scheitnig und Schwoitsch an Eichen und einem Zaune gesammelt, erhielt ich eine Anzahl Exemplare dieser Art, die mit Zellers Beschreibung sehr gut stimmen. Die männlichen Hülsen sind wie die von Zeller beschriebene weibliche, nur etwas kleiner, 2'/ lang, die weib- lichen haben aber eine hellere gelblichgraue Grundfarbe und sind hie und da mit gröberen dunklen Pflanzentheilchen bekleidet. 3) Diplodoma Zell. Marginepunctella Steph. Nur wenige Exemplare bei Breslau Ende Mai, ein weibliches bei Reinerz in Fichtenwaldung am 3. Juli gefangen. 4) Xysmatodoma Zell. 3 Melanella Haw. Bei Breslau nicht häufig an alten Eichen. . Den Sack fand ich immer durch feine Flechtentheilchen gelb oder grün gefärbt. Argentimaculella Sta. Von Dr. Scholz in der Grafschaft Glatz gefangen; ist mir unbekannt. 5) Adela Latr. : Fibulella SV. Um Breslau -in lichtem Laubgehölz sehr häufig in der ersten Hälfte des Mai an Veronica chamaedrys. Im Hochgebirge fliegt sie viel später. Im Jahre 1849 traf ich sie nahe am Gipfel des Hochstein im Riesengebirge am 22. Juli in grosser Anzahl an den Blüthen von Veronica officinalis und noch später fand ich sie gleichfalls noch frisch auf der Iserwiese an derselben Pflanze. An eine zweite Generation ist aber hierbei gar nicht zu denken, sondern die Verspätung ist lediglich Folge der Gebirgskälte. Rufifrontella Tr. Früher nur einzeln um Breslau gefunden, erschien sie in diesem Jahre An- fangs Mai in Unzahl an Oderdämmen, wo sie besonders die Blüthen von Capsella Bursa pastoris und einer Carex besuchte. Fedia olitoria stand zwar dort auch häufig, doch war nur ausnahmsweise eine Adele darauf zu sehen. Kufimitrella Scop. Um Breslau überall gemein. Violella Tr. Ende Juni und Anfangs Juli bei Breslau wie im Riesengebirge bei Schreiberhau. Am häufigsten fand ich sie an Blättern von ARubus-Arten und an Genista-Blüthen. Associatella F. v. R. Nur im Gebirge, an Tannen. Auf dem Zobten schon zu Anfang Juni, um Reinerz und Schreiberhau Anfang bis Mitte Juli. Sulzeriella Zell. Bei Breslau und im Vorgebirge (Salzgrund) Anfang Juni an Linden und Ha- selgebüsch nicht sehr häufig. 183 Degeerella Lin. In der Ebene wie im Vorgebirge gemein im Juni. Congruella F. v. R. Vom Vorgebirge (Fürstenstein) bis in’s höhere Riesengebirge, von Ende Mai bis Ende Juni in Gesellschaft der folgenden, aber selten. Ochsenheimerella Hb. Nicht häufig mit der vorigen, meist um Nadelholz fliegend. ' Viridella Scop. und Cuprella SV. sind beide um Breslau gemein, die erstere auch im Ge- birge häufig, wo Cuprella selten zu sein scheint. 6) Nemotois Hb. Scabiosellus Scop. Im Vorgebirge oft recht häufig, in der Ebene seltener. Die Var. aero- sellus ist mir in Schlesien noch nicht vorgekommen. Pfeifferellus Hb. In Schlesien bisher nur von mir um Breslau gefangen, wo er auf feuchten sonnigen Wiesen, aber nie häufig, Ende Juli und Anfangs August an Scabiosen fliegt. Cupriacellus Hb. Mit dem vorigen an denselben Stellen und zu gleicher Zeit etwas weniger selten. Obgleich ich bisher schon an 30 schlesische Weibchen in Händen hatte, ist mir doch noch nie ein Männchen vorgekommen, das ich, wie Herr Zeller, nur in einem als dalmatinellus von Mann erhaltenen Exemplare kenne. - Violellus HS. Um Lissa bei Breslau auf Torfwiesen in manchen Jahren nicht selten. Ich fand ihn schon öfters in copula. Schiffermillerellus SV. Ziemlich selten an Schlehen in der nächsten Umgebung von Breslau im Juni. Minimellus SV. und Dumeriliellus Dup. Beide bisweilen häufig um Breslau im Juli und An- fang August; der erstere auf Torfwiesen, der andere auf trockenen, lichten Waldplätzen, vorzugsweise an den Blüthen von Veronica spicata. Herr Dr. Wocke berichtete ferner am 22. October über die Ergebnisse einer vom 11. bis 15. Sep- tember gemachten Gebirgsreise. Am 11. traf er in der Gegend von Fürstenstein ausser einer Anzahl Raupen von Sphinz Elpenor und yalii an Epilobium auch noch ein Paar Raupen von Cuecullia lactucae an Phoenixopus muralis. In einem Rothbuchengehölz am Nordabhange des Sattelwaldes fand er 3 mas und 2 fem. der bisher ‘in Schlesien noch nicht beobachteten ‚Lobophora sertata Hb. (appendiculata Boisd.), so wie mehrere Exemplare von Teras favillaceana, und auch hier schon 2 Exemplare der La- rentia dilutata, Männchen, nur halb so gross wie. in der Ebene, wo die Art 3 bis 4 Wochen später erscheint. Die beiden Stücke waren durchaus gleich, ziemlich blass grünlich grau, zwar scharf, aber nicht sehr dunkel gezeichnet, und bei Weitem nicht so lebhaft gefärbt, wie die wenige Tage später auf dem Riesengebirge gefangenen. Dort (Kleine Schneegrube, Mädelwiese) war die Art schon etwas ver- flogen; dennoch wurden noch einige 20 gute‘ Stücke erbeutet; sie sind von der Grösse der in der Ebene _ Nliegenden, weichen aber alle durch viel lebhaftere Färbung ab. Die Grundfarbe ist ein helles, glänzen- des Weissgrau, die Zeichnungen sind schwarzbraun bis tief schwarz, bei einigen Exemplaren ist die Vorderflügellläche noch mit schwärzlichen Atomen mehr oder weniger dicht bestäubt; bei zwei Stücken ist diese Bestäubung so stark, dass die helle Grundfarbe völlig verdeckt wird und die Zeichnung nur un- deutlich hervortritt. Auf dem Sattelwalde wurde ferner noch eine Raupe der in Schlesien seltenen Laelia eoenobita auf einem niedrigen Fichtenstrauch gefunden, welche, vollkommen erwachsen, sich noch wäh- rend der Reise einspann. Am 12. wurde der Schmiedeberger Kamm durchsucht und in der Nähe der Friesensteine einige Aylina solidaginis auf Heidelbeersträuchern sitzend gefunden. Am Westabhange des Berges fing Herr 24 154 Dr. Wocke an einem Felsen ein Weibchen der in der Zeitschrift für Entomologie des Vereins für schlesische Insektenkunde, Tab. 4. fig. 13, abgebildeten Acidalia eburnata Wo. Das Exemplar weicht von dem dort gegebenen Männchen in der Zeichnung gar nicht ab, nur ist die Fläche der Flügel auf der Oberseite etwas stärker schwarzbraun bestäubt. Uebrigens sieht sich der Autor genöthigt, die Art wieder einzuziehen und für synonym mit contiguata Hb. zu erklären. Er liess sich durch die in Hüb- ners Abbildung vorhandenen drei Querlinien der Hinterflügel verleiten, sein Exemplar, welches deren nur zwei zeigt, indem die mittelste fehlt, für eine neue Art zu halten, jetzt aber, da ihm der Anblick vieler Exemplare aus Oesterreich zu Theil geworden, hat es sich gezeigt, dass die Art in der Zahl der Querlinien auf den Hinterflügeln sehr veränderlich ist. Am 13. fanden sich in einer stark mit Epilobium angustifolium bewachsenen Schonung oberhalb Agnetendorf eine grosse Menge Raupen von Sph. Elpenor und galii, theils erwachsen, theils noch ganz klein, so wie eine noch sehr kleine Raupe von Polia occulta. Den 14. auf der Mädelwiese ausser der schon erwähnten dilutala noch ein Wickler, Paedisca pinicolana Zeller. Diese Art scheint dort gerade nicht selten zu sein, doch war ihre eigentliche Flugzeit schon vorüber, die Männchen waren sämmtlich verflogen, und nur etwa 10 gute Weibchen wurden gefangen. Sie flogen theils aus niedergetretenem Heidelbeergesträuch auf, theils wurden sie von den Aesten der verkümmerten Fichten geklopft. Am kleinen Teiche und in der Nähe der Grenzbauden fanden sich Zarentia achatinata (noch ganz frisch) und populata (ziemlich verflogen), und zwar deren dem Hochgebirge eigenthümliche Varietät mit gleichmässig dunkelbrauner Färbung der Vorderflügel. Ausserdem wurden noch mehrere kleine Raupen einer Plusia, wahrscheinlich jota, von Nesseln und einige von Noct. brunnea von anderen niederen Pflanzen geschöpft, wie auch von Heidelbeerkraut eine Anzahl Raupen von Ayppa reclilinea, welche aber in Breslau sämmtlich erwachsen zu Grunde gingen. Am 15. wurden auf dem Wege von den Grenzbauden nach Schmiedeberg viele ziemlich erwach- sene Raupen der in Schlesien seltenen Hadena ylauca gefunden, die an Heidelbeerblättern und Aubus versteckt sassen. Der Schöpfer lieferte dort in Mehrzahl die Räupchen von Aypena crassalis nebst ei- nigen Spannerraupen, die, leider nicht hinreichend beachtet, schon im Winter in geheizter Stube die Larentia luctuata und spadicearia lieferten. iv. Hymenoptera Herr Hauptlehrer Letzner zeigte Megachile circumeincta Kirb. vor, welche derselbe am Fusse des Altvaters vor einem Hause des Dorfes Waldenburg unter der losen Rinde eines fichtenen Holzschei- tes gefangen hatte, als sie eben im Begriff war, zwischen dem zahlreichen, eine fingerdicke Schicht bil- denden Wurmmehle die vierte ihrer Zellen zu vollenden. Dieselben bestehen aus mehreren Stücken der Blätter von Fagus sylvatica (und zwar nur von dieser), welche cylindrisch übereinander gerollt und an den Enden so umgeschlagen sind, dass die eine Endfläche convex, die andere concav ist. Sie massen 7—8 Linien is die Länge und hatten an 4 Linien im Durchmesser. Zwei von ihnen waren mit ihren Endflächen dicht aneinandergefügt, wobei die convexe Endfläche der einen in die concave der andern genau einpasste. 185 Mit einem herben Verluste hatte sich das Jahr 1852 für die Section geschlossen, und noch trauerte sie um den Tod ihres (am 15. Dec.) ihr entrissenen Nestors, des Herrn Prof. emer. P. S. Schilling, als in den ersten Tagen des neuen Jahres schon ein anderer Verlust sie traf, zu welchem in der Mitte des Jahres, wie ein Blitz aus heiterem Himmel, ein dritter sich gesellte. Die beiden, der Section durch den Tod im Laufe des Jahres 1853 entrissenen Glieder sind: 1) Herr Johann Ernst Klopsch, geboren am 18. Oktober 1790 in Gross-Glogau. Er unter- richtete seit dem Jahre 1814 am hiesigen Gymnasium zu St. Maria Magdalena, seit 1843 als zweiter College, wurde als solcher i. J. 1851 pensionirt und erlag nach kurzem Unwohlsein am 5. Januar 1853 einem Anfall von Brustkrampf. Die entomologische Section, welcher er vom J. 1820—1850 als thäti- ges Mitglied angehörte (die beiden letzten Jahre seines Lebens hatte er sich aller entomologischen Ar- beiten enthalten), verlor an ihm einen eifrigen Freund der Schmetterlingskunde. Seine zahlreichen, in den Versammlungen der Section gehaltenen Vorträge über Lebensart, Verwandlung und Wohnort, vor- züglich der grösseren schlesischen Schmetterlinge sind mehr oder weniger ausführlich enthalten in den Uebersichten der Arbeiten und Veränderungen der schles. Gesellschaft vom Jahre 1825—49, und in den Beiträgen zur Entomologie, herausgegeben von den Mitgliedern der Section, Heft 1, Breslau 1829. — Die Lepidopterologie, für deren harmlose Freuden er durch seinen Collegen Schilling erst in seinem männlichen Alter gewonnen war, bereitete, wie er oft zu äussern pflegte, ihm die schönsten Stunden seines Lebens. Sie trieb ihn zu zahlreichen, oft anstrengenden Excursionen nicht blos in der Nähe von Breslau, sondern auch in das Trebnitzer, Riesen- und Glatzer Gebirge, bei denen jedoch jederzeit die Schönheiten der Natur wenigstens eben so sehr Zweck waren, als die Bereicherung seiner Sammlung. Diese ist schon bei seinen Lebzeiten gut erhalten durch Schenkung in den Besitz des Gymnasiums zu St. Maria Magdalena übergegangen. Die Liebe zur Natur drängte ihn auch trotz seines sparsamen Gehaltes und einer zahlreichen Familie von 9 Kindern zu mehreren grossen Reisen nach der Insel Rügen, nach Wien, Triest, Helgoland, Prag, Salzburg etc. Die ersten beiden erschienen i. J. 1234 in Breslau unter dem Titel: Versuch einer humoristischen Beschreibung meiner Reise nach Rügen und nach Wien. 2) Herr Felix Rendschmidt, geboren zu Rosenberg am 10. Mai 1786. Er war zuerst Rector der katholischen Schule in Landsberg in Oberschlesien, besuchte dann (1811) mit Unterstützung des Staates 3 Jahre die Pestalozzi’sche Musteranstalt in Yverdun, und wurde i. J. 1815 von der k. Regie- rung als Lehrer (später Oberlehrer) des katholischen Schullehrer-Seminars und Rector der kath. Sand- schule in Breslau angestellt, welche Aemter er auch bis zu seinem Tode verwaltet hat. Dieser über- raschte ihn am 13. August d. J. in Schmidtsdorf bei Friedland (zwischen Waldenburg und- Adersbach), wo er mit seiner Familie seinen Aufenthalt genommen hatte, um, wie er seit langen Jahren gewöhnt war, die Ferien in Gottes herrlicher Natur, diesmal in einem einsamen Thale der trauten Berge, zu ver- leben. Noch an dem Morgen des erwähnten Tages hatte er einen Spaziergang unternommen, auf wel- chem er, wie er gewöhnlich zu thun pflegte, die Natur beobachtete und das ihm selten Scheinende sam- melte. Schon in den ersten Stunden des Nachmittags war er nicht mehr! Mutter Natur hatte ihn nach kurzem Kampfe in den Bergen, die er so sehr liebte, zur letzten Ruhe gebettet. — Die Section, wel- cher er seit dem Jahre 1823 angehört, betrauert in ihm. den Verlust eines anspruchlosen, in hohem Grade biederen und liebenswürdigen Mitgliedes, welches, mit grossem Eifer sammelnd, die Käferfauna Schlesiens mit so mancher, früher noch nicht als einheimisch bekannten Art bereichert hat. Die jährli- chen Uebersichten der Arbeiten und Veränderungen der schles. Ges. seit dem Jahre 1829 thun dies zur Genüge dar. Eine dieser Arten, welche er mit Herrn Oberlehrer Kelch in Ratibor zuerst in Schlesien entdeckte, und welcher ihm zu Ehren der frühere Breslauer Entomologe Hartlieb den Namen Abax Rendschmidtii (Feronia Rendschmidtü: Germ. Fn. Europ. XXI. 2.) beigelegt hatte, ist von Pal- 24 * 186 -liardi bereits früher als Abax Schüppelü beschrieben worden. Fast noch grösser, als seine Neigung für die Käferwelt war die Liebe zu den Mineralien; seine Sammlung der letzteren galt für eine ausge- zeichnete. — Mit Schummel, dessen Anspruchslosigkeit ihn, den eben so Bescheidenen, anzog, machte er, wie mit dem Schreiber dieser Zeilen, zahlreiche Excursionen in die schlesischen Gebirge. Er war der erste schlesische Entomologe, welcher die Beskiden besuchte und später mit grosser Freundlichkeit Anderen dahin zum Führer und (da er der polnischen Sprache ganz mächtig war) Dolmetscher diente. Ebenso hat er durch seinen ersten Besuch des Altvaters dieses schöne Gebirge den Breslauer Entomolo= gen erschlossen. Auch Reisen über Schlesien und selbst Deutschland hinaus hat er mehrere gemacht; die erste und grösste i. J. 1814 von Yverdun über Lyon, Marseille, Genua, München und Berlin; spä- ter nach Wien, Triest und Venedig, nach Böhmen, an den Rhein und nach Nord-Deutschland. Seine schriftstellerische Thätigkeit war vorzüglich auf das Elementar-Schulwesen gerichtet. Er schrieb ein Lese- buch für die oberen, eines für die mittleren Klassen der Stadt- und Landschulen (beide auch in polni- scher Sprache), eine polnische Fibel, eine Anweisung zur Zahlenlehre, zum Zifferrechnen u. s. w. 187 Bericht über die Verhandlungen der meteorologischen Section im Jahre 1853 zeitigem Secretair derselben. I: der Sitzung vom 6. April gab der Secretair einen Bericht: Ueber die am 11. December 1852 in Schlesien beobachtete Feuerkugel. Das Meteor, welches am 1}. December v. J. um 8 Uhr m. Breslauer Zeit über einen grossen Theil von Schlesien hinzog, wurde in dieser frühen Abendstunde von so vielen Beobachtern wahrgenommen, dass es für eine etwa mögliche Berechnung der Bahn desselben der Mühe werth schien, die in den Zeitun- gen darüber erfolgten Mittheilungen zu sammeln und zu fernerer Einsendung genauerer Beobachtungen an die hiesige Sternwarte eine Aufforderung zu veröffentlichen. Es ist dieser von verschiedenen Seiten her entsprochen worden, und obwohl sehr genaue Beobachtungen bei einem derartigen Phänomen selten erwartet werden kölnen, so sind doch von einigen Orten die Angaben über den scheinbaren Lauf des Meteors an der Himmelskugel genau genug, dass über die Höhe desselben über der Erdoberfläche und über die Gegend des Zerspringens und muthmasslichen Niederfallens eine annähernde Rechnung hat aus- geführt werden können. Eine Anzahl minder genauer Beobachtungen diente dabei zur theilweisen Be- stätigung, Vergleichung und Ergänzung. Hier in Breslau wurden zwei genauere Beobachtungen des scheinbaren Laufes gemacht, die eine von Herrn Hof-Vergolder Melzer auf der Privat-Sternwarte des- selben in der Einhorngasse, der nach dem Aufleuchten des Meteors dasselbe aus der Gegend des Me- dusenhauptes nach den Plejaden ziehen und zwischen diesen und den Hyaden erlöschen sah; die andere von Herrn Hauptlehrer Letzner, der vor dem Sandihore an einer ziemlich freien Stelle die ganze scheinbare Bahn zu beobachten Gelegenheit hatte und die Himmelsriehtungen und Höhen nachgehends genauer ermittelt hat. Die Angaben beider Beobachter stimmen in einer befriedigenden Weise über- ein und es wird die Richtung der Bahn von WNW. nach OSO. auch noch durch einige andere hiesige Wahrnehmungen bestätigt. Eine fernere genaue Beobachtung wurde in Grenzdorf bei Wiegandsthal am Fusse der Tafelfichte von Herrn Lehrer Leeder gemacht. Dieser sah nebst einigen anderen Personen daselbst das Meteor in NNW. aus dem Sternbilde des kleinen Bären nach dem Schwerte des Perseus sich bewegen, hier mit grösserer Helligkeit aufleuchtend und einen Schweif entwickelnd seine Richtung än- 158 — ———— dern und im Osten nahe bei dem Stern Beteigeuze im Orion erlöschen. Aenderungen der Richtung sind bei Sternschnuppen und Feuerkugeln nicht eben selten (auch ein Beobachter in Breslau bezeichnet die Bewegung des Meteors als etwas wankend); man ist daher nicht berechtigt, eine bei dem plötzlichen Aufleuchten des Meteors stattfindende Täuschung des Beobachters anzunehmen, indess bieten die Beob- achtungen von andern Orten keinen Anknüpfungspunkt an diesen Umstand dar, und es kann daher bei einer Berechnung der Bahn nur der zweite Theil derselben von dem hellen Aufleuchten bis zu dem Er- löschen in Betracht gezogen werden. Leider ist die gegenseitige Lage von Breslau und der Tafelfichte eine für die Berechnung sehr ungünstige, da die Tafelfichte in westlicher Richtung liegt, nahezu über- einstimmend mit der Bewegungsrichtung des Meteors, ein Fall, in welchem sehr kleine Beobachtungs- fehler die berechneten Höhen sehr fehlerhaft und ganz illusorisch machen können. Inzwischen ist noch eine dritte ziemlich genaue Angabe nach den Sternbildern aus dem südlich gelegenen Orte Patschkau von Herrn Rudolph Bischof eingesendet worden, welche nebst einigen anderen Benachrichtigungen über das Meteor Herr Georg v. Boguslawski die Gefälligkeit hatte, mir mitzutheilen. In Patschkau sah man das Meteor zwischen dem Polarstern und dem grossen Bären hindurch nach Ost hinwärts sich be- wegen nahe an dem Stern Dubhe vorüber. Diese Angabe wird durch Wahrnehmungen in der Grafschaft Glatz bis nach Landeshut hin bestätigt. Aus Glatz verdanke ich Nachrichten darüber Herrn Oberlehrer Dr. Finger, aus der Gegend von Neurode dem Herrn Grafen Pfeil auf Hausdorf, und aus Landeshut Herrn Oberlehrer Höger. Nach allen diesen Beobachtungen wurde das Meteor etwa in der halben Höhe des Himmels und in Nordost gesehen. Ein Fehler der Beobachtung in Patschkau im Ganzen und Grossen kann daher nicht angenommen werden. \ Hiernach habe ich zwei Punkte der scheinbaren Bahn in Breslau mit den zwei grade Punk- ten der Bahn in Patschkau verbunden und die Höhe derselben über der Erdoberfläche daraus hergeleitet. Es sind dies die Punkte, wo in Breslau das Meteor nahe dem Medusenhaupte war, und zweilens, wo es verschwand. Beide Höhen ergeben sich verhältnissmässig nicht sehr gross, wie nach der starken Ver- schiedenheit der scheinbaren Bahn zu erwarten war, welche in dem nur 10 Meilen entfernten Patschkau beobachtet worden ist. Die erstere Höhe findet sich 5,4 Meilen, die zweite 4,6 Meilen. Der Ort des Zerspringens, wo demnach das Meteor sich bis auf 4, Meile herabgesenkt hatte, findet sich 3,7 Meilen östlich und 2,6 Meilen südlich von Breslau, oder zwischen Brieg und Ohlau auf dem rechten Oderufer. Um über die zurückbleibende Unsicherheit dieser Rechnungen eine bestimmte Ansicht zu gewinnen, habe ich nach der Methode von Bessel den möglichen Fehler der beiden Höhen berechnet und gefun- den, dass ein Fehler von 10 in jeder der 4 Beobachtungen, im ungünstigsten Falle und wenn alle 4 Feh- ler sich summiren, die erste Höhe um 0,58 Meilen, die zweite (den Verlöschungspunkt) um 0,17 Meilen ändern kann. Da nun eine Unsicherheit von mindestens 5° angenommen werden muss, so ist die erste Höhe nahe um 2, die zweite nahe um 1 Meile als unsicher zu betrachten. Der doppelte Fehler würde stattfinden, wenn die Beobachtungen um 10° unsicher wären und die A Fehler sich in der möglichst ungünstigen Weise häuften. Man kann daher Fehler von 4 und 2 Meilen für durchaus unwahrscheinlich annehmen, und die vorher erwähnte Unsicherheit von 2 und 1 Meile ist ebenfalls noch als eine eher zu hohe als zu niedrige Schätzung anzusehen, da die Häufung der 4 Fehler zu einem Maximum ihres Einflusses auf das Resultat zwar möglich, aber nicht wahrscheinlich ist. Die Unsicherheit in der Bestim- mung des Ortes des Niederfallens ist ebenfalls auf einen Umkreis von 1 bis 2 Meilen zu veranschlagen, da die Entfernungen dieses Ortes von dem Meridian und Perpendikel von Breslau Grössen gleicher Ord- nung wie die Höhen sind. Vergleicht man in ähnlicher Weise die Beobachtungen in Breslau mit denen i in Grenzdorf, so erhält man aus den Beobachtungen, wie sie sind, beträchtlich grössere Höhen des Meteors von mehr als 189 10 Meilen und ein steileres Auffallen auf die Erdoberfläche. Allein, wie erwähnt, ist die Lage der Orte für die Berechnung sehr ungünstig, und durch einige mässige Aenderungen der Beobachtungen kann man leicht auch das vorher aus Breslau und Patschkau gefundene Resultat herbeiführen. Namentlich ist ein sehr steiles Herabstürzen der Feuerkugel nicht anzunehmen und würde den Beobachtungen südlich und nördlich von der Bahn widersprechen. So ist eine Beobachtung in Sypniewo bei Vandsburg in Westpreussen bemerkenswerth, 34 Meilen von Breslau entfernt, wo der Beobachter das Meteor in der Richtung von WNW. nach OSO. in nahe horizontaler Bewegung vorüberziehen sah. An diesem nördlich gelegenen Orte hätte aber das Sinken sehr -merklich sichtbar sein müssen, wenn eine beträchtliche Ab- weichung der Bahn von der Horizontalität stattgefunden hätte. Der dortige Beobachter, Herr Oberförster Blümner, schätzte die Höhe auf 70 Fuss, die Entfernung auf 400 Fuss, sonach erschien das Meteor (mit Rücksicht auf die Krümmung der Erde) unter 9° Höhe; die wahre Höhe würde hiernach 5,4 Meilen betragen, was mit dem Resultat aus Breslau und Patschkau genau übereinstimmt. Eine später von Herrn Blümner eingesaudte Schätzung der Höhe in Graden ist wahrscheinlich zu gross, wie gewöhnlich bei Schätzungen dieser Art in der Nähe des Horizontes. Für die Bestätigung der Rechnungsresultate sprechen sodann noch die Beobachtungen in Strehlen und Brieg selbst, in deren Gegend das Zerspringen stattgefunden zu haben scheint. Aus Strehlen wird berichtet: ‚eine Feuerkugel stieg am westlichen Himmel auf, nahm ihre Richtung von W. nach 0. und zerplatzte, als sie das Zenit erreicht hatte.“ Ferner aus Brieg: „Abends 8 Uhr erhob sich ein sehr hell leuchtendes Meteor aus dem Sternbilde des Schwans (WNW.) bis fast in das Zenit zur Cassiopeja.‘ — Eine weitere Fortsetzung des Laufes der Feuerkugel kann daher nicht wohl angenommen werden. — Wenn aus Rauden bei Ratibor berichtet wird, dass die Feuerkugel von SW. nach NO. sich bewegt habe, so soll dies wahrscheinlich nur die Richtung des dort in NW. sich zeigenden Meteors bezeich- nen, nicht dass dasselbe nordöstlich von Ratibor erloschen sei. Eine ähnliche Deutung kann auch nur der Beobachtung in Westpreussen gegeben werden, wonach das Meteor sich nach OSO. bewegt habe, während dasselbe in S. erlöschen musste. Bei vielen dieser Beobachtungen mag hinzukommen, dass bei der nächtlichen Dunkelheit einige Unsicherheit in der Angabe der Himmelsrichtungen stattfinden konnte. Noch ist eine Angabe aus Gö:litz zu erwähnen, wonach das Meteor in etwa 30° Höhe OSO. erlo- schen sein soll, welche Höhe jedoch mit den Beobachtungen um Breslau unvereinbar ist, da in Breslau selbst der Verschwindungspunkt nicht sehr viel höher erschien. Statt 30% ist 15° anzunehmen, um eine Uebereinstimmung mit den anderweitigen Beobachtungen herbeizuführen, eine Verminderung, die bei den Schätzungen in der Nähe des Horizontes nichts Unwahrscheinliches und Ungewöhnliches darbietet. Auch in Berlin ist das Meteor bemerkt worden; man sah dasselbe nahe senkrecht nach dem Hori- zonte fallen. Da nun Berlin nach WNW. liegt, so wird die Richtung der wahren Bahn des Meteors von WNW. nach OSO. dadurch bestätigt. — Bei Ratibor, südöstlich von Breslau und Brieg, sah man das Meteor ebenfalls fallend, jedoch der wahren Bahn entsprechend in schräger Richtung gegen den Horizont. Wäre die Bahn genau horizontal gewesen, so hätte es hier, da es sich Ratibor näherte, ein wenig steigend erscheinen müssen. Es scheint daher gegen das Ende des Laufes einige Senkung statt- gefunden zu haben, der obigen Zahlenrechnung entsprechend, und wie dies auch an sich wahrschein- lich ist. Im Allgemeinen ist eine genaue Bestimmung der wahren Gestalt der Meteorbahnen in allen ihren Punkten wegen der Unvollkommenheit der Beobachtungen nicht ausführbar. Nur Anfangspunkt und End- punkt oder andere kenntliche Punkte der Bahn lassen sich mit einer den Beobachtungen entsprechenden Genauigkeit berechnen. Bei zwischenliegenden Punkten hat man bis jetzt kein Mittel, für verschiedene Beobachtungsorte die Identität derselben zu constatiren; man ist in Bezug auf solche Punkte genöthigt, 190 die Gestalt der Bahn als bekannt vorauszusetzen, und kann sich in der Regel mit der Hypothese einer Bewegung des Meteors in gerader Linie begnügen. — In dem vorliegenden Falle kann eine nahebei geradlinige und zugleich wenig von der Horizontalität abweichende Bewegung mit ziemlicher Sicherheit angenommen werden, da namentlich der Standpunkt des Beobachters in Sypniewo in Westpreussen ein zur Entscheidung dieser Frage ungemein günstiger war. Die Richtungslinie von diesem 34 Meilen ent- fernten Orte nach Schlesien war fast genau auf der Bahn des Meteors senkrecht, beträchtliche Hebun- gen oder Senkungen der Bahn hätten sich daher in dem scheinbaren Laufe deutlich kundgeben müssen. Dagegen schreibt der dortige Beobachter folgendes: ‚‚bei dem ganzen Zuge hatte sich das Meteor we- nig oder gar nicht gesenkt, nach meinem Dafürhalten konnte die Senkung höchstens 6 Fuss "betragen“*, was etwa /, Meile entspricht. Was die Länge der gesammten durchlaufenen Bahn betrifft während der Dauer der Sichtbarkeit des Meteors, so kann dieselbe nicht wohl unter 20 Meilen veranschlagt werden; denn selbst in Glogau sah man dasselbe noch ähnlich wie hier in Breslau aus nordwestlicher Richtung kommen; es entwickelte sich daselbst gleich dem Aufgange des Vollmondes, schien anfangs still zu stehen und entschwand nach dem plötzlichen Aufleuchten dem Gesichtskreise des Beobachters. Ob der dem Aufgange des Vollmon- des gleichende helle Schein bereits das Meteor selbst war, oder ob dies die hellen Streifen waren, die man im Posenschen, in Schrimm, vor der Erscheinung der Feuerkugel 2 Minuten andauern sah, ist schwer zu entscheiden. Oft sind der Erscheinung von Feuerkugeln und Meteorsteinfällen helle Streifen dieser Art vorhergegangen, und es ist. daher kein Grund vorhanden, die Richtigkeit dieser an in Frage zu stellen. Höchst verschiedenartig. sind die Angaben der Beobachter über die Dauer des Phänomens, von einzelnen Sekunden bis zu mehr als einer Minute variirend.. Wenn übrigens auch die erste Entwicke- lung des Phänomens im Nordwesten eine namhafte Anzahl Sekunden gewährt haben mag, so vermag ich doch so viel auch aus eigener Wahrnehmung zu diesen Beobachtungen beizutragen, ‚dass von dem ersten hellen Aufleuchten in Breslau bis zu dem Verschwinden nur etwa 3 Sekunden verflossen. Ich befand mich im Saale der Sternwarte; ehe ich indess auf den Umgang in’s Freie eilen konnte, war die Er- scheinung verschwunden. In gleicher Weise schätzt Herr Günther die Dauer, der gerade am Passage- Instrument den Durchgang des Polarsterns beobachtete und daher das Meteor selbst ebenfalls nicht sah, indem dasselbe südlich vom Zenit den Meridian-Durchschnitt passirte.. Nun beträgt der zwischen den beiden berechneten Punkten liegende Theil der scheinbaren Bahn in Breslau etwa ein Drittheil der ge- sammten scheinbaren Bahn. Man wird daher nicht sehr viel von der Wahrheit abweichen, wenn man die zwischen diesen zwei Punkten liegenden 2,5 Meilen mit“der Zeitdauer von 1” verbindet. Die Be- wegung des Meteors war daher eine verhältnissmässig langsame, da man bei Sternschnuppen und Feuer- kugeln oft Geschwindigkeiten beobachtet hat, welche die der Erde von 4 Meilen in 1” noch erheblich übersteigen. — Da jene Geschwindigkeit von 2, Meilen in der Sekunde nur eine relative gegen die Erde ist, so kann man noch nach der absoluten Geschwindigkeit des Meteors im Raume fragen, falls man den Ursprung desselben als kosmisch betrachtet. Die Erde bewegt sich aber am 11. December nach einem Punkte der Ekliptik, der um 8" Abends in-NNO. tief unter dem Horizonte ist und der von dem Richtungspunkte des Meteors in WNW. sehr nahe um 90° absteht. Die relative Bewegung des Meteors war also auf der absoluten Bewegung der Erde rechtwinklig. Mithin musste, wenn man das Parallelogramm der Kräfte bildet, die absolute Bewegung des Meteors (welches die Erde auf ihrer Bahn gleichsam einholte) grösser als die der Erde, nämlich nahe 5 Meilen in 1 und gegen die Erdbewegung etwa 40° geneigt sein. Doch sind diese sämmtlichen Folgerungen hypothetisch, und überdem'fn dem- selben Masse wie die zu Grunde liegende Geschwindigkeit ungenau. 191 Sehr verschiedenartig sind ferner auch die Schätzungen derjenigen Zeitdauer, die von dem Zer- springen des Meteors bis zu dem nachher vernommenen Knalle verfloss, auch bei Beobachtern in der- selben Gegend. Ich schätzte die Zeit bis zu diesem Knalle auf 2 bis 3 Minuten. Inzwischen verdanke ich eine genauere, sehr werthvolle Beobachtung dieser Zeitdauer Herrn G. v. Boguslawski, der, bei dem Aufleuchten sogleich ein Meteor vermuthend, dieselbe auf 2° 20” bestimmte. Hiernach würde die Ent- fernung des Verlöschungspunktes des Meteors, wenn man die Geschwindigkeit des Schalles in 1” zu 1019 Fuss annimmt, von Breslau 6,2 Meilen betragen. Nach den trigonometrischen Rechnungen fand sich dieselbe = 6,4 Meilen, so dass eine vollkommene Uebereinstimmung beider Resultate sich heraus- stellt und die trigonometrische Rechnung auch von dieser Seite her eine erwünschte Prüfung und Be- stätigung findet. \ Was die scheinbare Grösse der Feuerkugel betrifft, so gehen die verschiedenen Angaben darüber, wie gewöhnlich, sehr auseinander. Hier in Breslau schätzte Herr Letzner den Durchmesser’ gleich der Hälfte des Monddurchmessers, die Länge des Schweifs gleich 3 Monddurchmessern, welche Werthe im Vergleich mit anderen Schätzungen nicht für zu gross zu erachten sind. Es folgt hieraus für den Ver- schwindungspunkt die Länge des Schweifes etwa — 4000 Fuss, der Durchmesser der Kugel — 640 Fuss, ein auch dann noch erstaunlieh grosser blasenförmiger Raum, wenn man den Durchmesser von 600 Fuss bis auf 300 Fuss herabzusetzen sich erlauben wollte. Dass dieser Raum hohl sein müsse oder wenig- stens aus weit von einander getrennten Partikeln bestehe, kann bei der verhältnissmässigen Kleinheit der meisten bisher beobachteten Meteormassen wohl keinem Zweifel unterworfen sein, desto schwieriger bleibt indess die Entstehung einer so grossartigen Bildung zu erklären. Zu diesem Mass- und Zahlenverhältnisse mögen schliesslich noch die wichtigsten sonstigen Wahr- nehmungen, als ein Beitrag zur Beschreibung derartiger Phänomene, hinzugefügt werden. Es gehört hierher die Bildung des Schweifes und die damit verbundenen Licht- und Farben-Phänomene. — In Grenzdorf, am Fusse der Tafelfichte, wurde bemerkt, dass sich der Schweif erst dann bildete, als die Kugel ihren höchsten Glanz erreichend ihre Richtung veränderte. Die Kugel nahm dabei kleinere Dimensionen an und der Schweif bildete sich aus dem glühend rothen Umfange des Feuerkerns, indem der Widerstand der Luft die leicht trennbaren glühenden Theilchen wie Funken unter mannigfachem prachtvollen Farbenspiel abzustreifen schien. Kurz vor dem gänzlichen Verschwinden des Meteors löste sich der Schweif von dem Kern ab. (Dass mit Aenderung der Richtung ein erneutes helleres Aufleuch- ten verbunden ist, hat man auch früher schon bemerkt, indem namentlich die auf- und niederspringenden Feuerkugeln, die caprae saltantes der Alten, im tiefsten Punkte ihrer Bahn anlangend, von neuem auf- zuleuchten pflegen.) — Hier in Breslau sah man das Aufleuchten ebenfalls zwei- oder dreimal, doch wird über merkliche damit verbundene Richtungsänderungen nichts berichte. Herr Melzer sah, dass die intensiv hellblaue Kugel einen sehr hellen Schweif mit unzähligen Feuerfunken hinterliess, die nach 3“ bis 4 verschwanden. Herrn Letzner schien der Schweif gegen das Ende der Bahn etwas kür- zer zu werden, theilweis vielleicht nur aus perspektivischen Gründen. Das anfangs grünlich-blaue Licht wurde nach einiger Zeit plötzlich mattroth, und in diesem Augenblicke fielen mehrere grosse Funken von röthlicher Farbe senkrecht herab, die jedoch bald wieder erloschen waren. -Später wurde das röth- liche Licht wieder zu einem weisslichen, und das Ende schien ein Erlöschen in sich selbst, wobei aber- mals mehrere grosse Funken herabfielen, die jedoch ebenfalls sehr bald erloschen waren. — Ueberein- stimmend sind die Nachrichten aus der Nähe von Breslau rücksichtlich der grünlich-blauen Farbe des Lichts und der herabfallenden Funken. In Schwoitsch und Cawallen glaubten zwei von den 25 192 Landleuten, über deren Wahrnehmungen Herr Pastor Gerhard einen Bericht eingesandt hat, zur Zeit des Herabfallens der Funken zugleich Flammen und feurige Lohe an ihren Häusern hinschlüpfen zu se- hen, so dass sie im Feuer zu stehen glaubten und einer derselben vor Schreck zitterte, was auf einer durch die rasch sich bewegende Erleuchtung entstandenen Täuschung beruhen mag. Die etwas wan- kende Bewegung der Kugel wurde wie in Breslau auch in Oels wahrgenommen. — In Liegnitz zeigte der Kern der Kugel, der einen mächtigen Schweif nach sich zog, erst ein rothes, dann ein blaues und nach diesem ein gelbes und grünes Licht, so dass es schien, als ob in diesen Farben bengalische Flammen abgebrannt würden. — In Bunzlau bewegte sich die Kugel anfangs in matter weisslicher Beleuchtung von W. nach ©.; in der Mitte des Horizontes angekommen verbreitete dieselbe mit einem Male tageshelles Licht, entlud sich in einem herrlichen, anfangs gelben, dann beinahe blutrothen Streifen und bewegte sich als helle, weiss leuchtende Kugel nach Osten, wo sie erlosch. Diese Wahrnehmungen sind daher mit den bereits erwähnten aus dorliger Gegend, in Grenzdorf, nahe übereinstimmend. — In Görlitz erschien die Kugel beim Zerspringen dunkelblau und versprühte tausende von feurigen Funken. — In Löwenberg erschien dieselbe mit einem dunkeln Kern und blitzte (wie auch hier in Breslau) während ihres kurzen Laufes zweimal hell auf. — In Hirschberg strahlte dieselbe erst in einem mil- den weissen Lichte und löste sich dann prachtvoll in den Farben des Regenbogens auf. Sternschnuppen fielen in überraschender Menge. — In Landeshut sah man die Kugel in Hell gelblich röthlichem Lichte. Bald nach dem Aufleuchten der Kugel bildete sich an dem hinteren Ende derselben ein sich allmählich verlängernder Schweif, spitz zulaufend und 4 bis 6 Mal länger als der Kugeldurchmesser. Während das Licht der Kugel förmlich vibrirte, erschien der erste Theil des Schweifes in röthlich bläulichem Lichte, der übrige Theil wieder hell gelblich röthlich, das dünne Ende dunkler röthlich. Ziemlich tief unten lösten sich eine Anzahl kleinerer feuriger Theile von der Kugel ab, die dunkler röthlich sich zeigten, während der Kern des übrig bleibenden Phänomens sein früheres Licht beibehielt. Das Licht, welches es verbreitete, war ein ausserordentlich hell aufleuchtendes, selbst das Licht in den Zimmern weit über- strahlend (ähnlich wie dies auch in Breslau und anderwärts der Fall war). — In Wüstewaltersdorf sah man das Meteor grünlich weiss und am Zerspringungspunkte mehrere Sternschnuppen wie Theile der zerplatzien Masse nachfallen. — Bei Schweidnitz bildete sich das Meteor am Nordwest-Horizont wie eine ÖOpfündige Kanonenkugel, beleuchtete die Gegend blaugrün und schien zuletzt in Gesträuch an der Weistritz zu fallen. — In Hausdorf bei Neurode wurde die Länge des sich zuspitzenden Schweifes auf das 10fache des Durchmessers der Kugel geschätzt, in der Mitte des Laufes fiel Feuer herab bis auf den doppelten Kugeldurchmesser, wo es dann verschwand. — Im Glatzer Kreise sah man anfangs eine hellrothe Kugel mit einem kleinen dunkelrothen Ansatz, der sich allmählich zu einem Schweife von der Länge des Afachen Kugeldurchmessers entwickeltes — Auch in Stirehlen erschien der Schweif als ein rother Feuerstrahl, während das Licht des Kernes blendend weiss blieb. —° In Brieg wurde, wie in Breslau und anderwärts, ein Wechsel des Lichtes wahrgenommen; die auf dem beschriebenen Wege zurückbleibenden vereinzelten Funken konnten wegen des blendenden Lichtes erst bemerkt werden, als das Meteor unter sehr hellem Aufleuchten verschwunden war. — In Wartha liess die Kugel einen lichten Streif hinter sich, der immer kleiner wurde, bis sie nach einiger Zeit ohne Detonation in einige lichte Strahlen sich gleichsam auflöste. — In Rauden bei Ratibor sah man die Kugel während ihres schnellen Laufes rotirend.. — Der Beobachter in Westpreussen endlich, in 34 Meilen Entfernung von Breslau, bemerkt: ‚es schien 2 bis 3 Mal, als ob die Feuermasse erlöschen wollte; dieselbe kam aber immer wieder mit Erneuerung und Verlängerung des Schweifes zum Vorschein, bis sie endlich im Freien sich verlor, als wenn man ein Licht ausbläst, ohne in Funken zu zerstieben, wie ich schon ge- 193 hofft hatte. Dagegen sprangen während des Zuges blaue und rothe Funken von dem Meteor ab, ich glaube deren wenigstens 20 gewahrt zu haben, von denen die geringere Hälfte von blauer Farbe war, und die noch in demselben Augenblicke, wo sie sichtbar wurden, verschwanden. Die Masse des Meteors hatte Aehnlichkeit mit geschmolzener Glasmaterie.‘“ — Sämmtliche Beobachter sind sonach über die verschiedenfarbigen Lichter bei diesen Verbrennungsprocessen übereinstimmend, so wie die westlichen Beobachter darüber, dass die Kugel zuerst einen beträchtlichen Theil ihres Weges in einem matten gelbröthlichen Lichte zurücklegte, ehe ihr helles Aufleuchten und die Schweifentwickelung stattfand. Nächst den optischen Eigenschaften sind dann noch die Wahrnehmungen über den Schall zu erwäh- nen. Der mit dem Zerplatzen verbundene Knall ist an sehr vielen Orten, dumpfen Kanonenschlägen ähn- lich, vernommen worden. Dass die Zeitangaben hierbei sehr von einander abweichen, abgesehen von den verschiedenen Entfernungen der Orte, ist bei blossen Schätzungen dieser Art nicht viel anders zu erwarten; indess verfloss von dem Erlöschen des Meteors bis zu diesem Knalle überall eine geraume Zeit, meist von mehreren Minuten. Höchst sonderbar ist es dagegen, dass einige Beobachter ein die Feuerkugel begleitendes Zischen wollen wahrgenommen haben, wie dies aber auch schon in früherer Zeit von derartigen Phänomenen berichtet worden ist. Hiernach müsste man das Zischen als ein durch die Grösse des Feuerballes bewirktes mechanisches Verschieben der ganzen Luftmasse betrachten, bei welchem die Unvollkommenheit der Elasticität der Luft in Betracht käme und die Fortpflanzungsgesetze der Schallwellen keine Anwendung fänden. Der Beobachter in Grenzdorf sagt: „das Phänomen war mit einem starken Zischen begleitet, aber ein grösseres Geräusch oder ein Prasseln konnte nicht wahr- genommen werden.“ Auch aus Wüstewaltersdorf wird. berichtet, dass die Erscheinung von einem nicht unbedeutenden Rauschen begleitet gewesen sei. In Liegnitz verschwand die Kugel mit starkem Geräusch, ein Knall wurde daselbst nicht vernommen. Im Uebrigen wäre es denkbar, dass Ungenauig- keiten der Berichte über diesen Punkt stattfänden. Denn in den Mittheilungen aus Schwoitsch heisst es im Gegentheil: „‚nach drei Minuten hörte man drei Puffe wie Kanonenschläge, gleich darauf war noch ein Geheul in den Wolken, wie wenn ein schweres Hagelwetter angesaust kommt.‘“ Ebenso hörte man in Dyhrnfurth nach dem Knalle ein Rauschen in der Luft, „als ob Körper durch dieselbe einhergesaust kämen.‘ Diese letzteren Beobachtungen stehen daher mit den ‚gewöhnlichen Annahmen über die Ge- schwindigkeit des Schalles nicht in Widerspruch. — Noch kann erwähnt werden, dass man in Gnaden- frei bei dem Knalle eine merkliche Erschütterung des Erdbodens wahrgenommen haben will. Diese Uebersicht der wichtigsten Beobachtungen, die über dieses in seiner Art sehr ausgezeichnete und verhältnissmässig mit vieler Vollständigkeit beschriebene Phänomen bekannt geworden sind, zeigt, dass — einige geometrische Bestimmungen ausgenommen — sowohl bei der kosmischen als bei der terrestrischen Hypothese der unerklärten Einzelnheiten bei diesen Erscheinungen noch sehr viele übrig bleiben, um so mehr, da das Verhalten der meteorischen Stoffe in den fast ganz luftleeren Räumen von mehr als 5 Meilen Höhe schwer zu erforschen ist, sowohl was Consistenz, Verbrennungsprocesse und chemische Verbindungen, als was die bewegenden Kräfte, Geschwindigkeiten, Luftwiderstand und Aende- rungen der Gestalt betrifft. Auch hier, wie in manchen anderen Theilen der Naturwissenschaften, wird man die Hypothesen über den Ursprung dieser Massen zunächst mehr als einen Leitfaden bei der For- schung zu betrachten haben, als dass man über die Richtigkeit der einen oder der andern schon jetzt mit völliger Bestimmtheit wird entscheiden können. 25* 194 In der Sitzung vom 23. November berichtete der Secretair: Ueber den Fortgang und Schluss der Berechnung der Schlesischen meteorologischen Beobachtungen. Zu den im vorigen Jahre von Herrn Günther berechneten 5 Stationen (Kreuzburg, Schneekoppe, Kupferberg, Ratibor, Leobschütz) und einer theilweis berechneten Station (Neurode) sind in diesem Jahre hinzugekommen: die Beendigung der Station VI. Neurode, 21 Jahrgänge umfassend. Es ergab sich die mittlere Temperatur + 4%7, der mittlere Luftdruck 322,46, die mittlere Regenmenge 29 Zoll, die mittlere Windesrichtung 1530. Durch- schnittlich war an 18 Tagen jährlich die mittlere Temperatur über + 15°, an 9 Tagen unter — 10°. VII. Breslau. Von dieser 62jährigen Beobachtungsreihe sind die Beobachtungen von 1791 bis 1810 auf der Sternwarte, 1811— 1824 in der Wohnung des Prof. Jungnitz, 1825—1831 in dem früheren physikalischen Cabinet auf der Universität, vom Juni 1832 ab auf der Sternwarte angestellt, in einer Höhe des Barometer-Niveau’s von 453,6 Par. Fuss über dem mittleren Ostsee-Spiegel bei Swine- münde. Die mittlere Temperatur Breslau’s ergiebt sich + 6%24; das Maximum derselben von + 3092 fand statt 1842 Juli 5., das Minimum von — 22%5 1829 Jan. 22. und 1830 Jan. 29. Der mittlere Luftdruck seit 1825 ar wo ab die Beobachtungen wegen der Temperatur corrigirt sind) ist 331,94; die mittlere Windesrichtung 79° (oder W 11° S); die mittlere jährliche Regenmenge 12%, Zoll (ein wegen der Höhe des Regenmessers über dem Boden wahrscheinlich zu gering bestimmtes Quantum). Ferner fanden sich im Mittel: 85 Tage mit Regen, 28 mit Schnee, 41 mit Nebel; 79 heitere, 104 ge- mischte, 182 trübe Tage; 35 Tage mit einer mittleren Temperatur über + 15° und 5 Tage unter — 10°, Von Herrn Büttner sind in diesem Jahre berechnet und zu den 5 Stationen Löwen, Oppeln, Klein- Kniegnitz, Glatz und Polnisch-Wartenberg hinzugekommen: VI. Zapplau bei Guhrau. 11 Jahrgänge. Mittlere Temperatur + 6°%5. Mittlerer Luftdruck 333,91. M. Windesrichtung 74°. Regenmenge 20, Zoll. VI. Tarnowitz. öÖjährige Beobachtungen 18385—18i2 von Herrn v. Carnall (die in der Uebersicht des vorjährigen Jahresberichts nicht mit u sind). Mitt. Temperatur + 596. Mitt. Luftdruck 325,76. M. Windesrichtung 62°. VII. Landeshut. 11 Jahrgänge. M. Temperatur + 497. M. Luftdruck 319,82. M. Windes- richtung 84°, IX. Gr.-Glogau. 1 Jahrgang. X. Görlitz. $9jährige Beobachtungen. Mittl. Temperatur + 598. M. Luftdruck 329,26. M. Windesrichtung 66°. XI. Carolath. 1 Jahrgang. XU. Reichenstein. 7 Jahrgänge. M. Temperatur + 5°%7. M. Luftdruck 323,21. M. Win- desrichtung 71°. Von der bereits im vorigen Jahre berechneten Station Löwen (wo Herr Büttner selbst die 10jäh- rigen Beobachtungen angestellt hat) mögen zur Ergänzung des vorigen Jahresberichts folgende Gesammt- mittel hier noch hinzugefügt werden: mittlere Temperatur + 6%,6; 35 Tage über + 15°, 4 Tage un- 195 ter — 10°; Maximum der Temperatur 1848 Juni 18 + 28°7, Minimum 1848 Jan. 27 — 24%0; m. Luftdruck 331,64; mittlere Windesrichtung 61°. Von Herrn v. Rothkirch sind berechnet die 23jährigen Beobachtungen des verstorbenen Direktors Petzeld in Neisse. Mittlere Temperatur + 6%8; A3 Tage über + 15°, 4 Tage unter — 10°; m. Luftdruck 330,35; m. Regenmenge 20 Zoll 11 Linien. Windesrichtung 112°. — Ob die für die Nähe des Gebirges ungewöhnlich hohe Temperatur aus einer unzweckmässigen Aufstellung der Instrumente oder Unrichtigkeiten derselben herzuleiten sei, wird einer besonderen Erörterung bedürfen; die Richtigkeit des Rechnungsresultates ist durch eine anderweitige Berechnung dieser Temperatur-Beobachtungen (in dem Bericht des meteorologischen Instituts in Berlin von 1851) als gesichert anzunehmen. Die vorstehenden, vereinzelt ausgehobenen Resultate aus den nunmehr zum Schlusse geführten und alle wichtigeren Stationen umfassenden Rechnungen mögen genügen, um in die namhafte Anzahl der numerischen Bestimmungen einen kurzen Einblick zu geben. Eine nähere Ausführung bleibt der beab- siehtigten besonderen Veröffentlichung der gewonnenen Resultate vorbehalten. Die Temperaturen und die meisten anderen Ermittelungen zeigen in der ganzen Schlesischen Ebene eine so geringe Verschieden- heit, dass einestheils die Genauigkeit der Beobachtungen und der Instrumente dadurch verbürgt erscheint, anderntheils die Berechtigung hervortritt, die klimatologischen Verhältnisse für den gesammten Flächen- raum als nahezu gleichförmig anzunehmen. Die vielen verschiedenen Beobachtungsstationen werden dabei ein Mittel sein, lokale Zufälligkeiten und Störungen aus den Durchschnittszahlen verschwinden zu machen und gleichzeitig die Genauigkeit in den erhaltenen klimatologischen Constanten bestimmter abmessen und schätzen zu lassen. Allgemeine Uebersicht der meteorologifchen Deobadytungen auf der Königl. Univerfitäts-Sternwarte ju Dreslan im Jahre 1853. (Höhe des Barometers 453,62 Pariser Fuss über dem Ostseespiegel bei Swinemünde.) I. Barometerstand II. Temperatur Il. IV. Wolkenbildung 1853 | redueirt auf O0.R. in der Luft in Graden |Feuchtigkeit| und Pariser Linien nach R. der Luft*) | Niederschläge FB Me vle|o SD: | &1sl 2 | 8Iel &/e| $| 8 J23,,28lE|s|2 [335 53 he Bsihef alas Fe Januar ....| 1/337,05|14|324,28| 331,28]13| + 6,8] 71— 5,8/+ 0,92] 1,87 | 0,85 | 7 6 19) 9,46 Februar .| 2|335,72]10)319,49|327,86] 9|-+ 4,7 17) —10,4|— 1,54] 1,47 | 0,83] 1| 12) 15) 7,72 März ....|111337,28|24|326,30|331,86113| + 4,4 29|—12,2!— 2,601 1,33 | 0,32] 8| 9| 14| 16,72 April ....|17|334,29)13|326,80|330,27530| +15,2 15 — 3,0/+ 3,54] 2,15 | 0,77 | 4 gi 17| 9,82 Mai ..... 14|335,45| 7|326,00|331,63]30) +20,0: 6)+ 3,2!-+ 9,951 3,26 | 0,69 | 12 Bu 9| 27,62 N RE 9|333,56|24 | 326,84! 330,40|29 +25,0 12 + 7,6/+13,73] 4,71 ! 0,74 | 9! 12 9! 67,89 Si... 171334,43 | 14 | 329,24|332,14110| +24,4, 4|+ 9,0'+15,257 5,25 | 0,731 13| 10. 8| 27,62 August... .|10/334,49|18|327,34|331,86]23| +25,9|311+ 8,2) +14,08] 4,68 | 0,71] 14| 8| 9 9,30 September] 5335,85 |26|325,74|332,06| 2|+19,2|17/+ 4,4/+10,88] 4,00 | 0,79 | ı0| 11) 9| 26,04 October . .|24 |337,29) 18) 326,16 1331,75]11|+15,4| 5|— 0,2|+ 7,83] 3,30 | 0,83 | 13) 12] 6| 12,78 November [30 338,69 |171328,26 334,50] 21+ 8,0129— 4,7!+ 1,31] 2,04 | 0,89 | 3) 7| 20) 1,76 December 1130503 31)325,85 3323,81] 3) + 4,0381 —17,0/— 4,06] 1,24 | 0855| 7) 9115| 6,11 a [3353| [319,49 331,56] |+359] 1-170|+ 5,83] 2,95 | 0,79 j101 |114|150 1223,84 *) Minimum der Dunstsättigung 0,27 Mai 19. Minimum des Dunstdruckes 0,23 Dech. 33. Maximum 8,76 Juli 10. V. Herrschende Winde. Januar: Erste Hälfte S., zweite meist SO. Februar: Erste Hälfte O. und SO., zweite S. SW. und W. März: Im Ganzen veränderlich, vorherrschend östliche und nördliche Richtungen. April: Im ersten Drittheil sehr veränderlich, bis zum 20. vorherrschend N., dann bis zu Ende meist $. Mai: In der ersten Woche W. und NW., bis zum 12. S., bis zum 25. nördliche und östliche Rich- tungen, und am Schlusse des Monats wieder $. 197 Juni: In den ersten 2 Drittheilen vorherrschend N. NO. oder O., im letzten Drittel S. W. und SW. Juli: Im ersten Drittheile W. und NW. vorherrschend, im übrigen Theile Süd- und West-Richtungen mit einander wechselnd. August: In der ersten Hälfte meist W. NW. oder N.; in der zweiten S. wechselnd mit SW. und W. September: Zu Anfang und Ende des Monats südliche und westliche Strömungen; vom 6. bis 18. fast ausschliesslich Nord- oder Ost-Winde. October: Den ganzen Monat hindurch südliche Richtungen überwiegend vorherrschend, in der Mitte oft mit Ost, zu Anfang und Ende mehr nach West sich neigend. November: Den ganzen Monat hindurch östliche und südöstliche Windesrichtungen, in der Mitte und am Ende mit West und Nord wechselnd. December: Den ganzen Monat hindurch O. und SO. vorherrschend, nur selten mit NW. N. oder S. wechselnd. VI. Witterungs - Charakter. Januar: Trübe mit häufigen Niederschlägen, den ganzen Monat hindurch ungewöhnlich milde Temperatur. Februar: Ebenfalls fast immer trübe, im ersten Drittheil warm und regnicht, dann mässige Kälte mit vielem Schnee bis an’s Ende des Monats. März: Anfang und Ende heiter, sonst trübe, schneereicher und anhaltend kalter Monat, mit 29 Frost- tagen. Der Luftdruck vielen Schwankungen unterworfen. April: Mit Ausnahme der letzten warmen Tage ein rauher und unfreundlicher, meist immer trüber Mo- nat, mit öfteren Regen- und Schneefällen, die aber in der Regel nicht bedeutend waren. Nebel nur 2 mal, Wetterleuchten Imal. Am Ende des Monats beginnt die Natur aus ihrer Erstarrung zu erwachen. Mai: In der ersten Hälfte trübe, regnicht, zuweilen rauh, dann aber heiter und trocken mit rasch zu- nehmender und anhaltender Temperatur der Luft. In den letzten Tagen wieder etwas Regen; im Laufe des Monats mehrere Male Gewitter und Wetterleuchten. Juni: Veränderlicher, sehr regen- und gewitterreicher Monat mit mässig warmer Temperatur und kaum mittlerem Luftdrucke. (20 Regen-, 10 Gewitier-Tage.) Juli: Mit Ausnähme des ersten Drittheilsan haltend heiteres, trockenes und warmes, die Erntearbeiten be- günstigendes Wetter. Die Niederschläge waren zum grösseren Theile nur unbedeutend. Der Luftdruck ziemlich hoch und von Extremen frei. Elektrische Erscheinungen viel seltener als im Juni. August: Vorherrschend heiter und trocken, mit Ausnahme der heissen Tage vom 20. bis 24. gemäs- sigte Temperatur, einige Male schwacher Nebel, 3 Gewitter und 1 Mal Wetterleuchten. September: Im ersten Drittel trüber oder gemischter Himmel, bis zum 23. anhaltend heiter und warm, . von da bis an’s Ende vorherrschend trübe, stürmisch mit vielem Regen. Mehrere Male Nebel und 4 Gewitter. Im Luftdrucke beginnen die Schwankungen erheblich zu werden. 198 = October: Fast durchweg heiterer und angenehmer Herbstmonat. Der erste Frost trat schon in der Nacht vom 4. zum 5. ein, im Ganzen etwas mehr als normale Luftwärme.. Die häufigen Mor- gennebel liessen fast sämmtlich bedeutende Niederschläge zurück. Sehr zahlreiche Barometer- Schwankungen. November: Beinahe durchgängig bedeckter Himmel mit häufigen Nebeln. Aeusserst wenige und geringe atmosphärische Niederschläge. Die Temperatur nur gering und von Anfang bis Ende ziemlich regelmässig abnehmend. Sehr constanter und ungewöhnlich hoher Luftdruck. December: Ziemlich strenger Wintermonat, besonders im letzten Drittheile. Der Himmel nicht so unausgesetzt bedeckt als im November. Nebel, Reif und Schnee ziemlich häufig, Regen nur ein Mal. Die Wassermenge der Niederschläge, wie im November, ebenfalls nur gering. Häu- fige Sprünge im Thermometer- und Barometerstande. TE Ma F 199 Bericht z über | 5... die Thätigkeit der medizinischen Section im Jahre 1853 Dr. Krocker jun., zeitigem Secretair derselben. l der Sitzung vom 4. Februar 1853 legte Herr Dr. Middeldorpf einige Beobachtungen aus dem Gebiete der Chirurgie vor: 1) Oedema aperturae super. laryngis bei syphilitischen Rachengeschwüren. Erfolglose Scarification. Laryngo-Tracheotomie. Heilung. G. K., Tagelöhner, 38 Jahre alt, kommt mit Ozaena und syph. Rachengeschwüren, die den gröss- ten Theil des Palatum molle zerstört haben, den 19. December 1850 in’s Hospital Allerheiligen. Ohne besondere Vorboten bekommt er plötzlich den 29. December Morgens heftige Erstickungszufälle. Man fand ihn in der fürchterlichsten Athemnoth, das Gesicht blau, mit kaltem Schweiss bedeckt. Unter enor- men Muskelanstrengungen zur Respiration ziehen sich der Bauch und die Thoraxwände ein, das Auge ist matt, die Nägel graben krampfhaft in der Beitdecke, man fühlt die sackartig angeschwollene ödematöse Epiglottis, welche schnell mit einem umwickelten Potts’chen Bistouri scarificirt wird, während die durch Compressen geschützten Finger der linken Hand die Zungenwurzel niederdrücken. Der Kranke beisst und würgt heftig. Endlich lässt er mit Aufhören der Respiration die Arme hängen, schliesst, ein Ster- bender, erblassend die Augen, und wird auf’s Bette gebracht. Einzelne leere, schwache, unregelmässige Pulsschläge bestimmten mich die Bronchotomie zu versuchen, welche schnell so ausgeführt wird, dass nach dem Hautschnitt, ohne Berücksichtigung der Blutung, das Bistouri in’s Lig. conoideum eingestochen und der Schnitt nach abwärts durch 2 bis 3 Ringe erweitert wird. Bald nach dem Schnitte erfolgte eine heftige, Blut und Schleim durch die Wunde schleudernde Exspiration, der nach wenigen Secunden eine tiefe Inspiration folgte. Die Athembewegungen wiederholen sich öfter und schneller, es wird im- mer Viel expectorirt, der Puls hebt, das Gesicht färbt sich und der Kranke öffnet die Augen. Es wird ihm ein Röhrchen eingelegt. Hustenanfälle mit Athemnoth und bedeutendem Auswurf wiederholen sich öfter. In einem derselben wird das Röhrchen aus der Wunde geschleudert und nicht wieder eingelegt, da der Schnitt hinreichend klafft und schon gegen Abend der Kehlkopf freier ist. Nach vier Tagen, wo 26 200 die Wunde zu eitern begann, bekam der Kranke eine hier damals häufige Gesichtsrose, später einen Abscess zur Seite des Kehlkopfs. Den 19. Januar war die Operationswunde geschlossen, den 10. Fe- bruar wurde Patient geheilt entlassen und erfreut sich bis heut der ungetrübtesten Gesundheit. Der Kranke wurde vorgestellt. 2) Carcinom der rechten Halsseite, Kehlkopf und Luftröhre dislocirend und comprimirend. — Laryngo-Tracheotomie. — Tod nach 5 Stunden. — Section. — Zerstörung des Vagus in der Geschwulst, spaltförmige Compression der Luftröhre, Verwachsungen der Geschwulst. L. G., Tagelöhnerin, 42 Jahre alt, wird den 6. Juli 1852 in die Klinik des Herrn Prof. Fre- richs aufgenommen. Vor drei Jahren bildete sich in der 17. Schwangerschaft eine nussgrosse An- schwellung der rechten Halsseite, die langsam wuchs und seit fünf Monaten Schling- und Athem- beschwerden verursachte. Jetzt ist dieselbe faustgross, steinhart, unverschiebbar, höckerig, schmerz- los. Die Haut ist beweglich, wenig Venenturgeseenz durch mechanische Momente. Athem manchmal röchelnd, Gesichtsfarbe fahl, Nägel etc. häufig blau. Herr Kollege Dr. Rühle ersuchte mich, sie ge- meinschaftlich mit ihm zu sehen. Die Trachea und Carotis geht ganz seitwärts und hinter ihr fort, der Kehlkopf steht vielleicht 1%, Zoll aus der Mittellinie; links liegt auf der Geschwulst ein Lappen der Schilddrüse. Die Nadel, eingestochen, dringt in knirschendes, festes Gewebe, der Tumor wurde für ein Carcinoma fibrosum erklärt. Die Athemnoth steigerte sich täglich, machte aber ausserdem noch heftigere Paroxysmen. Den 6. August Nachmittags ist Patientin in der äussersten Erstickungsgefahr. Kalter Schweiss, Cyanose, mattes Auge. Es wird die schon früher besprochene Tracheotomie als letztes Hülls- mittel zu versuchen beschlossen, eine Operation, deren Schwierigkeit wir nicht verkannten. Der Aus- gang rechtfertigte diese Annahme; sie gehörte wegen der Grösse und Unbeweglichkeit der Geschwulst, wegen der tiefen Lage, der seitlich und 'nach hinten verdrängten, mit der Wirbelsäule fest verwachsenen und degenerirten Luftröhre, welche ausserdem durch den krampfhaft bei jeder Athembewegung sich zu- sammenziehenden Sternocleido-mastoideus sammt dem Kehlkopf vollständig verdeckt war, zu den schwie- rigsten, welche überhaupt gedacht werden können, besonders wenn man erwägt, dass ein engmaschiges, bei jeder Exspiration blutüberfülltes, bei jeder Inspiration leeres Venennetz bei geringer Verletzung Blu- tung oder den Tod durch Lufteintritt drohte. Hierzu kam, dass man oft nicht eine Linie weit freien Raum für einen gefahrlosen Schnitt hatte, dass die Kranke eine Sterbende zu sein schien, demnach die schleunigste Beendigung dringend geboten war,- dass der Kopfnicker, um zum Kehlkopf zu gelangen, durchschnitten werden musste, dass die Kranke in Todesunruhe eine für den Operateur höchst ermattende, vorn übergebeugte Stellung einnahm, und dass die Blutung sehr heftig war. Endlich gelangte man an einen Körper, der die Luftröhre sein musste, allein von einem Fühlen der Knorpelringe war nicht die Rede. Ich setzte einen feinen Troiskart ein, allein er drang nicht durch die knorpelharten Gewebe, son- dern staute sich am Röhrenrande. Eine Nadel, eingestochen, gab keinen aufgehobenen Widerstand, kein Höhlengefühl (zu dicke Wandung der krebsig infiltrirten und platt gedrückten Trachea). Endlich wagte ich einen Einstich mit dem Bistouri, und jetzt drang zischend Luft ein; der Schnitt wurde erweitert, die Kranke kam zu sich, fing nach zugehaltener Wunde an, heiser zu sprechen, die Cyanose verminderte sich etc.; allein nur zu bald zeigte es sich, dass das Hinderniss bis tief unten die Trachea comprimirte. Die Trousseau’sche Canule double war viel zu kurz, da die Luftröhre tief hinten unbeweglich ange- wachsen war; ich führte deshalb einen silbernen Katheter bis an die Bifurcation, allein auch er schaffte nicht genug Luft, und alle Anstrengungen, selbst die künstliche Respiration, blieben fruchtlos, so dass 201 ’ die Kranke Abends 9 Uhr, also 5 Stunden nach der Operation, starb. Letztere hatte über eine halbe Stunde gedauert. “ + Die vom Herrn Collegen Dr. Rühle angestellte Section ergab die Geschwulst fest mit der Wir- belsäule und dem Manubrio sterni verwachsen, ohne die Knochensubstanz selbst verändert zu haben. Sie comprimirt auf diese Weise die beträchtlich sammt dem Larynx nach der Seite geschohene, und etwas nach links um die Axe gedrehte Trachea, besonders hinter dem oberen Rande des Sternum einen Zoll über der Bifurcation, woselbst sie einen schmalen Querspalt darstellt. Die Operationswunde beginnt im Ligam. conoid. und geht durch die Cartilago ericoidea und den ersten Trachealring. An der Hinter- wand, etwas unter derselben, befindet sich eine stark livide Röthung mit Auflockerung der Schleimhaut und Verdickung des submucösen Gewebes. Der Durchschnitt der Geschwulst ist weiss, beim Ueber- streichen mit der Messerklinge erhält man einen dicken, weissen Brei, in welchem sich zahllose, mit grossen Kernen versehene, vielgestaltige Zellen finden. Sie umfasst die Carotis, Vena jugularis und Vagus. Letzterer kann von oben her nur eine kurze Strecke verfolgt werden, dann breitet er sich fächerförmig aus und verliert sich in der Krebsmasse. Man sieht bei der mikroskopischen Prä- paration keine doppelt construirten Nervencylinder, sondern nur granulirte, bandarlige Streifen, die durch Essigsäure zu völlig durchsichtigen, structurlosen, matten, zarten Bändern werden. Die Geschwulst er- streckt sich auf die Spitze der rechten Lunge und ist mit dieser innigst verwachsen, so dass das Lun- gengewebe selbst 2 bis 3 Linien tief _Krebsmasse ist etc. Es kamen hier zu viele ungünstige Momente zusammen: das seltene Verhalten des Vagus, wel- ches nothwendig seine Funktionen beeinträchtigen musste, das tiefe Hinabreichen der Geschwulst und ihr Verhältniss zum Sternum. Bonnet hat namentlich auf die Gefahr aufmerksam gemacht, welche in den Fällen droht, wo der Tumor unter dem Sternum oder Schlüsselbein wächst und so energische Compres- sion ausübt. Da dieses Verhältniss mit Sicherheit und seiner Ausdehnung nach vorher nicht genau be- stimmt werden kann, so war die Operation symptomatisch angezeigt. 3) Kehlkopfgeschwüre u. Glottisödem im Typhus. — Laryngo-Tracheotomie am 44. Tage der Krankheit, am zweiten des Oedems. — Fortschreitende Perichondritis laryngea mit Nekro- sirung und Perforation in den Oesophagus. — Tod am 19. Tage nach der Operation. — Section. C. Q., Tagelöhner, 30 Jahre, kam, seit dem 14: an typh. abdom. leidend, den 21. Septbr. 1852 in’s Hospital auf die klinische Abtheilung des Herrn Prof. Frerichs. Reichlicher Lungenkatarrh. Ge- gen den 5. Oktober ist der Typhus abgelaufen, ein Infiltrat des rechten, untern Lungenlappens hat sich gebildet, wozu Mitte Oktober etwas Albuminurie mit Faserstoffeylindern kommt. Vom 19. Oktober ab Schlingbeschwerden mit Schmerz hinter dem Kehlkopfe, im Schlunde Nichts zu sehen. Es entsteht Hei- serkeit, der Kehlkopf wird auf Druck schmerzhaft, beim Räuspern entleert Patient einigemal bräunlich- graue, übelriechende Sputa, die Heiserkeit wächst, am 28. etwas Athembeschwerden, hörbare Inspiration. Am 29. nahmen trotz Blutegeln, Cataplasmen, Inhalationen warmer Dämpfe und Brechmittel die Athem- beschwerden so zu, dass wegen Kaltwerden der Extremitäten und Schwinden des Pulses bei deutlich fühlbarer, starker ödematöser Schwellung der Epiglottis und oberen Stimmbänder die Laryngo-Tracheoto- mie gemacht wird. Nach dem Hautschnitt wird die Blutung gestillt und hierauf erst die Lufiwege inci- dirt. Sehr starker und langdauernder Hustenreiz beim Einlegen der Röhre. Sofort freie Athmung, nach Morphium ruhiger Schlaf. Auf die Wunde und Röhre wird ein in warmen Chamillenthee getauchter 26 * 202 Schwamm gelegt. Den zweiten Tag beginnt die Eiterung. Die Röhre wird täglich gereinigt; allein der Kehlkopf wird, ohne dass das Athemhinderniss oben abgenommen hätte, nach und nach schmerzhaft, und trotz Cataplasmen, Blutegel, ungt. neapolitanum, Chlorkalksolution und Ag. empyreum kann die vom 7. November ab eintretende Nekrosirung der Knorpel nicht gehindert und begrenzt werden, während die Wundspalte sehr rein und gut aussieht. Bei gutem Appetit steigt die Anämie und Entkräftung, welcher Patient des 17. Abends 11, Uhr erliegt, nachdem in den letzten zwei Tagen Speisen zur Wunde her- vorgedrungen waren. Die Section weist einen völlig verheilten, intensiven Darmtyphus nach. Die Schleimhaut neben der Epiglottis in der Fortsetzung der Gaumenbogen zeigt eine graue, livide Färbung und auf der rech- ten Seite zwei längliche Geschwüre, deren Grund von nekrotischen Geweben gebildet, deren Ränder schlaff und unterhöhlt sind. Die Epiglottis ist starr, in zwei Wülste verwandelt, deren linke besonders dick; dabei ist sie nach hinten concav gekrümmt. Die obere Oeffnung ebenfalls in zwei schlaffe Wülste verwandelt. Die Höhle, mit stinkendem, braungrauem Detritus gefüllt, zeigt uns an ihrer Hinterwand noch Schleimhaut und in dieser zwei ovale, sechsergrosse Geschwüre, von denen aus man in den Schlund gelangt. Die Knorpel des Kehlkopfes, Cart. thyroidea und cricoidea, vorn getrennt in weitem Ab- stand, mit ausgefressenen Rändern locker hängend, beweglich; der Ringknorpel mit seiner hinteren Platte füllt den Grund eines ovalen, sämmtliche Schichten des Oesophagus betreffenden, Zweigroschenstück gros- sen Substanzverlustes aus. Die Giesskannenknorpel verdickt, aber nicht blossgelegt. Die Trachea zeigt nach abwärts eine Strecke weit, geröthete Schleimhaut, die sonst normal ist. Speisereste finden sich weit hinab in den Bronchien, etc. 4) In der Höhe des Kehlkopfes wurzelndes, langgestieltes Fibroid des 0esophagus. — Zutagefördern desselben durch ein Brechmittel. — Ligatur und Resection. — Abgang der Ligatur nach 18 Tagen. — Heilung. J. J., Schafhüter, 42 Jahre alt, aus Polanowitz bei Breslau, mittelgross, von kräftiger Muskulatur, verlor in seinem 6. Jahre durch einen Fall das linke Auge und in seinem 25. durch eine springende Granate, welche er auf einem Schiessplatze unvorsichtigerweise entzündete, den linken Arm. Vor zwei Jahren, Anfang 1851, fing er an, über Drücken im Magen und der Herzgrube und Appetitmangel zu klagen, und hatte beim Genusse consistenter Speisen ziemlich bedeutende Schlingbeschwerden. Diese nahmen Weihnachten 1851 so zu, dass er fast gar nicht mehr essen konnte, sehr abmagerte und schwach wurde. Nach und nach verloren sich diese Uebelstände wieder so weit, dass er mässig feste Nahrungs- mittel ziemlich leicht, Getränke aber ohne Beschwerden zu sich nehmen konnte, immer aber in der Ge- gend der Herzgrube einen anhaltenden Druck verspürte. Mitte 1852 brach er nach dem Genusse vielen Wassers plötzlich unter hefiigem Würgen einen fleischigten Körper hervor, der im Munde blieb, diesen fast gänzlich ausfüllte und so heftige Athembeschwerden verursachte, dass er ihn auf den Rath seines Kameraden wieder hinabschlang. In der Einfalt und Beschränktheit seines Ideenkreises verglich er ihn in jeder Beziehung mit einer Schafsniere. Demgemäss wurde dem Patienten in Gegenwart des Herrn Wundarzt Welzel, welcher mir denselben zugeführt hatte, ein kräftiges Brechmittel verabreicht, nach- dem er vorher viel Wasser hatte zu sich nehmen müssen. Emetintrochiscen waren bis Summa 7, , Gran unwirksam, eine kleine Dosis Cuprum sulfurieum in Lösung hatte schnell den gewünschten Erfolg. Nach mehrmaligem Brechen klemmte Patient einen dicken, fleischigten Körper zwischen die Zähne, welcher sich als der an seiner Basis etwas corrodirte walzenförmige Polyp erwies. Schnell wurde er mit einer 203 Hakenzange in den linken Mundwinkel gezogen und, ohne dass sein Ende abzureichen gewesen, tief im Munde zweimal fest unterbunden und vor den Ligaturen abgeschnitten. Der blutstrotzende, resecirte Theil war 3° lang, wog ohne Blut 3j und 3iijj und bestand aus Bindegewebe mit Gefässen und einer dicken weissen Rindenschicht Pflasterepithelien. Der Ligaturfaden ward mit hinabgelassen und sein freies Ende durch den äusseren Mundwinkel herausgeleitet am linken Ohre befestigt. Aller Druck hatte aufgehört, Patient klagte über keine Beschwerden. Ohne dass diese später sich eingefunden hätten, ging den 18. Tag die Ligatur ab. Ihre Länge betrug vom Zahnrande bis zur vollständig geschlossenen Schlinge 9. Hieraus, aus der Tiefe, bis zu welcher man hinabreichen konnte, ohne die Ursprungsstelle zu fühlen, und aus anatomischen Daten und Constructionen wurde die Länge des Afterprodukts auf 9%,“ berechnet und seine Ursprungsstelle in die Höhe des Kehlkopfes gesetzt. Patient ist seit dieser Zeit bis jetzt vollkom- men gesund geblieben und kann wie jeder Andere essen und trinken, ohne irgendwie über Schmerz oder Drücken zu klagen. Sitzung vom 4. März. Herr Hospital-Wundarzt Hodann legte einige Präparate von einer eigenthümlichen Knochenkrank- heit vor. Ein 39jähriger, sonst gesunder Mann erkrankte zuerst an der linken Hüfte, welche schmerz- haft wurde, anschwoll und später ihren Dienst versagte. Nach einiger Zeit fanden sich grosse Ge- schwülste am Kopfe und an einer Rippe. Das Uebel verlief in Jahresfrist und endete durch Consumtion der Kräfte. Bei der Section zeigte sich, dass zwei Drittheile des linken Oberschenkels in eine Masse verwandelt waren, welche aus Knochen-Neubildung, Knochentrümmern und einem kranken Gewebe be- standen, welches Beides durchsetzte. Die ganze Masse hatte den Umfang eines Mannskopfes. Eben solche Zerstörungen waren an der Hirnschale vorhanden, an welcher rechterseits eine fausigrosse, lin- kerseits eine eigrosse Geschwulst sich zeigten; ebenso an einer Rippe. Der eigenthümlichste Befund waren eigene konzentrisch zusammengesetzte Kerne oder Zellen, aus welchen die eingesetzte Masse be- stand und welche sich auch in der vergrösserten Schilddrüse und in knopfartigen Auflagerungen der Pleuren vorfanden. Die Krankengeschichte wird deshalb nur im engsten Auszuge mitgetheilt, weil eine genaue und vollständige Beschreibung des Falles mit Abbildung des mikroskopischen Befundes vorbe- reitet ist. Sitzung vom 3. Juni. Herr Hofrath Dr. Burchard sprach: Ueber den Mechanismus und die Behandlung des Nachgeburt-Abschnittes der Geburt. Beim Studium des Mechanismus der Geburt, welche man am besten in 3 Abschnitten: dem der Wassergeburt, der Kindesgeburt und der Nachgeburt, betrachtet, muss man nicht bloss die die Geburt bewirkenden mechanischen Kräfte, sondern auch gewisse Momente beachten, welche man als Hindernisse der Geburt bezeichnen kanu, welche aber durch ihr Vorhandensein jene austreibenden Kräfte erst eigent- lich anregen und in zweckmässiger Art thätig werden lassen. Die austreibenden Kräfte liegen in der Muskelsubstanz des Uterus und der Bauchpresse, von denen in dem ersten und dritten Geburtsabschnitte die Muskulatur des Uterus fast allein thätig ist, im zweiten Abschnitte aber die Bauchpresse sehr be- deutend mitwirkt. Daher entsteht auch eine Aehnlichkeit zwischen dem ersten und dritten Abschnitte, welche den Arzt berechtigt, aus manchen Unregelmässigkeiten des ersten Abschnittes auf ähnliche, im 204 dritten Abschnitte zu erwartende zu schliessen. Beiläufig ist zu beachten, dass die Muskelfasern des Uterus nicht, wie man früher meinte, sich in längs- und ringförmige Querfasern theilen, sondern vielmehr jederseits die Oeffnung der Tuba ringförmig umgeben, so dass durch die ganze Dicke des Uterus sich zwei Systeme von ringförmigen Muskelfasern vorfinden, welche beide sich durchkreuzen und ihre fixen Punkte in der Tubenmündung und dem Ansatzpunkte der runden Mutterbänder haben. Zu den Hindernissen in dem oben angeführten Sinne gehören die Leibesfrucht selbst mit Einschluss der Nachgeburt, das Becken und die weichen Geburtstheile der Mutter. Hier handelt es sich nur um das Verhalten der Nachgeburt und wie solche beschaffen sein soll, um auf normale Weise geboren zu werden. Es ist nämlich nöthig, dass die Nachgeburt eine einigermassen feste Masse abgebe, damit das Muskelgewebe des Uterus auf sie einwirken und sie gewissermassen von sich abstreifen könne. Ent- fernen wir das Blut aus der Placenta, so stören wir dies Verhältniss, indem wir die Nachgeburt in eine welke Masse verwandeln, die für jenen Vorgang nicht geeignet ist. Dass in der unter Leitung des Vortragenden stehenden Gebäranstalt seit-langer Zeit keine Nachge- burtsverzögerungen vorgekommen sind, liegt zum Theil, insofern keine durch Verwachsung der Nachge- burt mit dem Uterus bedingte sich ereigneten, im Zufalle, für alle übrigen Fälle aber wohl in der seit der Zeit, wo Herr Direktor Dr. Küstner der Anstalt vorstand, in derselben eingeführten Behandlungs- weise des Nachgeburts-Abschnittes. Es muss nämlich zunächst die Trennung der Nachgeburt von dem Kinde zur rechten Zeit gesehehen, und zwar erst nachdem die Respiration und die nöthige Umänderung des Blutumlaufes regulirt sind, am besten erst nach Ausstossung der Nachgeburt. Trennt man schon früher die Nabelschnur und unterbindet, wie häufig geschieht, nur das mit dem Kinde verbundene Ende derselben, so entzieht man der Nachgeburt das Blut, sie wird welk und ungeeignet zur Ausstos- sung. Lassen wir sie dagegen im Zusammenhange mit dem Kinde, so bleibt sie turgescirend, löst sich erst in der Mitte, dann am Rande, rollt sich cylinderförmig, der Längsaxe des Uterus entsprechend, zu- sammen, und wird so am leichtesten ausgestossen. Ziehen an der Nabelschnur bewirkt ein Zusammen- legen der Placenta in andrer Richtung und lagert sie quer, setzt also ein neues Hinderniss der Aus- stossung. Auch bei theilweiser Lösung der Placenta aus Krampf des Uterus, wie auch bei den seltene- ren Nachgeburts-Verzögerungen wegen abnormen organischen Zusammenhanges der Placenta mit dem Uterus, wäre es besser, die Nachgeburt im Zusammenhange mit dem Kinde zu lassen bis nach erfolgter Ausstossung oder künstlicher Lösung derselben, da der turgescirende Mutterkuchen sich besser lö- sen lässt. i Man hat früher manchmal wegen Entzündung des Uterus die künstliche Lösung der Placenta unter- lassen und ihre Entfernung durch Fäulniss abgewärtet. Solche Fälle sind allerdings sehr misslich, da jeder operative Eingriff die Entzündung steigert, sind aber glücklicher Weise jetzt seltener als sie viel- leicht früher, zur Zeit der Herrschaft der Phlogosen, gewesen sein mögen. Sitzung vom 4. November: Herr Dr. Grätzer: Ueber die öffentliche Armen-Krankenpflege Breslau’s im Jahre 1852. Wie bereits seit einer Reihe von Jahren, erstatte ich auch diesmal einen Bericht über die Armen- Krankenpflege der Hauptstadt Schlesien. Ohne den Werth solcher Berichte zu überschätzen, scheinen sie mir doch nicht ganz zwecklos. Ein integrirender Theil der speciellen vaterstädtischen Chronik, sind 205 sie immer ein Beitrag zur Beurtheilung der grössten Frage unserer Gesellschaft — über die Mittel gegen die Verarmung, über die Erfolge der bisher angewendeten Mittel, über die Grösse des Proletariats und seine Bedürfnisse. Solch ein Jahresbericht giebt zwar nur ein zusammenhangloses, aber doch ein treues Bild der Thätigkeit, welche in der Stadt dem wichtigsten Theile der öffentlichen Armenpflege zugewen- det wurde. In einer späteren, ausführlicheren Darlegung gedenke ich die Resultate vorzuführen, welche ich aus diesen mehrjährigen Berichten gewonnen habe. In dem folgenden Berichte für 1852, welcher mindestens denen willkommen sein dürfte, welchen meine früheren Jahresberichte ein Interesse gewährten, wird zuvörderst unter Beibehaltung der bisher von mir beobachteten Ordnung von dem Stande der öffentlichen Armen-Krankenanstalten und sodann von denjenigen vielen Instituten gehandelt werden, welche das Jahr 1852 neu in’s Leben treten liess. 1) Das grosse Hospital zu Allerheiligen verpflegte im Jahre 1852: Aeussere Kranke ........ 1474, Innere Kranke .......... 3979, zusammen 5047, von denen daselbst 572 starben, so dass sich das Mortalitätsverhältniss wie 1: 8,8 stellte. Ausser die- sen Kranken wurden vom Hospital noch 486 ambulante meist chirurgische Kranke behandelt, welche sich Rath und Arznei daselbst holen kamen. Nach dem Verwaltungsbericht des Hospitals wurden im Durch- schnitt 376%, Kranke täglich verpflegt, von denen Jeder durchschnittlich 27%, Tage im Hospital zu- gebrachi hat. Das Hospital hatte eine Jahres-Gesammtausgabe von 40,826 Thlr. 21 Sgr. 9 Pf., woraus sich der Kostenpreis für den einzelnen Kranken auf 8 Thlr. 2 Sgr. 8%, Pf. repartirt. 2) Das Barmherzigen Brüder-Hospital verpflegte 1793, meist chirurgische Kranke, von denen 100 starben, so dass sich das Mortalitätsverhält- niss auf 1: 17°% „. berechnet. Ausser diesen erhielten 3125 freie ärztliche Behandlung und meist auch unentgeltlich Arznei; zu chirurgischen Verbänden kamen 3516 Personen, Zahnoperationen wurden 11178 ausgeführt. Von den verpflegten Kranken kamen im Durchschnitt auf den Tag 77, von denen Jeder durchschnittlich fast 32 Tage lang, verpflegt wurde. 3) Das Blisabethinerinnen-Hospital verpflegte meist innere Kranke und zwar 1250, von denen 65 starben, so dass das Mortalitätsverhältniss sich auf 1:19%, stellte. Es waren im Durchschnitt täglich 84 Kranke vorhanden und der Kranke verbrachte gegen 25 Tage im Hospitale. Ab- und zugehende Kranke erhielten 564 daselbst ärztliche Hülfe und Arznei. ö 4) Das Diakonissen-Krankenhaus Bethanien verpflegte 235 Kranke, von denen 7 starben, so dass sich das Mortalitätsverhältniss auf 1:33% herausstellt. 5) Das Augusten-Hospital für Kinder verpflegte 87 Kranke, von denen 14 starben, so dass die Mortalität sich von 1:6%, stellte. Die Ko- sten für den einzelnen Kranken haben sich auf 11 Thlr. A Sgr. 3 Pf. verringert, wodurch eine grössere Anzahl hat Aufnahme finden können. 6) Das Israelitische Fränkel'sche Hospital verpflegte 193 Kranke, worunter 13 Sterbefälle, die Mortalität also 1: 14!),. Der einzelne Kranke brauchte im Durchschnitt an Verpflegungszeit 31 Tage und kostete 18 Thlr. 7) Das Königliche Hebammen-Institut. In demselben fanden Aufnahme: Ausser dem 185ler Bestand von Wöchnerinnen........srr2eueeeeen rn: ER 15 BE ochenkinder. » +; » „id, „ik a0 % WA. res Keira. 2 erg ee 18 Pchwangere ..... 7 Piss art len en So re ee a a A 254 Vuschwangera.;..n 3:0 00.3 an eye Se Men NE 79 Kranke Schwangere (abortus imminens, retroversio, prolapsus uteri) ....-.... 7 Kranke Kinder... sun wtä - e enee 4 Gebärende.-. . act an ern ae al ee 320 Kinder wurden geboren (darunter 28 Todte, 2 abort. molar. und 5 Zwillinge)... 324 1024. Es starben: 1) von den Erwachsenen. .........seocncencnoncn 1 2) von Kindern: a) den rechtzeitigen während der Geburt... 8, ae u nach der Geburt ..... 13, a gr ») den vorzeitigen vor der Geburt ....... 15, ar { nach der Geburt ..... 7, 44, so dass sich das Mortaltätsserhälnis auf 1:23%, stellte. # 9 Die Gefangenen-Kranken-Anstalt. Dieselbe besteht seit dem. 17. Oktober 1852, an welchem Tage das mit der Königl. Gefangenen- Anstalt verbundene Lazareth eröffnet wurde, aus zwei Instituten, aus der städtischen im Kasemattenge- bäude, am Barbarakirchhofe, und dieser ‚Jüngeren. In ersterer waren: Kranke..... ernennen fe 1887, wovon als ‚genesen "entlassen ; ER USE RBL Are Um. 1310, vor beengeter Kür. in. ‚das ‚Allerheiligen-Hospitl überwiesen... 343, gestorben.... fir; ba Fe Fe IERIRTIE , 55, in die neue Anstalt, ängäben BEN DER ET. 2 152, darnach starben von 1887 Kranken 55, mithin -Mortalitätsverhältniss 1: 2517,,. Im Königl. Gefangenen-Lazareth waren vom 17. Oktober bis 31. December 1852: 448 Kranke, wovon Ö starben. Mortalität 1: Bere 9, Die ER Klinik verpflegte in ihrer Räumlichkeit vom 1. Januar 1852 bis zum Schlusse des Wintersemesters, wo sie dem Allerheiligen-Hospital einverleibt wurde, 47 Kranke; 4 starben, mithin Mortalitätsverhältniss 1: 11%. 10. Die chirurgische Klinik nahm während des Jahres 1852 auf: 101 Bine es starben 5, "so dass das Mortalitätsverhältniss sich auf 1: 20'/ stellte. , Ri 207 41) Die geburtshilfliche Klinik verpflegte im Jahre 1852: a) nicht schwangere Kranke........... 14, b) kranke Schwangere... .........2.... 135, R c) Schwangere und Kreissende......... 128, d) Wöchnerimen un inin ahnen 7, e) Kranke Wöchnerinnen. „2. cs 222 220.. 5, BP Kinder nun nn REN WO 146, 313. Es starben davon ad 2) -...oonsnun.... 1, Binz hun. „di. 2, Ve 24, 28, so dass die Mortalität sich auf 1: 11%, stellte. 12) Die Heilanstalt für arme Augenkranke behandelt seit dem 1. März 1852 27 Augenkranke, von denen keiner gestorben ist. Der Kranke ko- stete durchschnittlich 9 Thlr. Soweit die statistischen Notizen über die stabilen Armen-Krankenanstalten während des Jahres 1852. Nicht minder umfangreich sind diejenigen Ueber die Hausarmen-Krankenpflege Breslau's. An erster Stelle steht hier: dr 1) Die Krankenpflege durch die Communal-Armen-Aerzte, -- Durch Bezirks-Armen-Aerzte wurden behandelt 10,548 Kranke, von denen 809’starben, das Morta- litätsverhältniss mithin 1 : 15%, war. Der kommunale Verwaltungsberichi Sigiebt, ' dass der einzelne Kranke nicht mehr als 22 Sgr. 10%, Pfennige basleie,! indem für Medikamente ......2r0rs essen. SA 7 5 Thlr. 3 Spt. 3 Pf. Honozss Tür Borzie ..... one anebuns- aus RER 1942: en Honorar für Wundärzte............. RE RR für Bruchbänder, Bandagen........ u 4 er ae N Klystiere ..... RÄT LE |. 07, Wwariie, Buder.ueanaseunecn: ee > a. Mineralbrunnen und Molken.........2ccwescr20.. man) 118 |, 6 „ Badereise-Unterstützungen . .........n +... RRATU, my, — nn * im KR a2 8014 Thbr. 13 Sgr. — Pf. verausgabt worden. Auch in diesem Jahre er eine N elverung der Krankenzahl gegen das Vorjahr, und zwar um 1135, stattgefunden. Es beweist diese anhaltende Zunahme .jedenfalls, dass die Armuth in den untersten Schichten unserer Bevölkerung in steigender Zunahme gewesen. Seit fünf Jahren ist die Zahl der Ar- menkranken in unserer Stadt um das Doppelte ERBEN: und so bedeutend haben sich in dieser 27 208 Periode Epidemieen nicht geltend gemacht, dass man ihnen allein diese progressive Steigerung beimes- sen kann. 1852 speziell ist mit einiger Heftigkeit nur das Scharlachfieber aufgetreten und hat in den Kreisen der Armen namentlich Kinder in erheblicher Menge hinweggerafft. Die sorgfältig geführten bezirks-armenärztlichen Listen haben ergeben pro 1852: 693 Scharlachfälle......... und darunter Todesfälle 80, 149 Masern nu. re ee: 2, 82. Menschenblattern. u so ununn la re 2; 275 modifieirteBlattern...+ur 0. ». «wre 6, 789°Sohafpocken..;..... .iassrecinaisrenainie a 0, Ger 3 ee ee 3. 2) Tharould-Blacha’sche Fundation. Diese verpflegte 200) Kranke; von ihnen starben 66, mithin war die Mortalität 1: 30%. 3) Das Haus-Armen-Medizinal-Institut behandelte 481 Kranke; davon starben 27, also stellte sich die Mortalität wie 1: 17?%,,. 4) Die israelitische Hausarmen-Krankenpflege umfasste 1148 Personen, von denen 50 starben, so dass die Mortalität 1: 22°%,, betrug. 5). Das Kuh’sche Hausarmen-Kranken-Institut | verpflegte 255 Kranke, unter denen 9 starben. Die Mortalität war mithin 1: 28",. 6) Die medizinische Poliklinik. Sie behandelte 328 Kranke; davon starben 18, also war die Mortalität 1 : 18%. 7) Die chirurgische Poliklinik verpflegte 1567, meist Augenkranke. Die Todesfälle waren nicht zu ermitteln. 8) Der schlesische Verein zur Heilung armer Augenkranker verpflegte 521 Augenkranke, von. denen 437 vollkommen geheilt wurden; ein Todesfall kam nicht vor. Der Kranke kostete 24 Sgr. 9) Die geburtshilfliche Poliklinik nahm 785 Kranke auf, nämlich Al kranke schwangere Frauen, wovon starben. . 0, 93 kranke Schwangere ...2...22sseccnesc0n Bu an 3 an WET 1, a lee 02 Ei 5, ee RE. re 15, 287 neugeborne Kinder.........“screcrscceo0 71, 785 32, so dass die Mortalität 1: 8*%,, betrug. 209 10) Privat-Vereine. Unter ihnen sind die bedeutendsten: a) Der Sterbe- und Krankheits-Kassen-Verein zur Eintracht. Derselbe umfasst 2000 Mitglieder, während des Jahres kamen 616 Erkrankungen vor, von denen 450 von dem Vereinsarzte Dr. Springer behandelt, 166 in verschiedenen Anstalten unter Obhut ande- rer Aerzte verpflegt wurden. Von den 450 ersteren starben 20, so dass sich in Bezug auf diese das Mortalitätsverhältniss auf 1: 22%, herausstellte. b) Der Gesundheits-Pflege-Verein. ii gehören 862 Mitglieder, nach Köpfen 3266 Personen an. Von 2191 Erkrankten starben 100, so dass die Mortalität sich wie 1:21%,, darstellt. Die Kosten betrugen pro Kopf 27 Sgr. 7Y,, Pf. Wie viel von diesen durch Privatvereine als zugehörige Mitglieder verpflegten 2807 (2191 + 616) Er- krankten als Arme anzusehen, dafür giebt es keinen sichern Anhalt. Annähernd indessen und um die Annahme bei den früheren Berechnungen nicht zu verändern, lässt sich wohl die Zahl der Armenkran- ken, welche diesen und anderen Vereinen zufielen, auf 2000 schätzen. Diese wären also, falls sie nicht Vereinen angehörten, der Communal- Armenpflege anheimgefallen und sind daher bei der Berechnung im Allgemeinen auch in Anschlag zu bringen. Gesammt-Uebersicht der in den 24 Instituten im Jahre 4852 verpflegten Kranken und Gestorbenen. Kranke | Gestorben a) In den städtischen 2 Instituten. Im Kranken-Hospital zu Allerheiligen ..........:.... 5047 972 In der Communal-Hausarmen-Krankenpflege durch die RETTEN BE FTRE 10548 | 809 15595 | 1381 b) In den nicht städtischen 22 Instituten. Im Barmherzigen Brüder-Hospital........... u 1793 100 Im Elisabethinerinnen-Hospital ...........-.2-22220. 1250 65 Im Augusten-Kinder-Hospital.......... ac ar 87 14 Im Fränkel’schen"isr. Hospital... .............2... 195 15 Im Diakonissen-Krankenhaus Bethanien .............. 246 7 In Bebanmenastn EEE 1028 45 In der Gefangenen-Kranken-Anstalt........... z.... 1887 55 Im Ge re IETTEDHIT IE 448 5 In der medizinischen Klinik ..........-.. -erce00.. 47 4 In der chirurgischen Klinik ................ Beeeuns 101 5 In der geburtshilflichen Klinik ..........2222s2 2000: 313 28 Latus | 7393 | 339 27* 210 Kranke | Gestorben Transport | 7393 | 339 In der Augenheil-Anstalt . „2.2.2 e on oceeeec een 27 _ Im Tharould-Blacha’schen Hausarmen-Kranken-Institut ..| 2000 66 Im Hausarmen-Medizinal-Institut........ceccc2220.. " 481 27 In der jüdischen H.-A.-Krankenpflege. .............. 1148 50 Im D. Kuh’schen H.-A.-Kranken-Institut ....2......... 255 9 In der medizinischen‘ Poliklinik: 1.40. ur r0.. 00 54% : 328 18 In der chirurgischen Poliklinik ...........2.cs2220.. 1567 — In der geburtshilflichen Poliklinik ..........ss20...... 785 92 In dem schlesischen Vereine für arme Augenkranke.... 521 —_ In ‚den Peivamrartisen .. su. nad as an ‚..| 2000 _ Zusammen | 16505 601 Mit Hinzurechnung der obigen | 15595 1381 Totalsumme | 32100 1982 Das Mortalitätsverhältniss war in den städtischen Instituten 1: 11%°%,,,, in den nicht städtischen 1:19%% 5;, im’ Ganzen 1214237 ,..: An diese Zahlennotizen schliesst sich mein Bericht sowohl über die Veränderungen, welche die In- stitute unserer Stadt im Jahre 1852 erfahren, als auch über die vielen neu in’s Leben getretenen An- stalten. | Eine sehr bedeutende und höchst erspriessliche Veränderung hat zunächst das grosse Hospital zu Allerheiligen erfahren, indem vom 1. Juni 1852 darin die medizinische Universitätsklinik Aufnahme fand. Abgesehen von dem Gewinne, den hierdurch die Wissenschaft machte, wurde das Hospital so auch einem seiner Zwecke näher geführt, den es bisher doch nur nebensächlich erfüllt hatte. Jetzt erst dient es als Pflanzschule junger Aerzte und ist der Wissenschaft dienstbar geworden, während die auch bis dahin geltende Regel, in dem Hospitale nebstbei jüngere, selbst noch nicht promovirte Aerzte zu beschäftigen, nur Wenigen zu Gute kommen konnte. Indem aber daselbst eine Klinik etablirt wurde, nützt es der Hochschule der Stadt und fördert dieselbe im Allgemeinen. Wie diese hat aber bei der Aenderung auch die ökonomische Verwaltung gewonnen. Durch das getroffene Arrangement sind die zeither ausschliess- lich der Universitätsklinik gehörigen Grundstücke und Räumlichkeiten in den Besitz des Hospitals über- gegangen, welches ausserdem nun auch aus dem vom Staate ausgesetzten Unterrichtsfonds einen Jahres- zuschuss von 1000 Thalern erhält. Dies ist insofern von sehr wesentlicher Bedeutung, als die Gebäude der bisherigen, nun also aufgelösten Klinik in der nächsten Nachbarschaft gelegen und einer Erweiterung der Räumlichkeiten des Hospitals sehr hinderlich waren. Die Einverleibung der Klinik hat sodann zur "Folge gehabt, dass auch die ärztlichen Arbeitskräfte des Hospitals (um den klinischen Lehrer und dessen Assistenten) ohne Kostenaufwand vermehrt wurden. Bei dieser Gelegenheit wurde die innere Kranken- station in zwei Theile getheilt und der eine davon dem zeitherigen Secundärarzt Dr. Nega nun als Pri- 211 märarzt übergeben. Dieser besorgt mit einem ihm beigegebenen Assistenzarzt sowohl die im alten Cli- nicum als auch die im Hickertschen Gebäude untergebrachten Kranken selbstständig. Der bisherige Ober- arzt Geh. Med.-Rath Ebers ist jetzt dirigirender Arzt (technischer Direktor) desselben geworden; er gehört nun als solcher zur Hospital-Direktion, wo er jetzt Sitz und Stimme hat, versieht aber auch die andere Hälfte der inneren Krankenstation und gleichzeitig die Abtheilung für Geisteskranke als Primär- arzt. So hat jetzt das Hospital zwei Primärärzte auf der inneren und einen (Med.-Rath Remer) auf der äusseren Station, ausserdem aber in der Person des klinischen Lehrers (Professor Frerichs) noch einen dritten mittelbaren Primärarzt für innere Kranke. Die Staatsregierung, resp. die hiesige Universi- tät — um auch dies zu erwähnen — hat bei dem getroffenen Uebereinkommen gleichfalls Vortheile erwor- ben. Nicht nur hat sie Ersparnisse in ihrem Etat für die Klinik herbeigeführt; sie hat. auch eine grös- sere Krankenzahl, das Recht der freien Auswahl unter den vorhandenen Kranken und deren Verlegung durch den klinischen Lehrer. Eingeräumt wurden ihr drei Krankensäle, ein Hörsaal und ein Laborato- rium mit chemischer Küche. Die vortheilhaften Bedingungen der neuen Einrichtung sind schon jetzt so eclatant zu Tage getreten, dass eine weitere Verschmelzung noch anderer klinischen Anstalten, insbe- sondere der chirurgischen, beabsichtigt wird. Auch die nicht städtischen Krankenhäuser Breslau’s haben im Jahre 1852 überaus erfreuliche Fort- schritte gemacht. Obenan steht hier Bethanien. Das Diakonissenkrankenhaus ist erst in diesem Jahre so recht eigentlich in’s Leben getreten. Das Klostersträsse Nr. 49 belegene Grundstück, ein ehemaliges Gasthaus, 1851 für 12,587 Thaler erkauft, wurde anfangs 1852 mit einem Kostenaufwand von 4299 Thaler ausgebaut. Es besitzt nun ausser einem Garten und den zugehörigen Nebengebäuden, Stal- lung für Kühe ete., im Hauptgebäude im untern Stockwerk: eine sehr schöne Kapelle, das Aufnahme- zimmer, einen Saal für die Schwestern, Wohnungen, Küche und Badezimmer. In der oberen Etage be- finden sich allein Krankenzimmer. Die Einrichtung dieser ist indessen gewiss nicht so zweckmässig erfolgt, als hätte geschehen können. Mir wollen die Zimmer, weil zu klein und ungleichartig, nicht ganz gut eingetheilt scheinen. Wohl ist es wichtig, die Anhäufung vieler Kranken in einem Raume zu vermeiden; aber dies auf Kosten einer guten und billigen Verwaltung ohne Noth zu thun, ist verfehlt. Hier, wo nur Kranke einerlei Geschlechts verpflegt werden, hätten die Zimmer je mehrere Betten auf- nehmen sollen; die Badeanstalt ferner musste, um Translocationen möglichst unbeschwerlich zu machen, gleichfalls im ersten Stocke angebracht werden. Damit hätte man die Verwaltung erleichtert und ihre Kosten vermindert. Der hierbei vorherrschend confessionelle Gesichtspunkt speziell nimmt wohl einen verhältnissmässig zu grossen Theil der Räumlichkeiten für seine Zwecke nicht ohne Kostenaufwand in Anspruch, und lässt anderseits auch bei der Pflege der Kranken mehr geistliche Rücksichten vorwalten, als in anderen Krankenhäusern zu beobachten nöthig erscheint.. Aber immerhin begrüssen wir das neue Institut, welches am 10. Juni 1852 aus seinem alten Lokale, dem ehemaligen evangelischen Seminar- gebäude, in das neue übersiedelte, als ein im Allgemeinen vortreffliches und segensreiches. Die Thä- tigkeit der Diakonissinnen ist eine sehr erspriessliche; überall, in den Krankenzimmern sowohl als in den übrigen Räumen des Hauses, findet man eine grosse Ordnung und Reinlichkeit, und kurze Zeit der Be- obachtung hat mich auch hier schon gelehrt, dass die Schwestern vermöge ihrer grossen Opferfähigkeit, der Liebe, mit welcher sie sich dem Dienste hingeben, und ihrer Kenntniss von der Sache ganz vor- züglich in den Kinderhospitälern zur Verpflegung von kranken Kindern, für welches Amt in der Regel an geeigneten Persönlichkeiten grosser Mangel ist, eine ganz besonders treffliche Wirksamkeit zu üben im Stande sein müssten. In Ansehung des Instituts selbst ist es rühmend anzuerkennen, dass es ein Werk der Liebe aus freiwilligen Gaben entstanden und sich in der kurzen Frist von kaum drei Jahren zu einer Bedeutsamkeit emporgeschwungen hat, die ein ehrendes Zeugniss für seine Gründer und Lei- 212 ter ist. Seine Lage in der Klosterstrasse giebt ihm als evangelisch-lutherische Stiftung für: weibliche Kranke dieselbe Bedeutung, welche das benachbarte treffliche katholische Hospital der Barmherzigen Brüder für kranke Männer hat. Beide sind sie für die Kommune eine grosse Stütze in ihrer Armen- Krankenpflege in einer Vorstadt, deren Bevölkerung progressiv ärmer wird. Glücklicher Weise verbreiten hier diese beiden Anstalten religiösen Charakters ihren Segen. Möchten bald auch andere, dessen nicht minder bedürftige Stadttheile sich gleicher Vortheile zu erfreuen haben! am dringendsten thut dies vor allen der combinirten Sand- und Odervorstadt Noth, welche auch in dieser Hinsicht beklagenswerth ver- nachlässigt ist, und für welche bei ihrer grossen Ausdehnung und Entfernung vom A. H.-Hospitale der sehr armen Bevölkerung wenigstens ein Aushilfs-Krankenhaus baldigst etablirt werden sollte. Eine Aenderung hat ferner auch die Gefangenen-Kranken-Anstalt erfahren. Nachdem als eine Folge der neuen Gerichts-Organisation und mit Herstellung des neuen grossen Königl. Gefängniss- gebäudes nächst dem Stadtgärichtshofe die Verpflegung der Gefangenen auf den Fiskus übergegangen war, verblieben der kommunalen Verwaltung und also im alten Institut in der Kasematte am Barbara- kirchhofe nur die Polizei- und Arbeitshausgefangenen-Kranken, während der andere, grössere Theil in das neue Gefängniss überging, mit welchem in Verbindung das Lazareth errichtet ward. Dieses be- findet sich in einem nordöstlichen und einem nordwestlichen Flügel des Gebäudes und besteht aus einer Reihe von Zimmern, denen es der Sachkundige auf den ersten Blick ansieht, dass sie zu dem Zwecke, welchem sie nun gewidmet sind, nicht ursprünglich bestimmt waren. Man sollte meinen, man hätte bei Herstellung dieses, einen sehr beträchtlichen Kostenaufwand erfordernden grossartigen Gebäudes, das eine Bevölkerung von 800 Köpfen in sich beherbergt, ganz und gar auf die Kranken vergessen: so unzweck- mässig sind die getroffenen Einrichtungen. Nichts von alledem, was die Erfahrung als beachtenswerth für derartige Institute empfohlen hat, ist berücksichtigt: es fehlen Abtheilungen für contagiöse Kranke, ein Bade-, ein Entbindungs- und Operationszimmer, ein Sectionshaus; weder Lage noch Licht sind be- rechnet. Und das Alles hätte sich beim Baue durch Verwendung eines Raumes im südöstlichen Theile des Gebäudes oder des dortigen Flügels zur Krankenanstalt gar leicht berücksichtigen lassen. Bei einem derartigen Institut ist dies von nicht geringer Erheblichkeit. Die Gemüthsdepression, die jede Haft na- turgemäss begleitet, macht mehr Kranke, als sonst dieselbe Anzahl von Individuen mit sich bringt, und die verschiedenen Gattungen Gefangener (Zuchthaus — Gefängniss — Untersuchung) bedingen Absonde- rung und erheischen daher viele von einander gesonderte, für den speciellen Zweck angemessen einge- richtete Räumlichkeiten. Von den grossen Fortschritten, welche das Prinzip der Humanität auch im Gefängnisswesen gemacht hat, findet sich in unserem Lazareth nicht das Nöthige vor, und die Vorwürfe, welche ehedem die Kommune wegen ihrer Gefangenen-Kranken-Anstalt in der Kasematte trafen, wieder- holen sich gewissermassen auch hier. Neu in’s Leben getreten ist ein kleines Institut, dem eine recht gedeihliche Wirksamkeit eben so zu wünschen ist, wie sie ihm schon jetzt nach seinem kurzen Bestehen beigemessen werden kann: die Heilanstalt für Augenkranke. Die betrübende Wahrnehmung, dass eine nicht unbeträchtliche Zahl Augenkranker wegen Mangels ärztlicher Hilfe und Unvermögens zur Beschaffung von Medikamenten gänzli- cher Erblindung anheim- und dann den Kommunen zur Last fiele, hatte den „schlesischen Verein zur Unterstützung und Heilung armer Augenkranker“ in’s Leben gerufen, um dessen Zu- standekommen sich der erfahrene Augenarzt Dr. Viol schätzenswerthe Verdienste erworben hat. Schon beim Beginne zeigte sich die Nothwendigkeit für den Verein, eine stabile Augenanstalt einzurichten. Sie 213 ist in dem Hause Ohlauerstrasse Nr. 47*) untergebracht, disponirt über zwei Krankenzimmer für Männer, zwei dergleichen für Frauen, ein Sprech- und ein Empfangszimmer nebst den erforderlichen Neben- räumlichkeiten für das Verwaltungsbureau etc. In der Zeit vom 1. März 1852, an welchem Tage das Augen-Institut eröffnet wurde, bis zum Jahresschlusse wurden 527 ambulante Augenkranke behandelt und 27 in der Anstalt selbst verpflegt. Unter den letzteren waren 11 mit dem grauen Staar (cataracta) behaftete, von denen 9 durch Operation völlige Heilung fanden, 1 wurde gebessert und 1 nicht geheilt entlassen. Die 5 vorgekommenen Fälle von Trauchom und Pannus genasen. Gewiss eine segensreiche Thätigkeit und für das kurze kaum zehnmonatliche Bestehen des Instituts sehr belangreiche Wirksamkeit! Von diesem Institut lässt sich mit Fug und Recht behaupten, es entspreche einem dringenden Bedürfnisse der Stadt Breslau. Hierselbst hatten in früherer Zeit namentlich Dr. Lindner und. Professor Kuh eine grosse augenärztliche Armenpraxis, und die Kommune konnte die Sorge für arme Augenkranke noch missen, während andere Gemeinden, wie Wien, Berlin, Prag, Dresden, München, Leipzig ete., schon seit Decennien Armen-Augenärzte anzustellen genöthigt waren. Seit Lindner’s Tode und besonders auch seit dem Abgange Kuh’s von Breslau mussten arme Augenkranke hier ihre Zuflucht fast allein zu der chirurgischen Poliklinik nehmen, deren Direktor, Geh. Medicinalrath Benedict, sich zumal auf diesem Gebiete eines grossen Rufes erfreut. Indessen konnte, was Rühmliches und Erspriessliches hier auch geleistet wurde, dies dem mit der Einwohnerzahl steigenden Bedürfnisse nicht genügen, wenngleich auch nach der Vereinigung der Augenabtheilung mit der äusseren Station Remer’s das Allerheiligen-Hospital seine Thätigkeit den Augenkranken in erhöhterem Maasse als früher zuwandte. Der Mangel einer auf die Besonderheit dieser Leidenden speciell berechneten Anstalt war unläugbar, und die Kommune kann es dem schlesischen Vereine zur Unterstützung und Heilung armer Augenkranken danken, dass er ihr für's Nächste mit seinem Institute förderlich zu Hilfe gekommen ist. Vorzüglichen Dank aber verdienen die Mitglieder des Direktoriums, denen die besondere Aufsicht über die Anstalt obliegt, für die Sorgfalt, Zweckmässigkeit und Billigkeit, mit der sie die Verwaltung derselben leiten. Wie speciell der Stadt Breslau, kommt das neue Institut der gesammten Provinz zu Gute, da es auch Nicht-Breslauer aufnimmt; den Provinzialstädten steht der Beitritt zum Vereine offen, und mit der durch den Magistrat erworbenen Mitgliedschaft erwerben die armen Ortsangehörigen das Recht zur Aufnahme in das Augen-Institut im Erkrankungsfalle.. Je nachdem die Kommunalbehörden den hiermit gebotenen Vortheil einsehen und sich dem Vereine anschliessen werden, wird derselbe seine Wirksamkeit auch ferner erweitern können. Endlich bleibt als ein neues Institut noch zu erwähnen die von Dr. H. Neumann errichtete, am 16. Februar 1852 in Pöpelwitz, nahe der Stadt, eröffnete Privat-Irren-Anstalt. Sie ist schr zweckmäs- sig eingerichtet, hat unter Berücksichtigung der Trennung der Geschlechter 12 Krankenzimmer, welche mit Allem versehen sind, was billigen Anforderungen entspricht; ferner einen Salon, einen schönen ge- räumigen Garten; sie bietet für mässiges Honorar gute Kost und treffliche- Bedienung. Daher findet sie jetzt schon die Beachtung, welche sie unter Leitung des tüchtigen Psychiater ganz gewiss verdient. Bei dem grossen Mangel unserer Provinz an einer von einem Arzte geleiteten Privat-Irren - Heilanstalt und der Unzulänglichkeit der mit dem Allerheiligen-Hospital **) zusammenhängenden Abtheilung für Irre heissen wir das Neumann’sche Institut nur willkommen. *) Die Anstalt wird, vergrössert und zweckmässiger eingerichtet, binnen Kurzem nach dem Hause Nr. 16 der Kirchstrasse (Neustadt) verlegt. ”) Diese Abtheilung ist eigentlich nur für unheilbare Irre, welche der häuslichen Pflege nicht überlassen wer- den dürfen, und für solche, die bis zur Aufnahme in die Provinzial-Irren-Heilanstalt zu Leubus hier vorübergehend detinirt werden, eingerichtet. Indessen auch für diesen Zweck reichen die getroffenen, nicht einmal guten Vorrich- 214 Die kommunale Hausarmen-Krankenpflege hat im Jahre 1852 gleichfalls manche, wenn auch nicht wesentliche Veränderungen erfahren. Sie bezogen sich grösstentheils auf Ersparnisse. Eine solche wurde herbeigeführt einmal durch die feste Besoldung von Armenwundärzten, welche bisher ihre Hilfslei- stungen liquidirt- hatten; während jene Liquidationen sich jährlich im Durchschnitt auf 500 Thlr. beliefen, erheischt das Fixum nur einen Aufwand von 375 Thlr. für's Jahr. Die zweite Ersparniss wurde durch veränderte Eintheilung der Medieinalbezirke hervorgebracht. Statt der bisher bestandenen 15 schuf man nur 14 Medicinalbezirke, indem man den Bürgerwerder ganz zweckmässig zum zweiten Oderthorbezirke schlug, den ersten aber vergrösserte. Im Uebrigen blieb die Eintheilung unverändert: sechs ausser-, acht innerstädtische Bezirke; die letzteren wurden gleichmässig abgegrenzt, so dass in jeden ungefähr 500 Kranke jährlich fielen. An diesen statistischen und historischen Jahresbericht schliesse ich noch ein paar Anmerkungen, die sich als Resultat des von mir gewonnenen Materials ergaben. Eine weitere Ausführung derselben habe ich mir für eine ausführlichere Behandlung vorbehalten. Im Jahre 1852 wurden in Breslau geboren 4767 Personen und es starben 4620; es hat somit eine Zunahme um 147 Köpfe stattgefunden. Dieses Resultat ist im Vergleiche zum Vorjahr 1851, in welchem 253 Geburtsfälle mehr vorgekommen sind, um so ungünstiger, als die städtische Bevölkerung 1852 thatsächlich durch Zuzug gewachsen ist. Die Seelenzahl (Civilbevölkerung) der Stadt betrug nach der im December vorgenommenen amtlichen Zählung 116,235, also 6,235 mehr, als im vorigen Jahre, in welchem indessen eine Zählung*) nicht stattgefunden hatte, angenommen wurde. Doch dürfte unsere Annahme vom vorigen Jahre die richtige gewesen sein. Die Erschütterungen der letzten Periode von 1848 sind nun erst in dem Masse überwunden, dass die Differenz, welche zwischen der vorletzten Zäh- lung im Jahre 1849 und der letzten im Jahre 1852 — 104,222 — 116,235 — hervortritt, zumeist auf das letzte Jahr fällt. Will man indessen die durch Differenzrechnung berechnete Einwohnerzahl für 1851 gleichzeitig auch auf 112,230 Seelen annehmen, so stellt sich die Gesammtmortalität höher, da sie 1 : 25 beträgt, während sie sich im vorangegangenen Jahre auf 1 : 26,5 stellte. Vergleicht man die progressive Zunahme der Armenkranken mit dem Wachsen der Bevölkerung, so ergiebt sich ein nicht erfreuliches Verhältniss. Hätte die Progression der Armenkranken mit der Steige- rung der Bevölkerung nur gleichen Schritt gehalten, so hätte im Jahre 1852 die Zahl jener um nicht mehr als 1009 steigen dürfen; sie ist aber um 3806 gestiegen. In den städtischen Instituten wurden 1852 (im Allerheiligen-Hospital 147, in der Hausarmen-Krankenpflege 1135) 1282, in den nicht städti- schen 2524 Individuen mehr behandelt, als im Vorjahre. tungen nicht aus, um so weniger, als in neuerer Zeit hier eine auffallende Vermehrung der Geisteskranken hervor- getreten ist. Es ist daher sehr bedauernswerth, dass das geräumige, schöne Institut in Leubus nicht eme grössere Zahl armer Irrenkranker aufnimmt, und im Interesse der Stadt und ganzen Provinz eine Verbesserung in der Organisation desselben um so dringender, als eben die Zahl der Geisteskranken schon seit Jahren über das Verhältniss der Be- völkerung wächst. Ein guter Anfang ist indessen schon dadurch geschehen, dass mit Errichtung des Neumann- schen Privat-Instituts das Monopol einer Pensionsanstalt in Leubus aufgehört hat und dieses, nicht mehr der vorzugs- weise Zufluchtsort für irre Pensionärs der Provinz, immer mehr wird seiner Hauptbestimmung zugeführt werden können. ) Der Mangel eines Einwohner-Meldeamtes erschwert die Lokalstatistik noch immer gar sehr, da es für die zwischen den Zählungen liegenden Jahre an einem sichern Anhalte fehlt. Sollte es der Mühe nicht lohnen, diesem Uebelstande abzuhelfen? Vergl. Gedanken über die Zukunft der Armen-Krankenpflege Breslau’s von Dr. Grätzer. Breslau 1852, bei G. P. Aderholz, S. 23. . 215 Endlich ist auch das Mortalitätsverhältniss (unter den Armenkranken) des letzten Jahres gegen das . des vorangegangenen ein ungünstiges; es stellt sich 1: 14, dagegen im Vorjahre 1: 19; für die städti- schen Institute speciell blieb die Mortalität dieselbe: 1 : 11. Die Verschlechterung trifft mithin die nichtstädtischen Institute allein. In Ansehung des Mortalitätsverhältnisses der Stadt überhaupt hat dage- gen eine Besserung stattgefunden. Die Gestorbenen im Verhältnisse zur Civilbevölkerung der Stadt ge- setzt, ergiebt 40'”%,,, als Procentantheil, während derselbe 1851 41'°%,,, betrug. Durchschnittlich für eine Jahresreihe haben wir denselben mit 37, also keinesfalls zu hoch angenommen, und die cha- rakteristische Thatsache, dass in Breslau mehr als je der dritte Todte ein in der stationären öffentlichen Krankenpflege Gestorbener ist, in den Kranhenhäusern allein je der fünfte, hat eine neue unwiderlegliche Bestätigung erhalten. Derselbe schloss hieran Mittheilungen aus seiner Arbeit: *) Ueber Bevölkerungs-, Armen-, Krankheits- und Sterblichkeitsverhältnisse in Breslau, welche hier wegen des mit dem Gegenstande zusammenfallenden Interesses in vollständigem Abdruck folgt: x Das grosse Material, welches sich mir durch die alljährlich von mir gegebenen Berichte über die öffentliche und Privat-Armen- und Krankenpflege Breslau’s angesammelt hatte, schien mir der Benutzung für einen nicht nur wissenschaftlichen, sondern auch praktischen Zweck wohl werth. In wissenschaftli- cher Beziehung werden sorgfältig und gewissenhaft gesammelte statistische Mittheilungen über unsere Stadt um so willkommener sein, als es an einem neueren statistischen Nachweise über derartige hiesige Verhältnisse ganz fehlt. Für den praktischen Zweck aber bot mir die erst kürzlich wieder angeregte öffentliche Debatte über die Gesundheitsverhältnisse Breslau’s einen genügenden Anhalt. Von diesen bei- den Gesichtspunkten wollen meine nachstehenden Bemerkungen „über Bevölkerungs-, Gesundheits- und Sterblichkeitsverhältnisse der Stadt Breslau im Besonderen und im Vergleiche zu denen anderer grossen Städte‘ gelesen und beurtheilt sein. Nur unter Mitwirkung vieler hohen Behörden, Beamten und speziell unterrichteter Personen indessen, denen ich bei dieser Gelegenheit öffentlich meinen Dank für ihre gütige Unterstützung abstatte, vermochte ich in den Besitz aller hier erforderlichen Notizen zu gelangen, und je ansehnlicher ihr Umfang wurde, desto skrupulöser musste meine Sichtung werden. Mich hat dabei die Rücksicht geleitet, den mir ge- botenen Anlass nach Möglichkeit zu nützen und auch dem nicht ganz streng zur Sache Gehörigen hier einen Platz zu gönnen, weshalb auch die folgende Darstellung nicht nach allen Seiten gleichmässig organisch durchgearbeitet ist. Indem ich also auf die Beurtheilung der Mortalitäts-, Geburts- und andern Verhältnisse derselben Kategorie einging, begnügte ich mich weder mit den Resultaten eines letzten Jah- res, noch einfach mit den Zahlen, sondern glaubte bei gewissenhafter Lösung der mir gestellten Aufgabe auf eine maassgebende Periode**) von Jahren zurückgehen und in die Ursachen der in Zahlen ausge- drückten Ergebnisse eingehen zu müssen. Daraus ergab sich für mich die Nothwendigkeit übersichtli- cher, tabellarischer Zusammenstellungen, die ich zum Theil nach bekannten, aber bewährten Mustern an- ferligte, und die nun einen wesentlichen Theil meiner Arbeit bilden. Es liegt darin ein Vorrath von den ") Ein Separatabdruck derselben führt den Titel: Beiträge zur Bevölkerungs-, Armen-, Krankheits- und Sterb- lichkeitsstatistik von Breslau. ”) Von 1832 bis 1852. Das Endjahr musste ich so wählen, weil in diesem die letzte Zählung vorgenommeu wurde. « | 28 216 aus sorgfältiger Beobachtung gewonnenen Thatsachen, der sich noch mannigfacher, vielseitiger und auch gründlicher wird ausbeuten lassen, als ich es, schon im Hinblick auf meine spezielle Aufgabe hier, zu thun vermochte. Dabei will ich nicht verschweigen, dass mich mehr als einen anderen Arzt und auch Statistiker das Interesse für die Commune zu mancher Excursion verleitet hat. Aber seit vielen Jahren der Communalverwaltung Breslau’s nahe stehend, wie ich es bin, konnte und wollte ich diese Beziehung hier nicht verläugnen. Einen äusseren Entstehungsgrund hatte ich zwar in dem Verlangen, meine Beobachtungen in der heutigen Sitzung unserer medizinischen Section mitzutheilen, aber auch einen inneren in dem Wunsche, der von mehreren beachtenswerthen Seiten erhobenen Anklage gegen die Un- gunst der Gesundheits- und Sterblichkeitsverhältnisse der Stadt Breslau mit einer sachlichen Kritik ent- gegen zu treten. Man hat hierbei ungescheut die Behauptung aufgestellt, die Sterblichkeit in Breslau sei eine abnorm grosse, und die Gründe hiefür in den einen ungünstigen Gesundheitszustand bedingenden Lokalverhältnissen der Stadt zu-finden gemeint. Die sumpfige Lage der Stadt, die aus den stagnirenden Gewässern Ohle und Stadtgraben entsteigenden luftverpestenden Dünste, die Lage der Kirchhöfe inner- halb der Stadt, die Unreinlichkeit auf den Strassen, das schlechte Steinpflaster, der Mangel an gutem Trinkwasser, die vielen schlechten Wohnungen, die engen Strassen u. v. A, wurden für jene Anklage als Unterlage genommen. Zugestanden, dass jede dieser Rügen auf der sichtbaren Erscheinung beruht, zu- gestanden auch, dass jeder dieser Uebelstände im öffentlichen Interesse Abhilfe erheischt: die erhobene Anklage istinihrer Schwere nicht wahr. Aus einer sorgfältigen Betrachtung, dem Ueberblick über Populations- , Sanitäts-, Paupertäts- und Mortalitätsverhältnisse der Stadt und dem Vergleiche dieser Ergebnisse mit demjenigen anderer Städte, namentlich Berlins, lässt sich eine unparteiische und zuverlässige Kritik gewin- nen, für welche die folgenden Bemerkungen ein hoffentlich willkommenes Material bieten werden. Der erste Gegenstand unserer Aufmerksamkeit ist hierbei sach- und naturgemäss - die Bevölkerung Breslau’s. r . Breslau zählte im Jahre 1816 nach der Wiederherstellung des preussischen Staates 68,733 (Civil-) Einwohner.*) Die im Jahre 1822 vorgenommene Zählung ergab die Zahl von 78,865, im Jahre 1852 dagegen 116,235, so dass die Steigerung innerhalb 30 Jahren 49 Prozent betrug, ein Wachsthumsver- hältniss, welches dem durchschnittlichen der grösseren Städte Preussens während derselben Jahre entspricht. Die Steigerung war nur in Berlin eine bedeutendere, nämlich um 126 Prozent (von 188,485 auf 423,846 Einwohner) und in Cöln um 77 Prozent (von 54,958 auf 96,529 Einwohner).- Dagegen war sie eine geringere in den beiden nordöstlich gelegenen Städten Königsberg (von 63,239 auf 75,587) und Danzig (von 52,821 auf 63,917). Die Bevölkerungszahl in Breslau war in den letzten 21 Jahren bis auf die drei anomalen 1847, 48 und 49 eine stetig steigende. Die Steigerung begann 1833 mit 1,3 und hob sich 1850 bis auf’ 3,8 Prozent (cf. Tabelle I. Col. 1, 2 und 3). Dieses Wachsthum ist von zwei Faktoren bedingt: Zuzug und Fruchtbarkeit. **) Die Lage der Stadt inmitten einer reichen Provinz, ihre Bedeutung als Handels- und zweite Haupt- stadt der Monarchie, als Knotenpunkt weltwichtiger Verkehrsstrassen sind für die Vermehrung der Be- völkerung Breslau’s von entscheidendem Einfluss. Der Zug von Handel und Verkehr ist, je mehr in *) Hoffmann’s Tabelle zählt 1817 in Breslau 76,813 Seelen, wahrscheinlich durch Hinzurechnung des Militärs. "*) Unter Fruchtbarkeit der Bevölkerung begreift man das Verhältniss der in einem Jahre Geborenen zu der Zahl der Bevölkerung überhaupt. Eben so nennt man Sterblichkeit das Verhältniss der im Jahre Gestorbenen zu den am Schlusse des Jahres Lebenden. 217 unserer Zeit Raum- und Zeitbeschränkungen ihres beengenden Einflusses beraubt wurden, desto bestän- diger nach den grossen Städten gerichtet gewesen, und seitdem Breslau auch speziell den Zeitforderun- gen an Comfort gleich anderen Capitalen Europa’s Rechnung zu tragen begonnen hat, ist der Zuzug nur um so beträchtlicher geworden. Gerade in den letzten Jahren ist daher auch die Vermehrung der Be- völkerung am bedeutendsten (Tab. I. Col. 2 und 3), ja verhältnissmässig sogar eine grössere als in Berlin *) gewesen. Der andere der Faktoren, die Fruchtbarkeit, vermag sich nur bedingungsweise geltend zu machen. Sein Erfolg ist an das Verhältniss zur Sterblichkeit gebunden, zu welcher er den natürlichen Gegensatz bildet. In den letzten zwanzig Jahren »z. B. hat in diesem Betracht eine Vermehrung der Bevölkerung in Breslau gar nicht stattgefunden, so dass das Plus der Einwohnerzahl lediglich von dem Zuzug gebil- det wird. In der Mehrzahl der letzten zwanzig Jahre war die Zahl der Todten sogar eine grössere als die der Geborenen. **) Ueberragt nun auch die Sterblichkeit die Fruchtbarkeit in Breslau, so beweist dies an sich nichts für das behauptete, auffallend ungünstige Mortalitätsverhältniss der Stadt. Ein Urtheil über diese Ver- hältnisse kann immer nur ein relatives sein, das Ergebniss eines Vergleiches mit den Erscheinungen in anderen Städten derselben Kategorie. Die Mortalität in Breslau betrug während der Periode von 1832 bis 1852 durchschnittlich 1: 26***) (Tab. I. Col. 11). In Berlin betrug die Mortalität 1:36 und in Preussen überhaupt 1: 33. Auf die . hiesige Mortalität ist die ungleich grössere Sterblichkeit der Kinder bis zum Alter von 6 Jahren von Einfluss. Wie die Zusammenstellung in Tab. VII. speziell nachweist, waren unter 4620 Todten des Jah- res 1852 (excl. den 154 Todigebornen) 1262 unter Ein und 813 Kinder von Ein bis zu fünf Jahren. Die genaue Untersuflung dieses für die Sanität der Hauptstadt Schlesiens hochwichtigen Punktes führt zur speziellen Darlegung aller auf dieses Resultat einwirkenden Momente, unter denen die Armen-Pflege das erste und bedeuteudste ist. Fast der vierte Theil, nämlich 22 Prozent, stirbt in Breslau in öffentlichen Krankenhäusern, der fünfte aber, nämlich 20 Prozent, jetzt in der Hausarmen-Krankenpflege (Tab. I. Col. 12 und 15), und es *) Es wird durchgehends in der folgenden Betrachtung vergleichsweise an Berlin angeknüpft. ° ”) Die Sonderung der ehelich von den unehelich Gebornen ist selbstredend hiefür ganz unwesentlich. Aber von statistischem Werthe ist sie allerdings, wenn auch die Sittlichkeit, wie man erst in neuerer Zeit wieder gewollt hat, danach nicht wie an einem Zollstabe gemessen werden kann. In Breslau ist das Verhältniss der beiden Kate- gorieen kein günstiges; in der zwanzigjährigen Periode von 1832 bis 1852 schwankte es zwischen 18,8 und 25,1 Prozent (Tab. I. Col. 6 und 7). Während also in Breslau von fünf Gebornen eines ein uneheliches: war, kam in Berlin erst auf 6%, eins. Das Durchschnittsverhältniss im preussischen Staate beträgt 15 Prozent. Das hier herr- schende Verhältniss ist übrigens statistisch nicht erklärlich. Constatiren lässt sich nämlich nur ein entscheidendes, aber resultatloses Moment: die Ehelosigkeit. Diese berechnet man (cf. Tab. II. Col. 8. 10) in Breslau im Jahre 1852, wie durch viele Jahre früher: 58,0 Prozent Eheloser männlichen und 64,7 Prozent weiblichen Geschlechts vom Hundert der Bevölkerung über 14 Jahre. In Berlin hat sich nun ergeben: 59,7 männliche und 67,0 weibliche Ehelose (sonst durch 12 Jahre 64, und 64 Prozent, demnach viel mehr ehelose Männer als hier). So stellt es sich im Besonderen, im Allgemeinen aber, d. h. im Verhältniss zur Gesammitbevölkerung, ist der Prozentsatz der Ehelosen in Berlin und Breslau jetzt ein gleicher, nämlich 70 bis 71 Prozent, und die Differenz von 1,7 und 2,3 Prozent, um welche die Ehelosigkeit in Berlin an sich grösser erscheint, rührt nur von der verhältnissmässig grösseren Zahl von Kindern in Berlin her, "") Das heisst: von 26 Einwohnern ist 1 gestorben. 28 + BLEND, 218 \ liegt daher auf der Hand, dass diese Verwaltung eine höchst ansehnliche Summe absorbirt, wozu die Commune den grössten Theil verausgabt und einen nicht geringen Antheil aus eigenen Mitteln zu dek- ken hat. Davon ein übersichtliches Bild zu gewinnen, legen wir unserer Betrachtung wohl nicht mit Unrecht den Haushalt der Stadt überhaupt zu Grunde. Die Ausgaben der Stadt Breslau haben sich in den letzten zwanzig Jahren sehr erheblich vermehrt: von 326,225 Thlr. auf 595,798 Thlr. (Tab. II. Col. 4), also um 82 Prozent. Diese Steige- rung, welche überwiegend den letzten zehn Jahren von 1843 bis 1852 zufällt, steht ausser allem Ver- hältniss zu der Vermehrung der Bevölkerung. Aber noch würde dieser sehr grosse Etat nicht ausrei- chen, die vorhandenen Bedürfnisse zu. bestreiten, kämen der Commune nicht die vielen Privat-Wohlthä- ligkeits-Anstalten zu Hilfe, deren Breslau sich in einem Umfange erfreut, wie nur die wenigsten Städte desselben Ranges. Ungünstiger noch als das Breslauer hat sich das Berliner Budget gestaltet, da es von 1833 bis 1852 von 768,199 auf 1,903,888 Thlr.*), also um 146,7 Prozent zugenommen hat. Ausserdem kommt der Breslauer Commune der ungleich grössere Besitzstand an Grundstücken und Stif- tungsvermögen zu Gute. Der Vermögensstand dagegen entspricht in beiden Städten der Bevölkerungssumme fast ganz genau: hier betrugen die Stadtschulden Ende 1852 1,320,150 Thir., in Berlin 4,870,260 Thlr. Giebt das Steuererträgniss, das Steigen oder Fallen desselben in Wahrheit einen Maasstab für die Zunahme oder Abnahme des Wohlstandes in einer Bevölkerung, so hat im Hinblick auf Breslau hier seit einer Reihe von Jahren der Wohlstand sich vermindert. Die Zahlenverhältnisse stellen sich nämlich so: Der Personalsteuerertrag betrug 1820 bei einer Einwohnerzahl von 78,868 Girdpprannen 86,479 Thlr., so dass auf den Kopf 1 Thlr. 2 Sgr. 10 Pf. entfiel. _ 1833 ergab die Personalsteuer bei 82,894 Seelen 86,363 Thlr., mithin pro Kopf 1 Thlr.1 Sgr. 3 Pf. 1842 ertrug die Steuer 98,210 Thlr. bei 95,122 Einwohnern, so dass der Kopf 1 Thlr. 10 Pf. steuerte. 1851**) bei 112,228 Einwohnern 96,303 Thlr. 18 Sgr., also pro Kopf 25 Sr. IS) Pr. Gäbe schon diese absteigende Skala einen Beweis für die statigehabte Verminderung des Wohl- standes in Breslau, so lässt sich dasselbe noch evidenter machen durch Gegenüberstellung der Steuer- klassen: 1820 steuerten zur Personal-Communalsteuer von einem Einkommen bis 1000 Thlr. jährlich 10,654, von einem höheren 836 Personen, 1833 contribuirten zur höheren Steuerklasse 588, zur niederen 10,965, 1842 ergab die Personalsteuer in den höheren Steuerklassen von 556 Contribuenten 32,141 Thlr., in den niederen von 11,931 Contribuenten 51,748 Thlr., und 1851 in den höheren Steuerklassen von 942 Contribuenten 28,236 Thlr., in den niederen von 19,573 Beitragenden 68,067 Thlr. *) In den Jahren 1847, 48 und 49 erreichten sie sogar eine Höhe von 2,549,818, 3,060,379 und 3,504,106 Thlr., was die Anlage der neuen Gaswerke verschuldet. *) Das Resultat, welches sich 1852 herausstellte, konnte deshalb nicht in Betracht gezogen werden, weil in diesem Jahre eine ganz neue Erhebungsart begann, wozu die Einführung der Staats-Einkommensteuer. das Wesent- lichste beitrug. Ist nun also auch im Jahre 1852 die Zahl der Contribuenten auf 24,478, und die derjenigen zur höheren Klasse Steuernden auf 1370 angewachsen, so war dies nicht sowohl eine Folge so erheblich erhöhten Wohl- standes, als vielmehr die Consequenz der durch das neue Gesetz hervorgerufenen strengeren Erhebungsart. 219 Diese Daten lassen untrüglich auf Abnahme des Wohlstandes schliessen, ja der Umstand, dass die Einschätzung der Steuerpflichtigen in den letzteren Jahren nach strengeren Grundsätzen als zuvor er- folgte, giebt jenem Schlusse einen noch grösseren Nachdruck. Uebersieht man die Ziffer der Steuer- zahlenden — 1820: 11,490, 1833: 11,553, 1842: 12,487, und 1851: 20,515, so zeigt sich zwar schon im Ganzen eine mit dem Wachsthume der Bevölkerung ausser Proportion stehende geringe Steige- rung, aber obendrein entfällt der grösste Theil dieser Steigerung auf die niedrigen Steuerstufen, denn ein Einkommen von 200 Thlr. und weniger haben 1820: 6748, 1833: 7560, 1842: 8102, und 1851: 14,709 Personen in Breslau besteuert. Die Bevölkerung Breslau’s ist in dieser Periode um 50, die Zahl der von einem Einkommen bis 200 Thlr. jährlich Steuernden um mehr als 100 Prozent ge- stiegen. Eben so ausser allem Verhältniss steht die Ziffer der zur hohen Steuerstufe Herangezogenen; es haben nämlich ein Einkommen von 1100 Thlr. und darüber 1820: 836, 1833: 588, 1842: 556, und erst 1851: 942 Personen versteuert, so dass hier die Zunahme kaum den achten Theil beträgt. Es ist natürlich, dass unter diesen Umständen der Etat der städtischen Armenverwaltung zunehmend belastet wurde. (cf. Tab. II. und IV.) Immerhin aber ist das Resultat kein abnormes. Die Ausgaben der städtischen Armenverwaltung betrugen 1852 (Tab. III. Col. 12) 134,384 Thlr., wovon 54,415 Thlr. durch Kämmereizuschuss gedeckt werden mussten. In demselben Jahre absorbirte die Ar- menverwaltung Berlins 614,881 Thlr., wovon kaum der vierte Theil, nämlich 128,816 Thlr., durch Ein- nahmen gedeckt wurde. Daraus folgt, dass auch in diesem Punkte die Lage in Breslau eine verhält- nissmässig günstigere, denn in Berlin ist. Auch steht die Zunahme des Armenbudgets Breslau’s im na- türlichen Zusammenhange mit dem Wachsthume der Bevölkerung. Diese stieg um 40,5, jenes um 48,3 Prozent. Die 7,8 Differenzprozente sind durch die gesteigerten Anforderungen, namentlich durch die Ansprüche um ausserordentliche Unterstützungen leicht erklärlich. Die grösste Ausgabe in dem 21jährigen Zeitraume bis 1852 erforderte für die Armenverwaltung das ‚‚Nothjahr‘‘ 1847, nämlich 138,700 Thlr., und trotz seiner grossen Separat-Einnahme von 78,783 Thlr. den grössten Zuschuss, nämlich 59,917 Thlr. Die geringste Ausgabe hatte das Jahr 1840, nämlich 65,003 Thlr., und den ge- ringsten Zuschuss, 17,597 Thlr., das Jahr 1837. Gleichmässig ist also die Steigerung nicht erfolgt. Im Einzelnen verminderte sich sogar die Zahl der Almosenempfänger*), von 1832 bis incl. 1852 sicht- lich, während die Ausgabe für diesen Titel schwankte. 1849 war der Betrag des Almosengeldes am stärksten: 35,335 Thlr.; am geringsten, nämlich 25,674 Thlr., war er 1845, und der Durchschnittsbe- trag für einen Almosengenosen war 1848 am grössten: 12 Thlr. 9 Sgr. 9 Pf., 1852 am geringsten: 10 Thlr. 6 Sgr. 11 Pf. (Tab. IV. Col. 6.) Sowie sich aber die Zahl der Almosengenossen vermin- derte, stieg springend die Zahl der Armenhäusler, von 170 im Jahre 1832 auf 325 im Jahre 1852, und erhöhte die Ausgabe an Verpflegungskosten von 7665 Thlr. auf 16,415 Thlr. Unveränderter”*) blieb die Zahl der Arbeitshäusler, deren 1832: 58, 1852: 56 waren. An Kur-, Arznei- und anderen Ko- sten hat selbstredend das Nothjahr 1847 die grössten Beträge erheischt; sonst sind die Kosten dieses Titels in ihren prozentalen Sätzen gleichmässig gestiegen, und selbst das Bewegungsjahr 1848 hat die Stetigkeit nicht unterbrochen. Die Haus-Armenpflege hat diese Spezialität am stärksten belastet, denn nirgends von allen Zweigen der Armenverwaltung ist die Personenzahl in solchem Maasse und so über- mässig gestiegen, wie in der Hausarmen-Krankenpflege, worauf wir noch des Nähern zurückkommen. *) Unter den Almosenempfängern sind die sogenannten Kost- oder Pflegekinder mitgerechnet, deren in den 21 Jahren durchschnittlich 335 waren. Ihre Zahl hat sich erheblich vermindert. Von 479 im Jahre 1832 sind sie auf 202 im Jahre 1852 gefallen. ”) Die Abnormität, dass es deren im Jahre 1850 nur 9 gab, ist durch die aus dem Jahre 1848 stammenden polizeilichen Maassnahmen hervorgegangen. 220 . Vergleicht man diese Daten mit denen aus der Armenverwaltung Berlins, so ergiebt sich ein zu Gunsten der unsrigen sprechendes Resutat. In beiden Städten*) kam mehr als 1 Thir. (1852 in Berlin 1 Thlr. 12 Sgr. 9 Pf., in Breslau 1 Thlr. 3 Sgr.) auf den Einwohner als Beitrag zur Armenverwaltung; in beiden Städten ist das Armenbudget seit 1847 stetig gewachsen, in beiden hat sich die Zahl der Unterstützten unverhältnissmässig vermehrt. Aber während in Breslau seit dem Jahre 1847 der Käm- mereizuschuss 9 bis 10 Prozent betrug, belief er sich in Berlin auf 35 bis 40 vom Hundert; während ferner in Breslau ein Almosenempfänger jährlich 10 bis 12 Thlr. kostete, betrugen in Berlin die Aus- gaben für einen solchen 20 bis 26 Thlr., und endlich während in Breslau die Kosten der Armenpflege gegen das Jahr 1832 um 50 Prozent, also um 10 Prozent mehr als die Bevölkerung, gesliegen sind, hat die Steigerung in Berlin 164 Prozent, also das Doppelte des Wachsthums der Einwohner, betragen. Dabei ist nicht unbeachtet zu lassen, welch grossartiger, wirkungsreicher Privatwohlthätigkeits - Anstal- ten sich Breslau zu erfreuen hat, und dass z. B. die Grösse der hiesigen fundirten Waisenhäuser von denen Berlins nicht erreicht wird. Was die Art der Armenverwaltung betrifft, so geben wir der Berliner namentlich in dem Punkte den Vorzug vor der hiesigen, dass sie die Beaufsichtigung der Ar- menpflege vermöge eines vermehrten Personals mit ungleich grösserer Sorgfalt handhabt und einen sehr grossen Theil in Naturalunterstützungen verausgabt. Ist dies nun auch in Berlin noch nicht in dem er- freulichen Umfange der Fall, wie in Paris und unter den deutschen Städten in Leipzig, Braunschweig, Ham- burg etc., so geschieht es doch in unverhältnissmässig grösserem Maasstabe als in Breslau. Beiden, dem Berliner wie besonders dem hiesigen Armenwesen, aber gebricht, was dem Pariser so vortheilhaft zur Seite steht: die Centralisation. Nur wenn, wie in Paris geschieht, die Privatiastitute gleich den städti- schen von einem Centrum dirigirt würden, liesse sich über die Ebenmässigkeit der Unterstützungen eine Controle ausüben. Die städtische Armen-Krankenpflege wird in Breslau in zwei Weisen geübt: als Hausarmen-Krankenpflege und in öffentlichen Hospitälern. Die erstere gewährt den erkrankten Armen ärztliche Hilfe und Arznei unentgeltlich, während bei der letzteren die ganze Verpflegung übernommen wird. In Breslau wird die Hausarmen-Krankenpflege durch 14 Bezirks-Armenärzte**) und 7 der- gleichen Wundärzte besorgt. Ihre Kosten, die im 21jährigen Durchschnilte vorzugsweise durch freie Me- dizin 4767 Thlr. jährlich betrugen, sind seit 1847 — auch abgesehen von dem Mehrbedarf des Cho- lerajahres 1849 — ansehnlich gestiegen, eine natürliche Folge der Zunahme der Verpflegten (Tab. V. Col. 4); deren Zahl stieg von 1832 bis 1852 auf das Vierfache, während die Bevölkerung, wie ge- lich nur um 40,5 Prozent zunahm. Während sieh die Totalsumme der Kosten erheblich vermehrt hat, von 4256 auf 8014 Thlr., haben sie sich für den einzelnen Pflegling verringert (Tab. V. Col. 16), nämlich von 1 Thlr. 17 Sgr. im Jahre 1835 auf 22 Sgr. 10 Pf. im Jahre 1852. Dieses günstigere Resultat ist durch vervollkommnete Organisation des Instituts erzielt worden und namentlich, hat darauf die Vereinfachung der Medikation influirt. Während früher (Tab. V. Col. 9) der Medikamentenverbrauch pro Kopf über 1 Thlr. bis 1 Thir. 7 Sgr. betrug, stellt er sich. jetzt bei gleichen Heilresultaten und bequemerer Einrichtung auf nur 17 Sgr. Es liesse sich in dieser Beziehung noch ‚manches Erspriess- ") -Die Angaben über Berlin sind in diesen Punkten der treflichen Schrift: Duncker: über die Reorganisation der städtischen Armenverwaltung, Berlin 185], entnommen. “) Vergl. Grätzer: über die Organisation der Armen-Krankenpflege in grösseren Städten. Breslau 1851. S. 30 f. 221 liche thun. Während jetzt die Stadt die Medikamente den bestehenden Privat-Apolheken entnimmt und dieselben nach Abzug von 33, Rabatt bezahlt, würde sich dies vortheilhafter so arrangiren lassen, dass die Commune*), wie dies schon z. B. in Cöln und Danzig der Fall ist, ihre Hospitalapotheke zu einer Centralapotheke für die gesammte Armenpflege einrichtete. Der Unbequemlichkeit für entfernt gelegene städtische Bezirke liesse sich durch Errichtung von Dispensiranstalten, zwischen dem Hinterdom und der Odervorstadt und zwischen der Ohlauer- und östlichen Schweidnitzer-Vorstadt je eine, einfach begeg- . nen. Die heilsame Wirksamkeit derartiger Anstalten hat sich auch in anderer Beziehung in England und Frankreich schon zur Genüge bewährt. Auf das Hundert Civileinwohner kommen in Breslau während der 18 Jahre von 1835 ab durchschnittlich 4,6 Hauskranke, in Berlin**) 8, also 3'/, Prozent mehr. Die Kosten pro Kopf sind in beiden Städten jetzt fast gleich, bis 1850 waren sie in Breslau geringer als in Berlin. Das Mortalitätsverhältniss unter den Haus-Armenkranken blieb in den 18 Jahren ziemlich dasselbe: 1:13, und erlitt nur in den Jahren, welche von Epidemien heimgesucht waren, eine Schwankung, wie 1837 und 1849; im ersteren betrug: die Mortalität 1:8, im anderen 1:7. In den letzten drei Jahren war das Sterblichkeitsverhältniss ein ganz constantes und beträgt das Doppelte der Gesammtmortalität der Stadt, welche sich auf 1:26 stell. Indessen ist dieses Ergebniss nicht gar so ungünstig, wie es den Anschein hat. Vor Allem ist zu berücksichtigen, dass unter diese Kategorie Kranker der ärmste Theil der Bevölkerung gehört, durch angestrengte Arbeit und Mangel an Pflege am meisten zu Krank- heit disponirt und in Krankheitsfällen meist schwer darniederliegend. Sodann aber, — und das wird für einen Vergleich mit Berlin in derselben Beziehung wohl zu beachten sein — sodann bestehen in Breslau viele andere Privat- Institute, welche ihre Thätigkeit der Hausarmen - Krankenpflege zuwenden, so dass der städtischen vorzugsweise der schwer erkrankte und vernachlässigte Theil anheimfällt. Den zweiten Factor der städtischen Armen-Krankenpflege bildet das grosse | städtische Hospital ‚zu Allerheiligen. Dieses gehört zu den bedeutendsten Krankenhäusern in Deutschland und ist in Preus- sen nächst der Berliner Charite das grösste. Einen Maasstab für seinen Umfang gewähren die beiden Daten: dass sich die Zahl der von ihm im Jahre Verpflegten bis auf 5000, die Summe seiner Jahres- ausgaben bis über 40,000 Thlr. gesteigert hat (Tab. VI. Col. 2 und 24). Hält man die Leistungen unseres Instituts mit denen der Berliner Charite zusammen, so ist zu berücksichtigen, dass neben dem unsrigen eine im Verhältnisse zur Bevölkerung umfangreichere Menge öffentlicher Krankenhäuser wirksam ist, als in Berlin, und dass doch die Bevölkerung der Berliner Charite nicht ganz das Doppelte derje- nigen des Breslauer Allerheiligen-Hospitals erreicht, während die Bevölkerung der beiden Städte in einem Verhältnisse von 1: 3,6 steht. Der Verbrauch unseres Hospitals, 40,000 Thlr., wird durch die eigenen Revenuen nur zur Hälfte gedeckt, der Kämmereizuschuss beträgt %, und durch Erstattungen wird Y, vereinnahmt. Was wir des Nähern über die Statistik des Hospitals anführen, entnehmen wir lediglich den Berich- ten der dasselbe verwaltenden Direktion, die nicht nur durch Zuverlässigkeit, sondern auch durch grosse Spezialisirung ausgezeichnet sind, obwohl ihnen für medizinische Zwecke die sachgemässe- Berücksichti- gung fehlt. 4 Die Leistungen dieser Anstalt, deren Bestand für die communale und öffentliche Armen-Kranken- pflege überhaupt, in Breslau nun unentbehrlich geworden ist, ergeben sich aus den Zahlen; es sind wäh- *) Vgl. Ibid. ") Casper’s Vierteljahresschrift für gerichtliche und öffentliche Medizin. 1852. Heft I. S. 28. 222 rend der 21 jährigen Periode von 1832 bis 1852 jährlich fast ebensoviel Kranke in’s Hospital gekom- men, als der Hausarmen-Krankenpflege anheimfielen, nämlich 4,2 Prozent der städtischen Civilbevölkerung, in den ersten zehn Jahren 3, in den letzten etwas über 4, in den Ausnahmsjahren 1847, 48 und 49 aber 5 Prozent. Dieser Antheil des Hospitals an der Krankenpflege ist für um so beträchtlicher anzu- sehen, als die meisten der hier Verpflegten Breslauer sind, da naturgemäss bei Aufuahme Fremder in’s städtische Hospital skrupulöser verfahren wird, weshalb diese auch meist den anderen am Orte bestehenden öffentlichen Krankenhäusern zufallen. Ferner ist auch in Anschlag zu bringen, dass unser Hospital im Ge- gensatze zur Berliner Charite und anderen Krankenhäusern noch gar zu wenig auf die Aufnahme Zah- lungsfähiger (Tab. VI. Col. 20) berechnet ist und noch als eine Institution für wohlhabende Kranke nach Art der ‚‚maisons de sante‘“ in keiner Beziehung anzusehen ist, so dass seine Bevölkerung nicht nur über- wiegend, sondern fast ausschliesslich aus Armen besteht. Im Einzelnen ergiebt sich nämlich, dass ®, der Kranken ganz umsonst verpflegt werden (Tab. VI. Col. 14, 15, 16); doch darf man nicht glauben, dass nun die Einnahmen von dem Reste von % irgendwie erheblich in’s Gewicht fallen. Am bedeutend- sten treten hier noch hervor die Einnahmen für Verpflegung von Dienstboten. Es besteht nämlich ein Abonnement von 15 Sgr. jährlich, durch dessen Zahlung das Gesinde oder dessen Herrschaft für das- selbe in Erkrankungsfällen die Aufnahme im Hospitale erlangt. Diese seit 1844 bestehende Einrichtung hat eine Jahreseinnahme von 487 Thlr. gewährt und dem Hospitale durchschnittlich 212 Kranke jährlich zugeführt (Tab. VI. Col. 19), für welche aber 1600 Thlr. verausgabt. wurden. Leider hat die Einrich- tung noch nicht die volle Beachtung gefunden; betheiligte sich das Gesinde resp. dessen Herrschaft all- gemein daran, so würde das Ergebniss auch für die Commune, wie für die Dienstboten, ein höchst er- freuliches sein. > Eine andere Kategorie der Hospitalpfleglinge sind die Handwerksgesellen und Lehrlinge, durchschnitt- lich 740, in den letzten Jahren 1000 an der Zahl, für welche erst in neuerer Zeit ein Aversionale*) von 700 bis 800 Thlr. jährlich vereinnahmt ward, während die Kosten fast 8000 Thaler betrugen (Tab. VI. Col. 18). Den letzten Theil der Hospitalbevölkerung endlich bilden die gegen Zahlung von nur 10 Sgr. Aufgenommenen **), deren jährlich 303 waren, so dass die Einnahme gegen 100, die Aus- gabe für sie aber 2300 Thlr. betrug (Tab. VI. Col. 17). Hiernach wird die Bevölkerung des Aller- heiligen-Hospitals nach Maassgabe der Ergebnisse des Jahres 1852 aus ‘ 98,5 Prozent umsonst Verpflegter ***), 21,2 ,„ _ Handwerksgesellen und Lehrlinge, "3,2 ,, abonnirter Dienstboten, sn k 4,3 „gegen Aufnahmsgebühren Verpflegter, 127 , die Verpflegungskosten Zahlender gebildet. Daraus ist ersichtlich, dass das Hospital im Wesentlichen ein Armenkrankenhaus ist. Sein Ausgaben-Etat+), welcher 1832 bei einer Bevölkerung von 2958 Köpfen 24,441 Thlr. betrug, ist bis *) Der hier evident hervorgetretene Uebelstand wird sich voraussichtlich mit Einführung des neuen Gewerbe- Orts-Statuts beheben. ' ”) Bei Aufnahme in das Hospital muss der Kranke — ist er nicht ein Ortsarmer oder abonnirter Dienstbote — 10 Sgr. Receptionsgebühren zahlen. Die hier aufgeführte Rubrik ist nur aus solchen gebildet, von denen sich hin- terdrein für Kurkosten nichts mehr beitreiben liess. “") Hierunter sind 6 Prozent Almosengenossen und 4%, Prozent Arbeitshäusler. 7) Die in Col. 10 unserer Tabelle III. gemachten Angaben stimmen nicht ganz mit den Kämmerei-Abschlüssen S 223 1852 auf 40,826 Thlr. bei 5047 Köpfen angewachsen (Tab. Vl. Col. 21 bis 24). Die Kosten haben sich für den Kopf in den letzten Jahren um 1 Sgr. pro Tag höher ‘gestellt, während der Kopf im Jahresdurch- schnitt 7 bis 8 Thlr. kostete. Die Steigerung über 7 Thlr. datirt aus dem Jahre 1844 und ist seitdem beständig geblieben; ihren Höhepunkt erreichte sie im Jahre 1849, in welchem pro Kopf und Tag 9 Sgr, verausgabt wurden. Nur durch die grosse Zahl (977) Cholerakranker, welche in diesem Jahre aufgenommen wurden und durch ihren kürzeren Aufenthalt geringere Kosten verursachten, hat sich das Resultat nicht noch ungünstiger gestellt. Besonders hoch waren im Allgemeinen unter den Verwaltungskosten die für die Medication verausgabten, da sie sich, lässt man die 700 ambulanten, meist chirurgischen Kranken aus- ser Acht, nach Abzug des Rabatts auf durchschnittlich 1 Thlr. 10 Sgr. für den Kranken beliefen. Mit Rücksicht auf die Krankheitsformen*) gehörten von den Kranken des Allerheiligen-Hospitals 2, der „inneren“, Y, der ‚chirurgischen Station“ an (Tab. VI. Col. 4 und 7). überein. Diese rechnen für 1845 und 1851 niedrigere, für 1846, 1847 48, 49 und 1850 aber höhere Zuschüsse, als wir aufführen. Dies beruht auf folgendem Sachverhältniss: durch einen Irrthum der Kassenverwaltung wurden im Jahre 1845 die Erträge eines extraordinären Holzeinschlages für laufende Ausgaben verwendet und demgemäss ge- bucht. Später hat jedoch die Stadtverordneten-Versammlung diesen Posten von 5312 Thlr. 17 Sgr. 3 Pf., welcher durch Verringerung der Substanz gewonnen worden war, ratenweise durch Kämmereizuschüsse zurückerstatten lassen. Um nun den Kämmereizuschuss in der effektiv stattgefundenen Höhe anzugeben, haben wir diese Raten alljährlich hinzu- gerechnet: daher dieAbweichung unserer Tab. III. Col. 11 vom Kämmereibericht. Eben so haben wir die Banküberschüsse als Kämmereizuschüsse hier aufgeführt und daher pro 1851 aus jener Holzgelderstattung von 3646 Thlr. 16 Sgr. 6 Pf. mit diesem Banküberschuss von 9189 Thlr. 18 Sgr. 7 Pf. die als Jahreszuschuss aufgeführte Summe von 12,836 Thlr. 5 Sgr. 1 Pf. erhalten. *) Gehört es zwar nicht ganz streng zu dem hier behandelten Thema, so wird man ein paar Bemerkungen über einzelne und zwar die in sanitätspolizeilicher Hinsicht wichtigsten und maassgebenden kontagiösen Krankheiten auch an dieser Stelle um so gerechtfertigter finden, als das Allerheiligen-Hospital den Erfahrungsschatz auch in die- ser Beziehung mannigfach bereichert hat. Die Pockenkranken, deren Zahl in den letzten zwei Jahren ansehnlich gewachsen war, wurden in einem ausserhalb der Stadt gelegenen Gebäude verpflegt, da es an einem für diesen Zweck bestimmten Hause noch fehlt Ein Contagienhaus ist übrigens neuerdings in Angriff genommen worden. Die Krätze, welche zu Unrecht nicht unter die chirurgische Station gestellt ist, und über die höchst wünschens- werthe Spezialberichte (sie ist unter den chronischen Hautausschlagskranken rubrizirt und ihr Antheil der Zahl nach nicht besonders angegeben) gänzlich mangeln, hat, wie sie überhaupt eine in Niederschlesien nicht allzuverbreitete Krankheit ist, sich im Hospitale nicht in gar grossem Umfange gezeigt (Tab. VI. Col. 8). Eine plötzliche Steigerung dieser Krankheit trat 1835 ein und hielt bis 1841 an, während von da ab bis zur neusten Zeit die Zahl der Krätze- kranken trotz der wachsenden Bevölkerung sogar abgenommen hat. Freilich darf nicht übersehen werden, dass Krätzige von jeher nicht ausschliesslich im Allerheiligen-Hospital, sondern auch im Krankenhause der Barmherzigen Brüder und in der Gefangenen-Krankenanstalt verpflegt werden. Ueber die Syphilis sind die erhaltenen Daten nicht eingehend genug, um daran nach Art der geistreichen Neumann’schen Schrift (die berliner Syphylisfrage, Berlin 1852) eine erschöpfende Betrachtung knüpfen zu können, und sie sind auch im Uebrigen so mangelhaft, dass es selbst der Sanitätspolizeibehörde an der erforderlichen Ueber- sicht über die Sachlage zu fehlen scheint. Auch lässt sich aus den Vorkommnissen im Allerheiligen-Hospital weder eine allgemeine Regel, noch selbst eine für diejenigen Schichten der Bevölkerung wenigstens ableiten, denen das Hospital vornehmlich zu Gute kommt. Demohngeachtet gewähren die Notizen Aufschlüsse über einen trotz seiner Wichtigkeit hier wenig behandelten Gegenstand. Syphilitische wurden in dem 21jährigen Zeitraume im Hospital 8065 behandelt (Tab. VI. Col. 5), darunter 4149 Männer und 3916 Weiber, also im Jahresdurchschnitt 384, nämlich 197 Männer und 186 Weiber. Für einen Sachverständigen bedarf es keines Beweises, dass schon durch dieses Zah- lenverhältniss der beiden Geschlechter die Syphilis in Breslau im Hospital nicht repräsentirt ist. Die männliche sy- philitische Bevölkerung des Hospitals besteht überwiegend aus Gesellen und Tagelöhnern, die sich zum Theil selbst melden und von deren syphilitischer Ansteckung man zufällig Kenntniss erhielt. Von den weiblichen Syphilitischen 29 224 Weil, wie gelegentlich erwähnt wurde, die Sonderung keine ganz sachgemässe ist, können auch diese Zahlenverhältnisse nichts Entscheidendes beweisen. Wollte man nun aber die Zahl der Erkrankun- gen in Breslau überhaupt während eines Jahres berechnen, so könnte das nur annähernd geschehen, und das Allerheiligen-Hospital selbst würde hiefür einen Anhalt gewähren, den man durch die Erfahrung, wie sie bei Vereinen Breslau’s gewonnen wurde, noch verstärkt erhält. So hat z. B. der hiesige Gesund- heitspflege-Verein, dem eine Mittelstands-Bevölkerung angehört, im Jahre 1851 bei 747 Mitgliedern mit 2775 Köpfen 1294, im Jahre 1852 bei 862 Mitgliedern mit 3266 Köpfen 2191, und 1853 bei 940 Mit- gliedern mit 3672 Köpfen 2955*) Erkrankte gehabt. Darnach ergab sich, dass von 9713 Personen 6480, also zwei Drittheile erkrankten. Dieses Ergebniss würde aber nicht ganz mit dem, welches Li- mann**) für Berlin gewonnen hat, übereinstimmen. . Nach seiner Theorie erkrankten in Berlin unter zwei Armen einer. Folgen wir für Breslau derselben Logik und nehmen an, dass die Zahl der Gestor- benen überhaupt zur Bevölkerungsmenge der Stadt in gleichem Verhältniss stehe, wie die Zahl der todten Armen zu derjenigen der lebenden Armen, und nehmen wir ferner auch mit Limann an, dass die vorgekommenen Todesfälle verhältnissmässig eben so vielen Erkrankungen entsprachen, als die, unter den Armen vorgekommenen Todesfälle — Erkrankungen entsprochen haben, so würde sich für Breslau das folgende Resultat ergeben: werden die meisten durch die Polizei dem Hospitale überwiesen. Besonders sind es Frauenzimmer, welche sich gewerbs-. mässig der Prostitution ergeben; nur eine kleine Zahl sind Dienstboten. Seitdem in Breslau durch die Polizeibehörde eine indirekte Controle gehandhabt wird — (eine direkte giebt es hier in Ermangelung von Bordellen nicht) — hat, wie überhaupt das Kontingent der Syphilitischen im Allerheiligen-Hospitale, insbesondere auffällig die Zahl der Wei- ber zugenommen. Nimmt man, um einen Maassstab für die Zunahme der Syphilis zu gewinnen, die Bevölkerung des Allerheiligen-Hospitals als ein für sich bestehendes Ganze, als eine besondere selbstständige Einheit, ‘so ergiebt sich, dass der Syphilisantheil etwas mehr gestiegen ist, als die Krankenzahl des Hospitals überhaupt gegenüber der Be- völkerung Breslau’s. Denn während diese in den letzten zehn Jahren von 3 auf 4 Prozent gestiegen ist, hat die Syphilis in derselben Zeit im Hospitale eine Steigerung von 8,2 auf 10,5 Prozent (von der Hospital-Bevölkerung) erfahren, so dass jetzt je der zehnte Kranke im Hospitale ein syphilitischer ist, und dass, während früher auf 320, jetzt auf 210 Einwohner Breslau’s ein Syphilitischer im Hospitale kommt: eine Steigerung, die sich zum Theil aus dem reger gewordenen Verkehre der Stadt, der verstärkten Garnison und dem vermehrten Zufluss von Fremden er- klärt. So viel über die Syphilis im Allerheiligen-Hospital. _ Wie gross ihr Umfang in der Stadt überhaupt ist, lässt sich nur annähernd und mittelst Wahrscheinlichkeitsrechnung feststellen, die hier mehr erschwert ist, als in Berlin, wo an sich das statistische Material sorgfältiger gesammelt wird und auch Neumann die in’s Gewicht fallenden Ergebnisse des dortigen Gesundheitspflege-Vereins in Bezug auf die Syphilis veröffentlicht hat. In Berlin waren von allen männlichen Kranken des Vereins während 30 Monaten kaum 9 Prozent, d. h. der 10te bis I1te Theil syphili- tisch; legt man dieses Verhältniss auch in Breslau zu Grunde, so beträgt hier bei einer Bevölkerung von 30,000 Män- nern über 15 Jahre (Tab. II. Col. 17) der Antheil Syphilitischer 2400, und da man erfahrungsmässig die Weiber auf ®%, von diesem Antheile veranschlagt, so würde es hiernach in Breslau im Jahre 4000 Syphilitische geben; ein Re- sultat, das auch nach einer anderen Rechnungsweise zu gewinnen ist. Die Zahl der jährlichen Erkrankungen in Breslau liess sich (Seite 11 dieser Schrift) auf 90,000 veranschlagen, wovon 40,000 auf die Altersklassen bis 15 und über 60 Jahren kommen (Tab. II. Col.13u.24); nimmt man nun die Proportion der Syphilis zu den Erkrankungen mit 8 Prozent an, so ergeben sich für Breslau von 50,000 Kranken 4000 Syphilitische jährlich. Diese Zahl ist indessen noch nicht erschöpfend, da hierzu noch der verhältnissmässig bedeutendste Antheil hinzutritt, welcher auf die 5000 Mann starke junge Militair-Bevölkerung (Tab. II. Anmerk.) entfällt. Solch ein Umfang der Syphilis in Breslau und die notorische Gefahr dieser Krankheit sollte die Behörden noch mehr anregen, diesem ande die sorgsamste Aufinerksamkeit zuzuwenden. ") Von diesen 2055 waren 832 Männer, 939 Frauen und 1181 Kinder. '*) Casper’s WVierteljahrsschrift für öffentliche Medizin pro 1853. I. Heft. S. 85. 225 \ Em mn rm eng TTS To TOTER Zn SUP ED SWERRGT TEENS ZN Sm Bu mm | Bas Zr > SER eu; REED. BE mE 7-5 7 ert. "Ten. Vom er a Er gr 2 | starben a “lebten lebten erkrankten Me erkrankten in Ei Im Jahr in Hinbsrihe in Arme höch- | städtische Amer, auf Breslau min - ori Breslau 2 Breslau, Breslau stens | Haus - Arme ad destens hende 1832 | 3,488 | — | 82,894 | an a Eh lleenii- dei 1833 | 2,935 — | 83,946 ji br 2 a 1834 3,238 _ 84,999 a. RER. BR N at 1835 3,025 154 | - 86,052 4,350 2,440 1,80 47,929 1,82 1536 3,212 159 86,99 4,506 2,425 1,78 48,988 1,94 1837 3,870 329 87,930 7,497 2,759 2,72 32,454 2,70 1838 3,209 248 | 88,869 6,868 a2 | 254 | 34963 | 254 1839 3,167 249 90,014 7,077 2,375 2,14 30,207 2,98 1840 3,162 237 91,159 6,832 2,651 2,58 35,369 2,58 1841.| 3,241 201 | 92,305 5,698 204 | 284 | 32313 | 286 1842 3,914 2>8 95,122 6,999 3,519 1,99 47,824 | 1,98 1843 3,850 281 97,939 7,093 3,288 2,75 45,400 2,15 1844 3,292 151 | 100,855 4,626 2,013 2,29 42,813 2,36 1845 3,652 199 | 108,771 5,682 2,487 2,29 45,413 2,29 1846 3,956 195 | 106,687 5,258 3,142 1,67 63,742 1,67 1847 4,221 258 | 105,866 . 6,470 4,134 | 1,47 67,634 1,57 1843 | „4,703 461 | 105,044 | 10,974 5438 | 190 | 55477 | 1,8 1849 7239 | 1425 | 104222 | 20516 | 10468 | 1,96 | 53,037 | 1,96 1850 3,432 576 | 108226 | 18,105 7,880 | 230 | 46952 | 2,30 1851 4,236 713 | 112230 | 18,890 9413 | 201 | 55,924 | 2,00 1852 4,620 809 | 116235 | 20370 | 10548 | 191 | 60237 | 1,98 Die Annahme-Limanns ist jedoch schon in ihrem ersten Theil nicht ganz richtig. Er durfte zur Basis nicht nur die in der städtischen Haus-Armen-Krankenpflege, sondern musste auch die in den Hospi- tälern und der Charit& Gestorbenen dazu nehmen. Dieses Moment ist für Breslau noch bedeutender, da hier, wie schon mehrfach erwähnt wurde, die Zahl der wirksamen Institute eine noch grössere, als in Berlin ist, und unter den Pfleglingen derselben daher sehr viele sind, welche andern Falls der communalen Armenpflege anheimfallen würden. So kann man also annehmen, dass von dem nach Limann’s Theorie gewonnenen Resultate noch %, zu den Todesfällen (Cf. S. 13) unter den Armen hinzugerechnet werden muss, um zur richtigen Zahl zu gelangen. In dieser Weise kommt man aber auch in der That zu der- jenigen Zahl, welche sich erfahrungsmässig herausstellte; in Breslau waren im Jahre 1852: 30,000 Arme und es fanden 90,000 Erkrankungen statt. Dieses für die Gesammtbevölkerung von Breslau gewonnene Resultat stimmt aber auch mit den in den Vereinen speziell constatirten Spezialergebnissen. Indessen darf man sich nicht verhehlen, dass solche Zahlen nichts weniger als zuverlässig sind: Wahrscheinlichkeits- berechnungen trügen eben so oft, als sie dieWahrheit zu Tage fördern. Dazu kommt in Breslau, dass hier nicht einmal das vorhandene Material nutzbar gemacht wird; denen es zu Gebote steht, diese lassen es liegen, und Anderen, welche Manches damit zu Tage fördern könnten, wird es nur mühsam zugänglich gemacht. ”- 29* Was nun den Antheil betrifft, welchen das Allerheiligenhospital an Kranken hat, so ist derselbe im Vergleich zur Berliner Charite und im Verhältniss zur Bevölkerung der Stadt ein sehr bedeutender. Die Charite *) verpflegt nämlich gegen 9 bis 10,010 Individuen im Jahre, und dabei ist noch in Betracht zu ziehen, dass sie eine Entbindungsanstalt in sich schliesst, als Krankenheilanstalt also noch weniger umfänglich wirkt. Um den Antheil von Kranken des Hospitals an den Erkrankungsfällen der Stadt über- haupt zu berechnen, dazu fehlt es an sicheren Anhaltspunkten. Nimmt man aber den Tod, die natürliche Wirkung der Krankheit, als Massstab an, so gelangt man im Rückschluss zu dem Resultate, dass, da innerhalb der 21 Jahre von 1832 bis 1852 die Zahl der im Allerheiligenhospital Gestorbenen dem achten Theil der Todten von Breslau gleichkommt, allerdings der Antheil des Hospitals an der Kranken- pflege Breslau’s um das Doppelte grösser sein würde, als er sich in dem Verhältniss der Hospitalbevöl- kerung zur jährlichen Krankenzahl in Breslau stell. Aber dabei ist in Anschlag zu bringen, dass Viele erst sterbend ins Hospital gebracht werden und Viele so schwer erkrankt, dass sie nach wenigen Stunden verscheiden, dagegen auch zu berücksichtigen, dass die Syphilitischen und Krätzigen fast keinen Beitrag zur Todtenzahl liefern. Will man das Breslauer Allerheiligenhospital auch rücksichtlich der Mortalität mit der Berliner Charite vergleichen, so stellt sich hier das Verhältniss an sich für Breslau etwas ungünstiger dar. Erwägt man aber, dass, worauf wir noch des Näheren zurückkommen, die Mortalität in Berlin überhaupt geringer ist, dass in Breslau in grösserem Umfange als in Berlin die Humanitätsanstalten alte und sieche Leute, die grossen Theils der ärmeren Klasse angehören, verpflegen, so wird man diese geringe Abweichung erklärlich finden. Die Mortalität (Tab. VI. Col. 12) im Allerheilgenhospitale speziell anlangend, so hat sich dieselbe in den letzten zehn Jahren, (1847, 1848, 1849 ausgenommen,) wie 1:9 gestellt, während vordem das Verhältniss ungleich ungünstiger wie 1 : 5 war. Kommen nun auch von 100 Gestorbenen in Breslau 13 auf das Hospital, so ist doch in Betracht zu ziehen, dass dieses Hospital der letzte Zufluchtsort der Kranken ist und die Mortalität da an sich also kein Kriterium enthält. i In Ansehung der Verpflegungskosten endlich, so sind die der Berliner Charite, soweit sie uns aus den Erstattungen der Stadt an die Charite bekannt sind, pro Kopf bedeutender, als in Breslau, eine bei dem dort höhern Preise mancher Lebensbedürfnisse natürliche und obendrein dadurch erklärliche Erscheinung, dass die Charit& als Staatsunterrichtsanstalt von daher einen Mehrbedarf hat. Das Verhältniss der beiden Anstalten zu der Commune ist ein ziemlich analoges. Die Charit€ hat der Commune Berlin jährlich 100,000 unentgeltliche Verpflegungstage zu gewähren, damit reicht jedoch die Stadtgemeinde «nicht aus, welche deshalb in der letzten Zeit jährlich durchschnittlich 13,000 Thaler zu zuschiessen hatte. Diese Summe mit denjenigen 4,000 Thalern, welche Berlin an Bethanien bezahlt, ist dem Kämmereizuschusse Breslau’s zum Allerheiligenhospital fast ganz gleich. Zieht man aber in Betracht, dass die Bevölkerung Berlins das Dreiundeinhalbfache der Breslauer beträgt, so kann nicht in Abrede gestellt werden, dass in Bezug auf den hier abgehandelten Punkt die Commune Berlin ungleich günstiger situirt ist, als die Commune Breslau. Dass das Allerheiligenhospital bei seiner reichen Dotation seinen Bedarf noch nicht zu decken im Stande ist, mag wohl zum "Theil in den mit dem Wachsthum der Bevölkerung erhöhten Ansprüchen seine Erklärung finden, wird sich aber aller Wahrscheinlichkeit nach durch die Durchführung zweckdienlicher Massnahmen beseitigen lassen. Zu letzteren zählen wir die Aufnahme Kranker gegen Bezahlung nach Klassen, Vereinigung mit den Kliniken, Vergrösserung der Hospitalapotheke, Verallge- meinerung des Gesindeabonnements und Heranziehung der Gesellen und Lehrlinge. zu fixirten Beiträgen mittelst Einführung des Gewerbeortsstatuts. (cf. S. 8. Anm.) *) Ueber diese haben wir die Mittheilungen aus Dr. $.Neumanns Berliner Syphilisfrage 1852 Tab. II. S. 66 benutzt. 221 _ Nächst dem Allerheiligenhospitale, einem spezifisch communalen Institute, übt in Breslau noch eine grosse Zahl anderer öffentlicher und Privat-Krankenverpflegungsanstalten ihre segensreiche Wirksamkeit. Der Armenkrankenpflege in Breslau sind nämlich ausser den beiden grösseren rein städtischen Institu- ten — Allerheiligenhospital und städtische Haus-Armenkrankenpflege — 20 nicht städtische Institute ge- widmet. Sie verpflegten im Jahre 1852: a) in Krankenhäusern *) 1) das Barmherzige Brüder-Hospital 1795, davon starben 100 2) „ Elisabethinerinnen ” 1 6,2; ) fr 65 3) „ Augustenhospital nn. 4 14 4) „ Fränkelsche jüdische Hospital 1: 2 = 13 5) ,„ Diakonissen-KrankenhausBethanien 246, ,, u 7 6) „„ Hebammeninstitut 1028, , ) 43 7) die Gefangenenkrankenanstalt 2887 ,' m 6; 55 8) das neue Gefängnisslazareth AS, 5 a» ) 9) die medizinische Klinik ERSTER A 4 10) „ chirurgische „, u LE ni 5 11) ‚, geburtshilfliche ‚, 2 5 a z. 28 12) ‚„,„ Augenanstalt Be 2 0 b) in der Haus- Armenpflege **) 13) die Tharould-Blachasche Fundation 2000, ,, 2 66 14) das Haus-Armen-Medizinalinstitut 481, ,„, = 27 15) die jüdische Haus-Armenkrankenpflege11l48, „, 4 50 16) das D. Kuh’sche Haus-Armeninstitut 255, ,, „ 9 17) die medizinische Poliklinik 5; v. PEOEAUER " 18 18) „, chirurgische * 156754005 Pr 0 19): ;,, geburtshilfliche h was! -,, Pr 92° 20) der schlesische Verein für arme Augen- kranke MAL 3 ra; j 0 6 Im Ganzen also 14,505 Verpflegte, unter denen 601 Gestorbene, so dass sich das Mortalitätsverhältniss — so weit es bekannt war —- auf 1: 19°, , stellte. *) Die Zahl der Todesfälle in den Krankenhäusern beträgt im jährlichen Durchschnitt: 1) Im Barmherzigen Brüderhospitale während 18 Jahren 80 2) „ Elisabethinerinnen-Hospitale „= Da, 55 3) „ Augusten-Kinder-Hospitale (1837) ,, 93 10 4) „ Israeliten-Hospitale 5 190, 11 5) „ Diakonissen-Krankenhause Bethanien (1850) 3 „, 4 7) In der Gefangenen-Kranken-Anstalt 18 „ 34 9) 10) \) Indenmed.,chir.undgeburtshilflichenKliniken „ ,, 122 11) 12) Im Allerheiligenhospitale “ haniky 535 (Cf. Tab. I. Col. 12). ") In der Haus-Armenkrankenpflege beträgt die Zahl. der Todesfälle : 13) In der Tharould-Blacha’schen Fundation während 18 Jahren 59 228 Von diesen 14,505 Verpflegten entfielen auf die Krankenhäuser 7420, auf die Haus-Armen-Kranken- pflege 7685; rechnet man hierzu die Verpflegten des Allerheiligenhospitals 5047 und die der städtischen Haus-Armen-Krankenpflege 10,548, so ergiebt sich die Zahl von 30,100, als die Summe der erweislich in einem Jahre durch die öffentlichen Armen-Kranken-Institute in Breslau verpflegten Personen. In Berlin*), um auch hier die Vergleichungspunkte anzuführen, wurden 1852 verpflegt: Hospital- Kranke 15,486, städtische Haus- AED 49,255, im Ganzen 64,741, im Verhältniss zu Breslau eine geringe Zahl. 14) Im Haus - Armen - Medizinal - Institut während 18 Jahren 28 15) Im jüdischen Haus - Armen - Kranken - Institute 2 42 16) Im Kuh’schen Haus-Armen-Medizinal-Institute „, 5. 8 17) In der communalen Hauskrankenpflege x „ 384 ” (Cf. Tab. I. Col. 15). e *) Es wird an dieser Stelle zur Durchführung des Vergleiches interessiren, zu erfahren, was Paris für die Armenkrankenpflege gethan hat. Wir entnehmen dem Bericht der städtischen Behörde (Administration de Vassistance publique des höpituur et hospices): 1851 gab es in Paris bei einer Bevölkerung von 1,053,262 Einwohnern ohne Banlieue (368,773) 12 allgemeine Krankenhäuser, 6 für besondere Krankheiten, 1 muison de sante für bezahlende Kranke, 12 Zufluchtshäuser (kospices) für verschiedenartige Dürftige, 12 Wohlthätigkeits-Bureaux zur Besorgung der in Privatwohnungen zu leistenden Hilfe, endlich eine Anstalt zur Verschaffung guter Ammen für Arme. Die 18 Kran- kenhäuser hatten zusammen 6579 Betten, die 12 Armenhäuser 10,581 Betten. Das Jahreseinkommen dieser Anstalten betrug 12,507,610 Fr., wobei die Commune 4,328,970 Fr. contribuirte, der übrige Betrag durch eigne und Stiftungs- einnahmen gedeckt wurde. Ausgegeben wurden 12,392,006 Fr., und zwar in den Krankenhäusern 1 Fr. 81 Cent., in den Armenhäusern 1Fr. 9 Cent. pro Kopf und Tag. In den Krankenhospitälern wurden aufgenommen: 86,775 Kranke, von denen 84,970 unentgeltlich verpflegt wurden und nur 15,026 der Stadt Paris nicht angehörten» In den Armen- häusern wurden 11,979 Greise und Irrsinnige verpflegt und für diese 3,474,613 Fr. verausgabt. Das Mortalitäts- verhältniss betrug 1: 6 in diesen, in den Krankenhäusern stellte es sich wie 1: 11 und die Aufenthaltsdauer des Kranken in denselben auf 25 Tage. Findelkinder wurden 1641 aufgenommen, von "denen 983 re, das Findelhaus kostet im Jahre 175,086 Fr. Die Ammenanstalt verschaffte 2404 Ammen, überwachte die Verpflegung von 1888 Kindern auf dem Lande, von denen nur 19 pCt. starben, und erheischte einen Aufwand von 156,200 Fr. Die 12 Wohlthätigkeits-Bureaux gewährten 30,938 dürftigen Haushaltungen oder 70,907 Einzelnen Unterstützungen im, Gesammtbetrage von 2,213,372 Fr., so dass sich auf den Kopf 31 Fr. repartiren. Gestorben sind in-Paris im Jahre, 1851, 27,882 (1 : 36), unter diesen in eigener Wohnung 17,095, in den hasuerlichen; Nennen aber 9149, demnach starb in Paris fast ein Ariuel vom Total in Hospitälern. ! Einem Bericht des Pariser Direktors‘ ei öffentlichen Unterstützungen entnehmen wir pro 1852, dass in diesem Jahre der 4. Theil der Gesammtheit der Gestorbenen in den Hospitälern und Versorgungsanstalten verschied. 1852 gab es in Paris 90,486 Kranke, 12,117 Greise und Irrsimnige für deren Unterhalt 13,345,629 Fr. aufgewendet wurden, darunter für Spitäler 3,801,976, für Versorgungsanstalten- 3,780,249, für das-Findelhaus und die Säugammenanstalt 1,936,584, für häusliche Unterstützungen 2,653,470Fr. Die Menge“der ‚bei den Armencommissionen N ak de bien- . faisance) eingeschriebenen Familien betrug 33,741, welche 77,909 Individuen umfassten. Wie bedeutend aber auch das erscheinen mag, was die Stadt für die Armenkrankenpflege thut, man hält es noch für unzureichend, und ist in Paris selbst nicht nur auf Vermehrung der für diese Zwecke disponiblen Geldmittel, sondern auch auf Vervollkommnung der Institutionen sorgsam bedacht. (So wird man in Paris in diesem Jahre das Institut unserer Haus-Armen-Krankenpflege adoptiren.) x u Diese Sorgsamkeit auf diesem Gebiete verdient hier um so grössere Anerkennung als die französische Gesetzge- bung keinesweges in dem Maasse wie die preussische, die meisten deutschen und auch die englische den Communen die Obsorge für Arme und arme Kranke auferlegt und daher die umfassenden Leistungen der Stadt Paris ın dieser Beziehung zum grösseren Theil als Akte lediglich der Humanität der Commune angesehen werden müssen. 229 Ausserdem aber kommen für die Armen-Krankenpflege noch die 27 Institute Breslau’s in Betracht, welche, zwar nicht an sich der Krankenpflege gewidmet, doch ihre Pfleglinge in Erkrankungsfällen zum allergrössten Theile selbst versorgen. Diese sind: 1) Das Hospital zu St. Trinitas zur Aufnahme alter Personen beiderlei Geschlechts, evangelischer sion; io Ja BRB2 mit er eeee e 90 '2) -Das Hospital zum heiligen Geiste mit gleicher Bestimmung . ......2crceeserenecn. 46 3). Das Hospital zu St. Bernhardin mit gleicher Bestimmung. .........e-ecseeeennc 72 4) Das Hospital zu Elftausend Jungfrauen, bestimmt zur Verpflegung alter armer weiblicher EEE VER nee nun eoucenannnamenpenoderenonsueee 24 5) Das Hospital zu St. Hieronymus mit gleicher Bestimmung. .........vrrereernen.. 25 6) Das Hospital für alte hilfslose Dienstboten beiderlei Geschlechts und beider Con- nal zui5 Aimeı ani cn mais nnd Bra weine nn ee ee 36 wi) Das Hospital zu St. Anna, fundirt zur Aufnahme armer alter Personen beiderlei Ge- En DnleRston.: 3 ar ea aan einen Seen een öl 8) Das Knabenhospital zum heiligen Geist in der Neustadt zur Erziehung armer Waisen- knaben evangelischer Confession von 7—14 Jahren. .......2-.222u00ceeeneunen 71 9) Das Kinderhospital zum heiligen Grabe zur Erziehung evangelischer Waisenkinder bei- derlei Geschlechts ..... er ee ne DE una nie ae ne an ee 92 10) Das Kindererziehungsinstitut zur Ehrenpforte zur Erziehung armer bürgerlicher evange- lischer Waisenmädchen von 7— 14 Jahren............-..2orcocnonenennennen 86 11) Das Schiffke’sche Weisenhospital für Knaben und Mädchen ohne Unterschied der Religion. ..».... TA SS PTEWRERENE Fe nu ee 12 12) Die Pathe’sche Stiftung zur Aufnahme bejahrter Brdenibeißhr Confessionen. .....- 7 13) Die Bürger -Versorgungsanstalt für Bürger ohne Unterschied der Religion. ........- 16 14) Das Unterrichtsinstitut für Blinde desgleichen............suesennenenernennnnnn 55 215) Das Unterrichtsinstitut für’ Taubstumme. =. 30. : cc. sone sen sneensaesnnnne nn 60 16) Das Fürstbischöfliche St. Lazarushospital für katholische Männer (Pfründner)........ 20 17) Das Hospital zu St: Johann zur Erziehung. von 20 katholischen Knaben. .........+- 20 18) Das Selenke’sche Institut für verarmte. Kaufleute und- Kaufmannswittwen beider Con- tee NR. 2 SET SR POL REN elta she 44 19) Das Armenhaus der evangelischen Höfkirchengemeinde BE ENDE Le Si Aeche ae 14 20) Das churfürstliche Orphanotropheum oder adelige Waisenhaus für katholische Mädchen und Knaben (von Churfürst und Bischof BEINE EBO WET de: nun aan 4 21) Das churfürstliche und General v. Wesch’sche Kinderhospital ad matrem dolorosam FR für katholische bürgerliche Waisenknaben und Mädchen..... RR TE ara ER INN | 76 722) Das Waisenhospital zur heiligen Hedwig für katholische Knaben. ................. 20 23) Die israelitische Waisenanstalt für Knaben und Mädchen. .....2:..22e22ceeeesen 30 24) Das Königliche Hospital zu St. Elisabeth auf dem Dom für Männer und Frauen, ohne Unterschied der Confession .. 22.2222...» Re) 39 25) Das L. Kroh’sche Institut für alte Israeliten. ... zr222 022 eseeeneenenneern en b) 230 26) Das Fränkelsche Zufluchtshaus für herabgekommene israelitische Familien... ..... 10 27) Das Claassensche Siechenhaus für Männer und Frauen beider Confessionen....... 30 also mit 1099*) Pfleglingen. Und endlich ist auch eine grosse Anzahl von Kranken in Berechnung zu ziehen, welche unregistrirt bleibt: Kranke die sich im Elisabethinerinnen-, im israelitischen und im Hospital der Barmherzigen Brüder unentgeltlich ärztlichen Rath und freie Arznei holen, ferner diejenigen aus den Krankenkassenvereinen, welche ohne das Bestehen der letzteren gewiss der communalen Haus-Armen-Krankenpflege anheimfallen würden, und deren Zahl wir früher auf 2000 arbitrirt haben. : So belangreich ist, was die zur öffentlichen Kenntniss gelangende Wohlthäthigkeit — denn es ist ausser Zweifel, dass ausser durch öffentliche und Privatwohlthätgkeitsanstalten auch privatim viel für Arme und Armenkranke (Verein für Wöchnerinnen, für hilfslose Kinder, zur Bekleidung und Bespeisung, Suppen etc.) speziell gethan wird — in Breslau leistet. Einem Mangel in dieser Beziehung kann man das, wie sich zeigen wird, ungünstige Mortalitätsverhältniss in Breslau nicht beimessen. Wie sehr jedoch an diesem Ergebnisse die Armuth partizipirt, lässt ein naheliegenges und an sich interessantes Bei- spiel ahnen, Ueber die Breslauer Judengemeinde haben wir für den Zeitraum, der zwischen den beiden letzten Zählungsjahren liegt, folgendes statistische Material zusammengestellt: 1849 7355 jüd. Einwohner: 230 Geburten, 4 uneheliche, 308 Todte (121 Cholera) 1850 7596 „u a0; «re 147 0A EB; BR Sr Me 17810; 1852 800 „ , TR ART DL, 213. „ (830 Scharlach) Die jüdische Bevölkerung Breslau’s, welche den 14. Theil der gesammten städtischen Bevölkerung bildet, hat hiernach jährlich durchschnittlich um 241 Köpfe zugenommen, während sie, um in gleichem Wachsthumsverhältniss wie die Gesammtbevölkerung zu bleiben, um 375 Köpfe hätte zunehmen müssen. Da die Geburtsverhältnisse hier günstiger sind, als die der Gesammtheit, und auch die Gestorbenenzahl eine verhältnissmässig geringere ist, als in der Stadt überhaupt, so folgt, dass das geringere Wachsthum hier in dem geringeren Zuzug von Juden seinen Grund hat. In welchem Maasse günstiger die Geburtsver- hältnisse bei den hiesigen Juden sind, ergiebt sich daraus, dass die Zahl der Todten von der der Ge- borenen um jährlich 50 übertroffen wird, wonach also, die Vermehrung durch Geburten unter den Juden um 1,6 pCt. grösser war, als in der Stadt überhaupt. Noch günstiger ist hier speziell das Verhältniss der unehelichen Geburten: auf 48,1 eheliche kam eine uneheliche**), während bei der Gesammtbevöl- kerung der proportionale Antheil ein zehnmal grösserer war. Die Mortalität endlich zeigt sich "hier gleichfalls günstiger; während sie sich in Breslau überhaupt wegen der in diesem Zeitraum statigefundenen zwei grossen Epidemien auf 1 : 24,3 stellte, kommt von den Juden erst auf 38 Lebende ein Todter im Jahre. Unzweifelhaft führen dieses Resultat ebensowohl der unter den hiesigen Juden geringere Pau- perismus, der grössere Wohlstand der Gesammtheit, die vermehrte Obsorge für Arme und Kranke, wie auch einzelne eigenthümliche soziale Verhältnisse unter ihnen herbei. *) Diese Institute erfordern jährlich einen Kostenaufwand von 104,000 Thaler, was einem Kapitale von 2", Mil- lionen Thalern entspricht. . “) 1849 Eine uneheliche auf 57,5 Geburten der jüdischen Bevölkerung. un ei 1850 ” » ” 62,5 ” ” 2) ” a 151 „ r BP) E- Pappe „ » „ 1352 2 „ ’ 20,7 DL ” ” ” 231 Um nun aber schliesslich zu dem Hauptpunkte der uns gestellten Aufgabe zu gelangen, zu der Unter- suchung über die grössere Mortalität in Breslau und die sie erklärenden Ursachen, so gehört dazu ausser ‚dem, was sich schon in den vorstehenden Bemerkungen bietet, ausser der Populations- und Paupertäts- statistik der Stadt, auch die Kenntniss der Arten der vorgekommenen Erkrankungen und der Altersklassen der Gestorbenen. Dieses Material für Breslau zu gewinnen, war nicht ohne Schwierigkeiten. Die dazu Befähigten*) haben das ihnen zu Gebote stehende Material nicht benutzt, und auch von amtlicher Seite sind die Jahresresultate in dieser Rücksicht nicht zusammengestellt. Ich musste mich mit dem begnügen, was mir die Zeitungen hiefür boten. Mühselig sind in Tabelle VII und VIII nach den Wochenberichten die Krankheiten und Altersklassen der in den Jahren 1851 und 1852 Gestorbenen zusammengestellt. Diese Angaben können indessen in Bezug auf die Krankheiten nicht als zuverlässig angesehen werden. Die Art, wie hier die Todesfälle bei der Polizei angemeldet werden, bringt es mit sich, dass hinsichtlich der Angaben der Krankheiten keine allzugrosse Sorgfalt beobachtet wird; dazu kommt, dass doch eine grosse Anzahl ohne jede ärztliche Hilfe stirbt, so dass hier die tödtende Krankheit gar nicht festgestellt wird, und von einer anderen Anzahl Todter kann dies oft trotz ärztlicher Beihilfe deshalb nicht geschehen, weil dem Arzte selbst nicht selten die Todesursache aus Mangel einer anhaltend genauen Beobachtung oder der Section verborgen bleibt. Trotzdem aber haben derartige Angaben einen statistischen Werth, nament- lich auch in medizinisch-polizeilicher Hinsicht, insofern das öftere oder auffallende Vorkommen bestimmter Todesarten Veranlassung giebt zur grösseren Bekanntschaft mit den Erkrankungsursachen an einem Orte und zum Nachdenken über deren Abhilfe. Bedeutender für die Wissenschaft und die Praxis ist der Nutzen, der aus der Uebersicht der numerischen Verhältnisse einzelner Krankheitszustände erwachsen kann, wenn die Angaben aus Hospitälern rühren. Von Breslau waren diese nicht ganz zu ermöglichen. Nur für die drei grossen Krankenhäuser — Allerheiligen-, Barmherzigen Brüder- und Elisabethinerinnen- Hospital — haben wir so genaue und verlässliche Notizen erhalten, dass sich daraus ein vollständiges Bild zusammenstellen liess, wie solches unter Berücksichtigung der wissenschaftlichen Anforderungen Beireffs der gegenwärtig üblichen Eintheilungsform in Tab. IX entworfen ist Aus dem, was sich hierbei als Resultat ergiebt, gewinnen wir ein bei Erwägung der Mortalitätsfrage höchst wichtiges Moment, dessen Bedeutung noch grösser wäre, liesse sich die Tabelle in gleicher Selbstständigkeit auf die ge- sammte Armenkrankenpflege erweitern, während andererseits die Uebersicht der in den Hospitälern Ge- storbenen keinen Anhalt zur Beurtheilung der Mortalität gegenüber der Gesammtmortalität gewährt, da die in Betracht gezogenen Hospitäler meist nur Erwachsene pflegen und die Kinder, ein bei der Mor- talität bekanntlich sehr erheblicher Factor, daher hier nicht mit einbegriffen sind. Was sich aus dem Vorangegangenen ergeben hat, tritt in seiner wahren Bedeutsamkeit erst klar hervor, wenn es zu den Ergebnissen in anderen Städten in Parallele gestellt wird. Vergleichen wir nun die in Rede gekommenen Punkte in den 11**) grössten Städten Deutschlands für die letzten zwei *) Die Aerzte des Breslauer Gesundheits-Pflegevereins hätten die werthvollen Berechnungen des Berliner gleich- namigen Vereins und der schottischen Hilfsanstalt zur Unterstützung erkrankter Handwerker noch übertreffen können. Ihm gehört die Mittelstandsklasse mit Frauen und Kindern an, seine Erkrankungswahrscheinlichkeitsrech- nung wäre daher umfassender gewesen, als jene des Berliner, des schottischen und anderer Vereine, denen nur ‘hsene eines Standes angehören. ”) Aller angewandten Mühe ungeachtet waren nicht alle Notizen, welche zur Füllung der Colonnen in Tabelle X erforderlich waren, von allen aufgeführten Städten zu erreichen. Die Zahlen sind ohne Ausnahme guten Quellen entnommen, die entscheidenden dürfen als authentisch angesehen werden. Die Bevölkerungszahlen sind, wo das Jahr gerade kein Zählungsjahr war, durch die in solchen Fällen übliche Differenzberechnung nach Proportion des Wachs- thums gewonnen Von Wien war die Einwohnerzahl pro 1852 nicht anders, als aus einer Angabe des mugistratuali- 232 Jahre mit einander, so zeigt sich zuvörderst hinsichtlich der Bevölkerung, dass hiernach Breslau die fünfte Stelle einnimmt; unmittelbar vorher geht in dieser Beziehung Prag, mit dem es manche Aehnlich- keit hat. Das Wachsthum der Bevölkerung war verhältnissmässig in Prag das grösste, dann folgt Dresden, dann erst Breslau, in welcher Stadt unter allen preussischen das Wachsthum verhältnissmässig mr bedeu- tendste, fast doppelt so stark als in Berlin war (Tab. X Col. 2). In Ansehung dessen, was die Krankenhäuser in den verglichenen elf Städten geleistet haben, lässt sich der Vergleich nicht leicht durchführen, da die vorwaltenden Verhältnisse allzu ungleichartige sind. Im Verhältnisse zur Einwohnerzahl am geringsten in Anspruch genommen wird das Hospital in Aachen, in den andern Städten in folgender aufsteigender Reihenfolge: Dresden, Berlin, Köln, Königsberg, Danzig, Hamburg, Breslau, Wien, Prag und München (Tab. X, Col. 10 und 11); in München also am grössten — wohl darum, weil dort die meisten Stadtarmen, sofern sie an chronischen Krankheiten leiden, von den Bezirksärzten nach dem städtischen allgemeinen Krankenhause dirigirt werden müssen und weil dort wie in Köln alle kleineren Hospitäler aufgehoben wurden. Bei Prag ist zu berücksichtigen, dass daselbst viele Kranke aus der Provinz dem allgemeinen Krankenhause zufliessen, trotzdem es wie Breslau und Wien noch eine Menge anderer ‚„‚confessioneller“ Heilanstalten besitzt. Dies Letztere findet im Gegensatz zu Hamburg, Danzig und Königsberg jetzt auch in Berlin statt, obwohl die verhältnissmässig geringere Bevölkerung der Charit& sich nicht sowohl blos hieraus, als vielmehr aus den günstigeren Vermögens- und Sanitätsverhältnissen der Stadt ebenso,- wie auch aus dem grösseren Umfange der dortigen Haus- armen- Krankenpflege durch die Commune (Tab. X. Col. 15) und auch durch die Gesundheits-Pflege- vereine erklärt. - Die Mortalität in den genannten Hospitälern stellt sich am schlechtesten in dem kleinen Aachener (Maria und Elisabeth-) Hospitale; dann folgen Dresden, Prag, Berlin und Wien (1 : 8), weiter Breslau 1:9, Danzig und Hamburg 1: 12, Köln und Königsberg 1: 13; am günstigsten, nämlich 1: 21, stellt sich das Mortalitätsverhältniss im Münchener Hospitale. Dies letztere ergänzt noch die auffallende That- sache, dass im Münchener Hospitale der Kranke durchschnittlich nur 16 ‚Tage verweilt. Ueber die Kosten der Krankenpflege waren nur von einem Theile der Städte. (Tab. X. Col. 14) die erforderlichen Notizen zu erlangen; danach kam die Hospitalpflege in Danzig unter den preussischen Städten am billigsten, die andern Städte folgen: Königsberg, Aachen, Breslau, Berlin*). Von den nicht preussischen Städten verpflegte Hamburg und Wien (etwa 19 Fl. der Kranke) am theuersten, dann Dres- den, hierauf Prag. (16 Fl.) und endlich München 10-12 Fl., jedoch letzteres nur dadurch, dass, wie Baklerkk, der Kranke 16--17 Tage im Hospitale weilte, während er pro Kopf und Tag 38—839', Kr., also theurer, als bei uns, zu stehen kam. Ueber die Hausarmen-Krankenpflege (Tab. X. Col. 15) liess sich gleichfalls nicht von überall die nöthige Auskunft erlangen. Von Danzig war nichts zu erfahren, von Königsberg und München **) nur, dass in ihren Universitätspolikliniken ein Theil der Hausarmen-Krankenpflege besorgt wird. In Dresden ist das Institut verhältnissmässig am schwächsten benutzt worden; auch das dortige Stadt- schen Conscriptionsamtes festzustellen, wonach dieselbe um 10,000 Köpfe höher als im Vorjahre arbitrirt wurde. Von München findet sich in manchen statistischen Werken die Bevölkerungszahl pro 1852 auf 106,715 angegeben; hierunter sind aber 18,835 Militärpersonen einbegriffen. *) Veber das Kölner Hospital war dieser Punkt nicht genau zu ermitteln, weil dasselbe eine sehr grosse ‘Pfründneranstalt in sich schliesst, und aus seiner Centralapotheke die Medikamente auch für alle Haus-Armenkranken - der Stadt verabfolgt, ohne dass die Rechnungen für diese Institute gesondert geführt werden. "*) Vergl, Seitz, Deutsche Klinik 1851. eu ee 233 Krankenhaus hat nur eine geringe Thäligkeit entwickelt, und es scheint, als ob in Dresden, das nicht- communale Krankenhäuser nur in sehr geiingem Umfange besitzt, die öffentliche Krankenpflege über- haupt geringer in Anspruch genommen würde, als dies jetzt im Allgemeinen in anderen grossen Städten geschieht. In Wien participirten an der Hausarmen-Krankenpflege 5 pCt. der Bevölkerung, in Hamburg 10 pCt., in Breslau ebensoviel allein an der communalen, (die nicht-communale ist hier grösser, als irgend wo anders,) in Aachen 11, Berlin 12, Prag 14, Köln 16 pCt. Die Mortalität in der Hausarmen- Krankenpflege war gerade umgekehrt: in Köln am geringsten; es folgen Berlin, Wien, Hamburg, Aachen, Breslau, Dresden. In Dresden sind auch die Kosten für den Hauskranken die. bedeutendsten, (die Me- dication betrug dort pro Kopf 1 Thlr. 19 Sgr.,) geringer sind sie in Hamburg, Berlin, Breslau, und am geringsten in Aachen. si Die Fruchtbarkeit‘ (Tab. X. Col. 3 und 4) war unter den ah an Städten am geringsten in Aachen, 3,7 pCt. der Bevölkerung; derselbe Prozentsatz ergiebt sich für Berlin und Königsberg; auch noch nicht A pCt erreichen Hamburg, München und Dresden, darüber hinaus gehen Danzig, Breslau, Köln, Wien und Prag bis 5,6 pCt. Für Wien und Prag ist in dieser Hinsicht das Vorhandensein unge- wöhnlich grosser Gebäranstalten von entscheidendem Einfluss, in denen ein ansehnlicher Zusammenfluss Schwangerer vom Lande her stattfindet. Es liess sich nicht feststellen, wie gross dort die Zahl der vom Lande Zugetragenen war, da zufolge der bestehenden Vorschriften in den Gebäranstalten nach dem Nationale nicht gefragt werden darf. Als die fruchtbarste unter den deutschen Haupt- Städten erscheint Wien, und zwar in einem Grade, dass dort trotz der grossen Mortalität auch ohne Zuzug ein stetiges Wachsthum der Bevölkerung eintreten würde, — eine Erscheinung, die nur bei sehr wenigen grossen “Städten bemerkt worden ist. .- u Wenn auch nicht in dem bedeutenden Umfange, wie gerade in Prag, so findet doch nach allen grossen Städten ein starker Andrang auswärtiger Schwangerer statt, die dort‘ entbinden. Daraus erklärt sich zum Theil das starke Contingent unehelicher ben (Tab. X. Col. 5 und 6), welches die grossen Städte in einer zur Gesammibevölkerung unverbältnissmässig grossen Menge stellen. Unter den verglichenen Städten findet hinsichtlich der verhältnissmässigen (im Vergleich zu den Geborenen der Stadt) Zahl der unehelichen Geburten folgende aufsteigende Reihe statt: Aachen, Köln,‘ Hamburg, Berlin, Danzig, Dresden, Breslau, Königsberg, Prag, München und Wien. Für die beiden ersten Städte ist das dort gültige Gesetz (la recherche de la paternite est interdite) ganz gewiss von entscheidender Wichtigkeit. Der Einfluss der Gesetzgebung*) in dieser Beziehung ist ganz unverkennbar, denn nicht allein der Vergleich der grossen Städte im Westen mit denen im Osten des preussischen Staates, auch der Mittelstädte, wie. Trier, Düsseldorf, mit Stetiin, Magdeburg, ergiebt, dass unter der Herrschaft des französischen Rechts die Anzahl der unehelichen Geburten eine geringere ist. Das Verhältniss der unehelich Geborenen zu den Geborenen überhaupt beträgt näm- lich in den alten Provinzen der preussischen Monarchie 1: 10, in den rheinischen und Westphalen 1: 24 bis 1 : 26. Dass Wien die grösste Zahl unehelich Geborener hat, findet zum Theil seine Erklärung in seinen überaus stark bevölkerten Gebäranstalten; Gleiches gilt von Prag, — von München aber nicht, welches hiernach unter den deutschen Capitalen die meisten unehelichen Geburten liefert. & *) Das neue für die alten Provinzen Preussens publicirte Schwängerungsgesetz vom 24. April 1854 nähert sich dem citirten Grundsatz des Code schon sehr und wird gewiss analog wirken. Vergleiche übrigens Dr. Bergius über den Einfluss. der Gesetzgebung auf die unehelichen Geburten in Otto Hübners Jahrbuch für Volkswirthschaft und Statistik, 1. Jahrg. 1853 S. 132 und 2, Jahrg. 1854 S. 305. - 80* So wenig Werth wir auf diese Zahlenverhältnisse etwa als alleinige Kriterien für die Sittlichkeit legen, eben so wenig messen wir den Selbstmorden bei. Es müssten dabei die mannigfachsten Um- stände*) in Betracht gezogen werden, und doch gewänne man einen giltigen Maassstab daraus nicht. Interessant aber ist die Notiz als eine statistische ganz gewiss (Tab. X. Col. 9). Am geringsten war die Zahl der Selbstmorde in den rheinischen Städten Aachen und Köln, 0,003 pCt. der Einwohnerzahl, dann folgen Prag, Wien und München, Breslau, Dresden, Berlin, wo sie 0,027 pCt., Hamburg, Danzig und - Königsberg, wo sie 0,032 pCt. der Bevölkerung betragen. — Der letzte uns wichtigste Vergleichs- punkt ist: Die Mortalität. Erst in neuerer Zeit hat man der Statistik überhaupt den Werth beigemessen, welchen sie in der That verdient, und daher auch erst in den letzten Decenien des Jahrhunderts auf die Feststellung der statistischen Ergebnisse jene Sorgfalt verwendet, welche sie allein nutzbar zu machen vermag. Ueber Breslau im Besondern finden sich doch auch schon aus früheren Zeiten Angaben, und einem glücklichen Zufalle danken wir es, dass uns gerade von der Mortalität Breslau’s in vergangenen Jahrhunderten einige ebenso interessante wie wichtige Notizen erhalten sind. Edmund Halley**) nämlich, der namhafte Astronom des 17. Jahrhunderts, der auch dem Laien durch die Berechnung des Kometen bekannt ist, hat seiner berühmt gewordenen Tafel über die wahrscheinliche Lebensdauer lediglich die Sterblichkeit Bres- lau’s in dem fünfjährigen Zeitraum von 1687 bis 1691 zu Grunde gelegt. Er hat für diesen Zeitraum 5869 Todesfälle und 6193 Geburten in Breslau angenommen. So genau seine Angaben zu sein scheinen, sind die Quellen, aus denen Halley geschöpft, unbekannt geblieben. Aus noch älterer Zeit, für den Zeitraum von 1555 ab, findet sich ein Breslauer. Geburten- und Gestorbenen - Verzeichniss in Kund- mann’s Seltenheiten ***) der Natur und Kunst (S. 1265), aus denen Gomolcke+) in seiner Beschrei- *) Vergl. Jahrbuch für Statistik und Volkswirthschaft des Königreichs Sachsen. Dresden, von Dr. Engel 1853. S.80, *") The Philosophical Transactions of the Royal society ofLondon. Vol.IM. from 1683 to 1694 abridged. pag. 483 et seq. Daselbst ist die Arbeit Halley’s abgedruckt unter dem Titel: y An estimate on the degrees of the mortality of mankind drawn from curious tables of the births and funerals of the eity of Breslaw; with an attempt to ascertain the price of annuities on lives 1691 No. 196 p. 596 et seq. Es findet sich in dieser Abhandlung folgende die Graunt’schen Mortalitätsbills von London betreffende Stelle: „This defect seems in a great measure to be satisfied by the late curious tables of the bills of mortality at the city of Breslaw, where both the ages and sexes of all that vie are monthly delivered, and compared with the number of the births, for 5 years last pass viz 1687, 1698, 1689, 1690, 1691, and seeming to be executed with all exactness and fidelity. This city of Breslaw is the capital of the province of Silesia; or as the Germans call it, Schlesia, and is situated on the western bank of the river Oder, anciently called Viadrus; near the confines of Germany and Poland, and nearly in the latitude of London. It is very far from the sea; whence the confluence of strangers is but small; and the manufacture of linen employs chiefly the poor people of the place, as well as of the country round about; whence comes that sort of linen we usually call your sclesie linen; which-is the chief, if not the only commodity of the place. For these reasons, the people of this city seem most proper for a standard; and the rather, because the births a little exceed the funerals. The only thing wanting, is the number of the whole people, which in some measure I have endeavoured to supply by comparison of the mortality of the people of all ages, which I shall from the said bills trace out with all the accuracy possible.“ "*) 1735. +) Anno 1736. Während des Druckes kam uns jedoch auch zu Gesicht eine bei Daniel Gomolcke gedruckte „Specification aller der gebohirnen und getaufften, wie auch verstorbenen und begrabenen Personen, welche Anno 235 bung der grossen Theuerungen in Schlesien ($. 64) eine Tabelle gefertigt hat und die von dem Mit- herausgeber der ökonomischen Nachrichten der patriotischen Gesellschaft in Schlesien, *, J. E. Scheibel, nach einer ihm mitgetheilten Handschrift bis 1775, also auf einen Zeitraum von 20 Jahren vervoll- ständigtwurde. Was wir hieraus erfahren, weicht von der Halley’schen Angabe nicht unerheblich ab, es sind - nämlich, währendHalley 6193 Geborene und 5869 Gestorbene annimmt, hier 5864 Geborene und 5857 Ge- storbene berechnet. Die Abweichung rührt wahrscheinlich davon her, dass die uns vorliegende Tabelle nur die unter städtischer Jurisdiction Getauften Augsburg’scher Confession umfasst und die katholisch Getauften übergeht. Bei den Todten sind die Angaben übereinstimmender und insbesondere hervorzuheben, dass in Breslau in den beiden Pestjahren 1568 und 1633 im ersteren 9241, im anderen 13,231 Personen starben. Ueber die Bevölkerungsmenge Breslau’s in dieser älteren Zeit fehlen zuverlässige Angaben; Halley nimmt 34,000 Seelen an, gleichwie 100 Jahre später für den 220 jährigen Zeitraum Schei- bel**), welcher dieses Resultat durch die zu seiner Zeit allgemein beliebte Berechnung gewinnt: indem er als Bevölkerungszahl das Dreissigfache der jährlich Geborenen (damals 1138) annimmt. Zimmer- mann (Beiträge zur Beschreibung von Schlesien. Brieg, 1794. S. 308) erwähnt, Rector Klose habe in seinen Briefen über Breslau vom Jahr 1405 die Einwohnerzahl Breslau’s zu ermitteln versucht; vom Jahre 1555 hat man Sterbe- und Geburtslisten und vom Jahr 1618 und 1675 hat man Zählungen von dem männlichen Geschlecht vorgenommen ***). Indessen so interessant diese Daten als literarisch- nistorische sein mögen, ist ihr Werth doch zweifelhaft, insofern ihre Basis sehr unsicher ist und die Erfahrung zu ganz anderen Resultaten geführt hat, als die älteren Tabellen, namentlich in Bezug auf die Wahrscheinlichkeits-Berechnung der Lebensdauer gewonnen haben. Dagegen sind die Angaben aus neuer Zeit (seit dem Ende der Napoleon’schen Kriege) viel zuverlässiger, also auch ungleich werthvoller. Für Breslau liegen uns diese Zahlen vor (Tab. I. Col. 2). Die Zahl der Gestorbenen an sich und selbst in Verhältniss gesetzt zur Bevölkerungsmenge oder zur Zahl der Gebornen, beweist nichts. Ein Urtheil über die Mor- talität lässt sich erst aus Vergleichen mit anderen Städten gewinnen. Natürlich muss dieser Vergleich für denselben Zeitraum durchgeführt werden und alle abnorm einwirkenden Umstände berücksichtigen ; „1555 bis in das itzige 1731ste Jahr nach Christi Geburth in der Kayser- und Königl. Stadt Bresslau bei den sämmtl. „Kirchen A.C. so unger der Stadt Jurisdietion stehen nemlich: zu St. Elisabeth, St. Maria-Magd. und St. Bernhardin, „wie auch 11000 Jungfraun von erstbenannter Zeit bis an die itzige accurat von Jahr zu Jahr und wie sie alle Neu- ‚„Jahrstage abgekündigt worden.“ *) „II. Bd. auf das Jahr 1775.“ In Commission bei W. G. Korn. $_46 bis 48. ") In diesen 220 Jahren sind nach ihm in Breslau 252,448 Personen getauft worden und 3,190,079 gestorben. Hinsichtlich der Todtenzahl sei bemerkt, dass allein die 12 Pesten, welche in diesem Zeitraum gewüthet, 57,737 Per- sonen dahingerafft haben. ”") Nach den ‚hier genannten Quellen betrug die Bevölkerung in Breslau im Jahre 1403 . . . . 21,863 Seelen Dear. loss. ‚2, 35400 .,, DE WELGTSIE CP, »:90,200: ,, a ID 6, WAHRALIOST 30, 9940800 \V,, E er eier 7 Ts, ra RR 9,0 3 BRETTEN 2, - TER FRE RAEN5A2- 5, „1790 54,917 ,„ 2 h; HOLT 2 2 Die Garnison zählte im letzten Jahre 5270 Köpfe. 236 einen je grösseren Zeitraum er umfasst, desto maassgebender werden seine Resultate sein. Leider waren diese Notizen nicht für alle Städte in ausreichendem Umfange zu erlangen, und wir waren, um es nur mit authentischen Angaben zu thun zu bekommen, allein auf die Ergebnisse der zwei Jahre 1851 und 1852 angewiesen, die übrigens der durchschnittlichen einer Reihe von Jahren fast ganz genau ent- sprechen. In diesen beiden Jahren waren die Mortalitätsverhältnisse in den verglichenen elf Städten: in Berlin. . . 1:38 „ Köln : 36,5 R ,„ Aachen : 36,5 „ Hamburg . 30. „ Dresden : 29 „ München . „ Königsberg BERLBESENnZ 1) =. [er9 „ Breslau : 25,7 „ Danzig. : 24,5 „ Prag : 24 „ Wien . : 24 Danach beurtheilt muss unter den angeführten Städten Berlin als die gesundeste, Wien als äy unge- sundeste angesehen werden, da dort von 38 Einwohnern, hier von 24 im Jahre Einer starb, woraus folgt, dass in Berlin die mittlere Lebensdauer um 14 Jahre länger ist, als in Wien. Für die beiden Städte Königsberg und Danzig wird zu berücksichtigen ‚sein, dass dort 1852 (in Breslau 1851) die Cholera ziemlich heftig wüthete, was gerade für die hier gewählte Zeitperiode einen etwas ungünstigern_ Mortalitätsstand ergiebt, als er sich für andere Jahre herausgestellt hat. Noch günstiger als in Berlin ist das Mortalitätsverhältniss *) x in London . . 1:40 weniger günstig in den anderen grossen Städten Englands, nämlich **) in Manchester . 1: 26,5 „ Edinburgh. 1: ::25,6 „ Liverpool. . 1: 23,6 „ Glasgow l : 219 R - Ferner stellt es sich in Paris . 1:80 ;,. Brüssel... erı kıru26 x „ Rom 1::025 ; alssiehinns a2 Er 7, Von keiner der genannten Hauptstädte des Continents***) also wird hiernach die Ungunst des Mor- talitätsverhältnisses in Wien übertroffen. Was aber das Mortalitätsverhältniss in Breslau angeht, so zeigt ") Summary of the London returns of mortality for the twelve years 1840— 1851. “*) Register general of England. Dieses berechnet die Mortalität für eine zehnjährige Periode und nimmt darnach für Wien eben nur 1 : 22 an. Für Petersburg fanden wir in öffenlichen Blättern 1 : 23 als das dortige Mortalitäts- verhältniss. “") In New-York kommt auf 23 und in New-Orleans schon auf 16 Lebende jährlich ein Todter. Vergl. auch Casper: Beiträge zur medizinischen Statistik, 2. Band, Berlin 1835. | \ / 237. die vorangegangene Zusammenstellung, dass dasselbe vor Allem nicht so ungünstig ist, als es namentlich die Raisonnements in LoKalblättern darzustellen sich abmühen, obwohl es allerdings bei weitem ungünstiger ist, als dasjenige Londons und selbst als das Berlins, dem freilich dasjenige keiner andern Stadt des Festlandes gleichkommt. Breslau’s Mortalitätsverhältniss, das sich für 1851 und 1852 auf 1 : 25,5, für den 21jährigen Zeitraum von 1852 aber durchschnittlich auf 1 : 26,2 stellte (Cf. Tab. I. Col. 11), ent- spricht fast dem mittlern der Städte zweiten Ranges in Deutschland, zu denen es zählt. Wollte man die in Breslau ungleich öfter wiederkehrenden Epidemien und deren Verheerungen ausser Ansatz lassen, so ‚ergäbe sich für Breslau sogar ein entschieden günstiges Mortalitätsverhältniss (scit 1832 wie 1 : 28). Freilich kann eine solche Berechnung zu keinem maassgebenden Resultate führen. Für Europa im Allgemeinen ist man nach Süssmilch zu dem Resultate gelangt, dass sich das Mortalitätsverhältniss in den grossen Städten auf 1: 24 bis 25, in den kleineren Städten auf 1 : 32 und auf dem platten Lande 1: 40 im Durchschnitt stellt. Die Gesammimortalität Europa’s beträgt demzufolge im mittlern Verhältniss 1: 32. Da nun (s. 0.) Breslau’s Mortalitätsverhältniss sich auf 1 : 26,2 stellt, so übertrifft es hiernach sogar noch das Verhältniss in grossen Städten um einen Bruchtheil zu seinen Gunsten. Indessen haben neuere Untersuchungen die Süssmilch’sche Annahme widerlegt und überhaupt zu der Ueberzeugung geführt, man könne ein so allgemeines Gesetz für Europa unmöglich, selbst aus den reichsten Materialien nicht . abstrahiren. Immerhin führt der Vergleich mit den feststehenden Ergebnissen hinsichtlich der Mortalität in anderen grossen Städten (s. o.) dazu, dass das Verhältniss in Breslau um ein Geringes zu seinen Un- . gunsten abweicht. Diese Abweichung als die natürliche Folge vorhandener Ursachen zu erklären, führt uns schliesslich zu einer speziellen Betrachtung der örtlichen Verhältnisse, denen ein Einfluss auf die Mortalität beizumessen ist. Für die grössere und geringere Mortalität eines Ortes, selbst eines Staates und Welttheils hat man bis in die neueste Zeit die verschiedensten Momente als ursächliche angesehen. Theils solche, die mit der Lebensweise der Menschen zusammenhängen, theils solche, die auf der Luft- und Bodenbeschaffen- heit*) beruhen. Grössere Wohlhabenheit, gesundere Beschäftigungen, bessere Nahrungsmittel, sorg- fältigere Pflege der Kinder vermindern die Ursachen der Krankheit, schwächen die Intensität der Epi- demien und verleihen mittelbar den Menschen eine längere Lebensdauer. Indessen üben diese Umstände eine verhältnissmässig nur sehr geringe Macht auf die Gesundheit einer Bevölkerung, wenn diese in einer Atmosphäre lebt, welche die Entwickelung von Krankheiten begünstigt, oder auf einem Boden, der Miasmen — die Quelle alljährlich sich wiederholender Fieber — hervorbringt. In Breslau ist, wie die dieser Schrift beigegebenen Tabellen nachweisen, die Mortalität um etwas grösser, also die Krankheiten im Ganzen häufiger, als in vielen anderen grossen Städten Deutschlands, und bösartige Epidemien**) haben in älterer wie in neuerer Zeit hier stets einen fruchtbaren Boden gefunden. Worin hat das seinen Grund? in der Lebensweise seiner Bevölkerung oder in den natürlichen Verhältnissen des Orts? und vermag in jenem Falle das Wachsthum der Kultur, mit einer weisen Ver- waltung verbunden, oder in diesem keine menschliche Macht dem Uebel mit Erfolg en!gegenzutreten? . *) Eine medizinische Topographie Breslau’s fehlt leider noch ganz. . ") Die Pest raffte, wie oben bemerkt, im Jahre 1568 bei einer Bevölkerung von 25,000 Seelen 9241 und im Jahre 1633 bei 34,000 Einwohnern 13,231 Individuen weg; die Cholera 1831: 795 und 1849: 3056 Individuen. 238 Diese Fragen zu beantworten, soweit dies wissenschaftliche Forschungen, gewissenhafte Beobachtungen und ein redlicher Wille vermögen, ist Aufgabe noch des Folgenden. Dass das Klima eines Ortes auf die grössere oder geringere Sterblichkeit von weine Ein- fluss ist, wird nicht bezweifelt. Das Verhältniss, in welchem Wärme und Feuchtigkeit und die übrigen zum Theil noch unbekannten Faktoren des Klima’s zu einander stehen, begünstigt offenbar das Auftreten gewisser Krankheiten und wirkt bestimmend auf den Ausgang derselben. Wenn z. B., wie notorisch feststeht, bei uns die Sterblichkeit im April bei weitem grösser ist, als die im Oktober, so kann, da alle übrigen Verhältnisse sich hier gleich bleiben, nichts Anderes die Schuld daran tragen, als die ganz verschiedenen Witterungsverhältnisse während dieser beiden Monate. Der Einfluss des Klimas, welcher Betreffs der Sterblichkeitsmenge in einer und derselben Stadt aber in verschiedenen Monaten auf diese Weise unzweifelhaft ist, behält offenbar seine Geltung auch bei der durchschnittlichen Mortalität des ganzen Jahres in verschiedenen Orten. In Bezug auf die Frage, ob die grössere Sterblichkeit Breslau’s im Vergleich zu anderen Städten aus einem relativ ungünstigeren Klima erklärt werden könne, haben sich von jeher unter den Aezten und Laien vorherrschende Ansichten geltend gemacht. Man hat gesagt, dass die Luft bei uns unge- wöhnlich feucht sei, theils durch die Ausdünstungen der zahlreichen oft Monate lang mit Wasser bedeckten Niederungen in der Nähe der Oder, theils durch die Winde, welche bei der vorherrschenden Nordwestrichtung uns die feuchte Atmosphäre der Nordsee zuführen und uns mit dichtem Nebel, mit Regen- und Schneeschauern heimsuchen, die gewöhnlich 24 —48 Stunden, oft aber auch Wochen lang andauern. Die Temperatur soll bei uns ferner ungewöhnlich niedrig und häufigen Wechseln unterworfen sein. Der Vereinigung von Nässe und Kälte wurden ausser Affektionen der Schleimhaut der Lungen und des Darmkanals, Katarrhe und Rheumatismen, Wechselfieber, gastrisch-katarrhalische, typhöse Fieber, Rose, Scharlach, Masern, Keuchhusten zugeschrieben, welche sich zuweilen bis zu bösartigen Fee sen aus- bilden. Diese lange festgehaltene Ansicht, als herrsche in Breslau. Nässe und Kälte in ungewöhnlicher Maasse vor, wird indessen durch das Resultat genauer meteorologischer Beobachtungen*) widerlegt. Wir geben in Folgendem Tabellen über 1) den mittlern barometrischen Druck, 2) die mittlere Temperatur und 3) die mittlere Menge des atmosphärischen Niederschlages während des ganzen Jahres, der einzelnen Jahreszeiten und Monate für Breslau 51°7’ N. B. 14°48' 0. L. vom Pariser Meridian, so wie zur Ver- gleichung für nachstehende bereits oben genannten Städte: Berlin 52°30’ N. B. 11°3° O.L., Wien 48°13° N.B. 14°3‘ O.L., Dresden 51°3° N.B. 11924 0. L., Prag 50°5‘N.B. 12°5°O.L. und Köln 50°56’N.B. 4°10' O.L. 1) Barometrischer Druck: von Breslau 331,“9 mittlere Barometerhöhe in Pariser Linien nach 62 jähriger Beobachtung, „ Berlin 335,7 4 wer, 5 „ Kasem: ba „»„ Wien 330,2 » „ „ „ „ „ 12 „ „ ” Dresden 333,1 „ ”„ „ ” ” „ 10 Eu, ” „ Praop aa u „ Köln 335,0 „ „ „ ER) n 76 „ ” je F b „ „ 2) ” „ 1%) 2] a. *) Dieselben verdanke ich un gütigen Auskunft des Herrn Professor Dr. Galle, Direktor der Breslauer Sternwarte. Dezember “ Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Winter Frühling Sommer Herbst Jahr Differenz 2) Die Breslau. — 0°,78 — 27,88 — 0°,93 + 1°,32 + 6°,07 +10°,43 +13° 02 +14°,33 "+14°,09 —+10° 90 + 6°91 + 29,43 — 17,53 + 5°,76 +13° 81 + 6°,75 + 6°24 17°21 Die Differenz bezeichnete 239 mittlere Temperatur nach Graden Reaumur: Berlin. + 09,24 — 0,86 + 0°,80 + 2°,69 + 7°.05 +10°,59 -+-13°,78 +15°,04 +14°,57 +11°,67 + 7°,14 + 3°,09 + 0°,06 + 6°,73 -+14°,46 + 7°,30 + 7°,15 15°,90 Wien. — 0°,17 — 3°,26 + 19,44 + 2°,51 + 7°,57 +12°,05 +14° 47 —+-15°,37 +15°,09 +11° 31 + 7°,68 + 3°,22 — 0°,66 + 79,38 +14°,98 + 7940 +. 70,27 18° 63 Dresden. + 0°,75 =. 1032 + 0°,58 + 9°,52 + 7°,82 +11°,70 14° 74 —+-15°,77 +14°,82 +11°,76 + 8°,02 + 3°,04 0°,00 + 7°,68 +15°,11 + 7°,61 -+- 7°,60 17°,09 Prag. + 0°,48 — 1°,57 eig + 2°,92 + 79,59 +12°,07 +14°,69 -+16°,00 —+15° 95 +12°,54 —+ 8°,.04 + :8°,32 — 00,37 + 7°51 +15° 54 + 7°,97 + 7,66 1357 Köln. + 2°,87 + 0°,30 + 3°,70 + 3°,65 + 7°,39 +10°,79 +13°,74 +15°,05 —+13°,94 +-11°,39 + 8°11 + 4,82 + 2,29 + 7°,28 +14°,24 + 8°11 + 7,98 14923 Zeile enthält die Unterschiede des kältesten und des wärmsten Monats. 3) Die atmosphärischen Niederschläge in pariser Linien: Breslau. Berlin. Wien. Dresden. Prag. Köln. Dezember 10,0 16,6 13,0 188 9,5 183 Januar 23 1572. 15,73 16,78 ...907 4908 Februar Be rn UL 2,07. Du ve März 8,.”3 .16,”2 13,0, 16,6 : 9,6: 19,0 April 11/01, 21,4, ,24.41. . 14,08... 12, 03.,.3206 Mai 1A,A „2926 .14,8..19,”8 ‚19,2: : 28,9 Juni 22,.46,,.,39,”021,#9:,.31,“1: 25,48 , 29%6 Juli 20,94, 21,20.» 20,5:36,2: 22,78 28,7 August... 16,”2 21,9 22,8 24,8 19,8 33,1 September 14,6 17,”5 11,4 22,”6 14,”7 24,7 Oktober 4 719,0. 21,7 117,07 12,3: Swan 24,07 November 10,0 22,3 10,7 16,7 10,”9 19,”0 Winter 21,”5 56,3. 36,4 43,w3 24,” 61,3 Frühling 33,”8 63,3 42,”0 51,3 4l,”2 80,4 Sommer. 593 81,8 65,”1 92,”1 68,4 91,4 Herbst 39,2 61,4 39,8 51,6 34,0 68,4 Jahr 152,8 262,9 183,4 238,2 168,0 301,5 31 > 240 Daraus folgt, dass die Menge des meteorischen Niederschlages in Breslau bei weitem geringer ist, als in den andern genannten Städten. Dies ist auch leicht erklärlich, denn je weiter man sich gegen Osten hin von der Meeresküste entfernt, desto weniger sind die vom Meere kommenden Luftströme mit Feuchtigkeit geschwängert, desto geringer ist die Menge des Regens, welchen sie spendet; und zieht man von der feuchten Küste Irlands über England, die Niederlande eine Linie durch Deutschland nach Polen hin, so wird innerhalb dieser Linie fast ohne Ausnahme jeder östlicher gelegene Punkt auch weniger Regen und eine weniger elastische Dampfatmosphäre besitzen. Hinsichts der Temperatur nimmt Breslau allerdings die unterste Stufe ein. Die mittlere Jahrestem- peratur ist hier nicht nur niedriger, als in. den südlicher gelegenen Städten Wien und Prag, sondern auch als in Dresden und Köln, die fast in gleicher Breite liegen, und sogar um 0°% geringer, als in dem 1°23° nördlicher gelegenen Berlin.- Es ist dies die Folge derselben östlichen, von allen Meeren ent- fernten Lage Breslaus, von welcher auch die geringere Regenmenge herrührt und wodurch jeder mehr im Innern des Festlandes befindliche Ort kälter wird, als ein im gleichen Grade der Breite und gleicher Meereshöhe, aber dem Meere näher gelegene Punkt. Es scheint jedoch im Allgemeinen bei der Beurtheilung des Verhältnisses zwischen Klima und Sterblichkeit eines Ortes weniger der Umstaud in Betracht zu kommen, dass die mittlere Temperatur des ganzen Jahres um einige Grade grösser oder geringer sei, als vielmehr die Art und Weise, wie die Temperatur der Jahreszeiten, der einzelnen Monate, der einzelnen Tage desselben Monats und selbst der einzelnen Stunden desselben Tages sich zu einander verhält; je bedeutender die Differenz in der Tem- peratur der Jahreszeiten, Monate, Tage und selbst der Stunden, je rascher der Wechsel, je plötzlicher der Uebergang, je extremer mit einem Worte das Klima, desto ungünstiger scheinen sich die Gesund- heitsverhältnisse zu gestalten, während ein mehr gleichmässiges, in minder bedeutenden Variationen sich bewegendes Klima unter gleichen Umständen im Allgemeinen eine längere Lebensdauer begünstigt. Vergleicht man von diesem Gesichtspunkte die mittlere Temperatur des kältesten und des wärmsten Monats, so stellt sich folgende Reihe heraus: am geringsten ist der Unterschied in Köln 14°,7, in Berlin 15°,90, dann folgt Dresden 17°,9, ferner Breslau 17°,21, Prag 17°,57 und endlich Wien 18°,63. Die Differenz zwischen der Temperatur der verschiedenen Jahreszeiten und Monate zeigt, wie die Tabellen ergeben, im Allgemeinen ein ähnliches Verhältniss, wie die hier angeführte zwischen dem wärmsten und kältesten Monate. Dass aber auch das Sterblichkeitsverhältniss dieser Städte fast in derselben Reihe steigt, haben wir früher nachgewiesen. Diese Thatsaehen scheinen daher eine neue Bestätigung für den Satz zu bieten, dass, je extremer das Klima, desto grösser auch im Allgemeinen die Sterblichkeit eines Ortes sei. | Tabellen über die Variationen des barometrischen Drucker konnten dieser Untersuchung füglich fehlen. Diese bewegen sich in Breslau genau in denselben Grenzen, wie an anderen Orten und üben auf das Verhältniss der Mortalität, so viel wir wissen, gar keinen Einfluss. _ Was die Luftelekirizität betrifft, in der man meist die Hauptursache für die gewichtigsten” hygieni- schen und physiologischen Phänomene sah, so ist ihre Bedeutung in dieser Rücksicht um so 'mehr ge- fallen, je genauer man ihr Wesen kennen gelernt. Die Wissenschaft ist heut zu Tage noch nicht im Stande einen Einfluss der Luftelektrizität auf die Lebensverhältniesse der Thiere und Menschen nach- zuweisen. Gewöhnlich wird unter den hierher gehörigen Faktoren auch noch der Wind als derjenige bezeich- net, der vorzugsweise auf den Gesundheitszustand einer Stadt einen günstigen oder ungünstigen Einfluss ausübt. Die Hauptwirkung der Winde in dieser Beziehung beruht wohl darauf, dass dieselben gewisser- maassen eine Ventilation ausüben, dass sie die Luft beständig erneuern, schädliche Ausdünstungen ent- 241 fernen, überhaupt eine Stagnation nicht gestatten. Erscheint nun gleich unsere Stadt in einer Ebene, wo meilenweit sich weder grosse Wälder noch Hügel befinden, für das freie Spiel der Luftströmungen günstig gelegen, so muss doch auch zugegeben werden, dass in den krummen, von hohen Häusern ein- geschlossenen Strassen sich selbst die luftreinigende Wirkung der Winde verhältnissmässig weniger gel- tend machen kann. Die Intensität und Häufigkeit der Winde ist in Breslau derjenigen anderer Städte ziemlich adäquat, die Richtung derselben kann nur auf die Temperatur und Feuchtigkeit, — bereits in Betracht gezogene Momente, influiren. So viel ist als Ergebniss dieses Theils der Untersuchung anzusehen, dass der Antheil, welchen das Klima von Breslau an dem Mortalitätsverhältnisse hat, ohne Zweifel ein bedeutender ist, dass sich der- selbe jedoch gegenwärtig theils gar nicht, theils nicht mit genügender Schärfe und Genauigkeit abschätzen lässt. Grösseren Anhalt für die Erklärung des schlechten Gesundheitszustandes liefert eine Untersuchung der Territorial-Verhältnisse unserer Stadt. Breslau liegt an beiden Ufern der Oder und Ohlau, welche letztere innerhalb der Stadt auf dem linken Oderufer ihre Mündung hat. Der Boden der inneren (alten) Stadt besteht aus einer 17’— 18° mächtigen Schicht von völlig schwarzem sogenanntem Humus, welcher an manchen Punkten fast torf- ähnlich (mit einzelnen Adern von kohlensaurem, ja selbst phosphorsaurem oder Rasensteindurchzuge), also vorzugsweise geeignet ist, beständig Feuchtigkeit zu erhalten. Unter diesem schwarzen Boden be- findet sich eine 40’— 50° mächtige Sandschicht, auf welche Leite folgt. In der Schweidnitzer Vorstadt erscheint Leite schon an-der Oberfläche und die Humusschicht tritt mehr zurück; am rechten Oderufer herrscht der Sand vor. Dass ein derartiger Boden selten trocken wird, erklärt sich leicht aus seiner im Allgemeinen stark hygroskopischen Beschaffenheit. Hiezu kommt, dass Oder und Ohlau, welche beide in mehreren Armen um und durch die Stadt gehen, fast in jedem Jahre einmal, wohl auch zweimal in weiterem oder geringerem Umfange aus ihren Ufern treten. Daher rührt denn auch der fast beständige Koth in Breslau, der durch die Fugen des schlechten Pflasters hervorquill® und den Ruf Breslau’s als einer schmutzigen Stadt recht augenfällig begründet hat. - Es sind ferner aus den Zeiten, wo Breslau eine Festung war, noch künstlich angelegte Kanäle und «Gräben vorhanden, wie namentlich der Stadtgraben, der, troiz seiner Verbindung mit der Ohlau und Oder, doch nicht ein fliessendes Wasser ist, vielmehr, wie im Sommer oft der Augenschein lehrt, zer- störte organische Thier- und Pflanzenstoffe*) in Menge ansammelt, durch welche sein Wasser schmutzig wird und übelriechende Ausdünstungen veranlasst. Diese würden auch weit mehr schaden, als es schon der Fall ist, gliche nicht die sehr reiche Vegetation der schönen, an den Ufern des Stadtgrabens sich hinziehenden Promenaden durch ihre wohlthätige Exhalation diesen Nachtheil so ziemlich aus. Bei weitem ungünstiger gestaltet sich dieses Verhältniss bei dem‘durch die Stadt gehenden Arme der Ohlau (der sogenannten weissen Ohle), welche bei hohem Wasserstande die nahe liegenden Lokalitäten überschwemmt, in regenarmen Sommern dagegen fast gänzlich austrocknet und durch Verwesung der in sie hineinge- leiteten Unreinigkeiten die übelsten und gewiss ungesunden Ausdünstungen verbreitet. Die übrigen Grä- ben sind allerdings zugeschüttet worden, aber auf diesen Sümpfen, die nun allmälig bei Vermehrung der ") Vergl. in No. 137 der Schlesischen Zeitung pro 1851 Goeppesrt’s Artikel. Unter Mitwirkung desselben bekannten Naturforschers erschien bereits im Jahre 1832 die Schrift ‚die asiatische Cholera in Breslau während der Monate Oktober, November und Dezember 1831“, worin sich über die lokalen Uebelstände Breslau’s und ihrer Beziehungen zur Epidemie werthvolle Mittheilungen finden. In Bezug auf die ende- mischen Verhältnisse hat J. Bruck in seiner Schrift: „die Ursachen der Zahnverderbniss mit Berücksichtigung der endemischen Einflüsse Breslaus 1852“ gleichfalls einen schätzenswerthen Beitrag geliefert. 3l* 242 Einwohnerzahl in den Rayon der Stadt gezogen wurden, erheben sich bequeme neue Gebäude. Diese bieten freilich nicht überall trockene Wohnungen, und es fehlt in ihrer Nähe an gutem Trinkwasser fast ganz, ein Umstand, dem Manche das heftige Auftreten der letzten Choleraepidemie gerade in diesen Stadt- theilen zuschrieben. Ganz gewiss ‘äussert auch die Bodenbeschaffenheit einen Einfluss auf das zum Trinken und zur Bereitung von Speisen verwendete Wasser. Zu letzterem wird wegen unpassender Qualität und Unzu- länglichkeit des ersteren hier sogenanntes Röhrwasser, der Oder entnommen, benutzt. Dieses meist gelbe Oderwasser ist mit theils aufgelösten organischen, vorzugsweise aber anorganischen Stoffen überladen. Unter den aufgeschlemmten anorganischen Substanzen findet sich viel Eisen und Thonerde, daher ist dieses Wasser zur Bereitung von Speisen und Getränken nicht gut geeignet, indem es nothwendiger Weise zur Entstehung von Anomalien der Digestion, von Dyskrasien etc. wesentlich beitragen muss. Lässt man das Röhrwasser eine Zeit lang stehen, so setzt sich aus ihm jederzeit ein mehr oder minder bedeutender bräunlicher, schlammartiger Niederschlag ab; bei Hochwässer, das alljährlich mehrmals eintritt, vermehrt sich derselbe zu reichlicher Quantität, und das Wasser selbst erscheint alsdann trübe, wenig durchsichtig; die Oder nimmt zu Zeiten selbst eine intensiv rostrothe Färbung an; man führt dieselbe bis auf die ,‚Steine‘‘ zurück, welche das rothe Sandsteingebiet der Grafschaft Glatz durchströmt, bei Ueberschwemmungen Eisenoxydpartikeln in unendlicher Menge mit sich fortreisst und durch die Glatzer „Neisse‘“‘ der Oder zuführt. Das Eisen lässt sich dann leicht in den Niederschlägen unseres Röhrwas- sers erkennen. Indessen kommt doch das Oderwasser nicht unmittelbar, sondern nach mancherlei Vorbereitung (Kochen) zum Genusse und dadurch mildert sich auch seine etwaige der Gesundheit nachtheilige Wir- kung. Anders bei dem zum Trinken bestimmten (Quell- oder Brunnen-) Wasser, dessen Genuss in Menge ein unentbehrlicher ist. Und an gutem Trinkwasser in reichlicher Menge fehlt es leider in Breslau. In den alten Gebäuden im Innern der Stadt und namentlich auch in den vielen ehe- mals kirchlichen finden sich zwar sehr gute Brunnen vor, dagegen leiden die andern Staditheile, insbe- sondere der schönste, die Schweidnitzer Vorstadt, wie bereits erwähnt, grossen Mangel daran. Ueber die Beschaffenheit des Breslauer Trinkwassers sind erst neuerlich die vielfältigsten Untersuchungen ange- stellt worden. Zunächst hat das heftige Auftreten der letzten Choleraepidemie ganz besonders in einzelnen Gebäuden das Polizeipräsidium darauf hingewiesen, jene Untersuchungen *) zu veranlassen. Es hat sich hierbei ergeben, dass viele der hiesigen Trinkbrunnen- Pilze und Infusorien in grosser Menge enthalten, und dass, wenn sie auch nicht zur Entstehung der Cholera beitragen — denn dieselben Erscheinungen werden in allen Jahreszeiten wahrgenommen, auch wenn die Cholera sich nicht zeigt — sie doch schlechtes unreines Trinkwasser enthalten, welches der Gesundheit gewiss nicht sehr zuträglich sein kann. u Der Gegenstand ist in sanitäts-polizeilicher Hinsicht von der allergrössten Wichtigkeit und verdient ganz gewiss die Aufmerksamkeit, welche die Behörden erst in letzter Zeit darauf gelenkt haben. Da *) Der Secretair der naturhistorischen Section der $. G. f. v. K. Dr. Ferdinand Cohn hat sich einem Theile dieser Arbeit mit wissenschaftlicher Gründlichkeit und grosser Einsicht unterzogen. Die Resultate hat derselbe in - der Sitzung der Gesellschaft am 10. März mitgetheilt. Cf. Jahresbericht der Schles. Ges. f, v. K. vom Jahr1853 S. 73 und Dr. Günsburg’s Zeitschrift für klinische Medizin 1853. Bd.IV. H.3. S.229. Es wäre zu wünschen, dass diese Brunnenuntersuchungen systematisch durchgeführt und: dass gleichzeitig mit jenen mikroskopischen überall auch chemische Untersuchungen der hiesigen Brunnen veranlasst würden. u 243 der Reichthum gewisser Trinkbrunnen an Infusorien und Pilzen eine Verunreinigung des Wassers mit organischer Substanz bekundet, so lässt sich annehmen, dass dieser Uebelstand durch sorgfältigere Rein- haltung der Brunnen, zweckmässigere Anlage der Gossen und Abzugsgräben, der Abtritte und Dünger- stätten, die gegenwärtig sich oft in unmittelbarer Nähe der Brunnen befinden und eine Vermischung ihres flüssigen Inhalts mit dem Wasser gestatten, sich grossentheils werde beseitigen lassen. Ueber den Gehalt unsers Brunnenwassers an anorganischen Bestandtheilen (Kohlensäure, Kalk, Talg, Eisen und anderen Salzen), von denen vorzugsweise die Zuträglichkeit des Wassers als Getränk abhängt, fehlen noch alle vergleichende qualitativen und quantitativen Analysen. Nur so viel hat sich herausgestellt, dass, während ein Theil der Brunnen Wasser von jenem Härtegrade liefert, der allgemein ‘als wohlschmeckend und gesund gilt, ein anderer sich durch einen besonders grossen Kohlensäure- und Kalkgehalt auszeichnet. Das Wasser aus solchen Brunnen bedeckt sich in offenen Gefässen in kurzer Zeit mit einem weissen, aus Kalkkrystallen bestehenden Häutchen und in Trinkgläsern lässt es beim Ver- dunsten einen rauhen Rand zurück, als wäre das Glass angegriffen. Solches Wasser ist zu hart, um zum Kochen oder Waschen brauchbar zu sein. Einzelne dieser Brunnen zeichnen sich auch noch durch grossen Eisengehalt aus, der sich nach einiger Zeit in bräunlichen Flecken und irisirenden Häutchen ausscheidet. Brunnen, die reich an Kohlensäure, Kalk und Eisen sind, können gewissermassen als schwache Mineralwässer betrachtet werden, und es haben in der That einige von ihnen, z.B. der im Reiche’schen (Trinitatis-) Hospitale, in der Stadt einen nicht geringen Ruf als Gesundheitsbrunnen. Das Gebiet der sehr harten kalkreichen Brunnenwässer lässt sich noch nicht genau geographisch abgrenzen, doch zeichnet sich vorzugsweise die Schweidnitzer Vorstadt darin aus. Im Allgemeinen scheint das Trinkwasser an erdi- gen Bestandtheilen, Kalk- und Talkerdesalzen reichhaltiger, als z.B. das Brunnenwasser in Berlin; daraus liesse sich erklären, dass in Berlin, wo bisher ein Wasserröhrensystem nicht existirte, das Quellwasser auch zum Kochen und Waschen verwendet wird, was bei uns nicht thunlich ist. Inwiefern diese letztere Eigenthümlichkeit auf den Gesundheitszustand einen Einfluss übt, wäre ebenfalls einer näheren Ermitte- lung werth, da Kalksalze auch ein wichtiges Nahrungsmittel, besonders für den kindlichen Organismus, abgeben: Soweit die natürlichen Momente, welche auf den Gesundheitszustand der Stadt einen Einfluss zu üben geeignet sind. Inwiefern sich nun aber diese Faktoren in Breslau in bestimmten Krankheitsformen äussern, ergeben die vorhandenen Mortalitätstabellen. Wir erfahren daraus, dass zwar hier Krankheiten häufig vorkommen, welche sich als Erzeugniss jener atmosphärischen und tellurischen Einwirkungen oder solcher erkennen lassen, welche mit den im Besondern noch zu erwähnenden Uebelständen in einem Zusammenhange stehen, — dass aber Krankheiten, insbesondere von ursächlichem Zusammenhange mit lokalen Umständen nicht prävalirend auftreten, wie beispielsweise Wien ununterbrochen vom Typhus heim- gesucht ist und den fünften Theil seiner Todten als an Lungenschwindsucht gestorben aufführt. Das Breslauer Resultat ist nach den Erfahrungen der meist beschäftigten Aerzte, den Berichten der Armen- Aerzte, der Hospitäler und für die Gesammtbevölkerung aus den Todtenlisten (Cf. Tab. VII, VII und IX) gewonnen. Die meisten Menschen starben, um dies hier speziell nachzuweisen, in Breslau von Er- wachsenen an Lungenschwindsucht*), an Lungenentzündung, Dysenterie, organischen Leiden der Luftröhre, des Herzens, Magens, Careinomen, Eryspelaceen, —- die Kinder an Krämpfen, Entzündungen der Respi- rationsorgane (angina) und acuten epidemischen Krankheiten. Der Typhus ist im Ganzen nicht häufig, *) Unter den Todten waren an Lungenschwindsucht gestorben : in Breslau der achte, dagegen in Paris der zehnte, in München der neunte, in Berlin der siebente, in Rom der sechste, in Wien der fünfte. 244 ebenso Entzündungen, am häufigsten aber Wechselfieber, die sich auch ohne Ueberschwemmungen oft bis zu grossen Epidemien, besonders am rechten Oderufer, gestalten. Der Zeit nach kommen zufolge ziemlich genauer Zusammenstellungen, aber abweichend von unseren Tabellen VII und VIII (veränderte Witterungsverhältnisse, die Cholera im Jahre 1851, und im Jahre 1852 Scharlach und Masern bedingten für diese zwei Jahre andere Ergebnisse), die meisten Erkrankungen in den ersten Jahresmonaten vor: namentlich ist es der April, der hier in der Regel die meisten Kranken bietet; mit der wärmeren Jahreszeit lassen die Erkrankungen nach, und in der Regel ist der Oktober, nach der Zahl der im Monat Erkrankten (in Hospitälern wie in der Para und Gestorbenen beur- theilt, der gesundeste Monat für die Breslauer. : Nach den Altersklassen den grössten und zwar einen grösseren Antheil an der Mortalität, als ander- wärts, haben in Breslau die Kinder. Es starben in den Jahren 1851 und 1852 (Cf. Tab. VII und VII) mehr als 25 Prozent der Gesammitodtenzahl im Alter von nicht Einem Jahr und 13 bis 14 Prozent bis zum 6. Jahre. In beiden Positionen bietet z. B.- Berlin 3 Prozent weniger Sterbefälle unter den Kindern, als sie dort nach der Gesammtmortalität betragen müssten. Dieses offenbar doppelt ungünstige Verhält- niss, das ınit mancherlei weiter noch zu erwähnenden Ursachen zusammenhängt, lässt andererseits unsere Gesammtmortalität etwas besser erscheinen. Denn Ja hier, wie nachgewiesen, verhältnissmässig mehr Kinder als in Berlin geboren werden und von diesen wiederum viele im ersten Jahre sterben*), so sind durch diesen Umstand die hiesigen Lebensverhältnisse etwas günstiger. , Hierin mag vielleicht auch das Geheimniss liegen, warum die Mortalität Frankreichs so hervorstechend günstig ist, da dort im Vergleich zu andern Ländern ausserordentlich wenige Geburten vorkommen und daher der für die Mortalität am ungünstigsten wirkende Faktor — die Kindermenge — unbedeutender ist. Obwohl nicht zu verkennen ist, dass für die grössere Sterblichkeit in Breslau theils seine klimati- schen, theils seine Territorialverhältnisse als Faktoren aufgezählt werden müssen, so glauben wir doch, dass die Hauptursachen derselben in solchen Uebelständen zu finden seien, zu deren Abstellung es glück- licher Weise Mittel giebt, ja Mittel, die sogar den schädlichen Effekt jener verderblichen Einflüsse zu paralysiren geeignet sind. Der Darlegung dieser Uebelstände widmen wir daher auch eine um so grös- sere Achtsamkeit. Die Behörden werden die Fürsorge für die. städtische Sanität gewiss als eine hohe Pflicht achten und hierin einen Anhalt für humanistische Bestrebungen in dieser Richtung finden. Unter den lokalen Einrichtungen nun, welche für den Gesundheitsstand bemerkenswerth sind, ist die Bauart der Stadt von nicht geringer Wichtigkeit. Breglau deckt ein unverhältnissmässig kleines Terri- torium (d. h. die eigentliche innere Stadt, die auf 691 Morgen Raum die Hälfte seiner Einwohner birgt. Ein ähnliches Verhältniss findet sich auch in Wien). Dies’ rührt zum Theil daher, dass Breslau bis 1807 eine Festung war und deshalb, um innerhalb des Rayon zu bleiben, die wachsende Bevölkerung in klei- nere Wohnungen und diese dichter zusammendrängte. Theilweise daher stammt auch die schlechte Bauart vieler alten Häuser. Es wurden nämlich Stockwerke eingeschachtelt, und die der Gesundheit der Be- wohner so vortheilhafien Hofräume fehlten fast ganz oder sind durch den Anbau von Hinterhäusern auf ein Minimum beschränkt, die grossentheils leider so schlechte Wohnungen gewähren, dass nur selten die *) Hieraus ergiebt sich von selbst die Nothwendigkeit, für die Kinderhospitalpflege, für welche der trefflichen hiesigen allgemeinen Krankenhauspflege gegenüber, nur ein sehr geringer Anfang gemacht worden ist, mehr zu thun, namentlich aber auf privatem Wege für das Zustandekommen von Säuglingsbewahranstalten (Cr&ches) zu wirken. Es sind diese letzteren in unserem Nachbarlande, wie Dr. Helm’s Krippenkalender von 1853 und 1854 darthun, ein unabweisliches Bedürfniss aller grossen Städte Oesterreichs geworden und bestehen dort wie in England, Frankreich etc, etc. mit dem besten Erfolge. 245 Sonne, ja in vielen selbst das Tageslicht sich kaum ungehinderten Zugang zu verschaffen weiss. Wenn man nun noch überdies erwägt, dass die üblen Ausscheidungen, die durch dieses gedrängte Beisammen- sein vieler Menschen erzeugt werden, durch die in den meisten Häusern -sehr schlecht und den Regeln der Gesundheitspolizei zuwider angelegten Kloaken nur sehr unzureichende Ableitung finden, so darf man sich nicht wundern, dass diese Wohnungen wahre Pflanzstätten contagiöser Krankheiten sind. — Und doch sind die Wohnungen in Breslau sehr theuer. Das jährliche Miethserträgniss der Stadt beläuft sich nach der letzten Bruttoveranschlagung auf die enorme Summe von 1,791,855 Thlr., so dass die Repar- tition auf den Einwohner 16 Thlr. 5 Sgr. beträgt, während sie sich in Berlin nur auf 14 Thir. 25 Sgr., noch niedriger in Königsberg, nämlich 13 Thlr. 7 Sgr., und höher unter den grösseren preussischen Städten .nur in Stettin, auf 18 Thlr. pro Kopf stellt. Für die Dichtigkeit je nach den einzelnen Häusern ist eine Uebersicht aus dem Jahre 1838 (eine spätere existirt nicht) vorhanden, nach welcher damals in 3009 Häusern Breslau’s und in den Kasernen 95,875 Personen und zwar in 191 zu 2—3, in 313 Häusern zu 5— 10, in 719 Häusern zu 10—20, in 619 zu 20—30, in A401 Häusern zu 30—40, in 276 Häusern zu 40—50, in 158 Häusern zu 50-60, in 54 Häusern zu 60—70, in 106 Häusern zu 70— 80, in 45 Häusern zu 80—90, in 21 Häusern zu 9O—100, in 82 Häusern zu 100-150, in 7 Häusern zu 150— 200, in 7 Häusern über 200 bis 300 Personen wohnten *). i Folgen wir indess unserer authentischen Zusammenstellung, nach welcher Breslau in den Zählungs- Jahren Verhäliniss zur Einwohnerzahl oder in Prozenten. 1832 bei 82,894 Einwohnern 3,895 Häuser, 1:42,38 47 1835 ,, 86,052 % 3,902 ,„ 1 : 22,0 4,5 1838 ,„ 88,869 3912. , ke. 227 4,4 1841 ,„ 92,305 j 3936 , 1: 234 4,2 1843 ,„ 97,939 ” 4035 , 1 : 24.4 4,1 ‚1846 „, 106,687 hi 4,850. „ 1 : 224 45 1849 ‚ 104,232 + 4,900 „, 1: 212 4,7 1852 ,, 116,255 A 4906 ,, 1 : 23,6 4,2 hatte, so ergiebt sich, dass in dieser Beziehung im Ganzen keine so umfassenden und bedeutenden Aen- derungen eingetrelen sind, als man hätte erwarten sollen. Und auch hierin ist Breslau hinter Berlin zurückgeblieben. Die meisten Bauten sind hier vor dem Schweidnitzer Thore ausgeführt worden, wo in der That grossartige Gebäude erstanden. In der Periode von 1843 bis 1846 sind zwar allein gegen 1000 neue Häuser gebaut worden, während die Bevölkerung in den 10 Jahren bis 1848 (seit 1848 sind auf bis dahin unbebauten Plätzen nur wenige neue Häuser aufgeführt worden) nur um ungefähr 17,000 Seelen zugenommen hat. Indessen ist diese Vermehrung der Wohnungen am wenigsten den unteren Schichten der Bevölkerung zu Gute gekommen, am wenigsten haben sie billige Wohnungen erlangt. Sie wohnen, nach wie vor, zusammengedrängt und theuer, und auch die Wohlhabenden um so theuerer, als die neuen Häuser in diesem Zeitraume wohl an Umfang durchschnittlich gewachsen sind, gleichzaitig aber auch mit dem Raume innerhalb derselben sparsamer umgegangen wird. Von welcher *) Rutenberg deutsches Städtewesen in Otto Hübner’s Jahrbuch für Volkswirthschaft und Statistik 1853 Bd. II. S. 925. Wir wissen nicht, auf welche Weise Rutenberg zu dieser Notiz gelangt ist. Sie erscheint uns jedoch darum nicht ganz genau, weil nach unserer Kenntniss Breslau im Jahre 1838 notorisch 3912 Häuser hatte und doch unmöglich von ihnen 903 (als öffentliche) unbewohnt sein konnten. Uebrigens summirt er oben nur 2991 Häuser statt 3009. 246 Bedeutung für den Gesundheitsstand*) einer grossstädtischen Bevölkerung di® Beschaffenheit**) ihrer Wohnungen ist, liegt auf der Hand, und insofern von dem Miethpreise abhängig ist, dass sich der Ein- zelne eine bessere und geräumigere Wohnung wählt, ist dieses ein auch in sanitätischer Hinsicht in Be- tracht kommendes Moment. In Breslau ist namentlich der Mangel an guten kleinen Wohnungen ausser- ordentlich fühlbar, und eine ‚gemeinnützige Baugesellschaft,‘“ wie die Berliner, welche dort der Arbeiter- bevölkerung gute und billige Wohnungen schafft, fände in Breslau ein gutes Feld segensreicher Thätig- keit. Die Wohnungen der Arbeiter — um dies wenigstens zu berühren — und Armen werden durch die Zersetzung der pflanzlichen und thierischen organischen Stoffe, wohin auch das zu zahlreiche Zu- sammenleben gesunder, noch mehr aber kranker Menschen zu rechnen ist, leicht‘ der Ursprung und Heerd fast aller nicht individuell entstandener und bedingter Krankheiten. Daher sehen wir auch in Breslau oft Krankheiten auf ein Stadtviertel, auf eine Strasse, ja selbst auf ein Haus beschränkt, wenn seine Bewohner den Ausdünstungen schädlicher Gase, wie sie von Gräben, kleinen Sümpfen, Gruben, Rinn- steinen u. s. w. aufsteigen, ausgeselzt waren. Die Sorgfallt muss deshalb ‚darauf gerichtet sein, soweit als möglich in Zersetzung begriffene Stoffe aus der Nähe der Wohnungen von der Erdoberfläche zu ent- fernen. Zu diesem Zweck sollten innerhalb der Stadt alle Strassen***), insbesondere aber die nächst den Gräben gelegenen, gepflastert sein, damit in ihnen meteorische Wasser nicht stagniren. Die Pfla- sterung müsste sich auch auf alle, mindestens auf die bewohnten Hofräume erstrecken, damit von dort die Entwickelung schädlicher Ausdünstungen verbannt würde, welche sehr oft die Keime böser Krank- heiten werden. Kellerwohnungen wären nach Möglichkeit zu vermindern, die feuchten zumal; ferner bei der Anlage kleiner Wohnungen auf das Eindringen von Licht zu sehen, gute Schornsteine zu konstruiren, damit auch durch sie reine Luft erhalten werde. Der Berliner Verein ist hierin ganz ein Muster wünschens- werther Nachahmung, — möchte er sie hier finden! Die Erfahrung hat gelehrt, dass in Breslau die nächst den Wässern Oder und Ohlau gelegenen Stadttheile die verhältnissmässig ungesunderen sind, so also insbesondere die Häuser längs der Ohlau in der inneren Stadt, am rechten Oderufer, im Bürgerwerder, in einem Theile der Oder- und Sandvorstadt und in Neuscheitnig. Bei den letzteren wirkt namentlich da, wo sie wegen ihrer schlechten, oft Dorf- hütten gleichenden Bauart nur von den ärmeren Klassen der Bevölkerung bewohnt werden, in gesund- heitlicher Beziehung besonders die niedrige Lage zwischen den beiden Oderarmen, die häufig austreten *) Wir ceitiren hier, was die Commission, welche die Preisaufgabe für diese Wohnungsfrage in Brüssel gestellt, bei der Beurtheilung der Chavelschen Schrift (Societe des sciences med. et naturelles de Bruxelles 1853) tref- fend ausgesprochen hat: „Il fallait signaler avec energie les vices de construction de la plupart des habitations des classes inferieures; il fallait representer dans toute leur verite c’est ä dire avec des sombres couleurs et des fruits frappants, leur influence fächeuse, meurtriere, destructive, sur tout cette partie de la population afın d’empres- sioner profondement les administrations, qui ont la mission de veiller ä la sante des tous et le devoir ä remedier ä cette immense calamite.‘ ") Die Londoner Lodging-houses für die niedere Volksklasse waren bekanntlich in früherer Zeit Brutstätien des Typhus; seitdem ein Gesetz (Lodging-houses-act) das innere Verhalten dieser Asyle des Elends und der bittersten Armuth regelt und seitdem die Polizei die Durchführung dieses Gesetzes mit Strenge überwacht, gehört die Erzeu- gung des Typhus dort zu den Seltenheiten. Oft wurden aus einem solchen Hause in wenigen Wochen 20 Typhus- kranke nach dem Hospitale gesendet, jetzt kam (nach Smith) im Vierteljahre vom Juli bis Oktober 1853 unter 1308 aus Lodging-houses registrirten Kranken kein einziger Typhusfall vor. “*) Stadt-Graben, Wall-, Magazin-, Vorwerksstrasse etc. sind schon völlig ausgebaute, aber noch nicht gepfla- sterte Strassen der Stadt. und nicht selten sogar die Strassen überschwemmen*). Es füllen sich dann nicht blos die Keller, sondern auch die Parterre- Wohnungen mit Wasser, und tritt der Fluss auch bald in seine Grenze zurück, so bleiben doch die unteren Theile der Häuser feucht und die Keller mit Wasser gefüllt, ja bei starkem Regenwetter und hohem Oderstande dringt sogar in die meisten Keller der Stadt Grundwasser. Gün- stiger gelegen sind in der inneren Stadt die Wohnungen am Haupt-Markte (grosser Ring genannt), Blücherplatze und in den benachbarten Gebäuden, da hier die freien Plätze frischer Luft ungehinderten Zutritt lassen, zugleich das Pflaster sich am höchsten (bis 23° über das mittlere Niveau der Oder) erhebt. Am gesündesten ist zweifelsohne die Schweidnitzer Vorstadt mit ihren Verlängerungen nach rechts und links gegen den Oberschlesischen und Freiburger Bahnhof hin. Dieser Stadttheil liegt höher, freier, und am entferntesten von der Oder aus. Instinktmässig nimmt darum auch die Erweiterung Bres- lau’s vornehmlich hierher ihre Richtung. Allmälig dürfte sich die Stadt bis Kleinburg, dem schön gele- genen und beliebten Spazierorte der Breslauer, ausdehnen. Schade dass diese Vorstadt so sehr an Wasser und gerade auch an Flusswasser Mangel leidet. Ueberhaupt gebricht es dem Breslauer trotz seiner Oder und Ohlau an letzterem. Es wird zwar von der Oder her durch Röhren vermittelst eines grossen und zweier Aushilfs-Hebewerke Wasser durch die Stadt geleitet, aber diese reichen kaum noch aus, den innern städtischen Bedarf zu befriedigen. Soll die Stadt sich von dem ihr oft gemachten Vorwurfe der Unreinlichkeit frei machen, so wird zunächst für eine grössere Menge fliessenden Wassers gesorgt werden müssen. Zu dem Ende wäre oberhalb der Oder gegenüber der Ziegelbastion ein dem Hamburger nachgeahmtes grosses Wasserwerk zu errichten, um fliessendes Wasser in Menge für den Stadtgraben, Ohlau und die offen daliegenden insalubren Gerinne zu gewinnen und auch die Anlage von Wasserleitungen in alle Stockwerke der bewohnten Häuser (wo- hin es filtrirt kommen müsste) zu ermöglichen. **) In dieser Beziehung ist in Breslau noch Alles zu thun übrig. Die Reinlichkeit in den Strassen ist hier noch viel zu wenig Gegenstand gewissenhafter Beach- tung. Für sie wäre vor Allem eine Maassregel mit Erfolg auszuführen: bessere Pflasterung. Würden unsere Strassen und Gerigne mit behauenen Steinen auf starker Sand- und Kiesunterlage gepflastert, so würde der fette Boden sich nicht durch die Fugen drängen können und die Strassen von Feuchtigkeit freier bleiben, da auch das Regenwasser eine leichtere Absickerung gewönne. Gleichwie die Wohnungen erheblich zum Gesundheitszustande der Stadtbevölkerung beitragen, thun dies noch in höherem Maasse die Lebensmittel im Verhältniss zu den Erwerbsmitteln und Lohn- sätzen. Die wohlhabende Klasse kann dabei nicht in Betracht kommen, und es handelt sich da- bei nur um die ärmeren, die arbeitenden Schichten der Bevölkerung. Ausser Branntwein, der leider noch sehr allgemein verbreitetes Getränk ist, liebt der Breslauer Arbeiter doch auch Bier, und die Consumtion des in der Stadt fabrizirten Bieres ist in der letzten Zeit gegen die Vorjahre ansehnlich gestiegen. Dass das Bier namentlich in den minder gehaltreichen Sorten noch immer einen hohen Preis behauptet, schadet natürlich seiner weiteren Verbreitung. Der geringere Alkoholgehalt macht es jedenfalls zu einem aus Gründen der Gesundheit dem Branntwein vorzuziehendes Getränk, das an sich als ein kräfligendes Nah- ") Nach den Beobachtungen des Professor Dr. Jungnitz kann man mit Sicherheit auf eine Oderüberschwem- mung rechnen, wenn es innerhalb drei Tagen an 200—300 Cubikzoll regnet (Schles. Provinz.-Bl. Juli 1819. S. 36.) "*) Nicht der Reinlichkeit und der Bequemlichkeit allein würde ein solches Wasserwerk dienen, es würde auch den üblen Geruch der Ohlau im Sommer mildern, und auch zum Schutz gegen Feuersgefahr benutzt werden können. Würde hierzu das Haus mit 5 bis 6 Thaler jährlichen Beitrages herangezogen, so wären die Kosten aus- reichend gedeckt. 32 248 rungsmittel der dessen unbedenklich bedürftigen Bevölkerung dient. Von Speisen verzehrt die ärmere Schicht überwiegend pflanzliche. Die Fleischeonsumtion *), welche im Jahre 1832 durchschnittlich pro Kopf 82 Pfund 3 Loth, ” ” 1835 ”„ ” „ 81 ” 7 ”„ ” ” 1838 2) ” „ 89 ” 10 ”„ ” ” 1840 „ ” ” 97 „ 3 ” ” LE) 1842 ” I ” 94 ” 26 ” ” „ 1846 ” ” ” 98 ” 25 ” ” „ 1849 „ ” ” 74 ” 18 ” „ „ 1853 ” ” „ 83 ” 25 ” betrug, ist eine verhältnissmässig nur geringe, wogegen der Consum von Mühlenfabrikaten betrug im Jahre 1832 durchschnittlich pro Kopfan Weizen 74Pfd. 11Lth., Roggen 235 Pfd.28Lth., zus. 310 Pfd. 7 Lth. ” ” 1835 ” ” „ ” ” 186 ” 26 ” ” 187 ” 16 „ ” 374 „ 10 „ ” „ 1858 ” ” ” „ „ 142 ” 12 „ „ 204 ” 22 ” ” 347 „ 12 b$) ” ” 1840 2) ” EB) ” „ 153 ” 17 ” b2) 221 „ 12 „ „ 374 ” 29 ” ” „ 1842 ” ” ” Eh) ” 148 „ 1 ” ” 240 ” 4 ” „ 388 ” 5 ” ” ” 1846 ” „ E ” ” 165 ” 15 „ ” 199 ” 2 ” ” 364 „ 17 „ &$) ” 1849 E22) „ „ ” „ 161 ” 29 ” ” 197 ” 27 ” „ 359 ” 24 ” ” ” 1853 ” ” „ ” ” 188 ” 12 ” „ 168 ”„ 9 ” „ 306 ”„ 21 ” Die Preise waren in jenen Jahren im Durchschnitt für Weizen. Roggen. Kartoffeln. 1832 1 Thlr. 14 Sgr. 1 Pf. 1 Thlr. 9 Sgr. 8 Pr. nicht notirt. TBB DE LI P-\ „0. OmU: desgl. 13H N en 1: „107° „ggf u a Bi pe 1840 2 ” tn 3 ” 1 b2) 10 ” 3 ” Dam) 8 Ve 99 1842 2 „ 3 „ 9 ” 1 ” 10 ” 10 ” = en 20 2 1846 2 „ 12 ” ) ” 2 „ 9 „ 3 ” 1 ” u BB De er Dry Ben, nicht notirt. 1955 2 zu Imgmasig Zi su er 24 Sgr. 7 Pf. Von allen Ortschaften**) Schlesiens war Breslau diejenige, wo der Kopf am meisten Körner ver- zehrte, während der Fleischverbrauch in vielen Städten der Provinz ein grösserer war. Die Fleisch- preise sind auch in Breslau so hoch gestiegen, dass die ärmere Bevölkerung nicht in der Lage ist, viel Fleisch consumiren. zu können. Während nämlich der Lohn eines Tagearbeiters, welcher bis 1840 6 bis 7, Sgr. täglich betrug, bis 1852 auf 7Y, Sgr. bis 10 Sgr. gestiegen ist, sind die Fleischpreise *) Die betreffenden Notizen wurden mir gütigst von der Königlichen Steuerbehörde mitgetheilt, und es ist dabei nur zu bemerken, dass die Resultate des Jahres 1852 darum nicht mit aufgenommen sind, weil der sehr bedeutende Fremden- verkehr, welcher durch die Industrie-Ausstellung hierher gezogen wurde, grössere Verbrauchsquanta herbeigeführt hat, als gewöhnlich. An Stelle derselben ‚sind daher die Ergebnisse von 1853 eingerückt. "*) Brieg ausgenommen, wo auf den Kopf ‘471 Pfund 29 Loth, im Jahr 1852, kamen. Die Anomalie dieser Stadt ist durch das Militair und die dort befindliche Irren-, Land-Armen- und Strafanstalten bedingt, welche am regelmäs- sigsten und reichsten mit Mühlehnfabrikaten versörgt werden. 249 für das Pfund Schweinefleisch von 2, auf 4Y, Sgr., und das Pfund Rind- und Kalbfleisch um 1 Sgr. in die Höhe gegangen, was unmöglich die Consumtion grösser machen konnte. Dass die Preise auf die Consumtion wirken, ist wohl ausser allem Zweifel: so ist z. B. der Verbrauch von Weizen und Roggen im Jahre 1842 um 32 Pfund pro Kopf grösser gewesen, als im Jahre 1853, da in jenem, wie oben ersichtlich, der Scheffel Weizen im Durchschnitt 2 Thaler 3 Sgr., der Roggen 1 Thaler 10 Sgr., in diesem Weizen 2 Thaler 18 Sgr., Roggen 2 Thaler 2 Sgr. kostete. Nächst Fleisch und Backwaaren bilden Kartoffeln das Hauptnahrungsmittel des Breslauers, und die Krankheit, von welcher diese Frucht in den letzten Jahren in Schlesien heimgesucht war, hat die Preise auch dieser Frucht gesteigert und diese auch an sich verschlechtert. Im Ganzen also ist hiernach die ärmere Bevölkerung Breslau’s mit den Nahrungsmitteln und deren Preisen nicht sonderlich gut gestelll. Dazu ist die körperliche Beschaffenheit der Breslauer von Natur nicht bevorzugt. Die phlegmatische Constitution und die ihr entsprechende Körperform ist im Allgemeinen hier vor- herrschend.. Wenn aus den Zeiten der Festung her Skropheln und Rhachitis eine hier häufige Krankheit, und auf difforme Gestalten von Einfluss waren, so ist das, was die Leiden der Knochen betrifft, jetzt mehr zurückgetreten, und nur für die wohlhabenderen Klassen macht sich das Bedürfniss einer orthopä- dischen Anstalt zum Theil als ein Resultat moderner Mädchenerziehung geltend. In psychischer Hinsicht ist der Breslauer von einer gewissen Gemächlichkeit, aber nicht ohne Bil- dungsfähigkeit; für die Schule hat er einen regen Sinn und der öffentliche Unterricht erfreut sich hier auch der allersorgfältigsten Pflege. Dem allein ist es zuzuschreiben, dass Breslau sich in so hohem Grade germanisirt hat, wie kaum eine andere Stadt an der Grenze slavischer Zunge. Der sittliche Zustand der Bewohner im Allgemeinen gleicht dem aller grossen Städte, wo die Misch- bevölkerung, ungleichartige Abstammung, Verschiedenheit des Religions - Bekenntnisses, Fremdenver- kehr u. v. m. influiren. Negative Momente zum Beweise des sittlichen Zustandes, wie uneheliche Ge- burten, Selbstmorde, Prostitution, wurden schon oben hervorgehoben. Es fehlt aber auch nicht, weder an Ehescheidungen aus unsittlichen Motiven, noch an Concubinaten, und die Verbrecherstatistik der Stadt ist Beweis genug, dass Breslau hierin anderen starkbevölkerten Städten nicht nachsteht. Dagegen zeichnen sich die Breslauer durch einen grossen Wohlthätigkeitssinn aus, dessen glänzendste Zeugnisse wir in den vielen öffentlichen und Privat-Wohlthätigkeitsanstalten der Stadt niedergelegt finden. Andererseits aber, so erwerbsthätig der Breslauer ist, so genuss- und vergnügungssüchtig ist er, und Mässigkeit ist keine seiner Tugenden. Das Familienleben ist vorherrschend, aber gross ist die Neigung der männlichen Be- völkerung zur Häuslichkeit nicht; die Mütter — in beiden Extremen der Gesellschaft — nähren nur ausnahmsweise ihre Kinder selbst: die Wohlhabenden nehmen Ammen zu Hilfe, bei den Armen ist das sogenannte ‚‚beim Wasser aufziehen‘ der Säuglinge an der Tagesordnung. Die Lebensweise des Bres- lauers ist eine regelmässige, meist sitzende; Bewegung in freier Luft wird wenig gemacht und im Allge- meinen wird dabei gerade nicht nahrhafte Kost genossen. Um noch ein mit der Gesundheit zusammen- hängendes persönliches Moment zu berühren: die Reinlichkeit gehört nicht zu den Vorzügen der Breslauer. Liesse die Commune nach Art anderer grosser Städte öffentliche Bade- und Waschanstalten zur unent- geltlichen resp. billigen Benutzung für die ärmere Bevölkerung einrichten, so würde damit ein gut Theil Unreinlichkeit verbannt werden. Indem die Commune solche Verbesserungen und Veränderungen ins Werk setzt, wird sie also die öffentliche, allgemeine Sanität der Stadt Breslau befördern, die Mortalität mindern, da sie eine Krank- heitsquelle verstopft. Freilich wird sich das Leben des Menschen auch so nur selten und nicht über die naturgemäss bestimmte Dauer verlängern lassen, — aber mindestens das muss doch aus dem Wege 32 + 250 geräumt werden, was diese Dauer noch abzukürzen geeignet ist. Der Stadt werden Maassregeln in unserem Sinne gewiss förderlich sein: nicht nur, indem sie den allgemeinen Gesundheitsstand fördern, sondern auch, indem sie in die Augen fallende Uebelstände beseitigen, gewinnt dabei die Stadt, deren Aussehen, und was damit zusammenhängt, nicht wenig zur Mehrung des Zuzuges und der Ansiedelung, namentlich reicher Leute, beiträgt. Die Förderung des Wohlstandes aber wird den Gesundheitsstand ganz besonders begünstigen. Sagt doch dem Menschen schon ein geheimer Instinkt — wie Chateauneuf treffend bemerkt — beim Jagen nach Glücksgütern werde er sich ein längeres Leben verschaffen können, und scharfsinnig hat Casper in seiner Arbeit über die Wahrscheinlichkeit der Lebensdauer nachgewiesen, dass mit der Grösse des Wohlstandes auch die Lebensdauer des Menschen gefördert wird. Wir verweisen an dieser Stelle auch auf unsere Mittheilungen (S. 16) über die hiesige jüdische Bevölkerung, wo sich diese Behauptungen bewahrheitet haben. Prag, insbesondere aber Wien, welches in mancher Beziehung, was die mit der Sanität korrespon- direnden (medizinalpolizeilichen im weiteren Sinne des Wortes) Institutionen anlangt, Berlin übertrifft, hat doch eine ungleich grössere Mortalität zu beklagen, aber das könnte nur beweisen, um wie viel grösser diese noch wäre, erfreute sich die Stadt nicht gleich guter Einrichtungen. Und je weniger die Natur der Sanität günstig ist, desto mehr muss geschehen, diese Einflüsse zu paralysiren. Wollte man diese Andeutungen nützen, mit Konsequenz und Energie die möglichen, in Wahrheit nicht schwer durchführbaren, wenn auch kostspieligen Verbesserungen ins Leben rufen, so wird nichts fehlen, die Sanität resp. Mortalität in Breslau zu einer nicht minder günstigen, als in anderen Städten gleichen Ranges, zu gestalten. Wendet die Commune ferner der öffentlichen Krankenpflege, wie bisher, ihre Sorgfallt zu, so erfüllt sie damit nicht nur eine ihr vom Gesetz und dem Gebote der Humanität auferlegte Pflicht, sondern trägt im Allgemeinen zur Besserung des Gesundheitszustandes der Stadt bei. Die Obsorge für die Armen hängt damit genau zusammen. Mit je grösserer Gewissenhaftigkeit man sich dieser hingiebt, desto erfolgreicher wird ein Uebel abgewendet, welches die Welt zu erschüttern begonnen hat. Nicht Breslau allein birgt ein grosses hilfebedürftiges Proletariat in sich, und nicht die neue Zeit hat es zu Tage gefördert. Auch die alte Zeit hat ein Proletariat, und welches! — gehabt, nur dass das unsrige neben dem allgemeiner gewordenen Wohlstande einen um so traurigeren Eindruck macht, und dass unsere Zeit ihren Blick auch von dem Traurigsten nicht abwendet, sondern nach hilfe- bringenden Mitteln sucht. Solch’ eine Bevölkerung dem Elende und Untergange Preis geben, ist nicht das Ziel, welches das Jahrhundert des Humanismus verfolgt; sie erheben, ihre Leiden und damit ihre Schrecken mindern, ist die Aufgabe, an der jetzt die civilisirte Welt arbeitet. Auf diesen grossen Hauptzweck hinaus laufen alle Bestrebungen auf dem Gebiete der öffentlichen Sanitäts-, Kranken- und Armenpflege. Dazu bilden auch die vorstehenden Bemerkungen einen kleinen Beitrag. So klein dieser ist, so anspruchslos er auftritt, so werthvoll kann er werden, findet er eine wirkungsvolle Beachtung. Nur das wünscht sich der Verfasser als Lohn und Erfolg seiner — er will es nicht verschweigen — mühevollen Arbeit. Sitzung vom 2. December. Herr Medicinalrath Prof. Dr. Barkow legte mehrere pathalogisch-anatomische Präparate vor. 1) Kugliges Fibroid von 7 Zoll Durchmesser aus der vordern Wand des Uterus einer Frau, welche stets regelmässig menstruirt gewesen, und nach einem im dritten Monat der ersten Schwanger- schaft erfolgten Abortus gestorben war. - Tabelle 1. Bevölkerung, HJeburten, aus und Todesfü ülle in Breslau in der Periode von 1832 His 1852. 1 2 3 | 4 5 6 7 8 | 9 10 u 12 13 14 15 16 17 18 19 Die DE a a Zn gesammte Civilbevölkerung Geboren wurden Es starben Breslau’s betrug EEEEnEEEEnEEENEESEEEEIEEERBBBEERREEEEERRBBEBEBEN BRREBEBBRINEBBERBE Messe — darunter mithin | hiervon hat sich marker | mithin mithin m Aeethin sonach “| es kamen —— q ——— b MT — — B i N r . emerkungen. gegen die daher auf Verhält- starben | Verhält- |. ren Verhält- 1 a Verhältniss i = R ; } 2 in der städti on je 100 ! ” im Jahre | Seelen Vorjahre überhaupt je 100 der sind Un- von je 100 | niss der | überhaupt nn an en von je 100 A schen und ea Pe \ der 4 Kar der us an | oe verändert Bevölke- . unehelich r ” | nichtstädti- | Gestorbe- „| nichtstädti- | nen: i u a ategorie k der Bevöl- nichtstädti i Kenhäue en: ım % im Ganze Katego- I Rige. rung | Ahdiche | Geboren | Sa dan” Krug | Bea. | eh Kran. | ns in | a. | gehen Ka [ae Keen art td ien um überhaupt | Gebornen zahl rungszahl ee en Ay len kenpflege Kranken kommenen zu, (a und b)| Todes- ee 5 zur Tod- , oa |den Todesfäl- el überhaupt | Tori zusammen | pflege |jen überhaupt ' | © | überhaupt Re a SUITE Gr 1 ren nunmehr nn A EEE ET Be a a u U ET I Be SITE TEE Te a I CHE IT GER SCH TEE SB EEE SI EEE 2 III m mE TE a ne FI Dann m a no ee =1832 82,894 — 2,397 2,9 474 19,5 1:5,0 3,485 4,2 1 23,8 —_ — — — —_ _ _ — — 1) Die mit einem * bezeichneten 1833 83,946 Je 119) 2,848 3,3 607 21,3 1:4,6 2,925 3,4 1: 28,6 _ — — n _ — = _ sind die Zählungsjahre. - 1834 84,999 + 13 2,944 3,4 591 20,0 1:4,9 3,238 3,8 1: 26,2 —_ —_ —_ _ — — = _ — 2) Die Zahlen für die zwischen- =1835 86,052 +12 2,954 3,4 - 622 21,0 1:4,5 3,025 3,5 1: 28,4 695. 22,9 1:4,3 252 9,3 1:10,7 977 32, 1:5,1 liegenden Jahre sind mittelst 1836 86,991 +11 2,999 3,4 607 20,2 1:4,9 3,212 3,6 1: 27,0 679 21,1 1:4,7 287 8,9 LU R 966 nn 0 1:3,3 Durchschnitts - Rechnung ge- 1837 87,930 +11 3,019 3,4 987 19,4 - 1:51 3,570 4,4 1:22,7 885 22,8 1:4,3 457 11,8 1:15,4 1,342 | 334,6 1:29 wonnen. *=1835 85,869 +11 3,030 34° 632 20,9 1:4,7 3,209 3,6 1: 27,6 712 22,2 1:4,5 376 11,7 1: 85 1,083 | 33,9 1:2,9 13) Die doppelte Ausdrucksweise, 1839 90,014 + 13 3,392 3,7 638 18,8 1:5,3 3,167 3,5 1: 28,4 728 22,9 1:4,3 377 11,9 1: 8,4 1,105 34,8 1:2,8 wie in den nebenstehenden 1840 91,159 + 13 3,064 3,3 651 21,2 1:4,7 3,162 3,4 1: 28,8 754 24,8 1:4,0 365 11,5 1: 86 1,149 36,3 1:2,7 Colonnen 7.8, 10.11, 13.14, =1841 92,305 + 13 3,265 3,5 675 20,7 1:4,8 3,241 3,5 1: 28,4 785 24,2 1:4,1 329 10,1 1: 9,8 1,114 34,3 1:2,9 16.17, 19.20 ist der bei Sta- 1542 | 9,122 | + 3,0 3,496 3,6 756 21,6 1:4,6 3,914 4,1 1:24,3 852 21,8 1:45 356 9,9 1:10,1 1,233 31,7 1:3,1 tistikern üblich gewordenen #=1843 97,939 + 3,0 3,305 3,4 697 20,7 1:4,8 3,850 3:8 1:25,2 831 21,4 1:4,6 409 10,5 1: 94 1,240 31,9 1:31 zwiefachen Methode wegen ge- 1844 | 100,855 | + 3,0 3,743 a7 713 2UBWE | 1:48 3,292 3,2 1: 30,6 796 24,2 1:41 279 8,5 1:11,0 1,075 32,7 1:3,0 wählt. 1845 j 103,771 + 2,9 3,797 3,6 771 20,3 1:4,9 2,652 3,5 1: 28,4 757 20,7 1:4,8 327 8,9 1:111 1,084 29,6 1:33 |4) Von den drei ersten Jahren *1846 5 106,687 | + 2,9 4,097 3,8 836 20,4 1:4,6 3,956 3,7 1: 26,9 ‚8m 20,5 1:4,8 351 8,8 1:1 1,163 29,3 1:3,4 (1832, 1633, 1834) waren die 1847 |.105,806 | — 0,8 4,150 3,9 816 19,7 1:5,0 4,221 3,9 1: 25,0 965 22,8 1:4,3 400 9,5 1: 10,5 1,365 32,3 1:3,1 Zahlen für die offen gebliebe- 1548 | 105,044 Kars 0,8 3,663 3,4 765 20,9 1:4,8 4,703 4,4 1:22,3 1,077 22,9 1:4,3 623 13,2 1: 7,3 1,700 36,1 1::2,8 nen Colonnen nicht zu be- *1849 | 104,222 — 0,8 4,322 4,1 842 19,5 1:5,1 7,239 6,9 1:14,3 1,310 18,0 1:5,6 1,625 22,5 1: 4,4 2,935 40,5 1:25 schaffen. Die Durchschnitts- 1850 | 108226 | + 3,8 4,357 4,0 984 22,6 1:4,4 3,432 3,1 1:31,5 734 21,3 1:4,6 690 20,1 1: 4,9 1,124 41,1 1:2,4 Resultate bei diesen gelten also 1851 | 112230 | + 3,8 4,632 4,1 1,163 25,1 1:3,9 4,236 3,7 1: 26,4 836 19,7 1:5,0 864 20,4 1: 49 1,700 | 401 1:25 auch nur einer achtzehnjähri- *1852 | 116,235 +36 4 4,767 4,1 949 19,9 1 :5,0 4,620 3,9 1:25,1 978 21,1 1:47 961 20,8 1:24,8 1,939 41,9 1:2,4 gen Periode | | | Ben as an an a nn 1 m en ra SU REED ERDE IIND e BERND DEREILEEREENERNNERE Also im Durchschnitt ..,.......... AUT N: Sr... 3.8 EDDIE er DE LER a a 1 RR 12,6... 1:80.40. aut. ee AN 1:29. Tabelle I. Die Bevölkerung Krestaus in den 8 lebten Zählungsjaßren — nach Alters= und Hefchlechtsklaffen und mit Rückficht auf das Eheverhäftniß. = 3 «| 5 Dan ee Ehe | inte gen a Var Dia Meere 15 9 | 2» 2 22 23 a | » 1% Von 100 männ-|Von 100 weib- namen Zahl In der Ehe |lichen Einwoh-|lichen Einwoh- Kinder Kinder Personen Personen Personen Personen ed Ä 2 nern über nern über a. v. 15. bis inel. 60. Jahr**)la. v. 15. bis 60. Jahr a. über 60 Jahr a. über 60 Jahr | über en aller Civil- Einwohner *) lebten ln En te bis zum 15. Jahr bis zum 15. Jahr |b. vom 15. bis incl. 45. Jahrlb. v. 15. bis 45. Jahr b. über 45 Jahr b. über 45 Jahr | 15 Jahr Prozente Prozente Prozente Prozente wa. RA männl. | weibl. | Summa-j männl. | weibl. |jer "Ehe der Be De der Ehe männl. | weibl. Summa | männl. | weibl. | Summa | männl. | weibl. Summa männl. weibl. männl. weibl. Summa männl. weibl. Ds Tr Tr ET TEE oT BERSEEREEEEEEREE TERSEEEEEEEEEEE TEREEETEEEHEEET VEREEEEEEEEREEN VEEEREEEEEEEEEE VERSEHEN EEE VEREIN SEE TEE TEE 1832 I 38,347 | 44,547 | 82,894 | 11,965 | 12,006 | 44,3 55,7 36,4 63,6 | 11,320 | 11,564 | 22,884 1 13,7 13,9 27,6 ja. 24,890 |a. 29,812|a. 54,702] a. 30,0 | a. 36,0 Ja. 2137 a. 3,171la. 5,308] a. 26 |a. 38 72,4 1835 | 40,101 | 45,951 | 86,052 | 12,289 | 12,320) 42,4 57,6 35,4 64,6 | 11,135 | 11,135 | 22,2705 13,0 13,0 26,0 fa. 26,847|a. 31,588]a. 58,435] a. 31,2 | a. 36,7 Ja. 2,119 ja... 3,228]a. 5,347] a 25 la 3,7 74,1 1838 | 41,355 | 47,514 | 88,869 | 12,301 | 12,301 | 40,8 59,2 33,8 66,2 | 11,224 | 11,122 | 22,346 | 12,6 12,5 25,1 Ib. 23,082|b. 26,899|b. 49,981] b. 26,0 | b. 30,2 |». 7,049 Ib. 9,493|b. 16,542] b. 79 | vn. 10,7 74,8 1841 | 43,597 | 48,708 | 92,305 | 13,124 | 13,124 | 41,4 58,6 35,4 64,6 | 11,901 | 11,591 | 23,492] 12,9 12,6 25,5 Ib. 23,875|b. 27,171|b. 51,046] b. 26,0 | b. 29,4 |b. 7,821 |b. 9,946|b. 17,767| b. 84 | b. 10,7 74,5 1843 | 46,044 | 51,895 | 97,939 | 14,082 | 14,082 | 41,7 58,3 35,5 64,5 | 12,243 | 12,197 | 24,440 | 12,5 12,4 24,9 Ib. 25,892|b. 29,328 b. 55,220] b. 26,4 | b. 30,0 |b. 7,909 |b. 10,370|b. 18,279] b. 8,0 | b. 10,6 75,0 1846 | 50,801 | 55,886 | 106,687 | 14,766 | 14,766 | 39,3 60,7 34,7 65,5 | 13,210 | 13,043 | 26,255 | 12,4 12,2 24,6 Ib. 28,882|b. 31,366 b. 60,248] b. 27,1 | b. 29,4 |b. 8,709 |b. 11,477!b. 20,186] b. 82 ! b. 11,0 75,7 1849 | 48,469 | 55,753 |104,222 | 14,744 | 14,762 | 42,0 58,0 34,5 65,5 | 13,313 | 13,036 | 26,349 1 12,8 12,5 25,3 Ib. 26,616|b. 31,346|b. 57,962] b. 25,5 | b. 30,1 |b. 8,540 |b. 11,371|b. 19,911| .b. 8,2 | b. 10,9 74,7 1852 | 54,530 | 61,705 116,235 | 16,555 | 16,557 | 42,0 58,0 35,3 64,7 | 15,185 | 14,754 | 29,939) 13,0 12,7 25,7 Ib. 30,219|b. 34,652|b. 64,871] b. 26,0 | b. 29,8 Hb. er 12,299|b. 21,425] b. 7,8 | b. 10,6 74,2 | *) Die Militair-Bevölkerung Breslaw's incl. der Familien hambeinagenk! "Tim! Jahre 1892 „u. Ey A EEE IETHRRN RR 4,709 Personen » " BEE. Re RR ne RD BER NE 0. bi) > » » 5 RBBS el. . ai id. en ce en ee ne u > ae 5,8235. „ » „ m AS ER EEE ERREN IRETIEREN 1 RR 5,616 „ » h a A \ sr Era Serra aA: ARE A er EN 5,3 „ „ a Le ar Bea LE LO Rt. Baer Dal: RE ea rec 61 , „ a Ka 1 Me ee DR SS OR EEE NERTEEONE AUENe REN 6,401 , { en „ BUN N LO EEE ES URN EN Be Er ware 4,823 „ =) Die Bezeichnung von a. und b. rührt daher, dass vom Jahre 1838 ab eine neue Eintheilung der Altersrubriken eingetreten ist. Tabelle 1. Die Armen:VBerwaltung der Stadt Krestau im Allgemeinen. 1. 2. | 3 | 4. | 5. | 6. a 8. 9. 10. | 1. | 12. | 13. | 16. DEE la 17. 18. 558 2. |Die Ausgaben I, Davon | Davon sind aufgebracht 1 Davon sind aufgebracht | Summa. | Davon sind aufgebracht Davon Von Lahl 2385 Bere Für Er kosieie;diei seen gu! „u nn ie (. . In eih de a: Ar- ey Armes) eelı 5 N ao e u 2 o Jahr der Eng: NR ee ee Aıreh a en: durch eigne ET Eon ER RE durch eigne durch Einwohner | pro Kopf ae ee a Einwohneı 388 A e menkran- Kämmerei- , Kämmerei- Kämmerei- | Pro Kopf | zur eignen | Kämmerei- li AR a2E } betragen rmenkran- kenpflege | Einnahme spital zu | Einnahme zu Allerlei Einnahme aufzubringen verwaltung Breslaw's. =. kenpflege 8 Zuschuss Allerheiligen Zuschuss ligen Zuschuss gewesen | Einnahme | Zuschuss zugeschos- =E u MH vw MH vw MA vw MH “MH v_ MAL % my re be Hl v2 MH v Mm “MAR Mm Ale m Ale m 3 s 1832 82,894 415,13117) 6 4256| 17) — | 31,903 |20| 7 23,803|20| 7| 3,100 |—|— 1833 83,946 +13 [326,225|14| 7! 63,559| 4| 71 4246| 3|—| 48,559| 4) 7) 15,000 —|—1] 27,472 |--| 21 24,372|—| 2] 3,100 |—1—1 91,031 | a) 9} 72,931] 4| 9] 18,100 —|—| 1 | 2 | 6I|— || — | —| 6| 6 3,35 1834 84,999 +13 1353,334) 2] 9| 63,796 11 4616|12| 8 45,9758|25| 6) 17,817|15| 8] 29,729127| SI 26,729|27| 8| 3,000 |—|— 1 93,526 | 8|10] 72,708123| 2] 20,8517115| Ss} ı | 31 —!—- || 9|—| 7|3 5,89 1835 86,052 +12 |375,399\13| 3] 67,342) 5|—! 3844|15/ 11] 49,524|19| | 17,817|15| 8[ 40,482|18| 6| 37,482|18| 6| 3,006 | —|— 1107,824 |23| 6! 87,007) 7|10| 20,817|15| 8| 1 | 7 7] 1 J— | al —| 713 5,55 1836 86,991 +11 |354,446[11| 9] 61,553)14| 1 3600| 5}10J 46,718|15| 5| 14,5834|28| S] 29,334) 311] 26,354) 311) 3,000 I—|—} 90,937 |18[—! 73,102|19| 4| 17,834|25| S| ı | 1 6|- |3| 4| | 6) 2 3,0 1837 87,930 +1,1 [376,009l1s| 31 55,787\25| 7} s5salas| 3] 39,732] 7) 6) 16,055\18) 1] 30,073| 3| 1la8;531| 5] ı| 1,541 |as|—! s5,s60 Ias| si osaualı2] 717597116 1) — 19 | 3] 33! 3/6 — 4,69 1838 85,869 +1,1 |372,247|11| 9] 58,019 12| 7) 3263/16) 11] 43,773|22| 6| 14,245|20| 1] 26,753 |22| A| 21,701 — 11] 5,052 |21| 5] S4,773 | al11} 65,474|23| 519298111) 65 38/01 2| 11-1 6/9 5,19 1839 90,014 +1,3 |371,368|16| 7] 59,530|—) 1] 2999|21| a] 44,164|10| 5| 15,365|19| 8] 30,397 | 2| sI a4278| 7) 9] 6,118 24/11) 89,927 | 2| 91 63,aaalıs) 21 21a84l14| 7] ı -— -I- |2,u|—-| 7|2 5,78 1840 91,159 +13 |375,852)10) 7| 59,232 23| 5| 2884| 6/10] 43,033|22| 3] ı6,109| ı) 2] 28,543 | 7) 6] 21,969\15| 7| 6,573 [21111] 87,776 | 111 65,003] 7/10) 22,772) 1] - |sın]— | 51—-|7|6 6, 6 1841 92,305 +13 [373,715|23| 6] 53,794| 8 39 29|—] 42,502|21| 9) 16,291j16) S} 29,053 |17| 71 22,567|29|11) 6,485 |17| 81 87,847 1261 —1 65,070121] 8| 22,777| 4| 41 — 28 57 — |21| 11 —| 7) 4 6, 8 1542 95,122 +3,0 | 354,111/16| 7! 68,886 110| 5; 3695|25|11] 47,057|12| 7| 21,828|27)10| 43,441 | 5| 5] 39,998| 5| 5| 3,442 |— | —- 1112,327 |15)10} 87,055 |18/— | 25,270127|110| 1 | 5 | 15 — |27 ZN ee 7,15 1843 97,939 +3,0 1354,528|11| 3] 71,906) 5| 9) 3521]26| —|] 49,049 |24|10| 22,856|10|11| 29,360 | 3| 71 25,540| ı| 6| 3,820 | 2] 13101,266 | 9 dba 2%6| 4| 26,676 13 — | 1 | 1/1 1]—- |2/1| —|8| 2 7,51 1844 | 100,855 +3,0 | 369,814|19| 1] 68,850|15|.3; 2914| 4| 9] 46,403,28[—| 22,441|17| 3] 28,785 |18| 1] 26,090|16/10| 2,695 | 1] 3} 97,636 | 3) 4] 72,449|14|10| 25,136 18) 65 — ar ıJ-lal7ı || 6,80 1845 | 103,771 +29 1383,512|—| 2] 61,570| 6 2605| 81105 47,841|20| 7| 16,728|15|10| 32,701 | 1| 15 26,259| a7 S| 6,411 |26| 54 97,271 | 7) 61 74,130125| 3, 23,140 12) 3 — 138 | 31 — /21| 6) — 6/9 6, 3 1846 | 106,687 +2,9 | 439,892|11|10| 75,452) 29 3571/25] 2] 53,569| 8)10| 21,883|20 11] 38,878 | 11— | 27,746|17| s/11,131 |13| 43114,331 \—| 91 81,315,%6| 6 33,015| 4| 3] 1 | 2 3) - 217 —-| 9/4 7, 4 1847 | 105,866 — 0,8 | 447,377\ 6) 7| 96,551 nr 4960| 1| 91 52,391|10) 3| 44,460| ı| 7| 41,848 126) 4] 26,391|28| 515,456 |27|111135,700 | s| 2] 78,783) 8| 8) 59,916/29| 61 1 | 9| a 12) 4 — 17 — 13,39 1848 | 105,044 — 0,8 1595,314| 6| S| 85,512] 28 6154,21/—] 46,599 |12| 3) 38,913|16| 2] 38,144 |14| 9| 27,241|22| 18 | 10,902 2110 5123,657 \13) 21 73,841| 5| 249,816) SI —| 1 | 51 51— |aı| 2) —-|14|3 8,37 1849 | 104,222 — 0,8 |453,935|17| 6| S5,835| 16 r 1021713] 5] 49,635|15| 2| 36,197] ı| 9] 43,713 | 9| 5] 30,767|25| 311,955 |14| 2]128,548 |26| 4] 80,406 /10| 5, 48,152 [5111| 1 | 7|—|— |23| 2|— 1310 10,60 1850 | 108,226 +3,8 |508,586| 5| 1] 82,849) 1 8333 17| 11] 51,688|24| 4 31,160] 6110] aı1,031 |17) 2] 29,072] 3] 2)11,959 I14l— [123,880 \ıs! 4] 86,760 27| 643,119 20110) 1 | 6 | 21 14 3) —/ | 8, 4 1851 | 112,230 +38 |5235,182|10| 2] 83,224) 22 n 8167 21| 45 61,156 13] 5 22,068] 91 6] 42,634 |29|—1 28,541] 2) 812,830 | 5| 1f125,859 2111| S9,697,16| 1) 34,8958|14| 7] 1 ale | oe 6,64 1852 | 116,235 +3,6 1595,798,23| 3} 90,123 20 8014|13|—| 49,802 11| 3, 40,321] 811] 44,260 [2510| 30,167 |—) 614,093 |25| 4 [134,384 116] — | 79,969 ı1.) 9) 54,415| 4| 3} 1 | | s|- || 8| - Ui — 9,13 | | | | | I ' Tabelle IV. Die Armenverwallung der Stadt Preslau im Befonderen. «Conf. Tabelle 1.) EEE SEEREEEEEREEEEEBERIEEREEIEREREESEEESEEREEESGERSEREEBIERESEEBEEREEREBBEREERRE. m Se da” | o.| 11. | 7. | g, | 12. | 1. aa | (aa Fe | & A. Allgemeine Armenpflege incl, der Hausarmen-Krankenpflege. dog Iche bestimmt alle 5 5 ln A * Monate verthet worden. |" "se Kosten a re a ee Einwohner auf 100 \ Eia des = des “ und sonstige JA. Allgemeine Breslaw's a nen "| Betrag genosse | Armenhauses =8 Arbeitshauses Ei Ausgaben | Armenpflege nenzahl | Almosen- S & genossen | 2 _46 Pl At srl _ 16H ER MH %__Ü6 9 1532 32,894 2,876 349 | 31,383|20)—]10)27| 4 170 1 58 1533 83,916 2,368 338 31,399|119| 7j10/28| 51 7,665 | 1 6| 171 61} 15,743 |19| 31 54,508 |10| 4 1534 81,999 2,821 334 -| 31,391 21| 2|ıı) 3) 1] 9,193 Jıolıı) 201 | 781 8,599 |20| | a9,ısa |22| s 1835 56,052 2,797 3,29 31,266 |26| 7 lıl 5| 4 10,069 | 5 1 223 72 $ 11,748: 129111: 53,085 | 2| 5 1836 86,991 2,892 3,33 31,835) 3] 9f11)— | 35 9,398 10 9 237 85 1 12,268 | 6| 5] 53,501 120) A 1837 87,930 2,785 3,16 31,925,26/— 111/13 11 9,574 112 2] 235 Ss4I 7,479 I—|—| 48,980 |—| 4 1835 88,869 2,782 3,13 31,884|28| 5j11/13 1105 10,989 |19 10! 237 944 7,620 |2S| 3] 50,495 \16| 6 1839 90,014 2,741 3,4 31,250/14|10511|23|—} 13,006 | 9 2} 258 | 674 6,981 |13]—I 51,235 | 7|— 1840 91,159 2,705 296 | 31,060) 9| Hfırlıal 61 14,100 | 6 1 259 | 85] 6,717 | zıı] 51,877 [93] 9 1541 92,305 2,622 2,80 30,573| 2) 7111/23| 35 13,721 |18 9] 300 | 021 6,458 |17| 31 51,053 | S| 7 1842 95,122 2,492 2,62 | 29,408120| 5l11]241—| 14,928 \10| 4] 290 lı19 | 7,565 Ianıo] 52,202 \a2| 7 1843 97,939 2,346 2,39 27,383| 7) 7]11|20| 1} 14,293 al 61 294 I 851 7,581 | 8| 8] 49,258 | 7| 9 1844 100,855 2,257 2,23 26,030, 11/10511|16|— | 13,737 |10| 8) 290 | 535 8,241 | 3| 35 48,008 |25| 9 1545 103,771 2,294 2,21 25,674|26| 5j11| 1| 5] 13,450 |17 1! 256 | 441 8,098 [11 - 47,223 |24| 6 1846 106,687 2,323 2,20 26,532, 7| 9411|12| 8) 15,355 129110} 305 | 3,388 |20 91 68 10,917 |12|) 4} 56,194 |10| 8 1847 105,866 2,983 2,47 29,712129 11{ HM |15| 1} 17,040 | 6/10) 305 | 3,946 122] 95 75 122,934 |10/—| 73,634 | 9] 6 1548 105,044 2,795 2,69 34,447| 4| 1j12,) 9| 9] 13,987 | 7| 95 293 5 3,422 119) 53 621 16,935 | 2111] 68,792 | A| 2 1849 104,222 8,175 3, 35,885 18| —Jil| 3| 2] 12,018 |12| 7! 222 2,225 |25| 45 287 19,400 |13| 91 68,980 |12| 5 1550 108,226 2,850 2,69 34,621 12| 6412| 4| 54 13,066 | S| 9] 266 1,446 '16| 7 95 15,596 123[—| 64,731 |—|10 1851 112,230 3,080 2,83 32,304) 24|10110!14/—1 14,494 | 9, 4} 250 1,786 |10 11 17 8 16,049 | 5/—1 64,634 ,20| 1 1552 116,235 3,230 2,90 33,007| 8| 4110| 6,11% 16,415.)25| 7] 325 | 3,613 | 7 1 56 | 15,614 |29| 91 68,651 |12| 7 5,669 13. B. Legate, Geschenke und Ver- mächtnisse 6 6,289 6,329 | 3 6,269 5,848 5,799 5,955 5,949 5,617 7,024 | 3 6,809 | 51. 6,629 6,720 6,912 7,127 6,944 | 5 7,124 7,103 8,056 8,406 AR 4. | To. C D, Unterstützung | Freischulen- der Armen mitl Wesen- Winterholz Ausgaben “MH 0696 3,401 5/1 2,369 |ı9| 61 5,912 |26| — 2,012 |17| 64 5,974 |15| 6 203 |—| 7 1,008 1325| ı 1,568 |13| 3 2341 |29| 2 1,685 |—| 9 913 |s|sl 2,115 |25| a] 7,543 1191 — 2,045 | 3| 1113,793 |19| 2 1,653 | 4| 1112,558 |26| 9 2,850 |26| 3] 7,774 |22| 5 3,930 | 6| 65 8,415 125| 9 3,855 |—| 1]12,934 |1a| 3 2391 | 4| 6] 7,385 |ı3)11 2,730 |25|11j 6,999 |15| 9 2,517 |23| 4| S,196 |10| 9 1,555 126| 6] 8,947 | 6| 7 3,723 \12| 9] 9,342 | 3| 7 Total-Summa (Tab. II. Col. 5.) Die Armen- pflege 76 63,559 63,796 67,342 61,553 55,797 58,019 59,530 59,232 58,794 68,886 71,906 68,850 64,570 75,452 96,851 85,512 85,835 82,849 83,224 90,123 6 2% —? SS = ER Sr: 2) Bemerkungen, Da die Akten und Bücher vom Jahre 1832 mangel- hafter sind als von den folgenden Jahren, blieben mehrere Colonnen unausgefüllt, um nicht Falsches aufzunehmen. Colonne 3 begreift auch die Pflegekinder in sich, welche in den 21 Jahren durchschnittlich 335 jähr- lich betrugen (in den letzten 200, früher 400) und monatlich eins 20 Sgr. bis 2 Thaler kosteten. Col. 7 und 9. Obgleich das jetzige Arbeitshaus schon am 1. Oktober 1539 zum Arbeitshause eingerich- tet wurde, führten dennoch das Armen- und Ar- beitshaus noch bis 1846 gemeinschaftliche Rechnung. Col. 11 enthält auch die Ausgaben für die Hausar- menkrankenpflege. (Cf, Tab. V. Col. 15.) Col. 15: die Verwaltung des Freischulen-Wesens ist erst 1842 auf die Haupt-Armenkasse überge- gangen; vorher verwaltete es die Kämmerei, nach- dem es 1844 und 1535 aus dem Allgemeinen Armen- fonds (als blosser Titel) gedeckt worden war. Col. 15. Die Mehrausgabe in den Jahren 1843, 1844 und 1847 ist meistentheils durch Bauten entstanden. x Tabelle V. Städlifche Hausarmen- dirankenpflege in Breslau. 1. 2. | 3, i. | 5. | 6. | 1. | 8. | 9. | 10. 1. 12. 13. 14. | 15. 16. Es hat sich Auf 100 Kosten Zahl sonach die- Zahl a Zahl R Arzneikosten{| Kosten Kosten Kosten für Mineral-| Bandagen, | Gesammt- | Es kostete selbe gegen der Montalitäls- | Arznei 1 brunnen und| Bruchbän- Jahr. der : ‘ kommen der davon für einen |der Armen-|der Armen-| für Bäder | Badereise- i kosten- mithin ein die Vorjahre| Hausarmen- A der, Brillen b i Hausarmen- Verhältniss kosten f : Unter- Einwohner |verändert in Kronen he Gestorbenen Kranken Aerzte Wundärzte hierorts stützungen etc. Summe Hauskranker Prozenten Nun 1 % MA vw MA v“ MH v mA vw MA Hr MA vw Mi vw MA vw Mr 1832 82,894 3592| 2 — 400 |—|—| 50 127) 6| ar |—|—| 45 |22| 6| 126 [251] 4,256 |17|— 1833 83,946 +13 3,582 | 2| 3 400 |—/—| 50 15|1—-] 40 Is) —| 8 JısI—| 127 | 2] 9| 4246 | 3) — 1834 84,999 253 3,896 |- | 8 400 |—|—] 139 |12)—| 30 | 1) 6| 24 1923| 6| 126 | 5|—| 4,616 |12| S 1835 86,052 +42 2,440 21 154 1:15 3,077 119| 5] 1 | 7110) a00 |—-|—I 160 j21l-| 37 Jız) 6| 38 13) —| 130 | 5/1 3814 |5|ı| ı |ı7) 3 1836 86,991 +11 2,425 21 159 1:15 2,890 1a Al 1 | 5| 9E 400 I—1—| 166 |25| 6] 31 | al 6] 24 1a -I 87 | 7| 6| 3,600 | 5110| 1 [lau 1837 87,930 +11 2,759 31 329 1:8 2,909 2111] ı | 19] 400 |—|—| 149 | ıl 7| 31 |2| 6| 34 17) 3] 59 1251 —| 3,584 |as| 3| 1 | 8/3 1838 88,869 2311 2,702 Ir 248 1:10 3,551 l24| 71 — jas| | a00 I-|-1 167 Iaslıo) sa |s|6| — | 79 ||| 3263 16u| 1 |63 1839 90,014 +13 2,375 3 249 1:9 2999 21 al 1 | zlıı] 400 |—|—]| 169 |24| 3] 58 | 5) 6 7 |19)—| 91 129] 6] 3,999 a1] ak ı | 7 1840 91,159 +13 2,651 28 237 1:1 2142| a 2] — |24l a] a00 |-|-1 ı9s Ia7I-| 51 |a2l 3] 1a 14] 76 \19l ol 2881| ou] ı | 2/8 1841 92,305 +13 2,004 23ı 201 1:9 3077/20/—]| ı | ıl 1) 400 |—|—1 207 |10/—| 34 16 —| 3 135—| sı |18[—| 23,835 |29)-—| 1 125 1842 95,122 +3,0 3,519 2 288 1:13 2,894 |17| 2| — 124 s| 400 |—-|—] 213 |23| 9| 7ı Jı7) 6] 29 I-|-| 86 127) 6| 3,695 |5111]| 1 | 1) 6 1843 97,939 +3,0 3,288 3} 281 1:12 $.2,723/10) 9| — 12410] 400 |—-|—| 196 |23| 6] 56 Jı1al 6l 62 |17) 3] 82 |20)—| 35211 1%6|—| 1 | 22 1844 100,855 + 3,0 3,013 2 151 1:13 2152)6 61 ı |2|—-]I 400 |—|—I ı84 | 3/3] 45 In] 6] 50 | 3/—| 82 [10] 6] 2914 | 49] 1 1135 1845 103,771 + 2,9 2,487 a2 199 1:12 1,860 | ıl 7| — 122] 51 382 |—-|—| 225 Jıo| 9] ı7 | TI] 60 | 7I—| 60 !12] 6] 2,605, Sıo| 1 1115 1846 106,687 + 2,9 3,142 3 195 1:16 2,632 25) s| — 25) 2] a0 I-|—| 306 | 2] 6] 29 | 1l-] 97 | 6/—| 106 [201-1 3,571 1255| 2] 1 Ja 1847 105,866 — 0,8 4,134 4 258 1:14 [3947128 9| — as) 5| ao I—1—| 324 |25| 6] 90 jaıl-| 76 [16 6] 120 |—)-| 1860| 1] 9] 1 51 1848 105,044 — 0,8 5,438 5} 461 1:1 5,038) 2 3 — Jazlıı| 400 I—-|—| 409 | s|i 9] 39 \a5I_| 135 |23) 6] 141 121) 61 6,154 1211 —| 1 | 3,10 1849 104,222 — 0,8 10,468 10 1,425 1:7 7,159| 6) 9| — |22| 2Jı,242 |15\,—| 536 |28| 3] 66 [291 1] 453 | 1/10 153 [a2] sfıoaı7 [13] 5] — 129] 4 1850 108,226 + 3,8 7,880 75 576 1:13 5,939 |22| s| — a2 slı,275 Ia5|—| 700 | 7\ 3] 134 15] 6] 133 | A| 150 | 3) 6| 8333 zn) 3 118 1851 112,230 +38 9,413 82 713 1:13 59859 I-/ıı] — 19! ılı,280 |-|—| 601 J1a) 9] 24 11] 5] 140 [24 6| 131 129) 9] 8167 21) al |261— 1852 116,235 + 3,6 10,548 9% 809 1:13 | 5983) 3] — lıslnulı2a2 15 —| 504 | 3] 3] 12 85 —| 16 J1s| 6| 190 | 8)—| 8014 113 —| — 122,10 Tabelle VI. Das ftädlifche innen zu Allerheiligen. 1. BEEZENGDLE 2. ala BEZ |: |. Fa ee laljeie. ff | Fe jferelterte Tre ja malen ul © 1 mer] WEEZE 15. | DIEBIEZEZEN EZ Ne er | » In der Von 100 Die Mortalität betrug Unter den Verpflegten befanden sich Gesammt-[ Civil -Ein- äusseren inneren wohnern Fe Feier BE Te Ze durch- Abtheilung waren Kranke Auf 100 Personen ver- Jahr. zahl der | Breflau's 1 BE Wree auf Sc Un Ba u SE RR über- Maulle Breslauer Personen en EG gegen Zah- Ku Dienstboten |, chiedenen ne er in in Pro-| 3° CT [Todesfälle | Almosen-| aus dem | Peg lung von | 5° en un Standes, wel-] 8 0. a ae haupt Gestorbe- bedhannt städtischen ‚notorisch 10 Sor Lehrlinge, für] gegen einen che. die oe Ver Kranken über= darunter über- | nische Haut- es nen zur j 4berhaup Arme ver- ST. I die eineAver-I Pränumera- e dıe YVer- flegung zenten | Kranl ereigneten | genossen | Armen- hied Aufnahme- Bar Be inassche pflegungsko- D Es 1 Hospital Syphiliti- ausschläge, Col. 6 a ein! hause | ecnen] „epühren Ba "= sten gezahlt ? haupt starben] haupt | vorzugsweiselstarben ( zahl H 1 Standes | ® zahlt wurde he chen Kran- i sche Krätze und 9.) Can Sen ken 1832 2,958 3,5 726 261 24 | 2,232 243 430 | 454 | 153 | 1:65 13,0 243 127 1,255 908 _ — 425 226248 1833 2,603 3,1 772 271 37 | 1,831 271 373 | 410 | 15,7 1:63 14,0 229 83 976 923 — — 387 209317 1834 2,843 3,3 764 217 338 | 2,079 258 385 | 423 | 11,3 | 1:67 13,0 286 146 845 952 244 _- 360 225331 1835 2,973 3,4 782 245 31 1 2,192 320 404 | 435 | 14,6 | 1: 6,8 14,3 291 163 1,159 427 433 _ 500 24027, 1836 2,933 3,3 662 225 25 | 2,271 348 386 | All 140 | 1:71 12,7 290 184 1,044 452 583 _ 380 2WAdgdz 1837 3,278 3,7 756 262 21 | 2,521 394 578 1 59 | 182 | 1:54 15,5 346 151 1,355 328 489 —_ 609 240191 1838 3,343 3,7 900 254 37 1 2,443 592 409 | 446 | 13,3 15-754 13,8 37 212 1,467 216 526 _ 551 267133 1839 3,620 4,0 928 326 35 | 2,692 671 423 | 458 | 12,6 | 1: 79 14,4 275 204 1,653 176 604 — 708 288242 1840 3,625 3,9 875 307 32 1 2,750 584 480 | 512 | 14,1 1: 7,0 16,1 298 152 1,600 130 656 En 789 28872, 1841 3,811 4,1 1,082 318 43 | 2,729 492 485 | 528 | 138 | 1:72 16,2 272 195 1,714 111 745 — 774 309153 1842 4,265 4,4 1,010 350 40 | 3,255 323 508 | 548 | 12,8 | er 14,0 281 175 1,989 203 892 _ 725 320353 - 149 1843 3,958 4,0 944 392 57 | 3,014 300 489 | 546 | 13,71 1:72 14,0 279 192 1,905 156 852 = 574 289235 D 77 1844 4,041 4,0 1,130 394 47 | 2,894 291 445 | 492 | 1321| 1:82 14,9 225 160 1,852 117 908 234 545 299377 N 39_ 1845 4,268 4,1 1,302 382 35 | 2,966 249 420 | 455 | 10,6 | 1:93 12,4 221 113 2,046 157 1,003 215 513 ll, 321 1846 | 4,503 42 11,370 451 53 | 3,133 264 427 | 480 | 106 | 1:93 10,6 222 155 2,334 23 1,068 199 502 325321 ua 6 N N 103 1847. | 5,079 48 [1377 | 603 44 | 3,702 303 546 | 590 | 11,6 | 1:86 13,9 161 258 2,661 176 1,065 216 542 3684193 r 5 11 30_ 1848 5,021 4,7 | 1,368 56 59 | 3,653 352 644 | 703 | 14,0 | 1:71 14,9 143 297 2,911 200 763 278 429 361% S a E N 602 72 1849 | 5,829 55 [1a | 604 34 | 4,417 380 901 | 95 | 1650| 1:62] 129 242 270 3,332 67 885 223 760 360273 06 ; 36925 1850 | 4,707 43 11573 | 646 55 | 3,118 413 421 | 176 | 1011| 1:98 | 138 192 237 2,606 157 836 182 497 des N 3704158 1851 | 4,900 42 |140| 512 48 | 3,450 439 477 | 55 | 100| 1:93 | 133 138 233 2,634 259 915 202 519 38 | D) B 2 376212 1852 5,047 4,3 1,455 461 58 | 3,592 405 5l4 | 572 | 113 | 1:88 12,3 202 230 2,522 222 1,070 157 644 a TG Im 21 jährigen Durchschnitt 4,2 Im 21jährigen Durchschnitt 13,2 1:75 13,7. Die Kosten betrugen täglich für einen für einen Kranken Kranken überBaupr jährlich Di sl nl de A PR Hr 46 7| 5418 717 a a Eu Ei a € 2.69 17708 112 7/81] 7|12 ]j104 7| 44|7|17 |13 TUES8 165 | 3 mg 171 16 | Ak 8| 2171|118|3 a > ae FE ee! 6| 4416 8 | 3 6 |104| 6 9/6 711417 2 10 71 7161236 | 1 7| 317] 12 |10 Bra ı m 1 8 114] 7|26 |11 8, 331 7 8| 4A 9 2216| 7 | 1 871 5418 1/4 8| 8217|29|9 8 1118| 2|8 in der Gesammtaus- gabe des Hospitals 7 MM 4 24,441|19| 7 20,316|19| 6 21,324| 7| 4 22,420| 9110 2288| 1] ı 22,135|114| 4 25,25 22] — 28,654119| 8 26,956 | — | — 23,923) 6| 91 26,932] ı| 2 28,089|27| 2 27,269|20| 6 31 olarlıı ... 8 40,115) 511 36,543128| 7 40,297| 4| 6 37,872|—| 9 39,165| 16] 11 40,826 21] 8 Tabelle VIE. odesfälle in Breslau. Es starben in dem Jahre 1851 € >12 EEE) in den Monaten | in den Monaten | im Lebensalter Individuen Individuen - 2 S|8|s#3 = s|8| „538 ||| im Monate |. - |... |= |= |< |= | |= |= |< |- | = ı = = le |: ie je Eos „| .|2|5|e|2| 3:85 Alle la lee lee an s|E|ls|= 2|5|)3|5|5|8,>5 an = IE | RS le ß sI|82|2|5|51 8,2 sSsI|» |" l|&|5|=|>3 | 5|=2|2|2 || 5°3 =|2 5 2/=2|8/3|3|2|5|5|3|8=3 ||| E|l2/=|&[3|85|3|2|2|3|3|8|5%83 =) MA DEIN aeg a ale BE a a TR lslelalslslsislalalsialsiäös ll __ Vilelälelsislalelalsielsteee | Is /sIslels|8 |: 31%: Transport [186|180| 185/206 |192|186| 1661371801172] 148/162] 2100 | | | | | | | Abzehrung ......--++-.»- 27) 2S| 32! 31| 33) 31) 28] 29) 29| 30) 28] 26] 352 Lebensschwäche ......... 9| 18| A| 13) 6) 6) 2| 31 7) 6) 7 10 101 Janttan er: 96! 601 7, 10] 36: 25| 30! 331 39! 3410|. 380 Altersschwäche .........- 31) 29| 26| 23) 24| 20! 17) 18) 27) 20 3 24 Leberentzündung ........ 5 5 2 5 e ll 4 5 Ill oo De | 8 Anhithenks:.-Sse-2-asasıe : : { : 5 5 5 i : : ; Deberkrebser. erkın er 5 s Der | ler ie, 1 13 4 s } a Em eie.. Re. a7 5 ıl 5 5 6 21 35 ||| Leberleiden ............. sl ı[ 2] al. |. | 11. | |. | in \1)) Mokzuarı. 1 219] 25217 261212 2131522 175712221 72217291 0 Benlaass ee beamer. 1 1 2 Luftröhrenentzündung ....| 5 k 1 I. : 1. 10 A 1 3) 2 6| 3| 7) 3) 8| 5) 1) 2| 6| 47 |l|Luftröhrenschwindsucht...| 4| 2) . | 2] 2 il, 118 | März... 100) 47| 4| 10) 20) 27| 15] 35] 22) 25| 4) . | 309 Blansuchtr ee. ee ne Eee. P 5 1 1 Lungenentzündung ....... 2 3 2 61.121 29 228172210 77°20101211759 116 Bleichsuchtsees en se i Sale : : 5 A 1 \ Lunsenkatarrh ........... bier 4|. 3 21 Binlerkerkankheit SLR Le. E 5 ß 5 . H ; ; n ı Lungenleiden N EN ZH A 2 3 3 ‘ 1 4 4 35 April ...... 105| 51) 8| 16| 34| 36) 31) 38| 35) 29) 9 392 Blutbrechen ............. Nr 4| - lesen las Eee ( Lungenschlag............ °..|Imax |iore 3 1 5 } 13 Blutsturz. 2.3-228: 208. 12220172 n 1) 2 an 2 Lungenschwindsucht...... 46 2: 47| 45| 35| 46| 36) 27| 49) 29| 42] 49 499 Maker... 102| 58| 13| 10] 22] 23] 28| 19| 16| 12] 3 311 Braune 8... core genauen: 4 4, 1 1 3 2 2| 2 ) 2. Magenentzündung ...-.... 1 . 1. 1 h 1 7 Brand .......oeeeeneren. 2. 2 1 2. 1. 1]. 1 10 Magenerweichung .......- : 2 DE Aal Azoren ee 19 N 3. 26 1 al 8 3 6 Ar 3 ee il. al oa ı 3 1 SEE | see 90) Aa 10 1A 201 a2 201 3.2225 Brustentzündung ........ le U zl ulz a l llEn u! | 16 Marktschwamm .......... 5 . Nez 2,» SE: 4 Brustkrampf... «222222... 5 3 1 5 2 1 1 hä ® 5% Masern: Nieren se 5 ul r- IP; 1) 1 e|iE 3 Jule. ee 93| a5) 8S| 13| 33) 24| 24| 33| 23) 22) A| 2 I 324 Brusileiden.............- 2) or 5) 4 4 7 Nervenschlag............. le ie Bi © ||: nes 21 Brustwassersucht......... ıs| 4| 15) 17| 19| 15) 1| 2) A) 12) 9| 9 125 Nabelentzündung a ln; 1: | ? | | Be 1 August 97| 29| 6! 9 20! 11) 21| 16| 14) 1a| ı| 1 | 239 Darmentzündung ......... : e zn en l - ! P 5 De, di |. , i 3 E 1 5 | 1 gust..... C Darmschwindsucht ....... 1| . 2 el 2 3. 2 22 16 Rheumatismus ........... P O2 | 3 kihsegd kr al 3 & Durchfall .. ..s. ==. -an.. 25 Al 6]. A, 3r. 2 2m DEE 28 Rothlauieen ee 1 1.2 U 2,7% DZ au 11 September..| 104| 51| 11] 13| 26| 24] 30| 35| 28] 25) 5| 1 353 DE sr oben. 2 2 2 1 3 4) 1).| 3]. |» 2 Rückenmarkschwindsucht. \ 2 leo | 3 1 ; | 1) pilepsie ....... core.» . lei al a San . Säuferwahnsinn .......... | alles leealless bene.) : Ä 14 39| 35| 35| 39| 37| 21| 4 395 Eierung N I Eu ER Eu Be |. | 1] | 9 [N] Schaiach ........22222% al 2: 2] il 6] sl as] at a] 10 EEE 2 Hiebengg En ee nee Sail len 4 ||| Skropheln .............- 2 BROT aa. oa. ee 1 ei EEE VOLRERRRE TER. RB ] > 2 Fler : I ö 2 : 5” a RR .;: 29 2 19| 16| 44| 18| 10 1 1 “ 16 a Novemter..| 97| 70| 10] 14| 25| 32] 25| 28] 30] 14) 4 349 asizisoll nenyoser Feder 1. e : Stets me ie. 9 3) 8I 5] A| 10) 3 7 7 Gebärmutterkrebs ........ E Aline 1 31 1 113 oe 2 11 a a ng te ee ie: na tele Fl ed: 1 December ..! 86| 54! 20| 12! 20| 28! 24| 25! 22) 14! 8 313 Gelbsucht ...... u. 2er... 2 le lulen ll! le Al || Em Eee 6| 8| si 15| 6| 5| 9| 7| 11) 10) 9| 2 96 | | | | | Gicht. ......oeseeenen ons © 2. s3| 4 1|. 1 ı 12 Unterleibsentzündung ..... (0) er >) sep U Ess: 3 er: U us 3 Base Ye Bl © al | een EEE 2 1. ı 1 ® - [ 1 3 5 Unterleibsschwindsucht ... an E s zZ Bi 5 Dal - 3 R s es | | arnDliasensieine ».„.z.e.... . . . e & n = = 2 £ Wa . ee ( ( ( Herzbeutelwassersucht ....| 2) 2]. Ulli. Dee - 2 13 ont oh, ae. In - 1 = a Bi N H 3 il. p) Summe |1183|619|119 147/319 321|323 373 318|264| 67 4060 Herzleiden (org.) ........ a a u 81 Al Al Sl 2 z7ı Dal a & 47 a Se i j 1. 3 h i 1 Hirnausschwitzung ....... Da 73, Aloe Sa 29 N ZN 7, 4 2| 8| 4|. a lee 42 Todtgeborene Er: Hirnentzündung .......... A 2 ala il 5 Sl 87 Wasserkrebs ..........». : ; Sl a a u ee 1 ; 1 auge ö 2 | I: Hirnhautentzündung ...... | < Sl le 2 - I 2 © 3 14 Zungenkrebs cucnuneo.e. DT ie. ı6& ale ı a AR N 92 Hirnerweichung .......... U a ae | 5. | | Ze ae N 2a Hirnhöhlenwassersucht.....| 4| 3 3) 2) 4| 3) 3. 3% 1) 2 25 Zehrtieben nn a: In 78 gl ao gr 2 Ze 95 Total-Summe | 4236 Hirnlähmung ..........-% u 6 2 se As 3| A| 1| 2 49 Cholera Je 6| sg| a5l . 140 Hirnwassersucht ......... ad 2 Bo az 9 75 Al AgellE - Dass ren S 2 ; 3 Keuchhusten. ....2..2 2.2.2.4 9 oa 3 3 5 3 2 36 nur gr EEE NENT EETEEE FRRBEETTIER FONRIERSEL SEITEN BON ER Krämpterk.e.. :... een. >21 64 45, 48! 56| AL) 42| At| 47 “4 56| 49| 48 591 Summe [380 |354|309|392\3111341|324|239|353|395|349|313]| 4060 Krebsi nn... Auer, le.) | Seele 10 ||| Todigeborene............ 15| 10) ı2| ı0| ı7| 11) 19) 10| 9] ı6| 12) 15| 176 Kolk Here. a. 2 | ; 1 = 1 ) l : Total-Summe 4236 Latus 1801155 206| 192186] 166|137|180|172|145] 162] 2100 | | as * Tabelle WIIL odesfälle in Breslau Es starben in dem Jahre 1852 Eee —_ ee ee — — —— PT TTTTTTTTT— sen ne ee u 2222 u Bu 220 3 0 DD — in den Monaten : Individuen m Individuen | im Lebensalter © 5) m ı 5 I r Se en tn u I u Din en 5 rd 5 18-5 18131588 u 2 | 8 im Monate tet ee : an 5 = Er a © =) = =] So © - S An f=) br) 3 = „EI, = = FAR ae So a a St = 2) Se ee u ES EN 5 = an se = E s|5|5 83 s|z2|2|2|e en EU WE slelalsla 2 alalsl2lal®ss| 1:1:l&l®lsl2l3|2]|:|:l2 |: lad rel tz len — e zur- a m nn a m nn I a a a SR lERERee ee een nl = = Bes <« an = 2 a | | m in = S = S = = & I | 3 a2 S T | | ; 1231951451 m DD 0 Ip m IB m Altersschwäche ........-» 19 12 2 15 19 19| 12 18| 18 19) 10| 16 191 Krämpfe... :.2:: a “e r 2 Kl 36 198 > In m J | | | h | | | | | Aneehrungi +28 «20.2 33) 20] 35 40| 37 67| 46) 80) 531 38| 451 a7] 550 |[|Lähmung ... 0444.00. 1 Selle]... BE an 94, 61] 25, 16| 24, 20| 30) 29) 32] 20 4 355 nn BER EEREEIE U U eae Es RE sc " 5 Lebensschwäche ......... 13 . 1110| 9) 8) 6| 7| 9) io 10) 9% | Asihmak.-..4. > »kaeistsierete 9. a | ol el! d Leberentzündung........- Wlan 3.50 11 i ae Februar....% 68| 59 14| 17| 30| 3 5 re if sefeicde 4 3 7 £ 5 5, 1 5 ; u 2 g Tehenikeiltei u re Fe le u 1. Bu > 1 | 5) 22] 30 25 131 3 306 einfrass....---se- error... . . . . . . Beberkrebs rn .chencehe. 5 . B 1‘. ® : R ' 15 £ Blasenleiden ....-..- +++ - 5 ee Her ee Ban. | ll 3 Leberverhärtung ......... ; a 1. En sl “ Märzn ern. 88| 55 12] 9) 15) 29| 17| 27) 18 23] 5 298 Blausucht .....----» +++ +- 9 3 4 a. 6 1 s . a2 103 . 1 Luftröhrenentzündung Pe ir. 1 3 ) hai \ il Ä ; i | | INErnun De ee Se B) 1| 2 a 1, 1) De 37 Luftröhrensehwindsucht ...! 2) . | - el Del 1 April ...... 110) 70| 17} 36| 39| 30) 32] 28| 25) 618 all Blnngeht ER: „ee LER er ae ; I a ale 1 n E = 2 Lungenentzündung........- a 5| 5| 19) 30| 15] ıı)l 9| ı| 3] 5, 13} EI ASS 5808 SODo SSH. ° : x . ' ähmung .......... 3 ) ) | N en un Me cd I Br I I Je Bee a Sr. 10 ei, 1a A Yale: Ta Eon U 20 301 731221331 710176 360 Brand E-.ceeo.een ee ener Dun Null EHE 20 Eee 2) ı. 3) 4 11 Irseniedenh ie ir. 1 1 eg Brochif...4...6...r... | Sl. 2 13 5 Andacht ie. | Aal 46) 4 73! 50| 46| 46 June... 3 Brechdurchfall BR RE SR . 7 - 3 ‘ua u 6 l al5 63 RT ns a 4 s 5 92 n a „ 46| 30| 49, 49 uni 128| 76, 20| 24) 35| 35) 35] a1) 31 3 6 | 1) 485 Brusikrampf........... + - . . - : : B 9 : . x 1 6) Mao Er bel bie ’ . . - | Brustleiden..........---- 2 25 ı 1 le So ee 4 ne ichere Bel x ala ar. an 1 "3 1 Jule 28%... 127) 50) 14| 20] 34| 21] 23] 29] 12] 21] 6 357 Brustentzündung ......--- a 1 ; 1| 2 22 Magenkrebs ............. : 20. 17 392 A771 q D) 5 3 1 1 Brustwassersucht .......- 12) 18| 9) A| 12) 6| 15 17| 23| 16| 18| 18 168 Marken Bade ei Am es 1 “m 1} August. .... 158| 86| 24| 33] 46 27| 46| 23| 27| 24 494 Darmentzündung .......-- y . g . 1 I 3 5 Ar Allzalı 14 Nervenschlag ... 1 1 ıı | Darmschwindsucht ......- . Li; p Ar Se 16 . I U RAR IE : i i £ Durch u hreug eh he 3 3 Ron 17 tn Be 1 2 3 u ee 1 September..| 120| 75| 28| 19| 27| 36| 14| 24) 28 13] 6 390 Eiterungsfieber ........-- Sl | 2) 1 2]. 7 1 16 Kückenmrkentzunenge. - j 1 | Entkräftung ....:- Se ; 1 } 1 5 5 1 2) 2 2 11 Rückeneckschwthdkufht A Do: 2 |< See ee: 1 October 100| 60| 14| 16| 25) 25| 1S| 20| 28/ 16 5 327 Enälech> Krankheit .......- 0 Y ee h 5 z : 1 2 Rückenmarkleiden........ ir. N s EI la 1 le a ee - Ale x , Eee ER 9 ı | « 4 r ubie: ae u BL le il: A: November 88| 80) ı8| 21| 35) 27| 25] 26 30| 17] 6 373 Fäule (MHünd-). „202.0... . . 1 1 3 Säuferwähnsinn & Ken y 1 : 1 L) j 6 Fieber 3 709.378 090 I0 HA 000 2 1 1 1 1 . . 2 1 Scharlach Beach: > 30 17 6 14 4 20 18 48 39 30 37 » 278 December .. 75 sl 10 21 35 40 27 36 28 " 4 370 Briesel$.. „Ehe l ; Lau 1 3). 10 Skrophel ı 2) 2 ı 1 3 2 = | | | Gastrisch-nervöses Fieber .| 3| 1 3 1 1 2 30: 1 15 Sen BESHRESBE FF“ E 1 I 5 1 I Ih Lin ache li... hi U ER een Gebärmutterkrebs . .....». 3) - 202000 N i ı 2 11 Sony a ee e ıl ı| 2 ; s 785 pn Fo G ] 1 U Ia8 : 4 R 3 i 2 Ar Alien BE en ER . a ; . 5% . 5 ° | neun AR, 1 | hehe © 1 Schlaglluss .............. 125) 7,17, 26 9| 20) 19) 20] 12| 14| 14 181 Summe [1262!813|203|242 374|345|310 336323 Dön 69| 1 I 4486 chi... Bra he ; en ie Km 1 ı Sy RR A \ Gicht |! 1 2 | 1 ll 5 R I1| Stiekfluss ............... Sb. 65 O0 Al: ZU 2 2 2 EG 56 | SR ; 1 2 ; Stantkrampf er. sole». ee Mealed sel ls Mae Wr ı | DT ee er Al 22 il a, 4 6 ||| Typhus 2.00 z| 12) 8), 8| 9) 22) 14] 18) 14) 10 20 a) 13 Todigeborene | | Ber Hektisches Fieber Re seien . - 2 a \ s. 1 R 1 c ae eu zundung 2 Da 4 3 3 f 1 ö 4 Ä ae 44 —[ al (organische) een oa oe Rn Unteleiheschygndzucht: Be es | ek) 3 Se 6 Pe 42 Herzbeutelwassersucht . A Ze Bl 1: 92 ma >) 19 Weserkeih ER I "AB; je 18: Be i Total-Summe Hirnausschwitzung ....... sissı ac ı 5, a ao ı as & asserkrebs . ...... Erure 3 ||e a 16 1 | 2 : 1 Hi E e \ e ‘ Wassersucht (allgemeine)..| 12| 3) 2] 20 4/11 8 19 So 112 imentzündung.......... 4 61 7) 2 7 A 9 12) 101 7| 9175 92 Wochenbettfi & . 6 Bisuerweichung,. ........ 1% | a a er 2 ıenbetilieber ........ 10 2 37 21. Al 9772 bieeez5 51 Hirnhautentzündung ...... ll seele 2 Ua D) Undlichsr Sie: Eee : 5 i F ul all 2 a Hirnhöhlenwassersucht... 20 2a | 17 SEES NNE CP» Hiligelonke 1 : 2 “lien - heit... on i ı. Seo ln - i Zahnkrampf ae cdeee ec 4. 28 Ser ul 10 er : a el 4 |1|Zehrfieber ......2.2000; 36 mlıs ol) 6 91) a 9 107 Hirnwassersucht ......... aa ae : 5 En Bios 2: 1 1 Wasserleichen, Selbstmörder Kehlkopfschwindsucht ....} - |; 1 1 3]. al © 1 ı j n Un E erunelohleeree 62 2) 4 5) Lama 23 45 aten. ı 22 ae ı ı 1 9 ol Blutfleckenkrankheit...... 2 || re | Er Kia: Sawee: R Tan nn Ä 2 . 1 > OHOlera@N. 2... 020. elle Del aA r 2 Kolik FRI TEREN y Ä : ü . . . nn non ann nn pe enkranpt. 4 | la 1 9 5 E : : Summe 1355 |306 | 298) 411360 |445|357 | 494 |390 = 373 |370 n 70 le | ’ 6 Todtgeborene............ 10| 13) 10| 12] 10) 9| 6| 17| 10 14| 10 (BE PO Dr Ta TEE ar ar ner EEE EEE BEE an Cr EL CE EEE esnan ara Beeren nn Latus [121] 107| 104/126] 121 |163|120|198|158|123] 125143] 1618 Total-Summe | 4620 Tabelle IX. Todesfälle in den Arankenhäufern zu Allerheiligen, der Karmderzigen Krüder und der Efifabetdinerinnen. ‚A. Für das Jahr 1851. ar En EEE Krankheits- | Im Krankheits- Im Krankheits- Im Krankheits- Im Krankheits- | Im Krankheits- Im Krankheits- | Im Krankheits- | in Summe der formen. Hospital formen. Hospital formen. Hospital formen. Hospital formen. Hospital formen. Hospital formen. Hospital formen. Hospital Berne im Tapizııı Ay | EEE BEDSEE| Wa ai] | eg Ws 067 | [ÜBTE 7) Vie SCREEN | WERBUNG; | SENNENDENG ANREGEN 5 EBEN A = Krankheiten des .&B ia =| Krankheiten des ‚eh = = Krankheiten der = =) E Krankheiten des > = E Acute > Rn E Blutmischungs- $ S E Alters- ‚co = = Chirurgische E IS = ED = g = = 3 Respirations - und = E © Digestions- Organe E = © Urogenital- E = 5 E = 3 2 E 3 ® 3 E E E E E E = Nervensystems. | 2 |5 5] Circulations- | = 3 z jund des Bauchfells.| 2 IE systems. > = Exantheme. = E Krankheiten. | |= 3 Atrophien. 2|5% Krankheiten. | 2 |2|5| 8 | = E ® = Se systems. ES ee Königsberg...........- 73,790 2,732 3,7 688 25,1 2,409 1: 34 16 2,046 lin der städtischen Kranken-Anstalt 152 tg Te || DT — — 2 a MIchEnEn neu 85,835 3,459 4,0 1,705 49,2 2,896 1: 29 15 6,027 im städtischen allgemeinen Krankenhaus 286 Ball || =) — — s_ Be IHRES 2 ARE SAME 92,249 3,893 4,2 352 9,0 2,308 1: 39 3 2,331 Jim Bürger-Hospital 179 1:31 — | —|—| 13,915 323 1:43 —|—-|— Dresden Run be 93,980 3,947 3,9 700 17,7 3,474 1: 28 25 1,675 |im städtischen Krankenhaus 200 1:8 — 1110| — 1,391 132 1:10 Zu Breslau. cr a. cikieinee 112,230 4,632 4,1 1,163 25,1 4,236 1: 26 22 4,900 im Allerheiligen-Hospital 525 19:29 —| 8/8 9,413 713 1:13 —/|36| 7 LH 2 SEEN Ne 115,567 6,496 5,6 2,508 38,6 4,738 1:24 15 8,007 |im allgemeinen Krankenhaus 956 12:58 — | —|—| 1,929 887 12215 —I1-|1— Hambur. 2.0.26... 155,899 5,903 3 669 11,3 5,167 1:30 44 8,155 [im allgemeinen Krankenhaus 637 1:12 19 — | 9|—] 14,026 672 1:20 1| 8) — Berliner: 413,731 15,335 3,7 2,352 15,3 10,518 1:39 110 8,590 Jin der Charite 1,044 12:53 — [— | — | 48,100 1861 1:25 —|35|1 Va RE Aue 431,147 21,146 4,9 10,963 51,4 18,599 1:25 83 19,772 |im allgemeinen Krankenhaus 2,446 1:8 | —|— — — _ —I1—-|— B. Für das Jahr 1832. ae a el nn a en ae a ae AACHEN: nee 52,593 1,772 3,5 94 5,3 1,355 9 0% 4 410 |im Elisabeth- und Maria-Hospital 82 1:25 — | 81 — 6,944 187 1:18 —/)1[|6 Danzso. "u. 0... dc. 61,375 2,766 4,5 495 18,0 3,256 12-215 26 4,872 lim städtischen Lazareth 412 ehe | — — — = Koniesbere.n......... 75,587 2,675 35 567 211 3,470 1:21 33 3,145 Jin der städtischen Kranken-Anstalt 298 1:109—| 7| 2 — == 7 2 | „ls Münchenz.........1 „= 87,850 3,417 3,8 1,601 46,8 3,084 1:28 14 7,181 |im städtischen allgemeinen Krankenhaus 343 12.232 0 ln — Karo 2 — | ROlng.#. .2.0..0 Ber: 96,524 4,022 4,1 340 8,4 2,761 1:34 3 3,608 im Bürger-Hospital 184 1:17 9 — | —|—| 15,622 393 1:39 —l—ı— Dresden .-.-....83..0 101,426 3,919 3,8 713 18,1 3,340 1: 30 23 1,739 {im städtischen Krankenhaus 317 1:8 — | 10| — 1,289 119 1% 10 2 —_ Breslank.. !.%.. 2. Incan 116,235 4,767 4,1 949 19,9 4,620 15-225 37 5,047 |im Allerheiligen-Hospital 572 17:8 — | 8/10) 10,548 809 1:13 — |22 | 10 ae 124,181 6,680 5,7 2,608 39,0 4,809 1: 25 7 8,591 |im allgemeinen Krankenhaus 1,041 10:28 —1—|—| 14,406 787 1:16 — I Hambume.4..2....4..:% 158,775 6,032 3,7 778 12,8 5,451 1: 30 59 6,810 Jim allgemeinen Krankenhaus 675 1:10 | — | 11) — | 15,369 809 1:18 1| S| — Berlin A. 1. 0 2. 4 423,846 15,489 3,6 2,389 15,4 11,161 1:37 144 9,550 Jin der Charite 1,076 1:8 a ; 492509 | 1,974 1: 24 — |24| 6 Moene .) 8 0. 441,000 21,764 4,9 11,073 50,8 19,096 1:23 44 21,190 |im allgemeinen Krankenhaus 2,684 1:72 1— | —|—-1| 3,886 967 1: 24 Be 7 ee He 251 2) Missgeburt, dem Anscheine nach ein wahrer Acephalus, doch in der That mit Rudimenten des Kopfes an dem oberen abgerundeten Körperende versehen, wo sich eine Oeffnung als Andeutung der Mundspalte, darüber eine rundliche Wulst, endlich eine Spur des Schädels mit seitlichen blasenartigen Anhängen, wohl Andeutungen der Augäpfel, findet. Obere Extremitäten nur rudimentär, namentlich rech- terseits Andeutung einer Hand. Die Achsel- und Brustwarzengegend durch Gruben bezeichnet. Thorax unvollständig. Nabelbruch. Geschlechtstheile unvollkommen , zeigen Hypospadie oder sind weiblich mit stark entwickelter Clitoris. Genauere Untersuchung ist noch vorbehalten. 3) Bei der Leiche eines zwischen 30 und 40 Jahre alten Mannes auf der hiesigen Anatomie fand sich eine Missbildung der Gefässe, indem die vena pulmonalis sinistra superior in die linke V. subelavia, da, wo sie sich mit der V. jugalaris verbindet, mündet. Das dem Herzen zugeführte Blut war also in höherem Grade arteriell, das von hier zu den Lungen strömende weniger venös als im nor- malen Zustande. 4) Eine sehr seltene Form der Missbildung beobachtete B. bei einem während einer Zwillings- Schwangerschaft erfolgten Abortus. Ausser einerf"entwickelten Fötus fand sich nämlich noch ein schein- bar rumpfloser Kopf vor, dessen unteres kegelförmiges Ende in eine Nabelschnur überging, welche mit den Eihäuten zusammenhing. An dem unteren kegelförmigen Ende des Kopfes finden sich Spuren einer Luftröhre, Lunge, einer Rippe, des Pharynx und des Oesophagus, welcher in dem scheinbaren Nabel- strang nach abwärts steigt. Da, wo sich dieser mit den Eihäuten verbindet, zeigt sich eine kleine Höhle, welche den Magen und Rudimente eines Darms enthält. (Die nähere Beschreibung dieses höchst interes- santen Falles findet sich in der mittlerweile erschienenen Schrift: Ueber Pseudocormus, oder der schein- bar rumpflose Kopf. Ein Glückwunsch, dem Geh. Rath Prof. Dr. Fr. Tiedemann zum 10. März 1854, dem Tage seines 50jährigen Doctor-Jubiläums, dargebracht von Dr. H. Barkow. Breslau 1854, bei F. Hirt.) ——— 7 ——- mil aa asın aux Daur 0] art darah,.ke a ent OA or € 7277777 nu 9 FIEZ ML Ze rer 3% $ where Fr ern a a u naht rl Aa a RR sy urn ra "WELT ET u we il mbar. saure IUB; Bari: nano te ai | ‚tokaidtün Wish Input 7 ah vi = on al ahnen Tea ara wol a nid nor er Jienshu han, aa" bu basılayl, apa jack 1 BIETET Tr dar Pr. ee aan de Ha rt | are ern nt Rir ah € we 1 en Ben En sdalayr sl, van ee IR eazinilaged Aorayp gi nn ara als, aba u ar be 4 a Durune eiglı B R: “det. oniaduindae rs mi Are eyuckor 0 ao bau zart sa f a udoH anal ana. Ania Iziaa, Zehnder a WI ash Hi wi die sw r -ermtul adoöıl angel auickinsdientl Antike »Ä ladenn zurınel wonle " [. -niadse ab abo „pumasobasıt dal inimbe paaytaidoaıg surems R 4 age Tan ap: husupb+iT 17, 40 Ind u ft dei) oh R' belaıll \modraul U Ad der Ion ne .. BT bike su u nn Ka A REED Tan .. ne di 2 ‘ ’ ri - i a2} u EI Dr r’/5 N a Pe be A ie \ ah = 2 Eden Dee Re Hy BAR A Pie se een . Irma}. Luz “ Bf b, u 253 Bericht über die Thätigkeit der Section für Obst- und Gartenbau im Jahre 1853 Dr. Wimmer, zeitigem Secretair derselben. D.. Section hat im Laufe des Jahres 15 Versammlungen gehalten und zwei Blumen und Frucht-Aus- stellungen veranstaltet. Vorträge wurden gehalten: Von dem Herrn Präses Prof. Dr. Goeppert: 1) Ueber die Arten der Sippe Hex. 2) Wachsen Rosen auf Eichen? 3) Mittheilungen über die Landesbaumschule bei Potsdam. Von Herrn Kunstgärtner E. Monhaupt: Ueber die Kultur der Cyelamen - Arten. Von Herrn Inspektor Neumann: Ueber die Kultur der Rheum-Arten und deren Benutzung. Von Herrn Kunstgärtner Schulze: Ueber Pflanzen, besonders monokotyledonische, welche sich zur Zimmerkultur eignen. Von Herrn Kaufmann Hustein: Ueber Entwickelung und Erziehung der Farrn. Von Herrn Privatdocenten Dr. Cohn: Mittheilungen über die auf einer Reise nach Süddeutsch- land gesehenen Gärten. Von Herrn Director Dr. Fickert: Ueber Hebung der Obstbaumzucht in Schlesien. Von Herrn Inspector Neumann: Ueber Kultur des Ullueus tuberosus. Die wichtigsten Verhandlungen waren folgende: Die Wahrnehmung, dass weder das Bestehen noch die Zwecke der Section hinreichend bekannt seien, so wie der Wunsch, die vielen in der Provinz zerstreuten Kräfte mit sich zu verbinden, veranlasste den Gedanken, durch Aufforderung eine grössere Anzahl von Mitgliedern in der Provinz zu gewinnen. Diese sollten einerseits durch Vertheilung zunächst von Edelreisern guter Obstsorten und von Sämereien weniger gekannter Gemüse, dann durch zu erstattenden Bericht über die Resultate des Anbau’s, so wie durch Empfang der gedruckten Jahresberichte über die Verhandlungen der Section mit derselben in einen lebendigen und erspriesslichen Wechselverkehr gebracht und dadurch die Absicht der Section, sich auch nach aussen hin anregend und verknüpfend zu bethätigen, gefördert werden; indem sie sich selbst die 254 Verpflichtung auferlegte, die Ausbreitung des Neueren und Besseren zu vermitteln. Wenn sie sich auch nicht verhehlte, dass eine solche Thätigkeit nur allmälig angebahnt werden, und dass man für den Anfang nicht grosse Erfolge hoffen könne, so war sie doch der Ueberzeugung, dass auf diesem Wege Alle diejenigen, welche sich für die von ihr vertretenen Kulturzweige interessiren und zur Hebung des Garten-, Obst- und Gemüsebaues mitwirken wollen, nach und nach mit ihr in engere Gemeinschaft treten und verbleiben würden. Nach allseitiger Erwägung und nach erfolgter Genehmigung wurde beschlossen, an sämmtliche Gutsbesitzer, Landwirthe, wie auch an Pastoren uud Lehrer Einladungsschreiben zum Beitritt ergehen zu lassen. Das Einladungsschreiben, welehes den Gedanken der Section näher erläutert, war Folgendes: „Bei der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur zu Breslau besteht seit sieben Jahren eine „Section für Obst- und Gartenbau,“ welche sich die Förderung dieser Kulturzweige in der Provinz zur Aufgabe gestellt hat. Die Statuten derselben liegen hier bei. Nach denselben ist von dem Präsidium der Schlesischen Gesellschaft gestattet: dass gegen jährliche Erlegung von Einem Thaler dieser Section auch solche Mitglieder beitreten können, welche nicht Mitglieder der Schlesischen Gesellschaft überhaupt sind; dass die Section für Obst- und Gartenbau ihren von der Gesellschafts-Kasse getrennten Separatfond selbstständig verwalten kann. Die Section hat in einer Reihe von Jahren zur Hebung dieser Kulturzweige 1) jährlich zwei Blumen- und Frucht-Ausstellungen mit Prämienvertheilungen veranstaltet, 2) Reiser von edleren Obstsorten angeschafft und unentgeltlich vertheilt, 3) seltene und neue Topfgewächse angeschafft und zur Vermehrung und Verbreitung vertheilt, 4) Sämereien hier noch wenig oder gar nicht gekannter Gemüse zum Versuchsanbau und zu wei- terer Verbreitung angekauft und vertheilt. Indem die Section hierbei aber auf den engeren Kreis ihrer in der Hauptstadt wohnhaften Mitglieder beschränkt gewesen ist, glaubt sie ihre Aufgabe nur zum Theil erfüllt zu haben. Sie hat zwar darnach gestrebt, Theilnahme für ihre Bestrebungen auch ausserhalb Breslau’s zu erwecken, und sie muss es dankbar anerkennen, dass der Beitritt neuer Mitglieder aus verschiedenen Gegenden der Provinz in der letzten Zeit die wachsende Theilnahme an ihrer Aufgabe und Thätigkeit bekundet. Allein die Section glaubt es der Bedeutung der Kulturzweige, deren Förderung sie im Auge hat, schuldig zu sein, eine grössere und allgemeine Betheiligung an denselben zu erwecken und die in der vaterländischen Provinz zerstreuten Kräfte mit sich zu verbinden. Mit der Grösse der Betheiligung und der Zahl ihrer Mitglieder werden auch die Mittel derselben und ihre Fähigkeit wachsen, ihre Aufgabe in einem würdigen Maassstabe zu erfüllen. Insbesondere wird es ihr dann möglich sein, Reiser von edlen Obstsorten aller Art, wie sie dem Klima zusagen, -Sämereien von Gemüsen, welche acclimatisirt zu werden verdienen, und von denjenigen Artikeln der Blumenkultur, deren Verbreitung zweckdienlich erscheint, in ausgedehnter Weise anzuschaffen, auf Verlangen zu ver- theilen und die Berichte über das Resultat der Anbauversuche zu registriren und zu veröffentlichen. Ueber alles dies wird in dem jährlichen Bericht, welchen die Mitglieder erhalten, vollständig Rechen- schaft gegeben. Die Section glaubt zunächst Diejenigen, welche mit ihren Interessen und ihrer Thätigkeit in der nächsten Berührung stehen, zur Theilnahme und Mitgliedschaft auffordern zu dürfen. Wem sollte mehr daran liegen, als den Herren Gutsbesitzern und Landwirthen, dass edlere Obstsorten allmälig die schlech- teren verdrängen, dass neue und wohlschmeckende Gemüse eingeführt und verbreitet, dass der Anbau zierlicher Blumen und Gehölze erleichtert und vermehrt werde! eu re demnach geneigt sein sollten, um Ihrerseits die Zwecke der Section zu unterstützen, entweder der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur überhaupt (bei welcher der Jahresbeitrag Vier Thaler beträgt , oder nur deren Section für Obst- und Gartenbau als Mitglied beizutreten, so ersuchen wir Sie ergebenst, das beiliegende Schema auszufüllen, mit Ihrer vollständigen Unterschrift unterzeichnen und der nächsten Pustanstalt zur Beförderung an uns übergeben zu wollen. Breslau, im Januar 1854. Die Section für Obst- und Gartenbau.“ Es hat diess den erfreulichen Erfolg gehabt, wie wir hier vorgreifend berichten wollen, dass bis zur Mitte des Jahres 1854 der Section 215 neue auswärtige Mitglieder beigetreten sind, und der nächste Jahresbericht wird Rechenschaft darüber geben, wie die Seclion ihre übernommene Zusage sofort zu realisiren bedacht gewesen ist. Wir dürfen uns sonach der Hoffnung hingeben, dass es uns je länger je mehr gelingen werde, den Bestrebungen der Section eine nachhaltige Wirksamkeit zu sichern. In der Ausbreitung dieser Wirksamkeit wird sie die lohnendste Anerkennung ihrer Bemühungen finden und sich auch über gegnerische Bestrebungen zu trösten wissen. Ausserdem sind der Section aus der Stadt Breslau selbst 7 Mitglieder beigetreten. Ausgeschieden sind im Laufe des Jahres 20 Mitglieder. Im Verfolg des pag. 161 und 162 des vorjährigen Berichts mitgetheilten Beschlusses wurden drei hiesige Gemüsebauer, die Herren Erbsass Bloch und Gerichtsscholz Timmler zu Gabitz, und der Erbsass Freytag auf Siebenhuben veranlasst, Kulturversuche mit feineren Gemüsen, wozu ihnen die Samen von der Section geliefert wurden, anzustellen, und dieselben kontraktlich verpflichtet, nicht allein die Resultate des Anbaus auf der Herbstausstellung vorzulegen, sondern auch über dieselbe, so wie über die bei dem Verkauf gemachten Wahrnehmungen der Section seiner Zeit genauen Bericht zu erstatten. Die Beschaffung und Vertheilung der Samen hatte Herr Obristlieutenant a.D. v. Fabian übernommen, welcher sich mit dem Freytag in Verbindung setzte, während Herr Kaufmann Müller mit Timmler und Bloch verhandelte. Alle drei haben Proben der von ihnen erbauten Gemüse auf der Herbstaus- stellung vorgelegt, wo dieselben die Aufmerksamkeit der Hausfrauen und Kenner in hohem Grade auf sich gezogen haben. Ueber die Erfolge hat nur Herr Bloch der Section einen Bericht abgestaltet, doch hatten die Herren v. Fabian, Frickinger, C. Monhaupt und Neumann im Auftrage vorher an Ort und Stelle von der Kultur und deren Resultaten Kenntniss genommen und darüber berichtet. In Folge dessen wurden die Prämien, wie weiter unten angegeben ist, zuerkannt. — Der gemachte Versuch muss also als gelungen bezeichnet werden, wie sich sowohl daraus ergiebt, dass von diesen Gemüse- sorten eine namhafte Anzahl auf dem Markt den günstigsten Absatz zu guten Preisen gefunden hat, so dass Bedarf und Nachfrage zum Theil nicht mehr befriedigt werden konnte, als auch dass die genannten Kultivateurs die Ueberzeugung gewonnen haben, dass dieser Anbau nützlich und lohnend sei, und sich die Fortsetzung desselben aus eigenem Antriebe werden angelegen sein lassen. Um hier nur Einiges anzuführen, ergiebt sich aus den Blochschen Berichten, dass Drumhead-Wirsing, Rosenkohl, Wie- ner Glaskohlrabi, von Salaten der Doppelkopf, der grosse rothkantige asiatische, der krause Moos- bindsalat, mehrere Busch- und Stangenbohnen, St. James-Zwiebeln, Altrigham-Möhren, Bassanorüben, 39 256 gelbe Mairübe, mehrere Rettig-Arten, die gelben Wiener und die rothen und weissen holländischen Ra- dieschen nicht blos gut gerathen waren, sondern auch begierig gekauft wurden. Brokkoli war zu spät gesät worden, lieferte aber doch ein gutes Produkt. Mehrere dieser Sorten können geradezu als ein neuer Erwerb für unseren Gemüse-Markt bezeichnet werden. Die Section wird auch ferner diesen Ge- genstand im Auge behalten. Dagegen sind die Kulturversuche des Lehrer Barth in Langenhof bei Bernstadt, welchem die Section auf sein Ansuchen gleichfalls Gemüse -Sämereien mitgelheilt hatte, laut eingegangenen Berichts, ohne Erfolg gewesen. Der Vorstand des Landwirthschaftiichen Centralvereins hat dem Präsidium der Gesellschaft folgende Eröffnung zugehen lassen: ‚‚Dem verehrlichen Präsidium der Schlesischen Gesellschaft übersenden wir beifolgend den Betrag von 50 Thalern zu Prämien bei der diesjährigen Ausstellung von Früchten und Gartengewächsen. Den in früheren Jahren gewährten Betrag von 100 Thalern auch in dem laufenden Jahre zu gewähren, sind wir zu unserm Bedauern durch höhere Anordnung verhindert.‘ Der Verein zur Beförderung des Gartenbaues in den Preussischen Staaten zu Berlin hatte Programme zu der in Naumburg a. d. Saale vom 9. bis 13. Oktober stattfindenden Ausstellung von Gemüse, Obst und Wein eingesandt und zur Betheiligung an derselben aufgefordert. Die Bemühungen des Sekretairs, eine Betheiligung der Section an dieser Ausstellung wenigstens durch Absendung eines Deputirten zu Stande zu bringen, scheiterten aus Ursachen, deren Erörterung nicht hierher gehört. Die Section machte indess durch einen kleinen Artikel in den Zeitungen auf diese Ausstellung aufmerksam. In wie weit dies eine Folge gehabt und wer aus Schlesien jene Ausstellung beschickt oder besucht hat, darüber ist der Section keinerlei Nachricht zugegangen. Der Kunst- und Handelsgärtner Schulze machte in einem Schreiben an die Section auf die von ihm kultivirte Wietoria regia aufmerksam. Die Section beschloss in Anerkennung dieser verdienstlichen Leistung als eine ausserordentliche Prämie demselben die grössere Sections-Medaille zuzuerkennen. Das ungünstige Einnahme-Resultat der beiden Ausstellungen dieses Jahres, von denen die erste zwar einen Ueberschuss von 63 Thalern gewährt, die zweite aber ein Deficit von 27 Thalern zur Folge gehabt hatte, ein Ergebniss, welches mit der aufgewandten Mühe und den von den Mitgliedern im Inter- esse der Sache gebrachten Opfern in gar keinem Verhältniss steht, veranlasste die Erwägung, ob es nicht räthlich sei, die Ausstellungen im nächsten Jahre ausfallen zu lassen. Da man es indess als eine Ehrensache erkannte, das begonnene Werk nicht zu unterbrechen und durch Ausdauer die Theilnahme des Publikums zu gewinnen, so wurden auch die Programme für zwei Ausstellungen des nächsten Jahres berathen, jedoch beschlossen, im Herbst nur eine Austellung von Obst und Gemüse zu veranstalten, für diese aber eine möglichst allgemeine Theilnahme in der ganzen Provinz anzuregen. Zwei seltenere und wichtige Werke: Risso, Histoirenaturelle des Orangers. Paris 1818—1824 in A. und Diel’s Pomologie. 18 Bände in. wurden angekauft und der Bibliothek der Schlesischen Gesellschaft einverleibt. Wenn es der Section eben so unerwartet als unerklärlich erschien, dass im Schosse des hiesigen Landwirthschaftlichen Vereins von einer gewissen Seite der Vorschlag auftauchte, bei demselben eine Section für Obst- und Gartenbau zu begründen, um so unerwarteter, als unsere Section bemüht gewesen ist, Beziehungen nach allen Seiten zu eröffnen und festzuhalten: so musste es ihr zu um so grösserer Freude gereichen, als sie vernahm, dass dieser hochachtbare Verein, an dessen Spitze Herr Oekonomie- rath Elsner mit segensreichem Erfolge wirkt, in gerechter Würdigung des schon Bestehenden diesen Antrag beseitigt, seine Mitglieder auf unsere Section hingewiesen und dadurch einem unseligen Partiku- larismus und Zerspitterung der Kräfte vorgebeugt hat. 257 In der letzten Versammlung des Jahres wurde der bisherige Sekretair durch die vorgenommene Abstimmung zur Fortführung seines Amtes für die nächsten zwei Jahre aufgefordert und erklärte sich dazu bereit, indem er für das Vertrauen und die Nachsicht der Section dankte und für die ihm durch Herrn Kaufmann Müller in der Besorgung der Geschäfte auf die uneigennützigste Weise gewidmete Hilfe seine dankbare Anerkennung an den Tag legte. Da Herr Kaufmann Hüser dem Sekretair der Section seinen Wunsch zu erkennen gegeben halte, von dem Amte eines Stellvertreters enthoben zu werden, da es zweifelhaft sei, ob er ferner in Breslau dauernd verbleiben werde, so brachte der Sekretair dies zur Kenntniss der Section. An seine Stelle wurde Herr Kaufmann Müller gewählt, welcher sich später erklärte, diese Wahl annehmen und der Schlesischen Gesellschaft als Mitglied beitreten zu wollen. Es folgen nun die Berichte über die in diesem Jahre veranstalteten beiden Ausstellungen: Die Frühjahrs- Ausstellung hat stattgefunden vom 26. bis incl. 29. April in dem Gartensaale des Restaurateur Kutzner, Gartenstrasse Nr. 19. Die Einräumung und Anordnung begann am 25. Morgens 6 Uhr und war bis um 11 Uhr Vormittags am 26. vollendet. Die Ausräumung erfolgte am Vormittage des 50. April. Die Ausstellung wurde gegen Eintrittsgeld besucht von 2315 Personen. Abonnements-Karten für die Dauer der Ausstellung waren nur zwei entnommen worden. Ausser den zur Dekoration dienenden grösseren und kleineren Gewächsen, welche von der Städti- schen Promenade, der J. G. Pohl’schen Handelsgärtnerei, den Herren Trewendt, C. Ertel, Zeisig sen., Graf Hardenberg und einigen andern freundlichst bewilligt wurden, waren eingeliefert Gegenstände der Gartenkultur und Gartenarbeiten von 32 Ausstellern: darunter von 6 Auswärtigen. Unter den 26 Ausstellern aus Breslau waren 2 öffentliche Anstalten; der Königl. botanische Garten und die Städtische Promenade, und 5 Kunst- und Handelsgärtner. Es waren ausgestellt: 1) Getriebenes Gemüse: a) Kartoffeln und Bohnen vom Kunst- und Handelsgärtner Ed. Monhaup!t. b) Kartoffeln in 2 Sorten, Gurken, Bohnen, Oberrüben und Salat vom Hofgärtner Burgund in Schlawentzitz. e) Radieser und Champignons vom Kunst- und Handelsgärtner Schulze. d) Salat und Radieser vom Gerichtsgeschworenen Bloch. 2) Ueberwintertes Gemüse. a) Kartoffeln in 3 Sorten, Oberrüben, Knollensellerie, Mohrrüben, Zwiebeln und Petersilie vom Ge- richtsgeschworenen Bloch. b) Topinambur von Inspector Neumann. 3) Gartenarbeiten. a) Bouquets in französischem Geschmack von Fräulein M. Pohl. b) Blumenfächer vom Kunst- und Handelsgärtner Hübner in Bunzlau. e) Ein Naturtisch vom Kunstgärtner Winkler. 4) Früchte. Zwei Kästen Maissorten vom Erblandjägermeister Grafen Reichenbach-Brustawe (nebst einer Auskörnungs-Maschine). 5) Gewächse in Töpfen (mit Ausschluss der Dekorations-Pflanzen). 1947 Stück, und zwar hierbei 304 Hyazinthen. ...........00... 2mal als Sortiment. 270 Azalea indica und A. pontica.. 3, * 33° 165 Camellia japoniea...........:- 3mal als Sortiment. 120 Cineraria hybrida...2.......+-» Di, 9 m 82 Rhododendron arboreum......»: Byprnsf ;7 81 Erica-Arten. Fadencha.... ie ruuns nn. A bli,nc,; 55 77 BRodasu)!. auwion (ana Aue ai 10,00 F AD Beganiiai...... uw sole nl tan un | ur r 52 Prima acaulis... zu... 22.2200: B lag 3 MM Drücasma:i is: :a.in. dal urlılar Kagerıg 1 129 Tulipa pubescens et T. Gesneriana 1, , 54 45 Narecissus Tazetta. 11 Pseudo- Nareissus . ».....2..:..» Er? N Die Anordnung der Ausstellung war von dem Geschäftsführer der J. G. Pohl’schen Gärtnerei, Herrn Kunstgärtner G. Erckel, übernommen worden. Das schon in den beiden letzten Ausstellungen beliebte und allgemein beifällig aufgenommene Ar- rangement wurde auch diesmal beibehalten, dass neben geeigneter Dekoration der Wände, an denen Tische vertheilt waren, der Hauptraum des Saales mit Parterregruppen besetzt wurde, in welchen die Gewächse in Sand und Moos standen, von Bruchsteinen begrenzt und eingefasst. Nur bei dieser Art der Aufstellung ist es möglich, dem Ganzen ein gefälliges Aussehen zu geben, die Sortiments und Gruppen so zu stellen, dass sie sich wirkungsvoll präsentiren, endlich die Vertheilung des Stoffes .auf eine ge- schmackvolle Weise zu bewirken. Leider gebrach es diesmal an einer hinreichenden Menge grösserer Dekorationspflanzen. Parterregruppen waren sechs. Die erste unmittelbar vor der Eintrittsthür des Saales enthielt ein Sortiment blühender Hyacinthen, bestehend aus 142 Stück in allen Farben und Formen, des Kaufmann F. Nitschke. (Gärtner Scholz.) Die zweite, links von der ersten, zerfiel in zwei Gruppen verschiedener Pflanzen; eine des Kunst- gärtner Hübner in Bunzlau, eine Anzahl schöner Rosen, Hyacinthen, Tulpen, Camellien und Azaleen enthaltend; und eine des Kaufmann F. Nitschke aus verschiedenen Pflanzen, unter denen mehrere Camellien und mehrere Ahododendra hervortraten. Auch waren hier ein Rhododendron Gibsoni des Kunstgärtner Breiter, ein reich mit purpurrothen Blüthen beladenes Azalea-Bäumchen der Priorin des Klosters der Elisabethinerinnen und 2 früchtetragende Zwergbäume von Citrus Aurantium des Kunstgärtner Hübner aufgestellt. Die dritte Gruppe, rechts von der ersten, bestand ebenfalls aus 2 Gruppen, die vordere vom Kunst- gärtner Ed. Monhaupt aus Camellien, Cinerarien, Cyelamen, Lack und Levkoyen, Paeonia Mutan, Arum Dracunculus, Azalea pontica, Rhododendrum ponticum, Farnkräutern u. a. zusammengestellt; die hintere vom Kaufmann E. H. Müller aus verschiedenen blühenden und Blattpflanzen, unter welchen 15 Cineraria hybrida und 2 Exemplare des Conoclinium janthinum, vom Gärtner Friekinger zusammen- gestellt. Vom dritten Tage ab befand sich hier ein Prachtexemplar der Jris Susiana des Herrn Parti- kulier Wartensleben. Die vierte Gruppe, hinter der ersten, gegen die Mitte des Saales zu, vom Kunst- und Handelsgärtner Breiter, enthielt eine Fülle schöner blühender Pflanzen, 300 Töpfe, darunter 150 Azaleen (hierbei Prinz Albert, Baron Hügel, Exquisita, Optima), 80 Camellien, 25 Rhododendrum ponticum und arboreum, 30 Erica, 15 Daphne indica und 15 Acaeiae. 259 Die fünfte Gruppe, in der Mitte des Saales gegen die rechte Seite, bestand aus Zwiebelgewächsen des Kunstgärtner Ed. Monhaupt, 139 Hyazinthen (darunter der schwarzblaue Prinz Albert), 43 Tazetten, 11 Narzissen,61 Tulpen, 8 Crocus, 3 Amaryllis ete. Die sechste Gruppe, gegen den hinteren Theil des Saales in der Mitte, bestand zum grössten Theile aus seltenen und prachtvollen Blattpflanzen, grösstentheils Warmhausgewächse, welche von dem Königl. botanischen Garten namentlich auch zu dem Zwecke ausgestellt waren, um zu zeigen, wie Blatt- pflanzen zur Dekorirung verwendet und geschmackvoll und wirksam gruppirt werden können. Es waren 99 Stück. Die Mitte nahm ein Rhododendron arboreum von S Fuss Höhe ein. Nächst einer Anzahl Palmen (Ceroxylon andicola, Chamaedorea Schiedeana, Rhapis flabelliformis), Farn, Cykadeen und Liliaceen (Dracaena 5 Arten, Cordyline, Charlwoodia, Lomatophyllum, Dasylirion acrotrichum, Cri- num, Strelizia, Alpinia, Maranta, Puya, Pitcairnia) heben wir noch Cafea arabica, Astrapaea tiliae- folia, Cinnamomum eucalyptoides und dulce, 2 Araliae, Cecropia palmata, Begonia tomentosa, Xylo- phylla speciosa als besonders bemerkenswerthe Exemplare hervor. — Zur Seite rechts war eine Gruppe der von Ihro Durchlaucht der Frau Herzogin von Sagan-Kurland (Garten-Inspector Teichert) eingesandien Pflanzen, bestehend aus 13 selteneren Sorten der Azalea indica, 2 Cytisus fragrans, Gnaphalium foliosum, Pimelea spectabilis und 3 Rosa bourbonica, aufgestelll. — Am Hinterrande befand sich eine kleine Gruppe aus der Gräflich zu Herberstein’schen Gärtnerei zu Grafenort, durch Herrn Kunstgärtner Schlegel eingesandt, Acacia grandis, ein Sämling aus Kew, Azalea indica Duke of Devonshire, striata formosissima und Iveryana, Erica linnaeoides und 29 abgeschnittene Sämlinge von Cinerarien enthaltend. An den Wänden waren folgende Gegenstände aufgestellt. Die Eingangsihür war an beiden Seiten durch hohe Cypressen des Kaufmann Zeisig sen. dekorirt. Auf der linken Seite schlossen sich an: zwei Tische mit Pflanzen des Kaufmann L. Heyne, darunter eine Collection von 52 Varietäten von Primula acaulis; von demselben waren Dekorationspflanzen in der nordöstlichen Ecke aufgestellt. Die andere Hälfte der östlichen Wand nahmen 3 Tische ein, der erste mit getriebenen Gemüsen vom Hofgärtner Burgund in Schlawentzitz, der zweite mit einigen selteneren Camellien (C. imbri- cata fimbriala, Leeana superba etc.) und zwei neuen schönen Aurikeln des Kunstgärtner Breiter, der dritte mit verschiedenen blühenden Gewächsen der städtischen Promenade (Inspektor Schwa- ger). — Die Mitte der Wand unter der grossen Loge nahm eine grosse Dekorationsgruppe grösstentheils aus der J. G. Pohl’schen Gärtnerei ein, welche bogenförmig gegen die Mitte des Saales einspringend in ein Moosparterre auslief, das links eine Azaleengruppe, in derMitte eine Acaziengruppe und rechts eine Rho- dodendrongruppe trug. Die Azaleengruppe aus der Fürstlich Hohenlohe-Oehringen’schen Gärtnerei zu Schlawentzitz (Hofgärtner Schwedler) enthielt 11 Sorten in 12 Exemplaren Azalea indica in reichster Blüthe, namentlich A. aurantiaca, candida, Couleur de Lacce, Duc de Brabant, exquisita, flora, Gledstanesii vera, lateritia, purpurea magnifica, striala calamistrata, variegata, und nächstdem noch Cytisus Atleyanus, und BRhododendron cocceineum und serotinum. Die Collection von Acacia vom Kaufmann E. H. Müller (Gärtner Frickinger) enthielt ausser einem schön gezogenen baumarligen, bei 6'/, Fuss Höhe, 7 Y, Fuss Kronenweite haltiendem Exemplar der Acacia armata, 24 Arten in 36 Exem- plaren. Die Gruppe der Athododendron arboreum in reich und schön blühenden Exemplaren aus dem Zwingergarten (Gärtner Schönwälder). — Den hinteren Theil dieser Wand nahmen wieder drei Tische mit verschiedenen Gemüsen von Bloch, Ed. Monhaupt und Neumann, Blumensträusse von M. Pohl und ein reichblühender Caetus alato-speciosus vom Geheimen Justizrath von Paczenski- Tenczin ein. 260 Die südwestliche Ecke war mit einer Pflanzengruppe des Kaufmann C. Ertel dekorirt, deren Hin- tergrund zwei riesige Buxus-Bäume bildeten. Auf den nächsten Tischen an der westlichen Seite befanden sich kleine Gartenarbeiten und Liliputpflanzen vom Gärtner Scholz und eine Epheulaube nebst Fieus elastica und Rosen von Frau Polizeikommissar Rüd. Die Mitte nahm eine grössere nach vorn in ein Moosparterre vorspringende Dekoration, aus Pflanzen des Kaufmann Eichborn, Kaufmann Zeisig sen. und Grafen Hardenberg (Ficus elastica) gebildet, ein. Auf der hinteren Seite dieses Moosparterres war eine Collection von 21 Dracnena- und 5 Cordyline-Arten des Geheimen Medizinalraih Dr. Betschler aufgestellt; auf der vorderen eine Sammiung ausgewählter Pflanzen des Dr. Rutsch (Gärtner Baudiss), darunter namentlich 5 Araucariae, 11 Begoniae in 13 Exemplaren, 5 Acaciae, 4 Farn, 1 Tillandsia glo- riosa, Cytisus Atleyanus und floridus. Auch waren hier ein Trilium grandiflorum des Inspector Neumann und eine Sazifraga lingulata des Kunstgärtner Breiter ausgestellt. An die vordere Hälfte dieser Seite schlossen sich drei mit Biumen besetzte Tische an, von welchen der erste mit blühenden Gewächsen und Blattpflanzen aus der Freiherrlich von Seydlitz’schen Gärtnerei zu Hartlieb bei Breslau, die beiden anderen aus dem Garten des Kunstgärtner Schulze hierselbst besetzt waren. Die nordwestliche Ecke war durch Gewächse des Buchhändler Trewendt dekorirt und an diese schloss sich auf der rechten Seite der nördlichen Wand eine vom Gärtner Grunert wohlarrangirte Gruppe mit Pflanzen aus dem Garten des Kaufmann Milde an. Die zur Preisvertheilung ernannte Kommission, bestehend aus dem Professor Dr. Goeppert, Land- schafts-Direktor v. Rosenberg-Lipinski, Direktor Wimmer, Hofgärtner Schwedier, Hofgärtner Braun, Kaufmann Müller, Kunstgärtner Breiter und dessen Stellvertreter Kunstgärtuer Ed. Mon- haupt, versammelte sich am ersten Ausstellungstage Nachmittags um 3 Uhr. Sie bestimmte folgende Preisertheilungen: 1) Eine silberne Medaille der Schlesischen Gesellschaft für das wohlgelungene Arrangement, Herrn Kunstgärtner Erckel, Geschäftsführer der J. G. Pohl’schen Gärtnerei. 2) Eine silberne Medaille der Schlesischen Gesellschaft für seltene und neuere Camellien, Herrn Kunstgärtner Breiter. 1 3) Für die gelungenste Zusammenstellung gut kultivirter blühender und nicht blühender Pflanzen: a) die Prämie (ein Etuis mit Gartengerätken ven Gebr. Dittmar in Heilbronn) der Gruppe No. 13 des Kunstgäriner Herrn Breite,r; b) das Accessit (eine Blumenvase) der Gruppe No. 5 des Kaufmann Herrn F. Nitschke; 4) Für das grösste und schönste Sortiment blühender Pflanzen einer Gattung: a) eine Prämie (ein Reisenecessaire von Gebr. Dittmar) der Gruppe No. 12 des Hofgärtner Herrn Schwedler; b) das Accessit (ein Thermograph auf Metall) der Gruppe Hyazinthen No. 1 des Kaufmann Herrn F. Nitschke. 5) Für ein einzelnes blühendes Pflanzen-Exemplar von ausgezeichneter Kultur: a) eine Prämie (eine grosse silberne Medaille der Section) der Acacia pulchella aus der Gruppe No. 35 des Herrn Dr. Rutsch. b) eine Prämie (', Dutz. Elfenbein-Tischbesteck) der Acacia armata aus der Gruppe No. 14 des Kaufmann Herrn Müller; c) ein Accessit (ein Thermograph auf Metall) dem Ahododendron Gibsoni aus der Gruppe No. 9 des Kunstgärtner Herrn Breiter. 261 ' 6) Für die den Gattungen nach zahlreichste Sammlung von blühenden Zwiebelgewächsen: | der Preis (ein Heberbarometer) der Gruppe No. 34 des Kunstgärtner Herrn Ed. Mon- haupt. Es konnten nicht vertheilt werden die im Programm ausgeschriebene : a) Breslauer Damen-Prämie, für die schönste Sammlung blühender Rosen, weil keine solche, wie sie die Aufgabe forderte, vorhanden war; b) eine zweite Prämie ad No. 4; c) ein zweites Accessit ad No. 5; d) eine Prämie für eine neue, selbstgezogene Hybride in gutem Kultur- und Blüthenzustande; e) eine Prämie für neue Einführung in gutem Kultur- und Blüthenzustande; f) eine Prämie und ein Accessit für die in Gattung und Arten zahlreichste Sammlung von im freien Lande ausdauernden, in Töpfen gezogenen blühenden Stauden, Sträuchern oder Bäumen; g) eine Prämie für eine Collection von mindestens 10 Arten blühender Orchideen; sämmtlich wegen Mangel an Concurrenz, ebenso h) eine Prämie und ein Accessit für die besten Leistungen in der Gemüsetreiberei. Jedoch beschloss die Kommission, der Sammlung getriebener Gemüse des Hofgärtner Herrn Bur- gund in Schlawentzitz eine ehrenvolle Erwähnung zu Theil werden zu lassen. Es waren hiernach ertheilt: zwei Prämien der Schlesischen Gesellschaft und fünf Prämien uud drei Accessite der Section. Von denen nach dem Sectionsbeschluss der Kommission zur Verfügung gestellten zwei Prämien von den ausgelallenen wurde noch zuerkannt: l) eine Prämie der Gruppe Dracaena- Arten des Geheisien Medizinalrath Herrn Dr. Betschler (grosse silberne Medaille der Section); 2) eine Prämie der Gruppe No. 4 des Kunstgärtner Herrn Hübner aus Bunzlau (Gartengeräthe von Gebr. Dittmar), wobei die Sammlung seltener, wiewohl nicht durchaus in Blüthe stehender Rosen, der gute Kulturzustand der Pflanzen und die Schwierigkeit des Transportes veran- schlagt wurden. Breslau, den 8. Juni 1859. Die Section für Obst- und Gartenbau. Die Herbst-Ausstellung hat stattgefunden vom 27. bis incl. 30. September im Gartensaale des Re- staurateur Kutzner, Gartenstrasse Nr. 19. Die Einräumung und Anordnung begann am 26. Morgens 6 Uhr und war bis um 9 Uhr Vormittags am 27. zur Eröffnung vollendet. Die Ausräumung erfolgte am 1. October Vormittags. Gegen Eintrittsgeld wurde die Ausstellung, zum Theil wohl des meist ungünstigen Welters wegen, von nur 1537 Personen besucht. Die zur Dekoration benöthigten, meist sehr hohen Gewächse der mannigfachsten Gattungen und Ar- ten waren von dem König]. botanischen Garten, der Städtischen Promenade, der J. G. Pohl- schen Handelsgärtnerei (Geschäftsführer Herr G. Erckel) und Kaufmann Herr Zeisig sen. freundlichst bewilligt worden, und zeigten diesmal erfreulicher Weise nur gesunde, gut kultivirte Exemplare. Ausser diesen lieferten 45 Aussteller, darunter 21 Auswärtige, Gegenstände der Gartenkultur und darauf bezüg- liche Arbeiten und Geräthschaften ein. Unter den 24 Ausstellern aus Breslau waren 2 öffentlichen An- stalten: der Königl. botanische Garten und die Städtische Promenade und 5 Kunsi- und Handelsgärtner. Es waren ausgestellt: 4) Obst und Gemüse von 22 Ausstellern in 36 Kollektionen. N 7 Sammlungen in 148 Sorten *) BEMEN .. = +unletelee 6 & PR » | ERBE Pe Dritten. zone Se 1 4 Re ee Hönnmen.- asian ern 1 ” Eh ua Kirsehen.s „uhren a unse 2 Pr Paree Vae Praich., „aan st... sn b) r m. Pa a er Me 4 ” N ÄNERDAR.. 5 „niet i ” zu. te "ale BEER 5 5: re 3 3; BEIN: . PERS Gupben. = are: sit dee 4 % se Kürbis. aan 4 ü re a Baliaanı o...0,: ob au nahe 4 er re ” ea Site rear 1 y u RE ni BE nn an a 3 Mi u A a Krank (Kohl) u... ums 5 ” Be 2 \ 2“ BE en aan 2 er RER: % 3) WORAN RR FARBE 2 = er. 5; Auiebuhl Sat 102 WR 4 = Season n 2 VE ERERe Er FOREN 4 S 14, mp 363 Aiigeisuisibsll „u: isdn. : 4 57 si Age), TE 3 " ab ar, Bübensin ae da es 4 u ni h Knstnfichn 44 ni0: Acknapinier won 2 » 935 . Sellerie ea ee: 2 ss jen:r Pr Paenilie 2a. 2 Ser 3 ? a ke Seorzoner Erdmandeln, PAytolaca esculenla, Victoria-Rhabarber. 2) Gewächse in Töpfen (mit Ausschluss der Dekorations-Pflanzen). 1183 Stück von 19 Ausstellern, und zwar hierbei: Ba le. 2 ee 3mal als Sortiment. 107 a ER OEM Er u 93 asia nybi. DIR AN Pe} 4 wi Flair, BIN Sr vg, h: 89 Achimenei „u... > 5; Bönllex vis „2ib. Inaw LsdE an: . il bayig re RE SER 0 ET ı a a A Pr 10 Pelargonium scarlat.. . seuurcer.. L.uss ‚ne n 6, Billbergie as aa ea ins P} nn Fhevphrasluih Sr Ads dan Ah I ES „ *) Die Sorten sind so summirt, dass die verschiedenen Sorten aller Sammlungen zusammengezählt sind. 263 3) Abgeschnittene Blumen von 5 Ausstellern. 3 Sammlungen Georginen von Hübner in Bunzlau, Eyssenhardt in Liegnitz und Krikon. 2 Sammlungen Rosen von Hoffmann in Salzbrunn und Hübner in Bunzlau. 2 Sammlungen Locken- und französische Zwerg-Astern von Ed. Monhaupt. 4) Gartenarbeiten von 4 Ausstellern. Kleine Gegenstände mit Liliputpflanzen von Frau Gärtner Scholz. Zwei Bouquets von Ed. Monhaupt. Immortellen-Bouquets von Frau Volprecht. Ein Ruinenbaum von dem Gärtnergehülfen Wagner. 5) Garten-Utensilien von 5 Ausstellern. 1 Engl. Rasenmäe-Maschine von Herrn v. Wallenberg auf Kl.-Wilkawe. 1 Mais-Entkörnungs-Maschine vom Herrn Grafen Reichenbach-Brustawe. 1 Sammlung Gartenmesser u. s. w. von Keller. 1 Sammlung beschriebene Zink-Etiquetten von Seydel. Chemische Dinte auf Zinkblech von Hutstein. Die Anordnung bei der Ausstellung war auch diesmal wieder von dem Geschäftsführer der J. G. Pohl’schen Gärtnerei, Herrn Kunstgärtner G. Erckel, übernommen worden und ähnlich der früher be- liebten, in allgemein beifällig aufgenommener, einen freundlichen An- und Ueberblick gewährender Weise ausgeführt, so zwar, dass der Hauptraum des Saales von drei grossen, mit Moos belegten, durch Ba- salt-Bruchsteine begrenzten Parterrestücken eingenommen wurde, auf welchen die Pflanzen sowohl ein- zeln als in grösseren und kleineren Gruppen auf erhöhten, zuweilen auch mit Basaltstücken eingefassten Sandbeeten vertheilt, die Wände dagegen auf sehr geeignete und gefällige Weise theils durch schöne Ausstelluugs- oder Dekorations-Parterregruppen, unterbrochen von kurzen Reihen Tischen, mit verschie- denen Ausstellungsgegenständen besetzt waren. — Jedenfalls wird bei dieser Aufstellungsweise alle Steifheit vermieden, das Ganze gewinnt den Anblick eines nach englischem Geschmack angelegten Gar- tens und gestattet zugleich auch eine bessere Anschauung der einzelnen Pflanzen. Das erste dieser Parterrestücke in Nierenform zunächst dem Eingange in den Saal enthielt 5 ver- schiedene Pflanzengruppen; die eine der Eingangsthüre unmittelbar gegenübergelegene Gruppe war durch den Kunstgärtner Rittiner der Art aufgestellt, dass ein liegendes Oval, besetzt mit mannigfachen Achi- menes, den Vorgrund bildete, an welches sich nach hinten ein stehendes Oval, aus Myrten und Rosen zusammengesetzt, und zwischen diesen zu beiden Seiten kleine Gruppen in Blattform anschlossen, welche eine hübsche Sammlung Gloxinia hybr. enthielten. Die zweite rechts von dieser gelegene Gruppe be- stand aus einer Kollektion von 26 Arten Begoniae, gekrönt durch eine stattliche Lobelia Queen Victoria des Kunst- und Handelsgärtner Ed. Monhaupt, welcher wiederum nach rechts zu eine dritte Gruppe zunächst lag, von demselben Cultivateur durch eine reiche Auswahl schöner Blattpflanzen gebildet und gehoben durch dazwischen stehende Vinca rosea und var. alba. Die hintere Seite dieses Parterrestücks war noch von demselben Aussteller mit einer Kollektion von 30 verschiedenen grossblumigen Fuchsia besetzt, unter welchen sich manche neuere und neueste befanden, indess die ganze linke Seite durch die so höchst interessante als lehrreiche Sammlung von 86 Formen Hex des Geheimen Medizinal-Rath Betschler eingenommen wurde, doch hatte hier noch ein durch den ersten Gehülfen, Wagner, des Kunstgärtner Ed. Monhaupt, angemessen und geschmackvoll dekorirter Ruinenbaum seinen Platz ge- funden, während ein mächtiges Exemplar der Zamia horrida, dem Geheimen Medizinal-Rath Betsch- ler gehörig, eine schöne Maranta truncata von Ed. Monhaupt und zwei mit Rosa semperflorens und Werbena umgebene, 6 bis 7 Fuss hohe, mit Blüthen bedeckte Bäumchen der Fuchsia hybr. (Pear 34 of England), im Zimmer von Frau Kunstgärtner Monhaupt selbst gezogen, nach der Mitte hin ein- zeln stehend das Ganze zierten. Das zweite mitten im Saale gelegene Parterrestück von der Form eines länglichen Hufes war fast ausschliesslich von dem Kaufmann H. Müller (Gärtner Frickinger) besetzt, durch eine sich in des- sen Mitte erhebende, in grossen Granit-Bruchsteinen und Moos ausgeführte Partie, dekorirt durch eine von grossen, schönen Wedeln des Aspidium serra und Oypodium Schiedei überragte, aus 42 Arten in 65 Exemplaren bestehende Kollektion Farn und Lycopodien, unter denen z. B. Adiantum trigonum, Selaginella Poeppigiana und caesia arborea, und mehreren anderen dahin passenden blühenden und Blattpflanzen, unter welchen letzteren auch das zierliche Phrynium pumilum. Von demselben waren auch die beiden Stollenenden der Hufform für zwei kleinere runde Gruppen eingenommen, von denen die eine Achimenes in 20 Arten und Hybriden in 45 Exemplaren, die andere aber besonders gut kulti- virte blühende Pflanzen der Gesneria Geroldiana, G. zebrina und zebrina splendens trug, umgürtet mit einer Sammlung von 25 Stück selbstgezogener Sämlinge der Gloxinia hybr. Ausserdem waren auf diesem Stück, an den geeigneten Plätzen nxch aussenhin, noch einige Pflanzen einzeln aufgestellt, als u.a. Pandanus utilis, P. graminifolius und Chamaerops humilis des Geh. Med.-Rath Betschler, so wie Cupressus funebris und Dichorisandra ovalifolia des Kaufmann H. Müller. Auf dem dritten, gegen das südliche Ende des Saales, hinter dem mitten gelegenen Parterrestück, ein mehr lang gezogenes Oval beschreibend, wurden der Beschauung dargeboten in einer an dem innern Rande desselben aufgestellten Gruppe des Kaufmann H. Müller: 3 starke, buschige Exemplare Coleus Blumei (Pleetranthus), welche mit einigen zu Seiten stehenden grossblumigen neuen Fuchsia den Hin- tergrund bildeten für einen sich zwischen niedern Farn und Lycopodien herabziehenden Aeschynanthus javanicus, Hoya bella und eine Barbacenia Rogieri. Dieser zur Rechten befand sich auf der vorderen schmalen Seite dieses Moosparterres eine grosse, sich bis nach der hinteren Frontseite füllhornförmig ausdehnende Gruppe schöner Blatt- und einiger blühenden Pflanzen des Kunst- und Handelsgärtner Ed. Breiter, unter ersteren Caladium pietum, C. bicolor picturatum, Lycopodium caesium arboreum, Ficus Roxburghi, Musa Cavendishü, Echites nutans, Philodendron digitatum, pertusum und pinna- tifidum. Die dieser gegenüber gelegene schmale Seite war durch Inspector Neumann besetzt mit einer Gruppe sehr gut kultivirter Justieia carnea superba, Juanulloa floribunda, Cestrum aurantiacum, Spi- gelia marylandica, Echeveria secunda, Anagallis grandiflora, sämmtlich blühend und umkränzt mit einer Kollektion buschiger Pflanzen von hybrid. und Scarlet-Pelargonien des Kaufmann H. Müller; wäh- rend die Mitte und hintere Längsseite desselben Parterrestücks noch besonders geschmückt waren durch ein ausgezeichnet schönes und zierliches, blühendes Exemplar der Chamaedorea elatior des Geh. Med.- Rath Betschler, einen mächtigen Cycas revoluta und Araucaria excelsa des Kunst- und Handels- gärtner Ed. Breiter, 2 hochstämmig gezogene, in weiten Kronen reichblühende Cestrum aurantiacum des Inspector Neumann und Cyclamen von Kafetier Morgenthal. Zu Seiten der oben zuerst erwähnten Gruppe hatte aber die J. G@. Pohl’sche Gärtnerei durch ihren Geschäftsführer G. Erckel noch eine grosse blühende Strelizia regina und Kunst- und Handelsgärtner Ed. Breiter die graziöse P’rotea eynaroides, ebenfalls blühend, aufgestellt. Die Wände des Saales waren wie folgt dekorirt und mit Ausstellungsgegenständen besetzt: An der Eingangsthür standen 2 hohe Cupressus des Kaufmann Zeisig sen., und um diese Gruppen niedriger Pflanzen aus der J. G. Pohl’schen Gärtnerei. Auf der nördlichen Seite rechts schloss sich hieran ein Tisch, welcher zwar am ersten Ausstellungstage ein grosses Bouquet kunstreich aus Wachs gebildeter Blumen trug, gefertigt von der Frau des hiesigen Eisenbahnbeamten Schütz, welches jedoch später einer Gruppe hübscher blühender und Blattpflanzen aus der eben genannten Gärtnerei Platz machte, 265 von welcher auch die Dekoration des Hintergrundes der angrenzenden nordwestlichen Ecke durch hohe Neuholländergewächse übernommen worden war, vor der eine grosse nach dem Saale ausgebogene Tafel mit einer treffllichen Sammlung kräftiger Begoniae in 5l Arten, aus dem Garten des Baron v. Seyd- litz auf Hartlieb (Gärtner Brosowsky), prangte. Die westliche Wand war von hier aus, sich jener Gruppe anschliessend, bis gegen ihre Mitte durch . Tische eingenommen, auf welchen der Reihenfolge nach ausgestellt waren: von Kunst- und Handelsgärtner Ed. Monhaupt 2 Kästen mit vorzüglichen Locken- und französischen Pyramiden-Astern, so wie ein aus 16 vortrefflichen Sorten bestehendes Sortiment Weintrauben, von Kunstgärtner Brückner in Markt- Bohrau, schöne, grosse Pfirsiche, selbst aus Kernen gezogen, und von Dr. med. Nagel eine merk- würdige ineinandergewachsene Gruppe Früchte von Pyrus malus; ferner von dem Königl. Institutsgärtner Stoll aus Proskau 16 Sorten Mais und eine eben so interessante als lehrreiche Sammlung von 66 Sorten Bohnen und 24 Sorten Erbsen. Nebenan hatte Inspektor Neumann mehrere Bodenerzeug- nisse für die Küche ausgestellt: als ein Bund sehr starke und lange Blatistiele des Vietoria-Rharbarber, reife Samenkolben der Phytolacca esculenta, Erdmandeln, russische Schalotten in ungewöhnlich starken Zwiebeln, so wie eine selbst aus Samen gezogene neue Art weisser Schalotten in ebenfalls grossen und festen Zwiebeln, ein Körbchen Kaiser-Alexander-Aepfel und endlich eine Anzahl sehr starker, gesunder Zwiebeln verschiedener Hyacinthen und anderer Blumenzwiebeln eigener Kultur. Hieran reihte sich eine sehr werthvolle Sammlung buntblättriger, zum Theil sehr seltener Pflanzen des hiesigen König). botanischen Gartens in 60 Gattungen und Arten. Darauf folgte ein durch den Landschafts-Direktor von Rosenberg-Lipinski auf Gutwohne (Kreis Oels) in zierlichen Körbchen ausgelegtes Sorti- ment schönen Obstes, enthaltend 54 Sorten Aepfel uud 9 Sorten Birnen, aus denen wohl besonders der „grosse, rothe Herbst-Faros-Apfel, die Marcipan-Reinette, die engl. Champagner- Weinbirne und die echte Isembert“ hervorgehoben zu werden verdienen. Hierneben befanden sich noch einige neue selbstgezogene Hybride-Gurken von Grundmann in Ponischowitz, eine vorzüglich schöne und grosse, sehr fein genetzte türkische Melone von hier unbekannter Art, aus Samen einer direkt aus Konstantinopel empfangenen Frucht, gezogen in der Fürst. Hohenlohe-Oehringen’schen Gärtnerei zu Schlawentzitz durch Herrn Hofgärtner Burgund, vorgelegt durch Hofgärtner Schwedler von dort, und eine durch Turnlehrer Rödelius vorgelegte sehr sorgfältige Zusammenstellung aller Sta- dien der Traubenkrankheit (Oidium Tuckeri) auf Reben, wie Trauben und Blättern verschiedener Wein- sorten, welche auch die wohlverdiente Beachtung nicht nur der Männer von Fach und Laien, sondern selbst des grösseren Publikums fand. Hieran reihete sich aus der Reichsgräflich zu Herberstein’schen Gärtnerei in Grafenort bei Habelschwerdt (Kunstgärtner F. Schlegel) ein zwar kleines, aber um so auserleseneres Sortiment Fuchsia, wobei Multiplex a fleur double und Hendersonii a fleur double mit dazwischengestellten Anthirrkinum Hendersonii und Veronica Andersonü. Den Beschluss dieser Reihe machten einige durch Dr. med. Rutsch vor einem bedeutenden Cactus monstrosus aufgestellte vorzüglich schöne Pflanzen, u. A. Guzmannia pieta und Cissus (discolor) marmoreus. Auf sinnige Weise geordnet, reihete sich hier an Vorbeschriebenes ein bogenförmig nach der Mitte des Saales gezogenes grösseres Moosparterre, dessen Hintergrund durch Gewächse aus dem Königl. botanischen Garten und der J. G. Pohl’schen Gärtnerei dekorirt, der Vordergrund aber mit einer Anzahl seltener und kostbarer Pflanzen nur allein von Dr. med. Rutsch auf’s ansprechendste besetzt war; ausser mehreren prächtigen Theophrastae, Bromeliaceae, Chamaedorea und Dracaena, hierbei D. Mauritiana, zeichneten sich hier aus Astrocaryum Airi, Carludowica palmata, Rhopala cocovar- densis, Jacaranda Clauseniana. Auf der anderen Seite ging die Dekoration dieses Moosparterres in die Aufstellungen auf einer andern Reihe anstossender Tische über, wo zuerst aus den Gärten der Frau Geh. 34* 266 Commerzienräthin Treutler ausgestellt waren: durch Gärtner Sabeck in Neuweissstein bei Wal- denburg zwischen Farn, Lycopodien und kleinen Blattpflanzen, mehrere hübsche blühende Gewächse, als Phlox Drummondi, Radetzki und oculata, so wie A hybr. Gloxinia von schönen Färbungen mit aufrechtstehenden Blumen, und durch deren Gärtner Siegert in Leuthen bei Lissa ein Apfelbäumchen mit Frucht der engl. Reinette, ein Pfirsichbäumchen mit Früchten der Pavie d’Alberge und 2 Körbchen mit 8 Sorten Pfirsich mit auserlesenen Früchten und Kirschen der Schattenamarelle. Demnächst folgten : eine reichhaltige Sammlung Mais des Königl. Hofjägermeister Grafen Reichenbach-Brustawe, nebst einer demselben gehörigen Mais-Entkörnungsmaschine, eine aus dem Gräfl. York von Wartenburg’schen Schlossgarten zu Klein-Oels bei Ohlau (Gärtner Sprotte) ausgelegte reiche Kollektion meist sehr vorzüglicher Obstsorten, bestehend in 52 Sorten Aepfel, 10 Sorten Birnen, 3 Sorten Pfirsich, und 2 ge- rippten Ananas von 3%, und 4 Pfund Gewicht des Kunstgärtner Kliem in Cavallen bei Trebnitz. Eine angrenzende lange Tafel war durch Kaufmann G. A. Held besetzt mit Sortimenten der besten Weintrauben in 33 Sorten, nur ganz feinen Birnen in 14 Sorten, eben solchen Aepfeln in 12 Sorten und der Pfirsich [Nivette veritable. Hier machten den Schluss: durch Turnlehrer Hennig eingelieferte Pflanzen einiger Morus-Arten und von einem merkwürdigen Pilze befallene Maiskolben. Zu der südlichen Saalwand bildete nun den Uebergang eine in der Ecke angebrachte kleinere, nach aussen gebogene, durch Oberst Lieutenant a. D. von Fabian aufgestellte Parterregruppe, welche zum Hintergrunde zwei hohe starke Pflanzen des chinesischen Hanf hatte und zusammengesetzt war aus einer grossen Anzahl schönblühender, meist Sommergewächse, welche einen recht freundlichen Anblick ge- währten und manches Neuere enthielten. Bis zu der an dieser Wand links befindlichen Ausgangsthür schloss sich dann abermals eine Tischreihe an, wo neben seiner Pflanzengruppe Oberst-Lieutenant von Fabian als wohlbekannter Melonen - Kultivateur den ersten Platz einnahm mit einer Sammlung von 60 Melonen in 42 Arten und einer neuen Gurkenart aus der Walachei; ihm folgte Kunst- und Handels- gärtner Breiter mit Obst, und zwar 32 Sorten Aepfel, 30 Sorten Birnen, 9 Sorten Pflaumen, 6 Sorten Weintrauben, fast sämmtlich Tafelfrüchte. Ferner von Kunstgärtner Haide in Gross-Peterwitz bei Canth mehrere schöne Stauden Cardi und Meerkohl (Crambe maritima) und von einem leider unbe- kannt gebliebenen Einsender ein grosses Sortiment Kartoffeln, wobei ausser vielen andern vortrefflichen Sorten auch die lange schwarze Amerikanische. Demnächst producirte Gerichtsscholz Erbsass Timmler aus Gabitz bei Breslau die nicht unbedeutende Anzahl von 32 hier meist noch wenig kultivirlen empfehlenswerthen Gemüsearten, erzogen aus ihm v’on der Sektion zu Versuchsanbauten über- gebenen Sämereien, sowie zuletzt vor einer kleinen Schlussgruppe an der rechten Seile der Aus- gangsthür Lehrer Arlt in Perschütz bei Trebnitz ein kleines aber gutes Sortiment Aepfel und Birnen, einige Quitten, Pfirsich und einen mächtigen Centner-Kürbis. Vor der soeben bezeichneten Ausgangsthür und zwischen der östlichen Seite des dritten, frei im Saale nach hinten gelegenen grossen Parterrestückes war noch ein weiter Raum für Aufstellung dreier Tischgruppen freigelassen worden, von denen die eine durch Kaufmann Ludw. Hüser mit 45 Sorten vortrefllicher Aepfel, 5 Sorten Birnen und einer schönen Sammlung abgeschnittener Georginen des Kunst- gärtner Krikon, die zweite mit 10 ausgezeichnet guten Melonen-, wie auch 8 Weintrauben-Sorten von Kaufmann Ludw. Hüser und durch 2 Kästen abgeschnittener Rosen in 16 Sorten A. hybr. remontant., 14 Sorten R. bourbonica, 12 Sorten R. Noisettiana, Thea, Bengalensis und Pimpinellifolia durch den Promenadengärtner Hoffmann in Salzbrunn besetzt waren, auf der letzten aber eine sehr reiche, viel Neues und Schönes enthaltende Sammlung abgeschnittener Georgiuen von Kunst- und Handelsgäriner Hübnrer in Bunzlau, eine kleinere dergleichen abgeschnittener Rosen, so wie selbstgezogene recht gute’ Hyazinthen- und andere Blumenzwiebeln von demselben Aussteller und endlich eine eben- 267 falls recht hübsche Sammlung abgeschnittener Georginen des Kunst- und Handelsgärtner Kattiner sen. sich präsentirten. Die östliche Ecke war von der, auch auf der linken Seite durch eine kleine Pflanzengruppe deko- rirten Ausgangsthür an, bis zu der diese Ecke selbst deckenden grösseren Dekorationsgruppe und vor derselben mit zwei langen Tafeln besetzt, auf welchen in ausserordentlich geschmackvoller Farbenzusam- menstellung Kunst- und Handelsgärtner Eyssenhardt aus Liegnitz seine schon im vorigen Jahre lobend erwähnte, durch vieles Neue vermehrte, überaus reiche Georginen - Sammlung in abgeschnittenen Blumen vorgelegt hatte. Nun zu der östlichen Seite des Saales übergehend, hatte der Gerichtsgeschworene Erbsass Bloch aus Gabitz hier auf langer Tafel zuerst ausgelegt eine Partie hier gewöhnlich gangbarer, geringerer Gemüsearten, sodann aber eine Zusammenstellung von hier noch selten oder gar nicht bekannten Gemüsen, zu deren Versuchsanbau auch ihm die Sämereien ebenfalls von der Section überge- ben und von ihm aufs sorgfältigste benutzt, wie die Pflanzen davon bestens kultivirt worden waren, für welch letzteres das Interesse sprach, das auch der grössere Theil der Besucher der Ausstellung, namentlich die Hausfrauen, diesen Produkten gern widmete. Unter den hier ausgestellt gewesenen 5 Sorten Bohnen, 8 Sorten Kraut (Kopf- und Wirsing-Kohl), 7 Sorten Rüben, Zwiebeln, Salate, Sellerie, Rettige und Radiesern möchten beispielsweise besonders hervorzuheben und der Empfelung werth sein: die rothen Flageoleti- und schwarzen römischen Wachs- Zucker - Buschbohnen, der Drumhead-Wirsing, Brüsseler Sprossen- oder Rosenkohl, Bleichfelder Kraut, ähnlich dem vorigen, gelbe holländische Mai- Rübe, die zum Einmachen vorzüglich geeignete Bassano-Rübe, Mohrrübe von Aremcourt und die St. Ja- mes-Zwiebel, zum Theil auch enthalien in der oben erwähnten Sammlung des etc. Timmler und der nächstfolgend ausgelegten, aber kleineren des Erbsass Freytag, welcher ebenfalls die Sämereien von der Section empfangen hatte. Es wurde diese Reihe geschlossen durch einige von Frau Polizei- Kommissarius Rüd eingesandie Pflanzen und eine durch Rittergutsbesitzer von Wallenberg auf Klein- Wilkawe bei Prausnitz aufgestellte, sehr zweckmässig erscheinende, soeben aus England empfangene Rasen-Mähemaschine. Jetzt zur Seite des in der Mitte des Saales befindlichen Parterrestückes und korrespondirend mit dem gegenüber gelegenen Moosparterre folgte, fast den dritten Theil der östlichen Wand unter der grossen Loge einnehmend, abermals ein grosses, bogenförmig nach der Mitte des Saales gezogenes Moosparterre. Beide seitlichen Endpunkte desselben waren mit hohen, sich weit ausbreitenden Ficus elastica des Kaufmann Zeisig sen. besetzt, während der hintere Theil dekorirt war durch fast 200 gut kultivirte grosse Gewächse der hiesigen. Städtischen Promenade (Promenaden-Inspektor Schwager), unter welchen eine schöne blühende Magnolia grandiflora und eine ebensolche Datura arborea, den äussersien Vorsprung des Bogens aber eine schöne Gruppe Begoniae in 30 Arten einnahm, zu deren Seiten noch mehrere Gesneriaceae, Hydrangea japonica fol. variegatis, Sida mollis und einzelne blühende Pflanzen standen, eingefasst mit grösseren und kleineren Zierkürbissen, sämmtlich noch Eigen- thum der hiesigen Städtischen Promenade. Den letzten Theil derselben Wand nahm, sich an diesen Halbkreis zur linken Seite anschliessend, zunächst ein Tisch ein, welcher von dem Sämereien- und Gar- tengeräthen-Händler Keller mit allerlei Schneidewerkzeugen für gärtnerische Zwecke, von dem Litho- graphen Seydel mit sauber in Oelfarben geschriebenen Zinketiquetten, deren Preise auch ausserordentlich billig gestellt waren, und von Kaufmann Hutstein mit Fläschchen von ihm selbst erfundener sehr dauer- hafter Dinte für Zinketiquetten belegt war. Auf dem nächsten Tische hatte der Königl. Wegebau-In- spektor, Rittergutsbesitzer Mens auf Schottwitz bei Breslau mehrere sehr starke Calla aethiopica wie auch einige andere Pflanzen, nebst einem Centner-Kürbis von ungewöhnlicher Grösse und Königs- 268 Gurken ausgestellt, demnächst aber Frau Gärtner Scholz architektonische Bildwerke aus Thon, mit Liliputpflänzchen versehen. Hierauf wurde die Tischreihe wiederum unterbrochen durch zwei verschiedene, eine höhere und eine niedrigere, vor einander gestellte Yucca des Geh. Med.-Rath Betschler und setzte sich dann fort in einer langen Tafel, auf welcher ein aus dem Garten des Kaufmann O. Molinari (Gärtner Proft) übersandtes Sortiment neuer Fuchsia in 38 Sorten und 54 Exemplaren, untermischt mit einigen andern hübschen Pflanzen, aufgestellt war. In Verbindung mit jener Tafel stand die Dekoration der durch mancherlei hohe Gewächse gedeckten nordöstlichen Saalecke, vor welcher Kunstgärtner Makowitsch aus Ullersdorf bei Glatz mehrere sorgsam kultivirte, noch seltenere Pflanzen geschmackvoll geordnet hatte, namentlich befanden sich darunter Musa zebrina, Lycopodium caesium arboreum, Alloplectus speciosus, Ageratum coelestinum. Von hier aus wurde auf einer letzten Tischreihe die Aufstellung bis zu der im Anfang bezeichneten Eingangsthüre an der nördlichen Seite des Saales links geschlossen durch ein ebenfalls recht gutes, aus 70 Pflanzen in 5l Sorten bestehendes Sortiment Fuchsia des Kunst- und Handelsgärtner Krauspe, einige Gemüse- arten, welche Lehrer Barth in Langenhof bei Bernstadt aus einer grösseren Menge ihm von der Sektion zugetheilten Sämereien erzielt hatte, ferner durch von der Gärtnerwittwe Volprecht aus Immortellen, getrockneten Gräsern und Moos recht gefällig zusammengefügten Bouquets und Kränzen, und endlich zunächst jener Thüre mit einer kleinen Pflanzengruppe aus der J. G. Pohl’schen Gärtnerei (Geschäftsführer H. Erckel). Die zur Preisvertheilung ernannte Kommission, bestehend aus dem Geheimen Medizinalrath Ebers, Geheimen Regierungsrath von Görtz, Direktor Wimmer, Kunstgärtner Makowitsch aus Ullers- dorff, Hofgärtner Schwedler aus Schlawentzitz, Dr. med. Rutsch, Kunstgärtner Frickinger, versammelte sich am ersten Ausstellungstage Abends 6%, Uhr. Sie bestimmte folgende Preisver- theilung. 1) Zur freien Verfügung der Kommission überlassen: a) eine silberne Medaille der Schlesischen Gesellschaft, für das wohlgelungene Arrangement, Herrn Kunstgärtner Erckel, Geschäftsführer der J. G. Pohl’schen Handelsgärtnerei; b) eine silberne Medaille der Schlesischen Gesellschaft, für die Gruppe Begoniae, Herrn Frei- herrn v. Seydlitz auf Hartlieb. 2) Für die gelungenste Zusammenstellung gut kultivirter blühender und nicht blühender Pflanzen: a) die Prämie (1 Dutzend Desertteller) der Gruppe No. 15 des Kaufmann Herrn H. Müller; b) das Accessit (1 silberner Serviettenring) der Gruppe No. 25 des Kunst- und Handelsgärtner Herrn Breiter. 3) Für das grösste und schönste Sortiment blühender Pflanzen einer Gattung: a) ein Accessit (2 Blumen-Vasen) der Gruppe Fuchsia No. 12 des Kunst- und Handelsgärtner Herrn Ed. Monhaupt; b) ein Accessit (1Schiebe-Lampe) der Gruppe Gloxinia No. 17 des Kaufmann Herrn H. Müller. 4) Für ein einzelnes blühendes Pflanzen-Exemplar von ausgezeichneter Kultur: a) die Prämie (grosse silberne Medaille der Sektion) der Chamaedorea elatior des Geh. Med.- Rath Herrn Betschler; b) das Accessit (l Thermograph auf Metall) der Protea Cynaroides No. 41 des Kunst- und Handelsgärtner Herrn Breiter. 5) Für das reichhaltigste Sortiment baumreifen, richtig benannten Tafelobstes: a) die Prämie (grosse silberne Medaille der Sektion) der Sammlung No. 34 des Kaufmann Herrn Ludwig Hüser; ‚269 b) ein Accessit (kleine silberne Medaille der Sektion) der Sammlung No. 51 des Landschafts- Direktor Herrn von Rosenberg-Lipinski auf Gutwohne; c) ein Accessit (eine Tasse) der Sammlung Melonen No. 38 des Oberst-Lieutenant a. D. Herrn von Fabian. 6) Für die grössten und bessten Weintrauben: Die Prämie (Gartengeräthe von Gebr. Dittmar) der Sammlung des Kaufmann Herrn Held. 7) Für hier noch wenig oder gar nicht gebautes empfehlenswerthes, zur Kultur im Freien geeignetes Gemüse: Die Prämie (v. Biedenfeld’s Garten-Jahrbuch nebst Nachträgen) der Victoria- Rharbarber und zwei Schalottensorten No. 45 des Inspektor Herrn Neumann. Theils wegen Mangel an Konkurrenz, theils weil den festgestellten Anforderungen nicht vollständig genügt war, konnten nicht vertheilt werden die im Programm ausgeschriebenen: a) Breslauer Damen-Prämie, für die schönste Sammlung blühender Rosen; b) zwei Prämien ad No. 3; e) eine Prämie und ein Accessit, für in diesem Jahre zum ersten Male in Handel gekommene drei verschiedene Species in gutem Kultur- und Blüthenzustande befindliche Zierpflanzen ; d) eine Prämie für blühende Orchideen; e) ein Accessit ad No. 6; f) eine Prämie und ein Accessit, für die an Arten reichhaltigste Sammtung von Gemüsen; g) ein Accessit ad No. 7. Es waren hiernach ertheilt: Zwei Prämien der Schlesischen Gesellschaft und fünf Prämien und sechs Accessite der Sektion. Nach einem Sektionsbeschlusse waren zwei der ausgefallenen Prämien und Accessite dem Ermessen der Sektion zur Verfügung überlassen worden, und wurden noch zuerkaunt: l) ein Prämie (grosse silberne Medaille der Sektion) der Gruppe No. 47 neuer und seltener Pflanzen des Dr. med. Herrn Rutsch; 2) ein Accessit (ein Fruchtteller) der Gruppe No. 14 Begoniae des Kunst- und Handelsgärtner Herrn Ed. Monhaupt. Noch beschloss die Kommission ehrenvolle Erwähnung: 1) für die Darstellung der Traubenkrankheit durch Turnlehrer Herrn Rödelius; 2) für die Sammlung No. 55 Bohnen und Erbsen des Königlichen Institutsgärtner Herrn Stoll in Proskau; 3) der Sammlung abgeschnittener Georginen No. 28 des Kunst- und Handelsgärtner Herm Eyssen- hardt in Liegnitz. Ausser dem Programm stehend, waren durch spätere Beschlüsse für die besten Kulturen der, aus denen von der Sektion an mehrere ländliche Gemüsezüchter vertheilten Gemüse-Sämereien noch drei Prämien ausgesetzt worden und konnten dieselben in Folge der bei der Ausstellung producirten meist günstigen Kulturerfolge zuer- kannt werden mit: I) einer ersten Prämie (1 Friedrichsd’or) dem Erbsass und Gerichtsgeschwornen Herrn Bloch in Gabitz; 2) und 3) zwei zweiten Prämien (a 1 Dukaten) dem Erbsass und Gerichtsscholz Timmler in Gabitz und Erbsass Freitag, Siebenhubener Strasse No. 2. 270. Ebenso war auch durch einen späteren Sektions-Beschluss zuerkannt worden: Eine Prämie (grosse silberne Medaille der Sektion) dem Kunst- und Handelsgärtner Herrn Schulz hierselbst, für seine von dem günstigsten Erfolge gekrönte Kultur der Victoria regia, welche bei ihm noch während der Ausstellung mit der fünften Blume prangte. Die Ueberreichung sämmtlicher zuerkannten Prämien und Accessite, auch der zuletzt erwähnten, an die Betheiligten, erfolgte noch am Abend des ersten Ausstellungstages nach beendeter Sitzung der zur Preisvertheilung ernannten Kommission, in Abwesenheit des Präses der Schlesischen Gesellschaft, Herrn Prof. Dr. Göppert, durch dessen Stellvertreter Herrn Geh. Med.-Rath Ebers auf angemessene Weise während eines Soupers, an welchem eine grosse Anzahl Sektions-Mitglieder und andere Freunde des Gartenbaues Theil nahmen. Die Sektion für Obst- und Gartenbau. Von den gehaltenen Vorträgen haben die Herren Vortragenden folgende Mittheilungen übergeben: Herr Professor Dr. Goeppert am 28. Januar 1853: Ueber Entstehung, Betrieb und Fortentwickelung der zu Alt-Geltow bei Potsdam belegenen königlichen Landesbaumschule. Wenn die königl. Landesbaumschule meinen Herren Zuhörern ebensowenig in ihrem grossartigen gegenwärtigen Bestande, wie mir bekannt sein sollte, als ich sie im Oktober des vergangenen Jahres besuchte, so glaube ich, es möchte Ihnen nicht ganz unangenehm sein, wenn ich eine Schilderung der- selben hier versuche, weil sie es verdient, in den weitesten Kreisen gekannt und noch mehr benutzt zu werden, als dies vielleicht eben in unserer Provinz geschieht. Die Landesbaumschule wurde zugleich mit der Gärtnerlehranstalt im Jahre 1824 eingerichtet und war dazu bestimmt, laut Statut vom 23. September 1823 einerseits den Zöglingen des letzten Instituts Uebungsstoff zu gewähren, sowie sie mit dem ganzen Reichthum der dort befindlichen Kulturen bekannt zu machen, andererseits aber um namentlich dem Obstbau in den östlichen Provinzen eine grössere Ausdehnung zu verschaffen, zur mög- lichst ausgedehnten Vervielfältigung von Fruchtbäumen und Sträuchern, desgleichen von Schmuckbäumen und Sträuchern und zur Kultur nützlicher Holzarten mitzuwirken. Nach $ 4 der Statuten sollte die Anstalt ferner. die zu grossen Anpflanzungen, sowohl von Obst- als Parkanlagen, erforderlichen Materialien an Samenpflanzen, Sträuchern und Bäumen in der hiezu erfor- derlichen Wohlfeilheit verschaffen und zu diesem Behufe nicht nur den königl. Gärten, sondern Jedermann im Lande, der sich mit seinen Bestellungen an sie wendete, vorarbeiten. Ein solcher auf grosse Wirkungen berechneter Verkehr sei als der Hauptgesichtspunkt bei ihren Anlagen und Einrich- tungen zu betrachten. Dies schliesse zwar nicht aus, dass ihre Produkte und Vorräthe auch in kleineren Quantitäten und im Einzelnen verkauft werden, jedoch seien für diesen Detail-Verkauf die Preise so zu stellen, dass damit der Verkehr der Privatunternehmer von Baumschulen und der Handelsgärtner bestehen könne. Die Errichtung dieses Instituts, welches, so viel ich weiss, niemals die ihm hier gesteckten Grenzen überschritten hat, fällt in eine Zeit, wo der Staat meinte, und wie ich glaube, zum Segen des Landes, mit einer Menge ähnlicher Institute und neuer sich auf Gewerbe und Handel beziehenden Einrichtungen voranzugehen, um die damals noch ganz darniederliegende Privat-Industrie zu wecken, ihr Anhaltspunkte, Aufmunterung und Beispiel zu gewähren. Wenn auch später dergleichen, nachdem dieser Zweck erreicht war, der Privat-Industrie, die sie hervorgerufen, wird übergeben werden, so dürfte sich die Landesbaumschule wohl stets behaupten, weil sie namentlich der Natur ihrer Objecte gemäss erst 271 nach einer Reihe von Jahren zu höherer Blüthe gelangen und in der That als Conservatorium kultur- würdiger Fruchtbäume leistet, was so leicht ein Privatmann nicht zu erreichen vermag, nämlich fort- dauernd eine möglichst vollständige Sammlung darzustellen alles Neuen, was auf dem angedeuteten Gebiet der Obst- und Baum-Kultur nur irgendwo auftaucht, und zwar zu keinem andern Zwecke, als um eben hieraus dann das wahrhaft Nützliche und Erspriessliche dem Privatgebrauch übergeben zu können. Der Begründer steht noch gegenwärtig an der Spitze desselben, der Direktor der königl. Gärten, Herr Lenne, der gefeiertste Gartenkünstler unserer Zeit, der Potsdams Umgebungen auf ‚eine bewunderungswürdige Weise in einen herrlichen Park verwandelte und überall im In- und Auslande zu Rathe gezogen wird, wo es sich darum handelt, grossartige Schöpfungen der Gartenkunst ins Leben zu rufen. Nähere Beläge zu allem diesen Behauptungen möge man nun in der folgenden Schilderung dieses Instituts finden, welches, nachdem es allmälig zu immer höherer Blüthe gelangte, von dem be- schränkten Raume aus dem Wildparke in der Nähe von Potsdam nach Alt-Geltow, °, Meilen von Potsdam, während der Jahre 1844—1850 verlegt wurde. Zunächst von der Lage, dann von Umfang, Resultaten, Bedingungen der Benutzung. 1) Lage. Alt-Geltow liegt circa %, Meilen von Potsdam, in westlicher Richtung an der von dort nach Mag- deburg führenden Chaussee, am rechten Ufer der Havel, welche sich hier, gegen Süd- und Nordwest, zu ausgedehnten Seen erweitert. Südlich erhebt sich ein für die Mark Brandenburg ziemlich steiler Höhenzug, von dessen Kuppe sich eines der reizendsten Panoramen der Umgebung Potsdam’s ausbreitet. Gegen Westen grenzt Alt-Geltow theilweise unmittelbar an die Havel und ist gegen Norden von ausge- dehnten Niederungen (grösstentheils Wiesen) umgeben, die gegen Osten in einer Entfernung von eirca 800 bis 1000 Schritten von einem dichtbewaldeten Höhenzuge umkränzt sind. Auf einer Insel im Wasser- becken der Havel gegen Westen liegt das durch seine Obstproduction, namentlich Steinobst und Wein- trauben, berühmte Städtchen Werder, 2) Umfang. Das der Baumschule überwiesene Areal beträgt circa 200 Morgen, von denen circa 140 Morgen bereits baumschulenmässig bepflanzt sind. 120 Morgen wurden durch einen 6100 Schritt langen Zaun gegen das Eindringen des Wildes sicher gestellt. 3) Allmälige Erweiterung und jetziger Zustand der Landes-Baumschule. Die Auflösung der älteren Landesbaumschule und die Transloeirung der umfangreichen Bestände aus dem Wildparke nach dem Vorwerke Geltow konnte nur allmälig bewerkstelligt werden; es wurde damit im December 1844 der Anfang gemacht, 1850 dieselbe beendigt. Als Resultat können wir daher schon heute (im 8. Jahre nach der Translocirung) auf dem Vorwerke Alt-Geltow ein der Landes-Kultur und der Landes-Verschönerung gewidmetes Kultur-Stück aufweisen, welches auf einem Areal von circa 140 Magdeburger Morgen Fiächeninhalt einen Bestand von mehreren Millionen Bäumen jeder Art und jeder Altersklasse, in vortrefflichstem Gedeihen, darbiete. Der vierte Theil davon ist der Obstbaumzucht gewidmet, der übrige Theil dient zur Anzucht von Wald- und Schmuckbäumen und von Ziersträuchern. Durch die Verschiedenheit des Bodens, der zum Theil hoch und trocken gelegen, zum Theil aus wasserfreiem Niederungsboden besteht, dann aber auch von sehr verschiedener Qualität ist; in dem alle 35 272 Abstufungen von einem nahrhaften, stark mit Lehm und Dammerde gemischten Sandboden, bis zum leich- ten Sandboden, vorhanden sind, konnte die Obstbaumschule, die im Allgemeinen den besseren Boden bean- sprucht, nicht streng von der Gehölzschule gesondert werden, so dass Obst- und Gehölz-Quartiere, eben so die Saamenschulen je nach Belang und Bodenbeschaffenheit mit einander abwechseln. Das ganze Areal ist in quadratische Quartiere von circa 1 Morgen Grösse (14 Ruthen lang und 14 Ruthen breit) getheilt, die abwechselnd durch 6 und 12 Fuss breite Wege getrennt sind; letztere dienen zum Fahren. Das Arboretum, unsireilig jetzt das reichste auf dem Continent, d. h. nicht blos vom Standpunkt des Obstbaumzüchters, sondern auch in botanischer Hinsicht als vollständigste Sammlung der im Freien ausdauernden Baum- und Sträucher-Arten und deren Varietäten, ist auf Rabatten, welche unser Kultur- stück umgrenzen und mehrfach durchziehen, ausgepflanzt und beansprucht allein einen Flächenraum von 15 Magdeburger Morgen. Um die Quartiere selbst sind Rabatten, die das Obst-Sortiment als Mutterstämme aufnehmen, aus- gepflanzt; von jeder Sorte sind mehrere Exemplare vorhanden, und werden diese theils als Hochstämme, theils als Pyramiden- und Kesselbäume behandelt, um deren Vorzüge in einer oder der anderen Form zu versuchen. Ausserdem sind noch einige durch die Baumschule führende Communicationswege mit Obst- und Maulbeerbäumen besetzt. 4) Resultate, Zahl der vorhandenen Arten und Abarten und ungefähre Schätzung der Individuen-Anzahl einzelner Abarten, Das Gehölz-Sortiment besteht aus circa 2000 Arten und Abarten. Das Obst-Sortiment aus circa 2000 Sorten, wovon auf Aeplelus.n.chresiuil en 823 Sorten. Birasnctke went) altes x Pldassensscin en 170.55 Kirschen. 2% ua. ok 130 — „ Püzsichr Asse VD ns Aprikosen. . 2.2... #0 ,„ Weintrauben ........- 759 0, Die Obstsorten sind aus den zuverlässigsten deutschen, französischen und englischen Baumschulen nach und nach bezogen worden. Erst wenn sie geprüft und ihr Werth festgestellt, werden sie vermehrt und verbreitet; auch alles Werthvolle aus hiesiger Gegend und den benachbarten Provinzen ist sorgfältig gesammelt und vermehrt worden, namentlich hat das Städtchen Werder ausgezeichnete Kirschen-Sorten zu unserer Sammlung geliefert. Die Zahl der auf dem ganzen Areale baumschulmässig angepflanzien verschiedenen Bäume und Sträucher möchte sich (excl. der Sämlinge, die sich auf mehrere Millionen abschätzen lassen) auf etwa zwei Millionen belaufen, wovon auf Obst in diversen Sorten circa 300,000 Stämme und auf Schmuckbäume und Sträucher etwa 1,700,000 kommen. Davon auf: Acer div. sp. 50,000 Stück. Aesculus dgl. 30,000 „, Alnus dgl. 40,000 „, Berberis dgl. 30,000 „ Betula dgl. 20,000 „, 273 Carpinus div. sp. 40,000 Stück. Cornus dgl. 10,000 ,, Crataegus dgl. 30,000 „, Fraxinus dgl. 30,000 ,, Morus dgl. 50,000 „, Pinus dgl. 30,000 „, Platanus dgl. 20,000 „, Populus dgl. 100,000 _„, Prunus dgl. 50,000 „, Quercus dgl. 60,000 „, Robinia dgl. S0,000 „, Saliz dgl. 15,000 „, Sorbus dgl. 30,000 „, Tilia dgl. 40,000 Ulmus dgl. 90,000 ,, Alles übrige auf verschiedene Bäume und Sträucher. 5) Zahl der, seit der Gründung 1823 bis ult. September 1852 vertheilten Gehölze. Seit dem Bestehen der Anstalt, also vom Herbst 1823 bis ult. September 1852, sind im Ganzen: 5,182,037 Stück verschiedener Gehölze zum Gesammtwerthe von 205,776 Thlr. 7 Sgr. 6 Pf. ange- zogen und verbreitet worden. Der jetzt in der Anstalt vorhandene Bestand incl. der Samenpflanzen dürfte kaum geringer anzuschlagen sein. Seit der Translocirung, vom December 1845 bis ult. Septem- ber 1852, hat sich der Debit der Anstalt sehr gehoben. In diesem Zeitraum, also während 7 Jahren, wurden 20,090 Schock 2- bis 3jährige Obst- und Gehölze-Sämlinge, 1,042,796 Stück Obstbäume und Gehölze div. Arten, mithin eine Gesammt-Stückzahl von 2,248,196 Stück zum Gesammtwerth von 87,849 Thlr. 12 Sgr. 5 Pf. verbreitet, ungerechnet der sehr grossen Anzahl von Obst-, Nutz- und Zierbäumen, welche alljährlich an gemeinnützige Anstalten, milde Stiftungen, Gemeinden und Privaten, die irgend ein Unglück betroffen, unentgeltlich abgegeben wird. Auf diese Weise wurden allein im vorigen Jahre 29 Schock und 34553 Stück zum Werth von 329 Thlr. 27 Sgr. 10 Pf. vertheilt. Edelreiser aller Art werden in gleicher Weise an Jedermann, welcher sich dazu meldet, unentgeltlich verabreicht. 6) Bedingungen der Abgabe. Diejenigen Besteller, welche sich der Anstalt als Actionäre anschliessen, erhalten von dem Gesammt- betrage ihrer Rechnung 25 pCt., und um denselben den Transport zu erleichtern, bei über 20 Meilen Entfernung von hier, 30 pCt. Rabatt. Actionäre der Anstalt sind aber diejenigen, welche a) Actionäre lter Klasse, die sich schriftlich verpflichten, auf die Dauer von 14 Jahren alljährlich wenigstens 20 Thlr. einzuzahlen; b) Actionäre 2ter Klasse, die auf einmal mindestens 100 Thlr. einzahlen, für welche Beträge die Actionaire, soweit es die Vorräthe irgend gestatten, die gewünschten Gehölze nach dem alljährlich erscheinenden Preisverzeichniss mit den Begünstigungen des Rabatts empfangen. Nicht-Actionäre erhalten bei einem Rechnungs-Betrage von 25 bis 50 Thaler 5 pCt. von über 50 bis 75 Thaler 10 pCt., von über 75 bis 100 Thaler 16% pCt., und von über 100 Thaler 25 pCt. 35 + 274 Rabatt. Seit dem Bestehen der Anstalt bis ult. September 1853 sind an Activa aller Klassen ge- zeichnet: Re. TEE EEE RE 43,120 Thlr. — Sgr. — Pf. > u En RE 2 ee OR 41, 1, er Fe | RE 5 a Vie Gans BB a in Summa.,155998 „ 18 „ 2, Hiervon ab durch Tod ausgeschiedene Act.......... DREH, Sys ik 150,319 Thlr. 9 Sgr. 8 Pf. Der Gesammt-Abschluss pro 1851 — 1852 weist seit dem Bestehen der Anstalt einen Debit von 159,775 Thlr. 1 Sgr. 6 Pf. nach; hierauf sind bis ult. September 1852 in Actien-Beiträgen ein- Be 2 2 an ua 3 den ale we ER 3 en WER 310919. „ WS es ereditirt mithin die Anstalt den Actionären noch die Summe von.... 4,662 Thir. 22 Sgr. 3 Pf. Nach den so eben angeführten Daten ist man wohl berechtigt anzunehmen, dass das seit einer Reihe von Jahren bestehende und lediglich auf sich selbst angewiesene Institut für Landeskulturzwecke, insbe- sondere zur Förderung des Obstbau’s, höchst segensreich gewirkt hat. Ueberall ist die Anstalt belebend und fördernd eingetreten, und kann sie sich wohl zum Ruhme nachsagen, dass nicht allein Staats- und königliche, sondern auch gemeinnützige Anlagen, Provinvial-Kreisbaumschulen, durch ermässigte Preise begünstigt, in grosser Masse ins Leben gerufen worden sind. Ebenso haben sich, wie der Beweis actenmässig vorliegt, eine nicht unbedeutende Anzahl Handelsgärtner und Baumzüchter, aus Nah und Fern, die die wesentlichen Vortheile und die Uneigennützigkeit unsers Instituts erkannten und zu würdigen wussten, unserer Anstalt als Actionäre angeschlossen und geniessen auf diesem Wege eine Begünstigung, die sie auf andere Weise nirgends erlangt haben würden. Insofern man wohl die Bodenverhältnisse der Mark im Allgemeinen nichts weniger als günstig betrachtet, war es mir interessant und wichtig, auf die Untersuchung des Wachsthumsverhältnisses näher einzugehen. 7) Einige Beispiele von günstigem Wachsthum als Widerlegung der allgemein verbreiteten Ansicht über schlechte Boden-Beschaffenheit der Umgegend Potsdams. Die Verschiedenartigkeit des Bodens macht es möglich, den verschiedenen Baum- und Straucharten den ihrem Gedeihen entsprechenden Boden zu geben, und desshalb werden auch so ausserordenlich gün- stige Resultate erzielt. z. B. Aepfelbäume erreichten auf starken Wildlingen veredelt im 1. Jahre eine Höhe von 4, 5 auch 6 Fuss, so dass sie zu Ende des zweiten Jahres fast durchgehends auf Kronen- höhe eingestutzt werden können, und schon oft 3 Jahr nach der Veredelung, je nachdem die Sorte stärker oder schwachtreibend ist, als Standbäume abgebar sind, die vom kräftigsten Wuchs und mit den schönsten Wurzeln begleitet sind. Süsskirsch-Wildlinge erreichen meistentheils im 3. Jahre nach dem Verpflanzen die gehörige Höhe und Stärke zur Veredelung in die Krone. Dabei ist ein Vergeilen der Pflanze durchaus unmöglich, denn der Boden ist ohne Düngung kräftig genug, den üppigen Wuchs hervorzubringen und die ganz freie Lage von Süd-West bis Nord trägt zur Abhärtung der Bäume das Ihrige bei. Eben so kräftig gedeihen die Waldbäume, und sind durch Stockholz gezogene Pappeln bereits nach 3 bis A Jahren geeignet, zu Alleenpflanzungen verwendet zu werden u. s. w. 275 Bei dieser Gelegenheit dürfte noch erwähnungswerth sein, dass in der Anstalt selbst ein circa 5 Morgen umfassendes Areal zu einem Versu chsfelde für Gemüsebau und verschiedene Handelsge- wächse und diejenigen landwirtbschaftlichen Produktionen und neuen Einführungen von Cerealien, Futter- kräutern, die das Landes-Oekonomie-Collegium zu überweisen die Gefälligkeit hat, eingerichtet worden ist, über dessen Ergebniss genaue Tagebücher, behufs Vortrag beim Collegio, geführt werden. J 8) Veredelungs-Methode der feineren Gehölze in der sogenannten Meierei-Schule. Ausser den gewöhnlichen Veredelungsarten, welche vorzugsweise im freien Lande in Anwendung kommen, als Oculiren, Pfropfen, Copuliren, haben sich für die feineren Gehölze im Vermehrungshause folgende Veredelungsarten ganz besonders bewährt. 1) Das Anbladen oder Anplatten ist eine in Belgien und England gleich sehr gebräuchliche Veredelungsart und verdient mit Recht allgemeine Verbreitung wegen der Vortheile, die sie bei der Vermehrung seltener Gehölze, vorzüglich Coniferen, bietet. Die Operation ist sehr einfach, wie folgt: Das Edelreis, das mindestens ein oder zwei ausgebildete Augen haben muss,’ wird dem unteren Auge gegenüber durch einen scharfen glatten Schnitt nach unten (der Rindenfläche, worauf dieses Auge steht, zugewendet) abgeplattet. Dieser Schnitt hat bei mässig starken Reisern etwa einen Zoll Länge, giebt ihnen daher eine spitzkeilförmige Zurichtung. Es ist wesentliches Erforderniss zum Gedeihen des Reises, dass jener Schnitt nicht in gleicher Höhe, sondern einige Linien unterhalb des Auges angesetzt wird. Vom Wildling, der möglichst von gleicher Stärke auszuwählen ist, wird darauf, auch einem Auge gegenüber, eine die Schnittfläche des Edelreises deckende Platte so ausgeschnitten, dass das Messer nicht unnöthig tief in die Holzschicht eindringt. Beim Ansetzen (Anplaiten) des Edelreises ist sorgfältig darauf zu achten, dass, wenn die Schnittflächen nicht genau auf einander passen, wenigstens an einer Seite die Rinde des Edelreises die Rinde des Wildlings deckt. Das Edelreis wird mit Baumwolle, die nur weit- läufig herumgeschlungen wird, an den Wildling befestigt. Je weniger der Verband die Wunden deckt, je weniger sind die Edelstämmchen der Fäulniss, die hier so leicht durch Stockung der Säfte eintritt, ausgesetzt. Zur Sicherheit kann man die Wunden mit flüssig gemachtem Baumwachs ankleben, was indess, wo die Pflanzen in, vor der äusseren Luft abgeschlossenen, feuchten Kästen sind, überflüssig erscheint. Es versteht sich, dass sowohl die Augen des Edelreises als die des Wildlings stets von der Verklebung frei bleiben müssen. Nach der Veredelung werden die Pflanzen flachliegend, Topf an Topf in Kasten gepackt, der passend mit einer fein zerkleinerten, 4 Zoll hohen Schicht bedeckt ist, weil dieses Material zur gleichmässigen Erhaltung der Feuchtigkeit sich vorzüglich eignet. Ausserdem hält es ver- möge seiner scharfen Kanten das Ungeziefer ab; diese Kästen können für Laubholz etwas erwärmt sein, für Coniferen bleiben sie zweckmässig kalt. Bis die Edelreiser zu treiben anfangen, hält man die Kästen geschlossen und beschattet; auch unterbleibt während dieser Zeit das Giessen ganz. Luft wird nach und nach, je nachdem die Pflanzen schwächer oder stärker treiben, mehr oder weniger gegeben. So be- handelt liegen die Pflanzen hier selten länger als 4 bis 6 Wochen bis zum vollständigen Anwachsen, bei vielen ist dieses schon nach 8 Tagen erreicht. Nach dem Anwachsen wird der Verband durchschnitten, jedoch derselbe nicht eher beseitigt, als bis die Pflanze ihn selbst abzustossen, Anstrengungen macht. Jetzt schneidet man den Wildling’ oberhalb der Veredelungsstelle ab und verklebt die Schnittwunde mit Baumwachs. Diese Veredelungsart hat im Allgemeinen den Vortheil, dass sie beim etwaigen Fehlschlagen den Wildling für jede andere Veredelung noch tauglich lässt, im Besonderen hat sie sich als die empfehlens- wertheste für Coniferen bewährt. 276 2) Das Pfropfen kommt hier nur bei solchen Pflanzen in Anwendung, die leicht wachsen oder wo das Edelreis bedeutend schwächer als der Wildling ist. Das Spaltpfropfen ist nicht geeignet, die Wunde gehörig verschliessen zu lassen, daher das Edelreis spitz 3kantig zugerichtet, wie aus dem Wildling ein gleichgrosses Skantiges Stück ausgeschnitten wird. Bei einiger Uebung gelingt diese Operation so, dass Reis und Wildling schon als zusammengewachsen erscheinen. Beim Abschneiden des Wildlings ist darauf zu sehen, dass dicht unter der Schnittläche ein Auge oder kleiner Trieb stehen bleibt und dass der Ein- schnitt zur Aufnahme des Edelreises diesem Auge oder Triebe gegenüber gemacht wird. Die weitere Behandlung der Pflanzen ist die oben bereits angegebene. Solche Gewächse, die durch Zurückschneiden des Stamms leicht zurückgehen wie Aralia japonica, oder deren Stamm durch das Aufsetzen des Edelreises erkrankt, wie bei Daphne, werden in eben der Weise auf den Wurzelhals oder auf einzelne Wurzeln gepfropft. Andere Gewächse, wo das Edelreis nach dem Aufsetzen auf den Wildling selbst leicht wurzelt, werden in der Art gepfropft, dass das Reis unterhalb der Pfropfstelle übersteht, und man pflanzt sie so tief, dass die Veredelungsstelle mit Erde bedeckt wird. 3) Das Copuliren wird hier bei allen leichter wachsenden Pflanzen in Anwendung gebracht, da diese Operation am leichtesten und schnellsten von der Hand geht. Um das Vorschieben des Reises während des Verbindens zu verhindern, macht man an beiden genau passenden Schnittflächen, an der des Edelreises und der des Wildlings, in entgegengesetzter Richtung einen kleinen Einschnitt, so dass beide Einschnitte genau ineinander passen. Das Weitere dieses Verfahrens ist, wie 4) das hier in Anwendung kommende Ablactiren zu bekannt, um mehr darüber zu sagen. Betreffend die Zeit, in der die Veredelungsarbeiten ausgeführt werden, ist zu erwähnen, dass im Januar mit den laubabwerfenden Gehölzen begonnen wird. Die Edelreiser hierzu werden im November und Dezember geschnitten und vor Frost geschützt eingeschlagen. Die im Jahr vorher in Töpfe gepflanzten Wildlinge kommen 8 Tage vor der Veredelung in ein temperirtes Haus zu stehen, eben so die Edelreiser einige Tage zuvor. Es wird mit der Veredelung von 3 z& 3 Wochen, in welcher Zeit die meisten Pflanzen ange- wachsen sind, bis Mai fortgefahren, so dass die veredelten den zu veredelnden Platz machen. So lange Nachtfröste zu befürchten, werden die angewachsenen Pflanzen in Kästen eder Conservatorien luftig ge- halten und erst im Mai, so weit sie es verlangen, ins freie Land gebracht. Mitte Juli werden zum 2ten Male laubabwerfende Gehölze veredelt und im August und Dezember die Coniferen und immer- grünen Laubhölzer. 9) Zur Anstalt gehörende Gebäude, als Wohnungen, Verpackungs-Anstalten ete. Zur Anstalt gehören folgende Gebäude: a) In Geltow: 1) Das alte Amtshaus, mit Wohnung für 2 verheirathete Obergärtner und dazu Stallungen und Scheune, deren Boden zum Trocknen und Aufbewahren von Sämereien benutzt werden. 2) Die frühere Schäferei, unmittelbar an der Chaussee gelegen, mit der Wohnung. eines Aufsehers und dem ehemaligen Schafstall, dessen Räume theilweise zum Aufbewahren von Materialien, theilweise zum Verpacken dienen. 3) Drei Tagelöhnerhäuser, in denen 6 der besten Arbeiter gegen billige Miethsentschädigung Woh- nung haben. 277 Ausserdem ist noch das nicht zur Anstalt gehörende, ehemals Reising’sche Grundstück, bestehend aus einem Wohnhaus, Scheune und Stallung, von der Regierung in Pacht genommen und wird im Früh- jahr k. J. von dem Planteur der Anstalt bezogen werden. b) Bisherige Dienstwohnung des Planteurs beim neuen Palais, bestehend aus einem grossen Wohn- haus, Conservirhaus, Stallung u. s. w. c) Wohnhaus auf der Meierei bei Sanssouci für einen Gehilfen und einen verheiratheten Tage- löhner, mit Pflanzenhaus und Kästen für feinere Gehölz-Kulturen. 10) Zahl der beständig und zeitweise beschäftigten Arbeiter. Die Zahl der für beständig beschäftigten Arbeiter beläuft sich durchschnittlich auf 30, wobei 8 bis 10 Frauen, die während des Sommers beim Reinigen verwendet werden; anhaltend sehr strenge Kälte reducirt diese Zahl etwa auf die Hälfte. Ausserdem werden zeitweise, besonders im Herbst und Früh- jahr, je nach Bedürfniss, noch 30 bis 50 Mann mehrere Monate lang beschäftigt. In neuester Zeit ist für die Bestimmung der Gehölzarten der insbesondere durch seine Reisen im Kaukasus wohlbekannte Botaniker Herr Prof. Dr. Koch angestellt worden, der so eben auch ein Werk herausgegeben hat, in welchem nicht blos alle gegenwärtig in Deutschland oder eigentlich Mitteleuropa im Freien ausdauernden Bäume und Sträucher, sondern auch die aus den verwandten Klimaten der andern Erdtheile aufgeführt sind, welche unseren Temperaturverhältnissen zusagen dürften. Es ist dies eine um so dankenswerthere Zugabe, als fortdauernd aus jenen Gegenden, insbesondere aus dem in dieser Be- ziehung wahrhaft unerschöpflichen China, die interessantesten und zugleich auch nützlichsten Gewächse eingeführt und unsere Sammlungen dadurch vermehrt werden. Noch besteht das Werk freilich nur aus einem Katalog, jedoch zweifeln wir nicht, dass der Verfasser, bei der gewiss günstigen Aufnahme, die es auch in dieser Form finden dürfte, sich entschliessen wird, ihn zu einer ausführlicheren Dendrologie, ähnlich wie früher die Berliner Baumschule von W. Willdenow, umzugestalten. Damit hat er inzwi- schen auch begonnen, indem er so eben (1854) eine Monographie der Weissdorn- oder Mispelarten (Crataegus und Mespilus) veröffentlicht hat. Wachsen Rosen auf Eichen? von Professor Dr. H. R. Göppert, Direktor des botanischen Gartens in Breslau. Bekanntlich übten schon Phönizier die Operation des Pfropfens. Von ihnen lernten es die Car- thaginienser und die Griechen. Aristoteles, Theophrast und Xenophon sprechen davon. Die Römer, welche es zwar nach Macrobius von Saturn selbst gelernt haben sollten, es wohl aber wie so vieles Andere von den Griechen adoptirten, geben viele Methoden an, um einen Baum auf den andern zu pfropfen, mischen jedoch vieles Fabelhafte ihren Darstellungen bei, indem sie meinten, dass alle Bäume ohne Unterschied auf einander gepfropft werden könnten, so verschieden sie auch hinsichtlich ihrer Natur sein möchten.*) Dies spricht gegen die allgemeine bis jetzt feststehende Er- *”) Virgil. Georg. Lib. I. v. 32 et 34: Et saepe alterius ramos impune videmus Vertere in alterius; mutatamque insita mala Ferre pyrum, et prunis lapidosa rubescere corna, 278 fahrung, nach welcher sich nur Pflanzen ein und derselben Familie auf einander pfropfen lassen, mit Pflanzen aus anderen Familien es aber nie gelingt. Auch spätere Schriftsteller führen noch solche merkwürdige fremdartige Impfungen (soudures heterogenes) an. So be- hauptete u. A. Bomare (Diet. raisonne universelle de Ü’ hist. nat. etc. par Mr. Valmont de Bomare. A. edit. en Suisse. 8. T. X. p. S0.), dass man grüne Rosen erhalte, wenn man einen Rosenstock auf eine Stechpalme (Hex Aguifolium) impfe. Ferner gehören hierher die angeblich gelungenen Impfungen von Jasmin auf Pomeranzenstämme, von Pomeranzen auf Granatbäume, wodurch man dann rothe Pome- ranzen erhalte; so wie die Impfungen von Caylus (Histoire du rapprochement des Vegetaux par M. de Caylus. Paris 1806.) der behauptet, dass es ihm gelungen sei, Weinstock mit Pfirsichbaum und Nuss- baum, Gleditschia und Rosskastanienbaum mit Nussbaum zusammenzupfropfen. Bomowsky will sogar mit Erfolg mehrere Arten von Rosen auf junge Eichen geimpft haben (The Gardener's mag. etc. by J. ©. Lou- don. January 1826. p. 83.), und der „Voleur‘ v. 20. Mai und hieraus das „Ausland“ Nr. 131, 1847, enthalten gar folgende wunderbare Nachricht: Im Jardin des plantes sehe man jetzt ein auffallendes Beispiel von heterogener Pfropfung zweier Zweige von Ilex auf einem Pfhirsichbaum. Alle Blätter des Pfirsich- baumes seien stachlig geworden, und die sonst weissen Blüthen der Stechpalme hätten sich rosenroth gefärbt. — Mit nicht geringem Erstaunen sah ich vor 3 Jahren in dem Garten des Herzogs von Arem- berg zu Brüssel*) einen etwa 10—12 Fuss hohen Orangenbaum, aus dessen Gipfel eine indische Rose hervorragle, die in der Asttheilung, umgeben von einem kleinen Wulst, so fest sass, als ob sie dahin gepfropft worden sei. Man sagte mir, dass diese Verbindung schon seit länger als 30 Jahren bestehe, und in der That schien auch die Dicke des sehr kräftig vegetirenden Rosenstocks für diese Behauptung zu sprechen. Gern gestehe ich, dass ich weniger bei diesem durch die Umstände gebotenen flüchtigen Besuche, als vielmehr erst später über diese merkwürdige Erscheinung nachdachte und daher alsbald an den Inspector des Gartens, Herrn Louis, schrieb und eine nähere diesfallsige Belehrung mir erbat. Jedoch wurde mein Schreiben nicht beantwortet, und ich unterliess es, hierüber etwas zu veröffentlichen. Mit nicht geringem Interesse beobachtete ich daher in der vorjährigen Kunst- und Industrie-Ausstellung hierselbst eine in einem Topfe gezogene, etwa 1, Fuss hohe und 1Y, Zoll dicke Eiche, aus welcher zwischen den sich oberhalb verbreitenden Aesten eine indische Rose hervorwuchs, die üppig wucherte und blühte, so wie auch ganz innig mit dem Stamme verbunden zu sein schien, indem eine wulstige Erhöhung desselben sie bei ihrem Austritte umgab. Jedoch erregten einige am Rande des Topfes auch hervorsprossende Rosen, deren Wurzeln sich bis an den Eichstamm hin verfolgen liessen, Verdacht, und Ferner 1. c. v. 70—72: > Et steriles platani malos gessere valentes, Castaneae fagus, ornusque incanuit albo Flore pyri, glandemque sues fregere sub ulmis. *) In einem warmen Hause dieses besonders durch seine prachtvollen Camellien ausgezeichneten Gartens sieht man noch eine andere vegetabilische Merkwürdigkeit, deren sich wohl nur wenige Gärten erfreuen dürften, näm- lich einen, damals wenigstens, in voller Vegetation befindlichen Pilzstein (Pietra de Fungaja) eine ziemlich umfäng- liche, runde, höckrige, halb in der Erde, halb ausserhalb befindliche braunschwarze Masse, die auf der Oberfläche von Zeit zu Zeit 3 — 6 Zoll hohe Hutpilze treibt, die ihres Wohlgeschmackes wegen genossen werden. Die Masse verhält sich ihrer anatomischen Struktur nach wie das Mycelium eines Pilzes, wie es auch schon mein verehrter Lehrer und Freund L. C. Treviranus in seiner interessanten Abhandlung über diesen Gegenstand (Verhandl. d. natur- hist. Vereins der preussischen Rheinlande und Westphalens, 6. Jahrg. 1849, S. 281 u. s. f.) angiebt. Fortdauernde Beobachtung dieses merkwürdigen Gebildes dürfte gewiss nochmanches wichtige Resultat für die Wissenschaft liefern die wir daher uns erlauben den belgischen Collegen: zu empfehlen. bald wurde mir auch wirklich mitgetheilt, dass die ganze Erscheinung nur auf einem Gärtnerkunststück beruhe. Man wählt nämlich eine nicht zu hohe, etwa 1—2 Zoll dicke Eiche, durchbohrt sie und setzt in die Höhlung bis in die Erde einen Rosenwildling, auf den man, nachdem er festgewurzelt ist, eine indische Rose pfropft. Nicht immer gelänge die erstere Operation, wenn dies aber der Fall sei, wüchse die Rose so lange fort, bis sie bei zunehmender Dicke endlich durch den röhrenförmigen Raum der Eiche in ihrer Entwicklung beschränkt werde und allerdings dann allmälig zu Grunde gehe. Im vorliegenden Falle bestand dies Verhältniss schon über 12 Jahre. Es ist dies Verfahren jedoch nicht neu, sondern dasselbe, welches schon Thouin unter dem Namen Charlatan beschrieb (dessen Monographie des Pfropfens. Leipzig 1824, p. 117.) und es mit Recht eben nicht als eine Art des Pfropfens betrachtete, Nachdem man seiner Angabe nach einen Stamm von hinlänglich starkem Durchmesser in einer mehr oder weniger grossen Höhe abgeschnitten hat, durchbohrt man ihn inwendig durch sein Centrum, so dass der ope- rirte Baum von seinen Wurzeln an bis zu dem Punkt, wo man seine Krone abgeschnitten hat, eine Art von hohlem Cylinder darstellt. In diesem Cylinder kann man nun mehrere Individuen, selbst von verschiedenen Familien, vereinigen, indem man ihre Wurzeln in die Erde setzt, die Stämme aber über dem horizontalen Durchschnitt des sie umgebenden Baumes hervorragen lässt. In Italien sollen die Gärtner noch häufig (Lindley, Theorie der Gartenkunde, oder Versuch, die vornehmsten Operationen beim Gartenbau nach physiologi- schen Grundsätzen zu erklären, übersetzt von L. Chr. Treviranus, p. 267.), besonders zu Genua und Florenz, Pflanzen von Jasmin, Rosen, alle zusammen aus einem Stocke von Orangen oder Myrten wach- send, feilbieten, auf welchen letzteren sie angeblich gepfropft sein sollen. Man geht hier offenbar nur auf ähnliche Weise zu Werke, wie einst dort in der ältesten Zeit, denn schon Plinius erwähnt eines Baumes im Garten des Lukull, welcher in der Art angeblich gepfropft war, dass er Birnen, Aepfel, Fei- gen, Pflaumen, Oliven, Mandeln und Weintrauben trug. Auch in maurischen Gärten Afrika’s soll man häufig Rosensträucher von verschiedenen Sorten durch 4—6 Fuss hohe alte hohle, wohl auch noch ve- getirende Baumstämme ziehen, so dass es so aussieht, als wären die Rosen daran gewachsen. Endlich führen auch die Herren P. Fr. Bouch& und Schwabe an (Verhandl. des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preussischen Staaten. 13. Bd. 1838, S. 211.), dass sie auf die oben ange- gebene Weise mit glücklichem Erfolge Rosen auf Orangen gezogen oder, wie es Ersterer sehr richtig bezeichnet, nicht gepfropft, sondern eingepflanzt hätten, welches Verhältniss damals in einem Falle bereits 44 Jahre bestanden hatte. Ohne Zweifel verhält es sich bei dem von mir oben angeführ- ten Falle mit der Rose auf dem Orangenbaum auf gleiche Weise, jedoch wäre es immerhin interessant, über den wahren Zusammenhang Aufschluss zu erhalten, den uns wohl Brüsseler Botaniker zu liefern vermöchten und auch wohl nach geschehener Kenntnissnahme dieser Bemerkungen nicht damit zögern werden. Der oben angeführie Erfahrungssatz über die Unmöglichkeit des Erfolges bei heterogenen Pfropfungen dürfte also immer noch von seiner Autorität nichts verlo- ren haben. Herr Inspektor Neumann hielt folgenden Vortrag: Die geehrte Section wolle mir in Betreff der Cultur und behufs weiterer Verbreitung einer zur Zeit in hiesiger Gegend noch neuen Gemüseart folgende aus eigner Erfahrung geschöpfte Mittheilungen gestalten. ' Schon seit vielen Jahren wird in Engiand, besonders in der Nähe von London, Rhabarber cultivirt, und zwar in solcher Menge, dass man dort Ackerflächen von 20 bis 30 Morgen ausschliesslich damit bepflanzt antrifft. Die "Blattstiele desselben, welche nach London fuderweise auf den Markt gebracht 36 280 werden, dienen nämlich zur Bereitung delikater und gesunder Compots ‘und Backwerke, in welcher Zu- bereitung sie eine beliebte Speise aller Stände sind. Obgleich nun die Blattstiele aller Rhabarber-Arten geniessbar sind, so eignen sich doch die bisher in den Gärten zur Zierde kultivirten Arten wenig zum Verspeisen, weil sie bei der Zubereitung hart bleiben oder eine faserige Masse zurücklassen. Deshalb haben sich die englischen Gärtner befleissigt, neue Sorten zu erzielen, welche sich durch ihre angenehme Säure und im Kochen durch gänzliche Auflösung der Blattstiele auszeichnen. Die seit 4 Jahren von mir kultivirten, als die besten in England anerkannten Arten sind folgende: Myatts neuer Victoria, Mit- chels royale Albert, Myatts neuer Linnaeus, Youells früher Tobolsker und neuer englischer milder Rha- barber. Alle diese Arten liefern wohlschmeckende Blattstiele, aber in Bezug auf Menge und frühe Nutzung derselben findet einiger Unterschied statt, denn der Tobolsker Rhabarber treibt bei gleicher Behandlung und Lage ungefähr 8 bis 14 Tage früher seine in grosser Anzahl erscheinenden Blattstiele, während der Wiectoria-Rhabarber deren zwar weniger, aber wohl von dreifacher Stärke hervorbringt. Die Blätter des letzteren werden bei zweckmässiger Kultur 3 Fuss lang und eben so breit. Von einer 4 Jahre alten Pflanze habe ich von Anfang Mai bis Ende September 1842 Blatistiele abgeschnitten, wovon die grössten eine Länge von 2, Fuss und eine Stärke gleich der des Handgelenkes eines star- ken Mannes erreicht hatten. Ich habe daher von den vorangeführten Arten gegenwärtig nur den Viecto- ria-Rhabarber seiner Grösse und den Tobolsker seiner frühen Nutzung wegen beibehalten. Beabsichtigt man nicht Samengewinn, sondern will man blos die Blattstiele verwenden uder verwerthen, so ist die sofortige Entfernung der Blüthenköpfe, sobald sie sich zeigen, durchaus nothwendig, weil alsdann die Blattstiele zart bleiben; denn werden die Blüthenköpfe nicht beseitigt, so werden die Blattstiele unschmack- haft und erscheinen auch in geringerer Menge. Beim Genusse dieser Arten wird man bald den Unter- schied zwischen diesen und den älteren Sorten und gewiss zu Gunsten der erstern wahrnehmen. Die ungeöffneten Blüthen sollen zufolge mehrer in Gartenzeitschriften aufgenommenen Nachrichten ein noch besseres Nahrungsmittel abgeben. Demzufolge habe ich solche sowohl als Compot, als auch wie Gemüse zubereiten lassen, konnte aber ihres widrigen Geschmackes wegen wenig davon geniessen. Die Blattstiele dagegen sind auch als Gemüse zu verwenden, indem man sie gleich dem Spargel zube- reitet und mit Essig und Oel geniesst. Es ist nach dem zu seiner Empfehlung Gesagten befremdend, dass ein so angenehmes und gesun- des Gemüse, welches man von Anfang Mai bis Ende September haben kann und dessen Kultur so we- nig Mühe und Kosten erfordert, so lange in den hiesigen Handels- und Küchengärten unbekannt geblieben ist; denn es dürfte, so viel mir bekannt, in Breslau und dessen nächster Umgebung ausser meiner im Jahre 1850 angelegten Pflanzung und, der im Etablissement des Herrn Julius Monhaupt bestehenden Anlage, keine derartige hier existiren. Nirgends wird Rhabarber von diesen Sorten angebaut, am aller- wenigsten zum Verkauf für den Markt. Jedoch von dem Nutzen desselben überzeugt, hatte ich 4 Beete von circa 50 Fuss Länge und 6 Fuss Breite damit bepflanzt, weil ich erwartete, der Anbau desselben würde auch hier sich bald verbreiten; allein der Name ‚Rhabarber‘ und der verdächtige Ruf seines die bekannten Wirkungen hervorbringenden officinellen Verwandten, mit dem Unkundige ihn für identisch halten, stehen seiner Verbreitung hindernd entgegen. Allerdings wirkt der tägliche und reichliche Ge- nuss des hieraus bereiteten Compots durch seine gelinde eröffnenden Eigenschaften höchst wohlthätig auf die gestörten Funktionen der Unterleibsorgane, was ich an mir selbst wahrgenommen habe und jeder Unterleibskranke ebenfalls verspüren wird; allein diese Eigenschaft kann seinem Rufe und seiner Ver- breitung nur zum Vortheil gereichen. Dies leider noch bestehende Vorurtheil hat mich jedoch nicht abgehalten, die Kultur des Rhabarber fortzusetzen und zu vervollkommnen; auch habe ich dennoch vo- riges Jahr eirca 3 Schock Pflanzen, für freilich sehr geringe Preise, verkauft, um nur zu seiner Ver- 2s1 breitung möglichst beizutragen. Ueberhaupt glaube ich, dass es nur öffentlicher Anregung Seitens renom- mirter Persönlichkeiten bedarf, um ihm dieselbe allgemeine Anerkennung zu verschaffen, wie er sie in England schon längst gefunden hat. Zur Kultur des Rhabarber erlaube ich mir nun, nach meinen Erfahrungen Folgendes mitzutheilen. Will man denselben nicht als Zierpflanze auf Rasenplätzen, wozu sich, beiläufig gesagt, der Victoria- Rhabarber seines kolossalen Blattwuchses wegen vorzüglich eignet, sondern als Gemüsepflanze anbauen, so ist zu seinem üppigen Gedeihen, in welchem Zustande er überhaupt nur lohnend wird, ein lehmiger, feuchter, gut gedüngter und mindestens 2", Fuss tief gegrabener Boden nothwendig, da seine sich weit ausbreitenden Wurzeln auch 3 Fuss tief gehen und er sehr vieler Nahrung und Feuchtigkeit bedarf. Wird derselbe auf Beeten gezogen, so ist ein & Fuss breites Beet mit 2 Reihen Pflanzen, wovon jede Reihe 1"), Fuss von der Kante des Beetes entfernt ist und die Pflanzen in 3 Fuss Entfernung stehen, wohl die zweckmässigste Anlage; denn da die stärksten Blätter zuerst abgeschnitten werden, weil man die- selben nicht zur vollkommenen Ausbildung gelangen lassen darf, indem sie in diesem Falle weniger schmackhaft werden, so können die Zwischenräume noch mit frühen Kohlrüben bepflanzt werden, welche hierauf sehr gut gedeihen, und nachdem diese abgeräumt sind, ist es noch Zeit, Mohrrüben zu säen. Auch kann man in die Zwischenräume, im Frühjahre, Petersilie und Zwiebeln säen, welche, wenn die Witterung sonst günstig ist, vortrefllich fortkommen. Die Blätter, welche besonders das Rindvieh gern frisst, gewähren demjenigen, welcher Vieh hält, eine sehr gute Aushülfe für dasselbe, besonders zeitig im Frühjahre, wo oft noch wenig Grünfutter zu finden und an das Abblatten der Rüben noch nicht zu denken ist. Ueberhaupt ist anzunehmen, dass Runkelrüben, auf einer gleich grossen Fläche wie der Rhabarber erbaut, beim Abblatten keinen grösseren Blätterertrag gewähren als der Rhabarber während seiner Wachsthums-Periode von Anfang Mai bis September, welcher Vortheil ein nicht geringer ist. Länger als 5 bis 6 Jahre scheint es mir nicht vortheilhaft, denselben auf einer Stelle stehen zu lassen, da nach dieser Zeit die Blattstiele schwächer und faseriger werden. Somit hoffe ich nun das herrschende Vorurtheil widerlegt und auf seinen Nutzen hinreichend auf- merksam gemacht zu haben, und füge schliesslich nur noch eine kurze Anweisung der Zubereitung der Blattstiele hinzu, damit nicht aus Unkenntniss der zwar sehr einfachen Zubereitungsweise diese unschul- dige Pflanze auf’s Neue in Misskredit geräth. Die Zubereitung geschieht, indem man die Blattstiele wie den Spargel schält, in Zoll lange Stücke schneidet, dieselben mit wenig gesalzenem Wasser abbrüht und in einem Casserol mit beliebig viel (wo möglich gebranntem) Zucker zur Consistenz eines Compots einschmoren lässt. Vorher thut man für je 1 Person einen kleinen Theelöffel voll Butter hinzu. Will man den Wohlgeschmack noch erhöhen, so wird durch Hinzufügung etwas Weines dieses Compot jeden Gourmand befriedigen. Herr Ed. Monhaupt hielt einen Vortrag: Ueber die Kultur der Cyclamen oder Saubrod, Erdscheibe. Das COyclamen europaeum wächst ursprünglich auf Anhöhen und Bergen in trockenem Boden in Schlesien, Böhmen und Oestreich; namentlich in Oestreich ist es am häufigsten zu finden. Die Blumen sind schön und wohlriechend, rosenroth oder blassröthlich, oftmals auch weiss, gedeihen in Zimmern, deren Lage nach Osten, vortrefflich, und gewähren Blumenfreunden einen höchst angenehmen Genuss durch ihren Wohlgeruch. 36* 282 Die Blüthen des Cyel. europ. erscheinen im Juli bis September, noch vor den Blättern, welche letztere im Herbste und Winter sich erst vollkommen ausbilden und oftmals zum Frühling wieder ab- sterben; im letzteren Falle giesst man aber nur sehr wenig, wonach die Blumen zum zweiten Male treiben. Man stellt die Töpfe an’s Licht und begiesst sie mässig mit Fluss- oder Regenwasser. Ist es nö- thig, die Cyclamen zu verpflanzen, welches etwa in drei Jahren geschieht, so werden die Wurzeln, nach- dem man die Erde abgeschüttelt, untersucht und nur die alten oder abgestorbenen behutsam entfernt, die gesunden aber, ohne zu beschneiden, mit frischer Erde ausgefüllt. Die hierzu erforderliche Erde besteht aus etwa 2jTheilen Lauberde, 2 Theilen altem Lehm, gemischt mit 1 Theil guter Mistbeeterde und 1 Theil Fluss- oder feinem Kiessand. Eine Unterlage von groben Torfstücken oder grob gestossenen Ziegelstücken in Grösse einer klei- nen Haselnuss ist sehr zu empfehlen. Die Ueberwinterung ist sehr einfach; eine Temperatur von 1—5° Wärme nahe am Fenster, wo ihr Standort während ihres Wachsthums jedoch nicht gewechselt werden darf, ist ihnen am zuträglichsten. Eine zweite Art, das Oyclamen persicum, in Persien und Griechenland wild wachsend, deren Blu- men sehr gross, weiss, im Schlunde roth und sehr wohlriechend, blüht nur im Frühjahre, ist ebenso wie vorhergehende zu behandeln, auch dieselbe Erde beim Verpflanzen zu verwenden. Der Ruhestand die- ser Art dauert etwa 3 Monate, und während dieser Zeit darf man sie nur selten begiessen, jedoch muss man sie stets an einem luftigen Standort halten. Es giebt der Sorten von Cyclamen noch mehrere; die hier genannten sind für Zimmerkultur am lohnendsten. Herr Direktor Dr. Fickert: Ein Vorschlag zur Beförderung des Obstbaues in Schlesien. Es kann nicht geleugnet werden, dass der Obstbau in Schlesien im Allgemeinen vernachlässigt wird: theils verwendet man nicht den hundertsten Theil des Bodens, der mit Vortheil dazu benutzt werden könnte, für diesen Zweck, theils werden statt der edelsten und nutzbarsten Sorten meist solche von ge- ringem Werthe und Ertrage gebaut, theils vermisst man fast überall eine zweckmässige Behandlung der Obstbäume. Und doch sind Boden und Klima in den meisten Gegenden wohl geeignet. Dass es zu den Aufgaben der vaterländischen Gesellschaft gehört, auch diesen Zweig der Kultur zu heben und dadurch den Wohlstand der Provinz zu fördern, ist ebenso durch die ausgesprochene Tendenz der Gesellschaft wie dadurch bewiesen, dass dieselbe durch Vertheilung von Edelreisern und durch ihre Ausstellungen schon für diesen Zweck zu wirken gesucht hat. Beide Mittel haben bis jetzt einen sichtbaren Erfolg nicht gehabt, können auch ihrer Natur nach nur da wirken, wo schon ein grösseres und allgemeineres Interesse für den Gegenstand vorhanden ist. Es muss also ein anderer Weg zum Ziele gesucht werden. Diesen zeigt die Geschichte der Obstzucht in Deutschland. Es sind vorzugsweise Geistliche, demnächst Schullehrer gewesen, welche den Obstbau da, wo er blüht, begründet und gefördert haben; so unter den Verstorbenen Christ, Sickler, Mehl- horn u. A., unter den Lebenden Schmidtberger, Mayer, vor Allen Oberdieck. Man wird also auch in unserer Provinz, soll etwas Erspriessliches für den Obstbau geschehen, die Geistlichen und Schul- 283 lehrer für denselben interessiren müssen. Dies kann mit sicherer Aussicht auf Erfolg nur durch die Anlegung einer Provinzial-Baumschule in Breslau geschehen. In dieser würden nur die besten Sorten — namentlich die von Oberdieck für das nördliche Deutschland empfohlenen — zu kultiviren sein. An Geistliche und Schullehrer müssten die Stämme theils unentgeltlich, theils für einen geringen Preis abgegeben werden. Man würde so tüchtige Obstgärtner heranbilden können. Das Wichtigste aber wäre, dass man nicht bloss die Zöglinge des hiesigen Königl. Schullehrer-Seminars mit der Obstbaum- zucht gründlich bekannt machen, sondern auch von den Studirenden der Theologie wenigstens Einzelne dafür interessiren könnte. Die Anlage würde allerdings Kosten verursachen; doch ist zu hoffen, dass die hohen Stände der Provinz ihre Beihülfe nicht entziehen werden. Nach wenigen Jahren aber muss die Baumschule sich selbst erhalten. Ein durchaus geeignetes Grundstück von circa 6 Morgen ist für einen billigen Preis zu haben. — Zum Schluss werden noch Bemerkungen gemacht über die für Obstbäume am meisten geeigneten Bodenarten, über Veredlung und Pflege derselben u. s. w. 3 a ee or IE . ae m er. R} nobuafmaausahi su er ch ‚said, nah Ukeurund , PRUTT TT Agiidoiiy.. 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Ober-Regierungsrath Sohr hielt folgenden Vortrag: Die Erfahrungen der Vergangenheit in Bezug auf die vertragsmässige Sicherstellung der Rechte der den Glauben des Regenten nicht bekennenden Unterthanen. Das Ungeeignete des Verlangens einer „festen Sicherstellung der geheiligten Rechte der orthodoxen Kirche“, welches Russland in den Manifesten vom 14. Juni und 20. Oktober 1853 an die Türkei stellte, kann wohl nicht treffender bezeichnet werden, als in der metaphorischen Erwiederung des Türkischen Ministers: „ibm sei es lieber, dass man ihm ein Glied abschneide, als durch den ganzen Körper der „Türkei ein langsames, aber sicheres Gift zu verbreiten suche, durch welches im Innern alle Kraft und „Energie zerstöret und die Regierung ohne Vertheidigung dem mächtigen Nachbar vor die Füsse ge- „worfen werden würde.“ Dem Schlesier tritt dabei die ähnliche Foderung in Erinnerung, welche Oe- sterreich in Bezug auf die katholische Kirche an Preussen machte, als dem letzteren die Schlesischen Fürstenthümer abgetreten wurden, welche unter dem Namen der Provinz Schlesien einen Theil der Preus- sischen Monarchie bilden. Der Zurückblick auf die damaligen, über den bemerkten Punkt geführten Ver- handlungen ist um deswillen nicht ohne Interesse, weil ein näheres Eingehen auf die Ereignisse, welche einer längst entschwundenen Vergangenheit angehören, das Missliche solcher Gewährleistungen aus That- sachen erkennen lässt, welche unzweifelhaft feststehen und meist urkundlicne Begründung erhalten haben. Denn wirklich wurden die begehrten Garantieen in zwei kurz aufeinander folgenden Friedensverträgen gewährt: es stellte sich jedoch das Unhaltbare derselben in der späteren Zeit so unabweislich heraus, dass, nachdem diese Verträge nach hinwiederum ausgebrochenem Kriege ihre Geltung verloren hatten, in dem dritten und letzten Friedensschlusse der Artikel der früheren Verträge, in welchem die Garantie geleistet worden war, nur mit Entfernung der Worte, welche der Gewährleistung einzig und allein Wirkung ver- liehen hatten, Aufnahme finden durfte. 286 In dem Patente wegen des Einmarsches der Kgl. Preussischen Truppen in Schlesien, d. d. Berlin den 1. December 1740, gab der König unverlangt und freiwillig die Zusicherung: „‚und gleichwiedieses*) keines- „weges in der Intention geschehen, um Ihro Kgl. Majestät von Ungarn zu beleidigen, als können alle und jede „des Herzogthums Schlesiens Einwohner sich versichert halten, .dass dieselben von Uns und Unsern Trup- „pen nichts feindliches zu besorgen, sondern vielmehr bei allen ihren wohlhergebrachten Rechten und, „Gerechtigkeiten, Freiheiten und Privilegien in publieis et privatis, in ecelesiastieis et politicis, wel- „cher Religion, Standes oder Würden dieselben sein könnten, Unserer Königl. Protection und Schutzes „sich zu erfreuen haben sollen.“ Wenn Friedrich diese seine Absichten, Niemanden in seiner Glau- bens- und Gewissensfreiheit zu stören und jeden in dem Genusse der in dieser Beziehung bereits er- worbenen Rechte zu lassen, bei der Besitznahme von Schlesien von vornherein ankündigte, so war diese Erklärung bei den damaligen Zuständen und den aus denselben hervorgegangenen Rechtsverhältnissen der verschiedenen, in diesem Lande lebenden Confessionsverwandten hauptsächlich den Katholiken von Werth, weil nur sie in dem Besitze von „‚wohlhergebrachten Rechten in ecclesiasticis‘“ sich befanden. Die Katholiken Schlesiens konnten daher bei dieser sie allein begünstigenden Zusicherung vollkommen beruhigt sein. Sie waren es wohl auch, wenigstens gab sich der Wunsch, andere Garantieen zu er- halten, als durch das Königliche Wort gegeben worden, nirgends laut zu erkennen. Wenn daher Maria Theresia die Frage: ob sich mit der erlangten Zusicherung zu begnügen sei? bei den Friedensverhand- lungen, durch welche das freilich schon längst in Besitz genommene Land an die Krone Preussen noch förmlich abgetreten wurde, in’s Auge zu fassen, den König auf diese Weise des freiwillig gegebenen Wortes zu entbinden und eine formelle Garantie des status quo zu einer vertragsmässig zu übernehmen- den Bedingung des Friedensschlusses zu machen, sich bewogen fand, so lässt sich, ob dies aus eigener, freier Entschliessung oder vielleicht in Folge von Anträgen der um ihre Fortdauer besorgten Stifter und Klöster geschehen, nicht nachweisen, das Letztere etwa nur aus dem Umstande vermuthen, dass dieser Institute in der betreffenden Klausel des Friedensschlusses ausdrücklich gedacht wurde. Genug, der Friedens-Negociateur der Kaiserin Maria Theresia, der Englische Gesandte Lord Hind- fort, ward beauftragt, bei den nach mehrmonatlichen vergeblichen Versuchen, Friedrich II. mit der Ab- tretung einiger Nieder-Schlesischer Fürstenthümer zufriedenzustellen**), in Breslau eröffneten Friedens- Präliminarien Stipulationen zu Gunsten der katholischen Kirche auf die Bahn zu bringen. Lord Hindfort wies anfänglich nur im Allgemeinen und mit vieler Vorsicht auf die glückliche Stellung hin, welche die Katholiken in Schlesien seit dem Westphälischen Frieden unter dem Schutze der Kaiser hatten behaup- ten dürfen, und wie letztere in diesem Lande für die Verbreitung des katholischen Glaubens mit dem glücklichsten Erfolge gesorgt hätten, worauf mit dem Wunsche hervorgetreten wurde, dass in den Frie- densschluss noch Stipulationen aufgenommen werden möchten, durch welche die Kaiserin nicht blos in Bezug auf das fernere Gedeihen der katholischen Religion in Schlesien, sondern auch über die Erhaltung und den Fortbestand derselben beruhigt werde. Der die Negociationen Preussischer Seits leitende Kabinets-Minister Graf von Podewils mochte aber hierauf nicht eingehen. Er machte zuvörderst auf die bereits freiwillig ertheilte Königliche Zusicherung ) „Dieses“ nämlich das Einrücken der Truppen zur Besitzergreifung des Landes, wovon in den vorausgegan- gegangenen Worten die Rede ist. "*) Schon am 9. Oktober 1741 wurden zu Klein-Schnellendorf, Kreis Falkenberg, die Bedingungen, unter denen der damals von Friedrich so glücklich geführte Krieg sein Ende finden könne, zwischen Lord Hindfort, Feldmarschall Neipperg und General Lentulus verabredet. Den nach diesen Verabredungen entworfenen Friedensvertrag vollzog edoch der König nicht. Schöll hist. des traites. T. 2. p. 303. Preuss, Friedrich der Grosse. 1. Bd. S. 186. aufmerksam, dürch welche die Bedenken der Kaiserin gehoben worden, und wies sodann auf die schwie- rige Stellung hin, in welche sein Monarch gebracht werden würde, wenn er einem Theile seiner Unter- thanen in vorzugsweiser Berücksichtigung ihres confessionellen Verhältnisses mittelst förmlichen Vertrages Concessionen machen solle, durch welche der andere Theil offenbar verletzt werde. Gerade wie jetzt änderwärts hervorgehoben, ward von ihm darauf aufmerksam gemacht, dass durch die verlangten Stipula- tionen dem Oesterreichischen Hofe eine Theilnahme an den landeshoheitlichen Rechten eingeräumt und Veranlassung gegeben werde, bei der geringsten Veränderung ‘in der inneren Landes-Verwaltung einzu- treten und die Schlesischen Katholiken zur Unzufriedenheit zu reizen, welche letzteren überdies durch eine solche Stipulation bei allen im Wechsel der Zeit nicht ausbleibenden administrativen Maasnahmen sich zu Klagen über verletzten Friedensbruch angeregt fühlen würden.*) Lord Hindfort ging jedoch auf die Festsetzungen des Westphälischen Friedens zurück, und hob hervor, dass nach solchem die von den katholischen Regenten des Landes seither beschützten Unterthanen des Glaubens der letzteren bei der gegenwärtigen Hoheitsveränderung ganz der Willkür des neuen Regenten preisgegeben wären und aller ihrer Rechte verlustiig gehen könnten. Den Vorwurf, dass die Kaiserin nur einen Vorwand suche, um sich in die innere Verwaltung Schlesiens auch in Zukunft mischen zu dürfen, lehnte Lord Hindfort auf das Entschiedenste ab. ,,‚Die Kaiserin,‘‘ so schloss derselbe seine Note, „glaubt aber der ewigen „Seligkeit verlustig zu gehen, wenn bei den Friedensverhandlungen nicht etwas zu Gunsten der Katho- „liken stipulirt wird, eben weil es nach der Abtretung des Landes in das Belieben des Königs gestellt „ist, dieselben aus dem Lande zu treiben, die Klöster einzuziehen und die evangelische Religion an die „Stelle der katholischen zu setzen**).‘“ Die Bedenken der Kaiserin waren vollkommen gegründet. Mit dem Besitze Schlesiens gingen aller- dings an Friedrich alle die Rechte und Befugnisse über, welche in dem zu Osnabrück den 24. Oktober 1648 abgeschlossenen, den dreissigjährigen Religionsstreit beendenden Frieden den Fürsten des einen Bekenntnisses gegen die einer anderen Religion angehörigen Unterthanen eingeräumt worden waren. Nach dem in solchem erneuerlen Grundsatze des Religionsfriedens vom 26. September 1555, wonach die Religion des Landesfürsten das Konfessions-Verhältniss der Unterthanen bestimmte, durfte der König, da die evangelische Religion in dem erworbenen Schlesien künftig die exclusiv herrschende geworden, den zu derselben nicht gehörigen Religionsverwandten, wenn sie zu dem Glauben des Landesfürsten überzugehen nicht geneigt wären, die Auswanderung aus dem Lande freistellen. Die Ausübung dieser Befugniss, des sogenannten Reformationsrechtes ***), war im Westphälischen Frieden zwar durch die Fest- setzung beschränkt, dass der im Jahr 1624 stattgefundene status quo der Religionsübung aufrecht *) „Que Sa Majeste ne pouvoit pas souffrir, qu’on fournisse des pretextes ä la Cour de Vienne de se meler ä „l’avenir de l’interieur des affaires de Silesie, que si on accordoit de pareilles stipulations, les catholiques voudroieny „a tout moment r&courir ä Vienne et que les moindres changemens qu’on feroit dans le pays passeroient pour une „infraction du traite.“ **) „Que ce n’etoit nullement l’intention de la cour de Vienne de se meler ä l’avenir ni en blanc ni en noir „del’interieur de la Silesie ou des plaintes de ses sujets de quelque religion qu’ils puissent @tre, mais que la reine „eroiroit &tre damnee, si on ne stipuloit rien pour les catholiques, puisque le roi seroit alors le maitre de les chas- „ser tous, de confisquer les couvens et de se servir de ses droits au pre&judice de la religion catholique.“ "*) Auf die Verhandlungen des Westphälischen Friedens, auf die vor dessen Abschlusse eingetretenen schwierigen Verwickelungen und auf den aus der Lösung derselben hervorgegangenen eigenthümlichen Rechtszustand der ver- schiedenen Religionsparteien ist kein Schriftsteller tiefer eingegangen als Menzel in seiner neuern Geschichte der Deutschen. Bd. 8. S. 190. Wenn es darauf ankommt, über die damaligen Ereignisse vollständig und gründlich be- lehrt zu werden, dann kann in der That auf keine andere Schrift hingewiesen werden, 97 IE .: erhalten und da, wo spätere Veränderungen eingetreten, alles auf den Fuss des Normaltermins wieder hergestellt werden sollte. Es war aber gerade in Schlesien in der Zwischenzeit vom Jahre 1624 bis zu der Zeit der eröffneten Friedensverhandiungen von Seiten der Kaiser alles aufgeboten worden, um die katholische Religion an die Stelle der bis zum Normaljahre in Schesien weit verbreiteten evangelischen zu setzen und hatte der Kaiser bei den Friedensverhandlungen in Bezug auf diesen Punkt ausdrücklich erklären lassen, dass er den Religionszustand, wie er sich in Schlesien im Normaljahre 1624 gestaltet habe, nicht aufrecht erhalten und ihn nur in den Fürstenthümern, wo Evangelische Fürsten Landeshoheit- liche Rechte besessen, vorjetzt gelten lassen werde.*) Auch ward, als diese Fürstenthümer nach dem Tode des letzten der Piasten, des Herzogs Christian, im Jahre 1672 dem Kaiser zufielen, in denselben ebenfalls zu reformiren und die Religion des katholischen Staatsoberhauptes einzuführen wirksam he- gonnen**). ‘) Demgemäss wurden die Evangelischen in den Fürstenthümern Breslau, Schweidnitz, Jauer, Glogau, Sagan, Oppeln, Neisse, Ratibor, Münsterberg und in den Standesherrschaften Pless, Beuthen, Polnisch-Wartenberg, Trachen- berg, Militsch, Sulau und Freihahn aus dem Besitze ihrer Kirchen, gegen 700 an der Zahl, gesetzt, ihnen jedoch ge- stattet, in den drei Städten Schweidnitz, Jauer und Glogau sich auf ihre Kosten evangelische Kirchen bauen und in solchen Gottesdienst halten zu dürfen. Die evangelischen Geistlichen und Schullehrer an allen übrigen Orten mussten ausser Landes ziehen. Haus-Andacht abzuwarten oder in den drei Friedenskirchen oder an benachbarten Orten des Auslands dem öffentlichen Gottesdienste beizuwohnen, in solchen nach vorgängiger Entrichtung der Stolgebühren an die katholische Geistlichkeit des Wohnortes Taufen, Trauungen und Begräbnisse zu verrichten, auch ihre Kinder entweder auf auswärtige Schulen zu schicken eder zu Hause durch Privatlehrer unterrichten zu lassen, war nur dem angeses- senen Adel und dessen Gerichtsbefohlenen gestattet, wogegen die auf den Kaiserlichen Domainengütern wohnenden Evangelischen, insofern sie nicht zur katholischen Religion übertraten, ihre Güter zu verkaufen und den Heimaths- ort zu verlassen genöthigt wurden. Menzel a. a. O. Bd. 8. S. 191. Worbs, die Rechte der evangelischen Ge- meinden in Schlesien an den ihnen im 17. Jahrhundert gewaltthätig entnommenen Kirchen und Kirchengütern, Sorau 1825. P.111. Letzterer meint, dass dem Kaiser, weil an allen Orten, wo-den Evangelischen Kirchen weggenommen wurden, nur wenige, an vielen gar keine Katholiken vorhanden gewesen, jede Veranlassung zu Ausübung des Re- formationsrechtes gefehlt habe. Der Mangel katholischer Glaubensgenossen durfte aber den evangelischen Gottesdienst beizubehalten um so weniger veranlassen, als gerade jede Duldung bei der Ausübung des Reformationsrechts ausge- schlossen blieb und der Inhaber desselben seine Religion an die Stelle der andere setzen durfte. "") Dem Kaiser ward freilich nach der Erwerbung der Kürstenthümer von den evangelischer Einsassen das Recht, in solchen zu reformiren, heftig bestritten, und bedurfte es grosser Mässigung und vorsichtigen Vorgehens mit den dieserhalb zu treffenden Maassnahmen, um nicht offenen Widerspruch zu wecken und vielleicht blutige Auftritte her- beizuführen. Auch machten die evangelischen Reichsstände auf dem Reichstage gegen das Verfahren des Kaisers dringende Vorstellungen. Der letztere hielt aber an dem Grundsatze, dass er als katholischer Landesfürst seiner Religion in den Fürstenthümern die alleinige Geltung verschaffen könne, sowohl den gedachten Reichsständen gegenüber, als auch in den Bescheiden, welche er den Evangelischen auf ihre Remonstrationen ertheilte, beharrlich fest, und wurden im Fürstenthum Liegnitz 19, im Fürstenthum Brieg 46, im Fürstenthum Wohlau 5 Kirchen den Evangelischen abgenom- men, die im Besitze der evangelischen Geistlichen sich befindenden Pfarrwiedmuthen katholischen Geistlichen über- wiesen, erstere mit den evangelischen Schullehrern entfernt, den Ober-Behörden Befehle gegeben, dafür Sorge zu tragen, dass katholischer Adel sich ankaufe, um die Landständischen Aemter in die Hände der Bekenner der herr- schenden Religion zu bringen, und bei der Besetzung der Königlichen, ebenso wie der magistratualischen Stellen nur Katholiken zur Berücksichtigung zu ziehen. Menzela.a.0. Bd.8 S.504, 524, 528. Bd.9 S. 443. Wenn der König von Schweden Karl XII. den, von den Reichsständen vergeblich unterstützten Reclamationen zwanzig Jahr später einen bessern Eingang vermittelte, so lag die Ursache dieser Erscheinung keinesweges in dem Umstande, dass der Kaiser eine andere Ueberzeugung gewonnen, sondern nur in der sich ihm aufdringenden Nothwendigkeit, den nenen Feind bei dem schlimmen Stande der Oesterreichischen Angelegenheiten in Ungarn und am Rhein unter jeder Bedin- gung zu beschwichtigen. Selbst in der Alt-Ranstädter Convention vom 6. September 1707 findet sich nirgends eine Ver- zichtleistung auf die Ausübung des juris reformandi in Schlesien. Vielmehr wird auf den Inhalt des Osnabrücker Friedens mehrmals hingewiesen, und dass derselbe ferner in Geltung bleibe, durch die An- erkennung der unrichtigen Deutung ausser Zweifel gestellt, welche die Bestimmungen dieses Friedens über die den schlesischen Piasten zugestandene Religionsfreiheil Kaiserlicher Seits erfahren *). Darum wird auf die Zurückgabe der in diesen Fürstenthümern eingezogenen evangelischen Kirchen eingegangen und in solchen die gestörte Religionsfreiheit wieder hergestellt, wogegen festgesetzt wird, dass in dem ganzen übrigen Schlesien die Evangelischen ihren Gottesdienst nicht öffentlich verrichten und öffentliche Schulen halten dürfen, ausser in den Städten, wo ihnen Kirchen zu erbauen ausdrücklich erlaubt wor- den war. Der Gedanke, dass Friedrich durch die Abtretung von Schlesien in den Besitz des Reformations- Rechts kommen werde, ängstigte die Kaiserin daher mit Fug und Recht. Sie sah schon im Geiste, wie gegen ihre Glaubensgenossen ebenso gewaltsam verfahren werden würde, wie dies von Seiten ihrer Vorfahren gegen die Evangelischen ins Werk geselzt worden, und sie beschwor darum den Lord Hind- fort diesen Eventualitäten auf jede Weise vorzubeugen und zu vermitteln, dass den Katholiken die freie Religionsübung erhalten und dafür eine günstige Zusicherung in dem Friedens-Vertrage erwirkt werde. — Dass der Friedens - Vermittler den ihm hiermit ertheilten Auftrag treu und redlich erfüllte und dass er den Preussischen Minister von den Gewissensserupeln der Kaiserin unumwunden in Kenntniss setzte, ist bereits erwähnt. In Folge dieser Mittheilungen schlug er gleichzeitig vor, dieser Angelegenheit einen besonderen Artikel in dem Friedens-Vertrage zu widmen, in welchem Preussischer Seits erklärt werde: „es solle kein Katholik in Schlesien in der freien Ausübung seiner Religion gestört, die katholische „Religion mit ihren Institutionen, namentlich den Stiftern und Klöstern, im statu quo bleiben und auf „dem Fusse erhalten werden, auf welchem sie der König bei seinem Eintritte in Schlesien gefunden „habe**).“ Dieser Vorschlag konnte Preussischer Seits nicht angenommen werden, weil durch den *) In der Alt-Ranstädter Convention tritt eine Eigenthümlichkeit in der Form hervor, welche ihr fast die Gestalt des Unvollendeten giebt. Sie beginnt mit den Worten: „Promittitur a parte Sacr. Cuesar. majestatis Articul. 1. liberum religionis erercilium, quod principibus Silesiae etcet.“ In diesem Artikel wird nun als Wesen und Zweck des Vertrags bezeichnet, dass bei den über das „liberum religionis erercitium“ gemachten Zusicherungen nur die Herstellung der, den evangelischen Fürsten, einzelnen Städten und der sonst noch den Evangelischen im Osnabrücker Frieden bewilligten, von der Kaiserlichen Regierung nach dem Friedensschlusse entzogenen Begünstigungen ins Auge gefasst worden. Weitere Artikel sind aber nicht vorhanden, und schliesst der erste und einzige Artikel mit seinen elf Paragraphen das Gesetz ab. Im $ 3 werden die „Zoca, ubi Augustana religio viget‘“ sorgfältig geschieden von den „locis, ubi publicus Argustanae religionis usus interdictus est,‘“ und in dem Friedens-Executions-Recesse vom 8. Februar 1709 wird, dass in den Erbfürstenthümern das Reformationsrecht nicht aufgegeben sei, durch die Bezeich- nung dieses grösseren Theiles von Schlesien als: „‚territorium reformationi obnozium“ ausdrücklich kund gegeben, wornach denn auch die demnächst den Evangelischen ertheilte Erlaubniss, in diesem Landesgebiete noch sechs Gnadenkirchen unter denselben Bedingungen, wie die in Folge des Osnabrücker Friedens erbauten drei Friedens- kirchen herstellen zu dürfen, mit solcher Vorsicht ertheilt ist, dass sie nur als eine, keiner weiteren Ausdehnung unterlie- gende Begünstigung erscheint. Wie Menzel Bd. 10 S. 165---174 und Wuttke Gesch. Schlesiens Bd. 11. S. 345—373, 379, 433 versichern, blieb auch die Lage der Evangelischen nach der Alt-Ranstädter Convention fortdauernd gedrückt und ungeachtet der Bewilligungen in solcher wurden den weltlichen, wie geistlichen Behörden Instruktionen ertheilt, in deren Folge die Ausübung der evangelischen Religion sich in sehr engen Schranken gehalten sah. ") „Que la religion catholique et toutes les fondations pieuses, abbayes, couvens seroient conservees in statu „guo et les catholiques point troubles dans le libre exercice de leur religion sur le pied, ou le roi l’avoit trouve en „entrant en Silesie.‘ 37* 290 Schlusssatz der proponirten Erklärung den Evangelischen die allgemeine Glaubens- und Gewissensfreiheit geradezu vereitelt worden wäre. Denn mit dem Zugeständnisse, die katholische Religion auf dem Fusse zu lassen, auf welchem sie sich bei der Besitznahme Schlesiens befand, wurden die ausgedehnten, die Evangelischen in der freien Ausübung ihrer Religion in dem grössten Theile Schlesiens völlig beschrän- kenden Gerechtsame der Katholiken indirekt anerkannt. Hindfort war billig genug, einzusehen, dass der gegen seinen Antrag erhobenen Widerspruch vollkommen gegründet sei, und vereinigte man sich endlich, weil die Kaiserin doch eigentlich nur Schutz für die mit dem Verlust ihrer Religionsfreiheit bedrohten katholischen Confessions-Verwandten haben wollte und gewiss nicht daran denken mochte, den Evaugelischen das wieder zu verkümmern, was ihnen nur erst geschenkt worden war, zu folgendem Entwurfe des Art. VI. des Friedens-Vertrages: ‚‚Se. Majestät der König von Preussen wird die katholi- „sche Religion in Schlesien in statu quo erhalten, ebenso wie jeden Einwohner dieses Landes in dem „Besitze seines Eigenthums, seiner Freiheiten und Privilegien, welche von ihm rechtmässig erworben „worden sind, so wie Allerhöchstdieselben bei Ihrem Eintritt in Schlesien es erklärt haben, ohne dass „dadurch die den Evangelischen zugestandene Glaubens- und Gewissensfreiheit beeinträchtigt werde und „die Rechte, welche dem Landesfürsten in Religionssachen zustehen, ausser Kraft treten *).‘ Mit dieser Fassung des gedachten Artikels wurden die Präliminar-Friedensentwürfe zum Schluss gebracht, unterm 11. Juni 1742 von den beiderseitigen Bevollmächtigten unterzeichnet und die dem Minister Graf von Podewils zugestellte Ausfertigung noch an demselben Tage an den König gesendet. Der letztere erinnerte nichts weiter. Wohl aber kam der Entwurf vom Oesterreichischen Hofe ungenehmigt zurück aus dem freilich sehr triftigen Grunde, dass durch den Vorbehalt der dem Landesfürsten zustehenden Rechte die im Eingange des Artikels gegebene Zusicherung der Erhaltung des status quo völlig wirkungslos werde. Es wurde daher für den Fall, dass diese salvatorische Klausel nicht gänzlich beseitigt werden wollte, vorgeschlagen, selbiger hinwiederum die Beschränkung beizufügen: „dergestalt jedoch, dass der „König sich dieser ihm als Landesfürsten zustehenden Rechte nicht zum Nachtheil des status quo der „katholischen Religion und des Eigenthums, der Freiheiten und Privilegien der Einwohner bedienen „dürfe **).“ Graf Podewils wollte diese wichtige, den wahrscheinlich von ihm selbst ausfindig ge- machten Vorbehalt vollständig beseitigende Beschränkung dem Entwurfe nicht beisetzen lassen und kam wieder auf die ursprünglichen Bedenken zurück, dass die Katholiken in einer solchen Restriction mehr suchen würden, als in ihr wirklich enthalten sei und bei allen Maassnahmen der Regierung über Rechtsverletzung schreien würden. Lord Hindfort veysicherte aber wiederholt, dass man in Wien nicht auf das entfernteste daran gedacht habe, den König in der Verwaltung des Landes zu beschränken, dass der Aufnahme des vorgeschlagenen Zusatzes jedoch schon um deswillen etwas nicht entgegengesetzt werden könne, weil es nun einmal Gebrauch sei, den Unterthanen, welche an einen andern Landesfürsten abgetreten würden, den Fortgenuss der unter den zeitherigen Landesfürsten genossenen Rechte zu sichern ***). ") „Sa Majeste le roi de Prusse conservera la religion catholique en Silesie in statu quo, ainsi qu’un chacun des „habitans de ce pays lä dans les possessions, libertes et privileges, qui lui appartiennent legitimement, ainsi qu’Elle „a declare ä Son entree dans la Silesie, sans deroger toutefois a la liberte entiere de conscience de la religion „protestante et aux droits du souverain.‘ ") „De sorte pourtant, que Sa Majest€ le Roi de Prusse ne se servira des droits du souverain au prejudice du „status quo de la religion catholique et des possessions, libertes et privilöges des habitans.‘“ "") „Qu’on n’avoit jamais songe a Vienne ä vouloir prescrire au Roi de quelle fagon Elle devoit gouverner „ses nouveaux sujets, mais comme c’etoit la coutume dans tous les traites de paix, que les anciens maitres tachoient „de leur assurer la libre jouissance de leurs legitimes privileges et possessions, on se flattoit, que le Roi ne seroit „pas contraire ä cette addition.“ 291 Der Minister machte dem Könige unterm 7. Juli 1742 Anzeige von dem Anstande, welchen die Vollziehung der Friedenspräliminarien bei dem Gegentheile gefunden habe, und legte den Entwurf des Artikels in der von der Kaiserin verlangten Redaction vor. Der König strich in selbigem nur die Worte, in welchen des Eigenthums, der Freiheiten und der Privilegien der Einwohner gedacht wurde, bemerkte am Rande eigenhändig: ‚‚dass der Wiener Hof sich nicht um die Einwohner zu kümmern habe, die „katholische Religion aber der König selbst in statu quo lassen werde, *)‘“ und autorisirte auf diese Weise seinen Bevollmächtigten, den wesentlichsten Theil des Zusatzes in den Definitiv-Friedensvertrag aufnehmen zu lassen, welcher letztere denn auch mit dieser die Ausübung der Landesfürtlichen Rechte in Bezug auf das Reformationsrecht zu Gunsten der Katholiken beschränkenden Klausel ausgefertigt und d. d. Berlin den 28. Juli 1742 publizirt wurde. Unter solchen erheblichen Geburtswehen erblickte der Artikel VI das Licht der Welt, und gab sich sein eben nicht logisch geordneter Inhalt zwar im ungetrennten Zusammenhange, gleichwohl fünf wesent- lich verschiedene Punkte bezeichnend, der Oeffentlichkeit kund**). In dem ersten, zweiten und dritten Abschnitte sollte etwas anderes kaum gesagt werden, als das, was Friedrich in dem Patente vom 1. Dezember 1740 beim Einmarsche seiner Truppen in Schlesien erklärt hatte, nämlich: 1) dass die sämmtlichen Landes-Einwohner bei dem ruhigen Besitz des Ihrigen und bei ihren wohlerworbenen Rechten und Freiheiten ohnbeeinträchtigt gelassen; 2) die Römisch-katholische Religion in dem Zustande, in welchem sie bei der Besitznahme Schle- stens vorgefunden worden (in statu quo), verbleiben, und 3) daraus der völligen Gewissens-Freiheit der Evangelischen kein Nachtheil erwachsen solle. Der vierte Punkt enthält zwar den von Podevils gestellten Vorbehalt, 4) dass in allen diesen Zusicherungen keine Beschränkung der Souverainitätsrechte über die neuen Unterthanen, namentlich in Bezug auf ihr Konfessionsverhältniss gefunden werden dürfe. Dieser Vorbehalt wird aber am Schlusse des Artikels völlig aufgegeben und erklärt: 5) dass sich der König, in Ansehung des status quo der katholischen Religion, dieser seiner Sou- verainitätsrechte nicht bedienen werde. Mit dieser unter dem fünften Punkte abgegebenen Erklärung hatte Oesterreich für die Katholiken Schlesiens eine Garantie ihrer kirchlichen Rechte erlangt, wie sie der Kaiser der Reussen seinen Glaubensgenossen im Türkischen Reiche gewiss nicht eingreifender und umfangreicher ertheilt sehen möchte. Die Besorgnisse, welche Podewils in Bezug auf die Abgabe dieser wichtigen Erklärung gehegt hatte, rechtfertigten sich nur zu bald. Denn der katholische Clerus meinte, dass, wenn der König in dem *) „Il ne s’agit point des habitans, mais quant ä la Religion quelle restera in statu quo.“ ”) Die offizielle Uebersetzung dieses Artikels im ersten Bande der Kornschen Edicten - Sammlung No. XLV S. 154 lautet: Art. VI. Die Römisch-Catholische Religion werden des Königs von Preussen Majestät in der Schlesie in statu quo, auch die sämmtliche dasige Landes-Einwohner bey dem ruhigen Besitz des Ihrigen und bey ihren wohlerworbenen Rechten und Freiheiten ohnbeeinträchtigt lassen, jedoch der völligen Gewissensfreiheit der protestantischen Einge- sessenen und denen Ihro Majestät, als Souverain des Landes zustehenden höchsten Gerechtsamen ohnbeschadet und ohne Nachtheil; Indessen sind des Königs von Preassen Majestät auch nicht gemeynet, Sich solcher Dero Gerecht- same zu bedienen, um inAnsehung des status quo der Römisch-Catholischen Religion in der Schlesie eine Abänderung zu treffen. Zustande der katholischen Kirche keine Aenderung vornehmen und letztere das, was sie zeither gewesen, bleiben dürfe, ihr die frühere hervorragende Stellung nach wie vor gebühre, sie daher die in Schlesien herrschende sei und die evangeliche Kirche nur in dem Verhältnisse einer geduldeten sich befinde. Dieser Ansicht ward durch Werke und Worte Gewicht zu geben gesucht. Aber die Evangelischen waren, gehoben durch das Gefühl der ihnen verliehenen Freiheiten, nicht müssig. Eifer ward mit Eifer ver- golten und auf der Kanzel der einen Konfession das heftig widerlegt, was auf der Kanzel der andern Konfession auch nicht mit Glimpf vorgetragen worden war. Doch den damals den Bischöflichen Stuhl einnehmenden Cardinal Philipp Ludwig Grafen von Sinzendorf, einen Mann von Einsicht und Klugheit, welcher, obschon er die Verbindung des grössten Theils seiner Diöcese mit dem Kaiserhause ungern sich lösen sah, gleichwohl die Absichten seines neuen weltlichen Herrn und Herrschers vollständig begriff und sich mit Vertrauen und Liebe ihm zuwendete, berührte es schmerzlich, dass die den Katholiken von Seiten des Königs durch die nicht erst im Friedensschlusse, sondern bei der ersten Besitznahme gemachten Zusicherungen erwiesene grosse Begünstigung bei seinem Clerus nicht die gebührende Aner- kennung fand. Er erliess daher unterm 28. August 1740*) ein Diöcesan-Patent, in welchem er zu- vörderst hervorhob, „dass der König von Anbeginn Dero glorreichsten Regierung und Beherrschung des „Herzogthums Schlesien alle Dero Unterthanen, wesserley Christlichen Glaubens - Bekenntniss- sie seyn „mögen, Dero höchsten Kgl. Schutzes und ungeschränkter Gewissens-Freiheit allergnädigst versichert „haben, deren sie auch, besonders Ihre Catholischen Unterthanen bis anhero dergestalt theilhaftiig ge- „machet, dass sie auch dem Clero und Uns, als dessen Haupt, die Ausübung Unserer Bischöflichen und „allerseits Geistlichen Gerechtsamen, so wie Sie selbige bei Dero Eintritt in Schlesien angetroffen, lassen zu „wollen allermildest erkläret.‘“ Hierauf wird das Verlangen des Königs, ‚dass sämmtliche Dero Unter- „thanen, was sie nur vor einer Religion seyn mögen, mit einander in Christ- und. bürgerlicher Fried „und Einigkeit leben, und von allen Worten und Werken sich enthalten mögen, wodurch einiger Zwie- „‚spalt, Hass und Widerwillen in Religions-Sachen erwachsen könne,“ allen dem Bischofe „Untergebenen, „besonders aber den geistlichen Seelsorgern und Predigern katholischer Religion‘ empfohlen und letzteren eingeschärft, sich „‚in ihren Predigten und christlichen Unterrichtungen aller schimpflichen, gehässigen „und unglimpflichen Ausdrückungen gegen andere Religionsgenossen zu enthalten.‘ Gleichzeitig untersagte der Cardinal der katholischen Geistlichkeit, von den evangelischen Pfarrern, welche zu den, in den Jahren 1741, an vielen Orten der den Evangelischen früher unzugänglichen Immediat - Fürstenthümer errichteten Kirchen berufen wurden, so wie von ihren Ehefrauen, Kindern und Dienstboten für die in diesen Familien vorkommenden Taufen, Trauungen und Begräbnissen die, dem .";„ katholischen Parochus zeither gebührenden Stolgebühren fernerhin zu nehmen”**) und bereitete dadurch ‚die Aufhebung des Nexus parochialis vor. Auf diese Weise gelang es dem Bischof, die hervorgerufene BER Missstimmung zu beseitigen und das, was vorgefallen, bei dem Könige in Vergessenheit zu bringen. Dies gelang um so mehr, als Friedrich in der Zeit von 1742 bis 1745 das grosse Werk der Reguli- rung des Grundsteuerwesens vollendete und die Geistlichen Corporatinoen sich unter die dabei getroffenen, obschon ihnen mehr wie anderen Grundbesitzern fühlbaren Maassnahmen mit geringem Widerspruch *) Kornsche Edicten-Sammlung Band 1. No. XLVIN. S. 171. "*) Der König erkannte dieses willfährige Eingehen in seine Absichten in dem Patente vom 22. Dezember 1742 (Kornsche -Edicten- Sammlung Bd. 1. No. LXXIM. S. 430) beifällig an und verordnete, dass auch die Katholische Geistlichkeit, welche sich in den Mediat-Fürstenthümern befinde, ‚„hinwiederum von allen juribus stolae gänzlich eximirt seyn solle.“ 293 fügten.*) Auch war es nirgends zu Reibungen gekommen, welche Bedenken hätten wecken können, und unterzeichnete Friedrich darum den Frieden, welcher zu Beendigung des zweiten Schlesischen Krieges zu Dresden am 25. Dezember 1745**) abgeschlossen wurde, ohne bei den Verhandlungen Modifika- tionen des Artikels VI. der Convention vom 28. Juli 1742 in Antrag bringen zu lassen. Nur zu bald ward dem Könige jedoch klar, dass er sich durch die in den beiden Friedensschlüssen eingegangene Verzichtleistung auf wichtige Landeshoheitliche Gerechtsame die Hände gebunden und sich Verpflichtungen auferlegt habe, bei deren Erfüllung er anderen Obliegenheiten, welche ihm das Landes- wohl auferlege, vollständig zu genügen sich behindert finde. Die erste Veranlassung zu solchen Beden- ken ward von Seiten der Stifter und Klöster gegeben, insofern einzelne von denselben getroffene Maassnahmen zu der nicht ungegründeten Besorgniss führten, dass diese Institute bei der Aufnahme der sich zum Eintritt in solche meldenden Individuen nicht vorsichtig wären und dieser Eintritt von Canton- pflichtigen als ein Mittel benutzt werde, um sich dem Kriegsdienste zu entziehen, ingleichen, dass bei der Verwaltung des Vermögens administrative Operationen vorkämen, wodurch dasselbe nach und nach aus dem Lande gebracht werde. Beide Punkte trafen sehr verwundbare Stellen, bei denen der König ihm sehr wichtige Landes- Interessen beeinträchtigt sah. Wie wenig ihm daher auch bei den in den Friedensschlüssen abgegebenen Erklärungen das Recht zustand, die Stifter und Klöster, welchen unter der Kaiserlichen Regierung in Betreff der Verwaltung ihres Vermögens und der Annahme von Religiosen die freieste Verfügung zuge- standen worden war, in diesem Besitzstande zu stören, so ward der letztere doch verletzt und durch die beiden Gesetze vom 26. Februar 1746 und vom 17. Oktober 1747 die Aufnahme in den Kloster- stand von einer genauen Erörterung der vorkommenden ‚Umstände und ob dergleichem Gesuch ohne *) Die Grundsteuerverfassung war freilich so lästig und drückend geworden und der Mangel einer sicheren Grundlage zu Beurtheilung der Ertragsfähigkeit des Grund und Bodens, sowie einer vollständigen Kenntniss der steuerbaren Objecte hatte zu solcher Willkür geführt, dass jeder Grundbesitzer über die Festsetzung eines sicheren und unveränderlichen Maasses der Grundabgaben froh war. Zudem war die Grundsteuer-Regulirung für Schlesien schon von der vorhergegangenen Regierung eingeleitet worden, und kamen die von derselben dem Werke unter- breiteten Grundsätze unter wenigen Modifikationen zur Ausführung. "*) Die offizielle deutsche Uebersetzung des: „Definitiv- Friedens-, Versöhnungs- und Freundschafts-Traktats zwi- „schen Ihrer Majestät der Kaiserin, Königin von Ungarn und Böhmen und Sr. Majestät dem Könige von Preussen d. d. „Dresden, den 25. December 1745“ steht im 2ten Theile der Korn’schen Edieten-Sammlung $.-75 und lautet der, . L Artikel 2: i . is „Die Präliminar-Friedens-Articul von Breslau vom 14. Juny 1742 und der Definitiv-Traktat ebendesselben * „Friedens gezeichnet den 28. Julii gedachten Jahres, wie auch der Grentz-Recess von dem Jahre 1742 und „die Convention der Friedens-Präliminair-Artikul gezeichnet zu Hannover den 26. August des gegenwärtigen Jahres „von den gevollmächtigten Ministris Sr. Majestät des Königes von Preussen und Sr. Majestät des Königes von Grosss „brittanien, sollen zum Fundament und Grunde dieses gegenwärtigen Definitiv-Friedens-Tractats „dienen, zwischen Ihro Majestät der Kayserin, Königin von Ungarn nnd Böhmen, Ihren Erben, Nachfolgern, König- „reichen Staaten, und Landen einer Seits und Sr. Majestät den König von Preussen, Dero Erben und Nachfolgern, „Königreich, Staaten und Landen, andrer Seits; alle vorhergehende obangeführte Tractaten werden durch diesen „renoviret und von neuen auf das bündigste und feyerlichste bestätiget, mit allen solennen Renunciations-Akten, welche „sowohl von Seiten der Printzen vom Kgl. Preuss. und Churlürstl. Brandenburgschen Hause, als von Seiten der „Böhmischen Stände geschehen sind, welche Akten nach ihren gantzen Umfange und Inhalte vor immerwehrend und „ewig dauernd gehalten werden, als wenn keine neue Trublen zwischen Ihro Majestät der Kayserin, Königin von „Ungarn und Böhmen und Sr. Majestät dem Könige von Preussen entstanden wären.“ 294 „Präjudiz des Publici gewillfahret werden könne“ undvon der Ertheilung ‚eines Licenz - Scheins,“ zu dessen Ausfertigung nur der „‚jedesmalige Chef - Präsident Unserer Schlesischen Kriegs- und „Domainen-Kammern“ befugt war, bei 100 Dukaten Strafe abhängig gemacht. Dass durch dieses Gesetz eine Abänderung des status quo herbeigeführt werde, wurde in dem Eingange des Gesetzes gar nicht geläugnet, in solchem aber auch auf die Collisionen, welche bei dem Wunsche, den den Katho- liken zugesicherten status quo aufrecht zu erhalten, mit der gewissenhaften Erfüllung anderer Regenten- pflichten eintreten, hingewiesen und die Nothwendigkeit vor Augen gestellt, dass in solchen Fällen und wo es sich um die Abstellung von, dem Wohle des Landes schädlichen Missbräuchen handele, deren Connivirung um so weniger verlangt werden könne, als selbst ‚der Katholischen Religion ergebene Potentaten“ sich in gleichen Fällen von der Abwehr von Unordnungen nicht hätten abhalten lassen *). * Das zweite Gesetz, durch welches den Stiftern und Klöstern verboten wurde, ohne ‚‚expressen „Landesherrlichen Consens einiges Guth oder liegenden Grund käuflich oder auf andere Weise an sich „zu bringen oder eines von denen bereits in Besitz habenden Güthern oder Pertinenzien zu verkaufen, „verpfänden oder sonsten auf einige Weise zu veräussern,‘ ebensowenig auch „einige von ihren Capitalien „ausserhalb Unseren Schlesischen Landen auszuthun oder anzulegen,‘ unterwarf die gedachten Institute einer Controle, von welcher zeither nicht die Rede gewesen war. Diese Abweichung vom status quo ward nicht weiter gerechtfertigt, vielmehr sehr naiv vorausgesetzt, dass wohl auch die Kaiser über die Vermögensverwaltung der Stifter und Klöster Oberaufsichts-Rechte geltend gemacht und bei vorkom- menden Veranlassungen Verordnungen erlassen haben möchten. Das Gesetz ward daher unter dem Namen einer „‚Declaration‘ und mit Bezug auf die ‚bekanntlich in Schlesien subsistirenden Sanctionen‘* ohne deren näheren Bezeichnung erlassen **). Wenn nach dem Erscheinen dieser Gesetze die Klagen der katholischen Geistlichkeit, dass ‚‚sich „Friedrich an die im Frieden gegebene Zusicherung nicht gebunden,‘ zum erstenmale gehört wurden, so kamen solche bei der, durch den König mit Beseitigung jeder Theilnahme des Dom-Capituls in Breslau geleiteten Beförderung des Grafen von Schafgotsch***) auf den durch das Ableben des Cardinals von Sinzendorf erledigten bischöflichen Stuhl zum offenen Ausbruche. Denn das Dom-Capitul, welches in dem Besitze des Rechts der Wahl eines Ordinarius der Diöcese sich befand), erklärte sich zwar *) Das Gesetz ist in der Korn’schen Edicten-Sammlung Bd. 2. S. 186 abgedruckt. "") Korn’sche Edicten-Sammlung. 2ter Bd. S. 537. "*) Der Graf Philipp von Schafgotsch, von dem Cardinal von Sinzendorf schon 1744 zum Coadjutor gewählt, ward nach dessen Ableben i. J. 1747 vom Könige ohne Weiteres zum Bischof ernannt. Nicht sowohl gegen die Person, als vielmehr gegen die sofortige Denomination des Grafen von Seiten des Königs protestirte das Dom- Capitul, wählte ihn aber, als die Protestation begründet befunden und eine Capituls-Wahl veranstaltet wurde, auch seinerseits zum Bischof. Vergl. Pachaly, Gesch. der Schles. Bischöfe, in dessen Sammlung verschiedener Schrifften über Schles. Gesch. u. Verf. Bd. 2. S.193. Menzel, Bd.1l. S. 138. In dem letzteren Werke werden über, die Gelan- gung des Grafen Schafgotsch zum Bischöflichen Stuhle, über die dadurch bei dem Dom-Kapitel geweckten ge- rechten Bedenken, über die von demselben erhobenen Widersprüche und über die Lösung des durch Friedrichs rasches Vorgehen hervorgerufenen Conflictes ebenso interessante, als wichtige und neue Aufschlüsse gegeben. +) Das Recht, die Bischöfe zu ernennen, übten zwar die Piastischen Regenten ohne allen Widerspruch aus. Der Bischof von Ermeland Zaluski giebt selbst zu Tom. 11. epist. CXXX: capitulis canonicorum in Polonia non conceditur libera electio, sed tuntum ejus ceremonia: illi enim eligunt episcopum nominatum a rege, sed sine liber- tate eligendi alium. Als die Schlesischen Herzöge aus Piastischem Stamme sich von Polen trennten und den König von Böhmen als ihren Lehnsherrn anerkannten, trat auch das Bisthum Breslau aus dem Metropolitanverbande mit Gnesen. Bei den innern Zerwürfnissen in der Landesverwaltung von Böhmen und Schlesien, welche den zur Deno- 295 für diesmal mit der getroffenen Wahl einverstanden, verlangte aber darüber, dass in künftigen Fällen seine unmittelbare Einwirkung auf die Bischofswahl nicht beseitigt werden solle, eine ausdrückliche Zu- sicherung, glaubte auch, diese Gelegenheit benutzen zu müssen, um mit einer allgemeinen Klage über die Verletzung des garantirten status quo hervorzutreten, bei deren Motivirung nicht gerade besondere Mässigung beobachtet wurde. Wenn daher der König der Hauptbeschwerde die befriedigendste Abhilfe verschaffte und unterm 8. Januar 1748 eine Assekuranz-Akte ausfertigen liess, in welcher der bisherige Wahlmodus anerkannt und, dass für die Zukunft darnach verfahren werden solle, zugesichert wurde *), so machte er dagegen auf den Ungrund der übrigen Beschwerden und darauf aufmerksam, dass die Restrictionen, welche er sich in Bezug auf die Erhaltung des status quo der katholischen Kirche aufer- legt habe, alle übrigen zeitgemässen Entwickelungen nicht zum ewigen Stillstand bringen könnten, dass dies in den im Frieden gemachten Zusicherungen nicht liege und dass er sich nicht abhalten lassen werde, offenbare Uebelstände abzustellen, mangelhafte Einrichtungen mit besseren zu vertauschen und die zu Förderung der Landes-Wohlfahrt geeigneten Maassregeln zu treffen **). mination der Bischöfe berechtigten Landesfürsten soviel zu tun gaben, dass sie Mühe hatten, sich selbst auf ihren Thronen zu erhalten und ihnen keine Zeit übrig blieb, andere auf solche zu erheben, lag es dem Dom-Capitul nahe, selbstständig einzutreten und, wenn der Bischöfliche Stuhl zur Erledigung kam, selbigen durch freie Wahl zu besetzen. Dass aber dies freilich sich selbst vindicirte Wahlrecht dem Dom-Capitul wirklich zustehe, ward jedoch später in dem von Wladislaus bestätigten Collowrather-Vergleiche vom Jahre 1504 vorausgesetzt, indem darin dieser Corporation zur Pflicht gemacht wird, keinen zum Bischof zu wählen, der nicht aus Böhmen, Schlesien, Mähren oder der Lausitz gebürtig sei. Gleichwohl werden in dem Vergleiche die Gerechtsame des Königs bei diesen Wahlen ausdrücklich vorbehalten. Pachaly a. a. O. S. 173. Nach der Besitzergreifung Schlesiens beschäftigte den König die wichtige Frage der Besetzung der geistlichen Beneficien sehr bald, und bestritt er, weil das Dom-Capitul nicht durch aus- drückliche Verleihung in den Besitz des ursprünglich dem Landesfürsten zrgehörigen Wahlrechtes gekommen, sondern sich in diesen Besitz selbst gesetzt hatte, dass ihm solches de jure gebühre. Bei Gelegenheit der Ernennung des Grafen von Schafgotsch zum Coadjutor und Fürstbischof, welche nach der bei Preuss im UrkundenbucheV. $.892 abgedruckten Kabinets-Ordre am 4. März 1744 erfolgte, ward daher an die Kriegs- und Domainenkammern in Breslau verfügt: „Nachdem den 16. d. M. der Fürst Philipp von Schafgotsch zum Coadjutor des Bisthums Breslau er- „mannt, Sr. Königl. Majestät auch vom dato an nach dem Exempel anderer katholischen puissancen zu allen erledigten „beneficiis nominiren werden und solches behörigen Orts bekannt gemacht worden: so lassen solches höchstgedachte „Sr. Königl. Majestät gleichfalls Dero Breslau’schen Kriegs- und Domainenkammer hiermit zur Nachricht und Achtung „bekannt machen mit allergnädigstem Befehl wegen der Nomination zu den übrigen Beneficien, solche sofort den „Stiftern Breslau’schen Departements zu notificiren und dahin zu sehen, dass bei jeder entstehenden Vacanz Sr. „Königl. Majestät davon zur Nomination Anzeige geschehe. Breslau den 17. März 1744. Friedrich.“ *) — „‚declariren und versichern Wir mittelst gegenwärtiger Assecuration nach vorgängiger reifer Ueberlegung „der Sache wissentlich und wohlbedächtig: Erstlich, dass hinführo bei sich ereignender Erledigung des Bischöflichen „Stuhls zu Breslau, dem dasigen Dohm-Capitul jedesmal nach vorgängigem gebührenden Anmelden und Erbitten eines „Commissarii freygelassen und erlaubet werden solle, zu einer neuen Bischofs-Wahl zu schreiten und solche auf „ebendie Art und Weise, wie es deshalb unter der ehemaligen Schlesischen Landes-Regierung gehalten worden und „insonderheit in Gegenwart und unter Inspection des hiezu von Uns zu ernennenden Commissarii zu vollführen, „wobey sich denn ferner von selbst versteht, dass gedachtes Capitul hiebei die Wahl jederzeit auf ein Uns ange- „nehmes und anständiges Subjectum richten müsse, selbige auch von keiner Kraft seyn, noch dem Neu-Erwählten ei- „miges Recht geben könne, ehe und bevor darüber Unsere Landesherrliche Confirmation erfolgt seyn wird.“ ”) „Drittens und soviel die angeblichen Religionsbeschwerden betrifft, da ist zwar Unserem getreuen Dohm- „Capitul zu Breslau, so wie allen anderen Unseren Unterthanen vorhin zur Genüge bekannt, mit was ausnehmender „und zärtlicher Landesväterlicher Aufmerksamkeit Wir von Antritt Unserer Regierung her, besorget gewesen, einem ‚jeden von Unseren getreuen Vasallen und Unterthanen, ohne die allergeringste Rücksicht auf dessen Religion, „gleiches Recht widerfahren zu lassen und die bei ihren wohlhergebrachten Gerechtsamen, in geistlichen und welt- 38 296 Gleichwohl überwies Friedrich die Erörterung der erhobenen Beschwerden einer besonderen Com- mission, bei welcher die beiden Chefs der Justiz und der Polizei-Verwaltung der Provinz, der Minister Freiherr von Cocceji ‘und Graf von Münchow, mit dem Fürstbischof Grafen von Schafgotsch, dem Dom- propst Freiherrn von Lange und dem General-Vicar Freiherrn von Oezle zusammentraten und neben der Regulirung des Stolgebührenwesens eine Vereinigung, namentlich über die Punkte herbeizuführen suchten, welche zu steten Reibungen der katholischen und evangelischen Geistlichkeit geführt, bei beiden die Ansicht, in wohlerworbenen Rechten verletzt zu sein, geweckt und auf das friedliche Zusammenleben der verschiedenen Glaubensgenossen unter sich unangenehm zurückgewirkt hatten. Wie grosse Mühe sich aber auch die Commission gab, über alle Schwierigkeiten hinwegzukommen und eine Verständigung über alle Gegenstände des Streites herbeizuführen, und wie noch so duldsame Gesinnungen die katholisch- geistlichen Mitglieder derselben im Innern ihres Herzens trugen, so fanden sie es doch bedenklich, in der Form einer vertragsmässigen Stipulation Zugeständnisse zu machen, bei denen sie von Ansprüchen etwas nachgelassen haben würden, welche, weil im Dogma wurzelnd, die katholische Kirche nicht auf- geben kann und bei deren Festhaltung, insofern durch solche dieser Kirche ein Vorzug vor jeder andern vindieirt wird, die Möglichkeit eines Vergleichs von vornherein ausgeschlossen bleiben muss. Dass unter den nicht auszugleichenden Differenzpunkten die Frage über die religiöse Erziehung der Kinder vor dem Eingehen gemischter Ehen obenan stand, wer wird dies bezweifeln? Es ward über selbige nicht weniger scharf, wie in neuerer Zeit gefochten, vielleicht noch schärfer, weil damals der über die Be- denken des katholischen Geistlichen hinwegführende Ausweg der assistentia passiva noch nicht ausfindig gemacht worden war, und der Priester der Kirche, ausser welcher Seelenheil nicht zu finden, sich daher grundsätzlich fernhalten musste von der Weihe eines Ehebundes, bei welchem den Nachkommen des mit dem Andersglaubenden verbundenen Katholiken das Heil der Seele nicht gesichert sein sollte. Indessen hatten die Bemühungen, über den wahren Sinn der, die unabänderliche und selbst im Widerspruch mit den Landesfürstlichen Gerechtsamen durchzuführende Aufrechthaltung des status quo der katholischen Religion betreffenden Festsetzungen ins Reine zu kommen, Erfolg gehabt, und liess Friedrich durch ein besonderes Gesetz das „Reglement, nach welchem künftig die gravamina in geistlichen Sachen „der in Schlesien subsistirenden Religionen abgemachet und entschieden werden sollen, d. d. Berlin den 8. August 1750“ öffentlich bekannt machen*). Für alles, was gegenseitig gedrückt halte, war ein Aus- „lichen Sachen zu schützen und zu handhaben, daher Wir denn auch Mühe haben, zu glauben, dass jemand der „Unsrigen sich werde beigehen lassen, einige Verfügungen zu treffen, welche dieser Unserer Landeskundigen In- „tention zuwiderliefen und wodurch in specie der in den Friedensschlüssen festgesetzte status quo der Römisch- „Katholischen Religion in Schlesien verrückt zu seyn, erachtet werden könnte. Sollte nichts desto weniger der- „gleichen wider besseres Vermuthen geschehen seyn, oder noch künftig geschehen, so ertheilen Wir hiemit die aller- „gnädigste und bündigste Versicherung, dass Wir solches keinesweges genehmigen, noch dazu conniviren, sondern „sobald Uns dazu gehörige unterthänigste Anzeige geschiehet, die Sache unpartheiisch untersuchen und befindenden „Umständen nach fördersamst remediren lassen werden: wobei Wir jedoch zu Unsers getreuen Dohm-Capituls zu „Breslau jetzigen sämmtlichen Mitgliedern das gnädigste Zutrauen tragen, auch von deren künftigen swecessoribus Uns „ungezweifelt versprechen, dieselben werden Ihres Orts Ihre etwanigen Beschwerden in die Grenzen der Billigkeit „und Thunlichkeit einschränken und nicht etwa aus allen, den Statum religionis eigentlich nicht berührenden, auch „auf die gegenwärtigen Zeiten und Umstände unschickliche Observantzen und Gewohrheiten, selche Anfoderungen „herleiten, durch deren Gestattung entweder Unsern höchsten Landesherrlichen Gerechtsamen zu Nahe getreten oder „auch die Sicherheit, Ruhestand und Wohlfahrt des Landes, welchen in allen wohlgeordneten Republiquen alle andern „Gesetze, Gerechtsame und Gewohnheiten billig nachgesetzt werden und weichen müssen, in Praejuditz und Gefahr ge- „setzet werden dürften.“ *) Korn’sche Edicten-Sammlung, erster Nachtrag der Gesetze von 1741—1755, Seite 415. 297 weg ausfindig gemacht worden. Nur über zwei Punkte, den Zulass evangelischer Geistlichen zu katho- lischen Kirchhöfen bei Beerdigung evangelischer Leichen auf solchen, und das Versprechen der Erziehung der aus gemischten Ehen hervorgehenden Kinder im katholischen Glauben, hatten die geistlichen Com- missarien Erklärungen, wodurch den Evangelischen gleiche Rechte eingeräumt worden wären, nicht abgeben mögen, und löste der König daher, weil „‚des Herrn Bischofs Liebden sich ausdrücklich erklärt, „dass sie darin zu willigen für sich nicht im Stande wären,‘ jeden Zweifel durch die Festsetzung, „‚dass „Sr. Kgl. Majestät aber dieses als eine Sache, welche absolute wider die eingeführte reeiprogue allge- „meine Gewissensfreiheit und freyes Religions-Exereitium laufet, ansehen *)‘“ und dass daher „‚sowohl den „Evangelischen Geistlichen die Catholische, als auch den Catholischen die Evangelische Kirchhöfe bei „Begräbnisssn der Leichen ihrer Religion nebst den Kirchbedienten zu betreten und solchen actum darauf „‚zu verrichten unverwehrt seyn,‘ ingleichen dass „alle ante Nuptialstipulationes und andere der- „gleichen über die künftige Religion der Kinder gemachten pacla cassiret und aufgehoben‘ sein und die aus gemischten Ehen ‚„erzeugeten Kinder nach dem Geschlechte in der Eltern ihrer Religion bis „ad annos discretionis erzogen werden sollen.‘“**) Bei der Untersuchung und Erledigung aller Strei- *) Ob und inwieweit der Fürstbischof, Graf von Schafgotsch vor dieser Lösung des Knotens gefragt und zu was er gerathen, darüber kann selbstredend auf archivalische Nachrichten nicht zurückgegangen werden. Bei dem Wohl- wollen, welches Friedrich damals dem Fürstbischofe zuwendete und bei dem fortdauernden Zutritte des letztern zum Königl. Hoflager lässt sich wohl vermuthen, dass der König den Gegenstand vertraulich besprochen und dass im Einvernehmen mit demselben das Gesetz erlassen worden. Darauf deuten selbst die Worte der dem Gesetze vorge- druckten Cabinets-Ordre vom 8. August 1750 hin, mit welcher Friedrich dem Fürstbischofe das Gesetz zugehen liess: „Sothanes Reglement ist nicht nur ın allen Stücken aufs Genaueste nach dem Conferential-Protokoll eingerichtet, son- „dern Wir haben auch, insoweit es, thunlich gewesen, dabei auf die von Ew. Liebden nachhero übergebenen An- „merkungen reflectiren lassen.“ Auch scheint der Fürstbischof, welcher über die gepflogenen Verhandlungen un- ter Beifügung des Gesetz-Entwurfs mit Vorwissen des Königs nach Rom berichtete, billigen Erwägungen Raum zu geben, dort dringend empfohlen zu haben, weil die Worte des ihm unterm 12. September 1750 ertheilten Beschei- des: ‚non posse, se positivo actu approbare, ut dispensationes concedantur pro matrimonüis inter haereticos vel ipsos „inter et cutholicos, sed tamen se posse hoc dissimulare; additque: scientia haec nostra et tolerantia sufficere debet „ad tuam assecurandam conscientiam, quandoquidem in materia, de qua agilur, non occurrat oppositio cum jure divino „uut naturali, sed tauntummodo cum jure ecclesiustico. Quod autem nunc facimus, attestamus tibi ad pedes Cruci- „fzt, id unice nos facere, ut sanctae religioni nostrae majora damna evitentur,; ac demum concludendo monet, eum »‚teneri omni modo allaborare, ne malum hoc dilatetur‘‘ (Kutschker, die gemischten Ehen. Wien 1838. 2te Auflage. S. 257) auf die vorausgegangene Darstellung der obwaltenden eigenthümlichen Verhältnisse und der Nothwendigkeit, unter solchen Umständen ein vorsichliges, die Evangelischen nicht verletzendes Verfahren keinesweges abzuweisen, unbezweifelt schliessen lassen. Auch erhielt von dem Erlasse dieses Bescheides an die sogenannte ‚„‚milde Praxis“ eine festere Begründung, nach welcher die katholische Geistlichkeit fast hundert Jahre lang die gemischten Ehen ohne Beobachtung der in den Kanonen der alten und neueren Concilien und in päpstlichen Breven vorgeschriebenen Vorsichtsmaassregeln einsegnete. "") Diese gesetzliche Bestimmung ging in das Allgemeine Landrecht über und ward im Zweiten Theile desselben Tit. 2. $ 76 festgesetzt: „Sind die Aeltern verschiedenen Glaubensbekenntnissen zugethan, so müssen bis nach zu- „rückgelegtem vierzehnten Jahre die Söhne in der Religion des Vaters, die Töchter aber in dem Glaubensbekennt- „nisse der Mutter unterrichtet werden.“ Diese Festsetzung ward durch die Declaration vom 21. November 1803 aufgehoben und durch letztere verordnet, „dass eheliche Kinder jedesmal in der Religion des Vaters unterrichtet „werden sollen und dass zu Abweichung von dieser gesetzlichen Vorschrift kein Ehegatte den andern durch Ver- „träge verpflichten dürfe.‘“ Als Bewegungsgrund zu dieser beklagenswerthen Aenderung einer sehr weisen Disposi- tion war in der Declaration angegeben, dass die ältere Bestimmung ‚‚nur dazu diene, den Religions-Unterschied in „den Familien zu verewigen, und dadurch Spaltungen zu erzeugen, die nicht selten die Einigkeit unter den Fami- „liengliedern zum grossen Nachtheil derselben untergraben.‘“ Die wahre Veranlassung zu der Umwandlung des heil- 35 * 298 ligkeiten, welche zwischen den beiden Religionsparteien künftig enstehen könnten, fernerweit thälig zu sein, ward den beiden Chefs der Justiz- und der Finanz-Verwaltung Schlesiens, welche die Verhand- lungen mit der katholisch-geistlichen Behörde vor Erlass des Gesetzes geführt hatten, überwiesen. *) Obschon durch die dem Reglement vorausgegangenen Berathungen nicht überall die gewünschte Vereinbarung herbeigeführt worden war, und mancher wesentliche Punkt durch den Machtspruch des Gesetzgebers hatte erledigt werden müssen, so sah die katholische Geistlichkeit die Bestimmungen des Reglements doch als einen Vergleich der Krone mit ihrer Kirche an und fügte sich unter die Beobach- tung desselben. Gleichwohl dauerten die Klagen über Verletzung des Versprechens, sich aller aus dem Souverainetätsrechte fliessenden Abänderungen der frühern katholisch-geistlichen Verfassung zu enthalten, fort und wurden laut, sobald irgendwelche neue gesetzliche Einrichtungen angeordnet wurden, welche bei den allgemein zur Anwendung kommenden Verwaltungsgrundsätzen getroffen werden mussten, denen sich daher alle Landes-Einwohner ohne Unterschied der Religion zu fügen hatten. Indessen ward die Unzufrieden- heit nur rege, wenn ein Gesetz erschien, welches dem Clerus Beschränkungen auferlegte, wodureh der- selbe in der Erreichung von ihm für die Zwecke seiner Kirche wichtigen Absichten sich gehindert glaubte. So nahm der katholische Clerus, als die Trennung Schlesiens von dem Oesterreichischen Kai- serhause veränderte Bestimmungen über die Entrichtung des Abschosses von den ausser Landes gehen- den Vermögen und Erbschaften nothwendig machte, Anstand, den Anfoderungen der Gerichtsbehörden zu entsprechen, und wurden die von denselben bei Todesfällen von Geistlichen verlangten Angaben über den Nachlass überhaupt und über die davon ausser Landes gehenden Theile verweigert**). Nicht geringeren Widerspruch regte das Erscheinen des Gesetzes auf, wodurch der Ordensgeistlichkeit nicht nur die Be- fugniss, Testamente zu verfertigen, entzogen, sondern auch die Zuwendungen an Stifter, Klöster, Kirchen und milde Stiftungen auf dem Todesfalle wesentlich beschränkt wurden. ***) samen Gesetzes gab aber die eingeleitete Verbindung der evangelischen Tochter des einflussreichsten der damaligen Minister mit dem Haupte einer gefürsteten katholischen Familie, nach deren Haus -Statuten die ebelichen Kinder in der katholischen Religion erzogen werden mussten. Der Minister wollte aber nicht, dass von einem Gliede seiner Familie gegen die bis dahin heilig gehaltene Festsetzung des grossen Friedrich gefehlt werde, und musste daher wegen Familien-Rücksichten die nirgends gewünschte oder begehrte Ummodelung derselben erfolgen, damit, wenn der Mini- ster sich mit seiner Tochter unter die Vorschrift des Fürstlichen Familienstatuts beugte, beide auch dem Gesetze nicht ungehorsam waren. Später warf der katholische Clerus die ganze weltliche Gesetzgebung über religiöse Erziehung der Kinder in gemischten Ehen über Bord. a *) Es ward ihnen zur Pflicht gemacht, „hinführo alle diejenigen Querelen, so von Schlesischen Corporibus oder „privatis beider Confessionen, in solchen Angelegenheiten, welche den statum Religionis und was damit verknüpfet „ist, concerniren, anzunehmen, gemeinschaftlich zu examiniren und nach Recht und Billigkeit, insonderheit aber nach „Maassgebung desjenigen, was in denen Tractaten und Friedensschlüssen in Ansehung des Status Religionis stipuliret „und festgesetzet, zu entscheiden und abzuthun, die abzufassenden Bescheide aber zu fernerer Vollstreckung denen- ‚jenigen Instanzien, vor welche eine jede Sache sonsten gehören würde, zuzufertigen.“ Das „Commissoriale zur „Erörterung und Entscheidung der zwischen beyderseitigen Religions-Verwandten in Schlesien entstehenden und die „Religion angehenden Differenzien d.d. Berlin den 25. July 1750 ist abgedruckt in der Korn’schen Edicten-Sammlung - im ersten Nachtrage, die Verordnungen der Jahre 1741 bis 1755 enthaltend, S. 302. “ "*) Der Fürstbischof Graf von Schafgotsch, vollkommen überzeugt, dass die Weigerung auf nicht zu rechtferti- gendem Grunde beruhe, erklärte sich bereit, den ihm untergebenen Clerus zur Beobachtung der gesetzlichen Vor- schriften anzuweisen, wenn er hiezu veranlasst werden sollte. Diese Veranlassung erfolgte unterm 30. Septbr. 1751 von Seiten der Königl. Kriegs- und Domainen-Kammer in Breslau. An den Diöcesan-Clerus ergingen hierauf vom Fürstbischofe unterm 8. Oktober 1751 strenge Befehle und erschien das den Gegenstand vollständig regulirende Ge- setz unterm 24. December 1751. Kornsche Edikten-Sammlung 4. Bd. (17°%,,). S. 200. 415. "") Nach dem Edikte, dd. Berlin den 21. Juni 1753, durften solche Vermächtnisse den Betrag von 500 Thlr. nicht übersteigen, damit nicht „einfältige, schwache und superstitieuse Gemüther von ihren Geistlichen, insonderbeit 299 Die katholische Geistlichkeit hielt an der Ansicht fest, dass die Katholiken Schlesiens bei dem im Frieden geleisteten, alle Beziehungen derselben zu der Regierung auf einen stabilen Zustand zurückführen- den Versprechen von dem zeitgemässen Entwickelungsgange der Landesgesetzgebung, insoweit man sich hierunter nicht freiwillig zu fügen bereit sei, nicht berührt werden könnten. Bei dieser Ansicht mussten alle schonenden Rücksichten gegen die Regierung sowohl, als gegen die Evangelischen bei Seite gesetzt werden, und fanden in solcher auch die fortgesetzten Störungen der letztern*) in der freien Ausübung ihres Gottesdienstes, so wie die Ueberhebungen des katholischen Clerus über den evangelischen und die Beschwerung der Gewissen dieser Glaubensgenossen ebenso ihre Rechtfertigung, als bei dieser Ansicht selbst Verletzungen des Gehorsams und der schuldigen Treue gegen die Regierung entschuldigt werden konnten. Mag daher auch in der über Friedrich einbrechenden verhängnissvollen Periode des siebenjährigen Krieges, wo Alles ihn verliess und Schlag auf Schlag traf, Misstrauen und Argwohn manche harte Maass- „auf dem Krankenbette, durch allerhand Intrigues und Perswasiones inducirt werden, wodurch den nähesten Ver- „wandten die Erbschaft, dem gemeinen Handel und Wandel aber gar viele Kapitalien entzogen werden.“ Die leb- haftesten Reclamationen wurden erhoben, um die Suspension des Gesetzes zu erlangen. Doch war es damals nicht gewönlich, dass Gesetze nach der Publikation nicht in Anwendung kamen. Der König gab auch in der Deklaration, dd. Berlin den 12. März 1754, nur nach, dass alle Vermächtnisse, welche vor der Publikation des Ediktes errichtet worden, in Kraft bleiben durften, und dass erlaubt wurde „ausser der zu geistlichen Vermächtnisse bestimmten Nor- „malsumme von 500 Thlr. ein gleiches Quantum zu Seelmessen zu legiren.“ Kornsche Edikten-Sammlung Band 4. S. 912. Bd. 5. S. 594. *) Besonderen Druck mussten die Evangelischen in Ober-Schlesien erfahren. Sie waren von dem Sitze der Landesbehörde entfernt und gelangten ihre Beschwerden selten zu solcher. Wenn Geschäfte ein Mitglied derselben in diese Gegend führten, so suchten sich die bedrängten Herzen zu erleichtern und brachten ihre Klagen mündlich an, worauf Remedur eintrat. Im Jakre 1744 starb in Deutsch-Neukirch, Kreis Leobschütz, eine Weibsperson, welche, in der evangelischen Religion geboren und erzogen, zu Veränderung ihrer Confession gezwungen worden war, welche aber, als nach der Besitznahme Schlesiens die Evangelischen das Recht der freien Religionsübung wiedererlangt hatten, zu dem Glauben ihrer Eltern zurückkehrte. Den Verwandten ward die Beerdigung auf dem katholischen Kirchhofe verwei- gert, das Grab musste auf Befehl des Geistlichen zugescharrt werden, der Leichenzug ward mit Gewalt zur Rückkehr genöthigt, und blieb der Leichnam in einer Scheuer aufbewahrt, bis die Kriegs- und Domainen-Kammer in Breslau einschritt, welche die Beerdigung der Leiche auf dem katholischen Kirchhofe sofort anordnete und dem Pfarrer be- deuten liess, sich bei 100 Dukaten Strafe dergleichen intoleranter Handlungen für die Zukunft zu enthalten. Die Erzbischöfliche Behörde in Ollmütz protestirte gegen diese Verfügung, und hob mit Berufung auf den im Frie- den garantirten status quo hervor, dass „weil auf dem Kirchhofe in Deutsch-Neukirch zu Kaisers Zeiten niemalen „ein Lutheraner begraben worden,“ dies auch unter der veränderten Regierung nicht geschehen dürfe. — Auf den zu der Ordens-Commende Soppau, Kreis Leobschütz, gehörigen Gütern waren unter Oesterreichischer Regierung alle Evangelischen zur Auswanderung genöthigt und ihre Güter und Vermögen confiscirt worden, welche nicht zur ka- tholischen Religion übergehen wollten, Die Vertriebenen fanden sich nach dem Schlesischen Frieden wieder ein, sie wur- den jedoch in den Besitz ihres Eigenthums nicht wieder eingesetzt. Der Ordensverwalter versuchte sogar i. J. 1748, das confiscirte Vermögen eines wegen Annahme der evangelischen Religion aus dem Lande gewiesenen Einwohners von den Verwandten, welche in dessen Besitz waren, beizutreiben. Ebenso ward den neu angezogenen Evangeli- schen untersagt, sich zu gottesdienstlichen Uebungen zu vereinigen und sich aus der Bibel und aus Erbauungsbü- chern, welche sie besassen, vorlesen zu lassen, und nahmen die katholischen Geistlichen denselben diese Schrif- ten weg. Bei der gegen letztere eingeleiteten polizeilichen Untersuchung wollten sie nicht Rede stehen, viel- mehr protestirte die ihnen vorgesetzte bischöfliche Behörde wiederum mit Berufung auf den status quo gegen jedes weitere Verfahren. Die Kriegs- und Domainen-Kammer in Breslau liess jedoch die Untersuchung fortsetzen, weil sie, wie der bischöflichen Behörde bemerklich gemacht wurde, solche ‚unerlaubte attentata gegen die höhern Orts ge- setzlich „ausgesprochene Religions- und Gewissensfreiheit vor ihr Forum ziehen zu müssen“ glaube. 300 regel gegen die katholische Geistlichkeit hervorgerufen und wegen des unvorsichtigen Verhaltens einzel- ner Glieder*) allzu rasch auf den ganzen Stand ein denselben auch damals in solcher entschiedenen Allgemeinheit gar nicht treffender Verdacht geworfen worden sein, so steht doch immer soviel fest, dass der Monarch durch schmerzliche Erfahrungen zu der Erkenntniss geführt wurde, dass er mit der ihm von Oesterreich in den beiden vorausgegangenen Friedensschlüssen abgedrungenen Zusicherung Ver- bindlichkeiten übernommen, bei deren gewissenhafter Erfüllung er in entschiedenen Widerspruch mit sei- nen übrigen Regentenpflichten kommen musste. Es bedarf darum aber auch keines grossen Nachweises, dass Friedrich zu irgend welchen Zugeständnissen weder bereit noch geneigt war, als die Unterhandlun- gen zur Beendigung eines Krieges begannen, bei dessen Anfang Oesterreich sich von allen Verträgen über die Abtretung Schlesiens losgesagt und selbige für aufgelöset und keinen Theil ferner bindend er- klärt hatte. Oesterreichischer Seits ward zwar die Frage wegen der in dem neuen Friedensvertrage hin- wiederum aufzunehmenden Zusicherung des status quo der katholischen Kirche Schlesiens mit der Ver- zichtleistung auf alle boheitlichen Rechte eifrig aufgenommen und war der Gegenstand in bemerkens- werther Weise vorbereitet worden. Denn der Oesterreichische Friedens-Negociateur Hofr. v. Rottenbach legte ein besonderes Memoire unter dem Titel: ,‚Special-Begehren zum Behuf der katholischen Religion in Schlesien‘ vor, worin mit nichts Geringerem als mit der Versicherung aufgetreten wurde, dass die Bestimmungen der früheren Friedensschlüsse über die der katholischen Kirche gegebenen Garantieen nicht vollständig gewesen und dies zu vielfachen Zweifeln über die Stellung derselben Veranlassung gegeben habe, und dass daher die Fälle speciell bezeichnet werden müssten, in welchen der Monarch sich jeder Einschreitung zu enthalten verbunden sei. In diesem Sinne wurden weit reichende Foderungen gestellt, von denen nur einzelne einer Erwähnung verdienen, namentlich das Verlangen, dass der katholischen Kirche Schlesiens, einen eigenen Deputirten zu unmittelbarer Betreibung ihrer Angelegenheiten mit den Staatsbehörden in Berlin zu unterhalten und in den Gegenständen, welche auf diesem Wege ihre Erledigung nicht finden möchten, nach Rom recurriren und die Entscheidung der Curie einholen zu dürfen, gestat- tet, dem Bischofe die Verleihung aller geistlichen Pfründen und Beneficien zugestanden und den geistli- chen Stiftern und Orden Fortdauer und Erhaltung ihrer Verfassung bei einer für alle Zeiten festzusetzen- den mässigen Besteuerung ihrer Güter durch eine Assekuranz-Acte gesichert werden möchte. *) Wenn auch Menzel, Bd. II. S. 302, nicht ohne Grund dahingestellt sein lässt, ob der Vorwurf einer verbre- cherischen Parteinahme gegen Preussen im siebenjährigen Kriege, und die strengen, gegen den katholischen Clerus besonders nach der Wiedereroberung der Hauptstadt i. J. 1757 ergriffenen Maasnahmen aus einer allzuscharfen Be- urtheilung einzelner, während der Oesterreichischen Occupation vorgekommener Handlungen und Aeusserungen her- vorgegangen, so bleibt es doch immer eine bemerkenswerthe Thatsache, dass der Bischof selbst seiner Geistlichkeit in dieser Beziehung nicht vollkommen vertrauete, eine Warnung für nothwendig hielt und in dem unterm 21. Sep- tember 1756 „an den sämmtlichen Clerum tam secularem, yuam regulurem wegen verbotener Correspondenz mit „und Reisen nach Oesterreich“ erlassenen, in der Kornschen Edikten-Sammlung Bd. 6. S. 605 abgedruckten Cirkulare eindringlich einschärfte: „sich insgesammt in Sachen, so die Geistlichkeit nichts angehet, nicht im Mindesten zu me- „liren oder ja und gewis zu gewärtigen, dass wir jedweden von ihnen ohne alle Ausnahme, er sei, wer er immer „wolle, exemplarisch und schärfest bestrafen werden, und da wir hierumfalls zur Bestrafung derley Uibertretung und „Missethaten von Sr. Päpstlichen Heiligkeit genugsam und generaliter autorisirt sind, so werden wir auch in jegli- „chem Uibertretungsfalle an keine Exemtion uns kehren, sondern grade durch und mit Execution der Strafe verfah- „ren.“ Ebenso gestand der Fürstbischof in dem unterm 21. März 1751 erlassenen, im 6. Bde. S. 669 der Kornschen Edikten-Sammlung abgedruckten Hirtenbriefe, „dass die Beichtväter ihre Beichtkinder, welche in Kriegsdiensten ste- „hen, für den Meyneid warnen und sie bei den darauf gesetzten Strafen nicht zur Desertion verleiten sollen“ unum- wunden ein, „wie man mit Grund zu glauben Ursache habe, dass solche Lehren und Zuredungen vorkommen.“ 301 Der vom Könige zu dem Geschäfte der Friedensverhandlungen bevollmächtigte, nachherige Cabi- nets-Minister v. Herzberg wies das auf eine Verschärfung der früheren Beschränkungen gerichtete An- sinnen mit Unwillen zurück und erklärte in seiner Antwort auf das Memoire mit entschiedener Bestimmtheit, dass die darin bezeichneten Gegenstände insgesammt zu denjenigen inneren Staats-Angelegenheiten ge- hörten, deren Erledigung von der alleinigen Entscheidung und dem freien Willen des Monarchen zeither schon abhängig gewesen wären und davon immer abhängig bleiben würden*), dass der König bei der Besitznahme Schlesiens versprochen habe, Niemanden in seiner Glaubens- und Gewissensfreiheit zu stö- ren, und dass darum jede Besorgniss über die Entfernung der katholischen Religion**) aus dem Lande auf sich beruhen bleiben könne; dass der König sich dagegen in der Ausübung der Souverainetätsrechte über seine katholischen Unterthanen in keiner Weise weiter werde binden lassen, und dass die frühere Fessel gelöset werden müsse. Hieran hielt der König beharrlich fest, und musste, obschon Oesterreich, nachdem es von allen weiter reichenden Forderungen Abstand genommen und auch die Aufnahme des früheren Artikels in ungeänderter Fassung durchzubringen vergebens gesucht hatte, auf dessen Uebertragung in der von Preussen vorgeschriebenen Form sonach keinen Werth mehr legen konnte, der Artikel doch in den neuen Friedensschluss aufgenommen werden, um der Entfernung der so lästig gewordenen früheren Beschränkung: ‚‚dass der König sich der ihm als Landesherrn zustehenden Gerechtsame nicht bedienen „wolle, um in Ansehung des status quo der römisch-katholischen Religion in Schlesien eine Abänderung „zu treffen‘, urkundliche Begründung zu geben. Die Beseitigung dieses wichtigen Zusatzes erhielt noch dadurch grössere Bedeutung, dass, während in den beiden vorhergegangenen Friedensschlüssen des West- phälischen Friedens nirgends Erwähnung geschah und auch nicht geschehen konnte, weil der König auf die Ausübung der an ihn nach dieser Friedens-Convention übergegangenen Befugnisse ausdrücklich Ver- zicht zu leisten genöthigt worden war, in dem, den Verzicht nicht mehr enthaltenden neuen Vertrage auf den Westphälischen Frieden ausdrücklich hingewiesen und somit der König in den Besitz des juris re- formandi formal eingesetzt wurde ***). *) Que le roi ne pouvoit pas permeitre ä une puissance &trangere de se m&ler de ces sortes J’affaires dome- stiques, qui dependoient pour la plus grande partie de la decision et du bon plaisir du Souverain de la Silesie. ”) Que Sa Majeste maintiendroit toujours la Religien Catholique dans ce pais-la. "") Die betreffenden Artikel lauten in der, in der Kornschen Edikten-Sammlung Bd. 7. S. 186 abgedruckten officiellen Uebersetzung: Art. 12. Die Präliminar-Artikel des Breslauischen Friedens vom 11. Juni 1742 und der Definitiv-Tractat dessel- ben Friedens, so zu Berlin den 28. Juli desselben Jahres gezeichnet worden, der Grenz-Recess vom Jahre 1742 und der Friedens-Tractat von Dresden vom 25. December 1745, insofern in denselben durch gegenwärtigen Tractat keine Veränderung gemacht worden, werden hierdurch erneuert und bestätigt. Art. 14. Sr. Majestät der König in Proussen wollen die Catholische Religion in Schlesien in dem Zustande, worinnen selbige zur Zeit der Präliminarien zu Breslau und des Friedensschlusses zu Berlin gewesen, wie auch die sämmtlichen Einwohner dieses Landes bei dem ruhigen Besitze des Ihrigen und bei ihren wohl erworbenen Rechten und Freyheiten ohnbeeinträchtigt lassen, jedoch der völligen Gewissensfreiheit derer Protestantischen Eingesessenen und denen Ihro Majestät als Landesherr zustehenden höchsten Gerechtsamen ohnbeschadet und ohne Nachtheil. Art. 19. Der Westphälische Friedensschluss und alle übrigen Reichsconstitutiones werden auch durch gegen- wärtigen Friedens-Tractat bestätigt. Die evangelischen, die Geschichte Schlesiens behandelnden Schriftsteller haben von diesen wesentlichen Abände- rungen der früheren Friedensverträge entweder gar keine Kenntniss genommen oder ihnen keine Bedeutung beige- legt. Pachaly, in der Sammlung verschiedener Schriften über Schlesiens Gesch. und Verfass. Breslau, Meyer 1790. Bd. 1. S. 453, 467, und von Klöber von Schlesien vor und seit dem Jahre 1740. Freiburg 1785. Thl. 2. S. 202, wissen von dem Hubertsburger Frieden nichts weiter zu sagen, als dass „die wechselseitige Wiedereinräumung der 302 Es fiel aber dem Könige gar nicht ein, von dem wiedergewonnenen Rechte Gebrauch zu machen und der freien Ausübung der katholischen Religion irgend welche Hindernisse in den Weg zu legen. Niemand war mehr wie er davon durchdrungen, dass diesem Rechte die sittliche Grundlage fehle, dass dasselbe der wahren christlichen Gesinnung fremd sei, und dass der Glaube und die Gewissensüberzeu- gung der Unterthanen nicht zur Domaine der Regenten gehöre. Der katholische Schlesier hatte in dem langjährigen Kriege, welchen er geführt, eben so treu zu ihm gehalten, wie der evangelische, und selbst von dem Clerus waren ihm in dieser Zeit anerkennungswerthe Beweise wahrer Anhänglichkeit gegeben worden. Wenn er sich daher von der, von Oesterreich ihm früher auferlegten Beschränkung, dass er sich der ihm als Landesherrn in Betreff der Erhaltung des status quo der katholischen Religion zuge- fallenen Rechte in Schlesien nicht bedienen wolle, von Oesterreich entbinden und diese Rechte sich zu- rückgeben liess, welche Maria Theresia um ihres Seelenheils willen nicht in Friedrichs Hände gelangen lassen wollte, so ward auf die Entfernung der diesfallsigen Bestimmung, wodurch die früheren Friedens- schlüsse wesentlich abgeändert wurden, keinesweges in der Absicht gedrungen, um die wieder erworbe- nen Gerechtsame nunmehro scharf in Anwendung zu bringen, sondern lediglich, um das durch den Westphälischen Frieden in feierlicher Form zum Erlöschen gebrachte Gefühl der Achtung jeder religiö- sen Ueberzeugung überall wieder zu erwecken, die Nothwendigkeit allgemeiner Glaubens- und Gewis- sensfreiheit auch anderwärts zur Anerkennung zu bringen und für dieses grosse Werk auch diejenigen, welche die Meinung festhielten, dass in jedem Lande ein nach der Religion des Regenten zu .moduliren- des exclusives Kirchenthum nothwendig sei, durch die Besorgniss des möglichen Gebrauchs der wieder- erworbenen Gerechtsame zu gewinnen. Dass und wie ihm dies gelungen, davon giebt nicht blos die Geschichte Preussens, sondern auch die der benachbarten Länder lautes Zeugniss. ‘Dem vorleuchtenden Beispiele Friedrichs wollte besonders Oesterreich nicht nachstehen, und wenn auch das von Joseph Il. promulgirte Toleranz-Edikt nicht so, wie es dieser vielfach verkannte Kaiser wünschte und wollte, zur Anwendung gekommen ist, wenn das Kirchenwesen der Evangelischen vielmehr dort noch heutzutage vielen Beschränkungen unterliegt, wenn wir es sogar vor noch nicht geraumer Zeit erleben mussten, dass die Evangelischen aus einem der friedlichen Thäler Tyrols, in welchem sie ansässig waren, ihrer Religion wegen auszuwandern genöthigt „Länder und Verzicht auf Entschädigung die wesentlichen Artikel“ desselben wären. Wie wenig genau oft Schrift- steller correspondirende Urkunden vergleichen, ergiebt sich aus der naiven Bemerkung in Worbs, die Rechte der Evangelischen Gemeinden in Schlesien. Sorau 1825: „der Hubertsburger Friede änderte zwar wenig in den Worten „des Breslauischen, der zwölfte Artikel desselben enthält ganz, was der sechste im Breslauischen sagte.“ Morgen- besser nahm in seiner Geschichte Schlesiens, Breslau 1829, S.355, das wörtlich auf, womit von Klöber den Gegen- stand abgefunden hatte. Menzel allein macht wenigstens, Band 11. Seite 405, darauf aufmerksam, dass der Zusatz der früheren Friedensschlüsse ‚der König wolle von seinen Souveränetätsrechten zu Abänderung des Besitz- „standes niemals Gebrauch machen“ im Hubertsburger Frieden weggeblieben sei. Einen besonderen Werth scheint er aber dieser wesentlichen Aenderung nicht beizulegen, indem in den späteren, die Religionsverhältnisse im deut- schen Reiche nach dem siebenjährigen Kriege berührenden Aeusserung, Bd. 12. $. 20, behauptet wird „der Huberts- „burger Friede setzte alles auf den vorigen Fuss.“ Wohl aber begriffen die katholischen Geschichtschreiber die grosse Bedeutung dieses Friedensvertrages. Denn wenn auch sie auf dessen Inhalt nicht speciell eingehen mochten, so unterblieb doch jede Behauptung einer Fortdauer der Garantie des status yuo, und ward von dem jetzigen Dom- Dechanten Dr. Ritter in dem Handbuche der Kirchen-Geschichte, 3. Bd. S. 100, nur des Friedens von 1742 gedacht und von Alzog in ‚seiner Universalgeschichte der christlichen Kirche vom katholischen Standpunkte, Mainz, Kupfer, 1841. $ 385, S. 634, ganz einfach, aber vollkommen richtig bemerkt: „In Schlesien wurden, durch die Eroberung „Friedrichs II. beide Kirchen 1742 gleichgestellt.“ 303 wurden*), so darf man doch nicht verkennen, dass diese Glaubensgenossen in den meisten der übrigen Provinzen Oesterreichs mehr als Duldung finden, und dass sich für sie ebenfalls, wenn auch langsam, der herrschenden Kirche gegenüber ein Rechtszustand ausbildet, welcher, von dem Geiste der Liebe ge- gen Andersdenkende getragen, zur reiferen Entwickelung um so sicherer geleitet wird, als er im Volke sich überall regt und von ihm sich darum auch die Regierung in die Länge nicht abwenden kann. In Schlesien ist dieser Geist aber schon seit dem Hubertsburger Frieden in die Herzen aller Glaubensge- nossen tief eingedrungen und beginnt mit ihm die schöne, in das Jahrhundert, in welchem wir leben, hinein- reichende Zeit der gegenseitigen Achtung jedes abweichenden Bekenntnisses, des Fernhaltens jeder Ver- anlassung zum Hass und Hader in Wort, Werk und Schrift und des einträglichen Zusammenlebens aller Religionsparteien in dem glaubensgemischten Volke. Nicht von einfacher Duldung, welche die Ueber- schätzung des einen Bekenntnisses vor dem andern doch im stolzen Innern trägt, war ferner die Rede, sondern von der gegenseitigen Uebung wahrer, christlicher, Alle umfassender Liebe, die der grosse Frie- drich mit der Zusicherung allgemeiner Glaubens- und Gewissensfreiheit in dem glaubensgemischten Volke wecken wollte und geweckt hat, bei welcher keine Bestrebung, das durch hundertjährige Dauer befe- stigte friedliche Verhältniss zu trüben, mit Erfolg aufkommen kann, und die auch, nachdem jeder Kir- che und jeder Religionsgesellschaft für die Ordnung, Leitung und Verwaltung ihrer Angelegenheiten durch die Verfassungs-Urkunde vom 31. Januar 1850 unbeschränkte Freiheit zugestanden ist, bei der Benutzung der letzteren, ebenso wie das Gefühl der Treue und des Gehorsams gegen Thron und Re- genten im glaubensgemischten Volke lebendig bleiben wird. Und so mögen denn auch segensreiches Gelingen finden die Bemühungen der christlichen Mächte Europa’s, den türkischen Herrscher zu gleichem und gerechtem Verfahren gegen alle seine Unterthanen und zu der Verkündigung allgemeiner Glaubens- und Gewissensfreiheit zu vermögen. Denn auf diesem richtigen und allein zum Ziele führenden Wege scheinen die Bestrebungen dieser Mächte ihren Ausgangs- punkt zu suchen, wenn sie, wie von ihnen erklärt worden ist, den festen Entschluss gefasst haben, auf Einführung solcher Reformen in der Türkischen Verwaltung und Gesetzgebung zu bestehen, bei welchen das Wohl der Christen nicht aus dem Auge gelassen wird; wenn sie die Ueberzeugung hegen, dass bei den zu treffenden Maasnahmen gleichwohl die Unabhängigkeit des Monarchen erhalten und befestigt wer- den müsse; wenn derselbe sonach nicht durch schwer zu erfüllende Garantieleistungen, sondern durch eigne Einsicht und Erkenntniss des Besseren zur freien Wahl und Verfügung des zum Heile seines Lan- des Gereichenden bestimmt wird, wozu nicht blos Geneigtheit vorhanden, sondern letztere schon that- sächlich **) kundgegeben worden ist. *”) Ueber die zerstreuete evangelische Gemeinde, welche sich, 405 Seelen stark, eine Reihe von Jahren im Ty- roler Zillerthale als der Augsburgischen Confession zugethan, ohne Lehrer und Mittel, ihren Glauben öffentlich zu bekennen, bis in das 19. Jahrhundert hinein erhielt, welche vergebens zum Uebertritt zur katholischen Religion zu bewegen gesucht wurde, und welcher sodann von ihrer Regierung die Alternative der Auswanderung oder der Re- ligionsveränderung gestellt ward, in deren Folge sie die erstere der letzteren vorzog, sich aber hierauf an den König Friedrich Wilhelm III. wendete und um Aufnahme in die diesseitigen Staaten bat, ingleichen wie ihr dieses Gesuch gewährt, und wie sie bei ihrem Umzuge in den Monaten September und October 1537 in Erdmannsdorf bei Schmiede- berg, Kreis Hirschberg in Schlesien, Wohnsitze angewiesen erhielt, geben Rheinwalds Archiv für das evangelische Kirchenwesen und für kirchl, Statistik, Bd. 17. Heft 3. (Juni 1537) S. 286, und die Schles. Provinzialblätier, Bd. 106. (November 1837) S. 429, (December 1837) S. 548, ausführliche Nachricht. Durch den sechzehnten Artikel der Deut- schen Bundes-Acte vom 8. Juni 1815 wurde freilich nur den in den Ländern und Gebieten des Deutschen Bundes le- benden christlichen Religionsparteien der Genuss gleicher bürgerlicher und politischer Rechte zugesichert. ") Durch den Erlass des Gesetzes, wodurch dem Zeugnisse des Christen gleiche Geltung wie dem des Musel- manns eingeräumt wird, durch die Beförderung von Christen zu höheren Militairstellen u. a. Te — 39 in Di Pr any Arie ib. auge AR Lore pdall \peurei »oal2e Palm ijia, N ia „ni jene ON Te De we alleng buu StindaR: bg „ih HL, N, a ll kin „A id) 14 he anbaeiaorurdye ap she iu araane ‚mola; ent Ni Ins al Aadrikainda, aid a 3 en schiniyg war de Hs again Das re ynenl a h mad det en: Aimsecam e urbanen. indhır häche Anke In Sn 7 I Kris arten | oh iin: „WR re Ban ulandk dm wa ne v. | e arten Malers Yarbaue. weiaiod « ‚wetten aut 4 Apnloren u er rer eindunnden Wi ssuagl. Akb ans oh ee hen rear tan il inch BT y Aal. 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Februar theilte Herr Dr. Schwarz eine Methode mit, nach welcher mit Leichtigkeit der Jod- gehalt einer Verbindung ermittelt werden kann. Die zu untersuchende Verbindung wird mit Salzsäure und Eisenchlorid, das frei von Salpetersäure und Eisenoxydul ist, übergossen und gekocht. Durch die Einwirkung der Salzsäure wird die Jodverbindung zersetzt. Die zunächst entstehende Jodwasserstoffsäure wirkt auf das Eisenchlorid und reducirt dasselbe zu Eisenchlorür, während Jod sich verflüchtiget und in verdünnter Kalilauge aufgefangen werden kann. Mittelst einer titrirten übermangansauren Kalilösung wird die Menge des entstandenen Eisenchlorürs bestimmt und darnach die vorhanden gewesene Menge des Jods berechnet. Ist in 100 CC. so viel übermangansaures Kali enthalten, dass es hinreicht, um 0,56 Gr. Eisen aus dem Zustande des Chlorürs in den des Chlorids überzuführen, so entspricht 1 CC. 0,0056 Gr. Eisen oder 0,0126 Gr. Jod. Nimmt man von der zu untersuchenden Jodverbindung 126 Gr., so ent- spricht 1 CC. einem Jodgehalt von 0,01 pCt. Derselbe theilte auch eine Methode mit, nach welcher es ihm gelungen, den nutzbaren Zinkgehalt im Galmei auf leichte und wenig Zeit raubende Weise zu bestimmen. Der Galmei, der neben Sand, Thon, kohlensaurem Kalk, Eisenoxyd, kieselsaures und kohlensaures Zinkoxyd und Wasser enthält, wird geglüht und mit einem Gemenge von kohlensaurem und ätzendem Ammoniak ausgezogen. Aus der erhal- tenen Lösung wird durch Zuleiten von Schwefelwasserstoff oder Schwefammonium das Zink gefällt. Der erhaltene Niederschlag abfiltrirt und mit ammoniakalischem Wasser gewaschen wird sammt dem Filter mit angesäuertem Eisenchlorid übergossen und erwärmt. Hiebei zerlegt sich das Schwefelzink in Chlorzink, Eisenchlorür und Schwefel. Die Flüssigkeit klärt sich bald. Nach der Filtration in einen geräumigen Kolben wird die Flüssigkeit auf ihren Gehalt an Eisenchlorür mittelst einer titrirten Lösung von übermangansaurem Kali geprüft. Zwei Aequivalente Eisen entsprechen einem Aequivalent Zink. 39 “ Am 7. März: Ein Vortrag des Herrn Fabrikbesitzer Dr. phil. J. Cohn über die frühere und die jetzige Leinen- Industrie Schlesiens ward für das Auge erläutert durch Vorzeigung interessanter Proben von spanischen Produkten (Hanfsamen aus Granada, Tarragona und dem Baskenlande, Leinsamen aus Granada und Astu- rien, ungesponnenem Flachs und Hanf aus Malaga, Bilbao, Galizien und Asturien), eingesandt durch den preussischen General-Consul in Spanien, Herrn v. Minutoli, und durch den Vorstand der ‚‚Gesellschaft zur Beförderun gdes Flachs- und Hanfbaues in Preussen,‘“ Herrn Geh.-Rath v. Viebahn, dem Herrn Vortra- genden übermittelt; ferner durch Vorlegung eines aus 'chinesischem Gras gewebten Tuches, (Proben solchen Grases und des daraus gesponnenen Fadens fanden sich in vorjähriger schlesischer Industrie- Ausstellung, rechts unweit des Eingangs, ausgelegt); vornehmlich aber durch mikroskopische Nachweisung des Unter- schieds zwischen der Flachs- und Baumwollfaser, welcher durch chemische Mittel mit voller Sicherheit nicht herauszufinden ist, (welcher Umstand zu einem interessanten, vor etwa ', Jahr auch in den Zei- tungen erwähnten Prozess gegen einen Leinwand-Lieferanten Anlass gegeben, da die chemische und die okulare Untersuchung verschiedene Resultate ergaben und erstere durch letztere widerlegt wurde). Auch wurden mehrere Tableaux vorgelegt, welche in der Denkschrift der K.K. Akademie der Wissenschaften zu Wien 1852 von Dr. Reissek „über Fasergewebe‘ aufgestellt sind, und die an statistischem Ma- terial reichen Mittheilungen der Gesellschaft für Flachs- und Hanfbau etc. pro 1852. (Berlin, in Com- mission bei Wiegand und Grieben.) Dem Vortrage selbst entnehmen wir folgende interessereichen Mittheilungen. Die sehr mittelmässige Beschaffenheit der durch Hrn. General-Consul v. Minutoli eingesandten spani- schen Lein- und Flachsproben giebt für schlesischen Absatz Hoffnung. Besonders grossen Absatzes in Spanien sind (die aus gebleichten Garnen gefertigten) Creas fähig. Auf Gewinnung besten Samens hat die genannte Gesellschaft namentlich Bedacht genommen und z. B. Leinsaat aus der preussischen Ostseegegend, weisslichen aus der Altmark, Hanf aus Baden bezogen und vertheilt. Die Ansicht, vor der Reife geraufter Flachs sei bastreicher, vernichtet einen grossen Theil des Samens und nöthiget zu fremdem Bezug, namentlich aus Russland. 1850 sind (bei kleinem Geschäft, laut. Stettiner Einfuhrlisten) 27,800 Tonnen russ. Lein im Werthe von eirca 300,000 Thirn. (davon nach Breslau 11,500 Tonnen mit 140,000 Thaler Werth) importirt worden. Empfehlenswerth wäre der sibirische Lein, schon in der 2ten Hälfte vorigen Jahrhunderts, wo jedoch keine Nöthigung zu Einführung neuen Produkts vorhanden, in ökonomischen Zeitschriften besprochen, der (nach Gallo und Cerres s. Leipziger Samml. Th. 9 S. 133) wie Roggen im Herbste gesäet und schon im Juli (als Winterflachs) völlig reif geerntet werden kann, auch in sandigem, wenig gedüngtem Boden gedeiht. Er erträgt alle Winterwitterung, kann als perenni- rende Pflanze mehrere Jahre hintereinander geerntet werden, treibt stauchartig aus 1 Stengel 20 bis 30 Sprossen, die man, sobald die Blätter gelben, ohne Verletzung der Wurzel abschneidet und ganz wie Flachsstroh behandelt. Seine Faser ist Y, länger als die des gewöhnlichen Flachses, aber (nach Prof. Schreber im Hannov. Magazin 1767 St. 59) nicht so weich und fein zu machen, wegen festen Zusam- menhängens der Fasern, was jedoch durch die neue Röste mittelst Warmwassers-Dampfs und Alkalien leicht zu überwinden, die ja selbst den ordinären Flachs der Baumwolle ähnlich herstellt. Leinwand von Gin- ster-Stengeln aus der Gegend von Pisa lag 1763 der Pariser Akademie der Wissenschaften vor, deren Material in einer heissen Quelle geröstet worden. Die irische Gesellschaft röstet seit 1847 nach Schenk’s Verfahren (Cf. Flandorffer’s offizieller Bericht über die Röstanstalt zu Crieve in Irland). Sie kauft den 307 Flachs vor der Ernte und rauft ihn erst bei gehöriger Samenreife. Eine Walzmaschine bringt den Samen unbeschädigt aus. Siebe und Reinigungmaschinen erhöhen seinen Werth. Eine Maschine schneidet die eirca 1 bis 1'/, Fuss langen Wurzeln ab; das Flachsstroh wird nach Qualität sortirt und demnach ver- schieden geröstet; die Röste in durch Dampf zu 90°F. erhitztem Wasser währt circa 66 Stunden. (Das Reutersche Verfahren erhitzt das Wasser ohne Dampf auf 16 bis 19°R.) Nach dem Trocknen arbeiten die kannellirten Walzen der Brech- und Schwing-Maschine. Flachsbau ist (sagte mit Recht schon 1764 Geh. R. Reinhardt, Verm. Schr. St. Al) eine Gold- grube aus Leinwand und Schleier. Böhmen hatte bis zu Friedrichs II. Zeit nur Handweberei. Karl VI. begünstigte die Manufaktur des Schlesischen Riesengebirgs durch ein Reglement (1724), das durch Ordre vom 31. Oktober 1755 für Böhmen Geltung erhielt. Friedrichs II. Einsicht förderte durch Gesetze etc. bessere Flachskultur, Spinnerei, Weberei und Bleicherei, hemmte die Unredlichkeiten in letzteren Zweigen, um das Vertrauen des ausländischen Marktes zu befestigen, setzte Prämien auf Verbesserung und Ver- mehrung des Flachsbaues, regelte durch Schauämter, Weifenmaass, Breite und Länge des Gewebes. Höchst vortheilhaft ordnete sein Reglement vom 7. Juli 1765 in allen Dörfern Schlesiens, ausser den Weberei- treibenden des Gebirges, die Anlegung von Spinnschulen an für Kinder und Gesinde zu regelrechtem Hecheln und Spinnen, wobei das (1530 von Jüngen in Braunschweig erfundene) Spinn-Trittrad allgemein die Spindel verdrängen und mit jeder Schule eine Sammlung verschiedener Garnsorten verbunden werden sollte, um das Examen der Spinnschüler danach abnehmen zu können. Knechten und Mägden unter 30 Jahren sollte der Trauschein versagt werden bei mangelndem Nachweis bestandener Spinnprüfung. Dergleichen damaligen Zuständen anpassende Gesetze bildeten unsere Leinenmanufaktur zu bekannter Höhe aus. DieWeber und Spinner des Gebirgs waren von Frohnden, Einquartierung und das ganze Ge- birge von Garnison frei. Jedem anziehenden Meister oder Gesellen wurden (um somit fremde Künstler herbeizuziehen ) 20 und resp. 10 Thaler, freies Bürger- und Meisterrecht, 10jährige Befreiung von Aceise und Staatsabgaben, und zum Bau von Fabriken Holz und Steine, Grosshändlern bedeutende Staats-Vorschüsse, einmal sogar unter Garantie der schlesischen Landstände den Leinwandhändlern in Schmiedeberg, Hirschberg und Landeshut von den grössten Handelshäusern in Cadix und Lissabon Geld- unterstützungen gewährt, welchen letzteren viel daran lag, Schles. Leinwand, zum Theil für die Ausfuhr nach Südamerika, zu erhalten. 1789 führten obige 3 Städte nebst Breslau und Schweidnitz 508,000 Schock und 440,742 Weben (Werth 6,190,554 Thaler) aus, bei 1,800,460 Thaler Leinenwerth inländ. Verbrauchs. 1790 gingen in Schlesien 28,704 Stühle mit 50,553 Arbeitern. Die (damals noch ganz sächsische) Lausitz arbeitete noch stärker; 2, der dortigen Bevölkerung beschäftigte sich in diesem Zweige. Der englisch-amerikanische Krieg brachte Unsicherheit und Stocken in den überseeischen Leinen- verkehr, schlechte Behandlung von Flachs und Gewebe, in irrigem Streben nach Ersatz für einige Lein- Missernten, zerstörten das Vertrauen zur schlesischen Waare, und die mit 1790 beginnende Maschinen- spinnerei Englands, die Abhaltung deutschen Garns durch die Continentalsperre vom englischen Markt brachten das schles.-Handgespinnst herunter, und der durch Napoleon im Jahr 1810 auf Erfindung eines Flachsspinn-Apparats gesetzte Preis von 1 Mill. Franks, wegen der schwer erfüllbaren Bedingung einer Ersparniss von 0,9 gegen Handgespinnst nicht erworben, trieb den Wetteifer der englischen Mechanik aufs Höchste. Dazu trat die Concurrenz der Baumwolle, deren England jährlieh 6 Mill. Centner bei nur eirca 1 Mill. Ctr. Hanf und 2 Mill. Ctr. Flachs verarbeitet. Engl. Maschinengarn , des festen und gleich- mässigen Fadens wegen, ward auf dem Continent beliebt; unsere Leinenprodukte dagegen wurden durch die von Castlereagh und Liverpool erreichten Schutzzölle (an 100 pCt.) vom engl. und überseeischen Markt ausgeschlossen, zu Gunsten derer in Ir- und Schottland, was die Uebersiedelung der tüchtigsten deut- schen Meister unter den Schutz Britanniens zur Folge hatte. Der überschnelle Entwickelungsgang der Linnenfabrikation ist um so bedauernswerther, als die technischen Schwierigkeiten die der Woll- und Baumwoll-Spinnerei weit übertreffen. Die durch grosse Krempelmaschinen vorbereitete lange Flachsfaser kommt auf. die Streckmaschine, läuft durch einen Trichter zwischen 3 Paar Walzen durch, wird durch Wasser zu einem langen Faden gezogen und durch Umlauf einer Spindel gedreht. Früher spann man pur grobe Nummern, fast ausschliesslich zur Kette, zu Einschlag und Feingeweb diente deutsches Hand- gespinnst, seit 1825 aber wird, nach neuem System, die Faser in ihrer Länge 2—3mal durch ein ge- zahntes Rad zerrissen, passirt die Präparations-Maschine. Auf der Feiamühle geht das locker gedrehte Vorgespinnst durch eine Rinne mit kochendem Wasser, und so erweicht, unter den Pressions-Cylinder. Man erzielt Feinheit und Gleichheit des Gespinnstes, ohne, wie es scheinen könnte, durch die Längenthei- lung der Haltbarkeit zu schaden, was Karnasch’s Versuche (,Handb. d. mechan. Technologie‘ 1851 S. 1191) erwiesen haben und durch die erzielte gleichmässige mechanische Lagerung .der Faser bewirkt wird, die dem Handgarn fehlt, dessen Ungleichmässigkeit die Webearbeit sehr stört. Grossbritannien produzirt bei 25 Mill. Einwohnern auf 2 Mill. Spindeln & ”, Centner jährlich = 1 Mill. Centner = pr. Kopf 4 Pfund Maschinengarn, der Zollverein bei 32 Mill. Einwohnern auf circa 60,000 Spindeln (einschliesslich der in Bielefeld und Düren im Bau begriffenen Etablissements) 30,000 Centner = 2%, Lth. pr. Kopf, was nur '), unseres Bedarfs durch Maschinengarn deckt, und wir demnach die so fehlenden 2,225,714 Masch.-Spindeln für 1,112,857 Centner Garn erst zu schaffen haben, ehe wir mit England in Concurrenz zu treten denken können. Unser Garn-Export ist jetzt in .stetem Rückgange: 1840 32,195 Centner, 1850. — 24,636 Centner. Die Einfuhr aber steigt, trotz der 1847 eingeführten Zoll- Erhöhung von !/; auf 2 Thaler pr. Centner, 1840 — 53,511, 1850 — 67,250 Centner. Schon sind es 29 Jahr seit Gründung der ersten schles. Maschinenspinnerei durch Gebr. Alberti in Waldenburg mit gegen 4000 Spindeln, und noch war bis 1850 die Gesammtzahl der preuss. Spindeln erst auf 46,331 gestiegen, fast allein Schlesien angehörend. Mit dem Sinken des Leinenhandels sank der Flachsbau; Raps und Runkelrübe bringen mehr. Regierungs- Vorsorge suchte die Folgen des Leinuengewerbe - Verfalls zu beseitigen, durch Vervollkommnung des Rohprodukts, Trennung des Anbaus von der Bereitung des Flachses, Flachsbau-Schulen, Unterstützung der Verbesserungen an Röste und Bleiche, Einführung fremd- ländischer Erfahrungen durch die Erdmannsdorfer Spinnerei, welche die Flachsverwerthung um das 2- bis Afache (von z.B. 2Y, auf 6 — 9 Sgr.) steigerten, ferner: durch Schenkung tausender von Webeblättern an arme Weber, Gründung von Webschulen, Musteranstalt in Erdmannsdorf, Sendung tüchtiger Meister als Instructoren, Ausbildung von Bleichern, Appreteuren, Druckern, Ausgabe kostbarer Glättmaschinen, Einführung neuer Leinensorten (eingeleitet, Jaut Minutoli’s Bericht) und geschmackvoller Muster etc. Nach Gutachten des Berichterstalterss Weyhe (amtl. Mittheil. der Zollvereins-Commission) über- ragten die brittischen Leinenfabrikate der Londoner Ausstellung alle andern an schönem Ansehn und Wohlfeilheit. Sie gehen trotz des jetzigen 40%, vom Werth absorbirenden Zolls doch auf spanische Märkte, die früher fast allein von Schlesien beschickt wurden. Staunenswerth praktischen Nutzen hat die „irische Flachsbaugesellschaft““ (s. Jahresber. 1851) dem Lande geschaffen; vor 10—15 Jahren war der Flachsbgu Englands ganz vernachlässigt; jetzt welteifert irischer Flachs mit belgischem. 1848 baute man auf 53,863 Acres & 5 Centner 269,340 Centner Flachs, 1851 auf 138,619 Acres 690,095 Centner, also das Doppelte, mit einem Wertk von 637,460 L.Str. für Flachs, 60,000 für Samen (zusammen circa 11,900,000 Thaler preuss.). Bei uns erwartet man leider von dem Wirken ähnlicher Gesellschaften wenig. Doch war 1851 in Berlin eine „Gesellschaft zur Beförderung des Flachs- und Hanfbaues in Preussen“ gegründet, in näherer Berührung stehend mit dem königl. Landes-Oekonomie-Collegium, mit dem Zweck der Hebung durch Verbreitung guter Samenarten und Anlage von Factoreien, Zusammen- stellung und Mittheilung der neusten Erfahrungen etc. und Sendung ‚sachverständiger Instructoren. Zu 309 Hirschberg ward 1852 auf Actien unter Beihilfe von 10,000 Thalern Seitens des Handelsministeriums eine Flachsbereitungs-Anstalt errichtet mit 28,000 Thaler Kosten. Die vom Ministerium gegebenen Maschinen sollen nach 5 Jahren der Gesellschaft eigenthümlich gehören, und man erwartet, dass das thatsächlich steigende Interesse der Grundbesitzer den Materialbedarf der Anstalt decken wird. Zur Zeit gehen ihr noch nicht genügende Flachsstroh-Mengen zu. Keine Pflanze ist uns so an Leib und Seele gewachsen, wie der Flachs. Von der Wiege bis zum Leichenhemd und Bahrtuch begleitet er uns, und was die eine Generation an Linnen zerrissen, em- pfängt aus dem niedern Lumpenzustand, durch das Fegefeuer der Papiermühle geläutert, die folgende Generation schon wieder als Fibel und begleitet sie als Bibel. All’ unsere Existenz ist in Leinwand gewickelt. So ging es schon seit uralten Zeiten: Flachsbau ist so alt wie Getreidebau. Die Isis erfand laut ägyptischer Mythologie die Kunst, Linnen zu weben; ihr zu Ehren mussten es ihre Priester als Gewand tragen. Zu Mosis Zeit war Aegyptens Flachsbau berühmt; des Hohenpriesters Gewand musste aus ägyp- tischem Byssus (eine Art feinen Battists) sein. Auch statt Papiers brauchten die Alten ihre Leinwand: auf mit Gummi getränkter Leinwand waren die sibyllinischen Bücher geschrieben und in Mumienkisten hat man beschriebene Leinwand gefunden. Aus Byssusflachs wurden für vornehme Griechinnen und Rö- merinnen kostbare Milchflore und Filete bereitet; 1 Skrupel desselben kostete 4 Denarien (1 @. preuss. 144 Thlr.). Abgesehen auch von so kostbarer Schönheit kann sich dem Flachse kein ähnliches Pro- dukt an kühlender Eigenschaft, Länge und Dauer der Faser gleichstellen. Baumwolle ist kurz-, zart-, schwach-faserig, von Natur gekrümmt, äzenden Farben nicht widerstehend. Auch Schafwolle ist kurz und kraus. Linnen, unvermischt und regelrecht gefertigt, bietet zerstörendem Element den kräftigsten Trotz. Bei den Deutschen war das Leinenweben einfacher und bei sich gleichbleibender Arbeitsweise Sache der Knechte; die Sachsen verwandten die unterjochten Wenden dazu, die später auf schlechte Bodenflächen zu deren Anbau gesetzt wurden; daher ist in der sandigen wendischen Lausitz und dem schlesischen Gebirge die Leinweberei häufig geblieben. Vervollkommnet ward sie nach und nach. 1470 wurde in Hirschberg durch den Schuhmacher Joach. Grind Schleierweberei eingeführt, der in Harlem, wo er 1464 in Arbeit stand, die feinen Garne zu verweben gelernt hatte. Das Geheimniss seiner Weberei, die er anfänglich mit seiner Schwester neben der Tuchmacherprofession betrieb, ward durch diese, die sich deshalb gut verheirathete, weiter verbreitet. 1624 legte der Breslauer Domherr von Frankenberg in Hirschberg eine Weberei feinster Schleier an, die guten Absatz fanden, so dass ganze Dörfer der Umgegend sich darauf warfen. Steimann in Seidorf führte 1711 die geblümten und gemuschelten Schleier nach französischen Mustern ein. In Neustadt O/S. legte ein 1699 religionshalber aus Frankreich ausgewanderter Herr v. Schmettau einen grossen Garnhandel an, wodurch dort, um Neisse, Brieg und Zie- genhals die Leinenspinnerei heimisch ward. Schlesien versorgte grösstentheils die österreichischen Lande. Im Ravensbergischen (das Friedrich II. sein gutes Spinnländchen nannte) wird Garn für feinste Brabanter Spitzen gesponnen, wobei 1 &. Flachs 7000 Gulden Gewinn giebt, also in seinem letzten Product den Goldwerth weit übertrifft. Um Starkenbach in Böhmen spinnt man Feingarn, deren 16,300 Ellen 1’, bis 1%, Loth schwer. Das Wunderprodukt der schlesischen Ausstellung, 1 Str. 3 Geb., 10,200 Fuss lang, Gespinnst aus Courtray-Flachs, wog & Str. %, Loth, war sauber, fest, in einer Wallnussschale eingeschlossen, und geliefert worden aus dem Spinnlehrer-Seminar für’s schlesische Gebirge. Courtray- Flachs (belgisch) ist der schönste der Welt und soll diesen Vorzug dem Röstwasser aus dem Flüsschen Sys verdanken. Das Verfahren des Chevalier Clausen, durch Soda oder ein anderes Alkali und Säuren die’ zähen, langen Fibern in weiche kurzfibrige Substanz mit den Filz- und Webe-Eigenschaften der Wolle und Baumwolie umzuwandeln und durch unterchlorigsaure Magnesia weisszubleichen, erzielt jedenfalls be- deutende Wertherhöhung ordinärer Flächse, selbst des Wergs, und gestattet die Vollreife des Samens. 310 Auch kann das Product mit Wolle gemischt verwebt werden und soll (laut. Prospectus der nordbrit. Flachs- Comp.) billiger als ächte Baumwolle sein. Eine andere, in England patentirte Methode, Flachs der Seide ähnlich zu machen, wird jetzt auf flachsähnliche Stoffe (Jute und China-Gras) angewandt. Letzteres (chinesisch Mä genannt ist der Stengel einer Nessel und in England bereits massenhaft eingeführt. Von Riesenhanf, chines. Flachs und der schneeweissen Nessel hat man zu Marseille und Perpignan so treffliche Ernten erzielt, dass man diese Pflanzen als dort naturalisirt ansehen will. Mit ersterer, die den zartesten Faden liefert, sollen in Berlin Versuche gemacht werden. Unglaubliches verspricht das neuste, patentirte Verfahren Watt’s in Irland, welcher durch einen aus Dampf künstlich erzeugten 10 — 12 stün- digen Regen den durch denselben Dampf erwärmten Flachs rösten lässt nach Art der Thauröste, zwi- schen Walzen trocknet, oie Fasern spaltet und für Umwandlung in spinnfähigen Zustand überhaupt nur 36 Stunden bedarf. f Den 18. April sprach Herr Dr. Schwarz: Ueber die Gewinnung des Rübenzuckers. Marggraf machte zuerst auf den erheblichen Zuckergehalt der Runkelrübe aufmerksam. Achard in Kunern errichtete die erste Fabrik; er gewann etwa 3 Procent. Bei den hohen Zuckerpreisen in Frank- reich während des Krieges mit England wurde die in Schlesien ohne Verbreitung gebliebene Fabrikation aufgenommen und weiter entwickelt. Der gute Erfolg reizte und es wurde 1836 dieser Gewerbszweig wieder nach Deutschland verpflanzt. Zier hat durch sein Geheimniss diesem Fabrikationszweige grosse Aufmerksamkeit und Theilnahme zugewendet. Er versprach 10 bis 12 Procent Zucker zu liefern. An allen Orten, wo die Kultur des Bodens es gestaltete, wurden neue Fabriken errichtet. Die früher uner- hebliche Production vermehrte sich der Art, dass ein Ausfall in den Besteurungskassen des Kolonial- zuckers merkbar wurde. Es wurde, um diesen Ausfall zu beseitigen, eine Steuer von 1', Sgr. pro Centner Rüben erhoben, die 1849 auf 3 Sgr. erhöht wurde und gegenwärtig auf den doppelten Betrag gekommen ist. Man kann annehmen, dass eine Zuckermenge verbraucht werde, welche zu 4 bis 5", Pfd. Zucker auf den Kopf der Einwohnerzahl gerechnet werden kann. Der Ausfall in der Steuer hat sich auf 2 Mill. Thaler gesteigert. Es ist zweifelhaft, ob die Rübenzuckerproduction den letzten Steuersatz wird ertragea können. Die Bereitungskosten kommen -auf 24 Sgr. zu stehen, wobei noch 2 bis 2", Procent Zucker verloren gehen. Aus dem Zuckerrohr werden in den Kolonien 18 Procent Zucker ge- wonnen. Die Salze der Rüben gehen dem Boden wieder zu, da die Pressrückstände und der Syrup verfüttert werden. Der Zucker selbst hat nur Kohlensäure nnd Wasser aus der Luft zu seiner Bildung entnommen. Am 18. Oktober erörterte der Director Gebauer die Einrichtung der kalorischen Maschine von Ericsson nach den bis dahin kundgewordenen Mittheilungen. In dem Arbeitseylinder von 14 Fuss Durchmesser wird der darin befindliche Kolben durch die erhöhte Spannkraft der unter demselben vor- handenen Luft, welche auf etwa 300° C. durch unter dem Boden des Cylinders angebrachtes Feuer er- hitzt wird, emporgehoben und verrichtet die beabsichtigte mechanische Wirkung bei einer Hubhöhe von 6. Nachdem der Kolben die erforderliche Höhe erreicht hat, öffnet sich ein Schieberventil, durch welches die unter ihm befindliche warme Luft in die Atmosphäre entweicht; dabei sinkt der Kolben nie- der. Um aber die Wärme dieser Luft nicht zu verlieren, entweicht dieselbe durch den Regenerator, Pr sll aus einer Röhre von A Q. F. Durchmesser bestehend, in welchem sich 200 bis 400 Drahtnetze über- einander befinden, an welche der grösste Theil der Wärme abgesetzt wird. Mit der Kolbenstange des Arbeitscylinders ist der Kolben eines Füllungs-Cylinders von kleinerem Durchmesser, 11’ 5, verbunden. Bei seiner Hebung wird die über ihm befindliche Luft in ein Behältniss gepresst, welches der Recipient genannt wird, aus welchem ihr Zurückweichen beim Niedergange des Kolbens durch eine Klappe ver- hindert wird, während durch eine andere Klappe der Zutritt der äusseren Luft gestattet ist. Nachdem die warme Luft aus dem Arbeitscylinder durch den Regenerator entwichen ist, tritt durch Oeffnung eines Ventils aus dem Recipienten kalte Luft ein und gelangt bei dem Durchgange durch die erwärmten Drahtnetze schon sehr vorgewärmt unter den Kolben des Arbeitseylinders, um denselben emporzuheben. Der Unterschied des Druckes auf den Kolben des Arbeitscylinders und den kleineren Kolben des Ge- bläsecylinders liefert die bewegende Kraft. Der Füllungscylinder muss bei jedem Hub so viel Luft lie- fern, als in dem Arbeitscylinder verbraucht wird. Der Recipient muss von solcher Grösse sein, dass nach jedem Hube die Spannung der darin befindlichen Luft ungeändert bleibt. Er enthält auf 1, oder 2 Atmosphären verdichtete Luft, welche vor Beginn des Spieles der Maschine mittelst Handpumpe ein- gepresst wird. Der Zutritt der Luft aus dem Recipienten in den Arbeitscylinder kann, bevor der Kolben seinen Weg vollendet hat, abgesperrt werden. Der Kolben wird dann durch Expansion der unter ihm befindlichen Luft durch den noch übrigen Weg fortgetrieben. Die Wiedergewinnung des grössten Theils der in dem Regenerator an die Siebe abgesetzien Wärme ist der wesentliche Vortheil dieser Maschine, welche gewiss vielfache Anwendung finden dürfte, sobald nur erst sichergestellt sein wird, dass die Reparaturkosten der dem Feuer ausgesetzten Theile nicht die Ersparung an Brennmaterial aufwiegen, Das Schiff, auf welchem Ericsson seine Maschine aufgestellt hat, ist von 260 Fuss Länge, AO Fuss Breite und 27 Fuss Tiefe. Es enthält vier der angebenen Vorrichtungen, welche zur Forttreibung des Schiffes combinirt sind. Die durch dieselben bewegte Welle macht 10 Umgänge in der Minute. Der Kohlenverbrauch ist in 24 Stunden etwa 120 Centner und die Leistung aller vier Maschinen etwa die von 800 Pferdekräften. Am 7. November machte Herr Dr. Schwarz eine Mittheilung: Ueber die Augustenhütte bei Bonn, dem Herın Wismar gehörig. Es ist dies ein grossartiges Etablissement, bestimmt zur Verarbeitung der Destillations-Produkte von papierartigen Braunkohlen. Es finden sich in dieser hellbraunen dünnbläitrigen Masse oft sehr schöne Blätter und Fischabdrücke. Sie kommt nach Bonn per Schiff aus der Umgegend von Unkel und auch per Achse aus Gruben, welche sich in der Nähe von Bonn selbst befinden. Die feuchte Masse wird zerschlagen und in Gewölben, welche sich zwischen den Feuerungen befinden, getrocknet. Der letzte Rest von Feuchtigkeit wird oben auf dem die Retorten überspannenden Gewölbe entfernt. Diese Re- torten sind von Gusseisen und von halbrundem Querschnitt, hinten mit einem kurzen Vorstoss, und vorn, das heisst auf der Seite, von der aus die Feuerung erfolgt, mit einem beweglichen Deckel ver- sehen. Die Beschickung erfolgt mittelst Schaufeln und Ausbreiten auf dem Boden. Der mit Lehm be- schmierte Deckel wird dann aufgesetzt und mittelst eines quer vorgelegten Bügels und einer Druckschraube angepresst. 40 312 Die Destillation erfolgt bei sehr schwacher, kaum sichtbarer Rothgluht, da es hier umgekehrt wie bei der Leuchtgas-Bereitung darauf ankommt, möglichst viel theerartige Destillationsprodukte zu erzielen. Die Beschickung ist gewöhnlich nach 6 Stunden abgetrieben, was man daran erkennt, dass die Schiefer beim Herauskrücken nicht mehr brennen dürfen. Diese erdigen und kohligen Residua dürften sich vortrefflich zum Desinficiren von Abtritten eignen. Vor der Hand werden sie nur zum Düngen verwendet, zu welchem Ende man sie mit dem schwach ammoniakalischen Wasser, das beim Destilliren mit übergeht, begiesst. Ob auch vielleicht ein geringer Kali- und Phosphorsäure-Gehalt vorhanden ist, müsste die Analyse nachweisen. Man könnte sie vielleicht durch Schwefelsäure aufschliessen und auf Alaun verarbeiten. Die Feuerung erfolgt mit Steinkohlen, die auf einem gewöhnlichen Roste verbren- nen. Die Flamme schlägt unter je 2 Retorten fort und geht in der Mitte derselben wieder zurück, um endlich in einen gemeinsamen tiefer liegenden Kanal und aus diesem in den Schornstein zu entweichen. Die ganzen Gebäude sind neu, Alles aus Stein und Eisen ausgeführt, nachdem ein furchtbarer Brand das frühere Etablissement zerstört hatte. Es entstand derselbe, indem ein Destillationskessel für die Oele zersprang und das entflammte Oel in den Raum floss, wo ungefähr 50,000 Quart flüssige Oele in eiser- nen Gefässen über dem Boden aufbewahrt waren. Es soll ein furchtbar schönes Schauspiel gewesen sein, die schwarze Rauchsäule zu sehen, die sich gleich der eines Vulkans über der Brandstätte erhob. Jetzt liegt das meiste Oel in gemauerten, tiefer liegenden Bassins, aus welchen es durch Hülfe einer Pumpe, je nach Bedürfniss, heraufgefördert wird. Je acht Retorten bilden eine Section, welche ihre Destillations-Produkte in eine gemeinsame Kühlröhre entleert. Die Art der Kühlung ist dem Prinzip von Liebigs Kühlapparat angepasst. Sie muss eine möglichst vollkommene sein, da man hier spezielle Rück- sicht darauf nehmen muss, möglichst wenig von den flüchtigen Oelen durch die Gase mit fortgerissen zu sehen. Die kurzen Hälse der Retorten münden in eine gemeinsame Röhre, umgeben mit einer wei- teren, in welcher Wasser vom tiefsten Punkte aus einfliessend durch eine am höchsten Punkte liegende Röhre abfliesst; dies geschieht indessen in einem sehr dünnen Strahl. Die Kühlröhre senkt sich allmälig und macht zwei Biegungen, endlich mündet sie in einen Cylinder, aus dem auch die Condensationspro- dukte abfliessen; die Gase steigen in demselben aufwärts, in einem Zirkel herunter, um endlich durch eine Röhre in die freie Luft über dem Dache zu entweichen. Da sie brennbar sind, wäre es vielleicht zweckmässig, sie unter die Feuerung zu leiten und ‘so zu verwerihen. Man erhält als Condensations- produkte sehr schwach ammoniakalisches Wasser und einen schwärzlich grünen Theer. Dieser giebt bei der erneuten Destillation an 90% flüchtige Oele, von denen 50% so spec. leicht und so leichtflüssig sind, dass sie zum Brennen in Lampen sich eignen. Diese Destillation findet in eisernen Blasen statt, die durch freie Feuerung geheizt werden. Zugleich strömt indessen Dampf ein, um die Destillation zu erleichtern. Diese Destillationsräume sind durch eine 2 Fuss dieke Brandmauer und eiserne Thüren von dem Kühlraume (der auch zu den folgenden Operationen dient) geschieden. Die Helmschnäbel gehen durch die Mauer. Die Kühlung erfolgt in stehenden Kühlfässern mit etwas sehr weiten bleiernen Kühl- röhren. Es wird dabei viel Wasser verdichtet. Das übergehende Oel wird nach seinem spec. Gewichte gesondert, und nur dasjenige, welches zum Brennen in Lampen sich eignet, einer Reinigung mit Schwefelsäure (vielleicht auch mit Aetzkaliiauge oder mit Kalkhydrat) unterworfen. Vielleicht wird es erst noch einmal über Kalkhydrat rectifieirt und dann mit der Säure behandelt. Diese Behandlung erfolgt in hohen bleiernen Gefässen, die eine leichte Tren- nung der Schichten gestatten. Auch eiserne Gefässe scheinen zur Reinigung (wahrscheinlich um den Rest von Schwefelsäure mit Aetzkalilauge zu entfernen) bestimmt. "Diese Reinigungsgefässe stehen hoch, die Oele werden daher dorthin mit einer Pumpe gehoben und durch Hähne von dort abgelassen. Ob noch eine Rectification stattfindet, ist mir unbekannt. %; 313 Das leichte Oel ist schwach gelblich gefärbt, brennt sehr hell, riecht indessen immer noch ziemlich unangenehm. . Eine Lampe, die per Stunde 5 Pf. kostet, giebt ein Licht von 12 Wachskerzen, ist also ungefähr so billig wie in Breslau das Gas, wenn 1000 Cubikfuss 3 Thlr. 10 Sgr. kosten, und ein Fisschwanz- brenner per Stunde 5 Cubikfuss consumirt und Licht von 12 Wachskerzen gewährt. Das schöne Oel wird in die Oelgasfabriken abgegeben und mit A Sgr. per Quart verkauft. Das bei circa 300° C. übergehende Destillat ist paraffinhaltig. Man bringt dasselbe in gemauerte kellerarlige Räume, in grosse eiserne Kasten, wo es zuerst gallertartig erstarrt, allmälig aber sich körnig absondert. Die grünlich-bräunliche Masse kommt nun in einen Centrifugalapparat, wo das Oel abfliesst und Paraffın übrig bleibt. Dies feine und beim Pressen erhaltene Oel wird bei einer neuen Destillation wieder zer- fallen in stark- und schwach-paraffinhaltiges. Das Paraffin wird umgeschmolzen und in blecherne For- men gegossen, die so erhaltenen Kuchen werden in Wollentücher eingeschlagen und nun in der Kälte zuerst dem Drucke einer stehenden hydraulischen Presse ausgesetzt, dann in einer liegenden, durch Dampf geheizten Presse warm gepresst. Ein bewegliches Dampfrohr führt durch einzelne Röhren den hohlen Pressplatten Dampf zu. Das herausgepresste Oel ist so stark paraflinhaltig, dass es in der Kälte wieder krystallisirt. - Zuletzt wird das Paraflin, das nur schwach gelblich ist, in bleiernen Blasen mit etwas conc. Schwefelsäure erwärmt, die nur die färbenden Bestandtheile zerstört, das Paraffin dagegen nicht im Mindesten angreift, sondern es nur vollständig farblos obenauf schwimmen lässt. Die Schwefelsäure wird durch nochmaliges Waschen mit kochendem Wasser, endlich durch Digestion mit etwas Aetzkalilauge beseitigt. Dabei bildet sich etwas schwefelsaures Kali, das im Paraffin bleibt, weil ein Auswaschen nach der Behandlung mit Alkali unausbleiblich ein Verbinden des Paraffins durch Wasseraufnahme nach sich zieht; das schwefelsaure Kali sammelt sich indessen im Dochte an, so dass man selbst Perlchen dessel- ben auf dem Dochte erkennen kann, und bewirkt ein geringes Knistern beim Verbrennen. Das reine Paraffin wird mit etwas Oxalsäure geklärt (etwa um Kalksalze wegzuschaffen!), in einem Kessel bei sehr schwachem Holzfeuer geschmolzen, und daraus werden nun, ganz wie bei der Stearin- säure, Lichte gegossen. Vor dem Giessen — 94° C. abgekühlt, dann blecherne Handhaben eingesetzt und mit Holzkasten bedeckt. Dochtflechtmaschine. Drei Spulen, durch Excentrica bewegt, gehen durch einander und flech- ten so einen dreisträhnigen Docht, der auf einer sechsseitigen Haspel aufgewunden wird. Es scheint mir, als ob die so erhaltene Rahme die doppelte Länge der Dochte hätte, und so nur zweimal aufge- schnitten zu werden brauchte, um die nöthige Länge zu erhalten. (Abschneide- und Polirmaschine.) In Papier verpackt, kostet das Pfund 20 Sgr. und ist daher noch ziemlich theuer. Die Lichter, durchschei- nender wie Wallrath, geben eine sehr schöne klare Flamme. In ihnen finden sich häufig krystallinische Flecken, von eingeschlossenen Luftblasen herrührend. Diesem Uebelstande kann durch Zusatz von Wachs und Stearin nur wenig abgeholfen werden, vielleicht durch Auspumpen der Luft aus der geschmolze- nen Masse. Den 19. December sprach Herr Dr. Schwarz: Ueber die Zinkproduction bei Aachen. Die Gesellschaft Vielle Montagne fördert den Galmei aus den Gruben bei Moresnet und Pierre sous Boulogne bei Lüttich. Der Galmei liegt in einer Thalschlucht und geht zu Tage aus. Die Mächtigkeit 40 * 2 514 dieses Lagers ist an 40 Meter und dehnt sich auf 3000 Schritt in der Länge und 40 Fuss in der Breite aus. Der gewonnene Galmei enthält 35 Procent reines kohlensaures Zinkoxyd. Derselbe wird gewa- schen, zwischen kannelirten Walzen zerdrückt und durch Siebe getrieben. Der Stückgalmei wird in Oe- fen, welche den Kalköfen entsprechen, geröste. Das Ansbringen des Zinks erfolgt in Oefen, in welchen 48 Röhren vorhanden sind, von denen 10 Stück in den unteren Reihen nebeneinander liegen. Jede Röhre ist mit einem Vorstoss versehen, in welchem sich das Zink ansammelt. Bei den unteren Röhren sind ausser den Vorstössen noch Blechkapseln angebracht, in welchen sich Zinkoxyd anhäuft. Oberhalb dieser Oefen sind Röstöfen angelegt. Das in den Vorstössen gesammelte Zink wird sogleich zu Platten vergossen. Aus der übergegangenen Zinkasche wird durch Auspressen noch Zink gewonnen. Bei Boulogne sind Schornsteine bis zur Höhe von 20 Fuss angebracht. Das gewonnene Zink ist frei von Eisen und Blei und eignet sich deshalb vorzüglich zur Darstellung von Zinkweiss. Das Zink wird zu diesem Behufe in Muffeln verbrannt. Die entstandenen Zinkoxyddämpfe werden mit den Däm- pfen des Ofens in Kammern geleitet und setzen sich darin ab. Herr Kaufmann Schreiber legte ein Stück Meteoreisen vor, welches bei Thorn gefunden wor- den war. j Für die nächste Etatsperiode wurde der bisherige Secretair wieder, gewählt. 315 Bericht über die Thätigkeit der philologischen Section im Jahre 1853 Dr. Schönborn, zeitigem Secretair derselben. In Jahre 1853 sind vier Vorträge gehalten worden. Herr Professor Dr. Wagner sprach am 1. März über die Musik der Griechen. Er hat folgenden Auszug seines Vortrages mitgetheilt: Der Vortrag ging zunächst von der Bedeutung des Wortes Musik (uovosxn sc. rexvn) aus und wies nach, dass dieses bei den Griechen in einem weitern und in einem engern Sinne gebraucht wor- den sei. Nur in dem letztern, in welchem es die Tonkunst bedeutet, kann es hier in Betracht kommen, und verdient diese Betrachtung ungleich mehr, als unsre Tonkunst, weil sie eine ungleich bedeutendere Rolle im Volksleben der Griechen spielte, als dies bei uns der Fall ist. Denn ihre enge Verbindung mit allen Gattungen der Dichtkunst (— selbst dem Vortrage epischer Gedichte gingen ja Vorspiele, zroootue, mit Citherbegleitung voran —), mit der Orchestik und dadurch wieder mit dem Göttercultus machten sie zum unzertrennlichen Genossen alles nur einigermaassen öffentlichen Lebens und so zum wesentlichen Bestandtheil griechischer Bildung, da in der Blüthezeit Griechenlands kein Grieche sich jemals der Theilnahme am öffentlichen Leben entzog. Dass die Musik aber be‘ solcher Wichtigkeit und bei der Aufmerksamkeit, die ihr von allen Seiten zugewendet wurde, auch zur Verschönerung des Pri- vatlebens in vorzüglichem Maasse gedient habe, versieht sich fast von selbst, und es ist daher wohl gerechtfertigt, wenn man die Frage aufwirft, wie sie im Vergleiche zu der unsrigen beschaffen gewesen sei. Leider kann diese Frage, da uns Musikstücke aus der Blüthezeit Griechenlands nicht vorliegen, nur beantwortet werden, indem wir einerseits die von griechischen Musikern aus der Zeit nach Alexander dem Grossen (unter ihnen sind Aristoxenus und Eukleides die ältesten) überlieferten Nachrichten und aufgestellten Theorien in Betracht ziehen, und mit den zahlreichen Andeutungen und Notizen, welche bei den Alten selbst sich vorfinden, sowie mit den wenigen uns erhaltenen Musikstücken vergleichen und einer strengen Kritik unterwerfen. Andererseits werden wir uns eine genaue Bekanntschaft mit den in 316 Anwendung gekommenen Musikinstrumenten, der Art ihres Gebrauches, ihrer möglichen und der wirklich erreichten Wirkung u. s. w. verschaffen müssen, weil nur so ein einigermaassen sicheres Urtheil über die praktische Ausübung der oben erwähnten Theorien sich gewinnen lässt. — Darauf wurde zu dem übergegangen, was die Musiker über den wissenschaftlichen Theil der theo- retischen Musik, der nach ihrer Eintheilung die Harmonik, Rhythmik und Metrik umfasst, lehren. Das Wort Harmonie ist von ihnen in einem weiteren und engeren Sinne gebraucht worden, und in dem letzteren, bei den Alten aber gerade gewöhnlicheren entspricht es dem, was wir heut Melodie nennen. Zuweilen wird das Wort auch noch für die Verhältnisse, von denen die Melodie abhängig ist, von den Musikern gebraucht, d. i. für Intervall, Tonart, Octavengattung, Tongeschlecht. Die Wissenschaft von diesen ver- schiedenen Verhältnissen der Töne in der Harmonie ist die Harmonik. Sie umfasst die Lehre von den Tönen, Intervallen, Systemen, Tonarten, Tongeschlechtern, Uebergängen und der Melopoiie. Der Vor- trag ging nun zur Betrachtung dieser einzelnen Lehren über, und verbreitete sich über den Ton (y9oyyoc), über Höhe und Tiefe desselben und über die Ursachen von beiden; dann über die Intervalle, ihre Ein- theilung, ihre Berechnung (der unsrigen entsprechend, indem man entweder die Zeittheile, welche zu gleichen Schwingungen verschiedener Saiten erfordert werden, oder die Zahl der Schwingungen in gleichen Zeittheilen auf mathematischem Wege bestimmt), über die Namen der einzelnen Intervalle und ihre Darstellung in Zahlenausdrücken, endlich über das Verhältniss derselben zu den Intervallen in unsrer Musik. Hieran schloss sich die Betrachtung der Systeme, unter welchen die ältesten das Tetrachord, Heptachord, Oktachord waren, deren Beschaffenheit im Einzelnen erörtert wurde, und von denen das erstgenannte um so wichtiger war, als es bei allen grösseren Systemen stets die Grundlage blieb. Denn auch das grösste unter allen Systemen (zö z&Asıov ovornu«) bestand nur aus (18 Tönen in) 5 Tetra- chorden. Das Oktachord entsprach fast ganz dem, was wir jetzt Oktave nennen, und auch die einzelnen Töne der durch dasselbe gebildeten Scala wurden wie bei uns durch die natürliche harmonische Reihe bestimmt, welche durch aufmerksame Beobachtung des Schwingens einer hinlänglich langen und starken Saite gefunden wird, worüber die physikalischen Handbücher die nähere Auskunft enthalten. Wir werden dadurch auch zugleich über das Verhältniss der einzelnen Töne zum Grundtone oder, was das- selbe ist, über die Grösse der Intervalle belehrt. Durch solche Beobachtung also erhalten wir, wenn wir als Grundton C annehmen, die Tonleiter CDEFGAHC, in welcher wir ömal das Intervall eines Ganz- tones, 2mal das eines Halbtones (und zwar an der dten und 7ten Stelle) haben: eine solche Scala hiess damals, wie heute, eine diatonische. Aber die von der Natur gebotene diatonische Tonleiter ist weder ganz die griechische, noch ganz die unsrige: denn weder die Ganztonintervalle sind darin unter einander gleich, noch die Halbtonintervalle. Dies hat unsere Musiker auf die Einführung der sogenannten gleichschwe- benden Temperatur gebracht. Die Griechen hatten schon etwas Aehnliches, aber weil sie bei ihrer Berechnung etwas anders verfuhren, als wir, so differiren ihre Bestimmungen der Töne von den unsrigen, wenn auch nur sehr wenig, so zwar, dass für die praktische Ausführung dieser Unterschied unmöglich wahrnehmbar war und demnach behauptet werden kann, dass sie gleichfalls die gleichschwebende Tem- peratur hatten. Diese Behauptung wird vollends durch ihr Notensystem zur Gewissheit, aus welchem man ersieht, dass sie zwar für eis und des, dis und es, so wie wir, verschiedene Zeichen hatten, die Töne selbst aber nach einem Gesetze brauchen und zuweilen sogar von der akustischen Bedeutung abweichen, und, wie wir sagen, ges schreiben, wo f#s stehen müsste. Es herrscht hierüber übrigens unter den alten Theoretikern selbst Streit, über welchen einige nähere Andeutungen gegeben wurden. — Die Alten fanden durch Probiren auf dem Kanon (Monochord), dass ausser der natürlichen harmonischen Reihe der diatonischen Scala es noch andere zwischen diesen liegende Töne gebe, welche sie ganz ebenso, wie wir, in cis, des, dis, es u. s. w. fixirten, so dass ihnen also dasselbe Gebiet der Töne offen stand, wie 317 uns. Unter diesen Tönen waren, wie oben schon angedeutei, ganz wie bei uns, cis und des, dis und es u. s. w. in der Ausführung identisch. — Hierauf wurden die sogenannten Oktavengattungen betrachtet, wodurch eine wesentliche Ver- schiedenheit zwischen antiker und moderner Musik bedingt ist. Während unsere Musik nämlich nur 2 Scalen als giltiig anerkennt, die eine (Dur-Scala), welche an der Sten und 7ten, die andere (Moll- Scala), welche an der 2ten und Öten Stelle von unten gerechnet Halbtonintervalle hat, oder, wie man dies anders ausdrücken kann, während unsre Musik nur eine diatonische Cscale und Ascale*) anerkennt und über diesen, wie sich weiterhin zeigen wird, die sogenannten Tonarten bildet, erkennen die Griechen auf allen Tönen diatonische Scalen an; sie haben also ausser den beiden mit uns gemeinschaftlichen in C und A, von denen sie die erstere die Lydische, die letztere dieHypodorische = Aeolische Okta- vengattung nennen, eine diatonische Scale in D (Phrygische Okt.), in Z (dorische Okt.), F (Hypoly- dische Okt.), @ (Hypophrygische Okt.), 77 (Mixolydische = Hyperdorische. Okt.), in welchen die beiden Halbtonintervalle, wenn man die Scalen nach unsrer Weise von unten nach oben betrachtet (— die Griechen pflegen das Umgekehrte zu thun—), bei D der Dscale an der 2ten und 6ten Stelle, bei der Escale an der Isten und öten, bei der F'scale an der 4ten und 7ten, bei der Gscale an der 3ten und 6ten, bei der Ascale an der Isten und Aten Stelle stehen. Hieran schlossen sich weitere Bemerkungen über das gegenseitige Verhältniss dieser Scalen (Oktavengattungen), wovon sich noch Spuren in der Kirchenmusik namentlich in der älteren finden, was durch Beispiele nachgewiesen wurde. — Was die Tonarten anlangt, so entstehen diese in unsrer Musik dadurch, dass man jeden beliebigen Ton der diatonischen Grundtonleiter als Grund- ton ansehen und die Töne dann in der durch die Grundtonleiter gegebenen Intervallenfolge auf einander folgen lassen kann, und je nach der Verschiedenheit des Grundtons erhält die dadurch entstehende Scale einen besonderen Namen. Da nun zwischen den 7 ganzen Tönen, wie oben bemerkt, noch 5 halbe liegen, so kann man 12 Töne zu Grundtönen einer Scale machen, und da wir 2 Grundtonleitern (C und A) haben, dies also in beiden vornehmen können, so erhalten wir dadurch zweimal 12 Scalen, von denen je 2 immer von demselben Grundtone anfangen, aber zufolge der zu Grunde liegenden diatonischen Grundtonleiter durch die Aufeinanderfolge der Intervalle verschieden sind; diese Scalen nennen wir Ton- arten, und zwar die, denen die Oscale zu Grunde liegt, Dur-, die, denen die Ascale zu Grunde liegt, Molltonarten. Dasselben thaten auch die Griechen; aber da sie, wie oben nachgewiesen, 7 diatonische Grundtonleitern hatten, und jeden einzelnen von den 12 Tönen derselben zum Grundtone einer Scale machen konnten, so erhielten sie auf diese Weise 7 mal 12 Scalen oder Tonarten, von denen immer je 7 mit demselben Grundtone beginnen, aber durch die Intervallenfolge verschieden sind. Es wurde hier- auf gezeigt, auf welchem von dem unserer Musiker verschiedenen Wege die Griechen zu diesen Scalen gelangten, und wie ihnen dadurch ein Melodienreichthum offen stand, von dem unsere Musik keine Ahnung mehr hat. Sie nannten aber nicht diese 84 Scalen auch Tonarten, wie wir es ihun würden und müssten, sondern es ist nur von 15 bei ihnen die Rede, von denen noch obendrein drei nur durch eine um eine Oktave höhere Lage sich von 3 anderen unterschieden, so dass sie genau genommen nur 12 Tonarten haben, deren Namen durch den Grundton eines der 12 Töne der diatonischen Scale be- dingt werden, indem sie dabei die dorische Oktavengattung (Escale), d. h. diejenige, welche an der 1sten und öten Stelle (von unten gerechnet) Halbtonintervalle hat, zu Grunde legten. Sie nannten demgemäss *) Man lasse sich durch die Bezeichnungen Cscale, Dscale u. s. w. nicht zu dem Irrthum verleiten, als hätten diese Scalen mit C, D u. s. w. wirklich angefangen, sondern es soll damit nur angedeutet werden, dass sie eine solche Intervallenfolge hatten, als hätten sie mit €, D u. s. w. begonnen. 318 die mit F’ beginnende Scale Hypodorische Tonart, die mit Fis (Ges) beginnende Hypojonische, die mit @ anfangende Hypophrygische, die mit Gis (As) beginnende Hypoäolische, die von 4 anfangende Hypolydische, die von Ais (B) Dorische, die von 4 Jonische, die von ,„C Phry- gische, die von Cis (Des) Aeolische, die von D Lydische, die von Dis (Es) Hyperdorische oder Mixolydische, die von E Hyperjonische Tonart. Hierzu kamen dann noch die eine Octave höher von F beginnende Hyperphrygische, die von Fis (Ges) anfangende Hyperäolische und die von G ausgehende Hyperlydische. Diese Tonarten hatten sämmtlich an der 1sten und Öten Stelle‘ von unten (der ten und 7ten von oben) gerechnet Halbtonintervalle, weil sie, nach unserer Ausdrucks- weise, durch Verschiebung der Escale entstanden waren. Was nun mit dieser geschehen war, geschah auch mit den andern 6 Grundscalen, und so erhielt man noch 6 mal 12 je nach dem Grundtone verschie- dene Tonleitern, welche jedoch nicht neue Namen bekamen, sondern die obigen behielten, so dass also, da die Grundscalen verschiedene Intervallenfolge haben, jene Tonarten aber eigentlich der Dorischen Oktavengattung (Zscale) angehören, jedesmal besonders angegeben werden muss, welcher Oktavengat- tung die von jenen 12 Tonarten in Betracht kommende angehöre, oder mit anderen Worten, es muss durch Nennung der Oktavengatiung die Reihenfolge der Intervalle bestimmt werden. Um dies durch ein Beispiel zu erläutern, so wird die Tonleiter der Lydischen Tonart in der Lydischen Oktaven- gattung lauten: d, e, fs, 9, a, h, cis, d; in der Hypolydischen Okt. d, e, fis, gis, a, h, cis, d; in der Mixolydischen Okt. d, es, f, 9, as, b, c, d; in der Dorischen Okt. d, es, , 9, a, b, c,d; in der Hypodorischen Okt. d, e, f, 9, a, b, ec, d; in der Phrygischen Okt. d, e, , 9, a, h, c,d; in der Hypophrygischen Okt. d, e, fs, 9, a, h, c, d sein. An diese Auseinandersetzung schloss sich eine Betrachtung über die historische Entwicklung der genannten Tonarten, über ihr Verhältniss zu den Oktavengattungen und zu unseren Tonarten, wobei unter anderen der Nachweis geführt wurde, dass die griechischen Tonarten in der Lydischen Oktavengatiung unseren Durtonarten, in der Hypophrygi- schen unseren Molltonarten entsprechen, und zwar die Hypodorische in Lydischer Oktavengaltung un- serem Fdur, in Hypodorischer Oktaveng. unserem Fmoll, die Hypojonische in Lydischer Oktaveng. unserem Fis- (Ges-)dur, in Hypodorischer Oktaveng. unserem Fis- (Ges-)mollu.s.f. Dies führte, da die Scalen der Alten durch Verbindung von Tetrachorden entstehen, zu einer Untersuchung über die Tetra- chorde, und die Art und Weise ihrer Verbindung in den genannten Oktavengattungen und Tonarten, und gab auch dadurch Aufschlüsse über die Entstehung und das gegenseitige Verhältniss der beiden letzteren, namentlich in älterer Zeit. Es wurde sodanp-auch ihre Einwirkung auf die Musik des Mittel- alters, namentlich auf die Kirchenmusik, betrachtet. — Die Lehre der griechischen Theoretiker von den sogenannten Tongeschlechtern und deren genauere Prüfung ist um so wichtiger, als diese Lehre vorzugsweise das Verdammungsurtheil über die alte Musik von Seiten unserer Musiker erzeugt hat. Die Theoretiker berichten nämlich, die Griechen hätten 3 Ton- (oder Klang)geschlechter, ygvn, gehabt, ein diatonisches, ein chromatisches und ein enhar- monisches, deren Eigenthümlichkeiten nach den Angaben der Alten auseinandergesetzt wurden. Daran schloss sich eine Betrachtung der Urtheile der bedeutendsten Musiker und Philologen über sie, und als Endresultat der aus der Notenschrift von Bellermann und noch überzeugender von Fortlage gegebene Nachweis, dass das chromatische und enharmonische Tongeschlecht in der von den Alten angegebenen Weise auf einem erheblichen Missverständnisse beruhe. Die weitere ‘Auseinandersetzung über die Noten- schrift selbst und die Begründung des angeführten Resultates durch dieselbe, desgleichen die Prüfung der anderen Lehren der griechischen Theoretiker, über die Uebergänge, Melopoiie u.s. w., so wie endlich eine Beschreibung der von den Alten gebrauchten Musikinstrumente musste wegen der Länge der Zeit, welche der bisherige Vortrag bereits in Anspruch genommen hatte, auf eine spätere Zeit verschoben werden. 319 Am 26. April sprach der Director und Professor Herr Dr. Fickert über eine Eigenthümlichkeit in der Wortstellung des Thucydides. Die sprachlichen Eigenthümlichkeiten des Thucydides, seine Kürze, der Gebrauch alter und ungewöhnlicher Wörter, die vielfach abweichende Wortstellung sind daraus zu erklären, dass er. möglichst viele Gedanken in wenigen Worten geben will und sich überall bestrebt, möglichst bezeichnend sich auszudrücken. Als Beweis dafür wird eine bisher noch nicht besprochene Eigenthümlichkeit in der Wortstellung hervorgehoben, nach welcher er scheinbar eine gewisse Zweideu- "tigkeit zulässt, wohin dieses oder jenes Wort bezogen werden soll, in Wahrheit aber wollte er einen nur ein Mal geschriebenen Ausdruck zwiefach sowohl auf das Vorhergehende als auf das Folgende bezogen haben. Beispiele für diesen Gebrauch sind überaus häufig. Es wurden aus wenigen Capiteln des vierten Buches folgende hervorgehoben und besprochen. Cap. 103 gehören die Worte Exeivn 17 vurti ebenso- wohl zu @rooravres als zu xaereornoav., cap. 104 &v zu beiden Infinitiven doxs?v und £Asöv, cap. 109 gehört zS oroarp zu Zunsivas und zu 2dyov, cap. 110 75 oroarp zu Ayızousvog und zu &nadelero, Aaddoa öhlyov zu rroosAdovres und zu 2rmoovv, cap. 111 öAiyov zu beiden Wörtern, zwischen denen es steht, cap. 116 zo srgarp EÜIUG zu Erupegönsvos und Aaußaveı, cap. 129. tod Aöyov zu droanov Tıva und mreiıgwuevos, cap. 130. ünraoev zu nusgev und zyv yijv, zregı- ooyns zu avaraßwv und zu Exwosı, ExarigwIev Es Iahacoav zu Arsreiyioev und zu Teiyei, cap. 132. Ersıdn Evveßsßnxsı nicht minder zum Vorhergehenden als zum Folgenden, ebenso cap. 135. oliv nroocPnveı. Am 7. Juni gab der Direktor und Professor Herr Dr. Wissowa die Fortsetzung der am 14. De- zember 1847 begonnenen Beiträge zur inneren Geschichte des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts aus den Schriften Lucians, welche seitdem in dem Programm des hiesigen Königlichen katholischen Gym- nasiums für 1853 abgedruckt worden sind. Am 6. Dezember sprach der Sekretär der Section über den Breslauer Meistersänger Adam Puschmann und die von ihm veranstaltete nicht unwichtige Sammlung von Meistersängerliedern, welche auf der hiesigen Kirchenbibliothek zu St. Maria Magdalena vorhanden ist und zur Stelle gebracht wor- den war. Der starke wohlerhaltene Folioband, auf dessen Einband „Adam Puschmann Singe-Buch 1588“ steht, ist ganz von seiner Hand geschrieben. Er enthält zuerst eine im Jahre 1585 von ihm gemachte Redaktion der 1574 und 1596 herausgegebenen kleinen Schrift über den deutschen Mei- stergesang, welche um so mehr als eine Hauptquelle zu betrachten ist, als sie von einem anerkannt be- währten Meistersänger und aus einer Zeit herrührt, in welcher die Schulen noch, wenn auch nicht mehr in alter Blüthe bestanden, während Wagenseil’s Mittheilungen um hundert Jahr jünger sind und nur ent- halten, was er einzelnen Meistern mit vieler Mühe und sehr nach und nach abgefragt und aus den ihm zugänglichen Tabulaturen vervollständigt hatte, ohne selbst des Meistergesanges kundig zu sein. Es wurde aus der Handschrift die Schulordnung, wie es die Merker und Sänger auf der Schule und an der Zeche mit dem Gemerk und Singen etc. hielten, mitgetheilt, welche ein viel anschaulicheres Bild der Sache gewährt, als die oft im Auszuge mitgetheilte Tabulatur. Darauf folgt die 1580 verfasste und 1592 gedruckte ‚‚Comedia von dem frummen Patriarchen Jacob und seinem Sohne Joseph und seinen Brüdern,“ über welche Hoffmann in dem 2ten Bändchen seiner Spenden zur deutschen Literaturgeschichte ausführlich gehandelt hat. Die nächsten Seiten enthalten ein Vaterunser und ein egister der in Reinem 41 320 alten Mainzer Meistergesangbuche vorhandenen Töne; dieses Buch war im Schmalkaldischen Kriege nach Collmar gekommen und dort von Puschmann benutzt worden. Nach dem Muster dieses Buches hatte er seine Sammlung von Meisterliedern eingerichtet, welche den übrigen Theil des Bandes auf 345 Blättern einnimmt, wozu noch 3 Blätter Vorrede kommen. Nach derselben hatte er zu seinem Schmerze wahr- genommen, dass seine edle Kunst sehr in Abnahme gekommen und mit dem Tode alter erfahrener Mei- ster viele schöne Töne abgestorben waren. Um nun die vielen Töne, welche er in seinem Leben ge- lernt, nicht gleichem Schicksal auszusetzen, hat er diese Sammlung von mehr als 300 Liedern mit grosser Sorgfalt gemacht. Sie enthält die Noten und den Text, um nach dem jetzigen Sprachgebrauch zu reden, aber den Text hat er bei mehr als hundert der älteren, zu deren Melodieen er keinen geistlichen Text überkommen hatte, selbst gemacht. In dem ersten Stollen und dem Abgesang ist: der Text den Noten genau untergelegt, der zweite Stollen und die übrigen Verse folgen darauf ohne die Noten. Auf die Töne der ersten alten zwölf Meister, unter denen 25 von Dr. Heinrich Frauenlob, 5 von Heinrich Müg- ling (von Müglin), 13 von Bartel Regenbogen, der schwarze Ton von Klinges Uhr (Klingsor),, wie Puschmann schreibt, etc. sind, folgen etlicher älterer Nachdichter Töne, darunter zwei von Musch- kenblut (Muscatblüt), zwei von Michel Behme (Beheim) etc. Dann kommen etlicher junger Nachdichter Töne, von denen 36 von Adam Puschmann selbst, 5 von Wolfgang Herolt Schuhmacher in Breslau, dem die ganze Sammlung dedicirt ist, dann Töne von Meistersängern in Steier, Wien, München, Zwickau, Eisenach, Offenburg, Danzig, Breslau. Ihnen schliessen sich an der Augsburger Dichter Töne, dann die der älteren Nürnberger, unter ihnen sind 10 von Conrad Nachtigal, 14 von Hans Folz, dem Barbirer, 5 von Leonhard Nunnenbeck, dann die Töne anderer Nürnberger, z. B. 13 von Hans Sachs, 20 von Hans Vogel. Den Beschluss machen 24 Töne der jungen Nürnberger Dichter seit Hans Sachs, und ein kurzes Verzeichniss einiger Töne, welche zwar verschiedene Melodieen, aber einerlei Zahl, Maass und Gebände haben, auf welche also alle die verschiedenen -Melodieen passen. Dass die Melodieen genau so aufgezeichnet sind, wie sie Puschmann hatte singen lernen, ist nicht zu bezweifeln, womit aber freilich nicht gesagt sein soll, dass sich namentlich bei den älteren nicht im Laufe der Zeit manche Aenderung eingeschlichen hätte. Nachdem die Wichtigkeit dieser Sammlung erörtert worden war, wurden einzelne Lieder Puschmann’s mitgetheilt. — 321 Bericht die Verhandlungen der Pädagogischen Section im Jahre 1853 Chr. G. Scholz, zeitigem Secretair derselben. Vorbemerkung. D.: Secretair der pädagogischen Section muss sein Bedauern darüber aussprechen, dass in diesem Jah- resberichte der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur nur für folgende zwei Verhandlungen aus der pädagogischen Section Raum gestattet werden kann. Die Vorträge über die Kindergottes- dienste (von Scholz), über das Gedankensammeln (von Th. Oelsner), über den lutherischen Katechismus (von Dr. Suckow), über die weibliche Erziehung nach Fe&nelon (von Dr. Guh- rauer) mussten zurückgelegt werden. Zur Erinnerung an Felix Rendschmidt. (Vorgetragen am 9. September 1853 in der pädagogischen Section -der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur in Breslau, vom Seminar-Oberlehrer Chr. G. Scholz.) Motto: ‚Das Gedächtniss des Gerechten bleibt im Segen.“ Die schönste Thätigkeit des Lebens ist die, auf einen grossen Theil der Menschen segensreich ein- zuwirken. Die nur noch kleine Zahl jener Männer, die einst (vor vier Decennien) durch Pestalozzi, den un- sterblichen Reformator des Unterrichts und der Erziehung im 19. Jahrhundert, die pädagogische Weihe empfangen, die unmittelbar aus dem hellsprudelnden Borne in den Schweizer Alpen klares frisches Was- ser des Lebens geschöpft und damit in fernen Ländern das pädagogische Ackerfeld und das unseres Vater- und Heimathlandes befruchtet hatten, ist leider wieder um einen der Edelsten derselben vermin- dert worden: Al* 322 Felix Rendschmidt, er weilt seit dem 13. August 1853 nicht mehr unter den Sterblichen, sondern ist hinüber gerufen wor- den in das Reich des Lichts und des Friedens; versammelt ist er worden zu den Lieben und Treuen, die ihm vorangegangen und mit denen er mit rüstiger Kraft am heiligen Dom des Jugendtempels fast ein halbes Jahrhundert gearbeitet. So gross unser Schmerz über seinen Verlust ist, so gereicht es uns doch zum Trost, dass wir ihm noch in diesen Räumen vor dieser Versammlung und in diesen Blättern, denen er stets eine freundliche Theilnahme schenkte, ein Wort des Andenkens widmen können. — „Felix Rendschmidt, Oberlehrer am Königl. katholischen Schullehrer-Seminar zu Breslau und Rektor der damit verbundenen Uebungsschule zu Breslau, wurde zu Rosenberg in Oberschlesien den 30. Mai 1786 geboren. Der Vater, welcher erst als Geselle lesen gelernt hatte und den Werth des Unterrichts zu schätzen wusste, schickte den Knaben früh zur Schule. Dieselbe befand sich aber in einem kläglichen Zustande. Der Rektor war ein eifriger Musikus, jedoch ein lauer Schulmann. Sein Unterricht beschränkte sich auf Lesen, Schreiben und Musik. Die Lehrweise bestand im gedankenlosen Einüben und Auswendiglernen. Da der Vater die geringen Fortschritte des Knaben wahrnahm, schickte er ihn in die neu errichtete evangelische Schule, an welcher ein tüchtiger Lehrer, Marquard, an- gestellt war. Hier ging es in verschiedenen Lehrzweigen vortrefflich. Besonders anziehend trug M. die Geographie vor. Er regte in dem Knaben eine heftige Begierde an, fremde Länder zu sehen, die ihn auch zu dem Entschluss antrieb, das Handwerk des Vaters zu erlernen, um in allen Erdiheilen wandern zu können. Nach dem Wunsche der Eltern sollte er ein Geistlicher werden, weshalb er 1799 auf das Gymnasium nach Oppeln ging. Dort wohnte er im Dominikaner-Kloster, wo er täglich frih um 5 Uhr bei einer kirchlichen Andacht, sowie Sonntags während des Amtes die Orgel zu spielen hatte und dafür Wohnung und Kost erhielt. Die Neigung zum geistlichen Stande konnte indess, obgleich ihm der Gym- nasial-Unterricht nicht schwer fiel, keine Wurzel fassen. Er bestimmte sich für den Schulstand und trat, nachdem er sich vorher noch in der Musik vervollkommnet hatte, mit vollendetem 18. Jahre in das katholische Schullehrer-Seminar zu Breslau ein. Nach einer $monatlichen Vorbereitungszeit (so lange dauerte damals der Cursus) wurde er mit sehr guten Zeugnissen entlassen und für anstellungsfähig er- klärt. Noch in demselben Jahre erhielt er den Ruf als Rektor an die katholische Schule zu Landsberg “im Rosenberger Kreis. Voll Eifer und Liebe für das Schulwesen begann R. sein Wirken und erwarb sich bald Achtung. Der Umgang mit mehreren gebildeten Personen des Städtchens trug viel zu seiner Bildung bei. Vorherrschend blieb der Trieb zur Vervollkommnung im Lehrfache. Die Morgendämmerung im Schulwesen war eben angebrochen; Verbesserungen in einzelnen Thei- len fingen schon an bemerkbar zu werden; gute Schulschriften wurden begierig gelesen und manche Vorschläge in Ausführung gebracht. R. war einer der ersten unter den Lehrern jener Gegend, welcher die Lautirmethode auf das Lesen des Polnischen übertrug. In Ermangelung grosser Druckbuchstaben für die Wandtafel schnitt er solche aus Mappe, befestigte die Häkchen und Punkte durch Drähte so, dass sie in der Ferne schwebend erschienen. Die Kinder lernten mittelst der natürlichen Benennung der Lautzeichen bald und sicher lesen. Er führte ferner die Verstandes-Uebungen als einen wesentlichen Unterrichts-Gegenstand ein, betrieb sie erst in der polnischen, daun in der deutschen Sprache, und hatte die Freude wahrzunehmen, wie in Kurzem den polnischen Zungen das Deutsche geläufig wurde. In gleicher Weise ging es an das Rechnen und die übrigen Unterrichtsfächer. Er hatte grosse Schwie- irgkeiten zu überwinden und erfuhr, was es heisst, eine verwahrloste, rohe Jugend für Bildung empfänglich zu machen, sie an Zucht und Gehorsam zu gewöhnen und überhaupt in zwei Sprachen zu lehren. — 323 Nach einem 6jährigen Wirken wurde R. durch ein Buch veranlasst, seinen Posten aufzugeben. Schon längst sehnte er sich nach einer klaren Darstellung der Pestalozzi’schen Lehrweise, als ihm Türk’s Briefe über Pestalozzi in die Hände kamen. Die Begeisterung, mit der diese Schrift abgefasst war, ent- zündete ein gleiches Feuer in ihm, und er beschloss, an Ort und Stelle die Erziehungs- und Unterrichts- methode kennen zu lernen und nach Yverdon zu reisen. Eine Unterstützung der Königlichen Regierung kam seinen unzureichenden Geldmitteln zu Hülfe. Im Frühjahr 1811 trat er die Reise an und gelangte über Dresden, Frankfurt a. M., Mannheim, Heidelberg und Basel glücklich nach Yverdon, wo er von Pestalozzi liebreich aufgenommen ward. Er wohnte anfangs im Institute, um mitten im Leben und Trei- ben der Jugend zu. sein. — Zu der Zeit war die Anstalt im besten Gedeihen und ihr Ruf noch nicht erschüttert; es befanden sich in derselben Zöglinge fast aus allen Ländern Europa’s. Von Erwachsenen, welche sich der Methode beflissen, weilten daselbst aus Preussen: Kawerau, Dreist, Hennig, Patzig, Preuss und Krätz, ausserdem mehrere Sachsen, Würtemberger, Badener und Schweizer. Sie erhielten besonderen Unterricht und traten dann gewöhnlich in die Reihe der Lehrer ein. R. verlebte dort die schönsten Jahre des Lebens. Pestalozzi’s Lehre und Beispiel, Liebe und Freundlichkeit umschlang, kräf- ligte und begeisterte den weiten Kreis seiner Zöglinge und Jünger. Zahlreiche Besuche von Hohen und Gelehrien erhielten das Ansehen des Instituts. Auf Tage der Arbeit folgten Erholungszeiten. Man machte kleine Ausflüge in die herrliche Umgegend, in das anstossende Juragebirge, auf den Suchet, den Suche- ron, den Chasseral, um die Ufer des herrlichen Sees. — Einige Monate nach seiner Ankunft in Yverdon erhielt R. vom Ministerium die Bewilligung der Un- terhaltungskosten für einen Sjährigen Aufenthalt bei Pestalozzi und konnte nun sorgenfrei seiner päda- gogischen Ausbildung leben. Nächstdem beschäftigte er sich angelegentlich mit der Erlernung des Fran- zösischen, das er schon früher angefangen und wozu er nun in einer französischen Stadt die beste Ge- legenheit fand; auch wurde das Italienische eine Zeit lang betrieben. Im zweiten und dritten Jahre befand er sich unter der Zahl der Lehrer des Instituts; seine Unterrichtsfächer waren: deutsche Sprache, Geographie und Gesang. — Jedes Jahr machte R. von. Yverdon aus eine Reise von mehreren Wochen in die Alpen. Die erste geschah in Gesellschaft dreier Freunde über Genf nach Chamounix, Um den Montblanc in seiner gan- zen Grösse zu schauen, ward der anliegende 70U0 Fuss hohe Mont Breuvent bestiegen; mehrere Glät- scher, der Bosson mit seinen Eispyramiden und das Eismeer blieb nicht unbesucht. Von dort nahm man den Weg über den Col de Balme nach Wallis, dann auf den grossen Bernhard. Eine zweite Un- ternehmung ging nach dem Berner Oberland über Thun, Unterseen, Lauterbrunnen, die Scheideg etec.; eine dritte nach Zürich, Zug, Luzern, über den Vierwaldstädter See nach Altdorf, dem Ursern-Thal über die Grimmsel und das Hasli-Thal. Die letzte und längste Reise fand in Verbindung mit der Heimkehr 1814 statt. R. nahm den Weg in das südliche Frankreich, von Lyon aus auf der Rhone nach Avignon, von dort nach Vaucluse zur Quelle des Petrarca, nach Aix, Marseille und Toulon. Hier schiffte er sich nach Genua ein. Die Reise störte ein Sturm und das Schiff lief, um ihm zu entgehen, in Monaco ein, das an einem Felsen-Vorsprunge, von Citronen-Gärten umgeben, liegt. Nach einem mehrtägigen Aufenthalte in Genua begab er sich zu Fuss über die Seealpen nach Tortona, Pavia, Mailand, über den Simplon nach Wallis, über den gefährlichen Ravil nach dem Simmethal, Zürich, Constanz, über den Bodensee nach Lindau, München, Regensburg, Eger, Leipzig und Berlin, von wo ihm die Behörde Breslau zum Bestimmungsorte anwies. Hier wurde er im März 1815 als Lehrer am katholischen Schullehrer-Seminar und als Rektor an der Sandschule angestellt, deren Einrichtung ihm zur Uebungs-Anstalt des Seminars übertragen ward. 324 In den ersten Jahren besuchte er, so weit es seine Amtsgeschäfte zuliessen, mehrere Collegia der Universität, besonders die der Mineralogie bei Raumer und der Anthropologie und Physik bei Stef- fens. Später trieb er eifrig Botanik, zu der ihm Schummel hülfreiche Hand bot, weiterhin auch Entomologie. Im Jahre 1828 machte er mit dem Director Harnisch eine pädagogische Reise durch Deutschland und die Schweiz, auf der Seminare und andere Bildungsanstalten in Bayreuth, Nürnberg, Landshut, München, Trogen, Bern, Hofwyl, Basel, Stuttgart, Esslingen, Carlsruh, Frankfurt a. M. u. a. besucht wurden. — (S. Nowacks schles. Schriftsteller-Lexikon, 4. Heft. 1840. Breslau, W. G. Korn.) Sein Wirkungskreis am Seminar war ein ausgedehnter. Während seiner fast vierzigjährigen Lehr- thätigkeit an demselben hat er beinahe 2000 Lehrer bilden helfen. Es lag ihm der Unterricht in den Naturwissenschaften, in der Grössenlehre (Zahl- und Raumlehre) und in der Pädagogik ob. Für die Zahllehre schrieb er seine ‚‚Anweisung zum Kopfrechnen für Lehrer an Volksschulen, wie auch zum Selbstunterrichte. Breslau 1818. 8., von der 1826 die zweite, 1836 die dritte verbesserte Auflage er- schien. Ferner: „Anweisung zum Zifferrechnen für Lehrer an Volksschulen. Breslau 1825,‘ die 1836, neu bearbeitet und erweitert, erschien. — Mit diesen Schriften stehen in Verbindung: ‚Aufgaben zum Zifferrechnen für Klassen-Abtheilungen und einzelne Schüler mit besonderer Rücksicht auf den wechsel- seitigen Unterricht, methodisch bearbeitet. Zwei Hefte. Breslau 1839.“ In diesen Schriften vermeidet Rendschmidt die schwierigen überflüssigen Formen, in welche der Pestalozzianer Joseph Schmidt das Rechnen nach Pestalozzi’s Grundsätzen bearbeitet hatte. Durch Einfachheit und Uebersichtlichkeit sich auszeichnend, liegt in dem Gange und der Ausführung doch viel anregender und die Zahlkraft übender Stoff. — Ueberhaupt zeichnete sich sein mündlicher Unterricht durch Einfachheit, Klarheit und Gründ- lichkeit aus. Er vermied grundsätzlich jeden Ueberfluss an Worten, er war kein redseliger Lehrer, die ihre Schüler müde und todt zu reden pflegen; Kürze und Bündigkeit war das Charakteristische in seiner Lehrweise. Dass er ein Freund des Anschaulichen im Unterricht.war, versteht sich von selbst, war er doch bei Pestalozzi, dem Vater der Anschauungsmethode, gewesen. Am stärksten trat dieses Bestreben in seinem Unterricht in der Naturgeschichte hervor. Mit der Tüchtigkeit im Lehren natur- wissenschaftlicher Stoffe verband er auch die Naturerforschung, ja, seine Liebe zu dieser {Thätigkeit war eine unerschöpfliche, eine unverwüstliche, der nur der Tod eine Grenze zu setzen vermochte. Fast keinen Ferientag feierte er zu Hause; er bestieg die Gebirge nah und fern, durchstrich die Wälder, Fel- der, Wiesen, Thäler und Schluchten, immer bereichert an neuen Anschauungen und mit auserlesenen Mineralien, Insekten und Pflanzen heimkehrend.. Er war mit der Natur gleichsam verwachsen, sie lebte in ihm, er in ihr. Seine Mineralien- und Insekten-Schränke pflegte er mit einer Sorgfalt, wie ein Juwe- lier seine Kostbarkeiten. Die stille Sprache der aufgesammelten Mineralien, sie redete aus seinen Schrän- ken lauter zu seinem forschenden Geiste, als der zerstreuende Lärm öffentlicher Gesellschaften, und er musste ihre symbolische, phrasenlose Sprache wohl verstehen, denn sie veredelten sein Herz, nährten die Natursinnigkeit und erhoben sein Gemüth zu dem Schöpfer der wunderreichen Schönheiten der Natur. — Er speicherte aber nicht die Schätze der Natur blos auf, wie der Geizhals seine Silber- und Gold- barren in eiserne Kisten und Kasten, nein — er bot sie denjenigen zur Beschauung dar, die Sinn dafür an den Tag legten. Mehreremal hat er zum Genuss seines Steinreichthums zahlreiche Lehrerversamm- lungen bei sich gesehen, und hör- und sehbegierig haben ältere und jüngere Lehrer zu seinen Füssen gesessen und die erläuternden Worte zu den vorgelegten kostbaren Mineralien vernommen. — Während in den letzten Jahren sein ganzes Wesen in der Steinwelt aufging, das Studium der Geologie und Geog- nosie zu seinen Lieblingsbeschäftigungen gehörte, lebte er in früheren Jahren mehr der Entomologie, und ist der Name Rendschmidt auch auf einen von ihm entdeckten Käfer übergegangen. Rendschmidt war länger als ein Vierteljahrhundert Mitglied der berühmten „schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur.“ Er besuchte nicht nur die „‚allgemeinen Versammlungen“ dieser Gesellschaft regelmässig, sondern fand sich auch in der „pädagogischen Section“ fleissig ein und betheiligte sich hier an den Debatten lebhaft; am öftersten erschien er in der ‚„‚naturwissenschaftlichen Section,“ in denen er auch Vorträge hielt, wie die Jahresberichte darthun. Ausserdem gehörte Rendschmidt dem älteren Breslauer Lehrervereine an, dessen Mitglied er seit der Stiftung desselben war. Dieser Verein trat nämlich zu jener Zeit in’s Leben, als durch die Anstellung des kräftig wirkenden Dr. Harnisch am evangelischen Schullehrer-Seminar die Umgestaltinng dieser Anstalt von Grund aus vor sich ging, zu welcher Zeit auch Rendschmidt, aus der Schweiz von Pestalozzi zurückkehrend, am katholischen Schul- lehrer-Seminar einen angemessenen Wirkungskreis fand. Harnisch und Rendschmidt wurden die innigsten Freunde und sind es auch bis zum Tode geblieben; jedoch überlebte jener diesen. Wie viel die beiden Männer zum Gedeihen des erwähnten Lehrervereins beigetragen, das wissen nicht nur die noch lebenden ältesten Mitglieder desselben: Mücke und Siegert, sondern auch jedes andere Mitglied. Nachdem Harnisch und Siegert zur Sammlung eines Vermögens zur Unterstützung der Wittwen ver- storbener Vereinsmitglieder durch die Herausgabe von Gesangsheften für Volksschulen den Grund gelegt, arbeitete der selige Rendschmidt an einer Sammlung von Mineralien, die er in 100 Exem- plaren, jedes zu 80 Stück, nebst einem gedruckten Verzeichnisse derselben geschenkweise dem Vereine zum Besten der Wittwenkasse derselben übermachte, und die so guten Abgang fanden, dass die Bestellungen nichtmehr befriedigt werden konnten. Seine Vorträge im Vereine zeichneten sich durch gediegene Einfachheit und anregende Kraft aus, wie z. B. der in Nr. 25 und 26 der schlesischen Schullehrer-Zeitung im Jahrg. 1847 enthaltene. Der Verein hat viel, sehr viel an ihm verloren; er war weder ein stummer Zuhörer in den Versammlungen, noch ein karger Spender pädagogischer Gaben. Seine Entgegnungen und Ur- theile überhaupt zeugten von der Mildheit seiner Gesinnungen; er vermied jede Verletzung, ohne der Wahrheit etwas zu vergeben. Beim Widerspruch zeigte er keine Empfindlichkeit, den Belehrungen lieh er gern Herz und Ohr. Spott gegen Albernheiten, Sarkasmus gegen Vorwitzige lag nicht in seinem Wesen; er war eine treue Seele, ein aufrichtiges Gemüth, ein gerader, der Verstellung unfähiger Cha- rakter. Bei der Wahl seiner Freunde war die Konfession nicht massgebend, er machte keinen Unter- schied zwischen Katholiken und Protestanten, wenn den Charakter eine edle Gesinnnng zierte; das wuss- ten sowohl seine katholischen als evangelischen Amtsgenossen. Darum steht er bei beiden gleichmässig in hohen Ehren. Wo der Wahrheit etwas vergeben wurde, da glaubte er, nicht schweigen zu dürfen, zumal wenn die Angelegenheit in sein Bereich gehörte. So sprach sich Rendschmidt wenig Wochen vor seinem Ende mit einer Art von Entrüstung gegen einen seiner Freunde darüber aus, dass die An- rede, welche Se. Majestät der König im Jahre 1849 an die nach Berlin zusammenberufenen 16 Seminar- Direetoren und -Lehrer gerichtet haben sollte, in so gröblicher Weise verfälscht in die Oeffentlichkeit übergegangen sei, selbst in der neuesten, in der „allgemeinen deutschen Verlags-Anstalt in Berlin“ er- schienenen „‚Sammlung der Königlichen Reden‘ habe dieses aus dem Frankfurter Journal entlehnte lü- genhafte Schriftstück Aufnahme gefunden. ‘So habe der König nicht gesprochen, so könne er nicht ge- sprochen haben zu Männern, die das Ministerium einberufen, die ihre loyale Gesinnung stets bekundet und die mehrere Wochen in der angestrengtesten Weise unter Leitung eines Ministerial-Rathes die An- gelegenheiten der Seminarbildung in Berathung genommen hatten. Merkwürdig genug, dass diese Rede von höherer Stelle aus nicht widerlegt worden ist. Der König, versicherte Rendschmidt, der ja per- sönlicher Zeuge gewesen, habe sich im Gegentheil in der mildesten Weise geäusser. Rendschmidt erklärte, ‚‚dass er, sobald er von seiner Ferienreise zurückgekehrt sein werde, eine Widerlegung schrei- ben und die Worte des Königs, so weit sie ihm noch erinnerlich, mittheilen werde. Es ist unmöglich, 326 dass jene Ansprache ein Mitglied der Konferenz referirt haben könne.“ Rendschmidts Mund und Feder ist verstummt; möge Einer jener Konferenz-Männer die Ehre der Seminare vor der Oeffentlichkeit retten und nicht länger schweigen, wo Reden heilige Pflicht ist. — Für die Hebung des Lehrerstandes schlug in Rendschmidt ein warmes Herz. Oft haben wir sein Bedauern darüber vernommen, dass die Besserung der äusseren Lage des Volksschullehrers so ent- setzlich langsam, kaum bemerklich, von Statten gehe. Kein Wunder, wenn die rechten Persönlich- keiten im Lehrstande immer seltener werden. Zu der Beschränkung der Bildungszeit in Seminaren schüttelte Rendschmidt den Kopf; ‚es geht zurück,‘ sagte er, „‚unsere Lehrer sind noch lange nicht genug gebildet; die Seminare können noch zu wenig leisten, weil die Vorbildung eine ungenügende und ungleichmässige ist; und nun sollen die Lehrer noch weniger lernen und doch etwas Ordentliches leisten. *) Auch von der Verlegung der Seminare in kleine Städte versprach er sich kein Heil, weder für die Leh- rer, noch für die Schule, noch für das Schulwesen überhaupt. Die Besorgniss, dass die jungen Semi- naristen in grossen Städten verdorben werden, hielt er für unbegründet und übertrieben; die eigene Er- fahrung und die vielen ehrenwerthen Lehrer, die ihre Bildung in Breslau erhalten hatten, sprächen da- gegen.**) Die Aufregung im Jahre 1848 verfolgte R. mit Aufmerksamkeit, und beklagte die traurige Wendung und Bedrängniss der Lehrerverhältnisse. Die offen hervortretende Missachtung der Bestrebun- gen des edlen Pestalozzi, die Verdächtigung seiner Grundsätze, die Herleitung der widerwärtigen Ereignisse aus jenen Unterrichtsgrundsätzen, die doch, meinte Rendschmidt, noch gar nicht einmal so allgemein in Anwendung gekommen seien, betrübte den dankbaren Schüler Pestalozzi’s. ,‚Sind doch viele Lehrer noch gar nicht bei Pestalozzi angekommen!“ ,‚,Man hat daher gar nicht nöthig, sie ihm abwendig zu machen, noch weniger seine Grundsätze zu verdächtigen.‘“ Ueberhaupt bewahrte Rendschmidt eine grosse Verehrung für seinen berühmten, unsterblichen Lehrer. Die ‚Rede,‘ welche derselbe bei der Feier des hundertsten Geburtstages Pestalozzi’s im Januar 1846 hier in Breslau vor einer grossen Versammlung von Schulmännern, Geistlichen u. A. hielt, und die in diesen Blättern abgedruckt wurde, zeigte, wie richtig er Pestalozzi aufgefasst, und mit welcher Treue und An- hänglickeit er ihm zugethan gewesen und geblieben ist. ‚„Wer ihn verfolgt,‘ sagte er, „kennt ihn nicht; wer an der Verdrängung oder wohl gar an der Ausrottung seiner Erziehungs- und Unterrichtsgrundsätze arbeitet, der gleicht jenen Thoren, die sich der Natur, dem Göttlichen in derselben, entgegenstellen; der Kern des Werkes Pestalozzi’s ist unausrottbar; er, der Kern, stammt von Oben, und Pestalozzi ist und bleibt ein Prophet, ein Priester, ein Apostel, der seine Mission, die er von Gott empfangen, nach Kräften ausgeführt. Hat er geirrt, gefehlt, so hat er auch dafür reichlich gebüsst; sein Lebensweg war ein dornenvoller, er hat viel geliebt, aber auch viel gelitten und erduldet; die Krone werden ihm die nicht rauben, die nicht werth sind, ihm die Schuhriemen aufzulösen, die kein Werk aufzubringen vermögen, wie Pestalozzi, der Vielgeprüfte, es geschaffen.“ ,‚,Seine Gestalt,“ sagt Rendschmidt, ‚‚steht noch leben- dig vor mir, das ehrwürdige Haupt, die hohe, gedankenvolle, mit starken Falten bedeckte Stirn, die Runzeln, welche Kummer, Sorgen und Alter zahlreich an Mund und Wangen gelegt hatten; vor Allem aber seine geistvollen und zugleich milden Augen; jene Augen, die vor hundert Jahren sich zuerst öff- neten, in der Folge so tief in Welt und Menschennatur schauten und veranlassten, dass das Anschauen zu einer kräftigen Geistesnahrung erhoben wurde, diese Flammen der Seele sind nach 81 Jahren ver- löscht. Allein andere Flammen, die nicht verlöschen und welche Eltern und Lehrern noch lange auf *) Rendschmidt erlebte noch die Freude, dass die Zurückführung des bis 1844 bestandenen dreijährigen Bildungskursus in den Lehrer-Seminaren wieder aufgehoben und die ältere Einrichtung — der dreijährige Kursus — hergestellt wurde. — **) Die neuesten Vorkommenheitenin den neuen Seminarenin kleinen Städten bestätigen die Wahrheit dieser Behauptung, 327 dem beschwerlichen Wege der Erziehung vorleuchten werden, sind uns in seinen niedergeschriebenen Worten geblieben. Ewiger Friede dem unsterblichen Geiste!‘ Rendschmidt bildete Jünglinge zu Lehrern aus. Wie sehr ihm aber auch die Bildung der weiblichen Jugend am Herzen lag, das beweist eine Abhandlung: „Ueber weibliche Unter- richts-Anstalten und Ausbildung von Lehrerinnen,“ die er im J. 18355 in dem schlesischen Provinzialblatt, Bd. 101 S. 339—53, der Oeffentlichkeit übergab. Hier tritt er mit Entschiedenheit der Richtung entgegen, welche die Bildung der weiblichen Jugend der sogenannten vornehmen Stände in den „höheren Töchterschulen“ genommen habe. Die Flitterstaat-Bildung in diesen Schulen erregte seine ganze Unzufriedenheit. Die Menge der Lehrgegenstände, die Betreibung derselben, die Verabsäumung des Nothwendigen über dem, was der häusliche Kreis, das praktische Leben erfordert, z. B. das Weiss- nähen u. dgl.: dieses und mehreres Andere verdienen eine öffentliche Bekämpfung dieser Bestrebungen, bei denen es mehr auf eine gute Einnahme der Vorsteher oder Vorsteherinnen dieser Anstalten abge- sehen ist, als auf die Förderung einer wahrhaften Bildung des Geistes und Herzens. Auch das Prunken nach Aussen hin, die Aufsehen erregenden Prüfungen hielt R. für ein Uebel. Die Bildung von Leh- rerinnen, wie sie damals beschaffen war, erschien ihm als völlig ungenügend; eine strengere Kontrole erachtete er als nöthig. Inzwischen hat die Regierung hierüber die erforderliche Bestimmung getroffen. Und obgleich in der neueren Zeit ein Fortschritt in der Bildung von Lehrerinnen nicht zu verkennen ist, so-beweisen doch die amtlichen Prüfungen, denen sich die angehenden Lehrerinnen unterwerfen müssen, dass in Bezug auf die Durchbildung in den Elementar-Wissenschaften und -Fertigkeiten und deren Be- handlung noch viel zu wünschen übrig bleibe; namentlich beklagte sich R. noch ganz kürzlich gegen den Referenten über die Unwissenheit der Kandidatinnen in den Naturwissenschaften und über die Un- geübtheit in der Behandlung der Zahllehre, so wie über die gänzliche Vernachlässigung der Raumgrös- senlehre, die so weit gehe, dass man über ganz gewöhnliche Dinge, z. B. über Winkel, Dreiecke, Pa- rallelogramme, Kreis, Centrum, Diameter, Radius u. dgl. keine Auskunft geben könne. Und was die praktische Tüchtigkeit betrifft, so fehlen diesen Mädchen die Vorbilder, so wie die Uebung unter sachverständiger Aufsicht und Leitung. Wenn Einzelne bei der Prüfung Genügendes leisten, so ist dies mehr dem Talent und dem zufälligen Gelingen, als der Vorbildung zuzuschreiben. *) *) -Für uns war folgende Stelle aus jenem Aufsatze von besonderem Interesse. „Wie können wir jedoch zu besseren Lehrerinnen, als wir deren im Allgemeinen besitzen, gelangen? Nicht anders, denn durch die Errichtung von Instituten für erwachsene Mädchen, die sich dem Lehrfache widmen, nach dem Muster der Schullehrer-Seminare. Mag auch solch ein Seminar Anfangs eine Privatanstalt sein, sie wird sich, wenn anders die Ausführung in rechte Hände kommt, aus eigenen Mitteln erhalten und des Beistandes der Behörden zu erfreuen haben. Ein Mann, der längere Zeit mit der Bildung der weiblichen Jugend beschäftigt war, der That- kraft und Kenntnisse besitzt, fange entschlossen das wichtige Werk an; er kann einer vielseitigen Unterstützung ge- wiss sein. Der Hauptgrundsatz des neuen Seminars sei: Bilde den Geist und das Gemüth durch einfache Mittel so, dass den Zöglingen an ihrem eigenen das Bilden anderer deutlich wird. Der Anstalt stehe eine Uebungsschule zur Seite; diese mache aber keinen Bestandtheil eines früheren Töchter-Instituts aus, weil sonst der alte Sauerteig Alles verderben könnte. Die Wirkungen einer Pflanzschule der Art sind nicht zu berechnen. Durch sie kämen frische Säfte in einen halbdürren Zweig unseres Unterrichtswesens. Festigkeit und Gediegenheit würden bald über das Verfeinern und Zuspitzen, über Seichtigkeit und Oberflächlichkeit siegen, geistige Zierpuppen seltener werden. Diejenigen Institute, die bisher ihr Geschäft fabrikmässig betrieben, formten sich um oder sie räum- ten das Feld den mit Elementarschulen verbundenen Mädchenklassen. Die sogenannten Realschulen für Töchter, un- ter der Leitung von Männern, die zugleich Lehrer an drei Anstalten sind und in welchen Gymnasiallehrer, Kandida- ten, Seminaristen, Musiker, Zeichner, Sprach- und Tanzmeister bunt durch einander akroamatisiren, sokratisiren, ele- 2 „ 328 Rendschmidt liebte die deutsche Sprache und drang, so weit er es vermochte, auf die Aus- merzung aller fremdländischen Wörter; mehr als einmal regte er es an, dass sich namentlich Volks- schullehrer bestreben sollten, kein Wort aus einer andern Sprache bei ihren schriftlichen Darstellungen zu gebrauchen, wenn dafür bereits ein entsprechendes Wort in der Muttersprache zu Gebote stehe. Er ging hierin mit einem guten Beispiele voran. R. schrieb einen reinen Stil. Dies beweisen seine Auf- sätze, von denen mehrere in dem ‚Schulrath an der Oder‘‘ und in dem „‚schles. Provinzialblatt‘‘ stehen, in letzterem unter. Anderem: ,‚Aus dem Reisetagebuche eines Schulmannes, eine Folge von vier Auf- sätzen;‘“ ferner: „Ueber die Verbreitung der deutschen Sprache in Oberschlesien.“ Dieser letztere Auf- satz ist für die Lehrer Oberschlesiens, welche den Unterricht in der polnischen Sprache mit der deut- schen Sprache in Verbindung betreiben wollen, von grossem Werthe; denn er liefert einen empfehlens- werthen anmuthigen Lehrgang und hat dazu aus der Erfahrung seinen Stoff genommen. Wir entlehnen das Schlusswort dieses Aufsatzes: ,‚Sehr wünschenswerth wäre es, wenn die Lehrer am rechten Oder- ufer des Oppelner Regierungsbezirkes über die Mittel und Wege zur bestmöglichen Erreichung jenes Zweckes sorgfältige Prüfungen anstellten und einander das durch Versuche Gefundene in den Schulver- einen oder in diesen Blättern mittheilten. Ein dergestalt aus dem Handeln hervorgehendes Wort (und ein solches ist auch das fruchtbarste) würde zur gegenseitigen Belehrung und Kräftigung merk- lich beitragen. In dergleichen Angelegenheiten muss der Schulstand sich selbst zu helfen suchen. Gegenwärtig wird deutlich eingesehen, wie wenig blosse Theorieen und Machtsprüche im Unterrichtsfache vermögen. Man kommt davon ab, denkenden Lehrern Methoden aufzudringen, denn es sind mehrere vorhanden, zu denen nicht die wirkliche, sondern eine eingebildete, dem Verfasser am Schreibtische trü- gerisch vorgeschwebte Kinderwelt die Grundzüge geliefert hat. Die Schullehrer, noch vor Kurzem der Unmündigkeit bezüchtigt, fangen an, ihre eigenen Sachwalter zu werden. Glück auf! Die Zeiten ändern sich. (Sehr wahr, guter Rendschmidt!) Wer kann auch über Gegenstände des Elementarunter- richts besser Auskunft gäben, als derjenige, der das Geschäft betreibt? Zieht man doch über den Feld- bau den Landmann, über die Obstbaumzucht den Gärtner zu Rathe; warum sollte das im Volksschulwe- sen anders sein? Früher machte man dergleichen Anforderungen freilich nicht, als der Schulstand noch ein Nothstand im doppelten Sinne des Wortes war; als ein grosser Theil seiner Mitglieder Lohndienern glich, die zu ihrer Arbeit nur gemeiner Handgriffe bedurften, um die liebe Jugend abzurichten. — Möch- ten es die Schulen bald dahin bringen, dass ein obschon verwilderter, doch kräftiger slavischer Spröss- ling sich dem deutschen Volksstamme anschliesse, damit die Einwohner Schlesiens, so wie sie unter einem Landesfürsten und einem Gesetze stehen, auch nur das Band einer Sprache umschlinge.“ Wir wie- derholen es: ‚die Zeiten ändern sich !! — — Ausserdem hat sich der Verstorbene auch dadurch um die Schulen ein grosses Verdienst erworben, dass er die Herausgabe zweier Lesebücher veranstaltete, von denen das grössere unter dem Titel: „Lesebuch für die obere Klasse der kath. Stadt- und Landschulen,‘“ im Verlage von F. E. €. Leuckart mentiren und dressiren, müssten sich ändern oder auflösen. Endlich könnten Familien auf dem Lande mit Erzieherin- nen versorgt werden, die in jeder Hinsicht zuverlässiger wären. Ueberhaupt dürften befriedigende Leistungen von Personen zu hoffen sein, die nicht blos Bildungsmittel zu handhaben wissen, sondern auch die Natur des kindlichen Geistes, die Fortschritte und den gegenwärtigen Standpunkt der Elementarbildung, so wie den Werth und die Pflich- ten des Lehrstandes kennen gelernt haben. — Um den Einfluss einer Bildungsanstalt, wie die vorgeschlagene, gehö- rig zu ermessen, darf man ihn nur mit demjenigen vergleichen, den unsere Schullehrer-Seminare bald nach ihrer Umwandlung auf das Volksschulwesen ausübten. Manchem mochte früher die Massregel, dass die Reform der Schu- len bei den Seminarien beginnen müssten, nicht einleuchten; sie hat sich indess als die richtige bewährt.“ — Dieses prophetische Wort scheint jetzt in Breslau in Erfüllung gegangen zu sein. 329 ” in Breslau, im J. 1840 die Presse verliess, und das nun schon in der zehnten Auflage erschienen ist. Dieses Lesebuch half einem schon lange fühlbaren Bedürfniss ab, da das gebräuchliche ‚‚Allgem. kathol. Lesebuch‘‘ nicht mehr genügte. Es gehört der Klasse von Lesebüchern an, die man „Real-Lesebücher“ nennt, weil darin die sogenannten „gemeinnützigen Kenntnisse‘ (Realien) als Lesestoff bearbeitet sind. Dieses mit vorzüglichem Fleisse, in musterhafter Klarheit verfasste Lesebuch ist ein Lieblingsbuch der Lehrer beider Konfessionen geworden und wird sich noch lange behaupten. Von nicht minderem Werthe ist das „Lesebuch für mittlere Klassen der Stadt- und Landschulen“, von dem bereits die siebente Auf- lage vorhanden ist. Beide Lesebücher sind auch in’s Polnische übersetzt worden. Ebenso ist eine ‚„Fibel‘“ in polnischer Sprache für Oberschlesiens Volksschulen, von Rendschmidt verfasst, im Druck erschienen. — Die Verdienste desselben hat die Regierung durch äussere Anerkennung gewürdigt, im Jahre 1841 durch Verleihung des ‚allgemeinen Ehrenzeichens“ und im Jahre 1845 durch den „rothen Adlerorden IV. Klasse.“ Rendschmidt prunkte damit nicht. — Der Verehrung gaben seine Schüler dadurch einen Ausdruck, dass sie im Jahre 1848 durch die geschickte Künstlerhand des Maler Resch sein Bildniss zeichnen und bei Santer in Breslau durch Steindruck vervielfältigen liessen. Das Bildniss ist ausser- ordentlich getroffen. Eine grossartigere Auszeichnung stand ihm bevor: die Feier seines 50 jährigen Amtsjubiläums, welches in zwei Jahren eingetreten wäre. Alles freute sich auf jenes Fest, weil es je- dem seiner Freunde und Verehrer die schönste Gelegenheit dargeboten hätte, ihm ein Denkmal der Liebe, Hochachtung und Verehrung zu setzen. Der Mensch denkt und Gott lenkt. R. glaubte selbst nicht, dass das Ende seines irdischen Tagewerks so nahe sei. Obgleich in der jüngsten Zeit von einem inne- ren Feinde stark angegriffen, hoffte er doch in der frischen Gebirgsluft, in Waldenburgs Höhen, sich zu erkräftigen. Dass seine Seele sich mit dem Gedanken an den Tod beschäftigt, vermuthen die Seinigen, denn er war in den letzten Wochen und Tagen mehr als je nachdenklich. Doch schöpften sie wie- der Beruhigung, wenn sie von seinen Plänen hörten, die er in Absicht auf die Verschönerung seiner Amtswohnung entworfen hatte. Im Kreise der Seinigen lebend, hatten diese besehlossen, am 13. Au- gust eine Vergnügungspartie nach dem Dorfe W. bei Friedland zu machen. Der Wagen war bestellt, das Mittagsmahl, nach dem er Verlangen irug, bereitet, als er von dem Siuhle aus, auf weichem er sass, nach dem vor ihm stehenden Tische den Kopf beugte und die beiden Hände so vor den Augen bewegte, als wolle er denselben irgend welchen Schutz gewähren. Auf die ängstliche Frage der Sei- nigen, was ihm fehle, richtete er sich kräftig empor, schlug seine grossen, hellen, blauen Augen auf, antwortend mit sanfter, unbeschreiblich eindringlicher Stimme: „Was mir fehle? nichts fehlt mir!“ Bald darauf senkte er zum zweiten Male das Haupt, verzog krampfhaft das Antlitz, das sich stark röthete, und — verschied, ehe noch der herbeigerufene Arzt ankommen konnte, in den Armen der treuen, ge- liebten Gattin und umschlungen von seinen beiden jammernden Töchtern, die leider schon Vorbedeutun- gen von diesem schmerzlichen Familien-Ereignisse gehabt hatten. So endete unser Freund, unser geliebter, unser verehrter Rendschmidt! Wahrlich ein schönes Ende, ein Ende ohne vorangegangenen schmerzvollen Lebensabend. Freunde, wer von uns wünscht nicht so zu enden, wie R.! Aber dann bestellen wir auch unser Haus wie er! — Wir sind betrübt über die plötzliche Trennung von unserem Freunde, aber wir freuen uns, dass ihm Gott so grosse Gnade erwiesen und ihn so kurz und schnell in die Wohnung des Friedens gerufen, dass er sterben durfte, wie er gelebt — ruhig und sanft, dass ihm eine Ruhestätte da zu Theil geworden, wo er so gern fe- sten Trittes und spähenden Blickes weilte, auf Bergeshöhen, in Thälern und Schluchten. Die Nachricht von seinem plötzlichen Dahinscheiden, sie hat auf Alle, die sich seiner persönlichen Bekanntschaft er- freuten und sein Leben und Wirken kannten und zu würdigen wissen, einen tiefen, einen erschütternden 42* ” 330 Eindruck gemacht. Ganz ihrer Stellung würdig, beeilten sich katholische und evangelische Lehrer in der Umgegend Friedlands, die Breslauer Kollegen zu ersetzen und die Begräbnissfeierlichkeit unsers ge- liebten Todten durch erhebende Grabgesänge zu erhöhen. Wir, denen es versagt war, ihm den letzten Liebesdienst zu erweisen, danken ihnen dafür, dass sie gethan, was wir nicht unterlassen hätten und was auch sie nicht unterlassen konnten. — „Friedland, o Friedland! du bist ihm ein Vorhof des ewigen Friedens!“ So begrüsse ihn jeder, der seinen Grabhügel auf jenem Friedhofe besucht; denn „Aufgehoben, aufgenommen In den Himmel ist er nun!“ Die Breslauer Sonntagsschule für Handwerks-Lehrlinge in den ersten 25 Jahren ihres Bestehens. (Vom Hauptlehrer Stütze.) Vor Einführung der Städte- Ordnung war zur Hebung des Volksschulwesens von Seiten der Kommune wenig geschehen. Die Städte-Ordnung brachte, wie in alle öffentlichen Bestrebungen, so auch in das Schulwesen neues Leben. Bis zum Jahre 1817 bestanden hier 12 städtische Schulen, Trivialschulen ge- nannt. Diese erlitten nach und nach eine völlige Umänderung, resp. Erweiterung nach innen und aussen. Der Magistrat und die Schulen-Deputation fanden sich veranlasst, jede der Schulen 2-klassig und später sogar, da die Schülerzahl sich auffallend mehrte, 3-klassig zu machen. Für die mittellosen Stadtbe- wohner errichtete die Armen-Direktion Freischulen. So waren im Jahre 1829 bereits 10 Elementar- und 8 Frei- oder Armenschulen ins Leben getreten; es fehlte aber noch eine Fortbildungsschule für die bereits confirmirte Jugend, für die Handwerks-Lehrlinge. Zwar hatte im Jahre 1821, am 3. Februar, der Lehrer am Gymnasium zu St. Maria Magdalena, G. B. Bog, eine Sonntagsschule für Lehrlinge und Gesellen mit Genehmigung der hohen Behörden errichtet, dieselbe aber schon am 9. März 1823 wegen allzugeringer Theilnahme wieder schliessen müssen. Im November 1828 übergaben die Lehrer der städtischen Armenschulen No. 3 und 4 — Stütze und Pax — nicht wissend, dass schon eine Fortbil- dungs-Anstalt hier bestanden, einen Plan zur Errichtung einer Sonntagsschule für Handwerks-Gesellen und Lehrlinge dem damaligen Kirchen- und Schulen-Inspektor Dr. Tscheggey, welcher in einem Schrei- ben an den etc. Magistrat anführte, dass die Ursachen, welche die Bogsche Anstalt zur Auflösung ge- nöthigt, hier wegfielen. Die neue Sonntagsschule sei eine Freischule für bereits konfirmirte Lehrlinge*) ; die Lehrstunden fielen des Nachmittags von 3—5 Uhr und der Lektionsplan nähere sich möglichst dem der hiesigen Elementarschulen. Ein Fond zur Beschaffung von Lehrmitteln, Beheitzung und Beleuchtung werde sich wohl ermitteln lassen. — Der Magistrat bewilligte darauf 20 Thaler und stellte die Schule unter die besondere Aufsicht des Dr. Tscheggey. Zuvor aber wurde von den Lehrern die Genehmigung der Königlichen Regierung und des Polizei-Präsidiums eingeholt und am 4. Jan. 1829, Nachm. 3 Uhr, in den Schullokalen der evang. Armenschulen No. 3 und 4, Albrechtsstrasse, Stadt Rom, die Schule mit 24 Lehrburschen eröffnet. Die Theilnahme steigerte sich mit jedem Sonntage so sehr, dass am 15. Febr. die Gesammtzahl der Schüler ) In der Bogschen Anstalt musste der Geselle 8 g. Groschen und der Lehrling 4 g. Groschen an monatlichem Schulgelde entrichten. BR } 331 ‚ sich schon auf 100 belief. Wegen Mangels an Raum konnten keine Lehrlinge mehr aufgenommen wer- den, und wurde deshalb festgesetzt, dass die Aufnahme von nun an nur halbjährig, d. i. zu Ostern und Michaelis eines jeden Jahres, stattfinden würde. Die junge Anstalt erfreute sich des Besuches und der Unterstützung angesehener Männer und der hohen Behörden. Der Unterrieht begann nach Ostern schon um 2 Uhr, weil die Stunden von 3—5 Uhr für viele Handwerker unbequem waren, Nachdem die Annahme neuer Schüler geschlossen, belief sich die Zahl derselben auf 116. Diese alle zweckmässig zu beschäftigen, besonders da eine grosse Menge schlecht lasen — einige konnten weder lesen noch schreiben —, vermochten die vorhandenen Lehrkräfte nicht, weshalb die Lehrer Jung und Riedel sich uns anschlossen und am 10. Mai ihre Wirksamkeit begannen. Schon am 17. Mai mussten wir Klagen über unregelmässigen Schulbesuch laut werden lassen. In einer Berathung hierüber, unter dem Vorsitz des Revisors Dr. Tscheggey, wurde Folgendes festgesetzt und durch die Zeitungen veröffentlicht: 1) Jeder Lehrherr habe sich schriftlich zu verpflichten, für regelmässigen Schulbesuch sorgen zu wollen und sei ohne diese Verpflichtung keine Aufnahme seiner Lehrlinge in die Anstalt zu erwarten. 2) Jeder Lehrling müsse wenigstens 1 Jahr Schüler der Anstalt bleiben, sie regelmässig besu- chen, und nur dringende Arbeit oder Krankheit können von Schulbesuch zurückhalten. Den nächsten Sonntag müsse aber eine schriftliche Entschuldigung vom Meister beigebracht werden. 3) Die Anwesenheits-Bescheinigungs-Zettel, womit die Lehrburschen sich bei ihren Meistern über den jedesmaligen Besuch der Schule auszuweisen hatten, sollten genau von den letzteren con- trolirt werden. Da das mehrere Lehrmeister nicht thaten, so musste das Fehlen zuletzt durch Briefe den betreffenden Meistern mritgetheilt werden, und wurde der Uebelstand dadurch nicht beseitiget, so erfolgte die Streichung des Namens aus dem Schülerverzeichnisse. Die erste öffentliche Prüfung der Schüler der Sonntagsschule wurde am 25. October Nachmittags von 2— 4 Uhr im Schullokale abgehalten. Der Herr Ober-Bürgermeister Baron v. Kospoth und die Herren Regierungs-Räthe Sohr und Laar, so wie viele der Handwerksmeister, waren dabei zugegen. Die Prüfung hatte unverkennbar einen guten Eindruck gemacht. Das neue Schuljahr begann am 8. November. Der Lektionsplan wurde für 2 Klassen auf 3 hintereinander folgende Sonntage festge- stellt. Unterrichtsgegenstände waren: Lesen, Schreiben, Rechnen, Orthographie, Geographie, Naturkunde und Zeichnen. — Am 20. December ward durch den Regierungsrath Herrn Laar der Oberfeuerwerker Elsner uns zugeführt, der die fähigsten Zeichner im Linear- und Bauzeichnen unterrichten würde. In dem nun verflossenen Jahre erfreute sich das junge Institut mannigfacher Unterstützungen von Seiten der Behörden des Staates und der Stadt und thätiger Menschenfreunde, wodurch Grund und Boden zu sei- nem ferneren Gedeihen gewonnen wurde. 1830. Da die Bedürfnisse sich mehrten, die bewilligte Unterstützung von 20 Thlr. jährlich nicht ausreichen konnte, so gestattete der p. Magistrat den Lehrern, Beiträge von Freunden und Gön- nern für die Schule annehmen zu dürfen. Die Königl. Regierung überwies Zeichnungen und der Herr Polizei-Präsident Heinke sorgte wahrhaft väterlich für Zeichenmaterialien, an welchen Gegenständen über- aus grosser Mangel herrschte. Seinen Bemühungen gelang es auch, bei dem hohen Ministerium des Innern Vorlegeblätter für Zimmerleute, Mechaniker ete. für unsere Schule auszuwirken, welche uns am 14. October überwiesen wurden. Am 7. November starb der Revisor Herr Dr. Tscheggey; die Lehrer erbaten sich im Jahresberichte an den p. Magistrat 2 der Herren Stadträthe, welche von Zeit zu Zeit die Schule besuchen und für ihr Bestes mitwirken sollten. Es wurden die Herren Scholz und Meyer S “ 332 dazu bestimmt, welche bald, da sie sich von den Bedürfnissen der Anstalt überzeugt hatten, eine Sub- seription unter den Honoratioren und den Bürgern der Stadt eröffneten. Auch forderten sie die Mittels- meister quartaliter auf, dass sie ihre angenommenen Lehrlinge der Sonntagsschule zuführen und über den Schulbesuch derselben wachen möchten. 1831. Durch die Bemühungen der Herren p. Scholz und Meyer waren 167 Thlr. 17 Sgr. und 6 Pf. zum Besten der Schule gezeichnet und eingezogen worden. Auch der Wohllöbl. Gewerbe-Verein steuerte von jetzt an 10 Thlr. als jährliche Unterstützung bei. Von diesen gesammelten Gaben erhielt der Oberfeuerwerker p. Elsner eine Remuneration, die Lehrer: Pax, Stütze und Riedel — Jung war schon ausgetreten — verzichteten uneigennütziger Weise — wie es in dem Berichte der Herren Stadt- räthe heisst — auf jegliche Gratifikation und wünschten: dass der Geldbestand als Grundlage zu einem anwachsenden Fond verzinslich für die Anstalt angelegt werde, was der p. Magistrat auch gern genehmigte. Die Königl. Regierung hieselbst übersandte als Geschenk von dem hohen Ministerium sehr werth- volle Zeichnungen für Maurer und fügte selbst noch 3 Reisszeuge bei. Am Schlusse des Jahres befan- den sich 80 Lehrburschen in der Anstalt. 1832. Die Wohllöbl. Stadt-Verordneten-Versammlung bewilligt zur Bestreitung von Schulnoth- durften 40 Thlr. jährlich, und die meisten Innungen gewähren für das laufende Jahr gleichfalls ansehn- liche Beiträge. Die Schülerzahl betrug am Ende des Jahres 116. Der Schulbesuch befriedigte im Ganzen; 10 Lehrlinge konnten als Muster namhaft gemacht werden. 1833. Auf Antrag der Herren Stadträthe Scholz und Meyer erwählt der p. Magistrat den Rector des Elisabetans Herrn Reiche zum Revisor der Anstalt und die p. Stadt-Verordneten-Versammlung gewährt den Lehrern: Pax, Stütze, Riedel und Elsner eine Remuneration von 60 Thlr.*) Um der Anstalt eine planmässige und bestimmte Anordnung zu geben, beantragten die Lehrer eine Conferenz bei dem Revisor, Rector Reiche. Es wurde eine strenge Auswahl des nothwendig zu Lehrenden getroffen, und für die Schüler wurden gewisse Gesetze entworfen, welche der p. Magistrat unterm 24. Novbr. genehmigte. — Am 14. October starb der Lehrer Pax. Wir verloren einen treuen Collegen und die Schüler einen für alles Gute erglühten Lehrer. Drei Lehrlinge, welche durch Fleiss und gute Aufführung sich ausgezeichnet hatten, erhielten durch die Königl. Regierung freien Unterricht in der Königl. Bauschule. 1834. In dem Jahres-Berichte, welchen der p. Magistrat in den Zeitungen veröffentlichte, heisst es in Bezug auf den erfolgten Tod des p. Pax: „‚die Bewerbung um erledigte Stellen pflegt sonst sehr gross zu sein; bei dieser Vacanz hat man nicht Ursache, sich über Zudringlichkeit zu beschweren, und noch steht sie dem Eifer offen, sich ein Verdienst zu erwerben, wofür nicht baares Geld gezahlt wird.“ Die Prüfung fand nach Anordnung der in Kraft getretenen Schulordnung am 5. October statt. Die Gesammtzahl der Schüler betrug am Schlusse des Jahres 80, worunter sich 59 Evangelische, 20 Katho- lische und 1 Jude befanden. Das Vermögen der Anstalt war auf 451 Thlr. 10 Sgr. und 2 Pf. ange- wachsen. Die Lehrer erhielten sowol von der Königl. Regierung, als auch von dem p. Magistrate und der p. Stadt-Verordneten-Versammlung eine Remuneration. 1835. Anstatt der Anwesenheits-Bescheinigungs-Zettel erhielten die Lehrburschen ein kleines Buch, in welchem die Anwesenheit sowol, als auch der Mangel an Fleiss und guten Sitten bemerkt ) Der p. Magistrat veröffentlichte am 15. März durch die Breslauer Zeitung den ersten Bericht über Entste- hung,. Zweck und Wirksamkeit, so wie über Einnahme und Ausgabe der Sonntagsschule v. J. 1832. Anfangs April trat der Zeichenlehrer Herr Koschwitz als Gehilfe im freien Handzeichnen ein. 333 r wurde, und das sie den nächsten Sonntag, versehen mit der Unterschrift des Lehrmeisters, wieder an die Lehrer abgeben mussten. — Die Letzteren machten die unliebsame Erfahrung, dass sogar einige der Lehrherren ihre Burschen am Schulbesuche verhindert hatten. Der Herr Polizei-Präsident Heinke machte der Anstalt mit 25 Stück grossen Zeichnungen ein sehr angenehmes Geschenk. "1836. Die Lehrer sprachen in einem Schreiben (18. October) an den p. Magistrat die Bitte aus:. „Hochderselbe wolle einem Lithographen-Lehrlinge, der ausdauernd fleissig gewesen und schöne Fortschritte in der Schule gemacht habe, eine Aufmunterung gewähren, um dadurch die übrigen zu glei- chem Streben und regelmässigem Schulbesuche anzuspornen.“ Die p. Stadt-Verordneten-Versammlung bewilliget 20 Thaler zu Prämien alljährlich für diejenigen Schüler, welche im folgenden Schuljahre sich auszeichnen würden. Am Schlusse des Jahres befanden sich 78 Lehrlinge in der Anstalt, unter welchen 3 taubstumm waren. — Die Stadräthe: Scholz und Meyer legen als Vorsteher der Schule ihr Amt nieder. Beide Herren hatten für das Gedeihen derselben, besonders was den finanziellen Zustand betraf, sehr segens- reich gewirkt; unter ihrer Obhut und Sorge war das Vermögen bis auf 631 Thlr. 18 Sgr. und 8 Pf. gestiegen. 1837. Die Herren Stadträthe Anders und Froböss traten im Februar als Curatoren der Sonn- tagsschule an die Stelle der Ausgeschiedenen, aber schon zu Ostern scheidet p. Anders aus und Herr Stadtrath Klein übernimmt dessen Funktionen. Anfang September verlässt Herr Lithograph Koschwitz Breslau und tritt für denselben bei der Anstalt Herr Lehrer Eduard Scholz von der ev. Freischule Nr. 4 ein. Das Schullokal, bisher Albrechtsstrasse Stadt Rom, wird nach der Schmiedebrücke in das Haus Nr. 28 verlegt und allda auch die öffentliche Prüfung der Schüler abgehalten. Am Schlusse derselben empfingen 6 Lehrlinge Prämien, bestehend: in Reisszeugen, Reiseränzchen und zweckmässigen Büchern. Bei der Aufnahme zu Michaelis brachten die Meister, welche früher Schüler der Sonntagsschule gewesen, ihre eben angenommenen Lehrburschen zur Schule. Die Lehrer erhielten von der Königl. Re- gierung, so wie von dem p. Magistrate und der p. Stadt-Verord.-Vers. Remunerationen. Die Anstalt zählte Ende December 87 Schüler. 1838. Am 1. April fand der Unterricht zum ersten Male im Gymnasium zu St. Elisabet statt, indem der p. Magistrat dies schöne Lokal auf Antrag des Herrn Stadtraih Froböss zum Mitgebrauche für die Sonntagsschule bewilliget hatte. Da bisher der unzureichenden Räumlichkeit wegen vielen Lehr- lingen die Aufnahme verweigert werden musste, so trat am 18. November, da dieser Uebelstand jetzt beseitiget war, zu den 2 vorhandenen Klassen eine Ste, und zwar hauptsächlich für den ersten Elemen- tar-Unterricht. Der 3te Lehrer von der ev. Elementarschule Nr. 3, Herr Hoffmann, übernahm die Leitung derselben. Zur Zeit der Gewerbe-Ausstellung gewährte der Vorstand des p. Gewerbe-Vereins den Schü- lern der Sonntagsschule freien Eintritt. 1839. Die errichtete Ste Klasse bewährte sich als Bedürfniss. Bei der öffentlichen Prüfung — am 27. October — wurden 8 Lehrlinge mit Prämien erfreut. Die Anstalt zählte am Ende des Jahres 129 Schüler und hatte im Laufe des Jahres werthvolle Geschenke erhalten. Das Vermögen war bis auf 1027 Thir. 17 Sgr. 9 Pf. angewachsen. 1840. Nach Ostern schieden aus der Zahl der Lehrer die Herren: Riedel und Elsner; dagegen traten ein: Herr Lehrer Mielay von der ev. Elementarschule Nr. 1 und der Unteroffizier in der 6ten Artillerie-Brigade Herr Curs unter Zustimmung seiner vorgesetzten Behörde. Auch hinsichtlich der Be- aufsichtigung der Anstalt fand eine Veränderung statt. Zur möglichsten Förderung der Wirksamkeit der- 334 selben wurde der Rath und Beistand von Männern, welche mit den gewerblichen Verhältnissen genau vertraut, wünschenswerth erachtet, und deshalb den beiden Curatoren aus dem Magistrats-Collegium drei Vorsteher beigeordnet. Die Wahl war auf die Herren Gürtlermeister Seitz, Kaufmann Worthmann und den Posamentier-Aeltesten Zeisig gefallen, welche am 21. Juni feierlich in ihr Amt eingeführt wurden. Nach Ostern ward der Unterricht von 1—3 Uhr ertheilt, um den Lehrlingen die Erholungsstunden nicht noch mehr zu zersplittern. Bei der öffentlichen Prüfung erhielten 2 prämiirte Schüler, welche aus- schieden, noch ein besonderes Emp fehlungs-Abgangs-Zeugniss, als ein vortheilhaftes Mittel Be- hufs ihres Fortkommens in der Fremde. Ausser anderen Geschenken, welche der Schule zu Theil ge- worden, gewährte auch der Vorsteher derselben, Herr p. Zeisig, 6 Hefte Zeichnungen. — Auf Verlangen der Königl. Regierung wurden Hochderselben 4 Lehrburschen namhaft gemacht, welche, zwar confirmirt, kaum Silben zu lesen vermochten und im Schreiben und Rechnen gleichfalls ausserordentlich zurück waren. 31841. Um den Schulbesuch genauer zu controliren und dadurch eine grössere Regelung des- selben herbeizuführen, ward beschlossen, dass 1) der betreffende Lehrherr, dessen Bursche 2 Sonntage ohne Entschuldigung gefehlt, schriftlich von der Schulversäumniss in Kenntniss gesetzt werde, und wenn dadurch dem Uebelstande nicht abgeholfen würde, einer der Herren Vorsteher persönlich mit dem Meister Rücksprache nehmen sollte; : 2) den Anwesenheits-Bescheinigungsbüchern die Gesetze für die Schüler vorgedruckt un der Vermerk der Anwesenheit nach Schultagen, deren erster nach der öffentlichen Prüfung beginnt, ertheilt werden solle; 3) über erfolgte Annahme eines Lehrlings in die Schule ein Protokoll aufgenommen werde, in welchem sich der Meister verpflichtet, für regelmässigen Schulbesuch zu sorgen, und dass der Austritt des Burschen aus der Anstalt nur zu Ostern oder Michaelis gestattet sei. Am Schlusse des Jahres befanden sich 165 Schüler in der Schule. 1842. Das Curatorium sah sich genöthigt, zu Michaelis eine Ate Klasse in’s Leben treten zu lassen. Herr Lehrer Dobers von der ev. Elementarschule Nr. 3 trat in’s Lehrer-Collegium ein. Herr Kunsthändler Karsch gewährte 3 Eintrittskarten in das von ihm eingerichtete Museum, in welches all- sonntäglich 3 Lehrburschen Zutritt erhielten, und Herr Stadtrath Wende, der am 28. August gestorben, hatte 25 Thlr. laut Testament der Anstalt ausgesetzt. .In’s Curatorium trat Herr Stadtrath Otto für den im November ausgeschiedenen Stadtrath Herrn Scharf. Die Schülerzahl war am Schlusse des Jahres bis auf 200 gestiegen. 2843. Herr Unteroffizier Curs schied als Lehrer aus und Herr Lehrer Muche von der Armenhaus- schule rückte in des erstern Stelle ein. Die öffentliche Prüfung wurde im grossen Saale des Elisabetans abgehalten. 12 Schüler erhielten Prämien. Dieselben bestanden in Reisszeugen und Medaillen, aus der Fabrik von Loos in Berlin bezogen. Die Medaillen führten auf der einen Seite die Inschrift: Für Fleiss und gute Sitten, auf der andern: Prämie I, resp. II der Sonntagsschule zu Breslau. Am Rande war der Name des Prämiirten eingegraben. Die erste Prämie war eine silberne, die zweite eine neugoldene Medaille. — Das Vermögen der Anstalt bestand in 1531 Thlr. 5 Sgr. 8 Pf. 18944. Die Schulgesetze wurden einer Revision unterworfen und dann den Anwesenheits-Be- scheinigungsbüchern vorgeheftet, damit sowol Lehrherr als Lehrling sie bequemer nachlesen und sich darnach richten könnten. Bei der öffentlichen Prüfung (13. October) konnten 14 Schüler prämiirt wer- den. Ueber den mangelhaften Schulbesuch wurden wieder Klagen laut. Aus dem Curatorium schied 335 Herr Stadtrath Otto; ‘an seine Stelle trat Herr Stadtrath Rahner. Die Schule zählte am Schlusse des Jahres 254 Schüler. 1845. Der verstorbene Partikulier Joh. Heinrich Claassen hatte in seinem Testamente auch der Sonntagsschule wohlwollend gedacht und derselben ein Tausend Thaler ausgesetzt. Nach der öf- fentlichen Prüfung am 19. October, wobei 13 Lehrlinge Prämien erhielten, trat Herr Lehrer Muche aus der Zahl der Lehrer; seine Stelle nahm Herr Lehrer Kühn von der katholischen Freischule Nr. 2 ein. 1846. Für die beiden oberen Klassen der Sonntagsschule wurde in den Lehrplan anstatt der bisher ertheilten Physik, die ohne erläuternde Experimente wegen Mangels eines Apparates nicht erfolg- reich gegeben werden konnte, Geographie aufgenommen. Die Zahl der Lehrer wurde von Michaelis an um 3 vermehrt, nämlich: durch den Zutritt der Herren Zahn von der ev. Elementarschule Nr. 7, Grosse von der ev. Elementarschule Nr. 8 und Mittelhaus von der Vorbereitungsschule des Elisabet-Gymnasiums, um die Kontrole des Schulbesuches in eine Hand zu legen und um einigen an der Anstalt schon länger arbeitenden Lehrern, Behufs der Erhaltung ihrer ferneren Theilnahme, eine Erleichterung zu ver- schaffen. Stütze führte daher von jetzt an allsonntäglich die Kontrole über den Schulbesuch und be- sorgte die nöthigen Correspondenzen, während die übrigen den wissenschaftlichen Unterricht ertheilten und nur alle 14 Tage einmal an die Reihe kommen. Von einigen Gönnern erhielt die Anstalt werthvolle Geschenke. — Aus dem Curatorium schieden: Herr Stadtrath Rahner, Herr Gürtlermeister Seitz und der Revisor Herr Rector Dr. Reiche. In die erledigten Stellen traten ein: Herr Stadtrath Frank, Herr Apo- ‘theker Friese und Herr Gebauer, Director der Königl. Bauschule, als Revisor. Die Lehrer erhielten Re- munerationen sowol von der Königl. Regierung als auch von den städtischen Behörden. Das Vermögen der Schule war auf 3005 Thlr. A Sgr. 8 Pf. angewachsen. 1847. Es wurde für nothwendig erachtet, die Ale Klasse in 2 gesonderte Abtheilungen zu trennen, deren untere sich später zu einer öten Klasse gestaltete, und in welcher nur die ersten Ele- ‚mente des Lesens, Schreibens und Rechnens gelehrt werden. Die Herren Lehrer Pfuhl von der evang. Elementarschule Nr. 19 und Pannenberg von der ev. Elementarschule Nr. 17 wurden zu Lehrern dieser Klasse ernannt. — Der Lehrer Stütze richtete auch eine Vorlesestunde ein, die mit dem 3. Januar be- gann. Herr Oberlehrer Müller von der höheren Bürgerschule und Herr Dr. Ramtour, Vorsteher einer Privat-Unterrichts-Anstalt, leisteten hierbei hilfreiche Hand. Jeden Sonntag begann das Vorlesen von mo- ralischen Erzählungen, historischen Schilderungen, Biographieen u. s. w. um 3 Uhr und währte_ Y, bis % Stunde. Die Schülerzahl bestand am Eude des Jahres aus 275 Lehrlingen. 1848. Der Schulbesuch wurde durch die herrschende politische Aufregung, namentlich im im Sommerhalbjahr, beeinträchtigt. Um so ehrenwerther war es für diejenigen Meister und Lehrlinge, welche sich durch die Zeitbewegung das Ziel nicht verrücken liessen. Herr Oberlehrer Müller schied von der Betheiligung am Vorlesen am 12. November aus, Dr. Ramtour und Lehrer Stütze setzten dasselbe fort. Ausser andern Geschenken, welche der Anstalt zu Theil wurden, erhielt sie von dem Herrn Vorsteher, Posamentier-Aeltesten Zeisig, das Werk: ‚Die Erde und ihre Bewohner, von V. Hoff- mann in 6 Bänden.“ 1849. Am 22. April schied Herr Dr. Ramtour aus, und es betheiligten sich nun an dem Vor- lesen die Lehrer: Ed. Scholz, Höffmann, Dobers, Kühn, Grosse, Pfuhl, Pannenberg und Stütze. — Zur Vertretung erkrankter Lehrer bestimmte der Hochlöbl. Magistrat 4 andere Lehrer von den hiesigen Ele- mentarlehrern. Der Buchhändler Herr Hirt machte der Schule ein namhaftes Geschenk an Schulbüchern. Die Schülerzahl betrug am Schlusse des Jahres 1848 248 und im Jahre 1849 214 Schüler, und er- giebt sich hieraus, dass die Abnahme der Frequenz in den Zeitverhältnissen ihren Grund hatte. 45 336 1850. Nachdem am 6. Januar Herr Stadtrath Frank aus dem Curatorium geschieden, trat Herr Stadtrath v. Langendorf für denselben ein. Am 24. März wurden auf Veranlassung der p. Stadt-Verord- neten-Versammlung zum ersten Male die Conduiten an die Lehrlinge, Behufs Kenntnissnahme ihrer Mei- ster, ausgetheilt. Der Zuhörerkreis bei den Vorlesungen war ein kleinerer, aber aufmerksamerer gewor- den, da von Michaelis ab es den Lehrburschen freigestellt wurde, sich an denselben zu betheiligen oder nicht. Der Wohllöbl. Gewerbe-Verein gestattete den Lehrlingen den unenigelilichen Besuch der Indu- strie-Ausstellung. Ende December verblieben in der Anstalt 270 Schüler. 18514. Die Herren Vorsteher: Kaufmann Worthmarn und Apotheker Friese legten ihr Amt nie- der, und für sie traten ein die Gemeinde-Verordneten: Herr Director Wissowa und Herr Hofglasermeister Strack. Auch schied Herr Lehrer Pfuhl wegen anhaltender Kränklichkeit aus dem Lehrer-Collegium; Herr Lehrer Tschesche von der ev. Elementarschule Nr. 4 trat an des erstern Stelle. Nach Errichtung der Lesebibliothek für die Schüler der Sonntagsschule wurden die bisher abgehal- tenen Vorlesungen, wegen zu geringer Theilnahme, eingestellt. Zur Anschaffung von nützlichen Schriften wurden 30 Thlr. und zur Erweiterung der Bibliothek jährlich 10 Thlr. festgesetzt. Gegen Ende des Jahres schied in Folge einer Aenderung der Geschäftsvertheilung Herr Stadtrath v. Langendorf aus dem Curatorium. Herr Stadtrath Hoppe wurde sein Nachfolger. Die Zahl der Schüler betrug 275, und das Vermögen der Anstalt 3844 Thlr. 29 Sgr. 7 Pr. 1852. Am 4. August gestattete der Wohllöbl. Gewerbe-Verein den Sonntagsschülern, die gross- artige Industrie-Ausstellung unentgeltlich in Augenschein nehmen zu dürfen. Die Bibliothek wurde fleis- ‚sig benutzt und erfuhr die etatsmässige Erweiterung. Bei der öffentlichen Prüfung (24. October) erhiel- ten 15 Lehrlinge Prämien und zu Ende des Jahres befanden sich 308 Lehrburschen in der Anstalt. 1853. „Herr Director Gebauer legte am 28. Mai sein Amt als Revisor nieder. Dasselbe über- nahm indess interimistisch Herr Director Dr. Wissowa. Da die Schüler in der III. Klasse bedeutend bei der letzten Aufnahme sich gemehrt hatten (96), so würde diese Klasse in 2 Abtheilungen (A and B) gesondert und in 2 verschiedenen Lehrzimmern unterrichtet, und zwar vom 26. Juni an,. nachdem ‚vor- her die nöthigen Lehrkräfte bestimmt worden waren. Es waren dies die Herren Lehrer: Prenzel und Rehbaum von der ev. Elementarschule Nr. 19. Die öffentliche Prüfung ward am 23. October abgehalten. Schlusse des Jahres verblieben 314 Schüler der Anstalt. Darunter befanden sich der Konfession nach: 292 Evangelische, 110 Katholiken, 1 ne Lutheraner, 2 Dissidenten und 9 Juden. Das Vermögen der Anstalt hatte sich bis 4319 Thlr. & Sgr. 10 Pf. vermehrt. — Beim Ablaufe des Jahres 1853 bestand die Sonntagsschule 25 Jahre. In dieser Zeit wurden 2986 Lehrburschen ‚aufgenommen, von denen 2829 Schlesien, 79 anderen Provinzen des Preussischen Staates, 11 den östreichischen Lan- den, 7 dem Königreich Sachsen, 7 dem Königreich Polen, 3 dem Königreich Baiern etc. angehörten. Das Curatorium besteht gegenwärtig aus den Herren Stadträthen Froböss und Hoppe, dem Stadt- Verordneten Herrn Director Dr. Wissowa, dem Posamentier-Aeltesten Herrn Zeisig und dem Hofglaser- _ meister Herrn Strack. — In der Anstalt arbeiten zur Zeit die Herren Lehrer Scholz seit 16 ‘Jahren, Hoffmann der ältere seit 15 J., Mielay seit 14 J., Dobers seit 11 J., Kühn seit 8 J., Grosse, Mittel- haus und Zahn der jüngere seit 7 J., Pannenberg seit 6 J., Tschesche seit 21, J., Prenzel und Reh- baum seit einem halben Jahre und Stütze seit 25 Jahren. — In Erkrankungsfällen hat der p. Magistrat 2 andere Lehrer zu Stellvertretern bestimmt. Ausser den höchsten und hohen Behörden haben unter den Gönnern und Freunden namentlich die Herren: Geheime Rath Heinke? Ober-Regierungsrath Sohr, Ober-Consistorialrath Middeldorpf und Herr Präsident v. Kottwitz wesentlich zum Gedeihen der Anstalt beigetragen. 397 Und so lege ich denn voll Vertrauen auf den Allmächtigen die ferneren Schicksale der Schule in seine Hand, und empfehle sie der wohlgeneigten weiteren Berücksichtigung und Unterstützung der hohen Behörden des Staates und der Stadt, so wie allen Denen, welchen das Wohl der Jugend wahrhaft am Herzen liegt, dass, wenn sie einst ihr goldnes Jubelfest feiert, sie zu einer Anstalt heran gereift sei, die in umfassenderer Weise die Fort- und Heranbildung des einflussreichen Gewerbstandes vollständiger för- dert; denn i „Gutes gewollt mit Vertrauen und Beharrlichkeit führet zum Ausgang; „Schwer ist aller Beginn! wer getrost fortgeht, der kommt an!“ « K} . —— 0. —— = = [3 » . _ er . - : — - ® _ - . e ® P — = 2 _ ”. ” . = u [2 we u. . ; - » ” Br _ ’ y . [2 . . _ . Zn } in 4 en ‘ . An * - —_ * e > 45 * IP Aug Ser 77 1 in “ p m 131% r 22077 TR DL BEER Dre: u 7; ©; BIETE ro 5 ER® 5 Fo a Een 2 ai wu. > jeelayın..t EN ul Z un N be: an Bad eb aaa ee et i3 f wire ' e ii re e j ae‘ rd Ben date. Acie Br Nie AATED n f 7 ee RER ben En Win au Fuge Ihres ach. in Yulge wine Ag ih Ust, 0 Se Man rege ae er Th: ps. Rn BR abe im 4, Au Kun‘ alkıol RENT 4 Ar rc Audi dur w- Ausbil > Bugs: ELBE er 2 EIEN hei Bow odge 5 44 Longiisun Prnaien u. EA IST Aue ER ai ann Fr aakahaher En27 2 | lt. Was Län: ion Yutiseh Kühe EDEN ae nee, Set sc | f u . Fake Bes Yypt aus er? % u er et 2 ac eG 7 Uehragnegin See, Ws Ar Er What. Er bes - , A. Die Aa ee Ep H w- er re m -, er pen. ER Kabanhhes 3a reräleder u vu .- 7 u a re Pa er Br abe ZT . un u Mine ir nee Merichrbe ie, | n dom 8 ri WA eek Pier He Pmen singen Sanzos, 31 sea Area vi “| u, Te Baer Pole, 3 deed Mieigi« 3 Intern f 25 Br x Desichk, egemwirrllt San dee More: Alersran Ba: . ern Hyper. de L os. 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März 1855; die Bewerbungsschriften können in deutscher, französischer, lateinischer oder italienischer Sprache abgefasst sein. Jede Abhandlung ist mit einer Inschrift zu bezeichnen, welche auf einem beizufügenden, versiegelten, den Namen des Verfassers enthaltenden Zettel zu wiederholen ist. Die Publication über die Zuerkennung des Preises von 200 Thalern Preuss. Cour. erfolgt in der ‚„Bonplandia‘ vermittelst einer Beilage vom 17. Juni 1855, und durch Versendung eines von der Akademie an demselben Tage auszugebenden besondern Bulletins, so wie später in dem laufenden Bande der Verhandlungen der Akademie, worin auch die gekrönte Preisschrift abgedruckt werden wird. Program m. Seit der Zeit, wo die Gegenstände der Geognosie systematisch in ein Lehrgebäude gesammelt wurden, haben die Meister der Wissenschaft: Linne, Werner, Hauy, Alexander Brongniart u. A., auch die Grundsätze einer Classification der Gebirgsarten aufgestellt, und dieser Gegenstand ist nach ihnen bis auf die neueste Zeit dureh mehrere Gelehrte von hohem Verdienste bearbeitet worden. Aber die Schwierigkeiten, welche dem Geologen noch immer entgegentreten, wenn er eine Gebirgsart, sei’s an ihrem Geburtsort oder im Kabinet, benennen will, beweisen, dass diese Aufgabe noch nicht befriedigend gelöst sei, und die reissenden Fortschritte, welche das Studium der Gebirgsarten in neuerer Zeit gemacht hat, haben zugleich andererseits neue Wege zu einer methodischen Classification derselben eröffnet. 340 Eine Classification der Gebirgsarten kann also bei dem gegenwärtigen Stande der Wissenschaft als ein zeitge- mässes, in vielen Hinsichten nothwendiges und mit der weiteren Entwicklung der Geologie innig verwebtes Unter- nehmen betrachtet werden. Ohne die Aufstellung neuer Gesichtspunkte über den zur Preis-Aufgabe gewählten Gegenstand im Geringsten beeinträchtigen zu wollen, im Gegentheil vielmehr den Herren Preisbewerbern die vollste Freiheit hierin zuerken- nend, glaubt die Commission in einigen Zügen den Gang angeben zu müssen, welcher ihr geeignet erscheint, zu der geforderten Classification zu führen. yr In der Geologie, wie in den meisten anderen Beobachtungswissenschaften, hatten die ersten Anordnungen einen wesentlich artificiellen Charakter. So haben z. B..gewisse Autoren ihr Classifications-System ausschliesslich auf ei- nen einzigen äussern Charakter, nämlich den der Structur, gegründet, welche allerdings für die Classification meh- rerer Gebirgsarten von überwiegender Geltung ist, bei andern Gebirgsarten aber nur von untergeordneter Bedeutung erscheint. So kommt z. B. die körnige, die porphyrartige, die dichte, die mandelsteinartige Structur bei verschiede- nen Gebirgsarten vor, die eben sowohl einer verschiedenen Bildungszeit angehören, als von ganz verschiedener mi- neralogischer Zusammensetzung sind. Auf der andern Seite zeigt aber auch zuweilen eine und dieselbe Gebirgsart sehr verschiedene Arten von Structur, welche von den Umständen herrühren, unter denen sie sich gebildet hat, so dass z. B. oft eine und dieselbe Gebirgsart bald dicht, bald körnig erscheint, Es scheint daher erforderlich, dass man eine Classification der Gebirgsarten nicht auf einen einzelnen Charakter, sondern vielmehr auf die Gesammtheit der wesentlichsten Charaktere gründe. Unter die letzteren gehören aber, nächst der Structur im ersten Range: die chemische Zusammensetzung und die mineralogische Be- schaffenheit. Die Classification muss Rücksicht nehmen auf die chemische Zusammensetzung; denn die Analyse hat gezeigt, dass die chemische Zusammensetzung gewisser Gebirgsarten, welche sehr verschiedene äussere Charaktere zeigen, in bestimmte Grenzen eingeschlossen,ist, so dass man sich dadurch genöthigt sieht, Gebirgsarten als Varie- täten zu einem Typus zu vereinigen, die man unter andern Gesichtspunkten scharf von einander trennen könnte. Endlich ist es auch in vielen Fällen wesentlich, auf den mineralogischen Charakter einer Gebirgsart Be- dacht zu nehmen. Das Wiederauftreten derselben Mineralien in verschiedenen Gebirgsarten zeigt offenbar die Wie- derkehr gewisser Verhältnisse der Krystallisation, welche gewissermassen durch diese Mineralien selbst bezeichnet werden, daher denn auch in einer natürlichen Anordnung gewisse Typen von Gebirgsarten einander in dem Maasse näher gerückt werden müssen, in welchem sie eine grössere Menge von Mineralien mit einander gemein haben. Das Studium dieser Mineralien der Gebirgsarten bietet allerdings grosse Schwierigkeiten dar; denn während der Mineraloge gut auskrystallisirte Mineralien mit deutlich ausgebildeten Formen classifieirt, hat der Geologe bei seinen Untersuchungen häufig nur sehr unvollkommene Krystalle, und es muss die chemische Analyse dieser Mineralien nothwendig das Studium ihrer Formen und ihrer physischen Eigenschaften ersetzen. Diese Analyse ist das sicherste Mittel für den Geologen, um die Gebirgsarten zu bestimmen, und zahlreiche in der neuesten Zeit bekannt gemachte Arbeiten haben die grossen Dienste erwiesen, welche sie hier zu leisten berufen ist. Es wäre sehr nützlich, alle diese Arbeiten zusammenzustellen, so dass sie eine möglichst vollständige Uebersicht unserer jetzigen Kenntnisse von der mineralogischen und chemischen Zusammensetzung der Gebirgsarien gewährten. Es könnten aber auch neue, noch unedirte Untersuchungen beigefügt werden. , & Nachdem die Gebirgsarten nach diesen Grundsätzen, so weit es der Zustand unserer Kenntnisse gestattet, unter- schieden und bestimmt sind, gebe man die Definition jeder Species in solchen Ausdrücken, dass man aus dersel- ben jedes Exemplar auf den blossen Anblick, oder höchstens mit Hülfe eines leichten Versuchs, möglichst genau be- nennen kann, ohne dass man zur vollstandigen chemischen Analyse seine Zuflucht zu nehmen, oder die Lagerungs- verhältnisse zu berücksichtigen braucht. Nach der Definition jeder Art und als wesentliche Ergänzung dieser Definition lasse man in den deutlichsten Ausdrücken und im bestimmtesten Detail eine Schilderung des Vorkommens der Art unter den verschiedenen geolo- gischen Verhältnissen und eine genaue Angabe ihrer Fundörter und ihrer Beziehungen zu andern Gebirgsarten folgen. 341 Diese Erwägungen haben die mit der Wahl einer geologischen Frage für den Demidoff-Preis auf das Jahr 1855 beauftragte Commission veranlasst, zur Aufgabe zu machen: „Eine Classification der Gebirgsarten, gegründet auf die Gesammtheit ihrer Charaktere, haupt- „sächlich auf das Studium ihrer Structur, ihrer mineralogischen Beschaffenheit und ihrer che- „mischen Zusammensetzung.“ s San Donato, den 6/18. Januar 1854. (gez) Demidoff. Diesem von unserm hochgeehrten Herrn Collegen, dem Stifter des Preises, Fürsten Demidoff, auf unsern Wunsch vorgelegten Entwurf der geologischen Preisaufgabe für den 17. Juni 1855, treten, als Commissions-Mitglie- der, bei Breslau, den 27. Januar 1854. Wien, den 1. Februar 1854. (gez.) W. Haidinger, (gez.) Dr. Nees v. Esenbeck, K. K. Sectionsrath und Direktor der Präsident der Akademie. k. k. geologischen Reichsanstalt. Ta u 2 U Seite Allgemeiner Bericht über die Verhältnisse und die Wirksamkeit der Gesellschaft im Jahre 1853 vom Bürgermei- Ster“Bartscht ı 7 .e® 3 Allgemeine Versammlungen der Gerelischeii ati von ‚Ebers, Göppent, Steh ee Koi ker Suckoyr) 5 Kurzer Bericht über die im Jahre 1853 thätigen Sectionen. Die naturwissenschaftliche Section 6 Die botanische Section. 6 Die entomologische Section I ee Die meteorolsgische Section „a its. ar. un Een a Re > a N er Die: medizinische Section». Aureteaer EBENE A 8 Die ökonomische Section . 9 Die Section für Obst- und Gerkeibhn 9 Die-technische. Soction:a ‚mr. al Ed oe sl a ui. 07er 2 EC, Die. historische. Section aus. » „aacn v2 or ee ee 2 Re Na > en Bio philologische Section. . .- =. ı. mA nn un. 1 00,00 9 2 ann 2. SEEN Pe Bun pädäpogiache Section. .. --ı... nu Pen Sn nn. >. SUR BEE ee ee Die musikalische Section . . see: 5 Bericht über die Verwaltung He Be von $ Liebig EEE une Bericht über die Bibliotheken und Museen von K. Letzner = . . .... VE Verhandlungen der einzelnen Sectionen. 1. Naturwissenschaftliche Section. Prof. Dr. Göppert: Ueber die naturwissenschafilichen Zustände Schlesiens zur Zeit der Stiftung der schlesi- schen Gesellschaft . Et FW. Ne 1 a) Chemie. Privat-Docent Dr. Baumert: Ueber eine neue Oxydations-Stufe des Wasserstoffes und deren Verhältniss zu Ozon 24 Prof. Dr. Löwig: 1) Ueber die organischen Metallverbindungen . - : 2m nn nn nn ne 6 2) Ueber einige Stibäthylverbindungen 7 un, We an m een A. 26 3) Ueber Methplumbäthyl. . . . ee en emule . 31 Prof. Dr. Krocker: Chemische Untersuchung von Drews ee. , .. rer b) Physik. Director Gebauer: Ueber das sogenannte Tischrücken . . .» . : nn m mon mm ren 44 ec) Physikalische Geographie. Privat-Docent Dr. Scharenberg: Bemerkungen über die Hyerischen Inseln . . 2-2 2 nn. 46 3143 Seite d) Oryktognosie und Geognosie, Prof. Dr. Göppert: Ueber zellenähnliche Einschlüsse in einem Diamanten. -. . 2 2 2 2 2 2 00.2 0..48 Apotheker Oswald: Ueber das Vorkommen von Cyanit in einem Gneiss-Geschiebe. . . . er _ 50 Apotheker Jäckel: Ueber die in der Umgegend von Liegnitz vorkommenden Mineralien und ihre Pe Pr wendundedosd Aörenisın #oldsa as» vum anb audds buu puaaned ds) ME. . e) Petrefacten-Kunde. Dr. phil. Hensel: 1) Ueber angeblich fossile Menschenreste . . . Er ET Re 2) Ueber fossile in Schlesien entdeckte Reste des Kikölähirkehes in REN 2 7, 7, Prof. Dr. Göppert: 1) Ueber die Bernstein-Flora . . . oh le se Alben a Fi > br tn a 2) Ueber unser gegenwärtiges Wissen von der Tertiär-Flora EEE N ER oe EB 2). Mober die Sugmaria feoiden Brongauzr u engem, map Sm Ne... Bi f) Zoologie. Prof. Dr. v. Siebold: Ueber die Strepsipteren oder Stylopiden. . . ERRUP VER 83 Privat-Docent Dr. Aubert: 1) Ueber die künstliche Befruchtung der Fischeier‘ und eine} Erscheinen all ersten. Entwickeläng !dersallrennien:18 „uaigemmnern-nan, gan) rd A TO £) Ueber Wanderüngen’der Eingeweide-Würmer . nn RT I, g) Physiologie und Pathologie. . Privat-Docent Dr. F. Cohn: 1) Ueber lebendige Organismen im Trinkwasser -. » . 2 2.2.2.2... 9 2) Ueber die Krankheit der Runkelrüben . . . BE sus, Zee Prof. Dr. Göppert: 1) Ueber das Auftreten der Traubenkrankheit ni Fe ee 2) Ueber eine ungewöhnliche Wurzel-Entwickelung des Raps. . - . 2 2 2.2.2020... 107 Privat-Docent Dr. Pringsheim: Ueber die sogenannten Antheridien der Seealgen. -. . 2 2. 2 .2..2....10 Reg.-Assessor Dr. Schneer: Ueber eine eigenthümliche Art des Anbaues von Kartoffeln . . . . .....10 h) Angewandte Naturwissenschaften. Ober-Forstmeister v. Pannewitz: Ueber Anfertigung des Holzpapieres - » 2 2 2 2 2 2020000080. 110 i) Privat-Docent Dr. F. Cohn: Bericht über die Entwickelung der Vegetation i. J. 18552. . . » ».2.....13 2) Botanische Section. Privat-Docent Dr. F. Cohn: Ueber die Blätter der Drosera-Arten -. - . 2 2 2 2 2 2 2 202.2..3183 Prof. Dr. Göppert: Bemerkungen über den Drachenbaum, Dracaena Draco . » » 2 2 2 220.20. 0.184 Stadtrichter Wichura: Ueber künstlich erzeugte Weiden-Bastarde . . » 2 2 2.2 2 2.202020... 160 Dr-Milde: Ueber meine Excursionen im Sommer 1855. - . . . 2. 0. 2 0 0 nenne. 164 Privat-Docent Dr. Körber: Ueber die Sporen der Flechten. . . ER tn m "5 (ac „USED > ‚2. Director, Prof. Dr. Wimmer: Neue oder seltnere Pflanzen-Formen aus "Söniasteh. TEE ER 3) Entomologische Section. I. Coleoptera. Hauptlehrer K. Letzner: 1) Ueber die Fauna der nächsten Umgebung von Meran . . . 2.2.2... 0.175 2) Ueber emige i. J. 1852 gefangene seltene schles. Käfer . - - - - 2. Te. 2... 176 3) Ueber Dorcatoma rubens E. H. und flavicomis F.. . Kae He ee a ‚Ve Oberlehrer, Rector Rendschmidt: Ueber die Arten der Gattung Nitidula R. ab Sal here ee: a I. Diptera, Dr,;phil, Schneider: , Ueber Asilusartige Raubfliegen ..... = sen nie ware en mel a DET II. Lepidoptera. Kaufmann A. Neustädt: Ueber die schles. Arten des Genus Argymis . . . - 2» 2 2 202.02 020...7180 Dr. phil. Schneider: Ueber die europ. Arten der Familie Lithosidae © . » » 2. 2 2 2. 2.2.2..2..180 Dr. med. Wocke: 1) Ueber schles. Arten mehrerer Tineaceen-Gattungen. -. . . 2 2.2.2... .18 2) Ueber die Ergebnisse einer im September gemachten Gebirgsreise. . -» -: . 2.2..2....18 IWW. Hymenoptera. Hauptlehrer K. Letzner: Ueber Megachile eircumeincta K . » .» 2.2... ME N ce N 44 344 V. Seite K. Letzner: Notizen über J. E. Klopsch und F. Rendschmidt . . . 2 2.0... a ee. 4) Meteorologische Section. Prof. Dr. Galle: 1) Ueber die am 11. Dec. 1852 in Schlesien beobachtete Feuerkugel . . . ...2....187 2) Ueber Fortgang und Schluss der Berechnung der schles. meteorol. Beobachtungen . . . . .194 3) Allgemeine Uebersicht der meteorol. Beobachtungen auf der Breslauer Univ.-Sternwarte i. J. 1853 196 5) Medizinische Section. Dr.:Middeldorpf: 1) Ueber Oedema aperturae super, laryngis bei syphilitischen na gre en sqgdu „al. 288 2) Ueber ein Carcinom der rechten Halsseite. . . id ae an 3 RE 3) Ueber Kehlkopt-Geschwüre und Glottisödem im Trplans, . ski Wi ih = Kae | 4) Ueber ein in der Höhe des Kehlkopfs wurzelndes, langgestieltes Fibroid des ‚Osengilagii se Hospital-Wundarzt Hodann: Ueber eine eigenthümliche Knochen-Krankheit . . . ı . 203 Hofrath Dr. Burchard: Ueber den Mechanismus und die Behandlung des Nachgeburt-Abschnittes Ps Geburt . 203 ‚Dr. Grätzer: 1) Ueber die öffentliche Armen-Krankenpflege Breslau’s i. J. 1852. . . . - re. 2) Ueber Bevölkerungs-, Armen-, Krankheits- und Sterblichkeits-Verhältnisse Breslau’ s Chir 10 Tab. ) 215 Medizinalrath Prof. Dr. Barkow: Ueber mehrere pathologisch-anatomische Präparate . » „13 2.2....%20 6) Section für Obst- und Gartenban. Director, Prof. Dr. Wimmer: 1) Ueber die von der Section veranstaltete Frübskraehungtäilung si 2) Ueber die Herbst-Ausstellung i. J. 153 . -. .. . BETEN a a er Prof. Dr. Göppert: 1) Ueber Entstehung, Betrieb und Fortentwickelung HE k. Lnidechuurkechuie zu Alt-Geltow 270 2) Wachsen Rosen auf Eichen?. . . . 4- sdnilanttmeeie use meet ee Inspector Neumann: Ueber den Anbau von Ababarber-Altn ale Gemüse. - .}.; 5... Se ui Be Kunstgärtner E. Monhaupt: Ueber die Cultur der Cyclamen. . . RN Director Dr. Fickert: Ein Vorschlag zur Beförderung des Ober in Yehıckien a a 7) Historische Section. Ober-Regierungsrath Sohr: Die Erfahrungen der Vergangenheit in Bezug auf die vertragsmässige Sicherstellung der Rechte der den Glauben des Regenten nicht bekennenden Unterihanen . = 2.......285 8) Technische Section. Dr. Schwarz: 1) Ueber eine Methode, mit Leichtigkeit den Jodgehalt einer Verbindung zu ermitteln . . „305: 2) Ueber eine Methode, den Zinkgehalt im Galmei auf leichte Weise zu bestimmen. . » :.......308 8) WVeber'die Gewinnung des Rübenzuckers .;. rs e..:.. aufm mare anmeldet ee m ‚Mcker die Augustechlilie Wer Bawi we 57.0 1 Rn 5) Ueber die Zinkproduktion bei Aachen . . . . 2.2... RT 2 Kaufmann Dr. J. Cohn: Ueber die frühere und jetzige Leinen-Industrie ER N En Er Director Gebauer: Ueber die Einrichtung der calorischen Maschine von Ericsson -. - » » » 2... ..810 9). Philologische Section. Prof. Dr. Wagner: Ueber die Musik der Griechen . . . . 5 Director, Prof. Dr. Fickert: Ueber eine Eigenthümlichkeit in der Wortstellung des Thucidides a, . 319 Director, Prof. Dr. Wissowa: Fortsetzung der Beiträge zur innern Geschichte des 2. Jahrh. n. Chr. nach Bücilii 319 Director, Prof. Dr. Schönborn: Ueber den Breslauer Meistersänger Adam Puschmann . . 2: .2......319 10) Pädagogische Section. Seminar-Oberlehrer Scholz: Zur Erinnerung an Felix Rendschmid . . . N. Hauptlehrer Stütze: Die Breslauer Sonntagsschule in den ersten 25 Jahren Base Rastehaii > Hd: 0 345 Anhang, Seite Preisfrage der Kaiserl. Leopold.-Carolinischen Akademie der Naturforscher, ausgesetzt von dem Fürsten Anatol von Demidoff » ‚0: a > Alphabetisches Namensverzeichniss der Verfasser der im vorstehenden Jahresberichte erwähnten Mittheilungen und Vorträge. Herr Dr. med. Aubert, $. 6, 86, 89. „ Med.-Rath u. Director, Prof. Dr. Barkow, S. 8, 250. ” Bürgermeister Bartsch, S. 3. Ober-Stabsarzt Dr. Beyer, S. 8. Büttner, S. 8. Hofrath Dr. Burchard, S. 8, 203. Privat-Docent Dr. Cauer, S. 11. Privat-Docent Dr. F. Cohn, S. 6, 10, 91, 99, 107, 113, 153, 253. Kaufmann Dr. J. Cohn, S. 10, 306. Geh. Med.-Rath Dr. Ebers, $. 6. Director, Prof. Dr. Fickert, $S. 11, 253, 282, 319. Prof. Dr. Galle, S. 8, 187, 194, 196. Director Gebauer, S. 10, 44, 310. Präses, Prof. Dr. Göppert, S. 5, 6, 7, 10, 19, 48, 64, 80, 107, 154, 253, 270, 277. Dr. Grätzer, S. 8, 204, 215. Privat-Docent Dr. Gröger, S. 5. Dr. Günsburg, S. 8. Günther, S. 8. Prof. Dr. Guhrauer, S. 5, 12, 321. Dr. phil. Hensel, S. 6, 61, 63. Hospital-Wundarzt Hodann, S. 8, 203. Kaufmann Hutstein, S. 10, 253. Apetheker Jäckel zu Liegnitz, S. 6, 51. Dr. Kirschner, S. 8. Gymnasial-Lehrer Dr. Körber, S. 6, 153, 154, 168. Prof. Dr. Krocker in Proskau, S. 36. Dr. Landsberg, S. 8. Hauptlehrer K. Letzner, S. 7, 15, 175, 176, 177; 184, 185. Kaufmann G. Liebich, S. 13. Prof. Dr. Löwig, S. 6, 26, 29, 31. Herr Consistorial- und Schulrath Menzel, $. 5, 11. Prof. Dr. Middeldorpf, S. 8, 199, 200, 201, 202. Dr. Milde, S. 7, 154, 164. Prof. Dr. Mosch in Herischdorf, $. 6. Kunstgärtner E. Monhaupt, S. 10, 253, 281. Dr. Neumann, S. 8. Inspector Neumann, $. 10, 253, 279. R Kaufmann A. Neustädt, S. 7, 180. Literat Th. Oelsner, S. 6, 12, 321. Apotheker Oswald in Oels, S. 6, 50. Ober-Forstmeister v. Pannewitz, S. 6, 110. Privat-Docent Dr. Pringsheim zu Berlin, S. 6, 108. Dr. Reimann, S. 11. Oberlehrer Rector Rendschmidt, S. 7, 178. Prof. Dr. Röpell, S. 11. Baron v. Rothkirch, S. 8. Privat-Docent Dr. Scharenberg, S. 6, 46. Reg.-Assessor Dr. Schneer zu Ohlau, S. 6, 109. Dr. phil. Schneider, S. 7, 178, 180. Director Prof. Dr. Schönborn, S. 11, 319. Seminar-Oberlehrer Scholz, S. 11, 12, 321. Kaufınann Schreiber, S. 314. Kunstgärtner Schulze, S. 253. Dr. Schwarz, S. 10, 305, 310, 311, 313. Prof. Dr. v. Siebold, $. 6, 83. Musik-Director, Kantor Siegert, S. 7, 154. Ober-Regier.-Rath Sohr, S. 255. Hauptlehrer Stütze, S. 330. Privat-Docent Dr. Suckow, S. 5, 12, 321. Prof. Dr. Wagner, S. 11, 315. Stadtrichter Wichura, $. 6, 154, 160. Director, Prof, Dr. Wimmer, $. 7, 153, 154, 172. Director, Prof. Dr. Wissowa, S. 11, 319. Dr. Wocke, $. 7, 181, 183. nn — Ka ER Eon ” ek. a a us er Kiga anpes ne a BEER ne a Fa EEE NERR wa ie ale er; en: er ur‘ a v9 Eas N TRIERER NEE Sa SENT ED 2 I Pr a En. 2 ;hboi ie .: nf GE ei ge 50 MR rue 2 a Mo 2 DEN. a aa 8.8 ta re Be I en Am ur ih pi be a a ET it Mag BUT ee au ori REN vo 2 Fe a ET A R dir a Hör rani Me ee u FE ee TE 175 Br Aa, PL d pr % er 7 ud £ % . “ Se ur SugEpPEsn wo. # 4 - Em n “ „« #7” iR, } ‘ Mr — .. Ba a7 „ 27.5 ZB ZEEr WeEw Zee 27 2 er yı% Pr ” Yin % “. 2% h wo“ „+ x " “ ” - « “ % B ya Zw % Rn F . 2 * Sg. \ i . % * a “. % Pen "N . nn, Pa . u ” N in a’ w ET ı . 0 wu 2 ei - ‚t . x Va re . Yun n u” \ 1 A Tin ”.