er nn es ne a Fe ELBE zur ER me ZEN I“ Gm er z 5 Fe N FD tn nn u ee BE Sieben und dreissigster Jahres- Bericht der Schlefifchen Gefellfchaft für vaterländifche Kultur. Enthält: Arbeiten und Veränderungen der Gesellschaft im Jahre 1859. — Breslau, Druck von Graß, Barth und Comp. (W. Friedrich). Allgemeiner Bericht über die Verhältnisse und die Wirksamkeit der Gesellschaft im Jahre 1859, abgestaltet in der allgemeinen Versammlung den 23. Dezember 1859 vom Bürgermeister Bartsch, z. 2. General-Sekretair der Gesellschaft. ——ooggo0° —— Darch das Ableben des kgl. Geh. Justizraths Prof. Dr. Gaupp hat unsere Gesellschaft ein hoch- geschätztes Mitglied und die jurisiische Sektion ihren eben so anregenden als selbstthätigen Sekretair verloren. Seine Verdienste um das deutsche Recht und die Rechtsgeschichte sind all- gemein anerkannt und in unserer Mitte wird sein Gedächtniß stets dankbar und herzlich bewahrt werden. An Stelle des Verewigten wählte die Sektion zum Sekretair den kgl. Geh. Ober-Justizrath und Appellations-Gerichts-Präsidenten Herrn Dr. .-Hundrich, welcher sich der Leitung und Geschäfts- führung der Sektion mit Hingebung und erfreulichem Erfolge unterzogen hat. Als wirkliche Mitglieder wurden im Jahre 1859 neu aufgenommen die Herren: 1) Kanzlei-Rath Schauder, 2) Direktor der schlesischen Feuer-Versicherungs-Gesell- schaft von Brakel, 3) Dr. med. Kabierske, 4) General-Landschafts- Repräsentant Elsner von Gronow, 5) Prof. Dr. Heidenhain, 6) Realschullehrer Dr. Fiedler, 7) Justizrath Gelinek, 8) Privatdozent Dr. phil. Scherner, 9) Kreisphysikus Dr. med. Stricker, 1%) Fürstbischöficher Konsistorial-Rath Pfarrer Dr. Lorinser und 11) Dr. med. Freund. Zu korrespondirenden Mitgliedern wurden ernannt die Herren: 1) Geh. Ober-Tribunals-Rath Blumenthal zu Berlin, 2) Geh. Regierungs-Rath Dr, Karl Back zu Altenburg, 3) der Direktor des botanischen Gartens zu Königsberg Prof. Dr. Caspary und 4) Prof. Dr. Krauss zu Stuitgart. Zu Ehrenmitgliedern sind erwählt- worden: 1) der königl. preußische Minister der landwirthschaftlichen Angelegenheiten Herr Graf von Pückler, 2) der kaiserlich-russische Wirkl. Geh. Rath und Mitglied des Reichs- Rathes Herr Peter von Brock zu Petersburg und 3) der kaiserliche Wirkl. Staatsrath Herr Renard Excellenz zu Moskau. . 1° 4 Ausgeschieden, zum Theil wegen dienstlicher Versetzung, sind 17 Mitglieder, und durch den Tod verlor die Gesellschaft die Ehrenmitglieder: Freiherrn Alexander von Humboldt und den Geh. Ober-Regierungs-Rath, Direktor des statistischen Bureaus Dr. Dieterici; 13 wirkliche Mitglieder: 1) Dr. med. Figulus, 2) Geh. Justizrath Dr. Gaupp, 3) Kaufmann €. F. Grund- mann, 4) Prorektor Kleinert, 5) Oberlehrer Knie, 6) Dr. med. Koschate, 7) Par- tikulier Pfeiffer, 8) Dr. med. Scholz, 9) Appellations-Gerichts-Chef-Präsident a. D. Selbstherr, 10) Major a. D. von Wedell, 11) Domainen-Direktor Plathner in Baumgarten, 12) Graf Schlabrendorf auf Schlause und 15) Joseph Woldemar von Zeschwitz auf Deutsch-Baselwitz und Ober-Peilau; endlich ö korrespondirende Mitglieder: Dr. Berthold, Badearzt zu Teplitz, Apotheker Jäckel in Liegnitz, Oberlehrer Kelch zu Ratibor, Senior Magister Pescheck in Zittau und Prof. Dr. Sendtner zu München. Auf die von dem bisherigen, unermüdlich thätigen Sekretair der Sektion für Obstbau-"und Gar- tenkultur, Herrn Direktor Dr. Fickert, angeregte Verwendung des Präsidiums hat des Herrn Ministers Grafen Pückler Excellenz sich bewogen gefunden, unserer gedachten Sektion zur Unterhaltung des Mustergartens und der Baumschule eine jährliche Beihilfe von 150 Thlr. auf 3 Jahre zu bewilligen, für welche wirksame gemeinnützige Zuwendung wir den tiefgefühltesten Dank hiermit auch öffentlich auszusprechen nicht unterlassen können. Nach solcher: Aufmunterung und im Vertrauen auf die fort- gesetzte sorgfältige und sachkundige Thätigkeit der Sektion hat die Verlängerung des von der letz- teren um den Garten am blauen Hause an der Maithiasstrasse geschlossenen Pacht -Kontraktes mit um so größerer Zuversicht von dem Präsidium genehmigt werden können. In Ausführung der letztwilligen Verordnung des verewigten Freiherrn Max v. Speck-Stern- burg auf Lützschena bei Leipzig, durch welche unserer Gesellschaft die Summe von 150 'Thlr. zu einem Ehrenpreise für die beste Abhandlung über einen gemeinnützigen Gegenstand aus dem ökono- mischen Fache legirt worden ist, war von dem Präsidium in der Bekanntmachung vom 20. Dezember 1857 als Preisaufgabe: „Die beste Abhandlung über die zweckmäßigste Ernährung des Rindviehes vom wissen- schaftlichen wie praktischen Standpunkte‘ gestellt worden. Von den in Folge dessen eingegangenen und von einer aus 5 Sachverständigen gebildeten Kommission sorgfältig geprüften 5 Abhandlungen ist die Schrift mit dem Motto: „Das Auge des Herrn mästet sein Vieh‘ für die beste erachtet und deren Verfasser, dem Herrn Dr. Julius Kühn, Wirthschafts - Direktor zu Schwusen bei Schlichtingsheim, der ausgesetzte Ehrenpreis zuerkannt worden. Reise-Subventionen von je 20 Thlr. wurden zu naturwissenschaftlichen Forschungen gewährt. Die bisher noch immer mit vielem Beifall aufgenommenen öffentlichen Vorträge zur Verbrei- tung wissenschaftlicher Kenntnisse sind auch für diesen Winter veranstaltet worden und werden in dem von der kgl, Universität geneigtest bewilligten Musiksaale gehalten und sind zum Theil schon gehal- ten worden von den Herren: . Privatdozenten Dr. phil. Karow und Oginski, Dr. med. Heller, dem kgl. Ober-Forst- meister v. Pannewitz, Dr. Neumann, Ober-Resierungs-Rath v. Struensee, Privat- dozenten Dr. phil. Körber, Dr. phil. Cauer, Direktor Dr. Wissowa, Stadtrath Dr. Eberty, Geh. Bergrath Berghauptmann v. Carnall, Privatdozent Dr. phil. Grünhagen, Prof. Dr. Sadebeck, Privatdozent Dr. phil. Pfeiffer und dem Realschul-Kollegen Dr. phil. Fiedler. Dem hiesigen Gewerbe-Verein hat das Präsidium die Benutzung unseres Saales verstattet, um in demselben alle Sonnabende belehrende Vorträge, besonders für Handwerker halten zu lassen. 6) Allgemeine Versammlungen haben mit Einschluß der heutigen seit dem letzten Berichte 7 statt- gefunden, in welchen folgende Vorträge gehalten wurden: am 29. Dezember pr. von Herrn Prof. Dr. Kutzen: Ueber Friedrich d. Gr. von dem Ueberfalle bei Hochkirch bis Ende des Jahres 1758; am 28. Januar c. von Herrn Oberlehrer Dr. Reimann: Ueber die nordamerikanische Bundes-Reform vom Jahre 1787; am 25. Februar c. von Herrn Privatdozenten Diakonus Dr. Gröger: Ueber den sittli- chen Einfluß der Kirche im Mittelalter; am 25. März c. von Herrn Privatdozenten Dr. Karow: Ueber Dante’s Leben, Bildung und große dichterische Leistungen; am 28. Oktober c. von Herrn Prorektor Dr. Schmidt aus Schweidnitz: Beiträge“ zur Geschichte des Kurfürsten von Brandenburg Johann Sigismund, unter Benutzung von Handschriften in dem kgl. Haus-Archive, dem kurmärkischen Archive und der kgl. Bibliothek zu Berlin; am 23. November c. von Herrn Privatdozenten Dr. Scherner: Zur Charakteristik des Traumlebens und seiner reichen Formation. Das Stiftungsfest feierte die Gesellschaft am 25. Januar c. unter zahlreicher Theilnahme. Unser Kassirer Herr Kaufmann Klocke hat die Jahresrechnung pro 1858 mit gewohnter Sorg- falt gelegi. Die Revision und Abnahme ist erfolgt und dem Herrn Rechnungsleger unter dankbarer Anerkennung seiner Mühewaltung die Decharge ertheilt worden. Besonders erfreut wurde das Präsidium von unserem sehr thätigen Bibliothekar und Kustos Herrn Letzner durch Mittheilung der von ihm verfaßten Geschichte unserer entomologischen Sektion. Ueber die Thätigkeit der einzelnen Sektionen haben die Herren Sekretaire Folgendes berichtet: Die naturwissenschaftliche Sektion. (Sekrelaire: Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Göppert und Prof. Dr. Römer.) Die naturwissenschaftliche Sektion versammelte sich in dem nun bald verflossenen Jahre zu 9 verschiedenen Malen. Dem Herrn Staatsrath Prof. Dr. Grube, Herrn Prof. Dr. Heidenhain, Herrn Apotheker Maschke und Herrn Prof. Dr. Sadebeck verdankt sie verschiedene Vorträge aus dem Gebiete der Zoologie, Physiologie, Physik und Mineralogie. Die beiden oben bezeichneten Sekretaire schlossen sich an mit Vorträgen aus der Mineralogie, Pflanzenphysiologie und Paläonto- logie beider organischer Reiche. In der Schlußsitzung den 21. Dezember fand die Sekretairwahl statt. Es wurden dieselben Herren wieder gewählt, Herr Prof. Dr. Göppert lehnte aber nach 30 jähriger Führung dieses Amtes die Wahl ab, in Folge dessen Herr Staatsrath Prof. Dr. Grube gewählt wurde, der sich auch bereit erklärte, es anzunehmen, so daß also in nächster Etatszeit die Herren Grube als erster und Römer als zweiter Sekretair fungiren werden. Die entomologische Sektion (Sekretair: Dr. philos. W. G. Schneider) versammelte sich im Laufe dieses Jahres 6 Mal, und wurden von den Herren Hauptlehrer Letzner, Dr. med. Wocke und dem Sekretair je zwei Vorträge über Insekten aus den Ordnungen der Coleoptera und Lepidoptera gehalten. Ueber die mannigfachen interessanten Beobachtungen und die für Schlesiens Fauna neuen Entdeckungen wird der ausführliche Bericht das Nähere enthalten. In der Sitzung vom 3. Dezember wurde der bisherige Sekretair für die neue Etatszeit wieder erwählt, 6 Die botanische Sektion (Sekretair: Professor Dr. Ferdinand Cohn) hat im Jahre 1859 zehn Versammlungen gehalten. Es trugen vor die Herren: Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Göppert: Ueber die von Herrn Dr. Bernstein aus Java eingesen- _ deten Pflanzenprodukte; über Blasenbildung auf den Blättern einer Aroidee; über Hilfsmittel des bo- tanischen Studiums; über Einwirkung der Pflanzen auf felsige Grundlage; über den Unterschied zwischen Aspidium filix femina und Polypodium vulgare. Dr. Milde: Nachträge zur Moosflora von Schlesien; Bericht über eine im Auftrage der schle- sischen Gesellschaft unternommene Reise nach Niederschlesien. „Kaufmann Müller: Ueber eine interessante Form von Veratrum nigrum. Dr. Nitschke: Ueber das Wachsthum von Drosera rotundifolia. 'Oberforsimeister v. Pannewitz: Ueber das Wachsthum der Bäume in die Dicke. Musikdirektor Siegert: Ueber Arten, Varietäten und Bastarde im Pflanzenreich, mit besonderer Rücksicht auf die Gattungen Carex und Cirsium. Dr. Stenzel: Ueber Astbildung bei Farnen; über eine eigenthümliche Ueberwallung abgestor- bener Zweige bei der Espe; über Gabeltheilung im Pflanzenreich; über interessante Blaitstellungs- Verhältnisse; über ein Hochmoor am Hochberge bei Reimswalde. Herr Studiosus v. Uechtritz: Ueber einige für die schlesische Flora neue Pflanzen. Regierungsraih Wichura: Ueber unvollkommene Diklinie; über Drehung der Haare; über das Vorkommen nordischer Pflanzen in Schlesien; Bericht über seine Reise nach Lappland. Direktor Wimmer: Ueber die Geschichte der Gattung Salix. Der Sekretair: Ueber eine neue Gattung der Bacillarien; über Zlildenbrandtia; über einen auf einer Alge schmarotzenden Kernpilz; über die Bacillarienerde von Proskau; Nekrolog des am 29. Oktober verstorbenen Mitgliedes Dr. med. Heinrich Scholtz. In der Sitzung vom 15. Dezember wurde der bisherige Sekretair für die Etatszeit 1860 und 1861 wieder gewählt. Die medizinische Sektion (Sekretair: Professor Dr. med. Rühle) hielt im Jahre 1859 neun Sitzungen, in denen folgende Vorträge gehalten wurden: Im Januar: Von Herrn Privatdozent Dr. Paul über Syphilisation. Im Februar: Von Prof. Dr. Rühle Nekrolog für den verstorbenen Geh. Med.-Rathı Dr. Ebers; von Dems. Demonstration des Kehlkopfspiegels. Vortrag des Herrn Dr. Förster über Doppelbilder. Im März: Experimental-Demonstralionen von Herrn Dr. Aubert über Nervenströme. Im April: Von Herrn Dr. Harpeck über Ichthyosis; von Herin Dr. Cohn über Blutgerinnung. Im Juni: Von Herrn Dr. Neumann über Nahrungsverweigerung bei den Irren; von Herrn Prof. Dr. Rühle über verschiedene anatomische Gegenstände. Im Juli: Von Herrn Dr. Förster über die Wirkungen des Atropins auf das Sehorgan; Dr. Cohn über verschiedene Krankheitsfälle selinerer Art. Im September: Von Herrn Dr. Cohn über Blutgerinnung; von Dems, anatomische Demonstrationen. Im Oktober: Von Herrn Prof. Dr. Heidenhain über die neueren Untersuchungen des Muskel- chemismus; von Demselben Demonstration des Ophtalmoskopes von Rüte. Im Dezember: Von Herrn Sanitätsrath Dr. Grätzer über die Armen-Krankenpflege zu Breslau im Jahre 1858. Die Wahl des Sekretairs ergab die Stimmenmehrheit für Herrn Med.-Rath Prof. Dr. Middel- dorpf. Derselbe hat jedoch dieses Amt nicht übernommen, in Folge dessen Horr Privatdozent Dr. Aubert gewählt wurde. 7 Die meteorologische Sektion (Sekretair: Prof. Dr. Galle) hat im Jahre 1859 eine Sitzung gehalten, am 7. Dezember, in welcher der Sekretair eine Mitthei- lung machte über die Ergebnisse der in verschiedenen Höhen über der Erdoberfläche hier in Breslau angestellten Messungen der Regenmenge, so wie über Regenmessung überhaupt. Gleichzeitig be- richtete derselbe über die im Jahre 1858 von dem Garten-Inspektor Stoll des Herrn von Tiele- Winckler in Miechowitz angestellten Beobachtungen der Boden - Temperatur, so wie über einige meteorologische Monographien des Korrespondenten der schlesischen Gesellschaft Herrn Dr. Prestel in Emden. Der bisherige Sekretair wurde für die neue KEtats-Periode wieder gewählt. Die technische Sektion. (Sekretair: Direktor Gebauer.) Herr Kreis-Baumeister Lüdecke hielt einen Vortrag über Baustyle den 12. Dezember 1859. Herr Direktor Gebauer wurde als Sekretair wieder gewählt, Die ökonomische Sektion. (Sekretair: Geh. Regierungs-Rath Freiherr von Wechmar.) Die Beziehungen der Sektion zum schlesischen landwirthschaftlichen Central-Verein und anderen landwirthschaftlichen Vereinen und Gesellschaften mittelst Korrespondenzen und Schriften - Austausch sind nach wie vor im Gange geblieben. Wegen der großen Zahl solcher Vereine in der Provinz und der näheren Betheiligung an deren Versammlungen litt die Sektion Abbruch an Mitgliedern und Mitarbeitern. Sessionen haben unter diesen Umständen nicht stattgefunden. Das von dem Freiherrn Speck von Sternburg auf Lützschena bei Leipzig an die schlesische Gesellschaft für vaterländische Kultur legirte Vermächtniß von 150 Thlr. zur Prämiirung der besten Konkursschrift über ein Thema aus dem Fache der Landwirthschaft wurde für die zur Aufgabe ge- stellte Abhandlung über ‚die zweckmäßigste Ernährungsweise des Rindviehes vom wissenschaftlichen wie vom praktischen Gesichtspunkte“ auf Grund des Gutachtens einer Prüfungs-Kommission seitens des Gesellschafts-Präsidiums dem Wirthschafts-Direktor Herrn Dr, Kühne zu Schwusen zuerkannt und ausgezahlt. Für die Etatsperiode 1860 — 61 ist die Wahl des Sekretairs nicht zustandegekommen. Der abgehende Sekretair erklärte sich bereit, sofern es das Gesellschafts - Präsidium wünschen sollte, einstweilen, bis zu einer definitiven Wiederbesetzung dieses Amtes, die Geschäfte der Sektion be- sorgen zu wollen, womit sich.das Präsidium gern einverstanden erklärte. Die Sektion für Obst- und Gartenbau (Sekretair: Direktor Prof. Dr. Fickert) hat im Jahre 1859 siebzehn Versammlungen gehalten. in denselben sind A Vorträge, andere 5 bei Gelegenheit der Ausstellungen gehalten worden. Außerdem wurden in den Versammlungen zwei Aufsätze von dem Sekretair des ratiborer Gartenbauvereins, Lehrer J. Oppler in Plania bei Ratibor, mitgetheilt, verschiedene andere Mittheilungen gemacht, Gegenstände der Gartenkultur ver- gezeigt und die Angelegenheiten der Sektion verhandelt. Ausstellungen wurden 8 kleinere und 2 größere gehalten, die letzten im April und Oktober. Bei der Herbstausstellung sind wieder silberne Medaillen, 3 größere und 3 kleinere, sonst Prämien- Diplome ertheilt worden. Die Theilnahme des Publikums an den Ausstellungen, namentlich an den größeren, war eine geringe, so daß die Sektion außer den Opfern, welche die Aussteller und Ordner gebracht haben, noch baare Zuschüsse zu machen hatte. s “ In dem Garten der Sektion sind unter Anderem mit Versuchen im botanischen Garten zu Christiania parallellaufende Kulturversuche angestellt worden. Von dem Konservator des genannten botanischen Gartens, Dr. Schübeler, sind außer Sämereien der Sektion auch 30 Sorten in Norwegen gewachsener Aepfel zugesendet worden. Diese wurden am 4. Dezember d. J. öffentlich ausgestellt. Der bisherige Gärtner der Sektion ist zum 1. Oktober d. J. abgegangen, um die Aufsicht über die großen Obstanlagen der Gräfin Sprinzenstein in Salaberg bei Linz zu übernehmen. Edelreiser und Sämereien sind wie früher an die Mitglieder vertheilt worden. Am 7. Dezember d. J. ist Herr Direktor Dr. Wimmer zum Sekretair, Herr Kaufmann E. H. Müller zum Protokollführer für die neue Periode gewählt worden. Die historische Sektion (Sekretair: Professor Dr. Röpell) hielt in diesem Jahre keine Sitzungen. Das Sekretariat ging am Ende des Jahres von Herrn Prof. Dr. Röppell durch Wahl über auf Herrn Prof. Dr. Kutzen. Die pädagogische Sektion. (Sekretair: Seminar-Oberlehrer Scholz.) Es haben im Laufe des Jahres sechs Versammlungen stattgefunden, in welchen folgende Vor- träge gehalten worden sind: 1) Herr Hauptlehrer Stütze: Ueber den Unterricht in den weiblichen Handarbeiten in den Elementar-Mädchenschulen vom pädagogischen und socialen Standpunkte aus. — Zwei Ver- sammlungen. 2) Herr Hauptlehrer Dr. Thiel: Besprechung über die demnächst für die breslauer Schulen einzurichtenden Normal-Monatspensenpläne. Ebenfalls zwei Versammlungen. 3) Herr Seminar-Oberlehrer Scholz: Die Berücksichtigung des ästhetischen Elementes beim Unterricht. Soll fortgesetzt werden. 4) Herr Literat Th. Oelsner gab Mittheilungen über die Fortbildungs - Schulen im Würtem- bergischen. 5) Eine gemeinsame Berathung über die Errichtung und Einrichtung einer Dienstbotenschule weiblichen Geschlechts. Die Wahl des neuen Sekretairs richtete sich abermals auf den bisherigen, obgleich derselbe bat, von ihm abzusehen. Die philologische Sektion. (Sekretair: Direktor Professor Dr. Wissowa.) In der philologischen Sektion sind im Jahre 1859 fünf Versammlungen gehalten worden: 1) Am 13. September sprach Herr Direktor Dr. Fickert über die beiden Hauptsysteme beim Taubstummen-Unterrichte. 2) Am 18. Oktober trug der Sekretair eine Untersuchung vor über den bei Horaz Epist. Il. 1, v. 170—76 vorkommenden Dossennus. 3) Am 22. November las Herr Oberlehrer Dr. Palm eine Abhandlung über die Fällwörter in deutschen Volksliedern. 4) Am 13. Dezember theilte Herr Direktor Dr. Schönborn eine Anzahl Briefe an Garve mit, welche diesem in Folge der Zusendung seiner Uebersetzung von Cie. de offreiis zugegangen waren. 5) Am 20. Dezember sprach Herr Baron v. Rothkirch über die punische Sprache. Die Sekretairwahl stand am 13. Dezember zugleich an; es wurde der bisherige Sekretair durch Acclamation wieder gewählt. 9 . Die juristische Sektion (Sekretair: Geh. Justizrath Dr. Gaupp, demnächst App.-Ger.-Präsident a. D. Dr. Hundrich) hat in diesem Jahre acht Sitzungen gehalten, in welchen folgende Vorträge gehalten worden sind: a. Unter Vorsitz des Herrn Geh. Justizrath Gaupp: 1) Am 12. Januar von dem Präsidenten Hundrich über das Vormundschaftswesen in England, Frankreich und einzelnen Theilen Deutschlands, mit Entwerfung einer Novelle zur preußischen Legislation. b. Unter Vorsitz des Präsidenten Hundrich: 2) Am 16. März von dem Herrn Appellations-Gerichts-Rath Klingberg über die Folgen der Eidesrekusation einzelner Litiskonsorten bei nothwendigen Eiden, und von dem Herrn Justiz- rath Fischer über Eheschließungen vor Geistlichen und vor Civilstands-Beamten. 3) Am 11. Mai von dem Herrn Stadtrichter Primker über die Handelsgesetzgebung verschie- dener Staaten und die Vorarbeiten für ein deutsches Handelsgesetzbuch. 4) Am 29. Juni — nach dem kurz zuvor erfolgten Tode des länger erkrankten Geh. Justiz- raths Gaupp — erfolgte unter dem Vorsitz des Herrn Geh. Regier.-Rathes v. Görtz die Wahl des neuen Sekretairs. 5) Am 14. September erstattete der Präsident Hundrich einen Vortrag über die Entstehungs- ursachen von Delikten und über die Gegenmittel. 6) Am 18. Oktober hielt der Herr Appellationsgerichts-Rath v. Wittken einen Vortrag über das Konkordat vom 18. August 1855 mit Rücksicht auf Schlesien. 7) Am 25. November erfolgte der Vortrag des Herrn Justizraths Hübner über das Rechts- verhältniß der sogenannten Korreal-Hypothek. 8) Am 14. Dezember wurde dieser Vortrag fortgesetzt; auch ist die Wahl des Sekretairs, in der Person des Appellations - Gerichts - Präsidenten a. D. Dr. Hundrich, für die neue Etatsperiode erfolgt. Die musikalische Sektion. (Sekretair: Dr. Baumgart.) Nach dem am 15. September 1558 erfolgten plötzlichen Tode des Herrn Musikdirektors Dr. Mosewius, der seit 1831 als Sekretair die musikalische Sektion ununterbrochen geleitet hatte, wurden die Mitglieder derselben durch den zeitigen Sekretair, der durch den Herrn Präsidenten dazu autorisiri war, am A. Januar d. J. zu einer Versammlung veranlaßi, um einen neuen Sekretair zu wählen. Es erschienen nur drei Mitglieder, die aber einstimmig der Ansicht waren, daß eine giltige Wahl vorgenommen werden könne, da die Anzeige von der Versammlung und von deren Zweck allen Mitgliedern auf dem üblichen Wege durch die Zeitungen und durch besondere Einla- dungszeitel zugegangen war. Die Wahl fiel auf Dr. Baumgart, der sich auch zur Annahme bereit erklärte und sofort die anwesenden Mitglieder zu einer Besprechung darüber anregte, wie die Thä- tigkeit der Sektion zu beleben und zu erhalten sei. Es wurden Vorträge für die nächste Zeit in Aussicht gestellt und Bemühungen um die Zuziehung geeigneter Persönlichkeiten versprochen. Die überhäufte Beschäftigung des neuen Sekretairs erlaubte indeß demselben nicht, im vergan- genen Winter seinen guten Willen selbst zu bethätigen. Der Sommer ist ohnehin wegen der zeit- weiligen Abwesenheit mancher Mitglieder den Versammlungen gewöhnlich ungünstig. So war die Thätigkeit der Sektion unterbrochen bis zum 30. November d. J. An diesem Tage hielt Herr Instituts-Vorsteher Wandelt einen Vortrag: „Ueber die psycholo- gische Erklärung der Kunstformen.“ Er ging in demselben aus von der Entstehung menschlicher Erkenntniß überhaupt und von der Entstehung des Tons, suchte nachzuweisen, wie Klang, Höhe und Dauer des Tons eine bestimmte Wirkung auf die Empfindung ausüben können, und wie diese Empfin- 2 10 dungen auf möglichst allgemeine Kategorieen zurückzuführen seien. Affekte, Gefühle und Stimmungen wurden unterschieden, denen ein Ton, und die Folge zweier und dreier oder mehrerer Töne ent- sprechend gesetzt wurden. Auf dieser Grundlage wurden dann Motiv, Satz, Periode, die einfacheren Liedformen und die Form der Sonate erklärt. Die zweite Versammlung fand am 6. Dezember statt. Der Sekretair hielt einen Vortrag: „Ueber Johann Theodor Mosewius’ Leben und Wirken. I. Theil: In Königsberg“. Er stellte darin den Entwickelungsgang des Verstorbenen nach den ihm zugänglich gewordenen Quellen, besonders nach den Berichten der allgemeinen musikalischen Zeitung, und nach mündlichen Mittheilungen von Mosewius selbst dar, mit steter Rücksicht auf die Kunst-Zustände der Zeit überhaupt und speziell Königsbergs, namentlich des dortigen Theaters. Die dritte Versammlung fand am 13. Dezember statt. Herr Wandelt setzte seinen Vortrag über die psychologische Erklärung der Kunstformen fort. Nach Vervollständigung der früher gege- benen Erklärungen von Satz und Periode erläuterte er die sogenannten offenen Formen: Motiv, Gang, Phantasie und die Programm-Musik. Dann ging er auf die Entstehung des heutigen Ton - Systems über, das in seinen akustischen Verhältnissen und in seiner Zusammensetzung besprochen wurde. Die Ansichten regten zu lebhafter Diskussion an. In derselben Versammlung wurde die Wahl eines Sekretairs für die nächste Etats- Zeit vorge- nommen, und der bisherige von allen anwesenden Mitgliedern wieder gewählt. Für die nächste Zeit stehen sowohl Fortsetzungen der früheren Vorträge, als auch neue in Aus- sicht und die Thätigkeit der Sektion dürfte deshalb wohl einen gedeihlichen Fortgang haben. Bericht über die Verwaltung der Kasse im Jahre 1859. Im verflossenen Jahre haben die Einnahmen der allgemeinen Kasse, so weit dieselben durch den Etat vorher bestimmt sind, in der ausgeworfenen Höhe stattgefunden. Außergewöhnliche Ein- nahmen von einigem Belang sind nicht zugeflossen. In der Ausgabe ist es gelungen, einige Ersparungen eintreten zu lassen, mittelst welcher wiederum eine verhältnißmäßige Vermehrung des Aktiv-Kapitals der Gesellschaft ermöglicht wurde. Nachdem nämlich, wie vorausgesehen, der ausgesetzte landwirthschaftliche Preis von 150 Thlr. aus den laufenden Einnahmen hat gezahlt werden können, gingen die, schon Ende vorigen Jahres aus müssig gelegenen Geldern antizipatorisch angeschafften 300 Thlr. Effekten in den definitiven Besitz der Kasse über, so daß dadurch der gegenwärtige gesammte Effekten - Bestand die Höhe von 6000 Thlr. Nominalwerth, die nach den jetzigen Koursen den Betrag von ca. 5200 Thlr. preußisch Courant repräsenliren, erreicht hat. Was die Spezialkasse der Sektion für Obstbau und Gartenkultur anlangt, so ist es bei derselben nicht gelungen, eine Vermehrung der Fonds zu bewirken, da der Versuchs- Garten im verflossenen Jahre, trotz reichlich geflossener Beiträge und einer außergewöhnlichen hohen Unterstützung von 150 Thlr. seitens Sr. Excellenz des Herrn Ministers der landwirthschaftlichen Angelegenheiten, so wie der aus dem Verkauf von Früchten etc. erzielten Erträgnisse, dennoch zur Deckung der Aus- gaben noch eines Zuschusses von mehr als 60 Thlr, aus der Sektionskasse bedurfte. Breslau, den 23. Dezember 1859. Klocke, z. Z. Kassirer der Gesellschaft. Kassen-Abschluss für das Jahr 1859. Soll einkommen nach dem Etat pro 1855—59. —— I “ 1467 Allgemeine Kasse. Einnahme. Bestand aus dem vorigen Jahre.......-..eeeescecenenesnennennenenennnnne An eingegangenen Resten früherer Jahre Bar Ta ar Bar Bar Bar Dar Bar Sur Bar Bar Jar er er Tee re Eee er ar Er Er er Er er Br Er Zr Zinsen von Effekten: von 2400 +5: Niederschl.-Märk. Eisenb.-Pr.-Oblig. a 42 pro anno 96 +, „. 900 „ dio. dio. aö2 dio, 45 „ „ 1200 ‚, Bresl.-Schweidn.-Freib.Eis.-Pr.-Obl.ä 42 dio. 48 „ „» 900 „ Preuß. Staats-Anleihe von 1850 a 41 2 dto. 151, „ 1200 ‚„ Oberschl. Eisenb.-Pr.-Obl. lit. E. & 34 2 dio. 42 „ Eingegangene Beiträge einheimischer Mitglieder: pro I. Semester von 242 Mitgliedern a 9 mg ........... 726 +5 all: 55 » 245 5 ER OR AB 735 „ Eingegangene Beiträge auswärtiger Mitglieder: pro I. Semester von 88 Mitgliedern a 2 sg ...nnn...... 176 Fl r » 9 5 AD ee 170 , Eintrittsgebühren von 12 neu aufgenommenen Mitgliedern A 3 Ron n000HER0BQ Beitrag zur Miethe vom Schlesischen Kunstverein ....2.2uccseeeeeeeeeeece Beitrag zur Miethe vom Gewerbe-Verein ........urueenensanenaeeeeeeeneee Beilgas, vornhiesigen Marian. >22. a Außergewöhnliche Einnahmen: Ueberschuß von den Vorlesungen pro 1838... 25 7 12 46 Vergütung für Beleuchtung von Privaten...... en Neu angekaufte 3% 9 Oberschlesische Eisenbahn-Prioritäts-Obligationen lit. E. Be Ist eingekommen. Effekten. Baar. + ll «1 #|# 57200 54 8 d 3. Du 244 1461 — Sun || => || — — | | — —_ 150 | — | — — 1802 2 : 50 5700 | 2524 | 23 3 _ 27 | 26 — 6000 | 2552 | 19 3 300 — Ausgabe nach dem Etat | pro 1858 —59. 2. Kerl | Allgemeine Kasse. Ausgabe. Miethe.... su. szene are ee ee Honorar den Präfekten über Bibliothek und Museen Neujahrsgeschenk dem Kastellan Gehalff.demselben. ru. 2.2... 2 era nee ee ee verlag Neujahrsgeschenk dem Haushälter 1 OUT Garen TO N SAALE rs Beleuchtung: „nr. 22: ggpgpel.ternexe ore fen heysaren aan ren age ee ee er che Unterhaltung der Mobilien Feuerversicherungs-Prämie Schreibmateriallenw. - 2... etarıztetegeiekt tee ee ee ee Hain 3SNNIO NEIN 050006 55 BAG doBH0HE HE Rnonooannooonunounden Druckkostentecher vers ersroranoreteregeroter en orsnelor el olen eloteYorbkekenetere Rey RL KH EREeRetera tere etefekete DEC EL EEE Er Er Er Eurer Er Er rer Er Er ErurEr Erer Der BL Dar Ta vor Dar ya SE ar Bar er or ur Bar Bar EL Br BE ar Der Ber Ber er Br Br er rg Sr Br rare Bruce ur Dee LABEL Dur BuL Hur ur Bor Dur DL are Br rar Dar ar Br BL ar BL ur ur BL HL Sr Br Br rar ur Br ar Br Br BL Br BL BEL Erur acer ne RostipgokuranupdRortoy rer eneee eiererenete er oke oe elek enter egefere tere tetete re era LaReteRereReTerereRe KIkSine AUEEAIDAN. 06500000 30 avoah > una. PD uno 0R Ro D OH OHLHKO00. DOHaHKOL Naturwissenschaftliche Sektion Entomologische Sektion Bibliothek... Boah 2 ea enerel Menone te aneneke eher 1eNe RER EeR en SE nresera te en et eah Teeehnische" Sekuon- u... 40% 2a raneeganelenencueiokeree ka or aus Pretnlenikehakenetekedeiee axelore Botanische: Sektion ..-.-...-...- reis oe @In ookeneteleneheheerekeler er anoten ke SSR eTe Re lefakalarelete Unvorhergesehene Fälle co ee co Le Außergewöhnliche Ausgaben: gezahlter Ehrenpreis: für die beste Bearbeitung der gegebenen landwirthschaft- lichen Preisfrage..........essosoeneoenonneoron ann nn ernennen nn für gegenüberstehend als angekauft nachgewiesene 300 +4. Oberschlesische Eisenbahn-Prioritäts-Obligationen lit. E. a 764 9 nebst Zinsen für 55 Tage Bestand am Schlusse des Jahres: Niederschlesisch-Märkische Eisenbahn-Prioritäts-Obligationen a 49 2400 4. dio. dto. a5% 900 „ Breslau-Schweidnitz-Freiburger Eisenbahn-Prior.-Obligationen a4 49 1200 , Preußische Anleihe von 1850 a AS Sun .eeecceeeuneneeanenee 300 ,„ Oberschlesische Eisenbahn-Prioritäts-Obligationen lit. E. & 332 1200 „ Ist verausgabt. Effekten, & EI Aue ge _ 150 —_ 230 6000 | — Fe 45 6000 | 2552 Hlocke, z. Z. Kassirer der Gesellschaft. > Elss#1 ll aoael IE 108 x 10 | 6 2| 10 19 | 3 Kassen-Abschluss für das Jahr 1859. ee Ist eingekommen. Separatkasse der Sektion für Obstbau und Gartenkultur. Einnahme. Bestand aus dem vorigen Jahre: Cosel-Oderberger Eisenbahn-Prioritäts-Obligationen a 4& ... ........ 200 % Breslau-Schweidnitz-Freiburger Eisenbahn-Prioritäts-Obligationen a 4%. 800 „ Zinsen von Effekten: 200 +5. Cosel-Oderberger Eisenbahn-Prior.-Obligationen a 48 für 1 Jahr 300 ,„ Breslau-Schweidnitz-Freib. Eisenb.-Prior.-Oblig. a 42 | dto. 12 ,„ Beiträge der-Mitslieder fürfdas laufendenlahr.. 2.2... 2.00... 000er ee erekekeheen: Beitrage der Mitglieder -vom Desezirkelß.....,2... Meeaaetarersymneseterenescnerenet PR ss ayelanererekefnlekn are Einnahme von derAusstellung; «2... ee nıs re ee ee Einnahme für den Garten: an Beiträgen dez Mitglieder ........-.u.nd.. sec... 12. — Mm — 4% an Extrabeitrag vom Seminar.......22220c0sseeunen. 15 „I, an Eriräguissenfdes Gariens ... A... . 2er ee 106,10. ....5,., für Ueberwinterung von Gewächsen ..... 2222222202... DL, „—,„—, außerordentliche Unterstützung von dem Minister der land- wirthschaftl. Angelegenheiten, Herrn Grafen v. Pückler Excellenz :. 981... 2.3.2.3 nueliani 150 ee N ie Effekten. + | #6 | 4 BR 500 Baar 125 | 5 20 | — 366 | — 68 | — 20 | 12 403 | 10 1005 | 28 Für Sämereien und Reiser Für Journale und Bücher Kosten für die Ausstellungen Postprokura und Porto Dem Kolporteur Für Zeitungs-Inserate Für Kopialien Für den Garten, und zwar: Ausgabe. ° KürgBapier Couveris lelcapsgerenn Se raten re ne ernten en alerete oBeFareke Beer TEL EEE BürsBuchbinder_Atbeitenfars.zeroreysgeVspore arena Eee eo eo nee oo ek e RR EE anı Miethest-1 aeerekereien sieh etaustarehane ereie eneanane ereken anerkennt eh e 5 15 — M anıGärtnergehalta tfie «1.0... 2screieneneieicnene efhh oa pres Sr 14 „— ,„ an) Anbeiterloln Bun ste pn ten SEE re % „— ,„ an Weihnachtsgeschenk. ...........ccoceneeeone oo0000000 Au für diverse Anschaflungen .........oucceconeeeonee oono0000 115g, 14,,,, Bestand am Schlusse des Jahres: Cosel-Oderberger Eisenbahn-Prioritäts-Obligationen a 40 ............ 200 2 Separatkasse der Sektion für Obstbau und Gartenkultur. Ist verausgabt. Effekten. Baar. 1 “I #1# _ 61 3|I5 _ 53 | 12 6 —_ 20 4|6 _ Asa —a | — — 16|5|35 _ 16 | 17 | 3 > ZA Eu le _ 44 | 14| — 501 — |— | — _ 259|21| 5 500 | 1005 | 28 | 2 Klocke, z. Z. Kassirer der Gesellschaft. 1. vn. Etat der Einnahmen und Ausgaben der Allgemeinen Kasse für die Jahre 1860 und 1861. Einnahme. Zinsen von Aktiv-Kapitalien: von 2400 +3. 48 Niederschl.-Märk. Eisenb.-Prior.-Oblig. Ser. I. 96 #4. — 4% „ 900 „58 dto. dio. Ser. V. 45,— ,„ „ 800 „ 42 Breslau-Schweidnitz-Freib. Eis.-Prior.-Oblig. 32 „ — » „ 400 „42 dto. dio. 16 „ — ,„ „ 300 „44° Preußische Staats-Anleihe von 1850.... 13 „15 ,„ „ 300 „ 342 Oberschles. Eisenbahn-Prior.-Oblig. lit. E. 10 „15 „, » 200 „342 dio. dio. dio. m Tue „ 700 „84% dto. dio. dio. 24 „15, Beiträge von einheimischen Mitgliedern, nach der Ende 1859 verbliebenen Anzahl zahlender Mitglieder, 228 Mitglieder & 6 »B: ......--uereeraeconeorenn: Beiträge auswärtiger Mitglieder, nach der Ende 1859 verbliebenen Anzahl zahlender Mitglieder, 8 1 Wioliederaa An en u... 0 eleeree Eintrittsgebühren von neu aufgenommenen Mitgliedern, 12 A 8 # ............ Beitrag zur Miethe vom hiesigen Kunstverein DIBE ar Sur Bar ar ar Er Br Er Br Er Er Er BE Ber Er rer Er ur Beitrag zur Miethe vom hiesigen Gewerbe-Verein incl. Beleuchtungs- und Behei- zungs-Kosten.......... 50000 0 a0 0DOEEODEOS OD BO arHL« Beitrag vom hiesigen®Magısirabe..0. ren erefelen E » ee % 6 244 15 2 XI san e XII. XII. XIV. 324 _ XV. XV. 180 _ 50 — Ausgabe. "g: Miethecs casa ereteeen ee rne Byrne leeren rege Tele tree NT 600 Honorar den Präfekten über Bibliothek und Museen der Gesellschaft ........... 130 Gehaltidem Kastelann sea ea aan a a ee ee ee 250 Neujahrsgeschenk demselben ..........or2222eesenoeesne ernennen nenne 15 Neujahrsgeschenk dem Haushälter .........-ooceceeocsonenesoeneennnnnnn 3 Heizung... 0... Sr N nee 85 Beleuchtung... ..+...r.ee en Kerne NR ER EN. 95 Unterhaltung. der: Mobilien. ..-......-..20.=.2... » oa. 00.0 000 @eeee en eeee 30 Feuerversicherungs-Prämie ......-20o--20r00on0seoeonene nennen en nenen nn 13 Schreibmateriallen Greta eenenee er ene sa araelaren een a Tao ke ee e 15 Zieitungs=ÄNnONGENKekR ats elel sl sferenele auolenoyeiernne elenerere aaltune sie aihlekers en eleteistere aka: 45 Druckkosten.. .ı. 4. 4lekersteregesare teraneusuanereumsareteain nn eetete, ehe on ee leneke eelee 500 Buchbinder=Arbeitene. =...-2 ee aan mrerehen et eenalerateleere nnerete eher lee 6 8 BostprokımaSundEROLLORerreYere ererereteren.n2YonerateRokeke Tee oLegeregeekokotorsHeheVeReEngerenetetegeneTeteteeE 60 ISIS AUEREINENE 56.000000 000000 00800000000 00000000 00000000 000000000 0© 30 Naturwissenschaftliche Sektion .......2cooconeeeeoreosonennennenereene nen 40 Entomologische! Sektionwszr. ons on er auotenetetaees erteilen eee 20 Technische‘ Sektionen. teens a. ee leere san le nel ee euere 60 Botanische Sektion ....2...2cececeereecce ee a er 25 Juristische Sektion ........ceeesencre..- re en ERS. 20 Bibliothek:--=u: ..:. St aa er ereker EE 120 Unvorhergesehene Haller .ees.naessthe or ee letere are eleoreokerekorennte arene > elokenntene]eeefefege 111 2352 Breslau, den 30, Dezember 1859. Das Präsidium der Schlesischen Gesellschaft. Göppert: Sohr. Löwig, Schönborn. Milde, v, Görtz. Klocke. Bartsch. 15 15 halbe 11 Bibliotheken und Museen. Die Bibliotheken haben in dem abgelaufenen Jahre einen Zuwachs von 752 Nummern mit 863 Bänden oder Heften erhalten, von denen 501 Nummern mit 592 Bänden der allgemeinen, 251 Num- mern mit 271 Bänden, Heften oder Heftchen der schlesischen Bibliothek zugefallen sind. An Gesell- schafts-Schriften verdanken dieselben dieses Jahr ihre Vermehrung 13 schlesischen, 89 deutschen, 2 ungarischen, 2 siebenbürgischen, 6 russischen, 2 norwegischen, 1 schwedischen, 2 dänischen, 1 niederländischen, 2 englischen, 3 belgischen, 1 französischen, 5 schweizerischen und 1 amerika- nischen, in Summa 117 außerschlesischen Gesellschaften und Instituten. Die Namen der Behörden, Institute, Vereine und einzelnen Herren, denen sie diese ihre Ver- mehrung im Jahre 1859 verdanken, sind mit beigefügter Zahl der von ihnen geschenkten Bücher folgende: A. Bei der schlesischen Bibliothek. a. Von Behörden, Instituten, Vereinen etc. Das Gymnasium zu St. Elisabet zu Breslau l, das Gymnasium zu St. Maria Magdalena zu Bres- lau 1, das jüdisch-theologische Seminar Fränkel’scher Stiftung zu Breslau I, das k. Friedrichs-Gym- nasium zu Breslau 1, das k. Ober-Berg-Amt zu Breslau 1, der Gewerbe-Verein zu Breslau 2, der landwirthschaftliche Spezial-Verein zu Breslau 1, der schles. Kunstverein zu Breslau 1, der schles. Verein für Pferdezucht und Pferderennen zu Breslau 1, der Verein für Geschichte und Alterthum Schlesiens zu Breslau 2, der Verein zur Beförderung des Seidenbaues in der Provinz Schlesien zu Breslau 1, die Handelskammer zu Breslau I, die höhere Bürgerschule zum heil. Geist in Breslau 1, die k. Univ.-Buchdruckerei von Graß, Barth & Comp. zu Breslau mehrere kleine Nummern, die k. Univer- sität zu Breslau 85, die oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften zu Görlitz 2, der Gewerbe- und Garten-Verein zu Grünberg 1, die ökonom.-patriotische Sozietät der Fürstenthümer Schweidnitz und Jauer zu Jauer 1, die höhere Bürgerschule in Landeshut 1, die k. Ritter-Akademie in Liegnitz 1, die philomathische Gesellschaft in Neisse 2, die Realschule zu Neisse 1, der landwirthschaftliche Verein im Kreise Oels zu Oels 1, der Magistrat zu Ohlau 1 und der Garten-Bau-Verein zu Ratibor 1 Nummer. b. Von einzeinen Geschenkgebern. Herr Stadtrath Syndikus Anders SO Programme, Jahresberichte etc., Herr Sanitäts-Rath Dr. F. Bannerth in Landeck 1, Herr Hauptlehrer Biehler eine Anzahl Flugblätter, der verstorbene Herr Geh. ‘ Med.-Rath Dr. Ebers 13 Foliobände Manuser., Herr Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Göppert 2 und eine Anzahl kleiner Nummern, Herr Buchhändler Ferd. Hirt 15 (mit 23 Bänden), Herr Justizrath Horst 1, Herr Oberlanudes-Gerichts-Präsident a. D. Dr. Hundrich 1, Herr Oberlehrer A. Kastner zu Neisse 1, Herr Buchhändler J. U. Kern 1, Herr Gutsbesitzer E. v. Koschützky auf Gr.-Wilkowitz bei Tarno- witz 1, Herr Hauptlehrer D. Letzner 1, der zeitige Kustos K. Letzner 6 und mehrere kleine Num- mern, der verstorbene Herr Prof. Dr. Mosch in Herischdorf I, Herr Kaufmann E. H. Müller 2, Herr Apotheker Muencke 1 Manuser., Herr Sekretair Th. Oelsner 5 und mehrere kleine Nummern, Herr Oberlehrer Palm 1 und Herr Direktor Dr. Tagmann in Tilsit 1 Nummer. Eingetauscht wurden 15 Nummern. B. Bei der allgemeinen Bibliothek. a. Von Behörden, Instituten, Vereinen etc. Die Geschichts- und Alterihums-forschende Gesellschaft des Osterlandes zu Altenburg 1, die naturforschende Gesellschaft des Osterlandes zu Altenburg 1, der historische Verein in Mittel-Fran- ken zu Ansbach 1, der naturhistorische Verein zu Augsburg 1, die naturforschende Gesellschaft zu Bamberg 1, der historische Verein von Ober-Franken zu Bayreuth 1, die deutsche geologische Ge- sellschaft zu Berlin 1, der Verein für Geschichte der Mark Brandenburg zu Berlin 1, der Verein zur 3* 12 Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen zu Berlin I, die k. Akademie der Wissenschaften zu Berlin 2, die k. Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin 2, die naturforschende Gesellschaft zu Bern 1, der naturhistorische Verein der preuß. Rheinlande und Westphalens zu Bonn 1, die k. rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn 29, der Verein der Freunde der Naturgeschichte in Meck- lenburg zu Neu-Brandenburg 1, der Werner- Verein zur geologischen Durchforschung von Mähren und Oesterr.-Schlesien zu Brünn 3, die k. k. mährisch-schlesische Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landes-Kunde zu Brünn 3, die Academie roy. de Medecine de Bel- gique zu Brüssel 1, die k. belgische Akademie der Wissenschaften zu Brüssel 9, die Philosophical Society zu Cambridge 1, die k. Landwirthschafts-Gesellschaft zu Celle, die k. norwegische Friedrichs- Universität zu Christiania 5, die k. Selskab for Norges Vel zu Christiania 3, der allgemeine Ge- werbe-Verein zu Danzig 1, der historische Verein für das Großherzogthum Hessen zu Darmstadt 1, die naturforschende Gesellschaft zu Emden 4, der ärztliche Verein zu Frankfurt a. M. 1, der physi- kalische Verein zu Frankfurt a. M. 1, der Verein für Geschichte und Alterthums-Kunde zu Frank- furt a. M. 3, die Gartenbau- Gesellschaft Flora zu Frankfurt a. M. I, die senckenbergische natur- forschende Gesellschaft zu Frankfurt a. M. I, die k. Berg-Akademie zu Freiberg 1, die naturforschende Gesellschaft zu Freiburg im Breisgau 1, die SocietE de Physique et d’histoire naturelle zu Genf 1, die oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde zu Gießen 1, die k. Gesellschaft der Wis- senschaften zu Göltingen 1, der historische Verein für Steiermark zu Gratz 3, der landwirthschaftliche Verein für Litthauen zu Gumbinnen 1, die naturhistorischen Vereine für Sachsen und Thüringen zu Halle 1, der Garten- und Blumenbau-Verein für Hamburg, Altona und deren Umgebung 1, die Wet- terauer Gesellschaft für die gesammte Naturkunde zu Hanau 1, der historische Verein für Nieder- Sachsen zu Hannover 4, die naturhistorische Gesellschaft zu Hannover I, der allgemeine deutsche Apotheker-Verein, Abtheilung Süddeutschland, zu Heidelberg 1, der naturhistorisch-medizinische Ver- ein zu Heidelberg 1, der siebenbürgische Verein für Naturwissenschaften zu Herrmannstadt 2, der Verein für siebenbürgische Landeskunde zu Herrmannstadt 4, der Verein für thüringische Geschichte und Alterthumskunde zu Jena 1, die k. leopold.-karolinische Gesellschaft der Naturforscher zu Jena 2, die k. Universität zu Jena 25, der k. k. Landwirthschafts- Verein für Tyrol und Vorarlberg zu Innsbruck 1, die Ceniralstelle für die Landwirthschaft im Großherzogthum Baden zu Karlsruh 2, die schleswig-holstein-lauenburgische Gesellschaft für vaterländische Geschichte zu Kiel 2, die Universität zu Kiel I, der landwirthschaftliche Verein für Rheinpreußen zu Koblenz 1, der Verein für Garten- kunde zu Köln 1, die Centralstelle der landwirthschaftlichen Vereine des Regierungsbezirkes Königs- berg zu Königsberg I, die k. dänische Gesellschaft der Wissenschaften zu Kopenhagen 2, die k. Universität zu Kopenhagen 8, der historische Verein für Krain zu Laibach 2, die k. sächsische Ge- sellschaft der Wissenschaften zu Leipzig 4, die k. Universität zu Leipzig 1, das Museum Franeisco- Carolinum zu Linz 1, the British Association for the advencement of Seience zu London 1, der Alterthums-Verein in Lüneburg 1, die k. Gesellschaft der Wissenschaften zu Lüttich 1, der Verein zur Erforschung der rheinischen Geschichte und Alterthümer zu Mainz 1, der Verein für Naturkunde in Mannheim 1, die Gesellschaft zur Beförderung der gesammten Naturwissenschaften zu Mar- burg 1, die landwirthschaftlichen Central- Vereine zu Marienwerder und Danzig 1], die kai- serliche Gesellschaft der Naturwissenschaften zu Moskau 1 (in 9 Heften), die SocietE imperiale d’Agrieulture zu Moskau 1, der historische Verein von und für Ober-Baiern zu München 3, der landwirthschaftliche Verein in Baiern zu München 1, die k. baiersche Akademie der Wissenschaften zu München 9, die k. Sternwarte zu München 2, der landwirthschaftliche Hauptverein für Westphalen zu Münster 1, das germanische Museum zu Nürnberg 2, die naturhistorische Gesellschaft zu Nürn- berg 1, der ungarische Gartenbau-Verein zu Ofen 1, die kaiserliche Akademie der Wissenschaften zu St. Petersburg 1, die kaiserl. freie ökonomische Gesellschaft zu St. Petersburg 1, die mineralo- gische Gesellschaft zu St. Petersburg 1, die k. k. patriotisch-ökonomische Gesellschaft im König- reiche Böhmen zu Prag 3, die k. k. Universität zu Prag 2, der Verein für Naturkunde in Preßburg 3, der zoologisch-mineralogische Verein zu Regensburg 1, die Gesellschaft praktischer Aerzte zu Riga 3, der mecklenburger patriotische Verein zu Rostock 1, die Universität zu Rostock 15, der thüringische Kunst- und Gewerbe-Verein zu Saalfeld I, der altmärkische Verein für vaterländische Geschichte und Industrie zu Salzwedel I, die allgemeine schweizerische Gesellschaft für die gesammten Naturwissenschaften 1, der Verein für mecklenburgische Geschichte und Alterthumskunde zu Schwe- rin I, der provinzial-landwirthschaftliche Verein für den Landdrostei-Bezirk Stade zu Stade 2, der entomologische Verein zu Stettin 1, die Gesellschaft für pommer’sche Geschichte und Alterthums- Kunde zu Stettin 1, die k. Akademie der Wissenschaften zu Stockholm 3, die Soeiete des seiences naturelles zu Straßburg 1, das k, statistisch-topographische Bureau zu Stuttgart 1, der Verein für 13 vaterländische Naturkunde in Würtemberg zu Stuitgart I, die k. polytechnische Schule zu Stuttgart 1, die k. würtembergische Central-Stelle für die Landwirthschaft zu Stuttgart 1, die Gesellschaft nütz- licher Forschungen in Trier I, die hohe Schule zu Utrecht 20, die Smithsonian Institution zu Washington 2, der Alterthums-Verein zu Wien 1, die kaiserl. Akademie der Wissenschaften zu Wien 4 (in 10 Bänden), die k. k. geographische Gesellschaft zu Wien 2, die k. k. geologische Reichs- Anstali zu Wien 1, die k. k. Universität zu Wien 1, die zoologisch-botanische Gesellschaft zu Wien 1, der historische Verein für Nassau zu Wiesbaden 2, der Verein für nassauische Alterthumskunde und Geschichts-Forschung zu Wiesbaden !, der polytechnische Verein zu Würzburg 1], die antiqua- rische Gesellschaft zu Zürich 2, die Universität zu Zürich 5 Nummern. b. Von einzelnen Geschenkgebern. Se. Majestät der König von Preußen durch Se. Excellenz den Herrn Ober-Ceremonien-Meister, Kammerherrn Baron v. Stillfried: Monumenta Zollerana, Band 5. Herr Geh. Reg.-Rath Dr. Back in Altenburg 3 und eine Anzahl kleiner Nummern, Herr M. Barrande in Paris 1, Herr Sanitäts-Rath Direktor Dr. Berend in Berlin 2, Herr Dr. Mag. Berthold, Physikus der Stadt Teplitz I, Se. Excellenz Mr. de Brock, Ministre des Finances et Chef du Corps des .Ingenieurs des mines de Russie etc. zu St. Petersburg 1, Herr Dr. K. M. Diesing in Wien 2, Herr R. Fischer, Privatgelehrter in Berlin I, Herr Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Göppert 3, aus dem Göp- pert’schen Lesezirkel 10, die verw. Frau Geh. Hofrath Gravenhorst 3 (Manuser,), Herr Dr. Gründer in Lehmgruben 1, Herr Geh. Hofrath Prof. Dr. Hausmann in Göttingen 2 (in 6 Bänden), Herr Buch- händler Ferd. Hirt 33 (in 40 Bänden), Herr Dr. M. Kalisch in Berlin 1, Se. Excellenz Mr. de Knai- jevitch, Ministre des Finances et Chef du Corps des Ingenieurs des mines de Russie zu St. Petersburg 1, Herr W. v. Knobelsdorf, Hauptmann im Garde-Reserve-Infanterie-Regimente zu Ber- lin 1, Herr Mag. F. Th. Köppen zu St. Petersburg 2, Herr Prof. Dr. Kützing zu Nordhausen ], Herr Prof. Dr. Lachmann in Braunschweig 1, Herr Eisenbahn-Direktor J. Lehmann in Glogau 1, der zeitige Kustos K. Letzner J, Herr Direktor Prof. Dr. Loew in Meseritz 1, Herr Sanitäts-Rath Dr. Meyer in Brieg 60 (in 67 Bänden), Herr V. de Motschulsky, Lieut.-Colonel d’Etat-Maj. en retraite in St. Petersburg 1, Herr Kreisphysikus Direktor Dr. Neumann in Berlin 2, Herr Sekretair Th. Oelsner 2, Herr Mag. und Diak. Dr. Peschek zu Zittau 1, Herr Dr. L. Rabenhorst in Dresden 8 (in 16 Heften), Herr Prof. Dr. F. Runge zu Oranienburg 2, Herr Gymnasiallehrer D. G. Sandberger in Wiesbaden 1, Herr Prof. Dr. F. Sandberger in Karlsruh 1, Herr Dr. Schacht in Berlin 1, Herr Dr. A. Skolitz, Mag. der Pharmazie in Wien 1, Herr Prof. Dr. Studer in Bern 1, ein Ungenannter I, Herr Direktor Prof. Dr. Wimmer 1 Nummer. Gekauft wurden 66 Nummern mit 83 Bänden, eingetauscht 14 Nummern. Die Museen wurden im Jahre 1859 durch folgende Geschenke vermehrt: 1) Von dem Herrn Sanitäts-Rath Dr. Meyer in Brieg: a. Portrait des Joh. Peter Frank, Lithographie; b. Portrait des Dr. J. Ch. Reil, gez. von Dähling, gest. von Bollinger; c. Portrait des Dr. Ernestus Stahl, Oelge- mälde. — 2) Von Herrn Sekretair Th. Oelsner: Medaille, geschlagen zum 601jährigen Jubiläum der St. Elisabet-Kirche in Breslau. — 3) Von Herrn Prof. Dr. Sadebeck: 54 Stück verschiedene Mine- ralien aus der Umgegend von Reichenbach. — 4) Von Herrn Professor J. C. Schultz, Direktor der Bauschule in Danzig: Danzig und seine Bauwerke, 2. Folge. K. Letzner, z.. Z. Kustos der Bibliotheken. Nach Abstattung dieses Berichtes legt das Präsidium heute bei dem Ablaufe der zweijährigen Etats-Periode sein Amt in die Hände der geehrten Gesellschaft mit dem Wunsche nieder, daß die neue Verwaltungs-Periode reiche Früchte einer gedeihlichen Wirksamkeit zeitigen möge. I Bericht über die Thätigkeit der allgemeinen naturwissenschaftlichen Sektion der schlesischen Gesellschaft im Jahre 1859, abgestaltet von H. R. Göppert und F. Römer. z. 2. Sekretaire der Sektion. Di. naturwissenschaftliche Sektion hielt im vergangenen Jahre 9 Sitzungen, in welchen aus verschie- denen Zweigen der Naturwissenschaften folgende einzelne Vorträge gehalten wurden: Chemie. Herr Apotheker Maschcke erläuterte am 19. Januar d. J., begleitet von Experimenten, ein neues wichtiges Reagens bei mikroskopisch - physiologischen Untersuchungen, das von Hartig zuerst bei seinen Studien über den Inhalt der Pflanzenzelle in Anwendung gebracht worden ist. Er theilte mit, wie jenes neue Reagens eigentlich ein altes sei, alt insofern, als die hochbejahrte Kunst der Fär- berei sich zum Theil auf seinen Wirkungen basirt. Es bestände dieses Reagens in einer Lösung irgend eines Farbestoffes, z. B. Carmin, Indigo, Lackmus, Safflor etc. Der Vortragende hat nun die physiologisch wichtigsten Stoffe in ihrem Verhalten, besonders zu Carmin, geprüft und gefunden, daß sich vorzugsweise die Protein-, Horn- und Leim-Substanzen, und zwar schon ohne Anwendung von sogenannten Beizmitteln (Mordans), zu färben vermögen, eine Thatsache, die zum Theil in der Fär- berei bekannt sei. Die farbeanziehende Kraft der bezeichneten Körper sei aber hinlänglich stark, um durch das Mikroskop erkannt zu werden, und hierdurch sei denn auch ein sicheres und sehr scharfes Mittel gefunden, um Protein-, Horn- und Leim-Substanz auf mikroskopischem Wege nach- zuweisen. Die Ursache der Färbung des Zellkerns habe Hartig auf eigenthümliche Weise zu erklären 16 gesucht; der Vortragende hielt diese seine Ansicht für unhaltbar und reduzirte die ganze Reaktion auf die zwischen den bezeichneten Stoffen thätige chemische Verwandschaftskraft, die in einigen Fällen von Flächenanziehung unterstützt werde. Außerordentlich instruktiv sei in dieser Hinsicht das Fibrin, das mit großer Energie sowohl schwefelsaure Indiglösung wie ammoniakalische Carminlösung entfärbe und diese Kraft auf gefärbte Lösungen aller Art mehr oder minder stark ausübe; es rivali- sire in dieser Hinsicht vollständig mit der Kohle. Als die besten Färbungsmittel bei mikroskopischen Untersuchungen empfiehlt der Vortragende ammoniakalische Cärminlösung, einen kalt bereiteten wässerigen Auszug von Cochenille und Indiglösung; die letztere dürfe nur sehr verdünnt angewendet werden, wenn die Objekte noch durchsichtig bleiben sollen. Nicht allein bei Untersuchungen von Pflanzen, sondern auch von thierischen Theilen sei das neue Reagens von größter Wichtigkeit; im letzteren Falle treten die Strukturverhältnisse durch die ungleich sich färbenden Schichten äußerst deutlich hervor. Wie die Kunst der Färberei durch Zufall entdeckt sei — man erinnere sich an die Sage von der Purpurschnecke —, so sei auch die Anwendung der Pigmente für die Mikroskopie durch Zufall gewonnen. Die Herren Professoren Göppert und Cohn hätten nämlich die Beobachtung gemacht, daß ein eigenthümliches Gebilde aus den Zellen der Nitella flexilis, das sie nach Art der Infusorien mit fein zertheiltem Carmin auf eine etwaige Bewegung untersuchten, sich durch und durch roth färbe und dadurch seine Strukturverhältnisse sehr deutlich erkennen ließe. Die Beobachtung, so sonderbar sie näher betrachtet erscheinen mußte, blieb unbeachtet, bis sich endlich Hartig der- selben annahm und sie zur Erkennung des sogenannten Zellkerns in der Pflanzenzelle verwerthete, wie ein Gleiches Gerlach für die thierische Zelle that. Der Vortrag wurde durch Experimente erläutert. Physik (Höhenmessungen). Herr Prof. Dr. Sadebeck sprach am 30. November: Ueber den katholischen Pfarrkirchthurm (Jesuitenthurm) in Schweidnitz. Er begann mit einer Beschreibung des Gebäudes, auf welche er eine Mittheilung der wichtigsten historischen Momente über den Bau desselben (von 1420 bis 1570) folgen ließ. Letztere finden sich ausführlich in der für die fünfhundertjährige Jubelfeier der Kirche verfaßten Geschichte derselben. einer sehr feißig gearbeiteten Schrift, deren Verfasser sich nicht genannt hat, zufolge eingezogener .Erkundigungen aber Herr Kuratus Franz Görlich in Strehlen ist. Der Thurm ist auch in naturhisto- rischer Beziehung interessant, weil er merkwürdig oft vom Blitze getroffen worden ist; denn in der vorgenannten Jubelschrift werden 10 Fälle aufgezählt. Wahrscheinlich wird dies nicht blos durch seine eigene bedeutende Höhe verursacht, sondern auch durch den Umstand, daß die Stadt die Ge- gend überragt, indem der Ring 60 par. Fuß über der Weistritz liegt. Dazu kommt noch, daß die anderen Thürme der Stadt viel niedriger sind, als dieser, so daß es an Punkten fehlt, welche der allmäligen Entladung und Ausströmung der Elektrizität förderlich wären. Auch das Elmsfeuer ist am Kranze des Thurmes beobachtet worden (1621 den 21. Februar). Auf dem Kranze, wo man eine herrliche Aussicht hat, sind von dem Vortragenden trigonometrische Beobachtungen angestellt worden. Er wurde daran durch plötzlich eintretende und vom Glockenläuten verursachte schwingende Bewe- gungen des 'Thurmes eine Zeit lang gehindert, welche von ihm am Mauerwerk keines anderen Thur- mes in solcher Stärke wahrgenommen worden sind. Aus jenen Winkelbeobachtungen und den vom kgl. großen Generalstabe auf dem Zobtenberge u. s. w. angestellten ist die Dreiecksseite: Zobten- berg A — Schweidnitz & (4093,52 Ruthen) berechnet worden. Sie soll als Basis für weitere Arbeiten dienen und ist außerdem zur Bestimmung der geographischen Lage und Seehöhe des Thur- mes benutzt worden, für welche letztere vom Generalstabe auf dem Zobten die Zenithdistanz des 17 Thurmknopfes gemessen worden war. Der Thurm hat 50° 50° 37,33‘ nördl. Breite, 340 9° 38,65 - östliche Länge und die Seehöhe der Knopfmitte ist 1054,32 par. Fuß. Ferner hat der Vortra- gende die Höhe des Thurmes über seinem Fuße bestimmt. Der Stern auf der Spitze hat eine Höhe von 323,04 rheinl. Fuß oder 312,11 par. Fuß, die Kopfmitte 310,65 rheinl. Fuß oder 300,15 par. Fuß über der Thürschwelle am Fuße des Thurmes. Diese Bestimmungen sind von zwei verschiede- nen Standpunkten aus erfolgt, und die Vergleichung der Resultate hat ergeben, daß die Ungewißheit derselben kaum Y, Zoll beträgt. Für die Seehöhe der Thürschwelle folgt daraus 734,18 par. Fuß. Der breslauer Elisabetthurm ist 34 rheinl. Fuß niedriger, denn die Sternmitte desselben hat nur eine Höhe von 289,00 rheinl. Fuß über dem Pflaster an seinem Fuße auf der Herrenstraße, und somit ist der schweidnitzer Thurm der höchste in ganz Schlesien. Mineralogie und Paläontologie. Herr Prof. Dr. Sadebeck sprach in der Sitzung vom 23. Februar: Ueber die Vorberge des Eulengebirges. Die Landschaft am östlichen Fuße des Eulengebirges, in welcher außer der Stadt Reichenbach die durch ihren Gewerbfleiß bekannten Ortschaften Ernsdorf, Langenbielau, Peilau, Peterswaldau u. a. m. liegen, gehört zu den anmuthigsten in ganz Schlesien, ist aber trotzdem von den älteren Geogra- phen und Naturforschern nicht gebührend beachtet worden. Einen sehr hohen, vielleicht den höchsten Werth unter den früheren Arbeiten haben zwei Karten dieser Gegend, gezeichnet von dem durch Immortellen-Kultur und wissenschaftliche Bestrebungen rühmlichst bekannten verstorbenen Kaufmann August Sadebeck, dem Sohne des berühmten Förderers der Baumwollen-Manufaktur, Friedrich Sade- beck, in jener Gegend. Ziemlich mitten durch die Landschaft fließt von Ost nach West das peilauer Wasser, welches bei Reichenbach das bielauer Wasser, den Hahnbach, Klinkenbach und das peterswaldauer Wasser aufnimmt. Das bielauer Wasser, welches, vom Eulengebirge herkommend, das Gebiet in fast nörd- licher Richtung durchströmt, scheidet dasselbe in eine westliche, fast ebene, und eine östliche, von Hügeln erfüllte Hälfte. In der letzteren liegen im Norden die Fischerberge, eine ziemlich isolirte Hügelgruppe, und im Süden zieht sich eine mit dem Herleberge bei Langenbielau beginnende Hügel- reihe hin, welche sich bis in das Gebiet von Frankenstein erstreckt. Behufs geographischer Ortsbestimmungen hat der Vortragende ein Dreiecksnetz über die Gegend ausgebreitet. Als Ergebniß theilte er vorläufig mit die Lage von: Reichenbach kath. &.......... 34° 19' 8,0” O. L. 50° 43° 37,0” N.B. Langenbielau kath. &.......... 3207177707227 >0500A12 14,12 ,, Peterswaldau kath. &.......... 34° 14' 51,5 „ 50% 42 5959 „ Ferner hat derselbe eine Reihe theils trigonometrischer, theils barometrischer Höhenbestimmungen ausgeführt, von denen er die wichtigsten, wie folgt, mittheilte: Die hohe Eule, am Denkmaie des verunglückten Kindes... 3060par.F.üb. d. Ostsee. Die Sonnenkoppe, Gipfel... 2... 2.0... ..0..2..2..22. 3949,00. 0a ,; Höchster Punkt dernach Wüstewaltersdorfführenden Chaussee 2316 „ „ » » » Der Herleberg bei Langenbielau..................... 141493, Der Hutberg, ebenda........ ERS RSEEIRIBOHEN RN 1126 rer Langenbielau, Garten des ‚‚Preußischen Hofes“......... INNERE, Peterswaldau, Sockel des Kirchthurmes ............... ATZE IE, Reichenbach, Sockel des katholischen Kirchthurmes ..... SB Das peilauer Wasser bei Reichenbach................ sol yurlao rs, 1S Nach diesen einleitenden Bemerkungen ging der Vortragende zur geognostischen Beschreibung über. Das ganze Gebiet besteht hauptsächlich aus Gneiß, welcher hie und da von grünsteinartigen Gesteinen durchbrochen wird. Kalk, dem Urgebirge angehörend, findet sich oberhalb Langenbielau in dem Wolfsgrunde, wo ein alter Bruch neuerdings wieder aufgedeckt ist. Jüngere Gebirgsarten kommen auf der diesseitigen (nordöstlichen) Abdachung der Eule nur sparsam vor, z. B. Grauwacke im Kohlgrunde bei Steinkunzendorf. Höchst interessant sind die Gänge von Feldspath und Quarz, welche in den Dioritdurchbrüchen der vom Herleberge ausgehenden Hügelreihe vorkommen, z. B. bei Langenbielau, Rosenbach, Habendorf und Mittel-Peilau. Der Feldspath ist in diesen Gängen fast überall rein weiß und von krystallinischem Gefüge; aber ausgebildete Krystallle sind selten. Hier ist Turmalin, Beryll und Granat in Menge und in schön ausgeprägten Formen bei Eröffnung von Brüchen gefunden worden; Turmalin, sammtschwarz und in sechsseitigen rhomboedrischen Säulen, welche mitunter eine Länge von 5 Zoll und einen Durchmesser von 1 Zoll hatten; Beryll, sowohl edler als gemeiner, ebenfalls in sechsseitigen Säulen, deren Dimensionen beim gemeinen die des Turmalins noch überstiegen; Granat, kirschbraun und in der gewöhnlichen Krystallform, bis 1 Zoll im Durchmesser. Gegenwärtig, wo die meisten Feldspathbrüche ausgebeutet sind, kommen die ge- nannten Mineralien nur noch selten vor. Dagegen findet sich auch jetzt noch häufig ein großblätt- riger weißer Glimmer in dem Gerölle der abgebauten Brüche. Ferner ist daselbst noch Apatit und Cyanit gefunden worden, aber weit sparsamer als die vorigen Mineralien. Höchst interessant ist ferner auch der große Eisenbahn-Durchstich auf der Hahnwiese bei Gna- denfrei, in der Nähe der Fischerberge, welcher 42 Fuß tief und an 1000 Fuß lang is. Man kam hier schon bei der geringen Tiefe von etwa 4 Fuß auf Fels und mußte denselben durchweg mit Pulver durchsprengen. In der obersten Schicht, einer gelblich - grauen Leite, hat man eine Menge Geschiebe von Quarz, Granit, Gabbro, Serpentin, Chromeisen und Braunkohle mit opalisirten Hölzern angetroffen. Der Fels darunter ist auch hier Gneiß, welcher von Diorit und Serpentin durchbrochen ist, so daß ınan sehr schön den Contact und die gegenseitigen Uebergänge beobachten kann. - Der Vorirag wurde durch eine große Menge schöner Handstücke erläutert, welche unserer Ge- sellschaft zum Geschenk überwiesen wurden. Sie sind zum größten Theile von dem Gutsbesitzer Herrn Weimann in Mittel-Peilau, einem eifrigen und sehr erfahrenen Mineralogen, zum Theil von dem Vortragenden selbst gesammelt, und’ geben ein klares Bild von den geognostischen und oryktogno- stischen Verhältnissen jener Gegend. Es wäre sehr zu wünschen, daß uns ähnliche Sammlungen auch aus anderen Gegenden unserer an mineralischen Schätzen reichen Provinz verehrt werden möchten. Am 9. Februar berichtete der Sekretair der Sektion, Prof. Dr. Römer: Ueber eine Sammlung von Zinkerzen, welche das mineralogische Museum der königl. Universität der wohlwollenden Güte des Herrn Max Braun auf dem Altenberge bei Aachen verdankt. Die Sammlung enthält namentlich eine Reihe schöner Stufen aus den neuerdings für Rechnung der altenberger Gesellschaft betriebenen Gruben von Cumillas bei Santander in Spanien. Außer deutlich krystallisirtem Kieselzinkerz sind besonders große derbe Massen der bisher fast nur in der Form dünner Ueberzüge bekannten Zinkblüthe von dieser Lokalität bemerkenswerth. Schön krystallisirtes Kieselzinkerz haben auch die Gruben von Almeria in Andalusien geliefert. Neben diesen spanischen Vorkommnissen sind die Erze des Alten- berges, Kieselzinkerz, Zinkspath, Eisenzinkspath und Willemit, durch vortreffliche, auf anderem Wege in gleicher Vollkommenheit nicht zu bekommende Exemplare vertreten, und namentlich sind mehrere den bekannten Hemimorphismus deutlich zeigende freie Krystalle von Kieselzinkerz eine werthvolle Erwerbung für das Museum. Die betreffenden Exemplare der verschiedenen Erze wurden von dem Vortragenden vorgelegt und erläutert. 19 Derselbe legte der Gesellschaft den 1. Juni ein Exemplar des neu erschienenen Werkes: Siluria, the History of the Oldest Fossiliferous Rocks and their fonnolations ete. by Sir Rod. Impey Murchison, third Edition, London 1859, vor und erläuterte dessen hohe Bedeu- tung für die Kenntniß der ältesten versteinerungsführenden Schichten. Unter den Erweiterungen, welche das Werk in der neuen Auflage erfahren hat, wurde als vorzugsweise wichtig die Aufnahme sämmtlicher Tafeln mit organischen Resten aus dem früheren Hauptwerke desselben Verfassers: The Silurian System bezeichnet. Zum ersten Male ist auch in dem Werke (pag. 155) ein vollständiges Bild von der merkwürdigen Crustaceen-Gattung Pterygotus, welche nach dem erhaltenen Körper- theile eine Länge von 7 bis 8 Fuß gehabt haben muß, gegeben worden. Nach demselben besitzt diese Gattung eine nahe Verwandtschaft mit Eurypterus, wie der Vortragende durch Vergleichung mit den Abbildungen von Eurypterus remipes aus den ober-silurischen Schichten der Insel Oesel in der vortrefllichen, neuerlichst in Dorpat erschienenen Arbeit von Dr. Joh. Nieszkowsky nachwies. Von der Gattung Pterygotus haben sich übrigens in jüngster Zeit auch in Schlesien Reste gefunden. Rumpfsegmente und Scheeren nämlich, welche Herr Geh. Rath Prof. Dr. Göppert in den an Graptolithen reichen Alaun-Schiefern von Herzogswalde bei Silberberg entdeckte, wurden von dem Vortragenden mit Sicherheit als dieser Gattung angehörig bestimmt. Ob die schlesische Art mit der englischen (Pierygotus Anglicus Agass.) spezifisch identisch ist, hat sich bei der unvollkommenen Erhaltung der bisher beobachteten Fragmente von Herzogswalde noch nicht feststellen lassen. Sollte sich dies in der Folge erweisen lassen, so würde sich daraus für die genauere Alters-Stellung der Schichten von Herzogswalde mit Wahrscheinlichkeit ergeben, daß sie in die oberste Abtheilung der silurischen Gruppe auf der Grenze gegen die devonische gehören. Derselbe erläuterte der Gesellschaft die Fiötzkarte des westphälischen Steinkohlengebirges in vier Blättern im Maassstabe von 640 Lachter & 1 Zoll. Iserlohn, Julius Bädeker, 1859 In dieser Karte ist ein äußerst reichhaltiges, durch die vieljährigen amtlichen Aufnahmen der Berg- Behörden gesammeltes Material zur graphischen Darstellung gebracht worden. Es giebt dieselbe ein so genaues Bild von dem äußerst komplizirten und in den geringsten Entfernungen wechselnden Schichtenbau des zu beiden Seiten des unteren Laufes der Ruhr verbreiteten Steinkohlengebirges, daß ebenso in rein wissenschaftlich geognostischer Beziehung, wie für industrielle Zwecke die werth- vollste Belehrung aus derselben zu entnehmen ist. Leider entspricht die technische Ausführung der Karte dem inneren Werthe derselben eben so wenig, wie dem von der Verlagshandlung dafür gefor- derten Preise. Die zur Bezeichnung der verschiedenen Gesteine gewählten Farben sind matt und unschön, und die Lithographie entbehrt aller Eleganz und Feinheit, wie man sie namentlich bei französischen und englischen Publikationen dieser Art zu sehen gewohnt ist. Der Preis von 6 resp. 10 Thalern erscheint unter diesen Umständen exorbitant und wird eine weitere Verbreitung der Karte verhindern. Derselbe gab den 16. November eine Uebersicht: Ueber die allgemeinen geognostischen und physikalischen Verhältnisse Norwegens, wie er dieselben auf einer gemeinschaftlich mit seinen Freunden und Kollegen, Herren Göppert, Löwig und Schulze ausgeführten Reise durch das Land in diesem Sommer kennen gelernt hatte. Es wurde zunächst eine Skizze der allgemein physikalischen Verhältnisse des Landes gegeben, wobei zwei Karten von Munch (Kart over det sydlige Norge, Christiania 1545, im Maassstabe von 700600, und eine kleinere: Kart over Kongeriget Norge, Christiania 3die Oplag 1859, im Maß- stabe von 5504000) zur Erläuterung dienten. Norwegen ist ein entschiedenes Hochland, indem reichlich die Hälfte seines 5800 geographische Q.-Meilen großen Areals höher als 2000 Fuß über 3* 20 dem Meeresspiegel liegt. Dabei stellt das ganze Land eine einzige flach gewölbte und gegen Süd- ost sanfı abgedachte Felserhebung dar, welche wohl durch zahlreiche Thäler mehr oder minder tief zerschnitten wird, auf welche aber keine Gebirgskeiten aufgesetzt sind. Die größte A000 bis 6000 Fuß betragende Erhebung und damit auch die Wasserscheide liegen der Westküste genähert. Einen ganz eigenthümlichen Charakterzug in der Physiognomie des Landes bilden nun die Fjorde der Westküste, d. i. schmale, stromähnliche Meeresarme, welche bei einer Richtung von West gegen Ost tief in den Felsenkörper der Halbinsel einschneiden und mit ihren östlichsten Verzweigungen selbst in die Gegend der höchsten Wölbung des Landes eindringen. Das Leiztere ist namentlich mit dem zwanzig Meilen langen Sogne-Fjord der Fall.‘ Indem nun das zum Theil mit ewigem Schnee bedeckte Hochland mit steilen, oft fast senkrechten Wänden unmittelbar in diese Meeresarme abstürzt, so entsteht die großartige Scenerie, welche den Ruhm von Norwegens landschaftlicher Schönheit begründet hat und für welche man nur in den Alpen würdige Vergleiche suchen darf. Demnächst wurde der allgemeine Gang der Reise bezeichnet. Das nächste Ziel war Christiania, welches von Kiel aus in rascher Fahrt mit einem norwegischen Regierungs-Dampfschiff erreicht wurde. Von hier wurde nach kurzem vorläufigen Aufenthalte die Reise an die großen Fjorde der Westküste unternommen. Nach fünftägiger Fahrt durch die Landschaften Ringerike und Valders wurde bei Lärdalsören der östlichste Ausläufer des Sogne-Fjords erreicht. Die eigenthümliche Natur der Fjorde im Bergen-Stift tritt hier sogleich in ihrer ganzen Großartigkeit und Schönheit entgegen; die verschiedenen Verzweigungen des Sogne-Fjords wurden darauf im Ruderboot befahren. Um die Gletscher der großen Firnfläche von Jostedals Breen zu sehen, wurde von Rönnei aus ein zweitägi- ger Ausflug zu Pferde in das wilde Thal von Jostedal gemacht. Der prächtige Nygaard- Gletscher, aus zwei zusammenfließenden Eisströmen gebildet und mit scharfer Strömung in das Thal herabstei- gend, findet nur unter den schönsten und großartigsten Gletschern der Schweiz seines Gleichen. Uebrigens stimmt, wie Forbes ausführlicher nachgewiesen hat, das ganze Gletscher - Phänomen in Norwegen in allen wesentlichen Zügen mit demjenigen der Alpen überein, natürlich mit. der Ein- schränkung, daß, da die Schneegrenze im mittleren Norwegen in 4000 bis 5000 Fuß Meereshöhe statt 7000 bis 8000 in den Alpen liegt, die Gletscher auch in ein entsprechend tieferes Niveau hinabsteigen. In der That liegt denn auch der Fuß des Suphelle-Gletschers an einem Nebenarme des Sogne-Fjords nur 105 Fuß über dem Meeresspiegel. Der wunderbar romantische, mit unzähligen Wasserfällen geschmückte Nero-Fjord war der letzte Theil des Sogne-Fjords, welcher besucht wurde. Ueber Gudvangen und das Plateau von Vosseevangen wurde die Reise zum Hardanger Fjord fortge- setzt. Dieser steht an landschaftlicher Schönheit dem Sogne-Fjord kaum nach. Auch bei ihm wer- den die Umgebungen zum Theil durch Berge mit ausgedehnten Schneeflächen und mit Gletschern an ihren Abhängen gebildet. Von den Letzteren wurde derjenige von Bondhus, der von dem Hoch- Plateau des Folge-Fond herabkommt, besucht. Von der Mündung des Hardanger ist der Hauptort der westlichen Küste, die malerisch gelegene alte Handelsstadt Bergen, nicht weit. Der Aufenthalt daselbst gewährte nach der zum Theil beschwerlichen Fahrt auf den Fjordes eine erwünschte Er- holung, und das Museum der Stadt, welches, Dank den Bemühungen der Herren Danielsen und Koren, namentlich werthvolle Sammlungen nordischer Seethiere enthält, bot Gelegenheit zu mannig- facher Belehrung. Der Rückweg nach Christiania sollte durch Romsdalen und Gudbrandsdalen gehen. Eine Dampfschifffahrt von 36 Stunden führte durch ein Labyrinth von felsigen Inseln, wie sie für die ganze Westküste des Landes bezeichnend sind, zunächst zu der kleinen Hafenstadt Molde. In die südöstlichste Verzweigung der Meeresbucht, an welcher die Stadt gelegen ist, mündet der Rauma- Fluß, dessen Thal die wegen ihrer wilden Schönheit berühmte Landschaft Romsdalen bildet. Ein auffallend niedriger Paß von nur 2000 Fuß Höhe trennt Romsdalen von Gudbrandsdalen. An keinem Punkte ist die Wasserscheide zwischen der Westküste und dem östlichen Theile des Landes beque- mer zu überschreiten. Gudbrandsdalen, d. i. das Thal des Logen-Flusses, und die Umgebungen des Mjösen-See’s, in welchen der Logen-Fluß sich ergießt, gehören zu den best angebauten Theilen 21 von Norwegen. Die Verbindung dieses verhältnißmäßig stark bevölkerten Gebietes mit der Haupi- stadt wird durch die 9 deutsche Meilen lange Eisenbahn vermittelt, die von Eidsvold nach Christiania führt und bis jetzt die einzige des Landes ist. Zuletzt wurde von dem Vortragenden eine Uebersicht über die geognostischen Verhältnisse des Landes gegeben. Die große Hauptmasse von Norwegen wird durch krystallinisch schiefrige Gesteine des sogenannten Urgebirges, namentlich Gneiß, Glimmerschiefer, Hornblendeschiefer und Chloritschie- fer, zusammengesetzt. Eine viel beschränktere Verbreitung haben versteinerungsführende Schichten der silurischen und devonischen Abtheilung. Die Hauptgebiete ihrer Verbreitung sind die Umgebun- gen von Christiania und die Ufer des Mjösen-See’s. Die silurischen Gesteine bestehen aus einer 2000 Fuß mächtigen Aufeinanderfolge schwarzer Schieferthone und Kalksteine, in welcher sich zahl- ‚reiche durch bestimmte organische Reste bezeichnete Unterabtheilungen unterscheiden lassen. Die devonische Schichtenfolge wird durch rothe Sandsteine, Schieferthone und Conglomerate gebildet, deren Gesammt-Mächtigkeit gegen 1000 Fuß betragen kann. Organische Einschlüsse fehlen und die Altersbestimmung erfolgte lediglich nach der gleichförmigen Auflagerung auf die jüngsten silurischen Schichten und nach der petrographischen Aehnlichkeit mit den devonischen Gesteinen Englands und Rußlands. Das ganze Schichten-System der silurischen und devonischen Gesteine befindet sich nun aber in der Gegend von Christiania nicht mehr in der ursprünglichen wagerechten Lagerung, wie in Schweden, sondern die Schichten sind aufgerichtet und in vielfachen unter einander parallelen Wellen gefaltet. Zugleich sind sie von eruptiven Gesteinen, namentlich sehr verschiedenartigen Porphyren und Grünsteinen, unter den mannigfachsten Verhältnissen durchbrochen. Dadurch entsteht eine große Komplikation der Erscheinungen und diese Erscheinungen sind durch zahlreiche Aufschlüsse und namentlich durch die felsigen Küsten des Festlandes und der Inseln in solcher Deutlichkeit und Schönheit dargelegt, daß Christiania vielleicht als der geognostisch merkwürdigste Punkt in Europa gelten darf. In jedem Falle ist dort der Schlüssel für die Geologie des ganzen südlichen Norwegens zu suchen. In der That geht denn auch die sehr werthvolle Schrift: ‚Ueber die Geologie des südlichen Norwegens von Kjerulf und Dahll. Christiania, 1857‘ von den hier festgestellten That- sachen aus und sucht die noch verwickelteren Verhältnisse der krystallinischen Gesteine im übrigen Norwegen mit ihrer Hilfe zu deuten. Zuletzt wurde noch erwähnt, daß seit zwei Jahren durch einen Storthings- Beschluß auch eine amtliche geologische Landesaufnahme von Norwegen eingerichtet und unter die Leitung von Prof. Kjerulf gestellt worden ist, Diese Aufnahme läßt die werthvollste Auf- klärung über den geologischen Bau des Landes erwarten und wird ihr Hauptziel in der Herstellung einer genauen geognostischen Karte des Landes in großem Maßstabe sehen. Der Sekretair der Sektion, Prof. Dr. Göppert, sprach den 20. Juli: Ueber das Vorkommen versteinter Hölzer in Schlesien. In der in Schlesien so weit verbreiteten älteren Steinkohlen-Formation gehörten bis jetzt ver- steinte Stämme zu den nicht häufigen Vorkommnissen. In Niederschlesien kam ein großartiger Stamm (Araucarites Brandlingii m.) im Anfange dieses Jahrhunderts im Felde der konsolidirten Graf Hochberg’schen Grube in der Aue bei Waldenburg durch Steinbruchbetrieb zu Tage, der eine Länge von etwa 30 Fuß erreichte, 1849 aber eben in Folge des Abbaues der Kohlensandstein-Schichten gänzlich verschwunden ist. Eine Abbildung desselben aus dem Jahre 1836, wo er noch 13 Fuß lang war, habe ich in meiner Monographie der fossilen Coniferen auf Tafel 39, 40 und 41, Fig. 1—7 geliefert. In größerer Menge fanden sich versteinte Stämme auf dem Buchberge bei Neurode vor, von welchen im Jahre 1840 in drei verschiedenen Gruppen etwa noch 15, ein bis zwei Fuß dicke, 1 bis 16 Fuß lange, aus dem Kohlensandsteine hervorragende Exemplare vorhanden waren, von denen ich im Jahre 1858 leider nur noch ein Exemplar in seiner natürlichen Lage wahrzunehmen 22 vermochte. Um das Andenken derselben zu erhalten, habe ich in meiner Preisschrift über die Steinkohlenlager etc., Haarlem 1848, schon damals ihre Zerstörung voraussehend, einen Situationsplan ihres einstigen Vorkommens veröffentlicht, dessen Mittheilung ich dem um die Erforschung des Nie- derschlesischen Kohlenrevieres vielfach verdienten Bergamts - Assessor Bocksch verdankte. Sie gehörten einer anderen Art, Araucarites Rhodeanus m., an. In allen schlesischen Mineralien- Sammlungen finden sich Bruchstücke dieses durch schwarze Farbe sich auszeichnenden versteinten Holzes. Als ich im Herbste 1858 bei einem nur flüchtigen Besuche der Rudolphs-Grube bei Vol- persdorf im nördlichen Theile der Grafschaft Glatz bei dem dortigen Steiger Herrn Völkel, einem sehr aufmerksamen und kundigen Beobachter, nach versteinten Hölzern mich erkundigte, erhielt ich alsbald von ihm Exemplare, die mit denen von Radowenz ganz identisch waren. Eine in seiner Begleitung am Pfingst-Sonnabend dieses Jahres (1859) vorgenommene Exkursion bestätigte seine Beobachtungen und das Vorkommen derselben in einzelnen Stammbruchstücken von dem Hangenden der Rudolphgrube im nordwestlichen Streichen über die Wenzeslausgrube bei Hausdorf bis zum Dörfchen Eule, in der Länge von etwa 14 Meile, bei einer durchschnittlichen Breite von 20—80 Ltrn. der hier sehr eingeengten Kohlenformation.. Das Haupivorkommen derselben befindet sich in einer dem hausdorfer Schlosse gegenüberliegenden Bergwand, auf einer dem Bauergutsbesitzer Gersch gehörenden Ackerfläche, wo man schon früher der Angabe nach viele hundert Stämme ausgrub und zum Bauen verwendete. Im Herbste vorigen Jahres deckte man wieder bei der Urbarmachung einer Fläche von etwa nur 4 Morgen, 12—15 Stämme auf, welche nach verschiedenen Richtungen aber horizontal in sehr lockerem Kohlensandstein-Konglomerat lagerten, aus welchem sie herausgenommen, zum Theil zertrümmert und wieder auf die angegebene Weise verbraucht wurden. Außer vielen Bruchstücken liegt oberhalb dieses Ackerstückes zur Zeit noch ein, wie es scheint, aus dem Sandstein- felsen hervorragender Stamm von etwa 2 Fuß Durchmesser, welche Dicke die noch vorhandenen, von dem Konglomerat umgebenen Stämme wenig übertreffen, übrigens aber sämmtlich, was ihre spezifische Beschaffenheit betrifft, ganz und gar mit denen von Radowenz übereinstimmen. Hier und da enthält das namentlich in unmittelbarer Nähe der von ihm umkleideten Stämme sehr eisenreiche Konglomerat noch Bruchstücke von versteintem Holze und kleineren Zweigen. Es geht also klar daraus hervor, daß das Erscheinen der Stämme auf der Oberfläche der Felsen eben nur nach dem Zerfallen und der Zersetzung des sehr lockeren Konglomerates erfolgte, welchem auch die später nach dem Auftreten der Vegetation mit Humus vermischten Sand- und Thonschichten ihren Ursprung verdanken, in denen sie mehr oder minder versteckt liegen. Da ich in dem ganzen Bereiche der von mir zu 3 verschiedenen Malen untersuchten böhmischen Lager versteinter Hölzer keine Gelegen- heit hatte, diesen Vorgang so augenscheinlich zu sehen, wie ich ihn früher nur vermuthet hatte, war mir dies Vorkommen überaus interessant, , wofür ich mich Herrn Völkel, als erstem Beobachter desselben, zu großem Danke verpflichtet fühle. Unstreitig schließt der Kohlensandstein dieser ziem- lich ausgedehnten Bergwand nach den am gedachten Orte und an anderen Punkten derselben ge- machten Erfahrungen einen ganzen Wald von Stämmen ein, die sich vielleicht in dem ganzen, oben in seiner Ausdehnung geschilderten Bereiche vorfinden, hier aber von der theilweise sehr mächtigen Dammerde bedeckt werden. Auch aus Oberschlesien erhielt der Vortragende nur zur mikroskopischen Untersuchung geeignete Stämme aus der Steinkohlenformation, und zwar aus dem Felde der Königsgrube durch den königl. Berginspektor Meitzen und aus dem Felde der konsolidirten Karolinegrube bei Hohenlohehütte durch Herrn v. Heyden. Sie gehören einer neuen Art von Araucarites vanthoxylon, die man nebst den oben genannten in den Verhandlungen unserer Gesellschaft vom Jahre 1858 näher be- schrieben und abgebildet findet. In dem gedachten Jahrgange der Verhandlungen der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur ist auch eine von Abbildungen begleitete nähere Beschreibung der hier erwähnten versteinten Stämme enthalten. 23 Ferner legte Derselbe die photographirten zu 12 Tafeln in Quart und Folio bestimmten Zeich- nungen für sein im Druck befindliches Werk: „Die fossile Flora der silurischen, devonischen und unteren Kohlenformation“ vor und erläuterte dieselben. Derselbe lieferte den 21. Dezember: - Eine Zusammenstellung der Beobachtungen über versteinte Wälder, welche in der neuesten Zeit von Möllhausen und Marcou in Neu-Mexiko, von Unger bei Cairo und von dem Vortragenden in Böhmen und Schlesien gemacht worden sind, und erläuterte dieselben durch zahlreiche, aus allen jenen Vorkommnissen stammende Exemplare, indem er auf die durch lokale Umstände bewirkten abweichenden und übereinstimmenden Verhältnisse derselben die Auf- merksamkeit lenkte. Das an allen diesen Orten wahrgenommene Zerfallen oder Absondern großer Stämme in vollkommene winkelrechte Stücke mit horizontalen Flächen begünstigt seiner Meinung nach der bekannte Verlauf der Markstrahlen; die eigentliche Ursache ist freilich noch unbekannt. Die Zahl der Arten ist überall gering: Neu-Mexiko 4, in Böhmen und Schlesien 2, welche alle zu den Coniferen gehören. Die ganze ungeheure Ablagerung in der Wüste bei Cairo wird nach Unger’s an Ort und Stelle angestellten Untersuchungen nur durch eine einzige Art gebildet, ein einer Legu- minose verwandtes Laubholz, der Nicolia aegyptiaca Ung., — eine mir ganz unerklärliche That- sache, da alle Laubholzwälder sich überall durch eine ungemeine Mannigfaltigkeit der Gattungen und Arten, insbesondere in der wärmeren Zone auszeichnen. Meine von 6 verschiedenen Sammlern her- rührenden Exemplare (unter anderen sehr instruktive von dem leider zu früh verstorbenen höchst kenntnißreichen Grafen v. Schlabrendorf-Schlause) gehören auch alle zu der genannten Art und liefern somit ebenfalls eine Bestätigung dieses merkwürdigen durch Unger ermittelten Ver- hältnisses. 2Z00logie. Herr Staatsrath und Prof. Dr. Grube, welchem ein Paar lebende Hummern aus Ostende zuge- schickt waren, benutzte am 9. Februar diese Gelegenheit, um der Versammlung den an den Kiemen dieser Thiere vorkommenden Parasiten, die Nicothoe' Astaci, im frischen Zustande zu zeigen. Alle beobachteten Exemplare waren Weibchen, und zwar mit Eiersäcken, welche, sehr viel größer als der Körper selbst, die sonderbare Form desselben, die in einer unmäßigen Verbreiterung besteht, noch abenteuerlicher machten, so daß man beim ersten Anblick den zarten gegliederten Leib gar nicht erkennt und an nichts weniger als an ein Crustaceum denkt, zu welcher Klasse von Thieren doch die Nicotho@ gehört. Da in einigen Eiersäcken schon beinahe vollständig entwickelte Embryonen zu finden waren, so ließ sich aus diesen noch ganz normal gebildeten Formen sehr gut die schein- bar so abweichende des erwachsenen Weibchens herleiten, indem sich an jenem nur das 4. Abdo- minal-Segment rechts und links zu einem enorm langen und aufgeiriebenen Sacke ausdehnt. Dies geschieht erst, wenn das Weibchen seine anfangs freie Lebensweise aufgiebt und an den Kiemen zu schmarotzen beginnt. Das höchst seltene, nur von Van Beneden beobachtete Männchen behält zeit- lebens die ursprüngliche Gestalt und bleibt ganz winzig, während die Weibchen in ihrer größten Breite oftmals 4 Linien erreichen. Derselbe legte den 1. Juni der Gesellschaft einige in Schlesien geschossene Vögel des hie- sigen zoologischen Museums vor, welche in der von Gloger herausgegebenen Wirbelthier - Fauna Sehlesiens noch nicht aufgeführt und zum Theil von besonderem Interesse sind, nämlich: Aguwila elanga Pall., Strix (Ulula) nebulosa Forst, Tetrao medius Meyer und Halieus pygmaeus Pall. Da sie sämmitlich unter dem Direktorat des Herrn Prof. Gravenhorst in das Museum gewandert waren, . 24 so konnte sich der Vortragende nur auf den Ausweis der betreffenden Etiquetten und die Mitthei- lungen des verstorbenen Herrn Inspektor Rotermund berufen, dessen große Gewissenhaftigkeit in Betreff der Fundorte für schlesische Thiere zu bekannt ist, als daß seine Angaben bezweifelt werden könnten. Dies muß um so mehr hervorgehoben werden, da in Betreff der Strix nebulosa allerdings das Zweifeln nahe liegt. Die Heimath dieser Eule ist Nord-Amerika, sie geht von Neu-Schottland bis Texas, doch nicht über Amerika hinaus nach Sibirien wie ihre nächste Verwandte, die Strix lapponica, noch weniger ist sie je im nördlichen Europa oder sonst wo in Europa gefunden worden, da nach den Mittheilungen des Herrn Akademiker Brandt selbst die Temminck’sche Angabe nicht auf sicheren Nachweisen beruhen soll. Der Vogel stand unter dem Namen Siröir lapponica in der Sammlung, doch lehrt die Vergleichung, daß diese Bestimmung ein Irrthum ist. Das Muster der Zeichnung, die Gestalt der dunkeln Flecken auf dem Gefieder der Unterseite, welche nur in breiten, einfachen, nicht in linear-gefiederten Schaftstrichen bestehen, die breiten weißen Schwanzbinden, die viel geringere Körpergröße und die geringere Schwanzlänge gegenüber den Flügeln, so wie die Dreizahl der dunkeln Kreislinien um das Auge sprechen dafür, daß diese Eule nicht die Ströx lap- ponica, sondern die wirkliche nebulosa ist. Als Geber ist Herr Nohr genannt, und wegen des näheren Fundoris befragt, hatte sich Herr Dr. Rotermund dahin geäußert, daß sie bei Oswitz ge- schossen sei. In dem gedruckten Katalog des Museums (1832) steht nur ein Exemplar aus Nord- Amerika verzeichnet, welches auch noch in der Sammlung existirt. Das in Rede stehende muß also nach dieser Zeit, auch nach dem Erscheinen der Gloger’schen Fauna dem Museum einverleibt sein, und es wäre höchst wünschenswerth, von Herrn Nohr selbst oder über denselben etwas Näheres zu erfahren, um vollkommen sicher zu sein, daß wir es hier in der That mit einem bis zu uns verirrten Amerikaner zu ihun haben. Das Exemplar von dem großen Schreiadler (Aguila clanga), der erst in neuerer Zeit von Aquila naevia Gm. getrennt ist und im östlichen Europa, namentlich den Wolgagegenden, vielleicht ausschließlich, und nicht wie sonst mit naevia zusammen vorkommt, ist nur ein jüngerer Vogel und wäre ein erwachsener dem Museum der Vergleichung wegen höchst willkommen. Daß das mittlere Waldhuhn (Tetrao medius) nicht eine eigene Art, sondern ein Bastard von Auer- und Birkhuhn sei, haben die schwedischen Naturforscher schon lange behauptet und wird jetzt ziemlich allgemein angenommen. Es findet sich nur, wo beide Arten neben einander vorkommen, man hat nirgend besondere Balzplätze desselben entdeckt, nie Fortpflanzung beobachtet, und daß man sowohl männliche als weibliche Individuen kennen gelernt hat spricht keinesweges gegen jene Annahme. Das Exemplar, welches das Museum Herrn Oberforstmeister v. Pannewitz verdankt, ist, wie die meisten, ein Männchen, hat den schwach ausgeschnittenen Schwanz des Birkhuhns, den schwarzen Schnabel und einigermaßen auch das schwarze Gefieder des Birkhahns, aber nicht mit blauem, son- dern violettem Schiller. Die Rückenfedern sind schwarzbraun (nicht grau), aber fein weiß bespritzt mit violetten Rändern; dieHalsfedern der Oberseite hin und wieder auch so bespritzt; die Schwanzdeckfedern schwarz, fein weiß gerandet, glanzlos ohne violetten Schiller; die Steißgegend schwarz- und weiß- fleckig wie beim Auerhahn, nicht rein weiß wie beim Birkhahn; die Flügel haben nicht die weiße Binde wie bei diesem, vielmehr Zeichnung und Färbung wie beim Auerhahn, auch sind die Kehl- federn verlängert und der rothe warzige Streif über dem Auge erreicht nicht die Höhe des Scheitels. Man kennt übrigens auch Bastarde von Birk- und Schneehuhn (Lacypus saliceti). Was endlich die Zwergscharbe (Halieus pygmaeus) anlangt, so ist dies ein südöstlicher Vogel, der am kaspischen und schwarzen Meere wohnt, sich aber auch noch in den großen Sümpfen der österreichischen Mili- tairgrenze findet. Von mehreren Exemplaren, welche Herrn J. M. Scholtz bei Althof-Naß ohnweit Pirscham zu Gesichte kamen, ist nur dieses eine dem Museum übergeben worden, ein jüngerer Vogel. Derselbe machte den 20. Juli zuvörderst auf eine neue mikroskopische Thierform aufmerksam, die er im Meer bei Triest entdeckt hatte, und die sich mit vollkommener Sicherheit noch keiner der bisher angenommenen Abtheilungen unterordnen läßt. Ihr Körper besteht aus zwei hinter einander 25 liegenden, durch einen engen verkürz- und verlängerbaren Hals verbundenen spindelförmigen Ab- schnitten, mit ziemlich starrer durchsichtiger Wandung, von denen der hintere in einen dicken biegsamen gegliederten Stiel ausläuft und durch diesen sich an das Bein eines Krebschens, einer Nebalia festgesetzt hatte. Von Zeit zu Zeit führte der auf diese Weise befestigte Körper höchst auffallende, mehr oder minder anhaltende Schwingungen aus, von denen die Gattung den Namen „Seison“ erhielt, die Art ward nach dem Wirth, der sie aufgenommen, S. Nebaliae benannt. Trotz jener seltsamen Gestalt, der eigenthümlichen Form der Kiefer, die hinter dem Munde liegen, und des Mangels eigentlicher Räderorgane — nur ein vorderster Zipfel des Körpers wimpert — scheint doch der ganze innere Bau von Seison am meisten mit der Organisation der Räderthiere überein- zustimmen. Die beobachteten Individuen, welche in einer Gruppe zusammensaßen, zeigten alle den- ‚selben Bau, bis auf einige, die erst in der Entwickelung begriffen waren. Hierauf nahm Derselbe Gelegenheit der Gesellschaft eine höchst interessante Dipterenlarve vorzulegen, welche Herr Medizinalrath Prof. Dr. Middeldorpf von Herrn Dr. v. Franzius aus Costarica erhalten hatte. Daß Maden von Schmeißfliegen in schlecht gepflegten Wunden auch bei Menschen vorkommen, ist eine oft beobachtete Thatsache. Vor einigen Jahren veröffentlichte der Vortragende einen Fall, in welchem sogar Fliegenmaden aus dem Zellgewebe der Augenhöhle eines gesunden Knaben herausgenommen waren; die Maden gelangten zur Entwickelung und zeigten, daß sie einer Fleischfliege (Sarcophaga) angehörten. Allein diese Art des Vorkommens ist etwas Zufälliges, nicht in der Lebensgeschichte der betreffenden Insekten nothwendig Begründetes; wir kennen andere Zweiflügler, deren Maden sich in den Höhlen oder in der Haut eines lebenden Thier- körpers entwickeln müssen; es sind die Oestriden. Die in der Haut lebenden Maden der Biesfliegen (Oestrus i. e. S. oder Hypoderma) erzeugen ansehnliche Geschwülste (Dasselbeulen) mit einer nie mehr verheilenden für sie zur Athmung nothwendigen Oeffnung. Obwohl bereits in der letzten Ausgabe des Linne’schen Natursystems ein solches Thier als Bewohner des Menschen (Oestrus hominis) aufgeführt ist, so ward diese Angabe später von den Zoologen wenig beachtet, bis neuere und neueste Reisende diese Thatsache für mehrere südamerikanische Länder bestätigten. Goudot hat sogar die Fliege beschrieben, die aus einer solchen Made entstanden war, und sie als eine Cuterebra erkannt. Das vorliegende Exemplar nun, vielleicht das erste, das in die Hände eines europäischen Beschreibers gefallen ist, war von Herrn Dr. v. Franzius selbst aus der Haut eines Menschen in Costarica ausgeschnitten, in der es bereits längere Zeit gelebt haben mußte, da es eine Länge von 2 Zoll erreicht hatte. Obwohl diese Larve, abweichend von den eigentlichen Oestrus und übereinstimmend mit dem Genus Cuterebra, mit Stachelkränzen und Kieferhaken bewaffnet war, so zeigte sie doch auch solche Abweichungen von letzterem, daß sie wohl als der Repräsentant einer eigenen, wenigstens in diesem Stadium noch unbekannten Gattung angesehen werden muß; namentlich bemerkt man auf dem Rücken mehrerer Segmente breite schildförmige Hornplatten. Das Thier ist in jenen Gegenden unter dem Namen „Torsel“ allgemein bekannt und so wenig selten, daß man es zu den empfindlichsten Menschenplagen Mittelamerika’s rechnen muß. Dennoch ist es eben so wenig als. der von Goudot beschriebene Gusano ausschließlich auf den Menschen gewiesen, vielmehr wie unser Oestrus für die Rinder bestimmt, statt deren es ausnahmsweise, aber doch häufig genug die Haut des Menschen, die ihm bei der dortigen leichten Bekleidung nicht minder zugänglich ist, zu seiner Wiege wählt. Derselbe legte am 21. Dezember der Gesellschaft mehrere Hefte des großen Conchylien- werkes von Reeve vor und knüpfte daran einige Bemerkungen. Seit dem für lange Zeit un- schätzbaren, fast einzigen Conchylien-Werke von Martini und Chemnitz, welches in dem letzten Drittheil des vorigen Jahrhunderts erschien, haben es sich vorzüglich die Franzosen und Engländer angelegen sein lassen, die Literatur mit ähnlichen zu bereichern. Kiener, Chenu, Sowerby, 4 26 Swainson, Reeve wetteifern in der Menge und Güte der Abbildungen von den Gehäusen jener Meer-, Süßwasser- und Landbewohner, die man unter dem Namen Mollusken umfaßt, und von denen man heutzutage über 16,000 lebende Arten kennt. Das Reeve’sche Werk aber, die Conchologia iconica, scheint von allen das umfassendste zu werden; es erscheint bereits seit 1841 in Lieferun- gen (zu !0 Schilling), deren jährlich etwa 10 herauskommen, so ‘daß jetzt 170 vorliegen. Es sind darin an 90 Gattungen bereits abgehandelt, darunter einige, die 100 bis 300 Arten enthalten, alle Abbildungen sind prächtig kolorirt, von Beschreibungen begleitet, man erfährt dabei zugleich, in welcher Sammlung sich die Originale befinden, die ihnen zu Grunde gelegen, und lernt so eine Menge englischer Privatsammlungen kennen, unter denen das Museum Cuming durch seine Reich- thümer wahrhaft in Erstaunen setzt. Wenn nun auch dieses Werk nicht allen Anforderungen ent- spricht, wenn man sich mit nur einer Ansicht jeder Conchylie begnügen muß, während so häufig die vergleichende Zusammenstellung gewisser Partieen der Conchylien oder der vergrößerten Dar- stellung ihrer Skulptur leichter zur Erkennung der Arten führt, auch Reeve’s Beschreibungen diesen Mangel nicht immer ersetzen und denselben nicht die so sehr erforderlichen Synonyme bei- gegeben sind, vielmehr andere und namentlich deutsche Naturforscher in dieser Hinsicht im Einzelnen mehr geleistet haben, so war das Reeve’sche Werk zu besitzen doch eben seines großen Umfanges wegen besonders wünschenswerth. Bei einer Universität, auf welcher der Natur der Sache nach das Studium der Geognosie eine so hervorragende Rolle spielt, würde es der Zoologie schlecht anstehen, wenn sie ihrer nächsten Verwandten nicht bereitwillig die Hand bieten und sie auf den Gebieten, welche für die Petrefaktenkunde besonders wichtig sind, durch Repräsentanten der lebenden Schöpfung, durch Literatur und Vorträge unterstützen wollte. Allein bei dem hohen Ladenpreise des Reeve’schen Werkes (über 600 Thlr.!) hätte man sich jede Aussicht darauf vergehen lassen müssen, wenn nicht der verstorbene Direktor des zoologischen Museums, Prof. Dr. Gravenhorst, durch seine Stiftung die Hoffnung, dasselbe zu erwerben, wieder belebt hätte. Indem er die Zinsen eines ansehnlichen Kapitals ausschließlich zur Erhaltung und Vermehrung seiner dem Museum geschenkten Bibliothek bestimmt hat, durfte dieses nur eine zum Ankauf eines so kostbaren Buches günstige Gelegenheit erspähen; diese ist vor Kurzem eingetreten, und somit das seltene Werk der Bibliothek des breslauer zoologischen Museums einverleibt, welche in einiger Zeit auch allgemeiner zugänglich gemacht werden soll. Physiologie. Herr Prof. Dr. Heidenhain sprach den ?. November 1858: Ueber Helmholtz’s Untersuchungen, betreffend die Klangfarben. Der Vortragende erörterte zunächst die Frage, ob jene eigenthümliche, nicht näher definirbare Qualität der Töne, vermöge deren es möglich wird, Töne von gleicher Höhe je nach der Quelle, der sie entstammen, von einander zu unterscheiden, und die man mit dem Namen des Timbre oder der Tonfarbe bezeichnet hat, etwa der Qualität des Lichtes, die als Farbe bezeichnet wird, zu parallelisiren sei. Zur Beantwortung dieser Frage gelangt man, wenn man auf die physikalischen Bewegungsvorgänge zurückgeht, welche der Licht- und der Tonempfindung zu Grunde liegen. Beide Sinnesempfindungen verdanken ihre Entstehung der Einwirkung nach den Gesetzen der Wellenbe- wegung schwingender Theilchen auf die Organe des Gesichts- resp. Gehörssinnes. Das Zustande- kommen der Lichtempfindung beruht auf den Oscillationen des Aethers, das Zustandekommen der Tonempfindungen auf den Schwingungen der Luft. Die Maße dieser Osecillationen sind bestimmend für den Grad und die Art jener Empfindungen, insofern 1) von der Oseillations - Amplitude der schwingenden Theilchen die Intensität der Empfindung (Helligkeit des Lichtes, Stärke der Töne), 27 2) von der Oscillations - Zahl die Qualität der Empfindung, die Farbe des Lichtes, die Höhe des Tones abhängt. Hiernach hat die Höhe der Töne für die Gehörsempfindung die Bedeutung, welche die Farbe des Lichtes für die Gesichtsempfindung hat, und das Timbre der Töne entspricht nicht der Farbe des Lichtes. Helmholtz hat zum ersten Male mit Erfolg die Bahn des. Versuches betreten, um das Timbre der Töne auf seinen physikalischen Grund zurückzuführen. Helmholtz unterscheidet den ‚‚Ton“ als diejenige einfache Gehörsempfindung, welche erzeugt wird, wenn die periodisch schwingenden Luft- theilchen in den einzelnen Schwingungsperioden dem Beschleunigungsgesetze des Pendels folgen, von dem „Klange“ als derjenigen zusammengesetzten Empfindung, welche durch die von einem einzelnen tönenden Körper ausgehende Luftbewegung erregt wird, die in der Regel einem anderen . Beschleunigungsgesetze als dem Pendelgesetze folgt, aber aus mehreren pendelartigen Bewegungen zusammengesetzt gedacht werden kann. Die Empfindung eines Klanges resultirt demnach aus der gleichzeitigen Empfindung mehrerer Töne. Die Höhe eines Klanges wird bestimmt durch die Höhe des tiefsten in demselben enthaltenen Tones, welchen Helmholtz als „Grundton‘“ oder ‚‚ersten Ton‘ des Klanges bezeichnet. Der Grundton ist begleitet von Tönen von der doppelten Schwingungs- zahl (‚zweiter Ton‘ des Klanges), der dreifachen Schwingungszahl (,‚dritter Ton“) u. s. f. Helm- holtz kommt nun zu dem Ergebnisse, daß die Klangfarbe von Klängen, die einen gleichen Grund- ton haben, abhängt von der Stärke der einzelnen in den Klängen enthaltenen Nebentöne. Als passendes Beispiel zur experimentellen Bewährung dieses Satzes wählt Helmholtz die Vokale der menschlichen Stimme. Wenn erwiesen werden sollte, daß die verschiedene Farbe der auf eine bestimmte Tonhöhe gesungenen Vokale abhängt von der verschiedenen relativen Stärke des Grund- tones und seiner begleitenden Nebentöne, so mußte zweierlei geleistet werden: 1) es mußte gelingen, die Vokale durch Kombination eines Grundtones mit seinen Nebentönen bei wechselnder relativer Stärke der einzelnen Töne zusammenzusetzen; 2) es mußte möglich sein, in den verschie- denen auf eine bestimmte Tonhöhe gesungenen Vokalen die Anwesenheit und verschiedene relative Stärke verschiedener Nebentöne nachzuweisen. Beide Aufgaben hat Helmholtz gelöst. Er setzte Klänge von der Farbe der ‘menschlichen Vokallaute auf folgende Weise aus einem Grundtone und seinen harmonischen Obertönen zusammen. Es wurden acht Stimmgabeln aufgestellt, die auf B und seine harmonischen Obertöne b, f,, b,, d,, f,, as,, b, gestimmt waren. Jede Stimmgabel ist zwischen den Schenkeln eines kleinen huf- eisenförmigen Elektromagneten befestigt, durch den sie in Schwingungen versetzt werden kann, wenn die Draihwindungen desselben von intermittirenden elektrischen Strömen durchflossen werden. Wenn es auf diese Weise gelang, die einfachen Töne, welche zu dem Versuche gebraucht wurden, zu erzeugen, so wurde folgendes Mittel angewandt, um die Intensität jener Töne innerhalb gewisser Grenzen ändern zu können. Jede Stimmgabel ist mit einer auf ihren Ton abgestimmten Resonanz- röhre verbunden. . Die Oeffnungen der Resonanzröhren sind mit beweglichen Deckeln versehen, welche durch Fäden, deren Enden an einer kleinen Klaviatur befestigt sind, hinweggezogen werden können. Man hört von den Gabeln nur ein leises Summen, so lange alle Resonanzröhren geschlossen sind; sobald man aber eine Resonanzröhre eröffnet, tritt der Ton der zu ihr gehörigen Gabel kräftig hervor, mehr oder weniger, je nachdem man die Röhre mehr oder weniger vollkommen geöffnet hat. Mittelst dieses Apparates gelang es nun, auf synthetischem Wege Klänge zu gewinnen, welche den Vokalklängen der menschlichen Stimme oder vielmehr denjenigen Klängen, welche aus einem Klaviere beim Hineinsingen von Vokalen zurücktönen, höchst ähnlich waren. So erhält der Klang die Farbe des O, wenn der Grundton kräftig von der höheren Oktave begleitet wird, während der Grundton für sich die Farbe des U hat und eine starke Begleitung desselben durch den dritten Ton bei mäßiger Stärke des zweiten den Klang des E nachahmt u. s. f. Während es so gelang, die gesungenen Vokale synthetisch nachzuahmen, wurde es auch mög- lich, in denselben analytisch die charakterisirenden Töne nachzuweisen. Glaskugeln, an einer Seite 4* 28 mit einer Oeffnung, an der andern mit einem kurzen, in den äußeren Gehörgang passenden Ansatz- rohre versehen, können so gestimmt werden, daß die in ihnen enthaltene Luftsäule (in Verbindung mit der Luft des äußeren Gehörganges) einem bestimmten Tone entspricht. Wird ein solcher gläserner Resonator in das eine Ohr gesetzt, während das andere geschlossen ist, so werden die meisten äußeren Töne sehr schwach gehört, derjenige Ton aber, welcher dem Eigentone des Re- sonators entspricht, äußerst stark. Ebenso werden Nebentöne äußerer Töne, wenn ein ihnen ent- sprechender Resonator in das Ohr gesetzt ist, sehr stark gehört. Bewalfnet man z. B. das Ohr mit einer Kugel, deren Ton f, ist, und läßt auf B, dessen dritter Ton jenes f, ist, die Vokale singen, so hört man bei u, i, ü, a, ä nur schwach den Ton der Kugel, während er bei o, ö und namentlich bei e sehr stark gehört wird. Die Untersuchung der gesungenen Vokalklänge der menschlichen Stimme bestätigte nun (mit einigen Abweichungen für höhere Stimmlagen) die auf dem synthetischen Wege mittelst der Stimmgabeln gewonnenen Resultate. Wenn nach einer Hypothese von Helmholtz jede Faser des acustieus der Wahrnehmung einer bestimmten Tonhöhe dient und in Erregung kommt, wenn derjenige Ton das Ohr trifft, welcher der Tonhöhe des mit der Faser verbundenen elastischen Gebildes (Zähne des Corti’schen Organes, Borsten in den Ampullen) entspricht, — so würde sich die Empfindung verschiedener Klangfarben darauf reduziren, daß gleichzeitig mit der Faser, welche den Grundton empfindet, gewisse andere den Nebentönen entsprechende Fasern erregt werden. Botanik. Der Sekretair der Sektion, Prof. Dr. Göppert, berichtete: Ueber einen von ihm im September 1858 bei Landeck in der Umgegend des Schneeberges entdeckten Urwald. Wenn man von Urwäldern hört, erinnert man sich wohl stets eher an die jungfräulichen Wälder fremder Erdtheile, als daß man geneigt wäre, auch in Europa dergleichen noch -zu vermuthen, am wenigsten vielleicht in Deutschland, wo man wohl überall schon bei dem immer mehr steigenden Werthe des Holzes jene Wälder selbst auszubeuten begonnen hat, die durch ihre scheinbar unzu- gängliche Lage, wie die der Alpen, ganz geeignet schienen, in ihrem ursprünglichen Naturzustande noch länger zu verharren. Prachtvolle Straßen gewähren dort schon mit Bequemlichkeit den An- blick der unbeschreiblich schönen Alpennatur, wo noch vor wenigen Jahren kaum ein Saumpfad vorhanden war, den zu wandeln nicht geringe Kühnheit erforderte. Wenn man nun kaum noch in den Alpen von keiner Axt berührte Wälder antrifft, erregt es gewiß ein großes Interesse, diesseits dieser gewaltigen Gebirgsmauern von dergleichen zu hören. Herr Dr. F. Hochstetter *) und Herr Ober-Forstmeister v. Pannewitz **) haben höchst anschauliche Beschreibungen der groß- artigen, auf den fürstlich schwarzenberg’schen Herrschaften Krummau und Winterberg im südlichen Böhmen noch vorhandenen Urwälder geliefert, die unsere Theilnahme um so mehr in Anspruch nehmen, als sie die einzigen mir wenigstens bekannten sind, welche die Schilderung deutscher Ur- wälder betreffen. Unter diesen Umständen dürfte es vielleicht gerechtfertigt erscheinen, wenn ich über die Auffindung einer nieht unbedeutenden Urwaldstrecke berichte, die ich im August des Jahres 1855 während eines Aufenthaltes in der Umgegend von Landeck in der Grafschaft Glatz *) Dr. Ferdinand Hochstetten aus dem Böhmerwald. Ausserordentliche Beilage zu Nr. 167 der allgemeinen Zeitung den 16. Juni 1855. **) Ober-Forstmeister v. Pannewitz, die Urwälder im südlichen Böhmen. Verhandlungen des schlesischen Forsivereins im Jahre 1856, S. 280—296, 29 zu machen Gelegenheit hatte. Der von Touristen selten betretene, vom Schneeberg nach dem Kamnitzthal führende Weg, die sogenannte Teufelsfahrt, gewährt schon einen Vorschmack hiervon, allen Erwartungen aber entsprach der auf dem Gipfel des etwa 3500 Fuß hohen Formberges noch vorhandene höchst abgelegene Wald, welcher zum Forstschutzbezirk Weiße-Biele der Herrschaft Seitenberg im habelschwerter Kreise gehört und eben in seiner noch von keiner Axt berührten Ausdehnung etwa 900 Morgen einnimmt. Er besteht jedoch nur aus Fichten oder Roth- Tannen (Pinus Abies L.) als dominirender Holzart; als Unterholz enthält er die Berg-Eberesche (Sorbus Aucuparia alpestris), Salix silesiaca, Lonicera niyra, zwischen welchen Polypodium alpestre mit 6 — 8 langen Wedeln und die einer tropischen Bromeliacee ähnliche Zuzula maxima mit 2 — 3 Fuß großen Blattrosetten in größter Menge und üppigster Fülle wuchern. Unter spezieller . Anweisung des Herrn Oberförster Dr. Cogho in Seitenberg und Führung des Revierförster Herrn Tiller gelangte ich im August 18555 dahin. Ueber gewaltige, drei- bis vierfach übereinander liegende Stämme tritt man in das Innere. Die Stämme liegen mit Moos bedeckt oder sind auch auf höchst eigenthümliche Weise an den Boden befestigt, indem auf ihnen in ihrer ganzen Länge wieder andere Bäume keimten, wuchsen und ihre Wurzeln in das verrottete Innere der Mutterstämme senkten oder sie auch umklammerten. So erscheinen sie reihenweise in gerader Richtung dicht- gedrängt oft zu 30—4l) hintereinander und gewähren so dem überraschten Wanderer das Ansehen von- nach allen Richtungen sich kreuzenden Reihen-Pflanzungen. Auf einem liegenden Stamme von 50 Fuß Länge zählte ich 36 Stämme jeden Alters von 4 Fuß bis 30 Fuß Höhe, auf einem ande- ren von 70 Fuß Länge an 32 Stämme von 80— 100jährigem Alter, auf einem SO Fuß langen Stamm gar 46 von 2—58 Fuß Höhe, welche alle mit ihren Wurzeln untereinander vereinigt wieder von denen mächtig überragt wurden, die sich auf dem emporgehobenen Wurzelstocke einst festge- setzt hatten. 10 bis 15 Fuß weit senden diese ihre Wurzeln zu denen der benachbarten Stämme und verwachsen ebenfalls mit ihnen; eine neue Bestätigung des von mir zuerst hervorgehobenen Faktums, daß in allen dichten Nadelholzwäldern eine unterirdische Verbindung der Stämme mittelst der Wurzeln besteht. Wenn nun, wie dies bei sehr alten Bäumen vorkommt, die Mutterstämme endlich verrotteten, erheben sie sich, getragen von dem vielästigen, zum Theil als Stämme nun fungirenden Wurzelgeflecht, Säulen gleich und erinnern an die Palmen und Pandaneen der Tropen, die auch nur von hohen Seitenwurzeln gestützt werden, wie denn auch bei uns solche Exemplare von 5—6 Fuß Höhe angetroffen werden, unter welchen man hinweggehen kann. (Die physiolo- gische Partie unseres botanischen Gartens enthält eine ganze Gruppe dieser Wachsthumsweisen.) Diese Neigung der Fichtenwurzeln, untereinander zu verwachsen, die Entwickelung von Stämmen auf solchen Geflechten, die, niedergeworfen, abermals zu solchen Metamorphosen Veranlassung geben, also ein, zwei bis drei Generationen auf einander, geben zu den wunderlichsten Wachsthumsver- hältnissen Veranlassung, von‘ denen der Vortragende mehrere Zeichnungen vorlegte, die er den Herren Prof. Dr. Tellkampf, Dr. Langner, Badearzt in Landeck, und Förster Tiller, seinen damaligen Begleitern, verdankte. Eine Zeichnung stellt unter anderen einen liegenden 74 Fuß langen, etwa 500 Jahr alten Baum dar, auf welchem an 34 zum Theil 200—300jährige Stämme gewachsen sind, eine andere einen etwa 300jährigen, der auf dem Wurzelstocke eines geworfenen von glei- chem Alter und Stärke steht. Mehr als drei Generationen etwa vom Gesammtalter von 6'10—700 Jahren konnte ich nicht auffinden, da die Stämme sämmtlich hier im Allgemeinen kein hohes Alter zu erreichen scheinen und bei einem Umfange von etwa 10-12 Fuß schon dahin schwinden, ver- trocknen und endlich als entrindete gelblich-weiße Baumleichen mit allen ihren sparrigen weithin gestreckten Aesten, so wie die im 50.—60. Jahre schon absterbenden Ebereschen mit ihrer in fahnenartigen Lappen sich lösenden braunen Rinde, von dem frischen Grün der jüngeren Genera- tionen gewaltig abstechen und so die Kontraste vermehren, die sich in diesem stillen, noch von keiner Axt entweihten Haine darbieten. Nirgends ist der Boden eben, überall wird man durch Lagerstämme oder lange 4—6 Fuß hohe mit Vegetation bedeckte gräberartige Erhöhungen, in die 30 man oft plötzlich einsinkt, aufgehalten, welche stets Bäume bergen, die zwar entrindet sind, aber im Innern oft noch merkwürdig gut erhaltenes Kernholz zeigen, wie denn überhaupt die Verwesung hier ziemlich langsam erfolgt. In einem von Herrn Dr. Cogho genau konstatirten Fall hatte sie sich in einem Zeitraume von 56 Jahren nur etwa 5 Zoll tief in das Innere eines Stammes erstreckt. Nach einer ungefähren Berechnung befinden sich da, wo gleichaltrige alte Bestände des Formber- ges am dichtesten liegen, auf einer Fläche von 160 Morgen ungefähr 2400 — 3000 alte im Ver- wesungsprozesse begriffene Stämme von 63— 70 Fuß Länge, in einer durchschnittlichen Stärke von 60— 80 Zoll, die ungefähr auf eine Holzmasse von 4000— 5000 Klaftern anzuschlagen sind. Die Dammerdschicht beträgt aber nirgends mehr als durchschnittlich an 2—5 Zoll, woran der Vortragende noch mehrere Bemerkungen über die Bedeutung solcher Erfahrungen zur Erläuterung der Steinkohlen- Ablagerungen knüpfte und auch auf die schnelle Entrindung jener Lagerstämme hinwies, die es erklärlich erscheinen lassen, daß wir so überaus selten versteinte Stämme noch mit Rinde versehen antreffen, wie er unter der überaus großen Zahl der von ihm in loco natali beobachteten Stämme nur einen einzigen fand, an dem noch ein Theil der Rinde erhalten war. Er ist in der paläontologischen Partie des botanischen Gartens aufgestellt. In der Sitzung des 2. November widmete der Sekretair, Prof. Dr. Göppert, den jüngst ver- storbenen Mitgliedern der schlesischen Gesellschaft, dem Herrn Dr. med. et chir. Heinrich Scholtz, Oberlehrer Kelch in Ratibor und Apotheker Jäckel in Liegnitz, ein ehrendes Andenken, indem er auf die Verdienste hinwies, die sie sich in verschiedenen Zweigen der Naturwissenschaften ins- besondere Schlesiens erworben haben. Ulf Bericht über die Verhandlungen der botanischen Sektion im Jahre 1859 von Ferdinand Cohn, zeitigem Sekretair derselben. D: botanische Sektion hat im Jahre 1859 zehn Sitzungen gehalten, in denen Folgendes ver- handelt wurde: In der ersten Sitzung vom 13. Januar sprach Herr Dr. Stenzel über die Astbildung der Farne (siehe den Bericht in den Verhandlungen der botanischen Sektion vom vorigen Jahre, Jahres- bericht der schlesischen Gesellschaft für 1858 pag. 64). Herr Dr. Milde gab Nachträge zu seinen, in den Verhandlungen der schlesischen Gesellschaft von 1856 veröffentlichten Verzeichniß der schlesischen Laubmoose (siehe Jahresbericht für 1858 p- 70). Herr Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Göppert legte eine Anzahl seltener Früchte vor, von Herrn Dr. Bernstein aus Java eingesendet, darunter die des Campherbaumes (Dryobalanops Cam- phora und retusa), des Topfbaumes (Leeythis Ollaria), der Toddypalme (Borassus flabelliformis), der javanischen Eiche (@xercus javanica), ferner von Darringtonia Vriesei und speciosa, Cerbera Odallum, Luffa acutangula, Siphonia elastica, Trophantus dichotomus, Canarium decumanum u. a. — Derselbe zeigte eine reichhaltige Kollektion der verschiedenen Reissorten, die in Java kultivirt werden, so wie eine Sammlung tropischer Gewebspflanzen, insbesondere den Bast des Papiermaulbeerbaumes (Droussonetia papyrifera), der indischen Nesseln (Urtica tenacissima und Boehmeria eandicans), des Corchorus olitorius, die Palmfasern von Atlalea funifera, Cocos nucifera, Arenga saccharifera und die Gewebebanane (Musa textilis). Schließlich kam der Bericht des Herrn Buchhändler E. Trewendt über Verwaltung des von der Sektion begründeten botanischen Lesevereins im Jahre 1855 zum Vortrag (siehe Jahresbericht für 1858 p. 96). 32 In der zweiten Sitzung vom 3. Februar, zu welcher Herr Ober-Forstmeister v. Pannewitz die Sektion in seine Wohnung eingeladen hatte, hielt derselbe einen Vortrag über das Wachsthum der Bäume in die Dicke en. in den Verhandlungen des schlesischen Forsivereins für 1859 pag. 169). Hierauf zeigte und erläuterte Derselbe seine an instrukliven und seitenen Pflanzen -Pro- dukten sehr reichhaltige Sammlung, die in übersichtlicher Weise ausgelegt war; insbesondere zeichnete sich aus eine Kollektion seltener exotischer Eicheln und Coniferenzapfen, darunter die fuß- langen Zapfen von Pinus devoniana und Coulteri, eine karpologische Sammlung, eine Sammlung monströser Stämme, Ueberwallungen und ungewöhnlicher Wachsthums - Verhältnisse, merkwürdige Schwammbildungen etc. In der dritten Sitzung vom 14. Februar erläuterte Herr Dr. Stenzel die Entwickelungsgeschichte einer vom Herrn Ober -Forstmeister v. Pannewitz am 3. Februar vorgelegten Ueberwallung ahge- storbener Zweige bei der Aspe (Populus tremula) und zeigte instruktive Schnitte und Zeichnungen vor (abgedruckt in den Verhandlungen des schlesischen Forstvereins für 185 pag. 155). Derselbe sprach über Gabeltheilung im Pflanzenreich, welche nach seinen Untersuchungen bei den Phanerogamen nicht vorkommt, dagegen bei Kryptogamen, insbesondere Farnen und Lyco- podien sehr verbreitet ist, wie für erstere durch schematische Zeichnungen von Pteris aquilina, Aspidium Thelypteris, Polypodium vulgare u. a. erläutert wurde. Bei letzterer Gattung bleibt abwechselnd der rechte oder der linke der Gabeläste in der Entwickelung zurück, so daß dadurch der Anschein eines einfachen Stammes mit abwechselnden, fiederartig geordneten Zweigen entsteht. Dagegen fehlt den Kryptogamen jede Art von Axillarknospen (in der Achsel von Blättern), die wieder für die Phanerogamen charakteristisch sind (siehe den Jahresbericht der schlesischen Ge- sellschaft für 5858 pag. 69). Herr Regierungsrath Wichura sprach über unvollkommene Biklinie (siehe Jahresbericht für 1858 pag. 65). Derselbe sprach über die Drehung der Pflanzenhaare, und wies nach, daß dieselbe bei den Haaren von Zazula und Carex hirta konstant nach rechts gerichtet sei. Der Sekretair sprach über eine neue Bacillariengattung, Pleurostauron Rab., von Herrn Dr. Bleisch bei Strehlen entdeckt; die Demonstration geschah mit Hilfe eines vorzüglichen Mikros- kops von Beneche, Herrn Hüttenmeister Janisch zu Gleiwitz gehörig, von welchem eine Anzahl schöner Zeichnungen einheimischer Bacillarien vorgelegt wurde (s. Jahresbericht für 1558 pag. 94). Derselbe sprach über eine von Herrn Lehrer Hilse entdeckte Floridee, Hildenbrandia rosea, die einen roihen Ueberzug auf Steinen in einem Bache am Rummelsberg bei Strehlen bildet. Dieses Vorkommen findet sein Analogon nur in den von Montagne aus Bächen von Guyana beschriebenen Süß- wasser-Florideen, während alle übrigen Florideen bekannt dem Meere angehören (siehe Jahres- bericht für 1858 pag. 95). Derselbe sprach über einen parasitischen Kernpilz, Sphaeria Lemaniae n.sp., der auf den Fäden dieser nur in Gebirgs-Wässern vorkommenden Alge schmarotzt, und erläuterte die Struktur seiner Früchte und Spermogonien. Es ist dies der einzige bisher bekannte Fall von dem Vorkom- men höherer Pilze auf Süßwasseralgen. Der Samen-Katalog des hiesigen botanischen Gartens kam zur Vertheilung. In der vierten Sitzung vom 3. März hielt Herr Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Göppert einen de- monstrativen Vortrag über Hilfsmittel des botanischen Studiums. Derselbe legte eine Anzahl in- struktiver, in kolossalem Maaßstabe ausgeführter Zeichnungen vor, die zur Erläuterung der anatomischen und morphologischen Verhältnisse der Pflanzen bei seinen Vorlesungen bestimmt sind. Eine besondere 33 Reihe von Zeichnungen betrifft die Kryptogamen; die Pilze sind zur Unterscheidung der gifiigen mit natürlichen Farben ausgemalt. Eine vergleichende Untersuchung der betreffenden Literatur ergiebt, daß bisher nur 3 Pilze als giftige mit vollständiger Sicherheit konstatirt sind. Herr Musikdirektor Siegert hielt einen Vortrag über Arten, Varietäten und Bastarde im Pilan- zenreich, mit besonderer Rücksicht auf seine Untersuchungen der Gattungen Cirsium und Carex. Vorgelegt wurden die hybride Carex vesicaria-riparia, mehrere Cirsium-Bastarde, ferner Stachys recta von Obernigk, Campanula latifolia von Hohenwalde bei Schmiedeberg, T’hesium pratense von Krummhübel. ® In der fünften Sitzung vom 17. März berichtete Herr Dr. Stenzel über ein Hochmoor am Hochberg bei Reimswaldau, durch mehrere Arten von Sphagnum (besonders acutifolium), Polytri- chum uliginosum, Vaccinium uliyinosum, Empetrum nigrum u. a. ausgezeichnet; in der Nachbar- schaft wachsen Gentiania ciliata und Aspidium aculeatum in eigenthümlichen Formen. Der Sekretair sprach über die Bacillarienerde von Proskau (siehe den Jahresbericht der Gesellschaft für 1858 pag. 92). Herr Direktor Wimmer gab einen historischen Ueberblick über die Gattung Salix. Die Ge- schichte der Weiden beginnt mit den Kräuterbüchern, in denen nur etwa Salöix viminalis, fragilis, repens, Myrsinites und reticulata sich finden. Ein neues fundamentum legte für die Kenntnß dieser Gattung Linne in der Flora lapponica, worin er 29 Arten beschrieb, nebst Abbildungen der Blätter; in der Flora suecica wurden 25, in den Species plantarum 99 europäische Arten aufge- führt, mit neuen Beschreibungen, und der unlöslichen Synonymenverwirrung wegen mit neuen Namen belegt. Haller und Scopoli förderten die Kenntniß der Weiden nicht wesentlich; letzterer unterschied in der Flora carniolica 11 Arten, Villars in den plantes de Dauphinee 30, darunter 2 neue (S$. daph- noides und eaesia). Hoflmann’s Historia salicum iconibus illustrata zeichnet sich durch gute, für dieses Genus jedoch nicht ausreichende Abbildungen aus, enthält sonst nichts Neues, doch macht sie besonders auf die Stirpes intermediae aufmerksam. J. E. Smith’s English botany und Flora britannica wurden lange für Muster gehalten, obwohl die Beschreibungen es nicht verdienen; ebenso wenig gelang es Willdenow, Klarheit in dieses Gebiet zu bringen. Wahlenberg in seiner Flora lap- ponica sprach zuerst den Grundsatz aus, daß man die Weiden nicht nach den Blättern, sondern nur nach Blüthe und Frucht bestimmen könne, indem er auf die große Veränderlichkeit der Blätter, be- sonders bei den lappländischen Weiden, aufmerksam machte. Bei Lapeyrouse plantes de Pyrenees finden wir die erste bestimmte Hinweisung auf hybride Weiden. Das wichtigste Buch ist Koch’s Commentatio de salicibus europaeis, worin die von Willdenow unterschiedenen 165 auf 50 Arten reduziri werden, von denen übrigens die neuere Kritik auch nur 31 anerkennt. Die gleiche Zahl findet sich nach kritischer Reduktion bei Wahlenberg, so wie in der wichtigen Commentatio de Salicibus Sueciae von Fries. Der Vortrag schloß mit einer Kritik der neuesten Arbeiten über die Gattung Salix, und wurden namentlich die Zoca parallela von Lestadius, Pfarrer in Quickjock, so wie die Verdienste von Tausch und Hartig hervorgehoben. *) Der Sekretair sprach über die Bacillarien-Gallung Campylodiscus, aus welcher Herr Kreis- physikus Dr. Bleisch in Sirehlen eine neue Art, C. punetatus, unterscheidet (siehe den Jahres- bericht der Gesellschaft für 1855 pag. 93). In der sechsten Sitzung vom 5. Mai gab Herr Regierungsrath Wichura einen Bericht über seine im Sommer 1856 nach Lulea Lappmarken unternommene Reise, insbesondere über seinen *) Der Vortrag ist entnommen aus dem für das nächste Erscheinen vorbereiteten ‚„MHonographiae Salicum Prodromus‘“, zu welchem das von Direktor Wimmer in Gemeinschaft mit dem verstorbenen Krause in 11 Heften (144 Formen) herausgegebene ‚„‚Herbarium Sulicum“, so wie die später edirten Sammlungen als Belege dienen werden. b) 34 -vierwöchentlichen Aufenthalt in Quickjock und seinen Ausflug nach dem Alpensee Virihjaur, und legte die daselbst gefundenen Phanerogamen in elegantester Sammlung vor. Hieran knüpfte derselbe eine Anzahl botanischer Beobachtungen, welche er auf dieser Reise gemacht, insbesondere über die von der Pinus sylvestris unterschiedene Kiefer Lapplands, die für eine neue Spezies, Pinus Frie- seana, gehalten wird, so wie über die Drehung der Baumstämme, welche bei den Kiefern, Birken, Fichten und Zwergwachholdern in Lappland unter weit stärkerem Winkel und zwar in um- gekehrter Richtung auftritt als bei uns. Dieser Vortrag ist abgedruckt in der regensburger Flora 1859 „Ein Ausflug nach Lule@ Lappmarken“, Derselbe sprach über die in Schlesien vereinzelt vorkommenden nordischen Pflanzen (siehe den Jahresbericht der Gesellschaft für 1858 pag. 67). In der siebenten Sitzung vom 3. November machte der Sekretair nachstehende Mittheilung. Bevor wir unsere Arbeiten wieder beginnen, habe ich die traurige Pflicht, Ihnen den Verlust anzu- zeigen, welchen unsere Gesellschaft und die Wissenschaft im Allgemeinen durch den am Abend des 29. Oktober erfolgten Tod unseres langjährigen Mitgliedes, des Dr. med. Heinrich Scholtz, er- litten hat. Er war am 4. Februar 1812 in Breslau geboren, der Sohn des um das schlesische Rentenwesen sehr verdienten Justizrath und Generallandschafts-Syndikus August Scholtz; er empfing seine Bildung auf dem hiesigen katholischen Gymnasium, und bezog im Jahre 1851 die Universität, um daselbst Medizin zu studiren und sich nebenbei unter Leitung von Göppert, Henschel und Nees von Esenbeck mit besonderer Vorliebe der Botanik zu widmen, einem Studium, welches, wie er selbst in seiner „Flora der Umgegend von Breslau“ sagt, ihm so viel frohe und unvergeßliche Stunden seit seinen Knabenjahren gewährt hatte. Am 5. Oktober 1836 promovirte er auf seine botanische Inaugural-Dissertation ‚‚ Enumeratio Filicum in Silesia sponte crescentium, eorumque de usu, additis Lycopodiaceis et Equisetaceis“. Er ließ sich seitdem als praktischer Arzt in Breslau nieder, welches er unseres Wissens auf längere Zeit nur zwei Mal behufs größerer Reisen nach Italien verlassen hat, an dessen Natur- und Kunst-Schönheiten er mit besonderer Liebe hing. Wenn man bedenkt, eine wie große Zeit Scholtz seinem ärztlichen Berufe widmete, den er mit der ängstlichsten Gewissenhaftigkeit erfüllle, so begreift man nicht, wo er die Muße zu seinen zahlreichen wissen- schaftlichen Forschungen und Sammlungen finden konnte. Die Verdienste, welche er sich um die Förderung des botanischen Studiums in unserer Provinz durch Entdeckung mehrerer neuer und interes- santer Arten, durch seine Bearbeitung der schlesischen Farnkräuter, so wie insbesondere durch seine im Jahre 1843 erschienene Flora von Breslau erworben, sichern ihm ein ehrenvolles Andenken in der Reihe der schlesischen Botaniker. \ In späteren Jahren beschäftigte Scholtz sich vorzugsweise mit zoologischen Studien und ist einer der tiefsten Kenner unserer schlesischen Fauna, insbesondere der wirbellosen, gewesen; Zeugniß davon geben nicht nur seine zahlreichen, insbesondere in den Verhandlungen der entomologischen Sektion enthaltenen Abhandlungen (siehe das Verzeichniß bei Letzner: die entomologische Sektion der schles. Gesellschaft zu ihrem 50jährigen Bestehen, 1858, pag. 46) und sein Buch: „Schlesiens Land- und Wassermollusken, 1843“, sondern auch seine ausgezeichneten conchyliologischen und entomologischen Sammlungen, welche letztere er noch bei Lebzeiten mit aufopfernder Liberalität dem zoologischen Museum unserer Universität geschenkt hat; auch das Herbarium der schlesischen Gesellschaft berei- cherte er durch viele werthvolle Schenkungen. Seine in Gemeinschaft mit dem verstorbenen Gra- venhorst in den Nova acta Academiae Leopoldinae Carolinae erschienene Abhandlung: „Ueber die Verwandelung der Schildkäfer (Cassida)‘“ erwarb ihm die Mitgliedschaft der Akademie der Na- turforscher. Da sein ganzes Wesen von seltener Bescheidenheit, fern von allem Hervordrängen, ja fast ängstlich zurückhaltend war, so mußte ihn um so mehr die unerwarteie Anerkennung des Staates erfreuen, welche ihm im vorigen Jahre durch Verleihung des rothen Adlerordens zu Theil wurde. In seinen letzten Jahren hatten gichtische Anfälle ihn mehrere Male zum Besuche unserer schlesischen 39 Bäder genöthigt; im Frühjahr 1855 veranlaßten sie ihn zu einer Reise nach Triest und Fiume, und die Seebäder in den Wellen des adriatischen Meeres schienen auch auf seine Gesundheit günstig gewirkt zu haben. Durch Abgabe seiner Stelle als Arzt an der oberschlesischen Eisenbahn, die ihn mit Praxis überbürdete, hatte er in den letzten Jahren schon gesucht, sich größere Muße für seine Forschungen zu gewinnen. Er hatte bereits für seine „‚schlesische Mollusken-Fauna“ eine zweite, völlig umgearbeitete Auflage mit wesentlichen Bereicherungen vollendet, und war auf das Lebhafteste mit den Vorbereitungen zu einer Reise nach Spanien beschäftigt, dessen Sprache und Literatur er seit seiner Jugend mit besonderer Vorliebe gepflegt und aus welcher er in seinen Mußestunden mehrere poetische Ueberseizungen mit nicht gewöhnlicher Gewandtheit geliefert hatte, — als ein plötzlicher Tod in Folge eines Herzschlages ohne eigentliche vorangegangene Krankheit ihn im rüstigsten Man- ‚nesalter seiner Familie und der Wissenschaft entriß. Wenn Scholiz auch in der letzten Zeit, in Folge seiner vorzugsweisen Beschäftigung mit zoologischen Studien, an den Verhandlungen der bo- tanischen Sektion weniger Theil nahm, so kann diese doch nicht umhin, in ihm den Verlust eines erfahrenen und gründlichen, die Wissenschaft mit Begeisterung um ihrer selbst willen liebenden For- schers und eines braven und ehrenwerthen und bei äußerer Zurückhaltung und scheinbarer Schroffheit doch bei näherer Bekanntschaft durchaus liebenswürdigen Charakters zu betrauern. Derselbe legte ein Herbarium vor, welches Herr Pharmazeut Müncke, aus der Umgegend von Leobschütz, als Beitrag zur Flora dieser Gegend gesammelt; es ist reich an interessanten und seltenen Arten und wird dem schlesischen Herbarium der Gesellschaft einverleibt werden. Herr Privatdozent Dr. Körber zeigt ein für Schlesien neues Lebermoos, Grimmaldia fragrans, von der Landskrone bei Görlitz, auf einer von ihm in Gemeinschaft mit Herrn Apotheker Peck unter- nommenen Exkursion entdeckt. Herr Dr. Th. Nitschke theilte die Resultate seiner Untersuchungen über die Wachsthums- Verhältnisse von Drosera rotundifolia mit: 1) der Sonnenthau (Drosera rotundifolia L.) besitzt ein periodisches Wachsthum, gleich dem von Aldrovanda und anderen ächten Wasserpflanzen. Die Keim- oder Knospenpflanze, welche im Torfmoose zur Entwickelung kommt, bildet so lange gestreckte Stengelglieder, bis ihre Terminalknospe das Niveau des Mooses erreicht, worauf die Axe gestaucht bleibt und eine Blattroselte sich bildet; 2) nach der Blüthen- und Fruchtbildung wird eine Winterknospe angelegt, die in dem über- wachsenden Sphagnummoose im Winter ihren Schutz findet, im Frühjahr aber auf's Neue an die Moosoberfläche emporwächst und eine zweite Rosette bildet u. s. f.; 3) hierbei stirbt die Pflauze, während sie nach oben sich alljährlich verlängert, allmälig von unten her ab und verfault. Die hierdurch resorbirte ursprüngliche Pfahlwurzel wird durch Bildung von Nebenwurzeln besonders unter jeder Blattrosette ersetzt; 4) bemerkenswerth ist, daß Drosera ebenso häufig wie durch Samen, auch durch Adventiv- knospen sich fortpflanzt, welche sich auf der Oberseite halb verfaulter Blätter zu 1—5 entwickeln; 5) der Blüthenstand des Sonnenthau ist nicht, wie man gewöhnlich glaubt, endständig, sondern ebenso wie bei Aldrovanda achselständig. Der Vortrag ist vollständig abgedruckt in der botanischen Zeitung von Mohl und Schlechtendal, 1860 Nr. 7 und 8 c. tab. In der achten Sitzung vom 17. November erslattete Herr Dr. Milde Bericht über eine Reise nach Niederschlesien, welche er im Juni d. J. im Auftirage der Gesellschaft unternommen (siehe den ausführlichen Bericht pag. 37 dieses Bandes). 5# 36 Herr Studiosus von Uechtritz sprach über einige Pflanzen, welche er zuerst in Schlesien beobachtet: Adonis flammea von Oltaschin und Oppeln, Valerianella carinata vom Kynast, Lolium italicum von Marienau, Elymus arenarius von Nimkau. In der neunten Sitzung vom 1. Dezember sprach Herr Dr. Stenzel über interessante Blatt- stellungs - Verhältnisse. Bei Untersuchung von Stengeln mit zahlreichen und gedräugten Blättern (Linaria arvensis, Epilobium angustifolium, Hieracium umbellatum etc.) zeigt es sich, daß bis zu einer gewissen Höhe die Blätter mit konstantem Divergenzwinkel in der Grundspirale eines über dem andern stehen, daß aber dann nicht selten ein Blatt nicht, wie es eigentlich sein müßte, höher steht als dasjenige, dem es in der Spirale folgt, sondern unter ihm, oft bedeutend tiefer eingefügt ist. Die Ursache zu dieser auffallenden Verrückung der Blattstellung, welche scheinbar der Lehre von den Internodien widerstreitet, scheint in der hervortretenden Tendenz der Blätter zur Wirtelbildung zu liegen. Herr Kaufmann Müller legte einen Blüthenstand von Veratrum niygrum vor mit ungewöhnli- cher, fast pyramidaler Stellung der an die Achse angedrückten Aeste, ferner einen Blüthenkolben von Philodendron pertusum, der sich in seinem Gewächshause entwickelt hat. Der Sekretair legte eine Anzahl exotischer Pflanzen vor, welche Herr Pfarrer Dr. Lorinser dem Herbarium der Gesellschaft geschenkt hat. In der zehnten Sitzung vom 15. Dezember zeigte Herr Geh. Rath Prof. Dr. Göppert eine Anzahl chinesischer Original-Zeichnungen von Pflanzen und Insekten, die sich durch sauberste Aus- führung auszeichnen ; ferner die Abhandlungen von de Vriese über Vanille und Gutta Percha, von Mitscherlich über Cacao. Derselbe sprach über Blasen, welche sich in pathologischer Weise, offenbar aus inneren Ur- sachen, nicht durch äußerliche Verletzungen, auf den Blättern einer Aroidee, Aglaonema- simplex, durch Ansammlung von Wasser unter dem Epitelium der Oberhaut gebildet, und nachdem sie 5 Zoll Durchmesser erreicht, fast 23 Monat gestanden und dann eingeschrumpft seien. Es zeigt sich hier eine fast isolirt dastehende Analogie zwischen einem pflanzlichen und gewissen thierischen Krank- heitszuständen. Derselbe entwickelte den Unterschied zwischen dem in unseren Gebirgen ungemein häufigen Pol;podium alpestre Hoppe und dem mehr auf die Ebene beschränkten Aspidium Filix femina, welche von Duval-Jouve fälschlich für identisch erklärt worden sind. Hierauf hielt Derselbe Vortrag über die Einwirkung der Pflanzen auf felsige Grundlage, welche derselbe vorzugsweise auf dem glätzer Schneeberge, dem Riesengebirge und bei seiner im verflos- senen August und September nach Norwegen unternommenen Reise zu studiren Gelegenheit genom- men. Es sind Flechten, die sich zuerst auf dem nackten Felsen ansiedeln, auf dem Riesengebirge z. B. so massenhaft, daß kaum ein Quadratschuh flechtenleeren Gesteins zu finden, und durch deren Miteinfluß das darunter liegende Gestein verwittert und in einen weichen Grant verwandelt wird. Dieses Zersetzen der Felsen durch die Einwirkung der auf ihnen wachsenden Flechten beruht theils darauf, daß dieselben die Feuchtigkeit zurückhalten, so daß sich die Felsoberfläche gewissermaßen in einem beständigen Wasserbade befindet, theils wohl auch in der Ausscheidung von Kohlensäure durch die Wurzeln, indem kohlensäurereiches Wasser alle Gesteine, Kalk sowohl als kieselhaltige, aufzulösen vermag. Daher zeigt sich z. B. das überaus harte Zobtengestein überall da erweicht und im Anfange der Verwitterung, wo es von Jcarospora smaragdula, Imbricaria olivacea etc. über- wachsen ist, während dicht daneben befindliche Partieen des Gesteins dem Messer widerstehen. Der Granit, Glimmerschiefer und Gneiß wird durch Auflösung des Feldspaths unterhalb der Flechten in weichen Kaolin verwandelt, zum Theil der Feldspath gänzlich entfernt, so daß man die Haftwurzeln der Flechte nur von den zurückbleibenden Glimmerblättchen und Quarzstückchen umgeben sieht. In dieser Weise beobachtete der Vortragende die Einwirkung von Imbriearia stygia, encausta, 37 Sphaerophora fragilis, Biatora politropa ete. auf das nackte Gestein der Schwalbensteine auf dem glätzer Schneeberg (4560 Fuß). Der Vortragende ist weit davon entfernt, den atmosphärischen Einflüssen ihren überwiegenden Antheil an der Verwitterung der Gesteine zu schmälern, will aber auch den Einfluß der Vegetation wahren, der unter Umständen gewiß nicht gering anzuschlagen ist. Das von den Flechten vorgearbeitete Terrain nehmen dann Moose und rasenförmig wachsende Pha- nerogamen (die meisten Alpenpflanzen) ein, die in gleicher Weise auf den Felsen zu wirken fort- fahren und durch deren Vermoderung die Dammerde sich bildet; diese wird durch den Regen nnd die Bäche nach der Ebene als Alluvionen herabgeführt. Insbesondere das Torfmoos (Sphaynum), das sich mitunter in nackten Felsenkesseln ansiedelt, wirkt höchst auflösend auf das unter ihm be- findliche Gestein. Es werfen diese Vorgänge, die bisher zu wenig beobachtet wurden, ein Licht auf die Art und Weise, in welcher in früheren Erdepochen der Boden seine Vegetation erhielt; offenbar konnten Wälder sich nicht eher ansiedeln, bevor nicht die Humusschicht gebildet war, und daß diese insbesondere in der Tertiärperiode von Gebirgen herabkam, dafür spricht der Charakter der aus die- ser Formation erhaltenen Baumstämme, welche, auch die riesigsten, nach des Vortragenden Beobach- tung so enge Jahresringe (10 bis 30 auf eine Linie) zeigen, daß sie wohl auf der Höhe von Bergen gewachsen sein müssen; sie erinnern in dieser Beziehung an die Bergkiefern von Norwegen, deren überaus dichtes Holz zum Schiffbau sich am besten eignet und, wie die berühmten Holzkirchen dieses Landes zeigen, viele Jahrhunderte hindurch den Angriffen der Witterung widersteht. Auf welche Weise sich in der Ebene auf nacktem (Sand-) Boden der Humus bildet, ist noch nicht hinreichend erforscht, wahrscheinlich sind es auch hier Flechten (Rennthierflechten und andere Cladonien), Moose (Trichostomum canescens, Hypnum velutinum Schreberi) und die Sandgräser, welche in ähnlicher Wirkung zur Humusbildung beitragen. Zur Erläuterung des Vortrages diente eine große Anzahl instruktiver Flechtenexemplare, welche die zersetizende Einwirkung auf den Boden deutlich erkennen ließen, so wie Querschnitte norwegi- scher Kiefern mit äußerst engen Jahresringen. (Die Abhandlung wird in der Flora erscheinen.) Herr Privatdozent Dr. Oginski brachte eine Zeitungsnachricht von der angeblich vegetabilischen Hydra (Toperiana pestifera!) zur Sprache. Herr Geh. Rath Göppert erläutert, daß diese fabel- haft ausgeschmückte Notiz auf die Anacharis Alsinastrum, eine kanadische Wasserpflanze, zurück- zuführen ist, welche, vor einigen Jahren in England durch Zufall eingeführt, sich in einigen Kanälen ınd Flüssen in der That so außerordentlich rasch vermehrt hat, daß sie die Schifffahrt sperrte und selbst Ueberschwemmungen veranlaßte. Eben so schädlich wirkt Walisneria spiralis durch ihre unge- heure Vermehrung im Kanal von Languedoc. Beide Pflanzen befinden sich im hiesigen botanischen Garten. Bei der hierauf stattfindenden Wahl wurde der bisherige Sekretair für die Etatszeit 1860 und 1861 wiedergewählt. bericht über eine im Auftrage des Präsidii unternommene Reise nach Niederschlesien von Dr. 3. Milde, vorgetragen in der Sitzung vom 17. November 1859. Die Gegend, über welche ich einen Bericht abzustatien gedenke, besitzt zwar keine himmel- hohen Felsen, keine rauschenden Wasserfälle, noch die herrliche Flora unseres Hochgebirges, hat aber dennoch ihre eigenthümlichen Reize, ja gewährt stellenweise sogar einen überraschenden und staunenswerthen Anblick, so daß zu wünschen ist, daß sie sich einer größeren Beachtung als bisher erfreuen möchte. Uns geht zunächst die Vegetation dieser Gegend an, von der wir bisher eigentlich nicht viel erfahren haben. Nees, Flotow, Schmaek, Siegert haben uns eine Anzahl von Phanerogamen dieses Gebirges kennen gelehrt, unter denen aber, außer Gentiana eruciata, Epipactis atrorubens, Coelogl. 38 viride, Cephal. pallens vom Kitzelberge und Cypripedium Calceolus bei Altenberg nichts Besonderes hervorzuheben wäre; durch Sendtner, welcher in dieser Gegend einige Zeit gelebt hat, kennen wir aus seinen Mittheilungen an Göppert und Nees eine Anzahl, zum Theil seltener Laubmoose, welche ich zu untersuchen Gelegenheit hatte. Aus diesem Letzteren schloß ich, daß hier eine an Laub- moosen sehr reiche Lokalität zu erwarten sei, und so richtete ich auf diese Pflanzen mein Haupt- augenmerk, auch schon aus dem Grunde, weil ich mich seit längerer Zeit eingehend mit denselben beschäftige und so hierin das Meiste leisten zu können glaubte. Es zeigte sich auch sehr bald, daß die Flora der Gefäß-Kryptogamen, so wie der Phanerogamen, die ich nie aus den Augen ge- lassen, im Ganzen nur wenige, ja von ersteren gar keine Seltenheiten darbietet. Zum Theil liegt dies freilich in der Beschaffenheit der ganzen Gegend, welche ich besucht habe. Vergeblich sucht man schattige, feuchte Schluchten, Wasserfälle und ähnliche Plätze, welche im Gebirge dem Gedeihen der Vegetation so günstig sind. Meist liegt Alles sonnig und frei da; die Wälder, die wir eiwa antreffen, sind meist trocken und bieten wenig Bemerkenswerthes, mit Ausnahme der Gegend von Bolkenhain etwa, wo ich Cephalanthera pallens, Pyrola chloraniha, uniflora und secunda be- merkte. Daher finden wir auch unter den Moosen fast nur solche Arten vertreteu, welche sonnige, trockene Standorte lieben, nnd wir dürfen uns somit nicht wundern, wenn wir hauptsächlich Grimmien, Orthotrichen und Barbula-Arten, so wie diejenigen Aypnum-Arten vertreten finden, welche eine solche Lokalität zu lieben pflegen. Ich gehe nun zu dem speziellen Theile meiner Reise über. Mein nächstes Ziel war Jauer. Die Mauern der Städte und Dörfer in Schlesien bieten nicht selten manche nicht ganz gemeine Sachen, wie Encalypta streptocarpa, E. eiliata, Trichostomum rigidulum, Barbula rigida, Pottia cavifolia, Anacalypta lanceolata, Atrichum angustatum; von allen diesen war in Jauer Nichts zu bemerken. Nur die gewöhnlichsten Arten: Bryum caespiticium, Ceratodon purpureus, Barbula muralis und unyuiculata, beobachtete ich bei meinem freilich nur sehr kurzen Aufenthalte, neben Echinospermum Lappula, welches besonders an einer Stelle sehr gemein war, während Chenopo- dium Vulvaria am Grunde der Stadtmauern sich sehr häufig zeigte. Von Jauer richtete ich meinen Weg nach einem Punkte, von dem ich sehr viel erwartete, nach Moisdorf. Dieses reizend gelegene, nur eine Meile von Jauer entfernte Dorf wird seiner ganzen Länge nach in der Richtung von Süden nach Norden vom Pladerbache durchströmt. Je mehr man sich der Quelle nähert, dem sogenannten Tilleborn, desto mehr treten die oft sehr steilen Urthonschieferfelsen zusammen und bilden ein enges, romantisches Thal, welches sich nach Westen und Osten hin, nach Jägendorf und Jakobsdorf theilt; besonders ist der Weg nach letzterem zu rühmen, wo den Wan- derer zur linken Hand senkrechte, thurmhohe Urthonschieferfelsen begleiten. Rothtannen, Rothbuchen, Haselnußgesträuch, Acer platanoides bilden die Hauptmasse des Waldes, Tarus baccata ist sehr selten; an einzelnen Stellen bemerken wir an den Felsen Silene nutans in einer ganz haarlosen Form, der 8. infraecta W. et K. Charakteristisch sind außerdem für diese Gegend: Astragalus glycyphyllos, Scrophularia nodosa, Senecio nemorensis (den ich Mitte Juli blühend fand), Phyteuma spicatum, Hypochaeris maculata, Aquilegia vulgaris, Platanthera bifolia, Neottia N. avis, Ga- lium rotundifolium, Avena flavescens, Genista germanica, Lonicera Xylosteum, Potentilla recta, Poterium Sanguisorba, Lilium Martayon, Saxifraga tridactylites, Melica uniflora, und von Filices nur: Polypodium vulgare, Asplenium trichomanes, Cystopteris fragilis und ein einziges Exemplar von Aspidium lobatum, neben den gemeineren Arten, wie Asp. flix mas und Aspl. flix femina. Weit interessanter stellte sich Die Moos-Flora von Moisdeorf heraus, welche besonders um die Urthonschieferfelsen in einer gewissen Mannigfaltigkeit erscheint. Sehr gemein sind: Thuidium abietinum, Hylocomium triquetrum, dazu Neckera erispa, pennata, 39 eomplanata, alle mit Frucht; Omalia trichomanoides, Leucodon, Anomodon attenuatus und viti- eulosus, Polytrichum formosum, Barbula subulata und muralis mit der Form aestiva, Trichosto- mum rubellum, seltener rigidulum, Thuidium delicatulum, Grimmia apocarpa, conferta, pulvi- nata, Orthotrichum anomalum; Brachythecium rivulare und glareosum, von beiden aber nur sterile weibliche Pflanzen; Barbula tortuosa mit Encalypta eiliata und streptocarpa, Webera eruda, Plagiothecium silvaticum und denticulatum, Homaloth. sericeum, Camptothee. lutescens, Mnium stellare und neben BDarbula fallax und B. revoluta auf umherliegendem Gerölle zwischen sehr häufigem fruktifizirenden Aypnum polymorphum, Sommerfeltii und incurvatum die seltene Barbula recurvifolia; außerdem Amblysteg. serpens, Brachythee. velutinum; im Wasser an Steinen Limno- bium palustre, Fontinalis antipyretica, Rchynchostegium ruseiforme, Limnobium irriguum, Brachy- tecium rutabulum; in der Nähe der Försterei an Felsen dicht am Wasser: Dichodontium pellucidum. An der Stelle, wo früher Kalk gebrochen wurde, ist Camptothec. Jutescens ungemein häufig und überzieht große Strecken, aber steril; dagegen nehmen wir Aypnum polymorphum ausnehmend reich- lich mit Früchten wahr. Ziemlich am Ende des Thales, wo der Weg plötzlich hinauf zur Quelle Tilleborn steigt, hat man zur linken Hand eine der interessantesten Stellen des ganzen Thales. Von den hohen Urthonschieferfelsen tropft beständig Wasser herab und es bildet sich aus den Nieder- schlägen desselhen, an einigen Stellen besonders, ein dünner Kalküberzug über dem Urthenschiefer, während am Grunde der Felsen ein kleines Lager von Tuff sich ausbreitet. Dieser unbedeutende Kalkabsatz reicht schon hin, eine spezifische Kalk-Vegetation hervorzurufen; wir finden nämlich auf dem Tufflager sehr reichlich Eueladium vertieillatum, freilich ganz steril, und an der dünnen Kalk- kruste des Urthonschiefers, neben einer niedrigen, poisterförmigen, ganz mit Kalk bedeckten Form von Gymnostomum rupesire auch den interessanten Anodus Donianus. Letzterer ist nicht sehr zahlreich, und die Früchte, obwohl nicht gerade selten, doch an sehr zahlreichen Pflänzchen ganz fehlend. Eine besondere Berücksichtigung verdient noch das eben erwähnte Gymnostomum rupestre. Dasselbe ist äußerst selten fruchtbar und ist, wie ich mich nach Original-Exemplaren überzeugt habe, das Gymnostomum rigidulum Sendtiner, von Sendiner an derselben Lokalität gesammelt und von demselben bereits fraglich als @ymnostomum rupestre hingestellt, wohin es auch Hampe und C. Müller bringen. Jedes Stückchen der Pflanze braust in Schwefelsäure auf. Die Pflänzchen sind nämlich ganz grau, die Blätter mit dünner Kalkschicht bedeckt, die von der Pflanze selbst abgesondert wird, wie ich mich überzeugt zu haben glaube. Man findet nämlich auch Räschen in kleinen Höhlen der Urthonschieferfelsen, so daß kein Wasser von oben auf die Pflänzchen herabfallen kann, und dennoch sind die Blättchen mit Kalk belegt. An dem Wasser der Quelle selbst kann man noch Thamnium Alopecurum und an den Felsen am Wege nach Jägendorf Anodus Donianus beobachten. Von hier aus besuchte ich zunächst den basaltischen Iessberg (1300°). Die sonnigen Lehnen desselben prangten mit Vicia dumetorum und silvatica, Digitalis yran- diflora blühte gleichfalls in Menge, ebenso Lathyrus sölvestris; eine Schonung am Berge war mil Festuca Myurus wie besät. An dem kahlen Gipfel des Berges fand ich an den vorstehenden Basaltsäulen Hedwigia ciliata, Grimmia pulvinata, apocarpa, commutata, Barbula ruralis, Homalothee. seri- ceum, Hypnum cupressiforme, Orthotrichum rupestre und anomalum; zwischen den Steinen Camptothecium lutescens und Thuid. abietinum, und zwar ersteres mit zahlreichen Früchten; auf Erde fand sich sparsam Barbula convoluta; von Filices nur Asplenium Trichomanes, septentrionale und Cystopteris fragilis, am Fuße des Berges Bryum erythrocarpon; an Bäumen Orthotrichum leiocarpon und an einer grasigen Stelle sehr sparsam Pottia Heimii. An der schlesischen Pflanze endet der Nerv mit der deutlich und scharf gezähnten Spitze. Die Blätter sind bräunlich und an dem oberen Theile meist ohne Chlorophyll; die weit schmäleren Perichaetialblätter besitzen eine unter der Spitze endende Rippe. Durch einen der Gegend kundigen Mann wurde ich auf den versteckten 40 merkwürdigen ‚‚Kantchenstein‘‘ aufmerksam gemacht. Es ist dies gleichsam ein zweiter, etwas we- niger hoher Gipfel des Heßberges, gebildet von senkrecht heraufsteigenden Basaltsäulen, so daß zu unseren Füßen ein schauerlicher Abgrund heraufgähnt. Sonst nirgends habe ich, wie hier, eine solche Fülle von Grimmia commutata gefunden, welche die Hauptvegetation der nackten Felsen ausmachte, viel sparsamer waren dagegen Hedwigia eiliata und Grimmia pulvinata. Von hier aus richtete ich am folgenden Tage meinen Weg nach den Kalk- und Buntsandsteinbrüchen von Hasel und Seichan. Der Weg von den Buschhäusern bis Hasel ist sehr anmuthig, die Phanerogamen-Flora ziemlich mannigfach, und ich bemerkte hier besonders Cephalanthera pallens zwischen Gebüsch neben Ge- nista germanica häufig; auf Kalkboden fiel das ungemein zahlreich auftretende Poterium Sanguisorba auf, welches überhaupt Kalkboden ungemein zu lieben scheint, da ich es an solchen Orten stets und massenhaft gefunden habe; andere charakteristische Pflanzen waren: Cynanchum Vincetoxicum, Campanula persicifolia, Silene nutans, Galium silvaticum, Antennaria dioica, Genista tinctoria, Polygonatum anceps, Quercus, Digitalis grandiflora, Platanthera bifolia, Geranium dissectum, Neottia N. avis und direkt am Kalkbruche 3 blüthenlose Exemplare von Zathyrus tuberosus. Die Moos-Flora war hier weniger interessant; auf den Kalkfelsen sehr sparsam Grimmia sphae- rica, Hypnum abietinum, tamariscinum und cupressiforme, Orthotrichum Sturmii und anomalum, Leucodon, Barbula ruralis, muralis, Camptoth. lutescens häufig mit Früchten und auf ihm para- sitisch das schöne Aypnum Sommerfeltü; außerdem Antitrichia curtipendula, Hypnum serpens, Bryum caespitieium, Trichostomum tortile; an grasigen Plätzen war hier nicht selten Aypnum pratense. Diese, bisher für selten gehaltene und nur von wenigen Orten Deutschlands aufgeführte Pflanze ist von mir jetzt fast in allen Theilen Schlesiens aufgefunden worden und zwar sowohl in der Ebene als im Vorgebirge. Um Breslau ist sie geradezu gemein; aber nur bei Johannesbad habe ich sie in der Nähe der Waldschenke an Waldwegen mit Früchten gefunden. Bei uns liebt diese Art etwas feuchte grasige Plätze, Abhänge, Gräben, die Oderufer, nur ein einziges Mal fand ich sie bei Bruch hinter Nimkau ganz im Wasser, wo sie eine etwas veränderte Gestalt angenommen halte. Die Stengel waren nämlich ganz aufrecht und noch mehr flach als an der gewöhnlichen Form. Am bunten Sandstein konnte ich leider keine eigene Moos-Vegetation beobachten, weil die frei zu Tage stehenden Massen beständig bearbeitet werden und so das Aufkommen einer Vegetation unmöglich wird; nur Barbula unguiculata, muralis und Funaria hygrometrica fand ich an einer Stelle. Von hier ging es zunächst nach dem basaltischen Willmannsdorfer Berge, auch hoher Berg genannt, einer der schönsten Basalt-Erhebungen in diesem Gebirge, deren Gipfel eine höchst lohnende Rundsicht gewährt. Der Berg ist nur unten bewaldet, sonst ganz kahl; Basalt- trümmer begegnen uns in Menge schon weit unter der Spitze am Wege und zeigen die für den Basalt dieser Gegend charakteristischen Orthotrichum anomalum und rupestre. Auf dem Gipfel treten nackte Basaltfelsen in Menge hervor, zwischen denen Grimmia conferta außerordentlich schön sich zeigt, außerdem Gr. apocarpa, commutata, Barbula muralis und ruralis, Hedwigia ciliata, Homaloth. sericeum, Encalypta vulgaris. Auf dem höchsten Gipfel bildet G@rimmia commutata die Hauptmasse und zieht sich von hier nach Willmannsdorf selbst hinab. Von Filices beobachtete ich hier nur Asplen. Trichomanes und septentrionale; auch steht hier und da ein Strauch von der hier sonst nicht gemeinen Juniperus communis. Auf dem Wege von Conradswalde nach Schönau fand ich auf einer feuchten Wiese Sphugnum eymbifolium und fmbriatum und zwischen beiden Hypnum stramineum; an trockenen Haidestellen am Rande des Waldes war hier sehr häufig Tri- chostomum pallidum und Bryum erythrocarpon. Vor Schönau beobachtete ich an Porphyrfelsen: Orthotr. eupulatum, anomahlım, Grimmia pulvinata, Hedwigia eiliata, Hypnum incwrvatum und 41 auf der Mauer vor der Stadt zwischen Barbula muralis und unguieulata auch B. rigida sehr sparsam. Von hier besuchte ich zunächst den Willenberg (139°). Vor Allem lenkte ich meine Schritte nach der am Fuße des Berges befindlichen freien Stelle, die unter dem Namen der „großen Orgel“ beim Volke und in der Wissenschaft längst bekannt ist. Es gewährt dieselbe einen so überraschend großartigen Anblick, daß sie eine Reise in diese auch anderweitig durch Naturschönheiten ausgezeichnete Gegend hinlänglich belohnt. Nur an wenigen Stellen kann sich hier eine spärliche Moos-Vegetation entwickeln, da von der Hauptmasse des Por- phyrs beständig abgebrochen wird. Ich wurde nicht wenig überrascht, als ich unter den wenigen, - hier am Porphyr vorkommenden Moosen sogleich den seltenen Coseinodon pulvinatus an seiner blau- grauen Farbe erkannte, der aber hier nur sparsam fruktifizirte; außerdem waren hier noch bemer- kenswerth: Grimmia leucophaea steril, Hedwigia eiliata, Polytrichum piliferum, Asplenium se- plentrionale. Am Wege nach dem Gipfel des Berges ist Weisia viridula nicht selten, der Gipfel selbst bietet nichts Besonderes an Moosen. Der Abhang des Berges nach den romantischen Ufern der Katzbach hin ist mit gemischter Waldung bedeckt, bestehend aus Pinus silvestris, Abies pecti- nata und excelsior, Betula alba, Quercus, Carpinus Betulus, Rhamnus, Sorbus Aucup., dazwi- schen die gewöhnlichen Vorgebirgspflanzen, wie Silene nutans, Cynanchum Vincetoxicum, Galium silvaticum, Luzula albida. Die Höhlen am Ufer der Katzbach, welche früher in den Berg eine Sirecke hineinführten, waren leider, wie ich mich durch den Augenschein überzeugte, vor wenigen Wochen eingestürzt. Am anderen Ufer der Katzbach lenkte ein lang hingestreckter niedriger Por- phyrrücken, der sogenannte „lange Berg‘, meine besondere Aufmerksamkeit auf sich. Meine Ueber- raschung war eine sehr freudige, als ich denselben zum größten Theile ganz mit Coscinodon pul- vinalus bedeckt fand. Dies schöne Moos hatte eben seine Früchte gereift und war im Begriffe, den Deckel abzuwerfen, so daß man das Perisiom in seiner ganzen Pracht schon mit Hilfe der Loupe bewundern konnte. Die Pflanze bildet nie, wie so viele Grimmien und Orthotrichen, regelmäßige und scharf begrenzte Polster, sondern längliche Rasen von der verschiedensten Gestalt und Größe; die längsten Rasen waren 6’ par. lang und 2° breit. Sie hat in diesen Wachsthumsverhältnissen die größte Aehnlichkeit mit der in ihrer Gesellschaft auch hier auftretenden, aber stets sterilen Grimmia leucophaea, die gleichfalls stets wie über die Felsen hingegossen erscheint; nur sparsam beobachtete ich dagegen an demselben Hügel Hedwigia eiliata in einer kurzstengeligen, sehr ge- drungenen Form, Barbula muralis, Grimmia ovata und apocarpa. Dem Laufe der Katzbach fol- gend, gelangt man, auf der gewöhnlichen Fahrstraße weitergehend, sehr bald an die höchste Stelle des Katzbachufers, die sogenannte ‚„‚Hölle“, einen äußerst anmuthigen Punkt in dieser lieblichen Ge- gend. Mit der Hölle ist der nur wenige Minuten entfernte Höllengraben nicht zu verwechseln. Der- selbe ist um so schwerer zu finden, da er sehr versteckt und in dieser Gegend den Bewohnern selbst nicht bekannt zu sein scheint. Daß ich diesen interessanten Punkt dennoch nicht verfehlte, verdanke ich der gütigen Belehrung des verstorbenen Herrn Apothekers Jäckel. Man thut am besten, wenn man, nachdem man die Hölle verlassen, sich von. da an, wo der Weg plötzlich bergab geht, dicht am Fuße der Berge zur linken Hand hält, bis man, was sehr bald geschieht, an einen schma- len Bach gelangt. Wenn man dem Laufe des Baches aufwärts folgt, ‚gelangt man in ein äußerst schmales, oft nur wenige Fuß breites Thal, den Höllengraben, welcher vom Höllenberge, einem schönen Porphyrberge, herabkommt. Das Beit des Baches ist, mit zahllosem Porphyrgerölle bedeckt, welches der im Frühjahre wahrscheinlich sehr angeschwollene Bach aus dem Berge mit sich führt. Hier hat man Gelegenheit, mehr als faustgroße Achatkugeln zu sammeln, welche hier durchaus nicht selten zu sein scheinen. Obgleich dieser Punkt dem Gedeihen der Moose außerordentlich günstig ist und in der That auch alle Felswände ganz mit Moosen überdeckt sind, so habe ich doch nur eine besonders hervorzuhebende Seltenheit hier gefunden: das Heterocladium heteropteron in sterilem 6 42 Zustande. Dasselbe überzog einen großen Theil eines Felseus mit seinen äußerst feinen Stengelchen; außerdem bemerkte ich in dieser Schlucht: Trichocolea Tomentella, Herpetium trilobatum, Spha- gnum cuspidatum, acutifolium und squarrosum, Mnium hornum und stellare, Eurhynchium longi- rostre. Von Schönau aus besuchte ich den ganz nahe gelegenen Urthonschiefer-Berg, die Ogulje (2265). Bei dem nahen Hohenliebenthal fand ich auf Baumwurzeln nicht selten Aypnum Sommerfeltüi. Beim Besteigen des Berges selbst fiel mir die ungemein große Aehnlichkeit auf, welche derselbe mit dem geognostisch so verschiedenen Zobten, sowohl in seinen äußeren Verhältnissen, als in seiner Vegetation hat. Abies excelsior bildet auch hier den Hauptbestandtheil des Waldes; von krautarti- gen Gewächsen bemerken wir Platanthera bifolia, Prenanthes purpurea, Phoenixopus muralis, Luzula albida, Trifolium spadiceum, Vaccinium Myrtillus, Hypericum tetrapterum etc. Von Filices beobachtete ich nur die gewöhnlichsten Arten: Aspidium filix mas, Asplenium Trichomanes, septentrionale, filix femina, Polypodium vulgare, Dryopteris und Phegopteris. Die Urthonschie- ferfelsen unterhalb vom Gipfel zeigen eine reiche Moos-Vegetation, unter welcher mir Gymnos- tomum rupestre besonders auffiel; dasselbe wuchs nämlich in kleinen Höhlen von kaum 3” Durchmesser in Form von kleinen halbkugeligen Polstern, die vollständig mit einer dünnen Kalk- schicht überzogen waren, wie ich es auch bei Moisdorf beobachtet hatte; außerdem finden wir fast alle Moose des Zobten hier, sogar Dieranum longifolium, welches in sterilem Zustande viele Felsen, wie am Zobten, bekleidet, sonst noch Dryptodon sudeticus, Grimmia heterosticha, ovata, Hed- wigia ciliata, Antitrichia curtipendula, Neckera crispa, Dieranum polycarpum, Homalotheeium sericeum, Barbula ruralis, Trichostomum pallidum, Polytrichum juniperinum, Madotheca platy- phylla, Lejeunia serpyllifolia, Metzgeria furcata. Am Gipfel finden wir hochaufgethürmte Fels- trümmer, wie am Zobten, und hier außer den genannten Moosen noch Orthotrichum rupestre; am Fuße der Ogulje, am Wege nach Kauffung, beobachtete ich am Wege Aypnum pratense und im Walde an Zitterpappeln Orthotrychum Lyellii und obtusifolium, in welchem ich schon ©. gymno- stomum gefunden zu haben glaubte; doch wurde ich durch die Entdeckung eines Peristoms sogleich anders belehrt. Aus der Region des Urthonschiefers kam ich jetzt bald in die des Urkalkes, und zwar zunächst an den Kitzelberg bei Kauflung (2030°). Ich kann nur bedauern, daß die karg zugemessene Zeit es mir nicht gestatlete, diese sehr in- teressante Gegend noch genauer zu untersuchen. Da es mir nicht möglich war, mehrere Punkte in besonderen Augenschein zu nehmen, so zog ich es vor, einen gründlich zu durchforschen. Am Fuße des durch seine Tropfsteinhöhle längst bekannten Kitzelberges breiten sich feuchte Wiesen mit Po- Iyirichum strietum, Sphagnum acutifolium, Dieranum palustre, Bartramia fontana und Aypnum nitens aus. Der Berg ist nur zum Theil bewaldet und ganz trocken. Den Wald bildet Adies ewcelsior, untermischt mit Fagus silvatica; besonders häufig auf dem Gipfel erscheint Juniperus communis. Besteigt man vom Ober-Kretscham aus den Berg, so gelangt man, noch ehe man die Kitzelhöhe erreicht, an einen schmalen, langen, schattigen Einschnitt, welcher durch eine Fülle von Encalypta streptocarpa, Hypnum polymorphum und Sommerfeltii ausgezeichnet ist, zwischen welchen sparsam Barbala recurvifolia erscheint. Von hier gelangt man sehr bald in die früher so berühmte Tropfsteinhöhle, das Kitzelloch., Von Tropfsteinen findet man jetzt nur noch Spuren; durch Wegsprengen von außen ist die ursprüngliche Gestalt der Höhle so verändert worden, daß sie die Mühe des Hinaufkleiterns nicht mehr belohnt. Sie entbehrt übrigens jeder besonderen Vegetation und nur hier und da bemerkte ich Anflüge von Brachytheeium velutinum. Ich suchte daher sehr bald den lohnenderen Marmorbruch auf, dessen Felsen eine reiche Vegetation darbieten. Asplenium ruta muraria, Trichomanes, Cystopteris fragilis, Polypodium Dryopteris sind die gewöhnlichen 43 hier vorkommenden Filices, dagegen ist Polypodium Robertianum ziemlich selten. In besonderer Ueppigkeit wuchert hier Poterium Sanguisorba; außerdem bemerkte ich Agrimonia Eupatorium, Origanum vulgare, Aqudlegia vulgaris, Cynanchum Vincetoxicum, Hypericum tetrapterum, Mercurialis perennis, Alchemilla vulgaris und Carlina acaulis. Die Moos-Vegetation der Kalkfelsen ist ziemlich mannigfach und wir begegnen hier einer gro- ßen Anzahl von Pflanzen, die wir in Schlesien überall da finden, wo Kalk zu Tage steht. Vor Allem Barbula tortuosa und inclinata, Encalypta streptocarpa, Hypnum molluscum, Thuidium abieti- num; «agegen suchte ich hier das im Gesenke und im Riesengebirge in Gesellschaft der genannten Arten auftretende Aypnum Halleri vergeblich; ferner beobachtete ich Bryum pendulum (Piychostomum cernuum), Encalypla eiliata, Anacalypta lanceolauta, Dryptodon sudeticus, Anomodon longifolius, Barbula ruralis, muralis und subulata, Grimmia apocarpa und pulvinata, Orthotrichum anoma- lum, rupestre und Sturmü, an Bäumen O. leiocarpum ; an Kalkfelsen ferner: Neckera complanata, Fissidens adiantoides, Trichostomum rubellum; große Strecken überzieht Camptothecium lutescens mit reichlichen Früchten und steriles Homalothecium Philippeanum in großer Menge mit Homal. sericeum. Alle 3 einander oft sehr: ähnliche Moose finden wir häufig auf einem kleinen Raume ver- einigt. In kleinen Höhlen des Marmorbruches fand ich auch hier zu meiner Freude den Anodus Donianus, freilich ziemlich sparsam. Gegen den Gipfel des Berges hin erscheint zwischen den Bäumen zahlreiches Kalkgerölle, auf welchem außer den genannten Pflanzen auch Drachytheeium velutinum , steril aber außerordentlich schön Leskea nervata, Pseudoleskea catenulata und Tri- chostomum flexicaule gefunden wurde. Jeder Zweifel an der Richtigkeit der Bestimmung von bHomalothecium Philippeanum wurde hier vollends beseitigt; denn dieselben Felsen waren mit großen Polstern von fruktifizirendem Homal. Philippeanum bedeckt. Die Früchte waren vollkommen reif und trugen zum Theil noch die Calypira. Dies ist in Europa also jedenfalls der östlichste und nördlichste Punkt ihrer Verbreitung, die man kaum von so großer Ausdehnung hoffen durfte. Diese dem Homaloth. sericeum täuschend ähnliche und doch durch Habitus, Calyptra, Perichaetium, Kapselstiel, Peristom so leicht zu unterscheidende Art wurde zuerst von R. Spruce 1846 in den Hochpyrenäen auf Kalk und Granit enideckt, später von Schimper im Jura, dann 1854 von mir auf den Glimmerschiefer- Felsen des Petersteins im mährischen Gesenke in einer Höhe von 4402', aber erst 1856 wurde die Pflanze von mir erkannt, nachdem ich sie in unglaublicher Menge auf niedrigen Urkalkhügeln bei Ober- und Nieder-Lindewiese bei Gräfenberg, im mährischen Gesenke, zum zweiten Male aufgefunden hatte. Ein dritter Standort in Schlesien ist der niedrige Kalkhügel, Hutberg bei Saubsdorf, zwei Meilen vor Gräfenberg, wo die Pflanze gleichfalls in unbeschreiblicher Menge die Kalkfelsen überzieht; im Jahre 1858 entdeckte ich sie auch in der Grafschaft Glatz und . zwar am Fuße des glätzer Schneeberges auf den Kalkfelsen des Marmorbruches bei Seitenberg; ja die Pflanze zieht sich sogar ganz in die Ebene herab, ich fand sie nämlich auch auf umherliegenden Kalkfelsen des Dorfes Leipe, in der Nähe von Kauffung, also in einer Höhe von wenig über 650‘. Früchte finden sich fast das ganze Jahr an der Pflanze und sind überhaupt äußerst zahlreich, wo sie einmal auftreten, am sparsamsten fand ich sie auf dem seitenberger Marmorbruche. Im Spätherbste finden sich bei uns unreife Kapseln, welche erst nach der Mitte des Juni im folgenden Jahre ihre vollständige Reife erlangen. In der letzten Zeit ist diese Pflanze auch um Salzburg und Wien ge- funden worden. Von Kauffung nahm ich meinen Weg nach Leipe und Lauterbach (625°), wo sich gleichfalls bedeutende Lager von Urkalk finden. In der Nähe der alten Thurm - Ruine bei Leipe liegen zahlreiche, zum Theil sehr mächtige Kalkfelsen umher, die oft ganz mit dem eben er- wähnten Homal. Philippeanum, aber nur in sterilem Zustande, überzogen sind. Auffallend bleibt es mir, daß dem scharfen Blicke Sendtner’s, welcher sogar längere Zeit hier gelebt hat (um 1838), diese Pflanze, so wie manche andere dieser Gegend (Aypnum Sommerfeltü, Anodus Donianus, 6* 44 Barbula recurvifolia, Grimmia sphaerica) entgangen zu sein scheinen. Ich habe wenigstens keine von diesen Arten unter den sehr zahlreichen Moosen gesehen, welche mir von Sendiner zur Unter- suchung zu Gebote standen; außerdem fand ich hier an Kalkfelsen Grimmia pulvinata, conferta und apocarpa. Die beiden letzten Arten finden sich in diesem Gebirge auch auf Basalt nicht selten und lassen sich durch den ganz verschiedenen Habitus sogleich unterscheiden. Grimmia conferta besitzt nämlich stets kurze Stengel, die gleich hoch sind und äußerst gedrängt beieinanderstehen. Ich glaube, es ist nicht recht, wenn man beide Arten zu einer vereinigt. Von Phanerogamen sah ich das auf Kalkboden hier nie fehlende Poterium Sanguisorba, ferner Aquilegia vulgaris, Silene nutans, Melampyrum arvense. Leider machte es ein plötzlich hereinbrechendes Unwetter mir un- möglich, den schönen Tannenberg bei Leipe näher zu untersuchen. Er ist zum Theil sehr sumpfig und birgt vielleicht noch manches Seltene. Ich fand beim flüchtigen Durchwandern desselben nur Sphagnum cymbifolium, S. acutifolium und squarrosum, Climacium c. fr., Mnium affine, pun- etatum und undulatum, Philonot. fontana, Isothecium myurum, Eurhynchium longirostre. Da, wo die Straße nach Lauterbach sich hinwendet, liegen dicht an der Chaussee gewaltige Felsblöcke von reinem Quarz, außerdem finden. sich auch größere zusammenhängende Quarzmassen, welche eigenthümlich verwittert erscheinen. Es war mir nun besonders auffallend, hier eine Anzahl Moose in großer Menge zu finden, von denen ich die einen auf Basalt, die anderen auf Kalk vermuthet hätte. So war Orthotrichum rupestre außerordentlich häufig, neben Orth. cupulatum, anomalum und Sturmii; außerdem Grimmia commutata, ovata und pulvinata, Barbula muralis und tortuosa, und sehr häufig auf dem verwitterten Quarzgesteine Darbula rigida; außerdem Brachytheec. popu- leum, Homalothecium sericeum, Omalia trichomanoides, Hedwigia ciliata, Anomodon viticulosus, Leucodon sciuroides, Bryum roseum, Amblysteg. riparium, Plagiothee. silesiacum, Asplenium septentrionale, A. ruta muraria, Polytr. piliferum, und von Phanerogamen: Centaurea Scabiosa, Poterium Sanguisorba, Veronica Teuerium. Der Urkalk von Lauterbach zeigte eine ganz ähnliche Vegetation wie der des Kitzelberges. Trichostomum flexicaule, rigidulum, Hypnum Sommerfeltü, incurvatum, polymorphum, Encalypta streptocarpa waren hier besonders bemerkenswerth; außer- dem waren noch anzuführen: Amblysteg. subtile, Leptobryum pyriforme, Eurhyneh. strigosum und an einem feuchten Platze Glyceria distans in unendlicher Menge. Der Weg nach Bolkenhain ist äußerst anmuthig und die Wälder bergen gewiß noch manche schöne Sachen. Leider wurde die Witterung immer ungünstiger und verhinderte mich an genauerem Suchen. An der Straße bemerkte ich sehr häufig Hypnum pratense und polymorphum und im Walde stand ungemein zahlreich Cephalanthera pallens in schönster Blüthe neben Pyrola chloranta, uniflora und secunda. Auf der benachbarten Ruine Schweinhaus ist Aypnum rugosum außerordentlich häufig; außerdem beobach- tete ich hier Encalypta streptocarpa, Neckera complanata, Grimmia ovata und apocarpa, Hed- wigia ciliata, Pogon. nanum, Hypnum polymorphum, Eurhynchium strigosum, Orthotrichum cupulatum, Asplenium septentrionale, Alles auf Porphyrboden. Das Wetter zwang mich, das Ge- birge ganz zu verlassen, es wurde immer ungünstiger, und ich versuchte mein Heil in der Ebene, indem ich direkt nach Liegnitz reiste, um die Tschocke bei Kunitz, eine Meile von Liegnitz, ganz in der Nähe des großen kunitzer See’s, genauer zu untersuchen. Die höchst interessante Phanerogamen-Flora dieses ausgedehnten Torfsumpfes ist längst erforscht, die Cryptogamen-Flora war dagegen bisher gar nicht bekannt. Ich hoffte, ein ausgedehntes Sphagnum- Lager anzutreffen, fand mich aber sehr getäuscht und doch erscheint, mir diese Lokalität als einer der interessantesten Torfsümpfe von Schlesien, ein prächtiges Seitenstück und zugleich Gegenstück der Seefelder an der hohen Mense. Während letztere überwiegend von Sphagnen bewohnt werden, ist die Tschocke fast ausschließlich von Hypnen bedeckt; Sphagnen treten gar nicht hervor, und erst bei genauerem und längerem Suchen findet man ganz kleine Bestände davon, theils zwischen Gebüsch 45 oder in tiefen Ausstichen zwischen Carices versteckt. Der größte Theil des Sumpfes ist mit einem wahren Walde von Carices bedeckt, besonders massenhaft Carex filiformis, so daß man an diesen Stellen die am Boden wuchernden Moose mühsam hervorsuchen muß. Die Rhizome bilden mitunter auf der Oberfläche des Wassers eine so dichte und feste Decke, daß eine schwimmende Wiese entsteht, die man ohne Gefahr betreten kann. An einzelnen Stellen hat man Ausstiche angelegt, so daß tiefe, größere und kleinere Wasserbehälter entstanden sind, auch diese sind oft ganz mit Carices ausgefüllt und nur selten frei. Nur nach der Chaussee hin nimmt die Masse der Cyperaceen ab, man findet statt der Carices jetzt Scheuchzeria palusiris, Rhynchospora alba, Equisetum limosum und hier und da Carex Oederi. Hier kann man nun sehr bequem die Moos-Vegetation studiren. Besonders fällt eine Art mit glänzendem, braunem, drehrundem Stengel auf, welche bisweilen alle anderen verdrängt und jetzt gerade unzählige reife Früchte trug, es war das seltene Aypnum_ trifa- rium, welches hier an seinem ersten und einzigen schlesischen Standorte von mir zuerst auigefunden wurde; alle übrigen bisher aufgeführten Standorte beruhen auf einer Verwechselung mit dem ganz verschiedenen, nur dem Hochgebirge eigenen Aypnum sarmentosum. Die Stengel sind hier meist sehr kurz und braun, nur sehr selten fand ich fast 1’ lange, mehr grüne Stengel, die sich schon der Form sehr nähern, wie sie in Salzburg’s Sümpfen vorkommt. Dieses Moos wechselt häufig mit Hypnum aduncum und revolvens ab, die gleichfalls, besonders das erstere, sehr verbreitet sind, aber äußerst selten mit Früchten vorkommen; schon seltener erscheinen Aypnum nitens, stellatum und purum. Ganz im Wasser schwimmend finden wir bogenlange, sehr dicke Exemplare von Hypnum scorpioides und neben ihm nicht selten H. Iycopodioides, welches ich bei einem zweiten Besuche im Juli sogar mit Früchten fand; dagegen sind sehr verbreitet Hypnum fluitans, cuspida- tum und eine eigenthümliche selten fruktifizirende Pflanze, welche bisher als Form von H. cordifolium gegolten hat. Mein Freund, Herr Dr. v. Klinggräff, theilt mir über dieses Moos Folgendes mit. Er habe es stets nur in Torfsümpfen gefunden und zwar äußerst selten fruchtbar; während die ge- wöhnliche Form einhäusig, sei diese stets zweihäusig. Die Pflanze fällt übrigens sogleich auch durch ihren äußerst kräftigen Wuchs und die fiederig angeordneten Aeste auf; diese letzte Eigenthümlichkeit nähert sie im Habitus dem 4. cuspidatum. ihre Blätter sind breiter und kürzer, die Zellen enger, ohne Primordialschlauch, die Blattllügelzellen stark nach außen gedrückt und ganz scharf abgegrenzt. Ich habe diese auffallende Pflanze in Schlesien bisher auch nur in Torfsümpfen, wie z. B. bei Jese- ritz, bei Seiffersdorf um Ohlau, gefunden und immer steril, während die in Waldsümpfen häufigere Normalform weit weniger selten Früchte trägt. Klinggräff nennt sie A. stenodietyon, da sie höchst wahrscheinlich die var. stenodietyon ist, welche Schimper von cordifolium aufführt. An den Stellen, wo die Feuchtigkeit nicht mehr so sehr groß ist, begegnen wir hier und da sterilem Dieranum Schraderi, Philonotis fontana, Funaria hygrometrica, Polytrichum strietum, Fissidens osmun- doides und adiantoides, Ceratodon purpureus und sehr sparsam einer niedrigen Form von Meesia iristicha. Zwischen Gebüsch endlich finden wir hier und da kleine Flecke von Sphagnum cymbi- folium und halbkugelige Polster von 8. acutifolium, sehr selten Sph. subsecundum und euspidatum. Ersteres finden wir am äußersten Rande des Sumpfes, nach dem Kirchhofe hin, außerordentlich schön und reichlich fruktifizirend in tiefen Ausstichen, welche von demselben zum Theil ausgefüllt werden; diese Stelle ist auch noch dadurch bemerkenswerth, daß hier allein das dem Aypnum trifarium verwandte #4. stramineum, aber nur sparsam dem Sphagnum untermischt, vorkommt. Der benach- barte Kretschambruch bietet uns ein recht deutliches Bild eines Torfbruches dar, der sich allmälig in eine Wiese umwandelt. Die Moose sind vollständig zurückgetreten; dafür bemerken wir eine Anzahl Gewächse, die wir auf der Tschocke vergeblich suchen und welche zur Genüge die Wiesen- natur dieser Lokalität bekunden, an welcher übrigens beständig Torf gestochen wird. Ich beobach- tete hier: Galium uliginosum, Rumex Acetosa, Lychnis flos euculi, Ayrostis canina, Holcus mollis, Ranunculus acris, Stellaria glauca, Myosotis palustris, Sanguisorba officinalis, Spiraea Ulmaria, Chrysanthemum Leucanthemum. 46 Von Liegnitz aus besuchte ich zunächst Striegau, um die Moos-Vegetation der dortigen Berge einmal genauer zu untersuchen, da dieselbe meines Wissens bisher noch ganz unbekannt war. Bekanntlich sind der breite Berg, der Georgenberg und der Kreuzberg basaltisch und etwa 1150‘ hoch, der etwas eniferntere Streitberg dagegen granitisch und 1130’ hoch. Die Berge zeigen eine sehr übereinstimmende Vegetation, wie sich auch erwarten ließ. Die Felsplatten sind oft mit sehr großen Rasen der Grömmia leucophaea bedeckt, die aber auf dem Basalte stets steril bleibt, daneben finden wir Hedwigia ciliata, Grimmia pulvinala, ovata und apocarpa, Barbula ruralis, Hypnum cupressiforme, H. rugosum, Encalypta vulgaris, Or- thotrichum anomalum und rupestre; auf schwarzer Erde fand ich hier im April das Phascum cuspidatum ß piliferum in prachtvollen Exemplaren. Eine besondere Eigenthümlichkeit bot der auch in phanerogamischer Hinsicht interessantere Georgenberg. Hier fand ich an einer ganz sonnigen Stelle neben Weisia viridula, Phascum ceuspidatum v, piliferum und Dryum argenteum var. la- natum auch die seltene, stark duftende Grimaldia fragrans in sterilem Zustande und zwar in Be- gleitung von Riceia glauca und einer ungemein stark behaarten zweiten Art, die-ich zuerst für Riceia Bischoffii hielt, wovon ich jedoch bei genauerer Betrachtung sehr bald zurückkam. Um über diese Pflanze Gewißheit zu erlangen, schickte ich sie mit der Grimaldia an Gottsche, welcher mir über dieselbe Folgendes mittheilte: „Ihre Grimmaldia ist barbifrons Bischoff oder Gr. fragrans N. Hep. Eur., aber die weniger gebartete Form, welche Nees in seinen Hep. Eur. zur Hauptform macht, indem er 8 fimbriata be- sonders hervorhebt, die Mosig 1820 in Schlesien (abi?) fand und an v. Flotow austheilte. In die Synopsis ist der neuere Name: Gr. barbifrons Bischoff aufgenommen und N. v. Esenbeck’s « und die Bischoff’sche Pflanze ist als Haupttypus aufgestellt. Meine Originalpflanzen, unter denen aber viele fruktifiziren, in dem Rasen aus Heidelberg, sind stärker bebartet als Ihre Striegauer; aber die stärkere oder weniger starke Besetzung mit Wimpern oder Spreublättchen kann höchstens eine Varietät bilden, ändert aber in der Hauptsache Nichts. — Die beiden Riccien sind Riccia glauca und eine stark gewimperte, die ich zu R. eiliata bringe. Von den 6 europäischen gewimperten Riccien der Synopsis ist Riccia Bischoff wegen der Laubform und der wenigen Wimpern gar nicht in Betracht zu ziehen, und eben so wenig R. paradoxa De Notaris, wo die Wimpern minutissima, tantum sub bona lente conspicua sind. Riccia eiliifera kenne ich nur nach dem Lindenberg’schen Bilde; aber Lindenberg giebt an, daß auf dem Laube der Längsfurche entlang beiderseits eine Cilienreihe vorkäme, wodurch also die auch wegfällt. Es bleiben demnach außer Riceia ciliata noch Riccia pal- mata und tumida. Beide letztere haben eigentlich gar keine Cilien, wie die deutsche ciliata, son- dern ziemlich steife, kurze, unten breite Dornen, die sich am Rande verschiedentlich aufrichten. Schon nach den Cilien würden Sie also Ihre Form zu der deutschen gewimperten Species bringen; aber sie weicht in allerlei Kleinigkeiten ab. Ich habe noch nie so stark gewimperte Pflänzchen ge- sehen wie Ihre Striegauer, obschon ich sämmtliche Formen meines Herbars verglichen habe; einige harzer Pflanzen (von dem Regenstein leg. Hampe) kommen ihnen an der äußersten Spitze einigermaßen nahe, wollen aber doch im trockenen Zustande keinen solchen Bart bilden wie Ihre Greisen-Riccie; dann sind die Haare der gewöhnlichen £iccia eiliata gelblich, während Ihre eine bläulich - weiße Farbe zeigen. Ihre Fflanze ist sublus eoncolor, eben so wie R. eiliata; aber sie zeigt seitlich eine violelte Färbung, wie etwa das Lindenberg’sche Bild von R. tamida (Durchschnitt Fig. 6), was bei R. ciliata sich nicht findet, auch nicht von den Schriftstellern, so viel ich mich erinnere, ange- geben wird. Ich besitze aus Afrika, Oran, eine Probe, die Durieu de Maisonneuve (Direktor des bordeauxer Gartens) gesammelt hat und die mir mit dem Namen AR. cana Durieu als Herbarien- Name zugekommen ist; hiermit möchte Ihre Pflanze noch mehr Aehnlichkeit haben, aber auch diese Form halte ich für AR. eiliata Hoffmann. Da Sie sie Mitte Juni gesammelt haben. so mag die 47 gefundene Riccia eine Jugendform, gleichsam in ihrem Jugendkleide sein, und wenn die Triebe länger werden, müssen die Cilien, die sich nicht vermehren können, auseinanderrücken und die Pflanze den gewöhnlichen Haupiformen mehr gleichen, weßhalb auch das Laub geschwollener (magis tumida) erscheint, als die erwachsenen größeren Pflanzen zeigen. Dennoch ist es werth, diese Sache einer genaueren Forschung zu unterziehen und vielleicht die Pflanzen zu kultiviren, wodurch sie nur leider auf der anderen Seite durch zu geiles Treiben der ausgebildeten R. eiliata ebenfalls unähnlich wer- den. Nach den Lindenberg’schen Riccien können Ihre Pflanzen nur zu & gebracht werden, # ist weniger bebartet und y weicht zu sehr ab. Sollten Sie in Lindenberg’s Riccien- vielleicht herum- blättern und pag. 101 zu Gesicht bekommen, so bitte ich Sie, den Satz: ‚,‚R. tumida ist an den silbergrauen doppelt gewimperten Extremitäten mit ganz engem Kanal sofort zu erkennen,‘‘“ der so -schlagend auf ihre Riceia zu passen scheint, eum grano salis zu nehmen; wie gesagt, außer anderen Merkmalen sind diese beiden südlichen Formen an den kurzen steifen Cilien leicht von A, eiliata zu unterscheiden.“ So weit Gottsche’s Antwort. Hoffentlich werde ich die Pflanze noch weiter beobachten und dann auch anatomisch untersuchen können, Leider ist sie an dem bezeichneten Standorte sehr selten. Der benachbarte Streitberg, welcher aus Granit besteht und 1132‘ hoch ist, zeigte mir ein überraschendes Faktum. Der in ungeheuren Platten zu Tage stehende Granit ist fast nur mit Grimmia leucophaea bekleidet, und während man auf den basaltischen Nachbarbergen vergeblich nach frucht- baren Pflanzen sucht, wird man hier sehr schwer unfruchibare Exemplare der Grimmia leucophaea auffinden, alle Polster zeigen einen großen Ueberfluß an Kapseln. Dabei findet man unter den Moospolstern eine oft nicht unbedeutende Humusschicht, so daß sich dieselben leicht lösen lassen, während sie auf dem Basalte direkt aufsitzen und daher nur schwer zu trennen sind. Dieser Humus scheint mir theils von dem leichter verwitternden Granit, theils von den alten unteren Stengeltheilen des Mooses gebildet zu werden. Ein solcher Boden scheint der Fruchtentwickelung also günstiger zu sein als der harte, schwerer verwitternde Basalt, und hierauf beschränkt sich vielleicht auch nur der günstigere Einfluß des Granites; der Galgenberg bei Sirehlen, wo man Gr. leucophaea gleich- falls mit Früchten gefunden hat, ist übrigens ebenfalls granitisch. Mit dieser Ansicht scheint auch die Unfruchtbarkeit derselben Pflanze bei Schönau in Einklang zu stehen. Der Porphyr der ‚„‚großen Orgel“ bei Schönau und der Umgegend ist ungemein hart und stellt sich in dieser Beziehung gewiß neben den Basalt, muß daher auch ähnlich wirken. Außerdem beobachtete ich am Streitberge noch Grimmia ovata, G. pulvinata, Hedwigia ciliata, Cystopteris fragilis, Asplenium septentrionale. In der Nähe, bei dem Dorfe Raben, fand ich an einem etwas feuchten Grabenrande die niedliche Barbula graecilis und B. convoluta nicht selten und in einer Haidegegend Trichostomum pallidum. Da ich bereits zu Ostern den benachbarten Pitschenberg (823°) bei Ingramsdorf, einen Urthonschieferhügel von 823° Höhe, genauer untersucht hatte, so glaube ich denselben hier nicht übergehen zu dürfen, zumal da er einige interessante Seltenheiten besitzt. Wohl der größte Theil des Berges ist angebaut, nur an der West- und Nordseite stehen Urthon- schieferfelsen frei zu Tage, weiche jedoch eine ganz uninteressante Vegetation darbieten. An Felsen im Walde beobachtete ich eine sehr schöne, reichlich fruchtende Form von Brachythecium rutabulum, ausnahmsweise an einer sehr trockenen Stelle, außerdem Orthotrichum anomalum, Hypnum ceu- pressiforme, Grimmia pulvinata, Barbula ruralis und an feuchten Felsen neben einer großen Form von Barbula unguiculata auch wider Erwarten sterile Barbula laevipila, die man sonst nur an alten Pappeln und Weiden zu sehen gewohnt ist; auf bloßer Erde fand ich hier auch Acaulon mu- ticum. Auf dem Gipfel des Berges ist Ackerland, und hier fand ich im April die seltene Anacalypta Starkeana mit Entosthodon fascieularis Pottia truncata, alle in unbeschreiblicher Menge. Am 48 Fuße des Berges und zwar dicht an der Straße, welche von Ingramsdorf herkommt, fand ich gleich- falls auf einem Kleeacker die schöne Pyramidula tetragona, ziemlich häufig und auch hier mit Entosthodon fascicularis, der überhaupt in dieser Gegend auf allen Brachäckern in unbeschreibli- cher Menge vorkommt. Hier findet sich auch in der Nähe der Eisenbahn ein Ausstich, in welchem ich auf Mergelboden nicht gerade häufig das Trichostomum tophaceum fand, leider nur steril; auch diese Pflanze war in allen Theilen von einer dünnen Kalkschicht bedeckt, die hier augenscheinlich nur von dem Moose selbst abgesondert sein konnte. Um meine Anschauungen über die schlesischen Torfsümpfe zu vermehren, reiste ich nach Jese- ritz bei Zobten, wo sich ein großer Sumpf befindet, der schon längst meine Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hatte. Zunächst mußte ich über Schweidnitz nach dem Silsterwitzer Thale bei Zobten. Dasselbe bietet im Gegensatze zu der mehr einförmigen Tschocke bei Liegnitz einen sehr wechselvollen Anblick dar und soll deßhalb später einer noch genaueren Untersuchung unter- worfen werden, da mir hierzu jetzt die Zeit zu kurz war. Am Eingange fand ich Dieranum lon- gifolium mit schönen Früchten auf Felsen. An einzelnen Stellen lassen die dicht verflochtenen Rhizome der Carices, besonders die von ©. caespitosa, keine andere Vegetation, selbst keine Moose im Sumpfe aufkommen, hier bilden sie ausschließlich den Torf; an anderen Stellen bemerken wir Hypnum stellatum, welches in erstaunlicher Menge oft große Strecken des Thales förmlich aus- polstert; in ähnlicher Uebermacht auftretend und fast alles Andere verdrängend, finden wir an anderen Orten große regelmäßige halbkugelige Polster von meist rothgefärbiem Sphagnum acutifolium, zwischen welchen nur sparsam Polytrichum strietum oder Dieranum undulatum auftritt; etwas sel- tener ist Sphagnum cymbifolium und cuspidatum und noch seltener S. rigidum und fmbriatum. Hier allein habe ich auch von Leucobryum vulgare bedeutende halbkugelige Polster, wie sie nur Sphagnum bilden kann, beobachtet. Seltsam bleibt es, daß diese Neigung, Polster zu bilden, nur an manchen Stellen deutlich hervortrit. Mir schien es so, daß dies erst dann der Fall ist, wenn die Pflanzen ein bedeutendes Alter erreicht haben und gedrängt bei einander wachsen. Sehr häufig nistet sich in solche Polster auch Polytrichum gracile ein, und den Ameisen dienen sie oft als willkommene Wohnungen. Weniger häufig fand ich Aypnum aduncum, euspidatum, nitens, Aula- comnium palustre. An dem Bache, welcher das Thal durchströmt, beobachtete ich Cheiloseyphus polyanthus var. rivularis, Climacium dendroides c. fr., Fontinalis antipyretica, Rhynchostegium rusciforme, Fegatella conica, Marchuntia polymorpha, Pellia epiphylla, Preissia commutata, Trichocolea Tomentella, Fissidens adiontoides und eine in gedrungenen Rasen wachsende, schön grüne, außerordentlich kräftige /hilonotis, bei welcher zwar vergeblich nach Früchten gesucht wurde, die aber nach Beschaffenheit der Zellen und der Größe der Blätter für PAilonotis calearea gehalten werden muß. Sie steht dicht am Wasser und befindet sich oft zum Theil unter dem Wasser, wel- ches das Parenchym der älteren Blätter losreißt, so daß nur die starke Rippe übrig bleibt. Der lockere Kiesboden, in welchem sie steckt, zeigte übrigens keine Spur von Kalk. Noch interessanter vielleicht ist der eine Meile von hier entfernte Torfsumpf bei dem Dorfe Jeserilz, an der Straße nach Nimptsch und Frankenstein. Nach den Aussagen alter Leute sei früher dieser Sumpf ein ungeheurer Karpfenteich gewesen, was die allerdings noch vorhandenen Gräben beweisen sollen, auch sei er damals mit hohem Schilfe bewachsen gewesen, welches aber durch einen muth- willig herbeigeführten Brand vollständig ausgerottet worden sei. Gegenwärtig führt der größere Sumpf den unpassenden Namen ‚‚der dürren Morgen“ und ein weit kleinerer, seitwärts liegender, nicht so wasserreicher den „‚der Dudelplumpe“. Die dürren Morgen bilden gegenwärtig einen ziem- lich snagedehnten freiliegenden Sumpf, ohne alles Gesträuch, der an manchen Stellen, wegen der 49 Menge des Wassers, nur schwer zu begehen ist. Dicht vor dem Dorfe Jeseritz hört er plötzlich auf, an allen drei übrigen Seiten geht er allmälig in sumpfige Wiese über, auf welcher besonders Carices vorherrschen; auch Phyteuma orbiculare, Arabis hirsuta, Cynoglossum officinale, Viecia tienuifolia, Salvia pratensis wurden an trockenen Stellen beobachtet; kaum eine halbe Stunde ent- fernt treffen wir auf den Kupferberg, welcher wegen einer Anzahl seltener Phanerogamen häufig besucht wird. Ich selbst habe auf ihm oft Thalietrum minus, Ornithogalum umbellatum, Stachys recta, Orobanche rubens u. a. gefunden. Die ‚‚dürren Morgen‘ stellen einen reinen Aypnum-Sumpf dar; überall finden wir Hyprum aduncum, welches große Strecken für sich auschließlich in An- spruch nimmt. Seltener sehen wir das schon durch hellere Farbe auffallende Aulacomnium palustre und Aypnum nitens bedeutende Stellen einnehmen; Cineraria palustris ist an manchen Plätzen gleichfalls nicht selten. Im Wasser schwimmend treffen wir bisweilen massenhaft Aypnum cuspi- datum, fluitans, scorpioides, Iycopodioides, revolvens und stenodictyon an, über welches bereits früher gesprochen worden ist. An nicht ganz so feuchten Plätzen finden wir ferner Mnium affine, Hypnum filicinum und stellatum, Thuidium Blandowii, aber letzteres sehr selten; ferner Bryum roseum, pseudo - triquetrum und turbinatum, welches letztere überhaupt sehr verbreitet ist. An etwas erhöhten Stellen längs der Gräben finden wir 3 Polytrichen in dicht gedrängten Rasen: Poly- trichum commune, gracile und strietum; aber nur an 2 Stellen sehen wir sehr geringe Bestände von Sphagnum acutifolium, eymbifolium und fimbriatum, was wohl auch darin seinen Grund haben mag, daß das Wasser sehr kalkhaltig ist, und bekanntlich ist Kalk dem Gedeihen der Sphagnen nicht günstig. Sehr selten ist Sturmia Loeselii und zwar in den Sphagnum-Polstern ganz versteckt, Aber noch eine für diese Gegend höchst charakteristische Pflanze verdient besonders hervorgehoben zu werden. Schon früher fand ich hier und da eine Philonotis, aber erst um diese Zeit mit reifen Früchten; dieselbe füllt an einzelnen Stellen sogar fast ausschließlich den Sumpf aus; die Untersu- chung von Blättern, Frucht und männlicher Blüthe belehrte mich unwiderleglich, daß ich Philonotis calcarea Br. Eur. vor mir hatte. Die Pflanze wird außerordentlich lang und stark und erscheint viel kräftiger als Philonotis fontana, die übrigens hier ganz fehlt, eben so wie Ph. marchica, die ich früher von hier aufgeführt habe. Da dieses Moos nach Schimper bisher immer nur auf Kalkboden gefunden worden ist und hier eine Unterlage von Kalk nicht vorhanden zu sein scheint (Kalklager finden sich wenigstens hier nirgends), so untersuchte ich die unteren Theile der Pflanze mit Schwefelsäure und fand, daß sie allerdings viel Kalk enthalten mußten, da sie gewaltig aufbrausten, ja an einzelnen Stellen hatte sich sogar der Kalk als weiße Masse äußerlich niedergeschlagen; es war also kein Zweifel, die Pflanze fand den zu ihrem Bestehen nöthigen Kalk im Wasser. Ganz in der Nähe fand ich am Wege zahlreich Barbula gracilis, aber nur sparsame Früchte; auf Dorfmauern Pottia cavifolia und Anacalypta lanceolata, und in der Nähe an einer Dorfmauer Didymodon luridus, aber nur steril, doch auch in diesem Zustande durch die ganz eigenthümliche Blattform leicht kenntlich. Hier endet meine Reise. Es dürfte nun wohl nicht unangemessen sein, die wichtigsten Fakta, welche ich auf derselben festgestellt zu haben glaube, übersichtlich vorzuführen. Resultate, 1. Für Schlesien neue Arten wurden von mir vorgefunden: | 1) Anodus Donianus Sm. 2) Pottia Heimii Fürnr. 3) Barbula gracilis Schwgr. 4) Barbula recurvifolia W. P. Schpr. 5) Trichostomum tophaceum Brid. 6) Didymodon luridus Hınsch. 7) Grimmia sphaerica Br. et Sch. 8) Philonotis calcarea Br. et Sch. 9) Hypnum Sommerfeltii Sommerf. 10) Hypnum trifarium W. et M. 11) H. gigan- teum Schimper (H. cordifolium var. stenodictyon). 12) ? Riccia tumida Lind. 2. Folgende sehr seltene Arten wurden an neuen Standorten beobachtet: Polypodium Robertianum Hoflm. Gymnostomum rupestre Schwgr., Ogulje. Fissidens 7 50 osmundoides Hdwg., Tschocke. Dichodontium pellucidum Hdwg., Moisdorf. Dieranum longifolium Hdwg., Ogulje. D. palustre, Kaulfung. D. Schraderi Schwgr., Tschocke. Anacalypta lanceolata Hdwg., Kauffung, Jeseritz. Trichostomum pallidum Hdwg., Ogulje, Schönau, Conradswalde. Tr. rigidulum Smth., Moisdorf. Barbula rigida Schlitz, Schönau, Leipe. BD. convoluta Hdwg., Heßberg, Striegau. 2. inclinata Schwgr., Kitzelberg. 2. laevipila Brid., Pitschenberg. Orthotrichum cupulatum Hoffm., Schönau, Leipe. ©. Sturmit H. et H., Hasel. O. rupestre Schleich., Ogulje, Striegau, Willmannsdorf, Heßberg, Leipe. O. Lyellii Hook., Ogulje. Coseinodon pulvinatus Sprng., Große Orgel, Langer Berg. Grimmia conferta Fk., Moisdorf, Willmannsdorf. @. leueophaea Grev., Striegau, Große Orgel, Langer Berg. G. commutata Huebn., Heßberg und Kantchenstein, Leipe bei Jauer, Willmannsdorf. Aacomitrium sudeticum Brid., Kauflung, Ogulje. Meesia tristicha Fk., Tschocke. Homalothecium Philippeanum Br. Eur., Leipe, Kitzelberg. Anomodon longifolius Schl., Kitzelberg. Leskea nervosa Schw., Kitzelberg. Heterocladium heteropteron Brid., Hölle. Thuidium Blandowiü W. ei M., Jeseritz. Brachythecium rivulare Br. et Sch., Moisdorf. Aypnum rugosum Dill., Schweinhaus, Striegau. 4. pratense Koch, Hasel, Ogulje. 4. scorpioides L., Tschocke, Jeseritz. 4. Iycopodioides Neck., Tschocke, Jeseritz. H. revolvens Sw., Tschocke, Jeseritz. 4. stramineum Dicks., Tschocke, Conradswalde. #. nitens Schreb., Silsterwitz, Jeseritz, Kauffung. Sphagnum fimbriatum Wils., Conradswalde, Silsterwitz, Jeseritz. S. subsecundum N. et H., Tschocke. S. rigidum Schimp., Silsterwitz. 3. Welche Pflanzen haben sich als bodenstete erwiesen? a. Philonotis calcarea. b. Eucladium verticillatum. Beide Pflanzen müssen als kalkstete Moose aufgeführt werden, weil sie nach allen übereinstim- menden Beobachtungen auch in anderen Gegenden nur auf kalkigem Boden gefunden wurden. Sie sind beide noch außerdem bemerkenswerth, weil sie beweisen, wie schon ein Niederschlag von Kalk im Wasser im Stande ist, eine Kalk-Vegetation hervorzurufen (vergl. Moisdorf). Eueladium wächst eigentlich in Moisdorf auf Urthonschiefer, auf diesem bildet sich aber aus herabträufelndem Wasser eine Kalkkruste, auf der das Moos vegetirt. Dagegen darf Anodus Donianus nicht hierhergezogen werden, da er nach Schimper auch auf Granit vorkommt. 4. Welche Pflanzen sind als bodenholde zu betrachten ? I. Kalkholde. a) Homalothecium Philippeanum. Es findet sich fast nur auf Kalk; Schimper giebt aber auch Granit als Unterlage an, ich selbst fand es im Gesenke auch auf Glimmerschiefer; b) Hypnum molluscum habe ich bisher mit Sicherheit da finden können, wo Urkalk zu Tage steht; bekanntlich kommt es aber auch auf anderen Gesteinen, z. B. Granit, Glimmerschiefer, in Sümpfen vor; c) Encalypta streptocarpa, d) Barbula tortuosa, e) Thuidium abietinum und f) Aypnum polymorphum verhalten sich ebenso; sie fruktifiziren auch am häufigsten und üppigsten auf Kalk; g) Anodus Donianus liebt vorzüglich Kalkboden, und wächst bei uns nur auf solchem, findet sich in anderen Gegenden aber auch auf Granit; h) Barbula recurvifolia Schpr., i) Hypnum Sommerfeltii Sommerf., k) Polypodium Rober- tanum ebenso; 1) Poterium Sanguisorba ebenso, I. Basaltholde. a) Ortothrichum rupestre findet sich wenigstens auf allen Basaltbergen Niederschlesiens, die ich gesehen, und ist daselbst stets häufig; auf Quarz selten und auf Kalk nur an einer Stelle sehr sparsam ; b) Grimmia commutata findet sich auf 3 Basaltbergen bei uns, aber auch auf Quarz; an anderen Orten auch auf Porphyr, Sandstein, Granit, also eigentlich eine bodenvage Pflanze. ol II. Porphyrholde. Hierher muß, wenigstens für unsere Gegend, Coscinodon pulvinatus gerechnet werden. Er findet sich an der großen Orgel, am langen Berge und in einer weiten Entfernung erst im Weistritzthale wieder, aber überall auf Porphyr, und fehlt entschieden den basaltischen und graniti- schen Erhebungen dieser Gegend; dagegen kommt er in anderen Gegenden von Deutschland auch auf Basalt und Schiefergesteinen vor. 5. Bodenvage Moose. Von den vielen hierher gehörigen Pflanzen will ich nur die auffallendsten hervorheben: a) Grimmia leucophaea. Auf Porphyr, Basalt und Granit in Schlesien beobachtet, an anderen Orten auch auf Sandstein; scheint aber nur auf Granit bei uns zu fruktifiziren; b) Barbula muralis, Grimmia pulvinata und apocarpa, ovata, Trichostomum rubellum finden sich auf jeder Unterlage ohne Unterschied und sind am meisten verbreitet; c) Grümmia conferta findet sich bei uns zwar am häufigsten auf Basalt, kommt aber doch auch auf Quarzfelsen, Urthonschiefer und Glimmerschiefer und an anderen Orten auf Kalk vor; d) Orthotrichum anomalum gehört zu den häufigsten steinbewohnenden Moosen, scheint aber für gar keine Unterlage eine besondere Vorliebe zu haben; ebenso verhalten sich die frei- lich viel selteneren Orth. Sturmii (Sandstein, Basalt, Glimmerschiefer, Quarzfelsen, Kalk) und Orth. cupulatum (Quarz, Porphyr). 6. Homalothecium Philippeanum, zuerst in den Hochpyrenäen gefunden, steigt bei uns aus einer Höhe von 4402’ bis fast ganz in die Ebene herab, ebenso Anodus Donianus, der sonst der Bergregion eigenthümlich ist. (Leipe und Moisdorf, wo beide vorkommen, liegen höchstens in einer Höhe von 620°). Es sind dies zwei auffallende Fakta, die aber nicht allein stehen, wenn man neuere Beobachtungen an anderen Orten vergleicht, die gleichfalls beweisen, wie Moose, die bisher nur dem Gebirge eigenthümlich zu sein schienen, auch in die tiefste Ebene herabsteigen können. Solche Beispiele sind: Seligeria recurvata Hdw. Bisher in der Bergregion beobachtet, fand Lasch auch in der Neumark bei Driesen (Rabenhorst’s Bryotheca Nr. 171); Polytrichum alpinum Brid. Nach v. Klinggräff in Preußen; Orthotrichum Sturmü H. et H. Desgl.; Rhacomitrium micro- carpon Brid. Desgl.; Andraea petrophila Ehrh. Desgl.; Orthotrichum rupestre Schwgr. Desgl.; Grimmia ovata W. et M. Desgl. und bei Wohlau. 7. In Bezug auf Verbreitung nach der Höhe stellen sich folgende bemerkenswerthe Fakta heraus: Eucladium verticillatum bei uns in der Ebene, sonst in der montanen und subalpinen Region; Gymnostomum rupestre und Racomitrium sudeticum bei uns ersteres in der Ebene, letzteres auf niedrigen Hügeln, sonst in alpinis et subalpinis; Dichodontium pel- Iveidum und Anodus Donianus in niederen Gebirgen, bei uns in der Ebene; Leskea ner- vosa in alpestribus, bei uns auf niedrigen Hügeln; Homalothecium Philippeanum_ sonst in höheren Gebirgen, bei uns bis in die Ebene herabsteigend. Mittheilungen über die schlesische (ryptogamen-Flora von Dr. 3. NHilde. Aspidium eristatum und Aspidium spinulosum >< eristatum von Jänicke um Klein-Neida bei Hoyerswerda gefunden und mitgetheilt. Aspidium lobatum Sw. von Gerhard bei Liegnitz gefunden. Botrychium matricariaefolium von Stenzel bei Ober-Cudowa, von Peck bei Görlitz gefunden. Equiselum variegatum Schl, in unendlicher Menge bei Kattern in einem feuchten Graben und auf Sand gefunden. Milde. 7* 52 Splachnum ampullaceum. Bei Wohlau. M. Pleuridium nitidum. Salzbrunn. M. Oswitz (Thomas). Astomum rostellatum. Neu-Scheitnig (Thomas). Dicranella subulata. Johannesbad. M. Dicranum flagellare. Wohlau, Riemberg, Primkenau. M. D. Schraderi. Lissa, Wohlau, Kauffung, Tschocke. M. D. spurium. Primkenau. M. Seligeria recurvata. Johannesbad. M. Barbula rigida. Salzbrunn. M. B. convoluta. Johannesbad. M. Ulota Ludwigii. Primkenau. M. U. Drummondü. Nach Nees in der kleinen Schneegrube. Orthotrichum leucomitrium. Nach v. Flotow bei Fürstenstein. Grimmia ovata. Auf Geschieben bei Wohlau. M. Gr. Donniana. Schon unterhalb Krummhübel. M. Tetraplodon mnioides. Im Riesengrunde. Remer. Bryum pendulum Schpr. Schmolz bei Breslau. M. Br. inclinatum. Schmolz und Zedlitz bei Breslau. M. Br. (Cladodium) fallax Milde. Um Zedlitz bei Breslau. M. Br. lacustre. Lissa. M. Br. atropurpureum. Karlowitz und Zedlitz bei Breslau. M. Mnium rostratum. Johannesbad. M. M. spinosum und spinulosum. Ebenso. M. M. stellare. Ebenso. M. Paludella squarrosa. Wohlau. M. Philonotis calecarea Br. Eur. An den Gypsgruben bei Kaischer, steril und mit Antheridien. v. Uechtritz jun. Atrichum tenellum. Zedlitz. Thomas. Neckera pumila. Hochwald bei Sproltau. Göppert. Pseudoleskea atrovirens. Johannesbad. M. Eurhynchium velutinoides Breh. Am Boberufer im Sattler bei Hirschberg. v. Flotow. Eurh. Stockesii. Salzbrunn. M. Brachythecium reflewum. Johannesbad. M. Camptothecium lutescens. Sterile weibliche Pflanze an Dämmen und am Ufer der alten Oder sehr gemein. M. Amblystegium confervoides. Johannesbad. M. Limnobium ochraceum. Am kleinen Teiche. Sendtner. Von Schimper mir mitgetheilt. Hypnum pratense. Zum ersten Male fruchtend um Johannesbad. M. - Halleri. Marschendorf bei Johannesbad. M. . Sommerfeltii. Johannesbad. M. . Iycopodioides. Lissa, Tschocke. M. . Kneiffii Schpr. Kattern und Lissa. M. . stramineum. Lissa, Wohlau, Johannesbad. M. . nitens. Wohlau. M. Hylocomium umbratum. Johannesbad. M. Sphagnum subsecundum. Wohlau, Lissa. M. S. Lindbergiü. Oberhalb des kleinen Teiches. M. S. rubellum. Männliche Pflanze von der Hockschar im Gesenke. M. NSSSEONS 53 S. rigidum. Lissa, Silsterwitz. M. Hypnum Mildeanum Schpr. Nov. spec. Von mir in Torfgräben bei Bruch hinter Nimkau ge- funden und von Schimper als neu bestätigt und benannt. Grimmia commutata Br. Eur. Rabenfelsen bei Liebau. v. Uechtritz jun. Grimmia spiralis Br. Eur. Von Sendtner steril am Altvater 1839 gesammelt und als ineurva aufgeführt; Gr. ineurva muß daher gestrichen werden. Dieranum Biyttii Br. Eur. Von Sendiner 1839 auf der Schieferhaide im Gesenke gesammelt und als D. Starkii ß densum aufgeführt, darauf von v. Flotow D. Sendtneri benannt. Original- Exemplare wurden Schimper vorgelegt, Rhynchostegium megapolitanum. Am Wege nach Kattern. Milde. Amblystegium radicale. Hierher gehört höchst wahrscheinlich eine Pflanze, die ich bei Prim- kenau sammelte und die sich von dem nahe stehenden serpens durch auffallend stärkeren Wuchs, größere festere Blätter mit bis zur Spitze fortgeführter Rippe unterscheidet. Außer den früher genannten, im Jahre 1859 für Schlesien neu aufgefundenen 11 Arten kommen also als neu außerdem noch hinzu: Orthotrich. leucomitrium und Drummondiü, Grimmia spiralis, Dicranum Blyttü, Bryum lacustre, fallax, atopurpureum, Neckera pumila, Eurhynch. veluti- noides, Amblysteg. confervoides und radicale, Limnob. ochraceum, Hypnum Kneiffii und Mil- deanum, Sphagnum Lindbergii; im Ganzen also 26 neue Arten. f Veber Bryum (Cladodium) fallax (Milde) von Dr. 3. Milde. Als mir im Sommer 1859 Herr Wichura bei Zedlitz einen Standort von Bryum bimum zeigte, fiel mir ein an demselben Platze häufig vorkommendes zweites Bryum auf, das wir vorläufig als Bryum pallens ansahen. Inzwischen trat Herr Wichura seine große Reise an und ich erkrankte längere Zeit. Als ich nun endlich eine genauere Untersuchung vornahm, stellte sich heraus, daß die fragliche Pflanze eine ganz neue Art sein müßte, die wegen ihres Peristoms zu dem Subgenus Cladodium gehört; ich nannte sie Dryum fallax. Schimper und Hampe, denen ich Exemplare mittheilte, theilten meine Ansicht; C. Müller hielt unsere Pflanze für 3. aeneum Blytt., von dem sie sich aber, wie wir bald sehen werden, wesentlich unterscheidet. Die Diagnose würde so lauten: Bryum (Cladodium) fallax Milde. Dioecum, laxe, caespitosum rufofuscum, basi nigri- cante, tomento fusco intertextum, caule parce ramoso, folüs patulis e basi angustiore ovato-acuminatis, margine integerrimo a basi usque fere ad apicem reflexo, costa rufa in mueronem excedente, capsula nutante pallida longicella clavato-pyriformi, operculo convexo-conico, peristomü interni cilüs 2—6 brevibus, membrana basilari integra, non cribrosa. Die Pflanze steht dem Dryum aeneum Blytt. allerdings nahe, unterscheidet sich aber wesentlich von ihm durch Folgendes. Ein brauner Wurzelfilz ist vorhanden, der bei Zr. aeneum fehlt, die Blätter sind kürzer, die innersten Perichaetialblätter sind ungemein klein, ungerandet, nicht zurück- gerollt, mit verschwindender Rippe; der Deckel ist stärker konvex, das innere Peristom trägt deut- liche Zwischenwimpern und die Membran am Grunde desselben ist nicht durchlöchert. 54 Ueber den Finfluss der anorganischen Substrate auf den Charakter der Flechten - Vegetation mit Rücksicht auf die im Auftrage der schlesischen Gesellschaft im Sommer 1859 unternommene lichenologische Reise in die Sudeten und deren Vorberge von Privatdozent Dr. Körber, vorgetragen in der Sitzung am 26. Januar 1860. Im Haushalte der Natur scheinen ausschließlich die Flechten dazu bestimmt, durch ihre Verwe- sung das rohe Substrat der Gesteinsoberfläche, wie ebenso der nackten Baumrinde und des gezim- merten Holzes für das Wachsthum aller übrigen Pflanzen urbar zu machen und den ersten organischen Boden für sie herzustellen. Nur die nackte Erde vermag ohne Weiteres höhere Pflanzen zu tragen, aber auch selbst hier spielen die Flechten, wo sie einmal auf nackter Erde wachsen, eine solche vermittelnde Rolle. Die Erfahrung zeigt es, daß jedes nackte Gestein, jede noch mit der Epidermis überzogene Baumrinde, jedes noch nicht von atmosphärischen Einflüssen aufgelöste gezimmerte Holz sich zuerst nur mit Flechten bekleidet. Der Pilz bedarf einer im Absterben begriffenen oder schon abgestorbenen organischen Matrix und verhält sich überhaupt in seiner hysterophytischen Natur we- sentlich anders; die Alge lebt fast ausschließlich im Wasser, ist also hier unserem Vergleiche ent- zogen; allein schon die Moose zeigen uns ganz deutlich, daß sie nicht auf jenen genannten Substraten keimen und wachsen können, wenn nicht wenigstens ein zarter, von Laienaugen gar nicht bemerk- barer, seiner eigenen Bestimmung dann entzogener oder aber überlebter Protothallus einer Flechte ihnen einen günstigen Boden bereitet hat; die höheren Pflanzen aber haben ja schon die Moose zu ihrer Voraussetzung. Frägt man nun, was die Flechten zu dieser ihnen eigenthümlichen Rolle be- fähigt, so dürfte es wohl vorzugsweise die Art und Weise ihrer Befestigung an das Unterlager sein. Es könnte keine Pflanze, welche eine Wurzel hat, also auch schon kein Moos, auf einer der oben genannten rohen, d. h. noch in keiner Weise wesentlich veränderten Unterlagen sich festsetzen, denn die Wurzel ist ja nicht blos Befestigungs-, sondern auch Ernährungsorgan, jene Substrate gewähren aber nicht die nothwendigen Nährstoffe und haben auch für das Eindringen der Wurzel nicht die nothwendige Lockerheit ihrer Massentheile. (In wie weit hiervon die wahrhaften Schmarotzerpflanzen eine Ausnahme machen, muß hier unbeachtet bleiben.) Die Flechte aber hat schlechterdings keine Wurzel, weil sie sich nie aus dem Substrat, sondern nur aus der Atmosphäre und dem, was die- selbe zuführt, ernährt. Sie befestigt sich daher auch auf andere Weise und gleicht hierin vielfach den Pilzen, deren Ernährung vielleicht auch nur aus der Atmosphäre erfolgt, so sehr es auch den Anschein hat, als ob sie von den Organismen lebten, deren Tod ihr Leben ist. Entweder nun be- festigt sich die Flechte und zwar bei einem strauchartigen Lager, wie bei Usnea, durch eine Art Haftscheibe (den sogenannten Flechtennagel, gomphus), oder bei einem laubartigen Lager, wie bei Parmelia, durch Hafıfasern (pythmenes), welche mehr oder weniger die ganze Unterfläche der Flechte bekleiden und die äußere Form kleiner Wurzeln haben, oder bei einem krustigen Lager, wie bei Lecidea und der überwiegenden Mehrzahl der Flechten überhaupt, durch ein meist sehr zartes, firniß- arliges oder byssoidisches Unter- oder Bildungslager (protothallus), das der ganzen sonstigen Flech- ten-Entwickelung immer vorangeht und aus sich heraus, ohne erkennbare lokale Sonderung, den eigentlichen Flechtenthallus erzeugt. Wie sich nun aber dieses Bildungslager, jene Haftfasern und jene Haftscheibe selbst wieder an das Substrat befestigen, dies können wir uns wohl nur so erklären, daß dieselbe organische Kraft, welche die Wurzel einer höheren Pflanze in die Erde drängt, hier 55 gleichsam in Form eines Druckes nach unten ein festes inniges Anschmiegen, ja unter Umständen ein förmliches substantielles Verwachsen mit der Oberfläche der fremden Unterlage veranlaßt. Es ist ein äußeres aber nachdrückliches Adhäriren mit (unter Umständen) endlichem Assimiliren, aber nicht wie bei den Pflanzenwurzeln ein nach Innen gehendes einfaches Penetriren, welches die Flechten an ihre Unterlagen befestigt. Wir finden hierin eine Eigenthümlichkeit der Lichenen, die nirgends anders mehr im Reiche der Pflanzen zu finden ist (anscheinend ähnlich, aber doch anders zu beur- iheilen, vielleicht nur bei den Pilzen), und eben darin dürfte der Grund liegen, warum auf den ge- nannten drei Substraten eben nur die Flechten im Stande sind, durch ihre nachmalige Verwesung die erste Vegetationsdecke zu bilden. Als eine Folge dieses allmäligen, die Härte des noch unver- letzten rohen Substrates überwinden müssenden sich Anschmiegens und endlichen Verassimilirens ist auch die enorm langsame Wachsthumsweise der Flechten zu betrachten. Auch dieses äußerst ver- langsamte Wachsthum, durch das die Flechten sich gerade umgekehrt wie die Pilze verhalten, ist eine höchst eigenthümliche Erscheinung, die in Folge der durch den stetigen Wechsel der atmosphä- rischen Einflüsse stetig unterbrochenen Vegetation der Flechten eine außerordentliche Zähigkeit und Ausdauer ihrer einzelnen Lebensakte voraussetzt. Es muß im Laufe schleichender Jahrzehnte die Flechte durch ihren Verassimilirungsprozeß gleichsam verwitternd auf die Konsistenz ihrer anorgani- schen wie organischen Unterlage erst gewirkt haben und ebenso selbst durch ihr eigenes Alter dem Zerfallen ihrer eigenen Gewebstheile anheimgegeben sein, ehe sie ihre hochwichtige Mission erfüllt hat, für andere Vegetabilien eine erste Bodenschicht zu bilden. Bei dieser Sachlage ist es einleuchtend, daß auf Grund der äußerst verschiedenartigen Natur der Substrate die Flechten unter einander selbst sich äußerst verschieden verhalten müssen. Eine Flechte, welche den Granit zum Wohnplatze hat, wird sich anders geben müssen, als eine solche, welche an der schülferigen Kieferborke zu wuchern bestimmt ist. Die prägnanten Resultate der Vergleichung solcher Unterschiede gestalten sich aber für uns zu den Prinzipien der systematischen Beurtheilung. Was wir Spezies nennen, ist ja eben nichts Anderes als die Idee des Naturkörpers, der sich in Bezug auf seinen ihm von der Natur angewiesenen Standort und auf die diesem adäquaten Lebensbedingungen in der Gestaltung seiner Körperlichkeit gegen alle anderen Naturkörper eigen- thümlich abgeschlossen hat. Wo aber dieser Abschluß nicht vollkommen erreicht wird, da sprechen wir nur von Varietäten und Formen. Die Schöpfung aber, das müssen wir festhalten, hat uran- fänglich gewollt, daß auf den verschiedenen Schöpfungsmittelpunkten (und die verschiedenen Stand- orte müssen wir als solche auch betrachten) nur gewisse Bildungen sich rite und spezifisch entwickeln sollten. Bei aller Freiheit der Substratenwahl einer anfliegenden Spore ist diese doch an ein nothwendiges Gesetz gebanni, nur auf gewissen und bestimmten Substraten gedeihlich auskeimen zu können. Diese Ansicht hat sich jetzt entschiedener uns aufdrängen müssen, seit wir durch genaue mikroskopische Prüfungen des Thallus und namentlich der Fruktifikationsorgane genauer sagen können, was hier Spezies sei, weil wir für die Eigenthümlichkeiten der Bildung eben durch jene mikrosko- pische Erfahrungen einen weit größeren Gesichtskreis gewonnen haben. Früher war das ganz anders, und noch der treffliche Fries stellte Behauptungen auf, die sich jetzt nicht mehr rechtfertigen lassen. Er sagte z. B. ganz apodiktisch und stellte es als Gesetz hin (Lichenogr. Europ. reform. pag. LXXXVID: 1) alle an den jüngsten Zweigen der Bäume auftretenden Flechten stellen keine nor- malen Formen dar; 2) das Holz und namentlich das gezimmerte Holz ist nur für die Calycien und einige Lecideen ein primitiver Standort, alle anderen Flechten degeneriren auf demselben; 3) die auf anderen Flechten schmarotzenden Flechtengebilde sind keine ächten Flechtentypen; 4) die Gesteine der jüngeren Formationen beherbergen keine ihnen eigenthümliche normale Spezies u. s. w. Der- artige jetzt als falsch erwiesene Axiome rührten vornämlich aus der durch Meyer und Wallroth in die Lichenologie eingeführten Sucht her, die polymorphen Flechtenbildungen auf eine möglichst kleine Zahl von Spezies zusammenzudrängen, dagegen die Schaar der Varietäten und Formen unge- messen groß sich vorzustellen. Die Systematik wurde dadurch ziemlich ungenießbar gemacht, den 56 subjektiven Anschauungen ein zu großer Spielraum eingeräumt, die Zahl der Anhänger unserer Wis- senschaft immer kleiner, bis endlich das Mikroskop uns den sicheren Weg zeigte und uns die Wahr- heit erschloß, daß, je heterogener die Standorte zweier sonst ziemlich ähnlichen Flechten sind, wir mit um so größerer Wahrscheinlichkeit vermuthen können, daß es zwei verschiedene Spezies sind. Es kann heutzutage keinem Zweifel mehr unterliegen, daß die verschiedenen Substrate der Flechten eine tiefer eingreifende Bedeutung haben, als man bisher geglaubt hat, wiewohl es freilich auch gewisse, obwohl im Ganzen nur sehr wenige Flechten giebt, wie etwa Physcia parietina und Lecanora subfusca, für welche die Natur des Substrates mehr gleichgiltig zu sein scheint. Es ist und bleibt dagegen eine portentöse Ausnahme, wenn z. B. die sonst nur Rinden bewohnende Megalospora sanguinaria auch einmal (wie z. B. an den Korallen- steinen im Riesengebirge) an Felsen, oder die sonst nur Stein bewohnende Aspieilia einerea auch einmal (wie z. B. in Herischdorf bei Warmbrunn) an Planken und Schindeldächern vorkommt. Außer den bisher genannten Substraten der Flechten: das Gestein, die Baumrinde, das gezimmerte Holz und der nackte Erdboden, giebt es wohl noch eine nicht geringe Anzahl anderer Unterlagen, auf denen sich Lichenen entwickeln können, ja die Flechten können sich eigentlich überall ansiedeln, nur nicht, wie die Algen, im bloßen Wasser. Es genügt, in kürzeren Worten auf derartige andere Vorkommnisse der Flechten hinzuweisen. Die Flechtenvegetation der Mauern stimmt, da letztere meist mit Kalk übertüncht sind, mit der Vegetation der Kalkfelsen im Allgemeinen überein, ohne jedoch die an solchen Felsen auftretenden Flechten in einer eben so kräftigen Entwickelung, ge- schweige denn in der numerischen Stärke zu erreichen. Der Standort an Mauern ist ganz geeignet, Varietäten und Formen der den Kalkfelsen eigenthümlich angehörigen Flechten hervorzurufen, und nur wenige Spezies giebt es, die ihre Normalentwickelung gerade an Mauern zeigen, so daß diese ihren primitiven und typischen Standort darstellen (Lecanora galactina, Verrucaria muralis, ge- wisse Endopyrenia, Dermatocarpa und mehrere Collemaceen). Aehnlich verhält sich auch die Flechtenvegetation auf Dachziegeln und Backsteinen. Wenn Flechten auf altem Leder, Knochen, Glas, altem Eisen oder anderem Metall sich vorfinden, so ist ihr Vorkommen doch immer ein gar zu zufälliges und sporadisches, als daß sich daraus eine Regel abstrahiren ließe. Auf faulendem Holze gedeihen nur einzelne biatorinische Flechten, gewisse Opographeen, die Mehrzahl der Calycieen und manche Collemaceen; das Mikroskop beweist es, daß dies aber größ- tentheils spezifische Typen sind. Ueber Moosen, namentlich in alpinischen Gegenden, wie über abgestorbenen Grasblättern u. dgl. gedeihen Flechten in erfreulichster Weise und auch hier hat die Neuzeit die Erfahrung gemacht, daß es dann größtentheils selbstständige Arten sind, die anderswo nicht so leicht vorkommen. Ich erinnere an Aspieilia verrucuosa, Gyalolechia- Arten, Blastenia- Arten, viele Biatoreen und Lecideen; sie inkrustiren die Moose und ertödten sie. Die alte licheno- logische Schule will freilich von der Selbstständigkeit der meisten dieser Flechten nichts wissen, sie nimmt vielmehr z. B» von Lecanora subfusca eine ganze Suite von Formen an, die über Moosen wachse; die grellsten Verschiedenheiten in der Bildung der Schläuche und Sporen beweisen uns aber, daß die meisten dieser vermeintlichen Formen jener gemeinen Flechte sogar ganz anderen Gattungen wie z. B. Rinodina und Pertusaria angehören. In den Tropengegenden vegetiren eine ganze Anzahl durchaus eigenthümlicher Flechten, von denen wir bei uns kaum Analoga haben, sogar auf lebenden Blättern. Endlich aber kommen auch Flechten, und dies in allen Breiten der Erde, auf anderen Flechten vor, entweder sie als zufälliges Substrat benutzend, da gerade die Sporen darauf geflogen sind, oder auf sie als ihre spezifische Unterlage angewiesen, wo wir dann, freilich auch nicht mit ganz richtigem Namen, sie als parasitische Flechten bezeichnen. Zu letzterer Reihe gehören die Arten der Gattungen Abrothallus, Celidium, Dactylospora, Tichotheeium, Nesolechia u. s. w.; es sind größtentheils Flechten, welche keinen eigenen Thallus, sondern nur Fruchtkörper erzeugen. Die nachfolgenden näheren Auseinandersetzungen beziehen sich auf den Einfluß der geognosti- schen Unterlage, auf die Entwickelung und die systematische Beurtheilung der Flechten. 97 Meine vorjährige, im Auftrage der schlesischen Gesellschaft unternommene lichenologische Reise in die Vorberge des schönauer Kreises und von da in das Hochgebirge der Sudeten hatte vorzugs- weise den Zweck, die das Thal der Katzbach entlang mannigfach wechselnden Gesteinsformationen in Be- ziehung auf ihre Flechtenvegetation zu untersuchen und damit sodann die bisher weit mehr bekannten und in sich stereotyperen Flechtenformen zu vergleichen, welche die nur primitiven Felsmassen unseres Riesengebirges bewohnen. Das schönauer Thal bot mir voraussichtlich eine reiche Ausbeute dar durch das Vorherrschen des Urthonschiefers, woraus z. B. die über 2000’ hohe Hohegulje besteht, mit den zwischen- und nebengelagerten Vorkommnissen von körnigem Kalk auf dem ebenfalls über 2000' hohen Kitzelberge bei Kaufflungen, von Basalt an vereinzelten Punkten, namentlich zwischen Schönau und Goldberg, von Quarzporphyr auf dem über 1200 hohen, durch seine Säulenbildungen - höchst interessanten Willenberge bei Schönau und von dem damit zusammenhängenden Melaphyr und Mandeistein der nach Lähn zu streichenden Nachbargegenden. Dagegen mußte sich mir der nach Goldberg wie nach Löwenberg zu die letzten Vorgebirgs-Erhöhungen bildende ziemlich sporadisch auftretende Zechstein nebst dem bunten Sandstein und dem Rothliegenden voraussichtlich als uner- giebig für meine Zwecke erweisen, da diese Gebirgsarten hier nur äußerst selten und dann auch nur sehr dürftig zu Tage liegen. So kann denn das, was ich hier ermittelte, nur einigen Werth erhalten durch die Zusammenstellung mit Lichenen aus anderen Gegenden Europa’s, wo diese und verwandte Gesteinsformationen in ausgedehnterer und mehr zu Tage tretender Weise sich vorfinden. Dagegen boten die für die Flechtenvegetation so äußerst günstig hervortretenden Gebirgsarten des Riesengebirges, der Granit, Gneiß, Glimmerschiefer, Urkalk und Basalt, mir schon von jeher genü- gendes Material zur Besprechung meines Gegenstandes, und habe ich hier nicht nöthig, meine Resultate mehr aus fremden Ländern zu schöpfen. Die Flechtenvegetation der anorganischen Substrate sondert sich auf der ganzen Erde in zwei sehr streng geschiedene Gruppen: in die der kalkigen und in die der nicht kalkigen Gesteine. Es gelingi nicht, eine andere zunächst ganz allgemeine Eintheilung der Gebirgsarten in Hinsicht auf eine totale- Verschiedenheit ihrer Flechtenproduktionen aufzustellen, so sehr man auch vielleicht zu glauben geneigt wäre, daß sich eine solche direkt aus der Verschiedenheit der Gebirgsarten selbst als Ur-, Uebergangs-, Flötz-, aufgeschwemmte, basaltische und vulkanische Gebirgsarten ergeben müßte. Es liegt dieser in der Natur ausgesprochene Gegensatz gewiß tief begründet und scheint vorzüglich in den physikalischen und chemischen Eigenschaften beider Gesteinsarten zu ruhen. Die nicht kalkigen Gesteinsarten (von denen ich zuerst spreche, weil sie in Schlesien die vorwalienden sind) zeigen gegenüber den kalkigen eine durchaus größere Festigkeit und Härte, sowohl ihrer Gesammtmasse als ihrer einzelnen Gemengtheile; ihre Oberfläche zeigt (bei den hier meist fehlenden anorganischen Salzen) viel weniger und viel später die Geneigtheit, sich durch die Vermittelung des auflösenden Wassers zu zersetzen und mit den Flechtenlagern endlich zu assimiliren, dagegen haben sie sehr häufig als unwesentliche Gemengtheile verschiedene Metalloxyde, namentlich Eisen- und Manganoxyde, welche allerdings wohl nur mit Hilfe einer ähnlichen Auflösung in das Gewebe des Flechtenkörpers eindringen und die nur eben bei nicht kalkigen Gesteinen vorkommen- den sogenannten „‚oxydirten“ Flechtenformen erzeugen. Ich begnüge mich, nur auf diese beiden Momente aufmerksam gemacht zu haben, auf das physikalische der größeren Härte und auf das chemische der geringeren Auflöslichkeit; es versteht sich aber von selbst, daß eine Betrachtung der speziellen Gebirgsarten noch manch anderes Moment zur Erklärung der Thatsache wird ermitteln lassen. Ich versuche in Kürze eine solche Spezialisirung anzustellen und nehme hierbei wesentlich auch Rücksicht auf die zahlreichen Beläge hierzu, die mein Herbarium aus den verschiedensten Ge- genden aufweisen kann. Die große Reihe der nicht kalkigen Gesteine in Bezug auf etwa besondere Typen ihrer Liche- nenvegetalion in besondere Unterabtheilungen zu bringen, hat mir nicht gelingen wollen. Es scheint zwar bei oberflächlichem Betrachten, als ob eine derartige oft recht auffallende Verschiedenheit 5 58 bestände zwischen den granitartigen, den schieferigen, den sandsteinartigen und den basaltischen Gesteinen, allein es lassen sich keine bestimmte Grenzen und keine bestimmte Regeln ihrer Flech- tenflora im Besonderen aufstellen und dieselben auch nicht einmal in Voraus vermuthen, da ja alle diese Gebirgsarten dieselben Gemengtheile, als Quarz, Feldspath, Glimmer (oft nebst Hornblende und Augit), nur in verschiedenen Mengungs- und Lagerungsverhältnissen im Wesentlichen besitzen. Ich kann daher das Charakteristische nur immer bei jeder einzelnen Gebirgsart hervorheben und gebe der Kürze wegen überall nur eine aphoristische Skizzirung. 4. Granit. Er ist offenbar für die Lichenenflora eines der günstigsten Substrate und trägt die schönsten und bestentwickelten Flechtenindividuen. Auch ist seine Flora eine überall ziemlich gleiche, so daß z. B. der Granit des Tatragebirges, gleichwie der der beiderseitigen Abdachungen des Böhmerwaldes, oder wie der der oberen Lombardei, des mittleren und nordwestlichen Frank- reichs, eines Theiles der Vogesen und des Schwarzwaldes, des Fichtelgebirges und Norwegens und Schwedens fast genau dieselben Flechtenarten zeigt wie der Granit des Riesengebirges; jedoch ist auf allen diesen Graniten der Flechtenwuchs ein anderer, je nachdem der Granit grobkörnig und demnach leicht verwitterbar und bröckelnd, oder feinkörnig und demnach sehr dicht ist. Steile Fels- wände zeigen, auch selbst wenn der Granit ein grobkörniger ist, stets eine außerordentliche Härte und lassen erst sehr spät einen üppigen Flechtenwuchs zu. Ist der Standort solcher Wände ein trockener, so ist, ebenso wie in trockenen Gesteinshöhlungen und Spalten (und dies gilt auch fast von allen anderen Gebirgsarien) seitens der Flechten eine überwiegende Neigung zur Darstellung lepröser Afterformen vorhanden, die keine Früchte erzeugen und von Acharius als Lepra und Pulveraria mit Unrecht systematisch gewürdigt worden sind. Haben solche lepröse Bildungen erst überhand genommen, dann sucht man vergebens an solchen Standorten nach gut entwickelten wie nach selteneren Flechten. Dagegen gehe das Auge des Sammlers nicht vorbei, wo die Felswand noch ganz nackt zu sein scheint. An solchem Standort wachsen oft die seltensten Sachen, z. B. auf den Bibersteinen bei Warmbrunn die bisher in Norddeutschland noch nicht aufgefunden gewesene Dime- laena oreina, auf dem Prudel bei Stonsdorf das interessante Harpidium rutilans u. s. w. Ist die Felswand feucht, wie es z. B. die Kolosse des Prudelberges bei Stonsdorf zeigen, dann pflegen sehr bald Byssaceen klafterweite Strecken zu bedecken, aber sie sind auch die Fundorte der seltensten Sachen, wie des Harpidium rutilans auf eben diesem Prudel, des Stigmatomma cataleptum und Col- lema convolutum auf dem Echofelsen des Kynasts u. s. w. Die Flechtenvegetation der granitischen der Sonne ausgesetzten Felsblöcke, wie sie z. B. im hirschberger Thal in größter Menge auf den Feldern liegen und hier und da sich zu chaotischen Bergformen aufgethürmt haben, ist außerordent- lich üppig, und hier ist wohl schwer an einem solchen Blocke ein Stellchen nackter Fels zu ent- decken, wo keine Flechte säße. Ihnen eigenthümlich angehörig finden wir manche seltene Art, z. B. Massalongia carnosa, Urceolaria clausa, Psora Körberi, Lecidea sarcogymoides u. a. Die erra- tischen Granitblöcke der Ebene, z. B. der Gegenden um Freistadt und Glogau, aber ebenso auch die der ostpreußischen Meeresküste haben eine gleiche Vegetation wie jene Trümmerfelsen des hirsch- berger Thales; üppig ist sie jedoch nur zu nennen, wenn der Granit ein fester ist. Bröcklicher Granit dagegen, wie er sich z. B. um Gorkau am Zobten, wie ebenfalls an sehr vielen Stellen im hirschberger Thal, ja selbst im Hochgebirge (z. B. an den Korallensteinen) zeigt, trägt bei der Lockerheit des Substrats eine dürftigere Vegetation und wird mehr von Krustenflechten eingenommen, die kein sogenanntes akolylisches (unbegrenztes) Wachsthum haben. Granitblöcke unter Wasser, oder wenigstens eine Zeitlang im Jahre von fließendem Wasser überfluthet, haben, wie überhaupt alle überflutheten Gesteine, eine sehr charakteristische Flechtenvegetation. Wir finden nur auf sol- chem Standort im Hochgebirge an Seltenheiten: Aspieilia odora, epulotica, aquatica, Bacidia inundata, Biatora diaphana, Verruearia hydrela, Psorotichia cataractarum u. a.; in den Thälern Endocarpon fluviatile, Rinodina fimbriata, Sphaeromphale elegans, Verrucaria elaeina, laevata, Collema cataclystum, Porocyphus coccodes u. a. Es scheint, daß das Wasser auf die oberfläch- 59 lichen Theile des Gesteins, anstatt, wie man glauben sollte, erweichend und auflösend, vielmehr in hohem Grade erhärtend wirkt, und dies äußert dann offenbar seine Rückwirkung auch auf den Lichenenwuchs. 2. Der Gneiß verhält sich in Bezug auf seine Flechtenvegetation dem Granit fast ganz gleich. . Vorherrschend in Böhmen, Mähren, den schweizer und tyroler Alpen, im mittleren und südlichen Frankreich, dem nördlichen Schottland, so wie in Norwegen und Schweden, wechsellagert er oft mit Kalk-, Chlorit- und Glimmerschiefer und beherbergt oft die seltensten Flechten, wie namentlich nicht wenige in Fries Lichenogr. Europ. beschriebene skandinavische Flechten, die leider den neueren Lichenologen völlig unbekannt geblieben sind, auf Gneiß und Chloritschiefer vorkommen sollen. In Schlesien überlagert bekanntlich auf der Schneekoppe der Gneiß sattelförmig den Granit und bildet dort mit diesem wie mit dem Glimmerschiefer die evidentesten Uebergänge. Es finden sich hier manche Flechten, die man vergebens in gleicher Höhe auf anderer Gesteinsunterlage suchen würde und die demnach vielleicht dem Gneiß eigenthümlich zukommen, z. B. Lecidella aglaea, Lecidea sudetica, Lecidea melanops, Sporastatia Morio u. a. 3. Die Lichenenflora des Glimmerschiefers zeigt theils dieselben Formen wie die des Granites und Gneißes, theils enthält sie, so weit es bis jetzt scheint, ihr eigenthümlich angehörende Spezies. Letzteres gilt namentlich von demjenigen besonders dichten Glimmerschiefer, welcher in Quarzschiefer übergeht und wie er z. B. im Teufelsgärtehen in den Sudeten und auf dem Irschlem in Böhmen auftritt. Thelidium Diaboli und Stenhammara turgida habe ich bisher nur an den schwer zugänglichen Felsen des Teufelsgärtchens finden können. Im Uebrigen hat der Glimmer- schiefer fast durchweg die Eigenschaft, seine Flechten in thallodisch höchst entwickelter Form auf- treten zu lassen, und so überrascht uns z. B. die Schönheit der Steinflechtenvegetation im mährischen Gesenke, und die prächtigen Kabinetstücke des k. k. wiener Herbars, so weit es Steinflechten sind, stammen größtentheils vom Glimmerschiefer der Central- und Ostalpen. (Fortsetzung folgt.) Neuigkeiten der schlesischen Phanerogamen-Flora vom Jahre 1859, mitgelheilt von Direktor Dr. Wimmer, in der Sitzung vom 9. Februar 1860. Das Jahr 1859 hat uns für die schlesische Phanerogamen-Flora zwei neue Bürger gebracht: 1) Linaria genistifolia, von Herrn Institutsvorsteher E. Härtel in Striegau auf Halden an den Riemer’schen Steinbrüchen bei Borau-Seiffersdorf und an den Höllenbergen bei Striegau ent- deckt. Die Pflanzen waren zum Theil von A—5 Fuß Höhe, größer, als man sie in Samm- lungen zu sehen gewohnt ist, und nach Verhältniß der Stengel ästiger, die Blätter breiter und fetter. Nach den gegebenen Mittheilungen ist die Pflanze dort häufig; an eine Ver- breitung aus Gärten ist nicht zu denken, und so scheint dieß ein nördlicher Standpunkt dieser in Mähren und Böhmen schon häufigeren, dem Süden von Deutschland und Europa angehörigen Art. h 2) Ajuga pyramidalis. Fruktifizirende Exemplare fand Herr Lehrer Hilse im Ziegengrunde bei Strehlen. Wiewohl das eigenthümliche Aussehen der A. pyramidalis besonders im Stande der Blüthe hervortritt, so tragen doch die mitgetheilten Exemplare das charakteri- stische Merkmal der längeren Bracteen an sich, so daß die Bestätigung dieser Bestimmung erwartet werden darf. 8+ 60 ; Hieran schließt sich die Mittheilung einiger von demselben zum ersten Mal in der Umgegend von Strehlen beobachteten Pflanzen. Geum intermedium bei Mückendorf, welches daselbst häufig in den verschiedenen Zwischenformen vorkommt. Linaria spuria mit L. Elatine bei Warkoisch und Dobergast bei Strehlen. Lathyrus palustris bei Peterwitz. Chondrilla juncea bei Karschau. Potamogeton perfoliatus bei Peterwitz. Chenopodium rubrum in den Vorstädten Strehlens. Salix silesiaca am Galgenberge bei Strehlen, in 4 2 Exemplaren, sämmtlich mit graubehaarten Frucht- knoten und unterseits weißlich grau-grünen weichhaarigen Blättern. Man kann das Vortreten der S. silesiaca von ihrem eigentlichen Standort, einem Gürtel des Hochgebirges von 1500 bis 3500°, pach dem Vorgebirge in Schlesien sehr deutlich verfolgen, so daß dieselbe auf den höheren Punkten der letzten Vorberge gegen die Ebene zerstreut und zuletzt vereinzelt erscheint — interessante Punkte dieser Art sind die Beinertshöhe bei Charlottenbrunn, Grund bei Wüste-Waltersdorf, die Sonnenkoppe —; dennoch ist dieser so vereinzelte und tief an die Ebene heraniretende Standpunkt ein höchst merkwürdiger; die Identität dieser Form mit solchen, die am Hochgebirge vorkommen, ist unzweifelhaft. Herr Lehrer Leisner in Waldenburg theilte mit: Poterium Sanguisorba von Adelsbach bei Salzbrunn, Listera cordata aus einem Kiefernwalde am Dienerteiche bei W., Allium ursinum aus dem Bärwalde bei Eisenberg bei Strehlen, Orchis sambueina flore carneo und fl. flavo von der Wilhelmshöhe bei Salzbrunn, Senecio crispatus von Wiesen am Fuße des Hochwaides. Ferner wurden vorgelegt: Trapa natans, welche um Breslau immer seltener wird, aus einer Lache am Dorfe Margareth an der Oder, zugleich als Beispiel, wie sich die Pflanze beim Trocknen behandeln läßt. — Salix Lapponum folüs viridibus glaberrimis. Von dieser merkwürdigen Form finden sich zwei 3‘ Sträu- cher von 1 Fuß Höhe an der Pantsche im Riesengebirge, wo sich zugleich manche Uebergänge von den Formen mit behaarten Blättern zu den glattblättrigen finden. Außerdem befindet sich in der Nähe in einer steinigen Bachrinne ein 2 Exemplar mit fast haarlosen Bracteolen und grünen haar- losen Kapseln, das uns in 10 Jahren etwa 6 Blüthenexemplare geliefert hat. Daneben stehen auf der Sphagnum-Fläche eine größere Anzahl von niedrigen, kaum $ Fuß hohen Sträuchlein, welche von der Sichel der Heumäher in dieser Gestalt erhalten werden. Da die letzten trockenen Sommer hier kein Heu geliefert hatten, so konnten sich die Pflänzchen erholen und hatten in diesem Jahre zahlreiche Blüthenkätzchen. Diese Form hat oft fast linealische Blätter und ist ehedem von Tausch in der regensburger botanischen Zeitung als eigene Art unter dem Namen $. Daphneola beschrieben worden. — Cirsium oleraceum-palustre, ein vereinzeltes Exemplar im Dorfe Michelsdorf bei Kynau. — Lilium bulbiferum, wurde seit einer Reihe von Jahren auf einer Steinmauer im Dorfe Krumm- hübel beobachtet; in diesem Sommer zeigten sich zum ersten Male einige blühende Exemplare. Die Bulbillen-Bildung in den Blattachseln und die Entwickelung von 2—8 Wurzelfaserkränzen über der Zwiebel war bei allen Exemplaren sehr vollkommen. — Mentha arvensis-aquatica, zwischen wel- chen Arten sie nach der Kelchbildung deutlich die Mitte hält; diese Form zeichnete sich durch sehr angenehmen Geruch, der auch an den getrockneten jetzt noch dauert, aus und wurde an der Weistritz bei Goldschmiede beobachtet. — Quercus peduneulata, foliis elongatis, anguste oblongis, irregu- lariter sinualis, sursum saepe subintegris leviter repundis. Einige Bäume und Sträucher, welche sich von fern schon kenntlich machen, beobachtete Herr Apotheker Sonntag im Tilgner bei Wüste- Waltersdorf. — Stellaria Friesiana, an einem Feldgraben nächst Hausdorf bei Kynau. Wiewohl diese Art sich leicht durch ihren Habitus unterscheidet, so sind doch die Unterscheidungsmerkmale von S. graminea sehr dürftig und unsicher. — Hieracium Pilosella- floribundum, am Rande der Chaussee unterhalb Marienthal im Riesengebirge, in einer den Ursprung sehr entschieden aussprechen- den Form. — Asperula rivalis, von Kaltenhausen bei Leobschütz durch Herrn Apotheker Müncke mitgelheilt. — Die drei Arctium-Arten, nebeneinander im Dorfe Treschen gesammelt. Es wird 'be- merkt, daß außer den in der letzten Ausgabe der schlesischen Flora bemerkten in den Früchten 61 liegenden Unterschieden auch noch andere im Bau und der Farbe der Blüthe vorhanden sind, über welche am Ende des nächsten Sommers berichtet werden soll. — Mwyosotis alpestris Schmidt, wurde von Herrn Regierungsrath Wichura aus der kleinen Schneegrube in schönster Blüthenfülle gesammelt, wobei ich mich überzeugte, daß diese Form einen intensiven Geruch besitzt. Außerdem aber scheint sie auch in der Farbe der Blätter und Blüthen und in der Behaarung von M. sylvatica abzuweichen, wie dies auch an gebauten Exemplaren der M. suaveolens, deren Samen derselbe vom Rossadetz aus Ungarn mitgebracht hatte, beobachtet worden war. Wahrscheinlich wird sich dieselbe als eine von der M. sylvatica zu sondernde Art bestätigen. Es wurden einige Formen der Sippe Rubus vom Zobtenberge vorgelegt und darauf hingewiesen, daß sich dieselben nicht füglich einer der aus Schlesien beschriebenen Formen unterordnen ließen, überhaupt sich sehr abweichend zeigten, und wie viel zur Kenntniß der Arten dieser höchst schwierigen Sippe noch zu thun,sei. Im Anschluß an diesen Vortrag legte Prof. Dr. Cohn ein Exemplar von Zlieracium echioides vor, das derselbe auf einer Waldblöße an dem von der Kynsburg nach dem Schlesierthal herab- führenden Karretenwege in Gesellschaft von Inyla Conyza gefunden. Bekanntlich war jene ZHliera- eium-Art bisher m Schlesien nur von einem einzigen Punkte (bei Fürstenstein) bekannt. Botanische Mittheilungen Musikdirektor Siegert, vorgetragen in der Sitzung vom 9. Februar 1860. Bei meinen im vorigen Jahre unternommenen Exkursionen war meine Aufmerksamkeit im Mai und Juni vorzugsweise auf die Ohlau und auf die im Gebiet derselben befindlichen Sumpfwiesen ge- richtet. Auf einer später unternommenen Reise ins Hochgebirge führte mich der Weg über Lang- waltersdorf und Schatzlar nach dem Rehhorn, dann von Klein-Aupa über die Koppe nach Krummhübel und zuletzt nach Hermsdorf unterm Kynast. Neuigkeiten im Gebiete der schlesischen Flora sind mir auf diesen Wanderungen nicht vorge- kommen. Wohl aber dürfte Manches von dem, was ich gesammelt habe, in Bezug auf Formen und Standorte geeignet sein, unsere Aufmerksamkeit in Anspruch zu nehmen. Daß ich, wie einige von meinen heutigen Vorlagen bekunden werden, auch im vorigen Sommer, in früher gewohnter Weise, wieder einen Streifzug im Gebiet der Cirsien unternommen und mich veranlaßt fühle, auch hier den Faden noch einmal anzuspinnen, wird hoffentlich keiner Recht- fertigung bedürfen. Die hybriden Formen, die sich in diesem Genus nicht minder zahlreich einge- bürgert haben, wie unter den Weiden, werden ohne Zweifel noch längerer Beobachtungen bedürfen, ehe es uns gelingen wird, über die Gründe mancher Erscheinungen, die bis jetzt zum Theil nur noch als Muthmaßungen aufgestellt werden konnten, völlig in’s Klare zu kommen. Wie weit das Feld von Kölreuter’s ersten Versuchen an bis in die Neuzeit gelichtet worden ist, was man überhaupt gethan hat, um über das geheimnißvolle Walten der Natur bei der Erzeu- gung von Bastardbildungen zu einem bestimmten Resultate zu gelangen, darf ich hier als bekannt voraussetzen: um so mehr, da Herr Direktor Wimmer diesen Gegenstand auch in unseren Versamm- lungen wiederholt zur Sprache gebracht und uns von dem glücklichen Erfolge seiner diesfälligen Forschungen, namentlich auf dem Gebiete der Weiden, in Kenntniß gesetzt hat. Bei so erfreulichen Ergebnissen tritt allerdings der Wunsch um so lebendiger hervor, das Feld in noch weiterer Aus- dehnung gelichtet zu sehen. Um bei dem Nachweis über die vorhin ausgesprochenen Mängel die Grenzen nicht über das vorliegende Material auszudehnen, will ich mich einstweilen nur auf folgende Andeutungen beschränken. 62 Man hat bereits früher schon, theils aus den Erscheinungen, unter denen die natürlichen Bastarde auftreten, theils aus künstlichen Versuchen, gewisse Grundsätze abgeleitet und diese als Norm für alle hybriden Gebilde aufgestellt. Allein die meisten von diesen Grundsätzen sind so schwankend und so vielen Ausnahmen unterworfen, daß sie nur selten als maßgebend betrachtet werden können. So stellte man, auf künstliche Befruchtungen gestützt, den Grundsatz auf, daß bei den Bastarden in den Reproduktionsorganen eine überwiegende Aehnlichkeit mit dem Vater, in den Vegetationsor- ganen dagegen die meiste Aehnlichkeit mit der Mutter zu finden sei. Dieser Grundsatz, auf die natürlichen Bastarde angewendet, möchte schwer konsequent durchzuführen sein. Nägeli hat denselben bei seinen Cirsien der Schweiz adoptirt. Als ich vor zwei Jahren das Vergnügen hatte, ihm meine Cirsiensammlung vorlegen zu können, sprach er sich, auf spätere Erfahrungen gestützt, zu Gunsten einer anderen Disposition und zwar für eine Sonderung der Bastarde in 3 Gruppen aus. Zur Prüfung der Echtheit einer Spezies sollen Kulturversuche das geeigneiste Mittel sein, in- dem die echten Spezies unter allen Verhältnissen konstant bleiben, während die Bastarde wieder zu einer der elterlichen Spezies, namentlich zu derjenigen zurückkehren sollen, die auf das hybride Individuum ein typisches Uebergewicht ausgeübt hat. Die Umwandlung eines Bastards in den Typus einer der Spezies, aus welcher er entstanden, soll, wie Gärtner berichtet, nach Verlauf von 5 Jahren erfolgen. Einige von mir in den Garten verpflanzie Bastarde von Cirsium canum-rivulare, bei denen ein typisches Uebergewicht zu ©. canum im gesammten Habitus nicht. zu verkennen war, näherte sich im Verlauf einiger Jahre dem €. rivulare, so daß man die erste Stammart fast nur in der Anhef- tung der Blätter noch sicher erkennen konnte. C©. heterophyllum-palustre ist mir im Garten mehrere Male eingegangen, vermuthlich darum, weil Cirs. palustre zu den zweijährigen Gewächsen gehört. Dagegen schreibt Dr. Fr. Schulz in Weißenburg im 16. Jahresbericht der „Pollichia“: ‚„Cirsium acaule-tuberosum, welches ich bei Landau gefunden und einen Stock von da in den Garten gebracht, hat sich darin unveränderlich erhalten und sehr vermehrt.“ Die Unfruchtbarkeit gehört nicht zu den beständigen Merkmalen bei den Bastarden. Bei den natürlichen hybriden Pflanzen kommt sie selten vor; bei den künstlichen Bastarden beruht sie auf zufälligen uns noch unbekannten Ursachen. Ueber diese und ähnliche Erscheinungen schreibt Gärtner in seinem werthvollen Werke: „Ver- suche über die Bastarderzeugung im Pflanzenreich“ S. 293 Folgendes: „Da es uns noch an Mitteln fehlt, die Entstehung und Entwickelung der verschiedenen Pflanzenformen von der einfachen Zelle an bis zur vollendeten Entwickelung des vollkommenen Gewächses in ihren verschiedenen Phasen zu erklären und im Organismus zu verfolgen oder zu konstruiren, ‚so sind wir auch noch nicht im Stande, zu bestimmen, womit der Metaschematismus der hybriden Bildung mit der vegetabilischen Metamorphose überhaupt zusammenhängt. Die unendliche Mannigfaltigkeit der Mischungsverhältnisse, der Bestandtheile und der Zusammensetzung der Organe erklärt zwar einigermaßen die unendliche Abänderung der Formen der Gewächstheile, erschwert aber auch eine richtige und genaue Bestim- mung ihrer Vollkommenheitsstufen. Wir bezweifeln, daß die vergleichende Anatomie dieser Gebilde, so fein auch in neuester Zeit die Untersuchungen von Pflanzentheilen durch die Vervollkommnung der Mikroskope sind, je im Stande sein wird, über diese vitalen Veränderungen im pflanzlichen Organismus einigen Aufschluß zu geben. — Die Metamorphose der Gewächse wird erst dann, wenn wir die Kräfte zu berechnen im Stande sein werden, mit welchen die Faktoren bei der Bildung der Bastardtypen auf einander wirken und sich gegenseitig begrenzen, erkannt werden.“ Wir müssen uns daher einstweilen noch damit begnügen, die Bastarde, bei denen die Inkonstanz zu den charakterischen Merkmalen gehört, mit Herrn Direktor Wimmer als Ausnahmsbildungen zu betrachten, und ihnen, wenn wir sie als hybride Gebilde erkannt haben, eine gesonderte Stelle an- weisen, damit unter den echten Arten jeder möglichen Verwirrung vorgebeugt werde. Ich habe es demnach in der Neuzeit für kein unnützes Unternehmen erachtet, zunächst von’ 63 unseren schlesischen Cirsienbastarden so viele Formen -zu sammeln, als ich deren habhaft werden konnte, um wenigstens vorläufig die Mannigfaltigkeit der Formen in ihrer ganzen Ausdehnung kennen zu lernen. Vielleicht kann das gesammelte Material, wenn später einmal eine neue Ansicht auftau- chen sollte, dieser als Beleg dienen und dazu beitragen, ihr Geltung zu verschaffen. Aus dem Inhalt meiner vorjährigen Ausbeute theile ich mit: Cirsium heterophyllum-palustre Wimmer, aus dem Eulengrunde am Fuße der schwarzen Koppe bei Krummhübel; Cirsium canum-rivulare Siegert, von den Wiesen bei Marschwitz bei Ohlau; Salix caprea-silesiaca Wimmer, Hieracium prenanthoides \ill., | Aeconitum napellus L., Delphinium elatum L., Cirsium lanceolatum mit unterseits filzigen Blättern bei Langwaltersdorf, eine Form, von der ich bis jetzt nır 2 Exemplare gefunden habe; Thesium pratense Ehrhart, Salix aurita-silesiaca Wimmer, | Salix cinereo-siesiaca (?) von Agnetendorf, unter den Eltern; Ceratophyllum submersum L., aus einem Graben unweit des Jungfern-Teiches Potumogeton obtusifolius M. et Koch, bei Kottwitz bei Ohlau. \ vom Gipfel des Rehhorns; von Krummhübel; Verzeichniss der bei Strehlen gefundenen selteneren Phanerogamen und Gefäss-(ryptogamen von Lehrer Hilse. Mit Ausnahme aller derjenigen Pflanzen, welche nach der dritten Bearbeitung von Dr. Wimmer’s Flora als gemein für Schlesien oder doch wenigstens für die Ebene dieses Landes anzusehen sind, enthält diese Zusammenstellung sämmtliche mehr oder minder seltene Arten, welche bisher in hiesiger Gegend beobachtet worden sind. Das durchsuchte Gebiet erstreckt sich nach allen Richtungen hin im Durchschnitt bis zu einer Meile Entfernung von Strehlen; nach Norden ist diese Entfernung ge- ringer, nach Süden etwas größer als eine Meile. Im Süden, ungefähr 14 Meile von Strehlen, liegt das Rummelsgebirge, dessen 3 höchste Punkte der Rummelsberg, Kalinkeberg und Leichnamsberg sind. Der Rummelsberg erhebt sich 1218 par. Fuß über die Ostsee; die beiden anderen Berge sind einige Fuß niedriger. Während der Wald dieser Berge mehr ein gemischter ist, worin die Kiefer vorherrscht, trägt der Gipfel, besonders des Leichnams- und Rummelsberges, fast nur Roth- buchen, untermengt mit Eichen. Das Hauptgestein der Gegend bilden Gneiß, Glimmerschiefer und Granit. An wenigen Stellen befinden sich Lager von Quarz und Marmor. Diese Marmorlager, wie bei Prieborn und Geppersdorf, üben aber keinen wesentlichen Einfluß auf die Vegetation aus, da sie von zu untergeordneter Bedeutung sind. Durchflossen wird das Gebiet von der Ohle mit ihrem Nebenflusse, dem Kryhnwasser. Der Boden ist meist lehmig und reich an Humus, daher zum Anbau von Weizen und den übrigen Getreidearten geeignet. Die Flora der wildwachsenden Pflanzen hat vorwiegend den Charakter der Ebene, und wenn auch Pflanzen des Vorgebirges vorkommen, wie Bromus asper, Festuca heterophylla, Poa sudetica, Salix silesiaca eic., so sind es im Ganzen nur wenige und stets auf einen kleinen Standort beschränkt. Strehlen liegt gegen 520 Fuß über dem Meere, und die meisten Pflanzen des folgenden Verzeichnisses sind in einer Höhe von 500—700 Fuß gefunden worden. Die Gipfel der Berge haben nur einen sehr geringen Beitrag zu den selteneren Arten geliefert. Als interessante Punkte für den Botaniker dürften besonders zu nennen sein die 64 Gegend von Geppersdorf mit Einschluß des Lehmberges, die Wiesen bei Skalitz, die Mergelgruben von Warkotsch und ganz besonders die bei Peterwitz. Letzterer Ort bietet eine nicht geringe An- zahl seltener Pflanzen dar. Geordnet ist das folgende Verzeichniß nach der dritten Bearbeitung der Flora Schlesiens. Bei einer geringen Anzahl von Pflanzen, die ich bis jetzt nicht selbst an ihren Standorten gesehen, sind die Werke genannt, welche ihr hiesiges Vorkommen verbürgen. 1. Equisetum Telmateja Ehrh. An einem Graben bei Siebenhuben. 2. Polypodium vulgare L. Mehrere Stellen auf der Stadtmauer. 3. Polypod. Phegopteris und Dryopteris L. Rummelsberg und Leichnamsberg. 4. Aspidium Thelypteris Swartz. Bei Skalitz. 5. Botrychium Lunaria Sw. Sparsam auf dem Marienberge. 6. Lycopodium Selago L. Fand ich einmal auf dem Kalinkeberge. 7. Leersia oryzoides Swariz. Dammmühle, Hussinetz, Jäschkittel. 8. Calamagrostis lan- ceolata Roth. Niklasdorf. 9. Trisetum flavescens Palis. Bei Pentsch nach Wimmer’s Flora. 10. Poa sudetica Haenke. Im Walde von Skalitz. 11. Festuca heterophylla Lamarck. Lichte Stellen am Rummelsberge. 12. Bromus asper Murray. An derselben Stelle. 13. Dromus race- mosus L. Bei Strehlen nach Wimmer. 14. Bromus arvensis L. Bei der Altstadt, nach Sadebeck „die strehlener Berge“. 15. Carex Pseudo-Cyperus L. Peterwitz, Skalitz, Geppersdorf. 16. Carex ampullacea Good. Peterwitz, Geppersdorf. 17. Carex fulva Good. Groß-Lauden. 18. Carex Oederi Ehrh. Peterwitz, Warkotsch. 19. Carex montana L. Lehmberg. 20. Carex polyrrhiza Wallroth. Lehmberg, Rummelsberg. 21. Carex Buxbaumii L. Geppersdorf, Knieschwitz. 22. Carex caespitosa L. Skalitz, Niklasdorf, Krippitz. 23. Carex cyperoides L. Geppersdorf, Hussi- netz. 24. Carex azwillaris Gooden. Bei Skalitz und Dobergast. 25. Carex paniculata L. Skalitz. 26. Carex paradoxa Willd. Pentsch, Geppersdorf, Skalitz. 27. Carex teretiuseula Good. Häufig bei Warkoisch. 28. Carex disticha Huds. Peierwitz. 29. Carex Davalliana Smith. Peterwitz, Pentsch. 30. Eleocharis ovata R. Brown. Bei Geppersdorf. 31. Blysmus compressus Link. War- kotsch, Peterwitz. 32. Eriophorum angustifolium Roth. Prieborn. 33. Eriophor. gracile Koch. Mergelgruben von Warkoisch. 34. Seirpus Tabernaemontani Gmelin. Peterwitz. 35. Scirpus maritimus L. Plohmühle, Hussinetz. 36. Cyperus flavescens L. Auf Wiesen bei Penisch. 37. Cyperus fuscus L. Peterwitz, Striege. 38. Luzula pilosa Willd. und albida de Cand. Rummelsberg. 39. Juneus fuscoater Schreb. Peterwilz. 40. Colchieum autumnale L. Viele Stellen. 41. Gagea minima Schultes. Unter Gesträuch auf Wiesen von Geppersdorf. 42. Lilium Mar- tagon L. Rummelsberg. 43. Muscari comosum Mill. Am Kirchberge von Ruppersdorf nach Sade- beck. 44. Allium ursinum L. Eisenberg, Mückendorf. 45. Allium Scorodoprasum L. Am Ohlau- Ufer hinter Tschanschwitz. 46. Antherieum ramosum L. Sparsam auf dem Lehmberge. 47. Polygonatum verticillatum Mönch. Am Rummelsberge nach Wimmer. 48. Polygonatum anceps Mönch. Rummelsberg. 49. Iris sibirica L. Auf Wiesen bei Peterwitz und am Lehmberge. 50. Gladiolus imbricatus L. Auf einer Wiese am Lehmberge. 51. Galanthus nivalis L. Dammmühle ete. 52. Potamogeton rufescens Schrader. An mehreren Stellen bei Eisenberg. 53. Potamogeton gramineus L. Bei Striege und Peterwitz. 54. Potamogeton perfoliatus L. Peterwitz. 55. Liparis Loeselü Richard. Häufig in den Mergelgruben bei Warkotsch, vereinzelt bei Peter- witz. 56. Orchis sambucina L. Am Lehmberge. 57. Orchis incarnata L. Mergelgruben von Peterwitz. 58. Gymnadenia conopsea R. Brown. Häufig auf einer Wiese nördlich von Ruppers- dorf. 59. Platanthera chlorantha Custer. Lehmberg. 60. Neottia Nidus avis Richard.» Rum- melsberg. 61. Epipaetis palustris Crantz. Reichlich bei Warkotsch, sparsam bei Peterwitz, 62. Cephalanthera ensifolia Richard. BRummelsberg. | 65 63. Typha latifolia L. Peterwitz, Striege, Skalitz. 64. Sparganium natans L. Mergelgru- ben von Peterwitz, Striege, Warkotsch und Knieschwitz. 65. Callitriche autumnalis L. Dieselbe fand ich im Herbst 1856 im Teiche von Hussinetz. 66. Alnus incana Willd. Bei Peterwitz. 67. Salir pentandra L. Sparsam bei Peterwitz. 68. Salix aurita-purpurea Wimm. Galgen- berg. 69. Salix aurita-viminalis Wimm. Galgenberg. 70, Salix silesiaca Will. Am Galgen- berge in einigen Formen. 71. Salix fragilis-pentandra Wimm. Am Waldsaume von Dobergast. 72. Atriplex roseum L. Karschau, Tschanschwitz etc. 73. Chenopodium urbieum L. Kar- schau etc. 74. Chenopodium Vulvaria L. In Woiselwitz. 75. Chenopodium rubrum L. In der Altstadt und in Friedersdorf. 76. Amarantus retroflewus L. In Woiselwitz und Karschau. 77. Polygonum Bistorta L. Klosterwiese u. a. O. 78. Rumer Hydrolapathum Huds. Mer- gelgruben von Peterwitz. 79. Thesium montanum Ehrhart. Marienberg. 80. Daphne Mezereum L. Rummelsberg. 81. Aristolochia Clematitis L.. An Zäunen von Dobergast. 82. Valeriana sambucifolia Mikan. Skalitz, Striege etc. 83. Valeriana dioica L. Bei Pentsch, Peterwitz, Plohmühle. 84. Dipsacus sylvestris Miller. Bei Skalitz und in Friedersdorf. 85. Petasites officinalis Mönch. Bei Krummendorf und Hussinetz. 86. Petasites albus Gärtner. Auf einem kleinen Flecke am Rummelsberge. 87. Inula hirta L. Auf dem Lehmberge, 88. Xan- thium sirumarium L. In Karschau. 89. Pyrethrum corymbosum Willd. Rummelsberg, Lehmberg. 90. Gnaphalium luteo-album L. In der städtischen Sandgrube. 91. Piarmica vulgaris D. C. Unweit des geppersdorfer Kalkofen. 92. Senecio erueifolius L. In den peterwitzer Mergelgruben. 93. Senecio barbaraeifolius Krocker. An Grabenrändern in Friedersdorf. 94. Senecio palustris DC. Einige Exemplare fand ich einst am Leichnamsberge. 95. Carlina acaulis L. Galgenberg. 96. Oentaurea solstitialis L. Zeigte sich vor einigen Jahren am Ufer der Ohle, jetzt scheint die Pflanze wieder verschwunden zu sein. 97. Onopordon Acanthium L. Krummendorf u. a. O0. 98. Carduus erispus L. Skalitz etc. 99. Cirsium heterophyllum Allione. Kommt in wenigen Exemplaren auf dem Lehmberge vor. 100. Cirs. rivulare Jacq. Bei Skalitz, Geppersdorf und Prieborn. 101. Cirs. acaule Allione. In Mergelgruben von Peterwitz. 102. Cirs. acaule-oleraceum Schiede. In Mer- gelgruben bei Peterwitz. 105. Cirs. acaule-canum Siegert. Peterwitz. 104. Cirs. palustre-rivu- lare Schiede. Bei Skalitz, Dobergast, Knieschwitz. 105. Cirs. rivulare-oleraceum DC. Deutsch- Neudorf, Knieschwitz und in großer Menge bei Prieborn. 106. Cirs. palustre-oleraceum Schiede. Bei Skalitz und Knieschwitz. 107. Cirs. oleraceum-canum Wimmer. Auf Wiesen bei Peterwitz und noch vielen anderen Stellen. 108. Cirs. oleraceum-lanceolatum Koch. Kam in einigen Exem- plaren auf einem Mergelhaufen bei Peterwitz vor; seitdem dieser Mergel weggefahren, ist auch die Distel nicht mehr zu sehen. 109. Achyrophorus maculatus Scopoli. Bei Niklasdorf. 110. Tra- gopogon orientalis L. Auf Wiesen von Niklasdorf. 111. Scorzonera humilis L. Marienberg, Geppersdorf, Rummelsberg. 112. Pieris hieracioides L. An der Ohle unweit der Stadt. 113. Prenantkes purpurea L. Rummelsberg. 114. Lactuca Scariola L. An der Ohle an mehreren Stellen. 115. Chondrilla juncea L. Am Rande eines Kiefernwäldchens hinter Karschau. 116. Crepis praemorsa Tausch. Bei Skalitz und Peterwitz. 117. Crepis succisifolia Tausch. Auf Wiesen bei Skalitz,. 118. Zieracium cymosum L. Bei Strehlen nach Wimmer. 119. Hieracium pratense- Pilosella Wimm. Auf Wiesen am Walde von Dobergast. 120. Phyteuma orbiculare L. Bei Peterwitz, Plohmühle und Salitz. 121. Phyteuma spicatum L. Im dobergaster Walde und am Rummelsberge. 122. Campanula Cervicaria L. Rummelsberg, Lehmberg. 123. Campanula glomerata L. Bei Peterwitz und Warkoisch, 124. Adenophora suaveolens Fischer. Im Walde von Geppersdorf. 9 66 125. Galium vernum Scopoli. Am Rande eines Gebüsches nördlich von Ruppersdorf. 126. Galium rotundifolium L. Kalinkeberg. 127. Asperula odorata L. Rummelsberg. 128. Lonicera Periclymenum L. Auf dem Krystallberge bei Krummendorf nach Sadebeck. 129. Sambucus racemosa L. Kalinkeberg. 150. Vinca minor L. Am Rummelsberge. 131. Vincetoxicum offieinale Mönch. Lehmberg und Ziegenrücken. 132. Gentiana Pneumonanthe L. Bei Peterwitz, Eichwald, Geppersdorf, Knieschwitz. 133. Gentiana ciliata L. Golschau. 134. Gentiana Amarella L. In den Mergelgruben von Peterwitz. 135. Erythraea pulchella Fries. Peterwitz. 136. Menyanthes trifoliata L. Peterwitz. 137. Mentha acutifolia Smith. Bei Strehlen nach Wimmer’s Flora. 138. Salvia vertieillata L. An einem Grabenrande zwischen Friedersdorf und Glambach. 139. Salvia pratensis L. Peter- witz, Warkotsch. 140. Origanum vulgare L. Um Strehlen nach Wimmer. 141. Prunella gran- diflora L. Bei Peterwitz. 14?. Melittis Melissophyllum L. Rummelsberg, Lehmberg. 145. La- mium Galeobdolon Crantz. Im Walde von Dobergast. 144. Galeopsis versicolor Curtis. Bei Pentsch. 145. Stachys annua L. Peterwitz. 146. Stachys recta L. Bei Peterwitz und Prieborn. 147. Marrubium vulgare L. In Striege und bei Sägen. 148. Teucrium Scordium L. Bei Peterwitz, Knieschwitz und Gurtsch. 149. Verbena officinelis L. An Wegen um die Stadt. 150. Cerinthe minor L. Bei Peterwitz, Warkotsch, Skalitz, Gurtsch. 151. Pulmonaria angu- stifolia L. Im Walde von Geppersdorf. 152. Myosotis caespitosa Schultz. Bei Strehlen nach Wimmer’s Flora. 153. Echinospermum Lappula Lehmann. Auf der Stadtmauer. 154. Cuscuta Epilinum Weihe. Steinkirch, Peterwitz etc. 155. Cuscuta Epithymum L. Rosen, Tschanschwitz. 156. Datura Stramonium L. Hinter Krippitz. 157. Verbascum Lyehnitis L. Bei Peterwitz. 158. Verbascum phoeniceum L. Auf dem Rother-Berge bei Peterwitz nach Sadebeck. 159. Verbascum phlomoides L. Bei Steinkirch. 160. Verbascum Blattaria L. An der Straße nach Friedersdorf. 161. Scerophularia aquatica L. Bei Skalitz. 162. Linaria Elatine Miller. Auf Aeckern bei Dobergast, Warkotsch und Peterwitz. 163. Linaria spuria Miller. Ebendaselbst. 164. Linaria minor Desfontaines. Pentsch, Peterwitz. 165. Linaria arvensis Desfontaines. Auf dem Galgenberge und der Anhöhe bei Striege. 166. An- tirrhinum Orontium L. Bei Peterwitz und Golschau. 167. Digitalis ambigua Murray. Lehmberg, Rummelsberg. 168. Limosella aquatica L. In der städtischen Sandgrube und bei Golschau. 169. Veronica spicata L. Peterwitz, Marienberg. 170. Veronica longifolia L. Peterwitz, Tschansch- witz, Käscherei etc. 171. Pedicularis palustris L. Peterwitz, Groß-Lauden etc. 172. Pedieularis sylvatica L. Im Ziegengrunde. 173. Orobanche rubens Wallroth. Im Kalkbruche bei Prieborn auf Wurzeln von Medicago falcata; kam früher auch sparsam bei Peterwitz vor, ist aber daselbst jetzt verschwunden. 174. Lathraea Squamaria L. Skalitz (Wald), Rummelsberg. 175. Utrieularia vulgaris L. Peterwitz, Warkotsch, Krippitz, Striege. 176. Trientalis europaea L. Rummelsberg. 177. Vaceinium Vitis idaea L. Töppendorfer Berg; ward früher in unserer Flora vermißt. 178. Pyrola chlorantha Swartz. Lehmberg, Rummelsberg. 179. Pyrola minor L. Rummelsberg, Kalinkeberg. 180, Pyrola media Swartz. Lehmberg. 181. Pyrola uniflora L. Kalinkeberg und im Stadtwalde. 1852. Chimophila umbellata Pursh. Auf dem Lehmberge. 183. Aypopitys Mo- notropa L. Lehmberg und Rummelsberg. 154. Sanieula europaea L. Rummelsberg. 185. Astrantia major L. Im Walde von Dober- gast und am Rummelsberge. 186. Cicuta virosa L. Im Ziegengrunde und auf dem Galgenberge. 157. Critamus agrestis Besser. An mehreren Orten. 188. Pimpinella magna L. Auf Wiesen bei 67 Siriege ete. 189. Berula angustifolia Koch. Bei Pentsch. 190. Seseli annuum L. Marienberg. 191. Peucedanum Cervaria Lapeyrouse. Mergelgruben bei Peterwitz. 192. Peucedanum Oreose- linum Mönch. Peterwitz. 193. Peucedanum palustre Hoffmann. Skalitz. 194. Laserpitium pru- tenicum L. Rummelsberg. 195. Chaerophyllum aromaticum L. Bei Pentsch und Plohmühle. 196. Adoxa Moschatellina L. Im Walde von Dobergast. 197. Hedera Helix L. Rum- melsberg. 198. Sedum villosum L. Bei Strehlen nach Wimmer’s Flora. 199. Sempervivum soboliferum Sims. Häufig auf Dächern und Mauern. 200. Saxifraga tridactylites L. Auf der Stadtmauer und bei Warkoitsch. 201. Thalietrum aquilegifolium L. Am Rummelsberge. 202. Thalictrum minus L. Bei Pe- terwitz. 203. Thalictrum angustifolium L. Peterwitz und Striege. 204. Thalictrum simplex L. In Mergelgruben bei Peterwitz. 205. Anemone ranunculoides L. Pentsch. 206. Hepatica triloba Chaix. Rummelsberg. 207. Adonis aestivalis L. Warkotsch, Dobergast etc. 208. Ranunculus Lingua L. Bei Peterwitz und Striege. 209. Ranunculus cassubicus L. Im Walde von Skalitz, 210. Ranunculus sardous Crantz,. An vielen Stellen. 211. Trollius europaeus L. Bei Pentsch und Geppersdorf. 212. Helleborus viridis L. Hussinetz. 213. Isopyrum thalietroides L. Im Walde von Dobergast. 214. Nigella arvensis L. Bei Brosewitz nach Sadebeck. 215. Aconitum variega- tum L. An sumpfigen Stellen im Walde von Geppersdorf. 216. Actaea spicata L. Rummelsberg, im Wallgraben. 217. Papaver dubium L. Um Friedersdorf, Riegersdorf, Warkoisch etc. 218. Corydalis cava Schweigg. Dammmühle, Pentsch etc. 219. Barbarea strieta Andrzejowski. Im Walde von Mückendorf. 220. Arabis Gerardi Besser. Bei Skalitz. 221. Alyssum calyeinum L. Auf Aeckern bei Warkotsch. 222. Nymphaea alba L. Bei Plohe. 223. Helianthemum vulgare Gärt. Marienberg. 224. Drosera rotundifolia L. Katschalken, Riegersdorf und Schreibendorf. 225. Viola mirabilis L. Bei Pentsch. 226. Viola strieta Hornemann. Auf dem Lehmberge. 227. Viola elatior Clusius, Fries. Bei Klein-Lauden und Gurtsch. 228. Portulaca oleracea L. An Wegen an der Mauer in Woiselwitz. 229. Sagina nodosa Meyer. Bei Peterwitz und Knieschwitz. 230. Dianthus superbus L. Bei Peterwitz und im Walde von Geppersdorf. 231. Saponaria diurna Fenzl. Bei Skalitz. 232. Saponaria noctiflora Fenzl. Bei Pentsch und Plohe. 233. Silene Saponaria Fenzl. In Woisel- witz. 234. Oucubalus baceifer L. Klein-Lauden und Geppersdorf. 235. Lavatera thuringiaca L. Bei Warkotsch. 236. Malva Alcea L. Bei Türpitz, Dober- gast und Glambach. 257. Tilia grandifolia Ehrhart. Rummelsberg. 238. Hypericum tetrapterum Fries. Bei Krummendorf und Skalitz. 239. Hypericum monta- num L. Am Rummelsberge. 240. Elatine Hydropiper L. Im Jahre 1856 fand ich diese Art sehr reichlich im Teiche bei Hussinetz. 241. Elatine Alsinastrum L. Auf dem Galgenberge und bei Hussinetz. 242. Euphorbia duleis L. Am Rummelsberge. 243. Euphorbia palustris L. Bei Peterwitz. 244. Euphorbia exigua L. Peterwitz. 245. Geranium phaeum L. Sparsam bei Polnisch-Neudorf. 246. Geranium columbinum L. Bei Dobergast. 247. Geranium sanguineum L. Häufig auf dem Lehmberge. 948. Oenothera biennis L. Am Kryhnwasser hinter Ruppersdorf. 249. Epilobium hirsutum L. Bei Gurtsch ete. 250. Epilobium virgatum Fries. Auf dem Galgenberge. 251. Circaea lute- tiana L.. Am Rummelsberge. 252. Hippuris vulgaris L. An der Straße nach Klein-Lauden bei den hohen Brücken. 259. Miyriophyllum vertieillatum L. Bei der Dammmühle. 9* 68 254. Lythrum Hyssopifolia L. In Friedersdorf und bei Striege. 355. Pirus torminalis Ehrhar. Am Rummelsberge nach Wimmer. 256. Rosa gallica L. Auf einem Feldwege am östlichen Theile der Kolonie Eichwald. 257. Rubus nemorosus v. montanus Wimm. Am Rummelsberge nach Wimmer’s Flora. . 258. Rubus saxatilis L. Lehmberg und Rummelsberg. 259. Fragaria elatior Ehrhart. Bei Plohmühle. 260. Comarum palustre L. Bei Siriege nach Sadebeck. 261. Potentilla supina L. Teich bei Hussinetz. 262. Potentilla norvegica L. Ebendaselbst. 263. Potentilla recta L. Marienberg und Warkotsch. 264. Potentilla opaca L. Am Galgenberge. 265. Potentilla alba L. Marienberg und Rummels- berg. 266. Alchemilla vulgaris L. Auf der Klosterwiese gegen die Dammmühle hin. 267. Aphanes arvensis L. Bei Geppersdorf und Skalitz. 268. Poterium Sanguisorba L. In einem Kiefernwäld- chen hinter Karschau. 269. Geum intermedium Ehrhart. Im Walde bei Mückendorf. 270. Ononis hircina Jacquin. Peterwitz. 271. Sarothamnus vulgaris Wimm. An Wegen am Rummels- und Leichnamsberge. 272. Genista germanica L. Rummelsberg. 275. Cytisus ca- pitatus Jacquin. Töppendorfer Berge, Rosen, Lorenzberg. 274. Anthyllis Vulneraria L. Bei Pe- terwitz und Brosewitz. 275. Melilotus macrorrhiza Persoon. Mergelgruben bei Peterwitz. 276. Melilotus officinalis Desrousseaux. Dammmühle, Skalitz. 277. Trifolium rubens L. Töppendorfer Berg und Leichnamsberg. 278. Trifolium fragiferum L. Bei Peterwitz. 279. Tetragonolobus siliquosus Roth. Bei Peterwitz. 280. Vieia sylvatica L. Aın Rummelsberge und bei Golschau. 281. Vicia dumetorum L. Im Walde von Dobergast. 282. Vieia tenuifolia Roth. Auf mehreren Aeckern. 283. Vicia lathyroides L. Am südwestlichen Abhange des Marienberges. 284. Lathy- rus tuberosus L. An mehreren Orten. 285. Lathyrus sylvestris L. Am Rummelsberge und bei Golschau. 286. Lathyrus palustris L. Auf Wiesen bei Peterwitz. 287. Orobus tuberosus L. Am östlichen Waldsaume des Leichnamsberges. 288. Orobus niger L. Am Rummelsberge. 289. Oro- brychis sativa Tournef. Bei Peterwitz, Warkotsch und Manze. Botanische Mittheilungen von Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Göppert, vorgetragen in den Sitzungen vom 23. Februar und 27. März 1860. I. Ueber das riechende Prinzip in den Blüthen der Magnolia fuscata Andr. Bekanntlich verdanken mehrere Früchte, wie Melonen, Ananas, ihren eigenthümlich schwach ätherartigen Geruch valeriansaurem Amyloxyd, der jedoch in keiner mir bekannten Pflanze so eminent hervortritt, als in den dunkelbraunroth gefärbten Blüthen der Magnolia fuscata Andr. aus China, die seit einigen Jahren in unserem botanischen Garten keine Seltenheit mehr ist. Die frische, noch nicht geöffnete Blüthe riecht weniger stark, als die völlig aufgeblühte und abgefallene, so daß 2—3 Blätter der letzteren ein Zimmer mäßiger Größe 24 Stunden lang mit einem Essig- äther täuschend ähnlichen Geruch zu erfüllen vermögen. Il. Ueber den botanischen Garten in Würzburg. Als ich vor 7 Jahren die Handels-Gärtnereien ersuchte, für korrektere Beschaffenheit ihrer Pflanzen- und Samen-Kataloge (unter Benutzung vielfach bereits vorhandener Hilfsmittel) Sorge zu tragen, wurde dies zwar von manchen Seiten nicht so unumwunden anerkannt, hatte aber doch die ersprießliche Folge, daß mir noch in demselben Jahre von den Herren Neubert und Reichenbach in Plicken bei Gumbinnen in Ostpreußen und Geitner in Planitz bei Zwickau Kataloge zuge- schickt wurden, die allen nur möglichen Anforderungen genügten, und daß sich überhaupt seit 69 jener Zeit Alle bestrebten, Verbesserungen einzuführen, so daß mir im letzten Jahre kaum ein Katalog noch begegnet ist, der von solcher Nichtachtung der Gesetze der Sprache und der Wissen- schaft Proben lieferte, wie sie vor jener Erinnerung fast alle Kataloge zur Schau trugen. Hoffent- lich geht es auch so mit den botanischen Gärten. Als ich vor vier Jahren aus vielfachen, hier nicht weiter zu erörternden Gründen auf die Nothwendigkeit einer Reform derselben aufmerksam machte, erfuhr ich wenigstens keinen Widerspruch; hier und da ging man wohl auf meine, freilich mancherlei Opfer an Zeit und Mühe erfordernden Vorschläge ein, hat sie wohl aber nirgends in solcher Ausdehnung bereits berücksichtigt, wie dies bei der Restauration des botanischen Gartens in Würzburg durch Herrn Professor Schenk geschehen ist, wovon derselbe in einer so eben erschienenen kleinen, zugleich als Führer dienenden, mir höchst interessanten Schrift: „Der botanische Garten der Universität zu Würzburg“, Nachricht giebt, für die ich mich zu aufrichtigem Dank verpflichtet fühle. Während es sonst. fasi als Regel galt, gerade die zum Unterricht für Mediziner und Pharmazeuten erforderlichen Pflanzen in botanischen Gärten nicht zu besitzen, erfreut sich Herr Schenk schon einer recht ausgezeichneten Sammlung von Gewächsen dieser Art, die nun auch anfangen, häufiger in den Handel zu gelangen, als dies früher der Fall war, wo man nach ihnen gar nicht fragte. Auch von der Nothwendigkeit, die sonst überall nach Größen und Kulturverhältnissen ohne alle weitere Ordnung in botanischen Gärten zerstreut stehenden Topfpflanzen nach natürlichen und geographischen Gruppen anzuordnen, ist unser Herr Kollege überzeugt und hat sie nicht blos im Freien, sondern auch in die Gewächshäuser übertragen, wie auch eine Zusammenstellung zur Erläuterung der Gestaltlehre der Pflanzen hinzugefügt. Ueber die Art der Bezeichnung finde ich in der Schrift zwar nichts erwähnt, zweifle aber nicht, daß er die kurzen Notizen, mit denen er die vorhandenen, in irgend einer Hin- sicht interessanten Gewächse aufführt, auch auf ihre Etiqueiten übertragen und überhaupt die bisherige hieroglyphische Form verlassen haben wird, die den Studirenden eben nicht besonders anzuziehen vermochte. Sollte man es wohl glauben, daß es noch Gärten giebt, in denen die Bezeichnung der Pflanzen durch Nummern geschieht, zu denen natürlich nur der Direktor den Schlüssel besitzt? Zu den, wie es scheint, zweckmäßig gebauten und eingerichteten Gewächshäusern (mir ist die ganze Anlage zur Zeit nur aus der Beschreibung bekannt) gratuliren wir dem Herrn Kollegen und wünschen, daß man uns hier bald gleiche Glückwünsche abstaiten könnte. Ill. Ueber den botanischen Garten in Christiania. Die akademischen Einrichtungen der Universität Christiania verdienen die höchste Beachtung. Drei umfangreiche, im Prachistyl nach Schinkel’s Entwurf errichtete Gebäude schließen einen nach einer Hauptstraße, welche zu dem großartigen, herrlich gelegenen königlichen Schlosse führt, offenen Platz ein. In dem einen jener Gebäude befindet sich die nach dem Muster der münchener Bibliothek eingerichtete sehr ansehnliche Bibliothek, in dem durch prächtige Säulen aus Zirkonsyenit gezierten Mittelgebäude die Aula academica, die auch zur Versammlung des Storthing dient, und hier wie auch in dem dritten die Museen und Auditorien in einer Vereinigung, wie sie in Deutsch- land nirgends und auch wohl so leicht nicht anderswo angetroffen wird. So das Münzkabinet, die Sammlungen von nordischen Alterthümern, für Ethnographie, von Modellen der verschiedensten Art, das zoologische Museum unter Voß, das botanische unter Sch übeeler, das physikalische unter Christie, das pharmakologische unter Holst, für chirurgische und obstetrizische Instrumente unter C. W. Boeck, das physiologische Institut unter Ch.P.B.Boeck, das mineralogische unter Kjerulfund das zoologische unter Esmark und Sars, alle reich ausgestattet, zweckmäßig und schön und in dem großen Publikum auch zu gewissen Zeiten geöffneten Räumen aufgestellt, unter denen uns die beiden letzteren, ohne die anderen beein- trächtigen zu wollen, am meisten gefielen, ja im höchsten Grade durch ihre Schönheit wahrhaft überraschten. Das chemische Laboratorium, damals noch unter dem inzwischen nach Deutschland zurückberufenen Strecker, das metallurgische unter Münster, die Sternwarte unter des gefeierten Hansteen’s Leitung befinden sich außerhalb, doch in der Nähe der Universitätsgebäude, der botanische Garten 70 etwa eine halbe Stunde davon entfernt, an einem sanften Abhange des sich terrassenartig erhebenden, den ganzen Fjord von Christiania in weitem Kreise umgebenden Terrains mit unvergleichlicher Aus- sicht auf denselben. Im Quadrat vor etwa 45 Jahren angelegt, von hohen Bäumen umgeben, ist er wohl von 30—40 preuß. Morgen Größe, überaus reich an, von dem Obergärtner Moe, einem für sein Fach begeisterten Manne, sorgfältig gepflegten Pflanzen, deren Zahl sich nach des Direktors, Herrn Kollegen Blytt’s, Angabe sehr wohl auf 15,000 Arten belaufen mag. Die norwegische und Alpenflora ist, wie sich dies von dem ausgezeichnetsten Kenner derselben, Blytt, nicht anders er- warten läßt, sehr reich vertreten, wie überhaupt die perennirenden und auch einjährigen Gewächse in überaus großer Menge und Mannigfaltigkeit vorhanden. Es ward mir vergönnt, eine nicht geringe Zahl derselben mitzunehmen, wofür ich nochmals öffentlich danke. Die Zahl der Gewächshauspflanzen ist ebenfalls bedeutend; nur wünsche ich meinem Herrn Kollegen, wie mir, Erneuerung der Häuser, die bei uns beiden zum großen Theil noch aus der ersten Zeit der Anlage der Gärten stammen. Die Einrichtung und Anordnung der Pflanzen ist, wie in unseren bisherigen deutschen botanischen Gärten, die Ordnung größer als in manchen derselben. Reformen nach unserem Vorgange werden beabsichtigt, wie auch eine Beschreibung des Gartens, die insbesondere durch das merkwürdige Verhalten vieler der hier kultivirten Pflanzen gegen das Klima allgemeines Interesse erregen würde. Möge es Herrn Blytt gestattet sein, nicht blos diese Arbeit, sondern auch die schon längst ver- heißene Flora norvegica zu vollenden - Außer dem bedeutenden Raume, welchen die sowohl nach dem natürlichen, als auch nach dem künstlichen System angeordneten perennirenden Pflanzen einnehmen, ist auch hier eine ziemlich um- fangsreiche Fläche praktisch-botanischen Zwecken unter der Leitung des Herrn Schübeler gewid- met. Herr Schübeler war früher praktischer. Arzt und widmete sich erst später dieser Richtung, welche er mit großer Umsicht verfolgt und sich dem Anbau der verschiedensten Nutzpflanzen unter- zieht, um nicht blos allgemein für Norwegens Kulturverhältnisse, für Land- und Gartenbau wichtige Resultate zu erlangen, sondern auch die Pflanzenphysiologie zu fördern, worüber wir interessanten . Mittheilungen entgegensehen dürfen. IV. Bericht über die Vermehrung der Pflanzensammlungen und über Reformen im hiesigen botanischen Garten. Die Sammlung der Farne wurde i. J. 1559 vermehrt durch die höchst zierliche Pteris aspericaulis, die seltenen Marattiaceen Marattia salicina, M. Laucheana Blass, Angiopteris pteroides de Vriese, A. Hugelii, Platycerium Stemmaria, das immer noch sehr kostbare Acrostichum erinitum. Von neuen Monokotyledonen sind hervorzuheben die im Freien nun schon durch zwei Winter kul- tivirte Dambusa aurea aus Japan; ferner Smilax China aus Japan; Lilium giganteum, welches im Sommer 1858 blühte; Haemanthus toxicarius, dessen Zwiebel den Buschmännern nach Livingston zur Bereitung des Pfeilgiftes dient, wie auch der Saft der gleichfalls hier vorhandenen kaktusähnli- chen Euphorbia arborescens; die wunderschöne Camassa esculenta, deren Zwiebel im ganzen Oregongebiet genossen wird; die japanische Spargel Polygonatum japonicum M. et Dec.; Vanilla planifolia Andr. und V. gujanensis Splitg., die außer V. aromatica ebenfalls Handelssorten der Vanille liefern; Copernicia cerifera Ht. Amstel., von welcher das unter dem Namen ‚Carnabaa“ bekannte Wachs des Handels stammt; BDorassus flabelliformis, die Hauptnutzpalme Ostindiens; Ca- lamus verus Lour., jetzt eben blühend, eine der Mutterpflanzen des Drachenblutes; die in England im Freien ausdauernde Chamaerops excelsa 'Thunb. aus Japan; die Kohlpalmen Brasiliens Cocos oleracea Mart. und Euterpe oleracea Mart.; die selten ächt vorkommende Sabal Palmetto Lodd.; der noch wenig verbreitete Pandanus reflewus (Doornia reflexa de Vriese); Pandanus furcatus in 2 großen Exemplaren, eines mit 15 Fuß langen Blättern. Von Coniferen: Araucaria Bidwillii in circa 4 Fuß hohem Exemplare (ein Prachtgeschenk des Herrn Kaufmann Ertel); Dammara alba, orientalis und australis, Mutterpflanzen des Dammaraharzes, 71 letztere in einem 12 Fuß hohen neuseeländischen Original-Exemplar; Seguoia Wellingtonia in einem 3 Fuß hohen Exemplare; Toreya Myristica Hk. fil., die kalifornische Muskatnuß. Von Dikotyledonen: Liguidambar imberbe Ait. aus Kleinasien, die eigentliche Mutterpflanze des Styrax liquida, hat jetzt schon 2 Winter im Freien überdauert; die Zsonandra Gutta, der Gutta- perchabaum und die Sapota Mülleri Linden, welche in Surinam heimisch und ein ähnliches Harz liefert; das javanische Vaceinium erythrinum; Artemisia Moxa DC., eine japanische Arzneipflanze; Cinchona Condaminea Lann. (außerdem noch vorhanden C. ovata, pubescens und Calisaja Wedd., Cinchona tujucensis Karsten aus Venezuela, Mutterpfllanze der Cort. chin. Maracaibo) ; die schöne draliacea Oldfieldia africana Berthel. et Hook., das afrikanische Teakholz; die brasilianischen Fieberrinden-Bäume Crataeva Tapia L. und C. tapioides DC.; Cordia Myxa, liefernd die Baccae Myzae et Sebestenae in Ostindien; der Baumwoilen-Baum der amerikanischen Tropenländer Bombax Ceiba; Hebradendron cambogioides Graham, die Mutterpflanze des ceylonischen Gummiguttibaumes; die des brasilianischen Takamahaka’s Calophyllum Madrunno und des westindischen Calophyllum Calaba Jacq.; der weiße Zimmetrindenbaum Canella alba Murr.; der Gummiguttibaum von Mysore Xanthochymus pietorius Morb. nebst den früher schon vorhandenen in Europa wenig verbreiteten indischen Fruchtbäumen der Clusiaceen wie Garcinia Margostana, der wohlschmeckendsten Frucht Asiens, Rheedia lateriflora L. und der Mammeifrucht Mammea americana aus Westindien; die Mutterpflanze des wurmwidrigen Carapa-Oels Carapa gujanensis Anbl. aus Gujana; der Karakkas- Fieberbaum Cedrela montana Karst.; der Kaskarillenstrauch Croton Eluteria Sw.; der Karannaharz- Baum Bursera gummifera Jacg.; Guajacum arboreum DC., Akajou-Holzbaum; Myrobalanen Ter- minalia bellerica Morb. aus Ostindien; Eucalyptus Globulus, blue gum tree von Van-Diemensland, Veilchenbaum, der dort die enorme Höhe von 250—850 Fuß erreicht (Rival der Sequoia Welling- toniana B. Seem.); der Kajaputölbaum Melaleuca Leucadendron, Blätter vom feinsten Oelgeruch dieses Namens; Lecythis Ollaria, Topffruchtbaum aus Brasilien; Bertholletia excelsa, der Paranub- baum; die mexikanischen und brasilianischen Kopalbäume Aymenaea Courbaril und A. Stilbocarpa Hayne; der Kopaivabalsam Copaifera offieinalis; die offizinellen Röhren- und brasilianischen Kassien Cassia Fistula und brasiliensis; Myrtus Pimenta, welche alljährlich bei uns blüht, entwickelte im vorigen Jahre auch reife Früchte; die jetzt im Handel äußerst seltene kostbare Mutterpflanze der Nelke Caryophyllus aromaticus. Die merkwürdigen Kannenträgerpflanzen sind durch verschiedene Familien repräsentirt, wie Nepenthes- und Sarracenia-Arten, die Noronta gujanensis, deren Brac- teen schlauchförmig sind, und den seltenen schwer zu kultivirenden neuholländischen Cephalotus follieularis, der gewöhnliche und Schlauchblätter besitz. Ahamnus chlorophorus Decaisne, die Mutterpflanze des Vert de Chine aus China; die Galipea pentandra und G. macrophylla St. Hilaire, Fieberrindenbäume aus Brasilien; Hernandia sonora; das Schlangengegengift Eupatorium Hyapana ; die japanische Salat Laetuca Tsitsa; Hibiscus tiliaceus, Mutterpflanze des Cigarrenbastes etc. Auch das Arboretum hat ansehnliche Vermehrungen erfahren. Die in Deutschland wild wach- senden Bäume und Sträucher sind fast sämmtlich vorhanden und sollen nun durch eine Bezeichnung als solche leicht kenntlich und die südlicheren in Töpfen zu kultivirenden in eine Gruppe vereinigt und entsprechend bezeichnet werden. Unter den neuen für den nächsten Sommer (1860) projektirten Einrichtungen soll auch die Aufstellung der sogenannten Alpenpflanzen reformirt werden. Die bisher übliche Aufstellung in Reihen oder zwischen großen und kleinen Steinen, Berg- und Alpenpflanzen untereinander, genügt nicht und gewährt keine Anschauung von der eigentlichen Bedeutung dieser für geographische und klimatische Verhältnisse so überaus wichtigen Pflanzengruppe. Bemüht, in den botanischen Gärten immer mehr ein übersichtliches, alle Vegetationsverhältnisse und Vegetationsformen der Erde darstel- lendes Bild zur Anschauung zu bringen, wird die neue Anordnung, unterstützt durch ein reiches Material, die innige Verbindung der Alpenflora mit der Polar- und arktischen Flora, die eigentiich nichts anderes ist, als eine in der Ebene befindliche Alpenflora, darstellen und sie beide in ihrer 72 allmäligen klimatischen Entwickelung, in ihren kraut-, strauch- und baumarligen Formen in leicht zu übersehender Weise zu zeigen sich bestreben. Jedoch alle diese und viele ähnliche von uns ge- troffene Einrichtungen haben nicht blos für die botanischen Gärten wichtige Beziehungen, sondern können auch auf alle anderen nur einigermaßen pflanzenreichen Gärten übertragen werden, daher sie auch als ein wesentliches Förderungsmittel der schönen Gartenkunst anzusehen sind, worüber ich zu seiner Zeit in der Beschreibung aller dieser Reformen näher zurückkommen werde. In einer jüngst erschienenen Schrift von Prof. Dr. Karl Koch: „Ueber die botanischen Gärten. Ein Wort zu seiner Zeit“ stellt sich der Herr Verfasser auf den Standpunkt der Reform, findet ihre bisherige ganze Einrichtung zum Zwecke des Unterrichtes, so wie zur Förderung der Wissenschaft und Verbreitung derselben in weiteren Kreisen als völlig ungeeignet und macht eine Menge Verbesserungsvorschläge, die ich fast alle für sehr zweckmäßig halte, was man mir ohne Zweifel glauben wird, da ich dieselben bereits vor länger als 5 Jahren nicht blos als wünschens- werth hingestellt, sondern auch in dem hiesigen botanischen Garten wirklich zur Ausführung gebracht habe, worüber die von mir im Jahre 1857 verfaßte, von einem ausführlichen Plan begleitete Beschreibung des Gartens hinreichende Auskunft ertheil. Wenn nun in der von dem Herrn Ver- fasser redigirten Zeitschrift oft unser Institut als mustergiltig erwähnt, ja noch im August des vorigen Jahres auf eine für die bescheidenen Verhältnisse eines Provinzial-Universitätsgartens allzu schmei- chelhafte Weise mit den Gärten zu Kew und Petersburg ebenbürtig in Parallele gestellt wurde, so durften wir wohl erwarten, daß auch in genannter Schrift dem wirklichen Sachverhältnisse der darin erst projektirten Reformen Rechnung getragen werden würde. Da dies nun aber nicht geschehen ist, so sehe ich mich hiermit im Interesse vieljähriger Bestrebungen genöthigt, dies hier zur Sprache zu bringen und uns nicht blos die erste Idee der nothwendigen Verbesserung botanischer Gärten, sondern auch die Ausführung zu vindiziren, welche durch gänzliche Re- form des hiesigen botanischen Gartens zuerst in's Leben trat. Botanische Mittiheilungen von dem Sekretair der Sektion. I. Ueber Proteinkrystalle in den Kartoffeln. Als Reichert im Jahre 1849 seine Entdeckung der „Eiweißkrystalle‘“ im Blute des Meerschwein- chens publizirte, fand dieselbe troiz der bestätigenden und erweiternden Beobachtungen von Kölliker, Remack und Leydig, und trotz der eingehenden chemischen Prüfung von Funcke und Lehmann bei einem Theile der Chemiker um so größeren Widerspruch, als diese die Krystallisationsfähigkeit nur Substanzen von chemischer Reinheit und Einfachheit zuzuschreiben, diesen letzteren Charakter aber den Proteinverbindungen abzustreiten gewohnt sind. Glaubte man doch bis dahin, einer Schwann’schen Analogie folgend, ziemlich allgemein, daß eben die Zelle als die organische Krystallform der Pro- teinsubstanzen anzusehen sei, daß aber eine Krystallisation in den ebenen Flächen der anorganischen Krystallsysteme diesen Körpern nicht zukomme. Seitdem ist bekanntlich durch Hartig im Jahre 1855 die wichtige Entdeckung gemacht worden, daß im Pflanzenreich, und zwar im Inneren der Aleuron- körner, welche den Inhalt der meisten Samen ausmachen, in der Regel krystallisirte Proteinstoffe eingeschlossen seien. Es gelang diesem Forscher zugleich, die wesentlichsten Reaktionen dieser Krystalle festzustellen. Rauwenhoff (een woord over Hartig’s Klebermehl), so wie insbesondere v. Holle (Beiträge zur näheren Kenntniß der Proteinkörner: Neues Jahrbuch für Pharmazie von Walz und Winkler 1858; vergleichende Uebersicht der Proteinkörner im Samen der wichtigsten “ 73 Familien der deutschen Flora 1860) haben Hartig’s Entdeckung bestätigt und vervollständigt. Radl- kofer in seiner Schrift „über Krystalle proteinartiger Körper pflanzlichen und thierischen Ursprungs, Leipzig 1859“ hat nicht nur die chemischen Reaktionen, so wie insbesondere das Verhalten der Aleuronkrystalle zum polarisirten Lichte auf das sorgfältigste untersucht, sondern auch namentlich dadurch zu ihrer genaueren Kenntniß beigetragen, daß er dieselben mit den übrigen krystallisirten Proteinverbindungen des Thierreichs: im Blute (Haematokrystallin), in der Doiterflüssigkeit des Fisch- eies und des Eies der schuppenlosen Amphibien, Batrachier und Schildkröten (Ichthyn, Ichtidin, Emydin), endlich mit den von ihm entdeckten Krystallen in den Zellkernen von Lathraea zusam- menstellte und die nahe Verwandtschaft aller dieser Körper nachwies. Die wesentlichsten Fortschritte für die Kenntniß von der chemischen Natur der Aleuronkrystalle verdanken wir der Untersuchung von ©. Maschke (über den Bau und die Bestandtheile der Kleberbläschen in Bertholletia, bota- nische Zeitung, Dez. 1859). Es gelang Maschke nicht nur, die Krystalle der Aleuronkörner aus der Paranuß in so großen Mengen rein darzustellen, daß er dieselben einer makrochemischen Untersuchung zu unterwerfen und durch diese Methode die jeglicher mikrochemischen Prüfung unvermeidlich anhaftende Ungewißheit zu beseitigen vermochte, sondern auch durch künstliche Darstellung der Krystalle, die er in Wasser gelöst und aus der Lösung herauskrystallisiren ließ, ihre Selbstständigkeit und Reinheit außer Zweifel zu setzen. Durch die mikrochemischen Reaktionen dieser Krystalle, insbesondere durch die käseähnliche Koagulation alkalischer Lösungen mit Hilfe von Milchzucker und Labflüssigkeit kam Maschke zu dem Schluß, daß die Kleberkrystalle als Verbindungen von Casein mit einer noch nicht näher erforschten Säure anzusehen sind. Wenn nach diesen Untersuchungen die Existenz krystallisirter Proteinverbindungen überhaupt nicht mehr in Abrede gestellt werden kann, so beschränkte sich doch der Nachweis derselben im Pfianzenreiche bisher ausschließlich auf das Aleuron; sie waren eben so wenig, wie dieses, bisher außerhalb des Samens, oder frei im Inhalt einer Zelle nachgewiesen worden. Nur die von Radlkofer entdeckten und einem eigenthümlichen Körper aus der Reihe der Proteinsubstanzen, seinem Phyto- krystallin, zugeschriebenen Krystalle hatten sich in den Zellen des Sameninteguments, außerdem auch in den übrigen Theilen der blühenden Achsen, in den Karpellen, dem Kelch, den Blüthenstielchen, den Bracteen und den unterirdischen Blättern von Zathraea nachweisen lassen; in allen diesen Fällen jedoch stets nur im Inneren des Zellkernes und ausschließlich bei dieser einen Pflanze. Das Vorkommen von Proteinkrystallen, welches ich in Nachfolgendem zu erläutern habe, ist darum von Interesse, weil es die Existenz dieser Körper in einen ganz verschiedenen Pflanzentheil, und zwar frei im Inhalt der Zellen, erweist und somit auch ihre weitere Verbreitung im Pflanzenreich in Aussicht stellt. Die Kartoffeln bestehen bekanntlich von außen nach ınnen aus der Korkschale, die von mehreren flachen bräunlichen Zellschichten ohne festen Inhalt gebildet wird; aus der Rindenschicht von gro- ßen stärkereichen Parenchymzellen, deren Amylumkörner nach Innen an Zahl und Größe zunehmen; aus der Gefäßbündelschicht oder dem Verdickungsring (Schacht), und aus dem Mark, dessen anatomische » Struktur von der Rindenschicht sich höchstens durch noch größeren Stärkereichthum der Parenchym- zellen unterscheidet (vgl. Schacht, Bericht über die Kartoffelpflanze und deren Krankheiten, Berlin 1856, tab. I. Fig. 9). Entfernt man durch einen feinen Schnitt die Korkschale von der Rindenschicht einer Kartoffel und schneidet von letzterer eine möglichst dünne Scheibe parallel der Schale ab, so findet man, daß die Zellen der obersten Reihen der Rindenschicht außer einem großen Zellkern nur noch einen irüben feinkörnigen Inhalt, wie wir weiter unten sehen werden, proteinarliger Natur, wahrscheinlich Eiweiß oder Kleber, aber durchaus keine Stärkekörner enthalten. Es ist ein ganz ähnliches Ver- hältniß wie bei den stärkereichen Samen, deren oberste Schichten ebenfalls nur Proteinverbindungen enthalten. Die tieferen Zelllagen der Kartoffel umschließen außerdem noch wenig und kleine Stärkekörner; die noch tiefer nach innen gelegenen dagegen sind mit Stärkekörnern ganz vollgestopft. 10 74 Zwischen den gewöhnlichen dünnwandigen Parenchymzellen sind einzeln eingestreut große, stärker verdickte, fein punktirte Zellen; diese enthalten oft einen roihen Zellsaft, wenn das übrige Parenchym farblos ist; durch konzentrirte Schwefelsäure färben sie sich unter Aufquellen der alsdann sehr deutlich geschichteten Membran gelb; sie entsprechen vielleicht trotz ihrer parenchymatischen Gestalt den Bastzellen der Rindenschicht. Gerade die oberen stärkefreien oder -armen Zellen der Rindenschicht sind es, welche am leichtesten im Innern Krystalle erkennen lassen und zwar in der Regel in jeder Zelle nur einen einzigen, seltener deren zwei; diese sind alsdann gewöhnlich mit einer Seite übereinander gesetzt. Mitunter findet man in einer Zelle zwei Krystalle zwillings- arlig durcheinandergewachsen. Der Krystall befindet sich in der Regel von dem flüssigen Protoplasma der Zelle mehr oder weniger eingehüllt, der Innenfläche des Primordialschlauches anhängend, oft von jenen farblosen Kügelchen umgeben, die bei Einwirkung des Lichtes sich grün färben, wie denn überhaupt es vorzugsweise jene obersten stärkearmen Zellschichten sind, in denen sich das Chloro- phyll der im Lichte ergrünenden Kartoffeln entwickelt. Häufig liegt der Krystall neben dem Zellkern und jenen farblosen Chlorophylikügelchen in einer Plasmaanhäufung eingeschlossen, von welcher sich verzweigte Fäden, Saftströmchen nach den Zellwänden hinziehen. Bei guter Ausbildung erscheinen die Krystalle als die schönsten regelmäßigsten Würfel mit den schärfsten Kanten und Ecken und spiegelglatten Flächen. Ihre Größe ist verschieden nach der Lage der Zellschicht, dem Alter der Knolle und der Eigenthümlichkeit der Sorten. Die alleräußersten Zellreihen haben meist kleinere Krystalle, als die mehr nach Innen gelegenen; manche Kartoffelsor- ten zeigen die prächtigsten und größten, andere überhaupt nur kleinere und unvollkommen ausgebildete Krystalle. Höchst merkwürdig ist, daß, wie Herr Maschke mich zuerst aufmerksam machte, manche Sorten gar keine oder fast gar keine Krystalle enthalten. Ich habe Würfel von 0,007—0,013 mm. Seite gemessen. Niemals habe ich an den Krystallen der Kartoffeln andere Flächen als die des Würfels auffin- den können; nur ein einziges Mal beobachtete ich ein vollkommen ausgebildetes reguläres Oktaeder. Die Würfel zeigen bei beginnender Auflösung und insbesondere bei Einwirkung des Wassers das Bestreben sich zu zerklüften, und zwar so, daß sie durch eine der Basis parallele Fläche in zwei Tafeln von halber Höhe zerfallen; in der Regel triit dann gleichzeitig eine zweite Theilungsfläche senkrecht auf die erstere hervor, in Folge deren der Würfel in 4 Theile sich spaltet. Sucht man die Krystalle durch Zerreiben der Zellen und Ausdrücken in Wasser oder durch Abkratzen mit dem Messer frei im Wasser zu isoliren, so findet man häufig solche Tafeln, die der Quere nach in zwei Hälften zu zerbrechen bestrebt sind. Seltener beobachtete ich ein Spalten des Krystalls durch eine Diagonalebene in zwei dreiseitige Prismen; andere Krystalle sind unregelmäßig zerbrochen, was namentlich beim Druck mit dem Deckgläschen stattfindet, und zersplittern in mehrere kleinere Körnchen. Die größeren Krystalle haben, wie gesagt, völlig glatte Flächen und scharfe Kanten; sie sind völlig durchsichtig und farblos und brechen das Licht stark, fast wie Eiweiß; sie verändern sich im Wasser anscheinend gar nicht. Die kleineren Krystalle dagegen zeigen im Wasser nicht nur be- sonders häulig jene schon erwähnten Spaltungen, sondern erleiden auch eigenthümliche Veränderungen in der Lichtbrechung und Konsistenz. In Schnitten, welche ich 48 Stunden in destillirtem Wasser aufbewahrte, war der größte Theil der Krystalle völlig unverändert, andere boten die erwähnten Spal- tungen dar; noch andere erschienen tropfenartig mit abgerundeten Kanten. Viele Krystalle zeigten auf ihrer Oberfläche eine feine parallele Streifung, einer lamellösen Struktur entsprechend, die durch manche Reagentien noch deutlicher hervortritt. Behandelt man einen Schnitt aus der obersten Rindenschicht der Kartoffel mit Jodkalium- Jodlösung, so färben sich die Krystalle gelb, und die Intensität der Färbung steigert sich bis zum tiefsten Goldbraun, je reicher an Jod die Lösung und je länger ihre Einwirkung fortdauert; sonst tritt keine Veränderung ein. 75 Setzt man Karmin, in möglichst wenig Ammoniak gelöst, zu einem zarten Schnitte, so tritt allmälig, wenn auch etwas langsam, eine Färbung ein, die sich zuletzt bis zum tiefsten Roth steigert, namentlich wenn man den Schnitt mit der Karminlösung eintrocknen läßt. Die lebendigen Zellen, die mit ihrem schleimigen konzentrirten Inhalt gefüllt sind, lassen die Karminlösung nur lang- sam an die Krystalle treten, während die Zellkerne sich etwas rascher färben. Viel schneller er- reicht man die Rothfärbung der Krystalle, wenn man statt der ammoniakalischen Karminlösung eine saure Lösung benutzt, indem man nach dem höchst empfehlenswerthen Verfahren von Maschke eine Lösung von Cochenille in Wasser anwendet und gleichzeitig dem Schnitt einen Tropfen Essigsäure zusetzt. Benutzt man hierbei die gekochten Krystalle, von denen später die Rede sein wird, und behandelt dieselben mit Cochenillelösung und dann mit Essigsäure, so werden fast augenblick- lieh die Krystalle intensiv und brennendroth; diese Reaktion ist eben so rasch und sicher wie die mit Jod. Die feinkörnige schleimige Substanz, welche namentlich die stärkefreien Zellen erfüllt (Eiweiß, Kleber), färbt sich, ebenfalls roth wie Krystalle und Zellkern. Da bei Anwendung von Jod die dunkelblau gewordene Stärke die Zellen undurchsichtig macht und dann auch die Krystalle ver- deckt, so ist die Cochenillelösung das sicherste Mittel, auch die kleinsten Krystalle augenblicklich aufzufinden. Wenn man erst durch Karmin die Krystalle und Zellkerne roth und dann durch schwache Jodlösung die Stärkekörner blau färbt, so gewähren die prächtig kontrastirenden Farben ein höchst zierliches Bild. Die Cochenillelösung allein gewährt uns die Möglichkeit zu untersuchen, ob die Krystalle sich nur in den äußersten Schichten der Rinde oder auch tiefer finden, wo sie selbst, wenn sie vorhanden wären, durch die Masse der Amylonkörner verdeckt würden. Ich untersuchte zu die- sem Zwecke gekochte Kartoffeln, in denen die Stärke zu Kleister und dadurch durchsichtiger ge- worden war, und fügte nun Cochenille mit Essigsäure hinzu. Es bildet alsdann das Protein ein rothes Netz zwischen den aufgequollenen Stärkekörnern; ob jedoch außerdem auch Krystalle im Innern vorhanden sind, konnte ich nicht sicher ermitteln; meistens fehlten sie; nur einige Mal schie- nen solche vorhanden. Ammoniak löst die Krystalle und zwar regelmäßig und gleichförmig von außen nach innen vorschreitend, ohne daß dieselben aufschwellen oder sonst ihre Natur vorher verändern, ganz so, wie wenn ein Salz sich im Wasser löst. Zuerst werden die Würfelkanten aufgelöst, so daß es aussieht, als ob der Würfel durch die Flächen eines Granatoeders abgestumpft worden; der Krystall wird unter unseren Augen kleiner und kleiner, so daß zuletzt nur die Kernform übrig bleibt, die schließlich auch verschwindet. Ein Schnitt aus der Kartoffelrinde wird durch konzentrirtes Ammoniak gelb gefärbt. Essigsäure löst die Krystalle ebenfalls, aber in ganz anderer, höchst merkwürdiger Weise. Die Krystalle werden nämlich von innen nach außen angegriffen; sie werden zuerst im Innern hohl, und zwar tritt bei regelmäßiger Einwirkung nicht zu konzentrirter Essigsäure diese cen- trale Höhle auf in Gestalt eines kleinen Hohlwürfels, indem sich zuerst die innerste Kernform auflöst; allmälig wird die Höhle immer größer und größer, ohne ihre Würfelgestalt zu verlieren, bis vom ganzen Krystall nur eine dünne Hüllschicht übrig bleibt und auch diese schließlich sich auflöst. Ist die Essigsäure konzentrirter, so sieht man den Krystall an der Stelle, wo das Reagens zuströmt, sich aufblähen und ganz durchsichtig werden, dann sich rasch auflösen, wobei jedoch ebenfalls eine glas- helle Hülle zuerst noch zurückbleibt, welche die verworfenen Winkel und Kanten des Würfels er- kennen läßt; später löst sich auch diese. Bei großen Krystallen beobachtete ich manchmal, daß sich die Höhle im Innern nicht in Gestalt eines Hohlwürfels, sondern einer kugeligen Vacuole bildete, die sich fortdauernd vergrößerte und die Krystallsubstanz zuletzt nır an den Ecken und Kanten übrig- ließ; alsdann zerriß diese Hüllschicht an einer Stelle, bog sich aufblähend zurück und verschwand endlich durch Auflösung, nachdem der gelöste Inhalt des Krystalls aus dem Riß ausgeflossen war. Wenn man die Krystalle vorher mit Jod gefärbt hat, so kann man diese Einwirkungsweise der Essig- säure oft noch deutlicher verfolgen. Einzelne Krystalle widerstehen. der verdünnten Essigsäure 10 * 76 länger, und zwar namentlich ihre äußeren Schichten, welche höchstens mehr oder minder aufquellen, und die parallele Streifung zeigen, während die inneren sich rasch auflösen. Die Erscheinung ist ganz die nämliche, wie wenn man Amylumkörner mit Säuren behandelt. Es beweist dieses Verhalten einerseits, daß die Krystalle, so gut wie die Stärkekörner, für Flüssigkeiten permeabel sind und die Endosmose gestatten, da das Reagens in’s Innere des Krystalls einzudringen vermag, bevor die äußeren Schichten gelöst sind. Andererseits zeigt sich, daß die äußeren Schichten des Krystalls, obwohl chemisch gewiß identisch mit den inneren, doch einen etwas anderen Kohäsionszustand, Dich- tigkeit besitzen als die inneren, ganz so wie dies auch beı den Schichten der Stärkekörner nachge- wiesen ist. Eine wirkliche, morphologisch verschiedene Hülle der Membran, wie sie bei manchen Krystallen augegeben wird, konnte ich jedoch in denen der Kartoffel nicht nachweisen. Um das Verhalten der Krystalle gegen Essigsäure und Ammoniak zu studiren, ist es nothwendig, dieselben zu isoliren und frei im Wasser zu beobachten, da man an den innerhalb ihrer Zellen eingeschlossenen Krystallen die Veränderungen nicht mit genügender Sicherheit zu verfolgen vermag. Legt man einen ganzen Schnitt in konzentrirte Essigsäure, so lösen sich die Krystalle nicht, sondern quellen zu Tropfen auf, wie ich sie bei der Einwirkung der Mineralsäuren bald ausführlicher beschreiben werde. Kalihydrat in konzentrirtem Zustande färbt den Schnitt schön gelb, ebenso auch die Kıystalle, und verwandelt dieselben unter schwachem Aufquellen in kugelige dichte Tropfen, ohne sie selbst nach mehreren Tagen zu lösen; einzelne sind noch nach vielen Tagen ziemlich unverändert erkennbar. Fügt man nun aber Wasser hinzu und verdünnt dadurch die Kalilösung hinlänglich, so lösen sich die Krystalle augenblicklich auf; sie sind daher in verdünntem, nicht aber in konzentrirtem Kali löslich. Hiervon überzeugt man sich auch, wenn man direkt verdünnte Kalilauge den Krystallen zuseizt; diese verschwinden darin fast augenblicklich, indem sie zergehen. Auch Kalkwasser löst die Krystalle. Die Mineralsäuren zeigen auffallende Verschiedenheiten in ihrer Einwirkung, die ich zum Theil von dem verschiedenen Grade der Konzentration ableite, zum Theil zu erklären noch außer Stande bin. Tritt eine Säure (Schwefel-, Salpeter-, Salzsäure) zu einem frei im Wasser liegenden Krystall, so löst derselbe sich sofort, indem er an einem Ende plötzlich aufquillt, der Inhalt aus- fließt, die zerrissene Hülle sich zurückbeugt und dann ebenfalls auflöst. Dasselbe geschieht in der Regel, wenn die Krystalle sich noch im Innern der oberflächlichsten Zellen des Schnittes befinden und also das Reagens in voller Konzentration wirken konnte. Andere Krystalle dagegen, namentlich die in tieferen Zellschichten befindlichen, verwandeln sich durch die Säure in stark Licht brechende, dichte Tropfen, die, meist kugelig, oft auch noch die ursprüngliche Würfelform bis auf die abgerundeten Kanten erkennen lassen; hierbei scheint eine Koagulation stattzufinden; denn die Tropfen zeigen starke Resistenz gegen Lösungsmittel, ohne doch absolut unlöslich zu sein. Verfolgt man den Vorgang speziell, so sieht man den Krystall unter größerem oder geringerem Aufschwellen Kugelgestalt an- nehmen, alsdann in seinem Inneren oft eine größere oder kleinere Höhle entstehen, deren Umriß in der Regel würfelförmig ist; in dieser Höhle bilden sich bald feinkörnige Niederschläge. Die tropfen- arlig aufgequollenen Schichten, welche die Begrenzung des so veränderten Kırystalls bilden, zeigen bald eine glatte, glänzende Oberfläche, mitunter aber erscheinen sie äußerlich unregelmäßig grubig, wie von Vacuolen durchzogen. Hat man Salpetersäure angewendet, so färben sich hierbei die Krystalltropfen zitronengelb, und diese Farbe nimmt mit der Zeit an Intensität zu; sie wer- den selbst, wenn man die Salpetersäure erwärmt und auf dem Schnitt eintrocknen läßt oder mit ihm kocht, nicht zerstört, wohl aber intensiv gelb gefärbt. Setzt man nun Kali hinzu, so steigert sich die Fär- bung der Krystalle wie des ganzen Schnittes zum schönsten Chromgelb (xanthoproteinsaures Kali). In verdünnter Schwefelsäure nehmen die Krystalle unter oft sehr bedeutendem Aufquellen Kugelgestalt an und es bilden sich im Innern Vacuolen, so daß die Tropfen fast schaumig wurden; bei einem gewissen Konzentrationsgrade der Säure lösen sie sich jedoch. Fügt man dagegen Zuckerlösung und dann Schwefelsäure hinzu, so färben sich die 11 Krystalle, insoweit sie nicht gelöst, sondern zu schleimigen kugeligen Tropfen aufgequollen sind, hyazinthroth, während auch der ganze flüssige Zellinhalt rosenroth wird. Die Färbung wird mit der Zeit immer intensiver, und noch nach mehreren Tagen erkennt man die in Tropfen zerflossenen Kry- stalle an ihrer intensiven pfirsichblüthrothen Farbe. Zuckerlösung allein verändert die Krystalle nicht wesentlich. Eine sehr elegante Reaktion erhält man, wenn man zu einem Schnitt einen Tropfen konzen- irirter Schwefelsäure ohne Zucker hinzufügt; diese löst gleichzeitig die Stärkekörner und die Kry- stalle, der Schnitt aber färbt sich schon in einer Minute prächtig pfirsichblüthroth, indem der aus der Stärke erzeugte Zucker mit dem Protein und der Schwefelsäure die bekannte Verbindung eingeht. Das Millon’sche Reagens färbt den Zellinhalt und die Krystalle ebenfalls intensiv zie- gelroth. Rohe Salzsäure, in welche ein zarter Schnitt gelegt ist, bewirkt zunächst ein Zerfließen der Krystalle zu Tropfen. Erwärmt man das Objektglas, auf welchem sich der Schnitt in einem reich- lichen Tropfen Salzsäure, aber ohne Deckglas befindet, längere Zeit etwa bis zu 40° so nimmt der Schnitt endlich eine schöne violetite Färbung an, die um so intensiver wird, je mehr die Salzsäure eindunstet; dabei werden die aus den Krystallen hervorgegangenen Tropfen prächtig pur- purroth gefärbt. Die Farbenreaktionen auf Säuren lassen sich im Allgemeinen an gekochten Krystallen sicherer studiren, da diese von den kräftigen Reagentien wenig oder gar nicht angegriffen werden. Glycerin wirkt auf die Krystalle in eigenthümlicher Weise, fast wie Ammo- niak; sie werden zunächst durchsichtig, man erkennt die einzelnen übereinandergelagerten Lamellen, die oft verschiedene Brechbarkeit zeigen; die äußersten Lamellen quellen etwas auf und lösen sich allmälig; und indem der Auflösungsprozeß nach innen vorschreitet, verschwindet schließlich auch das Kernkörperchen. Manche Krystalle zeigen parallele Schichtung, bevor sie sich lösen, andere scheinen diesem Reagens lange oder ganz zu widerstehen, Höchst merkwürdig ist der Einfluß des Kochens auf die Krystalle. Man erhält gekochte Krystalle am leichtesten und einfachsten, indem man die ganze Kartoffel kocht, die Kork- schale abzieht und von der darunter liegenden Schicht dünne Häutchen ablöst; werden diese durch einen leichten Druck mit dem Deckgläschen ausgebreitet, so isoliren sich in der Regel die einzelnen Zellen vollständig und man erkennt in ihnen nicht nur die unveränderte, auch wohl etwas aufge- quollene Zellmembran, sondern inmitten der zu Kleister aufgeschwollenen, aber höchst durchsichtig gewordenen Amylonkörner den anscheinend unveränderten Krystall, der aber jetzt bei weitem deut- licher hervortritt als in der ungekochten, der Siärke wegen minder durchsichtigen Zelle. Es ist dies überhaupt die beste Methode, um die Krystalle in großer Menge im Gesichtsfeld zu haben; es trennt sich nämlich durch das Kochen in der Regel der Zusammenhang der einzelnen Zellen vollständig, indem dieselben zugleich kugelig werden, ähnlich wie in den reifen Schneebeeren; auf dieser Sonderung der Zellen nach dem Kochen beruht das sogenannte Mehligwerden der Kartoffeln, während bei erweichterem Zellgewebe dieses mitunter fast zerfließt, wie es bei den schleimig werdenden Kartoffeln der Fall ist. Die gekochten Krystalle zeigen die äußeren Würfelflächen vollkommen unverändert, auch Durchsichtigkeit, Lichtbrechungsvermögen ist nicht merkbar modifizirt. Dagegen nimmt man nun an vielen Krystallen ein eigenthümliches Schichtungsverhältniß wahr; es sieht so aus, als hätten die äußersten Lamellen sich ein wenig ausgedehnt und dadurch von dem inneren Würfelkern etwas ent- fernt, so daß zwischen beiden Flüssigkeit sich befindet; oder als hätten im Innern des Krystalls sich einzelne Lamellen gelöst und dadurch eine Scheidung zwischen den äußeren Schichten und dem Kern sich gebildet. Häufig findet man wohl auch, ähnlich wie bei den Amylonkörnern, unter einander abwechselnd zwei, drei und mehr solche dichtere und dünnere Lamellen. Viele Krystalle sind sogar im Inneren ganz hohl, indem eine Kernform, in Gestalt eines größeren oder kleineren Würfels, beim Kochen aufgelöst wurde; zum Theil zeigen sie nur eine ganz kleine Höhlung. Außer dieser äußeren Veränderung in vielen Krystallen haben dieselben aber auch sämmtlich eine innere chemische 78 Umwandlung erlitten, die ich mit Radlkofer und Maschke als Gerinnen oder Coagulation be- zeichnen will. Die gekochten Krystalle werden noch wie früher durch Jod gelb, durch Karmin roth; ja sie färben sich namentlich bei Zufügung einer Säure um vieles rascher und intensiver als die ungekochten. Dagegen sind sie nun in Ammoniak unlöslich, und selbst wenn dieses erwärmt wird und auf dem Schnitte eintrocknet, bleiben sie völlig unverändert; höchstens werden sie im Innern hohl. Ebenso wenig lösen sie sich nun in Essigsäure, wohl aber läßt diese Säure die Sonderung zweier oder mehrerer Schichten von verschiedener Dichtigkeit noch schärfer hervor- treten oder sie vergrößert die innere Höhlung. Manchmal sind die äußeren Lamellen eines Krystalls ein wenig kugelig aufgequollen, während die inneren nnverändert bleiben und die Würfelform noch zeigen. ! In Glycerin sind die gekochten Krystalle unlöslich, werden aber durchsichtiger. Konzentrirte Kalilauge färbt den Schnitt gelb, läßt aber die äußere Form der Krystalle fast völlig unverändert, ja sie werden durch dieses Reagens erst recht deutlich erkennbar, da der übrige Zellinhalt durch dasselbe ganz durchsichtig wird; selbst Kochen oder Eintrocknen mit Kali zerstört die Krystalle nicht, macht sie nur aufschwellen, mit Beibehaltung ihrer Form; dagegen lösen dieselben sich, gleich den ungekochten, nach der Verdünnung mit Wasser. Salpetersäure färbt die gekochten Krystalle ebenfalls gelb, ohne ihre Form zu verändern; höchstens werden die Schichtungen deutlicher, oder es verwandeln sich wohl auch einzelne Krystalle in kugelige Klumpen; selbst Kochen mit Salpetersäure verändert diese Krystalle nicht. Läßt man zu einem Tropfen Salpetersäure, in welchem gekochte Krystalle vorhanden, etwas Kali unter das Deck- glas zufließen, so bildet sich, da sich die beiden Flüssigkeiten nur langsam vermischen, zwischen beiden eine scharfe Grenze, die allmälig vorschreitet, je weiter das Kali eindringt. Da, wo das Kali die mit Salpetersäure behandelten Zellen tränkt, färben dieselben sich schön chromgelb, und ebenso nehmen die Krystalle eine prächtig goldgelbe Farbe an, wobei sie zugleich sehr bedeutend, wohl auf das Vierfache ihres Durchmessers aufquellen, ohne jedoch die Würfelform zu ver- lieren; auch die Schichtungen bleiben deutlich. Man kann dabei beobachten, wie in einer und der- selben Zelle, ja in demselben Krystall, die eine Hälfte, die noch nicht mit dem Kali in Berührung kam, blaßgelb, die andere bereits goldgelb und aufgequollen ist. Noch eigenthümlicher ist die Er- scheinung, wenn man nun einen Tropfen Wasser an dem anderen Ende des Deckglases zuströmen läßt. Es entfärbt sich nämlich durch Aussüßen der Schnitt, und zugleich ziehen sich die Kry- stalle wieder auf ihr altes Volumen zusammen — eine merkwürdige Thatsache, die in etwas modifizirter Weise Radlkofer bereits bei den Krystallen von Zathraea beobachtet hat. Da Wasser und Kali sich ebenfalls nur schwer mischen, und die beiden Flüssigkeiten dabei durcheinanderwogen, so kann man an einem und demselben Krystalle verfolgen, wie derselbe mehrmals hintereinander bald goldgelb und aufgequollen, dann wieder farblos und zusammengezogen ist, je nachdem er sich zeitweise in einen Strom von Kali oder Wasser eingehüllt findet; schließlich aber lösen sie sich im verdünnten Kali auf. Rohe Salzsäure färbt die Krystalle violett, Zucker und Schwefelsäure roth, ohne sie zu lösen; ist jedoch die Schwefelsäure so konzentrirt, daß sie die Zellwände zerstört, so lösen sich auch die gekochten Krystalle. Ob Alkohol eine ähnkche Koagulation der Krystalle, wie das Kochen bewirkt, konnte ich nicht mit Sicherheit ausmachen, da es mir nicht gelang, dieselben frei in hinreichender Menge zu isoliren, und durch Erweichen ganzer Schnitte in Alkohol diese in Folge der Koagulation des flüssigen eiweiß- haltigen Zellinhaltes zu undurchsichtig werden, um befriedigende Reaktionen zu zeigen. Die Krystalle selbst verändern sich äußerlich nicht wesentlich in Alkohol. Gekochte Krystalle mit Aether behan- delt werden zum größten Theil nicht verändert, einzelne runden sich jedoch zu Kügelchen ab, und wenn sie hohl waren, schlägt sich in ihrem Inneren körmnige Substanz nieder. Vergleichen wir nun die Reaktionen, welche die Krystalle der Kartoffel zeigen, mit denen der 79 übrigen krystallisirten Proteinverbindungen, wie wir sie am. vollständigsten in der Radlkofer’schen Schrift zusammengestellt finden, so begegnen wir einer so wesentlichen Uebereinstimmung, daß es schwer wird, einen durchgreifenden Unterschied im Verhalten der Kartoffelkrystalle zu denen des Hämatokrystallins, der Dotterplättchen, des Phytokrystallins und der Krystalle des Aleuron festzustellen. Ohne Zweifel in dieselbe Kategorie nach ihren Reaktionen gehören auch die Krystalle, welche mein Freund, Dr. Auerbach, im Inneren eines Infusoriums, der Amoeba actinophora Auerbch., entdeckt und auf Tab. XX. Fig. 12 und 13 seiner Abhandlung: ‚Ueber die Einzelligkeit der Amöben“ (Zeit- schrift f. wissensch. Zoologie v. Siebold und Kölliker VII. Bd., 4. Heft 1855) abgebildet hat. Alle diese Krystalle färben sich durch Jod gelb, wahrscheinlich auch durch Karmin roth; direkt ist letz- teres bisher allerdings erst bei den Krystallen des Aleuron und der Kartoffel nachgewiesen. Sie werden alle durch Salpetersäure gelb, durch Zucker und Schwefelsäure, wie durch salpetersaures Quecksilber roth. Radlkofer glaubt, daß nur die Krystalle von Zathraea sich durch erwärmte rohe Salzsäure violett färben, und findet in diesem Verhalten den Beweis, daß nur sein Phytokrystallin zu den eigentlichen Proteinkörpern gehöre; es soll diese Reaktion das koagulirte Eiweiß, im Gegensatz zu den übrigen Proteinkörpern, charakterisiren. Aber auch die Aleuronkrystalle werden nach Maschke durch Salzsäure violett, und von den Kartoffelkrystallen habe ich das nämliche gefunden, Allen diesen Kıystallen gemein ist ferner die Löslichkeit in verdünntem, die Unlöslichkeit in konzentrirtem Kali, leichte Löslichkeit im Ammoniak, schwerere in Essigsäure, ferner das Lösen oder Aufquellen zu Tropfen in Mineralsäuren, je nach ihrer Konzentration. Auch in Glycerin lösen sich sämmtliche Krystalle früher oder später; und durch Kochen gerinnen sie sämmtlich und werden alsdann für Sänren und Alkalien sehr schwer oder gar nicht löslich; ähnlich wirkt bei vielen, doch nicht bei allen, Alkohul. Sie haben ferner sämmtlich die Neigung zu zerklüften, wahrscheinlich auch die Fähigkeit der Diffusion, die sich insbesondere durch Bildung von Vacuolen oder Lösung von innen aus darstellt. Nur in dem Verhalten gegen Wasser zeigt sich ein Unterschied, indem die Krystalle von Lathraea sich im Wasser sofort auflösen, die des Blutes und die Dotterplättchen sich theils schwerer, theils gar nicht lösen, ebenso die Aleuron- und Kartoffelkrystalle im Wasser unlöslich sind, aber sich zum Zerklüften neigen. Die Dotterplättchen und Blutkrystalle lösen sich auch in Jod oder zerfließen, die des Aleuron und der Kartoffeln bleiben unverändert. Die Lösung des Hämatokrystallin in Am- moniak wird durch Essigsäure gefällt, der Niederschlag ist in Wasser löslich, was bei den anderen nicht beobachtet wird. So wahrscheinlich es nun auch ist, daß die bisher beobachteten Krystall- arten verschiedenen, wenn auch sehr nahe verwandten Proteinverbindungen angehören, so sind doch alle bisher beobachteten Unterschiede eigentlich nur quantitativer Natur, und scheinen auf einer grö- ßeren oder geringeren Widerstandsfähigkeit gegen ihre Lösungsmittel (Alkalien, Säuren und selbst Wasser) zu beruhen, die jedoch bei den Krystallen derselben Kategorie schon so große Ungleich- heiten zeigt, daß man zu einer chemischen Trennung, wie sie Radlkofer versucht hat, daraus allein nicht berechtigt scheint. Ein wirklicher qualitativer Unterschied scheint mir insbesondere bei den pflanzlichen Krystallen bisher noch nicht erwiesen; gleichwohl nehme ich Anstand, die Kartoffel- krystalle, wie dies Maschke für die von Bertholletia gethan, geradezu für Casein zu erklären, da es mir nicht möglich war, die makrochemische Prüfung bei der Kartoffel vorzunehmen, und bei der nahen Verwandtschaft aller Proteinverbindungen nur eine solche ein endgiltiges Urtheil abzugeben vermag. *) Die Annahme dagegen, als seien. unsere Proteinwürfel überhaupt nur Afterkrystalle einer fremden Substanz, die etwa blos mit Eiweiss durchtränkt sei, muß ich allerdings zurückweisen. Ab- gesehen von dem theoretischen Widerspruch, daß ein anorganischer Krystall durch und durch von *) Für die Kartoffelkrystalle dachte ich ursprünglich an SoJanin; doch haben die neueren Untersuchungen von Zwenger und Gmelin (Liebig’s Annalen für Chemie und Pharmazie, Februar, Mai 1859) gezeigt, dass dieser in Nadeln krystallisirende Körper gar keinen Stickstoff enthält und zu den Glycosiden gehört. so Protein durchdrungen sein sollte, so muß man doch fragen, welcher Stoff der Kartoffelzellen krystal- lisirt denn in Würfeln? Einen bisher bekannten giebt es nicht; und einen unbekannten zu postuliren, der sich durch keine Reaktionen kundgiebt, widerspricht den Gesetzen einer induktiven Methode. Interessant ist die Frage über die Krystallform dieser Krystalle; dieselben zeigen unter einander große Aehnlichkeit, indem offenbar bei allen eine Neigung zu quadratischen oder hexagonalen Platten, Rhomboedern oder Oktaedern hervortritt, ohne daß es bisher gelungen wäre, über ihre wahre Natur völlig in’s Reine zu kommen. Bei Zathraea finden wir quadratische und rektanguläre Plättchen, ebenso sind die Dotterplättchen krystallisirt; von den Krystallen, welche Auerbach in Amoeba aeti- nophora entdeckte, sagt derselbe, sie erschienen beim ersten Anblick als Würfel, bei genauerem Zusehen zeigten sie sich als dicke rhombische Tafeln mit Winkeln, welche den rechten sehr nahe kommen, dazwischen Oktaeder und Säulchen mit Oktaederflächen. Die Krystalle von Bertholletia sollen Oktaeder oder Rhomboeder, die von Ricinus Oktaeder und Tetraeder, die von Sparganium Rhomboeder, die des Hämatokrystallin Tetraeder, Rhomboeder oder hexagonale Tafeln sein. Radlkofer rechnet die Krystalle des Aleuron und des Hämatokrystallin zum hexagonalen, die Krystalle von Lathraea und die Dotterplättchen zum rhombischen System. Maschke und Hartig be- trachten die Aleuronkrystalle als reguläre. Die Krystalle der Kartoffel stellen in der größten Mehr- zahl so vollkommene Würfel dar, daß sie ganz unzweifelhaft zum tesseralen System gehören; wenn zwischen ihnen einzelne quadratische Tafeln oder rektanguläre Säulchen vorkommen, so glaubte ich dieselben nach ihrer Entwickelung als gespaltene oder als verzerrie Würfel ansehen zu müssen. Unter den Krystallen in den Aleuronkörnern von Casuarina und Nicotiana sanguinea fand Hartig ebenfalls regelmäßige Würfel ausgebildet (Bot. Zeit. 1856 p. 269). Wichtig ist das Verhalten der Proteinkrystalle zum polarisirten Licht. Radlkofer hat ge- zeigt, daß dieselben sämmtlich, wenn auch zum Theil nur schwach, doppelt-brechend sind; Maschke hat dasselbe für die Krystalle von Bertholletia nachgewiesen. Als ich die Kartoffelkrystalle unter dem polarisirten Licht untersuchte, so erhielt ich negative Resultate, indem die Krystalle bei ge- kreuzter Stellung der Nicols im dunklen Gesichtsfelde völlig unsichtbar. wurden, bei Einschaltung eines Glimmerblättchens hingegen mich keine merkbar verschiedene Färbung erkennen ließen. Ebenso erfolg- los blieb ein Versuch mit Krystallen, welche in Nelkenöl gelegt waren, ein Verfahren, welches bei den Bertholletia-Kıystallen die günstigsten Resultate geliefert hatte. Bei der Kartoffel müssen zu diesem Behuf die Krystalle aus den Zellen herauspräparirt und dann auf dem Objektglas eingetrocknet werden, ehe man das Oel zuseizen kann. Bei diesem Verfahren haften jedoch die Krystalle, welche anscheinend eine etwas klebrige Oberfläche besitzen, so fest auf dem Glase, daß man sie später nicht mehr, wie nöthig, zu rollen vermag; daher hatte auch das Nelkenöl keine Wirkung, nur neh- men die Krystalle darin eine bräunliche Färbung an. Ich war schon geneigt anzunehmen, daß die Kartoffelkrystalle auf das polarisirte Licht überhaupt nicht wirken, wenn nicht Herr Maschke, der sich für diesen Gegenstand auf das freundlichste interessirte, mich belehrt hätte, daß bei günstiger Beleuchtung unsere Krystalle auf einem Glimmerblättchen, welches das Roth erster Ordnung zeigt, in der That farbig polarisiren. So lange die Würfel auf einer Seite liegen, zeigen sie allerdings keine Farbenverschiedenheit; werden dieselben aber gerollt, so zeigen sie auf ihren Flä- chen ein schönes Blau oder Gelb, je nach der Richtung der Rotation. Herr Dr. Marbach, dessen Autorität in diesem Gebiete allgemein anerkannt ist, hatte die Güte, diese Beobachtung zu bestätigen. Später überzeugte ich mich, daß auch ohne Glimmerblättchen die Krystalle im dunklen Gesichtsfelde zwar völlig verschwinden, so lange sie auf einer Würfelseite liegen, daß jedoch beim Wälzen die Kanten und Ecken mit schwach bläulicher Farbe, aber deutlich sichtbar werden. Hieraus ergiebt sich, daß die Krystalle der Kartoffel, gleich den übrigen Protein- krystallen, das Licht, wenn auch nur schwach, doppelt brechen. Nach den gewöhnlichen Annahmen würde dies dagegen sprechen, daß unsere Krystalle zum regulären System gehören; da jedoch, wie schon Maschke hervorgehoben, eine Menge regulärer Krystalle aufdaspolarisirteLicht wirken, so ist an diese sl Beobachtung kein entscheidender Schluß gegen das Krystallsystem zu knüpfen; im Gegentheil bietet uns dieselbe einen neuen interessanten Beleg für die Polarisation der regulären Kry- stalle, welche Brewster, Biot, Mitscherlich und Marbach für andere Fälle nachgewiesen, Radlkofer hat die merkwürdige Thatsache konstatirt, daß die gekochten oder durch Alkohol koagulirten Krystalle ihr doppeltes Lichtbrechungsvermögen verloren haben. Von den gekochten Kartoffelkrystallen konnte ich hierüber nichts Bestimmtes feststellen, da es mir nicht gelang, dieselben unverletzt aus dem zu Kleister aufgequollenen Zellinhalt herauszupräpariren, und wie sie diese schwie- rige Untersuchung unumgänglich erfordert, isolirt unter dem polarisirten Licht zu studiren. Uebrigens behalten die mit Alkohol behandelten Krystalle von Bertholletia ihre Polarisation, wie Maschke und Radlkofer bereits gezeigt und ich mich selbst überzeugt habe, da dieselben überhaupt nicht durch Alkohol gerinnen. Ueber die Entwickelungsgeschichte der Kartoffelkrystalle vermag ich nichts anzugeben. Ich habe dieselben (im verflossenen Winter) überhaupt nur an völlig reifen, schon seit Monaten aufbewahrten Knollen studirt, weiß daher nicht, wann diese, bisher von allen Forschern übersehenen Krystalle auf- treten, ob schon von Anfang an oder vielleicht erst nach einiger Zeit bei stärkerer Konzentration des Zellinhaltes, etwa in Folge der Verdunstung; ebenso weiß ich nicht, auf welche Weise dieselben wachsen und ob die kleineren, unvollkommenen Krystalle, die ich gefunden, jugendliche Zustände der großen, oder aus diesen durch Auflösung hervorgegangen sind; ich hoffe im Laufe des Sommers diese Lücke noch auszufüllen. Jedenfalls weisen sämmtliche bisher bekannte Thatsachen darauf hin, daß in den Proteinverbindungen Krystallisationen eintreten können, sobald sie eine gewisse Konzen- tration erreicht haben, wie dies im konzentrirten Blut, im Dotter des Eies, in den austrocknenden Pflanzensamen, auch in den obersten Schichten der Kartoffel offenbar der Fall ist; daß jedoch die Konzentration der Mutterlauge die einzige oder auch nur die Hauptbedingung für die Entstehung der Proteinkrystalle sei, will ich damit nicht behaupten. Interessant ist in dieser Beziehung die Beobach- tung von Auerbach, welcher fand, daß Amöben, welche gewöhnlich nur kleine fettglänzende (Pro- tein?) Körnchen enthalten, an ihrer Stelle Kıystalle zeigten, nachdem das Wasser, in dem diese Thierchen lebten, fast völlig eingedunstet war. Hartig vermuthet, daß das Asparagin mit der Ent- stehung der Krystalle in den Klebermehlkörnern in genetischer Verbindung stehe; ohne mir darüber irgend ein Urtheil zu erlauben, will ich doch daran erinnern, daß in der Kartoffel schon von Vauquelin neben Eiweiß und Kleber auch Asparagin gefunden worden ist (Journ. de Phys. 85, 113); dasselbe bestätigte Michaelis (Archiv für Pharmazie 13, 233). Radlkofer hat bereits hervorgehoben, daß die Proteinkrystalle Eigenthümlichkeiten zeigen, welche bei anderen Krystallen nicht beobachtet werden; daß dieselben vor ihrer Lösung oder auch ohne solche aufquellen können, also an Volumen zunehmen, durch Auswaschen oder Neutralisiren des Lösungsmittels aber auf ihren früheren Bestand zurückgeführt werden; daß sie ferner durch gewisse Reagentien (Sublimat, Alkohol, auch durch Kochen) koagulirt werden können, ohne ihre Krystallform zu verlieren; daß demnach unter diesem Einflusse die Krystalle aufhören, Krystalle zu sein, und nur die Form behalten. Ich möchte hier als ebenso merkwürdige Eigenthümlichkeiten noch hinzufügen die Fähigkeit, durch Farbestoffe, wie durch Jod sich durch und durch zu färben, so wie die ver- schiedene Dichtigkeit, den verschiedenen Kohäsionszustand der inneren Schichten gegen die äußeren und die daraus hervorgehende auffallende Ungleichheit des Verhaltens gegen chemische Reagentien. Alle diese Eigenthümlichkeiten lassen sich auf ein Gesetz zurückführen, auf welches zwar eben- falls schon Radlkofer hindeutet, das ich jedoch als das Wichtigste durch meine Untersuchung ganz besonders erwiesen glaube: die Krystalle der Proteinverbindungen sind ganz ebenso für Flüssigkeiten permeabelund der Diffusion unterworfen, siesind wenn mansich so ausdrücken will, eben so porös, wie die Zellmembran und die Stärkekörner. Auf dieser Thatsache beruhen alle die abnormen Erscheinungen, welche diese Krystalle in so überraschender Weise zeigen. Wenn dieselben durch Jod oder durch Karmin gefärbt werden, wenn diese Färbung mit der Zeit an Intensität 11 82 zunimmt, so beruht dies eben nur darin, daß die gefärbte Flüssigkeit bis in den innersten Kern des Krystalls eindringen kann, daß die Molekule, welche den Krystall zusammensetzen, so weite Zwi- schenräume zwischen sich lassen, um wie in einem Filter noch die Einlagerung von Karmin- oder Jodmolekulen zu gestatten, eine Erscheinung, welche ihr nächstes Analogon in der Intussusception der Membranen findet. Wenn ferner in schwachen Alkalien und Säuren die Krystalle im Innern hohl werden und sich von innen nach außen auflösen, so beruht dies offenbar nur darauf, daß im Wider- spruch gegen das in der anorganischen Krystallwelt herrschende Gesetz, wonach sämmitliche Schichten des Krystalls in physikalischen wie in ihren chemischen Eigenschaften identisch sind, die äußeren Lamellen der Proteinkrystalle eine größere Dichtigkeit, wenn nicht gar ein anderes chemisches Ver- halten angenommen haben, als die inneren. Denn obwohl die äußeren Schichten nach wie vor für Flüssigkeiten permeabel bleiben, also diffundiren und ihr Durchschwitzen in’s Innere gestalten, so sind sie doch in geringerem Grade in ihnen löslich geworden als der Kern. Worauf diese Veränderung beruht, welche die äußeren Schichten erleiden, und die ich als Gerinnen bezeichnet habe, ob auf einem durch Altersverschiedenheit verhindertem Kohäsionszustande oder auf der Einwirkung des Zell- saftes, der in den Kartoffeln schwach sauer ist, oder ob sie von Anfang an eine chemische Ver- schiedenheit besitzen, werden erst unsere Untersuchungen vollständig enischeiden. Der Umstand, daß die Krystalle schon durch Kochen hohl werden, spricht scheinbar allerdings dafür, als seien dieselben überhaupt nicht einfach, sondern als beständen dieselben aus mehreren, chemisch verschiedenen Substanzen, von denen die eine im Kern befindliche in heißem Wasser lös- lich sei, die andere äußere darin koagulire. Ich halte jedoch eine solche Auffassung nicht für wahr- scheinlich, da die Größe des gelösten Kerns so variabel ist, derselbe oft ganz fehlt, alle Theile der Krystalle in stärkeren Reagentien sich schließlich gleich verhalten; ich glaube vielmehr, daß die ursprünglich gleichartigen Krystall-Lamellen erst später, vermuthlich durch den Einfluß der Zellflüs- sigkeit in einen Zustand größerer Dichtigkeit oder des Gerinnens übergeführt werden, der ihr verschie- denes Verhalten gegen den Kern bedingt. ° Die Lamellen geschichteter Zellmembranen und der Stärkekörner zeigen bekanntlich eine ganz ähnliche Verschiedenheit in dem Verhalten der inneren und der äußeren Schichten, die man in der Regel eher auf verschiedene Kohäsionsverhältnisse, als auf chemische Differenzen zurückzuführen geneigt ist; damit stimmt überein, daß Zellwand und Stärkekorn in den meisten schwächeren Reagentien sich gleich den Proteinkrystallen ebenfalls von innen nach außen lösen, und daß nur die stärksten Reagentien alle drei von außen nach innen an- greifen. Wenn nun gleich, zwar nicht die thierische, wohl aber die pflanzliche Zellmembran und das Stärkekorn in ihrer chemischen Natur zu einer ganz anderen Klasse gehören als die Protein- substanzen, so haben sie doch mit diesen außer der Fähigkeit des Aufquellens, für die wir keine theoretische Erklärung haben, offenbar auch das gemein, daß ihre Molekule große Zwischenräume unter sich lassen, worauf doch allein die Erscheinung der Intussusception und der Diffusion in den Krystallen wie in den Membranen beruhen kann. Wenn Schwann und die meisten seiner Nachfolger die Zelle für den organischen Krystall erklärten, den Unterschied beider aber darin fanden, daß der Krystall seine Muiterlauge ausschließe und für dieselbe undurchdringlich sei, nur durch Juxtapposition wachse; die Zelle aber aus permeablen Lamellen gebildet, ihre Bildungsflüssigkeit einschließe und durch Intussusception sich ernähre, so haben wir jetzt Körper gefunden, welche den Namen des orga- nischen Krystalls in noch viel eigentlicherem Sinne verdienen als die Zellen, welche obwohl in ihren wichtigsten Charakteren offenbar zu den Krystallen gehörig, in anderen eben so wichtigen Eigen- schaften, insbesondere in dem Vermögen der Quellung, der Diffusion und in gewissem Sinne auch der Intussusception mit den Zellmembranen übereinstimmen. Der weite Abstand, welcher bisher die Krystalle der anorganischen und die organisirten Zellbildungen der Thier- und Pflanzenwelt auseinanderhielt, ist durch die Proteinkrystalle aus- gefüllt. 83 II. Ueber eine Verbindung der Cellulose mit Kupferoxyd. Seitdem es Schweitzer i. J. 1857 gelungen, die Cellulose in Kupferoxyd-Ammoniak (Cuoxam) dergestalt aufzulösen, daß sie aus der Lösung mit unveränderten Eigenschaften wieder ausgefällt werden kann, seitdem darf man die Hoffnung nicht mehr für chimärisch halten, daß es noch gelingen werde, auch die Cellulose in Krystallen zu erhalten: um so mehr, als das Verhalten der Pflanzenzell- membran zum polarisirten Licht, und ihre Spaltung in parallel sich kreuzenden Lamellen, die sogenannten Primitivfasern, der Hypothese einer krystallinischen Struktur der Cellulose zum mindesten nicht ent- gegensteht. Allerdings ist es bisher nicht möglich gewesen, die Cellulose aus ihrer Lösung in Cuoxam anders als im amorphen Zustande in Flocken oder als Gallerte zu fällen; und auch wenn man die Lösung auf eine Spiegelplatte ausgießt, so bildet beim Verdunsten des Ammoniaks die Cellulose auf der Oberfläche der Flüssigkeit immer nur ein scheinbar strukturloses Häutchen, dem man den Kupfergehalt durch Auswaschen mit verdünnten Säuren entziehen kann, und welches dann eine wahre künstliche Cellulosenmembran darstellt; diese künstliche Zellmembran ist in der That bereits von Van Monkhoven statt der Kollodiumhäutchen bei der Photographie benutzt worden und soll vor diesen noch Vorzüge besitzen. Im vorigen Winter (1859) stellte ich behufs Bestätigung der wichtigen Cramer’schen Beobachtungen eine Reihe von Versuchen über die Löslichkeit der Cellulose in Kupferoxyd- Ammoniak an, deren speziellere Darlegung jedoch durch die seitdem von Payen, Fremy und Pelouze in den Verhand- lungen der pariser Akademie veröffentlichten Mittheilungen überflüssig geworden ist. Auch mir gelang nicht nur die Lösung von Papier und Baumwolle, sondern auch die von Holz und Mark, sobald durch Kochen mit Salpetersäure die inkrustirende Substanz entfernt war. Wurde dagegen Kork (Pfropfen) nach der Schulze’schen Methode macerirt, so zerfiel er in seine einzelnen Zellen; dies beweist, daß die Intercellularsubstanz die Korkzellen in ähnlicher Weise zusammenkittet, wie die gewöhnlichen Parenchymgewebe, daß demnach die Korksubstanz von der Intercellularsubstanz in der That chemisch verschieden ist. Wurde macerirter Kork mit Kupferoxyd- Ammoniak behandelt, so löste sich, wie schon Cramer gefunden, Nichts; wenigstens trat durch Säuren keine Fällung ein. Eigenthümlich verhielt sich die Pilzcellulose, zu deren Untersuchung das schneeweiße, lederartige Mycelium eines Schwammes, der in einer hohlen Eiche gewachsen, benutzt wurde. Ein Theil derselben schien sich in Cuoxam zu lösen, wie die nachträgliche Fällung bekundete; als ich jedoch das Gewebe des Schwammes behufs der Reinigung in Salpetersäure kochte, löste sich dasselbe darin in wenig Minuten vollständig auf, wobei die Säure sich gelb färbte; nach Zusatz von Ammoniak wurde die Färbung goldgelb, als Zeichen einer xanthoproteinsauren Verbindung. Die Pilzcellulose ist daher in Salpe- tersäure löslich; den Proteingehalt glaube ich jedoch nicht der Membran, sondern dem Inhalt der Myceliumfäden zuschreiben zu dürfen. Zur Fällung der in Cuoxam gelösten Cellulose wurden gewöhnlich nach dem Vorgange von Schweitzer und Cramer Salz- oder Salpetersäure benutzt. Als ich jedoch die Fällung der Cellulose durch kaustisches Kali zu bewirken suchte, machte ich die Beobachtung, daß die Cellulose nicht in farblosen Flocken, sondern in blauen, gallertartigen Klümpchen niederfiel; wendete ich sowohl die Celluloselösung als auch das Kalihydrat in konzentrirtem Zustande an, so verwandelte sich die Flüssigkeit augenblicklich in eine starre, dunkelblaue Gallert, welche als schlüpfrige Kugel aus dem Reagensgläschen herausgenommen werden mußte, indem beim Umdrehen desselben kein Tropfen Flüs- sigkeit mehr ausfloß. Durch wiederholtes Auswaschen der blauen Gallerte mit destillirtem Wasser nahm zwar das Volumen der Masse ab, und dieselbe wurde auch blässer, erschien aber stets türkis- blau, und ließ sich selbst nach vielmaligem Aussüßen, wenn die Flüssigkeit völlig wasserhell ge- worden und keine Spur von Kupfer mehr nachweisen ließ, doch nicht völlig entfärben, sondern bildete ein hellblaues Pulver. Kalihydrat zu Cuoxam ohne Cellulose hinzugefügt, bewirkte dagegen keine Fällung. Es schien mir daraus hervorzugehen, daß die in Cuoxam gelöste Cellulose durch 11* s4 Kali nicht, wie durch Säuren, Alkohol, Dextrin, Zucker, Gummi, rein und unverändert, sondern in einer Verbindung mit Kupfer niedergeschlagen würde. Eine Verbindung der Cellulose mit Kupfer war mir um so wahrscheinlicher, als schon das bekannte Verfahren zur Konservirung des Holzes durch Tränken mit Kupfervitriol auf die Existenz einer solchen hinwies; wenigstens läßt sich schwer einsehen, warum ohne chemische Verbindung mit der Holzfaser der Kupfervitriol durch die Feuch- tigkeit der Erde nicht wieder ausgelaugt werden sollte. Ich ersuchte daher einen meiner Zuhörer, Herrn Dr. Theobald Epstein, diese Verbindung einer chemischen Prüfung zu unterwerfen. Herr Dr. Epstein hat das Resultat seiner Untersuchungen in seiner Inauguraldissertation: „„De nova conjunctione cellulosae cum cupro oxydata, Breslau 1860“ niedergelegt, in welcher er zugleich eine klare und sorgfältige Zusammenstellung der gesammten Literatur über die chemischen und physiologischen Ver- hältnisse der Cellulose giebt. Die Untersuchungen von Epstein erweisen, daß durch Kali oder auch durch Natronlauge in der That eine chemische Verbindung von Cellulose mit Kupferoxyd gefällt wird. Gießt man einen Tropfen konzentrirter Natronlauge in die Celluloselösung, so umgiebt er sich augenblicklich mit einer Membran und schwebt mit seiner wasserhellen Farbe in der blauen Flüssigkeit. Die blaue Gallert wird in feuchter Luft allmälig schwarz, in der heißen Sonne dagegen getrocknet bleibt sie blau. Die Verbindung hält eine Quantität Kupfer, so wie Natronhydrat mecha- nisch, aber so hartnäckig fest, daß erst nach wiederholtem Waschen das erstere durch Ammoniak oder Schwefelwasserstoff nicht mehr angezeigt wird; das letztere läßt sich vollständig gar nicht auswaschen. Hierzu kommt, daß sich das überschüssige Cuoxam beim Auswaschen des Niederschla- ges in der Luft zersetzt und den Kupfergehalt der Verbindung scheinbar vergrößert. Das Verhältniß der Cellulose zum Kupfer läßt sich aus diesem Grunde nur nach verschiedenen Vorsichtsmaßregeln, in Bezug deren ich auf die angeführte Dissertation verweise, am besten auf nassem Wege bestimmen; es stellte sich heraus zu 20,24 Prozent. Bestimmt man das Atomgewicht der Cellulose nach der gewöhnlichen Formel C!?H!00!°, so besteht die Verbindung aus 1 Atom Cellulose und 1 Atom Kupferoxyd. Herr Dr. Epstein häls jedoch nach seiner Untersuchung die Formel von Fromberg und Baumhauer = C?*H?! 0?! für die wahrscheinlichere ; alsdann würde die Verbindung aus 2 Atom Kupferoxyd und 1 Atom Cellulose bestehen. A. Vogel jun. hat in den Monatsberichten der münchener Akademie 1858 eine Verbindung von 3 Atom Bleioxyd und 2 Atom Cellulose 2(C?*H?!021) 3 PbO bekannt gemacht. II. Ueber die Bewegungen der Blätter bei unseren einheimischen Oxalis-Arten. Bewegungen von Blättern in Folge äußerer mechanischer Reize wurden bisher so überwiegend bei exotischen Pflanzen, insbesondere tropischen beobachtet, daß das Vorhandensein ganz gleicher Erscheinungen auch in der einheimischen Flora beinahe ganz außer Acht gelassen worden ist. So ist die Reizbarkeit der Blätter von Drosera zwar schon 1782 durch Roth entdeckt worden, aber diese Thatsache wurde bis in die neueste Zeit, wenn auch von Einzelnen bestätigt, doch immer wieder von Anderen theils übersehen, theils geradezu in Abrede gestellt, und erst Herr Dr. Nitschke, der auf meinen Rath sich dieses Thema zur Inauguraldissertation erwählte, hat die Erscheinungen der Irvitabilität bei Drosera rotundifolia durch eine Reihe von Experimenten völlig in’s Klare gebracht (siehe dessen Commentatio anatomico-physiologiea de Droserae rotundifoliae irritabilitate. Pars prior physiologica, Breslau 1558). Einen noch auffallenderen Beweis für die Vernachläßigung der naheliegenden einheimischen Pflanzen gegen die fremden bietet die Familie der Oxalideen, in der die Reizbarkeit der indischen Arten von Averrhoa und Oxalis längst bekannt ist und in allen Lehrbüchern erwähnt wird, während dieselben Erscheinungen bei den einheimischen Sauerkleearten gänzlich ignorirt wurden. Die Reizbarkeit der exotischen Oxalis - Arten brachte mich auf den Gedanken, bei einer am 9. Mai 1859 unternommenen Exkursion auf den Zobtenberg auch die dort gemeine Oxalis Acetosella darauf zu untersuchen, und da diese Pflanze bei den ersten auf dem Berge selbst vorgenommenen Versuchen sehr energische Bewegungen zeigte, so nahm ich mir eine Anzahl lebender Exemplare nach Hause, um sie daselbst zu kultiviren und einer genaueren Unter- 85 suchung. zu unterwerfen, was mir um so interessanter schien, da in keinem der mir bekannten bota- nischen Lehrbücher oder Aufsätze von einer Reizbarkeit dieser Spezies die Rede ist. Inzwi- schen hat mich mein Freund, Herr Regierungsrath Wichura, darauf aufmerksam gemacht, daß bereits Ch. Morren die Bewegungen der einheimischen Oralis-Arten untersucht und in einer Ab- handlung: ‚Note sur l’exeitabililE et le mouvement des feuilles chez les Oxalis, Bulletins de l’Academie des sciences de Bruxelles 1839, tab. II., P. 1l., p. 68° beschrieben hat. *) Hiernach ist die Reizbarkeit bereits vor 20 Jahren von zwei Schülern des vor Kurzem verstorbenen De Brignoli de Brunnhoff in Modena entdeckt worden, welche bei einem Spaziergange mit ihren Stöcken zufällig Pflänzchen von Oralis strieta geschlagen und nach kurzer Zeit eine Veränderung in der Lage ihrer Blätter beobachtet hatten. Morren, dem Brignoli-Brunhoff diese Beobachtung mitgetheilt hatte, be- stätigte dieselbe auch bei Oxalis corniculata und Acetosella. ‚Wenn der gemeinschaftliche Blatt- stiel durch leichte, aber wiederholte Schläge erschüttert oder in gleicher Weise die ganze Pflanze bewegt wird (z. B. vom Winde), so 1) falten sich die Blättchen längs ihres Mittelnerven, so daß die beiden Hälften der Oberseite sich berühren, genau so wie bei Dionaea ; diese Bewegung schreitet von unten nach oben fort; 2) jeder Blattlappen (lobe de la foliole) krümmt sich nach innen, so daß seine untere Fläche nach außen eine mehr oder weniger ausgesprochene Konvexität zeigt; 3) die Spezialblatistiele (petiole partiel), obwohl sehr kurz, falten sich von oben nach unten, so daß sie ihre Blättchen hängen lassen, die sich mit ihren Unterseiten um den gemeinschaftlichen Blattstiel herum fast berühren; diese Bewegung ähnelt der nächtlichen Schlafbewegung. Ein leichter Druck, an der Vereinigungsstelle der drei Spezialblattstielchen ausgeübt, bewirkt ebenfalls die Bewegungen der Blättchen. In heißer Jahreszeit ist die Reizbarkeit besonders lebhaft; die Blättchen falten sich schon nach einer Minute; wenn es kühler ist, brauchen sie längere Zeit. Von den einheimischen Arten ist Oxalis strieta und corniculata im höchsten Grade reizbar, Oxalis Acetosella zeigte minder ausgeprägte Bewegungen, vielleicht weil sie nicht zur Zeit ihrer Blüthe beobachtet wurde. Die aus- ländischen Arten von Oralis verhielten sich ganz gleich, am trägsten ist O. carnosa, am energischsten O. Deppei und purpurea.“ Die Angaben von Morren, die einzigen, welche mir über diesen Gegenstand bekannt sind, be- dürfen einiger Ergänzung; die nachfolgenden Versuche sind vorzugsweise an Oxalis Acetosella angestellt; Oxalis strieta verhält sich aber in dieser Beziehung ganz gleich. Leider gingen mir die im Zimmer kultivirten Pflänzchen zu früh zu Grunde, um den Gegenstand mit erforderlicher Voll- ständigkeit nach allen Richtungen hin zu erledigen. Die Reizbarkeit der Blätter von Oxalis Acetosella äußerst sich nach jeder heftigeren Erschütte- rung, wenn man die Pflanze mit einem Stocke schlägt, wenn man den gemeinschaftlichen Anheftepunkt der Blättchen drückt oder mit der Pinzette diese Stelle kneipt, wenn man einen Topf mit dieser Pflanze auch nur eine kurze -Strecke weit fortträgt; selbst die Erschütterung beim bloßen Abreißen ist oft dazu hinreichend; ebenso ein heftiger Wind oder der Regen, der die Blätichen trifft. Am leichtesten erkennt man die Erscheinung, wenn man ein abgerissenes Blatt am Stiele faßt und mehrere Mal hinter einander kräftig schütteli. Die Bewegungen, welche Morren angiebt, habe ich jedoch nicht völlig bestätigen können; ich finde, daß sich die einzelnen Blättchen allerdings nach der Reizung eiwas nach innen krümmen, so daß ihre Oberseite konkav erscheint und daß die kurzen Spezialblattstielchen, durch welche die drei Blättehen am gemeinschaftlichen Blattstiele befestigt sind, eine Krümmung in der Art erleiden, daß die Blättchen sich rascher oder langsamer nach unten zurückbeugen und schließlich mit den Unterseiten sich theilweise berühren oder vielmehr eine drei- seitige Pyramide begrenzen, welche den gemeinschaftlichen Blattstiel einschließt; auch dieser erleidet eine stärkere oder schwächere Krümmung. Dagegen kann ich nicht finden, daß sich die Blätichen *) Der Einzige, der meines Wissens von diesem merkwürdiger Weise ganz in Vergessenheit gerathenen Auf- satze Notiz genommen, ist Fechner in seiner Nanna p. 190. 86 nach Art von Dionaea in der Mitte zusammenfalten, deren Blätter bekanntlich, sei es, daß man die Blattflächen oder auch nur die Haare auf der Oberseite derselben berährt, sich so zusammenlegen, daß die beiden Hälften der Oberseite einander decken. Ein solches Zusammenfalten tritt bei Oxalis nie oder doch nur äußerst selten ein; höchstens beugen sich die Blätter so nach innen, daß die beiden Blatthälften gegen einander einen rechten Winkel bilden. Es läßt sich beobachten, daß die Zeit, wann, und der Winkel, bis zu welchem sich die Blättchen zurückbiegen, in geradem Verhältnisse steht zur Stärke der Erschütterung; je intensiver diese, je rascher und je tiefer beugen jene sich abwärts, und um so später richten sie sich wieder auf. Ist die Pflanze sehr reizbar, so geschieht das Zurückschlagen so rasch, daß man es mit den Augen verfolgen kann; gewöhnlich sind jedoch ein paar Minuten erforderlich, ehe das Maximum der Beugung eintritt. Erst nach 1—2 Stunden sind die zurückgeschlagenen Blättchen wieder aufgerichtet und dann auf’s Neue reizbar. Die Blätter sind schon reizbar, wenn sie fast ausgewachsen aber noch in. der Knospenlage sich befinden, in welcher die Blättchen allerdings der Länge nach zusammengefaltet sind, so daß sich die Hälften der Oberseite berühren und mit der Kante rechtwinkelig gegen den Blattstiel und zugleich etwas aufwärts gerichtet sind; erschüttert beugen sie sich abwärts, ohne die gefalteten Spreiten zu öffnen. Oxalis macht eine Ausnahme von der Regel, daß der sogenannte Schlafzustand der Blätter ein Zu- rückkehren in die Knospenlage sei; bei Oxalis ist, wie auch Julius Sachs mit Recht hervorhebt, Knospenlage und Schlafzustand völlig verschieden; . letzterer ist dagegen ganz gleich dem, welcher nach mechanischer Erschütterung eintritt. Ferner stellt sich in der Knospenlage deutlicher als später ein Unterschied zwischen den drei Blättchen eines Blattes heraus, indem alle drei übereinander- liegen, also das eine, als das mittlere, von den beiden seitlichen bedeckt erscheint. Dieses mittlere Blättchen ist dasjenige, welches in der Verlängerung der Rinne steht, die der gemeinschaftliche Blattstiel auf seiner Oberseite zeigt. Es ergiebt sich hieraus, daß die folia ternata von Oxalis nicht, wie es den Anschein hat, schildförmig auf einem cylindrischen Stiel befestigt und unter einander gleichwerthig sind, sondern daß sie, ähnlich denen der Trifolieae, als folia impari pinnata uni- Juga, das eine Blättchen als Endblättchen, die beiden anderen als Seitenblättchen zu betrachten sind. Außer der mechanischen Erschütterung werden die Blättchen von Oxalis auch durch Brennen, sei es mit einer Flamme, sei es mit dem Brennglas, zum Sencken gebracht; allerdings tritt hierbei das Zurückschlagen eiwas langsamer ein, dafür bleiben die Blättchen auch längere Zeit gesenkt. Selbst wenn durch die Brandwunde über die Hälfte des Blattes zerstört ist, erhebt sich der Stummel nach einiger Zeit wieder und ist dann auf’s Neue reizbar. Sogar dann, wenn die Blättchen bis an’s Gelenk abgebrannt sind, richten diese sich noch auf und stellen die verkohlten Spreiten horizontal. Ebenso leicht gelingt es, Blättchen, die noch im Knospenzustande aufgerichtet sind, durch Brennen zum Senken zu veranlassen. Dagegen bewirkt das Abschneiden eines Blattsegmentes oder auch eines ganzen Blättchens, wenn es ohne Erschütterung vollzogen wird, kein Zurückbeugen der übrigen Blättchen. Läßt man nur ein einziges Blätichen stehen, so vollzieht dies seine Bewegungen wie im unverletzten Blatt. Auch Betupfen der Blätter mit Alkohol, Essigsäure etc. hatte keine Wirkung; ein Tropfen Schwefelsäure auf ein Blättchen gebracht, bringt, indem sie aufgesogen wird, dieses zum Senken, die beiden übrigen aber gar nicht oder erst spät; nach einiger Zeit sterben?jedoch alle drei Blättchen ab. Abwesenheit des Lichtes bewirkt bekanntlich dieselben Senkungen, wie die mechanische Er- schütterung; jeden Abends begeben sich die Blätter von Oxalis in den Schlafzustand; derselbe tritt auch ein, wenn die Pflanzen am Tage in einen finstern Raum, einen verschlossenen Schrank, in den Ofen etc. gestellt werden; läßt man sie aber darin längere Zeit stehen, so richten die Blättchen sich wieder auf; des Abends schließen sie sich auf’s Neue und erwachen des Morgens, so gut wie die im Lichte befindlichen. Nach den obigen Beobachtungen, in Uebereinstimmung mit den früheren von anderen For- schern, insbesondere mit den interessanten Versuchen von Julius Sachs (Ueber das Bewegungsorgan und die periodischen Bewegungen der Blätter von Phaseolus und Oxalis, botanische Zeit. von Mohl 87 und Schlechtendal 1857, p. 811) steht demnach fest, daß während im Lichte, und zwar in den blauen und violetten Strahlen die horizontale Tagesstellung der Blättchen statt hat, die Entziehung dieser Strahlen (durch Abschluß des Lichtes überhaupt, oder auch nur vermittelst rothen Glases), ähnlich der mecha- nischen Erschütterung, ein Senken der Blättchen bewirkt, daß aber die Blätter nach einiger Zeit in rothem Lichte wie in finstern Räumen ihre Tagstellung wieder annehmen und selbst ihre täglichen Bewegungen fortsetzen. Diese scheinbar in Widerspruch stehenden Beobachtungen haben zu der Annahme geführt, daß die Bewegungen in der Periodizität des Pflanzenlebens begründet und demnach im Grunde von dem Einflusse des Lichtes unabhängig sind. Aber bei Oxalis ist der Wechsel von Tag- und Nachtstellung gar nicht in dem Sinne periodisch, daß er täglich nur einmal in bestimmten Zwischenräumen eintrete; sondern die Blätter machen an einem Tage, oft in einer Stunde mehrere Mal den Wechsel der beiden Stellungen durch, je nachdem Regen und Sonnenschein mit einander wech- seln, oder der Wind das Senken veranlaßt.- Die Blätter schlafen in den langen Sommertagen später ein und erwachen früher, als im Frühling und Herbst. Anfang Mai beginnen sie zwischen 7 und 8 Uhr Abends einzuschlafen und sind vor 9 Uhr am tiefsten gesenkt; sie richten sich auf nach 22 Uhr Morgens und haben vor 4 Uhr volle Tagesstellung. Aus diesem Grunde suchte ich mir anfangs die Stellungsveränderungen im Dunklen durch die Annahme zu erklären, daß die geringe Lichtmenge, welche in die finsteren Räume, die man herzu- stellen im Stande ist, eindringt, in Folge der Gewöhnung ausreicht, um die Blätter wieder zu ihren Bewegungen zu veranlassen, ähnlich wie durch Gewöhnung sich unser Auge selbst für die schwächste Beleuchtung leicht akkommodirt; bekanntlich erscheint uns ein fensterloses Zimmer oder Keller, ein verschlossener Schrank nur beim Eintreten absolut finster; oft schon nach 10 Minuten aber hat sich das Auge so akkomodirt, daß es alle Gegenstände zum Theil mit ihren Farben mit Leichtigkeit unterscheidet; vergleiche die Versuche von Aubert (über Verhalten der Nachbilder auf der Netzhaut in Moleschott’s Untersuchungen, 1858, Bd. IV). Ein ähnliches Akkommodiren glaubte ich auch bei den für das Licht reizbaren Pflanzentheilen voraussetzen zu dürfen, da es äußerst schwierig ist, Pflanzen in einen absolut finsteren Raum zu versetzen. Zum möglichsten Ausschluß des Tageslichtes benutzte ich einen mit schwarzem Leder überzo- genen Kasten, den ich der größeren Sicherheit wegen noch mehrmals mit schwarzem Tuch umwickelte. Ich brachte einen Topf mit Oxalis des Abends gegen 10) Uhr in den Kasten, als sämmtliche Blätter die tiefste Nachtstellung zeigten; des andern Morgens um 4 Uhr hatten dieselben die horizontale Tagesstellung ganz ebenso eingenommen wie die am Fenster stehenden. Ich kann hiernach nicht zweifeln, daß das sogenannte Erwachen der schlafenden Blätter vom Lichte unabhängig ist. Die horizontale Tagesstellung ist offenbar eine Gleich- gewichtslage zwischen dem Ausdehnungsbestreben der oberen und der unteren Blattfläche, insbeson- dere der beiden Gelenkhälften. Daß die beiden Blatilächen gegen das Licht einen Antagonismus zeigen, ist ohnehin bekannt. Die Gleichgewichtslage wird durch Entziehung des Lichtes gestört; die Blätt- chen senken sich; aber nach einiger Zeit stellt sich dieselbe von selbst wieder her, die Blättchen heben sich und nehmen die normale Horizontalstellung wieder an. Nach dieser Voraussetzung müßten die Blätter, wenn sie in absoluter oder doch konstanter Finsterniß, so weit solche überhaupt herzustellen ist, längere Zeit verharren, auch ihre horizontale Normalstellung beibehalten. Dies ist auch wirklich der Fall; denn bei dreitägigem Verharren in jenem finstern Kasten blieben die Blätter Tag und Nacht horizontal. Ein schwa- ches Senken trat zwar in der ersten Nacht ein, vielleicht aber in Folge mechanischer Erschütterung oder des durch das mehrfache Oeffnen des Kastens erfolgten Reizes, Eine wirkliche Schlafstellung, wie in den am Fenster stehenden Pflanzen, trat jeduch nicht ein. Blätter, die drei Tage im Finstern gestanden, sind noch durch eine mechanische Erschütterung reizbar. Nach längerer Zeit tritt Verwirrung in der Lage der Blättchen ein, indem die im Finstern sich bedeutend streckenden Blattstiele sich unter einander verwickeln. 88 Nachdem der Topf drei Tage in völliger Finsterniß gestanden, stellte ich die Pflanzen, deren Blättchen, wie gesagt, fast ohne Ausnahme horizontal, senkrecht auf dem Blattstiel standen, an’s Fenster. Nach kurzer Zeit (l—2 Stunden) hatten sich die Blättchen so aufgerichtet, daß sie einen sehr stumpfen Winkel gegen den.Blattstiel bildeten, und ihre Oberflächen eine Hohlpyramide — das gerade Gegentheil der Nachtstellung — begrenzten. Dabei neigten sich die Blattstiele im Bogen so gegen das Fenster, daß die Achsen dieser Pyramiden gegen die Stelle des Horizontes, von wo das Licht einfiel, gerichtet waren. Nach etwa 4 Stunden hatten sich die Blättchen zur gewöhnlichen Horizontalstellung zurückgebogen. Die Blattstiele der am Fenster kultivirten Pflanzen sind gewöhnlich so gebeugt, daß die Ober- flächen der drei Blättchen eines Blattes zwar in einer Ebene, aber schief gegen den Blattstiel, senkrecht zur Lichtquelle geneigt sind. Ich kehrte nun den Topf um, so daß alsdann die Unterseiten der Blätter dem Lichte, die Oberseiten abwärts dem relativ dunkleren Zimmer zugekehrt waren. Ich erwartete, daß sich nun die Blattstiele ohne Weiteres umwenden und die Blätter in die normale Lage zurückbringen würden. Die nächste Wirkung war jedoch, daß sich die Blätichen sämmitlich senkten, als ob sie einzuschlafen begännen; nach ein bis zwei Stunden er- hoben sie sich wieder und stellten sich horizontal; indem sich nun auch die Blattstiele zum Lichte bogen, kehrten die Blätter in ihre frühere Lage zurück. Schlafende, tief gefaltete Blätter, mitten in der Nacht neben eine Argand’sche Lampe gestellt, richteten sich in einer Stunde völlig auf und nahmen die Tagesstellung an. Diese Beobachtung, die ich jedoch nicht immer mit gleichem Erfolg wiederholte, steht im Widerspruch mit einem Versuche von De Candolle, welcher nicht im Stande war, die periodischen Erscheinungen des Wachens und Schla- fens der Blätter von Oxalis strieta und incarnata durch künstliche Beleuchtung zu verändern; dieselben öffneten sich 3 Tage hindurch im Dunklen und schlossen sich 3 Nächte hindurch in einem durch 6 Argand’sche Lampen erleuchteten Keller. (Mem des savans etrangers de U’Institut TI, Meyen, Pflanzenphysiologie III, 481). Merkwürdig ist, daß im direkten Sonnenlicht die Blättchen sich ebenfalls zur Schlaf- stellung zurückbeugen; schon in einer halben Stunde sehen die von der Sonne beschienenen Pflanzen so aus, als befänden sie sich im tiefsten Schlafe. Hieran ist nicht die Wärme schuld; denn das Senken der Blättchen trat ein, als ein daneben in die Sonne gehängtes Thermometer nicht mehr als 18° zeigte. Sonnenschein und Finsterniß haben also ganz dieselbe Wirkung auf die Blätter von Ocxalis. Mit Ausnahme der Mimosenbäume, von denen Humboldt erzählt, daß sie ihre im Sonnen- schein schlafenden Fiederblätter erst gegen Abend auseinanderfalten, ist mir keine Pflanze bekannt, bei welcher der Eintritt des Schlafzustandes im Sonnenschein beobachtet wäre. Allerdings ist Oxalis Acetosella ihrem Standort nach eine Schattenpflanze. Ich vermeide es absichtlich hier auf irgend welche theoretische Schlußfolgerungen über das Verhalten dieser Pflanze gegen das Licht einzugehen, da ich im Begriff bin, diesen Gegenstand durch eine Reihe von Experimenten über den sogenannten Schlaf der Pflanzen im Allgemeinen zu erörtern, namentlich auch den Einfluß einer konstanten Beleuchtung festzustellen. Um zu untersuchen, welchen Einfluß die Feuchtigkeit auf den periodischen Wechsel der Schlaf- und Tagesstellung habe, befestigte ich ein Blatt von Oxalis am Boden eines Glases, das ich dann mit Wasser füllte, so daß das Blatt ganz und gar von Wasser umgeben war. Durch die Erschüt- terung senkten sich die Blättchen bald, richteten sich aber nach einiger Zeit wieder auf und stellten sich horizontal, wie gewöhnlich. Ich konnte nun konstaliren, daß der Eintritt des Schlafens und des Wachens bei dem im Wasser befindlichen Blatte genau zu derselben Stunde stattfand, wie an den daneben befindlichen in Töpfen kultivirten Pflanzen. Es scheint dies zu beweisen, daß ein direkter Einfluß der Luftfeuchtigkeit auf die Schlafbewegungen der Blätter nicht stattfindet. Die ähnlichen Versuche von Sachs scheinen dieselben Resultate ergeben zu haben. Ein Blatt, das ich so auf das Wasser legte, daß der gemeinschaftliche Blattstiel in die Luft ragte und die 89 Oberseite der Blättchen auf dem Wasser schwamm, drückte zur Schlafzeit den gemeinschaftlichen Anheftepunkt der Blättchen unter die Oberfläche des Wassers; als das Blatt die vollständige Schlaf- stellung eingenommen hatte, bildeten die Blättchen eine dreiseitige Pyramide, deren Spitze tief unter dem Niveau sich befand. Des anderen Morgens nahm jedoch das Blatt seine horizontale Tages- stellung nicht mehr an; was jedoch, wie ich glaube, nur daran lag, daß an der Oberseite des Blattes das Wasser sehr stark adhärirt nnd nicht davon entfernt werden kann, während auf der mit Haaren und Spaltöffnungen besetzten Unterseite das Wasser durch eine Luftschicht von den Zellen entfernt gehalten ist und daher sofort abläuft. Ließ ich ein Blatt so schwimmen, daß die Unterseite der Blättchen das Wasser berührte, der gemeinschaftliche Blattstiel aber im Wasser steckte, so hob sich beim Schlafen die Spitze der Pyramide über das Niveau empor und das Blatt nahm schließlich seine gewöhnliche Nachtstellung an, indem die beiden seitlichen Blättchen wie eine Schneide im Wasser steckten, das Endblättchen dagegen auf der Oberfläche schwamm. Des anderen Morgens hatten sich die Blättchen wieder horizontal gestellt; und so wechselte das Schlafen und Wachen mehrere Male, bis das Wasser auch auf die Oberseite trat und dann die Blättchen bald abstarben. Auch die Blüthenstiele von Ozalis Acetosella bewegen sich in Folge mecha- nischer Reize. Diese sind im Knospenzustande gegen die Spitze so gekrümmt, daß die geschlos- sene Blüthe parallel dem Blüthenstiel und zwar nach abwärts gerichtet ist. Beim Aufblühen richten die Stiele sich dergestalt auf, daß die Blüthe alsdann einen rechten Winkel mit ihrem Stiele bildet, obwohl der Scheitel dieses Rechten abgerundet bleibt. Faßt man eine abgerissene Blüthe am unteren Ende des langen Stieles und schüttelt sie mehrere Male tüchtig, so richtet der Blüthenstiel sich auf, so daß die Blüthe einen immer stumpferen Winkel mit dem Stiele bildet und schließlich nicht mehr horizontal, sondern nach oben gerichtet ist. Zu einer gewissen Zeit erschüttert, wird der Blüthenstiel fast ganz gerade; dasselbe tritt auch von selbst ein, wenn die Blüthe völlig offen ist. Nach dem Verblühen biegt sich der Blüthenstiel erst rechtwinkelig, dann so nach unten, daß die junge Frucht, gleich der Knospe, dem Stiel wieder parallel abwärts gerichtet ist. Schüttelt man eine Blüthenknospe am Stiele, so richtet der Stiel sich dergestalt auf, daß die Knospe, die anfangs dem Stiele parallel herabgeneigt war, nun horizontal und im rechten Winkel absteht. Die Blüthenstiele krümmen sich durch Schütteln auch in ihren unteren Theilen. Ob nicht für diese Erscheinungen die Biegsamkeit des in ungewöhnlichem Grade unelastischen Stieles die Hauptursache ist, habe ich noch nicht sicher ermittelt. Der Stiel läßt sich auch zwischen den Fingern leicht auf- und abwärts biegen und behält jede Stellung bei, ohne Elastizität zu äußern. Die obigen Beobachtungen machen nicht Anspruch darauf, die Frage von der Reizbarkeit der Gewächse in einem wesentlichen Punkte weiter zu fördern; sie haben vorläufig nur den Zweck, von Neuem darauf aufmerksam zu machen, daß einheimische, weit verbreitete Pflanzen dieselben Bewegungser- scheinungen, zum Theil in derselben Lebhaftigkeit, erkennen lassen, welche man gewöhnlich nur bei ausländischen Gewächsen in großer Hitze zu finden erwartet. Daß eine hohe Temperatur, wenn auch möglicherweise der Energie der Reizbarkeit förderlich, doch dazu nicht unumgänglich sei, beweist offenbar unsere Oxalis, deren Bewegungen ich an kalten Frühlingstagen bei 10° R. ebenso deutlich beobachtete wie im Sommer. Seit freilich Hofmeister mit gewohniem Scharfsinn entdeckt hat, daß alle Pflanzen in ihrer Jugend, an den Achsen sowohl, als an den Blättern, Bewegungserscheinungen oder vielmehr Krüm- ‚mungen zeigen, sobald sie einer stetigen Erschütterung eine hinreichende Zeit hindurch ausgesetzt sind (Pringsheim’s Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik, Bd. Il., Heft 2, 1860), kann das Vor- handensein auch von energischeren Phänomenen dieser Art bei einheimischen, mit dazu geeigneten Gelenken versehenen Gewächsen nicht mehr auffallen. Die anatomischen Verhältnisse, welche den Mechanismus des Gelenkes bei Oxalis erläutern, sind von Sachs in seinem oben citirten Aufsatze erörtert worden; insofern meine eigenen Beobachtungen in einigen Punkten davon abweichen, bedürfen sie der Abbildungen und mögen daher anderswo niedergelegt werden. 12 90 Bericht über das Henschel’sche Herbarium Dr. 3. Milde. Die Arbeiten am Herbarium wurden im verflossenen Jahre durch die Kunstausstellung und durch meine Krankheit längere Zeit unterbrochen. Sodann wurde sogleich die Ordnung der sehr umfang- reichen Algen-Sammlung in Angriff genommen und dieselbe genau nach Kützing’s species Algarum zu Ende geführt. Die Algen bilden offenbar den werthvollsten Theil der eryptogamischen Samm'ungen des Herbarium, indem sie vollständiger und schöner als jede andere Klasse vertreten sind. Die Flechten sind gleichfalls bereits fast vollständig geordnet und die Pilze zu der in nächster Zeit statt- findenden Zusammenstellung vorbereitet, so daß trotz der langen Unterbrechung das gesammte Herbar binnen Kurzem übersichtlich geordnet sein wird. — In Erwägung, daß die große Reichhaltigkeit und der hohe Werth des Henschel’schen Herbarium die möglichste Konservirung desselben unserer Gesellschaft zur Pflicht macht; daß dieses Herbarium in seinem gegenwärtigen Zustande Gefahr läuft, durch die Insekten, durch welche einzelne Theile bereits in höchstem Grade beschädigt worden sind, in einigen Jahren völlig vernichtet zu werden, — hat das Präsidium der Gesellschaft am 6. März 186‘) beschlossen, die Mittel zu bewilligen, damit durch Vergiftung der Pflanzen mit Sublimat der weiteren Zerstörung Einhalt gethan und somit die Erhaltung derselben für alle Zukunft sicher gestellt werde. Ein für dieses Geschäft ganz geeigneter Mann ist angestellt worden; seit dem 12. April wird mit dem Sublimati- siren genau nach dem im berliner königlichen Herbarium angewendeten Verfahren vorgeschritten, und zwar ist mit den zunächst der Zerstörung ausgesetzten Kompositen begonnen worden und soll nach und nach das ganze Herbarium sublimatisirt werden. Bericht über die Verwaltung des botanischen Lesevereins im Jahre 1859 - von: Buchhändler E. Trewendt. Laut Verwaltungsbericht für 1858 umfaßte der botanische Leseverein bis Ende genannten Jahres 17 Mitglieder; mit Schluß desselben zeigte jedoch 1 Mitglied seinen Ausiritt an uud haben deßhalb im letziverflossenen Jahre nur 16 Leser Theil genommen. Von diesen 16 Mitgliedern ist jedoch noch vor Ablauf des Jahres 1 Mitglied wegen Theilnahme an einer längeren Zeitraum erfordernden wissenschaftlichen überseeischen Expedition vorläufig ausgeschieden, so daß die augenblicklich noch bestehende Gesammtanzahl sich auf 15 Leser beschränkt. Die Beiträge sämmtlicher 16 Leser und ein von dem Präsidium der Gesellschaft geneigtest bewilligter Zuschuß von 25 Thlr. bildeten die dem Verein zur Verfügung stehenden Mittel. 17 verschiedene literarische Piecen, von denen 15 für den botanischen Leseverein neu ange- schafft, 2 (die gesperrt gedruckten) dagegen von Herrn Dr. Stenzel und der schlesischen Gesellschaft geliehen wurden, sind in Umlauf gewesen und zwar: 1) Flora für 1859. 2) Botanische Zeitung für 1859. 3) Bary, Untersuchungen über die Familie der Konjugaten. 4) Nägeli, Beiträge zur wissenschaftlichen Botanik, 1. Heft. 5) Döll, Flora des Großherzogthums Baden, 1. Band. 6) Annales des sciences naturelles, IV. Serie: Bo- tanique tome VII. 7) Schacht, Lehrbuch der Anatomie und Physiologie der Gewächse II., 2. bis letzte Lieferung. 8) Pringsheim, Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik II., 1. Heft. 9) Lenz, Botanik der alten Griechen und Römer, deutsch in Auszügen aus deren Schriften. 10) Oesterrei- chische botanische Zeitschrift, VII. Jahrgang: 1858, Nr. 1—12. 11) Willkomm, Deutsch- lands Laubhölzer im Winter. 12) Döll, Flora des Großherzogthums Baden II., 2. Heft. 13) Hanstein, Verbreitung und Wachsthum der Pflanzen in ihrem Verhältnisse zum Boden. 14) Hildebrand, ana- tomische Untersuchungen über die Stämme der Begoniaceen. 15) Mitscherlich, der Cacao und die Chokolade. 16) Radlkofer, über Krystalle proteinartiger Körper. 17) Rudolph, diePflanzendecke derErde. en nn Us Bericht über die Thätigkeit der entomologischen Sektion im Jahre 1859 Dr. W. G. Schneider, zeitigem Sekretair derselben. IR den 6 Versammlungen der entomologischen Sektion im Jahre 1859 wurden folgende Vorträge gehalten: I. Coleoptera. Der Sekretair zeigte eine Anzahl interessanter und zum Theil sehr seltener Coleoptera aus Andalusien und Island vor, welche von Dr. Staudinger in jenen Gegenden gesammelt worden sind. Unter den andalusischen Coleoptern sind als besonders interessant und selten hervorzuheben: Carabus baeticus und Dufourü, Scarites Polyphemus, Pheropsophus hispanicus, Lyonichus albonotatus, Acinopus giganteus, Bembidium hispanicum und scapulare, Gyrinus Dejeanü, Hy- drobius major Kraatz, Paussus Favieri, welcher unter Steinen bei Ameisen lebt, Mastigus foveola- tus Schaum., Cutops meridionalis, Ateuchus sacer, pius und eicatricosus, Onitis Olivieri, Geotru- pes Momus und Hypocrita, Elaphocera autumnalis Staud., Rhizotrogus marginipes, Staudingeri Reiche und fulvicornis Blch., Melolontha papposa und fucata, Hoplia bilineata, Hymenoplia rugulosa, Anisoplia depressa, Anomala profuga, Cetonia oblonga, Anthaxia parallela , Cebrio 2 nov. spec., Tentyria modesta und gaditana, Stenosis subeostata, Adelostoma sulcatum, Morica planata, Blaps produeta, Asida Solieri und hesperica, Amblyderus scabricollis, Mylabris hispa- nica, Chitona connexa, Brachycerus plicatus, Cneorhinus prodigus, Clythra meridionalis, Titu- boea 6-maculata, Lithonoma andalusica, Hyperaspis Hoffmannsegü u. s. w. Unter den auf Island gesammelten Coleoptern waren die bemerkenswerthesten: Patrobus hyper- boreus, Platysma borealis, Agabus Solieri, Omalium fueicola Kraatz, Philonthus trossulus, Ho- malota excellens und Oxypoda islandica Kraatz. Ferner theilte Derselbe aus der „Allgemeinen homöopathischen Zeitung, Band 57, Nr. 24“ eine höchst interessante neue Beobachtung des Dr. Fischer aus Weingarten über die Ent- stehung des Mutterkorns (Secale eornutum) mit, welche hierüber einen vollkommen neuen Aufschluß giebt und die alte Meinung, daß jenes Mutterkorn eine Pilzbildung sei, vollständig beseitigt. Leider war es dem Vortragenden nicht vergönnt, im selbigen Jahre über den Bildungsvorgang des Secale cornutum eigene Beobachtungen anstellen zu können; möchten aber alle Herren Entomologen Ver- 12* 92 anlaßung nehmen, nach den hier im Auszuge mitgetheilten Beobachtungen des Dr. Fischer selbst Untersuchungen zur genaueren Begründung und Bewahrheitung jenes Bildungsherganges anzustellen, wozu sich die Gelegenheit ja so leicht bietet; es würde dadurch ein langjähriger Irrthum der bota- nischen Wissenschaft seine endliche Lösung finden, wie denn auch dieser Gegenstand in eniomolo- gisch-biologischer Beziehung ein großes Interesse darbietet. Das Mutterkorn bildet sich nach allgemeiner Annahme in nassen Sommern häufiger, als in trockenen; der Sommer des Jahres 1857 zeichnete sich jedoch durch Wärme und Trockenheit aus und war also weniger geeignet für die Bildung des Mutterkorns, welches sich auch in der That nur wenig vorfand. Das Feld, auf welchem die Beobachtungen des Dr. Fischer und Dr. Pauli angestellt wurden, zog sich längs eines kleinen Flusses hin; die Blüthezeit des Roggens war vorüber, das Feld stand in größter Ueppigkeit da. Auf einmal zeigte sich am Rande desselben das Mutterkorn in so zahlloser Menge, als man es selten sieht. Bei näherer Beobachtung zeigte sich, daß sich hier eine große Anzahl kleiner rother Käfer aufhielt und daß das Mutterkorn nur so weit vorkam, als auch diese Käfer sich fanden. Man konnte leicht bemerken, wie die Käfer einzelne Körner des Roggens, die noch ganz weich und voll von Milchsaft waren, oben an der Spitze anfraßen und daraus den Saft als Nahrung auszogen. Ein jedes so angefressene Korn bildete sich alsbald als Mutterkorn aus, es fing an, dick aufzuschwellen, eine bräunlichgelbe, in’s Violeite spielende Farbe anzunehmen und in wenigen Tagen war es ausgebildet, während die gesunden Körner noch längere Zeit zum Reifen bedurften. Die Käfer waren nur an der Flußseite des Feldes vorhanden, auf den anderen Seiten gar nicht. Ein zweites Roggenfeld, an einem größeren Flusse gelegen, bot das gleiche Bild, während andere Felder, die nicht am Wasser lagen, vollständig frei blieben. Der Käfer, welcher das Mutterkorn hervorbringt, ist (Cantharis) Rhagonycha melanura Fabr. *) Er kommt zu der Zeit, wenn der Roggen ausgeblüht hat, zu Tausenden auf den Wiesen vor und hält sich insbesondere auf den breiten Dolden des Heracleum Spondylium auf. Von hier fliegt er nach den Roggenfeldern hin, woselbst er meist nur am Rande verweilt, indem er gleich die ersten Aehren, die er findet, zu seiner Beute sich auswählt. Er liebt das Wasser und die feuchten Nie- derungen, daher auch nur die Roggenfelder, die an solchen Stellen liegen, seinen Angriffen ausgesetzt sind und dadurch ist leicht erklärlich, daß in nassen Jahrgängen seine Verbreitung und deßhalb auch das Vorkommen des Mutterkorns allgemeiner ist. Im Jahre 1858 wurde die Entdeckung vollkommen bestätigt; der Roggen kam in der Gegend, wo die Beobachtung angestellt wurde, in jenem Jahre um einige Wochen früher zur Reife, als sonst und nirgends fand sich weder Käfer noch Mutterkorn. Erst Anfangs Juli erschienen die Käfer; sie wurden auf Roggen gebracht, allein dieser war schon so hart, daß die Käfer ihn nicht mehr an- fressen konnten und so blieb der Roggen von Mutterkorn frei. Einzelne Aehren, verspäteter oder verkümmerter Nachwuchs, wurden jetzt mit Käfern besetzt und hier bildete sich nun wirklich wieder das Muiterkorn aus. Die Käfer sitzen theils einzeln, theils in der Paarung begriffen, fest auf den Aehren, und selbst wenn die Aehren bewegt und sie gestört wurden, krochen sie nur langsam fort, um sich sogleich wieder festzusetzen. Bei genauerer Beobachtung dieser Thiere wurde nun die Vermuthung, daß sie wohl die Entstehung des Mutterkornes veranlassen möchten, in allen Beziehungen bestätigt. Zunächst ergab die Beobachtung, daß diese Käfer sich nur auf den Aehren am Rande des Feldes aufhielten, während einige Schritte tiefer in das Feld hinein keine mehr sich zeigten, und nur so weit, als diese Käfer sich verbreitet hatten, fand sich das Mutterkorn vor. Mitten auf dem Felde war gar keines vorhanden. Wenn man diese Käfer sorgfältig beobachtete, zeigte es sich, wie sie einzelne weiche Roggen- *) Da dieser Käfer sehr gemein und allen Coleopterologen wohl bekannt ist, so dürfte eine Beschreibung desselben hier wohl überflüssig sein. 95 körner, die zu dieser Zeit noch voll Milchsaft waren, oben an der Spitze und fast nur an dieser anfraßen und daraus den Saft als Nahrung auszogen. Hatten sie nun ein solches Korn verlassen, so fand man an dieser Stelle eine klebrige, übel riechende Feuchtigkeit, welche aus dem angefres- senen Korne hervorquoll, nach und nach trocknete, gleichsam ein kleines Mützchen bildete und dann, wenn es ganz getrocknet war, abliel. Die Aehren, worauf die Käfer gesessen hatten, wurden be- zeichnet und schon am folgenden Tage zeigte sich eine deutliche Veränderung derselben. Die an- gefressenen Körner fingen an dick aufzuschwellen und nahmen zuerst eine blässere, dann eine gelbliche Färbung an, die schon einen violeiten Schein zeigte. Nach kurzer Zeit verdunkelte sich diese Färbung mehr und mehr, zugleich dehnte sich das Korn in die Länge aus und nach wenigen Tagen war das Secale cornutum als solches ausgebildet. An den Blüthen und Früchten des Heracleum Sphondylium und Phellandrium aquaticum, auf deren Dolden sich der Käfer vorzugsweise aufhält, bringt derselbe keine Veränderung hervor. Da die Annahme einer Pilzbildung in der Wissenschaft so allgemein ist, so dürften folgende Erwägungen die Sache noch mehr erläutern. Nimmt man eine Pilzbildung an, so läßt sich durchaus nicht erklären: 1) warum dieseibe nur ein oder wenige Körner einer Aehre ergreift und nicht mehrere oder alle; warum die um diese Aehre herumstehenden übrigen Aehren nicht auch von dieser Pilzbildung ergriffen werden, besonders dann, wenn sie aus einem und demselben Korne entsprossen sind; 2) warum diese Pilzbildung nur an dem äußeren Rande des Feldes vorkommt, wo doch Sonne und Wind stärker einwirken, und nie in der Mitte desselben, wo der Roggen oft dumpfiger und feuchter steht; 3) warum diese Pilzbildung den Amylum- und Zuckergehalt völlig aufheben soll; 4) woher denn diese Pilzbildung und diese Erkrankung des einzelnen Kornes entsteht. Diese Fragen alle werden durch die beobachteten Vorgänge völlig klar. Der Käfer hält sich nur am Rande des Feldes auf, daher entsteht nur dort das Mutterkorn; er frißt meistens nur eines oder einige Körner in einer Aehre an, daher entsteht jenes nur in solcher Zahl, als eben Körner angefressen sind. Es ist ferner klar, daß durch das Aussaugen oder Ausschwitzen des Milchsaftes die Amylum- und Zuckerbildung im einzelnen Korne gestört wird und daher diese Umwandlung stati- findet. Auch ist es wahrscheinlich, daß durch den Biß des Käfers dem Korne eine giftige Substanz eingeflößt wird, wodurch der Ergotingehalt, überhaupt der wirksame Stoff dem Mutterkorn mitgetheilt wird. So weit der Bericht des Dr. Fischer im Auszuge. Daran erlaube ich mir einige Bemerkungen zu knüpfen. Wie schon erwähnt, war es mir in diesem Jahre nicht vergönnt, mich durch eigene genaue Beobachtungen von der Richtigkeit jener oben angeführten Thatsache zu überzeugen, da gerade in diesem Jahre die Entwickelung sämmtlicher Getreidearten, also auch des Roggens, so ungewöhnlich früh vorgeschritten war, daß zu der Zeit, wo bei uns die Rhagonycha melanura zu erscheinen pflegt, also in der ersten Hälfte des Juli, der Roggen bereits zur Ernte reif war, mithin die Bedingungen zur Bildung des Muiterkornes nicht mehr vorhanden waren. Während meines Aufenthaltes im Bade Reinerz, von der Mitte Juli ab, hoffte ich indeß, eher zum Ziele zu gelangen und eine vollständige Beobachtung über die Bildung des Mutterkorns machen zu können; jedoch auch hier kam ich zu spät; der genannte Käfer war zu Tausenden auf den Dolden des Heracleum und anderer Umbelliferen auf feuchten Wiesen vorhanden; die an diese Wiese grenzenden Roggenfelder waren jedoch auch hier in Folge frühzeitiger Entwickelung schon fast zur Ernte reif; jedoch habe ich wenigstens so viel beobachten können, daß bei dem einen Roggenfelde, welch@s an eine von dem genannten Käfer reichlich bewohnte Wiese grenzie, nur am Rande, und zwar am Wege, also an völlig trockenen und der Sonne sehr ausgesetzten Stellen, mehrere Aehren mit Mutterkorn besetzt waren, welches jedoch schon völlig ausgebildet war, und daß sowohl an den mit Mutterkorn besetzten Aehren — aber eben nur am Rande des Feldes — als auch in der Nähe derselben auf anderen niederen Pflanzen der genannte Käfer sich zahlreich aufhielt, so daß also, so unvollständig auch meine Beobachtung nur sein konnte, dieselbe dennoch wenigstens in einigen Punkten mit den oben mitgetheilten Thatsachen übereinstimmt. 94 Vielleicht ließe sich im Wege des Experimentes die Richtigkeit jener Mittheilungen dadurch auf eine zum sicheren Beobachten recht bequeme Weise feststellen, daß entweder in einem Garten oder im Zimmer in einen Napf Roggen gesäet und derselbe dann zu der Zeit, wenn die Körner in der Aehre noch ganz weich sind, mit im Freien gesammelten Exemplaren der erwähnten Käferart reichlich besetzt würde, was bei dem etwas trägen Naturell dieser Käfer nicht viele Schwierigkeiten machen dürfte. Ferner trug Derselbe aus „Dr. Gerstäcker’s Bericht über die wissenschaftlichen Leistungen im Gebiete der Entomologie während des Jahres 1857“ die darin in kurzem Auszuge enthaltene Abhandlung Newport’s über die Naturgeschichte der Lampyris noctiluca vor; diese Abhandlung stammt aus Newport’s schriftlichem Nachlasse und ist von Professor Ellis zusammengestellt und im Journal of the proceedings of the Linnean society, Zoologie, I. p. 40—71 unter dem Titel: On the natural history of the Glowworm, Lampyris noctiluca, by the late George Newport, prepared from the author's Mscpt. by George Viner Ellis etc. publizirt worden. Sie enthält sehr werthvolle, möglichst vollständige Beobachtungen über die Naturgeschichte des Leuchtkäfers und erstreckt sich auf alle Stadien der Entwickelung vom Erscheinen des Eies bis zur Ausbildung der Imago. Da vielleicht nicht alle Coleopterologen im Besitze der Gerstäcker’schen Berichte, noch weniger aber der englischen Originalabhandlung sein dürften, so erlaube ich mir, jene höchst interes- santen Beobachtungen in ganz kurzem Auszuge aus Dr. Gerstäcker’s Bericht zur Kenntnißnahme für dieselben hier wiederzugeben. Nachdem in der erwähnten Abhandlung zuerst die Lebensweise des vollkommenen Insektes, so wie die Art und Intensität des Leuchtens besprochen worden, bemerkt Newport, daß die Paarung, bei aus Puppen erzogenen Individuen beobachtet, 13 Stunde dauert und bei dem Männchen 24 Stunden nach seiner Ausbildung beginnt; sie wird oft noch später, während das Weibchen schon Eier ablegt, wiederholt, da eine einmalige Befruchtung nicht zu genügen scheint, um alle Eier zur Entwickelung zu bringen. Auch unbefruchtete Weibchen legen mehrere Tage nach ihrer Entwickelung zur Imago 1—2 Eier ab und ihr Leib erreicht ebenfalls durch die herangereiften Eier eine beträchtliche Aus- dehnung. Die Eier werden seltener an Grasstengel, meistens an die Wurzelfasern abgesetzt, und zwar stets über der Erde, und durch eine klebrige Masse, mit der sie im Momente des Austrittes überzogen sind, an die Graswurzeln oder Halme befestigt. Das Leuchten der Eier bestätigt Newport, jedoch ist es nur schwach und scheint von dem sie überziehenden Klebstoffe herzurühren; während sie noch vom Ovarium umschlossen sind, ist das Leuchten deutlicher und wird beim Eintauchen in Wasser verstärkt. Die Entwickelung der Larve im Ei ist nicht beobachtet worden; die Larve schlüpft aus dem- selben nach 35 bis 45 Tagen, je nach der obwaltenden Temperatur; sie ist anfangs weißlich, wird aber binnen einigen Stunden zuerst grau, dann dunkelschwarz und bewegt sich sehr lebhaft. Die Nahrung der Larven besteht in lebendigen Schnecken (Helix), welche sie mit großer Gier verzehren; sie beißen zuerst in die Fühlhörner, wobei eine Art von Vergiftung stattzufinden scheint; wenigstens tritt während des Bisses eine Flüssigkeit aus dem Munde der Larve hervor. Nach angestellten Ver- suchen stirbt eine kleine Zelix durch den einmaligen Biß der Larve binnen 2 Stunden, eine größere wenigstens in’Folge von 2 bis 3 Bissen, die dann zuerst am Fuße und erst nachher an den Fühl- hörnern der Schnecke ausgeübt werden. Die erste Häutung der Larven erfolgt nach 15 Tagen, die zweite nach einem gleichen Zeit- raum; ihre Gefräßigkeit ist außerordentlich, indem sie nach Tödtung einer Schnecke dieselbe nicht eher verlassen, als bis sie völlig verzehrt ist; sodann reinigen sie sich mittelst des von Maille be- schriebenen Apparates am Ende des letzten Körpersegmentes von dem ihrem Körper anhaftenden Schleime. Die Leuchtfähigkeit besitzen die Larven nicht nur im späteren Alter, sondern schon von ihrem Austritte aus dem Ei an; dieses läßt sogar in seiner letzten Periode einen deutlichen Schimmer, 95 der offenbar von dem leuchtenden Embryo herrührt, erkennen. Auch die Larve besitzt die Fähigkeit, das Leuchten zu verstärken und zu vermindern; besonders durch Mangel an Fraß oder nach einer plötzlichen Beunruhigung der Larve wird das Licht auffallend schwächer und verschwindet fast ganz bei starker Kälte während des Winters, in welcher Jahreszeit die Larven auch zu fressen aufhören und sich in einem Zustande von Erstarrung befinden. u Bei allmälig zunehmender Wärme im Frühjahre beginnen die Larven wieder herumzukriechen und zu fressen, bis sie zu Anfang Juni sich zur Nymphe verwandeln, welche besonders hell leuchtet; aus dieser entwickelten sich die Weibchen nach 7, die Männchen nach 11 Tagen zur Imago. Durch gewisse äußere Umstände veranlaßt, kann übrigens die Entwickelung der Larven so verzögert wer- den, daß sie erst im 2. Jahre ihr vollständiges Wachsthum erreichen. Endlich zeigte der Sekretair noch eine Anzahl Exemplare von Diaperis Boleti vor, welche sich aus Larven, die in einem Polyporus an einem alten Buchenstamme im® August bei Reinerz gefunden worden, gegen Ende September und Anfang Oktober entwickelt hatten. Herr Hauptlehrer Letzner zeigte an von ihm gefangenen seltenen schlesischen Käfern vor: Callistus lunatus F. und Poeecilus dimidiatus Oliv., beide von den Abhängen des Költschen-Berges; Molops elatus F. aus dem Gesenke; Trechxs micans Schaum, aus dem Gesenke, Riesen- und: Glazer Gebirge; Coceinella labilis Muls. von Obernigk; Cymindis macularis Mannh., Masoreus Wetterhalii Gyl. und Amara sylvicola Zim., alle drei an einem für Schlesien neuen Fundorte, den Sandhügeln bei Karlowitz unweit Breslau, im Juni d. J. erbeutet. Das letzte Thier (A. sylvicola), dessen Vorkommen in Schlesien, so weit vom Meeres-Strande, nun nicht mehr angezweifelt werden kann, ist ein Männchen, hat aber auffallender Weise auf jeder Seite der Afterdecke nur einen deut- lichen borstentragenden eingestochenen Punkt, und der abgekürzte Streif an der Basis der Flügel- decken steht an der Naht. Derselbe zeigte ferner ein von ihm bei Gottesberg Anfang Mai v. J. gefangenes Exemplar der Cicindela sylvicola Dej. vor, welches einen siegreichen Kampf mit einer großen Ameise (For- mica herculanea?) bestanden haben mußte. Die letztere hatte sich in das 1. Glied der rechten Vordertarse der Cicindele so fest verbissen, daß die großen, starken Kinnbacken auch nach ihrem, jedenfalls bereits vor längerer Zeit erfolgten Tode noch nicht sich geöffnet hatten, und der ganze Kopf derselben (mit Ausnahme der bereits fehlenden Fühler und Palpen) von der Cicindele als ein. wahrscheinlich lästiges Siegeszeichen überall mit herumgeschleift werden mußte. Derselbe hielt ferner einen Vortrag über die Stände der Chrysomela sanguinolenta L. Die Larve ist von der Größe und Gestalt der Larve der Chr. graminis, gegen 6 Lin. lang, in der Ruhe hoch- oder buckelig gewölbt, wie die Larven anderer eigentlicher Crysomelen, von Farbe jedoch schwärzlich oder bleigrau, welcher Farbenton dadurch hervorgebracht wird, daß durch die schwarze Oberhaut das Weiß des Körpers mehr oder weniger durchschimmert. Der schwarze Kopf ist wie der ganze Leib mit zahlreichen, einzeln stehenden, steifen, schwärzlichen oder bräunlichen (am Kopfe), ziemlich langen Härchen. besetzt, die auf kleinen Tuberkelchen stehen. Die Kinn- backen sind bräunlich, stark und breit, an der Spitze abgerundet und in fünf scharfe Zähne gespalten. Oberlippe nur von mäßiger Breite, in der Mitte ausgeschnitten, die zusammengelegten Kinnbacken nur wenig bedeckend. Kopfschild wenig schmaler (länger) als die Oberlippe, durch eine stark erhabene Querleiste vom Kopfe getrennt, welche jedoch auf der Mitte unterbrochen ist. Fühler dreigliedrig, das 1. und 2. Glied gleich dick, das 3. sehr bedeutend dünner, zugespitzt. An seiner 96 Basis sieht auf seiner Unterseite ein viertes, kürzeres, scharf zugespitztes Glied, wie bei anderen Arten dieser Gattung. Ocellen jederseits 6, in der bei anderen Arten gewöhnlichen Stellung. Taster, wie bei den verwandten Arten, schwarz; die Lippentaster kurz, das letzte Glied stumpf zugespitzt. Beine schwarz, glänzend; die etwas gekrümmte Klaue kurz, dünn und spitz. Die Puppe ist 3% Lin. lang, Kopf, Prothorax, Decken und Beine blaß röthlich, Meso- und Metathorax und Abdomen grauweiß, mit verliefter, dunklerer Längslinie auf dem Rücken. Kopf und Thorax sind mit zahlreichen, ziemlich langen gelblichen Härchen besetzt, die auf einem kleinen, die Grundfarbe tragenden Tuberkelchen stehen. Auch die mäßig stark konvexe Rückenseite des Abdo- mens ist mit einzelnen Härchen versehen. An dem 4. Segmente treten die mit 2—3 Haaren besetzten Kniee der Hinterbeine über den Seitenrand empor. Dieser springt auf jedem Segmente als eine schwache Tuberkel seitlich nach außen vor, die mit mehreren hellbräunlichen, langen Haaren besetzt ist. Der Anus trägt am Ende einen mäßig langen, an der Spitze schnell zugespitzten, weißlichgrauen, durchscheinenden Dorn. Die Stigmata sind nur wenig erhaben und zeigen die Farbe des Abdomens. Die Tarsen liegen auf der Bauchseite dicht aneinander, und das Abdomen ragt nur wenig über die Spitze der Hintertarsen hinaus. Die Larve dieses Thieres wurde von mir Anfang Mai d. J. in der Nähe von Breslau (bei Kar- lowitz) fast erwachsen an lockerer, nicht bebauter Erde unter niederen Frühlingspflanzen (von denen erst einige Veronica-Arten in Blüthe standen) gefunden und von mir mit den Blättern mehrerer Syngenesisten vollends aufgefüttert. Wahrscheinlich nährt sie sich auch im Freien nicht von einer Pflanze allein. Bereits am 10. Mai ging das Thier im losen Boden in den Puppenzustand und 8 Tage später in den des vollkommenen Insektes über. Derselbe hielt ferner einen Vortrag über Larven- und Puppenzustand der Gastrophysa raphani F. Die Larve derselben ist 3 Lin. lang, gestreckt, von dem Baue der Larve der Chrys. vitellinae, jedoch noch etwas schmaler, schwarz oder schwarzbraun, auf der Unterseite heller. Kopf und Pro- thorax sind glänzend, der übrige Leib matt, äußerst fein gestrichelt, und (wie der Kopf und Prothorax) mit einzelnen langen, gekrümmten, bräunlichen Härchen besetzt. Oberlippe und Kopfschild fast von gleicher Länge, der letzte durch eine auf der Mitte tief eingedrückte Querlinie vom Kopfe getrennt. Dieser hat über dieser Querlinie eine große, tiefe Grube, von welcher eine vertiefte Längslinie bis zum Thorax emporläuft, die auf dem Scheitel zuweilen in ein Grübchen erweitert ist, Fühler drei- gliedrig; das 1. Glied sehr kurz (fast kürzer als der noch etwas dickere Fühlerstamm), das 2. das längste, das 3., viel dünnere, kegelförmig zugespitzt. Auf seiner Unterseite steht, wie bei anderen Chrysomelen-Arten, ein viel kürzeres und dünneres, scharf zugespitztes 4. Glied. Ocellen jeder- seits 6, stark hervorgequollen. Maxillar-Taster viergliedrig, schwarz, die einzelnen Glieder an der Spitze weißlich; das 1. und 2. Glied kurz, das 3. fast länger als das letzte. Dieses ist plötz- lich dünner als die vorhergehenden und stumpf zugespitzt. Lippentaster dreigliedrig, das 1. Glied das dickste, das letzte länger als das mittelste, sanft zugespitzt, am Ende abgerundet. Prothorax jederseits mit einer tiefen, nach dem Vorderwinkel hin sich erstreckenden, unregelmäßigen Grube, die unfern des Hinterrandes mehr oder weniger deutlich zusammenhängt, am Seiten- und Vorderrande mit langen, bräunlichen Haaren besetzt. Meso- und Metathorax gleich lang, wenig kürzer als der Prothorax, unfern des Seitenrandes jederseits mit einer hohen, kegelförmigen, mit 2 Haaren ge- krönten Tuberkel, welche an ihrer Innenseite durch eine Vertiefung um so schroffer emporgehoben wird. Dieses Grübchen ist mit dem der anderen Seite durch eine ziemlich tief eingedrückte Quer- linie verbunden, durch welche also sowohl Meso- als Metathorax in eine vordere und hintere Hälfte getheilt wird. Auf jeder dieser Hälften steht jederseits unfern der Mittellinie ein sanft erhöhtes, ein wenig in die Quere gezogenes, glattes, glänzendes Tuberkelchen, das 1 Haar trägt. Auf der vorderen 97 Hälfte (des Meso- wie des Metathorax) steht nahe an demselben, jedoch nach außen zu, jederseits ein noch kleineres, mehr rundliches, das ebenfalls mit 1 Haar besetzt ist. Auf der hinteren Hälfte des Meso- und Metathorax ist dieses zweite Tuberkelchen jeder Seite auch vorhanden, steht aber viel weiter nach außen und bereits an der hohen, kegelförmigen Tuberkel. Der Seitenrand selbst tritt an der Vorder- und Hinterecke als sehr sanfte, glatte Tuberkel nach außen vor, von denen die vordere mit 2, die hintere mit 1 Haare besetzt ist. Nahe und zwar oberhalb der vorderen bemerkt man das Stigma. Die S Hinterleibs-Segmente sind fast von gleicher Länge, so lang als der Meso- und Metaihorax, die letzten 3 allmälig etwas verschmälert, Sie zeigen unfern des Seiten- randes auf der Oberseite jederseits eine hohe (nur auf dem 8. Segmente ist sie noch von unbedeu- tender Größe), kegelförmige mit 1 Haare gekrönte Tuberkel, welche auf der Innenseite einen mäßig tief eingedrückten Punkt hat, der auf den hintersten Segmenten allmälig tiefer wird und sich selbst auf dem Anus noch finde. An dem Vorderrande dieses Punktes steht ein sehr kleines, flaches, rundliches, mit I Haare besetztes Tuberkelchen. Von dem eingedrückten Punkte weiter nach innen steht auf der Mitte des Segments (von vorn nach hinten betrachtet) unfern der Mittellinie jederseits ein längliches, glattes, glänzendes Tuberkelchen, das 2 Haare trägt. Auf dem 7. und 8. Segmente fließen diese beiden Tuberkelchen jedes Segmentes in eines zusammen. Der Seitenrand springt bei jedem Segmente als ziemlich starke, kegelförmige Tuberkel nach außen vor und ist ebenfalls mit 2 Haaren besetzt. Zwischen dieser und der großen kegelförmigen Tuberkel liegt, jedoch etwas weiter nach vorn zu, das nur wenig emportretende Stigma. Anus cylindrisch, braun, oben mit 4 und an jedem Seitenrande mit 2 Haaren besetzt. Die hohen, kegelförmigen, jederseits in einer geraden Linie liegenden Tuberkeln der Abdominal-Segmente (mit Ausnahme der des 8. Segments), so wie die beiden, etwas weiter nach außen liegenden des Meso- und Metathorax geben, wenn das Thier gereizt wird, ein Bläschen mit einer weißen Flüssigkeit von sich, wie andere Arten dieser Gattung. Unterseite röthlichbraun, jederseits mit einer Reihe mehr kegelförmiger und 3 Reihen flacher, in die Quere gestreckter glänzender Tuberkelchen. Die letzteren werden durch 3 Erhöhungen jedes Segmentes gebildet, von denen eine auf der Mittellinie des Abdomens, etwas weiter nach vorn (vor der Mitte des Segmentes) und eine auf jeder Seite derselben, ein wenig weiter nach hinten zu (diese jedoch gerade in der Mitte, das Segment von vorn nach hinten betrachtet) liegt. Beine schmutzig- braun, Klauen gekrümmt, scharf. Die Puppe ist 2 Lin. lang, dunkel-citronengelb, später (kurz vor dem Auskriechen) die Augen, Tarsen, Kniee und Fühler schwärzlich. Mund wie gewöhnlich herabgebogen, Taster auf den Vorder- schienen aufliegend. Stirn von der Innenseite der Augen aufwärts jederseits mit 3 langen, steifen, bräunlichen Dornenhaaren, welche eine schräg nach oben und zugleich nach innen gerichtete gerade Linie bilden. Die Vordertarsen liegen auf der Brust mehr oder weniger dicht aneinander, an ihrer Außenseite die Mitteltarsen, welche an ihrer hinteren Hälfte die Unterseite des Abdomens durchblicken lassen. Die Hintertarsen liegen wieder ein wenig näher an einander und lassen nur die Hälfte (zuweilen mehr) des letzten Bauchsegmentes und den Anus unbedeckt. Die vordere Hälfte der Außenseite der Hintertarsen ist unter den Flügeischeiden verborgen, welche an ihrer Spitze als schmale Streifchen unter den fast ebenso langen, mit erhabenen, unregelmäßigen Längsstreifen ver— sehenen Deckschilden hervorkommen. Die Fühler liegen an Kopf und Thorax fest an und reichen bis zur Mitte der Mittelschienen. Der Thorax zeigt auf der Rückenseite unfern des Vorderrandes jederseits 5 lange, gerade, bräunliche Dornenhaare, von denen das 2. (von der Mitte aus gerechnet) sehr wenig mehr nach vorn steht, und das 3. und 4. eine etwas größere Entfernung hat als die übrigen; das 4. und 5. stehen etwas mehr nach hinten, als das 1. und 3., das 5. unfern und fast in der Hälfte der Länge des Seitenrandes. Unfern des Hinterrandes stehen jederseits 4 Dornenhaare, von denen das 2. und 3. nahe beieinander und weiter nach hinten, also dem Hinterrande näher als die beiden anderen liegen. Das äußerste steht unfern des Seitenrandes wie das äußerste des Vor- derrandes. Meso- und der noch ein Mal so lange Metathorax jeder mit einem Dornenhaare auf jeder 13 95 Seite der Mittellinie. Das Abdomen besteht aus 7 nur undeutlich durch Quervertiefungen von einander getrennten Segmenten und dem Anus, Jedes Segment zeigt unfern der Mittellinie jederseits 2 nahe bei einander stehende Borstenhaare und das 2. bis 7. auf dem als kleine Tuberkel nach außen vorspringenden Seitenrande jedes 2 nahe an einander stehende ebensolche Dornenhaare. Bald hinter der Seitentuberkel des 3. Segmentes treten die Kniee der Hinterbeine ein wenig empor. Die Larve, welche auf Rumex acetosa Var. arifolius, etwa 3000 bis A100 Fuß über dem Meere, lebt, wurde von mir schon seit mehreren Jahren, jedoch nicht immer gleich häufig, beobach- tet, aber nicht zur Verwandlung gebracht. In dem Sommer d. J. war sie, wie der Käfer, auf der angegebenen Pflanze gemein, und wurde von mir aus dem Altvater- wie aus dem Riesen - Gebirge in größerer Menge mit nach Breslau genommen und von beiden Orten mehrfach zur Verwandlung gebracht. Von den am 26. Juli am Altvater gefangenen Exemplaren verpuppten sich die ersten bereits auf der Reise den 30. Juli und krochen in Breslau am 7. August als Käfer hervor. Von den im Riesen-Gebirge vom 1.— 3. August gesammelten Larven verpuppten sich die ersten in Breslau am 12. August und kamen als Käfer am 21. und die folgenden Tage zum Vorschein. Die Larven, welche die Futterpflanze oft sehr beschädigen (in Gemeinschaft des Käfers), scheinen nur auf den jungen Blättern zu leben. Waren diese schon älter, so habe ich sie immer nur an den Blüthen gefunden, die sie, wie auch die Stielchen derselben, ganz aufzehren. Außerdem machte Derselbe noch über mehrere andere Käfer und ihren Larven- und Puppen- zustand Mittheilungen, worüber das Nähere später veröffentlicht werden soll. II. Lepidoptera. Herr Dr. Wocke berichtete über die Ergebnisse einer Reise in’s Gesenke, vom 4. bis 10. Juni dieses Jahres. Dieselben waren im Ganzen ziemlich gering, da hier, wie überall in den schlesischen Gebirgen sich die Folgen der vorangegangenen trockenen Jahre in allgemeiner Insektenarmuth zeigten. Von Tagfaltern verdient nur Erwähnung die in Schlesien selten beobachtete Var. Bryoniae von Pieris Napi, welche einzeln auf der Höhe des Leiterberges gefunden wurde. Von größerem Interesse war die Auffindung der Raupen zweier Wickler, die wohl noch unbeschrieben sein dürften, nämlich von Tortrix flavana und lusana H. S. Die Raupe von favana fand ich in der Nähe des hohen Falles der Biela an Blättern von Petasites albus, an denen sie einen Zipfel des Blattes nach innen umgebogen und festgesponnen hatte, ganz auf dieselbe Weise, wie dies auch Depres. petasitis zu machen pflegt. In diesem Raume fand sich die Raupe in der Regel in der einen Ecke vor, während in der enigegengesetzten große Massen von Exkrementen zusammengehäuft lagen. Die Raupe ist matt sammtschwarz, an den Einschnitten etwas heller, Unterseite und Bauchfüße dunkel grünlichgrau, die mit feinen Härchen besetzten Warzen sind tief schwarz, etwas glänzend. Kopf und Mundtheile glänzend schwarzbraun. Von den nicht zahlreich gefundenen Raupen war die Mehr- zahl von Ichneumonen besetzt, und ich erzog nur drei Weiber. Die Raupen von Tort. lusana fand ich am 6. Juni auf feuchten Stellen zwischen Altvater und der Schweizerei in ziemlicher Menge an Luzula albida. Sie hatten mehrere Blätter der Pflanze der Länge nach zusammengesponnen und fielen dadurch leicht in die Augen. In ihrer Behausung, welche die Raupe öfters zu wechseln scheint, frißt sie oft bis an die Wurzel hinab den Stengel aus. Die Raupe sieht der von flavana sehr ähnlich, ist aber beträchtlich kleiner und weniger schwarz, ihre Grundfarbe ist mehr grau mit grün- licher Beimischung von dem Durchscheinen des Inhalts. Warzen, Brustfüße und Kopf schwarzbraun. Die Verpuppung der Raupen erfolgte schon wenige Tage nach ihrem Auffinden und die Falter er- schienen vom 18. bis 22. Juni, Männchen und Weibchen in gleicher Anzahl. Diese Exemplare zeigen nun vielfache Abänderungen, die Männchen jedoch weniger als die Weibchen. Nur bei einem Mann ist eine Mittelbinde und ein Vorderrandfleck vor der Flügelspitze deutlich, wie bei Steineriana 99 der Alpen, bei einem zweiten sind nur Spuren der Mittelbinde sichtbar, die übrigen Stücke haben einfarbige Vorderflügel, keines jedoch zeigt Bleilinien, wie sie Dohrniana H. S. so deutlich führt. Die Weiber sind meist genau wie die von Steineriana, welche ich aus den steyer’schen und salz- burger Alpen besitze, bei einzelnen sind jedoch die Zeichnungen schwächer und eines gleicht in der Färbung genau den Männchen und zeigt nur eine schwache Andeutung von Mittelbinde und Vorder- randfleck. Es erhellt aus diesem Zuchtresultat, daß Herr Lederer vollkommen Recht hat, Zusana als Variet. mit Steineriana zu vereinigen; ob er auch ebenso richtig Dohrniana hinzuzieht, erscheint mir noch zweifelhaft, doch bei der großen Veränderlichkeit der Art und der Uebereinstimmung der Weiber aller genannten drei Formen immerhin wahrscheinlich. Außerdem fand ich am Leiterberge mehrere Räupchen in Blättern von Epilobium palustre minirend, in welchen sie große unregelmäßige Plätze ausgefressen hatten. Sie verließen noch während der Reise die Minen um sich zu verpuppen, ohne daß ich eine Beschreibung hätte machen können, und lieferten Ende des Monats schöne Exemplare von Chrysoclista Schrankella Hb. An den Ufern der Biela fand ich auch einige Raupen von Depressaria petasitis und zwar in Blättern, die wenigen vorhandenen Blüthenstengel der Futterpflanze waren ohne Ausnahme gesund. An Doronicum austriacum waren die Raupen von Depr. doronicella in großer Menge vorhanden und zwar in sehr verschiedenen Stadien der Entwickelung; ich nahm nur wenige der größten mit, aus denen ich vom 25. Juni bis 2. Juli die Falter erhielt. In der Nähe von Gräfenberg fing ich in mehreren Exemplaren Graphol. Ochsenheimeriana, welche in der ärgsten Sonnenhitze des Mittags lustig um Fichtenzweige schwärmte, in Gesellschaft der Adelen congruella und Ochsenheimerella. Ferner machte Derselbe Mittheilungen über einige neue Fundorte seltener Arten, so wie über einige neue Schlesier. Noctua Dahli Hb. Ein frisches, sehr dunkel gefärbtes Männchen fing ich am 4. August d. J. in der Nähe des schreiberhauer Vitriolwerks. Cidaria Blomeri Wood, pulchraria Fuchs, Eversm. Neu für Schlesien. Ein schon ziemlich verflogenes Weib fing ich im Salzgrunde am 14. Juli im Fichtengebüsch. Es stimmt in Farbe und Zeichnung vollkommen mit Herrich-Schaeffer’s Fig. 117, nicht ganz aber im Umriß, indem an meinem Exemplar der Außenrand der Vorderflügel viel weniger konvex ist. Tinea argentimaculella Stainton. fing ich in mehreren Exemplaren am 26.—29. Juli an Felsen in der Nähe des schreiberhauer Vitriolwerkes. Nach längerem Suchen gelang es mir, auch kurze röhrenförmige Gänge aufzufinden, deren sehr feines Gewebe zum Theil mit Atomen eines an den Felsen wachsenden schimmelartigen Kryptogams bedeckt war und welche mit größter Wahrschein- lichkeit zu argentimaculella gehören. Oenophila W-flavum Haw. Neu für Schlesien. Schon öfters hatte ich in Weinkorken, vor- züglich von Rheinwein, Raupenfraß bemerkt, auch einige Mal Räupchen angetroffen, die mir aber stets zu Grunde gingen, nur ein Mal zog ich aus einer größeren eine Endrosis lacteella. Diesen Sommer fand ich nun mehrere Flügel der Oenophila im Keller in Spinnweben und endlich auch ein schönes weibliches Exemplar des Falters. Laverna tessellatella H. S. fand ich im vorigen Sommer in der Nähe Breslau’s häufig an einigen alten Eichen in den Ritzen der Rinde sitzend, in der Zeit vom 14, bis 30. Juni. Ornixz Devoniella Staint. ? Frey. Neu für Schlesien. Ich habe vier Exemplare einer Ornix- Art bei Reinerz und am Hornschloß gefangen, die vollständig zu Frey’s Beschreibung seiner Devo- niella passen (Tineen und Pterophoren der Schweiz p. 252); ich bin jedoch ebenso wenig wie der genannte Autor völlig sicher über das Zusammengehören mit Stainton’s Art. Cemiostoma Wailesella Staint. Neu für Schlesien. Ich habe diese neu von Stainton aufge- stellte Art früher mit Zaburnella vermengt, da ich in den Faltern keinen Unterschied bemerkte, den 13* 100 ich auch heute noch nicht finden kann. Die Raupe minirt im Herbste in den Blättern von Genista tinctoria an trockenen lichten Waldstellen, sowohl um Breslau wie im Vorgebirge (Bruschewitz, Salzgrund, Zobten). Trifurcula immundella Z. Diese in Schlesien bisher nur bei Glogau gefundene Art traf ich in wenigen Exemplaren am 24. Juni bei Obernigk an Sarothamnus, der hier wohl auch ihre Nah- rungspflanze sein wird. Trif. pallidulella F. v. R. Ein schönes Männchen dieser noch nicht in Schlesien gefundenen Art fing ich in den Steinbrüchen an der Westseite des Zobten am 26. Juni. Es weicht von den 6 aus Wien stammenden Stücken meiner Sammlung durch bedeutendere Größe (9 Millim. Flügelspan- nung) etwas ab, so wie durch ein wenig dunklere Färbung. Nepticula glutinosae Staini. Neu für Schlesien. Im Frühjahr 1859 erzog ich zwei Stück, deren Raupen ich zugleich mit den viel häufigeren von N. alnetella bei Pirscham an Alnus gluti- nosa gesammelt hatte. N. acetosae Staint. Diesen Winter gelang mir endlich die Zucht dieser, wie es scheint, in Schlesien wenig verbreiteten Art, und ich erhielt aus einigen zwanzig im vorigen Herbst an den Dämmen bei Pirscham an Rumer acetosa gesammelten Minen acht Falter. N. sericopeza Z. Die Raupe dieser Art ist mir ebenso unbekannt geblieben, wie Stainton und Frey, doch vermuthe ich dieselbe mit großer Wahrscheinlichkeit in den Blättern von Acer plata- noides und campestris, da ich an den Stämmen dieser Bäume und namentlich des letzteren im Winter 1855 — 1859 zahlreiche in den Ritzen der Rinde festgeklebte Cocons fand, aus welchen ich Ende Mai mehrere Falter erhielt. Im Spätherbste gelang es mir wiederum nicht, der Raupe habhaft zu werden, ich fand zwar viele Minen, doch stets schon verlassen, dagegen wieder eine Anzahl Puppen an der Rinde. Nächstdem machte Derselbe Mittheilungen über die von ihm während eines vierwöchentlichen Aufenthaltes im Spätsommer d. J. im Seebade Misdroy auf der Insel Wollin beobachteten Falter. Die interessanteren davon waren folgende: Platypteryx curvatula Las. Ein Weib Ende August und im September einige Raupen auf Erle. Harpyia bicuspis Hb. Eine erwachsene Raupe Mitte September auf Erle. Aeronycta cuspis Hb. Die Raupe in Brüchen auf Alnus glutin. nicht selten den ganzen September hindurch. Agrotis cursoria Brk. Gemein an den Dünen. Agr. tritiei var. hilaris HS. zwei schon etwas geflogene Exemplare in den Dünen, Agr. baja, linogrisea. Beide nur in verflogenen Stücken Ende August im Kiefernwalde. Eugonia angularia SV. Sehr gemein in Buchenwäldern, darunter einige männliche Stücke mit dunkelbrauner Wurzel und Randbinde der Vorderflügel. Teras maccana Tr. Mitte September drei Exemplare um Vaceinium uliginosum gefangen. Dieselben sind etwas dunkler gefärbt als die dunkelsten Exemplare aus dem Riesengebirge und stehen ziemlich in der Mitte zwischen diesen und den von Dr. Staudinger aus Island mitgebrachten. Plutella bieingulata Zeller. Zwei ganz frische Exemplare am 23. August und 2. September im Kiefernwalde aus Juniperus geklopft, weichen von meinen Stücken aus Reinerz und von den steyer’schen Alpen durch viel hellere, fast kreideweiße Grundfarbe ab, auf der die scharfen braunen Zeichnungen grell hervortreten. Depressaria Yeatiana Fab. Vier frische Exemplare in einem Torfbruche aus Büschen von Ledum geräuchert in Gesellschaft von Dpr. eiliella Staint. und der sehr häufigen arenella SV. Aerolepia pygmaeana Haw. Die erwachsene Raupe Mitte August selten in Blättern von So- lanum dulcamara und später einige Falter in Erlbrüchen gefangen. 101 Lyonetia Ledi n. sp. Capite & palpis niveis, alis anter. argenteo-niveis, nitidis, apice brunnescenti, fusco-strigulato, puncto apicis ante caudulam nigro. 9 millim. Var. b ut a, sed macula dorsi media fusca. Var. c ut b, sed macula disci pone medium fusca, interdum cum dorsali juncta. Var. d ut c, sed puncto marginis interni prope basim fusco. Auf einem dicht mit Ledum palustre bewachsenen Torfbruch fand ich Anfang September in den Blättern der genannten Pflanze hellbraune Minen, die meist die Hälfte des Blättchens erfüllten, entweder den ganzen Raum einer Seite neben der Mittelrippe, oder auf beiden Seiten von der Spitze bis über die Mitte hinaus die ganze Breite des Blattes einnehmend. In der Mitte dieser Mine erschien ein feiner dunkler Streif angehäufter Exkremente. Eine Beschreibung der diese Minen bewohnenden Raupe, die jedenfalls der von Clerckella sehr ähnlich gewesen, versäumte ich, da ich nur zwei oder drei derselben noch antraf, die sich auch bald einspannen. Häufiger fand ich Püppchen, meist aber auch diese schon ausgeschlüpft. Die Puppe ist im Freien ziemlich schwer zu bemerken, sie hängt unter einem Blättchen der Futterpflanze in derselben Weise befestigt, wie dies Zeller bei Clerckella so genau beschrieben hat. Ihre Farbe ist bald nach der Verpuppung hellgrün, später weißlich, dann grau, bis man endlich die Zeichnung des entwickelten Schmetterlings deutlich durch die dünne Schale hindurchschimmern sieht. Die Zeit, deren sie zu ihrer Entwickelung bedarf, dauert 10 — 12 Tage. Ihre Länge beträgt durchschnittlich 4 Millimeter. Ihre Gestalt gleicht der von Clerckella, die Fußscheiden erreichen nicht ganz das Hinterleibsende, die Fühlerscheiden überragen dasselbe reichlich 3 Millimeter. Der Falter erscheint etwas kleiner als gewöhnlich prunifoliella, der er am nächsten verwandt ist, variirt ebenfalls, doch nicht so sehr als diese in der Flügelzeich- nung. Die Gestalt der Flügel, Färbung und Gestalt aller übrigen Theile sind ganz wie bei der ge- nannten Art, nur erscheinen die Tarsen etwas dunkler geringelt. Die Vorderflügel zeigen bei der am meisten gezeichneten Form auf der silberweißen glänzenden Grundfarbe nahe der Basis am Innenrande einen braunen Fleck, den dunkle Var. der prunifol. ebenfalls führen, hier aber ist er kürzer und dicker, ein- zweiter größerer brauner Fleck in der Mitte des Innenrandes geht wie bei prunifol. hakenförmig nach oben und außen, aber weniger schräg und verbindet sich oft mit einem vor der Zeichnung der Spitze befindlichen Diskoidalfleck, wie ihn auch Ülerckella führt, den ich aber bei keiner meiner prunifol.-Varietäten (padifoliella Hb., albella HS.) sehe, bei welchen sich vielmehr von der Spitze des Innenrandhakens eine feine Linie nach der Flügelspitze hinzieht. Von Vorderrandstrichen vor der Spitzenzeichnung, Basalstreifen und sonstiger brauner Zeichnung, wie sie prunif. in ihren dunkelsten Abänderungen zeigt, ist hier keine Spur. Die Zeichnung der Flügelspitze gleicht so ziemlich der von prunif., nur bildet die äußerste Saumlinie der Franzen unter dem Schwänzchen der Flügelspitze eine Biegung nach außen unter rechtem Winkel, wodurch nach ‚innen von dieser Linie ein weißes Dreieck entsteht, an dessen Stelle bei prunifol. nur ein schmaler wei- ßer, von zwei parallelen braunen Linien eingefaßter Streif zu sehen ist. Alle meine Exemplare (über 30) haben dieselbe Zeichnung der Flügelspitze, nur wenige aber die vorbeschriebene des übrigen Vorderflügels. Auf diesem verschwinden allmälig die Flecken, zuerst der Innenrandfleck am ersten Flügeldrittel, dann der Diskodialfleck und endlich auch der in der Mitte des Innenrandes, von dem manchmal noch ein feines braunes Pünktchen übrig bleibt, bis zuletzt die ganze Flügelfläche außer der Spitze zeichnungslos silberweiß ist. Die letztere Form ist die gewöhnlichste, da gegen 20) meiner Exemplare dieselbe führen. Indem ich diese Art für wohl verschieden von prunifol. und Clerckella halte, vermuthe ich doch, daß manche Angaben über das Vorkommen letzterer Arten sich auf Zedi beziehen werden, die sich gewiß nicht bloß auf Wollin vorfindet, sondern wahrscheinlich über einen großen Theil der Ostseeküste Preußens und Rußlands verbreitet sein wird. Um Misdroy war sie unsäglich gemein, indem ich an manchem Ledum-Busch gegen 50 Minen zählte. 102 Am 21. Dezember 1858 feierte die entomologische Sektion zugleich mit ihrem Stiftungsfeste auch das ihres fünfzigjährigen Bestehens. Herr Hauptlehrer K. Letzner überraschte die Fest- theilnehmer durch Vertheilung einer, zum Zweck dieser Jubelfeier von demselben verfaßten und im Druck herausgegebenen Denkschrift: „Die entomologische Sektion der schlesischen Ge- sellschaft für vaterländische Kultur in ihrem 50jährigen Bestehen. Breslau, am 21. Dezember 1858. 8.“ auf das Angenehmste und wurde dem geehrten Herrn Verfasser für diese sinnvolle Aufmerksamkeit die allgemeinste, dankbarste Anerkennung zu Theil. Mit rühmenswerthem Fleiße hat der geehrte Herr Verfasser in der genannten Jubelschrift zunächst die geschichtliche Entstehung und Fortbildung der entomologischen Sektion und die wissenschaftlichen Beschäftigungen ihrer sämmtlichen Mitglieder dargelegt, so wie interessante biographische Notizen einzelner sehr thätiger, bereits verstorbener Mitglieder, z. B. Schummel’s, beigefügt. Daran reiht sich ein Verzeichniß sämmtlicher Mitglieder der Sektion seit ihrem Entstehen im Jahre 1808 bis 1858, worauf ein mit der größten Sorgfalt und Mühe sehr übersichtlich zusammengestelltes Ver- zeichniß der Aufsätze und kürzeren Mittheilungen über Insekten, welche in den Schriften der ento- mologischen Sektion enthalten sind, nach den Verfassern derselben geordnet, folgt, woraus die außerordentliche Thätigkeit des geehrten Herrn Verfassers in Erforschung unserer vaterländischen Fauna deutlich hervorleuchtet, wodurch sich derselbe für alle Zeiten einen unvergänglichen, ruhm- vollen Namen in der entomologischen Wissenschaft gesichert hat. Ein alphabetisches Register am Schluß, welches die in den Schriften und Aufsätzen u. s. w. erwähnten Thiere mit den Citaten der Jahrgänge der Schriften, worin selbige enthalten sind, aufführt, erleichtert deren Aufsuchung sehr und erhöht den Werth dieser ohnedies höchst schätzenswerthen Arbeit. Möge der geehrte Herr Verfasser der Jubelschrift noch recht lange, wie bisher, in segensreicher Thätigkeit für das Gedeihen der Sektion fortwirken! UI\Ye Bericht über die im Jahre 1859 von der medizinischen Sektion abgehaltenen Sitzungen. Sekretair der Sektion: Professor Dr. Rühle. Erste Sitzung am 7. Januar: Vortrag des Herrn Privatdozenten Dr. Paul: Ueber Syphilisatio curativa mit Vorstellung eines mit Erfolg syphilisirten Kranken. Man hat in der neueren Zeit die Einimpfungen syphilitischen Giftes zu einem dreifachen Zwecke vorgenommen: 1) zu einem diagnostischen, um die kontagiöse Natur eines verdächtigen Geschwüres zu konstatiren; 2) zu einem prophylaktischen, d. h. man impft, um künstlich eine Syphilis- Ansteckung zu schaffen, diese fortdauern und dadurch sich potenziren zu lassen. Auf diese Weise aber will man eine Sättigung des Körpers mit syphilitischem Virus und wiederum dadurch eine Abstumpfung, Immunität gegen neue Ansteckung auf gewöhnlichem Wege erreichen; 3) endlich hat man das syphilitische Gift zu einem kurativen Zwecke eingeimpft, d. h. um konstitutionell syphilitisch durchseuchte Körper in einen primär syphilitischen Zustand zu versetzen, unter und während dessen Einwirkung die alten syphilitischen Erscheinungen verschwinden sollen. Die letzteren beiden Anwendungsweisen bezeichnet man mit dem Namen ‚,Syphilisatio prophy- laetiea und curativa.“ Ueber die erstere Art und Absicht der Verimpfung, über die diagnostische, sprechen wir nicht weiter. Sie ist ein wesentlicher Fortschritt der syphilidologischen Diagnostik; obwohl wir dadurch freilich nicht so weit gekommen sind, das syphil. Kontagium auf die Spitze der Lanzette aufgespießt und eingefangen zu haben. Dagegen die anderen beiden Gattungen von syphil. Impfungen sollen uns hier ein wenig beschäftigen, und sei es mir deßhalb gestattet, zur Orientirung auf einem Gebiete, das hierorts wenig bisher berührt worden ist, einige Notizen vorauszuschicken. Schon lange währte der Streit über die Uebertragbarkeit der Syphilis des Menschen auf Thiere, bei welchen sich kaum eine äußerlich ähnliche pathologische Erscheinung vorfindet, die aber im 104 Wesen, d. h. in der Nachfolge der allgemein syphilitischen Erscheinungen vollständig von der Syphilis des Menschen abweicht. Man impfte also Thieren syphilitisches Gift ein, wie man es diagnostisch am Menschen that; aber lange Zeit ohne positive Resultate (Ricord, Turnbull, Cullerier, schon John Hunter und Percy). Da kam Auzias Turenne 1844 zuerst auf die Idee, daß diese negativen Resultate wohl ihren Grund in einem verfehlten Verfahren hätten, indem man die Thiere an Stellen impfe, welche ihnen zugänglich seien und nach ihrer Gewohnheit von ihnen abgeleckt würden. Er nahm also dafür unerreichbare Stellen am Körper von Affen, Katzen, Kaninchen (bei Vögeln gelang es nie!), und zwar besonders die äußere obere Seite der Ohrmuschel, verwundete sie sehr ober- flächlich durch einen flachen Scheerenschnitt, der eben nur die Epidermis abschälte, ohne einen Tropfen Blut hervorzulocken, und brachte das Chankersekret in die Wunde. Die Impfung gelang vollkommen! Das entstandene Geschwür lieferte wieder verimpfbaren Eiter. Jetzt entstand die neue Frage: ist dieses Sekret wieder so auf den Menschen übertragbar, daß es auf diesem syphilitische Geschwüre erzeugt? Geht also das Syphilis- Kontagium wirklich unver- ändert über den neuen thierischen Boden hinweg? Ein muthiger deutscher Arzt unternahm es, diese Frage an seinem Körper zu studiren. R. v. Welz impfte sich von dem Chanker von Auzias’ Affen, — und der Erfolg war ein so eklatanter, daß v. Welz nur mit großen Schwierigkeiten seinen so ent- standenen phagedänischen Chanker wegzuätzen und zu heilen im Stande war. Diday in Lyon erfuhr noch Schlimmeres. Er impfte sich die geimpfte Syphilis einer Katze ein und die Folge war ein großes phagedänisches Geschwür, ein 4 Monat eiternder Bubo und eine tiefe Zerrüttung der Ge- sundheit des Experimentators. Es war also erwiesen: das syphilitische Virus kann vom Menschen auf Thiere und von diesen zurück auf Menschen mit Erfolg, d. h. mit Erzeugung neuer identischer Geschwüre übertragen wer- den. Aber war das alles auch vollkommen wahre Syphilis? Das war nicht erwiesen; denn es fehlten die allgemein konstitutionell syphilitischen Erscheinungen, welche spontan auf die erste Infektion weit ab vom Infektionsherde auszubrechen pflegen; — sie fehlten annoch beim Menschen, von dem die Impfung herstammte, und beim Thiere und dem zweiten Individuum, auf welches dieselbe geschehen war. Gleichwohl machte man sich sofort die ein wenig zu sanguinische Hoffnung, jetzt eine „‚syphi- litische Vaccine“, eine Schutzsyphilis gefunden zu haben, indem man keck und vorschnell die Ana- logie mit der Schutz- oder Vaccine-Pocke zog. Man argumentirte: In der Menschenpocke ruht ein Tod drohendes Kontagium. In der Thierpocke, wenn sie auf den Menschen durch Impfung über- tragen und selbst dann noch von Mensch zu Mensch fortgepflanzt wird, steckt erfahrungsgemäß ein Neutralisationsmittel gegen jenes gefährliche Pockenkontagium, absolut oder relativ wirksam, d. h. es folgt Immunität des Menschen gegenüber dem Virus oder das Virus wird abgeschwächt, gemildert in seinen Wirkungen auf den Menschen, so daß der Verlauf der Pocke ein „modifizirter‘ ist (Variolois). So sollte es nun auch bei der Syphilisation sein. Die Syphilis des Menschen (la grosse verole, die alte epidemische Syphilis von Neapel oder von Amerika her) sei das Analogon des ächten Pockenkontagiums. Man übertrage sie auf’s Thier und sie wird zur syphilitischen Vaceine- Pustel, welche wieder auf den Menschen geimpft zur Schutz-Pustel sich umgestaltet. Das war aber ein großer Irrthum. Die Impfung durch das Thier hindurch macht die Syphilis bei dem zweiten geimpften Menschen faktisch gar nicht milder, das konnte man bald sehen an den Selbsterfahrungen Diday’s, Welz’s u. a. Ueberhaupt ist ja die Vaceine keine auf das Thier erst ver- impfte Menschenpocke; also die Analogie ist von vornherein falsch. Deßhalb verließ man alsbald die Thierimpfungen und hielt blos wunderbar hartnäckig den Gedanken der Schutzimpfung der Syphilis fest, indem man seine Basis unterdeß vertauschte. Man argumentirte: Es ist eine bekannte Erfahrung, daß wer einmal Syphilis gehabt hat, besonders konstitutionelle Syphilis, der wird nicht leicht wieder angesteckt. Wenigstens verlaufen spätere Infektionen erfahrungsgemäß milder und schneller und ohne schlimme Nachfolgen. Das hatte ja Ricord speziell für den callösen harten Chanker (der unter 100 Fällen 99 Mal sicher konsekutive Zufälle nach sich zieht, welche vielleicht im 100sten Falle 105 auch nur verkannt werden) so ausgedrückt: ‚Wer einmal einen harten Chanker gehabt hat, der ist sein Leben lang davor sicher, jemals wieder einen harten Chanker zu acquiriren, wenn auch freilich nicht einen weichen.‘‘“ Ferner folgerte man nicht minder kühn, auf eine andere Analogie fußend: ‚Wer einmal Scharlach, Masern, Pocken gehabt hat, der ist ömmunis dagegen für seine Lebenszeit oder für eine lange Reihe von Jahren; — mit der Syphilis wird es wohl auch so sein.“ Und das stimmte sogar auffallend mit der obigen Erfahrung. Also — der Schluß lag nahe: wer sich einen Chanker einimpft, wer seine Entwickelung und die daraus folgende konstitutionelle Syphilis ruhig durchmacht, — der ist sicher vor weiterer Ansteckung. Ferner: wer sich eine Reihe von einfachen Chankern ein- impfen läßt, dessen Haut resp. dessen Organismus wird nach und nach ganz gegen das syphilitische Kontagium abgestumpft; die Impfung gelingt nicht mehr; — er ist schußfest. Das wäre nun allerdings recht schön und eine solche Immunität ließe sich sogar noch annehm- licher, als durch Impfung erreichen, — wenn nur folgende 3 Dinge dabei wahr wären: 1) wenn diese Immunität überhaupt nur wirklich bestände und durchs Leben anhielte; — 2) wenn jeder Mensch unabänderlich und bon gre mal gre syphilitisch werden müßte oder we- nigstens diesem seinem Geschick eben so schwer entgehen könnte, wie man vor Pocken-, Scharlach- und Maserepidemieen sich weder durch Vorsicht noch Tugend absolut zu schützen im Stande ist; — 3) wenn die mit der Lanzette eingeimpfte Syphilis wirklich sehr leicht und um so vieles milder verliefe, gegenüber der anderweitig acquirirten Syphilis, als die Vaccinepocke gegenüber der ächten Menschenpocke verläuft. Diese drei entscheidenden Umstände sind aber leider durchaus nicht vorhanden. Die vorurtheils- freien, durch Prüfung zu Gegnern der ‚‚Syphilisatio prophylactica‘“ gewordenen Syphilidologen Fay in Christiania, Puche, Gosselin, v. Bärensprung, Behrend, Siegmund, Thiry u. A. haben jene Immunität nicht stichhaltig gefunden. Ferner steht es nach allen Erfahrungen der Praxis fest, daß ein Mensch noch wiederholt Chanker überhaupt wieder zu acquiriren im Stande ist, auch wenn er schon sekundäre Syphilis ?n optima forma durchgemacht hat. Es ist ferner unzweifelhaft mög- lich, eine jede syphilitische Ansteckung von sich fern zu halten, indem man eben die Gelegenheit dazu meidet. Daß aber endlich diese so geimpfte prophylaktische Syphilis nicht mild verläuft, davon gab es alsbald Proben, — um so bedauerlichere Proben, als es wissenschaftsdurstige und muthige Aerzte betraf, die sich selbst zum Opfer brachten. So Diday, so selbst Welz, so besonders ein Dr. Laval, dessen Zustand ich nicht besser beschreiben kann, als wenn ich die Schlußworte des Berichterstatters Musset aus der Sitzung der pariser Akademie vom 18. November 1851 citire: „Es war ein herzzerreißender Anblick! Man denke sich einen jungen Mann von selten schöner und intelligenter Gesichtsbildung, dessen Gliedmaßen durch phagedänische Chanker zerfressen, dessen ganzer Körper von der Erscheinung der konstitutionellen Syphilis durchseucht war und diese in ihren schwersten Formen darbiete. Dieser neue Curtius widersteht allen Bitten, sich einer Behandlung zu unterwerfen; er will das Experiment bis zu Ende treiben! Wenn man ihm vorhält, daß er daran sterben werde, so antwortet er: ‚,,‚Um so besser: mein Tod wird beweisen, daß die Lehre von der Syphilisation ein schrecklicher Irrthum ist und wird neues Unglück verhüten.‘““ Aehnliche Fälle lagen noch mehrere vor, und wenn auch von einer anderen Seite, von Turin her, den Syphilisatoren ein starker Succurs zu Hilfe kam in Sperino, — so konnte dies doch nicht verhindern, daß die fran- zösische Akademie der Medizin am 20. Juli 1852 über die Syphilisation ein Verdammungsurtheil aussprach, so fulminant, wie noch über keine wissenschaftliche Streitfrage.e Begin, der Berichter- statter, schloß seine Rede: ,‚Die Syphilisation ist nicht werth, daß sich ernste Männer damit beschäf- tigen!“ und Velpeau sagt: „In der Theorie ist sie ein schlechter Gedanke, in der Praxis eine schlechte Handlung.“ — Maisonneuve und Montanier aber würdigen sie folgendermaßen: „Man muß sie verwerfen und mit dem Namen brandmarken, den sie verdient, mit dem Namen eines un- reinen Bastards, des Wahnsinns und der Selbsttäuschung!“ 14 106 Seitdem ist es in Frankreich still von der Syphilisatio prophylactica geworden; selbst Sperino schwieg davon, und ich glaube, dieses sanitätspolizeiliche Monstrum ist wohl zu Grabe getragen. Wir wenden uns nun zur dritten Gattung der Inokulation — zur „Syphilisatio eurativa.“ Zuerst durch Sperino in Turin, dann aber besonders durch Aerzte am enigegengeseizten Ende Europa’s, im hohen Norden, in Schweden, Norwegen, besonders von Prof. Boek in Christiania, Stenberg, Malmsten, Carlsson, Hassing, Heiberg u. A. — alle in Skandinavien —, auch von Siegmund zuerst bei Sperino, dann in Wien selbst u. a. war die Beobachtung wiederholt und unzweifelhaft gemacht worden, daß chronisch hartnäckig verlaufende konstitutionell syphilitische Erscheinungen auffallend rasch rückgängig wurden während der Effloreszenz der eingeimpften pri- mären Chanker. Sperino machte sein Experiment an den Prostituirten des turiner Philokoms. Er syphilisirte viele, die Knochensyphilis, sekundäre Hautchanker und hartnäckige Hautsyphiliden hatten — und diese wurden alle davon befreit. Der Fall, dessen ich später Erwähnung thun werde, wird das beste Bild davon geben. Boek und die genannten Aerzte sahen dies ebenfalls und veröffent- lichten ihre Beobachtungen in nüchterner einfacher Weise in 3 Schriften: ,‚Syphilisation som Cur- methode,“ ‚Syphilis studered med Sygesenga (beobachtet am Krankenbett)‘“ und „‚Syphilisation bei Kindern.“ Die 103 Fälle, die Boek mittheilt sind, lehrreich und frappant, und man darf ihn nicht des Leichtsinnes zeihen, wenn er nach solchen Beobachtungen diese Syphilisatio curativa als Hauptmethode bei der Behandlung der konstitutionellen Syphilis hinstellt und sich für unberechligt erklärt, Quecksilber gegen diese Syphilis noch ferner anzuwenden. Boek hält diejenigen Fälle in- veterirter konstitutioneller Syphilis für die Syphilisatio curativa für die geeigneisten und günstigsten, welche noch keine Quecksilberkur durchgemacht haben ; denn ‚‚der Merkurialismus hindere die Einwirkung der primären Krankheit auf die konstitutionelle; er verschlimmere sie sogar.“ Daher, ‚wenn man Jod zwischen durch die Syphilisation in solchen Fällen gebe, so würden die sekundären Zufälle zuerst auf einmal heftiger, weil das organische Amalgam, das Quecksilber und Syphilis-Vergiftung im Körper eingegangen, jetzt durch Jod zersetzt und aufgelöst, das Quecksilber durch das Jod neutralisirt, da- durch aber die Syphilis frei werde. Dann aber wirke die Syphilisation um so entschiedener gegen den konstitutionell syphilitischen Rest.“ Den: armen Quecksilber wird nun freilich alles, was sekundäre Syphilis heißt, in die Schuhe geschoben, von den Antimerkurialisten und allen denen, die ihre eigenen Kurmethoden zu empfehlen sich bemühen (Homöopathen, Hydropathen, Jod- und Zittimänner, Laffekteure, Arkanisten u. s. w.), ohne daß man bisher jemals daran gedacht hätte, daß der reine, wirkliche chronische Mer- kurialismus der Quecksilberarbeiter (z. B. in Bergwerken, Spiegelfabriken etc.) doch total und speziell ganz anders aussieht, als die konstitutionelle Syphils jemals ausgesehen hat, und daß die letztere sich doch in allen Nuancen auch bei denen zeigt, die nie einen Gran Quecksilber gebraucht haben. Indeß müssen wir obige Behauptungen Boek’s, der überall den Stempel schlichter Wahrhaftigkeit und Ueberzeugungstreue vor sich trägt, einfach und unweigerlich glauben. Soll ja die Syphilisation auch das Syphilis-Quecksilber-Amalgam heilen können, wenn auch schwieriger und langsamer und zuweilen erst mit Hilfe des Jods (zu welcher Kategorie auch mein zu referirender Fall zu gehören scheint). Man soll zu Anfang nach Boek nicht florenten Chanker-Eiter zur Impfung nehmen, weil dieser leicht phagedänische Geschwüre erzeuge (v. Bärensprung soll davon eine sehr traurige Erfahrung gemacht haben), sondern lieber durch wiederholte Impfung schon abgeschwächten und später dann stärkeren. Die Impfung erzeugte in 24 Stunden ein Papel, nach 48 eine flache Pustel, nach 3—4 Tagen ein weißliches, flaches Geschwür mit etwas buchtigen zernagten Rändern. Die Umgegend ist ein wenig geschwollen, das Geschwür breitet sich wohl etwas aus, aber schon die nächsten sechs, acht bis zehn Impfungen sollen nur ganz flache kleinere Geschwüre liefern, die rascher als andere in’s Stadium der Reparation treten, d. h. einen rothen Granulationsgrund bekommen und spontan verheilen. Endlich 107 läßt sich ihr Sekret nicht mehr verimpfen, während frisches Chanker-Sekret, von einem anderen In- dividuum entnommen, noch weitere positive Resultate ergiebt. Damit hat die Immunität begonnen; von da ab heilen auch die konstitutionellen Zufälle schon; — zuletzt schlägt auch eine solche Impfung nicht mehr an; — die Immunität ist vollständig erreicht — nach 8 Wochen, 3—6 Monaten, — und zugleich ist die konstitutionelle Syphilis geheilt. Wie die akuten Exantheme akut eine Immunität herstellen, so wird die chronische Krankheit der Syphilis durch eine chronisch zu Stande kommende Immunität endlich geheilt. Aber wie lange? — das ist noch nicht recht sicher. Sperino sagt: immer“; Boek sagt: „meistens“. — Wo Rezidive dennoch kommen, da sei wieder der leidige frühere Quecksilbergebrauch schuld. Boek hat nun auch Kinder, die hereditär syphilitisch sind, mit dem besten Erfolg, wie er sagt, syphilisirt und weit besser geheilt, als Quecksilberkuren esgewöhnlich vermögen. Darin widerspreche ich ihm aber geradezu; denn die rasche Rezeptivität und Heilung von hereditärer Kindersyphilis auf zweckmäßige Merkurialbehandlung ist gewiß jedem Arzte mehr als einmal vorgekommen, Das ist etwa die gegenwärtige Situation der Syphilisatio curativa, deren Thatsachen nicht zu läugnen sind, deren Erklärung aber noch in vielen Beziehungen dahinsteht. Boek weiß auch nichts mehr und Gewisseres darüber zu sagen; frägt aber schließlich, ob wir denn besser die prophylak- tische Wirkung der Schutzpocke zu erklären wüßten? — Uebrigens will ich schließlich bemerken, daß die Syphilisations-Idee nichts ganz Neues ist. Schon Astruc u. A. im 16. Jahrhundert trugen sich mit dem tröstlichen Gedanken vom allmäligen Erlö- schen des syphilitischen Virus, sei es durch Erschöpfung desselben oder durch eine allgemeine Sa- turätion, d. i. heute Syphilisation des ganzen Genus humanum. Swediauer spricht von einer universellen und nationalen Abstumpfung gewisser Völker gegen die Syphilis als einer relativen Mil- derung der Empfänglichkeit (Syphilisme von Auzias), welche erst wieder Intensität gewinne, wenn andere Nationen sich hineinmischten. Das ist zu verstehen nach Art der Fabel vom Ursprunge der Syphilis durch die geschlechtliche Vermischung der amerikanischen Indianerinnen und Spanier. Die Por- tugiesen sollen sich zu einer gewissen Zeit einmal schon in einem solchen glücklichen nationalen Syphilisationszustande befunden haben, und allerdings war die Syphilis in Portugal beim Einrücken der Engländer am Anfang dieses Jahrhunderts sehr mild, so daß Guthrie und Hennen sogar eifrige Antimerkurialisten wurden. Als aber die Engländer einige Jahre das Land okkupirten, da ging dieses Paradies verloren; es verschlimmerte sich die Syphilis wieder, und Guthrie ist wieder Merkurialist geworden. Etwas Analoges ist im Kleinen in der allerneuesten Zeit im schleswig-helstein’schen Kriege von Eichler und in Italien (Rom, Mailand) von Calderini beobachtet und referirt worden. Daß also durch geschlechtliche Racenmischungen die Syphilis intensiv sich verschlimmere, während dieselbe innerhalb derselben Race sich allmälig schwäche, daß sie also in Kriegs- und Revolutions- Zeiten, wo allerdings die Verbreitung und Vernachläßigung der Syphilis äußerlich begünstigt ist, nicht blos extensiv, sondern auch intensiv zunehme; das ist nach diesen richtig gedeuteten Erfahrungen unzweifelhaft geworden. — Das Individuum, welches ich hier als ein Beispiel einer, wie es den Anschein hat, vollkommen gelungenen Syphilisation und Heilung einer sehr alten, sehr rebellischen und sehr schweren konsti- tutionellen Syphilis vorzuführen die Ehre habe, hat seiner Angabe nach vor 17 Jahren, im Alter von 22 Jahren einen scheinbar einfachen Harnröhrentripper acquirirt, welcher 4 Wochen dauerte, wenig beachtet wurde und auf mäßige Dosen Kopaiv - Balsam sistirte. Andere syphilitische Ansteckungen primärer Natur sollen damals und auch weiter hin nicht mehr vorhanden gewesen sein. Jedoch be- gann bald eine Reihe von Konsekutiv-Zufällen: zuerst nach kaum einem halben Jahre eine Epidy- dimitis dextra, welche abscedirte und in zwei fistulöse Abscesse ansging, die 9 Wochen lang eiterten und noch jetzt sichtbare eingezogene Narben hinterließen. Inguinalbubonen sind, wie ich ausdrück- lich bemerke und wie die Abwesenheit jeder Narbe und jedes Pigmentfleckes in den Leisten beweist, niemals vorhanden gewesen. Jetzt folgt ein Zwischenraum von 5 Jahren, von dem dem Kranken 14* 108 nichts erinnerlich ist, was mit seiner Krankheit zusammenhängen dürfte. Im Alter von 28 Jahren überstand er die ächten Blattern, welche ganz akut, aber doch immerhin mit mäßigem Eiterungs- stadium verliefen, da nur wenige, seichte Narben zu erkennen sind. Im 30. Jahre entstand ein ziemlich indolenter Blutschwär in der Achselhöhle (ein Bubo?). Schon bald darauf im 31. Jahre fanden sich auf dem rechten Oberarme Blätterchen in Gruppen, welche in Pulsteln, zuletzt in Ge- schwürchen übergingen. Diese konfluirten zu einem rasch um sich greifenden phagedänischen Ge- schwür, um welches peripherische Flechten entstanden. Er wurde in der chirurgischen Klinik mit Externis behandelt, vorübergehend geheilt; jedoch brach das Geschwür zeitweilig wieder arf. Dazu fanden sich — vielleicht schon vorher — Flechten und Schorfe auf dem Scheitel, zerstreut über die ganze behaarte Kopfhaut; dieselben Stellen wurden schmerzhaft, besonders in der Wärme und des Nachts. Manche Stellen schwollen an, das Periost wurde verdickt, infiltrirt; endlich brachen diese Anschwellungen in der Mitte des Scheitels auf, eiterten und es gingen Knochensplitter mit dem Eiter ab. Auch hier war die Heilung nur zeitweilig. Es soll in dieser Zeit, welche mit dem Verbrechen, das den Kranken in’s Zuchthaus führt (ein Straßenraub, in Gesellschaft mit Anderen begangen), zu- sammenfälltl, — es soll, sage ich, damals noch eine Kopfverletzung stattgefunden haben, welche wahrscheinlich die schon kranken Schädelknochen getroffen und den Aufbruch beschleunigt haben mag. Auch diesmal brauchte der Kranke nichts innerlich, einfache Salben und Kamillen- Wasser- umschläge äußerlich. Sein Aussehen war von da ab, wie er zugiebt, stets schlecht, anämisch, ge- altert; er fühlte überall Neuralgieen und Schwäche einzelner Muskelgruppen; litt an Schmerzhaftigkeit geschwollener Perioststellen des Schädels und linken Schienbeins u. dgl. Mit wenigem Erfolg ge- brauchte er Dampfbäder. 1853, 33 Jahr alt, wurde er verhaftet und kam in Untersuchung. *Die Symptome der allgemeinen Syphilis waren unverkennbar und bestimmten meinen verstorbenen Amis- vorgänger, Dr. Heinke, den Kranken sofort auf die Krankenstation der königl. Gefangenen-Anstalt zu transferiren. Hier blieb er bis jetzt ununterbrochen unter ärztlicher Aufsicht, unter der meinigen seit Juni 1854. Zuerst soll ihm das linke Schienbein noch mehr aufgeschwollen, dann aufgebrochen sein, lange geeitert und wiederholt nekrotische Splitter abgestoßen haben. Auch dauerte die Nekrose der äußeren Schädeltafel fort, während das Geschwür am Arm definitiv geschlossen blieb. Ob er damals Quecksilber gebraucht hat, ist nicht ganz fest zu bestimmen, jedoch habe ich allen Grund, es als nicht geschehen anzunehmen; eher scheint er etwas Jodkali gebraucht zu haben. Im Sommer 1854 fand ich die Nekrosengeschwüre zum größeren Theile vernarbt mit einer höckrigen defekten Kno- chennarbe. Andere Ulcerationen fehlten; die Haare waren an der Stelle der Schädelnarbe ausge- fallen, auch sonst defekt, das Aussehen des Kranken ziemlich schlecht, die geistige Thätigkeit unverkennbar schwächer geworden, die Kräfte des Körpers gesunken. Die Mittelfußgegend beider Füße war etwas einwärts gekrümmt, verbogen und schmerzhaft, ohne Geschwulst einzelner Metatarsen. Wann diese Deformität angefangen habe, wußte der Kranke nicht zu sagen. Er brauchte von jeizit ab Ferrum jodatum saccharat. Da befiel eine intensive Skorbut-Endemie das Gefängniß und den Kranken mit. Er machte sie der Art durch, daß er nachträglich hydropisch wurde, aber doch genaß. Es schwiegen von da an auch die syphilitischen Zufälle. 1855 war er so weit arbeitsfähig, daß ich ihn auf der Krankenabtheilung als Hilfskrankenwärter beschäftigte, als die damalige Epidemie des Typhus exanthematieus auch in’s Gefängniß drang und extensiv bedeutend sich ausbreitete, wenn auch nicht allzu intensiv auftreten konnte wegen ausreichender allgemeiner Lüftung aller An- staltsräumlichkeiten; doch befiel auch ihn der Typhus mit makulösem Exanthem und rekonvaleszirte er erst nach 5—6 Wochen. In der Rekonvaleszenz zeigten sich schon auffällig zahlreiche Furunkel, welche in mißfarbige Geschwüre übergingen. Wären nicht alle übrigen Zeichen des Typhus unverkennbar dagewesen, ich wäre versucht, das damalige Exanthem für eine Syphilide zu halten. 1856 zeigte sich ein phagedänisches Geschwür an der Oberlippe, bald darauf ein sehr rapid um sich greifendes über dem rechten Augenbrauenbogen. Affektionen der Rachen- und Mundschleimhaut fanden sich nicht vor, dagegen eine etwas näselnde Sprache und Stockschnupfen ohne viel Sekret. Die ehemaligen 109 Knochengeschwürsstellen verhielten sich indolent. Das Aussehen des Kranken war miserabel. Wegen des wahrhaft beängstigend raschen Umsichgreifens des Stirngeschwüres schritt ich zur Einreibungskur (Zi graue Salbe pro die). Aber kaum waren Ziij eingerieben, so entstand der profusete Spei- chelfluß und zwang zur Unterbrechung der Einreibungen. Aber ebenso überraschend schnell hatte das Geschwür seinen fatalen Charakter verloren und begann zu vernarben. Ich verordnete Salzsäure interne, Ag. empyreumat. externe und die Zufälle verschwanden allmälig; dann Spec. liynor mit Sas- saparilla, endlich Jodeisen. Nach 3 Monaten schwoll der linke Oberarm und der Biceps fing sich an durch Kontraktur zu verkürzen. Die Schienbeine und die Mittelfüße schmerzten; der Kranke sah sehr heruntergekommen, kachektisch, abgemagert aus, war geistig deprimirt, halb stupid, sprach un- deutlich, hörte schlecht, konnte sich nur wenig außer dem Bett bewegen, war dabei schlaflos, hatte wenig Appetit und Verdauung, zuweilen Diarrhöe (Decoct. fol. jugland. mit Tinct. arom. acid., später China mit Säuren u. dgl... In der Schädelnarbe- bildeten sich einzelne kleine Abscesse und ent- leerten wieder Knochensplitter von entblößter schmerzhafter Knochenfläche. Der Zustand war und blieb ein ziemlich trostloser und der Kranke konnte Jodkali nur in kleinen Dosen und mit Pausen vertragen. Da zeigte sich im Frühjahre 1856 eine, der am Oberarm analoge, nur noch bei weitem schmerz- haftere und umfangreichere akut ansteigende Anschwellung des linken Oberschenkels, die von vorn- herein als im Muskellleisch sitzend erkannt wurde. Sie machte, besonders Nachts, die heftigsten, bohrendsten Neuralgieen, welche nur durch größere Dosen Morphium und durch das allmälig besser vertragene Jodkalium, so wie Jodbepinselungen gemildert wurden. Kälte zeigte sich hinsichts des Schmerzstillens bei weitem wirksamer, als warme Umschläge. Die Geschwulst wurde alsbald unter heftigen Schmerzen stellenweise weich, die Haut bräunlich, halbkugelig aufgetrieben. Einschnitte erleichterten, förderten aber wenig jauchig-blutige aber nicht fötide Flüssigkeit zu Tage. Die darunter liegende Muskelmasse war zu einem speckigen Detritus verändert, der sich herausheben und zer- drücken ließ, ziemlich ähnlich den käsigen Massen sogenannter tuberkulös infiltrirter Mesenterial- und Bronchialdrüsen bei Kindern. Andere noch nicht so erweichte Stellen zeigten aufgeschnitten einen mehr geschichteten, festeren, speckigen Inhalt. Der Einschnitt wurde wenig gefühlt und der spontane Schmerz, so wie eine leise Berührung war weit empfindlicher, als ein stärkerer Druck und selbst ein Einschnitt, der auch wenig blutete. Die entleerten Absceßhöhlen füllten sich nur spärlich mit schlaffen Granulationen und schrumpften in eine vertiefte Narbe zusammen. Das Aussehen und Befinden des Kranken war durch Kachexie, Schlaflosigkeit, Schmerzen und Verdauungsmangel ein sehr klägliches. Nun schritt ich zur Syphilisation, da an dem Falle wahrlich nichts zu verschlimmern war, und da jede Wiederholung einer Quecksilberkur sehr gewagt, die des Jodkali aber nutzlos erschien. Es wurden folgende Inokulationen gemacht, zum Theil mit frisch von primären Geschwüren Anderer entinommenem Eiter, zum kleinen Theil von den dadurch erzeugten Geschwüren entnommen, — mit folgenden Ausgängen der Impfung: ——— nm Lahl Ausgang Datum. Ort der Impfung. hartan Quelle der Impfung. der.Impfung: 2. Oktober 1856........ Rechter Oberschenkel | 2 Pusteln | Frischer Eiter Erfolg A. ” ee Linker Oberschenkel | 4 dto. dio. b. h 00506 Rechter Oberschenkel | 4 ,„ dto. kein Erfolg g. Be De Linker Oberschenkel | 3 ,„ dio. Erfolg 2. as PER EIN Rechter Oberschenkel | 3 H dto. dto. 17. ss N 050 3 Linker Oberarm 1 en Von den Geschw. d.rechten Schenk. dto. 19. 5; nekiniales Linker Vorderarm 2 „ Von der speckigen Geschwulst erfolglos Zur tagen Linker Oberarm Aare Vom Vorderarm Erfolg 29. er NL ONBEST Rechter Oberschenkel 4 a Vom linken Oberarm dto. 3. November 1856...... Rechter Oberschenkel | 2 ,, Vom Vorderarm erfolglos 8. % a Linker Oberschenkel a, dto. dto. 11. z5 ter Linker Oberschenkel 2 n Vom Oberarm ® dto. 110 Unter diesem Verlaufe der Impfungen, bei möglichst guter Ernährung und Ausschluß aller, selbst äußerer Medikamente (außer eiwas Ag. empyreumatica) schrumpften sichtbar die speckgefüllten Absceßhöhlen und die infiltrirte Umgegend derselben, welche an Umfang und Härte verlor. Auch die Neuralgieen schwanden langsam und damit hoben sich die Kräfte. Die Erfolglosigkeit der letzten Impfungen, so wie der momenntane Mangel geeigneten frischen Chankereiters zu neuen Impfungen in meinem Hospitale, bestimmte mich zu einer Pause in der bisher augenscheinlich nicht erfolglosen Syphilisation, und, ohne von dem citirten Rathe Böek’s damals schon zu wissen, gab ich Jodkali in derselben Absicht, um die Wirksamkeit nachheriger Impfungen noch freier zu machen. Der Kranke brauchte bis zum 2. Dezember 9 Drachmen Jodkali. Das Geschwür des Oberschenkels veränderte sich nicht, schmerzte weniger. Vom 3. Dezember begann die 2. Rate der Impfungen: Datum Ort der Impfun a Quelle der Impfun Ausgang x DILIS- Impfung. ö PaunS- der Impfung. 3. Dezember 1856 ...... Rechter Oberschenkel | 6 Pusteln Frischer Impfstoff Erfolg 7: x ABER dto. 3 5 dto. dto. 12. N EN AR SU Linker Oberschenkel 4 I dto. dto. 19. 5 NEN Rechter Oberschenkel 3 “ Vom rechten Oberschenkel dto. 26. RR OR ERASe Linker Oberschenkel 4 Ar Frisch erfolglos 31. 5; ae Veiäde Rechter Arm 2 n dto. dto. 2. Januar 1857......... Linker Arm 3 a5 dto. dto. Unterdeß waren alle Eiterungsherde vernarbt, der Schmerz verschwunden, die Ernährung ge- bessert. Nach und nach ließ auch das hartnäckigste und so seltene Symptom der Konsekutiv-Syphilis, die Muskelkontraktur des Biceps, nach, und selbst die Gedächtnißschwäche, die Stupidität verminderte sich, der Kranke wurde heiterer, freier, gesprächiger. Die geimpften Chanker blieben stets unter einfachem trockenen Charpieverband unter einem Uhrglas und. Heftpflaster verwahrt. Ihr Verlauf war ziemlich gleichzeitig in etwa 14 Tagen vollendet; sie bildeten sich aus einer Pustel zu einem etwa höchstens Sechser-großen Geschwür, welches nach 14 Tagen roth granulirte, von selbst vernarbte und einen Pigmenifleck zurückließ. Es geschahen 58 Impfungen, von denen 17 erfolglos blieben. Jetzt, nach mehr als 1 Jahre zeigen die Resultate an dem ziemlich, wenn auch nur mäßig gut ernährten Kranken nur noch die Reste aller der syphilitischen Ulcerationen, die er durchgemacht hat: die große Narbe des Scheitels, des Oberarms, Oberschenkels, des Schienbeins, alle mit vielen De- fekten; ferner die Impfungsnarben. Von dem Geschwür in dem Gesicht ist fast nichts mehr zu sehen. Die eigenthümliche Verbildung des Gewölbes beider Füße ist natürlich geblieben. Einige geringe schmerzhafte Periostosen an den Rippen, welche im Sommer 1859 noch sich einstellten, und soge- nannte Rheumatismen wichen sofort auf wenige kleine Dosen Jodkali. Geschwüre kamen nicht mehr vor. Ich ziehe aus dieser Beobachtung nachstehende Folgerungen, welche ich der Kritik meiner Herren Kollegen unterbreite: 1) Die sogenannten tertiären syphilitischen Erscheinungen (in den Knochen) können früher als die Schleimhaut- und Haut-Syphilis zur Entwickelung kommen, wenn nicht eine Roseola syphilitica und Nackenbubonen als die sekundäre Stufe blos übersehen worden sind, wie Siegmund immer voraussetzt. Die Zwischenstufe des Inguinalbubo’s zwischen primärer und konstitutioneller Syphilis ist aber nicht unter allen Umständen vorhanden. 2) Die Knochensyphilis kommt auch ohne allen Gebrauch oder Mißbrauch des Quecksilbers als rein konstitutionell syphilitisches Leiden vor. 3) Der vorliegende Fall enthält in der Anamnese keine primäre Ulceration, sondern nur einen Tripper. Wenn nicht eine Lücke in der Anamnese vorhanden ist, was freilich sehr wahr- 111 scheinlich sein möchte, so muß angenommen werden, daß der damalige Tripper ohne Wissen des Kranken mit einem Chanker (vielleicht der Harnröhre) komplizirt gewesen sein müsse, zumal diese letzteren,, larvirten Chanker‘“ (Ricord) viel häufiger — auch nach meinen eigenen ziemlich zahlreichen Beobachtungen — sind, als man im Allgemeinen glaubt. 4) Skorbut, Hydrops und Typhus, welche allerdings eine so radikale Umänderung der Säfte- masse mit sich führen, vermögen doch nicht absolut und immer latente Syphilis zu entfer- nen, ja sie scheinen in vorliegendem Falle sogar den Ausbruch beschleunigt und schwerer gemacht zu haben. 5) Der Merkur, besonders in die Haut eingerieben, wirkt gegen syphilitische Hautgeschwüre sehr schnell, wenn noch keiner vorher gebraucht worden ist, und schneller als alle übrigen Antisyphilitica. Unter den Erscheinungen des akuten Merkurialismus (starker Salivation mit Fieber) gingen die syphilitischen Geschwüre auffallend schnell zurück. 6) Jod hat auf sekundäre und tertiäre Ulcerations-Syphilis allein wenig Einfluß, auf das Syphilis- Quecksilber-Amalgam augenscheinlich mehr. 7) Die Einwirkung syphilitischer (hier noch durch ein Trauma unterstützter und beschleunigter) Ulcerations-Prozesse des Schädeldaches hat auch auf die geistigen Funktionen durch die Vermittelung materieller Mitbetheiligung des Gehirns einen entschiedenen, depotenzirenden Einfluß. Diese materielle Mitbetheiligung besteht wahrscheinlich in einem Druck des Gehirns, seiner Kortikalschicht durch Osteophyten der inneren Schädeltafel, entsprechend der aus- wärtigen Ulceration, oder durch eine chronische Exsudation in den Hirnhäuten. Beides ist des Rückgangs fähig und damit wird auch die Beschränkung der Intelligenz rückgängig. 8) Unter der fortdauernden Einimpfung neuer primärer Chanker, welche weich, räumlich be- schränkt und unbehandelt bleiben, wichen im vorgelegten Falle die Erscheinungen tertiärer Muskel-Gewebsulceration ziemlich schnell und — wie es den gegründetsten Anschein hat — definitiv. 9) Der einfache, weiche, eingeimpfte Chanker heilt ganz von selbst unter bloßer Bedeckung mit Charpie durch eigene Abstoßung des Kranken und Reparation durch Granulation. 10) Nach einiger Dauer der Impfungen tritt. eine Empfindungslosigkeit des Körpers ein, die weitere Impfung@n erfolglos macht. Die Empfänglichkeit findet sich aber wieder ein bei, nach einer längeren Pause auf’s Neue begonnenen Impfungen. Die wieder eintretende Er- folglosigkeit fällt zusammen mit Heilung des gerade gegenwärtigen Zufalles der konstitutione. - len Syphilis und scheint die erreichte Immunität zu bezeichnen. — Nachträglich sei noch bemerkt, daß man die heilende Wirkung der Syphilisations-Einimpfungen damit erklärt habe, daß die vielen entstandenen Hautgeschwüre eine reichliche Reihe von Ulcerations- Derivationen bildeten, welche ‚die Säftemasse umstimmten‘‘; also analog wie Vesikantien, Fontanellen u. dgl. Man hat daher geradezu solche Ableitungsherde zur Heilung konstitutioneller Syphilis applizirt, die aber nichts mit Chankerimpfungen zu thun hatten, d. h. man hat eine Anzahl fliegender oder eiternder Vesikantien (Cullerier) etablirt, Unguent. tart. stib. (Heiberg) eingerieben u. dgl. und Heiiungen gesehen. Ich habe mehrere Fälle auf diese derivatorisch-externe Weise behandelt, ohne aber einen irgend zu ferneren Versuchen aufmunternden Erfolg davon zu sehen; zum Theil blieb Alles beim Alten, oder die Vesikantien schmerzten sehr, ihre-Eiterung änderte aber nichts; ja es möchten sogar schlimmere Veränderungen dieser Eiterungsflächen zu befürchten sein. — Zweite Sitzung am A. Februar. Der Sekretair gedenkt des am 23. Dezember 1858 verstorbenen Mitgliedes der Sektion, des königl. Geh. Medizinalrathes und dirigirenden Arztes am Hospital Allerheiligen, Dr. J. J. H. Ebers, seiner wissenschaftlichen Leistungen und seiner Verdienste um die Sektion. 112 Derselbe theilt darauf die bisher durch die Laryngoskopie erhaltenen Resultate mit, giebt eine Beschreibung des Kehlkopfspiegels und demonstrirt die Anwendung desselben an sich selbst. Herr Privatdozent Dr. Förster hält einen Vortrag: Ueber die Grenzen der Empfindung auf der Retina. Den Raum, den wir mit einem Auge gleichzeitig übersehen, nennt man das Gesichtsfell. Da wir mit einem Auge nur nebeneinander Liegendes sehen, weil sich auf der Retina die Objekte nur nebeneinander abbilden können, so hat dieser Raum für die Wahrnehmung nur 2 Dimensionen, eine vertikale und eine horizontale, er ist eine Fläche; die 3te Dimension — die Tiefe, der Abstand vom Auge — wird nur erschlossen, nicht direkt gesehen. Jedem Punkte dieser gleichzeitig übersehenen Fläche entspricht ein Punkt auf der Netzhaut. Bei gewissen Krankheiten des Auges werden einzelne Theile der Netzhaut unempfindlich; es fallen dann auch die entsprechenden Stellen des Gesichtsfeldes aus der Wahrnehmung fort. Dieses Ersterben der Sensibilität der Netzhaut erfolgt in manchen Fällen, z. B. bei Glaukom, Retinitis pigmentosa etc., in der Weise, daß es ziemlich gleichmäßig an der ganzen Peripherie der Netzhaut, d. h. an ihrem vorderen, gegen die ora serrata hin liegenden Theile beginnt und so von allen Seiten her nach dem Centrum derselben, d. h. nach der Eintritts- stelle des Sehnerven und nach der Stelle des schärfsten Sehens, der macula lutea hin, vorschreitet. Hiermit nimmt natürlich auch die Ausdehnung des Gesichtsfeldes ab. Diese Abnahme ist bisweilen eines der ersten Zeichen einer Erkrankung, namentlich aber hat die Größe der unempfindlich ge- wordenen Partie wichtige prognostische Bedeutung. Es ist daher wichtig, auch geringe Abnahmen in der Ausdehnung des Gesichtsfeldes mit Sicherheit konstatiren zu können. Behufs dieses Zweckes ist zunächst die normale Ausdehnung des Gesichtsfeldes zu messen. Man nahm an, daß beim Blick geradeaus das Gesichtsfeld nach oben, innen und unten durch Theile des Gesichtes selbst abge- grenzt würde, nach oben durch den oberen Augenhöhlenrand, nach innen durch den Nasenrücken, nach unten durch die Wange. Nur nach außen sollte das Gesichtsfeld frei sein und hier bis ca. 90° von der Sehaxe nach außen reichen, so daß also ein Gegenstand, der so weit nach außen liegt, daß eine gerade Linie, die, von ihm zur Pupille gezogen, mit der Sehaxe einen rechten Winkel einschließt, noch gesehen wird. Eben so weit sollte ein Gegenstand nach innen liegen können, um noch in die Wahrnehmung zu fallen, nur daß faktisch beim Blick geradeaus der Nasenrücken seine Perception hindere. Diese Behinderung durch den Nasenrücken kann beseitigt werden durch Wendung des Auges nach außen, so daß bei dieser Stellung des Auges eine Tangente auf die Mitte der Hornhaut, also senkrecht zur Sehaxe gelegt, das Gesichtsfeld abschließen würde und ein jedes Auge einen vollständigen Halbkreis oder wenigstens nahezu einen solchen in horizontaler Richtung übersehen müßte. Die horizontale Gesichtsfeldausdehnung würde also, nach Graden berechnet, deren nahezu 80° betragen. Direkte Messungen ergeben jedoch ein etwas anderes Resultat. Während wir durch diese die Grenzen der Ausdehnung des Gesichtsfeldes in horizontaler Richtung nach außen etwas über 80° finden, beträgt sie nach innen — bei Wendung des Augapfels nach außen, wo also die Beschrän- kung durch die Nase fortfällt — nur 50 und einige Grade, erreicht kaum je 60°. Wir haben also eine summarische Horizontalausdehnung des Gesichtsfeldes von höchstens 140% und während das Auge nach außen hin fast jeden Punkt noch sieht, von dem aus die Pupille noch gesehen werden kann, so ist dies auf der inneren Seite durchaus nicht der Fall. Hieraus würde zunächst folgen, daß der auf der Nasenseite des Augapfels gelegene Theil der Netzhaut wohl bis nahe an die ora serrata hin empfindlich ist, daß dagegen die Grenze der Empfindlichkeit auf der Temporalhälfte derselben weit hinter der ora serrata — einige Linien weit hinter derselben — aufhört. Es würde, wenn wir den empfindlichen Theil der Netzhaut durch einen Vertikalmeridian, der durch die macula lutea geht, in zwei Theile zerlegen, auf der Temporalseite die kleinere, auf der Nasalseite die größere Hälfte der empfindlichen Netzhaut liegen. Der macula lutea entspricht der Fixationspunkt. 113 Wir haben bis jetzt bei den Messungen die Macula lutea als Centrum angenommen und von hier aus, nach außen und innen gerechnet, die Ausdehnung der Netzhautempfindlichkeit ungleich groß gefunden. Anders verhält es sich, wenn wir von der Eintrittsstelle des Sehnerven aus die Messungen anstellen. Der blinde Fleck im Gesichtsfelde entspricht dieser Eintrittsstelle; er liegt mit seinem Centrum ca. 15° nach außen vom fixirten Punkte. Wenn also die Ausdehnung des Gesichtsfeldes vom fixirten Punkte nach außen hin 80° beträgt, und wir ziehen die Distanz vom Fixationspunkte bis zum blinden Fleck mit 15° hiervon ab, so bleibt uns eine Ausdehnung des Gesichtsfeldes vom blinden Fleck bis an die äußere Grenze mit 65°. Die Ausdehnung vom fixirten Punkte aus nach innen haben wir durch Beobachtung gefunden mit 50°; addiren wir nun obige 15°, welche hier zwischen dem Fixationspunkt und dem blinden Fleck liegen, hinzu, so erhalten wir von diesem aus gerechnet auch nach innen hin eine Ausdehnung von 69°. Es sind diese Messungen bisher an 4 Personen gemacht worden und hat sich dabei stets das gleiche Resultat ergeben. Die Ausdehnung betrug vom blinden Flecke aus gerechnet nach innen sowohl wie nach außen höchstens 70°. Hieraus folgt: 1) die Grenze des Gesichtsfeldes wird nach ‘innen zu nicht durch den Nasenrücken bestimmt, sondern durch das physiologische Verhalten des äußeren Theiles der Netzhaut; 2) die horizontale Ausdehnung des Gesichtsfeldes ist mit 170° um ca. 4 zu hoch angenommen; 3) es giebt eine Partie der Netzhaut — wenigstens auf ihren äußeren Theilen — die un- empfindlich ist; 4) das Centrum der empfindlichen Netzhaut ist nicht die Macula lutea, sondern die Papilla optica, das Centrum des Gesichtsfeldes nicht der fixirte Punkt, sondern der blinde Fleck; 5) wenn in Krankheiten das Gesichtsfeld conzentrisch eingeengt wird, so muß die Stelle, in der zuletzt noch gesehen wird, nach außen von der Sehaxe um den blinden Fleck herum liegen. Die Eintrittsstelle des Sehnerven ist bis jetzt blos für die horizontale Ausdehnung der Netzhaut als Centrum zu betrachten. Für die anderen Richtungen ist dasselbe noch nicht experimentell fest- gestellt, obwohl sehr wahrscheinlich. An die Anatomen ergeht hierdurch die Aufforderung, zu unter- suchen, ob die Zapfen auf der äußeren Hälfte der Retina weniger weit nach vorn reichen als auf der inneren. Es würde dies dann ein Grund mehr sein, sie als die empfindenden Elemente anzusehen. Derselbe sprach: Ueber das Näherstehen der tieferen Doppelbilder bei Lähmung des Musculus obliquus superior. Bekanntlich tritt Dei Lähmungen von Augenmuskeln Doppeltsehen auf. Die Doppelbilder werden nicht blos als rechts und links, höher und tiefer stehend angegeben, sondern auch bisweilen als näher und ferner. Diese Angabe hat etwas Räthselhaftes, da das eine Bild faktisch auf der Retina mur rechts oder links, über oder unter dem Punkte liegen kann, welcher dem Bilde auf der Netzhaut des anderen Auges entspricht und die Entfernung überhaupt nur erschlossen, nicht unmittelbar wahr- genommen werden kann. v. Gräfe hatte versucht, die Empfindung des Näherstehens des einen Bildes bei Lähmung des Museulus obliquus superior aus der Verrückung des Augendrehpunktes zu erklären, ist aber selbst nicht zufrieden mit dieser Erklärung. Wenn wir einen Gegenstand, der sich auf einer horizontalen Fläche befindet, ansehen, so wird sein Bild ohngefähr in die Mitte der Netzhaut, auf die Macula latea zu liegen kommen. Alles, was sich auf dieser Fläche zwischen uns und dem fixirten Punkte befindet, bildet sich auf der oberen Hälfte, was jenseits des fixirten Punktes liegt, auf der unteren Hälfte der Netzhaut ab. Wir sind daher gewöhnt, den Gegenstand für näher zu halten, der sich oberhalb der Macula lutea abbildet. Bei einer Lähmung des Musculus obliquus superior bleibt aber die Hornhaut des betroffenen Auges etwas nach oben 15 114 (und innen) zurück, wenn die Sehaxen eine Richtung unter der horizontalen annehmen. Es wird folg- lich ein oberhalb der Macula lutea gelegener Punkt von demselben Bilde getroffen werden, welches sich im anderen Auge auf der Macula lutea selbst befinde. Der Kranke wird daher doppelt sehen, und zwar wird ihm das Objekt mit dem gelähmten Auge tiefer und — aus dem angegebenen Grunde — näher zu stehen scheinen. Wenn diese Erklärung richtig ist, so muß man dieses Verhältniß an jedem Menschen durch Prismen, die man vor ein Auge legt, hervorrufen können. Dies ist in der That der Fall. Legt man ein Prisma von 10— 15° vor das eine Auge mit der Basis nach oben, so steht das Bild, welches dieses Auge zeigt, nicht nur tiefer, sondern auch etwas näher am Beobachter. Es ist jedoch, um diese Erscheinung recht auffallend zu machen, nothwendig, daß sich eine horizontale Fläche vorfinde, also z. B. ein Tisch, auf welchen das tiefere Bild projizirt werden kann. Umgekehrt erscheint das Bild ferner, wenn man das Prisma mit der Basis nach unten anlegt; — den eigentlichen Beweis, daß dieses Näher- und Fernerstehen des Bildes lediglich von dem Auftreten desselben auf der oberen oder unteren Netzhauthälfte abhängt, liefert aber ein anderer Umstand. Wir halten von 2 ähnlichen Objekten, welche gleich große Bilder auf der Netzhaut entwerfen, bekanntlich dasjenige für das größere, welches wir aus irgend einem anderen Grunde — der uns bewußt oder unbewußt hier in die Kette der Schlußfolgerungen eingereiht wird — für ferner liegend erachten, und umgekehrt, wenn ein weiter abstehendes Objekt ein ebenso großes Netzhautbild entwirft, als ein näher stehendes, so werden wir letzteres für kleiner, ersteres für größer halten. Bei unserem Versuche mit den Prismen erscheint nun in der That dasjenige der beiden Doppelbilder kleiner, welches auf dem höheren Theile der Netzhaut relativ zu den anderen abgebildet wird. Die wahre Größe des Netzhautbildes muß aber ganz dieselbe bleiben, gleichviel ob die Basis des Prismas nach oben oder nach unten angelegt wird. Ebenso bleiben alle anderen Bedingungen ungeändert, welche auf das Fernererscheinen des Objekts Einfluß haben könnten. Hieraus folgt nun weiter, daß wir denselben Gegenstand mit dem oberen Theil der Netzhaut etwas kleiner, mit dem unteren eiwas größer sehen. Dies läßt sich auch noch auf andere Weise darthun., Herr Privatdozent Dr. Cohn zeigt und demonstrirt ein Aneurysma. Dritte Sitzung am 4. März: Herr Privatdozent Dr. Aubert demonstrirt die Dubois-Reymond’schen Apparate nebst einigen Versuchen im physiologischen Institute. Vierte Sitzung am 8. April: Vortrag des Herrn Dr. Harpeck über Ichthyosis: Beschreibung eines Falles von Ichthyosis cornea congenita. *) Alle diejenigen pathologischen Neubildungen der Haut, welche sich durch eine bedeutende Wucherung der Epidermis auszeichnen, werden unter dem Namen Ichthyosis zusammengefaßt. Je nach dem Grade der Wucherung und dem dadurch bedingten äußeren Habitus der Haut unterscheidet man von einer einfachen Verdickung der Epidermis an mehrere Arten bis zu der /chthyosis cornea, bei welcher die Cutis mit hornartigen Höckern und Platten bedeckt ist. Der hier behandelte Fall betrifft ein mit dieser Anomalie geborenes Kalb, dessen ausgestopfter Balg sich in den Sammlungen des hiesigen physiologischen Institutes befindet. Das Thier ist männ- lichen Geschlechtes, seine Länge beträgt 28 Zoll, seine Höhe 18 Zoll; es ist von einer gesunden Kuh als drittes Kalb geboren; von den beiden älteren zeigte das erste dieselbe Anomalie. Das Aussehen der Haut gleicht vermöge der bald kegelförmigen, bald leisten- und plattenartigen *) Die genanere Beschreibung findet sich in Reichert’s und Dubois-Reymond’s Archiv 1860. 115 Erhabenheiten, die durch Furchen von einander getrennt auf der ganzen Oberfläche sich erheben, der Rinde eines Baumes. Neben diesen Erhabenheiten steigen in den Furchen feine Haare auf, während die Haut sonst unbehaart zu sein scheint. Die Masse der Platten und Höcker ist hart und fest; auf Querschnitten erkennt man sie als eine in dünnen Schichten durchscheinende hornartige Masse, in der zahlreiche weiße undurchsichtige Punkte eingebettet liegen; diese letzteren erkennt man mit dem Mikroskop als die Querschnitte von vollkommen normal gebildeten Haaren, um welche die hornartige Masse in cylindrischen Röhren herumgelagert ist. Es wird dieses dadurch kenntlich, daß an Querschnitten in der Hornsubstanz um jedes Haar eine konzentrische, an Längsschnitten eine Längsstreifung auftritt. In der Hornmasse selbst erkennt man durch Aufquellen mit Kali die Zellen der Epidermis. Es bestehen also diese Erhöhungen aus Hornsubstanz, welche in Form von Hohlcylindern um die normal gebildeten Haare gelagert ist. Diese Horncylinder setzen sich durch die Schicht des Rete Malpighii hindurch in den Haarsack fort und man erkennt, daß die Streifung der Hornsubstanz zuleizi in die äußere Wurzelscheide übergeht. Es hat also die Hornsubstanz der Höcker und Platten ihre Matrix zum größten Theil in den Haarsäcken, und es stellt sich die ganze Hornbildung als eine Wucherung und Verhornung des Epithels des Haarsackes, also der äußeren Wurzelscheide dar. Was die eigentliche Cutis anlangt, so erhebt sich dieselbe mit der Grenzfläche nicht in Papillen, sondern diese wird fast ganz von dicht nebeneinander liegenden Haarbälgen eingenommen. An letzteren und den Haaren erkennt man alle Bestandtheile, wie das Haar mit seiner inneren Wurzelscheide, den Haarsack mit der äußeren Wurzelscheide; hin und wieder erkennt man selbst kleine, in die Haarsäcke einmündende Talgdrüsen. Vergleicht man hiermit die normale Haut eines neugeborenen Kalbes, so sieht man auch hier die Papillen des Coriums fehlen und die Haarsäcke eng aneinander liegen, ähnlich wie die Lieberkühn’schen Drüsen des Darmes; da nun die äußere Wurzelscheide als Fortsetzung der Epidermis in der Schicht des Rete Malpighii zu betrachten ist und der bei weitem größte Theil desselben hier auf die Auskleidung der Haarsäcke kommt, so muß natürlich bei einer Wucherung der Epidermis diese die Form von Hohlcylindern annehmen, entsprechend ihrer Matrix, welche hier die Haarsäcke darstellen. Vortrag des Herrn Privatdozenten Dr. Cohn über Blutgerinnung. *) Fünfte Sitzung am 3. Juni: Vortrag des Herrn Privatdozenten Dr. Neumann über Nahrungsverweigerung bei den Irren.**) Der Sekretair demonstrirt mehrere pathologisch-anatomische Präparate. Sechste Sitzung am 8. Juli: Vortrag des Herrn Privatdozenten Dr. Förster über die Wirkungen des Atropins auf das Sehorgan. Vortrag des Herrn Privatdozenten Dr. Cohn: Ueber Bronchialdrüsen-Erkrankungen. In 24 Fällen habe er die hier einschlagenden Läsionen anatomisch studiren können. Merk- würdig blieb im Besonderen ein Fall, bei dem ein Absceß jener Gebilde nach dem Perikardium perforirt und eine schnell tödtliche akute Perikarditis erzeugt hatte. Die Diagnose der auf diese Drüsen-Erkrankungen bezüglichen Leiden ist eine äußerst schwierige, nur unter äußerst günstigen Verhältnissen mögliche. Dämpfung -unter einem Manubr. sterni, Gefühl der Opression an dieser *) Siehe über diesen, so wie über den Vortrag des Herrn Dr. Cohn im September das inzwischen erschie- nene Werk des Herrn Vortragenden: „Klinik der embolischen Krankheiten, Berlin 1860,“ pag. 42—78, wo das Kritische, Theoretische und Experimentelle dieses Themas als besonderes Kapitel ausführlich erörtert ist. #%) Siehe das Nähere hierüber pag. 131 dieses Jahresberichtes. 15* 116 Stelle, Raucedo oder Asthma laryngeum, die Möglichkeit ein Aneurysma des Bogens ausschließen zu können, so wie endlich namentlich das Auftreten schwarzer Sputa, deren mikroskopische Unter- suchung das Pigment innerhalb von Drüsen-Zellen eingeschlossen finden läßt, dies sind die Bedin- gungen einer ralionellen Diagnose jener Leiden. In Bezug auf dieses zeigte der Vortragende ein Präparat, an dem ein Absceß der Drüsen an der Spitze des Perikardium perforirt war. Gleichzeitig wurden mehrere Präparate demonstrirt, an denen man Fistelgänge und Schleimhaut-Ulcerationen der Trachea und des Oesophagus durch ver- eiterte untergelegene Bronchialdrüsen deutlich erkennen konnte. An diese Mittheilungen reiht der Vorlragende eine andere über Knochenbildung aus den Thromben vieler variköser Venen, die sich bei einer an einer Fraktur des Unterschenkels früher behandelten Frau*fanden, und in der That die Elemente normaler Knochensubstanz enthielten. Die sehr anschau- lichen Präparate dienen gleichzeitig behufs einer detaillirten Charakteristik dieser Formationen gegen- über den Phlebolithen, die trotz gleicher Härte keine wahre Knochensubstanz enthalten. Endlich wurde 3) eines Kranken gedacht, der unter den Erscheinungen der rechtsseitigen Hemiplegie plötzlich sprach- und bewußtlos geworden war, ohne daß Erbrechen, Konvulsionen, Nackensteitigkeit, sterloröse Respiration, Pulsretardation sich bemerklich gemacht hätten. Der Kranke hatte im Uebrigen alle Zeichen einer Stenose des ostium aorticum. Die Diagnose auf Apoplexia embolica wurde hier durch folgende Momente gestellt und begründet: a) die Anwesenheit eines organischen Herzklappenleidens des linken Ventrikels; b) Mangel aller auf ein Gehirnleiden sich beziehenden Erscheinungen vor dem Anfall; ce) Lähmung der rechten Körperhälftie; d) Anämie des Gesichts, Mangel jeder Turgeszenz; e) Mangel aller venösen Druckerscheinungen auf Hirnnerven, keine Nackensteifigkeit, keine stertoröse Respiration, keine Pulsverlangsamung; f) das jugendliche Alter; endlich g) durch den Ver- lauf der Erscheinungen, das unverrückte Stehenbleiben der Lähmung ın dem Umfang, als sie von Anfang an bestanden. Schmerz in der Milzgegend fehlte, auch blutiger Urin wurde nie beobachtet. Sektion: Hirnge- fäße sehr anämisch, die art. fossae Sylvii theilte sich in 3 Theile, der hinterste Zweig war durch ein Gerinnsel verstopft und die entsprechende Hirnparlie einfach weiß erweicht. Derselbe Ast theilte sich weiterhin in zwei Aeste, deren einer abermals obliterirt war. Diese letzte Thrombose hatte das älteste Datum; als darauf bezügliche Erscheinung ergiebt die Anamnese einmalige frühere plötzliche, aber vorübergehende Sprachlosigkeit. Der linke Seitenventrikel enthielt Serum (ex vacuo?) in reich- licher Quantität. — Am Aorlenostium bedeutende Stenose, zum Theil durch recente. Auflagerungen. In der Milz und Niere Infarkte mit entsprechenden arteriellen Embolieen. In der linken Nierenvene hatte sich vom Infarkt aus eine Thrombose entwickelt, die bis in die Cava reichte und von der aus zahlreiche Partikelchen nach der Lungenarterie gelangt waren. Hierauf bezügliche Erscheinungen fehlten; Schüttelfröste wurden nie beobachtet. Siebente Sitzung am 2. September. Vortrag des Herrn Privatdozenten Dr. Cohn über Blutgerinnung (siehe die vierte Sitzung). Derselbe demonstrirt und erläutert: a) Ein Carcinoma cerebri. Der Kranke, ein 36jähriger Schuhmacher, erkrankte im November 1858 mit Kopfschmerz, Erbrechen und den Erscheinungen allgemeiner Gliederschwäche. Er wurde unter der Diagnose eines sogenannten gastrischen Fiebers behandelt und später wieder arbeitsfähig; nur zeitweise störte ihn Kopfschmerz und eine Verminderung seines Gesichtssinnes, die allmälig eine dauernde wurde. Nach Wochen trat eine Steigerung seiner Kopfschmerzen, Appetitlosigkeit, geistige Apathie ein; die Nackenmuskeln rechts wurden steif, die rechte Pupille dauernd verengt; ‚der linke Fuß zitterte und zuckte zuweilen konvulsivisch, zuweilen empfand er links tie dowourewe; Gehörs- 117 störungen, Otorrhoea waren nicht vorhanden; Tod durch allgemeinen Collapsus. Im hinteren rechten Lappen war ein dreifach getheiltes Carcinom medullarer Natur, das, von Apfelgröße, tief in die Hirn- substanz hineingewuchert war. In den Lungen fand sich ein gleicher Knoten; im Blute der zufüh- renden Lungenarterie deutlich die morphologischen Elemente des Karzinoms. b) Ein Patient war unter den Erscheinungen ausgebildeter Tuberkulose und Cavernenbildung aufgenommen worden- und bald gestorben. Am linken Unterschenkel fand sich ein tief fressendes Ulcus, von dem aus sich eine zum Theil faulige, diphtheritische Thrombose bis in die cava infer. forterstreckte. Von hier hatten sich zahlreiche Pfröpfe bis in die Lungenarterie hineinbewegt und an einzelnen Aesten nicht nur eine Arteriitis, sondern selbst eine größere Cavernenbildung durch Zerstörungen der Gefäßwandung erzeugt. Diese Ursache der Kavernenbildung sei bis jetzt noch nicht gekannt, von Niemand wenigstens bisher geschildert worden. Experimente an Thieren mit stark irritirenden Pfröpfen, wie z. B. solchen, die mit tart. stib. imprägnirt sind, geben mancherlei Analoga hierzu. Achte Sitzung am 7. Oktober. Vortrag des Herrn Professor Dr. Heidenhain über chemische Muskelreaktionen. Neunte Sitzung am 2. Dezember. Bericht des Herrn Sanitätsrath Dr. Grätzer: Ueber die öffentliche Armen-Krankenpflege Breslau’s im Jahre 1858 nebst Beiträgen zur Bevölkerungs-, Armen-, Krankheits- und Sterblichkeits-Statistik der Stadt während der letzten drei Jahre. Die in meinem vorjährigen Berichte ausgesprochene Vermuthung, die Resultate in Bezug auf Krankheits- und Mortalitäts- Verhältnisse Breslau’s würden für 1858 ebenso günstige sein, wie sie es für das Jahr 1857 waren, hat sich erfreulicher Weise vollkommen bestätigt. Breslau hatte, wenn wir die historisch gewordene Verhältnißzahl als Maßstab anlegen, nur wenige Kranke und wenige Todte in dieser Zeit zu beklagen. Dies war das Resultat derselben Ursachen, wie im Vorjahre: billige Lebensmittel-Preise und Abwesenheit von Epidemieen. Aber noch in anderer Richtung hat mein Bericht eine erfreuliche Thatsache zu verzeichnen: die Stadt ist um ein eigenes Krankenhaus reicher geworden und um eine großartige Stiftung für das Allerheiligen-Hospital. Bevor ich des Näheren hierauf eingehe, gestatten Sie mir, der gewohnten Ordnung folgend, zunächst die diesjährigen Ergebnisse der öffentlichen Krankenpflege aufzuzählen und hierbei mit den Krankenhäusern zu be- ginnen. 4. Das Hospital Allerheiligen. Dieses verpflegte im Jahre 1858: äußere Kranke........... 1178 innere Kranke........... 3513 im Ganzen 8691 also 1150 Kranke weniger als im vorigen Jahre. Erwägt man, daß die Verminderung der Krankenzahl im Vorjahre schon 2702 gegen 1856 betragen hat, so stellt sich der Rückschlag auf mehr als die Hälfte (auf 3852) seit zwei Jahren. Daß dieses Verhältniß nicht immer dasselbe bleiben wird, liegt auf der Hand, doch deutet die Er- scheinung augenscheinlich darauf hin, daß dieses Jahr eines der gesündesten für Breslau war. Die Mortalität innerhalb des Hospitals stellte sich ein wenig ungünstiger, indem dieselbe bei 472 (einschließlich der 21 todi eingebrachten) Gestorbenen 1: 738Z betrug, was wohl als eine 118 Folge der geringeren Krankenzahl, welche erfahrungsmäßig weniger leichte Fälle für die Aufnahme liefert, angesehen werden darf. Um eine genauere Einsicht in den Verwaltungs-Organismus der Anstalt zu gewähren, lasse ich diesmal hier eine Uebersicht des Oekonomie-Berichtes folgen, woraus das Gebahren der Anstalt er- sichtlich wird. Oekonomie-Bericht vom Kranken-Hospital zu Allerheiligen für das Jahr 1858. Am 1. Januar 1858 befanden sich aus dem Vorjahr Kranke im Bestande............ 315 Im Laufe des Jahres 1858 wurden neu aufgenommen. .............22ereeneenrnernenn 3378 Summa der Verpflegten..... 3691 Es gingen ab in demselben Zeitraume ..........-.--..onossruesnnenesonensnnne 3402 und es blieben ult. Dezember 1858 im Bestande....... 289 Den Verpflegten wurden auf ärztliche Verordnung verabreicht: Hierzu schmale Portionen.|| mittlere Portionen. || volle Portionen. Summa |ltreten die| Summa der verab- aller ohne |mit Kalb-!|mit Kalb-|mit Rind-!mit Rind-| ohne |Kranken-| reichten | Bespei- Por- || Gesinde-|| sungs-Por- tionen. Por- tionen. tionen. Fleisch. | fleisch. fleisch. fleisch. fleisch. | Fleisch. Summa | 13,768 | 16,343 | 31,159 | 29,183 | 9,848 | 4,036 104,337! 27,190 | 131,527 Hiernach wurden durchschnittlich pro Tag verabreicht: schmale Portionen ohne Fleisch ......... 37253 ” 99 mit Kalbfleisch ste llelte Hana alte, 44383 mittlere Portionen mit Kalbfleisch ........ 85134 „ ) „, Rindfleisch ........ 79248 volle Portionen mit Rindfleisch .......... 26328 „ „ ohne Fleisch............ 112% zusammen Kranken-Portionen 285312 hierzu Gesinde-Portionen... 74482 im Ganzen täglich Portionen 360437 Mithin wurden im Durchschnitt täglich 285343 Kranke verpflegt und es ergiebt sich für jeden der 3691 Kranken eine durchschnittliche Verpflegungszeit von 2828° Tagen. Für Beköstigung der Kranken und des Gesindes wurden nach der beigefügten Zusammenstellung im Ganzen 12,815 Thlr. 25 Sgr. 8 Pf. verausgabt; es können jedoch nach Abrechnung des Werthes der ult. Dezember 1858 verbliebenen Naturalien-Bestände etc. nur die im Laufe des Jahres wirklich verwendeten Naturalien in Höhe von 11,943 Thlr. 5 Sgr. in Berechnung kommen, und darnach stellt sich der durchschnitt- liche Kostenbeitrag einer Kranken- und Gesinde-Portion auf 2 Sgr. 8,69 Pf. Werden die oben spezifizirien gesammten Verwaltungs- Ausgaben per 40,331 Thlr. 1 Pf. auf die verpflegten 3691 Kranken reparlirt, so ergiebt sich, daß ein Kranker überhaupt 10 Thlr. 27 Sgr. 93 Pf. oder für jeden Tag seiner Verpflegung 11 Sgr. 74 Pf. Kosten verursacht hat. Diese Kosten berechneten sich pro 1857 pro Kopf und Tag nur auf 8 Sgr. 8 Pf. Der Grund dieser Differenz ist in dem Umstande zu suchen, daß die niedrigere Krankenzahl im Jahre 1858 auf einen großen Theil der allgemeinen Verwaltungs-Ausgaben einen ermäßigenden Einfluß nicht geäußert hat und nach der Natur der Sache wohl auch nicht äußern konnte. 119 Unter den Verpflegten des Jahres 1858 befanden sich: 9 . 1 lno engenossen, | zusammen 1095 Personen, welche unentgeltliche Pflege b) 11 Armenhausgenossen, erhielten: ) c) 878 andere notorisch arme Personen, d) 560 Handwerksgesellen, für welche meist 5 Sgr. Kosten pro Tag und Kopf gezahlt wurden; e) 9368 Dienstboten, f) 74 Lehrlinge, g) 1594 Personen, für welche die Kur- und Verpflegungskosten liquidirt resp. bezahlt worden sind. i. e. 3691 Kranke. Die unter g) liquidirten Kur- und Verpflegungskosten betragen 8273 Thlr. 14 Sgr.; hierauf sind eingegangen 5983 Thir. 12 Sgr. 5 Pf. und im Rest verbleiben 2290 Thlr. 1 Sgr. 5 Pf. Auf die gleichnamigen Reste aus früheren Jahren gelangten zur Erhebung 2569 Thlr. 29 Sgr. 6 Pf., welche die Kämmerei-Haupt-Kasse als Rückerstattung auf die gezahlten Verwaltungszuschüsse erhielt. Von den während des Jahres 1858 im Hospital gestorbenen 472, einschließlich der 21 todt eingebrachten, Personen wurden 261 auf Kosten der Anstalt beerdigt, wodurch ein Aufwand von 459 Thlr. 15 Sgr. veranlaßt worden ist. Verwaltungs-Ausgaben bei dem Kranken-Hospitale zu Allerheiligen im Jahre 1858. für welche abonnirt worden war; Betrag. 0,73 Bezeichnung der Ausgaben. | R - M_ 4 I. | An Besoldungen, einschließlich des nach dem Kämmerei-Etat aus der Verwaltung für Besoldungen gezahlten Beitrages per 5434 Thlr. DA,Sor. 2,pl. rt, SEE uenllen 6522 | 10 | 8 II. | An Gesinde- und anderen Löhnen REN in wne silNe 4495 | 7110 III. | An Pensionen (aus der Verwaltung für Besoldungen, Pensionen etc.) 2275| — | — IV. | An allerlei fixirten Emolumenten . . 2. 2.2.2 2 2 nn 8 1501| — | — V. [Auf Amtsbedürfisse . . 2.2... Ahr ehaneih: 290 | 2| 8 VI. | Zur Beköstigung der Kranken und des eindes ea, 12815: |. 25.1.8 VII [Für Medikamente . . BR EN REN SEN 4743| 2| 11 VIN. | Für Erfrischungen (Milch, Wein eich) al. Maine Poudasl rer. 1085 | 24 | 4 IX. | An Kosten für Beerdigungen . . . an iso Sebeilse - 439 |15 | — X. | Zur Unterhaltung der Bett- und Leibwäsche A N RE 1439| 7| 6 XI. | Zur Unterhaltung der Utensilien und Haushaltungs-Geräthe . . . 1623 | 2| 9 De AUfOBeheizung, Me m sn oral cc 3567 | 17 | — XIII. | Auf Beleuchtung . . . EI mailen shi biilehnen er) salırle 1013 | 21| 8 XIV. | Zur Bereinigung der Wäsche ERREGER. 2 2838| 71 — XV. | Zur Bereinigung der Hospitalgebäude . . » 2 2 2 2 20. 121 !12| — XVI. | An Bau- und Reparatur-Kosten . . » 2 2 2 2 2 00 na 1077 | 6 10 XVII. [An Feuer-Sozietäts-Beiträgen . . . 2 2 2 22 nn 0. 165 | 17 | 11 XVIH. [Auf Bedürfnisse des Hospital-Beetsaales . © . 2. 2 2 20. 20|15| 7 XIX. [Auf Gerichtskosten . . 6. Bess Se 23127 |.9 XX. | Zuschuß zum Hospitel-Wöärter- Penstons-Fonds al mov Alert N > on 75 BONS Insgemein? Sea a el ns ae ge 2ı — Summa T 40331 je | 1 120 Diese Ausgaben werden gedeckt: aus den Einnahmen vom Grundeigenthum und durch Ueberschüsse der Hospital-Apotheke mit . . . Ale . 8375 Thlr. 27 Sgr. 6 Pf. aus den Zinsen vom Kapital-Vermögen, aus Reben ie! wiederkähf lichen Zinsen mit . . . . ; . 10415 „ 19 „ 10, aus dem gezahlten Aequivalent für Aufnahme der kl. Universitat Kliniken (excl. 425 Thlr. 18 Sgr. Hypothekenzinsen) . . 1974 „2 ,— , aus den Abonnements- Beiträgen für freie Kur und Verpflegung von Dienstboten und Lehrlingen, aus eingegangenen Kur- und Verpflegungskosten und aus dem Erlös für verkaufte Nach- laß-Effekten verstorbener armer Kranker mit . . . 2.7607 „ 20 „ 6, aus diversen anderen Verwaltungs-Einnahmen mit . . . . 1005 f durch Zuschuß aus der Kämmerei-Haupt-Kasse , einschließlich, der aus dieser direkt gezahlten Besoldungen mit . . . . . 10595 „ 26 „ 3, Summa wie oben 40331 Thlr. — Sgr. 1 Pf. 2%. Das Barmherzigen Brüder-Hospital verpflegte 1840 also 84 Kranke weniger als voriges Jahr. Es starben 94, mithin Mortalität 1: 1932. Außer den stabilen Kranken wurde 4095 Personen freie ärztliche Behandlung und größtentheils auch die Arzenei unengeltlich aus der Konvents- Apotheke gewährt. Zu chirurgischen Verbänden kamen 3461 Personen zur enge und Zahn-Operationen wurden 9267 ausgeführt. In der Anstalt weilte jeder Kranke 27-262, Tage und auf jeden Tag kamen 61-%, Kranke. 1 cz 6 s 3. Das Blisabeihinerinnen-Hospital nahm im Jahre 1858 zur Verpflegung auf 1297 Kranke, also auch 104 weniger als im Vorjahre. Es starben von diesen 84, Mortalität 1: 1532. Im Durchschnitt waren täglich 101 Kranke in der Anstalt und die Kranke weilte darin 29 Tage. Außerdem wurden ab- und zugehend 709 Kranke behandelt, welche ärztlichen. Rath und Arzenei unentgeltlich erhielten. 4. Die Filiale der Elisabethinerinnen verpflegte 133 Kranke, von denen 9 starben. Mortalität 1: 142. Auch hier wurden 253 ambulante Kranke wegen äußerer Schäden oder leichter innerer Krankheiten mit dem nöthigen Rath und Me- dikamenten versorgt. 5. Das Diakonissen-Krankenhaus Bethanien. nahm 498 Kranke, darunter 69 männliche auf. Von dieser Zahl sind gestorben 32. Mortalität 1:155,. 6. Das Augusten-Hospital für Kinder (jetzt Schwerlgasse Nr. 2 gelegen) verpflegte 118 kranke Kinder beiderlei Geschlechts, von denen 18 starben. Mortalität 1: 612. 7. Das israelitische Fränkel’sche Hospital hatte aufgenommen 127 Kranke, von denen 11 gestorben. Mortalität 1: 11%. 8. Das königliche Hebammen-Institut nahm auf 100 Schwangere, welche 101 Kinder geboren haben. Von diesen kamen 5 todt zur Welt; von den 96 übrigen starben in der Anstalt 2. Von den Wöchnerinnen starb keine. Mortalität 1: 283. 121 9, Die Gefangenen-Kranken-Anstalten. a. Die städtische (für Polizei- und Arbeitshaus-Gefangene) verpflegte 564 Kranke. Gestorben sind hiervon 20. Mortalität 1: 28,%. b. Die königliche (Lazareth im Stadtgerichts- Gebände) verpflegie 826 Kranke; von diesen starben 17, mithin Mortalität 1: 4819. c. Die Filiale der letzteren (für Zuchthaus-Gefangene im ehemaligen Inquisitoriats - Gebäude) verpflegte 516 Kranke, von denen 35 starben. Mortalität 1: 1738. 10. Die geburtshilfliche Klinik behandelte 30 unschwangere Kranke, von denen keine starb; 343 Schwangere, Kreißende und Wöch- nerinnen, von diesen starben 10; 352 Kinder, von denen 47 todtgeboren und später gestorben. Zusammen 57 Todte. Mortalität 1:19. 11. Die Heil-Anstalt für Augenkranke verpflegte 212 Augenkranke in der Anstalt, 134 Männer, 60 Frauen und 18 Kinder, welche 4542 Verpflegungstage in Anspruch nahmen.” Die Leistungen der Hausarmen-Krankenpflege waren während dieses Jahres ebenfalls minder umfangreich als 1857. Es wurden in derselben behandelt 1. In der städtischen Hausarmen-Krankenpflege und zwar durch 14 Bezirks- Armenärzie 5944 Kranke, also wiederum 1624 weniger als 1857 und 5941 weniger als vor 2 Jahren. Von diesen sind: Genesenn HEN m en en en 9 12042 Gestorben an a U 20 Ungeheilt entlassen . . . . „......%...208 In Krankenhäuser gebracht . . . . ... 9384 Aus der Kur weggeblieben . . . . ...17 Noch in Behandlung . . . 2 .2.2.2...594 i. e. 5944 Die Mortalität in dieser Krankenpflege war eine geringere, und zwar stellte sie sich wie 1: 10334. Der einzelne Kranke kostete bei einem Totalaufwande von 4926 Thlr. 6 Sgr. 9 Pf. und zwar speziell: Eur Medikamenten... 2 nn 10083057 Thir., 28 Ser: 3, Pf. HonoransderAerzier meet. 2 20, N, N. Honorar der Wundärzie TEE RO RL OZDN,, NT, Badereise-Unterstüzungen . . . ....2..2.116 „ 17.2.6, Brunnen und Molken hier... .....%..2... 14... IS DENT N Bäder sans IB A dr ass Brillen (u. mp. au: BREI es DD DD Bandagen und Bruchbänder . . .... SLR", 7: BE R—N,, Entbindüngskostenh ans anne) 2 anna BYE ERROR KUN 5 i. e. 4926 Thlr. 6 Sgr.. 9 Pf. 122 , durchschnittlich 24 Sgr. 10-°, Pf., also nicht mehr als im vorigen Jahre; da aber auf Medikamente für den einzelnen Kranken ob 15 Sgr. 525 Pf. aufgewendet wurden (sonst 20 Sgr.), so sind die Kosten vorzugsweise durch die übrige Voraaltuns entstanden, welche, da sie sich trotz der geringen Krankenzahl nicht wesentlich geändert hat und auch nicht ändern kann, analog dem Allerheiligen- Hospital in der Durchschnittsrechnung den einzelnen Kranken vertheuert. Die verringerte Kranken- zahl aber hier wie beim Allerheiligen-Hospital ist ein Zeichen besserer Gesundheitsverhältnisse resp. geringerer Armuth. 2. Die Tharould-Blacha’sche Fundation verpflegte 2000 Kranke, von denen 91 starben, so daß sich die Mortalität 1:2182 stellt. 3. Das Hausarmen-Medizinal-Institut behandelte 405 Kranke, von denen 17 starben. Mortalität 1: 2314. 4. Die israelitische Hausarmen-Krankenpflege verpflegte 882 Kranke; hiervon sind gestorben 53, mithin die Mortalität 1: 1635 5. Das ©. D. Kuh’sche Hausarmen-Kranken-Institut behandelte 267 Kranke, von denen 11 starben. Mortalität 1: 24%. 6. Die medizinische Poliklinik behandelte 910 Kranke, von denen 24 gestorben sind. Mortalität 1: 3733 7. Die chirurgische Poliklinik nahm 1164 Kranke auf, unter denen 279 Augenkranke, 94 Hautikranke und 27 mit Frakturen sich befanden. 8 Die geburtshilfliche Poliklinik behandelte 4253 Individuen: 42 unschwangere Kranke, von diesen starb 15 kranke Schwangere . : 233 Gebärende, von denen als Nenenthundene starben 32 kranke Wöchnerinnen, von diesen starben 101 kranke Kinder, von diesen starben . 423 Mortalität 1: 1132. | Al SIanum|l 9, Die ambulatorische Kinder-Heilanstalt nahm 509 kranke Kinder auf, von denen 58 starben; mithin beträgt die Mortalität 1: 842 10. Der schlesische Verein zur Heilung armer Augenkranker verpflegte 1517 Individuen, und zwar 544 männliche, 499 weibliche und 474 Kinder. 11. Die Privat-Vereine verpflegten 2000 Kranke. Die bedeutendsten sind: a. Der Sterbe- und Krankheits-Kassen-Verein „zur Eintracht“ mit 1664 Mitgliedern. Von diesen ließen sich durch den Vereinsarzt, Sanitätsrath Dr. Springer, be- handeln 320. Es starben von diesen 20. Mortalität 1: 16. b. Der Gesundheits-Pflege-Verein, dem 1218 Mitglieder mit 4921 Personen angehören. Es erkrankten 4237, von denen 83 starben. Mortalität 1:51.%. 123 Gesammt-Uebersicht über die Wirksamkeit der 23 Institute im Jahre 1858. Kranke. Gestorbene. 1. Die städtischen Institute. — — Das. Allerheiligen-Hospital 1%. =... ....2. asaackı. 3691 4723 Die Kommunal-Hausarmen-Krankenpflege mit 14 Bezirks- N ELZIENMER N I NDR A a aknäheen 5944 541 2. Die nichtstädtischen Institute. en 1019 Das Barmherzigen Brüder-Hospital.................... 1568 94 Das Elisabethinerinnen-Hospital ........2.....2222202. 1297 84 Die Filiale des Elisabethiner-Hospitals............-..... 133 9 Das Aususten Hospital... Ge. ir ante seinen 118 18 Das Fränkel’sche Israeliten-Hospital................... 127 11 Das Diakonissen-Krankenhaus Bethanien ............... 498 32 Das, Hehammen-Institut, 4 4... 1.2 .uedlacemeneneae nee 201 7 Die städtische Gefangenen-Kranken-Anstalt ............. 564 20 Das königliche Gefangenen-Lazareth mit der Filiale...... 1342 52 Dies geburishilllicher Klinik.;... ...... ..: ensaae aa.d.seie. 765 57 Die Heilanstalt für Augenkranke...:..........2.202.0.. 212 —_ Die Tharould-Blacha’sche Fundation..................: 2000 21 Das Hausarmen-Medizinal-Institut..................... 405 17 Die israelitische Hausarmen-Krankenpflege.............. 882 55 Das C. D. Kuh’sche Hausarmen-Kranken-Institut......... 267 11 Die medizinische -Bohklinik ;...... 2.2... 2.4 2 22- 910 24 Dieschmurgische Boliklinik,... u... alt eespersnse nee 1164 — Dies geburtshilfliche ‚Poliklinik... ....2....:: 2... 2.3.2: 509 58 Der schlesische Verein für Augenkranke ............... 1517 — Diegbrivai_ Vereine... ce. 00 lt else rss 2000 _ 16779 568 Mitzden obigen." 2. re 9635 10135 26414 1571 Diese Zahlen bestätigen die Behauptungen, mit denen ich meinen Bericht einzuleiten die Ehre hatte. Das Jahr war, vom Gesichtspunkt der Sanität betrachtet, ein noch besseres als das voran- gegangene und die Krankenzahl der öffentlichon Armen-Krankenpflege eine gegen die Zahl dieses Jahres wiederum noch um 4028 geringere. Die Verringerung ergab sich nicht blos in der städti- schen Armenkrankenpflege im Allerheiligen-Hospital und der Hausarmen-Praxis, sondern auch in der nicht von der Kommune besorgten, die sonst eine fast immer gleiche Zahl darbietet. Sie ist um so bedeutender, als gleichzeitig Breslau an Einwohnern so sehr zugenommen hat. Die Bevölkerungs-Statistik der Kommune bietet nämlich diesmal auch im Uebrigen so günstige Resultate wie selten; die Zahl der Geburten im Laufe des Jahres betrug 5182, die der Todesfälle 4675. Dies giebt einen Ueberschuß von 507 Geburten. Wenn schon ein Mehr von Geburten als Sterbefälle in unserer Stadt überhaupt zu den seltenen Erscheinungen gehört und nur alle drei bis vier Jahre einmal sich ereignet, — so z. B. betrug die Zahl der Mehrgeborenen im Jahre 1854 16* 124 nur 42, — so ist ein so vortheilhaftes Verhältniß wie in diesem Jahre seit 1544 nicht mehr hervor- getreten, wo das Plus der Geburten 456 betrug und wo es in den Grenzen von 120 und 130 so bis 1848 und 1849 blieb. Die in diesem letzten Jahre aufgetretene stärkste hiesige Cholera-Epidemie hatte jenes gesunde Jahr 1850 zur Folge, welches auch das für Breslau bisher nie so günstig erschienene Resultat von 925 Mehr-Geburten aufzuweisen hat. Schon 1851 war diese Zahl nur 396; stärker noch, nämlich auf 147, fiel sie 1852; im folgenden Jahre waren mehr Sterbefälle als Geburten, 1854 nur 42 Geburten mehr und in den drei folgenden Jahren immer weniger, bis diesmal endlich ohne vor- gängige Epidemie wieder ein so erfreuliches Verhältniß zu Tage trat, daß nur der Wunsch, dasselbe möge sich beständig zeigen, daran zu knüpfen ist. Auch was das Sterblichkeitsverhältniß in Breslau überhaupt betrifft, so hat sich dasselbe dieses Jahr an und für sich und im Vergleich mit den Ergebnissen des vorangegangenen und vollends mit denen des Jahres 1856 außerordentlich günstig gebildet. Bei einer fast um 3000 Einwohner gestiegenen Bevöl- kerungszahl hatten wir eine kleinere Zahl von Todten, nämlich nur 4675. Setzen wir diese in Ver- hältniß zu der durch Zählung festgesetzten Einwohnerzahl von 129,813, so ergiebt sich 1:273528, also fast 1:28. Das aber ist das annähernd günstigste Verhältniß, welches in Breslau überhaupt bisher vorgekommen ist. So war denn dies Jahr in Bezug auf den Gesundheits-Zustand ein so gutes, wie selten, eines. Der Mangel an Epidemieen, besonders unter den Kindern, wo die Todtenzahl immer eine relativ größere zu sein pflegt, als bei Erwachsenen, so wie andererseits niedrige Lebensmittel-Preise haben zu dieser Sanität vorzugsweise beigetragen. Die Mortalität in den beiden städtischen Instituten ist gegen das Vorjahr etwas ungünstiger ge- wesen, hingegen hat die Mortalität innerhalb der ganzen Armen-Krankenpflege im Verhältniß zur Gesammt-Mortalität 1571 : 4675 sich wie 1: 332895 gestellt, demnach noch viel vortheilhafter, als im vorigen Jahre, wo das Verhältniß 1:36 stand, und noch erheblich besser als seit 1846, wo das prozentuale Verhältniß selten unter 40 stand, oft sogar bis 48 Prozent stieg. Die Kranken-Anstalten lieferten 835, somit fast nur den 6. Theil der Gesammt-Mortalität, was gleichfalls um mehr als ein Drittel gegen viele frühere Jahre günstiger ist und für die Zunahme des Wohlstandes auch in den unteren Schichten unserer Bevölkerung spricht. Aber noch in anderer Beziehung haben wir diesmal, wie bereits Eingangs erwähnt, von gün- stigen Ergebnissen und Fortschritten der öffentlichen Armen-Krankenpflege, wie wir dies seit langer Zeit nicht mehr konnten, zu berichten. Zunächst haben wir in diesem Jahre unsere Stadt um ein Krankenhaus bereichert. Wer es weiß, was es bedeutet, für eine derartige Stiftung zunächst ein eigenes Grundstück zu besitzen, wird mir beipflichten, daß das Augusten-Hospital für kranke Kinder, obwohl schon früher in Wirksamkeit, doch erst in diesem Jahre recht eigentlich in’s Leben getreten ist. Dieses Krankenhaus befand sich zeither miethweise in dem Hause Matthiasstraße Nr. 75; seine innere Einrichtung konnte in Folge dessen niemals zu einem recht befriedigenden Abschlusse kom- men, ja nahebei war seine Fortexistenz in Frage gestellt. Jetzt endlich gelang es dem Direktorium und seinen eifrigen Bestrebungen, mit Hilfe des bekannten Wohlthätigkeitssinnes der Breslauer Ein- wohnerschaft, das Grundstück, Nikolai-Vorstadt: Schwertsiraße Nr. 2, zu erwerben. Hier war nämlich das Etablissement der erst seit Jahresfrist durch allgemeinen Beitrag gegründeten Speisebe- reitungs-Anstalt, welche wider Erwarten keinen Erfolg hatte, zum Verkauf gestellt worden. Zufällig ruhte ein Theil des kleinen Stamm-Kapitals des Augusten-Hospitals als Hypotheken-Forderung auf jenen Gebäuden. Diese, in einer gesunden passenden Gegend gelegen, zeigten sich bei einer genauen Prüfung Seitens des Hospital-Vorstandes als ganz geeignet, wofern ihre innere Einrichtung eine ver- ständige und dabei doch nicht allzu kostspielige Veränderung erfuhr. Der Hospital-Vorstand hoflte, wenn er die betreffenden Gebäude für den auf ihnen haftenden Schuldwerth von 6000 Thlr., in denen die 3000 Thlr. Hospital-Vermögen enthalten waren, ankaufen könne, einen Umbau aus dem Ver- kaufs-Ertrage der Dampfmaschine und des Kochkessels der Speise-Anstalt bestreiten zu können. 125 Freilich war somit das ganze Stammkapital des Hospitals in Grundbesitz verwandelt; eben so mußte andererseits eine solche Finanz- Operation voraussetzen, daß keine weiteren Ansprüche an das Ho- spital gemacht würden, d. h. insbesondere, daß die Kontribuenten der Speise-Anstalt auf die Rück- zahlung ihrer Beiträge, so wie des Quotums, welches eiwa durch einen höheren Verkaufswerth der Speise-Anstalt herausgekommen wäre, vorher freiwillig verzichteten. Dies von den einzelnen und zwar zunächst bei den etwa 180 Kontribuenten der höchsten und höheren Beiträge zu erwirken, übernahm der Hospital-Vorstand. Da er bei diesen Bemühungen nirgends Widerstand fand, so ge- lang die Erwerbung der Gebäude unter obigen Modalitäten und damit zugleich die Ausfüllung einer fühlbaren Lücke in den Wohlthätigkeits-Anstalten Breslau’s. Denn obwohl wir eine Menge segens- reich wirkender Waisen- und Erziehungs-Häuser und Kinderbewahr-Anstalten besitzen, war für arme kranke Kinder, deren es doch hier ganz besonders viele giebt, nur spärlich gesorgt. Unsere vielen Krankenhäuser sind nur für Erwachsene eingerichtet, und wenn auch vielerlei öffentliche und private Wohlthätigkeits-Anstalten der kranken Kinder armer Eltern sich annehmen, so bedürfen doch oft die Kinder dringend einer Aufnahmestätte, um wenigstens während der Krankheitsdauer dem Elend und totalen Mangel an gesunder Luft, Licht, Reinlichkeit, geeigneter Wohnung und Krankenpflege entrissen zu werden. Diese Möglichkeit ist nun endlich in dem neuen Augusten-Hospitale nach dessen vollen- detem Umbau gegeben. Dasselbe besteht aus 3 Gebäuden, welche ein längliches Viereck derartig besetzen, daß die vordere Seite, die Straßen-Front, offen bleibt und dem Hospitale auch seitlich genügend Luft und Licht zukommen läßt. Das Mittelgebäude, die hintere kürzere Seite des Vierecks ausfüllend, enthält zwei sehr hohe lichte und luftige freundliche Krankensäle, hochebenerdig gelegen, in welchen je 10 Betten, ausschließlich dem für die Wärterin, aufgestellt sind. Der die linke Seite des Viereckes einnehmende Flügel ist ein einstöckiges Gebäude, in dessen Souterrain die Koch- nnd Waschküche, so wie abgesonderte Vorraths-Räume untergebracht sind. Im oberen Erdgeschoß be- finden sich die Lokalitäten für die im Jahre 1855 vom Anstalts- Arzte Dr. Paul erst gegründete ambulatorische Kinderheil- Anstalt, welche in der kurzen Zeit ihres Bestehens den erfreulichsten Aufschwung genommen hat und jetzt etwa 600 Kindern jährlich freie Behandlung angedeihen läßt. Die dazu also benutzten ebenerdigen Räume bestehen aus einem Hausflur, einem Warte-Zimmer und einem sehr geräumigen Ordinations-Zimmer. Das obere Stockwerk enthält eine freundliche Wohnung, welche miethweise von einer Vorstands-Dame bezogen worden ist, die mit großer Aufopferung die Oekonomie und Beaufsichtigung der Anstalt übernommen hat. Ganz getrennt davon liegt in dem Vereinigungs- Winkel des Mittel- Gebäudes und des genannten Seitenflügels mit eigenem Treppen- Zugang ein Krankenzimmer mit 5 Betten für Kontagiöse, welches Luft und Licht von einem außer- halb des Hospital- Grundstückes liegenden großen Garten empfängt. Der rechte Seitenflügel nimmt zur Hälfte die rechte Grenzwand ein und bildete das Maschinenhaus der Speise-Anstalt. Aus diesem ist gegenwärtig eine Badestube und ganz abgewendet vom Mittelgebäude ein lichtes Sektions-Zimmer, so wie ein Raum für‘ Aborte etc. geschaffen worden. Der noch übrige Raum des Grundstückes also zwischen den 3 Gebäuden liegend wird rechts von einem Gärtchen, links von einem geräumigen Hofe, worin ein kleiner Spielplatz für Kinder und ein Brunnen mit gutem Wasser befindlich, einge- nommen. Der Stadttheil, in welchem das Hospital gelegen ist, zeichnet sich durch besonders gün- stige Luftverhältnisse aus. Gegenwärtig kann in demselben ein Maximum von 25 kranken Kindern aufgenommen werden, welches natürlich selten erreicht wird, da das Kontagien-Zimmer niemals ganz besetzt werden darf. Durchschnittlich ist deßhalb der tägliche Krankenstatus 15 — 20 oder jährlich 120—130. Mehr zu verpflegen erlaubt auch das Vermögen der Anstalt nicht. Sollten die Mittel zu einer Vergrößerung sich in der erwünschten Weise in Zukunft steigern, so ist durch Aufbau auf das Mittelgebäude leicht - Raum zu schaffen, um die Zahl der Krankenbette verdoppeln zu können. Seit einiger Zeit wird das Material der stabilen, so wie der ambulatorischen Anstalt von dem Anstalts-Arzte als Privatdozenten auch für Unterrichts-Zwecke benutzt. 126 Ihrer Anlage nach wohl geeignet, innerhalb der öffentlichen Krankenpflege eine der humansten Aufgaben zu erfüllen, verdient diese Anstalt, der allgemeinen Mildthätigkeit behufs der Zuwendung von Vermächtnissen ganz besonders empfohlen zu werden, um allmälig zu einer Dotation zu gelan- gen, welche genügen könnte, ihre Wirksamkeit auszudehnen. Wenn schon jeder Kranke ein Gegen- stand der Hilfe zu sein verdient, um wie viel mehr ein krankes und dazu armes Kind! Die Hilflo- sigkeit ist bei einem solchen eine potenzirte und das Gebot der Humanität ein gesteigertes. In unserem Augusten-Hospital ist ein solches Kinderasyl errichtet und es fehlt nichts, als daß die regel- mäßigen Einnahmen ihm gestatten, in Zukunft keines der vielen armen Kleinen mehr, die hier jetzt noch vergeblich Zuflucht suchen, zurückzuweisen. Eine andere erfreuliche 'Thatsache, die meine Chronik noch mitzutheilen hat, betrifft die große Erbschaft von nahezu 70,000 Thlr. (68,702 Thir. 11 Sgr. 4 Pf.), welche die vor 2 Jahren ver- storbene Frau Stadträthin Johanna Pulvermacher geb. Ries unter der Bedingung, daß ihrem Gatten daran während seiner Lebensdauer noch der Nießbrauch vorbehalten bleibe, zur Errichtung eines Krankenhauses der Kommune Breslau legirt hat, und zwar wie das Testament sagt: | „mit der Bezeichnung Johanna Pulvermacher und Ries’sches Krankenhaus und zwar nach dem Vorbilde des Lösch’schen Krankenhauses, sich anschließend an das Kranken-Hospital zu Allerheiligen hierselbst. Falls die Masse nicht ausreichen sollte, so sind die Zinsen so lange zum Kapital zu schlagen, bis sie für ausreichend erachtet wird.“ ‚Sie ist mehr als ausreichend, um der Bestimmung der Erblasserin zu genügen und damit dem Hospitale jene Vollendung zu geben, die früher schon in Absicht gelegen und nur aus Mangel an Mitteln und weil dem Bedürfniß vorläufig genügt war, unterblieben ist. *) Dazu gehörten: eine ge- sonderte Irrenabtheilung und ein Wasch- und Leichenhaus. Die Kommune darf daher nun der sicheren Erwartung sein, den längst als wünschenswerth erkannten Plan dereinst ohne Opfer ausführen zu können. Gegenüber diesen zwei immerhin erfreulichen Thatsachen habe ich jedoch auch eines für das Krankenhaus zu Allerheiligen recht betrübenden Ereignisses zu gedenken. Der am 22. Dezember erfolgte Tod des dirigirenden Arztes desselben, des Geh. Med.-Rath Dr. Ebers, der durch beinahe ein halbes Jahrhundert der Anstalt vorstand und dieselbe von kleineren Anfängen zu der Größe und Vollkommenheit heranbilden half, in welcher wir sie jetzt bewundern, traf uns zwar nicht mehr un- erwartet, denn Ebers hat das ehrenvolle Alter von 76 Jahren erreicht; doch übte der Verlust auf Alle, die den Mann und seine aufopferungsvolle, erfolgreiche Thätigkeit kannten, jene niederschla- gende Wirkung, welche das Gefühl erzeugt, ferner eine nicht gewöhnliche Kraft — und diese war Ebers mindestens für unsere Anstalt wie für unsere Stadt — entbehren zu müssen. Mit meinem Jahresbericht für 1858, wie ich denselben regelmäßig zu erstaiten pflege, bin ich hier zu Ende. Indessen knüpfe ich unmittelbar daran noch einige weitere Bemerkungen zur Bevöl- kerungs-Statistik Breslau’s, da mir die Ergebnisse der amtlichen Zählung des vorigen Jahres zuge- gangen sind und ich Ihnen also hier die Fortsetzung meiner Schrift **) „Beiträge zur Bevölkerungs-, Armen-, Krankheits- und Sterblichkeits-Statistik der Stadt Breslau 1854 und II. Theil 1857“ zu liefern vermag. Um diesen Charakter einer Fortsetzung festzuhalten, habe ich auch die neuen Er- gebnisse in den angeschlossenen sechs Tafeln genau nach dem früher von mir gewählten Schema *) Cfr. Bericht für das Jahr 1854 S. 7, auch 33, Jahresbericht der schles. Gesellschaft für vaterl. Kultur vom Jahre 1855 $. 143 und 144 (gedruckt 1856). ”*) Abgedruckt in. den schles.-vaterländ. Gesellschafts-Berichten vom Jahre 1853 und 1856 und besonders im Buchhandel bei Aderholz 1854 und 1857 erschienen. 127 niedergelegt, und diesen Zahlen füge ich nur einige Erläuterungen hinzu, die insbesondere für die- jenigen, welchen die früheren Tabellen nicht mehr zum Vergleich vorliegen, nicht uninteressant sein dürften. Was zunächst Tabelle I. die Bevölkerung anlangt, so betrug dieselbe 1855 121,345 und 1858 129,813, so daß sie sich um 8465 Seelen während der drei Jahre vermehrt hat. Es starben in Breslau: TSSD em. 5151 DT RER Re a 4874 FSSSEenR. ©... 4675 und wurden geboren: TSBO A ac Se 4326 PSDZRE TEE era denn 4785 1898. 0.2.0220... emeler. Sahmanı 5182, so daß also 1856 805 und 1857 89 mehr starben, als geboren wurden, und 1858 507 Personen mehr geboren wurden, als starben, und die Einwohnerzahl, wäre sie nur durch Geburten variirt worden, Es N 120,540 ze een 120,451 IS ee en 120,958 hätte betragen müssen, resp. 387 Seelen weniger als 1855. Hiernach ist, wie von jeher, auch in dieser Periode Breslau’s Seelenzahl nicht durch Geburten, sondern durch Zuzug vergrößert worden. Dieses Verhältniß, so ungünstig es immer noch ist, stellt sich aber doch besser als sonst, und ins- besondere besser als während der letzten dreijährigen Zählungs-Periode, wo es gar kein Mehr an Geburten, im Gegentheil im Ganzen 2228 mehr Sterbefälle gab. Zieht man ferner in Erwägung, daß 1856 das Jahr der schwersten Typhus-Epidemie war, welches Breslau überstand, und daß es allein 805 Sterbefälle mehr als Geburten hatte, so kann man im Ganzen noch mit dem Endresultat zufrieden sein. Denn, was uns an Mehrgeburten mangelt, wurde reichlicher als sonst ersetzt durch einen größeren Zuzug, indem die Vermehrung der Bevölkerung durch Zuzug betrug: 1853—1855 1,5 Prozent, 1856—1858 2,32 Prozent und somit 1858 gegen 1855 um 1,27 Prozent, also um mehr als die Hälfte gestiegen war, ein Resultat, welches sich seit der Mitte der 40er Jahre nicht mehr gezeigt hat, und das etwas größer ist als das in Berlin bei der letzten Zählungs - Periode wahrgenommene. Hiernach scheint die neuere Gesetzgebung durch die Einzugssteuer den Zuzug hier nicht in dem Maße zu beeinträchtigen, als dies in Berlin der Fall ist. Unter den 13,166 Geborenen während der Jahre 1853/55 befanden sich 2331 Uneheliche oder durchschnittlich 19,16 von je 100 der Gesammtbevölkerung; 1856/58 waren unter 14,293 Geborenen 2814 Uneheliche oder durch- schnittlich 19,61 von je 100 der Gesammitbevölkerung. In dieser Beziehung ist also das Verhältniß dem der früheren Jahre ziemlich gleich geblieben, und man könnte sogar darin das Zeichen eines sittlichen Fortschrittes erblicken, wenn man erwägt, daß durch das Hausstandsgeld das Heirathen erschwert wird. Von den 14,680 in dieser Periode in Breslau Gestorbenen wurden in den hiesigen Kranken- häusern 3746, in der städtischen Hausarmen-Krankenpflege 2145, in Summa 5891 Verpflegte gezählt, ein Resultat, das bei einer Bevölkerung von durchschnittlich 126,990 Seelen ein ungünstiges zu nennen ist, da es den Beweis liefert, daß immer noch ein gutes Dritttheil, ja bei außergewöhnlichen Zwi- schenfällen 40 Prozent und mehr Einwohner nicht im Stande zu sein scheinen, für sich mehr als das tägliche Brot zu verdienen. Dies wird gerade durch die letzten Jahre 1857 und 1858 bewiesen, in denen, weil sie in dieser Periode die glücklicheren waren, dieser Antheil nur 36 und 35 Prozent betrug; hingegen hat das Jahr 1856 hieran mit 48 Prozent partizipirt und den Beweis geliefert, daß, 128 wie Bergius wohl mit Recht behauptet, nicht sowohl die Epidemieen, als vielmehr die Theuerung der Lebensmittel hier die Mortalität steigere; denn die Theuerung des Roggens war es, welche 1856 so auffallend nicht nur auf die Steigerung der Typhus-Epidemie, sondern vorzüglich auch der Mor- talität im Allgemeinen wirkte, wie ich das in meinem Berichte über jenes Jahr *) nachgewiesen zu haben meine. Für den entschiedenen Beweis jenes Axioms dürfle die nachstehende Zusammenstellung eine überzeugende Kraft haben (bei billigem Roggen mehr Fleisch- und Biergenuß): Rindfleisch. Kalbfleisch. Schweinefleisch. Hammellfleisch. 1856... 2 A Sgr. 54 Pf. 4 Sgr. 2 Pf. 5 Sgr. 10 Pf. 4 Sgr. 44 Pf. 1857 .........% N N 2, 4,8 ,„ 1858... ..8: A 2 Des OO er daome A As Weizen. Roggen. Kartoffeln. Gerste. 1856...... 3 Thlr. 6 Sgr.6Pf. 2 Thlr. 21 Sgr. 9 Pf. 29 Sgr. — Pf. 2 Thlr. 1 Sgr. 10 Pf. 1857... 2: 16 „.— ..1....16.,.6 ,..19,,.—ussil 5.1227 ,2108% 1858...... 2 ” 14 „ 1 „ 1 „ 18 „ 8 „ 16 „ 10 „ 1 „ 9 EL) 10 „ Der Kopf der Bevölkerung verzehrte: Fleisch und Wurst. Weizen. Roggen. Bier. 1856.15: saH=: 75 Pfd. 3 Lih. 186 Pfd. 2 Lih. 226 Pfd. 10 Lih. 612 Quart. 1852... 22... 86 ', 26. , 1820..,..22., 223... URL: ,, 7732 ,„ 1808........ SEE... „ 185... 16, 214 _,.so , 8 ,„ Tabelle IM. Die Zahl der sämmtlichen Einwohner hatte sich von 1855 bis 1858 um 8468 Seelen vermehrt, um 4036 männliche und 4432 weibliche, also um 396 weibliche mehr als männliche. Dem Alter nach lebten darunter: 22,300 über 45 Jahre, davon 9600 männliche und 12,700 weibliche; 34,302 bis zum 15. Jahre, davon 17,417 männliche und 16,885 weibliche; 73,211 von 15 bis 45 Jahren; davon 34,863 männliche und 38,348 weibliche. Der Religion nach theilten sich die 129,813 Einwohner Breslau’s in 78,793 Evangelische, 40,947 Katholische, 9592 Juden, 478 Christkatholiken und 3 Griechen. Von diesen hatten sich gegen die Vorjahre resp. das letzte Zählungsjahr 1855 vermehrt die Juden um 11,21 Prozent, die Katholiken um 10,22 Prozent und die Evangelischen um 4,95 Prozent. Tabelle IE. und EV. Die Zahl der Almosengenossen, d. h. derjenigen Personen, welche allmonatlich einen bestimmten Betrag (in Höhe von 15 Sgr. bis 2 Thlr. monatlich je nach Bedürfniß) ausgezahlt erhielten, betrug: 1858.12: WR: saltedise, ER dla. mahnte. 2357 1356125, aaradad ZREBE, al, ner ER0ER 2901 1857.41 38:22. masaıı. al. annallevoliaan, an! 2483 1858 14. ala. em. haw. „nesellden dalsin gas: 2104 so daß auf 100 Einwohner ] Koh V Baus SR ER Hr SE SE en ln 1,94 1856: late ns lea. al Bart 1988 2,35 ISDN. Eh IE Serie lt 2,0 1858.45. MERSE RrlleReaıd Kar. Mas 1,66 kommen. Ihre Zahl hatte sich also 1856 um 544 gesteigert gegen 1855 (theuere Lebensmittel und Typhus), sie war 1857 um 418 größer als 1856 und 1858 um 379 größer als 1857. Die Kosten für *) Cfr. S. 211 des 33. schles. vaterl. Gesellschaftsberichtes pro 1855. 129 dieselbe aber waren 1856 um 2 Thir. 5 Sgr. 5 Pf. geringer, 1857 und 1858 aber fast gleich; ein Beweis, daß die Zahl der Hilfesuchenden trotz der so sehr wachsenden Einwohnerzahl sich verringerte, daß aber die Verwaltung deren Bedürfniß höher ausmaß, was am besten daraus erhellt, daß bei durchschnittlich 2898 Almosengenossen während der Jahre 1853/55 durchschnittlich pro Kopf 12 Thlr. 1A Sgr. 7 Pf. oder im Ganzen 36,184 Thlr. 22 Sgr. 6 Pf., 1856/58 aber im Durchschnitt 2799 Almosengenossen 18 Thlr. 2 Sgr. 8 Pf. = 36,532 Thlr. 5 Sgr. 11 Pf. gezahlt worden sind. Das Armenbudget hat sich also bedeutend gebessert, es hat bei einer größeren Einwohnerzahl weniger Almosengenossen; der Einzelne bekommt mehr, und die Verwaltung braucht jährlich gleich- wohl fast nur dieselbe Summe. Da die Einführung einer strengeren Maßregel bei Aufnahme der Inquilinen in das Armenhaus und die Ueberweisung der Gebrechlichen in das Claassen’sche Siechhaus (etwa durchschnittlich 60) die Zahl der Inquilinen des Armenhauses bedeutend vermindert (was nebenher für den einzelnen Armen durch größeren Wohnraum mehr Vortheil bot), so reduzirt sich auch die Ausgabe für die- selben erfreulicher Weise um mehr als die Hälfte und sinkt von 28,919 Thlr. 17 Sgr. 11 Pf. (1855) auf 12,575 Thlr. 19 Sgr. 8 Pf. Doch trug bei dem Armen- wie bei dem Arbeitshause zur Verringerung der Ausgaben trotz einer größeren Inquilinenzahl auch die erfolgte Verpachtung der Speisenlieferung an einen Unternehmer wesentlich bei. Das Arbeitshaus, dessen Inquilinenzahl fast gleich blieb, gewährte jedoch einen Vortheil für seine Einnahme in dem Erwerb durch Arbeit der Inquilinen, deren Kräfte bedeutend mehr als in den Vorjahren angestrengt und benutzt wurden. Ueber die Kurkosten (Kol. 11) wird speziell auf Tabelle 5 verhandelt. Das günstigste Resultat, welches dieser Bericht liefert, bezieht sich auf diesen Abschnitt der Verwaltung, zumal die darin enthaltenen Legate. Die Ausgabe, welche sich selbstverständlich größ- tentheils nur auf die Zinsen konstanter Kapitale belaufen kann, steigerte sich während der vorangegangenen Jahre nur mäßig, gewann aber in den Jahren 1856/58 durch einen Zuschuß von 2000— 4000 Thlr. resp. 1400— 2200 Thlr. Zinsen eine Höhe, die um so erfreulicher ist, als dadurch der Unterstützung an Almosengenossen wesentlich nachgeholfen werden kann, indem aus der Zahl der letzteren größtentheils die Empfänger der Legate genommen werden. Auch die Unterstützung der Armen mit Winterholz, welche auf einer Sammlung wohlthätiger Gaben beruht, also eine sich ganz und gar nach der speziellen Einnahme richtende Ausgabe ist, erhöhte, sich im letzten Jahre um etwa 400 Thlr. Die Ausgabe für das Freischulen-Wesen sank auf die Höhe früherer Jahre zurück, da die be- treffenden Bauten, die in den Vorjahren erheblichere Ausgaben beanspruchten, größtentheils beendet waren. Die Gesammt-Ausgabe für dıe Armenverwaltung Breslau’s im Besonderen stellte sich also durch- schnittlich jährlich auf 99,026 Thlr. 26 Sgr. 3 Pf., also 6935 Thlr. 20 Sgr. 21 Pf. niedriger als in den letzten Jahren, und wir können diese Verbesserung in jeglicher Beziehung als eine erfreuliche Er- scheinung bezeichnen. Vom Allgemeinen zum Speziellen übergehend, gelangen wir zur Tabelle III. Die Gesammt-Ausgaben der Kämmerei variirten durch nicht hierher gehörige Verwaltungszweige, namentlich Bauten größerer Art. Sämmtliche Zuschüsse für die Zweige der Armen-Verwaltung und des Hospitals zu Allerheiligen verringerten sich. Die Hausarmen-Krankenpflege verminderte den Zuschuß theils in Folge billigerer Medikation, vorzugsweise aber in Folge geringerer Krankenzahl. Für das Allerheiligen-Hospital wurde der geringere Zuschuß durch größere Einnahmen erzielt, da die Verwaltung durch sirengere Maßregeln, sowohl bei dem Einziehen der Kur- und Verpflegungskosten von denen, welche nicht abonnirt haben als auch dadurch, daß seit dem Anfange des Jahres 1857 das Uebereinkommen mit den Innungen, nach welchem dieselben nur ein geringes Pauschquantum für die Verpflegung der Gesellen zahlten, gelöst wurde und diese jetzt aus ihrer Innungs-Krankenkasse täglich 17 130 5 Sgr. für den Kopf zu zahlen haben, der Anstalt Nutzen schaffe. Das Hospital hat jetzt weniger kranke Gesellen zu behandeln und empfängt für jeden das Vierfache des früheren Betrages. So sind denn die Ausgaben für die Armen-Verwaltung einschließlich der Krankenpflege auffallend geringer geworden. Was leiztere anlangt, so giebt davon Tabelle V. ein Bild der städtischen Hausarmen-Krankenpflege. Ich habe deren Inhalt bereits in meinen regel- mäßigen Berichten näher beleuchtet, und ich könnte daher höchstens wiederholen, worauf ich schon öfter hingewiesen, nämlich, daß bei einer Epidemie die niedrigeren Nahrungsmittelpreise, welche den unteren Schichten der Bevölkerung die Erlangung wohlfeilerer und besserer Kost gestatten, die Kran- kenzahl vermindern, daher den Armenärzten weniger Beschäftigung und dem Kämmereiseckel weniger Ausgabe aufbürden. Für Beides gewährt eine nähere Prüfung der Tabelle sprechende Anhaltspunkte; man vergleiche nur die Zahl der Kranken pro 1856 mit denen des Jahres 1857 und 1858, die für diese verausgabten Kosten, welche beide: auf die Hälfte fielen, und wenn in den letzten zwei Jahren die Kosten für den einzelnen Kranken höher wurden, so rührt dies davon her, daß die Verwaltungs- Ausgaben dieselben blieben, namentlich die Hauptrubrik, der Arztsold, 1550 Thlr. Es erübrigt nur noch Tabelle VE. über das Allerheiligen-Hospital zu betrachten. Auch hierüber haben meine Jahresberichte spezielle Erläuterungen gegeben. Die Zahl der Hospitalpfleglinge hat sich auf ähnliche Weise, wie bei den Hausarmen-Kranken, um mehr als die Hälfte verringert. Das theuere Jahr 1856, welches von einer Typhus-Epidemie der stärksten Art, wie sie Breslau in neuerer Zeit nicht gehabt hatte, begleitet wurde, lieferte auch der Anstalt 7543 Kranke (worunter 1600 Typhuskranke im Hospitale), und ver- ursachte eine Ausgabe von 62,677 Thlr. 19 Sgr, 6 Pf., wozu ein Kämmereizuschuß von 29,909 Thlr: erforderlich war, während 1858 nur 3691 Kranke, die nur 40,331 Thlr. mit einem Kämmereizuschuß von 11,155 Thlr. 26 Sgr. kosteten, verpflegt wurden. Wenn in den beiden letzten Jahren der ein- zelne Kranke pro Kopf und Tag mehr gekostet, so rührt dies zum Theil daher, daß die Generalkosten der Verwaltung sich füglich nicht genau in dem Maße verringern ließen, als die Zahl der Kranken fiel. Hingegen ist mit Befriedigung zu erwähnen, daß die Mortalität nicht zugenommen und speziell die Syphilis so wie Krätze abgenommen haben. Die Zahl der Gemüthskranken zeigt sich leider von Jahr zu Jahr steigend. Was nun die Kategorieen der Kranken anlangt, so macht die Tabelle ersichtlich, daß das Armenhaus seit 2 Jahren kaum noch eine nennenswerthe Zahl von Kranken statt der früheren 200—300 jährlich in’s Hospital sendet, daß in derselben Zeit ebenso die Zahl der gratis Verpflegten notorisch Armen sich in auffallender Weise 1857 um die Hälfte, von 2576 auf 1395, und 1853 auf 878 verringert hat, während die Personen verschiedenen Standes, welche die Verpflegungskosten gezahlt haben, sich an Zahl sehr gesteigert haben. Die Zahl der abonnirten Dienstboten ist auch gestiegen. Die (Selbst-) Kosten für die unter ihnen Verpflegten werden fast zur Hälfte gedeckt, ein Aequivalent, das als vollständig zufrieden stellend angesehen werden könnte, wenn das Abonnement noch größere Theilnahme fände. Ich komme zum Schlusse und hebe als Resume über die Ergebnisse der dreijährigen Periode, die wir hier niedergelegt haben, hervor: 1) Breslau’s Bevölkerung ist zwar nicht durch Ueberschuß von Geburten, aber in Folge Zuzugs in hohem Grade und zwar bedeutend stärker, wie in derselben Periode Berlin gewachsen; 2) die Mortalität war geringer, und zwar progressiv geringer; 3) die Gesundheits-Verhältnisse der Stadt bessern sich, eine Erscheinung, die sich im Zusam- menhange mit den billig gewordenen Lebensmittelpreisen darstellt; 4) die Armen-Verwaltung Breslau’s weiset nach, daß die Stadt in den unteren Schichten der Bevölkerung weniger Arme zählt, als in der vorangegangenen Zählungsperiode; 151 5) die Ausgaben der Kommune für die Armen-Verwaltung haben sich namhaft verringert; sie betrugen jährlich 99,026 Thlr., früher dagegen bei einer um fast 9000 Seelen geringeren Bevölkerung 105,962 Thlr.; 6) im Armenwesen der Stadt zeigt sich eine Zunahme an Legaten und dagegen eine Vermin- derung der Zahl von Almosengenossen; 7) sowohl die Zahl der im städtischen allgemeinen Hospital zu Allerheiligen, als diejenige der in der städtischen Hausarmen-Krankenpflege behandelten Kranken hat auffallend abgenommen, gleichwie der Kostenaufwand dafür. Alles dieses, der an sich gesteigerte Wohlstand der Einwohnerschaft, die Besserung der allge- meinen Gesundheits-Verhältnisse und die Verminderung der Mortalität der Stadt — wir können es als ein in jeder Beziehung erfreuliches Ergebniß betrachten. Die mannigfachsten Umstände haben, wie gezeigt, hierbei mitgewirkt. Welchen Einfluß darauf aber auch die Natur, Witterung, Ernte und glückliche Sanitäts-Erscheinungen genommen haben, wir dürfen wohl auch dem Gemeinwesen einen Antheil an dem Erfolge zuschreiben, größere Sorgfalt in der Armen-Krankenpflege, steigende Mild- thätigkeit, vermehrter Aufwand im Verein mit weiser Sparsamkeit. Alle die Faktoren haben insge- sammt beigetragen; und wenn heute nichts Anderes, als die Berechtigung, Ihnen diese allgemeine Besserung als eine reelle Thatsache mitiheilen zu können, das Resultat meiner scheinbar so kleinli- chen Beobachtungen und so monotonen Berichte wäre,-so bin ich schon damit für diese minutiöse Zusammenstellung belohnt. Allein ich glaube in der That, die Regelmäßigkeit dieser Berichte wird unserem Gemeinwesen noch insbesondere einen nachhaltigen Dienst zu leisten im Stande sein. Soll ich Ihnen in einem Zeitalter, wo Staatsmänner bereits mit den Gelehrten wetteifern, die Statistik ihren Zwecken dienstbar zu machen, erst noch die Wichtigkeit dieser Hilfswissenschaft jeder geord- neten öffentlichen Administration beweisen? Die Aufmerksamkeit, mit welcher Sie, meine Herren, meinem jeder pikanten Beimischung nicht nur, sondern selbst jedes universelleren Interesses entbeh- renden Vortrage zu folgen die Nachsicht hatten, beweist mir, daß hier der Werth dieser fortgesetzten Versuche, die Erkenniniß der Schäden unserer Armen-Krankenpflege durch das unfehlbare Mittel der Darlegung der Ergebnisse zu fördern, nicht ganz verkannt wird. Ich danke Ihnen für diese Theil- nahme, die ich nicht so unbescheiden bin, auf meine persönlichen Leistungen zu beziehen, sondern die dem Gedeihen unserer vaterstädtischen Angelegenheit gilt. Veber die Nahrungsverweigerung der Irren vom Privatdozenten Dr. Neumann. Der Widerwille gegen Nahrungsmittel kommt auch bei Nicht-Irren vor, z. B. fast in allen akuten Krankheiten (Typhus). Derselbe Zustand hat aber bei den Irren eine ganz andere Bedeutung. Er hat seine Grade, und das Bedenkliche liegt darin, daß auch die leichteren Grade (bei denen der Kranke etwas, aber wenig genießt) durch ihre Dauer gefährlich werden können. Letzteres um so mehr, weil der Zustand oft übersehen oder wenigstens unterschätzt wird und man manchmal erst dann aufmerksam wird, wenn es schon zu spät ist. Die gastrischen Ursachen dieses Zustandes sind nicht häufig; jedenfalls viel seltener als die psychischen. Man hat wohl oft die schweren gastrischen Folgen (belegte Zunge, penetranter charakteristischer Geruch aus dem Munde, Stuhlverstopfung etc.), welche nie fehlen, für die Ursachen genommen. Die häufigsten psychischen Ursachen sind Besorg- nisse, welche sich an das Essen knüpfen (Furcht vor Vergiftung, vor ekelerregenden oder entsetzli- chen Beimischungen eic.). Zuweilen ist die Nahrungsverweigerung ein Selbstmordversuch. 17% 132 Wo die psychischen Mittel oder die Beseitigung etwaiger gastrischer Zustände nicht schnell zum Ziele führen, bin ich für die alsbaldige zwangsweise Fütterung und gebe ich der Einführung der ela- stischen Schlundsonde durch die Nase den Vorzug vor der Fütterung durch den Mund und vor allen komplizirten Apparaten. Ich halte die Operation für gefahrlos, da man das etwaige Eindringen der Sondenspitze in den Kehlkopf augenblicklich spürt und das Instrument sofort zurückzieht. Unter den einzuflößenden Flüssigkeiten gebe ich in der Mehrzahl der Fälle der Milch den Vor- zug, und habe ich gefunden, daß 2—3 Quart täglich im Stande sind, einen im Bette liegenden Kranken auf einem mittleren Ernährungszustande zu erhalten. Durch die ausschließliche Milchnahrung werden meistens sehr auffallende Veränderungen in der Gesammternährung herbeigeführt, indem das Hautkolorit sich verjüngt, Zunge und Lippen rein werden, der Stuhlgang eine Reihe von bestimmten Veränderungen (anfangs hart, dunkel, übelriechend, dann allmälig besser, zuletzt weich, hellgelb, fast geruchlos) durchläuft und der anfangs saturirte und (harnsauer) sedimentirende Urin klar und hellgelb wird. Es kommen dennoch zuweilen Todesfälle aus Inanition in Folge von Nahrungsverweigerung vor. Indessen bin ich der Ansicht, daß man durch frühzeitige und konsequente zwangsweise Ernährung dieser Eventualität jedesmal vorbeugen könne. h Tabelle I, Bevölkerung, Geburten, Erkrankungen und Todesfälle. Een | Dub Bee 8 ae | 20, Die gesammte Civilbevölkerung Breslau's betrug: Geboren wurden: Es starben darunter mithin: er rw 207 ee | — | mn m —— a nsahhlng mithin: b. mithin: mithin: at sich : ee ee — ie es kamen Fa En RT 3 starben | Verhält- a. on | in der m \ Bemerkungen. or mr Shlom nm De Verhält- sler von je 10) niss der u a von je 100 an an es De C. re ger Veran ; BegenkdIch |: i Moe niss der = löp, re | Gestorbe- | Kranken- | "ichtstägt,| storbenen | armen- dlESODIER Eee ; ImJahre | Seelen. Vorjahre haupt. ! Se der Gebo- | Geborenen | haupt. Fe hr Er häusern u in der Kranken- | im Ganzen) a und b Keiraone verändert I len renen | zur Bevöl- k £ Bevölke- Kenkene Kranken- Gestorbe- | Armen- nn DAEBNIE (a undb). | ven je 100 Todten- in Prozent. ns, überhaupt.| kerungs- DUnssE= häusern ” nen ZUF | Kranken- 5 ni: Todes- | zahl über- i e P zahl. rungszahl. | „us häusern. | Todten- pflege, zu- Kranken- | desfälle käll ne: zahl. ZUSAMMEN! zahl. sammen. | Pflege. | überhaupt. er pP" DT EV Er TTäää— — — Vf ] m “)“)F))e) >> 1856 124,168 + 2.3 4,326 3,5 803 18,56 123257 5,131 4,13 L: 24,19 1,619 31,55 1: 3,17 860 16,76 1:5,9 2,479 48,31 227 1857 126,990 + 2,3 4,785 3,8 898 18,79 1: 26,54 4,874 3,89 U: 26,0 1,055 21,64 1: 4,6 717 14,7 1: 6,8 1,772 36,38 1: 2,8 ısss | 120513 | +23 | 518 4,0 1,113 | 2148 |1:%,0 | 4,675 361 | 1: 278 1,072 2298 | 1: 4,37 568 12,15 | 1:82 | 1,640 35,08 | 1:%8 Alsu im Durchschnitt: 19,61 1: 26,74 3,87 1: 25,99 25,37 1: 4,04 14,53 1:6,9 39,92 NET Tabelle Il. D .. 9’ . .. . - m Die Bevölkerung Breslau’s in dem letzten Zählungsjahre 1858. : L.> |» |&: }% ]) & Ja IE ern zzdıIInn: a 2 er MT nn m nn nn nn nn m en m m m tn Von 100 |Von 100 weibl R x 2 r j f R ersonen Zahl In der Ehe männl. Ein- | Einwohnern Kinder Kinder Personen Sun. i Personen über P Iler Civil-Einwol wohnern über [über 14 Jahr 5 u bis zum 15, Jahre. : vom 15. b.45. samen Jahr. aller Civil- Einwohner. lebten 1Ayamslehten yon bis zum 15. Jahre. vom 15. bis inel. 45. Jahre. | Jahre incl. über 45 Jahre. 45 Jahre. über Prozente Prozente Prozente. Prozente. Prozente. 115 Jahre. and ibl s 5 j in der| Ausser| ;, ger | ausser I > IE männl. weibl. umma, männl. weibl. Ehe, a Ehe der männl. weibl. Summa. |imännl.| weibl. |Sunma] männl. weibl. Summa. |männl.| weibl.| männl. weibl. Summa. | männl. | weibl. P e 1e. Y e. } i rozente, 1858 | 61850 | 67,933 | 129,813 | 19,008 | 19,022 | 42,7 | 57,3 | 37,2 | 62,5 | 17417 | 16885 | 34302 | 1342| 130| 26,4] 34863 | 38348 | 73211 | 268! 29,6] 9600 | 12,00 | 22300 | 7« | 98 | 236 Die Militair-Bevölkerung Breslau’s incl. deren Familien beträgt im Jahre 1858. ........uucaansencanenaeenneeen SR ORT Weetekdets Roane TE . 5855 Personen. Religions-Verhältnisse. a * yr 4 Any Jahres 1 BB nor DOREHL0DO. Daun oerLn Beh ORTEN sesunssseennene 78,793 Evangelische, 40,947 Katholische, 3 Griechen, 478 ‚Christkatholische, 9,592 Juden. u E23 ee ee re ce A aha a nn shi a an au \ P ‚:, dekeioi Ipriared asian Mora, AN EEE - Tabelle IL. Die Armenverwaltung Breslau’s im Allgemeinen. un — u = : : — 1} 2. | 3. | 4. | 5. | 6. | 7 I ®. | 9. | ) : . 5. } 3 } | % | 3% 1 0 | 9 1 9 10 |0[0 5 : a E C nn Z : Von Es hat sich Injs yusgaben si ik Davon | Davon sind aufgebracht: Il. | Davon sind aufgebracht: Summa. | Davon sind aufgebracht: Krmennneee Davon: 100 Thalern dieselbe > z Armenpflege kostete. die ————— K Aut dr, l Bei der BET art sind von Kämmerei- Einwohner- | gegen die bei der inelö der earstmen® : durch Sr En : durch Armenpflege BER durch Einwohnern | pro Kopf | pro Kopf |ausgabe sind Jahr Vorjahre Kämmerei durch eigene s waltung im | durch eigene| __. ö und dem |durch eigene] __. 2 Kopf i zum zur Armen- E zahl. ermierrn u) Hausarmen- | Kranken- € | Kämmerei- | Hospital zu Kämmerei- Hospital zu | pinnalı Kämmerei- en on zur eigenen | 1, nmerei- Vera Prozenten | betragen. A pflege. Einnahme. | „uschuß. | Allerheilig. Innahme. | zuschuß. | Allerheilig.| ne. | zuschuß. Einnahme. | „uschuß. Ae= um e Mel Ar we MA rw AH m MH m AaH) » MH) MH v» MA # MH vw mA mA MA «MH schossen. 1856 124,168 +23 [672,897| 311] 131,759|15| ı| 8,158|—| 6| 70,568|29| 6 pols 7| 62,677| ı| 9| 32,767|26| 3] 29,909| 5| 6] 194,436] 1610| 103,336 |25| 9| 91,099121) 1 — 14] 9 9,6 1857 126,990 + 2,3 |600,503|—!—| 85,737) 6/10) 6,879| 7| 8| 50,108] 1] 1[ 35,629) 5) 9] 46,819 18| 5| 41,876 2 —| 4,943 16) 5/132,556|25| 3] 91,984] 3] 1) 40,572|22| 2 — |8|5 8,7 1858 129,813 en 721,775'26| S| 79,553|26| 3] 4,926) 6) 9| 50,196) 1)—| 29,387125| 3 he 1| 29,277| 3110| 11,053 '26| 3[119,914|26| 4| 79,473) alıo| 40,aa1l2ı] 6 — |6|9 108 Tabelle IV. ® b) ® Die Armenverwaltung Breslau’s im Besonderen. (Cont. Tab. II.) - & BES EEEE IEE BERGE SERIE er ______% er er | 5. | 6. i 2 SO 9. BEE 1. 12. l 13. [ “u. | a A. Allgemeine Armenpflege incl. der Hausarmen-Krankenpilege. B. C. D Total-Summa. - - Almosen, welche bestimmt alle Monate u n = Ennee inwohner- i 3 egate nterstützun ab. III, 0.2. Jahr. Be seriheilt werden. win Es kostet Kosien ee Kosten Le Kurkosten 5 5 : g Freischulen- £ e , zu. Personen- en mithinein Almo- des ns des Sz und "sonstige All Onene en nn Wesen Fe kommen Betrag. sengenosse. | Armenhauses. | linenzahl. | Arbeitshauses. | linenzahl. Ausgaben a Vermächtnisse. | Winterholz. : Armenpflege. zahl. Almosenge- = 2 Armenpflege. NOSSEen. Pr Mb MM 8 " " . _ MH = RM z MB alt u 2,901 2,35 39,098 113 | 9| 13 |[14| a| 2700| 7| 7| 307 10236 \1s| o| a0 I ısa22 1a! o| 9uos6laalıo| osalas| 6| 255rlı5 1] 2386 |22| of ısızolıs| ı 1857 126,990 2,483 2,0 37506| ı1| A| 15 3| 2] 12,489| 1| 9| 208 7,952 | 29 | — 202 12,294 |24| 9| 0,40 |a6 | 10| 10,582 |aı | 3| 2735| o|—-| 2400| 5| ı| 85,737| 6/10 185 n 3 8 € 58 129,813 2,104 1,66 32,992 | 3| 8| 15 |20| 5| 13,575 |12| 8 226 8,286 |23 | 4 193 11,066 | 14 | 10 | 64,920 |24 | °6| 10,691 | a| 7| 2,961 |10| A| 2,355) 15| 2) 79583126 | 3 Durchschnitt: 99,026 2% us iapi un Tabelle V. Städtische Hausarmen-Krankenpflege. Es hat sich Auf 100 Zain dla: Mineralbrunnen Zahl sonach die-| Zahl der no 3 ee Arzeneikosten Kosten se Bandagen, @esammtkosten: Es kostet mithin selbegegen davon Ge- = | Arzeneikosten. für der Wund-Aerzte. | Bäder hierorts. : Bruchbänder ein Jahr. der en Hausarmen- kommen Nie Badereise-Un- ’ Summa. : dig Yorjahre Hausarmen- aaoıbeuen....| VESS2luiks einen Kranken. | Armen - Aerzte. terstützungen. | Brillen etc. Hautskranker. Einwohner. | verändert in| kranken. en (Col. 4) ranke. oh Sn «_ MB = mul » aa «= mn rn nl a mal» an x al mn 1856 124,168 + 2,3 11,285 9,08 747 1:15, 6526| — 16| e| 110 -|=| a5 | 5) | 65 | 1] 16 || 195 \os| el 88 || 6 - Ja 8 1857 126,990 + 23 7,568 6,0 510 1:14,8 502 |24|8| — lo] 1900) -1—-| as |5|—| 2 |-|-| 3 |6|-| 18 | 2|-| 689 | 7| 8| — larlaaz, 1858 129,813 + 33 5,944 5,0 541 1:10332 | 307 |as| 3| — |15[55| 1200|-|—-| ao Jıiol—| “0 | 9/—| 116 Jız| 6| ma | 2|-| a9 | 6| 9| — as] 10 Tabelle VI. .. U} ® [5 I Das städtische Kranken-Hospital zu Allerheiligen. 1). 2 73 Train | Em Ezzrzi meer 23 | 24 Le —— In der E Eessmnt:| Yorıoo Ense - Die Mortalität betrug: Unter den Verpflegten waren: Die Kosten betrugen: - ren Inneren Civil-Ein- Abtheil Ka Sr nellung waren. Kranke: Pe zahl Bohne. _—— ns 1 Verhältn, [ Auf 100 gratis Ver-| gegen | Hand“ | Diensto-| Personen nei aurch- ‚ er ; reslau’s darunter über- inP er ‚Todesfälle 1 En dem pflegte, | Zahlung | „. Tell [ten gegen | Standes, schnittlich | täglich für für einen in der Sn ber l) Bazınter 5 über- LE = haupt. [12 ©r0- NR... ee Almosen-;| städii- en von |fürdieeine] einen [welche die en der| einen | Kranken überhauptf Gesammt- Ausgabe AnE autaus- £ A 3 Kranken. Hose Hann, Syphiliti- E haupt, | schläge, = (©. 6 u. | zenten. | Kranken- | ereigneten| genossen. [schen Ar-| yerschie- 10 Sgr. NE Pränume- a pflegung | Kranken. jährlich. des Hospitals. : Dr sche. = UP“ | yorzugsw.| # 1) ei sich im menhause,] denen jAufnahme- A ralions- en befindl 2 Krärzei n i Hospital. Standes. | Gebühren. Se schein. gez.haben. Kranken a 7 MH» E: MH ++ Gr ne De I Eee IE ei 1856 | 7,543 6,7 1,879 590 92 5,664 937 780 | 872 | 10,15 | 1:8357 | 17,0 353 247 2,546 250 1,055 446 2958 | asıızı | WW | 7% s 9/33 | 623,677 |19| 6 1857 4,841 3,81 1,368 489 56 3,473 486 491 | 547 | 11,3 |1:8%55 | 1122 241 32: 1,395 162 452 450 2253 | 31% 8| 8 9 116,33 | 46,197 | 9 1858 | 3,691 2,54 | 1178 | 408 3 | 2513 386 408 | 451 | 12,22 | 1:83, °| 10,32 206 1 878 63 560 368 1598 | ass3 | u |73| 10 [27/93 | a033ı || ı Ni N eh alt - Fr 1 F F z Li R LG ee 133 Bericht über die Sitzungen der medizinischen Sektion im ersten Quartal des Jahres 1860, erstattet von dem Privatdozenten Dr. Aubert, Sekretair der Sektion. Erste Sitzung am 6. Januar. Wahl des Privatdozenten Dr. Aubert zum Sekretair der Sektion. Erste außerordentliche Sitzung am 20. Januar. Berathung innerer Angelegenheiten der Sektion. Zweite Sitzung am 9. Februar. Nach Verlesung des Protokolles der außerordentlichen Sitzung, sowie des Protokolles der ersten Sitzung der Fachkommission für Anatomie und Physiologie hält Herrr Prof. Rühle einen Vortrag über die Laryngoskopie. Derselbe macht einerseits auf die Schwierigkeiten bei der Untersuchung und die relative Beschränktheit ihrer Anwendung, andererseits auf ihre Wichtigkeit für die Diagnostik und Therapie einzelner Fälle, namentlich chronischer Kehlkopfsleiden, aufmerksam, setzt dann das Prinzip und die Methode der Laryngoskopie auseinander und bezeichnet die dem Kehlkopfspiegel zugänglichen Theile, von denen namentlich der Zungengrund, der vordere Epiglottisrand, die Arytänoidknorpel und der Kehl- kopfseingang, die Stimmbänder, voraussichtlich für die Diagnostik wichtig sein werden. Weniger wichtig scheine dagegen die Beobachtung der unterhalb der Stimmbänder gelegenen Theile des Kehlkopfes und der Trachea. Ferner seien mehrere Gegenden des Kehlkopfes, welche häufig der Sitz von Ulcerationen sind, dem Kehlkopfspiegel nicht zugänglich. Trotzdem verdiene die Methode eine wei- tere Berücksichtigung und Ausbildung. Prof. Rühle demonstrirt hierauf die Anwendung des Kehl- kopfspiegels.. Nach einer Bemerkung des Herrn Dr. Paul erwähnt derselbe schließlich noch die Möglichkeit einer Besichtigung des Gaumensegels, der Choanen und Tubeneingänge, so wie endlich auch der Stimmbänder von unten durch die Kanüle nach der Tracheotomie. Herr Dr. Auerbach theilt darauf Beobachtungen über Muskelkontraklionen aus mechanischer Ursache am lebenden Menschen mit, die ihm beim Perkutiren zuerst aufgefallen sind. Sie bestehen in einem Zucken des perkutirten Muskelbündels in seiner ganzen Länge, welches auch mit Bewe- gungen der zugehörigen Knochen verbunden ist. Außer dieser als „‚neuromuskulär‘‘ zu bezeichnenden Zuckung tritt an der getroffenen Stelle noch die ‚‚idiomuskuläre‘“ Zuckung (Schiff, Funke) auf. Außerdem kann man aber auch noch eine wellenförmig oder peristaltisch von der getroffenen Stelle nach 154 den beiden Enden des Muskels hin fortschreitende Bewegung beobachten (wie sie Schiff an bloßge- legten Muskeln von Thieren gesehen hat), welche der Vortragende auch als mit der „idiomuskulären“ wahrscheinlich zusammenhängend darstellt. Schließlich bemerkt derselbe, daß diese Zuckungen über gewisse Heilwirkungen der schwedischen Gymnastik einiges Licht zu verbreiten geeignet scheinen. Die Bewegungen werden darauf an einem geeigneten Individuum demonstrirt (vgl. den weiter unten vollständig abgedruckten Vortrag). Herr Prof. Lebert bringt mit den Wellenbewegungen der Muskeln Beobachtungen in Beziehung, die er selbst schon 1849 an den Larven von Chironomus zonatus und ausgerissenen Füßen von Carabus auratus und anderen Insekten gemacht habe. Herr Dr. Auerbach erwähnt ähnliche Be- wegungen bei Gliederthieren. Herr Dr. Lewy zweifelt an der Bedeutung der künstlichen Zuckungen überhaupt für die. Heil- wirkung sowohl der Faradisation als der schwedischen Gymnastik. Herr Kreisphysikus Dr. Klose stellt den Antrag, man möge die Sitzungen um 8 Uhr beginnen, Herr Sanitätsrath Dr. Grätzer schlägt 7 Uhr vor, für welche letziere Zeit die Majorität sich ent- scheidet. Ein Antrag des Herm Dr. Auerbach auf Verlegung der Sitzungen auf einen anderen Wochen- tag wird nicht angenommen. Der Modus für Vorträge zu sorgen wird nicht näher bestimmt, sondern durch Akklamation dem Sekretair überlassen. Herr Dr. Neumann hat eine Interpellation in Betreff des Hypnotismus an die physiologische Kommission übergeben. Der Vorsitzende dieser Kommission protestirt dagegen. Herr Prof. Lebert theilt mit, daß die bisher von französischen Beobachtern, namentlich Giraud-Teulon, gewonnenen Resultate meist negativ seien, indeß scheine doch Wahres mit Falschem gemischt und die Angele- genheit daher einer Prüfung werth. Die Sektion stimmt für die Annahme der Interpellation und Prüfung der Angelegenheit in der Kommission für Anatomie und Physiologie. Herr Prof. Heiden- hain giebt seinen Protest zu Protokoll. Für die Berathung der weiteren Organisation der Sektion wird eine außerordentliche Sitzung auf Freitag den 17. Februar Abends 7 Uhr beschlossen. Veber Muskelkontraktionen durch mechanische Reizung am lebenden Menschen von Dr. I. Auerbach. Ich beabsichtige, Ihnen jetzt eine Reihe von mir beobachteter Thatsachen mitzutheilen und später zu demonstriren, welche allerdings zunächst hauptsächlich ein physiologisches Interesse darbieten, indessen doch schon jetzt Anknüpfungen an gewisse Punkte der praktischen Medizin zulassen und auch darum den Praktikern unter uns von Interesse sein werden, weil wir am Krankenbett täglich Gelegen- heit haben, sie zu beobachten. Wenigstens werden sie denjenigen Kollegen, die fleißig perkuliren, künftig täglich entgegentreten, nachdem sie erst einmal darauf aufmerksam geworden sind. Daß diese Erscheinungen bis jetzt nirgends erwähnt sind, also wohl auch nirgends aufgefallen oder wenigstens nicht scharf aufgefaßt und in ihren wissenschaftlichen Beziehungen erkannt worden sind, erscheint allerdings merkwürdig, erklärt sich aber aus einigen später zu erwähnenden Umständen. Es handelt sich zunächst um Zuckungen der Muskeln am lebenden Menschen, hervorgerufen durch eine mechanische Reizung der Muskeln mittelst Stoßes oder Schlages. Führt man gegen irgend einen Muskel einen Schlag aus, so zuckt der Muskel, und zwar ist es eine einzige rasche Zuckung; trifft der Schlag nur einen kleinen Theil der Längsausdehnung des Muskels, so kontrahirt sich gleichwohl der ganze Muskel; trifft der Schlag nicht die ganze Breite des Muskels, sondern nur eine größere oder kleinere Gruppe von Bündeln, so kontrahiren sich nur die getroffenen Bündel, aber auch in 135 ihrer ganzen Länge. Die Schläge brauchen gar nicht stark zu sein, in günstigen Fällen bringen im Gegentheile schwache Schläge die Erscheinung am eklatantesten zu Gesicht. Wenn man mit Plessi- meter und Hammer perkutirt, so hat man eine vortreffliche Methode, die erwähnten Kontraktionen in der ganz legitimen Form der Zuckung hervorzurufen. Man erkennt die Zuckungen, erstens am Muskel selbst durch Formveränderungen, welche sich nach beiden Ansatzpunkten hin erstrecken, übrigens sehr rasch wieder verschwinden, und zweitens bei einigermaßen stärkerer Wirkung an den beweglichen Knochen, zu denen die Muskeln hingehen, indem diese Glieder durch die Zuckung plötzlich bewegt werden. Ist es der Pectoralis, den man klopft, so bekommt der Arm einen Ruck nach dem Rumpf, ist es der Biceps, so wird der Vorder- arm plötzlich ein wenig gebeugt, ist es ein Extensor digit., so sieht man einen oder den anderen Finger nach dem Handrücken hin emporschnellen u. s. w. Ich kam zuerst auf diese Erscheinungen, als ich einem Kranken die Brust perkutirte. Mit jedem Schlage des Hammers zuckte der Arm der betreffenden Seite. Ich fragte den Kranken, ob er denn immer so sehr erschrecke, daß er zusammen- fahre; er antwortete: nein, ich erschrecke gar nicht, es ist wie ein elektrischer Schlag. Ich ließ ihn den Hemdsärmel ausziehen und sah nun, daß die Armmuskeln ruhig blieben, daß nur der Oberarm an den Rumpf angezogen wurde, auch konnte ich in der Achselhöhle an der Sehne des Pectoralis die Bewegung derselben fühlen, und sehen, wie bei schwächeren Schlägen nur die unter dem Plessimeter vorbeistreichenden Bündel des Pectoralis sich kontrahirten. Durch fernere Beobachtungen an anderen Muskeln desselben Individuums und an vielen anderen Individuen überzeugte ich mich von der All- gemeinheit dieses Phänomens. Selbst bei acht- bis zehnjährigen Kindern konnte ich es konstatiren. Aber freilich zeigen nicht alle Individuen die Erscheinung mit gleicher Auffälligkeit und Deutlichheit. Am schönsten solche Individuen, welche eine sehr entwickelte Muskulatur und wenig Fett darüber besitzen, welches die Erscheinungen mehr oder weniger verdeckt; daher besonders häufig Individuen aus der arbeitenden Klasse, welche in Folge von Krankheit oder längeren Entbehrungen abgemagert sind. Perkutirt man mit dem Hammer ohne Plessimeter, so beschränkt sich die Erschütterung noch genauer auf die kleine Stelle, die vom Hammer getroffen wird, und man sieht dann sehr deutlich, wie nur die getroffenen Bündel in ihrer ganzen Länge sich kontrahiren. Am Pectoralis kann man auf diese Art zuweilen sehr schön die fächerförmige Ausstrahlung der Fasern nach dem Sternum hin verfolgen und die Ansatzlinie am Sternum begrenzen. Allein bei dieser Art des Klopfens mischt sich in die Erscheinung noch ein anderer Vorgang hinein, von dem ich bald sprechen werde. Zu- nächst muß ich Ihre Aufmerksamkeit noch für einige Minuten an die Zuckungen der erwähnten Art fesseln. Denn wir müssen uns die Frage vorlegen, wie die Entstehung dieser Kontraktionen wissen- schaftlich zu deuten sei. Es kann zunächst die Meinung auftauchen, daß diese Zuckung nur eine Reflexwirkung sei, von den getroffenen Hautnerven aus angeregt. Diese Idee aber wird bei unbe- fangener Betrachtung rasch aufgegeben werden. Es spricht dagegen erstens, daß diese Erscheinung solche Individuen am stärksten zeigen, welche sonst für Reflexwirkungen am wenigsten empfänglich sind, nämlich robuste Männer, zweitens entschieden die lokale Begrenzung der Kontraktion, drittens auch die Art des mechanischen Angriffes, indem Reflexbewegungen viel leichter durch leise Berührungen, Streichen, Kitzeln u. s. w., als durch Schläge hervorgerufen werden. Dazu kommt aber noch, daß an bloßgelegten Muskeln von Thieren mechanisch erregte Zuckungen wenigstens von Schiff schon beobachtet worden sind, wie derselbe gelegentlich andeutet. Wenn nun aber die sensiblen Nerven aus dem Spiele bleiben, so fragt es sich weiter: „Sind die durch den Schlag getroffenen motorischen Nerven die Vermittler dieser Zuckungen, oder sind die letzteren unmittelbar durch Muskelirritabilität bedingt?“ Denn daß motorische Nerven durch mecha- nische Einwirkungen, z. B. Schneiden, Quetschen, Zerren, derartig gereizt werden können, daß sie die von ihnen abhängigen Muskeln zu Zuckungen veranlassen, ist ja bekaunt, und es ist auch er- wiesen, daß die mechanischen Eingriffe durchaus nicht so stark zu sein brauchen, daß sie die 136 Nervensubstanz zerstören. Es geht das Letztere besonders daraus hervor, daß man von derselben Stelle des Nerven aus durch wiederholte mäßige Schläge mehrmals hintereinander Zuckung hervor- rufen kann, woraus ersichtlich, daß die ersten Schläge die Nervensubstanz an dieser Stelle nicht können getödtet haben. Nach diesem Prinzipe wirkt ja auch das von Herrn Professor Heidenhain erfundene Instrument, welches uns in den Stand setzt, einem Nerven rasch hintereinander viele mäßige Schläge zu ertheilen, wobei dann der zugehörige Muskel in einen Zustand tetanischer Kontraktion geräth. Geschehen also jene durch Perkussion erregten Zuckungen unter Vermittelung der intramus- kularen Nerven oder ohne Mitwirkung der letzteren? Es hängt dieses mit dem ganzen sehr schwie- rigen und verwickelten Kapitel von der Muskelirritabilität zusammen, auf welches ich hier um so weniger näher eingehen will, als ein anderes Mitglied es unternommen hat, den jetzigen Stand dieser Frage in einem Referate der Versammlung vorzuführen. Ich will deshalb nur so viel sagen, daß ich diese Kontraktionen nach ihrem ganzen Typus mit großer Wahrscheinlichkeit als neuromuskuläre ansehe; denn wenn es wirklich eine Muskelirritabilität giebt, so machen es die Untersuchungen und Auseinandersetzungen von Schiff zum Mindesten wahrscheinlich, daß deren Wirkungen sich nicht durch eigentliche Zuckungen, sondern in ganz anders gearteten Formveränderungen äußern, auf welche ich jetzt etwas näher eingehen muß. Ich erwähnte vorhin, daß, wenn man mit dem Perkussionshammer allein ohne Plessimeter klopft, oder eben so, wenn man mit dem Rande der Hand oder einem stumpfkantigen Instrument den Muskel klopft, sich zu den Zuckungen, welche die ganze Länge des Muskels betreffen, noch eine andere Erscheinung hinzugesellt. Es ist dies die von Schiff entdeckte und von ihm sogenannte idiomusku- läre Kontraktion. Schiff beobachtete diese zuerst an bloßgelegten Muskeln unlängst getödteter Thiere. Wenn er mit einer Nadel quer über die Muskelfasern hinwegstrich oder sie mit irgend einem stumpf- kantigen Instrumente klopfie, so erhob sich an der getroffenen Stelle langsam ein scharf begrenzter derber Wulst, der dann einige Zeit bis zu mehreren Minuten stehen blieb und darauf langsam wieder zurücksank. Wenn der Muskel während des Versuches sonst ruhig bleibt, so hat der Wulst genau die Form des benutzten Instruments. Hat man mit einem Messer gestrichen, so ist der Wulst grad- linig, hat man mit einem Ring geklopft, so ist er ringförmig u. s. w. Diese sonderbaren Formen der Muskelthätigkeit, welche übrigens auch durch die in den Wülsten nachgewiesene negative Stromes- schwankung eine Uebereinstimmung mit der gewöhnlichen Kontraktion zeigen, unterscheiden sich also von dieser letzteren erstens durch die lokale Beschränkung der Kontraktion auf einen kleinen Theil der Faser, und zweitens durch ihren langsamen Verlauf. Schiff bezeichnete diese Erscheinung als idiomuskuläre Kontraktion, weil sich aus verschiedenen Umständen schließen läßt, daß sie ohne Be- theiligung der Nerven durch eine eigene Muskelreizbarkeit bedingt ist, und er ist überdies der An- sicht, daß ausschließlich diese Form von Kontraktion eine Kundgebung der einfachen Muskelreizbarkeit sei. Seit den Mittheilungen Schiff’s sind diese Beobachtungen von vielen Seiten bestätigt worden. Unter Anderen hat Funke mit E. H. Weber die Sache auch an der Leiche eines Hingerichteten versucht, und die Erscheinung soll bis 24 Stunden nach dem Tode herbeizuführen gewesen sein, übrigens auch mit der Entfernung vom Zeitpunkte des Todes an Deutlichkeit und Dauerhaftigkeit zugenommen haben. Funke stellt dabei die Meinung auf, daß diese lokale Kontraktion nicht sowohl ohne Nervenmitwirkung erfolge, sondern auf dem allmäligen Absterben der Muskelnerven nach dem Tode beruhe, wobei nicht blos die allgemeine Energie, sondern besonders auch die Leitungsfähigkeit der Nervenfasern sich verringere. Während nämlich im lebenden Zustande von einem gereizien Punkte aus der Reiz längs der Nervenfaser und ihrer Aeste rasch fortgeleitet und mittelst dieser auf alle einzelnen Partieen der Muskelfaser übertragen werde, beschränke sich nach dem Tode im er- lahmenden Nerven die Leitung auf eine kurze Strecke und somit auch die Kontraktion auf einen kleinen Theil der Muskelfaser, welcher mit jener Strecke in unmittelbarer Wechselwirkung steht. Einer solchen Auffassung nun treten entschieden die Thatsachen entgegen, welche ich Ihnen bald vorführen werde. Man kann nämlich die idiomuskulären Kontraktionswülste sehr wohl auch am 137 lebenden Menschen beobachten und hervorrufen. Wenn ich an meinem Versuchsindividuum auf einen der Oberfläche nahe gelegenen Muskel, z. B. auf den Biceps oder den Cucullaris, mit dem Rande der Hand oder dem Perkussionshammer klopfen werde, so werden Sie zuerst die anfangs beschrie- bene Bündelzuckung bemerken, einen Moment darauf aber wird sich an der getroffenen Stelle ein länglicher Wulst mit einer oberen Kante, oder bei Anwendung des Hammers ein kleiner, rundlicher, eiwas zugespitzter Hügel erheben, einige Sekunden stehen bleiben und dann ziemlich langsam wieder einsinken. Auch nachdem er dem Gesichtssinn sich entzogen hat, kann man ihn noch einige Zeit, manchmal über eine Minute lang, durch das Gefühl als eine harte knotige Stelle im Muskel unter- scheiden. Je stärker man geklopft hat, desto höher erhebt sich im Allgemeinen der Hügel und desto länger steht er; doch sind bei nur einigermaßen dünner Haut ganz mäßige, selbst leichte Schläge von hinreichender Wirkung. Dieser Versuch gelingt an fast allen, auch ganz gesunden er- wachsenen Individuen, wenn nur nicht ein zu dicker panniculus adiposus die Formveränderung der Muskeln verdeckt; aber auch dann kann man häufig doch durch das Gefühl die kontrahirte Stelle im Muskel erkennen. Es geht aus diesen Beobachtungen hervor, daß die idiomuskuläre Kontraktion dem lebenden und ganz normalen Organe zukommt, und daß sie neben der gewöhnlichen als Zuckung auftretenden Kontraktion in denselben Theilen gleichzeitig vorkommt. Zu diesen beiden Formen der Muskelthätigkeit kommt nun ferner noch eine dritte höchst interes- sante Art der Kontraktion, welche an Wirbelthieren wiederum zuerst von Schiff genauer beobachtet worden ist, nämlich eine Art peristaltischer Bewegung der quergestreiften Muskelfaser. Schiff sah nämlich, daß zu einer gewissen Zeit nach dem Tode, in einem bestimmten Stadium der Erreg- barkeit, wenn nämlich, wie er angiebt, der Muskel eben aufgehört hat, mechanische Reizungen durch die gewöhnlichen rasch geschehenden Zuckungen zu beantworten, daß dann auf mechanische Reizung neben dem idiomuskulären Hügel ein Spiel von wellenförmig ablaufenden Kontraktionen eintritt, indem an beiden Seiten des Wulstes Erhebungen sich zeigen, welche sichtbar nach beiden Enden des Muskels hin fortkriechen, dort umwenden und zum Muskel zurückkehren, auf dem Rückwege aber neuen inzwischen vom Wulsie ausgegangenen Wellen begegnen, mit ihnen sich kreuzen und auf diese Art ein zierliches Wellenspiel darstellen, welches einige Sekunden andauert. Schiff sah diese Er- scheinung zwar auch an einigen lebenden Thieren, immer aber nur an solchen, welche unter beson- deren Umständen in einem sehr geschwächten paretischen Zustande sich befanden, z. B. bei winterschlafenden Igeln und Fröschen, und bei Fröschen, denen seit längerer Zeit die Nervencentra zerstört waren. Schiff wurde hierdurch in der Ansicht unterstützt, daß diese wellenförmige Kontrak- tion an die Stelle der gewöhnlichen Zuckung trete und nur eine modifizirte, nämlich verlangsamte Form derselben sei. Wenn nämlich ein Muskelbündel an irgend einem Punkte seiner Länge gereizt wird, so kontrahirt es sich nicht blos in seiner ganzen Länge, sondern auch anscheinend gleichzeitig in seiner ganzen Länge. Schiff meint nun, diese Gleichzeitigkeit sei nur eine scheinbare; im Grunde sei die gewöhnliche Zuckung das Produkt äußerst rasch ablaufender und kombinirter peristaltischer Kontraktionen; indem nun unter den erwähnten Umständen die motorischen Nerven erlahmten, werde das Wellenspiel allmälig langsamer und so endlich wahrnehmbar. Demgemäß ist nach ihm die wellige Kontraktion die neuromuskuläre, nur verlangsamte Bewegung, im Gegensatz zum idiomuskulären Wulste. Diese Hypothese hat eiwas sehr Bestechendes und es stand ihr eigentlich nichts entgegen, so lange die besprochene Erscheinung nur an todten oder seit längerer Zeit lethargischen Thieren beobachtet war. Ich habe nun aber gefunden, daß dieselbe Erscheinung zuweilen auch am lebenden Menschen vorkommt. Sie werden dieselbe an dem Ihnen vorzustellenden Individuum an zwei Stellen sehen können, nämlich an der inneren Hälfte beider Biceps. Wenn man auf diese Gegenden mit dem Hammer geklopft hat, so bemerkt man gleichzeitig mit dem idiomuskulären Hügel, dicht über und unter demselben zwei flachere Erhebungen, welche in der Längsrichtung des Oberarms unter der Haut langsam fortkriechen und in der Nähe der Ellenbeuge und Achselgrube verschwinden. Es schien 18 138 mir häufig, daß allmälig während dieser Bewegung die Erhebungen niedriger werden, bis sie sich unter der Haut der Beobachtung entziehen. Rückläufige Wellen sah ich nicht; doch ist es möglich, daß sie sich nur wegen geringerer Höhe nicht durch die Haut hindurch bemerkbar machen. Diese Erscheinung gehört unzweifelhaft in die Kategorie der Schiff’schen wellenförmigen Kontraktionen. Sie ist aber darum noch besonders interessant, weil sie einen lebenden Menschen betrifft, und zwar einen Mann, der, obwohl brustleidend, doch bis vor 14 Tagen als Schmied in einer Fabrik gearbeitet hat und auch jetzt seine Arme vollständig frei gebraucht. Hier kann man eine bedeutende Funk- tionsstörung der betreffenden Organe nicht wohl annehmen, und es geht übrigens einen Moment vorher der peristaltischen Bewegung die legitime Zuckung wirklich voran. Die erstere steht also nicht an Stelle der letzteren; sie ist nicht die letztere, durch Verlangsamung in ihre einzelnen Zeitmomente aufgelöst. Vielmehr scheint es, daß sie zur idiomuskulären Kontraktion gehört, eine Fortleitung des wulstbildenden Vorgangs darstell. Demgemäß wäre in gewissen Stadien der Erregbarkeit die idio- muskuläre Kontraktion doch nicht ganz lokal beschränkt; sie pflanzte sich ebenfalls von der Reizstelle aus längs der Muskelfaser fort, wie die neuromuskuläre Zuckung, jedoch in anderer Form und mit geringeren mechanischen Effekten. Indem ich diesen theoretischen Punkt hier nur andeute, will ich mich in der Hauptsache begnügen, Ihnen diese interessanten Fakta mitgetheilt zu haben und jetzt zu demonstriren. Bevor ich jedoch hierzu übergehe, will ich doch wenigstens noch ein praktisches Corollarium hinzufügen, um die Bemerkung im Eingange meiner Mittheilung zu rechtfertigen. Die beschriebenen Thatsachen scheinen mir nämlich ein neues Licht zu werfen auf gewisse Heilwirkungen der schwe- dischen Heilgymnastik. Sie wissen, daß in der letzteren die Hackungen und Klopfungen der Muskeln eine Rolle spielen. Bis vor Kurzem nun bot die Physiologie keinerlei sichere Stützpunkte für die Erklärung einer nützlichen Wirkung dieser Manipulationen. Denn die vagen Redensarten von Anre- gung der Vitalität, von Belebung der Cirkulation u. s. w. wird man wohl als rationelle und befrie- digende Erklärungen nicht wollen gelten lassen. Wenn aber das Klopfen Zuckungen des Muskels veranlaßt, so ist es in der That eine Reizung des Organs, wie man aus dem funktionellen Effekte ersieht. Die Methode enthält hierin eine Analogie mit der Faradisation, bei welcher die künstlich hervorgerufenen Kontraktionen gewiß eine bedeutende Rolle spielen. Zwar ist es wahrscheinlich, daß bei der Anwendung der Elektrizität der Heilerfolg nicht von den künstlichen Zuckungen allein abhängt; denn auch der konstante Strom, welcher an sich, wenigstens in der Regl, keine Zuckungen bedingt, vermag die erloschene Erregbarkeit wieder herzustellen, und nach Duchenne soll sich unter Anwendung der Elektrizität die Ernährung der Muskeln schon heben, bevor noch die elektromusku- läre Erregbarkeit wiederhergestellt ist. Allein sobald die letztere ein Mal vorhanden ist, müssen wohl die künstlichen Kontraktionen nach dem Prinzipe der Stärkung durch Uebung bedeutend zur Heilung beitragen, und die Erfahrung stimmt hiermit überein. In dieser Beziehung können die Klopfungen als ein Surrogat der Faradisation betrachtet werden; wenigstens scheint mir hiermit ein Gesichtspunkt gewonnen zu sein, um diese Sache einer neuen Prüfung zu unterwerfen. Nachträgliche Bemerkungen. Obigem Vortrage vom 3. Februar d. J. sehe ich mich veranlaßt, jetzt, beim Drucke des Be- richtes, ein Paar Bemerkungen hinzuzufügen. 1) Damals war mir die Arbeit von W. Kühne im Novemberheft des letzten Jahrganges von Müller’s Archiv, in welcher theilweise über dieselben Gegenstände verhandelt wird, noch nicht be- kannt, und es rührt daher, daß auf die Beobachtungen und Ansichten Kühne’s keine Rücksicht ge- nommen ist. Wenn nun in einem Punkte, nämlich in der Deutung der wellenartigen Kontraktion als idiomuskulärer, die Ansicht Kühne’s mit meiner damals gegen das Ende meines Vortrages ausgespro- chenen Auffassung übereinstimmt, so haben mich gleichwohl inzwischen fernere Beobachtungen an Menschen und Thieren dahin geführt, jene Ansicht zu modifiziren. Ohne mich über die gegenseitigen Beziehungen 139 jener drei Formen der Muskelthätigkeit hier weiter aussprechen zu können, muß ich doch sagen, daß mir die Annahme, die wellenförmige Kontraktion sei immer und wesentlich identisch mit einem Fort- schreiten des wulstbildenden Vorgangs längs der Muskelfaser, nicht so ausgemacht erscheint, daß ich sie gegenwärtig vertreten möchte. Es dürfte aber der allgemeinen Bestimmung der obigen Mitthei- lung entsprechen, in Bezug gerade auf die Beobachtungen am Menschen hier noch Folgendes zu erwähnen. Ich habe seit jener Zeit zwar die idiomuskulären Hügel noch an sehr vielen Individuen beobachten können, aber nur ein einziges Mal wieder die wellenförmige Kontraktion. Der Hügel oder Wulst erhebt sich im ersten Momente, wenn man genau zusieht, nicht an dem Orte, auf wel- chen der Schlag gerichtet war, sondern etwas darüber oder darunter, indem durch die anfängliche Zuckung die getroffene Stelle des Muskels nach oben oder unten verrückt wird, je nach der relativen - Stellung und Fixirung der beweglichen Knochen; erst einen Moment darauf, wenn die Zuckung * vorüber ist, entspricht der idiomuskuläre Hügel der getroffenen Hautstelle. Verschiedene Spannungs- grade des Muskels haben keinen merklichen Einfluß auf die Erscheinung. Auch wenn zur Zeit des Experimentes der Muskel in einem mäßigen Grade andauernder Kontraktion sich befunden hat, ist die lokale idiomuskuläre Kontraktion doch noch sehr wohl zu sehen oder wenigstens zu fühlen; doch je intensiver eine gleichzeitige Gesammt-Kontraktion, desto undeutlicher wird das idiomuskuläre Phänomen, was sich leicht begreift, indem damit die mechanisch getroffene Stelle einer immer ge- ringeren Steigerung ihres Kontraktionszustandes fähig wird. So konstant nun die Wulst- und Hügel- bildung und die Besonderheiten ihres Auftretens sich verhalten, so selten müssen die Bedingungen vorhanden sein, unter denen die wellenförmig ablaufende Kontraktion im lebenden Menschen eintritt oder sichtbar wird; denn ich habe sie eben unter mehr als hundert gesunden und kranken Individuen außer an jenem Manne, den ich der hiesigen medizinischen Gesellschaft vorgestellt, nur noch an einem zweiten gesehen. Jener erstere nun, einige und 40 Jahr alt, hatte zwar noch 14 Tage vorher seit einigen Wochen als Schmied in einer Fabrik gearbeitet und mußte also vor Kurzem noch beträchtliche Muskelkräfte gehabt haben, doch war er seit mindestens einem Jahre, wo ihn ein hämoptoischer Anfall betroffen, tuberkulös, hatte eben auch in den letzten 14 Tagen eine fieberhafte Steigerung seiner Lungenkrank- heit mit blutigem Auswurf durchgemacht und starb übrigens 6 Wochen darauf, nachdem er inzwischen noch eine heftige Pleuritis mit bedeutenden, später wieder größtentheils resorbirten Exsudaten durch- gemacht hatte, an Phtisis. Zur Zeit der Beobachtung war er bereits sowohl durch seine Krankheit als auch durch vorangegangene lange Entbehrungen in Folge von Arbeitslosigkeit sehr abgemagert. Hierdurch war nun allerdings auch seine Haut sehr dünn, fast durchscheinend, und darum besonders geeignet, die darunter vorgehenden Bewegungen gut erkennen zu lassen. Aber es wäre doch mög- lich, daß einzelne Muskelpartieen bereits in einem abnormen Ernährungszustande mit alterirter Funktionsfähigkeit sich befunden haben, und daß hierdurch der Eintritt der welligen Kontraktionen bedingt war. Der zweite Fall freilich bietet für eine solche Deutung geringeren, obwohl immer einigen An- halt; derselbe kam mir erst vor Kurzem zur Beobachtung. Er betraf einen jungen Mann, 25 Jahr alt, Schlosser, der sich mir nur zur Erlangung eines Attestes über seine Gesundheit und Arbeitsfä- higkeit zum Eintritt in eine Fabrik vorstellte. Er war erst vor drei Wochen vom Militair entlassen worden, nachdem er ein Jahr lang als Reservist in Dienst gestanden; die letzten 3 Wochen war er ohne Beschäftigung gewesen, doch ohne Noth zu leiden. - Er zeigte die Erscheinung der welligen Kontraktion an einigen der mittleren Bündel des rechten Pectoralis, übrigens ganz ähnlich der früher am ersten Individuum beobachteten. Die anderweitige Untersuchung wies zwar keinerlei organische Krankheit nach, jedoch Magerkeit, sehr welke Muskulatur, beträchtliche Anämie, Neigung zu Ohn- machten; auch während meiner nur wenige Minuten dauernden Perkussionsversuche trat zwei Mal Anwandlung von Ohnmacht ein, welche mich nöthigte, die Versuche zu unterbrechen, so daß ich eben hierdurch auch an einigen mir wünschenswerthen Vervollständigungen der Beobachtung verhindert 18* 140 wurde. Namentlich bin ich nicht ganz sicher, ob gerade diejenigen Bündel des Pectoralis, welche die wellenförmige Kontraktion zeigten, auch Gesammtzuckungen gewöhnlicher Art machten, obwohl ich an anderen Bündeln dieses selben Muskels die Zuckungen bestimmt gesehen habe. Die individuellen Verhältnisse anlangend, bieten jedenfalls meine beiden Fälle einen gemein- schaftlichen Umstand dar. Beide Männer hatten sich im Verhältniß zu ihren Kräften übermäßig an- gestrengt. Der erstere hatte bei vorgeschrittener Tuberkulose und sehr dürftiger Lebensweise mehrere Wochen hindurch als Schmied gearbeitet, der andere hatte bei offenbar unzureichender Körperbe- schaffenheit die Strapazen des Militairdienstes mitgemacht. Das ist bemerkenswerth. Wenn also die wellenförmige Kontraktion im lebenden Menschen nicht ein normaler, nur gewöhnlich unter der Haut sich verbergender Vorgang sein sollte, so scheint jener Umstand darauf hinzuweisen, daß sein Ein- treten durch vorangegangene relative Ueberanstrengung bedingt sein und demgemäß wohl als ein Zeichen geschwächter Funktionsfähigkeit gelten könne. Eine Entscheidung hierüber muß bis nach ferneren vielfältigeren Beobachtungen dahingestellt bleiben. 2) Unter den Beziehungen zur praktischen Medizin, auf welche ich in dem Vortrage hinwies, hatte ich noch eine andere Verwerthung im Sinne, auf welche ich seitdem näher eingegangen bin. Der Gedanke war der, daß sich die Erscheinungen der mechanischen Reizbarkeit vielleicht würden verwenden lassen zur Unterstützung der differentiellen Diagnose der verschiedenen Arten von Läh- mungen und ihrer Stadien, ähnlich wie dies die Faradisation in gewissem Maße leistet. Hierzu würde nun vor Allem gehören die Herbeischaffung einer breiten empirischen Basis, indem aus einer größeren Anzahl klarer Fälle festgestellt würde, wie sich in den verschiedenen Klassen der Lähmun- gen und ihrer Stadien die mechanische Reizbarkeit verhält, auch wie weit sich hierbei Uebereinstim- mang oder Abweichung von der elektrischen Reizbarkeit herausstellt. So würde man diagnostische Regeln begründen können. In dieser Beziehung habe ich schon seit der ersten Hälfte des Februar angefangen Materialien zu sammeln, und haben sich auch für einzelne Klassen von Lähmungen konstante Verhältnisse ergeben. Nach Gewinnung einer vollständigeren Reihe verschiedenartiger Fälle gedenke ich hierüber weitere Mittheilungen zu machen. Zweite außerordentliche Sitzung am 17. Februar: Berathung innerer Angelegenheiten der Sektion. Dritte Sitzung am 2. März: Nach Genehmigung des Protokolls der zweiten außerordentlichen Sitzung giebt Herr Professor Lebert eine Analyse von Beobachtungen über akuten Gelenkrheumatismus, die er in den Jahren 1855 bis 1859 in Zürich angestellt und genau protokollirt hat. Ausgeschlossen bleiben leichtere Fälle dieser Krankheit und einige ganz schwere Affektionen, so daß nur mittlere und mit einander vergleichbare Fälle in Betracht gezogen sind. In Bezug auf patho- logische Anatomie hat der Vortragende in den meisten Gelenken eine Veränderung der Syno- vialflüssigkeit von leichter Trübung bis zu völliger Eiterbildung konstatirt. Hinsichtlich der Dauer stelle sich ein mittleres Verhältniß von 31—35 Tagen heraus, nur in 4 Fällen sei rascher Tod ohne angebbare Todesursache eingetreten. Häufig seien indeß Recidive oder eigentlich Exacerbationen nach vorangegangener Remission, ohne daß die Krankheit dabei gehoben sei. Durch Beachtung dieses Umstandes stelle sich die Dauer wesentlich anders, als sie namentlich von französischen Beobachtern (Bouillaud) angegeben werde, Von Komplikationen bespricht der Vortragende namentlich die Herzaffektionen; man habe hier wirkliche Herzaffektion, Peri- und Endokarditis und bloßes systolisches Geräusch zu unterschei- den; letzteres berechtige nicht zur Annahme einer Herzaffektion. Rechne man letzteres indeß als Herzaffektion mit, so sei eine solche in der Hälfte der Fälle, wirkliche Betheiligung des Herzens dagegen nur in einem Viertheil der Fälle zugegen. Außerdem komme namentlich Pleuritis vor. 141 Der Vortragende spricht sich bei dieser Gelegenheit gegen die Auffassung des Endokardiums als seröse Haut aus. Ausführlich setzt derselbe die Resultate der Therapie auseinander. 9 Fälle seien ohne Arzneimittel behandelt worden; die Dauer der Krankheit betrage in diesen Fällen im Ganzen 35 Tage. Mit Zitronensaft (Zvj pro die) seien 34 Fälle behandelt worden; die Dauer stelle sich auf nur 28 Tage heraus. Es trete unter dieser Behandlung bald eine Erleichterung ein und das Mittel sei an sich angenehm für die Kranken. Von Salpeter in kolossaler Dosis habe er keine Einwirkung auf die Krankheit, aber bedeutende gastrische Störungen gesehen; von kleinen Dosen gar nichts. Dagegen seien 21 Fälle mit Natron nitrie. 3j—3f in Verbindung mit Stibio- Kali tartarieum gr.j—ij behandelt worden und habe sich hier eine Dauer von 31 Tagen gezeigt. - — Eigenthümlich sei die Einwirkung des Chinins; so lange der Chininrausch dauere, träten die Schmerzen und das Fieber zurück, kämen aber wieder, so daß er der Anpreisung dieses Mittels von Bouillaud nicht beipflichten könne. Die Anzahl der mit Chinin behandelten Fälle beträgt 14, die Dauer der Krankheit 34,5 Tage. Eben so wenig habe er von Blutentziehungen guten Erfolg gesehen. Venäsektionen brächten oft eine sehr unangenehme Prostration und schwierige Rekonvaleszenz hervor; protrahirte Blutentziehungen durch Blutegel in häufiger Wiederholung hätten ebenfalls keine deutliche Erleichterung oder beschleunigte Besserung zur Folge; dasselbe gelte von oft wiederholten flüchtigen Vesikantien und längere Zeit in Eiterung erhaltenen Blasenpflasterwunden, so wie von Jodeinpinselungen. Auch innerlich sei Jodkalium ohne Wirkung. Der Vortragende hebt als die ihm am vortheilhaftesten erscheinende Behandlung die mit Zitronensaft hervor. Diese Beobachtungen beziehen sich auf den polyartikularen Rheumatismus. Im mono- artikularen Rheumatismus schafften Blutentziehungen nicht konstante und oft nicht andauernde Erleichterung; dagegen thäten dies Vesikantien, namentlich aber Moxen, so wie die überfliegende (gemäßigte) Glühhitze. Hier seien auch Jodkalium und Brechweinstein von gutem Erfolge. An diesen Vortrag schließt sich eine Besprechung verschiedener gegen Gelenkrheumatismus empfohlener Mittel. So erwähnt Herr Heller des Propylamin, gegen welches sich die Herren Auerbach, Schneider, Cohn und Lewy aussprechen; ferner werden Sublimatbäder von Herrn Asch, und ferner das Coniin, endermatisch angewendet, von den Herren Cohn und Schnei- der sehr anempfohlen. Herr Lebert bezweifelt den Uebergang des Coniin durch die Haut, und Herr Förster bezeichnet es als fraglich, ob die Besserung nicht auf das zugleich mit dem Coniin eingeriebene Feit zu schieben sei, dem Herr Cohn widerspricht. Herr Heidenhain stellt jede Absorption von Stoffen durch die Haut als zweifelhaft hin, indem er, gestützt auf Beobachtungen von Funke, für die meisten Fälle eine Aufnahme durch die Lunge für wahrscheinlicher erklärt und bei Einreibungen die Möglichkeit einer Verletzung der Epidermis in Anspruch nimmt. Hiergegen macht Herr Heller die lokale Wirkung des Coniin bei verhärteten Milchdrüsen geltend, so wie Herr Auerbach die Aufnahme von nicht flüchtigen Stoffen, wie z. B. des Brechweinsteins, des Koch- salzes, welche, auf die unverletztie Epidermis aufgelegt, nicht eingerieben, Pusteln und Erythem er- zeugien. Herr Heidenhain stellt darauf eine Interpellation bezüglich der pathologischen Beobach- tungen, welche zu der Annahme einer Resorption von Stoffen durch die Haut zwingen, an die Kommission für Pathologie und Therapie, deren Vorsitzender, Herr Lebert, dieselbe übernimmt. Nächste Sitzung Freitag den 30. März. Tagesordnung: 1) Vortrag des Herrn Professor Hei- denhain; 2) Fortsetzung der Berathungen. in h Ri Aanktaht ERERÄTURRE rasa RRANAT E 4 ; \Y. Bericht über die Thätigkeit der juristischen Sektion im Jahre 1859 Präsidenten a. D. Dr. Hundrich, 5 zeitigem Sekretair derselben. Der Präsident a. D. Dr. Hundrich hielt in der Sitzung am 14. September 1859 den Vortrag: Ueber Entstehungsursachen von Delikten und über Gegenmittel. Der König Friedrich Wilhelm III. befahl im Jahre 1836 dem Justiz-Minister Mühler wegen der damals auffallenden progressiven Zahl der Delikte zu berichten. Als derzeitiger Präsident des hiesigen Kriminal-Senats wurde ich veranlaßt, mich deßbalb in Betreff des Departements von Breslau umständlich zu äußern. Den damals von mir erstatteten, die vorgeschriebenen 25 Punkte umfassenden ausführlichen Bericht nahm ich jetzt zur Hand und verglich ihn mit den Verhältnissen der Gegenwart. In der Legislation hat sich für die Kriminal-Partie eine erhebliche Umgestaltung ergeben. Das neue Strafgesetzbuch kennt keine außerordentlichen Strafen und keine körperlichen Züchtigun- gen. Die Kriminal-Prozeßordnung beruft die Staats-Anwälte als die Hauptpersonen zur Verfolgung der Delikte, gewährt ihnen auch die Rechtsmittel, während sonst eine reformatoria in pejus völlig ausgeschlossen war. Die Geschworenen und die Richter sind wegen faktischer Feststellungen an. keine strikte Beweistheorie gebunden, auch die Inquirenten sollen zwar für die sorgfältige Aufklä- rung bemüht sein, aber ohne ein übertriebenes Streben, Geständnisse der Schuld zu erringen, wel- ches für die damaligen Urtelsverfasser besonders entscheidend war. Im Leben der Einzelnen behalten übrigens die Bedürfnisse, Leidenschaften und Neigungen ihre eigenthümliche Richtung und ihre oft sträfliche Bahn. Eine Prüfung wegen der am häufigsten wiederkehrenden Ursachen zur Verübung von Delikten - mit Beachtung der örtlichen Verhältnisse scheint zu allen Zeiten zweckmäßig; deßhalb wählte ich dieses Thema zum heutigen Vortrage. Das Departement des Oberlandesgerichtes von Breslau umfaßte im Jahre 1836 aus mehreren Regierungsbezirken 27 Kreise. Bei der Reorganisation der Justiz im Jahre 1849 ist der eine zum Regierungsbezirk von Oppeln gehörige Kreis Kreuzburg dem Appellationsgerichts-Bezirk von Rati- bor mit einverleibt. Jener Kreis zählte damals nur etwa 30,000 Einwohner, welcher Betrag wegen der 1836 aufgestellten Uebersichten nicht bedeutend erscheint, indem damals ohngefähr 725,000 evan- gelische, 415,000 katholische und 10,000 jüdische Einwohner im hiesigen Departement lebten. 144 Gegenwärtig beläuft sich die Gesammtzahl der Einwohner aus den 26 zum hiesigen Appella- tionsgericht gehörigen Kreisen auf etwa 1,400,000. Um das Jahr 1836 war die Zahl der Delikte sehr progressiv. Im Jahre 1834 *) schwebten im hiesigen Departement 5646 Untersuchungen wegen Verbrechen und Vergehen und 5068 Untersuchungen wegen Holzdiebstählen und Contraven- tionen. Diese Zahl wuchs im Jahre 1835 auf 6635 und resp. 5341 Sachen. So füllten sich denn auch die Gefängnisse und Strafanstalten in unserer Provinz um so auffal- lender, als Schlesien doch im Ganzen eine gut geartete Einwohnerschaft umfaßt. Der schlesische Volksstamm bewohnt auch ein meistentheils gesegnetes Land, in welchem Vaterlandsliebe und Ge- sittung, Sinn für Kunst und Wissenschaft, Fleiß im Ackerbau, im Bergwesen, in Fabriken und Ge- werben aller Art heimisch zu sein pflegen. Hierbei sind sehr förderlich: die unerschöpflichen Lager von Steinkohlen, die Kunststraßen und Eisenbahnen nach allen Richtungen, auch der Wassertrans- port auf der — leider den Versandungen öfters unterliegenden — Oder. Der Arbeitslustige findet im hiesigen Bereiche fast überall die Gelegenheit zur Thätigkeit und zur Verwerthung seiner Kräfte. Mehrere Kreise Schlesiens und der Grafschaft Glatz zeichnen sich durch schöne Berge und Wälder aus, so wie durch ihre trefflichen Heilquellen; die angrenzenden Kreise von Strehlen, Frankenstein, Reichenbach, Schweidnitz, Striegau und Jauer sind im Ackerbau vorzüglich lohnend. Andere Kreise auf dem rechten Oderufer, wie Trebnitz und Oels, sind hierin wie in Obstzucht gleichfalls ergiebig, und der Viehstand, besonders in reichen Schafheerden, ist bei uns fast überall vortrefflich. In den genannten Kreisen der Ebene zeigen sich, verhältnißmäßig nach der Zahl der Einwoh- ner, weniger Delikte, als in den Gebirgs- und Grenz-Kreisen. Merkwürdig ist es, wie die in den Gebirgen, besonders auch in den Städten wohnenden Menschen eine größere Reizbarkeit und Sinn- lichkeit zu zeigen pflegen, als die Bebauer des platten Landes, denen ihre tägliche Arbeit in freier Luft, auch ihre einfachen Nahrungsmittel gewöhnlich ruhiges Blut und gesunden Schlaf gewähren. Der schlesische Volksstamm ist übrigens im Allgemeinen wohl etwas weichlicher und reizbarer, als das Volk im Magdeburg’schen, Halberstädt’schen und in Westphalen, wo auch wohl kräftigere Nahrungsstoffe von der Mehrzahl genossen werden, als die hier bei sogenannten kleinen Leuten vorzüglich heimischen Kartoffeln. Durch unsere Militair-Verfassung — glänzend abweichend gegen die Zeit meiner Jugend, wo das Werbewesen und die Spießruthenstrafen noch üblich waren — wird überall in Kräftigung der jungen Männer aus allen Ständen bei uns viel erreicht. Man hört behaupten: Im Allgemeinen wären in Weinländern die Menschen geistig und kör- perlich vorzüglich rege; in Ländern, wo der Genuß des Bieres vorherrsche, minder, und in Ländern, wo der Branntwein besonders beliebt sei, am wenigsten; aber der Mensch gedeihet bei seiner großen Elasticität wohl in allen Ländern, wenn er die Lehre befolgt: ora et labora! Erhebung des Gemüths mit Vertrauen zum allweisen Schöpfer des Weltalls, Gebrauch der Kräfte in nützlicher Thätigkeit schaffen überall Zufriedenheit und begründen, mehr und minder nach den individuellen Verhältnissen, den auskömmlichen Wohlstand. Allerdings führen äußere Verhältnisse auch manche Hindernisse mit sich. Stockungen im Han- delsverkehr, **) Mißernten und Mangel an Arbeit erzeugen Armuth und Noth, welche manche Delikte *) In Schön’s Geschichte der europäischen Civilisation, Leipzig bei Hinrichs 1833, sind die Strafsachen in Preussen — ausschliesslich der Rheinprovinz — angegeben zu 10,936 im Jahre 1S17 und zu 32,553 im Jahre 1830. Allerdings hatte sich auch die Einwohnerzahl inzwischen bedeutend vermehrt. In Spanien schwebten im Jahre 1826 viele Untersuchungen, darunter 1233 wegen Mordthaten und Tödtungen, 1033 wegen schwerer Verwundun- gen, auch 2763 wegen Gotteslästerung, ein bei uns minder gekanntes Delikt. ’°*) Schlesien hatte vor Zeiten einen bedeutenden Handel mit Leinwand nach Amerika; auch gewährte der Freistaat Krakau, bevor er plötzlich an Oesterreich kam, einen wichtigeren Uebergangspunkt für schlesische 145 verursachen, besonders Eingriffe in fremdes Eigenthum. Im Winter wird gewöhnlich mehr gegen das Eigenthum, im Sommer mehr gegen die Person gefrevelt. Als vor mehreren Jahren manche Mißgeschicke — in schlechten Ernten, Ueberschwemmungen, Kartoffelkrankheiten u. s. w. — die hiesige Provinz heimsuchten, füllten sich die Gefängnisse und Strafanstalten so übermäßig, daß mehr Räumlichkeiten mit schweren Kosten geschafft, auch Ein- richtungen getroffen wurden, Sträflinge — unter gewissen Bedingungen mit Vorsichtsmaßregeln — an Gutsbesitzer als Arbeiter zu senden. Dies hat sich in neueren gesegneten Jahren geändert; die Zahl der Untersuchungen und Be- strafungen hat sich erheblich gemindert, abgesehen von gewissen Diebstählen, Fälschungen und Banquerotten. Im Ganzen würde das Resultat noch erwünschter sein, wenn manche Volksklassen — wie Bergleute und Weber — nicht bei ihrer einseitigen Beschäftigung stehen bleiben und lieber darben wollten, als bisweilen ihre Kräfte in Feldarbeiten zu verwerthen. Als die Tendenzen des Lebens in jedem Staate bezeichnet man: 1) gemeinschaftliche Individual-Freiheit, und als Mittel: Rechtsschutz; - 2) gemeinsamen Erwerb des Lebensunterhaltes und Lebensgenusses, als Mittel: National- Oekonomie; 3) gemeinsame Erfahrungen und Empfindungen, als Mittel: Unterricht und kirchliche Einrichtungen. Vergleichen wir die Gesetze und Institute in unserem Preußenlande mit denen mancher anderer Staaten, so finden wir in unserer Verfassung und in unserem Gerichtswesen den Rechtsschutz achtungswerth. Durch die Aufhebung der Erbunterthänigkeit, Theilung der Gemeinheiten, Ablös- barkeit der Dienste, Erleichterung des Verkehrs für Handel und Gewerbe ist die National-Oeko- nomie gekräftigt. Auf den Universitäten, in Gymnasien, Stadt- und Dorfschulen zeigt sich bei uns das Unterrichtswesen ausgezeichnet; auch ist durch regeren Sinn des Volkes und durch mannigfache, bisweilen schwierige Fürsorge der Behörden unser Kirchenwesen gehoben, mit größerer Theilnahme der verschiedenen Religionsparteien. *) Wir Preußen können mithin wohl dankbar unserer Regierung in ihren Bemühungen für das Wohl des Volkes vertrauen, namentlich auch im Kriminal-Wesen, worin sich die vortheilhafte Ein- wirkung mannigfach bewährte. Als ich im Jahre 1832 von Düsseldorf hier eintrat, fand ich mehrere Gefängniß - Anstalten, besonders zu Brieg, Namslau, Trebnitz, Neumarkt, **) Waldenburg in einem traurigen Zustande; die Fürsorge für entlassene Sträflinge ruhete, die Beschäftigung der meisten Gefangenen bestand in dem leidigen — oft wegen des Staubes und Schmutzes in dumpfigen Räumen schädlichen — Federnreißen. Diese Anstalten sind allmälig trefflich umgestaltet; es sind neue Gebäude zweckmäßig aufge- führt, die Beschäftigung der Verhafteten ist mannigfach geregelt, es sind jetzt Einrichtungen in Ordnung und Sauberkeit, namentlich für die Gefangenen-Häuser in der Stadt Breslau getroffen, welche sehens- und nachahmungswerth genannt werden können. Für Entlassene wirkt der Provinzial-Verein unverdrossen nach vielen Richtungen und häufig mit ersprießlichem Erfolge. Landesprodukte in das Ausland. Die Städte Breslau, Brieg etc. wurden vor einigen Menschenaltern öfters von russischen Caravannen besucht. *) Hierfür sprechen theils der Vincenz-Verein, theils die Bibelgesellschaften und der Gustav-Adolph-Verein. » **) In Namslau wie in Neumarkt entfernten sich damals einige Arrestaten während der Nacht aus den Ge- fängnissen, verübten dann Delikte, kehrten vor dem Morgen zurück und konnten sich, wenn sie der neuen Delikte beschuldigt wurden, auf ihre Gefangenschaft zum Beweise des Alibi beruien, bis einem solchen Treiben ein Ziel gesetzt wurde. 19 146 Vergleichen wir die historische Darstellung unseres Sektions-Mitgliedes, Herrn Stadtgerichts- Rathes Güttler, über die Gefängnißanstalten der hiesigen Stadt, S. 209—217 des 34. Jahresberichtes unserer Gesellschaft, mit dem gegenwärtigen Zustande, so erfreuen wir uns des trefflichen Fort- schrittes um so mehr, als sich auch der dort zum Schluß ausgesprochene Wunsch hier erfüllt hat: daß die Zahl der Verbrechen inzwischen bedeutend abnahm und die Zahl der Verhafteten sich etwa um ein Dritiheil verringerte. Am 15. Januar 1856, wo der Güttler’sche Vortrag gehalten wurde, befanden sich zu Breslau: 1281 Arrestaten in der größeren Gefangenen-Anstalt A. 500 Bi im Filialgefängniß B. 1781 Heute sind darin nur vorhanden: a) 886 in der Haupt-Anstalt, incl. 255 Weiber und 2 Säuglinge, b) 384 Mannspersonen in der Filial-Anstalt. 1270 in Summa. Solche Wahrnehmungen gegen frühere Zustände sind doppelt wichtig, weil jetzt die Verfolgung der strafbaren Handlungen durch die Staats-Anwälte veranlaßt wird. Früher übten manche Grundherren viel Eigenmächtigkeiten *) unter Vermeidung eines geregelten Verfahrens; sie beschwichtigten auch wohl die Damnifikaten durch Ersatz des Schadens aus eigenen Mitteln, um förmliche Denunciationen und Untersuchungen bei den königlichen Behörden zu vermei- den, woran sich oft Verbindlichkeiten zur Kostentragung knüpften. Als der König vor etwa 23 Jahren, wie bemerkt, über die progressive Zahl der Delikte den Bericht des Ministers erforderte, deutete der Letztere 25 Punkte zur Erörterung in seinen Reskripten an. Mehrere derselben sind inzwischen durch Veränderung in der Legislation erledigt, andere lassen sich bei ihrer Gleichförmigkeit verbinden; übrigens folge ich in 12 Punkten meistens dem Reihensatze meines damaligen umfangreicheren Berichtes mit Beifügung neuer Bemerkungen. Die gedachten Punkte betreffen: 1. Die Vernachlässigung des Schulbesuches. Im Allgemeinen ist den Bewohnern des hiesigen Departements hierbei kein gerechter Vorwurf zu machen, wenn man bedenkt, wie in manchen Familien durch Noth, Krankheiten und dergleichen Uebel unüberwindliche Hindernisse eintreten, welche erschweren, die Wohlthat der Schulen gehörig zu benutzen. Für Kinder von Arrestaten und Züchtlingen ist der Unterricht freilich besonders nöthig, namentlich in der Moral, denn bei verwahrlosten Kindern solcher Familien wuchert nur zu leicht ein verderbter Sinn auch in dem jungen Geschlecht, wenn dem ihnen gegebenen üblen Beispiel nicht umsichtig begegnet wird. In mehreren Kreisen — wo, wie in Namslau und Polnisch-Wartenberg, die polnische Sprache noch üblich ist — können sich manche Familienväter mit den jetzt eingeführten Lehrgegenständen nicht hinlänglich befreunden, so daß sie — wenn sie sich läßig bezeigen — der Bestrafung seitens der Behörde verfallen. *) Vor wenigen Menschenaltern liess ein Grundherr vornehmen Standes in dem benachbarten Polen fünf Bürger aus Kozmin sofort aufhängen, als sie zum Feste für sich und die Ihrigen Fische aus dem Schlossteiche entwendet hatten; aber bis zu dem Jahre 1948 übten auch in Schlesien manche Gutsbesitzer in Bestrafung von Delikten eigene Justiz durch körperliche Züchtigungen, wobei sie der Tragung bedeutender Kosten — statt der zahlungsunfähigen Inquisiten — entgingen, welche bei den königlichen Behörden an Verpllegungskosten und selbst an Urtelsgebühren entstanden sein würden, 147 Als Mittel, den Eifer für den Schulbesuch zu beleben, dürfte es dienen: durch die Superin- tendenten, Erzpriester und Ortsgeistliche, unter Zuziehung eines Mitgliedes der Ortsbehörde, öfters unerwartete Revisionen zu bewirken, die unlauteren und trägen Lehrer wo möglich zu bessern oder sie zu entfernen, dagegen die tüchtigen durch Anerkenntnisse zu erfreuen, desgleichen fleißige *) und siitlich gute Kinder durch Geschenke von Büchern und dergleichen auszuzeichnen. Die Verbreitung der deutschen Sprache über alle Theile unserer Provinz erscheint hierbei sehr wesentlich. Es ist dafür in dem letzten Menschenalter viel gewonnen durch Aufhebung der Erb- unterthänigkeit, Gewährung freien Verkehrs, Benutzung von Kunststraßen und Eisenbahnen, öffent- liche Verhandlung vor Gericht und vorzüglich durch unsere Militair-Verfassung. Aber die Schulen sind wohl besonders die Stätten, worin für deutsche Sprache und deutsche Gesittung erfolgreich gewirkt werden kann, wofür gute Volksschriften und Lieder gleichfalls för- derlich sind; sie heben den Sinn für Religion und Tugend und fachen Vaterlandsliebe an. 2. ber Besuch von Wirthshäusern und Tanzstätten durch unerwachsene Personen. Ein solcher Besuch ist dann nicht unbedingt zu hindern, wenn die Eltern ihre Kinder zur Be- ‚gleitung mit sich nehmen. Aber ein selbstständiger Besuch solcher Vergnügungsörter seitens der noch schulpflichtigen Personen läßt sich vermeiden. Die Wirthe selbst, vorzüglich aber die Ortsbehörden, können und müssen um so kräftiger solchen Besuchen entgegentreten, wenn in den bemerkten Stätten nicht selten Unsittlichkeiten vorherrschen, verwerfliche Lieder gesungen, auch Ueppigkeiten in Speise und Trank getrieben werden, welche verführerisch wirken. Das Sprichwort: ‚Jung gewohnt, alt gethan“ mahnt dafür, bei den Kindern zeitig gute Gesittung zu pflegen und sie zur Erfrischung in Gottes freie Natur — in Feld und Wald — zu führen! 3. Viel Kirchweihfeste mit ihrer Dauer und Reihenfolge. Meine Beobachtungen hierüber im Magdeburgischen, wo ich zuerst Richterstellen einnahm, ‘waren ohne Bedeutung; solche Feste sind dort seltener. Anders gestaltete es sich, als ich Oberlandesgerichts-Rath in Halberstadt war, wohin auch das Eichsfeld gehört. In dieser Gegend entstanden damals bei den Kirchweihfesten manche arge Schlägereien, selbst ohne erhebliche Veranlassung, besonders gegen Fremde aus solchen Ortschaf- ten, wo einmal ein Bewohner der Kirchweihstätte eine Beleidigung erlitten hatte, welche nun ver- golten werden sollte. Im Rheinlande wollten bei Düsseldorf manche Kirmeßlustbarkeiten kein Ende nehmen; auch hier in Schlesien erhielt ich die Mittheilung, daß Vergnügungssüchtige mit Weib und Kind im Herbste von Dorf zu Dorf zu Kirmeßfeiern ziehen könnten, welche einzelne Wirthe für ihnen per- sönlich beliebige Tage ansagten. Der Nachtheil solchen Uebermaßes leuchtet ein; es erzeugen sich dabei Arbeitsscheu, Ueppig- keit und Verarmung, woraus Delikte hervorgehen, so daß geistliche und weltliche Behörden ein- wirken möchten, besonders um die Zahl und Dauer solcher Feiertage zu beschränken. 4. Der Luxus in den Kleidern. Die Erfahrung zeigt, wie eine gewisse Gleichförmigkeit in der Kleidung, **) besonders bei Landleuten, auch Gleichförmigkeit in den Sitten befördert. *) In England ist das Schulwesen in neueren Jahren durch Privatvereine gehoben; dabei zahlt die Regierung in Schulen, welche unter ihrer Aufsicht stehen, sechs Schilling als Prämie für jedes Kind, welches die Schule 176 Tage im Jahre besucht hat, laut $. 381 des Magazins für die Literatur des Auslandes von 1859: Nr. 75. **) Eine Amtstracht für die Richter, wie sie im Rheinlande stattfindet, halte ich auch für zweckmässig; sie 19* 148 Einfachheit und Sauberkeit können dabei kaum genug empfohlen werden, denn der innere Mensch nimmt vom äußeren Gepräge leicht in sich auf. Kleiderpracht und Flitterstaat haben schon viel Unheil angestiftet. Wichtig würde es sein, könnte man der Putzsucht im weiblichen Geschlecht mit Erfolg Ein- halt thun, besonders bei der dienenden Klasse in den Städten, wenn die Mägde sogenannte Markt- und Neben-Pfennige von Kaufleuten, Fleischern, Bäckern, wo regelmäßig für die Herrschaft einge- kauft wird, zum Nachtheile der letzteren empfangen. Die Köchinnen und Hausmädchen können schwerlich auf rechtliche Weise so viel erwerben, als sie jetzt bei ihren Vergnügungen auf Tanz- böden und in prunkhaften Anzügen zu verschwenden pflegen. Befehlen läßt sich freilich nicht erfolgreich, wie weit der Prunksucht Einhalt zu thun, aber das Vorbild der Herrschaft und die Mitwirkung von Vereinen können von Nutzen sein. 5. Der übermässige Genuss von Branntwein und dergleichen Getränken. Als ich im Jahre 1833 zum ersten Male eine Reise durch unser Departement nach Oberschle- sien machte, war ich erstaunt über die Menge Betrunkener, welche ich in Ratibor und anderen Städten — besonders an Sonntagen — unter Männern, Weibern, selbst Kindern sah. Dank den Mäßigkeits-Vereinen und den kräftigen Einwirkungen der Geistlichen, dies hat sich bedeutend gebessert; aber das Uebel der Trunksucht verdient fernere Beachtung, zumal dieses Laster bei dem Genuß sogenannten Fusels geistig und körperlich herabwürdigt und Delikte in seinem Gefolge führt. Die Staatsregierung wird die Trunksucht im Volke nie unbeachtet lassen. Richtige Besteuerung, zweckmäßige Beschränkung der Schankstätten, auch deren Ueberwachung erscheinen nothwendig. Trunkenbolde, als solche — abgesehen von besonderen Delikten — werden in manchen Staaten bestraft. Hierüber spricht folgende Stelle des österreichischen Strafgesetzbuches: „Artikel 268. Eingealtete Trunkenheit ist — bei Handwerkern und Tagelöhnern, die auf Dächern und Gerüsten arbeiten, die mit feuergefährlichen Gegenständen umzugehen haben, bei der- jenigen Klasse von Dienstboten, durch deren Fahrläßigkeit leicht Feuer entstehen kann — als eine schwere Polizeiübertretung anfangs durch fünfzehn bis fünfundzwanzig Streiche; nachmals mit — durch Fasten und Züchtigung — verschärftem Arrest von drei Tagen bis zu einem Monat zu be- strafen. Die Bestrafung eingealteter Trunkenheit wird zwar bei Fällen, welche durch ihre Oeffent- lichkeit zur obrigkeitlichen Kenntniß gelangen, von Amtswegen verhängt, außerdem aber nur, wenn Meister oder Lehrherren bei der Obrigkeit Beschwerde führen.“ Allerdings ist in unserem Strafgesetzbuche etwas Aehnliches nicht enthalten, indem Trunksucht für sich allein bei uns noch nicht als Delikt charakterisirt wird; aber je mehr sie den strafbaren Handlungen aller Art Vorschub leistet, um desto nachdrücklicher möge man ihr begegnen. Nicht blos der Branntwein, im Uebermaß genossen, wirkt verderblich, auch andere Getränke, wie starkes Bier und dergleichen, sind zumal bei jungen Leuten in der Völlerei so verderblich, daß kräftige Vorbeugungsmittel nothwendig erscheinen. Familien-Väter und Lehrherren können stets und die Behörden im Fall der Oeffentlichkeit auch dafür wirken, während die letzteren berufen sind, poli- zeilich darauf zu achten, daß nur gesunde — nicht verfälschte — Getränke und nicht zur Schwel- gerei in den Schankstätten verabreicht werden. 6. Die Spielsucht. Vornehmere Personen pflegen an Spielbänken, im Papierhandel, in Aktien, in der Lotterie und dergleichen ihr Heil zu versuchen, aber sich nicht selten dabei bitter getäuscht zu sehen. Sogenannte hindert unruhiges Aufstehen und Umhergehen Einzelner während der Verhandlungen, ist auch bei Bedeckung bunter Kleidungsstücke bequem und erspart kostbarere Anzüge. 149 kleine Leute sind in neueren Zeiten auch mehr als früher auf Gewinn ohne Arbeit bedacht, vor- züglich wird ihnen das Lottospiel für ihre Moralität schädlich, wenn sie sich die Einsätze auf unerlaubte Weise verschaffen, auch Verbindungen zu gemeinschaftlichen Loosen eingehen, wo- durch sie sich Verwickelungen und selbst — bei etwanigem Gewinn — schädlichen Ueberhebungen ihrer Verhältnisse und manchen Zerwürfnissen hingeben. Bei jüngeren Leuten möchte der Spielsucht besonders nachdrücklich gesteuert werden, nament- lich durch Beschränkung der Glückstische und Würfelspiele auf Jahrmärkten, Kirchweihfesten und bei ähnlichen Versammlungen. Hier können die Behörden das offene Treiben leichter sehen und sofort mit Erfolg hindern, als dies in sogenannten Spielhöllen — den heimlichen Schlupfwinkeln der verschiedenen Stände — bei den demoralisirenden Hasardspielen erreichbar ist. Gegen letztere bedarf es voller Energie von Eltern, Vorgesetzten und einflußreichen Personen. 7. Bettelei und Landstreicherei. Der Drang, Dürftigen wohlzuthun, ist an sich löblich; er wird aber schädlich, wenn sich arbeitsfähige Leute das Betteln zur Gewohnheit machen und sich durch Müßiggang dabei zu nähren suchen, wenn sie sogar Gebrechen vorgeben, ohne daran zu leiden, und besonders, wenn sie Kinder zu ihrem sträflichen Erwerb benutzen. Solche Bettler sind der Unterstützung bei ihren Wanderungen unwerth; ihr Müßiggang ist mancher Laster Anfang! Nicht selten zeigt sich die Bettelei bei Wallfahrtszügen, z. B. im hiesigen Departement nach Wartha und Albendorf, besonders von Fremden aus Böhmen etc. Mehrfach ist man wegen der Zeit und der Entfernung für Wallfahrtszüge auf Beschränkungen bedacht gewesen. i Der gewöhnlichen Beitelei pflegen jetzt in den Städten die Polizeibehörden mit Erfolg zu steuern; so wurden vor einigen Jahren in der Stadt Liegnitz selbst diejenigen Personen bestraft, welche den Straßenbettlern Almosen gaben; aber auf dem Lande zeigt sich in der Bettelei eine große Verschiedenheit, je nachdem der Landrath mit seinen wenigen Gendarmen Wachsamkeit und Autorität geltend macht oder deren entbehrt. Aus den Bettlern entstehen auf dem Lande, zumal in Gebirgsgegenden und Forstbezirken, Landstreicher und Wilddiebe, welche — gleich den Raubgesellen — isolirten Landleuten und ein- zelnen Reisenden gefährlich und verderblich werden. Wenn ich mich in meinen früheren Amtsstellungen bemühete, nach solchen Gegenden, wo Räubereien von Herumstreichern und Wilddieben mehrfach verübt waren, einige Hilfe für die Civilbehörden durch Militair zu erlangen, um die Verdächtigen mit Erfolg zu entdecken und zu ergreifen, so ward mir erwiedert: militairische Hilfe würde bei Revolten bald gewährt werden, aber den einfachen, wenn auch in bestimmten Gegenden öfter wiederkehrenden Räubereien zu begegnen, liege den Civilbehörden allein ob. Wünschenswerth bleibt es wohl, daß die bewaffnete Macht nicht blos gegen äußere, sondern auch gegen solche innere Feinde zur Sicherung der Staatsangehörigen thätig sein dürfe. Ein mo- biles Kommando mit Gewehr und Waffen, kunstgemäß eingeübt, würde am besten im Stande sein, unter Mitwirkung von Forstbeamten und der Gendarmen des Kreises die Schlupfwinkel aufzufinden und sie gründlich zu säubern, mithin erheblichen Verbrechen Einhalt zu thun und die Sicherheit ruhiger Staatsangehöriger zu befördern. 8. Das Pascherleben und das Hausirwesen. Oefteres Freveln gegen die Steuergesetze zeigt sich leider auch in höheren Ständen. Neuere Untersuchungen in Schlesien und besonders im Halberstädtischen sprechen von großartigen Defrauden, welche bei der Rübensteuer verübt und wobei Steuerbeamte bestochen sein sollen, um die Defrauden zu begünstigen. 150 Der Ernst der Justiz-Behörden in der Untersuchung, die Oeffentlichkeit vor dem erkennenden Richter werden einer heilsamen Wirkung gegen wirkliche Betrügereien — im Gegensatz leichter Formalitätsfehler von Dienstboten und dergleichen — nicht entbehren. Besonders kann man das Pascherleben als eine Schule für Verbrecher bezeichnen, bei denen alle Achtung vor Gesetz und Recht zu erlöschen pflegt. Als ich in Halberstadt Mitglied des Kriminal-Senates war, fanden häufige und schwere Delikte von Paschern statt, welche im dortigen Bereiche verübt waren. Das Departement war auf mehreren Punkten von Fremdherrschaften umgeben und durchschnitten — von Hannover, Braunschweig, Schwarzburg, Anhalt, Hessen. — Die Banden von Paschern zeigten Verschlagenheit und Kühnheit seltener Ari. Dies übten sie sogar bisweilen gegen ihre Rivalen aus, denen sie — fälschlich die Annäherung von Grenzbeamten verkündend — die defraudirte Waare abjagten und als Beute für sich erfrevelten. In meinen Amtsstellungen zu Düsseldorf und Breslau habe ich Erfahrungen in gleichem Grade ‚nicht gemacht; der Provinzial-Steuer-Direktor v. Bigeleben fand auch — laut seiner mir im Jahre 1837 ausführlich ertheilten Antwort — die Zahl der Delikte an den Grenzen von Böhmen u. s. w. verhältnißmäßig gering; aber Jeder weiß, wie ein methodisches, raffinirtes Pascherleben von Stufe zu Stufe herabwürdigt. Angemessen dürfte es sein, die Freiheitsstrafen überführter Pascher von Gewerbe nicht in ihrer Heimath, sondern in einer entfernten Provinz vollstrecken zu lassen und gegen die Unter- händler mit Strenge zu verfahren. Könnte man in den verschiedenen Schichten des Volkes — auch die höheren Stände und das weibliche Geschlecht nicht ausgeschlossen — die dolosen Delikte gegen die Steuergesetze des Staates mit mehr Herabwürdigung gegen die Kontravenienten belegt sehen — wie z. B. den Dieb- stahl an Privatvermögen — so würde sich diese Art der Delikte bald erheblich mindern. Das Hausirwesen ist nur zu oft mit dem Pascherwesen vereint. Die Pascher finden für die ohne Steuer aus der Fremde erworbenen Waaren bei den Hausirern leicht Abnahme, welche zum Theil auch gern gestohlene Sachen als Hehler an sich nehmen. Bei der jetzigen Leichtigkeit des Verkehrs mit reellen Handlungen in den Städten und auf dem Lande möchte das Hausiren noch mehr beschränkt werden. Hierfür haben die Verwaltungs- Behörden bei Ertheilung von Hausir-Scheinen freie Hand, auch leichte Mittel gegen die offen um- herziehenden Kontravenienten. 9. Vergnügungssucht von Gesellen und Dienstboten. Sind die Häupter der Familien einfach und mäßig in ihren Ansprüchen auf Zerstreuung und Erholung, so wirkt dies auf ihre Untergebenen vortheilhaft ein; gehen sie selbst aber in Ueppigkeit und Schwelgerei voran, so finden sie nur zu leicht Nachahmung. Früher begnügten sich die Gesellen gern, in ihren Herbergen mit ihren Genossen einfach zu verkehren, jetzt suchen sie mehr zahlreiche Tanzstätten auf und verschwenden dabei Zeit und Geld. Neuerlich bildeten sich deßhalb heilsam wirkende Vereine, um die Gesellen, welche bei dem Wanderleben oft verwildern, in Fleiß für ihr Gewerbe und in Ordnungsliebe erstarken zu helfen; auch Gewerksschulen wirken hierfür vortheilhaft, hemmen die zum Theil noch übliche Feier des sogenannten blauen Montags und verdienen vielseitige Verbreitung. Manche Dienstboten, besonders weiblichen Geschlechts, fröhnen der Tanzlust zur Ungebühr, bedingen sich, wo möglich, wohl freie Tage und Abende und vergeuden Gesundheit und Erspar- nisse, sich und der Herrschaft zum Nachtheil. Führungs-Atteste bei dem Abgange der Gesellen und Dienstboten sind allerdings jetzt üblich, aber die Aussteller sind in der Regel bei dem Abgange solcher Hausgenossen nicht genug wahr- 151 heitsliebend und schaden sich dadurch wechselseitig. Eine Ueberwachung hierbei seitens der Orts- polizeibehörde möchte wirksam sein. Wenn über den häufigen Wechsel bei ihren Herrschaften durch die Dienstboten geklagt wird und man eine rege Theilnahme derselben für das Ergehen der Herrschaft und ihrer Familienglieder vermißt, so sollten diese auch ihrerseits mehr wohlwollende Fürsorge beweisen und ihre Leute nicht zu schroff von sich entfernen. Selten bleibt ein Mensch unempfindlich für ihm geschenkte Theilnahme, sie wirkt gewöhnlich recht vortheilhaft für den Gehorsam und die Treue der Untergebenen. Gute Herrschaften haben meistens auch ergebene Dienstboten. 10. Leichtsinniges Heirathen dürftiger Personen. Dem Staate dienen die Familien zur Stütze, aber unüberlegt eingegangene Ehen von nicht selbstständigen mittellosen Personen erzeugen Noth, und aus der Armuth entstehen manche Delikte. Als ich am Rhein mein Amt in Düsseldorf verwaltete, wohin Crefeld, Gladbach, auch die Fabrikgegenden von Elberfeld und Barmen etc. damals gehörten, sah ich neben dem Reichthum Einzelner, die meisten Fabrikarbeiter in gänzlicher Mittellosigkeit lebend, öfters nicht einmal einen eigenen Weberstuhl besitzend, auf dem sie arbeiteten, dennoch keck es wagend, durch ihre Verheirathung sich für Frau und Kinder Pflichten aufzubürden, denen sie nicht gewachsen waren. In unseren Fabrikgegenden von Langenbielau, Peterswaldau und in anderen Kreisen zeigen sich ähnliche Verhältnisse; auch Knechte und Mägde auf dem Lande üben nicht selten gleichen Leichtsinn. So erzeugt sich reichliche Saat für das Proletariat mit schlechten Ehen, deren faktische Trennung *) zum Unglück der Kinder und zur Belästigung der Gemeinden nur zu oft eintritt. Notorisch ganz dürftige und selbst der Hilfe Anderer zu ihrer Subsistenz benöthigte Personen, besonders wenn solche Subjekte schon gerichtlich bestraft worden sind, sollten größere Schwie- rigkeit finden, Familien zu -begründen; ihre Anträge bei den Civilstandsbeamten und Geistlichen könnten die Ortsobrigkeit veranlassen, nöthigen Falles Einspruch zu erheben. 11. Mangelhaftigkeit im Vormundschafts-Wesen. Die Pflicht des Staates, die Unmündigen für ihre Person und ihr Vermögen zu beschützen, ist bei allen. kultivirten Nationen anerkannt, sie ist für Hohe und Niedere von der größten Wichtigkeit. Diese Pflicht tritt um so dringender hervor, wenn ein natürlicher Vertreter der Kinder nicht mehr vorhanden ist, oder — wie bei vielen unehelichen Kindern — im Dunkeln blieb. Die Mortalitätslisten weisen überall nach, wie die Sterblichkeit in früheren Jahren, besonders bei unehelichen Kindern, äußerst bedeutend bleibt, wenn auch jetzt wohl viel Gutes in Vereinen achtba-- rer Frauen’geschieht, um dürftige Mütter zu unterstützen und für deren Kinder in Bewahranstalten zu sorgen. Unserem Landrecht wird vielfach der Vorwurf gemacht, daß den Gerichten eine zu weit greifende Einmischung zugewiesen sei und daß dadurch — unter Auferlegung von Regreßverpflich- tungen — die Selbstständigkeit der Vormünder zu oft beeinträchtigt werde. In meinem Vortrage für unsere juristische Sektion vom 12. Januar 1859 — im 36. Jahres- bericht unserer Gesellschaft mit abgedruckt — bin ich bemüht gewesen, Vorschläge zu machen, wie in der Legislation dieserhalb manches zu ändern, bei Erwachsenen, besonders in ihrem Alter von vollen 21 Jahren, ihre eigene Kraft mehr zu heben, auch ein Termin im Preußenlande für die Majorennität zu bestimmen sein möchte, statt daß jetzt 21, 24 und 25 Jahre hierbei entscheiden. *) Gerichtliche Trennungen haben neuerlich manche Konflikte mit Geistlichen erzeugt. Möchte man jedem einzelnen Geistlichen überlassen, seine Anerkennung der Landesgesetze zu bewähren; warum ihn denn erst noch zu Anfragen bei entfernten Behörden veranlassen! 152 Gegenwärtig werden viel Akten mit Erziehungsberichten etc. gefüllt, aber materiell könnte für die Mündel öfters mehr, auch auf leichtere Weise geschehen, um sie zu tüchtigen Menschen zu erziehen und ihr Vermögen zu vermehren. Sind sie in der Jugend verwildert und ohne Erlernung eines Handwerkes oder einer sie nährenden Kunstfertigkeit aufgewachsen, so verfallen sie später auch leichter dem Laster. Die Listen über Bestrafungen jugendlicher Verbrecher sprechen deßhalb von betrübenden Re- sultaten, besonders aus den Familien bestrafter Individuen, deren Kinder nicht gehörig beaufsichtigt und erzogen werden. Im Allgemeinen können nahestehende Beobachter und Fürsorger für Unmündige mehr wirken, als entfernte königliche Kollegial-Gerichte. Man möchte die Geistlichen, Lehrer, Meister und die Ortsbehörden für diesen Zweck mehr heranziehen, die Vormünder unter Beirath der Ver- wandten und Freunde — durch einen unter Vorsitz des Decernenten zu berufenden Familien-Raih — in der Verwaltung freier stellen und die Einwirkung des vormundschaftlichen Gerichts für wich- tigere Angelegenheiten vorbehalten. Sollte eine Novelle *) für das Vormundschaftswesen erzielt werden, so möchten die Regreß- verbindlichkeiten der Richter dabei zu beschränken sein, namentlich wenn ihre Beschlüsse — gleich den Erkenntnissen -— gehörig motivirt wären, ohne die Richter für die oft zufälligen Folgen, nach Veränderung der Konjunkturen verantwortlich zu machen und sie, wie jetzt nicht selten geschieht, zu Hemmnissen mancher Unternehmungen zu bewegen. 12. Wirkungslosigkeit mancher Freiheitsstrafen. Minder schwere Delikte sah ich in meiner Jugend durch körperliche Züchtigung, Ausstellung am Halseisen und im spanischen Mantel bestrafen. Dergleichen Herabwürdigungen sind jetzt im Preußenlande abgeschafft, aber bisweilen triit ein anderes Extrem ein, wenn es sich um Bestrafung von Verbrechen und Vergehen handelt. Das Richtige hierin zu erforschen und anzuwenden, hat man sich bei verschiedenen kultivirten Nationen angelegentlich bemühet. In England haben sich William Howard, W. Crawford und Obrist Hamilton deßhalb ausge- zeichnet; in Frankreich Beaumont und der berühmte, kürzlich verstorbene v. Toqueville; in den Niederlanden Suringer und Müller; in Schweden der damalige Kronprinz Oskar. Auch in Preußen haben die Gefängniß -Gesellschaften zu Düsseldorf, Berlin und Breslau **) dafür viel geleistet. Mehrseitig hat man sich bemühet, die Einrichtungen in Nordamerika bei Vollstreckung längerer Freiheitsstrafen zu benutzen; von unserer Regierung wurde der Dr. Julius dorthin gesandt, dessen Ansichten von denen des Professors Dr. Tellkampf wegen Anwendbarkeit der dortigen Systeme erheblich abwichen. *) Schon unter dem Ministerium des Grafen v, Dankelmann ist bei der Gesetz-Revision im Pensum VII dess- halb vorgearbeitet, und das Just.-Min.-Bl. von 1851 und 1852 enthält auch manche Materialien dafür. — Als ich im Jahre 1832 Vorstand des Vereins für die damals durch die Cholera in Breslau ganz verwaisten armen Kinder — etwa 50 an der Zahl — wurde, wofür ich bis zum 24. Jahre der Mündel mitwirkte, habe ich erfreuliche Er- fahrungen in der Erziehung und Ausstattung der meisten unserer Pfleglinge gemacht, die uns nahestanden und wegen deren Fürsorge wir keine Schranken durch die Gerichtsbehörde erlitten, wenn wir sie nach unserem Er- messen bei einzelnen Familien unterbrachten und für ihre Ausbildung nach ihren pesonderen Fähigkeiten und Neigungen sorgten. **) In Düsseldorf wirkte unverdrossen, unter dem Präsidium des Grafen von Spee, der Pfarrer Fliedner in Kaiserswerth mit seltener Ausdauer und bedeutendem Erfolge. In Breslau bewähren besonders der Freiherr von Schleinitz, als jetziger Präsident, und der Geh. Just.-Rath Dr. Abegg, als langjähriger General-Sekretair, ihre heil- same Thätigkeit in der Fürsorge für entlassene Sträflinge in dem hier bestehenden Provinzial-Vereine, unter Mit- wirkung der Lokal-Vereine, der Ortsvorstände und Geistlichen. 153 Dort herrschen theils das neuyork’sche oder auburn’sche System, wonach die Sträflinge bei Tage gemeinschaftlich, aber schweigend arbeiten müssen, so daß sie nur für die Nacht getrennt werden; theils das pensylvanische oder philadelphische System, wonach die gänzliche Isolirung bei Tag und Nacht stattfindet. *) Mir scheint Letzteres für längere Zeit kaum ausführbar, wenn nicht Stumpfsinn, selbst Wahn- sinn entstehen soll, wogegen manche kürzere Isolirung und die Einwirkung von Religionslehrern und von Beamten der Anstalten, welche Wohlwollen mit Ernst zu verbinden wissen, das sittliche Gefühl mancher Verstockten zu heben allerdings geeignet sind. Alle Verurtheilte in eine Klasse werfen und sie mitleidslos beurtheilen zu hören — wel- ches im Publikum so oft stattfindet — muß befremden, wenn man die innere Verschiedenheit der einzelnen Sträflinge einigermaßen kennt. Nicht jede zu langwieriger Strafe verurtheilte Person ist ein moralisch ganz verworfener Mensch. Welch ein Unterschied zwischen einem Raubmörder, einem Mordbrenner gegen den einfachen Todtschläger, welcher vielleicht nur einen leichten Schmerz im Alfekt seinem Gegner zufügen wollte, und zwischen einem raffinirten Giftmischer gegen eine Person, welche fahrläßig. durch eine schäd- liche Substanz bei Bereitung von Speisen tödtete! Wie bedauernswerth sind meistens die Mädchen, welche keine Hilfe bei der Entbindung hatten, wobei das Leben des Kindes erlosch! Solche Personen pflegen sich in der Strafanstalt musterhaft zu betragen und unterscheiden sich bald von abgefeimten Subjekten. Meine früheren Amtsstellungen, wie meine Theilnahme resp. Vorstandsschaft in den Provinzial- Gefängniß-Vereinen zu Düsseldorf und Breslau gewährten mir manche Einblicke in Strafanstalten. Im Wesentlichen gingen meine Beobachtungen dahin: viele Sträflinge scheuten diese Art der Bestrafung zu wenig; die Rückfälligen wurden zu glimpflich behandelt. Weiß man, wie dürftig die niedere Volksklasse lebi, wie erbärmlich ihre Wohnung und Klei- dung zu sein pflegt, und vergleicht man damit die Beköstigung und Bekleidung, selbst die geregelte Beschäftigung der Sträflinge in großen Anstalten, so kann man sich nicht wundern, wenn mancher Verurtheilte sich für gut untergebracht — für versorgt, statt fühlbar bestraft — erachtet. Leider ist im Volke auch eine größere Gleichgiltigkeit gegen selbst längere Gefängnißstra- fen eingetreten, während das Zuchthaus mehr gescheuet wird, weil die dort verbüßte Strafe die Verurtheilten bei ihren Bekannten mehr herabwürdigt. Gefängnißstrafen wegen geringer Delikte möchten mehr beschränkt, den Umständen aber nach in der Vollstreckung empfindlicher gemacht werden durch Isolirungsklausen, einfaches Brot und Wasser an bestimmten Tagen u. s. w. Wirksam würde ich bei Gesellen und Lehrlingen, bei Knechten und Mägden die Vorenthaltung des Besuches von Jahrmärkten und Schankstätten auf gewisse Zeit — statt der kurzen Gefängnißstrafen — halten, wenn die Gesetze die Auferlegung solcher Entbehrungen als Strafe verhängten. Kürzlich wurde mir über einen hiesigen Droschkenkutscher glaubhaft Folgendes mitgetheilt. Er hatte eintägiges Gefängniß erduldet; ein Bekannter fragte ihn: wie es ihm dabei ergangen? Antwort: sehr gut! er habe ein Bad erhalten, das Haar sei ihm geschnitten, er habe ein reinliches Zimmer mit frischer Wäsche, auch schmackhaftes Essen erhalten. Ist dies alles richtig, so scheint es mir bei eintägigem Arrest des Guten zu viel, zumal der *) Julius neigte sich für dieses härtere System; ihm entgegen war Tellkampf. Mir scheint das Schweigsystem bei Tagesarbeiten besonders empfehlungswerth, zumal öfter bestrafte und der Diebessprache kundige Subjekte dabei nicht so leicht die Mittel finden können, sich mit Gleichgesinnten zu verständigen, wozu Einzelne auch gern sich ihrer Schriftzeichen, statt der deutschen, bedienen, wobei sie schleunige Entzifferungen durch die Behörden erschweren. 20 154 Verurtheilte und seine Bekannten nichts Widriges darin finden, die Freiheit auf kurze Zeit im Ge- fängniß eingebüßt zu haben. Bei dem Militair ist die Versetzung in die zweite Klasse und die Abnahme des Militairabzeichens höchst empfindlich. Etwas Aehnliches würde für Leute aus dem Civilstande mehr hervortreten, wenn es allgemein üblich wäre, die Nationalkokarde zu tragen, so daß deren Mangel bei den Verurtheilten auffallend und fühlbar würde. Gegen Rückfällige — zumal bei öfteren Wiederholungen — möchten manche Verschärfungen *) in der Art der Beschäftigung, periodische Beschränkung in der warmen Kost, nach den speziellen Verhältnissen der Verurtheilten anzuwenden sein. In größeren Anstalten ist man jetzt auch wohl allgemein darauf bedacht, sie von jugendlichen Sträflingen **) fernzuhalten, welchen der Unterricht von Geistlichen und Lehrern mit Erfolg gewährt zu werden pflegt. Hierfür bemühen sich Gefängniß-Vereine auch vortheilhaft. einzuwirken. Ihre Fürsorge für entlassene Sträflinge wird doppelt heilsam sein, wenn dieselben unter ihrer Obhut in der Heimath wackeren Männern oder Frauen sich nahen dürfen, welche wegen deren Unterbringung und angemessenen Beschäftigung bemüht sind. Männer finden leichter in Straßen- oder Feldarbeit die Gelegenheit zum Erwerb, aber die Frauenspersonen ***) sind gewöhnlich bei ihrer Heimkehr doppelt beklagenswerth, wenn sie nicht eine Stütze finden, sich aufzurichten und sich rechtlich zu nähren. Die Vorschüsse der Vereine für Gewerbsgeräthe und Utensilien bringen gewöhnlich gute Früchte und tragen dann dazu bei, Rückfällen in Laster und u so wie deren richterlichen Bestra- fungen, mit Erfolg vorzubeugen. — Mein heutiges Thema über diese Punkte habe ich im Wesentlichen erörtert und schließe nur noch einige Bemerkungen an, wie der Staat im Allgemeinen den verbrecherischen Neigungen entge- genwirken könnte. Ueberall und immerdar werden die Glücksgüter verschiedenartig vertheilt sein. Kenntnisse, Talente, Fleiß, Sparsamkeit, auch zufällige Ereignisse wirken deshalb ein. Leider sind die Bedürfnisse und die Armuth, wie die Erfahrung lehrt, am häufigsten die Quellen strafbarer Handlungen. Die Staatsregierung ist nicht im Stande, reichliche Fruchternten zu schaffen, dem Mißwachs zu begegnen und Wohlfeilheit der Nahrungsstoffe zu erzwingen; aber sie vermag Vorkehrungen gegen Brotlosigkeit und Hungersnoth zu treffen. Umsichtiger Ankauf von Getreide, Kartoffeln und dergleichen, wie deren Ueberlassung an Arme gegen geringe Preise, haben sich für Fälle der Noth in unserer Provinz schon trefllich bewährt. Gleich wohlthätig ist es, für die Beschäftigung der Handarbeiter zu sorgen, wenn der Verkehr in den Fabriken etc. stockt. Vorschüsse für Fabrikherren, Anlagen von Kunststraßen, Kanälen, Obst- baumpflanzungen werden dann für arbeitslustige Menschen besonders nützlich und tragen nachhaltig gute Früchte. Arbeitsscheue Bettler und Landstreicher gehören aber in Arbeitshäuser der Kreise, um zwangsweise zur Thätigkeit, Enthaltsamkeit +) von geistigen Getränken etc. angehalten zu werden. *) Ganz verworfene Rückfällige möchte man nach ihnen fremden Anstalten, wo möglich nach entfernten Kolonieen schicken. **) Dem Verlauten nach soll in Strehlen die bedeutende Gefangenen-Anstalt, welche jetzt grösstentheils leer steht, dazu bestimmt sein, zu einer Strafanstalt für jugendliche Verbrecher eingerichtet zu werden. Bei den guten Resultaten, welche dort bisher schon im Gefängnisswesen erreicht sind, möchten segensreiche Erfolge von einer solchen neuen Anstalt zu hoffen sein. *##) Bei Düsseldorf wurden Asyle für entlassene evangelische Sträflinge zu Kaiserswerth und für katholische zu Ratingen errichtet; etwas Aehnliches ist nicht leicht erreichbar, aber Theilnahme und Fürsorge für gesunken gewesene Mitmenschen lässt sich überall bewähren. +) Nicht blos Branntwein und Bier, selbst übermässiges Tabakrauchen führt solche Subjekte zu Ausgaben, welche sie rechtlich zu erwerben nicht immer im Stande sind. 155 Der Rückgang im Wohlstande kleiner Städte — entfernt von den Eisenbahnen, welche die Landfracht und den Verkehr auf Kunststraßen schmälern — wird jetzt häufig beklagt. Auch der Umstand mag ihnen nachtheilig sein, daß sich jetzt häufig auf dem platten Lande kleine Kaufleute und zum Theil ungeprüfte, billig, aber pfuscherhaft arbeitende Handwerker ansiedeln, so daß sich die Landleute jetzt mehr dorthin, als nach den benachbarten Städten wenden. Solchen Städten würde es eine Hilfe sein, bei Bestimmung der Garnisonen des Militairs ihnen, so weit es möglich, eine fürsorgliche Berücksichtigung zu schenken. Die Hauptausgaben unseres Staates finden sich im Militair-Etat; das gesammte Land steuert dazu bei und — abgesehen von Kriegszeiten, Festungsdiensten und dergleichen — möchten unsere Mannschaften zur Beförderung des Wohlstandes kleiner Städte mitvertheilt werden. Die jetzt nicht mehr seltenen Bürger-Rettungs-Institute verdienen gewiß noch größere Verbrei- tung. Wie mancher wackere, einstweilen durch Krankheit oder unverschuldete Uebel zurückgekom- mene Mann ist durch einen ihm zu rechter Zeit gewährten Vorschuß in seinem Nahrungsstand erhalten worden und hat dann dankbar das Erhaltene erstattet, auch sein Geschäft mit erhöhetem Schwung geführt. Die Vereine von Gewerksgenossen, unter Obhut der Obrigkeit oder bewährter Privatleute, vermögen hierin Bedeutendes zu leisten. Ganz allgemein scheint es auch ausführbar, Sparkassen einzurichten, wie sie bereits bei manchen Fabriken und Korporationen bestehen, worin jeder Arbeiter einen Theil seines Verdienstes, auch ein Dienstbote einen Theil seines Lohnes in geringem Betrage zinsbar anlegen kann. Ein kleiner Stamm, welcher allmälig wächst, reizt fortdauernd zu dessen mäßiger Vergrößerung durch weitere kleine Einzahlungen; er spornt mithin zur regelmäßigen Thätigkeit und zum Erwerb. Hierin findet sich aber ein Heil für den Einzelnen wie für die Gesammtheit des Volkes. 20 * ab; ‚lolmet,; yahalsıä e ano pl. ._ Ballanains we NE n u ea 2 ea i Au) Oi vl Bericht über die Verhandlungen der Sektion für Obst- und Gartenbau während des Jahres 1859 Dr. K, Fickert, zeitigem Sekretair derselben. IR 17 Versammlungen hat die Sektion 4 Vorträge angehört, verschiedene Berichte entgegengenommen und ihre inneren und äußeren Angelegenheiten besprochen und geordnet. Auch sind 2 Abhandlungen von dem Sekretair des Ratiborer Gartenbau-Vereins, Herrn Lehrer J. Oppler in Plania, mitgetheilt worden. Unter den Angelegenheiten der Sektion hat besonders der von derselben erpachtete Garten öfter Erörterungen nöthig gemacht, da über die Zweckmäßigkeit des Unternehmens überhaupt, ebenso wie über die Art der Bewirthschaftung, eine Verschiedenheit der Ansichten herrschte. I. Am 26. Januar. 1. Herr Geheime Rath Professor Dr. Göppert hält den angekündigten Vortrag über einige Gärten Schlesiens. 2. Für Anschaffung von Sämereien zur Vertheilung an Mitglieder werden 30 Thlr., für Edel- reiser 10 Thlr. bewilligt. Die Besorgung der ersten übernimmt wieder Herr Kaufmann Müller; die Reiser wird Herr Hauptturnlehrer Rödelius verschreiben. 3. Für die Monats-Ausstellungen werden wieder gewählt: als Ordner Herr Obergäriner Reh- mann, als Preisrichter die Herren Kunst- und Handelsgärtner Richard Rother und Emil Jung und Herr Hauptiurnlehrer Rödelius, als Stellvertreter die Herren Bureau-Direktor Inkermann und Obergärtner Rehmann. 4. Nachträglich werden folgende Prämien-Diplome für die Monats- Ausstellungen ertheilt: für die Ausstellung am 7. November 1858 dem Herrn Obergärtner Rehmann, für die am 5. Dezember Herrn Richard Rother, für die am 2. Januar 1859 Herrn Hofgärtner Kleemann in Carolath Creichhaltige Sammlung von Citrus-Früchten). Die zu derselben Ausstellung von Herrn Eduard Breiter gelieferten 6 blühenden Camellien verschiedener Sorte werden ehrenvoll erwähnt. I. Am 16. Februar. 1. Der stellvertretende Sekretair, Herr Kaufmann Müller, theilt mit, daß er die zur Anschaffung von Sämereien bestimmte Summe von 30 Thlr. um 10 Thlr. habe überschreiten müssen. Die Sektion ertheilt nachträglich ihre Genehmigung, 158 2. Der Sekretair theilt mit, daß ein aus Bollweiler als Beurre magnifigue stammender Zwergbaum bei ihm im letzten Herbst Früchte getragen habe, die von den ihm sonst wohlbekann- ten, auf Wildling-Unterlage gewachsenen Früchten der Diel sehr verschieden waren und etwa sechs Wochen später mürbten. Oberdieck, dem einige Exemplare zugesandt wurden, hat sofort die Diel darin erkannt und bemerkt, daß sie auf Quittenunterlage gewachsen sein würden. 9. Es wird beschlossen, am 26. und 27. April eine größere Frühjahrs-Ausstellung zu halten und die Kosten durch ein Eintrittsgeld von 23 Sgr. zu decken. 4. Herr Obergärtner Rehmann hält den angekündigten Vortrag über die Kultur der Ericinien, dessen Grundzüge folgende sind. Die Pflanze verdient wegen ihrer Zartheit und Mannigfaltigkeit mehr Beachtung, als sie bisher gefunden hat. Aber ihre Pflege ist nicht leicht, namentlich ist große Vorsicht bei dem Begießen anzuwenden; dies geschieht am besten in den Frühstunden. Herr R. hat 40 kräftige Exemplare von Erica Willmoreana verloren, weil ein Fehler beim Begießen ge- macht worden war. Es zeigte sich der Wurzelstock und die Spitzen der Wurzeln gesund; dagegen war die Mitte derselben, etwa 1 Zoll vom Stock entfernt, krank. Herr R. nimmt jetzt Töpfe von geringer Höhe, die sich nach unten stark zuspitzen, und setzt die Pflanzen so ein, daß sich vom Stamme nach dem Rande des Topfes eine Abdachung bildet. Auf den Boden des Topfes werden Scherben oder Torfstücke gelegt, der Erde wird zerstoßene Holzkohle oder eine andere Substanz beigemischt, welche geeignet ist, sie recht locker zu erhalten. Außerdem müssen sie viel Licht haben. Die Stecklinge werden im August gemacht und müssen einen kühlen und schattigen Stand haben. Sie fangen erst im März an sich zu bewurzeln, die hartholzigen noch später. Herr R. zeigt 2 Exemplare von Erica ventricosa, ein einjähriges und ein zweijähriges, welche in der angegebenen Weise behandelt worden sind; beide zeigen eine vorireffliche Vegetation. *) Hierauf geht Herr R. zu den Epacris über und bemerkt, daß dieselben eine ähnliche Behandlung wie die Eriken erfordern. Ein einjähriger Sämling und eine zweijährige Pflanze haben ebenfalls schöne Kultur. **) Herr R. zeigt weiter ein schönes, blühendes Exemplar einer Gastonia, von dem er nicht an- zugeben weiß, ob es G. palmata oder G. dentata (9 ist. Die Aralien, zu denen die Gastonia gehört, sind überhaupt zur Kultur zu empfehlen. Einige, wie Aralia spinosa, Aralia japonica und andere, dauern im Freien aus, andere, wie Ar. papyrifera und Ar. Sieboldi, nur im Hause, Es wird noch ein Gehecke Champions vorgezeigt. Zum Schluß des Vortrages machte Herr R. einige allgemeine Bemerkungen über Gewächshäuser und tadelt es namentlich an den deutschen Gärtnern, daß sie ohne Rücksicht auf Natur und Bedürfniß der einzelnen Pflanzen das Verschieden- arligste, wie z. B. Orchideen und Erieinien, in demselben Hause vereinigen. Die natürliche Folge ist, daß nichts recht gedeiht. 5. Herr Kaufmann Müller legt verschiedene Drucksachen, Statuten von Vereinen, Programme zu Ausstellungen, Preis-Courants von Handelsgärtnereien vor und bemerkt, daß diese täglich im Lokal der Schlesischen Gesellschaft eingesehen werden können. Il. Am 9. März. 1. Herr Müller übergiebt wieder mehrere Kataloge von Handelsgärtnern und zeigt das Aus- scheiden einiger Mitglieder an. 2. Da die Sektion sich bis zum ‘1. April entscheiden muß, ob sie die Pacht des Gartens über Michaelis hinaus fortsetzen will, so werden die Herren Inspektor Neumann und Kunsitgärtner Sabeck ersucht, die Sache zu prüfen und ein Gutachten abzugeben. *) Eine ausführliche Anweisung zur Kultur der Eriken findet sich u. A. in The Flourist's Journal 1846 Nr. 7, S. 147 fi. F. *") Ueber die Kultur der Epacris s. F. Otto in der Allg. Gartenzeitung J. XVI, Nr. 36. F. 159 3. Herr Inspektor Neumann zeigt reife Knollen von Dioscorea Batatas und Dioscorea opposita vor. Diese sind kürzer und dicker als jene, die Pflanze bedarf weniger Raum, nur 6 Zoll Entfernung. Für die Zubereitung der Dioscorea überhaupt wird bemerkt, daß man die Knollen nicht in Wasser kochen, sondern in Asche oder Sand rösten muß. 4. Herr Professor Dr. Cohn hält den versprochenen Vortrag über einige Gärten in Deutsch- land, namentlich in dem westlichen und südlichen, und in der Schweiz, welche er im vorigen Sommer besucht hat. IV. Am 30. März. Es wird über die Garten- Angelegenheit verhandelt; doch der Beschluß noch vertagt, da eine - klare Einsicht in die Nutzbarkeit aus Mangel der nöthigen Vorlagen nicht gewonnen werden kann, V. Am]. Juni. 1. Dieselbe Angelegenheit kommt wiederum zur Besprechung. Da der Herr Minister der land- wirthschaftlichen Angelegenheiten, Graf Pückler Excellenz, auf 3 Jahre eine Unterstützung des Unter- nehmens von jährlich 150 Thlr. bewilligt hat, auch eine Entschädigung von Seiten des hiesigen Seminars für die Anleitung, welche seine Zöglinge in dem Garten erhalten sollen, in Aussicht steht, so haben sich die Einnahmen erheblich vermehrt. Doch wird der Endbeschluß noch bis zum 15. Juni ausgesetzt. 2. Herr Obristlieutenant v. Fabian bietet einige Pflanzen von Tagelöhnerkohl (Cottage) an. 3. Der stellvertretende Sekretair, Herr Kaufmann Müller, theilt seinen Bericht über die dies- jährige Vertheilung von Sämereien mit. 4. Es wird Duhamel’s Werk über die Obstbäume in der deutschen Uebersetzung von Oelhaven von Schöllenbach zum Kauf angeboten. Herr Müller übernimmt es, mit dem Eigenthümer wegen des Preises zu unterhandeln. VI. Am 15. Juni. 1. Das erwähnte Werk wird für 4 Thlr. angekauft. 2. Es wird von Herrn Rödelius die Rechnung über Ausgabe und Einnahme für und aus dem Garten vorgelegt und ein Etats-Entwurf in allgemeinen Umrissen mitgetheilt. 3. Die Debatte über die Foriseizung der Gartenpacht wird eröffnet und schließlich zur Ab- stimmung geschritien. Von 14 Anwesenden stimmen dagegen 6, dafür 7 und einer enthält sich der Abstimmung. Von dem vorstehenden Beschluß soll dem Präsidium der Schlesischen Gesellschaft Kenntniß gegeben werden. 4. Ueber 14 Tage soll ein Rundgang durch einige Breslauer Gärten stattfinden. VII. Am 29. Juni. 1. Es wird ein Schreiben von dem Sekretair des Ratiborer Gartenbauvereins, Herrn Lehrer J. Oppler in Plania, und eine Abhandlung desselben über Verwendung von Juniperus communis zu lebendigen Hecken mitgetheilt. 2. Auf Grund eines schriftlich eingebrachten Antrages wird beschlossen, die bisherige Bewirth- schaftung, resp. Verwaltung des Gartens einer genauen Prüfung zu unterziehen. Es wird zu diesem Zwecke eine Kommission gewählt, bestehend aus den Herren Universitätssekretair Nadbyl, Kunst- und Handelsgärtnern J. Monhaupt und Eistert. VII. Am 27. Juli im Garten der Sektion. Herr Universitätssekretair Nadbyl trägt den Bericht über die bisherige Bewirthschaftung des Gartens vor. Es wird beschlossen, denselben der Gartien-Kommission zur Beantwortung zu übergeben. Die Beantwortung soll in der nächsten Versammlung, über 14 Tage, abgegeben werden. 160 IX. Am 9. August. 1. Es werden durch den Sekretair 4 neue Mitglieder angemeldet. 2. Herr Bureau-Direktor Inkermann liest im Namen der Garten-Kommission die Beantwor- tung des Revisionsberichtes vor. Daran knüpfen sich verschiedene Erörterungen und der Beschluß, sowohl den Revisionsbericht als die Beantwortung desselben dem Präsidium der Gesellschaft mitzutheilen. X. Am 3l. August. 1. Es werden 4 neue Mitglieder angemeldet. 2. Der Gärtner Kuschel hat einen Ruf nach Salaberg bei Linz, der Gräfin Sprinzenstein gehörig, erhalten, um dort großartigen Obstpflanzungen vorzustehen. Die Sektion beschließt, ihm die nachgesuchte Entlassung zum 1. Oktober zu ertheilen, falls sich bis dahin ein anderer ihr zusagender Gärtner findet. Der von Herrn Peicker empfohlene Ernst Wende soll veranlaßt werden, nach Breslau zu kommen, und sich den Herren Rother, Jung, Rehmann und Breiter vorzustellen und seine Zeugnisse vorzulegen. Ihr Urtheil wird über seine Anstellung entscheiden. 3. Es wird beschlossen, vom 2. bis 4. Oktober eine größere Ausstellung im Kutzner’schen Saal zu halten und mit derselben eine Besprechung Schlesischer Obsizüchter zu verbinden. Auch sollen 3 Prämien und 3 Accessits in größeren und kleineren Medaillen, für Obst, Blumen, Gemüse, vertheilt werden. Das Ordneramt übernimmt Herr Rehmann; zu Preisrichtern werden gewählt die Herren Rother, Jung, Breiter und Peicker; zu Stellvertretern Eduard Monhaupt und Frickinger. 4. Der Sekretair schlägt vor, daß diejenigen Mitglieder, welche ungewöhnlicher Weise etwas abzulassen haben, dies in den Sektions-Versammlungen mittheilen mögen. ö. Derselbe trägt aus einem Aufsatze des Lehrers Herrn Oppler in Plania bei Ratibor: „Der Schulgarten in Plania bei Ratibor‘‘ das Wichtigste vor. XI. Am 28. September. 1. Es wird der Gärtner Ernst Wende vorgestellt und beschlossen, daß die Garten-Kommis- sion einen Kontrakt mit demselben entwerfen und in der nächsten Versammlung vorlegen soll. 2. Der stellvertretende Sekretair legi mehrere Preis-Verzeichnisse und das Programm der Gartenbaugesellschaft Flora in Frankfurt a. M. für die nächste Frühjahrs-Ausstellung (ö. bis 10. April 1860) vor. d. Derselbe fragt an, ob das Lehrbuch der Landschaftsgärtnerei von Hofgärtner Meyer in Sanssouci angeschafft werden soll. Die Anschaffung wird beschlossen. XI. Am 12. Oktober. 1. Die Preis-Kommission hat bei der letzten Ausstellung die für Gemüse bestimmten Preise anderweitig verwendet, da sie nicht ihrer Bestimmung gemäß verwendet werden konnten. Die Sektion ertheilt nachträglich ihre Genehmigung. 2. Das Präsidium genehmigt die Fortsetzung der Gartenpacht, verlangt aber eine Neuwahl der Garten-Kommission, da nach den Statuten der Gesellschaft jedes Amt in derselben nur auf 2 Jahre übertragen wird und die gegenwärtige Kommission bereits 2 Jahre fungirt hat. Die Sektion hält für nothwendig, zunächst eine Instruktion für die Garten-Kommission zu entwerfen, ehe zur Wahl derselben geschritten werden kann. Um diese Instruktion zu entwerfen, wird eine Kommission, be- stehend aus den Herren Julius Monhaupt, Rother, Jung, Dobe und Rödelius, gewählt. 3. Es wird der von der Garten-Kommission entworfene Kontrakt mit dem Gärtner durch Herrn Inkermann verlesen und beschlossen, denselben der vorgenannten Kommission zur Ueberarbeitung zu übergeben, da die Instruktion für den Gärtner in genauer Beziehung zu der für die Garten-Kom- mission steht. 161 XII. Am 26. Oktober. ) 1. Herr Professor Dr. Cohn legt 3 Exemplare einer runden Stoppelrübe vor, welche er aus Petersburg mitgebracht hat. Diese Rübe wird unter dem Namen ‚‚Wiborger Herbstrübe‘“ um Peters- bnrg viel gebaut und hat das Eigenthümliche, daß die Wurzel in einer schüsselförmigen Einsenkung steht. Herr Obristlieutenant v. Fabian bemerkt, daß ihm 2 Finnländische Rüben bekannt sind, eine lange und eine runde; diese gleicht der runden, ist aber größer. Herr Müller findet einige Aehn- lichkeit mit der Geleerübe. Die 3 Rüben werden, um Samen davon zu ziehen, den Herren v. Fabian, Julius Monhaupt und Neumann überlassen. 2. Die Rechnung über die letzte Herbst-Ausstellung wird dem Herrn Inspektor Neumann zur Prüfung übergeben. 3. Herr Kaufmann Müller übergiebt 2 Exemplare des Programms für die Ausstellung, welche der Magdeburger Gartenbau-Verein vom 15. bis 17. April 1860 zu halten beabsichtigt. 4. Herr Obristlieutenant v. Fabian theilt die angekündigten Bemerkungen zu dem vorjährigen Berichte mit. Statt Predora muß es Predom, statt Imperial (Riesen-Pastinak) Improved heißen u. a. Die Behauptung des Herrn Inspektor Neumann, daß die Knolle der Dioscorea Batatas 2 Jahre in der Erde bleiben müsse, um völlig auszureifen, wird in Zweifel gezogen und dagegen behauptet, daß die Knolle im zweiten Jahre vergehe und eine neue Knolle bilde, daß es also über- haupt nur einjährige Knollen gebe. Zum Beweise wird eine Knolle vorgelegt, an der noch die ein- geschrumpfte Mutterknolle hängt. Herr Neumann bleibt bei seiner Behauptung, die sich auf vielfache Beobachtungen gründet, und bemerkt, daß es ein großer Unterschied sei, ob man die Knolle unbe- rührt in der Erde liegen lasse, oder sie im Herbst herausnehme und im nächsten Frühjahre wieder lege. In diesem Falle vergehe sie und bilde eine oder mehrere neue Knollen. Er erbietet sich, im nächsten Frühjahre durch Ausgraben von einjährigen und zweijährigen Knollen in Gegenwart von Sektionsmitgliedern *) die Richtigkeit seiner Ansicht zu erweisen. Chemische Untersuchungen haben dargethan, daß die zweijährigen Knollen doppelt so reich an Stärkemehl sind als die einjährigen (8 Prozent und 4 Prozent). 5. Die Instruktion für die Garten-Kommission wird im Entwurf vorgelegt und ohne wesentliche Abänderungen genehmigt. Die Kommission soll aus 5 Mitgliedern bestehen, von denen mindestens 2 Gärtner sein und 1 die Obstbaumzucht verstehen muß. In einer Vorwahl werden 8 Kandidaten ge- wählt, an welche die 14 Tage später erfolgende eigentliche Wahl gebunden ist. 6. Der Sekretair legt 2 Birnsorten, Kronprinz Ferdinand und Liegel’s Butterbirne, vor und macht einige Bemerkungen über diese empfehlenswerthen Sorten, von denen die erste besonders gut auf Quitte wächst. : XIV. Am 16. November. 1. Herr Inspektor Neumann legt zweierlei Insektenpulver vor. Die eine Sorte ist aus selbst- gezogenen Blumen bereitet, die andere in einer hiesigen Droguenhandlung gekauft. Ersteres hat *) Herr Inspektor Neumann hat im Frühjahr 1860 im Beisein der Herren Eduard Monhaupt, Rödelius und des Ref. in seinem Garten mehr als ein Dutzend Batatas-Knollen ausgegraben, die, wie die beigesteckten Etiketten bewiesen, theils im Frühjahr 1858, theils 1859 gelegt, iheils aus ganzen Knollen, theils aus Stücken gezogen waren. Es ergab sich dabei Folgendes: 1) die zweijährigen Knollen waren fast ohne Ausnahme grösser und hatten eine mehr der Kartoffel ähnliche, weniger weisse und weniger glatte Schale; 2) wo ganze Knollen gelegt waren, hatten sich 2 bis 3 neue Knollen gebildet; 3) bei den 1858 gelegten fand sich nirgends eine Spur von einer während des Jahres 1859 verwesten Knolle. Eben so wenig fanden sich, wo Wurzelstücke 1858 gelegt waren, mehrere Knollen, was doch nach der unter 2 gemachten Wahrnehmung erwartet werden musste, wenn die im Lande bleibende Knolle im zweiten Jahre Brut erzeugte und selbst verginge. Ref. nahm eine als einjährig und eine als zweijährig von Herrn Neumann bezeichnete Knolle mit und liess beide in Sand rösten. Der Un- terschied war unverkennbar. Die einjährige Knolle zeigte sich sehr weich und wässerig, während die zweijäh- rige einer jungen Kartoffel nicht eben nachstand. 21 162 einen weit stärkeren Geruch. Die gewöhnliche Ansicht, daß das inländische Pulver dem ausländi- schen nachstehe, wird als irrig bezeichnet, da das frische Pulver stets das wirksamste sei. Herr Julius Monhaupt bemerkt, daß es wohl wenig ausländisches Insektenpulver bei uns geben möge, wenigstens sei es gewiß nicht vom Kaukasus, sondern etwa aus Dalmatien eingeführt. 2. Herr Inspektor Neumann giebt die Kostenrechnung über die Herbst- Ausstellung zurück mit der Bemerkung, daß er nichts zu erinnern gefunden habe. 3. Der Sekretair legt ein Radirmesser mit herzförmiger Klinge und einen kleinen Hohlmei- ßel vor und macht auf die Vortheile aufmerksam, welche das Messer beim Okuliren gewährt, indem man mit beiden Seiten die Rinde durchschneiden und mit der Spitze sie abbiegen kann. Der Hohl- meißel dient zum Abschieben des Auges. 4. Herr Obristlieutenant v. Fabian rügt den Druckfehler S. 123 des vorjährigen Berichtes Dumicker für Dowenicker Karotte. d. Der Entwurf des Kontraktes mit dem Gärtner wird durchgesprochen und festgestellt. XV. Am ö0. November. 1. Der Sekretair giebt eine kurze Kritik des Gartenbuches von Meyer (in Ulm), Abth. L., Obstgarten, und findet das Buch geeignet für den Lesezirkel der Sektion. 2. Der stellvertretende Sekretair legt die erste Lieferung des Handbuchs der Land- schaftsgärtnerei von Hofgärtner Meyer in Sanssouci vor. 3. Herr Professor Dr. Cohn hält den angekündigten Vortrag über seine Reise nach Peters- burg und Moskau, der aber wegen Mangels an Zeit abgebrochen werden muß. In Petersburg ist der Handel mit Gartenerzeugnissen in den Händen von Kaufleuten, die ihn im Großen und oft mit bedeutenden Mitteln betreiben. Ihre Waaren wissen sie geschmackvoll und für den Käufer lockend aufzustellen und auszulegen. Merkwürdig ist in dieser Beziehung der große Bazar in der Garten- straße, der nur etwa in London in Coventgarden seines gleichen hat. Das Obst muß aus entfernten Gegenden eingeführt werden, da in der Nähe nur einige Apfel- und Kirschsorten fortkommen. Was Herr Cohn davon sah, war aber schlecht; die sehr gerühmte Wladimirkirsche schon passirt. Be- sonders häufig sieht man Arbusen (Angurien, Wassermelonen), welche aus den südlichen Gouverne- ments Kursk, Saratow u. a. eingeführt werden. Da sie bis zum 52°N. Br. und in der wasserarmen Kirgisensteppe gut forikommen, so meint Herr Professor Cohn, daß die Russischen Sorten auch bei uns mit Erfolg würden angebaut werden können. Er hat daher Kerne mitgebracht und bietet sie den Mitgliedern der Sektion an. (Herr Obristlieutenant v. Fabian bemerkt, daß er vielfache Versuche mit asiatischen und amerikanischen Sorten angestellt habe, daß aber die Früchte nur aus- nahmsweise reif geworden sind). Das gewöhnliche Gemüse der Russen ist Kohl (Kraut), der mit groben Graupen zusammengekocht das Nationalgericht Tschie bildet. Auch in der feineren Küche spielt die Kohlsuppe eine Hauptrolle. Fleisch genießt der gemeine Russe sehr selten und widerlegt, da er sich einer kräftigen Gesundheit erfreut und ein hohes Alter erreicht, die Liebich’sche Theorie, welche den Nordländer auf den Genuß von Fleisch anweist. Der Kopfkohl sollte, da er viel Eiweiß und andere Nahrungsstoffe enthält, auch bei uns mehr als Nahrungsmittel benutzt werden. Nächst dem Kohl wird in Petersburg besonders die Wiborger Stoppelrübe viel gegessen. — Der Peters- burger fühlt noch mehr als andere Städter das Bedürfniß, den Sommer auf dem Lande zuzubringen. Mit dem Frühjahre verlassen alle wohlhabenderen Bewohner von Petersburg die Stadt und kehren erst im September dahin zurück. Daher ist die Zahl der Landhäuser (Datschen) sehr groß; sie liegen, namentlich auf dem rechten Newaufer, zum Theil noch in dem Weichbilde der Stadt. Ihre Zahl ist kaum geringer als die der Stadthäuser. Die Datschen sind meist Blockhäuser, von Russi- schen Bauern gebaut, aber mit Brettern beschlagen und mit Oelfarbe angestrichen. Sie ähneln in der Form den Schweizerhäusern; ihr Anstrich erinnert oft an Herculanum und Pompeji. Nicht selten sind sie mit Säulen, Freitreppen u. dgl. verziert und mit Blumen, Schlinggewächsen und anderen Pflanzen 163 geschmückt. Die sie umgebenden Parkanlagen sind im englischen Geschmack, ausgezeichnet durch herrlichen Rasen, in welchen man zwar das den dortigen Winter nicht überdauernde Lolium perenne nicht findet, sondern nur Wiesengräser, wie Agrostis, Poa und ähnliche, mit Wiesenblumen gemischt, der aber doch sehr dicht und frisch ist. Die gewöhnlichen Parkbäume sind Kiefern, Fichten und Birken, die alle dort einen schöneren Wuchs haben als bei uns. Außerdem finden sich besonders die in Sibirien heimischen Coniferen, ebenfalls in schönster Vegetation, z. B. Pinus Pichta, Larix sibiriea, Pinus cembra u. a. Weniger gut gedeiht T’huja oceidentalis. Von Laubhölzern sieht man Ulmen, Eschen, Ahorn (Acer Pseudoplatanus und tataricum, nicht A. campestre), Prunus Padus, Sorbus aucuparia. Ausgezeichnet schön ist Robinia Caragana (Caragana arborescens Lam.). Sie wird nicht blos zu Hecken verwendet — der große Packhof ist mit einer solchen um- geben —, sondern bildet auch hochstämmig schöne Laubkronen. Hecken werden auch aus Linden gebildet, z. B. in dem Sommergarten, welcher Aehnlichkeit mit dem Tuilleriengarten in Paris hat. Als Alleebäume finden sich die Linden ebenfalls, seltener Roßkastanien, und nur jüngere Bäume. Eichen kommen nur einzeln, aber zum Theil von bedeutender Größe vor. Von solchen sagt das Volk stets, Peter der Große habe sie gepflanzt. Sonst sieht man noch Weiden und Pappeln (Populus nigra, alba, suaveolens). Von Sträuchern sind zu nennen: Syringa, welche ungemein reich blüht, Philadelphus coronarius, Crataegus sanguinea, Viburnum Lantana, Potentilla fruticosa, sehr schön, Ribesarten, Loniceren. Von Staudengewächsen werden etwa dieselben Arten wie bei uns kultivirt. Annuelle Pflanzen können dagegen wegen der Kürze des Sommers nicht in das freie Land ‚gesäet werden. Auch die Rosen werden in Häusern überwintert und die Georginen in Töpfen an- getrieben. Der Park von Peterhof mit seinen vielen und schönen Wasserpartieen wird ausführlich beschrieben. Besonders schön ist die kleine Insel Zarine, die ein ganz italienisches Ansehen hat, aber auch im Winter überdacht und geheizt wird. Zum Schluß werden Ansichten von Petersburg und Moskau vorgezeigt und die Fortsetzung des Vortrages versprochen. XVI. Am 7. Dezember. 1. Für die nächsten 2 Jahre wird zum Sekretair gewählt Herr Gymnasial-Direktor Dr. Wim- mer, schon früher von 1852 bis 1855 in diesem Amte; Herr Kaufmann E. H. Müller wird zum stell- vertretenden Sekretair wiedergewählt. 9. Als Kandidaten für die Garten- Kommission werden gewählt die Herren Dobe, Krause, Rödelius, Inkermann, Fickert, Breiter, Eistert und Oberlehrer Scholz, nachdem die Herren Rother, Jung, Eduard Monhaupt und Julius Monhaupt die auf sie gefallene Wahl ıbgelehnt haben. XVII. Am 21. Dezember. 1. Es wird zur definitiven Wahl der Garten-Kommission geschritten; in dieselbe werden ge- wählt die Herren Eistert, Breiter (beide als Gärtner), Dobe, Rödelius und Inkermann. 2. Die Wahl der Preisrichter für die Monats- Ausstellungen wird ausgesetzt und beschlossen, im Januar keine Ausstellung zu halten. 3. Herr Rödelius giebt im Namen der Garten- Kommission eine Uebersicht über Einnahme und Ausgabe bei der Garten- Verwaltung, so wie über das Inventarium des Gartens und des Glas- hauses. Derselbe wird ersucht, in der nächsten Versammlung den Wirthschaftsbericht über den Garten mitzutheilen und die Angaben des Finanzberichtes genauer zu bestimmen. 21 * 164 Bericht über die Vertheilung von Nutz- und Zierpflanzen-Samen im Frühjahr 1859 Kaufmann E. H. Müller, zur Zeit stellvertretendem Sekretair. Zur Beschaffung von Sämereien behufs Vertheilung an Mitglieder zum Versuchsanbau waren in der Sitzung vom 26. Januar 1859 nur 30 Thlr. mit der Voraussetzung bestimmt worden, daß zu gleichem Zweck erhebliche Geschenke an im vorigen Jahre vertheilten Sämereien, deren Anbau vor- züglich empfehlenswerth befunden ward, von Mitgliedern und ebenso aus dem Sektions- Versuchs- Garten zur weiteren Verbreitung eingehen würden,. zugleich aber auch Referent wiederum mit Anschaffung der Sämereien und deren Vertheilung betraut. Die gehegte Voraussetzung erfüllte sich jedoch leider, wahrscheinlich wegen der, der Samenzucht im vorigen Jahre wenig günstigen Witte- rung, durch Einsendungen von Mitgliedern nur in geringerem Maße, während der Sektionsgarten gar nichts lieferte. Waren auch Gesuche um Uebersendung von Sämereien in diesem Jahre zwar in mäßigerer Anzahl als besonders in dem vorangegangenen eingelaufen, so stellte sich doch sehr bald heraus, daß die bewilligte Summe bei weitem nicht ausreichend sei, um bei den diesjährig unge- wöhnlich hohen Samenpreisen und bei selbst mit größtmöglichster Vorsicht und Zurückhaltung ge- troffener Auswahl nur diejenigen Sämereien neuer, oder von anderen Seiten her sehr empfohlener, oder doch zu wiederholtem Versuchsanbau erforderlicher Sorten Nutz- und Zierpflanzen, von denen dies am wünschenswerthesten sein müßte, in solchen Qnantitäten anzuschaffen, daß es möglich ge- wesen wäre, mit jeder derselben wenigstens einige derjenigen Mitglieder zu betheilen, von denen erfahrungsmäßig ein sorgsamer Versuchsanbau und genügender Bericht darüber zu erwarten steht. Ein deßhalb gestellter Antrag auf Erhöhung der wie oben bewilligten Summe wurde später geneh- migt und dadurch noch eine Anschaffung und Vertheilung in nachstehend aufgestelltem Umfange ermöglicht. Von den Herren Ernst Benary, F. A. Haage jun., Christoph Lorenz und Gebrüder Villain in Erfurt, Karl Ebritsch in Arnstadt und Ernst und v. Spreckelsen in Hamburg wurden zusam- men Samen von 41 Sorten Nutz- und 30 Sorten Zierpflanzen bezogen. Diesen wurden durch gültige, mit aufrichtigem Danke empfangene Geschenke noch angereiht durch die Herren Ernst Benary, Christ. Lorenz und €. Ebritsch 10 Sorten Nutz- und 12 Sorten Zierpflanzen; so wie durch die Mitglieder: Herren königl. Oberamtmann von Blacha, Polizei-Assistent Eitner, Kunstgärtner Frickinger und J. Grüger, Lehrer und Grundbesitzer John, Kunstgärtner Riedel und Ritter- gutsbesitzer v. Woikowski-Biedau 36 Sorten Nutz- und 39 Zierpflanzen, und konnten demnach 87 Sorten Nutz- und 81 Sorten Zierpflanzen, und zwar erstere an 60, letztere an 40 Mitglieder in resp. 765 und 667 für den Versuchsanbau im Kleinen genügenden Portionen vertheilt werden, denen, wie schon in den beiden letztvergangenen Jahren, die Schemata zu den Kulturberichten beigefügt wurden, deren geneigt möglichst genaue Ausfüllung und rechtzeitige Einsendung ihres sich erweisenden Nutzens wegen um so wünschenswerther ist. Was nun die durch diese Vertheilung erwachsenen Kosten anlangt, so betrugen dieselben: für die bezogenen Samen von Nutzpflanzen ..... 22 Thir. 17 Sgr. 8 °Pf. rs # > „ Zierpflanzen ..... 1355 - AI verlegte ROrtee N NE ORDER. a „ Verpackungs- und Verendungsgeen ET, Gi Aer Zusammen 47 Thlr. 19 Sgr. 6 Pf., von deren Verwendung wohl mit Hilfe der betheilten resp. Mitglieder wiederum mancher gemein- nützliche Erfolg für unsere Provinz in Aussicht stehen darf. 165 Bericht über die Vertheilung von Edelreisern im Frühjahr 1859 von dem Hauptturnlehrer F. Rödelius, Mitglied der Sektion. Laut Beschluß der Sektion wurden für 10 Thlr. Obstreiser mit stärkerer Berücksichtigung des Steinobstes aus Hohenheim von Lukas und von Liegel in Braunau am Inn beschafft. Die anderweitigen Ausgaben für Porto’s und Verpackung beliefen sich auf 5 Thlr. 10 Sgr. 6 Pf., so daß also die Gesammtausgabe eine Summe von 15 Thlr. 10 Sgr. 6 Pf. betrug. Die Anzahl der verschriebenen Reiser nebst den zur Vertheilung geschenkten stellt sich wie folgt: I. Aepfel. Snsmhlohenheimeru. 0.0.0.0. 4.0 ans n snegn zuaseetetngshe ee see 40 Sorten 200 Stück VonsllevensKloß.in Zobten....... 2.2... 00er nass se I; RD. 39 Pa Gochloyiuszin Schönwald... ...2..........2.... 10..,.., 50 ,„ 5 „ Baron v. Richthofen in Leszezin................ 11. 3 59 2 Wallezin. Hochkirch... . . ... ......u 220... .. 10 , 50 , Rn eaRödeliussins Breslau... 0 as acc ea en een: 20:2..,2.120: 598 Stück. Il. Birnen. Ausatlohenhemesstnne:l. „ia anliein 30 Sorten 150 Stück Von Hern®Kloßrin-Zobten #14:9...20=.wominlliree Bahr. 2l:e3,; 54 ,„ Be, Cochloviusrin.. Schönwald... er 10, A, % „ Baron v. Richthofen in Leszezin................ 219435 10 ,„ ee vu WillesinsHochkirch 3.0 an. 2: 10 ,„ 30 „ Be Rodeliustin' Breslau... 2.2... een 20 ::,;, 100 ;,, 4 SsHontschikinopleBi4..2.2.2. 2 aan 15:55, Ag, ‘ Riasinerzels ins Braunau). wa.u.a N. ee lelgerenn 21:5, 42 „ 50, II Kirschen. Von Herrn Liegel in Braunau ...............:22cccen.0.. 12 Sorten 36 Stück a2, Rodelius in Breslau, gr... Ho 200 range 20,55.2.:20 3, 156. 5, IV. Pflaumen. Von Herrn Liegel in Braunau. ......-....... 22222 ee2 0. 40 Sorten 120 Stück Br Rödelius-in.Breslaus u. 4.8400 Dr PN) ei) Gesammtzahl............ 1405 Stück. Diese kamen an 32 Mitglieder zur Vertheilung. Ergebniss aus den Berichten der Mitglieder über Kulturversuche mit Gemüsen, Blumen und anderen Gewächsen und über die im Frühjahr 1859 vorgenommenen Veredelungen von Dr. K. Fickert, zur Zeit Sekretair der Sektion. Ueber Kulturversuche sind 22 Berichte eingegangen, von den Herren: Pastor Richter in N.- Luzine, Gutsbesitzer Matthaei in Straupitz, Kunstgärtner Grüger in Hünern, Lehrer Titze in Töppendorf, Polizei-Assistent Eitner in Bunzlau, Rittergutsbesitzer Werther in Masselwitz, Gärtner 166 Riedel in Goldberg, Kunstgärtner Gildner in Pohlsdorf, Inspektor Stoll in Miechowitz, Pfarrer Such a- nek in Gr.-Rosmierz, Landesält. v. Thielauin Lampersdorf, Kunstgärtner Nitsche (Bar. v. Welczek) in Laband, Gutspächter Wollny in Camenz, Schloßgärtner Herbig in Neudeck, Kunstgärtner Silex in Ober-Glaucha, Dr. Fickert in Breslau, Dr. med. Diestel in Siemianowitz, Kunstgärtner Frickinger in Laasan, Hauptmann a. D. von Drabizius in Breslau, Kunstgärtner Luckow in Nieder-Thomas- waldau, Baum- und Gemüsegäriner Peicker in Grafenort, Kunstgärtner Geisler in Hochkirch. Theils sind auch noch in den Begleitschreiben einzelne Mittheilungen gemacht. Daß die Urtheile sehr oft einander widersprechen, bedarf kaum der Erwähnung. Die Verschiedenheit der Bodenver- hältnisse, der örtlichen Lage, der Kultur, zuletzt auch der subjektiven Ansichten, erklärt dies zur Genüge. Der Referent hat möglichst unparteiisch aus genauer Prüfung der Berichte ein Resultat zu gewinnen gestrebt, dabei aber nicht umhin gekonnt, oft den Urtheilen der ihm als geschickte und erfahrene Kultivateurs bekannten Herren, zuweilen auch den eigenen Erfahrungen ein entscheidendes Gewicht beizulegen, da in diesem Falle ein bloßes Zählen der Stimmen nicht genügen kann. Nicht selten gab schon ein Bericht selbst in dem genaueren und ausführlicheren Eingehen sich als ent- scheidend zu erkennen. Ueberdies sind auch die früher abgegebenen Urtheile verglichen worden. Aus den Berichten sind diesmal noch mehr Bemerkungen aufgenommen worden, die sich auf die Eigenschaften, die Kultur der Gewächse und Aehnliches beziehen. Namentlich habe ich bei den Blumen mitgetheilt, was über ihre Verwendung zu Gruppen oder überhaupt über ihre Zusammenstellung mit anderen Blumen bemerkt war. Ich glaube, daß diese Bemerkungen, besonders den Nichtgärt- nern, vielleicht auch manchem Gärtner, nicht unwillkommen sein werden. Der Effekt, den eine Blume oder eine Blattpflanze macht, hängt ja meist von ihrer Stellung ab, und in dieser Beziehung läßt sich wenig von vorn herein entscheiden, zumal wenn man das Gewächs gar nicht oder unvoll- kommen kennt. Es ist wünschenswerth, daß die Herren Berichterstatter ihre Erfahrungen in dieser Beziehung der Sektion noch reichlicher mittheilen wollen. Die schon im vorigen Berichte angewendeten Zeichen F = empfehlenswerth, +7 = sehr empfehlenswerth, ?—= nicht zu empfehlen, ?+F = noch weiter zu prüfen habe ich beibehalten, weil sie eine bedeutende Raumersparniß gewähren. Aus derselben Rücksicht, um Raum zu ersparen, habe ich auch manche Bemerkung weglassen müssen, die sonst wohl eine Stelle verdiente. EI. Gemüse, Suppenkräuter, Melonen u. a. Die Wilterungsverhältnisse sind im Jahre 1859 für den Gemüsebau fast noch ungünstiger ge- wesen als 1858. Anhaltende Dürre und Ungeziefer aller Art haben mannigfachen Schaden ange- richtet; der im Spätsommer eingetretene starke Regen hat ebenfalls auf gewisse Pflanzen, z. B. Gurken und Melonen im Freien nachtheilig gewirkt. Diese sind, nachdem sie sich bei der Hitze schön entwickelt hatten, meist aufgesprungen. Ein Mittel gegen das Aufspringen der Melonen ist das Umdrehen der Früchte. Indem der Stiel dadurch etwas zusammengedreht wird, entsteht ein Hemmniß des Saftzuflusses in die Frucht, der nach starkem und anhaltendem Regen in übergroßem Maße stattzufinden und das Aufreißen der Früchte zu veranlassen pflegt. 1. Erbsen. a. Kneifel-. +7 Neue runzlige Mark-Champion of Scotland. + Queen of the Dwarfs (niedrig, sehr reich tragend; auch die jungen Schalen sind genießbar). ++ Knigth’s Marrow- (über 3 Fuß hoch, die Schoten bis 3 Zoll lang). ++ Niedrige Matchless- (2 Fuß hoch; hielt die Dürre sehr gut aus; 1 Pflanze brachte 15—80 Schoten). ? Hohe Matchless (trug 2 Jahre lang sehr wenig). ++ Knigth’s Lord Raglan (große Schoten, aber wenig Körner). +7 Mamouth- Zwerg-Mark- (12—2 Fuß hoch, sehr kräftiger Wuchs, große und volle Schoten). + Erbse des Ueberflusses. + Frühe niedrige Mai-. + Prinz Albert-. + Great Victoria Mark- (53 Fuß hoch, trägt reich). -F+ Harrison’s Ruhm (verschieden von Harrison’s Perfektion ?, niedrig, muß aber doch etwas gestengelt werden. Dies ist bei allen Erbsen, auch den niedrigen, mit Ausnahme etwa der Buchsbaum-, zu empfehlen). 167 b. Zucker-. ?-+ Große gelbe Schwert-Zucker- (neu; hat wenig Beifall gefunden). 2. Bohnen. a. Stangen-. ? Frühe schwarzbunte. -+ Römische Speck- oder schwarze Wachs- (hielt die Trockenheit am besten aus). + Speck-Schnitt- aus Westphalen (trägt reich, taugt aber nicht zum Einlegen). + Neue höchst ertragreiche Pfriemen- (kleine Trockenbohne, die eine langsame Vegetation zu haben scheint und nicht sehr hoch wird). -+ Perl-Stangen- (wird sehr hoch und trägt reichlicher als die vorige; ebenfalls eine Trocken-, auch Salatbohne). + Braune Riesen-Speck-Brech-. ? Phaseolus ensiformis gigas (die Urtheile über die durch das Korn ver- schiedenen Varietäten lauten gleich ungünstig). b. Busch-. ++ Grünlich-weiße Flageolet-- (sehr früh, wird in 8 Wochen für die Küche brauchbar). +} Sanssouci- (verlangt etwas fetten Boden). ++ Berliner Treib- (gab einen enor- -men Ertrag; wurde in 10 Wochen für die Küche brauchbar). + Taurische Eier- (Trockenbohne). + Schwefelgelbe Eier- (auch als Schnittbohne). + Fleischbohne (spät; gut zum Einlegen). +} Adler- (grün und trocken gleich gut). + Frühe schwarze (sehr früh, ergiebig). + Frühe gelbe (bis auf die Farbe des Samens der vorigen gleich). + Busch-Wachs- mit schwarzem Korn (muß mit Rei- sern versehen werden; kommt der Römischen Speck- nicht gleich). ? Neue weißschalige Busch-. + Wachs-Busch- mit gelbem Korn (keine Wachsbohne, aber wegen geringer Höhe und schnellen Wuchses als Treibbohne zu empfehlen). + Butter-Brech-Busch- (ist auch eine gute Trockenbohne). 3. Linsen. ?+ Provencer Erbslinse (grün, wie Puffbohnen, zu essen — als Futter zu empfehlen). ‘4. Kohl- und Krautarien. a. Wirsing. + Großer krauser später de Vertus. ?-+ Neuer Herblinger (kleine Köpfe, die auch an manchen Orten nicht fest waren). -+ Krauser feingekerbter Ulmer (wird wohl eine der besten Sorten bleiben). + Kapuziner-. b. Rosen- oder Sprossenkohl. + Neuer Zwerg- (erreichte meist dieselbe Größe wie der folgende). + Brüsseler (unter 2 Schock ließen sich mindestens 5 Varietäten erkennen. Obwohl von der Dürre zurückgehalten, entwickelte sich die Pflanze im Herbst sehr schön. Der Rosenkohl ist eines der feinsten Wintergemüse, das mehr angebaut werden sollte). c. ?+ Butterkohl oder Carminat. d. Blumenkohl (Carviol). + Erfurter Zwerg-. e. Kopfkohl. + Früher Joanet oder Nantais. -- Atkins niedriger Matchless (nicht so schön wie Joanet, weil nicht fest). + Griechischer Centner-. ?-+ Braunschweiger. f.e Winterkohl. ? Turner’s Cottage oder Tagelöhnerkohl (nicht verschieden von dem hohen Braunkohl, der in manchen Gegenden als Viehfutter gebaut wird). 5. Kohlrabi, + Ganz neuer feiner Riesen-. + Früher Wiener Glas-. 6. Kohlrübe. + Gelbe rothgrauhäutige Riesen-. ? Neue gelbe sehr zarte (Herr Riedel in Goldberg zieht die Kohlrüben spät und findet, daß sie ebenso groß und viel weicher als die früh gepflanzten werden. Auch bei den meisten Kohlarten ist das frühe Pflanzen zu widerrathen, da sie bei Dürre und großer Hitze leiden und erst recht zu wachsen anfangen, wenn die Nächte länger und thaureicher werden). 7. Möhren und Karotten. + Allerkürzeste frühe Treib - Karotte (war auf rajoltem Boden vorzüglich). 8. Radieschen. + Kurze Holländische. + Lange Holländische (weniger für das Mistbeet). + Wiener gemischt. 9. Bete. + Von Bassano (findet aber keine Käufer, weil sie zu hell ist). 10. Gurken. + Schlange von Athen (Erirag gering). + Arnstädter blaßgrüne Riesen- Schlangen- (wurde 14 Fuß lang; aber nicht ertragreich. Alle Sorten, welche sehr große Früchte bringen, liefern sie natürlich in geringerer Zahl und verlangen überdies mehr Raum. Den Ertrag kann man nicht nach der Zahl vergleichen, sondern man muß die Wage anwenden). - Non plus ultra. ?-+- Gurke von Babylon. -++ Lange hellgrüne Chinesische. + Long favorit (scheint eine 168 Abart der vorigen zu sein). + Martin’s long green. ++ Schwefelgelbe Arnstädter Riesen- (sie wurde zum Theil wässerig gefunden). + Mittellange Liegnitzer. + Frühe hellgrüne. + Große Patrik (lie- ferte wenige, aber große und dauerhafte Früchte). + York prolifie. ++ Neue grüne Chinesische (möchte sich vorzüglich zum Treiben eignen). ? Gurke aus der Mongolei. 11. Melonen. + Große Königs-Cantaloupe. + Apfel- von Tiflis (klein, aber sehr schmack- haft; man hat sie nur wenig zu beschneiden). + Goldenball (setzt leicht Früchte an). + Frühe Netz- (setzt nicht gut an). +? Camila- (von feinem Geschmack, lohnt aber nicht). ++ Aus Klein- asien von Frickinger. ?-++- Süße Duttma aus dem Kaukasus (wenig ertragreich). +++ Muskat- oder Bisam- (vorzüglich im Geschmack, gut im Ertrage). + Große Netz- (die größte Frucht erreichte den Umfang eines Viertelscheffels). + Neue gestreifte Apfel- (wohl identisch mit Apfel- aus Tiflis). ? Türkische mit gefleckter Schale. ? Ananas- aus Rußland. 12. Kürbis. a. Speise-. ?+ Von den Jonischen Inseln. -+ Großer langer rother von Val- paraiso (der größeste wog 75 Pfund). -+ Chamoisgelber von Valparaiso. b. Zier-. + Pomeranzen- (einer Apfelsine sehr ähnlich). + Stachelbeer- (sehr hübsch in Töpfen und an kleinen Spalieren). + Bischofshut-. + Cucurbita leucantha longissima (größeste Frucht 6 Fuß lang). 13. Zwiebeln. + Neue schwefelgelbe James- (meist nur mittelgroß). + Feine weiße Nocera-. ?+ Große runde gelbe de Vertus- (ohne besondere Vorzüge). + Rothe Holländische (wenn darüber geklagt wird, daß sie sehr klein blieb, so liegt dies nicht an der Sorte. Diese wie die silber- weiße und gelbe Holländische erreichen, richtig kultivirt, eine mittlere Größe und zeichnen sich durch Dauerhaftigkeit aus). ? Madeira- (muß verpflanzt und weitläuftig gesetzt werden, wenn sie ihre Größe erreichen soll; völlig reif wird sie bei uns wohl nie). ? Spanische weiße. + Blaß- rothe runde. 14. Kartoffel. + Bisquit-. + Riesen- von Riedel. + Frühe, Labrador- von Riedel. 15. Petersilie. Schnitt-. + Neue Englische Mitchels Matchless. ++ Myatt’s zierende (giebt eine sehr niedliche Einfassung). 16. Salat. +? Neuer Vollblut-Forellen-. ? Großer gelber Schweizer-. 17. Spinat. + Englischer. + Von Goudry. BI. Andere Wirthschaftis-Gewächse. ? Imperial-Zucker-Runkelrübe (konnte nicht von anderen unterschieden werden; erreichte keine bedeutende Größe). + Große Oberndorfer Futterrübe. ? Bunias orientalis (ohne Werth; wird vom Vieh nicht gefressen). ? Goldbachia torulosa (einem Unkraut ähnlich; das Vieh frißt es nicht). + Ceratochloa australis (sehr ergiebiges, fettes Futtergras; konnte 3 Mal geschnitten werden). ? Lin imperial (scheint sich zu sehr zu verästen,, ? Tabak von Salonichi (Blätter stehen zu weitläuftig; rostet leicht). ? Capischer (Blätter stehen zu weitläuftiig; wiegt zu leicht). + Ohio (große Blätter mit starken Rippen; rostet nicht leicht). + Gundi (Ammersforter ? Großes Blatt). + Virginischer (fällt in’s Gewicht; braucht wegen seiner dicken Rippen etwas mehr Raum zum Trocknen). II. Blumen. + Aecroelinium roseum (nahm sich in folgender Zusammenstellung sehr gut aus: in erster Linie Acroel. ros., in zweiter Linum grandiflorum rubrum, in dritter Pyrethrum parthenium mit Del- phinium sinense, in vierter hochstämmige Rosen mit Pyramiden von Lathyrus odoratus wechselnd, zwischen beiden Malope grandiflora). + Agrostis pulchella (zu Einfassungen geeignetes Gras). 7 Agrostis nanquinensis (herrliches Gras für größere Gärten zur Einfassung von Gehölzgruppen). ? Anagallis grandiflora (nebst den übrigen Spezies, blüht zu kurze Zeit Morgens und Abends). + Alonsoa Warscewiezii (sehr hübsch zwischen Monatsrosen). Neueste schwarzblaue Pyramiden-Aster. + Kaiser-. + La superbe (rosenroth; die Blüthen 169 hangen eiwas). + Kugel-Pyramiden- (nicht eben reich an Farben). + Schwefelgelbe Pyramiden-. + Zwerg-Bouquet-. + Zwerg-Pyramiden-. + Französische Zwerg-Balsaminen (wurden nur 6 Zoll hoch). + Beta brasiliensis (zur Einfassung von Gehölzgruppen). + Brassica oleracea (in Töpfen überwintert und im Frühjahr ausgepflanzt, giebt sie, wenn sie in die Blüthe geht, eine schöne Dekoration). + BDrizopyrum si- culum (sehr niedliche Grasart). + Calliopsis bicolor nana (schön zu Einfassungen, auch in Töpfen). + Callirhoe pedata (24 Fuß hoch, in Gruppen und in Töpfen). + Celosia cristata (Same im März gesäet, die Pflanzen auf ein anderes Beet piquirt, 4 Zoll auseinander, warm gehalten; wenn die Kämme sich gebildet haben, in Töpfe oder in das Land. So erhält man Kämme von außeror- dentlicher Größe). + Centranthus macrosiphon (weitläuftig zu pflanzen, besonders mit Silene pen- .dula). + Chenopodium Atriplieis (hübsche Blattpflanze, besonders mit Perilla, Canna discolor und Rieinus sanguineus). + Cleome arborea (3 Fuß hoch, auf schattigen Stellen, zur Einfassung von Gehölz, mit Malope grandiflora). + Cobaea scandens (hübsche Schlingpflanze; Same im März gesäet, die Pflanzen beim Repiquiren in kleine Töpfe, im Mai in das freie Land an geschützte Stellen, blüht sie vom Juli bis in den Herbst). + Chrysurus cynosuroides (zierliches Gras zu Einfassungen). + Datura humilis flava (eine der schönsten Daturen; blüht im September mit schwefelgelben Blumen). + Datura Wrigthiü metalloides (mit der vorigen auf ein Beet). + Delphinium Aiaecis flore pleno (mit Nemophila insignis und ein wenig Sidlene pendula bildet es eine hübsche Gruppe). + Delphinium cardiopetalum (als niedrige Einfassung zu empfehlen). + Dianthus chinensis varieg. -eor. (der Karthäusernelke ähnlich). + Dianthus imperialis fl. pl. (zu Einfassungen). + Dianthus taponicus gigas. + Dolichos giganteus (eine der schönsten Lianen, wird 20 Fuß hoch, darf aber nicht an Bäume gesetzt werden, weil er dieselben leicht erstickt). + Elymus Hystrix (Ziergras auf Rabatten zwischen Sommerblumen). + Emilia (Cacalia) flammea (zwischen Monatsrosen mit Linum grandifl. r.). ? Eupatorium Fraseri. + Eutoca vi- scida (der Whithlavia ähnlich, im Mai in das Land gesäet; das Verpflanzen gelingt nicht besonders). + Gomphrena globosa (mit Portulaca und Phlox Drummondi). + Gypsophila muralis (mit Lobelia erinoides gut zu Einfassungen). + Helianthus agrophilus (hübsche Blattpflanze mit silberweißen Blättern, paßt zu Rieinus). + Hymenantherum tenuifolium (hübsche Gruppenpflanze). + Ipomoea Bona nox (wächst stark). + /pomoea cocceinea (wegen ihres zierlichen Wuch- ses zur Bekleidung von Rosenstämmen geeignet). + Jpomoea Quamoelit (zur Bekleidung von leichtem Gitterwerk). + Großblumige Pyramiden-Sommer-Levkoye von Benary (sie erreichte eine ungewöhnliche Größe und blühte bis in den Spätherbst. Zur Kultur der Levkoyen wird empfohlen, den Samen nicht zu dicht zu säen und die Pflanzen zu piquiren; als Bodenmischung Mistbeeterde mit altem Lehm gemischt. Will man recht große und schöne Levkoyen ziehen, so muß man den Pflanzen mindestens 1 Fuß Zwischenraum geben und das Land reichlich mit altem Kuhmist düngen. Sehr zuträglich ist das Umlegen mit Kuhfladen). + Loasa (Caiophora) latericia (ist merkwürdig durch die eigen- thümliche ziegelrothe Blüthe und ist zu Pyramiden und zur Bekleidung von Gitterwerk sehr gut zu verwenden. Da das Blatt stärker als Nessel brennt, so dient sie zugleich zum Schutz. Sie erreicht in humusreichem Boden eine Höhe von 10 Fuß und darüber). + Lobelia erinoides (niedliche Ein- fassung). + Lupinus hybridus superbus von Grüger. + Lupinus nanus flore albo (nett, aber nicht konstant). ?+ Lupinus Hartwegü coelestinus (die Farbe zu blaß). + Lupinus speciosus ‚(dunkelviolette Blüthe; perennirt). 4 + Neuester Mimulus quinquevulnerus. + Gefüllte Land-Nelken von C. Lorenz (waren recht schön). + Oenothera Jamesiü (3 Fuß hoch, blüht gelb). + Oenothera bistorta (die Blätter breiter als am vorigen). 22 170 + Paspulum elegans (hübsches Gras). + Perilla nanquinensis (effekwvoll). + Phygelius capensis (zu Einfassungen). + Portulaca caryophylloides (recht hübsch unter dunkelrothen Arten). + Ricinus africanus (8 Fuß hoch, paßt in Gruppen, verlangt aber humusreichen Boden). + Ricinus sanguineus (pompös). + Salpiglossis, Zwerg- (wohl kein Zwerg). + Setaria macrostachya (nimmt sich in Gruppen, z. B. mit Canna, recht hübsch aus und trägt reichlich Samen, den das Federvieh gern frißt. Ich konnte diese Hirseart von Setaria italica nicht unterscheiden, muß aber die außeror- dentliche Fruchtbarkeit bestätigen). ++ Silene rubella. + Venidium calenduloides (zu Einfassungen; die Blätter legen sich auf die Erde, der Stengel mit orangegelber, einer Ringelblume ähnlicher Blüthe, wird 8 Zoll hoch). ?-+ Veronica syriaca (eine nicht ungewichtige Stimme nennt es ein Unkraut, das unseren wildwachsenden Veronikaarten nachsteht). + Viola tricolor a borde blanche (der Same gemischt). ? Viscaria oculata (Blüthe- zeit zu kurz, Blüthe unansehnlich). + Whitlavia grandiflora (Ende April in das Land zu säen; bildet mit PAlox Drummondi hübsche Gruppen. Im vorjährigen Bericht ist irrihümlich Wittaria gedruckt). EV. Obst. Ueber die Erfolge der mit den von der Sektion zugesandten Pfropfreisern im Frühjahr 1859, theils auch in früheren Jahren vorgenommenen Veredelungen haben berichtet: Fräulein A. v. Möl- lendorff in Groß-Peterwitz (33 Sorten, 76 Stämme), die Herren Oberförster Heyder in Wiesau (33 Sorten, 65 Stämme), Pastor Cochlovius in Schönwald (auch über den Bestand aus früheren Jahren seit 1855, 70 Sorten, 371 Stämme in der Gemeinde-Baumschule; Edelreiser werden angeboten), Revierförster Spalding in Johnsdorf (aus den Jahren 1855 bis 1858 79 Sorten, 163 Stämme), Baron v. Richihofen auf Leszeyn (von 1857 bis 1859, 94 Sorten, 302 Stämme), Kunstgärtner Frickinger in Laasan (22 Sorten, 28 Stämme oder Probezweige; von 63 Apfel- und 50 Birnsorten aus früheren Jahren werden Reiser angeboten), Kunstgärtner Luckow in Nieder- Thomaswaldau (über 1857 und 1858, 39 Sorten in 77 Probezweigen, meist 2 von jeder Sorte, 287 Stämme; es werden Reiser angeboten), Landschafisdirektor v. Wille auf Hochkirch 6 Sor- ten, 80 Stämme), Baum- und Gemüsegärtner Peicker: in Grafenort (von 1855 bis 1859, 170 Sorten, 1125 Stämme oder Probezweige). Nimmt man dazu, daß von den meisten Seiten, wohin Pfropf- reiser abgegeben worden, nicht berichtet ist, auch diese Berichte nur zum Theil ein Gesammt- resultat, und alle nur das geben, was zu Ende des Jahres 1859 in den Baumschulen und Obst- pflanzungen noch vorhanden war, während doch, wie in einzelnen Berichten auch mit Angabe der Zahl ausdrücklich bemerkt ist, viele Stämme abgegeben sind, so kann die Sektion mit Befriedigung auf diesen Theil ihrer Thätigkeit blicken. Es ist eine große Menge anderwärts erprobter und von den bedeutendsten Auctoritäten empfohlener Sorten in vielen Stämmen verbreitet worden. Das Kernobst, mit Ausnahme einiger Tyroler Sorten, und dessen, was von Mitgliedern geschenkt worden, ist nur von Oberdieck und Lucas, das Steinobst zum Theil auch von Liegel bezogen, nicht als ob die Sektion diesen ihren Mitgliedern allein glaubte Vertrauen schenken zu dürfen, sondern um der Verwirrung, die aus der Verbreitung von Identitäten unter verschiedenen Namen nothwendig entsteht, möglichst vorzubeugen. Dennoch hat es nicht vermieden werden können, dieselbe Sorte unter 2 Namen abzugeben; wenn nämlich ein Theil der Reiser von Lucas oder Oberdieck be- zogen, ein anderer Theil aber unter einem anderen Namen geschenkt war. Obwohl nur von solchen Mitgliedern, deren Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit bekannt ist, Reiser angenommen und verbreitet wurden, so hat man doch die Namen, unter denen sie ankamen, nicht mit den rezipirten Synonymen vertauschen wollen, weil bei vielen Sorten die Identität noch keineswegs außer allem Zweifel gestellt ist, und weil gewünscht werden muß, daß die Untersuchungen und Beobachtungen in dieser Bezie- hung fortgesetzt werden. Dies hun und seiner Zeit über das Ergebniß der Beobachtungen berichten 171 zu wollen, darum werden die geehrten Mitglieder, welche Obstbaumzucht treiben, höflichst gebeten. Ich habe zu diesem Zweck sowohl in diesem Berichte wie in den beiden vorhergehenden die Iden- titäten, so weit sie mir bekannt sind, bezeichnet und bitte, die dahin gehenden Bemerkungen. geneig- test zu beachten, auch die richtige Schreibung *) der Namen aus den Berichten ersehen zu wollen. Wünschenswerth ist es, daß von den vielen Namen, welche manche Sorte führt, und die an sich alle richtig sein können, einer die andern verdränge, weil es jedem Obstzüchter unangenehm sein muß, wenn er, durch den ihm unbekannten Namen verleitet, sich eine Sorte als neu verschreibt, die er unter einem anderen Namen längst besaß. Es läßt sich dies aber auf keine andere Weise errei- chen, als wenn die in dem Illustrirten Handbuche der Obstkunde von Jahn, Lucas und Oberdieck gewählten Benennungen allgemein angenommen werden. Das Buch macht es durch Anführungen ‚der Synonymen und durch ein ausführliches Namensverzeichniß leicht, denjenigen Namen aufzufinden, unter dem die Sorte beschrieben ist und der künftig für dieselbe gelten soll. Das Buch ist auch sonst als ein wesentliches Förderungsmittel der Sortenkenntniß und der Obstzucht überhaupt zu empfehlen. Bei Aufführung der im Frühjahr 1859 veredelten Sorten habe ich wieder die mir unbekannten mit ? bezeichnet, bei den übrigen die bekannten Zeichen + und * angewendet, auch Reifzeit und Dauer angegeben. Wo nur der Name aufgeführt wird, ist die Sorte bereits in dem Bericht für 1858 oder 1857 näher bezeichnet worden. Nach den Berichten sind im Frühjahr 1859 von folgenden Sorten Edelstämme oder Probezweige gewonnen worden: 4. Aepfel, -+++-* Aechter Winter-Streifling (Dezember bis Mai) 8. Ananas-Reinette 3. Api (9 2. Barcelloner Parmäne 1. *-+ Bedforshire Foundling (Nov. bis März) 9. Calvillartiger Winter-Rosenapfel 2. Carmeliter Reinette 3. **-+ Cludius’ Herbstapfel 7. **- Edelkönig (Rother Herbst-Calvill Okt. bis Novbr.) 6. +* Englische Büschel-Reineite (Purpurrother Winter - Cousinot ? Dezember bis März) 1. Englische Winter - Gold - Parmäne 12. ** ++ Erzherzog Johann (Dez. bis März) 8. Forellen-Reineite (Carmeliter-Reinette) 3. +” Gestreifte Herbst-Calville (Novbr. bis Febr.) 4. **+ Gestreifte Muskat-Calville (Septbr. bis Oktbr.) 2. Ge- tüpfelte Reinette 3. ** Glas-Luyken (Oktober bis Dezember) 3. Graue portugiesische Reinette 2. Gravensteiner 4. Großer edler Prinzessinapfel 11. **++ Großer englischer Gulderling (Gelber engl. Gulderling, Novbr. bis Febr.) 4. Großer Richard 5. **--7 Grünling von Rhode Island (De- zember bis März) 1. Harbert’s reinettartiger Rambour 9. Hugh’s Goldpepping 5. Kaiser Alexander 8. Kirke’s Sondergleichen 2. Kirschapfel (? dann ein Beerenapfel; oder Kirch- apfel = Rother Tiefbutzer ?) 2. Kugelapfel (?) 6. *#.+ Limonen-Reineite (engl. rothe Limonen-Reinette, Dez. bis Juni) 1. Luykenapfel 5. **- Mülhauser Christapfel (Dez. bis Febr.) 5. Muskat-Reinette 1. ** ++ Pariser Rambour-Reinette (Dezbr. bis Juni) 4. _**++ Parker’s grauer Pepping (Dezbr. bis März) 3. Plaiter Lederapfel (? Lederapfel heißt der Goldmohr, der graue Kurzstiel, der Car- pentin u. a.; ein platter Lederapfel ist mir gar nicht bekannt) 1. Reinette von Montmoreney 3. **-++ Reineite von Orleans (Januar bis April) 3. Richter’s große grüne Reinette 1. Rosenapfel (2?) 1. **-+ Rothbackiger Winter-Pepping (Dezbr. bis März) 1. **--+ Rother Ananasapfel (Prinzenapfel, Okt. bis Novbr.) 3. **+ Rother Winter- Kronenapfel (Dezbr. bis Febr.) 3. Rother Winter-Taubenapfel. #** + Schmidtberger’s rothe Winter-Reinette (Dez. bis März) 1. Sinclair (? ich kenne nur eine im Sept. reifende sehr gute Tafelbirne unter diesem Namen) 1. ++ Sulinger Grüneke (Dez. bis Mai) 3. *) Dass der Herr Setzer in dem vorjährigen Berichte: sein K gegen mein C bei einigen Namen (Kalvillartige Reineite u. a.) doch durchgesetzt hat, ist aus der Stelle, welche diese Namen einnehmen, leicht zu ersehen. 22* 172 Tiefbutzer (rother oder gelber 9) 3. Wachsapfel 3. **-++ Wahre weiße Herbst-Reineite (Winter-Quittenapfel ? dann Dezbr. bis Juni) 4. +* Weißer Pigeon (Sommer- ?, dann September 14 Tage. Der weiße Winter-Taubenapfel ist = Weißer Rosmarin) 6. Weiße Winter-Calville 1. -++** Wilkenburger Währapfel (Januar bis April) 5. ++* Winter-Rambour (Dezember bis März) 1- 2. Birnen. Aremberg’s Butterbirne (Hardenpont) 4. Argenson (Regentin) 3. Aston Town 3. **+ Ber- gamotte von Soulers (Febr. bis April) 1. Beurre de Bollviller — Diel’s Butterbirne. Bosc’s früh- zeitige Flaschenbirne 4. Braunrothe Sommer-Rousselette 7. **-- Briel’sche Pomeranzenbirne (Sep- tember 14 T.) 4. Diel’s Herbst-Butterbirne 14. Dillen’s Herbst-Butterbirne 6. **.+ Edle Sommerbirne (Aug. 14 T.) 5. **+ Enghien’s Zuckerbirne (Aug. 8 T.) 4. **-+ Erz- herzog Karl (Sept. 14 Tage. Eine Winterbirne unter diesem Namen ist mir nicht bekannt) 1. **.4 Gelbe Sommer-Muskateller (Aug. 14 Tage) 3. **+ Grüne Hoyerswerdaer (Aug. 14 Tage) 2. Kirchberger frühe Winter-Butterbirne 7. König von Rom !. Lange weiße Dechantsbirne 4. Leipziger Rettigbirne 7. Maria Louise 3. *-+ Marmorirte Frühbirne (Ende Juli 14 T.) 2. Prinzeß Marianne s. Bosc’s frühzeitige Flaschenbirne. ++ Rommelter Birne (Rummelter Birne, auch Saubirne u. s. w., eine sehr geschätzte Most- birne*). Anf. Okt. 14 T.) 8. Rothe Bergamotte 7. *-+ Rothe Rettigbirne (Ende Aug. 14T.) 2. Sächsische lange grüne Winterbirne 3. + Slavonische Wasserbirne (Sept. 3 W.) 2. Tertolen’s Herbst-Zuckerbirne 2. ++ Veldenzer Birne (Mostbirne, Nov. bis Dez.) 2. Virgouleuse 2. **++ Volk- marser Birne (Sept. 14 T.) 1. +* Volltragende Sommer -Bergamotte (Sept. 14 T.) 2. Wagner- birne (?) 5. **+ Wahre Stuttgarter Gaishirtel (Aug. 8 T.) 4. Weiße Herbst-Butterbirne (Beurre blanc, in Schlesien Blanche) 6, **-+ Wildling von la Motte (Okt. 4 W.) 5. **+ Winter-Dechants- birne (Dez. bis Febr.) 2. +4+* Winter-Rousselette (Jan. bis März) 4. **+ Wurzer’s Zapfenbirne (Nov, 3 W.) 4. **+ Zephyrin Gregoire (Dez. bis Febr.) 1. 3. Pflaumen. Admiral Rigny 1. Aprikosenpflaume 1. Baldson’s Marunke (?) 1. Italienische Zwetsche 1. Kaiserpflaume von Mailand 4. **+ Kirke’s Pflaume (Sept.) 1. **-+ Königspflaume von Tours (Aug.) 3. Liegel’s Zwillingspflaume 3. *-+ Marokko-Pflaume (Johannispflaume ? Ende Juli) 4. Neue Apriko- senpflaume (?) 1. Reine Claude de Bavay 2. Reitzensteiner Zwetsche 2. Rothe Nektarine 1. +* Schamal’s Herbstpflaume (Ende Sept.) 1. Schiebler’s rothe Damascene (?) 1. Violette Damascene (Zahlbruckner’s ? ** Ende Aug.) 1. v. Trapp’s Königspflaume 2. *++ Wahre Hahnenhode (Ende Aug.) 1. **+ Waterloopflaume (Sept.) 4. 4. Kirschen. Amarant 1. Brüsseler Weichsel 2. **+ Dunkelrothe Knorpelkirsche (Juli) 1. **-+ Fromm’s schwarze Herzkirsche (Juni) 1. *-++ Griotte de Ratafia (Holländische Weichsel, Aug. bis Sept.) 5. Hohensaller Weichsel 1. **+ Spitzen’s schwarze Herzkirsche (Juli, Aug.) 2. Bemerkt muß noch werden, daß ungewöhnlich viele Reiser nicht angegangen sind, theils weil dieselben — dies trifft besonders die Pflaumen und Kirschen — von Frost oder sonst gelitten hatten, theils in Folge der frühen und starken Hitze. In einigen Berichten wird auch gesagt, daß die Reiser, weil sie eben verdorben waren, gar nicht verwendet werden konnten. Daß Pfropfreiser aber, wenn *) Die Sektion hat geglaubt, auch einige Sorten einführen zu müssen, deren Werth für die Weinbereitung anerkannt ist, da schon jetzt in unserer Provinz Obstwein fabrizirt wird und dieser Industriezweig mit dem Fort- schritt der Obstzucht sich sicherlich weiter entwickelt. 173 sie von Hause aus gesund sind und richtig behandelt werden, sehr weit versendet werden und lange unterwegs sein können, ohne Schaden zu leiden, dafür erhalte ich in diesem Augenblick einen neuen Beweis, indem mir von Herrn Dr. Schübler in Christiania Reiser vom Kaupanger, von der Norwegischen Wachs-Reinette und vom Granatapfel zugehen, welche, obwohl sie als Frachtgut mit anderen Sachen 2 Monate auf der Reise zugebracht haben, vollkommen brauchbar sind. Sie haben zwar das oberste Auge 1 Zoll lang ausgetrieben und an der Schnittfläche vollständig Callus gebildet, die für die Veredelung verwendbaren Augen sind aber noch in tiefem Schlaf, über- haupt im besten Zustande. Die heute, am 8. Juni, mit diesen Reisern vorzunehmenden Veredelun- gen werden hoffentlich gut gerathen. — Für die Berichte, sowohl über die Kulturversuche, als über die Veredelungen ist die Sektion ihren geehrten Mitgliedern, welche sich dieser Mühe unterzogen -haben, zu Dank verpflichtet. Einen zweiten Bericht des Herrn C. Peicker, zu welchem derselbe durch die Versammlung der schlesischen Obstzüchter veranlaßt worden ist, glaube ich unverkürzt mittheilen zu müssen, weil er die Resultate langjähriger und sorgfältiger Beobachtung enthält, die gewiß den meisten Obstzüch- tern willkommen sein werden. Solche Erfahrungen zu sammeln, ist nur Wenigen vergönnt; denn es gehört dazu, außer der Liebe zur Sache, die Gelegenheit, Tausende von Obstbäumen in jedem Le- bensalter, in den verschiedensten Formen und Stellungen, in allerlei Boden, in Gärten und auf freiem Felde, auf Höhen und in Thälern beobachten zu können, kurz es gehören dazu so großartige zum Theil seit mehreren Menschenaltern gepflegte Obstanlagen wie die des Herrn Reichsgrafen zu Her- berstein in Grafenort (c. 1050 Fuß über der Ostsee unter dem 50° 20° N. B., 34° 20° O.L.). Das Klima ist rauh und für empfindliche Sorten nicht mehr geeignet. Daß Herr Peicker so viele Sor- ten zur Verbreitung empfiehlt, während von anderen Seiten gerathen wird, sich auf wenige anerkannt gute zu beschränken, erklärt sich einerseits daraus, daß er einen möglichst vollständigen Bericht geben und die nach seiner Erfahrung der Verbreitung werthen Sorten zur Auswahl vorschlagen wollte; andererseits kennt Herr P. aber sehr gut die Vortheile eines möglichst reichen Sortiments. Außer der Gelegenheit zu pomologischen Studien, die es giebt, läßt es den Besitzer niemals ganz ohne Obst. Meine eigenen, zuweilen abweichenden Erfahrungen habe ich nicht beigefügt, da sie unter an- deren Verhältnissen gemacht sind und ich die Ueberzeugung habe, daß Herr Peicker ein fleißiger Beobachter und ein gewissenhafter Berichterstatter ist. Uebrigens bezieht sich der Bericht fast durch- weg auf Sorten, welche nicht von der Sektion bezogen sind. Bericht über Kernobstsorten, welche aufder Herrschaft Grafenort und in der Umgegend kultivirt werden, ©. Peicker, herrschaftlichem Obst- und Gemüsegärtner. I. Aepfel, 1) in’s Freie, auf Feldwege und Chausseen. Englischer Kantapfel, wegen seiner anlockenden Frucht gehört er sonst in geschlossene Gärten. Gestreifter Winter - Himbeerapfel. Winterpostoph. Crede’s grosser Wilhelmsapfel. Papagai- . apfel. Obschon die Frucht zum Dämpfen von keiner übertroffen wird, so trägt er hier spärlicher als in Schlesien; auf Johannisstamm veredelt und als Zwergbaum in Gärten ‚verdient er wegen Güte der Frucht und Tragbarkeit des Baumes angebaut zu werden. Berliner Schafsnase. Weisse Som- mer-Schafsnase. Polnischer gestreifter Weinapfel zur Weinbereitung; auch wegen großer Trag- 174 barkeit verdient er auf Feldern und Straßen viel Anpflanzung. Gestreifter Backapfel, sehr fruchtbar. Rheinscher Krummstiel. Grosser edler Prinzessinapfel, ungemein tragbar. Der Baum wird deßhalb nicht groß. Pile's Russet. Viel Vermehrung; muß aber kühl aufbewahrt werden, sonst welkt die Frucht. Gestreifter Fürstenapfel, ist sehr fruchtbar. Laffert's Glasapfel, trägt schon im zweiten Jahre nach der Veredelung; viel zu vermehren. In nassem Untergrund kränkelt der Baum. Pfingst- apfel. Calvillartiger Winter-Rosenapfel, sehr tragbar. Tyroler Rosenapfel. Ob zwar es unter den Rambouräpfeln viele giebt, die sich für freie Anlagen eignen, wie solches auf der Chaussee von Glatz nach Nieder-Schwedelsdorf ersichtlich ist, so ist dabei doch ein großer Nachtheil, weil die Früchte meist groß sind und von Sturmwinden zu leicht abgerissen werden. Deßhalb sind sie hier übergangen worden. Reinetten. Weisse Wachsreinette. Ob zwar seine Früchte für den Vorübergehenden sehr anlockend sind, so soll er der Tragbarkeit halber gepflanzt und sehr vermehrt werden. Crede’s Quittenreinette. Königliche Reinette. Weisse antillische Winterreinette, ist ungemein fruchtbar; viel zu vermehren, Glanzreinette. Aechte weisse französische Reinette, sehr fruchtbar. König Jakob, ist recht frucht- bar und verdient häufigen Anbau. Punktirter Knackpepping, ist zwar klein, aber einer der besten Compotäpfel, auch sehr tragbar. Herbstborsdorfer, trägt viel früher als der Winterborsdorfer. Kräu- terreinette, verdient häufigen Anbau, da er so reichlich trägt und mit seinen Aesten schön in die Luft geht. Edler Winterborsdorfer, trägt zwar spät, doch sollte sein Anbau nicht so vernachläßigt werden, als Stolz der Deutschen, da er auch einen sehr hellen Wein liefert. Süsser Borsdorfer. Der Baum wird am größten unter allen Borsdorfern, geht mit den Aesten in die Luft und bildet eine schöne Pyramide; wird zwar etwas spät, aber dann sehr fruchtbar. Dietzer Mandelreinette. Der große Baum ist sehr dauerhaft und sehr fruchtbar. Aöthliche Reinette, sollte wegen ihrer guten Eigenschaften viel gepflanzt werden. Rother holländischer Bellefleur, sehr tragbar, welkt gar nicht und verdient vielen Anbau. Baumann’s rothe Winterreinette. Der Baum geht schön in die Luft und wird sehr tragbar. Enyl. Büschelreinetie, ist ausnehmend fruchtbar. Weilburger. Da der Baum strotzend trägt und die Frucht sich bis in den Sommer ohne zu welken vollsaftig hält, so verdient er reichlichen Anbau. Platte Granatreinette. Fast alljährlich habe ich die Frucht unter meinem Sor- timent mit ausgestellt, auch der Versammlung der schlesischen Obstzüchter eine Frucht überreicht; verdient gewiß die möglichste Verbreitung, da der Baum selbst in ungünstigen Jahren hier trug und überall gut gedieh. Hochzeitsreinette, ist recht tragbar. Reinette von Versailles, ist recht tragbar, die Frucht welkt nicht; verdient viel Anbau. Aechte graue französische Reinette, ist hier sehr verbreitet, bekanntlich tragbar, doch welkt sie sehr, wenn sie nicht spät gebrochen und kühl aufbe- wahrt wird; in ungünstigen Jahren springt die Frucht gern auf. Grauer Kurzstiel, unterscheidet sich von vorhergehendem nur durch den sehr kurzen Stiel, auch springt die Frucht nicht auf; Trag- barkeit sehr reichlich, welkt aber auch sehr. Kronenreinette. Der sehr frühzeitig tragbare Baum geht gut in die Luft; verdient häufige Vermehrung. Kleine Kasseler Reinette, strotzend tragbar; Baum ist gesund und wird alt. Grosse Kasseler Reinette, sehr tragbar. Beide Kasseler Reinetten verdienen viel Anbau; geben auch guten Obstwein. Königsreinette. Baum wird groß, früh sehr fruchtbar. Frucht welkt nicht. Streiflinge. Mönchsapfel. Königl. Streifling. Sein in die Luft gehender Wuchs, verbunden mit reicher Tragbarkeit, macht ihn zum Anbau auf Straßen und Feldern vermehrungswerth. Grosser gestreifter Kastanienapfel, wägt reichlich. Champagner Weinapfel. Baum wird sehr groß und tragbar, ge- deiht in jeder Lage und Boden; zu ökonomischem Gebrauch und zur Weinbereitung verdient er viel Anbau. Scheuerapfel. Der Baum wird sehr groß, gedeiht im rauhesten Klima; da er für Gärten zu viel Raum einnimmt, so ist er nur auf Straßen zu pflanzen; geht gut in die Luft und ist sehr 175 fruchtbar. Holländischer Herrngartenapfel, ist. in der Blüthe nicht empfindlich, liefert alljährlich viel Früchte. Platter Rosenapfel. Baum wird sehr groß und dauerhaft. Weisser Matapfel (Ge- würzapfel). Der Baum wird sehr groß, alt und ist gesund. Als Straßenbaum muß er mit hoher Krone gezogen werden, weil er Hängeäste macht; ist sehr tragbar, giebt guten Wein. brauner Matapfel. Vom Baume gilt alles Vorhergesagte; der Wein soll noch besser sein. Langscheider. Die Frucht ist klein, wird vom Sturm nicht abgerissen; daher der Baum an Straßen gepflanzt zu werden verdient. Er trägt strotzend, die Frucht hält sich ein Jahr lang gut. Grosser rheinischer Bohnapfel. Der Baum wächst spitzwinkelig in die Luft, trägt sehr reichlich, trotzt jeder ungünsti- gen Lage, schickt sich gut an Straßen und giebt vortrefflichen Wein. Die Frucht hält sich gut bis Juli. Kleiner rheinischer Bohnapfel. Der Baum hat alle Eigenschaften des vorstehenden, nur daß -er noch weit tragbarer ist und die Frucht sich noch länger hält. Plattäpfel. Grosser Winterfleiner. Blutapfel. Pomeranzenapfel. Der Baum wird sehr groß und alt, kommt in rauhen Gegenden und steinigem Boden gut fort, ist sehr fruchtbar und giebt guten halt- baren Wein. Wahrer gelber Winter-Stettiner. Der Baum ist nicht so eigensinnig auf seinen Stand- ort wie der rothe Stettiner; auch übertrifft er ihn an Tragbarkeit und die Frucht an Geschmack; giebt guten Wein. Lehmann’s Ungerapfel, unter den Süßäpfeln einer der haltbarsten, trägt gut und verdient Anbau. St. Gallusapfel, verdient für die Oekonomie gepflegt zu werden. Steinapfel. Der Baum wächst schön in die Höhe und ist in der Blüthe nicht zärtlich. Die Frucht hängt fest am Baume; ist mit Vortheil an Straßen zu pflanzen. Drei Jahre dauernder Mutterapfel. Der Baum wird sehr groß, geht gut in die Luft, eignet sich an Straßen. Wenn folgendes Jahr eine Mißernte ist, haben solche Früchte viel Werth. Polnischer rother Pauliner. Der Baum ist groß, wird recht tragbar, gut für Straßen. Deutscher Glasapfel. Der Baum macht eine ausgebreitete Krone, kommt auf sehr rauhen Stellen fort und trägt reichlich. © 2) In Gärten und geschützte Lage. Weisse Augustcalville (Palästiner), ist recht tragbar. Rothe Sommercalville. Der Baum wird frühzeitig sehr fruchtbar. Edelkönig, gedeiht am besten als Zwergbaum auf Johannisstamm veredelt, wo seine Früchte schmackhafter werden als auf Hochstamm. Grosser rother Sommer-Himbeerapfel. Der Baum wird ziemlich groß und ist sehr fruchtbar, verlangt aber guten gebauten Boden. Aothe Herbst-Aniscalville, taugt nicht zu Hochstämmen, sondern muß auf Johannisstamm als freistehender Zwergbaum erzogen werden; verlangt guten gebauten Boden. ZAothe Herbstcalville.e Der Baum wächst lebhaft, wird groß und fruchtbar; die Frucht darf nicht zu früh gebrochen werden, sonst welkt sie sehr. Danziger Kantapfel, kann hier nur als Zwergbaum erzogen werden; auf Johannisstamm bringt er gute Früchte; warmer Stand. NWVeisse Wintercalville, verlangt durchaus guten warmen Boden und warmen Sonnenstand, am besten an einer südlichen Wand als Spalierbaum. Langer rother Himbeerapfel, warmer Stand. Gravensteiner. Der Baum gedeiht schon in ungebautem Boden, ist recht fruchtbar und verdient häufige Anpflanzung. Schlotteräpfel. Rothgestreifter Schlotterapfel (Rother Ananasapfel). Schade, daß diese schöne Frucht auf Wildling veredelt spärlich trägt; auf Johannisstamm allerdings besser. Katalonier, verdient für die Oekonomie, da er so reichlich trägt, Anbau. Gulderlinge. Königsapfel von Jersey. Der Baum geht gut in die Luft und liefert bald viel Früchte. Rother Augustiner. Die Frucht hält sich den Winter hindurch, welkt nieht; Baum recht tragbar. Weisse Ütalienische Wintercalville, kann zwar auf warmem Stande auch hochstämmig gebaut werden, ihre 176 Größe und Güte aber bekommt die Frucht nur am Zwergbaum. Gestreifter Fürstenapfel, verdient viel Anbau. Deutscher Gulderling. Der Baum wird nicht groß, doch werden alle Gülderlinge sehr tragbar. Doppelter Holländer, eine vortreflliche Frucht für den Obstmarkt; trägt strotzend; sollte recht häufig gepflanzt werden. Rosenäpfel. Weisser italienischer Rosmarinapfel. Frucht von großem Werth, frühzeitig tragbar; verdient die möglichste Verbreitung. Edler Rosenstreifling, eine für Tafel und Küche ausgesuchte Frucht; trägt dankbar. Mayer’s weisser Winter -Taubenapfel. Der Baum wird mittelgroß und trägt früh- zeitig; eine herrliche Tafelfrucht; verdient viel Anbau auf warmem Stande. Rother Polsterapfel. Der Baum darf nicht in naßkaltem Boden stehen. Reynoldt's König Georgsapfel, ist sehr frucht- bar. Astrakan’scher Sommerapfel, gedeiht recht gut als Hochstamm; soll er aber seine größte Güte erreichen, so ziehe man ihn auf Johannisstamm als Zwergbaum. Gestreifter Sommer-Zimmet- apfel, eine etwas kleine aber schöne Frucht. Der Baum ist frühzeitig sehr tragbar; warmer Stand. Rambouräpfel. Engl. Prahlrambour. Der Baum wächst stark, wird groß und ist fruchtbar in gutem Boden. Bunter Prager, trägt zwar nicht frühzeitig, aber dann sehr reichlich; eine schöne Frucht. Kaiser Alexander von Russland, verdient wegen Dauerhaftigkeit des Baumes, Güte und Schönheitder Frucht, so wie reicher Tragbarkeit vorzugsweise viel Anbau. Harbert’s reinettenartiger Rambour, verdient eben- falls reichlichen Anbau, besonders da sich die Frucht bis in den Sommer hält. Rother Winter- Rambour. Der Baum ist eine wahre Zierde im Garten, gedeiht gut und ist sehr fruchtbar; sollte in keinem Garten fehlen. Drauner Sommer-Käsapfel. Wenn der Baum in fruchtbarem guten Boden steht, wird er groß, trägt selbst in ungünstigen Obstjahren gut; sollte nirgends fehlen. In trockenem Boden wird er gern krebsig. Tulpenkardinal. Der Baum wird nicht groß, trägt früh und reich- lich; auf Johannisstamm veredelt und als Zwergbaum erzogen, liefert er noch größere und schönere Früchte. Grosser Rambour (Pfundapfel), einer der größten Aepfel. Der Baum wächst sehr schnell, wird groß und ist recht fruchtbar. Grosser Mogul. Der Baum liefert frühzeitig viel Früchte; wegen langer Dauer der Früchte verdient er viel Anbau. Kirke’s schöner Rambour. Der Baum wird nicht groß, trägt frühzeitig und reichlich; wegen Schönheit und Güte der Frucht ist er viel zu vermehren. Langdauernder rother Gartenapfel. Die Frucht hält sich 14 Jahr gut; sollte mehr verbreitet werden. Gloria Mundi. Der Baum wird in gutem Boden sehr groß, gedeiht aber auch in ungebautem; die Frucht, ob zwar sehr groß, sitzt ziemlich fest. Er trägt aber etwas spät, auf Johannisstamm früher. Reinetten. Ananasreinette. Diese köstliche Frucht möchte sehr verbreitet werden. Leider wird hierorts der Baum gern krebsig, auch brandig, sogar schon in der Jugend. Ob er auf trockenem sandigen Boden besser gedeiht, kann ich nicht angeben. Lucas sagt in seinem illustrirten Handbuche nur so viel: „Um schnell schöne Bäume zu erhalten, pfropfe man ihn in die Krone erwachsener Bäume“. Diel’s Reinette. Der Baum wird hier nicht groß, aber sehr tragbar; die Frucht darf nicht vor den ersten Nachtfrösten gebrochen und muß kühl aufbewahrt werden, sonst welkt sie sehr. Französische Edel- reinette. Der Baum will einen guten gebauten Boden, sonst wird er krebsig; bezüglich des Abneh- mens und Aufbewahrens gilt alles Vorhergesagte. Giebt guten Obstwein. Reinette von Breda. Der Baum wird mittelmäßig groß, erfordert guten, gebauten, nicht nassen Boden, leidet nicht bald durch Frost in der Blüthe, ist strotzend tragbar. Downton’s Pepping. Der Baum taugt hier nicht als Hochstamm; will man ihn in der Baumschule als solchen ziehen, so muß er in die Krone veredelt werden. Er trägt sehr früh und reichlich; schade, daß die Frucht so sehr welkt, wenn sie nicht kühl aufbewahrt wird. Walliser Limonen-Pepping. Der Baum ist gesund und recht fruchtbar, ver- dient viel Anbau. Pariser Rambour-Reinette, eine der größten Reinetten. Baum wird groß, bleibt I 177 gesund, ist bald recht fruchtbar, soll möglichst vermehrt werden. Citronen- Reinette. Der Baum trägt gut, will aber guten Boden und warmen Stand; die Frucht welkt nicht und hält sich bis in den Sommer. Grüne Atlas-Reinette. Baum wächst sehr stark und wird frühzeitig sehr tragbar; verdient viel Anbau. Muskat-Reinette. Der Baum gedeiht in jeder Form gut und wird sehr tragbar; wegen der köstlichen Frucht sollte er viel vermehrt werden; sein Fehler ist, daß er gern krebsig wird. Edler Winter-Borsdorfer, ist auch im Garten zu bauen. Rothe Bastard-Reinette (Röthliche Rei- nette). Der Baum wird groß und tragbar, verdient reichlichen Anbau. Gestreifte Sommerparmäne, scheint mir identisch mit Schleswiger Erdbeerapfel; da der Baum hier so gut gedeiht und tragbar ist, und die Frucht jede Tafel ziert, so verdient er häufigen Anbau. Platte Granat- Reinette, soll auch in Gärten häufig gebaut werden. Enyl. Spital-Reinette. Der Baum leidet hier gewöhnlich in kalten Wintern. Englische Königsparmäne. Der mittelmäßig große Baum trägt reichlich. Rothe Herbst-Reinette, wird früh tragbar; der Apfel muß spät gebrochen werden, sonst welkt er; verdient Anbau. Scheiben-Reinette. Der bald tragbare Baum wird nicht groß; verdient viel Anbau. Rothe süsse Winter-Reinette. Der Baum wird groß und sehr fruchtbar. Zwiebelborsdorfer. Der Baum wächst zwar schnell, wird aber nicht groß. Die Frucht giebt guten Wein; sollte mehr angebaut werden. Baumann’s rothe Winter-Reinette, auch im Garten. Weilburger, desgl. Gestreifter böhmischer Borsdorfer. Der Baum wird nicht groß, macht eine breite Krone, trägt reichlich; seine mit Früchten beladenen feinen Aeste hängen sich bis zur Erde; verdient häufige Anpflanzung. Aechte graue französische Reinette, auch im Garten. Grauer Kurzstiel, desgl. Kronen-Reinette, sollte auch in Gärten recht häufig angepflanzt werden. Königl. rother Kurzstiel. Diese köstliche Frucht kann als Hochstamm und Zwerg nicht genug vermehrt werden. Engl. Winter-Goldparmäne. Da der Baum überall so gut gedeiht, außerordentlich trägt, die Frucht zu den besten Tafelsorten gehört, auch einen vortrefflichen Wein giebt, so verdient er häufige Anpflanzung. ZReinette von Orleans. Der Baum ist gesund, wird auch sehr fruchtbar, erfordert aber guten gebauten Boden. Die Frucht muß spät gebrochen und kühl aufbewahrt werden. Goldmohr (Holländische Goldreinette). Der Baum wird nicht groß, trägt sehr voll; sollte in keiner Obstanlage fehlen. Gäsdoncker Goldreinette, hier will der Baum nicht recht gedeihen, leidet auch oft durch Frost. Streiflinge und Plattäpfel. Braunsr Winterapfel. Der Baum wächst sehr lebhaft, trägt früh und reichlich; sollte recht viel angebaut werden. Grosser Herrnapfel (Prinzipaler). Der Baum will geschützten Stand und warmen Boden, sonst wird er brandig; die Frucht gehört unter die besten. Rother Stettiner, ver- dient in gutem tiefgehenden Boden viel Anbau. Hier und in der Umgegend ist er oft anzutreffen, aber meist kranke Bäume. Rother Herbstzimmtapfel. Der Baum wird mittelgroß, ist enorm tragbar und verdient Anbau. Gelber Herbst- Stettiner, große schöne Frucht für Wirthschaft und Markt, verdient Vermehrung. Nachtrag außer der Ordnung. Rother Böhmischer Jungfernapfel. Der Baum gedeiht hier in Gärten in nicht nassem Boden recht gut, ist verbreitet, verdient es aber noch mehr. Tiefbutzenapfel (neu von der Sektion). Der Baum gedeiht gut, hat noch nicht getragen. Königin Louisenapfel (neu von der Sektion), desgl. Carmeliter Reineite. Der Baum wird nicht groß, ist aber sehr tragbar; die Frucht welkt leicht, muß daher spät gebrochen und kühl aufbewahrt werden. Sollte weit mehr verbreitet werden. II. Birnen, I) 2in’sEir eiie: Grüne Sommer-Magdalene, gute Frühbirne; verdient Vermehrung, da der Baum gut gedeiht und tragbar ist, BDraunrothe Sommer - Rousselette. Der Baum wird nicht groß, trägt häufig; viel zu 23 178 vermehren. Rothe Bergamotte (hier Salzburger auch Böhmische Birne genannt). Der Baum wird sehr groß, geht spitzwinkelig pyramidenförmig in die Luft, gedeiht im schlechtesten Boden und eignet sich als Straßenbaum; er trägt gut und kann nicht genug vermehrt werden. Frühe dünnstielige Sommer-Bergamotte. Der Baum wird mittelgroß, trägt zwar nicht sehr früh, aber dann jährlich reich; sollte fleißig angebaut werden. Langstielige Pfaffenbirne. Baum trägt reichlich, verdient Anbau. Kleine Herbstbergamotte. Der Baum wird sehr groß, gedeiht überall sehr gut, trägt früh und eignet sich, da er schön in die Luft geht, für Alleen; verdient den häufigsten Anbau. Grosse Geishirten- birne (Langstielige Sommer-Rousselette). Baum sehr groß und fruchtbar, gedeiht gut, auch in ge- ringem Boden; die Frucht ist gut zum Welken. Gelbe Laurentiusbirne. Der Baum wird groß und ist sehr gesund, kommt überall gut fort, wird frühzeitig recht fruchtbar; eine gute Frucht zum Wel- ken; verdient Anbau. Sommer-Robine. Baum wird groß, kann überall hin gepflanzt werden; trägt zwar nicht früh, dann aber reichlich; verdient Anbau. Grosse schöne Jungfernbirne. Der Baum wird groß, geht gut in die Luft und ist recht fruchtbar; sollte häufig gepflanzt werden. Gelbe Ho- nigbirne. Der Baum wird ziemlich groß und recht fruchtbar, ist gesund; Frucht vortrefllich zum Welken; verdient viel Anbau. Schöne Miüllerin. Baum wird groß, geht gut in die Luft, eignet sich um so mehr für Straßen, da die Frucht vom Baume nicht eßbar ist; sie hält sich sechs Wochen; sollte seiner Fruchtbarkeit wegen häufig gepflanzt werden. Rainbirne. Baum wächst lebhaft, wird groß und bleibt gesund. Er geht pyramidenförmig in die Luft und liefert reichliche Ernten; Frucht ist Ende Oktober genießbar, hält sich 4 Wochen und ist vortreflich zum Welken und Dämpfen. Kann nicht genug gepflanzt werden, namentlich an Straßen. Wildling von Einsiedel, großer Stra- ßenbaum, Frucht zu Most. Champagner Weinbirne, giebt guten Wein. Zange gelbe Bischofsbirne. Baum wird ansehnlich groß und ist sehr fruchtbar; verdient viel Anbau. Frühe Backhausbirne. Der Baum ist wohl der größeste unter den Birnbäumen, trägt außerordentlich reich und gedeiht auch auf dem schlechtesten Boden. 2) in geschützte Gärten. Sommer - Butterbirne. Baum wird ziemlich groß, ist recht dauerhaft, trägt früh und reichlich, verlangt aber trockenen Boden; in nassen Sommern fault die Frucht. Wahre Stuttgarter Geishir- tenbirne. Der Baum wächst lebhaft, geht gut in die Luft, wird groß und trägt früh recht reichlich; verdient der Güte der Frucht wegen viel Anbau. Grüne Hoyerswerdaer, recht fruchtbar, darf in keiner Obstpflanzung fehlen. Frühe Schweizer-Bergamotte. Diese malerisch schöne Frucht verdient in jedem Garten eine Stelle, muß aber, wenn sie butterhaft werden soll, vor ihrer vollen Reife ge- brochen werden. Graue Sommer-Butterbirne. Baum wächst gut und liefert reiche Ernten, auch in ungebautem Boden. Rother Sommerdorn. Baum mittelgroß, trägt reichlich und verdient allgemeine Verbreitung. Punktirter Sommerdorn. Baum wächst schön, wird stark, bleibt gesund, geht pyra- midenförmig in die Luft, trägt aber nicht sehr früh; wegen der guten Frucht soll er aber doch ver- mehrt werden. Sparbirne. Baum wächst stark, wird aber frühzeitig sehr fruchtbar, gedeiht gut auf Quitte und liefert auf dieser sehr gute Früchte; möchte auch nur als Zwerg- oder Spalierbaum er- zogen werden. Er verlangt durchaus einen trockenen Boden; ist eine der größten Frühbirnen. Wahre Engelsbirne. Baum wächst auf Quitte sehr pyramidalisch und trägt gut. Muskirte Sommer- Rousselette. Baum mittelgroß, trägt seine Aeste gnt in die Luft und ist sehr fruchtbar; der möglichsten Verbreitung werth. Ordensbirne. Baum geht gut in die Luft, wird stark, später sehr tragbar; ver- dient viel Anbau. Grüne Sommer-Rousselette. Die Frucht ist köstlich, wenn auch klein; der Baum wird groß und sehr fruchtbar. Gerdessen’s Weichsdorfer Butterbirne, sehr fruchtbar; verdient Anbau. Duquesne's Sommer-Mundnetzbirne. Baum groß, frühzeitig sehr tragbar; wächst auf Quitte und sollte nirgends fehlen. Sommerkönigin, nur auf Quitte als Zwergbaum zu erziehen; warmer Stand. Sabine. Baum groß, geht gut in die Luft, ist bald und jährlich fruchtbar; kommt auch auf Quitte fort. Lothringer Dechantsbirne, als Zwerg am besten auf Quilte. Köstliche von Charneuw. 179 Baum wächst pyramidenförmig, verlangt warmen Stand und gebauten Boden. Lange grüne Herbst- birne. Baum wächst gut, macht eine schöne Pyramide, auch auf Quitte, ist bald fruchtbar, verlangt aber warmen Stand und leichten Boden. Coloma’s Herbstbutterbirne. Baum wird recht groß und sehr fruchtbar. Rothe Herbstbutterbirne (Normännische). Der Baum wächst gut; wenn er im war- men, trockenen Boden steht, bringt. er hier auch als Hochstamm schöne Früchte, aber größere als Zwerg auf Quitte. ı Capiaumont’s. Herbstbutterbirne. Obschon der Baum in der Jugend sehr schön wächst, so wird er ‘doch nicht groß... Da er hier so schöne Früchte bringt und reichlich trägt, so sollte er möglichst viel gepflanzt werden. Auf. Quitte gedeiht er nicht. Weisse Herbstbutterbirne. Die Frucht wird hier nur, ausnahmsweise schön, obwohl der Baum gut wächst; auch auf Quitte zeigt er denselben Fehler. Franchipane. Der Baum wird nicht groß, ist. früh und sehr tragbar. Auf -Quitte verkümmert, er. Kleiner grüner Isambevt. Baum wächst gut in warmem trockenen Boden und wird‘ ansehnlich groß, auch recht tragbar; verdient Anbau. Wildling von la Motte. Der Baum wächst selbst in der Jugend langsam und. wird nicht groß, aber bald und strotzend tragbar; gedeiht gut als Hochstamm und macht auf Quitte schöne Pyramiden; verdient möglichste Vermehrung. Van Marum’s Schmalzbirne. Der Baum wächst anfangs sehr lebhaft, wird jedoch nicht groß und ist bald fruchtbar. Grüne Herbst- Zuckerbirne. Der Baum geht gut in die Luft. Auf Quitte trägt er viele und schöne Früchte. Diel’s Butterbirne, hatte ich früher nicht ächt, und da ich sie auch in der Umgegend nicht gefunden habe, so kann ich ‚noch kein Urtheil abgeben. Grumbkower Winterbirne. Der: Baum wird. mittelgroß. und gedeiht hier als Hochstamm gut, trägt auch frühzeitig reichlich; ver- dient: möglichste Verbreitung. Winter- Dechantsbirne, gedeiht hier als Hochstamm nur in warmem gebauten Boden; muß als Zwerg auf Wildling ‚gezogen werden. Coloma’s köstliche Winterbirne. Baum wächst lebhaft, gedeiht auch in gutem Boden recht gut, geht pyramidenförmig in die Luft und ist bald recht fruchtbar; sollte vielfältig angebaut werden, da es an guten Winterbirnen mangelt. Hermannsbirne. Der Baum wächst recht gut und trägt auch hochstämmig bald; kommt auf Quitte fort; verdient viel Anbau. Sächsische lange grüne Winterbirne. Der Baum wächst in der Jugend lebhaft, wird aber nicht groß. Auf Quitte giebt. er schöne Pyramiden, die äußerst tragbar sind; die Frucht gehört zu den besten Tafelbirnen und hält sich gut aufbewahrt, bis in den März; sollte häufig gebaut werden. Frauenschenkel. Der Baum wird sehr stark und will erst zu Jahren kommen, ehe er tragbar wird, bringt es aber dann wieder ein, da er büschelweise trägt; sollte recht häufig an- gebaut werden, da die Frucht eine Zierde des Obstgartens ist. Gelbe frühe Sommer-Apothekerbirne. Diese große schöne Frucht ist eine gute Marktbirne, auch gut zu Most. Der Baum wächst lebhaft, macht aber Hangeäste. Er ist ausnehmend fruchtbar und kommt auch auf Quitte gut fort; sollte für die Oekonomie recht fleißig gebaut werden. Sommer-Eierbirne. Der Baum wächst sehr lebhaft, fast pyramidenartig und wird später außerordentlich tragbar; sollte, aber nur als Hochstamm, fleißig ge- baut werden. Römische Schmalzbirne. Der Baum wächst gut, wird ansehnlich groß und ist in der Blüthe nicht zärtlich, nimmt mit jedem Boden vorlieb,,. bringt auch hochstämmig sehr schöne große Früchte und liefert frühzeitig reiche Ernten; kann nicht genug vermehrt werden. Trompetenbirne, eine mittelmäßig große Birne, zum rohen Genuß gut, zum Welken aber und zu Wein vortrefflich. Der Baum wird sehr groß und bald außerordentlich tragbar; verdient häufigen Anbau. Aarer Pfund- birne. Der Baum wächst ungemein stark, wird groß, geht gut in die Luft, liefert jährlich viele Früchte, von denen manche 1 Pfund wiegen; verdient Anbau. Gernröder Pomeranzenbirne. Der Baum wird ziemlich groß, trägt reichlich und verdient Anbau. Pomeranzenbirnen müssen etwas vor der Zeitigung gebrochen werden und ihren Wohlgeschmack auf dem Lager erhalten. Grüne Pome- ranzenbirne. Der Baum wächst stark und wird ausnehmend fruchtbar; verdient Anbau. Gestreifte Pomeranzenbirne. Der Baum wird sehr groß, geht mit seinen Aesten etwas abstehend in die Luft, schickt sich in alle Formen und liefert immer reiche Ernten. Grosse Sommer-Prinzenbirne. Der Baum wächst stark, wird ansehnlich groß, ist recht fruchtbar und liefert hochstämmig die schönsten Früchte; verdient häufigen Anbau. Huamecher’s Gewürzbirne. Der Baum wächst kräftig, als Hoch- 23” 1S0 stamm trägt er nicht gar früh; verträgt sich mit der Quitte sehr gut und trägt auf ihr frühzeitig viele große Früchte, die zu rechter Zeit genossen jeder Tafel Ehre machen; viel Vermehrung. Napoleon’s Butterbirne, wächst hier kräftig, gedeiht als Hochstamm gut und ist ausnehmend fruchtbar; in feuch- tem Boden trägt er weit größere Früchte; läßt sich auf Quitte veredeln; kann nicht häufig genug vermehrt werden. Aremberg’s Butterbirne. Der Baum bleibt schwach und wird frühzeitig tragbar; soll nur als Zwergbaum in gutem, gebautem Boden angepflanzt werden. Oberdieck’s Butterbirne, wächst bei mir in gebautem Boden recht gut, hat aber noch nicht getragen. Dillen’s Herbst- But- terbirne, wächst in gebautem Boden recht lebhaft, hat aber noch nicht getragen. Holzfarbige But- terbirne, wächst gut und scheint fruchtbar werden zu wollen, hat aber noch nicht getragen. Haf- ner’s Butterbirne. Der Baum wächst sehr kräftig, selbst in ungebautem Boden, ist sehr fruchtbar und kommt auch auf Quitte fort; verdient als Hochstamm und Zwergbaum viel Verbreitung. Jelän- gerjelieber (in der Gegend von Münsterberg sehr verbreitet unter dem Namen Hanfbirne). Der Baum wird riesenhaft groß, ist sehr gesund, gedeiht in jeder Lage und Boden gut, will etwas austoben, ehe er trägt, bringt aber das Versäumte reichlich ein. Die Sorte ist in hiesiger Baumschule schon sehr vermehrt worden, verdient aber überall viel Anbau. Vor vielen anderen Sorten will ich noch diejenige erwähnen, von der ich ein Bäumchen mit Blüthen in den Vereinsgarten gegeben habe, das hoffentlich Früchte tragen wird. Da mir nicht so viele pomologische Werke, Abbildungen u. s. w. zu Gebote stehen wie der verehrlichen Sektion, so überlasse ich es, den Namen zu bestimmen, möchte aber vorläufig den „Deutsche langstie- lige Weißbirne‘“ geben. Der Mutterbaum steht auf schlechtem Untergrund in sehr exponirter Lage, trägt aber auch in den ungünstigsten Obstjahren sehr reichlich und verdient daher Verbreitung. Er ist in hiesiger Baumschule oft vermehrt worden und trägt regelmäßig im dritten, oft schon im zweiten Jahre nach der Veredelung. Schließlich erlaube ich mir noch eines von mir gezogenen Sämlings zu gedenken, von dem ich Früchte unter dem Namen „Wildling von Peicker‘ mit meinem Birnsortiment in Breslau bereits ausgestellt habe. Die Frucht hat ungefähr die Form einer weißen Herbstbutterbirne, ist aber nach dem Stiel mehr länglich. Jedenfalls war sie zu früh gebrochen, da sie welkte. Im Herbst 1859 habe ich nur eine Frucht geerntet, die kühler aufbewahrt und Ende November gegessen wurde, wo sie butterhaft schmelzend und von einem zuckerhaften, gewürzten Geschmack war. Sie ist unter die Tafelfrüchte ersten Ranges zu zählen. Dieses Jahr ist das Bäumchen reich mit Blüthen besetzt. Bericht über die von der Sektion während des Jahres 1859 veranstalteten Ausstellungen von Gewächsen, Gemüsen, Obst u. s. w., von Dr. K. Fickert, zur Zeit Sekretair der Sektion. I. Am 2. Januar, Es sind ausgestellt: 1) von Herrn Hofgärtner Kleemann in Carolath Früchte von 35 benannten Citrus-Arten, von jeder mehrere Exemplare, außerdem unbezeichnete Früchte von Citrus Aurartium, C. sinense, C. latifolium, C. nobile (?2). Die durch Reichhaltigkeit des Sortiments wie durch Schön- heit der Früchte gleich ausgezeichnete Sammlung wird prämürt; *) 2) von Herrn Kunst- und Han- *) Herr Kleemann hat diese Sammlung der Sektion überlassen, und ist von jeder Sorte eine charakteristische Frucht in Spiritus aufbewahrt worden. Auf den Wunsch der Sektion hat Herr K. auch Zweige von den selte- neren Arten nachträglich eingesandt, welche ebenfalls aufbewahrt werden. 1s1 delsgärtner Ed. Breiter 6 verschiedene blühende Camellien, ebenfalls ausgezeichnet; 3) von Herrn Baum- und Gemüsegärtner EC. Peicker in Grafenort a, eine Angurie (der Same war von der Sektion mitgetheilt worden), b. eine Flasche Johannisbeerwein zum Kosten. I. Am 6. Februar. 1) Aus dem kgl. botanischen Garten a. Sequoja gigantea Endl. (Wellingtonia), b. Phyllocla- dus asplenifolia Hook., c. Phyllocladus trichomanoides Don., d. Libocedrus chilensis: Endl., e. Libocedrus Doniana Endl., f. Cephalotaxus Fortunei, g. Frenela Hügelii hort.; 2) von Herrn Buchhändler Trewendt (Gärtner Kleiner) a. 15 ausgesucht schön blühende Hyaeinthen, b. TWl- landsia pyramidalis, c. Chorizema Twaitesü, d. Convallaria multiflora, sämmtlich blühend; 3) von Herrn Kunst- und Handelsgärtner Ed. Breiter a. 13 blühende Camellien verschiedener Art, b. eine Azalea ind. (Beauty of Europa); 4) von Herrn Kunst- und Handelsgärtner Rich. Rother a. 23 blühende Hyacinihen, b. 10 blühende Erica, c. ein blühendes Cyclamen Atkinsi; 5) von den Herren Kunst- und Handelsgärtnern Jung und Guillemain a. eine Sammlung blühender Azalea ind., b. eine Spiraea chinensis; 6) von Herrn Obergärtner Rehmann a. Banksia latifolia, b. Banksia fagifolia, c. Telopaea speciosissima, d. Epidendron ciliare, e. Maxillaria tetragona; 7) von Herrn Obristlieutenant v. Fabian Jasminum nudiflorum; 5) von Herrn Kaufmann E. H. Müller Zygopetalum Mackayi striatum; 9) von Herrn Baum- und Gemüsegärtner C. Peicker in Grafen- ort wiederum eine Wassermelone und eine Flasche Johannisbeerwein; 10) von Herrn Dr. Fickeri vier Früchte von Tulpen-Täubling (Pigeonnet tulipe), wohl der am zartesten gezeichnete Apfel, den es giebt. Prämien-Diplome erhalten 1, 4, 3, 2, 6; ehrenvoll erwähnt wird 5. Um 124 Uhr beginnt Herr Geh. Rath Dr. Göppert vor einem zahlreichen Publikum seinen Vortrag über Zweck und Bedeutung der Monats- Ausstellungen, über die heutige Ausstellung, über Blatipflanzen und Nadelhölzer, ausführlich über Seguoja gigantea, unter Vorzeigung des ausgestellten Exemplars und mehrerer Abbildungen; über Phyllocladus, Libocedrus, Cephalotaxus, über Orchi- deen, Proteaceen, Ericineen. II. Am 26. und 27. April. Die Ausstellung fand im Prüfungssaal des Elisabet- Gymnasiums, im Zeichnensaal und in der beide Räume verbindenden Garderobe statt. Es ergab sich aber, daß der Prüfungssaal für die große Menge von Gewächsen, zum Theil von bedeutender Höhe, nicht Licht genug gewährte. Prämien- Diplome wurden folgenden Herren ertheilt: 1) Kunst und Handelsgärtner Rother für eine sehr reichhaltige Sammlung neuer oder seltener gut kultivirter Pflanzen; 2) Kunst- und Handelsgärtnern Jung und Guillemain für eine ähnliche Sammlung (diese Herren hatten auch ein hübsches Aqua- rium ausgestellt); 3) Kunst- und Handelsgärtner Julius Monhaupt für eine reichhaltige Sammlung von Coniferen; 4) Kunst- und Handelsgärtner J. G. Hübner in Bunzlau für ein reichhaltiges Sortiment abgeschnittener Hyacinthen und Tulpen, so wie für eine Anzahl sehr schöner Amaryllis solandrae- folia; 5) Hofgärtner Schwedler in Slawentzitz für neue und seltene Sorten Azalea indica; 6) Garteninspektor Stoll in Miechowitz für eine sehr schöne reife Ananas; 7) Kunstgärtner Frickinger in Laasan für getriebene Gemüse; 8) Inspektor Nees von Esenbeck für eine reiche Sammlung seltener und gut kultivirter Pflanzen aus dem botanischen Garten (Herr Inspektor Hauptmann a. D. Nees von Esenbeck hatte auch die Freundlichkeit gehabt, die Aufstellung anzuordnen); 9) Buch- händler Trewendt (Gärtner Kleiner) für ein Sortiment blühender Calceolarien nebst anderen Pflan- zen; 10) Wurstfabrikant Dietrich (Gärtner Bein) für eine sehr schöne Sammlung blühender Ge- wächse, Azalea indica, Camellien, Rosen u. a.; 11) Buchhändler Max für ein Prachtexemplar von Belis lanceolata; 12) Inspektor Neumann für mehrere sehr gut kultivirte Pflanzen. Mit Anerken- nung erwähnt werden die Obstbäume in Töpfen von Herrn Zimmermeister Krause jun. und Herrn Hauptturnlehrer Rödelius, so wie die Aufstellungen der Herren Promenaden-Inspektor Schwager, 182 Zwingergärtner Schönwälder und Justizrath Krug. Die Sektion ‚hatte außerdem die Obstkabinette von Dittrich und von Arnoldi ausgestellt und eine Anzahl pomologischer Kupferwerke von Du- hamel, Brookschaw, Poiteau, Lucas u. a. ausgelegt. Herr Geh. Rath Dr. Göppert hielt am ersten Tage einen Vortrag zur Orientirung in der Aus- stellung, welcher sich über die merkwürdigsten unter den ausgestellten Pflanzen weiter verbreitete und ebenso interessant wie belehrend war. *) Am zweiten Tage sprach Herr Direktor Dr. Fiekert über die Obstzucht in Töpfen und benutzte die ausgestellten Bäumchen zu Demonstrationen. IV. Am 5. Juni. Prämien-Diplome werden zuerkannt den Herren: 1) Kunst- und Handelsgärtner Breiter für ein Sortiment selbsigezüchteter Pelargonien, dem noch ein Sortiment ebenfalls blühender Azalea indica beigefügt ist; 2) Kunst- und Handelsgärtner Rother für eine Anzahl neuer oder seltener Pflanzen; 3) Kunst- und Handelsgärtnern Jung und Guillemain für buntblättrige Pelargonien und Glechoma hederacea folüs variegatis, beides in guter Kultur; 4) Kunst- und Handelsgärtner Hüb- ner in Bunzlau für 4 Sorten Gurken, sehr schönen Spargel (Bunzlauer Butterspargel) und reife Weintrauben. Anerkennung fand die Ausstellung des Herrn Inspektor Neumann, die abgeschnitte- nen Levkoyen des Herrn Kunst- und Handelsgärtner Buchholz in Canth und die abgeschnittenen Iris des Herrn Kunst- und Handelsgärtner Eduard Monhaupt. V. Am 3. Juli. Es werden prämiirt die Herren: 1) Kunst- und Handelsgärtner Breiter für ein Sortiment von 77 Sorten selbstgezüchteter Pelargonien (darunter nicht die am 5. Juni ausgestellten); 2) Kunst- und Handelsgärtner Jung und Guillemain für 22 Sorten neuester Verbenen; 3) Inspektor Neu- mann für ausgezeichneten Blumenkohl (Carviol); derselbe hat. ein Prachtexemplar von Lilum gran- diflorum ausgestellt. VI. Am7. August. Es sind ausgestellt: 1) von Herrn’ Kunst- und Handelsgärtner Hübner in Bunzlau a. 6 reife Ananas (in ‘18 Monaten gezogen), b. 50 Stück blühende Topfrosen (wurzelächt, die Stecklinge im Februar geschnitten), c. 24 Sorten Rosen abgeschnitten, d. 32 Sorten Levkoyen abgeschnitten, darun- ter 6 Sorten lavendelblättrige (Same aus England bezogen), e. 42 Sorten Verbenen abgeschnitten, f. 30 Begonien, g. 5 starke Stämme von‘Baumfarn (die Pflanzen haben auf dem Transport Havary erlitten und sind abgestorben), h. Hübner’s Landgurke; 2) aus’ der Eichborn’schen Gärtnerei (Herr Ober- gärtner Rehmann) a. Callegia crispa Lindl., b. Sonerilla margaritacea und S. marg. superba, c. ein Sortiment Caladium,' darunter Cal. haematosligmum, Cal. tricolor, Cal. metallicum, Cal. smaragdinum, Cal. Mafaffa u. a.; 3) von Herrn Inspektor Neumann a. Lilium lancifolium ru- brum, b. Vaceinium amoenum mit Früchten, c. Babingtonia camphorosma Lindl., d. Körbelrüben von seltener Größe, e. Gurken: aus der Mongolei, Schlange von Athen, grüne Chinesische, gelbe Chinesische, f. Aegyptische Luftzwiebeln, g. Vitis hederaefolia foliis variegatis; 4) von den Her- ren Kunst- und Handelsgärtnern Jung und Guillemain ein Sortiment neuer Fuchsien und ein desgl. Begonien; 5) von Herrn Buchhändler Trewendt (Gärtner Herr Kleiner) 15 Gloxinien von sehr guter Kultur; 6) von Herrn Oberlehrer Scholz (im Taubstummen-Institut) ein Gladiolus, Hybride aus Gladiolus floribundus (Mutter) und Glad. gandaviensis (Vater). Prämien erhalten 1—4, Anerken- nung findet auch das Uebrige. *) Solche Vorträge bei Ausstellungen können nicht genug empfohlen werden, da sie nicht weniger den Ge- nuss erhöhen, als nützliche Kenntnisse verbreiten und das Interesse wecken. 183 VII. Am 4. September. An der Ausstellung haben sich betheiligt: 1) Herr Kunst- und Handelsgärtner Breiter mit 17 ausgesuchten Pflaumensorten; 2) Herr Obergärtner Rehmann mit Oneidium Papilio, Stadmannia australis und Araucaria excelsa; 3) Herr Zimmermeister Sander mit einem Sortiment schöner Gladiolus, abgeschnitten; 4) die Herren Kunst- und Handelsgärtner Jung und Guillemain mit Chrysanthemum Scarlet gem, Tydaea amabilis, mit einem Sortiment abgeschnittener Rosen (Ros. bourb.: Souvenir de Malmaison, Miss Bosanquet, Marechal de Villars, Reine des vierges, Gloire de Dijon; Rosa thea: Souvenir d’une amie, Solfatare; Rosa Nois: Aimee de Vibert; Ros. re- mont.: Geant des batailles); 5) Herr Kunstgärtner Friekinger in Laasan mit 2 Ananas auf einem Stengel (Pflanze 18 Monate alt), Arnstädter grüne Riesen-Schlangengurke, Neue engl. Riesengurke York prolific, Arnstädter weiße Riesen-Schlangengurke, neue Chinesische Schlangengurke, Golden- ball (Melone); 6) Herr Wurstfabrikant Dietrich mit 15 Fuchsien, 2 blühenden Granatbäumchen (Punica granata), 1 Cissus discolor, 3 Gesnerien; 7) Herr Kunsigärtner Bartsch in Schöbekirch mit einer im Freien gezogenen französischen Netzmelone von ungewöhnlicher Größe; 8) Herr Gärt- ner Kuschel aus dem Sektions-Garten mit einem großen Fruchtkorb, enthaltend Melonen, Wein, Birnen, Gurken, Phaseolus ensiformis yigas, das Ganze mit Blumen geziert. Ausgezeichnet werden 1, 6, 4, 5, 8. VIH. Am 2.—4. Oktober. Die Ausstellung wurde im kleinen Saale des Herrn Kutzner abgehalten, als Prämien größere und kleinere silberne Medaillen ausgesetzt. Trotz des ungünstigen Obstjahres ist das Obst reich vertreten, namentlich sind geliefert: 1) von Frau Geh. Rath Treutler auf Leuthen (Herr Gärtner Siegert) 25 Sorten Aepfel, 38 Sorten Birnen, 22 Sorten Weintrauben und 2 Sorten Quilten; 2) aus der reichsgräflich Herberstein’schen Gärtnerei in Grafenort (Herr Baum- und Gemüsegärtner C. Peicker) 40 Sorten Aepfel, 22 Sorten Birnen (im Verzeichniß sind dem Namen die Citate aus Diel beigefügt); 3) von Herrn Rendant Klose in Spahlitz 48 Sorten Aepfel, 17 Sorten Birnen; 4) aus der gräflich York’schen Gärtnerei in Klein-Oels (Herr Kunstgärtner Sprotte) 63 Sorten Aepfel, 15 Sorten Birnen; 5) von dem Ratiborer Gartenbau-Verein 100 Sorten Aepfel, 32 Sorten Birnen, 6) von Herrn Kunst- und Handelsgärtner Breiter 45 Sorten Aepfel, 46 Sorten Birnen, 13 Sorten Pflaumen, 2 Sorten Pfirsiche; 7) von Herrn Eigenthums- Gärtner Weniger in Hassitz 28 Sorten Aepfel, 15 Sorten Birnen (von demselben noch Ananas, Rosenkohl, Schlankengurken von selbst ge- züchteter Sorte); 8) von Herrn Brennereibesitzer Langer in Glatz 11 Sorten Aepfel; 9) vom Lan- desältesten Herrn von Thielau auf Lampersdorf eine Anzahl ausgesucht schöne Früchte von der engl. Birnreinette; 10) von Herrn Zimmermeister Krause jun. ein Sortiment Aepfel und Birnen, welche auf Topfbäumen gewachsen sind und sich durch ihre Größe und Schönheit auszeichnen (zum Theil hangen sie noch an den Bäumen, zum Theil sind sie abgenommen, aber die Bäume mit aus- gestellt); 11) vom Herrn Kunst- und Handelsgärtner Scholz ein reichhaltiges Sortiment Weintrau- ben. Außerdem finden sich noch einige kleinere Sammlungen. Die große Medaille erhielt 6, die kleine 5; Prämien-Diplome wurden zuerkannt 4, 10, 3; ehren- voller Erwähnung werth erachtet 2, 11, 1. Von Gewächsen, Blumen u. s. w. sind etwa zu nennen: 1) aus der Eichborn’schen Gärtnerei ein Sortiment von 65 Coniferen und ein desgl. von 38 Ilex; 2) von den Herren Kunst- und Handels- gärtnern Jung und Guillemain eine Sammlung buntblättriger Pflanzen (Calathea pardina, Pandanus javanicus fol. var., Barbarea praecox fol. var., Veronica corymbosa fol. var., Linaria eymbalaria fol. var., Ajuga reptans fol. var., Hortensia japonica fol. var., Agapanthus umbellatus fol. var., meist in mehreren Exemplaren), eine Anzahl neuer Fuchsien (z. B. Gloire de Bellevue, Queen of the sea, Estelle, Rose of Castille, Kitty Tirrel, Streifling von Rüsselheim, British sailor, General-Gouver- neur, Palmer’s perfection u. a.), ein Sortiment Begonien (z. B. Bey. Rex, bBeg. Regina, Beg. 184 Lazuli, Beg. argentea, Beg. splendida, Begonia splendida argentea u. a.), eine Anzahl anderer Pflanzen (Aralia papyrifera, Pandanus utilis, Artocarpus imperialis, Latania borbonica, Cry- plomeria japonica u. a.); 3) von Herrn Buchhändler Trewendt (Herr Gärtner Kleiner) eine schöne Gruppe Blattpflanzen; 4) von Herrn Kunst- und Handelsgärtner Krykon ein sehr reichhal- tiges Sortiment abgeschniltener Georginen nebst mehreren Pflanzen; 5) ein Sortiment neuer Begonien aus dem botanischen Garten (Herr Inspektor Nees von Esenbeck); 6) von Herrn Promenaden- Inspektor Schwager ein Sortiment Fuchsien nebst einer Anzahl Dekorations-Pflanzen; 7) von Herrn Kunst- und Handelsgärtner Weckwerth in Schalkau eine sehr reiche Sammlung von Gehölzen und Sträuchern, abgeschnitten; 8) von dem Landesältesten von Thielau auf Lampersdorf einige durch Kultur ausgezeichnete Pflanzen; 9) von Madame Schemionek ein Prachtexemplar von Philodendron pertusum (Zimmerkultur). Da für Gemüse Prämien nicht ertheilt werden konnten, so wurden auf diese Abtheilung 2 große und 2 kleine Medaillen verwendet, und zwar die ersten an 1 und 7, die zweiten an 2 und 3 verliehen. Prämien-Diplome erhielten 9, 4, 5, 8, 6. Gemüse- und Wirthschaftsgewächse waren eingeliefert: 1) von Herrn Pflanzgärtner W. Peuckert Kohlarten, Rüben u. a.; 2) von Herrn Garten-Inspektor Stoll in Miechowitz ein Sortiment Kar- toffeln und verschiedene Gemüse; 3) von Herrn Kunst- und Handelsgärtner Brückner in Markt- Bohrau 123 Sorten Kartoffeln, 160 Sorten Getreide; 4) von Herrn Inspektor Neumann Chinesischer Rettig, Körbelrüben, Zuckerrüben, Insektenpulver, Königslein, Lin imperial u. a.; 5) von Herrn Gutsbesitzer Werther in Masselwitz Runkelrüben, Zuckerrüben, Tabak u. a.; 6) von Herrn Inspek- tor Adler in Kawallen verschiedene Sorten Mais; 7) von Herrn Handelsgärtner Albrecht mehrere Melonen. Einige unbedeutendere Einlieferungen werden hier übergangen. Die Preis- Kommission erkennt Prämien-Diplome zu 3 und 1 und erwähnt ehrenvoll 6, 2 und 7. Zu der auf den 2. und 3. Oktober angesetzten Besprechung schlesischer Obstzüchter hatten sich von auswärts 12, aus Breslau 9 Theilnehmer eingefunden. Zum Vorsitzenden wurde einstimmig Herr Landschafts-Direktor v. Wille auf Hochkirch gewählt. Zur Verhandlung kamen folgende Ge- genstände: ]) werden zur weiteren Verbreitung in Schlesien folgende Obstsorten empfohlen: a. vom Lan- desältesten Herrn v. Thielau auf Lampersdorf Engl. Birnreinette, in der Gegend von Frankenstein Vaterapfel, als ein sehr guter mürber Herbstapfel, b. von Herrn Dr. Fickert der früher zeitigende Weiße Sommer-Rabau, c. von Herrn Handelsgärtner Arlt aus Ratibor, Abgeordnetem des Ratiborer Gartenbau-Vereins, Winter-Rambour, weil er auch in rauhen Gegenden fast jährlich trägt und eine sehr haltbare Frucht liefert, d. von Herrn Obergärtner Plosel aus Falkenberg Weißer Rosmarin als sehr fruchtbare Sorte von großer Schönheit und Güte (auch ist der Baum gesund), e. von Herrn Baum- und Gemüse- gärtner Peicker aus Grafenort Platte Granatreinette. Derselbe zeigt einen etwa 3 Fuß langen Zweig mit 38 Birnen vor und bemerkt, daß er dieser außerordentlich tragbaren und wohlschmeckenden Sorte den Namen „Verbesserte Bergamotte“ gegeben habe. Herr Dr. Fickert möchte die Birne für Dezl de la Motte halten; doch sind die Früchte auffal- lend klein. Auch pflegt die de !a Motte nicht so dicht sich mit Früchten zu behängen; wird die Frage erörtert, welchen Einfluß die Unterlage (Grundstamm) auf die Sorte übt- Herr Hauptturnlehrer Rödelius meint, daß dieser Einfluß in der That geringer sei, als er gewöhnlich angeschlagen werde, und Herr Baumzüchter Klose aus Spahlitz schreibt dem Boden jedenfalls einen größeren Einfluß zu. Entschieden für den Einfluß der Unterlage spricht Herr Kunstgärtner Sprotte aus Klein-Oels und führt u. A. an, daß er eine Pfir- siche auf Aprikose veredelt habe; die Frucht habe die Eigenschaften beider, die dun- kelgelbe Farbe und das mehlige Fleisch der Aprikose, aber den weinigen Geschmack der Pfirsiche. Er habe die Frucht im Herbst 1858 unter seinem Pfirsich-Sortiment mit ausge- stellt, und fälschlich sei sie in dem Bericht der Sektion für die Aprikosen-Pfirsiche, 2 Dun 155 welche schon Duhamel beschrieben habe, erklärt worden. Diese besitze er gar nicht. Herr Dr. Fickert spricht die Ansicht aus, daß sich die Unterlage zu verschiedenen Sorten auch verschieden verhalte, wie ja bekanntlich manche Birnen auf Quitte gar nicht, andere nur kümmerlich fortkommen, während andere üppig darauf wachsen; auch die Apfelsorten verhalten sich auf Johannis- oder Paradiesstamm nicht gleich, wiewohl ihm noch kein Bei- spiel vorgekommen ist, daß eine Sorte auf dieser Unterlage gar nicht habe wachsen wollen. Die Pomologen hätten in dieser Beziehung noch zu forschen und zu beobachten. Einstwei- len soll bemerkt werden, daß unter den Aepfeln auf die meisten Taubenäpfel die Unterlage einen Einfluß übt. Von den Birnen ist für diesen Einfluß die Diel ganz besonders empfäng- lich; je nachdem sie auf Wildling, Quitte oder Weißdorn (Crataegus) veredelt ist, ändert sie Größe, Schale, Fleisch und Dauer. An Pyramiden auf Wildling in tiefgehendem Gar- tenboden erreicht sie die bedeutendste Größe, hat in guten Jahren eine ganz glatte Schale und zeigt entschieden ihre Verwandtschaft mit Beurre blanc; auf Quitte zeitigt sie etwa sechs Wochen später, ist mindestens mit starken Rostpunkten bedeckt, erhält auch auf dem Lager nicht die schöne gelbe Farbe und ist weniger saftreich. Auf Weißdorn bleibt sie am kleinsten, ist ganz mit starkem Rost bedeckt, zeiligt etwas (etwa um 8 Tage) später als auf Wildling und nimmt eine der Sorte sonst fremde feine Weinsäure an, die sie der Beurre gris nahe bringt; 3) die Frage, wie der nachtheilige Einfluß eines eisenhaltigen Bodens auf die Obst-, nament- lich Apfelbäume zu beseitigen sei, beantwortet Herr Klose aus Spahlitz, der mit solchem Boden zu kämpfen hat, dahin, daß nur tiefes Rajolen, überhaupt öfteres tiefes Durcharbeiten von Erfolg sei; 4) bei der Besprechung über die Hindernisse, welche sich in Schlesien der Obstkultur entge- genstellen, und über die Mittel, diese Hindernisse zu beseitigen, wird zunächst eine Eingabe des Ratiborer Gartenbau-Vereins an die kgl. Regierung in Oppeln vorgelesen, die sich auf diesen Gegenstand bezieht und die von dem Verein der Sektion freundlichst mitgetheilt worden ist. Der Verein beabsichtigt nämlich die Gründung einer Kreisbaumschule und erbittet dazu die Unterstützung der königl. Regierung. Er sieht das Haupthinderniß in dem Mangel an Interesse, der aus Unbekanntschaft mit der Sache entspringt. Es wird als einziges Mittel, die Obstkultur sicher und schnell zu heben, die Anlage von Gemeinde- und Kreisbaum- schulen und die Gründung von Kreisvereinen bezeichnet, an welchen sich sämmtliche Schul- lehrer zu betheiligen haben. Der Lehrer hat die Gemeinde-Baumschule zu pflegen und die Jugend zur Obstbaumzucht anzuleiten. Der Verein besorgt und verwaltet die Kreisbaum- schule, mit der die Gemeindebaumschulen durch ihre Pfleger, welche seine Mitglieder sind, in lebendiger Verbindung stehen. Diese Ansicht, daß die Lehrer auf dem Lande für die Obstkultur das Meiste und das Beste thun müssen, findet allgemeine Billigung, und Herr Landschafts-Direktor v. Wille erbittet sich eine Abschrift der Eingabe, um gelegentlich davon Gebrauch zu machen. Doch wird bemerkt, daß die Mitwirkung der Herren Landräthe und Kreisstände in hohem Grade wünschenswerth sei. Namentlich führt Herr Obergärtner Plosel das Beispiel des Kreises Falkenberg an, in welchem durch die Thä- tigkeit des Herrn Landraths die Baumfrevel, welche früher besonders an gewissen Tagen verübt wurden, jetzt verhindert werden. Darin sind alle Anwesenden einig, daß weder in den klimatischen, noch in den Bodenverhält- nissen Schlesiens ein Hinderniß des Obstbaues gefunden werden kann, da die Verschiedenheit der Obstarten und Obstsorten jeder Oertlichkeit Passendes bietet. Am 2. Oktober Nachmittags wurde ein Spaziergang durch mehrere Gärten auf dem rechten Oderufer gemacht. Es wurden so der Garten des Taubstummen-Instituts, die Baumschulen des Herrn Jul. Monhaupt, die Anlagen des Herrn Richard Rother, die Obstorangerie des Herrn Krause 24 156 jun., der Garten der Sektion, der des Herrn Krykon besucht. In den Baumschulen des Herrn Eduard Breiter mußte, da der Abend bereits herangekommen war, der Wanderung ein Ziel ge- setzt werden. WUeberall fand sich Sehenswerthes; Herr Breiter setzte der Gesellschaft auch sehr schöne Früchte vor, die nach einem mehrstündigen Spaziergange dankbar angenommen wurden. IX. Am 6. November. i) Von den Herren Kunst- und Handelsgärtnern Jung und Guillemain sind ausgestellt fünf Varietäten von Primula chinensis fl. pl. und ein Cactus, beides in Blüthe; 2) von Herrn Obrist- lieutenant v. Fabian 7 Sorten Kürbisse, 4 verschiedene Anthemis, Solanum gracile, Schnabelför- miges Capsicum, Eradium pelargoniflora, Graham Tabacco from Prince George’s County. X, Am 4. Dezember. Es sind ausgestellt: 1) 7 Stück Primula chinensis fl. pl. von Herrn Buchhändler Trewendt; 2) ein Apfelzweig mit Früchten zweiter Ernte von der Redaktion der Breslauer Zeitung; 3) 30 Sor- ten Aepfel in 40 Exemplaren aus Norwegen, welche Herr Dr. Schübeler in Christiania an Herrn Partikulier Fr. Mehwald gesandt hat. Darunter befinden sich mehrere in Norwegen gezüchtete Sorten, wie der Thorstein, der ganz eigenthümlich geformte Kaupanger, der sehr schöne Aga-Apfel, so von Herrn Dr. Schübeler nach dem Züchter Johannes Aga, Bauer und Storthingmann in Har- danger, genannt. Bei jeder Frucht ist der Ort und der Breitegrad angegeben, unter welchem sie gezogen worden ist; alle, auch die in Deutschland vorkommenden Sorten, zeichnen sich durch unge- mein zarte Schale aus, Rost- und Baumflecke finden sich nirgends. Erwähnt mag noch werden, daß der Borsdorfer, der im mittleren Deutschland seine größte Vollkommenheit erlangt und südlicher das ihm eigene Aroma verliert, dies in Norwegen bis zu einem fast widerwärtigen Grade für Geruch und Geschmack steigert; 4) Herr Mehwald hält einen sehr interessanten Vortrag über die Obstkultur in Norwegen, indem er zur Veranschaulichung der Oertlichkeiten die schöne Spezialkarte von Pro- fessor Munch benutzt. Es wird bemerkt, daß die Apfelbäume ungemein reiche Ernten zu liefern pflegen und unter der Last der Früchte ihre Zweige oft bis zur Erde senken. Auszug aus dem Bericht der Gartenkommission über die Bewirthschaftung des von der Sektion erpachteten Gartens für 1859. Die Kommission fühlt sich allen denen zu Dank verpflichtet, welche durch ihre Unterstützung und Beihilfe die Fortsetzung der Gartenpacht möglich gemacht haben. Namentlich hat dazu beige- tragen die von Sr. Excellenz dem Herrn Minister für landwirthschaftliche Angelegenheiten Grafen Pückler huldreichst bewilligte Unterstützung von 150 Thlr. Auch die Betheiligung des königl. Schullehrer-Seminars ist hoch anzuschlagen. Wenn gleich der Beitrag desselben zu den Bewirthschaftungskosten nicht erheblich ist, so erhalten doch die Zöglinge desselben sowohl durch den Gärtner der Sektion, als auch durch die Mitglieder der Garten-Kommis- sion theoretische und praktische Anweisung zum Gartenbau und zur Obstkultur, und es ist zu erwarten, daß sie in ihren künftigen Stellungen als Lehrer nicht blos für sich Vortheile aus den hier erwor- benen Kenntnissen und Fertigkeiten ziehen, sondern diese Kenntnisse weiter verbreiten, überhaupt für die Förderung von Obst- und Gartenbau wirken werden. Auch haben nicht wenige Privatpersonen mit Wort und That die Garten-Kommission unterstützt und ihr die Lösung ihrer Aufgabe erleichtert. Der bisherige Gärtner Kuschel ist aus dem Dienst der Sektion in der Mitte des September ausgetreten und die Stelle dem Gärtner Wende übertragen worden. 187 I. Der Werth des todten Inventars (Geräthe verschiedener Art) beträgt 114 Thlr. 11 Sgr. 6 Pf. II. An lebendem Inventar ist vorhanden: 1) veredelte Stämme 2006, a. Aepfel 697, b. Birnen 67, c. Aprikosen 91, d. Kirschen 122, e. Pfirsiche 1029; im Werthe von 245 Thlr. 22 Sgr. 2) Wildlinge 7831, a. Aepfel 5994, b. Birnen 55, c. Aprikosen Al, d. Kirschen 730, e. Pfirsiche 62, f. Pflaumen 47, g. Paradiesäpfel 77, h. Prunus Mahaleb 360, i. Johannisstämme 165, k. Quitte 300; im Werthe von 67 Thlr. 5 Sgr. 6 Pf. 3) Weinsetzlinge 90; Werth 6 Thlr. A) Rosen- wildlinge 120; Werth 1 Thlr. 25 Sgr. 5) Blumen und Schmuckpflanzen: a. in Töpfen 1930; Werth 78 Thlr. 23 Sgr.; b. im freien Lande 1000; Werth 25 Thlr. 10 Sgr. 6) Säme- reien von Blumen, Gemüsen u. s. w. im Werth von 7 Thlr. 23 Sgr. 8 Pf. Der Werth des ge- sammten Inventars beträgt somit 567 Thlr. 8 Pf. II. Die Einnahme betrug: 1) aus dem Garten für Obst, Gemüse u. s. w. 116 Thlr. 10 Sgr. 5 Pf.; 2) Beiträge der Mitglieder für den Garten 124 Thlr.; 3) Beihilfe des königl. landwirthschaft- lichen Ministeriums 150 Thlr.; 4) vom königl. Seminar 15 Thlr.; 5) Zuschuß aus der Kasse der Sektion 35 Thlr. 3 Sgr. 7 Pf.; in Summa 440 Thlr. 14 Sgr. IV. Ausgabe: 1) für Tagelöhne, Geräthe, Sämereien u. s. w. 115 Thlr. 14 Sgr.; 2) Gar- tenpacht 85 Thlr.; 4) Gehalt des Gärtners 144 Thlr.; 5) dem Arbeitsmann Lohn 96 Thlr.; macht in Summa 440 Thlr. 14 Sgr. i Obsihau. 1. In der Baumschule hat sich die Zahl der Stämmchen von noch nicht 5000 auf über 10,000 vermehrt, darunter die veredelten von 300 auf 2000. Die Zahl der Sorten ist auf 319 ge- stiegen, nämlich 177 Aepfel, 55 Birnen, 35 Kirschen, 5 Pflaumen, 40 Pfirsiche, 7 Aprikosen. Die Reiser sind, mit Ausnahme der Pfirsiche und Aprikosen, von Liegel, Lukas und Oberdieck bezogen. 2. Von Standbäumen wurden 4, welche schlechte Früchte trugen, in Sortenbäume ver- wandelt. Mit einigen anderen wird dies ebenfalls geschehen. Unter den tragbaren Bäumen zeich- neten sich durch reichen Fruchtansatz und Güte der Früchte aus Diel’s Butterbirne, Hermanns- birne und der Weiße Rosmarinapfel. Der Baum ist zugleich sehr gesund. 3. Die in der Stecklingszucht gemachten Versuche gaben folgende Resultate: a. Alle im Frühjahr von Aepfeln, Birnen und Pflaumen geschnittenen verholzten Zweige sind nicht zur Bewurzelung gekommen, obgleich sehr verschiedene Verfahrungsarten angewendet wurden. b. Unter den Weinstecklingen standen oben an diejenigen, welche in reinem Sande oder in einem Gemisch von Sand und Sägespähnen im Frühbeetkasten gestopft und nach der Bewurzelung, ehe sie in das freie Land kamen, erst in kleine Töpfe mit guter Erde verpflanzt waren. Hierbei wurden auch ganz kurze Rebenstücke mit einem Auge benutzt. *) Bei diesem Verfahren blieb auch kein einziger Steckling aus. Von den in das freie Land gesteckten bewurzelten sich die am besten, welche am unteren Ende den Wulst behalten hatten, der zu bleiben pflegt, wenn man die einjährigen Ruthen mit der Hand vom älteren Holze herunterreißt. c. Mit den krautartigen im Sommer geschnittenen Stecklingen von Aepfeln, Birnen und Pflaumen, die in Frühbeetkasten mit verschiedenen Erdmischungen gebracht wurden, ging es nicht besser. Dagegen bewurzelten sich dergleichen Stecklinge von Wein in demselben Kasten sehr schnell. 4. a. Die krautartige Veredeiung wurde wieder, wie im vorigen Jahre, mit Glück ver- sucht. Es wurde kopulirt und gepelzt, und zwar Kraut auf Kraut und Kraut auf älteres Holz. Beides ging an, doch das Erste leichter und schneller. *) Man lässt über und unter dem Auge etwa 1 Zoll Holz stehen und macht auf der dem Auge entgegenge- setzten Seite an dem unteren Theile einen Kopulirschnitt, Den Schnittling sieckt man, die Schnittfläche nach unten, schräg so ein, dass das Auge bedeckt wird, aber der grösste Theil des oberen Endes hervorragt. 24* 158 b. Die Veredelungen unter der Hand im Zimmer sind wieder von sehr günstigem Er- folge begleitet gewesen; doch waren die zugesandten Reiser, namentlich von Pflaumen, in Folge des plötzlich eingetretenen frühen und starken Frostes im Herbst 1858, vielfach beschädigt und zum Theil ganz unbrauchbar. 5. Unter den Krankheiten der Bäume wurde a. der Harzfluß an einigen Pfirsichbäumen im Topfe bemerkt; er war Folge eines zu kräftigen Düngergusses und wurde geheilt durch kurze, abgesetzte Längenschnitte in die Rinde. b. Die Weinkrankheit zeigte sich nur an einer schmalen Stelle des Spaliers, wo der Schnitt weniger sorgfältig geführt und beim Ausbrechen und Einstulzen nicht die gehörige Vorsicht ange- wendet war. Ueberdies hindern an dieser Stelle vorstehende Bäume den freien Luftzug. Zu beiden Seiten blieben dieselben Sorten, weil luftiger gehalten, verschont. Es bestätigte sich also unsere Ansicht, daß eine richtige Behandlung des Weinstocks ihn vor der Krankheit bewahrt. *) 6. Was die Düngung betrifft, so hat a. eine zweijährige Erfahrung gelehrt, daß für Obst- bäume die flüssige Düngung die wirksamste und das Frühjahr die beste Zeit ist. b. Die von dem Mitgliede der Kommission Rödelius durch mehrere Jahre zur Beseitigung der Weinkrankheit mit Schwefel und Schwefelblüthe angestellten Versuche hatten nicht blos die beabsichtigte Wirkung geäußert, sondern überhaupt eine kräftigere Vegetation sowohl an den Trauben als am Laube hervorgerufen. Da nun auch von anderen Seiten das Bestreuen mit Schwe- felpulver als dem Wachsthum der Pflanzen ungemein zuträglich bezeichnet wird, so sind auch im Garten der Sektion Versuche der Art gemacht worden, und zwar an Pfirsichbäumchen, Apfelkopu- lanten, Kirsch- und Apfelsämlingen. Eine Wirkung war kaum wahrzunehmen. Kirschkopulanten konnten dadurch nicht einmal von der schwarzen Blattlaus befreit werden. Doch werden die Ver- suche fortgesetzt werden und ist zu wünschen, daß auch andere Mitglieder der Sektion dergleichen anstellen wollen. **) c. Die Wirkung der Holzkohle, sowohl in kleinen Stückchen unter die Erde gemischt, als auch in Pulver aufgestreut, war an Topfgewächsen nicht zu verkennen. Trotz der reichen Blüthe war der Ertrag sowohl von Kern- als Steinobst ein sehr geringer. Der Wein gab, da die früher unrichtig behandelten Stöcke stark zurückgeschnitten werden mußten, nur eine mäßige Ernte; reichlich trug die Fastolph-Himbeere. Der Mangel an gutem Beeren- obst ist fühlbar und wird auf Anschaffung eines größeren Sortiments Bedacht genommen werden müssen. Von den Erdbeeren hatte Queen Victoria und Mamouth sehr vom Frost gelitten, während die Prolifique verschont geblieben war. Doch ist diese Sorte wenig fruchtbar und steht an Farbe, Ge- stalt und Geschmack, in welchen Beziehungen sie der alten Ananas-Erdbeere ähnlich ist, anderen Sorten nach. e Gemüsebau. Die Ungunst der Witterung und das Ungeziefer haben gleich nachtheilig gewirkt, so daß die meisten Versuche als mißlungen bezeichnet werden müssen. Es wurde gepflanzt: 1. Blumenkohl. Erfurter, Standhalter (wohl identisch mit dem Stadtholder), Erfurter Zwerg- und Cauliflower. Der Erfurter brachte einige Käse, am besten hielt sich der Standhalter; die übrigen Sorten gingen ganz zu Grunde. *) Meine Weinspaliere sind völlig eingeschlossen, so dass die Luft von keiner Seite einen freien Zugang hat. Ueberdies schneide oder breche ich im Sommer gar nicht, und doch habe ich jährlich eine reiche Ernte und nie eine Spur von Krankheit an meinen Stöcken gehabt. Dr. K. F. *") Ich habe das Bestreuen mit Schwefel seit mehreren Jahren öfter an Rosen und Apfelzwergen gegen die Blattlaus versucht, aber dadurch weder das Ungeziefer vertrieben, noch einen kräftigeren Wuchs hervorgerufen. 159 2. Kopfkohl. Early Nonpareil Cabage, Erfurter Weiß- und Erfurter Rothkraut, Magdebur- ger und Ulmer Centner-Kraut. Die Erdflöhe haben das Meiste vernichtet, nachher noch die Raupen gehaust, die aber weniger Geschmack an dem Ulmer Centner-Kraut zu finden scheinen als an an- deren Sorten. Auch zeigte es sich, daß wenigstens für den heißen Sommer das Kraut zu früh ge- pflanzt war. ,‚Maikraut kein Kraut‘. 3. Wirsing. Ganz zu Grunde ging der Wiener niedrige, der Englische feine, der Trommel- kopf und der Erfurter gelbe. Queen Victoria und de Vertus waren etwas zu spät gepflanzt und konnten darum die Köpfe nicht gehörig entwickeln. 4. Kohlrabi. Das im vorigen Bericht gegebene Urtheil hat sich bestätigt. d. Dasselbe gilt in Betreff der Möhren. 6. Erfurter Knollen-Sellerie gerieth vortrefflich, am besten auf Kuhdünger. 7. Die Zuckerrübe von Bassano war weniger zuckerreich und wohlschmeckend als sonst. *) Die neue Imperial hatte für die Küche gar keinen Werth. 8. Unterrüben (Kohlrüben). Es wurde keine neue Sorte gebaut, sondern nur versucht, ob das Säen oder Pflanzen den Vorzug verdiene. Die Behauptung Jühlke’s, daß versetzte Rüben, wenn sie vorsichtig gepflanzt werden und man die Pfahlwurzel auf ein Drittel .abstutzt, größer wer- den, hat sich bestätigt. Ebenso hat die Ansicht desselben, daß die langen Hälse eine Ausartung auf Kosten der Rübenbildung sind, sich als wahr erwiesen. 9. Von Rhabarber sind gezogen worden Rheum raponticum, Rh. compactum, Rh. gigan- teum, Rh. Queen Victoria. 10. Von Salatsorten haben sich als die besten bewährt Perpignaner Dauerkopf, Asiatischer großer gelber, Steinkopf, Mogul oder Cyrius und Prinzenkopf. Es zeigte sich ferner, daß das Begießen keineswegs vortheilhaft wirkte. **) 11. Von Radieschen waren die besten die Runden rosenrothen und die Ovalen scharlachrothen. 12. Von Gurken wurden Schlange von Athen, Grüne Chinesische und Arnstädter Riesen- Schlangengurke gebaut. 15. Unter den Melonen fand sich eine kugelförmige Grünfleischige Ananas-, die zwar nur einen Durchmesser von 45 Zoll erreichte, aber köstlich von Geschmack war. Der Regen hat leider viel Schaden gethan. 14. Aus Christiania waren der Garten-Verwaltung 3 Sorten Erbsen zugegangen, Grünblei- bende Brockel-, Pois Michaux a oeil noir und Mamouth-Markerbsen, über die, so wie über die anderen von Herrn Dr. Schübeler erhaltenen Sämereien später ein besonderer Bericht gegeben werden wird. 15. Stangenbohnen. Phaseolus ensiformis gigas ist ein für unser Klima nicht passendes Gewächs, das eine sehr lange Wachsthums-Periode hat. Es wurden zwar zwei 12 bis 13 Zoll lange, sehr dünne Schoten reif, sie sind aber nichts als eine biegsame Haut, welche wenige kleine Samen enthält. 16. Die Berliner Buschbohne und die Gelbe nierenförmige Zwergbohne waren die frühesten, die Rothe Flageolet die marktfähigste und die Taurische Eierbohne die einträglichste. Ueber die an Gemüsen beobachteten Krankheiten, namentlich über Kröppigwerden, Wurm- fäule und Zellenfäule, wird das Mitglied Rödelius einen besonderen Bericht abstatten. Dagegen fand ich, dass die Erdflöhe durch dasselbe Mittel von Levkoyen- und Kohlrabipflanzen schnell vertrieben wurden. Zugleich zeigten diese Pflanzen, namentlich die Levkoyen, auch nachdem sie in das Land versetzt waren, eine ungewöhnlich kräftige Vegetation, die ich nur der Wirkung des Schwefels zuschreiben kann. Dr.K.F. *) Nach meiner Ueberzeugung ist die Bassano bei uns entartet, Dr. K. F. **) „Wer in die eine Hand die Giesskanne nimmt, muss in die andere die Hacke nehmen,“ darf aber mit beiden den Pflanzen nicht zu nahe kommen, d. h. wenn man an einem Tage gegossen hat, so muss man am anderen hacken. Dr. K. FE. 190 Als Düngung wirkte auf Sellerie am besten Kuhdünger. Die Knollen wurden am größten; auf Pferdedünger wuchsen sie erst im Herbst nach dem Eintritt des Regens. Brühe von zer- setztem Wildfleisch machte sehr üppiges Kraut, wirkte aber weniger auf die Knollenbildung. Auf Buschbohnen wirkte Schwefel und Chilisalpeter gar nicht, Pferdedünger wegen des heißen und trockenen Wetters nachtheilig; bei Kuhdünger war der Ertrag um 4 größer als auf ungedüngtem Boden. An Rasen zeigte Chilisalpeter keine Wirkung, Schwefel eine geringe, Pferdedünger eine nachtheilige. Von 3 Reihen Gurken wurde eine geschwefelt, eine auf verrottetem Kuhdünger und die dritte auf frischem Pferdedünger gepflanzt. Diese gab den geringsten Ertrag, der Schwefel erhielt die Blätter hübsch grün. Im vorjährigen Bericht muß es in der Tabelle über die Wirkung des Düngers statt kurze edele Petersilie — kurze dicke heißen. Die Blumenzucht erhielt einen Zuwachs an neueren Chrysanthemum, Fuchsien und Verbenen. Unter diesen zeichnet sich Königin der Verbenen aus. Ein mit Linum grandiflorum rubrum besäetes Beet blühte 3 Monate lang. *) Leider lieferte es wenig brauchbaren Samen. Der schon im vorigen Berichte erwähnte Chinesische Mohn zog wieder die Augen der Gar- tenbesucher auf sich. Gleiche Anziehungskraft übte später ein Beet, das mit aus Samen gezogenen Deutschen und Englischen Stockrosen (Malven) bepflanzt war. Die im vorigen Jahre aus den fast abgeblüthen Stengeln gezogenen und im Kalthause überwinterten Stopfer blühten im freien Lande ebenfalls schön. Die Levkoyen litten außerordentlich von den Erdflöhen. Der Same wurde zum Theil mit Kohlenpulver bestreut, was recht kräftige und gesunde Pflanzen gab. Schwefelblüthe auf Lack gestreut äußerte eine sehr gute Wirkung und schien auch bei einer Gruppe Pensees nicht wirkungslos zu bleiben. Dagegen zeigte Chilisalpeter nirgends einen bemerkbaren Einfluß. Besondere Beobachtungen. 1. Die Ergebnisse der Wetterbeobachtungen und des täglich 3 Mal notirten Thermometerstan- des sollen in einem besonderen Aufsatze mitgetheilt werden, in dem auch über die gleichzeitig in Christiania und an anderen Orten mit denselben Pflanzen angestellten Kulturversuche zu berichten sein wird. 2. Um die Wirkung der Schneedecke zu ermitteln, wurden an einem Tage Thermometer- Beobachtungen angestellt, welche folgendes Resultat ergaben: Dicht über dem Unter dem Schnee hart In der Luft. Schnee. über dem Boden. Morgens 8 Uhr . . . . — 4’R — WR. — 35°R. Nachmittags 4 Uhr . . 0° — 5° 0° Der Boden hatte nur einen Frostschorf und war sonst locker. Hieraus ergiebt sich unter An- derem die Lehre, daß man Birnen auf Quitte möglichst tief veredeln muß, wenn die Stämme nicht in kalten Wintern erfrieren sollen. **) Es ist uns ein Fall bekannt, daß in einem Garten sämmt- liche auf Quitte veredelten Pyramiden erfroren, weil die Veredelungsstelle über dem Schnee ge- blieben war. *) Es wird am besten in das freie Land gesäet und wie unser Lein behandelt. =) Es ist eine alte Regel, dass alle Veredelungen auf schwächer treibenden Unterlagen, namentlich auf Quitte und Crataegus, so tief vorgenommen werden müssen, dass die Veredelungsstelle noch in die Erde kommt. 191 3. Auch die Bodenwärme wurde untersucht und dabei gefunden, daß dieselbe an einem Maitage auf der Südseite einer Planke 3 Zoll unter der Erde um 8° höher stand als auf der Nordseite. Der Unterricht im Gartenbau. Die Zöglinge des hiesigen königl. Seminars wurden an den 4 Wochentagen, an welchen sie den Turnplatz nicht besuchen, im Garten beschäftigt und angeleitet. Sie waren in 8 Abtheilungen ge- theilt und die Einrichtung so getroffen, daß jeder Seminarist wöchentlich 1 Stunde Unterricht und Anweisung erhielt und an allen Gartenarbeiten, auch Graben, Rajolen u. s. w. der Reihe nach Theil nehmen mußte. Es wurde darauf gesehen, daß Theorie und Praxis stets Hand in Hand gingen, und den jungen Leuten theils in besonderen Vorträgen, theils an Ort und Stelle bei der Arbeit selbst erklärt, warum Etwas gerade so gemacht werden müsse, oder wie es auch anders gemacht werden könne. @uod Deus bene vertat. Breslau, den 31. Dezember 1859. A. Inkermann. Dobe. F. Rödelius. Statistische Notizen von Kaufmann E. HM. Müller, zur Zeit stellvertretendem Sekretair. Der in dieser Sektion für hiesige Mitglieder gegen Zahlung eines Extrabeitrages von 1 Thlr. bestehende Lesezirkel zählte im Jahre 1859 68 Theilnehmer; es kursirten in demselben: 6 Jahres- berichte von mit uns durch Schriften - Austausch verbundenen Gesellschaften, 12 deutsche und ausländische, zum Theil mit Abbildungen versehene Zeitschriften und 12 gärtnerisches Interesse gewährende Bücher und Brochüren. Die Abtheilung für Gartenbau in der Bibliothek der Schlesischen Gesellschaft wurde im Jahre 1859 durch die vorher in dem Lesezirkel kursirt gehabten Piegen, außerdem aber noch durch ein hochschätzbares Geschenk des Herrn Superintendent Oberdieck in Jeinsen bei Hannover und einen außerordentlichen Ankauf aus den Mitteln der Sektion bereichert, wodurch dem diese Bibliothek- Abitheilung betreffenden, in unserem Jahresbericht pro 1857 abgedruckten und in demjenigen 2» 1858 fortgesetzten Verzeichnisse das hier nachfolgende zutrat, als: Auerswald, B. und Roßmäßler, E. A. Botanische Unterhaltungen zum Verständniß der heimathlichen Flora. Leipzig 1858. Belgique horticole, la, Journal des Jardins, des Serres et des Vergers, redige par Ch. et Ed. Morren. Tom. 7. Liege 1856/7. Blätter, vereinigte Frauendorfer. Allgemeine deutsche Gartenzeitung, Obstbaumfreund, Bürger- und Bauernzeitung. Herausgegeben von der praktischen Gartenbaugesellschaft in Baiern. Redak- teur E. Fürst. Passau. Jahrgang 1856 und 1857. Bonplandia. Zeitschrift für die gesammte Botanik. Offizielles Organ der k. k. Leopoldinisch-Caro- linischen Akademie der Naturforscher. Herausgegeben von Wilhelm E. G. Seemann und Dr. Berthold Seemann. 5. Jahrgang. Hannover 1857. Der Gründe dafür giebt es ausser dem im Texte angeführten noch mehrere; der wichtigste ist, dass so die Stelle besser verwächst und der Stamm gesünder und kräfiiger wird. Wenn darüber geklagt wird, dass diese oder jene Sorte auf Quitte kümmere, so liegt dies oft, allerdings nicht immer, an der Vernachlässigung jenes Grund- satzes. Dr. K. F, 192 Courtin, Albert. Die Familie der Coniferen. Eine systematisch geordnete Darstellung und Beschrei- bung aller zum Geschlecht der Tannen und Nadelhölzer etc. gehörigen Gewächse, nebst praktischer Anleitung zu ihrer Vermehrung, Kultur und Verwendung. Stuttgart 1858. — Die Kulturgräser und Futterkräuter. Praktisches Handbuch für Landwirthe, Gutsbesitzer, Gärtner etc. mit tabellarischer Zusammenstellung verschiedener Grasmischungen. Nach der 4. Auflage der Gräserbeschreibung Peter Lawson’s aus dem Englischen übersetzt. Stuttgart 1857. Dochnal, Friedr. Jac. Die Kultur der schwarzen Malve oder das Tagewerk Landfläche 200 Thlr. Ertrag. Nürnberg 1856. Duhamel du Monceau’s Pomona gallica, oder Abhandlung von den Obstbäumen, deren Gestalt, Er- ziehung und Pflege. Aus dem Französischen von Karl Christoph Oelhafen von Schöllenbach. 3 Bände. Nürnberg 1775—1789. Gartenschatz, Frauendorfer. Eine ausgewählte Sammlung geprüfter Rathschläge und Hilfsmittel zum schwungreichsten Betriebe des gesammten Gartenbaues nach den neuesten Erfahrungen. Herausgegeben in Verbindung mit der praktischen Gartenbau - Gesellschaft in Baiern zu Frauendorf von Eugen Fürst. Passau 1857. Garten- und Blumenzeitung, neue allgemeine deutsche, als Fortsetzung der Metler’schen. Herausge- geben und redigirt von Ed. Otto. 13. Jahrgang. Hamburg 1857. Garten-Flora. Monatsschrift für deutsche und schweizerische Garten- und Blumenkunde. Herausge- geben von E. Regel. 6. Jahrgang. Erlangen 1857. Gartenzeitung, allgemeine thüringische, als Fortsetzung der Bernhardt’schen. Herausgegeben von F. Freiherr v. Biedenfeld. 16. Jahrgang. Erfurt 1857. — Berliner allgemeine. Herausgegeben von Professor Dr. Karl Koch. Berlin 1857. Gartenzeitung, illustrirte. Eine monatliche Zeitschrift für Gartenbau und Blumenzucht. Herausgegeben von der Gartenbau- Gesellschaft Flora in Stuttgart. Redigirt von Albert Courtin. 1. Band. Oktober 1856 bis Dezember 1857. Stuttgart 1857. General- Anzeiger für Kunst- und Handelsgärtnerei, Blumenzucht, Gartenbau und Landwirthschaft. Herausgegeben von Alfred Topf. Redigirt von Th. Rümpler. Erfurt 1857. Gloger, Dr., C. W. L. Die nützlichsten Freunde der Land- und Forstwirthschaft unter den Thieren, als die von der Natur bestellten Verhüter und Bekämpfer von Ungezieferschäden und Mäuse- fraß, 2. unveränderte Auflage. Berlin 1858. Jäger, H. Die Verwendung der Pflanzen in der Gartenkunst, oder Gehölz, Blumen und Rosen. Gotha 1858. Jahresbericht des Garten- und Blumenbau-Vereins für Hamburg, Altona und deren Umgebung. Ham- burg 1855, 1856, 1857, 1858. — des Vereins für Gartenbau und Feldwirthschaft zu Coburg für das Jahr 1857. Illustration horticole, T, Journal special des Serres et des Jardins ete. Redige par Ch. Le- maire et publiE par Ambroise Verschaffelt. Vol. 4. Gand 1857. Leitfaden zur Behandlung der Samen, welche in den Verzeichnissen von Karl Appelius in Erfurt offerirt werden. Erfurt 1857. Magazin, deutsches, für Garten- und Blumenkunde. Herausgegeben und redigirt von W. Neubert. Stuttgart, Jahrgang 1857. Maurer, L. Heinrich. Das Beerenobst unserer Gärten und dessen Kultur. Stuttgart 1858. Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau. Herausgegeben von J. G. C. Oberdieck und Ed. Lukas. 4. Jahrgang. Stuttgart 1558. Oberdieck und Ed. Lukas. Beiträge zur Hebung der Obstkultur. Stuttgart 1857. Otto, Adolph. Der Rosenzüchter oder die Kultur der Rosen in Töpfen und im freien Lande. Erlangen 1858. Pomona. Allgemeine deutsche Zeitschrift für den gesammten Obst- und Weinbau. Herausgegeben von F. J. Dochnal. 6. Jahrgang. Nürnberg 1857. 193 Protokoll-Auszüge und Verhandlungen der Gartenbau-Gesellschaft Flora zu Frankfurt a. M. 9. Jahr- gang 1856. Frankfurt a. M. 1857. Rohland, Gust. Ad. Album für Gärtnerei und Gartenfreunde. Ein praktischer Führer zur Anlegung und Pflege von Nutz-, Zier- und Lustgärten. 2. Jahrgang. Leipzig 1858. Statuten des Kölner Vereins für Gartenkunde und Botanik. — des Ratiborer Gartenbau-Vereins. — des Ungarischen Gartenbau-Vereins zu Ofen. Vereinsschrift, schlesische landwirthschaftliche. Unter Mitwirkung vieler landwirthschaftlicher Vereine Schlesiens herausgegeben von J. G. Elsner. 4. Jahrgang. Glogau 1857. Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in den königl. preußischen Staaten. 4. Jahrgang. Juli bis Dezember 1856. Berlin 1856. Verwaltungsbericht, 23., des Gewerbe- und Gartenbau-Vereins zu Grünberg für das Jahr 1857. Grünberg. Woltmann, Amtsrentmeister in Zeven. Zur Beförderung der Obstbaumzucht. Für den Landmann im nördlichsten Norddeutschland. Stade 1856. Zeitschrift des Gartenbau-Vereins zu Darmstadt. 5. Jahrgang 1856. 6. Jahrgang 1857. Die im Jahre 1859 erschienenen Lieferungen des von H. Arnoldi in Gotha unter Controle des dortigen thüringischen Gartenbau-Vereins herausgegebenen Obst-Kabinets, naturgetreu aus Porzellan- masse nachgebildeter Früchte verschiedener Art, wurden ebenfalls von der Sektion angeschafft. Das Reglement für die Benutzung der Bibliothek befindet sich in unserem Jahresberichte pro 1857. Primo Januar 1859 zählte die Sektion für Obst- und Gartenbau Mitglieder: Hiesige. Auswärtige. Summa. 128 275 403 Hierzu traten im Laufe des Jahres 1859.................22....: 10 18 28 138 293 431 und schieden dagegen im Jahre 1859 aus ............... 22.222.200. 14 22 36 verblieben daher pro 1860 124 271 395 von denen als wirkliche Mitglieder der Schles. Gesellschaft beitragsfrei sind 30 7 37 dieser Sektion aber als zahlende außerordentliche Mitglieder angehören 94 264 358 25 BE RN 2 IR Be cal el Naeh i Yu Bericht über die Verhandlungen der meteorologischen Sektion im Jahre 1859 von J. G. Galle, zeitigem Sekretair derselben. I der Sitzung vom 7. Dezember hielt der Sekretair einen Vortrag: Ueber die in Breslau angestellten Regenmessungen. Die von dem meteorologischen Institut in Berlin angewandten Regenmesser, wie ein solcher auch der hiesigen Sternwarte zur Benutzung übergeben ist, bestehen in einem kupfernen quadrati- schen Trichter von 1 Pariser Quadratfuß Oeffnung, von welchem Auffangegefäß der Regen demnächst in ein cylindrisches Sammelgefäß von 54 Zoll Durchmesser und 14 Fuß Länge läuft, das unten mit einem Hahn verschlossen ist und wodurch dann der gefallene Regen von Zeit zu Zeit in einen nach Cubikzollen abgetheilten gläsernem Cylinder abgelassen und gemessen werden kann. Die Trennung des Apparates in drei Theile, ein Auffangegefäß, ein daran sich anschließendes Sammelgefäß und ein besonderes Meßgefäß, ist zweckmäßig, da das Sammelgefäß die zu schnelle Verdunstung hindert, die Vereinigung aller drei Gefäße aber den Apparat unnöthig complieirt. Die ersten Versuche, die Menge des herabfallenden Regens und Schneewassers zu messen, fallen in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts und scheinen zuerst von Mariotte in Anregung gebracht zu sein, der die Frage wegen der Entstehung der Quellen dadurch bestimmter zu beantworten suchte (Traite du mouvement des eaux I. 2. Oeuvres de Mariotte Il. p. 338 der Haager Ausgabe von 1740). Das quadra- tische Auffangegefäß des in Dijon angewandten Regenmessers hatte eiwa 2 Fuß Seite und war an dem oberen Theile des Hauses in 6 Fuß Abstand vom Fenster an einer eisernen Stange befestigt; zwei Versuchsreihen ergaben 17 Zoll und 19 Zoll jährliche Regenmenge, In Paris begann 1699 de la Hire die seitdem bis auf die gegenwärtige Zeit ununterbrochen fortgeführten Beobachtungen. In England bestimmten Townley (1677—93) und Derham (von 1697 an) die Regenmenge nach dem Gewichte. In Deutschland bestimmte Leutmann nach seiner 1725 in Wittenberg erschienenen Schrift: ‚‚Instrumenta meteorognosiae inservientia“ die Regenmenge dadurch, daß er das Wasser aus einem viereckigen Trichter in eine nach Pfunden und in eine zweite nach Lothen getheilte Glas- röhre leitete. Die Mannheimer meteorologische Societät wandte einen einfachen Kasten von Blech 25* 196 an, unten oder seitwärts mit einer verschließbaren Röhre zum Ablassen des Wassers in ein Meßge- fäß. In Betreff der anzuwendenden Oeffnung des Auffangegefäßes scheinen größere Oeffnungen vor- herrschend gewesen zu sein. Ein besonders kleines Gefäß wandte bei seinen Beobachtungen Roger Pickering (Phil. Transact. 1744) an, welches nur 1 Qnadratzoll Oeffnung hatte. Verschiedene künstlichere Einrichtungen der Regenmesser sind in Edinburg, in Heidelberg, in Jena und an anderen Orten angewandt worden; von den selbstregistrirenden Apparaten ist besonders der von Horner bekannter geworden. Vergl. Gehler’s physic. Wörterbuch, Art. Regenmaß. Im Allgemeinen noch wichtiger als die Form und Einrichtung der Regenmesser ist der Ort der Aufstellung derselben, der nach allen Seiten hin möglichst frei und zugleich möglichst nahe an der Erdoberfläche sein muß. Die Verschiedenheit der Regenmenge in verschiedenen Höhen über dem Boden (auf welche in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts mehrere Beobachter aufmerksam wurden) ist so groß, daß ohne eine bestimmte Angabe darüber die Messungen an verschiedenen Orten nicht wohl vergleichbar sind und manche ältere Bestimmungen dadurch wesentlich an Werth verlieren. Die Höhe über dem Boden scheint um so mehr in Betracht zu kommen, je mehr man sich demselben nähert; indem die fallenden und durch Niederschlag aus der umgebenden Luft sich vergrößernden Tropfen einestheils in der Nähe der Erdoberfläche die meiste Luftfeuchtigkeit antreffen, anderntheils bei ihrem Anwachsen dem sich daran niederschlagenden Wasserdampf eine immer grö- ßere Oberfläche darbieten, so daß in doppelter Hinsicht die Zunahme stärker als proportional dem durchlaufenen Raume sein muß. Als eine dritte Quelle der Vermehrung des Regens nach unten ist die Abkühlung der Luft durch die aus den höheren Regionen kommenden Tropfen zu betrachten, welche neben den bisherigen Tropfen noch die Bildung neuer Tropfen verursacht. In der That scheint neben diesen drei vorwiegenden Ursachen die mit der Höhe zunehmende Windstärke einen eben so wesentlichen Einfluß nicht auszuüben und nur im Winter der Ansammlung des Schnees entschie- den hinderlich zu sein, Bei der Vergleichung der für die Schlesischen Beobachtungs- Stationen gefundenen und p. 125 der „Grundzüge der Schlesischen Klimatologie‘“ zusammengestellten Regenmengen mußte nothwendig das geringe Regen- Quantum für Breslau auffällig sein, und es lag nahe, die Ursache dieser Ano- malie in der Abnahme der, Regenmenge mit der Höhe zu suchen; da die Oeffnung des auf der Sternwarte aufgestellten Regenmessers sich 102 Fuß über dem Boden befindet. Es wurde deshalb in den Jahren 1854 bis 1858 eine Beobachtungsreihe mit einem zweiten Regenmesser ausgeführt, der in etwa & Fuß Höhe über dem Boden auf dem Hofe des Universitäts-Gebäudes aufgestellt wurde und der, aus Zink gefertigt, gleichfalls einen Quadratfuß Oeffnung hatte. Die Beobachtungen mit diesem gaben die jährlichen Regenmengen im Vergleich mit denen auf der Sternwarte in folgenden Verhältnissen größer: 1854..Novemher — 1855, October. i....r.. 2. ın. anuessen en eine 1:1,2451 1555 November — 1856 October. .........2.2ecces2cceenn. 1:1,3105 1856 November — 1857 October... ..... 2... canceunecce. 1: 1,2908 1857. November, — 1858 April... 4... esse man ae: 1 :1,4305; im Mittel aus 33 Jahren: 1: 1,3058. In diesem Mittel ist der zuletzt angeführten aus einem halben Jahre geschlossenen Verhältniß- zahl nur das halbe Gewicht der drei vorhergehenden Zahlen gegeben. Auch mußte dieselbe zuvor wegen der jährlichen Periode der Verhältnißzahlen corrigirt werden, die aus den drei vorhergehen- den vollen Jahren ermittelt wurde. Folgendes sind die beobachteten Regenmengen der einzelnen Monate, in Pariser Linien ausgedrückt, welche den obigen Verhältnissen zu Grunde liegen: ' wurde im botanischen Garten ein neuer kleinerer Regen- _ messer von genau ;, Pariser Quadratfuß kreisförmiger leicht die Ergebnisse beider Regenmesser vergleichen und ‚ das bisherige Meßgefäß benutzen zu können) angewandt und mittelst eines Umhüllungsgefäßes so weit in die Erde t 1854— 1855 18555 — 1856 1856— 1857 1857 — 1858 Monat GTEBRTEITIIEIERTN VIERTE WEISINTERIEIEI NEIN unten oben unten oben unten oben unten oben | November ............ 16,67 | 14,60 | 10,51 9,16 | 24,67 17,22 9,92 | 10,52 Decembere, 0.2... 25,58 | 19,96 9,09 4,80 7,79 3,62 | 11,66 8,11 anwaras un. 2... 19,72 6,01 8,61 6,29 8,68 6,87 11,45 4,13 Bebruare sro, 22,77 | 19,04 | 24,44 | 18,93 3,01 1,05 4,60 2,85 Mara cn... 22,73 | 23,70 4,37 1,96 6,82 4,66 4,02 1,68 ADEE 0. 12,71 12,17 5,95 4,02 19,72 | 17,62 9,27 2,62 Ma. ....,, 32,37 | 27,20 | 13,24 | 11,25 6,88 4,97 ne 2... 20,21 15,99 | 32,14 | 27,04 16,51 | 13,17 ulm ent... 0... 33,16 | 21,70 | 27,95 | 22,37 42,03 | 33,02 AUSUSE EL nn. 41,86 | 41,36 | 23,03 | 19,41 36,64 | 30,17 SEPIEIDDER TE 2... 25,43 | 23,52 | 18,90 | 15,75 15,54 | 11,65 Veiober 2.2.8.5 25,69 | 14,51 2,22 1,72 9,24 7,94 Im Frühjahr 1858 wurde wegen des Erweiterungs- Fig. 1. Baues des chemischen Laboratoriums eine wenigstens temporäre Unterbrechung der Beobachtungen auf dem Hofe des Universitäts-Gebäudes erforderlich, und da diese Auf- stellung ohnehin wegen der Höhe der umgebenden Ge- bäude noch einige Einwendungen zuließ, so wurde im Sommer 1858 eine neue Beobachtungsreihe mit Bewilligung des Herrn Geh. Rath Prof. Göppert auf einem freien Platze des botanischen Gartens begonnen. Gleichzeitig war der Vortragende durch eine Abhandlung von J. Stark in dem „Edinburgh philosophical journal“ von 1858 über die Regenmenge des Jahres 1857 in Schottland ‚auf den Einfluß auch geringer Erhebungen des Regenmessers über dem Boden aufmerksam geworden, so wie auf die dort versuchte Anwendung kleinerer Regenmesser von nur 3 Zoll Durchmesser mit kreisförmiger Oeffnung. Die dortigen Erfahrungen hatten eine erhebliche Verminderung der Re- genmenge schon bei 4, 6 oder 10 Fuß Erhebung gezeigt, rücksichtlich der Oeffnung aber hatte die Verkleinerung derselben keinerlei Aenderung ergeben. *) Demgemäß Oeffnung oder mit 4,4317 Preuß. Zoll Durchmesser (um (Yı der natürlichen Grösse.) *) Etwas später wurde dem Vortragenden eine ähnliche Erfahrung von Dr. Prestel in Emden bekann (Kleine Schriften der naturforschenden Gesellschaft in Emden 1858, Beiträge zur Kenntniss des Klimas von Ost- 198 auf einem Rasenplatze eingegraben, daß die Oeffnung nur einen halben Fuß darüber hervorragte. Derselbe ist von Zink (in der hiesigen Klemptner- Werkstatt von W. Voigt) verferligt und die nähere Einrichtung desselben aus der umstehend beigefügten Zeichnung (Fig. 1) ersichtlich. In preuß. Crheinl.) Maße beträgt die Höhe des Auffangegefäßes a bc de bis zum Anfange des Trichters e d e 5, Zoll, bis zu der Oeffnung des Trichters bei e 64 Zoll. Hieran ist das Sammelgefäß edfgh, bis zum Anfange des Trichters fh g 4 Zoll, bis zur Oeffnung in den Hahn bei h 5 Zoll hoch, be- festigt. Die Länge des Hahns beträgt 14 Zoll, demnach die Gesammtlänge beider Gefäße, wenn dieselben verbunden sind, 12 Zoll. An dem Auffangegefäße ist, 2 Zoll unter der oberen Oeffnung, ein 1 Zoll breiter Rand p q rs befestigt, mit welchem sich der Regenmesser auf das Umhüllungs- gefäß ikIm stützt, dessen innerer Durchmesser 5 Zoll und dessen Höhe über der quadratischen Grundfläche. n o wiederum 12 Zoll beträgt. Eine Erweiterung dieser Grundfläche über das Gefäß hinaus schien nöthig, um unbefugtes Herausnehmen des Umhüllungsgefäßes und damit des ganzen Regenmessers aus dem Boden in etwas zu erschweren. Unterhalb des, zugleich den Regen von dem Umhüllungsgefäße abhaltenden Randes p qrs ist der Regenmesser mittelst eines bei Blechgefäßen oft gebrauchten einfachen Verschlusses, durch Rand und Haken, befestigt, in welcher Weise auch das Auffangegefäß bei ce d mit dem Sammelgefäß verbunden ist. Man ersieht diesen Verschluß aus Fig. 2. Fig. 2. Das Auffangesefäß A hat unten einen hervorstehenden Rand r. > g -) A der nur an zwei diametral einander gegenüberstehenden Stellen o unterbrochen ist. Ueber diesen Rand greifen die diametral o A ? einander gegenüberstehenden Haken des Sammelgefäßes S. P? geg P g Bei Drehung des letzteren gelangen diese Haken an die Oefl- nungen o und das Gefäß S kann bei dieser Stellung abge- By nommen oder wieder angesetzt werden. Bei entgegengesetzter Drehung schlagen die Haken an die Ansätze q, in welcher Stellung dieselben für gewöhnlich ver- bleiben. Aehnlich ist die Befestigung des ganzen Regenmessers mittelst zweier Haken an das Umhüllungsgefäß, das bei ik mit einem Rande versehen ist. Bei jeder Beobachtung wird hiernach mittelst einer Drehung um 180° der Regenmesser herausgehoben; das Sammelgefäß dagegen wird nur in den Fällen von dem Auffangegefäß abgenommen, wo eine Besichtigung oder Reinigung des- selben im Innern nöthig erscheint. Ein besonderes 52 Zoll tiefes Schneegefäß mit ebenem Boden und gleichfalls mit dem Rande pq r s (Fig. 1) versehen, dient im Winter zum Wechseln mit dem Regenmesser während der temporären Entfernung des letzteren behufs der Schmelzung des ange- sammelten Schnees. Als Maximum der Anhäufung des Schnees sind hiernach für beide Gefäße etwa 6 Zoll angenommen, was für die meisten Schneefälle genügend bequem erschien. Folgendes sind nun die mit diesem Apparate bisher gemessenen Regenhöhen, nebst den gleich- zeitig auf der Sternwarte gefundenen, in Pariser Linien ausgedrückt: *) Botan. Garten. Sternwarte. | Botan. Garten. Sternwarte. 1855 August....... 101,35 54,63 1859 Januar ....... 7,64 2,63 September.... 11,53 10,66 Februar...... 9,91 3,01 October...... 20,38 15,67 Mar 22,10 14,11 November .... 6,97 6,83 AD 32.97 13,54 December .... 5,94 4,08 Man a 91,14 25,7 friesland p. 16), der die Verminderung des Niederschlages bei nur 7 Fuss Erhebung zu 9 Prozent angiebt (p. 17). Bei Vergleichung der in 2, und in 41 Pariser Fuss Höhe (p. 16) beobachteten Regenmengen (p. 19) folgt im Mittel das Verhältniss 1: 0,673 oder 1,486 :1. *) Sämmtliche Beobachtungen sind, wie in den früheren Jahren (seit 1845), von Herrn Günther ausgeführt. 199 Botan. Garten. Sternwarte. Botan. Garten. Sternwarte. 1839%Juni@8.. . .r. 14,47 10,76 1559 December.... 24,80 13,37 Julie 1 ® re... 21,95 18,27 1560 Januar....... 10,63 7,16 AUDUsl.. 2.3: 43,74 39,97 Februar...... 20,41 7,68 September.... 49,17 38,50 März... 18,21 8,04 October...... 18,33 13,06 Aprile.. aus 20,45 16,30 November .... 11,77 7,31 Male... 11,37 8,50 Die Regenmenge im botanischen Garten ist daher in folgenden Verhältnissen größer: 18989 Augusy — 1899 Juli 2... ea DERIRRLEREDR 1: 1,5526 1859 August =#1860" Mar. 22.2.0. 1: 1,4571 letzteres wiederum mit Rücksicht auf die periodische Aenderung innerhalb des Jahres. Im Mittel hat man, der zweiten Verhältnißzahl das Gewicht 42 gebend: 1: 1,4892 oder eine Vergrößerung sehr nahe um die Hälfte. Eine besonders günstige Gelegenheit zu einer speziellen Ermittelung dieser Verhältnißzahl bot sich bald nach Aufstellung des neuen Regenmessers bei dem für Breslau wohl fast beispiellos hef- tigen Regengusse am 6. August 1858 dar. Bei diesem fielen innerhalb zwei Stunden 34 Zoll Regen, das sonst durchschnittlich in zwei Monaten fallende Quantum. Bei diesem ohne besonders starke Lufibewegung niederströmenden Regen konnte von Einfluß der Verdunstung so wie auch des Windes nicht wohl die Rede sein und es konnte innerhalb der Fallhöhe von 102 Fuß vorzugsweise nur die Vergrößerung und Vermehrung der Tropfen in Betracht kommen. Das Verhältniß ergab sich mit den obigen Mittelzahlen fast ganz übereinstimmend: —= 1: 1,519. Gleichzeitig war an diesem Tage auf der Sternwarte das oben erwähnte zu dem neuen Regenmesser gehörende Schneegefäß aufgestellt, um die Regenmenge bei -; Quadratfuß Oeffnung mit der bei 1 Qua- dratfuß vergleichen zu können. In dem ersteren Gefäß fanden sich 27,67 Linien Regen, in dem zweiten 27,81; die Uebereinstimmung war daher eine fast mathematisch genaue zu nennen, so daß eine Ver- kleinerung der Oeffnung des Regenmessers (wie zu erwarten war) innerhalb dieser Grenzen ohne Einfluß ist. — Im Uebrigen sind außer den bereits genannten Versuchen über diesen letzteren Ge- genstand auch noch Versuche zu erwähnen, welche bereits im vorigen Jahrhundert hier in Schlesien, von dem Abt v. Felbiger in Sagan darüber angestellt worden sind und die zu demselben Ergeb- nisse führten. Derselbe benutzte Regenmesser von 1 Quadratfuß und von 1 Quadratzoll Oeffnung und fand die Menge des Niederschlages in dem ersteren zwar größer, jedoch nur um eine nicht beachtenswerthe Quantität, die derselbe wegen der etwas verschiedenen Construction der Instrumente dem Einflusse des Thaues zuschreibt. Man findet diese Nachricht in der auf Veranlassung der da- maligen Schlesischen patriotischen Gesellschaft herausgegebenen ‚Anleitung, jede Art Witterung genau zu beobachten, Sagan 1773“ pag. 6 ff. ®) Mit Benutzung der Verhältnißzahl 1: 1,4892 reducirt sich die pag. 50 und pag. 125 der „Grund- züge der Schlesischen Klimatologie‘“ angegebene Regenmenge Breslau’s von 156,33 Pariser Linien, das Mittel aus 56 Jahren, auf 232,81 Linien oder 19,40 Zolle. *) Aus dem von Ignaz Felbiger auch für astronomische Beobachtungen eingerichteten Observatorium des Augustiner - Stiftes in Sagan sind nach Aufhebung des Stiftes einige Instrumente, namentlich ein grosser Mauer- quadrant von 5 Fuss Halbmesser in den Besitz der Sternwarte zu Breslau gekommen. 200 Allgemeine Uebersicht der meteorologifchen Beobachtungen auf der kgl. Univerfitäts-Sternwarte zu Dreslau im Jahre 1858. *) (Höhe des Barometers 453,62 Pariser Fuss über dem Ostseespiegel bei Swinemünde.) I. Barometerstand, li. Temperatur Ill. Feuch- ai N f " o 1858 redueirt auf 0° Reaumur im’ der Luft in Graden nach tigkeit 2 enhildung Pariser Linien. Reaumur. der Luft. | Niederschläge. . “= Tage ED Ä : se E 2: .s|178 323 6 SEES ® 2 & a ES N ee Ru Mona. [5.2 5.5 | 2 Eee =. 52181 88 =) 007 el = e& sis |lE|2|23-. = = a u — = = a 2 = = =|2|= == | Januar ...| 4)341“,46 21| 324,03) 335,99[20|+ 498 |30|— 1392| — 3°,22]1“,24| 0,761 12 | 9 |10| 11,45 Februar..125| 338,63| 1) 326,19] 334,74] 1|+ 1,5 |19)— 16,0/— 6,01] 0,93| 0,74] 1S| 4 | 6 4,60 März ....120| 337,37| 7| 320,98) 330,58|31|+ 129 | 3|— 14,6)+ 0,22] 1,50l 0,71] 9| 7lı5| 402 April ....|23| 338,19| 1) 326,13) 33307[21\+ 180) s|— 28[+ 5,27| 1,64|052] 13) 9| 8| 327 Mai. 27| 335,14) 3) 323,58) 331,71123)+ 20,0 | 9) + 28/+ 9,91 2,914] 0,63) 5] 9117 32,32 Juni..... 5| 335,71/24| 331,00) 333,10[11)+ 24,115 |+ 92]-+15,30| 3,55| 0,50 18| 9| 3 1,95 Juli .... J2g| 334,70| 7| 327,39) 331,07|22|+ 25,2 |20|+ 891+ 11,01] a,34| 0,63] 5 | 10| 16 | 60,08 August...|12| 334,53,26| 326,96) 331,75[15/-++ 22,1|29|+ 8,3|-+ 14,40] 4,90| 0,73| 8 | 12 | 11 | 101,35 September|12| 337,52) 6| 339,72] 334,13] 5/+ 20,2 |19|+ 6,0/+12,17| 4,18| 0,75] 12 | 6|12 11,83 October. .|31| 338,07|29| 327,11) 333,08] 8|-+ 16,2 |31)— 2,0|-+ 7,92] 3,18| 0,79] 12 | 8 | ı1 20,37 November | 1) 338,71)28) 324,89) 332,39125|+ 6,8 123)— 14,2])— 1,90] 1,46) 0,53] 2| 6 | 22 6,97 December [17) 340,64.27| 324,55) 333,701 2)+ 5,0 119)— 11,0|— 0,91] 1,61) 0,84] 3 | 2 | 26 5,94 | H Jahr..... | 1341,16 [320“,0s|332",s2| + 25%2 — 16°%0| + a ozo|n7| 91 I1sr203“,73 Minimum der Dunstsättigung 0,12 April 23. Minimum des Dunstdruckes 0.20 Februar 17. Maximum 7,27 Juli 16. V. Herrschende Winde. Januar. Im ersten Drittel Südost und Ost, im zweiten fast ausschließlich West und Nordwest, im letzten wieder Südost überwiegend. Februar. Den ganzen Monat hindurch mit wenigen Ausnahmen Ost und Südostwind wehend. März. Durchgehends West mit den Nebenrichtungen Südwest und Nordwest vorherrschend.. Am seltensten war Nordwind beobachtet. April. Nordwest-, West- und Südost- Winde blieben den ganzen Monat hindurch vorherrschend, wiewohl auch die anderen Richtungen, Nordost ausgenommen, ziemlich häufig vorkamen. Mai. Im Anfange waren nördliche Windesrichtungen überwiegend, im zweiten Drittheil südliche und Nordwest, gegen Ende Nord, Nordwest und West. Juni. In der größeren ersten Hälfte des Monats wehten östliche und nördliche Windesrichtungen, vom 20. ab wurde bis an’s Ende beinahe ausschließlich West beobachtet. Juli. Nordwest- und Westwinde waren vorherrschend, doch kamen auch die übrigen Richtungen im Laufe des Monats ziemlich oft vor. August. Zu Anfang und Ende des Monats waren westliche und nördliche, in der Mitte aber öst- liche und südöstliche Windesrichtungen vorherrschend. *) Zusammengestellt von Herrn Günther. 201 September. In den ersten zwei Drittheilen waren östliche und südliche, im letzten dagegen west- liche Windesrichtungen vorherrschend. October. Im ersten Drittheile überwiegend West- und Südwinde, dann aber östliche Richtungen vorherrschend, auch die übrigen Richtungen kamen im Laufe des Monats nicht gerade selten vor. November. Oft wechselnde Windesrichtung. Am häufigsten kamen Ost-, West- und Nordwinde vor, während Süd nur ausnahmsweise beobachtet ward. December. In den ersten drei Wochen waren östliche Winde ganz entschieden vorherrschend; dann traten Süd- und Westwinde abwechselnd bis zu Ende ein. VI. Witterungs-Charakter. Jannar. Im Ganzen unbeständig und erst im letzten Drittheil eigentliche Wintertemperatur mit Schnee; sonst ziemlich angenehm. Barometer anomal hoch; schwankend.. Am 15. in Ober- und Mittel-Schlesien Erderschütterungen. Februar. Fast immer heiterer Himmel und den ganzen Monat hindurch fast immer strenge Winter- kälte, Nebel gar nicht, eben so wenig Regen; Schnee äußerst wenig. Barometer immer noch anomal hoch, aber mehr schwankend, März. Getrübter Himmel war vorherrschend, dabei häufige, aber stets unbedeutende Niederschläge, sehr selten Nebel; die erste Woche strenge Kälte, dann allmählich wärmer, bis am 24. ein rascher und gefahrloser Eisgang der Oder erfolgte. Barometer niedrig und so wie Ther- mometer ziemlich stark oscillirend. April. Vorherrschend heiteres, immer trockenes, der Entwickelung der Vegetation ungünstiges Wetter mit häufigen Nachtfrösten. Die Temperatur im Allgemeinen normal, aber oft und erheblich schwankend. Dunstdruck und relative Feuchtigkeit der Atmosphäre merkwürdig gering. Mai. Trüber Himmel, aber im Ganzen sehr angenehme und äußerst fruchtbare Witterung mit häufi- gem Regen und mehreren Gewittern; Nebel selten, Schlossen am 30., ein Mondregenbogen am Abend des 25. Die Luftwärme vielen Schwankungen ausgesetzt. Juni. Wolkenloser Himmel, beständige Trockenheit und tropische Hitze, die nur im letzten Dritt- theil des Monats durch kühle Nordwestwinde gemäßigt wurde, trüben die Aussichten auf eine gesegnete Ernte ungemein. Viehfulter fehlt ganz. Das Barometer den ganzen Monat hindurch anhaltend über mittlerer Höhe ohne alle Schwankungen. Juli. Bei halb heiterem Himmel kamen im Laufe des Monats häufige und starke Regenfälle vor, welche für die Feldfrüchte äußerst erwünscht waren. Die Temperatur im Ganzen angemessen, obwohl mehrere Tage recht heiß waren. Barometer und Thermometer oft und ziemlich bedeutend 'schwankend. August. Anfangs regnicht, dann anhaltend trocken, schön und nicht allzu heißes, der Ernte günsti- ges Wetter; mehrere Nebel, am 6. schwere Gewitter mit Schlossen und wolkenbruchartigem Regen, dem großes Wasser und theilweise Ueberschwemmung in Schlesien, Sachsen, Böh- men folgte. Barometer sehr ruhig; die Temperatur der Jahreszeit angemessen, aber oft veränderlich. September. Die erste Woche regnicht, dann bis zu Ende anhaltend trockenes Weiter bei meist heiterem Himmel. Wenig Nebel, keine Gewitter. Die Temperatur war normal, wiewohl etwas schwankend, der Luftdruck fast durchweg anomal hoch. October. Vorherrschend heiter, trocken und recht angenehme Herbstwitterung. Gegen Ende län- gere Zeit trübe mit häufigen Nebeln. Am 30. erster Schnee, am 31. erster Frost. Baro- meter ziemlich hoch und nur am Ende einer größeren Schwankung ausgesetzt. November. Trüber Himmel mit öfterem Schnee und häufigen dicken Nebeln. Von Anfang an kalt bis zum 27., wo Thauwetter eintrat. Am 30. sehr starker Nebel. Barometer und Thermo- meter vielen und großen Schwankungen unterworfen. 26 202 December. Bedeckter Himmel mit 26 ganz trüben Tagen, häufigen dicken Nebeln und vielen aber durchweg unbedeutenden atmosphärischen Niederschlägen. Die Temperatur zu Anfang und zu Ende hoch, vom 8. bis 21. Frost, der vom 17. bis 19. empfindlich war. Das Barometer in den ersten drei Wochen ziemlich constant und hoch, dann schwankend. Am 6. die Oder frei von Eis, dann auf’s neue zufrierend vom 17. ab. Allgemeine Uebersicht der meteorologifchen Deobachtungen anf der kgl. Univerfitäts- Sternwarte zu Dreslau im Jahre 1859. (Höhe des Barometers 453,62 Pariser Fuss über dem Ostseespiegel bei Swinemünde.) I. Barometerstand, II. Temperatur III Feuch- N N. | 5 i : ‘ . VOIKENDI Fi 1859 | reducirt auf 0° Reaumur in der Luft in Graden nach tigkeit N Rei dung Pariser Linien. Reaumur. der Luft. | Niederschläge. = © 5 5 Sales „es En 7 = S 7 S Eee ERNE as-J Monat. || = |s| # a RR N & Eee ls es 3 (=) = 3 = E Bes E 3 = S* E$= s|2|2 ERS 6 E=) = > = = =) = og = ec = 7) = 3 = = = al: la, = za greaı, = = |: =|8j2 |”®8= Januar ...| 91341“,10| 12] 330“,00|334“,83[30| + 70 I10I— 6°91+ 0949| 1,64) 0,77| 7 | 11113 | 7.64 Februar..121| 337,56) 3| 325,41! 331,98f17)+ zal2ıl— 4s|+ 232] 1,891 0,76] | 2122| 991 März ....|11| 336,90/30| 324,42| 331,48130|-+ 13,4 |26)— 4,8)+ 4,50] 2308| 0,60] alı3] 14 | 22,10 April ....| 6| 336,29)14| 323,13] 330,01| s|+ 16,4 | #2/— 1,0|+ 5,97| 2,39|0,:0| 314 |13 | 22,57 Maid ı1| 335,14| 5| 325,70| 331,47126|+ 21,0 | 2!+ 1,01+ 1057| 3,50| 0,70] 10 | 10 |11 | 31,14 Juni ..... 27| 336,34| 3| 328,55| 331,51| 2|+ 223,0 | 6|+ 7,3|+ 13,69] 3,96| 0,63] 13 | 611 | 14,47 Jul 12| 335,52)23| 329,30] 333,12|19|+ 26,6 |27|-+ 10,3)-+ 16,84] 4,62|0,55[ 11 | 16 | 4| 21,93 August...|12|) 334,39|30| 329,64| 332,15| a|+ 25,4 |231+ 90\+ 16,16] 5,12| o,6s[ 1a |ı0 | 7| 43,74 September|25| 335,30|17) 326,25] 332,08[27|+ 20,2 |21l+ 1,4|+ 10,39] 3,55] 0,7s| 3 | 12 |13 | 49,17 October..| 3) 335,47\21| 322,94| 331,03] #|+ 15,6 |28|+ 211+ 7,54] 3,07| 0,79| 4| s|ıs| 18,33 November [11] 341,08| 1| 322,34| 333,72| 7|+ 138 |21)— 48|+ 2336| 1,96| 0,77| s}ı3| 9| 11,77 December [10) 341,74| 1| 322,84| 331,67|31|+ 5,7 2ıl— 97|— 3,65] 1,34| 0,82] 3| s|20| 24,80 m nn Jahr..... [aa7a] [322415321] + 26°%,6 155 277,57 - 907|+ mao]2«.06) on] 1126 Minimum der Dunstsättigung 0,19 Juli 19. Minimum des Dunstdruckes 0,70 Januar 10. Maximum 7,50 August 28- V. Herrschende Winde, Januar. Den ganzen Monat hindurch ausschließlich West- und Südwinde, die oft in Sturm über- gingen. Nordost und Ost kamen gar nicht vor. Februar. Im ersten Drittheile Süd; den ganzen übrigen Monat hindurch fast ausschließlich west- liche Windesrichtungen mit häufigen Stürmen. März. Westwind blieb beinahe den ganzen Monat hindurch vorherrschend. In den letzten Tagen kamen Südost und Süd häufig vor. Nord, Nordost und Ost sehr selten. Ziemlich oft Sturm, April. Den ganzen Monat hindurch blieben West-, Südwest- und Nordwest überwiegend. In den letzten Tagen ein paar Mal östliche Richtungen. Mai. Ost- und Nordrichtungen waren den ganzen Monat hindurch vorherrschend. West, Südwest und Süd kamen sehr selten vor. 203 Juni. Im ersten Drittheil noch immer östliche und nördliche Winde, dann bis gegen Ende des Monats West- und Nordwest, zuletzt wieder Nord oder Ost. Süd, Südwest und Südost äußerst selten. Juli. Den ganzen Monat fast ausschließlich Nordwest; in den letzten Tagen meist Nord oder West. August. Der Wind den Monat hindurch sehr veränderlich und rasch wechselnd. Alle Richtungen ziemlich gleich stark vertreten, am häufigsten Nordwest, West und Süd. September. Obwohl westliche und südliche Windrichtungen überwiegend vorkamen, waren doch auch die anderen Richtungen im Laufe des Monats ziemlich oft vertreten. October. Während des Octobers waren alle Windesrichtungen in nahe gleichem Verhältniß unter sehr häufigem Wechsel beobachtet worden. November. Den ganzen Monat hindurch waren Süd- und Südostwinde vorherrschend. Demnächst wurden Ost, West, Nord ziemlich oft, Südwest und Nordwest zuweilen, Nordost am seltensten beobachtet. December. Im Allgemeinen schwankende Windrichtung, wobei Nord und Süd sich als vorherr- schend zeigten, auch ihre Nebenrichtungen Nordwest, Nordost, Südost kamen ziemlich oft vor, Ost und Südwest sehr selten. VI. Witterungs-Charakter, Januar. Ein sehr gelinder, ganz abnormer Wintermonat, der Himmel vorherrschend getrübt, oft auch rasch veränderlich; häufige aber durchweg unbedeutende Niederschläge; am Abend des 12. bei orkanähnlichem Sturme Blitz und Donner. Nur in der ersten Hälfte des Monats ein paar mäßig kalte Tage, sonst warm. Barometer anomal hoch, aber fortwährend schwankend. Februar. Wie der Januar trübe oder rasch veränderlich, häufige aber sehr unbedeutende atmo- sphärische Niederschläge, und ungewöhnlich warm, so daß die Vegetation sich zu regen begann. Das Thermometer nur an ein paar Tagen etwas unter 0%. Barometerstand normal, aber oft und erheblich schwankend. März. Etwas heiterer als der Februar, aber doch häufige Niederschläge, namentlich mehr Regen. Die Temperatur auch in diesem Monate anomal hoch, indem nur am 1. und vom 25. bis 27. Frost beobachtet wurde. Barometerstand normal wie im Februar, aber fast fortwährend schwankend. Nebel fehlten beinahe ganz. April. Der ganze Monat in allen seinen Erscheinungen recht veränderlich. Häufig Regen und Schnee, mehrere Nebel- und Graupel-Niederschläge, ein paar Gewitter und ein schönes Nordlicht am 21. Die Temperatur, obzwar normal, zeigte sich sehr schwankend, der Ba- rometerstand im Allgemeinen niedrig. Vom 10. an frisches Grün. Mai. Bei. häufigen Regenfällen war der Himmel doch vorherrschend heiter, die Witterung eine überaus fruchtbare, indem durch öftere Kühle auch der Verbreitung des Ungeziefers gesteuert wurde. Die Temperatur, wiewohl sehr schwankend, doch im Allgemeinen normal, der Luft- druck ziemlich gering und sehr constant. Mehrere starke Nebel und einige kurze Gewitter. Juni. Vom 1. bis 12. und vom 23. bis Ende heiter, trocken und warm, vom 13. bis 24. fast täglich Strichregen, mehrere Gewitter, Wetterleuchten, ein Nebel. Temperatur und Luftdruck wie im Mai, erstere normal aber oft schwankend, letzterer mäßig und sehr constant. Juli. Heiteres, trockenes und günstiges Ernteweiter, bis zum 25. fast ohne Ausnahme tropische Hitze, dann gemäßigter; Barometer ohne alle Schwankungen die erste Hälfte des Monats hoch, dann niedriger. Mehrere Gewitter, von denen am 23. das eine in die Koppenkapelle einschlug. August. Bei weitem der größere Theil des Monats heiter, trocken und heiß, vom 13. bis 23. ge- mäßigter mit fast täglichem Regen, häufige elektrische Erscheinungen; Barometerstand nor- mal und ohne alle Schwankungen. 26* 204 September. Mit Ausnahme der letzten Tage des Monats, welche heiter, schön und sommerwarm waren, blieb der September trübe, unfreundlich, regnerisch und oft rauh. Auch kamen ein paar starke Nebel vor, so wie am Abende des 28. Wetterleuchten. Der Luftdruck begann in der zweiten Hälfte des Monats etwas zu schwanken. October. Fast durchweg trübe; in der ersten Hälfte ganz trocken, dann fast täglicher aber unbe- deutender Regen, Nebel und Thanbildung häufig, auch mehrere Nordlichter. Die Tempera- tur langsam abnehmend und der Jahreszeit angemessen. Barometer gegen Ende des Monats stark oscillirend. November. Vorherrschend bewölkt aber recht trocken, häufige Nebel und Reife. Bis zum 10. warm, dann mäßiger bis zum 26. anhaltender Frost, wobei die Oder beinahe fest ward, dann wieder bis zu Ende warm, so daß am 28. die Oder schon wieder frei von Eis er- schien. Der Barometer erst niedrig, vom 10. ab bis zum 29. anhaltend hoch mit mehreren bedeutenden Schwankungen. December. Bei trübem Himmel die ersten 3 Wochen anhaltend kalt, starker, den Verkehr hem- mender Schneefall am 19. und 20., dann vom 23. ab nach vorhergegangenem heftigen Südsturme in der Nacht zum 22. bis Ende des Jahres dauerndes Thauweiter mit öfterem Regen. Barometer bis zum 10. hoch, dann unter vielen Schwankungen ziemlich niedrig. VUN Bericht über die Thätigkeit der pädagogischen Sektion im Jahre 1859 von Chr. G. Scholz, zeitigem Sekretair derselben. Von den Vorträgen, die in der pädagogischen Sektion im Jahre 1859 gehalten wurden, theilen wir nur einen sehr zusammengezogenen Theil aus der umfassenden Arbeit des Hauptlehrer Stütze mit, und bemerken dabei, daß kommendes Jahr in einem anderen Blatte, in einer pädagogischen Zeitschrift, die Abhandlung ungekürzt erscheinen wird. Ueber den Unterricht in den Handarbeiten der Mädchen in den Elementarschulen Breslau’s, vom pädagogischen und socialen Standpunkte aus vom Hauptlehrer Stütze. Die Nothwendigkeit des Unterrichts, Motto. Alles Lernen ist Mittel zur sittlichen Erhebung des Menschen. Comnenius. Arbeit ist des Menschen Zierde, Segen ist der Mühe Preis. Wie höchst nothwendig es ist, in der Volksschule den Unterricht in weiblichen Handarbeiten zu betreiben, und durch denselben bei den Mädchen den Trieb und die Lust dafür zu erwecken und Geschick zu erwerben, liegt wohl klar zu Tage, wenn wir die Zukunft vieler Töchter der armen und wenig bemittelten Aeltern, so wie die häuslichen Verhältnisse, unter welchen ihre Kinder auf- wachsen, bestimmter ins Auge fassen. Die Schule hat eine schwere Aufgabe zu lösen, um die Mädchen so zu bilden, daß dieselben, wenn sie in ungünstige Lebenslagen kommen, geistig genug geweckt und gewandt sind, einen Ausweg schnell zu finden und mit Erfolg zu betreten. Und eignen sich nicht Mädchen oder Frauen besonders zur Betreibung von Berufsarten, zu denen keine Körperkraft, wohl aber Schönheitssinn, Handgeschick, Genauigkeit, Sorgsamkeit, Hingebung und Ausdauer erfor- derlich sind? Wie viel Frauen und Mädchen beschäftigen sich nicht mit Putzmachen, Schneidern, Nähen, Sticken, Coloriren oder sind Ladengehilfinnen u. s. w.! Die Schule erziehe also auch für das Nützliche und vermeide vor allen Dingen die Vertän- delung der Zeit mit unnützen Flittersachen und Spielereien. Es ist bekannt, daß die Frauen zu 206 gewissen Arten industrieller Arbeiten eine entschiedenere Anlage als die Männer haben, und wäre demnach die Nichtausbildung derselben ein großer Nachtheil, sowohl für den ökonomischen Zustand der Gesellschaft, als auch für den sittlichen Geschlechtscharakter; ein Nachtheil, der um so größer ist und sein würde, da die äußere Nothwendigkeit die meisten der Frauen zu industriellen Arbeiterin- nen macht und machen wird. Die Mehrzahl dieser Frauen sind industrielle Arbeiterinnen, und das ist ein großes Glück, da eine Beschränkung der Thätigkeit derselben nur auf die Hausarbeit, eine Beschränkung der weiblichen Entwickelungsfähigkeit und somit eine Verkümmerung des socialen Or- ganismus wäre. Es giebt unter den Töchtern der armen Leute nicht wenige, welche besondere Talente für mechanische Arbeiten vom Höchsten empfangen haben, und daher eine Befähigung zur Erlernung mit solchem Erfolge aufweisen, daß sie oft selbst sich zu Künstlerinnen in gewissen Dingen emporarbeiten. Aber auch die weniger Begabten von ihnen werden unter günstigen Ver- hältnissen ihre Anlagen frühzeitig entwickeln, wenn sie zu Hause durch die Mutter angehalten wer- den, sich nützlich mit den Händen zu beschäftigen. Leider geschieht dies zu selten oder bei Unfähigkeit der Mutter gar nicht, so daß das Kind ohne alle Vorbereitung der Schule übergeben wird und selbst bei vorgerücktem Alter für den Unterricht in den Handarbeiten gänzlich ungeübte und ungelenke Hände und Finger mitbringt. Nach pädagogischen Grundsätzen wären dann zunächst seine Hände durch leichte Vorübungen in den Stand zu setzen, die nächst schwierigeren Arbeiten auszuführen. ‚Die Hand macht den Menschen zur lebendigen Kunst; ihre 5 Finger sind ihre 5 Sinne.“ Die eigene Hand ist die billigste und einfachste Arbeitskraft, welche die verschiedensten Arbei- ten, auch solche, für welche noch keine Maschine eingerichtet ist, täglich anfertigen kann. Aber nur der fleißige, geschickte, gewissenhafte und treue Handarbeiter, der mit Umsicht und Nachdenken zu arbeiten versteht und den Geschmack befriedigt, wird gesucht und hat reichlichen Verdienst. Wird der angehende Arbeiter angehalten, selbstdenkend zu arbeiten und sich von Alledem, was die Hände machen, eine deutliche Vorstellung zu verschaffen, so ist er auch zugleich geistig thätig, und die vielfache Uebung durch die Arbeit wird ein herrliches Mittel zu seiner sich mehr und mehr steigernden Geistesausbildung. Nun erst ist die Arbeit eine Würze des Lebens und gewährt durch eine reelle Thätigkeit einen vollkommenen Genuß. Diese hier so eben ausgesprochenen Ansichten hat auch die Schulgesetzgebung des Staates im Auge gehabt, als sie anordnete, daß bei Mädchenschulen die Erlernung der Handarbeiten durch die Schule gefördert werden sollte. Eine Mädchenschule ohne Unterricht in diesen Arbeiten ist meiner Ansicht nach gar nicht zu denken und würde mit dem gegenwärtigen Standpunkte der Pädagogik und den socialen Zeitverhältnissen nicht harmoniren. Methodik des Unterrichtes. Eine Dame, die sich durch eigene Betheiligung und jahrelange Beobachtung veranlaßt gefühlt hat, sich darüber auszusprechen, sagt im Schulblatte für die Herzogthümer Schleswig und Holstein, Oktoberheft vom Jahre 1857: „Für Mädchen giebt es nächst der Religion keinen wichtigeren Lehrgegenstand; denn ein gro- „ßer Theil der Thätigkeit einer Hausfrau und Familienmutter besteht in weiblichen Handarbeiten, zu deren fertiger Betreibung eine frühzeitige Uebung erforderlich ist. Die Lehrerinnen sind sich dabei des Zweckes nur unklar bewußt, und von einer Unterrichtsmethode ist gewöhnlich gar nicht die Rede. Unterrichten ist etwas anderes als blos vor- und nachmachen lassen. Von einer Lehrerin ist zu fordern, daß sie sich klar der Regeln bewußt ist, welche bei Anfertigung der weiblichen Arbei- ten zur Anwendung kommen, daß sie mit Ueberlegung den gewöhnlich vorkommenden Fehlern vor- zubeugen, die in den Arbeiten gleichwohl vorkommenden rasch aufzufinden und verbessern zu lassen, versteht, daß sie eine feste Stufenfolge in den Arbeiten innehält und überhaupt sich eine Methodik dieses Gegenstandes bereits entworfen hat; ein gebildeter Verstand, eine Korrektheit der Sprache — im einfachen Stil — ist wünschenswerth; dringendes Bedürfniß aber ist ein sehr entwickelter 207 Zahlen-, Formen-, Farben- und Schönheitssinn, Einrichtung des Unterrichtes, d. i. Abstufung nach der Schwierigkeit der Arbeiten oder nach ihrem Bedürfniß und ihrer Nothwendigkeit. Beim Stricken, Stopfen, Filiren, Häkeln und Nähen kommt es auf Fertigkeit, Gewandtheit und Sicherheit der Hand an; hier also wäre auf die letztere Gewicht zu legen und alle Uebungen müßten dahin zielen, diese zu gewinnen, Beim Sticken und Zuschneiden, theilweise auch beim Häkeln und Durchstopfen der Filetnetze kommt schon etwas mehr in Betracht. Hier soll das Auge Farbe und Formen auffassen, unterscheiden und ordnen, Eintheilungen auffinden und berechnen, und daß solches mii Schnelligkeit und Sicherheit geschehe, ist hier der Schwerpunkt. Also Hand und Auge, — da haben wir schon 2 formelle Elemente! Später geht es an die Beurtheilung der verschiedenarligsten Stoffe, wie sie im Häuslichen zur Verwendung kommen; welch weites Feld für Gewinnung von Einsicht und prak- tischem Verstande! Und hiermit wäre, wie mit manchem Früheren, die Erfindungsgabe in Verbindung zu setzen; denn zu wie viel verschiedenen Dingen läßt sich ein Stoff verwenden, und aus wie viel verschiedenen Stoffen läßt sich ein Ding herstellen, der Zusammensetzung verschiedener Stoffe nicht zu gedenken. Oder wenn man sich die Zusammenstellung von Farben und Formen vergegenwärligt, welcher Spielraum ist hier für die Ausbildung der Erfindungsgabe und des Schönheitssinnes! Bei allen Arbeiten der Schülerinnen wäre festzuhalten, daß ihnen die zur Anwendung kommenden Regeln zum Bewußtsein gebracht und durch Einübung zum festen Eigenthum gemacht werden.“ Wenn an den hiesigen Elementarschulen Lehrerinnen angestellt werden sollen, so müssen die- selben sich vorher einer Prüfung unterwerfen, d. h. sie haben in Gegenwart des Revisors und der beiden Vorstandsdamen einige Unterrichtsstunden in einer der genannten Anslalten abzuhalten. Wissen nun die Probemachenden Ruhe unter den Kindern zu erhalten und sie mit Stricken, Nähen u. s. w. hinlänglich zu beschäftigen, so haben sie ihre Befähigung zu Lehrerinnen dargethan. Nach ande- ren Dingen ist bis jetzt nicht gefragt worden, konnte auch in gewissen Fällen vielleicht nicht darnach gefragt werden, weil manchen Vorstandsdamen selbst das Nöthige hierzu mangelte. Eine solche Prüfung zu bestehen, ist, wie der Augenschein lehrt, nicht schwer, und können sowohl die Vorsteherinnen und durch diese wieder die Behörden in Bezug auf die Tüchtigkeit der so Geprüften getäuscht werden; denn die vorhanden gewesene Ruhe wurde durch ungewöhnliche Umstände, als: das Erscheinen einer neuen Lehrper- sönlichkeit und die nicht alltägliche Anwesenheit des Revisors und der beiden Vorsteherinnen hervorgerufen. Die rührige Thätigkeit der Schülerinnen aber veranlaßten die beobachtenden Auctoritäts-Augen, welche die Zeit hindurch auf die Mädchen gerichtet waren. In Schulen, an welchen Lehrerinnen wirken, die nicht methodisch und disziplinarisch beim Unterrichte zu verfahren wissen und weder pädagogi- schen Schick noch Blick haben, äußern fortwährend die Aeltern ihre Unzufriedenheit über die geringen Fortschritte ihrer Töchter. Der Schulvorstand hat oftmals Mühe, die Aeltern zu überzeugen, daß die meiste Schuld an dem Kinde selbst, d. i. an seiner Faselei, Unaufmerksamkeit und Trägheit liegen müsse. Wenn dies nun auch im Allgemeinen gesagt werden kann, so folgt daraus noch nicht, daß die Lehrerin an alle dem keine Schuld trage, Die Lehrerin. | Motto. Die sollen sich’s nicht nehmen an, die keinen Antheil haben d’ran. | Uralte Chronik. | Eine Lehrerin der weiblichen Handarbeiten soll außer der erforderlichen, angeeigneten techni- schen Geschicklichkeit auch unterrichten können. Welche Ansprüche aber dürfte man heut zu Tage "wohl an eine Lehrerin der Handarbeiten machen, die im Besitze technischer Fertigkeiten eine gedeih- ‚ liche Wirksamkeit entfalten soll? Nach meiner individuellen Meinung dürften es in Bezug auf den . gegenwärtigen Standpunkt der Pädagogik, die durch Arbeit zur Arbeit erziehen will, etwa folgende sein: | 1. Lehrgeschicklichkeit. Dieselbe wird darin bestehen, daß die Lehrerin durch ihren | pädagogischen Takt im Stande ist, jeder sich darbietenden Schwierigkeit beim Unterrichten bis auf den Grund nachzugehen und ihr zu begegnen, daß sie ferner jeder einzelnen Art von Arbeit durch Ä 208 zweckmäßige Theilung und Zerlegung einen bestimmten Arbeitsgang feststellt, und überhaupt eine Stufenfolge vom Leichteren zum Schwereren in den verschiedenen Arten der Handarbeit inne zu halten weiß, daß sie ferner auf neue zweckmäßigere Handgriffe und Werkzeuge sinne und bei den Schülerinnen den Sinn und die Freudigkeit zur Arbeit, so wie regen Wetteifer anzufachen und festzuhalten verstehe. Was überhaupt bildend auf ihre Schülerinnen wirkt oder wirken kann, ist von der Lehrerin nie außer Acht zu lassen. 2. Disziplin. Ohne Handhabung einer guten Disziplin nützt der Unterricht wenig. Die Kunst, durch ein zweckmäßiges Verfahren beim Unterrichten Sitte, Zucht, Aufmerksamkeit und Ordnung zu begründen und aufrecht zu erhalten, ist nicht leicht und muß gelernt werden; denn eine gute Disziplin befördert die Fortschritte in Kenntnissen, Fertigkeiten und der Sittlichkeit, während eine schlechte Disziplin den Zweck des Unterrichts im höchsten Grade beeinträchtigt. Vor allen Dingen muß die Lehrerin sich befleißigen, eine feste Ordnung herzustellen, da die Mäd- chen von Natur mehr als die Knaben zur Ungezwungenheit, Unbeständigkeit, Leichtfertigkeit, Spie- lerei u. s. w. Neigung haben, und leicht durch eine zwar geschäftige aber zweck- und nutzlose Thätigkeit die Zeit hinbringen. Ein Todfeind des Unterrichtes aber ist das Vielreden von Seiten der Lehrerin. Durch die Fluth unnützer Worte wird der Erfolg des Unterrichtes ersäuft. Die vielen Worte dringen weder in den Verstand, noch in das Gemüth des Kindes ein und veranlassen Zerstreutheit und Unruhe, einen Zustand, der von dem der Lehrerin ein Abbild liefert. Je weniger die Lehrerin spricht und je mehr die Kinder thun, desto besser ist der Unterricht. Die Erklärungen, welche dieselbe zu geben hat, müssen kurz, gedrängt, bündig und bestimmt sein, da neben dem Wortreichthum in der Regel Thatenarmuth zu gehen pflegt. Der Unterricht soll anregen, die geistige Kraft entwickeln und anspornen zur Selbstthätigkeit. Eine reizvolle Abwechselung beim Unterricht in verschiedenen Arbeiten, d. i. Abwechselung und Stetigkeit, die einander unter- stützen, erhöht das Interesse der Kinder, dient ihnen zur Erholung und bewahrt vor Zerstreutheit, während lange Ansprachen dem kindlichen Geiste unerträglich sind. Ist die Lehrerin eine wirkliche und keine Schein-Auctorität, dann wird sie auch Lohn und Strafe zu rechter Zeit anzuwenden verstehen. Lob und Tadel, Lohn und Strafe sind aber als Disziplinar-Mittel bei den Mädchen nur sparsam anzuwenden. Die Lehrerin muß das Nützliche dem Angenehmen und das Wichtige dem Unbedeutenden vorzuziehen wissen, nicht dem Prunk, sondern dem Gebrauch das Wort reden und dennoch Lob, Lohn und Aufmunterung den Schülerinnen erthei- len, mögen sie bemittelter oder armer Aeltern Kinder sein. Eben so muß sie passende Schulstra- fen da eintreten lassen, wo sie unbedingt erforderlich sind, und nicht glauben, dies sei Sache des Lehrers. Sie untergräbt dadurch ihr eigenes Ansehen. Ausnahmen von der Regel wird sie zu beachten wissen. Manche Lehrerin aber vermag aus unzeitiger Nachsicht und gewissen Rücksichten weder eine disziplinarische Aufsicht, noch eine feste Ordnung zu handhaben, hält dann immer die Schülerinnen für die eigentliche Ursache der Unordnung und der Plauderei und setzt selbst bei 11—14jährigen Mädchen so viel Verstand und Einsicht voraus, daß sie um dieser willen von selbst sich ruhig verhalten und mit Freuden fortarbeiten sollten. Festigkeit und Consequenz sind daher die unentbehrlichsten Eigenschaften einer guten Lehre- rin, und soll der Schulwagen nicht vor- und rückwärts zu gleicher Zeit fahren, so muß sie dem Lehrer bei dem Erziehungswerke getreuen und hilfreichen Beistand leisten. 8. Vorbereitung auf den Unterricht. Ich meine, daß sich a) die Lehrerin in ihrer Behausung, ehe sie zur Schule geht und Unterricht ertheilt, an alle Arbeiten, welche die Mädchen zu fertigen haben, erinnere; b) daß sie die Kinder zur gehörigen Zeit veranlaßt, sich die erforder- lichen Materialien, wie Wolle, Seide, Zwirn u. s. w., außer der Schulzeit zu besorgen; c) daß sie gewisse Arbeiten zu Hause nachsehe oder einrichte, aber dieselben nicht für die Kinder zur Hälfte oder zwei Drittheilen anfertige. | | | 209 4. Pünktlichkeit im Beginn und Schluß des Unterrichtes. Die Anwesenheit der Lehrerin vor dem Beginn des Unterrichtes ist zur Verhütung von Unfug und manchen Unarten, so wie zur Besorgung von allerlei Kleinigkeiten erforderlich. Wer nach dem Stundenschlage kommt und erst dann die nothwendigen Vorarbeiten trifft, verschwendet die Zeit. Jede Minute, welche die Lehrerin versäumt, ist eine Veruntreuung an den Schülerinnen, eine Verletzung der ihr oblie- genden Pflicht. ; 5. Allgemeine Lebensklugheit. Schule und Haus sollen zusammengehen, sich wenigstens nicht entgegenwirken. Es ist deshalb unerläßlich, daß die Lehrerin in Betracht gewisser Anordnun- gen, Rathschläge, Handgriffe u. s. w., welche die Mütter ihrer Schülerinnen anordnen, alle mögliche Vorsicht in ihren Aeußerungen und Urtheilen beobachte, um nicht die Mutter in den Augen der "Tochter herabzusetzen, selbst wenn die erstere eiwas Verkehrtes und Unzweckmäßiges Behufs einer Arbeit angeordnet haben sollte. Unpassend ist es, wenn sich die Lehrerin auch nach häuslichen Verhältnissen und Angelegen- heiten bei den Schülerinnen erkundigt und über Dies und Jenes die Mädchen ausfrägt. In der Schule wird gelehrt und gelernt, und sie darf, wie das Bethaus, nicht zur Mördergrube gemacht werden. Welche Mittel fördern das Gedeihen des Unterrichtes in den weiblichen Handarbeiten? Manche Lehrerin ordnet das Vorlesen*einer Erzählung aus einer Jugendschrift als ein Mittel an, damit die Schülerinnen sich der Plauderei nicht hingeben, sondern ruhig fortar- beiten sollen. Es läßt sich, vom pädagogischen Standpunkte betrachtet, gegen dies disziplinarische Hilfsmittel, den Fleiß zu fördern, Manches einwenden, so wie es auch auf der anderen Seite Man- ches für sich hat, es in Anwendung zu bringen. Will die Lehrerin den Thätigen eine Freude machen, sie zu fernerem Fleiße aufmuntern und ihnen dadurch eine Art Belohnung gewähren, so scheint das Vorlesen nicht verwerflich, besonders zur Zeit großer Hitze im Sommer, wo es der Ermattung und Schläfrigkeit bei der Arbeit vorbeugi. Wenn aber die Aufmerksamkeit zwischen Hören und Arbeiten getheilt, vielleicht gar von der Arbeit abgelenkt wird wegen erzeugter neuer Ein- drücke und Erregungen, dann schadet das Vorlesen mehr, als es nützt, und muß unterbleiben. Wer nun aber vorlesen soll, die Lehrerin oder eine von den Schülerinnen, darüber will ich mir noch erlauben ein paar Worte zu sagen. Die Lehrerin ist gewiß die am meisten qualifizirte Persönlichkeit zum Vorlesen, das läßt sich nicht leugnen; aber ob sie bei ihren Geschäften stets dazu Zeit gewinnen möchte, ist eine schwer zu beantwortende Frage. Sie hat zu unterrichten, die Arbeiten anzuordnen, nachzusehen, guten Rath zu ertheilen, entstandene Mißstände zu beheben, und kann deswegen in einer stark frequen- tirten Klasse unmöglich Zeit zum Vorlesen erübrigen. Die Schülerinnen müßten also vorlesen. Auch dieses möchte ich unter gewissen Umständen nicht für rathsam finden, da Fälle bekannt sind, daß Aeltern geradezu über das Vorlesenmüssen ihrer Tochter in den Arbeitsstunden Beschwerde führten und aussagten: ihr Mädchen möge in den eigentlichen Unterrichtsstunden des Vormittags das Lesen üben, aber in diesen solle es die verschiedenen Handarbeiten erlernen, wozu die Unter- richtszeit von der Behörde bestimmt worden sei. Als ein zweites Mittel sind außer einem hellen Lehrzimmer zweckmäßig eingerichtete Schulpulte, an welchen die Handarbeiten angefertigt werden, zu betrachten. Schlecht konstruirte Pulte erschweren den Unterricht, so wie auch eine gute Disziplin. Wagrechte Tischplatten sind den schräg gestellten bei weitem vorzuziehen. Den Schultischen dürfen auch die Fußbänke nicht fehlen. Dieselben sind aus Gesundheits- und Disziplinarrücksichten dringend zu empfehlen. Kann das Kind aber seine Füße auf eine Fußbank stellen, so ist es auch im Stande, den Oberkörper gerade zu halten und wird das sonst beständige Rühren, was unvermeidlich und störend durch die Absätze und Spitzen der Schuhe hervorgebracht wird, unterlassen. Was die Ritsche oder Hitsche den erwachsenen Frauenspersonen beim Nähen ist, das ist den Mädchen die Fußbank in der Schule. 27 210 Dieselbe aber muß schräg angebracht werden. Die Schultische in Mädchenschulen müssen eine ganz andere Einrichtung haben als in Knabenschulen. Im anhaltenden unnatürlichen Sitzen, das gegen die gerade Haltung des Körpers verstößt, und wobei außer dem Brustkasten auch der Unterleib, Magen, Leber und Eingeweide gedrückt werden, ist die Ursache der Verziehung des Rückgrates bei vielen Mädchen zu suchen. In Mädchenschulen sollten an den Pulten Kissen oder Bänder befestigt sein, um das Nähzeug anstecken zu können, wodurch eine gute Haltung erzielt wird. Die alljährliche Ausstellung der in den von der Behörde dazu bestimmten Unterrichts- stunden angefertigten Arbeiten bietet den Mädchen ein ferneres Mittel dar, mit Eifer und Lust sich der Erlernung der verschiedenen Handarbeiten zu widmen; denn die vollendeten Sachen, besonders wenn sie schön gerathen sind, steigern die Freude durch den Lohn, der in dem hervorgebrachten Werke selbst liegt. Die Ausstellung aber verschafft den Aeltern, hauptsächlich den Müttern, eine willkommene Gelegenheit, die Leistungen und den Fleiß aller Schülerinnen einer Schule kennen zu lernen, und werden dieselben dadurch in den Stand gesetzt, wenn sie die Arbeiten ihrer Tochter mit denen anderer Mädchen vergleichen, beurtheilen zu können, ob die eigene Tochter im vergangenen Schul- jahre Fortschritte und welche gemacht hat oder nicht. Auch den Lehrerinnen gewährt die Ausstel- lung Gelegenheit zu zeigen, ob sie mit Eifer, Treue und Lehrgeschick gearbeitet und bei Anfertigung der Sachen das praktische Leben, d.’i. die Bedürfnisse des Hauses hauptsächlich berücksichtigt haben. Selbst die äußere Anordnung, welche die Lehrerin durch die Zusammenstellung der verschie- denen Gegenstände getroffen, legt Zeugniß von ihrem Geschmacke und Schönheitssinn ab, obgleich man beide vorzüglich aus den Arbeiten selbst erkennt. Welche Arbeiten sind auszustellen? Jedenfalls sind nur die Handarbeiten, welche die Schülerinnen unter Anleitung der Lehrerin gemacht, zur Ausstellung zu nehmen. Daß an manchen Sachen die Lehrerin. einige kleine Handgriffe und Beihilfe zur Vollendung derselben geleistet, — besser ist's freilich, das Mädchen hat Alles allein gemacht, — kommt hier nicht in Betracht; ver- bessert ja auch der Meister oder der Geselle die Arbeit des Lehrlings, wenn dabei etwas vergessen oder verfehlt worden ist. Ferner sind auszustellen: ausgebesserte Sachen, als geflickte Wäsche, Tischtücher, Züchen, gestopfte Strümpfe und was sonst in den Bereich der Ausbesserungen gehört. Hierauf wäre von der Vorsteherschaft ein besonderes Gewicht zu legen, da in einer Hauswirthschaft neue Sachen nicht immer angeschafft werden können und es durchaus nicht von Wirthschaftlichkeit zeugt, wenn Kinder zerrissene Sachen tragen müssen und Hemde und Bettzeug zerrissen in die Wäsche oder auf den Trockenplatz kommen. Bisher geschah ih Bezug auf das Flicken nur wenig, da manche Mutter hierin selbst als Lehrerin ihrer Töchter eintreten wollte; allein man kennt die Abhaltungen, die im Familienleben vorkommen. Die Mutter kommt nicht dazu, der Tochter das Versprochene zu halten, und der nicht mit Reichthum ausgerüstete Haushalt des Mittelstandes geht den Krebsgang. Welche Arbeiten dürfen in der Ausstellung nicht ausliegen? Arbeiten, welche die Lehrerin oder andere Personen fast größtentheils angefertigt — also, wobei die Mädchen das Wenigste oder Geringste gemacht, was natürlich verschwiegen wird — gehören in keine solche Ausstellung. Ferner Arbeiten, welche in einer Privatstunde der Lehrerin gemacht, dürfen gleichfalls nicht mit concurriren. In dieser oder jener Schule ist es gebräuchlich, bei Gelegenheit der Ausstellung Arbeiten, welche zwar von den Mädchen gemacht, wozu aber die Lehrerin das Material gegeben, mit Geneh- migung der Vorsteherinnen im Kreise der Kinder und ihrer Angehörigen zu verloosen. Diese Ma- nipulation ist nur dann allenfalls zulässig, wenn die Vorstandsdamen den Preis des zu verloosenden Gegenstandes bestimmt haben und die Verloosung selbst leiten, um auch den geringsten Schein von Hab- und Gewinnsucht von der Lehrerin abzuwenden. Um dem Unterrichte in den Handarbeiten noch anderweitig Vorschub zu leisten und jedem Kinde Gelegenheit zu gewähren, die Arbeitszeit 211 vollständig auszuhalten und beschäftigt zu sein, wäre es sehr erwünscht, wenn jede Mädchenschule eine Hilfskasse besäße, aus welcher Wolle, Strick-, Häkel-, Filet-, Stopf-, Schnür- und Näh- nadeln u. s. w. zur Aushilfe parat lägen. Ein vorzügliches Mittel, um eine geregelte Ordnung, einen regen Welteifer und ein erfolgreiches Streben unter den Mädchen hervorzurufen, ist: das genaue Buchführen über die Arbeiten der Schülerinnen. Dr. Ed. Dürre sagt in seinem pädagogischen Wanderbuche über Industrie-, Strick- und Näh- schulen, ihre Methode, Organisation u. s. w.: ‚‚Ich kann nicht sagen, welches Erstaunen diese Buch- haltung bei den Kindern erregte und welche merkwürdige Wirkung es — das Vorlesen der Resul- tate — auf die Arbeitstage und Monate äußerte. Alles wurde lebhafter, die Disziplin leichter und das Aufschreiben der Saumseligen und Plaudernden seltener. Die Schülerinnen erstaunen über die Summe ihrer Nachläßigkeit und fühlen sich zu neuem Ernste und Eifer angetrieben. Diese Statistik läßt auch manche Bemerkung über den Zustand des Aelternhauses ziehen. Der daraus “entstehende Nutzen ist vierfach: 1) voran stelle ich den Wetteifer der Schülerinnen, zu welchem sie durch sichtbare Darlegung dieser statistischen Resultate und durch die Vergleichung derselben unter einander angespornt werden, verbunden mit der geregelten Ordnung, welche dadurch in dem Schulleben hervor- gerufen wird; 2) wird dadurch auch die Gewissenhaftigkeit der Lehrerin verschärft; denn die Buchführung nöthigt sie, jede Schülerin genau in’s Auge zu fassen, erhöht ihr Interesse an den Fort- schritten der Schülerin und befähigt sie, ein sicheres Urtheil über dieselben zu fällen. Wohl bildet sich manche Lehrerin ein, solcher Mittel nicht zu bedürfen und ohne sie am Schlusse eines Monats oder Vierteljahres richtige Censuren geben zu können; aber wie leicht kann sie sich dabei täuschen, wie manchmal durch einen einzelnen, vielleicht noch zuletzt sie angenehm oder unangenehm berührenden Eindruck von Seiten der Schülerin sich zu einem dem wahren Resultate nicht entsprechenden Urtheile bestimmen lassen! Sehr wichtig ist es auch, daß 3) die Gerechtigkeit gegen die Schülerinnen durch die Schulstatistik dokumentirt wird, so daß sowohl Censur als Rangordnung der Schülerin als vollkommen gerechtfertigt erscheinen muß, wenn ihr die Zahlen vorgelegt werden und ihr gleichsam der Rechnungsabschluß selbst überlassen wird. Endlich ist diese Schulstatistik 4) auch ein guter Ausweis gegen die Aeltern, wenn sie sich über ungerechte Censuren ihrer Töchter oder über unverdiente Zurücksetzung derselben beschweren. Zeigt man ihnen dann die statistischen Tabellen, läßt man sie sehen, wie gewissenhaft und sorgfältig in der Beur- theilung ihrer Kinder verfahren wird; macht man sie darauf aufmerksam, wie viel günstiger die Resultate bei den Mädchen sind, welche sie den ihrigen gleich- und nachgesiellt wissen wollen, so müssen sie schweigen und können der gewissenhaften oder gerechten Lehrerin ihre Achtung nicht versagen. Die Zahlen reden mächtiger als die blos mündlichen Versi- cherungen der Lehrerin.“ Dr. Dürre hat auch beim Stricken und Nähen mit gutem Erfolge, wenigstens von Zeit zu Zeit, die Probeleistungen der Schülerinnen nach statistischen Berechnungen ausführen lassen. Er hat über die Länge der Näthe (nach Meitres) und über das Zeichnen von Buchstaben (nach Stichen) stündlich und monatlich genau aufzeichnen lassen, wie viel von den Schülerinnen gefertigt worden war, und eben so den Zeitaufwand beim Stricken berechnet, auch zuweilen ein Probe- oder Weitarbeiten veranstaltet. Mancher Lehrerin mag freilich eine solche Schuleinrichtung unbequem und unnütz er- scheinen; wer aber seinen Lehrberuf lieb hat, wird eine Mühe nicht scheuen, die der Schule frommt und die in ihrer konsequenten Fortsetzung immer unbedeutender und leichter, in ihrem Erfolge aber immer ersprießlicher und erfreulicher wird.‘ Verhältniß des Unterrichts in den weiblichen Handarbeiten zu dem wissen- schaftlichen Unterrichte. Daß der erwähnte Unterricht in Handarbeiten als ein integrirender 27° 212 Theil des Schulunterrichtes überhaupt von der Behörde bei Errichtung von Mädchenschulen aufgefaßt worden, wird Niemand nach Lesung dessen, was in diesem Aufsatze gesagt, sonderbar oder auffällig finden, hauptsächlich wenn er von der Erziehung der weiblichen Jugend nur einigermaßen richtige Begriffe hat. Freilich wollen manche Aeltern dies nicht einsehen und meinen, es sei nicht nöthig, daß Mädchen von 8 Jahren diesen Unterricht zu besuchen hätten. Kein Wunder also, daß dieselben ihre Töchter meist ohne alle Entschuldigung fehlen lassen, welche Vernachläßigung dann von Seiten der Behörde eben so bestraft zu werden verdient, als das willkürliche Aussetzen des wissenschaftli- chen Unterrichts. Nur auf Grund eines ärztlichen Gutachtens kann der Schulvorstand ein solches Kind auf Zeit vom Besuche dieser Unterrichtsstunden dispensiren. In welchem Verhältniß der Un- terricht in Handarbeiten zu dem wissenschaftlichen in Betracht der Stundenzahl steht, ist daraus zu ersehen, daß die Schülerinnen einer ersten Klasse der Mädchenschulen täglich Nachmittags 2 Stunden — Mittwoch und Sonnabend ausgenommen — also wöchentlich S Stunden Unterricht haben, während dem wissenschaftlichen die Vormittage von 7—11l oder 8—12 Uhr — wöchentlich also 24 Stunden gewidmet sind. Die Mädchen einer zweiten und dritten Klasse erhalten durch die Woche nur sechs Stunden Unterweisung in den Handarbeiten und sind die 2 fehlenden dem wissenschaftlichen Schul- unterrichte zugelegt. Es verhält sich demnach die Stundenzahl des Unterrichts in Handarbeiten zu der des wissenschaftlichen wie 1 zu 3 in einer ersten und wie Il zu 4} in einer zweiten und dritten Klasse. Alle Schülerinnen .einer Mädchenschule haben demnach wöchentlich überhaupt 32 Unter- richtsstunden — Knaben nur 26 — zu absolviren, wobei sie meist sitzen müssen. Ob damit Lorinser wohl einverstanden sein würde? Wie wohlthätig würden nicht Turnübungen für die weibliche Schul- jugend wirken, wenn sich die Schülerinnen der Elementarschulen dergleichen zu erfreuen hätten wie die Knaben der Gymnasien und Realschulen. Da nun die Schule für besondere Turnübungen der Mädchen nicht sorgen kann, so sollte wenigstens von Seiten der Aeltern mehr für das leibliche Wohl ihrer Kinder geschehen, als geschieht; sie soll- ten die Gesundheit derselben mehr schonen und durch öftere Spaziergänge in’s Freie — um die Kinder an jede Witterung zu gewöhnen — zu fördern bemüht sein. Auch die Schuleinrichtung sollte mehr zur Zeit des strengen Winters und heißen Sommers auf den Gesundheits-Zustand der Schüler und Schülerinnen Rücksicht nehmen, als es bisher geschehen. Bei einer Kälte von 12—!5 Graden und darüber dürfte kein Unterricht stattfinden in Schulzimmern, die wegen ihrer Größe sich nicht erheizen lassen, oder sie sollten wenigstens 2 heizbare Oefen haben. Zeichnen, Schreiben, Nähen, Stricken u. s. w. sind den erstarrten Händen und Fingern nicht mög- lich, die erfrorenen Füße erschweren das Ruhigverwalten, stören die ganze Schulordnung, und von Aufmerksamkeit und Nachdenken ist keine Rede. Ebenso wird der Unterricht zur Zeit des Sommes bei einer Hitze von 20 und mehreren Graden ein höchst unersprießlicher. Körper und Geist werden abgespannt, die matten Glieder greifen nachlässig nach der Arbeit, die Niemandem schmecken will, und verleugnen den sonst gewohnten Ernst und die Lust zur Sache. Der Schweiß dringt aus allen Poren, der Durst meldet sich, die Augen erscheinen matt und schläfrig, so daß nach und nach ein Gefühl großer Unbehaglichkeit die Kinder befällt. Ihre Leistungen werden und können nicht genü- gen und die Schüler sind froh, wenn die Stunde schlägt, welche sie diesen Qualen enthebt. Nur von der Schule aus kann reformirend auf das Haus gewirkt werden. Erzieht die Schule zur Arbeit und ist sie wirklich im Stande, den Keim der praktischen Arbeitsfähigkeit zu entwickeln, Geist und Hand zu bilden, um einen denkenden Arbeiter zu schaffen, dann wird auch die Familie wieder mehr eine sittlich-religiöse werden; denn die Arbeit steuert dem Müßiggang, der aller Laster Anfang ist. Wer sich redlich nährt, wird auch das Beten nicht verabsäumen, obgleich es heut zu Tage Leute giebt, die das Beten, weil es nach ihrer Ansicht nicht mehr modern ist, absichtlich unterlassen. Denn „tüchtige Arbeit und sittliches Leben sind Früchte der Religion, wenn auch einer unbewußten!‘ sagt der Dichter. IITo Bericht über die Thätigkeit der technischen Sektion im Jahre 1859 von Gebauer, zeitigem Sekretair derselben. Am 19. Dezember hielt Herr Kreis-Baumeister Lüidecke einen Vortrag: Zur Stylfrage bei Bauten und Kunstwerken der Jetztzeit. Während man noch am Schlusse des verflossenen Jahrhunderts fast überall sich darin gefiel, im Style des Rococo (NB. einer verdorbenen Renaissance) zu bauen und zu bilden, und wenigstens im Ungeschmacke sehr einig war, traten mit den Umwälzungen auf dem politischen Felde zu Anfang des neuen Jahrhunderts auch reformatorische Bestrebungen in der Kunst ein. Die Antike wurde auf's Neue und gründlich an den Originalen selbst studirt und man suchte diesmal seine Vorbilder mehr auf dem Felde alter reiner griechischer Kunst, als auf dem der römischen, welche mehr inmitten des 15. Jahrhunderts als Fundgrube für die Regeneration der Baukunst und Kunst überhaupt benutzt wurde und nach und nach durch die Willkür exentrischer Geister zum Rococo überwucherte. Die so den reinen Formen der Griechen nachstrebenden Architekten konnten sich zwar des römischen Bogens, der Wölbungen und Kuppeln nicht entschlagen, und den aus diesen Vortheilen für den Raumabschluß nach oben entspringenden Conceptionen des römischen Styls im Großen; aber das mehr schwülstige, oft nach handwerklichen Schemata’s gebildete Ornament schoben dieselben zurück und wählten dafür die klareren, mehr feinen und reineren (für den Bautheil ete. typischen) Ornamentformen der Griechen und ließen aus römischer Kunst auch das weg, wass im Aufbau der Construction auf den ersten | Blick als unnöthige Häufung und den Gesetzen der Statik zufolge als entbehrlich erschien. So die ganze sogenannte komposite Ordnung, die Säulenstühle (siehe die Triumphbögen, Skizze von einem , Triumphbogen als Normalvorlage für die Motive der Renaissance, die verkröpften Gesimsstücke etc.). | Der Architrav, d. h. der gerade Steinbalken wurde beinahe zur Ungebühr gegen die Anforderungen und Eigenschaften des am Orte vorhandenen Baumaterials zu den neuen Werken hervorgeholt und ‚, auch die griechischen offenen Säulenhallen nicht selten an Orten angewendet, wo sie unser nordisches Klima geradezu verbietet. Diese Weise der sogenannten Puristen hat besonders in Berlin ihre große ‚ Zahl von sehr begabten Anhängern, wird aber jetzt auch dort nicht mehr mit solcher Ausschließ- lichkeit befolgt und auf der Akademie nicht mehr so förmlich befohlen, als zur Zeit des Wirkens '' und Nachwirkens unseres großen Schinkel, welcher allerdings bei seinem eminenten Talente, zu I 2. . . . . . . ‚ bilden und umzubilden, aus dem fernen Griechenland Formen wenigstens im Motive wieder anzu- 214 wenden wußte, denen sonst unsere Zeit, unser Klima und unsere nationale Gewohnheiten zu wider- sprechen scheinen. Einem Vorkämpfer Schinkel, der zuerst mit Vorliebe Maler und dann Architekt war, konnte es wohl gelingen, die mitunter fremdartigen Typen so für seinen Zweck umzuformen und mit solcher Anmuth zu umkleiden, daß man mitunterlaufende schon berührte” Unwahrheiten nicht bemerkte. Die Bestrebungen, welche Schinkel in Werken großer Zahl und bedeutenden Umfanges bethätigte, setzt nunmehr Carl Bötticher, Professor an der Akademie zu Berlin, der Verfasser der „Tektonik der Hellenen ‚“ fort, als Lehrer der Kunst — weniger als ausübender Architekt — wenn man speziell das Feld der Ornamentik ausnimmt, in welcher C. B. noch fort und fort die schönsten, aber auch strengsten Vorbilder im hellenischen Sinne entwirft. Diesen bedeutenden Vor- fechtern der klassischen Kunst, bei denen ich noch v. Klenze zu München erwähnen muß, gegenüber sind nun in den letzten Jahrzehnten ganz entgegengeselizte Bestrebungen auf dem Felde der Ro- manlik aufgetaucht. Die vielen Wiederherstellungen von Bauten der romanischen und gothischen Kunstperiode bewirkten ein höchst eifriges Studium der in denselben entstandenen Bauwerke, man machte sich mit dem Systeme und den Ornamentformen derselben genauer bekannt und war über- rascht von der wunderbaren und großartigen Consequenz in dem Organismus der Bauten, des, Spitz- bogens namentlich. Wie die Puristen im Klassizismus dort, war man nun auch hier einseitig entzückt von dem neu Erkannten und wollte nun wiederum nicht anders bauen und bilden als gothisch oder vielmehr „‚germanisch“, wie man es wohl lieber nennen möchte, wenngleich diese ausschließliche Bezeichnung nach neuesten Forschungen nicht recht passen will, da es sich erweist, daß der style ogivale von Frankreich und speziell von Paris her am Anfange des 13. Jahrhunderts seinen Sieges- lauf durch die christliche Welt nahm. Wenn man die Bezeichnung ‚‚germanisch‘“ aber in dem Sinne auffassen will, daß die Deutschen den Styl des Spitzbogens in großen Werken am consequentesten und in dem vollständigsten, folgerichtigsten Systeme durchgeführt haben, den oft lauen Formen Frank- reichs und Englands gegenüber, so mag die Bezeichnung gerechtfertigt erscheinen. Fast wie im Anfange des 15. Jahrhunderts wiederholt sich heute der Streit: ob Gothik oder ob Renissance? wie nun einmal die Wiederaufnahme klassischer Formen und Weisen damals benannt wurde. Einseitig und in kurzem Prozesse verwarf zu Ende des 15. Jahrhunderts der Künstler und Kunstgelehrte Vasari die Gothik eiwa in folgenden Worten: „Es giebt auch noch eine Art von Baukunst, man nennt sie die deutsche, und sie ist sehr verschieden von der antiken, wie von der modernen. Ausgezeichnete Künstler bedienen sich ihrer nicht, sondern vermeiden sie als Scheußlichkeit und Barbarei, da ihr jegliches Gesetz fehlt und man sie vielmehr Wirrsal und Unordnung nennen kann; denn diese herrschen in den Bauwerken dieser Art, deren leider so viele sind, daß sie die ganze Welt bedeckt und ange- steckt haben. Und so ringsum die Ornamente, eine Pest von Tabernakeln, eines über dem anderen mit unzähligen Pyramiden, Knöpfen und Blättern, die weder stehen, noch sich halten können und eher aus Papier, als aus Marmor oder anderen Steinen gemacht scheinen. Und ganz Italien wurde von dieser Pest heimgesucht, von der man sich endlich befreit hat, indem man sich solcher barbarischen Bauart gänzlich entschlagen. Gott bewahre ein jedes Land vor der Wiederkehr dieser Bauart, die im Vergleich zu der unsrigen so häßlich ist, daß ich kein Wort mehr über sie verlieren mag“. Müssen wir jene Verwahrung Vasari’s gegen die Gothik, von der Italien allerdings keine durchaus mustergiltigen, immerhin aber doch großartigen Beispiele hat (die Dome zu Orvieto, Siena,‘ Florenz, Mailand, Kirche des heil. Franz zu Assisi ete.), als flach verwerfen, da das Gesetzlose und die Wirrsal viel eher der Renaissance nachzureden ist, als dem deutschen Style, dem man eher vor- werfen möchte: er sei zu sehr gebunden durch sein konstruktives Gesetz; so tritt heute Carl Böt- ticher schon als mehr achtbarer Gegner des Gothischen auf, und es macht schon mehr Mühe, ihn ganz zu widerlegen. Um nun in der Folge klar zu werden, ist eine Skizze von der Konstruktion gothischer Dome nöthig (großes Querprofil). B. kennt die besten Bauwerke gothischen Styls gründ- lich und rügt ihre Schwäche im Allgemeinen ohngefähr wie folgt: „Es läßt sich zwar nicht leugnen, daß der Spitzbogenstiel das System des Deckenabschlusses durch Gewölbe, welche den geringsten | 215 Seitenschub ausüben und die Wahl größter Spannweite erlauben, bis auf das Aeußerste und Höchste ausgebildet hat; wenn man aber diese riesigen Anstrengungen in dem Aufwande von Pfeilern und Streben sieht, um die erwähnte Wölbdecke zu ermöglichen, so kann man wohl kaum von einer Kühnheit reden, wie dieselbe immer bei den Schilderungen der Gothik im Munde geführt wird. Aecht monu- mental kann ich Bauten auch nicht nennen, die bei vorhandenen vielen Dächern und Seitendächern noch eine Masse von Extremitäten der Witterung preisgeben, die, in phantastischer Form gebildet und mit Blattwerk überladen, kaum einen Zweck zu haben scheinen.‘ Die 70 Fuß hohe Säule des Artemision zu Ephesus und die 30 Fuß freischwebenden innerlich gebildeten Architrave daselbst sind dem B. kühner und staunenswürdiger?! Nun vergleicht er die Dauerhaftigkeit des Parthenons mit der des Kölner Doms und kommt zu dem Resultat, „daß die nordischen Backsteinkirchen, insonderheit die Hallenkirchen, deren Material nicht viele Extremitäten (Fialen etc.) erlaubt, am Ende noch das Er- träglichste wären, wenn man einmal doch durchaus die Gothik wolle. Nöthig wäre dieselbe aber eigent- lich gar nicht, denn mit einer geraden, hübsch getäfelten, oberwärts gut konstruirten Holzdecke käure man zur Herstellung grandiöser Räume eben so weit etc.“ Man sieht, C. B. ist Enthusiast für das Griechische, und weil er sich niemals mit der Konstruktion recht abgegeben hat, weiß er auch den Werth der Errungenschaften darin, die einmal der Gothik nicht abzustreiten sind, nicht zu schätzen. Die Gothik ist nun einmal das Aeußerste und Höchste in’ der Konstruktion, und C. B. folgen, heißt schnurstracks umkehren und bessere Errungenschaften weggeben. Gäbe der gelehrte Herr sich nur einmal recht gründlich die Mühe, das Wesen der Fialen und Strebebögen und die folgerichtige Form zu studiren, NB. in einer Baupraxis zu probiren, so würde derselbe die besagten Gegenstände weni- ger phantastisch und unnöthig finden. Wichtiger sind Bötticher’s Einwände gegen die tektonischen Formen, die die mittelalterliche Baukunst für den gewöhnlichen Hausrath, für Gefäße etc. hergegeben hat. Eine Tektonik des Ge- räthes giebt es hier eigentlich gar nicht. Sehen wir bei den Griechen und Römern eine Fülle von Vasen, Candelabern, Tripoden, Sitzen, Geschirren und von allerhand Geräth in höchst selbsständiger Form zweckentsprechend gebildet; so begegnen wir im Mittelalter solcherlei Gegenständen nur in Uebertragung der unmittelbaren Architekturformen dekorirt; der Bogen, der Giebel und die Fiale, die Säulchen, 'Thürmehen und Baldachinen müssen überall herhalten. Wenn uns die Monstranzen, Rauchgefäße und Behälter der Geräthe des Kultus der Art oft als ganze Thürme mit allem Zube- hör an Fenstern, Pfeilern und Dächern entgegentreten, so läßt sich dies allenfalls noch durch die Symbolik erklären. Wenn wir bei profanen Gegenständen aber auch dieser Häufung von Architek- turformen zur Bildung etwa eines Möbels begegnen, so ist dies nicht Reichthum, sondern eben Armuth in der Erfindung, die immer bei der Architektur borgt. Ich werde später noch Gelegenheit haben zu deduziren, wie die Gothik sich überhaupt und haupt- sächlich für Kirchen und Kirchliches und allenfalls für öffentliche Gebäude größten Maßstabes und für Paläste geeignet nicht nur darbietet, sondern durchaus empfiehlt; nicht aber so für die kleineren Schlösser und Privathäuser unserer jetzigen Städte und für Bildungen geringen Maßstabes. Für den Profanbau hatte das Mittelalter bestimmte Architekturtheile und Formen, die unsere Gewohnheiten von heute und unsere Polizeigesetze namentlich fast unmöglich machen; ich erinnere nur an den Giebel, den Erker, den Hängethurm und die Steinkränze in den Fenstern, die hohen Dächer und die Zin- \ menkränze davor und darum. (Zeichnung von einem Giebelhause und dem Nassau’schen Hause zu Nürnberg.) Entbehrt nun ein Haus dieser charakteristischen Erscheinungen, so erhält es kein gothisches Gepräge, mag es auch noch so sehr überladen sein mit Vertikalformen und mit Ornament- und Masswerk des intendirten Styles (Beispiele von Neubauten hier). Habe ich in dem Gesagten die Verehrer des sogenannten | Klassischen in der Kunst vorgeführt und dieselben gegen die Gothik sprechen lassen, und mußte ich den- ‚selben selbst für eine nicht unbedeutende Gruppe von Aufgaben beitreten, so ist es billig, daß ich jetzt die Romantiker, also die ausschließlichen Verehrer der Gothik, das Wort führen lasse. Das ‚13., 14. und 15. Jahrhundert bedeckte mit seinen Kunstschöpfungen grandiosester Art die ganze | | ' 216 christliche Welt: — das ist aus seiner Zeit die Widerlegung von Vasari’s Angriff gegen die un- brauchbare Gothik, von der sich nur Rom allein fast durch alle Zeiten ziemlich frei gehalten hat. Von dieser Eigenthümlichkeit später. Ein würdiges Seitenstück (nicht Replik) in Worten ist heute G. G. Kallenbach’s Verdammung des griechischen Tempels: ,‚Was den griechischen Tempel auszeichnet,‘ sagt er, „ist nimmermehr sein Styl, denn er ist stylloser als jeder andere Baustyl, und ohne Beweglichkeit, eine Stereotype; er zeichnet sich allenfalls aus durch seine mit großem Geschmack ausgefeilten äußeren, dem Stein- bau zufällig gewordenen Verhältnisse, eine saubere Technik und durch sein Material. Man nehme ihm sein Verhältniß und die saubere Ausführung, und er ist ein Monstrum, wie alle übrigen Style nicht leicht eines gebären können..... so tritt uns der griechische Tempel höchst armselig und geistlos entgegen. Nur Säulen und wieder Säulen, eine wie die andere, ein Aeußeres sich selbst genügend, kein Inneres, kein Oberes; und greift allenfalls ein Inneres Platz, so muß dies wieder mit der Copie des Aeußeren sich begnügen.“ — Dem K. entgegen läßt sich nur gerade nachweisen, daß die griechische Kunst in Charakterisirung der Form die allerfeißte und auch sehr formenreich und beweglich ist. (Hierüber meine Vorträge ‚zur Ornamentik‘‘ im Gewerbeverein). Noch hartnäckiger und weil wissenschaftlicher, so auch mit mehr Gründlichkeit, tritt A. Rei- chensperger der Wiederanwendung klassischer Formen oder ihrer Fassung in der Renaissance entgegen (siehe seine Fingerzeige auf dem Gebiete christlicher Kunst und die Einleitung zu dem go- thischen Musterbuch von Statz und Ungewilter ete.). Zerrbilder der Gothik tadelt A. R. sehr: so die Werder’sche Kirche zu Berlin, desgl. die katholische zu Leipzig, das Rathhaus zu Weimar etc. Er beklagt es tief, daß in den offiziellen und maßgebenden Regionen, insbesondere in allen öffent- lichen Kunst- und Gewerbe-Unterrichts-Anstalten, nur die Antike und die Abarten davon Bürgerrecht haben. In den „Vorschriften für die Prüfung und Ausbildung derjenigen, welche sich dem Baufache widmen‘ werde es den Kandidaten zum Bauführer geradezu verpönt, sich mit der germanischen Kunst zu beschäftigen. Es wird in diesen Vorschriften auch wirklich ausdrücklich gesagt: ‚nur solche Probearbeiten sind zuläßig, die im antiken oder einem in antiker Auffassung durchgebildeten Bau- style entworfen sind.“ Das weiß (oder erwähnt wenigstens) Herr Reichensperger nicht, daß in dem Kursus für Baumeister der Gothik dennoch eine Stelle in den Vorlesungen der Akademie ge- geben ist. Es ist dies aber darum auch weniger in’s Gewicht fallend, weil der Dozent in der Kunstgeschichte, Professor Lübke, die Kunstgeschichte nur vorträgt; dieselbe aber in Zeichnung, namentlich in Zeichnung und Uebung der Formen des Mittelalters vornehmen zu lassen, dazu fehlt ihm das Können. Auf keinem Gebiete reicht aber bloße Wissenschaftlichkeit und Vorlesung derselben so wenig aus, als auf dem der Kunst. Hier muß die Hand auch das Ihrige ihun, der Kunstjünger muß die Formen in lebendiger Vorzeichnung entstehen sehen. Und in der Art ist die Darstellung und Uebung des Germanischen und ‚‚der im germanischen Sinne durchbildete Baustyl auf der Berliner Akademie‘ nur eine mangelhafte, nur ein pures Nebenher. Wie übel das aber ist, habe ich in meiner eigenen kleinen Praxis sehr, sehr erfahren. Also hier hat R. recht, aber der Fehler liegt nur zur Zeit in einzelnen Persönlichkeiten, nicht in der Tendenz von oben herab. Und die Anordnung, daß zuerst das Klassische, dann aber erst das Mittelalterliche gründlich vorgenommen würde, wäre auch ganz richtig. Denn das mittelalterliche Kunstwesen giebt durch seine Konstruk- tions-Konsequenzen und durch seine meist handwerklich erfaßbaren Schemata Mittel an die Hand, aus dem mittelmäßigsten Zeichner sehr bald einen Routinier zu bilden, dessen Arbeiten sehr gut den Anschein des Tüchtigen haben können, ohne gerade innerlich viel werth zu sein. Der so von den piquanten Formen der Gothik verwöhnte Routinier wird sich dann in die Feinheiten griechischer Formen und die freiere Aesthetik schwer hineinfinden. Auch das Abwägen der Verhältnisse hier wird ihm schwer werden, denn im Griechischen ist dem geübten Auge und dem feinen Gefühle Vieles überlas- sen, das dort in der Gothik das Konstruktionsschema von selber mit sich bringt. Die Kunst nimmt den ganzen Menschen in Anspruch, nach allen Seiten hin muß der Künstler und auch der Architekt 217 Hand und Auge bilden. Die beste Vorbildung bleibt aber immer die Antike; von ihr ausgehend hat man alle Stylarten, die sich ja bis zur Gothik hin durch das Hinzutreten neuer Elemente aus ihr entwickelten, kennen zu lernen. Ist man der Art endlich zur Gothik gelang!, nun so wird deren Auffassung auch eine viel feinere und ungleich freiere sein, nicht die im Schema des Routiniers. Auch hat man eben die Grundformen zu fester Hand erhalten, die zur Bildung der profanen Bauten und des Hausrathes sonst da nöthig werden, wo die Gothik zu hoch und hehr ist, wo dieselbe nur beschnitten und in höchst trauriger Gestalt erscheinen könnte, oder wo dieselbe uns mit zweckent- sprechenden Formen für die Geräthe im Stich läßt. Die Grundformen aller Ornamente und die Schön- heitslinien bester Reinheit weiset die griechische Kunst in ihren Profilen, ihren Voluten, Akanthus- blättern, in ihren Anthemien und Palmetten auf; alle Jahrhunderte haben Umbildungen von daher. Die Vermittelung der streitenden Parteien liegt dadurch auf der Hand; warum sollen wir die an der Hand der Kunstgeschichte gemachten Errungenschaften nicht benutzen und je nach der Aufgabe und nach den durch die vorhandenen Materialien gegebenen Möglichkeiten nicht den Styl wählen? Meiner Meinung nach giebt es — wie schon angedeutet — ganz bestimmte Ressorts der 2 Hauptstylarten für die verschiedenen Gruppen von Aufgaben. Kirchen, Parlaments- und Rathhäuser, überhaupt die Mehrzahl der öffentlichen Gebäude und größeren Paläste wird man am besten im gothischen Style bauen, demStyle, der große Räume und Säle, besonders mit Wölbdecken am sichersten, großartigsten und zierlichsten zugleich herzustellen vermag. Für andere profane Bauten und für das private Wohn- haus namentlich empfiehlt sich die Renaissance. Eine entschiedene Trennung ist nicht möglich, und in zweifelhaften Fällen bietet sich ja noch eine Masse von Abarten der genannten und anderer Style dar, die durchaus Rechte zur Wiederaufnahme durch ihre relative Schönheit erworben haben. Wie schön ist nicht geradezu die Verschmelzung der Renaissance mit der Gothik an dem Friedrichsbau auf dem Schlosse zu Heidelberg und noch mehr an den Palästen Strozzi und Riccardi zu Florenz. Das Wohnhaus der Fürsten und Großen verlangt die Verschmelzung ernster Würde mit üppiger Pracht. Der Ernst liegt mehr in der germanischen Kunstweise; die Entfaltung der behaglichen, sich dem Sinnlichen mehr zuwendenden Pracht begünstigt wieder die Renaissance, namentlich die im 15. und 16. Jahrhundert in Italien ausgebildete Weise, welche mehr eine Vermählung der Architektur mit der Malerei ermöglicht. (Rafael’s Loggien im Vatican, Loggia Julio Romano’s im Palast Farnese, Hof der Cancellerie des Bramante.) Vorbilder sind die Bäder des Titus und die Arabesken darin. Freie Künstler, Bildhauer und namentlich Maler waren die Meister der in Rede stehenden Paläste nicht allein, sondern auch der Kirche. (Bruneleschi: St. Spirito zu Florenz; Mich. Angelo: Kuppel und Haupttheile der Peterskirche zu Rom.) Diese freie Entwickelung der Kunst im Sinne der Antike, von der sie auch mythologische Erscheinungen mit in die Kirche nahm, diese größere Apella- tion an das Sinnliche scheint den Italienern, Franzosen und überhaupt südlichen Völkern immer mehr behagt zu haben; dem germanischen Norden sagte aber die ernste gothische, mehr konstruktive Kunst fast ausschließlich zu. In Roın fand die Gothik, wie schon erwähnt, fast niemals Eingang; in Eng- land hat man niemals die germanische Kunst ganz aufgegeben. Hält man mir die Paulskirche zu London als einen doch bedeutenden Eindringling entgegen, so erinnert mich dieser Bau noch rechtzeitig daran, gerade die Schwäche der Renaissance für Kirchen größten Maßstabes zu schildern. Was die Engländer zur Zeit des ihnen eigentlich fremden italienischen Styles versehen haben, machten sie heute wieder gut durch den konsequent in deutsch-englischem, d. h. im Tudor-Styl ausgeführten Parlaments-Palast, von dem der Vortragende schließlich Abbildungen vorlegte. stitbikkoV'ntesd NR bh Hayes N 3 Isa Aula are ee ame alle nen Wi % nilben. nid ash mal aaa ran „sstlosiwine si | BELA TENN eis ‚bin. Alpalel) dei. ia Ber une ENEE! si H RR, ihn a wall ee rh Hy entsandt: als aan 5 ao m" DEE Tun > En EHE Ber NER aa en karıran #: one ee eh me a IRRE, a in n el ae, n R BARS Kal, BIRB RT) sehklsihgeit oiliinuehsangd ta Bikini een Son 1a onen ver Bi u: Are EN A Gar. “. Aualy :zunıiad Jür Da ‚Ankaskı ai Saas rin Du re ar: ot ve en AN N u 1. ala, ge nr u pe ab: I.n..h .2.1.t. S Seite. Allgemeiner Bericht über die Verhältnisse und die Wirksamkeit der Gesellschaft im Jahre 1859 vom Bürger- melster)Barisch%... . . 27. mis ARHn, UNSER N ce a eeecee unse oennese nen en etc ne 3 Allgemeine Versammlungen der Gesellschaft...........esssrceeseseeonnssnseneeneneenneneenenennn nee b) Kurzer Bericht über die im Jahre 1859 thätig gewesenen Sektionen. Dreratunwissenschaftlicher Sektionen orte re nern seele se elae soon len eeeseieeeisele.e b) BiegentomolopischenScktionrnte reelle leretenersteigreeoleleletereiseeletelteeie eeteie een eleleileneleeee seineee ne 5 DiesbotauischegSektiongrs ie ee ee ee eine eeleesie oe ce ans eenee ee ere 6 DiewmiedizinischegSektion@ur er tee TR here hetherarerfehtes Nee ee ae ned ofen ee aalels 6 DiesmeteonolozischerSektionv Meer age Aerersleietene Se ee ee ualeee srenlelalden -in> 7 DregtechnischegSektiong ne re le el ee an helerelein een 7 Diego KonomischemSelktione ae ee ee ee ee ee ebenen dee 7 DiensektionstursObst und: Gartenbau. u een neehneellenseessuesernen 7 DieWinstorischeg Sektion 112 ee ee ee LE RN 8 Diespättlauosischeg Sektion ee Re ne are nee'®’e zlale 8 Die philologische Sektion ..........2e.02-00.0... U EN Meier e seele 8 DiegjuristischewsSektioner. Sana ee N ee ee een Aa SR 9 Diegmusikalischeg Sek 01ER RER 1 En MT EN le einen. de eesanen 9 Bericht über die Verwaltung der Kasse im Jahre 1859 von Klocke .......2.....e.22cceseneneseneseenn 10 Bericht über die Bibliotheken und Museen von Leizner............222eneeesennesoennnenennnrnennnnnne 11 Verhandlungen der einzelnen Sektionen. 1) Naturwissenschaftliche Sektion. a) Chemie. Apotheker Maschke: Ueber ein neues Reagens bei mikroskopisch-physiologischen Untersuchungen ........ 15 | b) Physik. ' Prof. Dr. Sadebeck: Ueber den katholischen Pfarrkirchthurm in Schweidnitz (Höhenmessung).............- 16 | c) Mineralogie und Paläontologie. \ Prof. Dr. Sadebeck: Ueber die Vorberge des Eulengebirges. .........2.22eeseceenesseesseeeeeneeennen 17 | Prof. ‚Dr. Römer: 1) Ueber eine Sammlung von Zinkerzen. ........0..o2cneseneeseennenneensnennnnne 18 | 2) Ueber in Schlesien vorkommende Reste der Crustaceen-Gattung Pterygotus ......2...2r2r2 00. 19 3) Erläuterung der Flötzkarte des westphälischen Steinkohlen-Gebirges (Iserlohn 1859) ......... 19 4) Ueber die allgemeinen geognostischen und physikalischen Verhältnisse Norwegens........... 19 220 Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Göppert: 1) Ueber das Vorkommen versteinter Hölzer in Schlesien............. 2) Ueber eine Zusammenstellung der Beobachtungen über versteinte Wälder. ......seeercc0e... d) Zoologie. Staatsrath Prof. Dr. Grube: 1) Ueber Nicotho& Astaci, vorgezeigt an noch lebenden Hummern............ 2) Ueber einige für Schlesien neue Vögel .......erecceeeesenenenennenensnsnnennnennen nn 3) Ueber eine neue mikroskopische Thierform: Seison Nebaliae Grube. ...........2curcecr0r0n 4) Ueber eine dem Genus Cuterebra verwandte Diptern - Larve, welche unter der Haut eines Menschen‘gelebt hatten... 0.2 2.0). 2 34 21. earaleteke erollere dl eelnlereetelatel le etehekele Sekeke ah Forester ee 5) Ueber die Reeve’sche Conchologia iconica und ihre Erwerbung für das Breslauer Museum .. e) Physiologie. Prof. Dr. Heidenhain: Ueber Helmholtz’s Untersuchungen, betreffend die Klangfarben ..............2...... f) Botanik. Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Göppert: Ueber einen von ihm in der Umgegend des Glatzer Schneeberges ent- deckten. Urwald“... ea el ee ee er le TT III 2) Botanische Sektion. Prof. Dr. F. Cohn: Nekrolog des Dr. med. H. Scholtz............222esneneesneseresnsenenernnnnnnnne Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Göppert: Ueber die Einwirkung der Pflanzen auf felsige Grundlage ............ Dr. J. Milde: 1) Bericht über eine im Auftrage des Präsidii unternommene naturwissenschaftliche Reise nach Niederschlesien. 2. .22... 202 ee nee kle ae else Seller RT 2) Miitheilungen über die schlesische Cryptogamen-Flora...........:2..22s2essereeoeennenenen 3):.Veber:Bryum fällax: Milde: .......2..0.1..2 0 2 02 le ee ee ee Privatdozent Dr. Körber: Ueber den Einfluss der anorganischen Substrate auf den Charakter der Flechten- Vegetation ......2. uno ee le ee N Direktor Prof. Dr. Wimmer: Neuigkeiten der schlesischen Phanerogamen-Flora vom Jahre 1859........... Musikdirektor Siegert: Botanische Mittheilungen ..........-c-ercressnenseneeeeensennnenenerennnenenn Lehrer Hilse in Strehlen: Verzeichniss der bei Strehlen gefundenen selteneren Phanerogamen und Gefäss- Eryptogamen-... oe. nee Declelserl leer steteleteie sl olaen dehnen dee che Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Göppert: 1) Ueber das riechende Prinzip in den Blüthen der Magnolia fuscata Andr. 2) Ueber den botanischen Garten in Würzburg ........-.u.2.22en ss onen nosnasenennnnnnenen nn 3) Ueber den botanischen Garten in Christiania....zeeseeece eesesennensnnnnneneeeseeee nenn 4) Bericht über die Vermehrung der Pflanzensammlungen und über Reformen im hiesigen botani- schen Gatten... nn lee lee le ereeletetelerele smile le ee ET Prof. Dr. F. Cohn: 1) Ueber die Protein-Krystalle in den Kartoffeln. ...........2.20020 seeeuesennenene 2) Ueber eine Verbindung der Cellulose mit Kupferoxyd ..........ssernnenennnannenrnne Sasaer 3) Ueber die Bewegung der Blätter bei unseren einheimischen Oxalis-Arten..2........» Ban sack Dr. J. Milde: Bericht über das Henschel’sche Herbarium........2.22eeeseeesseeseennnnnennneeeennn nen Buchhändler E. Trewendt: Bericht über die Verwaltung des botanischen Lesevereins im Jahre 1859....... 3) Entomologische Sektion. 1) Coleoptera. Dr. Schneider: 1) Die Beobachtungen des Dr. Fischer, die Entstehung des Mutterkorns durch Rhagonycha melanuralR.. betreifendi ser dferieteasersschen sat = erbtersrerelt erste las ee De ee 2) Auszug aus Newport’s Abhandlung über die Naturgeschichte der Lampyris noctiluca ......... Hauptlehrer K. Letzner: 1) Amara sylvicola Zim. in Schlesien einheimisch.......e:2.02 .2eeseeseaenne nn 2) Ueber Larve und Puppe der Chrysomela sanguinolenta L. ....2ec222ccneeeseesee en GBORBESE 3) Ueber Larven- und Puppenzustand der Gastrophysa raphani F...........2reeesnoeseneneenn 2) Lepidoptera. Dr. Wocke: 1) Ergebnisse einer Reise in’s Gesenke im Juni d. J......:cccccceeeneceeeneerenenen nenne 2) Mittheilungen über neue Fundorte seltener Arten, so wie über einige für Schlesien neue Falter 3) Mittheilungen über die interessantesten von ihm bei Misdroy auf der Insel Wollin beobachteten Falter .. 0 Ten 25 54 221 Seite. 4) Die medizinische Sektion. Privatdozent Dr. Paul: Ueber Syphilisatio curativa mit Vorstellung eines mit Erfolg syphilisirten Kranken.. 103 Privatdozent Dr. Förster: 1) Ueber die Grenzen der Empfindung auf der Retina.............ercccerecee 112 2) Ueber das Näherstehen der tieferen Doppelbilder bei Lähmung des Musculus obliquus superior 113 Dr. Harpeck: Beschreibung eines Falles von Ichthyosis cornea congenita.......eeurr rs eennerennneerunen 114 Privatdozent Dr. B. Cohn: 1) Ueber Bronchialdrüsen-Erkrankungen..........er..2222eeserceeeseeeenees 115 DEWeberzBlutgerinnungser. 4. 02... 22 \eltt ang ol na ces aueceeameene ne nen een nahe ep engine 116 Sanitätsrath Dr. Grätzer: 1) Ueber die öffentliche Armen-Krankenpflege Breslau’s im Jahre 1858.......... 117 2) Beiträge zur Bevölkerungs-, Armen-, Krankheits- und Sterblichkeits-Statistik der Stadt während derpletztenusr Jahren. a ee era euneieierde este hölera ar Malen teiekeeenpienee 126 Privatdozent Dr. Neumann: Ueber die Nahrungsverweigerung der Irren........ercc2esee on eeneeennne 131 Bericht über die Sitzungen der medizinischen Sektion im 1. Quartal des Jahres 1860. Brof& Dr’;Rühle:; Ueber. Laryagoskopie. ..2.........ureeoconckeessenee ann sengeanenerteenemedsnen- 133 Dr. Auerbach: Ueber Muskelcontractionen durch mechanische Reizung am lebenden Menschen............ 134 Nachträgliche Bemerkungen dazu. ..........2es2csesceensseernnnnnreenneennnnn nenne ODE 135 Prof. Dr. Lebert: Analyse von Beobachtungen über acuten Gelenkrheumatismus.........e222200c2o sonen 140 5) Juristische Sektion. Appel.-Ger.-Präsident a. D. Dr. Hundrich: Ueber die Entstehungs-Ursachen von Delicten und über Gegenmittel 144 6) Sektion für Obst- und Gartenbau. Obergärtner Rehmann: Ueber die Kultur der Erieinien........e.2:2:222seecseneeneneenssser rennen 158 Inspektor Neumann: Die Knolle der Dioscorea Batatas muss 2 Jahre in der Erde bleiben, um völlig auszureifen 161 Prof. Dr. F. Cohn: Ueber seine Reise nach Petersburg und Moskau..............e.neenssneseneenenn en 162 Kaufmann E. H. Müller: Bericht über die Vertheilung von Nutz- und Zierpflanzen-Saamen im Jahre 1859. 164 Hauptturnlehrer Rödelius: Bericht über die Vertheilung von Edelreisern im Jahre 1859...........2....... 165 Direktor Dr. Fickert: Ergebnisse aus den Berichten der Mitglieder über Kulturversuche mit Gemüsen, Blu- men etc. und über die im Frühjahr 1859 vorgenommenen Veredelungen.............. 165 Gärtner Peicker in Grafenort: Bericht über Kernobstsorten, welche auf der Herrschaft Grafenort kultivirt werden 173 Direktor Dr. Fickert: 1) Bericht über die von der Sektion im Jahre 1859 veranstalteten Ausstellungen.... 180 2) Auszug aus dem Bericht der Garten-Kommission über die Bewirthschaftung des von der Sektion erpachteten;,Gaytens Füral830- in. u.a en een nee ee sweet Yale ze 186 Kaufmann E. H. Müller: Statistische Notizen, den Lesezirkel betreffend ..........222ceeeceneeeeeeeen nn 191 7) Die meteorologische Sektion. Prof. Dr. Galle: Ueber die in Breslau angestellten Regenmessungen........eececceeeseeeeseeeneeeneen 195 Sternwarten - Adjunkt Günther: Allgemeine Uebersicht der meteorologischen Beobachtungen auf der königl, Universitäts-Sternwarte zu Breslau in den Jahren 1858 und 1859. ..........cr222222. 200 8) Die pädagogische Sektion. Hauptlehrer Stütze: Ueber den Unterricht in den Handarbeiten der Mädchen in den Elementarschulen Breslau’s 205 9) Die technische Sektion. Kreis-Baumeister Lüdecke: Zur Stylfrage bei Bauten und Kunstwerken der Jetztzeit..........2cesccecca. 213 222 Alphabetisches Namen-Verzeichniss der Verfasser der im vorstehenden Jahresberichte erwähnten Mittheilungen und Vorträge. Privatdozent Dr. Aubert: S. 6. Inspektor Neumann: S. 161. Dr. Auerbach: S. 134. Dr. Nitschke: S. 6, 35. Bürgermeister Bartsch: S. 3. Literat Th. Oelsner: S. 8. Dr. Baumgart: S. 9. Lehrer Oppler in Plania: S. 7, 160. Dr. med. B. Cohn: S. 6, 115, 116. Oberlehrer Dr. Palm: S. 8. Professor Dr. F. Cohn: S. 6, 32, 34, 72, 83, 84, 162. | Oberforstmeister v. Pannewitz: S. 6, 32. Privatdozent Dr. Paul: S. 6, 103. Direktor Dr. Fickert: S. 8, 165, 18%. Gärtner Peicker in Grafenort: S. 173. Dr. Förster: S. 6, 112, 113. Stadtrichter Primker: S. 9. Professor Dr. Galle: S. 6, 195, 200. Obergärtner Rehmann: S. 158. Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Göppert: S. 5, 6, 21, 23, 28, | Oberlehrer Dr. Reimann: S. 5. 31, 32, 36, 37, 68, 69, 70. Hauptturnlehrer Rödelius: S. 165. Sanitäts-Rath Dr. Grätzer: S. 6, 117, 126. Professor Dr, Römer: S. 5, 18, 19. Diakonus Dr. Gröger: S. 5. Baron v. Rothkirch: S. 8. Staatsrath Prof. Dr. Grube: S. 5, 23, 25. Professor Dr. Rühle: S. 6, 111, 133. Dr. Harpeck: S. 6, 114. Professor Dr. Sadebeck: S. 5, 16, 17. Prof. Dr. Heidenhain: S. 5, 6, 26. Privatdozent Dr. Scherner: S. 5. Lehrer Hilse in Strehlen: S. 63. Prorektor Dr. Schmidt in Schweidnitz: S. 3. Justizrath Hübner: S. 9. Dr. phil. Schneider: S. 5, 91, 94. Appellations-Gerichts-Präsident a.D. Dr. Hundrich: S. 9, | Direktor Dr. Schönborn: S. S. 144. Seminar-Oberlehrer Scholz: S. 8. Musikdirektor Siegert: S. 6, 33, 61. Privatdozent Dr. Karow: S. 5. Dr. Stenzel: S. 6, 31, 32, 33, 36. Appel.-Ger.-Rath Klingberg: S. 9. Hauptlehrer Stütze: S. 8, 205. Kaufmann Klocke: S. 9. Privatdozent Dr. Körber: S. 35, 54. Hauptlehrer Dr. Thiel: 8. 8. Professor Dr. Kutzen: S. 5. Buchhändler E. Trewendt: S. 90. Professor Lebert: S. 140. Studiosus v. Uechtritz: S. 6, 36. Hauptlehrer Letzner: S. 5, 11, 95, 96. Kreis-Baumeister Lüdecke: S. 7, 213. Instituts-Vorsteher Wandelt: S. 9. Freiherr v. Wechmar: S. 7, 33. Apotheker Maschke: S. 5, 15. Regierungsrath Wichura: S. 6. 32, 33. Dr. Milde: S. 6, 31, 37, 51, 53, 90. Direktor Prof. Dr. Wimmer: S. 6, 33, 59. Kaufmann E. H. Müller: S. 6, 36, 164, 191. Direktor Prof. Dr. Wissowa: S. S. Appel.-Ger.-Rath v. Wittken: S. 9. Privatdozent Dr. Neumann: S. 6, 131. Dr. med. Wocke: S. 5, 98, 99, 100. EUR a