242 Seite Instit.-Vorst. Geppert: Ueber Entstehung, Entwickelung und Fortbildung ‘des Erdballes ...........:2..22.22.22.. 222 9) Technische Section. Dr. Schwarz: Ueber seine Wahrnehmungen auf einer Reise durch England und Schottland über den schottischen Eisenhüttenbetrieb‘ a. 000 SR ED HINEIN ee ER NEN 231 Director Gebauer: Ueber eine erhebliche Rechnungserleichterung bei der Bestimmung der Höhe der Sternschnuppen 233 Prof. Dr. Sadebeck: Erläuterung eines Theodoliten, welcher von dem königl. Ober-Berg-Amte zu einer Triangu- lirung Oberschlesiens angekauft worden ist............2220202ceeeeseseeneene nennen: 235 Kaufmann Dr. J. Cohn: Ueber einige ihm zugekommene briefliche Mittheilungen des Ingenieur-Generals v. Pritt- witz und des Bürgermeisters Zellner über Cemente.........c.ee2cseneneerennennnne 235 Redacteur Th. Oelsner: Ueber künstliche Mineralwässer ..... 22... 22.20 io ourn sense nennen 237 Alphabetisches Namenverzeichniss der Verfasser der im vorstehenden Jahresberichte erwähnten Mittheilungen und Vorträge. Herr Privat-Docent Dr Aubert: S. 33, 34, 125, 132. Herr Hauptlehrer K. Letzner: S. 11, 97, 98, 102, 103, „ Dr. L. Auerbach: S. 32, 127. 104, 106, 108, 109, 117. 119. Cand. Baili:S? 48; „ Kaufmann 6. Liebich: S. 10. „ Bürgermeister Bartsch: S. 3. „ Rittergutsbesitzer v. Luck: S. 34. Block in Staude: S. 197. „ Prorector Dr. Marbach: S. 15, 16. Pastor Dr. Bobertag: S. 219. |, Prof. Dr. Middeldorpf: S. 131. „ Pastor Cochlovius in Schönwalde: S. 193. „ Dr. Milde: S. 41, 44, 64. „ Dr. med. B. Cohn: S 123, 135. „ Kaufmann E. H. Müller: S. 159, 162, 168, 189. „ Prof. Dr. F. Cohn: S. 37, 39, 45, 50, 59, 77. [12.1 Dr Nenmenm: S..128, 135 Kaufmann Dr. I. Cohn: 5. 235. „ Kaufmann A. Neustädt: S. 100. Geh. Med.-Rath Dr. Ebers: S. 124. Stud. Nitschke: S. 52. Director Dr. Fickert: S. 155, 157. „. Redacteur Th. Oelsner: S. 237. „ Fölckel in Marklowitz: S. 192. ee NER, Oberforstmeister v. Pannewitz: S.30, 43,109, 110,119, „ Dr. Förster: S. 121, 135. 22 „ Frickinger in Laasan: S. 192, 198. » „Dr. Rauba'S. 187. „ Badearzt Dr. Gans in Karlsbad: S. 125. „ „Turnlehrer Rödelius: S..192. „ Director Gebauer: $. 233. „.„Prof; Dr. Römer: 8. 22,23, 24. „» Instituts-Vorsteher Geppert: S. 222. 2 Dr Rosenthal-s3 132: „ Geh. Med.-Rath, Prof. Dr. Göppert: S. 5, 18, 97, | „ Privat-Docent Dr. Rühle: S. 122, 130, 137. 98, 35, 83,.92, 156. | 5 Prof. Dr; Sadebeck: S. 235. „ Sanitätsrath Dr. Grätzer: S. 138. „ Privat-Docent Dr. Scharenberg: S. 25. „ Diakonus .Dr. Gröger: S. 5. „ Conrector Dr. Schmidt in Schweidnitz: S. 5, 199. „ Dr. Grünhagen: S. 5. | „ Dr. phil. W. G. Schneider: S. 110. „„ Stadtgerichts-Rath Güttler:.S. 209. | 5 Dr. Schwarz: S. 231. „ Dr. Hasse: S. 125. Geh. u. Ober-Berg-Rath Steinbeck: S. 5, 25. „Prof. Dr. Henschel: S. 40. |, Lehrer Tietze: S. 197. Hosp.-Wundarzt Dr. Hodann: S. 126. | » Buchhändler Trewendt: S. 94. „ Privat-Docent Dr. Karow: S. 5. „ Stadtrichter Wichura: S. 56. » Privat-Docent Dr. Körber: S. 50. » Director Prof. Dr. Wimmer: $. 62. » Lehrer Lammel zu Babitz: S. 192. » Dr. Wocke: S. 109, 113. 116. Privat-Docent Dr. Landolt: S. 20, » Prof. Zeuschner in Krakau: S. 25. m Fünf und dreissigster Jahres - Bericht der Schleicher Gefellfchaft für vaterländifche Kultur. Enthält: Arbeiten und Veränderungen der Gesellschaft im Jahre 1857. Breslau, Druck von Graß, Barth und Comp. (W. Friedrich). x “ RN, » Bil LEERE N H 3 IRRE unAR Allgemeiner Bericht über die Verhältnisse und die Wirksamkeit der Gesellschaft im Jahre 1857, abgestattet in der allgemeinen Versammlung den 18. Dezember 1857 vom Bürgermeister Bartsch, z. 4. General-Sekretair der Gesellschaft. Dem Verluste, von welchem das Präsidium und die Gesellschaft im Jahre 1856 durch den Tod des Professor Dr. Henschel betroffen . worden, sollten in diesem Jahre bald nicht minder schmerzliche Verluste folgen, indem schon am 14. Januar c. der Kgl. Geh. Hofrath Professor Dr. Gravenhorst und am 4, Februar c. der Kaufmann Gustav Liebich mit Tode abging. Der Erstere, wegen der Liebenswürdigkeit und Biederkeit seines Charakters von Allen, die ihn kannten, innig verehrt, wie als Gelehrier auf dem Gebiete der Zoologie in weitesten Kreisen hochgeschätzt, hat während seiner 36jäh- rigen Mitgliedschaft an den Bestrebungen der schlesischen Gesellschaft, namentlich als Begründer und Sekretair der entomologischen Sektion, und an den Geschäften des Präsidiums sich ununterbrochen auf das Förderlichste betheiligt; dem dahingeschiedenen Kaufmann G. Liebich aber verdankt die Gesell- schaft eine musterhafte Führung ihres Etats, Kassen- und Rechnungswesens, wie die sorgfältigste und umsichtigste Verwaltung ihres Vermögens. Beiden verehrten Männern bleibt in unserer Mitte ein dank- "bares Andenken gesichert. An ihre, sowie des verewigten Professor Dr. Henschel Stelle wurden in der allgemeinen Versammlung vom 27. März c. zur Ergänzung des Präsidiums die Heren Professor Dr. Löwig, z. Z. Rector Magnificus, Kgl. Geh. und Ober-Bergrath Steinbeck und Kaufmann Klocke gewählt; ihre Einführung erfolgte am 15. Mai c., und hat Herr Kaufmann Klocke das Amt des Kas- sirers auf einmüthiges Ersuchen übernommen. An die denkwürdigsten Freudentage in der Geschichte der Gesellschaft reihte sich der 8. April c., an welchem des Prinzen Friedrich Wilhelm Kgl. Hoheit einer ausserordentlichen allgemeinen Versamm- lung und einem in dieser von unserem Präses Herrn Geh. Med.-Rath Professor Dr. Göppert über die naturwissenschaftlichen Verhältnisse Schlesiens gehaltenen Vortrage mit unverkennbarem Interesse bei- zuwohnen die Geneigtheit hatte. 1* 4 Im Laufe des Jahres 1857 sind der Gesellschaft 16 wirkliche und zwar sämmtlich einheimische Mitglieder beigetreten, nämlich die Herren: Privatdocent Dr. Landolt, Rittergutsbesitzer Schwarz, Kaufmann Conrad, Berghauptmann Geh. Ober-Bergrath v. Carnall, Kaufmann Haveland, Staatsrath Professor Dr. Grube, Wundarzt 1. Klasse Hauffen, Apotheker Reichhelm, Augenarzt Dr. Viol, Apotheker Heinrich, General-Bevollmächtigter der Köllner Feuer-Versicherungs-Gesellschaft Schemio- neck, Dr. med. Asch, Professor Dr. Kutzen, Oberst-Lieutenant Pochhammer, General- Major und Inspeeteur der Artillerie Dannhauer und Appellations - Gerichts- Chef-Präsident Dr. v. Möller. Zu eorrespondirenden Mitgliedern wurden ernannt die Herren: Geh. und Ober-Bergraih Krug von Nidda zu Berlin, Seminar-Oberlehrer Prange zu Bunz- lau, prakt. Arzt Dr. Lieven, Dr. Klinsmann und Oberlehrer Menge zu Danzig; die Mit- glieder de Finstitut francais Herrn Rayer, Dr. med., membre de U’Institut et de U Academie imper. de Medecine, President de la Societe de biologie in Paris; Broca, Dr., Chirurgien des Höpitaux, Professeur agrege in Paris; Verneuil, Dr., Chirurgien des Höpitauz, Professeur agrege in Paris; Giraldes, Dr., Chirurgien des Höpitauzx, Professeur agrege in Paris; Otterburg, Dr. med., Mitglied der Societe medico-pratigue, Ritter der Ehrenlegion in Paris; Meding, Dr. med., Präsident der Gesellschaft deutscher Aerzte in Paris, und Tulasne, Dr., Membre de UInstitut in Paris; endlich die Herren Med.-Rath Dr. Eulenburg zu Koblenz, Med.-Rath Dr. Bley in Anhalt-Bernburg, Ober-Direktor des norddeutschen Apotheker-Vereins und die Vice-Direktoren Apotheker Dr. Herzog zu Braunschweig, Professor Dr. Walz zu Heidelberg und Dr. Aschoff zu Bielefeld. Durch den Tod verlor die Gesellschaft die Ehrenmitglieder: Kgl. Geh. Staats-Minister und Chef- Präsident des Geh. Ober-Tribunals Mühler und den Kgl. Geh. Ober-Regierungsrath, Curator der Uni- versität, Dr. Heinke, so wie außer den Eingangs Genannten noch 4 wirkliche einheimische Mitglieder: den Kaufmann Hüser, General-Lieutenant a. D. From, Sanitätsrath Professor Dr. Nega und Privat- docent Dr. Scharenberg. Letztere drei um ihrer erfolgreichen Bethätigung besonders hochgeschätzte Mitglieder, welchen unser schmerzlicher Nachruf gefolgt ist. Aus der Gesellschaft getreten sind 6 einheimische und 4 auswärtige Mitglieder. Unterm 16, Januar c. wurde unser vieljähriges auswärtiges Mitglied, der Apotheker Herr Becker zu Wohlau, zu seinem 50jährigen Apotheker-Jubiläum, so wie unterm 14. Mai c. der Kgl. Ober-Regie- rungsrath Herr Sohr, Präsidialmitglied, dessen reges Interesse an den Zwecken der Gesellschaft uns Allen bekannt ist, zu seinem ö0jährigen Amts-Jubelfeste von dem Präsidium beglückwünscht. Die besondere Curatel über unsere Bibliotheken hat auf Ersuchen des Präsidiums Herr Professor Dr. Röpell übernommen; die Custodie über das Henschel’sche Herbarium aber ist dem Herrn Schul- Kollegen Dr. Milde übertragen worden. Unsere Sektion für Obstbau- und Gartenkultur hat, in Gemäßheit des $ 5 ihrer Statuten, neben den laufenden kleineren Ausstellungen die Frühjahrs- und Herbst-Ausstellung wieder aufgenommen, auch mit Genehmigung des Präsidiums den Garten zum blauen Hause an der Matthiasstrasse hierselbst zu Ver- suchen in der Obstbaum- und Gemüse-Kultur gepachtet und zu der Versammlung deutscher Pomologen und Obstzüchter im Oktober ce. einen Deputirten nach Gotha gesandt. Wie in früheren Jahren, so hatte diese Sektion sich auch im verflossenen des namhaften Beitrages von 50 Rthlr. zu Prämien von dem geehrten landwirthschaftlichen Central-Vereine, welchem dafür hiermit aufrichtig gedankt wird, zu erfreuen. > Der im Königreich Sachsen verstorbene Freiherr Max von Speck-Sternburg auf Lützschena bei Leipzig hat dem Präsidium 150 Rthlr zu dem Zwecke legirt, diese Summe als Preis für die Lösung einer in 1 bis 2 Jahren zu bearbeitenden landwirthschaftlichen Aufgabe auszusetzen. Das Legat ist erhoben und zur Preisaufgabe von dem Präsidium gestellt worden: die zweckmässigste Ernährungsweise des Rindviehes vom wissenschaftlichen wie vom prak- tischen Gesichtspunkte. Das Präsidium hat einen oberschlesischen Fund altrömischer Münzen für 30 Rihlr. angekauft, über dessen kulturhistorische Bedeutung für unsere Provinz von Herrn Professor Dr. Röpell nähere Unter- suchung und Mittheilung verheissen worden ist. Es ist dem Präsidium von dem Herrn General-Postmeister eröffnet worden, daß der Gesellschaft die bisher ihrer naturwissenschaftlichen ete. Sektion bewilligte Portofreiheit ferner nicht mehr gewährt werden könne. Leider ist es weder durch Gegenvorstellungen bei dem Herrn General-Postmeister, noch durch weiteren Rekurs an des Herrn Handels-Ministers Excellenz möglich gewesen, diesen Verlust ab- zuwenden, vielmehr ist das Präsidium bedeutet worden, daß es sich um eine allgemeine, auch alle übrigen in ähnlichen Fällen früher bewilligten Portofreiheiten aufhebende Maßregel handle, welche zu Gunsten unserer Gesellschaft bei aller Anerkennung für deren Leistungen keine Ausnahme gestatte, zumal die für unseren auswärtigen Verkehr und für unsere Kasse aus der Aufhebung besorgten Nach- theile bei den jetzigen gegen früher so sehr ermässigten Portosätzen nicht wohl eintreten könnten. Das aus den von der Gesellschaft veranlassten langjährigen meteorologischen Beobachtungen her- vorgegangene reiche Material ist von Herrn Professor Dr. Galle zu einem Werke: „Grundzüge der schlesischen Klimatologie“ verarbeitet und auf Kosten der Gesellschaft herausgegeben worden, wofür sich unser Verein ihm sehr zu Dank verpflichtet fühlt. Auch für den jetzigen Winter hat das Präsidium zur Verbreitung wissenschaftlicher, für das prak- tische Leben wichtiger Kenntnisse eine Reihe öffentlicher Vorträge in dem von der Kgl. Universität geneigtest abermals bewilligten Musiksaale wieder veranstaltet. Es sind diese Vorträge, welche sich bereits einer sehr zahlreichen Theilnahme erfreuen, gefälligst übernommen worden von den Herren: Privatdocent und Kustos der Kgl. Universitäts-Bibliothek Dr. Karow, Privatdocent Dr. phil. Oginski, Privatdocent Dr. Körber, Hebammenlehrer ete. Dr. Heller, Direktor und Pro- fessor Dr. Wissowa, Ober-Regierungsrath v. Struensee, Dr. phil. Paur, Oberlehrer Dr. Tagmann, Öberforstmeister v. Pannewitz, Dr. phil. Reimann, Stadtrath Dr. Eberty, Privatdocent Dr. med. Aubert, Privaidocent Dr. med. Neumann, Privatdocent Dr. phil. Grün- hagen und Diakonus Dr. Gröger. Allgemeine Versammlungen haben, außer der heutigen, seit dem letzten Berichte 8 stattgefunden, in welchen folgende Vorträge gehalten wurden: den 19. Dezember pr. von Herrn Privatdocent Dr. Max Karow: Ueber den Kampf bei Ron- cesvalles nach der dichterischen Auffassung germanischer und romanischer Völker; den 30. Januar c. von Herrn Privatdocent Dr. Oginski: Ist der Philosoph Franz Bacon der Verfasser der Shakspeare’schen Dramen? insbesondere auch über den Stand dieser Frage in der englischen Kritik; den 27. Februar c. Herr Archivarius Dr. Wattenbach „Ueber die Geschichte des Klosters Czarnowanz in Ober-Schlesien; den 27. März c. Herr Diaconus Dr. Gröger: Ueber den Einfluß des Christenthums auf die geschichtliche Entwickelung des Mittelalters; Ö den 8. April c. von Herrn Geh. Med.-Raih Prof. Dr. Göppert: Ueber die naturwissenschaftlichen Verhältnisse der Provinz Schlesien (mit Demonstrationen); den 30. Oktober c. von Herrn Privatdocent Dr. Karow: Ueber das Volkslied, seine Charak- teristik, mit besonderer Rücksicht auf die wichtigsten asiatischen Nationen: den 27. November c. Herr Geh. Med.-Rath Professor Dr. Göppert: Ueber den versteinten Wald von Radowenz bei Adersbach, nebst Darstellung des Versteinerungsprozesses unter Vorzeigen von Experimenten und versteinerter Exemplare ; den 4. Dezember c. in der außerordentlichen Sitzung zur 100 jährigen Gedächtnissfeier der Schlacht bei Leuthen, von Herrn Professor Dr. Kutzen: Ueber Friedrich den Grossen zur Zeit der Schlacht bei Leuthen als Ueberwinder des Feindes und Seiner Selbst. Ueber die Thätigkeit der einzelnen Sektionen haben die Herren Sekretaire Folgendes berichtet: Die naturwissenschaftliche Sektion. (Sekretaire: Geh. Medizinal-Rath Prof. Dr. Göppert und Prof. Dr. phil. F. Cohn). Die naturwissenschaftliche Sektion hielt in dem nun bald verwichenen Jahre 10 Versammlungen, in welchen verschiedene Vorträge aus den Gebieten der Physik, Chemie, physikalischen Geographie, Mineralogie, Geognosie und Petrefaktenkunde, Zoologie und Physiologie beider organischen Reiche ge- halten wurden. Außer den beiden Sekretairen betheiligten sich daran die Herren: p. t. Aubert, von Carnall, Grube, Löwig, Jäckel, Marbach, Ritthausen, Römer, Sadebeck. In der letzten Sitzung den 16. Dezember fand die Wahl der beiden Sekretaire für die nächste Etatszeit statt. Der eine, Herr Göppert, wurde wieder gewählt, und an die Stelle des Herrn Cohn, der erklärte, eine Neuwahl als Sekretair der botanischen Sektion wegen anderweiter Beschäftigung nicht mehr annehmen zu können, nach Versicherung des Dankes der Sektion an denselben, Herr Professor Dr. Römer ge- wählt, welcher sich bereit erklärte, wie Herr Göppert, in dieser Eigenschaft thätig zu sein. Die entomologische Sektion (stellvertretender Sekretair: Hauptlehrer Letzner) hat zu allgemeinem Bedauern ihren langjährigen verehrten Sekretair, Herru Geh. Rath Professor Dr. Gra- venhorst, am 14. Januar durch den Tod verloren. Obgleich sich dieselbe im Laufe dieses Jahres zu nur 7 Sitzungen versammelte, so sind doch von den Herren: Hauptlehrer Letzner, Oberforstmeister v. Pannewitz und Dr. med. Wocke zahlreiche, neue, die Fauna Schlesiens, wie die Wissenschaft überhaupt, bereichernde und fördernde Beobachtungen mitgetheilt worden, über welche der allgemeine Bericht das Nähere enthalten wird. Zum Sekretair für die neue Etatszeit ist Herr Dr. phil. Schnei- der gewählt worden. Die botanische Sektion (Sekretair: Professor Dr. Ferdinand Cohn) hat im Jahre 1857 sieben Versammlungen gehalten, in denen folgende Vorträge gehalten wurden: von Herrn Dr. Bail: Ueber ein neues auf die Sporenbildung begründetes Pilzsystem; von Herrn Geh. Med.-Rath Professor Dr. Göppert: Erläuterung der von Petermann auf seiner Reise nach dem Orient gesammelten Vegetationsprodukte, so wie verschiedener interessanter pflanzlicher Bildungen; über die grosse Eiche bei Pleischwitz ; 2 von Herrn Dr. Milde: Ueber die europäischen Botrychien; Beiträge zur Kryptogamenkunde Schlesiens; von Herrn Kandidat Nitsckke: Ueber die Gattung Lappa ; von Herrn Ober-Forstmeister v. Pannewitz: Demonstration von merkwürdigen Monstrositäten einheimischer Bäume; von Herrn Musikdirektor Siegert: Neuigkeiten aus dem Gebiete der Schlesischen Flora; von Herrn Stadtrichter Wichura: Ueber /solepis Micheliana ; von Herrn Direktor Dr. Wimmer: Ueber einige, für die schlesische Flora neue Arten, so wie über neue Fundorte seltener Gewächse; Monographie von Salix silesiaca; von dem Sekretair: Ueber die Verhandlungen der botanischen Sektion der deutschen Natur- forscherversammlung zu Bonn; über Weizenälchen; über Meeresbacillarien im Binnenlande; über die Saftströmung in Stratiotes aloides ; In der Sitzung vom 10. Dezember wurde der bisherige Sekretair auf’s Neue für die Etatsperiode 1858 und 1859 erwählt. hielt im Die medizinische Sektion (Sekretair: Professor Dr. med. Rühle) Laufe des Jahres 1857 eilf Versammlungen. In denselben wurden folgende Vorträge gehalten: Im -Januar: Herr .Dr. Freund über die Veränderungen der Rippenknorpel. Im Februar: Herr Dr. Neumann über die Ergebnisse seiner Privatheilanstalt im Jahre 1856; der Sekretair über die im Jahre 1856 im Hospital Allerheiligen verrichteten Leichenöffnungen. Im März: Herr Dr. B. Cohn über die Gehirnerweichung; Herr Dr. Förster über die Bildung der Katarakten. Im April: Herr Dr. v. Glisczynski über Placenta praevia und ihre Behandlung. Im Mai: der Sekretair stellt den Herrn Groux aus Hamburg mit der fissura sterni congenita vor, und erörtert die verschiedenen, über denselben aufgestellten Ansichten. Im Juni: Im Im Im Herr Professor Dr. Middeldorpf erstattet einen Bericht über die 'Thätigkeit der klinisch- chirurgischen Lehranstalt seit ihrer Aufnahme in das Allerheiligen-Hospital. Juli: Herr Dr. Förster über die Bildung der künstlichen Pupille; Herr Dr. Aubert über das Akkommodationsvermögen des Auges. August: | der Sekretair über die Ergebnisse der Leichenöffnungen bei Pockenkranken. Oktober: Herr Dr. Asch mehrere Mittheilungen interessanter Krankheitsfälle; Herr Dr. Joseph desgleichen. Im November: Herr Sanitätsrath Dr. Grätzer Bericht über die Armenkrankenpflege Breslau’s vom Jahre 1855; Herr Dr. Aubert Experimente über die Funktionen des N. vagus und Splanchnieus. Im Dezember: Herr Dr. Paul über Echinococeus der Leber; Herr Dr. B. Cohn über Jeterus und Caries des Felsenbeines. Bei der vorgenommenen Wahl des Sekretairs wurde Dr. Rühle für die nächste Etatsperiode wie- der gewählt. Die meteorologische Sektion. (Sekretair: Prof. Dr. Galle). Der durch Präsidial- Beschluß vom 13. Juni 1855 angeordnete Druck der klimatologischen Rech- nungen ist nunmehr in diesem Jahre beendigt und die Schrift unter dem Titel: ‚Grundzüge der Schle- sischen Klimatologie“* im August d. J. ausgegeben worden. Die in der Provinz ausgeliehenen Instru- mente der Gesellschaft sind jetzt grösstentheils eingezogen und verkauft; in dem verflossenen Jahre wur- den noch zwei Barometer und zwei Thermometer veräußert. In der Sitzung der Sektion vom 9. Dezember sprach der Sekretair, der für die nächste Etats- Periode wieder gewählt wurde, über den Inhalt und die Einrichtung der erwähnten Grundzüge der Schlesischen Klimatologie und über verwandte Arbeiten der neueren Zeit in anderen Ländern, auch machte derselbe einige Mittheilungen über die diesjährige Sommerwärme. Die technische Sektion (Sekretair: Direktor Gebauer) hat im Laufe des Jahres 1857 drei Sitzungen gehalten, in welchen die Herren, Sekretair des Gewerbe- Vereins Th. Oelsner Mittheilungen aus der Schrift des Kgl. Ober-Hütten-Inspektor Wachler, Ge- schichte des ersten Jahrhunderts der Kgl. Eisen-Hüttenwerke zu Malapane vom Jahre 1753 bis 1854, Privatdocent Dr. Landolt über den Leidenfrost’schen Versuch und der Sekretair über Telegraphen- Stränge unter dem Meere machten, wobei Vorzeigung eines Stückes des submarinen Telegraphenstran- ges zwischen England und Nord-Amerika stattfand. Der bisherige Sekretair der Sektiön wurde für die nächste Etatszeit wieder gewählt. Die ökonomische Sektion (Sekretair: Geh. Regierungsrath Freiherr v. Wechmar) hat im Laufe des Jahres 1857 eine Sitzung gehalten, in welcher die Frage verhandelt wurde: ob die Eisenindustrie des preußischen Staates sich nunmehr auf den Standpunkt erhoben habe, des Schutzzolles nicht mehr zu bedürfen, und nach dessen Abschaffung oder Herabsetzung das Eisen — ein wesentliches Erforderniss des landwirthschaftlichen Betriebes — zu verhältnissmässig billigerem Preise liefern zu können? Auch wurde vorgetragen, welcher Schaden dem inneren Bedürfniss der Landwirthschaft und anderer mit ihr in Verbindung stehender Gewerbe durch Freigebung der Ausfuhr der Knochen seewärts zugefügt werde. Als phosphorsaurer Kalk sind sie, präparirt, das kräftigste Düngungsmittel, — zu Kohle gebrannt den Zuckerfabriken unentbehrlich, und ihre Vertheuerung durch zollfreie Ausfuhr er- scheint als ein Raub am Nationalvermögen. Es wurde beschlossen, dem landwirthschaftlichen Central- Kollegium der Provinz Schlesien anheimzugeben, bei der hohen Staatsregierung wegen die Ausfuhr der Knochen beschränkenden Maßregeln vorstellig zu werden. ) Der verstorbene Freiherr Max von Speck-Sternburg auf Lutzschena bei Leipzig hat der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur ein Vermächtniß von 150 Rthlr. zur Honorirung der besten Bearbeitung einer Preisaufgabe aus dem Felde der Oekonomie ausgesetzt, welche bis zum Schluß des Jahres 1858 gelöst werden soll. Das Präsidium der Gesellschaft hat sich demnach dahin ent- schieden, ‚die zweckmäßigste Ernährungsweise des Rindviehes vom wissenschaftlichen wie vom prak- tischen Gesichtspunkte“ als Preisaufgabe offen zu geben. Für die Etatsperiode 1858 bis 1859 ist der bisherige Sekretair der ökonomischen Sektion wie- dergewählt worden. Die Sektion für Obst- und Gartenbau (Sekretaire: Direktor Professor Dr. Fickert und Kaufmann E. H. Müller) hat im Jahre 1857 siebenzehn Versammlungen, zehn Monats-Ausstellungen und eine größere Ausstellung (im Herbst) gehalten, dagegen die andere grössere Ausstellung im Frühjahr aus finanziellen Gründen ausfallen lassen. Bei der Herbst-Ausstellung allein hat die Sektion 114 Rthlr. 27 Sgr. 9 Pf. zugesetzt. Vertheilt wurden von 158 Obstsorten 1520 Pfropfreiser an 52 Mitglieder, Gemüsesämereien von 110 Sor- ten 1309 Portionen an 71 Mitglieder, Blumensamen von 20 Sorten 295 Portionen an 31 Mitglieder. In den Versammlungen sind 2 Vorträge gehalten, mehrere Berichte erstattet und im Uebrigen die An- gelegenheiten der Sektion verhandelt worden. Dahin gehört die Pachtung eines Gartens, zu der die Sektion geschritten ist, theils um selbst Versuche mehrfacher Art anstellen, theils um den Mitgliedern Gelegenheit geben zu können, durch eigene Anschauung Kenntniß zu nehmen von Zucht und Pflege der Gemüse, Bäume u. s. w. — Für die nächste Periode sind wieder gewählt worden als Sekretair Direk- tor Dr. Fickert, als Stellvertreter desselben Kaufmann E. H. Müller, als Mitglied der Promenaden- Deputation Buchhändler Ed. Trewendt. Die historische Sektion (Sekretair: Professor Dr. Röpell) hat sich im Laufe des Jahres 1857 zwei Mal versammelt, und wurden folgende Vorträge gehalten: am 19. Februar Privatdocent und Gymnasial-Oberlehrer Dr. Cauer: zur Charakteristik der neueren Geschichte im Gegensatze zu den früheren Epochen; am 10. Dezember Dr. phil. Paur: über den Fenstersturz in Prag 1618. Der bisherige Sekretair wurde auch für die nächste Etalszeit wieder gewählt. Die pädagogische Sektion (Sekretair: Seminar-Oberlehrer Scholz) versammelte sich im Jahre 1857 acht Mal, in welchen Versammlungen folgende Vorträge gehalten worden sind: 1) Herr Realschul-Direktor Dr. Kletke beantwortete die Frage: „Wie hat einerseits die vor 30 Jahren herrschende Gymnasial-Bildung, andererseits das erwachende Bedürfniss der indu- striellen Stände die Begründung realistischer Lehranstalten herbeigeführt, und wie sind diese beschaffen?“ 2) Derselbe hielt in einer 2. Sitzung einen Vortrag: „Ueber die Aufgabe und Bestimmung der deutschen Realschulen “; 10 3) Herr Hauptlehrer Stütze behandelte in zwei Versammlungen das Thema: ‚‚Thierschntz — und Menschenschutz ;* A) der Sekretair der Sektion, Seminar-Oberlehrer Scholz, hielt vier Vorträge: 1) über das Verhältniß der Theorie zur Praxis beim Unterricht, 2) über das Lügen der Kinder und die Verschuldung der Erziehung dabei, 3) Rousseau’s Ansicht von diesem Erbfeinde aller Sittlichkeit, 4) über die Ausmerzung der besonderen Denkübungen aus den heutigen Schulen. Die Sektionen wurden spärlich besucht. Der bisherige Sekretair wurde auch für die nächste Etats- zeit wieder gewählt. Die philologische Sektion (Sekretair: Direktor Professor Dr. Wissowa) hat sich im Jahre 1857 vier Mal versammelt. Am 3. Februar gab Herr Direktor Schönborn Mit- theilungen aus ungedruckten Briefen von Genz an Garve über Wilhelm von Humboldt. Am 21. April sprach Herr Privatdocent Dr. Suckow über ein auf Sokrates und Plato bezügliches Fragment des Aristoteles. Am 13. November versammelte sich die Sektion zur Wahl eines Sekretairs an die Stelle des verstorbenen Professor Dr. Wagner; dieselbe fiel auf Direktor Professor Dr. Wissowa. Endlich hielt am 15. Dezember Direktor Herr Dr. Fickert einen Vortrag über Ullrich von Hutten und die deuischen Humanisten zu Anfang des 16. Jahrhunderis. Die juristische Sektion (Sekretair: Geh. Justizrath Professor Dr. Gaupp) hat im Laufe dieses Jahres folgende Sitzungen gehalten: 1) am 4. Februar Vortrag des Sekretairs, Geh. Rath Professor Dr. Gaupp: Ueber ein am Ende des 15. Jahrhunderts nach Schlesien ergangenes Urtheil eines Fehmgerichtes in Westphalen; 2) am 1. April Vortrag des Herrn Appellations-Gerichts-Präsidenten a. D. Dr. Hundrich: Ueber Ehegesetze; 3) am 13. Mai Vortrag des Herrn Kreisgerichtsraths Klingberg: Ueber die eventuelle Eidesdelation; 4) am 27. Mai Vortrag des Herrn Th. Oelsner, Sekretairs des Gewerbevereins: Ueber das staatsrechtliche Verhältniß Neuenburgs zum preußischen Staate; 5) am 18. November Vortrag des Herrn Stadtrichters Primker: Ueber die Entwickelung des internationalen Privatrechts in Preußen. Erste Hälfte; 6) am 9. Dezember Fortsetzung und Schluß des Vortrages des Herrn Stadtrichters Primker: Ueber die Entwickelung des internationalen Privatrechts in Preußen. Die am 9. Dezember statutenmäßig veranstaltete Wahl des Sekretairs für das nächstfolgende Jahr fiel auf den bisherigen Sekretair, Geh. Justizrath Professor Dr. Gaupp. Die musikalische Sektion (Sekretair: Musikdirektor Dr. Mosewius) hat im laufenden Jahre nur eine Sitzung halten können, am 15. Dezember zum Jahresschlusse. In Folge laut gewordener sich widersprechender Urtheile über die Kompositionen Felix Mendelssohn’s, vorzüglich 11 über dessen Oratorium Elias, hatte der Sekretair eine nochmalige ganz spezielle Analyse dieses Kunstwerkes entworfen, in welcher er sich die Aufgabe gestellt, die Objekte in ihm aufzufinden, die einem Geistes- produkte den Stempel des Kunstwerkes aufdrücken, zu prüfen, ob in den einzelnen Theilen die ihnen zum Grunde liegende Idee ihre entsprechende Form gewonnen, ob diese Form eine schöne sei, ob die einzelnen Theile sich harmonisch, die Mannigfaltigkeit organisch sich zur Einheit verbinden. — Wir haben dabei nach dem Werthe oder Unwerthe jedes einzelnen Stückes nicht zu fragen, oder ob uns dies oder jenes besonders gefalle, dies oder jenes an sich schön sei, sondern vielmehr auf das Ver- hältniß des Einzelnen zum Ganzen, auf die Wahrheit und Schönheit seiner Gestaltung, auf die Nothwen- digkeit seiner uns vorliegenden Ausführung, der Aufgabe gegenübergestellt, Rücksicht zu nehmen. — Der genauen und ausführlichen Darstellung konnte nur der erste Theil des genannten Werkes unter- zogen werden, die Prüfung des zweiten bleibt der nächsten Sitzung der Sektion vorhehalten. So viel resultirt schon aus der genaueren Betrachtung des ersten Theiles, daß Mendelssohn darin, befreit von Nachahmung älterer Meister, freigestaltend erscheint, nicht nur Individualität, sondern selbstständig künst- lerisch schaffende Persönlichkeit geworden ist. ‘In dem ganzen vorliegenden Oratorium finden wir seine schöpferische Kraft unbeschränkt hervorireten und vermögen sie nachzuweisen. Seine Kraft, seine selbstständige schöpferische Kraft, nicht blos Gabe und Geschicklichkeit der Nachahmung, Verarbeitung und Anwerdung des Vorhandenen. Er knüpfte an Gewesenes, Vorhandenes an, hat aber den Kunst- stoff durch seine Verarbeitung nach dem Muster der größten Meister der Kunst und ohne dem Wesen der HHusik Gewalt anzuthun in ihm allein ganz eigenthümliche Gestaltungen gebracht, so daß er als ein Förderer der Kunst, die in seinen Werken unleugbar einen Fortschritt bekundet, betrachtet werden muß; wovon der zweite Theil des vorliegenden Werkes noch mehrere Zeugnisse aufzustellen hat, als der besprochene erste. Am Schlusse der Sitzung wurde der bisherige langjährige Sekretair der Sektion von den anwesen- den Mitgliedern durch Acclamation auch für die folgende Etatszeit erwählt. Er nahm mit Dank die Wahl an und empfahl den Mitgliedern die Sektion zur geneigten Beachtung durch passende Vorträge. Bericht über die Verwaltung der Kasse im Jahre 1857. Beim Hinblick auf die im verflossenen Jahre erfolgten Einnahmen und Ausgaben der allgemeinen Ge- sellschaftskasse und deren gegenwärtige Lage muß zuvörderst gesagt werden, daß die durch den Etat pro 1856 und 1857 normirten Einnahme-Beträge vollständig erzielt worden sind und die Ausgaben gegen voriges Jahr besonders für den Druck der Jahresberichte nicht unerhebliche Ersparungen ge- stattet haben. Die voraussichtliche Gesammteinnahme wird sieh auf circa 3200 Rthlr. und die Gesammtausgabe auf eirca 2550 Rthlr. belaufen, wodurch ein Baarbestand von ungefähr 650 Rthlr. verbliebe, wovon nach Eingang der noch ausstehenden Mitglieder-Beiträge pro Il. Semester ce. im künftigen Jahre wieder einige hundert Rthlr. zur Vergrößerung des jetzt 4500 Rthlr. Nominalwerth betragenden Aktiv-Kapitals verwendet werden können. x 12 Die wiederum begonnenen öffentlichen Vorträge finden auch diesmal eine so erfreuliche Betheili- gung, daß die desfallsigen Unkosten durch die Eintrittsgelder aufs Vollständigste gedeckt sein werden. Was nun die Separatkasse der Sektion für Obst- und Gartenkultur anbelangt, so ist es durch die Einnahmen im ersten Halbjahr allerdings möglich gewesen, eine Vermehrung des Effektenbestandes von S00 Rthlr. auf den Nominalwerth von 1100 Rihlr. zu bewirken; indessen haben im zweiten Halbjahr die Ausgaben, besonders durch die circa 120 Rthlr. betragenden Zuschüsse zu den veranstalteten Aus- stellungen, so wie durch die beinahe auf 200 Rthlr. sich belaufende Verwendung für den in Pacht und Bearbeitung genommenen Versuchsgarten eine solche numerische Höhe erreicht, daß zur begleichenden Abwickelung der Jahresrechnung auf die angelegten Kapitalien wird zurückgegriffen werden müssen. Breslau, den 18. Dezember 1857. Klocke, z. Z. Kassirer der Gesellschaft. Bibliotheken und Museen. In dem abgelaufenen Jahre haben die Bibliotheken einen Zuwachs von 410 Nummern mit 529 Bän- den oder Heften erhalten, von denen 112 Nummern mit 115 Bänden der allgemeinen, 298 Nummern mit 414 Bänden, Heften oder Heftchen der schlesischen Bibliothek zugefallen sind. An Gesellschafts- Schriften verdanken dieselben dieses Jahr ihre Vermehrüng 16 schlesischen, 81 deutschen, 1 sieben- bürgischen, 6 russischen, 1 schwedischen, 1 dänischen, 1 englischen, 2 holländischen, 3 belgischen, 1 französischen, 3 schweizerischen und 1 amerikanischen, in Summa 101 außerschlesischen Gesell- schaften. Die Namen der Behörden, Institute, Vereine und einzelnen Herren, denen sie diese ihre Vermeh- rung im Jahre 1857 verdanken, sind mit beigefügter Zahl der von ihnen geschenkten Bücher folgende: A, Bei der schlesischen Bibliothek. a. Von Behörden, Instituten, Vereinen etc. Das Gymnasium zu St. Maria Magdalena zu Breslau 1, das k. Friedrichs-Gymnasium zu Breslau 1, der Gewerbe-Verein zu Breslau 1, der kaufmännische Verein zu Breslau 1, der landwirthschaftliche Central-Verein zu Breslau 1, der landwirthschaftliche Spezial-Verein zu Breslau 1, der Magistrat zu Breslau 1, der schlesische Verein für Pferdezucht zu Breslau I, der Verein für Geschichte und Alter- thum Schlesiens zu Breslau 1, der Verein für schlesische Insektenkunde zu Breslau 1, der Verein zur Beförderung des Seidenbaues in der Provinz Schlesien zu Breslau 3, die Bürger-Rettungs-Anstalt zu Breslau 1, die höhere Bürgerschule zum heiligen Geist in Breslau 1, die Fränkel’sche Stiftung zu Bres- Kassen-Absehluss für das Jahr 1857. soll einkonmen nach dem Etat pro 1856—57. Mb Allgemeine Kasse. *: Einnahmen. Bestand aus dem vorigen Jahre...................0222oeleeneeeeeernenone 189 | — | Zinsen von Effekten: von 2400 +;. Niederschl.-Märk. Prior.-Obligationen Ser. I. A 4% pro anno 96 +2: von 900 ’z Niederschl.-Märk. Prior.-Obligationen Ser. I. A 5 pro anno 45 „, yon 800 5: Breslau-Schweidn.-Freib. Prior.— Obligationen A AO pro anno 82 „, von 400 45: Breslau-Schweidn.-Freib. Prior.-Obligationen a Au pro anno, 16 ,, 1431 | — |Halbjüährige Beiträge von einheimischen Mitgliedern: Fir enm ine JohanniE2A3W a7 Bere für Termin Weihnachten 247 X 8 + (Rest geblieben 45 #5, wovon 15 +2: niedergeschlagen.) 420 | — |Halbjährige Beiträge von auswärtigen Mitgliedern: [ursRermin@Johannie LU TEAPDEAr Er en ee en 202 5. für Termin Weihnachten 95 a 2 ag: .......2220coeeeeeeeeen. 190, Rest geblieben 20 "5, wovon 22. bereits niedergeschlagen). 8 (0) (0) & 5 36 | — [Eintrittsgebühren von 18 Mitgliedern a 3 Agı........uceocacnencceeecuren 150 | — | Beitrag zur Miethe vom Schlesischen Kunstverein................... 150 | — [Beitrag zur Miethe von dem Gewerbe-Verein ..................uuece. 50 | — |Beitrag vom hiesigen Magistrate...............ucueuuneseoecconeneen Bine eo iEneaResyeuhrüliieineiugllalinenee 2 PrE EEE Er EEE Sn; — (An dergleichen nicht niedergeschlagenen Resten verblieben II +5.) 24) —_ Außergewöhnliche Einnahmen: Ueberschuß von den Vorlesungen pro 1856/57....... 19 28 6 9 4 Vergütung für Lokal, Beleuchtung ete............... 80... 07, en Beitrag vom Kunstverein für Malen de: Lokals. . 30 5 — 3» Für einen verkauften Schrank. .................... A, yon Das zur Verwendung für eine Preiaufeabe bestimmte Legat des Freiherrn Max v. Speck-Sternburg..... 15,15, —„ Als Asservat für vorstehendes Legat angekaufte 2 Stück ä 100 +. Oberschl. Eisen- bahn-Prioritäts-Obligationen Lit. E. Nr. 3406 und 3407................ Ist eingekommen. Eifekten. Baar. rn 5 Mb 4500 627 1 — 189 | — — 1470 | — — 392 | — _ 150 | — —_ 180 | — ai sa) | — — 41 | 10 4500 | 3153 | 11 — 229 | 18 200 — —_ A700 | 38383 | — Ausgabe nach dem Etat Pro 185657. _Ü6 600 s0 15 230 30 3 70 60 0 | — Allgemeine Kasse, Ausgaben. NIGUICH sodann See Be ao ED TO ENAAHSN ADDED SO ps Honorar den Präfekten über Bibliothek und Museum der Gesellschaft. ............ Neujahrsgeschenk dem" Kastellan 2.22 gr). 2er ee rt Gehalt demselben Unterstützung an die verwittwete Kastellan Glänz Dem Haushälter Heizung, Feuerversicherungs-Prämie Schreibmaterialien ..........cuenceeseneen Zeitungs-Annoncen......... Dxuckkosteneg tree er ‚Buch DinderarDeitenVontuee teen EEE RR Eee Postprokura und Porto KIEINEWAUS SAD EN E E EREEROREERERTRETRR Dem Sternwarten-Diener für meteorologische Beobachtungen Druck der meteorologischen Beobachtungen Naturwissenschaftliche Sektion . . Entomologische Sektion Bibliothek Botanischeu Sektion rer en mE Er Unvorhergesehene Fälle Außergewöhnliche Ausgaben: Für gegenüberstehend als angekauft nachgewiesene 2 Stück a 100 2. Eisenbahn-Prioritäts-Oblig. Lit. E. a 7722 154 4:10 46 — 4% Zinsen davon für 47 Tage a 31 S al Ba 331: ae 5 = 5 Darlehn an die Separatkasse der Sektion für Obst- und Gartenbau .............. Bestand am Schlusse des Jahres: Prioritäts-Obligationen der Niederschl.-Märkischen Eisenbahn 4 4°. 2400 5 Prioritäts-Obligationen der Niederschl.-Märkischen Eisenbahn a 59 900 , Prior.-Obligationen der Breslau-Schweidnitz-Freib. Eisenbahn ä 4° 800 „ ” „ ” ” ” 400 2 Außerdem die als Legats-Asservat angekauften Prioritäts-Obligationen der Ober schlesischen Eisenbahn Lit. E. ..................u.ouceuueoe. een. Ist verausgabt. Eifekten, Baar. re ES _ 600 | — _ 130 | — en al _ 230 | — & sl — = ulle — 77 4 —_ 112 | 14 —_ 256 | 25 _ 12 | 19 _ Ze EZ —_ 30 | 12 _ 425 5 — 87 | 21 _ 39 | 24 _ 27 4 — 12 || — _ 149 | — _ 6 1 —_ 31 | 13 _ 115 | 20 — 51 8 _ 30 rl — 8 | 20 — 2566 | 10 us 155 7 — 250 | — 4500 —_ _ 200 — _ — 411 | 12 4700 | 3383 | — Ed e| | a! see! | a@-real un! | er) Klocke, z. Z. Kassirer der Gesellschaft. Kassen-Abschluss für das Jahr 185%. Separaf-Kasse der Sektion für Obst- und Gartenkultur. Einnahmen, Bestand aus dem vorigen Jahre: Preußische Anleihe von 1850 a AL 9. ...........2ueeeeoeeeeeeenennene 300 2; Cosel-Oderberger Prioritäts-Obligationen a AO... ........ucceeeeeeeen. 200 ,„ Breslau-Schweidnitz-Freiburger Eisenbahn-Prioritäts-Obligationen a A%..... 300 ,, EI 5 ano 6 08 0 ra anno one een Beiträge, der Mitglieder für das laufende Jahr .....................ue.onenn., Beiträge der Mitglieder von dem Lesezirkel..................2...... Beitrag von dem landwirthschaftlichen Central-Verein................. Angekaufte 3 Stück ü 100 4: Oberschl. Eisenbahn-Prior.-Oblig. Lit. E. Nr. Zinsen von 300 3. preußische Anleihe ä 410 yon einem Jahre ......... 20 200 +2. Prioritäts-Obligationen der Cosel-Oderberger Eisenbahn a 4% von einem Jahre 300 =: Prioritäts-Obligationen der Breslau-Schweidnitz-Freibur- ger Eisenbahn a 4% yon einem Jahre 300 45: Prioritäts-Obligationen der Oberschlesischen Eisenbahn Lit. E. & 82% von einem halben Jahre.................. An Darlehn aus der Allgemeinen Kasse 3408, 3409 und 8410 13 4 15 6 — 4% Ist eingekommen, Effekten. Pe 800 500 1100 E3 38 250 883 Baar. MH 22 17 6 Separat-Kasse der Sektion für Obst- und Gartenkultur. Ausgaben. Postprokura und Porto. 4 u Be a a RE DFIAE Für Journale, Zeitschriften und Bücher ......:.. .u.cenecesnemenceneeeeenereeenunn nun Dem Kolporteur FüräSämereienunndPPlanzen Fremen Eee ne ea an esanerann yeheeee e Kosten für die Ausstellung...................: BED a RE ER TER. Eür/Couyexis, Lithographienketegen. 0 ee Für2K0 pialien erere L I E R ertreee. Für Zeitungs-Inserate Für Cireulare....... Für die Reise des Sekretairs nach Gotha... Für angeschaffte 3 Stück & 100 3. Oberschlesische Eisenbahn-Prioritäts-Obli- o gationen Lit. ZinsenwfürgA 7a TagenaßoL ee een ee derer ea E. a 774 BO: ennen 231 44: 15 46 1 ” 11 » Für den Versuchsgarten, und zwar: für den Pachtkontrakt (die Hälfte), 2,174 6% FüräMiethepfürgn lahnaper 0.1. et eher. act ee 20 „ — ,„ 5 für Gärtnergehalt und Arbeitslöhne ....................2... 9,28 „ — ,„ für angeschaffte Utensilien für 'Stroh-, Holz-, Dünger- und anderweitige Anschaffungen.... BZ 23 Er Bestand am Schlusse des Jahres: in 43 % preußischer Anleihe von 1850................ucccueeeeaeaeee. 300 4 in 47 Prioritäts-Obligationen der Cosel-Oderberger Eisenbahn............ 200 „ in 4% Prioritäts-Obligationen der Breslau-Schweidnitz-Freiburger Eisenbahn. 300 ‚, in 32 5 Prioritäts-Obligationen der Oberschlesischen Eisenbahn Lit. E....... 300 „, Klocke, z. Z. Kassirer der Gesellschaft. Ist verausgabt, Effekten. Baar. Bes MM _ 46 | 14 u —_ 69 4 6 _ u) I — || = _ 7|13 111 _ 128 | 27 9 —_ 13 | 15 | — =, = — 17 S) 9 _ 15 |2| — un cr | _ 232 | 26 | — —_ 193 | 20 5 1100 _ —|— _ 10 b} 1100 833 | 17 6 Bares, MEER Serge a HOT ER ET er tn in a > Iso am ‚iaer lbzeı Kati ö BR URsr Sl hs ae Ronaenitlatt: Km aaa ES sm NE m. IV. vn. Klat der Einnahmen und Ausgaben der Allgunl Einnahmen. Zinsen von Aktiv-Kapitalien: von 2400 2: 4 2 Niederschl.-Märk. Prior.-Obligationen Ser. I... 96 — ». 900 310: „ ” ” ” No: 45 ER » 800 “9: 48 Breslau-Schweidnitz-Freib. Prior.-Obligationen 32 — ” 400 Ge Ce) „ „ „ ” „ 16 Te Beiträge von einheimischen Mitgliedern: 189 Tr nach der Ende 1857 verbliebenen Anzahl der Beiträge zahlenden | Mitglieder, 3366, 9a m ..........2222ucenen | 1467 — Beiträge von auswärtigen Mitgliedern: nach der Ende 1857 verbliebenen Anzahl der Beiträge zahlenden | Mitglieder, 97.2 Aa... 2 ee 388 — Eintrittsgebühren von neu aufgenommenen Mitgliedern, 12 A 3 2... ! 36 —_ Beitrag zur Miethe vom hiesigen Kunstverein ..............2.22... | 150 _ Beitrag zur Miethe vom hiesigen Gewerbeverein incl. Beleuchtungs- und Behejzungs-Kosten ..: 0... un. mr. ee 180 — Beitrag: vom hiesigen Magistrat .. 2.22... nn | 50 _ 2460 — Das Präsidium Göppert. der Sc Ebers, B meinen Kasse für die Jahre 1858 und 1859. Ausgaben. lo.) UNeNh®s 2.3.00 Be ee 12 Sr ee SE RER EN II. | Honorar den Präfekten über Bibliothek und Museum der Gesellschaft. III. | Neujahrsgeschenk dem Kastellan..................2c22200. SE NasinG@ehaliademselben?s. 2... 0200 cu. 20 en RL. BA BemeHlaushältere ae. 0. nn DAB alleizunpem na een aan MIEDBeleuchiungs 2... 20. 2: 0... nn en ae MS |EUnterhaltung. der.-Mobilien........... 2.2. ...........0..0.222%- DRS eReueryersicherungs-Prämie . 4... ....2.. 0.0. sueene Desieschreibmateriallen 4.2... neu. cn... Eee RE IB Zetungs Anzeigen... 0... 00 nee nen ensen een He IEDruckkosten a le nl ee een er Res öBuchbinderarbeiten 2: .....2...2 2... 22.022202 lenae ne oe IV RBostprokurasund Bortor.:.............22.. 2. nee NV. Kleine Ausgaben ............... BE Ne EEE XV I Naturwissenschaftliche Sektion ...............-......2e...020.0. SIR jeEntomoloeische, Sektion... ..............0 nes cnenes een in. XVII. | Bibliothek (incl. der zum Ankauf medizinisch -chirurgischer Journale bestimmten Summe) Sr ln aeee Ken rrlechnische: Sektion®. eo ...03.2..2020..2.2 sm DIE IeBotanische: Sektion. 2. nennen se. nenn. XI Unyorhergesehene Fälle... .......................2.......0.: den | Dezember 1857. siesischen Gesellschaft. ll. v. Görtz. Klocke. u 15 lau 2, die Handelskammer zu Breslau 1, die k. Universität zu Breslau 47, die oberlausitzische Gesell- schaft der Wissenschaften zu Görlitz 1, die ökonomisch-patriotische Sozietät der Fürstenthimer Schweid- nitz und Jauer zu Jauer I, die Stadt- und höhere Bürgerschule zu Landeshut 1, der landwirthschaftliche Verein zu Liegnitz 1, die k. Ritter-Akademie zu Liegnitz 1, die philomathische Gesellschaft zu Neisse 1, die Realschule zu Neisse I, der allgemeine landwirthschaftliche Verein im Kreise Oels zu Oels ], der ökonomisch-patriotische Verein zu Oels 1, der Magistrat zu Ohlau 1, die Freimaurer-Loge zu Ratibor 1, der land- und forstwirthschaftliche Verein im Rybniker Kreise zu Rybnik 1 Nummer. b. Von einzelnen Geschenkgebern. Herr Lehrer Gerhard in Liegnitz 1 Manuscript, Herr Geh. Med.-Rath Professor Dr. Göppert 1 und mehrere kleine Nummern, verw. Frau Kaufmann Häusler zu Hirschberg 1, Herr Professor Hoffmann von Fallersleben in Weimar 1, Herr Pastor Kellner zu Schwirtz 1, der verst. Herr Inspektor F. W. Kölbing zu Herrnhut 1 Manuscript, Herr Brunnen- und Badearzt Dr. Lesser in Nieder-Langenau 1, Herr Haupt- lehrer D. Letzuer 1, der zeitige Kustos K. Letzner 1, Herr Seminar-Musiklehrer Meitner zu Münster- berg 1, Herr Kaufmann E. H. Müller 3, Herr Literat Th. Oelsner 4, Herr Pastor A. Pauli zu Zibelle 1 Manuscript, Herr Hauptlehrer Peuckert 1, Herr Kastellan Reisler mehrere kleine Nummern, Herr Propst und Pastor Schmeidler 1, Herr Dr. phil. Schuchardt in Landeshut 1 Manuscript, Herr Kreisge- richisraih Tiede in Trebnitz 1, Herr Lehrer Wander zu Hermsdorf u. K. 5, Herr Direktor Professor Dr. Wimmer 1 Nummer. Eingetauscht wurden 6 Nummern. B. Bei der allgemeinen Bibliothek. a. Von Behörden, Instituten, Vereinen etc. Die Geschichis- und Alterthums-forschende Geseilschaft des Osterlandes zu Altenburg 1, die k. niederländische Akademie der Wissenschaften zu Amsterdam 5, der historische Verein in Mittel-Franken zu Ansbach 1, der naturhistorische Verein zu Augsburg 1, die naturforschende Gesellschaft zu Bamberg 1, die naturforschende Gesellschaft zu Basel I, der historische Verein von Ober-Franken zu Bayreuth 1, das k. Landes-Oekonomie-Kollegium zu Berlin 1, der Verein für Geschichte der Mark Brandenburg zu Berlin 2, der landwirthschaftliche Provinzial- Verein für die Mark Brandenburg und Niederlausitz zu Berlin 1, der Verein zur Beförderung des Gartenbaues in den k. preußischen Staaten zu Berlin 1, der Verein zur Beförderung des Gewerbefleißes in Preußen zu Berlin 1, die deutsche geologische Gesell- schaft in Berlin 1, die Gesellschaft zur Beförderung des Flachs- und Hanfbaues in Preußen zu Berlin 1, die k. Akademie der Wissenschaften zu Berlin 2, der naturwissenschaftliche Verein des Harzes zu Blan- kenburg 1, der naturhistorische Verein der preußischen Rheinlande und Westphalen zu Bonn 1, der Verein der Freunde der Naturgeschichte in Mecklenburg zu Neu-Brandenburg 1, die k. Leop.-Karoli- nische Akademie der Naturforscher zu Breslau und Bonn 1, die k. k. mährisch-schlesische Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde zu Brünn 2, die k. belgische Akademie der Wissenschaften zu Brüssel 5, Z’Academie roy. de Medecine de Belgique zu Brüssel ], die Phi- losophical Society zu Cambridge 1, die k. Landwirthschafts-Gesellschaft für das Königreich Hannover 14 zu Zelle 1, der landwirthschaftliche Verein für Rheinpreußen zu Koblenz 1, die naturforschende Gesell- schaft in Danzig 1, der Gartenbau-Verein zu Darmstadt 1, der historische Verein für das Großherzog- thum Hessen zu Darmstadt 2, der mittelrheinische geologische Verein zu Darmstadt 1, der statistische Verein für das Königreich Sachsen zu Dresden I, der Gartenbau- Verein für Neu-Vorpommern und Rügen zu Elidena 1, die naturforschende Gesellschaft zu Emden 1, die Akademie der Wissenschaften in Erfurt 4, der physikalische Verein zu Frankfurt a. M. 1, die Gesellschaft zur Beförderung der Natur- wissenschaften zu Freiburg i. Br. 1, der Verein für Mikroskopie zu Gießen 1, die oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde zu Gießen 1, die k. hannoversche Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen 1, der thüringische Gartenbau-Verein zu Gotha 1, der landwirthschaftliche Verein für Litthauen zu Gumbinnen 1, der naturwissenschaftliche Verein für Sachsen und Thüringen zu Halle 1, der naturwissenschaftliche Verein in Hamburg 1, der historische Verein für Nieder-Sachsen zu Hanno- ver 1, die holländische Gesellschaft der Wissenschaften zu Harlem 1, der naturhistorisch-medizinische Verein zu Heidelberg I, der Verein für siebenbürgische Landeskunde zu Herrmannstadt 3, der Verein für ihüringische Geschichte und Alterthumskunde zu Jena 1, die Centralstelle für Landwirthschaft im Großherzogthum Baden zu Karlsruh 1, die Geschichts- und Alterthums-Vereine zu Kassel, Darmstadt, Mainz, Wiesbaden und Frankfurt a. M. 1, die Universität in Kiel 1, die Centralstelle der landwirth- schaftlichen Vereine des Regierungsbezirkes Königsberg zu Königsberg 1, die physikalisch-ökonomische Gesellschaft zu Königsberg 1, die k. dänische Gesellschaft der Wissenschaften zu Kopenhagen 1, die k. sächsische Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig A, das Museum Franzisco-Carolinum zu Linz 1, der Alterihums-Verein in Lüneburg 2, die k. Gesellschaft der Wissenschaften zu Lüttich 1, die Gesell- schaft für Aufsuchung und Erhaltung der geschichtlichen Denkmäler im Großherzogthum Luxemburg zu Luxemburg 1, der Verein zur Erforschung rheinischer Alterthümer zu Mainz 1, der Verein für Natur- kunde zu Mannheim 1, die Gesellschaft zur Beförderung der gesammten Naturwissenschaften zu Mar- burg 1, die landwirthschaftlichen Central-Vereine zu Marienwerder und Danzig zu Marienwerder 1, der Verein für Pomologie und Gartenbau zu Meiningen 1, die Societe imperiale des naturalistes zu Mos- kau 2, der historische Verein für Ober-Baiern zu München 2, der landwirthschaftliche Verein in Ober- Baiern zu München 1, die k. baierische Akademie der Wissenschaften zu München 3, der landwirth- schaftliche Provinzial-Verein für Westphalen zu Münster 1, der Verein für Geschichte und Alterthums- Kunde Westphalens zu Münster 1, das germanische Museum zu Nürnberg 1, die k. Akademie der Wissenschaften zu St. Petersburg 1, die k. freie ökonomische Gesellschaft zu St. Petersburg 1, die k. mineralogische Gesellschaft zu St. Petersburg 1, die k. böhmische Gesellschaft der Wissenschaften zu Prag 1, die k. k. patriotisch-ökonomische Gesellschaft im Königreiche Böhmen zu Prag 2, der histo- rische Verein von Oberpfalz und Regensburg zu Regensburg 1, der zoologisch-mineralogische Verein zu Regensburg 1, der naturforschende Verein zu Riga 1, die Gesellschaft für Geschichte und Alter- thums-Kunde der russischen Ostsee- Provinzen zu Riga 2, der mecklenburger patriotische Verein zu Rostock 1, der thüringische Kunst- und Gewerbe-Verein zu Saalfeld 1, das großherzogliche mecklen- burger statistische Bureau zu Schwerin 1, der Verein für mecklenburgische Geschichte und Alterthums- Kunde zu Schwerin 1, der provinzial-landwirthschaftliche Verein für den Landdrostei-Bezirk Stade zu Stade 1, der entomologische Verein zu Stettin 1, die Gesellschaft für pommersche Geschichte und Alterthums-Kunde zu Stettin 1, die k. schwedische Gesellschaft der Wissenschaften zu Stockholm 2, die Societe d’histoire naturelle zu Strassburg 1, das k. statistisch-topographische Bureau zu Stuitgart l, der Verein für vaterländische Naturkunde in Württemberg zu Stuttgart 1, die k. württembergische Centralstelle für die Landwirthschaft zu Stuttgart 1, der Verein nützlicher Forschungen zu Trier 2, die Smithsonian. Institution zu Washington 7, der Alterthums-Verein in Wien 1, der zoologisch-botanische 15 Verein in Wien 2, die k. Akademie der Wissenschaften in Wien 9 (in 20 Bänden), die k. k. geogra- phische Gesellschaft in Wien I, die k. k. geologische Reichs- Anstalt in Wien 1, der polytechnische Verein zu Würzburg }, die antiquarische Gesellschaft zu Zürich 1, die naturforschende Gesellschaft zu Zürich 2 Nummern. b. Von einzelnen Geschenkgebern. Herr Geh. Regierungsraih Dr. Back in Altenburg mehrere kleine Nnmmern, Herr Medizinal- Rath Professor Dr. Barkow i, Herr Sanitätsrath, Direktor Dr. Berend zu Berlin 1, Herr Medizinal-Rath Dr. Bley zu Bernburg 2, Se. Excellenz Mr. de Brock, Ministre des Finances, T Etat Maj. du Corps des Ingenieurs des mines de Russie etc. zu St. Petersburg 4, Herr Professor Dr. F. Cohn 1, Herr Geh. Medizinal-Rath Dr. Ebers 1, Herr k. k. Finanzrath d’Elvert zu Brünn 1. Herr Dr. Erlenmeyer, Direktor der Irrenheil-Anstalt zu Bendorf bei Koblenz 1, Herr Medizinal-Rath Dr. Eulenburg zu Kob- lenz 6, Herr k. k. Hofarzt Dr. Flamm in Wien 1, Herr Brunnen- und Badearzt Dr. Flechsig zu Elster 1, Herr Geh. Medizinal-Rath Professor Dr. Göppert 3 und durch denselben aus dem Göppert’schen Lesezirkel 46 (mit 107 Bänden), Herr Bibliothekar des k. böhmischen Museums Dr. Hanus in Prag 1, Herr Kustos, Professor A. Heinrich in Brünn 2, Herr Premier-Lieutenant W. v. Knobelsdorf 1, Herr Professor Dr. Kützing zu Nordhausen 1, Herr Dr. Kuleszy in Warschau 1, Herr Eisenbahn - Direktor Lehmann zu Groß-Glogau 1, der zeitige Kustos K. Letzner 1, Herr Privatdocent Dr. Lewald 1, Herr Dr. med. E. Lichtenstein zu Grabow 1, Herr Dr. med. A. Lievin zu Danzig 2, Herr Direktor Profes- sor Dr. Loew in Meseritz 1, Herr V. v. Motschulsky, Hauptmann zu St. Petersburg 1, Herr Dr. med. Neugebauer zu Kalisch 1, Herr Literat Th. Oelsner 2, Herr Seminar-Oberlehrer Prange zu Bunzlau 4, Herr Dr. L. Rabenhorst in Dresden 5, Herr Goldarbeiter Rudolph 1, Herr Hofrath Dr. Spengler zu Bad Ems 1, Se. Excellenz der k. Ober-Ceremonien-Meister, Kammerherr etc. Freiherr R. v. Stillfried in Berlin 1, ein Unbekannter 3, Herr Dr. med. et chir. F. W. Viol 1, Herr Buchdruckerei-Besitzer Voigt zu Bunzlau 1, Herr Bergrath Professor J. Weisbach zu Freiberg 1, Herr v. Woikowsky-Biedau, k. Lieutenant und Ritterguisbesitzer auf Pohlsdorf bei Metikau 1 (in 32 Bänden) Nummer. - Gekauft wurden 40 Nummern mit 44 Bänden, eingetauscht 8 Nummern. Die Sammlungen der Gesellschaft wurden durch folgende Geschenke vermehrt: 1) Von Herrn Buchhändler J. U. Kern: Plan von Breslau und Umgegend, gez. von H. v. Aigner. — 2) Von Herrn Kaufmann E. H. Müller: a) Homann’scher Atlas von Schlesien auf Leinwand. Nürnberg 1736; b) Mappa geographica totius regni Bohemiae von J. Chr. Müller. 1720. 25 Sektionen auf Lein- wand; c) ganz neue und vollständige geographische General-Charte vom ganzen Churfürstenthum Sach- sen von Petri, gez. 1759—63. 15 Sektionen auf Leinwand. — 3) Von Herrn Literaten Th. Oels- ner: a) Portrait C. v. Holtei’s, gez. von Kriehuber. Lithographie. b) Portrait Gustav Adolf’s von Schweden. Lithographie. c) Portrait des Hofrathes Dr. Neubeck. Lithographie. d) 4 Blätter, An- sichten interessanter Stellen der schweidnitz-reichenbacher Eisenbahn. Lithographie. e) eine Ernte; Lithographie von v. Klöber; f) die Huldigung Friedrich Wilhelm IV. zu Berlin. Stahlstich von Schwech- ien, gem.’ vom Professor Krüger. — 4) Von Herrn Chef-Präsidenten Selbstherr: 5 Goldstufen aus Kremnitz und 3 Stück Marmor von der Trajans-Säule in Rom. — 5) Von Herrn Kupferdrucker Win- ter: Theses ex universa philosophia, entworfen von A. Lublinsky, gestochen von E. Heinzelmann, Kupferstich. 16 Gekauft wurden die Portraits von Berner, Fülleborn, Grünig, Gryphius, Hoffmann v. Hoffmanns- waldau, Holty, Lohenstein, Schall, Schäffer, Schmolke, Thebesius, van der Velde, Weisflog, Willmann, Winkler. Indem schließlich noch berichtet wird, daß unser Stiftungsfest herkömmlicher Weise am 25. Januar c. gefeiert worden ist, legt das Präsidium heut bei dem Ablaufe der zweijährigen Amts- und Etats- Periode sein Amt in die Hände der geehrten Gesellschaft mit dem Wunsche nieder, daß es ihm gelun- gen sein möge, zur Förderung ihrer Zwecke einigermaßen beigetragen und in ihrem Sinne und Geiste gewirkt zu haben. —— > — Neglement für die Benutzung der Bibliothek der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur. sl. Die Bibliothek steht unter Oberaufsicht der beiden Bibliothekare der Gesellschaft, Herrn Professor Dr. phil. Kahlert und Herrn Professor Dr. phil. Röpell, und unter spezieller Verwaltung des Kustos der Bibliothek und der Sammlungen, Herrn Haupilehrer Letzner. S2. Mitglieder der Gesellschaft sind unter den nachfolgenden Bedingungen zu ihrer Benutzung berech- tiget, Nichtmitglieder unter denselben Bedingungen nur dann, wenn ein wirkliches Mitglied für sie garantirt. S 93. Die Bibliothek ist an jedem Mittwoch und Sonnabend von 2 bis 4 Uhr geöffnet, in welchen Stunden die Ausgabe und Rücklieferung der Bücher stattfindet. SA. Auswärtige Mitglieder haben ihr Gesuch an den Kustos der Bibliothek der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur, Herrn Hauptlehrer Letzner, per Adresse der schlesischen Gesellschaft für vater- ländische Kultur franco Breslau zu senden und demselben einen mit Wohnort, Datum, Namen und Charakter deutlich geschriebenen Empfangsschein beizufügen, in welchem der Titel und Autor des ge- wünschten Werkes genau angegeben ist. Die Zusendung erfolgt unfrankirt durch die Post, und werden für Verpackungsunkosten, je nach dem Umfang des Packetes, 21—5 Sgr. durch Posivorschuß erhoben. s5. Werke mit Abbildungen werden nur unter besonderer schriftlicher Genehmigung und Bürgschaft des Sekretairs der Sektion, welcher das sie fordernde Mitglied angehört, ausgegeben. s 6. Die Bücher werden auf einen Zeitraum von 8 Wochen ausgeliehen, nach deren Verlauf sie zurück- zuliefern und von Auswärtigen kostenfrei an obengenannie Adresse zurückzusenden sind. Säumige werden gemahnt, und haben für jede Mahnung dem betreffenden Boten 23 Sgr. zu zahlen, welche von Auswärtigen durch Postvorschuß eingezogen werden. s 7. Der Entleiher hat die von ihm entliehenen Werke in demselben Zustande zurückzuliefern, in wel- chem er sie erhalten hai. Im Falle von Beschädigungen hat er die Kosten der Restauration zu tragen und ist verpflichtet die Werke zu ersetzen, welche durch ihn der Bibliothek der Gesellschaft etwa ganz verloren gehen sollten. Breslau, den 14. Juli 1858. Das Präsidium der schlesischen Gesellschaft: Göppert. Ebers. Bartsch. v. Görtz, Klocke. Bericht über die Thätigkeit der naturwissenschaftlichen Sektion im Jahre 1857, abgestattet von den Sekretairen der Sektion H. R. Göppert und F. Cohn. D:. Sektion hielt in dem nun verflossenen Jahre 10 Sitzungen, in denen Folgendes verhandelt wurde: Chemie, Physik und Geographie. Herr Direktor Dr. Ritthausen sprach am 2. Dezember : Ueber das schwankende Verhältniss einiger Elementarbestandtheile der Kultur- pflanzen, insbesondere des Stickstoffs und der Kieselsäure der Cerealien. Bei Vergleichung der Resultate sehr zahlreicher von deutschen, englischen und französischen Che- mikern ausgeführten Untersuchungen des Weizens aus sehr verschiedenartigen Gegenden giebt sich nach dem Vortragenden ein bestimmter Einfluß des Klima’s, der Wärme, des direkten Sonnenlichtes, der Menge und Vertheilung des Regens, der Trockenheit und Nässe einer Gegend auf die Natur und Menge der Stickstoffverbindungen des Weizens zu erkennen. Es läßt sich nach diesen Untersuchungen mit einiger Wahrscheinlichkeit annehmen, daß in den nördlichen und kälteren Himmelsstrichen, in nebel- und regenreichen Ländern, in Gegenden mit oft bedecktem Himmel im Allgemeinen ein an Stickstoff ärmeres Getreide produzirt werde, als in südlichen und warmen Gegenden oder in Landstrichen, reich an sonnigen Tagen, mit gleichmäßiger Vertheilung des Regens während der Vegetationszeit. Selbst die Produktion derselben Gegend zeigt in verschiedenen Jahren häufig denselben Unterschied, je nachdem die meteorischen Verhältnisse des Jahres in der einen günstigen oder andern ungünstigen Weise sich gestalten. Bemerkenswerth ist ferner die von Millon gemachte Beobachtung, daß die Weizen sehr süd- licher Länder meist hart und glasig sind und den Stickstoff fast ausschließlich in der Form von Kleber enthalten, wogegen die nördlichen Länder häufiger weiche und mehlige Weizen erzeugen, in welchen 3 sich neben dem Kleber gewöhnlich namhafte Mengen Pflanzen-Eiweiß vorfinden. So wie die Samen, zeigen die Pflanzen irgend welcher Getreideart namentlich in ihren ersten Vegetationsphasen beträcht- liche Unterschiede im Gehalt an Stickstoff. Es scheint nach Untersuchungen des Vortragenden die grö- ßere oder kleinere Menge Stickstoff eine bestimmte Entwickelungsweise der Pflanze zu bedingen, welche sich durch äußere Merkmale, Färbung, Umfang, Zahl, Größe der einzelnen Pflanzentheile sehr deutlich ausprägl. Ueppige, kräftige Pflanzen mit intensiv grüner oder dunkelgrüner Farbe sind stets reicher an Stickstoff, als Pflanzen der gleichen Getreideart und von gleicher Vegeltationszeit, die nur dürftig ent- wickelt, licht oder gelbgrün erscheinen; sie enthalten aber meist auch mehr Vegetationswasser und oft beträchtlich weniger Kieselerde als diese; legen diese Thatsachen einmal die Vermuthung nahe, daß die Mengenverhältnisse der genannten pflanzlichen Bestandtheile nicht zufällige, sondern gesetzmäßige Wir- kungen von verschiedener, durch lokale Einflüsse hauptsächlich bedingter Ernährung sind, so dürften sie auch zur Erklärung der unwillkommenen Erscheinung des Lagerns von üppigem Getreide einiger- maben beitragen. Herr Prorektor Dr. Marbach zeigte am 21. Januar Aluminium, das Metall der Thonerde, vor, und machte Miitheilungen über die physikalischen Eigenschaften, die technische Verwendbarkeit und den jeizigen Preis dieses Metalls. Das geringe spezifische Gewicht (2,5), die Politurfähigkeit, die Härte, (nahe der des Eisens gleich), die geringe Veränderlichkeit dieses Metalles an der Luft, und sein Ver- halten zur Wärme zeichnen dasselbe aus und machen es für viele Zwecke brauchbar. Ein vorgezeigter Barren, von etwa 10 Kubikzoll Volumen, zeigte einen schönen Klang und fein- körnigen Bruch; die vorgelegten Bleche ließen auf die Geschmeidigkeit und die Fähigkeit des Formens schließen. Streifen dieses Bleches mit anderen Metallen zusammengenietet bewiesen, daß die Ausdeh- nung dieses Metalles durch die Wärme so bedeutend ist, als die des Zinkes, während sein Schmelz- punkt weit höher ist, als der des letzteren Metalles. Die pariser Fabrikanten des Aluminiums haben Legirungen desselben hergestellt, welche in vielfacher Hinsicht interessant sind; das Kupfer wird durch 10 Gewichtsprozente Aluminium entfärbt, und giebt eine der Bronze an Härte gleichkommende Legirung. Gegenwärtig ist der Preis des Thonerdemetalles in Paris ungefähr 1'/;, Mal so groß, als der eines glei- chen Gewichtes Silber und dreimal geringer, als der eines gleichen Volumens Silber. Ein Kilogramm im Barren kostet nämlich 300 Franken; in Blechform ist der Preis merklich höher. Die vervollkomm- netere Darstellung des Chloraluminiums und des Natriums hat Deville in Paris in den Stand gesetzt, das Aluminium in grösseren Quantitäten darzustellen. Durch den Einfluß des Chlorgases auf ein erhitz- tes Gemenge von Thonerde, Kohlenpulver und Kochsalz wird ein Doppelchlorid — (des Aluminiums und Natriums) gewonnen: Soda, Kohlenpulver und Kreide erhitzt geben Natrium; jenes Doppelchlorid mit Natrium erhitzt, giebt Kochsalz und Aluminium. Derselbe machte am 18. November eine Mittheilung von den Resultaten ihermo-elektrischer Un- tersuchungen, welche er in Betreff tesseraler Krystalle angestellt hat. Er fand, daß eine Zahl von etlichen 50 Schwefelkieskrystallen sich in zwei Gruppen theile, indem die der einen Gruppe angehören- den Exemplare stärker positiv an der Erwärmungsstelle sind, als Wismuth, jeder Krystall der zweiten Gruppe dagegen stärker negativ unter gleichen Bedingungen sich zeigt, als Antimon. Zwei Krystalle derselben Gruppe mit einander berührt und an der Berührungsstelle erwärmt, zeigen keinen elektrischen Sirom; ein Krystall der einen mit einem der andern Gruppe berührt, giebt einen stärkeren Sirom, als Antimon und Wismuth bei gleicher Temperaturerhöhung. Ganz dasselbe zeigen die Krystalle des Glanz- kobaltes, doch stellen sich die beiden Gruppen dieser Substanz zwischen die des Schwefelkieses, so 19 daß die thermo- elektrische Spannungsreihe resultirt: Schwefelkies a, Glanzkobalt a, Wismuth — — (die gewöhnlichen Metalle) — Antimon, Glanzkobalt b, Schwefelkies b. Es zeigen hier Körper von gleicher chemischer Konstitution und ununterscheidbaren Formen Gegensätze einer Wirkung, welche einen inneren Grund haben müssen und entsprechende Gegensätze in Betreff anderer Wirkungen erwar- ten lassen. Die Erklärung jener Erscheinung dürfte in den Schlüssen zu finden sein, welche den Vor- tragenden auf die Untersuchung leiteten. Derselbe ist durch seine früheren optischen Entdeckungen zu der vorliegenden veranlaßt worden. Er hatte tesserale Krystalle gefunden, welche einen Gegensatz der optischen Wirkung zeigen und gleichzeitig einen Gegensatz der äußeren Form — nämlich einen Gegensatz der Wendung der Flächen (Enantiomorphie) — besitzen; letzterer Gegensatz müß als die Folge eines Gegen- satzes der inneren Form, d. i. der Aggregation der Theile, angesehen werden. Die Verschiedenheiten der Aggregation der Molekule sind ein wesentlicher Grund der Verschiedenheit der physikalischen Eigenschaften. Das Pentagondodekaeder hat, wie der Vortragende gefunden, die Eigenthümlichkeit, daß je drei aneinander anstoßende Flächen den Gegensatz der Wendung darstellen; daß ein jedes sol- ches Flächensystem seinem Spiegelbilde nicht kongruent ist. Am ganzen Pentagondodekaeder hebt sich dieser Gegensatz auf, aber durch das Hinzutreten eines Tetraeders werden die 4 links gewendeten von den 4 rechts gewendeten unterschieden; der ganze Krystall ist dann eine gewendete Form und bezeich- net dadurch zugleich, ob er optisch rechts oder links drehend wirkt. Obwohl nun bei dem Schwefel- kies und Glanzkobalt das Tetraeder fehlt, so vermuthete doch der Vortragende, daß das stete Auftreten des Pentagondodekaeders an jenen Mineralien (welches sich stets wenigstens durch eine Streifung der Flächen ausspricht) einen Gegensatz der Wendung in der Aggregation zum Grunde haben könnte, wofür überdies einige Analogien zu finden. Da mit jenen undurchsichtigen Mineralien keine dioptrischen Versuche möglich sind, war der Vortragende darauf bedacht, bei einer anderen physikalischen Eigen- schaft einen Gegensatz aufzufinden. Er war so glücklich, in den erwähnten thermo-elektrischen Ver- suchen das Gesuchte zu erhalten. Bis jetzt ist es ihm aber nicht gelungen, eine Verschiedenheit einer anderen physikalischen Wirkung oder der Form in den beiden Gruppen nachzuweisen. — Ferner machte der Vortragende darauf aufmerksam, daß in Breslau die vorzüglichsten Thermo - Säulen gefertigt werden, und daß namentlich Herr Mechanikus Illner derartige Instrumente konstruirt, welche stärker wirken, als die aus Antimon und Wismuth gearbeiteten. Der Vortragende zeigte hierauf einen Apparat, durch welchen die sogenannten akustischen Schwebungen oder Stösse sichtbar gemacht werden. Zwei tiefe Zungenpfeifen, die ein geringes Tonintervall haben und in Folge dessen die Schwebungen hervorbringen, zeigen dieselben für das Auge bemerkbar, so bald die Pfeifen Glaswände besitzen. Noch deutlicher tritt die Erscheinung hervor, wenn beide Zungen in derselben Pfeife stecken. — Endlich zeigte der Vortragende einen elektromagne- tischen Induktionsapparat, welcher freie Elektrizität giebt. Er leitete die Pole dieses Apparates durch luftleere Glasröhren, in denen Spuren von Quecksilber und Phosphordämpfen vorhanden sind; das elektrische Licht zeigte die eigenthümliche Erscheinung der Schichtung, d. h. der Lichtstrom war ge- bildet durch helle und dunkle Schichten, welche senkrecht auf der Stromrichtung lagen. Jene luftleeren Glasröhren, an den Enden mit eingeschmolzenen Platindräthen versehen, sind von dem sehr geschickten Glasbläser Geisler in Bonn gefertigt, und dienten namentlich auch noch dazu, den Einfluß des Magnetis- mus auf jenen elektrischen Lichtstrom zu zeigen. Ein kräftiger Elektromagnet äußerte von dem Mo- mente seiner Erregung ab eine Anziehung oder Abstoßung des Lichtstromes (je nach der Richtung der Ströme, welche hier wirkten) und zugleich eine Verdichtung des Lichtes. Diese Untersuchungen, in ‚der angegebenen Weise angestellt, rühren von dem Professor Plücker in Bonn her. 20 Herr Professor Dr. Löwig demonstrirte am 27. Mai: Die akustischen Versuche, welche Herr Fr. Graf Schaffgotsch über das Verhältniß gewisser Töne zur Flamme zuerst ange- stellt hat. 1) Auf die schwingende Luftsäule der, am Besten mit gewöhnlichem Leuchtgase herzustellenden, chemischen Harmonika äußert ein in der Nähe angestimmter musikalischer Ton, wenn er zu dem der Harmonika in einem einfachen Verhältnisse steht, z. B. unisono oder eine Oktave tiefer, einen so starken Einfluß, daß die Flamme in lebhafte Bewegung geräth und bei gesteigerter Bewegung sogar verlischt. Auf diese Weise vermag, wenn der Harmonikaton ein hoher ist, eine kräftige Falsettstimme die Gasflamme auf 10 bis 12 Schritt plötzlich auszulöschen. 2) Wenn dagegen die Flamme etwas groß ist, geht sie durch das Singen nicht aus, verändert aber während desselben ihre rundliche Gestalt plötzlich in eine längliche. Andererseits zeigt sich, daß die Röhre, bei einer gewissen Größe und Stellung der Flamme, ohne weiteres Zu- thun, gleichzeitig zwei wenig von einander verschiedene Töne giebt, die, mit einander interfe- rirend, Schläge hervorbringen, welche nicht blos hörbar, sondern auch durch das Zucken der Flamme sichtbar werden. 3) Die nicht tönende Flamme wird zum Tönen angeregt durch gewisse Töne und Geräusche, z. B. Klatschen mit den Händen, Zuklappen eines Buches, Schieben oder Aufstampfen eines Stuhles. 4) Auch die nicht tönende Flamme wird durch Anschlagen des entsprechenden Tones ausgelöscht. Wenn z. B. das Rohr 241 "®” lang und 21 ®” weit ist, die Brennerspitze 1 m” im Lichten hat und 85 =m in das Rohr hineinragt, so löscht das eingestrichene fis, aus voller Brust gesungen, die Flamme augenblicklich aus und zwar auf 2,25 Meter, wenn sie 15 "= Jang ist, und auf 6 Meter, wenn sie 1 “® lang ist. Diese von Herrn Grafen Schaffgotsch entdeckten Thatsachen wurden durch die vor der Sektion angestellten Experimente bestätigt. Herr Professor Dr. Sadebeck hielt am 11. Februar einen Vortrag: Ueber den neuen Stadtplan von Breslau. Das Bedürfniß eines richtigen Stadiplanes ist frühzeitig gefühlt worden. Kaiser Ferdinand ließ 1540 mehrere große Städte seines Reichs ausmessen, darunter auch Breslau. Der Umfang der Stadt wurde damals befunden 11,250 Breslauer Ellen oder 1720 Ruthen und bezieht sich auf die jetzige Stadt innerhalb des Wallgrabens, die Sand- und die Dominsel. Der Grund zu der von Ferdinand be- fohlenen Messung war die beabsichtigte bessere Befestigung, insbesondere der Dominsel, welche schon Kaiser Wenzeslaus 1382 versprochen hatte. Ueber die Ausführung des Vorhabens schreibt Nik. Pol in seinen Jahrbüchern: „1541 ist hiesiger Bischof mit denen Prälaten eins geworden, und hat man mit den Herrn von Breslau traktirt wegen ihres Baumeisters, daß sie den Dom mit den Pasteyen befestigen wollten der Stadt zum Besten; wie man nun angefangen, solches in’s Werk zu setzen, und nun die Geistlichen gesehen, daß es über ihre Lusthäuser und Gärten weggehen wollte, haben sie es bald wieder abgeschafft und ungebaut gelassen.“ Menzel fügt in seiner topographischen Chronik hinzu: „Für diese Saumseligkeit oder unzeitige Sparsamkeit hat das Kapitel hart gebüßt, denn als 1632 die Oesterreicher in der Nähe von Steinau durch die Schweden geschlagen worden waren, bemächtigte sich 21 der schwedische Oberst Tubald der Dominsel, plünderte die Häuser der Geistlichen und suchte auch die Stadt in seine Gewalt zu bekommen, was aber vergeblich war. Der Dom wurde besetzt und blieb bis 16385 in den Händen der Schweden und Sachsen.“ Die Befestigung des Domes ist erst später von Friedrich dem Großen ausgeführt. Eine Folge der erwähnten Messung scheint der erste Breslauer Stadtplan von 1562 zu sein. Als Verfasser nennt sich auf demselben Bartel Weihner und Sohn. Der Maßstab desselben ist 35% so daß ein Dez.-Zoll = 13% Ruthen rheinisch, Obgleich derselbe an Genauigkeit den späteren Plä- nen nachsteht, so ist er doch sehr sorgfältig gearbeitet, und es ist zu verwundern, wie bei der dama- ligen Unvollkommenheit der Instrumente solche Genauigkeit erzielt werden konnte. Heute hat der Plan nur historische Bedeutung, aber in dieser Beziehung auch die größte. Es läßt daraus sich ersehen: der frühere (andere) Lauf der Oder, die geringe Ausdehnung der Vorstädte mit ihren Fachwerkhäusern, der Stand der kaiserlichen Burg, eben so der Kirche und des Hospitals zum heiligen Geist und des alten burgähnlichen Vinzenzklosters auf dem Elbing. Gewidmet ist der Plan dem König Ferdinand 1. und seinem Sohne Maximilian Il., wie aus den lateinischen Versen auf demselben hervorgeht. Später ist Breslau militairisch aufgenommen worden, doch sind die Pläne begreiflicher Weise nicht veröffentlicht worden. In Menzel’s topographischer Chronik findet sich ein kleiner Plan, wel- cher die Stadt zur Zeit der Belagerung 1806— 1807 darstellt. Er ist in dem sehr kleinen Maßstabe 5.00, also 1 Zoll = 138 Ruthen. Nach der Sprengung der Festungswerke wurden diese mit den angrenzenden Häusern 1809 in dem Maßstabe 1 : 2500, also 1 Zoll = 25 Ruthen, aufgenommen; doch ist dieser Plan nicht veröffentlicht worden. Die Stadt selbst hat hier noch keinen größeren Raum als auf dem alten Plane, die Festungswerke sind aber weiter vorgeschoben. Erst 1827 erschien ein neuer lithographirter Plan, aufgenommen und gezeichnet von Ed. Hoff- mann, welcher die Grundlage für alle späteren Arbeiten geworden. Der Maßstab ist 1 : 5000, d. h. 1 Dez.-Zoll = 50 Ruthen. Für die Benutzung zu baupolizeilichen Zwecken, denen doch ein guter Plan mit dienen soll, ist der Maßstab daher viel zu klein. Ein Gleiches gilt von dem Plane des Herrn ‘“ Baurath Studt, welcher unter den jüngeren Arbeiten am besten ist, und daher unter diesen allein Er- wähnung verdient. Er ist für das große Publikum berechnet und im Maßstabe von 1 : 10,000, d. h. 1 Dez.-Zoll = 100 Ruthen gezeichnet. Unter diesen Umständen war es erklärlich, daß die Stadt-Behörden auf Anfertigung eines genauen Planes in größerem Maßstabe Bedacht nahmen. Allein ein seltener Unstern waltete über dieser Unter- nehmung. Es kam kein Plan zu Stande. Erst Herrn Baurath von Roux gebührt das Verdienst, eingesehen zu haben, daß ohne ein gutes irigonometrisches Netz keine gute Arbeit erwartet werden könne. Da inzwischen der Vortragende eine zuverläßige Triangulation von Breslau als Privatarbeit vollendet und mit einem großen Theodoliten neuester Konstruktion aus der Werkstätte von Pistor und Martins in Berlin die Winkelmessungen der Triangulation wiederholt und ausgeglichen hatte (s. Triangulation der Stadt Breslau, ausgeführt von Dr. Moritz Sadebeck — gedruckt als Manuskript von Grass, Barth und Comp., Breslau), wurde derselbe von dem Magistrate aufgefordert, dieselbe für den neuen Stadtplan herzugeben, die Anzahl der Fest- punkte zu vermehren und schließlich die ganze Arbeit der Ausführung eines neuen zuverlässigen Planes zu leiten. Die verschiedenen Zwecke, denen heut zu Tage ein solcher Plan zu dienen hat, machen es noth- wendig, denselben in großem Maßstabe auszuführen. Das aber erfordert, das Stadigebiet in Sektionen zu theilen, die jedoch alle genauestens zusammenpassen. Jede Sektion ist zu 200 Ruthen Länge und 150 Ruthen Höhe angenommen. Die Zahl der Sektionen ist anfänglich auf 50 veranschlagt, doch wird 22 dieselbe bei der Wichtigkeit des angrenzenden Vorstadt- Areals für jetzt schon, und für die Zukunft leicht bis gegen 80 vermehrt werden müssen. N Diese Eintheilung in Sektionen gestattet auch, die Ausführung der Arbeit .verschiedenen Händen zu übergeben, ohne Gefahr zu laufen, daß kein Zusammenpassen der einzelnen Leistungen stattfinden möchte. Demzufolge ist dem Feldmesser Herrn Emers übertragen worden, die Nikolai- und Schweid- nitzer Vorstadt nach einer schon früher, aber in anderem Maßstabe von demselben ausgeführten Auf- nahme auf’s Neue zu chartiren, und hat derselbe bereits nach dem für das Ganze angenommenen Maß- stabe die ganze Nikolai-Vorstadt und einen Theil der Schweidnitzer Vorstadt vollendet. Er hat die schwere Aufgabe, seine Aufnahme mit dem trigonometrischen Netze in Einklang zu bringen, mit großer Geschicklichkeit gelöst. Dem Assistenten und ehemaligen Ober-Feuerwerker Herrn Felgner ist die Ohlauer Vorstadt übertragen worden. Derselbe hat die Straßenzüge fertig chartirt, und es fehlt nur noch ein Theil von dem Innern der Gehöfte und der Gärten. Dem Bauhof-Inspektor Herrn Hoffmann und seinem Bruder, welcher im Sommer einige Zeit Herrn Felgner unterstützt hatte, ist die Oder-Vorstadt nebst Dom und Sand übertragen worden. Sie haben trotz emsigen Bemühens diesen Stadttheil noch nicht vollständig aufnehmen und chartiren können, weil sie zu spät, nämlich Anfang Oktober v. J., damit beauftragt worden sind. In Bezug auf die Ausdehnung der Stadt stellt sich heraus, daß das Areal der Stadt 1291: 300 Morgen betragen habe, daß es aber nach der Erweiterung unter Karl IV. auf 600 Morgen gestie- gen sei. Gegenwärtig beträgt das Areal der inneren und äußeren Stadt zusammen 3400 Morgen in einem Zehneck, das man erhält, wenn von einer Barriere zur andern eine gerade Linie gezogen wird. Der Umfang dieses Zehnecks beträgt in geraden Linien 3053 Ruthen, also 14 Meile, und in Krümmungen 2 volle Meilen. Am nächsten stehen sich die Schweidnitzer und Bohrauer Barriere (107 Ru- ihen), am weitesten die Berliner und Oder-Barriere (536 Ruthen). Wird, wie dies bei der neuen Aufnahme geschehen, der Elisabeththurm als Centrum genommen, so ist die Ohlauer Barriere am weitesten entfernt (660 Ruthen), die Schweidnitzer am nächsten (336 Ru- then). Den weitesten Abstand von einander haben die Berliner und Ohlauer Barriere (1050 Ruthen in gerader Linie). Bei der Ohlauer Barriere ist der Abstand schon so bedeutend, daß der Zeitunterschied gegen die Sternwarte 5 Sekunden beträgt (später). j Was die Orientirung betrifft, so gehen die Straßen nicht so regelrecht von Norden nach Süden und von Osten nach Westen, wie es die alten Pläne zeigen. Nur die Seminarstrasse und die Kirch- straße verlaufen fast genau von Norden nach Süden und die Basteigasse und die breite Straße von Osten nach Westen. Für die Orientirung auf dem Elisabeththurm dient am Besten der Kirchthurm von Hühnern; er liegt fast genau im Norden. Die bereits vollendeten Sektionen des neuen Stadtplanes waren zur Ansicht ausgelegt. Mineralogie, Geognosie und Paläontologie. Herr Geh. Ober-Bergrath, Berghauptmann v. Carnall sprach am 28. April: Ueber die Erzlager von bherschlesien. Herr Professor F. Römer theilte am 18. März die Ergebnisse einer Untersuchung silurischer in nordischen Geschieben bei Gröningen in Holland vorkommender Versteinerungen mit. Silurische Kalkgeschiebe bilden dort eine ähnliche Anhäufung wie diejenige von Sadewitz unweit Oels, aber im 23 auffallenden Gegensatze zu dieser letzteren sind die Versteinerungen sämmtlich solche der oberen Ab- theilung der silurischen Gruppe und stimmen im Besonderen mit denjenigen des Kalks der Insel Goth- land überein, während bei Sadewitz und überhaupt im Diluvium des nördlichen Deutschlands unter den silurischen Geschieben diejenigen der unteren Abtheilung und namentlich solche vom Alter des Kalkes der Insel Oeland vorherrschen. Das umfangreiche Material für diese Untersuchuag ist dem Vortragen- den aus dem Museum der geologischen Kommission der Niederlande durch Vermittelung des Herrn W. C. H. Staring in Haarlem mitgetheilt worden. Derselbe Redner legte eine in Kupferstich ausge- führte Tafel vor, welche eine Darstellung des Acanthodes gracilis, des in schwarzen, dem Rothliegen- den untergeordneten Schiefern bei Klein-Neundorf unweit Löwenberg häufig vorkommenden Fisches, liefert und bestimmt ist, einen jene Ablagerung und ihre organischen Einschlüsse behandelnden Aufsatz zu begleiten. Zuletzt wurde von demselben das neu erschienene Kupferwerk: ‚Die Eruption des Vesuv in ihren Phänomenen im Mai 1855, nebst Ansichten und Profilen der Vulkane des Phlegräischen Gebie- tes, Roccamonfina’s und des Albaner Gebirges etc. von Julius Schmidt. 9 Tafeln nebst erklärendem Text. Wien und Olmütz, 1856,‘ vorgelegt und dasselbe als ein werthvoller Beitrag zur genaueren Kenntniß des vulkanischen Gebietes der Gegend von Neapel und auch zur festeren Begründung der Theorie von den vulkanischen Erscheinungen überhaupt bezeichnet. Derselbe berichtete am 4. November: Ueber den geognostischen Bau der venetianischen Alpen, wie er ihn auf einer während des verflossenen Sommers ausgeführten Reise durch Ober-Italien kennen gelernt hatte, und erläuterte seinen Vortrag durch Vorlegung von Gesteinsstücken der verschiedenen Ge- birgsglieder. Im Ganzen nehmen an der Zusammensetzung der venetianischen Alpen Glieder der Trias-, der Jura-, der Kreide- und der Tertiär-Formation Theil, von denen einige zu einer Zeit, ehe ihr Alter durch die zum Theil selten in ihnen vorkommenden organischen Einschlüsse näher bestimmt war, be- sondere provinzielle Benennungen erhielten. Die Trias-Formation ist vorzugsweise deutlich im Thale von Recoaro nördlich von Vicenza aufgeschlossen. Der Muschelkalk ist dort in ganz normaler, mit derjenigen in Deutschland übereinstimmenden Erscheinungsweise entwickelt. Eigenthümlich ist ihm je- doch das Vorkommen fossiler Landpflanzen, welche von Professor Massalongo in Verona beschrieben werden sollen. Ob die den Muschelkalk bei Recoaro begleitenden rothen Sandsteine und Mergel dem bunten Sandstein und dem Keuper in Deutschland entsprechen, lässt sich nicht mit gleicher Sicherheit entscheiden. Das mächtigste Glied der Jura-Formation ist der rothe, überall in Ober-Italien als Mar- mor verwendete Ammoniten-reiche Kalkstein. Die verschiedenen Ammoniten, Terebratula diphya und andere Fossilien erweisen für denselben eine derjenigen des englischen Oxford-Thons entsprechende Altersstellung. Die Kreideformation ist durch weiße hornsteinreiche plattenförmige Kalksteine (Drancone der italienischen Geologen) vom Alter des Neokomien und durch rothe Mergel (Scaglia) vom Alter der weißen Kreide überall vertreten. Der Vortragende beobachtete außerdem in der Gegend von Ve- rona einige Ammoniten, welche auch das Vorhandensein des Gault, d. i. der mittleren Abtheilung der Kreide-Formation, erweisen. Derselbe Redner legte der Gesellschaft das unlängst erschienene Werk: ‚Die fossilen Mollusken des Tertiärbeckens von Wien, bearbeitet von Dr. M. Hörnes, herausgegeben von der k. k. geologischen Reichsanstalt. 1. Band. Univalven mit 52 lithographirten Tafelnı. Wien 1856,“ vor und wies dessen hohe Bedeutung für die Kenntniß der Tertiärbildungen überhaupt durch nähere Darlegung seines In- haltes nach. 24 Der Sekretair der Sektion, Göppert, sprach am 21. Januar: Ueber die Braunkohlen-Ablagerung zu Hennersdorf bei Jauer, welche in den letzten Jahren durch die von dem Grubenbesitzer Herrn A. Breslauer in Breslau unter- nommenen Bohrversuche und das Abteufen eines Schachtes entblößt wurde, wodurch nach eingelegter Muthung bereits im Jahre 1855 die Bauwürdigkeit des Feldes der jetzt beliehenen Grube „schwarze Minne‘“ nachgewiesen worden ist. Im Laufe des vorigen Jahres ist nach dem gedruckt vorliegenden Berichte des Herrn Schichtmeister Hickethier noch ein zweites, an die genannte Grube grenzendes Feld von gleicher Ausdehnung hinzugekommen, welches wie das obige nach Beendigung der Dampfmaschi- nenanlage, bei einer Mächtigkeit von 140— 324 Zollen und seiner bedeutenden Ausdehnung, so wie wegen der Güte der nicht blos zum Brennen, sondern auch zur Entwickelung von Leuchtgasen geeig- neten Kohle, die den besten unserer Provinz gleich zu stellen ist, großen Ertrag erwarten läßt. Die von Herrn Breslauer mitgetheilten und der Sektion vorgelegten Exemplare bituminösen, in hohem Grade verkohlten Holzes gehören dem in unserer Braunkohlenformation so verbreiteten, durch sein großes spe- zifisches Gewicht sich auszeichnenden Nadelholze Cupressinoxylon ponderosum an. Von ganz beson- derem interesse und neu für unsere Provinz erscheint das Vorkommen von Basalttuff mit zahlreichen Pflanzenresten, der gangarlig sich zwischen das Lager der Braunkohle erstreckt und offenbar wohl in Beziehung zu den ganz in der Nähe befindlichen Basaltbergen steht. Unter den im Basalttuff mit Be- stimmtheit zu erkennenden Pflanzenresten erscheint ein dem kanarischen Farn Woodwardia radicans sehr ähnliches fruktifizirendes Farnkraut, Woodwardites Muensteranus , besonders interessant, weil es auch in anderen Braunkohlenlagern Deutschlands, wie unter anderen zu Bullenreuth bei Baireuth, ent- deckt worden ist. Derselbe zeigte am 18. März ein großes, vor Kurzem in einem Torflager bei Paschkerwitz in Schlesien gefundenes Stück Bernstein vor, dessen Rinde, wie die mikroskopische Demonstration nachwies, die im Harz eingeschlossenen verrotteten Holzzellen des Bernsteinbaumes erkennen ließ. Derselbe zeigte am 2. Dezember zwei interessante Versteinerungen: 1) Holz durch Schwefelkies versteinert aus der Braunkohlengrube zu Saarau; 2) ein Stück Buchenholz von Moldawa im Banat, bei welchem an einzelnen Punkten die Mark- strahlen, punktirten Gefäße, so wie einzelne Holzzellen mit gediegenem Kupfer ausgefüllt waren. Unser korrespondirendes Mitglied Herr F. W. Jaekel in Liegnitz übersandte nachstehende Ab- handlung: Ueber die Basalte Niederschlesiens. Obgleich die in Niederschlesien vorkommenden Basalte in allen wesentlichen Merkmalen des Ge- steins und des geognostischen Verhaltens mit den Basalten anderer Gegenden übereinstimmen, so zeigen sie doch im Besonderen mancherlei Bemerkenswerthes. Diese lokalen Eigenthümlichkeiten sind bisher eben so wenig mit der wünschenswerthen Genauigkeit erforscht worden, als die einzelnen Punkte des Basalt-Vorkommens in Niederschlesien überhaupt in genügender Vollständigkeit verzeichnet. worden sind. In dem Folgenden soll deßhalb eine möglichst vollständige Aufzählung der Basalt-Punkte Niederschle- siens gegeben und bei jedem einzelnen das etwa Bemerkenswerthe hervorgehoben werden. 25 Indem wir von den bereits genügend erforschten Basalten der Lausitz absehen, beginnen wir die Aufzählung in der Gegend der nordwestlichen Ausläufer des Riesengebirges im Flußgebiete des Queiß. Nördlich von der Stadt Friedeberg a. Queiß erbebt sich am rechten Ufer des Queißflusses der Märzberg 1262 Fuß über die Ostsee, aus Basalt bestehend, der meistens eine Neigung zu kleinkörniger Absonderung zeigt; er enthält viel Olivin und ein schwarzes glänzendes Mineral, welches zuerst für Obsidian gehalten wurde, wohl aber nichts anderes als Augit sein dürfte. Nordwestlich von diesem Berge bestehen die Felsen des Greifensteins und des Leopoldsberges ebenfalls aus Basalt. Er ist fein- körniger als der vorige und enthält ebenfalls Olivin in kleinen Körnern. Südwestlich von hier befinden sich in der Nähe des Dorfes Querbach mehrere Basaltberge, wovon der Wickenstein bei Rabishau (1788°) und der kahle Berg bei Langwasser die vorzüglichsten sind. In beiden Bergen enthält der Basalt Au- git und Zeolith, auch als Seltenheit Hyalith. Handstücke mit größeren Augitkrystallen gehören jetzt zu den Seltenheiten, da dergleichen Basalte vielfach zum Bauen und zu Einfriedigungen der Höfe und Gärten in der Nähe verwendet worden sind. In der Nähe des Dorfes Spiller kommt ebenfalls Basalt mitunter in rundlichen Geschiebe-ähnlichen Massen vor. Als allein stehend, ohne in nächster Umgebung einen Basaltberg zur Nachbarschaft zu haben, er- hebt sich am rechten Ufer der Iser, aus dem Gneisgranit emporgestiegen, eigentlich schon zum böhmi- schen Antheile des Riesengebirges gehörig, der keulichte Buchberg (3012, nach Andern 3079’ über der Ostsee); er ward hier nur deswegen erwähnt, weil er ohne Zweifel, nächst dem folgenden, der höchste Basalt Norddeutschlands ist. An der Nordseite des großen Rades hat ein Basaltfelsen am Rande der kleinen Schneegrube den Granit durchbrochen, bis zur Höhe von 4400 Fuß. Mitunter finden sich am oberen Theile der Schneegrube als Seltenheit Basaltstücke, welche Granitbrocken enthalten. Der Granit selbst ist feinkörnig und enthält wenig Glimmer. In dem Basalte wurden Zeolith, Olivin und Hornblende eingesprengt gefunden. Außerdem daß dieser Basaltfelsen dadurch merkwürdig ist, daß er der höchste Basalt in Deutschland ist, wird er für die Botaniker noch durch einige auf ihm wachsende Alpenpflanzen interessant, (Saxifraga muscoides, bryoides und nivalis, Androsace Chamaesasme, Asplenium vi- ride und Allosurus crispus). In der Nähe der Stadt Lähn, östlich von Ullersdorf nach Wünschendorf zu, besteht der Stelzerberg, auch Steinberg genannt, aus Basalt, welcher in mächtigen Säulen auftritt. Er hat, wie die vorigen, den Gneisgranit durchbrochen, enthält außer Olivin und Speckstein auch noch Granittrümmer eingeschlossen, denen der kleinen Schneegrube ähnlich. Kontaktflächen sind vor der Hand noch nicht blosgelegt, dagegen sind da, wo zwischen Lähnhaus und Vorhusdorf der Spitzberg den bunten Sandstein durchbro- chen hat, auf der Westseite die Berührungsflächen gut zu beobachten. Der Sandstein hat seine röth- liche Farbe verloren und ist grau geworden, in dem basaltischen Trümmergestein finden sich mitunter prismatische Bruchstücke des Sandsteins. Noch einmal finden wir den Granit von Basalt durchbrochen und zwar im Hirschberger Thale, eine und eine halbe Meile von dieser Stadt, ohnweit des rechten Boberufers, zwischen Berbisdorf und Mai- waldau, woselbst sich zwei von mehreren kleinen Granitbergen umgebene Anhöhen erheben, welche nach Norden dem Thonschiefer nahe liegen, der Spitzberg und der Lerchenberg. Ersterer enthält einen schwarzen, feinkörnigen Basalt, welcher sowohl als festes Gestein ansteht, als auch in unzähligen, ku- gelförmigen Absonderungen von einem bis drei Zoll Durchmesser vorkommt. In demselben finden sich außer Olivinkörnern eine Menge kleiner weißer Feldspathkrystalle nebst Quarz. Im Inneren des im Spitzberge einst im Betriebe gewesenen Steinbruches läßt sich das Emporsteigen des Basaltes bis zum Gipfel des Berges an mehreren Stellen deutlich beobachten. Der sonst dunkelgraurothe Feldspath des Granites ist in der Nähe des Basaltes fleischroth geworden und in unzählige Risse zerklüftet, wodurch : 4 er später der Atmosphäre weniger wiederstehen konnte. Die Kontaktflächen mit dem Basalte sind daher so mürbe geworden, daß sich keine Handstücke davon nehmen lassen. Ein ähnliches Verhalten zeigt der Basalt des nicht weit davon entfernten Lerchenberges. Hier ist sämmtlicher Granit röthlich geworden, wie wir dies später bei dem Striegauer Granit noch auffal- lender sehen werden. Der Basalt selbst ist dicht, schwarzgrau und zeigt keine besondere Neigung zur Säulenbildung. Wir wenden uns jetzt nordöstlich, zu den am rechten Boberufer vorkommenden Basalten, wo wir eine Meile westlich von der Stadt Schönau den 1566’ hohen steilen Kegel des Spitzberges erblicken, nach dem neben ihm liegenden Dorfe der Probsthainer Spitzberg genannt. Er ist unter den kegel- förmigen Basaltbergen Schlesiens einer der steilsten. Seine Spitze hatte, ehe sie geebnet wurde, kaum 9 Quadratfuß Oberfläche. Die Felsart selbst ist ein schwarzgrauer feinkörniger Basalt, doch wird auch an seinem Fuße mitunter verschlackter Basalt mit ovalen -Höhlungen gefunden, die mit einer ölgrauen Kruste überzogen sind; auch finden sich auf dem Berge kleine Basaltsäulen von 2 bis 3 Zoll Länge und 1 Zoll Durchmesser, welche an dem einen Ende in eine keilförmige Schneide auslaufen, oder deren Durchschnitt an einem Ende quadratisch, am anderen oblong erscheint. Außerdem zeichnet sich dieser Spitzberg dadurch aus, daß er keine der älteren Formationen durchbrochen hat, sondern aus jenem Geröll emporgestiegen ist, welches sich nach Westen bis an den Bober, nach Osten bis an den Rothen- bach (einen Zufluß der schnellen Deichse) erstreckt. Es ist dies eine große Ebene, welche mehrere Hügel enthält, die nur aus Geröll bestehen, wie der Sonntagsberg, östlich von Probsthain, der Kamm- berg bei Radmannsdorf und ein Theil des Hainwaldes, während dieselbe ringsum von Mandelstein, Por- phyr und Quadersandstein umgeben ist, Im Basalte des Spitzberges sind bis jetzt keine Einschlüsse jenes Gerölles gefunden worden, welches sich an ihm bis zu einer Höhe von 1284‘ erhebt. Aus eben diesem Gerölle steigt drei Meilen nordwestlich von dem vorigen in der Nähe des Dorfes Armenruh der Heilige-Berg empor, eine eiwas flache Halbkugel darstellend, ausgezeichnet durch die Lage seiner Ba- saltsäulen, welche theils sehr geneigt sind, theils waagrecht liegen. In denselben kommen Kugeln eines gelblichweißen, mitunter schmutzig ölgrünen Minerales vor, welches in den Büchern zum Bolus ge- rechnet wird, welcher Name ihm aber nicht zukommen kann, da es im Wasser nicht zerfällt; das Strichpulver desselben ist weiß, die Härte ist größer als beim Bolus, denn Kalkspath wird von dem- selben geritzt, es fühlt sich auch nicht so fett an als Bolus, auch ist es härter als Steinmark, dem es übrigens näher zu stehen scheint. Nicht fern von jenem Heilige-Berge beginnt der, sich bis in die Nähe des Bobers auf einem Terrain von 3 Meilen Länge erstreckende Quadersandstein. Um so interes- santer ist es, in den Basaltsäulen des, aus dem Geröll emporgestiegenen Berges kleine Massen jenes Sandsteines zu finden, welche allerdings eine geringe Veränderung erlitten haben. Ohne durch die Hitze verglast zu sein und dem verglasten Sandstein (Buchit), welchen wir bis jetzt in Schlesien noch nicht bemerkten, ähnlich zu sehen, zeigen doch Härte, Farbe und Korn desselben, daß er längere Zeit der Hitze ausgesetzt gewesen ist, denn er gleicht dem Innern den lange im Feuer gewesenen Glasfäden der Glashütten. An den vorliegenden Handstücken, welche wir auf diesem Berge sammelten, sieht der Sand- stein wie gefrittet aus (vielleicht durch den Kaligehalt des Basaltes); in einer kleinen fünfseitigen Ba- saltsäule von seltener Regelmäßigkeit von 13 Zoll Durchmesser sind die meisten Quarzkörner farblos und wasserhell. Das eine Ende der Säule ist fast ganz mit Sandstein angefüllt, die 5 Längsseiten der Säule sind mit einer grauen, glatt anzufühlenden Masse überzogen, einem grauen Pechsteine ähnlich sehend. Theils den Quadersandstein bei Hohlstein, theils in der Nähe von Sirgwitz das Gerölle durchbre- chend, finden wir nordwestlich von Löwenberg, in der Nähe des Bobers, mehrere Basaltberge, welche 27 zwar nicht durch ihre Höhe ausgezeichnet sind, wohl aber durch die in ihrem Gestein vorkommenden Einschlüsse an die Mineralien der Eifel und der Gegend des Laacher Sees erinnern. Westlich vom Schattensteine, einem Quadersandsteinfelsen, findet sich nahe bei Sirgwitz der Basalt sowohl in festen Massen, als auch in der, in der Eifel so schön vorkommenden großzelligen Gestalt, oft wegen der Größe seiner Zellen von geringer Schwere. Die vorzüglichsten Abänderungen desselben dürften sich, abgesehen von den vielen Uebergängen, auf folgende zurückführen lassen: 1) Poröser Basalt. In einer ziemlich dichten hell aschgrauen Grundmasse befinden sich eine Menge fast kreisrunder Zellen von 1 bis 3 Linien Durchmesser. Mitunter sind dieselben leer, ander- weitig aber auch mit den schönsten oft sehr kleinen wasserhellen Chabasitkrystallen bekleidet; letztere sind dann und wann durch Eisengehalt schwach röthlich gefärbt. 2) Ein dem vorigen ähnlicher aschgrauer poröser Basalt, mit Nestern von röthlich gelbem Bolus, oft in Basalttuff übergehend. 3) Poröser Basalt, dunkelbraungrün, schwer. Die Poren oval, mehrere Linien lang, das Innere derselben mit orangefarbigem Ueberzuge einer ockerarligen Substanz. 4) Verschlackter schwarzer Basalt, von dichtem Gefüge und feinem Korne, die länglichen Poren desselben mit einem ölgrünen Ueberzuge, oft mit Chabasitkrystallen bedeckt. 5) Dichter Basalt ohne Poren nebst aufsitzenden Krystallen des vorhin genannten Minerals, nebst kleinen Mesotypkrystallen. Die Härte und Schwere dieser Gesteine ist sehr verschieden; je dunkler die Farbe, desto dichter, härter und schwerer ist der Basalt. Oft ward der Sirgwitzer Basalt, sobald er porös auftrat, Lava genannt, und in der That sehen mehrere jener Gesteine, sowohl wegen ihrer Zellen und Blasenräume, theils auch wegen ihrer schlacki- gen Oberfläche mancher neuen, jetzt noch von Vulkanen ausgeworfenen Lava ähnlich. Bei der so gro- ßen Verschiedenheit der eigentlichen Laven und bei der Beschränkung des Begriffes des Wortes Lava, möge einstweilen die obige Benennung ‚„poröser Basalt und verschlackter Basalt‘“ hier noch beibehalten werden; der im Basalte bei den Analysen gefundene Wassergehalt ist auch den porösen Abänderungen eigen, wie bei mehrfachen Untersuchungen gefunden wurde. Noch ist zu erwähnen, daß an einigen Stellen im Sirgwitzer Basalt Einschlüsse von Sandstein vor- kommen, welcher durch die Hitze eine rothe oder braune Farbe erhalten hat; selbst der Sandstein zwi- schen dem Schattensteine und dem Hohlsteiner Parke ist roth. Ob jener Basalt zur Bildung der Pech- kohle von Wenig-Rackwitz beigetragen habe, um dieselbe aus Braunkohle in Pechkohle umzuwandeln, werden spätere Entdeckungen lehren, gegenwärtig wird in der Nähe jener Kohlenlager kein Basalt gefunden. Es finden sich übrigens in der Löwenberger Gegend noch mehrere Stellen, wo der Quader vom Basalt durchbrochen wurde. Bruchstücke, welche beide Felsarten enthalten, kommen hinter den Hocke- nauer Sandsteinbrüchen vor, auch auf dem Hockenberge; ferner nach Neudorf und nach dem Gröditz- berge zu findet man auf der Höhe, nahe den Basaltfelsen des Wachtelsteins über der Neudorfer Ziegelei, Sandsteinbruchstücke, die fast geschmolzen und von schwarzbrauner Farbe sind. Oft sind es knollige Massen, welche zugleich mit schwarzem Glaskopf bedeckt sind. Aehnliche veränderte Stücke kommen auch im Hainwalde vor, südlich vom Dorfe Hain, zwischen dem Voigt- und Heiliger-Berge. In den Trümmergesteinen der Keuligen Berge links vom Wege von Deutmannsdorf nach Seitendorf finden sich gebrannte, gelbgraue Thonmassen; dergleichen kommen auch bei Sirgwitz vor, Früher wur- den auch kleine Basaltsäulen daselbst gefunden. Mit Uebergehung einer Menge kleiner basaltischer Erhebungen in der Nähe der erwähnten Berge, deren Inneres noch nicht näher bekannt ist, weil noch 4* keine Steine daselbst gebrochen wurden, wenden wir uns jetzt zu den beiden, isolirt aus dem Gerölle emporgestiegenen Bersen, dem Mönchsberge und dem Gröditzberge, wovon der erstere sich mehr als ein hoher Bergrücken, der letztere als halbkugelförmige, oben etwas abgeplattete Kuppe in Entfernung vieler Meilen kenntlich macht. Der Mönchsberg, eine Meile westlich von Goldberg, besteht aus blau- grauem Basalt, welcher in halbkugelförmigen, 1 bis 2 Zoll Durchmesser haltenden Höhlungen eine Menge Olivin enthält; jedoch ist der in einem daselbst verlassenen Steinbruch befindliche Olivin fast sämmtlich verwittert und zeigt in seinem zersetzten Zustande ein schmutzig grüngelbes Pulver; häufig sind diese Höhlungen völlig leer, da jenes Mineral durch den Regen ausgewaschen wurde. Der Mönchs- berg selbst ist noch von Geröll umgeben, desgleichen der Gröditzberg. Im Osten des ersteren befin- det sich Thonschiefer, zwischen beiden Bergen Rothliegendes und Zechstein. Der im Westen des Mönchsberges ziemlich steil emporsteigende (1227) Gröditzberg besteht aus schwarzblauem, meist grobkörnigem Basalt, enthält viel eingesprengten Olivin in Körnern, oft auch zoll- starke Nester dieses Minerals, mitunter zeigen sich auch kleine Krystalle. Es finden sich auch wohl kleine Basaltsäulen; im Uebrigen stimmt der Basalt desselben mit dem des Mönchs- und Spitzberges überein. Westlich vom Gröditzberge tritt bei dem Dorfe Großhartmannsdorf Muschelkalk auf, mitunter dem Wellenkalk sich nähernd, in welchem wir die schönsten Stylolithen fanden. Im Norden des Grö- ditzberges dürfte der letzte Basalt in einem niedrigen langgestreckten Bergrücken, eine Viertelmeile südöstlich von der Stadt Hainau, anzunehmen sein; ein dortiger Steinbruch in der Nähe der, nach Lieg- nitz führenden Strasse enthält Säulen von 6 Fuß Durchmesser; die Felsart ist dicht, feinkörnig und enthält kleine Olivinkörner. Viele basaltische Anhöhen im Norden von Hainau sind noch vorhanden, aber einstweilen noch nicht aufgedeckt. Wir verlassen nunmehr jene Gruppe basaltischer Gebilde und wenden uns zu derjenigen, ehe, in dem Gebirgszuge zwischen Goldberg, Schönau und Jauer auftretend, sehr verschiedene Forma- tionen durchbrochen hat. Wir erblicken zuerst im Süden von Goldberg die große halbkugelförmige Kuppe des Wolfsberges (1196), dessen Basalt nur an der Nordseite in einigen Säulen auftritt, desto mehr aber in einer zahllosen Menge von formlosen Basaltklumpen und Fragmenten erscheint, welche die ganze Oberfläche des domartigen Berges bedecken. Die Masse des Gesteins ist feinkörnig und dicht, enthält Einschlüsse von Olivin, mitunter büschelförmige Gruppen von Mesotyp. An dem Fuße des Berges fanden wir als Seltenheit einige kleine Säulen, theils von trapezoidischem, theils von dreiseiti- gem Durchschnitt. Als vor einigen Jahren nahe unterhalb des Gipfels für die daselbst befindliche Re- stauration ein Keller gegraben wurde, fand man Basalttuff mit gelbgrauem Bolus. Schlacken oder poröse Abänderungen wurden nicht bemerkt. Ganz ähnlich in seinem Vorkommen zeigt sich der südwestlich von jenem, am rechten Ufer der Katzbach steil emporsteigende 1016’ hohe Geiersberg, bei dem Dörfchen gleichen Namens, so wie der am gegenüberliegenden Ufer befindliche Spitzberg (954°), desgleichen der oberhalb des Dorfes Wolfsdorf gelegene Ziegenberg, der Holzsteinberg, und der Harte-, Harz- oder Sargberg bei Kon- radswalde, fast sämmtlich durch den Quadersandstein emporgestiegen; jedoch berühren der Spitzberg und der Sargberg den bunten Sandstein. Im Osten und Nordosten von Goldberg finden wir, aus dem Geröll emporgestiegen, den Flensberg (1031°), den Eichberg (1003), beide ohne besonderes Interesse. Nördlich vom Bürgerberge bei Goldberg zeigt sich auf einer Anhöhe bei dem Dorfe Kopatsch, welches zur Zeit des Goldberger Bergbaues von Bergleuten bewohnt war, eine Anhöhe, wo mächtige Basalt- säulen zu Tage stehen, ähnlich bei dem Dorfe Kosendau. Zuletzt zeigt sich ohnweit der Katzbach, an deren rechtem Ufer, der steile Kegel des Burgberges nahe bei dem Dorfe Röchlitz. Obgleich derselbe ebenfalls aus dem Gerölle emporstieg, so zeigt er doch an seiner östlichen Seite Thonschiefer, welcher 29 erst bei dem Dorfe Prausnitz gefunden wird. Da der Burgberg oben eine kesselförmige Vertiefung zeigt, ward er längere Zeit für einen Ringwall, oder eine sogenannte Schwedenschanze gehalten, deren in der Nähe zwei vorhanden sind. Er ist nicht mit dem im Osten, nahe am Dorfe Röchlitz liegenden bewaldeten Berge zu verwechseln, auf welchem noch die Trümmer eines, einst der heiligen Hedwig gehörenden Schlosses befindlich sind. Wir wenden uns jetzt zu dem großen bewaldeten Plateau, die Moche genannt, von welchem sämmt- liche dort entspringende Bäche nach der Katzbach oder Neiße hinabfließen. Mehrere Basaltberge sind dort aus dem Thonschiefer, welcher fast bis an die Stadt Schönau sich hinabzieht, emporgestiegen. In der Mitte des Mochenwaldes erblicken wir den Mochenberg, den Igelberg und den steilen Spitzberg, von dem unter ihm liegenden Dorfe der Pombsner Spitzberg genannt, alle drei aus Basalt bestehend. Der steile Kegel des letzteren zeigt nicht nur sehr regelmäßige vier- und fünfseitige Säulen von 1 Fuß Durchmesser, sondern er zeichnet sich auch vor den ähnlich gestalteten kegelförmigen Bergen dadurch aus, daß die Lage seiner Säulen durch mehrere kleine Steinbrüche auf der Südseite vollkommen sicht- bar geworden ist. Sämmtliche Säulen sind von allen Seiten nach dem Gipfel des Berges gerichtet, so daß er von Weitem Aehnlichkeit mit einem Kohlenmeiler hat. Leider hat die Spitze nicht mehr ihre ursprüngliche Gestalt, und wird wohl der ganze Berg durch Abbruch des Materiales von Jahr zu Jahr seine originelle Gestalt immer mehr verlieren. Der aus dem Thonschiefer emporgestiegene Basalt enthält mitunter Brocken jenes Gesteins eingeschlossen, außerdem auch noch Quarz, welcher oft rauh und mürbe, von unzähligen Querrissen durchzogen war, oft bröcklich und alsdann im Zustande der Zer- klüftung dem für die Glasfabrikation in den Glashütten geglühten Quarz sehr ähnlich. Auch zeigten sich unter den zahlreichen Einschlüssen solche, welche mit braunem Pechstein Aehnlichkeit hatten. Die Basalte der andern nahe gelegenen Berge sind weniger interessant. Ein aus Basalten von mancherlei Gestaltung bestehender Höhenzug hat die nördliche Hälfte jenes Thonschiefers durchbrochen und zieht sich südwestlich vom Dorfe Prausnitz bis nach Poischwitz, eine Meile südlich von Jauer, sämmtliche von ihm entspringende Bäche der wüthenden Neiße zusendend. Die höchsten Erhebungen dieser, theils aus langen Bergrücken, theils aus Kuppen und Kegeln bestehenden, kleinen Gebirgskette sind der Hohberg, gewöhnlich Willmannsdorfer Höhe genannt (1512°), und der Heßberg (13289. Nächst diesen sind eine Menge Kuppen und Anhöhen bei dem Dorfe Jägendorf, so wie der Rathsberg (1115°) zwischen Moisdorf und Jakobsdorf, und der breite Berg bei Poischwitz (1149), sämmtlich aus Basalt bestehend, zu erwähnen, dessen Gerölle, Blöcke und Trümmer sich viele 100 Fuß von der Basis jener Berge nach allen Seiten hin auf den Feldern finden. Säulen von 1—2 Fuß Durchmesser finden sich am breiten Berge, desgleichen auf der nordwestlichen Seite des Heßberges, ferner auf dem nördlichen Gipfel des Willmannsdorfer Berges; auf dem letzteren sogar kleine drei- und vierseitige, auch mitunter gekrimmte. An Einschlüssen sind alle diese Gesteine sehr arın. Dagegen ist der letztgenannte Berg wegen seiner Beziehung zu älteren Felsarten bemerkenswerth. Er durchbrach nicht nur theilweise den Thonschiefer, sondern auch den in der Nähe häufig vorkommenden Zechstein, welcher sich als schmales Band von Prausnitz über Konradswaldau bis nach Schönhausen zieht und sich auf dem Willmannsdorfer Berge selbst einige hundert Fuss unterhalb des Gipfels in verschie- denen Abänderungen zeigt. Die obersten Schichten des Zechsteinkalkes sind grobkörnig und dolomitisch, in allen Büchern als Dolomit aufgeführt worden, jedoch ist der Talkerdegehalt höchst gering. Oft fin- den sich in demselben große Klumpen Brauneisensteins, auch in geringer Menge gelber und dunkel- brauner krystallisirter Eisenkiesel und Kalkspath. Unterhalb des domartigen Gipfels kommen an zwei Stellen Lager bunten Sandsteins vor, von schwach rosenrother Farbe, oft roth und weiß gestreift, ein 30 Gestein, welches zu geschätzten Schleifsteinen verarbeitet wird. Oestlich von der Kuppe des Berges ist der Thonschiefer schwarz und dunkelgrün, mit vielen Quarzadern durchzogen. Nordöstlich von Willmannsdorf sind noch einige basaltische Erhebungen zu erwähnen, welche nichts Bemerkenswerthes darbieten, wie der Ziegen- und Eichberg, und die beiden kleinen Kegel des Birk- und Kreuzberges bei dem Dorfe Seichau. Südlich von denselben zieht sich der bis Poischwitz und Jakobsdorf sich ausdehnende große basaltische Bergrücken hin, dessen höchste Spitzen der vorhin ge- nannte Heßberg und der Eichberg sind. Ohnweit der Grenze des Thonschiefers befindet sich bei dem Dorfe Schlaupp ein feinkörniger Ba- salt, welcher an beiden Ufern der Neiße mehrere 100° hohe Anhöhen bildet. Dicht neben der Kirche von Schlaupp zeigt sich der Basalt in horizontale Platten zerklüftet, von 2 bis 6 Zoll Dicke, die ihrer Gestalt wegen vielfach zum Pflastern der Hausflure und Höfe benutzt werden; eben so sind die An- höhen von Schlaupp bis nach Belwitzhof basaltisch; oft werden dort Basaltkugeln von 2 Fuß Durch- messer ausgegraben, die häufig von einer Schale von demselben Mineral umgeben sind. Auf einigen derselben fanden wir wasserhellen, auch röthlichen Hyalith. Der eine Meile nördlich von Schlaupp an der Neiße gelegene Steinbruch möge erst später geschildert werden, desgleichen die Berge von Brem- garten, da das dort gewonnene Material, obgleich gewöhnlich Basalt genannt, ein anderes ist. Wir gelangen südlich von Bremgarten zu einem der interessantesten Berge der ganzen Gegend. Westlich vom Fuße des Heßberges erhebt sich nahe bei dem Dorfe Peterwitz die basaltische Halb- kugel des Weinberges, an mehreren Stellen, wie auch an seinem Fuße Basaltsäulen enthaltend. An letzterem Orte fand sich in einem dichten feinkörnigen Basalt glasiger Feldspath oft in halben Zoll starken Krystallen, meistens farblos, doch auch braungelb und von starkem Glasglanze. Der obere Theil des Berges enthält unter seiner rothbraunen, durch Verwitterung seines Materials entstandenen Dammerde große Mengen braunen, rothbraunen und aschgrauen Basalttuffes, bald in großen Klumpen, bald in länglich runden Stücken, oft porös, groß- und kleinzellig. Oft schließt ein und dasselbe Hand- stück Basaltbrocken von braunrother Farbe, zelligen und porösen Basalt, Basaltschlacken und glasigen Feldspath in sich Auch eine eigenthümlich schiefrige Absonderung des Basaltes ward gefunden, wahr- scheinlich von einer konzentrisch - schaligen Absonderung einer Basaltkugel herrührend. Bolus fand sich in jenen Tuffen nur selten; übrigens ist das Vorkommen dieser basaltischen Tuffe von jenem bei Sirgwitz völlig verschieden, diejenigen vom Weinberge sind alle thoniger, brauner und zerreiblicher. Wir verlassen jetzt das Ufer der wüthenden Neiße und betreten, uns östlich wendend, ein Plateau, welches sich nördlich bis Hochkirch, Neudorf, Bischdorf und Tschierslau erstreckt, südöstlich vom Sen- nerwalde und der vom Streitberge herabkommenden Weidelache begrenzt wird und theilweise dem Ge- rölle angehört. Nahe an jenem Bache erhebt sich ein Höhenzug, dessen nördliche Grenze durch die Dörfer Ojas, Wahlstadt, Tentschel, Rosnig und Greibnig markirt wird. Das von diesen Höhen einge- schlossene Plateau begreift fast gänzlich das Schlachtfeld der Tartarenschlacht von 1241, so wie die Gegend um Wahlstadt, Nikolstadt, Kaudewitz, Mertschütz und Wandritsch, welche das einst so ergiebige Gold- feld genannt werden kann. Von Wahlstadt nach Nikolstadt zu ist, ausser dem dicht hinter Wahlstadt vorkommenden Quarz, die Gegend basaltisch. Südlich von Nikolstadt sind einige niedrige Berge, wo der Basalt zu Tage steht und schon seit Jahrhunderten Steinbrüche im Betriebe sind, denn der Nikol- städter Basalt ist, was Festigkeit, feines Korn und den Mangel an Einschlüssen anbelangt, einer der vorzüglichsten, daher von jeher als Baumaterial beliebt. Er erscheint fast stets in fußdicken lothrecht stehenden Säulen, nur an einer Stelle erscheinen dieselben eine Strecke lang gekrümmt. Die in diesem Gestein enthaltenen Olivinkörner sind sehr klein; als Seltenheit kam einige Male Hyalith und Chabasit vor. Und doch mußte einer der so ergiebigen Steinbrüche aufgegeben werden, da sich in den Basalt- öl säulen eine zu große Neigung zur kugeligen Absonderung zeigte. So befinden sich auch auf einer Seite des Berges tausende von losen Sphäroiden, von vier Linien bis 4 Zoll im Durchmesser, welche sich durch Einwirkung der Atmosphärilien aus dem Gestein gelöst haben. Mitunter zeigen sie schalige Absonderung und sind auch dann und wann platt gedrückt. Der letzte zu jener Gruppe gehörige Ba- salt dürfte derjenige bei dem Dorfe Koiskau sein, eine Meile östlich von Nikolstadt, woselbst viel Ma- terial für den Chausseebau gewonnen wird, dessen Gestein aber keine besonders merkwürdigen Ein- schlüsse enthält. Eine Meile südöstlich von Wahlstadt tritt bei den Dörfern Mertschütz, Granowitz und Jenkau Ur- thonschiefer auf, südwestlich von dort erscheint Granit von verschiedenen Farben. Der Granit des Streitberges, in dessen großem Steinbruch gegenwärtig 200 Arbeiter beschäftigt sind, besteht aus wei- ßem Feldspath, hellgrauem Quarz und schwarzem Glimmer. Am nördlichen Fuße des Streitberges be- findet sich ein kleines Lager schwarzen Gneises, welches ebenfalls ausgebeutet wird. Der Granit des Windmühlenberges bei Striegau ist demjenigen des Streitberges ähnlich; derjenige von Muhrau und Klein-Rosen enthält gelbbraunen Quarz, desgleichen der kleinkörnige Granit von Kaltenhaus. Der Gra- nit von Bohrau-Seifersdorf enthält weißen und hellblauen Feldspath, geht an einigen Stellen in Albitgranit über, mit schönen Albitkrystallen, oft zeigt er sich als Schriftgranit und sein Feldspath ist als Selten- heit mitunter schön hellgrün, dem Chrysopras ähnlich gefärbt, jedoch rührt die Farbe nicht von Nickel- oxyd her. In der Mitte dieser Granite sind die Striegauer Berge durch jenes Gestein emporgestiegen, ja an einigen Stellen ist der Granit bedeutend gehoben worden, denn dicht unter dem Gipfel des Kreuzberges (Basis desselben 1111 Fuß) finden wir noch Granit. Die Masse des Striegauer Basaltes unterscheidet sich von anderen Basalten fast gar nicht; säulenartige Zerklüftungen und Basaltsäulen kommen häufig vor, die letzteren in Menge an der Südseite des breiten Berges. An Einschlüssen fanden wir als Sel- tenheit am Georgenberge kleine Drusen haarförmiger Pistazitkrystalle, denen aus der Eifel ähnlich. Auffallend dürfte es sein, daß am Fuße des Georgenberges, neben einer der jetzt verschütteten Bolus- gruben, vor einigen Jahren eine ganze Quantität weißen, rothgeaderten Ceroliths gefunden ward, dem von Kosemitz völlig gleich. Die Gruppe der drei Striegauer Basaltberge umschließt ein kleines fruchtbares Thal, dessen Nord- westseite vom Georgen- und Kreuzberge, welche steile Kegel bilden, begrenzt wird; die Südseite wird vom breiten Berge, welcher sich nach Westen verflacht, nach Süden und Osten durch Säulen und säu- lenartige Wände scharf abgeschnitten wird und dessen Oberfläche ein langes in der Mitte eiwas ver- tieftes Plateau bildet, begrenzt. Unter den vielen Basaltwänden, welche sich auf der Südseite zeigen und welche durch oft 50 Fuß hohe Säulen gebildet werden, befindet sich der Eingang zu einer zwei- ten Bolusgrube, welche jetzt verschüttet ist. Hier enthalten alle noch herumliegenden Blöcke des Ba- salttuffes kleine, 1 bis 2 Linien starke Einschlüsse von erbsengelbem Bolus, welcher einst unter dem Namen Terra sigillata weit und breit verführt wurde, da er als Arzneimittel großen Ruf erlangt hatte; ja man suchte an vielen anderen Orten nach ähnlichem Bolus und ahmte sogar das auf dem ächten Bolus angebrachte Wappen nach. Dieses als Medikament jetzt völlig außer Gebrauch gekommene Mineral ward anno 1568 durch den in Siriegau lebenden Doktor Montanus empfohlen und bei ruhr- und pestartigen Krankheiten in Anwendung gebracht; gegenwärtig gehört es zu den veralteten Heilmitteln und findet sich außer in Antiquitätensammlungen nur noch in Apotheken, wo es mitunter verlangt wird, da es sich auf veralteten Rezepten befindet. Seine Bestandtheile sind, wie mehrere Untersuchungen dieses Bolus ergaben: Kieselerde.. 12 N a121ay Wenn. 41 bis 47° % Dhonerde::" m. BER OR 1925, Eisenoxydir\ien. Mina. HD DL Talkerde HI PENIS 0A, 0, Kalkerdeir Ne a IRRE REN Dan zei ne, Wasser titr MALIMDERSSEREHRINENN, 1 aa 0 Mehrere aus jener Zeit herrührende Siegelerden zeigen verschiedene Wappen; die braungelben, aus Siriegauer Bolus verfertigten zeigen drei Berge mit dem darüber schwebenden Doppeladler, nebst einem Wappen mit zwei Schlüsseln. Auch kommt der schlesische Adler vor. Diese Stempel, welche man der Terra sigillata Strigoviensis aufdrückte, stimmen mit dem Striegauer Stadtwappen überein, wie es auf den 1622 daselbst geprägten Groschen und 12-Kreuzerstücken vorkommt. Außerdem gab es noch ziegelrothe, graue und weiße Siegelerden. Der Breslauer Arzt Volkmann führt Siegelerden von Gold- berg, Massel, Liegnitz, Jauer, Seichau, Brechelwitz und Gesewitz an, wovon jede ihren besondern Stempel trug, ja in der Silesia subterranea sind deren nicht weniger als 58 abgebildet. Wie sehr man im Mittelalter diesen Bolus schätzte und wie man auch damals, so wie heute bei manchen hochgepriesenen und in Zeitungen bekannt gemachten Heilmitteln mit auffallenden Namen nicht sparsam war, bezeugen die in Herrmann’s Maslographia angegebenen, dem Bolus beigtlegten hochtrabenden Namen, welche an die Zeiten der Alchemie erinnern. Die Striegauer Terra sigillata ward von den damaligen Chemikern Azxungia Solis genannt, weil man glaubte, diese Erde würde durch Golddampf erzeugt; die goldberger weiße und rothe nannte man Axwungia Lunae. Mehr darüber zu lesen findet sich in Sinapius’ Olsno- graphia und in Fiebiger’s Silesiographia. Auch Sachsen trat in jener Zeit mit heilsam wirkenden Erden _ auf und brachte eine Terra miraculosa Saxonica von fleischrother und eine dergleichen Zwickawiensis von violetter Farbe in den Arzneischatz, beide aber nicht dem Bolus, sondern dem Steinmark angehörig. Uebrigens lassen sich aus dieser Siegelerde Geschirre und Pfeifenköpfe verfertigen, welche nach dem Brennen eine schön braunrothe Farbe bekommen; erstere finden sich in Antiquitätensammlungen, letztere werden noch heute in Ungarn und in der Türkei verfertigt. Noch ist zu erwähnen, daß nach dem Zeugniß alter Schriftsteller im Georgenberge einst Gold gefunden worden sei. Gegenwärtig läßt sich dies nicht erörtern. Weder im Basalte, noch in dem tiefer liegenden Granit hat man in neuerer Zeit Gold gefunden. Einige hundert Schritte von jener Bolusgrube befindet sich der, jetzt seit mehreren Jahren im Be- triebe befindliche große Steinbruch, wichtig für den Mineralogen und Geologen. Der Basalt ist fein- körnig, dicht und daher zum Chausseebau, wie zum Straßenpflaster und auch als Baustein sehr gesucht. Die interessanteste Stelle jenes Steinbruches ist aber die, seit längerer Zeit aufgehäufte Schutthalde, wo sich neben dem Abraume kleiner unbenutzter Basaltstücke zahlreiche Schlacken der verschiedensten Größe und Beschaffenheit finden. In einer Tiefe von wenigstens 15 Fuß liegen dieselben in einer aus verwittertem Basalte bestehenden Erde, in welcher auch Brocken von Basalt liegen. Ihre Beschaffenheit ist, was ihr Ansehen, Härte und Schwere betrifft, höchst verschieden, denn theils finden sich feinlöch- rige schwere, dem rheinischen Mühlstein ähnliche, dazwischen großlöchrige Basaltschlacken von dunkel- schwarzrother Farbe, mit Einschlüssen röthlichgrau gebrannten Basaltes, oft erscheinen Klumpen dieser Art von 1 Fuß Durchmesser. Ein großer Theil derselben zeigt einen geschlossenen Zustand, wo als- dann häufig stalaktitenähnliche Bildungen erscheinen, oft glaskopfähnliche Zapfen mit glatten Oberflächen. Sowohl in den Höhlungen jener Schlacken, als auch auf den Außenseiten finden sich mitunter kleine erhabene parallele Streifen von ?/,, Linie Durchmesser, oft sich kreuzend und eine Art Gitter bildend; die letzteren sind jedoch selten und nur auf der Oberfläche befindlich. Oft sind die Höhlungen der 35 Schlacken leer und nur mit einem schwarzen metallisch glänzenden Anflug überzogen; mitunter finden sich glänzende, orange gefärbte kleine Krystalle darin, rhombischen Tafeln ähnlich, nur leider sehr klein. Was aber jene Schlacken besonders interessant macht, ist, daß man an ihnen die Einwirkung der Glühhitze auf den Granit beobachten kann, denn viele derselben enthalten den Granit, der in der Nähe zu Tage steht, in der verschiedensten Stufe der Glühung und der Schmelzung. Man findet größtentheils den Feldspath, welcher im Granit weiß gewesen, zur ziegelrothen Masse geschmolzen, den Glimmer völlig verschwunden, nur der Quarz hat widerstanden, und liegt sowohl in dem geschmolzenen Feld- spath, als auch in den schwarzen Schlacken, als weiße Körner vertheilt, eingeschlossen, mitunter haben auch die Alkalien im Basalte mit dem Quarze besondere tropfenartige Schlacken gebildet. Nirgends wohl läßt sich an ein und demselben Handstücke der Uebergang von dichtem feinkörnigen Basalte in verschlackten Basalt besser beobachten als hier. In einer jener Schlacken fanden wir einen Basalt- brocken von Querrissen durchzogen, als wäre es schiefrige Absonderung, in der Masse des Basaltes unzählige kleine starkglänzende Blättchen, von der Farbe des Bleiglanzes, jedoch stark auf den Magnet wirkend (also Magneteisen). Da wir später nochmals auf diese Schlacken zurückkommen werden, so möge hier nur erwähnt werden, daß selbige oft von Vorübergehenden theils für Brandschutt, theils für Schlacken und zusammengeschmolzene Ziegeln aus dem Inneren einer Ziegelei gehalten worden sind, eine Ansicht, welche durch eine genaue Besichtigung wiederlegt wird. Am nordöstlichen Rande der unteren Hälfte des breiten Berges befindet sich in der Nähe des Steinbruches eine Grube, von den Arbeitern die Sandgrube genannt; sie enthält aber keinen Sand, sondern das als Sand benutzte Material ist ein, in Zersetzung begriffener Granit, welcher durch die Hitze in einen höchst mürben und bröcklichen Zustand gekommen ist, In dieser Grube, deren Wände aus jenem Granit bestehen, läßt sich ein, höchstens 3 Fuß breiter Basaltgang sehr gut beobachten, da er bis zur Oberfläche emporgestiegen ist. Der Granit, welchen er durchbrach, ist mit dem unten am Windmühlenberge vorkommenden übereinstimmend, doch ist er nicht in dem Grade, wie der vorhin geschilderte verändert, denn er ist nicht geschmolzen; der weiße Feldspath ist hellgelbroth geworden, der dunkle Glimmer heller. Besonders gefärbte Kontaktflächen, wie sie sonst bei der Berührung von dergleichen Gesteinen vorkommen, sind nicht bemerkbar. Noch ist westlich von den Striegauer Bergen der zwischen Eisdorf und Pilgramshain gelegene iuppenförmige Brechelsberg zu erwähnen, dessen Basalt nichts Bemerkenswerthes darbietet. Die Berge, welche von Striegan aus südwestlich liegen, bestehen aus Granit, Thonschiefer, Gneis, sabbro und Serpentin, letztere beiden Gesteine durch den Zobten repräsentirt und durch den kleinen Gebirgszug, welcher den Zobten im Süden umgiebt, und dessen östlichste und westlichste Erhebung ler Weinberg bei Schieferstein und der Költschner Berg begrenzen. Oestlich vom Weinberg tritt noch- mals als runde basaltische Kuppe der Johnsberg hervor, und außer mehreren kleinen Anhöhen, in der Nähe von Nimptsch der Mühl- und Kieferberg, desgleichen der Pangelberg und ein Basaltberg hinter lem Schlosse von Silbitz. Alle hier genannten Berge, so wie noch einige andere Anhöhen enthalten lieses Gestein meist in großen formlosen Blöcken; oft zeigen sich auch eigenthümliche Zerklüftungen, Jesonders im Westen von Nimptsch, die von der Art sind, daß man größere Platten gewinnen kann. Bei Silbitz kommen auch Säulen und Kugeln vor. Wären nicht in der Nähe so vortrefiliche Arten on Granit und Gneis zu finden, so würde ohnstreitig auch in dieser Gegend der Basalt als Baustein Jenutzt werden, was jetzt nur sparsam geschieht. In dem romantischen, eine Viertel-Meile westlich von Nimptsch gelegenen Höllengrunde befindet sich ohnweit des Dorfes Girlachsdorf eine Stelle, wo der Basalt den dort häufig vorkommenden Gneis durchbrochen hat. 34 Die Basalte der Grafschaft Glatz bilden eine von sämmtlichen bis jetzt angeführten Basalten ge- sonderte Gruppe, sind im Nordosten von der Stadt Landeck zu finden und haben den Gneis und den Glimmerschiefer durchbrochen. Die vorzüglichsten aus jenem Gestein bestehenden .Berge sind: 1) der graue Stein, nordöstlich von Thalheim; er enthält Basalt von feinem Korn und großer Festigkeit, von Einschlüssen ist er besonders an Olivin sehr reich, denn es finden sich in ihm Nester von 1 bis 8 Zoll Durchmesser, welches Mineral jedoch niemals in solchen Krystallen erscheint, daß sie als Chrysolithe zu verwerihen wären, sondern jene Nester bestehen nur in zusammengehäuften Körnern und krystallini- schen Massen. Große Mengen formlosen Basaltes liefert 2) der 1988’ hohe Ueberschaarberg nördlich vom Dorfe Leuthen. Der Ueberschaarberg zeigt an seinem unteren Theile zahllose Basaltklumpen ohne besondere Form, auch ist seine Masse von anderen Basalten nicht besonders verschieden; nach dem Gipfel zu findet sich jedoch verschlackter Basalt theils grobschlackig, theils porös, Quarzkörner, Olivin und Augit enthaltend, nebst mikroskopisch kleinen Krystallen eines Minerales, welches wahrscheinlich glasiger Feldspath ist. Außerdem finden sich auch noch braunrothe, mehr erdige Abänderungen, den porösen schwammähnlichen Basalituffen von Peterwitz bei Jauer ähnlich. Als Seltenheit fanden wir einige Gneisbrocken in ihm eingeschlossen, durch welches Gestein er emporgestiegen ist. Unter diejenigen Basaltberge, welche den Gneis und den Glimmerschiefer durchbrochen haben, gehört auch 3) der dem Ueberschaarberge nahe gelegene, 2028° hohe Winklerberg mit sehr großen Basaltsäulen, über welchen die Straße nach Johannisberg führt. Es bleibt uns jetzt noch die Schilderung des Vorkommens eines anderen, dem Basalte höchst ähn- lichen Gesteines übrig, einer Felsart, welche ihren Bestandtheilen nach jenem sehr nahe steht und oft dafür gehalten wird, besonders da beide Gesteine mitunter in einander übergehen, nämlich des Dole- rits, welcher da, wo er kleinkörnig auftritt, leicht mit dem Basalt verwechselt werden kann. | Wir finden in Niederschlesien dieses Gestein nur sparsam, und war seine Gegenwart früher we- niger bekannt, da es für Basalt gehalten und als solcher verwendet ward. Der Dolerit findet sich nordöstlich von Jauer am Ufer der wüthenden Neiße bei dem Dorfe Brem- berg (Bremgarten), wo er an beiden Ufern einige 100 Fuß hohe Bergrücken bildet, denn steile Kegel bildet er in Schlesien nicht. Der Wachberg am rechten Ufer des Flusses besteht aus feinkörnigem hellgrauen Dolerit mit sichtbaren kleinen Partien von Hornblende, Feldspath und Olivin. Am westli- chen Ufer kommt er mitunter porös und schlackig vor. Sämmtliches Gestein ist von dichtem Korn, großer Härte und Festigkeit und wird vielfach zum Bauen benutzt. Als in dem oben genannten Dorfe bei Gelegenheit des Brunnengrabens eine etwa 15 Fuß starke Schicht Lehm und doleritisches Gerölle durchbohrt worden war, stieß man auf Pechkohle, entstanden durch Einwirkung der glühenden Dolerit- masse auf Braunkohle (Pinites basalticus), denn in dem westlich ganz nahe liegenden Hennersdorf wird gegenwärtig Braunkohle gefördert, deren Dasein damals noch nicht bekannt war. Diese Pechkohle zeigte sich als gutes Brennmaterial, war von pechschwarzer Farbe und zeigte oft an einem und dem- selben Handstück an der einen Seite den bekannten muscheligen Bruch der Pechkohle, während an der anderen die Jahrringe des Holzes deutlich sichtbar waren. Unterhalb jener Kohle fand sich nebst etwas Anthrazit ein dem gebrannten Thone ähnliches Gestein nebst Nestern eines dunkel- wie auch hellgrü- nen Bolus. In der Nähe ward verschlackter und poröser Dolerit gefunden. Auf die Kohle selbst wurde nicht weiter geschürft, da der harte Dolerit den weiteren Arbeiten hinderlich war und das Flötz ver- worfen schien. Besondere Beachtung verdient eine in Zersetzung befindliche Doleritmasse dicht bei dem Dörfchen Schönau ohnweit Dohnau an der Neiße, eine Meile von dem vorhin genannten Bremberg nördlich ge- 35 legen. Ein dort verlassener Steinbruch zeigt den Dolerit in einem Uebergangszustande, und zwar in dem einer thonigen Wacke. Es ist hierunter nicht jene Wacke zu verstehen, welche feinkörnig, dicht und fest, von flachmuschligem Bruche und dunkelgraugrüner Farbe erscheint, sondern jene weiche, zer- reibliche, aus zersetztem Basalt oder Dolerit entstandene, welche ein hellgraues, erdiges Mineral dar- stellt (Härte — 1), und welche, abgesehen von den, in ihr sich als schwarze Punkte zeigenden Hornblende- und Magneteisentheilchen, mehr einem erdigen Thonmergel gleicht, welchem jedoch beim "Anhauchen der bekannte Thongeruch fehlt. An einigen Stellen dieses, einen Raum von vielen Morgen einnehmenden Lagers, welches gegen 50 Fuß hoch ist, ist diese Wacke rosifarben, an anderen ist sie hellgraugelb und an einer dritten besitzt sie eine graue, in’s Lavendelblaue ziehende Farbe. An letzte- rer Stelle führt die Anhöhe bei den Landleuten den Namen des alten Bergwerkes, doch konnten wir selbst bei den ältesten Leuten nicht erfahren, was dort gegraben worden sei. Hat man vielleicht einst dori Terra sigillata gesucht? Ein Handstück des vor etwa zwanzig Jahren, als noch dort Dolerit ge- brochen ward, im Steinbruch gesammelten Dolerites zeigt außer Augit noch Schwefelkies und Olivin eingesprengt. Als Merkwürdigkeit sind die, jene Wacke in horizontalen Streifen in Menge durchziehenden Schich- ten von Wad (Glocker’s schwarzem Manganocker) noch anzuführen, welche das Eigenthümliche haben, daß sie auf der Oberfläche oftmals glänzende, reflektirende Flächen bilden, oft sogar deutliche Rutsch- flächen zeigen. Da, wo die Atmosphäre von außen, und das von oben einsickernde Regenwasser längere Zeit auf jene, eine halbe Linie dicken Manganstreifen eingewirkt haben, erscheint die schwarze Farbe in Rothbraun umgeändert und die glänzenden Flächen sind verschwunden. Eine ähnliche Dolerit- wacke findet sich in der Nähe des Dorfes Liebenau, ia einem verlassenen Steinbruch, rechts am Wege nach Wahlstatt. Ein zweites Auftreten des Dolerits findet sich eine Viertelmeile südwestlich von Wahlstatt als nie- driger Höhenzug am rechten Ufer der Weidelache, woselbst jenes Gestein theilweise in Basalt, theils in feste Wacke übergeht, oft sich auch dem oben erwähnten Anamesit nähert. Neigung zur Säulenbil- dung ist sichtbar; mitunter zeigen sich derer, doch sind die meisten schon durch die Arbeiter abge- brochen; auch kuglige Absonderung kommt an einigen Stellen vor. Der Dolerit ist hellgrau, zeigt an einigen Stellen Uebergang in verschlackten Dolerit, wo alsdann die Höhlungen sich irisirend zeigen. Dagegen fehlen die Tuffe gänzlich und der in Menge und von besonderem schönen Ansehen erschei- nende gelbrothe Bolus bildet Ausfüllungen zwischen den säulenförmig zerklüfteten Doleritmassen, die durch den dortigen Steinbruch blossgelegt sind. Der Liebenauer Dolerit wird durch einige Gänge von krystallisiriem Labrador merkwürdig, welcher in kleinen Tafeln von weißgrauer, mitunter hellblauer Farbe, die in Menge zellenartig gruppirt sind, sich auf diesem Gestein befindet. Manchmal liegt in jenen Zellen eiwas gelber Bolus, oft sind sie mit kleinen Krystallen von Augit, Magneteisen oder Hornblende bedeckt. Als Seltenheit fanden wir kleine, glänzende, konzentrisch-schalige Kugeln von schwarzem Manganocker, oft durch die Atmosphäre in brau- nen Ocker verwandelt. Meist befinden sich jene, eine halbe bis ganze Linie im Durchmesser haltenden Kugeln auf dem Dolerit, seltener sitzen sie auf den Labradorkrystallen auf. Uebrigens findet sich dann und wann auf dem Liebenauer Dolerit farbloser getropfter wasserheller Hyalith. Wir fanden als Sel- tenheit ein dergleichen Exemplar von 9 Quadratzoll. 36 In der allgemeinen Sitzung vom 27. November sprach der Präses der Gesellschaft, Göppert: Ueber den versteinten Wald von Radowenz bei Adersbach in Böhmen und über den Versteinerungsprozess überhaupt. In der Nähe der durch ihre wunderbar geformten Sandsteingebilde so ausgezeichneten Gegend von Adersbach befindet sich noch eine andere naturhistorische Merkwürdigkeit, welche, obschon weniger in ' die Augen fallend, doch in wissenschaftlicher Hinsicht nicht geringere Beachtung verdient, nämlich ein Lager von versteinten Bäumen, wie es wenigstens im Gebiete der Steinkohlenformatiou bis jetzt weder in Europa, noch in irgend einem Theile der Erde beobachtet worden ist. Von Rohnow, einem kleinen, in Böhmen an der westlichen Grenze der Grafschaft Glatz, eine Meile von Cudowa gelegenen Städtchen, einem Punkte, von welchem aus die Steinkohlenformation im nörd- lichen Böhmen beginnt, und sich hier gleich in zwei Züge, in einen hangenden und liegenden theilt, erhebt sich zwischen diesen beiden Zügen ein mäßig hohes, aus Kohlensandstein bestehendes Gebirge, welches als hangender Sandstein des liegenden Zuges betrachtet wird. Ueber Wüstkosteletz, Wüstroy, Gipka und Kliwitz streicht es westlich über Radowenz, den Brandhäusern bis in die Gegend von $latina, wo es sich auf dem sogenannten Slatinaer Oberberge im Angesicht von Markausch am höchsten erhebt, von welchem sich eine ungemein weite Rundsicht auf die ganze böhmische Seite des Riesengebirges, auf das schlesische Mittelgebirge, auf die Grafschaft Glatz und die vielen westlich und südlich gelege- nen böhmischen und mährischen Bergketten darbietet. In diesem zum grossen Theile mit Wald bedeck- ten, in der angegebenen Begrenzung etwa 23 Meilen langen und durchschnittlich 5 Meile breiten Ge- birgszuge befinden sich theils auf den Höhenkämmen, theils in und an den vielen von ihnen herabzie- henden Quellen und Bächen, so wie an Wald- und Ackerrändern, Wegen und Stegen zahlreiche ver- steinte Stämme, ganz besonders aber in der Umgegend von Radowenz, einem etwa 2 Meilen von Adersbach entlegenen und mit diesem Orte durch eine ziemlich gute Strasse verbundenen, dem Herrn Baron von Kaiserstein gehörenden Dorfe. Dem Kaufmanne und Fabrikanten Herrn Benedikt Schroll zu Braunau, welcher die geologischen Verhältnisse seiner Gegend genau beachtet, verdanke ich die erste Nachricht von diesem Vorkommen. Mit ihm und Herrn Dr. Beinert in Charlottenbrunn war ich zu Pfingsten dieses Jahres zum ersten Male daselbst, zum zweiten Male 9 Monate später mit Herrn Direk- tor Gebauer. Wenn man von Radowenz nach den sogenannten Brandhäusern oder den Bränden rechts von einer Bleiche geht, gelangt man in südlicher Richtung bald an eine Bergwand und bemerkt beim Hinansteigen nicht nur zu beiden Seiten des Weges, sondern vorzugsweise an den wenig steilen Wän- den eines Baches viele meist I bis 3 Fuß lange und fast eben so dicke Bruchstücke versteinter, hie und da im Felsen noch fest sitzender Stämme, tausende aber beim Austritte aus dem Walde an den Rändern einer sanfi geneigten Wiese, an deren oberem Abhange sich eine Anzahl Häuser, die Brände genannt, hinziehen. Sie liegen hier nicht nur haufenweise am Rande des Waldes, der Wiese und der Aecker, wohin sie offenbar bei der Urbafmachung des Landes gebracht und bei dieser Gelegenheit auch wohl zum Theil zerirümmert wurden, sondern überall in dem benachbarten Tannenwalde, auf dem Raume von mindestens einer halben Quadratmeile, so häufig, daß man sie keine Minute aus den Augen verliert, und endlich noch in möglichst größter Quantität auf der schon oben erwähnten höchsten Erhe- bung des Gebirgszuges, auf dem Slatinaer Oberberge *), wo man auf einem Raume von etwa 3 Morgen “) Hier fand ich auch den bei uns in Schlesien bis jetzt nur an ein paar Orten beobachteten interessanten Pilz Polysaccum arenarium, der nach Corda in Böhmen jedoch nicht selten zu sein scheint. 37 an den Ackerrändern nach einer gewiss nicht zu hohen Schätzung eine Quantität von 20-—- 30,000 Ceniner mit einem Blicke übersieht und zwar in Exemplaren, wie sie nur wenige Museen besitzen, aber einem jeden zur größten Zierde gereichen würden. Herr Kaufmann Schroll hatte die Güte, mir einen der prächtigsten Stämme dieser Art von 6 Fuß Umfang, 1 Fuß Höhe und 10 Centner Gewicht, wie keine Sammlung dergleichen aufzuweisen hat, hierher nach Breslau zu senden, ganz dazu geeignet, der paläontologischen Partie unseres botanischen Gartens, wo er bereits aufgestellt ist, ein erhöhtes Interesse zu verleihen. Die bei weitem größte Zahl dieser Stämme besitzt einen Durchmesser von 15 bis 2 Fuß, und wenige 1 Fuß, oder 3—4 Fuß. Einige sind vollkommen rund, die meisten im Querschnitt rund- lich-oval, häufig in Längsbruchstücken, wie halbirt, mit mehr oder weniger horizontalen, kaum schiefen Bruchflächen, ohne Spur des Herumrollens, also mit scharfen Kanten, alle von mäßiger Länge von 1—6 Fuß, selten 14—18 Fuß, und dann eben nicht mehr im Zusammenhange, sondern nur in bei einander liegenden zusammengehörenden Bruchstücken. Größtentheils völlig entrindet, nur ‘an einzelnen vermochte ich noch Rinde zu erkennen, sind sie oft noch und zwar die stärksten derselben mit einzel- nen 1—9 Zoll breiten und langen Astnarben versehen, woraus deutlich hervorgeht, daß wir denn nicht die Stämme selbst, sondern nur ihre stärkeren Verzweigungen vor uns sehen. Die Stämme birgt wahr- scheinlich noch das Innere der Sandsteinfelsen, aus welchen die jetzt auf ihnen lagernden einst hervor- ragten und wie schon erwähnt später beim Anbau des Landes und Kultur des Waldes zerschlagen und umhergestreut wurden. Steinbrüche möchten darüber Aufschlüsse geben können, nach denen ich mich aber vergebens umgesehen habe. Obschon sie in eine weißlichgraue, chalcedon- und hornsteinartige, hie und da durch Eisenoxyd rothgefärbte Masse verändert und daher sehr fest erscheinen, lassen sie sich doch leicht mit verhältnißmäßig schwachen Hammerschlägen in horizontale Bruchstücke mit ebener Fläche zertrümmern, wie ich schon früher bei anderen versteinten dikotyledonen Hölzern beobachtet habe, wahrscheinlich wegen des Verlaufes der vom Centrum nach der Rinde sich erstreckenden Mark- strahlen, wie denn ja auch die lebenden Bäume nach der Richtung der Spiegelfasern oder Markstrahlen in der Regel am schnellsten rissig werden. Sehr viele und meist die dicksten Stämme haben im Innern in der Gegend der Markröhre eine Höhlung von 1—3 Zoll Durchmesser, ganz so wie Bäume der Jetzt- welt, die eben anfangen zu vertrocknen oder an der Gipfeldürre zu leiden. Auch zeigen sie ähnliche Drehung der Holzfasern unter demselben Winkel von 5—4: Grad, wie unsere jetztweltlichen Coniferen, wie auch zum ersten Mal hier beobachtet ward. Konzenirische Holzkreise, gewöhnlich auch Jahresringe genannt, sind, wenn auch nicht sehr deutlich, in zollweiten Zwischenräumen von einander entschieden vorhanden, namentlich bei Exemplaren, die nicht mit kleinen Quarzkrystallen ausgefüllte Kluftflächen zeigen. Durch solche Krystalle werden einzelne Holzpartien so isolirt, daß sie ein röhrenförmiges Aeussere und somit das Ansehen von Monokotyledonen, namentlich Palmenstämmen erlangen, wohin sie aber nicht gehören, sondern entschieden zu den Abietineen oder Nadelhölzern, und zwar in die Nähe der Araukarien, kolossaler Nadelhölzer der südlichen Halbkugel. Die fast überall vorhandene Zellen- substanz läßt sich durch Jod und Schwefelsäure noch als Cellulose erkennen, setzt aber wegen der aufgelockerten braunkohlenartigen Beschaffenheit, in der sie sich befindet, der genaueren Untersuchung, namentlich der Fertigung instruktiver und zur Bestimmung eben wesentlich nothwendiger Markstrahl- oder Centrumlängsschnitte große Schwierigkeiten entgegen, indessen ist es mir doch so weit damit ge- lungen, um vorläufig behaupten zu können, daß sich außer der in der gesammten Steinkohlenformation (Newcastle, Saarbrücken, Weitin, Chomle in Böhmen u. a. 0.) schon beobachteten Araucarites Brand- lingii noch eine neue Art darunter befindet, welcher ich den Namen meines gütigen Führers Herrn Schroll, Araucarites Schrollianus beilege, dem die Wissenschaft auch noch in einem anderen Ge- biete, im Bereiche der Flora der permischen Formation von Braunau, wichtige Beobachtungen verdankt. 38 Sogenannte Staarsteine, Psarolithen, die insbesondere die Kupfersandstein- oder die permische Formation charakterisiren, oder Palmen konnte ich bis jetzt wenigstens unter ihnen nicht entdecken. Von Radowenz und Slatina erstreckt sich das Kohlengebirge noch in nordwestlicher Richtung über Schlesisch-Albendorf bis Schatzlar, wo insbesondere bei Schlesisch-Albendorf noch einzelne Bruchstücke fossilen Holzes vorkommen, aber nicht mehr in der Menge, wie an den eben geschilderten Orten. Immer seltener werden sie nach dem Uebertritt des Kohlengebirges in Schlesien. Nur zwischen Michels- dorf und Landshut fand ich einst ein kleines Exemplar desselben. Ein großartiger Stamm von Arau- carites Brandlingii m. kam im Anfange dieses Jahrhunderts im Felde der Louise Augusten-Grube in der Aue bei Waldenburg bei dem Steinbruchbetriebe zu Tage, der eine Länge von etwa 30 Fuß er- reichte, jetzt aber eben in Folge des Abbaues der Kohlensandsteinschichten gänzlich verschwunden ist. Auch von den einst auf dem Buchberge bei Neurode im Jahre 1840 noch in drei Gruppen zu etwa 15 Exemplaren vorhandenen '1—2 Fuß dicken, in der Länge von 1—16 Fuß aus dem Kohlensandstein hervorragenden versteinten Stämmen des A. Rhodeanus m. ist leider gegenwärtig nicht mehr viel zu sehen. In der gesammten so mächtigen oberschlesischen Kohlenformation vermochte ich nur an einem einzigen Ori ein paar winzige Stämmchen versteinten Holzes zu entdecken; in den westphälischen und rheinischen Kohlenlagern, sowohl in denen an der Werm und an der Inde, wie in denen zu Saarbrücken suchte ich vergebens darnach; in England hat man einige Stämme beobachtet, und wenn ich auch nicht behaupten möchte, daß sie in Belgien, Frankreich und in Nordamerika fehlen, so könnte man wohl_zur Zeit aus dem Schweigen der Schriftsteller hierüber entnehmen, daß sie bis jetzt wenigstens noch nicht in irgend einer bemerkenswerthen Menge dort gefunden worden seien. Aus dieser Zusammenstellung ergibt sich hinreichend, daß das oben geschilderte Lager versteinter Stämme selbst in sei- ner jetzigen auf mindestens 2 Quadratmeilen betragenden Ausdehnung im Gebiete der Steinkohlenformation als einzig in seiner Art zu betrachten ist, ich sage in seiner. jetzigen Begrenzung, weil ich auch bei meiner letzten Exkursion namentlich die Verbreitung desselben nach Süden noch nicht festgestellt habe, denn nicht nur bei Gipka *) soll, nach Mittheilungen des Herrn Bergwerksbesitzer Pohl zu Wüstroy, noch ein ungemein großes Lager von eben solcher Ausdehnung wie bei Slatina und Radowenz vorkommen, sondern auch auf dem benachbarten Schwadowitzer Revier ebenfalls noch viele Stämme vorhanden sein. Man kann also wohl behaupten, daß dieses Kohlensand- steingebirge, da alle Stämme in genauer Beziehung zu dem unterlagernden Kohlensandstein stehen und Spuren von Abrollung in Folge von Anschwemmung sich an ihnen nicht wahrnehmen lassen, einen wahren versteinten Wald in sich schließe, der bei der einstigen Hebung desselben aus seiner ursprünglichen Lage gebracht und vielfach zertrümmert wurde. Auch im Gebiete der permischen Formation lässt sich mit Ausnahme der Umgegend von Neu- Paka in Böhmen, wo sich ein großes Lager versteinter Stämme befindet, nichts Aehnliches nachweisen, unter denen übrigens wie auch am Kiffhäuser unser Araucarites Schrollianus ebenfalls vorkommt, wohl aber etwa in jüngeren Formationen: zehn englische Meilen von Pondichery in Französisch-Indien, wo sich eine Menge Stämme auf der Oberfläche eines 30—-40 Fuß hohen, eine englische Meile langen und eine Viertel Meile breiten Hügels befinden; auf Java, die Junghuhn entdeckte und ich beschrieb und abbildete; auf der Insel Antigua, vor allem aber an vielen Punkten der syrischen und ägyptischen Wüste, die Burckhardt, Buist, Russegger und Andere geschildert haben, unter ihnen der berühm- . teste 7 Meilen von Cairo in der Gebirgskette des Mokattam. *) Bei Gipka sah ich noch einen Ueberrest der einstigen Urwälder dieser Gegend, eine an 140 Fuss hohe, 15 Fuss im Umfange messende Weisstanne, umgeben von 30 zwei bis drei Fuss dicken Bäumen derselben Art. 39 Das fossile Holz kommt hier in Begleitung der sogenannten Wüsienkiesel mitunter in mehr als 70 Fuß langen Stämmen im Thalgrunde und auch auf den Höhen umher in der Ausdehnung einer Qua- dratmeile nicht blos liegend, sondern auch noch, obschon sehr selten, aufrecht im Kieselkalke und oberen Nummulitenkalke vor, so daß Russegger meint, daß sie hier nicht etwa nur angeschwemmt worden seien, sondern sich auf ihrem ursprünglichen Standorte befänden und man daher wirklich einen versteinten Wald vor sich sehe. An allen diesen Orten findet man auch neben den Stämmen zahllose Bruchstücke von Stämmen und Zweigen verschiedener Grösse, die aber alle, so viel ich davon auch zu untersuchen Gelegenheit hatte, Spuren des Umherrollens oder durchweg abgerundete Kanten zeigen. Wenn wir uns nun zur Betrachtung des merkwürdigen Prozesses wenden, durch den diese einst organischen Stämme in den Zustand der Versteinung versetzt wurden, so haben wir wohl manche Aufklärung über denselben erlangi, ohne jedoch behaupten zu können, daß sie in allen Stücken zu befriedigen vermöchte. Die Versteinung erfolgte, indem die versteinende Flüssig- keit in die inneren Räume der Zellen und Gefässe eindrang und daselbst erhärtete, während zunächst die Wandungen derselben sich mehr oder minder erhielten, allmälig aber, wenn auch nur selten, ganz verschwanden und durch unorganische Materie ersetzt wurden. Die Ausfüllung geschah durch verschiedene mineralische, im Wasser gelöste Stoffe, am häufigsten durch Kieselerde, dann auch durch Eisenoxyd, kohlensauren Kalk und seltener durch Talk, Gyps, Kupferkies, Buntkupfererz, Kupferglanz, Zinnober, Bleiglanz, am seltensten durch Schwerspath und kieselsauren Thon; zuweilen auch wohl durch ein Gemisch mehre- rer der genannten Stoffe. Genaue chemische, das quantitative Verhältniß dieser Stoffe besonders be- rücksichtigende Analysen verdanken wir E. E. Schmid in Jena, der im Vereine mit Schleiden eine treffliche Abhandlung über die Natur der Kieselhölzer schrieb. Schleiden lieferte noch zur Unter- suchung höchst geeignete dünne Schliffe fossiler Hölzer, die sich nicht blos durch treffliche Beschaffen- heit, sondern auch durch verhältnißmäßig sehr billige Preise (36 Schliffe für & Thaler Preussisch Cou- rant) auszeichnen und daher nicht genug empfohlen werden können. Die älteren Naturforscher, von Agricola bis auf Walch, Schulze und Schröter hatten im Ganzen eine ziemlich richtige Vor- stellung von diesem Prozesse und glaubten selbst an die Anwesenheit von organischen Substanzen in den versteinien ehemals lebenden Körpern. Doch begnügte man sich in der neueren Zeit bis zum Jahre 1856 fast ganz allgemein mit der unbestimmten Annahme einer Verwandlung der organischen in die anorganische Substanz, ohne das gegenseitige Verhältniß beider näher zu untersuchen, Zunächst bemühte ich mich damals, einige in der Jetztwelt versteinte Hölzer zu erlangen, indem ich die Meinung jener dieserhalb ‘oft verlachten älteren Schriftsteller theilte, daß dergleichen wohl noch heute entstehen könnten. So erhielt ich in der That von dem seit jener Zeit verstorbenen Oberforstrath Cotta zu Tharand und später von einem recht erfahrenen Mineralogen, dem Kaufmann Laspe in Gera, aus einem Bache bei Gera Stücke einer in unbekannter Zeit theilweise durch kohlensauren Kalk versteinten Eiche, welche Veränderung man beim Durchsägen derselben zuerst bemerkt hatte. Diese Stücke sind so hart, daß sie Politur annehmen, und ihre Gefässe und Zellen, mit Ausschluß einiger Markstrahlen, vollständig mit kohlensaurem Kalk ausgefüllt. Noch merkwürdiger war ein ebenfalls von dem Ober- forstrath Cotta mitgetheiltes Bruchstück von Buchenholz aus einer alten, wahrscheinlich römischen Wasserleitung im Bückeburgischen, in welchem die Versteinung sich auf einzelne der Länge nach durch das Holz sich erstreckende cylinderförmige Stellen beschränkte, so daß man beim ersten Anblick glau- ben konnte, es seien dort Risse oder durch Fäulniß entstandene Lücken gewesen, die von dem Kalk ausgefüllt worden wären. Von Fäulniß ist aber an dem diese Stelle umgebenden Holz nichts zu be- merken, und bei der mikroskopischen Untersuchung sieht man auf den verkalkten, ganz weiß erschei- 40 nenden Stellen dieselbe Struktur, wie auf dem benachbarten Holze. Nach der Einwirkung von Säuren kommt die bis dahin durch den Kalk ganz und gar verdeckte Holzsubstanz in beiden Stücken im voll- kommenen Zusammenhange zum Vorschein, welche bei der Eiche noch Gerbestoff enthält. Bald gelang es mir auch, eine durch Eisenoxyd bewirkte Versteinung zu beobachten: eine Faßdaube aus Kiefernholz, welche im Schloßbrunnen zu Gotha erweislich mindestens 220 Jahre lang gelegen hatte und theilweise an den Stellen, wo die ganz oxydirten eisernen Reifen sich befanden, mit Eisenoxyd so imprägnirt war, daß sie Politur annahm. Seit jener Zeit habe ich diesen Prozeß oft beobachtet, wie z. B. an bearbeitetem, mit eisernen Nägeln versehenem, der Feuchtigkeit ausgesetztem Holze von Zäu- nen, Pfählen, alten Särgen, und endlich sah ich ihn in eisenhaltigem Lehmboden vor unseren Augen erfolgen, indem die in ihm enthaltenen Stengel und Wurzeln sich allmälig mit Eisenoxyd erfüllten. Hierdurch ward nun auch der Beweis -geführt, daß auch krautartige vegetabilische Theile versteinen könnten. Dagegen gelang es mir auch bis jetzt noch nicht, eine in unserer Zeit gebildete Kieselversteinung zu sehen, obschon sie in der Vorwelt die häufigsten von allen sind, Die bekannte Erzählung von dem sogenannten versteinten Pfahl der überdies auch nach Unger sehr apokryphen Trajansbrücke aus der Donau lassen wir dahingestellt sein, wie denn auch mehrere andere von Bronn in dessen Geschichte der Natur U. Th. S. 685 aufgeführte Angaben noch der kri- tischen Sichtung bedürfen. Durch obige Erfahrungen veranlasst, untersuchte ich nun auch die vorweltlichen versteinten Hölzer. Die mit Kalk erfüllten, von verschiedenen Orten (wie die aus dem Kohlenkalk bei Hausdorf und Glätzisch-Falkenstein in der Grafschaft Glatz, so wie die in den „Gattungen der fossilen Pflanzen “ im ersten Heft derselben beschriebene Stigmaria, die aus dem Lias bei Kloster Banz, Bamberg, Boll, so wie von Aidaniel aus der Krim, aus dem Oolith zu Whitby, von Craigleith in Schottland, aus der Kohlenformation von Löbejün, das sogenannte Trüffelholz [Truffardino] von Monte Viale bei Vicenza u. s. w.) verhielten sich nach Behandlung mit Säuren wie jene jetztweltlichen, indem die organische Faser in verschiedenem Grade des Zusammenhanges zurückblieb. Unter ihnen zeichnet sich die Stiymaria ficoides vor allen anderen aus, indem die Gefäße der- selben sogar noch ihre Lumina bewahrten, wie es einst nur bei den lebenden Pflanzen sein konnte *). Aus den ersten beiden schied sich bei der Behandlung mit Säuren auch ein braunes bituminöses, wie ein Gemisch von Kreosot und Steinöl riechendes Oel aus, woraus also, beiläufig bemerkt, hervorgeht, dass, da jene durch Kalk versteinten Hölzer unmöglich einer hohen Temperatur ausgesetzt sein konnten, das Bitumen auf nassem Wege gebildet worden ist. Aeußerst selten sind jedoch Kalkhölzer bis zur gänzlichen Verdrängung der vegetabilischen Sub- stanz, also gänzlich versteint, wovon mir bis "jetzt nur ein einziges Beispiel, ein Psarolith, vorliegt. In einigen Fällen ist ein Theil des Stammes durch Krystalle von Aragonit verdrängt, wie in Hölzern aus dem Duckstein des Brohlthales am Rhein, aus dem Kohlenkalke bei Glätzisch-Falkenberg, so wie aus Basalttuff der Gegend von Schlackenwerth, die Haidinger im Jahre 1839 in seiner wichtigen "Arbeit über das Vorkommen von Pflanzenresten in den Braunkohlen- und Sandsteingebilden des Elbogener Kreises in Böhmen, Prag 1839, und ich beschrieben haben (Karsten’s Archiv, 19. Bd. 1841). Durch Eisenoxyd versteinte Hölzer enthalten nur noch schwache Spuren von organischen Stoffen, wie die durch Roth- und Thoneisensteine vererzten Hölzer der Braunkohlenformation zu Groß-Priesen bei Unter-Außig in Böhmen, zu Groß-Almerode in Hessen, zu Friesdorf bei Bonn, deßgleichen die in *) Im vorigen Jahre erlaubte ich mir, der hochverehrten k. k, geologischen Reichsanstalt ein Exemplar dieser Art zu übersenden. 41 dichtem Brauneisenstein und Spatheisenstein veränderten von Plaß und Schlackenwerth (Haidingerl. c.), und die Schwefelkieshölzer der Braunkohlenformation. Die Siruktur der Schwefelkieshölzer ist wunder- bar erhalten, indem man durch Beleuchtung von oben in dem ganz undurchsichtigen Material die Holz- zellen sehr gut zu erkennen vermag. Kupferkies und Buntkupfererz findet man als Ueberzug von Fischen und Pflanzen (Farnen und Cupressineen) in den Mannsfelder und Riechelsdorfer Kupfer- schiefern, Kupferglanz als Vererzungsmittel von Pflanzenresten der Zechsteinformation bei Franken- berg in Kurhessen, Kupferlasur und Malachit in Coniferen und Lepidodendreen des Kupfersandsteines bei Böhmisch-Brod und Russlands, Zinnober sah ich als Versteinungsmittel in kohligem Holze von Moschel-Landsberg in Rhein-Baiern, Bleiglanz fanden v. Gutbier und ich als Ersatzmittel von Farnblättchen in der Steinkohlenformation zu Zwickau, ebenso Talk in gleichen Verhältnissen in den bekannten Schiefern von Petitcoeur bei Moutiers in der Tarentaise, am Piesberge bei Osnabrück und in dem Anthracit von Pittsburg in Pennsylvanien. Thonerde fand ich nur als Ausfüllung von Treppen- gefäßen bei Cycadites involutus und Zamites Cordai aus- der Steinkohlenformation von Radnitz; schwefelsauren Baryt oder Schwerspath beobachtete Blum als Versteinungsmittel von Holz und ich von Coniferenzapfen. Durch Gyps versteinte Hölzer kommen nur selten vor, wie bei Pavia und in dem zur Tertiärformation gehörenden Gypse von Katscher in Oberschlesien. Von letzterem Orte bewahrt das Mineralien-Kabinet unserer Universität einen 4 Ceniner schweren Stamm, ein sehr interessantes Exemplar, an welchem alle Grade der Versteinung, nämlich beginnende Aus- füllung mit Biegsamkeit der Holzfaser, Erhärtung derselben, bis zum völligen Ersatz derselben wahr- zunehmen sind. Kieselhölzer, die häufigsten der versteinten Hölzer, zeigen übrigens große Mannigfaltigkeit des Vorkommens und der Erhaltung. Die der Steinkohlenformation, und zwar die in der Steinkohle selbst vorkommenden, sind meist von schwärzlichem kohlenartigem Aeusseren und lassen nach Enifer- nung der Kieselsubstanz durch Flußsäure die Holzzellen in noch unterscheidbarem Zustande zurück, was auch zum Theil von den im Kohlensandstein und in der permischen Formation befindlichen, in Horn- stein, Jaspis oder Chalcedon veränderten Stämmen gilt. Die organische Substanz verliert sich immer mehr, je heller und durchscheinender karneol- oder jaspisartiger sie werden, und wird endlich ganz vermißt in den milchweißen oder feuerrothen Holzopalen Ungarns, Böhmens, von Ober-Kassel bei Bonn und anderen Gegenden, in denen sie ganz und gar durch Kieselmasse ersetzt worden ist. Bei der län- geren Dauer, die offenbar zur Bildung einer Kieselversteinung nöthig war, wurde die Pflanzensubstanz in allen von mir näher untersuchten Fällen in braunkohlen- oder in humusartige Masse selbst verwandelt (daher die braune Farbe der meisten versteinten Hölzer) und nach und nach durch einen Verwesungsprozeß entfernt, wie ich schon im Jahre 1841 durch direkte Be- obachtungen nachgewiesen habe. Die kieselige opal- oder chalcedonariige Masse nahm dann ihre Stelle ein, welche für Luft und Flüssigkeit eben so zugänglich wie die hier einst befindliche frü- here Zellenwand blieb und Flüssigkeiten hindurchließ, in denen sie sich nicht auflöste. Die bekannten Erfahrungen mit dem Hydrophan und auch die Färbekünste der Obersteiner Achatschleifer sprechen hin- reichend für die Richtigkeit dieser Annahme. Ich kann daher der Ansicht von E.E. Schmid (in der ‚oben erwähnten Schrift) nur beistimmen, wenn er sagt, daß der Prozeß der Verkieselung in der That ‚ein sehr einfacher und verständlicher werde, wenn man ihn so auflasse, daß die Pflanzensub- stanz zuerst vermoderte und dabei ein Theil der Alkalien, Kalk oder Talkerde, wie des Eisenoxydes zu humussauren Salzen wurde und sich später mit der Lösung der Kieselsäure oder anderer kieselsau- rer Alkalien zu leicht löslichen humussauren Alkalien, oder schwer oder unlöslichen kieselsauren Salzen umseizte. Für die Entwickelung von Gasarten im Innern versteinten oder in Verstei- 6 42 nung begriffenen Holzes sprechen die Luftblasen, welche ıch in den Zeilen von Opalhöl- zen in der Nähe von einst in Zersetzung begriffener organischer Substanz beobach- tete. In sehr dünnen Querschliffen kann man den Ausfüllungsprozeß und das Verschwinden des Orga- nischen Schritt für Schritt verfolgen. Man sieht namentlich im Inneren der sehr großen, oft schon mit bloßem Auge unterscheidbaren Treppengefäße der Psarolithen, wie unter andern höchst ausgezeichnet in der von meinem Freund und Schüler Stenzel in seiner ireflichen Arbeit über die Staarsteine, 1854, Tafel 36 und 38 gelieferten Abbildung von Psarolithen, deßgleichen bei Psaronius Cottai in Schleiden’s obengenanntem Werke konzentrisch-schalige Ablagerungen der Opal- oder Chalcedon- masse, ganz so wie im Inneren der Achatkugeln, woraus deutlich hervorgeht, daß die versteinende Flüssigkeit an den inneren Zellenwänden herabgeflossen ist und sich von hier aus, indem die einzelnen Schichten permeabel blieben, nach dem Inneren verbreitete und dasselbe allmälig ausfüllte. Eben so ist es aber auch die primäre Wand, welche bei dem, nach der Ausfüllung, wie oben gesagt, zuweilen eintretenden Verwesungsprozesse zuletzt verschwand und durch Kieselsäure ersetzt wird. In braunge- färbten Hölzern läßt sich durch Jod und Schwefelsäure die Anwesenheit der Cellulose durch blaue Färbung noch erkennen, wie diess Schulze in Rostock schon früher in der Stein- und Braunkohle nachgewiesen hat. Länger als die Cellulose troizte das Harz der Zerstörung, von dem man noch in opalinischen Holzzellen deutliche Spuren wahrzunehmen vermag. Sehr häufig erscheinen die Holzzellen wie anfge- quollen, weiche Veränderung Schleiden wohl nicht mit Unrecht der Einwirkung Schwefelsäure hal- iender Quellen zuschreibt, obschon vielleicht auch langes Einweichen im Wasser ähnliche Zustände herbeiführen konnte. Daß die Stämme selbst sich während des ganzen Verkieselungsprozesses in einem erweichten Zustande befanden, zeigt das nicht uninteressante Vorkommen von kleinen Rollsteinchen, - die sich in Radowenz nicht selten auf der Oberfläche der Stämme mehr oder minder tief eingesenkt in denselben befinden, und noch mehr die gequeischte Beschaffenheit der Zellen und Ge- fäße, die man fast in jedem versteinten Holze in sehr geringen Entfernungen von einander wahrnimmt, was sich in manchen Fällen sogar bis zum Verschwinden der organischen Struktur steigert. Einen sehr merkwürdigen Fall dieser Art beobachtete ich bei einem von Middendorff in Sibirien unter dem 74. Grad nördlicher Breite am Tagmurllusse gesammelten und in dessen Reise I, p. 230, Taf. VIII, Fig. 17—19 und Tafel IX, Fig. 20 von mir beschriebenen und abgebildeten verkieselten Holze, von dem ich damals glaubte, daß es erst nach der Versteinung durch Verwesung des Organischen in diesen fast amorphen Zustand gerathen sei. Freund Unger, der verwandte, aber noch lange nicht so weit vorgeschrittene Verhältnisse bei einem versteinten Holz von G@leichenberg (siehe dessen fossile Flora von Gleichenberg S. 8, Taf. VIEL, Fig. 9), sah, meint, dies der überaus erweichten Beschaffenheit während des vielbesprochenen Prozesses zuschreiben zu müssen, worin ich ihm in diesem Falle gerade nicht widersprechen möchte. Nur dem langsamen Verlauf dieses Prozesses ist es zuzuschreiben, daß hierbei der Zu- sammenhang nicht gestört ward, und daher aus wasserhellem, keine Spur von organischer Substanz mehr enthaltendem Opal oder Chalcedon bestehende Hölzer den braun oder schwarz gefärbten, also an Zel- lensubstanz noch sehr reichen, an Festigkeit nichts nachgeben. Daß dieser ganze Prozeß aber nur auf nassem Wege erfolgen konnie, dafür spricht unter anderm der Wassergehalt der opalisirten Stämme, die in ihrem Zusammenhange auch gestört werden, wenn langes Liegen an der Luft oder Erhitzung sie eines Theiles der Flüssigkeit beraubt. Wenn nun aber auch die Zellenwandung allmälig ver- schwand, ging ihre Struktur dennoch nicht verloren, weil durch die versteinende Masse in jeder Zelle und in jedem Gefässe gewißermaßen eine Art Abguß gebildet 43 ward, der die Form der Zelle und ihrer Wandung treu bewahrte. Um mich auch auf dem Wege des Experimentes von der Richtigkeit dieser Annahme zu überzeugen, glühte ich dünngeschnittene Quer- und Längsschnitte versteinter, noch organische Substanz enthaltender Coniferen-Hölzer bis zum Verbrennen des Organischen und fand in der nun ganz weiß gewordenen Steinmasse noch die frühere, die Coniferen charakterisirende Struktur, jedoch mit dem Unterschiede, daß die eigenthümlichen Tüpfel auf den Wänden nun nicht mehr vertieft, sondern schwach erhaben, wie kleine Wärzchen bei sehr star- ker Vergrösserung erschienen, wie dies bei der bekannten Natur derselben nicht anders sein kann. Den enischiedensten Beweis für die Nothwendigkeit eines langsamen Bildungsprozesses lieferten auf gleichem Wege die Versuche, welche ich einst im Jahre 1856 anstellte, um die Bildung der Verstei- nungen anschaulich zu machen, die damals viel Interesse erregten und heute wohl noch, wenn auch nur eiwa als Kollegien-Experiment, Beachtung verdienen. Wenn man nämlich holzreiche Vegetabi- lien, wie Zweige von Nadelhölzern oder überhaupt wasserarme Pflanzentheile, mit einer Lösung von schwefelsaurem Eisen imprägnirt und dann bis zum Verbrennen des Organischen glüht, so erhält man beim Erkalten das hierbei gebildete Oxydinder Gestalt der Pflanze, jedoch nur ein. Produkt von geringer Festigkeit, die durch dieses gewaltsame Verfahren nicht erreicht wird. Auch andere metallische Salze mit leicht zerstörbaren Säuren liefern ähnliche Resultate. Sal- petersaures Silber, salzsaures Gold und Platina werden dabei reduzirt. (Das Einweichen der Vegeia- bilien in die metallischen Lösungen entspricht der Imprägnation beim Beginnen der Versteinung, die Entfernung des Organischen durch Feuer dem Verwesungsprozesse im Innern der versteinten Stämme.) Wenn wir nun untersuchen, durch welche Mittel wohl jene im Wasser so schwer löslichen Mine- ralien in einer zur Versteinung hinreichenden Menge in die Pflanzen gelangten, so glaube ich, daß dies eben nur unter Vermittelung des Wassers, aber in einer längeren Zeit geschah und daß somit dem Wasser der Vorwelt keine größeren auflösenden Wirkungen zukamen, als dem der Jetziwelt: So ward die Kieselerde durch das bloße Wasser herbeigeführt, welches sie an und für sich zwar nur in sehr geringer Menge ,, nach Kirwan), in größerer aber unter Vermittelung der überall vorhandenen Kohlensäure aus Kalk und Magnesia-Silikaten auflöst. Eisen, Kalk, Kupfer wurden ebenfalls unter Mit- wirkung der Kohlensäure als doppelt-kohlensaure Verbindungen aufgenommen und nach Entfernung der leizieren in den Zellen und Gefäßen als einfache niedergeschlagen. in Folge der Flächenanziehung, eines allgemein verbreiteten physikalischen Phänomens, worauf ja unter anderen auch die Theorie der Rärberei beruht, und unter Einwirkung des gewiß nicht fehlenden hohen Druckes blieben die genannten anorganischen Substanzen zurück und häuften sich allmälig an, ein Prozeß, der sich noch erhöhen mußte, wenn die Cellulose allmälig in Kohle überging, welche jene merkwürdigen Eigenschaften bekanntlich im höchsten Grade besitzt. In der That fehlt es auch nicht an anderen Erfahrungen dieser Art, welche unserer Annahme einen noch höheren Grad von Wahrscheinlichkeit verleihen. Die bekannten Erfahrun- gen mit dem: Flüssigkeit aufnehmenden Hydrophan und dem sieh ähnlich verhaltenden Tabashir, dem wunderbaren Produkt der Bambuseen, dessen Mittheilung ich Herrn Kollegen Martius in Erlangen ver- danke, so wie auch die Färbekünste der Obersteiner Achatschleifer spreehen hinreichend für die Rich- igkeit dieser Annahme und lassen es erklärlich finden, daß ein ganzer Stamm von den innersten bis zu den äußersten Schichten gleichmäßig fest zu versteinen vermag, wie dies in der Natur meiner Be- obachtung nach am häufigsten vorkommt, so daß man dies fast als Regel ansehen kann. G. Bischof (Lehrbuch der chemischen und physikalischen Geologie 2. Band, 2, Abtheilung, Seite 1850) meint auch, daß die Kieselsäure der in die Hölzer dringenden Gewässer von der organischen Materie abgeschieden werde, eben so Connel (Edinb. Phil. Journal T. 18, Seite 387, T. 19, Seite 300). Wird z: B. Gummilösung unter: Druck durch vegetabilische Membranen (Reispapier, dünne Querschnitte von Tannen-: 6* 44 holz) filtrirt, so ist das Filtrat: von beträchtlich geringerer Konzentration als die ursprüngliche Flüssig- keit (Hofmeister über das Steigen des Saftes der Pflanzen. Berichte der k. sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften, Sitzung am 8. August 1857, Seite 158 u. s. f.). Nicht mit Unrecht vergleicht daher mein verehrter Freund Herr Haidinger in seiner brieflichen Mittheilung die Einwirkung einer starken mit Flüssigkeit durchtränkten Gebirgsschicht mit der eines dicken Filtrums, durch welches die versteinende Feuchtigkeit auch in verschiedenem Grade der Konzentration in die in Versteinung begrif- fenen Stämme gelangte. Die bei der Zersetzung der Pflanzen, oder bei dem Fäulniß- und Verwesungs- prozeß freigewordenen Wasserstoffgase oder andere Produkte der Fäulniß, Quellsäure oder Quellsatz- säure durchdrangen die Gesteine und konnten durch Entziehung von Sauerstoffgas reduzirend wirken; Eisenoxyd ward so in Eisenoxydul, Kupferoxydul in gediegenes Kupfer verwandelt, von welch’ letzterem Vorkommen mir ein sehr merkwürdiges Beispiel aus der Jetztwelt vorliegt, und zwar ein Stück Buchen- holz mit Kupfergrün und gediegenem Kupfer aus der Gegend von Moldova im Banat in Ungarn, wel- ches ich einst von meinem hochverehrten Freunde, Herrn Sektionsrath Dr. Haidinger, Direktor der geologischen Reichsanstalt, erhielt. Man sieht im Querschnitte überall einzelne rundliche, metallisch- glänzende Punkte von gediegenem Kupfer als Ausfüllungen der großen punktirten Gefäße, in einzelnen Gefässen zum Theil noch in Verbindung mit dem Kupfergrün, durch dessen Reduktion es sich ausschied. Auch die Holzzellen und Markstrahlen sind zuweilen damit erfüllt, wie sich der Kupfergehalt des gan- zen Holzes auch an den Stellen, wo es nicht sichtbar ausgeschieden ward, durch chemische Reaktion nachweisen läßt. Dies, wie schon erwähnt der Jetztwelt angehörende Stück lehrt uns, daß möglicher- weise auch Pflanzenreste in gediegenem Kupfer erhalten vorkommen können, wie dies auch von Bronn und Blum in der That schon von Fischresten der Kupferschieferformation zu Riechelsdorf in Hessen beobachtet worden ist. Sollte wirklich der Kohlensäuregehalt der atmosphärischen Luft der Vorwelt größer als heute ge- wesen sein, wie Brongniart annimmt, so dürfte dieß das alleinige Agens gewesen sein, welches die- sen Bildungsprozeß in der Vorwelt mehr als in der Jetztwelt begünstigte. Zu den oben angeführten Behauptungen liefern übrigens die in der Jetztwelt beobachteten Verstei- nungen und ihre oben beschriebene Beschaffenheit hinreichend bestätigende Belege, die vollständig ge- nannt werden dürften, wenn es nur noch gelänge, auch eine jetziweltliche Verkieselung (verkieselten Stamm) ausfindig zu machen. Inzwischen ist dieser Wunsch der Erfüllung doch schon einigermaßen näher gerückt. Abgesehen von den bei uns so häufig vorkommenden kieselreichen Equiseten, Gramineen, insbesondere der Bam- buseen, Samen von Coix, Seleria u. m. a., deren Rindenzellen von 60—-96 Prozent Kieselerde ent- halten, oder den ganz und gar aus Kieselerde bestehenden Diatomeen, hat in der neuesten Zeit ein auf Trinidad lebender deutscher Botaniker, Hermann Crüger, einen zur Familie der Chrysobalaneen ge- hörenden Baum, El Cauto genannt, entdeckt, dessen Rinde sich in höherem Alter in dem Grade ver- kieselt, daß sogar die Wandungen ihrer Zellen nach Ausfüllung des Inneren durch Kieselsäure ersetzt werden und sie sich dann wie Sandstein schneiden. Es bildet sich nämlich zuerst ein Abguß des Inneren der Zelle, ganz so wie wir ihn bei versteinten Hölzern beobachtet haben, worauf dann die Wandungen verschwinden und auch später sogar die Intercellularräume ausgefüllt werden. Wenn ich oben anführte, daß jedenfalls eine längere Zeit zur Beendigung des Versteinungspro- zesses erforderlich sei, so darf dies keineswegs für irrig gehalten werden; die Auflösung des verstei- nenden Materials konnte nur sehr verdünnt sein, weil sonst nicht Ausfüllung des Inneren, sondern Um- kleidung des Aeusseren oder Inkrustation erfolgte, welche zwar wohl die Erhaltung des Organischen bewirkte, aber die Versteinung verhinderte, wie wir dies bei ähnlichen unserer Zeit angehörenden Bildungen 45 deutlich sehen. Wenn nämlich, wie bei den durch kohlensauren Kalk oder Eisenoxyd gebildeten In- krustationen die Kohlensäure entweicht, so schlagen sich die genannten, in größerer Menge aufgelösten mineralischen Substanzen nieder, umhüllen allmälig das Vegetabil und verhindern somit die weitere Einwirkung auf dasselbe. Es wird daher eingeschlossen und im vertrockneten Zustande gut erhalten, kann aber in dieser Situation nicht mehr versteinen. Unter fortdauernder Einwirkung der Feuchtigkeit verwest es endlich, läßt aber den Abdruck zurück. Auf diese Weise entsteht die poröse und röhrige Beschaffenheit des Kalktuffes, der in so vielen Ge- genden, wie z. B. in Jena am Fürstenbrunnen, um Gotha, Karlsbad, bei Tivoli, in Kleinasien u. s. w. in so großer Menge gebildet wird. Je reicher an kohlensaurem Kalke die Quellen sind, desto schneller bilden sich diese Niederschläge. In Tivoli findet die Inkrustation organischer Körper nach Charles Moxon schon innerhalb weniger Tage statt (Froriep’s neue Not. S. 152 und 156, Nr. 186, 1839), während bei dem Sprudel zu Karlsbad, der bekanntlich etwas über 2 Prozent kohlensauren Kalk enthält, wenigstens eine Woche dazu erforderlich, ist. Oft sind die Pflanzen an den untersten Theilen inkrustirt, während sie oben noch fortwachsen, wie ich sehr deutlich an Moosen bei dem oben erwähnten Fürstenbrunnen beobachtet habe. Wenn wir nun noch die keineswegs müssige Frage aufwerfen, ob die in fossilem Zustande auf- gefundenen versteinten Stämme vielleicht noch lebend, als sie sich noch in voller Vegetation befanden, versteinten, so neigte ich mich früher zu der Ansicht hin, daß dies mit Rücksicht auf die oben erwähnten, theilweise, namentlich im Inneren nur, versleint gefundenen Stämme wohl erfolgen konnte *), möchte mich jetzt aber veranlaßt sehen, diese Frage zu verneinen, weil alle bis jetzt ent- deckten versteinten Stämme zu Familien gehören, in denen, wie bei den Farnen und Coniferen, Neigung zur Kieselaufnahme nicht hervortritt, dagegen Pflanzen, welche, wie die Kalamiten, unseren kieselreichen Equiseten am nächsten stehen, fast niemals versteint oder verkohlt, sondern fast nur ausgefüllt ange- troffen werden. Auch ist nicht zu übersehen, daß nur selten die Stämme noch mit ihren Wurzeln, wie sie Hausmann in der Braunkohlenablagerung am Fuße des Hirschberges unweit Großalmerode ent- deckte, sondern meistens nur bruchstückweise und, was sehr wichtig ist, größtentheils gänzlich entrindet vorkommen. Warum aber überhaupt Versteinungen von Stämmen in der Gegenwart so selten erfolgen, wozu es doch wahrlich auch nicht an Gelegenheit fehlt, vermag ich mir‘ zur Zeit noch nicht zu erklä- ren, ungeachtet ich weit davon entfernt bin, den zu einer Versteinung erforderlichen Zeitraum auf un- gemessene Weise, wie etwa auf Millionen von Jahren, auszudehnen. Seitdem ich die Bildung von Braun- und Steinkohle in dem kurzen Zeitabschnitie von 2—8 Jahren und Ausfüllungen von Eisenoxyd in noch kürzerer Zeit geschehen sah, zweifle ich, mit Hinweisung auf die oben angeführten Verkiese- lungen in lebenden Pflanzen, keinen Augenbliek, daß sich auch eine Kieselversteinung in einem unserer Beobachtung noch zugänglichen Zeitraume bilden könnte. *) Der äusserst merkwürdige, so viel ich weiss von Paläontologen bis jetzt noch nicht hinreichend beachtete Vorgang von Selbstversteinung bei einem lebenden Thiere des Magilus antiquus, welchen O. G. Carus bereits im Jahre 1837 im 26. Bande der Schriften des „Museum Senkenbergianum ‘ beschrieb und abbildete, machte mich auch bedenklich. 46 Physiologie, Zoologie und Botanik. Herr Privatdocent Dr. med. Aubert theilte am “2. Juli seine Untersuchungen über den Einfluss der Entfernung eines Objektes vom Auge auf die Deutlichkeit des indirekten Sehens mit. Er zeigte einen Apparat vor, mittelst dessen sich genaue Bestimmungen über die Schärfe des Sehens mit den periphe- rischen Theilen der Netzhaut in verschiedenen Meridianen derselben anstellen lassen. Seine mit viel- fachen Vorsichtsmaßregeln angestellten Beobachtungen haben Folgendes ergeben: 1) Gegenstände, welche unter demselben Gesichtswinkel erscheinen, lassen sich in der Nähe mit weiter von der Sehaxe entfernten Theilen der Netzhaut erkennen, als in der Ferne. 2) Die Fähigkeit, zwei Punkte distinkt zu sehen, oder der Raumsinn der Netzhaut nimmt nach der Peripherie derselben hin ab, und zwar im Verhältniß mit der Größe des Gesichts- winkels, wenn derselbe durch Annäherung des Objektes an das Auge vergrößert wird; dagegen verhältnißmäßig schneller, wenn die Objekte bei gleichbleibender Entfernung, vom Auge srößer gewählt werden. 9) Der Ranmsinn der Netzhaut nimmt bei gleichem Gesichtswinkel des Objekts im horizontalen Meridian schneller ab, als im vertikalen bei Vergrößerung der Distanz. 4) Die Empfindungskreise (Weber) der Netzhaut sind rund. 5) Bei geringerer Helligkeit kann man die Objekte weniger weit von der Augenaxe entfernt, distinkt sehen. 6) Farbige Quadrate auf weißem Grunde erscheinen in verschiedenen Entfernungen, bei glei- chem Gesichiswinkel, immer an derselben Stelle der Neizhautperipherie schwarz. Zur Erklärung dieser Beobachtungen weist der Vortragende auf die Möglichkeit einer Verschiebung. der Stäbchenschicht (der Netzhaut) hin, welche durch die Akkomodationsvorgänge bedingt werde. Herr Staatsrath Professor Dr. Grube erlänterie am 17. Dezember den Bau der Brachiopoden und ihre Unterschiede von den Muscheln. Den zahlreichen Formen gegenüber, welche von jener für den Geognosten so wichtigen Thierordnung aus der Vorwelt erhalten sind — man kennt über 1200 — erscheinen unsere jetzigen Meere arm, obschon durch die eifrigen Nachforschungen der letzten Dezen- nien die Zahl der lebenden Arten, von denen Linne nur vier kannte, bis auf 75 gestiegen ist. Aber auch von diesen kennt man meistens nur die Schalen, die Gelegenheit, ihre Körper zu anatomiren, wird verhältnißmäßig selten geboten, und ist bisher hauptsächlich von den französischen und englischen Zoolo- sen ausgebeutet worden. Der Vortragende war in den Stand geselzt, Terebratula vitrea und einige verwandte Formen zu untersuchen, und legte Präparate vor, die sowohl von der Lagerung der Theile im Allgemeinen als von der Struktur einzelner einen Begriff geben konnten, so namentlich von dem Bau der Schale und der sie durchsetzenden Oeffnungen, und von den Mundlappen, deren seitliche, bei andern Galtungen spiral aufgerollte, man anfänglich mit armartigen Organen verglich. Hiervon stammt der Name dieser Ordnung. Sie sollten, indem sie sich enifalteten, zum Oeffnen der Schalklappen: die- nen, während dieser Akt doch durch Muskeln vollführt wird; eben so wenig können sie zum Ergreifen von Beute bestimmi sein, da die Brachiopoden gleich den Muscheln nur von den im Meerwasser schwe- ben winzigsten Thier- und Pflanzenresichen leben, doch wird das Spiel der mikroskopischen an den Franzen jener Lappen befindlichen Wimpern die Strömung des Wassers nach der Mundöffnung hinlenken können, und zu demselben Zweck dürfte eine besondere Falte an der Außenfläche der Mundlappen dienen, welche bei 7. caput serpentis vorkommt. Endlich wurden die mikroskopischen vielfach ge- 47 zackten Kalkgebilde gezeigt, die Professor ©. Schmidt an demselben Thier in dem Mantel und den Mundlappen entdeckt, und welche der Vortragende auch bei 7. vitre« und Megerlea trımcata und zwar in einer gewissen Regelmäßigkeit der Vertheilung sowohl in den Mundlappen und deren Franzen, als in der Haut des Eingeweidesackes aufgefunden hat. Der Sekretair der Sektion, Göppert, sprach am 4. November über die grosse Biche zu Pleisch- witz, Zu den größten Bäumen Europa’s gehörte die Eiche zu Pleischwitz, 1} Meile von Breslau, die bis zum Jahre 1833, obschon inwendig hohl, doch noch mit unverletzten Aesten erhalten war. Ein heftiger Sturm beranbte sie damals eines ihrer drei Hauptäste, welcher nicht weniger als 14 Klaftern Derbholz und Abraum geliefert haben soll. Der Hauptstamm hielt im Jahre 1846, als ich diesen merk- würdigen Baum beschrieb und abbilden ließ (Verhandlungen des schlesischen Forsivereins 1846, p. 180), 2 Fuß über der Oberfläche des Bodens gemessen, 424 preuß. Fuß im Umfange, also etwa 14-1, preuß. Fuß im Durchmesser. In 14 Fuß Höhe theilte er sich in Aeste, von welchen nach jenem ersten ihm zugestoßenen Unfall noch zwei vorhanden waren, von denen der größere im Umfange 164 Fuß, also einen Durchmesser von 5% Fuß, der kleinere 13 Fuß 4 Zoll, also einen Durchmesser von ohngefähr 4 Fuß hatte. Die Höhe des ganzen Baumes beirug 75 Fuß. An der Seite rechts erblickte man eine durch den Bruch des Hauptastes entstandene durch eine Thür geschützte Oeffnung, welche in den innerh hohlen Raum des Baumes führte, in dem 25—90 Menschen nebeneinander zu stehen vermochten. Eben war ich im Juli d. J. im Begriff, ihm wie fast alljährlich mit meinen Herren Zuhörern einen Besuch abzustatten, als ich die betrübende Nachricht erhielt, daß er zusammengebrochen sei. In der Hoffnung, nun noch mehr Gewißheit über sein Alter zu erlangen, wurden die Reste desselben an Ort und Stelle untersucht, und es zeigte sich dann, daß, wenn auch die Dicke der Jahresringe seit 150 Jahren sich allmälig immer mehr vermindert hatte, er nicht wegen Mangel an Lebenskraft, sondern nur in Folge des Mißverhältnisses der Masse der Aeste zu dem im Innern immer mehr absterbenden Stamm sich nicht länger halten konnte, und deßwegen zusammengebrochen war. Das Holz des Stammes war etwa den dritten Theil seines Umfanges und bis zur Dicke von 2—3 Fuß gesund, alles Uebrige aber in vermorschiem Zustande. In den letzten 150 Jahren hatte er nur einen Fuß an Dicke zugenommen, von da ab aber, so viel sich aus den noch vorhandenen verrotteten Resten erkennen ließ, zeigten die Jahresringe eine Dicke von 14—2 Linien, so daß sich das Alter des ganzen Baumes in der That nicht höher als 700 Jahre schätzen läßt, welches Resultat mich allerdings einigermaßen überraschte, da ich ihm immer ein höheres Alter zugeschrieben hatte. Eine Bestätigung dieser Berechnung finden wir auch in dem Alter des kleineren oben erwähnten bis in’s Innere erhaltenen Astes, welcher 320 Jahresringe erkennen läßt. Der sehr dankenswerihen Gefälligkeit des Besitzers von Pieischwitz, Herrn Grafen von Pfeil. verdanke ich einen Querschnitt dieses Astes, welcher in der physiologischen Partie des botani- schen Gartens mit den nöthigen Erläuterungen aufgestellt werden soll, um das Andenken an diesen letzten Rest unserer Urwälder noch für längere Zeit zu erhalten. So viel ich weiß, besitzt nun Schle- sien keinen Baum mehr, der sich dem Dahingeschiedenen im Umfange vergleichen ließe, indem die mir bekannten größten Eichen, wie die in dem Garien des Herrn Gutsbesitzers Korn in Oswitz, die an der wüthenden Neisse und die bei Petersdorf bei Primkenau den Umfang von 26 Fuß nicht übersteigen. Sie alle gehören der Sommer- oder Stieleiche, @uercus pedunculata Ehrh., an; die Steineiche, @. Ro- bur, wächst viel langsamer und kann wohl nirgends Exemplare aufweisen, die den oben erwähnten an Umfang sich einigermaßen näherten. Das größte der mir in Schlesien bekannten Exemplare befindet sich auf dem Gipfel des Streitberges bei Striegau. 45 Der zweite Sekretair, Cohn, sprach am 4. November über Meeresorganismen im Binnenlande. Das Meer hat seine eigenthümliche Flora und Fauna, welche von der des Festlandes wie des süßen Wassers nicht blos in den Arten und Gattungen, sondern zum Theil auch in den Klassen und Ordnun- gen verschieden sind und ganz eigenthümliche Formen und Typen darstellen. So fehlen z. B. die phanerogamischen Gewächse mit Ausnahme von ein paar Arten (Seegras und verwandte) dem Meere ganz, während Korallen, Quallen, Echinodermen, Seetange u. s. w. nie im süßen Wasser vorkommen. Auch unter den mikroskopischen Organismen sind die Foraminiferen (Kreidethierchen) nur im Meere beobachtet, während von den kieselschaligen Bacillarien die Formen und Gattungen des Meeres von denen des Binnenlandes so verschieden sind, daß man aus der kleinsten Schlammprobe, wofern sie Bacillarien enthält, angeben kann, ob sie einer Süß- oder einer Seewasserbildung angehört. Ehrenberg hat auf die Bestimmung der fossilen Baeillarien wichtige Schlüsse über verschiedene geologische For- mationen gegründet. Um so auffallender ist es, daß in dem Salzbache bei Sondershausen nicht nur eine phaneroganische Pflanze wächst, die sonst nur im Meere vorkommt (Ruppia maritima), sondern auch die von dem Vortragenden untersuchten Bacillarien, welche den Schlamm jenes Wassers bilden, gehören fast sämmtlich Gattungen und Arten an, welche noch niemals im Binnenlande gefunden, son- dern ausschließlich an den Küsten der Nordsee, in dem mit Meeresschlamm vermischten peruanischen Guano und ähnlichen Orten beobachtet wurden. Die charakteristischsten dieser Formen sind Baecillaria paradoxa, Amphiprora alata, Chaetoceros Wighamii, Surirella gemma, Ceratoneis Closterium und viele andere, welche der bezeichneten Lokalität den vollständigen Charakter einer Meeresflora verleihen. Derselbe sprach am 25. Mai: Ueber das Wiederaufleben der durch Austrocknen in Scheintod versetzten Thiere und Pflanzen. Der Satz der Chemiker: „corpora non agunt nisi fluida‘“ behält seine Geltung auch für die organische Welt, wenn auch in etwas anderer Bedeutung. Alle Thiere und Pflanzen leben nur so lange, als sie eine gewisse sehr bedeutende Menge Wasser enthalten, welche theils als flüssiger Inhalt die einzelnen Zellen erfüllt, theils als Hauptbestandtheil des Saftes oder Blutes strömt und die Gewebe durchtränkt. Von diesem zum Leben nothwendigen Wasser wird durch Respiration oder Transpiration beständig ein Theil entfernt und bei der Ernährung durch neue Wasseraufnahme ersetzt. Daß der Or- ganismus nicht zu viel Wasser verliere, wird verhindert durch die für Wasserdampf mehr oder weniger durchläßige Textur der Epidermis oder Cuticula. Bei den Landpflanzen und Landthieren ist die Epider- mis und Cuticula so beschaffen, daß die Verdunstung des Wassers nur sehr langsam vor sich geht, daß daher ein Vertrocknen des Organismus und in Folge dessen Tod unter gewöhnlichen Verhältnissen nicht eintreten kann. Bei den Wasserpflanzen dagegen ist die Epidermis so zart, daß sie der Ver- dunstung fast gar kein Hinderniß in den Weg legt, daher vertrocknen diese (Algen, Hydrocharideen, Na- jadeen, Ceratophyllen, Lemnen etc.) in wenigen Minuten, so wie sie aus dem Wasser herausgenommen sind und gehen dadurch für immer zu Grunde; dasselbe widerfährt den meisten im Wasser lebenden Thieren (Infusorien, Würmern, Mollusken, Fischen ete.); auch diese vertrocknen alsbald und sterben daher außerhalb des Wassers. Bei den Pflanzen lassen sich verschiedene Abstufungen der Luftfeuch- tigkeit nachweisen, deren die einzelnen Arten bedürfen, je nachdem ihre Epidermis die Austrocknung der Gewebe beschleunigt oder verlangsamt. Sumpfpflanzen, Waldpflanzen etc. leben zwar außerhalb ıles Wassers, aber nur in einer. mit Feuchtigkeit gesättigten Atmosphäre, die nur eine sehr unbedeutende Verdunstung gestattet; sie verdorren alsbald in trockener Luft. Die meisten tropischen Urwaldgewächse 49 können wir in unserem Klima nicht im Freien ziehen, nicht etwa weil unsere Sommer zu kalt wären, sondern im Gegentheil weil sie zu heiß oder vielmehr zu trocken sind; nur aus diesem Grunde lassen sich Baumfarne, Orchideen, Palmen und Bananen allein in der feuchten Luft unserer Treibhäuser durch- bringen; im Freien verbrennt unsere Sonne die Blätter. Die Wirkung des Vertrocknens bei Pflanzen und Thieren ist zunächst eine Veränderung der Zellen, die ihres flüssigen Inhalts, dadurch zugleich ihres lebendigen Turgor, ihrer Fülle und Spannung beraubt werden und zusammensinken; hierbei verlieren sie auch die Fähigkeit, jemals wieder ihre Lebensthätig- keiten zu beginnen. Merkwürdigerweise giebt es jedoch eine Anzahl von organischen Gebilden, welche von diesem Gesetze eine Ausnahme machen, deren Zellen also völlig austrocknen, die jedenfalls alles flüssigen Inhalts beraubt werden können, gleichwohl aber die Fähigkeit besitzen, durch neue Befeuch- tung in’s Leben zurückzukehren und den unterbrochenen Lebensprozeß wieder zu beginnen. Sie ver- fallen beim Austrocknen in einen Zustand von Scheintod, sogenannten latenten Lebens, in welchem alle sichtbaren Lebensthätigkeiten aufhören, und gar kein, oder, was wahrscheinlicher, nur ein äußerst schwa- cher oder langsamer Lebensprozeß stattfindet; sie vermögen in diesem Zustande Jahre lang, weit über die Dauer ihres normalen Lebens zu verharren, Hitze und Kälte und die ungünstigsten äusseren Ein- flüsse ohne Schaden zu überstehen. Hierhin gehören zunächst die meisten Pflanzensamen, die bekannt- lich völlig ausdorren und in trockenem Zustande viele Jahre verharren können, die aber alsbald wieder zu keimen beginnen, wenn sie in feuchte Erde gebracht werden. Ob die Zwiebeln und Rhizome die- selbe Fähigkeit besitzen, ist mir zweifelhaft; denn wenn wir auch diese unterirdischen Organe im trockensten Boden, im heißen Wüstensande Monate lang ihre Lebensfähigkeit erhalten und nach dem ersten Regen neue Blätter und Blüthen hervorsprossen sehen, so scheinen sie doch diese Eigenschaft mehr der Zähigkeit, mit welcher sie die Feuchtigkeit in ihren Zellen zurückhalten, als einem wircklichen Wiederaufleben nach völligem Austrocknen zu verdanken. Auch die Sporen vieler Kryptogamen be- sitzen die Fähigkeit, ohne Schaden auszutrocknen, insbesondere die sogenannten ruhenden Sporen der Algen, welche allein die Erhaltung dieser Wasserpflanzen in Gräben, die zu Zeiten völlig austrocknen, ermöglichen. In dieselbe Kategorie gehören auch die ruhenden Zellen der infusorienähnlich bewegten Blutalge (Haematococcus oder Chlamydococcus pluvialis) und der Kreuzkugel (Stephanosphaera plu- vialis), welche in Steinhöhlungen, die mit Regenwasser gefüllt sind, vorkommen, und mit letzterem zu Staub austrocknen, aber auch wenn sie Jahre lang im Herbarium aufbewahrt waren, bei neuem Ueber- gießen wideraufleben und bewegliche Brut erzeugen. Das Wiederaufleben der Samen und Sporen wird ermöglicht durch die Beschaffenheit ihres Zellinhaltes, welcher aus Proteinsubstanzen (Klebermehl), Stärke und Oel besteht und ein Austrocknen ohne chemische Zersetzung gestattet. Auffallender dagegen ist es, daß auch gewisse Pflanzen in thätiger Vegetation und mit dem gewöhnlichen Inhalt lebender Pflanzenzellen das Austrocknen ohne Nachtheil überstehen. Hierhin gehören die Nostochineen, Scytone- meen und Collemaceen, die Flechten und viele Moose und Lebermoose, welche in trockener Jahreszeig, völlig ausdorren und den Herbarienexemplaren ähnlich werden, durch Regen aber wieder in’s Leben zurückgerufen werden. Im Thierreiche kennen wir ebenfalls eine ganze Reihe von Fällen, welche durch diese merkwürdige Eigenschaft sich auszeichnen. Von den Infusorien sind zahlreiche Gattungen bekannt, welche diese Fähigkeit besitzen; doch müssen diese sich zuvor einpuppen, enkystiren; in der Klasse der Räderthiere werden die Philodineen und unter den Acariden die Bärenthierchen oder Tar- digraden, obwohl sämmtlich auf den Aufenthalt im Wasser oder feuchtem Boden angewiesen, durch das Austrocknen ohne weitere Veränderung in einen Zustand des Scheintodes versetzt, in welchem sie weder fressen noch sich bewegen, noch irgend ein Lebenszeichen von sich geben; sie können in diesem aus- getrockneten Zustande Jahre lang verharren, vom Winde fortgetragen werden, einfrieren oder in der 7 0 Sonne dörren, und kehren doch in’s Leben zurück, sobald sie mit Wasser wieder in Berührung kommen. Dieser Eigenschaft verdanken die Dächer, die Felsen und ähnliche Lokalitäten ihre mikroskopische Fauna, indem die daselbst lebenden Infusorien, Räder- und Bärenthierchen mit dem Staube auf den Steinen, Mauern u. s. w. sich absetzen, und nach dem ersten Regen erweckt, wiederaufleben, sich vermehren; auf dieselbe Weise gelangen Infusorien in die Aufgüsse und überhaupt in stehende Wasserflächen. Unter den Würmern besitzen die merkwürdigen Aelchen (Anguillulae) diese wunderbare Fähigkeit sie ist schon längst bekannt bei den Anguillulen des Kleisters (A. glutinis) und der in gichtigen Wei- zenkörnern lebenden Art (A. tritiei); über letztere hat neuerdings Davaine merkwürdige Untersuchungen gemacht, welche beweisen, daß nur die geschlechtslosen Larven von Anguillula tritiei, nicht aber die entwickelten Männchen und Weibchen ohne Schaden austrocknen können, daß aber jene im Zustande des Scheintodes die extremsten Temperaturgrade, das Aufweichen in Schwefelsäure und in den verschie- densten narkotischen und scharfen Giften vertragen, gleichwohl aber in Wasser gebracht, wiederaufleben. Einen neuen Fall dieser Art hat Herr Dr. Julius Kühn auf Schwuse bei Groß-Glogau entdeckt und darüber nachstehende Mittheilungen eingesendet, welche sich in größerer Ausführlichkeit in der Zeit- schrift für wissenschaftliche Zoologie von Siebold und Kölliker, Band IX. p. 129, abgedruckt finden. Ueber das Vorkommen von Anguillulen in erkrankten Blüthenköpfen von Dipsacus fullonumL. von 3 Dr. Julius Kühn in Bunzlauv. Die Weberkarde, Dipsacus fullonum L., leidet zuweilen an einer Krankheit, welche als Kern-. fäule bezeichnet wird. Diese Krankheit ist charakterisirt durch ein allmäliges Missfarbigwerden und Vertrocknen der Blüthenköpfe. Das Markgewebe derselben wird dabei gebräunt und die Blüthchen welken und sterben frühzeitig ab. Die Bräunung des Zellgewebes beginnt am Blüthenboden und schrei- tet nach Innen vor, bis das ganze Mark davon ergriffen ist. Die Krankheit tritt in nassen Jahren häu- figer auf als in trockenen, ihre Ursache sucht man daher gewöhnlich in einer zu feuchten Witterung; wo dieser Erklärungsgrund nicht ausreicht, da glaubt man die Krankheit durch einen zu kräftigen Boden veranlasst. Ich fand Gelegenheit, diese Krankheitserscheinung Ende Juli und Anfang August v. J. an einigen Exemplaren von Dipsacus fullonum im ökonomisch-botanischen Garten zu Poppelsdorf bei Bonn zu untersuchen. ö Die erkrankten Blüthenköpfe liessen in den verkümmerten Fruchtknoten, so wie am Blüthenboden unmittelbar an der Anheftungsstelle der Blüthchen, selbst weiter nach Innen im Markgewebe kleine weissliche Stellen erkennen, die dem bloßen Auge wie das dichtgehäufte Mycelium eines Fadenpilzes erschienen. Als ich jedoch diese weißliche Substanz unter das Mikroskop brachte, war ich nicht wenig überrascht, in jedem Partikelchen eine Masse dicht verschlungener Anguillulen zu finden. Sie schienen anfangs leblos zu sein, denn die zerrenden und ruckweisen Bewegungen, welche durch den Zutritt von Wasser hervorgebracht wurden, waren rein mechanischer Art. Nach kurzer Zeit jedoch begann ein reges Leben; ein Würmchen nach dem andern fing an sich zu strecken und zu regen, und bald bewegte sich Alles munter durcheinander. Trocknete das Wasser ein und befeuchtete man die Würmchen dann wieder, so wiederholte sich der Vorgang; man konnte dieselben auf diese Weise zu wiederholten Malen aus einem scheinbar leblosen Zustande zur lebhaften Bewegung übergehen lassen. Hielt man die Thier- 521 chen dauernd unter Wasser, so behielten sie ihre Lebensthätigkeit noch am zweiien Tage, starben dann aber in dem ihnen fremden Aufenthaltsorte ab. — Dagegen blieben die in den abgepflückten und trocken gewordenen Kardenköpfen noch befindlichen Anguillulen lebensfähig. Ich habe wiederholt im Herbst und Winter, und zwar jedesmal ganz ohnfehlbar, die Anguillulen aus den trockenen Kardenköpfen auf- leben sehen. Noch jetzt, Ende März, sind sie leicht zur regsten Lebensthätigkeit zu bringen, obgleich die noch vorhandenen Reste der Kardenköpfe nun 8 Monate bereits trocken und während des Winters in der geheizten Stube aufbewahrt wurden. Dabei ist es auch gleichgiltig, ob die Köpfe unversehrt erhalten wurden. Die Anguillulen jedes Stückchens leben eben so gut auf, wie früher die aus den unversehrten Köpfen genommenen. Sie erwachen übrigens nur bei nicht zu niedriger Temperatur zum Leben; bei + 5°R. sah ich sie regungslos liegen, während sie alsbald sich bewegten, wenn sie in ein wärmeres Zimmer gebracht wurden. Es währt jedoch auch im warmen Zimmer jetzt etwas länger, ehe die Bewegung der Thierchen beginnt. In der Regel vergehen nach dem Befeuchten 50—55 Mi- nuten, ehe die ersten Regungen erfolgen. Die Würmchen liegen trocken in sehr mannigfaltigen Formen in den Häufchen vereinigt, bald spiralig, seltener schraubenförmig aufgerollt, bald unregelmässig hin und her gebogen, oder mehr oder weniger ausgestreckt und durcheinander gekreuzt. Bringt man solch ein Häufchen in’s Wasser, so fährt es auseinander und man kann die einzelnen regungslosen Würmchen schon mit dem bloßen Auge als kleine zarte Fäserchen erkennen. Ihre ersten wirklichen Bewegungen sind langsam und steif, sie strecken sich allmälig aus und biegen sich unbeholfen hin und her. Bald aber werden ihre Bewegungen geschmeidig und lebhaft, sie richten den Kopf dabei wie suchend bald da, bald dorthin, beugen den Körper in verschiedenen unregelmässigen Windungen, rollen sich auch wohl theilweis, namentlich am Hintertheil, zusammen. Ihre Bewegungen sind nicht schwimmend, sondern wurmförmig kriechend. — Die Würmchen sind verschiedener Grösse; man findet gleichzeitig in frischen Kardenköpfen Männchen und Weibchen, Geschlechtslose und Eier. In den eingetrockneten Kardenköpfen fand ich die letzteren in verschiedenen Entwickelungsstufen noch bis im Oktober, später jedoch nicht mehr, dagegen sehr jugendliche Würmchen, so daß die Eniwickelung der Eier auch durch das Ein- trocknen der frisch gebrochenen Köpfe nicht ganz unterbrochen, wenn auch wahrscheinlich verlangsamt wurde. Das Legen der Eier scheint schon im Sommer beendet zu sein, denn ich fand im August keine weiblichen Individuen mehr, in denen ich Eier hätte erkennen können. Das Eierlegen geschieht nichi gleichzeitig, man findet in demselben Häufchen Eier, die eine Zerklüftung des Dotters noch nicht zei- gen, und andere, in denen die Embryonen schon vollkommen entwickelt sind, und ebenso findet man die geschlechtslosen Würmchen von der verschiedensten Grösse in einem Häufchen vereinigt. Die Be- wegungen der geschlechtslosen Anguillulen sind ungleich lebhafter als die der männlichen und weibli- chen; denn obgleich man auch diese sich deutlich bewegen sieht, so liegen sie doch meist ruhig und ihre Regungen sind träg und langsam. Nach Allem, was ich über die Kardenfäule beobachtet habe, sind die Anguillulen die Ursache die- ser Krankheiiserscheinung. Dafür spricht auch die Analogie mit gewissen Krankheiten anderer Gewächse, bei denen ebenfalls Anguillulen beobachtet wurden. Bekanntlich erzeugt Anguillula Tritiei *) eine eigen- ihümliche Krankheit des Weizens, das Gichtigwerden desselben. In den erkrankten Aehren sind die Körner zum Theil oder sämmitlich mißgebildet; sie sind kleiner, zugerundet, schwarz und bestehen aus einer dicken harten Schale, deren Inhalt eine weiße Substanz bildet. Diese Substanz ist von staubig- faseriger Beschaffenheit und geht beim Befeuchten mit Wasser zu feinen Körperchen auseinander, die *%) = Vibrio Tritici Roffredi, Rozier Observat. sur la Physique tab. II. Fig. 1.2. 7* 52 sich unter dem Mikroskope als Anguillulen ausweisen, auf dieselbe Weise, wie die der Karden, allmälig zum Leben gelangen und sich lebhaft zu bewegen beginnen. — An wildwachsenden Pflanzen finden sich ähnliche Krankheitserscheinungen. So entdeckte Steinbuch in abnorm vergrösserten Blüthchen von Agrostis sylvatica einen dunkelvioletten cylindrischen oder länglich-konischen kleinen Beutel, der, in die zusammengewickelte Spelze eingeschlossen, in seinem Innern ebenfalls Anguillulen von eigen- thümlicher Art enthielt, die von Steinbuch als Anguillula Agrostis *) beschrieben wurden. Derselbe Forscher fand in erkrankten Blüthen von Phalaris BIN oo: die Anguillula Phalaridis **) In Betreff der Angwillula Tritici hat C. Davaine ***) überzeugend dargethan, daß sie in der That die Ursache jener Krankheit des Weizens ist. — Die in dem völlig ausgebildeten kranken Getreide- korne enthaltenen Würmchen sind geschlechtslos. Kommt das Korn in den feuchten Boden, so er- weicht und fault es; die darin enthaltenen, vorher eingetrockneten Würmchen aber gelangen durch die Feuchtigkeit zur Lebensthätigkeit, und die erweichte, verfaulte Hülle gestattet ihnen, sich aus ihr zu entfernen und sich im Boden zu verbreiten. Gelangen sie zu einer jungen Weizenpflanze, so kriechen sie an derselben herauf, halten sich bei trockener Witterung in den Blattscheiden ohne Bewegung und Lebenszeichen auf, suchen aber bei einfallendem Regen mit dem Emporwachsen des Halmes immer weiter nach oben zu kommen und gelangen so zu einer Zeit schon in die oberste Blattscheide und somit zu der sich bildenden Aehre, in welcher dieselbe noch in ihrer ersten Entwickelung begriffen ist, Die Blüthentheile der Aehrchen sind dann nur erst in Schuppenform vorhanden und bestehen aus einem weichen zarten Zellgewebe, in das die Würmchen leicht eindringen können. Durch die einge- drungenen Würmchen wird nun eine abnorme Entwickelung der Blüthentheile in ähnlicher Weise ver- anlasst, wie wir die Galläpfel durch Insektenlarven entstehen sehen; es bildet sich aus ihnen ein ge- rundeter Auswuchs, in dessen Mitte sich die Würmchen befinden. Diese entwickeln sich hier rasch zur normalen Ausbildung, in Folge welcher nun auch der Unterschied der Geschlechter erkennbar ist. Die Weibchen legen eine große Menge Eier und sterben dann, wie auch die Männchen, bald ab. Während dem wächst der Auswuchs, bis er zur Zeit der beginnenden Reife des Weizens fast die Größe eines normalen Kornes erreicht hat. Die alte Generation der Anguillulen ist dann schon ausgestorben, nur einzelne Ueberreste finden sich von ihnen als zusammengeschrumpfte Hüllen; aus den Eiern sind die Embryonen längst ausgekrochen und bilden nun als geschlechtslose Larven den staubigfaserigen Inhalt des Gallengewächses. Dieses trocknet mit den scheinbar leblosen Würmchen zu dem sogenann- ten Gicht- oder Radenkorn des Weizens zusammen. Gelangt dasselbe mit gesunden Weizenkörnern in den feuchten Ackerboden, so wiederholt sich der Kreislauf, die Anguillulen werden auf’s Neue Ursache zu der bezeichneten Krankheitserscheinung des Weizens. — Es ist kein Grund vorhanden, um zu be- zweifeln, daß es mit den übrigen, unter ähnlichen Verhältnissen auftretenden Anguillulen eine gleiche Bewandtniß habe, daß auch Anguillula Agrostis und A. Phalaridis Ursache, nicht Folge der Krank- heitserscheinungen sind, welche ihr Auftreten charakterisirt. Die Anguillulen in den Blüthenköpfen von Dipsacus fwllonum reihen sich in Bildung und Ent- wickelungsweise den genannten Pflanzenparasiten vollständig an. Auch bei den Karden sind die kranken, Anguillulen bergenden Körner von den gesunden Samen verschieden. Sie sind noch nicht halb so groß und nicht so scharfeckig als diese. Der Pappus des gesunden Samens ist gestielt, bei den kranken ?) = Vibrio Agrostis Steinbuch Naturforscher XXVII. Stück, pag. 241, tab, V., Fig. 1—5. -**) = Vibrio Phalaridis Steinbuch |. c. pag. 257, tab. V, Fig. 6, 7. ”*) Comptes rendus de PAcademie des sciences 1855, p. 435—438; ibid. 1856, Sitzung vom 21. Juli. 95 Körnern ist er fast doppelt so groß und sitzend. Die kranken Körner sind nicht vollständig mit An- guillulen ausgefüllt, vielmehr findet sich in denselben noch der verkümmerte Samenkern, während die ersteren zu weißlichen Häufchen vereinigt in dem Gewebe der abnorm verdickten Samenschale, nament- lich am Grunde derselben vorhanden sind. Aber nicht nur ın den Körnern, auch in dem Pappus, und zwar im unteren Theile desselben, finden sich die Anguillulen, ss wie auch am Fruchiboden und sogar in dem Marke des Blüthenkopfes. An den letzten beiden Orten bewirken sie jedoch nicht eine abnorme Bildung, sondern nur ein allmäliges Absterben und Braunwerden des Gewebes. So sehen wir auch die Anguillulen von Dipsacus fullonum sich analog den Insektenlarven verhalten, welche in Pflanzentheilen schmarotzen und dadurch abnorme Bildungen und ein Absterben der Gewebe verursachen. — Da die Entwickelung der Anguillulen, insbesondere das Emporkriechen der Larven zu den Blüthentheilen, durch feuchte Witterung begünstigt wird, so erklärt es sich recht wohl, dass die Kardenfäule in nassen Jah- ren häufiger und allgemeiner auftritt als in trockenen; doch ist ihr Vorkommen keinesweges ausschließ- lich an solche Jahrgänge geknüpft, weshalb man schon früher nach einem weiteren Erklärungsgrunde suchte und ihn in einem zu kräftigen Boden zu finden glaubte. Das wahre Sachverhältniss ist aber dieses, daß auch in trockenen Jahrgängen hinreichende atmosphärische Niederschläge erfolgen, um die Anguillulen zu den Kardenköpfen gelangen zu lassen, dass aber dann meist eine geringere Menge der ersteren die letzteren erreicht, ihre weitere Entwickelung und Vermehrung durch trockenes Weiter auch weniger begünstigt wird. — Fernere Beobachiungen und Untersuchungen werden noch weitere Aufklä- rung über die Kernfäule der Karden bringen. Die Anguillulen der kernfaulen Karden sind spezifisch von den bis jetzt bekannten Arten der Gat- tung verschieden. — Zunächst sind alle bisher bekannten parasitischen Anguillulen von den nicht para- sitischen dadurch unterschieden, dass sie nicht wie diese lebendige Jungen gebären, sondern Eier legen, und daß die weibliche Genitalöffnung bei den ersteren am hinteren Theile des Körpers gelegen ist, während sie bei den letzteren in der Mitte des Körpers sich befindet. Es machte auf dieses Verhält- niß schon Professor Dr. Grube in Troschel’s Archiv für Naturgeschichte 15. Jahrg. 1. Bd. S. 361 aufmerksam. Die Anguillula Dipsaci mihi schließt sich hierin den übrigen parasitischen Anguillulen vollständig an, stimmt aber mit den einzelnen Arten derselben in den sonstigen Merkmalen nicht völlig überein. Von Anguillula Tritiei ist sie schon durch die geringere Größe unterschieden, von A. Agro- stis durch die ungleichen Endspitzen des Körpers, indem nach der Zeichnung, die Steinbuch I. c, giebt, das Kopfende von A. Agrostis dem Schwanzende in seinem Durchmesser gleich ist. Von A. Phalaridis ist die A. Dipsaci durch den Mangel an brauner Farbe und dadurch unterschieden, daß bei ersterer die Geschlechtsöffnung des Weibchens weiter nach hinten liegt, indem die Länge von der Vulva bis zur Schwanzspitze fast nur 5 der Körperlänge ausmacht. Charakteristisch scheint endlich noch für unsere Art die wasserhelle Membran zu sein, welche wie ein Schleier über das männliche Geschlechts- organ gespannt ist, falls sie bei den übrigen Arten nicht etwa übersehen wurde; in natura konnte ich keine derselben vergleichen. Ich gebe schließlich die Diagnose unserer Species: Anguillula Dipsaci nov. spec. corpore 0,95—1,42 "” longo, 0,026— 0,052 "m lato, extremitate antica parum attenuata obtusa rotundata, postica sensim subtiliter acuminata, cauda feminae (ab vulva) 4, maris (ab pene) -'; corporis aequante, recta vel paulo in- curva, oesophago postico bulboso, vulva in postico corpore sita. 54 Anhane. In der allgemeinen Versammlung am 8. April hielt der Präses der Gesellschaft, Herr Geh. Rath Professor Dr. Göppert, einen demonstrativen Vortrag: ‘ Teeber die naturhistorischen Verhältnisse Schlesiens, über welchen wir hier einen Bericht beifügen. Der Redner begann mit einer kurzen Geschichte der schlesischen Gesellschaft, welche seit ihrer Begründung am 17. Dezember 1503, namentlich aber seit der durch drei Jahrhunderte schon von der Provinz erstrebten Errichtung der Universität zu Breslau im Jahre 1811 zu einem der thätigsten und geachtetsten Vereine sich entwickelt, jetzt bereits über 1000 Mitglieder besitzt, mit 130 Instituten ähn- licher Tendenz in Tauschverkehr getreten, eine Bibliothek von 24,000 Bänden und überaus werthvolle botanische und rineralogische Sammlungen gegründet hat, in der mannigfachen Richtung ihrer Thätig- keit stets getreu ihrer Tendenz: die Resultate der Wissenschaft aus dem engeren Kreise der Fachstudien für die Theilnahme der gebildeten Welt zugänglich und dadurch fruchtbringend für das Leben zu machen. Zum großen Theil den Bestrebungen der Gesellschaft verdanken wir die genauere Erforschung der Na- turschätze, welche unsere Provinz vor vielen anderen Ländern im hohen Grade auszeichnen, und von denen der Vortragende eine kurze Skizze zu geben sich bemühte. Im Nordwesten von der Mark aus eintretend, gelangen wir zuerst in das Weinland Schlesiens, dessen Produkte, durch intelligente Behandlung in neuester Zeit sehr wesentlich verbessert, freilich noch immer mit dem Vorurtheil zu kämpfen haben. Der Boden unter den Rebenhügeln Grünbergs birgt die reichsten, noch nicht genug gewürdigten Schätze der Braunkohlenlager, die, hier zuerst dem Ge- brauch aufgeschlossen, reich genug sind, um einen großen Theil des Landes mit Brennmaterial zu ver- sorgen, übrigens aber sich fast in allen Theilen Schlesiens mit Ausnahme des Gebirges mehr oder minder mächtig vorfinden. In diesen Lagern treffen wir die Stämme nordischer Fichten, Weiden und Pappeln vereint mit den südlicheren Cypressen und Magnolien, wie sie sich heut zu Tage nur in Mexiko und am Himalaya zusammenfinden. Uebrigens fehlt es auch heute noch nicht unserer Provinz an Holz, da die Forsten Schlesiens noch 4,450,674 Morgen bedecken, so daß bei einer Bevölkerung von 3,150,670 Seelen noch 1,41 Morgen auf den Kopf kommen — ein erfreuliches Resultat, mit Hinblick auf die neu begründete preußische Marine, da fortan die vaterländischen Eichen nicht mehr im Dienste fremder Mächte den Ocean durchfurchen werden. Freilich erfordert ein einziges Linienschiff von 32 Kanonen nicht weniger als 3000 Eichen, welche auf einer Fläche von 100 Morgen mindestens 100 Jahre vegetirt haben müssen. In der That besitzt auch Schlesien noch zahlreiche uralte Bäume, wie sie namentlich England mit Pietät bewahrt und an die es seine Sagen und selbst historische Ereignisse knüpft. Die älteste und stärkste Eiche Europa’s war die von Pleischwitz, eine Meile von Breslau, welche 41 Fuß im Umfang mißt; 6 der schönsten wohl fast tausendjährigen Eichen von 16 bis 26 Fuß Umfang zieren das Schlachtfeld an der Katzbach; insbesondere das Andenken Friedrich des Großen ist in der Provinz mit zahlreichen Bäumen in Verbindung gebracht worden. Die Piasteneiche bei Brieg soll mit dem Sinken des Piastengeschlechtes gekränkelt und beim Aus- sterben desselben 1675 zu Grunde gegangen sein; auch das letzte, schon damals sehr selten gewordene Elenthier in Schlesien wurde 1675 in den damals Graf Reder’schen Waldungen bei Kotzenau zwischen Glogau und Sagan geschossen, von den Zeitgenossen, denen es als eine unheimliche Vorbedeutung er- schien, mit um so größerem Schrecken betrachtet, als wenige Tage darauf der letzte Piastenfürst zu \ bB) Liegnitz starb, das Haus Hohenzollern als Erbe seines Landes zurücklassend, dem fortan Schlesien seinen schönsten Aufschwung zu danken hat. *) Die großen Torflager unserer Provinz bedecken den Boden uralter, zum Theil erst in neuerer Zeit völlig verschwundener Landseen, die von den im Wasser vegetirenden Algen und Sumpfmoosen allmälig ausgefüllt werden; letztere an der Spitze fortvegetirend, während die unteren Theile in eigenthümlicher Weise vermodern, wandeln sich endlich in Torf um; durch allmäliges Verdrängen des Wassers bildet sich zuletzt eine Rasendecke über dem Moore und dann ist die Neubildung, das Nachwachsen des Torfes unmöglich, ein Umstand, der bei der Abschätzung der Güter nicht immer berücksichtigt wird. Noch Millionen Morgen Wald und Wiesen in unserer Provinz bergen dieses werthvolle Produkt, oft bis zu 10 Fuß Mächtigkeit, unter der Rasenfläche. Im schlesischen Vorgebirge treffen wir die Fundstätten vieler edlen und wichtigen Mineralien, des Chrysopras, der heute in Vergessenheit gerathen, ehemals in Platten zum Schmuck von Domen (St. Veit in Prag) und Palästen gebrochen wurde, Marmor, Chalcedon, Porphyr ete. Hier ist auch das schle- sische Eldorado, das, wie noch zahlreiche, seit 400 Jahren verlassene Schachte und Pingen beweisen, einst in ähnlichem Flor war, wie heute Kalifornien; in Nikolstadt soll im 14. Jahrhundert die Goldernte jährlich auf 1,250,000 Thaler sich belaufen haben. Vielleicht gelingt es der Gegenwart, -insbesondere wenn die Gebirgsbahn dieser Gegend neuen Impuls zugeführt haben wird, diese alten Quellen des Wohl- standes wieder zu eröffnen, wie sie schon manche andere Metalle, Blei, Kupfer, Silber hier wieder aufzufinden wußte. Der sagenreiche, mit Denkmälern grauer Vorzeit geschmückte Zobten, dessen Gipfel aus dem sehr seltenen Gabbro besteht, bietet den schönsten Rundblick auf das terrassenförmige Amphitheater des Riesengebirges, im Vordergrunde auf die Porphyrkegel des Hochwaldgebirges, das in einer Länge von 10 Meilen die unerschöpflichen Steinkohlenfelder Niederschlesiens deckt, die hier erst seit dem Ende des 16. Jahrhunderts benutzt werden. Ueberhaupt ist in Europa die Verwendung der Steinkohlen sehr jung; während sie in China schon über 2000 Jahre im Gebrauch ist, beginnt sie in Belgien erst seit 1050, in England 100 Jahre später; und zur eigentlichen Blüthe kam der Steinkohlenbau in England erst seil dem vorigen, in Frankreich und Belgien erst im gegenwärtigen Jahrhundert. In Niederschlesien betrug 1855 die Förderung der Kohlen 2,872,150 Tonnen im Werth von 1,078,112 Thalern. Noch großartiger sind diese Verhältnisse auf dem rechten Oderufer in Oberschlesien, wo die Steinkohlenfor- mation inselartig in 5 Punkten, die aber wahrscheinlich unter der Erde zusammenhängen, zu Tage tritt und wohl einen Raum von 100 Quadratmeilen bedeckt, an Mächtigkeit die niederschlesische Kohle um das Doppelte und Dreifache übertreffend. Erst 1751 wurde die erste Kohlengrube zu Ruda eröffnet, länger als 30 Jahre kaum beachtet, so daß der damalige Minister v. Heinitz die Kohlen an die Feuer- arbeiter von Gleiwitz und Tarnowitz verschenken mußte, um zu ihrer Benutzung anzuregen; 1784 be- trug die gesammte Kohlenproduktion etwa 3200 Tonnen. 1855 hatte sie 9,985,440 Tonnen im Werthe von 2,615,530 Thaler erreicht; sie hat sich seit 1840 mindestens verdreifacht. Die im Jahre 1855 geförderte Kohle würde einen Würfel von 450 Fuß Kante darstellen und ihre Heizungskraft 5,900,000 Klaftern Holz entsprechen, für die ein Wald von 554 Quadratmeilen (3 von Schlesien) erforderlich gewesen wäre. Nach v. Carnall’s Beobachtungen ist der Kohlenvorrath Schlesiens für mindestens *) Nach der Veröffentlichung dieser Notiz theilt mir der Herr Major Lanskoi in Ohlau mit, dass nicht in dem genannten Jahre, sondern fast 100 Jahre später, und zwar im Jahre 11743, noch ein Elenn.in dem Walde des damaligen Besitzers von Lampersdorf im Oelser Kreise, v. Korkwitz, durch den Jäger desselben geschossen worden sei, v. Kork- witz feierte dieses Ereigniss durch ein grosses Oelgemälde mit Jahreszahl und Datum, welches noch im Schlosse daselbst zu sehen ist. 96 4000 Jahre noch ausreichend. Die Kohlenproduktion Schlesiens übertrifft Belgien, Frankreich und selbst die mit unglaublich mächtigen, mehr als 30,000 Quadratmeilen einnehmenden Lagern begabten Vereinig- ten Staaten und steht nur der von England nach. Auch die Gewinnung des Eisens und die Zinkfabrikation ist seit Anfang dieses Jahrhunderts uner- meßlich gestiegen, da bis dahin sogar der rohe Galmei aus Schlesien nach Schweden exportirt wurde, bis der mit Undank vergessene Ruhberg in einer Glashütte zu Wissola (Pleß) im Jahre 1796 den Zink aus dem Erz darzustellen lehrte. Die eigentliche Blüthe des Bergbaues steht wohl Oberschlesien noch bevor, wenn es gelungen sein wird — wozu alle Aussicht vorhanden — aus demselben Schacht Eisen, Kalk, Kohle, Blei und Galmei zu fördern. Auch für das Auffinden des Steinsalzes in Oberschlesien ist gegründete Hoffnung da. Der Vortragende schloß mit einer Darstellung der Bildungsweise der Steinkohle, wie sie sich aus seinen Untersuchungen ergeben. Eine eben so massenhafte als einförmige, düstere, des Schmucks der Blüthen und Früchte entbehrende, von keinem Thiere belebte Waldflora von 60—80 Fuß langen Sigil- larien-, Stigmarien-, Lycopodien-, Farn- und Schachtelhalm-Bäumen in Gesellschaft krautartiger Ge- wächse vegetirte über unermeßlichen Torfmooren auf seichten Inseln des Oceans unter einem tropischen, damals von den Melvilles-Inseln am Nordpol bis zu dem antarktischen Kontinent gleichmäßig über die Erde verbreiteten Klima, bis sie, durch Ueberschwemmung mit Sand und Schlamm bedeckt, durch ge- waltigen Druck im Laufe der Jahrhunderte in Steinkohle verwandelt wurde. Durch ofimalige Wieder- holung dieser Vorgänge bildeten sich die übereinander liegenden, durch Sandstein und Schieferthon getrennten Flötze (oft 150 übereinander von 1 Zoll bis 120 Fuß Mächtigkeit); stürmische Fluthen bewirkten Verunreinigung der Kohle mit Schieferthon, rasches Austrocknen, so wie das Hervorbrechen vulkanischen Gesteins veranlaßte das Verwerfen der Flötze, Einwirkung der Luft brachte Zersetzung und undeutliche Struktur der Kohle mit sich — Erscheinungen, die noch heut theils an ausgedehnten Mooren, theils durch Experimente im Laboratorium sich beobachten lassen. Se. kgl. Hoheit der Prinz Friedrich Wilhelm von Preußen, welcher, begrüßt von dem Präsidium der Gesellschaft, um 6 Uhr im Sitzungslokale erschienen war, hatte die Gnade, diesem Vortrage von Anfang bis zu Ende beizuwohnen, und bekundete durch eingehende Fragen über alle Gegenstände des- selben, so wie. über die zur Erläuterung ausgelegten Exemplare aus der Sammlung des Vortragenden sein lebendiges Interesse für die Naturverhältnisse Schlesiens. Höchstderselbe nahm die ihm vom Vor- sitzenden überreichten Statuten und Verhandlungen der Gesellschaft huldreich entgegen, unterzeichnete das Sitzungsprotokoll und sprach schließlich seine für die Gesellschaft hocherfreuliche Absicht aus, an ihren Sitzungen wiederholt theilnehmen zu wollen. Unser korrespondirendes Mitglied, Herr Apotheker Jaekel in Liegnitz, übersandte nachstehenden Aufsatz: UVeber die Schwedenschanzen, welcher am 18. März zum Vortrag kam. Unter die noch nicht vollständig untersuchten und hinsichtlich ihres Zweckes, so wie der Zeit ihrer Erbauung noch nicht hinlänglich erforschten Alterthümer aus der heidnischen Vorzeit Deutschlands ge- hören ohnstreitig auch die unter dem fälschlichen Namen Schweden- oder Hussitenschanzen an vielen Orten befindlichen Ringwälle. Angeregt durch die Schriften von Mosch über die Opferfelsen und durch Preußker’s Blicke in die vaterländische Vorzeit, wurde ich auf dergleichen, im Ganzen jetzt nur wenig beachtete Ueberbleibsel 97 einer grauen Vorzeit aufmerksam, und besuchte bei Gelegenheit botanischer und mineralogischer Exkursionen mehrere dergleichen kunstlose und oft übersehene Bauten einer vorchristlichen Zeit, über deren Erbauung, so wie über deren Zweck sämmtliche Chroniken und Geschichtsbücher ent- weder völlig schweigen, oder eine kaum dürftige Auskunft geben. Leider haben wir, obgleich über aufgefundene heidnische Grabstätten und deren Inhalt ältere und neuere Schriftsteller geschrieben haben, über jene Ringwälle, deren außer Deutschland auch das übrige Europa aufzuweisen hat, nur wenige Mit- theilungen; ja selbst im Innern Rußlands finden sich deren. Es sei daher erlaubt, einige kleine Mit- theilungen über einige selbst gesehene Ringwälle niederzulegen, mit dem Wunsche, von anderen Beobachtern derselben ähnliche Nachrichten bekannt gemacht zu sehen. Die nähere Besichtigung und Untersuchung sämmtlicher Verhältnisse dieser so eigenthümlicken und größtentheils übereinstimmenden Erdwälle hat bald gezeigt, daß der Name „Schwedenschanzen“ ein völlig unpassender und irrthümlicher ist. Man weiß gegenwärtig sehr wohl, in welcher Gestalt und nach welchen Prinzipien nach der Erfindung des Schießpulvers, und um so mehr im dreissigjährigen Kriege Schanzen und kleine oder größere Fortifikationen angelegt wurden, als daß man jene aus Erde aufgeworfenen Rundbauten den Schweden zuschreiben sollte, auch besitzen wir aus jenen Zeiten Abbil- dungen genug, welche jene Benennung hinlänglich widerlegen. Auch wurden dergleichen Ringwälle milunter an Orten gefunden, wohin niemals Schweden gekommen waren. Heutigen Tages sind ein großer Theil dieser Ringwälle mit Wald und Buschwerk bedeckt, zum Theil oder sogar ganz planirt und abgetragen, so daß sich über die frühere Gestalt von einigen der- seiben kein richtiges Urtheil fällen läßt, andere hingegen sind ihrer Gestalt und Lage nach noch voll- ständig erkennbar, und gerade in unserer Nähe sind die noch am Besten erhaltenen zu finden, ja oft schon aus der Ferne zu erkennen. Besitzt doch allein die Ober-Lausitz (sächsischen und preußischen Antheils) gegen vierzig meist noch gut erhaltener Ringwälle, ja in der Gegend von Bautzen finden sich im Umkreise weniger Meilen an zwanzig derselben, wovon ein großer Theil von den Stationen der Eisenbahn aus leicht zu erreichen ist. Außer dem Namen Schwedenschanzen führen jene Erd- bauten auch den Namen Heidenwälle und Heidenschanzen, welche Benennungen allerdings weit rich- tiger sind, da alle jene Alterthümer, welche bei Ausgrabungen in ihrer Nähe gefunden worden sind, aus einer vorchristlichen Zeit herstammen und die bei jener Gelegenheit entdeckten Waffen und Opferge- räthschaften von Archäologen für germanischen Stämmen (?) angehörig erkannt worden sind. Von denjenigen, weiche gegenwärtig noch am besten erhalten sind, mögen aus Sachsen und der Lausitz hier nur einige namentlich aufgeführt werden. Zwischen Görlitz und Zittau, der Burgberg bei Ostritz Celliptisch), der Hayn Chufeisenförmig), der Ringelberg bei Bergdorf ohnweit Bernstadt, der Burgberg bei Bernstadt, die Schwedenschanze bei Kitt- jitz ohnweit Löbau (halbmondförmig), die Heidenschanze bei Oelisch, eine halbe Stunde von Reichen- . bach, der Wallfahrtsberg bei Nieda, drei Stunden von Görlitz, die Schwedenschanze auf dem Kieferberge bei Friedersdorf, südwestlich von der Landskrone, der Burgberg bei Schönberg, die Schanze bei Lich- tenberg, der Burgberg bei Penzig am rechten Neißeufer (stumpf-dreieckig), der Ebersbacher Kessel- berg (stumpf-dreieckig), der Rundwall bei Grubschütz, der Ringwall bei Göda, die Heidenschanzen bei Belgern und bei Kupschin, welche letztere einen Doppelwall bildet, der Ringwall bei Dahren. Einer der wohlerhaliensten Rundwälle ist der an der Straße von Bautzen nach Reichenbach, dicht neben der Chaussee und nahe an dem Dorfe. Schöps befindliche, welcher den Namen Heidenschanze führt. Er ist fast elliptisch, hat ohngefähr 50 Fuß Höhe, und sein oberer Umkreis mißt ohngefähr 300 Schritt. Da er weder Bäume noch Gebüsch trägt, so fällt seine eigenthümliche Gestalt schon von Weitem in die Augen. Ihm gegenüber liegt auf der andern Seite der Straße und des Schöpsbaches 8 58 ein zweiter kleinerer, etwa 15 Ellen hoher Rundwall. Beide können vom Bahnhofe zu Reichenbach in einer halben Stunde leicht erreicht werden. Sämmtliche hier genannte und eine Menge anderer dergleichen Ringwälle sind von Erde aufge- führt; ihre Höhe ist sehr verschieden, die Abdachung der Wälle beträgt meist 35 bis 45 Grad Neigung. Der ringförmige obere Theil des Walles neigt sich häufig nach einer Seite, während der entgegenge- setzte Rand höher isi. Fast steis findet sich eine offene Stelle in demselben, welche in der früheren Zeit bedeuiend kleiner gewesen sein mag und zum Eingange gedient hat. Die innere Fläche ist mei- stentheils wagerecht, mitunter auch nach einer Seite geneigt; oft befindet sich in der Mitte oder in einem Winkel des Walles eine deutlich erkennbare Erhöhung, vielleicht die Stelle eines Altares, Opferfeuers oder Signalfeuers. Bei einigen wenigen ist ein Doppelwall entweder ringsum oder nach einer Seite noch deutlich erkennbar; jedoch sind diese seltener bemerkt worden. Wie schon oben erwähnt, fanden sich bei Nachgrabungen im Inneren jener Ringwälle und auch in deren Nähe Waffen und Metallgeräthe der verschiedensten Art, iheils von Stein, theils von Bronze; eiserne dagegen höchst selten. Diejenigen von Stein waren aus Feuersieinen, Kieselsteinen, auch aus Hornblendegesteinen verfertigt. Auch Urnen wurden mitunter gefunden. In einigen dieser Ringwälle wurden aber auch Thierknochen, Opfermesser, Kelie (meißelartige Geräthe), Holzkohlen und verkohltes Getreide gefunden. Aus allem dem hier Mitgeiheilten geht hervor, daß die Archäologen in ihrem Rechte sind, wenn sie diese Bauten den ältesten Einwohnern des Landes zuschreiben und von dem Namen Schwe- den- und Hussitenschanzen völlig abstrahiren; nur in Hinsicht des Zweckes, weshalb diese Ringwälle aufgeführt wurden, weichen die Meinungen der Alterthumsforscher von einander ab. Preußer, welcher sämmtliche Ansichten darüber zusammengestellt hat, nimmi an, daß sie zu verschiedenen Zwecken ge- dient haben können, ja daß manche derselben aus mehr als aus einer einzigen Absicht gebaut worden sind. Man hält diese Ringwälle theils für Versammlungsorte, theils für Haupt-Bezirkes und Grenzfesien, theils glaubt man, daß sie mitunter zum Schutz von. Strassen angelegt wurden. Ferner sieht man in ihnen Zufluchtsorte für die in der Nähe wohnenden Gemeinden, theils glaubt man, daß sie wegen- ihrer freien und größtentheils hohen Lage zu Wachtposten und Feuersignalen gedient haben, und in der That wird auch heute noch ein Reisender selten einen solchen Ringwall besteigen, ohne durch eine schöne Aussicht belohnt zu werden. Aber auch zu Grabstätten und Opferplätzen mögen dieselben benutzt wor- den sein, jedoch ist letztere Ansicht wahrscheinlicher als die erstere. Andererseits deuten die öfters ausgegrabenen Holzkohlen und das verkohlte Getreide nicht allein auf alte Opferplätze, als wie auf eine vorhanden gewesene Umfriedigung von Holz und vorräthig gewesenes Getreide, welches bei einem Ueberfall in Brand gerathen sein könnte. Würden, was leider nicht geschehen ist, in einem jeden dieser Ringwälle Nachgrabungen veranstaltet, so würde man über den Zweck jener Bauten gewiß wei- tere Aufklärungen erhalten, doch ward nur bei wenigen nachgeforscht, Auch in Niederschlesien besitzen wir dergleichen Ringwälle unter dem Namen Schwedenschanzen. Es wäre wünschenswerth, wenn deren Zahl und ihre näheren Verhältnisse bekannt gemacht werden könnten, um- dieselben sämmitlich kennen zu lernen, Die in der Nähe von Breslau zwischen den Dörfern Oswitz und Ransern gelegene Schwedenschanze gehört unter die Kategorie der vorhin genannten Ringwälle, wenn sie auch nicht einen Kreis bildet, denn sie ist nur ein ohne Steine oder mit Hilfe von Felsen erbauter Erdwall. Weniger dürften dage- gen zwei in der Nähe der Stadt Liegnitz befindliche ähnliche Erdbauten bekannt sein, welche jeden Be- sucher durch ihre schöne Aussicht belohnen. Öhngefähr anderthalb Meilen westlich von Liegnitz befindet sich beinahe in der Mitte des Dorfes Riemberg, am südlichen Rande des sich nach Goldberg ziehenden Plateau’s, kaum 200 Schritt von der Katzbach entfernt, ein fast noch völlig erhaltener Ringwall von eiwa fünfzig Fuß Höhe, in Gestalt eines Oblongums mit abgestumpften Ecken. Der obere Rand des Walles, welcher nur wenige Fuß breit ist, hat auf der Nordseite die meiste Höhe, von da ab neigen sich der östliche und westliche Rand etwas nach Süden. Auf der Südseite befindet sich der Eingang; die innere Fläche ist nicht völlig wagrecht, sondern steigi von Süden nach Norden bedeutend an. Der Durchmesser dieses Ringwalles beträgt am oberen Rande von Osten nach Westen ohngefähr hundert, derjenige von Norden nach Süden gegen 80 Schritte. Die Abdachung des Ganzen ist nach allen Seiten, besonders aber nach der Nordseite sehr steil. Die frühere Gestalt der inneren Fläche läßt sich nicht mehr erkennen, denn schon seit Jahren wird letztere, so wie ein Theil der Abdachung für Obst-, Wein- und Gemüsebau benuizt. Ob bei An- lage dieses Rundwalles die, dieselben von drei Seiten umgebenden Hügel benutzt worden sind, oder ein schon vorhandener erst in die jetzige Gestalt umgeformt wurde, läßt sich nicht nachweisen, jedoch ist beides möglich. Steine sind nicht dazu benutzi worden, denn sämmtliche Anhöhen gehören dem Gerölle an. Ueber die frühere Gestalt dieses Ringwalles war nichts Näheres zu erfahren; vor etwa hun- dert Jahren soll man beim Graben im Innern Blei gefunden haben, was insofern eigenthümlich wäre, da dieses Metall bei keinem anderen Rundwalle erwähnt wird, sondern stets Bronzen oder messingene Geräthe gefunden worden. Die Aussicht anbelangend, so ist selbige gegen Norden durch höhere bewaldeie Berge verdeckt, nach Süden hingegen begrenzen die Heßberge, der Willmannsdorfer Berg und der Wolfsberg eine höchst mannigfaltige Landschaft. Ein zweiter, dem vorigen sehr ähnlicher Erdwall, mit fast derselben, nur noch umfassenderer Aus- sicht, befindet sich unter dem Namen Schwedenschanze westlich vom Dorfe Hohendorf, eine halbe Meile von Goldberg, am südlichen Rande jenes Plateau’s, zu welchem auch die vorige Schanze gehörte. An der Nordseite erhebt sich der Wall ohngefähr 40 Fuß über die nach Goldberg führende Strasse, nach Süden fällt die Abdachung gegen 150 Fuß steil gegen die Katzbach ab. Auch hier finden wir keinen eigentlichen Ringwall, sondern ein fast regelmäßiges Oblongum von 110 Schritt von Osten nach Westen und SO Schritt von Süden nach Norden. Die frühere wallartige Erhöhung ist noch deutlich bemerk- bar; die innere Fläche ist wagrecht, jedoch in der nordwestlichen und nordöstlichen Ecke etwas er- höht. War je ein Ort zu einem Signal- oder Opferfeuer geeignet, so war es dieser, denn ein dort | angezündetes Feuer müßte von Wahlstatt bis Goldberg gesehen werden können. Nachgrabungen sind hier nicht gemacht worden. Man sieht von hier aus südlich einen etwa 1000 Schritte vom Dorfe Röchlitz entfernten kegel- förmigen steilen Berg vor sich, charakteristisch durch seine kesselartige Vertiefung, weswegen derselbe lange Zeit ebenfalls für einen Ringwall gehalten ward; die nähere Besichtigung und mehrfache Nach- fragen gaben jedoch bald andere Resultate. Dieser Berg, der Burgberg genannt (nicht zu verwech- seln mit demjenigen westlich von Röchlitz, auf welchem die heilige Hedwig ein Schloß zum Sommer- aufenthalie nebst kleinem Park besaß), dessen kesselartige Vertiefung 1813 während der Katzbachschlacht von den Franzosen schnell in eine Batterie umgeschaffen werden sollte, erhebt sich so steil aus dem südlich von der Katzbach gelegenen Plateau, daß das Hinaufschaffen der Kanonen nicht gelang. Der obere Rand des fast ovalen Kessels neigt sich so bedeutend gegen Norden, daß man von der Hohen- dorfer Schwedenschanze beinahe hineinsehen kann. Dieser Burgberg scheint uns durchaus kein Ring- wall zu sein, denn er ist nichts anderes als ein Basaltkegel mit einer bei dieser Felsart so häufig vor- kommenden kesselartigen Vertiefung, welcher, obgleich in der Nähe des Gerölles, hier den Thonschiefer durchbrochen hat, von welchem auf der Ostseite eine Menge mit vielen Quarzeinschlüssen zu Tage liegt. Koniaktflächen wurden nicht bemerkt. Der Basalt selbst zeigt nichts Merkwürdiges, weder in seinen - g*+ 60 Einschlüssen, noch in seiner Gestaltung, während eine Viertel-Meile davon bei dem Dorfe Kopatsch große Basaltsäulen vorkommen. Der Burgberg ist einer der kleinsten, aber vielleicht auch der steilste Berg in Schlesien und dürfte höchstens vom Pombsner Spitzberge in letzterer Hinsicht übertroffen werden. Die Aussicht von demselben nach Norden ist belohnend. Um von Liegnitz aus einen Tag genußvoll zu einer Exeursion zu verwenden, rathen wir zuerst die Riemberger, alsdann die Hohendorfer Schwedenschanze zu besuchen, von da nach Goldberg zu gehen, den Wolfsberg zu besteigen (Stachys recta, Geranium dissectum, Helianthemum vulgare, Potentilla rupestris), von da über Goldberg, den Bürgerberg, nach Kopatsch und Röchlitz zu gehen, wo bei dem von der Hedwigskapelle noch übrigen alten Thurme noch eine schöne Aussicht zu geniessen ist, von da nach dem Burgberge und entweder über Kroitsch und Wültsch, oder über Dohnau nach Liegnitz zurück- zukehren. In der Nähe des Dörfchens Dohnau kann dann noch die große Eiche, eine der größten Schlesiens, und der aufgegebene Steinbruch an der wüthenden Neiße besucht werden, wo die seltene Doleritwacke mit den Spiegelflächen von schwarzem Manganocker vorkommt. (Im Steinbruche selbst Lathyrus latifolius und Vieia cassubica.) Auf dieser kleinen nicht ermüdenden Tour lassen sich mehrere der oben erwähnten, in vielfacher Hin- sicht interessanten Punkte in einem Tage besichtigen. Alles, was hier über Ringwälle gesagt wurde, bezieht sich nur auf die von den Urbewohnern Deutschlands aus Erde aufgeführten Rundbauten; anders verhält es sich mit denjenigen, zu welchen schon vorhandene aus Felsen bestehende Berge verwendet worden sind. Meistens wurden dazu Basaltberge benutzt, welche wegen der auf denselben und in ihrem Innern so häufig vorkommenden geglühten und verschlackten Gesteine höchst merkwürdig sind, und noch mitunter eine nähere Untersuchung verdienen, da hier der Mineraloge den Archäologen, und umgekehrt unterstützen möchte. In dieser Hinsicht wur- den seit einigen Jahren von dem Referenten mehrere Touren unternommen und eine Reihe Hand- stücke gesammelt, über welche in unserem Aufsatze: „Ueber die Basalte Niederschlesiens,‘“ (siehe oben) das Nähere mitgetheilt worden ist. In der letzten Sitzung des Jahres, am 17. Dezember, wurde die statutenmäßige Neuwahl der Se- kretäre vorgenommen. Bei Eröffnung der Sitzung erklärte der bisherige zweite Sekretär, Cohn, eine etwaige Wiederwahl mit Rücksicht auf seine Ernennung zum Sekretär der botanischen Sektion ablehnen zu müssen. Die hierauf vorgenommene Wahl der Sekretäre für die neue Etats-Periode 1858—59 fiel auf die Herren Professoren Göppert und Römer, welche sich zur Annahme bereit erklärten. 61 Bericht über die Beobachtungen der Vegetations- Entwickelung in den Jahren 1856 und 1857, von Professor Dr. Ferdinand Cohn. Di von der Schlesischen Gesellschaft geleiteten Vegetationsbeobachtungen haben auch in den beiden verflossenen Jahren ihren Fortgang gehabt. Ueber die Grundsätze, welche bei diesem Unternehmen in’s Auge gefaßt worden, habe ich mich in den Berichten über die Jahre 1852 (Jahresbericht der Schlesi- schen Gesellschaft für 1853), 1855, 1854 und 1855 (Jahresbericht für 1856) ausführlich ausgesprochen, so daß ich hier nicht mehr darauf zurückzukommen habe; es sind im Wesentlichen die Quetelet’schen Prinzipien, welche auch den von der k. k. Centralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus zu Wien, dem großher- zoglich statistischen Bureau zu Mecklenburg, so wie den von Professor Hoffmann in Gießen geleiteten Beobachtungen zu Grunde liegen und in der auf der Naturforscherversammlung zu Wien berathenen phänologischen Instruktion adoptirt worden sind. In den beiden letzten Jahren hat sich zwar die Zahl der an unserem Unternehmen sich betheiligenden Beobachter wiederum verringert, es sind jedoch die meisten derjenigen Herren, welche von Anfang an durch sorgfältige und zuverlässige Aufzeichnungen unseren Beobachtungen Glaubwürdigkeit und wissenschaftlichen Werth verliehen haben, demselben auch jeizt treu geblieben, und es liegt uns daher von den verschiedensten Punkten Deutschlands eine nun sechsjährige Reihe von Beobachtungen über die Entwickelung der wichtigsten und charakteristischsten Pflanzen vor, welche zur Berechnung von mittleren Entwickelungszeiten eine, wenn auch nicht absolut ausreichende, doch immerhin brauchbare Basis gewähren. Für das Jahr 1856 erhielten wir Beobachtun- gen aus: Braunfels bei Wetzlar von Herrn Dr. Lambert, Breslau von dem Referenten, Carlsberg unter der Heuscheuer von Herrn Oberförster v. Pannwitz, Claussen bei Lyk von Herrn Observator R. Vogt, Conitz von Herrn Professor Wichert, 62 Creutzburg von Herrn Apotheker Lehmann, Danzig von Herrn A. Klatt, Gießen von den Herren Professor Hoffmann und Universitätsgärtner Weiß, Görlitz von Herrn Oberlehrer Fechner, i . Kiew von Herrn Apotheker Neese, Kupferberg von Herın Apotheker Chaussy, Memel von Herrn Lehrer Kremp, Miechowitz bei Beuthen von Herrn Instituisgärtner Stoll, Münster von Herrn Medizinal-Assessor Wilms, Neudamm von Herrn Lehrer Rothe, Osnabrück von Herrn Conrector Joh. Jak. Feldhoff, Prag von Fräulein Wilhelmine Fritsch, Rautenburg (Litthauen) von Herrn Rakowsky, im Auftrage des Grafen Keyserling, Steinbeck bei Königsberg von Herrn Pfarrer v. Duisburg, Trzemeszno (Großherzogthum Posen) von Herrn Gymnasiallehrer Ad. Pampuch 1., Wien von Herrn Adjunkt Karl Fritsch, Wohlau von Herrn Apotheker Güntzel-Becker, Wünschelburg von Herrn Apotheker Neumann. Für das Jahr 1857 aus: Breslau von dem Referenten, Conitz von Herrn Professor Wichert, Claussen bei Lyk von Herrn Observator R. Vogt, Danzig von Herrn August Klatt, Gießen von Herrn Professor Hoffmann, Görlitz von Herrn Oberlehrer Fechner, Kiew von Herrn Apotheker Neese, Kupferberg von Herrn Apotheker Chaussy, Memel von Herrn Lehrer Kremp, Münster von Herın Professor Heis und Medizinal-Assessor Wilms, Neudamm von Herrn Lehrer Rothe, Osnabrück von Herrn Conrector Joh. Jak. Feldhoff, Rautenburg von Herrn Rakowsky, Trzemeszno von Herrn Oberlehrer Ad. Pampuch I., Wien von Herrn Adjunkt Karl Fritsch, Wohlau von Herrn Apotheker Güntzel-Becker, Wünschelburg von Herrn Apotheker Neumann. Wir glauben durch das uns gegenwärtig zu Gebote stehende Material zu einem gewissen Abschluß gekommen zu sein, und werden es daher jetzt versuchen, die bisherigen Beobachtungen zusammenzustel- len und Behufs Feststellung allgemeiner Resultate zu bearbeiten. Aus diesem Grunde halten wir es für überflüssig, in diesem Bericht, wie dies früher geschehen, Auszüge aus den einzelnen Beobachtungs- reihen der beiden letzten Jahre abzudrucken; vielmehr hoffen wir, bereits in dem nächsten Jahresbericht eine Zusammenstellung der mittleren Entwickelungszeiten für einige der wichtigsten Gewächse der deutschen Flora auf Grund unseres Unternehmens veröffentlichen zu können. Da jedoch der Natur der Sache nach die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Beobachtungen um so grösser wird, je länger die 63 Reihe der Jahrgänge ist, durch welche sie fortgesetzt wurden, so ersuchen wir diejenigen Herren, welche bisher mit so großer Ausdauer und Uneigennützigkeit unser Unternehmen unterstützt haben, auch in Zukunft dies thun und die im Laufe jedes Jahres gemachten Vegelationsbeobachtungen uns wie bis- her am Ende desselben mittheilen zu wollen. Da die früher von uns benutzten lithographirten Formu- lare gegenwärtig bereits verbraucht sind, so werden wir die Zusendung von solchen fortan unterlassen; statt dessen geben wir hier nochmals die Liste der Pflanzen, an welchen bisher vorzugsweise Beobach- tungen angestellt wurden, so wie der Entwickelungszustände, welche aufgezeichnet wurden, wobei es sich von selbst versteht, daß auch Beobachtungen an anderen Pflanzen wünschenswerth sind. Wir be- merken, daß diejenigen Pflanzen, welche in dem früher von uns vertheilten Formular allein aufgenom- men waren, mit gewöhnlicher Schrift, die allein in der Instruktion der Wiener Naturforscherversamm- lung enthaltenen kursiv, die beiden gemeinschaftlichen mit gesperrter Kursiv-Schrift gesetzt sind, und daß wir in gleicher Weise die zu beobachtenden Zustände bezeichnet haben. Zur Beobachtung empfohlen werden: Acer platanoides, Acer Pseudoplatanus, Aeseulus Hippo- castanum, Alnus glutinosa, Althaea officinalis, Amygdalus persica, Artemisia Absynthium, Berberis vulgaris, Betula alba, Calluna vulgaris, Catalpa syringaefolia, Convallaria majalis, Col- chicum autumnale, Cornus mascula, Corylus Avellana, Crocus vernus, Oytisus Labur- num, Daphne Mezereum, Fagus sylvatica, Fragaria vesca, Fraxinus excelsior, Fritilla- ria imperialis, Galanthus nivalis, Hepatica triloba coerulea, Hedera Helix, Heracleum Spondylium, Hordeum vulgare hibernum, aestivum, Juglans regia, Leucojum vernum, Lilium candidum, Nymphaea alba, Phytolacca decandra, Prunus avium, Prunus Padus, Prunus spinosa, Pyrus communis, Pyrus Malus, Ribes Grossularia, Ribes rubrum, Robinia Pseudacacia, Rosa centifolia, Salix caprea, Sambucus nigra, Sambucus racemosa, Secale cereale hibernum et aestivum, Sedum Telephium, Sorbus Aucuparia, Syringa vulgaris, Tanacetum vulgare, Tilia grandifolia, Tilia parvi- folia, Triticum vulgare hibernum, Ulmus campestris, Viola odorata, Witis vinifera. . Beobachtet wird 1) Schwellen der Knospen, 2) Aufbrechen der Knospen, 3) Entfaltung der ersten Blätter, erstes Sichtbarwerden der Blattoberfläche, 4) allgemeine Belaubung, 5) Beginn der Herbsifärbung, 6) allgemeine Laubverfärbung, 7) Beginn des Laubfalls, 8) alle Blätter sind abgefallen, 9) Sichtbarwerden der Blüthenknospen, 10) erste Blüthe ganz entfaltet, der Blüthenstaub hervortretend, 11) allgemeine Blüthe, 12) sämmtliche Blüthen verblüht, 15) erste Frucht- reifenormal, ohne Wurmstrich, bei den Getreidearten auch der Ernteanfang, 14) allgemeine Fruchtreife, 15) sämmtliche Früchte abgefallen. Empfohlen werden noch Beobachtungen über den Beginn und Verlauf von Pflanzen -Epidemieen, Bemerkungen über den Verlauf der Vegetation mit Rücksicht auf Witterungsprozesse, namentlich erste und letzte Frist und Dauer der Schneedecke. Bei mehrjährigen Vegetationsbeobachtungen ist stets der nämliche Baum oder die nämliche Gruppe von gleichartigen Gewächsen, die nämliche Wiese, das nämliche Feld etc. zu berücksichtigen. ————_— 65 Bericht über die Verhandlungen der botanischen Sektion im Jahre 1857, von Ferdinand Cohn, zeitigem Sekretair derselben. D.. botanische Sektion hat im Jahre 1857 sieben Versammlungen gehalten, in denen Folgendes zur Sprache kam: In der ersten Sitzung vom 22. Januar gab Herr Dr. Milde Beiträge zur Kryptogamenkunde Schlesiens, welche bereits in dem Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft für 1856 pag. 41 abge- druckt worden sind. Hierauf sprach der Sekretair Cohn über das Vorkommen von Colletonema viridulum Breb. bei Strehlen (siehe Jahresbericht für 1856 pag. 61). Herr Trewendt verlas einen Bericht über die Wirksamkeit des botanischen Lesevereines im Jahre 1856 (siehe Jahresbericht für 1856 pag. 94). In der zweiten Sitzung vom 5. März legte Herr Direktor Dr. Wimmer die von Baron v. Kitt- litz gezeichneten und in Kupfer gestochenen Vegelationsansichten aus dem Riesengebirge vor. Hierauf theilte derselbe Bemerkungen über einige schlesische Piianzen mit, indem er die betreffenden Exem- plare vorlegte (siehe Jahresbericht für 1856 pag. 62). Herr Musikdirektor Siegert sprach: Veber zwei neue Carices. Bereits vor längerer Zeit (siehe den Jahresbericht der Schl. Gesellschaft von 1851) hatte ich mir erlaubt, in einer unserer Versammlungen einige Mittheilungen über Carices vorzulegen, wozu mir damals in der kurz vorher erschienenen Bearbeitung der Cyperaceen Skandinaviens von Andersson eine besondere Veranlassung dargeboten war. Namentlich bezog ich mich dabei auf die Vielgestaltigkeit der Organe, durch welche die Erkennung mancher Arten sehr erschwert, wo nicht geradezu unmöglich gemacht wird, und schloß daran die Vermuthung, daß der eigentliche Grund dieser Erscheinung vielleicht in Bastardbildungen zu suchen sein möchte, die überall Verwirrung ins System bringen, wenn sie nicht ausgeschieden werden. 66 Die Ergebnisse meiner forigesetzten Beobachtungen auf diesem Gebiet sind indeß immer noch mehr oder weniger mangelhaft geblieben. Je weiter ich den eingeschlagenen Weg zu verfolgen bemüht war, desto mehr überzeugte ich mich von der Schwierigkeit der Aufgabe, bei differirenden Formen durch eine blos äussere Betrachtung der Organe Varietäten von Bastardbildungen zu unterscheiden. In Bezug auf die letzteren wird auch hier wohl nur durch das Experiment endgiltig entschieden werden können. Ist nun auch das Feld zur Zeit noch wenig oder gar nicht angebaut, so habe ich mich dennoch da- durch nicht abhalten lassen, einstweilen wenigstens Formen zu sammeln und dieselben für die Zukunft zu fixiren. Zu meiner grossen Freude nahm sich inzwischen Herr Professor Andersson bei der zeitweisen Sichtung dieses Materials meiner freundlichst an, indem er eine nicht unbedeutende Anzahl zweifelhafter Formen, die ihm durch freundliche Vermittelung zur Ansicht nach Stockholm gesandt wurden, mit Diagno- sen versehen wieder an mich gelangen ließ. Auch noch im vergangenen Herbste war er während sei- nes kurzen Aufenthaltes am hiesigen Orte bemüht, mir durch mündliche Mittheilungen den Gesichiskreis für künftige Forschungen zu erweitern. Für heute sind es einstweilen zwei Formen, die ich nach wiederholten, mehrjährigen Beobachtun- gen aus meinem Material entnommen habe, um dieselben hier vorzulegen. Die erste hat sich im ge- sammten Habitus als beständig erwiesen, so daß sie unbedenklich als eine neue, gute Spezies im Ge- biet der Flora erscheinen kann. Ich habe sie durch folgende Merkmale zu charakterisiren gesucht: Carex Schummelii. Männliche Aehren 1—3, weibliche 2—4, walzig, schlank, meist entfernt, fast sitzend oder die unterste gestielt; Narben 2, Früchte elliptisch, etwas erhaben, nervig, kahl, kurz ge- schnäbelt, Schnäbelchen stielrund, ungetheili; Deekschuppen dreinervig, langspitzig oder etwas stumpf; Deckblätter blattartig, am Grunde schwach geöhrelt, das unterste länger als der Halm; Halm dreiseitig, am Grunde beblättert, an der Spitze schärflich. Blätter flach, am Rande. rauh, ohne Faser- netz; Wurzel faserig. — Auf Wiesen bei Höfchen. Sie steht der ©. trieostata Fries nahe, unterscheidet sich aber von derselben durch die dreiner- vigen Deckschuppen. Was die Carices salinae für Schweden sind, ist diese Form, nach Andersson’s Ausspruch für Schlesien. Die zweite Form gehört zu den unentschiedenen Gebilden, bei denen man leicht versucht wird, an einen hybriden Ursprung zu glauben. Ich fand dieselbe zuerst im Jahre 1855 auf einer Wiese bei Bischofswalde, sodann im Jahre 1857 am Durchstiche bei Schwentnig, an beiden Orten nur sparsam unter zahlreicher ©. riparia und vesicaria. Bei einer vergleichenden Zusammenstellung zeigt sich in dem gesammten Bau der Pflanze eine deutliche Hinneigung bald zu der einen, bald zu der anderen Spezies, in deren Gesellschaft sie gefunden wurde. Die männlichen Aehren, gehäuft oder doch genä- hert, deuten auf eine Verwandtschaft mit ©. riparia; die Früchte dagegen, meist siebennervig, mit einem längeren und tiefer ausgerandeten zweispitzigen Schnabel versehen, nähern sich den Früchten der €. ve- sicaria, eben so das, wenn auch nur schwache Fasernetz, welches ein beständiges Merkmal der letzt- genannten Art ist. Die Blätter (bei ©. riparia graugrün, bei ©. vesicaria hell-, fast gelbgrün) haben eine Mittelfärbung zwischen beiden Arten, auch sind sie schmäler, wie bei der ersigenannten Art. Hin und wieder finden sich Deckschuppen, die sich plötzlich verschmälern, so daß die Grannenspitze gleich- sam wie aufgesetzt erscheint, wie dies bei der C. riparia oft der Fall ist. Die Früchte scheinen meist steril zu sein. Was sonst noch ihre Echtheit bis jetzt bezweifeln läßt, ist das vereinzelte Vorkommen derselben. Ich trage demnach kein Bedenken, sie hier als eine hybride Spezies mit folgender Diagnose auf- zuführen. zig, 67 Carex riparia-vesicaria. Männliche Aehren 9—5, genähert, weibliche meist 3, langwal- schlank, entfernt, die unterste lang sestielt: Deckschuppen lanzettlich, nervig, die mittlere in eine lange Grannenspiize ausgehend; Früchte aus elliptischem Grunde kegelförmig, kahl, gestielt, etwas er- haben, stark nervig, in einen verlängerten, zusammengedrückten zweispitzigen Schnabel auslaufend, Nar- ben 3; Deckblätter blattig, das unterste die Spitze des Halmes erreichend; Blattscheiden schwach netz- faserig. Noch mögen einige neue Standorte für seltenere Pflanzenarten hier Raum finden. Carezx .aristata hat im vorigen Frühling reichlich bei Canth geblüht. Gentiana cruciata, \ Epipaetis rubiginosa, Coeloglossum viride, Cephalanthera pallens, Cirsium heterophyllum-palustre aus dem Elbgrunde. Rubus Chamaemorus mit Früchten von der Elbwiese. Carex riparia, amentis femineis omnibus pedunculatis bei Pilsnitz. » vom Kitzelberge bei Kaufung. Hierauf verlas der Sekretair eine von unserem korrespondirenden Mitgliedn Herrn Dr. Beinert ein- gesandte, von Dr. Ferdinand Müller abgefasste botanische Schilderung des Onkaparinga-Thales in Neu- holland. In der dritten Sitzung vom 23. April zeigte Herr Oberforsimeiser v. Pannewitz verschiedene merk- würdige Vegetationsprodukte. l. Eine Schwammmasse von eigenthümlichem, lederartig elastischem Gewebe, auswendig gelblich, inwendig schneeweiß, von ungewöhnlicher Größe, an 6 Fuß lang, im Innern einer hohlen Eiche in einem Walde bei Militsch aufgefunden; höchst merkwürdig ist, daß in dem Schwammgewebe zahllose schwarzbraune, roggenkorngrosse, regelmäßig abgerundete Körperchen eingewachsen sind, in solcher Menge, daß sie dicht an einander liegen und an diesen Stellen die ganze Masse einem Rogenstein ähnlich erscheint; und zwar finden sich diese Stellen da, wo der Schwamm dem ver- modernden und stellenweis ebenfalls durch Schwammlamellen in kleine Splitter gesonderten Eichen- holz aufsitzt; der Ursprung dieser Körperchen ließ sich nicht mit Sicherheit ermitteln, da sie keine deutliche Struktur zeigen; es wurde von der einen Seite die Vermuthung ausgesprochen, daß es Thierexkremente, von einer anderen, daß es vermoderte und durch den Einfluß des Pilzgewebes oder des Wassers regelmäßig abgerundete Holzstückchen seien, die später in das Schwammmyce- lium eingewachsen sind. Mehrere sogenannte Weidenröschen von rother Farbe, vom Volke als Zeichen eines frucht- baren Jahres betrachtet. . Monströse Erlenzapfen von Silberberg, bei denen einzelne Schuppen in lange, gerollte, roihe Bän- der ausgewachsen waren. A. Eine überaus regelmäßig überwallte hohle Fichte. 5. Eine überwallte Fichte, bei der mitten aus dem Callus ein kräftiger Zweig hervorgesprosst war. 6. Ein Fichtenzapfen, in der Mitte gespalten, am Grunde und an der Spitze einfach. . Ein Fichtenzapfen, dessen Achse in einen nadeliragenden Zweig mit normaler Endknospe aus- gesprossi war. 68 8. Eine Kieferwurzel, so eigenthümlich gedreht und verwachsen, daß sie mit geringer Kunst die Gestalt einer um einen Stab gewundenen Schlange erhalten hatte. 9. Tannenholz von sehr regelmäßiger festungsartiger Zeichnung. Herr Dr. Bail legte sein eben erschienenes Buch: „Das System der Pilze, Bonn 1858,“ den zweiten Theil des im Jahre 1837 von Fr. Nees v. Esenbeck jun. herausgegebenen Werkes, vor und erläuterte die Grundsätze, nach denen er die Klasse der Pilze gemäß ihrer natürlichen Verwandtschaft anzuordnen versucht hatte, indem er einzig und allein die wesentlichen Organe der Frucht- resp. Spo- renbildung als leitendes Prinzip bei der Eintheilung zu Grunde legte, die äussere Formähnlichkeit da- gegen nur in zweiter Reihe berücksichtigte. Die meisten älteren Systeme, welche die Pilze zum gro- ßen Theil nur nach einer gewissen äußeren, in die Augen fallenden, aber oberflächlichen Uebereinstim- mung im Habitus in Gattungen und Ordnungen vertheilten, ja selbst Entwickelungszustände (Oidium, Hormiscium, Rhizomorpha, Tubercularia, Sclerotium) als besondere Gattungen aufführten, mußten in Folge dessen oft zu den unnatürlichsten Zusammenstellungen führen. Der Vortragende vertheilt die Pilze, je nachdem die Sporen durch Abschnürung auf Basidien oder durch freie Zellbildung in Schläu- chen entstehen, in die beiden parallelen Hauptabtheilungen der Basidiosporeae und Thecasporeae; diese zerfallen wieder in eine Anzahl von natürlichen Familien, welche charakterisirt und durch Vor- zeigung von Abbildungen erläutert wurden. Herr Dr. Milde theilte im Auftrage des Herrn Geh. Rath Göppert mit, daß sich im hiesigen botanischen Garten gegenwärtig die echte Myristica moschata, Isonandra Gutta, so wie zwei Strychnos- Arten befinden. Derselbe sprach über das Vorkommen von Struthiopteris germanica bei Laasan, welche daselbst von Frickhinger entdeckt, von Herrn Geh. Rath Göppert bei einer jüngsten Exkursion in grosser Anzahl gesammelt worden sei. Derselbe zeigte eine für Schlesien neue Pflanze, Pulmonaria saccharata, bei Jauer gefunden. In der vierten Sitzung vom 22. Oktober theilte Herr Direktor Dr. Wimmer einige neue Fundorte selinerer schlesischer Pflanzen mit. Aus der Gegend von Strehlen, aufgefunden und mitgetheilt durch den um die Erforschung der Flora dieser Gegend seit Jahren eifrig bemühten und verdienten Lehrer Hilse in Strehlen: Carex fulva Good. (die sterile Form neben der fruchtiragenden sogenannten ©. Hornschuchiana), Carex paradoxa Willd., Gagea minima, Petasites albus, Festuca heterophylla Haenke, Equisetum Telmateja um Fran- kenstein; Bromus arvensis, Asperula cynanchica, Reseda luteola, Papaver dubium, Lathyrus hete- rophyllus, sämmtlich aus der Gegend von Nimptsch; Thalietrum simplex von Peterwitz bei Streh- len, wobei Referent die Vermuthung ausspricht, daß Th. galioides Nestl. schwerlich für eine Art zu halten sei, sondern entweder eine Form von jenem oder von T’h. angustifolium sein dürfte, welche beide mit schmal-linealen Blattzipfeln vorkommen; Centaurea solstitialis in mehreren Gruppen an der Ohlau bei Strehlen, desgleichen um Striegau von Herrn Schwarzer gefunden, und nach dessen Ansicht wohl mit dem Anbau der Luzerne verbreitet. — Als eine Bereicherung der Flora ist zu nen- nen die von Herrn Hilse auf Artemisia campestris bei Nimptsch gefundene Orobanche arenaria. Aus der Gegend von Falkenberg, von Herrn Pharmazeuten Muncke daselbst: Außer der schon früher erwähnten Stellaria Friesiana, welche im Gräbener Laubwald an einem Bache in einem kleinen Bezirk in grosser Menge entdeckt wurde, fand sich Elatine hexandra, welche von der ganz ähnlichen E. Hydropiper doch schon beim ersten Blick durch die doppelt so grossen, abstehenden und stärker gefärbien Kronenblätter zu unterscheien ist; die übrigen Merkmale der Floren werden bestätigt. 69 Aus der Gegend von Striegau, von Herrn Veterinärarzt Schwarzer: Carex Boenninyhausiana (nebst reifen Früchten am 10. Oktober mitgetheilt). Diese seltene Art wurde zahlreich bei Jenkau bei Striegau gefunden, und die Wahrnehmung, daß die Pflanze durchaus keinen vollkommenen Samen hatte, führte Herrn S. auf den Gedanken, daß es eine hybride Art sein möchte, deren Ursprung er, in Uebereinstimmung mit dem Referenten, auf ©. remota und ©. paniculata zurückführte.. Carex brizoi- des, Kohlhöhe bei Striegau. Centaurea solstitialis, siehe oben. Chrysanthemum segetum bei Striegau unter Hirse. Zlelleborus niger im Pfarrbusche bei Hohenfriedeberg. Außerdem wurden die Unterschiede im Blumenbau einer großblumigen und kleinblumigen Nymphaea alba, welche Herr Dr. Beinert zu Charlottenbrunn in seinen Anlagen kultivirt, beide aus Schlesien stammend, auseinandergesetzt. Die zweite schien zur N. neglecta Hensl. zu gehören. Herr Stadtrichter Wichura bemerkte, daß sich in diesem Jahre Isolepis Michelianus im Oderbett wieder in Menge gezeigt habe; die Blüthen dieser Art besitzen nur 2 Staubgefäße; weiteren Untersuchungen muß es überlassen werden, ob dadurch eine generische Trennung dieser von den übri- gen Arten gerechtfertigt wird. Herr Geh. Rath Professor Göppert zeigte Ampelopsis quinquefolia in diesem ungewöhn- lich langen und warmen Herbste zum zweiten Male blühend. Es wurde dabei hervorgehoben, daß im gegenwärtigen Herbste mehrere Bäume zum zweiten Male blühten, namentlich außer den Roßkastanien, welche fast überall gleichzeitig mit welkem Laube, reifen Früchten und neuen Blüthentrauben zu sehen sind, auch die Obstbäume, Prunus Padus, Cornus sanguinea, Acer platanoides u. a. Auch reife Kastanien und selbst reife Kirschen von dieser zweiten Blüthe sollen beobachtet sein. Hierauf legte Derselbe Kartoffeln vor, aus denen junge Knollen dergestalt hervorgesprosst waren, daß dieselben aus einer trichterförmigen Grube der Mutterknolle herausgewachsen schienen. Der Sekretair der Sektion Cohn berichtete über die Verhandlungen der letzten Versamm- lung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Bonn, welcher derselbe beigewohnt hatte; insbesondere war die botanische Sektion durch zahlreiche Notabilitäten vertreten, unter andern durch A. Braun von Berlin, de Bary von Freiburg i. Br., Caspary von Bonn, Cienkowsky von Petersburg, Engelmann von St. Louis, Focke von Bremen, Gasparini von Neapel, Harting von Utrecht, Henry von Bonn, Hoffmann von Giessen, Jäger von Stuttgart, Knuttel von Amsterdam, v. Leonhardi von Prag, Morren von Lüttich, Nägeli von München, Prillieux von Paris, Pringsheim von Berlin, C. Schimper von Mannheim, W. Schim- per von Strassburg, C. H. Schultz von Berlin, v. Siebold von Bonn, Wirtgen von Koblenz. Unter zahl- reichen interessanten Mittheilungen wurden besonders hervorgehoben die Vorträge von C. H. Schulz über Milchsaftgefäße, Bronner über die wilden Reben des Rheinthales, Prillieux über die Früchte der Orchideen, Nägeli über die neue, durch einen im Blute der Seidenwürmer sich entwickelnden Pilz (No- sema bombycis) veranlasste Epidemie dieser Thiere, Hoffmann über Keimung der Pilze, de Bary und Focke über Kopulation der Diatomeen und Desmideen. In der fünften Sitzung vom 5. November legte Herr Sochanski Exemplare von Gypsophüa fastigiata vor, von Bruck bei Neumarkt an derselben Stelle gefunden, wo zuerst Göppert sie entdeckt hatte; Gypsophila arenaria und fastigiata scheinen ihm Varietäten einer Art. Ferner zeigte der- selbe Tofieldia calyculata von Nimkau und einen angeblichen Bastard von Carduus acanthoides-nu- tans von Karlowitz. 70 Herr Candidat Nitschke hielt nachstehenden Vortrag: Untersuchungen über das Genus Lappa Tournef. Allgemein unterscheidet man 3 Arten dieser Gattung innerhalb des deutschen Florengebietes: L. major Gärtn., L. minor DC. und L. tomentosa Lmk. Koch charakterisirt dieselben in seiner Synopsis durch Beschaffenheit der Blättchen des Involucrums, Stellung, Größe und Bekleidung der Köpfchen. Grenier und Godron in ihrer Flore de France (tom. I. pag. 280 und 281), so wie Wimmer in seiner neuesten Ausgabe der Flora von Schlesien (p. 286 und 2857) benützen ausserdem noch die Eigenthim- lichkeiten der Früchte zur Charakterisirung der Spezies. Gewiß mit Recht; denn Form, Größe, Berip- pung, Farbe, so wie die Runzeln und Grübchen auf ihrer Oberfläche zeigen die constantesten Unter- schiede und reichen in der That allein aus, jene 3 Formen sicher zu unterscheiden. Ausser den 3 genannten finde ich nur noch eine in Reichenbach’s Icones plantarum florae germ. XV. 54, t. 812 von Rchb. fil. als Zappa intermedia bezeichnete und abgebildete Form, zu welcher derselbe bemerkt: „a L. offieinali All. recedit capitulis subracemosis maximis.““ Die hierunter ver- standene Pflanze glaube ich wiederholt beobachtet zu haben, da sie in Schlesien und wahrscheinlich auch anderwärts zerstreut unter den übrigen Arten gar nicht selten zu sein scheint. Bei diesen Beob- achtungen fielen mir zugleich noch einige andere Formen in die Hände, die sich nicht wohl mit einer der 3 bekannten Arten vereinigen lassen. Längere Aufmerksamkeit bezüglich des Vorkommens dieser Formen, so wie eine vergleichende Untersuchung derselben haben mich zu der Ueberzeugung gebracht, daß auch bei Zappa Bildungen sich vorfinden, die nach anderweitigen Erfahrungen als hybride ange- sehen werden müssen, wenn anders man nicht etwa lieber jene 3 Arten, zu denen sie offenbar ver- mittelnde Uebergänge bilden, zusammenziehen und als Varietäten ein und derselben Art betrachten will; mir selbst ist das Erstere wahrscheinlicher. : Allerdings treten die fraglichen Formen, wie dies mehr. oder weniger bei allen Bastardpflanzen der Fall ist, selten und nur vereinzelt auf, wodurch es erklär- lich wird, wie dieselben bisher fast ganz unbeachtei bleiben konnien; andererseits läßt sich jedoch ver- muthen, daß eine ‚allgemeinere hierauf verwandte Aufmerksamkeit auch anderwärts zur Beobachtung der zu erörternden Pflanzen führen wird. Was nun die Annahme von der hybriden Natur derselben betrifft, so stützt sich dieselbe, abgesehen von der Art ihres vereinzelten Vorkommens mitten unter den Stamm- eltern, auf den Habitus und die Eigenthümlichkeiten dieser Formen selbst, welche sie, zum Theil in ganz auffallender Weise, als die Charaktere zweier Stammarten in sich vereinigend und verschmelzend dar- stellen, wozu noch‘, wie bei allen Bastardpflanzen, ein gewisses Schwanken innerhalb der Eigenthüm- lichkeiten ihrer Stammeltern kommt. . Gegen ihre hybride Abstammung scheint zu sprechen, daß ich sie stets mit vollkommen ausgebildeten Früchten fand. Indeß wenn auch das Fehlschlagen oder Verküm- mern derselben sehr oft ein charakteristisches Merkmal hybrider Formen ist, so ist auf der anderen Seite das Vorhandensein entwickelter Früchte durchaus kein Beweis gegen die hybride Abkunft der sie erzeugenden Pflanzen, wie denn besonders die innerhalb der Familie der Synanthereen so sehr zahl- reichen Bastardbildungen stets fruchtbar zu sein scheinen. Die Resultate der hier mitgetheilten Untersuchungen waren bereits der botanischen Section der schiesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur mitgetheilt, als jch durch Herrn Professor Cohn auf eine ähnliche Arbeit Babington’s aufmerksam gemacht ward, weiche sich in der englischen Zeitschrifi „the annals and magazine of natural history‘ vol. XVII. Second series. London 1856, pag. 369—377 abgedruckt findet. Dieselbe (‚On the british Species of Aretium by Charles C. Babington“) ist von um so grösserem Interesse, da sie zu ganz ähnlichen Ergebnissen geführt hat und das Vorhanden- 71 sein von 2 der zu erörternden Formen von Zappa auch in England nachweist. Babington beschreibt nämlich a. a. O. außer Aretium tomentosum (Pers.),; A. majus (Schkuhr) und 4A. mins (Schkuhr) noch 2 für England neue Arten: A. intermedium (Lange) Rehb. fil. 1. c. und A. pubens Bab., von denen erstere ohne Zweifel trotz der etwas abweichenden Beschreibung der von mir Z. major-minor genannten, die letziere bestimmt meiner Z. minor-tomentosa entspricht. Es sind zwar beide Pflanzen als den 3 übrigen gleichwerthige Spezies betrachtet und ihre hybride Natur nicht erkannt; indeß spricht selbst die von Babington ihnen beigegebene Diagnose und Beschreibung in den wesentlichen Merk- malen für unsere Annahme. Leider sind die Früchte, welche bei 4A. intermedium von Babington über- haupt nicht beobachtet wurden, auch bei den übrigen Formen wenig berücksichtigt worden. Lappa major-tomentosa. Bei dieser Pflanze dürfte man schwerlich in Zweifel über ihre Natur überhaupt und ihre Abstam- mung von L. major und L. tomentosa insbesondere sein können. Der Habitus ist im Allgemeinen der von L. tomentosa. Es gilt dieses insbesondere von dem gedrängt ebensträussigen Blüthenstande. Die Blätter sind auf der Unterseite stark graufilzig, wie bei Z. tomentosa, die Spinnwebenwolle des Hauptkelches fast eben so stark als bei dieser. Von den Hüllblätichen selbst sind die inneren eben- falls schön roih gefärbt und weichen überhaupt wenig von denen der Z. tomentosa ab, indem sie ver- hältnißmäßig- weniger breit sind und mehr spitz zulaufen. Dagegen lassen die, denen von L. major gleich grossen, übrigens rundlichen und lang gestielten Köpfchen diese Form schon aus der Ferne als von L. tomentosa verschieden erkennen. Am bezeichnendsten aber sind die Früchte. Diese stimmen nämlich in der Grösse, dunkleren Färbung, so wie dadurch, daß das obere breitere Ende sich dann wieder verengt, mit denen von L. major überein; hingegen sind sie dicker, fast dreiseitig, mit stark hervortretenden Rippen wie bei Z. tomentosa, und auch die Runzeln zwischen den Rippen meist tiefer und deutlicher als bei Z. major. Diese Form scheint bisher noch nirgends aufgefunden zu sein, und wenn sie nun auch wie alle Bastardpflanzen eine beschränkte Verbreitung haben mag, so unterliegt es doch keinem Zweifel, daß eine grössere, hierauf gerichtete Aufmerksamkeit diese Pflanze, wie die beiden folgenden auch, wenn schon vereinzelt, in anderen Gegenden nachweisen wird, was um so wünschenswerther sein würde, als sie, an sich charakteristischer, durch ihre unzweifelhafte Bastard- natur, zugleich Aufschluß über die beiden andern Hybriden dieser Gattung gibt. — Ich fand diese Pflanze, die übrigens so robust wird wie Z. major, bis jetzt nur in dem zwischen Frankenstein und dem sogenannten Graseberge gelegenen Dorfe Tarnau am Wege, auf Schutthaufen, in unmittelbarer Nähe der hier äusserst zahlreich vorkommenden Stammarten. Lappa minor-tomentosa, syn. Arctium pubens Babingt. 1. c. p. 376. Schon der Habitus und besonders der Blüthenstand dieser Form zeigt einerseits die Verwandtschaft mit jenen beiden Arten, als sie andererseits zugleich auch ihre Verschiedenheit von beiden deutlich ausspricht. Während nämlich der Blüthenstand bei L. tomentosa stets doldig ist, bilden die auf kur- zen Stielen sitzenden Köpfchen der L. minor eine Traube. Bei unserer Pflanze stehen dagegen die Köpfchen auf ziemlich langen Stielen in sehr verschiedener Höhe, und während so der Blüthenstand im Allgemeinen eine lockere Traube bildet, stehen 2—3 der Köpfchen an demselben in gleicher Höhe. Die Köpfchen haben die Form und Grösse derer von Z. tomentosa, die Bekleidung der Hüllen so stark wollig als bei dieser, doch mit dem Alter der Pflanze zuweilen fast verschwindend. Von den Hüll- blättchen sind die inneren gefärbt, allmälig zugespitzt, zum Theil gerade. Die bräunlichen Früchte haben die Grösse und auch fast die Gestalt derer von Z. minor, nur sind sie etwas dicker und zei- gen die stark hervortretenden Längsrippen der L. tomentosa. Ich beobachtete diese Pflanze bisher nur in der Nähe von Breslau, und zwar in der Odervorstadt und deren Umgebungen, wo gerade L. minor und L. tomentosa, und zwar ausschließlich, sehr häufig auftreten. Anderwärts ist sie gewiß bis jetzt nur übersehen oder als Form einer der Stammarten betrachtet worden. Wenn, woran ich nicht zweifele, Babington’s Arct. pubens identisch ist mit unserer Pflanze, so ist dieselbe in England eine gar nicht seltene. (,,Several places in Cambridgeshire, Fillingley and Kenilworth in Warwickshire, Ecclesall near Sheffield and in the valley of Slan- beris in North- Wales.) Was Babington von dem Blüthenstande, Köpfchen, Hüllen *) und der Frucht **) seines Arct. pubens sagt, stimmt vollkommen mit unseren Pflanzen überein. Lappa major-minor; syn. Arect. intermedium Lange, M. S. Reichb. fl..1. e. Babingt. 1. c. Ohne sich durch die beiden besprochenen Formen von dem Vorkommen hybrider Bildungen bei der Gattung Zappa überzeugt zu haben, würde man nicht leicht geneigt sein, diese als solche anzu- erkennen. Lappa major und L. minor sind an und für-sich fast nur durch die Grösse der Blüthen- köpfe und deren Stellung verschieden, während Hüllblätter und Frucht keine wesentliche Abweichung zeigen. An unserer Pflanze stellt der Blüthenstand eine Traube dar, von denen indeß gewöhnlich die 3 obersten genäherten Köpfchen fast gleich hoch stehen. Die Köpfchen selbst sind fast von der Grösse derer von L. major; ihre Gestalt hält zwischen den halbrunden dieser und den oben stark zusammen- gezogenen und darum rundlich erscheinenden von Z. minor die Mitte, so daß sie breit-eiförmig er- scheinen. Die Hüllen fast kahl; die Hüllblättchen meist ungefärbt; die Früchte etwa von der Grösse und Gestalt derer von Z. major. Babington hat jedenfalls, obgleich seine Beschreibung nicht voll- ständig auf unsere Pflanze sich anwenden läßt, dieselbe nur in einer, wie dies bei Hybriden so häufig ist, etwas abweichenden Form als Aret. intermedium aufgefaßt, so wie auch Rehb’s fil. Pflanze sicher hierher gehört. — Wahrscheinlich ist diese Form, so wie ihre Stammarten weit verbreitet und bisher nur meist übersehen worden. Ich fand sie in der Nähe von Breslau an Dämmen längs der alten Oder. (Babington giebt nur 2 sichere Standorte in England an: Berwick-upon-Tweed und Hope in Derbyshire). Hierauf zeigte Derselbe Ranunculus Philonotis-sceleratus, Stachys palustris-sylvatica, Dian- thus Armeria-deltoides; so wie Camelina dentata vom Glätzer Schneeberg, wohl nur eine Form der ©. sativa. Herr Geh. Rath Prof. Dr. Göppert zeigte eine Anzahl interessanter Pflanzenprodukte vor, welche Petermann auf seiner Reise durch Kleinasien, Armenien und Persien gesammelt hatte. Derselbe zeigte ein Stück der grossen Eiche bei Pleischwitz bei Breslau, welche gegen 700 Jahr alt, im vorigen Sommer vom Sturm umgeworfen worden ist; vergleiche darüber den Bericht der naturwissenschaftlichen Sektion pag. 47. Der Sekretair der Sektion gab den Schluß seiner Mittheilungen über die Naturfor- scherversammlung in Bonn, wobei er die morphologischen Vorträge von C. Schimper insbesondere ”) The central stem erect, and the branches, ending in irregular racemes of heads: Peduncles rather long, those of the lower heads the longest. Heads as large as those of A. tomentosum, much webbed when young but losing much of the web (as is usually the case with the olher webbed species) as they advance towards frnit, ultimately appearing to be neurly naked. i ’) Fruit dark brown very rugose and with a few paler spots towards the top. 75 über Drehung im Pflanzenreich, Debey über die Flora der Kreide bei Aachen und v. Siebold über den Zu- stand der Botanik in Japan ausführlicher besprach. Hierauf zeigte Derselbe sogenannte gichtige Weizenkörner, auch Radenkörner genannt, von schwärzlichem Aussehen, inwendig mit einem weißen Filz erfüllt, welcher in Wasser sich vertheilt, und aus zahllosen Fadenwürmern (Anguillula Tritiei) besteht. Nach einstündigem Aufweichen im Wasser wurden die Würmer wieder lebendig, obwohl die Körner schon vor mehreren Monaten von Professor Cienkowsky bei Zürich gesammelt worden waren. (Vergleiche hierüber den Aufsatz von Dr. Julius Kühn über Aelchen in Weberkarden in den Verhandlungen der naturwissenschaftlichen Sektion pag. 34.) In der sechsten Sitzung vom 19. November.sprach Herr Dr. Milde: Ueber die europäischen Botrychien. Mit grossem Glücke hat man sich in der neuesten Zeit bemüht, die bisher ganz unbekannten Vor- gänge bei der Keimung der Ophioglosseen zu ergründen. Hoffmeister und Mettenius gebührt vor Allen das Verdienst, die bisherigen Lücken in diesem Theile der Wissenschaft ausgefüllt zu haben, nachdem bereits vor ihnen Wigand die Prothallien anderer Farnkräuter für die von Botrychium beschrieben hatte. Merkwürdiger Weise keimen die ganz farblosen Sporen der Ophioglosseen, weiche eine unge- meine Aehnlichkeit mit denen von Zycopodium haben, stets unter der Erde und entwickeln hier ihre kleinen, knollenförmigen Vorkeime, in welche Antheridien und Archegonien eingesenkt sind. In systema- tischer Hinsicht steht es mit der ‚Kenntniß der Ophioglosseen weit übler, da man sogar z. B. über die Begrenzung unserer gemeinsten Art, des Botrychium Lunaria, sich durchaus noch nicht geeinigt hat, und so giebi es fast keine einzige Spezies, über die bei den verschiedenen Autoren eine Uebereinstim- mung herrschte. Welche Verwirrung hat nicht der Name rutaceum hier angerichtet! Doch hiervon bei der Betrachtung der einzelnen Arten das Nähere. Presl war der Erste, welcher die Ophioglosseen einer genaueren Untersuchung unterwarf und trotz des beschränkten Materials, welches ihm zu Gebote stand, wie aus seinen Arbeiten in dem Supplementum Tentaminis Pteridographiae von 1844 hervor- geht, dennoch mit Glück die schwierigeren Arten richtig erkannte, wenn er auch nicht selten, wie wir es überhaupt von Presl gewohnt sind, einzelne Spezies mit Unrecht in mehrere zerspaltete. Nirgends hai ausserdem Presl den so sehr wichtigen Formenkreis der einzelnen Arten beobachtet, und daher scheint mir auch seine Arbeit nur als eine Vorarbeit auf diesem Felde zu betrachten zu sein. Die Schwierigkeiten, welche bei einer Monographie der Boirychien zu überwinden sind, zeigen sich freilich von der Art, daß die Irrihümer, welche so oft vorgekommen sind, leichter zu entschuldigen sind, wie in vielen anderen Fällen. Vor Allem ist das in den Herbarien, selbst in den grösseren, vorhandene Material meist ein sehr dürftiges und unvollständiges und muß mühsam aus den verschiedensten Quellen herbeigeschafft werden; ferner ist keine einzige Art so gemein, daß man sie mit Leichtigkeit öfters und wiederholt beobachten könnte, und doch sind die Jugendzustände und die oft ganz abweichenden For- men derselben Spezies von der Art, daß man, um zu einem vollständigen und richtigen Verständnisse irgend einer Spezies zu gelangen, auf beide (Form und Jugendzustand) genau achten muß, wenn man nicht in Irrthümer verfallen will. Bei einem wiederholten längeren Verweilen in Reinerz und im mährischen Gesenke hatte ich mir besonders die Aufgabe gestellt, unsere einheimischen Arten in der Natur selbst zu studiren, um zur ge- naueren Erkenntniß dieser schwierigen Pflanzen-Gruppe etwas beizutragen, nachdem ich mich bereits vorher mit den herrschenden, verschiedenen Ansichten über dieselbe nach Kräften bekannt gemacht hatte. Bei diesen Bestrebungen wurde ich auch besonders von dem rühmlichst bekannten Herrn Apotheker 10 74 Lasch in Driesen a. d. Netze in der Neumark, und vorzüglich von unserem größten Farn-Kenner, Herrn Professor Al. Braun, auf das freundlichste und zuvorkommendste unterstützt, indem ‘ich manche Arten, besonders die 4 in der Mark vorkommenden, in Hunderten von Exemplaren und in allen mög- lichen Formen wiederholt, so wie die selteneren außer-deuischen zugeschickt erhielt. Ich selbst habe in Schlesien außer Ophioglossum vulgatum, welches von mir an vielen Orten aufgefunden wurde, auch 4 Botrychien beobachtet; es sei mir gestattet, die wesentlichsten Resultate meiner Forschungen hier bekannt zu machen. Das gemeinste unter den Botrychien, B. Lunaria, kommt zwar im Vor- und Hochgebirge unge- mein häufig vor, ist aber in der Ebene Schlesiens sehr selten, in der nächsten Umgebung von Breslau fehlt es ganz und erscheint erst am Rande von Nadelholzwaldungen bei Deutschhammer, auf den Kie- selschieferhügeln bei dem Dorfe Stein vor Nimpisch, um Carlsruhe, Oppeln, Ratibor, Liegnitz, Sprottau u. s. w. Wichtig für die Umgrenzung der Art ist die Kenntniß des frühesten Jugendzustandes dieser Pflanze; in demselben, wo sie zur Produzirung einer Fruchtrispe noch nicht gelangt ist, zeigen die Fiedern dennoch ganz entschieden schon die halbmondförmige Gestalt, die sie auch später in ausge- prägtester Weise besitzen. Verfolgt man nun an der erwachsenen Pflanze die verschiedenen Abänderun- gen oder den Formenkreis, in dem sie sich bewegt, so findet man, daß sie sich sämmtlich auf ein be- siimmtes Gesetz zurückführen lassen. Die halbmondförmigen Fiedern des sterilen Wedeltheiles sind nämlich bald mehr, bald weniger tief fächerförmig eingeschnitten, so daß also die verlängerten Einschnitte sämmtlich in einem Punkte, dem Anheftungspunkte des Fieders, zusammentreffen. Fries nannte die Form mit fächerförmig-tief-eingeschnittenen Fiedern: var. rutaceum, verstand aber darunter nicht etwa das rutaceum vieler Autoren, d. i. unser 2. matricariaefolium, welches er für eine gute Art hält. Rechnet man nun als charakteristische Merkmale unseres B. Lunaria noch das Erscheinen des sterilen Wedeltheiles in der Mitte der ganzen Pflanze, so wie deren schlanke Tracht hinzu, so sollte eigentlich diese Art keine besonderen Schwierigkeiten darbieten, und doch ist sie und wird sie noch häufig mit einer spezifisch von ihr ganz bestimmt verschiedenen Pflanze zusammengeworfen oder ver- wechselt, ich meine das seltenere B. matricariaefolium Al. Braun, das B. rutaceum vieler Autoren. Verfolgen wir diese Pflanze in ähnlicher Weise, wie die vorige, und beginnen mit dem Jugendzustande. Dieser ist durchaus verschieden. Niemals finden wir halbmondförmige Fiedern, sondern als frühesten Zustand einen dreilappigen sterilen Wedeltheil mit kurzen stumpfen Abschnitten. Die erwachsene, ganz ausgebildete Pflanze besitzt in ihrer Grundform rhombische Fiedern ohne Spur einer halbmondförmigen Gestalt, mit Einschnitten, die allmälig bei den verschiedenen Formen immer tiefer gehen, aber nie fächer- förmig angeordnet sind, sondern stets parallel untereinander verlaufen. Aus diesem von B. Lunaria ganz geseizmäßig verschiedenen Verhalten ergiebt sich, daß wir wirklich 2 spezifisch von einander verschiedene Pflanzen vor uns haben, und daß in der That an ein Uebergehen der einen Art in die andere nicht zu denken sein kann, und so habe ich alle mir vorgelegten sogenannten Uebergänge auf den ersten Blick auf die eine oder die andere Art zurückführen können. Dazu kommt nun noch, daß hier der sterile Wedeltheil stets hoch oben an der Pflanze und zwar dicht unter der Fruchtrispe erscheint, wodurch das Ganze mit seinem dicken Stiele mehr plump erscheint. Schultz und Doll hiel- ten daher eine Zeit lang unsere Pflanze für eine Monstrosität von B. Lunaria, haben sich aber später für ihre Spezies-Natur entschieden, nachdem Al. Braun bereits lange vorher dieselbe vertheidigt hatte. Der Formenkreis, den unsere Pflanze beschreibt, ist übrigens viel grösser als der von B. Lunaria, indem sich nicht selten zusammengeseiziere sterile Wedeltheile zeigen, ja bisweilen deren mehrere an einer einzigen Pflanze erscheinen. Formen, die recht geeignet sind, zu zeigen, wie unsere Art eine von B, Lunaria ganz verschiedene ist. Was nun die Benennung unserer Pflanze anlangt, so nimmt 75 man jetzt fast allgemein und mit Recht die von Al. Braun vorgeschlagene, nämlich B. matricariaefolium, an; denn wie schon früher erwähnt, gibt der sonst übliche Name rutaceum nur zu Irrthimern Veran- lassung. So bezeichnet Fries mit demselben eine Form von B. Lunaria, bei Willdenow, Wahlenberg und Presl ist es gleich unserem 2. matricariaefolium und als gute Art behandelt, bei Schkuhr und Swartz werden zwei Arten: matricariaefolium und rutaefolium (B. matricarioides Willd.), darunter verstanden, indem das eine als var. des andern gilt, bei Angström ist rutaceum unser B. rutaefolium, eben so versteht Röper in seiner Flora von Mecklenburg unter B. rutaceum das B. rutaefolium Al. Braun, während er unser D. matricariaefolium Al. Braun als var. ineisa und var. rutaefolia zu B. Lunaria bringt. In Schlesien kommt unsere Pflanze am Prudelberge bei Stonsdorf, bei Stein, bei Reinerz, bei Gräfenberg, bei Silberberg und in der Lausitz vor. Eine noch schwierigere, noch weniger gekannte Art schließt sich eng an die vorige an, das D. palmatum Presl, oder wie es eigentlich heissen muß, B. lanceolatum Gmelin, da dieser Name als der ältere den Vorzug verdient. Sie ist bis jetzt noch nicht in Schlesien beobachtet worden, sondern nur aus Helsingland, Angermanland, Umea Lapmark, Finnland und aus Nord-Amerika vom Erie- See bekannt. Es existiren von dieser Art 2 Abbildungen von Gmelin in den Nov. Commentarii Acad. S. J. Petropol. Tom. XII, und eine in der Flora danica tab. 18, fig. dextra, alle 3 sind aber sehr mangelhaft. Ich selbst erhielt ein Exemplar von Fries, eines aus Presl’s Herbar, 3 von Heufler, 2 von Ruprecht als sömplex bezeichnet und 1 von Sonder; das letziere lag ohne Namen im Herbar und war von Drege am Erie-See gesammelt worden; ich erkannte sogleich in ihm das B. lanceolatum ; die übrigen Exemplare stammten aus Skandinavien und Petersburg, nur das von Presl stammte von .der Insel Unalaschka und war von Chamisso gesammelt. Fries selbst hält unsere Art für identisch mit 2. matricariaefolium; allen anderen Autoren, außer Presl und Ang- ström, ist diese Art ganz unbekannt geblieben. Die von mir untersuchten Exemplare gehören verschie- denen Alterszuständen an, zeigen aber sämmtlich so ausgeprägte, charakterisiische Merkmale, daß an der Spezies-Natur dieser Art durchaus nicht zu zweifeln ist. Der sterile Blatttheil ist durch die starke Entwickelung der untersten Fiedern stets triangulär und von sehr dünner Konsistenz im Gegensatze zu der fleischigen der beiden schon geschilderten Arten, die Fiedern sind stets aufrecht-abstehend, lanzett- förmig, spitz, und die Abschnitte zweiter Ordnung außerordentlich nach vorn geneigt und mit spitzen Zähnen versehen, dabei läuft die Blattsubstanz an der Spindel des sterilen Wedeltheiles-so bedeutend herab, daß dieselbe dadurch wie geflügelt erscheint, sämmtlich Merkmale, die man an 2. matricariae- folium vergeblich suchen wird. Angström gebührt das Verdienst, diese Art aus ihrer Vergessenheit hervorgezogen und sie näher beleuchtet zu haben, doch zieht er mit Unrecht Ruprecht’s D. lanceolatum hierher. Original-Exemplare desselben haben mir gezeigt, daß Ruprecht unsere Pflanze gar nicht kennt, sondern dieselbe mit BD. matricariaefolium und boreale verwechselt hat. Gleichfalls erst den letzten Jahren verdanken wir die genauere Kenntniß einer bisher nur äußerst selten und nur an wenigen Orten aufgefundenen Art, des B. simplex Hitchcock. Bereits 1823 von Hitchcock in Sillim. Americ. Journal aufgestellt, abgebildet und gut beschrieben als eine in Massachuseits vorkommende Art, blieb dieselbe bis in die neueste Zeit unbekannt, bis endlich 1852 Klinsmann dieselbe Art, ohne die Beschreibung Hitchcock’s zu kennen, als 3. Kannenbergü im 22. Stücke der botan. Zeitung beschrieb und schön abbildete. Angström und ich erkannten in dieser Pflanze das D. simpler, welches auch in Skandinavien vorkommt und 1855 auch von Lasch in grosser Menge bei Driesen in der Neumark aufgefunden und mitgetheilt wurde. Ich selbst fand diese Pflanze, die von Fries für eine Form von 2. Lunaria gehal- ten wird, bei Nieder-Lindewiese im mährischen Gesenke, zu Pfingsten 1857. Die Pflanze zeigt offen- bar unter allen Botrychien-Arten die abweichendsten Formen. Ihr steriler Blaittheil ist stets gestielt und erscheint tief unten am gemeinschaftlichen Schafte, In seiner einfachsten Form ist derselbe herzeiförmig 10* 76 ohne alle Einschnitte und Kerben, und das Pflänzchen gleicht eher einem Ophioglossum als einem Do- irychium. Andere Formen sind mehr oder weniger tief eingeschnilten, so daß zuletzt eine einfach gefiederte frons entsteht, welche von sehr wenigen Fiedern gebildet wird; die Gestalt der Fiedern ist unsymmeirisch, der halbmondförmigen am nächsten, nur fehlt der Mondsichel die untere Hälfte. Aber die Pflanze hat hiermit ihren Formenkreis noch nicht geschlossen, das unterste Fieder-Paar dehnt sich nämlich immer mehr und gliedert sich in ganz derselben Weise ab, wie die ganze sterile primäre frons, so daß zuletzt eine frons tripartita, ein dreitheiliger steriler Wedel entsteht, eine Form, die von keiner der nächsten Verwandten erreicht wird. Hat man alle diese Formen vollständig vor sich, so kann wohl kein Zweifel obwalten, daß hier eine durchaus selbstständige Art vorliegt. Leider scheint unsere Pflanze nicht überall diesen Formenkreis vollständig zu ent- wickeln, und es wird daraus erklärlich, wie Fries das 2. simplex für eine Form von B, Lunaria, Angström es für den Jugendzustand von D. rutaefolium halten, und Hooker dasselbe gar mit D. matricariaefolium zusam- menwerfen konnten. Von 2. Lunaria unterscheidet sich diese Art nämlich durch den langen Stiel des sterilen Blattes, durch dessen tiefe Stellung, durch die abweichende Gestalt des Jugendzustandes, in welchem B. Lunaria nie ein steriles Blatt von dieser Form hervorbringt, und endlich durch die konstante unsymmetrische Form der Fiedern, so wie durch den bei weitem größeren Formenkreis. Mit 2. matricariaefolium kann sie schon wegen der gänzlich verschiedenen Form der Fiedern nie verwechselt werden. Wie schon erwähnt, hält Angström unsere Pflanze für den Jugendzustand von B. rutaefolium. Mit dieser Art hat sie allerdings den langen Stiel des sterilen Blaites, so wie dessen tiefe Stellung gemein, sonst aber auch Nichts. Wie aus Angström’s Beschreibung hervorgeht, ist demselben die höchste Entwickelung des B. simplex entgangen; in diesem Falle erscheint unsere Pflanze in einer Form, welche dem 2. rutae- folium durchaus fremd ist. Dazu kommt, daß 2. rutaefolium schon im frühesten Jugendzustande eine wenigstens dreilappige frons zeigi, während B. simplex, selbst wenn es mehr als doppelt so groß ist, wie die Jugendform von BD. rutaefolium, noch eine ganz ungetheilte frons besitz. Dazu kommt die Behaarung, welche bei B. simplex stets fehlt, bei B. rutaefolium stets vorhanden ist, der einzigen europäischen Art, wo sie überhaupt vorkommt. Bei einer sorgsamen Vergleichung lassen sich auch die zusammengeseizteren Formen des B. simplex stets schon durch die Gestalt der Fiedern von B. rutae- folium unterscheiden. Dazu kommt nun noch die sehr abweichende Gestalt der Oberhautzellen, wodurch gerade diese beiden Arten leicht unterschieden werden können. In den Kreis der Betrachtung dieser Arten gehört noch eine Spezies, welche bisher noch nicht beschrieben worden ist, die ich erst in sieben Exemplaren bis jetzt kennen gelernt habe. Die Pflanze stammt aus Skandinavien und Petersburg und lag in den Herbarien A. Braun’s, Sonder’s und Ruprecht’s von den Fiedern als B. rutaceum und von Ruprecht als 2. lanceolatum bezeichnet. Sie erinnert theils an BD. Lunaria, der sie in der Tracht gleicht, theils an B. matricariaefolium, mit der sie die Anordnung der sekundären Abschnitte gemein hat. In der Mitte der ganzen Pflanze erscheint nämlich ein steriles, herzeiförmiges, zugespitztes Blatt, welches durch verkehrt-eiförmige, stumpfe, tiefe Einschnitte fieder- theilig erscheint; dadurch weicht die Pflanze so sehr von ihren beiden nächsten Verwandten ab, daß sie mir hinreichend als selbstständige Art begründet erscheint; denn sie paßt weder in den Formenkreis von B. Lunaria, noch in den von BD. matricariaefolium. Die Beschreibung, so wie einige getreue Abbildungen von dieser Ari habe ich so eben in den Nova Acta veröffentlicht. In Schlesien ist diese Art bisher noch nicht beobachtet worden. Die wenigsten Schwierigkeiten bietet unstreitig die Betrachtung des B. rutaefolium Al. Br. (ma- tricarioides Willd). Diese Pflanze ist in den Gebirgen Schlesiens durchaus nicht so selten, als man bisher 11 glaubte; freilich wächst sie meist an solchen Orien, wo man nichts Besonderes erwartet, nämlich an kurzgrasigen, trockenen, steinigen Stellen, am Rande von Nadelholzwaldungen. In neuester Zeit ist sie sogar bei Deutschhammer aufgefunden worden; sie erscheint im Gebirge aber erst im Juli und ist erst im August ganz ausgebildet, wodurch sie von B. simplex gleichfalls abweicht, welches bereits im Juni vollständig entwickelt ist. Die ihr oft abgesprochene Behaarung habe ich an den Exemplaren aller der zahlreichen Standorte gefunden, die ich untersucht habe. Im Alter fallen freilich die Haare ab, und es finden sich dann nur spärliche Spuren dieser Bekleidung vor. Sie theilt dieses Merkmal mit einer ihr nahestehenden nordamerikanischen Art, dem B. lunarioides. Unsere Pflanze variirt eigentlich nur in dem höheren oder geringeren Grade der Fiederung des sterilen Blattes; die Form der letzten Abschnitte ist steis dieselbe. Ueber die Zahl und Stellung der unfruchtbaren Wedel hat man bis in die neueste Zeit und jetzt noch oft widerstreitende Ansichten gehört, und selbst Angsiröm berichtet in seiner Arbeit über die Botrychien Skandinaviens Manches, mit dem wir nicht übereinstimmen können. Ich halte das Glück, diese seltene Pflanze in mehreren hundert Exemplaren lebend untersuchen zu können und bin dadurch zu folgenden Resultaten gekommen, die ich durch getrocknete Exemplare belegen kann. Meist ist allerdings nur ein steriles Blatt vorhanden, welches dem Fruchtstiele sehr niedrig angewachsen ist. In anderen Fällen verläuft aber dasselbe scheidenförmig bis in’s Rhizom hinab, wie es die Exemplare vom Glätzer Schneeberge zum Theil und die von Danzig stets zeigen. Nicht selten finden sich aber auch 2 sterile Blätter, welche beide demselben Jahre angehören. Nach Angström sollte dies nie vorkommen, und das eine Blatt sollte wenigstens dem vorigen Jahre angehören. Dieser Fall findet sich allerdings auch nicht selten, daß nämlich ein steriler Wedel noch vom vorigen Jahre neben dem diesjährigen vorhanden ist; aber dann erkennt man selbst bei getrockneten Exemplaren an dem gelben vertrockneten Aussehen des ersteren, daß dieser nicht derselben Vegetationsperiode angehört. Oft genug habe ich aber beobachtet, daß zwei ganz frische, saftige, sterile Wedel an einer Pflanze sich vorfan- den, von denen der eine dem fruchtbaren angewachsen ist, während der andere scheidenförmig in das Rhizom verläuft. Bisweilen kommt sogar noch ein dritter hinzu, der aber durch sein gelbes, vertrock- netes Aussehen bekundet, daß er nicht der diesjährigen Vegetations-Epoche angehört. Ein und dasselbe Rhizom trägt gar nicht selten mehrere Individuen, jedes von ! sterilen und ! fruktifizirenden Wedeltheile gebildet. Sehr selten finden sich an einem Exemplare zwei Fruchtstengel. Ganz eigenthümlich dieser Art ist die schneckenförmige Einrollung der Fruchtrispe im unentwickelten Zustande, ein Merkmal, wel- ches bisher an keiner Ophioglossacee beobachtet worden ist, welches man aber an eben sich entfal- tenden Individuen leicht feststellen kann. Schon hierdurch allein entfernt es sich bedeutend von B, sim- plex, welches Angström mit ihm vereinigen will,"und an welchem man dieses Merkmal vergeblich sucht, während es gerade die jüngsten Exemplare des D. rutaefolium am schönsten zeigen. Was endlich die Benennung unserer Pflanze anlangt, so ist diese von Al. Braun mit Recht verändert worden, da der Name matricarioides leicht zu Verwechselungen Veranlassung geben kann und gegeben hat. Bei Fries heißt unsere Pflanze deßhalb Z. Breynii, nach Breyn, welcher bereits im 18. Jahrhunderie eine aus- gezeichnete Abbildung von dieser Pflanze geliefert hat. Aus Schlesien ist sie übrigens schon seit 1601 bekannt, wo sie Clusius zugeschickt erhielt und Zunaria minor ramosa nannte. Schr nahe mit unse- rer Art verwandt ist eine nordamerikanische Art, das 2. hınarioides Sw., aus welchem Presl. nicht weniger als 3 Arten gemacht hat, nämlich 1) B. lunarioides, 2) B. obliquum und 3) B. dissecetum. Asa Gray bewegt sich in seiner neuesten nordamerikanischen Flora in dem andern Extrem und vereinigt alle drei Arten und bringt sie zu 2. rutaefolium. Nach meiner Ansicht ist D. himarioides eine gute Art, ich habe dieselbe mehrfach untersucht und gefunden, daß sie sich von 2. rutaefolium durch die länglich-eiförmigen Fiedern letzter Ordnung, so wie durch die ungemein dichten und mehr oder weniger tiefen Einschnitte derselben unterscheide, mit der sie allerdings die Tracht und die Behaarung theilt. B. obliguum und B. dissectum halte ich nur für Varietäten dieser Ar. Ganz merkwürdig und ver- einzelt unter den europäischen Botrychien habe ich an unserem B. rutaefolium noch eine Erscheinung beobachtet, die meines Wissens sonst nur noch an exotischen Ophioglossen vorkommt, nämlich Knollen- bildung. Ich fand nämlich 1856 und 1857 eine ganze Anzahl Exemplare unserer Pflanze, deren Rhi- zom bis zur Größe einer Erbse kugelig angeschwollen war. Ich glaubte dies Anfangs als die Folge eines Insektenstiches, also als eine Galle ansehen zu müssen, fand aber bei näherer Untersuchung keine Spur davon, weder im Innern eine Höhle, noch ein Ei oder eine Larve, und so scheint dies mir eine ganz normale Bildung zu sein, da die Pflanzen sonst durchaus nichts Monströses zeigten. Die größte aller europäischen Arten, das B. virginieum Sw., war lange Zeit nur aus Nord-Amerika bekannt, später fand man es in Skandinavien und auch um Petersburg auf. Der merkwürdigste Stand- ort ist bis heut fast ganz unbekannt geblieben. Presl fand nämlich auf Waldwiesen des Berges Pürn bei Spital an den Grenzen Oberösterreichs und Steiermarks sehr sparsam ein Botrychium, welches er als D. anthemoides Presl in seiner Arbeit über den Verlauf der Gefäßbündel im Stipes der Farne be- schrieb. Hier ist diese Art wie begraben geblieben und in Vergessenheit gerathen. Ich erhielt ein Exemplar aus Presl’s Herbar zur Ansicht und überzeugte mich, daß es nur eine kleine Form des be- kannten B. virginieum ist, dessen Vorkommen in Deutschland allerdings sehr merkwürdig ist. Auch Alexander Braun legte ich diese Pflanze vor und er entschied sich für dieselbe Ansicht. Nach Ber- noulli’s und Al. Braun’s Mittheilung findet es sich auch bei Serneus in Prätligau (Kanton Graubündten). Auch aus Nord-Amerika ist diese kleinere Form bereits bekannt und wurde früher als 2. graeile Prsh. unterschieden. Unter den europäischen Spezies ist diese die einzige, deren Oberhautzellen geschlän- gelt sind. Somit glaube ich für Europa sieben gute Arten von Boirychien annehmen zu müssen, nämlich 3. Lunaria, B. sinplex, B. boreale, B. matricariaefolium, B. lanceolatum, B. rutaefolium, B. virginieum. Angström stellt in seiner Arbeit noch eine hier nicht erwähnte Art als fraglich auf, nämlich ? D. tenellum. Die Beschreibung und die vorhandenen Abbildungen haben mich zu der An- sicht bestimmt, dasselbe für den Jugendzustand des B. matricariaefolium anzusehen. Schlesische Exem- plare stimmen ganz mit denselben überein, besonders fällt sogleich das sterile Blatt durch seine Stellung dicht unter der Fruchtrispe auf, ein Merkmal, welches für D. matricariaefolium ganz charakteristisch ist. Von dem Genus Ophioglossum kommen in Europa nur 2 Arten vor, das bekannte ©. vulgatum und O. lusitanicum. Nur das erstere kommt bekanntlich in Schlesien vor, und auch nur dieses konnte ich mehrfach im lebenden Zustande beobachten. Bei uns findet sich diese Pflanze sowohl in der Ebene als im Gebirge und liebt besonders etwas feuchte Wiesen. Im Gebirge erscheint sie ausnahmsweise auch an ganz dürren, trockenen Orten in Gesellschaft von D. rutaefolium und matricariaefolium. Die Pflanze variirt ungemein, ist aber in ihren Abänderungen durchaus nicht beständig, und man kann somit keine bestimmten Varietäten aufstellen. Schon die Größe schwankt von noch nicht 2 Zoll bis 82 Zoll und darüber; sehr wechselnd ist die Gestalt des sterilen Wedeltheiles, derselbe ist nämlich bald breit- eiförmig, bald elliptisch, bald länglich, bald länglich-lanzetiförmig, bald länglich-eiförmig, bald, aber sehr selten, fast kreisrund. Das Ende des sterilen Blaites ist bald stumpf, bald scharf-gespitzt, bald breit-abgerundet. Das Rhizom trägt bald nur ein oder zwei ganz sterile Blätter ohne Fruchtähre, bald, und dies ist das häufigste, ein steriles Blatt mit einem fruktifizirenden, in seltenen Fällen kommen sogar 2 bis 3 vollständige Individuen auf demselben Rhizome zusammen, oder ein vollständiges Exemplar wird von einem oder zwei sterilen Blättern begleitet. Interessant ist die jetzt festgestellte Thatsache, daß unsere Pflanze wirklich Ausläufer besitzt, eine Eigenthümlichkeit, die man bisher nur wenigen exolischen Arten zuschrieb. Schnitzlein machte im vorigen Jahre in der Naturforscher-Versammlung in 19 Wien zuerst darauf aufmerksam und legte Beweise vor. Sitenzel hatte dasselbe in demselben Jahre beobachtet, und auch ich fand die betreffenden Organe an Exemplaren, die im hiesigen botanischen Garten kultivirt werden. Diese Ausläufer unterscheiden sich von den gewöhnlichen Faserwurzeln des Ophioglossum nur durch eine eiwas bedeutendere Dicke, sind aber, wie Stenzel nachgewiesen, anato- misch von ihnen durchaus nicht zu unterscheiden. Sie verlaufen genau horizontal und entwickeln in kleinen Abständen auf ihrer Oberfläche sowohl, als auch an ihrer Spitze kleine Ophioglossum-Pfllänz- chen. Auf diese Weise erklärt sich das massenhafte Auftreten dieser Pflanze sehr leicht. In dem Gefäße des hiesigen botanischen Gartens befanden sich ursprünglich nur 2 Pflanzen, im Frühjahre war aber der ganze Topf mit zahlreichen, kleinen Sprößlingen bedeckt. Hierauf legte Derselbe Exemplare von Uystopieris montana und sudetica, so wie von Poly- podium Dryopteris und Robertianum vor und erläuterte die Unterschiede dieser verwandten Arten. ” Herr Direktor Dr. Wimmer sprach: Ueber Salix silesiaca. Geschichte. Zuerst in Schlesien beobachtet von Weigel und Ludwig; durch Weigel an Günther und durch diesen an Willdenow mitgetheilt, welcher sie 8. silesiaca nannte und in den Spec. plant. aufführte. — Vorher oder gleichzeitig hatte sie Schkuhr Salie Ludwigii benannt, wie aus einem Star- ke’schen Exemplar in Henschel’s Sammlung sich ergiebt. — Wahrscheinlich ist die Salix sphacelata Smith dieselbe, da die wenn auch unvollkommene Beschreibung Smith’s auf keine Art so gut paßt als auf diese und da keine so sehr durch rothe Blätter im Frühjahr sich auszeichnet, wie diese. Ver- muthlich gehört hierher auch $. fagifolia W. Kit. Willd. ar. 103. — Andere Synonyme giebt es nicht. — Die Verbindung derselben mit $. Zaurina, bei Fries in Mant. I. und in den Addit. ad Summam Veget. Scandin., ist unrichtig; diese beiden Pflanzen haben Nichts mit einander gemein. Verbreitung. Ist das Synonym S. sphacelata Smith begründet, so kommt diese Art in Schottland vor. Schwedische Exemplare im Herbarium der k. Akademie zu Stockholm muß ich für diese Art erkennen; wenn sie aber in Schweden vorkommt, so kann sie nur vereinzelt und selten sein. Aus dem Harz ist sie zwar nicht angegeben, doch ist es mir sehr wahrscheinlich, daß sie dort vorkommt. Ihr Centrum sind offenbar die Sudeten. Zahlreich kommt sie noch in den Karpathen vor (Mauksch’s Herbarium in Wien). Aus der ganzen Alpenkette ist mir nicht ein einziges Exemplar vorgekommen. Eben so ist sie aus anderen Gegenden weder beschrieben, noch durch Exemplare bekannt geworden. — Hiernach würde sie eine sehr beschränkte Verbreitung in den Sudeteri und Karpathen haben; das Vorkommen in England und Schweden kann nur die äussersten Ausläufer bezeichnen. Höhenverbreitung. Diese Art ist eine Bergpflanze, in einem Gürtel von ungefähr 2000 Fuß be- schlossen, nämlich von 1400 Fuß bis 3400 Fuß, darüber und darunter nur ausnahmsweise und verein- zelt. Sie hört auf, nach unien mit dem Auslaufen der höheren Querthäler des Gebirges, nach oben mit der Baumgrenze, indem sie mit den anderen Bäumen und Sträuchern zwergig wird. In dieser Verbrei- tung trifft sie unten mit der oberen Grenze der Salix purpurea zusammen, wird nur von vereinzelter S. cinerea begleitet, häufiger aber von $. Caprea und noch mehr von $. aurita, welche eiwas unter ihrer oberen Grenze aufhört, und trifft oben mit $S. Lapponum und $. hastata zusammen. Standorte. In dem bezeichneten Gürtel ist sie im Riesengebirge, im Glätzer Gebirge (besonders an der hohen Mense und dem Glätzer Schneeberge) und im Gesenke allgemein verbreitet. Im Tesch- nischen Gebirge fehlt sie und findet sich erst auf der galizischen Babia Gora wieder. Am Riesenge- birge sind die höchsten Punkte die Grenzbauden, der Eulengrund, die Lehnen des Riesengrundes, der Melzergrube, der Teichränder, der nordöstliche und südwestliche Abhang des Silberkammes, des Elb- grundes u. s. w.; einzelne auch noch auf der Pantschewiese. Nach unten hört sie auf in Ober-Peters- dorf, bei Sahlberg, Hayn, Steinseiffen und fehlt im Hirschberger Thal, findet sich aber auf den nördli- chen Bergen wieder, namentlich auf dem Schmiedeberger Kamm, auf dessen anderer Seite sie bis Rothenzechau und Hohwalde herabsteig. Am Schneeberge beginnt sie um den Wölfelsfall und geht bis an den Gipfel. Im Gesenke findet sie sich am Altvater mit $S. Lapponum, am Peterssteine und dem Rande des Kessels mit $. hastata gesellt: und steigt hier bis Karlsbrunn, zum Theil im Badepark Bäumchen bildend, andererseits vom Hockschar bis nach Gräfenberg herab. Außerdem erscheint sie auf der Heuscheuer auf dem Plateau des grossen See’s zerstreut; im Eulengebirge, am zahlreichsten auf der hohen Eule, aber hier schon abweichend von den typischen Formen; vereinzelt auf der Sonnenkoppe; ziemlich häufig bei Rudolfswalde und Grund oberhalb Wüsie-Waltersdorf, so wie auf den langen Bra- chen bei Tannhausen. Ein ganz vereinzeltes Vorkommen ist an der, Beinertshöhe bei Charloitenbrunn und ein anderes, fast räthselhaftes, am Galgenberge bei Strehlen. | Normalform, Rissige, grüne und braune Rinde der 2—3jährigen Zweige; ovale, beiderseits kurzspitzige, oberseits dunkelmaitgrüne glatte, unterseits blaßgrüne, schwach-blaugraue, mit zerstreuten feinen und kurzen Haaren besetzte Blätter; zwei freie, kahle Staubträger; gesielte, mit den Blättern erscheinende, lange, walzige, lockerblättrige Kätzchen; linealische rostbraune Deckblättchen; langgestielte, kegelförmig-friemliche, kahle Fruchtknoten mit dicklichem kurzen Griffel und kurzen, länglichen, abstehen- den, nach der Blüthe kopfförmig-vereinigten Narben. Abweichungen. A. Blätter. 1) groß, am Grunde abgerundet, fast herzförmig, Spitze kurz, oft faltig; 2) länglich, vorn kurz - gespitzt; 3) länglich - lanzetilich, beiderseits lang zugespitzt; 4) doppelt so klein, eilanzeitlich; 5) unterseits gleichfarbig; 6) unterseits verschiedenfarbig; 7) unterseits | stärker behaart. B. Kätzchen. 1) ohne Bracteen; 2) mit Bracteen; 3) dichtblüthige; 4) sehr lockerblüthige; 5) sehr schmale; 6) dickere und kürzere. C. Deckblättchen. 1) halbschwarze; 2) starkwollige. D. Fruchiknoten. 1) kurz-kegelförmig; 2) ungleichmäßig-behaart; 3) gleichmäßig-dünngrauhaarig; 4) gleich- mäßig-dicht-weißfilzig; 5) mit kurzen Stielen. E. Griffel. 1) länger; 2) sehr kurz. F. Narben. Verkümmert. Hieraus ergiebt sich, daß man als eine von der Haupiform sich am meisten entfernende und in gewissen Punkten unterschiedene Form, d. h. als Varietät unterscheiden kann: ß. lasiocarpa; iulis 7 densifloris, germinibus in pedicello breviori conicis, stylo obliterateo, welche aber in allen Merkmalen durch Uebergänge mit der Hauptform zusammenhängt. Verwandtschaft. Auch diese Art dient zum Beweise, daß die sogenannten „Gruppen“ innerhalb der Sippen keinesweges festbegrenzte Abtheilungen bilden, sondern in einander fliessen. Man mag sie als Hilfsmittel der Uebersicht anwenden, darf sie aber nicht für in der Natur begründete ansehen. Bei Koch befindet sie sich unter der Gruppe Capreae, die eben so willkürlich als unbequem ist. si Fries stellt sie unter Vetrix a. Philicifoliae. Wenn man die Bildung der Theile und die verschiedenen Formen der $. silesiaca erwägt, so zeigt dieselbe zu S. Caprea und S. aurita einerseits, so wie zu S. nigricans und $. hastata andererseits eine genaue Beziehung; sie bildet ein Mittelglied zwischen den Capreae, wozu ich die unzweideutig verwandten Arten S. Caprea, ceinerea und aurita rechne» und den Philiceifoliae, welche Abtheilung die S. nigricans, S. philieifolia und S. hastata begreift. — Sehr interessant ist aber die Beziehung derselben zu einer nicht schlesischen Art, der $. grandifolia Seringe. Die $. silesiaca ist nämlich der 8. grandifolia so ähnlich, daß sie nur durch wenige Merk- male von ihr unterschieden werden kann, daher sie von uns selbst früher verwechselt worden ist und von vielen auch geübten Pflanzenkennern noch verwechselt wird und im getrockneten Zustande nur von einem sehr sicheren Auge unterschieden werden kann. Dennoch sind es zwei durchaus verschiedene Arten, welche auch räumlich von einander dergestalt getrennt sind, daß man die $. grandifolia als die südliche Parallelart der $. sölesiaca bezeichnen kann. Jene ist nämlich der ganzen Alpenkette von der Dauphine und Schweiz an bis nach Steiermark eigenthümlich, kommt aber, so weit unsere Kennt- niß reicht, außer derselben nirgends vor. Sie läßt sich im Leben leicht durch das hellgrüne Laub, die geglättete Rinde der 2—Sjährigen Zweige, die runzelige Oberseite der jungen Blätter, die kürzeren 3 Kätzchen, und den meist gespaltenen Griffel erkennen. Außerdem ist die typische Blattform bei $. grandifolia die länglich-verkehrt-lanzettförmige, von der die breitblättrige Form als Abänderung zu betrachten ist; hingegen bei 8. silesiaca die breit-ovale, wovon die lanzettliche die Abänderung ist. Daher trifft die 1 1 grösste Breite des Blattes bei S. grandifolia 5 oder 4 unter der Spitze, dagegen bei 8. silesiaca in die Mitte oder bald über die Mitte des Blattes. Derselbe übergab der Bibliothek der Gesellschaft nachstehende Manuskripte, die ihm für seine Flora von Schlesien zur Benutzung überlassen worden waren: Schuchardti: Enumeratio stirpium phanerogamarum eirca Landeshut crescenlium. Schuchardt: Enumeratio plantarum nonnullarum rariorum Lusatiae superioris. F. W. Kölling in Gnadenfeld: Flora des östlichen Vorlandes der Sudeten zwischen Oder, Oppa und Hotzenplotz. A. Pauli: Verzeichniß der um Sprottau vorkommenden Phanerogamen. In der siebenten Sitzung vom 10. Dezember legte der Sekretair den Katalog der Bibliothek der Jussieu vor, welche im nächsten Januar zu Paris versteigert werden wird, so wie ein Verzeichniss verkäuflicher Pflanzen aus Madeira. Herr Direktor Dr. Wimmer gab die Fortsetzung seiner Monographie von Salix silesiaca (siehe oben). Herr Geh. Rath Prof. Dr. Göppert zeigte eine eigenthümliche Gallenbildung bei Quercus Robur, welche ein ästiges, dorniges Köpfchen darstellt und an die Schlafäpfel (Bedeguars) der Rosen erinnert. Der Sekretair sprach über das Vorkommen von Meeralgen im Binnenlande, Derselbe gab eine Mittheilung über eigenthümliche Bewegungserscheinungen in den Blattzellen von Stratiotes aloides, Bei der hierauf stattfindenden Wahl des Sekretairs für die Etatsperiode 1555 wurde der bisherige Sekretair, Professor Dr. Cohn, einstimmig wieder erwählt und_erklärte sich zur Annahme bereit. 11 ıD So 10. 11. 82 Ueber einige interessante Pflanzen der schlesischen Flora von Dr. 3. Wilde, vorgetragen in der Sitzung vom 14. Januar 1858. Viola calaminaria Lej. (Viola lutea v. multicaulis Koch) von Galmeihügeln bei Aachen wurde längst von mir in Schlesien vermuthet und findet sich nach zuverlässigen Nachrichten wirklich bei Tarnowitz in Oberschlesien. Epipogium Gmelini von mir in 4 schönen Exemplaren unterhalb der sieyrischen Quelle am Grä- fenberge gefunden. Ayrimonia odorata zahlreich um den Teich bei Heidau um Wohlau, auch im Thale von Hammer- hau bei Freiwaldau im Gesenke. Myosurus minimus in zahllosen monströsen Formen, mit bandartigem Stengel, einfach- und mehr- fach-getheiltem Fruchtboden u. s. w. Ulex europaeus um Hoyerswerda von Jänicke gefunden. Pilularia globulifera ebendort von demselben. Aspidium aculeatum Sw. Kunze wurde 1857 sehr schön fruktifizirend mehrfach wieder am hohen Falle im Gesenke gefunden. Cystopteris sudetica Al. Br. u. Milde wurde von mir auch bei Ober-Lindewiese am Abfalle der Hockschar gefunden. Equisetum litorale Kühlewein findet sich auch steril bei Nieder-Lindewiese im Gesenke. E. Telmateja ist häufig um die Herren-Douchen bei Gräfenberg; ich fand bis 6 par. Fuß hohe sterile Exemplare, außerdem aber auch die normale fruktifizirende Form, die ver. serotina, ein Exemplar mit proliferirender Endähre und zwei Exemplare mit theilweise in spiralige Bänder auf- gelösten Scheiden. Mitte August beobachtete ich die var. serotina um Neisse zu Hunderten. E. elongatum Willd. wurde häufig steril und fruktifizirend, in einer meist astlosen, starken, auf- rechten und in einer mehr gestreckten, dünnen, stets sterilen Form (var. paleaceum Döll) um Grüneiche beobachtet. Die Pflanze ist einjährig, die Sporen von normaler Gestalt und Grösse, aber ohne Inhalt, steril. . Asplenium viride wurde häufig mit sehr verlängerten und fast bis auf den Nerv eingeschnittenen Fiedern beobachtet; auch bei A. Trichomanes fand ich Aehnliches, wenn auch viel seltener. Eine frons furcata, welche bei A. viride ungemein häufig ist, fand ich bei A.-Trichomanes nur zweimal. Botrychium simplex Hitche. (B. Kannenbergii Klinsm.) wurde von mir in 2 schönen Exempla- ren zu Pfingsten auch um Nieder-Lindewiese im Gesenke auf Urkalk-Hügeln aufgefunden und zwar in Gesellschaft von 3. Lunaria, Orchis mascula, Gymnadenia conopsea; ganz in der Nähe ist ein ungeheurer Quarzfels, der, mit einer dünnen Humusschicht bedeckt, eine grosse Anzahl von Exemplaren des seltenen B, matricariaefolium Al. Br. darbot. Letztere Pflanze fand ich noch im Juli um Dittershof im Gesenke in Gesellschaft von B. rutaefolium Al. Br. Ophioglossum vulgatum findet sich an ganz trockenen, dürren Stellen mit D. rutaefolium Al. Br. bei Dittershof in allen möglichen Formen, bis 3 Individuen auf einem Rhizome. 83 Moose 15. Mnium spinulosum findet sich auch bei der Prießnitz-Quelle bei Gräfenberg. 16. Aypnum (Homalotheeium) Philippeanum Schimper fand ich ungemein häufig auf Urkalk von Nie- der- bis Ober-Lindewiese im Gesenke. Ueber Astbildung der Farne | Dr. Stenzel, vorgetragen in der Sitzung vom 25. März 1858. Die Bildung von Aesten im weitesten Sinne (Seiten-Axen) bedingt bei den Phanerogamen die Ge- stalt, wie den ganzen Haushalt der Pflanze so wesentlich, daß sie vielfach untersucht worden ist. Ueber ähnliche Erscheinungen bei den Kryptogamen, namentlich bei den Farnen, finden wir dagegen nur dürf- tige und oft einander widersprechende Angaben, obwohl die Verjüngung der Pflanzenindividuen aus die- ser Abtheilung des Gewächsreiches durch Sproßbildung keineswegs eine so untergeordnete ist, als man hiernach erwarten könnte. Ich habe bereits in einem Aufsatze, welcher im nächsten Bande der Ver- handlungen der Leop.-Carol. Akademie der Naturforscher erscheinen wird, zu zeigen gesucht, daß die Natterzunge (Ophioglossum vulgatum) sich fast ausschließlich durch Sprosse erhält, welche aus den Wurzeln älterer Pflanzenstöcke entspringen. Seitdem ist es mir gelungen, die Bildung wahrer Aesie am Stamme mehrerer Farne aufzufinden, zuerst an Alsophila aculeata aus Venezuela. Das, über einen halben Fuß lange untere Ende eines Stammes dieses Baumfarn, welches ich der Güte des Herrn Geh. Raths Göppert verdanke, war mit einem zolldiecken Geflecht schwarzer Neben- wurzeln dicht bedeckt, zwischen welchen mehrere walzige, mit Blattansätzen bedeckte Theile hervor- traten und dann an der Außenfläche der Wurzelmasse herabstiegen. Nach Entfernung der Wurzeln kam das nach unten spitz zulaufende, nach oben kegelförmig (bis zu 2 Zoll im Durchmesser) verdickte un- terste Stammstück zum Vorschein; der älteste Theil desselben war mit ganz kleinen Blattnarben versehen, wäh- rend das Uebrige mit den noch stehen gebliebenen, wenn auch bereits ausgefaulten und von zahlreichen Nebenwurzeln durchwachsenen Blattstielen bedeckt war, von denen die obersten am Grunde fast 1 Zoll dick waren. Auf dem Rücken der Blatikissen dieser Blätter entsprangen 15 Aeste, die untersten kurz und schwach, die obersten bis $ Zoll dick und 3—5 Zoll lang, anfangs wagerecht nach außen strebend, dann, wie erwähnt, an der Außenfläche des Wurzelgeflechts herabsteigend, offenbar, um im Boden erst festen Fuß zu fassen und sich dann, Ausläufern ähnlich, zu selbstständigen Pflanzen zu entwickeln. Die Natur dieser Theile ist nicht zweifelhaft. An der walzenrunden Oberfläche stehen in regel- mäßigen Spiralen deutliche Reste von Blättern, welche meist unvollständig ausgebildet sind und sich durch Verkümmern der Blattfläche und Kürze des Stiels den schuppenartigen Niederblättern nähern, welche Alexander Braun an den Ausläufern der Struthiopteris germanica gefunden hat (Verjüngung in d. Nat, S. 115), zum Theil aber an der Spitze eine eingerollte Blattplatte, oder zolllange Blattstiele zeigen, welche oben abgebrochen sind, aber sicher völlig entwickelte Blattflächen trugen, was die unten über Aspidium spinulosum mitgetheilten Beobachtungen über jeden Zweifel erheben. Die Oberfläche it* 84 des Astes zwischen den Blattresten ist, wie die des Stammes, dicht mit Spreuschuppen bedeckt, zwi- schen denen ziemlich zahlreiche Nebenwurzeln hervorbrechen. Noch vollständiger ist die Uebereinstimmung des inneren Baues der Aeste mit dem des Stammes; denn hier findet sich, abgesehen von der geringeren Grösse aller Theile, von der harten, dünnen Rin- denschicht, welche das Ganze umgiebt, durch die Gefäßröhre, welche von regelmäßig gestellten zu den Blättern führenden Spalten durchbrochen, außen und innen von einer harten Prosenchymscheide begleitet wird, bis zu dem Marke kaum irgend eine Verschiedenheit, die ganz unwesentliche abgerechnet, daß wegen der etwas entfernteren Stellung der Blätter auf dem Querschnitte, nicht wie im Stamme 3—4, sondern meist nur 2—8 Gefäßplatten sich zeigen, so wie, daß nach den kleineren Blättern auch eine geringere Zahl von Gefäßbündeln verläuft. Das Bemerkensweriheste dabei ist der Zusammenhang dieser einzelnen Systeme mit denen des Stammes. Während nämlich bei dem Aste der Phanerogamen Mark, Holzkörper und Rinde in ununterbrochenem Zusammenhange stehen mit den gleichen Geweben der Hauptaxe, so entspringt bei den Farnen der Gefäßkörper des Astes an der Außenseite der Gefäßröhre des Stammes als ein rundlicher Stiel, welcher kein Mark enthält, sondern allein aus den Elementen der Gefäßröhre des Stammes besteht, sich nach außen trichterförmig erweitert, indem er zugleich, gewöhnlich in der Gegend, wo er durch die Rinde des Stammes tritt, hohl wird und in dieser Höhlung ein eigenes Mark und um dies die innere prosenchymatische Scheide bildet. Diese beiden Gewebe stehen daher in keinem Zusammenhange mit denen des Stammes, dessen Rinde dagegen, so wie die äussere Prosenchymscheide des Gefäßkörpers sich unmittelbar in die gleich- namigen Theile des Astes fortsetzen. Es deutet dieses, den Nebenwurzeln ganz ähnliche Verhalten darauf hin, daß diese Aeste gleichfalls aus sogenannten Adventivknospen entsprungen sind. Noch vollständiger, wenn auch in viel kleinerem Maßstabe, läßt sich die Astbildung an Aspidium spinulosum und Blechnum Spicant verfolgen. In den schattigen Wäldern am Fuße des Riesengebir- ges treiben die kriechenden oder schwach aufsteigenden Stöcke des Aspidium spinulosum zahlreiche. Aeste (an einem 2 Zoll langen Stämmehen zählte ich 12) in den lockeren Boden. Anfangs etwas, zuweilen senkrecht absteigend, wachsen diese bald ziemlich wagerecht weiter; auf die ersten, halb ver- kümmerten Blätter mit eingerollter Blattfläche folgen bald vollständig ausgebildete, welche auf mehrere Zoll hohen feinen Blattstielen die zierlich fiedertheilige Blatifläche über den Boden erheben. Um alte, halb vermoderte Stöcke findet man oft eine grosse Zahl solcher Pflänzchen, offenbar die durch Zerstö- rung der Mutterpflanze frei gewordenen Aeste, welche jetzt selbstständig zu neuen Pflanzen erwachsen. Ihre Entstehung haben sie jedoch keineswegs einer Hemmung im Wachsthum des Mutterstockes zu ver- danken; ich habe gerade die kräftigsten Zweige an gesunden und im frischen Wachsthume begriffenen Pflanzen gefunden. Der Ursprung dieser Aeste stimmt mit dem an Alsophila aculeata beschriebenen überein. Ihr Gefäßkörper entspringt als ein nur aus Gefäßzellen bestehender dünner Faden an der Außenseite des Stamm-Gefäßnetzes und zwar am untern Rande der Spalte, durch welche Mark in’s Blatt eintritt, also ebenfalls nicht aus der Blattachsel, sondern aus dem Blattrücken. Ganz ebenso verhält sich Blechnum Spicant und höchst wahrscheinlich Aspidium fllix mas und Struthiopteris germanica, an denen Astbildungen beobachtet worden sind, ohne daß ich bisher Ge- legenheit gehabt hätte, dieselben zu untersuchen, und gewiß auch die übrigen schlesischen Farne mit kurzen Stengelgliedern. Ich muß es mir heut versagen, die, den Kryptogamen, wie es scheint, eigenthümliche echte Gabel- theilung, so wie die Astbildung in den übrigen Familien dieser Abtheilung des Gewächsreiches, nament- lich den Equiseten, in den Bereich der Betrachtung zu ziehen, und begnüge mich, die Ergebnisse kurz » 85 zusammenzustellen, welche durch eine sorgfältige Prüfung der mir bekannt gewordenen Beobachtungen über diesen Gegenstand, verglichen mit den von mir selbst angestellten, als wahrscheinlich herausgestellt werden: 1) der Stamm der (Gefäß-) Kryptogamen bildet nie Axillarknospen ; 2) seine Sprossenbildung ist entweder echte Gabeltheilung, d. h. seine Endknospe theilt sich in zwei wesentlich gleichwerthige Hälften, deren jede sich zu einem Stamm (Gabelast) entwickelt; 3) oder sie ist Bildung von Aesten aus sogenannten Adventivknospen, welche in der Regel auf dem Rücken des Blattes (unterhalb seiner Anheftungsstelle) entspringen. Ueber Hefe von Dr. Bail, vorgetragen in der Sitzung vom 4. Februar 1858. Indem der Vortragende der Versammlung seine Abhandlung über die Hefe vorlegt (Flora 1857), spricht er über die zahlreichen früheren Schriften und Notizen, die denselben Gegenstand behandeln, und zeigt, daß sie für die Botanik zum größten Theil von sehr geringem Werthe sind. Ja, es lassen sich unter ihnen sogar Dokumente für die äußersten Verirrungen der Naturwissenschaften auffinden. Zum Belege für letztere Behauptung theilt der Vortragende einzelne Stellen aus einer Abhandlung von Th. Guembel (Allgemeine Thüring’sche Gartenzeitung 1856) mit. Leider werden die widernatürlichsten An- sichten über die Umwandlung der verschiedenartligsten Pflanzen und Pflanzenorgane in einander jetzt durch die populären Bücher in das Publikum verbreitet, da man heute noch so gut wie zu Ovid’s Zeiten weiss, welchen eigenthümlichen Reiz, welche köstliche Nahrung die seltsamsten Metamorphosen für die menschliche Phantasie bieten. Was kümmert sich der Laie darum, ob auf dem Pollenkorn der Tiger- lilie ein Schimmelpilz wächst; aber wenn sich die Theile einer so vollkommenen Pflanze in zarte, reich- lich fruchtende Pilzfäden umbilden, Daphne puwella in laurum — das macht Epoche! Auch Itzigsohn hat im vorigen Jahre in der „Hedwigia Nr. 12% eine neue Hypothese aufgestellt. Er glaubt an der Autonomie des Hefenpilzes zweifeln zu dürfen; doch beruht seine ganze Mittheilung nur auf Vermuthungen, bei welchen das Fraglichste (die Vibrionen) zum in Frage stehenden Gegenstande (der Hefe) gezogen wird. Wahrhaft erfreut spricht sich der Vortragende über einen Aufsatz von Mr. John Lowe aus, von dem er das Wichtigste aus ‚„Zhe Annals and Magazine of natural history ete. Oct. 1857° mittheilt. Lowe ist bei seinen Experimenten mit grösseren Hefenquantitäten zu Resultaten gelangt, welche die vom Vortragenden gewonnenen bestätigen. Freilich mussten die Ergebnisse, welche Letzterer erzielte, ge- nauer sein, da er alle Erscheinungen an unter dem Mikroskop fixirten Exemplaren wahrnahm. Was den Unterschied in dem Gange der Untersuchungen der früheren Autoren und des Vortragen- - den anbetrifft, so gingen erstere analytisch zu Werke: sie betrachteten die fertige Hefe und wollten daraus Rückschlüsse machen. Auch der Vortragende hatte seine Untersuchungen so begonnen; sie lie- ferien zwar auch so schon den Hinweis, daß die Hefenzellbäumchen modifizirte Pilzfäden seien, und das war schon ein Resultat, zu dem bisher kaum ein paar Forscher gelangt waren; Weiteres ließ sich aber auf diesem Wege nicht konslatiren. Er wandte sich daher dem synthetischen Verfahren zu, und es ist ihm gelungen, ein mal nachzuweisen, daß durch das Liegen in Würze der Zusammenhang der Ss6 Pilzfadenzellen gelockert, ja gelöst wird, und daß die einzelnen Zellen selbstständig und keimfähig (in- dividualisirt) werden. Zweitens hat er durch Aussaat verschiedener Reproduktionsorgane von Pilzen in Würze Formen erzielt, die in jeder Beziehung unsern Hefenbildungen gleichen. Die in Rede stehenden Untersuchungen haben den Vortragenden noch zu zahlreichen anderen wich- tigen Ergebnissen geführt. Er giebt uns Aufschluß über das Wesen und die Entstehung der Vacuolen, über den Zellenkern in den Pilzzellen, über die Natur der Spermatien, Conidien, der sekundären, tertiären etc. Pilzsporen Tulasne’s, wie über die Arthrosporen Caspary’s, Ergebnisse, die am Ende seiner Hefenarbeit in beson- deren Paragraphen besprochen werden. Endlich führt der Vortragende eine Menge höher organisirter Pilze auf, die ebenfalls unter ver- schiedenen äusseren Einflüssen degeneriren. Wer kennte nicht jene weissen Mycelien unserer Polyporen und Dädaleen, die oft als ellenlange, filzig-korkige Massen die morschen Stämme unserer Bäume durch- setzen, wer nicht unsere Ozonien, Hypha-Arten und zahlreiche andere Pilzwucherungen! Ganz besonders spricht Vortragender von Rhizomorpha, die, wie von ihm selbst nachgewiesen und von Lasch bestätigt worden, nichts anderes ist, als ein durch den Einfluß des Bodens oder unter der Rinde und im Innern hohler Bäume umgestaltetes Hypoxylon. Er hat sich selbst überzeugt, daß verschiedene Hypoxylon-Arten zur Rhizomorphen-Bildung Veranlassung geben, dagegen erklärt er Cas- pary’s Beobachtung, daß auch ein Hymenomycet, Trametes Pini, eine Rhizomorphe hervorbringt, für irr- thümlich. Es erscheinen nämlich die Rhizomorphen niemals in ‚‚sehr breiten weissen Lagen, die man in grossen Stücken abziehen kann.‘ Letztere waren das degenerirte Myzelium des Trametes, und neben ihnen, oder vielleicht auch mit ihnen untermischt mögen Rhizomorphen gewachsen sein, die aber jeden- falls selbstständig waren. Zum Schluß seiner Mittheilungen weist der Vortragende noch darauf hin, daß sich ja auch die normalen Pilzgestalten mehr oder weniger nach dem Medium richten. Daher die runden, knolligen Formen unserer Fungi hypogaei, die eiförmigen der jüngeren Stadien unserer von einer in die Erde gesenkten Volva eingeschlossenen Agaricus-, Phallus-, Clathrus-Arten ete., und im Gegensatz dazu die so vielfach verästelten Clavarien und Sparassis-Arten, die sich über der Erde entwickeln. Ueber die Gattung Hieracium mit besonderer Rücksicht auf schlesische Formen derselben von Candidat Nitschke, vorgetragen in der Sitzung vom 25. März 1858. Das Interesse der Botaniker hat sich seit einiger Zeit mit besonderer Vorliebe den umfangreicheren und schwierigeren Gattungen der Pflanzenwelt, vorzüglich der europäischen Florengebiete zugewandt. Das Genus Hieracium hat durch seinen ungemeinen Artenreichthum und die Mannigfaltigkeit der Formen, mit welcher ihre einzelnen Typen auftreten, ganz besonders die Aufmerksamkeit zahlreicher Beobachter 87 und Forscher in Anspruch genommen. Die Monographie Fries’s und die mit besonderer Sorgfalt aus- geführten Bearbeitungen gerade dieser Gattung in mehreren Lokalfloren, wie die der schlesischen von Wimmer und der Flore de France von Godron und Grenier, haben viel dazu beigetragen, Licht und Ord- nung in dieser gestaltenreichen, bisher chaotischen Pflanzengruppe zu verbreiten. Bei dem schwer zu übersehenden Formenreichthum derselben, bei der Ungewißheit, in der wir noch immer über die bedin- genden Ursachen der Variationen ein und desselben Typus sind, und bei der besonders hieraus resulti- renden Unsicherheit in der Auffassung des Artbegriffes, die immer noch größtentheils von der Subjek- tivität, dem Scharfblick und dem Takt des Einzelnen abhängt, wird es begreiflich, wie trotz solcher An- strengungen einerseits noch zahlreiche Bildungen dieser Pflanzengattung noch nicht gehörig bekannt und untersucht und andererseits noch so grosse Differenzen in der Auffassung der einzelnen Formen statt- finden können. Hierzu kommt ein anderer äusserst wichtiger, aber erst von Wenigen in Rechnung ge- brachter Umstand, welcher die Kenntniß auch der Hieracien sehr erschwert, ich meine die Bildung hybrider Formen derselben. — Wenn man an den Systematiker die unumgängliche Forderung stellt, das System nicht zu machen, sondern in der Natur selbst zu suchen, so wird man schwerlich den tadeln können, welcher auf sichere anderweitige Erfahrungen, auf Analogieen gestützt, sich veranlaßt sieht, in der Formenreihe der besprochenen Gattung hybride Bildungen anzunehmen. Allerdings muß es für die exakte Wissenschaft stets wünschenswerth bleiben, den vollen Erfahrungsbeweis für diese Annahme zu liefern. Berücksichtigt man indeß, daß, wenn man jene Annahme nicht gelten läßt, man zu der unab- wendbaren Nothwendigkeit gelangt, entweder Formen zu einer Spezies zu vereinen, welche in allen oder zahlreichen Merkmalen von einander abweichen, die man sonst einstimmig als wesentliche, den Typus bedingende anerkennt, oder auf eine gänzlich willkürliche Weise Formen, welche offenbar nur Glieder einer ununterbrochenen Reihe von ungleichwerthigen Gestalten sind, gewaltsam oder gänzlich ohne Prineip zu trennen, so wird man sich schwerlich von der Natürlichkeit einer dieser Methoden überzeugen können. Daß man bei konsequenter Durchführung dieser Anschauungsweise in der That zu dieser Alternative gedrängt wird, wird keines weiteren Beweises: bedürfen, wenn ich an die Auffassung der Hieracien-Formen erinnere, wie sie einmal in den Arbeiten Jordan’s und in der Ansicht eines Wie- ner Botanikers vorliegen, von denen der erstere eine Unzahl, der letztere nur 3 Arten statuirt. Ande- rerseits ist es wohl zu beachten, daß die Annahme von Bastardbildungen auch der Hieracien keineswegs jeder rationellen und sicheren Grundlage entbehri. Die überaus wichtigen Experimente der Herren Wimmer und Wichura haben nicht blos den vollgiltigen Beweis für die hybride Natur verschiedener Weidenformen geliefert, sondern was von noch grösserer Bedeutung und Tragweite ist, zugleich die Berechtigung der Prämissen, nach welchen die Bastardnatur jener Salices vor dem Beweise durch’s Experiment richtig erkannt ward, erwiesen. Es kann daher keineswegs Willkür genannt werden, wenn man auch in anderen Fällen aus denselben sicher konstatirten Prämissen denselben Schluß zieht, wenngleich es stets gewünscht werden muß, für alle einzelnen oder doch für möglich zahlreiche Fälle auch jenen gewiß wichtigsten, experimentellen Beweis zu liefern, ein Beweis, der bei dem Blüthenbau der Synanthereen hier allerdings stels seine grossen Schwierigkeiten haben wird. — Wenn mehrfach und selbst von bedeutenden Autoritäten behauptet worden ist, daß die Annahme hybrider Bildungen darum unzulässig, oder ihre Berücksichtigung bei der systematischen Exposition unstatthaft sei, weil dadurch der gesammten Systematik Verwirrung und selbst Untergang drohe, so isi zu bemerken, daß unter allen Umständen wir die unabweisbare Pflicht haben, die Natur zu nehmen wie sie ist, unsere Theorien unmittelbar aus ihren Offenbarungen zu schöpfen, nicht sie in das Prokrustes-Bett unserer Vor- urtheile zu zwängen. Was aber jene Besorgniß betrifft, so möge es mir erlaubt sein, an das Wort eines grossen Naturforschers zu erinnern: „In der Natur ist alles Ordnung, nur in den Köpfen der Menschen 09) ‘ ist Confusion,‘“ eine Behauptung, die bisher wohl immer nur ihre Bestätigung gefunden hat, deren Rich- tigkeit auch in unserem Falle bereits als erwiesen angesehen werden darf, wenn anders wir vorurtheils- frei die systematische Auseinandersetzung der Salöces und Cirsien, wie sie in unserer schlesischen Flora und Nägeli’s bekannter Arbeit vorliegt, vergleichen mit den Arbeiten früherer Autoren über dieselben Gegenstände. Es schien mir nicht unnöthig, diesen Exkurs zu machen, um es zu rechtfertigen, einmal wenn ich nach so vielen und trefflichen Untersuchungen über die Gattung Zieracium mir hier erlaube, einen Theil meiner Erfahrungen über diese Pflanzengruppe, insbesondere, so weit sie in unserer heimathlichen Flora vertreten ist, mitzutheilen, und andererseits wenn ich von hybriden Bildungen dieser Pflanzen spreche. Es sei mir zunächst gestaltet einige Bemerkungen über die Gattung Hieracium mehr oder weniger allgemein berührende Verhältnisse zu machen. Die Hieracien gehören zu den Pflanzenformen, die eben so wohl in der Ebene, als im Gebirge, und zwar im Vor- und Hochgebirge ihre zahlreichen Repräsen- tanten besitzen. Die Kämme, Schluchten und Abhänge unseres Riesengebirges, des Glatzer Schneeberges sind eben so sehr mit ihren goldfarbenen Blumen geschmückt, als die Wiesen, Raine und Dämme der Öder-Ebene. Nur sind es andere Gestalten, die uns an beiden Verbreitungskreisen aufstossen, und auf den ersten Blick scheint es als trenne eine streng gezogene Grenze die Formen des Hochgebirges und der Ebene. Aber bei sorgfältiger längerer Beobachtung schwindet die strenge Sonderung beider Reiche, nicht als ob es keine beiden Regionen eigenihümliche Typen gebe, sondern es findet eine gegenseitige Annäherung der Formen beider statt. Wenn man von Schmiedeberg aus den Weg nach den Grenz- bauden und dem Kamm des Riesengebirges einschlägt, oder von Wölfelsdorf aus zu dem Glatzer Schnee- berge aufsteigt, und hierbei die überall zahlreichen Hieracien zum Gegenstande seiner Aufmerksamkeit macht, wie sie in ihren Formen bei der allmälig immer grösseren Erhebung des Bodens sich darstellen, so drängt sich hierbei mehr als eine nicht blos pflanzengeographisch, sondern auch für die Systematik. interessante Thatsache auf. Ich will hier nur einige wenige aphoristische Bemerkungen, vorzüglich solche, welche für meine Auffassung einiger nachher zu erörternder Hieracien Anwendung finden, mittheilen, ohne daß ich übrigens denselben mehr Werth beigelegt wünsche, als meine wenigen vereinzelten Beo- bachtungen dies rechtfertigen. Man hat, und gewiß mit Recht, bei dem Einfluß, welchen chemische oder physikalische Beschaffenheit des Bodens auf die Pflanzen ausüben, nicht allein den allgemeinen Charakter einer durch gleiche Bodenverhältnisse bedingten Vegetation zu bestimmen versucht, sondern, was viel wichtiger ist, man hat jene Agentien in ihrer Beziehung zu den einzelnen Arten und Gattungen geprüft. Was dagegen den Einfluß, welchen die Erhebung des Bodens auf die Pflanzenwelt ausübt, betrifft, so ist man noch immer geneigt, nur von allgemein giltigen Gesetzen zu sprechen, welche diese Verhältnisse der Erhebung des Bodens und der durch sie bedingten Pflanzendecke ausdrücken sollen. Allein wie unbestreitbar es immer sein mag, daß sich diese Thatsache durch gewisse allgemeine Charaktere mar- kiren läßt, so dürfte es dennoch auch hier thunlich, ja nothwendig sein, die Verhältnisse der Bodener- hebung in ihrer Beziehung zu einzelnen Pflanzentypen und Gattungen möglichst vollständig durchzuführen und vorzüglich das Verhalten bestimmter allgemeiner Eigenthümlichkeiten von diesem Gesichtspunkte aus zu beachten. Dadurch wird jene gleichsam summarische Schätzung in ihre einzelnen Faktoren zerlegi und durch die Vergleichung der Ergebnisse möglichst zahlreicher einzelner und genau konstatirter Fälle allein ein fehlerfreies Resultat gewonnen. Was aber hierbei wohl noch besonders in Rücksicht zu zie- hen sein dürfte, ist, daß es noch mancherlei Thatsachen dieser Art zu geben scheint, die an sich be- trachtet einander widersprechen, deren vermittelnde Erklärung von einem höheren Standpunkte zur Zeit noch fehlt. — So scheint sich, was unsere Hieracien speziell betrifft, mehr als ein interessanter der- artiger. Umstand herauszustellen. Während manche der Ebene eigenthümliche Typen nicht über die sg Vorgebirgsregion aufsteigen, scheint der größte Theil derselben sich auf den Kämmen unseres Riesen- gebirges ansiedeln zu können. Von diesen letzteren treten einige, wenn auch in kleineren Gestalten, so doch in allen wesentlicheren Charakteren vollkommen mit den Formen der Ebene übereinstimmend auf; dagegen erleiden andere nicht unbedeutende Veränderungen mit der Höhe ihres Standortes. Be- kleidung besonders des Blumenkelchs, Grösse der Köpfe und Serratur des Blattrandes scheinen mit der Erhebung des Bodens bei ein und derselben Form zu wechseln, nach einer bestimmten Progression, aber nicht nach einer für alle Typen giltigen Regel. Während bei stets höherem Standort die Be- haarung z. B. bei einigen in demselben Grade zunimmt, wird sie bei anderen unter denselben Umstän- den schwächer, und ist bei noch anderen ganz unabhängig von diesen Ursachen. Aehnliches ergiebt sich übrigens auch bei den Arten anderer Gattungen und zeigt sich noch auffallender, wenn man ver- schiedene Gattungen unter diesem Gesichtspunkte vergleicht. Wohl liegt gerade hierin ein wichtiges Moment in der Wesenheit des Art- und Gattungstypus, daß sie unter denselben durch die Höhe des Standorts bedingten äusseren Verhältnissen nicht dieselben Veränderungen erleiden. Sicher verdient dieser für Pflanzengeographie und Systematik gleich wichtige Gegenstand eine grössere und allgemei- nere Beachtung, als er bis jetzt erfahren hat. Oft sind wohl anscheinend ‚charakteristische Pflanzen“ des höheren Gebirges nur Flüchtlinge der Ebene, die bei dem grossen Unterschiede der Standorte ihre Typen in ein anderes Gewand gekleidet haben und dann, wenn man ihren Zusammenhang übersieht, fast unvermeidlich als selbstständige Arten betrachtet werden. Ich erlaube mir nun noch zum Theil als Anwendung von dem Gesagten auf einige Hieracien- Formen aufmerksam zu machen. Während wenige Hieracien einen überall bestimmt ausgeprägten, wenig variablen Typus besitzen, sind die meisten aus den Abtheilungen der Puimonarea und Aceipitrina durch einen ungemeinen For- menreichthum, der ihre Sonderung oft äußerst schwierig macht, ausgezeichnet. A. vulgatum Fries scheint z. B. fast unerschöpflich in der Mannigfaltigkeit, mit welcher es seinen Typus in den einzel- nen Formen wiedergiebt. Zu der übergroßen Zahl der in manchen Floren angegebenen Varietäten möchte ich noch 2 Pflanzen hinzufügen, die bereits bekannt, aber allgemein als besondere Spezies an- geführt sind. H. ramosum Waldst. u. Kit. in der Form, welche ausser den genannten Autoren auch Koch be- schreibt, der jedenfalls das echte H. ramosum vor sich hatte, ist überall seines abweichenden Habitus und der drüsenlosen, nur mit Borsten besetzten Bekleidung der Blumenstielchen und des Anthodiums wegen als sogenannte gute Art anerkannt; denn F. Schultz, der sie zu H. vulygatum zieht, versteht offenbar eine andere Pflanze darunter. Ich glaube diese übrigens, wie es scheint, sehr seltene Pflanze in der Grafschaft Glatz in der Nähe ven Habelschwerdt am Fuße der sogenannten Zistelkoppe an Waldrändern gefunden zu haben. Der Habitus dieser Pflanze, der sie übrigens dem H. rigidum nähert, entfernt sie allerdings mehr als andere Formen von dem Typus des /7. vulgatum, zu dem sie indeß meines Erachtens dennoch gehört. Was zunächst die Borstenhaare betrifft, welche hier allein neben dem Sternfilz am Blüthenstande auftreten, während bei H. vulgatum stets dieselben durch Drüsen vertreten sein sollen, so kann man sich überzeugen, daß, wenn auch selten, 4. vulgatum in seiner echt typi- schen Form ebenfalls nur Borstenhaare chne alle Drüsenbekleidung hat. Dieser Unterschied ist alsa hier von keiner Bedeutung, wie denn überhaupt alle von der Bekleidung hergenommenen Merkmale bei den Hieracien wenig zuverlässig sein dürften. Der eigenthümliche Habitus ist hauptsächlich durch die ruthenförmigen Aeste, welche aus den Blattwinkeln oft schon der untersten Blätter sich erheben, bedingt. Allein Pflanzen, welche ganz unzweifelhaft zu 4. vulyatum gehören, die ich in der Nähe 12 90 von H. ramosum sammelte, zeigen dieselbe Eigenthümlichkeit, wenngleich die Aeste weniger lang und darum meist nicht mit Blättern besetzt sind. In den Jahren 1856 und 18557 sammelte ich auf dem Glätzer Schneeberge ein Hieracium, welches an jenen mit so ungemein üppiger Vegetation bedeckten Abhängen wächst, längs denen der Pfad nach den Moraquellen führt. Sie findet sich hier eben so zahlreich verbreitet als die in ihrer Gesellschaft vor- kommenden H. alpinum, nigrescens, prenanthoides und eydoniaefolium Frs. Auf den ersten Blick bietet die Pflanze so viel Eigenthümliches, daß man nicht leicht daran denkt, sie mit einer ‘anderen Form zu verbinden. Am ehesten scheint sie noch zu den mehrblüthigen höheren Formen des 4. ni- grescens gebracht werden zu können, von der sie indeß, wie man sich bald überzeugt, wenn man beide vergleicht, wesentlich verschieden ist, abgesehen davon, daß sie zahlreich mit dieser in Gesellschaft vorkommt. Dagegen stimmt sie vollkommen mit Exemplaren von #. anglicum Frs. aus dem Riesen- gebirge überein, welche Wimmer in der neuesten Auflage seiner Flora von Schlesien (pag. 308 und 309) unter diesem Namen beschrieben hat. Was nun die Selbstständigkeit dieser, jedenfalls sehr charakteristischen Pflanze betrifft, so haben mich Beobachtungen im vorigen Jahre zu der Ueberzeugung gebracht, daß besprochene Pflanze in den weiten Formenkreis von #. vulgatum gehöre. Ich sammelte nämlich an tiefer gelegenen Stellen des Glätzer Schneeberges und besonders auf dem Gipfel des in seiner Nähe sich erhebenden schwarzen Berges Formen von A. vulgatum, welche einen Uebergang des typischen 4. vulgatum zu diesem H. anglicum bilden. Hiernach muß das Eigenthümliche des gesammten Habitus der letzteren Pflanze, so wie insbesondere auch die größeren Blüthenköpfe, die stärkere Bekleidung vorzüglich der Blüthenstiele und des Hauptkelches, dessen Blättchen fast ganz schwarz sind, der Einwirkung der Höhe und Beschaffenheit des Standortes zugeschrieben werden. Aehnlich verhält es sich mit einer Pflanze, welche vor mehreren Jahren an den unteren Teich- rändern im Riesengebirge gesammelt wurde. Dieselbe hat im Allgemeinen den Habitus von 4. mu- rorum, nur ist sie gedrungener, robuster als diese. Der Schaft I—2blätirig. Dagegen sind die zahl- reichen, ziemlich lang gestielten Köpfchen doppelt so groß als an #7. murorum, und sind die Hüll- blätichen und Stiele viel stärker mit Drüsen bekleidet, als es bei dieser zu sein pflegt, so daß der Hüllkelch schwarz erscheint. Dadurch nähert sich diese Pflanze 4. nigrescens. Man könnte deßhalb geneigt sein, sie für eine Mittelform anzusehen, welche 4. murorum und FH. nigrescens zu einer Art verknüpfe. Indeß abgesehen von der wesentlichen Verschiedenheit dieser beiden Spezies, lehrten mich Beobachtungen auf dem Kamme des Riesengebirges, daß, wenn auch selten, 7. murorum in der Nähe von #. nigrescens auftritt, ohne sich anders als durch niedrigeren Wuchs von den Formen der Ebene zu unterscheiden. Andererseits führte eben diese Thatsache mich lange Zeit, zu der Annahme, daß besprochene Pflanze eine hybride, von A. murorum und H. nigrescens abstammende sei, zumal jene unzweifelhaften Formen von #4. murorum, welche ich auf dem Kamm des Gebirges sah, in der Grösse der Köpfe keine wesentliche Verschiedenheit zeigten. Allein nach Beobachtungen über #. anglicum kann besprochene Form füglich doch nur als eine durch die Eigenthümlichkeit der günstigen Boden- verhältnisse, wie sie-die Teichränder im Riesengebirge bieten (eine der Gegend um die Moraquelle auf dem Glätzer Schneeberge ganz analoge Lokalität), bedingte Varietät von 4. murorum betrachtet werden, die sich zu dieser eben so verhält, wie #4. anglieum zu H. vulgatum. Die Abweichungen dieser Abart sind demnach auch hier einmal der Höhe des Standortes, und andererseits jenen Verhält- nissen desselben zuzuschreiben, welche dort, wie bekannt, eine überaus üppige Vegetation überhaupt bedingen. 91 Hieracium nigrescens-prenanthoides. Ein anderes Hieracium, auf welches ich hier aufmerksam machen möchte, ist eine Hybride und aus der Vermischung von H. nigrescens und H. prenanthoides hervorgegangen. Die Pflanze trägt so deutlich den Charakter ihres Ursprunges an sich, daß man sie unschwer von ähnlichen Formen unter- scheidet. Der steife, 1—1; Fuß hohe, unten roth angelaufene Stengel ist mit 4—6 sitzenden, an der breiten Basis etwas geigenförmig zusammengezogenen, nach oben regelmäßig kleineren, eilanzettlichen, scharf gezähnten und zugespitzten Blättern besetzt. Die bodenständigen Blätter größer, in die lan- gen Stiele herablaufend, mit grossen ungleichen Zähnen, besonders an der unteren Hälfte des Blatt- randes. Der sparrige Blüthenstand, welcher durchaus an den von H. prenanthoides erinnert, trägt etwa 4—8 Köpfe, deren schwärzliche Hüllkelche, so wie die Blüthenstiele mit Borsten und Drüsen besetzt sind. Die reifen Achänen sind rothbraun, während sie von den Stammeltern bei H. nigrescens bekanntlich schwarz und bei #4. prenanthoides blaßgelb sind. Durch das Trocknen werden die Blätter gelblich, wie bei den Stammarten. In der Bekleidung, besonders der Blätter, erinnert die Pflanze ebenfalls sehr an 4. prenanthoides. Von H. pallidum Frs. (H. pallescens Waldst. et Kit. « Schmidtii Wimm. Fl. v. Schles. ed. II pag. 309), wie sie uns vom Prudelberge bei Stonsdorf vorliegt, unter- scheidet sich unsere Pflanze schon durch den Habitus, indem jene von kleinerem Wuchs und ohne Stengelblätter ist, die bodenständigen aber viel schmäler und verhältnißmäßig länger sind. Ferner weicht A. pallidum durch die Bekleidung der Blätter, welche von wenigeren, aber viel längeren stei- fen Borsten besetzt nnd bewimpert sind, so wie des Blüthenstandes und der Hüllen ab, welche letztere an sich graugrün mit grauen Borsten besetzt sind, während bei unserer Pflanze die schwärzlichen Hüllen mit schwarzen Haaren und Drüsen besetzt sind. Während die Köpfchen derselben zur Zeit der Blüthe fast kreiselförmig sind, sehen wir sie bei H. pallidum am Grunde stark bauchig. Auch hat H. nigreseens-prenanthoides das stark mit Weißgrau gemischte Grün der Blätter, welches H. pallidum auch im getrockneten Zustande sofort kenntlich macht. — Ob und inwieweit dagegen MH. pallescens Waldst. et Kit. & foliatum Wimm. (ZH. pallescens Frs.) hierher gehöre, kann ich nicht beurtheilen, da ich bisher noch keine authentischen Exemplare dieser Form sah. — Unsere Bastardpflanze sam- melten wir auf dem Glätzer Schneeberge um die Moraquelle, wo anßer anderen Arten auch H. nigre- scens und H. prenanthoides häufig vorkommen. Hieracium nigrescens-alpinum. Wenn man das auf unseren Gebirgen so äußerst häufige 7. alpinum in seinen mannigfaltigen Formen verfolgt, so wird man leicht auf eine, wie es scheint, gar nicht seltene, von mir sowohl im Riesengebirge als auf dem Glätzer Schneeberge angetroffene Pflanze stoßen, welche in diesen Formen- kreis offenbar nicht gehört, andererseits aber oft dem #7. nigrescens sich so sehr nähert, daß man in ihr eine Mittelbildung von Z. alpinım und H, nigrescens, und da diese beiden sicher als verschiedene Arten zu trennen sind, eine hybride Pflanze anzunehmen veranlaßt wird. Man könnte versucht sein, diese Form als eine üppige Bildung von #7. alpinum anzusehen, allein Exemplare von diesem, wie ich sie an den günstigsten Stellen tieferer Standorte angetroffen habe, zeigen sich gänzlich verschie- den, und beweisen, daß unsere Bastardpflanze einen anderen Typus besitzt. Es ist besonders die breite, grob ungleich gezähnte Form der zahlreichen, bodenständigen Blätter, welche auf 4. nigrescens hinweist und die an keinem unzweifelhaften Exemplare von H. alpinum zu finden ist. Die Köpfchen, ihre Bekleidung, so wie die der ganzen Pflanze entsprechen dagegen vollständig der typischen Form von H. alpinum. Am häufigsten ist dieser Bastard einköpfig; nicht selten stehen jedoch 3— 4 Köpf- chen auf langen in spitzen Winkeln aufsteigenden Stielen. Stengel meist blattlos, selten mit 1 oder 2 Blättchen besetzt. 12* 92 Die höheren mehrköpfigen Formen fand ich vorzugsweise auf dem Glätzer Schneeberge, während im Riesengebirge die kleineren einköpfigen vorherrschen. Schließlich sei hier noch ein, wie es scheint, sehr seltenes und bisher ganz unbeachtet gebliebenes Hieracium unseres Riesengebirges erwähnt, über dessen Natur und Werth ich noch zu keiner Gewiß- heit gekommen bin. Am wahrscheinlichsten dürfte es ein #. murorum-nigrescens darstellen. Im Ha- bitus hat diese Pflanze Aehnlichkeit mit 7. murorum; doch ist der Stengel mit 2, den bodenständigen, etwa gleich grossen, übrigens sitzenden Blättern besetzt und verlängern sich jene in einen ziemlich kurzen Blattstiel. Die Bekleidung der Blätter, so wie des unteren Stengels ist ebenfalls stärker als an H. murorum. Etwa von der Mitte der circa 2 Fuß hohen Pflanze aus theilt sich der Stengel in meh- rere etwas bogig aufsteigende mehrköpfige Aeste. Die zahlreichen Köpfchen etwas grösser als bei H. murorum, der Hüllkelch, so wie die Stiele der Köpfchen mit zahlreichen schwarzen Drüsen und einzelnen Borsten reich besetzt, die Hüllblättchen schwärzlich, die Farbe der Kronen dunkler als bei H. murorum. Offenbar gehören kleinere, 1 Fuß hohe Formen, mit wenigen (2—4) Köpfchen, blatt- losem oder mit 1 Blatte besetztem Stengel und stärker gezähnten bodenständigen Blättern, wie ich sie auf höheren Standorten, an den Wänden der Schneegruben sammelte, ebenfalls hierher, da sie in den Köpfchen, welche am charakteristischsten an unserer Pflanze sind, so wie in der Bekleidung ganz über- einstimmen. Es stehen diese letzteren Formen dem /J. nigrescens näher, unterscheiden sich aber sofort - durch die Köpfe, so wie die langen, in spitzen Winkeln aufsteigenden Blüthenstiele. Ich vermuthe übrigens, daß 4. atratum Frs. hierher gehöre. Beide Formen dieser Pflanze sammelte ich in der kleinen Schneegrube im Riesengebirge. Bericht über das der schlesischen Gesellschaft durch Vermächtniss anheimgefallene Herbarium des verstorbenen Professor Dr. Henschel, abgestattet von Direktor Dr. Wimmer. Nachdem das Präsidium eine Verwaltung für das Henschel’sche Herbarium bestellt und dem Herrn Dr. Milde die spezielle Aufsicht über dasselbe übergeben, auch ein Regulativ über die Benutzung des- selben entworfen (siehe den vorjährigen Jahresbericht), ist nun zunächst die Anordnung desselben in Angriff genommen worden. Da es aus zwei heterogenen Theilen, einem Familienherbarium und einem zweiten, worin die gerera nach dem Alphabet lagen, bestand, so schien zunächst die Verschmelzung dieser beiden Theile unerläßlich, sollte dasselbe für den Zweck der Benutzung zugänglich gemacht und‘ in geordneter Reihenfolge aufbewahrt werden. Dieser Arbeit unterzogen sich Ende vorigen Jahres in Gemeinschaft mit Herrn Dr. Milde der Sekretair der Sektion, Herr Professor Dr. Cohn, und der Referent, wobei sie noch von Herrn Stud. Nitschke freundlichst unterstützt wurden. Zunächst wurden die Phanerogamen geordnet, weil es zweckmäßig schien, zuvörderst die eine Abtheilung zum 93 Schlusse zu bringen. Diese Arbeit selbst hat die Nothwendigkeit, daß sie vorgenommen werden mußte, herausgestellt, indem in den beiden Herbarien theils dieselben Sippen und Arten sich befan- den, theils das eine neben gemeinsamen Sippen solche enthielt, welche sich in dem anderen nicht fanden; ein Ueberblick über das Vorhandene konnte nur erlangt und der bequeme Gebrauch des Vor- raths nur ermöglicht werden dadurch, daß beide Theile verbunden wurden. Auch konnten auf diesem Wege alle diejenigen synonymen Arten, welche an verschiedenen Orten zerstreut waren, am leichtesten zusammengefunden werden. Andererseits hat diese Vornahme die nähere Ueberzeugung von der hohen Bedeutung dieses Vermächtnisses und dem grossen Werthe dieser Sammlung verschafft, die als ein wahrer wissenschaftlicher Schatz betrachtet werden muß und auf deren gewissenhafte Erhaltung die größte Sorgfalt zu verwenden sein wird. Nachdem diese erste nothwendige Vorarbeit gethan war, sollen nun die einzelnen Familien, beiläufig nach der Endlicher’schen Anordnung, dergestalt geordnet werden, daß eine jede Sippe Alles davon Vorhandene umschließt und die Sippen in systematischer Ordnung auf einander folgen. *) Referent hat zu diesem Ende selbst einige Familien geordnet und giebt zum Belege des oben Gesagten hier eine Uebersicht des in diesem Herbarium aus der Familie der Melastomaceae Vorhandenen. Von der Familie der Melastomaceae, welche in Endlicher Genera 105 Sippen enthält, sind im Henschel’schen Herbarium 57 Sippen und nächstdem noch 10 neue, bei Endlicher nicht aufgeführte, vorhanden. Von diesen enthalten Miconia 32, Clidemia 20, Melastoma 16, Arthrostemma 14, Mi- crolieia 12, Spennera, Lasiandra, Cremonium je 11, Osbeckia 10 Arten, 2 Sippen 5, 7 Sippen 4, 6 Sippen 3, 12 Sippen 2, die übrigen eine Art. Die Zahl der Arten beträgt im Ganzen 158. Verzeichniss der bisher bei Strehlen beobachteten Laubmoose von Lehrer Hilse. Seit ein paar Jahren habe ich angefangen, die Laubmoose hiesiger Gegend zu sammeln. Obgleich das nachfolgende Verzeichniß derselben, nach meiner Meinung, noch lückenhaft ist, so habe ich es doch vorgezogeu, dasselbe schon jetzt zu veröffentlichen. Hoffentlich dürften in nicht langer Zeit noch einige ergänzende Nachträge geliefert werden. Die Bestimmungen sind von Herrn Dr. Karl Müller in Halle revidirt worden. 1. Astomum nitidum. An Waldwegen bei Geppersdorf. 2. A. subulatum. Gemein, z. B. am Galgenberge. *) In dem Augenblick, wo diese Zeilen unter die Presse kommen, sind durch die ausserordentlichen Bemühun- gen des Herrn Dr. Milde bereits sämmtliche Phanerogamen-Familien absolvirt, so dass der Benutzung des Herbariums jetzt nichts mehr im Wege steht. Ueber die Bedingungen der Benutzung vergleiche den vorigen Jahrgang. 94 3. Phascum erispum. Bei Geppersdorf. 4. Ph. ceuspidatum. Häufig, z. B. Galgenberg, Damm- mühle etc. 9. Acaulon muticum. Galgenberg, auch auf der Stadtmauer. i 6. Fissidens dryoides. An vielen Stellen. 7. F. adiantoides. Warkotsch u. a.0. 8. F. taxi- folius. Rummelsberg. 9. Leucobryum vu/gare. Am Rummelsberge und besonders am Lehmberge häufig mit Früchten. 10. Sphagnum cymbifolium. Bummelsberg. 11. Sph. cuspidatum. Rummelsberg. 12. Sph. squarrosum. Rummelsberg. 19. Sph. acutifolium. Rummelsberg. 14. Funaria huygrometrica. Gemein. 15. Physcomitrium pyriforme. An vielen Stellen. 16. Ph. sphaericum. In einem ausgetrock- neten Fischteiche bei Hussinetz sehr häulig. 17. Buxbaumia aphylla. Galgenberg, Marienberg, aber sparsam. 15. Diphyscium foliosum. Ziemlich häufig am Rummelsberge. 19. Mnium punetatum. Gemein. 20. M. undulatum. Gemein. 21. M. cuspidatum. Gemein. 22. M. hornum. In Schluchten am Rummelsberge. 23. M. stellare. Rummelsberg, besonders im Wallgraben. 24. M. palustre. Galgenberg, Rummelsberg etc. 25. Georgia Mnemosynum. Besonders am Rummelsberge. 26. Catharinea Callibryon. Gemein. 27. Polytrichum aloides. Häufig am Lehmberge. 28. P. nanum. Galgenberg, Rummelsberg. 29. P. urnigerum. _Galgenberg, Rummelsberg. 30. P. piliferum. Gemein. 31. P. juniperinum. Gemein. 32. P. commune. Gemein. 39. Bryum roseum. Pentsch, Rummelsberg etc. 34. Br. bimum. Peterwitz, Warkotsch. 35. Br. pseudotriquetrum. Peterwitz. 36. Br. turbinatum. Galgenberg. 37. Br. pallens. Warkotsch. 38. Br. intermedium. An Felsen auf dem Galgenberge. 39. Br. eapillare. Häufig am Rummels- berge. 40. Br. caespitieium. Gemein. 41. Br. erythrocarpon. Galgenberg und Geppersdorf. 42. Br. argenteum. Gemein. 43. Br. pyriforme. Sparsam am Galgenberge. 44. Br. nutans. An mehreren Stellen, z. B. am Lehmberge. 45. Br. carneum. In Gräben bei Geppersdorf. 46. Dr. albicans. In Gräben am Leichnamsberge. 47. Br. elongatum. In Hohlwegen am Leichnamsberge. 48. Dieranum undulatum. Gemein. 49. D. spurium. Am Rummelsberge. 50. D. scoparium. Gemein. 51. D, polycarpum. Auf Felsen am Rummelsberge. 52. D. montanum. Geppersdorf, Rummelsberg etec., ohne Frucht. 59. Angstroemia cerviceulata. Peterwitz. 54. A. heteromalla. Häufig am Rummelsberge. 58. A. varia. An vielen Stellen. 56. A. rufescens. Lehmberg, Rummelsberg etc. 57. A. pellueida. Bei der Dammmühle. 58. Leptotrichum homomallum. Gemein. 59. L. pallidum. Auf dem Lehmberge. 60. L. tor- tile. Häufig auf dem Galgenberge. 61. Bartramia fontana. An vielen Stellen. 62. B. marchica. Friedersdorf, Ziegenberg, Gep- persdorf. 63. B. pomiformis. Gemein. | 64. Encalypta vulgaris. Häufig, z. B. auf Mauern um die Stadt. 65. E. streptocarpa. Ploh- mühle, Dammmühle; jedoch ohne Frucht. 66. Potlia eustoma. Gemein. 67. P. eavifolia. Besonders auf Mauern um die Stadt. 68. Trichostomum »ubellum. An mehreren Stellen. 69. Barbula fallax. An vielen Orten. 70. B. unguiculata. Häufig, z. B. auf der Stadtmauer. 71. B. rigida. Nicht häufig auf der Stadtmauer. 72. B. tortuosa. Sparsam auf Felsen am Rum- 95 melsberge. 73. D. muralis. Gemein. 74. B. ruralis. Gemein. 75. B. subulata. Galgenberg, Rummelsberg; aber niemals häufig. 76. B. latifolia. An Steinen bei Niklasdorf; jedoch sparsam. 77. Ceratodon purpureus. Gemein. 78. Weisia microstoma. Am Rummelsberge und Lehmberge. 79. W. viridula. Besonders am Lehmberge und bei Geppersdorf. 80. Orthotrichum obtusifolium. An mehreren Orten. 81. O. Hutchinsiae. Auf Felsen am Rummelsberge und bei Geppersdorf. 82. O. anomalum. An Steinen bei Niklasdorf. 83. O. diapha- num. An Pappeln bei der Stadt. 84. O. pumilum. An vielen Stellen. 85. O. fallax. An Pappeln bei der Stadt. 86. O. cupulatum. Auf Felsen am Lehmberge. Diese Bestimmung ist noch nicht ganz sicher, weil sie vorigen Herbst nach veralteten Früchten geschah. 87. O. speciosum. Häufig, z. B. am Leichnamsberge und Rummelsberge. 88. O. affine. Gemein. 89. O. striatum. Am Rum- melsberge. 90. O. erispum. Sehr sparsam am Rummelsberge. 91. O. erispulum. Häufig, ders auf dem Leichnamsberge. 92. Grimmia apocarpa. Gemein, besonders am Rummelsberge. 93. Gr. pulvinata. Gemein. 94. Gr. ovata. Galgenberg, Marienberg, aber nie häufig. 95. Gr. canescens. Gemein. 96. Gr. leucophaea. Auf Felsen am Galgenberge, doch ohne Frucht. 97. Neckera complanata. Leichnamsberg und Rummelsberg auf Felsen. 98. N. repens. Häufig am Rummelsberge und besonders schöne Rasen am Leichnamsberge, an Stämmen von Birken und Eichen; selten auf Felsen. 99. N. filiformis. Gemein, z.B. am Rummelsberge. 100. N. seiuroides. Gemein. 101. N. curtipendula. Auf Felsen am Rummelsberge und Leichnamsberge. 102. N. den- droides. Gemein; am Galgenberge auch mit Früchten. 105. Pilotrichum antipyretieum. An vielen Stellen. 104. P. eiliatum. Ebenso. 105. Hypnum abietinum. Gemein. 106. H. aduncum. Sumpfige Stellen, z. B. bei Peterwitz und Warkotsch. 107. H. albicans. Häufig, z. B. am Galgenberge. 108. Z. alopecurum. In Schluch- ten am Rummelsberge. 109. ZH. attenuatum. An vielen Stellen. 110. 7. commulatum. Peterwitz und Warkotsch. 111. H. cordifolium. Häufig an sumpfigen Orten. 112. 4. erista castrensis. Auf Felsen am Leichnamsberge. 113. 4. cupressiforme. Gemein. 114. H. eurvifolium Hdw. Sparsam am Galgenberge. 115. 4. cuspidatum. Gemein. 116. ZH. delicatulum. Am Rummelsberge. 117. H. denticulatum.- Gemein. 118. 4. elodes Spruce. Am Walde von Dobergast. 119. H. filieinum. Bei Peterwitz und Warkotsch. 120. 4. fluitans. Gemein. 121. H. fluviatile. Bei der Dammmühle. 122. M. laetum Brid. An Weiden bei der Dammühle. 123. Z. glareosum. Am Rummelsberge. 124. 4 lutescens. Bei der Dammmühle. 125. 7. Haldanianum. Feuchte Waldwege am Rummelsberge; auf Erde und faulen Baumstämmen. 126. H. molluseum. Nicht selten, z. B. bei Warkotsch. 127. 4. myurum. Rummelsberg. 128. H. nervosum. Rummelsberg, häufiger am Leichnamsberge. 129. H. nitens. Reichlich bei Geppersdorf. 150. A. piliferum. Am Rummelsberge. 131. 4. plumosum. Rummelsberg. 132. A. polyanthum. Gemein. 1933. 4. polycarpum. Gemein. 134. H. populeum. Dammmühle, Rummelsberg. 135. 4. praelongum. Gemein. 186. A. pratense Koch. An Waldwegen des Rummelsberges und Leichnams- berges häufig. 137. H. pseudoplumosum. In feuchten Schluchten am Rummelsberge und Leichnams- berge. 138. A. purum. Gemein. 139. ZH. riparium. An mehreren Orten. 140. A. ruseiforme. Plohmühle, Rummelsberg ete. 141. H. rutabulum. Gemein. 142. H. Schreberi. Gemein. 143. A. scorpioides. In den Mergelgruben bei Striege. 144. H. Seligeri Dammmühle u.a. O0. 145. H. se- riceum. Häufig an Mauern. 146. H. serpens. An vielen Orten. 147. H. splendens. Gemein. 148. H. squarrosum. An vielen Stellen. 149. H. stellatum. Nicht selten, z. B. bei Pentsch und Gep- persdorf. 150. H. striatum. Gemein. 151. H. strigosum. Galgenberg und Marienberg. 152. 4. beson- 96 subtile. Rummelsberg und Leichnamsberg an Buchen. 153. H. tamariscinum. Gemein. 154. H. tri- chomanoides. Häufig am Rummelsberge. 155. 4. triquetrum. Gemein. 156. H, velutinum. Ge- mein. 157. 4. vitieulosum. Dammmühle, Rummelsberg u. a. O. Von den verzeichneten Moosen dürften folgende für Schlesien neu sein: Aypnum curvifolium Hdw., Hypnum elodes Spruce, Aypnum laetum Brid., Hypnum glareosum, Hypnum Haldanianum, Hypnum pratense Koch und Darbula latifolia. Botanische Mittheilungen von dem Secretair der Sektion, Ferdinand (Cohn. I. Ueber Meeresorganismen im Binnenlande. Zu den interessantesten Problemen, deren Erörterung die Pflanzengeographie in neuerer Zeit sich zur Aufgabe stellt, gehören auch die Untersuchungen über die Urheimath der Gewächse. Wenn wir eine und dieselbe Pflanzenart heut zu Tage in verschiedenen Ländern vegeliren sehen, so liegi, da eine ursprüngliche primäre Entstehung an allen diesen Punkten höchst unwahrscheinlich ist, die Ver- muthung nahe, daß nur an einer Stelle der eigentliche Schöpfungsmittelpunkt dieser Pflanze zu suchen sei, von wo aus dieselbe sich im Laufe der Zeit durch Ausstreuen ihrer Samen mit Hilfe der Winde, des Wassers, der Thiere und Menschen weiter verbreitet hat. Wo der Verbreitungskreis einer Pflanze ununterbrochen ist, wie z. B. bei den meisten unserer Unkräuter (Sonchus oleruceus, Capsella bursa pastoris, Stellaria media etc., die in der ganzen Welt wachsen), da steht einer solchen Annahmen auch keine besondere Schwierigkeit entgegen; anders aber ist es, wenn eine Pflanze nur isolirt an verschiedenen weit von einander entfernten Punkten vorkommt, dazwischen aber durchaus nicht gefun- den wird, und wenn zwischen diesen verschiedenen Standpunkten natürliche Hindernisse von solcher Ausdehnung aufireten, daß sie der Verbreitung der Samen unübersteigliche Schwierigkeiten entgegenzu- setzen scheinen. Das ist z. B. der Fall mit den meisten Alpenpflanzen, von denen ganz dieselben Arten sich in den Polarländern von Amerika, Asien und Europa, in den Bergen von Schottland und von Norwegen, auf den Sudeten, Karpathen, den Alpen und Pyrenäen zeigen, in den dazwischen lie- senden Ebenen aber gänzlich fehlen. In solchen und ähnlichen Fällen, wie sie De Candolle in seiner Pflanzengeographie in großer Anzahl: zusammengestellt hat, hat man neuerdings die Hypothese zu Hilfe gezogen, als sei die Verbreitung jener Pflanzen bereits in einer früheren Erdepoche geschehen, wo die heut zu Tage sich ihnen entgegenstellenden Hindernisse noch nicht stattfanden, oder wo andere begün- siigende Umstände für dieselbe vorhanden waren, welche gegenwärtig in“Folge der Veränderungen in der Vertheilung von Land und Meer verschwunden sind. So kann angenommen werden, dab in jener entlegenen Erdepoche, als das Klima der nördlichen Halbkugel weit gleichförmiger und zwar kälter war, als heut zu Tage, als die erratischen Blöcke von den Gletschern der Polarzone fast bis an den Fuß der Alpen wanderten, die Alpenpflanzen die allge- meine Vegetation von ganz Europa, Nordamerika und Nordasien darstellten, daß sie aber, nachdem das Klima der Ebene sich gemildert, nur in jenen Gebirgsregionen zurückblieben und sich bis jetzt 97 erhalten haben, deren Temperaturverhältnisse jener Eisperiode noch heut entsprechen. Andere Thatsachen, wie sie namentlich durch englische Botaniker und Geologen hervorgehoben worden sind, machen es wahrscheinlich, daß Inseln, die heut durch breite Meere getrennt sind, einst zusammengehangen haben, daß Länder verschwunden sein müssen, die einst über den Ocean sich erhoben und die Brücke zwischen getrennten Welttheilen gebildet hatten, daß Meeresströmungen einst eine andere Richtung verfolgt haben müssen als heut zu Tage. Unter die merkwürdigsten Thatsachen in dieser Beziehung gehört die Verbreitung der Salz- oder Strandpflanzen (plantae maritimae vel salinae). Es sind dies bekanntlich eine grosse Anzahl von Arten, von charakteristischem Habitus, der auch in den verschiedenen Gattungen und Familien sich sehr ähnlich zeigt, meist mit dicken fetten Blättern und blaugrüner Farbe. Diese Pflanzen umgürten nicht nur in gleicher Weise den Strand der nordischen Meere, sondern sie erscheinen auch im Binnenlande überall da, wo entweder salzhaltige Bäche oder Seen sich vorfinden, oder der Boden selbst mit Salz getränkt ist. Salicornia herbacea, Atriplex salina, Halimus pedunculatus, Glaux maritima, Aster Tripolium etc. vegetiren in ganz gleicher Ueppigkeit am Ufer des Meeres und an den Salinen des Binnenlandes; man kann diese, wie die grosse Zahl ähnlicher Pflanzen geradezu als untrügliche Anzei- chen für das Vorkommen von Salz betrachten. *) Wenn diese Thatsache einerseits die von Vielen neuerdings in Zweifel gezogene Nothwendigkeit einer bestimmten chemischen Bodenzusammensetzung für das Vorkommen gewisser Pflanzen beweist, so erfordert sie andererseits eine Erklärung dafür, wie wir uns das Erscheinen der Strandpflanzen an isolirten Punkten und in so weiter Entfernung vom Meere zu denken haben. Da jedoch die Salz- und Strandgewächse sämmtlich Landpflanzen sind, so ist die Ver- breitung ihrer Samen von der Küste aus lief in das Binnenland hinein durch Vermittelung der Stürme wenigstens nicht für unmöglich zu erklären. **) Anders dagegen ist das Verhalten der Pflanzen, welche im salzhaltigen Wasser des Meeres selbst vegetiren. Bekanntlich hat das Meer, wie seine eigenthümliche Fauna, so auch seine charakteristische Flora, die nicht blos in den Arten, sondern auch in den Gattungen und Familien von der des süssen Wassers völlig verschieden ist. Die Phanerogamen, welche die Hauptmasse des Pflanzenwuchses auf den Kontinenten ausmachen, fehlen gänzlich im Meere, mit Ausnahme einiger wenigen in der Nähe des Strandes vegetirenden Arten, die meist zu den Monocotylen und zwar zu den niederen Typen der Na- jadeen (Zostera, Posidonia, Ruppia), Hydrocharideen (Enhalus) und Podostemmeen gehören. Die eigentlichen Charakterpflanzen des Meeres sind die durch tausende von Arten vertretenen Algen, von denen die Familien der Fucaceen, Fucoideen und Florideen mit ihren theils gigantischen, theils zierli- chen Formen dem Meere ausschliesslich angehören. ***) *) Ob die auf einer Wiese an der Chaussee nach Lissa bei Breslau vegetirenden Triglochin maritimunr und Glauz maritima bier wirklich einen Salzgehalt des Bodens anzeigen, ist meines Wissens noch nicht genauer geprüft worden. “") Wie weit leichte Körper durch Stürme transportirt werden können, beweist unter andern die Verbreitung des Schwefelregens (des durch Regen niedergeschlagenen Blüthenstaubes der Kiefern) nach Gegenden, die in meilenwei- tem Umkreise keine Kieferwälder besitzen. So fällt nach Lyngbye Kieferpollen als gelber Ueberzug auf die Seen Seelands und auf das Meer bis an die schwedischen Küsten nieder, der aus den Wäldern von Mecklenburg, Pommern oder Hannover kommen muss. Anfang Juni vorigen Jahres beobachtete ich in Wassertonnen, welche auf dem Gipfel der Schneekoppe standen, das gelbe Pulver des Kieferblüthenstaubes; da jedoch das ganze Riesengebirge keine Kieferwälder hat, so konnte derselbe nicht näher als von der Lausitz, dem rechten Oderufer oder Oberschlesien stam- men, und musste in eine Luftregion von weit über 5000 Fuss Höhe emporgetragen worden sein. **") A, Braun hat im See von Tegel bei Berlin eine Fucvidee des süssen Wassers entdeckt, zur Gruppe der Mesogloeaceen Kützing gehörig, ihrer äusseren Form nach an die Räschen von Chaetophora erinnernd (vgl. Rabenhorst 13 98 Von den niederen Algen, den Zoosporeae Ag., Isocarpeae Kg., Chlorospermeae Harv., kommen allerdings einzelne Gattungen gleichzeitig im Meere und im süssen Wasser vor (Vaucheria, Cladophora, Enteromorpha ete.), aber die Arten sind verschieden; die bei Weitem meisten Gattungen, ja selbst Familien sind theils dem süssen, theils dem salzigen Wasser ausschliesslich eigen. Dasselbe gilt von den Bacillarien, von denen im Allgemeinen die kleineren einfacheren Arten und Gattungen auf das süsse Wasser, die grossen zusammengeselzteren dagegen auf das Meer beschränkt sind. Die Ordnung der Bacillarien, welche Kützing als Diatomeae areolatae wegen ihrer mit zelligen Zeichnungen verse- henen Panzer aufführt, kommt ausschließlich im Meere vor; von den Diatomeae striatae und vittatae sind die Hälfte”marin. Die dem Meere eigenthümlichen Gattungen und Arten der Bacillarien lassen sich so leicht und sicher von denen des süssen Wassers unterscheiden, daß nicht nur Rabenhorst ein besonderes Werk: „Ueber die Bacillarien des süssen Wassers“ herausgeben konnte, welches kaum eine einzige, auch im Meere vegetirende Art enthält, sondern daß auch Ehrenberg im Stande war, aus den in einem Gestein oder fossilen Lager vorkommenden Bacillarienarten, seien deren auch noch so wenige, mit Ent- schiedenheit auf eine marine oder Süßwasserbildung der betreffenden Erdart zu schliessen. Ein Bacilla- rienlager, ein Gestein, in welchem sich auch nur einige Arten des Meeres mit Sicherheit erkennen lassen, wird von ihm demnach als ein Meeresprodukt erklärt; ein anderes, in welchem die Meeresformen fehl- ten, musste aus dem Süßwasser abgesetzt sein. Auf diese Weise hat Ehrenberg viele wichtige Schlußfolgerungen über den Ursprung gewisser Schichten und Felsarten aus einer Anzahl Bacillarien- formen thun können (vergleiche seine Mikrologie). So schließt Ehrenberg unter anderen, daß das todte Meer niemals ein Theil des Weltmeeres gewesen sei, da es in seinen Ablagerungen zwar 44 organische Gebilde, aber lauter Süßwasserformen, keine einzige marine Bacillarie oder Polythalamie zeigt; es ist nur als ein salziger Binnenlandsee, wie er sich ausdrückt, als ein „‚salzhaltiger Süßwassersee, der nie mit dem Meere in Verbindung gestanden,“ zu betrachten. Was nun die Bacillarien betrifft, welche in den Salinen des Binnenlandes vorkommen, so behauptet zwar Kützing in seinem Buche: Die kieselschaligen Bacillarien, p. 18, ‚daß diese denen des Brack- wassers und der Meeresküste fast durchaus gleichen; in beiden finden sich gewisse Arten von Ach- nanthes, Melosira und Synedra, die in anderen Gewässern nicht angetroffen werden.‘ Es muß jedoch hierbei bemerkt werden, daß dieser Ausspruch Kützing’s insofern nicht begründet ist, als wie schon oben erwähnt, die charakteristischen Gattungen und Familien des Meeres bis jetzt noch nie in Salinen gefunden worden waren; die eben citirten Gattungen sind solche, welche auch im Algen Sachsens Dec. XLV. Nr. 441). Eine Floridee des süssen Wassers ist vielleicht die interessante rothe Alge, welche auf Steinen in Gebirgsbächen rosenrothe Krusten bildet und von J. Agardh (Spee. Alyaram II. 493) und Kützing (Spec. Aly. p. 695) als Hildenbrundtia rosea var. fluviatilis, von Sommerfeld als (Verrucaria) Segestrella rubra, von Liebmann als Erythroclathrus rivularis, von Fries als Segestria rubra, von Harvey als Rhododermis Drummondü, von Areschong und Trevisan als Cruoria rivularıs, von Rabenhorst als Sphaeromphale rubra bezeichnet worden ist; sie wurde oft mit einer echten Verrucarie, Segestrella umbonata Ach. (Krbr. Syst. lichen. p. 331) verwechselt, ver- gleiche Trevisan Fragmenta lichenographica; Flora, 28. März 1855. An den von Sauter und Zwakh bei Heidelberg und Braunau gesammelten Exemplaren, welche ich durch Herrn Dr. Körber’s Güte zu sehen Gelegenheit hatte, gelang es mir nicht, die Fruktifikation dieser im Habitus und in der Sporenbildung an Porphyra erinnernde Alge aufzufinden und dadurch ihre systematische Stellung ausser Zweifel zu setzen; die Porphyreen selbst stellt Nägeli übrigens nicht zu den Florideen, sondern zu den Ulvaceen, 99 süßen Wasser und zwar in großen Massen und zahlreichen Arten vorkommen, und nur einzelne Arten derselben sind auf das salzhaltige Wasser beschränkt. Um so interessanter war es mir, als ich aus einer Notiz in den Rabenhorst’schen Algendecaden ersah, daß in dem Salzbache bei Sondershausen eine bisher als unzweifelhafte Meeresform betrachtete Bacillarie, Bacillaria paradoxa Gmel., von Bulnheim beobachtet und unter Nr. 361 ausgegeben worden sei. Baecillaria paradoxa, eine Art von charakteristischem Meerestypus, die ich bisher nur an den Küsten der Nordsee und der schottischen Meere beobachtet, deren wunderbare Bewegung noch immer nicht. völlig aufgeklärt ist, in einem Bache der goldenen Aue, 50 Meilen vom Meere entfernt! Der Wunsch, dieses interessante Vorkommen näher zu studiren, veranlaßte mich, an den hochverdienten Bo- taniker von Sondershausen, Herrn Professor Dr. Thilo Irmisch, mich mit der Bitte um Zusendung von Material zu wenden. Mit größter Bereitwilligkeit hatte derselbe die Güte, mir mehrere Male Wasser und Pflanzen, so wie ausführliche Notizen über die geographischen und geognostischen Verhältnisse jener Lokalitäi zu übersenden und mir dadurch die Zusammenstellung der nachstehenden Mittheilungen zu er- möglichen. Der Salzbach entspringt drittehalb Stunden nördlich von Sondershausen an der nördlichsten Grenze des Fürstenthums Schwarzburg-Sonderhausen zwischen der schwarzburgischen Domäne, die Numburg ge- nannt, und dem preußischen Dorfe Auleben, näher jedoch an der ersteren, am äußersten Südrande der goldenen Aue, die sich abwärts von Nordhausen, nördlich vom Harze begrenzt, um den Fuß des Kyff- häuser Berges hinzieht; nach kaum einstündigem Laufe in der Richtung von Westen nach Osten an der Numburg vorbei fällt er eine Strecke oberhalb des Städtchens Kelbra in die Helme, einen kleinen Neben- fluß der Unstrut. Die Meereshöhe der Ebene, die der Bach durchläuft, beträgt zwischen 450—420 Fuß. Der Bach hat, wie es scheint, ein künstliches Bett und mag früher sich gleich in seiner Umgebung ergossen haben, die eine weite, ziemlich nasse Wiesenfläche, das lange Rieth genannt, bildet. Die ganze goldene Aue bildete in früherer Zeit eine sumpfige Fläche, und wurde erst im Mittelalter durch flämische Kolonisten, die hierher berufen wurden, trocken gelegt, ist daher noch allenthalben von Gräben durchzogen, welche die Wasser ‘der Helme zuleiten. Gewiß verlor sich in früherer Zeit der Salzbach mit seinem Wasser überhaupt in dem Sumpfe, dessen Gewässer sich wohl schwerlich von den Gewässern anderer Sümpfe unterschied; erst nach der Entsumpfung seiner Umgebungen, die übrigens jetzt noch nicht einmal vollständig ist (die Gräben enthalten die allergewöhnlichsten Sumpfpflanzen), konnte der Salzbach sein Wasser rein erhalten; dieses ist am Ursprung ganz klar und schmeckt stark salzig. Wo es auf den zähen Thonboden übergetreten ist, läßt es, wenn es sich verzogen hat, kleine Salzkry- stalle zurück. Gleich an der Quelle war früher eine Saline angelegt und namentlich von 1626—44 in Betrieb; die Soole mag wohl aber zu schwach gewesen sein, so daß die Saline einging. Die Ufer des Baches zeigen eine vollständige Strandflora, da AHalimus pedunculatus, Chenopodium maritimum, Salicornia herbacea, Glaux maritima, Lepigonum marginatum und medium, Aster Tripolium, Tri- glochin maritimum, Plantago maritima, Bupleurum tenuissimum, Melilotus dentata, Tetragonolobus siliquosus, Glyceria distans und andere salzliebende Pflanzen daselbst vegetiren. ‘In dem Bache selbst wuchert außer Zannichellia palustris eine zweite, dem Meere eigenthümliche Najadee (Potamee), nämlich Ruppia rostellata Koch, welche im Verein mit ihrer nahe verwandten Schwester- arı R. maritima L. bisher am adriatischen Meere, dem Strande der Nord- und Ostsee, aber auch vereinzelt im Denkerhäuser Sumpf bei Göttingen und an der Saline Artern bei Magdeburg beobachtet worden ist. Im Salzbach vegetirt die Ruppia so massenhaft, daß ihre Polster, in ähnlicher Weise wie dies von der Anacharis Alsinastrum berichtet wird, das Wasser des Baches aufstauen und Ueberschwemmung der 13 * 100 angrenzenden Wiesen veranlassen. Deßhalb wird, wie Irmisch in seiner schönen Abhandlung: ‚über einige Arten aus der natürlichen Familie der Potameen 1855 p. 45% berichtet, von der Feldpolizei gegen die Ruppia eingeschritten, indem die Bauern eines benachbarten Dorfes gehalten sind, von Zeit zu Zeit die Pflanze mit Rechen und anderen Instrumenten herauszuziehen; die Maßregel hilft indeß nicht viel, denn die Ruppia ergänzt die Lücken bald- wieder. Die Stengel der Ruppia waren hier und da mit braunem Schleim bedeckt, der, wie das Mikroskop erwies, größtentheils aus Bacillarien bestand; auch der Schlamm, der sich aus dem Wasser absetzte, enthielt zahlreiche Arten von Bacillarien, welche ich im salzhaltigen Wasser lange Zeit kultivirt und näher beobachtet und bestimmt habe. Ich gebe hier ein Verzeichniß der interessantesten Bacillarien, welche ich gefunden, und füge aus Kützing’s species alyarum die Angabe der Fundorte bei, wo diese Arten früher aufgezeichnet worden sind. 1. Baeillaria paradoxa Gmel.: in der Ostsee bei Kiel und Flensburg, an den britischen Küsten. 2. Chaetoceros Wighamii Brightwell. Diese Art ist die interessanteste unter allen Bacillarien des Salzbaches, da sie einen spezifischen Meerestypus darstellt, .der von allen Süßwasserformen ganz ver- schieden ist; in Kützing’s System steht die Gattung unter den rein marinen Diatomeae areolatae. Die Galtung Ohaetoceros wurde zuerst im Januar 1856 von Th. Brightwell im Quaterly Journal of Ihe Mi- croscopical Society genauer beschrieben, nachdem schon früher Ehrenberg und Bailey Fragmente von ihr bekannt gemacht hatten. Von 14 Arten, die zum Theil fossil, zum Theil in Guano gefunden wurden, ist nur eine, unser Chaetoceros Wighamüi, lebend beobachtei worden und zwar im Brackwasser in Fluß- mündungen an den Küsten der Meerbucht (estuary) Breydon bei Yarmouth in England; später fand sie Normann mit noch 2 anderen Chaetoceros-Arten im Magen einer Ascidie bei Hull (Annals of natural history August 1857). Pringsheim entdeckte dieselbe bei Helgoland auf offener See. Der Chaetoceros vom Salzbach stimmt ganz mit dem englischen überein; nur glaube ich denselben . in noch frischerem, unbeschädigterem Zustande beobachtet zu haben als Brightwell. Es sind fadenför- mig an einander gereihte Zellen, ähnlich Melosira, aber auf dem Querschnitt (der Nebenseite) nicht kreisrund, sondern spitz-elliptisch, in dieser Beziehung an Fragillaria erinnernd, so daß der ganze Zel- lenfaden fast zweischneidig (anceps) erscheint; die Hauptseite ist bei verschiedenen Exemplaren bald gleich lang und breit, bald fast doppelt so breit; die einzelnen Zellen sind nicht mit ebenen Scheide- wänden (Nebenseiten) aufeinandergeseizt, sondern diese sind tellerförmig flach nach innen gebogen. An den beiden, in eine kleine Spitze ausgezogenen Scheitelpunkten, in denen die Bogen der elliptischen Nebenseiten sich schneiden, entspringen je 2 lange haararlige, fast in rechtem Winkel divergirende Bor- sten, aus Kieselerde bestehend; es erscheint also der Zellenfaden zu beiden Seiten von langen zarten Borsten eingefaßt, welche paarweise von der Grenze zweier Zellen auslaufen: der Inhalt der Zellen ist gleichförmig braun, ähnlich einer Fragillaria. In anderen Fäden, die ich für eine spätere Entwicke- lungsstufe halte, ist der Gesammtumriß der Zellen und der Verlauf der Borsten unverändert; es befindet sich aber in jede Zelle eingeschlossen ein eigenthümliches napflörmiges Körperchen, kurz eylindrisch, mit halbkugeligem Boden, welcher an die untere Nebenseite der Zelle anstößt, während der Cylinder- mantel die Hauptseiten berührt; nach oben ist der Napf flach abgeschnitten und in einen schmäleren kurzen Hals verlängert, dessen Mund, von einer Membran verschlossen, der oberen Nebenseite anliegt; Boden und Cylindermantel des Napfes sind mit kurzen Wärzchen besetzt, wie punktirt. Die in je zwei unmittelbar auf einander folgenden Zellen befindlichen Näpfe berühren sich mit dem Munde des Halses, sind aber durch die Scheidewand (die Nebenseiten) von einander geirennt. Die Näpfe eines Zellenfadens sind daher so geordnet, daß ein jeder seinem Nachbar zur Rechten den Mund, dem zur Linken den Boden zukehrt. Später lösen sich die Zellenfäden auf, indem die Näpfe aus ihren Zellen 101 ausfallen und frei. werden; diese zerbrechen dabei in gürtelförmige Stücke, an denen zu beiden Seiten eine der beiden Borsten hängen bleibt; mir scheint, als ob von jedem Borstenpaare die eine der oberen, die andere der unten sich berührenden Zelle angehört. Diese unterscheidet sich durch ihre völlig homogene Membran von dem in ihr enthaltenen warzigen Napfe; der letztere ist in seinem Bauch und Boden mit brauner gleichförmiger Substanz gefüllt, der Hals ist farblos. Nach einiger Zeit sind sämmtliche Näpfe aus ihren Zellen herausgefallen, und man findet im Schlamme nur die freien Näpfe, die Ehrenberg als eine besondere Gattung angesehen hat. Es ist schwer, sich über dieses ganze Verhältniß eine befriedigende Vorstellung zu machen, da dasselbe von allen von mir bisher beobachteten Vorgängen bei Bacillarien abweicht, Daß in einer ein- fachen Kieselzelle ein besonderer eigenthümlich geformter Körper eingeschlossen ist, von denen immer zwei zusammengehören, kommt allerdings bei den Meeresbacillarien aus der Familie der Biddulphieen vor, z. B. bei Odontella, Isthmia, Biddulphia. Selbst bei vielen Melosiren scheint ein ähnlicher Bau stattzufinden (vgl. Kützing: Kieselschalige Bacillarien tab. 3, fig. IIL., IV. etc). Auf der anderen Seite erinnert der Umstand, daß die eingeschlossenen Näpfe mit den Oeflnungen sich paarweise berühren, so wie ihre erst nachträgliche Bildung in den anfänglich ganz homogenen Zellen, und ihr endliches Frei- werden an Kopulationsvorgänge, wie sie in der Familie der Melosireen, wenn auch in abweichen- der Weise, bekannt sind, so daß die Näpfe sich wie Sporen zu verhalten scheinen. Mitunter fand ich Fäden, in welchen von je zwei Zellen nur in einer ein Napf sich gebildet hatte, die andere. dagegen nur eine formlose braune Masse enthielt. Auch Entwickelungsstufen in der Bildung der Näpfe glaube ich beobachtet zu haben. Ich unterscheide unter den Chaetoceros des Salzbaches zwei Hauptformen, die eine mit im Längs- schnitt fast quadratischen Hauptseiten, die eigentliche Chaetoceros Wighami, deren Zellen „A Linie 300 lang und „5 — 135 Linie breit sind; die Borsten sind mindestens „ Linie lang. Eine zweite weit breitere Form, die ich hier nur als Varietät & Irmischii unterscheiden will, bildet Fragillarien ähnliche Bänder von —- Linie Breite, während die einzelnen Zellen nur —- Linien lang, also im Querschnitt 80 ’ 250 ©)» ein Rechteck zeigen; auch die Näpfe dieser Form sind flach-tafelförmig, während die der ersteren mehr würfelförmig erscheinen. Daß jene eine besondere Spezies sei, will ich nicht behaupten. 3. Amphiprora alata Kg. Elbmündung bei Cuxhaven. Wangerooge. Triest. Calvados. Diese höchst merkwürdige Bacillarie zeichnet sich ebenso durch ihre sonderbare Form wie durch ihre lebhafte Bewegung aus; sie gleicht, von der Nebenseite gesehen, einer lineal-lanzettlichen Navicula (etwa N. gracilis Kg.). Von den mittleren Verdickungen (den sogenannten Mundöffnungen) erheben sich nach rechts und links zu den Endpunkten hin zwei bogenförmige Flügel; daher die Hauptseite einer 8 oder einer Sand- uhr gleicht, insofern von dem mittleren linealen, nach den Enden schwach verdünnten und gerade ab- geschnittenen, von braunem Inhalt erfüllten Naviceula-Körper zu beiden Seiten bogenförmig zwei farblose in der Mitte bis zur Mittelverdickung eingeschnürte Flügel verlaufen; diese sind stets inhaltsleer, glas- hell, aber von einem eigenthümlich gallertartigem Aussehen, so daß ich sie anfänglich nur nur für auf- ’ oO 8 o ’ o° gequollene Kieselsubstanz hielt. Der Naviceula-artige Körper der Amphiprora ist im ersten und zweiten Drittel etwas aufgeblasen und scheint hier in die Substanz der Flügel gleichsam überzulließen. Die 8 gel g Flügel selbst liegen nicht in einer Ebene, sondern sind spiralig gestellt, so zwar, daß die obere Hälfte des rechten Flügels sich in die untere des linken Flügels fortsetzt, und umgekehrt die untere des o° . o° rechten in die obere des linken Flügels; die obere und untere Hälfte eines und desselben Flügels stehen daher im Winkel gegeneinander, was bei Drehungen der Amphiprora ein fremdarliges Aeussere giebt. o ? o° te) > Daher geschieht auch die Theilung durch eine schiefe Ebene, so daß von den zwei neben einander ‚liegenden Tochter-Individuen die rechte obere Flügelhälfte des links liegenden Exemplars die linke obere 102 - Hälfte des rechts befindlichen deckt, seine untere Hälfte dagegen gedeckt wird. H. J. Carter in seinem Aufsatz: „On the Conjugation of Cocconeis, Cymbella and Amphora together with some Remarks on Amphiprora alata ? Kg. (Annals of natural history vol. XVII. 1856 p. 6, fig. 38, tab. I.) hat dieses Verhältniß übersehen; er hatte die Amphiprora bei Bombay im Brackwasser beobachtet. Merk- würdiger Weise scheinen bei der Theilung von Amphiprora die beiden Hälften des Mutterindividuums nicht wie gewöhnlich unmittelbar zu Theilen der. beiden Tochterzellen verwendet zu werden; sondern es bilden sich unter dem Panzer der Mutterzelle zwei ganz vollständige neue Tochterzellen; hierauf springt die Mutterzelle in der Mittellinie ihrer Hauptseiten auf, und jede der beiden Tochterzellen trägt, frei werdend, die eine Hälfte der Mutterschale an ihrem Panzer, welche bald abgeworfen wird; auch findet man später die leeren Panzerhälften massenhaft im Schlamm. Der Inhalt des Navieula-Körpers ist gewöhnlich gleichmäßig braun; zu einer gewissen Zeit hatten sich aber bei vielen Exemplaren zahlreiche, die Zellen fast ganz erfüllende, farblose Oeltropfen gebildet, so daß jene beinahe regelmäßig braun und weiß gefleckt erschienen; die Flügel des Panzers sind strukturlos, dieser selbst dagegen ist fein und . .. . . F . er e a 1 . . . .. . 1 ı . . . a dicht längsgestreift; seine Länge beträgt „1; Linie, die größte Breite „7 — 4, Linie, an der Einschnü rung zwischen den beiden Mitielverdickungen —4; Linie; doch kommen auch weit längere und breitere Individuen vor. Unerklärlich ist mir namentlich die Beobachtung, daß die Flügel mitunter konzenirische Kreise zeigen, als seien sie aus mehreren Schichten gebildet, so zwar, daß nur die innerste Schicht die mittleren . Verdiekungen berührt, die äußeren aber davon abstehen; auch die Kützing’sche Figur (Bacillarien tab. 3 LXII.) zeigt diese konzentrische Schichtung in den Flügeln. 4. Ceratoneis Closterium Ehrbg. Cuxhaven. Wismar. Englische Küste. Diese durch ihre an Clo- sterium setaceum erinnernde Gestalt ausgezeichnete Bacillarie mit langen borstenförmigen Spitzen kam nicht selten im Schlamme vor; der braune Inhalt ist, wie bei Synedra, in der Mitte durch eine farb- lose Binde in zwei Hälften getrennt; die Gattung gehört wohl auch zu Synedra; Will. Gregory in seiner Abhandlung: „On new forms of marine Diatomaceae found in the Firth of Clyde and in Loch fine pag. 60 (Transaetions of the royal society of Edinburgh XXI. P. IV.)“ stellt eine neue Art, Syn- edra Hennedyana, aus Lamlash Bay bei der Insel Arran auf, die mir mit unserer Ceratoneis nächst- verwandt scheint. 5. Synedra laevis Ehr., Brackwasser von Wangerooge, Chile, Cuba, rothes Meer, Kamschatka, Neuholland; zeigt auch getrocknet keine Querstreifung. 6. Synedra affinis Kg., kleiner, auf halbkugeligem Polster strahlenartig fesisitzend: Nordsee, Triest, Venedig, Spalato, Mittelmeer. 7. Surirella Gemma (?) Ehr. Elbmündung. Strand von Calvados. Ich bin dieser Bestimmung nicht ganz sicher; doch stimmt auch keine andere der Kützing’schen Spezies genau mit der unsrigen überein. Es ist eine große flache Surirella, die Nebenseiten elliptisch-eiförmig, von einer mittleren Längsfurche durchzogen, nach welcher von beiden Rändern aus etwa 16 parallele kräftige Querfalten (Streifen) hinführen (auf zZ; Linie 5—6); der Rand beiderseits in zwei schwache, aufwärts gebogene, von den Polen der Ellipse ausgehende Flügel verlängert; Hauptseite linear-keilförmig, schmal; Länge 4575 Linie, Breite „,--z1; Linie. Da, wo die Querfalten an die Hauptseiten anstoßen, zeigen sich in der Seitenansicht scheinbare Löcher (efr. Focke, physiologische Studien Heft 2 pag. 35). Diese Surirella bewegt sich nicht nur selbst energisch, sondern sie vermag auch, wenn selbst unbewegt, gleichwohl fremde Körper, z. B. Steinchen, Schlamm, Bacillarienschalen, an ihrem Panzer auf und ab laufen zu lassen, und zwar bewegen sich diese längs der Hauptseite in der Rinne, welche der Flügel mit der Hauptseite bildet. Der Panzer hat eine Neigung sich zu inkrustiren. Mit Ehrenberg’s Surirella Gemma stimmt unsere Form überein in der Zahl der Querfalten (etwa 16) 103 und der Gestalt der Nebenseiten; dagegen scheint die Hauptseite bei unseren Exemplaren weit schmä- ler, tafelförmiger (bei S. Gemma eiförmig), und von den Querfalten sollen 16 auf 32 Linie bei $S. Gemma kommen, was jedoch die Ehrenberg’sche Zeichnung als unmöglich herausstellt, weil alsdann der ganze Panzer nur „/; Linie lang sein könnte. 8. Gyrosigma aestuarii (?) Brebisson (in sabulosis marinis Galliae borealis). Da diese mit der in der Saline Artern in Thüringen gefundenen Navieula thuringica Kg. in allen Eigenthümlichkeiten über- einstimmt und nur durch geringere Größe und den Mangel eines mittleren Ausschnittes sich von dieser unterscheiden soll, so glaube ich unsere Form (= „5 — 5'; Linie) mit der Brebisson’schen Art identifiziren zu können. 9. Amphorae species plures. Die Amphoren sind charakteristische Bewohner des Salz- und Brack- wassers und auch in unserem Salzbach sehr häufig in mehreren Größen ünd Formen, unter welchen es aber, wie Walker Arnoti mit Recht bemerkt, äußerst schwierig ist, verschiedene Arten zu unterscheiden. Es sind flache, auf der einen Seite (Bauch) concave, auf der anderen (Rücken) convexe Körperchen; der Bauch mehr oder weniger breit, rechteckig, zart parallel längs gestreift; der Rücken zum Theil in der Mitte schwach eingeschnürt; die Seitenflächen einem Himantidium oder Eunotia ähnlich, mit ab- gerundeten, vorgezogenen Spitzen, doch ohne Querstreifen, oft aber längs gestreift. Die Stäbchen sind von „5 — 31; Linie lang und von 355 — 130 Linie breit. Von Kützing’s Arten könnten wir vielleicht Amphora lineolata (Veracruz, Paris, Lagunen von Venedig), A. affinis (Falaiso) und A. veneta (adri- atisches Meer und Meerenge von Konstantinopel) auffinden; von den zahlreichen Arten, die Gregory aus dem Meersande der Clydemündung beschreibt, ließen sich möglicherweise A. binodis und A. elongata wieder erkennen; doch sind die sämmtlichen Bestimmungen zweifelhaft. 10. Melosira subflexilis Kg. Glieder paarweise mit flacher Scheidewand zusammenstoßend, in der Mitte halbirt; die Paare mit convexen Flächen an einander hängend, 25 Linie lang, I; Linie breit; kommt in Wasserfällen, aber auch an den britischen Küsten vor. Außer diesen Bacillarien leben im Salzbach gewiß noch viele Arten, welche eine genauere Prüfung bei reichlicherem Material erst nachweisen wird. Von eigentlichen Algen fand.ich nur eine Cladophora und eine feine, eng gewundene Spirulina (vielleicht Sp. Hutchinsiae, subsalsa oder tenuissima); beide Gattungen bekanntlich am Meeresstrande sehr häufig. Von Thieren fand ich nur Cypris-Arten und ein paar Infusorien. Aus dem hier Erwähnten ergiebt sich, daß die mikroskopische Flora des Salzbaches ganz und gar den Charakter des Meeres oder des Brackwassers darbietet, während spezifische Süßwasserformen gänz- lich fehlen. Um dieses anormale Verhältniß zu erklären, hegte ich anfänglich die Vermuthung, es möchte aus jener Erdepoche, wo die See bis an den Fuß der mitteldeuischen Vorgebirge reichte, ein spärlicher Rest des alten Meeres sammt seinen Organismen im Salzbach zurückgeblieben sein und sich bis auf den heutigen Tag erhalten haben. Auf diese Weise würde sich der Salzgehalt des Baches, die Strandpflan- zen an seinem Ufer, die Ruppia und die Meerbacillarien in seinem Wasser am leichtesten erklären. Die Mittheilungen jedoch, welche mir Herr Professor Dr. Irmisch über die geognostischen Verhältnisse des Salzbaches macht, scheinen dieser Hypothese nicht günstig. Der Bach entspringt aus dem Gyps des Zechsteines, welcher den Fuß des Kyffhäusers umlagert, und tritt alsdann auf den bunten Sandstein über, welcher die goldene Aue bildet. Gleich über der Quelle steigt der Gyps zu kleinen welligen Hügeln empor; die weiter von der Quelle sich erhebenden Berge haben oft eine ganz eigenthümliche Form. Daß der Bach seinen Salzgehalt aus einem Salzlager im Gypse des Zechsteines empfängt, ist keinem Zweifel unterworfen. Die in der Nähe des Berges bäufigen Erdfälle scheinen in Verbindung zu stehen mit unterirdischen Höhlen, die durch Auslaugung des Salzlagers hervorgebracht sein mögen. 104 Bei Frankenhausen, das seit Jahrhunderten durch seine Salinen berühmt ist und am Südabhange des Kyffhäusers, ungefähr dritthalb Stunden von der Numburg entfernt liegt, entspringt die Soolquelle auch aus dem Gypse derselben Zechsteingruppe, die sich bis zur Numburg erstreckt, und man hat dort, wo gleichfalls Erdfälle in der Nähe der Saline häufig sind, Steinsalzlager bei etwa 120 Fuß Tiefe erbohrt. Die ganze geographische Lage der Gegend widerstrebt der Annahme, daß man es hier mit einem Reste des alten Meeresstrandes zu Ihun habe; nichts spricht dafür, daß an der schmalen Stelle, die der Salz- bach in der goldenen Aue einnimmt, Bedingungen sich vorgefunden hätten, welche das Zurückbleiben der Meeresflora hier erklärlich machten. So muß denn vorläufig das Auftreten jener Meeresorganismen im Binnenlande unerklärt bleiben, und es kann dasselbe eben nur als eine neue Bestätigung für den alten Satz gelten, daß unter gleichen chemischen und physikalischen Bedingungen gleiche Organismen sich ansiedeln, Vielleicht sind die Winde oder Seevögel, welche oft vom Meeresstrande nach dem Binnenlande wan- dern, hier thätig gewesen — eine Annahme, die freilich nicht alle Schwierigkeiten löst. Nach einer Mittheilung von Irmisch ist Daeillaria paradoxa von Bulnheim auch im salzigen See bei Halle, der aber ebenfalls mit dem Meere nichts zu ihun haben soll, aufgefunden worden, und vermuthlich werden dort, wie in der nahen Saline von Artern, die übrigen und vielleicht noch manche andere Meeresorganismen aufgefunden werden, so daß es jetzt möglich ist, eine große Menge höchst interessanter Seeformen mil- ten im Binnenlande zu studiren, Jedenfalls ist die Sicherheit, mit welcher man bisher auf den marinen oder kontinentalen Ursprung einer Ablagerung aus den in ihr vorkommenden Bacillarienpanzern geschlos- sen hat, durch die obigen Mittheilungen wesentlich erschüttert worden. li. Ueber mikroskopische Organismen in Bergwerken. Nachdem Ehrenberg’s Untersuchungen alle Theile der Erde und des Wassers von dem ewigen Schnee des Himalaya und der Alpen bis zu den unergründlichen Tiefen des Ocean von mikroskopischem Leben erfüllt nachgewiesen hatten, mußte es von Interesse sein, auch im Innern von Bergwerken, ent- fernt von dem Zutritt der Luft und des Lichtes, die Spuren thierischer und pflanzlicher Organisation zu verfolgen. Zwar hatte schon längst Alexander von Humbeldt die unterirdische Flora von Freiburg beobachtet und Hoffmann die des Harzes seiner Untersuchung unterzogen; aber die Formen, welche diese Forscher studirt, waren nur Schimmel- und Schwammbildungen gewesen, Arten aus dem licht- scheuen Reiche der Pilze, dem vermodernden Holz der Grubenbekleidungen entsprossen. Einem anderen Gebieie dagegen gehört die Masse an, welche im Januar dieses Jahres Herr Graf Pilati auf Hausdorf bei Neurode beobachtete und Herrn Geheimen Rath Göppert übersandte. Diese Masse war in der Vol- persdorfer Kohlengrube — Rudolph genannt — in der Tiefe von 60 Lachtern gefunden und von Herrn Ge- heimen Rath Göppert mir zur mikroskopischen Untersuchung freundlichst überlassen worden; Herr Graf Pilati hatte später noch mehrmals die Güte, durch Vermittelung des Herrn Bergexspektanien Dondorff Material aus seiner Grube besorgen zu lassen. Es ist eine röthlich-gelbliche Gallert, welche aus dem Gestein der Schachte und Stollen — Sandstein und Kohle — mit Wasser hervorquillt und in Zapfen herab- hängt. Unter dem Deckglas weicht die Gallert aus, wie eine Gloeocapsa oder Rivularia, und läßt sich nur mit einiger Mühe zerdrücken; an anderen Stellen war sie leichter zerfliießlicn und dann von grauer Farbe. Die Gallert besteht aus zahllosen, oval-stäbchenförmigen, farblosen Körperchen, welche dicht neben einander in einer strukturlosen Gallert liegen, so daß sie den Bau einer Palmella darbietet. Diese Gallert ist weitläuftig durchzogen von farblosen, hohlen, gegliederten, dichotomisch verzweig- ten Fäden, ähnlich denen von Leptomitus lacteus, aber durch Scheidewände getheilt und ohne Einschnü- gemein 105 rungen, eiwa „45 — 335 Linie im Querdurchmesser; die einzelnen Glieder sind sehr lang, gleichmäßig eylindrisch, ohne geformten Inhalt, die Zweige fast unter rechtem Winkel auslaufend. Das ganze Ge- bilde gehört ohne Zweifel zu der von Römer .in tiefen Stollen (Georgsstollen) zu Clausthal im Harz entdeckten Gattung Erebonema und ist wohl auch mit Kützing’s Erebonema hercynieum (Mycothamnion fodinarum Kg. Phye. germ.) identisch. Kützing spricht allerdings davon, daß die Glieder an den Spitzen der Zweige verdickt, kürzer, eiförmig oblong, oder eiförmig kugelig seien. Ich selbst habe dies nicht finden können, nur an einzelnen Stellen der Fäden beobachtete ich eiförmige Aeste, durch eine Scheide- wand abgegliedert, ähnlich den Sporen der Vaucheria. Kurze Aestchen kommen auch sonst nicht sel- ten vor, mitunter in ‘der Mitte halbirt (Bail’s Schnallenzellen). Kützing charakterisirt die Gattung Ere- bonema als Fäden, die in einer Gallert nisten, und stellt das Gebilde daher zu den fadenförmigen, farb- losen Algen, welche seine Ordnung der Mycophyceae, und zwar die Familie der Leptomiteae ausmachen; mir scheint die Palmella-artige Galleri die :Hauptmasse zu bilden, und ich bin nur zweifelhaft, ob die Erebonema-Fäden zufällig als fremde Parasiten in der Palmella nisten, oder ob sie zum Begriff der Spezies gehören. Bekanntlich hat man noch bei mehreren Palmellaceen Leptothrir- oder Leptomitus- ähnliche Fäden im Innern der Gallert zerstreut beobachtet; vgl. Kützing’s Abbildungen in den Tabulae phycologieae von Palmella botryoides Tab. 15 fig. 1, Gloeocapsa confluens Tab. 19 IV. c., Gl. livida Tab. 21 V., Palmogloea crassa Tab. 25. fig. 1, Trichodietyon rupestre Tab. 26 1 u. a. Auch Thwaites hält das Vorkommen von Fäden in den Gallertmassen vieler Palmellen für etwas Wesentliches. Bekanntlich kommen auch bei den Collemen neben den Nostoc-ähnlichen Schnüren typisch andere Fäden in der Gallertmasse vor. Dennoch möchte ich vorläufig noch in unserem Fall die Palmella und die in ihr vegelirenden Erebonema-Fäden für zwei verschiedene und nur gleichzeitig mit einander vorkommende Arten halten. Auch eine andere Fadenalge findet sich oft in der Erebonema-Gallert, nämlich‘ eine sehr dünne HAygrocrocis, die sich durch schwarze Körnchen in der farblosen Substanz des Fadens auszeichnet. Ferner sind mir hier und da braune Fäden (Stereonema spec. ?) vorgekommen. Merkwürdig ist die große Zahl von Thieren, welche zwischen der Erebonema-Gallert, so wie in dem Wasser, weiches von ihr abträufelt, von mir gefunden worden sind. Leider erhielt ich das Erebonema nie in so frischem Zustande, um die Thiere noch lebend anzutreffen; doch ließen ihre wohl erhaltenen Reste keinen Zweifel in der Bestimmung. Sehr zahlreich waren lange Anguillulae (Was- serälchen); spärlicher fand ich die Reste eines Macrobiotus (Bärenihierchen), dem gewöhnlichen DM. Hufelandi sehr ähnlich. Nicht minder kamen eine Menge langgestreckter Räderthiere vor, und zwar der Gattung Rotifer angehörig und vielleicht mit dem gewöhnlichen Rotifer vulgaris identisch, durch die zwei an der Stirn befindlichen rothen Augen ausgezeichnet, — ein Vorkommen, das bei Thieren, welche in vollkommener Dunkelheit zu leben bestimmt sind, in der That auffallend ist. Endlich fanden sich die Schalen eines kleinen Krebses der Gattung Oyelops, so wie Borsten, welche unzweifelhaft von einem zerstörten Borstenwurm zurückgeblieben waren. Von lebenden Infusorien konnte ich außer Monaden nur noch das bekannte Peranema protractum Duj. (Trachelius tri- chophorus Ehr.), so wie einen echten Trachelius bestimmen. Man sieht, daß die Fauna der Gru- ben, obwohl an Zahl der Individuen und Arten nicht arm, doch von der der Tagwelt in den Gattungen und Formen gar nicht, und wahrscheinlich auch nicht in den Spezies abweicht. Einmal beobachtete ich einen rolhen, aber schon in starker Zersetzung begriffenen Wurm, den ich für eine Dipteren-Larve halte. Hiermit scheint übereinzustimmen, daß Herr Graf Pilati einer Mücke erwähnt, welche das ganze Jahr hindurch in den Gruben vorkommen soll; es gelang mir jedoch nicht, eines Exemplars dieses Thierchens ansichtig zu werden. Nach dem Glauben der Bergleute soll sich das Erebonema in der Volpersdorfer Grube nur in solchen Strecken entwickeln, in welchen schlagende Weiter zu befürchten 14 106 sind; in Clausthal jedoch, von woher mir mein Freund, Herr Dr. Ferdinand Berle, das Erebonema aus dem Georgsstollen zur Vergleichung einschickte, ist ein solcher Zusammenhang nicht bemerkt worden. Auch in anderen schlesischen Kohlengruben, insbesondere im Waldenburgischen, soll das Erebonema beobachtet sein. Il, Ueber den Zellkern der Bacillarien. Für die Untersuchung der Frage, ob die Bacillarien als Pflanzen anzusehen seien, ist es von Wich- tigkeit, zu untersuchen, inwiefern dieselben in ihrem Bau sich mit einfachen Pflanzenzellen vergleichen lassen. Wenn nun der Panzer der Bacillarien selbst außer seiner chemischen Zusammensetzung in seiner Struktur viele Eigenthümlichkeiten zeigt, welche, wenn auch nicht im Widerspruch mit dem Charakter einer einfachen Pflanzenzellmembran, doch bei einer solchen in anderen Fällen nicht beobachtet worden, so ist der Inhalt der Bacillarien mit dem einer Pflanzen- (Algen-) Zelle unzweifelhaft übereinstimmend. Nicht nur zeigt derselbe eine dem Primordialschlauch entsprechende Beschaffenheit, indem er sich unter gewissen chemischen und physikalischen Einflüssen zusammenziehen läßt; sondern auch die Vertheilung des Farbestoffes (des mit dem Chlorophyll verwandten braunen Diatomin), des farblosen Plasma und des Oels zeigt nichts, was nicht auch bei unzweifelhaften Pflanzenzellen sich überall beobachten läßt. Hierzu kommt noch ein Verhältniß, das auffallender Weise bisher fast überall übersehen worden ist, das am sichersten jedoch die Bacillarien als einfache Zellen charakterisirt. Es ist dies die Gegenwart des Zell- kernes (Cystoblast), welcher genau in der Mitte der Bacillarien-Zelle sich befindet. Ich beobachtete den Zellkern zuerst in einer S förmigen Navieula, Gyrosigma attenuatum, welches von Herrn Kreis- physikus Dr. Bleisch und Herrn Lehrer Hilse in einer Quelle in der Nähe von Petersdorf bei Strehlen entdeckt ist, wo es in Gesellschaft des Campylodiscus noricus in ungeheurer Menge eine mehr als fuß- tiefe Gallertschicht bildet; es ist in den Rabenhorst’schen Dekaden Nr. 621 unter Pinnularia major Rab. ausgegeben. Dieses Gyrosigma zeichnet sich durch seinen blaßbraunen Zellinhalt aus, indem der Far- bestoff nur als schwache Schicht den Hauptseiten anliegt, die Nebenseiten aber fast frei läßt. Die Ge- sammimasse des Inhaltes isi in der Mitte nach Art eines in Quertheilung begriffenen Primordialschlauchs etwas nach innen eingeschnürt, von der Kieselwand abstehend; man erkennt in ihm zahllose kleine farb- lose Körnchen (Protoplasmakörnchen ?) und größere Oeltröpfehen; es gelang mir nicht, eine Bewegung dieser Kügelchen, eiwa eine Rotation nachzuweisen, obwohl mir eine solche nicht unwahrscheinlich war, Auf den Nebenseiten erblickt man genau über der Mittelverdickung einen großen kreisrunden Zellkern, von scharf umschriebener, scheibenförmiger Gestalt mit einem großen centralen Kernkörperchen. Der Zellkern ist so groß und deutlich, wie nur irgend in einer Orchideenzelle; Jod färbt ihn gelbbraun. Da der Zellkern eine sehr feste Membran besitzt, so erhältersich auch inabgestorbenen Zellen längere Zeit, und ist dann bei kontrahirtem Primordialschlauch und oft excentrischer Lage selbst noch deutlicher wahrzunehmen. Der Zellkern befindet sich inmitten einer farblosen Plasmabinde, welche sich von der Mittelverdickung der einen zu der der anderen Nebenseite quer hinüberzieht und auf der Hauptseite deutlicher hervortritt. Es ist demnach die Lage und Befestigung des Zellenkernes bei dieser Navicula genau so wie bei Closterium, wo derselbe ebenfalls im Centrum der Zelle in einer farblosen Plasmaschicht suspendirt ist. Der Zellkern von Gyrosiyma attenuatum bricht das Licht schwächer als die Flüssigkeit, in der er sich befindet; bei anderen Arten der Bacillarien, wo diese Flüssigkeit noch dichter und stärker gefärbt ist, entgeht er leicht der Beobachtung, insbesondere da, wo, wie bei Stauroneis, die Mittelverdickung be- deutend hervortritt; in anderen Fällen sieht er fast wie eine centrale Vacuole aus; doch gelang es mir bei genauerer Untersuchung, in fast allen Naviculaceen den Zellenkern nachzuweisen; ich zweifele nicht daran, daß er auch in den übrigen Gruppen der Bacillarien vorhanden sei. Auch Focke erwähnt bereits bei Navicula viridis eines Nucleus, den er jedoch, nach den Zeichnungen zu urtheilen, nicht scharf. beobach- 107 tet zu haben scheint (I. c. Heft 2 Tab. V.); von anderen Forschern scheint er ganz übersehen worden zu sein. Nur Nägeli beschreibt in seinem Aufsatze „‚Zellenkern, Zellenbildung und Zellenwachsthum bei den Pflanzen“ (Zeitschrift für wissenschaftliche Botanik von Schleiden und Nägeli, Heft I. 1844), ‚daß eine Gaillonella spec., die in Neapel häufig an Meerconferven vorkommt, im Centrum der kreisförmigen Nebenseite ein kleines Knötchen von ungefärbtem Schleim erkennen läßt, welches für den Zellkern erklärt wird; von ihm ‚gehen farblose Schleimfäden (Saftströmchen wie in Spirogyra) an der Wandung hin, seltener durch das Lumen; konstant geht ein solcher Strang quer durch die Achse der Zelle zum Mittelpunkt der ge- genüberliegenden Kreisfläche; bei der Theilung der Zellen erscheinen sogleich zwei neue Kerne.“ Auch einer Navicula spec. wird ein Kern mit Kernkörperchen zugeschrieben; in dem körnigen Inhalt wurde eine ziemlich rasche Strömung beobachtet, vom Kerne nach dem Rande hin, und wieder zu dem- selben zurück (l. c. p. 40, 42). Die Abbildung der Gaillonella zeigt jedoch, daß Nägeli nicht eine solche, sondern-einen Coseinodiscus vor sich gehabt *); was die Navicula spec. gewesen, ist nicht zu ermitteln, da sie Nägeli der Navieula striatula Ehr., einer Surirella, am ähnlichsten findet, und ihr einen braunen Inhalt, der den mittleren Raum erfüllt, und zwei durchsichtige und ungefärbte Hörner zuschreibt. Die Gegenwart des Zellkerns bei den Bacillarien erweist nach meiner Ueberzeugung für die- selben unzweifelhaft den Charakter einfacher Zellen; daß diese darum noch nicht Pflanzenzellen sein müssen, weiß ich wohl, da ja auch die thierischen Zellen, sowohl in den Geweben höherer For- men, als auch bei vielen Infusorien (Amoeba, Chilodon) einen ganz ähnlich gestalteten Zellkern besitzen. Mir selbst ist jedoch die pflanzliche Natur der Bacillarienzellen noch immer die wahrscheinlichere. IV. Ueber die Hoizzellen des Weinstockes. Schacht in seinem Aufsaize: „Ueber Entstehung, Bau und Verlauf der Milchsaftgefässe von Carica Papaya,‘ Monatsberichte der Berliner Akademie der Wissenschaften für 1856 p. 515, kommt zu folgenden Resultaten: 1) Die langen Bastzellen entstehen durch Verschmelzen mehrerer oder viele Zellen zu einem Ganzen, das nicht wieder in seine Zellen-Elemente zerlegt werden kann. Die Verschmelzung erfolgt sehr frühe, und die Wand verdickt sich erst, nachdem sie stattgefunden. Durch selbstständige Verlän- gerung schieben sich darauf die jungen Bastzellen mit spitzen Enden zwischen einander. Die kurzen Bastzellen dagegen entstehen nur aus einer Zelle. 2) Die Gefäße bestehen, so lange sie Säfte führen, aus einer Längsreihe von Zellen, die Quer- wand schwindet später mit dem Safte, so daß alsdann erst das Gefäß zu einer Röhre wird, die aber nie aus völlig verschmolzenen Zellen besteht, vielmehr zu jeder Zeit die einzelnen Zellenelemente, aus denen sie entstanden, deutlich zeigt, und durch geeignete Mittel sich in dieselben zerlegen läßt (. c. p. 532). *) Vorstehende Notiz liegt eben zum Abdruck bereit, als ich durch die Güte des Herrn Professor Max Schultze in Halle einen Separatabdruck von dessen Aufsatz: „Innere Bewegungserscheinungen bei Diatomeen der Nordsee aus den Gattungen Coscinodiscus, Denticella, Bhizosolenia“ erhalte (Müller’s Archiv 1858, p. 330 tab. XII). Ohne Nägeli’s Beobachtung über den Zellkern und die Saftströmchen bei dem Coscinodiscus (?) von Neapel zu kennen, hat der Verfasser, so wie G. Wagener diese seitdem übersehenen Thatsachen von Neuem bei Coscinodiscus centralis. von Helgoland entdeckt und durch eine ausgezeichnete Abbildung festgestellt. Auch bei einer mit Chaetoceros verwandten Biddulphiee, Denticela« regia Max Schultze, werden dieselben Verhältnisse nachgewiesen. Der Zellkern ist in beiden Fällen ganz wie bei unserem Gyrosigma attenuatum scharf begrenzt, mit grossem, stark Licht brechendem Kern- körperchen, von der Grösse eines menschlichen Blutkörperchens. Von ihm gehen netzförmig Saftströmchen aus, in welchen ockergelbe Farbstoffbläschen und feine Körnchen sich bewegen, ähnlich wie in den Staubfädenhaaren von Tradescantia. Auch bei Rhizosolenia sind die Saltströmchen, nicht aber der Kern beobachtet. Körnchenströme wur- den auch in lebendigen Exemplaren der Gyrosigma (Navicula) angulatum bemerkt, welche mit unserem G. attenuatum nahe verwandt ist, Chaetoceros Wighamii wurde auch von M. Schultze bei Helgoland aufgefunden. 14* 108 Indem ich mich in Bezug auf die Bastzellen aus Mangel an hinreichenden eigenen Untersuchun- gen jeden Urtheils enthalte, kann ich für die Gefäße, wie ja auch allgemein zugegeben wird, die Ent- stehung aus Zellreihen nur bestätigen. In einzelnen Fällen beobachtete ich eine eigenthümliche Form von Netz- und Treppengefäße, welche nicht, wie gewöhnlich, aus dem Cambium sich so gebildet haben, daß aus einer Reihe gleichaltriger, senkrecht über einander stehender Cambialzellen durch Obliteriren der horizontalen Scheidewände eine hohle Röhre direkt entsteht; sondern es wachsen gewisse Cambialzellen in längere Röhren aus, die sich wie gewöhnliche Holzzellen, mit spitzen Enden in einander zu schieben beginnen; in jeder dieser Röhren entsteht alsdann durch Theilung vermittelst horizontaler Scheidewände eine Reihe von kürzeren Zellen, welche sich bald verdicken, und endlich nach bedeutender Sireckung und theil- weiser Auflösung der Querwände das fertige Gefäß darstellen. Macerirt man z. B. das Weinstockholz nach der Schulze’schen Methode, so erhält man diese Netzgefäße isolirt und kann sich überzeugen, daß die Reihe der ziemlich kurzen Zellen, aus denen ein solches Gefäß sich zusammengesetzt, nach ohen und unten sich zuspitzt, so daß die beiden Endzellen des Gefäßes spitz conisch, oft mit verzweigten Enden sich auskeilen, ganz so wie die gewöhnlichen Bast- oder Holzzellen. Es beweist dies offen- bar, daß die Querwände des Gefäßes sich erst später in dem Raume einer langen prosenchymarligen Zelle gebildet, und erst nach Verdickung der Wände resorbirt sind. Es gelingt leicht, wie Schacht mit Recht bemerkt, die einzelnen Zellen des Gefäßes zu isoliren. Für den dritten Bestandtheil des Dikotylen-Gefäßbündels, die Holzzellen, ist, so viel ich weiß, bisher allgemein angenommen worden, daß dieselben trotz ihrer oft sehr bedeutenden Länge doch immer nur eine einzige und einfache, lang gestreckte Zelle darstellen. Um so auffallender war es mir, als ich bei der Maceration des Holzes von Vitis vinifera, Ampelopsis hederifolia und anderer Reben die isolirten Holzzellen näher untersuchte, daß ich in denselben deutliche Querwände beobachtete. Die Holzzellen sind hier von sehr verschiedener Länge, die längeren über $ Linie lang und -, Linie breit, 100 die kürzeren vielleicht nur -, Linie lang und z4, Linie breit. Sie haben ziemlich verdickte Wandungen, die jedoch ein nicht unbedeutendes Lumen von I, — 315 Linie Durchmesser leer lassen; das letztere ist im Winter mit Stärke gefüllt, ein Inhalt, der, so viel ich weiß, in Holzzellen noch nicht nach- gewiesen ist. Die Verdickungsschicht der Holzzellen ist durch lange, schmale, spaltenartige, schief von links nach rechts aufsteigende Tüpfel durchbrochen. Die Holzzellen laufen nach den Enden in lange scharfe Spitzen aus, die hier und da sich eigenthümlich gabeln. Jede Holzzelle ist in regelmäßigem Abstande durch horizontale Querwände in kürzere Stücke getheilt, die in einer und derselben Holzzelle ziemlich gleich groß und zwischen zZ; und „/, Linie, im Mittel etwa ;', Linie lang sind. Kurze Holz- zellen haben nur eine Querwand, bestehen also aus zwei gleich großen Stücken; die meisten sind durch 3 Scheidewände in 4, und die größten Holzzellen durch 7 Querwände in 8 Segmente getheilt. Die Querscheidewände sind unverdickt; ob sie vollständig oder durchbrochen sind, konnte ich nicht ermitteln; - auch das Zerlegen der Holzzellen in die einzelnen Glieder gelang mir nicht. Die Entwickelungsgeschichte zeigt, daß im Cambium die jungen Holzzellen anfänglich einfach sind; indem dieselben aber im Verlaufe ihres Wachsthums sich in die Länge strecken, theilen sie sich, nach dem gewöhnlichen ‚Gesetze, erst in 2, dann in 4, in einzelnen Fällen auch in 8 Tochterzellen; diese Theilung geschieht, noch ehe die Holzzelle vollständig verdickt (verholzt) ist, aber nachdem sie schon die prosenchymatische Gestalt an- genommen. Die Ablagerung der Verdickungsschicht, mit welcher das Verschwinden des cambialen Zellinhaltes zusammenfällt, giebt derselben schließlich die Gestalt einer einzelligen Faser, in welcher die Querscheidewände nur schwer erkennbar sind. Es ergiebt sich aus dem Obigen, daß beim Weinstock die 3 Theile des Gefäßbündels, Bast, Holz und Gefäße, einen und denselben Ursprung und Entwicke- lungsgang zeigen: langgestreckie spitz zulaufende Zellen, die sich durch Querscheidewände theilen und 109 alsdann verholzen, worauf die Querwände mehr oder weniger verschwinden. Nur die relative Lage, die Form der Ablagerungen und die Größe unterscheidet die drei Elemente des Holzkörpers. Daß sich übrigens in einer Gruppe von Zellen, nachdem dieselben schon eine gewisse Größe und eine entschiedene Form erhalten, nachträglich durch parallele Scheidewände Systeme von Tochter- zellen bilden, an denen man nach dem Auswachsen den Umriß der ursprünglichen Mutterzellen noch deutlich wahrnimmt, ist auch sonst eine nicht seltene Erscheinung, z. B. bei den Scheidewänden von Farsetia incana und anderen Cruciferen, den Zellen der Testa von aborlirten Stachelbeersamen (vergl. Dujardin manuel de lobservateur au microscope 1841 tab. 23 fig. 3, A), den Zellen des Invo- lucellum der Jungermannienfrüchte (vergl. Gottsche: Ueber die Fruktifikation der Jungermanniae Geoca- Iyeeae tab. XXX. fig. 15). Die Zellen sind hier ursprünglich tafelförmig, mit unregelmäßigem Umriß in einander greifend; durch spätere Theilung entsteht in jeder dieser Zellen eine bestimmte Anzahl paralleler, schmaler Segmente, wobei die Scheidewände der in der einen Zelle gebildeten Abtheilungen in der Regel die eines anderen Zellensystems kreuzen und so die ursprünglichen Mutterzellen leicht erkennen lassen. Ebenso findet bei der Bildung der Sporen und Pollenkörner zuerst eine Sonderung des Zellgewebes in Mutterzellen statt, inwelchen durch successive Zweitheilung erst die Spezialmutter- und die eigentlichen Pollenzellen entstehen. Die Zusammensetzung der Holzzellen aus Zellreihen läßt sich natürlich auch noch bei anderen Pflanzen als beim Weinstock wahrnehmen (besonders schön bei Aristolochia Sipho) ; doch ist es mir bei vielen Hölzern durchaus nicht gelungen, die Querscheidewände in den Holzzellen nach der Maceration aufzufinden. Ich gedenke hierüber nach genauerer Beobachtung der Entwickelungsgeschichte noch weitere Mittheilungen zu machen. Berrıiehıt über die Verwaltung des botanischen Lesevereines im Jahre 1857, ahgestattet in der Sitzung vom 4. Februar 1858 \ von Herrn E. Erewendt. Im verflossenen Jahre haben 12 Mitglieder der Gesellschaft gegen Zahlung der festgesetzten Lese- - gebühren von 1 Rthlr. jährlich, so wie ein Extraneus gegen Zahlung der für Nicht-Mitglieder der Ge- sellschaft festgesetzten Lesegebühren von 2 Rthlr. jährlich, an dem botanischen Leseverein Theil ge- nommen. Diese Beiträge, der von dem Präsidium der Gesellschaft geneigtest bewilligte Zuschuß von 25 Rthlr. und der vom Jahre 1856 verbliebene Kassenbestand von 9 Rihlr. 4 Sgr. 6 Pf. bildeten die dem Verein zur Verfügung stehenden Mittel. 40 verschiedene literarische Piecen, zum Theil aus der Bibliothek der schlesischen Gesellschaft, zum Theil aus dem Privateigenthum wohlwollender Mitglieder geliehen, zum Theil für den Leseverein neu angeschafft, sind in Umlauf gesetzt worden, und zwar: 5 Piecen von der schlesischen Gesellschaft, 13 , von Herrn Professor Dr. Cohn, 952 von Herrn Geh. Med.-Rath Professor Dr. Göppert, 1 ,, von Herrn Gymnasiallehrer Dr. Körber, 12 ,, für den Leseverein angeschafft. Summa 40 Piecen. 110 Folgende Schriften sind im Umlauf gewesen: 1) Flora für 1857. 2) Duby, Publications relatives aus Cryptogames. 3) Göppert, die offizi- nellen Pflanzen unserer Gärten. 4) Beneke, physiologische Vorträge. 5) Wigand, Struktur der Zellen- membran. 6) Wüstemann, Unterhaltungen aus der alten Welt. 7) Bornet, trois lichens nowveaur. 8) Radlkofer, über Parthenogenesis. 9) Hawlitschka, Unterschied zwischen Thieren und Pflanzen. 10) Henneberg, Untersuchungen und Erfahrungen in der Landwirthschaft. 11) Journal für Landwirth- schaft I. 11, III. 10—12, IV. 1—3. 12) Fintelmann, Nutzbaumpflanzungen. 15) Vaupell, peripheri- sches Wachsthum. 14) Hammar, en Monografi öfver Fumaria. 15) Roßmann, Phyllomorphose. 16) Caspary, conspectus systematieus Hydrillearum. 17) Sanio, Niederschläge von kleesaurem Kalk. 18) Grisebach, Jahresbericht für Pflanzengeographie 1855. 19) Mettenheimer, über Zeptothrix. 20) Müller, Buch der Pflanzenwelt II. Bd. 21) Masius, Naturstudien. 22) Pringsheim, Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik. 23) Wagner, Pflanzendecke. 24) Seemann, die Palmen. 25) Grosse, Kulturpflanzen. 26) Morren, Lobelia. 27) Auszug aus dem Mönatsbericht der Berliner Akademie, Sitzung vom 13. November 1856. 28) Morren, Dodonaea. 29) Morren, Fuchsia. 30) Archives de Flore I. 31) Pringsheim, Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik I. 2. 32) Holle, Zellenbläschen der Lebermoose. 33) „Hedwigia“ Nr. 13—20; Kühn über Anguillula Dipsaci. 34) Schacht, das Mikroskop. 35) Cohn und Wichura, über Stephanosphaera; Schwendener, die periodischen Erschei- nungen der Natur; Milde, Chamaeceros fertilis. 36) Hartig, Entwickelung des Pflanzenkeimes; 37—40) verschiedene kleinere botanische Abhandlungen. Ferner die bereits im vorjährigen Bericht aufgeführte botanische Zeitung 1857. Die Finanzen des Vereines anlangend, so stellen sich dieselben wie folgt: Einnahme. Kassenbestand aus vorigem Jahre............... 9 Rihlr. 4 Sgr. 6 Pf. Beiträge von 12 Mitgliedern a 1 Rthlr........... 127, Beitrag von’ L- Nichtmitglied ... 0 v.2....0202. DR Zuschuß der schles. Gesellschaft für vaterl. Kultur. 3 „ — „ — „ / 48 Rıhlr. 4 Ser. 6 Pf. Ausgabe. Für Anschaffungen laut spezieller Rechnung. ...... 32 Rthlr. 21 Sgr. 3 Pf. Dem Boten für 12 Monate ..............2222.2.. 6er, Druck u. Papier zum Namensverzeichn. der Mitglieder 1 „10 „ — ,„ 0A Broschüren awihrser.. en se ne en ker) 24 10:Broschüren sarl2 Ser. mau. n.. Me na el ee Uebertrag: SB REN ae a // 48 Rıhlr. 4 Sgr. 6 Pf. 1858 Januar 1. Vortrag: Kassenbestand 5 Rthlr. 24 Sgr. 3 Pf. Breslau, den 20. Januar 1858. Eduard Trewendt. ———— 111 Bericht über die Thätigkeit der entomologischen Sektion im Jahre 1857, von K. Letzner, in Vertretung des Sekretairs. Wi. bereits in dem vorjährigen Berichte erwähnt, wurde der Sektion ihr bisheriger Sekretair, Herr Geh. Hofrath, Professor Dr. Gravenhorst, schon am Anfange des laufenden Jahres durch den Tod ent- tissen. Da seitdem eine ausführlichere Darstellung seines Lebens und Wirkens nicht erschienen ist, so hält es der Unterzeichnete für seine Pflicht (mit Zugrundelegung eines aus der Feder des Verstorbenen selbst geflossenen Manuskriptes), nachstehend das ihm Bekanntgewordene über denselben der Hauptsache nach zusammenzustellen. Dr. Joh. Ludw. Christian Gravenhorst, königl. preuß. Geheiiner Hofrath, Professor der Naturgeschichte und Direktor des zoologischen Museums an der k. Universität in Breslau, war am 14. November 1777 in Braunschweig geboren. Sein Vater, welcher daselbst eine Bier- und Essig-Brauerei besaß, und sich durch deren Betrieb ein ansehnliches Vermögen erworben hatte, wurde ihm schon in seinem 10. Jahre durch den Tod entrissen, und seine Mutter verehelichte sich 2 Jahre später zum zweiten Male mit dem Senator Täschen. Seine Schulbil- dung erhielt der junge Gravenhorst auf dem dasigen Katharinen-Gymnasium, und schon hier wurde durch den Unterricht des Hofrath Hellwig (in der I. Klasse) die Liebe zur Entomologie in ihm erweckt, welche sich auch durch soforliges eifriges Sammeln von Insekten zu erkennen gab und von dem freundli- chen Lehrer durch Bestimmen der gefangenen Thiere nach Fabricius belohnt wurde. Im Jahre 1795, als Gravenhorst das Gymnasium verließ und in das Collegium Carolinum eintrat, wurde auch der Pro- fessor Knoch sein Lehrer, und auf diese Weise hatte er schon früh zwei der damals berühmtesten En- tomologen zu Führern. In jener Zeit haite er jedoch noch nicht daran gedacht, sich dem Fache der 112 Naturgeschichte ausschließlich zu widmen, vielmehr bestimmte er sich für die juristische Laufbahn und bezog in dieser Absicht 1797 die Universität Helmstädt, wo er 14 Jahr bei Oelze, Eisenhardt und Gün- ther fleißig juridische Vorlesungen hörte, aber, da die Entomologie eine angenehme Erholungs-Wissen- schaft für ihn bleiben sollte, auch die Vorträge über Physik und Naturgeschichte nicht versäumte und die Nachmittage in der Regel zu Exkursionen verwendete, welche auf seine bisher schwächliche Gesund- heit zusehends erkräftigend wirkten. Je wissenschaftlicher das Studium der gesammelten Thiere betrieben wurde, desto mehr Reiz erhielt dasselbe für ihn, so daß es zuletzt den Sieg über die Jurisprudenz davon trug. Dieser seiner Neigung konnte er auch um so eher nachgeben, da er nicht seines Unter- haltes wegen um jeden Preis eine möglichst baldige Anstellung zu erstreben brauchte, denn sein Vater hatte ihm ein Vermögen hinterlassen, dessen Zinsen hinreichten, um ihm nicht nur „eine sorgenlose, sondern selbst eine angenehme Stellung inmitten der menschlichen Gesellschaft zu sichern.“ — In der Absicht, sich den Naturwissenschaften zu widmen, bezog er 1799 die für dieses Studium günstigere Universität zu Göttingen, wo Blumenbach, Meyer, Hoffmann und Schrader seine Lehrer wurden, und wo er unter seinen Kommilitonen namentlich mit Illiger und Hofrath Hausmann in Göttingen in nähere Verbindung trat. Nachdem er sich in Göttingen auch mit den übrigen Fächern der Zoologie, so wie mit Mineralogie und Botanik beschäftigt haite, auch in die damals unter Gmelin’s Vorsitze blühende göltingische physikalische Gesellschaft aufgenommen worden war, begab er sich 1801 auf die Universität Helmstädt zurück, wo er nach verfaßter Dissertation (Conspectus historiae entomologiae, imprimis systematum entomologicorum. Helmstadii 1801) und überstandener Prüfung und Disputation zum Doetor phil. et magist. liberalium artium ernannt wurde. Darauf kehrte er nach Braunschweig zurück, wo er sich hauptsächlich mit Entomologie beschäftigte, und in den Sammlungen der dortigen bekannten Entomologen Hellwig, Knoch, v. Hoffmannsegg, Uliger und Zinken Stoff für eine Bearbeitung der Staphylinen sammelte, welche auch Anfang des Jahres 1802 unter dem Titel: Coleo- ptera microptera Brunsvicensia etc. erschien. Im Juni desselben Jahres machte er eine: Reise nach Paris, wo das Siudium der Schätze des zoologischen Museums und die mit Cuvier, Olivier, Latreille, Bose, A. Brongniart und Desmarest gemachte nähere Bekanntschaft nach seiner eigenen Aussage seine Kenntnisse sehr vermehrten. Schon Ende August jedoch kehrte er, durch das Heimweh gezwungen, über Bremen, Hamburg und Lübeck nach Braunschweig zurück, wo er sein „System der Natur“ (Braunschweig und Helmstädt 1504) als Leitfaden bei seinen Vorträgen drucken ließ, In demselben Jahre erschien ven ihm auch ein Aufsatz über Steinregen in dem Braunschweig’schen Magazin (1804 Sit. 17, 15). — Durch den Ankauf der in Fabricius Werken öfters citirten entomologischen und orni- thologischen Sammlung des Uhrmacher Mauerhoff in Hannover, so wie der reichhaltigen Sammlung von Fischen, Reptilien und Conchylien des verstorbenen Leibchirurgus Lampe in Hannover, setzte er sich in den Besitz eines reichhaltigen zoologischen Kabinets und habilitirte sich im Jahre 1805 als Privatdozent an der Universität zu Gottingae. Hier edirte er 1806 seine Monographia coleopterorum mi- ceropterorum (Gottingae 1806), durch welche er seinen Ruf als Entomologe begründete, und an deren ganz umgearbeiteter, neuer Ausgabe er fortdauernd bis zum Jahre 1540 gearbeitet hat, wo durch das Erscheinen von Erichson’s großem Werke: Genera et species Staphylinorum eine Fortsetzung dieser Arbeit unnütz wurde. In demselben Jahre 1806 erschien von ihm in Voigt’s Magazin für den neuesten Zustand der Naturkunde Bd. 11 (Weimar 1806) eine Abhandlung über Bastard-Erzeugung, und im folgenden Jahre seine „Vergleichende Uebersicht des Linneischen und einiger neueren zoologischen Systeme“ (Göttingen 1807) mit dem eingeschalteten Verzeichnisse der Arten seiner z00- logischen Sammlung und Beschreibung in derselben vorhandener, neuer Spezies. 1809 wurde er zum außerordentlichen Professor in der philosophischen Fakultät und zum zweiten Direktor am zoologischen 113 Museum ernannt, folgte aber schon im folgenden Jahre einem Rufe als ordentlicher Professor der Na- turgeschichte nach Frankfurt a. O., wo er auch Botanik und Mineralogie lehren und die Direktion des botanischen Gartens übernehmen mußte. Hier verheirathete er sich am 19. September 1811 mit Fräu- lein Charlotte Elsner, der einzigen Tochter des Prof. theol. C. F, Elsner. Nachdem (in demselben Jahre 1811) die Universität von Frankfurt nach Breslau verlegt worden war, beschränkte sich seine Thätigkeit wieder blos auf Zoologie, und mit Ausnahme der Fische (deren Studium zu wenig Anziehen- des für ihn hatte) und der niedrigsten Ordnungen der wirbellosen Thiere, hat er hier über alle Thier- Klassen in dreijährigem Kursus Vorlesungen gehalten. jm Jahre 1814 trat er seine reiche zoologische Sammlung (mit Ausnahme der Dubletten, welche erst im Jahre 1823 gegen eine Gehaltszulage von jährlich 100 Rthlr. ebenfalls erworben wurden) gegen eine jährliche Leibrente von 150 Rihlr., die nach seinem Tode auch auf die hinterlassene Wittwe Zeit ihres Lebens übergehen muß, an die Breslauer Universität ab, und wurde dadurch der Gründer des königlichen zoologischen Museums, welches unter seiner langen Direktion sich so vermehrt hat, daß: es jetzt zu den bedeutendsten Sammlungen Deutsch- lands gehört. — Als erste Zeugen seiner wissenschaftlichen Thätigkeit in Preußen erschienen von ihm im Jahre 1815 die Monographia Ichneumonum pedestrium und das Handbuch der Anor- ganognosie (beide Leipzig 1815), im folgenden Jahre die anorganischen Naturkörper nach ihren Verwandtschaften und Uebergängen betrachtet und zusammengestellt (Breslau 1816) und wieder ein Jahr später die Grundzüge der systematischen Naturgeschichte für seine Zuhörer entworfen (Breslau 1817). Mit Nees v. Esenbeck gemeinschaftlich hatte er einen „Conspectus generum et familiarum Ichneumonidum‘ ausgearbeitet, welcher im Jahre 1819 im 9. Bande der Nova acta Academiae caesar. Leop.-Carol. naturae curiosorum gedruckt er- schienen ist. Im Jahre 1820 lieferte er in der Memorie della reale Academia delle scienze di To- rino Bd. 24 eine Monographia Ichneumonum pedemontanae regionis, und im J. 1522 in Bd. 26 eine Abhandlung de natura vegetabili Gorgoniarum, welche letztere auch in Oken’s Isis, Jahrgang 1823, abgedruckt ist. Zur Feier des 50jährigen Amtsjubiläums des Hofrath Hell- wig in Braunschweig im Jahre 1822 hatte Gravenhorst eine neue Gattung aus der Familie der Ichneu- moniden unter dem Namen Hellwigia beschrieben, welche Abhandlung (Hellwigia novum inse- etorum genus) in die Nova acta Acad. caes. Leopold.-Carol. nat. curios. Bd. 11 vom Jahre 1823 aufgenommen ist. In dem Jahrgange 1823 der Isis lieferte er einen Aufsatz über den Mädchensom- mer und die Luftreisen der Spinnen und in dem von 1825 einen über eine neue Amphibien- Gattung Strombus. — Wegen eines allmälig in hohem Grade ausgebildeten Gesichtsschmerzes, der ihn in seinen wissenschaftlichen Beschäftigungen hinderte, war er genöthigt, in den beiden Sommern der Jahre 1825 und 1826 die Seebäder bei Dobberan zu gebrauchen, von wo er, nach Ablauf der Bade- zeit, zwei Ausflüge nach Kopenhagen und Rügen machte. Das dadurch wenigstens für einige Zeit be- seitigte Uebel ließ ihn nun einige Jahre einer ungestörten Thätigkeit obliegen, welche er mit großem Eifer zu wissenschaftlichen Untersuchungen auf dem Gebiete der Entomologie und ganz besonders zum Studium der eben so zahlreichen als schwierigen Familie der Ichneumoniden benutzte. Der Lor- beer, welchen er sich dadurch errungen, wird unverwelklich sein! — Von dieser seiner Thätig- keit giebt das Jahr 1829 Zeugniß. In demselben erschienen von ihm: 1) Ichneumonologia eu- ropaea; pars 1—3 (Vratisl. et Lips. 1529). 2) Deliciae Musei zoologici Vratislavien- sis, Fasc. I. (Lips. 1829). 3) Monita quaedam de speciebus nigris Ichneumonidum. (Erschienen als Programm der Einladungsschrift zur Uebergabe des Rektorats der Universität an seinen Nachfolger in diesem Amie). 4) Zwei Abhandlungen: a) Ichneumonidum genuinorum species cornutae et calcaratae; b) Disquisitio de Cynipe psene auctorum et descriptio 15 114 Blastophaygae, novi Hymenoplerorum generis; beide enthalten in den „Beiträgen zur Entomologie,“ herausgegeben von den Mitgliedern der entomologischen Sektion der schlesischen Gesellschaft, Heft 1 (Breslau 1829). — Im Jahre 1830 machte er eine Reise über Prag und Wien nach Triest, wo er gegen den wiedergekehrten Gesichtsschmerz das Seebad gebrauchte, und die häufig gebotene Gelegenheit be- nutzend, ganz besonders die niedrigsten Klassen der Seethiere beobachtete. Die daraus hervorgegan- genen, hauptsächlichsten Resultate legte er nieder in seinen „Tergestina oder Beobachtungen und Untersuchungen über einige bei Triest im Meere lebende Arten der Gattung Octopus, Doris, Pinna, Ascida, Serpula, Echinus, Asterias, Ophiura, Holothuria, Actinia, Caryophyllia, Actinotus“ (Bresl. 1831). Im Jahre 1833 erschienen im 16. Bande der Nova acta Acad. caesar. Leop.-Carol. naturae curios. zwei Aufsätze: a) Einiges aus der Infusorien-Welt; b) Ueber Arten von Phryno- soma, Trapelus, Phrynocephalus, Corythophanes, Camaeleopsis; im Jahre 1838 im 18. Bande da- gegen: Beiträge zur genaueren Kenntniß einiger Eidechsenarten. Im Jahre 1840 wurde von ihm in Germar’s Zeitschrift für die Entomologie, Bd. 2, ein Aufsatz über die Gattung Staphylinus bekannt gemacht, im folgenden Jahre (gemeinschaftlich mit Dr. Scholtz) in den Nova acta Academiae naturae curios., Vol. 19, pars 2, Beobachtungen über die Verwandlung einiger Schildkäfer (Cassida) mitgetheilt. — In den Wintern 1840—41l und 41—42 warf ihn eine lebensgefährliche Krankheit, ver- bunden mit einem schlagähnlichen Zufalle, längere Zeit auf’s Krankenbett, und erschütterte sowohl seine körperliche Gesundheit, als seine geistige Thätigkeit dermaßen, daß er sich von den Folgen derselben nie ganz zu erholen vermochte. Mit diesem Jahre schließen sich darum auch seine tieferen wissen- schaftlichen Arbeiten, denn zu den später noch erschienenen Schriften hatte er, nach seiner eigenen Aussage, schon vor dieser Krankheit das Material gesammelt, und theilweise auch wohl geordnet, so daß es fast nur in’s Reine geschrieben werden durfte. So erschienen: 1) Vergleichende Zoologie (Bresl. 1843). 2) Naturgeschichte der Infusionsthierchen (Bresl. 1844). 3) Das Thier- reich nach den Verwandtschaften und Uebergängen in den Klassen und Ordnungen dessel- ben (Bresl. und Oppeln 1845). — Die später von ihm noch in Druck gegebenen einzelnen Aufsätze sind folgende: 1) Ueber die Ausbildung und Umbildung der Flügel und Flügelzellen, besonders der areola in der Familie der Ichneumonides genuini. (Uebers. der Arb. der schles. Gesellschaft 1845 S. 45—49). 2) Ueber Staphylinus olens und dessen nächste Verwandte. (Uebers. der Arb. der schles. Gesellschaft 1846 S. 94—100). 3) Uebergänge und Verwandtschaften unter den Arten der Gattung Quedius (Stett. entomol. Zeitung 1847 Nr. 7, 8). 4) Ueber die Anomalien in der Fortpflanzungs- und Entwickelungs- Geschichte der Gelenkfüßler (Uebers. der Arb. der schles. Gesellschaft 1848 S. 89-95). 5) Ueber die im zoologischen Museum der Universität Breslau befindlichen Wiesel, Schleichen (Pseudosaura), Krüppelfüßler (Brachypoda) und einiger denselben verwandten Reptilien (Nova acta Acad. naturae curios. 1851 Bd. 29). Als Anerkennung seiner Verdienste um die Wissenschaft und das Museum der königl. Universität wurde ihm 1830 der Charakter eines königl. preuß. Geheimen Hofrathes und im Jahre 1846 der rothe Adler-Orden 4. Klasse verliehen. Als er am 7. August 1851 sein 50jähriges Doktor-Jubiläum feierte, wurden ihm nicht nur zahlreiche Glückwünsche von Seiten der Universität, der Stadibehörden und vieler Vereine und Privatpersonen dargebracht, sondern königliche Gnade hatte ihm auch den rothen Adler- Orden 3. Klasse mit der Schleife, die Universität Göttingen (da die Helmstädter Universität später ein- gegangen war) ein erneuertes Doktor-Diplom, und die medizinische Fakultät der Universität Breslau das Diplom eines Ehren-Doktors der Medizin und Chirurgie zustellen lassen. — Obwohl hochbejahrt und durch seinen Gesichtsschmerz öfters an das Zimmer gefesselt, verwaltete er sein Amt nach wie vor. Indeß wuchs seine Kränklichkeit und namentlich seine Körperschwäche so, daß ihn im Wintersemester 115 1853 das Ministerium von dem Halten seiner Vorlesungen dispensirte, damit er sich wieder erholen möge. Zu diesem Behufe gebrauchte er in den Jahren 1854 und 55 auch die Brunnenkur in Salz- brunn, und obwohl dieselbe ihn um ein Bedeutendes erkräftiget hatte, so nahm leider doch nur zu bald seine Schwäche wieder so zu, daß er sich bewogen fühlte, um Versetzung in den Ruhestand zu bitten, welchem Ansuchen unter der ehrendsten Anerkennung seiner Verdienste unter dem 12. April 1856 gewillfahrt wurde. Da es ihm ganz überlassen worden war, ob er künftig noch Vorlesungen auf der Universität oder in der ihm belassenen Amtswohnung halten wollte, so hatte er im Sommer 1856 noch Zoologie vorgetragen. Bereits in dem darauf folgenden Wintersemester, am 14. Januar 1857, Abends 11 Uhr, machte eine Lungenlähmung nach einem Krankenlager von nur wenigen Tagen seinem irdischen Dasein ein Ende! — Sein Ruf als Naturforscher ist zu anerkannt, als daß hier noch Etwas darüber gesagt werden dürfte. Außer der Zahl seiner vorstehend aufgeführten Schriften spricht dafür auch, daß ihn 21 verschiedene naturhistorische Gesellschaften Deutschlands, Italiens, Frankreichs und Englands zu ihrem Mitgliede (darunter 8 zum Ehren-Mitgliede) ernannt hatten. — Ebenso hoch steht er aber auch als Mensch. Alle Diejenigen, welche Gelegenheit hatten, ihn kennen zu lernen, bezauberte er durch sein ruhiges, ja sanftes, liebreiches, anspruchsjoses, wahrhaft humanes Wesen, welches ihn, fern von Hochmuth und Egoismus, überall, selbst seinen Schülern gegenüber, als wohlwollenden, theilnehmenden Freund erscheinen ließ. — Auch die schlesische Gesellschaft für vaterländische Kultur, der er seit No- vember 1811 mit Ausnahme weniger Jahre, seit 1821 jedoch bis zu seinem Tode ununterbrochen an- gehörte, hat seine Theilnahme und sein geräuschloses Fördern wissenschaftlicher Bestrebungen erfahren. Seit dem Jahre 1826 leitete er durch freie Wahl der Mitglieder als Sekretair ununterbrochen die An- gelegenheiten der entomologischen Sektion, welche unter dieser Leitung auch ein sehr reges Leben entwickelt hat. Das auf gemeinschaftliche Kosten der Sektions-Mitglieder herausgegebene 1. Heft der „Beiträge zur Entomologie“ (Breslau 1829), so wie die in den jährlichen Berichten: dieser Ge- sellschaft enthaltenen Aufsätze sind Beläge dafür. Da in den letzten 8--10 Jahren seine körperliche Schwäche ihm nur selten erlaubte, den Versammlungen der Sektion beizuwohnen, diese aber ihn nach Ablauf jeder Etatszeit einstimmig wieder zu ihrem Sekretair erkor, so hatte während dieser Zeit der Unterzeichnete die Ehre, zu seinem Stellvertreter von ihm ernannt zu werden. Selbst bei den Stiftungs- festen der Sektion war er, mit Ausnahme der letzten Jahre, als Sänger und Dichter ein Beförderer harmloser Fröhlichkeit, und noch bis heute wird jedes Jahr ein zu einem solchen Feste von ihm ge- dichtetes und „‚Vater Noah“ benanntes Lied mi allgemeiner Theilnahme gesungen. — Seine Zuneigung zu der hiesigen Universität, und insbesondere zu dem von ihm so lange geleiteten zoologischen Museum, hat er noch durch sein Testament bekundet. In demselben vermachte er nämlich dieser Anstalt seine bedeutende, naturhistorische Bibliothek und ein Kapital von 12,000 Rihlr. mit der Bestimmung, daß nach dem Tode seiner hinterlassenen Wittwe die Zinsen von 10,000 Rthir. zur Vermehrung der Bibliothek, die von 2000 Rthlr. hingegen zu einem Stipendium für einen die Zoologie Studirenden verwendet wer- den sollen. Noch die späte Nachwelt wird dankbar seiner gedenken! K. Letzner. 15 * 116 In den 7 Versammlungen, welche die Sektion im abgelaufenen Jahre gehalten hat, kam Folgendes zum Vortrage: I, Lepidoptera, Herr Dr. Wocke machte folgende Mittheilungen: I. Neue schlesische Falter. *) 1. Eupithecia trisignaria HS. fig. 175, 76. Wurde zahlreich erzogen aus Raupen, die in der Nähe Breslau’s an einem schattigen Damm auf Blüthen von Pimpinella und Heracleum gefunden waren. Die Exemplare gleichen dem Bilde Herrich-Schäffer’s vollkommen in der Zeichnung, nicht aber in der Färbung, welche dort entschieden röthlich, bei meinen Stücken (über 30) fast rein grau ist. 2. - Penthina Pyrolana n. sp. Alis anticis fuscis, lineis transversis plumbeis, macula magna costae ante apicem, minore anguli analis roseis, gutta dorsi media alba marginem non attingente:; posticis saturate fusco-griseis. Expansio alarum 12—14A millim. Kopf braun, Palpen weißlich, an ihrer vorderen Hälfte sind die weißen Schuppen stark mit brau- nen gemischt, manchmal ist die Spitze ganz braun. Fühler bräunlich-grau. Rücken braun mit blaugrauer Bestäubung. Schulterdecken gelblich, an der Wurzel braun. Vorderflügel dunkelbraun, unterhalb der Falte etwas heller. Unmittelbar an der Basis zeigt sich ein kleines undeutlich begrenztes weißliches Fleckchen, das aber der Hälfte meiner Exemplare ganz mangelt; dicht hinter demselben verlaufen zwei gekrümmte parallele Bleilinien vom Vorder- zum Innen- rande. Dicht vor der Flügelmitte liegen wieder zwei parallele bleiglänzende Querlinien, sie machen in ihrer Mitte eine starke Krümmung nach außen und zeigen am Vorderrande eine sehr schwache, dicht - vor dem Innenrande aber eine starke, weiße Bestäubung, welche hier stets ein mehr oder weniger deut- liches, weißes Fleckchen darstellt. Im letzten Flügeldrittel erscheinen ebenfalls unregelmäßige bleiglän- zende Punkte und Querlinien. Im Analwinkel liegt ein längliches blaßrosenfarbenes Fleckchen, dessen oberes Ende in eine bleifarbene Spitze auslauft; es ist in der Größe sehr veränderlich, mitunter sehr klein, aber bei keinem meiner 6 Exemplare ganz fehlend.. Am Vorderrande, zu Ende des zweiten Drittels seiner Länge, liegt ein großer rosiger Fleck von unregelmäßig dreieckiger Gestalt, in ihm am Vorderrande zwei schwarzbraune Punkte und vor diesen noch ein ganz feines Pünktchen. Die Franzen sind braungrau mit schwachem Bleiglanz. Die Hinterflügel sind braungrau mit hellgrauen Franzen, in welchen eine scharfe braune Basallinie umlauft. Die Unterseite aller Flügel ist braungrau mit einer feinen gelben Saumlinie.e Franzen grau mit dunklerer Theilungsliniie. Am Vorderrand der Vorderflügel liegen dicht an der Wurzel ein undeutliches, vor der Mitte dicht an einander zwei deutliche, hinter der Mitte zwei größere und dann wieder zwei kleinere gelbe Fleckchen. Beine gelbgrau, die vorderen am hellsten. Tarsen braun geringelt. Hinter- leib oben braungrau, unten gelbgrau. *) Einige der hier aufgeführten im Jahre 1857 gefundenen Arten sind bereits in der Zeitschrift des Vereins für schlesische Insektenkunde als bei uns vorkommend bekannt gemacht, da ihrer aber in diesen Blättern noch keine Erwähnung geschehen, so verzeichne ich sie hier ebenfalls, zumal der Artikel jener Zeitung zwar zum Jahrgang 1856 gehört, aber von mir erst Ende 1857 verfasst wurde. 117 Diese schöne Art habe ich noch nicht als Falter im Freien gefangen, aber mehrfach aus der Raupe erzogen. Diese lebt in sandigen Kieferwäldern der Trebnitzer Hügelkette an den Blättern von Pyrola secunda. Sie spinnt die Ränder eines Blattes nach oben fest zusammen und frißt in diesem schoten- förmigen Raum das Blattmark fast vollständig aus; hat sie sodann ihre vollständige Größe noch nicht erreicht, so verläßt sie ihre Wohnung, um sich in einem anderen Blatt eine neue auf gleiche Weise her- zurichten. Die Verpuppung geschieht in der letzten Behausung. Ob die Art als Ei oder als junge Raupe überwintert, ist mir noch unbekannt, doch halte ich das Letztere für wahrscheinlich, da ich Mitte April die Raupe schon halb erwachsen antraf. Die Verpuppung geschah in der zweiten Hälfte des Mai, die Entfaltung der Schmetterlinge vom 29. Mai bis 12. Juni. Einige Exemplare habe ich auch von Berlin erhalten, welche ebenfalls aus Raupen von Pyrola secunda erzogen waren. 3. Poecilochroma sceiurana HS. fig. 426. — Melaleucana HS. 75. — Diese Art ist zunächst ver- wandt mit parmatana und sordidana, mit letzterer können nur ihre dunkelsten Varietäten verwechselt werden; diese unterscheiden sich aber leicht durch schmälere Flügel und geringere Größe, besonders aber durch die viel helleren Hinterflügel. Letzteres Merkmal bildet auch den Hauptunterschied von par- matana,. Diese übertrifft sciurana noch an Veränderlichkeit der Färbung und Zeichnung. Die gewöhn- lichste Form hat ziemlich Färbung und Zeichnung von sordidana; eine andere ebenfalls oft vorkommende ist die bei HS. fig. 426 abgebildete, bei der mitten durch die braune Vorderflügellläche ein zimmet- brauner Strahl von der Wurzel bis zum Hinterrand geht. Exemplare von hellerer, bleigrauer Farbe, oder zimmetbraune mit rein weißen Zeichnungen machen einen allmäligen Uebergang zu der auffallendsten Abänderung, der melaleucana HS. fig. 75, deren Vorderflügel auf ihrer Vorderrandshälfte dunkelbraun, auf der Innenrandshälfte weiß sind, beide Farben scharf geschieden in einer unregelmäßig gezackten Linie. Ich fand die Falter Ende September und Anfang Oktober d. J. bei Breslau im Weidengebüsch, wo sie unter abgefallenem Laube am Boden saßen und mit Mühe aufgescheucht werden mußten. Ein frei- williger Flug fand erst nach eingetretener völliger Dunkelheit statt. 4. Micropteryx Anderschella HS. Wurde bisher als Varietät von aureatella Scop., Allionella Fab. betrachtet. Sie fliegt im ganzen schlesischen Vorgebirge in feuchten, schattigen Thälern um Nesseln und Mercurialis im Mai, im höheren Gebirge oft bis Mitte Juni. 5. Depressaria quadripunctata n. sp. Alis ant. rotundatis grisescentibus (mas) vel osseis (fem.), punctis disci qualuor, serie punctorum marginalium, atomisque plus minusve numerosis nigris; palpis immaculatis. Ezxpansio alarum maris 17—19, feminae 15—13 millim. Verwandt mit pallonella und umbellana, von beiden durch viel geringere Größe verschieden, von ersterer außerdem durch die dunklere Farbe des Männchens und den gänzlichen Mangel eines braunen Längswisches der Vorderflügel, von letzterer noch dadurch, daß die schwärzliche Bestäubung der Vor- derflügel nicht zu Längslinien gehäuft ist. Sehr nahe muß ihr die D. bipunetosa Curtis stehen, die ich noch nicht gesehen habe; diese ist größer, 9-bis 10 Linien, hat nur zwei Punkte in der Vorderflügelfläche und zeigt keine Verschiedenheit in.der Färbung beider Geschlechter. Rücken, Kopf und Fühler des Männchens gelbgrau, Palpen graugelblich, ungefleckt, die Beschuppung des zweiten Gliedes grau mit braun gemischt. Vorderflügel gelbgrau, das Wurzelfeldchen nicht heller, am Innenrand durch einen kurzen, schwärzlichen, nach außen gebogenen Strich begrenzt, bisweilen nur durch einen mehr oder weniger deutlichen Punkt. Die ganze Flügelfläche ist fein schwärzlich punktirt, nur gegen die Spitze zu häuft sich diese Bestäubung etwas auf den Adern an. Im Mittelraum vor der Flügelmitte stehen zwei feine schwarze Punkte schräg untereinander, der untere nach außen gerückt; mit dem oberen in gleicher Höhe liegt in der Flügelmitte ein dritter und hinter diesem der vierte Punkt. 118 Letzterer ist der größte und immer deutlich vorhanden, während der dritte bisweilen fast ganz verschwin- det. An der Wurzel der mit der Fläche gleichgefärbten Franzen, vom letzten Drittel des Vorderrandes anfangend bis gegenüber am Innenrand, verlauft eine Reihe schwarzer Punkte, die am Innenrande meist zu kleinen Strichen werden. Hinterllügel weniger gelblich als die Vorderflügel, gegen die Wurzel oft fast weißlich, vor den hellgelblichgrauen Franzen eine Reihe oft undeutlicher, schwärzlicher Striche. Unterseite gelbgrau sei- denglänzend, Franzen etwas heller, Randpunkte durchscheinend. Beine gelbgrau, die Enden der Tar- senglieder blaßgelblich. Hinterleib von der Farbe der Vorderflügel, unten jederseits mit einem dunkel- grauen Seitenstreif, der sich nach hinten allmälig verdünnt. Afterbusch etwas heller als der Leib. Das Weibchen ist kleiner und gedrungener als das Männchen, die Färbung viel heller, meist rein beingelb, nur selten etwas graulich. Kopf, Palpen und Rücken sind beingelb, die Beschuppung des zweiten Palpengliedes hell gelblichgrau, Fühler gelbgrau. Die Punkte der Vorderflügel treten wegen der hellen Grundfarbe schärfer hervor, die Randpunkte sind dieker und schwärzer. Die Hinterflügel sind sehr hell, gegen den Rand etwas graugelblich, die Randstrichelchen meist verloschen. Unterseite hell- gelblichgrau, die Ränder gelblich, Randstrichelchen auf beiden Flügeln gleich deutlich. Beine beingelb, Schenkel und Schienen der beiden vorderen Paare auf der Innenseite grau bestäubt, Tarsenglieder an der Wurzel gelbgrau. Hinterleib sehr bleich gelblichgrau, die Seitenstreifen der Unterseite schwärzlich. Diese Art fand ich zuerst am 23. Juli d. J. auf einer der Ueberschwemmung ausgesetzien kleinen Wiese an der alten Oder in wenigen Exemplaren, einige Tage später zahlreich auch auf anderen feuch- ten Wiesen um Breslau; sie hatten sich in einzelne Schlehen- und Weidensträucher verkrochen und wurden durch Tabakdampf leicht aufgescheucht. Die Flugzeit war eine sehr kurze, denn am 30. Juli fand ich schon mehr schlechte als gute Stücke, und Anfang August sah ich nur noch wenige ganz ver- flogene, später gar keine mehr; an eine Ueberwinterung ist also bei diesem Thiere nicht zu denken. 6. Depr. conterminella Zeller. Anfang Juli fand ich 6 Exemplare bei Breslau unter Wollwei- dengesträuch in dürren Blättern. 7. Gelechia infernalis HS. fig. 584. Ein Exemplar erzog ich aus einer im ersten Frühling bei Öswitz an Birke gefundenen nicht näher beachteten Raupe im Mai. Mitte desselben Monats fand ich noch einige Falter an gleichem Otte. 8. Gel. pudorina Wocke, Zeitschrift für Entomologie 1856 p. 5. An vielen Orten der Umge- gend von Breslau an Eichen, stets aber einzeln gefunden. 9. Gel. captivella HS. Zwei Exemplare fand ich Ende Mai an Sarothamnus; sie zeigen nicht den geringsten Unterschied von meinen übrigen von Mann in Kroatien gesammelten. 10. Oecophora lambdella Donov. Drei Männchen dieser noch nicht kontinentalen Art fand ich am 14. Juni an einem verdorrten Sarothamnus-Strauch bei Obernigk. 11. Coleophora trifariella Zeller war nicht gar selten bei Obernigk ebenfalls an Sarothamnus, zu Anfang Juni. 12. Col. infantilella HS. Anfang Juni bei Obernigk und an anderen Orten des Trebnitzer Krei- ses auf Calluna nicht selten gefunden. Sie fliegt erst gegen Sonnenuntergang freiwillig. 13. Col. silenella HS. und 14. Col. Dianthi HS. im Juli und August einzeln an Wegen in dürren Sandgegenden gefangen. 15. Graceilaria Kollariella Zeller entdeckte ich bei Obernigk an Sarothamnus Mitte Mai, eine zweite Generation flog Anfang August. 16. Neptieula oxyacanthella Stainton. Die Raupe fand ich auf Crataegus, Pyrus malus und. commumnis in Vielzahl in der nächsten Umgebung Breslau’s und erzog auch einige Exemplare. 119 17. Npt. Aucupariae Frey. Bei Freiburg die Minen Anfang Oktober zahlreich auf Eberesche gefunden. 18. Npt. angulifasciella Sta. Die Raupe war dieses Jahr zu Anfang Oktober häufig um Breslau auf Rosa canina. 19. Npt. Acetosae Sta. Einige Minen bei Schwoitsch auf Aumex acetosa Ende September gefunden. . 20. Npt. alnetella Sta. Die Raupe auf Alnus glutinosa bei Schwoitsch zu Anfang Oktober nicht häufig. 21. Npt. regiella Frey. Im Mai einige schöne Exemplare im Pilsnitzer Walde von Crataegus geklopft. 22. Npt. tityrella Sta. Die Raupe in Buchenblättern minirend im ganzen Vorgebirge, Ende Sep- tember und Anfang Oktober. II. Seltene schlesische Falter. 1. Lithosia arideola Hering. Die Raupe fand ich bei Riemberg am Rande eines Kieferwaldes am Boden kriechend. 2. Erastria venustula Hübn. Anfang Juni zahlreich bei Obernigk und einzeln auch bei Schwoitsch gefangen. 3. Pempelia formosa Haw. Ein Exemplar fing ich am 5. Juni bei Obernigk in einem Birkengehölz. 4. Gelechia interruptella Hübn. Bei Obernigk an Sarothamnus von Mitte Mai bis Mitte Juni selten und einzeln nach Sonnenuntergang gefangen. 5. Coleoph. directella Zeller. Ich fand in diesem Jahr Ende Mai wieder eine Anzahl Säcke an Artemisia campestris, an welcher Pflanze auch deutliche Spuren des Fraßes sichtbar waren. In der Gefangenschaft zeigten die Raupen jedoch wieder das schon in früheren Jahren beobachtete Betragen; sie liefen fortwährend unruhig in ihrem Behältnisse umher, ohne ihr Futter zu berühren; natürlich gingen die meisten zu Grunde, und ich erhielt nur einen männlichen und drei weibliche Falter, welche Anfang August auskamen. 6. Lithocolletis Stettinensis Nic. Die Raupe, in oberseitigen Minen auf Blättern von Alnus glu- tinosa lebend, wurde mehrfach bei Schwoitsch gefunden und glücklich erzogen. 7. Lith. Froelichiella Zeller. Wurde‘im letzten Winter mehrfach erzogen. Die unterseitigen Minen an Alnus glutinosa lassen sich von denen der Klemannella gar nicht unterscheiden und waren auch als solche bei Schwoitsch eingesammelt worden. 8. Nept. subbimaculella Hw. Am 12. Juni bei kaltem und sehr stürmischem Wetter fand ich diese Art an einer einzeln stehenden Eiche nahe bei Breslau in großer Anzahl. Sie hatten sich tief in die Ritzen der Rinde verkrochen und waren nur mit Mühe aus denselben hervorzuscheuchen. II. Coleoptera. Herr Hauptlehrer K. Letzner hielt am 14. März folgenden Vortrag über Anaspis flavo-atra (A. flava L., lateralis F., frontalis L., atra F.). In der zweiten Hälfte des Juli d. J. beobachtete ich (wie auch schon in früheren Jahren) am Alt- vater, etwa 3500 Fuß über dem Meere, auf den Blüthen der Dolden, ganz besonders aber auf denen der Spiraea Aruncus (zum Theil in Begattung), eine außerordentliche Menge einer Anaspis, welche in Größe und Färbung stark variirte. Die genauere Betrachtung einer bedeutenden Anzahl von Exemplaren 120 dieses Thieres ergab sämmtliche oben genannte Arten, und hat mich zu der Ueberzeugung geführt, daß dieselben alle blos Varietäten eines Thieres sind, für welches ich, zur Verhütung von Irrungen, nach dem Beispiel anderer Entomologen den Namen 4. flavo-atra vorzuschlagen mir erlaube. Das Thier ist übri- gens nicht blos im Gebirge, sondern eben so häufig in Blüthen der Spiräen, Dolden etc. des Vorgebirges und der Ebene zu Hause. Beginnt man mit den am meisten hell gefärbten Exemplaren, so würden sich folgende Formen unterscheiden lassen: 1) Das ganze Thier röthlich-gelb, nur die Augen und die äußere Hälfte der Fühler schwärzlich. Bei dem einen Exemplare ist die Spitze des Hinterleibes etwas dunkler. — 2) Röthlich-gelb, Hinter- brust braun, Abdomen, Augen und äußere Hälfte der Fühler schwarz; äußerste Spitze der Decken und die Hintertarsen zuweilen bräunlich-gelb. — 3) Röthlich-gelb, Augen, äußere Fühlerhälfte (vom 5. oder 6. Gliede ab), Hinterbrust und Abdomen schwarz. Decken an der äußersten Spitze mit einem bräun- lichen Schatten, welcher sich an dem äußersten Seitenrande etwas weiter nach vorn erstreckt. Oefters sind die Hintertarsen bräunlich, zuweilen zeigen auch die Hinterschenkel an der Basis einen stärkeren oder schwächeren bräunlichen Schatten. Diese Form ist Mordella flava Lin., Panz., Gyl. — 4) Decken auf der hinteren Hälfte schwärzlich, allmälig in das Röthlich-gelb der vorderen Hälfte übergehend; Kopf auf dem Scheitel mit einem bräunlichen Schatten; Hinterbeine dunkelbraun, oft auch mehr oder weniger die Tarsen der 4 vorderen. — 5) Decken nur an der Basis noch bräunlichgelb, sehr bald in’s Schwarz oder Schwarzbraun übergehend. Kopf röthlich-gelb, auf dem Scheitel mit einem bräunlichen Flecken. Hinterschenkel nur zuweilen gelb, öfters schwärzlich; im letzteren Falle sind auch die Schie- nen und Tarsen dunkler. Mitteltarsen öfters dunkelbraun, zuweilen selbst die Vordertarsen; in diesem Falle sind oft auch die Schenkel der Mittelbeine dunkler. M. flava Var. b Gyl. — 6) Decken dunkelbraun, Thorax roth oder bräunlich, sonst wie die vorhergehende. — 7) Decken schwärzlich oder schwarz wie bei allen folgenden Formen; Thorax röthlich-gelb, Kopf röthlich-gelb, zuweilen auf dem Scheitel mit einem kaum merklichen bräunlichen Schatten. Beine zuweilen bis auf die dunkleren Hintertarsen ganz gelblich, zuweilen die Hinterbeine schwärzlich und die Mittelschienen und ihre Tarsen bräunlich; zuweilen selbst die Schenkel der Mittelschienen bräunlich. Die Unterschiede. zwischen dieser Form und der 4. thoraeica L., welcher sie (namentlich die Exemplare mit hellerem Thorax) hinsichtlich der Färbung gleicht, sind mir noch nicht klar genug, um sie hier darlegen zu können. — 8) Wie die vorstehende Var., nur hat der Kopf auf dem Scheitel einen dunkelbraunen, zuweilen fast schwärzlichen Fleck, der jederseits bis nahe an die Augen reicht. Der Färbung nach gleicht diese Form der A. ruficollis Geoff. — 9) Decken schwarz, Thorax röthlich-gelb, mit einem verwaschenen, dunkleren, unregelmäßigen Flecke auf seiner Mitte. Kopf vom Scheitel bis gegen die Basis der Fühler dunkelbraun. Beine wie bei der Form 5, zuweilen jedoch auch die Vorderschienen und -Tarsen bräunlich. — 10) Wie die vorstehende Form, aber der Thorax ist überall braun (zuweilen so dunkel, daß er sich kaum noch von den Deck- schilden unterscheidet), zuweilen nimmt auch noch die Basis der Decken an dieser Färbung Theil. Kopf auf dem Scheitel dunkelbraun oder schwärzlich; Fühler vom 4., zuweilen schon vom 3. Gliede ab schwarz. Hinterbeine meist schwärzlich, Mittelbeine, oder doch wenigstens ihre Schienen und Tarsen braun; Vordertarsen und die Spitzen der Vorderschienen gelb oder zuweilen bräunlich. — 11) Thorax an den Seiten bis zur Hinterecke in mehr oder weniger bedeutender Ausdehnung röthlich, so daß auf der Mitte ein schmalerer oder breiterer, nach vorn verschmälerter, schwarzer Raum bleibt, der zuweilen den Vorderrand nicht erreicht. Kopf auf dem Scheitel schwärzlich. Fühler vom 4. oder 5. Gliede ab schwarz. Beine mehr oder weniger schwarz, wie bei der Form 10. Diese Var. ist die Mordella la- teralis Fab., Gyl., Anaspis lateralis Redtenbacher, welcher übrigens in der dieser Art beigefügten An- merkung bereits sagt, daß dieselbe ‚wahrscheinlich nur eine Abart der Anaspis frontalis‘“ sei. Zu- 121 weilen sind die Decken nicht ganz ausgefärbt, und erscheinen dann schwarzbräunlich (Mordella lateralis Var. b des Gyl.). — 12) Ganz wie die Vorstehende, nur ist der Thorax schwarz, und die röthliche Färbung seiner Seiten ist allein an den Vorderecken noch sichtbar, wo sie, ein größeres oder kleineres röthliches Fleckchen bildend, mit der gelben Färbung der Unterseite des Thorax zusammenhängt. — 13) Ganze Oberseite des Prothorax schwarz, Unterseite gelblich oder bräunlich; alles Uebrige wie bei der Folgenden. — 14) Decken, Halsschild (auf der Ober- und Unterseite), Kopf auf dem Scheitel und Fühler vom 5. Gliede ab schwarz. Es bleiben demnach nur noch der Mund bis über die Insertionsstelle der Fühler, die Taster, die Hüften und Schenkel der Vorderbeine (zuweilen auch die Schenkel der Mit- telbeine), wie die 4 Wurzelglieder der Fühler gelb oder roth. Zuweilen sind selbst die Vorderschenkel an der Außenseite in der Nähe der Kniee mit einem bräunlichen Striche versehen, und in diesem Falle die Schenkel der Mittelbeine mehr oder weniger bräunlich oder selbst schwärzlich. Diese Form ist Mordella frontalis Lin., Panz., Gyl.; Anaspis frontalis Redtenb. — 15) Wie die Vorstehende, die schwarze Färbung des Kopfes dehnt sich aber weiter gegen den Mund hin aus, und läßt nur noch Kopf- schild und Oberlippe gelb. Vorderschenkel oft gelbbräunlich, namentlich an der Spitze. — 16) Wie die Vorstehende, aber Kopfschild und Oberlippe röthlich-gelb, Endglied der Taster, Hüften und Schie- nen der Vorderbeine braun. — 17) Mund und Endglied der Taster braun, die 4 ersten Fühlerglieder, wie die Hüften und Schenkel der Vorderbeine gelblich, die letzteren an der Spitze bräunlich. Die sel- tenste Form; ich besitze von derselben nur ein Weibchen. — 18) Ganz schwarz; Oberlippe, Taster und die 3 ersten Fühlerglieder heller oder dunkler braun, zuweilen die Taster etwas heller als der Mund (es sind dies größere, an Länge den früheren Formen gleichkommende Exemplare). Beine (auch die Vorderhüften) schwärzlich oder schwärzlichbraun, die Kniee und Spitzen der Schienen meist etwas heller braun. Wie schon Gyllenhal angiebt, sind die hierher gehörigen Exemplare meist immer klei- ner. Mordella atra F., M. frontalis Var. b Gyl., Anaspis frontalis Var. Redi. — 19) Ober- und Unterseite mehr oder weniger schwärzlich-braun, seltener gelblich-braun. Es sind noch nicht vollstän- dig ausgefärbte Exemplare der vorstehenden Form, zu der sie auch der Größe nach gehören. — 20) Wie die Var. atra (18), nur sind Mund, Taster und die Wurzelglieder der Fühler schwarzbraun, so daß man bei ungünstiger Beleuchtung sie für ganz schwarz zu halten geneigt sein kann. Was Gyllenhal (II. 614) bei Mordella frontalis über den Geschlechts-Unterschied sagt, ist durchaus nicht maßgebend, da der schwarze, vorn abgerundete Fleck auf dem Scheitel bei dem Männ- chen eben so oft bestimmt abgegrenzt, als allmälig in das Gelb übergehend vorkommt, und eben so bei dem Weibchen. Der Geschlechts-Unterschied, welchen ich übrigens in keinem entomologischen Werke angegeben finde, ist nur bei dem Männchen äußerlich ausgesprochen. Dieses hat nämlich auf dem Hin- terrande des 3. Hinterleibs-Ringes auf der Mitte des Bauches eine aus 2 an der Basis beweglichen Gliedern bestehenden Zange. Jedes dieser beiden Glieder ist gegen die Spitze an der Innenseite etwas verschmälert und an der Spitze selbst etwas nach innen gekrümmt, so daß beide Glieder zusammen eine Art Zange formiren, welche mit einer sogenannten Kneipzange die meiste Aehnlichkeit hat. Beide Glie- der stehen an der Basis dicht an einander, erlauben eine Bewegung von hinten nach vorn und von innen nach außen, und sind auf der gegen einander gekehrten Innenseite mit dicht stehenden, gleichlangen Haaren gewimpert. Im Zustande der Ruhe liegen beide Glieder dicht an einander auf der Mitte des Bauches (an diesen angedrückt) nach hinten, und reichen bis fast an den Hinterrand des Anal-Segmen- tes. Dieses zeigt von hinten nach vorn einen Spalt. Will das Männchen sich begaiten, so richtet es die Zange auf, so daß sie senkrecht auf dem 3. Hinterleibs-Segmente steht, und umschließt damit den Hinterleib des Weibchens. Dieses hat eine aus A Stücken bestehende, in einander schiebbare Lege- röhre, welche länger als der ganze Hinterleib ist. 16 Derselbe theilte Folgendes mit über Mordella pusilla De;j. In den Beiträgen zur Entomologie, herausgegeben von der entomologischen Sektion der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur (Breslau 1329), hat Schilling p. 96 die Larve der Mordella pu- mila Gyl. als im gemeinen Beifuß (Artemisia vulgaris) lebend beschrieben. Bald nach dem Tode des Autors war es mir möglich, aus den Resten von dessen Sammlung 4 mit dem Namen Mordella pumila’ Gy]. bezeichnete Exemplare, von denen eines auf einem besonderen Zettel von des erwähnten Beobachters Hand die Bemerkung ,Feldbeifuß“ führte, zu entnehmen. Diese 4 Thiere gehören aber sämmtlich zu Mordella pusilla Dej. und zwar das eben erwähnte bezettelte Exemplar zu der Var. mit gelben Vor- derbeinen und gelblicher Basis der Fühler. Da nun die echte M. pumila in der erwähnten Sammlung gar nicht vorhanden war, so wird also die von Schilling in dem oben angeführten Buche beschriebene Larve fortan nicht mehr zu M. pumila, sondern zu M. pusilla Dej. zu citiren sein. Da man in Schle- sien zu der Zeit, wo oben erwähnte „Beiträge“ erschienen (und auch lange nachher noch), die Existenz der M. pusilla Dej. nicht kannte, so war eine Verwechselung derselben mit M. pumila nur zu leicht möglich. Herr Letzner machte ferner nachstehende Mittheilung: Ueber die Puppe von Opilus domesticus St. Aus einem hiesigen Garten hatte ich vorigen Herbst ein Stück einer gegen 2 Zoll dicken, alten kiefernen Stange, die man Jahre lang als Pfahl zur Stütze junger Bäumchen etc. benutzt hatte, über Winter in meine Wohnung genommen, um aus demselben Xyletinus pectinatus F. zu erziehen, von dessen Larven es an dem äußersten Ende bereits stark angegriffen war. Als ich Anfang Mai d. J. dasselbe spaltete, fand ich darin in einer alten, langen Höhlung lose liegend eine Puppe, aus welcher mir nach 14 Tagen, nach Mitte Mai, Opilus domesticus hervorkroch. Da dieselbe noch nirgends beschrieben ist, so erlaube ich mir Nachstehendes darüber mitzutheilen. Die Puppe ist cylindrisch, langgestreckt, hinten allmälig zugespitzt, schlank, 3% Linien lang, weiß, indeß schon 14 Tage vor ihrem Auskriechen auf dem Rücken und der Bauchspitze dunkel violett. Kopf herabgebogen, Kinnbacken groß, Taster lang, dreigliedrig, bis auf die Vordertarsen herabreichend, diese wie die Mitteltarsen auf der Mitte des Bauches dicht an einander liegend, Fühler über den Kinnbacken eingefügt, bis zu den Knieen der Mittelbeine reichend, gegen die Spitze etwas verdickt. Die Hinter- tarsen berühren nur an der Basis fast einander, an der Spitze sind sie etwas weiter aus einander ge- bogen. Sie sind scheinbar viergliedrig und ragen mit den 3 hintersten Gliedern über die Spitze der Flügel hinaus. Die Kniee der Hinterbeine treten zwischen dem 2. und 3. Abdominal-Ringe unter den Decken hervor. Der Thorax ist schlank, nach hinten etwas verengt, daselbst schmaler als der Meso- und selbst der Metathorax und wie der Kopf mit zahlreichen, ziemlich langen, wie es scheint, regellos stehenden Härchen besetzt. Der Metathorax ist viel länger als der Mesothorax und hat auf der Mitte eine Längsvertiefung. Der Hinterleib besteht aus 7 Segmenten und dem Anus, welcher letztere auf der Oberseite mit 2 nach hinten, etwas auf- und auswärts gekrümmten, scharfen, gabelartigen Spitzen ver- sehen ist. Von der Basis des Abdomens bis zu dem 5. Segmente läuft über den Rücken eine weiß- liche Mittellinie hinab, und außerdem trägt jedes Rücken-Segment am Hinterrande 4 lange weißliche Haare, welche mit denen der anderen Segmente 4 Längsreihen bilden Am Seitenrande zeigt jedes Segment jederseits ein nur sanftes Höckerchen, das mit 2 weißlichen Haaren besetzt ist. Auf der Bauch- seite ragen die letzten 3 Segmente und der Anus über die Hintertarsen hinaus. Die Flügeldecken sind 123 sehr deutlich gestreift, und werden an der Basis an ihrem Innen-, und an der Spitze an ihrem Außen- Rande etwas von den darunter hervorkommenden Flügeln überragt, jedoch so, daß die Spitze der letz- teren nur wenig weiter nach den Hintertarsen zuliegt, als die der Decken. Derselbe hatte auch in diesem Jahre mehrere Käfer-Spezies aus Larven erzogen und theilte darüber Folgendes mit: e 1) Chrysomela cuprea F. und 20punctata Scop. Von entomologischen Freunden zu Schweidnitz in Kenntniß gesetzt, daß in den bei dieser Stadt liegenden Bögenbergen die in Schlesien so seltenen, eben genannten Chrysomelen vorkämen, machte ich in Begleitung derselben am 21. Juni d. J. eine Exkursion in das Thal der sogenannten goldenen Waldmühle, wo es uns auch gelang, auf Salöix fragilis (Russeliana) nicht nur Käfer, sondern auch aus- gewachsene Larven zu erbeuten, aus denen ich die Käfer in mehreren Exemplaren erzog. Merkwürdig ist, daß die Chrys. cuprea genau in derselben Zeit auch von Cornelius in Elberfeld erzogen wurde, worüber derselbe das Nähere in der die Veröffentlichung eher ermöglichenden Stett. ent. Zeitung vom Jahre 1857 mitgetheilt hat. Die nachstehende Beschreibung wird indeß immer noch so manches Neue und Berichtigende enthalten, daß ihre Veröffentlichung gerechtfertigt erscheinen wird. Die Larve ist gegen 6 Linien lang, weiß oder gelblich-weiß, schwarz gefleckt, in Bau und Fär- bung der der Chrysomela populi und tremulae verwandt. Kopf tief-schwarz, ziemlich glänzend, mit feiner verliefter Längslinie auf dem Scheitel und (nicht blos in der Augengegend) mit zahlreichen, ziem- lich langen, bräunlichen Haaren besetzt. Auf der Stirn zwei rundliche, tiefe, von einander getrennte Eindrücke. Kopfschild durch eine tiefe Querlinie vom Kopfe, durch eine etwas seichtere von der Ober- lippe getrennt. Fühler wie gewöhnlich kurz, kegelförmig, sehr schnell zugespitzt, dreigliedrig, der Fühler-Stamm um Vieles dicker als das unterste Glied. Kinnladen-Taster viergliedrig, nach der Spitze allmälig dünner werdend, Lippentaster dreigliedrig, kegelförmig, schneller zugespitzt als die Maxillar- Taster. Ocellen 6, eines wie gewöhnlich unter dem Fühler (in der Richtung von diesem auf die Vorderhüfte zu), eines ein Wenig mehr nach außen und hinten, 4 hinter den Fühlern, ein Trapez bil- dend. Alle sind stark hervorgequollen. Thorax fast so lang als Mittel- und Hinterbrust, an den Seiten gleichmäßig gerundet, vorn sanft ausgerandet, jederseits mit einer grubigen, runzeligen, am Hinterrande zusammenstoßenden Vertiefung, welche den Seitenrand nicht niederdrückt, am Seiten- und Hinter-Rande am tiefsten ist und nach innen allmälig verläuft, so daß in der Mitte des Vorderrandes keine Spur mehr davon vorhanden ist. Die von diesem Eindrucke ausgehende vertiefte Mittellinie erreicht nicht den Vor- derrand. Die tiefsten Stellen des Eindruckes an den Seiten und am Hinterrande sind schwarz gefärbt und mit bräunlichen Haaren besetzt. In der Mitte des Seitenrandes liegt unten ein schwärzliches oder bräunliches Fleckchen (das Stigma ?); andere schwarze Pünktchen habe ich bei meinen Exemplaren nicht wahrnehmen können. Mesothorax an der abgerundeten Vorderecke mit einem schwarzen, nach außen gerichteten Fleckchen, auf welchem das schwarze Stigma steht. Von diesem ein wenig nach innen und hinten (jedoch noch ein wenig vor der Mitte des Prothorax, wenn man denselben von vorn nach hinten betrachtet) liegt jederseits eine hoch emportretende, schwarze, kegelförmige Tuberkel, welche wie bei den verwandten Arten einen weißen Saft von durchdringendem Geruche ausstößt, aber nicht, wie Cornelius meint, die Tracheenöffnung enthält. Zwischen diesen beiden hörnchenartigen Tuberkeln liegen zwei schwarze, in die Quere gezogene Flecken, welche nur durch einen schmalen Raum auf der Mitte von einander geirennt sind. Hinter denselben ist der Mesothorax auf der inneren Hälfte durch eine Querfurche in einen vorderen und hinteren Abschnitt getheilt, auf welchem letzteren, den eben 16* 124 erwähnten 2 Flecken entsprechend, 2 eben solche, und außerdem an der Außenseite eines jeden noch ein etwas mehr rundlicher, unbedeutend mehr nach vorn gelegen ist. Dem schwarzen Flecke an der Vorderecke (mit dem Stigma) entsprechend, liegt ein eben solcher an der Hinterecke, kaum weiter nach hinten als die beiden hinteren Querflecken auf der Mitte. Alle diese schwarzen Flecken sind stärker gerunzelt als die übrige Oberfläche des Körpers, und erscheinen daher etwas matter. — Metathorax ganz wie der Mesothorax. Abdomen aus Anus und 8 Segmenten bestehend. Jedes Segment hat auf der Mitte 2 große, schwarze, etwas in die Quere gezogene Flecken, welche denen auf dem vorderen Theile des Mesothorax gleichen. Jeder derselben trägt 2 Haare, welche jedoch nicht immer wahrzu- nehmen sind. Von diesen Flecken nach außen liegt jederseits eine kegelförmige Tuberkel, welche jedoch niedriger als die des Meso- und Metathorax ist, und etwas weiter nach innen liegt als bei diesen, also mit ihnen nicht eine Reihe bildet. Diese Tuberkel trägt unfern der abgestutzten Spitze auf der Außen- seite ein ziemlich langes Haar, und aus ihr tritt, wenn das Thier gereizt wird, wie aus den entsprechenden des Meso- und Metathorax ein Bläschen der erwähnten weißen Flüssigkeit. Von dieser Tuberkel wieder nach außen liegt am äußersten Seitenrande eine kleine, schwarze, seitlich nach außen vorsprin- gende Erhöhung, welche mit 2—3 kurzen, bräunlichen Härchen besetzt ist. Zwischen ihr und der eben erwähnten höheren Tuberkel, aber ein wenig mehr nach vorn, liegt das schwarze Stigma. Ganz eben so sind das 2. bis 5. Segment gezeichnet. Das 6., 7. und 8. Segment unterscheidet sich von den vorhergehenden nur dadurch, daß die beiden inneren schwarzen Flecke neben der Mittellinie in einen zusammengeflossen sind, von denen die beiden hintersten am Hinterrande einige bräunliche Härchen zei- gen. Der als Nachschieber gebrauchte Anus ist an der Basis schwärzlich. Die Unterseite ist weiß, die 3 Brustsegmente auf der Mitte mit einem bräunlichen Flecken, der namentlich auf dem Prothorax aus zweien zusammengeflossen zu sein scheint; jedes Abdominalsegment auf der Mitte mit 3 (das mittelste unbedeutend weiter nach vorn liegend), weiter nach außen jederseits noch mit 1 schwärzlichen oder bräunlichen Fleckchen *), zu dessen beiden Seiten (sowohl nach innen als nach außen zu) sich ein sanfter Längseindruck über alle Segmente hinzieht. Alle diese Fleckchen der Unterseite sind mit 1—3 einzel- nen, kurzen Härchen besetzt; die 3 mittelsten fließen auf dem 7. und 8. Segmente zusammen. Die Beine sind schwarz. Die Puppe ist gelblich weiß, schwarz gefleckt, verhältnißmäßig breit, mit Kopf und Anus nach der Bauchseite zu gekrümmt, ohne Behaarung. Kopf schwarz, auf dem Scheitel gelblich. Halsschild gelblich mit 4 schwarzen parallelen Längsflecken, welche später öfters zusammenfließen, so daß alsdann nur die Seiten heller bleiben. Auch die gelblich-weiße Färbung dunkelt nicht selten mit dem zuneh- menden Alter der Puppe nach, so daß sie zuweilen fast zu Gelbbraun wird. Die Hinterecken ragen seitlich über den Mesothorax etwas vor. Dieser ist in der Mitte mit einem länglichen und jederseits mit 2 rundlichen schwarzen Flecken besetzt, welche letzteren etwa in der Mitte zwischen- Außenrand und Mittellinie stehen. Metathorax auch mit 3 schwarzen Flecken, der mittelste viel größer als auf dem Mesothorax und durch die gelbliche Mittellinie in 2 Hälften getheill. Abdomen auf dem 1. bis 6. Seg- mente jederseits mit 2 in die Quere gezogenen, großen, schwarzen Flecken, welche den Hinter- und *) Dieses Fleckchen jeder Seite, welches mit der äusseren Seite der Hinterhüfte in einer Linie liegt, rechnet Cornelius zur Oberseite. Ich kann mich selbst durch den in der Anmerkung p. 395 der Stett. Zeit. (Jahrg. 1857) angegebenen Grund: dass diese Tuberkelreihe „an der Bauchseite‘“ zu den Reihen der Oberseite mitgezählt werden müsse, „weil sie nicht unter den Beinen weggeht,“ noch nicht von der Nothwendigkeit und Richtigkeit dieser Mass- regel überzeugen. 125 Vorderrand des Segmentes frei lassen; der äußere von ihnen ist der kleinere. Zwischen ihm und dem Seitenrande liegt nach vorn das schwarze, etwas emportretende Stigma. Das 7. und 8. Segment wie der Anus ist gelblich weiß (später etwas dunkler), ungefleckt. Das 7. Segment ist länger als die vor- hergehenden Bauchabschnitte, tritt auf der Oberseite am Seitenrande bedeutend nach außen vor, und bildet daselbst eine große, abgerundete Tuberkel, die sich auf der Oberseite, namentlich am Hinterrande, nach innen fortsetzt und das Segment daselbst emporhebt. Der Hinterrand dieses 7. Segmentes ist auch nicht wie die vorhergehenden quer abgeschnitten, sondern auf der Mitte nach hinten in einem Bogen verlängert. Auf der Bauchseite tritt der Seitenrand weniger tuberkelartig und weniger stark nach außen vor, und ist (wie bei dem 8. Segmente) von dem Seitenrande der Oberseite durch eine Vertiefung ge- schieden. Das 8. Segment ist sehr schmal und nicht mehr deutlich von dem kleinen, hinten abgerun- deten Anus zu unterscheiden. Durch den Eindruck am Seitenrande des 7. und 8. Segmentes tritt die Rückenseite der Puppe vom Ende des 6. Segmentes an bedeutend nach oben, und bildet da- durch (sowie durch die Seitentuberkel) hinter dem 6. Segmente eine Einschnürung, welche es ermög- licht, daß die zusammenschrumpfende, und daselbst die Puppe genau umschließende Larvenhaut die letztere so fest halten kann, daß man sie nicht herauszuziehen vermag. Bauch weiß oder gelbweiß. Decken gestreift, gelblich, später schwärzlich, namentlich am Nahtrande. Beine und Fühler später schwarz. Vordertarsen schräg nach innen liegend, so daß sie an der Spitze sich fast berühren. Die Mittel- und Hintertarsen, welche an ihrer Außenseite ruhen, lassen zwischen sich auf einem ziemlich breiten Raume das Abdomen wahrnehmen. Die letzteren sind auf der Außenseite zum Theil von den unter den Decken hervorkommenden Flügelscheiden bedeckt. Die ersten Larven verpuppten sich an den Blättern der Futterpflanze am 22., die letzten am 24. Juni, und krochen auch mir schon nach 5, höchstens 6 Tagen aus, Der Käfer war anfangs weiß. Die Larve der Chrysomela Wpunetata Scop. ist der der Chr. cuprea so ähnlich, dab sie auf den ersten Blick nicht von derselben zu unterscheiden ist. Man erkennt sie jedoch leicht an der Zeichnung der Oberseite des Abdomens. Bei diesem sind nämlich die ersten 6 Segmente auf der Mitte mit 2 schwarzen, etwas in die Quere gezogenen Flecken besetzt, und nur auf dem 7. und 8. Seg- mente sind dieselben in einen Fleck zusammengeflossen, während, wie oben gesagt, bei Chrys. cuprea nur die ersten 5 Segmente 2, und das 6. bis 8. einen zusammengellossenen Flecken auf der Mitte zeigen. Puppe wie die der Chrysomela cuprea, aber etwas schlanker und heller gefärbt, indem die schwar- zen Flecken namentlich auf dem Rücken kleiner sind. Zuweilen mischt sich dem Gelblich-weiß noch ein sehr sanfter röthlicher Farbenton bei. Das 6. Segment des Hinterleibes zeigt auf der Rückenseite nur noch die 2 inneren schwarzen Flecke; die äußeren beiden fehlen entweder, oder sind doch nur durch einen leichten bräunlichen Schatten angedeutet. Die Stigmata stehen schon außerhalb des äußeren schwarzen Fleckes und sind bräunlich mit weißlicher Spitze. Von ihnen sehr wenig weiter nach innen und hinten steht auf der Mitte jedes Segmentes (wenn man dasselbe von vorn nach hinten betrachtet) an der Außenseite des äußeren schwarzen Fleckes eine schwarze, kegelförmige Tuberkel, welche an Höhe auf den ersten 4 Segmenten der der Stigmata gleichkommt, auf dem 5. Segmente aber schon nie- driger und auf dem 6. kaum noch zu bemerken ist. An dem Seitenrande jedes Segmentes siehen meist 2 nach außen gekehrte Härchen. Die am 7. Segmente seitlich nach außen vortretende kegelförmige Spitze ist mehr zugespitzt und etwas länger als bei Chr. cuprea. Außerdem liegt noch ein Unterschied beider Arten darin, daß bei Chr. 20 punetata die abgestreifte Larvenhaut der Länge nach nicht zu- sammengeschrumpft, sondern in dieser Ausdehnung fast unverändert, nämlich 3 Linien lang (in der Brei- ten-Ausdehnung wird sie verhältnißmäßig schmaler), an der Anheftungsstelle ganz steif (wie aufgeblasen) und durchscheinend stehen bleibt, und an der Basis des 1. Hinterleibs-Segmentes die Puppe hervortreten läßt. Bei Chr. cuprea dagegen schrumpft die Larvenhaut mehr zusammen, ist weniger steif und durch- scheinend, und mißt von der Anheftungsstelle bis zur Basis des I. Abdominal-Segmentes etwa nur zwei Linien. (Bei Chrys. populi und tremulae ist sie noch bedeutend kürzer). Die Larve wurde von mir (wie bereits erwähnt) in Gesellschaft der der Chrysomela cuprea am 21. Juni auf Salix Russeliana (S. triandra war hier gar nicht vorhanden) gefangen, auf welcher Pflanze auch beide Arten des vollkommenen Insektes mehrfach neben einander angetroffen wurden. Der Pup- penzustand dauerte auch bei dieser Art nur 5, höchstens 6 Tage. Wie bei Chrys. euprea, tremulae und anderen verwandten Arten hängt die Puppe stets mit dem Kopfe nach unten, so daß dieser den Gegenstand, woran die Verpuppung erfolgt, berührt. Wegen der langen, durchscheinenden, von der Anheftungsstelle schräg emporsteigenden Larvenhaut, deren Ende die Puppe eingeklammert hält, giebt dies der Puppe der in Rede stehenden Art etwas ganz Eigenthümliches. Wird dieselbe unsanft berührt, so bewegt sie das Kopfende wie viele Coceinellen- und andere Käferpuppen (auch der verwandten Chrysomela- Arten) hammerförmig auf- und abwärts. Sowohl die Chrysomela cuprea als die Chr. 20 punctata haben eine doppelte Generation in einem Jahre, und kommen im September wiederum als Käfer zum Vorschein. 2) Chrysomela litura Fab. Larve gegen 21 bis 3 Linien lang, schmutzig-weiß oder gelblich-weiß, hinten zugespitzt, ziem- lich lang und dicht behaart, daher unter der Loupe rauh erscheinend, oben gewölbt, unten flach. Ober- haut ziemlich hart, straff, unter starker Vergrößerung mit Ausnahme des Kopfes fein chagrinir. Kopf stark abwärts geneigt, mit gelblichem Hornschilde versehen und mit zahlreichen, weißlich-gelben, ge- krümmten, steifen Haaren besetzt, auf der Stirn mit 2 kleinen flachen Grübchen, auf dem Scheitel mit eingedrückter Längslinie versehen. Kopfschild vom Kopfe wie von der vorn ausgerandeten Oberlippe deutlich getrennt. Maxillar-Taster lang (länger als bei anderen Arten dieser Gattung), dünn, Agliedrig, das letzte Glied das längste (so lang als die übrigen 3 zusammen), scharf zugespitzt, pfriemenförmig, sanft nach innen gekrümmt, das vorletzte mit einigen Borsten besetzt. Lippentaster ebenfalls lang, 3gliedrig, bedeutend dünner als die Kinnladentaster, allmälig zugespitzt. Kinnbacken und Oberlippe braun. Fühler 3gliedrig, sehr kurz, kegelförmig, der Fühlerstamm fast so lang als die übrigen Glie- der zusammen; das 2. und 3. Glied schwärzlich, das ». auf der Unterseite mit einem unbedeutend kür- zeren Spitzchen, so daß es aus 2 übereinanderliegenden Spitzchen zu bestehen scheint. Ocellen 6, schwärzlich; ihre Stellung wie bei denen der Chrysomela cuprea. Thorax etwas länger (von vorn nach hinten betrachtet) als der Mesothorax, auf der Mitte mit sanften unregelmäßigen Vertiefungen ver- sehen und mit zahlreichen, theils langen, theils kürzeren, steifen, dicken, gekrümmten, gelblichen Haaren besetzt. Meso- und Metathorax von gleicher Breite, jeder durch eine tiefe Querfurche (welche etwas vor dem Seitenrande sich mit dem Vorderrande vereint) in eine vordere und hintere Hälfte getheilt, deren von vorn nach hinten zu gewölbte Oberfläche an der höchsten Stelle mit unregelmäßig stehenden, zahlreichen, längeren und kürzeren, nach hinten gekrümmten, steifen, gelblichen Borstenhaaren besetzt ist. Jedes der 8 kaum schmaleren Abdominal-Segmente ist ebenfalls durch einen tiefen Quereindruck in 2 Hälften getheilt, derselbe vereint sich aber an seinem Ende nicht (allmälig nach außen und vorn schreitend, wie bei dem Meso- und Metathorax) mit dem Vorderrande, sondern ist mit demselben durch eine nicht immer gleich deutliche, seicht eingedrückte Linie verbunden, welche von seinem Ende unter einem sehr spitzen Winkel schräg nach innen und vorn geht. Von dem Endpunkte dieses Quereindruckes ein Wenig nach außen steht auf der Mitte des daselbst ungetheilten Segmentes auf einer sehr sanften Erhebung eine Gruppe von 5—7 längeren und kürzeren, den vorbeschriebenen ganz gleichkommenden 1 — mn nn — ann — nn Haaren. Auf den beiden letzten Segmenten ist dieser Quereindruck nur angedeutet, und wird fast nur durch die auf der Mitte jeder Hälfte stehende Behaarung deutlich. Anus so lang als die Segmente, zahlreich behaart. Sowohl auf der Ober- als Unterseite. der Larve läuft nahe am Seitenrande eine ein- gedrückte Linie hin, durch welche derselbe bei jedem Segmente tuberkelartig nach außen gedrückt wird; jede dieser Erhöhungen ist mit einer Gruppe längerer und kürzerer, oben näher beschriebener Haare beseizt. Nahe an der eingedrückten Längslinie der Oberseite, und zwar von ihr nach innen, steht am Vorderrande jedes Segmentes das Stigma, welches bei meinen Exemplaren jedoch kaum dunkler, als die Färbung des Körpers genannt werden kann. Neben der eben erwähnten Tuberkelreihe auf dem Seitenrande steht auf der Unterseite jederseits noch eine weniger hohe, welche nach innen wiederum durch einen wenn auch sanfteren Längseindruck von dem inneren Theile des Bauches geschieden ist, Jede einzelne von dieser Tuberkelreihe trägt ebenfalls einige, jedoch etwas kürzere, bereits beschriebene Haare, und ebenso der mittlere Theil jedes Bauchsegmentes. Beine gelblich, dünn behaart, die äußerste Spitze der Schienen und die Klauen bräunlich. Puppe 2 Linien lang, weiß, verhältnißmäßig breit, hinten schnell und stark zugespitzt, auf dem Rücken ziemlich stark gekrümmt, mit Ausnahme der Decken und Beine überall mit langen, dünnen, sanft gekrümmten, nicht dicht stehenden, weißen Härchen besetzt. Maxillar-Taster lang, bis gegen die Mitte der Vordertarsen herabreichend, diese durch einen schmalen Raum von einander getrennt. Bei den Mittel- und Hintertarsen, welche je an der Außenseite der nächst vorhergehenden liegen, ist dieser Raum noch größer, und man kann daher durch denselben einen Theil der Bauchsegmente wahrnehmen. Die Hintertarsen nähern sich an der Spitze einander wieder etwas, und reichen bis zum vorletzten Hinterleibs-Segmente. Sie werden an der Basis durch die Flügelscheiden verdeckt. Diese sind nur unbedeutend kürzer als die Spitze der Hintertarsen und kommen nur wenig unter den fast eben so weit nach hinten reichenden, gestreiften Decken hervor. Die Fühler reichen bis über die Kniee der Mittelbeine hinaus. Prothorax am ganzen Hinterrande über den Mesothorax emportretend, die stumpfen Hinterecken auf den Decken liegend. Metathorax nur wenig länger als der Mesothorax, am Hinterrande auf der Mitte ein wenig nach hinten vorgezogen. Abdominal-Segıinente auf dem Rücken gegen den Seitenrand hin mit unregelmäßigen Eindrücken, der Seitenrand selbst am Hinterrande jedes Segmentes als sehr kleine Tuberkel vorragend. Sie ist mit 2 langen Haaren besetzt. Die Stigmata sind von der Farbe des Körpers. Das letzte (7.) Abdominalsegment ist länger als die vorhergehenden und hinten auf seiner Mitte etwas vorgezogen. Das Analsegment läuft am Hinterende auf der Oberseite in 2 kleine, nahe bei einander stehende, scharfe Spitzchen aus. Am 4. Segment treten die Kniee der Hinterbeine kaum über den Seitenrand empor. Sie sind wie die der vorderen 4 Beine mit einigen langen, dünnen, weißen Härchen besetzt. Die durch ihre Behaarung und ihre Kinnladentaster unter den mir bis jetzt bekannten Chrysomelen- Larven ausgezeichnete Larve lebt, wie bekannt, in großer Menge auf Genista tinctoria im Juni und Juli und geht zur Verpuppung in die Erde. Das erste Exemplar verpuppte sich am 26. Juni (wo es jedoch schon frisch ausgekrochene Käfer gab) und kam am 4. Juli als Käfer hervor. 3) Helodes phellandrii Lin. 'Larve 32 — 32 Linien lang, 2 Linien breit, langgestreckt, in der Mitte am breitesten, von da nach vorn und hinten sanft verschmälert, oben schwärzlich-braun mit schwachem, grünlichem Schimmer, unten gelblich-braun. Exemplare, welche erst kürzlich sich gehäutet haben, sind auch auf der Oberseite hell- braun. Kopf schwarz, glänzend, mit einzelnen bräunlichen Haaren besetzt, auf dem Scheitel mit tiefer Mittellinie, welche auf der Stirn in eine tiefe Quergrube endet. Kopfschild vom Kopfe durch einen tiefen Quereindruck, von der ebenfalls schwarzen, vorn ausgerandeten Oberlippe durch eine seichtere Querlinie getrennt. Kinnbacken stark, vorn mit 3—4# großen Zähnen versehen, wie bei anderen Arten. Maxillar- Taster 4gliedrig, kurz, die ersten 2 Glieder sehr kurz, unten weißlich, das 3. und 4. fast gleich lang, schwärzlich, das 4. kegelförmig, stumpf zugespitzt. Lippentaster sehr kurz, 2gliedrig, wenig zugespitzt, das 1. Glied sehr kurz, unten weiß, das Endglied schwarz. Fühler 3gliedrig, verhältnißmäßig lang, schwarz, Fühlerstamm lang, heller; das 2. Glied des längste; das 3. Glied sehr dünn, zugespitzt, auf seiner unteren Seite an der Basis mit einem auf dem 2. Gliede stehenden, kurzen Dorne. Ocellen 6, vertheilt wie bei Chrysomela cuprea und anderen Arten. Prothorax von einer Seite zur anderen stark gewölbt, schwarz oder schwarzbraun mit feiner hellerer Mittellinie, auf der Mitte quer etwas ein- gedrückt, daselbst grubig vertieft und mit zahlreichen bräunlichen Härchen besetzt. Die hornartige, etwas glänzende Oberhaut reicht nicht bis an den Vorderrand, sondern ist vor demselben auf der Mitte des Thorax durch eine feine, vertiefte Querlinie begrenzt. Der dadurch sanft emporgehobene Vorderrand selbst erscheint darum wegen seiner fein chagrinirten Oberfläche als ein matter, etwas hellerer Streif. Meso- und Metathorax breiter als der Prothorax, wie alle übrigen Segmente der Larve matt, fein chagrinirt, mit feiner, hellerer Mittellinie und ganz abgerundeten Vorder- und Hinterecken. Beide haben auf der Mitte einen bogenförmigen, scharf vertieften, linienartigen Eindruck, der nach vorn geöffnet ist, und mit seinem Ende jederseits bis in die Nähe des Vorderrandes reicht. Sowohl auf der dadurch ge- bildeten vorderen als hinteren Hälfte bemerkt man nahe der Mittellinie jederseits ein etwas glänzenderes, kaum erhabenes Fleckehen. Auf der hinteren Hälfte ist dasselbe etwas größer und in die Quere ge- zogen, auf der vorderen ist es zuweilen kaum zu erkennen. Von diesem Fleckchen weiter nach außen steht auf der hinteren Hälfte des Meso- wie des Metathorax jederseits ein zweites, und von diesem nur unbedeutend nach außen eine mit 2 Härchen besetzte, schwarze, nicht hohe, aber breite Tuberkel. Von ihr weiter nach außen und abwärts, gegen die Bauchseite hin, liegt nach vorn (da wo die abgerundete Vorderecke sein würde) das schwarze Stigma, und nach hinten (in der Gegend der Hinterecke) ein mit einem Härchen besetztes, schwarzes, glänzendes Tuberkelchen. Abdomen aus 8 Segmenten und Anus bestehend, in der Gegend des 2. und 3. Segmentes am breitesten und von da allmälig nach hinten ab- nehmend. Jedes Segment hat (mit Ausnahme der letzten beiden, wo derselbe erloschen ist) auf der Mitte einen tiefen, schmalen Quereindruck, der sich an seinen Enden weder dem Vorder- noch dem Hinterrande nähert, und wenig mehr als die innere Hälfte der Oberseite der Larve durchschneidet. Zwischen seinem Endpunkte und dem Vorderrande steht ein kurzer, tiefer Eindruck, der sich nach innen schnell verflacht (bei den hintersten 3 Segmenten ist er nur noch ein vertiefter Punkt), und von ihm weiter nach außen, auf dem von ihm nicht niedergedrückten Theile der Seite der Larve, unweit des Vorderrandes das Stigma. Auf der hinteren Hälfte jedes Segmentes bemerkt man jederseits unfern der Mittellinie ein sehr sanftes, kleines, schwärzliches, glänzendes Fleckehen, und weiter nach außen, fast noch außerhalb des Endes der vertieften Querlinie (jedoch unbedeutend innerhalb des auf der vorderen Segmentshälfte stehenden Stigma), eine ziemlich stark hervortretende, schwarze, mit einem längeren bräunlichen Haare gekrönte Tuberkel, welche, wenn die Larve gereizt wird, ein Bläschen einer grün- lichen Flüssigkeit heraustreten läßt. (Die entsprechenden Tuberkeln der Mittel- und Hinterbrust scheinen diese Eigenschaft bei der in Rede stehenden Spezies verloren zu haben). Eine eben so große, mit 2 Haaren besetzte, etwas hellere Tuberkel befindet sich am äußersten Seitenrande auf der Mitte jedes Segmentes, und ragt seitlich nach außen vor, Anus mit mehreren (jederseits 3—4) Härchen besetzt. Unterseite des Prothorax mit 2, des Meso- und Metathorax mit 3 (vorn ein größerer in die Quere gezogener, hinten 2 kleinere rundliche) bräunlichen Flecken besetzt. Auf der Unterseite des Abdomens hat jedes Segment in der Mitte 3 nahe bei einander stehende, in die Quere gezogene (auf den hintersten Segmenten zusammenfließende) bräunliche Fleckchen, von denen das mittelste unbedeutend weiter nach 129 vorn steht und mit 2, die beiden seitlichen jedes mit 3 kurzen Härchen besetzt ist. Von diesen weiter nach außen steht jederseits ein kleinerer, rundlicher, punktförmiger Fleck, welcher von der noch weiter nach außen liegenden, seitlich vorragenden, bei der Oberseite schon erwähnten Tuberkel durch eine Längsvertiefung getrennt ist. Beine schwarz. Puppe 2}—5 Linien lang, 1 Linie breit, auf dem Rücken nur sanft gewölbt, weiß, Hinterleib etwas mehr gelblich. Kopf herabgebogen, auf der Stirn, oberhalb der Augen, mit jederseits 2 über- einander stehenden, schwärzlichen, jede mit einem Dornenhaare besetzten Tuberkelchen. Die Fühler reichen noch nicht bis zu den Knieen der Mittelbeine. Thorax nahe am Vorderrande jederseits mit 4 (zuweilen wenigstens auf einer Seite mit 3) etwas höheren Tuberkeln, welche fast gleiche Entfer- nung von einander haben und deren jedes mit einem bräunlichen oder mehr schwärzlichen,, ziemlich langen, steifen Dornenhaare besetzt ist. Am Seitenrande, etwas vor der Mitte, steht ein eben solches Tuberkelchen, und ein anderes unfern des Hinterrandes (etwa im 3. Viertel der Länge des Thorax, von vorn. aus gerechnet) jederseits unfern der Mittellinie. Von diesem etwas weiter nach hinten und außen (etwa auf dem Anfange des äußeren Viertels der Breite des Thorax) jederseits ein eben so hohes. Nahe neben diesem oder unbedeutend weiter nach vorn steht am Hinterrande jederseits ein drittes, und von diesem schräg nach vorn (so daß durch eine dahin gezogene Linie die Hinterecke schräg abgestutzt wird) ein viertes, welches man, wie das äußerste jederseits am Vorderrande, auch als am Seitenrande stehend betrachten kann. Vor jeder der beiden innersten Tuberkeln des Hinter- randes steht je noch eine viel kleinere, zuweilen kaum wahrnehmbare, etwas schräg nach außen und vorn fast in der Mitte des Thorax (wenn man diesen von vorn nach hinten betrachtet). Mesothorax etwas kürzer als der Metathorax, wie dieser mit hellerer Mittellinie, und unfern derselben etwa in der Mitte seiner Länge jederseits mit einem kurzen Dornenhaare. Metathorax auf der Mittellinie vertieft, nahe an derselben etwas hinter der Mitte jederseits mit einem längeren Dornenhaare. Abdominal- Segmente auf der Mitte wie bei der Larve mit einem den Seitenrand nicht erreichenden, jedoch nicht immer gleich deutlichen Quereindruck, hinter welchem unfern der Mittellinie jederseits eine hö- here und länger bedornie Tuberkel sich befindet. Auf dem 7., auf der Mitte nach hinten ausgebogenen Segmente (welches länger als alle vorhergehenden ist) ist diese Tuberkel noch merklich höher und mit einem steiferen, dickeren Dornenhaare besetzt. Das 8. (After-) Segment trägt an seinem Ende A etwas schräg aufwärts gerichtete eben so lange und dicke Borsten, von denen die beiden inneren jede ein kurzes Haar nach außen zur Seite haben. Am Vorderrande jedes Segmentes liegt unfern des Seitenrandes das nur wenig emportretende Stigma und von ihm gerade nach hinten, etwa in der Hälfte des Segmentes, ein kurzes Haar. Der Seitenrand springt als eine (im Verhältniß zu den vorstehend erwähnten) größere Tuberkel auf jedem Segmente nach außen vor, und trägt 2 schwarze, an Stärke denen unfern der Mittellinie stehenden wenig nachgebende Borstenhaare, welche verhältnißmäßig größer als die bei Helodes beecabungae sind. Zwischen dem 3. und 4. Segmente liegen die über den Sei- tenrand nicht emportretenden Kniee der Hinterbeine. Die Tarsen aller Beine liegen auf dem Bauche dicht an einander, und die Spitze der vorderen bedeckt jedesmal die Basis der zunächst dahinter fol- genden. Die der Hinterbeine ragen nur wenig über die Flügelscheiden hinaus und lassen die hintersten 3 Segmente unbedeckt. Decken gestreift, unbedeutend länger als die Flügelscheiden, so daß diese nur mit einer kleinen Spitze neben ihnen hervortreten. Die Puppe ist anfangs ganz weiß, färbt sich jedoch mit zunehmendem Alter auf dem Rücken bräunlich mit weißer Mittellinie. Später nimmt auch Kopf und Thorax an dieser Färbung Theil. Der letztere ist dann öfters an seinen A Ecken dunkler und hat auf der Mitte ein weißes Kreuz, Der Kopf zeigt meist auf der Stirn einen dunkleren Fleck, der die Seitenränder hell läßt und von einer weißen 17 150 Mittellinie durchschnitten wird. Noch später wird diese Färbung allmälig dunkler, fast schwärzlich, und dann bleiben auch die Kniee, Fühler und Decken nicht weiß. Bei Breslau findet sich die Larve in Menge vom Mai. bis Juli in den Stengeln des in allen Tüm- peln und Gräben wuchernden sogenannten Roßfenchels, Oenanthe Phellandrium, die sie’ nicht selten in Gemeinschaft mit der des Zirus paraplecticus bewohnt. Im laufenden Jahre, welches einen mehr trockenen Charakter entwickelte, konnte man die ganze Verwandlung des in Rede stehenden Käfers Mitte Juli als beendet betrachten. Nur in den unter Wasser stehenden Zellen des Phellandrium fand ich noch am 15. Juli, jedoch nur sehr sparsam, Puppen, aber keine Larven mehr. Die ersten Käfer kamen mir im Zimmer am 21. Juni aus, nachdem sie 6—10 Tage Puppe gewesen waren. Daß die Trocken- heit: und Wärme die Entwickelung der Insekten beschleunigt, kann man an diesem Thiere sehr deutlich beobachten, denn die in den oberen Zellen der Pflanze ruhenden Puppen kriechen bedeutend früher aus, als die in den nahe am oder unter dem Wasser befindlichen. Die Larve lebt meist in Gesell- schaft, oft finden sich 6—8 Stück in einer (durch Querwände im Innern des Pflanzen-Stengels gebil- deten) Zelle; zuweilen beherbergt eine einzige Pflanze 20— 30 Larven. Die Verpuppung erfolgt in derselben Zelle, wo die Larve lebte; die schwärzliche Larvenhaut befindet sich jedesmal nahe oder doch in geringer Entfernung von dem Anus der Puppe, und ist also ganz abgestreift. Obgleich die Puppe keine feststehende Lage einzunehmen pflegt, so findet man doch meist den Anus mehr nach oben gekehrt als den Kopf, und sie selbst mehr an dem oberen Seitenrande der Zelle, als auf dem Boden derselben, an welchem ersteren sie sich allein durch die an der Spitze stehenden Dornenhaare festzuhalten scheint. Selbst die leiseste Berührung genügt, sie von ihrer Anheftungsstelle abzulösen. Zuweilen kommt es vor, daß die Larve ihre Nährpflanze verläßt (besonders wenn sie kränkelt), und eine andere aufsucht, in welche sie sich von außen eingräbt; man findet daher nicht gar selten an der Außenseite der Pflanze davon herrührende, vernarbte Wunden. 4) Helodes beccabungae ll. Larve 21—5 Linien lang, von der gestreckten Form der von Helodes phellandrii, aber bedeu- tend kleiner, auf der Oberseite schwarz (selten heller), auf der Unterseite bräunlich. Kopf schwarz, glänzend, mit einigen bräunlichen Härchen besetzt, auf dem Scheitel mit tiefer Längsfurche, auf der Stirn mit einem meist aus mehreren Grübchen bestehenden Eindrucke. Kopfschild sehr deutlich vom Kopfe und der Oberlippe geschieden; diese zuweilen bräunlich. Maxillar-Taster kurz, schwärzlich, Sgliedrig, die Glieder fast von gleicher Länge, das 2. mit einigen Börstchen besetzt. Lippentaster 2gliedrig, das Endglied länger als das 1. Fühler Sgliedrig, verhältnißmäßig lang, schwarz, das 2. und 3. Glied gleich lang, das letzte sehr dünn, zugespitzt, viel dünner als die vorhergehenden, an seiner Spitze mit einer sehr kurzen, nur unter starker Vergrößerung sichtbaren Borste. An seiner Basis steht an der Unterseite auf dem 2. Segmente ein kurzer Dorn. Ocellen 6, vertheilt wie bei anderen Uhrysomela-Arten. Thorax schwarz, glänzend, mit sehr feiner Mittellinie, auf der Mitte quer vertieft, mit tiefen, grubigen Eindrücken und kurzen, bräunlichen Haaren. Der Vorderrand, welcher auf der Mitte meist ebenfalls durch eine vertiefte Querlinie von dem den Thorax bedeckenden Horn- schilde getrennt wird, ist auch hier (wie bei ZI. phellandrii) matt und fein chagrinir. Mesothorax etwas breiter als der Thorax und wie der übrige Körper mit matter, deutlich chagrinirter Oberfläche. Auf seiner Mitte befindet sich, wie bei 4. phellandrü, eine bogenförmige, eingedrückte Linie, welche mit ihrem Ende jederseits bis nahe an den Vorderrand reicht. Auf der dadurch abgegrenzten vorderen Hälfte desselben, nahe der feinen, eingedrückten Mittellinie bemerkt man die Spur von 2 Tuberkelchen, und ihnen entsprechend auf der hinteren Hälfte 2 ein wenig deutlichere, mit einem kurzen Haare be- 151 setzte. Am Seitenrande, von dem Ende des bogenförmigen Eindruckes nach außen, steht eine größere mit 2 Haaren besetzte Tuberkel von bedeutendem Umfange. Von ihr schräg nach außen und etwas weiter abwärts nach dem Bauche zu, liegt am Vorderrande das Stigma und in der Gegend der Hin- terecke ein kleines glänzendes Fleckchen. Metathorax wie die Mittelbrust. Abdomen aus 5 Seg- menten und Anus bestehend; jedes Segment (mit Ausnahme der letzten 2) auf der Mitte mit einer vertieften, nicht bogenförmig nach vorn gekrümmten Querlinie (ganz wie bei Z. phellandrii), welche den Außenrand nicht erreicht. Von ihrem Ende nach außen jederseits eine stark hervortretende, hörn- chenartige, mit einem Haare besetzte Tuberkel, welche die vorsiehend öfters erwähnte Flüssigkeit aus- stößt. (Auch bei dieser Art scheint die dieser Tuberkel entsprechende Erhöhung auf dem Meso- und Metathorax dieses Vermögen verloren zu haben, daher sie auch weniger hoch als auf dem Abdomen ist.) Von dieser stark hervortreienden Tuberkel nach außen liegt am Seitenrande der Larve eine eben so hohe, seitlich nach außen vorspringende, welche mit 2 bräunlichen Härchen beseizt ist. Zwischen diesen beiden hohen Tuberkeln, jedoch ein wenig weiter nach vorn, befindet sich das von einem sanften Grübchen umgebene Stigma, und von diesem nach innen, vor dem Ende der eingedrückten Querlinie, ein vertiefter, punktförmiger Eindruck, der aber nur bei lebenden Thieren ganz deutlich ist. Bei 4. phellandrii war derselbe zu einem nach innen allmälig sich verlaufenden Quersirich verlängert. Von den bei der Larve von Z. phellandrii auf der Oberseite des Abdomens sonst noch deutlichen, dunk- leren Fleckchen sind hier nur noch auf der hinteren Hälfte jedes Segmentes, nahe der Mittellinie, 2 in die Quere gezogene, unter starker Vergrößerung öfters scheinbar aus 2 zusammengeflossenen Tu- berkelchen entstandene zu erkennen. Anus oben grubig vertieft, hinten mit jederseits 9—4 ziemlich langen, bräunlichen Härchen besetzt, wird als Nachschieber gebraucht. Unterseite der 3 Brustseg- mente auf der Mitte mit einem dunkleren, glänzenden Fleckchen, von denen das auf dem Prothorax aus 2 dicht an einander liegenden besteht. Abdominal-Segmente auf jeder Seite unfern der seitlich vorspringenden Tuberkel mit einer ziemlich starken Erhöhung, welche mit einem Haare besetzt ist. Die Fleckchen weiter nach innen sind so undeutlich, daß man auch bei starker Vergrößerung nur etwa eines auf der Mitte an den vorderen Segmenten erkennen kann, dem zu jeder Seite ein anderes zu liegen scheint. Puppe 2—-2} Linie lang, weiß, Hinterleib auf der Oberseite gelblich, auf der Mitte zuweilen fast orange. Oberseite sanft nach dem Bauche zu gekrümmt. Kopf wie gewöhnlich auf die Brust herab- geneigt, auf der Stirn, ein wenig höher als der obere Augenrand, mit jederseits 2 nahe an einander, und vom Munde aus gerechnet über einander liegenden, schwarzen, runden Tuberkelchen, deren jede ein dornartiges, schwarzes Haar trägt. Die Fühler reichen noch nicht bis zu den Knieen der Mittel- beine. Prothorax wie bei dem Käfer kurz, flach gewölbt, nahe am Vorderrande jederseits mit 4 (zuweilen fehlt auf einer Seite eines) schwärzlichen Tuberkelchen, von denen 2 nahe neben einander unfern der Mittellinie, das 3. (von den beiden vorhergehenden durch eine größere Lücke getrennt) etwa 4 der Breite des Thorax von der Vorderecke entfernt ist, und das 4. unfern des Seitenrandes steht, und etwas weiter von dem 93., wie dieses von dem 2. entfernt ist. Außerdem liegt unfern des Seitenrandes weiter nach hinten (etwas vor der Mitte des Thorax) noch eine eben solche Tuberkel. Vom Hinterrande eiwa 1 der Länge des Thorax entfernt, stehen jederseits neben der Mittellinie 2 sol- cher Dornenhaare, von denen das äußere, kleinere ein wenig weiter nach vorn als das innere. Zu- weilen steht von diesem äußeren noch weiter nach außen und vorn (in der Richtung nach der Vor- derecke des Thorax hin) ein 3., fast kaum sichtbares. Von den beiden innersten Tuberkelchen des Hinterrandes stehen jederseits nach außen und mehr nach hinten, unfern des Hinterrandes, 2 eben solche, von denen das äußere etwas mehr nach vorn liegt, und die Richtung andeutet, in welcher am 17 * 132 Seitenrande, etwa 4 der Thorax-Länge vom Hinterrande entfernt, noch eine solche Tuberkel sich be- findet. Metathorax fast noch einmal so. lang als der Mesothorax, mit vertiefter Mittellinie. Hin- terleib auf der Oberseite convex, unfern des Seitenrandes mit etwas dunkleren, in die Augen fallenden Stigmen. Unfern der zarten dunkleren Mittellinie und des Hinterrandes zeigt jedes Segment jederseits ein fast undeutliches, mit einem Härchen besetztes Tuberkelchen. Auf dem etwas längeren 7. Segmente sind dieselben viel höher, ganz schwarz, und mit einem dicken, steifen, senkrecht nach oben stehenden Dornenhaare besetzt, welches bedeutend länger und dicker als auf den Tuberkelchen des Thorax ist. Auf dem Anal-Segmente stehen, denen auf dem 7. Segment entsprechend, 2 ganz eben solche Tuber- kelchen, deren jedes noch ein kleines, mit einem kürzeren Dornenhaare gekröntes, an seiner Außen- seite hat, und außerdem noch 2 den inneren gleichende, nahe am Seitenrande, mit welchen sie in einer Querlinie stehen. Die Spitze des Anal-Segmentes selbst ist stumpf abgerundet und trägt auf der Un- terseite einige sehr kurze, gelbliche Härchen. Der Seitenrand jedes Segmentes tritt unfern seines Hin- terrandes als eine weiße Tuberkel seitlich vor. Dieselbe ist mit 2 bräunlichen, dünnen Härchen besetzt. Nur die des 2. bis 7. Segmentes ist wahrzunehmen, da die des 1. unter den Flügelscheiden verborgen liegt. Nahe vor der Tuberkel des 4. Segmentes liegen die über den Seitenrand kaum emportretenden Kniee der Hinterbeine. Die Tarsen der vorderen 4 Beine berühren einander fast auf der Innenseite, die Hintertarsen ebenfalls. Letztere ragen nur mit einem Gliede über die Spitze der Flügelscheiden (welche von der Spitze der Decken unbedeutend nach innen liegen) hinaus, lassen aber noch die letzten 2 — 3 Hinterleibsringe unbedeckt. Anfangs ist, wie oben erwähnt, die Puppe ganz weiß; vor dem Auskriechen des Käfers färben sich zuerst die Ränder des Thorax, 2 Fleckchen auf der Stirn und das Schildehen, später auch die Decken mehr oder weniger schwärzlich. Bereits im Juni des Jahres 1856 hatte ich bei der Stadt Schweidnitz die Larve dieses Thieres auf Weronica beecabunga aufgefunden und in Breslau bis zu ihrer Verpuppung erzogen. Durch einen unglücklichen Zufall war mir die Larve später zu Grunde gegangen, noch ehe ich eine Beschreibung entwerfen konnte; auf meine deßhalb ergangene Bitte war Herr Apotheker Heinze in Schweidnitz so gütig, mir Pflanze und Larve nach Breslau zu senden, wo ich den Käfer nun nochmals in zahlreichen Exemplaren erzog. Die Larve sitzt stets auf der Unterseite der Blätter der erwähnten Veronica, frißt größere oder kleinere Flecke der Blattsubstanz bis auf die Oberhaut (wodurch sie an derselben oft große Verwüstungen anrichtet), und geht vor ihrer Verpuppung in den Stengel der Futterpflanze, in den sie (häufig etwa 7 Zoll über dem Blattwinkel) ein rundes, ziemlich großes, nur selten verheilen- des Loch bohrt. Von diesem macht sie eine abwärts gehende Höhlung, welche >—1 Zoll, zuweilen auch.noch darüber lang ist, verstopft dieselbe über dem untersten, etwas mehr erweiterten Theile, wendet sich nun mit dem Kopfe nach oben und verpuppt sich. Die Puppe hat den Kopf ebenfalls im Stengel nach oben gekehrt, und die Larvenhaut frei an ihrer Spitze. Die ersten Larven waren in den letzten Tagen des Mai in den Stengel gegangen (zu welcher Zeit es auch noch sehr kleine Larven hatte), der erste Käfer wurde am 24. Juni ganz ausgefärbt im Stengel vorgefunden. Andere hatten sich am 12. Juni in den Pflanzenstengel eingebohrt, und erschienen den 23. Juni als Käfer. Die letzten der von mir erzogenen Larven waren erst Ende Juni ausgewachsen. Die verhältnißmäßig auffallend lange Puppenzeit wird dadurch erklärt, daß 1) die Larven, wenn sie in den Stengel eingedrungen sind, nicht sogleich sich verpuppen, sondern 8 und mehr Tage lang in demselben an der erwähnten Höh- lung arbeiten, oder sich, namentlich wenn die Blätter nicht eben gute Nahrung bieten, von dem Innern des Stengels nähren, 2) daß die Käfer mehrere Tage lang nach ihrem Auskriechen im Stengel verweilen, ehe sie denselben verlassen. Trockenlegen des Stengels befördert auch bei dieser Art die Entwickelung, liefert aber kleinere Käfer. Helodes beecabungae und H. phellandrii sind unter den 133 bis jetzt im Larvenstande beobachteten Chrysomelen die einzigen Arten, deren Verpuppung im Pflan- zenstengel erfolgt. 5) Puppe und Larvensack des Cryptocephalus sericeus L. Puppe weiß, 33 Linie lang, gedrungen, der Körperform des Käfers entsprechend. Pro-, Meso- und Metathorax glatt; Abdomen auf dem Rücken mit erhabener Mittellinie und unregelmäßigen Quer- runzeln, die beiden letzten (das 6. und 7.) Segmente mit tuberkelartig emportretender Hinterecke. Anus ohne Auszeichnung, abgerundet. Die Fühler liegen hinter den Knieen der vorderen 4 Beine herum, und enden mitten auf den Decken, da wo dieselben auf den Schenkeln der Hinterbeine ruhen. Tar- sen alle mit der Spitze einander berührend, an der Basis etwas von einander entfernt, die vordersten mit ihrer Spitze auf den mittelsten, diese mit ihrem Ende auf den hintersten ruhend. Die letzteren ragen um die hintersten 2 Glieder über die Flügelscheiden hinaus, welche mit ihrer Spitze auf ihnen ruhen und einander fast berühren. Decken etwas kürzer als die Flügelscheiden mit abgerundeter Spitze, undeutlich gerunzelt. An ihrer Nahtseite ragen die Kniee der Hinterbeine unter ihnen hervor, reichen aber noch lange nicht bis an den Seitenrand der Unterseite des Abdomens, während sie bei den Arten der Gattung Chrysomela doch meist über denselben emportreten. Ueber die Spitze der Hintertarsen ragen etwa noch 2 Segmente des Abdomens hinaus. Der Larvensack ist 5 Linien lang, 2% Linie dick (auf der Mitte der Seite gemessen), nach oben wenig verengt, grauschwarz, erdfarben, von der Seite gesehen fast von dem Umriß des von Ro- senhauer (über die Entwickelung und Fortpflanzung der Clythren und Cryptocephalen) Fig. 11 ab- gebildeten Sackes des Cryptocephalus bipunctatus, nur am Ende, und namentlich auf der Bauchseite, etwas mehr zugespitzt. Nahe der Spitze bemerkt man auf der Bauchseite 2 stumpfe, neben einander liegende, nach vorn zu durch einen allmälig größer werdenden Zwischenraum getrennte Erhabenheiten, an deren Ende die blättrigen Eihüllen noch ziemlich deutlich sind. Von der Gegend, wo diese Er- habenheiten einander berühren, laufen um die Spitze herum und auf der Rückenseite des Sackes empor 5—6 sanft erhöhte, schmale, aber nicht sehr scharfe Rippen, welche sich aufwärts bis etwa zur Mitte des Rückens verfolgen lassen, wo sie erlöschen. Dieselben sind unregelmäßig, laufen nicht alle pa- rallel mit einander und verlieren sich hie und da. Sie sind in nicht ganz gleichen Zwischenräumen 3 mal von eben so sanft erhöhten Querrippen durchschnitten. Die ganze übrige Oberfläche ist von ungleichmäßig hohen Körnern rauh. Der Vorderrand ist nach dem Bauche zu nur ein wenig schräg abgeschnitten und springt nicht über die Oberfläche des Sackes vor. Seine Endfläche ist dunkler schwarz, und viel weniger rauh als die Oberfläche des Sackes und der Deckel, mit dem derselbe ver- schlossen ist. Ich fand den Larvensack in 2 Exemplaren am 19. Juli auf einem der Vorberge des Zobtenge- birges, an einer trockenen, sonnigen Lehne unter einem Steine. Er war bereits verschlossen und der Käfer dem Auskriechen nahe, wie sich daraus ergab, daß die Puppe des einen, geöffneten Exemplares auf dem Thorax und den Decken sich bereits grünlich zu färben begann. 6) Crioceris asparagi Lin. Obgleich dieses Thier von Frisch, Rösel und zuletzt von Bouche (Nat.-Gesch. der Insekten 1834) in seinen früheren Ständen beobachtet worden ist, so ist doch sowohl in Beschreibung der Larve als Puppe das bisher Bekannte so unvollkommen (die vorhandenen Abbildungen sind so klein, daß sie über das Fehlende ebenfalls keinen Aufschluß geben können), daß ich nicht umhin kann, Nachstehendes darüber mitzutheilen: 134 Die Larve ist ausgewachsen im Stande der Ruhe etwa 4 Linien lang (kriechend, wie bei allen Larven dieser Familie länger), oben hoch gewölbt (hinter der Mitte am höchsten und breitesten, wo- durch sie sich den Larven der eigentlichen Chrysomelen annähert), unten flacher, nach beiden Enden sanft verschmälert, grau oder gelblich mit schwachgrünlichem Schimmer (olivenfarben). Kopf tief schwarz, glänzend, mit einer sehr zarten, vertieften Mittellinie auf dem Scheitel, und 2—8 meist un- deutlichen, sehr flachen Grübchen auf der Stirn. Kopfschild durch eine vertiefte Querlinie vom Kopfe, durch eine erhöhte von der jederseits mit einem deutlichen Eindrucke versehenen, vorn ausgerandeten Oberlippe getrennt. Kinnladen-Taster dick, kegelförmig, 4gliedrig, die einzelnen Glieder schwärzlich, an der Basis heller. Das Basalglied ist mit der Kinnlade seitlich zusammengewachsen, und wenn man es darum als zu der letzteren gehörig betrachtet, so würden die Taster nur Sgliedrig sein. Bei der von Bouche Taf. 10 Fig. 41 gelieferten Abbildung ist das Basalglied zu groß und die darauf sitzenden Taster zu dünn. Lippentaster kurz, 2gliedrig, schwarz. Fühler im Verhältniß zur Größe der Larve sehr kurz, Sgliedrig. Unter dem kegelförmig zugespitzten, dünnen Endgliede steht auf dem 2. Gliede ein fast eben so langer Dorn, so daß von der Seite gesehen die Spitze (wie bei anderen Chrysome- len-Larven) zweitheilig zu sein scheint. Fig. 39 bei Bouche ist demnach unrichtig. Ocellen 6, vertheilt wie bei anderen Chrysomelinen. Prothorax auf der vorderen Hälfte mit einem schwärzli- chen oder bräunlichen (selten helleren) Hornschilde bedeckt, welches auf der Mitte hinten einen Aus- schnitt hat, nicht bis an den Seitenrand reicht, und mit einigen unregelmäßigen Vertiefungen besetzt ist. Auf der hinteren Hälfte ist er graugrünlich wie der übrige Körper und mehr mattglänzend. Meso- und Metathorax länger und breiter als der Thorax, namentlich der letztere. Jeder hat auf der Mitte einen bogenförmigen, tiefen Quereindruck, dessen Enden sich unfern des Seitenrandes mit dem Vor- derrande verbinden. Die dadurch abgesonderte hintere Hälfte hat wiederum einen, wenn auch weniger tiefen Quereindruck, der sich aber allmälig gegen den Seitenrand hin mit dem Hinterrande vereinigt. Auf dem durch diese beiden Quereindrücke abgesonderten, sanft erhöhten mittleren Theile nimmt man (auf dem Meso- wie Metathorax) jederseits 4 äußerst sanfte neben einander stehende Tuberkelchen, und nahe hinter dem äußersten ein etwas mehr quergezogenes 5. wahr. Von diesem weiter nach außen liegt auf der Mitte des Segmentes eine seitlich vorragende, etwas größere Tuberkel, und vor dieser, am Vorderrande, das deutliche Stigma. Von diesem noch weiter nach außen ist durch ein kleineres Tuberkelchen die Vorder- und bei dem Mesothorax durch ein ähnliches auch die Hinterecke angedeutet. Abdomen aus 8 Segmenten und Anus bestehend. Jedes Segment ist durch eine weder dem Vorder- noch dem Hinterrande sich nähernde vertiefte Querlinie in 2 Hälften geschieden, deren jede mit mehreren (jederseits 4—5) zarten, öfters verlöschenden Queriuberkelchen besetzt ist, welche aber nicht selten auch gar nicht wahrzunehmen sind. Die vertiefte Querlinie reicht bis in die Nähe einer ziemlich großen, mehr glänzenden (zuweilen etwas heller gefärbten) Tuberkel am Seitenrande, welche etwas höher als die in einer Linie mit ihr liegende auf dem Meso- und Metathorax ist, und von welcher ein wenig nach innen und vorn, nahe an der eingedrückten Querlinie (also nicht nahe am Vorderrande des Segmentes) das etwas dunklere Stigma liegt. Von dieser eben erwähnten großen Tuberkel nach außen zieht sich über alle Segmente ein Längseindruck. Auf der Mitte des Bauches stehen dicht neben einander 2 kleine Tuberkeln, und dicht auf der Außenseite eines jeden eine höhere. Dieser Tuberkeln bedient sich die Larve beim Gehen wie die Raupe der Afterfüße, setzt sie auf den Boden auf und rückt sie fort wie diese. Nur die des 1. Bauchsegmentes, welche etwas kürzer sind, berühren bei dem Laufen nicht den Boden. Außerdem dienen diese Tuberkel dem Thiere zum Anhal- ten, indem es die dünnen, linienförmigen Blätter der Futterpflanze zwischen dieselben einklemmt, und, wenn es zu fallen fürchtet, den Anus um das Blatt herumbeugend gegen eines dieser Tuberkelpaare | i | | 135 andrückt. Der Anus wird übrigens wie bei anderen Chrysomelinen als Nachschieber gebraucht, jedoch bei dem Gehen nicht in der Richtung des eingeschlagenen Weges nachgezogen, sondern bald rechts, bald links von derselben nach auswärts geschleudert. Beine schwarz. Die einzelnen, nicht 'regel- mäßig vertheilten, bräunlichen Härchen, welche sich auf der Larve finden, sind so kurz, daß sie nur unter sehr starker Vergrößerung sichtbar werden. Die zahlreiche, lange Behaarung, welche bei Bouche’s Abbildung (Taf. 10 Fig. 385) die Larve hat, die geringe Größe von 2 Linien, der Mangel der Füße und großen Seitentuberkeln, die nicht ausgedrückte schwarze Färbung des Kopfes, so wie der ganze Umriß lassen mich vermuthen, daß hier ein Irrthum sich eingeschlichen hat. Gereizt giebt die Larve (wie schon Rösel erwähnt) einen grünlichen Saft aus dem Munde von sich, der schnell erhärtet. Die Puppe ist 2—2; Linie lang, blaßgelb, Abdomen mehr satigelb, oben sanft gewölbt. Einige Zeit vor dem Auskriechen färben sich die Augen schwarz, und die Fühler, Beine und Decken bräun- lich. Kopf stark herabgebogen, Freßwerkzeuge vorgestreckt, jedoch unten nicht auf dem Körper auf- liegend. Stirn zwischen den Augen mit 2 schräg nach oben und außen laufenden, länglichen Erhö- hungen. Härchen fehlen. Die Fühler reichen nur wenig über die Kniee der Mittelbeine hinaus, liegen aber nicht an den Seiten des Thorax dicht an, sondern sind von denselben durch einen bedeutenden Zwischenraum getrennt. Tarsen der Vorderbeine nahe am Munde dicht an einander liegend, die der Mittelbeine an ihre Außenseite angelegt, auf ihrer hinteren Hälfte daher das Abdomen (auf dem sie übrigens nicht aufliegen) sichtbar lassend. Die Hintertarsen liegen wieder dicht an einander, lassen im lebenden Zustande die beiden letzten Abdominal-Segmente und den Anus unbedeckt und ragen nur mit ihrem Endgliede über die Flügelscheiden hinaus. Diese treten nur als auffallend kleine Spitzchen unter den mit Längsfurchen versehenen Flügeldecken hervor, so daß sie fast übersehen werden können. Thorax schmal, cylindrisch, glatt, ohne Behaarung, mit feiner vertiefter Längslinie, am Vorder- und Hinterrande etwas über Kopf und Mittelbrust emportretend. Metathorax 2 mal so lang als Mesothorax, auf der Mitte mit einer tiefen, breiten Rinne. Abdomen cylindrisch, allmälig zugespitzt, aus 7 Seg- menten (und Anus) bestehend, welche außer einigen runzeligen, unregelmäßigen Eindrücken an ihren Seiten nichts Auszeichnendes an sich haben. Sie springen seitlich nur als sanftes Tuberkelchen vor. Die Stigmata sind von der Farbe des Körpers. Der weißliche Anus läuft in 2. kurze, weit von einander getrennte, nach innen gekrümmte, schnell zugespitzte, scharfe Dornen aus. Die Kniee der Hinterbeine treten am 8. Bauchsegmente nur bis an den Seitenrand der Puppe empor. Die Eier, welche schon Frisch beobachtet hat, sind langeliptisch, 5 Linie lang, grau, gelblich durchschimmernd, matt, und auf die Blätter der Futterpflanze mit einem schwarzen Kitt so aufgeklebt, daß sie rechtwinkelig auf denselben stehen. Zuweilen sitzen d4—5 auf einem Blättchen in einer Reihe, jedes einzeln, mit genügendem Zwischenraum für wenigstens noch 1 Ei. Die ersten Eier kamen mir im Zimmer am 30. Mai aus. Die Larve ist schon bei dem Auskriechen grau mit schwarzem Kopfe und eben solchen Beinen. Nach 3 Tagen erfolgte bei einer Länge von 14 Linie die erste Häufung, nach welcher Anfangs Kopf, Thorax und Beine blaß citronengelb, der Leib weißlich oder weißlich- grau, und nur die 6 Ocellen schwärzlich waren. Erst mehrere Stunden später färbten sich die schwar- zen Körpertheile weiter aus. Bei 21 Linie Länge erfolgte am 7. Tage nach dem Auskriechen aus dem Ei die zweite Häutung. Die folgenden Häutungen habe ich leider zu beobachten nicht. Gelegenheit gehabt. Die Larve geht, wie bekannt, zur Verpuppung in die Erde, und läßt sich nur selten zwingen, sich außer derselben zu verwandeln. Am 2. Juli zur Puppe gewordene Thiere kamen am 13. Juli als Käfer zum Vorschein; doch pflegt im Freien, wo die Thiere an sonnigen, warmen Stellen leben, die Verwandlung schneller vor sich zu gehen. Bereits am 25. Juni sah ich in einem Garten frisch aus- gekrochene Käfer in Begattung, und man kann daher 3 Generationen desselben in einem Sommer als 136 gewiß vorkommend annehmen. Dadurch muß sich natürlich die Zahl ihrer Larven (deren es vom Juni bis in den September jeder Zeit von allen Größen neben einander hat) so vermehren, daß sie dem Spargel durch Zerstören der Blätter merklich schaden können. 7) Rhagium bifasciatum Fab. Larve ausgewachsen an 15 Linien lang, weiß, Kopf und Thorax mit gelblichen Hornschilden be- deckt, auf diesen beiden von oben nach unten, auf dem Abdomen seitlich zusammengedrückt. Beide einander enigegengesetzten Ausdehnungen werden durch Meso- und Metathorax vermittelt. Kopf stark flachgedrückt, mit zahlreichen, ziemlich langen, gelblichen Haaren besetzt, auf dem Scheitel mit einem sehr spitzen Ausschnitt, in welchen der Thorax hereintritt. Bei der von Candeze (Catalogue des larves des Coleopteres) Taf. 8 Fig. 4 gegebenen Abbildung ist derselbe vorn sehr stark abgerundet. Vor diesem nicht von einer hornigen Masse bedeckten Einschnitte befindet sich auf dem Kopfe ein spitz- winkeliger sich nach vorn verflachender Eindruck, dessen Spitze die des Ausschnittes berührt. Kopf- schild vom Kopfe stark abgesetzt, niedriger als jener, Oberlippe ebenfalls deutlich getrennt, vorn nicht ausgerandet, ziemlich dicht mit langen gelblichen Haaren besetzt. Auf dem Vorderrande des Kopfes stehen vor dem Kopfschilde in einer Querlinie 4 tief eingestochene, ein Haar tragende Punkte, von denen jederseits der äußerste über der Basis der Kinnbacken steht. Zwischen den beiden mittelsten, am wei- testen von einander entfernten, stehen etwas weiter nach hinten 4 ähnliche näher an einander ebenfalls in einer Querlinie. Kinnladen-Taster dgliedrig, allmälig dünner werdend; die abgerundete Spitze der Kinnlade mit vielen gelblichen Haaren besetzt. Lippentaster 2gliedrig, die Glieder so lang als die der Maxillar-Taster. Die Fühler sind nur angedeutet durch eine rundliche, mit ziemlich scharfen Rändern versehene Vertiefung nahe an der Wurzel der Kinnbacken, an der schmalen Seite des Kopfes, welche im Innern eine kleine Erhöhung hat. Nahe darunter liegt eine längliche Erhabenheit, welche vielleicht eine Andeutung des Auges ist. Prothorax so lang als Meso- und Metathorax, auf der Mitte mit einer scharfen, ziemlich langen Spitze in den Ausschnitt des Kopfes eingreifend, glänzend, hinten gerunzelt, mit zahlreichen, langen, gelblichen Haaren besetzt. In der Hälfte, von vorn nach hinten betrachtet, be- findet sich eine nicht gleichmäßig tief eingedrückte Querlinie, welche auf der Mitte nach vorn ausge- bogen ist und daselbst einen stumpfen Winkel bilde. Meso- und Metathorax verhältnißmäßig kurz, weniger glänzend, auf der vorderen Hälfte mit einem kurzen bogenförmigen Eindrucke, dessen Enden sich in nicht bedeutender Entfernung von der Mittellinie mit dem Vorderrande vereinigen. Hinter dem- selben steht auf der Mitte ein eingestochener Punkt. Das Stigma des Mesothorax nahe am Vorderrande ist sehr groß und offen, das des Metathorax sehr klein, geschlossen. Abdomen aus 5 Segmenten und Anus bestehend, seitlich scharf zusammengedrückt, so daß der breiteste Theil des Körpers nicht der Rücken und Bauch (wie bei dem Prothorax), sondern die Seiten sind. Die ersten 7 Segmente werden durch eine tiefe Längslinie in 2 Hälften getheilt, und durch einen noch tieferen, breiten Quereinschnitt unter sich getrennt. Die dadurch auf jedem Segmente entstehende, nicht große, erhabene, ringsum steil abfallende, sehr sanft gewölbte Fläche ist am Außenrande durch eine von der Mittellinie durchschniltene, quereliptische, nicht ganz regelmäßige Reihe sanft erhabener, glatter, gelblicher Tuberkelchen umgeben, in deren Innerem sich noch eine 2. sehr zusammengedrückte Elipse von eben solchen Tuberkelchen wahrnehmen läßt. Zwischen der vordersten Reihe dieser und der der ersten Elipse stehen auf der Mitte jederseits noch einige, nicht immer gleich deutliche Tuberkelchen in einer Querreihe, so daß in Summa 5 Querreihen derselben auf jedem Segmente sich finden, von denen die 2. (vom Vorderrande aus gezählt) die unvollkommenste ist. Bei Candeze’s Abbildung (Fig. 4b) liegen diese Tuberkeln viel zu nahe an einander, sind zu gleichmäßig rund und die Reihen zu regelmäßig. Nahe an der Innenseite 157 der äußersten elliptischen Tuberkel-Reihe, da wo dieselbe die weiteste Ausdehnung nach der Seite hin hat, steht jederseits eine kleine Vertiefung. Das 8. Segment ist auf der Mitte von dem vorhergehenden durch keinen tiefen Quereinschnitt getrennt, tritt darum daselbst auch nicht so hoch empor, sovdern ist bedeutend niedriger, eylindrisch, gleichmäßig glatt (ohne Tuberkeln), mit sanftem Quereindruck auf der Mitte, und wie die übrigen Segmente mit einzelnen gelblichen Haaren besetzt. Der Anus zeigi auf der Hälfte (von vorn nach hinten) jederseits 3 tief eingestochene Punkte, und endet oben in eine allmälig verschmälerte, etwas flach gedrückte, am Ende mit einem kurzen, dicken Dorne gekrönte Spitze. Der Seitenrand der Larve, welcher nicht seitlich vorspringt, ist auf jedem Segmente durch 2 kurze aber tiefe, gekrümmte Linien angedeutet, welche die convexe Seite gegen einander kehren. Auf dem dazwi- schen liegenden, ziemlich breiten Raume ist auf der vorderen Hälfte eine schräg nach unten und vorn gerichtete, große, ziemlich lange aber schmale, sanfte Tuberkel bemerkbar, welche mit dem vorderen Ende den unteren Eindruck berührt, und auf dem hinteren, in der Hälfte des Segmentes (von vorn nach hinten betrachtet) liegenden Ende mit 2 langen, gelblichen Haaren besetzt ist. In der Nähe der oberen, oft in der Mitte unterbrochenen, vertieften Linie liegt wenig vor der Hälfte des Segmentes das Stigma- Von ihm wenig nach hinten und etwas mehr nach innen steht auf jedem Segmente auf der Hälfte (von vorn nach hinten betrachtet) ein vertiefter Punkt, von dem schräg nach oben und hinten 1—2 kurze, mehr oder weniger deutliche, allmälig verlöschende Strichel ausgehen. Auf der Unterseite ist das 1.—7. Segmeni mit einer eben so großen, emporgehobenen, ringsum steil abfallenden, oben sanft ge- wölbten, von einer vertieften Mittellinie durchschnittenen Fläche versehen als auf der Oberseite, und es nimmi an dieser Bildung hier selbst der Meso- ünd Metathorax Theil. Ein jedes dieser Segmente (wie die Mittel- und Hinterbrust) ist aber nur mit 2 Quer-Reihen länglicher, schräg nach innen gerichteter Tuberkeln beseizt. Diese beiden Tuberkelreihen berühren an der Mittellinie einander fast, entfernen sich aber nach außen merklich von einander, und sind am Außenrande durch eine zwischen ihnen stehende ‚Tuberkel mit einander verbunden, so daß sie also im Umriß Aehnlichkeit mit einer seitlich stark zu- sammengedrückten, liegenden 8 haben. Die von Candeze gelieferte Abbildung (Fig. 4 c), wo die schräg nach innen gerichteten Tuberkelreihen einander berühren, und vor und hinter ihnen noch andere sicht- bar werden, dürfte demnach wohl unrichtig sein. Wahrscheinlich hatte derselbe ein etwas zusammen- geschrumpftes Exemplar der Larve vor sich. Beine dünn, gelblich, behaart, Klauen lang, scharf, so lang als das Schienbein. Puppe etwa 9 Linien lang, weiß. Kinnbacken groß, jeder mit einem gelblichen Dornenhaare be- setzt. Auf der Wuist über der Basis jeder Mandibel 4 solcher Dornenhaare in einer Querreihe, Zwi- schen der Basis der Fühler stehen jederseits ebenfalls 4 Dornenhaare, welche eine etwas schräg nach oben gerichtete Linie bilden. Ueber jedem Auge bilden 3 solcher Haare ein Dreieck. Die Tarsen liegen dicht an einander, die Basis der vordersten noch unter den Freßwerkzeugen. Auf dem Klauen- gliede jeder Tarse stehen kurz vor dem Ende 2 kurze Dornenhaare nach oben und 2—9 nach unten. Die hintersten Tarsen, welche mit der Spitze ein wenig weiter von einander liegen als ihre Basis, lassen den Anus und 2 Segmente unbedeckt. Die Flügel reichen noch nicht bis an die Spitze der Hinter- tarsen (sie lassen die 2 letzten Glieder derselben frei), und die darauf liegenden schmalen Decken sind noch etwas kürzer. Beine lang, über die Seiten der Puppe weit hinausstehend, alle Kniee auf der Oberseite an der Spitze mit mehr als 12 Dornenhaaren besetzt, welche dem Thiere zum Fortrücken in seiner Höhlung dienen. Jedes Abdominal- Segment ist auf der Unterseite jederseits mit mehreren kur- zen Dornenhärchen besetzt. Anus auf der unteren Seite in einen auf die Bauchseite zu gekehrten, starken, röthlichen Dorn endend. Thorax auf der Rückenseite am Vorder- und Hinterrande jederseits mit einer Reihe sehr dicht stehender, röthlicher Dornenhaare besetzt, am Seitenrande und auf der Mitte dagegen 18 138 mit mehreren dergleichen einzeln stehenden. Mesothorax ohne Dornen, Metathorax jederseits mit einem ‘ Häufchen längerer, röthlicher Dornenhaare. Abdomen aus 7 Segmenten und Anus bestehend. Jedes der ersteren hat unfern des Hinterrandes 7 — 10 in einer Querreihe (jedoch nicht immer in gleicher Entfernung von einander) stehende, kurze Dornenhärchen, und vor dieser öfters noch Andeutungen einer 2. Reihe, jedoch kürzerer. Anus oben abgerundet und mit einigen Dornenhärchen besetzt. Ende Juli sammelte ich mehrere Larven des in Rede stehenden Thieres auf dem Kamme des Alt- vater-Gebirges in einem fauligen Fichtenstamme etwa 4000 Fuß über der Ostsee, deren eine sich nach wenig Tagen schon verpuppte. Aus ihr kroch in Breslau am 8. August das vollkommene Insekt hervor. 8) Puppe des Ampedes nigrinus Payk. Ende Juli d. J. fand ich im Altvater-Gebirge, etwa 3000 Fuß über dem Meere in einem fauligen Fichtenstamme eine Elateren - Puppe, aus welcher mir am 7. August in Breslau der oben genannte Ampedes ausschlüpfte, welchen ich bis in den Dezember hinein lebend erhielt. Da die Puppe bisher noch nicht beobachtet worden ist, so erlaube ich mir, folgende Beschreibung derselben mitzutheilen. Puppe langgestreckt, cylindrisch, weiß, 43 Linie lang. Freßwerkzeuge nicht auf der Brust liegend, sondern frei, abwärts geneigt, so daß zwischen ihnen und den Vorderhüften ein weiter Raum bleibt. Tarsen an der Basis unbedeutend von einander entfernt, an der Spitze einander berührend, die äußerste Spitze der Mittel- und die Basis der Hintertarsen von den auf dem Bauche einander berührenden Flü- gelscheiden bedeckt. Die gestreiften Decken sind ein wenig länger als die Flügel, spitz, mit ihrer Spitze von den Hintertarsen etwas nach außen liegend. Diese letzteren ragen mit den äußersten 2 Glie- dern über die Spitze der Decken hinaus, lassen aber doch noch 3 Segmente des Abdomens und Anus unbedeckt. Thorax auf der Oberseite an jeder Vorderecke mit einem langen, schräg nach vorn und oben gerichteten, röthlichen Dorne. Er ist so lang als die Hälfte der Thorax-Breite am Vorderrande. Jede Hinterecke endet in einen eben so langen aufgerichteten Dorn, und außerdem steht am Hinterrande, zu jeder Seite der etwas erhabenen Mittellinie, ein fast eben so langer und ebenfalls aufgerichteter. Mesothorax sehr kurz, Metathorax etwas länger und so wie die 8 Abdominal-Segmente glatt, ohne Aus- zeichnung. Stigmata nicht in die Augen fallend. Anus in 2 lange (so lang als die auf dem Thorax), nach dem Rücken zu aufgerichtete, lang zugespitzte, röthliche Dornen endigend. Außerdem hatte Herr Letzner noch einige andere Käfer aus ihren Larven erzogen, worüber das Nähere anderweitig veröffentlicht werden soll. Derselbe zeigte ferner als neu für Schlesiens Fauna Curimus erinaceus Duft. vor, welchen er im Juli am Altvater unter Moos gefangen hatte. In der letzten Versammlung der Sektion wurde Herr Dr. phil. Schneider zum Sekretair erwählt. so - 139 Bericht über die im Jahre 1857 von der medizinischen Sektion abgehaltenen Sitzungen, erstattet von Professor Dr. Rühle, zeitigem Sekretair derselben. Erste Sitzung. Nachdem der Sekretair die Versammlung im neuen Jahre begrüßt, gedenkt derselbe des am 8. Januar an exanthematischem Typhus verstorbenen Mitgliedes, des Professor Dr. Nega. Herr Dr. Wilhelm Freund *) trägt sodann seine Untersuchungen über die Veränderungen des Rippenknorpels beim Menschen vor und resumirt einleitend die normale Struktur desselben, als eines hyalinen Knorpels dahin, daß die Knorpelhöhlen, in denen die Knorpelzellen liegen, eine Begrenzungs- membran haben, die wahrscheinlich von der Interzellular- oder Grundsubstanz aus sich bilde und verdicke; daß die Zellen in der Peripherie des Knorpels der Längsachse desselben parallel stehen, nach der Mitte hin undeutlich radiär sich stellen, und daß das Felt nur auf den Zellen liege, indem es bei der Ver- dichtung der Grundsubstanz sich aus dieser abscheide. Die Veränderungen des Knorpels bestehen zunächst in der Bildung gelblicher, getrübter, etwäS streifiger, später deutlich gefaserter Stellen, die beim Trocknen einsinken. An diesen ist der Knorpel unelastisch und schwerer schneidbar. Sie pflegen gegen die Mitte des Knorpels am zahlreichsten zu sein und finden sich besonders im späteren Alter. Die Grundsubstanz erscheint hier zuerst fein gestreift, später bilden sich starre Fasern, welche meist gekrümmt sind, und Hohlräume zwischen ihnen. Dabei entwickeln sich die Knorpelzellen massenhaft, und nachdem ihre Kapsel sich gleichfalls in Streifen aufgelöst hat, fallen sie in die Hohlräume frei hinein. Hierbei wird Fett gebildet, und es entsteht auch, wenn man Knorpelstücke wiederholt mit Aether auszieht, das- selbe streifige, undurchsichlige Aussehen der Grundsubstanz. Sind solche Stellen noch weit entfernt von der Ossifikationsgrenze, so entsteht unter weiterer Fett- entwickelung ein Erweichungsprozeß, sie bekommen ein gallertartiges Aussehen, und die Fasern lösen sich, während viel Feit, freie Kerne und Zellen sichtbar werden. *) Die speziellere Ausarbeitung dieses Gegenstandes erschien bereits unter dem Titel: „Beiträge zur Histologie der Rippenknorpel.“ 18* 140 Sodann verbreitete sich der Vortragende über die Verknöcherungsvorgänge der Rippenknorpel, indem er drei Arten derselben aufstellt. Die erste gewöhnliche geht vom Rippenende aus. Die Bildung der Markräume wird so erklärt, daß die Grundsubstanz in oben beschriebener Weise unter Fettentwickelung sich auflöst, die Zellen zu Markzellen des Knochens werden und die Salze der Knochensubstanz sich mit dem gebildeten Fette verseifen. Die zweite Verknöcherungsart ist die, welche dem permanenten Knorpel überhaupt eigen ist und von den ursprünglich angelegten Knochenkernen aus geschieht. Hiermit nicht zu verwechseln ist die Inkrustation zerfaserter Stellen mit Knochensalzen, sie findet sich auch in den Intervertebralknorpeln. Die dritte nennt der Vortragende die scheidenförmige; sie wird von den Schriftstellern nicht erwähnt, nur Meyer deutet etwas davon an. Die ersten Spuren dieser kommen zuweilen schon in den 20—S0er Jahren vor. Offenbar spielt das Perichondrium hier die Hauptrolle. Von ihm aus bildet sich eine Auflagerung, welche verknöchert und nun das nächstliegende Knorpeigewebe zur Verknöcherung disponirt, wobei spongiöse Knochensubstanz entsteht; zugleich bildet sich dann von den Knochenkernen aus gleichfalls spongiöse Substanz. Diese Scheide aus kompakter Knochenmasse wird oft ansehnlich dick, so daß der später vollständig verknö- cherte Knorpel also eine kompakte, vom Perichondrium aus entstandene Rinde oder Scheide und ein durch Ossifikation von den Knochenkernen entstandenes spongiöses Centrum darbietet. Diese Auseinan- derseizung erläuterte der Vortragende durch eine Reihe instruktiver, höchst sauberer Zeichnungen. Zweite Sitzung. Herr Dr. Neumann liest den Bericht über die von ihm dirigirte Privai-Irren- heilanstalt Pöpelwitz vom Jahre 1856, der für die Regierung alljährlich abgefaßt werden muß. Dr. Rühle erstattet einen Bericht über die seit Einrichtung eines Prosektorates im Allerheiligen- Hospital, d. h. seit 1. Mai 1856 bis ult. Dezember 1856, von ihm verrichteten Sektionen. Es wurden 497 Leichen untersucht; darunter befanden sich 120 an exanthematischem, 16 an ab- dominalem Typhus Gestorbene, unter letzteren zweimal Peritonitis ex perforatione. Die Zusammenstellung der Sektionsergebnisse beim T'yphus exanthematieus ergiebt, daß, obwohl in allen Organen gelegentlich Erkrankungen dabei vorkommen können, sich doch in keinem einzigen eine der Krankheit als solcher angehörige Veränderung in einer irgend konstanten Weise herausgestellt hat, selbst der Milztumor fehlte in 15 Fällen, so daß für die Diagnostik nicht die physikalische Unter- suchung veränderter Organe, sondern das über den ganzen Körper sich ausbreitende, gewöhnlich schon am 4.—7. Tage erscheinende Roseolaexanthem, die Erscheinungen des Nervensystems und die Stärke der Fieberreaktion maßgebend sein müssen. Das Gehirn findet sich wie bei Typhus abdom. gewöhnlich von fester Konsistenz, etwas blut- reich, nur 6 mal war es in späteren Stadien der Krankheit weich und ödematös, 6 mal hatten sich mehr oder weniger umfängliche Meningealblutungen ereignet. Im Kehlkopf war ö mal eine diphtheritische Exsu- dation, 3 mal tiefer gehende Geschwüre, 1 mal eitrige Infiliration des submukösen Gewebes, 1 mal Oedem der Üigg. aryepigl. zugegen. Die Bronchien waren regelmäßig von mehr oder weniger lebhaften Katarrhen befallen. In den Lungen fanden sich, außer den konstanten Erscheinungen der Hypostase, den häufig vorkom- menden, oft umfänglichen splenisirten und kollabirten Stellen, leichten Apoplexieen, 2 mal größere hä- morrhagische Herde, 5 mal Abszeßbildung und 30 mal Lungeninfiltrate größeren Umfanges. An der Pleura 3 mal einfache Entzündung, 1 mal mit hämorrhagischem Exsudat. Der Herzmuskel erschien immer schlaff, das Blut zeigte nur in 7 Fällen festere Faserstoffgerinnsel. 141 In der Speiseröhre war zuweilen das Epithel in größeren Mengen abgehoben. Im Magen zeigte der fundus konstante Eyperämie, oft mit hämorrhagischen Erosionen oder größeren blutigen Suf- fusionen. Im Darmkanal hingegen fand sich außer den hypostatischen Röthungen einzelner Schlingen und achtmaliger, mäßiger Schwellung der Solitairdrüsen des Dünndarmes niemals irgend eine patho- logische Veränderung. Die einmal gefundene stark blutige Färbung des Darminhaltes rührte von herab- geschlucktem Nasenblut her, Die Milz war gewöhnlich geschwellt und weich, 15 mal aber von normalem Volumen. Die Leber erschien meist blos schlaf, die Galle in der Biase dünn. In den Mesenterialdrüsen ließen sich niemals Infiltraie nachweisen. Die Speicheldrüsen waren nur 4 mal eitrig infiltrirt und zwar 2 mal die Parotis, 2 mal die Submaxillardrüsen. In den Nieren ließ sich 14 mal frisches, gewöhnlich nur unbedeutendes Faserstoflinfiltrat nach- weisen, wobei natürlich immer größere Eiweißmengen im Harn gefunden wurden. Im Uterus findet sich oft eine lebhafte Schleimhauthyperämie und blutige Tränkung des Schleimes. Außerdem waren 2 mal umfängliche Blutungen in den Bauchmuskeln nachweislich, und zu erwäh- nen, daß nach dem Ablauf der eigentlichen Krankheit mehrmals noch Kranke an erschöpfenden Eiterun- gen im subkutanen Bindegewebe, Hydrämie und Entkräftung gestorben waren. Ganz dieselben Resultate haben auch die weiteren Untersuchungen des Jahres 1857 ergeben. Als Ursache eines Erschöpfungstodes mußte 5 mal Hydränie gedeutet werden; in den 4 Fällen von Del. tremens fand sich nichts von Belang, eben so wenig ergaben die 3 Sektionen der an Ery- sipelas ambulans. Gestorbenen wesentliche Erkrankungen. 1 mal wurde der Scharlach, 1 mal Skorbut tödtlich. Die 34 Pockensektionen werden in einer späteren Berichterstaitung näher erörtert werden. Unter den 34 an Hirnkrankheiten Gestorbenen waren 3 mal Meningitis basilaris, 5 mal Meningitis universalis, 3 mal Meningitis tuberculosa, 3 mal Apoplexia mening. Nur 2 mal Apoplex. cerebri, während 5 Gehirnerweichungen durch Thrombose, 2 Sarkome der Dura mater, 2 mal Gehirnkrebs, 1 Gehirnabszeß, 2 mal die bei Dementia paralytica bekannten Befunde, 1 mal Meningitis cerebrospinalis, und 1 mal bei Trismus und Tetanus (bekanntlich) Nichts gefunden wurde. Zu den Krankheiten der Bewegungsorgane haben wir zu rechnen: die Abszesse und Knochen- brüche, welche durch Hinzutriitt von Pyämie oder Entzündungen wichtiger Organe tödtlich geworden, Es waren 2 Schenkelabszesse, 2 Abszesse am Vorderarme, 2 am Knie, 1 in den Thoraxmuskeln, 3 brandige Schenkelgeschwüre mit Arterienverstopfungen, 1 Beckenabszeß. Ferner 1 Bruch der Knie- scheibe, 2 des Schenkelhalses, 5 an anderen Knochen der Extremitäten, sämmtlich mit hinzugetretener Pyämie, eben so 2 Amputationen an den Extremitäten. Außerdem 1 Rippenbruch mit Pericarditis, 1 Clavieularbruch mit Pneumonie, 1 Schädelbruch. — 4 Skoliosen mit Hydrämie, 1 Careinom der Rippen und Lunge, 1 Tuberkulose der Wirbelsäule beschließen diese Gruppe. Von Herzkrankheiten wurden außer 6 Affektionen der Valv. bieuspidalis, 4 desgleichen der Aortenklappen, 5 mal chronische Pericarditis, 1 mal akute, 2 Aortenaneurysmen, 1 Aneurysma des ‘Sinus Valsalvae, welches in den rechten Vorhof perforirt war, 1 mal Feitdegeneration des Herzens in höherem Grade, und I mal allgemeine Hypertrophie ohne nachweisliche Ursache gefunden. Die Krankheiten der Luftwege waren vertreten durch 1 Zerstümmelung des Kehlkopfes in selbst- mörderischer Absicht, 1 Verschluß des Zarynx durch ein Stück Kalbfleisch, I Stenose durch syphilitische Narbenbildung, 1 akute Bronchitis, 1 chronischen Bronchialkatarrn, & Bronchiektasen, unter denen meh- rere zu profusen Blutungen Veranlassung ‚gegeben hatten. 142 Die Krankheiten der Lunge betrafen 76 Tuberkulosen, 3 akute Miliartuberkulosen, 22 Pneumonieen, 10 Emphyseme, 1 Gangrän mit Pneumothorax. An der Pleura waren 6 rechtseitige, 2 linksseitige, 5 doppelseitige Entzündungen als vorherrschende Krankheiten und Todesursachen vorlindlich. Im Oesophagus fanden sich 3 Carcimone, deren eines mit Lungengangrän komplizirt war; auch eine Stomatitis diphtheritica kam zur Sektion. Von Magenerkrankungen sind zu erwähnen 3 Ule. simpl., davon eines perforirt war; 5 Carci- nome, gleichfalls eines mit Perforation in die Bauchhöhle, und 1 Fall, wo nach ehemaliger Anätzung durch Salpetersäure chronische Verschwärungen und Narbenbildungen die gesammte Schleimhaut bedeckten. Im Darmkanal hatte eine Geschwürsbildung ohne spezifischen Charakter zur Entstehung einer Peritonitis Veranlassung gegeben, und kamen 2 eingeklemmte Hernieen, davon eine mit Perforation durch brandige Zerstörung und Peritonitis, 1 Einklemmung größerer Darmpartieen in einer Ausstülpung des Peritoneum neben der Wirbelsäule mit Peritonitis, 1 Perityphlitis mit Beckenkaries zur Sektion. Unter Leberkrankheiten sind 8 chronische, 1 akute Atrophie, 7 Carcinome, darunter 1 Alveo- larkrebs, mehrere Cirrhosen und Speckinfiltrate die hervorragendsten. Wichtig erschien ein Fall enormen Blutergusses in die Platten des Peritoneum und das retroperi- toneale Bindegewebe, dessen Ursache eine durch Feitdegeneration bedingte Zerreißung eines Pfortader- zweiges war. Nierenkrankheiten kamen 17 vor, darunter 12 mal Morb. Bright. mit zweimaliger anämischer Intoxikation, 1 Carcinom der rechten Niere mit gleichzeitigem Leber- und Lungencarcinom, 1 Tuberku- lose der Blase und Prostata, 1 Zottenkrebs der Blase, 2 mal Hydronephrose durch Prostata-Hypertrophieen. Von den Krankheiten der Geschlechtsorgane führen wir 4 Carcinome des Uterus, 1 Endo- metritis puerperalis, 1 Oophorilis puerperalis mit Peritonitis und 1 Careinoma Mammeae mit Pneu- monis an. Das Peritoneum war 6 mal in akuter Entzündung, dabei 1 mal mit Ileus, 4 mal in chronischer Entzündung begriffen; 1 mal war Tuberkel-, ! mal Krebsproduktion auf demselben vorhanden. Die 4 Peritonitis-Fälle, welche von Perforationen herrührten, betrafen eine Perforation eines Darmgeschwüres, eine durch Gallenblasenvereiterung, eine durch brandige Zerstörung eines eingeklemmten Bruches und eine durch ein perforirendes Ulcus des Process. vermiformis. Endlich führen wir 11 von den sezirten Leichen unter dem Namen Marasmus auf, insofern außer einer senilen Atrophie oder vorzeitigen Involution lebenswichtiger Organe krankhafte Veränderungen nicht aufgefunden werden konnten. Dritte Sitzung. Herr Dr. Cohn macht die Gehirnerweichung zum Gegenstande seines Vortra- ges und erörtert Eingangs die Hauptansichten früherer Beobachter. Rostan unterschied eine entzündliche von einer nekrotischen Erweichung, Durand-Fardel fügte beiden die hydrocephalische hinzu. Die Genese dieser Hirnveränderung wurde durch Kölliker und Bennet gefördert, die eine Verfettung und Atherose der kleinsten Hirngefäße kennen lehrten, am meisten aber von Virchow aufgeklärt, weleher die Embolie der Hirnarterien experimentell und klinisch nachwies. Die drei verschiedenen Formen der rothen, gelben und weißen Erweichung, die man nach Roki- tansky unterscheidet, hält der Vortragende, den gegenwärtig herrschenden Ansichten sich anschließend, nicht für wesentliche Unterschiede, sondern hält den allgemeinen Gesichtspunkt fest, daß Krweichung gleich sei aufgehobener Ernährung, und daß diese Aufhebung der Ernährung eben sowohl von den Ar- terien, als, obwohl gewiß selten, von den Venen und von den Kapillaren selbst ausgehen könne. Von 143 diesem Gesichtspunkt seien sowohl die durch Verstopfung größerer Gefäße, also durch Embolie enistan- denen, als die entzündlichen, bei denen die Kapillaren vollständig undurchgängig geworden sein müssen, als die durch Maceration (hydrocephalische) bedingten Erweichungen verständlich. Die Farbenunterschiede beziehen sich nur auf das Vorhandensein von Blutfarbstoff und Fettentwickelung für die rothe und gelbe, und das Fehlen beider Farbenquellen für die weiße Erweichung, und könne jede dieser drei Arten aus der andern hervorgehen. Der Vortragende wendet sich sodann zur Diagnose der Erweichung am Krankenbeit und insbeson- dere zur differentiellen Diagnose der Erweichung von der Apoplexie. Während bei letzterer die Er- scheinungen meist ohne Vorboten plötzlich, mit Verlust des Bewußtseins auftreten und nach einiger Zeit allmälig abnehmen, verhält es sich mit der Erweichung umgekehrt; die Störungen der Gehirnthä- tigkeit, die Lähmung der Extremitäten und Gesichtsmuskeln entwickeln sich allmälig, Zuckungen und Kontrakturen, also Reizerscheinungen gesellen sich denen der Lähmung hinzu. Die durch Embolie be- dingten Erscheinungen seien allerdings plötzliche, aber hier fehlen Anfangs das Koma, die Bewußtlosig- keit, welche die Apoplexie charakterisire, diese stelle sich erst allmälig durch die sekundären Bluter- güsse im Erweichungsherde ein. Zur Erläuterung dieses Unterschiedes theilt der Vortragende schließ- lich eine Krankengeschichte mit. Er glaubt bei einem noch auf der klinischen Abtheilung des Hospitals befindlichen Manne die Embolie diagnostieiren zu müssen, weil die Erscheinungen der Lähmung mit einer vorübergehenden Bewtißtlosigkeit aufgetreten und diese sich erst im weiteren Verlauf vollständiger zu entwickeln beginne. An der hierauf folgenden Diskussion betheiligen "sich die Herren Dr. Förster, Neumann, Rühle. Der Letztere behauptet, daß bis jetzt eine Diagnose der durch Embolie erfolgien Hemiplegie unmöglich sei. - Hierauf macht Herr Dr. Förster Mittheilung seiner Untersuchungen über die Bildung der Katarakte. Daß diese in einer Trübung der Linsensubstanz bestehe, ist seit 150 Jahren bekannt. Erst in der neueren Zeit wurde über die Genese der Katarakten gestritten. Malgaigne behauptete, daß sie fast niemals im Centrum beginnen, sondern fast immer zuerst in den äußersten Linsenfaser- schichten dicht unter der Kapsel. F. kam bei Untersuchung von nahe an 60 Augen zu dem Resultat, daß allerdings die Trübung inder Peripherie zu erst auftritt, aber nicht dicht unter der Kapsel, sondern in einiger Entfernung von der Oberfläche, in der Linsensubstanz selbst. Um dies sehen zu können, muß man die Linse in passenden Medien untersuchen. In der Luft frei betrachtet, kann man, wegen totaler Reflexion der Strahlen, am Rande nicht in. die Linsensubstanz selbst hinein sehen, legt man aber die Linse in Eiweiß, corp. vitreum etc. und betrachtet sie in einem Hohlgefäß, so findet man den Rand- theil der Linse durchsichtig, die Trübung erst weiter nach innen. Ein vorgezeigtes Präparat erhärtete diese Entdeckung vollständig. Wenn sich eine Alterskatarakte ausbildet, so differenzirt sich die Linsensubstanz in einen gelblichen, klaren Kern und einen scharf abgesetzten wasserhellen Cortex. Gleichzeitig treten an der Grenze zwi- schen den beiden Substanzen die Trübungen auf, von denen F. nach der Form vier verschiedene Arten unterscheiden zu können glaubt: 1) kurze, feine, weiße, mit dem Aequator konzentrisch liegende Striche, wahrscheinlich Zerklüf- tungen von flach-linsenförmiger Gestalt zwischen den Fasern, gefüllt mit bräunlichen Molekülen; 2) wolkige Zeichnungen; 3) streifige Trübungen, welche nach der Innenseite hin flach, nach der Peripherie konvex abge- zweigt sind, und rippenähnlich von einer Fläche der Linse zur andern verlaufen; 4) Nebelringe auf der ganzen Peripherie des Kernäquators. 144 Alle diese Trübungen liegen der Oberfläche des Kernes dicht auf, ragen mehr oder weniger weit in den klaren Cortex hinein und finden sich bei weitem am häufigsten zuerst in der Aequatorialzone. Allmälig nehmen dann diese Trübungen zu und erfüllen schließlich die ganze Kortikalschicht. Erst wenn diese Trübungen eine gewisse Ausdehnung erlangt haben, beginnt auch der Kern sich zu trüben, und zwar ist seine Trübung stets homogen, nie Zeichnungen (Wolken, Striche etc.) darbietend. Aus diesen Befunden erhellt, dal der von Jäger zuerst genau beschriebene Schichtstaar jugendlicher Individuen nichts Eigenthümliches hat, wie denn überhaupt zwischen den Katarakten jugendlicher Indi- viduen und den senilen viele Uebergänge existiren; und ebenso kann man die Meinung, daß die chemi- sche Veränderung der umgebenden Flüssigkeiten die Trübung der Linse bedinge, nicht aufrecht erhalten, weil eben nicht die äußerste Schicht der Linse zuerst trübe wird. Schließlich theilt Herr Dr. Aubert mit, was sich ihm bei neulich wieder angestellten Wiederho- lungen des Experimentes von Traube ergab, wonach die Reizung der centralen Enden des durchschnit- tenen Vagus Kontraktionen des Zwerchfells hervorrufen soll. A. sah bei Anwendung sehr schwacher Ströme: vermehrte Anzahl der Zwerchfellskontraktionen; bei etwas stärkeren Strömen: Stillstand desselben in Kontraktion, Tetanus: bei noch stärkeren: Stillstand in Erschlaffung, und glaubt hieraus die widersprechenden Befunde der Experimentatoren erklären zu können, welche den Traube’schen Versuch wiederholten. Auch wenn 1 Vagus allein gereizt wird, erhält man dieselben Resultate, nur kann man hierbei auch durch starke Ströme immer nur Kontraktion des Zwerchfells, nicht Erschlaffung erzielen. Vierte Sitzung. Herr Dr. v. Glisczynski theilt die in der geburtshilflichen Klinik gesam- melten und speziell von ihm selbst gemachten Beobachtungen über Placenta praevia und deren Behandlung mit. Anlangend die Häufigkeit ihres Vorkommens, ergeben die Journale der hiesigen Klinik eine Ab- weichüng gegen die von anderen Beobachtern angemerkten Zahlen. Während nach Braun und Anderen das Vorkommen einer Placenta praevia wie 1:500—800 sich herausstellte, enthalten die Journale der hiesigen Klinik unter 10,540 aufgezeichneten Geburten 90 "älle von Placenta praevia, — da je- doch in diesen Journalen überhaupt nur regelwidrige Geburtsfälle verzeichnet sind, so ist ein Vergleich der hiesigen Zahlen mit denen anderer unzulässig. Das erste, diese Abnormilät andeutende, unwillkommene Zeichen sind die Blutungen in der Schwan- gerschaft, welche meist im letzten Drittheil derselben, zuweilen aber schon im 4. und 5. Monat auf- treten und eben sowohl eine lebensgefährliche Höhe erreichen, als ohne jede Kunsthilfe wieder aufhören können. Die sie veranlassende Ursache dürfte wohl meistens darin zu suchen sein, daß sich in den letzten Monaten der Schwangerschaft gerade das untere Segment des Uterus, also die Stelle des Pla- zentarsitzes rasch erweitert, so daß das Wachsthum der Placenta mit dieser Erweiterung nicht Schritt halten kann, mithin Gefäßzerreißungen erfolgen müssen. Das ausfließende Blut stammt jedenfalls sowohl aus Gefäßen der Mutter als des Kindes. Sind die verletzten Gefäße nicht zu groß, so kann eine Ob- literalion eintreten und trotz stattgehabter Blutungen die Schwangerschaft ihr normales Ende erreichen. Eine Sicherheit in der Diagnose dieses Zustandes gewährt nur die direkte Wahrnehmung der Plazentarkotyledonen. . Aus dem Umstande, daß die bei weitem größte Mehrzahl dieser abnormen Insertion der Placenta bei Mehrgebärenden vorkommt (unter den 90 Fällen der hiesigen Klinik trafen nur 7 bei Erstgebären- den, von den 9 Fällen, welche der Vortragende selbst erlebt, nur 1), läßt sich wohl mit Recht ver- 145 muthen, daß bei rasch auf einander folgenden Schwangerschaften die mangelhafte Rückbildung. des Ute- zus zur Zeit der neuen Konzeption, oder krankhafte Zustände desselben, wie Katarrh, Entzündung, welche in dem vorherigen Wochenbett stattgefunden, die Ursache dieses fehlerhaften Sitzes der Placenta seien. Die Prognose ist im Allgemeinen eine ungünstige, die Blutungen vorzugsweise für die Mutter nachtheilig und der centrale Sitz der Placenta am gefährlichsten. Die Behandlung zunächst der Blu- tungen lehrt, daß innere Mittel meist erfolglos sind, und daß nur die Tamponade oder die Beendigung der Geburt wirkliche Hilfe schafft. Zur Tamponade bedient man sich am besten des Blasentampons, den man mit Eiswasser füllt. Ist der Muttermund bereits geöffnet, so wird der künstliche Blasensprung und die Extraktion des Kindes vorzunehmen sein. Bleibt der Muttermund eng, so muß bei eintretender Lebensgefahr die künstliche Erweiterung desselben, die Lösung der Placenta und Vornahme der Geburt erfolgen; nur in seltenen Fällen, bei sehr rigidem Muttermunde, wird man genöthigt sein, nach Kilian, denselben einzuschneiden. Der Vortragende zeigt den Blasentampon vor. dessen er sich stets mit Vortheil bediente und wel- cher statt der vom Erfinder Hüter angewendeten Thierblase eine von Kautschouk besitzt. Die von ihm selbst beobachteten Fälle waren folgende: 1) bei einer AQjährigen Mehrgebärenden bewirkte nach wiederholten Blutungen und daraus ent- standener großer Schwäche der Blasentampon Wehen, und innerhalb 9 Stunden die Erweite- rung des Muttermundes, welche jedoch wegen eintretender Gefahr künstlich vermehrt und das 5 Pfund schwere lebende Kind extrahirt werden mußte. Am 15. Tage Entlassung; 2) bei einer zum 17. mal Schwangeren war durch vielfache Blutungen große Schwäche entstanden. Die Placenta pruevia war eine centralis, die Geburt wurde innerhalb 10 Minuten beendigt, da der Muttermund bereits eröffnet war, und ein todtes Kind herausbefördert. Die Mutter starb trotz aller Analepiika nach einigen Stunden; 3) in der 37. Woche der 6. Schwangerschaft reichliche Blutung, bedeutende Anaemie, Mutiermund von 8 Groschen Größe, nach zweistündiger Anwendung des Tampon genügend erweitert. Bla- sensprung, Beendigung der Geburt durch die Natur, todtes Kind, günstiger Ausgang für die Mutter; 4) Ersigebärende. Blutungen im leizten Monat. Der Tampon bewirkt bald Wehen, nach 9 Stun- = den thalergroße Oeffnung des Muttermundes. Die Wehen lassen nach, die Blutung wird wieder heftig. — Exrtractio ovi totius praecox mit großen Schwierigkeiten. Todtes Kind, nach sechs Stunden Tod der Mutter; 5) Sljährige Frau, 10. Monat der 4. Schwangerschaft. Tampon, Eröffnung des Muttermundes durch denselben, der weitere Verlauf auf natürlichem Wege, günstiger Ausgang; ‘6) am Ende der 6. Schwangerschaft starke Blutungen, durch den Tampon in 13 Stunden genügende Eröffnung des Muttermundes, Blasensprung, die weitere Geburt durch die Natur beendet, gün- stiger Ausgang; 7), 8), 9) betrafen gleichfalls Mehrgebärende, bei denen allen die Verhältnisse dem vorigen Falle ähnlich waren und günstige Ausgänge eintraten. _ Hiernach glaubt der Vortragende das Verfahren mit dem Blasentampon durchaus empfehlen zu können. Schließlich theilt derselbe die Statistik der in den Journalen verzeichneten Fälle mit. In 90 Fällen kam 18 mal Pl. pr. centralis vor; 7 mal waren Erstgebärende, 83 mal Mehrge- ‚bärende und zwar in der 10.—17. Schwangerschaft. Die erste Blutung erfolgte 17 mal erst während der Geburi, 27 mal im 10. Monat, nur 1 mal im 4. bereits. 19 146 Die Kindeslage war 68 mal Kopflage; 1 mal wurden Zwillinge geboren, 49 mal wurde das aeccouch. foree, 11 mal Wendung mit Extraktion, 10 mal Blasensprengung, 15 mal die Geburt ohne Kunsthilfe vollzogen. Von den Kindern waren 62 lebende und 28 Todte. Von den Müttern blieben 76 am Leben und bei den 14 Gestorbenen war in 12 Fällen das accouch. force gemacht worden. Fünfte Sitzung. Der durch seine Fissura sterni congenita vielfach bekannte Herr Groux stellt sich der Gesellschaft vor. Professor Rühle demonstrirt die dabei sicht- und fühlbaren Erscheinungen der Respirations- und Cirkulationsorgane, indem er auf die von Anderen aufgestellten Erklärungen und daraus entstandenen Streitpunkte Rücksicht nimmt. Außer den eklatanten Wirkungen der Mse. pectorales, welche hier nur durch die abnorme Be- weglichkeit der Thoraxhälften erzielt werden können, bieten sich seitens der Respirationsorgane nur die Erscheinungen des Einsinkens der weichen Spalte bei der Inspiration, des Vortreibens ‚bei der Exspi- ration dar. Den Hauptpunkt des Interesses bildet der in der Spalte pulsirende Körper. Von vornherein ist zu bemerken, daß die Gestalt des Thorax nicht normal, derselbe vielmehr rechts abgeflacht ist, und der Herzstoß hoch gefühlt wird. Die verschiedenen Deutungen, welcher Herzabschnitt hier pulsirend vorliege, lassen sich auf fol- gende zurückführen: 1) es sei der Bulbus Aortae (Bouilland), 2) es sei der rechte Vorhof, 3) es sei das rechte Herzohr, 4) es sei der rechte Conus arteriosus. Die Zusammenziehung des pulsirenden Körpers ist das Aktive, Plötzliche, die Erweiterung (Füllung) das Passive, Allmälige; dies schließt die Möglichkeit der ersteren Deutung aus. Die Zusammenziehung schien dem Herzstoß um einen Moment voranzugehen, eine Beobachtung,‘ welche von Anderen be- stritten wurde, auf deren Feststellung aber begreiflich die Beweise der weiteren Deutungen beruhen. In der Exspiration füllt sich der Körper bedeutend stärker, und noch auffallender wird diese Fül- lung, wenn der Oberkörper nach vorn übergebeugt wird; dann sieht man in der Diastole eine ovale, von rechts unten nach links oben in schräger Richtung sich erstreckende Anschwellung, von der aus sich eine cylindrische weiter aufwärts bis über die 2. Rippeninserlion fortsetzt. Diese Gestalt, diese enormen Differenzen im Volumen des sich füllenden Körpers, in Anbetracht einer nicht als normal anzunehmenden Lagerung des Herzens, machen es wahrscheinlich, daß die hier hinter der Spalte liegenden Abschnitte bestehen aus: dem rechten Herzohr, einem Theil des Conus arterios. dexter. und daß die bei der Exspiration und vorn übergeneigtem Oberkörper so hoch aufreichende Anschwellung von der oberen Hohlvene bewirkt wird. Sechste Sitzung. Prof. Dr. Middeldorpf trägt einen Bericht über die unter seiner Leitung stehenden königl. chirurgisch-klinischen Anstalten vor. Das Material derselben ist durch die Aufnahme in das Allerheiligen-Hospital außerordentlich reichhaltig geworden. Den zahlreichen Besuchern derselben konnte alljährlich das gesammte Gebiet der chirurgischen Krankheiten, meist in den besten und lehr- reichsten Exemplaren vorgeführt werden. Eine große Anzahl, oft sehr schwieriger und seltener Opera- tionen wurden, fast immer mit glücklichem Erfolge, verrichtet. Auch zu wissenschaftlichen Arbeiten, namentlich Dissertationen, wurde das Material vielfach ausgebeutet. Die äußeren Einrichtungen der An- 147 stalt wurden vollkommen zweckentsprechend hergerichtet und durch vernünftige Sparsamkeit ‚die Samm- lungen derselben an Insirumenten und Präparaten außerordentlich vermehrt, ja eigentlich neu geschaffen: Der Vortragende giebt sodann eine Uebersicht der behandelten Fälle und der verrichteten Opera- tionen, theilt einzelne besonders interessante spezieller mit und veranschaulicht den Vortrag durch Vor- zeigung von Zeichnungen, Daguerreotypen und Photographieen. Siebente Sitzung. Dr. Förster macht die künstliche Pupillenbildung zum Gegenstande seines Vortrages. Um die Bedeutung dieser Operation, die sie in der Gegenwart durch Gräfe erhalten, zu charakte- Tisiren, giebt der Vortragende eine kurze historische Uebersicht derselben. Während früher die Irideotomie nur verrichtet wurde, um eine neue Pupille zu bilden, hat Gräfe andere, uinfassendere Indikationen aufgestellt, wonach diese Operation auch als Heilmittel anderer krank- hafter Prozesse im Auge benutzt und der Zweck der Pupillenbildung nicht mehr als die alleinige ‚Veranlassung ihrer Verrichtung betrachtet wird. Die Technik dieser Operation ist gegenwärtig allgemein dieselbe und sehr einfach. Mit der Lanze ‚wird ein Stich durch die Cornea oder dicht neben ihr durch die Selerotica gemacht, durch diesen eine Pinzette eingeführt, die Iris vorgezogen und ein Stück davon mit der Scheere abgetragen. Von den verschiedenen Indikationen, die Gräfe aufstellte, theilt der Vortragende diejenigen Fälle mit, in denen er selbst sich von dem günstigen Erfolge der Operation überzeugt hat. So wird dieselbe mit sehr gutem Erfolge bei kleinen Schichtstaaren verrichtet. Man beläßt so. die nur central getrübte Linse im Auge und eröffnet den Lichtstrahlen vermittelst einer exzenirischen Pupille ‚einen Weg durch die klaren peripherischen Linsentheile. Gräfe wandte die Iridectiomie ferner als Heilmittel gegen chronische Jritis an, -— Exzisivnen aus der Iris erzeugen keine Entzündung derselben, deßhalb versuchie er diese geradezu als antiphlogistisches Mittel zu benutzen. Er erreichte durch wiederholte, bis 1Omalige Exzisionen wirklich gute Erfolge, und selbst in Fällen gleichzeitiger Affektion der Cornea, Iris und Choreoidea brachte dies Verfahren Nutzen, wie sich der Vortragende gleichfalls überzeugt hat. Sodann machte Gräfe die Irideciomie bei vollständiger Verwachsung des Pupillenrandes mit der Kapsel, in Fällen, bei denen erfahrungsgemäß später das Sehvermögen allmälig erlischt. Das Seh- vermögen wurde dadurch erhalten. Endlich ist auch für die so furchtbare Krankheit, das Glaukom, in dieser Operation von Gräfe ein Mittel gefunden, welches wenigstens die Krankheit zum Stehen bringt und vor der gänzlichen Erblindung ‚schützt, in akuten Fällen besonders eine ganz außerordentliche Retablirung des Sehvermögens herbei- führt, wie eine vor Kurzem von ihm verrichtete Operation an einem hierorts sehr bekannten Hausirer ‚bestätigt hat, bei welchem die Besserung auffallend schnell erzielt wurde. Ebenso hat. der Vortragende durch Iridectomie in einigen Fällen von akutem Glaukom eine sehr erhebliche Verbesserung des Gesichts erreicht. Dr. Aubert bespricht die Lehre von der Akkommodation des Auges und zeigt den Kramer’schen Apparat und seine Anwendung. Die Meinung, daß die Akkommodation des Auges durch eine Formveränderung der Linse hervor- ‚gebracht wird, ist durch Kramer und Helmholtz bewiesen worden. Beide bedienen sich dazu der Re- lexbilder, welche eine Lichtflamme oder ein leuchtender Punkt auf der Cornea, der vorderen und der ‚hinteren Linsenfläche entwirft, und beobachten dieselben vermittelst eines der Brücke’schen Lupe ähnlich ‘konstruirten Mikroskop-Fernrohrs. Man sieht dann, wenn das beobachtete Auge für die Nähe und Ferne 19* 148 akkommodirt wird, das Reflexbild von der vorderen Linsenfläche seinen Ort verändern, während das Reflexbild der Cornea und der hinteren Linsenfläche an ihrem Orte verharren. Von der Richtigkeit dieser Erscheinung konnten sich alle Anwesenden durch den von dem Vortragenden an sich selbst an- gestellten Versuche überzeugen. Helmholtz hat durch einen sehr sinnreichen Apparat die genauesten Messungen dieser Verhältnisse möglich, und zugleich durch Rechnung wahrscheinlich gemacht, daß diese Formveränderung der Linse genügt, um die Fähigkeit des deutlichen Sehens in verschiedenen Entfer- nungen herzustellen. Kepler war der erste, der die Wirkung der Konvex- und Konkavgläser auf das deutliche Sehen in verschiedenen Entfernungen erläuterte und eine Anwendung dieser Prinzipien auf die Vorgänge im Auge machte; er scheint indeß nur an eine Bewegung der Linse durch die Processus eiliares gedacht zu haben. Der erste, welcher eine Formveränderung der Linse annahm, dürfte wohl Pemberton gewe- sen sein: dieser glaubte, daß sich die eine Seite der Linse abflache, während die andere konvexer würde, ohne sich indeß näher über ihre Formveränderungen und ihren Mechanismus auszusprechen. Auch von späteren Forschern geschah nichts Wesentliches zur Bestimmung der Formveränderung der Linse bei der Akkommodation; man suchte vielmehr die Akkommodationsvorgänge aus einer bloßen Ortsveränderung der Linse zu. erklären und ließ dieselbe weiter nach vorn treten. Sehr nahe der Ent- deckung des wahren Verhältnisses kam Purkyn&, welcher einen dem Kramer’schen ganz ähnlichen Apparat zur Bestimmung der Konvexität der Cornea angiebt, und außerdem eine genaue Messung der Reflexbilder von der Linse zur Bestimmung ihrer Form und ihrer Beziehung zur Schärfe des Gesichts vorschlägt. Purkyne& Commentatio de examine physiologico organi visus et systematis culanei. Vratislav. 1823 p. 13 $ 10. Ad determinandam penitius convexitatem corneae el anterioris bulbi faciei fissura linearis lucida, bene metito ex justa distantia ab oculo bene fixo refleca, microscopio horizontali adhibito micrometro contemplanda foret. Quo minor imaguncula illa linearis repraesentatur, eo brevior erit radius segmenti sphaeriei ete. Von der Linse sagt er dann, nachdem er das verkehrte Reflexbild von der hinteren Fläche beschrieben hat, p. 28: Anteriorem lentis faciem visui sistemus, si candelae lumen oblique pupillam inspieientes ex opposito a latere oculi ita collocamus, ut lineae ab oculo spectante et a candelae lumine ad pupilam duectae angulum obtusum constituant; tune oblonga flammae imago repraesentatur, quae quum erecta sit, a convexa facie lentis reflevam esse indieat ......... Ex accurata mensura flammularum lentis in vivente, formam ejus atque ad aciem visus relationem nimium operosum el inconstans, quamwis mathematico examini non inacces- sum foret. Purkyne hatte also nur nöthig,. seinen Apparat zur Messung des Reflexbildes der Kornea auch zur Messung der Reflexbilder der Linse zu benutzen, ohne Zweifel würde er dann durch den Ver- such selbst auf die Bewegung des einen Reflexbildes bei der Akkommodation geführt worden sein. Max Langenbeck hat ohne Anwendung einer Vergrößerung und eines Apparates durch Beobachtung der Pur- kyne - Sanson’schen Bilder auf eine bloße Krümmungsänderung der vorderen Linsenfläche geschlossen (klinische Beiträge 1849), was jetzt allerdings als ein Beweis von großer Genauigkeit und Schärfe der Beobachtung erscheint, damals aber wegen der Schwierigkeit der Feststellung zweifelhaft gelassen wer- den mußte. Dem sicheren Faktum der Verdickung der Linse bei der Akkomodation für die Nähe reihen sich pur sehr unsichere Hypothesen an über die Art und Weise, wie diese Veränderung der Linsenform zu Stande kommt. Da zu einer Lösung dieser Aufgabe eine Menge von Bestimmungen fehlen, so dürfte dieses Problem wohl in der nächsten Zeit vielfach zur Aufstellung sogenannter geistreicher Hypothesen benutzt werden. Daß die Linsenfasern selbst sich wenigstens auf elektrischen Reiz nicht zusammen- ‚ziehen, hat Kramer festgestellt. Ob nun aber Ciliarkörper oder Irismuskeln oder Brücke’scher Muskel 149 wirken, ob sie durch Druck oder durch Zug an der Zonula Zinni wirken, oder ob die eine Muskel- gruppe zieht, die andere drückt, das alles ist noch ganz unbestimmt und jedenfalls sehr schwer zu be- stimmen. Schließlich theiit Dr. Günsburg mit, daß er im Mai und Juni sehr häufig, an 60-70 mal, an Patienten verschiedenen Alters rothe, ziemlich runde, leicht prominirende, gegen die Peripherie verwa- schene Flecke am Gaumen sah, die er ein Enanthema scorbuticum nannte, bei denen Schlingbeschwer- den und nicht selten Fiebererscheinungen mit großer Mattigkeit ohne anderweitige skorhutische Erschei- nungen gesehen wurden. Kausalmomente ließen sich nicht auffinden; die Flecke waren bis 2 Linien im Durchmesser und die benachbarte Schleimhaut normal. ‚Achte Sitzung. Professor Rühle berichtet über die Ergebnisse der Leichen - Untersuchungen an Pocken Verstorbener, Vom }. Mai 1856 bis ult. Juni 1857 wurden im Allerheiligen-Hospital 54 Pockensektionen ge- macht. Drei Kinder weiblichen Geschlechtes abgerechnet von 25, 4 und 7 Jahren, schwankte das Alter der Individuen von 16--56 Jahren. Zwischen dem 16.—30. Jahre waren 10 Frauen und 13 Männer, zwischen dem 30.—40. Jahre 5 Frauen und 7 Männer, dem 40.—50. Jahre 7 Frauen und 5 Männer, über 50 Jahre 2 Frauen und 2 Männer. Leider konnte es nicht immer genau ermittelt werden, auf welchen Krankheitsiag der Tod fiel, doch starben die meisten auf dem Höhestadium des Exanihems. Nur eine mit Uteruscarcinom behaftete, sehr herabgekommene, äußerst anämische Frau starb bereits am 5. Krankheitstage.. Die Pocken waren hier bei vollständiger Hautblässe zur Entwickelung gekommen. Einige Todesfälle kamen auch in späteren Stadien der Krankheit vor. Von den Veränderungen einzel- ner Organe, welche nicht während der Pockenkrankheit entstanden, sondern als zufällige Komplikationen zu betrachten sind, mögen erwähnt werden: 1 chronischer Hydrocephalus, 1 Hirntumor und mehrmals beträchtliche alte Trübungen der Hirnhäute, — 2 mal war auch im Verlauf der Krankheit Del. tremens ausgebrochen. 3 mal fand sich Lungentuberkulose, 1 mal vollständige Verwachsung des Herzbeutels, 3 mal chronische Magengeschwüre, 6 mal Speckinfiltrate der Leber, 1 mal Uteruskrebs, 2 mal befielen die Pocken Wöchnerinnen und 3 mal fand während der Krankheit Abortus statt. 6 mal hatten die Pocken ‚die Charaktere der hämorrhagischen, und waren die Zeichen der Blutdissolution überall in den Organen kenntlich. im Gehirn konnten wir außer einem in manchen Fällen, besonders den späteren Stadien der Krank- keit angehörigen, nachweislichen leichten Oedeme nie etwas Abnormes finden, es mochte bei Lebzeiten die Störung des Bewußiseins geringfügig oder bedeutend gewesen sein. In allen Fällen fanden sich Veränderungen der Pharynx und Larynx vor, die im Allgemeinen als eine croupöse Exsudation anzu- sehen sind. Wenn auch in vielen Fällen der Beginn der Affektion einer Pustelbildung ähnlich erscheint, so zeigt sich doch sehr bald ein schmutzig gelbgraues Exsudat zwischen denselben, welches mit der Pustelerhebung alsbald verschmilzt und sich unter den 54 Fällen nur 3 mal in die Speiseröhre, sonst immer nur vom Pharynx in den Kehlkopf und die Luftröhre ausbreitet. Das Epithel mit dem amorphen Exsudat verschmolzen, hebt sich später in einzelnen kleinen Fetzen ab, die jedenfalls expektorirt wer- den, zum Theil aber auch weiter hinab in die Bronchien gerathen. Sehr gewöhnlich ist auf der Höhe der Pharyngolaryngitis eine nicht unbeträchtliche ödematöse Infiltration des submucösen Bindegewebes ‚und der Muskeln vorhanden, welche offenbar dazu beitragen, daß so viele Pockenkranke an Erstickungs- erscheinungen zu Grunde gehen. In einem Falle war bei vollständigem Unvermögen, irgend einen Schling- akt auszuführen, welches mehrere Tage bei sonst noch intaktem Sensorium und leidlichem Kräftezustande 150 bestanden hatte, eine ganz auffallende ödematöse Durchtränkung der Pharynxmuskeln offenbar hiermit in Zusammenhang. Niemals fanden sich irgend erhebliche Subsianzverluste der Schleimhaut, und so oft Gelegenheit war, in späteren Stadien Verstorbene zu seziren, bestätigte sich die Erfahrung, daß die Affektion des Kehlkopfes in den Pocken dauernde Störungen, Verschwärungen, Verengerungen eic. die- ses Organes höchst selten nach sich zieht. Sehr gewöhnlich erstreckte sich die schmutzige Pseudomembran weit in die Trachea und größeren Bronchien herab. In den Lungen waren immer Erscheinungen der Hypostase oft ödematöse Ergüsse und 10 mal lobäre Pneumonie vorhanden, die 7 mal rechtsseitig war; 3 mal schienen die von oben herabgeiriebe- nen Exsudatparlikeln die lobulären pneumonischen Heerde erzeugt zu haben. Nur 2 mal übrigens war Atelektase in erheblicherem Umfange bemerklich. Ob die Häufigkeit der Pneumonieen mit der Laryax- affektion etwas zu thnn habe, wagen wir nicht zu entscheiden; daß die fortwährende Einathmung einer Luft, die solche Wege passiren muß, dazu beiträgt, wird durch so manchen Fall unwahrscheinlich, wo noch viel längere Zeit Jaucheheerde im Munde, Nase, Schlunde etc. gelegen und doch dabei keine Lun- genaffektionen entstanden sind. Das Herz bot nie etwas Bemerkenswerthes, das Blut zeigte sich sogar in Fällen hämorrhagischer Pocken von fester Gerinnung. In der Speiseröhre fand sich außer der oben erwähnten dreimaligen Exsudatbildung nichts Abnormes. Im Magen trafen wir 1 mal eine erou- pöse Exsudation, die Fortsetzung der in der Speiseröhre, 1 mal einige zerstreute pustulöse Erhebungen des Epithels, sonst gewöhnlich Hyperämie im fundus in verschiedenen Graden, die sich in Fällen hä- morrhagischer Variola zum Bluterguß zu steigern pflegte. Ebenso fanden sich im Darm unter solchen Umständen Eechymosirungen und blutig gefärbter Inhalt, während sonst die Darmschleimhaut intakt blieb. Die Milz war niemals wirklich geschwellt, denn in dem einzigen Falle, wo sie es war, folgten die Pocken auf einen Typhus, der Milztumor konnte also noch diesem angehören. Die Leber hingegen war außer den oben erwähnten 6 Fällen von Speckinfiltration, 16 mal in mehr weniger ausgesprochener Fettentartung, eine jedenfalls bemerkenswerthe Thatsache. Die Nieren fanden sich einige mal leicht infiltrirt bei gleichzeitigem reichlichem Gehalt des Harnes an Eiweiß und Cylindern. In allen Fällen der hämorrhagischen Variola aber war eine auffallende Veränderung in den Nierenbecken zugegen. Unter der Schleimhaut derselben war nämlich ein starker diffuser Bluterguß vorhanden, der 1—2 Linien Dicke erreichte, gewöhnlich nur eine kleine Strecke in den Urether hineinreichte und in diesem ‚scharf abschnitt. Erst bei längerem Bestehen dieser submukösen Blutung wird die Schleimhaut selbst durchtränkt, macerirt und dem Harn endlich Blutbestandtheile beigemengt. In der Harnblase zeigten ‚sich 1 mal pustelartige Bildungen, In den Ovarien und im Uterus waren Hämorrhagieen mäßigen Gra- des eine ziemlich häufige Erscheinung; bei einem Kinde fanden wir 2 Pusteln in der Scheide. Die in späteren Stadien Verstorbenen erlagen gewöhnlich der Erschöpfung durch subeutane Eite- ungen; einer derselben wurde durch Lungenbrand und daraus entstandenem Pneumothorax der Abthei- lung für pathologische Anatomie überwiesen. Neunte Sitzung. Der Sekundärarzt der chirurgischen Klinik Dr. Joseph hielt einen Vortrag über einen merkwürdigen Fall von Doppelmißbildung durch Einschließung, welcher in der Auffindung eines schlüsselbeinähnlichen Knochens in einer Fettgeschwulst auf der Kreuzgegend eines 17jährigen Jünglings bestand. Nachdem der Vortragende seine Ansicht über die Stellung der Doppel- mißbildungen im Allgemeinen und des foetus in foetu im Besonderen in der pathologischen Morpho- logie und über die Wichtigkeit derselben für die Entwickelungsgeschichte überhaupt dargestellt hatte, ging er auf die Beobachtung seines Falles näher ein. Derselbe betraf einen jungen Menschen von 151 17 Jahren, den der Vortragende 1853 zuerst sah, und an welchem er bei Gelegenheit der Untersuchung seiner Wirbelsäule in der Kreuzgegend eine flache Geschwulst von 13 Centimeter Länge, 12 Cen- timeter Breite und 6 Centimeter Dicke entdeckte. Dieselbe erstreckte sich von der Gegend des obersten Kreuzbeinwirbels bis zum Os coceygis, während sie auch seitlich die Grenzen der Kreuzbeingegend nicht überschritt. Außer einer weißlichen, 4 Centimeter langen Narbe war an der, die Geschwulst bedecken- den Haut nichts Besonderes wahrzunehmen. Die Geschwulst selbst hatte die Konsistenz eines Lipomes. In der Gegend der Processus spinosi spurii fühlte man in der Tiefe einen länglichen, knochenharten, beweglichen und nur an seinem obersten Ende am Kreuzbein befestigten Körper von 7 Centimeter Länge. An dem unteren Theile gestattete die nachgiebige Geschwulst und das Kreuzbein den Finger ein wenig zwischen den Knochen zu schieben. Die übrigen Theile des Beckens, die Muskeln und Bänder schienen normal. DieMutter des Kranken war schon längst gestorben, und vom Vater, der erst lange Zeit nach Geburt des Sohnes von einer Reise heimkehrte, konnte ich nur erfahren, daß die Aerzte erklärt hätten, das Kind wäre mit Mißbildung des Rückens geboren. Von der Hebamme empfing ich später genauere Mitthei- jungen. Die Nadelexploration bestätigte die nach äußerer Betastung gestellte Diagnose eines Tumor von fest-weicher, lipomatöser Beschaffenheit, in welchem ein längliches, beim Anstechen unempfindliches, Knochenstück eingebeitet lag, und Fernsein jeder Spur von Höhle. Die Geschwulst verursachte dem Kranken einige Unbequemlichkeit. Er konnte nicht lange auf dem Rücken liegen, ohne daß ihm die unteren Extremitäten einschliefen. Die Veranlassung zur Untersuchung des Rückens und Entdeckung der Mißbildung gab das fortdauernde Unvermögen des Kranken, Urin und Darmsekret zu halten, und stete Klage über Gefühl von Mattigkeit in den unteren Extremitäten. Die dagegen angewandten Mittel, wie aromatische Bäder, innerlich Martialien, Strychnin u. a. waren von vorübergehendem Erfolge. So vergingen mehrere Jahre, ohne daß sich irgend etwas änderte. Nur schien das Knochenstück in dem. Tumor an Länge ein wenig zuzunehmen. Als gegen Ende 1855 der Kranke sich Frostgeschwüre an den Füßen zuzog, ließ ihn der Vater auf mein Zureden in’s Hospital aufnehmen. Nach Untersuchung des Tumor entschied sich Herr Professor Middeldorpf für die Annahme von einem subcutan eingeschlossenen Rudiment eines Fötus. Die Exstir- pation, welche den 1. Januar 1856 nach Heilung der Frostgeschwüre vorgenommen wurde, rechtferligte diese Diagnose. Die Fettgeschwulst wurde auf gewöhnliche Weise ausgeschält, das obere Ende des von ihr ganz umhüllten Knochens von dem obersten Process. spinos. spur. ossis sacri, mit welchem es durch einen kurzen Strang straffen Zellgewebes verbunden war, getrennt. Die die hintere Fläche des Kreuzbeines bedeckenden sehnigen Weichtheile zeigten sich normal. Die Heilung der Wunde er- folgte zum größten Theil durch Eiterung nach sechs Wochen. Das Gefühl von Einschlafen in den un- teren Extremitäten ist völlig beseitigt, auf die Beseitigung der anderen Uebelstände hatte die Exstirpa- tion der Geschwulst keinen dauernden Erfolg. Das den Knochen umhüllende Fetigewebe war von derbem Gefüge und wurde von zahlreichen Bin- degewebssträngen durchsetzt. Es lag der den Knochen überziehenden Knochenhaut dicht an. Nirgends zeigte sich die Spur einer Membran, welche etwa die Geschwulst vom benachbarten Paniculus adiposus abgegrenzt hätte. Der Knochen, den der Vortragende vorzeigte; wiegt getrocknet fast eine Drachme, ist 7,8 Centi- meter lang, an der breitesten Stelle 1,5 Centimeter breit. Bei Vergleichung desselben vor den Augen der Zuhörer mit Schlüsselbeinen von Kindern ergab es sich, daß er seiner Gestalt, Länge und seinem Gewichte nach der rechtsseitigen Clavieula von 4 bis 5jährigen Knaben am ähnlichsten war. Nur zeigten sich die Endiheile unier stärkerem Winkel vom Mittelstück abgebogen, die Höcker stärker hervortretend, das Mittelstück der Länge nach gerader, als an normalen Schlüsselbeinen, auch sind die freien Enden 152 der Endstücke, besonders das Sternalende, abgerundet und fehlen hier die Eindrücke und Rauhigkeiten für Ansatz von Gelenkbändern. Unter der großen Anzahl von Fällen, welche über die Doppelmißbildung durch Einpflanzung bereits veröffentlicht sind, befinden sich nur zwei, in denen ein einziger Knochen den deutlichen Ueberrest des Kryptodidymus darstellte. Den einen veröffentlichte Morand in der Histoire de l’Academie des sciences Paris 1746 pag. 41. Der Knochen glich in diesem Falle dem Os humeri eines menschlichen Fötus. Der zweite Fall, welchen O. Weber 1850 exstirpirt hatte, findet sich in der Dissertation von Giller: „De hygromatis eystieis congenitis‘“ Bonn 1852, ziemlich ungenau beschrieben, so daß daraus nicht, her- vorgeht, welchen normalen Knochen der aufgefundene am meisten ähnlich war. Der neue Fall ist nicht nur an sich selbst als neuer Beitrag zu der pathologisch-morphologischen Kasuistik, sondern auch deshalb interessant, weil er andeutet, daß das stets rudimentäre Vorkommen des Kryptodidymus nicht immer in der Resorption der Theile seinen Grund hat, sondern daß auch durch Abszeßbildung Theile des Kryptodidymus ausgestoßen werden können. Der Vortragende erfuhr nämlich von der Hebamme, daß die Geschwulst auf der Kreuzgegend die Geburt des Steißes sehr verzögert habe und so groß als der halbe Kopf des Kindes gewesen sei. Einige Zeit nach der Geburt (oder nach dem Wochenbette) habe die Geschwulst an ihrer Oberfläche sich entzündet und geöffnet, wonach viel Eiter sich entfernt habe. Der verstorbene Wundarzt P. habe sogar Stücke von Knochen und Knorpeln herausgezogen. Die Vernarbung sei nach einigen Monaten erfolgt, die Geschwulst durch den Vorgang in ihrem Umfange sehr verkleinert worden. Aus dieser Mittheilung wird es klar, was die auf der Geschwulst wahrnehm- bare Narbe zu bedeuten habe. Ebenso erörterte der Vortragende näher, warum der aufgefundene Kno- chen angeboren und obgleich er nach Geburt des Kindes noch gewachsen, dennoch nicht erst nach der Geburt des Kindes entstanden sei. Hieran knüpfte sich die Rechtfertigung seiner Ansicht, daß der be- sprochene Fall in das Bereich von foetus in foetu gehöre und nicht mit den einfachen überzähligen Bildungen (wie etwa den Beispielen von überzähliger Mamma, überzähligem Daumen u. s. w.) zusam- menzustellen sei. Letztere entstehen, wenn an der Stelle des normalen Sitzes ursprüngliche Verdoppe- lung oder Spaltung der normalen Keime stattfindet. Für erstere muß die ursprüngliche Anlage zweier in ihrer ganzen Ausdehnung doppelten Axen als zum Grunde liegend angesehen werden. Dies führte endlich zur Besprechung der Frage, was dieser doppelten Anlage der Embryonalaxe zum Grunde liege. Nachdem die früheren Ansichten über die Entstehungsweise der Doppelmißbildungen als unzureichend oder unrichtig sich herausgestellt, erklärte sich der Vortragende für die Existenz zweier Keimbläschen als ursächlichen Momentes. Bereits Fabrieius ab Aquapendente (opera omnia Lipsiae 1657, p. 15) hatte mehrfach Gelegenheit, Hühnereidotter mit doppelter Oicatriceula zu beobachten. Bei den Ovulis des menschlichen Weibes ist dies noch nicht beobachtet worden, dürfte hier aber mehr in der Schwie- rigkeit der Beobachtung, als in der Nichtexistenz seinen Grund haben. Das Keimbläschen ist aber bekanntlich ein allen befruchtungsfähigen Eiern im Thierreich zukom- mendes Gebilde und für den der Embryobildung vorausgehenden Furchungsprozeß von der höchsten Wichtigkeit. Die erste Anlage des Embryo nimmt genau die Sielle der früheren Lage des Keimbläs- chens ein. Die frühere Stelle des Keimbläschens ist also das Bildungscentrum für den später sich ent- wickelnden Embryo. In der Keimhaut eines Eies, in welchem sich eine Doppelmißbildnng entwickelt hat, müssen demnach zwei solcher Bildungscentra existirt haben. Demgemäß dürften in den Eiern, in denen Doppelmonstra entstehen, auch zwei Keimbläschen vorhanden gewesen sein. Einen wesentlichen Einfluß auf die Art der Doppelmißbildung wird dann die ursprüngliche Lagerung der Keimbläschen zu 153 einander und zu der Axe des ganzen Kies ausüben. Der ursprüngliche Grund, weshalb von zwei gleich- zeitig in Folge des Vorhandenseins zweier Keimbläschen angelegten Embryonen der eine in der Ent- wickelung zurückbleibt, dürfte hier, wo das Zurückbleiben früher erfolgte, bevor durch Gefäßentwicke- lung eine Stoffzufuhr aus dem Gefäßsystem des mütterlichen Organismus stattfand, wohl nur in einem ursprünglichen Mangel an Bildungsstoff, also an Doiter, angenommen werden können. Während nämlich im Beginn der Entwickelung der Bildungssioff an die beiden Mittelpunkte der Entwickelung sich vertheilt, wird der eine Embryo aus unbekannten Gründen dabei weniger bedacht als der andere. Er bleibt von An- fang an in der Entwickelung zurück und wird, von den, anfangs noch flächenhaft ausgebreiteten, dann von beiden Seiten gegen einander wachsenden Keimblättern des kräftiger sich entwickelnden zweiten Embryo umschlossen, in eine Falte der beiden oberen oder aller drei Keimblätter, auf die Rücken- oder Bauchseite oder in den Darmkanal etc. des kräftigeren Zwillingsembryo zu liegen kommen. (Es ist einleuchtend, daß unter angegebenen Umständen die fernere Entwickelung des eingeschlossenen schwä- chereu Embryo’s nur eine verkümmerte sein kann.) Seine Rudimente finden sich im entwickelten Indi- viduum am häufigsten unter der Haut am Kreuzbein oder der Pubes oder an anderen Stellen des Rumpfes, oder sind in einem aus der unteren Beckenapertur hervorragenden Sacke, selten in einer der normalen Höhlen des Körpers enthalten. Man kann jedoch, besonders wenn dergleichen Doppelmißbildungen lange Zeit nach der Geburt zur Beobachtung kamen, aus dem Fehlen gewisser Theile nicht den Schluß zie- hen, daß letztere überhaupt nicht gebildet waren. Viele Theile gehen bei der anhaltenden Kompression durch Resorption, ferner oft durch Maceration, durch Verdrängung mittelst Fettentwickelung zu Grunde, oder werden endlich, wie in dem neuen Falle, durch Eiterungsprozesse eliminirt. Wie wenig deutlich geformte Theile aber auch immer zurückbleiben, so wird doch, wie in dem neuen Falle, ihre asymme- irische Lage zu dem entwickelten Individuum auf die ursprüngliche doppelte Axenanlage hindeuten und diese Anomalie von den symmeirischen, an normalen Stellen sitzenden und nur auf frühe Spaltung einer ursprünglich einfachen Embryonalanlage hinweisenden überzähligen Bildungen streng scheiden. Hierauf theilie Herr Dr. Asch einige interessante von ilım beobachtete Krankheitsfälle mit. Im Mai des Jahres 1856 wurde ich zu einem Kranken gerufen, welcher, angeblich an „‚Leberleiden‘ schon längere Zeit ohne Erfolg behandelt, mir bei der Untersuchung folgendes Bild bot. Ohne eine Ahnung von dem Zustande des Mannes zu haben, bot ich ihm beim Eintritt die Hand zum Gruß; er ergriff die- selbe nicht, weil seine Arme so schwach seien, daß er sie seit einiger Zeit nicht in die Höhe heben könne. Der übrige Befund entsprach dieser Schwäche vollkommen. Der Kranke, ungefähr 48 Jahr alt, lag ausgestreckt auf dem Sopha, ohne sich aus dieser Lage selbstthätig befreien zu können; die Arme lagen wie zwei Stöcke neben seinem Rumpf, das Gesicht war ausdruckslos, die Ge- sichtsfarbe mäßig ikterisch. Die sofort angestellte genauere Untersuchung ergab, was mir im Moment jener angegebenen Schwäche als wahrscheinlich erschienen war. Ich hatte eine Atrophie museulaire paralylique vor mir, welche bis dahin, bei fast 2jähriger Behandlung, in ihren Anfängen und ihrem Fortschreiten übersehen worden war. Der entkleidete Kranke bot das jammervollste Bild der Krankheit dar, und wenn ich mir gestatte, einen speziellen Fall dieser Krankheit zu schildern, so geschieht dies, weil das Material für diese Krankheit auch in jedem einzelnen Falle noch werthvoll ist, andererseits aber auch der Verlauf im vorliegenden Falle so selten war, daß seine Aufzeichnung vielleicht gerecht- fertigt erscheint. Fast alle Muskeln seines Körpers waren mehr oder minder atrophisch. Die Atrophie hatte an den unteren Extremitäten angefangen, und war von da unbeachtet weiter nach aufwärts. gegangen, bis sie sichtbar an den oberen Extremitäten als „Schwäche“ attrapirt wurde. Bis dahin 20 154 waren bei dem meist liegenden Kranken die Muskeln nie versucht worden. In den einzelnen Fällen wo der Kranke gehen sollte, war er ‚aus Schwäche‘ zusammengefallen. Es konnie keine weitere Be- wegung mit den unteren Extremitäten ausgeführt werden, als daß die Beine im Liegen, wie im Sitzen auseinandergespreizt werden konnten, doch so, daß, so wie der Kranke die Bewegung mittelst seines Willens eingeleitet hatte, dieselbe ohne weiteren Befehl des Gehirnes zu Ende gebracht wurde. Er konnte sie nicht inhibiren, resp. in der Mitte des Weges aufhören lassen. Zuweilen wurden die Unter- extremitäten, namentlich in sitzender, unterstützter Stellung des Kranken, plötzlich ohne jede Willens- äußerung Seitens des Kranken auseinandergezogen. Die Rumpfmuskeln waren gleichfalls von der Atro- phie ergriffen. Die Bauchdecken schlaff, eingefallen, bei der Athmung sich weder hebend noch senkend. Die Thoraxmuskeln waren nicht so stark atrophirt, wie die übrigen. Die Respiration war nicht mühsam, aber nur ganz oberflächlich, 16— 18 mal in der Minute. Dabei wurden die Rippen nur sehr wenig gehoben; ganz unthätig war das Zwerchfell. Eine tiefe Inspiration war der Kranke zu machen nicht im Stande; eben so wenig, den Athem anzuhalten. Namentlich stark atrophisch waren die Muskeln des Halses und wie es schien der Oesophagus. Das Schlingen war nicht geradezu beschwerlich, aber der Kranke konnte es weniger, als es sonst der Gesunde im Stande ist, dirigiren, um mich so auszu- drücken. Er verschluckte sich sehr häufig und war außer Stande, die so entstandene Unbequemlichkeit durch Räuspern u. s. w. zu beseitigen; sonst ging das Schlingen dem Gefühl des Kranken nach so vor sich, daß die Bissen mehr sich herunterquetschten, manchmal auch herunterfielen. Die Oberextremitäten habe ich schon erwähnt. Trotz des leichten Oedems der Hände boten diese den so charakteristischen Anblick der Affenhand durch den Mangel der Maus; Fingerbewegungen, namentlich in irgend einer Kom- bination unter sich und gegen einander, waren nicht ausführbar. Den unangenehmsten Anblick bot das Gesicht dar; scharfe Linien, die Grenzen der einzelnen Muskeln, ließen das Gesicht wie gefurcht er- scheinen; aber keine Veränderung der Züge begleitete die Aussprache der Gefühle und Gedanken des Kranken, der im Uebrigen, da er nur „‚leberleidend‘“ war, immer noch einen relativen Humor bewahrte. Wahrhaft gespenstisch erschien es, wenn der Kranke mit Stimme und Auge, das ziemlich klar war, lachte, aber keine Fiber seines Gesichtes zu diesem Gefühlsausdrucke zuckte, so daß man unwillkürlich zu der Frage gedrängt wurde „wer lacht hier?“ Eine größere Differenz als zwischen einem in früherer Leit angefertigten photographischen Bilde des Kranken und seinem gegenwärtigen Gesicht habe ich bei den abgemagertesten Phthisikern nicht gefunden. Die innere Untersuchung erstreckte sich zunächst auf die Unterleibsorgane. Der Kranke sollte — nach Angabe der Umgebung hatte der Arzt dies auseinander- gesetzt — an einer akuten Leberatrophie leiden. Die Perkussion ergab allerdings eine Verringerung des Breiten- und Längendurchmessers der Leber, aber verhältnißmäßig nur unbedeutend. Die übrigen Un- terleibsorgane boten: nichts Abnormes dar. Die Lungen athmeten oberflächlich, ohne besondere Aus- dehnung, das Athmungsgeräusch war normal, aber schwach; Exspirationsgeräusche nicht zu hören. Die Herzbewegungen waren sehr matt; die Töne zwar schwach, aber rhythmisch und sonst normal. Der Puls schlug 48—50 mal in der Minute, isochronisch mit dem Herzschlage. Die Sexualorgane waren seit lange in die völligste Apathie versunken. Die Verdauung war natürlich auf ein Minimum reduzirt, die Zunge war rein, der Kranke war nicht ohne Appetit, aber er konnte nur schwer verdauen. Die Museularis des Darmtractus war offenbar mit von der Atrophie ergriffen. Die Obstruktion war so hartnäckig, daß A—6 Tage keine Stuhlausleerung erfolgte, selbst trotz der fortgesetzt gebrauchten allerheftigsten Drastica aller Art, auflösender Pillen, Zaxantia u. s. w. Erfolgte eine Ausleerung, so waren die Exkremente in kleine dunkle Knötchen zusammengepreßt. Die Haut war trocken, pergamentartig, mit mäßig ikterischer Färbung, außer an den Händen, wo etwas Oedem vorhanden war. Die sensibeln Nerven waren unversehrt, der Kranke fühlte an jeder Stelle des Körpers, und die 155 Leitung zum Gehirn ging normal vor sich. Natürlich konnte er keine schmerzerregende Ursache von sich abwehren, und es mag für die Stärke der Atrophie anticipirend angeführt werden, daß der Kranke, als er bereits in seinem Lehnstuhl saß und rauchte, seine Hände noch so wenig gebrauchen konnte, daß er die auf seine Hand fallende brennende Cigarrenasche nicht entfernen konnte, sondern sie zunächst ruhig brennen ließ, bis eine endlich erlangte, gewaltsame Schleuderbewegung sie herabfallen machte. Eben so trat es nicht selten ein, daß derselbe, als er bereits zu laufen anfing, plötzlich und ohne jede besondere Veranlassung, wie eiwa ein kleines Hinderniß oder ein Stoß, den Boden unter seinen Füßen verschwinden fühlte und der Länge nach hinstürzte, nach dem Ausdruck des Kranken, ‚‚wie ein vor den Kopf geschlagenes Rind.“ Die Muskeln selbst hatien für den zufühlenden Finger ihre runde, bauchige Gestalt verloren; sie wurden als harte, dünne, lederartige Stränge unter der Haut gefühlt, und waren an einzelnen Stellen selbsi bei mäßigem Aufdruck sehr schmerzhaft. Ueberwiegend atrophirt waren die Extensoren der Finger, so daß die Flexoren das Uebergewicht hatten; ebenso die Beuger des Vorder- armes, die Heber des Oberarmes (deltoideus war kaum zu entdecken, eben so waren pectoralis maj. und minor ganz dünne Stränge), die Adduktoren des Oberschenkels, die Extensoren des Unterschenkels, die Flexoren der Füße und Zehen. Dies im Allgemeinen das Bild des Kranken. Was die Diagnose anlangt, so war von einem hartnäckigen Leberleiden, wie es vordem angenommen worden war, von einem „tiefen Unterleibsleiden‘ für mich nicht die Rede. Es konnte sich nur darum handeln, zu entscheiden, ob die Lähmung der Muskeln ihren Grund in einer Erkrankung der centralen Theile, des Gehirns oder Rückenmarkes hatte, oder ob dieselbe das Resultat der vorangegangenen direkten, lokalisirten Muskel- atrophie war oder nicht; genug, die Frage, welche überhaupt bei der Atrophie musceulaire paralytique aufgeworfen und sogar von Einzelnen dahin entschieden worden ist, daß dieser Zustand als eine selbst- ständige Krankheit negirt und unter die Rückenmarkskrankheiten eingereiht worden ist. — Ich kann mich hier auf eine Entscheidung dieser Frage nicht einlassen, welche allein die pathologische Anatomie und das Mikroskop liefern kann, aber ich kann mir a priori keinen Grund denken, warum nicht der Muskel eben so wie jedes andere Organ (und ich betrachte das Blut auch als ein solches) erkranken, einer Atrophie unterliegen und durch dieselbe in seiner Funktion gehindert werden sollte; und wenn ich in dem vorliegenden konkreten Falle die Frage entscheiden soll, so stand nichts im Wege, eine direkte Muskelatrophie anzunehmen. Für eine primäre Erkrankung des Rückenmarkes oder des Gehirnes war kein Symptom vorhanden, weder ein subjektives, noch ein objektiv wahrnehmbares. Kein Schmerz im Verlauf der Wirbelsäule, keine Auftreibung, keine Sinnesstörung, keine Störung der vegetativen Sphäre, so weit es, um mich so auszudrücken, die dynamischen Funktionen anlangte; Störungen, Trägheiten, direkte Funktionslosigkeit überall nur da, wo, und nur so weit, als Muskelthätigkeiten dazu nothwendig, die Muskelenergie aber direkt wegen Mangel an Fleisch, an Substanz, d. h. wegen Mangel des Kraft- äußerers und Krafterzeugers fehlte. Am charakteristischsten war dies für den Darmkanal; die Verdauung ging vor sich, aber in sehr geringem Maße; noch träger waren die Ausleerungen, aber das Ausgeleerte war das Produkt vollständiger Verdauung; dem Darm fehlten seine energievollen Muskelfasern, und er konnte weder seine für die Verdauung noch für die Fortbewegung seiner Kontenta nothwendigen peri- staltischen Bewegungen machen. Es mag hierbei konstatirt werden, daß eben so die willkürlichen wie die unwillkürlichen, wie die mitten inne stehenden von der Atrophie ergriffen waren. Gegen die An- nahme eines Leidens der centralen Nervenmassen sprach auch die Dauer der Krankheit. Dieselbe war auf der einen Seite für die geschilderten Symptome vom Beginn der zuerst beobachteten Lähmungser- scheinungen der Muskeln zu kurz. Ein Leiden der Centralorgane hätte bei so kurzer Dauer nicht so erhebliche Erscheinungen gesetzt, wie wir dies wenigstens gewöhnlich bei dem Verlauf dieser Krank- heiten beobachten, Auf der anderen Seite aber zu lang, denn ein Leiden der. Centralorgane hätte 20 * 156 offenbar auch anderweilige Störungen erheblicherer Art in dem Organismus hervorgerufen. Wie erwähnt, . deuteten alle übrigen Erscheinungen in Nichts derartige Störungen an. Endlich waren die Lähmungs- erscheinungen ganz systematisch von einer Muskelgruppe auf die andere vorgeschritten, und zwar nicht zuerst in denjenigen, die irgend einer erkrankten Stelle des Rückenmarks zunächst in der Leitung lagen, sondern ganz von dem Verlauf der motorischen Nerven unabhängig. Der galvano- elektrische Strom endlich bestätigte mir die Diagnose vollständig. Die Rezeptivität der Muskeln für denselben, d. h. die Fähigkeit, sich durch denselben zusammenzuzieken, war in den zuerst erkrankten Muskeln am geringsten, in den zuletzt ergriffenen am stärksten. Freilich waren alle fast ganz unthätig, aber die trägsten zogen sich auf den stärksten Strom, soweit derselbe von der sensitiven Seite aus ertragen wurde, gar nicht, die später erkrankten etwas, die jüngst erkrankten auch auf etwas schwächere Ströme zusammen. Auch der spätere Verlauf der Sache hat dies bestätigt. Ich glaube, man war berechtigt, eine Atrophie mus- eulaire paralylique progressive im vorliegenden Falle zu diagnosticiren. In ätielogischer Beziehung ließ sich wenig eruiren und nichts Besonderes weiter, als was wiederholt in ähnlichen Fällen gesehen vorden ist; der Kranke war ein leidenschaftlicher Jäger und namentlich viel auf sogenannten Wasser- jagden gewesen, wobei der Jäger oft bis an die Hälfte des Körpers, wenn auch durch dichte lederne Bekleidung geschützt, in sumpfigtem Röhricht steht. Einen direkten ätiologischen oder selbst auch nur einen chronologischen oder unmittelbaren Zusammenhang nachzuweisen, war hier wie anderswo nicht möglich. Nach Alle dem, nach wiederholten Untersuchungen, Experimenten u. s. w., nachdem ich der Um- gebung des Kranken die ganze Trostlosigkeit der Lage auseinandergeseizi halte, irat die große Frage: was thun? in den Vordergrund. Was ihun? Der praktische Arzt soll behandeln und wo möglich heilen! er lebt nicht im Hospital, wo man sich begnügen kann, den Verlauf mit anzusehen, wenn man überzeugt ist, nicht heilen zu können. Der Hospitalarzt darf versuchen, der Privatarzt muß handeln, wenn er in seinem Handeln auch nur den Versuch sieht. Er muß nur ehrlich genug sein, dies zu sagen, und wie überall, so hier besonders, ist die reine Wahrheit die größte Klugheit. Ich will’s versuchen, war auch hier mein Ausspruch, wenn ich mich der äußersten Konsequenz und des guten Willens des Kranken, wie der Umgebung versichert halten darf; Beides glaubte ich zu finden, Die nächste und unabweisliche Nothwendigkeit war mir, den Kranken zu nähren, durch den natürlichen Reiz der Nahrungsmittel die Energie des Darmkanals zu steigern, im Zweck das Mittel zu suchen; medikamentös war mir nur Indi- kation, für denselben Zweck den Blutumlauf intensiv zu steigern, aber ohne wesentliche Aufregung. Der Kranke mußte wider seinen Willen essen; die Nahrungsmittel wurden natürlich in der leicht verdaulichsten und kompendiösesten Form verabreicht, aber sehr häufig, und in fortdauernd wechselnder Form: Fleisch, gebraten und dann gehackt, Bouillon, Eier, Schinken, Bier, mäßige Dosen Wein, Wild, Geflügel u. s. w. Der Kranke mußte seinen häufigen Widerwillen bezwingen, die Schwierigkeit des Schlingens überwinden, genug er mußte a tout prix essen. In Bezug auf meine zweite Intention bekam er Chinin, Anfangs allein, dann mit Eisen. Für den Anfang war der Erfolg überraschend. Die Verdauung hob sich, der Puls vermehrte sich, der Blutumlauf wurde reger, ein mäßiger Turgor und etwas frischere Farbe der Haut erschien. Nach Verlauf von 3—4 Wochen hatte der Kranke eine vollständig geregelte Verdauung; ab gern und gab täglich eine gehörige Quantität fester, gebundener, braungefärbter Exkremente von sich. Die Leberaffektion war verschwunden, eben so die hartnäckigen Unterleibsstockungen, der Puls war auf 60—65 Schläge gestiegen, die Arterie zog sich kräftig zusammen. Für mich war der Erfolg ein sehr großer, aber genügend natürlich nicht, denn alles Andere blieb, wie es war, ja für den Kran- ken war die Unbequemlichkeit noch gestiegen, da ihm jeder Bissen in den Mund gesteckt werden mußte. Um etwas Weiteres zu erlangen, mußte man zu medikamentösen Einwirkungen seine Zuflucht nehmen. Im Vordergrund stand Eisen; ohne jeden Erfolg wurde es lange fortgegeben. Chinin war längst weg- 157 gesetzt, da eine weitere Wirkung nicht zu erwarten stand. Man war auf das Experiment angewiesen. Der Kollege, der später mit mir den Kranken sah, rieth zu Strychnin, obwohl man a prior: keinen rechten Grund dafür auffinden konnte, da man von jedem Leiden der Centralorgane, in specie des Rücken- markes abgesehen hatte. Dasselbe wurde in steigenden bis zu relativ sehr großen Dosen gegeben, ohne Erfolg. Eben so die vielfach empfohlene Th. Rhois toxicodendri. Aeußerlich waren spirituöse Einreibungen jeder Art bis zum Lig. ammen. causticus u. s. w. angewendet worden. Die Sache stand 3-4 Monate unverrückt. Die Atrophie nahm nicht zu, aber auch nicht weiter ab, nur die Verdauung blieb zum Glück gut. Die Magneto - Elektrizität, später die Galvano - Elektrizität waren ohne Erfolg. Der Kranke verweigerte allerdings die Anwendung derselben sehr bald, weil die Schmerzhaftigkeit außerordentlich gestiegen war. Schwefelbäder im Hinblick auf den muthmaßlich rheumatisch - gich- ligen Ursprung ohne Erfolg! Da entschlossen wir uns, auf den ursprünglichen Weg zurückzukehren und durch Einführung jeder Art von Nahrung auf jedem möglichen Wege und durch Uebung der Mus- kein, d.h. durch eine Art von Gymnastik, die Ernährung derselben zu heben. Der Kranke bekam täg- lich ein Fleischbrühbad von 3—1 Stunde Dauer, wurde wiederholt mit Speck eingerieben, bekam fort- gesetzt die ausgesuchteste Nahrung, mußte täglich, so gut es möglich war, ein wenig gehen, sehr häufig Athem-Exercitien vornehmen. Außerdem wurden passive Beugungen und Sireckungen der Extremitäten vorgenommen, und eine Art von „Säge“ konstruirt. An der Zimmerdecke wurde eine Rolle befestigt, über die eine starke Schnur lief, welche an beiden Enden Querhölzer trug. Das eine Ende nahm eine ge- sunde Person, auf das andere wurden die Hände des Kranken, welcher Anfangs saß, dann stand, ge- legt und nun von der gesunden Person in die Höhe gezogen und wieder herunter gelassen. Innerlich bekam der Kranke Eisen. Von da an besserte sich der Zustand. Der Kranke lernte allmälig besser gehen, d. h. seine Muskeln nahmen an den Unterextremitäten zu. Anfangs wurden die Extremitäten dünner, das Oedem verior sich, dann allmälig stärker. Mit den Händen leistete der Kranke nach und nach beim Sägen Widerstand, der sich steigerie. Die einzeinen Fortschritte zu erzählen, wäre zu lang, genug, die Muskeln kehrten genau in umgekehrter Reihenfolge ihrer Erkrankung (der Zeit nach) zur Norm zurück, und ein Jahr nach Beginn der Behandlung war die Genesung so gut wie vollendet. Der Kranke geht weite Strecken mit und ohne Stock, kann jeden Gegenstand von der Erde aufheben, ißt und trinkt allein, und hat gegen Ende April, also etwa nach 12 Monaten, seinen ersten Hasen geschossen und später von Gastein aus, wohin er zur Kräftigung geschickt wurde, seinen ersten Brief geschrieben. Am charakteristischsten war alsdann noch die allmälige Verbesserung seiner Handschrift, der man zu Anfang noch den überwiegenden Willen der Feder, später erst die feste Führerschaft der Hand ansah. Das Gesicht war wiederum das Abbild der früheren Photographie, denn hier war es in der That um- gekehrt. Die Sexual-Funktionen waren wieder erwacht. Der Kranke hatte circa 90 Fleischbäder genom- men. Die fortschreitende Besserung war wiederholt durch den elektro-galvanischen Strom konstatirt worden. Der nun Genesene hörte der Erzählung seiner Krankengeschichte zu und wurde der Gesell- schaft dann vorgestellt. — Eine häufige, bis jetzt wenig beachtete Ursache der Skoliose habe ich wiederholt bei genauer Un- tersuchung der mit jenem Formfehler behafteten Individuen zu konstatiren Gelegenheit gehabt, und wenn ich im Folgenden eine Notiz über das Gesehene zu geben im Begriff bin, so geschieht dies nicht etwa, weil ich glaube, etwas Abgeschlossenes zu geben, sondern nur, um die Aufmerksamkeit anderer und besserer Forscher auf einen Gegenstand zu lenken, welcher, zu wenig bis jetzt beobachtet, mir doch von großer Wichtigkeit zu sein scheint. Die Aetiologie der Skoliosen war bis vor einer verhältnißmäßig sehr kurzen Zeit noch sehr im Dunkeln, und selbst heut ist dieselbe nech nicht vollständig eruirt. Wir wissen 158 allerdings, daß die eine Skoliose durch eine Disharmonie der die beiden Seiten des Körpers im Gleich- gewicht haltenden Muskeln, die andere durch direkte Knochenkrankheiten, noch andere durch heftige Lungen- und Pleuraaffektionen (Keuchhusten, Thorax pleuritieus u. s. w.) entstehen; die Ursache dieser einfachen Muskeldisharmonie selbst aber z. B. kennen wir nicht, und gerade diese ist wiederum die heil- barste. Während meiner fast vierjährigen Beschäftigung im orthopädischen Institut kamen eine Reihe won Fällen vor, die unsere besondere Aufmerksamkeit in Anspruch nahmen. Es waren dies theils Fälle, weiche wegen Hinkens in die Anstali gekommen waren, gleichzeitig aber Skoliose zeigten, theils Sko- liosen, welche, als solche zur Aufnahme gebracht, verhältnißmäßig sehr unbedeutend in ihrer Krümmung, gleichwohl eine dieser nicht entsprechende Beckenverschiebung zeigten, und keiner Behandlung wichen. Eben so ungewöhnlich waren die zuerst erwähnten Fälle. Bei der ersten oberflächlichen Untersuchung war man geneigt, sie für Luxationen des Oberschenkels und zwar für Lux. congenita zu halten; bei ge- nauerer Nachforschung ergab es sich, daß der Kopf in der Pfanne war, daß das Gelenk aber eine un- gleich größere Beweglichkeit hatte, als sonst das Hüftgelenk bietet, und daß der watschelnde, auf und nieder wogende Gang eben nur Folge des Mangels einer innigen Verbindung des Oberschenkels mit dem Becken war. Ich werde Gelegenheit haben, einen Fall in dieser Richtung besonders zu erwähnen. Die Fälle, bei denen keine Therapie eiwas ausrichtete, waren mehr oder minder stark ausgeprägt; die Kinder im Alter von 3—14 Jahren gingen alle, wie nach einer gut und rasch verlaufenden Cozitis (ohne daß solche objektiv wahrnehmbar jemals da gewesen war), theils mit der ganzen Sohle auftretend und das Becken dem niedertretenden Fuße nachsinken lassend, indem der Oberkörper sich etwas rückwärts neigte, theils leicht auf den Zehen auftretend, so daß der Hacken wenige Linien vom Boden entfernt blieb. Ueberall war gleichzeitig Skoliose zugegen. Die genauesten Messungen der Schenkellängen, welche man bei keiner Skoliose versäumen sollte, ergaben bald den Ort des Uebels und seine nähere Natur. Die Schenkel waren ungleich lang, so zwar, daß die Differenz in dem Stück vom Trochanter bis zum Caput femoris gelegen war. Nachdem dies durch wiederholte, ganz ge- naue und sich gegenseitig kontrolirende Messungen festgestellt war, war es unzweifelhaft, daß die voran- gegangene Untersuchung, welche eine Luxatio congenita ausgeschlossen hatte, auch in der That richtig war, weil die Erscheinungen sich durch diese fehlerhafte Bildung hinreichend und ungezwungen erklären ließen. Kürze des einen Schenkels, bei ziemlicher Differenz, starkes Hinken, nothwendig ungleiche Stellung des Beckens in seinen Hälften, folglich Skoliose nothwendig. Nach Eruirung dieser eklatanten Fälle kamen wir auf die Vermuthung, daß auch die Natur jener anderen Fälle, bei denen leichte Skoliose mit starker Beckenverschiebung vorhanden war, die gleichzeitig allen Heilversuchen widersiand, eine ähnliche sein möchte. Die allergenauesten Messungen wurden angestelit, und in der That bestätigte sich unsere Vermuthung. In allen diesen Fällen wurde-eine Differenz der Schenkellängen gefunden, welche bis zu zwei Centi- meter steigend beständig in dem Theil zwischen Trochanter major und Gelenkkopf saß, dert also auch nothwendig ihren Stand haben mußte. Allmälig wurde es uns sehr leicht, den oft unmerklich schwankenden Gang schon mit bloßen Augen zu erkennen; oft ist dies aber nur möglich, wenn der Kranke ganz ausgekleidet beim Gehen beobachtet wird. — Es waren uns nunmehr die zuletzt erwähnten Fälle die niederen Grade jener zuerst erwähnten, welche bald unter dem Rubrum: „‚freiwilliges Hinken,“ bald als „Zuxatio congenita‘““ zur Untersuchung kamen. Bei wiederholten Untersuchungen und Messungen glaubten wir nun auch zu erkennen, daß der Winkel, in welchem der Hals des Schenkelknochens zum Schaft stand, in den verkürzten Schenkeln ein anderer war, als im gesunden, daß derselbe nämlich im kranken Schenkel sich mehr einem rechten näherte, als im gesunden, wo derselbe bekanntlich ein. stumpfer ist. Namentlich ergab sich dies induktiv. auch daraus, 159 daß nicht selten die aufgefundene Differenz in den einzelnen Theilen nicht entdeckt werden konnte. Während also von der Spin. oss. ilei ant. super. nach dem äußeren „Malleol. gemessen eine Differenz von 1 Centimeter z. B. vorhanden war, waren die Unterschenkel ganz gleich, eben so die Entfernungen von Trochanter major bis zum Pateila-Rand, und nach aufwärts vom Trochenter bis zur Spina, also die einzelnen Theile gleich, die Gesammtsumme ungleich. Es lag also offenbar in der Stellung des Schenkels zum Becken, und wir bezeichneten diesen Zustand von da an mit Verkürzung des Schenkel- halses in Folge von Querstellung. Es erschien uns diese, subsumirt unter die Schenkelverkürzung, eine der häufigsten Ursachen der Skoliose, und zwar der unheilbaren Skoliose, sofern diese Art der Schenkelverkür- zung unheilbar ist. Es hat sich in neuerer Zeit in dieser Richtung ein Streit zwischen Eulenburg und Lorinser erhoben, der durch diese Fälle ohne Zweifel zu Gunsten Eulenburg’s entschieden wird. Zu Anfang, d. h. bei kleineren Kindern und selbst bei Größeren verschwindet die Skoliose fast augenblicklich, wenn man das Becken geradestellt, d. h. den verkürzten Schenkel, der sonst keinerlei Deformität zeigt, ver- längert resp. in die Höhe richtet; es geschieht dies am besten durch eine untergelegte Sohle. Welches war aber die Ursache dieser Querstellung? Die genauesten Nachforschungen ergaben, daß ein bemerk- barer Krankheitszustand bei den verschiedenen Kindern nicht da war, daß sie vielmehr bald diesen sehwankenden Gang gezeigt hatten, als sie zu laufen angefangen hatten. Niemals war eine Ursache aufzufinden gewesen. Mehrere der Eltern hatten augenblicklich ärztliche Hilfe gesucht. Der eine Theil der Kinder war mit dem ganzen Rüstzeug gegen Coritis ete. behandelt worden, bei dem anderen Theil war es nur eine Schwäche, ‚die man ganz ruhig gehen lassen könne und die von selbst sich bei dem Wachsthum verlieren würde‘, — überall dasselbe Resultat. Dort kein Erfolg, hier keine Verschlimmerung. In vielfacher Behandlung war auch ein junges Mädchen von 7 Jahren gewesen, welche der Skoliose und des sogenannten Hinkens wegen in der hiesigen orthopädischen Anstalt behandelt wurde. Der Zu- stand war durch die Messung alsbald erkannt worden und den Eliern die Erfolglosigkeit der Behandlung vor Augen gestelit. Gleichwohl verlangten dieselben einen Versuch. Die orthöpädische Behandlung stärkte die Muskulatur auffallend, am meisten aber verschwand die Skoliose, wenn man dem linken Schenkel des Kindes eine 1—14 Centimeter dicke Sohle unterlegte. Es behielt indeß trotz dieses Mittels den schwankenden, wogenden Gang, so daß bei jedem Schritt der Schenkelkopf auf und nieder zu gleiten schien. Die Eltern wollten die Meinung eines berühmten Arztes hören, und ich selbst begab mich mit dem Kinde nach Berlin zu Langenbeck. Auf den ersten Blick erklärte L. die Krankheit für eine Luxatio congenita. Meine Einwände dagegen, namentlich, daß der Schenkelkopf in der Gegend der Pfanne, aber nirgend anders zu finden sei, daß er beim Gehen die Stelle nicht verlasse, daß die Verkürzung von 1 Centimeter nicht der Luxation entsprechend sei, daß die passive Bewegung des Schen- kels nichts Abnormes biete, keine Einwärtsrollung da sei u. s. w., ließ Langenbeck nicht gelten, sich darauf stützend, daß bei Zuzatio congenita der Schenkelkopf rudimentär sei, und alle diese Erschei- nungen nicht noihwendig vorhanden sein müssen. Die Behandlung erschien auch ihm nutzlos, indeß könne der Versuch einer konsequenten Ausdehnung gemacht werden. Dieselbe wurde nun auf beson- deren Wunsch der Eltern durch mehrere Monate vorgenommen. Da machte eine heftige Meningitis dem Leben des Kindes ein Ende. Die Sektion bestätigte unsere erste Anschauung, daß von einer Luxation auch nicht entfernt die Rede war. Der Schenkelkopf war in der Pfanne und diese selbst vollständig an ihrem Platze. Nur war dieselbe flacher als gewöhnlich, der hintere und obere Rand derselben bedeutend kleiner und weniger hervorspringend, als an der anderen Seite, so daß der Kopf innerhalb der Pfanne, in dieser selbst ein größeres Planum, also einen größeren Spielraum fand, nothwendig also beweglicher war. Der Schenkeikopf selbst ist kleiner als der rechte, sein Knorpelüberzug bedeutend geringer und dünner als der des andern; der Hals ist kürzer als der rechte und steht in einem mehr rechten 160 Winkel zum Schafte als der letztere; während dieser, im stumpfen Winkel, fast im Kreisabschnitt auf- wärts strebend, in seiner Längsaxe der Längsaxe des Schenkels sich nähert, scheint der linke kürzere, mehr von dem Schaft abspringend, schon darum keine fesie Stütze sein zu können. In der Struktur der Knochen äußerlich keine Dilferenz. Die mikroskopische Untersuchung des Präparats aber, so wie überhaupt die weitere Verfolgung des Gegenstandes behalte ich mir für eine größere Arbeit vor. Leider konnten wir das Becken des Kindes nicht erlangen. Wenn ich eine Vermuthung aussprechen soll über die Natur des Leidens, so scheint am nächsten die Annahme eines osieomalazischen Prozesses im zariesten Kindesalter und in Folge dessen Atrophie bis zu einem gewissen Grade zu sein, welcher vollkommen nnbemerkt verlaufen und selbstständig zur relativen Heilung gelangen kann, natürlich aber den Knochen durch seine Nachgiebigkeit sinken lassen wird, so daß gleich bei den ersten Gehübungen die schwankende Bewegung auftritt. Im Augenblick glaube ich ein Kind von 10 Monaten zu beobachten, wo sich derselbe Zustand entwickelt. Ich hoffe, die Beobachtung an demselben fort- führen zu können. Was ich also oben als Ursache der Skoliose angeführt habe, ist streng genommen ein besonderer Krankheitszustand, zu dessen Sympiomen resp. Foigen die Skoliose gehört, und wenn ich umgekehrt in meiner Mittheilung verfahren bin, so geschah es nur, um den Weg zu zeigen, auf welchem wir zur Erkenniniß des Zusiandes gekommen sind. Daß die Verkürzung oft gar nicht beim Gehen be- merkt wird, ist erklärlich, da sie, an sich unbedeutend, durch die bekannte Geschicklichkeit, das Becken bei der Bewegung des Schenkels zu benutzen, ofi aufgehoben wird; eben so habe ich aber auch Fälle gesehen, wo das Gehen außerordentlich auffallend, die Untersuchung aber immer eine nur ganz geringe Differenz zeigte. Ich habe seit jener Zeit eine ziemlich große Anzahl solcher Kinder untersucht, da die Fälle gar nicht selten sind. Ich habe sie zur Untersuchung erhalten als Skoliose, wo als Veran- lassung die Schenkelverkürzung in der beschriebenen Weise auftrat, bis zur sogenannten Coxarthrocace, wo die Kinder, nur auf die Zehen des Fußes auftretend, ganz das Bild einer abgelaufenen Coxitis boten, niemals etwas davon gezeigt hatten und bei genauer Untersuchung auch die charakterisiischen Symptome derselben vermissen ließen. Es scheint, daß ein großer Theil der bis jetzt unter dem Namen der Zu- xatio congenita zusammengefaßten Fälle zu diesen von mir erwähnten gehört. Bei den Schriftstellern findet sich Nichts darüber; nur Lorinser erwähnt in einem Falle der Querstellung des Schenkelhalses, und Pravaz scheint zweifelhaft, ob alle zu der Luxatio congenita gerechneten Fälle dazu gehören. Ich bin weit entfernt, den von mir hier berührten Gegenstand auch nur annähernd in seinen einzelnen Linien für eruiri, geschweige denn für erschöpft zu halten. Das Ganze hier soll eben nur eine Skizze, eine Andeutung, und schließlich Nichts als die Bitte an die Kollegen sein, diesem Verhalten des Hüftgelenkes ein aufmerksames Auge sowohl am Lebenden zuzuwenden, als namentlich auch bei Sektionen besonders auf diesen Umstand achten zu wollen, weil er vielleicht auf dem weiten Gebiet der Hüftgelenkkrankheiten ein neues Sichtungs-Moment abgeben könnte. Am prägnantesten waren die Fälle, wo der oben beregte Zustand an beiden Schenkeln vorkam, Hier hörte die Verkürzung auf, da beide Schenkel denselben Bedingungen unterworfen waren, aber der watschelnde Gang und die außerordentlich große passive Beweglichkeit der Oberschenkel blieb. Am schärfsten konnte man die Fälle unterscheiden, wenn man sie direkt mit unzweifelhaften Fällen veralteter oder wirklicher Zuxatio eongenita verglich. 161 Zehnte Sitzung. Herr Sanitätsrath Dr. Grätzer erstattet seinen Bericht: Ueber die öffentliche Armen-Krankenpflege Breslau’s im Jahre 1856. Auch diesmal, wo die Ergebnisse unserer provinzial-hauptstädtischen Armenkrankenpflege aus dem Jahre 1856 den Gegenstand meines Berichtes ausmachen, habe ich Ihnen, meine Herren, leider wenig Erfreuliches zu berichten. Ich kann einerseits, um mir die Treue in meinen Mittheilungen zu wahren, die Bemerkung nicht unterdrücken, daß unsere öffentlichen Armen-Krankenanstalten im letzten Jahre äußerst geringe Fortschritte gemacht haben und noch recht empfindliche Mängel aufweisen, die, obwohl nicht unbemerkt, noch immer die so dringend wünschenswerthe Abhilfe erwarten. Andererseits ist das Jahr 1856 weder den Armen insbesondere, noch überhaupt den Gesunden besonders günstig gewesen. Noch wirkte die Theuerung nach, und hatte, wie natürlich, eine Verschlechterung der Lebensmittel im Gefolge. Von einer Menge schwerer nur epidemisch auftretender Krankheiten wurde zumal die arme städtische Bevölkerung heimgesucht, und eine, nur ein paar Sommermonate lang unterbrochene Typhus- epidemie stellte leider ein so starkes Kontingent, daß unser größtes städtisches Krankenhaus fast be- ständig ganz gefüllt war. Dasselbe, das Allerheiligen-Hospital, war glücklicherweise wenigstens zum Theil bereits im Stande, einem erhöhten Anspruche Genüge zu leisten. Sie wollen sich des Erweiterungsplanes erinnern, den ich in meinem vorjährigen Bericht die Ehre hatte Ihnen mitzutheilen. In der Hauptsache, nämlich in allen Theilen außer dem Wasch- und Leichenhause, war derselbe bereits ausgeführt, und von Anfang des Sommers an standen daher größere und passend eingerichtete Räume daselbst zur Verfügung, so daß dem dringenden Bedürfnisse, das mit der steigenden Typhus- und Pockenepidemie beim Eintritt des Winters stärker wurde, einigermaßen Rechnung getragen werden konnte. Insbesondere. wurde dies dadurch möglich, daß die nach dem ursprünglichen Plane für die Gefangenen-Krankenanstalt bestimmte nördliche Hälfte des Kontagienhauses den allgemeinen Hospitalzwecken gewidmet werden konnte, da die Gefangenen-Kranken überhaupt aus dem Hospital in die Friedrichsthor-Kasematte übersiedelt wor- den waren und. übrigens nicht wieder dahin zurückkehren sollen. Es ist nämlich im Werke, die Ge- fangenen-Krankenanstalt vom Allerheiligen-Hospital gesondert, dauernd in der genannten Kasematte einzurichten. Hierbei mag ich nicht übergehen, worauf ich an anderer Stelle noch einmal zurückkomme, daß das Nothjahr 1856, ein wie schweres es auch in Wahrheit für die Anstalt gewesen sein mag, für sie insofern von segensreichem Erfolg begleitet gewesen ist, als es Bedürfnisse so unabweislicher Art er- zeugte, daß zu ihrer Befriedigung unverzügliche Maßregeln in’s Werk gesetzt werden mußten und auch wurden. Dies vorläufig nebenher, denn um der von mir angenommenen Weise der Berichterstattung auch diesmal treu zu bleiben, lassen Sie mich nun mit den Mittheilungen der Zahlenergebnisse in den einzelnen Kranken-Anstalten beginnen. -3) Hospital Allerheiligen. fe Darin wurden verpflegt im Jahre 1856: keußere Kranke. sr u. ae ae RR a 1579 Innere, Kranke, su yet sah a Fu 5664 Von diesen starben 372. 162 Die Zahl der Verpflegten ist die größte, die das Hospital je innerhalb eines Jahres in seinen Räumen aufzuweisen hatte, und übertrifft speziell die des Vorjahres um 981. Außerdem erhielten 572 ab- und zugehende meist chirurgische Kranke in der Anstalt Rath und Verband. ; Die Mortalität stellte sich bedeutend günstiger als im Vorjahre und zwar 1: 8597; und wenn man noch insbesondere berücksichtigt, daß der Typhus im Hospital allein 270, also ziemlich viele Opfer gefordert hat, so ist die Gesammt-Mortalität so günstig, wie sie die Anstalt in den glücklichsten Jah- ren nicht aufzuweisen hatte. Dieses Ergebniß ist nächst allem Anderen auch ein beachtenswerthes, rühmliches Zeugniß für die sorgfältige Thätigkeit der Hospital-Verwaltung und den erfolgreichen Eifer der Anstaltsärzte, die unter den durch die Epidemie verdoppelten Anforderungen, wie es scheint, ihre Ausdauer und Hingebung vervielfacht haben. Dem ökonomischen Verwaltungsberichte entnehmen wir, daß im Allerheiligen-Hospital im Durchschnitt täglich 483127 Kranke verpflegt wurden, von denen jeder 232548 Tage im Hospitale blieb. Die Be- köstigung der Kranken und des Gesindes erforderte einen Aufwand von 25,778 Rthlr. 1 Sgr. 6 Pf., so daß sich der Kostenpreis, auf die konsumirten 210,360 Speiseportionen (von denen 39,485 für das Gesinde, und 176,905 für Kranke) repartirt, auf 3 Sgr. SPf. für die einzelne Portion berechnet. Das ganze Ausgabebudget für 1856 betrug 62,677 Rihlr. 19 Sgr. 6 Pf. und es hat also in durchschnitt- licher Rechnung ein Kranker täglich 10 Sgr. 7 Pf., für die Dauer seiner Verpflegung aber 8 Rthlr. 9 Sgr. 33543 Pf. gekostet; Ergebnisse, die von denen des Vorjahres wenig abweichen. 2) Das Barmherzigen Brüder-Hospital verpflegte 1997 Kranke, also 219 weniger als im Jahre 1855. Es starben 135, mithin Mortalität 1:15-3;5. Außer den stabilen Kranken erhielien 3112 chirurgische Verbände, ärztlichen Rath und _ Medikamente, und die Zahl der Zahnoperationen betrug 9570. Jeder in der Anstalt verpflegte Kranke weilte daselbst durchschnittlich 2612 Tage, und auf jeden Tag kamen 732 Kranke. 3) Das Elisabethinerinnen-Hospital nahm im Jahre 1856 auf zur Verpflegung 1455, also 214 Kranke weniger als im Vorjahr. Es star- ben hiervon 105, mithin Mortalität 1:13. Es waren im Durchschnitt täglich vorhanden im Hospitale 99 Kranke, und der Einzelne wurde im Durchschnitt 25 Tage verpflegt. Die Zahl der ab- und zugehenden Kranken, welche ärztliche Hilfe und Arznei erhielten, betrug 724. 4) Die Filiale der Elisabethinerinnen (Domstraße Nr. 8 gelegen) verpflegte 116 Kranke, von denen 12 starben. Mortalität 1: 92. 5) Das Diakonissen-Krankenhaus Bethanien nahm 532 Kranke auf, darunter auf der seit dem 15. Oktober zur Benutzung gelangten Männerab- theilung 16. Im Ganzen also 115 weniger als im vorigen Jahre.‘ Gestorben sind 34, Mortalität 1:153%2. Der Anstalt fiel in diesem Jahre eine ziemlich ansehnliche Erbschaft zu; dieselbe, welche 17,558 Rthlr. 8 Sgr. 5 Pf. beträgt und von dem verstorbenen Lieutenant Reinhard herrührt, dürfte das Institut zu erhöhten Leistungen befähigen. 163 6) Das Augusten-Hospital für Kinder verpflegte in der Anstalt selbst 150 kranke Kinder, von denen 20 starben. Mortalität 1: 71. 7) Das israelitische Fränkel'sche Hospital hatte in Behandlung 221 Kranke. Davon sind gestorben 9. -Mortalität 1: 243. 8) Das königliche Hebammen-Institut. 107 Schwangere. 105 Gebärende. 106 Kinder wurden geboren. Von diesen starben: Im Ganzen 5 mithin Mortalität 1: 634. 9) Die Gefangenen - Kranken - Anstalten. a) Die städtische (für Polizei- und Arbeitshaus-Gefangene), jetzt in der Friedrichsthor-Kasematte untergebracht, verpflegte 1775 Kranke, von denen 85 gestorben sind. Der Kranke verweilte 141% Tage in der Anstalt, kostete pro Tag 7 Sgr. 104 Pf. und während seiner Verpflegungszeit 3 Rthlr. 26 Sgr. 81 Pf. Die Mortalität betrug 1: 2138. b) Die Königliche (im neuen Siadigerichts-Gebäude) nahm auf 1675 Kranke, von denen 65 starben, so daß die Mortalität sich auf 1: 262; stellt. c) Die Filiale der letzteren (im ehemaligen Inquisitoriats-Gebäude, Schweidnitzerstraße) verpflegte 583 Kranke, von denen 56 gestorben sind, so daß die Mortalität 1: 1033 war. Dieses ungünstige Sterblichkeits-Verhältniß in der letztgenannten Anstalt erklärt sich daraus, daß dieselbe ausschließlich Zuchthaus-Gefangene in sich birgt, welche eine lange Haft zu erdulden haben. Ihre Bevölkerung besteht daher mit mehr als zwei Drittheilen aus alten, abgelebten, gebrechlichen, durch Haft und Krankheiten heruntergekommenen Individuen, so daß das schwächste Auftreten irgend welcher epidemischen Krankheit schon stärker tödtlich wirkt, als in anderen Kranken-Anstalten. 40) Die geburtshilfliche Klinik behandelte a)» Unschwangere ‚Kranke ;... .....1reuneen.: DEN BJ 1 ba, Schwangere Kranker... 200 enelir 15 ©) Gebärender.. © msn Rn ne 1859 dyE Kinder ..5,. 2 Bono o a are a RT 193 e) Kranke Wöchnerinnen, die bereits als solche aufgenommen Wurdenwa. 0%. at ee Me re er. esfenen 1) Von diesen starben: 21° 164 Transport 23 Todtigeboren ............ 10 ad Er. ei nniahten: 0 Summa 33 Mortalität 1: 19.4z- 11) Die Heilanstalt für Augenkranke (Kirchstrasse 7). In der Anstalt wurden aufgenommen 118; davon waren 13 aus Breslau. Die Operation des grauen Staares wurde 29 mal (24 mal mit dem besten Erfolge) und die der künstlichen Pupillenbildung 28 mal (20 mal mit sehr gutem Erfolge) ausgeführt. Die Leistungen der Hausarmen-Krankenpflege waren während des Jahres 1856 gleichfalls umfangreichere als im Vorjahr. Es wurden nämlich in derselben behandelt: 4) In der städtischen Hausarmen-Krankenpflege und zwar durch 14 Bezirks-Armenärzte 11,285 Kranke, also 733 mehr als 1855 und überhaupt mehr als je zuvor in Breslau. Von diesen sind: Greneseni. en ee ee 8961 Ungeheilt entlassen“... 2.0. nn al 332 Gestorben (at. ea u Le 747 In Krankenhäuser gebracht. ................. 780 Aus der Kur weggeblieben ................. 223 Noch!in'*Behandlunge m ey ee 242 11285 Die Mortalität in der Armen-Krankenpflege war eine geringe, da sie sich auf 1: 15,1 stellte. Der einzelne Kranke kostete, bei einem Totalaufwande von 8158 Rihlr. — Sgr. 6 Pf., nämlich: für) Medikamenten 4. ua se 6185 Rihlr. 26 Sgr. — Pf. Honorar für Aerzte !............ 1180... wa, Honorar für Wundärzie ........... 3 u 47. für Brunnen und Molken hier ...... DORT De für russische Dampfbäder ......... rer für. Brillens® . „1. apaaa2 Seal an ange Be ne für Bruchbänder und Bandagen ...... 156874,028@ ), ons für Entbindung armer Wöchnerinnen. 40 , DIN für Badereiseunterstützungen ....... 116.485 93 505 8158 Rthir. — Sgr. 6 Pf. im Ganzen 21 Sgr. 84 Pf.; an Medikamenten 16 Sgr. 54 Pf. Die vermehrte Krankenzahl rührt von der Typhusepidemie her, die auch das große städtische Hospital übervölkerte. 165 2) Die Tharould-Biacha’sche Fundation verpflegte 2000 Kranke, von denen 53 starben, so daß sich die Mortalität auf 1: 37232 stellte. 3) Bas Hausarmen-Medizinal-Institut behandelte 505 Kranke, von denen 40 starben. Mortalität 1: 123. 4) Die israelitische Hausarmen-Krankenpflege verpflegte 698, davon sind gestorben 55. Mortalität 1: 122%. 9) Das 6. D. Kub'sche Hausarmen-Kranken-Instiiut behandelte 311 Kranke, von diesen sind gestorben 7. Mortalität 1: 448. ; 6) bie medizinische Poliklinik verpflegte 853 Kranke, von denen 37 starben. Mortalität 1 : 23%. 7) Bie chirurgische Poliklinik behandelte 1172 Individuen, unter ihnen 344 Augenkranke. 8) Bie gehurtshiltliche Poliklinik verpflegte 722 Individuen, und zwar: 44 unschwangere Kranke, davon starben............ 1 NARSchwangerefi RE NERILEN ON SE ne 0 231 Gebärende ........ BRUNNEN 2 LO E EA ve 7 2349 Neugeborenerr. Hu. Na aaits enge 78 1SA4 kranke Kinder... 20.00 un ..20 Vipkranke Wöchnerinnen 3.3.0.4 2.2 .2escechlee 2 722 mit 108 Todten. Mortalität 4: 655. $) Die ambulaterische Kinderheilanstalt verpflegte 90 Kranke, von denen 5 starben. Mortalität 1: 45. 19) Der schlesische Verein zur Heilung armer Augenkranken verpfiegie 1078 Personen, welche ambulatorisch die Heilanstali besuchten, und zwar davon 309 er- wachsene männliche, 394 weibliche Augenkranke und 329 Kinder. 831 gehörten der Stadt Breslau, 365 der Provinz, tt) Von den Frivat-Vereinen 2000 Kranke, und zwar die bedeutendsten: a) Der Sterbe- und Krankheits-Kassenverein „zur Eintracht“ ; mit 1760 Mitgliedern. Von diesen ließen sich durch den Vereinsarzi, Sanitätsrath Dr. Springer behan- deln 484. Davon sind genesen 469, gestorben 21. Mortalität 1: 25. b) Der Gesundheits-Pflegeverein, dem 935 Mitglieder mit 3778 Personen angehören; es erkrankten 3051 Individuen (675 Männer, 1026 Frauen und 1596 Kinder); es starben 53, mithin war die Mortalität 1 : 3953. Der Kranke ko- stete 24. Sgr. 54 Pf. (mehr als sonst). *) Dieselbe wurde von dem Privatdozenten Dr. Pau) im vorigen Jahre errichtet und ist mit dem unter Leitnng desselben Arztes stehenden Augusten-Kinderhospitale verbunden, auf unser städtisches Allerheiligen-Hospital. 166 Gesammt - Vebersicht über die Wirksamkeit der 23 Institute im Jahre 1856. 1) Die städtischen Institute. re Das Allerheiligen-Hospital "0. am wa eaer 7543 872 Die Kommunal-Haus-Armenkrankenpflege mit 14 Bezirks- ÄAerziene: me AR EA OR RER, NS N 11285 747 188525 1619 2) In den nicht städtischen Instituten. Das Barmherzigen Brüder-Hospital................. 1997 133 Das Elisabethiner-Hospital. ..................%..... 1435 105 Die Filiale des Elisabethiner-Hospitais.............. 116 12 Das Diakonissen-Krankenhaus Bethanien.. .......... 532 34 Das Aususten-Hospital.. 2.2... ..... ran 230 150 20 Das Fränkel’sche Israeliten-Hospital ................ 221 9 Das königliche Hebammen-Institut ................. 318 B) Die Gefangenen-Krankenanstalt .................... 1773 83 Das Gefängniß-Lazareth mit der Filiale ............. 2256 121 Die !weburtshilfliche Klinik... . .. 2... .......... 436 BR) Die Heil-Anstalt für Augenkranke ................ 118 —_ Die Tharould-Blacha’sche Fundation .......... ..... 2000 | 53 Das Hausarmen-Medizinal-Institut .................. 505 40 Die israelitische Hausarmen-Krankenpflege........... 698 55 Das C. D. Kuh’sche Hausarmen-Kranken-Institut ...... sil 7 Die "medizinische Poliklinik 2. u en 2 859 97 Die, chmrurgische Bohkhnikerı..n. 000 ee 1172 — Die geburtshilfliche Poliklinik ...........-......... 722 105 Die ambulatorische Kinder-Heilanstalt............... 90 5 Der schlesische Verein für arme Augenkranke ....... 1078 — Die Privatvereine,... 2 num ante ae. oe. a 2000 — 18781 560 Mit den Obigen 15528 1619 37609 | 2479 Das Mortalitätsverhältniö war in den städtischen Instituten 1: 12 1: 16833, im Ganzen 1: 131912 2479' 1019 16199 in den nicht städtischen Von dieser wiederum so auffällig vergrößerten Zahl von Armenkranken fiel der wesentlichste Theil In dieser Anstalt, welche schon im Vorjahre 1035 Indi- 167 viduen mehr als im Jahre 1854 aufgenommen, steigerte sich diesmal die Zahl durch den Typhus wie- derum um eine ähnliche Summe. Es ist hier nicht der Ort, die rein wissenschaftlich-medizinische Seite des diesjährigen exanthematischen Typhus zu beschreiben, eine Arbeit, welche füglich den betreffenden Hospital-Aerzten überlassen bleiben muß, *) und nur soweit die Epidemie die Verwaltung angeht, wird dieser Bericht einige Notizen davon nehmen. Zwar fehlen mir erschöpfende Mittheilungen darüber, aber so viel ich aus benutzten Kollektaneen entnehme, war der Typhus die größte Epidemie, von welcher Breslau seit dem Kriegsjahre 1813 heimgesucht worden ist. Selbst keine der Cholera-Epi- demien, nicht einmal die größte derselben, die von 1849, hat so viele Individuen ergriffen. Diese letztere lieferte die Zahl 5321 mit freilich 2446 Todten. Dagegen finden wir in diesem Jahre allein in un- serem städtischen Allerheiligen-Hospitale nach dem Journale der zweiten inneren Abtheilung (welche der verstorbene Professor Dr. Nega leitete) 1423 Typhuskranke mit 191 Todten verzeichnet; hierzu die Typhuskranken der ersten Abtheilung, ferner die von den Bezirks- Armenärzten behandelten 677 Typhuskranken (sie hatten 979 aufgenommen, aber 302 in die Krankenhäuser translocirt), die im Po- lizeigefängniß behandelten 168, bei Bethanien 97, in dem Barmherzigen-Brüderhospitale 270, bei den Elisabethinerinnen 53, im Augusten-Hospitale 21, im Israeliten-Hospitale 14, im Kriminal-Gefängniß- Lazareth 121 u. s. w.; so daß mit Hinzurechnung der übrigen nicht städtischen öffentlichen, besonders ambulatorischen Armeninstitute allein schon die Zahi der Cholerakranken aus dem Jahre 1849 erreicht wird. Als Superplus bleiben aber dann noch die vielen privaten Kranken, welche von 160 Aerzten im vorigen Jahre in hiesiger Stadt an dem überall verbreiteten Typhus gepfiegt wurden, und man kann leider die Zahl von S000 bis 9000 Typhuskranken für das Jahr 1856 gewiß nicht als zu hoch ge- griffen ansehen. Auch darin hat dieser Typhus mit dem von 1813 einige Aehnlichkeit und unterscheidet sich dadurch auch gleichzeitig wesentlich von der Cholera, daß an ihm mehr Aerzte erkrankten; raffte er ja sogar von diesen sieben als Beute hinweg. Was, abgesehen hiervon, die Mortalität dieser Epidemie anlangt, ist sie, so weit sie sich aus den Resultaten unseres Hospitals und der übrigen genannten öffentlichen Kranken-Institute beurtheilen läßt, — Dank einer gereifteren Anschauung über das Wesen des Typhus und der vorgeschrittenen Therapie — glücklicherweise eine bei weitem günstigere und natürlich mit jener der Cholera nicht im Entferntesten zu vergleichende. In der zweiten inneren Hospital- Abtheilung, wo zu gewissen Zeiten fast nur Typhuskranke lagen und, wie oben erwähnt, 1423 daran Erkrankte verpflegt wurden, starben 191, also 13,99. Dieses Verhältniß der Mortalität von 1 : 7% ist aber kein viel ungünstigeres, als das Sterblichkeits-Verhältniß im Hospitale vom Jahre 1856, das 1: 8% beitrug. Aehnlich verhielt es sich auch in der Gefangenen-Krankenanstalt und in der Hausarmen-Krankenpflege. Ich kann nicht darüber hinweggehen ohne speziell der Verluste zu gedenken, welche unser großes städtisches Krankenhaus als solches in den Reihen seiner gewissenhaften Beamten und tüchtigen Aerzte durch den Typhus des Jahres 1856 erlitten hat. In dieser Beziehung nenne ich Ihnen vor Allen den Professor Dr. Nega, Oberarzt der zweiten Abtheilung, den ein früher und jäher Tod mitten aus seinem segensreichen Wirken herausriß. Es starben außerdem der Hospital-Inspektor Volsburg, der Geschwo- rene Frommer und von 78 an Typhus erkrankten Wärterinnen li. Mit solchen Opfern bezahlte das Hospital zu Allerheiligen den kontagiösen Charakter des Typhus. [2 *) Während des Druckes dieses Berichtes ist eine solche auch von dem Direktor der Anstalt, Ebers, erschienen unter dem Titel: „Die Epidemie des exanthematischen Typhus in Breslau in den Jahren 1856 bis Mitte 1857.“ Sepa- ratabdruck aus der Günsburg’schen Zeitschrift für klirische Medizin, Jahrg. IX.; Heft 1 und 2. 163 Um die Epidemie in ihrem temporären Verlauf zu verfolgen, so ist zu bemerken, daß bald nach dem Erlöschen der Cholera (14. Oktober 1855) auch bereits sporadisch einzelne Typhusfälle bekannt wurden. Bösartig wurde die Epidemie erst gegen Ende des Jahres 1855 wahrgenommen, und der Januar 1856 stellt bereits ein Kontingent von 114, der Februar von 169, der März von 184, der April von 152, der Mai von 39» Typhuskranken zum Hospital. In dem darauf folgenden Zeitabschnitt von Juni bis August wird die Abnahme des Typhus in der von 96 bis 48 fallenden Zilfer bemerkbar; darauf aber irat die Epidemie im September wieder in’s Steigen: die Krankenzahl erreichte 118 und erhielt sich auf dieser Höhe auch noch in den beiden ersten Monaten des folgenden Jahres. Erst mit Pfingsten 1557, also nach etwa 20 monatlicher Dauer, war die exanihematische Typhusepidemie hier als erlo- schen zu betrachten. Dieser an der Krankenanstali des Allerheiligen-Hospitals beobachtete Verlauf erfährt durch die ofüziellen Berichte der Staltarmen- Aerzte seine Bestätigung; von 11,285 Kranken bot das erste Vierteljahr 987, das zweite 923, das dritie 123, das vierte 142 Typhusfälle. » In örtlicher Beziehung sielli sich die Beobachtung dar, daß unter den innerstädtischen armenärzt- lichen Bezirken der 3., 5. und 7. (Hummerei-, Franziskaner-, Bernhardin-, Vincenz-, Ursuliner- und Schlachthof-Bezirk) die am meisten heimgesuchten Stätten der Epidemie waren und auch konsequent das zahlreichste Kontingent Typhuskranker der Stadtarmen-Krankenpflege überantworteten. Unter den vorstädtischen Bezirken waren der Hinterdom- und die beiden Rosenbezirke außer Verhältniß stark von der Epidemie ergriffen, und aus dem letzteren allein kamen 228, aus dem Eilftausend-Jungfrauen-Be- zirke 136, aus dem Dreilinden-Bezirk 95 Typhuskranke in’s Allerheiligen-Hospital. Eine andere Bemerkung in Bezug auf das lokale Erscheinen der Epidemie gestatten Sie mir daran zu knüpfen, daß es durchaus nicht die an den Ufern des Ohlauflusses gelegenen Stadtbereiche waren, wo der Typhus besonders stark aufgetreten ist, und auch nicht in den Gegenden nächst der Oder hat sich dies wahrnehmen lassen. Außer dem Hause Nr. 20 der Kirchstrasse (dem sogenannten Bethke’schen Hause), aus welchem allein 51 Typhuskranke zum Allerheiligen-Hospitale gebracht wurden, ohne daß die dem Hause benachbarten Wohngebäude davon heftig berührt worden sind, scheint das Haus Nr. 17 der Rosengasse der spezifische Pestherd gewesen zu sein. Es kamen von dort nicht blos die relativ meisten Typhuskranken zum städtischen Hospital, sondern es wurden auch die nächst gelegenen Häu- ser, zumal Nr. 10 und Nr. 12, am stärksten mitergriffen. Gewiß ist, daß in dieser Straße die Krank- heit einen heftigen kontagiösen Charakter hatte, und wenn ich auch der von hochachtbarer Seite aus- gesprochenen Behauptung, daß der Typhus gerade von hier aus seine Verbreitung über die ganze Provinz Schlesien gefunden habe, beizustimmen nicht geneigt bin, so möchte ich doch den in der Ro- sengasse vorhandenen Wohnungen, welche denen der englischen Common lodging-houses leider sehr ähnlich sind, die Verantwortlichkeit dafür aufbürden, der letzten wie jeder Epidemie einen frucht- und furchtbaren Nahrungssioff gegeben zu haben. An diesen Bemerkungen über die Typhusepidemie Breslau’s im Jahre 1556 muß ich mir genügen lassen, um den Standpunkt und die Tendenz meiner statistisch beobachtenden Darstellung nicht zu ver- rücken. ; Dem Typhus zunächst waren die Blattern in Form von Wariolois oder mehr noch von Variola diejenige kontagiöse Krankheit, welche in dem Zeitraum des Jahres 18556 die verhältnißmäßig meisten Individuen ergriff. Mein statistisches Material hierüber ist gleichfalls nur auf das Allerheiligen-Hospital beschränkt. Dieses nahm in die unter dem Primärarzt Dr. Schneider stehende Abtheilung=489 Pocken- kranke auf, von denen 35 starben. Bei den polizeilich angemeldeten 888 Pockenkranken nahm in 108 Fällen die Krankheit einen tödtlichen Verlauf, und man darf, der Analogie folgend, annehmen, daß die Blattern keinen wesentlichen Einfluß auf die Breslauer Sterblichkeits-Verhältnisse des Jahres 1856 ausübten, 169 Von dem, was im Jahre 1556 zur Vervollkommnung der öffentlichen Krankenhäuser unserer Stadt geschehen ist, habe ich nicht viel mehr zu sagen, als daß dessen wenig Erwähnenswerthes ins Werk gesetzt wurde. Nur zweier neuer Einrichtungen am Hospital Allerheiligen habe ich besonders zu ge- denken. Zuerst der Einführung eines Prosektorais, wofür das Bedürfniß allerdings bereits ein recht dringendes geworden war. Bis dahin nämlich wurden die Sektionen nicht nach einem einheitlichen und rationellen Plane von den einzelnen Assistenzärzten ausgeführt, sondern es ging Alles einen alther- gebrachten Gang. Da wurde kein Leichenjournal geführt, kein Sektionsbericht erstattet, das nothdürftig brauchbare Leichenhaus und Sektionslokal wurde nicht einmal so gehalten, als es wünschenswerth ge- wesen wäre. Diesen Uebelständen abzuhelfen und gleichzeitig den Weg zu ebnen, damit das in der Anstalt dargebotene reiche Material für das Studium der pathologischen Anatomie möglichst nutzbar gemacht werde, ist die neue Einrichtung des Prosektorats bestimmt, welche glücklicher Weise in die leitende Hand unseres zeitigen Sekretärs gelegt ist. Von dem Professor und Primärarzt Dr. Rühle als Prosektor ist jedenfalls zu erwarten, daß die Tendenz der neuen Einrichtung in umfassendster Weise erreicht wird, und ich kann Ihnen deren Charakter nicht anschaulicher vorführen, als indem ich Ihnen die Bestimmungen der Instruktion für das Prosektorat hervorhebe. Instruktion für den Prosektor des Kranken - Hospitals zu Allerheiligen. sl. Der Prosektor ist dem dirigirenden Arzt untergeordnet. S 2. Der Prosektor übernimmt die Verpflichtung, alle Leichenöffnungen im Hospitale zu vollziehen. 62 Ausgeschlossen hiervon sind diejenigen Sektionen, welche die Primär-Aerzte an den auf ihren Abtheilungen von ihnen behandelten und gestorbenen Kranken selbstständig vornehmen wollen. s4. Der Prosektor verrichtet die Leichenöffnungen in einer nach allgemeiner Uebereinkunft der Hospi- tal-Aerzte festgesetzten (in der Regel Vormittags-) Stunde. Ss». Er giebt den Leichenbefund zu Protokoll und sorgt für die Führung eines Sektions - Protokoll- Buches, welches für alle Zeiten Eigenthum des Hospitals bleibt und dem dirigirenden Arzte, den Primär- und den Assistenz-Aerzten stets zur Einsicht bereit liegt. $ 6. Er hat ie spezielle Aufsicht über das Inventarium des Leichenhauses und sorgt für die Instand- haltung der zu den Sektionen erforderlichen Instrumente und Geräthschaften. Sl. Er ist insonderheit dafür verantwortlich, daß die Leichenöffnung mit möglichster Schonung der Leichname und Berücksichtigung des öffentlichen Anstandes vollzogen werde. SS. Er hat darüber zu wachen, daß die mit der Reinigung und Abwartung des Leichenhauses beauf- tragten Hospitaldiener dieses Geschäft pünktlich und gewissenhaft besorgen, daß ferner in den Räumen des: Leichenhauses stets die möglichste Reinlichkeit und Sauberkeit gehalten werde. 22 170 s9. Er hat seine Aufmerksamkeit auch darauf zu richten, daß die Abholung der Verstorbenen aus den Krankenzimmern und die Uebertragung derselben nach der Leichenkammer mit Vermeidung unnützen Geräusches und Aufsehens, sowie mit dem gebührenden Anstande überhaupt und in vorschriftsmäßiger Weise geschehe. s$ 10. Der Prosektor hat auch darüber zu wachen, daß sämmtliche Leichen, welche für die Anatomie bestimmt sind, dorthin abgegeben werden. Breslau, den 6. Mai 1856. Die Direktion des Kranken-Hospitals zu. Allerheiligen. Die zweite neue Einrichtung am Allerheiligen-Hospital, welche die Chronik des Jahres 1856 ver- zeichnet, ist eine aus dem unmittelbarsten Bedürfniß hervorgegangene. Die Ueberfüllung des Hospitals im genannten Jahre, die vermehrte Arbeit‘ der Aerzte und die häufigen Erkrankungsfälle unter den Aerzten erzeugten das Verlangen nach Vermehrung der ärztlichen Kraft der Anstalt. Die Stadigemeinde vermochte indessen nicht sogleich dieses Verlangen durch neue Etatsüberschreitungen zu befriedigen, und eingedenk gewisser ähnlicher Einrichtungen an großen Anstalten in München, Wien, London und Paris machte ich den Vorschlag, jungen Aerzten, welche unmittelbar nach abgelegter Staatsprüfung noch Gelegenheit suchen, ihr Wissen und Können durch praktische Uebungen zu erweitern, die ärzt- liche Hilfsarbeiterschaft im Hospital, als freiwilligen Co-Assistenzärzten, zu gestatten. Man weiß, welch außerordentlich reichhaltiges und werthvolles Material für diese Bildungszwecke das Hospital’ bietet, und es konnte auch nicht zweifelhaft sein, daß die jungen Aerzte sich diese ihnen gebotene Gelegen- heit zu praktischen Uebungen nicht würden entgehen lassen. Die Hospital-Direktion genehmigte meinen Vorschlag, und derselbe hat in der folgenden Instruktion den letzten Ausdruck für seine praktische Wirksamkeit gefünden: Instruktion für die Co - Assistenz - Aerzte im Kranken-Hospital zu Allerheiligen. Die Direktion des Kranken-Hospitals zu Allerheiligen, in der Absicht, jungen Aerzten die Gele- genheit zu verschaffen, sich in der ärztlichen Praxis auszubilden und in einem großen Krankenhause Erfahrungen zu sammeln, um dem Lande und der Stadt Breslau tüchtige Aerzte vor- und auszubilden, eröffnet solchen jungen Aerzten, welche ihre Staats-Prüfungen wohl bestanden, die Gelegenheit hierzu unter folgenden Bedingungen. s 1. Die Aerzte, welche sich für diesen Zweck zu: bilden beabsichtigen, treten ohne Gehalt, als Volon- tairs auf ein Jahr in den Dienst des Hospitals. $ 2. Den bisherigen Assistenz-Aerzten sind sie zur Seite als Co-Assistenz-Aerzte gestellt. S 3. Als Co-Assistenz-Aerzte können Doktoren der Medizin und Chirurgie, welche in den Staats-Prü- fungen gut bestanden, aufgenommen werden. Sie werden von den Primair-Aerzten durch den dirigirenden‘ 171 Hospital-Arzt der Direktion präsentirt. Als Volontairs beziehen sie keinen Gehalt; sie werden aber während ihres Dienstes im Hospital besondere Zimmer erhalten, um sich dort: aufhalten zu können. SA. Ihre Anstellung ist auf Ein Jahr bestimmt, nach dessen Ablauf sie mit anderen zu ernennenden Co-Assistenien wechseln. Es steht in dem Willen der Direktion, diese Stellung auf noch Ein Jahr zu verlängern. SD. Es steht indessen aber auch beiden Theilen, der Direktion und den Co-Assistenten, frei, das Ver- ‚hältniß unter einem Jahre zu lösen; es bedarf aber hierzu einer vierwöchentlichen Vorher-Anzeige. $.6. Den Co-Assistenz-Aerzten liegen nachfolgende Verpflichtungen ob: a) täglich bei der Ordination — Morgens und Abends — sowohl der Primair-, als Assistenz- Aerzte gegenwärlig zu sein; b) die Aufträge, welche sie von diesen erhalten, gewissenhaft zu erfüllen und namentlich den Assistenz-Aerzten in allen betreffenden Fällen Hilfe zu leisten; c) den Leichenöffnungen ihrer Abtheilung beizuwohnen und hierüber das Protokoll zu führen; .d) bei der Aufnahme der Kranken und der Einweisung derselben auf die Zimmer zu assistiren. Sie werden für diesen Zweck nach bestimmter Stundenfolge im Bureau der Aufnahme ange- meldet sein, so zwar, daß jeder Co-Assistent für diese bestimmte Zeit verwendet werden kann; e) hiernach muß stets einer der Co-Assistenten im Hospital anwesend sein, um den Assistenz- Aerztien zu jeder Zeit, während der Präsenz derselben, an die Hand gehen zu können; f) dieselben können auch mit Vertheilen der sogenannten Haus-Arzeneien beauftragt werden. Sie müssen sich dann über die Zeit hierzu mit den Aerzten des Hauses und unter sich selbst eini- ‘ gen; hierbei übernehmen sie die Verpflichtung der sparsamen Verwendung und der näheren Aufsicht auf den Krankenstuben (cfr. Geschäftsordnung für die Assistenz-Aerzte $ 5 ad 6). Sr Im Falle der Erkrankung oder legalen Abwesenheit eines Assistenz-Arztes, hat dessen Co-Assistent den Dienst der betreffenden Station unter der Ober-Aufsicht des Primair-Arztes zu versehen. Ss 8. In diesem Falle übernimmt der Co-Assistent alle die Verpflichtungen, welche dem Assistenz-Arzte laut seiner Instruktion obliegen. Ueberhaupt haben sich die Co- Assistenz- Aerzte nach den Dienst- Instruktionen der Assistenz-Aerzte zu richten. $ 9. Wenn ein Co-Assistenz- Arzt ohne Bewilligung der Direktion drei Tage nach einander den ihm obliegenden Verpflichtungen nicht nachkommt, oder sonst gegen die ihm gegebenen Vorschriften fehlt, -oder die eingeführte Hausordnung verletzt, so wird derselbe nach vorausgegangener fruchtloser Ermah- nung aus der Reihe der: Co-Assistenten entlassen. Breslau, den 10. Mai 1858. Die Direktion des Kranken-Hospitals zu Allerheiligen. An diese Zahlenergebnisse habe ich noch, um die Bevölkerungs-, Gesundheits- und Sterblichkeits- Statistik der Stadt Breslau während des Jahres 1856 Ihnen als ein abgeschlossenes Bild vorzuführen, einige Bemerkungen zu knüpfen. 22" 172 Geboren wurden hier in dem Jahre 1856: 4326, gestorben sind 5131 Personen. Beide Zahlen zeigen, mit denen des Vorjahres verglichen, eine Besserung, die erstere eine Vermehrung um 234, die letztere eine Verminderung um 828. Immerhin bleibt das Resultat, was nicht zu leugnen ist, ein auf- fallend ungünstiges; denn es ergiebt, daß die Zahl der Todesfälle in einem Jahre die Zahl der Ge- burten um 805 überstiegen hat; eine Erscheinung, so anomal wie die des Vorjahres, und so ungünstig, wie sie vorher nicht vorgekommen ist. Die im Vergleich mit dem Jahre 1855 um 828 gerin- gere Todtenzahl des Jahres 1856 entspricht dem Kontingent von Todten, welche die Cholera in jenem Jahre von Breslau gefordert hatte, und nur insofern ließe sich von einem gebesserten Mortalitätsver- hältniß des Jahres 1856 sprechen, als man eine Steigerung der Einwohnerzahl annimmt. Mit erweis- licher Bestimmtheit zwar läßt sich die Höhe dieser Steigerung deshalb nicht behaupten, weil eine Zäh- lung der Einwohnerschaft während 1856 nicht stattgefunden hat, aber annähernd, nach dem Durch- schnitt der progressiven Zunahme der Bevölkerungsmenge veranschlagt, wird man die Vermehrung auf 2000 schätzen dürfen, so daß Breslau am Schluß des Jahres 1856 zwischen 123,000 und 124,000 Einwohner gezählt haben wird. Auf dieses Mehr von Einwohnern käme dann nach der Sterblichkeits- proportion in unserer Stadt eine Todtenzahl von 70 bis 80, und die Zahl der während 1856 weniger, als während 1855 Gestorbenen würde demgemäß ein eingeschränkt günstigeres Mortalitätsverhältniß bedeuten. Vertheilen wir die Todtenzahl von 5131 auf die Bevölkerungsmenge von 124,000, so stellt sich das Sterblichkeitsverhältniß auf 1:24, das heißt auf mehr als vier vom Hundert. Das Resultat ist, will man sich nicht absichtlich über seine Bedeutung täuschen, ein unbedingt ungünstiges. Ich halte es für um so schwieriger, die Frage nach dem Grunde dieser Erscheinung zu beantworten, als nament- lich beim Typhus und insbesondere auch durch die Statistik der Kranken-Anstalten nachgewiesen wor- den ist, daß der Prozenitheil der Sterblichkeit in der öffentlichen Krankenpflege kein größerer gewesen ist, als sonst, ja sogar hinter dem des Jahres 1854, das in dieser Beziehung die besten Ergebnisse auf- zuweisen hat, zurückgeblieben ist. Auch der Antheil der Sterblichkeit der Kinder in der allgemeinen Mortalität scheint mir auf das Ergebniß der letzteren nicht wesentlich nachtheilig eingewirkt zu haben. Zwar gestehe ich, die Zahl der gestorbenen Kinder nicht zu kennen, aber nachdem, was die Blätter andeutungsweise berichtet, und was die Aerzte in dieser Beziehung erfahren haben, so zeigte sich in der Kinderwelt keine unverhältnißmäßig größere Sterblichkeit. Daher bleibt mir nur übrig, zur Erklärung der dargestellten Resultate auf allgemeinere Ursachen zurückzugehen. Die Untersuchung in dieser Richtung aber führt zunächst auf die Theuerung der Le- bensmittel hin. Zwar hatte das Jahr 1856 eine gesegnete Ernte gebracht, aber ihre Wirkungen ver- mochten sich erst im letzten Trimester des Jahres geltend zu machen; die hohen Roggenpreise — 9 Rihlr. 2 Sgr. pro Scheffel — drückten während 9 Monaten des Jahres unsere städtische Bevölkerung und verkümmerten ihre Ernährung. Da ich diese Ursache der größeren Sterblichkeit während des Jahres 1856 als die einzig auffindbare zu bezeichnen vermag, so bin ich sehr geneigt, Bergius beizu- pflichten, welcher behauptet, *) ‚daß in den Jahren, wo die Cholera hier nicht vorkam, die Sterblich- keit hier überhaupt in entsprechendem Verhältniß mit den Roggenpreisen gewesen ist; bei den höchsten Preisen habe sie sich im Regierungsbezirk, wie auch in der Stadt Breslau am größten, bei den nie- drigsten Preisen am kleinsten gezeigt.“ Dieses Axiom hat im Jahre 1856 ganz unleugbar eine vollgil- ”) 33. Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterländische Kultur S. 214. 175 tige Unterstützung für seine Richtigkeit erhalten. Minder vertrauensvoll möchte ich die andere Ber- gius’sche Aufstellung hinzunehmen geneigt sein, daß in iheueren Jahren nicht nur die Sterblichkeit im Allgemeinen, sondern insbesondere auch die Sterblichkeit der Kinder unter Einem Jahre die unverhält- nißmäßig größte sei. Gerade die letztjährige Erfahrung in Breslau widerspricht dem ziemlich entschie- den. So viel nehmen wir aber in Bezug auf diesen Punkt als eine bezeichnende Wahrnehmung mit, daß in Breslau kaum die Cholera einen stärkeren Sterblichkeitsfaktor abgiebt, als hohe Lebensmittel- preise. Im Vergleich der letztjährigen Ergebnisse mit denen des Jahres 1855 weiter fortschreitend, be- merken wir auch bei den Armenkranken eine ins Gewicht fallende Steigerung von 1184 Kranken Be- deutsamer wird dieses Mehr von Armenkranken noch durch den Umstand, daß dasselbe ganz und noch um 531 darüber auf die Kommunal-Armenkrankenpfiege entfallen ist, welche also 1856 eine Ver- mehrung um 1714 Pfleglinge erlitten hat, während die nicht kommunale Armenkrankenpflege sogar eine Erleichterung um 531 erfuhr. Diese letztere Erscheinung möchte ich auf Rechnung der Theuerung setzen, welche den koniessionellen Krankenhäusern (Elisabethinerinnen-, Barmherzige Brüder-, Bethanien- und Fränkel’sches Hospital) eine Einschränkung in der Zahl der aufzunehmenden Kranken auferlegte. Was im Besonderen die Sierblichkeit innerhalb der Armenkrankenpflege anlangt, so zeigte sie sich in diesem Jahre in der nichtstädlischen Armenkrankenpflege ungünstiger, in der städtischen günstiger als im Vorjahre, dort 1: 16833 gegen 1: 18 des Vorjahres, hier 1: 121018 gegen 1: 10 des Vorjahres. An letzterem Ergebniß hat besonders die Hausarmen-Krankenpfiege einen großen Antheil, da sie zumal ein erfreuliches Resultat lieferte. Vergleichen wir endlich noch die Sterblichkeit innerhalb der Armenkrankenpflege mit der Sterb- lichkeit in Breslau während des Jahres 1856 überhaupt, d. h. setzen wir der Zahl der Todten Breslau’s (5151) die Zahl der in der Armenkrankenpflege Gestorbenen (2479) gegenüber, so hat die letztere an jener einen Prozent- Antheil von 484372, Dies aber ist das ungünstigste Resultat, das ich noch von Breslau, mit alleiniger Ausnahme des Jahres 1849, in welchem die Choleratodten 2446 betrugen und daher jeden Vergleich ausschließen, wahrzunehmen Gelegenheit hatte. Dieses Zahlenergebniß stellt die traurige Thatsache unwiderleglich fest, daß im Jahre 1856 schon je der zweite Todte in der stationären öffentlichen Krankenpflege gestorben ist; eine Thatsache, die für die Beurtheilung der Breslau’schen Wohlhabenheits-Verhältnisse gewürdigt zu werden verdient. Ich bin mit meinem Bericht zu Ende und danke Ihnen, meine Herren, daß Sie demselben mit Nach- sicht gefolgt sind. Ich verhehle mir nicht, wie wenig anregendes Interesse im Allgemeinen dieser Rap- port für den Zuhörer hat; die nackten Zahlen sind so wenig interessant, als die rohen Bausteine schön sind; erst die Konstruktion zu lebendigen Gedanken vermag anzusprechen. Hie und da habe ich es wohl versucht, diese Gedankenverbindung, zu welcher die statistische Beobachtung die Anhaltspunkte liefert, anzudeuten; sie auszuführen muß ich wieder einer größeren Schriftdarstellung nach Ablauf eines längeren Zeitabschnittes vorbehalten. Nur an das heute aus dem Bericht gewonnene Gesammiresultat lassen Sie mich an dieser Stelle ein paar anregende Bemerkungen knüpfen und schenken Sie mir für dieselben noch einige Minuten Ihre Aufmerksamkeit. Die Wissenschaft, für die ich hier das Wort ge- nommen habe, die Medizinal-Statistik, hat einen Anspruch darauf. In ein paar freilich sehr wenig erfreuliche Worte läßt sich das Resultat meiner Betrachtung über das Jahr 1856 zusammendrängen. Breslau ist nicht gesünder, es ist kränker und es ist ärmer gewor- 174 den. Die Zahl der Todten und die Zahl der der öffentlichen Armenkrankenpflege Anheimfallenden ist gestiegen. Sie hören diesen Refrain nicht zum ‚ersten Male von mir, und je ‚öfter Sie ihn hören, meine Herren, desto beherzigenswerther ist er. ‚Denn er ist der Ruf, der, je länger er ungehört bleibt, desto lauter wieder ertönen wird. Dem leidenden Kranken mag es wohl augenblicklich eine Linderung sein, einem theilnahmsvollen Freunde sein Leid klagen zu können, aber das Leid stillt sich damit nicht, es verlangt nach einem Arzt, nach Hilfe, — Breslau wartet seines Arztes. Was auch Einzelne in falsch verstandener Anhänglichkeit an unsere schöne schlesische Hauptstadt zur Beschönigung des vorhandenen Uebelstandes sagen mögen, *) Breslau ist unter den größeren Städten Europa’s in Bezug auf Gesundheits- und Sterblichkeits-Verhältnisse eine der wenigst glücklichen. Das sollten sich besonders unsere Aerzie zu Herzen nehmen, denn von ihnen allein wird die Hilfe kommen. Wohl kann die Sorgfalt zur Abwendung einzelner lokaler Uebelstände noch Manches zur Verbesserung, namentlich unserer städtischen Atmosphäre thun, und in vielfacher Hinsicht kann auch noch jenem Com- fort Vorschub geleistet werden, der ein Grundelement gesunder Verhältnisse sein soll; aber man wird in dieser Beziehung nie Wunder wirken können. Sie werden dem Proletariat nie das Wohlleben ver- schaffen können, das es vor jenen Krankheiten behütet, die nur der Ausdruck der Armuth und des Elends sind. Das Millionenreiche London hat seine Ohle, wie wir, es hat seine Kasematten, schlimmer als wir. Daran liegt’s nicht allein. Auch daran liegt’s nicht, daß wir mit immer größeren Forderungen an die öffentliche und Privatwohlthätigkeit herantreten. Einmal ist den steigenden Ansprüchen kaum noch zu genügen, und was besonders nicht übersehen werden sollte, das Uebel wird durch die öffentlichen Wohl- thätigkeits-Anstalten nie ganz ecrasirt werden können. Wäre es möglich, so müßten unsere Anstalten, ihre progressive Verbesserung und Vergrößerung in dieser Beziehung schon längst dem Wachsen we- nigstens des Uebeis Einhalt geihan haben. Ich setze vielmehr mein Vertrauen auf ein allgemeines humanes Streben der Aerzte. Von ihnen erwarte ich die Hilfe, und sie können, wenn sie die Aufgabe verstehen, hier eben so viel wirken, als am Krankenbeit oder auf der Katheder. Ich benutze den gegebenen Augenblick noch, um mich hierüber auszusprechen. Doch ich will’s nieht in abstrakten Sentenzen thun, sondern gestatten Sie mir, auf einen nachahmenswerihen Vorgang zu verweisen. In Genf erschien bereits 1549 der erste statistische Bericht über die dortigen Krankheitsverhältnisse. Das Resultat war ein so trauriges, daß sich alsbald eine Gesundheitskommission namentlich von Aerzten bildete, welche so segensreich wirkte, daß sich in dem Zeitraume von 1550 bis 1838 die mittlere Lebensdauer der Bevölkerung Genf’s auf das Doppelte erhöhte. Während am Ende des 17. Jahrhunderts die wahrscheinliche mittlere Lebensdauer in Genf noch nicht 20 Jahre betrug, erreichte sie am Ende des 18. Jahrhunderts 32 Jahre und beiträgt jetzt schon 45 Jahre. Noch aber ruht der Genfer Conseil de sante nicht, **) noch setzt er das begonnene Werk fort und arbeitet unausgeselzt für die Gesundheit der Stadt. Er hat Wun- der gewirkt, aber er hat diese Wunder durchaus nicht auf transcendentale Weise vollbracht, sondern mit dem leichtesten Mittel, mit fleißiger Beobachtung. Erst hat er gezählt, dann hat er gesondert, dann *) Cfr, Gebauer in der Schles. Zeitung vom 9. September 1857, S. 2177. **) Ertrait de la nowvelle circulaire dw conseil de sante de Geneve, udressee ü messieurs les Medecins praticiens et verificateurs des deces, en vue de rendre plus exacte et plus uniforme Venquete sur les causes immediates de lu mort par M. le Dr. Marc d’Espine in der schweizerischen Zeitschrift für Medizin etc. 1856, Heft I. 175 gerechnet, untersucht, verglichen — kurz er hat Statistik getrieben. Als er mit ihrer Hilfe das Leiden erkannt, hatte er auch schon das Mittel dagegen. Von diesen Genfern wäre etwas zu lernen, und in Breslau ist dazu gewissermaßen historischer Bo- den. Außer in Augsburg ist nirgend in ganz Deutschland früher als in Breslau mit der Statistik begonnen worden. Die alten Zusammenstellungen der Breslauer Todtenlisten waren bekanntlich die Basis der be- rühmten Arbeit des großen Astronomen Halley über die Wahrscheinlichkeit der menschlichen Lebens- dauer. Diese Listen, die schon aus der Zeit von 1687 bis 1691 von der großen Sterblichkeit in Breslau Zeugniß geben, liegen den Halley’schen Tafeln zu Grunde. Weitere Fortsetzungen dieser Listen beweisen, daß Breslau bis heute, wenn es bisher auf seine natürliche Vermehrung angewiesen und ohne Zuzug geblieben wäre, bereits vollständig ausgestorben wäre. Man hat die erschreckende Thatsache gekannt, aber auf Abhilfe nicht gedacht. Aus Scheibel’s, mit Gomolcke, Kundmann u. a. übereinstimmender Zu- sammenstellung, welche 220 Jahre umfaßt, geht für die Zeit von 1687 bis 1775 hervor, daß die Sterb- lichkeit 4 Prozent betrug. Reiche kommt für die Zeit von 1775 bis 1805 zu demselben Resultat. Auch für die spätere Epoche nach Beendigung der Kriege bei gebesserter Sanitätspolizei und vorgeschrittener Heilwissenschaft blieb es beim Alten. Meine Untersuchungen für die Zeit seit 1817 bis heut haben mich denselben Prozentsatz für die Mortalität, nämlich 4 Prozent, und dieselbe mittlere Lebensdauer, nämlich 26 Jahre (also 8 bis 50 Jahre geringer als in Berlin), finden lassen. Mühsam und gegen mancherlei Unannehmlichkeiten ankämpfend, habe ich in dieser Richtung einige Versuche gewagt, die nöthige Vorarbeit zu bewältigen; uneigennützig und mit dem redlichsten Willen habe ich hierfür’ mehr als nur meine Mußezeit geopfert. Aber weder meine ich ganz dieser Arbeit ge- wachsen zu sein, noch kann ich sie mir anmaßen. Das, was hier zu-thun ist, muß von einem Verein von Kräften gethan werden, und dieser Verein kann naturgemäßer von nirgend’ ausgehen, als aus der Mitte unserer Gesellschaft und insbesondere noch unserer medizinischen Sektion. Ich bin es zufrieden, den Gedanken bei Ihnen, meine Herren, angeregt zu haben, übernehmen Sie seine Ausführung; und wenn Sie den Impuls dazu finden wollen, so verweise ich Sie darauf, den Genfer conseil de sante und seine Erfolge Ihrer Aufmerksamkeit’ zu würdigen, und erinnere Sie an- die traurige Lage unserer Stadt in Bezug auf ihre Sterblichkeits-Verhältnisse. Eilfte Sitzung. Dr. Aubert spricht über die Hemmungsnerven und zeigt den Stillstand des Herzens, des Zwerchfells und des Darms im Experiment. an einem Kaninchen. Die Versuche von Eduard Weber, Traube und Pflüger haben gelehrt, daß die rhythmischen Bewe- gungen des Herzens und des Zwerchfelles, so wie die peristaltischen Bewegungen des Dünndarmes unter dem Einflusse gewisser Nerven stehen, und zwar die beiden ersten Organe unter dem Einflusse des N. vagus, der Dünndarm unter dem Einflusse des N. splanchnieus. Es giebt im Allgemeinen d Me- thoden, die Bewegungen dieser Organe zu verändern, nämlich die Durchschneidung der Nerven, die Reizung mit einem unterbrochenen Induktionsstrome und die Vergiftung mit Curare und nachherige elek- irische Reizung. Diese Eingriffe wirken in folgender Weise auf die Bewegungen der genannten Organe ein: 1. Wird der N. vagus am Halse durchschnitten, so zeigt a) das Herz eine Beschleunigung seiner Bewegungen (Weber); b) die Kontraktionen des Zwerchfelles nehmen an Häufigkeit ab, ohne daß dies durch eine Verengerung der Stimmritze in Folge der Lähmung des N. recurrens zu erklären wäre (Traube); ©) die Peristallik des Darmes wird lebhafter (Ludwig). Herz una Darm verhalten sich also analog, das Zwerchfell zeigt das Entgegengesetzte. 176 2. Wird der undurchschnittene N. vagus am Halise mit einem unterbrochenen Induktionsstrome gereizt, so tritt a) Stillstand des Herzens ein, wenn der Strom eine gewisse Stärke hat; nach dem Auf- hören der Reizung fangen die Bewegungen langsam an und beschleunigen sich so, daß sie die Frequenz vor der Reizung wieder erreichen oder übertreffen. Dasselbe tritt ein, wenn die peripherischen Stümpfe der durchschnittenen N. vagi gereizt werden; b) das Zwerchfell steht still (Traube), und zwar bei schwa- chem elektrischem Strome in Kontraktion oder Inspirationsstellung, bei starkem Strome in Erschlaffung oder Exspirationsstellung (Aubert und v. Tschischwitz). Dasselbe geschieht, wenn nach Durchschnei- dung des N. vagus der centrale Stumpf eines oder beider vagz gereizt wird; — c) der Darm, und zwar nur der Dünndarm des Kaninchens, hört sofort auf sich zusammenzuziehen, wenn der Induktions- strom auf einen N. splanchnieus plötzlich hereinbricht, und auch noch einige Sekunden nach dem Auf- hören des Stromes liegt derselbe ruhig; dann beginnen kräftige peristaltische Bewegungen (Pflüger). Dieselben Erscheinungen treten ein, wenn das Rückenmark an der Ursprungsstelle des N. splanchnieus gereizt wird, wobei zugleich Tetanus des ganzen Thieres entsteht (Pflüger). 3. Wird das Thier mit Curare vergiftet, so steht das Zwerchfell (wegen Lähmung des N. phre- nicus) still, das Herz schlägt weiter fort, der Darm bewegt sich peristaltisch (Bernard). Wird der N. vagus des vergifteten Thieres mit dem elektrischen Strome gereizt, so schlägt das Herz unverändert fort (Bernard); der Darm kann dann gleichfalls durch Reizung des Rückenmarkes nicht in seinen peri- staltischen Bewegungen gehemmt werden (Kölliker). Herz und Darm verhalten sich daher fast durchgängig analog, während sich das Zwerchfell sehr verschieden davon verhält. Diese Erfahrungen harmoniren auch mit den anatomischen Verhältnissen dieser Organe. Herz und Darm haben demnach zwei Centralorgane, deren eines im Rückenmark, das andere in den Organen selbst liegt, nämlich die von Ludwig im Froschherzen und von Remak im Säugethier- herzen nachgewiesenen Gangliengruppen; und zweitens das Ganglion coeliacum zwischen N. splanch- nicus und Darm, und vielleicht noch die kürzlich von Meißner entdeckten Ganglien des Darmes selbst. Dagegen kann das Centralorgan für das Zwerchfell nur im Rückenmark allein liegen, denn der N. phre- nicus ist ein gewöhnlicher motorischer Nerv und seine wenigen gangliösen Verbindungen mit dem sym- pathicus (Luschka) scheinen mit den Zwerchfells-Kontraktionen nichts gemein zu haben. Der Vortra- sende ist damit beschäftigt, das Centratorgan für das Herz und für das Zwerchfell, welche im obersten Theile des Rückenmarkes liegen, physiologisch genauer zu begrenzen, kann aber vor der Hand nur mit- theilen, daß, nach seinen bisherigen Versuchen, das Centralorgan für das Herz weiter nach dem vierten Ventrikel zu liegt und sich nicht so weit nach abwärts erstreckt, als das Centralorgan für die Athmung. Es werden darauf einem Kaninchen gekrümmte Nadeln zwischen den 5. und 6. und den 11. und 12. Brustwirbelfortsatz eingehakt; dann die N. vagi in großer Ausdehnung frei gelegt und die Elek- troden auf einem Kaoutschukplättchen befestigt darunter geschoben. In das Herz wird eine Nadel ge- steckt, die Bauchhöhle geöffnet, so daß das Zwerchfell gut zu sehen ist. Beim Hereinbrechen eines mäßigen Stromes steht das Zwerchfell in Kontraktion still, und die Nadel in dem Herzen setzt ihre Be- wegungen weiter fort. Nach Aufhören des Stromes fängt die Athmung bald wieder an. Bei Anwendung eines starken Stromes steht das Zwerchfell in Erschlaffung still, und die Nadel in dem Herzen bewegt sich nicht mehr. Mehrmals wiederholt. Der Strom wird nun durch die am Rückgrat befestig- “ten Drähte geleitet; die peristaltischen Bewegungen des Darmes hören auf; sehr bald nach dem Auf- hören des Stromes werden sie sehr stürmisch. Wiederholt. Da das Experiment bei Licht gemacht 177 werden mußte, erklärte der Vortragende die Freilegung: des splanchnicus für unthunlich, von dessen Wirkung auf die Peristaltik des Darmes (d. h. von der Richtigkeit des Pflüger’schen Experimentes) er er sich und Andere mehrfach überzeugt habe. Hierauf theilt Herr Dr. Valentiner Folgendes über das Vorkommen des Inosit in den Mus- keln von Potatoren mit: 1. Bei vergleichend pathologisch-chemischen Untersuchungen des Muskelgewebes auf krystallisir- bare organische Bestandtheile seiner Säfte, fand sich in 8 Fällen von Potatorleichen Inosit in großer Menge in den Muskeln der willkürlichen Bewegung. 2. In der Herzmuskulatur derselben Individuen konnte in keinem der 8 Fälle Inosit aufgefunden werden. 3. Eben so wenig war Inosit im Urin derselben Individuen, im Gehirn und in einigen drüsigen Organen ihrer Leichen in größeren, der in den Muskeln gefundenen Menge entsprechenden Quantitäten aufzufinden. Kleine Mengen wurden einmal im Gehirn und einmal im Saft des Fetizellgewebes der Brust aufgefunden. A. Das Vorhandensein des Inosit in den Muskeln der willkürlichen Bewegung (untersucht wurde regelmäßig die Masse der Musculi pectoralis) war quantitativ ziemlich gleichmäßig in allen Fällen, und namentlich erschien seine Menge unabhängig von pathologisch-anatomischen Veränderungen der Mus- kelstruktur, die in mehreren Fällen beobachtet, in anderen nicht aufgefunden werden konnten. 5. In allen untersuchten Fällen war bei den Patienten kürzere oder längere Zeit vor dem Tode ausgesprochenes Delirium tremens vorhanden. 6. Abweichende Lebensalter, nächste Todesursache, begleitende Degenerationen der Leber, Lungen, Nieren etc., die in mehreren Fällen vorhanden waren, erschienen ohne wesentlichen Einfluß auf die gefundene Menge des Inosit. 7. Dieses massenhafte Auftreten des Inosits in der durch chronische Alkoholintoxikation bedingten Konstitutionsanomalie scheint für Potatorkachexie charakteristisch zu sein, da in 21 Leichen an anderen Krankheiten gestorbener Individuen, die sicher keine Potatoren waren, kein Inosit oder nur Spuren der Substanz aufgefunden werden konnten (Unters. an Pektoral-Muskel- und Herzfleisch ausgeführt). Die Objekte der letzteren Untersuchungen lieferten namentlich: Pneumoniker, Emphysematiker, Tu- berkulöse, an Carcinom, Typhus, Morbus Brightü, Herzaffektionen zu Grunde gegangene Individuen. Herr Dr. Paul berichtete von einem Falle, wo ein enormer Ecchinococcussack der Leber fast den ganzen Bauchraum ausfüllte und durch die Punktion bei Lebzeiten diagnostizirt wurde, nachdem die Kranke einige Zeit Schwangerschaft simulirt hatte. Bei der Sektion zeigte sich vom rechten Leberlappen nur ein geringer Ueberrest, der linke groß, cirrhotisch entartet. Professor Rühle reiht diesem Falle einen analogen an, wo man an einer plötzlich Verstorbenen den Kaiserschnitt machte und einen Ecchi- nococcussack fand. Herr Dr. Cohn theilt die Beobachtung zweier Krankheitsfälle mit und legt die betreffenden Präpa- rate vor. Einer derselben kam bei einem Mädchen vor und bestand in einer Caries ossis petrosi mit : Sinusthrombose, Meningitis, Zerstörung des Facialis und Acusticus. Der andere Fall betraf einen an Ikterus leidenden Mann, welcher in äußerster Erschöpfung und Abmagerung starb und bei welchem sich eine durch Steinbildung verursachte eitrige Zerstörung der Gallenblase bei vollständigem Verschluß des. Ductus choledochus durch Narbengewebe fand. 23 178 . Am: Schluß der Sitzung wurde: der gegenwärtig fungirende Sekretair für weitere zwei Jahre wie- dergewählt:: ‚In. der allgemeinen Versammlung der schlesischen Gesellschaft am 18. Dezember hielt der Präses Herr Professor Dr. Göppert folgenden Vortrag: Ueber Scheintodte. Vieljährige Erfahrungen in meiner früheren praktisch ärztlichen Laufbahn haben mich überzeugt, daß die bei uns gesetzlich bestehenden Begräbniß-Vorschriften ausreichen, um. die Beerdigung Scheintodter zu verhindern, und man daher nicht nöthig hat, sich durch die schauerlichen hierher gehörenden Ge- schichten, welche von Zeit zu Zeit in den öffentlichen Blättern kursiren, in Angst setzen zu lassen. Wenn man überdies genauer nach ihrem Ursprunge forscht, und sie erfordern fast alle eine wiederholte kritische Würdigung, erweisen sie sich in der Regel als übertrieben oder auch geradezu als unwahr, daher ich es für Pflicht halte, bei Mittheilungen dieser Art die größte Vorsicht zu beobachten, um nicht ohne Noth Besorgnisse, Mißtrauen in die Gesetzgebung. und in die Gewissenhaftigkeit der Aerzte her- vorzurufen. In der am 18. Juni d. J. abgehaltenen Sitzung des Vereins zur Verhinderung des Begrabens Scheintodter wird Folgendes erwähnt: ‚Aus Haynau ist eine in den schlesischen Provinzialblättern vom Jahre 1803 erzählte Begebenheit über das Vorkommen dreier Scheintodier in einer schlesischen Familie eingesendei worden. Es starb nämlich in jenem Jahre eine Frau, welche als siebenjähriges Mädchen bereits im blumenbekränzten Sarge für todigehalten gelegen, aber wieder erwacht und dem Leben er- halten ward. Die Mutter dieser Frau fand man verkehrt im Sarge liegend, wohl auch in Folge des Lebendigbegrabens, die Großmutter jener Frau aber eniging diesem traurigen Schicksale in fast eben so zufälliger Weise als diese.“ Der Leher Ober-Gerichtsanzeiger, nicht Ober-Gerichtszeitung, wie es dort heißt, theilt in Nr. 36 d. J. Folgendes mit: „In Undenheim bei Niederolm ereignete sich am zweiten Osterfeiertage der Fall, daß ein zwölfjähriges Mädchen, welches anscheinend gestorben und zu dessen Beerdigung bereits die Begleitung versammelt war, wieder erwachte, als eben der Gesang verstummte und man den Sarg schließen wollte. Noch wenige Minuten vielleicht, und das Grab hätte sich über einem lebenden Menschen geschlossen.“ Was nun die erste Erzählung betrifft, so kann es unbefangener Beobachtung nicht entgehen, daß sie noch viel genauerer Erörterung bedarf, um so ohne Weiteres für wahr angenommen zu werden; auch vermochte mir der Vorsitzende des Vereins auf mein Ansuchen eine nähere Auskunft hierüber nicht zu ertheilen. Um nun das eigentliche Sachverhältniß des zweiten Falles zu erforschen, wandte ich mich, wie ich in ähnlichen Verhältnissen schon früher gethan habe, an die Behörden des Ortes, hier also an die Ortsvorstände von Undenheim, einem bei Nieder-Olm in Rhein- hessen gelegenen Orte, die auch so gefällig waren, mir unter dem 25. Juni d. J. folgende amtlich be- glaubigte Antwort zu senden, die ich hiermit der geehrien Versammlung vorlege und wörtlich mittheile: „Auf Ihr Schreiben vom 20. d. M. beehre ich mich Ihnen über den fraglichen Vorfall Folgendes amtlich zu berichten: Am Charfreitage den 10. April d. J. starb in hiesiger Gemeinde ein Kind, Knabe von 7 Jahren, nach eintägiger sehr heftig verlaufender Gehirnentzündung und darauf erfolgtem Schlag- anfalle. Die Eltern dieses Kindes waren über den so plötzlichen Todesfall ihres Kindes beinahe un- tröstlich und konnten sich das schnelle Ableben desselben nicht wohl erklären, was sie zu großer Vor- sicht und häufiger Untersuchung resp. Beobachtung der Leiche veranlaßte. Am 2, Osterfeiertage den 13. April d. J. sollte nach dem Willen der Eltern die Beerdigung vorgenommen werden. Als der Vater desselben nochmals sein Kind genau untersuchte, bemerkte er: daß die nach dem Ableben an dem Kinde 179 eingetretene Todtenstarre nicht mehr vorhanden war, welche Veränderung er für ein Zeichen des wieder- erwachenden Lebens hielt, in welcher Meinung derselbe insbesondere durch das noch nicht gebrochene helle Auge des Kindes bestärkt wurde. Er requirirte sogleich den in hiesiger Gemeinde wohnenden Arzt, welcher auch gerade zur Hand war, und die nähere Untersuchung der Leiche vornahm, aber kein ‘ Zeichen von innewohnendem Leben bemerkte. Dieses Resultat der ärztlichen Untersuchung wurde den Eltern mitgetheilt, welche sich aber damit nicht zufrieden geben wollten, sondern verlangten fort und fort vom Arzte, daß er Belebnngsversuche anstellen möge, ihr Kind sei nicht todt u. s. w. Der Arzt gab endlich dem Wunsche der Eltern nach und verordnete unter Anderem, daß das Auflegen von Senf- pflastern, ein warmes Bad, Erwärmung des Körpers überhaupt u. s. w. mit dem Kinde resp. der Leiche vorgenommen werden sollten, was Alles getreulich vollzogen wurde. Aber kein Leben zeigte sich, im Gegentheil traten die Zeichen der Verwesung nach dem warmen Bade noch schneller ein, und konnte die Beerdigung, die in Folge dieses Vorfalles um einen Tag sistirt wurde, am 14. April d. J., nachdem die Verwesungszeichen auch für die Eltern des verstorbenen Kindes sichtbar wurden, bethätigt werden. Dieses der Hergang der Sache genau und wahrheitsgetreu. Achtungsvoll zeichnet der großherzogliche Bürgermeister und Civilstandsbeamte Christmann.“ — 23 * smslgowisg. ide dan #8 1 ale, Ä sohnoadow shrismoe Togiasid.ınd nah i ‚sad, 1ads. ‚ndamor snolalk- red aan ash hun a Ba seen Ra nd. RR | m NE nogalleh 2 Rn da N ala Tail mb. Ka ai, ‚en hs, Ei * Smesdeh: Ri eu Bin tele Helaisnr sn “ 181 Bericht über die Thätigkeit der historischen Sektion im Jahre 1857, von Professor Dr. Röpell, zeitigem Sekretair derselben. Her Oberlehrer Dr. Cauer hielt folgenden Vortrag: Das Jugendleben des grossen Kurfürsten. Vor 200 Jahren war die Landschaft, welche unserem preußischen Vaterlande den Namen gegeben hat, noch abhängig von der Krone Polen. Knieend empfingen die brandenburgischen Kurfürsten zu Warschau die Belehnung mit dem Herzogthum Preußen, nachdem sie dem Könige von Polen den Huldigungseid geschworen hatten. Jetzt giebt es kein Polen mehr und die Nachkommen jener brandenburgischen Kurfürsten haben Sitz und Stimme in dem Rathe der Großmächte, der die Geschicke Europa’s lenkt- Gerade 100 Jahre sind jetzt verflossen, seitdem der Urenkel des großen Kurfürsten, des letzten, der sein Knie gebeugt hat vor der polnischen Majestät, seitdem der große Friedrich den siebenjährigen Riesenkampf begann, durch den er sich die Aufnahme in jenen hohen Rath Europa’s erzwang. Ein Jahrhundert ist eine kurze Frist in der Geschichte der Völker und Reiche. Preußen ist das jüngste Glied in der europäischen Pentarchie, und aus diesem Umstande ergeben sich Schwierigkeiten für die Stellung unseres Vaterlandes, die denen gleichen, mit welchen der Parvenu in der vornehmen Welt zu kämpfen hat. Aber dieses verhältnißmäßig junge Datum unseres mit Blut besiegelten Adelsbriefes ist nicht der einzige Nachtheil, in dem wir gegen die anderen europäischen Großmächte stehen. Nicht nur an Alter, sondern auch an nätürlichen Hilfsmitteln steht unser Staat beträchtlich hinter den anderen zu- rück. Nicht nur, daß wir uns in dem, was die Grundkraft aller Staaten ausmacht, in Land und Leuten, mit ihnen nicht messen können, — es geht unserem Staatsgebilde auch durchaus die Naturwüchsigkeit ab, die die andern jedes in seiner Weise auszeichnet. Um von England, welches durch seine insulare Lage fast unverletzbar und für die Seeherrschaft gewissermaßen prädestinirt ist, und von Frankreich, in welchem die Kräfte einer großen Nation in einer beispiellosen Weise centralisirt sind, gar nicht. zu 182 reden, — wie viel haben auch Rußland und Oesterreich vor uns voraus, so sehr sie auch auf den ersten Anblick als willkürliche Aggregate der verschiedenartigsten Volkselemente erscheinen mögen, — jenes durch die zwar rohe, aber urkräftige und doch zugleich so lenksame Natur des herrschenden Stammes, dem noch nicht des Gedankens Blässe angekränkelt ist, — dieses durch seinen herrlichen Strom, der in den gesegneten Ebenen, die er durchfließt, einen großen Kulturstaat fast mit Nothwendigkeit hervor- gerufen hat. Es wäre Blindheit, wenn wir verkennen wollten, daß unser Staatsgebilde, mit diesen gro- ßen Nachbarreichen verglichen, arm, zerrissen, fragmentarisch und unfertig erscheint. Mit dem Anspruche, die in eminentem Sinne deutsche Großmacht zu sein, umfaßt es doch kaum den dritten Theil des deut- schen Volkes. Nach seiner Geschichte, so wie'nach der “Konfession der Mehrheit seiner Einwohner und seiner Herrscherfamilie ein protestantischer Staat, zählt es doch unter seinen Einwohnern 3 Katholiken. Unser Land, aus zwei völlig getrennten Massen bestehend, dehnt sich in unverhältnißmäßiger Länge und mit weiten, an den wenigsten Stellen durch die Natur geschützten Grenzlinien von Nordost nach Süd- west; im’Osten ein schmales, ’von seinem Hinterlande »unnatürlich abgesperrtes Küstengebiet, im Westen ein Binnenland, welches die ihm unentbehrliche Verbindung mit dem Meere mühsam und unter mancherlei Schwierigkeiten suchen muß. Wer wollte sich wundern, daß ein also situirtes Land nur unter harten Drangsalen und Gefahren seinen weltgeschichtlichen Platz hat gewinnen und behaupten können, wer wollte sich wundern, daß auf manchem Blatte unserer Geschichte unerfreuliche Begebenheiten verzeich- net sind, daß es unserem Vaterlande‘an großen nationalen Unglücksfällen nicht gefehlt hat, daß nicht immer die geeigneten Mittel ergriffen, die richtigen Wege eingeschlagen worden sind, daß unsere Staatsmänner den Schwierigkeiten, von denen sie umgeben waren, nicht immer gewachsen gewesen sind, ja daß es nicht an solchen gefehlt hat, die in gänzlichem Verkennen unseres nationalen Berufes unserer Politik eine unheilvolle Wendung gegeben haben? Wenn wir uns demnach des Glückes nicht rühmen können, daß die Geschichte unseres Vaterlandes eine ununterbrochene Kette von Erfolgen und Triumphen darstellt, wenn wir in ihr in näherer und entfernterer Vergangenheit mancher dunklen Partie begegnen, so ist es natürlich, daß die Betrachtung des Vaterlandsfreundes mit um so-größerer Vorliebe bei den Lichtpunkten, bei den’ großen Momenten verweilt,’ bei denjenigen Epochen, ‚durch die allen Schwierig- keiten zum Trotz die 'weltgeschichtliche Stellung Preußens begründet, die Natur. und Aufgabe »unseres Staatswesens in einfachen, 'großen Zügen festgestellt worden ist: Epochen, an denen sich in minder großen Zeiten das an sich selbst irre’ gewordene, durch Parteigeist und »Selbstsucht 'getrübte National- bewußtsein zu orientiren und wieder aufzurichten vermag. ‘Es giebt ‘aber keinen Abschnitt unserer .Ge- schichte, der für einen solchen Gebrauch in höherem Grade geeignet ‚wäre, als die Zeit 'des’/großen Kurfürsten, eines Fürsten, zu dem sein noch größerer Urenkel Friedrich als Prinz voll-Bewünderung aufblickte, ihn einen Riesen nennend, gegen den er sich als Zwerg fühle, und vor dessen geöffnetem Sarge er als König zu seinen Umgebungen das einfache Wort sprach: ‚‚Der hat viel'gethan;‘“ eine Anerkennung, die aus dem Munde des Eroberers von Schlesien noch schwerer wiegt, als das’ über- schwängliche Lob, mit welchem der thatenlose Jüngling seinen großen Vorfahren gefeiert:haite. Der sroße Kurfürst ist in der That die erste‘ geschichtliche Inkarnation des preußischen Volksgeistes, ja in- sofern er von gewissen Charakterzügen frei erscheint, die König Friedrich innerlich von’ seinem 'Volke schieden, wie seine französische Bildung und Sitte, seine religiöse Freigeisterei, ist er sogar'für alle Zeiten der reinste und vollkommenste Repräsentant desselben geblieben. Alle die Tugenden, welche wir recht eigentlich als Vorzüge unseres Volkes in Anspruch zu nehmen gewohnt sind, vereinigt er in‘sich in vollstem Maße: kriegerischen Geist, Achtung für Wissenschaften und Künste, Sittenstrenge, 'Sinn für die "Innigkeit des Familienlebens, den Blick ins Weite, Religiosität verbunden mit einer wahrhaft freisinnigen und thatkräftigen Toleranz. Alle diese Eigenschaften wurzelten bei dem Kurfürsten in einer -markigen, 183 zum Herrschen geborenen Natur, die uns aus seiner Haliung und seinen Zügen in imponirendster Weise enigegentritt. Wer ihn gesehen hat, wie er in Erz gegossen auf der langen Brücke zu Berlin steht, hoch zu Roß, den. Feldherrnstab in der Rechten, mit lang herabwallendem Haupthaar, den Mantel vom Winde gehoben, mit stark ausgeprägten Gesichtszügen, in denen Ernst und Wohlwollen, Güte und Ma- jestät auf eine wunderbare Weise gemischt sind, den freien gebietenden Blick auf das gegenüberliegende Schloß gerichtet, dem wird das Bild dieser Heroengestalt, dieses auch im Leben ehernen Mannes unaus- löschlich eingeprägt sein. Denn eines ehernen Willens bedurfte er, um unter den unsäglichen Schwie- rigkeiten, von denen er umgeben war, die Fundamente des preußischen Staates zu legen, und die hat er gelegt, — so fest und sicher, daß sie den Bau der kommenden Generationen bis auf den heutigen Tag zu tragen vermocht haben. Vielleicht hat nie ein Fürst unter bedrängteren Verhältnissen die Re- gierung angetreten, als dieser 20 jährige Jüngling, dessen Erbe, aus drei weit von einander enilegenen zusammenhangslosen Stücken bestehend, von fremden Truppen besetzt, durch die Verwüstungen des drei- Bigjährigen Krieges auf's äußerste erschöpft und durch die Unentschlossenheit und Trägheit seines Vor- gängers zu einem Spielball in den Händen der Schweden und der Kaiserlichen geworden war, ja der selbst über seine eigenen armseligen Streitkräfte nicht frei verfügen konnte, weil sie Ferdinand dem Dritten den Eid der Treue geschworen hatten. Es verdient die höchste Bewunderung, was er unter solchen Umständen in seiner 48jährigen Regierung zu wirken vermocht hat. Aus dem westphälischen Frieden hat er einen ansehnlichen Ländergewinn davongetragen. Das Herzogthum Preußen, welches die Polen anfangs dem jugendlichen, unerfahrenen und machtlosen Fürsten am liebsten ganz entrissen hätten, hat er nicht nur behauptet, sondern aus der Lehnsabhängigkeit, in der es stand, befreit und in ein sou- veränes Land verwandelt. Die beiden herrschenden Mächie der damaligen Welt, Frankreich und Schwe- den, hai er zu bekriegen gewagt; er hat sich mit den sieggewohnten Feldherren Ludwig’s XIV. im Felde gemessen; die Schweden, an deren Fahnen sich seit Gustav Adolf’s Tagen der Ruf der Unüberwindlich- keit knüpfte, hat er mit geringerer Streitmacht unter den ungünstigsten Umständen auf’s Haupt geschla- gen, er hat ihnen Pommern entrissen, und an ihm lag es nicht, wenn sie damals nicht gänzlich wieder vom deutschen Boden verdrängt worden sind. Er hat sein Land in die europäische Staaten - Familie eingeführt. Er zuerst unter allen brandenburgischen Fürsten, ja unter allen deutschen Territorialfürsten überhaupt hielt Gesandte an allen großen Höfen; nicht nur in Warschau und Stockholm, in London und Paris wie im Haag fanden seine Interessen ihre Vertretung durch Diplomaten, die er selbst gebildet hatte; auch mit dem russischen Zaren trat er in Beziehungen; ja es gab Momente, wo er geradezu den Mittelpunkt der europäischen Verwickelungen bildete. Und wer wüßte nicht, daß er mit Hilfe seiner neu gegründeten Marine, welche den Kampf gegen die Spanier, damals noch eine der seemächtigsten Nationen, aufzunehmen die Kühnheit hatte, sich an der Westküste Afrika’s festgesetzt und von den Ne- gerfürsten jener Gegenden die Anerkennung seiner schuizherrlichen Gewalt erlangt hat. Es läßt sich nicht leugnen, daß er mit diesen kühnen Unternehmungen theilweise über das Maß des unter den dama- ligen Verhältnissen Erreichbaren und Haltbaren hinausging. Aber man würde ihm nur dann daraus einen Vorwurf machen können, wenn er die zunächst liegenden Aufgaben darüber versäumt hätte. Wer jedoch eine solche Anklage erheben wollte, der würde der Wahrheit geradezu ins Gesicht schlagen. Friedrich Wilhelm hat trotz der erfolgreichen Rührigkeit und Vielseitigkeit seiner auswärtigen Politik doch das innere Gedeihen seiner Länder immer den Hauptgegensiand seiner Sorge sein lassen. Erst dann lernt man ihn in seinem rechten Wirken und in seiner eigensten Natur kennen, wenn man betrachtet, wie er durch Brechen der Sonderrechte, die er in den einzelnen Provinzen vorfand, eine einheitliche Staats- gewalt gründet, wie er der Schöpfer des preußischen Heerwesens wird, die Sieuern und Finanzen ordnet, sich des Ackerbaues annimmt, für Handel und Verkehr sorgt, einen Kanal baut, regelmäßige Postverbin- 184 dungen vom Rhein bis zum Pregel einrichtet; wenn man sieht, wie er Gelehrte und Künstler ins Land zieht, Bauten unternimmt, die vorhandenen Schulen und Universitäten reorganisirt und reicher ausstattet, neue stiftet, den Grund zu der Berliner Bibliothek und den dortigen Kunstsammlungen legt, wie er selbst die umfassendsten und fast ans Abenteuerliche streifenden Pläne für die Hebung der wissenschaftlichen Kultur, wo sie ihm entgegentreten, nicht von sich weist. Wie in seiner auswärtigen Politik, so tritt auch hier jene merkwürdige Verbindung eines durchaus praktischen Sinnes mit einer Phan- tasie hervor, die selbst vor dem Unausführbaren nicht zurückweicht, eine Verbindung, die, wie Ranke (Preuß. Geschichte I. 75) von ihm mit Recht sagt, seinem Wesen um so mehr etwas Großarliges und He- roisches giebt, welche macht, daß wir um ihn her die geistige Luft fühlen, in welcher der Genius athmet, indem wir die Handlungen sich auf einem unendlichen Hintergrunde erheben sehen. Um große Män- ner in der Geschichte vollkommen zu würdigen, darf man die Betrachtung weder zeitlich mit ihrem Tode, noch räumlich mit den Grenzen des ihrer Thätigkeit zunächst unterworfenen Kreises abschließen. Die echte Größe ist unter anderem auch dadurch gekennzeichnet, daß sie weit über die Schranken hinauswirkt, welche dem Thun der Menschen sonst durch Zeit und Raum gesteckt sind. Das gilt auch von dem großen Kurfürsten. Um von weiteren Nachwirkungen hier ganz zu schweigen, so gebührt ihm auch das Verdienst der Begründung von Vielem, was erst unter seinem Nachfolger König Fried- rich I. zur Reife gediehen und in die Erscheinung getreten ist und was man daher auf dieses Letzteren Rechnung zu setzen gewohnt ist, eines Fürsten, von dem sein großer Enkel scharf und treffend gesagt hat, er sei groß gewesen in allem Kleinen und klein in allem Großen. Und man meine nicht, daß das, was Friedrich Wilhelm geleistet hat, nur seinen eigenen Territorien zu gute gekommen sei. Was er geihan hat, das hat er zugleich für Deutschland gethan. Ohne die Gründung des preußischen Staates, die sein Werk ist, hälte sich das deutsche Volk nimmermehr wieder aus dem unsäglichen Elend des dreißig- jährigen Krieges zu erheben vermocht. Die engherzigen Neider Preußens sollten es nicht vergessen, daß allein dieser Staat es war, an welchem sich das niedergetretene deutsche Nationalbewußtsein wieder aufgerichtet hat. Freilich sind auch in dieser Beziehung die Früchte des von ihm gestreuten Samens zum Theil erst lange nach seinem Tode herangereif. Doch wird es ihm immer unvergessen bleiben, daß in einer Zeit, in der die deutschen Fürsten in kläglichem Wetteifer um die Gunst des französischen Gewalthabers buhlten und um den Ruhm, ihn in den Aeußerlichkeiten seines Hofhaltes möglichst voll- kommen nachzuahmen, er allein es war, der in seinen Landen deutsche Sitte gepflegt und deutsches Selbsigefühl genährt hat. Es würde in keinem Verhältnisse zu der mir gegönnten Zeit stehen, wenn ich es unternehmen wollte, das Bild, welches ıch so eben vor Ihnen zu skizziren versucht habe, in seinen einzelnen Zügen weiter auszuführen. Ich habe mir eine enger umgrenzte Aufgabe gestellt. Wie Friedrich Wilhelm zu dem gewaltigen Herrscher geworden ist, als welchen ihn die Geschichte kennt, aus welchen Umständen und Einwirkungen seines Jugendlebens sich die Hauptzüge seines Wesens erklären lassen, will ich zu zeigen versuchen; — ein Versuch, der allerdings auf Schwierigkeiten von doppelter Art stößt. Erstlich liegt in jeder, großen Erscheinung und so auch in der in Rede stehenden etwas, und das ist gerade das tiefste und innerlichste, was keine Erklärung zuläßt. Dahin, wo der eigentliche Sitz genialer Lebens- kraft ist, vermögen wir durch keine Beobachtung, durch keine Berechnungen und Verstandesschlüsse vorzudringen. In welcher Sphäre der menschlichen Verhältnisse sich der Genius auch geltend machen möge, sei es im Gebiete der Wissenschaft, der Kunst oder wie hier des Staates, immer trägt er das Gepräge des Räthselhaften und Wunderbaren. Aber abgesehen von dieser in der Sache selbst mit Noth- wendigkeit gegebenen Beschränkung, stoßen wir, indem wir die Jugend- und Bildungsgeschichte des großen Kurfürsten durchforschen, auch auf Hindernisse mehr zufälliger und äußerlicher Art. Was nämlich 185 an zuverlässigen und urkundlichen Nachrichten darüber bis jetzt veröffentlicht ist, ist höchst unzulänglich. Zwar sind durch den Geh. Rath Georg Wilhelm von Raumer, dessen freiwilliger Tod im verflossenen Winter so große Theilnahme erregte, vor einigen Jahren aus dem Staatsarchive eine ziemlich große Anzahl von Briefen veröffentlicht worden, die Friedrich Wilhelm in seinen Knaben- und Jünglingsjahren an seinen Vater gerichtet hat. Aber diese Briefe bestätigen nur, was man ohnehin schon wußte, daß das Verhältniß zwischen Vater und Sohn niemals ein inniges und herzliches war, und daß es in den letzten Jahren von Georg Wilhelm’s Leben geradezu gespannt und unfreundlich wurde. Es ist daher natürlich, daß diese Briefe zum allergrößten Theile in einem kalten formellen Tone geschrieben sind, daß sie fast nur von Aeußerlichkeiten handeln und uns in das Geistes- und Gemüthsleben des jungen Prinzen nur höchst selten einen Blick thun lassen. Der Forscher kann sie deshalb eigentlich nur benutzen, um durch sie mancherlei einzelne Thatsachen theils neu kennen zu lernen, theils genauer festzustellen, und wir bleiben im Uebrigen auf die schon seit längerer Zeit bekannten Nachrichten angewiesen, von denen die meisten nicht nur nicht autenthisch, sondern die zum Theil sogar geradezu sagenhafter Natur sind. Die hergebrachte Ueberlieferung von dem Jugendleben Friedrich Wilhelm’s ist, man kann es jetzt nicht anders ausdrücken, mit einer Reihe von Sagen durchflochten, die alle darauf hinauslaufen, daß sie seine Gesundheit,. seine Sittlichkeit, seine Freiheit, ja selbst sein Leben als bedroht von mancherlei Ge- fahren und Nachstellungen erscheinen lassen, und daß sie als den Urheber aller dieser Uebel, gewisser- maßen als den bösen Dämon seiner Jugend, den allmächtigen Minister seines Vaters, den Grafen Adam von Schwarzenberg, bezeichnen. Man weiß von Dolch und Gift, von Mördern, die hinter Bäumen ver- steckt gelauert, von bösen Ränken aller Art, von wahrhaft teuflischen Künsten der Verführung zu er- zählen. Allerdings ist die Nichtigkeit dieser Traditionen für die Wissenschaft nun schon seit geraumer Zeit unzweifelhaft dargethan. Aber nichts desto weniger pflanzen sie sich in weiteren Kreisen mit der dem Irrthum überhaupt eigenen Unverwüstlichkeit fort. Der Volkshaß gegen den Minister Schwarzen- berg, der sie zum größten Theile hervorgerufen hat und der in seinen Motiven nicht unberechtigt war, so sehr er auch in den Beschuldigungen, die er erhob, über das Ziel hinausschoß, ist längst nicht mehr lebendig. Es ist, wie mir scheint, eine liebenswürdigere Seite der menschlichen Natur, die in diesem Falle den Hervorbringungen des Hasses eine längere Dauer verschafft hat, als dem Hasse selbst. Men- schen, auf deren Dasein wir einen besonders großen Werth legen, werden uns durch die Vorstellung der Gefahren, von denen ihr Leben bedroht war, gewissermaßen noch theurer. Wir erkennen in der glücklichen Ueberwindung solcher Gefahren den sichtbar über dem verehrten Haupte waltenden Schutz der göttlichen Vorsehung, und das Leben und Wirken solcher Menschen erscheint uns dadurch noch in einem ganz besonderen Sinne als providentiell. Daraus erklärt sich die Neigung der Völker, in Bezug auf ihre großen Männer Traditionen dieser Art Raum zu geben, eine Neigung, der wir eine Menge hi- storischer Sagen aus alter und neuer Zeit verdanken und auf die wir auch, wenn nicht die Entstehung, so doch die Erhaltung der vorhin angedeuteten Fabeln aus dem Jugendleben Friedrich Wilhelm’s zurück- zuführen haben. Lassen wir nun diese Fabeln, wie billig, bei der weiteren Betrachtung aus dem Spiele, so sind es besonders zwei Umstände, die für die Bildungsgeschichte unseres Helden entscheidend geworden sind, nämlich daß er während der Stürme des 30jährigen Krieges aufgewachsen ist, und daß er die ersten Jünglingsjahre, die Zeit der größten geistigen Empfänglichkeit, in den Niederlanden verlebt hat. Wie sehr seine Jugend von diesen beiden Thatsachen beherrscht war, wird sich ohne Mühe ergeben, wenn wir ihn nur auf seinem Lebenswege bis zu dem Augenblicke begleiten, wo er durch den Tod seines Vaters zur Herrschaft berufen wurde. Friedrich Wilhelm wurde am 6./16. Februar 1620 auf dem Berliner Schlosse geboren. Sein Vater befand sich damals in Preußen, wohin ‚er sich begeben hatte, um sich der ihm erst im Jahre 1619 24 186 durch den Tod seines Vaters Johann Sigismund zugefallenen Regierungsgewalt zu versichern. Auch nachher hat er einen sehr großen Theil seiner Regierung in jenem entlegenen Lande zugebracht, um dem Kriegsschauplatze möglichst fern zu bleiben. Da aber sein Sohn mit dem ganzen Hofe in der Mark zurückblieb, ist es gekommen, daß er fast ohne allen persönlichen Verkehr mit dem Vater aufwuchs. Seine Mutter Elisabet Charlotte war eine Schwester Friedrich’s V. von der Pfalz, der durch die Annahme der böhmischen Königskrone den Anlaß zum Ausbruche des 30jährigen Krieges gegeben hatte und der sich damals noch im Genusse seiner kurzen Herrlichkeit befand. Ueber den Charakter und die Sinnes- weise dieser Frau, die ihren Gatten, den Kurfürsten Georg Wilhelm, um 20 Jahre überlebte, und über ihr Verhältniß zu dem Sohne sind wir leider nur sehr wenig unterrichtet. Zwar ist Friedrich Wilhelm auch von der Mutter ziemlich früh ‘getrennt worden, indessen fehlt es doch nicht ganz an Andeutungen, daß er zu ihr immer in innigeren Beziehungen gestanden hat, als zu seinem Vater. Dafür spricht unter anderen nachstehende Thatsache. Die Kurfürstin schenkte ihrem Sohne einst ein Armband mit folgender Zuschrift: „Dieses gebe ich Euch zur Versicherung meiner ‚herzlichen Liebe gegen Euch und einer Erin- nerung, meiner getreuen Vermahnung nicht zu vergessen, Gott und Eure Unterthanen über Alles zu lieben, aller Tugenden Euch zu befleißigen, die Laster aber ernstlich zu hassen; so wird Gottes Beistand Euren: Stuhl befestigen und aller zeitliche und ewige Segen Euch folgen.“ Unter diesen Worten hat der große Kurfürst eigenhändig bemerkt: Dieses ist mir während meiner ganzen Regierung stets vor Augen ge- wesen, und mein Sohn soll solches Armband nebst dieser Lehre von mir auch wieder erben.“ Wenn‘ man hiernach geneigt ist, Friedrich Wilhelm’s Mutter für eine einfache verständige Frau von sittlich edler und wohlwollender Denkart zu halten, so sprechen andere Umstände dafür, daß sie dabei doch den Par- teiungen, deren ‘Schauplatz der Hof eines so schwachen Fürsten, wie Georg Wilhelm war, in so beweg- ten Zeiten nothwendig werden mußte, sich keinesweges fern ‘gehalten hat. Sie hat sich, so viel sie- irgend vermochte, des pfälzischen Fürstenhauses angenommen, dem sie selbst entstammte, und da gerade’ diese Familie von dem Kaiser mit dem lebhaftesten Hasse verfolgt wurde, so mußte sie in diesem Be- streben nothwendig mit den Neigungen ihres Gemahles in Konflikt gerathen, die immer auf die mög- lichste Unterwürfigkeit gegen den Kaiser gerichtet waren. Die Sendung Friedrich Wilhelm’s nach den Niederlanden, wo ihre Verwandten nach ihrer Vertreibung aus Deutschland eine Zufluchtsstäite gefunden hatten und wo überhaupt eine Zeit lang fast alle Fäden der antikaiserlichen Politik zusammenliefen, erscheint demnach recht eigentlich als das Werk der Mutter; sie unterstützte den Sohn mit Rath und That, gab ihm Geld und Empfehlungsbriefe an die Ihrigen mit, sie erwirkte ihm von dem Vater eine Verlängerung seines dortigen Aufenthaltes, und es ist unzweifelhaft, daß sie dabei den Plan einer ehelichen Verbindung zwischen ihrem Sohne und einer ihrer pfälzischen Nichten verfolgte. Doch’ ich greife damit bereits vor. Zunächst handelt es sich um die erste Kindheit unseres Helden, während deren neben seiner Mutter noch ein anderer weiblicher Einfluß am Berliner Hofe wirksam war; es war der seiner Großmutter, der verwittweten Kurfürsin Anna, welche die Tochter des letzten Herzogs von Preußen und einer Prinzessin von Cleve war und somit vornehmlich die jüngst erfolgte Erwerbung dieser beiden Territorien für das Kurhaus Brandenburg vermittelt hatte. Knüpfte sich schon dadurch eine be- sondere Bedeutung an ihre Person, so war ihre Stellung noch eigenthümlicher geworden, seitdem das brandenburgische Fürstenhaus durch ihren Gemahl Johann Sigismund vom lutherischen zum reformirten- Bekenntniß hinübergeführt worden war, während sie selbst in dem strengsten Lutherthum verharrte.' Gerade in der Zeit, in welche die Geburt ihres Enkels Friedrich Wilhelm fällt, wußte sie während der’ Abwesenheit ihres Sohnes Georg Wilhelm und wider dessen Willen die Vermählung ihrer Tochter Eleo- nore mit Gustav Adolf von Schweden durchzusetzen, und gewann durch diese Verbindung mit dem streng lutherischen Schweden eine neue Stütze «für ihre religiösen Ueberzeugungen, für die sie auch sonst mit 187 dem größten Eifer thätig war und die sie dermaßen erfüllten, daß sie es verschmähte, die Pathenstelle bei ihrem neugeborenen Enkel zu übernehmen, die ihr ihr Sohn Georg Wilhelm angetragen hatte. Sie, die Lutheranerin, konnte sich nicht entschließen, bei einer reformirten Taufe mitzuwirken. Sie war über- haupt eine heftige, jähzornige, leidenschaftliche Frau, und es findet sich in dem Charakter ihres großen Enkels eine diesem Naturell der Großmutter verwandte Ader, die er aber in männlicher Besonnenheit zu bemeistern lernte. Dieselben Spaltungen, die also das kurfürstliche Haus entzweiten, zerrütteten auch das Land. Die lutherische Bevölkerung der Marken und Preußens stand dem Kurfürsten und seinen reformirten Räthen voll Mißtrauen und Erbitterung gegenüber. Es kam wiederholt zu argen Exzessen und Tumulten, und es mag als Kuriosum mitgetheilt werden, wie diese widerwärtigen Verhältnisse, welche dem großen Kurfürsten später manche Stunde seiner Regierung verbittern sollten, ihm schon wenige Monate nach seiner Geburt eine schlaflose Nacht verursacht haben. König Jakob von Englaud schickte nämlich seinem Schwiegersohne Friedrich von der Pfalz 2000 Mann englischer und schottischer Soldaten zu Hilfe (Cosmar, Anh. p- 68), welche auf ihrem Wege nach Böhmen die Mark durchzogen. Als nun diese Truppen, die sich nach der Soldatensitte jener Zeit eben nicht zum Besten aufführten und die überdies als Kalvinisten in dem lutherischen Lande schon an und für sich übel angesehen waren, in die Nähe von Berlin kamen und sich am 30. Juni bei Tempelhof lagerten, entstand unter den Berlinern der Verdacht, sie seien dazu bestimmt, sich der Stadt zu bemächtigen und die Bürgerschaft für einen früheren Aufruhr zu züchtigen, der bisher ungestraft geblieben war. In Folge dessen wurde die Lärmtrommel gerührt und man griff zu den Waffen, um den erwarteten Angriff der Engländer abzuwehren. Zwar kam es zu keinem Zusammenstoß, da die Engländer in der friedfertigsten Weise an der Stadt vorüberzogen. In- dessen dauerte doch die ganze Nacht hindurch der Tumult, über den der Kanzler Pruckmann an den Kurfürsten einen sehr lebendigen Bericht erstattet hat, in welchem es unter anderem heißt: ‚Eine an- dere Rotte hat sich zu Haufen rottirt und haben die ganze Nacht auf dem Dudelsack spielen lassen und ein übergroßes Platzen und Schießen getrieben, dadurch auch Ew. Durchl. junges ungetauftes Herrlein zwier in der Wiegen ziemlich erschreckt worden, daß leicht ein größeres Unglück daraus entstehen können. Ich glaube, daß der Teufel dieses zuvörderst gesucht habe.‘“ So rauhe Wiegenlieder wurden dem jungen Fürsten gesungen, und man kann denken, daß unter diesen schlimmen Verhältnissen auch seine Taufe in der einfachsten prunklosesten Weise vollzogen wurde. Kein auswärtiger Pathe wurde geladen. Es waren Zeiten, wo jeder Schritt der Art eine bedenkliche politische Auslegung hätte finden können. Auch wollte man jeden unnöthigen Aufwand vermeiden. Man beschränkte sich daher auf die Mitglieder des kur- fürstlichen Hauses, und auch diese waren, wie wir wissen, nicht vollzählig versammelt. Gerade die Nächsten fehlten, der Vater, der noch in Preußen weilte, die Großmutter, die sich in grollender Eni- _ fernung hielt. Unter diesen trüben Aspekten wurden dem fürstlichen Knaben die Namen verliehen, die er zu so hohen Ehren zu bringen berufen war, daß sie seitdem die herrschenden in dem brandenburgisch- preußischen Fürstenhause geblieben sind. Beiläufig gesagt, es wäre von Interesse zu ermitteln, wie man damals: zum erstenmal auf die Anwendung dieser Namen gefallen ist, die seitdem so eng mit der Ge- schichte Preußens verwachsen sind. Indessen aktenmäßig steht darüber nichts fest. Man kann nur ver- muthen. Der Name Wilhelm ist ohne Zweifel von dem Vater auf den Sohn übergegangen. Was dagegen den Namen Friedrich betrifft, so. ist: er zwar auch schon früher dem brandenburgischen Hause nicht fremd gewesen, und noch Friedrich Wilhelm’s Urgroßvater Joachim Friedrich, der erst vor 12 Jah- ren gestorben war, hatte ihn getragen, indessen trotzdem hat man es wohl mit: Recht für wahrscheinli+ cher gehalten, daß dieser Name wegen der Geltung gewählt worden ist, die er in dem pfälzischen Hause hatte. Ohne Zweifel begegnen wir auch hier dem Einflusse der Mutter, Friedrich Wilhelm’s, die den Namen ihres Vaters und ihres Bruders auch auf ihren Sohn übertrug. 1083 |’ 24* 188 So schwer auch schon in den ersten Lebensjahren Friedrich Wilhelm’s die Noth der Zeit auf den brandenburgischen Landen gelastet hatte, so sollten doch bald noch bösere Tage kommen. Der Kriegs- schauplatz, der anfangs auf das südliche Deutschland beschränkt gewesen war, zog sich seit dem Jahre 1626 nach dem Norden. Der Sieg Wallenstein’s bei Dessau öffnete den kaiserlichen Truppen die Mar- ken. Der Hof war also in der Hauptstadt nicht mehr sicher, und namentlich schien es gerathen, den Kurprinzen an einen Ort zu bringen, wo er den Wechselfällen des Krieges weniger ausgesetzt wäre. Dies wurde die Veranlassung, ihm das feste Küstrin als Aufenthaltsort anzuweisen, wo er von 1627 bis 1633 mit geringen Unterbrechungen gewohnt hat, an demselben Orte also, an welchem auch Fried- drich der Große unter noch traurigeren Verhältnissen einen Theil seiner Jugend hat hinbringen müssen. Friedrich Wilhelm befand sich übrigens dort in guten Händen. Seine Umgebungen waren mit Sorgfalt und Umsicht ausgewählt. An ihrer Spitze stand sein Hofmeister Johann Friedrich v. Kalkun genannt Leuchtmar, ein Edelmann aus dem Herzogthum Berg, reformirten Bekenntnisses, ein höchst wackerer, zuverlässiger, erfahrener Mann, der seinen Zögling nachher auch nach den Niederlanden begleitete und der ihm auch nach seinem Regierungsantritte als Freund und Rathgeber zur Seite blieb. In Küstrin hatte er zunächst den Unterricht des Prinzen zu überwachen. Er erstattet dem Vater wiederholt über die Fortschritte des Sohnes Bericht, die er übrigens als langsame bezeichnet. Friedrich Wilhelm ge- hörte nicht zu den frühreifen Geistern. Es läßt sich nicht mehr übersehen, auf welche Gegenstände sich der Unterricht des Knaben erstreckte. Neben der Religion und den zeichnenden Künsten, die Leucht- mar als seine Lieblingsbeschäftigungen hervorhebt, finden wir nur noch das Polnische besonders erwähnt, in welchem er aus begreiflichen Gründen auf ausdrückliches Verlangen seines Vaters unterwiesen wurde. Wir wissen nicht, wie weit er es in diesem Studium gebracht hat, aber das wissen wir, daß er in der Schlacht von Warschau mit den Polen eine Sprache geredet hat, die von ihnen verstanden worden ist. Die Erheiterungen, durch welche der Ernst solcher Beschäftigungen unterbrochen wurde, konnten nur höchst einfacher Art sein. Eigentlich war es nur die Jagd, deren Freuden der Prinz schon damals kennen lernte und der er sich fast mit Leidenschaft ergab. Im Uebrigen trug das Leben in Küstrin einen höchst einförmigen, fast ärmlichen Charakter. Der Kommandant der Festung Küstrin, Burgsdorf, berichtet einmal dem Kurfürsten, wie kaum die Tafel des Kurprinzen bestritten werden könne. Sein kleiner Hofstaat war auf die Gefälle der Stadt Landsberg an der Warthe angewiesen. Als die kaiserli- chen Truppen auch diese Stadt besetzten, ließ man den 9jährigen Knaben ein Bittschreiben an Wallen- stein unterzeichnen (Raumer I. S. 26), worin es heißt: „unseres Herrn Vaters ganzes Land ist durch Durchzüge so verderbi, daß kein Ort übrig, der uns armen jungen Fürsten hätte zu unserem Unterhalt assignirt werden können, als die ohnehin sehr verringerten Gefälle dieses Städtchens.‘ Wallenstein ge- währte die an ihn gerichtete Bitte und zog seine Truppen aus Landsberg wieder zurück. So hatte es der Prinz der Gnade des in Norddeutschland gebietenden kaiserlichen Feldherrn zu danken, daß er seine ärmliche Existenz weiter fortsetzen konnte, deren triste Einförmigkeit nur selten einmal durch einen Be- such unterbrochen wurde, den er in Berlin abstattete, oder den er von Seiten seiner Eltern und anderer Verwandten empfing. Man kennt den Umschwung, der im Jahre 1631 durch das Erscheinen Gustav Adolf’s in den deut- schen Verhältnissen eintrat. Georg Wilhelm hatte sich nach längerem Widerstreben in die schwedische Alliance gefügt, und man durfie nun in Folge der glänzenden Siege des Schwedenkönigs in der Mark wieder freier athmen. Auf die Lage des Kurprinzen konnte diese Veränderung nicht ohne Einfluß sein. Zwar wurde der Aufenthalt in Küstrin anfangs noch nicht ganz aufgegeben, aber er erfuhr nun längere und erfreulichere Unterbrechungen. Zu diesen gehören namentlich die wiederholten längeren Besuche des Prinzen in Stettin am Hofe des alten Herzogs Bogislav von Pommern, nach dessen Tode das Land 189 von Rechtswegen an Brandenburg fallen mußte, und der seinen jugendlichen Erben, den Knaben mit der Adlernase und den feurigen Augen, mit großem Wohlwollen aufnahm. Friedrich Wilhelm machte sich bei dieser Gelegenheit unter Anleitung Leuchtmar’s mit den pommerschen Verhältnissen vertraut, er gewann das Land und das Volk lieb, und empfand darum später die Nothwendigkeit, trotz seines guten Rechtes auf den besten Theil desselben verzichten zu müssen, um so schmerzlicher. Auch in Wolgast hielt sich Friedrich Wilhelm damals längere Zeit auf, wo seine Tante Eleonore, die Königin von Schwe- den, die ihrem Gatten nach Deutschland gefolgt war, ihren Sitz aufgeschlagen hatte. Dieser Besuch hieng mit einem Plane zusammen, welcher damals zwischen Gustav Adolf und seinem Schwager Georg Wilhelm, so wie zwischen den brandenburgischen und den schwedischen Staatsmännern in sehr ernste Erwä- gung genommen wurde, ich meine das Projekt einer Vermählung Friedrich Wilhelm’s mit Gustav Adolf’s Erbtochter Christine, wodurch unser Kurprinz den schwedischen Königsthron bestiegen haben und zum Herrscher über alle Küstenländer der Ostsee geworden sein würde. Indessen so viel Lockendes auch diese Aussicht selbst für einen Mann wie Georg Wilhelm haben mußte, so stieß man doch bald auf religiöse und politische Schwierigkeiten, und da bei dem jugendlichen Alter des in Rede stehenden Paares die Ausführung ohnehin noch längere Zeit hätte hinausgeschoben werden müssen, so waren die Bera- thungen vom Ziele noch weit entfernt, als der unerwartete Tod Gustav Adolf’s diesen Entwurf, wie so viele andere, ins Stocken brachte. Die Verbindung Brandenburgs mit Schweden überdauerte allerdings den Tod ihres Urhebers noch nm einige Jahre, und als die Leiche des großen Schwedenkönigs am 15. Juni 1633 zu Wolgast unter feierlichem Pomp zu Schiffe gebracht wurde, um nach Schweden hin- übergeführt zu werden, da folgte neben dem Kurfürten auch sein Sohn Friedrich Wilhelm dem silber- nen Sarge, der die Reste seines Oheims einschloß. Wer doch die Gedanken kennte, die in diesem feierlichen Augenblicke die Seele des jugendlichen Fürsten erfüllten. Uebrigens ist er nach diesem Tage nicht wieder nach Küstrin zurückgekehrt, sondern hat das folgende Jahr größtentheils in Stettin und in Berlin zugebracht, zum Theil mit Vorbereitungen für jene niederländische Reise beschäftigt, die er im Juni 1634 antrat und die für sein ferneres Denken und Thun in so vielfacher Rücksicht entscheidend geworden ist. Die durch das erneuerte Vordringen der kaiserlichen Truppen in Norddeutschland erzeugte Unsicherheit in den Marken mochte den Entschluß zu dieser Reise beschleunigen; hervorgerufen hat sie ihn nicht. Seit dem 16. Jahrhundert galt das Reisen junger Fürsten allgemein als letzter und sehr we- sentlicher Theil der Erziehung. Auch in dem brandenburgischen Hause hatie man sich seit den Zeiten Joachim’s II. dieser Sitte mit großer Regelmäßigkeit angeschlossen. Alle Nachfolger dieses Kurfürsten hatten einen Theil ihrer Jugend im Auslande verlebt. Es wäre also eine Neuerung gewesen, wenn man Friedrich Wilhelin nicht hätte reisen lassen. Nur das Ziel dieser Bildungsreisen war sonst ein anderes gewesen, anfangs Italien, später namentlich auch Frankreich. In der Republik der Niederlande, die während der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts unter schweren und langwierigen Kämpfen gegen die spanische Herrschaft ins Leben getreten war, hatten sich erst seit Kurzem die Verhältnisse so weit be- festigt, daß dieses Land bei solchen Unternehmungen überhaupt in Frage kommen konnte. Seit dem Anfange des 17. Jahrhunderts halte nun aber dieses an Umfang und Volkszahl kleine Gemeinwesen, dessen Gebiet mühsam dem Meere abgerungen war, in allen Richiungen des geistigen und gesellschaft- lichen Lebens einen so schnellen und gewaltigen Aufschwung genommen, daß es in kurzer Frist ent- schieden an die Spitze der gesammten europäischen Gesittung getreten war. Diese schnelle Blüthe hatte es vor allem seiner Seeherrschaft zu danken, welche sich auf den Besitz ausgedehnter Kolonieen in den beiden Indien, in Nordamerika und an der afrikanischen Küste gründete. Die mit großen Kapi- talien ausgerüsteten Handelsgesellschaften von Amsterdam führten die Reichthümer aller dieser Länder nach Europa, und durch den ununterbrochenen regen Verkehr mit den entferntesten Theilen der Erde 190 wurde zugleich eine Menge neuer Kenntnisse und Erfahrungen in Umlauf gesetzt, deren sich der rege Geist der damaligen Niederländer mit dem besten Erfolge für die Förderung der Wissenschaften zu be- mächtigen wußte. Die mit einer ewig denkwürdigen Kühnheit und Großarligkeit der Gesinnung mitten unter dem Getöse der Walfen gegründete Universität Leiden wurde damals mit, jenen herrlichen natur- wissenschaftlichen Sammlungen ausgestattet, die noch heute die Bewunderung aller Besucher erregen. Die mathemathischen Wissenschaften: Astronomie, Physik, Erdkunde, Medizin, durch die Erfindung neuer Instrumente und durch eine zu einem hohen Grade von Vollkommenheit geführte Technik gefördert, zogen dort zuerst die Kinderschuhe aus. Und mit nicht geringerem Eifer und Erfolge wurden auch ganz an- dere geistige Richtungen gefördert. Die Selbständigkeit der Niederlande wurzelte zunächst in dem re- ligiösen Gegensatze gegen das katholische Spanien. Nirgends waren die Ideen der Reformation mit größerer Lebendigkeit als hier ergriffen worden, mit einer Lebendigkeit, die nach der Sicherung ihres äußeren Bestandes in den inneren Parteiungen der holländischen Kirche fortwirkte. Wenn diese inneren Kämpfe auch mitunter eine harte und schroffe Gestalt annahmen, so waren sie doch in ihrem innersten Grunde geistiger Natur. Indem sie zu immer tieferen Spekulationen führten, erweckten sie das Interesse für Philosophie; man weiß, daß Descartes, der Begründer der modernen Philosophie, zuerst in Holland mit seinem System hervorgetreten ist und Anklang gefunden hat. Und wie die philosophischen Interes- sen, so standen namentlich auch die klassischen Studien mit dem religiösen Leben in der regsten Wech- selwirkung. Die holländische Philologie ist bis tief in das 18. Jahrhundert hinein mustergiltig gewesen. Es würde mich zu weit führen, wollte ich darstellen, wie auch Poesie und Kunst damals in den Nieder- landen ihre Pflege fanden. Aber das kann ich hervorzuheben nicht unterlassen, daß die Feldlager der niederländischen Truppen, die von den großen Oraniern organisirt und geführt waren, damals mit Recht in ganz Europa als die hohe Schule der Kriegskunst gaiten, und daß die moderne Politik in dem Va- terlande des Hugo Grotius zuerst praktisch und theoretisch ihre Ausbildung empfangen hat. Ich wüßte außer den Tagen des Glanzes, die Perikles über Athen heraufführte, in der Geschichte kein zweites Beispiel eines so intensiven und zugleich so allseitigen geistigen und materiellen Gedeihens, wie es die Republik der Niederlande seit dem Anfang des 17. Jahrhunderts darbietet. Der 30jährige Krieg, der anderwärts und namentlich in unserem unglücklichen Vaterlande so viele Blüthen geknickt hat, hat hier nur dazu beigetragen dieses Gedeihen noch zu vermehren, indem das kleine Land, welches trotz seiner lebhaften Betheiligung an der allgemeinen europäischen Verwickelung doch den Krieg von seinem eige- nen Gebiete abzuwehren wußte, gerade in der Zeit der allgemeinen Noth eine um so mächtigere An- ziehungskraft übte und bei der schönen Liberalität seiner Regierungsgrundsätze mehr und mehr zum Sammelplatze verwandter Kräfte aus allen Theilen Europa’s wurde. Eben in die Jahre des 30jährigen Krieges fällt das goldene Zeitalter der Niederlande. Welchen Eindruck mußte nun dieses Land auf unseren jungen Kurprinzen machen, als er es im Sommer 1634 betrat, ein 14jähriger Jüngling, mit leidiichen Geldmitteln und mit Empfehlungen ausgestattet an den Prinzen Heinrich Friedrich von Oranien, an die Generalstaaten, so wie an seine Tante, die Königin von Böhmen (so wollte die unglück- liche Tochter Jakob’s I. auch in ihrem Exile noch genannt sein). Hier fand er statt der verwüsteten Marken ein Land, das wie ein Garten blühte, statt militairischer Gewaltherrschaft den Segen bürgerlicher Freiheit, statt geistverlassener Bigotterie den lebendigsten Gedankenverkehr, statt der ärmlichen Verhält- nisse, unter denen er aufgewachsen war, die Mittel des Wohllebens im Ueberfluß. An dieser Stelle mehr als an jeder anderen haben wir Ursache, über die Dürftigkeit der uns zugänglichen Quellen zu klagen, die uns keinen Blick in die geistige Entwickelung des jungen Fürsten gestatten, welcher fast noch Knabe war, als er dieses Land betrat, und es im vierten Jahre seines Aufenthaltes, innerlich ge- reift und fertig, verließ. Zwar über die Aeußerlichkeiten aus dieser Zeit, sind wir sehr ‘genau unterrichtet. 191 Wie lange er in Leiden verweilt hat, wie lange in Arnheim und Amsterdam oder im Haag oder im Lager des Prinzen von Oranien, — wie viel ihm seine Wohnung, sein Mittagstisch, wie viel Wagen und Pferde gekostet haben, das können wir ihm genau nachrechnen. Aber welche Beobachtungen ihn vor- zugsweise interessirien, mit welchen Studien er sich beschäftigte, mit welchen Gelehrten und Staats- männern er in Verkehr trat, danach würden wir vergebens fragen. Nur aus den später in der Regie- zung des großen Kurfürsten hervortretenden Wirkungen läßt sich ein Schluß auf die Eindrücke machen, denen er sich in den Niederlanden vorzugsweise hingegeben hat, und in der That ist fast keine Seite seines Lebens und seiner Thätigkeit, in der nicht Spuren aus dieser Zeit zu erkennen wären. Daß er seine militairische Bildung dem Prinzen von Oranien verdankte, ist schon von Friedrich dem Großen ausgesprochen worden. Aber auch die neuen Einrichtungen, die er in der Verwaltung und namentlich im Finanzwesen begründete, sind holländischen Mustern nachgebildet, wie denn Holland fast ein Jahr- hundert lang in vielen Stücken das Vorbild des aufstrebenden preußischen Staates blieb. Des großen Kurfürsten Vorliebe für das Seewesen stammt eben daher. Nicht minder sind iu seiner Liebe zu Wis- senschaften und Kunst, in seiner Freude an Gemälden und Seltenheiten, ja selbst in seinen kleinen Lieb- habereien, wie z. B. in der für Gartenbau und Blumenzucht, die holländischen Einwirkungen unverkennbar. Inzwischen boten sich für den Kurprinzen in den Niederlanden außer solchen allgemeinen Beobachtun- gen und Belehrungen auch persönliche Beziehungen dar, die mit der längeren Dauer seines dortigen Aufenthaltes mehr und mehr in den Vordergrund traten. Zunächst traten die Stände des Herzogihums Cleve mit ihm als dem Erben ihres Landesherrn in Verbindung. Es kam der Plan in Gang, er solle Statthalter dieses Gebietes mit einer möglichst selbständigen Stellung werden. In Cleve zog man in so stürmischen Zeiten den Schutz eines im Lande gegenwärtigen jugendkräftigen Prinzen der Regierung des schwachen und entfernten Kurfürsten vor. Der Prinz aber ergriff einen Gedanken mit Begierde, der ihm 'schon vor dem Tode seines Vaters einen ihm höchst zusagenden selbständigen Wirkungskreis ver- hieß. Desto weniger war dieser Vorschlag nach dem Geschmacke Georg Wilhelm’s, der ihn anfangs in Gnaden, und als er ihm wiederholt vorgelegt wurde, in höchst ungnädigen Ausdrücken zurückwies, ja der davon Veranlassung nahm, die Rückkehr seines Sohnes zu fordern, um ihn so mißliebigen und bedenklichen Verbindungen ein für allemal zu entziehen. Und gleichzeitig hatten nun auch andere Um- stände dem Kurfürsten die Entfernung seines Sohnes aus den Niederlanden höchst wünschenswerth ge- macht. Es war namentlich die schon vorher erwähnte Verbindung mit der dort lebenden vertriebenen pfälzischen Fürstenfamilie. Die beiden ältesten Söhne der Königin von Böhmen waren die Prinzen Karl Ludwig, der nachher durch den westphälischen Frieden wieder in den Besitz der Pfalz kam und Kur- fürst wurde, und Ruprecht, dem man in den englischen Bürgerkriegen später als Feldherrn seines Oheims Karl’s I. begegnet. Beide (17 und 15 Jahr alt), zwei wohl erzogene Jünglinge, studirten 1634 in Lei- den mit Friedrich Wilhelm zugleich und bildeten seinen iäglichen Umgang. Aber es knüpften sich, wie bereits früher angedeutet worden ist, für ihn allmälig noch innigere und zartere Beziehungen zu der so nahe verwandten Familie Er besuchte seine Tante in Rhena bei Arnheim, wo sie mit ihren Kindern in ländlicher Zurückgezogenheit lebte, ohne doch den Gedanken weltlichen Ehrgeizes abgesagt zu haben. Hier lernte er ihre Töchter kennen. Die älteste, Henriette, war 16 Jahr alt, als Friedrich Wilhelm nach den Niederlanden kam. Sie war ganz gelehrten Studien ergeben; eine begeisterle Anhängerin der Phi- losophie des Descartes, disputirte sie öffentlich mit holländischen Gelehrten. Später ist sie Aebtissin von Herford geworden und hat sich immer den Ruf einer hochgebildeten frommen Frau bewahrt. Ihre jüngere Schwester Ludovike Hollandine hatte einen weltlicheren Sinn. Bei dem ersten Besuche des Prinzen in Rhena ein Mädchen von 13 Jahren, lebhaften Geistes, voll Talent, namentlich zur Malerei, die auch ihn schon als Knaben angezogen hatte, blühte sie gewissermaßen unter seinen Augen zur Jungfrau 192 heran. Sie war es, auf die der Plan zu einer erneuerten Verbindung des pfälzischen und des bran- denburgischen Hauses gebaut wurde, und die beiden Mütter betrieben mit Eifer eine Ehe zwischen ihren Kindern. Wie es um die Herzen der beiden jungen Leute stand, davon meldet die Geschichte nichts. Daß sie an einander Gefallen gefunden haben, ist wenigstens sehr glaublich. Die Prinzessin Ludovike we- nigstens hat durch ihr späteres Leben gezeigt, daß es ihr an der Fähigkeit, Eroberungen zu machen, nicht fehlte. In Folge eines Liebeshandels zur katholischen Kirche übergetreten, ist sie nach einem leicht- fertigen Leben als Aebtissin zu Maubuisson in Frankreich in hohem Alter gestorben. Daß Georg Wil- helm eine solche Verbindung für seinen Sohn nicht wünschen konnte, ist begreiflich. Als er von dem Stande der Dinge unterrichtet wurde, bestand er nur um so entschiedener auf der Rückkehr seines Sohnes, dessen Aufenthalt in einem dem Kaiser so durchaus feindseligen Lande ihm an sich schon unangemessen erscheinen mußte, seitdem er gleich nach dem Prager Frieden sich mit dem Kaiser verbündet hatie. Friedrich Wilhelm entzog sich der ihm höchst unerwünschten Rückkehr so lange wie möglich. Er suchte Ausflüchte, indem er sich bald mit Mangel an Geldmitteln, bald mit der Unsicherheit des Weges durch Deutschland, bald mit seiner Abneigung gegen eine Seereise entschuldigte. Aber die Befehle des Vaters wurden immer dringender. Er schritt zuletzt zu der Drohung, sich ganz von seinem Sohne loszusagen, so daß dieser endlich Folge leisten mußte und 1638 nach Berlin zurückkehrte. Daß auf diese Weise jener Eheplan seiner Mutter scheiterte, war gewiß zu seinem Heile. Man weiß, daß er sich später eine andere Gemahlin aus den Niederlanden geholt hat, Luise Henriette, die Tochter des Prinzen von Oranien, zur Zeit seines früheren Aufenthaltes noch Kind, eine der edelsten Fürstinnen, die je einen Thron ge- ziert haben. — Die Verhältnisse, die Friedrich Wilhelm in der Heimat vorfand, waren höchst uner- freulicher Art. Weder zu seinem Vater, noch zu Schwarzenberg, dem er mit Recht das eifrige Betreiben seiner Rückkehr zuschrieb, konnte er in ein befriedigendes Verhältniß kommen. Er mußte den Ersteren nach Preußen begleiten und lebte dort in höchst beengter Lage, aus der ihn der unerwartet früh erfol- gende Tod seines Vaters (1640) befreite. So bestieg er den Thron, an Jahren noch ein Jüngling. Aber er war durch die Schule der Leiden, durch den Kampf gegen Versuchungen, durch seine reichen Erfahrungen zum Manne gereift. Anmerkung: Zu der vorstehenden Darstellung sind ausser den benannten Werken allgemeinen Inhaltes namentlich benutzt worden: W. G. v. R(aumer). Friedrich Wilhelm des Grossen, Kurfürsten von Brandenburg, Kinderjahre. Aus archi- valischen Quellen. Berlin 1850. - Derselbe. Friedrich Wilhelm des Grossen, Kurfürsten von Brandenburg, Jugendjahre. Mit dessen Origi- nalbriefen aus dem königl. Hausarchiv. Erster Abschnitt. Berlin 1853. Zweiter Abschnitt. Berlin 1854. ee AR 193 Bericht über die Thätigkeit der juristischen Sektion im Jahre 1857, Geh. Justizrath und Professor Dr. Gaupp, zeitigem Sekretair derselben. Her: Appellations-Gerichts-Präsident a. D. Hundrich hielt am 1. April folgenden Vortrag: Ueber neuere Ehescheidungs-Gesetzgebungen. Für uns Preussen ist es in der Gesetzgebung über Ehescheidungen noch nicht entschieden, ob und wie weit die Aenderung eintreten wird, welche längst angebahnt und von gewisser Sento schon, nach meinem Erachten allerdings zu voreilig, ausgebeutet wird, Da die Frage bei uns noch schwebt, so habe ich in meiner Schrift vom Jahre 1855 und später verschiedentlich meine Ansichten vorgetragen, dabei auch Uebersichten aus den Legislationen _ anderer Staaten zur Vergleichung beigefügt. Inzwischen ist hierin für die beiden grossen Staaten Oesterreich und England eine völlige Umge- staltung erfolgt. Hierüber und über verschiedene Nachbarstaaten, desgleichen über einige bei uns besonders zweifelhaft befundene Ehescheidungsgründe spreche ich mich gegenwärtig aus. I. In Oesterreich galt für Ehescheidungen bisher das am 1. Juni 1811 eingeführte bürgerliche Gesetzbuch mit vielfachen 'Scheidungsgründen und mit der Competenz der Civilgerichte. Nach dem zwischen dem Kaiser von Oesterreich und dem Papste am 18. August 1855 geschlos- senen Concordat sollen — laut Artikel X — alle Ehesachen der Katholiken auf Grund der Cano- nes, besonders der Satzungen des Tridentinischen Concils vom Jahre 1563, und zwar von geistiichen Behörden bearbeitet und entschieden werden. i Diesem gemäss sind die Vorschriften des bürgerlichen Gesetzbuches nebst den übrigen bis- herigen Verordnungen in Ehesachen der Katholiken ausser Kraft gesetzt. Durch das kaiserliche Patent!) vom 8. October 1856 — in 13 Artikeln — nebst der ausführli- chen Anweisung — in 251 Paragraphen — ist nur der Bischof mit seinen Gehülfen berufen, die Ehesachen der Katholiken zu erledigen. !) Dieses Patent nebst der dazu gehörigen Anweisung ist mitgedruckt in Schulte’s Erläuterung, Prag 1856. Neuerlich hat Dr. Janssen in Heidelberg ‚Einige Worte zur Verständigung, Frankfurt ‘a. M. 1857“ a drucken lassen, deren Inhalt er schon früher in der Zeitung „Deutschland“ kundgegeben hatte. 25 194 Die evangelischen Christen betrifft dies nicht, auch ist im Art. VIII des Patents wegen der Verbindungen eine Ausnahme gemacht, ‚welche nach den in einigen Theilen des Kaiserreichs über die sogenannte Civilehe früher bestandenen Gesetzen eingegangen sind.“ Wegen der Misch-Ehen heisst es im Art. X daselbst wörtlich: „Ist die Ehe zwischen katholischen und nichtkatholischen Christen unter der Herrschaft des bürgerlichen Eherechts geschlossen worden, so steht dem nichtkatholischen Ehetheile frei, wegen der von der kätholischen Kirche nicht anerkannten Hindernisse des bürgerli- chen Gesetzes, unter den Bedingungen, an welche dieses Gesetz sein Bestreitungsrecht knüpfte, von dem weltlichen Gerichte die Trennung der Ehe zu verlangen. Wird die Trennung ausgesprochen, so ist der Kläger nicht gebindert, sich mit einer nichtkatholischen Person zu verehelichen; mit einer katholischen darf er aber, so lange der katholische Theil am Leben ist, unter der im $ 35 bestimmten Strafe keine Ehe eingehen. Die Vermögensfragen sind nach den Grundsätzen zu regeln, welche in $$ 102 u. 1265 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches für den Fall der Ungültigkeitserklärung aufgestellt sind. Die in der Ehe erzeugten Kinder sind jedoch als ehelich anzusehen.“ — Meines Wissens war Letzteres auch bisher dort und in andern Ländern nicht bestritten, wo dagegen die Erziehung und der Unterricht der Kinder: in der Religion manchen Zwiespalt herbeiführte. Die Motive bei Errichtung dieses Concordats für den Oesterreichischen Kaiserstaat sind nicht öffentlich erörtert, wie dies bei Prüfung der Gesetzesvorlagen in constitutionellen Staaten!) geschieht. Ohne Zweifel bezweckt die Oesterreichische Regierung durch das Concordat ein gemeinsames Band zu erhalten für sämmtliche katholische Einwohner des Gesammtstaates in Italien, in Ungarn und in den übrigen, zum Theil in Gestaltung und Gesittung sehr verschiedenartigen, Provinzen. Die neue Oesterreichische Gesetzgebung unterscheidet nun darin, ob es sich handelt; a) um die Ungültigkeit der Ehe? Als Grund dafür sind angegeben: Irrthum und Zwang, mit sechsmonatlicher Frist vom Tage der erhaltenen Kenntniss, resp. der aufgehobenen Furcht; Unvermögen, falls dasselbe nicht schon offenkundig war; Unmündigkeit, sofern der mündig gewordene Gatte sich selbst bewogen fühlt, dies noch geltend zu machen. Ausserdem ist besonders angegeben: ' Ablegung des Ordensgelübdes, falls beide Gatten erklären, die Ehe noch nicht consumirt zu haben, und von dem andern Theile kein Widerspruch gegen den Eintritt in ein Kloster erfolgt. Ward dann das feierliche Gelübde abgelegt, so ist der andere Theil unbehindert, zu einer wei- tern ehelichen Verbindung zu schreiten, indem man die definitive Scheidung — wie durch den Tod erfolgt — hierbei annimmt. b) oder ob es sich um lebenslängliche Trennung von Tisch und Bett handelt? namentlich wegen Ehebruchs. Der Antrag findet keine Berücksichtigung, wenn der klagende Theil gleichen Vergehens schul- 3), Für Würtemberg ist eine Erörterung der am. 21, December 1857 bekannt gemachten Vereinbarung zu erwarten. - 195 dig ist, oder jenes Verhältniss seines Gatten mit herbeigeführt, oder Verzeihung, selbst stillschwei- gend, gewährt hat. c) oder nur um zeitweise Trennung von Tisch und Bett? Hierzu genügen vielfache Gründe, als Gefährdung des Seelenheils, des Lebens und der Ge- sundheit, Abtrünnigkeit vom katholischen Glauben, Verführung zu Lastern und Verbrechen, Miss- handlungen mit Nachtheilen für die Gesundheit, empfindliche fortgesetzte Kränkungen, ansteckende und langwierige körperliche Uebel; auch bösliche Verlassung, weshalb der klagende Theil die Scheidung von Tisch und Bett erlan- gen kann, bis der Schuldige seine Bereitwilligkeit, die ehelichen Pflichten wieder zu erfül- len, bewährt hat, desgleichen solche Pflichtverletzungen, durch welche das Vermögen oder die bürgerliche Ehre‘ des andern Gatten benachtheiligt werden. Das neue Oesterreichische Gesetz giebt hiernach mannigfachen Stoff, die Nichtigkeit der Ehen, besonders aber die zeitweise Trennung!) derselben auszusprechen. Ueber die Erfolge dieser Art der Trennung habe ich keine Gelegenheit gehabt, in meinen amtlichen Verhältnissen Erfahrungen zu sammeln; es scheint mir aber, dass die Entfremdungen der Gatten auf Jahre wohl selten zur Wiederkehr des gemeinschaftlichen Friedens führen können, dass vielmehr die inzwischen erfolgte Anknüpfung anderer Verhältnisse, namentlich bei der zahlreichen Klasse minder begüterter, der täglichen Nahrung nachgehender Personen, die Kluft zwischen den getrennten Gatten noch er- weitern möchte! — Was das dortige formelle Verfahren anbetrifft, so muss der klagende Theil sich zunächst an den Pfarrer wenden, um Sühneversuche zu bewirken. Bleiben dieselben fruchtlos, so geht die Klage an das geistliche Ehegericht, welches vom Bischof eingesetzt ist. Genügen demselben die etwa von dem verklagten Theile abgelegten Geständnisse nicht, so veranlasst dasselbe die Beweisauf- nahme durch einen Commissarius und sorgt für die weitere Aufklärung der ehelichen Verhältnisse der Parteien. Wird erkannt, so gelangt das Urtel erst nach Zustimmung Seitens des Bischofs zur Publication. Der gewöhnliche Instanzenzug erfolgt an den Metropolitan der Kirchenprovinz und von diesem an den heiligen Stuhl, abgesehen von Nichtigkeitsfällen, namentlich wenn in erster Instanz eine Ehe für ungültig erklärt ist, worauf der Vertheidiger der Ehe von Amtswegen die Berufung einlegen muss, wobei im Fall der Differenz der Entscheidungen zur vierten Instanz 2) geschritten werden muss. Das Ehegericht erster Instanz wird aus Mitgliedern ernannt, welche der Bischof hierzu ernennt, In dem Schlesischen Kirchenblatt vom 24. Januar 1857 findet sich der Hirtenbrief, welchen der Herr Fürstbischof zu Breslau am Sylvestertage 1856 in Betreff seiner im Oesterreichischen vorhandenen Diöcese erlassen hat. Derselbe würdigt zunächst die Heilighaltuug der Ehe und sagt dann wegen der Ehejurisdietion: sie betreffe theils die Ehegelöbnisse in ihrer Abschliessung, Gültigkeit und Ungültigkeit, theils die Ehe selbst in ihrer Gültigkeit oder Nichtigkeit, ihrer Tren- nung und Scheidung von Tisch und Bett, in ihrer Sanation oder Reconvalidation. 2 ı) Das Preuss. Landrecht Thl. II. Tit. 1. $ 733 verbietet dann auf Trennung von Tisch und Bett zu erken- nen, wenn auch nur Einer der Ehegatten der protestantischen Religion zugethan ist. Dass ein solcher Ehegatte nicht vor eine katholische geistliche Behörde vorgeladen, auch nicht mit ihm verhandelt und nicht über ihn von derselben verfügt werden kann, unterliegt bei uns wohl keinem Zweifel. 2) Wie dabei die Zwischeninstänzen regulirt werden, bevor die Sache schliesslich an den heiligen Stuhl gelangt, habe ich aus der von Schulte aufgenommenen Anweisung vom 8. October 1856 nicht deutlich ersehen können. 25* 196 Das Ehegericht ist in Teschen eingesetzt, bestehend aus einem Präses, vier Räthen, einem Defensor matrimonii und einem Secretär. Für auswärtige Verhandlungen sollen die zwölf Ergpries ster, als Commissarien, eintreten. Ausdrücklich Runder der Fürstbischof, ihm selbst, wenn sich das Ehegericht über die Entschei- dung geeinigt, zunächst den Entwurf des Urtheils unter Beifügung der Gründe vorzulegen. — Sofern sich die Parteien nicht wegen der Vermögensfrage dem Ehegericht auch — als Schiedsgericht — unterwerfen, gelangt die Entscheidung hierüber an das weltliche Gericht. Die Todeserklärungen mit bürgerlichen Wirkungen competiren auch dem Civilgericht; wegen der Befugniss zur Wiederverheirathung unterliegt aber der Fall der Beurtheilung des Bischofs. Es ist nicht meine Absicht, eine fremde, bereits festgestellte Legislation zur Kritik zu ziehen, um so. weniger, als die Fackel der Erfahrung wegen der Anwendung der neuen Gesetze noch nicht geleuchtet hat. Bedenke ich aber, welch eine Macht dort in die Hand des Clerus!) gelegt ist, dessen Mit- glieder im Cölibat leben, so dass sie nicht wegen Weib und Kind als Familien-Väter selbst Erfah- rungen über das eheliche Leben sammeln können, und erachte ich, welch ein weites Feld die An- wendung alter vor Jahrhunderten gefasster Satzungen statt des im Jahre 1811 promulgirten bür- gerlichen. Gesetzbuches dort dem (Clerus bei Beurtheilung der Verhältnisse in dem Ehewesen darbietet, so freue ich mich doppelt unsers Besitzstandes im Preussischen und: der Vorsicht, wo- mit bei uns die einzelnen Punkte berathen werden, welche einer Abänderung unterworfen werden möchten. i Il. Ist man neuerlich in Oesterreich zum Olerus und zu alten Canones für Ehescheidungssachen zurückgekehrt, so hat man in England?) jetzt dagegen darin den Gerichten die Competenz über- tragen und geistliche Spruchbehörden ausgeschlossen. Die positiven Gesetze in England sind im Allgemeinen nicht so umfassend vorhanden, als in Preussen, Frankreich und Oesterreich. Dort ersetzen der Gerichtsgebrauch und die Sitte?) manches Lückenhafte in der Legislation. Wegen der Ehescheidungen hatte vor Jahrhunderten die Römische Kirche in England zwar auch das -Sacrament der Ehe angenommen, aber dabei für unglückliche Ehegatten eine Menge von Nichtigkeitsgründen anerkannt. - So wird von dort ein Fall erwähnt, wonach eine Ehe aufge- löst worden, weil der Ehemann mit einem Vetter seiner Frau die Pathenstelle angenommen gehabt habe, Die durch Luther, Melanchthon, Zwingli, Calvin und Andere veranlasste Reformation bewirkte eine veränderte Anschauung über das eheliche Leben auch in England. Die Ehe wurde nicht als 1) Wegen der Schulen, namentlich in Ungarn, erwähnten die öffentlichen Blätter kürzlich einer Erweiterung der Befugnisse des katholischen Clerus für die Schulen, welche nicht erweislich von Protestanten gestiftet worden sind und nicht ausschliesslich jetzt*von evangelischen Christen besucht werden. Das Concordat hatte Art, VII nur die katholische Jugend im Auge gehabt, nicht aber evangelische, hatte von Protestanten dabei nichts erwähnt. — .. Auch neue Festtage werden von der höhern Geistlichkeit im Oesterreichischen angeordnet; ob auch längere Wallfahrten? und mit welchen Erfolgen? möchte dahin gestellt sein. 2) Man vergleiche die Aufsätze vom Stadtgerichts-Rathe Oppenheim zu Berlin in dem Just.-Min.-Bl. vom Jahre 1857 Nr. 29, 42 u. 43. ®) Man sehe meine Schrift über "Ehen und Scheidungen S. 17. 197 ein Sacrament, sondern als ein Vertragsverhältniss, unter Hinzutritt und Einsegnung der Kirche, erachtet. Unter dem Vorsitz des Erzbischofs Cranmer wurde bereits im 16. Jahrbundert über die Ehe- scheidungsgründe von einer Commission berathen, wofür sie angab: Ehebruch, bösliche Verlassung, tief eingewurzelten Hass und andere Zerwürfnisse im ehelichen Frieden. Im Jahre 1644 richtete John Milton an das Parlament eine Schrift, worin er die Satzungen von Moses, so. wie die Antworten von Christus an die Pharisäer erörterte, hierbei die Eheschei- dung aus Gründen der Vernunft für statthaft erklärte, auch ermahnte: man möge nicht darin beharren, bei nutzlosen Qualen unter der falschen Vorstellung einer Strenge zu seufzen, welche von oben niemals auferlegt sei! — Im Jahre 1850 wurde eine Commission ernannt, um über die ganze Ehegesetzgebung zu berathen. Inzwischen unterblieb die Errichtung eines solchen generellen Gesetzes. Eine vollständige Scheidung in England war nur mit enormen Kosten und nach vorgängigen grossen Weitläuftigkeiten vor mehreren Behörden, durch eine Parlamentsacte erreichbar, welche die Scheidung vom Ehebande und die Befugniss zur Wiederverheirathung für den klagenden Theil, welcher den Ehebruch gerügt hatte, in sich schloss. Leute geringen Standes und Vermögens konnten diese Prozedur nicht beginnen; bei ihnen traten eigenmächtige Trennungen in nicht gesetzlicher Form ein, z. B. durch den Verkauf der Gat- tin auf dem Markte; auch verübte man häufig das Verbrechen der Bigamie mit auffallend geringer Bestrafung. Einfache Trennungen von Tisch und Bett wurden nicht blos wegen Ehebruchs verstattet, son- dern auch wegen böslichen Verlassens, desgleichen wegen Gewaltthätigkeiten, wobei eine Aufhebung der Stellung der Ehegatten in ihren bürgerlichen Verhältnissen und wegen ihres Vermögens nicht mit eintrat. — Endlich ist nun in den Jahren 1856 u. 1857 die Ehescheidungsfrage nach langen Erörterungen in beiden Häusern für England näher festgestellt. Manche Widersacher gegen den Gesetzesentwurf meinten: solle nun überhaupt eine gericht- liche vollständige Ehescheidung gewährt sein, so möge man auch den Kreis der Ehescheidungs- gründe erweitern. Ueber folgende Gegenstände entspannen sich die erheblichsten Debatten, welche meines Erach- tens manches auch für andere Länder näher Beachtungswerthe in sich schliessen, nämlich a) in wie weit auch der Ehebruch des Mannes die Frau berechtigen solle, die Scheidung vom Ehebande zu verlangen? Nach unserer preussischen Legislation sind bekanntlich hierin Mann und Frau gleichgestellt; nach dem Code Napoleon Art. 230 schliesst der Ehebruch des Mannes nur dann für die Frau, einen triftigen Grund zur Scheidungsklage in sich, wenn der Mann seine Beischläferin im gemein- schaftlichen Hause gehalten hat. In England erfolgte folgendes Resultat: Die Frau hat wegen des Ehebruchs des Mannes nur dann ein Klagerecht, wenn der Ehe- bruch mit.Bigamie, oder Gewaltthätigkeit, oder incestuös begangen worden, d. h. mit einer Person, welche der Mann — den Tod seiner Ehefrau vorausgesetzt — wegen verbotenen. ‚Grades der Verwandtschaft oder Schwägerschaft nicht hätte heirathen dürfen, 198 b) darüber: ob eine Wiederverheirathung des schuldigen Theils überhaupt und besonders mit der Per- son zu verstatten, mit welcher die Ehe gebrochen worden? Merkwürdiger Weise erfolgte die Entscheidung auf eine dem schuldigen Theile völlig günstige Weise, abweichend von unserer Preussischen und andern neuen Legislationen, welche hierin — und gewiss mit weiser Berücksichtigung der Würde der Ehe — strengere Grundsätze enthalten, wonach die Heirath der ehebrecherischen Person mit der auch schuldigen schlechterdings verboten ist: c) in wie fern gegen die für Abschliessung eines neuen Ehebandes sich widerspenstig zeigen- den Geistlichen eine Bestrafung oder eine Klage statthaft sein solle? Die Regierungsvor- lage ging ausdrücklich auf Bestrafung. Nach langen Erörterungen wurde bestimmt, dass ein Geistlicher zwar nicht bestraft werden solle, wenn er seine Mitwirkung bei der Wiederverheirathung des Geschiedenen ablehne, dass er aber verpflichtet sei, seine Kirche einzuräumen, wenn irgend ein anderer Geistlicher seine Bereit- willigkeit erkläre, seiner eigenen Ueberzeugung folgend und ohne alle Einwirkung einer Oberbehörde. Bei diesem Punkte verweile ich etwas länger, weil, wie jetzt der rechtskundige Vertreter der englischen Krone, so auch einst unser berühmter Justiz-Minister Savigny Zwangsmaassregeln gegen renitente Geistliche für statthaft erklärte, und ich das erst neuerlich von verschiedenen evan- gelischen Geistlichen beliebte Verhalten missbilligen muss. Der Vertreter der Regierung sprach im Parlament für den ursprünglichen Gesetzesentwurf: nöthigen Falls zur Bestrafung eines Geist- lichen zu schreiten, welcher sich gegen das Gesetz und das Judicat nach seinem — oft wandel- baren — Ermessen stemmen wolle, wodurch wohl überall nur traurige Folgen entstehen möchten, Der Redner meinte: man sei im Begriff, den Geistlichen von der unbeugsamen Gewalt des Gesetzes zu befreien ünd der Geistlichkeit ein verhängnissvolles Geschenk zu machen, wenn der Einzelne bei Amtshandlungen an sein Herz appelliren dürfe, welches er von einem Falle auch auf andere übertragen möchte. Er warnte auf das dringendste vor den Folgen der den Geistlichen zu gesähre den Eigen- mächtigkeit, welche die Quelle von Uneinigkeit und Zwist werden und zu Spaltungen führen könne, wenn solche Ansichten gegen das Gesetz und die Richtersprüche Geltung finden dürften. Die von dem Parlament hierauf beschlossene Verpflichtung des Pfarrers, bei eigener Weigerung der Mitwirkung, seine Kirche für jeden bereitwilligern andern Geistlichen herzugeben, erscheint dort — abgesehen von der Befugniss der Brautleute, sich durch einen Civilact') copuliren zu lassen, ohne aus einer Kirche ausscheiden zu müssen — von besonderer Erheblichkeit, weil dem Pfarrer in England seine Kirche nicht blos als Gotteshaus, sondern auch als Erwerbsquelle dient, namentlich bei Vermiethung der Sitze, so wie bei den Tauf-, Trauungs- und Beerdigungs- gebühren. Der Pfarrer würde mithin, im Fall eigner Weigerung, bei Deberlassunk seiner Kirche an einen andern dem Gesetze nicht widerstrebenden Geistlichen, theils an seiner Autorität in der Gemeine, theils an seiner Einnahme verlieren, weshalb er leichter bewogen werden möchte, dem Gesetze för- derlich zu sein. — / ') Nur wegen Ehedispens wirken Geistliche bei den Trauungen in England ein. Wird der Civil-Act gewählt, so hat kein Bischof darüber eine Einmischung, auch möchte man dort Anstand nehmen, Scenen herbeizuführen, wie sie am 9. Decbr. 1855 zu Coblenz in Betreff des Kaufmann Sonntag wegen ‚der Civilehe stattfanden. 199 Wohl könnten sich manche Geistliche die im Parlamente ausgesprochenen Ansichten zur Be- herzigung nehmen, welche sich in der neuesten Zeit von den Verpflichtungen zu entbinden streben, die seit drei Jahrhunderten in der evangelischen Kirche keinen Anstand gefunden hatten und den bestehenden Landesgesetzen entsprechen. — Das in England nun zu Stande gekommene Gesetz selbst, nämlich die Verordnung vom 28. August 1857, umfasst 68 Artikel, welche zum grossen Theil auch Prozess-Vorschriften betreffen. Die geistlichen Gerichte haben in England jetzt gar keine Competenz für Ehescheidungssachen behalten. Dagegen ist in London ein Ehegerichtshof eingesetzt, zu welchem gehören: der Lord-Kanzler, vier andere in den höchsten Stellen fungirende Lords und der ordentliche Eherichter (Judge of the Court of Probate), welchem — für den Fall seiner Verhinderung — der Lord-Kanzler feinen Ver- treter aus einem andern höhern Gericht substituiren darf. In gleicher Art kann vor einem Assisenrichter in der Grafschaft, worin der Ehemann und die Frau ihren Wohnsitz haben, oder zuletzt gehabt hatten, der Antrag auf Gewährung der.ehelichen Rechte, oder auf gerichtliche Trennung von dem Manne, wie von der Frau angebracht werden; der Assisen-Richter ist dann competent, zu verhandeln und zu entscheiden. Derselbe, oder sein Sub- stitut, darf auch die interimistischen Verfügungen wegen der Alimente und Erziehung der Kin- der treffen. Jede der Parteien kann fordern, streitige Thatsachen durch Geschworene entscheiden zu lassen, welchen Falls die Streitfragen schriftlich nach Bestimmung des Richters formulirt werden. Jeder Zeuge in Grossbritannien und Irland muss der Vorladung Folge leisten und seine Aus- sage eidlich erhärten; absichtlich unrichtige Angaben werden als Meineid bestraft. Gegen die von dem Richter allein erlassenen Verfügungen findet der Rekurs an den vollbesetz- ten Gerichtshof statt. Gegen Erkenntnisse des Gerichtshofes tritt die Berufung an das Parlament ein. Dasselbe und zwar das Haus der Lords weist nach stattgehabter Appellationsverhandlung die Berufung zurück, oder hebt das Urtel auf, oder verweist die Sache zu dem Verfahren an den Ge- richtshof, wie dies das Haus der Lords bestimmt. Ausser dem schon erwähnten Grunde wegen des Ehebruchs haben beide Theile das Recht zur Klage wegen böslicher Verlassung bei einer Dauer von mindestens zwei Jahren, auch wegen Ge- waltthätigkeit. Gründet sich die Klage des Mannes auf den Ehebruch seiner Frau, so darf deren angeblich Mitschuldiger als Mitverklagter zugezogen und dem Befinden nach zu einer Entschädigungssumme yerurtheilt werden. Den Betrag derselben stellt der Spruch der Geschworenen fest, und die Be- stimmung über die Art der Verwendung trifft das Gericht, Die Gesetzeskraft der Verordnung vom 18. August 1857 sollte nicht vor dem 1, Januar 1358 eintreten; hiernach fehlt es noch an dem Nachweis über die Erfolge in der Praxis. ' Wegen blosser Trennung von Tisch und Bett (judicial separation) ist auf die bisherigen Gesetze, namentlich wegen Gewaltthätigkeiten Bezug genommen. Wie solche zu charakterisiren? fällt ‚der richterlichen Beurtheilung anheim, welche keine Schranken finden wird, falls durch die Schuld des verklagten Theils eine gänzliche und unheilbare Zerrüttung des ehelichen Lebens eingetreten ist. Den Fortschritt in der englischen Legislation kann man um so erheblicher erachten, wenn man sich der bisherigen Eigenmächtigkeiten der Einzelnen in Auflösung der ehelichen Verhältnisse 200 erinnert und bedenkt, wie viel schlechter bisher die Ehefrau in England als in Deutschland a lich gestellt war. Ill, Ueber einige andere europäische Staaten, in welchen wie in England auch die Mehrzahl der Einwohner der evangelischen Confession angehört, findet sich ein sehr schätzenswerther Aufsatz in von Kamptz’s Jahrbüchern vom Jahre 1842 wegen der Ehescheidungen. (Heft 116. S. 352— 400.) Verschiedene charakteristische Momente davon nehme ich mit der Bemerkung auf, dass in jenem ausführlichen Aufsatz auch die Quellen, woraus er geschöpft ist, angegeben sind. Der- selbe betrifft zunächst Dänemark, In diesem Königreiche erfolgt nach den dortigen!) Gesetzen eine Trennung der Ehe sowohl durch Richterspruch, als durch die höchsten Orts ertheilte Bewillignng (per rescriptum). i A. Der Richterspruch darf sich dort auf folgende Ehescheidungsgründe stützen: 1) Ehebruch; mag derselbe von dem Manne oder von der Frau verübt sein. Ein blosses Eingeständniss genügt nicht zum Erweise. 2) Verlassung; die desertio malitiosa ist nach Ablauf von drei Jahren, die simplex nach sieben Jahren entscheidend, sofern der Abwesende nicht, laut desfallsiger Kunde, durch Gefangenschaft, oder sonst gegen seinen Willen zurückgehalten wird; 3) Landesverweisung; mit Verlust der Ehre nach einer Frist von drei Jahren, ohne die- selbe mit der Zeit von sieben Jahren; 4) Verurtheilung zu öffentlicher Arbeit, oder zu lebenswieriger Freiheitsberaubung. War Verlust der Ehre hiermit verbunden, so entscheidet ein Zeitraum von drei, sonst von sie- ben. Jahren. Uebrigens finden aber auch nach dortigen Gesetzen statt: absolute Nichtigkeitsgründe, als wegen zu naher Verwandtschaft und Schwäger- schaft; relative Niehtigkeitsgründe auf Antrag des Betheiligten — als wegen Impotenz — vor der Ehe entstanden, sofern bei dem Leidenden innerhalb dreier Jahre keine Herstellung eintritt; Krankheiten mit Ansteckungsstoff, falls sie vor der Ehe entstanden und das Uebel ver- heimlicht worden. B. Die obrigkeitliche Bewilligung zur Trennung der Ehe darf eintreten: wenn der Eheconsens mangelhaft war, ohne dass dies später verbessert ward, wenn ein Gatte die Bedingungen eines richtigen Verhältnisses zwischen den Gatten gebro- chen hatte, ohne dass nicht schon gesetzmässige Ehescheidungsgründe obwalteten; wenn andauernde Uneinigkeit bewies, dass ein glückliches und anständiges Zusammenleben der Ehegatten nicht zu bewirken sei; wenn anzunehmen, dass wohl ein gesetzmässiger Ehescheidungsgrund stattfinde, solcher aber vicht völlig bewiesen werden könne, oder dass er aus Zartgefühl verborgen bleibe. Für Fälle dieser Art gewährt die bürgerliche Obrigkeit eine Trennung von Tisch und Bett. Nach Verlauf von drei Jahren und nach fruchtlosen Sühne-Versuchen darf die völlige Scheidung und die Wiederverheirathung gewährt werden, sofern der dies Beantragende sich in der Separa- tionszeit sittlich untadelhaft geführt hat. “ !) In den deutschen Herzogthümern Schleswig-Holstein gelten für das Ehescheidungswesen die gemeinrecht- lichen Grundsätze Deutschlands, wie sie $S. 361—364 des oben erwähnten Aufsatzes näher angegeben sind. 201 War bei der gerichtlichen Scheidung der Ehebruch der Scheidungsgrund, so darf sich der unschuldige Theil — abgesehen von den Vorschriften wegen einer etwaigen Schwangerschaft der Frau — sogleich nach der Rechtskraft des Erkenntnisses wieder verheirathen. Der Schuldige aber kann erst nach Ablauf von drei Jahren und unter der Voraussetzung den Ehe-Consens nachsuchen, dass er inzwischen anständig gelebt, sich auch aus dem Kirchspiel entfernt hat, in welchem der Unschuldige wohnt. Vergleichen wir diese gesetzlichen Vorschriften in Dänemark mit den unsrigen, so finden wir fast gleiche Grundsätze über die Nichtigkeit und Ungültigkeit der Ehe; auch quadriren die Gründe zur Trennung vom Bande und auf Zeit, welcher die Scheidung dann zu folgen pflegt, im Wesent- lichen mit den Vorschriften unsers Land-Rechts. Die dortige dreijährige Frist mag öfters eine heilsame Schranke sein. Die Competenz der Civil-Gerichte ist seit dem Jahre 1797 bereits bestimmt. Die Beachtung verschleierter Gründe Seitens der Obrigkeit und das entscheidende Wort des Landesherrn zur Scheidung sind allerdings bei uns nicht üblich. In dem Königreiche Schweden — von lutherischen !) Staatsbürgern bewohnt, ist wegen der Ehescheidungen die Sitte im Volke strenger?) als das Gesetz. Ehescheidungsgründe sind dort: 1) der Ehebruch, nach dessen Feststellung durch Beweisführung. Merkwürdig ist es, wie der Ehebruch, besonders in Wiederholungsfällen, bestraft wird und zwar mit steigenden Geldbussen und sodann auch mit Leibesstrafen. 2) der mit einer fremden Person von einem der Ehegatten als Verlobten, oder von der Ehefrau vor der Verlobung vollzogene Beischlaf. 3 Die virgo intacta wird mithin präsumirt, und ist der Mann von der Braut hierin betrogen, so darf er die Scheidung begehren. 3) Verlassung des unschuldigen Ehegenossen. Bei der böslichen Verlassung nach fruchtloser Aufforderung zur Rückkehr und nach Verlauf eines Jahres und Tages. Bei der einfachen Verlassung und Ermittelung des Aufenthaltsorts, falls der Gatte die Rück- kehr aus wichtigen Gründen unterlässt und falls der Frau kein gegründeter Vorwurf zur Last fällt, nach Jahresfrist von dem zur Rückkehr richterlich bestimmten Termine, Ist der Mann verschollen, so tritt nach sechs Jahren die Befugniss für die Frau ein, die Schei- dung und Wiederverheirathung zu verlangen. Kehrt der Mann zurück und weist er sich wegen Ver- hinderung der zeitigen Heimkehr und Benachrichtigung aus, so soll — falls er dies verlangt — die zweite Ehe rückgängig?) werden, mit der Befugniss für den zweiten Mann, welcher weichen müsste, sich anderweit zu verheirathen. 4) Impotenz, oder ansteckende, auch unheilbare Krankheit, womit ein Gatte heimlich schon vor Eingehung der Ehe behaftet war. Die Verschweigung wird als Betrug angesehen, der Schuldige muss allen Schaden ersetzen und wird bestraft. — ı) Neuerlich stimmten der Adel und der Clerus dafür, dies streng beizubehalten, während die Bürger und die Bauern der von der Regierung bezweckten Erweiterung sich anschliessen wollten. 2) Man vergleiche die von Kamptz’schen Jahrbücher Hft. 116 S. 364 seq. und die dort angeführten Schriften, namentlich Ziemssen’s Schrift über die Ehe. Greifswald 1841. 32) Unser Landrecht bestimmt $ 666 I. c. das Gegentheil. 26 202 Die Gerichte dürfen ausserdem, auf desfallsigen Antrag, 'den Prozess einleiten und die Schei- dung aussprechen, wegen; 5) Gefängnissstrafe auf Lebenszeit; 6) Landesverweisung des andern Theils; \ ei 7) Nachstellungen nach dem Leben des unschuldigen Theils; 5 $) Wahnsinns, bei dessen Dauer von mehr als drei Jahren und der ärztlich bescheinigten Hoffnungslosigkeit der Herstellung, sofern den klagenden Theil hierbei kein Vorwurf zur Veranlassung des Wahnsinns trifft. Die Vermögensrechte bleiben dabei ungekränkt; der die Scheidung beantragende Theil muss Euchs sofern er dazu vermögend, zum Unterhalte der Familie das Seinige beitragen, Bei dem Könige kann die Ehescheidung unter Mitwirkung der Behörden beantragt werden, 9) wenn .der eine Ehegatte zum Verlust des Lebens oder der Ehre verurtheilt und be- gnadigt ist; 10) wenn der andere Ehegatte eines infamirenden Verbrechens überführt, oder zur Festungs- strafe auf gewisse Jahre verurtheilt wird; 11) wenn ein Theil in Verschwendung, Trunksucht oder sonstige Verworfenheit verfal- len ist; 12) wenn in der Gemüthsart beider Gatten sich eine gegenseitige Feindschaft durch Aus- brüche des Hasses mehrfach offenbart hat. Diesen zahlreichen Momenten, welche im Königreich Schweden einer Ehescheidung 2 zum ande dienen dürfen, treten auch mehrere Nichtigkeitsgründe. hinzu, nämlich unter andern als absolute; wegen Verwandtschaft im verbotenen Grade; aber auch wegen der mit einer dritten Person in den verbotenen Graden von einem der Ehegatten begangenen Blutschande, selbst wenn der unschuldige Theil nicht auf Trennung der Ehe dringen sollte; und als relative: bei Unterlassung der zur Verlobung vorgeschriebenen Förmlichkeiten ; bei dem Mangel der erforderlichen Consense für die unter fremder Gewalt stehenden Per- sonen; ; 3 bei dem Mangel des gesetzlich erforderlichen Alters von resp. 21 und 15 Jahren; bei stattgehabtem Irrthum, namentlich der Integrität der weiblichen Ehre. In dem Verfahren tritt seit dem Jahre 1810 ein Unterschied ein, je nachdem die Ehescheidung bei dem Consistorium, oder bei dem weltlichen Gericht, oder bei dem Könige beantragt, wird. Im ersten Falle giebt das Consistorium die Sache an die Gerichte ab, wenn in fejerlicher Sitzung die schon vom Seelsorger versuchte Sühne abermals erfolglos blieb; im letzteren Falle ge- langen die Anträge (nach fruchtlos versuchtem Besserungsverfahren nebst einstweiliger Trennung und nach vorgängiger Berathung mit dem Consistorium, oder der weltlichen Behörde, durch die Justiz-Revisions-Expedition) an den König, auf dessen Bestimmung das Consistorium den Scheide- brief ausfertigen muss. Das gerichtliche Erkenntniss gelangt an das Consistorium behufs der Ausfertigung des Scheide- briefs. Das Consistorium darf nicht den Ausspruch des Gerichts einseitig modifieiren, muss viel- 203 mehr — im Fall erheblicher realen dagegen — an den König berichten und dessen Entschei- dung erbitten. Sind nicht beide Ehegatten von der lutherisch - evangelischen Se so entscheidet das Gericht ohne eine Mitwirkung des Consistoriums. Eine immerwährende Trennung von Tisch und Bett — im Gegensatz einer vollständigen Ehe- scheidung — findet in Schweden nicht statt; eine Trennung auf Zeit pflegt auf sechs Monate bis zu zwei Jahren beschränkt zu werden, wobei der Richter wegen Führung des Hauswesens und der Erziehung der Kinder interimistische Anordnungen trifft, auch die Einnahmen der Frau für sich und -die Kinder — falls sie als der unschuldige Theil erscheint — bis zu %, der Einnahmen des Mannes bestimmt. = War Ehebruch der Grund zur Scheidung, so darf der schuldige Theil nur dann eine neue Ehe schliessen: - a) wenn der unschuldige Gatte gestorben, oder b) wenn derselbe wieder verheirathet ist, oder c) wenn derselbe die neue Verbindung genehmigt und der König seine Erlaubniss er- theilt hat. Andernfalls wird der Schuldige bestraft und seine neue Ehe ist ungültig. Wollen die Geschiedenen einander wieder heirathen, so müssen nach der Verordnung vom 21. Mai 1835 die Verkündigungen und die Trauung wie bei jeder andern ehelichen Verbindung bewirkt werden, Dieser Fall, wenn ihn auch das Gesetz verstattet, mag sich sehr selten ereignen, zumal in Schweden ohnehin die Klagen auf Ehescheidungen nicht häufig sind. Nach meinen Erfahrungen sind Seheidungsklagen überhaupt in grossen Städten !) und in fabrik- reichen Gegenden, wie in den Ortschaften, wo ein lebhafter Verkehr und ein Wechsel der Ver- hältnisse vorwaltet, gebräuchlicher, als auf dem platten Lande, wo die Agricultur mit regelmässiger, viel Körperkräfte erfordernder Arbeit prävalirt und die Haushaltungen mehr patriarchalisch geführt werden. Im Königreiche Schweden ist die Bevölkerung im Allgemeinen nur schwach und findet mehr im Landbau, als in überfüllten Fabriken ihre Bestimmung und Beschäftigung. Im Königreich der Niederlande trat der dort zur Zeit der Fremdherrschaft eingeführte Code Napoleon am 1. October 1838 ausser Kraft, indem auch für das Ehescheidungswesen eine neue Gesetzgebung erfolgte, aus welcher ich nur die Hauptmomente hierdureh mittheile: Als Grundprincip erscheint die Bestimmung: - Die Ehe ist vor dem Gesetz als ein bürgerlicher Act zu betrachten; zu ihrer Eingehung ist dort ein Act vor dem Civilstandsbeamten ?) erforderlich. Nur die Gerichtsbehörden Ei -- verhandeln und entscheiden in Ehesachen unter Mitwirkung des Staats-Anwalts, und zwar -. in erster Instanz das Bezirksgericht des Wohnorts des Mannes. Als Nichtigkeitsgründe zum amtlichen Einschreiten, so wie zur Einwirkung dritter Personen, als Betheiligten, werden unter andern aufgeführt: eine schon bestehende Ehe eines der neuen Gatten; Y) Im Allgemeinen darf man die grössere Sittenlosigkeit in grossen Städten nicht bei Städten von mittlerem Umfange und Dorfschaften in gleichem Maassstabe annehmen. Auch in unserm Vaterlande führt der kleine Bür- ger und der Landmann meistens ein geregeltes Leben, und eine Sittenverderbniss in der Jetztzeit gegen das Ver- hältniss vor einigen Menschenaltern ist ohnehin, trotz mancherlei Lamentationen, zu bezweifeln. 2) Die kirchliche Einsegnung ist üblich, aber nicht unbedingt erforderlich. 26* 204 zu nahe Verwandtschaft und Schwägerschaft; Incompetenz des zum Civil-Acte genommenen Civilstandsbeamten und Unterlassung der Zu- ziehung der erforderlichen vier Zeugen, — welches jedoch nicht unbedingte Nichtigkeit in sich schliesst. Als privatrechtliche Nichtigkeitsgründe erscheinen: Mangel der freien Einwilligung des einen der Ehegatten, oder Irrthum über die Person des andern. Die Rüge muss innerhalb dreier Monate von der erlangten Freiheit resp. Wissenschaft erfolgen. Mangel der Einwilligung Seitens der Ascendenz, resp. der Vormundschaft, oder der Curatel hinsichtlich eines Interdieirten. Der Antrag auf Nichtigkeit muss binnen 6 Monaten, vom Tage der über die Abschliessung der Ehe erlangten Wissenschaft, erfolgen. 2 Waren beide Ehegatten im guten Glauben, so erscheint wegen der Vergangenheit die Ehe für sie und ihre Kinder als gültig. Die Scheidung vom Ehebande findet statt wegen: 1) Ehebruchs; 2) böslicher Verlassung; 3) Verurtheilung zu einer entehrenden Strafe ; 4) schwerer Verwundungen, oder bedeutender Misshandlungen, wobei in einer solchen res domestica auch Verwandte und Dienstboten als Zeugen nicht recusirt werden dürfen, Die Regulirung des Interimisticums für die Gattin und die Kinder besorgt das Gericht. Ferner wegen 5) einstweiliger Trennung von Tisch und Bett, nach Ablauf eines fünfjährigen Zeitraums; 6) mehr als zehnjähriger Abwesenheit des einen Ehegatten, ohne Eingang von Nachrichten über sein Verbleiben und nach fruchtlos erfolgtem Aufgebot Seitens des Gerichts des letzten gemeinschaftlichen Wohnorts. Kehrt der Gatte dennoch zurück und hat sich der klagende Theil inzwischen verheirathet, so bleibt. diese zweite Ehe gültig und der Heimgekehrte darf sich auch anderweit verheirathen, Trennung von Tisch und Bett darf ein Theil fonderts wenn einer der erstgenannten vier Ehe- scheidungsgründe stattfindet; ferner wegen lebensgefährlicher Nachstellung, desgleichen wegen geringerer Misshandlungen und grober Beleidigungen. Bei anhaltenden Zerwürfnissen dürfen die Ehegatten mit gegenseitiger Zustimmung dann diese Trennung beantragen, wenn die Ehe schon über zwei Jahre bestanden hat, Ueber die Bedingungen und Folgen ihres Einverständnisses für sich und ihre Kinder müssen sie einen authentischen Act aufnehmen lassen, worauf das Gericht des Wohnorts die Sühne ver- suchen, auch die Ascendenten vernehmen lässt. Fällt die Entscheidung des Gerichts abschlägig aus, so steht den Ehegatten binnen vier Wochen der Rechtsweg zum höhern Gericht offen. Wirk- liche Scheidung vom Ehebande schliesst eine Wiedervereinigung für immer aus). Der wegen Ehebruchs Geschiedene darf sich mit der mitschuldigen Person nicht verheirathen, wogegen sonst der Mann ohne Beschränkung, die Frau auch — nach Ablauf der Zeit einer etwai- gen Schwangerschaft — sich anderweitig verheirathen dürfen. ) So entscheidet auch der Code Napoleon Art. 295 unbedingt. 205 Als besonders merkwürdig in dieser Legislation charakterisiren sich wohl die unbedingte Prä- valirung des Civil-Acts bei Eingehung der Ehe im Gegensatz der — wohl factisch, aber nicht nothwendig stattfindenden — priesterlichen Trauung; desgleichen die Folgen einer mehr als fünf- jährigen Trennung von Tisch und Bett zur eigentlichen Scheidung vom Ehebande, so wie einer Uebereinkunft der schon mehr als zwei Jahre in einer unglücklichen Ehe lebenden Personen, falls ihre Zerwürfnisse von den nächsten Ascendenten und vom Gericht für so erheblich anerkannt wer- den, um ihnen eine Trennung von Tisch und Bett zu gestatten, welche nach fünfjähriger Dauer — auf Antrag eines Theils — die völlige Scheidung begründen darf. Conform mit der preussischen Legislation wird auch in dieser Gesetzgebung für das Königreich der Niederlande allgemein für alle Staatsangehörige, ohne Unterschied ihres Religiensbekenntnisses, verfügt, unbeschadet der Prüfung der Einzelnen, inwiefern ihr Gewissen ihnen den vollen Gebrauch verstattet oder versagt, namentlich wegen der Wiederverheirathung '). IV. Ueber die legislatorischen Verhältnisse wegen der Ehescheidungen in verschiedenen Thei- len Deutschlands enthält der von dem Oberconsistorial-Rath Dr. von Mühler am 15. Juni 1857 zu Eisenach in der Kirchen-Conferenz gehaltene Vortrag”) mannigfache Nachrichten. Unser Landrecht hat bekanntlich noch jetzt Gesetzeskraft im Fürstenthum Ostfriesland, zu Hannover gehörig, und in den Fürstenthümern Anspach und Baireuth, dem Königreiche Baiern einverleibt. Von neuern deutschen Ehegesetzen in kleinern Ländern ist hier zu erwähnen: 1) Das Patent für das Herzogthum Gotha vom 15. August 1834. Dasselbe enthält die wohl vereinzelt dastehende Bestimmung, dass Ehegatten, welche ohne trif- tige Gründe in demselben Orte getrennt leben, oder durch ihr unfriedliches Verhalten ein öffent- liches Aergerniss geben, selbst von Amtswegen geschieden werden dürfen. Die dortige Legis- lation hat neuerlich grosse “Aufmerksamkeit gefunden, als der Consistorial-Rath Dr. Schwarz ?) am 1. Juni 1857 in der Hofkirche zu Gotha die Trauung eines in Preussen geschiedenen Beamten vollzog und erklärte, wie er hierin nicht blos der Erlaubniss des Landesherrn nachkomme, sondern seiner innigen Ueberzeugung als Christ und Geistlicher ein Genüge leiste, wobei er sich missbilli- gend über den Anstand aussprach, welchen diese Brautleute bei den von ihnen ersuchten evange- lischen Geistlichen in Preussen gefunden hätten, die sich dem Gesetz entzögen. !) In Russland ist — wie meine Schrift S. 13 besagt — die Zahl der Ehescheidungsgründe auch nicht klein. Die zur orthodoxen russischen Kirche sich bekennenden Einwohner haben dort das Recht, nach erfolgter Scheidung, eine neue Ehe einzugehen, wenn sie bei der Scheidung nicht als der schuldige Theil befunden sind. Die Kirche erkennt dies auf den Grund der Concilienbeschlüsse an; die Staatsbehörde ist jedoch auch dort vorsichtig in Beurtheilung der Wichtigkeit von Zugeständnissen der Parteien und verlangt noch andere klarere Beweise. Man sehe die Schrift: „Die Ehe, von J. Basaroff, Propst an der russischen Hof-Kapelle zu Stuttgart. Karls- ruhe bei Hasper 1857.“ In Russland ist die priesterliche Einsegnung der Ehe sehr feierlich; desgleichen in England, wo nament- lich von den Brautleuten das bündige Versprechen der Treue in guten und bösen Tagen nicht mit einem blossen: ja, bestätigt wird, wo vielmehr in allen, auch den höchsten Ständen, der Bräutigam selbst die Worte zu sprechen hat, welche S. 14 meiner Schrift angegeben sind; welchemnächst auch die Braut ihr Gelübde folgen lässt. 2) Dieser Vortrag ist gedruckt erschienen bei Cotta in Stuttgart, 1857, auf 30 Seiten. 3) In ähnlichem Sinne hatte sich bereits im Jahre 5842 der General-Superintendent Br enschneider ausgespro- chen, auch die Bibelstellen so erklärt. - 206 Bekanntlich ‘haben jedoch nicht alle preussische evangelische Pfarrer }) ‘ein Bedenken da- gegen, dem Gesetz und den rechtskräftigen Erkenntnissen Folge zu leisten.- 2) Die Eheordnung für das Herzogthum Altenburg vom 12. Mai 1834. Hierin habe ich vielfache Momente zur Aufhebung des Ehebandes gefunden. Sie enthält fünf derselben zur Nachsuchung der Nichtigkeit der Ehe, und ausserdem neun Momente, welche dem Richter zur Grundlage dienen dürfen, um die Scheidung vom Ehebande zu erkennen. Sie quadriren grössten Theils mit den Vorschriften des. Allg. Preuss. Landrechts, nament- lich nach Nr. 3 wegen Verstandeszerrüttung (generell, ohne des Wahnsinns oder Blödsinns besonders zu denken, bei längerer, als einjähriger Dauer und bei der gutachtlich festgestellten Unwahrscheinlichkeit der Herstellung) ; Nr. 4 wegen böslicher Verlassung und Herzenshärtigkeit (Verstossung); auch Nr. 5 wegen halsstarriger Versagung der ehelichen Pflicht. — Aus andern deutschen Staaten, als Kurhessen, Mecklenburg, Sachsen-Weimar, Meiningen, Dessau-Köthen, Reuss ete. ist zu bemerken, wie dort auch das Surrogat einer Scheidung per rescriptum prineipis stattfindet, theils um die Ehetrennung mit minderem Aufsehen zu bewirken, theils um den Ehegatten, welche keinen gesetzlich anerkannten Ehescheidungsgrund anführen möch- ten, die Scheidung dennoch ausserordentlicher Weise möglich zu machen, Unsere Preussische Gesetzgebung schweigt über einen solchen Machtspruch des Landes- herrn. In Hannover, Sachsen- Altenburg und Reuss bilden die Consistorien die erste Instanz in Ehe- scheidungssachen, die höhere Instanz geht an die Appellationsgerichte, resp. die juristischen Facultäten. In den Königreichen Sachsen und Würtemberg werden die weltlichen Gerichte durch zwei geistliche Beisitzer verstärkt. Für die Scheidungen vom Bande sind die weltlichen Gerichte allein competent: in Preussen, Kurhessen, Grossherzogthum Hessen, Mecklenburg, Nassau, Weimar, Gotha, Meiningen, Oldenburg, Anhalt, Schwarzburg, Waldeck, Lippe, Hessen-Homburg, Reuss jüngerer Linie und Lübeck 2), Die unbedingte Verpflichtung des Geistlichen, jeden bürgerlich gültig geschiedenen Ehegatten anderweit zu trauen, findet keinen Anstand: in Hannover, Weimar, Gotha, Altenburg, Sondershau- sen, Waldeck, Reuss und Hessen-Homburg. — Im Preussischen hat eine gesetzliche Aenderung des Landrechts auch nicht stattgefunden; die Allerhöchste Kab.-O. vom 30. Jan. 1846 sieht nur von der Bestrafung ab, falls Einzelne jetzt Gewissensscrupel äussern, und ein — keineswegs über- !) Einem Pfarrer, welcher — wie seit drei Jahrhunderten geschehen — willfährig ist, wird man dies nicht kindern können. Die grossartige evangelische Christen-Versammlung, welche vom 9.— 17. September zu Berlin tagte, hat zu keiner Beeinträchtigung hierin aufgefordert; es waren viel Vertreter aus zahlreichen Völkern anwesend. ?) Frankfurt, Bremen, Holstein und Lauenburg, Reuss älterer Linie, Schaumburg-Lippe haben sich gegen die gedachte Kirchen-Oonferenz gar nicht geäussert; in Baiern gilt für die Mehrzahl der evangelischen Gemeinen das Preussische Landrecht; in Baden hat der Code Napoleon Gesetzeskraft mit der Competenz für die bürgerli- chen Gerichte. 207 einstimmend abgegebenes — Gutachten !) des Kron-Syndicats ist — nur eine Ansicht, welche für die Behörden und die Parteien keine bindende Kraft in sich schliesst, ohnehin auch motivirte Ge- generklärungen in Druckschriften ?2) hervorgerufen hat. Wenn jetzt höhere geistliche Behörden einzelnen evangelischen Geistlichen vorschreiben wollen, wie sie bei den Copulirungen Anstand nehmen möchten, so halte ich dies für eben so unangemes- sen ?), als wenn das Ober-Tribunal nach seiner Ansicht einem Richter untersagen wollte, dem Gesetz gemäss Justiz zu administriren und Recht zu sprechen. Der Referent in dem Vortrage vom 15. Juni 1857 bemerkte auch selbst: die evangelische Kirche und ihre Behörden müssten sich bescheiden, dass nach dem jetzigen Standpunkte der deut- schen Gesetze die — laut deren Vorschriften — geschiedenen Ehen, nach formalem und bürger- lichem Rechte, wirklich geschieden wären. Dabei äusserte derselbe: wie durch Zeugniss, Bitte und Mahnung auf eine Aenderung hinzu- wirken sei, indem ein Conflict zwischen den bürgerlichen und kirchlichen Autoritäten entstehen und sich erweitern könne, welcher eine Trübung des im Volke noch herrschenden Rechtsbewusst- seins auch nach andern Seiten hin zur Folge haben möchte. Gegen eine solche Trübung kann man meines Erachtens nur wiederholentlich und mit aller Kraft warnen und wirken. V. Laut der Regierungsvorlagen, welche in Preussen am 27. December 1854 und am 1. Decem- ber 1856 den Häusern der Herren und der Abgeordneten vorgelegt worden, wird keine totale Re- form der Legislation über Ehescheidungen bezweckt, vielmehr das System und der seit mehreren Menschenaltern bei uns bestehende Grundsatz beibehalten, dass das Gesetz zwar alle Staatsangehörige umfasse, aber dem Einzelnen die eigene Prüfung überlasse, in wie weit er nach seinen Religions- begriffen davon Gebrauch machen möchte. — Es wird nur beabsichtigt, die im Allg. Eandrechi enthaltenen Ehescheidungsgründe zu beschränken. Als die Commission des Hauses der Abgeordneten hierüber berathen hatte, bezweckte sie eine Schwächung der Regierungsvorlage und stimmte für Beibehaltung mehrerer zweifelhaft befundenen Ehescheidungsgründe, als: halsstarrige Versagung der ehelichen Pflicht; ' völlige Unverträglichkeit und die Gesundheit gefährdende Zanksucht; langwierige Geisteszerrüttung ohne Aussicht auf Genesung; wissentlich falsche Anschuldigung schwerer Verbrechen. m Hause der Abgeordneten wurde Letzteres anerkannt, aber bei der Seil Al stnrune fand die Regierungs-Vorlage im Ganzen keine Annahme, indem nach dem namentlichen Aufrufe der Abgeordneten 175 Mitglieder des Hauses gegen und nur 134 ke für die Annahme stimmten. 2) Wo man dieses Gutachten befolgt, pflegen die Betheiligten aus der Kirche zu scheiden, oder das nahe Ausland zur Trauung aufzusuchen; locus regit actum; betrübende Auswege, wozu das Landesgesetz keine Ver anlassung giebt. : 2) Man sehe: Haushalter’s Verhältniss der Geistlichkeit. Wernigerode bei Angerstein 1856, und den gründ lich motivirten Aufsatz von W. S. in der Breslauer Zeitung vom 12. October 1856. " 3) Meine Ansichten in der Schrift. über Ehen und Scheidungen fanden unter andern auch die ausrtickliche Zustimmung des jetzt verewigten Justizministers Mühler. 208 Unter den Ablehnenden befanden sich 27 Landräthe, 26 Juristen, auch andere Staatsbeamte, denen die Verhältnisse der Bewohner kleiner Städte und der Dörfer vielleicht bekannter waren, als manchem Residenzbewohner. Inzwischen ist in beiden Häusern über die Regierungs-Vorlagen manches wichtige Wort gespro- chen und die Würde der Ehe ist dabei allseitig anerkannt, welches in allen Theilen des Landes fruchtbringend sein wird. Es ist zu erwarten, dass die Regierung ihren Zweck bei dem Landtage weiter verfolgen, aber die Ehescheidungsgründe nicht noch einmal zur Sprache bringen wird, für deren Beibehaltung in den Häusern sich die Herren und die Abgeordneten schon ausgesprochen haben. Sie sind: 1) Ehebruch, 2) bösliche Verlassung, resp. Verstossung, 3) schwere Verbrechen, 4) lebensgefährliche Misshandlungen, 5) Ergreifung eines schimpflichen Gewerbes, so wie auch 6) wissentlich falsche Anschuldigung von schweren Verbrechen. Hiermit sind manche evangelische Geistliche !) nicht einverstanden. Andere wollen verschiedenartige Principien wegen der Ehescheidungsgründe aufstellen, nämlich: ob durch eine Schickung Gottes, oder ob durch eine Versündigung eines Ehegatten gegen den andern das Wesen der Ehe ver- letzt worden? Aber schwerlich lassen sich die Grenzen hiervon äusserlich so klar erkennen, dass die Be- hörden über den Unterschied der Entstehung der Zerwürfnisse stets einen festen Anhalt finden müssten. Der fragliche Unterschied wird mithin nicht leicht eine praktische Wichtigkeit erhalten; die Regierung Gottes waltet überall, und ob ein Versehen oder Absicht zur Zerwürfniss führte? bleibt im Erfolge gewöhnlich wohl ziemlich gleich, Zweck jeder Ehe muss es sein: mit Liebe und Treue gemeinschaftlich einander zu leben. Ist dieser Zweck ganz unerreichbar geworden, ist das eheliche Leben unheilbar und so uner- träglich zerrüttet, dass ein Gatte vielleicht lieber Kerker und Tod wählen, als noch ferner bei dem andern wohnen möchte, dann darf er wohl an den Richter sich wenden und prüfen lassen, in wie weit das Gesetz seine Gründe auf Trennung vom Gatten anerkennt, wenn auch alle Sühneversuche sich als fruchtlos dargethan hatten. Die Menge der Gründe will man beschränken und dem Leichtsinn entgegenwirken. Hierfür haben sich auch die beiden Häuser schon vorläufig ausgesprochen. Aber sie haben auch bei ihren Prüfungen der einzelnen im Preuss. Landrecht enthaltenen Ehe- scheidungsgründe, bereits neben Ehebruch und böslicher Verlassung, noch vier andere Gründe als erheblich anerkannt. Ohne Zweifel wird die Regierung nicht bezwecken, über diese sechs Gründe noch einmal Er- ) Wenn sie auch öffentliche Kirchenbussen bei Fleischesvergehen bezwecken, so möchte man sie an die Kab.- Ord. v. 31. Mai 1746 erinnern. 209 örterungen auf dem Landtage zu veranlassen; diese werden unbedingt als beibehalten zu erachten sein; dagegen wende ich mich zu einigen andern, deren Anerkennung oder Verwerfung die lebhaf- testen Discussionen in den Häusern herbeigeführt haben, nachdeın der generelle Vorwurf, welchen ursprünglich, bei der im Jahre 1855 erfolgten Regierungsvorlage, der Referent im Herrenhause, Stahl, unserm Landrechte gemacht hatte, von Sachkundigen, wie Gr, von Rittberg und Dr. von Zander, zu- rückgewiesen war. Ersterer erinnerte an die sorgfältigen Vorarbeiten und an die höchst achtbaren Namen von Gr. v, Carmer, Suarez, von Kircheisen und Anderer; Letzterer vertheidigte das System des Landrechts und erinnerte an die Sympathie der Mehrzahl im Volke für das bestehende Ge- setz mit der Bemerkung: Wehe aber der Gesetzgebung, die sich einer solchen Sympathie nicht erfreut! Bei der Berathung der anderweiten Regierungsvorlage im Hause der Abgeordneten im März und April 1857 — welche die Commission in vier Punkten nicht für annehmbar erklärt hatte — trat der Kreisgerichts-Director Breithaupt, welcher als Präses der Commission das Referat selbst übernommen hatte, mehreren Vorschlägen der Regierung entgegen, der App.-Ger.-Präsident Wentzel sprach sich in einer umfassenden Rede entschieden dagegen aus, und mehrere praktische Juristen, welche ihr Beruf zur Bearbeitung von Ehescheidungsprozessen meistens in persönlicher Anwesen- heit der Parteien hinführt, unter Andern der Staats-Anwalt von Prittwitz, fanden auch den Gesetzes- entwurf zu weit gehend. Derselbe fiel, wie bemerkt, bei der Schluss-Abstimmung. Zu den wichtigsten, in ihrer Beibehaltung zweifelhaft befundenen, Ehescheidungsgründen ge- hören meines Erachtens folgende ?): a) gänzliche, unheilbare Impotenz, so wie unheilbare, Ekel und Abscheu erregende, die Erfüllung der Zwecke des Ehestandes hindernde Gebrechen, Sie sind im Landrecht unter Nr. 4 in den $$ 696 u. 697 vereint aufgeführt. Darüber waltet kein Bedenken ob, dass eine schon vor der Ehe eingetretene unheilbare Impo- tenz den Antrag auf Ungültigkeitserklärung der Ehe rechtfertigt. Wenn nun von der Impotentia superveniens die Rede ist, so wird sie für nicht entscheidend erachtet werden müssen, falls sie mit dem Alter entsteht, denn die wechselseitige Unterstützung bleibt nach $ 2 unseres Eherechts auch ‘allein ein Zweck der Ehe. Anders aber gestaltet sich das Verhältniss der Ehegatten, nach meinem Erachten, wenn ein verworfenes, ausschweifendes Leben zur unheilbaren Impotenz und zu solchen Gebrechen führte, welche zugleich Ekel und Abscheu veranlassen, namentlich durch syphilitische Krankheiten, wobei Fäulniss im Körper des einen Ehegatten, oder vielleicht eine Verstimmelung entstand, die den im $ I unseres Eherechts angegebenen Hauptzweck unmöglich macht. Der Fall erscheint um so wichtiger, wenn er bei ärmern Leuten — der Mehrzahl des Volkes — eintritt, welche nach der Tageslast Eine Stube und sogar Ein Bett theilen müssen, also in stete Berührung mit einander kommen, und wobei dann der Unschuldige dieses immerwährende Leiden unerträglich finden dürfte. Als ein Votant an das Ungeziemende solcher Erörterungen erinnern wollte, hätte er bedenken mögen, dass jetzt die Verhandlungen in Ehesachen bei geschlossenen Thüren vor einem ernsten 1) Diese Klagen sind allerdings nur selten; in dem S. 74 meiner Schrift enthaltenen Verzeichnisse von 239 Klagen waren nur 3 und resp. 2 von diesen Gattungen enthalten; aber um so weniger möchte man Veranlassung haben, das Landrecht in diesen beiden Ehescheidungsgründen ganz abzuändern und die Betheiligten ihren unver- schuldeten Leiden zu überlassen. 27 210 Richtercollegium erfolgen, und dass ein Unschuldiger deshalb nicht sein Recht verlieren darf, weil zarten Ohren solche Gegenstände nicht behaglich sein möchten. Der Richter muss ja in Cri- minal-Sachen noch viel widerwärtigere Angelegenheiten aufklären und darf sich seiner Abneigung hiergegen keinesweges hingeben. Laut des gedruckten Berichts der Commission zur Berathung des Gesetzentwurfs — S. 13 — ist eine andere Fassung der $$ 696 und 697 in Vorschlag gebracht, um die gedachten Momente dann für erheblich zu charakterisiren, wenn die von dem Uebel Betroffenen solches sich durch Unsittlichkeit zugezogen haben. Man entgegnete darauf, dann würde sich auch ein anderer, schon anerkannter Ehescheidungs- grund — namentlich Ehebruch — wohl geltend machen lassen. — Diese Voraussetzung möchte sich aber nicht immer bewähren, so dass ich diese Entgegnung nicht für richtig halte, vielmehr würde ich dafür stimmen: als siebenten Ehescheidungsgrund die selbst verschuldete gänzliche Impotenz und ein un- heilbares, Ekel und Abscheu erregendes Gebrechen beizubehalten. b) Langwierige, ohne Hoffnung auf Herstellung stattfindende Geisteszerrüttung. Schon der Staats-Rath beschloss im Jahre 1844, die Beibehaltung dieses Scheidungsgrundes in Antrag zu bringen, wenn die Geisteszerrüttung über ein Jahr gedauert und zwei sachverständige Aerzte sie für unheilbar !) erachtet hätten, In dem Bericht der Commission des Herrenhauses vom Jahre 1855 wird bemerkt: Die Aufhebung dieses Scheidungsgrundes habe unter allen die lebhafteste Erörterung gefun- den; es sei auch vorgeschlagen, statt eines Jahres drei Jahre im $ 698 zu setzen; die Majorität habe dies nicht genehmigt. In der Commission des Hauses der Abgeordneten ist auch nach mehrfachen Erörterungen der Beschluss dahin gefasst: diese Regierunsvorlage wegen Raserei und Wahnsinn abzulehnen. Im Hause der Abgeordneten wurde vorgeschlagen, die fünfjährige Dauer der Geisteszerrüttung ohne Hoffnung auf Besserung, für entscheidend anzunehmen. Die Majorität wollte aber diese Regierungsvorlage adoptiren, falls solche Bob übsrhauph fallen würde, wie geschehen ist, Jetzt ist also auch bei diesem Punkte res integra, und handelt es sich de lege ferenda, so würde ich dafür stimmen, statt des $ 698 anzuordnen: Die Geisteszerrüttung eines Gatten begründet einen Antrag auf Scheidung nur dann, wenn sie über drei Jahre fortdauert und das.ärztliche Gutachten die Genesung für unwahrschein- lich. hält. Zuvörderst bemerke ich, dass die Terminologie unseres Landrechts und der Gerichtsordnung wegen Blödsinns, Wahnsinns und Raserei der Wissenschaft über psychische Uebel nicht?) mehr entspricht, und dass der allgemeine Ausdruck ‚Geisteszerrüttung‘“ vorzuziehen sein möchte, wenn !) Man sehe das Gutachten des Geh. Med.-Raths Dr. Martini zu Leubus in der Zeitschrift über Psychiatrie, Bd. 14, Hft. 1. Berlin bei Hirschwald 1857. 2) Man vergleiche: „Das Selbstbewusstsein, forensisch aufgefasst vom Geh. Med,-Rath Dr. Wendt. Breslau 1844“ und „Die Ehe und die Ehegesetze vom Geh. Med.-Rath Dr. Ebers zu Breslau. Erlangen 1844 bei Enke,“ 211 der Leidende seit geraumer Zeit in ein solches Seelenleiden versunken ist, welches ihn hindert, sich selbst und seinen Pflichten gegen Andere vorzustehen. ' Die ‚‚geraume Zeit“ würde ich aber nicht auf ein, sondern auf drei Jahre bestimmen, und stütze ich mich deshalb auf das Gutachten der Aerzte in Irrenheilanstalten, dass ein Jahr zu sründ- lichen Heilversuchen und zu bestimmten Aeusserungen über die Heilungsfähigkeit selten zu ge- nügen pflegt, dass dagegen bei einer mehr als zwei Jahre hindurch vergeblich versuchten Heilung fast nie ein günstiger Erfolg zu erreichen ist. : Findet die Geisteszerrüttung bereits Jahre lang statt, haben die Aerzte ihre Kunst vergeblich angewandt und sprechen sie nun die Ueberzeugung aus, dass eine Hoffnung auf Herstellung nicht vorhanden sei, so gewähre unser Gesetz ferner — wie das Allg. Landrecht schon verstattet — dass der andere Ehegatte bei aller Verpflichtung, für den Unterhalt des Geisteszerrütteten zu sorgen, dann die Lösung des Ehebandes nachsuchen darf, wenn die Umstände ihn zu diesem Schritte nach seiner Ueberzeugung zwingen. Ein reicher Gatte wird selten in diesen Zwang gerathen, er wird auch für sich und sein Haus- wesen andere Einrichtungen zu treffen wissen, aber der minder begüterte Handwerker wie der Landmann wird mit seiner Familie in ein Labyrinth verfallen, wenn der Richter nicht auch förm- lich scheiden darf, wo geistig die Gemeinschaft nicht mehr obwalten kann, die Ehe zerrissen ist und die Umstände auch die Auflösung dringend erforderlich machen. Erfahrene Aerzte erwähnen des Umstandes, dass bei der fernern Gemeinschaft das Uebel der Geisteszerrüttung sich nur zu oft auf die Kinder überträgt, welche — statt Erziehung und Pflege Seitens der erkrankten Person zu geniessen — in stetem unmittelbaren Verkehr mit ihr bleiben, sich oft über die Kräfte ihr widmen müssen, Möge bei uns keine solche Aenderung dieses Ehescheidungsgrundes erfolgen, welche dem Richter untersagte, die Verhältnisse in den betreffenden Fällen zu prüfen und dem Befinden nach die begehrte Scheidung auszusprechen. Dass in unserm Staate nur richterliche Beamte — nicht Geistliche — berufen sind, die Ehe- scheidungsprozesse zu leiten und über Scheidungen vom Ehebande zu erkennen, ist durch die Ver- fassungsurkunde gesichert. Die (S. 81 meiner Schrift empfohlene) Zuziehung von fünf — statt drei — Richtern in erster Instanz, wobei in zweiter. Instanz sieben Richter fungiren möchten, hat im Hause der Abgeordne- ten Beifall gefunden. Bei der Ansicht beharre ich gleichfalls, dass man dem Staats-Anwalt zwar die Mitwirkung in den Ehescheidungsprozessen belassen, keinesweges aber ihn ermächtigen möge — welches ihm auch in unserer Rheinprovinz nicht gestattet ist — wider den Willen der beiden Parteien aus eigener Machtvollkommenheit ein Rechtsmittel gegen das Scheidungsurtel einzulegen. In Criminalsachen tritt er mit Recht und guten Erfolgen als öffentlicher Ankläger auf, aber in Civilsachen möge er sich beschränken, secundär einzuwirken, ohne die sich bei dem Urtheil- be- ruhigenden Parteien seiner Seits noch beunruhigen und ihnen die Wirkungen des Richterspruchs!) vorenthalten zu dürfen. ı) Man wird mir, einem alten Preussischen Juristen, nicht verargen, wenn ich mich in dieser Art auch wegen der evangelischen Geistlichen wiederholt auszusprechen in redlicher Absicht bemüht bin. Mir sind die Verfügungen der evangelischen Oberbehörden in Betreff der Copulirunrgen geschiedener Per- 208 212 Bereits vor 25 Jahren wurde in der Darstellung „Ueber die heutige Gestalt des Eherechts. Berlin 1833. unser Preussisches Landrecht heftig angegriffen. Es findet sich dort S. 33 folgende Stelle wegen der Anwendung unserer Gesetze: „Ja, es ist vorgekommen, dass ernste Männer in richterlichen Aemtern von Gewissens- zweifeln beunruhigt worden sind, ob es ihnen erlaubt sei, sich zur Vollstreckung eines solchen Eherechts, zu Handhabern eines solchen Ehescheidungs- Prozesses herzu- geben.‘ — Mir sind in meiner funfzigjährigen Praxis solche Männer nicht bekannt geworden. Man würde diesen Civilrichtern wegen ihrer vermeintlichen Gewissensangst erwidert haben: Scheidet aus! gleich einem Criminal-Richter, welcher sich wegen seiner Scrupel weigern wollte, auf die vom Ge- setz verhängte Todesstrafe zu erkennen und sie im Urtel mit auszusprechen, weil sie seiner Ansicht nicht zusage. Jene Schrift schien aber schon damals vorzüglich die evangelischen Geistlichen!) im Auge zu haben, unbekümmert: wie die Antwort von Christus an die Pharisäer wegen einseiti- ger Scheidung des jüdischen Mannes von seiner Frau — nicht aber von obrigkeitlichen Schei- dungen — zu verstehen sei? Der Verfasser ruft S. 43 wörtlich aus: O, wäre die Geistlichkeit ihrem Berufe treu und entschieden, muthig und unerschrocken im Dienste des Herrn, wie viel könnte sie beitragen zum Bau der Mauern von Zion! — So schrieb ein Jurist, uneingedenk der Würde und Kraft der Landesgesetze, welche er durch die Geistlichkeit untergraben wollte. — Er hatte zunächst Erfolg bei dem Prediger von Gerlach, dessen Bestrafung der Justiz-Minister von Savigny für erforderlich hielt, welcher damit aber verschont wurde. Anders sprach sich über unsere bestehenden Ehescheidungs-Gesetze ein hochgestellter bewähr- ter Jurist aus in der „Prüfung der unternommenen Reform. Berlin 1845. Er meinte: eine bedeutende Beschränkung der Ehescheidungsgründe könne wohl die Schei- dungen verringern, aber die Ehen selbst nicht glücklicher machen, hingegen die Zahl der zerrüt- teten Ehen, zum Nachtheile des Instituts der Ehe und der bürgerlichen Gesetze, vermehren. In diesem Sinne prüfte er die jetzt vorhandenen Ehescheidungsgründe, deren Beibehaltung in der Mehrzahl jetzt auch im Herrenhause und im Hause der Abgeordneten anerkannt ist. Ausdrücklich entschied er sich für Beibehaltung der oben erörterten beiden Scheidungsgründe wegen unheilbarer körperlichen Gebrechen, ’ — als einen Hauptzweck der Ehe auflösend — und der Geisteszerrüttung, — ursprünglich schon vom Staats-Rathe als erheblich anerkannt — unabhängig von einer vorherigen Wahnsinnigkeitserklärung. sonen nicht unbekannt, deren Trauung aus anderen Gründen, als aus dem vermeintlich nur in der Bibel angedeu- teten geschehen sei, wobei auch einer Königlichen Kab.-Ordre vom 8. Juni 1857 gedacht ist. Dieselbe befindet sich aber nicht in der Gesetzsammlung oder im Regierungs- Amtsblatt, und es kann mithin auf diese Art nicht bezweckt sein, das Landrecht $ 732 ]. c. aufzuheben und den Parteien die bei den Richter-Collegien erstrittenen Rechte durch geistliche Behörden zu entziehen. ") Dieselben sind wohl verpflichtet, die Vorschriften des Alle. Landrechts 1. ec. $ 17 seq., $ 732 seg. zu ken- nen und zu befolgen, bis etwa das Gesetz selbst eine Aenderung erleiden möchte. 213 Eben so stimmte derselbe für die Competenz des persönlichen Richters in dieser die Person und das Hauswesen der Betheiligten so nahe berührenden Rechtsangelegenheit. — Den Geistlichen gebührt bei uns keine Rechtsgewalt; Sühne und Frieden zu stiften ist der Beruf des Clerus, aber nicht Richtersprüche zu verachten und in ihren Wirkungen zu hemmen, Möchte dies auch in der evangelischen Kirche durch Befolgung der Gesetze und der Judicate beobachtet und dabei der Fortgang in unserer Legislation abgewartet werden, indem wir Alle dem Gesetze, als treue Staatsbürger, zu jeder Zeit Achtung und Folgeleistung schuldig sind! Breslau, im Dezember 1857. Zu dem Schlusse des vorstehenden Vortrages kann ich jetzt aus den Verhandlungen, welche im Hause der Abgeordneten zu Berlin am 24. April .d. J. stattfanden, folgendes über die merk- würdigen Berathungen und deren Resultat hinzufügen: Die Ehefrau des Dienstknechts Drews zu Trittelsitz bei Demmin hat im Jahre 1854 ein rechts- kräftig gewordenes Ehescheidungserkerntniss erstritten. Sie war der schuldlose Theil; ihr Mann, welcher sie verlassen und ihr den Unterhalt hart- näckig verweigert hatte, ist für den allein schuldigen Theil erklärt worden. Gestützt auf das Landrecht und das ihr zur Seite stehende Judicat, bezweckte sie sich im Jahre 1857 anderweit zu verheirathen. Der Ortsgeistliche hielt deshalb Anfrage bei dem Consi- storium; sie wurde abschlägig beschieden, ihre Beschwerde bei dem Ober-Kirchenrathe fand keine Berücksichtigung. Da sie bei den kirchlichen evangelischen Behörden ihr judicatsmässiges Recht nicht geltend machen konnte, so wandte sie sich an das Haus der Abgeordneten, um 1) ihrer Beschwerde Abhilfe zu verschaffen, und 2) solche Eingriffe der geistlichen Behörden für die Zukunft zu verhindern, Die Commission für Petitionen fand einen evidenten Conflict zwischen den bürgerlichen Ge- setzen nebst den richterlichen Behörden einerseits, und einer kirchlichen provisorischen Verwaltungs- Anordnung nebst deren Vertretern andererseits, welcher Conflict der Lösung bedürfe, wobei die Commission den letzten Theil jenes Antrages, welcher den ersten wohl von selbst in sich schliesst, zur schleunigen und ernstesten Erwägung der Königlichen Staats-Regierung durchaus geeignet und sehr benöthigt befand, ihn auch zu diesem Zweck empfahl. Referent war der Abgeordnete Steinbeck, Mitglied des Directoriums unserer Gesellschaft für vaterländische Cultur. Der Abgeordnete von Rosenberg-Lipinski stellte das Amendement, dass dabei das bestehende Gesetz, das Landrecht, aufrecht erhalten werden müsse. Gegen dieses Amendement sprachen die Abgeordneten Wagener, v. Gerlach und der Cultus-Minister v. Raumer; dafür spra- chen die Abgeordneten Graf v. Schwerin, von Prittwitz (Bunzlau), Breithaupt, auch Andere. Das Resultat dieser mit grosser Lebhaftigkeit stattgehabten Erörterungen ging dahin: dass im Hause der Abgeordneten der Commissions-Antrag nebst dem gedachten Amendement angenommen wurde. 214 Dafür stimmten. 115: Abgeordnete, dagegen nur 44; der Stimme enthielten sich 34 Abgeordnete, darunter die Abgeordneten Blömer und von Mallinkrodt, welche katholischer Confession sind, wie denn das katholische Dogma über die Ehe bei dieser Berathung wegen der Ehe einer evangelischen Christin ganz ausser Frage gelassen war. ’ Be Welchen Erfolg dieser Beschluss der Abgeordneten des Bandes nun finden wird? darüber sind die Erwartungen Vieler, und namentlich der Juristen: in unserem Vaterlande, gewiss höchst gespannt; Breslau, im Mai 1858. — 215 Bericht über die Verhandlungen der Sektion für Obst- und Gartenbau im Jahre 1857 von Dr. Fickert, zeitigem Sekretair derselben. Die Sektion hat überhaupt 18 Versammlungen gehalten und in denselben sich vorzugsweise theils mit ihren inneren Angelegenheiten, theils mit solchen Gegenständen beschäftigt, welche die praktischen In- teressen der Gärtnerei berühren. Diese praktischen Interessen haben die Zeit so sehr in Anspruch ge- nommen, daß Vorträge leider weniger gehalten wurden, als dies an sich wünschenswerth und für eine tebendigere Betheiligung der Mitglieder an den Versammlungen nothwendig scheint. Die Sektion versammelte sich an folgenden Tagen: I. Am 4. Februar. Es werden folgende Gegenstände verhandelt: 1) wird beschlossen, den Mitgliedern der Gesellschaft — nicht bloß denen der Sektion — auch ohne Karte den freien Zutritt zu den monatlichen Ausstellungen zw gestatten. 2) Zum Ordner bei denselben wird Herr Obergäriner Rehmann mit der Befugniß gewählt, sich im Behinderungsfalle einen Stellvertreter selbst zu ernennen. 3) Die säumigen Mitglieder der Preiskommission sind an ihre Pflicht zu erinnern, resp. aufzufordern, ihr Amt als Preisrichter niederzulegen. 4) Als Grundsatz für die Prämiirung wird festgestellt, daß die Gegenstände a) entweder neu oder an sich selten, oder b) in der Jahreszeit selten, oder c) durch ihre Kultur ausgezeichnet sein müssen. 5) Herr Kunstgärtner Mackowitsch in Ullersdorf bei Glatz (gräflich Magnis’sche Gärtnerei) hat ein- gesendet: a) ein Blatt von Saracenia flava; b) einen Blüthenzweig von Tropaeolum Lilly Smith., wel- ches er den Herren Handelsgärtnern zur Kultur besonders empfiehlt; c) frische Champignons; d) die Zeiehnung eines Blattes von Philodendron pertusum, das sich durch seine Größe und Schönheit aus- zeichnet. Es mißt in der Länge 2 Fuß 71 Zoll, in der Breite 2 Fuß 34 Zoll. Diese für die Monats- Ausstellung bestimmten Gegenstände sind leider zu spät eingetroffen. Außerdem theilt derselbe die sehr günstigen Resultate einer chemischen Analyse mit, welche Professor Dr. Stöckhardt in Tharandt mit dem Guano von A. Ohlendorf und Comp. in Hamburg vorgenommen hat. Das genannte Haus bietet seinen Guano zur Zeit für 5 Rthlr. 22 Sgr. per 100 Pfund incl. Sack loco Hamburg an. 216 6) Eine von Frau Geh. Kommerzienrath Treutler in Leuthen zur Ausstellung eingesandte und eben- falls zu spät angekommene Sammlung Aepfel wird vorgezeigt, und beschlossen, dieselbe bis zur nächsten Ausstellung aufzubewahren. 7) Da die Zeit schon zu weit vorgeschritten ist, so wird beschlossen, den Vortrag des Herrn Haupt- Turnlehrer Rödelius bis zur nächsten Versammlung zu verschieben. S) Herr Inspektor Neumann zeigt eine sehr zweckmäßige Art von Etiketten vor, ein in Blech gefaßtes Glastäfelchen, das die Schrift auf Papier deckt und nach oben aus seiner Einfassung entfernt werden kann, um nöthigen Falls ein neues Blättchen Papier einzuschieben. Hieran knüpft sich ein ‚Gespräch über die verschiedenen Arten der Etikettirung, wobei Herr Neumann bemerkt, daß das Ueberziehen von Holztäfelchen mit Wasserglas durchaus unzweckmäßig sei, da das Wasserglas durch atmosphärische Ein- wirkungen sehr leicht zersetzt wird. I. Am 11. Februar: 1) ist ein Bericht des Herrn Pastor Cochlovius in Schönwald bei Kreuzburg eingegangen über die im Jahre 1856 vorgenommenen Veredelungen. 2) Auf Grund einer Anfrage des Central-Gärtnervereins wird beschlossen: a) im nächsten Frühjahre eine größere Ausstellung nicht zu halten; b) den Beschluß über die Herbst-Ausstellung bis zum Juni auszusetzen. 5) Herr Kaufmann Müller theilt mit, daß mehrere Mitglieder der Sektion Edelreiser angeboten haben. Frau Geh. Kommerzienrath Treutler hat auch Edelstämmchen offerirt. Die Sektion nimmt diese Aner- bieten dankbar an. 4) Es wird beschlossen, aus Botzen von Herrn C. von Zallinger für 3 Fl. Edelreiser von den aus- gezeichnetsten Tyroler Apfel- und Birnsorten kommen zu lassen. 5) Herr Haupt-Turnlehrer Rödelius theilt die versprochenen Bemerkungen über Synonyme und Iden- titäten unter den Obstsorten aus den nachgelassenen Papieren des verstorbenen Pastor Kotschy in Ustron mit und giebt eine Kritik des von Joh. Schamahl in Jung-Bunzlau empfohlenen Verfahrens beim Ver- pflanzen von Obstbäumen. II, Am 25. Februar: Herr Geh. Rath Professor Dr. Göppert stellt den Antrag, den am 4. Februar gefaßten Beschluß, betreffend den Ausfall der nächsten Frühjahrs-Ausstellung, aufzuheben, und begründet denselben einerseits durch die anerkannte Nützlichkeit der Ausstellungen, die nach vielen Richtungen belehrend und anregend wirken, andererseits durch die besonderen Verpflichtungen der Sektion dem Publikum gegenüber, welche über den Kostenpunkt hinwegzusehen gebieten. Es entspinnt sich eine lebhafte Debatte, an welcher sich die Herren Wimmer, Trewendt, Rödelius, Neumann, Cohn und der Sekretair betheiligen, und bei wel- cher unter Anderem auch das Verhältniß der Sektion zum Central-Gärtnerverein erörtert wird. Schließlich wird der früher gefaßte Beschluß bestätigt. IV. Am 4. März: 1) Herr Müller legt ein Schema zu Berichten über Versuche mit Sämereien vor, wie es den Mit- gliedern der Sektion zugleich mit den Sämereien zugesendet werden soll. Dasselbe wird genehmigt, und der Druck von einem Ries beschlossen. Zugleich wird Herr Rödelius beauftragt, ein ähnliches Schema für Versuche mit Pfropfreisern zu entwerfen und den Entwurf den Herren Müller, Neumann, Wimmer vorzulegen. | 2) Herr Oberlehrer Scholz erbietet sich, die bei den Monats-Ausstellungen ertheilten Prämien-Di- plome auszufüllen. 3) Herr Rödelius macht Mittheilungen aus den Verhandlungen des forst- und landwirthschaftlichen 217 Vereins für Mähren, betreffend den Schutz der Singvögel, und trägt darauf an, die Sektion wolle durch das Präsidium der Gesellschaft gesetzliche Bestimmungen zu erwirken suchen, welche mehr als die bereits be- stehenden die zugleich so nützlichen Singvögel zu schützen geeignet sind. Die Sektion hält sich einer- seits dazu nicht befugt und zweifelt andererseits an dem Erfolge etwaiger dahin gerichteter Schritte. V. Am 18. März: 1) Herr Müller theilt mit, daß Herr Kunstgärtner Fellmann in Freiburg 2 sehr große von dem Herrn Rendanten Schulze in einem vorjährigen Frühbeete gezogene Champignons von 25 Loth und von 17 Loth eingesendet hat. 2) Eine dem Herrn Buchdruckereibesitzer Rabe gehörige monströse Primula Chin. mit blatigrünen Blüthen wird vorgezeigt. 3) Von Herrn Müller und Herrn Rödelius werden die gedruckten Schemata zu Kultur- Berichten vorgelegt; von dem Ersten auch das dazu gehörige Begleitschreiben. 4) Der Sekretair macht Mittheilungen aus dem gedruckten Berichte des landwirihschaftlichen Vereins in Botzen über die Botzener Baumschule und den Obstbau in Tyrol. VI. Am 22. April: 1) Es wird die zweite Lieferung des Arnoldischen Obstkabinets vorgezeigt. 2) Herr Bureau-Direktor Inkermann zeigt a) ein prachtvoll blühendes Rhododendron arboreum, Madame Wagner; b) eine ebenfalls schön blühende Azalea Ind. vittata punctata Fortun., und c) eine blühende Azalea amoena sp. Chin. 3) Da vom 3. Mai bis 7. Juni das Lokal der Schlesischen Gesellschaft durch die Kunstausstellung in Anspruch genommen wird, so wird Herr Buchhändler Trewendt beauftragt, ein anderes für die Mo- nats-Ausstellungen geeignetes Lokal zu ermitteln, ev. zu miethen. 4) Herr Müller theilt eine Anfrage des Herrn Kreiswundarzt Moll in Nikolai in Betreff einer Zwiebel mit, welche Herr Moll unter dem Namen Spanische Zwiebel kennen gelernt hat. Nach der Be- schreibung vermuthet Herr Neumann, daß es die unter dem Namen Madeyra-Zwiebel im Handel vorkommende Portugiesische Zwiebel ist, welche er aber nicht empfehlen kann. 5) Derselbe theilt einen Bericht des Herrn Kunsigärtner Schröter über die Obst-, namentlich über die Zwerg-Obstbaumzucht und die Orchideen-Kultur in der Gräflich-Magnis’schen Gärtnerei zu Eckers- dorf bei Glatz mit. Es ist daraus das anerkennenswerihe Streben des Herrn Schröter ersichtlich. 6) Derselbe trägt darauf an, aus den baaren Beständen der Kasse so viel zu entnehmen, um dafür zinsbare Papiere im nominellen Werthe von 300 Rihlr. zu erwerben. Der Antrag wird angenommen und dem Herrn Kassirer Kaufmann Klocke die Auswahl der Papiere überlassen. VII. Am 10. Juni: 1) Es wird ein Schreiben von dem Präsidium der Schlesischen Gesellschaft vorgelegt, betreffend den Ausfall der Frühjahrs-Ausstellung, und beschlossen, dasselbe dahin zu beantwerten, daß die Sektion keineswegs beabsichtigt, größere Ausstellungen ganz aufzugeben. 2) In Rücksicht auf die günstigen Aussichten zu einer reichen Obsternte wird eine Herbst- Aus- stellung beschlossen. 3) Es liegt ein Antrag des Bureaus für die Angelegenheiten der Industrie-Ausstellung vor, welcher dahin geht, die Monats-Ausstellungen für die Dauer der Industrie-Ausstellung in dem Lokal derselben abzuhalten. Die Sektion geht hierauf ein, insofern sich ein geeigneter Platz in der Industrie-Halle findet und beauftragt den Herrn Direktor Dr. Wimmer, die nöthigen Ermittelungen anzustellen. 4) Mehrere interessante Gegenstände werden vorgezeigt von den Herren Inkermann und Neumann, z. B. von diesem Cremoni-Erdbeeren, ein schönes Exemplar von Zilium grandiflorum, eine neue Spiraea. 28 218 VII. Am 8. Juli: 1). Da ein passender Platz in der Industrie-Halle eingeräumt werden wird, so) soll die nächste Aus- stellung in. derselben gehalten werden, und. zwar vom 12. bis 14. Juli. 2) In die. Kommission. für Vorbereitung der Herbst-Ausstellung werden: gewählt: a) Herr Inspektor Neumann, b) Herr Kunst- und Handelsgärtner Breiter, c) Herr Gymnasial-Direktor Dr. Fickert. Herr Müller lehnt die Wahl einer Reise wegen ab. 3). Zu. Preisrichtern. für dieselbe Ausstellung werden ernannt: a) Herr Baum- und Gemüsegärtner Peicker in Grafenort, b) Herr Haupt-Turnlehrer Rödelius. 4) Herr Oberlehrer Scholz zeigt einen sehr reich tragenden Zweig der Kirsche Za belle choisie. 5) Es wird ein Schreiben des Herrn Ober-Postdirektors vorgelegt, in welchem: die: Wiedererstatiung der erhobenen: Porti abgeschlagen. wird. Die: Sektion will: durch das Präsidium die Anerkennung: ihrer Portofreiheit zu erwirken suchen. IX. Am 22. Juli: 1) Da der angewiesene Platz in der Industrie-Halle nicht hinreichend gegen. den Regen geschützt: ist, so daß mehrere Gewächse während der letzten Ausstellung Schaden gelitten haben, so wird be- schlossen, die Monats-Ausstellungen wieder im Lokal der Schlesischen Gesellschaft, und zwar die nächste am 2. August, zu halten. Ein Antrag, die Ausstellung im August ganz ausfallen zu lassen, wird nicht angenommen. 2) Als Ordner für die Monats-Ausstellungen wird Herr Rehmann: auf neue 6 Monate ‚gewählt. 3) Eine Besprechung in Beireff des. Journal-Zirkels wird bis zur Rückkehr des Herrn Müller ver- schoben, 4) Da es der Sektion nicht möglich ist, einen. Garten: als: Eigenthum zu erwerben, und sie. doch: die Ueberzeugung hegt, ohne. einen solchen ihre Zwecke immer nur unvollkommen erreichen: zu können, so. beschließt. sie, ein geeignetes Grundstück: in Pacht zu: nehmen, und wählt zur Ermittelung eines sol- chen eine Kommission, bestehend: aus. den Herren: von. Fabian, Krause, Relimann, Breiter, Fickert. X. Am 5. August. 1). Es wird das: Programm: für die Herbst-Aussiellung festgesetzt. 2) Da der Central-.Gärinerverein auf die an ihn gerichtete Anfrage wegen Betheiligung bei der Ausstellung nicht geantwortet. hat, so muß, angenommen. werden, daß er: sich nicht betheiligen will. 3). Es. werden demnach noch zwei- Preisrichter für die genannte Ausstellung gewählt, die Herren Hofgärtner Schwedler in. Slawentzitz (ev. Obergäriner Sprotte im Klein-Oels): und Kunst- und Handels- gärtner Julius Monhaupt in. Breslau. 4) Die Kommission für Ermittelung eines Gartens berichtet, daß sie am. 29. Juli eine Versammlung gehalten. und überhaupt nur ein Grundstück. ermittelt. hat, das zu Michaelis pachtlos wird. Dies ist der Garten. Matthiasstraße 90. (blaues Haus). Derselbe ist besichtigt und: für die Zwecke der Sektion geeignet gefunden worden. Die Kommission: schlägt daher vor, diesen Garten zu pachten. Sämmtliche: anwesende Mitglieder der Sektion gehen auf diesen Vorschlag‘ ein: und: beschließen, Herrn Buchhändler Trewendt zu ersuchen, mit dem Eigenthümer, Herrn Kaufmann Ed. Winkler, in Unterhandlung zu treten. Zugleich werden. die Grundlagen für: diese Iönteshundläng festgesetzt. XI. Am, 12.. August: 1): Herr Trewendt, hat; den ihm: gewordenen Auftrag ausgeführt und Herrn Winkler neigt gefun- den, seinen Garten nebst, Zubehör an. die Sektion. zu verpachten. Auch scheint eine Einigung über die; Bedingungen. nicht: schwer. Es wird: daher beschlossen, die Genehmigung des Präsidiums: nachzusuchen. 2). Der. Sekretair theiln den. Entwurf einer. Aufforderung an die Mitglieder der Sektion mit, jährlich: 219 1 Rthir. für den Garten beizutragen. Jeder Beitragende erhält ein Vorrecht auf Entnahme von Obst- stämmchen u. s. w. aus dem Garten. 3) Zum Ordner für die Herbst- Ausstellung wird Herr Obergärtner Rehmann gewählt. Das Amt eines Siellrertreters in der Preis-Kommission übernimmt Herr Müller. XII. Am 2. September: 1) Es wird beschlossen, diejenigen Mitglieder, welche als Obstzüchter bekannt sind, durch beson- dere Anschreiben zur Beiheiligung an der allgemeinen deutschen Obst-Ausstellung in Gotha einzuladen. 2) Der General-Anzeiger u. s. w. von Alfred Topf und Rumpler soll auf Probe bestellt und im Lokal der Sektion ausgelegt werden. 3) Herr Müller zeigt eine Monstrosität von Elichrysum, 57 Blüthen auf einem Stengel, und 3 Aehren von sogenanntiem Mumien-Weizen. 4) Derselbe beschreibt und empfiehlt als muthmaßlich auch zur Zimmerkultur geeignet die Jaque- montia violacea, welche er in Wernigerode bei Kunicke gesehen und für sich bestellt hat. Zur Er- läuterung wird eine Abbildung von Jaguemontia. coelestis vorgezeigt. 5) Der Central-Gärtnerverein zeigt an, daß er sich an der nächsten Herbst-Ausstellung betheiligen werde und bereits Preisrichter gewählt habe. Dadurch wird die Zahl der Preisrichter auf 11 erhöht. Doch will die Sektion in dieser Verspätung keinen Grund sehen, den Central-Gärtnerverein auszuschließen. 6) Der Sekretair zeigt an, daß das Präsidium der Gesellschaft dem Vorhaben der Sektion, einen Garten zu pachten und einen Gärtner anzustellen, seine Genehmigung versagt hat, weil nach der Ansicht des Präsidii die Sektion nicht im Stande sein wird, die Kosten zu bestreiten. Es wird vorgeschlagen, den Garten zu pachten und ihn unter gewissen Bedingungen dem Herrn Rödelius zu überlassen, so daß die Sektion nur die Pacht zu zahlen hätte und doch im Wesentlichen den Zweck, um deswillen sie einen Garten pachten will, erreichen würde. Hierauf glaubt die Sektion nicht eingehen zu können, sondern beschließt, sich noch ein Mal an das Präsidium zu wenden und das von demselben vorgebrachte Be- denken zu widerlegen. 7) Herr Rehmann trägt darauf an, eine Kommission zu der allgemeinen Obst- Ausstellung nach Gotha zu senden. Dieser Antrag wird dahin modifizirt, daß nur 1 Deputirter geschickt und demselben eine Reiseentschädigung von 25 Rthir. gewährt werden soll. Als Deputirter wird der Sekretair gewählt, als Stellvertreter für den Behinderungsfall Herr Rödelius. XII. Am 9. September: 1) Es werden abgeschnittene Astern vorgelegi, welche Herr G. Teichert in Striegau eingesendet hat. 2) Desgleichen eine von Herrn Dochnahl in Wachenoorf bei Cadolzburg übersandte Broschüre über den Anbau der schwarzen Malve. 3) In Betreff der Herbst-Ausstellung wird darüber berathen, ob es zweckmäßiger sei, die Num- mern auf die Früchte zu schreiben, oder Zettel aufzukleben. Dies Letzte findet mehr Beifall. 4) Gleichfalls für die Ausstellung soll noch eine Partie Körbchen angeschafft werden, da diese haltbarer und überhaupt zweckmäßiger sind als Kartons. 5) Es wird der Entwurf eines Pachtkontraktes mit Herrn Eduard Winkler vorgelegt und besprochen. 6) Es wird beschlossen, einen Kostenanschlag für Einrichtung und Bewirthschaftung des Gartens entwerfen zu lassen, und zu diesem Zweck eine Kommission ernannt, bestehend aus den Herren Tre- wendt, Rödelius und Brachmann (der Letzte hat den Garten 8 Jahre lang in Pacht gehabt). 7) Der Sekretair erhält den Auftrag, bei den Herren Peicker in Grafenort und Burgund in Slawentzitz - anzufragen, ob sie der Sektion einen tüchtigen Gärtner empfehlen können. 28* 220 XIV. Am 23. September: 1) Der Entwurf des Kontraktes mit Herrn Winkler ist von dem; Präsidium der Gesellschaft geneh- migt worden. Nach demselbeu erpachtet die Sektion den: zu Nr. 90 der Matthiasstraße gehörigen Gar- ten, circa 3 Morgen, nebst Glashaus und Gärtnerwohnung, auf 12 Jahre und zahlt in den ersten 2 Jahren jährlich 80 Rihlr., in den nächsten 4 Jahren 100 Rthlr., in den letzten 6 Jahren 120 Rthlr. Die Sektion hat das Recht halbjähriger Kündigung; auf Seiten des Verpächters hebt nur Todesfall oder Verkauf den Vertrag auf. 2) Die Kommission zur Ermittelung der Einrichtungs- und Bewirthschaftungskosten hat sich ihres Auftrages entledigt. Die Ausgaben werden im ersten Jahre sich auf 4994 Rthlr. belaufen, von denen circa 250 Rihlr. durch die Eiunahmen aus dem Garten sich decken Iabsen) so daß circa 250 Rthlr. in Verlust gestellt werden müssen. 3) Betreffend die Anstellung des Gäriners, wird die Frage erörtert, ob dieselbe sogleich, oder erst im Januar oder Februar k. J. erfolgen soll. Das Erste wird angenommen. Herr Burgund kann zur Zeit einen brauchbaren Gärtner nicht empfehlen; dagegen hat Herr Peicker deren 2 vorgeschlagen, seinen Gehilfen August Kuschel und seinen Sohn Wilhelm Peicker. Die Sektion wählt diesen und bestimmt ihm einen Gehalt von 12 Rthir. monatlich nebst Aussicht auf Gratifikationen. (Da dieser die Stellung nicht annimmt, so wird sie dem Kuschel übertragen und zugleich der Arbeitsmann Heimlich mit monat- lich 8 Rthlr. nebst freier Wohnung angestellt.) 4) Für Uebernahme und Bewirthschaftung des Gartens wird eine Kommission gewählt, bestehend aus den Herren Dobe, Inkermann und Rödelius. 5) Herr Müller theilt mit, daß durch die Nachläßigkeit des früheren Kolporteurs Rüffer dem Lese- zirkel eine Anzahl Hefte verloren gegangen sind, und fragt an, ob das Fehlende, im Werthe von circa 9 Rihlr., ergänzt werden soll. Dies wird beschlossen. 6) Auf Antrag desselben werden für die Ausstellung die Herren Trewendt und Wimmer die Ge- wächse, Rödelius das Obst, Julius Monhaupt und Hennig des Gemüse in Empfang zu nehmen beauftragt. Herr Müller übernimmt die obere Leitung dieses Geschäftes. 7) Derselbe wird einen Kontroleur für den Billetverkauf besorgen und noch einmal die Mühe des Kassen- und Rechnungswesens übernehmen. 8) Das Schreiben der Nummern wird Herr Oberlehrer Scholz besorgen. XV. Am 21. Oktober: = 1) Der Sekretair zeigt an, daß die Preis-Kommission für die Ausstellung vom 4. bis 7. Oktober, von welcher sich der Central-Gärinerverein noch im letzten Augenblick zurückgezogen hat, durch die große Menge der preiswürdigen Gegenstände veranlaßt worden ist, das Programm zu überschreiten und zwei Prämien nebst einem Accessit über die in demselben bestimmte Zahl zu eriheilen, und bittet um nachträgliche Genehmigung. Diese wird ertheilt, aber auf Antrag der Herren Müller und Wimmer be- schlossen, künftig sich streng an das Programm zu halten. 2) Es wird eine recht nette Zeichnung des Parkes zu Eckersdorf bei Glatz. vorgelegt, welche Herr Kunstgärtner Schröter angefertigt und eingesendet hat. 3) Herr Pastor Benner in Löwenberg drückt schriftlich sein Bedauern darüber aus, daß er mit der zur Ausstellung eingesandten monströsen Kartoffel — sie war künstlich zusammengespeilt — von einem Schneider mystifizirt worden sei. 4) Es wird beschlossen, den Rest der Verzeichnisse von der letzten Ausstellung unentgeltlich an die Mitglieder zu veriheilen. 5) Dem Kastellan Reisler werden A Rihlr. für Reinigen der Räume vor, bei und nach der Aus- stellung bewilligt. ? 221 6) Der Sekreiair berichtet über seine Sendung nach Gotha. Die Ausstellung war in Betreff des Kernobsies sehr reichhaltig, ja großartig; Steinobst dagegen fand sich wenig, auch die Gemüse traten zurück. Die Güte des ausgestellten Obstes anlangend, so war dieselbe, da fast alle Gegenden Deutsch- lands sich verireten sahen, ja auch französisches und englisches Obst auslag, natürlich nach ‘Boden; Klima und Witterung sehr verschieden. Doch galt im Allgemeinen die Bemerkung, daß das norddeutsche Obst: dem süddeutschen an Schönheit nicht nur nicht nachstand, sondern dasselbe meist übertraf, was namentlich auch von dem sehr vortheilhaft aufgestellten: schlesichen Obste galt. Der Referent findet den Hauptgrund dieser Erscheinung darin, daß in Süd- und Mitteldeutschland, wo die Obstzucht schon - so lange blüht, der Boden sich müde getragen hat. Er selbst hat noch vor 15 Jahren das schönste Obst an den Orien gesehen, welche jetzt meist nur kümmerliche Produkte geliefert haben, wie Alten- burg, Koburg, Meiningen u. a. Dahin gehört auch die Bemerkung, welche Herr Stadirath Thränhardt machte, daß der römische Borsdorfer (Carmeliter-Reinette) bei Naumburg a. S. jetzt meist verkümmert erscheine. Man wird also an diesen Orten sorgfältig auf Wechsel des Standories für die Obstbäume oder auf Auffrischung des Bodens Bedacht nehmen müssen, wenn nicht der Obstbau ganz zu Grunde gehen soll. Die Obstausstellung in Gotha ließ sich eintheilen: 1) in Sammlungen von Pomologen, wie von Pfarrvikar Schuhmacher in Ramrath bei Düsseldorf, Superintendent Oberdiek in Jeinsen bei Hannover, Garteninspektor Lukas in Hohenheim — diese 3 waren durch Reichhaltigkeit und Korrektheit besonders ausgezeichnet; sie allein konnten einen Pomologen 8 Tage lang beschäftigen, — von Mini- sterialrath von Trapp in Wiesbaden, Medizinal-Assessor Jahn in Meiningen, Lieutenant Donauer in Koburg, Professor Lange in Altenburg, Garteninspektor Jühlke in Eldena, Kaufmann Leop. Müller in Züllichau, -Gutsbesitzer von Hoverbeck auf Nickelsdorf in Ostpreußen u. a.; 2) von Handelsgärtnern und Baum- schulenbesitzern — diese Kategorie fällt häufig mit der ersten zusammen, — wie die Sammlung von Behrens in Travemünde, Gartenmeister Borchers in Herrenhausen, Oberförster Schmidt in Blumberg bei Stettin (Baumschule in Radekow, Eisenbahnstation Tantow, 50 Morgen mit 500,000 Stämmen; die wissenschaftlich gearbeiteten Verzeichnisse dieser 3 Baumschulen gewähren dem Pomologen eben so viel Belehrung wie Unterhaltung), Oberamtmann Jäger in Schul-Pforta u. a.; 3) von Vereinen, wohin auch die schlesische Ausstellung, soweit sie von der Sektion für Obst- und Gartenbau eingesendet war, ge- rechnet wurde, z. B. in Arnstadt, Kassel, Koburg, Gotha, Meiningen, Saalfeld, Wiesbaden u. a.; 4) endlich von Privatpersonen, wie dem Prince Royal Albert, dem Grafen Albert von Schlippenbach, Pastor Steiger in Windehausen bei Nordhausen, Kantor Lotze in Esleben an der Finne, Kaufmann Peter Harras in Suhl, Eduard Georges in Gotha, Albrecht, Arnoldi daselbst u. a. Auch aus den Kommunal-Baum- pflanzungen der Städte Arnstadt und Naumburg a. S. war Obst eingesendet; gewiß ein nachahmenswer- ihes Beispiel, daß Städte Promenaden und überhaupt Gemeinland mit Obstbäumen bepflanzen. Denn ein guigezogener Obstbaum übertrifft an Schönheit die meisten Zierbäume. Der Besuch der Ausstellung war trotz des Eintritispreises von 5 Sgr. zahlreich; jeder Zug der Eisenbahn brachte Fremde in größerer Menge, und von den Gothanern werden gewiß nur wenige den Besuch versäumt haben. Um die ausgestellten Gegenstände zu prüfen, wurden 4 Kommissionen ernannt: 1) für die Aepfel: Oberdieck, Lukas, von Trapp, Jühlke; 2) für die Birnen: Donauer, Jahn, Borchers, von Türk, Lepere, Wüne; 3) für den Wein: Thränhardt, Köhlmann, Oberförster Schmidt; 4) für die Gemüse: Obergärtner Müller aus Gotha, Möhring aus Arnstadt, Benary und Siegling aus Erfuri. Die Berichte konnten indeß nur unvollständig mitgetheilt werden, da die Referenten der 2. und 3. Kommission bereits vor dem Schluß abgereist waren und ihre Aufzeichnungen mit sich genommen hatten. Ueberdieß war es auch für den angesirengtesten Fleiß unmöglich, jede der vielen und meist sehr umfangreichen Kernobst-Sammlungen 222 gründlich zu prüfen. Da es vorher zu sehen war, daß die Kommissionen nicht bis zu der schlesischen Abtheilung gelangen würden, so bat der Referent die Herren Lukas, Oberdiek, von Trapp, Donauer, Jahn und Schmidt, welche mit ihm eine später zu erwähnende Kommission bildeten, Sonntag den 11. Ok- tober Nachmittags das schlesische Obst zu prüfen, so weit dies die ungenügende Bezeichnung und der Mangel an Verzeichnissen bei einzelnen Sortiments gestattete. Namentlich hat sich der unermüdliche Lukas mehrere Stunden lang dieser Arbeit unterzogen. Dabei wurde so verfahren, daß der Referent das Verzeichniß zur Hand nahm, und Lukas die Sorten der Reihe nach bestimmte. Traf seine Bestim- mung mit dem im Verzeichniß angegebenen Namen zusammen, so wurde weiter gegangen; war dies nicht der Fall, so traten die anderen Herren zu, um zu entscheiden. LießB sich die Sorte mit Gewißheit bestimmen, so verbesserte Referent das Verzeichniß; blieb ein Zweifel, so wurde dem Namen des Ver- zeichnisses ein Fragezeichen beigefügt. Die wenigsten Fehler fanden sich in der Sammlung des Rendan- ten Klose in Oels. Die Prüfung der Sorten bildete die Haupibeschäftigung der Versammlung; um sie möglichst fördern zu können, wurde alles Uebrige in die Abendstunden verlegt. Dennoch konnte nicht die Hälfte der Arbeit voilendet werden. Ferner wurden 2 Vorträge gehalten, der eine von Herrn Medizinal-Assessor Jahn aus Meiningen über eine neue Klassifikation der Birnen nach den Blattformen, und von Herrn Le- pere aus Montreuil bei Paris über den in seines Vaters Gärtnerei angewandten Baumschnitt. Ueberdies gab Herr Lepere öfter schätzbare Auskunft über einzelne Sorten nach französischen Erfahrungen, und Herr Graf Schlippenbach machte seinen Dolmetscher, da jener nur Französisch sprach. Endlich wurden die von der Naumburger Versammlung empfohlenen Sorten noch einmai durch- genommen und neue vorgeschlagen. Die ersten wurden sämmtlich beibehalten, obwohl der Würtember- ger Luyken noch wenig Freunde gefunden hatte, und Lukas den Borsdorfer, der in Würtemberg nicht gedeiht, ausgemärzt wissen wollte. Die neuen von der Gothaer Versammlung zur Empfehlung und Ver- breitung ausgewählten Sorten sind folgende: 1) die Ananas-Reinette, 2) der Goldzeug-Apfel (drap d’or), 3) der virginische Sommer-Rosenapfel (er besiegt nur mit Mühe seinen Konkur- renten, den gestreiften Sommer-Zimmetapfel), 4) Prinzenapfel (Ananasapfel, Melonenapfel, gestreifter Schlotterapfel), 5) Eiserapfel (lange dauernder rother Streifling), 6) Champagner-Rei- nette, 7) englische Spital-Reinette, 8) königlicher rother Kurzstiel, 9 Baumann’s rothe Winter-Reinette, 10) Harberg’s Rambour, 11) Orleans-Reineite (sie hätte an erster Stelle genannt werden sollen!); ferner von Birnen: 1) grüne fürstliche Tafelbirne (in der Mark als Schmeerbirne sehr beliebt), 2) Sommer-Dechantsbirne, 3) gute Graue, 4) punktirter Sommerdorn, 5) Wildling von la Motte, 6) Regentin (Argenson), 7) köstliche von Char- neux (so ist nach de Jonghe der Name zu schreiben, sie konkurrirt mit Marie Louise), 8) Winter- Nelis, 9) Winter-Dechantsbirne, 10) Bosc’s Flaschenbirne (Referent bemerkt, daß sie we- nigstens in manchen Gegenden wenig tragbar ist), 11) Kuhfuß, 12) Kamper Venus (konkurrirt mit Jean de Witt und Graf Canal). 11 und 12, wie unter den Aepfeln 5 und 10 sind nur Wirthschafts- Obst, während die übrigen Sorten für Tafel und Wirthschaft brauchbar sind. Da eine ähnliche Versammlung von Pomologen, wie sie die zweite allgemeine deutsche Obstaus- stellung aus allen Gauen unseres Vaterlandes nach Gotha geführt hatte, wenn je, so doch gewiß nicht in der nächsien Zeit wieder gehalten werden wird, so glaubte Referent diese Gelegenheit benützen zu müssen, um einerseits einem dringenden Bedürfniß für die Obstzucht abzuhelfen, andererseits der Gothaer Versammlung ein bleibendes Denkmal zu stiften. Er stelle am 10. Oktober den Antrag: „Die Ver- sammlung wolle unter ihrer Obhut ein systematisches Handbuch der Pomologie durch 2 namhafte Pomo- logen unter Mitwirkung anderer, namentlich der in Gotha versammelten, herausgeben lassen.“ Nach 2993 ai“ a CB. seiner Ansicht sollte das Buch, etwa im Umfange des Dittrich’schen Werkes, möglichst kurz gefaßt die bis jetzt bekannten Obstsorten systematisch geordnet in Originalbeschreibungen enthalten, die zahl- reichen Identitäten ausmerzen, aber die Synonymen so vollständig angeben, wie dies nur durch das Zu- sammenwirken vieler in verschiedenen Gegenden wohnhafter Männer thunlich ist. Von den verschiede- nen Namen einer Sorte sollte nach Umständen entweder der nachweisbar älteste, oder der am weitesten verbreitete, oder der die Eigenthümlichkeit am besten bezeichnende, oder endlich der kürzeste genom- men werden. Daß die in dem Handbuch gewählten Namen sich bald überall einbürgern werden, kann man: mit: Bestimmtheit annehmen; denn die meisten der jetzt üblichen Namen sind die von Diel nicht immer glücklich gegebenen. Es steht also zu hoffen, daß das beabsichtigte Handbuch Licht in das Chaos der Pomologie bringen und unkritische Bücher, deren man sich jetzt in Ermangelung besserer bedienen muß, beseitigen wird. Lukas nahm sogleich das Wort, um mit Wärme den Antrag zu befürworten. Er wurde nach einigen anderweitigen Erörterungen einstimmig angenommen, und eine Kommission (Lukas, Oberdieck, von: Trapp, Donauer, Jahn, Schmidt, Fickert) gewählt; um bis zur nächsten Versammlung am 12. Oktober einen Plan für das Werk zu entwerfen. Dies ist geschehen, der Plan ist angenommen, die. Herren Oberdieck, Lukas und Jahn sind zu Herausgebern ernannt und befugt, sich ihre Mitarbeiter selbst zu wählen, (Inzwischen ist Herr Jahn zurückgetreten und der ursprüngliche Plan, wie es immer geht, wenn man: von der Idee zur Ausführung kommt, etwas modifizirt: worden, gewiß zum Vortheil des Werkes, das nun als illustrirtes Handbuch u. s. w. erscheinen und jeder Sorte ein Blatt: widmen wird). Vorgelegt wurden der Versammlung noch die vom verstorbenen General von Pochhammer angefer- tigten Zeichnungen von 1670 Apfel- und 670: Birnsorten. Referent schließt seinen Vortrag mit einer Schilderung des Eindruckes, den die Versammlung der Pomologen auf ihn, der eben von der Versammlung der Philologen kam, gemacht hat, und sucht die hervortretenden Persönlichkeiten: Oberdieck und Lukas, Schuhmacher, von Trapp, Jühlke, Jahn, Donauer, Behrens, Schmidt, Rudolphi, Kliefoth, Professor Koch, Pfarrer Koch, Bauer, Lepere, Graf Schlippenbach kurz: zu charakterisiren. XVI. Am 4. November: 1) Den Preisrichtern und dem Ordner für die Monats- Ausstellungen soll ihr Amt noch für den nächsten Monat: belassen und die Neuwahl erst mit: den übrigen Wahlen vorgenommen werden. 2): Um Prämien bei den Monats-Ausstellungen ertheilen zu: können, müssen mindestens 3 Preisrich- ter zugegen sein, Ist diese Zahl nicht vorhanden, so ergänzt der Vorsitzende der Kommission: dieselbe aus den anwesenden: Mitgliedern der Sektion. 9) Ein schriftlich eingereichter Antrag des Herrn Direktor Wimmer, die Sektion wolle auf den Garten nur 80 Rthlr. jährlich von ihrem Vermögen verwenden, wird vertagt bis zur Anwesenheit des Antragstellers. | 4) Der Sekretair hält einen Vortrag über den französischen Baumschnitt, wie ihn Herr Lepere d. J. am: 12. Oktober in Gotha gelehrt und durch’Demonstrationen erläutert hat. im Wesentlichen stimmt die Lepere’sche Theorie mit: der Hardy’schen überein, die durch die Uebersetzung von Jäger auch in Deutsch- land: bekannt ist. Die Hauptgrundsätze, welche zum Theil von dem bei: uns üblichen Verfahren abwei- chen, sind eiwa folgende: a) bei Spalier- und Pyramidenbäumen müssen die untersten Zweige (Etagen) möglichst lang und stark gezogen werden; b)' sie sind also. schwächer als die oberen Zweige, unter Umständen gar nicht zu beschneiden; c) denn je weniger man einen Zweig schneidet, desto’ stärker treibt‘ er, vorausgesetzt, daß die anderen Zweige desselben Stammes stärker beschnitten sind; 224 d) ein Querschnitt in den Stamm (resp. Ast) oberhalb eines Zweiges oder Auges verstärkt den Trieb desselben, unterhalb schwächt er den Holzirieb und befördert die Bildung von Frucht- augen. Diese Querschnitte können Rinden- oder Holzschnitte sein, mehr oder weniger Rinde oder Holz entfernen; danach bemißt sich ihre Wirkung; e) der Querschnitt über einem schlafendem Auge weckt dasselbe, versteckte Augen bringt er zum Vorschein. Diese finden sich nur am alten Holze, vorzüglich in der Nähe von Krümmungen oder Wülsten, und müssen benutzt werden, um leere Stellen auszufüllen. (Sie treiben als W as- serreiser von selbst aus, sobald die Vegetation in den oberen Theilen des Baumes abnimmt oder ganz aufhört. Die Wasserreiser ohne Unterschied zu entfernen, ist eine Thorheit, welche viele Gärtner begehen. Sie sind das von der Natur selbst gebotene Mittel, einen Baum zu verjüngen, und ihr Erscheinen ein sicheres Zeichen, daß er der Verjüngung bedarf. Kommen sie aus dem edlen Holze, so hat man sie zu behandeln, wie jeden anderen Zweig; zeigen sie sich unterhalb der Veredelungssteile, so müssen sie natürlich veredelt werden und lassen sich sehr gui zu Probezweigen benutzen); f) ein Längenschnitt in die Rinde zieht den Saft nach der Seite, wo er angebracht worden, und verstärkt den Trieb auf derselben; g) den Trieb tiefer stehender Zweige verstärkt man ferner durch das Abkneipen der jungen Triebe an höher stehenden; h) genügen diese Mittel nicht, so giebt man dem zu verstärkenden Zweige eine besondere Unter- lage, d. h. man pflanzt einen jungen Stamm darunter und plattet denselben an den Zweig an (ablaktirt). (Es lassen sich zu demselben Zwecke in gleicher Weise auch tiefer stehende Wasserreiser benutzen); i) Lücken lassen sich ausfüllen «&. durch das Wecken schlafender oder versteckter Augen, £. durch das Einsetzen eines schlafenden Auges. (Bei Aepfeln, Birnen, Pflaumen und Kirschen auch durch Pfropfen in die Seite. Ist der Stamm zu stark, um das gewöhnliche Verfahren anzuwen- denden, so kann man in die Rinde pfropfen, falls diese noch geschmeidig genug ist, um sie abzulösen. Der Schnitt am Stamm ist derselbe wie beim Okuliren, das Reis wird nur an einer Seite angeschnitten, auf der anderen ein Theil der oberen Rinde sorgfältig entfernt); k) die Wasserreiser lassen sich auch benutzen, um dadurch, daß man sie an Fruchtholz anplattet, den Früchten mehr Nahrung zu geben; ) um neue Sorten zu prüfen und schon im nächsten Jahre Früchte zu gewinnen, okulirt man im August oder September mit Fruchtaugen. (Bei Aepfeln und Birnen ist das Pfropfen in die Seite mit Fruchtholz sicherer); m) bei Pfirsichbäumen ist auf Erhaltung der Bouquetzweige besondere Sorgfalt zu verwenden. Man muß daher das Holzauge, sobald es ausgetrieben ist, auf 4 bis 6 Blätter abkneipen; n) die unsicheren Blüthenzweige (dünne Zweige, welche nur an der Spitze ein Blattauge haben, sonst aber mit Fruchtaugen bedeckt sind) werden am besten ganz enifernt; o) den guten Zweig, der zugleich Blati- und Blüthenaugen nebeneinander zeigt, schneidet man auf 4 Augen und bricht die nach oben stehenden Blattaugen aus, während die unteren stehen bleiben; p) alle Holzaugen, welche man ausbrechen will, läßt man erst etwa 3 Zoll lang treiben. Auf die Einwendung des Referenten, daß die Verschiedenheit des Klimas in Deutschland eine mo- difizirte Anwendung des französischen Baumschnities erfordere, und daß wir im Allgemeinen weniger schneiden dürfen, als die Franzosen thun, erwiederte Herr Lepere, daß dies nicht der Fall sei, da er ID 25 in Deutschland eine weit üppigere und kräftigere Vegetation an den Obstbäumen finde als in Frank- reich. Aber gerade dieser Umstand scheint die Ansicht des Referenten zu bestätigen. In Frankreich, wo die Vegetation früher beginnt und später aufhört, geht sie langsamer und darum regelmäßiger von statten; ein vehementes Aufsteigen des Saftes, das bei uns häufig Schäden in der Nähe der Schnitt- wünden erzeugt, ist dort sehr selten. Außerdem läßt die langsame Vegetation ein Erschöpfen der Le- benskraft durch zu starken Schnitt nicht so leicht befürchten. Zum Schluß bemerkt der Referent, daß das Fruchtholz sich beim zweiten Triebe bildet, und zwar desto reichlicher, je schwächer der Holztrieb' ist. Dieser bisher zu wenig beachtete Umstand wird allen Obstzüchtern zur Berücksichtigung empfohlen. Es folgt daraus, daß man den ersten Holztrieb nicht zurückhalten darf, damit die Natur nicht bei ‘dem’ zweiten das Versäumte nachholt; dagegen ist der Holztrieb im zweiten Safte möglichst zu mäßigen. XVII. Am 2. Dezember: 1) Es kommt der bereits am 4. November vorgelegte Antrag des Herrn Direktor Wimmer zur Berathung. Diesem Antrage schließen sich noch 3 andere an: a) vom Sekretair, dahin lautend, daß die Sektion nur in den ersten 2 Jahren jährlich 100 Rthlr. von ihrem Kapitalvermögen auf den Garten verwenden wolle; b) von Herrn Rödelius, daß die Sektion nur im ersten Jahre ihr Kapital zum Besten des Gartens angreifen möge, und c) von Herrn Trewendt, welcher 500 Rihlr. von dem Vermögen der Sektion zur Einrichtung des Gartens während der ersten 2 Jahre bestimmt wissen will, mit der Maß- gabe, daß, wenn bis Ostern 1859 sich herausgestellt haben sollte, daß der Garten ohne weitere Zu- schüsse von dem Kapitalvermögen der: Sektion sich nicht. erhalten könne, die Pacht zu kündigen sei. Dieser Antrag wird angenommen. 2) Der Sekretair theilt mit, daß Herr von Thielau auf Lampersdorf einen Abschnitt von einer sehr starken Fichte aus seinem Revier geschenkt hat, um denselben als Platte zu einem Gartentisch zu ver- wenden. . 3) Herr Litterat 'Th. Oelsner hat eine Broschüre des: Amisrentmeister Woltmann in Zeven: Zur Beförderung der Obstbaumzucht für den Landmann im nördlichen Deutschland, ge- schenkt, welche vorgelegt wird. 4) Herr Müller berichtet über die Vertheilung von Pfropfreisern und Sämereien im Frühjahr 1857. 5) Derselbe legt die Rechnung über die letzte Ausstellung vor. Die Sektion hat dabei 114 Rthlr. 27 Sgr. 9 Pf. zugesetzt, obwohl ihr die Räume der schlesischen Gesellschaft unentgeltlich überlassen waren. Dies ist eine traurige Erfahrung, wenig geeignet, zu ähnlichen Unternehmungen zu ermuntern. Herr Inspektor Neumann übernimmt die Prüfung der Rechnung. 6) Aus Stuttgart ist ein Sortiment von 5 der neuesten Fuchsien verschrieben worden, um sie einem früheren Beschlusse gemäß zu vermehren und sie dann an die Mitglieder der Sektion zu vertheilen. Herr Müller hat diese Fuchsien einstweilen in Verwahrung genommen. XVII. Am 16. Dezember: 1) Herr Müller theilt einen Bericht des Herrn Schullehrer Titze in Töppendorf bei Strehlen mit, a) über Vermehrung der Kartoffel durch Schößlinge, b) über den Einfluß des Rajolens, c) über Lev- koyenzucht, d) über den Brand an Obstbäumen. 2) Es wird zu den Wahlen geschritten. Als Sekretair wird Direktor Dr. Fickert, als Stellver- treter desselben Herr Kaufmann E. H. Müller. wieder gewählt. Die Wahl zum Mitgliede der Prome- naden-Deputation fällt wieder auf Herrn Buchhändler Trewendt. Als Preisrichter für die Monats-Aus- stellungen werden auf & Monate gewählt die Herren Kunst- und Handelsgärtner Richard Rother und Emil Jung und Herr Hauptturnlehrer Rödelius, als Stellvertreter die Herren Bureau-Direktor Inkermann und Obergärtner Rehmann, als Ordner Herr Obergärtner Rehmann. 29 3) Auf Antrag der Garten-Kommission wird dem Gärtner Kuschel ein Weihnachtsgeschenk von 3 Rthlr., dem Arbeiter Heimlich ein dergleichen von 2 Rthlr. bewilligt. 4) Herr Rödelius theilt seine Erfahrungen über das flüssige Baumwachs mit und erklärt, daß er der Sektion einige tausend Obstwildlinge schenken wolle. Er stellt dabei die Bedingung, daß, wenn die Pacht des Gartens früher aufgegeben werden sollte, als die daraus gewonnenen Edelstämme abge- setzt worden sind, die zu der Zeit noch vorhandenen ihm nach dem Werthe bezahlt werden, den sie gegenwärtig haben. Die Sektion nimmt dies Anerbieten dankbar an. 5) Auf die Anfrage Desselben wird beschlossen, aus der anzulegenden Baumschule auch Kopulanten abzugeben. Bericht über die Veriheilung von Obst-Edelreisern und Gemüse-, Vekonomie- und Blumen-Samen durch die Sektion für Obst- und Gartenbau im Frühjahr 1857, zusammengestellt von Kaufmann E. H. Müller, zur Zeit stellvertretendem Sekretair. Der Beschluß, in diesem Frühjahr wiederum eine Vertheilung von Reisern edler, der größeren Ver- breitung werther Obstsorten, wie von Sämereien vorzüglicher Gemüse und neuer Oekonomie-Gewächse, als auch einiger neuen schönblühenden Zierpflanzen an Mitglieder, welche sich rechtzeitig darum be- werben würden, zu veranlassen, wurde herbeigeführt durch die Ueberzeugung von dem zweifellosen Nutzen, welchen die früheren Vertheilungen bereits äußern, und durch den häufig, besonders von Mit- gliedern in der Provinz geäußerten Wunsch, dieselbe auch ferner stattfinden zu lassen. Außerdem wird sicher gehofft, durch diese Vertheilungen von jetzt an noch günstigere Erfolge zu noch allgemeinerem provinziellen Nutzen zu erreichen, als nunmehr durch sehr strebsame Mitglieder in den verschiedensten Gegenden der Provinz, nach festgestellten Schemata’s ausführlichere und über- sichtliche Mittheilungen über die angestellten Versuchs-Anbaue und die vorgenommenen Obst-Verede- lungen eingesendet werden und durch diese Unterstützung eine größere Möglichkeit gegeben ist, aus jenen Mittheilungen ein erwünschtes, nützliches Resume und manche interessante Erfahrungen einem größeren Kreise vorlegen zu können, wie dies denn auch schon jetzt in einem dem Gegenwärtigen nachfolgenden Bericht versucht worden ist. In diesem Frühjahre wurden daher: 1) Obst-Edelreiser durch den hiermit betrauten Sekretair der Sektion, Herrn Direktor Professor Dr. Fickert, ausgewählt und bezogen a) Aepfel, von Herrn von Zallinger in Botzen in Tyrol in 18 Sorten, welche ergaben 135 Reiser, von dem kgl. Würtemberg. land- und forst- wissenschaftl. Institut in Hohenheim (Herr Garten-Inspektor Ed. Lukas) in........ 27 227 b) Birnen, von Herrn von Zallinger ir Botzen in.... 3 Sorten, welche ergaben 14 Reiser, von Hohenheim in.................... 21: bs 49, c) Pflaumen, von Hohenheim in.................... 4 Sorten, welche ergaben 82 Reiser, d) Kirschen, won’ Hohenheim’ in! 7-2... 2: 223220221293 3 Sorten, welche ergaben 60 Reiser, und hatten hierzu geneigtest noch eingesendet die Mitglieder: Herr Rittergutsbesitzer J. Heine in Kunzendorf bei Steinau, Reptele NE sH INTER, EINE BETH 20 Sorten, welche ergaben 31 Reiser, Birnen 28 OD aUEBl Are, TE N SINE, > Pa 7 Ba Herr Spalding, kgl. prinzl. Revierförster in Johnsbach bei Wartha, Aeprelän DR 2. BEER E08 4 Sorten, welche ergaben 4 Reiser, Birnenineel Sala) er Ai sehe. 2.4. 2 5 3.13 Herr Haupt-Turnlehrer Rödelius, Nepfellins a... 122: 222 Snpalkyaskragife 5 Sorten, welche ergaben 3 Reiser, Birnenginet San a en, 18:=.,, N De Be Bilaumensunt Sen: Mann 5, 5 a lee 5, in Folge dessen erfreulicher Weise wiederum von Sorten ‚Aepfeln. . ..... .........: 751 Edelreiser, vonw Aa Sorten; Birnen. ©... . 0... 550 5 von 31 Sorten Pflaumen. ................ 159 5 von 8 Sorten Kirschen ................ 60 ss zusammen von 158 edlen Obstsorten 1520 Edelreiser in sehr guter Beschaffenheit und jedes zu meh- reren Veredelungen geeignet, mithin durchschnittlich je 30 Edelreiser an 52 Mitglieder zur Vertheilung gelangen konnten. Frau Geheime Kommerzienräthin Treutler auf Leuthen bei Lissa i. Schl. hatte noch die dankbar- lichst anerkannte besondere Gewogenheit, aus ihren dortigen Baumschulen der Sektion das schätzens- werthe Geschenk von 11 Aepfel-, 6 Birnen-, 2 Pflaumen- und 1 Kirschstämmchen sehr vorzüglicher Sorten zuzuwenden, welche an zwei hiesige Mitglieder als Standbäume und zu künftiger Abgabe von Edelreisern überwiesen wurden. Die Auswahl und Bestellung der zur Vertheilung in diesem Jahre bringenden Sämereien etc. war wiederum dem stellvertretenden Sekretair überlassen worden und bezog derselbe: 2) Die Gemüse- und 0ekonomie-Sämereien von Friedrich Adolph Haage jun. in Erfurt in....... 25 Sorten, » Moschkowitz und Siegling in Erfurt in......... 16... „Gebrüder Villain in. Erfurt. in... ...:..:.2..:..... Brunn ‚» Gebrüder Kölle in Ulm in... 42. Won n3n- Dies „Karl Ebhritsch .insArnstadt im... „.r.1.00.&. De »„ Materialien-Inspektor Neumann hier in.......... be o.% Zusammen in 58 Sorten. Hierzu haben noch, wofür hiermit der verbindlichste Dank ausgesprochen wird, in oft ansehnlichen Quantitäten geneigtest eingesendet die reiche Zahl von 52 Sorten die Herren Moschkowitz und Siegling 29 * 228 in Erfurt, so wie 13 Mitglieder, und zwar die Herren: Block, Rustikalbesitzer in Staude bei Pleß, Dr. Fickert, Gymnasial-Direktor hier, Fölckel, Hauptmann und Oberförster a. D. in Nieder-Marklowitz bei Loslau, Frickinger, Kunstgärtner in Lasan bei Saarau, Friede, Schullehrer in Poln.-Steine bei Ohlau, Heine, Rittergutsbesitzer in Kunzendorf bei Steinau a. O., Hontschick, Oberförster in Pleß, Müller, Kaufmann hier, Peicker, Baum- und Gemüsegärtner in Grafenort bei Habelschwerdt, v. Randow, Lieu- tenant auf Golkowitz bei Pitschen, v. Schimonski, Rittergutsbesitzer auf Steblau bei Kosel, v. Wille, Landesältester auf Hochkirch bei Liegnitz, Woche, Freigutsbesitzer in Poln.-Weichsel bei Pleß; wodurch es denn möglich wurde, sämmtliche rechtzeitig eingegangene Gesuche auch diesmal thunlichst zu be- friedigen und diese 110 Sorten Sämereien und Knollen neuer oder zum Anbau in größeren Kreisen kürzlich empfohlener oder zu empfehlender Küchen- und sonstigen Nutz-Gewächse, zusammen im Ge- wicht von mehr als 80 Pfund, in 1309 ausreichenden Portionen an 71 Mitglieder zum Versuchsanbau und seinerzeitiger Berichterstattung über Erfolg und Werth, nach den denselben beigefügten Sche- mata’s der Art zu vertheilen, daß ein jedes derselben durchschnittlich 15 Sorten in ebenso vielen größeren oder kleineren Portionen erhielt. 3) Die Blumen-Sämereien wurden bezogen von Gustav Teicher in Striegau in . . ........... 7 Sorten, Karl Ebritsch m Arnstadt ın 02... 10 0: » „Christoph Lorenz.in“Erfürt’in ................ DREIER „ Ernst & v. Spreckelsen in Hamburg in........ 2 Zusammen in 20 Sorten Hatten nun in anerkannter Güte die drei erstgenannten Herren einige der bestellten Sorten nicht nur in einem größeren als dem. von ihnen entbotenen Quantum gesendet, so hatte sich die Sektion. von denselben, wie von den Mitgliedern: Herren Rittergutsbesitzer v. Schimonski auf Steblau bei Kosel und Kaufmann Müller hier, einer freundlichen Zuwendung von noch 12 Sorten zu erfreuen, wonach zusammen 32 Sorten. Blumensämereien in 295 Portionen an 31 Mitglieder, mithin durchschnittlich an jedes der- selben 10 Sorten vertheilt werden konnten. Die Vertheilung und Versendung der Obst-Edelreiser hatte Herr Haupt-Turnlehrer Rödelius, die- jenige der Sämereien der stellvertretende Sekretair übernommen und in der Zeit vom 25. März bis 8. April bewerkstelligt. Eine frühere Versendung war bei der vorgerückten Zeit, in welcher die Preis- listen, nach denen die Bestellungen zu machen waren, und sodann auch zum Theil verspätet die be- stellten Reiser und Sämereien selbst erst eingingen, wie bei dem so mühsamen Geschäft des Vertheilens und Verpackens in die einzelnen Portionen, trotz aller Aufopferung der damit Betrauten unmöglich. Um einen Schritt weiter zu thun und hierdurch auch auf andere Weise den geschätzten Mitglie- dern immer mehr gerecht zu werden, wurden im Sommer dieses Jahres als ein, wenn auch geringer Anfang hierzu von Adolph Hvaß in Stuttgart die in mehreren Gartenschriften abgebildeten und sehr lobend erwähnten 5 neuesten Fuchsia bezogen, und zwar F. coronata fl: pl., F. flavescens superba, F. imperialis fl. pl., F. Roi des blancs, F. virgo Maria. Wie jedoch Novitäten gewöhn- lich nur in sehr kleinen Exemplaren versendet werden, so war solches auch bei diesen Fuchsien der Fall gewesen; dieselben wurden deshalb von dem Berichterstatter in sorgfältigste Pflege genommen, sind gut gewachsen und versprechen eine reichliche Vermehrung, welche im Frühjahr 1858 zur Ver- theilung gebracht werden wird. 229 Die Anschaffungs- und Versendungskosten betrugen: 1) Für Obst-Edelreiser, BuSE BObZENn. le ner nee srl 14296 — os Hohenheim..t Ss: raur astnsin-rurherstageN 2 53 my füniißrachtrund, Porto!sp2.2. ashesr -ryoietl - - Beine lien NR; „ . Verpackungs- und Versendungs-Speesen.. 2 „12 „ — ,„ 2. 1 6 2) Für Gemüse- und Oekonomie-Sämereien, n “ ” von Friedrich Adolph Haage jun. in Erfurt... 11.22 6 3 » Moschkowitz und Siegling in Erfurt..... Aryl: 1.3 9 Gebrüder. Villain in Erfurt.............- SE „ia Gebrüder, ‚Kölle..in. Ulm „1.243. zacı: --& 229 u „». Karl Ebritsch in Arnstadt ...:..:...... Lip na28 On: „ Materialien-Inspektor Neumann hier ..... 1... für, .verlesie, Porto 2.9.43 13 -uglarg® -stidelt ey U. Dust. 2 ,„ Verpackungs- und Versendungs-Speesen.. 6 „ 10 „ — ,„ 32 4.3% 9) Für Blumen-Sämereien, von Gustav Teicher in Striegau .........:.. I My „ Karl Ebritsch in Arnstadt ............: Aria RO. „ „ Christoph Lorenz. in Erfurt ............ D 5 DIE, ie ». Ernst & v. Spreckelsen in Hamburg..... 1.0, , ur; yerlegteiPorto’s: ‚3 444.10 see a; I a „ Verpackungs- und Versendungs-Speesen.. 1 „13 „9 „ ' 4) Für Pflanzen, ‘von Adolph Hvaß in Stuitgart......2....,... 5 6: 21, _ für Emballage und Porto’s ................ 10..222 0%, und hat demnach die Sektion den Gesammtbeirag von...............2..2... 3% 75% für die Vertheilung an ihre resp. Mitglieder in diesem Jahre aufgewendet. Au 8.2.08 aus den Kultur-Berichten für das Jahr 1857 Dr, Fickert, zur Zeit Sekretair der Sektion. Leider ist das geehrte Mitglied der Sektion, welches die Anfertigung ‚dieses Auszuges übernommen hatte, durch eine Augenkrankheit an der Ausführung der Arbeit verhindert worden, Ich habe sie daher 230 im letzten Augenblick selbst übernehmen müssen, und zwar zu einer Zeit, wo meine anderweitigen Geschäfte mir nicht gestatteten, mit derjenigen Ausführlichkeit und Gründlichkeit zu verfahren, die ich selbst für nothwendig erachte, wenn diese Kulturberichte den rechten Nutzen haben sollen. Inzwischen habe ich gethan, was unter den obwaltenden Umständen möglich war, und hoffe, daß die ‚meinerseits aufgewandte Mühe nicht ganz nutzlos sein wird. Uebrigens werden sich für die Zukunft diese Berichte am zweckmäßigsten an die Erfahrungen anschließen lassen, welche die Sektion in ihrem Garten ge- macht hat. Es wird dadurch ein Mittelpunkt gewonnen und die Uebersicht erleichtert werden. Be- nutzt habe ich in Betreff der Gemüse eine Vorarbeit meines Herrn Kollegen Müller, welcher zu sei- nem eigenen Gebrauch die Berichte sorgfältig zusammengetragen hatte; sie hat mir für die Orientirung in dem umfangreichen Material wesentlich genützt, ohne mich jedoch der Einsicht in die Originale überheben zu können. R Eingegangen sind überhaupt 51 Berichte, 27 über Gemüsebau, theilweise auch über Blumenkultur, und 24 über Obstbau, namentlich über die Resultate der Veredelungen. Die ersten sind geliefert von den Herren: Fischer in Zwornegoschütz, Müller in Breslau, Fickert daselbst, Ulbrich in Brieg, Titze in Töppendorf, Friekinger in Laasan, Lammel in Babitz, Peicker in Grafenort, Kloß in Zobten bei Lö- wenberg, Heyder in Powitzko, Heyder in Wiesau, Jentsch in Brocketschine, Fölckel in Nieder-Mark- lowitz, Suchanek in Gr.-Rosmierz, von Wille in Hochkirch, Müller in Althammer, Spalding in Johns- bach, Behnisch in Seiffersdorf, Frau von Nickisch-Rosenegk in Krehlau, Nitsche in Laband, von Gräve in Gr.-Ellguth, Hentschel in Langenhoff, Block in Staude, Matthaei in Straupitz, von Blacha in Jaschine, Frenzel in Obernigk, Lehwald in Neumarkt. Die anderen rühren her von den Herren: Hontschik in Pleß, Cochlovius in Schönwäld, Block in Staude, Müller in Althammer, von Wille in Hochkirch, Fölckel in Nieder-Marklowitz, Jentsch in Brocketschine, Heyder in Wiesau, Heyder in Powitzko, Kloß in Zobten bei Löwenberg, Peicker in Grafenort, Lammel in Babitz, Frickimger in Laasan, Ulbrich in Brieg, Spal- ding in Johnsbach, Titze in Töppendorf, Frenzel in Obernigk, von Blacha in Jaschine, Luckow in Nie- der-Thomaswaldau, Friede in Poln.-Steine, Klose in Spahlitz, Winter in Heinrichau, Lehwald in Neu- markt, von Korff in Oppeln. Die meisten dieser Berichte sind nach dem von der Sektion übersandten Schema, einige in anderer Form abgefaßt; für alle ist die Sektion zu besonderem Danke verpflichtet. Die Resultate sind: 1. Gemüse u. a. 1. Blumenkohl: a) Haage’scher Zwerg-, gut *), 1 Stimme; b) grösster von Walchern, schlecht, 4 St. (die Ernte ist mißrathen in Folge zu trockener Witterung). 2. Broccoli, weisser Frühlings-, Dilkok’s Bride, schlecht, 1 Stimme (die Pflanzen wurden kropfig). 3. Kopfkohl: a) Später weisser. Ulmer Centner-, sehr gut (in schwarzem lockeren Boden), 1 St.; gut (in humüsreichem Lehm), 1 St.; ziemlich (in kaltem Boden mit nicht durchlassender Unter- lage), 1 St.;, mißrathen (in Folge von Dürre, Mehlthau u. s. w.), 6 St.; b) früher weisser kleiner Ulmer, sehr gut (auf drainirtem Boden und auf gutem Gartenboden), 2 St.; gut, 1 St.;, mißrathen (Dürre, Erdfloh, Raupen), 4 St.; *) Die Prädikate beziehen sich auf den Werth für die Küche, wenn nichts Weiteres bemerkt ist. Leider äussern sich manche Berichte in dieser Beziehung nicht. 231 c) grosser Schweinfurther, gut (auf schwerem, lehmigem Boden), 2 St.; mißrathen (Dürre, Krankheit), 3 St.; d) Atkin’s unvergleichlicher, gut (auf drainirtem Boden), 1 St.; mißrathen, 1 St.; e) Schwarzburger mittelgrosser fester, mißrathen (Raupen), 1 St.; f) Johannistag-, sehr kleine Köpfe (Dürre), 1 St.; g) grösster Bergrheinfelder, ziemlich (Dürre), 1 St.; h) Ölutrother Ulmer Salat-, gut (tiefe Lage), 1 St.; mißrathen (Dürre, Erdfloh, Kropf), 5 Stimmen. 4. Wirsing: a) Chou Marcelin, vorzüglich (milder Boden, lehmige Unterlage), 1 St.; gut (drainirter Boden, Sandboden mit Kuhdüngung im Herbst), 2 St.; mißrathen, 2 St.; . bh) später grosser Ulmer, sehr gut, 1 St.; gut, 2 St.; mittelmäßig, 2 St.; mißrathen (Dürre), 3 St.; c) weisse rothgescheckte Plumage, Same von Haage jun. in Erfurt, ging nicht auf, 2 St.; d) neuer Waterloo-, gut (auf leichtem Sandboden, Kuhdünger), 2 St.; mittelmäßig, 1 St.; schlecht, 2 St.; mißrathen (Dürre, Erdfloh, Kropf), 3 St.; e) neuer Capischer feingekerbter, sehr gut, 1 St. 9. Kohlrabi, früher Wiener blauer Glas-, vorzüglich, 4 St.; sehr gut, 2St.; gut, 3 St; mißraihen (Kropf), 1 St. 6. Schnittkohl, gelber zarter Butter-, sehr gut, 2 St.; gut, 1 St.; mißrathen (Dürre), 2 Stimmen. 7. Kohl, Edinburger krauser Winter-, vorzüglich, 2 St.; gut, 3 St.; ziemlich, 2 St.; mißrathen (Raupen), 1 St. 8. Carotte, neue orangegelbe Riesen-, der Same von Moschkowitz und Siegling nicht ächt, viele Sorten gemischt, 1 St.; Ernte gestohlen, 1 St. 9. Rübe: a) Schmerfelder Kohl-, gut, 2 St.; nicht besonders, 2 St.; mißrathen (Dürre), 4 St.; b) neue goldgelbe Gelee-, gut, 2 St.; nieht besonders, 1 St.; holzig, 1 St.; schlecht, 1 St.; mißrathen, 1 St.; c) Robertson’s Stein-, gui, A St.; beißend, 1 St.; schlecht, 1 Sti.; verträgt das Ver- pflanzen nicht, 1 St. 10. Salat: a) neuer grosser westindischer, ausgezeichnet, 2 St.; sehr gut, 2 $t.; gut, 5 St.; mit- telmäßig, nicht fest, 1 St.; b) grosser Schweizer-, Vriese Buer, vortrefflich, 1. St., sehr gut, 1 St; gut 2 St; schlecht, kleine Köpfe, 1 St.; ©) Winter- von Bezon, Same von Gebrüder Villain ging nicht auf, 2 St.,; ging schlecht auf, 1 St.; (d) neuer früher Simpson, gut, 2 St.; mittelmäßig, 1St.; ohne Werth (zu bitter), 2 St.; e) neuer grosser gelber rothkantiger asiatischer, vorzüglich, 1 St.; sehr schön, aber keine festen Köpfe, 1 St.; gut, 4 St. (schöne, recht feste gelbe Köpfe, 1 St.); N) grosser gelber asiatischer, gut, aber etwas hart, 2 St.; g) Perpignaner Dauerkopf-, gut, 1 St.;, mißrathen, 1 St. 11. Zwiebel: a) ovale James-, sehr gut, 2 St.; gut, 5 St.; mittelmäßig, 1St.; Ertrag gering, 6 St.; b) gelbe runde d’Anvers (Antwerpener), gut, 4 St.; geringer Ertrag, 2 St.; mißrathen, 1 St.; c) gelbe runde Cambray-, gut, 1St.; eine schöne große Zwiebel, aber weich, 1St.; identisch mit der gelben Holländischen, 1 St.;, ging schlecht auf, 1 St.; ging nicht auf, 2 St.; d) kleine weisse frühe Nocera-, gut, 1St.; ziemlich, 1St.; Ertrag gering, 1St.,; ging schlecht auf, 2 St.;, ging gar nicht auf, 3 St.; e) gelbe Holländische, gut, 1 St.; f) süberweisse Holländische, gut, 1 St: 12. Porre, neuer gelber von Poitou, gut, 5 St.; klein und saftlos, 1 St.;, geringer Ertrag, 1 St. 13. Petersilie,. Myatt’s neue englische zierende, vorzüglich, 2 St.;, sehr gut, 1 St.; gut, 4 St. 14. Spinat: a) savoyer kohlblätiriger, gut, 4 St.; mittelmäßig, 3 St.; b) grosser gelber Schweizer, sehr gut, 3 St.; gut, 4 Si.; steht dem Winterspinat nach 1 St.; c) neuer von- Goudry, gut (mehr zur Herbstsaat geeignet, 1 St.), 3 St, 15. Melone: a) neue amerikanische (im Freien reifend), gut, 1 St.; ging nicht auf, 1 St.; b) neue Goldenball, ging nicht auf, 1 St.; c) neue aus Texas, sehr gut, 1 St.; nur für hohe Tafel, I St.; d) neue feine Cabul, vorzüglich für hohe Tafel, 1 St.; mittelmäßig, 1 St. (für den Markt zu klein); ging nicht auf, 2 St., e) neue Nutmeg, köstlich, für hohe Tafel, 1 St. (für den Markt zu klein); ging nicht auf, 1 St.; f) gelbe feingerippte (Same von Herrn von Wille), sehr gut, 1 St.; mißrathen, 3 St.; g) grosse grünfleischige (von Herrn Frickinger), gut, 1 St.; ging nicht auf, 2 St.; h) grosse gelbfleischige (von Demselben), ging nicht auf; i) feine Netz- (von Herrn Peicker), gut, 1 St.; mißrathen, 2 St. 16. Gurke: a) Arnstädter blassgrüne Riesen-Schlangen-, vorzüglich, 2 St.;, mißrathen, 3 St.; ging nicht auf, 1 St.; b) weisse Arnstädter Schlangen-, sehr gut, 1 St.; gut, 2 St.; erfroren, 1 St.; c) frühe vom Cap, vorzüglich, 1St., sehr gut, 1St.; gut, 3 St.; mittelmäßig, 1 St.; geringer Ertrag (Früchte kurz und dick), 1 St.; mißrathen, 1 St.; ging nicht auf, 1 Sı.; d) frühe Carolinische, gut, 3 St.; nicht empfehlenswerth, 1 St.; ging nicht auf, 1St.; e) neue blassgrüne Chinesische, sehr gut, 1 St.; gut, 1 St., bitter, 1 St.; f) neue grüne harte Chines., vorzüglich, 2St.; gut, 1St.; reichtragend, aberbitter,1St.; g) Schlange von Athen (von Herrn Fölckel), sehr schön, 1St.; gut, 3 St.; nicht sonder- lich, 1 St.;, mißrathen, 2 St.;, Same gemischt (durch Hybridiren), 1 St.; 233 h) von Chios (von Herrn Frickinger), außerordentlich (2 Fuß lang, 3 Zoll im Durchmesser), 1 St.;, mißrathen, 1 St.; ging nicht auf, 1 St. 17. Speise-Kürbis: a) aus der Berberei, gut (auch zur Fütterung), 3 St.; mißrathen, 1 St.; ging nicht auf, 3 St.; b) Feld- (von Herrn Block), vorzüglich, 1 St.; gut (auch zur Fütterung), 5 St.; wurde nicht reif, 1 St.; c) von Valparaiso (von Herrn v. Wille und Fickert), vorzüglich, 1 St.; gut, 7 St.; un- angenehm süß, 1 St.; nicht so gut als der vorige, 1St.; geringer Ertrag, 1 St. 18. Zier-Kürbis: a) Syrischer Türkenbund (von Herrn von Wille), wurde nicht ganz reif, 1 St.; ging nicht auf, 2 St.; b) Crook Nek aus Texas (von Herrn Müller), üppiger Wuchs, reicher Ertrag, 2 St. (Früchte verschieden, von der Mutter abweichend — nicht schön), 1 St. 19. Erbse: a) neueste Oregon, gut, 1 St.; mißrathen, 3 St.; b) neue gelbschotige Wachs-Zucker-, gut, aber am 24, September erfroren, 1 St; nicht besonders, 2 St.; c) des Ueberflusses, gut, 3 St.; erfror am 24. September, 1 St.; d) Waite's Königin der Markerbsen, gut, 5 St.; erfror am 24. September, 1 St.; e) Epp’s Lord Raglan, vorzüglich, sehr süß, 1 St.; gut, 2 St. (fast gleich mit der Mammouth); f) späte Gold- oder Wachs-, gut, 2 St.; mittelmäßiger Ertrag, 2 St. (sehr hoch); g) Hair’s niedrige Mammouth (von den Herren von Wille und Peicker), sehr gut, 5 St.; mißrathen, 1 St. (ungemein kräftiger, schöner Wuchs); h) runzlige, Champion of England (von Herrn Heine), ausgezeichnet, 1 St.; i) grosse hohe grüne sehr ergiebige (von Herrn Woche), gut, 2 St.; erfror am 24. Sep- tember, 1 St.; k) Paul’s frühe Zwerg-, mittelmäßig, 1 St. (ist eine gewöhnliche Felderbse). 20. Stangenbohne: a) neue bunte Villataneuse ohne Faden, gut, 1 St.; erfror am 24. September, 1 St; b) neue kleine gelbschotige Perl-Wachs-, gut, 1St.; ziemlich, 1St.; erfror am 24. Sep- tember, 1 St.; c) rolhbunte sehr ertragreiche (von den Herren von Wille und Peicker), gut, 2 St.; d) braunbunte Riesen-Schwert- (von Herrn Block), gut, 3 St.; e) schwarze Spargel- (von Herrn von Wille), vorzüglich, 1 St.; gut, 1 St.; f) schwarze Wachs- mit rothgescheckten Taschen (von Herrn Block), gut, 1 St.; g) neue kleine Perl-Wachs- (von den Herren von Wille und Frickinger), trocken von hohem Werth, 1 St. (die Bohnen zum Theil schwarzgescheckt); h) Zange weisse (von Herrn v. Wille), Ertrag gering (sämmtliche Hülsenfrüchte mißrathen), 1 St.; i) kleine weisse runde Reiss- (von Herrn Block), gut (Ertrag theilweis gering), 4 St. 21. Buschbohne: a) von St. Didier ohne Fäden, gut, 2 St.; zähes Fleisch (in Folge der Dürre), 1 St.; Ertrag gering (rankte theilweis), 1 St.; erfror am 24. September, 1 St.; 80 234 b) Beelitzer Eierbohne, gut, 2 St.; zähe und hart, besser trocken, 1 St.; c) frühe gelbe Flageolet, gut, 3 St.; erfror am 24. September, 1 Si.; d) neue frühe gelbe Wachs- (von den Herren von Wille, Woche und Schimanski), gut, 2 St.; e) neueste weisse Wachs- (von den Herren von Wille, Fülckel, Heine, Frickinger), gut (als Schnittbohne), 2 St.; Ertrag gut, 1 St.; ziemlich, 1 Si.; gering, 1 St. (lagerte zum - Theil); f) gelbe Steyer’sche Schwert-Zucker- (von Herrn Heine), gut, 2 St.; nicht zu empfehlen, I St.; g) feine weisse Perl-Zucker- (von den Herren von Wille, Fölckel, Heine), sehr gut zu Suppe und Gemüse, 1 St.; gut, 1 St.; Ertrag reichlich, 1 St.; dies Jahr ohne Ertrag, aber eine bekannte vortreffliche Suppenbohne, 1 St.; h) frühe weisse Eier- (von Herrn Block), gut, 2 St.; mißrathen, 1 St.; i) rothe Fiageolet (von Herın Heine), gut, Ertrag reichlich, 1 St.; k) kleine Reiss-Perl-Zucker-, weniger gut, als g, 1 St. 22. Puffbohne, neue grossschotige Monarchen-, für die Küche nicht sonderlich, 2 St.; als Futter gut, 2 St.; Ertrag gut, 3 St.; gering, 1 St. 23. Linse: a) grösste Heller- vorzüglich, 1 St.; gut, 1 St.; Ertrag reichlich, 1 St.; mittelmäßig, 1 St.; gering, 1 St.; mißrathen, 1 St.; b) neue hrerskanische weisse Perl-, gut, 1St.; Ertrag gut,3St.; nichts geerntet, 1 St.; c) rothe Winter-. Der Erfolg ist im nächsten Jahre zu erwarten. 24. Kartoffel: a) Dr. Klotzsch’s neue Bastard-Zucker- (von Herrn von Wille), nicht empfehlenswerth (krankte), 1 St.; b) neue blassrothe Farinose (von Demselben), gut als Futter, als Speise zu fest, 1 St; c) sehr frühe Bisquwit- (von Demselben), gut, 2 St.; d) von Randow’s Amerikanischer Sämling (von Herrn von Randow), mittelmäßig, 1 St.; gering, 1 St.; Ertrag reichlich, 2 St.; widerstand der Krankheit am längsten, 1 St. 25. Lein: a) weissblühender ARE (ven Herın Woche), schlechter als der gewöhnliche, 1 St.; Ertrag gut, 2 St,; b) Lin oval. neuer a (von Han Neumann), 4 Fuß hoch, 1 St; 3 bis 4 Fuß hoch, 1 St.; 2 bis 241 Fuß hoch, starkstängelig, weildünn gesäet, 1 St.; Ertrag gut, 5 St.; mittelmäßig, 1 St.; gering, 1 St.; c) neuer gelbsamiger, nur 1 Fuß hoch, 1 St. 26. Hanf, Indischer (von Herrn von Wille), Ertrag sehr reichlich, 1 St.; gut, 2 St.; zum Gebrauch zu ästig, 1 St. 37. Holcus: a) saecharatus, Moorhirse (von Herr Block), als Futterkraui zu wenig belaubt, 1 St.; b) Caffrorum (von Demselben), mißrathen, 1 St.; ©) cernuus albus, wurde nicht reif, als Futter vorzüglich, I St. 28. Tabak: a) @undi, schöne Blätter, 1 St.; Ertrag gut, 1St.; ziemlich, 1 St.; mißrathen, 1 St.; 235 b) Virginischer (von Herrn Hontschik), gut von Geruch und Geschmack, Ertrag bedeutend, 1St. 29. Aster: a) neueste Rosen-, prächtig, 2 St.; wirklich schön, 1 St.; sehr gemischt, 1 St.; nicht aufgegangen, 1 St.; b) Französische päonienblumige Pyramiden-, prachtvoll, aber vonanicht verschieden, 1 St.; meist nur blau, sonst schön, 1 St.; die meisten hohl, die Farben nicht gerade schön, 1 St.; nicht aufgegangen, 1 St. 80. Dianihus: a) imperialis, hat in sehr verschiedenen Farben prächtig geblüht, 1St.; sehr groß- blumig, 1 St.; nicht aufgegangen, 1 St.; b) Chinensis, sehr schön gefüllt, viele mit weißer Zeichnung, 1 St.; nicht aufge- gangen, 8 St.; c) Garderianus, blühte weniger reich als a und b, eine Farbe dunkelroth, 1 St. 3l. Elichrysum, monstrosum, gut, nur zu wenig mannigfaltig in der Farbe, 1 St. 932. Sommer-Levkoye: a) neue grossblumige Kaiser-, nicht besonders, I St.; mißrathen, 1 Si.; b) neueste grossblumige Pyramiden-, 3 Sorten ausgezeichnet, 1 St.; blühte in schwa- chen Dolden meist blau, 1 St.; c) das Neueste und Beste aus 1856 von Teicher, wenig gefüllt, 1St.; die weißen haben prächtige Dolden, 1 St.; d) 10 Sorten von Demselben, sehr dankbar, 1 St.; e) 7 Sorten von Demselben, roth und blau fielen schön, die übrigen schmutzig, 1 $t. 33. Petunia, hybrida striata, lohnend, 1 St.; I prachtvolldunkelroth, weißgestreift, die übrigen ganz gewöhnlich, 1 St. j 34. Riötersporn, Ahyazinthenblumiger, hübsch, gut als Beeteinfassung, 1 St.; ließ viel zu wünschen übrig, 1 St.; mißrathen, 1 St. 35. Salpiglossis, variabilis grandifl., sehr schön, in verschiedenen Farben, I St.; mißrathen, 1 St. 36. Viola, tricolor maxima, schöne und große Blumen in allen Varietäten, 1 St.; prächtig in großen Blumen, 1 St. Im Uebrigen geben die Berichte noch zu folgenden Bemerkungen Veranlassung: 1) Das Jahr 1857 war im Allgemeinen dem Gemüsebau wenig günstig; es wirkte die Dürre nach- theilig, und außerdem, wie das in heißen Jahren meist zu geschehen pflegt, richteten die In- sekten großen Schaden an. Am wenigsten gerathen sind die Kohl- und Rübenarten mit Aus- nahme von Kohlrabi, nächstdem Erbsen und Gurken. Bohnen dagegen und Salat haben gün- stigere Resultate geliefert. 2) Die Vortheile des Rajolens und Drainirens zeigen sich am klarsten unter ungünstigen Witte- rungsverhältnissen, sie haben sich auch im Jahre 1857 gezeigt. Die besten Ergebnisse sind auf rajoltem und drainirtem Boden gewonnen. Es sollte daher kein Gartenbesitzer die Kosten des Rajolens scheuen, da die Sicherheit und Ergiebigkeit der Ernte dieselben in wenigen Jahren reichlich deckt. 3) Als Dünger haben sich besonders alter Kuhmist und Composterde bewährt; auch Gülle hat theilweis, namentlich bei Gurken, gute Wirkung geäußert. Die Herbstdüngung wird, nament- lich bei Anwendung von frischem Dünger, vorzuziehen sein. 30* 256 4) Herr Hauptmann Fölckel bemerkt, daß man Erdrüben nicht frisch aus dem Lande kochen, son- dern sie immer erst einige Zeit liegen lassen soll. 3) Herr Lehrer Titze hat Wasser, in welchem stinkendes Fleisch gelegen, mit Erfolg gegen den Erdfloh angewendet. Derselbe hat bemerkt, daß auf Beeten, wo unmittelbar vorher Rasen gewesen, dieses Insekt sich nicht zeigt. EI. Obst. Die Statistik hat nicht blos einen Werth für die Wissenschaft, sondern eine ungleich wichtigere Bedeutung für die Kultur. Denn wenn man erfährt, was vorhanden ist, so sieht man zugleich, was fehlt und wo es fehlt. Darum wird es auch eine unerläßliche Aufgabe für unsere Sektion sein, wenn sie die Obstkultur in Schlesien fördern will, eine Statistik derselben für diese Provinz zu begründen. Die Mittel dazu sind einerseits gegeben durch Obst-Ausstellungen, andererseits liegen sie in der Thä- tigkeit unserer Mitglieder in der Provinz, deren Berichte über diesen Gegenstand wie überhaupt, so gerade in dieser Beziehung einen um so größeren Werth haben. Leider ist nur die kleinere Zahl der hier einschlagenden Berichte vollständig genug, um sie für den erwähnten Zweck benutzen zu können, während andere nicht blos das Jahr 1857, sondern auch 1856 und selbst 1855 umfassen. Dennoch soll hier ein Anfang gemacht und nachgewiesen werden — so weit dies aus den vorliegenden Berichten nachweisbar ist — was Schlesien im Jahre 1857 durch die Sektion an edlen Obstsorten gewonnen hat. Gern hätte ich auch die früheren Berichte und das, was in den zuletzt eingegangenen auf frühere Jahre sich bezieht, mit verarbeitet und die Oertlichkeiten bezeichnet; doch war dies aus den im Ein- gange angegebenen Gründen unmöglich. Später, wo möglich schon im nächsten Jahre, wird dies aber geschehen müssen. Dagegen habe ich es nicht für überflüssig gehalten, da ich doch die Namen der Sorten aufführen mußte, Bemerkungen über den Werth für Tafel und Wirthschaft, Reifzeit, Dauer u. s. w. beizufügen. In Bezug auf das Erste habe ich mich der von Oberdieck eingeführten Zeichen (** I. Rang, * II. Rang für die Tafel, ++ und + ebenso für die Wirthschaft) bedient. Ferner will ich an dieser Stelle noch einige allgemeine Bemerkungen machen, die auf langjähri- gen Erfahrungen beruhen und manchem Mitgliede der Sektion vielleicht nicht unwillkommen sein werden. 1. In vielen Berichten wird darüber geklagt, dal die Pfropfreiser vertrocknet angekommen seien. Erhält man sehr trockene Reiser, so legt man sie in Wasser, doch so, daß sie ganz bedeckt sind, und läßt sie 24 Stunden liegen. Wenn es angeht, so setzt man das Gefäß der Sonne aus, sonst stellt man es in einen Raum mit etwas erhöhter Temperatur. Nach 24 Stunden steckt man die Reiser an einem schailtigen Orte in die Erde; sind sie wirklich vertrocknet, so zeigt sich dies in den ersten 48 Stunden. Haben sie nach dieser Zeit noch ein frisches Aussehen, so kann man dreist damit veredeln. Unmittelbar aus dem Wasser genommene Reiser aufzusetzen, ist nich: rathsam, «da man nicht erkennen kann, ob sie noch Lebenskraft haben. 2. Pfropfreiser soll man weder in einem geschlossenen Raum aufbewahren, noch in Sand stecken. Am besten halten sie sich im Freien an einem schattigen Orte in feiten Boden oder in Lehm gesteckt; Beides muß aber fest angedrückt werden. So aufbewahrte Reiser habe ich noch im folgenden Jahre aufgeselzt, und sie sind gut angegangen. 237 3. Es ist eine alte Regel, daß man nur bei zunehmendem Monde veredeln soll, weil dann der Saft aufsteige, und mir selbst ist es so vorgekommen, als ob bei zunehmendem Monde die Rinde sich besser löse, sowohl zum Okuliren wie zum Pelzen. Da die Sache an sich nicht unglaublich ist, so wären genaue und fortgeseizte Beobachtungen über diesen Punkt sehr wünschenswerth; nur müßte zu- gleich immer Temperatur, Windrichtung und Witterung notirt werden. 4. Ein Fehler, den ich täglich begehen sehe, ist das Begießen der Bäume unmittelbar am Stamm. Jeder Baum bildet unten am Stamm einen Hügel, damit das Wasser abläuft; überdies ist der Stamm gegen Regen durch das Laubdach der Krone geschützt. Daher findet man im natürlichen Zustande die Erde am Stamm, und namentlich unter demselben stets besonders trocken. Das widernatürliche Begie- ßen am Stamm bewirkt, daß zuerst die feinern von dem Wurzelkopfe nach unten gehenden Wurzeln schimmeln und absterben; die Krankheit verbreitet sich allmälig weiter und nimmt oft einen tödtlichen Ausgang. Muß man Bäume gießen, so richtet man sich am besten nach dem Umfang der Krone und bleibt mindestens die Hälfte eines Halbmessers derselben vom Stamme entfernt. 5. Auch mit der Düngung darf man dem Stamme niemals näher kommen. Anlangend die Art derselben, so muß man zu scharfe Düngersioffe vermeiden, oder darf sie wenigstens nur verdünnt an- wenden, wenn man die Bäume nicht krank machen oder tödten will. Nächst altem, verroitetem Mist ist reines Knochenmehl, d. h. solches, das nicht mit Kalk verfälscht ist, den Obstbäumen besonders zuträglich. Am leichtesten läßt es sich für diesen Zweck als Guß verwenden. Man nimmt auf eine Kanne Wasser eiwa eine Hand voll Knochenmehl und läßt es in einem der Sonne ausgeseizten, aber verdeckten Fasse 2 bis 3 Tage stehen, indem man es täglich einige Male umrührt. Auch verdünnte Gülle habe ich ohne allen Nachtheil für die Gesundheit der Bäume oft angewendet. 6. Die im Sommer reifenden Sorten von Kernobst müssen einige Tage vor der vollen Reife ge- brochen werden und diese erst auf dem Lager eriangen. Winterobst dagegen muß, wenn es nicht welken soll, lange am Baume bleiben; in der Regei darf man es vor Michaelis nicht brechen, meist ist es gut, es über die Mitte des Oktober hinaus hangen zu lassen. Sommerobst wird am besten in den Früh- und Spätstunden des Tages, Winterobst um die Mittagszeit (I0O—3) gebrochen. Der beste Aufbewahrungsort für Winterobst bleibt immer ein luftiger Keller. Legt man es in reinen trockenen Sand, so hindert dies die Ansteckung, wenn einzelne Früchte faulen; auch welkt das Obst nicht so leicht. Man erreicht aber dasselbe auf eine leichtere und reinlichere Weise, wenn man jede Frucht in weiches Papier wickelt. So eingewickelt kann man, wo es an Raum fehlt, das Obst in Fässer oder Kisten packen. Vorzuziehen ist es aber, wenn man dasselbe frei auf Repositorien, nur in je 2 Schich- ten aufeinander, haben kann. Nach den vorliegenden Berichten sind im Frühjahr 1857 von Mitgliedern der Sektion 956 Ver- edelungen vorgenommen, 476 Aepfel, 439 Birnen, 26 Pflaumen, 15 Kirschen; als Unterlagen wurden meist Wildlinge, theilweis Quitte und Paradiesapfel, verwendet, in einigen Fällen auch alte Stämme benutzt. Ein Theil der aufgeseizten Reiser ist in Folue der Dürre gar nicht angegangen oder später vertrocknet, einige sind auch durch andere Unfälle vernichtet — einzelne Berichterstatter bemer- ken, daß sie keinen Abgang gehabt haben, — so daß bei Abfassung der Berichte nur noch 7857 Reiser vorhanden waren, nämlich 426 Aepfel, 322 Birnen, 24 Pflaumen, 15 Kirschen. Diese ver- theilen sich folgendermaßen auf die einzelnen Sorten: 235 Gäsdonker Reinette Gemundener Böhmer Goldgelbe Sommer-Reineite Goldzeugapfel Grauer Pepping Gravensteiner Großer Pepping Halbweißer Rosmarin Dezember. AM. Dezember. 4M. Oktober. 6W. Dezember. 3M. Dezember. 4M. Oktober. 3M. Januar. AM. Dezember. 3M. - _ n DW MnC) pfehlen. Frucht nicht gross, aber delikat; Baum früh und reich tragend. Auch Kalterer B., sehr schöner Apfel aus Tyrol; Baum ungemein tragbar; 1 Baum bringt oft für 50 Fl. Früchte. Er scheint feuchtenBodenzulieben. Grosse schöne Früchte. Parker’s grauer Pepping. Sehr zu empfehlen! Auch englischer Pepping oder grosser englischer Pepping. Kleiner als der weisse und mehr ge- röthet. Baum trägt sehr früh und überreich; ein 4jähriger Stamm in 1. Aepfel. un Lau- 3 fende Name. Werth.i Reifzeit und Dauer. | Bemerkungen I, e- }. | Aechte rothe Winter-Calville | #* + | Ende Novbr. 3 M. 115]Baum verlangt gesunden Boden. 2. 1 Ananasapfel * ++ 1 Ende Okt.6—8W.| 7]Rothgestreifter Schlotterapfel, Prinzen- | und Melonenapfel; blüht spät. 3. | Ananasreinette ‘#444 Dezember. 3M. | 3|Schöner sehr wohlschmeckender Apfel; i Baum fruchtbar. A. | Barceloner Parmäne == 2-1 Dezember. 4 M. [14fWuchs kräftig; fruchtbar. 5. | Bedufteter Langstiel ® +41 Januar. 4 M. SlBlauschwanz; wächst wie eine Pappel, 7 vortrefflich an Wegen. 6. | Burchardt’s Reinette S Dezember. 3 M. | 7|Ziemlich grosser vortrefflicher Apfel. 7. | Calvillartiger Winterrosenapfel| ** + | November. 8W. | 5]Danziger Kantapfel; sehr empfehlenwerth. 8. | Calville d’ete: N AlDie Bezeichnung ist ungenügend, da | es mehrere Sommer-Calvillen giebt. 9. | Calville jaune “== +4 Januar. 9 M. 5|Die echte gelbe Winter-Calville ist sehr | selten; meist geht unter diesem Na- N men die weisse Winter-Calville. 10. | Carmeliter-Heinette =" 41| Dezember. 3 M. [12]Auch Forellen-Reinette, lange rothge- i streifte grüne Reinette; sehr em- | pfehlenswerth, 11. | Charlamowski #° 4 | Ende August. 4W. |12]Auch Charl. Nalivi; schöner später Som- merapfel. 12. | Edelrother a Dezember. 3M. 2|Sehr schöner Apfel aus Tyrol. 13. | Edier Prinzessinapfel ; Anfang Novbr.SW. 1151Schöner wohlschmeckender Apfel. 1A. | Edler Winter-Borsdorfer HE Le Januar. 3 M. 11|Darf nicht viel geschnitten werden. 15. Englische Granatreineite 441 November. 3M. YlRibston’s Pepping; wächst lebhaft und trägt gut. 16. en scharlachrothe Parmäne | ** Oktober. SW. | 5|Früh und reich tragend. 17. 3 Englische Spitalreinette ®= +1 Dezember. 3M. 125; Desgl. 18. | Frauenrothache #44 Dezember. 4M. j13]Besonders für rauhe Lagen zu em- Botzen trug 500 Aepfel. 239 Geschmack. Lau- i = fende Name go: Reifzeit und Dauer, | £ Bemerkungen. 6 a 237. | Hörlin’s Winter-Pepping 2 Januar. 3M. DIVom Stadtpfarrer Hörlin in Sindringen gezogen. 38. j Hugh’s Glaspepping i November. 3M. } AjHush’s Goldpepping. 29. | Kaiser Alexander ;. November. 8 W. | S!Sehr grosser und schöner Apfel. 30. | Kastanienapfel ee November. 3M. | S1Karmoisinrother Kastanien-, doch kom- men noch mehr Kastanienäpfel vor. 31. | Kleiner Winter-Fleiner & Dezember. 3M. i 1 32, ı König der Peppings er Dezember. AM. | ÖlEngl. Winter-Goldparmäne, sehr em- pfehlenswerth; hälst sich aber zuweilen nur 6—8 W. 3. Königin Louise a £ Königin Louisenäpfel; schöne Frucht, 34. | Königlicher rother Kurzstiel | * Sehr zu empfehlen, 35. | Königs-Fleiner in 36 Langton’s Sondergleichen Rn Z+Baum trägt früh und reichlich. 37. i Marmorirter Sommer-Pepping we Baum wächst üppig und belaubt sich i schön. 38. ı Maschanzger [+= 57 Januar. IM. 125 Zwar grösser und schöner als unser { | Borsdorier, aber ohne dessen Aroma; wird bei uns wohl in den Edelbors- ik dorfer zurückschlagen. 39. | Meininger Herbst-Borsdorfer } ** November. 3M. }10 40. j Muskatreinette i November. 5M. | 7iBaum hat einen sehr zierlichen Wuchs; | | Frucht von ausgezeichnetem Ge- 1 : | schmack. Al. | Muskirte gelbe Reineite #41 November. 8W. I 2 42. | Pastorapfel “+41 Februar. 5M. I 45. ) Platte rothgesireifte grüne Rei-) *“ +t| Dezember. 3 M. Illlıst von Nr. 10 verschieden, wenn auch I neite | mit ihr verwandt. 44. } Reinette von Montmorency 2 ey Januar. DM. 7iGrosse und schöne Frucht. 45. | Reval’scher Birnapfel == 42] Ende Juli. 4 W. I 31Sehr guter Sommerapfel, auch für rauhe j | Lagen geeignet. 46. | Rosenapfel ? 7®!Nicht zu bestimmen, da es über 100 | verschiedene Rosenäpfel giebt; viel- leicht ist der gestreifte gemeint, i | ein guter Sommerapfel. 47. \ Rother Himbeerapfel et ktober. 3M. 5 1jRothe Herbst-Oalville; doch giebt es i | auch einen langen rothen Himbeer- h | i apfel, einen braunrothen w. a. AS. ı Roiher Rosmarin Da März. 3M. | 7RKleiner als der weisse; Baum überaus | tragbar. 49. i Rother Sieltiner = 1-5 Dezember. 5M. J15iZwiebelapfel; hat ausserdem noch 20 andere Namen, 50, | Rother Tiefbuizer St Januar. 6M. H 7!Baum sehr fruchtbar. 51. | Roiher Winter-Taubenapfel Sr Dezember. 9M. | 5iSehr verbreitet und bekannt. 52. | Schwarzschillernder Konlapfel } * ++ Februar. 6M. 318 59. I Sulinger Zwiebelapfel wet tt Dezember. 3M. | 11Grosse, schöne Frucht von angenehmem 240 Lau- e fende Name Werth.| Reifzeit und Dauer. | £ Bemerkungen. 2 & 54. | Wachsapfel | =® 241 Dezember. 8W. | 2]|Taffetapfel, Taffetas blanc; sehr schöne Frucht. 55. ! Walliser Limonen-Pepping % ++ | Ende Novbr. S W. | 21Senöne Frucht, zum Dämpfen ausge- zeichnet; erhält ihre wahre Vollkom- menheit aber nur auf Zwergstamm in gutem Boden. 56. I Weiße Antillische Reinette ® ++ | Dezember. 3M. |l1|Reinette von Canada, Pariser Rambour- Reinette u. s. w.; sehr grosse, schöne Frucht. 5 57. | Weißer Rosmarin nr Dezember. 3 M. [14jErnält im Freien bei uns seine Voll- kommenheit selten, und nur dann, wenn man die Hälfte der Früchte a für Topfkultur zu empfeh- 58. | Weiße Winter-Calville Er Januar. 3M. 2 Da ae unter allen Aepfeln; ver- langt aber guten, gesunden Boden und geschützten Stand, 59. | Woltmann’s Herbst-Reinette | ** +41 Oktober. 8W. 60. | Zwiebelborsdorfer ® 2 1 Dezember. 3M. 1 Kommt auch in rauhen Lagen gut fort. 2. Birnen. 1. | Aston town ® 4 | Ende Oktbr. 6 W.| 3 2. ı Bergamotte Crassanne "X 2) Oktober. 6W. 124|Diese alte vortreflliiche Birne ist weit verbreitet und hat eine Menge Namen. 3.1 Bezy de Chaumontel #® 4-4 Dezember. SW. | 3|In Thüringen rothe Confesselsbirne, anderwärts unter anderen Namen. A. | De:y de la Motte *= 4-21 Ende Oktbr. 6 W. | 5JAuch eine viel benamte vortreffliche Birne; Baum sehr fruchtbar. 5. 5 Bose’s frühzeitige Flaschenbirnes ** ++} Anfang Okt. 14 T. | 2,Baum früh fruchtbar. 6. | Deutsche National-Bergamotte | ** a Anfang Oktbr.3W.| 3]Grosse, vortreffliche Frucht. 7. | Englische Sommer-Butterbirne{ ** + | Ende Septbr. 3W. | A|Ziemlich grosse, schöne Birne; Baum wächst schön pyramidalisch. 8. | Esperen’s Bergamotte En Februar. 3M. 6jEine neue belgische Birne. 9. | Forellenbirne St November. SW. 1|Schöne in der Form sehr wechselnde Birne; verlangt guten Boden und ge- schützte Lage. 10. ! Gelbe Sommer-Herrnbirne “ht August. 4W. 110lGrosse schöne Birne; Baum wächst | lebhaft. 11. } Glasbirne 2 ? 2]Aus Tyrol; soll der Virgouleuse ähn- | lich sein. Ob es eine von den 11 Birnsorten ist, welche unter diesem Namen vorkommen, muss abgewartet werden. 12. | Graue Herbst-Butterbirne =® 44 Oktober. AW. ljBeurre gris, Isambert u. s. w. 241 Lau- = fende Name. Werth. Reifzeit und Dauer. | £ 2 E 13. bkoye: Winterbirne wo aM November. 4 W. 11 14. | Hardenpont’s Winterbutterbirne| ** ++! November. 6 W. | 3 15. | Holländische Butterbirne ** + | Ende Oktbr. 3W.| 5 16. | Holländische Feigenbirne ** 44 | September. 14 T. | 3 17. | Holzfarbige Butterbirne = + | Anfang Oktbr.3W.| 2 18. | Königsgeschenk von Neapel ++ Januar. 3M. 2 19. | Lange gelbe Sommer-Muska-I ** + August. 8T. 116 teller 20. | Lange grüne Herbstbirne ** + | Ende Oktbr. AW.| 8 21. | Leipziger Rettigbirne * + | Anfang Sptbr. 14T. | 3 22. | Lewisbirne *® + I Ende Oktbr. 8W.! 1 23. | Mannabirne #® 44| Dezember. 8W. | 1] 24. | Marie Louise ** + I Ende Oktbr. 4W.| 4 25. I Napoleon’s Butterbirne *#= + | Ende Oktbr. 4 W.1 9 26. | Noirchain d’automne “#44 Oktober. 14T. 25 27. | Ffaffenbirne * + | Anfang Sptbr. st.|ı 25. | Pius IX. ”® + 1 Anfang Oktbr.AW.1 3 29. | Punktirter Sommerdorn *#= + | Mitte Septbr. 3 W. | 9 30. | Regentin *® + | November. 4W. [18 31. | Rothe Bergamotte ** + | Anfang Oktbr.3 W. 132 Bemerkungen. Grosse, delikate Frucht; Baum zu Py- ramiden sehr geeignet. Kronprinz Ferdinaud von Oesterreich, Glou morceau u, S. w. Baum sehr fruchtbar. Grosse, wohlschmeckende Frucht; Baum wächst stark und trägt etwas spät. Grosse vortreffliche Birne, sehr zu empfehlen. Den Namen hat Diel, wie oft, unglücklich aus dem Fran- zösischen übersetzt; sollte richtiger Dubois’ Schmalzbirne (Fondante Du- bois) heissen. Kaum der Verbreitung werth. Grosse Muskatellerbirne. Baum bildet und trägt reich. Baum wird gross und alt und ist sehr fruchtbar. Grosse, wohlschmeckende Frucht; Baum sehr fruchtbar. Colmar; grosse Frucht von ausgezeich- netem Geschmack. Baum verlangt einen geschützten Stand. Grosse, vortreffliche Frucht; Baum trägt reichlich. Grosse, schöne Frucht von angenehmem Geschmack; Baum sehr fruchtbar; möglichst zu verbreiten. Ich nehme an, dass die N. d’ete ge- meint ist; eine N. d’automne ist mir nicht bekannt. Sonst wird auch Har- denpont’s späte Winter-Butterbirne Noirchain oder Beurre de Noirchain kräftige Pyramiden genannt. Grunbirn, schön kräftig. Grosse, schöne Frucht ; Baum sehr frucht- Feigenbirn; Baum wächst bar. Baum wächst schön und trägt reich. Argenson, Colmar eEpineuse, Precel’s Colmar u. s. w.; vortreffliche Tafel- birne; Baum trägt früh und reich. Baum wächst stark und ist sehr frucht- bar, sl 242 Frucht; Baum sehr fruchtbar. Lau- e fende Name, Werth.| Reifzeit und Dauer. | £ Bemerkungen. NE & 32. | Rothe Dechantsbirne nn Oktober. 3W. 5]Gansel’s Bergamotte, englische Berg-, rothe Herbstbutterb., delikate Frucht. Baum wächst schön und ist sehr fruchtbar. 33. I Rousselette de Rheims er September. 3W. | 3iBaum wird sehr gross, verlangt aber warmen Boden und guten Stand. Frucht besonders zum Dörren ge- eignet. 94. | Schöne und Gute == + 1 Anfang Okibr.14 T. |17 Belle et bonne; schöne grosse und sehr wohlschmeckende Birne. 35. | Sommer-Ambreite == ++ | Ende Septbr. 3W.| 2]Mittelgrosse, aber sehr delikate Frucht. 36. (Duquesne’s) Sommer-Mund-| * ++ | September. 3 W. [23]jEnghien’s Butterbirne (sollte heissen: netzbirne Butterbirne von Enghien); Baum trägt früh und reich. 37. | Tertolen’s Herbst -Zuckerbirne] ** November. 4W. |23{Tolsduin’s grüne Herbst - Zuckerbirne; die Frucht ist delikat, springt aber leicht auf. Baum sehr fruchtbar. 38. | Türkenbirne ? ? 8lAus Tyrol; muss erst geprüft werden, 89. | Weisse Sommer-Butterbirne | ** + | Anfang Sptbr. LAT. |12]Sommer - Dechantsbirne; grosse schöne 3. Pflaumen. Admiral Rigny Frühe Kaiserzweische Italienische Zwetsche Königin von Tours Liegel’s Zwillingspflaume Oberdieck’s gestreifte Eier- pflaume Prune de St. Etienne Reineclaude de Bavay Reitzensteiner Zweische Rothe Nektarine süssem Geschmack. 1!Rothe Kaiserzwetsche, grosse Früh zwetsche, Bockshode u. s. w.; Frucht sehr gross. Dr Ende August #*#= + | Mitte September | 8|Fellenberger Zwetsche, schön und wohl- schmeckend; Baum sehr fruchtbar. AR + August | Königspflaume von Tours, Royale de Tours; sehr schöne Frucht; Baum gern und reich tragend. B} Grosse, meist paarweis ansitzende Früchte; Baum sehr fruchtbar. *® + | Anfang September wege Desgl. 1jFrucht gross und schön. Bude August l|Frucht von aromatischem Geschmack ; Baum fruchtbar. * ++ | Ende September *#® + | Reifzeit Ende Aug. | 1|Von sehr schönem Aussehen und zucker- 6| Frucht gross, aber besser zum Trocknen als zum Rohgenuss. ST September l|Baum sehr fruchtbar. *® 44] Anfang August 1|Grosse, prächtige Frucht; Baum am besten am Spalier oder als Zwerg. 243 4. Kirschen. Lau- = fende Name Werth. Reifzeit, = Bemerkungen. A & 1. | Doppelte Glaskirsche Vgsen Juli 1|Grosse, schöne Frucht; besser auf Sauerkirsche veredelt als auf Süss- kirsche. 2. | Folgerkirsche KR LE Juli Ö|Hat ihren Namen davon erhalten, dass die Früchte nach einander reifen, 3. | Hohensaller Weichsel KRLL Juli 9|Baum sehr tragbar. [ne ur u. 0 nn u ne nn nn N Weiter ergiebt sich aus den Berichten noch etwa Folgendes: 1. Die Obsternte ist im Allgemeinen reichlich ausgefallen, doch sind die Früchte meist unter ihrer gewöhnlichen Größe geblieben. (Der Grund liegt nicht allein in der Dürre, sondern auch in dem über- reichen Ansatz.) 2. Herr Cochlovius in Schönwald berichtet, daß von 72 Stück Obstbäumen, welche 1832 und 1833 in einem Ackergarten gepflanzt wurden, nur noch 1 Drittel übrig ist, von dem auch schon die Hälfte krankt. Von 90 in den Jahren 1844 und 1845 an einer Straße gepflanzten Bäumen ist ein Drittel abgestorben oder krank. Besonders traf dies ältere Birnbäume, welche umgepfropft waren. (Auch mir ist ein kerngesunder Birnbaum, mindestens 20 Jahre alt, plötzlich im Sommer abgestorben, ohne daß ich einen anderen Grund als die Dürre angeben kann. Mein Garten hat überhaupt sehr leichten Boden und durchaus sandigen Untergrund, aber von der nahen Oder her bei 6 Fuß schon Wasser. Dies ist im Jahre 1857 auf 10 Fuß Tiefe zurückgetreten). Die Weinkrankheit zeigte sich nach einem durchdrin- genden Regen bei kühler Witterung zugleich mit der Kartoffelkrankheit; machte aber, als bald darauf wieder warmes und trockenes Wetter eintrat, keine weiteren Fortschritte. Als Mittel gegen die Blatt- läuse auf jungen Trieben giebt Herr Cochlovius das wiederholte Bepinseln mit Wasser an, in welchem Kartoffeln mit der Schale abgekocht worden sind. 3. Herr von Graeve auf Gr.-Ellguth schreibt, das ihm $ der Stämmchen aus seiner Baumschule gestohlen und die übrigen muthwillig abgebrochen worden sind. (Nirgends findet man wohl so viel muth- willige Baumfrevel als in Schlesien, wo man nicht selten an Chausseen und Wegen Hunderte von frisch gepflanzten Bäumen zerbrochen sieht.) 4. Herr von Korff in Oppeln berichtet, daß der Obstbau in dortiger Gegend noch sehr zurück ist. Nächst dem Mangel an Interesse für die Sache tragen die Schuld auch der theilweis ungünstige Boden und die von den vielen Wäldern herrührenden Spätfröste. (Es würden also spätblühende und für rauhe i Lagen geeignete Sorten anzubauen sein). Herr von Korff zieht, weil der Kalkboden bei Oppeln große Stämme nicht aufkommen läßt, Obstbäumchen in Töpfen und pflanzt sie später theilweis aus. (Die Obstkultur in Töpfen ist keine Spielerei, sondern kann einen reichen Ertrag abwerfen. Sie kann also für solche Verhältnisse, welche die Obstzucht im Freien unmöglich machen, oder doch sehr erschweren, nicht genug empfohlen werden. Welche herrliche Vegetation richtig behandelte Obstbäume und Wein- stöcke in Töpfen haben können, zeigt die schöne Obstorangerie des Herrn Zimmermeister Krause jun. hier, Neue Junkernstrasse 27.) 3l* 244 5. Erfreulich sind die Berichte der Herren Peicker in Grafenort und Winter in Heinrichau. Der Erste schreibt, daß in den Reichsgräflich- Herberstein’schen Obstpflanzungen eine Ernie von mindestens 1200 Scheffeln in Aussicht stehe; der Andere, daß die dortige Baumschule bereits 4 Morgen umfasse, und daß die Obsternte auf den dortigen königl. Niederländischen Besitzungen für circa A000 Rthlr. jährlich verpachtet werde. 6. Herr Müller in Althammer berichtet, daß ein im Frühjahr aufgesetztes Reis von der Sommer- Mundnetzbirne in ziemlich schattiger Lage Mitte September 4 kräftige Blüthen trieb, die sich bis Anfang Oktober hielten, ohne jedoch Früchte anzusetzen. (Eine zweite Blüthe an älteren Birn- und Kastanien- bäumen ist mir im Sommer 1857 ziemlich häufig vorgekommen.) Die im Jahre 1857 stattgehabten Ausstellungen von Garten-Erzeugnissen aller Art Kaufmann E. H. Müller, zur Zeit stellvertretendem Sekretair. Nachdem im vorigen Jahre aus seiner Zeit angeführten Gründen der Beschluß gefaßt worden war, am ersten Sonntage eines jeden Monates kleinere Ausstellungen vorzüglicher Garten-Erzeugnisse, wie sie eben durch die Jahreszeit geboten würden, im Lokale der Schlesischen Gesellschaft, in Börsenge- bäude am Blücherplatz, unter Gewährung freien Zutrittes für Jedermann abzuhalten, die erste dieser so- genannten Monats-Ausstellungen auch bereits, wie in unserem letzten Jahresbericht eines Näheren mit- getheilt ist, am 7. Dezember 1856 stattgehabt hatte, wurden dieselben in diesem Jahre in weitere Ausführung gebracht, und fielen nur im-September und Oktober aus Anlaß der größeren Herbst-Aus- stellung aus. Der für diese Monats- Ausstellungen beschlossenen Prämiirung durch Certifikate unterzog sich die gegen den Schluß des vorigen Jahres bis Ende Juni a. c. zu diesem Behuf erwählte Kommission. Nach den eingereichten Verzeichnissen, und wo solche leider fehlten, so weit als eine Notiznahme zu ermöglichen war, hatten ausgestellt: Am 4. Januar 1857. Der königliche botanische Garten. (Herr Inspektor Nees v. Esenbeck.) Diplazium Shepherdüi. Libocedrus chilense. Pincenectia glauca. Gymnogramma calomela. Jubaea spectabilis. Laelia anceps. Livistonia rotundifolia. Plathycerium grande. Notochlaena chrysophilla. Phoenix reclinata. Saribus olivaeformis. — rotundifolia. Herr Kunst- und Handelsgärtner Eistert. Azalea ind. vitlata rosea. | Azalea ind. var. amoena. 245 Herr Hospital-Wundarzt Dr. Hodann. Begonia acida. Begonia Lapeyrousü. Phrynium marantinum. — _ dichotoma. Herr Bureau-Direktor Inkermann. Berberis (Mahonia) nepalense. Herr Kunst- und Handelsgärtner Rduard Monhaupt. Diclytra spectabilis. | Zygopetalum striatum. Herr Kaufmann E. H. Müller. (Gärtner Appel). Cypripedium insigne. Herr Materialien-Inspektor Neumann. Cyclamen aleppicum. | Probe präparirter Flachs von Kö- | 3 Köpfe Wirsing (Chou marce- Tussilago fragrans. nigslein (Lin royal). lin). Herr Kaufmann, Buchhändler Ed. Trewendt, Dracaena australis. Aphelandra Leopoldi. Eupatorium quatemalense. — indivisa. Aspidium serra. und wurden hiervon prämiirt: 1) Jubaea spectabilis, Notochlaena chrysophylla, | aus dem königlichen botanischen Garten; Saribus rotundifolia, \ 2) Azalea ind. var, amoena Lindley, von Herrn Kunst- und Handelsgärtner Eistert; 3) Phrynium marantinum des Herrn Hospital-Wundarzt Dr. Hodann; 4) Berberis (Mahonia) Nepalense des Herrn Bureau-Direktor Inkermann; 5) Eupatorium guatemalense Regel. (blühend), von Herrn Trewendt. Am 1. Februar 1857. Die Gärtnerei des Herrn Banquier Eichborn. (Obergärtner Rehmann). Brassaiopsis speciosa (Gastonia | Dracaena draco pendula. Dracaena spectabilis. palmata). —_ longifolia. — terminalis rosea. Dracaena arborea. _ marginata. _ rubra. —_ cannaefolia. — nobilis. Epidendron ciliare. \— Eschscholziana. —_ paniculata. Nepenthes destilatoria. — fragrans (Aletris). — _ siriata. Odontoglossum pulchellum. Der königliche botanische Garten. (Herr Inspektor Nees von Esenbeck). Adiantum formosum. | Adiantum trapeciforme. | Polypodium sporadocarpum. 246 Herr Rechtsanwalt und Notar Krug. Franeiscea latifolia. | Moraea sisensis. | Zygopetalum Makayi. Herr Kunst- und Handelsgärtner Eduard Monhaupt. Daphne indica purpurea. | Odontoglossum pulchellum? Iierr Kaufmann, Buchhändler Ed, Trewendt. Anthurium cannaefolium. Convalaria majalis. Mahonia aquaefolia. Azalea pontica. Deutzia gracilis. 2 getriebene Flieder. Calladium discolor. Epacris hybr. diverse. von denen prämiirt wurden: 1) Epidendron eiliare des Herrn Banquier Eichborn (Obergärtner Rehmann); 2) Franeiscea latifolia des Herrn Rechtsanwalt und Notar Krug; und ehrenvoll zu erwähnen waren: » 1) Brassaiopsis speciosa (Gastonia palmata) des Herrn Banquier Eichborn (Obergärtner Rehmann) ; 2) Anthurium cannaefolium des Herrn Buchhändler Trewendt (Gärtner Kleinert). Am 1. März 1857. Herr Kunst- und Handelsgärtner Ed. Breiter. Azalea indica hybr. Leeda. | 3 Stück Hyacinthen. Die Gärtnerei des Herrn Banquier Bichborn. (Obergärtner Rehmann). Acacia armata. Camellia Castiglione. | Puya Altensteini. — lineata. Erica picta. Salvia Heerü. — paradoza. Epacris rosea. Tillandsia bracteolata. Azalea indica, liliflora. Franciscea eximia. Tradescantia Warscewiezit. Camellia Chandleri. Herr Kunstgärtner Frickinger in Lasan. Grüne Bohnen. | Champignons. Herr Hospital-Wundarzt Dr. Hodann. Begonia dichotoma. | Beyonia Verschaffeltü. | Ripsalis Zuccarini. Herr Rechtsanwalt und Notar Krug. Dendrobium sp.? Herr Kunstgärtner €. Makowitz in Ullersdorf bei Glatz. Die Zeichnung eines interessanten Blattes der durch ihn kultivirten Monstera Lenea (Philoden- dron pertusum). Drei Sorten zur Kultur von Orchideen vorzüglich geeigneten Torfes. Echten peruanischen Guano. 247 Herr Kunst- und Handelsgärtner Eduard Monhaupt. Ein Sortiment blühender Hyacinthen. Herr Hofgärtner Schwedler in Siawentzitz. Blüthenzweige von Acacia Panticowsky, Magnolia purpurea und M. discolor (M. Soulongiana), Salvia Heerü. Frau Geheime Kommerzien-Räthin Treutier auf Leuthen bei Lissa i. 8. Ein Sortiment Aepfel. 4 Sorten ohne Namen. Gestreifte Reinette. Gelber Calville. Großer grauer Pepping. Reinette d’Angleterre. | Kasseler Reinette. Muscat-Reinette. Rosenapfel. | Punktirte Reinette. Große englische Gold-Parmaine. | Czernowitzer Reinette. Schafsnase. Forellen-Reinette. Englischer echter Gold-Pepping. | Rother Rosmarinapfel. Weißer Winter-Calville. Borsdorfer. Königin Louisen-Apfel. Herr Kaufmann, Buchhändler Ed. Trewendt. Azaleaindica hybr.;ohneNamen. | Camellia, Amalia. | Epacris impressa rosea. Berberis Darvinii. — , Prinz Albert. Von diesen wurden durch Prämien ausgezeichnet: 1) Azalea indica hybr. Leeda des Kunst- und Handelsgärtner Herrn Ed. Breiter; 2) Puya Altensteinüi aus der Gärtnerei des Herrn Banquier Eichborn (Obergärtner Rehmann); 3) die grünen Bohnen aus der Gärtnerei des Herrn Grafen von Burghauss auf Lasan bei Saarau (Gärtner Frickinger) ; 4) Dendrobium sp.? des Herrn Rechtsanwalt und Notar Krug; 5) Das Sortiment blühender Hyacinthen des Kunst- und Handelsgärtner Herrn Ed. Monhaupt; 6) Berberis Darvini des Herrn Buchhändler Trewendt. Außer diesen wurden ehrender Erwähnung werth erachtet: a) Azalea ind. liliflora, Tillandsia bracteolata, Tradescantia Warscewiezii aus der Gärtnerei des Herrn Banquier Eichborn (Obergärtner Rehmann); b) Ripsalis Zuccarini des Herrn Hospital-Wundarzt Dr. Hodann; c) die Blüthenzweige der Magnolien des Herrn Hofgärtner Schwedler in Slaventzitz; d) das Sortiment sehr wohl konservirter Aepfel der Frau Geheimen Kommerzien-Räthin Treutler auf Leuthen bei Lissa i. Schl. Am 85. April 1857. Herr Gutsbesitzer Barchewitz in Krietern bei Breslau. Rhododendron arb. hybr. ohne | Eine Kollektion Cineraria hybr. Namen. Deutzia gracilis. Herr Fleischwaaren-Fabrikant Dietrich. Camellia jap. coceinea. — — fimbriata, Azalea ind. vittata rosea. ’amellia jap. Reine des fleures. Eriostemon caespitosum. Rhododendron arb. hybr.? —0.0 — punctata. Camellia jap. altaclarense. — — leeana superba. 248 Die Gärtnerei des Herrn Banquier Eichborn. (Obergärtner Rehmann). Azalea ind. vittata amoena. Chorizema Manglesü. Epacris empressa. - .— — Tosea. Deutzia gracilis. — fulgentiosus. ee — punctata. Erica erecta. | — Prince Rohan. Camellia jap. Loowii. — odorala. Heinzia tigrina. — — fulgida. Epaecris albicans rosea. Rhododendron ciliatum. — — Queen Victoria. — campanulatu. — arb. hybr.? — — 3St. ohne Namen. — —_ alba. Maranta Warscewiczü. Herr Kunst- und Handelsgärtner Ed. Monhaupt. Rosa hybr. remont. Baron Prevost und Reine Victoria. Tropaeolum tricolor grandifl. Herr Kaufmann E. H. Müller. Conoclinium (Hebeclinium) janthinum. Herr Materialien-Inspektor Neumann. Dracaena?...... fol. var. | Seimmia japonica. | Viola odorata var. arborea. Herr Kaufmann, Buchhändler Trewendt. Berberis Darwinit. Dracaena arborea, blühend. Scimmia japonica. Camellia jap. 7 St. ohne Namen. | Epacris empressa. Viola odorata flore pleno. Cineraria hybr. eine Collektion. — hyacinthiflora. Hiervon wurden prämiirt: 1) Rhododendron arb. hybr.? des Herrn Gutsbesitzer Barchewitz in Krietern bei Breslau; 2) Camellia fimbriata des Herrn Fleischwaaren-Fabrikant Dietrich; 3) die Epacris, Heinzia tigrina und Maranta Warscewiezii aus der Gärtnerei des Herrn Ban- quier Eichborn (Obergärtner Rehmann); 4) Tropaeolum tricolor grandifl. des Kunst- und Handelsgärtner Herrn Ed. Monhaupt; 5) Conoeclinium janthinum des Kaufmann Herrn E. H. Müller; 6) Seimmia japonica des Herrn Materialien-Inspektor Neumann; 7) Dracaena arborea, blühend, des Herrn Buchhändler Trewendt. Erwähnt muß noch werden, daß Herr Klemptnermeister Adler eine recht sauber gearbeitete Gieß- kanne, wie solche in Frankreich üblich und ihrer leichten Handhabung wegen zu empfehlen sind, nebst dazu gehörigen Aufsatzrohren und Brausen, so wie Herr Materialien-Inspektor Neumann ein Grabeisen von Stahl zur Schau gestellt hatten, die schönen reifen Erdbeeren von Herrn Kunstgärtner Frickinger in Lasan bei Saarau leider aber zu spät eintrafen. Am S. Mai 1857. Herr Kunst- und Handelsgärtner Eduard Breiter. Acacia vestita. | Camellia jap. Borzoni. | Deutzia graeilis. Azalea ind. hybr. exquisita. — — DucdeBretagne. | Mahonia aquifolia. — — — r0s.princeps. — — Robertson. Ichododendron fragrans. Camellia jap. alba plena. — — Bossü. 249 Die Gärtnerei des Herrn Banquier Eichborn. (Obergärtner Rehmann). Die strauchartigen Calceolarien, Flora, Kanarienvogel, Jakob Rinz und Esther. Erica ciliata. | Ahododendron pont. angustifol. | Rhododendron pont. spectabilis Pedilanthus carinata. Rh. pont. Cunninghamiü major. | grandifl. Pultenaea spectabilis. — — Highland yellow. Rh. pont. Tortonianum. Stenanthera pinifolia. — — dhygaeinthiflora. | — — Vervenianum. Herr Obrist-Lieutenant a. D. v. Fabian. Acacia Neumanni. | Nierembergia calyeina. | Veronica salieifolia. Herr Bureau-Direktor Inkermann. Azulea ind. var. amoena. Az. ind. var. lactea flore. | Az. ind. var. striata. — — beaute del’Euröpe. | — — — lineata superba. — — — Torreiana. — — Cogu. de Flandre. | — — — magnifica nvwva.. | — — — Venus. — — Criterion. — — — Prince Cam. Roh. | -- — — versicolor. — — /loribunda elegans. | — — — Teutonia. — — — vittata Fortuni. — — Franz Joseph. — — — Staundishi fl. pl. Herr Kunst- und Handelsgärtner Junger. Cyclamen persicum. | Cyelamen pers. var. album. | Cyelamen hybridum. Herr Kunst- und Handelsgärtner Ed. Monhaupt. Glyeine sinensis. | Rhododendron Edgewordtü. Herr Kaufmann E. I. Müller, Ihododendron hybrid.? Tropaeolum azureum. Acacia lineata. 1 Sortiment Calceolaria hybr. Cytisus Atleyanus. 1 Sortiment Cineraria hybr. Euphorbium splendens. Herr Universitäts-Sekretair Nadbyl. Falstaff-Himbeeren. Herr Materialien-Inspektor Neumann. Cytisus Atleyanus. Scilla campanulata. Clematis azurea grandiflora. Vaceinium ovatum. Rhabarber, Victoria. Neuen großbl. Spinat, dum.maxim. Herr Kunst- und Handelsgäriner B. Schulze. Azalea ind, var. Glory of Sun- | Camellia jap. var. Queen of Da- | Rhodod. hybr. Magnoliaefolia. nighill. nemark. — Edgewordtü. Herr Buchhändler Ed. Trewendt, Cytisus Atleyanus. | Tropaeolum tricolor. | 1 Sortiment Cineraria hybr. Prämiirt wurden aus diesen Einlieferungen: 1) Azalea ind. var. rosea princeps des Kunst- und Handelsgärtner Herrn Breiter; 2) Pedilanthus carinata, Stenanthera pinifolia, Rhododendron pont. spectabilis grandiflorus und Ah. pont. Highland yellow aus der Gärtnerei des Herrn Banquier Eichborn (Obergärtner Rehmann); 32 250 3) die Collektion Azalea indica des Herrn Bureau-Direktor Inkermann; 4) die Cyclamen des Kunst- und Handelsgärtner Herrn Junger; 5) Rhododendron Edgewordtii des Kunst- und Handelsgärtner Herrn Ed. Monhaupt; 6) die beiden Tropaeolum azureum des Kaufmann Herrn E. H. Müller; 7) Falstaff-Himbeeren von Herrn Universitaits-Sekretair Nadbyl; 8) Clematis azurea yrandifl., Vaceinium ovatum und Rumex mazximus des Herrn Materialien- Inspektor Neumann; 9) Camellia jap. var. Queen of Danemark und Rhododendron Edgewordtii des Kunst- und Handelsgärtner Herrn B. Schulze; während ehrenvoller Erwähnung zu würdigen waren: Veronica salicifolia des Herrn Obrist-Lieutenant a. D. v. Fabian; Tropaeolum tricolor des Herrn Buchhändler Trewendt. Am 7. Juni 1857 konnte die Monats-Ausstellung wegen fast gänzlichen Mangels an Einsendungen leider nicht eröffnet wer- den, dagegen waren die beiden nächstfolgenden erfreulicher Weise desto reicher ausgestattet. Dieselben fanden auf die anerkennenswerihe liberale Veranlassung des Vorstandes der zur Zeit statthabenden In- dustrie-Ausstellung in dem sehr geeigneten Centrum der für dieselbe erbauten schönen Halle als passende Umgebung des dort befindlichen Wassertempels statt, und hatten dazu eingesendet: Am 21. bis incl. 23. Juni 1857. Herr Kunst- und Handelsgärtner Ed. Breiter. Eine große Kollektion Pelargonium hybr. theils eigener, theils englischer Anzucht. Die Gärtnerei des Herrn Banquier Richborn. (Obergärtner Rehmann). Allemanda neriifolia. | Cattleya Forbesi. | Coccoloba excorticata. Aphelandra Leopoldi. Brassicola fragrans. Erica carnea ventricosa. Caladium marmoratum. Maxillaria Deppü. Sonerilla margarilacea. — nymphaeaefolium. | Herr Bureau-Direktor Inkermann. Eine Kollektion Pelargonium hy- | Eine Koll. Viola tricolormazxima. | Pimelea spectabilis. brid. — — Petunia mirabilis. Haemanthus puniceus. Eine Kollektion Glozinia. Cupressus funebris. Fuchsia hybr. Miss Handıy. Herr Kunst- und Handelsgärtner Ed, Monhaupt. Salvia argentea. | Amaryllis formosissima. Herr Kaufmann E. H. Müller. Acrocelinium roseum. | Zinum grandiflorum. | Philodendron pertusum. Dracaena arborea. Lophospermum heterophyllum. | Rhapis flabelliformis. — rubra. Mitraria coccinea. Rhodanthe Manglesü. Gesneria macrantha. Orontium japon. fol. niveamarg. | Veronica Syriaca. 251 Herr Universitäts-Sekretair Nadbyl. Eine Kollektion Viola tricolor mazxima. | Eine Kollektion Rhododendron arboreum. Herr Materialien-Inspektor Neumann. Erdbeeren, Blumenkohl und Kartoffeln in vorzüglichen Sorten und Exemplaren. Die städtische Promenade. (Inspektor, Herr Schwager). Eine Gruppe diverser Pflanzen worunter: Gunera scabra und Formium tenax. Herr Buchhändler Ed. Trewendt, Ein Sortiment Achimenes. | Cureuligo recurvalta. Musa zebrina. Achimenes hybr. Ambr. Verschaf- | Dracaena cannaefolia. Philodendron pinnatifidum. felt. Ein Sortiment Gloxinia hybr. Thidaea gigantea. Aletris fragrans. Mitraria coceinea. | Außerdem hatte die Sektion das ihr als Eigenthum angehörende Obst-Kabinett von Dittrich nebst der von dem Thüringischen Gartenbau-Verein herausgegebenen Fortsetzung desselben ausgestellt. Am 12. bis incl. 14. Juli 1857. Herr Obrist-Lieutenant a. D. v. Fabian. Anagallis grandiflora. | Heliotropium var. Drumei. Mimulus cardinalis. Acacia Neumanni. Martinia proboscidea. Rhodanthe Manglesü. Anthemis div. var. — angularis. Reseda odorata arborea. Aristolochia lobata. Leptosiphon aureum. Solanum Balbisü. Balsaminen, Rosen-Zwerg-. Oxalis rosea. | Veronica Andersonüi. Herr Bureau-Direktor Inkermann, Ein Sortiment Achimenes. Haemanthus puniceus. — — Topf-Nelken. 3 St. Zwerg-Orangen-Bäumchen. Ein Sort. der neuest. Fuchsia hybr. — — d.n. Glozxinia erecta. Herr Materialien-Inspektor Neumann. Ein Sortiment Fuchsia hybr. und Körbelrüben. Herr Kunst- und Handelsgärtner €. Scholz. Aphelandra Leopoldi. Lisimachia principis. Maranta zebrina. Dracaena terminalis rosea. Maranta Warscewiezü,. Ein Sortiment Farnkräuter. Herr Kunstgärtner Schönthier in Gräbschen bei Breslau. Eine Gruppe diverse blühende und nicht blühende Pflanzen. Herr Buchhändler Ed, Trewendt, Begonia argyrostigma. | Degonia zebrina. | Caladium marmoratum. — rubrovenia. Buxus jap. fol. variegata. — pieturatum. — stigmosa. Caladium discolor. — poe&cile. — zanthina marmorea. —_ haematostygma. _ tricolor. 32*+ 252 Cissus discolor. Gesneria zebrina. | Maranta zebrina. Coleus Blumei. Hedera helix fol. var. Melissus? fol. var. Calodracon Jaquini. Hydrangea hortensis fol. var. | Musa Cavendishü. Dioscorea discolor. | /beris semperflorens. Orontium jap. fol. niv. marg. Dieffenbachia seguine picta. Isolepis gracilis. Pandanus javanicus fol. var. Dracaena nobilis. Kaempferia Galanga. Pelargonium zonale rosea fol.var. — terminalis rosea. Lycopodium denticulatum. Perilla nankinensis. Echites melanoxina? — caesium. Plectogine variegata. Evonymus jap. fol. var. Maranta albo-lineata. Ruellia maculata. _ — — — dhudea. — bicolor. Vitis ? fol, variegata. Von einer Prämiirung wurde bei diesen beiden letzten Ausstellungen abgesehen. Aus der Monats-Ausstellung am 2. Augnst sind besonders hervorzuheben und wurden prämiirt oder ehrenvoller Erwähnung werth erachtet: ’ 1) die Gruppe blühender und nicht blühender Pflanzen, die Melonen und 6 Sorten Gurken des Herrn Obrist-Lieutenant a. D. v. Fabian; 2) die Caladien, Flcus nervosa und Dracaena nigra, letztere blühend, aus der Gärtnerei des Herrn Banquier Eichborn (Obergärtner Rehmann); 3) die Achimenes und Glexinia des Herrn Bureau-Direktor Inkermann; 4) Amorphophallus campanulatus von Herrn Kunst- und Handelsgärtner Ed. Monhaupt; 5) Begonia Ingrami, Phygelius capensis, Caladium marginatum, die Fuchsia hybr. Maid of Kent, Ernest d’Evry, Arthur de la Ferte, so wie eine kunstreiche Zusammenstellung von Blüthen sehr vorzüglicher Balsaminen des Kunst- und Handelsgärtner Herrn Richard Rother; 6) u.7) die Malven des Herrn Haupt-Turnlehrer Rödelius und des Herrn Kunstgärtner Schlegel in Gra- fenort bei Habelschwerdt. Auch zeichneten sich die 6 meist neuen Sorten Erbsen, 2 Sorten Bohnen, 4 Sorten Gurken und 6 Sorten Zwiebeln eines unbekannt gebliebenen Einsenders voriheilhaft aus; so wie die Einsendung des Herrn Buchhändler Trewendt ebenfalls interessante gut kultivirte Pflanzen enthielt. Im September fiel die Monats-Ausstellung aus wegen der Vorbereitungen zu der bevorstehenden Herbst- Ausstellung. Es wurde auch diese Ausstellung in den Sälen der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur nach dem seiner Zeit ausgegebenen Programm veranstaltet, und zwar in den Tagen vom incl. 4. bis incl. 7. Oktober. Das schwierige Amt des Ordners hatte wiederum Herr Obergärtner Rehmann, unterstützt von eini- gen anderen Mitgliedern, zu übernehmen die Güte gehabt; 3 Säle, die Rotunde und 2 große an den mittleren Saal rechts und links anstoßende Zimmer waren mit den reichen und schönen Einsendungen von Gartenprodukten aller Art aus allen Theilen der Provinz erfüllt und das Arangement so getroffen, daß jeder dieser Räume für sich ein ansprechendes Bild darbot, in welchem auch die Einzelnheiten leicht anschaulich waren. 253 I, Abtheilung. Pflanzen und abgefchnittene Blumen sendeten ein: I. Der königliche botanische Garten. (Herr Inspektor Nees v. Esenbeck). 1) Gutzmannia tricolor. | 2) Tillandsia bicolor. IL Die Gärtnerei des Herrn Banquier Eichborn. (Obergärtner Rehmann). 3) Achimenes Roezlü. 13) Caladium marmoratum. | 23) Justicia pieta. 4) Aralia insignis. 14) Coccoloba. excorticata. 24) Maranta variegata. 5) — nymphaeifolia. 15) Croton longifolium. 25) Metrodorea atropurpurea. 6) — papyrifera. 16) — pietum(variegatum). | 26) Pandanus javanieus fol. va- 7) Begonia rhizocaulos. 17) Cuphea eminens. rieg. 9) — splendida argent. | 18) Curcuma rubicaulis. 27) Schmidelia montana. I) — Twaithesü. 19) Erica colorans. 23) Tecoma adenophylla. 10) — zanthina marmor. | 20) — hyemalis. 29) Urtica macrophylla. 1) — zanth. gandavens. | 21) Ficus nervosa. 30) Brexia chrysophylla. 12) — zeylanica. | 22) Haemalonema rubra. öl) Sonerilla margaritacea. If. Herr Orist-Lieutenant a. D. v. Fabian. 32) Abronia umbellata. | 39) Cajophora Hebertii. | 46) Mimulus fortunatus. 39) Anagallis grandiflora. 40) Cuphea eminens. Am) — picta variegata. 34) Browallia Ozervinkowskü. | 41) Heliotropium var. Primice. | 48) Pomate, baumartig, aus Ost- 30) Capsicum cerasiforme. 42) Hibiscus cannabinus. Indien. 36) 2 schnabelförmiges. | 43) Martynia anyularis. 49) Nierenbergia calycina. 37) — vielkantiges. 44) — fallaw. 50) Reseda undata. '38) _ von Teneriffa. 45) Ipomoea flore albo-coeruleo. | 5l) Veronica Andersonü. IV, Herr Hospital-Wundarzt Dr. Hodan. 52) Phrynium eylindrieum. V. Herr Rechtsanwalt und Notar Krug. 53) Acropera Loddigesü. | 54) Stanhopea aurea. | 55) Stanhopea tigrina. VI. Herr Kunst- und Handelsgärtner Julius Monhaupt, Sterngasse Nr. 7. 56) Cedrus Deodara Lind. 62) Thuja articulata glauca. 65) Thuja gigantea. 97) — robusta. 63) — asplenifolia. 69) — ineurvata. 58) Cryptomeria japonica Don. | 64) — aurea Hort. 70) — Lilaveana. 59) Libocedrus chilensis Endl. | 65) — australis. 71) — macrocarpa. 60) — Doniana Endl. | 66) — _freneloides. 72) — nepalensis Hort. 61) Thuja articulata. 67) — = vera. 73) — orientalis Biota. 254 74) Thuja orientalis compacta. | SO) Thuja plicatilis. 75) — — fol.argent. var. 76) Thuja orient. fol. aurea var. ZI) — glauca. 75) — — strieta. 79) — pendula (fliformis). 94) Adiantum Capillus L. 95) — formosum R.Br. 96) — pubescens Schk. 97) _ tenerum. 95) — _ trapeziformeLk. 99) Aneimia laciniata Lk. 100) Aspidium Baromez Wild. 101) Aspid. Sieboldii Hort. Belg. 102) — molle. 105) — ? 10)» 105) Asplenium bulbiferumForst. 106) — cicutarium Sw. WI) — dispersum Kze. 108) Blechnum brasiliense Dst. 109) Cibotium Schiedei Schld. VII. 140) Amaryllis sarniensis. | IX. 142) Gesneria Doncelarü. | SI) — sphaeroidalis Rich. 82) — Tartarica Hort. Ang]. 83) — Warreana Hort. 84) Pinus Devoniana. 35) — flifolia Lindl. 856) — Hartwegü. VI Herr Kaufmann E. H. Müller, (Gärtner Appel). 110) Dicksonia rubiginosa Klfs. 111) Diplazium umbellatum. 112) Doodia lunulata. 115) — rupestris Klfs. 114) Gymnogr. calometanos Klfs. 115) — lunata Kl. 116) —_ monstrosa Hort. 117) — _ sulphurea Desv. 1159) — tartarea Desv. 119) Lophosoria affinis Pr. 120) Platycerium aleicorneDesv. 121) Polypodium aureum L. 122) —_ grande. 125) — juglandifolium Hort. Angl. 124) Polypod. morbillosum Pr. 87) Pinus longifolia. 88) — macrophylla. 89) — palustris. 90) Yucca aloefolia tricolor. I) — flaceida. 92) — linifolia. 9) — recurva. 125) Polypodium repens Sw. 126) Pteris arguta Vahl. 127) — crenata Sw. 125) — crispa Sm. 129) — hirtella 150) — tremula R. Br. 131) Selaginella apus minus Spring. 152) Selaginella caesia Hort. 133) — caespitosa. 134) — denticulata. 135) Selag. Galeotti Spring. 136) — öndiea. 157) — laevigata Spring. 138) — stolonifera Lk. 139) Struthiopteris germanica. Herr Materialien-Inspektor Neumann. Herr Fahrikbesitzer W. Rau. 145) Gesneria zebrina. 141) Yucca draconis fol. varieg. X. Herr Kunst- und Handelsgärtner Richard Rother, Sterngasse Nr. 2. 144) Andryaea Skinneri. 145) Alloplectus speciosus. 146) Anthurium amplum. 147) Areca rubra. 148) Astrocarium Ayrii Matt. 149) —_ mexic. Mart. 150) Begonia splendida. 151) Bonapartea juncea. 152) Caladium bicolor pietura- lum. 155) Caladium bicolor splend. 154) — cordatum. 155) — discolor. 156) —_ discol. varietas. 157) — esculentum. 155) —_ haematostigma. 159) — marginatum. 160) — marmoralum. 161) — metallicum. 162) = nymphaeifol. 163) Caladium odoratissimum. 164) — pietum. 165) _ poecile. 166) Calamus Rotang L. 167) Chamaedorea Bartlingiana Wendl. 168) Chamaedorea Casperiana (coneolor). 169) Chamaedor. elatior Hort. 170) _ gracilis W. 171) Cham. lunata Liebm. 172) — Lindeniana Wendl. 173) — oblongata Mart. 174) Caraguata lingulata. 175) Canna eximia. 176) Carludowica humilis Hort. Berol. 177) Carl. palmata Ruiz u. Pav. 178) — palmaefolia Hort.Ber. 179) Caryota urens L. 180) Cocos coron. Hort. Verschf. 181) — botryophora Hort.V. 182) — oleracea Matt. 183) Crovea Saligna, blühend. 184) Curculigo recurvata. 185) Oyelamen europaeum var. album. 186) Oyclanthus ceristatus Kl. 187) Dracaena Betschleriana (marginata-latifolia). 188) Dracaena brasiliensis. 189) —. cannaefolia. 190) — Draco. 19]) —_ — vera. 192) — ferrea. 195) _ Fontanesii. 194) — fragrans. 195) — fragrantissima (longifolia vera). 196) Drae. indivisa. 255 197) Drae. mauritiana. 195) — nobilis. 199) — nutans. 200) — paunieculata. 201) — reflexa. 202) — salicifolia. 205) — spectabil, (longif.). 204) — terminalis. 205) Echites nutans. 206) Eriocnema aenea. 207) —_ marmorea. 208) Eugenia Ungui, in Früch- ten. 29) Eugenia myrsinoides. 210) Eupomatia laurifolia. 211) Ficus eriobotryoides. 212) Flindersia formosa. 213) Friesia zebrina. 214) Fuchsia Dominiana. 215) Gutzmannia tricolor. 216) Hippeastrum robustum. 217) Hemionitis cordata. 215) Latania borbonica Hort. 219) Maximiliana regia Matt. 220) Melinonia rubiginosa. 221) Musa Dacca. 222) — 225) Neumannia imbricata. 224) Papyrus antiquorum. 225) Phoenix dactilifera L. zebrina. XI. Städtische Promenade. (Herr Insp. Schwager.) 226) Panicum plicatum. 227) — sulcatum. 228) Philodendr. cannaefolium. 229) — Hoockeri. 230) — linguaeforme. 231) — lueidum. 252) — pedatum. 233) — quereifolium. 234) — tripartitum. 255) Phrynium marantinum. 236) Pteris leptophylla. 237) — semipinnata. 235) Puya Altensteinü. 239) Remusatia vivipara. 240) Sabal Adansoni. 241) — Jenkensoni Hort V. 242) Saribus subglobosus Hort. Belg. (Zatania rotundifolia Mart.) 245) Tradescantia discolor vit- tata. 244) Trithrinax mauritiaef. 245) Yucca aloefolin. 246) — flaccida. 247) — gloriosa. 245) — recurvata. 249) — variegata, 250) Zamia integrifolia Ait. 251—252) Zwei Bouquetts. Eine Gruppe blühender und nicht blühender Pflanzen (ohne Verzeichniß). ZI. Abtheilung. Dort sendeten ein: I, Herr Rustikalbesitzer BE. Block in Staude bei Pless. Ein Sortiment Aepfel. | Ein Sortiment Birnen. | Ein Sortiment Pflaumen. I. Herr Kunst- und Handelsgärtner Eduard Breiter, Birnen. Beurre d’hiver de Rivers. Beurre Alexandre Lambre. — Marie Louise Van Mons. Beurre Desire Van Mons. — Biretonneau. Schönste Winterbirne. Poir d’Arenberg. Beurre d’Arenberg. Beurre d’Hartenport? Pfalzgräfin. Duchesse d’Angouleme. St. Germain hätif Merlet. Souvageon de Motte. Englische Winter-Butterbirne. Krach-Butterbirne. Bergamotte Crasanne. Prince Camille de Rohan. Graue Dechantsbirne. Doyeune d’hiver. Frühe Schweizer-Bergambotte. Beurre incomparable. Souvageon de Mons. Soussaline. Coloma d’hiver. Angelique nowvelle de Bordeaux. Winter-Ambrette. Jaminette. Franchipane. Deutsche Muskateller. Il. - Roman-Reinette. Rother Jungfernapfel. Weißer Gewürzapfel. Reinette d’Orleans. Große Kasseler Reinette. (Reiser von der Sektion 1856). Oberländer Taffetapfel. (Reiser von der Sektion 1856). Wachsapfel. (Reiser von der Sek- tion 1856). Luisen-Reinette. Kirschapfel. Große punktirte Gold-Reinette. Edler Täubling ? Multhaupt’s Parmain-Reinette. Engl. Winter-Parmaine. (Reiser von der Sektion 1856). 256 Schweizer Hose. Willermaz (Pircot). Gelbe Rimessen. Henri (Pircot). Museirte Schmerbirne. Lansac. Lonze d’hiver. Königsgeschenk. Leopold 1. Sorten zu bestimmen, Aepfel - Sorten. Kaiser Alexander von Rußland. Rothe Herbst-Anis-Calville. Großer Englisch-Pepping. Sternapfel. Gelber engl. Gulderling, Winter-Rosenapfel, parfümirter. Meißner Forellen-Hartig. Champagner-Reinette. Punktirte Reinette. Rother italienischer Rosmarin. Cardinal rouge. Erdbeer-Reinette. Reinette M. Golden. Gärtner Frickinger. Weiße Winter-Reinette. Dunkelr. bandirte Wintereinette. Rother Herbst-Rambour. Bullock-Pepping, Limonen-Reinette. Grüne Schafnase. Früher Weinapfel. Gestreifter Herbst-Rambour. Gestreifte Reinette. Winter-Rambour. Grüner Fürstenapfel. Französischer Wachsapfel. Kleine Warzen-Reinette. Früher Butterapfel. Weisser früher. Gerstapfel. Filee-Reinette. Danziger Kantapfel. a Grüner Kaiserapfel. Weißer englischer Carolin. Blutapfel. Gelber englischer Gulderling. Edler Prinzessinapfel. Muscat Calville, gestreifte. Franklin’s Goldpepping. Polnischer Morenki. Spitzapfel. Reinette, kalvillenartige. Rother Winter-Calville. Reinette de Cause. - Edel-Reinette, französisch. Reinette, kleine Kasseler. — de Bretagne. Grosser Prinzessinapfel. Gewürz-Pepping. Englische Königs-Reinette. Gulderling, rother. Winter-Parmaine. Englischer Prahlrambour. Pearsens Plate. Stettiner, rother. Große engl. Gold-Parmaine? Herr Graf Burghauss auf Lasan bei Saarau. Noernapfel? Bauern-Reinette, Märzapfel? Graue Reinelte. Großer Posemaner. Kleine Gold-Reinette. Kohlapfel. Glasapfel. Schlotterapfel. Gestreifter Bohnenapfel. Großer Marktbreitlinger. Grüner Stettiner. Weißpunktirte Reinette. Weißer früher Haferapfel. Großer+rother Faßapfel. Lehmapfel. Rother Stettiner. Türkischer Jungfernapfel. Erdbeerapfel. Himbeerapfel. Kleiner Posemaner. Edel-Borsdorfer. Welscher Weinling. Violetter Kohlapfel. IV. Aepfel. Bischofs-Reinette. Engl. Winter-Gold-Parmaine. Engl. Granat-Reinette. Danziger Kantapfel. Reinette rouge. Crede’s Quitten-Reinette. Muskat-Reinetie. Mascon’s harte, gelbe Glas-Rein. Wahre Ananas-Reinette. Große Kasseler Reinette. Diel’s Reinette. Rother Winter-Stettiner. 257 Prinzipal-Apfel. | Eilf unbenannte Sorten. | Apfel-Quitte.. | Birn-Quitie. | Ein Fruchtkorb enthält: | I Ananas 32 Pf. Gewicht, 1 Me- | 1} | Rothe Herbst-Calville. | lone, Feigen, 6 Sorten Wein- | Gelber wahrer Winter-Stettiner. Rother Kardinal. Weisse Winter-Calville. Großer rother Sommer-Himbeer- Apfel. Lehmapfel oder Welsch-Weinling. Schönwalder Herbst-Apfel. Birnen. Grüne lange Herbsibirne, Mund- netzbirne, Mouille bouche. Bergamotte von Bugi. Virgouleuse. | trauben, 7 St. Pfirsichen, Pflau- men, Birnen, verschied. Nüsse, Orangen, Erdbeeren, Johannes- beeren, Cornelkirschen, Phyto- lacca decandra ete. Herr Pastor Cochlovius in Schönwald bei Creutzburg. Beurre imperial (nicht mit Ei- chenlaub). Rothe Herbst-Butterbirne. Hardenpont dore. Preul’s Colmar. Napoleon’s Herbst-Butterbirne. Capiaumont’s Herbst-Butterbirne. Wildling von Motte. Weiße Herbst-Butterbirne. Erzherzog Ferdinand. Hermanns-Birne, St. Germain. Hardenpont’s Winter-Butterbirne. Beurre gris. V. Dominium Gross-Peterwitz bei Gellendorf, Herr Graf v. Dankelmann durch Fräulein v. Möllendort, Aepfel. Herbst-Citronen. Weißer Kurzstiel. Rosafarbiger Kurzstiel. Wahrer gelber Stettiner. Röthlich gestreifter Kurzstiel. Edelkönig. Weißer Winter-Calville. Rother bester Sommer-Calville. Grafensteiner. e . Danziger Kantapfel. Rother Calville von der Normandie. Langer rother Himbeerapfel. Später rother Winter-Calville. Winter-Borsdorfer. Rother Borsdorfer. Zwiebel-Borsdorfer. Multhaupi’s Carmin-Reinette. Engl. Limonen-Reinette. Grüne Nord-Reinette. Reinette von Windsor. König Jakob. Geiger’s Prinzessin Auguste. Köstlicher von Kew. Lange roihgesir. grüne Reinetie. Haarlemer Reinette. Holländischer Pepin. Echte graue französ. Reinette. Charpentin. Grafen-Reinette. Schwarze Blut-Reinette. Rother Neuzerling. Engl. Reinetite. Unbekannter. (Reiser aus Pesth). dio. dio. Schmidtberger’s rohe Reinette. Laon’s Parmaine. Engl. Winter-Gold-Parmaine. Frühe süße weiße Parmaine. Königs-Parmaine. Muskirter Schlotter-Apiel. Ribston Pepin. Rheinischer Bohnenapfel. Lavendel-Pepin. Walliser Limonen-Pepin. Herbst-Pigeon. Rother Winter-Pigeon. Bendeleber Rosenapfel. Quittenförmiger Gülderling. Erdbeerapfel. Kaiser Alexander. Birnen. Isembert. Herbst-Bergamotte. Truchseß. Beurre gris. — vom Spalier. Lansac. DBezy de la Motte. BT ur Kolmar-Preul. Jagdbirne. Beurre blanc. Capiaumont. Liegel’s Winterbutterbirne. Hochheimer? vl. Schwarzer Trollinger. Rother Trollinger. Blaues Ochsenauge. Weißer Aramon. Blauer Köllner. Rother Köllner. Weißer Köllner. Blauer Blank. Blaue Bettlertraube. Großer weißer Javor. Heunisch, dreifarbiger. blauer. gelber Gutedel. halbgeschlitztblättriger Gutedel. großer spanischer. Pariser-. Muskat-. früher (Diamant-). rother. Honigler. Griechischer (von Herrn Eduard Monhaupt). Roihe Gewürztraube. Weißer Elben. Schwarzer Elben. Rother Muskaieller. Schwarzer Muskateller. Blauer Muskateller. Rother italien. Malv. (Babotraube). VI. Aepfel. Borsdorfer. Böhmischer Borsdorfer. Graue Reinette. Königl. Niederl, Güter- 258 St. Germain. Coloma’s Frühlingsbirne. Winterdorn. Mannabirne. Napoleon’s Herbstbutterbirne. Liegel’s Dechantbirne. Ein Sortiment Weintrauben. Weißröthliche Commerzentraube. Weißer Lämmerschwanz. Blauer Pineau. | Violetter Pineau. Weißer Refosco. Frühblauer Portugieser. Rother Silvaner. Blauer Pohlvanz Frühblauer Wälscher. Blaue Hartweg’s Traube. Färber. Bernhards-Traube. Jacobin. Gamet. Melon. Weiße Vanille-Traube. Schwarzer Klein-Ungar. Weißer Wälsch-Riesling. Echter weißer Burgunder. Weißer Riesling. Rother Riesling. Echt blauer Wildbacher. Früh blauer Wildbacher. Schlehm blauer Wildbacher. Gelber Ortlieber. Weißer Aspirant. Zweifarbiger Morillon. Blauer Neri. Später weißer Malvasier. Gelbe Seidentraube. Gold-Reinette. Krömling. Jungfernapfel. Dünnschäliger. Administrator Herr B. Felimann in Forellenbirne. Engl. Champagnerbirne. Königsgeschenk von Neapel. Bergamotte Orasanne. Erzherzog Ferdinand. Grüne Herbst-Marktbirne. Herr Hauptmann von Drabitius in Klein-Kletschkau bei Breslau. Grüne Seidentraube. Weiße Schopaten. Mosler. Gelber Orleans. Grüner Orleans. Weiße Muskatelle. Weißer Muskat-Silvaner. Rother Traminer. Weißer Traminer. Rother Clävner. Blauer Clävner. Blauer Arbst. Frühblauer Clävner. Weißer Clävner. Blaue Cypertraube. Weißer Verjus. York-Madeira. Roiher Zierfahndler. Blauer Espar. Terre promise. Weiße Calabrische Traube. Blaue aus der Corthum. Blauer Sparso. Pikolit. Pied du pedrix noir. Grussele. Weiße Jakobstraube. Verdellho di Madara. ' Weiße Urbani-Traube. Früher blauer Ungar. Bernsdorf bei Münsterberg. Stettiner. Prinzipal-Apfel. Ein Sortiment Birnen. Köstlicher von Charneu. VI. Aepfel. Großer Königsapfel. Pepin. Muskat-Reineite. Rother Herbst-Calville. Französische Reinette. Rother Jungfernapfel. Kronenapfel. Gelber Stettiner. Winter-Streifling. Getüpfelte Reinette. Rother Herbst-Calville. 259 Reinette von Breda. Kleine Gold-Reinette. Gelber Würzapfel. Einige Wildlinge. Graue Reineiite. Rother Winter-Calville. Großer rheinischer Bohnenapfel. Gestreifter Herbst-Calville. | Rothe Reinette. Newyorker Reinette. Rother Borsdorfer. Grüne Reinette. Verwitiwete Frau Kaufmann Häusler in Hirschberg. Rother Stettiner. Himbeerapfel. Grüne Band-Reineite. Weißer Herbst-Calville. Birnen. Bergamotte Crasanne. Winter-Robine. Behr’s Pfundbirne. | Muskateller Rouselette. | Weiße Herbstbutterbirne. | Beurre gris. | Runde Mundnetzbirne. I | IX. Herr Rittergutsbesitzer J. Heine in Kunzendorf bei Steinau a. 0. Aepfel. Tiefkoppe. Rosenapfel. Gold-Reinette. Weiße Winter-Calville. Blauer Stettiner. X. Aepfel. Adventsapfel. Ananasreineite. Bunter Prager. Brauner Fleckenapfel. Barceloner Parmaine. Berliner Schafsnase. Bernhardiner. Downton’s Pepin. Diel’s Reinette. Deutscher Käsapfel. Ealer Winter-Borsdorfer. Echte graue französische Reinette. Engl. Winter-Goldparmaine. Französischer Kardinal. Rosenapfel. Edelreinette. Formann’s Sämling. Feuerfarbener Streifling. Gelbe gestreifte Schafsnase. l | | | | | | | | | Gold-Pepin. Pigeon, gelber. Sauer-Apfel. Pigeon, rother. | Birnen. | Schweizer Bergamotte. | Winter-Griesbirne. Gewürzbirne. Engl. Granat-Reineite und meh- ; Winter-Bergambotite. rere Aepfel ohne Namen. (Gärtner C. Peicker.) Gäsdonker Goldreinette. Grünling von Rhode Island. Gestreifter Kümmel-Rambour. Gestreifter Maysüber. Goldpepin. ı Grüner Borsdorfer. | Großer edler Prinzessinapfel. ' Großer rother Jungfernapfel. Grabenapfel. Gestreifte Sommer-Parmaine. Gloria mundi. Grauer Kurzstiel. Griesapfel. | Gartenapfel. Grüner Winter-Atlasapfel. Herbstborsdorfer. Italienischer Franzapfel. Kirschapfel? Kohlapfel? Kempe’s Pauliner. Kaiser von Rußland. ! Graue Winterbirne. Graf zu Herberstein’sche Gärtnerei in Grafenort bei Habelschwerdt. Karlsapfel. Kleiner Jungfernapfel. Kleiner Pharaoapfel. Kleiner deutscher Gewürzapfel. Kleine Reinetite. Lehmann’s Goldfink. Lauchsapfel, Spitzapfel. Laffert’s Glasapfel. Lehmann’s Ungerapfel. Lothringer bunter Gülderling. Menonisten-Reineite. Ordensapfel. Pilles Russet. Polnischer süßer Judenapfel. Papageiapfel. Platte Granat-Reinette. Pallasapfel. | Rother Keniischer Papierapfel. Rother Taubenapfel. Röthliche Reinette. 33° Rother Stettiner. Rother Kurzstiel. Rother süßer Hufenapfel. Reinette von Clareval. Rothe Reinette. Rippenapfel. Rösler’s böhmischer Kurzstiel. Schöner Pfaffling. Schleswiger Erdbeerapfel. Rothe Bastard-Reineite. Süßer Judenapfel. Süßer Schmidtapfel. Traubenapfel, Weinapfel. Wahrer Rosenapfel. Weißer Herbsistrichapfel. Wahre Newyorker Reinette. Gestreifter Wintertäubling. Winterstreifling. Weilburger. Weißer italien. Rosmarinapfel. Zimmetartiger Winter-Kronapfel. Kräuterreinette. Gestreifte Reinette. Pyrus malus prunifol. fructu coccineo major. Pyrus malus spectabilis fl. pl.; Kronapfel. Birnen. Arendt’s Dechantsbirne. Aehrenthal’s grüne Herbstbutter- birne. Altenburgische Winterbirne. Astonia, Townsbirne. Aarer Pfundbirne. Braunrothe Pomeranzenbirne. BDergamotte de la Cour. Blanguwette, gr. mit langem Stiel. Christ’s Schmalzbirne. 260 Duquesne’s Sommermund - Netz- birne. Esperensbirne. Erzherzog Karl’s Winterbirne. Französische Schmalzbirne. Graue Herbstbutterbirne. Grabenbirne. Graue Sommerbutterbirne. Grüne Zuckerbirne. Gernröder Pomeranzenbirne. Grüne Kapuzinerbirne. Gelbe Herzbirne. Hildesheimer späte Sommerbirne. Hamecher’s Gewürzbirne. Harigelsbirne. Hammelsbirne, Jargonette. Kleiner Isambert. Kleine Zwiebelbirne. Lafaille’s Schmalzbirne. Lange grüne Herbstbirne. Langstielige Weinbirne. Mausebirne. Muskateller-Bergamotte. November-Dechantsbirne. Napoleon’s Butterbirne. Normännische rothe Herbstbutter- birne. Runde gelbe Honigbirne. Österbergamotte. Sickler’s Schmalzbirne. Stutterheim’s Buiterbirne. Schönert’s Omsewitzer Schmalzb. Späte Wasserbirne. Fourcroy. Si. Germain (Hermannsbirne). Schouin. Wilhelmine. Weiße Herbstbutterbirne (Beurre blanc). Verbesserte Bergamotte. Van Marum’s Schmalzbirne. Franchipane. Markgräfin. Holzfarbige Butterbirne. Pflaumen, Globuspflaume. Blaue Reineclaude. Späte große grüne Reineclaude. Monströse grüne Reineclaude. Weilholz’sche wohlschmeckende gelbe. Schwarze Damaszener. Weintrauben. Schwarze Muskateller. Blauer Trollinger. Clevner. Grüngelber Gutedel. Gutedel mit Petersilienblatt. Muskat-Gutedel. Königspfirsich. Melonen. Melone, neue feine Kabul, Nach- frucht, Same von der Sektion. Melone, neue Nutmey; Same von der Sektion. Melone, neue amerikanische im Freien reifende, Nachfrucht. Same von der Sektion. Melone, rundliche grüne gerippte. Gelbe Netzmelone, Nachfrucht. Grüngesprenkelte Melone, Nach- frucht. Grüne Melone mit sehr aufgewor- fenem Netz. XL Herr Kunst- und Handeisgärtner 3. G. Hübner in Bunzlau, Große Prager Birne. Xil. Herr Klose, Rendant der herzogl. Kammer in Oels, Besitzer der Baumschule in Spalitz bei Oels, 80 Aepfelsorten. Gravensteiner. Edelkönig. ! Rothe Herbst-Calville. Danziger Kantapfel. Alant. Engl. Königsapfel. Weißer Sommer-Gewürz. Winter-Postoph. Königsapfel von Jersey. Italienischer weißer Gulderling. Gelber englischer Gulderling. Süßer Holaart. Doppelter Holländer. Langer grüner Gulderling. Gelber Winter-Karthäuser. Großer edler Prinzessinapfel. Rother böhmischer Jungfernapfel. Weißer italienischer Rosmarin. Rother Tiroler Rosmarin. Tiroler Rosenapfel. Pigeon rouge. Crede’s blutroiher Winter - Tau- benapfel. Kaiser Alexander. Pleißner Sommer-Rambour. Große Kasseler Reinette. Kleine Kasseler Reinette. (?) Weiße Reinette (Rein. blanche). Pariser Rambour-Reinette. Muskat-Reineite. Ananas-Reinette. Erdbeer-Reinette. Kräuter-Reinette. Weiße normännische Wein-Rein. Weiße portugiesische Reinette. Weiße Wachs-Reinette. Goldgelbe Sommer-Reineite. XIM. Herr Kunst- und Handelsgäriner Julius Monhaupt Aepfel. Borsdorfer, englischer. Leipziger. neuer süßer. Calville rouge d’automne. d’anis. Citron d’hiver. Pepin Caroline d’ Angleterre. Kantapfel, Danziger. Cardinal flamboyant. 261 Große engl. Reinetite. Gold-Reinette. Echte graue französ. Reinette. Wellington’s Reinette. Gelbe engl. Zucker-Reinette. Engl. Quittenapfel. Kronen-Reinette. Wahre Newyorker. Engl. rothe Limonen-Reinette. Engl. Granat-Reineite. Reinette von Sorgvliet. Köstlicher von Kew. Non pareil. Neuer engl. Non- pareil. Rothe Zucker-Reineite. Walliser Limonen-Pepping. Parker’s grauer Pepping. Franklin’s Goldpepping. Gestreifte Sommer-Parmaine. Engl. Winter-Gold-Parmaine. Engl. Königs-Parmaine. deinette d’Orleans. Roiher holländischer Bellefleur. Weilburger. Leinette de neige (Kronen-Rei- nette?) Reinette de Breda. Königin Sophiensapfel. Borsdorfer, rother. edler Winter-. Herbst-. Melonen-. Framboise rouge d’automne. Markgraf. Goldmohr. Parmaine d’ängleierre d’oree. = royale. Pomme belle Marie. St. Nikolaus. Pepin de Londres. Pomme princesse. Princesse noble. Braunrother Frankatu. 3 Jahr dauernder Mutterapfel. Lütticher platter Winterstreifling. Weißer Winter-Taffetapfel. Großer rheinischer Bohnenapfel. Blutapfel. Königlicher rother Kurzstiel. Welschweinling. Winterstreifling. Königlicher Streifling. Rother Stettiner. Traubenapfel. Weißer Sommergewürz-Apfel. Goldpepping. 15 Birnsorten. Deurre gris. Beurre blane. Isambert. Beurre& Napoleon, Rother Sommerdorn. Wildling von la Motte. Beurre Diel. Virgouleuse. Kronprinz Ferdin. v. Oesterreich, Winterdechantsbirn. Winter-Syivester. Grunkower Winterbirn. Jagdbirn. Malvasierbirn. Lange weiße Dechant. Birnquitten. ‚ Sterngasse Nr. 7. Pomme de Jerusalem. Pigeon royale d’hiver. — blanc d’hiver. — rouge d’hiver. Reinette. Reinette d’oree d’Hollande, musquee. de Breda, de Mons. Roi d’ete. Reinette caractere. — französische Quitten-. — nonpareille. — de Moree. — de Normandie. — Truite, — d’Orleans. — de Canada. Rambour d’ AÄngleterre. — gr. blane d’automne. Rosenhäger. Pepin, punktirter Knack-. Parmaine, gestreifte Sommer-. Keßwig (Booth). Reinette ponciee. Pomme violette d’hiver. Hawthordeam. Reinette, grüne Band-. — d’Angleterre d’hiver. 262 Birnen. Alexanderbirn. Bergamotte. rayde de Suisse. — ‚nonpareille. — runde Winter-. beurre blanc. d’hiver. — Coppitzer. — de Diel. — Hartenpont d’hiver. — Napoleon. — dhivr de Brucelles. Bezy de la Motte. Delice de Mons. Retiigbirn, Leipziger. Caiillae.: Orange corallin. Beurre d’Hollande d’hiver. Dagobertus. Doyenne gris d’automne. Epin d’hiver. Foire truite. Glockenbirn, sächsische. Markgrälin. Pfingstbirn, neue. Colmar d’automne. Virgouleuse d’hiver. Nelis d’hiver. Bergamotte de Ladewitz. Marie Louise. Satin verte longue d’hiver. St. Franeiscus. Princesse royal. Musette. Muscat d’hiver. Groß-Mogul. Lansace de Quintigni. Fürstenbirn, Koppert'sche. XIV. a) Herr Direktor Naglo; b) Herr Dr. Diestel; c) Herr Rendant Janicke; d) Herr Schichtmeister Escher; e) Herr Direktor Tietz, sämmilich aus Laurahütte. a) Consinot rouge. Beurre Diel-Kotschy. 6 unben.Sorten Aepfelu.Birnen. b) Pigeon rouge d’automne. — blanc d’automne. 7 Aepfel. Maidenblusch. Rambour? Normännische Reinette. XV. Gelbe Hasenköpfe. Grüne Hasenköpfe. Fromme’s Himbeerstreifling. Citrinchen. Weißer Kaiserapfel. ivii. Ein Sortiment Aepfel. | | Ä | Große Kasseler Reinette. Reinette musquee. _ gris d’oree. c) Present royal de Naples. Rother Neuzerling. Beurre blanc d’hiver. d) BReinette blanc d’ Angleterre. Schwarzer’s Blut-Reinette. e) Beurre blanche. Eine unbenannie Art. Herr Materialien-Inspektor Neumann. Winteräpfel ohne Namen. Birnen. Beurre Diel. Forellenbirne. (Gärtner Kunz.) Borsdorfer. Weinling. Stettiner. Graue Reinetle. Gewürzapfel. (Obergärtner Wunder.) | Winterbirne ohne Namen. dio. dio. Frau von Nickisch-Rosenegk auf Krehlau bei Winzig. | Paradiesapfel. Beurre blane. Beurre blane. Pfundbirne. Dominium Nieder-Stephansdorf bei Neumarkt, Ein Sortiment Birnen. 263 XVII Herr Partikulier Retter, Ritter etc, in Jakobsdorf bei Creutzburg. 5 Sorten Aepfel und 1 Sorte Birnen ohne Namen. XIX. Herr Haupt-Turnlehrer Rödelius. Blauer Ungar. Blauer Assyrischer. Weintrauben. | Perl-Rose. | Ruhländer. Schönedel. Krachmost. XX. Herr Landschafts-Direkior v. Rosenberg-Lipinsky auf Gutwohne bei Oels. Aepfel. Meyer’s weißer Winter -Tauben- apfel. Reinette von Canada. Edelkönig. Graue Gold-Reineite. Engl. Gold-Pepin. Grafensteiner. Reinette von Orleans. Rother königlicher Kurzstiel. Edler Winter-Borsdorfer. Ribston’s Pepping. Roiher Winter-Taubenapfel. Dietzer rothe Mandel-Reinette. Bentleber Rosenapfel. Große Kasseler Reinette. Kalvilleartiger Winter-Rosenapfel. Paradiesapfel. Würzner oder Gewürzapfel. Krautapfel (Kohlapfel). Jungfernapfel, rother. Rother Steitiner. Rothe Reinette. Goldgelbe Sommer-Reinette. Zwiebel-Borsdorfer. Grafen-Reinette. Karmeliter-Reinette. Rother Herbst-Kalville. m ee — — —— mn nm nn, Normännische Reinette. Französische Quittenreinette. Loskrieger oder Champagner-Rei- nette. - Barceloner Parmaine. Alexander, Kaiser von Rußland. Walliser Limonen-Pepping. Großer Winter-Fleiner. Scheiben-Reinette. Rother Spezialapfel. Öster-Reinette. Gestochene Reinette. Triumphat. Pariser Rambour-Reinette. Reihe Limonen-Reineite. Reinette von Windsor. Welscher Weinling. Ananas-Reinette. Grüne Nord-Reineite. König Jakob. Köstlicher von Kew. Dauernder Winterapfel. Rosensteitiner. Königsparmaine. Multhaupt’s Karmin-Reinette. Gestreifter Erdbeer-Apfel. Reineite aus Stuttgart. Birnen. Weiße Herbstbutterbirne. Forellenbirne. Lungenbergambotte. Herbstbergambotte, Capiaumont’s Herbstbutterbirne. Preul’s Kolmar. Gute lange Herbsikochbirne. Wildling von Motte. Napoleon’s Herbstbutterbirne. Grüne Butterbirne. Jagdbirne. Seaclepear lamas. Rothe Butterbirne von Anjou. Brugmann. Coloma’s Frühlingsbirne. Liegel’s Dechantbirne. Lange grüne Herbsibirne. Bergamotte von Sullers. Coloma d’automne. Graue Dechantsbirne. Delice de Jeomville. Napoleon d’hıvere. Triomphe de Jodoigne. Suzeite de Bavay. Beurre Bolwiller. Quettelet. Van Marum’s Schmalzbirne. XXL Herr Kunst- und Handelsgärtner Scholz, Gartenstrasse Nr. 4. Diamant. Schönedel, Chasselas blanc. _ rouge. rouge royal. Ein Sortiment Weintrauben. | Krachmost (Chassela seroquant). | Muscat rouge. Petersilienwein. Griechischer Schönedel. Muscat blanc. — noir. Bockshoden. Genever Traube. Jakobstraube. Morillon panache (zweifarbig). Großer Ungar. Rother italienischer Malvasier. AM. 264 Grauer Tokayer. Laerymae Christi. Weißer Elbinger. St. Laurent. Blussard noir. Große frühe Cybebe. Herr Lehrer Titze in Töppendorf bei Strehlen. Sechs Birnen ohne Namen in 3 Sorten. XXI. Aepfel. Calville blanc, Weißer Winier- Calvil vulg. Quitten- Ananas- und Paradiesapfel. Calville rouge longue d’hiver, Rother langer Winter - Calvil vulg. Erdbeerapfel. Calville d’automne, Herbst-Calvil vulg.Himbeerapfel, braunrother. Calville d’ete, Sommer - Calvil (nach Christ rother Taubenapfel oder Piglonnel- oder Jerusa- lemsapfel). Calville jaune, gelber Calvil. Pepin d’or, Goldpeping, engl. — großer Königspeping. gris, grauer Peping. — holländischer ? Peping. Reinette d’Angleterre, englische Reineite. Reinette, Böhmische. Czernowitzer. Kasseler. Forellen-. Gestrickte. — Granat-. Lilien-. Muskat-. Newyork-. Orleans-. — rothe. punktirte. Grafensteiner Apfel. Großer Rambour? vulg. Posema- ner; einigen sehr ähnlich. Markgrafen (nach Christ Sommer- Parmaine). Winter-Goldparmaine, englische. Königin Louise. Piyeon blanc, der weiße Tauben- apfel. Pigyeon rouge d’automne. Italienischer Rosmarinapfel (Mela de Rosmarino). Italienischer Borsdorfer. Borsdorfer, edler. Rosenapfel, gestreifter mit Nath (vielleicht geflammter rother Herbst-Calvil?) Rosenapfel, großer. vulg. punktirter. Melonenapfel. Schleierapfel. Stettiner-Apfel, rother. Pfingstapfel. Rother erdbeerartiger später. Großer runder rother. Französischer Prinzessinapfel. Pomme d’ Api, vulg.Knorrn-Apfel. Mezner Apfel vulg.Lebens-, Lehm- oder Welschweinlicher. Jungfernapfel. Edler Streifling. Gefleckter Rosenapfel mit Nath. Gestreifter Spitzapfel. König von England. Unbekannte Reinette. Rheinischer Bohnenapfel. Milchapfel. Weißer Rosmarinapfel. Frau Geheime Kommerzien-Räthin Treutier auf Leuthen bei Lissa i. Schl. Birnen. Beurre Napoleon, Butterbirne. d’Angleterre d’hiver. Diel. blanche. ungeedelte 2. blanche? ? frühe runde. Bergamotte Crasanne. Musquee. Herbst? (vielleicht Mouille bouche). Bezy de la Chaumontel- Beurre d’hiver, Wildling von Chau- montel, Winterbutterbirne, Bezy de la Motte, Wildling der de la Motte. Königsgeschenk von Neapel. La reine d’hiver, Winterkönigin, auch Rontiger Birne. Mannabirne, Colmar. Verte longue d’hiver. Epin d’hiver. Graue Doyenne. Forellenbirne. Poir d’amour. Marie Louise. Sächsische Glockenbirne. Bestbirne. Rouselette d’eie. — St. Remy. —_ ? Frauenbirne. = ? BDeurre von Marum. ne Pflaumen. Yorkshire wine sour plum. Imperiale de Milan. Grand damas blanc. AA. Aepfel. Großer Rambour. X\T. Weintrauben. Spanischer Wein. Blauer Ungarischer. Kupferwein. XV. Aepfel. Weißer Winter-Calvil. Rother Winter-Calvil. Weißer Herbst-Calvil. Rother Herbst-Calvil. Rochellie Calville. Rother Kardinal. Prinzipal. Ananas-Apfel. Nelkenapfel. Geflammter rother Herbst-. Edelkönig. Rosenapfel. Brühl’sche Tiefblüthe. Gloria Mundi. Langer Karthäuser. Schafnase. Sonnenbrüter. Roth gestreifter Fenchelapfel. Große Schafnase. Geflammter Taubenapfel. Rother Taubenapfel. Weißer Taubenapfel. Wachsapfel. Gestreifter Winter-Agathapfel. 265 | Schwertpllaume. Aprikosenpflaume. Polnische (wohl Zwetsche. (Gäriner Rother.) ı Edel-Borsdorfer. Grüner Steliner. Müllerrebe. Schönedel. Gutedel. Blauer Augustwein. (Gärtner Sprotte.) Kleiner Anisapfel. Gewürzapfel. Rother Paradiesapfel. Reineite von Orleans. Muskat-Reinette. Edle Prinzessin. Große rothe Reinette. Feuerröthliche Reineite. Rothgestreifte Reinette. ange rothgestr. grüne Reinette. Graue Reinelte. Dörell's graue Gold-Reinette. Normannische weiße Reinette. Neue Frauendorfer Reinette. Baumann’s Reinette. Königsparmaine. Engl. Winter-Goldparmaine. Winter-Borsdorfer. Edel-Borsdorfer (Frankenhauser). Leipziger Borsdorfer. Halbborsdorfer. Goldpepping. Weißer Pepping. Edel-Pepping. Zwiebel-Borsdorfer. italienische ?) | en Damas violet. Kirschen. Schattenamarelle. Herr Oberamimann Werther in Masselwitz bei Breslau. Pärsichen, Monstrueux. Herr Partikulier J. G. Winkler, Bahnhofsstrasse Ar, 3, Birnen. Diel’sche Butterbirne. Beurre blanc d’hiver. Beurre blanc. Griesbirne. Herr Graf York v. Wartenburg’sche Schlossgarten zu Klein-deils bei Ohlau, Sireifling. Roth _gestreifter Gülderling. Gelber Gülderling. Königin Louise (Schleierapfel). Rothkünstler. Prinz Günther (Apfel). Herbstsüßapfel. Sommergewürzapfel. Lederapfel. Dünnschäliger. Compot-Apfel. Rosenhäger. Zwiebelapfel. Fränkischer Königsapfel. Frauenapfel. Rothgestreifter Kurzstiel. Zitronenapfel. Realischer Birnapfel. Delicatesse de Montbijou. Gräfensteiner. Winter-Blumensaurer. Herbst-Blumensüßer. Veilchen-Apfel. Grüner Stettiner, Rother Stettiner. 34 Weinling. Kirschapfel. Champagner Weinapfel. Winter-Rambour. Herbst-Rambour. Großer Aporta. Kaiser Alexander. Traubapfel. Birnen, Souler’sche Bergambotte. Großer Isembart. Winter-Königin. 266 Diel’s Butterbirne. Hardenpont’s Winterbutterbirne. Colmar-Herbstbirne. Napoleon’s Butterbirne. Regentin. Rolviller Butterbirne. Königin Karoline. Aremberg’s Butterbirne. Winter-Kochbirne. Hammelsack. Winterdorn. Zwiebel-Bergamotte. Prächtige Buiterbirne. Hartriegel-Birne. Beurre blanc. Gute Herbstbirne. Virgouleuse. La Chasserie. Engl. Bergamotie. Blutbirne. Herbst-Zuckerbirne. Franchipane. Späte Bergambotte. Speckbirne. Bezy de la Motte. III, Abtheilung. Aemüfe-Arten sendeten ein: l, Herr Pastor Benner in Löwenberg. Eine monströse, 44 Pfund schwere Kartoffel. H. Herr Rustikalbesitzer E, Block in Staude bei Pless, Kürbisse. Bohnen. Il Herr Graf Burghauss auf Lasan bei Saarau. (Gärtner Friekinger.) Drei Stück Gurken, die Samen von der Sektion für Obst- und Gartenbau erhalten, Blaßgrüne lange Brasilianische Gurke. | Zwei Stück Futter-Runkelrüben. IV. Aus der Gärtnerei Sr. Durchlauchi des Herrn Fürsten zu Carolath-Beuihen zu Carolath. (Gärtner A. Kleemann.) Eine unter der Erde gewachsene Gurke, grüne westindische. V. Herr Obrist-Liextenant a, DB, v, Fabian. | Arbusa, Winter-, von Athen. a. Melonen. — longue egyptienne. Arhusa, von China. b) Gurken, Samen-Expl. — von Sarepta. Gemeine, von China. ec. Kürbis, Nutz-. — von Nicaragua. Volltragende, von China. Riesen-, von Connecticut, — von Südrußland, aus der | Blaßgrüne, von China. — von Bagdad. dort erystallisirter Zucker fa- | Weiße, von Babylon. brizirt wird. Grüne, von Babylon. Cucurbitaceae, | Non plus ultra. Von der Mongolei. Von Khorassan. Zucker-, von Persien. Zopalla, jung als Gurke zu ge- brauchen. Von Damascus. Faenuneula. Mehrere Sorten von Valparaiso. Von Poppya Operculata, Frucht. Vom Herrn von Kaniak eingeführt. | Von der neuen Poppya, dgl. VL Gurken, Sanguanische Treib.- neue Königs-. lange grüne frühe. Preis von Thüringen. Victory of Bath. Manchester. Karolinische. immertragende. Roman empereur. Sion Cous. Chutills plaks pine. plus ultra. Russische. neue frühe vom Kap. holländische kleine. frühe volltragende. — türkische grüne. Liegnitzer mittellange. Zwiebeln, blaßrothe. _ feste Liegnitzer. ovale James-. Madeira. plattrunde Madeira. silberweiße James-. rothe spanische. gelbe plattrunde. Körbelrüben. Zwiebeln von Damers. Dioscorea Batatas, Yamswurz SF. lang, 1 Pf. 24 Loth schwer. |- _ Klemens’ früheste Treib-. grüne frühe engl. non Preis von Manchester. Vietory of England. dunkelrothe plattrunde. VL el, Zwiebeln, gelbe süße Birnen-. — _ strohgelbe James-. schöne Jahr-. hellrothe James-. spanische weiße. Kartoffel. Patate. Schalotten, russische, dänische. feine Küchen-. Mohrrüben und Carotten. Gelbe Saalfelder. Rothgelbe allersüßeste. Horn’sche. Weiße grünk. Riesen-. Orangegelbe grünköpf. Altringham. Rothe grüne. Riesen-. Intermediate. Douwicker. Holländische. Neue feine kurze süße. Futter- und Zuckerrunkeln. Riesen-, neue. Riesen-, runde gelbe. Lange rothe. Runde rothe. Engl. Riesen-. Weiße feine Zucker-. neue ägyptische Luft-. | Frucht von der Momordica Bal- samina. Gemüse. Einige Rübensorten. Herr Kunst- und Handelsgäriner J. €. Hübner in Bunzlau. Wiener weiße. dito dito rothe. — gelbe. Speiserüben, rothe Salat-. Reitige, Sommer-, weißer runder. weißer langer. schwarzer rund. großer langer. langer weißer. Winter-, runder. schwarzer. langer schwarzer. Petersilie, Erfurter lange. frühe dieke Zucker-. Liegnitzer. Wirsing, Ulmer. Sellerie, großer Knolien-. Porree, Winter- und Sommer-. Blumenkohl, großer englischer. Kraut, rothes spitzes Winnigstädter. holländisches, blauroth. weißes Magdeburger. Wasser-Melonen. Zier-Kürbisse. Echier Gentner-Kürbis. Ananas, großbeerige vollsaftige. Dioscorea Batatas. Arlischocken. Cardy. tellerförmige Zucker-, Herr Materialien-Inspekior Neumann. Dioscorea opposita, japanische Yams, im Napf. Lappa edulis, eßbare Kletie, im Napf. Rumex mazximus, Spinat-Gemüse. 34* 268 VII Frau von Nickisch-Rosenegk auf Krehlau bei Winzig. (Gärtner Kurz.) Reltige. Wasserrüben. Oberrüben. IX. Herr Pflanzgärtner Wilhelm Peucker, Gräbschner Strasse Nr. 9. Kopfkohl, größt. später Centner-. | Wirsing, großer später Erfurter. | Kartoffel, Rio Frio-. — größt. platt. Braunschw. — Ulmer grüner. — Schniebiner. — später echter Nürnberg. — kleiner krauser grüner. — Sackfüllerin. —_— neuer griechischer. Blumenkohl, Stadtholder. — runde Eier-. — großer Ulmer Centner-. | Rosenkohl, Brüsseler Sprossen-. — non plus ultra. — Kapischer Spiegel-. — neuer französischer. Mais, weißer Virginischer. — Magdeburger Centner-. | Kartoffel, Farinose-. — großer gelber Steyer'scher. — früher Ulmer. — runde Bisquit-. — kleiner Cincantino. — Erfurter früher niedrig. — lange Bisquit-. Futterrüben, roth u. gelbe Riesen-. —_ früher schwarzrother. — blaue frühe runde. — Pfahl-. — später blutroth. holländ. — weiße frühe runde. — lange Turnips-. — extra früh niedriger. — Sechswochen-. Bohnen, Riesen-Schwert-. —_ früher hoher Butter-. — Ananas-. — neueste Wachsstangen-. — früher klein. York’scher. — Labrador-. 1 Centner-Kürbis. x. Herr Graf Pückler auf Nieder-Thomaswaldau bei Bunzlau. (Gärtner F. G. Luckow.) Ein Sortiment Kohl- und Wurzel-Gemüse. | Ananas (ohne Verzeichniß). XL Herr Haupt-Turnlehrer Rödelius. Eine Collektion Kartoffeln von 150 Sorten. XiL Herr Kunst- und Handelsgärtner R. Rother, ; Eine Collektion Bohnen. | Eine Collektion Erbsen. XII. Herr Landesältester von Sanden auf Schloss Schoosdorf bei Greiffenberg. Westpreußische weiße Speisekartoffeln (aus Knollen und Keimen gezogen). XIV, Herr Kunstgärtner Strasshausen in Friedland 0./S. Früchte von Zagenaria longissima. XV. Herr Wirthschafts-Inspektor von Thadden in Schmiedefeld bei Breslau. Ein Sortiment Nutz- und Zier-Kürbisse. \VL Kerr @beramtmann Werther in Masselwitz bei Breslau. (Gärtner Rother.) 2 Kürbisse (Herkuleskeule). 269 XVIl, Herr Landesältester v. Wille auf Hochkirch bei Liegnitz. (Gärtner A. Lucas.) Aus durch die Sektion erhaltenen Samen gezogen: Lin royal (blaublüh. Königslein). | Zwiebeln, gelbe runde v.Cambray. | Kohl, krauser Edinburger Win- Kartoffeln, aus amerikan. Samen. — Riesen-. ter-. *) Die Kommission der zur Vertheilung für diese Ausstellung ausgeschriebenen Preise bestand außer deren beständigen Mitgliedern, dem Präses der Schlesischen Gesellschaft, Herın Geh. Med.-Rath Prof Dr. Göp- pert, einem Abgeordneten des Wohllöblichen landwirthschaftlichen Central-Vereins für Schlesien und dem derzeitigen Sekretair der Sektion, Herrn Direktor Professor Dr. Fickert, aus den in dieselbe erwähl- ten Mitgliedern: Herren Hofgäriner Schwedler aus Slawentzitz, herrschaftlicher Baum- und Gemüsegärtner C. Peicker aus Grafenort bei Habelschwerdt, Kunst- und Handelsgärtner Julius Monhaupt, Haupt-Turn- lehrer Rödelius, und als Stellvertreter, dem Herrn Kunstgärtner Sprotte zu Langenöls bei Ohlau; es trat dieselbe bei Eröffnung der Ausstellung am 4. Oktober Vormittags 112 Uhr in Funktion, und lautete deren Ausspruch wie folgt: I. Die Prämie der Schlesisehen Gesellschaft für vaterländische Kulter, (große silberne Medaille der Schlesischen Gesellschaft, ) deren Vertheilung dem Ermessen der Kommission überlassen ist: dem Kunst- und Handelsgärtner Herin Richard Rother für die reiche Sammlung ausgezeich- neter Warmhaus-Pflanzen. il. Die Prämien der Sektion für Obst- und Gartenbau, (bestehend in größeren und kleineren silbernen Medaillen). 1) Für die an Arten reichhaltigsie Sammlung von Weintrauben in vollkommen gesunden Exemplaren: 1 Prämie, dem Kunst- und Handelsgäriner Herrn €. Scholz. 2) Für eine Sammlung der vollkommensten Weintrauben in wenigstens 6 Sorten: 1 Prämie, dem Haupt-Turnlehrer Herrn Rödelius. 3) Für die in Sorten reichhaltigste Sammlung von Aepfeln in 2 bis 5 Exemplaren jeder Sorte: a) 1 Prämie, dem Herrn Grafen York v. Wartenburg auf Klein-Dels bei Ohlau (Gärtner Sprotie); b) 1 Accessit, dem Rendant der herzoglichen Kammer zu Oels, Besitzer der Baumschulen zu Spalitz bei eis, Herrn Klose. 4) Für die in Sorten reichhaliigste Sammlung von Birnen in 2 bis 5 Exemplaren jeder Sorte: a) 1 Prämie, dem Herrn Reichsgrafen zu Herberstein auf Grafenort bei Habelschwerdt (Baum- und Gemüsegärtner C. Peicker); b) 1 Accessit, dem Herrn Landschafts-Direktor v, Rosenberg-Lipinski auf Gulwohne bei eis. 5) Für eine Sammlung von 12 guten und riehtig benannten Sorten Aepfein oder Birnen, oder gemischt, in wenigstens 5 vollkommenen und charakteristischen Exemplaren jeder Sorte: a) 1 Prämie, dem Dominium Gross-Peterwiiz bei Geilendorf, Herrn Grafen von Dankelmann. durch Fräulein von Möllendori; b) 1 Accessit, dem Kunst- und Handelsgärtner Herrn Julius Monhaupt. *) Die Angabe der Namen und zum Theil deren Schreibung rührt von den Herren Einlieferern her. 6) Für die reichhaltigste Sammlung von Steinobsi, Melonen, Ananas, Feigen, Orangen u. dergl.: a) 1 Prämie, dem Generai-Landschafts-Direktor, kgl. Kammerherrn, Herrn Grafen v, Burghauss auf Lasan bei Saarau (Gärtner C. Frickinger); h) 1 Accessit, dem Herrn Reichsgrafen zu Herbersiein auf Grafeneri bei Habelschwerdi (Baum- und Gemüsegäriner C. Peicker). 7) Für das beste Sortiment von Kohl- (Kraut-) Arien: 1 Prämie, fällt aus. 8) Für die reichhaltigste Sammlung von Wurzeigewächsen (Rüben, Sellerie u. dgl.) und Zwie- bein: 1 Prämie, dem Kunsi- und Handelsgärtner Herrn J. 6. Hübner in Bunzlau, 9) Für neues, hier noch wenig oder gar nicht gebautes, markifähiges Gemüse: 1 Prämie, fällt aus. . 10) Für das größte und schönste Sortiment blühender Pflanzen einer Gattung: a) 1 Prämie, dem Fabrikbesitzer Hermn W. Rau für Gesneria Donkelari und G. zebrina; b) 1 Accessit, fällt ans. 11) Für ein einzelnes blühendes Pflanzen-Exemplar von ausgezeichneter Kultur: a) 1 Prämie, dem Kunst- und Handelsgärtner Herrn Richard Rother für Crocea saligna ; b) 1 Accessit, der Gärtnerei des Herrn Banquier Bichborn (Obergärtner Rehmann) für Cuphea eminens. 12) Für eine hier zum ersten Male ausgesiellte Pflanze in vorzüglichem Kulturzustande: a) 1 Prämie, der Gärtnerei des Herrn Banquier Eichborn (Obergärtner Rehmann) für Aralia papyrifera; b) 1 Accessit, dem Kunst- und Handelsgäriner Herın Richard Roiher für Anthurium amplım. Die unter 7 ausgefallene 3 Prämie erhält Herr Kaufmann FR, MH, Müller (Gärtner Appel) für eine schöne Sammlung Filices und Zycopodiaceae. Die unter 9 ausgefallene 1 Prämie erhält Herr Graf Pückler auf Nieder-Thomaswaldau bei Bunz. lau (Gärtner G. F. Luckow) für eine reiche Sammlung verschiedener Gemüse, Ananas etc. Das unter 10b. ausgefallene 1 Accessit erhält Herr Pastor Cochlovius in Schönwald bei Creutz- burg für eine Sammlung von Aepfeln und Birnen. In Anbeiracht der Reichhaltigkeit und Vorzüglichkeit der ausgestellten Produkte beschließt die Kom- mission noch außerordentlich zu ertheilen, und zwar: a) 1 Prämie, dem Pilanzgärtner Herın Wilhelm Peuckert für eine Sammlung vorzüglich kulti- virter Kohl- (Kraut-) Arten; b) 1 Prämie, dem Kunst- und Handeisgäriner Herrn Eduard Breiter für ene Sammlung Birnen, c) 1 Accessit, dem Herrn Obrist-Lieutenant a. D. von Fabian für eine Sammlung Cuecurbi- taceae. Ehrenvolle Erwähnung wird zu Theil: 1) der Coniferen-Sammlung des Kunst- und Handelsgärtner Herrn Julius Monhaupt; 2) den Weintrauben des Herrn Hauptmann a. D. v. Brabitius in Kl-Kietschkau bei Breslau; 3) den Orchideen des Herrn Rechtsanwalt und Notar Krug; 4) den Dioscoreen des Herrn Materialien-Inspektor Neumann; 5) den Weintrauben und dem Obste des Herrn Partikulier Winkler. Dem Ordner, Herrn Obergärtner Rehmann, wird für seine Mühe, Sorgfalt und Umsicht ein be- sonderer Dank volirt. [69 71 So interessant und lehrreich und deshalb erfreulich an und für sich nun auch diese Ausstellung den Mitgliedern der Sektion war, einen um so betrübenderen Eindruck machte es, dieselbe außer von diesen und ihren Frauen nur von der kaum glaubhaft niedrigen Zahl von 426 Personen während ihrer ganzen vier- tägigen Dauer gegen das geringe Eintrittsgeld von 25 Sgr. besucht und somit abermals die ohnehin schwachen Mittel der Sektion durch die entstandenen Mehrkosten um eine sehr wesentliche Summe ge- schwächt zu sehen. Bei der demnächst wieder folgenden Monats-Ausstellung am 1. November 1857 wurden prämiirt: 1) Herr Kunsi- und Handelsgäriner Emil Jung für eine Collektion Cineraria hybr.; 2) die Gärtnerei des Herrn Banguier Eichborn (Obergärtner Rehmann) für eine Sammlung neuer oder doch seltener Pflanzen, hierunter besonders: Ahopala complicata, Pteris aspericaule und Selaginella africana: 3) Herr Kunst- und Handelsgärtner Richard Rother für eine Gruppe ebenfalls neuer oder doch seltener Pflanzen, unter denen sich besonders auszeichneten Pteris normalis und Yucca fila- mentosa variegata ; dagegen ehrenvoller Erwähnung gewürdigt: a) die Gruppe von 20 meist blühenden Pflanzen des Herın Obrist-Lieutenant a. D. v. Fabian; b) die beiden reichtragenden Sträucher der Himbeere .‚Merveille de quatre saisons““ des Herrn Zimmermeister Krause jun.; c) Siphocampilus nec plus ultra und Heterocentrum roseum des Herrn Kaufmann E. H. Müller; d) eine mehr als 2 Pfund schwere reife Weiniraube von ungarischem Türkenbart, von Herrn Kunst- gärtner Winter in Heinrichau bei Münsterberg. Die letzte diesjährige Monats-Ausstellung fand statt am 6. Dezember 1857, und wurden dabei durch Prämien ausgezeichnet: 1) Herr Kunst- und Handelsgärtner Emil Jung für eine Gruppe seltener und neuer Pflanzen, dar- unter namentlich: Aeschynanthus splendidus und Bowvardia leuantha ; 2) Herr Geh. Kommerzienraih von Löbbecke auf Wiese bei Trebnitz (Gärtner Ritiner) für eine Sammlung gut kultivirter blühender Pflanzen, hierbei besonders Thyrsacanthus rutilans ; 3) Herr Kunst- und Handelsgäriner Eduard Breiter für eine sehr gut kultivirte Camellia Bueckü; 4) die Gärtnerei des Herrn Banquier Eichborn (Obergärtner Rehmann) für Sonerila margeritacea superba; 5) Herr Kunst- und Handelsgäriner Richard Rother für eine Sammlung seltener und neuer Pflanzen, hierbei vorzüglich Niphaea rubida und Stalice puberula ; 6) Herr Buchhändler Ed. Trewendt (Gärtner Kleiner) für gui kultivirte Primula chinensis alba flore pleno und Coriza variegata; der ehrenvollen Erwähnung aber für werth befunden: a) Dracaena nobilis und Platycerüum aleieorne von Herrn Universitäts-Sekretair Nadbyl (Gärt- ner Wöppel); b) Cypripedium insigne des Herrn Materialien-Inspektor Neumann; ©) 6 Sorten hier noch wenig bekannter Aepfel von Herın Baum- und Gemüsegärtner C. Peicker in Grafenort bei Habelschwerdt. Wir können diesen Bericht nicht schließen, ohne den lebhaften Wunsch und die dringende Bitte auch an unsere auswärligen geschätzten Mitglieder auszusprechen, unsere Monats-Ausstellungen, welche jedesmal auf den dem Ersten eines Monats zunächst folgenden Sonntag treffen, auch ihrerseits geneig- test durch Einsendungen neuer, oder vorzüglich kultivirter Pflanzen, so wie hervorragender Produkte des Gemüse- und Obstbaues zur Kenntnißnahme und Belehrung eines größeren, sich dafür interessirenden Publikums bereichern zu wollen. -Sind diese Gegenstände nicht für den Verkauf bestimmt, so werden wir gern da, wo es verlangt werden sollte, die entstandenen Transportkosten zu tragen bereit sein. Statistische Notizen von Kaufmann E. H. Müller, zur Zeit stellvertretendem Sekretair. Die in den letzten beiden Jahren bedeutend zugenommene Betheiligung an dem für hiesige Mit- glieder bestehenden Lesezirkel, dessen Leitung dem Obengenannten obliegt, und das öftere Erscheinen neuer gärtnerischer Schriften, deren Kenntniß den an demselben betheiligten Mitgliedern nicht vorent- halten werden durfte, machte eine Vermehrung des Lesematerials, somit aber auch einen höheren Kosten- aufwand für dessen Beschaffung nothwendig, dieser aber wiederum Zuschüsse aus der Sektionskasse, welche füglich in gleicher Höhe nicht ferner für diesen einen Zweck gewährt werden konnten, weshalb denn auch in der Versammlung vom 19. November 1856 beschlossen wurde: den jährlichen Beitrag für den Lese- zirkel von Neujahr 1857 ab von 20 Sgr. auf 1 Rthlr. zu erhöhen. Es betheiligten sich an diesem Lesezirkel im Jahre 1857 gegen Entrichtung des erhöhten Beitrages 72 Mitglieder, und kursirten in demselben: 6 Jahresberichte eines Theiles der mit uns in Verbindung stehenden, gleiche Zwecke verfolgen- den Gesellschaften; (von den anderen waren diese Berichte leider ausgeblieben); 15 deutsche und ausländische Journale, und 13 Bücher und Brochüren von gärtnerischem Interesse. ; Gegen Ausgang des Sommers mußte die Cireulation wegen grober Vernachläßigungen, welche sich der damalige Kolporteur zu Schulden kommen ließ, auf einige Zeit sistiren, geht aber, seit ein anderer Kolporteur gewonnen wurde, wieder regelmäßig fort, und steht zu hoffen und zu erwarten, daß ähnliche Störung nicht wieder eintritt, besonders wenn auch die geehrten Mitglieder den ihnen gestellten Bedin- sungen bezüglich des Umtausches des gebotenen Lesematerials recht pünktlich nachzukommen geneigt sein wollen. Aus dem in dieser Sektion bestehenden Lesezirkel zumeist, aber auch durch besonderen Ankauf und durch geschätzte Geschenke der Herren Friedr. Jak. Dochnal in Zirndorf bei Nürnberg, Superinten- dent Oberdieck in Jeinsen bei Hannover und Literat Th. Oelsner hier, für welche diesen wohlwollenden Spendern hierdurch wiederholt der verbindlichste Dank gezollt wird, erhielt auch in dem Jahre 1857 die zur Bibliotbek der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur gehörige Sammlung von für särtnerisches Interesse werthvollen Schriften wiederum einen recht erfreulichen Zuwachs; wir unterlassen jedoch diesmal, denselben hier speziell aufzuführen. Seitdem wir in unserem Jahresberichte für 1854 ein Verzeichniß der damals besitzenden Sammlung von auf Obsi-, Gemüse- und Gartenbau bezüglichen Bücher, gaben, ist dieselbe, wie auch unsere Berichte 273 für die Jahre 1855 und 1856 nachweisen, so ansehnlich vermehrt worden, daß wir uns vielmehr der leich- teren Uebersicht wegen, wie auch im Interesse der seit jener Zeit zahlreich zugetreienen neuen Mitglieder jetzt veranlaßt finden, als Anhang unseres diesjährigen Berichtes das von dem hochverehrlichen Präsi- dium der Schlesischen Gesellschaft festgestellte Reglement für die Benutzung der Bibliothek und einen vollständig neuen Katalog dieser Büchersammlung nach ihrem augenblicklichen Bestande mitzutheilen. Möge nun diese nicht unbedeutende Sammlung auch nach dem in so höchst liberaler Weise abge- faßten Reglement besonders durch unsere geschätzten Mitglieder recht häufig benutzt werden und dadurch ihren Zweck erfüllen, ein tüchtiger Rathgeber und Lehrer zu sein dem auch wissenschaftlich wie prak- tisch in seiner Kunst vorwärts strebenden Gärtner und dem sich an einem der vielen Zweige der edlen Gartenkunst erfreuenden Dilettanten. Geneigte Zuwendungen von Büchern gärtnerischen Interesses jeder Art, selbst auch ältere Werke und kleinere Schriften, werden wir immer mit größter Dankbarkeit entgegennehmen und unserer Samm- lung einverleiben. Den Kassenbericht für 1857 über den Separatfond unserer Sektion halten wir uns noch verpflichtet, am Schlusse unseres Berichtes ebenfalls vorzulegen. Wir bemerken dazu, daß der Vorschuß von 250 Rthlr. aus der allgemeinen Kasse der Schlesischen Gesellschaft erfordert wurde theils durch den nicht zu erwartenden bedeutenden Ausfall bei der letzten Herbst-Ausstellung, und andererseits wie haupt- sächlich wegen der nothwendigen Einrichtungs- und Anschaffungskosten für den erst in der letzten Hälfte des Jahres zu pachten beschlossenen und seit dem 1. Oktober 1857 übernommenen Versuchsgarten, welche bis zum Schluß desselben Jahres allein eine Summe von nahe an 200 Rihlr. beanspruchten; auch nahm die im Laufe dieses Jahres bedauerlicher Weise erfolgte Entziehung der zeitherigen Porto- freiheit unerwartet ein hübsches Sümmehen mehr als sonst in Ansprush. Der entnommene Vorschuß wird im Jahre 1858 aus denen unserer Sektion als Eigenthum gehörenden Eifekten zurückerstattet, und muß gehofft werden, daß dieselbe in Bezug auf ihre Kassenverhältnisse gleiche Erfahrungen nicht sobald wieder zu machen, sich vielmehr auch ferner größtmöglichsier Vermehrung der Zahl ihrer Mitglieder und deren möglichster Unterstützung zu erfreuen hat. Primo Januar 1857 zählte die Sektion für Obst- und Gartenbau Mitglieder: hiesige. auswärtige, Summa. 117 2373 390 N 1287 05h 254 134 310 444 Hierzu traten im Laufe des Jahres 1857 und. schieden N Verzeichniss der in der Bibliothek der Schlesischen &esellschaft für vaterländische Kultur vorhandenen, auf Obst-, kemüse- und Gartenbau bezüglichen Bücher, Zeitschriften und Broschüren Kaufmann E. H. Müller, zur Zeit stellvertretendem Sekretair. Aufgenommen im Juli 1858. Amalie ***, Die Gartenfreundin. Ein Handbuch für Blumengärtnerei. 2. Auflage. Glogau 1817. Ankündigung über die zu vertheilenden Edelreiser der k. k. Mährisch-Schlesischen Gesellschaft zur Beför- derung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde. Brünn 1836. Anleitung, kurze, zur Erziehung und Pflege des Maulbeerbaumes und zum Seidenbau. Herausgegeben von dem Vorstande des Vereines zur Beförderung des Seidenbaues in der Mark Brandenburg. Berlin 1851, und 2. Ausgabe, Berlin 1854. Annalen der Altenburgischen pomologischen Gesellschaft. 1. Heft. Altenburg 1810. — der Obstkunde, herausgegeben von der pomologischen Gesellschaft in Altenburg. 1. Band. 1. Heft. Altenburg 1821. Annales de la societe royale d’ayrieulture et de botanique de Gand, redige par Charles Morren. Gand 1845—1849. Tom. 1—5. Anweisung, gründliche, Hyacinthen und andere beliebte Zwiebelgewächse im Winter auf mancherlei Art zu treiben. Glogau und Lissa 1826. Anweisung, kurze, für Landleute zur Erziehung gesunder und fruchttragender Obstbäume. Hannover 1830. Archiv des Garten- und Blumenbau-Vereins für Hamburg, Altona und deren Umgegend pro 1859. Ausstellung, die, von Obst, Weintrauben, Gemüse etc. vom 1}. bis 21. Oktober 1855 in Dresden. Barnes, James. Briefe über Gärtnerei. Aus dem Englischen. Berlin 1846. Baumschnitt, die wichtigsten Lehren vom, zusammengestellt vom Verein für Pomologie und Gartenbau in Meiningen. Bayer, C. G. Anweisung zum Obstbau und zur Benutzung des Obstes. Hannover 1836. Beer, J. G. Die Familie der Bromeliaceen. Nach ihrem habituellen Charakter bearbeitet, mit beson- derer Berücksichtigung der Ananassa.. Wien 1857. Belgique horticole, la, Journal des Jardins. Redige par Ch. Morren. Tome 1—3. Strassbourg et Liege 1551—1853, Tome A—5. Liege 1854—1855. Bergius, P. J. Von Obstgärten und deren Beförderung ‚in Schweden. Aus dem Schwedischen über- setzt von D. Q. G. Gröning. Leipzig 1794. Bericht über die Blumen-, Obst- und Gemüse-Ausstellung des Vereins für Pomologie und Gartenbau in Meiningen im September 1852. 275 v. Biedenfeld, F., Freiherr. Handbuch aller bekannten Obstsorten. Band 1. (Birnen). Jena 1851. Band 2. (Aepfel). Jena 1854. v. Biedenfeld, F., Freiherr. Die Obstbaumzucht in Töpfen oder Kübeln. Nach F. Rivers. v. Biedenfeld, F., Freiherr. Von der natürlichen und künstlichen Befruchtung der Pflanzen und von der Hybridation, nach ihren Beziehungen zu der Gärtnerei, zu der Land- und Forstwissenschaft. Nach Henri Lecog. 2. vermehrte Auflage. Weimar 1856. Blätter, vereinigte Frauendorfer. Allgemeine deutsche Gartenzeitung, Obstbaumfreund, Bürger- und Bauernzeitung. Herausgegeben von der praktischen Gartenbaugesellschaft in Bayern. Redakteur: E. Fürst. Landeshut und Frauendorf. Jahrgang 1849 bis 1855. Blumenzeitung. Herausgegeben von Fr. Häßler. 15.—18. und 21.—25. Jahrgang. Weißensee 1840 bis 1845 und 1848 bis 1852. Bonplandia. Zeitschrift für die gesammte Botanik. Offizielles Organ der kgl. L.-C. Akademie der Na- turforscher. Herausgegeben von Wilhelm E. G. Seemann und Berthold Seemann. A. Jahrgang. Hannover 1856. Bouche, C. R. Der Zimmer- und Fenstergarten. Berlin 1837. — P.F. und C. Bouche. Die Blumenzucht in ihrem ganzen Umfange. Eine praktische Anleitung zur Erziehung und Wartung der Blumen im Freien, in Glas- und Treibhäusern, wie auch im Zimmer. 2. ganz umgearbeitete Auflage. 3 Theile. Berlin 1854 bis 1856. Christ, J. L. Handbuch über die Obstbaumzucht und Obstlehre. Frankfurt a. M. 1797. Chronik des Gartenwesens und Feuilleton der Isis. Herausgegeben von K. A. Geyer. 1. bis 3. Jahr- gang. Meißen 1851 bis 1853. Cohn, F., Dr. Der Haushalt der Pflanze. Unterhaltende Belehrungen zur Beförderung allgemeine Bil- dung. Leipzig 1854. Courtin, Albert. Die Kultur der einheimischen und exotischen Farrnkräuter und Lycopodieen. Stutigart 1855. Courtin, Albert. Praktische Anleitung zur Kultur und Vermehrung der beliebtesten und schönsteu Genera und Spezies von Warmhaus-, Kalthaus- und Freiland-Topfpflanzen etc. Stuttgart 1859. Curtis’s Botanical-Magazin, or Flower - Garden displayed ete. Of the new Series Vol. 16. London 1842. Nr. 191—194. London 1843. Cuthill, James. Die Kultur der Frühkartoffeln im freien Lande ohne künstliche Wärme. Berlin 1848. Diebl, Franz. Erwiederung einer Kritik nebst einer zweiten derlei Rezension der Feldbaumwirth- schaft. Brünn 1839. ; Diebl, Franz. Die Feldbaumwirthschaft ete. Brünn 1834. — — Katechismus der Obstbaumzucht. Brünn 1837. Diel, Dr., A. F. A. Systematische Beschreibung der vorzüglichsten in Deutschland vorhandenen Kern- obstsorten. Band 1—6. Stuttgari 1821 bis 1822. Diel., Dr., A. F. A. Ueber die Anlegung einer Obstorangerie in Scherben und die Vegetation der Ge- wächse. 8. vermehrte Auflage. Frankfurt a. M. 1804. Diel, Dr., A. F. A. Versuch einer systematischen Beschreibung in Deutschland vorhandener Kernobst- sorten. Heft 1 bis 21. Frankfurt a. M. 1799 bis 1819. Dochnal, Fr. Jac. Katechismus des Weinbaues in seinem ganzen Umfange. Leipzig 1858. Döll, Wilhelm. Der Rosengarten. Anlage und Unterhaltung des Rosariums, Anpflanzung, Hybridisirung und Vermehrung der Rosen, deren Kultur im freien Lande und in Töpfen. Nach William Paul’s: The Rose-Garden. Mit einer Beschreibung der neueren und neuesten Rosensorten. Leipzig 1855. 35° 276 Eichstädt, J. F. Das Ganze des Levkojen- Anbaues, oder über Kultur und Pflege der Sommer- und Winter-Levkojen. Glogau und Lissa 1828. MR, Etablissement horticole de Louis van Houtte ete. a Gand. Nr. 30. 3l. Gand 1847, 1848. Flore des Serres et des Jardins de ÜEurope ete. publie et edite par Louis van Houtte. Tome 2.—10. G@and 1846—1855. Frantz, Dr. A. Ueber Leben und Krankheit der Pflanzen. Sondershausen 1856. Freund, Heinrich Daniel. Die Kunst, Gartenrosen während des Winters im Zimmer zur Blüthe zu bringen. Nach mehrjährigen Erfahrungen dargestellt. Leipzig 1857. Frühlingswanderung, eine. Aus dem Englischen des Rev. ©. A. Johns. Berlin 1851. Gärtner, der kleine. Nach dem Englischen. Berlin 1850. Garten- und Blumenzeitung, neue allgemeine deutsche. Herausgegeben von Dr. R. Metiler. 3. Band. Hamburg 1847. Garten- und Blumenzeitung, neue allgemeine deutsche; als Fortsetzung der Mettler’schen. Herausgegeben von Ed. Otto. 4. bis 12. Jahrgang. Hamburg 1848 bis 1856. Gartenbau-Katechismus und goldene Regeln für Gärtner und Gartenfreunde, Nach dem Englischen bear- beitet. Berlin 1852. Gartenbau - Zeitung, Anhaltische. Herausgegeben von E. Richter und J. Fr. Neumann. 1. Jahrgang. Dessau 1858. Garten-Flora. Monatsschrifi für deutsche und schweizerische Garten- und Blumenkunde. Herausgegeben von E. Regel. 1. bis 4. Jahrgang. Erlangen 1852 bis 1855. Gartenzeitung, oder Repertorium neuer gemeinnütziger Dinge in allen Zweigen der Gartenkunst. Heraus- gegeben von Kurt Sprengel. 2. und 3. Jahrgang 1803. 1802. Gartenzeitung, allgemeine. Eine Zeitschrift für Gärtnerei und alle damit in Beziehung stehenden Wis- senschaften. Herausgegeben von Friedr. Otto und Alb. Dietrich. 15. bis 23. Jahrgang. Berlin 1847 bis 1855. Gartenzeitung, allgemeine. Herausgegeben von der praktischen Garienbau- Gesellschaft in Frauendorf. 4. Jahrgang. Passau 1826. Gartenzeitung, allgemeine ihüringische. Ein Centralblatt etc. Herausgegeben von Dr. J. J. Bernhardt. 6. und 7. Jahrgang. Erfurt 1847 und 1848, Gartenzeitung, allgemeine thüringische. Als Fortsetzung der Bernhardt’schen. Herausgegeben von-F. Freiherr v. Biedenfeld. 8. bis 14. Jahrgang. Erfurt 1849 bis 1859. Gartenzeitung, pfälzische. Herausgegeben von F. J. Dochnal. 4. und 5. Jahrgang. 1847 und 1848. Gemüsegärtner, der Ulmer. Eine genaue Anweisung Gemüse, Salate, Gewürz- und Küchenkräuter in höchster Vollkommenheit zu ziehen, nebst Anhang über Samenzucht. Herausgegeben von Gebrüder Kölle in Ulm. Stuttgart 1856. Göppert, Dr., H. R. Beiträge zur Kenniniß der Dracaeneen. Breslau 1854. Groen, Joh. v. d. Le jardinier hollandais. Der niederländische Gärtner, oder Beschreibung aller fürstliichen Herrenhöfe und Lustgärten. Französisch und deutsch. Amsterdam 1669. Gruner, J. G. H. Taschenbuch für Stuben- und Wintergärtner, nebst einem vollständigen Flor-Kalender. Glogau und Lissa 1828. Häusler, C. S.. Populaire Aphorismen über Obstbau. 1. bis 5. Lieferung. Hirschberg. Hoffmann, H. Witterung und Wachsthum, oder Grundzüge der Pflanzenklimatologie. Leipzig 1857. Hoffmann, W. Der neue praktische Georginen-Gärtner. Königsberg 1859. 277 Hofmeister, W. Vergleichende Untersuchung der Keimung, Entfaliung und Fortbildung höherer Crypioga- men und der Samenbildung der Coniferen. Leipzig 1851. Huot, L. Der verbesserte Spargelbau, oder gründliche, leicht faßliche Anweisung, den Spargel mit mehr Vortheil als bisher anzubauen und hierdurch vorzüglich wenig kulturfähigem Boden einen unge- wöhnlichen Erirag abzugewinnen. Berlin 1853. Jäger, H. Illustrirte Bibliothek des landwirthschaftlichen Gartenbaues. J. Abtheilung. Der praktische Obstgärtner in 3 Bänden: 1. Bd. Die Baumschule. Voliständige Anleitung zur Anzucht der Obstbäume, zum Beiriebe der Baumschulen im Großen und Kleinen, und zur Gewinnung neuer Obstsorten aus Samen. Leipzig 1855. 2. Bd. Der Obstbau. Anleitung zur Anlage von Obstgärten und Baumgütern, zur Kultur der Obstbäume und Sträucher jeder Art, Behandlung der Krankheiten; so wie zur Aufbe- wahrung, Versendung, Verwerthung und Verwendung des Obstes. Leipzig 1856. 3. Bd. Der Obstbaumschnitt. Neueste Methode zur Behandlung der feineren Obstsorten am Spalier und in allen anderen gebräuchlichen Formen von J. A. Hardy. Nach der 2. Auflage des Ori- ginals bearbeitet und durch Zusätze und Erläuterungen den deutschen Verhältnissen angepaßt. Leipzig 1859. Jahresbericht des Gartenbau-Vereins für Anhalt. 1. bis 6. Dessau 1839 bis 1844. — des. mährisch - schlesischen pomologisch - önologischen Ausschusses über seine Verhand- lungen und Leisiungen in den Jahren 1835 und 1836. Brünn 1836. Jahresbericht des Thüringer Gartenbau-Vereins zu Gotha. 21. für das Jahr 1854. Nebst dem }. Jah- resbericht des Seidenbau-Vereins im Herzogthum Gotha. Gotha 1855. Jahresbericht des Thüringer Gartenbau-Vereins zu Gotha. 22. für das Jahr 1855. Gotha 1856. — des Vereins für Gartenbau und Feldwirthschaft für die Jahre 1854/55. Koburg 1853/56. — und Mittheilungen des Gartenbauvereins für Neu-Vorpommern und Rügen. 1. bis 9. Greifs- wald 1847 bis 1854. Jardin fleuriste, le, Journal general des progres et des interes horticoles et botaniques. Publie et redige par Ch. Lemaire. Vol. 1—4. Gand 185:—1854. Jcones plantarum rariorum horti regüi botanici berolinensis. Abbildungen seltener Pflanzen des kgl. botanischen Gartens zu Berlin. Herausgegeben von H. F. Link, Fr. Klotzsch, F. Otto. 1. Jahr- gang. 2. Bd. Berlin 1841. 2. Jahrgang. 2. Band. Berlin 1844. Illustration horticole, T, Journal special des Serres et des Jardins ete. Redige par Ch. Lemaire et publie par Ambroise Verschajffelt. Vol. 1—2. Gand. 1854—1856. Jonghe, J. de. Praktische Grundiehren der Kultur der Camellien. Deutsch nach der zweiten verbes- serten französischen Auflage von Ferd. Freiherr v. Biedenfeld. Weimar 1856. Jonson, J. Von der Nahrung der Kulturpflanzen ete. St. Petersburg 1844. Journal, Wiener, für das gesammte Pflanzenreich. Herausgegeben von Daniel Hooibrenk. }. Jahrgang. Bunzlau 1853. Karsten, H. Auswahl neuer und schön blühender Gewächse Venezuela’s. 1. u. 2. Heft. Berlin 1848. Kleemann, C. H. Kurze und gründliche Anweisung zur Kultur der beliebtesten Zwiebelgewächse zum Zimmer- und Gartenflor für angehende Blumenfreunde. Glogau und Lissa 1828. Koch, Karl, Prof. Dr. Bericht über die Ausstellung von Obst, Wein und Gemüse zu Naumburg a. d. S. vom 9. bis 13. Oktober 1853. Berlin 1854. Koch, Karl, Prof. Dr. Die zweite Versammlung deutscher Pomologen und Obstzüchter in Gotha, in den Tagen vom 9. bis 13. Oktober 1857. 278 Koppe, J. G. Ueber die Wichtigkeit des Anbaues der Wurzel- und Kohlgewächse. Berlin 1849. Korth, Dr. D. Die Zimmerflor etc. Berlin. Krook, J. J. Handbuch zur Kenntniß, Fortpflanzung und Behandlung aller bis jetzt bekannt gewordenen Cacteen in ihrem ganzen Umfange. Nach der zweiten vermehrten und verbesserten Ausgabe übersetzt. Amsterdam und Leipzig 1855. Lengerke, A. v. Anleitung zur Anlage, Pflege und Nutzung der lebendigen Hecken. Berlin 1846. Leszezyc-Suminski, Graf. Zur Entwickelungsgeschichte der Farrnkräuter. Berlin 1848. Liegei, G., Dr. Beschreibung neuer Obsisorten. 1. Heft: Die Pflaumen. Regensburg 1851. 2. Heft: Früchte von allen Obstgattungen nebst pomologischen Notizen. Regensburg 1851. 3. Heft: Die Pflaumen. Nebst Pflaumen-Notizen. Regensburg 1856. Lindley, J. The Theorie of Hortieulture. London 184. Link, Geh. Med.-Rath und Prof., Rede des, bei der Feier des 11. Jahresfestes des Vereines zur Be- förderung des Gartenbaues in den kgl. preußischen Staaten. Berlin 1859. Loisel, M. Die vollkommene Spargelzucht. Kultur der Spargel auf natürlichem und künstlichem Wege. Nach dem Französischen unter Mitwirkung von H. Jäger. Leipzig 1855. Lukas, Ed. Die Kernobstsorten Würtemberg’s, eine systematische Uebersicht derselben. Stuttgart 1854. Lukas, Ed. Die Obstbenutzung, eine gemeinfaßliche Anleitung zur wirthschaftlichen Verwendung unserer wichtigeren Obstsorten. Im Auftrage der kgl. Centralstelle für die Landwirthschaft. Stuttgart 1856. Magazin, deutsches, für Garten- und Blumenkunde. Herausgegeben von W. Neubert. Jahrgang 1848 bis 1856. Stuttgart. Magazin für Pflanzenliebhaber und Maler. Herausgegeben von Gaitner und Vollmar. Zwickau 1848. Mittheilungen über Flora, Gesellschaft für Botanik und Gartenbau in Dresden. 1. bis 4. Heft. Dresden und Leipzig 1541, 1842, 1845, 1848. 2. Band. 1. und 2. Heft. Dresden 1552 und 1853. 2. Band. 2. Heft. Dresden 1859. Mittheilungen der pomologischen Gesellschaft zu Altenburg über die Feier ihres fünfzigjährigen Bestehens und Wirkens. Altenburg 1854. Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau. Herausgegeben von J. G. C. Oberdieck und Ed. Lukas. 1. bis 3. Jahrgang. Stuttgart 1855 bis 1857. Müller, I. J. Anweisuug zu dem einträglichsten Anbau der Erdmandeln. Frankfurt a. M. 1802. Nachrichtblatt, Eisenbergisches. Für Unterhaltung und gemeinnütziges Wirken. Einzelne Nummern, ent- haltend pomologische Nachrichten. Nachrichten über den Anhalt’schen Gartenbau-Verein zu Dessau für die Jahre 1842 und 1846. Dessau. Oberdieck, J. G. C. Anleitung zur Kenntniß und Anpflanzung des besten Obstes für das nördliche Deutschland. Nebst Beiträgen zur Pomologie überhaupt. Regensburg 1852. Obstbaukunde. Ein Handbuch der wissenswürdigsten Kenntnisse in diesem Zweige. Herausgegeben von dem Verein zur Beförderung des Obstbaues in der Ober-Lausitz. Dresden 1847. Obstsorten, die, der kgl. Würtembergischen Obstbaumschule zu Hohenheim bei Stuttgart. Tübingen 1823. Obstsorten, Verzeichniß der, in der Obstbaumschule im kgl. großen Garten bei Dresden. Dresden 1819, Obst- und Trauben-Ausstellung, die würtembergische, in Canstatt, in Verbindung mit dem landwirth- schaftlichen Feste, veranstaltet von der kgl. Centralstelle für die Landwirthschaft 1852. Stuttgart. Opora. Eine Zeitschrift zur Beförderung des Obstbaues in Deutschland, 2. Band. 2. Heft, Zittau und Leipzig 1835. Paul, William. Ueber die Kultur der Rosen in Töpfen, aus dem Englischen übersetzt und mit einem . Anhange versehen von Albert Courtin. Stuttgart 1854. | 279 Pochhammer, v. Ueber den Erfoig des Aufrufes an alle Pomologen und Obstbaumzüchter Deutschland’s Berlin 18535. R Poiteau, A. Pomologie francaise. Recueil des plus beaux fruits eultives en France. Tome 1—4. Paris 1846. Pomona. Allgemeine deutsche Zeitschrift für den gesammten Obst- und Weinbau. Herausgegeben von F. J. Dochnal. 1. bis 2. Jahrgang. Nürnberg 185! und 1852, und 3. bis 4. Jahrgang. Nürn- berg 1854 und 1855. Pringsheim, Dr. N. Untersuchungen über den Bau und die Bildung der Pflanzenzellen. 1. Abtheilung. Berlin 1854. Pritzel, Dr. G. A. Iconum botanicarum index locupletissimus. Die Abbildungen sichtbar blühender Pflanzen und Farrnkräuter aus der botanischen und Gartenliteratur des 18. und 19. Jahrhunderts in alphabetischer Folge zusammengestellt. Berlin 1854. Protokoll-Auszüge und Verhandlungen der Gartenbaugesellschaft Flora zu Frankfurt a. M. 7. Jahrgang 1854. Frankfurt a. M. 1855. Radikofer, L. Der Befruchtungsprozeß im Pflanzenreiche und sein Verhältniß zu dem Thierreiche. Leip- zig 1857. Regel, Dr. E. Allgemeines Gartenbuch. Ein Lehr- und Handbuch für Gärtner und Gartenfreunde. 1. Band. Die Pflanze und ihr Leben in ihren Beziehungen zum praktischen Gartenbau. Zürich 1855. Regel, Dr. E. Kultur der Pflanzen unserer höheren Gebirge, so wie des hohen Nordens. Erlangen 1856. Regel, E. Die äußeren Einflüsse auf das Pflanzenleben in ihren Beziehungen zu den wichtigsten Krank- heiten der Kulturgewächse. Zürich 1847. Regel, E. Die Schmarotzergewächse und die mit denselben in Verbindung stehenden Pflanzen-Krank- heiten. Eine Schilderung der Vegetations-Verhältnisse der Epiphyten und Parasiten, nebst An- leitung zur Kultur der tropischen Orchideen, Aroideen, Bromeliaceen und Farren und Schilderung der Krankheit des Weines und der Kartoffel. Zürich 1854. Reichenbach, v. Obstkörbe mit den köstlichsten neuen Birnen, Aepfeln ete., befindlich im Reichenbach’- schen Garten zu Freienwalde a. 0. Berlin 1822. Risso, A., et A. Poiteau. Histoire naturelle des Orangers. Paris 1818. Rohleder, H. Praktisches Handbuch der Obstbaumzucht im freien Lande. Ober-Glogau 1850. Roßmäßler, E. A. Flora im Winterkleide. Leipzig 1854. Rupprecht, J. B. Ueber das Ohrysanthemum indieum, seine Geschichte, Bestimmung und Pfiege. Wien 18393. Samenkörner, gesammelt von einem alten Gärtner. Aus dem Englischen. Berlin 1850. Salm-Horstmar, Fürst zu. Versuche und Resultate über die Nahrung der Pflanzen. Braunschweig 1856. Schacht, H., Dr. Bericht an das kgl. Landes-Oekonomie-Kollegium über die Kartoffelpflanze und deren Krankheiten. Berlin 1855. Schacht, Dr. Hermann, Das Mikroskop und seine Anwendung, insbesondere für Pflanzen - Anatomie. Zugleich ein leitender Unterricht in der Physiologie der Gewächse. 2. verbesserte und stark vermehrte Auflage. Berlin 1859. Schacht, Dr. Hermann. Der Baum. Studien über Bau und Leben der höheren Gewächse. Berlin 1853. Schacht, H., Dr. Lehrbuch der Anatomie und Physiologie der Gewächse. Theil I. Berlin 1856. Schmidtberger, F. Beiträge zur Obstbaumzucht und zur Naturgeschichte der den Obstbäumen schädiichen Insekten. 1. bis 4. Heft. Linz 1827. Schmidtberger. Kurzer Unterricht von der Erziehung der Obstbäume in Gartentöpfen. Linz 1828. 280 Schmidiberger. Leichtfaßlicher Unterricht von der Erziehung der Obstbäume. Linz 1824. Schulz, €. Fr. Gründliche Anleitung für Maulbeerbaumzucht und Seidenbau. Berlin 1854. Siebeck, R. Die bildende Gartenkunst in ihren modernen Formen. Leipzig 1853. Sommer-Ausflug, ein. Aus dem Englischen des Rev. C. A. Johns. Berlin 1855. Statuten des Gartenbau-Vereins für das Königreich Hannover und Nachtrag hierzu. 1832 u. 1833. — des Gartenbau-Vereins im Großherzogthum Hessen. — neu revidirte, des Magdeburger Gartenbau-Vereins. 1855. — revidirte, des Vereins für Pomologie und Gartenbau zu Meiningen. 184%. — revidirie, des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in den kgl. preuß. Staaten. Berlin 1857. — des Vereins für Gartenbau und Feldwirthschaft in Coburg. Coburg 1835. — des Thüringer Gartenbau-Vereins in Gotha. — des Vereins für Gartenbau in Coburg. 1856. | — und Reglement der k. k. Gartenbau-Gesellschaft in Wien. Wien 1833 und Wien 1853. — des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in den königl. preußischen Staaten. 2. Auflage- Berlin 1822. Transaction of the North- Western Fruit-Growers’ Association, at their third Annual-Meeting, held in the City Hall, Chicago, Octbr. 4. tho 7. 1853. Chicago 1853. Transaction at their fourth Session, held in the City of Burlington, Jowa, Sept. 25. tho 28. 1855. G. A. Clifford, Reporter. Chicago 1856. Uebersicht von der Wirksamkeit des Magdeburger Gartenbau-Vereines im Jahre 1853 u.1854. Magdeburg. Ullrich, F. W. Praktische Anweisung zur Obstbaumzucht. Stettin 1851. Vereinsschrift, schlesische landwirthschaflliche. Unter Mitwirkung vieler landwirthschaftlicher Vereine Schlesiens herausgegeben von J. G. Elsner. 2. Jahrgang. Glogau 1859. Verhandlungen der Gartenbau-Gesellschaft in Wien. Wien 1859 bis 1847. = der Versammlung deutscher Obst- und Weinproduzenten in Karlsruhe vom 29. September bis 1. Oktober 1853. Redigirt von A. v. Babo und F. B. Hoffacker. Karlsruhe 1854. Verhandlungen des Gartenbau-Vereins für das Königreich Hannover. Heft 1 bis 4 und Heft 6. Han- nover 1839. Verhandlungen des Vereins für Pomologie und Gartenbau in Meiningen. 1. bis 5. Heft. Meiningen 1846, 1547, 1848, 1851 und 1859. Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in den kgl. preußischen Staaten. Lieferung 1 bis 44 oder Band 1 bis 21. Berlin 1524 bis 1852. Verhandlungen desselben. Neue Reihe. 1. bis 3. Jahrgang. Berlin 1855 bis 1855, und 4. Jahrgang. Januar bis Juni. Berlin 1856. Verhandlungen und Protokoll- Auszüge der Gartenbau-Gesellschaft Flora in Frankfurt a. M. 4. bis 6. Jahrgang 1851 bis 1859. Verzeichniß der dem Gartenbau-Verein zu Darmstadt angehörigen Bücher. Aufgestellt im Januar 1854. Darmstadt. Verzeichniß der 23., 27. bis 30. Ausstellung der k. k. Gartenbau-Gesellschaft in Wien. Wien 1847, 1551, 1852, 1853 und 1859. Vortheile, die, des Anbaues von Hanf, besonders als Schutzmittel gegen Raupenfraß für alle Kohlarten etc. 2. Auflage. Berlin 1850. Voß, F. Kultur der Blumenzwiebeln im freien Lande nach berliner Methode. Arnsberg 1859. Waller, K. Alex. Der Stubengärtner. Ilmenau 1831. 281 Will, K. Der kleine Obstzüchter. 2. Auflage. Frankfurt a. M. 1844. Winterausflug, ein. Aus dem Englischen des Rev. C. A. Johns. Berlin 1851. Wochenblatt für Land- und Forstwirthschaft, herausgegeben von der kgl. Würtembergischen Centralstelle für Landwirthschaft. Einzelne Nummern aus den Jahrgängen 1849, 1851, 1855, 1854, 1855, 1856 und 1857, mit Aufsätzen über Pomologie und Gemüsebau von dem Garten-Inspektor Ed. Lukas in Hohenheim. Zeitschrift, allgemeine österreichische, für den Landwirth, Forsimann und Gärtner. Herausgegeben von C. F. Meyer. Wien. Jahrgang 1829 bis 1837. Zeitschrift des Gartenbau-Vereins zu Darmstadt. 1. bis 4. Jahrgang. 1852 bis 1855. e des Gartenbau-Vereines für das Königreich Hannover. 1. bis 10. Jahrgang. Hannover 1837 bis 1846, Zeitschrift, rheinische, für Landwirthschaft. Als Fortsetzung der Pfälzischen Gartenzeitung. Herausgege- ben von Müller und Dochnal. 6. und 7. Jahrgang. Mainz 1849 und 1850. Zeitschrift, schweizerische, für Gartenbau. Herausgegeben von Ed. Regel. 9. Jahrgang. Zürich 1851. Außerdem besitzt die Sektion noch als Eigenthum: Das Obst-Kabinet von Dittrich, bestehend in einer großen Anzahl aus Papiermasse naturgetreu nach- gebildeter Aepfel, Birnen Pflaumen und Kirschen. Das Obst-Kabinet von H. Arnoldi in Gotha, so weit solches bis jetzt erschienen, bestehend in einer Anzahl naturgetreu aus Porzellanmasse nachgebildeter Früchte verschiedener Art, welche in dem Ditt- rich’schen Obst-Kabinet nicht enthalten sind. Herausgegeben unter Controle des Thüringischen Garten- bau-Vereines zu Gotha. ne a), en 36 283 Bericht über die Thätigkeit der pädagogischen Sektion im Jahre 1857, von Chr. G. Scholz, zeitigem Sekretair derselben. Her Hauptlehrer Stütze hielt einen Vortrag: Ueber Thier- und — Menschenschutz. *) Motto: Edel sei der Mensch, hilfreich und gut. Unermüdet schaff’ er das Nützliche. Goethe. Es dürfte vielleicht einiges Befremden erregen, daß ich in dem eben ausgesprochenen Thema den Menschenschutz dem Thierschutze gegenübergestellt und zum Gegenstande näherer Erörterung gemacht habe. Vielmehr sollte der Menschenschutz als Etwas, das sich überall von selbst versteht, d. i. als ein Vorhandenes in staatlichen Einrichtungen schon vorausgesetzt werden. Allerdings ist dem so; denn, wer ein Menschenleben gefährdet, es aus Indolenz nicht schützt, oder aus der Gefahr nicht befreit, ver- fällt dem Urtheile des Strafgesetzes. Schon die Jugend wird in den Schulen im Religionsunterrichte durch das göttliche Gesetz darauf hingewiesen, dem Mitmenschen weder an seinem Geiste noch Körper zu schaden, sondern ihm im Gegentheil zu helfen aus allen Leibesnöthen. Im Allgemeinen versteht und kennt jeder nur einigermaßen als Mensch sich fühlende Staatsbürger die große Wahrheit des größten Lehrers: „Was du nicht willst, daß man dir thu’, Das füg’ auch keinem Andern zu.“ Ja der Staat gewährt sogar Belohnungen und Auszeichnungen denjenigen seiner Bürger, welche ihren Nächsten aus Todesgefahren retten. Es scheint demnach, als ob es ein überflüssiges Ding wäre, erst Etwas über Menschenschutz zu erwähnen, oder wie das Sprichwort sagt: „‚leeres Stroh dreschen zu wollen.“ Was dagegen nun den Thierschutz anbelangt, so wissen wir Alle aus eigener Erfahrung, daß die | jüngste Zeit denselben hauptsächlich zum Gegenstande ernster Erwägung gemacht, und darauf hin ar- *) Dieser Aufsatz konnte wegen Mangel an Raum nur auszugsweise mitgetheilt werden. 36* 284 beitet, daß durch vereintes Streben dem Seufzen der Kreatur abgeholfen werde, und daß Humanität und Mitgefühl auch für die Thiere an die Stelle der so vielfältig ausgeübten Rohheit und Brutalität treten. „Sieh’, da entbrennen im feurigen Kampf die eifernden Kräfte, Großes wirket ihr Streit, Größeres wirket ihr Bund! Schiller.“ Solch löbliches Bemühen unterstützen gleichfalls auch die Staatsgesetze, welche Thierquälerei mit Strafen belegen. Also: Thier- und Menschenschutz sind vorhanden und durch den Staat gesetzlich an- geordnet, was soll, was will demnach dieser Aufsatz? Daß das Leben eines Menschen höher anzuschla- gen ist, als das eines Thieres, wird wohl Niemand in Abrede stellen; denn der Mensch ist nicht blos ein lebendiger Körper, sondern er besitzt durch seinen Geist die höhere Würde des Ebenbildes Gottes, da er göttlichen Geschlechtes ist. Man lieset daher häufig in öffentlichen Anzeigen von stattgefundenen Feuersbrünsten oder anderen sich ereignenden Unglücksfällen, daß glücklicherweise dabei kein Menschen- leben gefährdet oder umgekommen ist, wenn auch der Schaden, der entstanden, viele tausend Thaler beträgt. Wenn dabei denn doch ein Mensch sein Leben eingebüßt hat, so bedauert man dies auf das Herzlichste, was christlichen Sinn und Theilnahme bekundet. Wie steht es aber überhaupt, d. i. im Allgemeinen um den Menschenschutz? Sind für denselben nach allen Richtungen und Beziehungen hin auch schon besondere Vereine, wie z. B. für den Thier- schutz wirksam? Oder meint man, der Menschenschutz sei durch die Landesgesetze geboten, und es habe somit jeder Staatsbewohner oder Nächster — wie das Gebot der Liebe sagt — die Pflicht, darauf zu sehen, daß eines Menschen Leben nicht in Gefahr komme, oder wenn es geschehen, daraus errettet werde. Demnach bildeten die gesammten Staatsbürger pflichtmäßig den Verein zum Schutz des Lebens, und wäre also ein besonderer dafür nicht erst nöthig in das Dasein zu rufen. Ob diese Argumentation richtig ist? Man wird mir freilich entgegnen, daß das unvernünftige Thier sich in verständlichen Begriffen nicht äußern kann und daher aus diesem Grunde mehr Ansprüche auf Schutz von Seiten des Menschen habe, der sich seines Thuns und Handelns bewußt ist und mit sittlicher Freiheit das Rechte wählen soll. Wenn nun auch einzelne Menschen aus Mangel an genügender Aufsicht, Vorsicht u. s. w. ihr Leben verlieren, so sind dies Ausnahmefälle von der Regel und können im Allgemeinen nicht in Betracht kommen, weil der Leichtsinnige, Unüberlegte und Nachläßige die üblen Folgen seiner Handlungsweise selbst zu büßen hat. Aber des Christen Pflicht ist: mit Aufbieiung aller seiner Kräfte Unglück und Leiden zu verhüten und Leben und Glückseligkeit seiner Mitmenschen zu befördern. Daß aber nicht jeder Bewohner des Staates die richtigen Begriffe von Nächstenliebe und Menschenschutz hat, geht aus den vielen Verbre- chen und Unglücksfällen hervor, welche aus Leichtsinn, Uebereilung, Muthwillen ete. gegen das Leben Erwachsener und Kinder begangen, und die, wenn sie zur Kenntniß der Behörde gelangen, durch die öffentlichen Blätter zur Warnung bekannt gemacht werden. Die meiste Sorgfalt und Behütung bedarf unstreilig das Leben der Kinder von Seiten der Aeltern, Pfleger und Erzieher. Nie sollte die nöthige Um- und Vorsicht bei Erziehung der Kinder mangeln, und bei allen etwa eintretenden Verhältnissen und Umständen haben die Aeltern, Pfleger u. s. w. in Veberlegung und Berechnung zu ziehen, ob durch dieselben auch das Wohlbefinden oder das Leben der Kleinen Einbuße oder Gefahr erleiden könne. Erfahrungsmäßig aber steht fest, daß nicht wenig Aeltern, Pfleger etc. dies entweder aus Unwissenheit und Leichtsinn oder gar aus böswilliger Absicht nicht thun, gerade so wie diejenigen Menschen, welche die Thiere quälen, was ihnen auch bei Strafe untersagt worden ist. Es ist nicht selten der Fall, daß hauptsächlich arme Leute ihre, noch der sorgsamsten Aufsicht bedürfenden Kinder in die Wohnungen einschließen, unbekümmert der Arbeit nachgehen und erst nach Verlauf von einigen oder vielen Stunden, 285 je nachdem das Geschäft mehr oder weniger Zeit erfordert, wieder zurückkehren. An Orten, woselbst sich Kleinkinder-Bewahr- Anstalten befinden, können die Kinder für ein höchst geringes Entgelt unter sichere Aufsicht gestellt und so vor vielen Uebelständen behütet werden. Welches Unglück aber aus einer gewissenlosen Sorglosigkeit entstehen kann, wenn Aeltern oder Pfleger nicht die umfassendsten Vor- sichtsmaßregeln zu treffen wissen, möge folgender Fall darthun: Ein Drechslermeister in Görlitz, Vater zweier Kinder von 4 und 7 Jahren, war nebst seiner Ehe- frau dem Gewerbe nachgegangen, auf dem Christmarkte Waaren zu verkaufen, und hatte die Kinder allein im Zimmer zurückgelassen. Durch einen unglücklichen Zufall ist nun das eine der Kinder dem Feuer im Ofen zu nahe gekommen, in Brand gerathen und völlig verbrannt. Das andere Kind, welches wahrscheinlich das verunglückte hat retten wollen, hatte sich so verletzt, daß es nach wenigen Stunden den Geist aufgab. Gehen wir zu anderen Arten von Unglücksfällen über, die aus dem Alleinlassen der Kinder ent- standen! Am 5. Januar 1846 hatte eine Frau in Berlin eine mit heißem Wasser gefüllte und durch einen Korkpfropfen verschlossene steinerne Kreke ihrem 25 Wochen alten Kinde in die Wiege gethan, um die Beiten und dadurch das Kind zu erwärmen. Dasselbe war eingeschlafen. Die Mutter verließ auf kurze Zeit das Zimmer, kehrte aber sogleich dahin zurück, da sie einen heftigen Knall und ein lautes Schreien hörte. Sie eilt zu dem Kinde und findet den Pfropfen von der Kruke abgesprungen und das Kind von dem ausgeflossenen heißen Wasser an verschiedenen Theilen des Körpers verbrannt. Trotz aller ärztlichen Hilfe starb dennoch das kleine Wesen an den Folgen dieser Verbrennung nach 18 Tagen. Wie verschiedenartig die Unglücksfälle sind und wie unerwartet und überraschend sie sich zuweilen durch Dinge ereignen, von welchen man nie hoffte, daß sie je die Veranlassung dazu werden könnten, möge folgende Begebenheit darthun: In dem Dorfe Mötüig bei Parchwitz verlor ein 4 Jahr altes Kind durch folgenden Vorfall sein Leben: Bekanntlich sind die meisten Stubenthüren der ärmeren Landleute mit einer einfachen Klinke versehen, welche vermöge eines angebrachten Riemens geöffnet wird. Hier war dies auch der Fall, nur war dieser Riemen an seinem Ende an die Thüre festgenagelt. Das unglückliche Kind, welches allein in der Stube spielte, hat wahrscheinlich hinaus gehen wollen und ist dabei mit dem Kopfe in die durch den Riemen gebildete Schlinge gekommen, während die Thür aufspringt. Da der Hausflur bedeutend nie- driger war als die Stube, so wurde es auf diese Weise aufgehängt. Die zurückkehrenden Aeltern fanden ihren Liebling erwürgt. (Schlesische Zeitung vom 24. Oktober 1845.) Daß selbst verschiedene Thiere das Leben und die Gesundheit der Kinder gefährden können, wenn letztere von ihren Aeltern, Pflegern etc. ohne gehörige Aufsicht gelassen werden, und sie die erfor- derlichen Vorsichismaßregeln entweder aus Unwissenheit oder Unachtsamkeit nicht zu treffen wissen, ist leider eine Thatsache, die ich nicht unerwähnt lassen darf. Z. B. Katzen legen sich, durch die Beit- wärme und das weiche Lager angelockt, den Kindern während des Schlafes über Gesicht und Hals und ersticken sie auf diese Weise, oder wenu die Raub- und Mordlust in ihnen erwacht, zerbeißen sie den- selben wohl gar das Gesicht und fressen einzelne Theile desselben an. Es sind daher diejenigen Per- sonen, welche aus Liebe zu den Katzen diese zu sich ins Beit zu gewöhnen suchen, nachdrücklich und allen Einstes zu verwarnen, solch Gebahren zu unterlassen, im Gegentheil sind diese aufmerk- sam zu machen, ein wachsames Auge auf die Kinder zu haben, die mit diesen Thieren, besonders wenn sie noch jung sind, spielen — eigentlich sie quälen — und denen öfters die Aeltern die Katzen als Be- ruhigungsmittel mit in die Wiege geben, damit die Kleinen leichter und eher einschlafen. Ja sogar Hausratten sind im Stande, ein Kind ums Leben zu bringen. Zu Eisenhammer, Kreis Militsch, ge- 2S6 schah es, daß im Juli 1836 das 9 Jahr alte Kind des Kretschmer Lange in Folge der von einer Ratte durchgebissenen Pulsader im Bette verblutete. Viele Aeltern, welche genöthigt sind, außer dem Hause, vielleicht gar in weiter Ferne zu arbeiten, gestatten dann ihren Kindern, die sie in die Wohnung nicht einschließen wollen, im Garten oder Hofe, auf der Gasse oder in der Nähe des Wohnhauses sich bis zur Rückkunft aufzuhalten; und damit die- selben kein Unglück nehmen sollen, werden Warnungen und Drohungen nicht gespart, um die Kinder vor möglichen Gefahren zu behüten. Kinder aber sind, selbst wenn sie gehorsam zu sein, zugesagt haben, nicht zuverlässig; sie vergessen bald, was sie versprochen haben, wenn irgend Etwas ihre Sinne oder ihren Thätigkeitstrieb stark reizt. Ihr Unverstand, ihr Leichtsinn und der Eifer im Spiele treibt sie oftmals an Orte hin, wo ihr Leben nicht blos in Gefahr kommt, sondern verloren gehen muß, wenn bei einem sich ereignenden Unglücksfalle nicht schnelle Hilfe zur Hand ist. Unter mehreren Kindern, welche sich in einem öffentlichen Garten Breslau’s am 15. Mai 1844 be- lustigten und spielten, waren auch 2 Mädchen, denen ein so trauriger Unfall begegnete, wie er nur selten vorkommen dürfte, und von denen die jüngere selbst nahe daran war, ihr Leben dadurch einzubüßen. In demselben Garten befand sich nämlich ein baufällig gewordenes, seit längerer Zeit nicht mehr be- nuztes heimliches Gemach. Die beiden Mädchen kamen während des Spieles, einander bei den Händen haltend, in seine Nähe. Die jüngere öffnet gedankenlos die Thür, stürzt aber auch sogleich in die mit ekelkaftem Unrath gefüllte Grube und zieht die ältere mit sich hinein. Jene — die kleinere — ver- schwindet sogleich in der Masse, die größere ragt noch mit dem Kopf heraus, und ihrem Hilfegeschrei gelingt es, die Aufmerksamkeit eines jungen Mannes nach dem Orte der Gefahr zu lenken. Er zieht im Beisein der andern indeß Hinzugekommenen die Rufende heraus, und da er noch eine kleine Hand bei dieser Gelegenheif heraufgreifen sah, so reitet er nun auch das jüngere, bereits versunkene Mädchen, welches zum Glück bald wieder zum Bewußtsein zurückgebracht werden konnte. Ferner ist erwiesen, daß nicht wenige, bereits erwachsene Knaben bei ihren Spielen einen hohen Grad von Verwegenheit, Ausgelassenheit und Wildheit zeigen, der sie drängt, sich an gefährliche Orte zu begeben, um daselbst ihrem Muthwillen freien Lauf zu lassen, und aus Unüberlegtheit dann meist un- fähig sind, die Gefahr wahrzunehmen. Zwei Knaben, von 10 und 12 Jahren, welche sich aufsichtslos in den Straßen Breslau’s am 26. April 18544 herumgelrieben hatten, kamen endlich auch an einen Platz an der Oder, wo sie in einen Kahn stiegen, der mittelst eines Strickes nur leicht angebunden war, um sich auf demselben zum Vergnügen zu schaukeln. Durch die hierdurch entstandene Bewegung löste sich das Fahrzeug von dem Pfahl und es ward dasselbe, so sehr auch die Knaben ihre schwachen Kräfte anstrengten, von der Strömung er- faßt und in die Brandung hinter dem Wehr getrieben. Der jüngere wurde aus dem Kahn herausgeworfen und ertrank; der ältere hatte sich mit beiden Händen krampfhaft an den Rand des Kahnes festgehalten, bis es einem in der Nähe befindlichen Schiffer gelang, den Verunglückten zu retten. Mit größter Vorsicht müssen Aeltern oder Pfleger verfahren, wenn sie ihren Kindern oder Pflegebefohlenen gewisse Geschäfte zur Besorgung übertragen, die an für sie gefährlichen Orten zu verrichten sind, oder an und für sich leicht Unglück bringend werden können. Es darf aber dabei die gewissenhafteste Ueberwachung niemals fehlen. Die Freiheit des Handelns von Seiten der Kinder wird dadurch im Geringsten nicht beschränkt; im Gegentheil erlangen dieselben nach und nach erfahrungsmäßig die gehörige Sicherheit, der Gefahr begegnen zu lernen, besonders wenn man sie vorher zur Vor- und Umsicht bei der Ausführung ermahnt und die etwa möglichen Gefahren anzudeuten sucht. Nie aber muß man Kindern zumuthen, Arbeiten und Geschäfte zu verrichten, die ihre Körper- oder Geisteskräfte übersteigen. Ich rechne hierher das Wasserholen aus Flüssen, Teichen, hauptsächlich 287 wenn sie angeschwollen sind, Holzspalten mit der Axt, das Herbeiholen von Dingen aus Kellern, von Böden, einsamen, schauerlichen Orten zur Nachtzeit ohne Leuchte — um die Furcht auszutreiben, — das Tragen von Gefäßen, deren Inhalt Flüssigkeiten, wie Vitriol-Oel, Gasäther etc. birgt, das Viehhüten u. Ss. w. Welches Unglück Viehhüten durch Kinder herbeiführen kann, halten die Einwohner von Schön- feld, Kreuzburger Kreises, am 28. Juni 1543 zum wiederholten Male sich zu überzeugen Gelegenheit. Ein Knabe von etwa 10 Jahren hütete eine Kuh am Strick auf einem Raine und beging die Unbeson- nenheit, den Strick um seinen Leib zu binden. Die Kuh, durch unbekannte Ursachen scheu gemacht, schleifte nun im wilden Laufe den beklagenswerthen Hirten eine weite Strecke fort und beschädigte denselben dergestalt, daß er, als menschliche Hilfe kam, schon nach einer Viertelstunde in den Armen seiner Aeltern verschied. Es soll kaum ein Jahr verflossen sein, wo ebenfalls beim Viehhüten auf eine ähnliche Weise ein Knabe den Arm brach, Traurig ist es, wenn so eindringlich redende Warnungsfälle unbeachtet geblie- ben und wenn bis jetzt den weisen Verordnungen des landräthlichen Amtes, welches die Abschaffung des in gar vieler Hinsicht verderblichen Hütens durch Kinder bezwecken soll, nur so wenig oder gar nicht Folge geleistet wird. Noch unverantwortlicher ist es, wenn solche Unglücksfälle in einem Dorfe geschehen, das eine Gemeindehutung und einen Gemeindehirten hat. Aeltern und Pfleger sollen sich sehr in Acht nehmen, kleinen muthwilligen Kin- dern im Beisein ihrer etwas älteren Geschwister, welche letztere sie gelegentlich beaufsichtigen sollen, unüberlegter Weise mit Strafen zu drohen, die an und für sich kein vernünftiger Mensch, geschweige denn Vater und Mutter vollziehen werden, noch dürfen. Es kann daraus das größte Unheil entstehen, wie folgendes schauderhafte Ereigniß es klar genug an den Tag legt: Eine Mutter, die auf Arbeit gehen mußte, ließ ihre Tochter von beinahe 7 Jahren und einen Kna- ben von 3 Jahren in ihrer Wohnung zurück. Dem letzteren drohete sie, wenn er sich nicht gut be- trage, ihn auf eine Weise zu bestrafen, die sich aus dem, was in ihrer Abwesenheit vorfiel, ahnen läßt. Das kleine Mädchen nahm die Drohung für Ernst, und als der dreijährige Bruder die von der Mutter gerügte Unart beging, vollzog es die Strafe. Als nun die Mutter zurückkehrte, fand sie den Knaben völlig verstümmelt, verblutend und in den letzten Zügen. In der Heftigkeit des ersten Schmerzes ver- lor sie die Besinnung so, daß sie das Mädchen auf den Kopf schlug, so daß es auf der Stelle todi blieb. Hierauf stürzte sich die verzweifelte Mutter zum Fenster hinaus und fand so ebenfalls den Tod. Daß das Spiel der Kinder, deren Körper- und Geisteskräfte dadurch erweckt und gestärkt werden, also ihrer Gesundheit dienlich ist, von den Aeitern, Pflegern ete., wenn auch nicht geradezu geleitet, doch streng beaufsichtigt werden muß, versteht sich von selbst. Die Spiele sind in Bezug auf das Alter und die Geistesfähigkeit der Spielenden und die Jahreszeit sehr verschieden, und ist stets darauf zu sehen, daß die Kinder nicht zu Werkzeugen gelangen, womit sie sich leicht verletzen, oder sich an gefährliche Orte begeben können. Genugsam bekannt ist es, daß kleine Kinder gern Spazierstöcke, spitze Hölzer oder andere scharf schneidende Dinge etc. mit Begierde ergreifen, damit im Zimmer um- herlaufen, dann leicht fallen und ihrer Gesundheit oder ihrem Leben schaden können. Wie leicht über- haupt die Kleinen beim Spiele verunglücken, und leicht selbst höchst geringfügige Sachen, Umstände | und Verhältnisse ihnen Gefahr oder Schaden bringen, ist eine nicht zu leugnende Thatsache. Ferner ' ist bekannt, daß schon mehr erwachsene Knaben und Mädchen sich muthwilliger und listiger Weise der ihnen lästigen Aufsicht entziehen, um nach eigener Willkür zu spielen, und sich dabei öfters von ‚ ihrem ungestümen Eifer zur Ungebühr, d. i. zu einem wilden Treiben fortreißen lassen, das nicht selten ihrer Gesundheit und ihrem Leben Gefahr droht und bringt, sondern auch zuweilen anderen Menschen. 288 Ich rechne hierher das unbesonnene Laufen, Springen, Klettern, Ringen in der Nähe von Teichen, Flüssen, Abgründen, Felsen, ausgehöhlten Sand- oder Lehmgruben, das Necken der Pferde, Kühe, Hunde, das Schießen mit dem Blaserohr und den sogenannten Feuergewehren, unvorsichtiges Angeln, das Spielen mit Pulver, Feuerschwamm, Bohnen u. s. w. Da nun alljährlich durch den unvorsichtigen Gebrauch mit Schießgewehren, besonders Flinten und Pistolen, von Menschen, die damit nicht umzugehen wissen, eine nicht geringe Zahl von Unglücks- und Todesfällen herbeigeführt wurden und leider immer noch werden, und weil sogar auch Kinder, welche an diesen Waffen eine außerordentliche Freude haben, sie nicht selten als ein auserlesenes Spielzeug benutzten und sich dergleichen, trotz aller Vorsichismaßregeln, öfters zu ver- schaffen wissen, so sahen sich die Regierungen veranlaßt, vor dem unvorsichtigen Gebrauche der Schieß- gewehre zu warnen. Ja, Se. Majestät der König Friedrich Wilhelm IH. erließ deshalb eine Kabinets- Ordre, welche von der kgl. Regierung zu Breslau im Amtsblatt, Stück 22, am 27. Mai 1840 zur all- gemeinen Kenntniß gebracht wurde. Die kgl. Regierung sagt: ‚die von Kindern durch den unvorsichtigen Gebrauch von Schießgewehren herbeigeführten häufigen Unglücksfälle haben Se. Majestät den König veranlaßt, den Befehl zu geben, daß die Kinder in den Schulen vor dem fahrläßigen Umgehen mit Schießgewehren von Zeit zu Zeit bei geeigneten Gelegenheiten verwarnt werden sollen.“ Zu dem Ende dürfie es zweckmäßig erscheinen, Schießgewehre stets unter Verschluß zu halten, oder sie so zu verwahren, daß Erwachsene sowohl als Kinder, welche damit Nichts zu schaffen haben, niemals dieselben erlangen könnten, oder wenn dies in manchen Fällen nicht angehen sollte, dürften auf keine Weise solche Gewehre geladen an Ort und Stelle zur Aufbewahrung gebracht werden. Wie unerläßlich erscheint es ferner nicht, daß in der Nähe des Hauses, ja im Hause selbst, im Hofe u. s. w., wo sich Kinder meist aufhalten und spielen, Alles in gutem Bauzustande er- halten und darauf gesehen werde, daß die Kleinen nicht in offen gelassene Keller oder von Treppen mit ausgetretenen oder gar zuweilen fehlenden Stufen hinabfallen, daß Brunnen und Gruben, in welch letzteren sich die Mistjauche sammelt, oder Wasser- löcher, voll von Regenwasser, den gehörig sicheren Umschrot erhalten, Treppen, Brücken etc. kein loses, oder in einzelnen Theilen verfaultes Geländer haben, daß lose und schmale Stege über Gräben und Bäche — öfters nur bestehend aus dünnen, schma- len Breitern, welche nebenbei auch leicht gestohlen werden können — nicht geduldet werden, damit nicht durch arge, höchst unverantwortliche Vernachläßigung, unzeilige Sparsamkeit oder Scheu vor Geldausgaben ein Menschenleben in Gefahr komme oder verloren gehe. Der Guts- oder Hausherr kann leicht schon bei Uebersehung solcher Dinge in eine sehr mißliche Stellung gerathen, wie folgender Fall es nachweisen wird: Auf einem Dominium des Breslauer Kreises ertrank im Oktober 1856 ein vierjähriger Knabe in einem Brunnen. Der letztere war früher mit einer Umwehrung versehen, diese aber im Laufe der Jahre beschädigt worden und zuleizt ganz verschwunden. Der betreffende Gutsherr ist nunmehr von der Staats- anwaltschaft auf Grund des $ 184 des Strafgesetzbuches angeklagt worden, welcher bestimmt: Wer durch Fahrläßigkeit den Tod eines Menschen herbeiführt, wird mit Gefängniß von 2 Monaten bis 2 Jahren bestraft. Der Vorfall mag Anderen zur Warnung dienen. Wenn Kinder bei ihren Spielen verunglücken oder anderen Menschen Unglück bereiten, so wird uns das bei ihrer geringen Erfahrung und ihrem schwachen Verstande nicht Wunder nehmen; wenn aber Erwachsene sich kindisch beim Spiel, trotz vorangegangener Warnung, benehmen, so setzt das eine große Portion Flatterhaftigkeit, Unüberlegtheit und Leichtsinn, ja Muthwillen voraus, wie folgender Vor- fall es beweiset. r Die Gerichiszeitung vom März 1856 erzählt: „Es giebt viele Personen, welche, wenn sie mit einem Kinde spielen, die üble Gewohnheit haben, um es zu necken, oder mit der Gefahr vertraut zu machen, das Kind zu nehmen und zu thun. als wollten sie es weit fortwerfen. Man sollte wohl bedenken, daß bei dieser Art von Spiel eine augenblickliche Unaufmerksamkeit, eine Ueberraschung etc. die Veranlas- sung werden kann, daß man das Kind fahren läßt und ein Unglück daraus entsteht. Vor einigen Tagen scherzte Herr M., indem er nach seinem Bureau gehen wollte, noch mit seiner jungen Frau und seinem Söhnchen, als die Mutter das Kind in die Höhe hebt, sich mit ihm dem offenen Fenster nähert, und indem sie es außerhalb desselben hält, den Schein annimmt, als wolle sie es fortwerfen. Herr M., der diese Art von Spiel mißbilligte, bat seine Frau, schnell damit aufzuhören, indem er ihr sagte, es könne sich dabei ein Unglück ereignen: je mehr er aber in die junge Frau drang, desto mehr bestand sie eigensinnig auf dem Spiel. als sie plötzlich einen Schrei des Entsetzens ausstieß und ihr Gesicht mit den leeren Händen bedeckte. Das Kind war durch eine Bewegung ihren Händen entschlüpit, aus einer Höhe von 3 Stockwerken in den Hof hinabgefallen und auf der Stelle tod.“ Wenn in den bis jetzt angeführten Fällen das menschliche Leben aus verschiedenen Veranlassun- gen entweder sich gar keines oder eines nicht hinlänglichen Schutzes zu erfreuen halte, wenn vielmehr dasselbe durch Fahrläßigkeit, Unwissenheit und geradezu nicht grobe Pflichtvernachläßigung be- droht war. und dabei der gänzliche Mangel an Menschenliebe noch nicht vermißt wurde. so kann ich leider auch solche Fälle nicht unerwähnt lassen. in denen das Leben der Menschen vorsätzlich durch Rohheit, Brutalität, Gewissen- und Gefühllosigkeit nicht blos bedroht, sondern selbst vernichtet worden ist. Wer sollte nicht von den mancherlei Qualen gehört haben. welche leichtsinnige Stief-, ja sogar rechte Mütter scharfsinnig erfunden. um ihren Pflegling. an welchem sie kein Wohigefallen haben und der ihrem Glück für die Zukunft. nach ihrer Meinung. geradezu im Wege steht. systematisch aus der Welt zu schaifen! Es geschieht dies ohne alles Aufsehen und soll ihr Verfahren bei fühlenden und be- obachtenden Menschenherzen keinen Verdacht erregen. Wir denken hier hauptsächlich an die außer der Ehe erzeugten Kinder. die manche liederliche Mutter als eine große Last ansieht, der sie je eher je lieber enthoben sein möchte. Und darum ist es ihr auch ganz gleichgiltig, wer ihre Kinder erzicht und pflegt, da sie beides, Erziehung und Pflege. nicht selbst übernehmen kann, sondern nach erlangtem Wohl- sein einen Dienst suchen muß. Das verdiente Lohn nehmen natürlich die Pfleger theils für ihre Mühe und theils zur Bestreitung der Bedürfnisse für das Kind in Anspruch. Wer aber sind die Pfleger und Stellvertreter der Mutter? Arme Leute, Wittwen oder Frauen der niedrigsten Volksklasse. die meist aus der Annalıme unehelicher Kinder. die sie aufziehen wollen, ein Gewerbe machen und wobei Gewinn und Eigennutz die Hauptrolle spielen. Sie entziehen nämlich, um ihre Absicht zu erreichen, dem unglück- lichen Kinde nicht blos einen Theil der Menge von den Nahrungsstoffen, die demselben gebühren, son- dern verabreichen auch dieselben in schlechter Qualität, da ihnen nur zu gut bekannt ist, daß die Mutter kein hinreichendes Honorar für die Aufziehung geben kann. Ist es daher ein Wunder, wenn dergleichen Pflegekinder verkümmern oder umkommen? Wie aber steht es in Bezug auf die Bereinigung? Die Schlafstätten, angefüllt mit dumpfem‘, feuchtem, fauligem Stroh, auf welchen anstatt der Betten Lumpen liegen, das Kind voll Schmuz und dergleichen, werden nicht mit Sorgfalt nachgesehen und von ihrem Unrathe nur hin und wieder, d. i. wenn es die höchste Noth erfordert, befreit. Die Stubenfenster werden nicht oder doch nur höchst selten gelüftet, der Pflegebefohlene wird nicht in die freie Luft getragen, sondern muß, sobald er es vermag. auf den unreinen Dielen der Stube umherkriechen und ist sich in der Regel meist selbst überlassen, da die Pfleger anderer Arbeit in oder außer dem Hause nachgehen müssen. Macht das Kind sich durch anhaltendes Schreien bemerklich, so wird es entweder unvernünftig gezüchligt, oder man verabreicht ihm, damit es bald und recht lange schlafe, einen Stöpfel (Zulp), der 37 290 in Branntwein oder in die abgekochte Hlüssigkeit von Mohnköpfen getaucht worden. Im Winter wird der Aufenthaltsort solcher Wesen nicht gehörig oder vielleicht nur höchst selten geheizt; sie müssen deshalb den ganzen Tag in der unsaubern Wiege, oder wenn sie bereits laufen können, außerhalb der- selben zubringen, und erfrieren sieh nicht selten Hände und Füße. Die im Dienst befindliche Mutter kann oder will nicht öfters nachsehen, wie es ihrem Kinde geht, und kommt sie ja zuweilen, so wird ihr der wirkliche Zustand desselben verheimlicht. Meistens aber vermag die Mutter, da sie keine Er- fahrung in Beziehung auf die Wartung und Pflege des Kindes besitzt, das ihr vorgespiegelte Truggewebe nicht zu durchschauen, und glaubt, wenn sie noch Liebe für ihr Kind im Herzen hat, daß sie es keinen zuverläßigeren Händen hätte anvertrauen können. Wenn nun die leibliche Verpflegung schon so jäm- merlich und erbärmlich ist. so kann ınan wohl dreist behaupten, daß Nichts geschieht, um die Entwicke- lung der geistigen Anlagen und Kräfte des Kindes zu fördern. An Leib und Geist verbuttet, trefen dann diese Kinder, wenn sie am Leben erhalten werden, in die öffentliche Schule ein und sind die Plage der Lehrer und später der Handwerksmeister, bei denen sie auch nichts begreifen und als Taugenichtse sich in der Welt umhertreiben oder beständige Bewohner der Strafanstalten sind, Als eine Ausnahme von der Regel müssen die absichtlichen Mißhandlungen und systematischen Quälereien, die das gänzliche Verderben des Kindes erzielen sollen, von Seiten einzelner Väter, Mütter und Pfleger angesehen werden, die — Gott sei Dank — nur hie und da in besonderen Fällen an das Tageslicht treten. Härte und Rohheit, die aller natürlichen Vater- und Mutterliebe bar, oder Ursachen, die sich hinter andere Motive verstecken, drängen gewissenlose Aeltern, sich am eigenen Fleische und Blute zu versündigen. Leider ist die Zeit der Kaspar Hauser noch nicht vorüber, trotz aller Wachsam- keit der Behörden und der öffentlichen Schwurgerichte. Denn erst am 7. Februar d. J. schrieb man aus Wesselburg in Holstein, daß der Landvogtei daselbst die Anzeige geworden, daß in Busum ein seit vielen Jahren verschwundenes Mädchen verborgen gehalten und elend behandelt werde. In Folge dessen ließ die Ortsbehörde den Sachverhalt genau untersuchen, und es ergab sich, daß die eigene Multer in Verbindung mit dem Stiefvater ihre damals 21 jährige (jetzt 33 jährige) Tochter in einen Schweinstall eingesperrt und sich nicht weiter um sie bekümmert habe als erforderlich, sie allenfalls am Leben zu erhalten. Die Unglückliche kroch auf Händen und Füßen umher, und soll von Ungeziefer und Schmuz ganz abgestumpft sein. Man befreite sie sogleich aus ihrer schrecklichen Lage und übergab sie ordent- lichen Leuten zur Pflege. Die gewissenlosen Aeltern traf der strafende Arm der rächenden Nemesis. Welche Mißhandlungen an Kindern aber im Geheimen, d. i. im Hause der Aeltern und Pfleger, verübt werden, erfährt freilich nicht die Welt, nur Einzelne, die leider darauf zu wenig Gewicht und Bedeutung legen; sie sehen gleichgilig solche empörende Handlungen mit an, und empfinden, außer einem schwa- chen Anfluge von Aerger, Nichts. Ueberhaupt stehen Stiefväter und Stiefmütter von jeher im Verdacht, ihre Stiefkinder nicht blos streng, sondern lieblos zu behandeln. Was oft die rechten Aeltern durch all- zugroße Verzärtelung und Schwäche, aus übergroßer Liebe und Nachsicht bei der Erziehung ihrer Kin- der verderben, derselben Schuld — wenn nicht noch mehr — machen sich manche Stiefältern durch allzugroße Härte, Strenge und Schonungslosigkeit theilhaltig. Sie sind weder in der Wahl der Züchti- gungs-Werkzeuge verlegen, weil sie im Zorn und im Aerger ergreifen, was ihnen gerade in die Hand kommt, noch vorsichtig und nachdenkend genug. die eigene Kraft abzumessen und den Körpertheil aus- zawählen, der ohne Nachtheil für die Gesundheit die Züchtigung ertragen kann. Ich selbst habe ein Schulmädchen gesehen, das von ihrer Stiefmutter auf die Augen mit der Ruthe geschlagen worden war. Die Augenlider waren geschwollen und zeigten mit Biut unterlaufene Streifen. Das Mädchen mußte, da es 3 Tage darauf zur Konfirmation gehen sollte, in der Schule kalte Umschläge über die Augen legen. Glücklicher Weise legte sich die Geschwulst bald und die Blutstreifen verloren sich. Diese Mutter ließ 291 ich zu mir bestellen, hielt ihr die von ilır begangene Frevelthat ernstlich vor und warnte sie vor jeder Wiederholung, da sie sonst obrigkeitlich belangt werden müßte. So werden Menschen gequält!! Ver- folgen wir nun die Menschenquälerei weiter und zwar in Bezug auf die eintretenden Krankheiten des Leibes der kleinen Kinder! „Wer den Menschen erziehen will, der muß den Menschen verstehen.“ Aber man versteht nur das wahrhaft, sagt Goethe, von dessen Entstehen man einen deutlichen Begriff hat. Die Erziehung hört nie auf von der Wiege bis zum Grabe; denn die Entwickelung steht nie still! Nirgends aber haben Aberglaube, Vorurtheil, Unwissenheit und Gewohnheit ihre Macht hartnäckiger behauptet, als ‚auf dem Gebiete der Erziehung. Es haben Aeltern ihre Kinder grundsätzlich körperlich und sittlich verzogen, und das waren Aeltern, die auch nicht sich selbst zu erziehen wußten. Aerzte haben es sehen müssen, wie an der Wiege des Kindes Altweiberweisheit über ärztliches Wissen gestellt und wie von der eigenen Mutter mit gutem Gewissen in den ersten Lebensstunden der Keim jahrelangen Verderbens in das Kind gelegt wurde. Wie viele Aeltern der ärmeren Klasse wissen besonders in den ersten Jahren ihrer Ver- heirathung sich durchaus keinen Rath bei der Erkrankung ihrer Kinder! Wie viele nehmen die Krankheit nicht ernst genug! Sie wird vorübergehen — heißt es, — wie sie gekommen — es wird schon wieder besser werden etc.! Viele senden erst dann nach dem Arzte, wenn es bereits zu spät ıst. Wie Viele führen nicht den frühen Tod dieser kleinen Wesen durch Unwissenheit, Unverstand, Sorglosigkeit oder arge Vernachläßigung herbei! Das Erkennen der Krankheit des Kindes ist für die Aeltern sehr wichtig und erfordert, ärztliche Hilfe bei Zeiten in Anspruch zu nehmen, da sie geringfügig scheinende und doch wichtige Zeichen übersehen und nur die in die Augen springenden ihnen auffallen, während die Krank- heit schon eine gefährliche Höhe erreicht haben kann. Wichtig ist es darum, daß Aeltern einem kranken Kinde die größte Aufmerksamkeit schenken, damit sie dem Arzte bei seinem Besuche die nöthigen Mit- theilungen machen uud seine Fragen bestimmt beantworten können. Sorgliche Aeltern kennen den Ge- müthszustand, den Schlaf, die Haltung und Lage ihres gesunden Kindes am besten, und müssen sonach auch jede Veränderung am sichersten bemerken, wenn das Kind krank geworden ist. Diese Verände- rungen und die Art der Bewegungen, die es nun macht, deuten nicht selten den Sitz der Krankheit und ihren Grad an, und werden für den Arzt eben so wichtig als die veränderten Gesichtszüge. der Wechsel in der Beschaifenheit und Farbe der Körperoberfläche. der Kälte und Wärme des Körpers. Wer kann und vermag es zu untersuchen, wie viel kleine Kinder in einem Jahre, in einem Lande aus Sorglosigkeit von Seiten ihrer Aeltern ohne alle ärztliche Hilfe dahinsterben. und wie viele und welche Qualen sie ausstehen müssen. ehe der Tod sie davon befreit? und wie viele Aeltern nicht im Stande sind, die Todesstunde ihres Kindes anzugeben, da sie auf Arbeit außerhalb des Hauses waren und das schwer erkrankte Kind entweder allein, d. i. sich selbst oder wieder nur unerfahrenen Kindern zur Aufsicht, Wartung und Pflege überließen? Wie dies höheren Orts auffällig geworden, beweist eine Verfügung der kgl. Regierung von Ober-Baiern vom 19. Juli 1856. welche der Fahrläßigkeit der Aeltern einigermaßen einen Damm entgegensetzen will. Wenn nun die Regierung schon bei gewöhnlichen Erkrankungen Klage zu führen hat über Vernach- läßigung der Aeltern- und Nächstenliebe, was mag erst zur Zeit einer Epidemie nicht Alles unterlassen werden! Wie manches Menschenleben, das noch hätte gerettet werden können, wenn Dasjenige geihan worden wäre, was die Humanität der Behörden angeordnet hat, geht zu Grunde, und der Scheintodte wird wie der wirklich Gestorbene begraben, weil Unwissenheit, Vernachläßigung und Bequemlichkeit die rechte Zeit versäumten, in welcher ärztliche Hilfe noch hätte Rath schaffen können. Hier bietet sich für die Thätigkeit barmherziger Samariter ein großes Feld dar, die willig Zeit und Gelegenheit ergreifen 37° 292 werden, den Samen des Guten auszustreuen, um das schwach glimmende Lebensdocht vor dem gänzli- chen Erlöschen zu sichern und es wieder zur frischen Flamme anzufachen. Von dieser Idee durchdrungen, hat auch die kgl. Regierung zu Liegniiz in den ersten Tagen des Januar 1856 eine Verordnung, die Ueberwachung des Gesundheitszustandes vornehmlich der Armen be- treffend, erlassen. „Die Theuerung der gewöhnlichen Nahrungsmittel“ heißt es, ‚„‚macht es nethwendig, daß, so lange diese besteht, der Gesundheitszusland, und zwar haupisächlich der ärmeren Volksklassen mit mehr als gewöhnlicher Sorgfalt überwacht werde, daß bei Erkrankungen der Armen die nöthige all- gemeine und ärztliche Pflege bei Zeiten und vollständig einirete, und daß beim Ausbruch ansteckender Krankheiten ohne allen Verzug und möglichst vollständig vorgegangen werde. Die Polizei-Behörden werden angewiesen, von dem Ausbruche epidemischer Krankheiten der kgl. Regierung sofort Anzeige zu machen.“ (Sehlesische Zeitung v. 19. Januar 1856.) Da auf dem Lande überhaupt Kranken-Anstalten, besonders aber Hospitäler zur Wartung und Pflege für kranke Kinder fast gänzlich fehlen, und die meisten Landbewohner weder von dem ärztlichen Wirken noch von den Krankheiten selbst einen klaren, noch rechten Begriff haben, sondern viel lieber sich an Quacksalber wenden, indem sehr viele die Geldausgaben scheuen, so ist es leicht erklärlich, daß unter solchen Verhältnissen viel Menschenleben eine Beute des Todes werden müssen. Welch traurige Folgen das Ausführen thörichter Rathschläge haben kann, beweist folgender Vorfall in Berlin im Februar 1844. Einer Frau, deren Söhnchen eiwas schwer an der Zahnentwickelung litt, wurde von einer anderen gerathen, das Zahnfleisch des Kindes mit einem Kaulbarsch zu streichen, um den Durchbruch zu erleichtern. Bei diesem Geschäft aber entschlüpfte das Fischehen der Hand der Mutter in den Mund des Kleinen und von da in die Kehle, so dab das Kind im Beisein der Rathge- berin erstickte. Auch müssen allgemein schädliche Dinge, als z. B. Giftstoffe, weder inForm von Pulvern noch Flüssigkeiten, dem Bereiche der Kinder entzogen und stets unter sicherem Verschluß gehalten wer- den, weil sie offen hingestellt, leicht die Genußgier der Kinder erregen, und dann nicht blos ihrer Ge- sundheit nachtheilig werden, sondern auch den Tod derselben herbeiführen können. In einer Gaststube zu Liegnitz hatte am A. März 1855 die Wirthin, um einen Kessel zu scheuern, Schwefelsäure holen lassen, solche zufällig in ein Branntweinglas gegossen und auf den Tisch gestellt. In der Stube befand sich das kleine Sjährige Töchterchen der Wirthin und der 9jährige Sohn des in demselben Hause woh- nenden Lohndieners W. Das Mädchen ergreift das Glas und nippt von dessen Inhalt, als aber das Ge- nossene an der Lippe brennt, schleudert sie das Glas von sich und begießt damit den Knaben. Die Flüssigkeit war ihm über das Auge, die Backen und Kleider gegangen und hatte alle diese Theile der- maßen verletzt, daß man anfangs an der Genesung des Auges zweifelte. Aeltern müssen bei allen ihren’ Verrichtungen, Anordnungen, Handlungen und Geschäften, welche auf die Kinder Einfluß haben können, stets darauf Bedacht nehmen, daß das, was sie thun, ihnen in keiner Weise schade. Sie wollen denselben aus Liebe Gutes erweisen und bringen sie dabei aus Unverstand und Unüberlegtheit um’s Leben. Fordert nicht jeder Winter zahlreiche Opfer an Menschenleben durch das unvorsichtige und zu zeitige Schließen der Ofenklappe? Sollte es wohl noch Aeltern geben, die ınit den Folgen des Zufrühschließens derselben nicht bekannt wären? Wissen sie etwa nicht, daß man in einer mit Rauch und Dunst angefüllten Stube sich nicht wohl befinden, ja ersticken kann? Und doch fand man in Habelschwerdt am 25. März 1857 2 Kinder, das eine von 4 und das andere von 6 Jahren, todt in einer Stube, in welche die Aeltern sie eingeschlossen und grünes Holz zum Trocknen und Dörren auf den Ofen gelegt hatten... Das Holz war nicht angebrannt, aber geschwell. Wenn man erwägt, daß 293 viele Landieute ihr Holz auf diese Art trocknen, so ist es wirklich zu verwundern, daß nicht täglich dergleichen Unglücksfälle vorkommen. Auch was manche Nahrungsmittel anbelangt, sind viele Aeltern nicht vorsichtig genug, indem sie dieselben aus Stoffen zubereiten, die sie nicht gehörig kennen und eben deshalb für nicht schädlich hal- ien. Sie senden ihre Kinder in den Wald nach Pilzen, Beeren u. s. w. Diese bringen alsdann nach Hause, was sie von genannten Gegenständen ohne Auswahl gefunden haben. Der Aeltern Sache ist es jetzt, zu sichten und das Brauchbare und Nützliche vom Unbrauchbaren und Schädlichen zu scheiden; da sie das aber leider nicht vermögen, sondern das Geschäft auf bloßes Gutdünken hin verrichten, so ist es leicht erklärlich, daß sie durch die zubereitete Speise eine Vergiftung herbeiführen können. Häufig ziehen Vergiftungen dieser Art den Tod nach sich. Selbst eßbare Pilze können nach ärztlichen Beobach- lungen unter gewissen Umständen gefährlich werden, und zwar 1) Morcheln, wenn sie frisch bereitet und genossen, in warmen, feuchten Frühjahren, an schattigen Orten sehr rolh und üppig gewachsen und bei einem leichteren, dickwangigen Hute viel Flüssigkeiten enthalten; 2) wieder aufgewärmte eßbare Pilze, welche nicht auf einmal genossen werden konnten. Hierzu kann sowohl die Luft, indem sie zer- setzend auf die Schwämme wirkt, als auch das Gefäß, in welchem sie aufbewahrt werden, so wie der Aufbewahrungsort, beitragen. Ferner handeln diejenigen Aeltern thöricht, welche ihre noch nicht mit hinreichenden Körperkräften ausgerüsteten Kinder zum Warten und Herumtragen der kleinen oder kleinsten Geschwister zwingen. Die Folgen hiervon äußern sich im Schiefwerden oder dem vollständigen Verkrüppeln von Seiten des wartenden und gewarieten Kindes, wenn nicht noch größeres Unheil angerichtet wird. In der Regel wird der Arzt erst dann zu Rathe gezogen, wenn es bereits zu spät ist, da man auf die allerersten Anfänge des Uebels nicht zu achten pflegt. Kleine Kinder zu warten und zu beaufsichligen ist über- haupt nicht Sache schwacher und unverständiger Kinder, sondern recht eigentlich Sache bereits erwach- sener und erfahrener Personen. Wie unzuverläßig oft Kinderwärterinnen, besonders Kindermädchen sind, bestätigt leider die tägliche Erfahrung. Es ist zu beklagen, daß es noch keine Anstalt giebt, in wel- cher unter Aufsicht erfahrungsreicher Personen Kindermädchen und Wärterinnen für ihren wichtigen Beruf herangebildet und geschickt gemacht werden. Ich sollte meinen, daß sich dieser löbliche Zweck am besten in Kleinkinder-Bewahranstalten erreichen ließe, weil dieselben vielfältige Gelegenheit zur Uebung darbieten, die Wartung und Pflege solcher Kinder zu erlernen. Diejenigen Mädchen, welche von ihren Aeltern sogleich nach erfolgter Konfirmation als Kindermädchen vermiethet werden, wissen in der Regel . nicht mit Kindern umzugehen, die Herrschaft muß sie ersi unter großer Mühe und Plage zu ihren Zwecken abrichten. Sehr viele der Mädchen können nicht einmal mit den Kleinen spielen, geschweige denn ihnen etwas Sinnvolles und Geistbildendes, das ihrer Fassungskraft zusagt, erzählen. Eben so wenig haben sie einen klaren Begriff von dem Leibe ihres Pfleglings, von den zarten, leicht zu verletzenden Theilen des Körpers, vom Anfassen, Tragen, Bereinigen u. s. w. Zudem möchte man ihnen wieder einen Auf- seher zur Seite stellen, wenn sie die Kinder umhertragen oder mit ihnen einen Spaziergang ins Freie unternehmen. Die rheinische Zeitung berichtet aus Deutz vom 28. Juli 1845, daß ein Kindermädchen mit ihrem anvertrauten Kinde unfern der Rheinbrücke spazieren ging und sich mit einem jungen Manne unterhielt, wobei sie ihre Aufmerksamkeit diesem mehr als dem pflegebefohlenen Kleinen zuwendete, wodurch dieser bei einer unvorsichtigen Wendung von dem Kai in den Rhein stürzte. Das Dienstmäd- chen sprang in Verzweiflung dem Kinde nach, und beide fanden in den Fluthen des Stromes ihr Grab. Wer seinem Kindermädchen nicht volles Vertrauen schenken und sich nicht in jeder Hinsicht und unter allen Umständen auf dasselbe verlassen kann, dürfte genöthigt sein, dem Mädchen einen bestän- digen Begleiter oder Aufseher beizuordnen, wenn die Kinder einmal frische Luft athmen sollen. Es ist zenugsam bekannt, daß an Orten, an welchen sich hauptsächlich viele Kindermädchen und Wärterinnen mit ihren Pileglingen zu versammeln pilegen, erstere sich mit einander oft so ins Gespräch vertiefen, daß sie darüber völlig die Kinder vergessen. Diese gerathen dann und wann an gefährliche Orte oder in Situationen. wobei sie leicht verunglücken können. Darum — so erheischt es die Aelternpflicht — gehe man bei der Wahl der Kinderwärterinnen sehr vorsichtig und sorgfältig zu Werke und ermangle nicht. sie gehörig zu beobachten und zu überwachen, sobald sie mit den Kindern sich beschäftigen. Die Anzahl der Kinder, welche in Schlesien in dem Jahre 18536 durch Fahrläßigkeit und unge- nügende Aufsicht, also ohne hinlänglichen Schutz ihren Tod fanden, belief sich nach Angabe der schle- sischen Chronik, die mir gerade zur Hand lag, auf mehr denn 150. Es ertranken davon 100, über- fahren wurden 9. » verbrannten. 3 erfroren u. s. w. In den 5 Provinzen des preußischen Staates würden demnach angenommener Weise in erwähntem Jahre 1200 Kinder um’s Leben gekommen sein. "Da aber von jener Zeit an bis jetzt die Bevölkerung sich um 30 Prozent vermehrt hat, so folgt daraus, daß die Summe der jährlich Umgekommenen um ein Bedeutendes sich gesteigert haben muß. Wahr- lich! es ist wahrhaft zu bedauern, daß eine so große Anzahl betrübender Fälle, die zur Lehre in ge- wissen Kreisen von dem Volke mündlich durch Erzählungen weiter verbreitet und als Warnungszeichen von öffentlichen Blättern zu Nutz und Frommen Jedermanns mitgetheilt werden, fast ohne Wirkung bei der Masse vorübergehen, da leider diese Ereignisse immer wiederkehren, und nur den Ort und das Individuum wechseln. Wie viele Menschen, und darunter gewiß viel nützliche und ausgezeichnete, könnten nicht dem Staate erhalten und wie viel Herzeleid und schmerzliche Reue erspart werden, wenn Aeltern. Pfleger. Kinderwärterinnen u. s. w. gewissenhafter. vor- und umsichtiger bei der Erzie- hung und Beaufsichtigung ihrer Angehörigen zu Werke gingen. Richten wir jetzt unseren Blick noch auf die moralischen Zustände der ärmeren und gemeinen Volksklasse! Die meisten Verbrechen derselben werden von Seiten der Erwachsenen — wie erfahrungsmäßig feststeht — aus Fahrläßigkeit, Unwissenheit, Mangel an Bildung und nicht immer aus bösem Willen verübt. Es ist dies eine Folge davon. daß die Erziehung der Jugend auffallend ver- nachläßigt und nicht beachtet wird. Es giebt Aeltern, welche sich um ihre Kinder und deren Heranbildung zu nützlichen Gliedern der Gemeinde und des Staates fast gar nicht kümmern, die ihnen entlaufen und wenn sie in entfernten Ortschaften von der Behörde aufgegriffen werden, nicht einmal im Stande sind, den Namen ihrer Aeltern, noch deren Wohnort zu nennen. Die schlesische Zeitung meldete dies unter dem 13. November 1856 aus den Kreisen Waldenburg und Nimptsch, und unter dem 16. November desselben Jahres schrieb sie aus Löwenberg: Kin trauriges Beispiel unverantwortlicher Verwahrlosung aus Ober-Wörisseifen bei Löwenberg ist bemerkenswerth, woselbst ein Geschwisterpaar, nämlich ein Mädchen von erst S und ein Knabe von 12 Jahren, ihren Aeltern seit bereits 3 Wochen entwichen sind, und sich höchst wahrscheinlich nun vom erbettelten Brote ihr Leben fristen. Ist es daher zu verwun- dern, wenn aus solchen Kindern Vagabonden, Tagediebe, Spitzbuben, Brandstifter, Mörder u. s. w. werden? Dab eine Besserung, und zwar eine gründliche, der gesunkenen moralischen Zustände besonders der unteren Volksklasse noth thut, wer wollte das bestreiten? Der gemeine Mann hat selbst zu wenig Bildung und Erkenntniß seiner selbst, als daß er vermögend wäre, eine stvenge, rechte Zucht in seiner Familie zu handhaben und dem Bösen, das sich zeigt, den gehörigen Widerstand mit Entschiedenheit entgegenzusetzen. Er selbst ist meist arbeitsscheu, der Dieberei,. dem Trunke und dem liederlichen Leben ergehen; seine Kinder liegen ihm nicht am Herzen; denn in die Schule schickt er sie nicht oder doch nicht regelmäßig, viel lieber aber betteln, und das Betteln ist die Vorschule des Lasters aller Arten. Die Strafe fürchtet er auch nicht und die moralische. Verworfenheit geht sogar so weit, daß manche sich eine längere Strafzeit, als das Gesetz bestimmt, vom Richter erbitten. Denn in den 295 Gefängnißlokalen finden sie ein besseres Loos, als je dem fleißigen und redlichen Arbeiter ihres Stan- des in der Freiheit zu Theil werden kann, da die Lokale mit einem Luxus und einem Comfort aus- gestattet sind, welchen selbst die mittlere Volksklasse im gewöhnlichen Leben nicht kennt, und Ge- sinnungsgenossen bereichern einander durch ihre Erfahrungen und Ränke. Wie soll da die wirkliche Besserung erzielt werden! Diese ist ohnehin nur bei Einzelnen, also ausnahmsweise bis jetzt bewirkt worden. Die Freiheitsstrafen für leichtere Vergehen und Verbrechen, die das Strafgesetzbuch bestimmt. erreichen bei der niederen Volksklasse den beabsichtigten Zweck nicht; im Gegentheil werden dadurch die Verbrechen und Vergehungen vermehrt, da die Entlassenen durch ihre Mitgefangenen mehr und mehr in den Künsten der Langfingerei und der Betrügerei einen umfassenden Unterricht erhielten. Die Zahl der Verbrecher hat sich nach den Wahrnehmungen des Herrn v. Rosenberg-Lipinsky im preußi- schen Staate seit eiwa 30 Jahren verdreifacht, in weleher Zeit freilich auch die Bevölkerung um 30 Prozent gestiegen ist. Dagegen hat sich aber auch die Arbeit vermehrt in landwirthschaftlicher, gewerbli- cher und industrieller Hinsicht. Desgleichen ist auch das Arbeitslohn erhöht worden, und dennoch hat die Zahl der Diebstähle in wahrhaft erschreekendem Umfange zugenommen. Herr v. Rosenberg-Lipinski will ferner beobachtet haben, daß auf einem Landgute von einigem Umfange, je nach der Nähe einer größeren Stadt, jährlich für 500-1000 Rihlr. Geldeswerth an Feldfrüchten und anderen Dingen ent- wendet werden. Es giebt der Verbrecher jetzt so viele, daß die Gefängnisse nicht im Stande sind, ‚alle aufzunehmen. Viele von den Straferkenntnissen müssen deshalb lange unvollstreckt bleiben. Auch sind der Raummangel und die Ueberfüllung derselben Ursache, daß die Verbrecher bei Privatpersonen mit Arbeit beschäftiget werden, welche Maßregel bei dem Landmanne, dem freien Arbeiter, eine große Erbitterung hervorgerufen, weil derselbe dadurch in seinem Erwerbe geschmälert oder gar um den- selben gebracht wird. Für den Verbrecher aber hat die Freiheitsstrafe den letzten Rest ihrer Ah- schreckung verloren. Die körperliche Züchtigung eines Verhbrechers darf heut zu Tage auch nicht mehr stattfinden; man hält dieselbe für den Menschen als Menschen entehrend, während in gebildeten Familien der Vater nicht Anstand nimmt, die Unarten seiner Kinder mit dem Stocke oder der Ruthe zu bestrafen. Wo aber im Familienleben ein schwacher Vater oder Erzieher die Ruthe spart und die Ungezogenheiten der Kinder lediglich nur mit Worten bedroht oder straft, da weiß Jeder zur Genüge, wohin solche unzeitige Nachsicht führt. Wie verträgt es sich aber mit den Begriffen von Moral und Humanität, wenn jugendliche, d. i. unzurechnungsfähige Sünder mit versumpfiem Gesindel in den Gefängnissen in Gemeinschaft gebracht und entsittlicht werden?! Leider sind noch nicht Rettungshäuser in genügender Anzahl vorhanden, welche allein im Stande wären, dem erwähnten UWebelstande zu begegnen. Auch sollten verbrecherischen Aeltern die Kinder weggenommen, rechtschaffenen Familien einverleibt und von diesen erzogen werden. „Es mag allerdiugs im ersten Augenblicke hart erscheinen, gewaltsam die natürlichen Bande zu zer- reißen, welche Aeltern an Kinder und Kinder an Aeliern knüpfen; aber weit höher noch als solche mensch- liche Rücksichten muß jeder Regierung das öffentliche Beste, das materielle Wohl der Gesellschaft stehen, das zu bewachen zu ihrem heiligsten Berufe gehört. Jene Aeltern, die nur allein über eine solche Maßregel sich beschweren könnten, haben sie denn nicht selbst Verzicht geleistet auf die Rechte, welehe die Natur und die Gesetze des Landes ihnen über ihre Kinder einräumen? Sie wollen ihr gei- stiges und leibliches Verderben, der Staat aber will ihr Wohl, und die Entscheidung möchte nicht schwer halten, wem hier der Vorzug gebührt.‘ Wird dag Kind nicht zu einem vollendeten Bösewichte herangebildet, wenn es am Tische der 296 Aeltern wissentlich gestohlenes Gut genießt, wenn es von ihnen zu Entwendungen aller Art, zu Lug und Trug angehalten wird? Zu welcher Abstumpfung des moralischen Gefühls muß nicht das Kind eines ertappten Diebes hinabsinken, wenn es das über den Vater oder die Mutter ausgesprochene Urtel ihrerseits nur mit Hohngelächter aufnehmen hört? Kirche und Schule allein vermögen unter den gegenwärtig obwaltenden Verhältnissen diesen ge- sunkenen moralischen Zustand im Volke nicht zu bessern. Die Besserung beruht vielmehr auf der Besserung der Menschheit, d. i. auf dem christlichen, aus eigenem festen Entschlusse hervorgehenden Wollen und Ausführen desselben, auf der Regelung der Arbeit und Stiftung von Gemeinschaften. Das Streben des Einzelnen genügt nicht, sondern die ganze Familie muß die Besserung beginnen. Tem- peramente, Ausartung des Naturtriebes, Ehrgeiz, Geldgier und Wollust sind nach der Meinung eines Juristen, der 50 Jahre lang durch seine Erfahrung zu dieser Ueberzeugung gekommen ist, die Haupi- leidenschaften, welche Verbrechen veranlassen. Als Grundpfeiler eines gesunden Staatsorganismus gelten: Zucht in der Familie, Ordnung in der Gemeinde, Autorität in beiden, gute Schulen und Kir- chen und Freiheit nach Oben und Unten. Die Obrigkeit hat die Pflicht, durch zweckmäßige Mittel dahin zu trachten, lieber den Verbrechen sorgfältig vorzubeugen, als solche kaltblütig zu be- strafen; denn die Masse der Uebertreter der Gesetze in den unteren Volksschichten spricht das Ur- theil ihrer Verwahrlosung. Diese Mittel dürften demnach — summarisch angeführt — folgende sein:] 4) Für eine oder mehrere Gemeinden: a) Kleinkinder-Bewahranstalten zur Aufnahme von Kindern, deren Aeltern der Arbeit außer dem Hause nachgehen müssen. Nach Vollendung des 6. Jahres treten diese Kinder in die öffentliche Schule ein. b) Arbeitsschulen. Diese haben die Kinder nach Beendigung des Schulunterrichtes aufzu- nehmen, damit sie sich nicht dem verderblichen Müßiggange und dem entsittlichenden Umhertreiben auf der Straße hingeben, vor dem Betteln bewahrt bleiben und sich nützlich beschäftigen lernen. Na- türlich müssen die Kinder auch so viel Zeit übrig behalten, damit sie sich körperlich erholen können. 2) Für jeden Kreis oder eine grössere Anzahl Gemeinden: a) Reitungshäuser für bereits verwahrloste und moralisch verdorbene Kinder, um dieselben den höchst nachtheiligen Einflüssen und Verhältnissen des älterlichen Hauses zu entreißen. b) Ein Arbeitshaus, in welches arbeitsscheue aufgegrilfene Bettler, Säufer und Landstreicher aufgenommen und zur Arbeit gezwungen werden. Körperliche Züchtigung dürfte hier ausnahmsweise bei gewissen Individuen nicht zu umgehen sein. Sind in einem Staate oder in einer Provinz noch wüste, kulturfähige Bodenflächen vorhanden, so bieten dieselben genügende Veranlassung dar, Armen-Kolonieen zu gründen, wohin diejenigen von den Faulen und Arbeitsscheuen, welche in den Arbeitshäusern arbeiten gelernt haben, gebracht werden könnten, um daselbst sich ihren Unterhalt zu erwerben und ihre Existenz zu begründen. Preußen hat an solchem Lande noch keinen Mangel. Wer aber seine Existenz zu behaupten gelernt hat, d.i. ein vechtschaffener Mensch geworden ist, dem sollte auch die Gelegenheit geboten werden, durch die zu entrichtenden Zinsen für das ihm anvertraute Grundstück das Anlage-Kapital amortisiren su können, um so zu eigenem Besitzthum zu gelangen. Zur Verhütung der Verbrechen aus Noth müßte die Armenpflege, namentlich auf dem Lande, besser geordnet und ein Comite, das Arbeit gewähre oder besorge, gebildet werden. Dasselbe hätte aber auch zugleich die Pflicht, darauf zu sehen, daß der Arbeiter mit dem Erworbenen haushalten, d. i. sparen lerne; denn Sparkassen sind besser als die Leihhäuser. 297 Nachdem ich in den vorgeführten Thatsachen, die sich hier und anderwärts unter veränderten Umständen und Verhältnissen stets wiederholen, zur Genüge gezeigt, wie ich glaube — daß der Schutz des leiblichen und sittlichen Lebens, besonders des der Jugend, noch sehr mangelhaft ist und sehr viel zu wünschen übrig läßt, entsteht die höchst wichtige Frage: ob es möglich sei, den erwähnten Uebelständen nach Maßgabe zu steuern oder sie — was freilich das Beste wäre — gänzlich zu be- seitigen. Das Letztere ist aus leicht zu erklärenden Ursachen — nicht möglich; aber verrin- gern lassen sich viele Gefahren und verhüten manche Unglücksfälle, wenn Aeltern, Pfleger, Erzieher u. s. w. eine bessere Aufsicht über ihre Angehörigen zu führen im Stande wären. Da dieselben aber dies theils nicht vermögen, oder dies theils weder ganz noch halb, oder verkehrt ihun, so wäre es gut, wenn ein Verein die Oberaufsicht über solche Aeltern, Pfleger u. s. w. übernähme, dessen wachsames Auge die Pflichtvergessenen, Unüberlegten und Unvorsichtigen zu fürchten hätten; denn „aus der Kräfte schön vereiniem Sireben erhebt sich wirkend erst das wahre Leben!‘ (Schiller).-. Ich meine eine Oberaufsicht von der Art, wie solche die Mitglieder der Thierschutz- Vereine ausüben und dadurch unaussprechlich viel Segen stiften, ja, ich halte sogar den Thierschutz-Verein für ganz besonders qua- lifizirt, diese Funktion noch mit zu versehen. Derselbe würde seinen herrlichen Bestrebungen die Krone aufsetzen und dadurch seine Achtung und Werthschätzung bei seinen Mitbürgern noch steigern: denn das Leben eines Menschen zu reiten, seine Leiden zu verringern, oder den Gefahren, in welche er kommen kann, vorzubeugen, scheint mir eine noch höhere und edlere Aufgabe zu sein, als das Loos der Thiere zu verbessern. Wahrlich, es würde alsdann, wie in Frankreich, woselbst es nach einer Zeitungsannonce 3 Millionen Hunde giebt, deren Unterhaltung täglich zu 225,000 Franken veranschlagt wird und wofür 60,000 Menschen ernährt werden können, nicht die Frage aufgeworfen werden: ‚ob diese Summe lieber den Menschen und nicht den Hunden zuzuwenden sei!“ Wenn sich nun aber beide Zwecke durch Vereinsthätigkeit erreichen lassen, so liegt es auf der Hand, daß damit ein Anfang ge- macht werde. ‚‚Früchte reifen und zeitigen mit der Zeit; allein der Stamm muß vorher gesetzt wer- den. Diesen zu pflanzen, überlasse man nicht der Zeit; denn, wer Gutes ärnten will, muß zur rechten Zeit säen, er darf nicht auf das Wirken des Regens und der Sonne, ohne Hand anzulegen, sorglos vertrauen.‘ Wenn nun der schlesische Central-Verein zum Schutz der Thiere sich dieser Idee bemächtigte und dieselbe realisirte, wenn ferner andere Vereine von gleicher Tendenz auf dieselbe eingingen, so würde sich die Freude des Hofrath Dr. Perner noch erhöhen, die er in den Abschiedsworten am 28. Juli d. J. bei seiner Anwesenheit hierselbst ausdrückte, und zwar über die schönen und reichen Früchte, welche der schlesische Central-Verein schon getragen hat, und wie viel schönere und reichere er bei der Thätigkeit und dem Eifer seiner Mitglieder noch ferner zu tragen verspricht. „‚Und meine Freude steigert sich noch“ — so heißt es wörtlich weiter — „wenn ich erwäge, daß dieser Verein nur ein Zweig ist von dem großen Baume, der seine Aeste bereits über ganz Deutschland, über fast ganz Europa und selbst schon in andere Erdiheile aushreitet, nnd der nicht blos in schönen Worten und Formen, sondern mit der That und Wahrheit bestehende Humanität zu verbreiten sucht.“ Die Pflichten, welche wir gegen die Thiere als unsere Mitgeschöpfe, zu erfüllen haben, haben wir in einem noch weit höheren Grade gegen unsere Mitmenschen auszuüben. Wenn es möglich ist, große und kleine, alie und junge Thierquäler aufzufinden, ihr Gebahren zu rügen und zu bestrafen, so wird es auch möglich sein, gewissenlose, leichtsinnige und unvorsichtige Aeltern, Pfleger u. s. w. zu erfor- schen und sie zurechtzuweisen. Thier- und Menschenschutz sind daher eins — sind Pflicht, von der es heißt: das Eine thun und das Andere nicht lassen. Das Gesetz schützt blos im Allgemeinen, ‚das Speziellere muß den Privaten anheimgestellt werden. Die Polizei kann nicht immer überall sein, 38 298 sondern der rechtliche Mann muß selbst so viel guten Willen haben, das Recht und Eigenthum vor frecher Dieberei zu schützen und durch Requisition der Strafe des ertappten Individuums die Entsitt- lichung des Volkes möglichst zu beseitigen suchen. Aber sind denn nicht schon die Thierschutz-Vereine thätig für den Menschenschutz? Freilich wohl; aber nur indirekt und nicht direkt. Ihr Wirken steht für letzteren erst in zweiter Reihe und fällt nicht geradezu in die Augen, weil sie der Meinung sind, daß Humanität gegen die Thiere auch Humanität gegen Menschen zur Folge haben wird. Leider ist dem nicht immer so. Viele gehen mit ihren Thieren besser um, sorgen besser und aufmerksamer für sie, als für ihre Mitbrüder; denn der Verlust eines Thieres kostet Geld und öfters viel Geld, während ein Mensch durch einen anderen leicht wieder er- setzt wird und kein materielles Opfer veranlaßt. Mögen immerhin die Thierschutz-Vereine Feste feiern und sich ihres schönen Wirkens freuen und dadurch sich zu neuer Thätigkeit stärken, wir haben nichts dagegen, sondern freuen uns mit; so lange sie aber dem Menschenschutz nur eine bescheidene Stelle, nur ein verstecktes, geheimes Winkelchen ohne Namen in ihrer Arbeitsstätte einräumen, so lange ist der Sache der Menschheit nicht ganz gedient. Es dünkt mir daher an der Zeit zu sein, daß der größte Theil der schönen Kräfte, welche jetzt auf die bessere Behandlung der Thiere verwendet wer- den, auch auf die Menschen übergehe. Eigentlich aber sollten dieselben zuerst den Menschen zu Theil werden und erst später von den Menschen auf die Thiere zurückkommen. Wenn ich mir nun zum Schluß noch erlaube, meine subjective, d. i. durchaus nicht maßgebende Meinung und Ansicht über das Wie der Ausführung der ausgesprochenen Idee etwas näher zu erör- tern, so dürfte dies ungefähr in Folgendem bestehen: Wenn die mannigfachen Thierquälereien durch die Mitglieder der Thierschutz-Vereine und durch andere für gleiches Streben beseelte Menschen an das Tageslicht kommen und in den Vereinssitzungen zur Besprechung gelangen, so könnte ja auf dieselbe Weise ermittelt werden, in welchen Familien die Kinder verwahrlost oder unbedachtsamer Weise sich selbst überlassen bleiben, wo Schießgewehre oder andere Waffen, mit denen leicht Kinder und Erwachsene spielen und Unglück anrichten können, in Wohn- und Kinderstuben oder leicht zugänglichen Orten nachläßig hingestellt, liegen oder aufgehängt sind, wo ein Quacksalber sein Wesen zum Nachtheile der menschlichen Gesundheit treibt, wo arme Kranke tagelang ohne genügende Hilfe auf feuchtem Stroh in Schmuz und Unrath liegen, wo schlechte, morsche Haus- und andere Treppen, denen hin und wieder sogar einzelne Stufen mangeln, ein un- taugliches Geländer oder dergleichen Einfassungen, Umzäunungen ete. sich vorfinden, wo der Umschrot um einen Brunnen fehlt, oder morsch und verfault ist, wo kein zuverläßiger Steg über ein Wasser führt, wo der Hausflurboden Löcher und Gruben hat und ein Fremder des Abends Hals und Beine brechen kann, da solche Lokale nur in wenigen Häusern erleuchtet werden, wo irgend in einem Hofe oder Gehöft ein nicht umzäuntes Wasserloch oder eine nicht gehörig verdeckte Jauchengrube anzutreffen ist eic. Mitgliedern der Thierschutz-Vereine werden solche Uebelstände auf ihren Spazier- oder Ge- schäftsgängen nicht entgehen, sie werden, sobald als möglich, mit den Eigenthümern oder Besitzern von Häusern, Wirthschaften ete. in aller Freundschaft reden und sie zur Abstellung der gefahrdro- henden Lokalitäten veranlassen, und wenn ihre Bemühungen nicht fruchten sollten, die gemachten Wahrnehmungen dem Vereine mittheilen, damit selbige zur Anzeige in den Vereinsberichien oder öffent- lichen Blättern kommen, durch welche auch die Behörden davon Kenntniß erlangen. Ehe es dahin kommt und das Gesetz einschreitet, werden ‘die betreffenden Besitzer gewiß je eher je lieber das Nöthige herstellen lassen. Aber auch die stattgefundenen Verbesserungen sind dem Vereine zu melden, belobigend dann zu erwähnen, um dadurch Andere zu veranlassen, von selbst ein Gleiches zu thun, da es unmöglich ist, daß Alles, was dem menschlichen Leben Gefahr droht, von den Mitgliedern des Vereins 299 oder den Polizei-Beamteten wahrgenommen werden kann. Sind doch hier am Orte früher alle Haus- wirthe namentlich in den Zeitungen erwähnt worden, die wieder eine von den Menschenfallen — ge- öffnete Kellerthüren auf dem Bürgersteige — hatten beseitigen lassen. Ein Mitglied des Menschen- und Thierschutz-Vereines wird ferner nicht gleichgiltig vorübergehen, wenn es sieht, daß Kinder an gefährlichen Orten ihr Spiel treiben, wie z. B. auf oder in verfallenem Gemäuer, in Sandgruben, an Teich- und Flußufern, auf noch dünn gefrorenem Eise u. s. w., oder wenn unvernünftige Aeltern ge- wisse Geschäfte ihren Kindern übertragen, zu welchen ihre Körperkraft nicht ausreicht, oder welche mit Gefahren verknüpft sind, und kann es dem Uebelstande wegen Mangels an Zeit nicht gleich be- gegnen, so wird es andere Menschenfreunde veranlassen, einzuschreiten, damit kein Unglück sich er- eigne. Denn die Theilnahmlosigkeit und Lauheit vieler Menschen ist öfters von der Art, daß sie den- ken: „was gehet das Treiben der Kinder mich an? ich habe keine Zeit, die Kinder wegzubringen, mögen das Andere thun!‘“ Diesen Indifferentismus zu beseitigen, ist Sache des Vereins, das Gesetz allein ver- mag solches nicht; denn „lang und beschwerlich ist der Weg durch Vorschriften, kurz und wirksam aber durch Beispiele!“ Es ist rein unmöglich, alle Diejenigen, welche durch ihre Indolenz Schuld an einem Unglück haben, zu ermitteln und deshalb zur Bestrafung heranzuziehen. Der humane und erfahrene Mensch sieht vermöge seines Verstandes es voraus, daß ein Unglück unter Umständen entstehen könne, und erachtet es für seine Pflicht, demselben vorzubeugen; er fühlt sich berufen — ja es drängt ihn, sich ins Mittel zu legen, jeden Nachtheil, der angerichtet werden könnte, zu verhüten, so gut er es vermag. Der Verein für Menschen- und Thierschutz dürfte dann auch in seinen Sitzungen mit Nach- richten und Besprechungen über vorgekommene Lebensrettungen sich umständlich beschäftigen und namentlich durch seine Schriften auf die große Masse des Publikums segensreich einwirken. Mehr noch aber als diese öffentlichen Berichte dürften die Mittheilungen der Vereinsmitglieder an Bekannte und Freunde nützen, da die Zeitungen nicht Jedermann lieset und lesen kann, und mündliche Erzäh- lungen eine weit größere Verbreitung des Geschehenen bewerkstelligen. Wenn es im 2. Berichte über den schlesischen Central-Verein zum Schutz der Thiere heißt: „Die Humanität fordert Verstand wie Herz auf, sich der Thiere anzunehmen,‘ so setze ich noch hinzu: „sich der Menschen, wie der Thiere anzunehmen.“ Göttliches liegt der Wirksamkeit der Thierschutz-Vereine — gewiß auch dem Menschenschutz-Vereine — zum Grunde, und kann nicht durch die Gewalt irdi- scher Interessen zurückgedrängt werden. Wie schön, wie wohlklingend, wie hehr würde es nicht lauten, wenn der Thierschutz- Verein sich umwandelte in einen Verein für Menschen- und Thierschutz, und jedes Mitglied desselben von sich sagen könnte: „ich bin ein Mensch und nichts Menschliches ist mir fremd.“ Will der Mensch ein Werk vollbringen, Wähl’ er sich ein ernstes Wort, Das ihn treibe fort und fort, Und das Schwere wird gelingen! Greift nur hinein in’s volle Menschenleben und wo ihr’s packt, da ist es interessant! Goethe. Einen gediegenen Vortrag über das ‚„Realschulwesen“ hielt Herr Direktor Dr. Kletke. Da dieser Vortrag inzwischen als eine besondere Schrift im Druck erschienen ist (Breslau, Kern 1857), so ist die Aufnahme desselben in diesem Jahresbericht unzuläßig. ———e_———— 38 + 301 Bericht über die Thätigkeit der technischen Sektion im Jahre 1857, von Gebauer, zeitigem Sekretair derselben. Am 9. Februar machte der Sekretair des Gewerbe-Vereins, Herr Theod. Oelsner, eine Mittheilung aus der Schrift: „Gründung und Entwickelung des Hüttenwerkes zu Malapane vom kgl. Ober-Hütten- Inspektor Wachler.‘“ Die Gründung fällt in das Jahr 1753 unter Friedrich II. Die letzten Mittheilungen gehen bis 1854. Am 9. März hielt Herr Privatdozent Dr. Landolf, gegenwärtig Professor der Chemie in Bonn, einen Vortrag über den Leidenfrost’schen Versuch. Butigny hat in seiner letzten Ausgabe: ‚‚L’etat spheroidal,‘“ auch in deutscher Uebersetzung erschienen, mehreres Neue mitgetheilt, um den Versuch mit Erfolg und in der Art anzustellen, daß eine möglichst große Menge Flüssigkeit in dem glühenden Platintiegel in solchem Zustande erhalten werden kann, daß sie nicht die Tiegelwände benetzt. Wasser zeigt in diesem Zustande die Temperatur von 964° C., schweflige Säure — 73°, flüssige Kohlensäure — 49° C. Wird der Versuch in Silberschalen angestellt, so verdampft das Wasser in denselben sehr langsam. Wenn die Silberschale die Temperatur von 340° hat, so ist die Zeit des Verdampfens das ö0fache im Vergleich mit der Zeit, welche die gleiche Menge Wasser verbraucht, um in derselben Schale, ohne vorher Tropfenform angenommen zu haben, in Dampf verwandelt zu werden. Am 21. Dezember zeigte der Sekreiair der Sektion ein Stück Telegraphentau vor, wie es zur Legung der submarinen Telegraphen verwendet wird. Es besteht aus einer Reihe von Kupfer- drähten, von denen jeder mit einer Schicht von Guttapercha überzogen ist. Diese Drähte, dicht neben einander gelegt, sind mit Hanf in Theer getränkt umwickelt, und bilden ein Tau. Um dasselbe gegen äußere Beschädigung zu schützen, ist dasselbe dicht mit Eisendraht umhüllt. Man hat dazu nicht einen, sondern mehrere Eisendrähte nebeneinandergelegt, so daß durch dieselben das Aeußere das Ansehen einer vielfachen Schraube mit geringer Steigung gewinnt. 302 Die wichtige Entdeckung Faraday’s, daß in einer Rolle isolirten Drahtes bei Annäherung eines Magneten ein elektrischer Strom entsteht, ist durch die Anwendung, welche der verstorbene Gauß davon zu machen wußte, eine der folgenreichsten der neuesten Zeit geworden. Von ihm rührt die erste Errichtung der magnetischen oder elektrischen Telegraphen her, um sichere Nachrichten auf weite Distanzen zu geben. Nach ihm mußte der zur Rolle gewundene Draht isolirt bis zur Station, wo die Nachrichten ge- geben werden sollten, hin, daselbst eine neue Rolle bildend, und zurückgeführt werden. Diese zweite Rolle wirkte ablenkend auf eine Magneinadel oder einen Magnetistab. Aus der Form der Ablenkung erkannte man den Sinn des Mittheilens, indem man die Zahl der Ablenkungen westlich oder östlich Buchstaben bezeichnen ließ. Steinheil machte sehr bald die Kosten sparende Entdeckung, daß die Hälfte des isolirten Drahtes durch die Leitungsfähigkeit des Erdbodens ersetzt werden könnte. Auch ersetzte er die magnetische Induktion durch einen galvanischen Strom, welcher dauernd zu erreichen war, da man inzwischen die Entdeckung der konstanten Batterien gemacht hatte. Dies Nadelsystem, welches von Weasthone seine weitere Ausbildung erhielt, ist zum Theil noch in England im Gebrauch. r Statt in der entfernten Station die Rolle auf eine Magnetnadel wirken zu lassen, steckte man in dieselbe weiches Eisen, welches zur Zeit des Schließens der Kette magnetisch wurde und ein Eisen- stäbchen, welches durch eine schwache Feder entfernt gehalten wurde, anzog. Bei dem Oeffnen der Kette kehrte dasselbe in seine frühere Lage zurück. Indem dasselbe auf die Zähne eines Rades mit Zeiger wirkte, konnte der Zeiger durch wiederholtes Schließen und Oeffnen der Keite auf vorgezeich- nete Buchstaben gestellt werden. Man nannte solche Apparate, welche noch auf Eisenbahn - Stationen im Gebrauche sind, Zeigertelegraphen. Statt jenes Stäbchen auf ein Rädchen mit Zähnen wirken zu lassen, ließ man dasselbe, drehbar in seiner Mitte um eine Axe, mit seinem zugeschärften Ende auf einen durch ein Uhrwerk fortgezogenen Papierstreifen drücken, und erhielt daher kurze und lange Ein- drücke nach der Dauer des Schließens der Kelte, welchen man nach gewisser Reihenfolge die Bedeu- tung von Buchstaben und Zahlen beilegte. Man nennt solche Vorrichtungen Schreibtelegraphen nach Morse. Es sind dies die zur Zeit gebräuchlichen Instrumente. Im Anfange der Telegraphen-Einrich- tungen führte man den Leitungsdraht, um ihn zu isoliren, über Stangen, die mit Glaskapseln bedeckt waren, Da um dieselbe Zeit die leicht zu behandelnde Guttapercha in den Handel kam, welche ein die Elektrizität nicht leitender Stoff ist, überzog man damit die Leitungsdrähte und legte sie in den Erdboden, wodurch die Stangen erspart und der Draht der Beschädigung durch Bös- und Muthwillen oder sonst entzogen wurde. Die Leitung der Guttapercha war vortrefllich, aber nicht von Dauer, da sie von Mäusen und Gewürm beschädigt wurde, und mußte wieder aufgegeben werden. Gleichwohl ermuthigte ihre vortreffliche isolirende Wirkung zur Verwendung bei Drähten, welche durch das Wasser gelegt werden sollten. Es wurde der Telegrapk von Calais nach Dover ausgeführt. Der günstige Erfolg ermunterte zur Legung des Telegraphen von Varna nach der Krimm, später von Genua nach Sardinien, von Frankreich nach Algier und an kürzeren Entfernungen. In der neuesten Zeit tauchte der Gedanke auf, Amerika mit Irland in Verbindung zu setzen, durch eine Leitung von 4000 Kilometer, Länge der Entfernung von Queenstown bis Neufundland. Die mit dem Seil beladenen Schiffe Agamemnon und Niagara, unter Aufsicht der Physiker und Ingenieure Bright und Whitehouse, legten bis zu einer Meerestiefe von 2090. Faden das Tau bis auf eine Entfernung von 100 Meilen von Irland, wo durch einen Unglücksfall dasselbe zerriß und eine neue Legung nothwendig wurde. Der Vortrag wurde durch Zeichnungen versinnlicht. nn — 303 Bericht über die Thätigkeit der meteorologischen Sektion im Jahre 1858 von Dr. J. G. Galle, zeitigem Sekretair derselben. I. zwei vereinigien Sitzungen der naturwissenschaftlichen und der meteorologischen Sektion vom Jahre 1858 wurde eine Sammlung und Bearbeitung der Beobachtungen des Erdbebens vom 15. Januar 1858, insbesondere in der Provinz Schlesien, so wie deren Veröffentlichung durch den gegenwärtigen Bericht beschlossen, deren Ergebnisse in der nachfolgenden Abhandlung enthalten sind. | Das Erdbeben vom 15. Januar 1858, mit besonderer Berücksichtigung seiner Ausbreitung in der Provinz Preuss.-Schlesien, Dr, Moritz Sadebeck, Professor am Magdalenäum in Breslau. In den ersten Tagen nach dem am Abend des 15. Januars d. J. in unserer Provinz wahrgenom- menen Erdbeben gingen bald so viele Nachrichten und von so verschiedenen Seiten ein, daß man auf eine große Verbreitung dieses in unseren Gegenden seltenen Naturereignisses schließen konnte. In richtiger Würdigung der Wichtigkeit desselben erließen demzufolge die hochgeehrten Herren Sekretaire der naturwissenschaftlichen und meteorologischen Sektion unserer Gesellschaft, Herr Geheime Medizinal- Rath Professor Dr. Göppert, Herr Professor Dr. Römer und der Direktor der hiesigen kgl. Universitäts- Sternwarte Herr Professor Dr. Galle, durch die hiesigen Zeitungen unterm 19. Januar d. J. das Gesuch um Einsendung möglichst genauer Nachrichteu. Als nun in Folge dessen bis Mitte Februar 20 genaue und größtentheils tief in’s Einzelne eingehende Berichte eingelaufen waren, wurde der Verfasser in der vereinigten Sitzung der beiden vorgenannten Sektionen vom 26. Februar mit dem Auftrage beehrt, diese Berichte einer Bearbeitung zu unterwerfen. 304 Zur Vervollständigung dieses Materials ersuchte derselbe zuvörderst die hiesigen Zeitungen, ihm die an dieselben eingesendeten Original-Berichte zur Benutzung güligst anzuvertrauen. Diese Bitte er- füllte die Schlesische Zeitung sofort mit der größten Bereitwilligkeit, und die Breslauer übersandte gütigst sämmtliche von ihren Nummern, in welchen Nachrichten über das Erdbeben enthalten waren. Ferner bemühte sich der Verfasser, hierorts persönliche Erkundigungen einzuziehen, weil er erfahren hatte, daß das Phänomen auch in Breslau von glaubwürdigen Personen wahrgenommen worden war, und so kamen nach und nach über 100 Nachrichten, welche meist blos Schlesien betrafen, zusammen. Bei der Bearbeitung derselben machte sich sehr bald der Mangel an verbürgten Nachrichten vom wahren Heerde dieser großartigen Naturerscheinung fühlbar. Es war zwar mehrfach in österreichischen Blättern, als: Wiener Zeitung, Presse und Preßburger Zeitung, welche der Verfasser durchgesehen hatte, die Gegend von Sillein in Ungarn (Comitat Trentschin) als der Ort bezeichnet worden, wo die unterirdi- schen Gewalten sich am heftigsten kundgegeben haiten, so daß es gerechtfertigt wär, hier den Knoten- punkt zu suchen; allein von namhaften und geachteten Persönlichkeiten, Dr. Julius Schmidt, Astronom der Privat-Sternwarte des Herrn Prälaten von Unkrechtsberg in Ollmütz, und Professor Dr. Kornhuber in Preßburg, wurde der Knotenpunkt in die noch zwei Meilen südlichere Gebirgsgruppe des Mincov vrch (Mintschov) verlegt. Bei aller Hochachtung: vor den wissenschaftlichen Leistungen dieser Männer konnte der Verfasser seinerseits einen bescheidenen Zweifel gegen diese Translocirung nicht unterdrücken, und da es wegen der Bestimmung der Geschwindigkeit der Erdwellen höchst wünschenswerth war, über diesen Kardinalpunkt möglichst in’s Klare zu kommen, so unternahm er in der Pfingstwoche eine Reise nach jenen Gegenden. Von Dr. Schmidt aufmerksam gemacht, daß er bei seiner schon im Februar d. J. unternommenen Reise, den von ihm angenommenen Centralpunkt zu besuchen und die Seehöhe desselben zu bestimmen, der Jahreszeit wegen nicht im Stande gewesen sei, nahm ich zwei gute Heber-Barometer, mehrere Ther- mometer, einen Theodoliten und ein Chronometer mit. Der großen Freundlichkeit und Güte, mit wel- cher man mich in Sillein von allen Seiten beehrte, verdanke ich es, daß es mir gelungen ist, mein Vorhaben auszuführen. Der Stuhlrichter, Herr von Taynthal, dem ich mich bald nach meiner Ankunft in Sillein vorgestellt hatte, veranstaltete sofort einen Ausflug nach dem Mincov, an welchem er selbst Theil nahm, und wofür ich mich gegen ihn zum größten Dank verpflichtet fühle, Es begleitete uns außerdem Herr Professor Schütz, Lehrer an der dortigen Realschule, ein eifriger Freund der Naturwis- senschaften, mit welchem ich während der ganzen Zeit meines vierlägigen Aufenthaltes in Sillein fast immer zusammen war, dem ich die meisten mündlichen Nachrichten verdanke und der mich auf Alles aufmerksam machte, was besonders merkwürdig war; ferner hatten sich noch aus wissenschaftlichem Interesse angeschlossen die Herren Dr. Cohn, Ingenieur Knorr, Inspektor Seidler, Wegemeister Slowitzky und Stuhlrichter-Amis-Adjunct Trunk. Trotz des ungünstigen Weiters, welches uns auf dem Gipfel des Berges überraschte, gelang es, die beabsichtigten Höhenbestimmungen desselben auszuführen, welche in einem besonderen Abschnitte dieser Schrift ausführlich behandelt werden sollen. Wir hatten gehofft, in den Bergen Spuren vom Erdbeben, als Erdspalten oder Felsstürze, wahrzunehmen, aber vergebens. Auch unsere Führer, welche die ganze Gebirgsgegend sehr genau kannten und oft in derselben herumwan- derten, sagten aus, daß sie nirgends derartige Erscheinungen gesehen oder davon gehört hätten. Eine geographische Ortsbestimmung von Sillein auszuführen, wurde ich durch das eingetretene schlechte Weiter verhindert. Denn obgleich ich auf dem Mincov einige Winkelmessungen angestellt hatte, so war es nicht möglich, die dazu erforderlichen Gegenbeobachtungen in Sillein anzustellen, weil die Berge, sowohl der Mincov, als auch der Krivan Fatra, welche beide Dreieckspunkte des österrei- chischen Generalstabes gewesen sind, fortwährend in Wolken eingehüllt waren. 305 Das Erdbeben vom 15. Januar hat bereits mehrere Bearbeiter gefunden, welche ihre gediegenen Arbeiten auch schon durch den Druck veröffentlicht haben, nämlich: 1) Dr. G. A. Kornhuber. Das Erdbeben vom 15. Januar 1858, besonders rücksichtlich seiner Verbreitung in Ungarn. Mitgetheilt in der Versammlung des Vereins für Naturkunde zu Preß- burg am 12. April 1858. (Wir erhielten einen Separatabdruck von dieser, wie es scheint, in die Verhandlungen des genannten Vereins aufgenommenen Schrift.) 2) J. F. Julius Schmidt. Untersuchungen über das Erdbeben am 15. Jänner 1858. Mit 2 Karten. Separat-Abdruck aus den Mittheilungen der k. k. geographischen Gesellschaft in Wien. I. Jahr- gang. 11. Heft. 3) Die Schrift des Professor Jeitteles in Troppau hat mir nicht vorgelegen, und ich kenne die- selbe blos einem in der Wiener Zeitung enthaltenen Auszuge nach. Demnach dürfte es gewagt erscheinen, auf's Neue mit einer Bearbeitung dieses Stoffes vorzutreten. Allein einmal lag es in der Absicht der beiden Sektionen unserer Gesellschaft, der naturwissenschattli- chen und der meteorologischen, die Verbreitung des Phänomens in unserer Provinz den eingegangenen Berichten gemäß feststellen zu lassen; sodann aber hoffe ich durch die auf eigene Anschauung und eigene Untersuchungen gegründete Beschreibung des Gebietes von Sillein eine kleine Ergänzung zu den Arbeiten meiner Vorgänger zu liefern, deren ich mich mit großem Nutzen bedient habe. Die Verbreitung des Erdbebens im Allgemeinen. Das Gebiet, über welches sich die Erschütterungswellen verbreitet haben, liegt zwischen 47° 55° N. B. (Börsöny bei Waitzen in Ungarn) und 51° 25° N. B. (Deutsch-Hammer bei Trebnitz in Schle- sien), und zwischen 32° 38° O. L. (Kratzau in Böhmen) und 38° 40° O. L. (Tarnow in Galizien). Der Flächenraum beträgt etwa 1200 geographische Quadratmeilen, wovon ziemlich ein Drittel auf Preuß.- Schlesien, das zweite Drittel auf Oesterreich.-Schlesien, Mähren und Böhmen, und das dritte auf Ungarn und Galizien kommt. Die Begrenzungslinie erscheint, wenn man überall die äußersten Punkte der Reihe nach mit einander verbindet, als ein unregelmäßiges Polygon mit einspringenden Winkeln. Sie lauft, vom nördlichsten Punkte angefangen, von Deutsch-Hammer über Breslau nach Hirschberg, also quer durch Schlesien, von da über den Iser-Kamm hinweg nach Kratzau in Böhmen, bildet hier einen spitzen Winkel und zieht sich in südöstlicher Richtung, dem Fuße der Sudeten auf der böhmischen Seite fol- send, bis Geyersberg bei Wildenschwerdt. Hier eine mehr südliche Richtung annehmend, überschreitet sie bei Tatenitz die böhmisch-mährische Grenze und zieht sich über Mährisch-Trübau nach Brünn. Von hier wendet sie sich unter einem rechten Winkel über Austerlitz nach Ungr.-Brod, trifft, nachdem sie die kleinen Karpathen überschritten hat, in Ungarn zuerst Trentschin, von wo sie, wieder eine südliche Richiung annehmend, über Ban und Neitra nach dem südlichsten Punkte, Börsöny, hinabsteigt. Von hier gebt sie unter einem stumpfen Winkel in nordöstlicher Richtung über Balassa-Gyurmat, Gacs und Ratko nach Nagy-Röcze, überschreitet die Wasserscheide der Gran und Waag in nordwestlicher Richtung und wendet sich, nachdem sie St. Miklos berührt hat, auf’s Neue nordöstlich, das Tatra-Ge- birge kreuzend, nach den galizischen Städten Sandec und Tarnow, den östlichsten Punkten. Nunmehr wendet sie sich plötzlich in westlicher Richtung nach Krakau und Myslowitz, und endlich nordwestlich, - ziemlich der schlesisch-polnischen Grenze entlang, über Woischnik, Lublinitz und Kreuzburg zurück nach Deutsch-Hammer. Die größte Diagonale, eine von Deutsch- Hammer nach Börsöny gezogene Linie, welche 54,2 geographische Meilen lang ist, theilt das Gebiet in zwei ungleiche Theile, von denen der westliche bedeutend kleiner ist als der östliche, und bleibt 5 Meilen westlich von Sillein; aber eine von Deutsch-Hammer nach Balassa-Gyurmat, dem nächst Börsöny südlichsten Punkte, gezogene ist 39 306 53,6 Meilen lang, berührt das Thal von Sillein und theilt das Gebiet in zwei ziemlich gleiche Theile. Sie hat merkwürdiger Weise dieselbe Richtung wie die Axe der Centralfläche, die Linie: Sillein-Vis- nyove. Eine zweite von Brünn nach Tarnow, also ziemlich westöstlich gezogene Linie von 44,3 Meilen Länge schneidet die erstere fast rechtwinkelig, und diese beiden Linien halbiren sich beinahe gegen- seitig. Der Kreuzungspunkt, welcher demnach nahezu der Mittelpunkt des ganzen Gebietes ist, trifft ohngefähr nach Friedland an der Ostrawitza auf der Grenze zwischen Mähren und dem Fürstenthum Teschen, und liegt 7 Meilen nordnordwestlich von Sillein. Die Erschütterungswellen haben sich in der Richtung der großen Axe nach Norden hin noch einmal so weit fortgepllanzt als nach Süden, während der Unterschied in westöstlicher Richtung, also in der kleinen Axe viel geringer (etwa 7 Meilen) ist, was in der Beschaffenheit des Bodens seinen Grund haben dürfte. Das Centralgebiet des Erdbebens und die Erscheinungen daselbst. Der Ort, wo ein Erdbeben am heftigsten aufgetreten ist, muß unstreitig als der Mittelpunkt oder vielleicht richtiger, als der Ausgangspunkt desselben betrachtet werden. Er wird freilich nicht ein geometrischer Punkt sein, sondern eine größere oder kleinere Fläche, je nach der Heftigkeit des Phä- nomens und nach der physischen Beschaffenheit des Bodens. Im vorliegenden Falle ist es die Gegend von Sillein im Trentschiner Comitate Ungarns; denn hier und in den benachbarten Ortschaften Bitschitz, Visnyove, Rosina, Trnove, Mois und Teplitzka hat das Erdbeben am meisten sichtbare Zei- chen zurückgelassen. Von dieser beinahe 2 Quadratmeilen einnehmenden Fläche sind die Bewegungs- wellen ausgegangen, wie aus allen zuverläßigen Beobachtungen erhellt. Die genannten Orte liegen in einem sanft welligen und nach Süden hin gelind aufsteigenden Thale von etwa 12 Meilen Länge (von Ost nach West) und 1 Meile Breite (von Süd nach Nord), welches von der Waag in derRichtung von Südost nach Nordwest durchflossen und allseiiig von den Vorbergen des kleinen Fatra-Gebirges, der Beskiden und der kleinen Karpaihen (ungar.-mähr. Grenzgebirge) ein- geschlossen wird. Die mittlere Seehöhe *) kann 1100 P. F. angenommen werden. Die Waag hat bei einem mittleren Wasserstande eine Breite von etwa 100 Fuß, meist sehr flache Ufer, starkes Gefälle und ihres steinigen Grundes wegen schönes klares Wasser von meergrüner Farbe. Ihre Zuflüsse sind hier: 1) Die Kischutza, welche auf den Beskiden, dem schlesisch-ungarischen Grenzgebirge, entspringt, aus einem engen Thale heraustretend östlich von Sillein bei dem eine Achtel-Meile entfernten Dorfe Budatin auf der rechten Seite der Waag einmündet, und daher unserem Thale nur auf eine kurze Strecke angehört. Sie ist bedeutender als die übrigen Zuflüsse. 2) Die Varinka, welche vom kleinen Fatra-Gebirge von Kornhuber (Variner Alpen passend ge- nannt) herkommt und unweit Varin, ebenfalls auf der linken Seite mündet. 3) Die Zilinka oder Rajeszonka, auf der linken Seite der Waag, kommt von den Facsko-Bergen an der Grenze des Unter-Neitraer Komitats, nimmt selbst noch einige kleine Zuflüsse in unse- rem Thale auf und mündet wenig unterhalb von der Kischutza. 4) Die Roszinanka, auf der linken Seite der Waag, kommt aus den Vorbergen des Mincow und mündet kurz vor Sillein auf der linken Seite. 5) Zwei kleinere unbenannte Bäche, welche ebenfalls aus den Vorbergen des Mincov kommen. Alle diese Zuflüsse, mit Ausnahme der Kischulza, treten bald, nachdem sie die Berge verlassen haben, in unser Thal und bleiben in demselben bis zu ihrer Mündung. ") Hier, wie überall in diesem Abschnitte beziehen sich derartige Angaben auf das adriatische Meer bei Triest, 307 Die Berge, welche das Thal unmittelbar einschließen, haben fast überall einen sehr steilen Abfall gegen dasselbe und erheben sich 600 bis 1000 Fuß über seine Sohle. Sie sind wenig oder gar nicht bewaldet und bestehen theils aus Karpathensandstein, theils aus Lias-Kalk (nach Zeischner). Letzterer erscheint besonders in den Bergen oberhalb und südöstlich von Visnyove, welche die engen, schroffen und ihurmhohen Schluchten der Roszinanka und ihrer Zuflüsse bilden, und von denen die eine, Lvoncidiei genannt, deßhalb interessant ist, weil aus ihr nach den Aussagen der Landleute das donnerarlige, das Erdbeben begleitende Rollen oder Brausen (Huceni) gekommen sein soll. Der Karpathensandstein da- gegen bildet die Berge im Westen und Norden. Unmittelbar hinter den Bergen von Visnyove erhebt sich ein kettenförmiges Hochgebirge, von Kornhuber Veternahola genannt, dessen höchster Gipfel, der Mincow (Mintschov), nach meiner Bestimmung eine Höhe von 4162 P. F. (über dem adriatischen Meere) erreicht. Nordöstlich davon, und durch ein tiefes Spaltenthal der Waag getrennt, ziehen sich die Vari- ner oder Thuroczer Alpen hin, deren höchster Gipfel (5132 P. F.) auf der Komitatskarte als Krivan Fatra bezeichnet ist und von Kornhuber Studenetz genannt wird. Es dürfie das Sicherste sein, sich hier an Kornhuber zu halten, welcher im Jahre 1856 zwei Mo- nate hindurch, um geognostischer Forschungen willen, in dieser Gegend zugebracht und gelegentlich auch eine Menge barometrischer Höhenmessungen angestellt hat. In der äußeren Gestaltung haben diese Gebirgsketten keine Aehnlichkeit mit den Centralkarpathen, sondern sind durch längere Rücken mit kegelförmigen oder domartigen Gipfeln charakterisirt. Das Ge- stein ist vorherrschend Granit, auf welchem hie und da Gneiß und Glimmerschiefer lagern, Am Mincov trafen wir aber auch Diorit anstehend, dessen nähere Beziehung zu den vorgenannten Gebirgs- arten wegen Kürze der Zeit und ungünstigen Weiters nicht ermittelt werden konnte. Die Flora des Gebietes scheint von der unserigen nur wenig verschieden zu sein. Sie war wäh- rend meines Aufenthaltes daselbst (Pfingsten 1858) im Vergleiche mit unserer Provinz wohl um 14 Tage zurück. Leontodon taraxacum hatte z. B. noch nirgends einen reifen Pappus, der Birnbaum war eben erst in voller Blüthe und das Getreide in seiner Entwickelung sehr zurück. Auffallend war die sehr große Verbreitung von Alchemilla vulgaris, welche Pflanze bei uns zwar nicht zu den Seltenheiten gehört, aber doch nirgends so häufig ist, wie dort, wo sie vom Tieflande bis hoch in das Gebirge hinauf angetroffen wurde. Auf den Bergen trafen wir nur eine einzige, unseren Höhepunkten fremde Pflanze, Soldanella alpina; außerdem noch Potentilla aurea, Veratrum Lobelianum (bis auf den Gipfel des Mincov), Dondia Epipactis. Sonst sind noch an verschiedenen Orten des Thales und der niedrigeren Berge beobachtet worden: Lathyrus niger, Anemone nemorosa und ranunculoides, Menyanthes trifoliata, Hepatica nobilis (eben in voller Blüthe). Potentilla fragariastrum soll nach Aussage des Professor Schütz nicht selten sein. Die Stadt Sillein, ungarisch Zsolna, böhmisch Silleni, unter 49° 155 N. B., 36° 24',7 O. L., 1070 P. F. über dem adriatischen Meere, hat eine freie, gesunde Lage, am nordwestlichen Ausgange des Waagthals und der Einmündung des Kischutzathales, und Kalkfelsen zum Untergrunde, welcher auf der Ostseite der Stadt ansteht und hier nach dem Flußgebiete der Waag steil abfällt, während er nach der enigegengesetzten Seite hin von Diluvialmassen bedeckt ist. In früheren Zeiten soll die Waag den anstehenden Kaikfelsen unmittelbar bespült haben, während gegenwärtig ihr Bett etwa 1000 Schritt davon entfernt ist. Hinsichtlich der Größe und Bauart kann sie mit unseren kleineren Provinzialstädten (Tar- nowitz) verglichen werden. Auf dem freien Platze, dem Ringe, welcher ein freundliches Aeußere hat, sind alle Häuser zweistöckig, aus Stein gebaut und im Erdgeschesse gewölbt; auf der Ost-, Süd- und Westseite des Ringes sind sie mit gemauerten Lauben (Arkaden) versehen. Eine Zierde des Platzes ist die katholische, mit zwei Thürmen versehene Paulskirche, auf der Westseite, welche von den Jesuiten 39* 308 erbaut worden ist. Das zugehörige, fest und gut gebaute Stiftsgebäude ist von dem Bischofe von Neitra zu einem Waisenhause benützt worden und ist das ansehnlichste Gebäude der Stadt. Außer der Pauls- kirche hat die Stadt noch zwei andere ebenfalls katholische Kirchen, die Pfarrkirche, am Rande des vorgenannten Fels-Abhanges, und die Franziskanerkirche, in der nördlichen Vorstadt, von denen die ersiere im Jahre 1848 eingeäschert und bis jetzt noch nicht wieder so weit hergestellt worden ist, daß sie zum Gottesdienste benützt werden könnte. Die Bevölkerung ist eine gemischte, theils magyarisch, theils slawonisch, theils deutsch. Conver- sationssprache der Gebildeten ist die deutsche, weil die meisten Beamteten Deutsche sind. Die slawo- nische Sprache ist eine Mundart der böhmischen, und man hört sie vorzüglich nur bei dem gemeinen Manne und bei den Landleuten. Die Magyaren reden am liebsten ihre National-Sprache, welche gegen- wärlig in ganz Ungarn ungemein kultivirt wird, oder lateinisch, verstehen aber auch meistentheils Deutsch. Sillein ist der Sitz eines Stuhlrichter-Amtes, d. i. der vereinigten Polizei- und Justizbehörde, und hat eine sogenannte Unter-Realschule. Nach dem amtlichen Berichte des Stuhlrichters und nach den mündlichen Aussagen vieler Gewährs- männer ist das Erdbeben in Sillein, Bitschitz und Visnyove am heftigsten gewesen, und in Sillein selbst in der inneren Stadt heftiger als in den Vorstädten. Alle gewölbten Lauben haben bedeutende Sprünge erhalten, welche auf der Ost- und Westseite des Ringes quer durch, auf der Südseite dagegen der Häu- serfront parallel liefen. Die Gesimse sind an vielen Häusern herabgestürzt, auf der Nordseite des Ringes sogar ein ganzer gemauerter Giebel. Noch ärgere Verwüstungen waren sichtbar, wenn man in’s Innere der Gebäude kam, wo sich in den Mauern so bedeutende Sprünge zeigten, daß man hindurchsehen konnte. Die Gewölbe der Kirchen waren ebenfalls zerrissen. Hie und da waren sogar Zimmerdecken und Ge- wölbe eingestürzt und der Putz von Wänden und Decken herabgefallen. Ganz verschont soll kein ein- ziges Haus geblieben sein. Am meisten haben die Eckhäuser und die oberen Stockwerke gelitten, und massive Gebäude mehr als die aus Bindwerk zusammengesetzten. Fünf Häuser sind geradezu unbe- wohnbar geworden. Dies Alles habe ich mit eigenen Augen gesehen, nachdem schon sehr viel wieder ausgebessert worden war. Der Schaden ist amtlich auf 40,000 Gulden geschätzt worden. Aus einem Plane von Sillein, in welchem die Punkte bezeichnet waren, wo die Beschädigungen am ärgsien gewesen waren, und welchen mir der Präfekt des Waisenhauses, Herr Drahotusky, gefälligst geliehen hatte, habe ich ersehen, daß sich die Wirkung der schrecklichen Gewalt über die ganze Stadt verbreitet hatte. Doch scheint der westliche Theil mehr gelitten zu haben als der östliche, welcher einen felsigen Grund hat, wie oben schon bemerkt worden ist, Der Herr Stuhlrichter, welcher bei der schrecklichen Katastrophe eine rühmliche Umsicht und Thä- tigkeit entwickelt und dadurch noch größeres Unglück verhütet hat, so daß nicht der Verlust auch nur eines einzigen Menschenlebens zu beklagen war, hat mir gütigst den von ihm abgefaßten amtlichen Be- richt geliehen, welchem folgende Schilderung entnommen ist. „In Sillein stürzten alle Menschen bei dem ersten Stoße auf die Straße, viele ohne Winterkleider; die Frauen trugen ihre nur mit dem Hemde bekleideten Kinder in das Freie. Um die Marienstatue auf dem Marktplatze sammelten sich eine Menge Andächüge, welche bis zur Mitternacht Trost im Gebet suchten. Die Entmuthigung wuchs immer mehr, als sich die Stöße wiederholten, und notorisch wurde viel geistiges Getränk genossen. Auch die Thiere geriethen in große Angst. Die Hunde heulten und suchten sich zu verstecken, das Rindvieh brüllte und erhob sich vom Lager, das Geflügel flaiterte un- ruhig umher, die Hühner drückten den Schnabel auf den Boden, die Tauben flogen aus, und die Pferde schnaubten, stampften und verschmähten das Futter.“ Zur Charakterisirung der ersten Erschütterung, welche Abends nach 8 Uhr eintrat, theile ich vor 309 Allem die Angabe desselben amtlichen Berichtes mit, daß nach Aussage der Meisten der erste Stoß von Südost nach Nordwest ging und 5 Sekunden dauerte, daß aber Andere, welche den südöstlichen Theil der Stadt bewohnten, den Stoß von Nordwest nach Südost fühlten. Ebenso wichtig ist ein brief- licher, ursprünglich böhmisch abgefaßter Bericht von Prof. Clemens, Lehrer an der Realschule, welchen er mir in einer von seiner Frau abgefaßten Uebersetzung übergab, und zu dessen richtiger Beurtheilung ich vorausschicken muß, daß Prof. Clemens in der nördlichen Vorstadt im ersten Stock eines Hauses aus Bindwerk wohnt, in welcher Gegend die Wirkungen minder heftig gewesen sein sollen, und daß er sich kurz vor Eintritt des Erdbebens zur Ruhe begeben hatte, weil er in der Nacht bei seiner kran- ken Frau wachen wollte. Er sagt: „Um 4 auf 9 Uhr that meine Frau einen Schrei; ich war augen- blicklich auf den Füßen und bemerkte staunend, daß die eine Ecke des Zimmers stieg, die andere fiel, wobei alles Geräthe im Zimmer schwankte; ich nahm also gleich die Uhr zur Hand und bemerkte die Zeit. Meine Frau sagte, daß es gleich im Anfange mit ihrem Belt hin und her gerüttelt hatte, in der Richtung von Süd gegen Nord, in welcher Richtung auch einige Sachen umgeworfen, Wasser und Milch ausgeschüttet waren. Ich wachte bei meiner Frau bis früh und zeichnete die Erschütterungen genau auf.“ Die Dauer dieser ersten setzt er im Verlaufe des Berichtes auf 10 Sekunden an. Mitten in der Stadt glaubt man aber auch vertikale Stöße wahrgenommen zu haben. Frau von Taynthal erzählte mir, daß sie in ihrer Wohnung (Südseite des Ringes), ziemlich mitten im Zimmer sitzend, von ihrem Sessel plötzlich in die Höhe gestoßen worden sei, in demselben Augenblicke ein Stück Putz von der Decke auf ihr im Beit schlafendes Kind herabstürzen gesehen habe, welches wun- derbarer Weise unverletzt blieb, und daß, als sie mit demselben auf die Straße eilie, auf der Treppe fortwährend Ziegelstücke von dem Lichtfenster im Dache hinter ihr her gefallen seien. Aehnlich ist auch die Frau Professor Schütz, wie ich aus ihrem Munde vernommen habe, in ihrem Wohnzimmer (eben- falls auf der Südseite des Ringes) vom Sessel plötzlich in die Höhe gestoßen worden, während gleich- zeitig die Stubenthür in der von Ost nach West laufenden Wand gewaltsam aufgerissen und wieder zu- geschlagen wurde. Bei Schmidt heißt es (Seite 22): „Nach 8 Uhr Abends vernahm man zuerst das Rollen, *) zweitens (aber nicht allgemein) ein leises Zittern, drittens die lebhaft schaukelnde wellenförmige Schwan- kung und viertens das schreckliche 5 bis 6 Sekunden dauernde horizontale Rütteln, dem kein noch so dickes Mauerwerk widerstand, und welches alle festen Gebäude mit der äußersten Gefahr bedrohte. Die sehr scharfe Auffassung eines Silleiner Beobachters gab die letzte rüttelnde Bewegung folgender- maßen an: 1. Sekunde horizontal von Süd nach Nord, 2. Sekunde von Nord nach Süd, 3. Sekunde von Süd nach Nord, 4. Sek. von Nord nach Süd, 5. Sek. bogenförmig von unten nach oben, äußerst ge- waltsam von Süd nach Nord.“ Daß diese Aussagen nicht völlig übereinstimmen, wird man erklärlich finden, wenn man erwägt, daß Niemand auf ein so ungewöhnliches Naturereigniß vorbereitet sein und die volle Besinnung und Ruhe bewahrt haben konnte, um dasselbe seinem ganzen Verlaufe nach im Gedächtnisse gleichsam zu photographiren. Durch die Zusammenstellung einzelner von verschiedenen Personen scharf wahrgenom- menen Thatsachen wird man sich der Wahrheit mehr nähern, als durch Festhalten an der Beobachtung eines Einzigen, wenn sie auch noch so sehr in das Einzelne eingegangen zu sein scheint. Faßt man nun Alles zusammen, so scheint sich als unzweifelhaft zu ergeben, daß hier mindestens ein Sioß von unten kam, durch welchen eine rüttelnde Bewegung hervorgerufen wurde, welche mit zunehmender Entfernung von dem Orte des Stoßes in eine wellenförmige überging. Auch später noch *) Dieses unterirdische Rollen hat nach meinen persönlichen Erkundigungen beim ersten Stosse sonst Niemand gehört. 310 sind Stöße von unten herauf wahrgenommen worden. Prof. Clemens sagt in dem vorerwähnten Berichte: „Den 19. Jänner hatte ich meine Schüler in der ersten Klasse versammelt, zeichnete und erläuterte ihnen die Entstehung der Erde, da erhielten die aufmerksam gespannten Knaben einen Stoß von der Erde herauf (nach einem vorhergegangenen schwachen Getöse).“ Aus Bitschitz, eine schwache halbe Meile südlich von Sillein, 80 P. F. höher als der Ring dieser Stadt, auf tertiärem Sandsteine (Kornhuber), Dominialbesitz des Herrn Wagner, eines wissenschaftlich gebildeten Mannes, der mich mit großer Freundlichkeit aufnahm, und dem ich eine Menge interessanter Mittheilungen verdanke, bringt die Preßb. Zeitung folgenden Bericht (wahrscheinlich von Herrn Wagner): „Abends um 8 Uhr 51 Min. erfolgte eine furchtbare Detonation, gegen die ein Donnerschlag nicht ver- glichen werden kann; gleich darauf folgte das theils horizontale, theils wellenförmige Erdbeben. Mein solides Wohngebäude schwankte gleich einem Karienhause und schien aus allen Fugen zu gehen; das Schlafzimmer, wo ich mich gerade befand, war im Augenblick mit herabfallenden Mörtelstücken bedeckt, und die Gewölbe drohten mit Einsturz. Ich suchte mit meiner Familie Zuflucht in den unteren Räumen, denn die herabfallenden Ziegel des Stiegenhauses ließen mich den Einsturz des letzteren befürchten. Alle Glocken im Hause läuteten, Möbel stürzten um. Es war in der That ein schaudererregendes Er- eigniß. Seit der ersten Eruption zählten wir bis jetzt 12 Erderschütterungen, jede von donnerähnlichem Getöse begleitet.“ Hieraus geht hervor, daß die Bewegung eine rüttelnde war, und der Umstand, daß das Pendel einer guten Uhr aus seinen Lagern herausgestoßen worden war, so daß sie stehen blieb, scheint dafür zu sprechen, daß auch hier ein vertikaler Stoß stattgefunden haben muß. Die Be- wegungen erfolgten in einer fast ostwestlichen Richtung, wie mir Herr Wagner mündlich mittheilte; sie kamen von dem benachbarten Rosina herüber, wie auch der amtliche Bericht des Stuhlrichters aussagt. Die Detonation dagegen kam vom Mincov her. In Visnyove, eine Meile südsüdöstlich ‘von Sillein, an der Kirche 310 Fuß höher als Sillein, auf Kalk, war die Bewegung ebenfalls eine rüttelnde. Bei mündlicher Erkundigung wurde mir die Rich- tung als eine südnördliche, aber auch gerade entgegengesetzt angegeben. Hier hat die Kirche am meisten, und zwar auf der Südseite gelitten, so daß sie eine Zeit lang geschlossen wurde, während das ein- stöckige Dominialgebäude und die hölzernen Häuser der Bauern so gut wie gar nicht beschädigt worden sind. Auch hier hat man eine heftige Detonation gehört, welche nach der Aussage der Landleute aus der schon oben erwähnten, eine Viertel-Meile südlicheren Schlucht Lvoneidiel kam, im Schlosse dage- gen in der Tiefe vernommen wurde. Ich habe diese Schlucht, welche von fast senkrechten Felswänden (Liaskalk) gebildet wird, und wo manche Felsstücke ganz lose aufzuliegen schienen, besucht, aber nicht die mindeste Spur vom Erdbeben beobachtet. Auch in Rosina, zwischen Sillein und Visnyove, 1158 P. F. über dem Meere, auf tertiärem Lehm und Sand (Kornhuber), ist das Erdbeben heftig gewesen. Von Beschädigung an Gebäuden habe ich aber keine Kunde erhalten, außer daß die Spille des Kirchthurmes eine schiefe Lage bekommen hatte. Eine sichere Angabe der Richtung war nicht zu ermitteln. In Teplitzka, 2 Meilen östlich von Sillein, 1050 Par. F. über dem adriatischen Meere, waren die Zerstörungen im Schlosse bedeutend, die Richtung der Stöße südnördlich (Schmidt). In Moiz, 1 Meile südöstlich von Sillein, 1060 P. F. über dem Meere, war das Erdbeben sehr stark, aber die Verwüstungen nicht nachweisbar wegen der hölzernen Häuser (Schmidt). In den weiter östlich gelegenen Ortschaften waren die Erschütterungen schon viel geringer, z. B. in Nedecza, Gbellan und Varin, ebenso in den nördlich und westlich gelegenen, als Budalin, Strazov, Zavadje, Banova, Lietava, Illove und Porubka. Was die Zeit der ersten Erschütterung betrifft, so liegen zwei von einander sehr abweichende An- 311 gaben vor. Die ersie, 8 Uhr 2 Minuten, stützt sich darauf, daß eine gute Pendeluhr des Stuhlrichters durch den Stoß zum Stillstande gebracht worden war. Sie war nach einem Wiener Chronometer ge- stellt worden; ob mit Rücksicht auf den Zeitunterschied zwischen Wien und Sillein, konnte nicht er- mittelt werden. Wenn dieser bei der Stellung vernachläßigt worden sein sollte, so würde die Angabe um 9,5 Minuten zu vermehren sein, denn um so viel liegt Sillein östlicher als Wien, und man erhielte dann 8 Uhr 11,5 Min. Die zweite Angabe, 8 Uhr 15 Min., ist daher entnommen, daß nach Aussage des Prof. Schütz bald nach dem ersten Stoße, als Alle aus den Häusern geflohen waren, die Thurmuhr ein Viertel auf Neun schlug. Mein Gewährsmann meint, daß etwa 3 Minuten, verflossen sein konnten, und dann würde sich die Angabe auf 8 Uhr 12 Minuten reduciren und mit der ersten überraschend stimmen. Allein da die Thurmuhr in Sillein, wie ich mich während meiner Anwesenheit überzeugte, weder immer richtig gestellt wird, noch einen regelmäßigen Gang hat, so kann man darauf gar kein Gewicht legen, und man wird der Wahrheit näher kommen, wenn man den Moment so nimmt, wie er nach zuverläßigen Angaben aus ferneren Gegenden nach den Prinzipien der Wahrscheinlichkeitsrech- nung festgestellt worden ist, nämlich 8 Uhr 9 Min. 2 Sek., wie später gezeigt werden soll. Die aus Bitschitz gemeldete Zeit, 3 Uhr 51 Min., zu welcher die Pendeluhr des Herrn Wagner stehen geblieben war, kann nicht richtig sein. Die Stöße haben sich am 15. und 19. in Sillein ziemlich rasch hinter einander wiederholt, in der Stadt nach dem amtlichen Berichte an demselben Tage um 8 Uhr 30 Min., S Uhr 45 Min., 12 Uhr Mitternacht; darauf am 16.: 3 Uhr, 9 Uhr und 10 Uhr Morgens; ferner am 17.: 6 Uhr 30 Min. und 6 Uhr 40 Min. Abends; am 19.: 9 Uhr 30 Min. Morgens; endlich noch im Februar am 19.: 9 Uhr Morgens, am 22.: 11 Uhr 30 Min. Abends, am 24.: A Uhr Morgens. In den Zwischenzeiten wurden noch einige Stöße wahrgenommen (Prof. Clemens und Präfekt Drahotusky), deren Aufzählung jedoch übergangen wird (vergleiche hierüber Schmidt’s Schrift, Seite 34, 35 und 36); im Ganzen 20 und einige. Auch in Bitschitz, Visnyove u. a. O. hat man eine Wiederholung der Stöße beobachtet, in Bitschitz über 30. Die Zeitangaben sind unsicher und werden deßhalb nicht mitgetheilt. Fast vor einem jeden Stoße ist in dem ganzen Silleiner Thale ein unterirdisches Rollen oder Don- nern wahrgenommen worden, und die Landleute, welche zur Zeit von Erschütterungen im Freien waren, sagen aus, daß dies Getöse, von ihnen als ein gewaltiges Brausen (Huceni) bezeichnet, aus einer Schlucht Lvoncidiel am Fuße des Mincov kam. Herr Wagner in Bitschitz bezeichnet es als eine Detonation, während die Landleute aussagen, daß es schwach ‚begann, aber rasch und heftig anschwoll. Ein Beob- achter verglich es mit dem Heranbrausen, welches man hört, wenn mehrere Regimenter Kavallerie einen Angriff im vollsten Laufe ausführen. Daß für die Leute im Freien, namentlich in der Nähe von Visnyove, dieser Schall aus den benachbarten Schluchten kam, während derselbe von allen Anderen, die sich in Gebäuden befanden, als ein unterirdischer wahrgenommen wurde, halte ich für eine Wirkung des Echo’s in den von steilen Wänden begrenzten Schluchten. Durch die Erschütterung so gewaltiger Fels- massen mußte hier nothwendig ein heftigerer Schall erzeugt werden, als in dem flachen, von Diluvial- boden bedeckten Lande. Ueberall und stets ging das Getöse dem Stoße voran; so daß also die Schall- wellen in der Erdkruste schneller fortgepflanzt wurden als die Bebungen. Die Witterung war nicht ungewöhnlich. Am 15. Januar fing es bei ein Grad Kälte und Windstille an zu schneien. Den 16. war der Schneefall stark, den 17. trat Thauwetter ein, und den 18. kam wieder Schnee. Barometer- beobachtungen vom 15. Januar liegen nicht vor; vom 16. an, wo es zu Mittag 330,0 und Abends 327,0 stand, ist es allmälig gesunken. Lichterscheinungen sind an einigen Orten beobachtet worden. Schmidt sagt, daß in Visnyove die Erschütterung mit hellem Blitze begann, worüber der amtliche Bericht schweigt; dagegen sagt dieser, 312 daß man in Gyurcsina bald nach dem ersten Stoße ein blitzartiges Leuchten von Nord gesehen habe. Auch in Sz. Marton im Komitate Thurocz will man zur Zeit des Erdbebens einen rothen Lichtschein gegen Norden hin gesehen haben. Was die Einwirkung auf die Gewässer betrifft, so wird zuvörderst in dem amtlichen Silleiner Be- richte gesagt, daß die Eisdecke der Waag geborsten war, ferner daß die Quellen nach dem Erdbeben im Allgemeinen ergiebiger waren. In Bitschitz hatte ein Brunnen, welcher im Laufe des vergangenen Jahres oft versiegt war, einen schwefeligen Geschmack erhalten, welcher sich aber bald wieder verlor. Leider fehlen zuverläßige Nachrichten über das Verhalten der in der Nachbarschaft liegenden warmen Quellen, z. B. in Rajetz (24 Meile südsüdöstlich von Sillein). Nächst dem Gebiete von Sillein ist das Erdbeben in dem südöstlich angrenzenden und durch das Veternahola-Gebirge getrennten Theile des Thuroczer Komitates am stärksten aufgetreten. Aus Szent- Marton an der Thuroez, einem Zuflusse der Waag, 3 Meilen südöstlich von Sillein (die Verbindungs- linie geht fast genau über den Mincov), 1180 P. F. über dem Meere (Schmidt), bringt die Preßburger Zeitung die Nachricht: ‚Gestern, den 15. Jänner, um 8 Uhr 15 Minuten Abends hatten wir einen gro- Ben Schrecken zu überstehen; es war ein Schauder erregendes Erdbeben. Starke wellenförmige Be- wegungen von Südwest nach Nordost, fünf bis sechs an der Zahl, begleitet von einem donnerartigen Getöse und fünf bis sechs Sekunden andauernd, allarmirten die Bevölkerung. Durch diese Erschütterung sind Gegenstände gehoben worden, und Uhren sind stehen geblieben. Die Erdbewegungen waren so groß, daß selbst ein Glockenschlag vernommen worden ist, Unser Komitatshaus hat im zweiten und selbst im ersten Stockwerke Sprünge erhalten. Einzelne Amtszimmer dieses Gebäudes sind hierdurch nicht unbedeutend beschädigt worden. Auch an der Kirche sind Sprünge wahrnehmbar.“ In einem zweiten Berichte wird die Zeit auf 7 Uhr 56 bis 58 Min., die Richtung von Wesien nach Osten und die Dauer auf 8 Sekunden angesetzt. Nach einem Schreiben des Advokaten Krueg wird die Richtung von Nordwest nach Südost festgestellt, und als Zeitmoment 8 Uhr 3 Min. gegeben. Wenn nun aus allem bisher Gesagten hervorgeht, daß das Silleiner Thal am stärksten erschüttert worden ist und sich unmittelbar über dem in der Tiefe liegenden Heerde des Phänomens befunden hat, so bleibt die Bestimmung eines Centralpunktes, wenn überhaupt ein solcher angenommen werden kann, eine sehr mißliche. Zuverläßige Angaben über die Richtung der Erschütterungswellen müßten allerdings auf denselben hinführen; aber deren liegen zu wenige vor. In Sillein verliefen die Wellen von Südost nach Nordwest und umgekehrt, in Bitschitz (49° 11‘ N. B., 36° 215 O. L.) von Ost nach West, in Gyurc- sina (49° 4,0 N. B., 36° 19,0 0. L.) von Nord nach Süd oder von Nordost nach Südwest, in Kö Pe- ruba (49° 5,0 N. B., 36° 22/0 0. L.) ebenso, in Visnyove (490 10' N. B., 36° 7' O.L.) von Süden nach Norden und umgekehrt, in Znyo Varallya (48° 58,0 N. B., 360 26,0 O.L. schon in der Thurocz) von Nord nach Süd und in Sz. Marton (49° 3,0 N. B., 36° 37',0 0. L.) von Nordwest nach Südost. Dies sind die wenigen direkten und zum Theil amtlich verbürgten Angaben, und aus ihnen zu schließen liegt die Hauptaxe des Centralgebietes in der von Sillein nach Visnyove gezogenen Linie, welche ver- längert den Mincov und jenseits des Gebirges Sz. Marion trifft, das Centrum aber in der Gegend von Rosina 49° 11’ N. B. und 360 27' O. L.. Dasselbe in das Gebirge zu verlegen, wie Herr Schmidt empfiehlt, weil das donnerartige Rollen aus den Schluchten am Fuße des Mincov kam, dazu kann ich mich nicht entschließen. Der sehr aufmerksame Beobachter, Herr Wagner in Bitschitz hat die Richtung der Erschütterung und des Schalls verschieden angegeben, erstere nämlich von Rosina her, also ost- westlich, letztere vom Mineov her, also von Südost nach Nordwest. Achnliches hat man auch schon bei anderen Erderschütterungen beobachtet. Herr Schmidt sagt selbst (Seite 21): „Aber das Brüllen des Erdbebens am 29. Juli 1846 machte mir (damals zu Bonn) den Eindruck, als beginne es schwach 313 von Osten her, nehme rasch an Stärke zu, erreiche senkrecht unter mir ein Maximum der Intensität, um, gegen Wesien ziehend, langsam zu verschwinden; eine von Morgen gegen Abend unterirdisch dahin eilende Schallwelle, deren Intensität nur durch die wechselnde Entfernung verändert erschien.“ Die Richtung der Erschütterung giebt er nicht an; aber sie mußte, da das Centrum in St. Goar (zwischen Mainz und Koblenz) lag, von Südsüdost nach Nordnordwest laufen, so daß sie also von der ersteren bedeutend abwich. Verbreitung des Erdbebens in Ungarn und Galizien. Die Grenzlinie ist bereits oben genau bezeichnet worden, und es bleibt daher nur noch übrig, die Gegenden anzugeben, wo das Erdbeben wahrgenommen worden ist, oder richtiger gesagi, von wo Nach- richten eingegangen sind. Die Sprünge, welche sich hie und da kund zu geben scheinen, sind mehr dem Mangel an Nachrichten aus den betreffenden Orten, als der Wirkung einer Inierferenz der Wellen zuzuschreiben, obgleich die leizigenannte Erscheinung nicht gänzlich abgeleugnet werden soll. Im Trentschiner Komitate sind die Erschütterungswellen nach Norden hin mit abnehmender Stärke längs des Kischutza-Thales wahrgenommen worden. In Kischutza-Neustadtl (noch sehr stark) und Ljes- kovec haben die Gebäude noch Sprünge erhalten, in Csacza waren die Bebungen schon schwächer, ebenso in Staskov und Turzovka. Nach Südwesten hin, dem Waagihale entlang, haben sich die Er- schütterungen über Bittse, Predmir, Pucho, Bellus, Pruska und Illava bis Trentschin fortgepflanzt. In Pred- mir entstanden Risse am Amtsgebäude, und am Pfarrhause stürzte ein Schornstein herab. Von dort nahm die Intensität rasch ab. Im Süden ging die Bewegung, dem Zilinka-Thale folgend, über Banova (schwächer als in Sillein und Bitschitz), Ljethava, Porubka, Rajecz und Facsko, am westlichen Fuße des 4154 Par. Fuß hohen Klak oder Nasenstein, des erhabenen Grenzsteines der Komitate Trentschin, Thurocz und Neitra, wie ihn Kornhuber nennt, und im Osten längs der Yarinka über Varin, Siraza, Bela und Terchova. In dem Thuroezer Komitate, welches durch das Veiernahola-Gebirge und die Thuroczer oder Vari- ner Alpen von dem Trenischiner getrennt ist, war die Erschülterung schwächer, in Sz. Marton, welches in der verlängerten Haupiaxe des Silleiner Gebietes liegt, am siärksien, aber minder hefüg in Znyo- Varallya, Turan, Szucsan, Mossocz und Stuben (Badeort). Aus dem Komitate Arva, wo die Erschütterung noch ziemlich heftig war, sind wenige Nachrichten eingegangen, z. B. aus Arva-Varallya und Also-Kubin, ebenso aus der Liplau, wo in Rosenberg die Bebungen noch ziemlich stark, in Sz. Miklos dagegen nur schwach wahrgenommen wurden. In dem benachbarten Tatra-Gebirge hat man nichts verspürt. Aus dem Sohler Komitate werden Neu-Schl, Alt-Sohl, Poinik, Groß-Szalatnya, Libethbanya, Szelecz und Bad Sliacs genannt. In letzigenanntem Orte waren am Tage nach dem Erdbeben die Quellen verstopft. In dem Gömörer Komitate hat die Erschütterung in Ungarn ihre östlichste Grenze in Nagy-Röscze und Raiko gefunden. Sie war hier, wie in dem südwestlich angrenzenden Neograder Komitate, aus welchem nur wenige Nachrichten, nämlich von Kekkö, Gacs, Groß-Sztraczin bei Balassa- Gyarmathı und Ober-Tiszovnyik. Zahlreicher sind wieder die Nachrichten aus dem Honther Komitaie (westlich von Neograd). Hier wurde das Erdbeben am stärksten im Norden, in Schemnitz und Umgegend, aber nicht in den Bergwerken, in Bakabanya (Pukancz) und Bath, nach Süden zu immer schwächer in Ipoly- Sägh, Palank, Dregely, Kemeneze, Maria nostra uud Börsöny (südlichster Punkt) bemerkt. In dem Barscher Komitate (abermals westlich) sind die Erschütterungen am deutlichsten in Krem- 40 314 nitz, und;namentlich in den höher gelegenen Theilen wahrgenommen worden, ferner in den Bezirken von Verebely und Lewenz, in Sz. Benedek, Aranyes Maröt, Alt-Barsch u. s. w. In dem Neitraer Komitate, westlich vom vorigen und südlich von Trentschin, war die Erschütterung am stärksten im Baaner Bezirke, in Nagy-Tapolesan schwächer, in der Stadt Neitra selbst schwach (nach Kornhuber nur auf Felsboden), und noch südlicher gar nicht mehr wahrgenommen worden. In Galizien ist der ganze Landesstrich von der schlesischen Grenze bis Tarnow hin, auf eine Länge von 19 und eine Breite von 7 geographischen Meilen von der Erschütterung betroffen worden, im Osten am schwächsten, nämlich in Tarnow und Sandec, im Westen am stärksten, hier in Biala, Kenty, Say- busch, Wadowice, Krakau, Wieliczka, aber nicht im Salzbergwerk. In Krakau wurde dem „Czas“ zufolge das Erdbeben um 8 Uhr 30 Minuten verspürt und dauerte mehrere Sekunden. Man bemerkte es vorzüglich in den südlicheren Stadttheilen und oberen Stockwerken. Die Bewegung war nicht eine schwingende, sondern eine zitternde, und das Zittern war in manchen Wohnungen so stark, daß die Gläser davon erklirrten. In den Gegenden an der ungarischen Grenze, z. B. Jordanow, Neumark und im oberen Sola-Gebiete, will man nichts verspürt haben. Ausbreitung des Erdbebens in Preusisch-Schlesien. Da der Auftrag, mit welchem ich betraut worden war, insbesondere darauf zielte, daß die aus un- serer Provinz eingegangenen Berichte bearbeitet werden sollten, so bedarf es keiner weiteren Begrün- dung, weßhalb ich Schlesien ausführlicher bespreche, als die anderen Länder. Die Berichte sind zum größten Theile sehr genau und viele auch mit großer Sachkenniniß abgefaßt, so daß ich mich häufig gedrungen fühlte, die Beobachter selbst reden zu lassen. Denn obschon dieselben im Archiv unserer Gesellschaft aufbewahrt werden sollen, so dürfte es doch späteren Lesern nicht unangenehm sein, über die wichtigsten Punkte wörtliche Anführungen an dieser Stelle vorzufinden, und nicht erst zu einer Auf- suchung genöthigt werden. Die Angabe der geographischen Lage der Beobachiungsorte schien mir nöthig, weil sich darauf die Berechnung des Abstandes vom Centralpunkte bezieht und weil die Ortschaften zum Theil so unbe- deutend sind, daß sie nur auf Spezial-Karten angetroffen werden. Ueberall, wo keine Quelle angege- ben ist, sind diese Angaben dem bekannten Reimann’schen Kartenwerke entnommen; diejenigen, welche mit „‚Sad.‘“ bezeichnet sind, gründen sich auf eigene geodätische Arbeiten des Verfassers. Die Meeres- höhe bezieht sich überall auf das Mittelwasser der Ostsee bei Swinemünde und ist in abgerundeter Zahl gegeben, was hier, wo es sich um die mittlere Höhe des Ortes handelt, vollkommen ausreichend sein wird. Die Begründung dieser Angaben würde hier zu weit abführen und muß einer anderen Gelegenheit vorbehalten bleiben. Nur das eine mag angeführt werden, daß das .‚trigonometrische Nivellement der Oder, auf Befehl des königl. Finanz-Ministerii ausgeführt, in den Jahren 1839 und 1840 von Hoffmann und Salzenberg, Berlin 1841,“ zur Grundlage gedient hat. Die geognostischen Angaben stützen sich zum allergrößten Theil auf die rühmlichst bekannte geognostische Karte von v. Carnall, einige wenige aber auch auf Beobachtungen des Verfassers. Agnetendorf, 50° 49,0 N. B., 33°17',0 O0. L., 39,1 Meilen vom Centrum, auf Granit, 1600 P. F. über der Ostsee (Jungnitz), wird in einem Zeitungsberichte aus Hirschberg erwähnt, wo gesagt wird, daß im Riesengebirge hier und in den benachbarten „‚Bauden‘“ (zum Theil 3000 P. F. hoch und darüber) die Erschütterungen am stärksten gefühlt wurden. Es heißt in diesem Berichte wörtlich, daß nach den eingegangenen Mittheilungen die Wahrnehmung der Erschütterung mit der höher und höheren Steigung des Riesengebirges eine mehr und mehr graduirie gewesen sein müsse. Eine Frau vom Gebirge hat 315 erzählt, daß sie, kaum zu Beit gegangen, eine Bewegung wahrgenommen habe, als würde sie in einer Wiege liegend geschaukelt. Nach demselben Berichte wurde diese Naturerscheinung auch in Warm- brunn, Hermsdorf unterm Kynast und Petersdorf wahrgenommen. ’ Annaberg oder Preuß.-Oderberg, 49° 55,8 N. B., 35° 58‘,8 O. L. (Sad.), 12,1 Meilen vom Centrum, 600 P, F. über der Ostsee, Diluvium auf Tertiärformation. Ein Zeitungsbericht sagt: „Abends 81 Uhr vernahm man in der Restauration des Bahnhofes Annaberg ein sehr starkes Klirren der Fenster und Thüren, so wie in der oberen Etage des Gebäudes ein bedeutendes Schwanken des Fußbodens und der Oefen. Eine Person giebt an, daß sie im Bett ungefähr 4 Zoll gehoben wurde. Die Rich- tung der Erschütterungen war nach allgemeiner Aussage südnördlich.“ Beuthen in Oberschlesien, 50° 20',9 N. B., 36° 85,5 O0. L., 17,5 Meilen vom Centrum (Sad.), 870 P. F. über der Ostsee, Muschelkalk. Die Bewegung ging von Südwest nach Nordost, war nicht gewaltsam, sondern ieicht wogend, als ob man zu Kahne führe, 4—5 Sekunden dauernd, und wurde arm meisten von den Bewohnern oberer Stockwerke gefühlt. Witterung nicht ungewöhnlich. Zeit bloß beiläufig angegeben zwischen 8 und 9 Uhr. In dem benachbarten Scharley ist die Erschütterung eben- falls wahrgenommen worden. Bielau, Langen-, 50° 41‘,2 N. B., 34°17',0 0. L. (Sad.), auf Gneiß, bedeckt mit Aluvium, 900 P. F. über der Ostsee (Sad.). Nach der mündlichen Mittheilung eines zuverläßigen Mannes wurden zwi- schen 8 und 9 Uhr Schwankungun von Süden nach Norden wahrgenommen. Breslau, 51° 6‘,4 N. B., 34° 45,0 O.L. (Eigene Bestimmungen, welche sich auf den Ort be- ziehen, von wo die genaue Zeitbeobachtung herrührt.) 370 P. F. über der Ostsee (Sad.), 33,3 Meilen vom Centrum, Alluvialboden. Nach zuverläßigen Nachrichten wurde die Erschütierung an mehreren Orten der Stadt, ganz besonders aber in der Ohlauer Vorstadt gespürt. Die ausführlichste Miitheilung ver- danke ich dem Herrn A.-G.-Sekretair Lindner, welcher den dritten Stock des Hauses Nr. 2 am Wei- dendamme (unmittelbar an der Ohlau) bewohnt. Er sagi: „Gegen halb 9 Uhr erhob sich ein heftiger, abwechselnd mit orkanartigen Siößen begleiteter Nordwesiwind. Ich stand an dem Ofen mit dem Ge- sichte nach Südest, mein Sohn saß links von mir, und die Weiber an einem in der Mitte der Stube stehenden Tische, mit weiblichen Arbeiten beschäftigt. Plötzlich war es mir, als sollte ich nach vorn zu und der Ofen auf mich fallen; die Thür prasselte, mein Sohn sprang vom Stuhle auf und rief: „, ‚Das Haus fällt wohl ein, mein Stuhl schwankt ja von einer Seite zur andern !“““ Meine Frau und Töchter aber sahen einander ängstlich an, denn auch sie bemerkten das Schwanken ihrer Stühle. Das Schwanken dauerte höchstens 3 Sekunden. Die Vögel waren circa von 4 bis 2 auf 9 Uhr in den Käligen sehr unruhig und flatterten ängstlich hin und her.“ Auf Grund dieser mir schriftlich zugegangenen Mitthei- lung begab ich mich an Ort und Stelle und erfuhr von der Hausfrau, daß ihre richtig gehende Wand- uhr, welche nach der Uhr des Klosters der Barmherzigen Brüder regulirt werde, und auf welche sie sofort nach Wahrnehmung der Erschütterungen gesehen habe, 8 Uhr 38 Minuten gezeigt habe. Da ich den Bericht des Herrn Lindner erst am 2. Februar erhalten habe, so war es nicht möglich, den genauen damaligen Stand der Klosteruhr und somit auch den der oben erwähnten Wanduhr zu ermitteln, und ich habe daher diese Zeitangabe keiner Prüfung und Verbesserung unterwerfen können. Die Klosteruhr hält je- doch mit den übrigen Stadtuhren fast immer gleichen Schritt, wie ich aus eigener Erfahrung weiß, und daher ist kein bedeutender Fehler in der Angabe zu befürchien. Die übrigen hiesigen Beobachtungen können hier übergangen werden, da sie nichis besonders Merkwürdiges und namentlich keine bestimmten Zeitangaben liefern. Aber die Orte sollen wenigstens angegeben werden, weil daraus hervorgehen wird, daß das Phänomen nicht vorzugsweise an der Ohlau und Oder wahrgenommen worden ist. Nach persönlicher Erkundigung an Ort und Stelle hat man nämlich 40 * 316 die Erschütierung gefühlt: in der Margarethen-, Paradies- und Klosterstraße, im Eckhause von Oderstraße und Ring und auf der Sandinsel. Auf der Sternwarte hat man nichis empfunden. Das Barometer zeigte daselbst 332,77 (auf 0° R. red.) und das freie Thermometer + 1,2R. Der Himmel war bedeckt. Brieg, 50° 514,6 N. B., 35° 8,4 O. L. (Sad.), 28,1 Meilen vom Centrum, 420 P. F. über der Ostsee, im Alluvium. Es liegen zwei schriftliche Mittheilungen vor, aus denen hervorgeht, daß die Er- schütterung an vielen Orten der Stadt gespürt worden ist. Es klirrten nebeneinandersiehende Gläser, Bilder an der Wand kamen in Bewegung, Hausgeräthe und leichte Gegenstände auf denselben, wie Leuchter, Gypsliguren u. s. w. schwankten in der Richtung des Meridians. Sitzende Personen hatten das Gefühl, als würden sie mit dem Stuhle gehoben. Die Dauer der Schwingungen wird auf 3 Sekunden angegeben. Kurz vorher war ein starker Windstoß aus Nordosten von 2 Minuten Dauer. Der eine von den beiden Referenten charakterisirt die Erschütternng also: „Ein Ruck mit zweimaligem Fenster- klappern, darauf eine leichte lufiige Bewegung aus tiefem Grunde.“ Die Zeit wird von dem einen auf genau 8 Uhr 31 Minuten, von dem anderen nur beiläufig auf 81 Uhr angesetzi. Gegen Mitternacht wollen Einige eine Wiederholung des Phänomens gespürt haben. Czernitz bei Rybnik, 50° 4,5 N. B., 36° 4',0 O.L., 13,9 Meilen vom Centrum, 950 P. F. über der Ostsee, auf terliärem Gips. In Folge schriftlicher Anfrage erhielt ich von dem Herrn Markscheider Heer in Rybnik folgende Mittheilung: „Auf den Kohlengruben in der Nähe von Rybnik, als auf Hoym zu Birtultau, Anna zu Pschow und Charlotte zu Czernitz, war die Erscheinung so auffallend fühlbar, daß mehrere Arbeiter ganz erschreckt die Arbeit und Grube verließen und. schleunigst sich zu Tage begaben, um zu sehen, was da sich ihue? Namentlich soll diese Erscheinung auf der Charlotie-Grube sehr stark wahrzunehmen gewesen sein. Die beiden (60—70 Fuß hohen) Maschinen-Essen auf Erb- reich- und Agnes-Schacht kamen buchstäblich in oscillirende Bewegung; *) die Maschinen - Gebäude fingen an zu brechen; das Knistern der Balken soll ziemlich stark hörbar gewesen sein; das auf der Grube stehende Bahnhaus der Nendza-Nikolaier Eisenbahn kam vollständig in Bewegung, und glaubten die Bewohner, der darunter stehende Kohlenpfeiler sei abgebaut und das Haus gehe zu Bruche. Das erst vor einigen Jahren erbaute Zechenhaus trug einige nicht unbedeutende Risse davon; irgend ein auffallendes Geräusch hat sich nirgend in den Gruben vernehmen lassen.“ In einem von Einem Hochlöblichen Ober-Berg-Amte der schlesischen Provinzen verlangien und von dem Berggeschworenen von Gellhorn abgefaßten amtlichen Berichte, von welchem uns eine Abschrift güligst zugesendet worden ist, heißt es dagegen: „In den Gruben zwischen Üzerniiz und Rybnik sind Erscheinungen, die mit dem Erdbeben in Verbindung stehen, nicht beobachtet worden. Da man in der Nacht vom 15. zum 16. Jan. d. J. aber Erschütterungen in Czernitz, Rydultau, Pschow, Birtultau und Pop- pelau bei Rybnik über Tage wahrgenommen hat, so müssen in den Gruben an leizieren Orten auch Erscheinungen zu beobachten gewesen sein. Es war jedoch den oberschlesischen Bergleuten einmal eine mit einem Erdbeben zusammenhängende Erschütterung der Grubenbaue viel zu fremd, als daß sie dieselbe einem solchen Naturereignisse zugeschrieben hätten; das andere Mal sind die Erscheinungen, welche Erdsiöße in den Gruben bewirken, denen sehr ähnlich, welche der gewöhnliche Gebirgsdruck hervorbringt. Endlich aber mag das Geräusch, welches durch die Häuer und Förderleute in den Gru- benbauen während der Arbeitszeit verursacht wird, die Erdstöße übertönt haben und in allem diesem der Grund liegen, warum in den Zechen zwischen Czernitz und Rybnik nicht auch Erscheinungen beo- *) Dieser Aussage setzen wir einen bescheidenen Zweifel entgegen. Da man nämlich zu dieser späten Abend- stunde und zumal zur Zeit des Neumondes die Oscillationen unmöglich sehen konnte, so begreifen wir nicht, wie man sonst dieselben wahrgenommen haben soll. 317 bachtet worden sind, wie auf den kombinirten Hultschiner Gruben. Die Notiz, welche die Breslauer Zeitung brachte, es hätten Bergleute auf der Leo-Grube in der Nachi vom 15. zum 16. Januar ein Rollen gleich dem eines Eisenbahnzuges vernommen, ist unrichüig.“ Dirschel bei Leobschütz, 500 3,0 N. B., 85° 38,0 O. L., 15,2 Meilen vom Centrum, 690 P. F. über der Ostsee, Grauwacke und Tertiärformation (Gips). Aus einem Zeitungsberichte des Grafen L. entnehmen wir, daß um 8 Uhr 35 Minuten in dem ersten Stock seines Hauses, aber nicht zu ebener Erde, eine etwa 3 Sekunden dauernde Erschütterung von Süden nach Norden wahrgenommen wurde. Das Thermometer stand auf Null, der Wind blies aus Südsüdwest, und der Himmel war mit Wolken bedeckt. S Falkenberg 50° 38,2 N. B., 35° 17,0 O0. L., 24,6 Meile vom Centrum, 550 P. F. über der Ostsee, Tertiärformation. Nachdem der Berichterstatter einen glaubwürdigen Gewährsmann für die Wahr- nehmung von Erschütterungen (Abends gegen 8 Uhr) genannt ‚und die Beobachtungen desselben, die aber nichts von besonderem Belange bieten, mitgetheilt hat, fährt er fort: „„Andere Wahrnehmungen, die hier erzählt werden, sind zu unzuverläßig, aber das ist doch wenigstens bemerkenswerth, daß sie auf derselben Häuserreihe beobachtet sein sollen, nämlich auf der Südseite der Stadt. Die Stadt zieht sich nämlich auf einer schmalen Landzunge durch einen Torfmoor und besteht eigentlich nur aus einer Straße, einer Nord- und einer Südseite. Eine Meile südlich von der Stadt und eine Meile nordwestlich durch- bricht ein Basaltkegel die Oberfläche. Das Barometer stand den Abend 27° 105 bei Westwind. Himmel trübe, Schnee und Wind. Thermometer Morgens 7 U. — 1%5, Mittags 12 U. + 0°%25, Abends 10 U. + 0°%5 R. Das Barometer war seit dem 4. (wo es den ungewöhnlich hohen Stand von 28” 6',5 erreichte, den ich seit 5 Jahren hier nur einmal beobachtet) in beständigem langsamen Fallen bis zum 14., wo es 28” 1'“,00 stand; vom 15. Morgens fiel es bis zum Abend sehr stark (bis 27° 10,5), und dies schneile Fallen blieb bis zum 16. Abends (27 6,75). Giersdorf bei Ziegenhals, 50° 20,5 N. B., 34° 59,3 0. L., 22,5 Meilen vom Centrum. Der Berichterstatter sagt, daß er die Erderschütterung um S Uhr 31 Minuten wahrgenommen habe, und äußert sich also: ‚Ich saß zu besagier Zeit in meinem im Mittelstock meines Wohnhauses gelegenen Wohn- zimmer allein an einem großen runden Tische, mit Lesen beschäftigt, als ich mich plötzlich in der Richtung von West nach Ost sanft hin und her geschaukelt fühlte und auch den Tisch vor mir mit der darauf stehenden Lampe in derselben Bewegung wanken sah, auch zugleich hörte, wie die eisernen Stangen am unteren Theile der herabgelassenen Rouleaux gegen die Fenster klappten. Diese Bewegung .dauerie vielleicht 6—8 Sekunden, wiederholte sich aber nach kurzer Unterbrechung in gleicher Dauer. Dieselbe Beobachtung ward von den Mitgliedern meiner Familie gemacht, welche sich zu dieser Zeit in dem über meiner Stube im 3. Stock meines Hauses gelegenen Zimmer befanden. Tische und Stühle schwankten hin und her, und ein an einem Bande an der Wand hängender Spiegel schlug mehrere Male gegen dieselbe, eine westöstliche Richtung kundgebend. Weder an dem Stande des Barometers, noch in dem Witterungszustande ward bei dem Ereignisse eine Abnormität wahrgenommen.“ Glatz, 50° 26,2 N. B., 34° 189 0. L. (Jungnitz in Berghaus’s Annalen IV), 960 P. F. über der Ostsee, 28,1 Meile vom ‚Centrum. Um 84 Uhr wurde von vielen namhaften Persönlichkeiten der Erdstoß wahrgenommen. Gleiwitz 50° 18,0 N. B., 36° 20,0 O0. L. (Sad.), :6,5 Meilen vom Centrum, 680 P. F. über der Ostsee, Tertiärformation mit Alluvium bedeckt. Es liegen 5 Berichte vor. Einer derselben ist mit großer Sachkenniniß abgefaßt und wegen der genauen Zeitangabe von besonderer Wichtigkeit. In dem- selben sagt der Referent, daß er am nächsten Morgen seine sehr gut gehende Taschenuhr, nach welcher er bei der ersten Wahrnehmung die Zeit fesigestellt hatte, mit der täglich amtlich kontrolirten Uhr des 318 Telegraphenbureau’s im Gleiwitzer Bahnhofe verglichen habe. Demnach mußte nach Gleiwitzer mittlerer Zeit der Erdstoß um S Uhr 24,5 Minuten stattgefunden haben. Er fährt darauf fort: „‚Im Register der amtlichen Depeschen ist eine von Kosel um 8 Uhr 23 Minuten eingehende Depesche verzeichnet, nach deren Schlusse der Beamte die Privatmittheilung machte, daß so eben aus Ratibor und Nendza einge- hender telegraphischer Mittheilung zufolge, drei Erdstöße, die auch in Kosel, obgleich nur schwach, bemerkt worden wären, die dortigen Bahnhofsgebäude bedeutend erschüttert hätten.“ Es haben sich deutlich drei Momente unterscheiden lassen, von denen der mittlere die stärkste Erschütterung brachte. Die Dauer betrug 7—8 Sekunden. Bei einem Freunde unseres Referenten gerieth eine im Zimmer aufgehängte Ampel in Schwingungen in der Richtung des Meridians, was auf eine südnördliche Richtung der Stöße hindeutet. Ueber die Einwirkung auf Menschen und Thiere äußert sich der Referent also: „In einem isolirt stehenden Hause fiel eine Dame in Ohnmacht. Aehnliches hat sich in Kattowitz zu- getragen. Ein Papagei im Besitze eines Freundes flatterte, durch die ungewohnte Bewegung aus seinem Sehlafe geweckt, die ganze Nacht unruhig im Käfig umher, und hatte sich in den fruchtlosen Versuchen, sein Gefängniß zu verlassen, an den Gitterstäben die Flügel blutig geschlagen.“ Ferner wird noch ge- meldet, daß es während der Erschütterung bei bedecktem Himmel vollkommen windstill war. Die Tem- peratur war etwa ein Grad Reaumur unter Null. Die anderen Gleiwitzer Berichte bestätigen im Wesentlichen Alles, was in dem obigen. ge- sagt wird. Zur Ergänzung fügen wir noch aus einem. derselben hinzu, daß aufmerksame Beobachter 12 bis 15 schaukelnde Bewegungen zählten, welche vorzüglich liegende Personen empfanden. Fenster- scheiben klirrten und Geräthschaften kamen in Unordnung. Auf der „Hütte“ (wie man schlechthin die berühmte Eisengießerei nennt), waren die Erschütterungen noch heftiger als in der Stadt. Verschiedene Personen wollten auch in der Nacht eine kleine Bewegung bemerkt haben. Der Abend und die Nacht war ruhig und in der Atmosphäre keine Veränderung bemerkbar. Das Barometer blieb unverändert. Noch in einem anderen Berichte heißt es, daß die Bebungen nicht in allen Häusern, ja nicht einmal in allen Räumen ein und desselben Hauses bemerkt wurden, und ferner, daß die Pferde im Garnisonstalle große Unruhe bekundet haben. Auch Hunde sollen unruhig gewesen sein. Guttentag, 50° 452 N. B., 36° 70 O.L., 23,4 Meilen vom Centrum, 700 Par. Fuß über der Osisee, Diluvium auf Jura. Um halb neun Uhr wurden zwei leichte Stöße mit Schwankungen von d—5 Sekunden fühlbar und sichtbar, an vielen’ Orten der Stadt und besonders in oberen Stockwerken. Hammer, Deutsch-, 51° 230 N. B., 34° 54/,6 O0. L., 36,2 Meilen vom Centrum, der nörd- lichste Ort, aus welchem eine Nachricht eingelaufen ist. Der Berichterstatter hat zwar selbst Nichts bemerkt, aber vielfach von Andern gehört, daß Hausgeräthe zweimal hinter einander in schaukelnde Bewegung geriethen. Hirschberg, 50° 54/2 N. B., 33° 24/9 O.L., 39,3 Meilen vom Centrum, 1010 P. F. über der Osisee. Es liegen zwei Zeitungsberichte vor. Der eine sagt aus, daß um Punkt halb neun Uhr zwei rasch auf einander folgende Stöße, von wellenförmigen Schwankungen begleitet, stattgefunden haben, und der andere bespricht die Erschütterungen im Hochgebirge. (Vgl. Agnetendorf.) Hugohütte bei Tarnowitz, 50° 27,6 N. B., 36° 32'2 O.L. (Sad.), 930 P. F. über der Osisee, Muscheikalk. Die Erschütterung war so bedeutend, daß die Arbeiter auf dem Gichtthurme den Einsturz desselben befürchteten. Jakobswalde bei Kosel, 50° 16,8 N. B., 36° 2/0 O.L., 17,0 Meilen vom Centrum, Diluvium auf Tertiärformation. Nach einem vorangegangenen Geiöse schwankten die Zimmer der oberen Etagen und die Hausgeräthe in denselben, um halb neun Uhr. Karlsruhe, 50° 54/0 N. B., 35° 30,2 0. L., 26,5 Meilen vom Centrum, 460 P. F. über der 319 Ostsee, Teriiärformation. Um halb neun Uhr bemerkten fünf Personen in der ersten Etage eines Hau- ses eine schwankende Bewegung der Stühle, ein Klappern der Thüren und ein Knistern in der Wand. In einem anderen Hause wankte der Tisch und geriethen die an der Wand hängenden Bilder in Be- wegung. Kattowitz, 50° 15/9 N. B., 386° 417,4 O.L. (Sad.), 16,4 Meilen vom Centrum, 840 P. F. über der Ostsee, Steinkohlengebirge. Zwischen 8% und 9 Uhr fanden zwei schnell auf einander folgende Erdstöße statt. von denen der zweite der stärkste und längst dauernde — einige Sekunden lang — gewesen sein soll. Die durch dieselben erzeugte Bewegung wird verschieden, als schüttelnd, zitternd, schaukelnd, wellenartig bebend beschrieben, und zwar in der Richtung von Südwest nach Nordost. Die Heftigkeit der Erschütterung ist ebenfalls in verschiedenem Grade gefühlt worden; die einen bemerkten nur ein leises Beben, wie es eiwa durch einen Bahnzug bewirkt wird; dagegen andere ein wirkliches Dröhnen, stärker als Dampfhammerschläge es erzeugen, so daß einige Beamtete erschrocken nachsahen, ob an den Maschinen eine Störung enistanden sei; mehrere Bewohner untersuchten den Zustand ihrer Häuser, weil sie einen Einsturz befürchteten; auch bewegten sich in vielen Häusern Hausgeräthe und die an der Wand hängenden Gegenstände. Am heftigsten scheint sich die Erschütterung in der Richtung des von Westsüdwest nach Osinordost ziehenden Thales geäußert zu haben, und es werden folgende Ort- schaften namhaft gemacht: Hohenlohhütte, Bogutschütz, Dombrowka, Schoppinitz. In mehrstöckigen Häusern war sie nach oben hin deutlicher fühlbar. In manchen Parterrewohnungen hatte man Nichts verspürt, während die Bewohner des oberen Stockes bestürzt herunterkamen, um nach der Ursache zu fragen. Königshütte, 50° 18/3 N. B., 36° 36,9 0. L. (Sad.), 16,8 Meilen vom Centrum, 930 P. F. über der Ostsee, Steinkohlen-Gebirge. Der Berichterstatter lag auf dem Bette und las; da fühlte er deutlich, daß die Bewegungswellen vom Fuß- nach dem Kopfende liefen, von Südwest nach Nordost. Sie waren sanft, wie in einem Kahne auf ruhigem Wasser. Er hat zwei Stöße unterschieden und giebt die Dauer auf 6—8 Sekunden. Die Angabe des Zeitmoments 8 Uhr 39 Minuten miitlerer Bresl. Zeit kann nicht richtig sein. Koppitz bei Groitkau, 50° 38°, N. B., 35° 7,5 0. L., 25,5 Meilen vom Cenirum. Wir theilen die Worte des Berichterstatiers mit: „Um 8% Uhr setzte mich eine plötzliche, einem ziemlichen Stoße ähnliche Bewegung des Zimmers in gespanntes Erstaunen; dieselbe hatte höchstens die Dauer von zwei Sekunden, worauf ein unregelmäßiges Vibriren des Fußbodens, des Siuhles, worauf ich saß, und eines großen Tisches, woran ich arbeitete, erfolgte. Zehn bis zwölf Sekunden etwa hielt dies an, wurde stärker und gestaltete sich endlich zu einem so heftigen Schwanken des Hauses, daß sich Alles sanft zu wiegen schien, daß die Scheiben von mächtigen Bücherschränken klirrten. Nach höchstens drei oder vier Sekunden trat wieder vollständige Ruhe ein, die erst nach etwa fünf Minuten von einem brausenden Sturmwinde verdrängt wurde. Daß am folgenden Morgen das Brunnenwasser sehr trübe aussehend ge- funden wurde, ist allerdings auch auffallend, indeß könnte dies leicht auch eine Folge des vorausge- gangenen Regenwelters sein.“ Die Richtung der Bewegung konnte Referent nicht bestimmen. Koschentin bei Lublinitz, 50° 38‘,1 N. B., 36° 30/5 O.L. (Sad.), 21,3 Meilen vom Centrum, 1000 P. F. über der Ostsee, Jurakalk mit buntem Thon, wird in dem Berichte aus Karlsruhe erwähnt; man bemerkte dort zugleich ein Tönen im Klavier. Kosel, Alt-, 50° 18,5 N. B., 350 53,0 O. L., 17,5 Meilen vom Centrum, Alluvium auf Tertiär- formation. Es heißt in dem Berichte wörtlich: „Auch hier wurde Abends nach 8 Uhr — genauer kann die Zeit nicht angegeben werden, weil man außer Acht ließ, nach der Uhr zu sehen — ein Erdstoß deutlich wahrgenommen. Es war wie ein Hin- und Zurückgehen der massiven Stubenwände und der um den Beobachter herum sichsbelindenden Gegenstände. Dieses Rucken verlief in einer Dauer von 14, höchstens 2 Sekunden in der Richtung von Osten nach Westen. Gläser, in einem Schranken befind- lich, klirrien jedoch in Folge dieser Bewegung längere Zeit fort. Das Gefühl, das Referent bei diesem ungewöhnlichen Rucken empfand, war ein ganz besonderes, unwillkürlich blickte er nach der Decke, um sich zu überzeugen, ob dieselbe nicht eiwa Miene mache, über ihn herzufallen.“ Kosel, Festung, 50° 20,2 N. B., 35° 487 O0. L., 18,5 Meilen vom Centram, 530 P. F. über der Ostsee, Alluvium auf Tertiärformation. Wörtlich: „Es war fast 82 Uhr (zu spät! vergl. Gleiwitz) nach der hiesigen Stadtuhr, als ich, in meiner Arbeitsstube befindlich, die Erderschütterung dadurch wahrnahm, daß zwei Blumennäpfe, welcher jeder auf 2 untergeseizten Tuschnäpfchen sianden, so stark zu schwingen anfıngen, daß ich ihr Herabfallen befürchtete. Die Bewegung dauerte nur einige Sekun- den und wiederholte sich nach eiwa & Sekunden. Die Näpfe standen so, daß die Schwingung in der Richtung von Südost nach Nordwest erfolgte oder umgekehrt.“ Auch in anderen Zimmern desselben Hauses war das Phänomen wahrgenommen worden; in dem einen fielen 2 Vögel von einem Stäbchen, auf welchem sie saßen. Schließlich werden noch Ortschaften der Umgegend genannt, aus denen Nach- richten von einer Erschütterung eingegangen sind, als: Krzanowitz, Stöblau, Autischkau, Friedersdorf und Czarnosin. f Kottulin bei Tosi, 50° 27‘9 N. B., 36° 5%2 0. L., 19,6 Meilen vom Centrum, Diluvium auf Muschelkalk. Zwischen 81 und 84 Uhr (im Manuskript steht irrig 95 und 9% Uhr) Bewegungserschei- nungen von Süden nach Norden und von sehr kurzer Dauer. Tapeten knarren, Gardinen bewegen sich. Kreuzburg in 0/S., 50° 58,4 N. B., 35° 53,0 0. L., 580 P. F. über der Ostsee, 27,4 Meilen vom Centrum, Alluvium und Diluvium auf Jura. Es heißt im Berichte: „Auch hier wurde am Abend des 15, Januar, 20-—-25 Minuten nach 8 Uhr, in mehreren Häusern der Stadt, namentlich in den oberen Stockwerken derselben, eine bedeutende Bewegung der Fußböden wahrgenommen. Die Richtung war von Westen nach Osten. In einer Stube schwankte der Ofen so, daß die Ofenröhre ein deutliches Geräusch verursachte, als wolle sie eine Gewalt aus der Mauer reißen.“ Ferner heißt es, daß im 2. Stocke eines anderen Hauses eine auf einem Rollstuhle sitzende Frau mehrere Fuß zurückbewegt wurde. Kunsdorf bei Nimpisch, 50° 41,5 N. B., 340 51/,0 O0. L., 29,4 Meilen vom Centrum. Bewe- gungsphänomene nur schwach. Die Gliasscheiben eines Bücherschrankes klirren, und gleichzeitig bröckeli etwas Putz von der Decke herab. An sich selbst hat der Berichterstatter keine Erschütterung wahrge- nommen. Laurahütte, 50° 17/5 N. B., 36° 40,5 O. L., 6,7 Meile vom Centrum, Steinkohlengebirge. Zufolge einer Zeitungsnachricht wurde der Erdstoß um 8% Uhr beobachtet. Fenster und Gläser klirrien und Thüren sprangen auf. Leipitz bei Nimpisch, 500 440 N. B., 349 39,0 0. L. Wellenförmige Bewegung des Fußbo- dens, aber so schwach, daß kein Klirren der Gläser sich bemerkbar machte, jedoch von mehreren Per- sonen wahrgenommen. Der Himmel war stark bedeckt, und der Wind, mäßig stark, kam aus Westen. Leschnitz, am Fuße des Annaberges, 50° 25',6. N. B., 35° 51,0 0. L., 19,6 Meilen vom Centrum, 680 P. F. über der Ostsee, Diluvinm auf Muscheikalk. Um &% Uhr heftige Erschütterung von 4 Se- kunden Dauer; ein Glas Wasser wird zur Hälfte entleert. Leobschütz, 50° 12',0 N. B., 35° 30,0 0. L., 17,9 Meilen vom Centrum, 860 P.F. über der Ostsee, Diluvium auf Grauwacke. In dem einen Bericht steht: „Gestern Abend (der Bericht datirt vom 16. Januar) gegen 8} Uhr wurden fast in allen Theilen der hiesigen Stadi bald hinter einander zwei Erschütterungen wahrgenommen. Dieselben waren so stark, daß die Glocken im Rathsthurme zusam- menschlugen, und nach Aussage der beiden Thürmer der Raths- und Kirchthurm in schwankende Bewe- 321 gung gerieth. Namentlich schwankte ersterer so, daß auch das Balkenwerk knisterte und der Thür- mer mit seiner Frau aus Besorgniß des Einsturzes des Thurmes denselben eiligst verließ. In den meisten Privathäusern wurde gleichzeitig ein Schwanken, Verrücken der Meubles, Erklingen der Fenster, Auf- springen der Thüren wahrgenommen und in einer Voliere fielen die Vögel zweimal von den Stengeln und gerietihen in die größte Unruhe. Diese Erschütterungen sind nach heute eingegangenen Nachrich- ten gleichzeitig auch in den umliegenden Ortschaften, z. B. Sabschütz, Ober-Glogau, Königsdorf, Kit- telwitz, Gröbnig, Babitz ete. wahrgenommen worden. Sie währten nur wenige Sekunden, und scheint die Bewegung von Westen nach Osten gegangen zu sein.“ Ein anderer Berichterstatter nennt die Richtung ebenfalls westöstlich und giebt ebenfalls 8} Uhr als Zeitmoment an. Er spricht von einer schwachen Erschütterung, sagt aber gleichwohl, daß in einigen Häusern Sprünge entstanden sein. Nach 12 Uhr in der Nacht erfolgte eine zweite Erschütterung. Das Barometer stand auf 27 1,18, das attachirie Thermometer 8’ R. und das freie Thermometer zeigte 0%. Da der mittlere Barometerstand von Leobschütz 326',46 beträgt (Galle’s Grundzüge der Klimatologie S. 55), so war also der dama- lige kein abnormer. Lindewiese bei Steinau in 0/S., 50° 24,0 N. B., 35° 8,3 0. L., 22,3 Meilen vom Centrum. Um halb 9 Uhr bekundete sich die Erderschütterung durch Schwanken des Fußbodens (angeblich von Westen nach Osten), Zittern und Aneinanderstoßen der Hausgeräthe. Lissek bei Ratibor, 50° 6,5 N. B., 36° 3,6 O0. L., 1!,5 Meilen vom Centrum, Diluvium auf Tertiärformation. im dortigen Waisenhause sprangen die Kinder, vom Erdstoße erschreckt, aus den Beiten. Loslau, 50° 0,3 N. B., 36° 7,8 O.L., 12,7 Meilen vom Centrum, 740 P. F. über der Ostsee, Tertiärformation. Eine Senkung von Osten nach Westen, dann wieder zurück, und darauf einige sanfte Erschütterungen — Alles zusammen innerhalb 2 Sekunden. Die Zeitangabe lautet: gegen halb 9 Uhr. Lublinitz, 50° 40‘,0 N. B., 36° 21,2 O.L., 22,3 Meilen vom Centrum, 850 Par. F. über der Ostsee, Jurabildung. Sanfte Erschütterung, eben so, als ob schweres Geschütz auf dem Pflaster vor- überführe. Ein anderer Berichterstatter erwähnt, daß Gefäße mit Wasser die Schwingungen besonders deutlich kundgaben. Doch sagt er nicht, daß Wasser verschüttet worden wäre, wie von Leschnitz be- richtet wurde. Ein dritter Referent von ebendaher schildert die Erderschütterungen heftiger, indem manche Möbel von ihrer Stelle gerückt worden seien und die Bewohner mancher Häuser sich in das Freie geflüchtet hätten. Man will 5 einzelne Stöße wahrgenommen haben. Zwei Referenten geben 85, Uhr und der dritie gegen # auf 9 Uhr als Zeitmoment an. Miechowitz bei Beuthen, 50° 21‘4 N. B., 36° 32,0 O.L., 17,6 Meilen vom Centrum, 950 P. F. über der Ostsee, Muschelkalk. Nach mündlicher Mitiheilung kamen die Bewegungswellen von Sü- den her. Münsterberg, 50° 36,0 N. B., 340 42°,5 O.L., 27,1 Meilen vom Centrum, 650 Par. F. über der Ostsee. Das Haus des Referenten liegt an der südöstlichen Seite außerhalb der Stadt, ganz isolirt, mit einem schwerfälligen gemauerten Balkon versehen. „Auf diesem Balkon,“ sagt Referent, „befand sich am 15. Januar präcis 4 9 Uhr meine Frau, um nachzusehen, ob ein heller Schein, der sich am östlichen Himmel gezeigt hatte, ein Feuer bezeichne. In demselben Moment hatte sie eine Empfindung, als stürze der Balkon unter ihr zusammen, so daß sie entsetzt nach dem, mit demselben verbundenen Zimmer floh, und deßhalb außer Stande war, eine andere Wahrnehmung über die Dauer und Richtung der Erderschütterung zu machen. Genau zu derselben Zeit lag in einem Zimmer auf der Hinterseite des Hauses mein kranker ältester Sohn im Beit, die Augen, wie beim Liegen gewöhnlich, nach der Decke gerichtet; da sieht er mit Schrecken auf einmal die Wand an der Außenseite des Hauses sich al 322 bewegen, als wolle sie in das Zimmer stürzen, und empfindet zugleich eine wellenförmige oder schau- kel.ıde Bewegung seines Bettes, die 3—5 Sekunden anhielt; das Holzwerk an Thüren und Fenstern knallte und knisterte, selbst das bei dem Ofen aufgestellte Brennholz kam so stark in Schwingungen, daß „in Stück davon herabfiel.‘““ Referent hatte sich mehr in der Mitte des Hauses befunden und dort nichts gespürt; auch die Bewohner des Erdgeschosses haben nichts bemerkt. Myslowitz, 50° 14/7 N. B., 36° 48,4 O.L. (Sad.), 16,3 Meilen vom Centrum, 780 P. F. über der Ostsee, Steinkohlenformation. Die Erschütterung soll gegen 9 Uhr wahrgenommen worden sein und etwa eine Minute gedauert haben. „Die Bewegung“ heißt es, ‚die im Allgemeinen eine sanfte zu nennen war, machte sich in den freistehenden Häusern bemerkbarer, als in denen, die von anderen Häusern umschlossen waren, und nur leichte Gegenstände, wie Gläser u. s. w., wurden unter geringem Geräusch in Oscillation versetzt.‘ Neisse, 500 28/4 N. B., 35°0'2 O.L., 23,9 Meilen vom Centrum, 570 P. F. über der Ostsee. 2 Bewegungswellen von Südost nach Nordwest 15—20 Sekunden dauernd, mit Knacken und Knistern in Wänden, Thüren und Oefen verbunden. Die Magnetnadel zeigte keine Oscillationen, die, wie es heißt, sehr richtig gehende Uhr des Rathsthurmes wies 5 Minuten nach 5 9 Uhr. Bewohner desselben Hauses, welche nur durch den Flur getrennt waren, haben nichts gemerkt, dafür aber viele andere Personen in der Stadt. ‚‚In mehreren Häusern,‘ heißt es in einem anderen Bericht, ‚‚öffneten sich zu- geklinkte Thüren, eine Lampe wurde von einem Bücherbrett, Puppenköpfe von einem Glaschrank herab- geworfen, mehreren Personen fielen Aepfel und dergleichen aus der Hand. Eben so sollen besonders in hohen Häusern Fensterscheiben zersplittert worden sein. Die Vögel sind an vielen Orten herab- gefallen und in große Unruhe gerathen.“ Niewiadom bei Rybnik, 50° 4,8 N. B., 36° 9,0.0. L., 13,8 Meilen vom Centrum, 980 P.F. über der Ostsee, Steinkohlengebirge. Der Berichterstatter aus Rybnik giebt an, daß hier die Erschüt- terung von einer blitzartigen Erscheinung von sehr hellem weißen Lichte begleitet war. Neustadt in 0/S., 50° 19,0 N. B., 35° 15,2 O0. L., 20,6 Meilen vom Centrum, Diluvium auf Grauwacke. Sanftes Hin- und Herschwanken verschiedener Gegenstände. Sitzende Personen wurden wiederholt hin und her gewiegt. Zeit 8} Uhr. Ohlau, 50° 56,6 N. B., 34° 57,8 O.L., 30,1 Meilen vom Centrum, 400 P. F. über der Ostsee, Alluvium. Die Richtung der Erschütterung ging von Südost nach Nordwest, die Dauer derselben betrug 2 Sekunden, und als Zeitimoment wird ungefähr 82 Uhr angegeben. „Die Bewegung war,“ sagt Referent, „als würde ich wiegend hin und her geschoben. In demselben Augenblicke geriethen auch sämmiliche Möbel in der Stube in eine heftig schaukelnde Bewegung; einen hinter mir an der Wand befestigten, auf einer Kommode ruhenden Wandspiegel hörte ich hin- und herrutschen, ein vor mir an der südli- chen Wand stehender geöffneter Schreibtisch bewegte sich so heftig, als würde er mit kräftiger Hand gerüttelt, so daß die in demselben, in einem Aufsatz — auf demselben — aufbewahrten Gläser und Tassen klirrend und klingend zusammenstießen.“ Oppeln, 50° 40,0 N. B., 35° 854,0 O.L., 23,8 Meilen vom Centrum, 470 P. F. über der Ost- see, Plänerkalk. Die Erschütterung wurde an vielen Orten der Stadt wahrgenommen, nach dem einen Referenten in der Richtung von Südwest nach Nordost, nach dem anderen von Westen nach Osten; und man unterschied zwei bald auf einander folgende Stöße. In einem einzeln stehenden Hause be- fürchtete man das Einstürzen des Ofens. Barometerstand sehr niedrig (ohne bestimmte Angabe), Wind- richtung: Südwest, die Atmosphäre ruhig, Zeit: halb neun Uhr. In der Umgegend wurde die Erschüt- terung wahrgenommen: in Czepanowitz und Stubendorf. Petrzkowitz bei Hultschin,49° 52°,3 N. B., 350 56‘,3 O. L., 11,5 Meilen vom Centrum, 620 P. F. 323 über der. Ostsee, Steinkohlengebirge. In den tieferen Grubenbauen (Steinkohlen-), etwa 200 F. unter dem Wasserspiegel der benachbarten Oder, sind die Erschütterungen stärker gewesen als in den hö- heren. Andererseits sollen sie im Zechenhause stärker gewesen sein als in den Gruben. Bei der vom königl. Ober-Bergamte befohlenen amtlichen Vernehmung der Bergleute hat sich einer derselben also ausgelassen: „Nachdem ich am 15. Januar des Abends durch den Anselm-Tiefbauschacht von meinem Ort in der nördlichen Grundstrecke im Stollenflötz gekommen war, höre ich, dem Oel der Lampen nach zu urtheilen, zwischen 8 und 9 Uhr in einem von meinem Orte einige Lachter entfernten Ueber- brechen ein Getöse und ein Rollen, welches dem eines Wagens nicht unähnlich war. Bald darauf kommen in dem Ueberbrechen Stücke von Schieferthon heruntergerollt. Bemerken muß ich hierbei, daß das Ueberbrechen vollständig verbühnt ist, in dasselbe also keine Kohlen oder Berge gestürzt werden konnten, auch in genannter Nacht nirgends Förderung stattfand.“ Uebereinstimmend hiermit haben sich noch fünf andere Grubenarbeiter ausgesprochen, welche nicht sämmtlich an demselben Orte beschäftigt waren. In demselben Berichte wurden auch Hultschin und Ludgierzowitz als solche Orte genannt, wo die Erschütterungen gefühlt worden sind. Pleß, 49° 58,0 N. B., 36° 37,0 O.L., 11,8 Meilen vom Centrum, 750 P.F. über der Ostsee, Tertiärformation. Es liegen 3 Originalberichte und 3 Zeitungs-Nachrichten vor. In einem der drei ersteren heißt es: „‚Gestern Abend um 84 Uhr in meinem Arbeitszimmer lang ausgestreckt auf einem an der Wand stehenden Sopha liegend — wurde ich unter dem Geklirr der Fenster und der auf dem Tische stehenden beweglichen Gegenstände plötzlich in meiner liegenden Stellung mit dem Sopha von der Wand ab- und wieder zurückgeworfen, indem mir nicht nur die anstoßende Wand, sondern auch die Zimmerdecke zu schwanken schien.“ Mit der Erschütterung, deren Dauer auf 3 Sekunden angegeben wird, trat heftiger Wind ein. In einem anderen Berichte wird als Zeitmoment 8 Uhr 20 Minuten an- gegeben, und die 15—18 Sek. dauernde Bewegung eine transversale in westöstlicher Richtung genannt. In demselben Berichte heißt es aber auch: ‚In einer anderen Wohnung ist um die erwähnte Zeit zuerst ein kleiner Erdstoß bemerkt worden, auf welchen alsdann unmittelbar die schaukelnde Bewegung ge- folgt ist.“ In einem dritten Berichte heißt es: „Gestern, den 15. d. M., Abends um 5 Uhr 17 Minu- ten wurde allhier eine Erschütterung bemerkt. Die Stöße, in vertikaler Richtung, folgten einander in dem Zeitraume von beiläufig 4—5 Sekunden. Die beiden ersten Stöße waren schwach und kaum be- merkbar, der dritte, ein Doppelstoß, erschütterte das Gebäude jedoch in seinen Grundmauern. In einigen Gebäuden will man auch eine horizontale Bewegung bemerkt haben, die ich jedoch nicht ge- fühlt habe. Das Weiter war trübe und windig, Barometerstand 27° 3, Thermometerstand 1° über Null Reaumur.‘““ Auch hier fielen, wie aus anderen Orten mehrfach gemeldet wird, schlafende Vögel von den Sprossen, Schachfiguren wurden umgeworfen. Auffallend ist es, daß hier, wie in einem vierten Berichte gesagt wird, die Schwankungen in hölzernen Gebäuden stärker gewesen sein sollen, als in massiven, während erstere sonst überall, selbst in Sillein, am wenigsten gelitten haben, weßhalb wir dieser Bemerkung nicht recht trauen. Außer den oben mitgetheilten Zeitangaben finden sich in anderen Berichten noch zwei, nämlich noch einmal 812 Uhr und 8 Uhr 25 Minuten. Zur Bestimmung des Mittels aus diesen Angaben können nur die drei die Minuten bezeichnenden hinzugezogen werden, während 8} Uhr als eine nur beiläufige Mittheilung hierbei nicht beachtet werden kann. Das Mittel ist dann 8 Uhr 20,7 Min. Endlich wird auch einer Erschütterung Nachts gegen 11 Uhr erwähnt. - Proskau, 50° 34/8 N. B., 35° 32,0 0. L., 22,8 Meilen vom Centrum, 550 P. F. über der Ostsee, Tertiärgebilde und Basalt. Um 8 Uhr 30 Minsien (wie in dem benachbarten Oppeln) wurde ein momentaner Stoß, welcher die einzelnen Gegenstände in den Zimmern zum deutlichen Erzittern brachte, in den meisten Häusern bemerkt. Die Richtung desselben wird westöstlich genannt. 4l* 324 Ratibor, 50° 5,7 N. B., 35° 530 O. L. (Sad.), 15,8 Meilen vom Centrum, 550 P. F. über der Ostsee, Alluvium auf Tertiärformation. Außer einem Originalbericht liegen noch 7 Zeitungsnach- richten vor. Die Erschütterung muß ziemlich stark gewesen und soll sogar auf den Schiffen wahrge- nommen worden sein. „Bei verdoppelter Stärke,‘ heißt es in einem Zeitungs-Referate, ‚„‚wäre wohl ein Häusereinsturz zu befürchten gewesen, denn mit einer solchen Vehemenz erfolgte die Erschütterung, daß Mörtel von vielen Gebäuden herabfiel.‘“ Nach einer anderen Nachricht fielen Bilder von den Wänden. Die Schwingungen gingen von Südost nach Nordwest. Die Dauer wird verschieden angegeben, einmal 2, ein andermal 20 Sekunden. Als Zeitmoment findet sich überall 8% Uhr, nur einmal 5 Minuten vor halb 9 Uhr, welche Angaben sämmtlich den Moment zu spät zu setzen scheinen, da man auf dem Te- legraphenbureau in Gleiwitz (siehe dort) bereits um 8 Uhr 23 Minuten mittlerer Gleiwitzer oder 8 Uhr 21,2 Minuten Ratiborer Zeit von der in Ratibor wahrgenommen Erderschütterung Kunde hatte. In dem benachbarten Katscher soll das Pfarrgebäude schwache Risse erhalten haben. Rauden, 50° 11‘,8 N. B., 36° 6‘,9 O.L., 15,6 Meilen vom Centrum, 640 P. F. über der Ost- see, Alluvium auf Pläner. Es liegen zwei Zeitungsberichte vor, und in dem einen heißt es wörtlich: „Gestern Abend kurz nach 8 Uhr hiesiger Zeit bemerkten wir zwei, mehrere Sekunden andauernde, von Süden nach Norden fortschreitende Erdstöße, die so stark waren, daß in einzelnen Gebäuden Pa- piere vom Tische fielen, Lampen hin- und herschwankten, Gläser klirrten, Hühner von ihren nächtlichen Sitzplätzen fielen. In dem anderen Berichte wird der Zeitmoment auf 84 Uhr festgesetzt, dieselbe Richtung wie zuvor angegeben und die Erschütterung eine wellenförmige genannt. Ferner wird noch hinzugefügt, daß arges Regenweiter und Schneegestöber war, begleitet von einem heftigen Winde aus Südsüdost. Auch in dem benachbarten Pilchowitz hat man die Erschütterung wahrgenommen. Reichenbach, 50° 43,6 N. B., 54° 19,1 O.L. (Sad.), 31,2 Meilen vom Centrum, 870 P. F. über der Ostsee. Ein brieflicher Bericht verneint entschieden, was in drei Zeitungsberichten gesagt wird, weil Referent im Fernrohre, durch welches er zur Zeit des Erdbebens den Saturn beobachtete, auch nicht das mindeste Zittern wahrgenommen hat. Einer von den anderen Referenten sagt dagegen, daß Stubenihüren aufgingen, Hausgeräthe schwankten und Bilder an der Wand verrückt wurden. „Nach der Stellung der Bilder,“ heißt es, ‚‚dürfie die Erschütterung ihren Weg von Osten nach Westen genom- men haben.“ Der Zeitmoment wird auf 84 Uhr angesetzt. Reichenstein, 50° 26/6 N. B., 34° 52,3 O.L., 26,4 Meilen vom Centrum, 1120 P. F. über der Ostsee. Ein zuverläßiger Beobachter schreibt: ‚Um 8 Uhr 26 Minuten fühlte ich plötzlich, daß ich und Alles, was um mich war, hin und her geschaukelt wurde; ich hatte die Empfindung einer zitternd schaukelnden Bewegung, welche sich mehrmals mit Blitzesschnelle wiederholte, und wohl 4--5 Sekunden anhielt. Ich glaubte, von Schwindel befallen zu sein, was mir bisher niemals wiederfahren war; das Zittern und Schaukeln der Gardinen am Fenster, noch mehr aber das den ersten Schwingun- gen folgende starke Rollen unter mir brachte mich auf die Vermuthung einer Erderschütterung. Die schaukelnden Bewegungen folgten der Richtung von West nach Ost oder nur wenig von dieser Linie abweichend. Das ziemlich starke — donnerartige — Rollen kam erst nach mehreren Bewegungen, hielt aber mindestens 6 Sekunden länger an als diese. Die Richtung dieses Rollens schien mir eine ganz andere und zwar entgegengesetzte zu sein, die ersten und stärksten Töne kamen von Osten oder Ostsüd, die späteren und schwächeren von Westnord.“ Rudzinitz bei Gleiwitz, 50° 21,5 N. B., 36° 4/0 O.L., 18,0 Meilen vom Centrum, 590 P. F. über der Ostsee, Tertiärformation. Zwei Stöße, der erste stärker, Dauer 6—8 Sekunden. Mehrere Personen fühlten die Stühle unter sich schwanken. Die Oefen bewegten sich so stark, daß man deren Umsturz befürchtefe. So im Oberstock, im Erdgeschosse schwächer. 325 Rybnik, 50° 60 N. .B., 36° 13,0 O. L., 14,0 Meilen vom Centrum, 790 P. F. über der Osi- see, Tertiärformation. In dem Berichte von hier heißt es: ‚‚Gestern Abend 8 Uhr 33 Minuten, nach meiner auf mittlere Zeit regulirten Pendeluhr fand bei uns eine Erderschütterung statt; in meiner ein Stockwerk hochliegenden Wohnung auf einem Sopha sitzend, mit dem Kopfe an eine Giebelwand ge- lehnt, empfand ich die erschütternde Bewegung derselben ganz deutlich und ohne Täuschung; die Giebelmauer wankte, ganz deutlich oseillirend, hin und her, zwei- bis dreimal; das ganze Phänomen dauerte etwa 3—1 Sekunde, die Erschütterung war so bedeutend, daß die Fensterscheiben klirrten, einige Zimmerthüren sich öffneten und Gläser an einander schlugen und ertönten.“ Die Luft war bei- nahe ganz ruhig, es wehte nur ein sanfter Nordwestwind, der Himmel war vollständig umwölkt, die Tem- peratur der Luft + 00,5 R., Barometer 353,1. Von Orten der Umgegend werden Poppelau, Pschow, Birtultau genannt. Salesche am Annaberge, 50° 25‘,0 N. B., 35° 56,0 O.L., 19,2 Meilen vom Centrum, Muschel- kalk. Referent schreibt, muß aber der heftigen Bewegung wegen die Feder weglegen. Richtung von Süden nach Osien. Zeit ohngefähr halb 9 Uhr. Schönwitz bei Oppeln, 50° 42/2 N. B., 35° 27/4 O0. L. Sämmtliche Thüren knistern und prasseln, Tisch und Stuhl bewegen sich sichtbar; das ganze Haus wankt. Zeit halb neun Uhr. Slawentzitz bei Ujest, 50° 23/0 N. B., 35° 59/0 0. L., 18,6 Meilen vom Centrum, Pläner. Hausgeräthe und Fenster zitterten, der Ofen schwankte, so daß man den Umsturz fürchtete. Zeit 8} Uhr. Stein, Groß-, bei Oppeln, 50° 32,2 N. B., 35° 44',8 O. L., 21,4 Meilen vom Centrum, Mu- schelkalk. Erschütterungen von heftigen Windstößen begleitet. 81—83 Uhr Abends. Richtung von Westen nach Norden. Das Phänomen wiederholt sich in der Nacht gegen halb 12 Uhr, wobei die Thurmglocke anschlägt. Strehlitz bei Namslau, 51°4‘,0 N. B., 35° 317,0 O0. L., 29,7 Meilen vom Centrum. Nichts von Belang. Bei ziemlich stürmisch naßkaltem Wetter zeigte sich eine Bewegung der Erde, allerdings nur sanft, aber doch so stark, daß die auf dem Tische befindliche Lampe zu klirren anfing, der Ofen in wankende Be- wegung gerieth. Zeit gegen 84 Uhr. Tarnowitz, 500 26‘,6 N. B., 36° 31',2 O. L. (Sad.), 18,9 Meilen vom Centrum, 920 Par. F. über der Osisee, Muschelkalk. Der Eindruck dieser Erderschülterung war auf die Gemüther, nament- lich nervenschwacher Personen, so heftig, daß sich bei ihnen Symptome großer Beängstigung, Schwindel und Herzklopfen einstellten. Die Bewohner größerer Häuser liefen zusammen und stürzten auf die Straße, da sie Gefahr für ihre Person und den Einsturz der Gebäude fürchteten. In einem anderen Berichte heißt es, daß Einige ein donnerartiges Rollen vernommen haben wollen. Tost, 50° 27,4 N. B., 36° 10,5 O. L., 19,3 Meilen vom Centrum, 830 P. F. über der Ostsee, Grauwacke. Eine ganze Gesellschaft fühlt eine wellenförmige Bewegung in der Richtung von Süden nach Norden, als ob sie zwei bis dreimal mit den Stühlen sanft gehoben würden. Dauer 5 Sekunden. Zeit zwischen S4 und 8% Uhr. (In dem Bericht steht irrig 94 und 9% Uhr.) Auch in der Umgegend, z. B. in Slupsko, Wilkau, Groß-, bei Nimptsch, 50° 45,0 N. B., 34° 51‘,0 O. L., 29,9 Meilen vom Centrum. „Am Abende jenes Tages, es mochte etwa 9 Uhr sein, saß ich ganz allein in meiner im Oberstocke des aus Bindwerk aufgeführten Pfarrhauses gelegenen Arbeitsstube am Schreibtische. Da, mit einem Male, fühle ich den Sessel unter mir wellenförmig wanken und zugleich eine solche Bewegung des ganzen Hauses, als sei es in seinen Grundfesten erschültert, und schwanke hin und her. Die Fenster der Stube und des Bücherschrankes klirrten, die Bilder an der Wand bewegten sich, wie überhaupt alles Bewegliche im Zimmer, die Feder der Stockuhr tönte, so wie das vor mir stehende porzellanene 326 Schreibzeug.‘“ Die Familie des Referenten, welche sich im Unterstocke befand, hat Nichts wahrge- nommen. In einem anderen Hause des Ortes hat Aehnliches stattgefunden, indem dort ebenfalls im Oberstocke die Erschütterung gefühlt worden ist, und im Erdgeschosse nicht. Woischnik, 50° 55,5 N. B., 36° 440 O.L., 970 P. F. über der Ostsee, Jurakalk und bunter Thon. In dem Berichte heißt es: „Ein von der Stellung des Lichtes, bei welchem ich las, an der mir gegenüberstehenden südlichen Wand meiner Wohnstube gebildeter Schatten zuckte im Augenblicke der Schwingung ungefähr 1 Fuß an dieser Wand nach unten. Die Entfernung von meinem Sitze bis zu dieser Wand beträgt genau !1 Fuß.“ Diese Beobachtung ist jedenfalls höchst interessant, und es ist zu bedauern, daß außer dieser nur noch eine andere ähnliche angestellt worden, welche aber geringeren Werth hat (vgl. Annaberg). Zur Vervollständigung dieser Nachricht wäre die Angabe wünschenswerth gewesen, wie weit der Schatten werfende Gegenstand vom Lichte entfernt war; es’ ist nicht möglich gewesen, dieselbe nachträglich einzuholen. Nach dieser Besprechung der einzelnen aus unserer Provinz eingegangenen Berichte soll nun ver- sucht werden, daraus ein Resultat zu bilden. Aus dem Laufe der Erschütterungsgrenze wird ersichtlich, daß die ganze südliche Hälfte von Schle- sien innerhalb derselben liegt. Inwiefern diese im Vergleiche zu den benachbarten Ländern weite Ver- breitung in der geognostischen Beschaffenheit des Bodens und Untergrundes begründet ist, läßt sich aus den vorliegenden Thatsachen nicht ermitteln. Das mit Diluvium und Alluvium bedeckte Odergebiet ist eben so wenig verschont geblieben, als die verschiedenen Formationen angehörenden Hochflächen Ober- schlesiens. Von der Grauwacke bis in das tertiäre Gebirge und Diluvium hinauf hat man die Erschüt- terungen wahrgenommen, und in keiner Gruppe vorzugsweise. Auch Gegenden mit Eruptivgestein sind nicht vorzugsweise heftig erschüttert worden; sondern im Gegentheil fehlen aus mehreren dieser Art die Nachrichten gänzlich, wie z. B. aus dem Gebiete des Zobtenberges (Gabbro und Serpentin) und der Siriegauer Berge (Basalt). Die Stärke des Erdbebens ist in Oberschlesien, welches dem Heerde desselben näher lag, stärker beobachtet worden als in Mittelschlesien. Während in Breslau, etwa 33 geographische Meilen von dem muthmaßlichen Centrum entfernt, die Bebungen sanft waren, und namentlich ein Aneinanderstoßen und Klirren von Gläsern nicht beobachtet worden ist, hat ein solches in dem nur 4 Meilen südlicheren Ohlau entschieden stattgefunden, und in Oppeln, 24 Meilen vom Centrum, waren die Bewegungen schon so sichtbar und fühlbar, daß man in einem einzeln stehenden Hause das Einstürzen des Ofens befürchtete. Noch weiter südlich, in Tarnowitz, etwa 17 Meilen vom Centrum, hörte man die Glocken anschla- gen. In Leschnitz, am Fuße des Annaberges, wurde Wasser aus einem Glase herausgeschleudert, wäh- rend in dem nördlicheren Lublinitz das Wasser in Gefäßen blos in vibrirende Bewegung kam. Abermals südlicher, in Ratibor, fiel von vielen Gebäuden der Mörtel herab, und zwischen Ratibor und Rybnik verließen die Bergleute vor Schreck die Gruben. Am stärksten scheinen die Erschütterungen in Pleß (12 Meilen vom Centrum) gefühlt worden zu sein, wo ein Beobachter, der auf dem Sopha lag, hin und her und Schachfiguren umgeworfen wurden, und wo nach Aussage eines Anderen das Wohnhaus in den Grundmauern erschüttert wurde. Eine genaue Abwägung der Stärke der Stöße an den verschiedenen Orten ist unmöglich. Einigen Anhalt dafür würde man haben, wenn Angaben über Größe der Hebung und Senkung aus einer Reihe von Ortschaften vorlägen. So aber finden wir deren nur zwei, nämlich in den Berichten aus Annaberg und Woischnik. Der Berichterstatter aus letztgenanntem Orte hat ein Zucken des Schattens an der Wand wahrgenommen, aber leider sind die angegebenen Dimensionen nicht ausreichend, um die Höhe und Tiefe der Erdwellen bestimmen zu können, ‚und haben auch nicht nachträglich erlangt werden können. 327 Daher konnte leider diese Beobachtung mit der Annaberger, nach welcher die Hebung 4 Zoll betragen haben soll, nicht verglichen werden, was jedenfalls sehr interessant gewesen wäre. Es ist wohl kaum zu bezweifeln, daß die Höhe eines Ortes einen Einfluß auf die Fortpflanzung der Stöße und der durch sie hervorgerufenen Vibrationen gehabt hat. Niedrig liegende Orte müssen die primitiven Stöße stärker empfunden haben als höhere. Andererseits müssen die Schwingungen, in welche die Gebäude durch die Bebungen des Erdbodens versetzt worden sind, in den höher gelegenen Theilen derselben eine größere Amplitude gehabt haben, und daher deutlicher gefühlt worden sein. Damit stimmt die überall beobachtete Thatsache überein, daß das Schwanken der Hausgeräthe in höhe- ren Stockwerken bedeutender gewesen ist, als zu ebener Erde. Wenn aber im Riesengebirge die Be- wohner der Gebirgsbauden stärkere Vibrationen empfunden haben, als die Bewohner des benachbarten Thales, so ist dies als ein Ausnahmefall zu betrachten, welcher durch die geognostische Beschaffenheit hervorgerufen worden sein mag. Die Zahl der Stöße wird sehr verschieden angegeben; die Meisten sprechen von zweien, von denen der erstere schwächer und der folgende stärker war, und in der Zwischenpause vibrirte der Boden. Ein Gleiwitzer Referent giebt drei Stöße an, von denen der mittlere am stärksten, der erste am schwächsten war; und dieser mag daher auch nur von Wenigen gespürt worden sein. Die Dauer des Phänomens wird von Einigen auf 1 bis 2 Sekunden, von Anderen auf 15 bis 20 Sekunden angegeben. Am richtigsten dürfte wohl die Gleiwitzer Schätzung, zu 7 bis 8 Sekunden, sein. Die Richtung der Erschütterungsstrahlen wird nicht in allen Berichten angegeben, und die vorlie- genden Angaben sind zur Hälfte unrichtiig. Da das Centrum bekannt ist, von welchem sie ausgegangen sind, wonach sie in unserer Provinz, je nach der Lage der verschiedenen Orte, theils direkt von Süden (Beuthen, Tarnowitz, Gleiwitz), theils mehr von Südost (Neisse, Breslau) kamen, so ist eine Kritik der Beobachtungen überflüssig. Die Zeitangaben haben noch wenigere Referate richtig angegeben; die meisten sind unbrauchbar, weil sie zu unbestimmt sind. Angaben, wie 84 oder 81 Uhr, ohne Bezeichnung der Minuten, sind für die Bestimmung der Geschwindigkeit der Erdwellen unbrauchbar. Das Ungewöhnliche des gewaltigen Naiurereignisses hat die meisten Beobachter zu sehr überrascht, als daß sie sofort an eine Feststellung des Zeitmomentes gedacht haben konnten, uud daher ist dieser von sehr vielen zu spät angesetzt wor- den. Wir behalten uns vor, diesen Gegenstand bei der Bestimmung der Geschwindigkeit der Boden- schwingungen ausführlicher zu besprechen. Das unterirdische Getöse, welches in der Gegend von Sillein dem Erdbeben vorangegangen ist, hat man auch in unserer Provinz an einigen Orten, z. B. in Reichenstein, Jakobswalde bei Kosel und in Tarnowitz wahrgenommen. In den Hultschiner Gruben soll dasselbe nicht aus der Tiefe gekommen, sondern in den höheren Erdschichten gehört worden sein. Die Lichterscheinungen, welche gleichzeitig mit dem Erdbeben, oder, wie es scheint, kurz vorher in Münsterberg und Niewiadom beobachtet worden sind, sind mit demselben kaum in Verbindung zu bringen, sondern mit dem Feuer-Meteore, welches in Troppau gesehen worden sein soll. Eben so wenig sind die orkanartigen Stöße, welche an einigen Orten wahrgenommen wurden, dem Erdbeben zuzuschreiben, weil aus den meisten Orten berichtet wird, daß ein mäßig starker Westwind wehte. Auch andere Witterungserscheinungen sind nirgends in abnormer Weise beobachtet worden. Die Barometer-Beobachtungen, welche nur an einigen Orten angestellt worden sind, zeigen ebenfalls nichts Ungewöhnliches. Aus Oppeln und Tarnowitz wird zwar der Barometerstand als ein niedriger bezeichnet, allein darauf kann nicht Rücksicht genommen werden, weil eine bestimmte Angabe desselben fehlt, und dazu kommt, daß aus anderen Orten ausdrücklich gemeldet wird,daß das Barometer keine Aenderunggezeigt habe. 328 Die Magnetnadel ist nur in Neisse beobachtet worden; sie verhielt sich ruhig. Eine Einwirkung auf Gewässer, wie z. B. ein Intermittiren der Quellen, welches man sonst nicht selten bei Erdbeben beobachtet hat, scheint in unserer Provinz nicht stattgefunden zu haben. Nur aus Koppitz wird geschrieben, daß das Brunnenwasser am folgenden Morgen trübe gewesen sei; allein der Berichterstatter selbst wagt nicht, diese Erscheinung dem Erdbeben unbedingt zuzuschreiben, weil diese Erscheinung möglicher Weise durch das vorangegangene Regenwetter veranlaßt worden sein konnte. Die Einwirkung auf Menschen. und Thiere, von welcher aus mehreren Orten gemeldet wird, halten wir für eine rein mechanische. Wenn gesagt wird, daß Manche von Schwindel befallen wurden, so erblicken wir hierin nichts Auffälliges, da es ja bekannt ist, wie leicht derselbe durch ungewöhnliche Bewegungen hervorgerufen werden kann. Die Nervenaffektionen schwacher Personen (siehe Tarnowitz und Gleiwitz) setzen wir auf Rechnung des Schreckens. Daß unter den Thieren vorzugsweise die Vögel beunruhigt worden sein sollen, wie von allen Seiten berichtet wird, finden wir darin begründet, daß diese Thiere die kleinste, Verrückung des Schwerpunktes, der bei ihnen durch eine verhältnißmäßig nur kleine Fläche unterstützt ist, leichter wahrnehmen müssen, als Vierfüßler. Uebrigens will man auch an letz- teren, namentlich an Pferden große Unruhe wahrgenommen haben (siehe Gleiwitz), was mit den: in Sil- lein eingezogenen Nachrichten übereinstimmt. Verbreitung des Frdbebens in Oesterreich-Schlesien, Böhmen und Mähren. Hier lagen, mit Ausnahme eines kurzen Berichtes aus Geiersberg bei Wildenschwerdt, gar keine Originalberichte vor, so daß ich meine Zuflucht zu österreichischen Blättern, Wiener Zeitung und Presse, nehmen mußte. Bedeutend vervollständigt wurde das, was mir auf diese Weise geliefert wurde, durch die über das Erdbeben bereits veröffentlichten Arbeiten von Jeitteles in Troppau, Kornhuber in Preßburg und Schmidt in Ollmütz. : 1. Aus dem Kreise Teschen werden folgende Orte genannt: Teschen, Skotschau, Bilitz, Schwarzwasser, Freistadi, Oderberg, Friedeck und Jablunkau nebst einigen Dörfern in der Nähe derselben, so daß das ganze Gebiet von den Erschütterungen betroffen worden ist. In Teschen, 49° 44',7 N. B., 36° 18',3 O. L., 830 P. F. über dem adriatischen Meere und 8,5 geographische Meilen vom Heerde des Erdbebens entfernt, sind nach der Angabe des Dr. Gabriel die höher gelegenen Stadttheile stärker erschüttert worden, und man hat, ähnlich wie in Breslau, geglaubt, daß die Bebungen dem Laufe der Olsa gefolgt seien, was aber wohl, wie dort, auf einer Täuschung beruhen mag. Hie und da fiel Kalk von den Wänden, und es erweiterten sich ältere Mauerrisse. Die Richtung der Erschütterung ging von Südost nach Nordwest und man unterschied zwei Stöße, von denen der erstere 1,5 Sekunde, der zweite 4 bis 5 Sekunden dauerte. Als Zeit wird 8 Uhr 40 Minuten nach der Uhr des Rathsthurmes angegeben. Diese Uhr ging nach Aussage des Prof. Plutzzer 11—12 Minuten zu früh, und daher würde die obige Angabe in 8 Uhr 28,5 Minuten abzuändern sein. Schmidt nimmt 8 Uhr 23,5 Minuten an, aber ohne Anführung des Grundes (S. 40). Diese Angabe erscheint keinesweges zuverläßig. Aus Schwarzwasser, 3 Meilen nördlich von Teschen, wird gemeldet, daß zur Zeit des Erdbe- bens der Wind von Südwest nach Nordost umseizte, und sich in einen, wenige Minuten dauernden Sturm verwandelte. ; Aus Bielitz, wo nach den auf der Reise nach Sillein persönlich eingezogenen Nachrichten die Erschütterungen nur hie und da bemerkt worden und minder heftig gewesen sınd, als aus dem benachbarten Pleß gemeldet wird, liegen zwei Zeitangaben vor: 8 Uhr 30 Minuten und 8 Uhr 329 28 Minuten (Jeitteles). Die Richtung der Stöße ging von Nordost nach Südwest (richtiger umgekehrt); man unterschied zwei, von denen der erste 2,5 Sekunden, der zweite A—6 Sekunden dauerte. Bei Oderberg, auf dem Bahnhofe, 49° 55,0. N. B., 36° 0',0 O. L., ist nach mündlicher Mitthei- lung der Stoß um 8 Uhr 10 Minuten Wiener Zeit (nicht Prager Zeit, wie Schmidt Seite 39 sagt) oder S Uhr 19,7 Minuten Ortszeit erfolgt. In Jablunkau, nur 6 Meilen vom Centrum des Erdbebens entfernt, hat dasselbe, wie mir bei meiner Durchreise mitgetheilt wurde, keine erhebliche Stärke gehabt. In Hruschau, einem Dorfe bei Mährisch-Ostrau, dicht an der schlesischen Grenze, welche hier durch die Oder gebildet wird, 49° 52/,0 N. B., 35° 58‘,0 O. L., 11,4 Meilen vom Centrum, ist nach Schmidt auf dem Bahnhofe die Erschütterung um 8 Uhr 10 Minuten Prager Zeit oder 8 Uhr 27,4 Mi- nuten Ortszeit beobachtet worden. Auf der Steinkohlengrube ist die Intensität der Erschütterungen so bedeutend gewesen, daß die in dem Zechenhause wohnenden Beamteten mit ihren Familien die Woh- nungen eiligst verließen, aus Furcht, daß das Gebäude einstürzen würde. Diese Nachricht ist dem unter Peirzkowitz erwähnten amtlichen Berichte entnommen, in welchem auch noch gemeldet wird, daß in neuester Zeit auf jener Grube ein Eruptivgestein — von Dr. F. Hochstetter für Diorit (?) angesprochen — bekannt geworden sei. Und in Bezug hierauf heißt es: „Jedenfalls ist es sehr interessant, zu erfahren, daß gerade auf dieser Grube, also im Zusammenhange mit dem plutonischen Gesteine, die Erd- erschütterung die bedeutendste der genannten Umgegend war.“ Wir bemerken hierzu, daß man in den Gegenden Mährens, wo die erloschenen Vulkane aufgefunden worden sind, ein Gleiches nicht bemerkt hat, denn Schmidt sagt (Seite 56 unter Klobauk), daß aus der Gegend von Ungr.-Brod, wo der von ihm beschriebene kleine Vulkan liege, alle Nachrichten fehlen. 2. In dem schlesischen Kreise Troppau ist die Erderschütterung seiner ganzen Ausdehnung nach wahrgenommen worden. In Troppau, 49° 56,4 N. B., 35° 34',1 O0. L., 780 P. F. über dem adriatischen Meere, 14,3 Meilen vom Centrum, hat man sie fast allgemein gefühlt; auch soll das vorangehende unterirdische Ge- töse gehört worden sein. Man hat drei Schwingungen oder Maxima der Intensität unterschieden, von Südsüdost nach Nordnordwest (außerdem werden auch unrichtig andere Richtungen angegeben). Die Bewe- gung war wellenförmig, und man glaubt auch das Krachen des Eises vernommen zu haben. Ferner wird von der Unruhe der Vögel und der Blutegel gesprochen. Jeitteles erwähnt endlich, daß hie und da die Quellen zu fließen aufhörten, und daß an zwei Orten in der Nähe von Troppau ein Feuer-Meteor beobachtet wurde. Als Zeit wird 8 Uhr 28 Minuten Ortszeit und 8 Uhr 20 Minuten telegraphische Prager Zeit oder 8 Uhr 37,4 Minuten (entschieden unrichtig) angegeben. In Schönbrunn hat man ein unterirdisches Getöse, gleich dem eines heranbrausenden Lastzuges, vernommen, und das Wasser eines Brunnen soll zwei Tage lang milchfarbig gewesen sein. In Schlackau, südwestlich von Troppau, 49° 59',0 N. B., 35° 30,0 O. L., 15,2 Meilen vom Centrum, wurde eine Pendeluhr durch den Erdstoß zum Stillstande gebracht; sie zeigte S Uhr 20 Mi- nuten (Jeitteles). Eine andere Angabe von hier setzt den Zeitmoment auf 8 Uhr 28 Minuten (Schmidt). In Jägerndorf, 920 P. F. über der Ostsee und 17,5 Meilen vom Cenirum, schlug die Thurm- glocke sechsmal an, und die Stöße kamen aus Südost. Die Intensität derselben muß also ziemlich be- deutend gewesen sein. In Freudenthal, 49° 59,0 N. B., 35° 8,0 O.L., 17,5 Meilen vom Centrum, zeigten die Stadt- uhren 8 Uhr 25 Minuten (Schmidt). Außerdem werden aus diesem Kreise noch folgende Städte, aber ohne besonders merkwürdige Nach- richten genannt: Wagstadt, Fulnek, Odrau, Wiegstädtl, Grätz, Bennisch, Engelsberg 42 330 Olbersdorf, Freiwaldau, Zuckmantel, Würbentha!, Johannisberg, Hotzenplotz und einige Dörfer. 3. Prerauer Kreis in Mähren: In Mährisch-Ostrau, 49° 50,2 N. B., 35° 58',7 O0. L., 10,9 Meilen vom Centrum, erhielten einige Gebäude schwache Risse, fielen leichte Gegenstände um und tönten Federn in Stockuhren. Die Erschütterung war wellenartig, bestand aus 6 Schwingungen und dauerie 1,5 Sekunden, nach Anderen 6 Sekunden. Als Zeitmoment nimmt Schmidt im Mittel aus verschiedenen Angaben 8 Uhr 24,5 Min. Ortszeit. In den benachbarten Witkowitzer Kohlengruben hat man Nichts gespürt. In Friedland, nicht ganz eine Meile von der Lissa Hora, 7 Meilen vom Centrum, 1140 P. F. über dem adriatischen Meere (Schmidt), haben nur Wenige die Erschütterungen wahrgenommen. In Geladna, eine Meile südlich von Friedland, 6,2 Meilen vom Centrum, und am westlichen Fuße der kleinen Karpathen, welche hier die Höhe von 4000 P. F. erreichen, wurden die Erschütterungen nur in den tiefer gelegenen Dorfiheilen, etwa bis 1300’ Seehöhe wahrgenommen, In den Berghütten wurde nicht das Geringste gespürt. Dies Alles nach Schmidt, welcher auf seiner Reise nach Sillein im Februar dieses Jahres in dieser Gegend persönliche Erkundigungen eingezogen und Höhenbestimmungen unternommen hat. Auch in Ostrawitza, welches von Celadna nur eine halbe Meile entfernt ist, scheint die Boden- bewegung, welche hier mäßig war, in tiefer gelegenen Punkten fühlbarer gewesen zu sein, als in höheren. In Braunsberg, Friedek, Freiberg, Frankstadi, Roznau, Wall, Meseritsch und Neu- titschein, sämmtlich in derselben Gegend, zwischen der Oder und Ostrawitza, war bei einer durch- schnittlichen Entfernung von 9 Meilen vom Centrum die Erschütterung mäßig und in den drei letzteren Orien von Windstößen begleitet. In Weißkirchen, weiter westlich und beinahe 12 Meilen vom Centrum, sind die Bewegungen wieder stärker aufgetreten. Der Stoß besiand aus 8 bis 10 Schwingungen und dauerte 5 bis 7 Sekun- den. Die Schloßglocke soll angeschlagen haben (Schmidt). Aus Prerau schreibt die Presse: „Die Vögel in den Bauern wurden unruhig, die Hunde bellten, und die Bewegung der Möbel war so stark, daß in manchen Häusern die Kinder aus den Beiten sprangen.“ In Mistek an der Ostrawitza, 49% A0',O N. B., 36° 3,6 O. L., 8,2 Meilen vom Centrum, beobach- tete man die Erschütterung um 8 Uhr 20 Minuten Ortszeit. In Neutitschein, 49° 564,0 N. B., 35° 40',0 O. L., 9,9 Meilen vom Centrum, um S Uhr 20 Min. Ortszeit. Diese beiden Zeitangaben bezeichnet Schmidt (Seite 40) als unsicher. Sonst werden noch Leipnik und Liebau ohne besondere Bemerkungen genannt. A. Aus dem Hradischer Kreise in Mähren sind verhältnißmäßig weniger Nachrichten eingegan- gen. Er lehnt sich seiner größten Ausdehnung nach an das Trenischiner Komitat in Ungarn, und wird durch die kleinen Karpathen von demselben getrennt. Daher ist denn auch in allen Orten längs der Grenze das Erdbeben stark gewesen, so daß z. B. die Thürglocken läuteten (Schmidt). Es werden die Städte Wsetin, Klobauk und eine Menge Dörfer genannt. Weiter westlich, wie z. B. in Holeschan, Bistritz und Napajedl, war es schwächer. 5. Kreis Ollmütz. Aus Ollmütz, 49° 357 N. B., 34° 55/1 0. L., 690 P. F. über dem adriatischen Meere, 16,3 Meilen vom Centrum, fanden wir in der Presse folgenden Bericht: ‚In Ollmütz wurde etwa um ein Viertel auf 9 Uhr Abends in mehreren Häusern Gläserklirren und Schwanken der Fußböden, Erzittern der Möbel bemerkt. Der Wächter auf dem Rathsthurme empfand die Bewegung ziemlich stark. Das Oel seiner Nachtlampe floß über, die Glockenschaalen der Thurmuhr gaben einen schwirrenden Ton. Mehrere Per- 33l sonen fühlten sich unwohl, empfanden Uebelkeiten und einen Andrang des Blutes zu Kopf und Herzen. Singvögel zeigten in ihren Käfigen eine auffallende Unruhe.“ Die Bewegung verlief von Südost nach Nordwest, nach Anderen von Süden nach Norden, war wellenförmig und dauerte 5 bis 7 Sekunden. Um il} Uhr trat eine Wiederholung der Erschütterung ein. Auch aus der Umgegend sind viele Nachrichten eingegangen. Aus Prosnitz wird gemeldet, daß die Erschütterung um 9 Uhr 19 Minuten (?) wahrgenommen wurde, eiwa 3 bis 4 Sekunden anhielt und eine oscillirende Bewegung von Ost nach West verspüren ließ, Die Vögel in den Käfigen flattertien unruhig auf und nieder. Zimmergeräthe zitterten, und die in den Betten schlafenden Personen wurden durch das Schaukeln derselben aufgeschreckt. Schall oder unterirdisches Getöse ward nicht wahrgenommen — und selbst diese wellenförmige Bewegung war in vielen Häusern (ostwestlich parallelaufend mit den erschütterten) gar nicht fühlbar, oder es erforderte gänzliche Stille und Aufmerksamkeit, um derselben inne zu werden. In Mährisch-Trübau, 49° 44°,0 N. B., 34° 21,0 0. L., 22,6 Meilen vom Centrum, trat die Erschütterung um 8 Uhr 29 Minuten ein. In Hullein, 49° 19,0 N. B., 35° 80 0. L., 13,0 Meilen vom Centrum, um 8 Uhr 20 Minuten oder 8 Uhr 24,4 Minuten Ortszeit. Außerdem sind noch Nachrichten eingegangen aus: Gewitsch, Hohenstadt, Aussee, Schön- berg (von Südost nach Nordwest 5 Sekunden, aber sehr schwach), Römerstadt, Mähr.-Neustadti, Bärn (stark, mit unterirdischem Getöse), Hof, Sternberg (2 Stöße, von 5 bis 6 Sekunden Dauer; der zweite war stärker), Littau, Domstadtl, Kojetein (6 Vibrationen mit Getöse), Kremsir (die Schloßthurmglocke schlug an), Hullein Gım 8 Uhr 20 Minuten Wiener Zeit) u. s. w. 6. Im Kreise Brünn sind nur schwache Bebungen wahrgenommen worden, außer in Brünn, 49° 11/6 N. B., 340 16‘, 5 O. L., 21,2 Meilen vom Centrum, um 8 Uhr 20 Minuten, noch in Auster- litz, Wischau, Dieditz. 7. In Böhmen ist nur an zwei Orten ein doppelter Erdstoß gespürt worden, nämlich in Geiers- berg bei Wildenschwerdt, südwestlich von Mittelwalde, um halb 9 Uhr, nach einer brieflichen Nachricht, und in Kratzau, am westlichen Fuße des Isergebirges, um 8 Uhr 10 Minuten bei Sturm, nach einem amtlichen Berichte (Schmidt S. 59). Die Zeitangabe ist gewiß unrichtig. Bestimmung des Zeitmomentes und der Geschwindigkeit der Erdwellen. Bei dieser Untersuchung habe ich nur die Zeitangaben benutzt, bei denen ein richtiger Stand der Uhr vorausgesetzt werden konnte, also namentlich aus den Orten, welche an Eisenbahnen liegen oder eine Sternwarte haben. Die Angaben aus dem Centralgebiete sind sämmtlich zu unsicher, wie schon oben bemerkt worden ist, als daß sie in die endgiltige Rechnung gezogen werden konnten. Der Centralpunkt ist oben (Seite 312) bezeichnet worden; seine geographische Lage ist 49° 11‘ N. B., 36° 27° O0. L. Es ist angenommen worden, daß sich von ihm aus die Erschütterungswellen kreisförmig, also nach allen Richtungen hin mit gleicher Geschwindigkeit fortgepflanzt haben. Obgleich es scheint, daß dies nicht ganz richiig sei, so gab es kein Mittel, dies mit Bestimmtheit festzustellen. Die Widersprüche, welche die benützten Zeitangaben liefern, sind nicht erheblich, und um sie auf ein Minimum zu bringen, ist die Methode der kleinsten Quadrate angewendet worden. Herr Dr. J. Schmidt, dem das Verdienst gebührt, eine derartige Bestimmung in Nöggerath’s Bearbeitung des Erdbebens vom 29. Juli 1846 zuerst ausgeführt zu haben, hat an diesem Orte den Gang der Rechnung entwickelt. Er ist unter den ausgesprochenen Voraussetzungen der einzig wahre und auch von mir befolgt worden, weßhalb ich mich einer Begründung desselben überheben kann und auf jene gediegene Arbeit verweise. 42* 332 Bezeichnet man die auf den Meridian des Centrums reduzirte Zeit, welche sich aus der beobach- teten Ortszeit durch Anbringung des Zeitunterschiedes ergiebt, mit Z, und die Zeit, zu welcher das Phä- nomen am Centrum selbst eintrat, mit T, die Entfernung des Beobachtungsortes vom Centrum mit e, und die Zeit, welche die Wellen zum Durchlaufen einer Meile nöthig hatten, mit x, so muß die Gleichung stattfinden T=2—-eXoda0O =T — (Z — eX) in welcher Z und e gegeben, T und X unbekannt sind. Zur Bestimmung von T und X sind demnach zwei Gleichungen erforderlich; sind deren aber mehr vorhanden, so müssen sie, wenn sie nicht voll- ständig harmoniren, nach der Methode der kleinsten Quadrate behandelt werden, um für T und X die wahrscheinlichsten Werthe zu erhalten. Aus einer vorläufigen Rechnung ist T = 8 Uhr 9,4 Minuten und X = 1,0 Minuten gefunden worden. Legt man diese Zahlen zu Grunde, so ergeben sich für die 7 Orte, deren Zeitangaben als verbürgt an- gesehen wurden, Widersprüche, wie aus folgender Zusammenstellung hervorgeht: Bezeichnung er Rn Abstand ex NE des — | va ausge- z — eX T-(-eX) Ortes Ortszeit. | Centralz. | Centrum. | drückt in Uhr.| Min. [Uhr.| Min. | Geogr.m.| Min. |[Uhr.| Min. lo s | 2330|8 || ı62 | ı62 Is 1290| - 35 2. (Cleimitz =. s 21,518 2350| ı6s | ı68 |s| s2| + 12 la 0 s 300|8 |853| ıza | ıza |s | zel z15 4» Brünn. ern: 8 120,0] 3 28,85] 21,5 215 IS | 731 + 21 Sonne s |s00|s |s35| 238 | 238 |s | 97] —o3 6: [Briegi.. aber 2 8 31,01 8 1362| 28,1 251 |]s| Ss1i| +13 7... (Breslau u... 2... 8380| 8 |45,0| 33,3 35,3 18 |11,7| — 23 Daß Widersprüche obwalten, ersieht man auf den ersten Blick, indem z. B. die Erschütterung in Ollmütz um 4 Minuten später wahrgenommen worden sein soll als in Gleiwitz, obgleich Ollmütz dem Centrum um etwa eine halbe Meile näher liegt. Vergleicht man ferner die in der vierten Kolumne enthaltenen Zeitmomente, welche alle unter einander gleich sein müßten, da sie angeben, wann das Centrum die Erschütterung gehabt hat, so sieht man, daß dieser Moment aus allen beobachteten Zeiten verschieden gefunden wird. Die letzte Kolumne giebt die Differenz gegen die vorläufig angenommene Zeit T = 8 Uhr 9,4 Minuten, und müßte, wenn kein innerer Widerspruch in den Daten läge, durchweg dieselbe sein. Die aus beobachteten Zeitmomenten vorläufig berechneten Momente T so wie die Größe X bedürfen also einer Verbesserung. Bezeichnen wir die Verbesserung von T mit z und die von X mit x, so geht der für T oben aufgestellte Ausdruck über in T+r=D-—eX — ex, woraus folgt: 0=T— (2 —eXN)+r-+ ex Hieraus ergeben sich folgende Bedingungsgleichungen: - 1. = — 35 +7 +162X 2. 0= +12 er 16ER 9. 0= +15 + + 174X 4. 0= +21 +7 + 215X 5. 0= —03 +T + 2388X 339 6. 0= +13 + + 2381X ’R 0= — 233 +T + 333 X und aus diesen die sogenannten Normalgleichungen 0 = 0,0 + 7 r + 157,1X 0= — 125 + 157,17 + 3774,6 X Aus der Auflösung dieser letzteren folgt: x= + 005024 ; = = — 1,1275 und daraus endlich T + = 8 Uhr 8,27 Min. xX+x = 1,05 Min. Der wahrscheinlichste Moment für die Erschütterung des Centralpunktes ist also S Uhr 8 Minuten 16 Sekunden mittlere Ortszeit, und die Zeit, welche die Erdwellen brauchten, um eine geographische Meile zu durchlaufen, betrug 1 Minute 3 Sekunden. Daraus folgt dann endlich die Geschwindigkeit der- selben für eine Sekunde 31,25 Ruthen oder 375 Fuß rheinl. *) Nunmehr können die wahrscheinlichsten Zeitmomente für die obigen sieben Orte berechnet werden, wenn man in die Gleichung Z=T+r-+e(X+x die gefundenen Werthe einträgt. Zur Erleichterung der Vergleichung wird die nachfolgende Zusammen- stellung dienen, in welcher überall bei den Zeitmomenten der Kürze wegen die Angabe der Stunde (8 Uhr) weggelassen worden ist. Abstand re Berechn. Moment, |Beobacht. Moment. 2 | Name des Ortes. ven gegendas (a er e;Dillerenz. Centrum. Centr.inZeit.] Centralz.| Ortszeit. | Ortszeit. | Centralz. Meilen. Min. Min. Min. Min. Min. I Ollımz =... 16,2 — 6,1 25,3 19,2 23,0 29,1 — 8,8 2. I Gleiwitz........ 16,3 — 0,5 25,9 25,4 24,5 25,0 + 0,9 92 (Krakau... 17,4 + 4,7 26,5 31,2 30,0 25,3 + 1,2 Ar Brünn... ...... 21,5 — 88 30,8 22,0 20,0 28,8 + 2,0 5. IOppeln ........ 23,8 ns, 333 | 29,8 | 30,0 | 33,5 202 beıbnieg 2... 28,1 — 5,2 37,8 32,6 31,0 36,2 + 1,6 mel Breslau. ....... 33,9 — 7,0 49,2 36,2 38,0 45,0 — 18 Zur Prüfung der Zeitangaben aus anderen Orten sind dieselben in gleicher Weise nachfolgend zu- sammengestellt, aber diejenigen weggelassen worden, welche sich blos auf beiläufige Schätzung gründen. Die meisten aus den Österreichischen Staaten sind der Schmidt’schen Arbeit, und die meisten aus un- serer Provinz den direkten Berichten entlehnt. Wie zuvor, ist auch hier die Angabe der Stunde (8 Uhr) weggelassen worden. *) Hierbei darf ich nicht verschweigen, dass die obige Bestimmung nicht meine erste ist, sondern dass ich bei früheren andere Zeitmomente gefunden habe. Als mir nämlich nur die schlesischen Nachrichten vorlagen und ich noch nicht in Sillein gewesen war, hatte ich das Centrum in jener Stadt selbst gesucht, und daraus den Erschütte- rungsmoment für Sillen 8 Uhr 3 Minuten gefunden. Nach meiner Reise aber verlegte ich das Centrum an den oben bezeichneten Ort, und fand, weil ich noch nicht im vollen Besitze aller Zeitangaben war, für das Centrum 8 Uhr 5 Min. 334 Bezeichnung des Ortes. | _ &| Zeitun- | Berechneter | Beobachteter \ = 55 |terschied] Zeit - Moment.|Zeit - Moment. A = 8 geg. das | 7 |) 7 | Differenz. Name. Land. Centrum. | Cnirz. f Ortsz. | . Min. Min. Min. Min. Min. Min. 1. IKremnitz ....... Ungam.:....... 721 + 051159 | 16,4 I 25,0 I 245 I — 86 2. INeusohl......... Des 731 + 1511601 1751250 |135| — 75 3. [Mistek ... 0... Mähren. .. 821 — 1,6 | 16,9 1 15,3 1 20,0 1 21,6 1 — 4,7 Aslmeschen.. 2... Oesterr.-Schlesien]| 8,6 | — 0,6 | 17,3 | 16,7 ı 23,5 | 24,1 es 5.@lAlisohl 22. Ungarn 2... 95| + 141183 119,7 1 25012361 — 5,3 6. INeu-Titschein ... Mähren ..... 9,91 — 3,1 | 18,7 15,6 | 20,0 | 23,1 A Zetbieltzen. 0% Oesterr.-Schlesien] 10,2 | + 1,1 | 19,0 20,1 | 29,0 | 27,9 iı — 89 8 10strau. a... Mähren... 109,9] — 1,9 | 19,7 | 17,8 | 245 | 264 | — 6,7 9. |Hruschau....... Oesterr.-Schlesien| 11,4 | — 2,0 | 20,3 | 18,3 | 27,4 | 29,4 ia 9,1 1%. |Pleß EEE TON Preuß.-Schlesien..| 11,9 | + 0,7 | 20,8 21,5 | 20,7 | 20,01 + 0,8 11. 1Oderberg.. 2... jOesterr.-Schlesien 11,91 — 1,8 | 20,8 | 19,0 | 19,7 | 21,5 07 12. |Annaberg (Bahnh.) ;Preuß.-Schlesien..| 12,1 1 — 1.9 | 21,0 | 19,11 15,0 1169| + 41 13.. jHulleneeı me | Mähren ee: 13,0 | — 5,3 I 22,0 I 16,7 1 24,4 | 29,71 — 7,7 14. |Ratibor ........ |Preuß.-Schlesien. 13,8 | — 23 | 228 | 205 |250 273 | — 45 15. jRybnik......... |Desgl LA 13,9 | — 1,0 | 22,9 | 21,9 | 35,0 1 31,0) — 11.1 16. ITroppau-....... Oesterr.-Schlesien| 14,3 | — 3,6 | 23,3 | 19,7 | 28,0 | 31,6 | — 83 17. ISchlackau ...... Oesterr.-Schlesien| 14,4 | — 3,8 | 23,4 | 19,6 1 20,0 1 2381 + 04 18. IDirschel........ Preuß.-Schlesien..| 15,2 | — 3,3 | 24,2 | 20,9 | 35,0 1383 | — 14.1 19-21Brodek. 2... iMähren.. . 15,3 | — 5,9 | 24,5 I 18,4 231,6 12751 — 236 20. |Königshütte..... Preuß.-Schlesien..| 16,8 | + 0,7 1 25,9 | 26,6 I 39,0 | 3331 — 124 21. jFreudenthal. ...}Oesterr.-Schlesien| 17,5 | — 5,3 | 26,7 | 21,4 | 25,0 30,31 — 36 22. IGiersdorf....... Preuß.-Schlesien .| 22,5 | — 5,9 | 31,9 I 26,0 | 31,0 | 36,9 | — 5,0 93. ITrübau......... Mähren ........ 22,6 | — 85 | 32,0 | 23,5 1 20,0 | 2851| + 3,5 34: (Broskaur =... Preuß.-Schlesien. | 22,7 | — 3,7 | 32,1 | 28,4 | 30,0 | 33,7 | — 1,6 35a lNeisse”.... ..: Deselt. 50% 23,91 — 5,8 | 33,4 | 27,6 I 35,0 1408| — 74 26. iReichenstein . Deselt. none 26,0 | — 7,6 I 35,6 | 28,0 | 26,0 | 33,6 1 + 2,0 27. |Münsterberg..... Desgl, : 2. 27,1 | — 7,0 | 36,7 | 29,7 | 30,0 | 37,05 — 0,3 38. IKreuzburg ...... Desele ra 27,41 — 2,3 | 37,1 | 34,8 | 22,5 | 24,8] + 12,3 29. }Hirschberg...... Dessl. . 2922 39,3 | —12,3 | 49,6 | 37,3 I 30,0 | 43,31 + 7,3 Den zuverläßigsten Anhalt für die Prüfung der beobachteten Zeitmomente giebt die Vergleichung ihrer Umwandlungen in Centralzeit und der bezüglichen Abstände vom Centrum mit eben solchen Daten, welche ihrer Glaubwürdigkeit wegen zur Ausgleichungsrechnung gezogen worden sind, und ganz beson- ders mit denen von Gleiwitz, Brieg und Breslau. Was zunächst die beobachteten Angaben aus Preuß.-Schlesien betrifft, so stimmen diese mit den berechneten im Allgemeinen viel besser als die aus den österreichischen Staaten. Entschieden unrichtig sind aber zunächst die aus Ratibor, Rybnik und Dirschel, wo die Erschütterung früher stattgefunden 339 haben muß als in Gleiwitz, und von Königshütte, wo sie bei gleicher Entfernung nicht 13 Minuten später erfolgt sein kann als eben dori. In Giersdorf und Neisse ferner kann sie nicht später wahrgenommen worden sein als in Oppeln, in Kreuzburg nicht früher als in Brieg, und in Hirschberg nicht früher als in Breslau. Endlich ist noch die Angabe aus Annaberg (Bahnhof) als eine nur beiläufige ohne beson- deren Werth. Demnach sind aus unserer Provinz außer den bei der Ausgleichungsrechnung benutzten von Breslau, Brieg, Oppeln und Gleiwitz, nur noch die von Pleß, Proskau, Reichenstein und Münsterberg brauchbar. ‚Stellt man dieselbe Vergleichung mit den Angaben aus Oesterreichisch-Schlesien an, so fallen die aus Teschen, Bielitz, Hruschau und Troppau, und es verdienen blos die aus Oderberg, Schlackau und Freudenthal einer Beachtung. . Aus Mähren sind außer der Ollmützer nur die von Brodeck und Mährisch-Trübau beachtenswerth. Die drei ungarischen Angaben können unmöglich richtig sein, obgleich Schmidt denselben vollen Glauben geschenkt hat, denn da sie durchschnittlich halb so weit vom Centrum entfernt sind als Glei- witz, so müßten sie bedeutend kleiner sein, als die Angabe aus diesem Orte, was aber nicht der Fall ist, indem sie von diesen nur sehr wenig verschieden sind. Höhenbestimmungen. Die Instrumente, welche mir zu den Bestimmungen der Seehöhen gedient haben, waren: 1) ein ausgezeichnetes Heberbarometer neuester Konstruktion von Greiner in Berlin, 2) ein gutes Heberbaro- meter von Nösselt und Staritz in Breslau, und 3) ein 'Theodolit mit fünfzölligem Vertikalkreise. Die beiden Barometer waren mit dem Breslauer Normal-Barometer auf der Sternwarte, dessen Stand nach der Prüfung von Professor Dove als absolut genau betrachtet werden kann, verglichen worden, und da nach brieflicher Mittheilung des Herrn Fritsche, Adjunkt an der k. k. meteorologischen Central-Anstalt in Wien, der Stand des Barometers, an welchem die benützien Gegenbeobachtungen angestellt worden sind, ebenfalls als absolut genau zu betrachten ist, so konnten die beobachteten Stände meiner beiden Barometer nach Anbringung der auf der Sternwarte ermittelten Differenz auf letzieres bezogen werden. Das Greiner’sche Barometer ist im physikalischen Kabinet der Silleiner Realschule stationirt und daselbst von Herrn Professor Clemens am 26. und 27. Mai fast alle Stunden gütigst beobachtet worden, wofür ich demselben zu größtem Danke um so mehr verpflichtet bin, da er die Beobachtungen mit größter Sorgfalt ausgeführt hat. Das Nösselt’sche Instrument dagegen ist, weil es sich leichter trans- portiren läßt, auf meinen Ausflügen benutzt worden. Die Seehöhe des Wiener Barometers ist zu 99,70 Toisen genommen, welche Angabe ich der Güte des Herrn Adjunkt Fritsch verdanke, und bezieht sich auf das adriatische Meer bei Triest, was daher auch von allen übrigen Höhenbestimmungen gilt. Bei der Berechnung der Barometerbeobachtungen habe ich die Bessel’schen Tafeln benützt, aber in der nach dem von Regnault bestimmten Wärmecoöffizienien 0,00367 von mir abgeänderten Gestalt (29. Jahresbericht der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur, Seite 24 und 25). Monats- tag. Mai 26. 336 Bestimmung von Sillein. In Wien. In Sillein. Höhen- Stunde. Barometer | Temperatur | Barometer | Temperatur | untersen beiO°R. [derLuftnach| beiO0°R,. [derLuft nach! T ken P.L. Reaumur. u nn EERPSL.NES EREAUMNT. 1. Ba el Reanumur.. nase Reaumur. DISeN 7 U. Vorm.| 327,84 + 80 922,47 + 10°9 | 70,69 8— — 328,03 9,0 322,43 15,1 74,25 I— — 328,06 9,5 322,43 16,1 75,97 10 — — 328,18 10,0 322,40 17,6 77,63 11—- — 328,39 10,6 322,41 17,9 79,87 12 — — 328,36 11,5 322,35 18,5 81,10 1U.Nachm.| 328,45 11,9 322,31 16,4 82,55 2— — 328,34 12,4 322,51 12,2 77,68 3— — 328,43 12,5 322,73 11,1 75,16 4— — 328,77 12,1 322,87 11,2 78,28 5— — 329,28 11,0 323,25 11,1 79,51 6— — 329,73 9,4 323,43 11,0 83,01 10 U. Vorm.| 328,58 5,8 326,39 5,5 79,00 1U.Nachm.| 332,16 7,0 326,19 6,1 76,58 2— — 332,02 8,0 326,02 7,1 77,37 3— — 331,92 81 325,82 7,6 75,80 d— — 331,73 9,0 325,67 7,6 78,49 I— — 331,63 8,3 325,94 7,8 78,82 6— — 331,64 7,9 325, en 25% 79,03 71— — 331,62 + 71 325, + 77 78,97 Höhenunterschied im Mittel...... 78,14 Toisen. Dazu die Seehöhe von Wien.... 99,70 „, ÄU n U U UÜU J Seehöhe des Barometers in Sillein 177,84 Toisen. + 2.99, Seehöhe des Herrenhauses in Sillein (erster Stock) 180,83 Teisen. Dieselbe nach Schmidt ME Re 177,00 „ Hieraus folgt ferner für den Marktplatz, 2,50 Toisen unter dem ersten Stocke des Herrenhauses, die Seehöhe von 178,33 Toisen, und für den Fußboden der Realschule, 0,83 Toisen unter dem Baro- meter-Niveau, 177,01 Toisen. Bestimmung von Visnyove, Mai 26, Vormittags 7 Uhr. Realschule in Sillein Visnyove, an der Kirche.... Beobachtungsort. 322,47 P.L. 318,54 — Barometer.) Lufttemper. + 10%9R. + 13,0 Seehöhe. 177,84 Tois. 230,98 — 337 Das Barometer hing 0,30 Tois. über der Schwelle der Haupithüre der Kirche; daher ergiebt sich für diesen Punkt die Seehöhe von 230,68 Toisen. Schmidt hat für denselben Punkt 228,5 Toisen gefunden. Bestimmung des „kahlen Fleckes,“ auf dem Wege von Visnyove nach dem Mincov, Mai 26, Vormittags 9 Uhr. Beobachtungsort. Barometer.|Lufttemper.| Seehöhe. Realschule in Sillein........ 322,43 P.L.| + 16%1RR. 177,84 Tois. Kanler; Rleck : 2... ... 307,66 — || --15,4R. 1383,00 — Das Barometer hing 0,30 Toisen über dem Erdboden; daher ergiebt sich für diesen Punkt die See- höhe von 382,70 Toisen. Bestimmung des Mincov, Mai 26, Nachmittags 2 Uhr. Beobachtungsort. | Barometer. Iutttenper | Seehöhe. Realschule in Sillein ....... 322,51 || + 1202R. 177,84 Tois. Mineow. .. wet 285,9 | +73R. [695,17 — Das Barometer hing 0,25 T. über dem Erdboden, daraus folgt für die Scheitelfläche des Berges die Seehöhe von 692,92 Toisen. Außerdem ist auf dem Mincow, wo ein trigonometrischer Beobachtungspfeiler steht, auf diesem die Zenithdistanz des Krivan-Fatra (Fuß des dortigen trigonometrischen Signals) gemessen worden, aber leider des ungünstigen Wetters wegen nur einmal. Sie beitrug 88° 44° 15,0 und nach Reduktion wegen der Erdkrümmung und Strahlenbrechung 880 Al’ 5,4. Der Abstand der beiden Berge konnte nur durch Abgreifen auf der Komitatskarte ermittelt werden; er wurde 697,33 Toisen gefunden, Aus diesen Daten ist berechnet worden, daß die Axe des Fernrohres auf dem Mincov 160,10 Toisen tiefer war, als der Krivan-Fatra, dessen Seehöhe nach der Karte 879,0 Klaftern oder 855,40 Toisen angegeben wird. Daraus ergiebt sich für die Axe des Fernrohres auf dem Mincov eine Seehöhe von 695,30 Toisen, für die Scheitelfläche des Berges aber (0,84 Toisen unter der Axe) 694,46 Toisen. Das Mittel aus der barometrischen und trigonometrischen Messung, deren Differenz 1,54 Toisen beträgt, giebt 693,69 Toisen und ist als die wahrscheinlichste Angabe der Seehöhe dieses Berges zu betrachten. Bestimmung von Bitschitz, Mai 27, Nachm. 4 Uhr 30 Min. Beobachtungsort. Barometer.|Lufttemper. | Seehöhe. Realschule in Sillein ....... Bitschitz im Erdgeschoß .... 1324,50 — 192,10 Daraus sind folgende Angaben abgeleitet worden: 1. Der Fußboden des Erdgeschosses, 0,50 Toisen unter dem Barometer........... 191,60 Toisen. 2. Der Fußboden des ersten Stockes, 2,10 Toisen höher als Nr. I Ctrigonometrisch). 195,70 ,„, 3. Der Erdboden im Garten 5,61 Toisen unter dem Barometer (trigonometrisch)..... 186,49 „, 43 338 Bemerkungen zu den beiden Karten. l. Die Karte des Erschütterungsgebietes enthält nur solche Orte, welche von dem Erdbeben betroffen worden sind, während absichtlich diejenigen, aus denen keine Nachrichten eingegangen sind, weggelassen worden sind. Somit giebt sie sofort einen Ueberblick über die Ausbreitung des Erdbebens. Von den Orten in Ungarn haben einige nicht aufgetrageu werden können, weil sie auf den Karten, welche ich mir besorgt hatte, nicht zu finden waren. 2. Die Karte des Thales von Sillein ist nach zwei Karten des Komitates Trentschin, von denen aber keine eine genaue Terrainzeichnung enthielt, entworfen worden. Letztere ist hauptsächlich nur auf die persönliche Anschauung des Verfassers und nicht auf Messungen basirt, weshalb keine absolute Genauigkeit verbürgt werden kann. Gleichwohl wird aber die Zeichnung ihrem Zwecke, ein Bild von dem Centralgebiete zu geben, worauf es hier blos ankommt, erfüllen. Der auf demselben Blatte eni- haltene Grundriß von Sillein ist nach dem im Texte erwähnten Stadtplane, den mir Herr Präfekt Dra- hotusky geliehen hatte, gezeichnet; und die auf denselben schwarz ausgefüllten Stellen bezeichnen die Gebände, welche von dem Erdbeben am meisten gelitten haben. Dr. Sadebeck. Allgemeine Uebersicht der meteorologifchen Deobachtungen auf der kgl. Univerfitäts-Sternwarte zu Dreslan im Jahre 1856. (Höhe des Barometers 453,62 Pariser Fuss über dem Ostseespiegel bei Swinemünde.) I. Barometerstand, I. Temperatur III. Feuch- |IV. Wolkenbildung 1856 reducirt auf 00 Reaumur in | der Luft in Graden nach tigkeit und Pariser Linien. Reaumur. der Luft, | Niederschläge. Monat 2 3 3 3 2 = 2 E = 5 = 5 < = 7 E E Ei P 222. = 2 al = |Rl = 13 e = Asalas ao IE |F®8 Januar...... 1334022] 8| 321,64 |329,67125| + 6%6) 4I— 7%4|— 0°%2511,73 | 0,865 S| 6117| 6,29 | Februar..... 2328| 33729) 1) 326,13) 332,55410|+ 9,6) 4— 10,2|-- 0,361 1,83 |0,844 4| 8|17| 18,93 Märze. 3.0: 17| 340,67) 5| 328,04] 334,19121|+ 82/15) — 6,2)-+ 0,00) 1,42 |0,70512| 7122 1,96 Aptil......- 1) 335,76129| 325,15] 330,54527|-+ 20,2] 3|— 0,8)-+ 7,895 2,47 | 0,635 11 | Sı 11 4,02 Maikie.1...00%% 201 333,16|16) 324,02) 330,12529|)-+ 20,2] 4|+ 1,5/-+ 10,221 3,33 [0,655 5 | 1115| 11,25 Junnaayzcck s| 33531119] 327,91] 332,41514|-+ 24,0125|+ 7,6|+ 13,82] 4,53 | 0,705 7 | 11 |12| 27,04 Jules: 30| 335,55) S| 328,25] 332,47125|+ 23,2] 3|+ 7,2|+ 13,17 3.96 0,665 9 | 14| 8S| 22,37 August...... 1! 335,76/19|) 323,80) 331,36114|-+ 22,1|31|+ 5,0/-+ 13,56) 4,39 | 0,715 7,13 | 11 | 19,41 September...115| 334,86/28| 326,78! 331,351 2\-+ 20,0/13)+ 24)-+ 10,54] 3,59 }0,73)1 9| 9/12| 15,75 Öctober..... 20| 338,68] 2) 329,21] 335,441 2|-+ 19,825) — 1,0/+ 8,17] 3,20 |0,75112 | 10| 9 1,72 November... 333,48|124| 322,57| 331,30124|-- 6,6127|)— 86!— 0,161 1,71 |0,53} 2 |12 | 16 | 17,22 December ...! 339,92|26| 318,81] 330,631 8S| + 9,2) 3|— 7,4|-+ 0,49] 1,70 | 0,79 8| 914 3,62 Jahr... a8 | Bao s1s«,sılast,sa| +24°,0 —10°2| + s2s0]2“, 82 [oa] ı Inslı 54 | 149,58 Minimum der Dunstsättigung 0,19 April 19. Maximum des Dunstdruckes 6,98 Juni 17. Minimum 0,58 März 11. 35 3 37 ER 38 39 33 j 3» 35 . 36 E | | | 09Hammer | an > LENIR ANTAUR | von | | Brei Erschütterungs-Gebiete 0 Strehtitz „ISCHUTLETUNLS-UeDIete “ ——e = — —— | 1.7 = Ofreuzbuurg . $ > | Hirschber. ; e des Erdbebens vom 15. Januar 1858. (0 I Olarlsrude | oWarmorumm m F——— etersdorf® VMlermsdort | Ofinatzurı AyaBEHAOE Gr. Wilkaze Entvorten von Dr Moritz Sadebeck. Reichenbach ° AEgpEE Schönwi Obzutentag Zangenbielar © Oase Den, 20 f ©) Oppeln OZublinit | a ae 7 Ofoschentin BEN 75 enberg > OWorschnik | Hünsterberg Proske oStebendorf | « TOSKAHL oßr Stein | n 2 Kotulın hr | i \ = as oTost- IL te, | Glatz 32 ORerchensteit) Zeschna osStalesche. Tarnomilz Oo Zindomiese 4 / OJohannisderg OsZumerdzite r Scharley 72 0B.GHe „DMigchoni 0 OBerthen’ Giersdor£ ° Vensfadt Ss ae sch Auazinek „Aön RLELZ | Mokenptotzo OMittelmile U N ade leooil Se | Zuckmantel ee ‚Kattonit, OMyslotwitz atischMfauue | Freimaldau Oyeobschritz Raudeno JUchonit | Odlbersctont Babitz | Wärgenthal: 0 Dissek:o 3, (e) no Olkybrek | N Vagerndork on Geerhiko, © GET [) Ara ka u | Oeversbeng | TEL mo PPirkıultau- o Tarnom | 7 1 © 67 renden Freuderttalo® rn E "Doslart OPlels Ofielierka, | a {} en lad SchlachauD & OsSchwarzıvitsser o Aanty Oyz, : Tätenitz Oo (Hohenstuct Oerdt O Freistadt u Wadowice | oHof = = | AusselO oa, Oärn er Oföpigsber Oßkotschau- | | | Trıibauo Sternbego | Pomstädll —_ mer, VESPEEE O 7öschen : 7 o 2 Yilau“ | Ich er, Gemisch Ollmıitz ® OFreib, | Opeubitschein | OJabtunkazı | | OWersshirch- ee 0, Sandec Eye ak, z Bes | Olffosnilz Tanfksladt | 1S72E oBerau Rorrau ig m | | | Turzorku, lu | | 2 Ofientowitz | Ayjeteino Non oBiik Olsetin ange | | DieditzO 2 WRIEL | Risch. Nexestüdtt | | [0] 7 | O pincharer ET Ver | | Bu, Rredmir, |2r Inn ® ee ONapagedt oAlobauk || dbebens | Pachb | | | = x Hiklos | | | | Fruskao | | 18 OSeeleez Haug Vagy-Eupolesuo [0] Kremnnilz ZUESoRZ, Ofchemniz Szadılna ° OZibelt banya oNagy-Rosce oRatko 49 | ] | Aranyosldrolo OBakabanya | | o Si Benedek Oo, | | Neitra | OBath obacs | | | Verebetg. e Bi 9 Rekko' i | | | | | | & A SE Y | hob Sayk Balassı Gyarmal | MSzu " o Borsony 33 betro wess Von welch aber auf d Gena dem halte: hotus Gebä meieı 0} M Janua Febrı März April Mai.. Juni. Juli . Augu Septe Octol Nove Decei Jahr . I ) N \ zz. =sxwx uv N oyırpaspp: "UrTpg Peg = | T9p SSLIPUN.LN) ! | RI 11707 Bl un NPLLIUDASSTTUDLT \\) Wi \ \\ / N; G IN) SIT n nl \ RN = UN SZ N — NSS G tl _ N |! )) / N N 4 \4||\\\\N\ BygnAo]Y W , ( \\ N N \ IN JaoAusıy N\ INN INN TE: II | SS je S N { 3E ji [ @ RL 9Qaolk1L IE IOZPATUW une /O S (N I| SS | UBUSDIYT O ZT ZUZRONN N RI III Q N [ Sn \\ ||| I1l/)/ j NN| \\\| I //\\ RN /\ euyeın | Mae a nn uoa wazptoausg gr. N N), VG ” N \ | | | M n Se sn OS 0 N, > / yi N N Te N N | iM y at, NIITDS NA TVILL ET I. | NUN q 3 RN ZU, / === ————— == = NR mu ei \\ \ SEE —— = ———— l IL = = nn x WHTR I 7 = Ve TO )> WE // F TEE NP fe N! —5 \ ubaPnDUEgHÄNLUJELWDLLLINDLLLNLNEDDNHNN.. ı Sen een Ge — ,IE 128 Alu TFIIJ ( „88 al ver 339 V. Herrschende Winde, Januar: Den ganzen Monat hindurch Süd und Südost vorherrschend; Nord, Südwest, West, Nordwest ziemlich gleich oft; Nordost und Ost kamen beinahe gar nicht vor. Februar: Im Ganzen sehr veränderlich, aber doch so, daß südliche und westliche Richtungen über- wiegend waren. Nordost auch in diesem Monate sehr selten. - März: Im ersten Drittel Nordwest, West und Nord, bis zum 20. fast nur Südost und Ost, im leizten Drittel veränderlich, doch vorherrschend West und Nordwest. April: Obgleich Südwind den ganzen Monat hindurch vorherrschte, waren auch die übrigen Richtungen beobachtet worden, am seltensten Ost, Südwest, Nordwest. Mai: Den ganzen Monat hindurch blieben westliche und südliche Strömungen vorherrschend, auch Ost und Südost kam ziemlich oft vor, Nord und Nordost äußerst selten. Juni: Südliche und westliche Windrichtungen waren auch diesen Monat überwiegend. Nord wurde mehrmals, Ost dagegen nicht beobachtet. Juli: Westliche, nördliche und Südrichtungen den ganzen Monat hindurch vorherrschend, östliche nur sehr vereinzelt. August: Alle 8 Windrichtungen waren den Monat hindurch ziemlich gleichmäßig vertreten, etwas öfter wurden Nord, Süd, West und Nordwest beobachtet. September: Wie im August veränderlicher Wind, alle Richtungen ziemlich gleichmäßig vertheilt, Ost, Süd, Südwest und Nord etwas häufiger als die anderen. October: Bis zum 20. waren südliche und östliche, dann bis an das Ende des Monates westliche Strömungen vorherrschend; Nordost ward am seltensten, Südost am häufigsten beobachtet. November: Den ganzen Monat hindurch blieben Süd- und Westwinde fast ausschließlich vorherr- schend, indem Nord- und Ostrichtungen nur sehr vereinzelt vorkamen. December: Auch diesen Monat blieben südliche und westliche Windesrichtungen, namentlich die ersteren fast ausschließlich vorherrschend. VI. Witterungs-Charakter. Januar: Die erste Hälfte mäßig kalt, heiter und trocken, die zweite ungewöhnlich warm, trübe und oft regnicht, zuletzt wieder etwas Frost- und Schneewetter. Häufige, aber durchweg unerheb- liche atmosphärische Niederschläge. Februar: Ein im Ganzen sehr gelinder Wintermonat mit fast beständig trübem Himmel.und vielem Schnee und Regen. Sehr veränderlich und ungesund. In der Nacht vom 12. zum 13. rascher und gefahrloser Eisgang der Oder. März: Anfangs trübe, vom 11. bis 20. fast wolkenloser Himmel, dann wieder unbeständig; der ganze Monat ungewöhnlich trocken und ohne Nebel bei sehr hohem Barometerstande und niedriger Temperatur. April: Vorherrschend heiter, sehr trocken und warm. Vom 20. ab Erwachen der Natur, Baumblüthe und Eintreffen der Zugvögel. Mai: Obwohl trüber Himmel mit häufigen Sirichregen vorherrschend war, doch angenehmes und frucht- bares Frühlingswetter. Oft heftiger Wind. Nebel und Gewitter fehlten ganz. “ Juni: Trüber Himmel, häufige Regenfälle, mehrere Gewitter, einmal Schlossen am 24., aber im Gan- zen fruchtbare Witterung, mit normaleı, wiewohl oft schwankender Temperatur. Ein starker Nebel am Morgen des 12. Juli: Vorherrschend wolkig, aber trockenes, angenehmes, der Ernte sehr günstiges Weiter, ohne allzugroße Hitze. Nebel und elektrische Erscheinungen äußerst selten. 43° 340 August: Wie im Juli vorherrschend trockenes, ziemlich helles, recht günstiges Erntewetter. Nebel fehlten fast ganz, Gewitter zogen 3 über Breslau. Normale Temperatur und Luftdruck. September: Vorherrschend bewölkter Himmel, dabei aber ziemlich trockenes und angenehmes, an einigen Morgen merklich kühles Weiter. Ziemlich häufige Nebel und ein paar Gewitter im Laufe des Monates. October: Ueberwiegend heiter, ungemein trocken, angenehm warm bis zum 20., dann etwas kühler, mit ein paar Nachtfrösten vom 22. ab. Häufige Nebel. Barometer den ganzen Monat hindurch merkwürdig hoch und wenig schwankend. November: Sehr viel trübes Wetter mit häufigem Nebel, Regen und Schnee. In der ersten Hälfte des Monates gemäßigte Temperatur, dann kalt, und namentlich in den letzten Tagen empfindlich. Barometerstand normal, aber großen Schwankungen ausgesetzt. December: Ueberwiegend trübe, unfreundlich und oft stürmisch; erste Woche mäßig kalt, dann bis zum 12. frühlingswarm, den übrigen Theil sehr veränderlich. Barometer und Thermometer schwankten fortwährend und bedeutend. Allgemeine Uebersicht der meteorologifchen Beobachtungen auf der kgl. Univerfitäts-Sternwarte zu Dreslan im Jahre 1857. (Höhe des Barometers 453,62 Pariser Fuss über dem Ostseespiegel bei Swinemünde.) I. Barometerstand, II. Temperatur II. Feuch- |IV, Wolkenbildung 1857 redueirt auf 0° Reaumur in | der Luft in Graden nach tigkeit und . Pariser Linien. Reaumur. der Luft. Niederschläge. = ı FR) s © En el & le ö SE & F =| © 5 s 2 17 © aaglsele is 2 | „go Monat. I3| 2 |3| $8 2 1232| = Se 2 j2=.| 2518 |38|S |2285 es alaner (elle. = ISEE las: || ® |F%587 a = zZ = = = = S areas Januar... 9|337“,44|12|323“‘,08|330“,74] 2|+ 4%4| 9|—11%6|— 19%,83]1%,48 | 0,841 5 | 6 | 20 | 8,68 Februar ....124| 340,29|13| 329,63) 335,27121)+ 5,3| 6|— 10,6/— 0,97| 1,50 | 0,801 15 | 5| 8 3,01 März... 20| 339,17) 9| 325,23) 331,89125|+ 7,6/32]J— 5,4|+ 1,67| 1,73 | 0,74] 7| 4 | 20 6,82 April ....... 19|. 336,18|13|] 324,58| 330,30|10|-+ 15,2125|— 138)+ 6,661 2,50 | 0,701 6| 11/13 | 19,72 Mai... ee 15) 335,06|26| 326,68| 331,84|22|+ 22,2) 6|+ 1,8)+ 10,12) 2,94 | 0,62] 9 | 11) 11 6,88 June ..2ae. > 25) 336,78|29| 328,73] 332,55|29|-+ 24,8|15|+ 5,4|-+ 13,50] 3,60 | 059115 | 7 | S| 16,81 Jul... 22%: 13| 335,88] 1] 328,88] 332,22]28|-+ 24,1129|+ 9,6|-+ 14,86] 4,49 |0,66] 9| 14 | S| 42,03 August. ..... 24| 336,28|17| 327,21] 332,29| 6|+ 25,324) 6,5|-+ 15,22] 4,89 | 0,701 17 | 7| 7| 36,64 September...[24| 337,33/11| 329,37) 332,83] 5|+ 22,4|32|+ 1,0|+ 11,93] 4,35 | 0,69] 14 | 9| 7| 13,84 October ....|24| 336,91) 9| 326,84] 332,61] 5|-+ 18,2|26|+ 2,8|+ 9a1ll 3,50 | 0,78] 13 | 10 | 8 9,24 November ...|19| 339,92|26| 327,58| 335,14] [+ 7.4[23|— 7al+ 053] 1,74 \osılı2| 7|11| 9,92 December ...| 8| 340,73/26| 330,21), 336,15523)+ 7,5120|— 42|+ 1,63] 1,95 | 0,82] 6| 10 |15| 11,66 | a | [340«;73] 3234,08 s2,s0| [+35 1106| + ssoale“,s6 [oa3|120 101 135| 1854,25 Minimum der Dunstsättigung 0,21 Juni 19. Maximum des Dunstdruckes 7,25 August 7. Minimum 0,48 Januar 9. 341 V. Herrschende Winde, Januar: Westliche und südliche Richtungen den Monat hindurch vorherrschend, doch war aber auch Nord- und Ostwind ziemlich oft beobachtet worden. Februar: Den ganzen Monat hindurch fast ausschließlich östliche, südöstliche und südliche Windes- richtungen. März: In der ersten Hälfte meistens westliche Windrichtungen, in der leizien dagegen Südost fast ausschließlich prädominirend. April: Nördliche und östliche Richtungen im Laufe des Monates vorherrschend, aber Süd- und West- strömungen auch ziemlich oft beobachtet. Der Wind wechselte sehr oft. Mai: Zu Anfange West und Nordwest, dann durchweg nördliche und östliche Windrichtungen vor- herrschend. Juni: Den ganzen Monat hindurch war Nordwestwind überwiegend, nächst ihm West, Nord, Nordost, die übrigen Richtungen traten nur vereinzelt auf. Juli: Nordwest und Westwind zeigten sich den ganzen Monat hindurch als bei weitem vorherrschende Windesrichtungen. August: Nordwestrichtungen überwiegend, aber auch Nord, Ost, Südost und West häufig beobachtet; Nordost, Südwest und Süd kamen nur ausnahmsweise vor. September: Den ganzen Monat hindurch waren Südost- und Nordwestwinde vorherrschend; West, Nord und Süd kamen ziemlich oft, Nordost und Ost dagegen sehr selten vor. October: Ost- und Südostwinde den ganzen Monat vorherrschend, Süd, West, Nordwest, Südwest ziemlich gleichmäßig, Nord und besonders Nordost nur ausnahmsweise beobachtet. November: Bis zum 20. ward fast ausschließlich Südostwind beobachtet; im letzten Drittheile war ‚die Richtung sehr veränderlich, aber überwiegend nördlich. December: Bis zum 20. waren fast ausschließlich südliche Richtungen vorherrschend, von da ab bis zu Ende Nordwestwind. 2 VL Witterungs-Charakter. Januar: Fast immer trübe, oft Nebel, wenig Schnee und Regen, unbeständige Witterung, nur vom 7. bis 10. winterlich kalt, sonst mäßige Temperatur, niedriger, stark oscillirender Barometerstand. Februar: Heiterer, trockener und angenehmer Wintermonat mit fast zu großer Wärme. Nebel- und Reif- bildungen sehr häufis. Anomal hoher Barometerstand beinahe den ganzen Monat hindurch. März: Vorherrschend trübe, aber angenehm, trocken, und wenige Tage abgerechnet, ziemlich warm. April: Die ersten 3 Wochen schön warm und fruchtbar, wiewohl vorherrschend trübe. Vom 15. ab junges Grün. Am 25., 26., 27. Nachtfröste, am 26. Morgens Schneegestöber, so daß die Erde einige Stunden wieder weiß ward. Mai: Zu Anfang und Ende mäßiger Regen, sonst durchweg trocken, meist heiter und zuweilen sehr warm. Vom 19. bis 23. starker Höhenrauch. Nebel ein paar Mal, ein Gewiiter. Barometer den ganzen Monat hindurch ruhig. Juni: Heiterer Himmel bei großer Trockenheit der Atmosphäre, kein Nebel, mäßiger Regen am 8.—10., 15.—17., wenig Gewitter; ein Hagelfall am 29. in Pöpelwitz; die Hitze an manchen Tagen drückend. Juli: Meist wolkiger Himmel mit starkem Strich- und Platzregen, dessenungeachtei meist günstiges Erntewetter. Kein Nebel, ein paar nahe und hie und da einschlagende Gewitter, so wie am 21. in und um Ohlau Hagelwetter. Viele heiße Tage, aber auch mehrere auffallende Tempe- raturwechsel. 342 August: Fast immer heiterer Himmel; in der ersten Hälfte anhaltend heiß, Nebel und Gewitter selten, Regen am 8. und 9., und vom 17. bis 21. in bedeutenderen Quantitäten. September: Vorherrschend heiter, trocken und angenehm warm. In der zweiten Hälfte ein paar kühle Tage mit Reifbildung und Nachtfrost. 3 Gewitter im Laufe des Monats. October: Eben so trocken, heiter und angenehm warm wie der September, jedoch ohne Nachtfröste oder Reife. Nebel waren sehr häufig und zum Theil stark. Regen dagegen vom 11. bis 30. gar nicht. November: Bis zum 24. anhaltend trockenes und größtentheils heiteres Wetter mit häufiger Nebel- und Reifbildung (vom 12.—24. täglich bei ziemlichem Froste). Vom 25. bis zu Ende des Monats trüber Himmel mit Nebel, Regen, Schnee, Glatteis und Graupel. Der Barometerstand vom 1. bis 22. ganz anomal hoch. December: Ziemlich heiterer, sehr trockener und warmer Wintermonat, mit häufigem Nebel und Reif. Zu Weihnachten starker Regen und bis zu Ende trüber Himmel. Der Barometerstand den ganzen Monat anomal hoch, noch über den des November hinausgehend. Tr I Eon hvawrt Seite. Allgemeiner Bericht über Verhältnisse und Wirksamkeit der Gesellschaft im Jahre 1857 vom Bürgermeister Bartsch 3 AllgsemeinesViersammlungen.der. Gesellschafter... „u: ae. ren Sl. eisen een ee sine 5 Kurzer Bericht über die im Jahre 1857 thätig gewesenen Sektionen. Diemmatunwassenschattliche Sektion’. aussen an etnein ee une ne Rene etagake NE let 6 Die antomelesfsohe Sakıtın san nenn 3888 ee Ren 6 Die heizmieche, Bellen don yon na Harn ro BEER Re E 6 DiesmedizinischegSe kl ONE re ee ee eine ee ee ee Re ee ee ee 7 DiegmeieorologischenSEkUONE IL N EN RE es leleseee Denker else ee hielten Nele) Die technische Bakllon ss has se so ra REHERAER NER ARE LER RR 8 Die Skononische Beokinni ss son an AN a N ER or 8 DiegSsektiionsfundObstsnund’ Gartenbau namen ne nee essen sinne nenne une 9 Die nsiorisehe Sektionen are. on on nr N NR ER A ee 9 Diespädagogischen Sektion... ..22-2onoeereneesscarersnae SRRELeR AEE eelsfr etzisteege he Safetadı Wien SPojeeergere 9 Diesphilelosische Sektion... „rare ran errt ae eeiygnnse onrekeleelelo nt srrelooleia nernlsiersieiels e Hereiilensiniote.eiene 10 fe jmieilschs Ballon. 052.222 0 ar ans Se ARBEITERN 10 Diegonsikalischeg Sektion m ke ie Sea laeha te nee 10 Bericht über die Verwaltung der Kasse im Jahre 1857 von Klocke.. x EHE le eier else see ale ee elniee 11 Bericht über die Bibliotheken und Museen von Letzner...........c.-Cer2cne sense nenennennnenseenennnenn 12 Reglement des Präsidii für die Benutzung der Bibliothek der Schlesischen Gesellschaft. Verhandlungen der einzelnen Sektionen. 1) Naturwissenschaftliche Sektion. a) Chemie, Physik und Geographie. Direktor Dr. Ritthausen: Ueber das schwankende Verhältniss einiger Elementar-Bestandtheile der Kulturpflanzen, insbesondere des Stickstoffes und der Kieselsäure der Cerealien.............rerecccceen: 17 Prorektor Dr. Marbach: 1) Mittheilungen über Aluminium .............2.2ee0eeeecernen RER 2) ERENRRATEe epale 18 2) Mittheilung der Resultate thermo-elektrischer Untersuchungen, angestellt in Betreff tesseraler Krystalle 18 3) Ueber einen Apparat zum Sicbtbarmachen der akustischen Schwebungen oder Stösse. ...........- 19 4) Ueber einen elektro-magnetischen Induktions-Apparat ...............-crceseneneneneneennnnnnn 19 Professor Dr. Löwig: Ueber die vom Grafen Schaffgotsch zuerst angestellten akustischen Versuche über das Verhältniss gewisser Töne zur Flamme .........22.22ce2csenneesseeeenenee nennen 20 Professor Dr. Sadebeck: Ueber den neuen Stadtplan von Breslau.............2c.2uscnecsnenneeesnennnnnne 20 344 Seite. b) Mineralogie, Geognosie und Paläontologie. Professor F. Römer: 1) Ueber die Ergebnisse einer Untersuchung silurischer, in nordischen Geschieben bei Grö- ningen in Holland vorkommender Versteinerungen ........222e220sssneenenonnenenennnne 22 2) Ueber den geognostischen Bau der venetianischen Alpen ..........-.222eeeeeeneeesennnennnnen 23 Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Göppert: 1) Ueber die Braunkohlen-Ablagerung zu Hennersdorf bei Jauer ......... 24 2) Ueber ein Stück Bernstein, gefunden zu Paschkerwitz bei Breslau...........erscerseccseececce 24 3) Ueber: zwei interessante Versteinerungen“........ 2.20. 046 on on. nnen elle eine ea. 24 4) Ueber den versteinten Wald von Radowenz in Böhmen, und über den Versteinerungsprozess überhaupt 36 Apotheker Jäckel zu Liegnitz: Ueber die Basalte Niederschlesiens.........:....uc222eecceseneeseeneerennne 24 c) Physiologie, Zoologie und Botanik. Privatdocent Dr. Aubert: Ueber den Einfluss der Entfernung eines Objektes vom Auge auf die Deutlichkeit des indirekten ‘Sehens... al ee ee ee EEE 46 Staatsrath Professor Dr. Grube: Ueber den Bau der Brachiopoden und ihre Unterschiede von den Muscheln..... 46 Geh. Med.-Rath Professor Dr. Göppert: Ueber die grosse Eiche zu Pleischwitz bei Breslau .............. 47. 12 Professor Dr. F. Cohn: 1) Ueber Meeresorganismen im Binnenlande................eerccccceeeneeenenennn 48 2) Ueber das Wiederaufleben der durch Austrocknen in Scheintod versetzten Thiere und Pflanzen.... 48 Dr. J. Kühn in Bunzlau: Ueber das Vorkommen von Anguillulen in erkrankten Blüthenköpfen von Dipsacus ful- lonum Li. a nee le ee a ee ee ER TRE 50 d) Anhang. Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Göppert: Ueber die naturhistorischen Verhältnisse Schlesiens.............er....... 54 Apotheker Jäckel in Liegnitz: Ueber die Schwedenschanzen .............2rasseccnesenesennnnnnennennenen 56 Professor Dr. F. Cohn: Bericht über die Beobachtungen der Vegetations-Entwickelung in den Jahren 1856 und 1857 61 2) Botanische Sektion. Musikdirektor Siegert: Ueber zwei neue Carices. ...........ereseeeeseeeeeeneneennnnne 00..80.0000 er er 65 Oberforstmeister v. Pannewitz: Ueber verschiedene merkwürdige Vegetations-Produkte.....2.2......ere000.0. 67 Dr. Bail: 1): Ueber: sein System: der. Bilze. .................0.0 00 0nsee asien solo oo eloae eetekeletete TE 68 DW Ueber Hefe an. an... nee ee ee ee ENT TTITTT IT 85 Direktor Prof. Dr. Wimmer: 1) Ueber neue Fundorte seltener schlesischer Pflanzen in der Gegend von Strehlen, Falkenberg. und Striegau... .... a... sen ee lee elle N 68 2) Ueber Salix silesiaca. ........ cn. cas een De ee ee ee NET STAR 79 3) Bericht über das der schlesischen Gesellschaft anheimgefallene Herbarium des verst. Dr. Henschel . 92 Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Göppert: 1) Ueber mehrere im laufenden Jahre zum 2. Male blühende Pflanzen ..... 69 2) Ueber eine eigenthümliche Gallenbildung bei Quereus Robur............2..2er2eeesseneneneenn 85 Professor Dr. F.Cohn: 1) Ueber die Verhandlungen der letzten Versammlung deutscher Naturforscher zu Bonn 69. 72 2) Ueber Anguillula Tritici in sogenannten gichtigen Weizenkörnern...........:2eercersoncenonnee 73 3). Ueber Meeresorganismen im Binnenlande... .... 2... us uueo. sen seacesoie sense seen ee 96 4) Ueber mikroskopische Organismen in Bergwerken .......eeeeeceeseeenoneesessnenenssenennnne 104 5) Ueber den Zellkern der Bacillarien..............22coooeneseensseseessnanssenneneecnnennnnne 106 6) Ueber die Holzzellen des Weinstockes ............222seeseneononsensonsennnesenenenenenn nn 107 Kandidat Nitschke: 1) Untersuchungen über das Genus Lappa Tourmn.............22er2eseeesseneneeeenenen 70 2) Ueber die Gattung Hieracium, mit besonderer Rücksicht auf die schlesischen Formen derselben.... 86 Dr. Milde: 1) Ueber die europäischen Botrychien...............eeseceeesnonnnernerseneneennennnenn nun 73 2) Ueber einige interessante Pflanzen der schlesischen Flora...............:.esssceen0n0. Seren 82 Dr. Stenzel:.Ueber Astbildung.\der. Karne... 12... 0.1.00 este ale elle ee Sei slelo oLckelehef es ietekelge tere oteer tele late 83 Lehrer Hilse in Sirehlen: Verzeichniss der bei Strehlen beobachteten Laubmoose. .......zurrerzseeeereccenen 93 Buchhändler Trewendt: Bericht über die Verwaltung des botanischen Lesevereines im Jahre 1857............- 109 345 3) Entomologische Sektion. De Haupilehrerh® Keizner.:. Ueber. Dr. J.2L..Chr. ‚Gravenhorst. ................ 2. el A en. 111 Dr2Wocke: 1) Neue: schlesische Ralter....................oneneccenceeeccen. ON HR ARE NHRREG 116 Z)aselienenschlesischesKalter- en ee ee ne ee unten eilacker 119 Hauptlehrer Letzner: 1) Ueber Anaspis flavo-atra (A. flava L., lateralis F., frontalis L., atra F.) ............. 119 2) Notizuuber: Mordella’ pusilla°Dej. iundspumila;@yl. .....uu..2.n.ee. 0 ee oe. 122 S) Ueber, dierhuppe: von. Opilusdomestieus St: =... su. 2. weesecnsanedeseneonon nase nenne 122 4) Ueber Larve und Puppe der Chrysomela cuprea F. und 2Opunctata Scop. ......22..2eeccneeceen 123 5) Ueber Larve und Puppe der Chrysomela litura F.............2:22eneeeeenensneseernenenennen 126 6) Ueber Larve und Puppe von Helodes phellandrii L. ........ccce2e2ocecueneeneneeneneennnn en 127 7) Ueber Larve und Puppe von Helodes beccabungae Ml.........zz2rrsc2cseenseneseneennennenenene 130 8) Ueber Puppe und Larvensack des Cryptocephalus sericeus L. ........2.22222cceeenenesseonennnn 133 9) Ueber Larve und Puppe der Crioceris asparagi L.........2..22200000ceeeenenneeeesnenene nenn 133 10) Ueber Larve und Puppe des Rhagium bifasciatum F................u.cecenseseeersneneeeen en 136 11) Ueber die Puppe des Ampedes nigrinus: Payk. ......222.......2... 2... lenleknneenns 138 4) Die medizinische Sektion. Dr. W. Freund: Ueber seine Untersuchungen über die Veränderungen des Rippenknorpels beim Menschen..... 139 Dr. Neumann: Bericht über die von ihm dirigirte Privat-Irrenanstalt zu Pöpelwitz für das Jahr 1856.......... 140 IDEEN Cohn: al) Ueber! Gehimerweichung:.... ..... 22... 22020. 2 HR EN laniabaii ll ne 142 DeUleber;zwei-Krankheitsfäller........rareersr seen ne ee Re ee le nee 177 Dr. Förster: 1) Ueber seine Untersuchungen über die Bildung der Katarakte..............ercceseeeecsen 143 2) Ueber künstlicher Bupillenbildung........\.... . .nten.tugnenetetstesasenstetesetn arenasenn eos ann ee nn ne nen on onen 147 Privatdozent Dr. Aubert: 1) Ueber angestellte Wiederholungen des Experimentes von Traube................ 144 2) Ueber die Lehre von der Akkommodation des Auges ..........220222neseerseesnense sn 147 DMUcherkdie Hemmunosnervenie a el Ber saentersese seen Sense tea 175 Dr. v. Glisczynski: Ueber die von ihm gemachten Beobachtungen über Placenta praevia und deren Behandlung. 144 Professor Dr. Rühle: 1) Ueber die an dem durch seine Fissura sterni congenita bekannten Herrn Groux sicht- und fühlbaren Erscheinungen der Respirations- und Circulations-Organe. ...............0. 146 2) Ueber die Ergebnisse der Leichen-Untersuchungen an Pocken Verstorbener ..........:.22rsr20 0. 149 Professor Dr. Middeldorpf: Ueber die unter seiner Leitung stehenden kgl. chirurgisch-klinischen Anstalten..... 146 Dr. Günsburg: Ueber Exanthema scorbuticum...........re.eeeereseneneneenennenennneneenernnenene OR 149 Dr. Joseph: Ueber einen merkwürdigen Fall von Doppelmissbildung durch Einschliessung. .................-- 150 Dr. Asch: 1) Ueber einen interessanten Fall von Atrophie musculaire paralytique progressive ..........2..:.. 153 2) Ueber eine bis jetzt wenig beachtete Ursache der Skoliose ............2esereeceesennsceecnenn 157 Sanitätsrath Dr. Grätzer: Ueber die öffentliche Armenkrankenpflege Breslau’s im Jahre 1856. ................. 161 Dr. Valentiner: Ueber das Vorkommen des Inosit in den Muskeln von Potatoren........2222cre-seeeerseennn 177 Dr. Paul: Ueber einen Fall eines enormen Echinococeus-Sackes der Leber......2....ererseesccceeeenennnne 177 Geh. Med.-Rath Professor Dr. Göppert: Ueber Scheintodte..........e.-.eresecenenenerneneenenee nennen 178 5) Die historische Sektion. Oberlehrer Dr. Cauer: Das Jugendleben des grossen Kurfürsten.............scecereesereeneer nern nenn 181 6) Die juristische Sektion. Appellations-Gerichts-Präsident a. D. Dr. Hundrich: Ueber neuere Ehescheidungs-Gesetzgebungen............. 193 7) Die Sektion für Obst- und Gartenbau. Direktor Dr. Fickert: 1) Bericht über die Thätigkeit der Sektion im Jahre 1857. ........rreccseererenecn 215 2) Bericht über die allgemeine deutsche Obstausstellung zu Gotha........:..roeceeneeersennennnes 221 346 Seite 3) Ueber den französischen Baumschnitt nach Lepere...........eee2cconenneneneeseenenesrnenens 223 4) Auszug aus den Kultur-Berichten für 1857......2.....2..20..#e02en0neen san ennanne nee en emee 229 Kaufmann E. H. Müller: 1) Bericht über die Vertheilung von Obst-Edelreisern, Gemüse-, Dekonnes und Blu- men-Samen durch die Sektion im Frühjahre 1857 .................en.00cen essen nen 226 2) Ueber die im Jahre 1857 stattgehabten Ausstellungen von Garten-Erzeugnissen aller Art.......... 244 3) Statistische Notizen über den Lesezirkel und den Fond der Sektion.........2..:ce2ceeeeseeccen 272 4) Verzeichniss der in der Bibliothek der Schlesischen Gesellschaft vorhandenen, auf Obst-, Gemüse- und Gartenbau bezüglichen. Schriften... se.ee cine 380 0s ehgetn elnmeanjeende here nanneenrae ter she alone ee 274 8) Die pädagogische Sektion. Haupilehrer Stütze: Ueber. -Thier-"und“Meuschenschutzer. 2.222. 0.10 ne N 283 9) Die technische Sektion. Professor Dr. Landolt: Ueber den. Leidenfrost’schen Versuch. ............:n220h en enesenneenienneennsnkenen 301 Direktor Gebauer: Ueber ein Stück Telegraphentau, wie es zur Legung der submarinen Telegraphen verwendet wird, und über elektrische Telegraphen überhaupts..:3............u...2eecueennunnee nn 301 10) Die meteorologische Sektion. Professor Dr. Sadebeck: Das Erdbeben vom 15. Januar 1858, mit besonderer Berücksichtigung seiner Ausbrei- tung: in.der Provinz.Preussisch-Schlesien...............“össedeses one esse ces anensno. 303 Allgemeine Uebersicht der meteorologischen Beobachtungen auf der kgl. Universitäts-Sternwarte zu Breslau im Jahre. 1856.........- len ale nelslerseisiniee meer el ersrekir ee lbs sehklEL RT 338 Allgemeine Uebersicht der meteorologischen Beobachtungen auf der kgl. Universitäts - Sternwarte zu Breslau im Jahre 1852: 4.2.02... en ron Enke enebalereniinde sek weise geriet 340 Alphabetisches Namen-Verzeichniss der Verfasser der im vorstehenden Jahresberichte erwähnten Mittheilungen und Vorträge. Herr Dr. Asch: S. 7, 153, 157. | Herr Dr, W. Freund: S$. 7, 139. „» Privatdozent Dr. Aubert: S. 7, 8, 46, 144, 147, 175. ». Professor Dr. Galle: S. 8, 338. » „Dr. Bail: S. 6, 68, 85. „ Geh. Justizrath Professor Dr. Gaupp: S. 10. „ Bürgermeister Bartsch: $. 3. » Direktor Gebauer: S. 8, 301. „ Apotheker Dr. Beinert in Charlottenbrunn: S. 67, 69. » Dr. v. Glisczynski: S. 7, 144. »„ Geh. Med.-Rath Professor Dr. Göppert: S. 6, 24, 36, „ Geh. Ober-Bergrath, Berghauptm. v. Carnall, S. 6, 22. 47, 54, 69, 72, 81, 178. „ Privatdozent Oberlehrer Dr. Cauer: S. 9, 181. » Sanitätsrath Dr. Grätzer: $. 8, 161. » Dr. med. B. Cohn: $. 7, 8,. 142, 177. » Diakonus Dr. Gröger: 8. 3. „ Professor Dr. F. Cohn: S. 6, 7, 48, 61, 69, 73, 96, „ Staatsrath Professor Dr. Grube: S. 6, 46. 104, 106, 107. » „Dr. Günsburg: $. 149. » Direktor Dr. Fickert: S. 10, 215, 221, 223, 229. „ Lehrer Hilse in Strehlen: S. 68, 93. „» Dr. Förster: S. 7, 143, 147. „ Appellat.-Ger.-Präsid. a. D. Dr. Hundrich: S. 10, 193. 347 Herr Apotheker Jäckel in Liegnitz: S. 6, 24, 56. Herr Oberforsimeister v. Pannewitz: S. 6, 7, 67. » Sekundärarzt Dr. Joseph: S. 7, 150. » Dr. Paul: S. 8, 177. » Dr. Paur: S. 9. » Privatdozent Dr. M. Karow: S. 5, 6. „, Stadtrichter Primker: $S. 10. » Direktor Dr. Kletke: S. 9. ‚„, Kreisgerichtsrath Klingberg: S. 10. » Direktor Dr. Ritthausen: S. 6, 17. „ Kaufmann Klocke: S. 11. „» Professor Dr. Römer: S. 6, 22, 23. „ Dr. J. Kühn in Bunzlau: S. 50. » Professor Dr. Rühle: S. 7, 146, 149, 177. » Professor Dr. Kutzen: S. 6. » Professor Dr. Sadebeck: S. 6, 20, 303. „ Professor Dr. Landolt in Bonn: S. 8, 301. » Direktor Professor Dr. Schönborn: $. 10. ‚„ Haupilehrer K. Letzner: S. 6, 11, 111, 119, 122, 123, » Seminar-Oberlehrer Scholz: S. 9. 126, 127, 130, 133, 136, 138. „ Musikdirektor Siegert: S. 7, 65. „ Professor Dr. Löwig: $. 6, 20. »„ Dr. Stenzel: S. 83. „» Hauptlehrer Stütze: S. 9, 283. „ Prorektor Dr. Marbach: S. 6, 18, 19. » Privatdozent Dr. Suckow: S. 10. » Professor Dr. Middeldorpf: S. 7, 146. „ Dr. Milde: S. 7, 68, 73, 82. » Buchhändler Trewendt: S. 109. » Musikdirektor Dr. Mosewius: S. 10. » Kaufmann E. H. Müller: S. 226, 244, 272, 274. » Dr. Valentiner: S. 177. „ Dr. Neumann: S. 7, 140. „ Archivar Dr. Wattenbach: S. 5. „ Kandidat Nitschke: S. 7, 70, 86. » Geh. Reg.-Rath Freiherr v. Wechmar: S. 8. „ Regierungsrath Wichura: S. 7, 69. „ Sekretair Th. Oelsner: S. 8, 10, 301. » Direktor Professor Dr. Wimmer: S. 7, 65, 68, 79, 92, „ Privatdozent Dr. Oginski: S. 5. » Dr. Wocke: S. 6, 116, 119. PREOTLaTER. SEU NOERD. KR ST ESTER HRSSENASUHIE DA RO Se