1 ut Ar - \ = u ma, . en u nl ne ne m Fee f ” a en ee En LEE = ad! A N. ae Te f} Neun und dreissigster > _ Jahres-Bericht der ; Schlesischen Gesellschaft für vaterländische. Uultur. S Enthält den Generalbericht Arbeiten und Veränderungen der Gesellschaft . im Jahre 1861. Breslau, 1862. : Bei Josef Max und Komp. , \ — Neun und dreissigster Jahres-Bericht und Abhandlungen der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Oultur. Breslau 1862. Bei Josef Max und Komp. Zur Nachricht. Die wirklichen Mitglieder der Schlesischen Gesellschaft erhal- ten, wie bisher, die im Laufe des Jahres erscheinenden Abhandlungen und den General-Bericht, alle Anderen nur den letzteren. Breslau, den 20. Mai 1862. » Das Präsidium. Neun und dreissigster Jahres-Bericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Gultur. Enthält den Generalbericht über die Arbeiten und Veränderungen | der Gesellschaft im Jahre 1861. Ener Pike asian 1862. BeiJosef Max und Komp. Allgemeiner Bericht über die Verhältnisse und die Wirksamkeit der Gesellschaft im Jahre 1861, abgestattet in der allgemeinen Versammlung am 20. December 1861 vom Bürgermeister Dr. Bartsch, zur Zeit General-Secretair. — Das Präsidium verlor im Laufe dieses Jahres von seinen Mitgliedern durch den Tod den Königl. Ober-Regierungsrath Sohr, den Königl. Geh. Ober-Justizrath, Appellations- Gerichts-Präsidenten Dr. Hundrich und den Minister a. D. Milde. Die grossen Verdienste dieser Verewigten während vieljähriger Mitgliedschaft um Förderung der Zwecke unserer Gesellschaft, sowie durch rege Theilnahme an den Geschäften des Präsi- diums wurden in öffentlichen Nachrufen beileidsvoll bezeugt und dankbar sewürdigt. — Im Secretariate der juristischen Section folgte dem Geheimen Rathe Dr. Hundrich der Appellationsger.-Präsident Herr Dr. Belitz, und das Secretariat der landwirthschaftlichen Section übernahm, an Stelle des von Breslau abgegangenen Herrn Geh. Regierungsrathes Freiherrn von Wechmar, der General-Landschafts- Repräsentant Herr Elsner von Gronow. Als wirkliche Mitglieder wurden im Jahre 1861 neu aufgenom- men die Herren: 1) practischer Arzt Dr. v. Molitor, 2) Dr. med. Voltolini, 3) Rittergutsbesitzer Wilhelm v. Löbbecke auf Rückers, 4) Königl. Commereienrath Kulmiz, 5) Regierungrath Greiff, 6) Regierungsrath Tülff, 7) General-Lieutenant Graf Oriolla, 8) General v. Plötz, 9) Dr. Berliner, 10) Dr. Bunke zu Oels, 11) Dr. med. Köbner, 12) Musik-Director Schäffer, 13) Kgl. 1* 7 4 Jahres-Bericht Berghauptmann Dr. Huyssen, 14) Buchhändler Morgenstern, 15) Gerichts-Assessor Graf Rödern, 16) Dr. med. Lipschitz, 17) Ober-Regierungsrath Sabarth, 18) Ober-Post-Direetor Schrö- der, 19) Particulier A. Grube, 20) Dr. phil. Luchs, 21) Ober- Bergrath Tantscher, 22) Kreis-Physieus Dr. Waldhaus zu Rybnik, und 23) Apotheker Störmer zu Jauer. Zu eorrespondirenden Mitgliedern wurden ernannt die Herren: 1) Prof. Dr. Rühle zu Greifswald, 2) Daubre&e, Ingenieur en chef des mines et professeur de geologie & la faculteE des sciences de Strasbourg, 3) Dr. Staring in Leyden, Director der geologischen und physikalischen Untersuchungs - Commission in Holland, 4) Dr. Kerner, Professor in Linz, 5) Dr. Heyden- reich in Tilsit, und 6) Dr. Bail, Oberlehrer an der Realschule zu Posen. Ausgeschieden sind 7 Mitglieder und durch den Tod verlor die Gesellschaft als Ehrenmitglied: den Königl. Regierungs-Präsidenten, Geh. Öber- Regierungsrath Freiherrn v. Kottwitz, = sowie 11 wirkliche Mitglieder, namentlich ausser den 3 Eingangs sedachten Direetoren: den Justizrath Gräff, Partieulier Lucas, Ober-Consistorialrath Prof. Dr. Middeldorpf, Hauptlehrer Otto, Major a. D. von Prittwitz, Dr. med. Seidel, Gymnasiallehrer Dr. Speck, und den Sanitätsrath Dr. Bannerth zu Landeck; endlich 5 correspondirende Mitglieder: Prof. Dr. phil. Fürnrohr in Regensburg, Bibliothekar Dr. Hanka in Prag, Arthur Henfrey in London, Oberlehrer Hertel in Görlitz und Apotheker Weimann in Grünberg”). In Veranlassung des Hinscheidens Sr. Maj. König Friedrieh Wil- helm IV. ist vom Präsidium an des zur Regierung gelangten Königs Wilhelm Majestät unter'm 15. Januar c. eine Beileids- und Glück wunsch- Adresse ehrfurchtsvoll gerichtet worden. An der Feier des 50 jährigen Jubiläums unserer alma mater, der hie- sigen Königl. Universität, hat auch die Gesellschaft den innigsten und leb- haftesten Antheil genommen, Das Präsidium übergab der Universität bei *) Am 17. December 1861 starb Apotheker Carl Gottfried Weimann in Grünberg. Er gehörte zu der nun noch geringen Zahl älterer Pharmaceuten, welche sich durch genaue Beobachtung der Naturproducte ihrer Umgebung grosse Verdienste um die vaterländische Naturkunde erworben. Ganz besonders verdankt ihm die Wissenschaft die genaue Ermittelung des höchst merkwürdigen Meteori- tenfalles zu Seifersholz bei Grünberg am 21. März 1841 (vergl, die Beschreibung dieses Falles in unsern Verhandl. Jahrg. 1841, S. 52—54), und die Sammlungen der Schlesischen Gesellschaft ein vollständiges Exemplar der drei damals gefalle- nen erdigen Meteoriten, wofür sie ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren wird. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 5 ‚dieser Feier eine in seinem Auftrage von Herrn Professor Dr. Römer verfasste, mit sehr gelungenen Abbildungen reich ausgestattete Beglück- ‚wünschungs- und Widmungsschrift über die Sadewitzer Diluvial-Geschiebe. Auch an dem Jubelfeste 50 jähriger Wirksamkeit unseres hochgeehr- ‚ten Mitgliedes, des, insbesondere auch um unsere pädagogische Section als deren Secretäir sehr verdienten Herrn Seminar-Oberlehrers Scholz betheiligte sich das Präsidium, durch Abgeordnete aufrichtige Glückwünsche darbringend. Zur Ausführung des Beschlusses: dass Lessing hierorts eine Denk- tafel errichtet werde, hat Her Stadtrath Lübbert die Anbringung dieses Denkmals an der Front seines Hauses auf der Junkern-Strasse genehmigt und der Bildhauer Michaelis die Sculptur der mit Lessing ’s Brust- bilde in weissem Marmor zu versehenden Tafel übernommen. Auch während dieses Jahres sind unsere Bibliotheken und Sammlun- sen durch viele werthvolle Zuwendungen bereichert worden, von denen hier das von des Herrn Ministers der geistlichen ete. Angelegenheiten Excellenz hochgeneigtest überwiesene kostbare Werk: Dr. Karsten, Florae Columbiae specimina selecta mit ehrerbietisem Danke hervorzuheben ist. Unsere Section für Obst- und Gartenbau hatte sich zur Unterhaltung ihres Versuchsgartens von Sr. Excellenz dem Minister für landwirthschaft- ‚liehe Angelegenheiten des Empfanges der zunächst auf 3 Jahre bewillig- ten Subvention von jährlich 150 Thlr. wieder zu erfreuen, wofür der wärmste Dank auch hier öffentlich ausgesprochen wird. Zur Erhaltung des grossen Henschel’schen Herbariums ist mit der Sublimatisirung der getrockneten Pflanzen fortgefahren, auch sind unsere . botanischen und mineralogischen Sammlungen durch die Herrn DD. Milde „und Fiedler geordnet worden. Die Anfsicht über die Bibliotheken hat auf Ersuchen des Präsidiums Hr. Professor Dr. Galle gefälligst übernommen. Allgemeine Versammlungen haben mit Einschluss der heutigen seit dem letzten Berichte 7 stattgefunden, in welchen folgende Vorträge gehalten wurden: ' am 28. December 1860 von Herrn Straf-Anstalts-Direetor Schück über Vagabunden; am 24. Januar c. vom Privat-Docenten ete. Herrn Dr. Karow über Amadis-Romane; am 22. Februar c. vom Privat-Docenten Herrn Dr. Grünhagen über zwei Demagogen im Dienste Friedrich’s d. Gr.: am 19. April ec. von Herrn Prof. Dr. Lebert über Pfahlbauten und Wohnungen auf Seen und Flüssen im Alterthume; am 25. October ec. von Herın Director Schück über Behandlung verlassener Kinder im Alterthume und in der Christenheit; und am 29. November ce. von Herrn Privat-Docenten Dr. Oginski über die Frage: Was ist Philosophie, was ist Wissenschaft? 6 Jahres-Bericht Ausserdem hat das Präsidium zur Verbreitung wissenschaftlicher Kennt- nisse auch für diesen Winter wieder öffentliche Vorträge in dem von der Königlichen Universität geneigtest bewilligten Musiksaale veranstaltet. Dieselben werden gehalten und sind zum Theil schon gehalten worden von den Herren Privat-Docenten Dr. Karow, Dr. Schwarz, Dr. Oginski, Dr. med. Klopsch, Dr. Körber, Dr. Cauer, Dr. Grün- hagen, Dr. Pfeiffer, Oberforstmeister v. Pannewitz, Prof. Dr. Hei- denhain, Oberlehrer Dr. Reimann, Stadtrath Prof. Dr. Eberty, Dr. phil. Fiedler und Director Prof. Dr. Wissowa. Das Stiftungsfest der Gesellschaft konnte wegen der Landestrauer erst am 3. März begangen werden. Unser um die Ordnung des Kassenwesens sehr verdienter Kassirer Herr Kaufmann Klocke hat die Jahresrechnung pro 1860 mit bewährter Sorgfalt gelegt. Die Revision und Abnahme ist erfolgt und dem Herrn Rechnungsleger unter erneuerter dankbarer Anerkennung seiner fortge- setzten Mühewaltung die Decharge ertheilt worden. Nach der bisherigen Weise der Herausgabe unserer Jahresberichte und seitdem auch die Leopoldinische Academie von hier verlegt worden, ist es für die gelehrten Mitglieder unserer Gesellschaft schwer, die neuen Ergebnisse ihrer Forschungen bald zu veröffentlichen. Um diesem Bedürfnisse abzuhelfen, hat auf Anregung unseres ver- ehrten Präses, Herrn Geh. Medicinalrathes Prof. Dr. Göppert, das Prä- sidium beschlossen, schon im Laufe des Jahres von Zeit zu Zeit wissen- schaftliche Arbeiten unter dem Titel „Abhandlungen der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur“ herauszugeben. Es wurde deshalb eine Redactions-Commission aus den Herren Privat-Docent Dr. Aubert, Prof. Dr. Cohn, Prof. Dr. Göppert, Staatsrath und Prof. Dr. Grube und Prof. Dr. Kutzen gebildet, und ist es Dank ihrer Be- mühungen gelungen, schon im Laufe dieses Jahres folgende Abhand- lungen zu veröffentlichen: Abtheilung für Naturwissenschaften und Mediein. I. Heft: Prof. Dr. F. Cohn, Ueber contractile Gewebe im Pflanzenreiche. Dr. med. Aubert, Beiträge zur Physiologie der Netzhaut. 1. Geh. Regier.-Rath Prof. Dr. Löwig, Ueber die Producte, welche durch Einwirkung des Natriumamalgams auf Oxaläther gebildet wer- den. . 1. Il. Heft: Dr. Wimmer, Salicologische Beiträge. Dr. J. Milde, Neue Beiträge zur Systematik der Equiseten. Hüttendirector C. Janisch, Zur Charakteristik des Guanos von verschie- denen Fundorten. Mit Taf. I und I. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 7 Prof. Dr. Grube, Beschreibung einer neuen Coralle (Litkoprümnnoa arctica) und Bemerkungen über ihre systematische Stellung. Mit Taf. II. Prof. Dr. Löwig, Ueber die Producte, welche durch Einwirkung des Natriumamalgams auf Oxaläther gebildet werden. U. Geh. Medie.-Rath Prof. Dr. Göppert, Ueber das Vorkommen von Lias- pflanzen im Kaukasus und der Alborus-Ketle. ‚Geh. Medie.-Rath Prof. Dr. Göppert, Ueber die Tertiärflora der Polar- gegenden. Ill. Heft: Dr. Davidson, Zur Geschichte der anatomischen Abbildungen. Dr. Viol, Zur modifieirten Linearextraction kernhaltiger Staarformen. Dr. Lewald, Untersuchungen über die Ausscheidung von Arzneimitteln aus dem Organismus, insbesondere über die der mineralischen und vegetabilischen Adstringentien durch die Nieren und ihren | Einfluss auf die 'Thhätigkeit derselben. Dr. Auerbach, Ueber die Wirkungen topischer Muskelreizung. Dr. Paul, Ein Fall von Tracheotomie, ausgeführt wegen eines fremden | Körpers in der Luftröhre — mit günstigem Ausgange, Dr. Paul, Ueber Mastdarmpolypen bei Kindern. Medie.-Rath Dr. Middeldorpf, Die percutane Umstechung der Arterien in der Continuität, eine neue Methode der Unterbindung. Philosophisch-historische Abtheilung. I. Heft: Prof. Dr. Kutzen, G. E. Lessing in seinem Welt- und Kriegsleben, sei- nem Wirken und Streben zu Breslau (Ende November 1760 bis Ostern 1765). Oberlehrer H. Palm, Beiträge zur Lebensgeschichte und Charakteristik des Dichters Martin Opitz von Boberfeld. Geh. Ober-Bergrath Steinbeck, Der Aufstand der Tuchmacher zu Bres- lau im Jahre 1333. Dr, C. Grünhagen, Zwei Demagogen im Dienste Friedrich’s des Grossen. Dies vorausgeschickt, so ist über die Thätigkeit der einzeluen Sectio- nen von den Herren Secretairen noch Folgendes zu berichten gewesen; Die naturwissenschaftliche Section. (Secretaire: Staatsrath Prof. Dr. Grube und Prof. Dr. Römer.) In der naturwissenschaftlichen Section sind im Jahre 1861 14 Sitzungen gehalten worden. Es sprach: 1) am 16. Januar Herr Prof. Römer über die Versammlung französi- scher Geologen in Besancon; 2) am 6. Februar Herr Dr. Aubert über Versuche im Dunkeln; 3 Jahres-Bericht 3) am 27. Februar Herr Dr. H. L. Cohn über Analysen der Unter- chlorsäure mittelst Jodtitrirung; Herr Prof. Grube über eine interessante Coralle aus dem hohen Norden; 4) am 13. März Herr -Prof. Sadebeck über den gegenwärtigen Stand der Hypsometrie in Schlesien; 5) am 17. April Herr Emil Quaas über Zanzibar und seine Bewohner; 6) am 1. Mai Herr Prof. Löwig über die Producte aus Oxaläther durch Einwirkung des Natriumamalgams; 7) am 19. Juni Herr Prof. Grube über das Schmarda’sche Reisewerk; über einige neue Serpula-Arten und ihre Verwandten; 8) am 10. Juli Herr Prof. F. Cohn über die Wettersäule am 23. Juni d. 3%; Herr Prof. Löwig Fortsetzung seines Vortrages vom 1. Mai; Herr Prof. Göppert über die durch die Junistürme en ten Samen von Pflanzen; 9) am 24. Juli Herr Dr. Aubert über die Cephalopoden des Aristo- teles; Herr Prof. Galle über die Bahn des am 30. Juni erschienenen Cometen; Herr Geheimr. Prof..Göppert hatte angekündigt einen Vortrag über Thierfährten im Gebiete des Rothliegenden in der Graf- sehaft Glatz; 10) am 23. October Herr Professor Heidenhain über die Eigenthüm- lichkeiten der thierischen und pflanzlichen Zellen; 11) am 6. November Herr Dr. Stache aus Wien über die geologischen Verhältnisse Istriens, Siebenbürgens und des Bakonyer Wald- sebirges ; 12) am 20. November Herr Prof. F. Cohn über den Charakter der Zellen bei den niederen Pflanzen; Herr Prof. Heidenhain legte Präparate von Knorpelzellen vor; 13) am 5. December Herr Redacteur Oelsner Mittheilungen über die jetzt in Leipzig gestiftete geographische Gesellschaft ; Herr Prof. Römer Mittheilungen über seine in diesem Sommer angestellte Reise nach Russland; 14) am 18. December Herr Prof. Dr. Sadebeck hypsometrische Mit- theilungen. Die entomologische Section (Seeretair: Dr. philos. W. G. Schneider) versammelte sieh im Laufe dieses Jahres 4 Mal, und wurden von Herrn Dr. Wocke zwei Vorträge über Lepidoptera, welche manche neue inter- ossante Entdeekungen enthielten, von Herrn Hauptlehrer Letzner. und dem Secretair je ein Vortrag über Coleoptera gehalten. Ausserdem der Schles, Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 9 machte Herr Oberforstmeister v. Pannewitz einige kleinere wichtige Mittheilungen theils literarischen, theils coleopterologischen Inhalts. In der letzten Sitzung am 25. November wurde der bisherige Secre- tair für die neue Etatszeit wieder gewählt. Die botanische Section (Secretair: Prof. Dr. Ferdinand Cohn) hat im Jahre 1861 eilf Sitzungen gehalten; es trugen vor die Herren: Geheimer Medieinal-Rath Prof. Dr. Göppert: Ueber die Geographie Schlesiens, mit Rücksicht auf pflanzengeographische Verhältnisse — über die Cocapflanze — über die Familie der Cycadeen — über das Verhalten der Mimosa pudica gegen Erschütterungen. Dr. Hodann: Ueber Anlage und Pflege der Ward’schen Kasten, — über seltenere schlesische Farnkräuter. Oberlehrer Privatdocent Dr. Körber: Ueber neuere Geschichte der Lichenologie. | Kaufmann Müller: Beobachtung über das Blühen von Monstera Lennea. Oberforstmeister v. Pannewitz: Erläuterung seltenerer Exemplare aus seiner Sammlung. Dr. Rosenthal: Ueber Nutzpflanzen. Dr. Stenzel: Ueber Potentilla Tormentilla, erecta und reptans, — über Schlesische Schmarotzerpflanzen, insbesondere den Fichtenspargel. Stud. v. Uechtritz, Ueber neue Schlesische Pflanzen. Direetor Prof. Dr. Wimmer: Ueber Salix pyrenaica Gruan und tephro- carpa W. und grandifolia Seringe. Der Secretair: Ueber die neuere Geschichte der Alsenkunde, — über rothen Schnee, — über Anatomie von Monstera Lennea, — über die Vegetation des Landes und Meeres von Helgoland, — Botanische Mittheilungen. Von den Pflanzen des Henschel’schen Herbariums wurden im Jahre 1860 circa 8800 Nummern sublimatisirt, so dass gegenwärtig circa 33,200 Nummern, etwa die Hälfte der Phanerogamen, gegen Zerstörung durch Inseeten gesichert worden ist. An dem von der Section mit Unterstützung des Präsidiums geleite- ten Lesezirkel botanischer Schriften haben 18 Mitglieder Theil genommen. Bei der am 12. December stattgefundenen Wahl wurde der bisherige Secretair für die neue Etatszeit wiedererwählt. Die medicinische Section (Seeretair: Privatdocent Dr. Aubert) hat im Jahre 1861 achtzehn Versammlungen gehabt. In denselben sind folgende grössere Vorträge gehalten, sowie nach- stehende Mittheilungen und Demonstrationen gemacht worden: 10 Jahres-Bericht Herr Privatdocent Dr. Klopsch: 1) Orthopädische Mittheilungen und Demonstration neuer orthopädischer Apparate. 2) Vortrag über Scoliosis. 3) Vortrag über die sogenannte idiopathische Lähmung der Unterextremitäten. „ Dr. Stadthagen aus Canth: Mittheilungen 1) über Kristeller’s Tokometer, 2) über Erstickung durch Lampenruss, 3) über eine Contreindication zur Herniotomie. „»„ Privatdocent Dr. Cohn: Vortrag über die Bedingungen zur Er- zeugung des tympanitischen Tones, mit Demonstrationen. „ Dr. Pinoff: Ueber die hydropathische Behandlung des Gelenk- rheumatismus. „ Sanitätsrath Dr. Viol: 1) Zur modificirten Linearextraction kernhaltiger Staarformen. 2) Ueber den im Sommer 1861 herr- schenden epidemischen Augenkatarrh und seine Modificationen. „ Privatdocent Dr. Freund: 1) Ueber Zitat mamellonnee des Ma- gens. 2) Ueber Retroflexio uteri. 3) Mittheilung über Wirkungen des Jastrzember Brunnens. „ Privatdocent Dr. Neumann: Ueber Irren-Statistik. „» Dr. Auerbach: Ueber topische Muskelreizung. „ Medieinalrath Prof. Dr. Middeldorpf: Ueber die percutane Umstechung der Arterien in der Continuität, eine neue Methode der Ligatur. „ Prof. Dr. Lebert: Ueber Hauthörner. „ Kreisphysikus Dr. Bunke aus Oels: Bericht über Verletzungen durch einen Blitzschlag. „ Privatdocent Dr. Lewald: 1) Vortrag über die Ausscheidung von Arzneimitteln aus dem Organismus. 2) Mittheilungen über die Dreckapotheke der Homoeopathen nach Hager's Pharmacopoea homoeopathica. | „ Oberarzt Dr. Berliner über die Framboesia im ostindischen Archipel. » Dr. Köbner: Ueber syphilitisches Virus. „ Dr. Zülzer: 1) Ueber die Fortschritte der Laryngoskopie. 2) Demonstration eines Kindes mit Missbildung der Extremitäten. „» Kreisphysieus Dr. Voltolini: Mittheilung über ein neues Instru- ment zur Laryngoskopie, nebst Demonstrationen. „ $Sanitätsrath Dr. Grätzer: Ueber-die Armen-Krankenpflege in der Stadt Breslau, „ Privatdocent Dr. Förster: Mittheilung über das Sehen der Amaurotischen. An die meisten Vorträge und Mittheilungen haben sich lebhafte Dis- cussionen angeschlossen. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 11 Die meteorologische Section (Seceretair: Prof. Dr. Galle) hat in dem verflossenen Jahre keine Sitzungen gehalten, mit Ausnahme der für die Wahl des Seeretairs bestimmten Sitzung vom 11. December, bei welcher der bisherige Seeretair für die nächste Etatszeit wiederge- wählt wurde. Die technische Section (Seeretair: Director Dr. Gebauer) hat in diesem Jahre keine Vorträge gehalten. Die wichtigeren techni- schen Zeitschriften wurden den sich betheiligenden Mitgliedern zugesendet und dann der Bibliothek der Gesellschaft übergeben. Der bisherige Se- eretair wurde für die nächste Etatszeit wiedergewählt. Die ökonomische Section (Seeretair: Landes-Aeltester Elsner v. Gronow) versammelte sich im Jahre 1861 drei Mal. In der ersten Sitzung am 15. Januar wurde an Stelle des aus Bres- lau verzogenen Geheimen Regierungs-Rathes Freiherrn v. Wechmar für die noch übrige Etatsperiode der vorstehend Genannte zum Secretair der Section erwählt. In der demnächst angestandenen Sitzung, den 23. April, wurden die eingegangenen Mittheilungen des Centralvereins, wie anderweite Zuschrif- ten den Mitgliedern zur Kenntniss gebracht, die bereits erschienenen Zeit- schriften und Journale zur Einsicht vorgelegt und von dem Secretair über deren Inhalt im Allgemeinen referirt. In der Schlusssitzung endlich am 17. December wurde zur Neuwahl des Secretairs für die mit dem Jahre 1862 beginnende Etatsperiode ge- schritten, und der zeitige Secretair wiedergewählt, von demsel- ben die Wahl auch acceptirt. Es wurden hierauf die interessanteren Zeitschriften, namentlich die Mittheilungen des Centraivereins, vorgetragen, und schliesslich beschlos- sen, mit dem nächsten Jahre eine Circulation der zur Disposition stehen- den landwirthschaftlichen Schriften unter den Mitgliedern eintreten zu las- sen, um hieran in den anzuberaumenden öfteren Sitzungen Besprechungen zu knüpfen und dadurch wo möglich in der Section ein regeres Leben herbeizuführen. Die Section für Obst- und Gartenbau (Seeretair: Director Dr. Wimmer) hat im Jahre 1862 sieben Versammlungen gehalten, in welchen nur die Angelegenheiten der Section, insbesondere die von ihr bewirkte Versen- dung von Edelreisern und Sämereien seltenerer Gemüse, die eingesandten a. ı_ 12 Jahres-Bericht Culturberichte und die Verwaltung des gemietheten Gartens zum Vortrage und zur Berathung gekommen sind. Die Ergebnisse des Gartens haben sich in dem abgelaufenen Jahre etwas günstiger gestaltet und es sind aus demselben bereits eine Anzahl Stämmchen an Mitglieder in der Provinz abgegeben worden. Der bisherige Gärtner ist abgegangen, um seiner Militärpflicht zu genügen; an dessen Stelle ist ein durch den berühmten Pomologen Lu- cas vorgebildeter Gärtner aus Würtemberg seit November d. J. in den Dienst der Section getreten. In der Versammlung am 13. December wurden die bisherigen Secre- taire aufgefordert, dieses Amt weiter fortzuführen. Die historische Section (Secretair: Prof. Dr. Kutzen) versammelte sich während des Jahres 1861 in sieben Sitzungen, in wel- chen folgende Vorträge gehalten wurden: 1) Am 9. Januar: Herr Oberlehrer Dr. Reimann über den Versuch des französischen Convents, die Vereinigten Staaten in den Krieg mit England zu verwickeln. | 2) Am 13. Februar: Herr Oberlehrer und Privatdocent Dr. Cauer über den grossen Kurfürsten als Beförderer der Wissenschaf- ten und Künste, mit besonderer Beziehung auf das Project einer Universal-Universität. 3) Am 20. März: Herr Privatdocent Dr, Grünhagen über die Bela- gerung Brieg’s im Jahre 1741, nach der handschriftliehen Auf- zeichnung eines Zeitgenossen. 4) Am 17. April: Herr Oberlehrer Dr. Reimann über die erste Prä- sidentschaft Washington’s. 5) Am 1. November: Herr Oberlehrer Palm über den Aufstand der Breslauer Stadtsoldaten im Jahre 1636. 6) Am 22. November: Herr Privatdocent Dr. Grünhagen über die Verhandlungen, betreffend die Eidesleistung der Breslauer ka- tholischen Geistlichkeit an Friedrich den Grossen im J. 1741. 7) Am 13. Deeember: Herr Geheimer Bergrath Steinbeck über den Minister Ernst Wilhelm v. Schlabrendorf. Ausserdem fand in der letzten Sitzung die Wiederwahl des zeitigen Secretairs statt. Die pädagogische Section (Seeretair: Seminar-Oberlehrer Scholz) hielt in dem ablaufenden Jahre fünf Versammlungen, in welchen folgende vier Vorträge gehalten und besprochen wurden: 1) Herr Hanptlehrer Stütze: Zur Beseitigung eines Vorurtheils in Beziehung auf die. Sonntags- und. Handwerker-Fortbildungs- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 13 schulen, und über die Ursachen der gegenwärtig noch fortdau- ernden Indolenz gegen sie und die Zeitrichtung. 2) Herr Instituts-Vorsteher Geppert: Ergebnisse pädagogischer Studien. 3) ,, Seminar-Oberlehrer Scholz: eine vom Seminar-Oberlehrer Herrn Prange in Bunzlau verfasste und eingesandte Abhand- lung über das Thema: „Die Mangelhaftigkeit der Erfolge der Lehrerwirksamkeit“. Der Vortrag füllte zwei Sitzungen aus. 4) Derselbe: Die Jugenderziehung der Gegenwart im Verhältniss zu früheren Jahren. Die Versammlungen wurden zwar spärlich besucht, aber die Bespre- chungen der Vorträge waren nichtsdestoweniger anregend. Der bisherige Secretair der Section wurde wiedergewählt. Die philologische Section (Secretair: Director Dr. Wissowa) hat im Jahre 1861 fünf Versammlungen gehalten. 1) Am 26. März: Herr Oberlehrer Palm las über lateinische Gedichte, die sich handschriftlich in schlesischen Klöstern gefunden haben. 2) Am 16. April: Herr Prof. Dr. Stenzler berichtet über John Wil- | kins’ Versuch, eine neue Sprache zu bilden. 3) Am 18. Juni: Herr Director Dr. Fickert hält einen Vortrag über Hildebert von Tours und dessen lateinische Dichtungen. 4) Am 26. November: Herr Direetor Dr. Schönborn berichtet über die, durch die neuesten Ausgrabungen am Rhein gewonnenen Kenntnisse über die altrömischen Militair-Auszeichnungen, ins- besondere die päAalerae. 5) Am 10. December: Herr Prorector Dr. Lilie liest über Bedeutung und Wirken des Erdwesens in der antiken Mythe. In der Sitzung am 10. December wurde, auf Antrag des Director Dr. Schönborn, durch Acclamation der bisherige Secretair der Section auch für die nächste Etatszeit wiedergewählt. Die juristische Section (Secretair: Appellations-Gerichts-Präsident Belitz) hat sich im Jahre 1861 sechs Mal versammelt. 1) Am 16. Januar: Wahl des Herrn Appellations-Gerichts-Präsidenten Dr. Belitz zum Secretair, an Stelle des am 1. Januar d. J. verstorbenen Secretairs, Appellations-Gerichts-Präsidenten Dr. Hundrich, für die Dauer der gegenwärtigen Etats-Periode. 2) Am 28. Februar: Vortrag des Herrn Präsidenten Belitz über das Leben, den Charakter und die schriftstellerische Thätigkeit z verstorbenen Präsidenten Dr. Hundrich, 14 Jahres-Bericht 2) Vortrag des Herrn Stadt-Gerichts-Rath Güttler über die Postgarantie, nach Maassgabe der im Postverein geltenden Vorschriften. 3) Am 20. März: Vortrag des Herrn Gerichts - Assessor Wittig über die Legitimation unehelicher Kinder durch obrigkeitliche Declaration. 4) Am 17. April: Vortrag des Herrn Appell.-Ger.-Rath v. Wittken über den Passage-Vertrag, mit Berücksichtigung der Verhand- lungen der Commission zur Berathung eines allgemeinen deut- schen Handelsgesetzbuches. 5) Am 27. November: Vortrag des Herrn Stadtrichter Primker über die Hannöversche Processordnung. 6) Am 18. December: Wahl des Herrn Präsidenten Belitz zum S$e- cretair für die Jahre 1862 und 1863. Vortrag des Herrn Gerichts-Assessor Wittig über das Separatum in Wechselsachen. Die musikalische Section (Secretair: Dr. phil. Baumgart) versammelte sich im Jahre 1861 vier Mal. Sämmtliche Vorträge wurden vom Secretair gehalten. Am 11. Juni las derselbe eine Fortsetzung seiner biographischen Mittheilungen über J. Th. Mosewius; sein Abgang von der Bühne und die Stiftung der Sing-Academie wurden besprochen. Am 19. November hielt derselbe einen Vortrag über Händel’s Oratorium: Israel in Aegypten. Mit Bezug auf die Beurtheilungen des Werkes nach seiner letzten hiesigen Aufführung (im Sommer d. J.) wurde zunächst über den Charakter der Händel’schen Oratorien im Allgemei- nen gesprochen, dann die eigenthümliche, von allen übrigen Oratorien abweichende Anlage des Israel dargestellt und die Musikstücke des ersten Theils näher erörtert, namentlich die, welche die Plagen Aegyptens schil- dern. Es wurde nachzuweisen versucht, dass Händel mit besonnener Erwägung aller obwaltenden Umstände in den meisten jener Stücke nicht die Empfindungen der Geplagten, sondern die Plage selbst in ihrem natürlichen Vorgange schildert, und dass diese Conception, weit ent- fernt, eine kleinliche Tonmalerei zu sein, mit der ganzen Idee und Ten- denz des Oratoriums in Uebereinstimmung sei; denn dieses will den mächtigen Gott des Volkes Israel, dessen Beschützer und starken Helden verherrlichen. Am 10. December sprach derselbe über moderne Instrumentirung älterer, namentlich Händel’scher Compositionen. — Die verschiedenen Ansichten Jahn’s, Mendelssohn’s und Anderer wurden mitgetheilt, dann besonders hervorgehoben, dass die Orchesterpartie in einem für Chor und Instrumente berechneten Kunstwerke nicht eine bloss äusser- der Schles. Gesellsch, £, vaterl. Cultur. 15 liche Zuthat zum Gesange sei, sondern dass Beides im Verein die an- gemessene und wahre Gestalt des Gedankens bilde, in welchem, wie in jedem Organismus, ein Theil den andern bestimme. Darum haben die Alten, so wie sie ihre Instrumente anders brauchten, auch für den Chor und den Gesang überhaupt anders, als wir, gedacht und geschrieben. Das scheinbar Veraltete liegt nicht in der Instrumental-Partie allein, son- - dern nicht weniger auch im Vocalen; man könnte also mit gleichem Rechte auch dieses ändern wollen, wie es ja schon von Hiller vor 80 Jahren geschehen ist, dessen modernisirte Umarbeitungen heut viel veral- teter sind, als Händel’s Originale. Die Concessionen, die man wegen veränderter Technik der Instrumente, wegen der in den meisten Concert- Localen fehlenden Orgel, wegen unzulänglicher Bildung des Publieums macht, sind eben erzwungen und können kein Prineip ergeben. Was Mozart für den Messias und andere Händel’sche Werke gethan, sind seniale Nachdichtungen; kann Einer heut oder künftig dasselbe thun, so ist das als ein Glücksfall anzusehen, aber nicht zu verlangen. Endlich hat Händel seine Werke so instrumentirt, wie irgend ein genialer Ton- setzer seiner Zeit es konnte. Unsere Aufgabe ist es, dies verstehen zu lernen, nicht es nach Belieben zu ändern. — Am 17. December sprach derselbe, im Anschluss an den vorherge- sangenen Vortrag, über die erste Aufführung des Händel’schen Messias in Breslau im Jahre 1788. Die Berichte darüber in den Schles. Provin- zialblättern, deren ausführlichster von Hiller, dem Veranstalter und Lei- ter jener grossartigen Aufführung, selbst herrührt, wurden mitgetheilt und besonders charakteristische Proben von Hiller’s Bearbeitung des Mes- sias gegeben, deren Partitur noch vorhanden ist. Es ergiebt sich daraus, wie Hiller an vielen Stellen Händel’s tiefsinniges Werk gar nicht ver- standen und auf’s schonungsloseste verändert hat, namentlich in den Arien. Bei dieser Gelegenheit fand sich auch, dass in der gedruckten Partitur der Mozart’schen Bearbeitung eine Arie im dritten Theil nicht von Mozart, sondern von Hiller herrührt, was nach inneren und äusseren Gründen kaum zu bezweifeln ist. Sie ist also in der Mozart’schen Partitur untergeschoben. — In der Versammlung am 10. December wurde der bisherige Secre- tair für die nächste Etats-Zeit wiedergewählt. Hoffentlich werden die Versammlungen in der Zukunft zahlreicher sein können und mannigfaltigere Kräfte an den Vorträgen sich betheiligen. Indem nunmehr das Präsidium am Schlusse seiner verfassungsmässi- gen Wahlzeit sein Amt in die Hände der Gesellschaft niederlegt, scheidet es mit den wärmsten Wünschen für immer lebendigere, wissenschaft- liche und dem Gemeinwohl erspriessliche Wirksamkeit unseres Vereins. 16 Jahres-Bericht Bericht über die Verwaltung der Kasse im Jahre 1861. Das vergangene Jahr war für die Gesellschaft in finanzieller Bezie- ziehung nicht grade zu den günstigen zu rechnen. Wenn einerseits aller- dings die etatirten Einnahmen in normaler Höhe erfolgten, ohne dass Ausfälle zu beklagen waren, so überschritten doch anderererseits die Ausgaben die Etatslinien um ein Bedeutendes; namentlich entstanden durch den Druck einer von der Gesellschaft herausgegebenen Schrift nahe an 700 Thlr. Kosten, deren Begleichung aus den laufenden Einnahmen nicht zu bewerkstelligen ist, und zu deren Deckung es daher nöthig wird, einen entsprechenden Theil der vorhandenen Effecten zu versilbern. Laut Präsidial-Beschluss ist daher zu diesem Zweck die Verwerthung von 800 Thlr. Oberschlesische Eisenbahn-Prioritäts-Obligationen lit. E ange- ordnet, durch welche Maassnahme selbstverständlich mit der Minderung der Fonds gleichzeitig auch eine Schwächung des Zinsengenusses eintritt. Wie weit das Bestreben, — den gedachten Ausfall durch buchhänd- lerische Begebung der erwähnten Schrift theilweise zu ersetzen, — Erfül- lung finden wird, muss erst: abgewartet werden, und lässt sich hierüber noch nicht durch Zahlen sprechen. Ausserdem fand eine Veränderung der Kassen-Werthpapiere insofern statt, als an Stelle der, laut Bekanntmachung der Hauptverwaltung der Staatsschulden vom 26. März d. J. gekündigten 900 Thlr. 5 procentige Niederschlesisch-Märkische Eisenbahn-Prioritäts-Obligationen Ser. IV, — da deren Convertirung in 44 procentige nicht zweckmässig schien, — für den erhobenen Vollbetrag 900 Thlr. Oberschlesische Eisenbahn-Prioritäts- Obligationen lit. F. angeschafft wurden. Es redueirt sich also der Effeeten-Bestand der Allgemeinen Kasse von 6000 Thlr. auf den Nominal-Betrag von 5200 Thlr., und bleibt zu wünschen, dass das folgende Jahr den Ausfall wieder ergänzen möge. Bei der Special-Kasse der Section für Obst- und Gartenbau sind die in den Vorjahren ersparten Gelder zur Anschaffung von 500 Thlr. Ober- schlesischer Eisenbahn-Prioritäten lit. E verwendet worden, wodurch der Effeetenbestand auf 1000 Thlr. erhöht worden ist, und wenn bei dieser Kasse allerdings auch mehrere nicht unerhebliche Ausfälle in den etatir- ten Einnahmen stattfanden, z. B. durch den, wegen Missrathen des Obstes weit hinter den Erwartungen zurückgebliebenen Ertrag des Gartens und durch den Wegfall der Unterstützung vom hiesigen Königlichen katholi- schen Sehullehrer-Seminar, so ist es doch gelungen, den obigen Effecten- bestand aufrecht zu erhalten. Breslau, den 20. December 1861. Klocke, z. Z. Kassirer, Zr aA Br PN BIT Fr - vn Pr 5 7 — Fe NRasr DEN BeTe Fir A a ar 1861. —_—_——_._ 2a nl E ers: | Ist eingekommen. Ausgabe : Ist verausgabt. B nach dem Etat 2 ; Allgemeine Kasse. > ä Pr Allgemeine Kasse, ec: ecten, aar. 1861-62. Eifecten. Baa r. = I%# Einnahme. + I ee 141 ||| | #6 Ausgabe. a WA | An Bestand aus dem vorigen Jahre. ....urnuenoenseeeseensunne enter nenn. 60905» 68 256175 1600er] Miethenm: AR ee a „ Defeeten aus der Jahresrechnung pro 1860......u.. 00.0 ms... nrenennnn: — 2 8 2 130 | — | Honorar den Präfecten.. .........rureouoesoesnnssssnnnseeunnenanen Booau on ARREBBL‚ — 130 | — | — „ eingegangenen Resten früherer Jahre.......uunnene one ee ol nnnnun — 3ı — | — 250: 1. — 2] :Gehalt"dem' Castellan. ve kan anne deck an de learn denen denen re —_ 250 | — 244 | 16 Zinsen von Effeceten: 15 | — | Neujahrsgeschenk demselben........... Re I N _ Ib u une : von 2400 +3. Niederschl.-Märk. Eisenb.-Pr. -Oblig. a Po anno 96 +. ..- ı : demiHaushalterae er a en nee one ektaen — || „ 1200 „, Bresl.-Schw.-Frb. „, De 3 5 85; |" [Heizung De ee ri 94|1ı9| 6 „ 1200 „, Oberschl. Eisenb.-Pr. -Oblig. lit, R. 13% „ & ga0 2 Beleuchtung Ko NEN TEEN A era = 111 )26| 6 » 900 , ».» » 09, UF. ae füh, 1 Jahr 20} ” 30. = ]-Unterhaltung der>Mobiliehe u hen nannten anne — 10 1 6 » 300 „ Preussische Prämien - Änleihe & 32% Pr, anno 10% a 13- | — | Feuerversicherungs-Prämie ..........uneenneusscsnesasuneennennnnsnnenennensnsnenansnne nenn —_ 12 | 19 | — Ze 216 | 22 6 15 | — 1 'Schreibmateriallen. A De te — — 12 | — 21368 | — ı ‚„, Beiträgen einheimischer Mitglieder: 45 .|. — | :Zeitungs- Ann ongenl ER ee EEE ee EEE —_ 64 | 11 | — Pro I. Semester von 229 Mitgliedern & 3 gu... es u 500; — | Drucksachen. I. Mr enteo erde anna ee seele nee een kle len —_ 1118 | 10 6) 75T 4 AT 5 ee... Kar: 723 & 85.1 — | Büchbinder-Arbeitens rn een east gfatae nad eeeteee — 85 | 16 ) I 2 60, | -— |; Posiprocura und Porto sheet ee ern ae ee een nee _ 63 | 25,| 9 ! => 141 ei 30 |: il Kleine Ausgaben ones — 27 | 10 3 324 | — | ,„ Beiträgen auswärtiger Mitglieder: B | > 40 | — Nasen tie SEITE en Me _ — I5| — Pro I. Semester von 80 Mitgliedern & e ia: 392 000. non NER 160 + 20 | — | Entomologische Section........... zsessnesenonene nunn aesenennennnennanenenen a ken — 20.) 25° 1 — „ U » „ 8 » BD 5 eeerennenn ea 162 „, 60 | =] Bechtiische Bepton PA... a — 56 | 25 | 6 nm 05 25: — || Botanische. ge choose —_ 26 | 26 | — 36 | — | „ Eintrittsgebühren von 21 neuen Mitgliedern A 3 mg ac... Fa &5 A 20 | =. | Juxistische5Seconverese Ber a a — 12| — | — 1550| — | „ mu vom Schlesischeu Kunst-Verein.... ......sereru.en.- BI 150 120 '°— | Bibliothek... 3.122 00 Vena en RR — 164 | 11 | — Ba „." Gewerbe-Verein........... een I Fe ze 150 ee er 113° 152 "Unvorhergesehener Haller por ee Eee == 121 | 10 | 4 0 Beitrag vom hiesigen Magistrat ...........0.% one acknnee an SE Ne } IE 2) ag vom hiesigen Magistrat .........n.rn onessentneescharserae le Fl — 112992 | 35 9 Aussergewöhnliche Einnahmen: "0000 20 ee Bee} Veit A Blech n En Verkauft die gekündigten Niederschles.-Märk. Eisenbahn-Prioritäts- ergütung für Local, Beleuch Ing ete. von Privaten #%.23 Ip : an o — (ee | Für verkaufte, Tahrosheiichte & 2 = a 23 n6 3 96 Obligationen Ser. IV, No. 1859/61 und 1866/68..........eeueee..... 900 Ueberschuss von den Sonntags-Vorlesungen ...... ei? desgl. die Oberschles. Eisenbahn - Prioritäts - Obligationen lit. E. | Differenz zwischen den als gekündigt Ve % No. 276, 3406, und LONG: nern nenne ee ee I — |— | — verkauften 900 .Niederschl.-Märk. ; Eisenb,-Prior.-Oblig. nebst Zinsen. 921 .. 5 . ma aearen Fekauflen 900 > 6 Bestand am Schlusse des Jahres: h Be Eisenb.-Pr.-Oblig, lit. F. Niederschles.-Märkische Eisenbahn-Prioritäts-Obligationen 2400 4: nebeb „Zinsen... - ai st Zinsen 899 „3 „ Breslau-Schweidn.-Freib. > „» Pr) 1200 „ 2 22 „ Bi a Erlös aus verkauften 800 4. Oberschl, Eisenb.- IR 228 \ Obersehlesische Eisenbahn Prioritäts-Obligationen N E... 400 „ Prior.-Oblig. IN E..22...2. 022. ae ee er » „» » » lit. F£. 900 „ er 17 % 4 Preussische Prämien-Anleihe ..... ........-..cc220nne sense 300 , er Neu angekauft vorstehend genannte Oberschles. Eisenbahn-Prior.-Hrı: : 5200 = a | No. 2138. 3377. 4258, 4259/60... .....1..000 2 RE nr h en u. = PIEBB Baal ee a ae Rasa 271 13 6900 Terme 3264 Tee: > | "6900 | 326 | > | r Klocke, Bin 2 Cassirer der Gesellschaft, — 1561: für Obstbau und Garteneultur. “00.0. ...... Ausgabe. ..... Eee Leitner Weile re je ie 8 late nee ET EL LT ne br TR er RL 8 8 2 0° .e 0. le orte side a ie. 0 eo, 0.0 0 0 0 9 enler ser lsflu se te m Eu. .el ke; ,eN Ss r.ers 08 080 001000 er [808 8 0 0 or LTE RT 8 Le 0 8 08 8 80 0 LT 8 0 20 —° ...überstehender 500 #2. Ober- po. lit: WW... -. 2: jahr DE chenk ito nike in eye a Fan Te) og ar,leNe DERANSLEAUE EL ARE LdTRR Eee Le tal a Sie. \ay in: at, wajlie) ie ,n a Nıaulele) es, „ou, n eiye 016. .e je» a)'a ja la ©» senb.-Prior.-Oblig. i0r.-Oblig. -blig. . 0. 10 e0.. pers 0 Le) 10), wine, je in In aliel Hluiie . 0 2. 0000 0° eio enaleiler ehe er... 0.0. eyann:lalieiie 0 anal ar'eL.’unn ©. 0) I NE tele e teile ce ) ) «liel) ehe Us en eis oma. € Bı/ef/ie de, eij,e- a)» s///e rallarıe lehleun. au nie ae "0 har. oP Late e.),a, Ten ml esieituma atta ls 0.0 % ejranie, @,)R’Tay nu 2a BET E n RR Klocke, .. 7. 5 Te Ist verausgabt. Effecten. e II, 8 ” 6% 3 „ I „ 6 4 6 „ Tan) 6 „ 775,903 427 4 TR) STERN In eERE 522 18 300 200 „ 500 „, 1000 — 153 1000 1278 Cassirer der Gesellschaft. Baar. KAr: een anne a nn En mr 4) 10 a Etat der Einnahmen und Ausgaben der Einnahmen. I. | Zinsen von Activ-Capitalien, und zwar: von 2400 +5: Niederschl.-Märk. Eisenb.-Prier.- Oble= Ber L.ar4 mar 2 I6 2 — „ 1200 , Bresl.-Schweidn.-Freib. Eisenb.- Pnior.-Oblie,.a2 4%... 0.2. 48 u, — „ 400 , Oberschles. Eisenb.-Prior.-Oblig. as ae } ee » 900 , Oberschles. Eisenb.-Prior.-Oblig. een 10,415 5 „»„ 300 ,„ Preuss. Prämien-Anleihe & 33% 10 „15 „ II. | Beiträge von einheimischen Mitgliedern, nach der Ende 1861 verbliebenen Anzahl zahlender Mitglieder: 233 Mitglieder Oel ee u nn Re Ill, | Beiträge auswärtiger Mitglieder, nach der Ende 1861 verbliebe-| nen Anzahl zahlender Mitglieder: 80 Mitglieder & 4 +g..... IV. | Eintrittsgebühren neu aufgenommener Mitglieder, 12 & 3 »2..... V. | Beitrag zur Miethe vom hiesigen Kunstverein. VI. | Beitrag zur Miethe vom hiesigen Gewerbeverein, inel. Beleuch- tungs- und Beheizungs-Kosten....... ........n.... es VII: Beitrag vom hiesigen Magistrat ..... .......... en ren Breslau, de) Das Präsidum der I Göppert. v. Görtz. Bartsch, Klocke. Schönborn. le Ausgaben. % I Via De er ee Rh en 600 | I. | Honorar den Präfeeten über Bibliothek und Museum der Ge- | SELISEINE AN. EN Du u BR NIE RE N et, 130 BR eehalt dem Kastellan.... .............0.2.00eneeaietenscnmeenerenne 250 | I aNeujahrsceschenk demselben ..........2.N.....un..clesenn. 15 | V. | Neujahrsgeschenk dem Haushälter .... .......... ... N 3 | en Be a RS A Be a 85 | leuiechtung® 20.2 a ee 95 VIE. | Unterhaltung der Mobilien ...... ee 10 | Be keuerversicherungs-Prämie ...................20 2.2.2 ur. Seesen 13 | 2 Behrens on ee ee 15 XI Bine Annoncen... ecke ann ches ire 45 BEE errickkostenz........2.2..:.40.2.. u ee ia 500 ||, XI Buchbinder-Arbeiten ....................... Ba Ne 65 a rosiprocura und Porto... ned... 40 | XV. | Kleine Ausgaben.. ....... .. Rn Se NS LER ee 15 XVI.-| Naturwissenschaftliche Section ...... SE Bee a N nn hehe 25 Er ITZ Entomologische Section ............. 2.2... nen 10 BERY II |} Technische Section ........................... ee 60 BE REEE TE otanısehe. Section. ............0.nenensenesesnäennnetescneneenehee een 25 .XX. | Juristische Section ............... er 240 DR Binliothek ..............22.... 2. N LNNIRTEL:: 60 Ir ar Vivorhergesehene; Fälle................... 2... m 267, 1° 1%; 2343 [* ie. Januar 1862. Iblesischen Gesellschaft. mer. Steinbeck. Wimmer Dr. Förster. E. H. Müller. der Schles. Gesellsch, f, vaterl. Cultur. 17 Bibliotheken und Museen. — Die Bibliotheken der Gesellschaft haben in dem abgelaufenen Jahre einen Zuwachs von 1037 Nummern mit 1219 Bänden oder Heften erhal- ten, von denen 775 Nummern mit 902 Bänden der allgemeinen, 262 Nummern mit 317 Bänden, Heften oder Heftchen der schlesischen Bibliothek zugefallen sind.. — An Gesellschafts-Schriften verdanken die- selben dieses Jahr ihre Vermehrung, ausser 26 schlesischen, 91 deut- schen, 1 kroatischen, 2 siebenbürgischen, 6 russischen, 2 schwedischen, 3 norwegischen, 2 dänischen, 1 englischen, 1 niederländischen, 3 belgi- schen, 4 französischen, 5 schweizerischen, 3 italienischen, 1 nordamerika- nischen und 1 australischen, in Summa 126 ausserschlesischen Gesell- schaften und Instituten. Die Namen der Behörden, Institute, Vereine und einzelnen Herren, denen die Bibliotheken ihre Vermehrung im Jahre 1361 verdanken, sind mit beigefügter Zahl der von ihnen geschenkten Werke folgende: A. Bei der schlesischen Bibliothek. a. Von Behörden, Instituten, Vereinen etc. Das Gymnasium zu St. Elisabet zu Breslau 1, das Gymnasium zu St. Maria Magdalena zu Breslau 1, das jüdisch-theologische Seminar Frän- kel’seher Stiftung zu Breslau 1, das katholische Gymnasium zu Breslau 1, das, königl. Friedrichs- Gymnasium zu Breslau 1, das königl. Ober-Berg- Amt zu Breslau l, der Gewerbe-Verein zu Breslau 2, der landwirth- schaftliche Central-Verein für Schlesien zu Breslau 1, der landwirthschaft- liche Special-Verein zu Breslau 1, der schlesische Kunstverein zu Breslau 1, der Verein für Geschichte und Alterthum Schlesiens zu Breslau 1, der Verein zur Beförderung des Seidenbaues in der Provinz Schlesien zu Breslau 1, die Handelskammer zu Breslau 1, die höhere Töchterschule zu Breslau 1, die königl. Universität zu Breslau 46, die Realschule am Zwin- ger zu Breslau 1, die Realschule zum heil. Geist zu Breslau 2, die natur- forschende Gesellschaft zu Görlitz 1, die oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften zu Görlitz 1, die ökonomisch - patriotische Societät der Fürstenthümer Schweidnitz und Jauer zu Jauer 1, die Realschule zu Lan- deshut 1, die königliche Ritter-Akademie zu Liegnitz 1, die philomathische Gesellschaft zu Neisse 1, die Realschule zu Neisse 1, der Magistrat zu Ohlau 1, die Freimaurer-Loge zu Ratibor 1 Nummer. b. Von einzelnen Geschenkgebern. Hr. Stadtrath Becker 4 (in 57 Bänden), Hr. Kaufmann Dr. J. Cohn 2, Hr. Buchdruckerei-Besitzer Fischer 3, Hr. Geh. Medie.-Rath Prof. Dr. ) ui 18 Jahres-Bericht Göppert, 3, der königl. Kammerherr Hr. Graf v. Hoverden-Plenken 1, Hr. Partieulier "Kiessling 2, Hr. Privatdocent Dr. med. Klopsch 1, Hr. Ritter- gutsbesitzer v. Koschützki auf Gross-Wilkowitz 2, Hr. J. w. Leschke zu Schreiberhau 1, der zeitige Kustos K. Letzner 5, Hr. Secretair Th. Oels- ner, 102 und eine Anzahl kleiner Nummern, Hr. Reisler 1, Hr. Seminar- Oberlehrer Scholz 1, Hr. Dr. phil. H. Schwarz 1, Fräul. Amelie Sohr 18, Hr. Antiquar Stett 1 Nummer, Hr. Director Prof. Dr. Wimmer 13 Hefte (Manuser.). Eingetauscht wurden 15 Nummern und 15 Urkunden, gekauft '13 Nummern. B. Bei der allgemeinen Bibliothek. a. Von Behörden, Instituten, Vereinen etc. Der Verein für Geschichte zu Agram 2, der historische Verein in Mittel-Franken zu Ansbach 1, der naturhistorische Verein zu Augsburg 1, der Gewerbe-Verein zu Bamberg 1, der historische Verein zu Bamberg 1, die naturforschende Gesellschaft zu Basel 1, der Verein für Geschichte und Alterthumskunde von Ober-Franken zu Bayreuth 1, der landwirth- schaftliche Provinzial-Verein für die Mark Brandenburg und Nieder-Lau- sitz zu Berlin 2, der Verein für Geschichte der Mark Brandenburg zu Berlin 1, die deutsche geologische Gesellschaft zu Berlin 1, die königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin 3, die königl. Friedrieh-W ilhelms- Universität zu Berlin 11, der naturwissenschaftliche Verein des Harzes zu Blankenburg 1, der landwirthschaftliche Verein für die Rheirprovinz zu Bonn 2, der naturhistorische Verein der preuss. Rheinlande und West- phalens zu Bonn 1, die Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn 40, der Werner-Verein zur geologischen Durchforschung von Mähren und Oester- reichisch-Schlesien zu Brünn 1, die mährisch-schlesische Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde zu Brünn 2, die königl. belgische Akademie der Wissenschaften zu Brüssel 5, 2’Aca- demie roy. de Medecine de Belgique zu Brüssel 1, die Gesellschaft der Wis- senschaften zu Christiania 1, die königl. Gesellschaft for Norges Vel zu Christiania 1, die königl. norwegische Universität zu Christiania 1, die naturforschende Gesellschaft zu Danzig 1, der historische Verein für das Grossherzogthum Hessen zu Darmstadt 3, der Verein für Erdkunde zu Darmstadt 1, die königl. baiersche Friedrich-Alexander-Universität zu Er- langen 56, der ärztliche Verein zu Frankfurt a. M. 1, der. historisch-sta- tistische Verein zu Frankfurt a. M. 1, der physikalische Verein zu Frank- furt a. M. 1, der Verein für Geschichte und Alterthumskunde zu Frank- furt a. M. 3, die Senckenbergische naturforschende Gesellschaft zu Frank- furt a. M. 1, die grossherzogl. Albert-Ludwigs-Universität zu Freiburg im Br. 7, die naturforschende Gesellschaft zu Freiburg im Br. 1, die natur- wissenschaftliche Gesellschaft zu St. Gallen 1, die Societe de Physique et d’histoire naturelle zu Genf 1, die königl. hannoversche Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen 1, die königl. hannoversche Landwirthschafts- Gesellschaft zu Göttingen 1, der thüringische Garten- und Seidenbau-Ver- ein zu Gotha 2, der historische Verein für Steiermark zu Graz 1, der landwirthschaftliche Central-Verein für Litthauen und Masuren zu Gum- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 19 binnen 1, der naturwissenschaftliche Verein für Sachsen und Thüringen zu Halle 1, der naturwissenschaftliche Verein zu Hamburg 1, die Wet- terauer Gesellschaft für die gesammte Naturkunde zu Hanau 1, der hi- storische Verein für Nieder-Sachsen zu Hannover 4, die naturhistorische Gesellschaft zu Hannover 1, die polytechnische Schule zu Hannover 1, die holländische Gesellschaft der Wissenschaften zu Harlem 1, der allge- meine deutsche Apotheker-Verein, Abtheilung Süddeutschland, zu Heidel- berg 1, der naturhistorisch-medicinische Verein zu Heidelberg 1, der sie- benbürgische Verein für Naturwissenschaften zu Herrmannstadt 2, der Verein für siebenbürgische Landeskunde zu Herrmannstadt 7, die gross- herzogl., herzogl. sächsische Gesammt-Universität zu Jena 20, die kaiserl. leop.-karol. Akademie der Naturforscher zu Jena 1, der k. k. Landwirth- schafts-Verein für Tirol und Vorarlberg zu Innsbruck 1, die grossherzogl. Centralstelle für die Landwirthschaft zu Karlsruh 2, der Verein für hes- sische Geschichte und Landeskunde zu Kassel 3, die Geschichts- und Alterthums-Vereine zu Kassel, Darmstadt und Wiesbaden 1, der Verein nördlich der Elbe zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse zu Kiel 1, die schleswig-holstein -lauenburgische Gesellschaft für vaterlän- dische Geschichte zu Kiel 1, die Universität zu Kiel 1, die Centralstelle der landwirthschaftlichen Vereine des Regierungs-Bezirkes Königsberg zu Königsberg 1, die königl. Albertus-Universität zu Königsberg 33, die kgl. physikalisch - ökonomische Gesellschaft zu Königsberg 1, die königl. dänische Gesellschaft der Wissenschaften zu Kopenhagen 1, die königl. Universität zu Kopenhagen 8, der historische Verein für Krain zu Lai- bach 1, das statistische Bureau zu Leipzig 1, die königl. sächsische Ge- sellschaft der Wissenschaften zu Leipzig 5, die polytechnische Gesellsch. zu Leipzig 1, das Museum Franeisco-Carolinum zu Linz 1, the royal So- ciety zu London 1 (in 10 Bänden), die königl. Gesellschaft der Wissen- sehaften zu Lüttich 1, die Academie imp. des sciences, belles-lettres et arts zu Lyon 2 (in 16 Bänden), die SocietE Linndenne zu Lyon 1 (in 9 Bänden), die Societe royale d’Agriculture, d’histoire naturelle et des arts utiles zu Lyon I (in 24 Bänden), die Societa italiana di scienze naturali zu Mailand 1, der Verein für Naturkunde zu Mannheim 1, die Universität zu Marburg 45, die landwirthschaftlichen Central-Vereine zu Marienwerder und Dan- zig 1, the Philosophical Institute of Victoria zu Melbourne 1, die Societe imp. d’Agriculture zu Moskau 1, die Societe imp. des naturalistes zu Mos- kau 2, der landwirthschaftliche Verein in Baiern zu München 3, die kgl. baiersche Akademie der Wissenschaften zu München 2, der landwirth- schaftliche Verein zu Nossen im Königreiche Sachsen 1, das germanische Museum zu Nürnberg 1, der literarische Verein zu Nürnberg 1, der Ver- ein für Naturkunde zu Offenbach 1, die Societe universelle d’Ophthalmologie zu Paris 1, der Gartenbau-Verein zu St. Petersburg 1, die kaiserl. Aka- demie der Wissenschaften zu $t. Petersburg 1, die kaiserl. freie ökono- mische Gesellschaft zu St. Petersburg 1, die k. k. patriotisch-ökonomische Gesellschaft im Königreich Böhmen zu Prag 2, der zoologisch-mineralo- gische Verein zu Regensburg 1, die königl. baiersche botanische Gesell- schaft zu Regensburg 1, -die Gesellschaft für Geschichte und Alterthums- kunde der russischen Ostsee-Provinzen zu Riga 2, der mecklenburgische patriotische Verein zu Rostock 1, die grossherzogl. Universität zu Rostock 18, der thüringische Kunst- und Gewerbe-Verein zu Saalfeld 1, das grossherzogl. statistische Bureau zu Schwerin 1, der provinzial-landwirth- schaftliche Verein für den Landdrostei-Bezirk Stade zu Stade 1, der entomologische Verein. zu Stettin. 1, die Gesellschaft. für pommersche Ge- d* 90 | Jahres-B ericht schichts- und Alterthums-Kunde zu Stettin 2, die königl. Akademie der Wissenschaften zu Stockholm 3, das königl. statistisch-topographische Bureau zu Stuttgart 1, der Verein für vaterländische Naturkunde in Würt- temberg zu Stuttgart 1, die königl. würtembergische Centralstelle für die Landwirthschaft zu Stuttgart 1, die polytechnische Schule zu Stuttgart 1, die königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Upsala 2, Isztituto veneto di scienze, lettere ed arti zu Venedig 1, Societa italiana di scienze naturali zu Venedig 2, die Smithsonian Institution zu Washington 3, der Alterthums- Verein zu Wien 1, die kaiserl. Akademie der Wissenschaften zu Wien 5, die k. k. geographische Gesellschaft in Wien 2, die k. k. geologische Reichs-Anstalt in Wien 1, die k. k. Landwirthschafts-Gesellschaft in Wien 1, die zoologisch-botanische Gesellschaft in Wien 1, der historische Verein für Nassau zu Wiesbaden 3, der Verein für Naturkunde im Her- zogthum Nassau zu Wiesbaden 2, der polytechnische Verein zu Würz- burg 2, die königl. baiersche Julius-Maximilians-Universität zu Würzburg 72, die physikalisch - medieimische Gesellschaft zu Würzburg 1, die naturforschende Gesellschaft zu Zürich 2, die Universität zu Zürich 29 Nummern. b. Von einzelnen Gesehenkgebern. Hr. Geh. Regierungs-Rath Dr. Back in Altenburg 6 und eine An- zahl kleiner Nummern, Hr. M. J. Barrande zu Paris 1, Hr. Stadtrath Becker 3 (in 19 Bänden), Hr. Sanitäts-Rath Direetor Dr. Berend in Berlin 1, Se. Excellenz der Minister der geistlichen, Unterrichts- und Me- dieinal-Angelegenheiten Hr. v. Bethmann-Hollweg in Berlin 1, Hr. Prof. Dr. Caspary, Director des botanischen Gartens in Königsberg, 1, Hr. Geh. Medicinal-Rath und Leibarzt Dr. Carus in Dresden 1, Hr. Dr. K. M. Diesing, Adjunet an der k. k. Reichs-Anstalt in Wien 1, Hr. Sani- täts-Rath Dr. M. Eulenburg zu Berlin 1, Hr. Major und Director a. D. Fils zu Stützenbach bei Schleusingen 1, Hr. J. J. Flatau zu Berlin 1, Hr. Dr. J. G. Flügel, General-Consul der vereinigten Staaten von Nord- Amerika, zu Leipzig 2, Hr. Dr. phil. Friedländer, Geh. Archiv-Rath in Berlin 1, Hr. Geh. Medieinal-Rath Professor Dr. Göppert 4, Hr. Profes- sor Dr. J. A. Grunert zu Greifswalde 2, Hr. Professor ©. Heer in Zü- rich 2, Hr. F. Jühlke, königl. Garten-Inspector zu Erfurt 1, Hr. J. B. Kraus, Rechnungsrath der k. k. Münz- und Bergwerks-Hofbuchhaltung in Wien 1, Hr. Dr. F. Krocker, Professor an der Akademie für Land- wirthschaft zu Proskau 1, Hr. Professor Dr. Kützing zu Nordhausen 1, Hr. Kaufmann J. Lederer zu Wien 1, Hr. Hauptlehrer D. Letzner 2, der zeitige Kustos K. Letzner 1, Hr. Sanitäts-Rath, Privatdocent Dr. Levy 1, Hr. Apotheker Dr. Liegel zu Braunau am Inn 1, Hr. Direetor Dr. Löw zu Meseritz 1, Hr. Dr. F. Müller, Direetor des botanischen Gartens zu Melbourne 1, Hr. Dr. Netwald, Brunnen- und Bade-Arzt zu Gmunden 1, Hr. Secretair Th. Oelsner 5, Hr. Dr. F. Palacky, Historio- sraph des Königreiches Böhmen zu Prag 1, Hr. Oberlehrer Dr. Prestel in Emden 1, Hr. Dr. L. Rabenhorst in Dresden 1, Hr. Dr. E. Regel, Direetor des botanischen Gartens in St. Petersburg 3, Hr. Dr. D. A. Rosenthal 1, Hr. Gutsbesißer Hugo v. Rothkirch 1 (Manuser.), Hr. Dr. H. Rühle, Professor und Director der medieinischen Klinik zu Greifs- walde 1, Hr. J. Schmidt, Direetor der Sternwarte zu Athen 1, Hr. E. Sedlaezek, Oberlieutenant im k. k. Ingenieur-Geographen-Corps in Wien der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 21 1, Hr. Dr. Senoner, Bibliothekar. der geologischen Reichsanstalt in Wien 8, Hr. Redaeteur Dr. A. Skofitz in Wien 1, Fräulein Amelie Sohr 106, Se. Excell, der königl. Wirkl. Geheime Rath und Ober-Üere- monienmeister Hr. Graf v. Stillfried-Aleantara zu Berlin 1, Hr. Gymna- siallehrer und Stadt-Bibliothekar Dr. Anton Tobias zu Zittau 1, Hr. Ar- chivar Professor Dr. Waitenbach 1, Hr. Professor C. ©. Weber zu Bonn 1, Hr. Dr. Weidgen, Badearzt zu Neuenahr 1, Hr. Dr. James Whitehead zu Manchester 1, Hr. Appellations-Gerichts-Rath v. Wittken 1, Hr. Dr Wocke l, Hr. Superintendent und Past. prim. Wolff zu Grün- berg 1, Hr. Professor Dr. Wuttke zu Leipzig 1 Nummer. Eingetauscht wurden 21, gekauft 48 Nummern (mit 57 Bänden). Die Sammlungen der Gesellschaft wurden in dem abgelaufenen Jahre durch folgende Geschenke vermehrt: A. Von Instituten, Vereinen eic. 1) Von dem Vereine studirender Pharmaceuten zu Breslau: Portrait des Geh. Medicinal-Rathes, Professor Dr. Göppert (Steindruck). — 2) Von der norwegischen Universität zu Christiania: Medaille auf Carolus und Louisa von Norwegen, gestochen von G. Loos (Kupfer). B, Von einzelnen Geschenkgebern. 1) Von Herrn Klemptnermeister Adler: 7 kleine Portraits berühmter Botaniker in Kupferstich, und das Portrait des verstorbenen Major v. Flotow in Steindruck. — 2) Von Herrn Geh. Medic.-Rath Prof. Dr. Göppert: a. Portrait des Prof. Treviranus von J. Richter (Stahlst.). b. Die Portraits der Professoren Dr. Fleischer in Hohenheim, Dr. Schultz Bipontinus in Zweibrücken und Dr. v. Weigel in Greifswalde (Lithogra- phien). c. Portrait des Professor Dr. Purkynje zu Prag (Photographie). d. Eine Ansicht aus dem botanischen Garten zu Breslau (Photographie). — 3) Von Herrn Th. Oelsner: Ein Feuerstein mit Muscheln von den Feldern des Dorfes Rosniontau bei Gross-Strehlitz. — 4) Von Herrn Dr. L. Rabenhorst in Dresden: Die Fortsetzungen der von ihm edirten, der schlesischen Gesellschaft von Anfang an zu Theil gewordenen Samm- lungen europäischer Kryptogamen, und zwar der Algen Dec. 7—16, der Flechten Dee. 21 und 22, der Fungi Cent. 4, der Hepaticae Dec. 17 und 18, und von der Bryotheca eur. Fasc. 9. — 5) Von dem Bibliothe- kar der k. k. geologischen Reichs-Anstalt, Herrn Dr. Senoner in Wien: Eine Sammlung von 163 Conchylien. — 6) Von Herrn Dr. Stache in Wien: Geologische Uebersichts-Karte von Siebenbürgen von Franz Rit- ter v. Hauer, 1861. — 7) Von dem Gymnasial-Lehrer und Stadt-Biblio- 22 - Jahres-Bericht thekar Herrn Tobias in Zittau: Portrait des verstorbenen Diaconus M. Peschek (Photographie). — 8) Von Herrn Hauptlehrer K. Zahn: Ab- bildung der Explosion des Pulverthurmes auf der Taschenbastion in Bres- lau am 16. December 1757 (auf Pergament gemalt). — Gekauft wurde: Gedenkblatt zum Jubiläum der Universität zu Bres- lau im Jahre 1861 von Kretschmer (Lithographie). K. Letzner, z. 4. Kustos der Bibliotheken. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 93 I. Bericht über die Thätigkeit der allgemeinen naturwissenschaftlichen Section der Schlesischen Gesellschaft im Jahre 1861, abgestattet von Ed. Grube und F. Roemer, Secretairen der Section. Die naturwissenschaftliche Section hielt im Jahre 1861 vierzehn Snzum gen, in welchen folgende Vorträge gehalten wurden: 1. Mathematisch - physikalische Wissenschaften. Herr Professor Dr. Galle gab in der Sitzung am 24. Juli einige Erläuterungen über die Lage der Bahn und den Lauf des im Juli sichibar gewesenen Gometen, mit besonderer Beziehung auf das plötzliche Erscheinen desselben am 30. Juni, an welchem ersten Tage der Sichtbarkeit derselbe zugleich sei- nen grössten Glanz zeigte. Am 23. Juni ging der Comet durch seinen aufsteigenden Knoten, und da die Erde eben gerade sehr nahe diesem Schneidungspunkte der parabolischen Cometenbahn mit der Erdbahn-Ebene sich befand, so fand eine Annäherung des Cometen-Kopfes an die Erde bis auf 21 Millionen Meilen und des Schweifes bis auf nahezu eine halbe Million Meilen statt. Herr Professor Dr. Sadebeck sprach in der Sitzung am 13. März über den Stand der Hypsomeirie Schlesiens. Das bekannte Buch von Prudlo: „Höhenmessungen in Schlesien ete.‘“, Breslau 1337, ist nur mit Vorsicht zu gebrauchen, wenn es sich 24 Jahres-Bericht um einige Genauigkeit handelt. Denn er hat nicht nur bei seinen eige- nen Bestimmungen die Seehöhe sämmtlicher Ausgangspunkte — freilich ohne Verschulden — unrichtig angenommen, sondern auch nicht die Mit- tel besessen, um die Ausgangspunkte Anderer und die auf dieselben ge- stützten Bestimmungen zu verbessern. Wo er ja Letzteres versucht hat, ist oft der Fehler noch grösser geworden, wie z. B. bei den anerkannt zu- verlässigen Messungen des Herrn Berg-Hauptmann v. Carnall, welche er sämmtlich aus unbekanntem Grunde und mit Unrecht um 70—80 Par. F. vergrössert hat, wie eine Vergleichung der Zahlen in seinem Buche mit den Original-Angaben in Karsten’s Archiv für Bergbau, Band 18, und in Karsten’s Archiv für Mineralogie, Band 14, beweist. Hieran knüpfte der Vortragende eine Kritik der älteren Barometer-Messungen. Als besonders zuverlässig und brauchbar hob er hervor die Bestimmun- sen der Autoren v. Carnall, v. Lindener, Jungnitz, Kaluza, Scholz, Graf Schweinitz, Seliger u. A. m. Doch erfordern auch diese eine Reduction, weil jetzt durch das im Jahre 1841 veröffentlichte trigonometrische Oder-Nivellement und die Messungen des grossen Gene- ralstabes dargethan worden ist, dass die früheren Fundamental-Punkte einer Correctur bedürfen. Die genannten Arbeiten, sowie die Privat-Ar- beiten des Vortragenden und die Eisenbahn-Nivellements liefern ein zu- verlässiges hypsometrisches Netz, mit Hülfe dessen sehr viele Bestimmun- gen aus früherer Zeit werden verbessert werden können. Derselbe gab in der Sitzung am 18. December: Hypsometrische Mittheilungen über das Eulengebirge und die Schneekoppe. 1. Ueber das Eulengebirge. Es ist mir in diesem Jahre gelun- gen, meine Höhenmessungen im Eulengebirge zum Abschlusse zu bringen. Die meisten Punkte sind trigonometrisch bestimmt worden, und das Ba- rometer ist nur da zur Anwendung gekommen, wo wegen mangelhafter Aussicht kein trigonometrisches Nivellement möglich war. Mein Ausgangspunkt war der katholische Kirchthurm von Reichen- bach, dessen Knopfmitte nach der Bestimmung des grossen Generalsta- bes die Höhe von 1039.1 Par. Fuss über dem Mittelwasser der Ostsee bei Swinemünde hat. Obgleich ich diese Angabe für völlig zuverlässig hielt, so schien es mir doch nicht überflüssig zu sein, sie mit einer ande- ren Höhenbestimmung zu vergleichen. Ich habe nämlich trigonometrisch die Höhe jenes Thurmes über dem Bahnhofe von Reichenbach bestimmt und 239.7 P. F. gefunden. Hieraus hat sich ferner für die Seehöhe des Bahnhofes (Schienen-Oberfläche) 799.4 P. F. ergeben, während aus dem Eisenbahn-Nivellement 799.8 P. F. hervorgeht. Wenn also die Messung des Generalstabes einer Prüfung bedurft hätte, so ist dieselbe hiermit in befriedigendster Weise gegeben. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 25 Von Reichenbach aus habe ich drei trigonometrische Nivellements- züge nach dem Gebirge hinaufgeführt, den ersten über den katholischen Kirehthurm von Langen-Bielau, den Herrleberg ebenda, den Kirchthurm von Lampersdorf und die Wenzelkoppe bei Rosenbach nach dem Don- jon auf der Festung Silberberg. Auf dem zweiten Zuge bin ich zuerst ebenfalls nach dem katholischen Kirchthurme von Langen-Bielau und dann über den Gasthof zum Preussischen Hofe ebenda nach dem Sonnensteine, einer mächtigen Felsgruppe zwischen der Sonnenkoppe und dem Thurm- berge, gegangen. Den dritten, zur Bestimmung der hohen Eule bestimm- ten Zug habe ich über den Kirchthurm von Peterswaldau, den Burg- schlossberg, den katholischen Kirchthurm von Steinseifersdorf, die Ma- rienhöhe und den Friedersdorfer Berg gelegt, aber nicht bis auf den Gipfel der Eule, sondern nur bis in den lichten Hau auf dem nord- westlichen Ende des Eulen-Kammes gelangen können, weil der Kamm selbst über und über bewaldet ist und nicht die erforderliche Aussicht bietet. Das noch fehlende Stück habe ich barometrisch nivellirt. Zu die- sem Zwecke habe ich mich am 1. October d. J. von Wüste-Waltersdorf aus mit dem Fabrikherrn E. Websky und meinem ältesten Sohne zu- nächst nach dem letzten Dreieckspunkte in dem lichten Haue begeben. Hier liess ich meinen Sohn mit einem Barometer, Thermometer und Theodoliten zurück, mit der Weisung, alle Viertelstunden barometrische Beobachtungen vorzunehmen, zugleich aber auch die Höhe des Barome- ters über dem Dreieckspunkte durch Beobachtung mit dem Theodoliten zu bestimmen, weil dasselbe zum Schutze gegen die Sonne in einer Ent- fernung von 101 P. F. aufgehängt worden war. Ich selbst ging nun mit Herrn Websky nach dem Gipfel, indem wir den sogenannten Kanonen- weg verfolgten, welcher über den ganzen Kamm hinwegführt. Der höchste Punkt der hohen Eule liegt auf diesem Wege bei dem Grenz- steine No. 127. Man hat daselbst leider gar keine Aussicht, ausser den geradlinigen Weg entlang, welcher hier eine etwa eine Ruthe. breite Gasse zwischen dichtem Strauchwerk, vermischt mit Nadelholz (Fichten), bildet. Dicht neben dem genannten Grenzsteine hing ich Barometer und Thermometer an eine Fichte, und die Beobachtungen begannen, vom schönsten und ganz windstillen Wetter begünstigt, um 3 Uhr 30 Minuten. Das Barometer hing 1.5 P. F. über dem Gipfel des Grenzsteines. Beobachtungen auf dem Gipfel der Eule. No. | Zeit. Temp.d.Quecks.| Barometer. | Temp. der Luft. 1 5 Uhr 30 Min. | + 1205 R. | 301.21 SR, 2 A a 0.99 6 er: es 0.91 u 4 1, | Be 0.82 | N 5 30. ent lar, 0.67 oe 26 Jahres-Bericht Beobachtungen bei dem Dreieckspunkte. No. Zeit. Temp.d.Quecks.| Barometer. Temp. der Luft. ı |3 Uhr 30 Min. | + 9°3 R, 303.12 | + 6°1 R. 2 AS. a 3 BG ae a0 ne 3.00 ; | 10055 ee 2.90 EL 5 200, a 2.80 N Die Anwendung der Baeyer’schen Methode liefert folgende Zahlen für den Höhenunterschied der beiden Barometer: 1. 29.236 tois. 2. 30.7608 300 2685 4,2700916, „ 5. 27.868 ” Mittel 28.693 tois, = 172.17 Par. Fuss. Das untere Barometer hing 20.9 P. F. über dem Dreieckspunkte, wie die auf demselben vorgenommenen Theodoliten - Beobachtungen er- geben haben, und die Seehöhe des Dreieckspunktes ist 2970.0 P. F. Mithin ergiebt sich für das Barometer auf dem Gipfel der Eule die See- höhe von 3163.1 P. F., und für den Gipfel des Grenzsteines 3161.6 P. F., so dass man für den Gipfel der Eule abgerundet die Zahl 3160 P, F. nehmen kann. Vergleicht man dieses Resultat mit den früheren (s. Prudlo’s Höhen- messungen $. 176), so findet sich, dass es mit Prudlo’s eigener Mes- sung am besten stimmt. Dieser hat seine Beobachtungen mit gleichzeiti- gen an anderen Orten combinirt und für die Seehöhe der Eule gefunden: mittels Breslau...... 3169- Ps; E: »„ Reichenbach . 3140 „, Js. Glatz "Sb. Bei S1ZoN AL, Er hat dabei für die Seehöhe des Barometers auf der Sternwarte in Breslau 472.4 statt 453.6, also 18.3 P. F. zu viel genommen, für das Barometer des Markscheider Länge in Reichenbach 806 statt 833, also 27 P. F. zu wenig, für Glatz aber dieselbe Zahl, welche auch ich dafür gefunden habe. Demnach sind, wenn man diese Reductionen anbringt, seine Angaben also zu nehmen: mittels Breslau...... 3146 P. FE. »... Reichenbach . 3170 ,, 2 lat urn. SR. SIT Mittel 3162 P. F. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 97 Die geringe Abweichung meines Resultates von dem Prudlo’schen mag immerhin eine zufällige sein, aber zum Wenigsten geht daraus her- vor, dass sich in meine Messung kein grober Fehler eingeschlichen hat. Ich habe übrigens für dieselbe noch eine zweite Prüfung in dem Nivelle- - ment der Chaussee von Reichenbach nach Wüste-Waltersdorf gefunden. Dieses liefert, wenn man für den Bahnhof von Reichenbach die oben an- segebene Seehöhe, 799.4 P. F. festhält, für den Fuss des evangelischen Kirehthurmes von Steinseifersdorf 1356.0 P. F., und für den höchsten Punkt dieser Chaussee, an den sogenannten sieben Kurfürsten, 2327.5 P. F. während ich für diese beiden Punkte 1355.0 und 2327.4 P. F. erhalten habe. Obschon dieselben nur Nebenpunkte meines Nivellements sind, so glaube ich doch, dass jene Uebereinstimmung auch eine Gewähr für die Zuverlässigkeit der Hauptpunkte bietet, welche ich, wie folgt, mittheile. Langen-Bielau, kathol. Kirchthurm, Knopfmitte ......... 1179. (HP = 3 > Sockelan. en. DaArde AR Preuss. Hof, Erdboden im Garten....... gaaıaıA Be eluipiele. 0.2.0000. 0 140107, 7% np r.dor, Korehthurm, Rnopimiien........ 0. -00.... KT 5 Erdboden in der Halle am Eingange in den Kirchhof ..... Be aan re Bas bike 100 pe; kaptel ni a ee m een sn: EB Silberbere,-Donjon, Wallgang‘..............-...2.... 2112. 0% Sehlessplatzur). anna. sa. er ide: > 2080.0 ,„, Bonnie belssipfeli: u... 2.2.20. Jensen aece nee. 2I02.10°° Peterswaldau, Kirchthurm, Mitte des Kreuzes ........... 1043.39 a 5 Busse ee leer BAOLISNT ELSETELESEDGIEE NR de N BB AR er io D u Steinseifersdorf, kathol. Kirchthurm, Knopfmitte ........ 1509.2 Marienhöh, Dreieckspunkt...... a Bun ans. 2032, 20° Friedersdorfer Berg...... IE I ET EIN 2342.0 „ Eule, Dreieckspunkt im eh Have 720 000, 2200.07: INTENERED EN ware 3160012, PP) Die Begründung dieser Resultate gedenke ich in einer besonderen Arbeit über das Eulengebirge niederzulegen. 2. Ueber die Höhe der Schneekoppe. Die erste Messung dieses Berges ist nicht, wie man bisher geglaubt hat, von dem Abt Fel- biger aus Sagan ausgeführt worden, sondern von Johann Tobias Volkmar, Pastor in Petersdorf bei Warmbrunn. Er hat seine Messung in seiner Schrift „Reisen nach dem Riesengebirge, Bunzlau 1777“ $. 134 also beschrieben: „Dahero will ich blos anzeigen, dass ich nach der „Scheuchzerischen Art mit zwei genau verglichenen Wettergläsern die „Koppe an einem durchgängig heitren Tage gemässen. Bei dem einen „liess ich alle Stunden die Höhe des Merkurs in Petersdorf beobachten 98 Jahres-Bericht „und aufzeichnen, und das andre lies ich mit mir an eben diesem Tage „auf die Koppe tragen, und nach den Graden des Falles, 65 Fus auf „jede Linie des Falles gerechnet, ist die Koppe 2867 Fus senkelrecht „höher, als Petersdorf im Hirschberger Thale.“ Die Seehöhe von Peters- dorf beträgt nach der Reimann’schen Karte 1127 P. F. Addirt man hierzu den von Volkmar gefundenen Höhenunterschied von 2867 P. F., so erhält man 3994 P. F., beinahe 1000 Fuss zu wenig. Dies rührt vor Allem daher, dass auf eine Linie Barometer-Differenz mehr als 65 Fuss Höhenunterschied kommen, und dass diese Art zu rechnen unstatthaft ist. Aus Volkmar’s Zahlen folgt, dass das Barometer auf der Koppe 14‘‘.10 niedriger stand, als in Petersdorf. Der mittlere Barometerstand auf der Koppe ist im Sommer 278°.09 und die mittlere Sommertempe- ratur ebenda + 5°.3 R., im Hirschberger Thale dagegen + 11°.64 R. Hieraus hat sich zunächst als wahrscheinlicher Barometerstand in Peters- dorf 322“'.19, und sodann als Höhenunterschied zwischen Petersdorf und der Koppe 3751 P. F. ergeben, woraus ‚endlich durch Addition der See- höhe von Petersdorf für die Koppe 4878 P. F. hervorgeht. Es ist: sehr zu bedauern, dass Volkmar das Thermometer vernachlässiget hat, dass er keine Beobachtungs-Elemente, ja nicht einmal die Zeit angegeben hat. Aus seiner Schrift lässt sich nur so viel ersehen, dass er seine Messung vor dem Jahre 1760 ausgeführt hat. Was die Brauchbarkeit seines Re- sultates betrifft, so geht aus Allem hervor, dass man auf dasselbe gar kein Gewicht legen kann. Es ist bloss von historischem Interesse. Einige Jahre später unternahm der Abt v. Felbiger aus Sagan eine neue Messung der Koppe ebenfalls mit dem Barometer, wie denn überhaupt die meisten Höhenbestimmungen dieses Berges mit diesem In- strumente ausgeführt worden sind. Er hat sein Verfahren in einer beson- deren Schrift: „Versuch, die Höhe des Riesengebirges zu bestimmen. Breslau 1769‘ veröffentlicht, aus welcher hervorgeht, dass er grosse Sorg- falt auf seine Beobachtungen verwendet hat und besser unterrichtet war, als Volkmar. Die Barometer-Beobachtungen sind am 25. August 1766, Vormittags 9 Uhr gleichzeitig auf der Koppe von Felbiger selbst, in Grüssau von einem Ungenannten und in Breslau von dem Proreetor Scheibel ausgeführt worden. Sie lauten wie folgt: Ort. Barometer. Thermometer. Schneekoppe..... 21.321.500, 120.33 R. Grüssau 22... en ee 39..19...153 bresiaus 02 2 SER Sanız -r 16.33 5 Hierbei muss bemerkt werden, dass die Barometer-Beobachtungen noch nicht auf 0° R. reducirt sind, und dass die Thermometer- Angaben so- wohl für die Temperatur der Luft, als für die des Quecksilbers genom- men werden müssen, da ein derartiger Unterschied nicht gemacht wor- den ist. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 29 Felbiger hat die Höhe der Koppe über dem Grüssauer Horizont zu 567.5 tois., und Scheibel die Höhe von Grüssau über Breslau zu 189.0 tois. berechnet, woraus, wenn man die Höhe von Breslau auf dem Elisabetkirchhofe, wo Scheibel wohnte, im Betrage von 61.5 tois. hin- zurechnet, für die Koppe die Seehöhe von 818.0 tois. oder 4908.0 P. F. hervorgeht. | Ich habe die Rechnung nach der Bessel’schen Methode wieder- holt und folgende Höhenunterschiede erhalten: Schneekoppe über Grüssau 581.6 tois. Grüssau über Breslau.... 181.8 „ Schneekoppe über Breslau 762.8 „, Gleieht man die 3 Resultate aus, so ergiebt sich als Höhe der Koppe über Breslau 763.1 tois, und wenn man die Seehöhe von Breslau hin- zurechnet, als Höhe der Koppe über der Ostsee 824.6 tois. oder 4947.6 P. F., wobei aber noch nicht eingerechnet ist, wie hoch das Barometer in Breslau und auf der Koppe über dem Erdboden hing. Da Beides nieht angegeben worden ist, so ist eine hierauf bezügliche Reduction unmöglich, und das Resultat kann daher bloss als ein beiläufiges betrach- tet: werden. / Von der dritten Messung, welche Traugott von Gersdorf aus- geführt hat, kennen wir nur das Resultat. In seiner Schrift: ‚Versuche, die Höhe des Riesengebirges zu bestimmen‘, giebt er für die Seehöhe der „Riesenkuppe“ 820.1 tois. oder 4920.6 P. F. Da er gar keine Be- obachtungs-Elemente mitgetheilt hat, so fehlt jeglicher Anhalt für die Be- urtheilung seines Resultates, und es kann demselben nur geringer Werth zugesprochen werden. Man war inzwischen zu der Ueberzeugung gelangt, dass barome- trische Höhenbestimmungen werthlos sind, wenn sie sich auf einzelne Beobachtungen und nicht auf ganze Reihen stützen. Deshalb wurden in den Jahren 1786 und 1788 im Juli und August mehrere Wochen hinter- einander von Franz Gerstner, Professor der Mathematik und Astro- nomie in Prag, Barometerbeobachtungen auf der Koppe unternommen. Aus diesen und aus gleichzeitig in Prag angestellten hat derselbe für die Koppe die Seehöhe von 4892 P. F. ermittelt, welche Zahl auf 4930 P. F. zu erhöhen sein :dürfte, weil nach Wiemann’s Untersuchungen die Seehöhe von Prag um 38 P. F. zu niedrig angenommen worden ist (vergl. Prudlo’s Höhenmessungen Seite 150 und 151). Diese Ungewissheit in der Seehöhe von Prag und die bedeutende Entfernung von der Koppe erregen Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Resultates, welches sonst srossen Anspruch auf Vertrauen haben würde. Ein Gleiches gilt von der Messung des General v. Lindener, wel- cher im Jahre 1805 bei Gelegenheit der Längenbestimmungen durch Pul- versisnale auf der Koppe ebendaselbst eine Reihe von 50 Barometer- 20 Jahres-Bericht Beobachtungen angestellt und aus diesen durch Vergleichung mit gleich- zeitigen Beobachtungen in Breslau und Prag für die Koppe die Seehöhe von 4955 P. F. gefunden hat. Leider ist hier keine Kritik möglich, weil nicht zu ermitteln war, ob Lindener dieses Resultat auf die Gegenbe- obachtungen in Breslau oder Prag allein gestützt hat, oder ob dasselbe ein Mittelwerth ist. Die Arbeiten Lindener’s galten zu ihrer Zeit für so zuverlässig, dass man die Sache für abgemacht hielt und lange Zeit Niemand mehr daran dachte, die Höhenbestimmung der Koppe zu wiederholen. Da unternahm dies im Jahre 1820 Henrich Steffens. Er stellte auf der Koppe eine Barometerbeobachtung an und Jungnitz in Breslau eine gleichzeitige, woraus sich nach der Rechnung des Letzteren 4958 P. F. ergeben hat. Dieses Resultat muss aber um 18.8 P. F. verringert wer- den, weil durch das trigonometrische Oder-Nivellement (im Jahre 1839 und 1840) nachgewiesen worden ist, dass man früher die Seehöhe der Sternwarte um die angegebene Zahl zu gross angenommen hat. Man er- hält-somit als Ergebniss dieser Messung 4939 P. F., wird aber demsel- ben kein grosses Gewicht beilegen können, weil es nur aus einer einzel- nen Beobachtung hervorgegangen ist. Dasselbe gilt von der Messung von Scholz und Feldt aus dem Jahre 1322, welche nach einer von mir wiederholten Rechnung 4959 P. F. geliefert hat, Dagegen würde die Bestimmung von Hawliezek und Hallaschka (s. Prudlo’s Höhenmessungen $. 146 fi.), welche auf 75 gleichzeitige Beobachtungen in Prag und auf der Koppe gegründet ist und 4960 P. F. geliefert hat, mehr Glauben verdienen, wenn die Seehöhe von Prag zuverlässig wäre und die beiden Beobachtungsorte keine so grosse Ent- fernung von einander hätten. So aber kann auch dieses Resultat nicht den endlichen Ausschlag geben. Zuverlässiger als alle bisher genannten Messungen würde die vom Grafen Schweinitz im Jahre 1835 ausgeführte sein, welche, auf 13 gleich- zeitige Barometer-Beobachtungen auf der Koppe und in Hirschberg ge- stützt, 4930.35 P. F. ergeben hat (s. Uebersicht der Arbeiten der Schle- sischen Gesellschaft v. J. 1839, Seite 153), weil die beiden Beobach- tungsorte eine geringere Entfernung von einander hatten, als bei allen früheren Messungen, und weil nichts versäumt worden ist, worauf bei barometrischen Messungen geachtet werden muss, wenn nur die Seehöhe des Hirschberger Barometers, an welchem der Proreetor Ender beob- achtete, sicher wäre. Graf Schweinitz hat für dasselbe 1049.67 P. F,, Prudlo 1085.0 P. F., und ich selbst habe 1058.87 P. F. gefunden, so dass um dieser Ungewissheit willen die Messung des Grafen Schwei- nitz einen guten Theil der Glaubwürdigkeit, welche sie sonst verdienen würde, verliert. Die von Prudlo in demselben Jahre unternommene und ebenfalls auf Hirschberg gestützte Bestimmung zu 4960 P. F. ist noch weniger zuverlässig, als die vorige, weil bloss eine einzige Beobachtung der Schles. Gesellsch. f; vaterl, Cultur. 233 angestellt worden ist, In dieses Jahr fällt auch die Bestimmung Mäd- ler’s, welcher aus den Barometer-Beobachtungen des bekannten Koppen- wirths Siebenhaar und aus gleichzeitigen des Professor Jungnitz in Breslau 5046 P. F. gefunden hat. Sein Resultat ist entschieden viel zu gross. Eine endliche Feststellung der Seehöhe der Koppe hat im J. 1839 der Premier-Lieutenant Lutz herbeizuführen versucht. Er selbst beob- achtete 3 Tage hinter einander auf der Koppe und gleichzeitig der Pro- rector Ender in Hirschberg. Letzterer übernahm die Ausrechnung, welche von Professor Scholz wiederholt wurde. Hieraus hat sich die Seehöhe von 4931.36 P. F. ergeben (Uebersicht der Arbeiten der Schles. Gesellsch. ete. v. J. 1839, Seite 179), welche jedoch, weil sie auf Hirsch- berg gestützt ist, mit derselben Unsicherheit behaftet ist, wie die vom Grafen Schweinitz ermittelte. Ausser den besprochenen barometrischen sind noch zwei auf ande- rem Wege ausgeführte Messungen zu erwähnen. In Zöllner’s Briefen Theil U, Seite 216 heisst es, dass der Forstmeister Proske auf geome- trischem Wege für die Seehöhe der Koppe 5179 R. F. gefunden habe. Diese Zahl, welche, in Pariser Maass verwandelt, 5004 P. F. liefert, ist entschieden zu gross und verdient weiter keine Beachtung. Ja selbst das Ergebniss der trigonometrischen Messung des österreichischen Generalsta- bes, 4928.74 P. F., welches Ens in seinem Oppalande Band 3, Seite 19 mittheilt, hat für uns vorläufig keinen Werth, weil sich dasselbe auf das adriatische Meer bezieht und der Niveau-Unterschied von Ostsee und adriatischem Meere zur Zeit noch nicht bekannt ist. Aus dem Allen geht hervor, dass die Höhe der Koppe gegenwärtig noch eine offene Frage ist. Die Resultate von Gerstner, Hallaschka, Schweinitz und Lutz, welche noch das meiste Gewicht haben dürf- ten, lassen den bedeutenden Spielraum von 4930 bis 4960 P. F., und wollte man aus allen vieren das Mittel bilden, welches 4938 P. F. geben würde, so würde man sich vielleicht der Wahrheit nähern, aber man hätte gleichwohl kein Mittel zur Bestimmung der Fehlergrenze. Dies hat mich veranlasst, den Versuch zu machen, aus dem vorhandenen Beob- achtungs-Material, namentlich aus den vom Sudetenvereine veranlassten meteorologiechen Beobachtungen, welche zum grössten Theile in Galle’s Grundzügen der schlesischen Klimatologie veröffentlicht sind, die Höhe unseres Riesengebirges zu bestimmen. Ich habe die Beobachtungen auf der Koppe mit den in Breslau, Kniegnitz und Kupferberg angestellten zusammengefasst, daraus ein nivellitisches Netz gebildet und dasselbe nach der Methode der kleinsten Quadrate ausgeglichen. 32 Jahres-Bericht Mittel aus den Jahresmitteln. Beobachtungsort. Bar. bei 0° R. Luftwärme, Breslau, Sternw.»...... Bali 952. 0% + 6.24 Klein-Kniegnitz ........ Er + 6.33 Kupferbere) #2... 3 317.05 ..... + 4.94 Mittel aus den Monatsmitteln Juni— Sepiember. Beobachtungsort. Bar. bei OR. Luftwärme. Breslau, Sternw........ 331.583... +-213308 Klein-Kniegnitz ........ 329.86 .... + 13.71 Kupferberg ......... NS1752, 5 le Schneekoppe 2.2.7. 278.44 .... + 9.87 Für die Berechnung der Höhenunterschiede der 3 Stationen Breslau, Klein-Kniegnitz und Kupferberg sind die Jahresmittel benutzt worden. Dies war bei der Berechnung der Höhenunterschiede der Koppe gegen die anderen Stationen nicht möglich, weil auf der Koppe hauptsächlich nur in den Monaten Juni bis September beobachtet worden ist und also hierzu auch bei den andern Stationen die Mittel aus diesen 4 Monaten senommen werden mussten. Die Ausrechnung ist nach Baeyer’s Methode ausgeführt worden und hat folgende Höhenunterschiede geliefert: Kniegnitz — Breslau 25.880 tois. + V, | Kupferberg — Breslau 191.930 2, EI Schneekoppe — Breslau 747.305 „ + V, Kupferberg — Kniegnitz 166.151 „ + V, Schneekoppe — Kniegnitz 722.720 „ + V, Schneekoppe — Kupferberg 557.457 „ + \, V.,V,, V, u. s. w. bezeichnen die Verbesserungen, welche an die Resultate anzubringen sind, damit sie alle unter einander harmoniren. Bedingungsgleichungen. 0= +0.21+-V, —W +%, + 0.888 + V\, — V, +-W + 1.295 + V, —V, + V, er | - Correlaten-Gleichungen., V=+K FR, ya un V = Re Na = K, ——- K, ve == —— 1%, Sr K, ve = = K, der Schles. Gesellsch. f, vaterl. Cultur. 33 Normal-Gleichungen, 0= +0.121 + 3K, + IK, + IK, 0= +0.88 + 1K, +3K, — IK, 0= +1.2295 + IK, — IK, + 3K, Durch Auflösung dieser Gleichungen findet man: K, = + 0.4853, K, = — 0.73750;, K, = — 0.839235 und die Substitution in die Correlaten-Gleichungen liefert darauf: V, = 0.354; V, = + 0.839; V, = — 0.102 V. = —0.485; V„ = —0.252; V,. = —0.738, Bringt man diese Verbesserungen an die Höhensunterschiede an, so gestalten sich dieselben wie folgt: Kniegnitz — Breslau — 125.526. tois. Kupferberg — Breslau =,191,4251,,, Schneekoppe — Breslau —=1748,.144 1%, Kupferberg -—- Kniegnitz = 165.899 „, Schneekoppe — Kniegnitz = 722.618 ,, Schneekoppe — Kupferberg = 556.719 ,, Und hieraus gehen folgende Seehöhen hervor: 1. Breslau 75.600 tois. (Ausgangspunkt) 2. Kniegnitz 19171720: °,, 3. Kupferberg 267.025 „, 4. Schneekoppe 823.744 „, In Kniegnitz hing das Barometer im Pfarrhause 30 Fuss über dem Erdboden; die Seehöhe des letzteren beträgt also 96.126 tois. oder 576.756 P. F. In Kupferberg hing das Barometer 13 Fuss oder 2.167 tois. über der Kirchenschwelle, die Seehöhe der letzteren beträgt also 264.858 tois. oder 1589.148 P. F. Auf der Koppe hing das Barometer 9.36 P. F. über dem Fussbo- den der Kapelle, die Seehöhe des letzteren beträgt also 822.184 tois. oder 4933.104 P. F. Diese Zahl stimmt am besten mit den Resultaten von Gerstner, Schweinitz und Lutz, welche für die zuverlässigsten gehalten worden sind, schliesst sich überdies auch ganz gut an das Eı- gebniss des Österreichischen Generalstabs an, und empfiehlt sich somit | als der wahrscheinlichste Werth für die Seehöhe der Koppe. Die endgiltige Entscheidung wird übrigens nur durch ein trigonome- trisches Nivellement gegeben werden können. Bis dahin kann man für die Höhe der Koppe über dem Mittelwasser der Ostsee bei Swinemünde ‚ abgerundet annehmen: 4933 Pariser Fuss. 34 Jahres-Bericht Herr Professor Dr. F. Cohn machte in der Sitzung am 10, Juli zum Gegenstande seines Vortrages: Die Wettersäule von Masselwitz vom 23. Juni 1861. Der verflossene Sommer brachte unserer Provinz neben einer unge- wöhnlich grossen Zahl von Gewittern, die eine Zeit lang mit tropischer Regelmässigkeit täglich wiederkehrten, auch mehrere jener verheerenden Luftströmungen, die an die Tornado’s, Teifune ete. der heissen Zone er- innerten. Ein solches Phänomen durchzog mit zerstörender Gewalt fast ganz Schlesien von seinem nordwestlichen bis zum südöstlichen Ende, im Allgemeinen dem Laufe der Oder folgend, und durch orkanartigen Sturm, Entwurzeln der Bäume, Niederwerfen der Schornsteine, Abdecken der Dächer, stellenweise auch durch überschwemmende Wolkenbrüche und furchtbaren Hagelschlag seine Bahn bezeichnend (bei Schönaich-Carolath fielen gegen 3 Uhr Nachmittags Hagelkörner bis zu 35 m. m. Durchmes- ser). Die 40 — 50 Meilen lange Gesammtbahn wurde in etwa 8 Stunden durchlaufen, da zwischen 2—3 Uhr in der Gegend von Grünberg bis Glogau, gegen 10 Uhr Abends dagegen im Gleiwitzer Hüttendistriet die Zerstörungen stattfanden. In der Nähe von Breslau trat das Phänomen gegen 5 Uhr Nachmittags ein, am Himmel durch zwei in verschiedener Riehtung bewegte Gewitterwolkenschichten bezeichnet; in ihnen wurde ein heftiges Geräusch, wie von rollenden Wagen vernommen, an Hagel- wetter erinnernd, obwohl in der Nähe unserer Stadt weder Hagel, noch Regen, noch Blitz beobachtet wurde. Bei Masselwitz (14 Meile N.-W. von Breslau) erschien das Phäno- men in Gestalt einer schwarzen Rauchsäule von wirbelnder Bewegung wie bei einer Feuersbrunst, so dass in der That die Nachbaren sich zum Löschen rüsteten. Diese Wettersäule (Trombe), von Strassenbreite und angeblich doppelter Haushöhe, verbreitete sich oben garbenartig, ohne je- doch in die Wolken zu reichen; vielmehr wurden am oberen Ende tan- zende Baumäste u. dergl. sichtbar, wie Besen von der Ferne erscheinend. Die Wettersäule überschritt in N.-O.-Richtung, vom Weistritzwalde zwi- «chen Arnoldsmühl und Goldschmiede kommend, die von Lissa nach Bres- lau führende Chaussee, indem sie in der Pappelallee eine Bresche brach; dann in oftmals abgelenkter Bahn, zum Theil den Dämmen folgend, zog sie über die Ecke eines Raps- und eines Kornfeldes nach Kl.-Masselwitz; dieht an der Brauerei vorüber und der nach dem Schlosse führenden Pappelallee folgend, suchte sie die an der Ostseite derselben gelegenen Bauernhöfe, sowie das dahinter befindliche Caffeehaus heim, während sie gleichzeitig durch eine in den Parkzaun gebrochene Lücke in den Schloss- garten eindrang und, diesen verheerend, hart am Schlosse vorüberzog; von da wendete sie sich nach dem Flüsschen Lohe, das, von Süden kommend, hier in die Oder fliesst, sodann durch den Lohewald der Oder zu, überschritt diesen Strom, und setzte dann ihre Bahn auf dem rech- / der Schles. Gesellsch. £. vaterl. Cultur. 35 ten Oderufer fort, wo dieselbe von der Schwedenschanze und dem Eich- wald bis nach Leipe und Weide verfolgt wurde; doch fehlen Nachrich- ten über ihren Verlauf bis Oberschlesien. Im Masselwitzer Bezirk war die Richtung der Trombe im Allgemei- nen eine östliche. Einige Zeugen wollen an einzelnen Punkten zwei, die meisten nur eine Säule bemerkt haben. Die durch die Trombe ange- richteten Verheerungen entsprechen im Allgemeinen denen, welche der Vortragende bereits bei Gelegenheit der Trombe von Mangschütz bei Brieg am 16. Juli 1853 beschrieben hat: sie wiesen auf eine in der Trombe thätige, mit ausserordentlicher Kraft und Geschwindigkeit senk- recht oder schief aufwärts gerichtete, hebende oder saugende Kraft hin, während dieselbe in horizontaler Richtung nur mit mässiger Schnelligkeit fortsehritt. Der verheerte Strich war verhältnissmässig schmal, ausser- halb und hinter ihm wurde keine ungewöhnliche Luftströmung beobach- tet; nur die von der Trombe berührte Ecke des Kornfeldes wurde nie- dergewalzt, ebenso nur ein Theil des in Gebunden stehenden Rapses auf- gehoben und in weite Fernen entführt, so dass die Rapsschoten in allen Baumwipfeln hingen. Von der Masselwitzer Brauerei wurde nur eine Ecke des Daches abgedeckt, die Flachwerke in’s Feld zerstreut. Dage- gen waren bei den Bauernhäusern die Strohschoben und Sparren zum Theil senkrecht in die Höhe geflogen und wieder heruntergefallen, so dass sie noch innerhalb der leeren Wände sich wiederfanden; dasselbe war bei einem eingeworfenen Stalle der Fall, der in seinen Trümmern einen Kutscher begrub. Ein Mann wurde mit seinem Kinde in der Nähe des Caffeehauses neben einer niederstürzenden prächtigen Linde vorbei an die andere Ecke des Gartens getragen, ohne Schaden zu nehmen. Eine Laube im Schlosspark wurde so zerstört, dass ihr Zinkdach über eine ‚benachbarte hohe Hecke getragen und hinter derselben unversehrt niedergesetzt wurde; vier dünne Säulen, auf denen das Dach geruht, waren unversehrt, drei Bänke, die an den Seiten gestanden, wurden nach der Mitte dieht aneinander geschoben, und der Tisch, der zwischen ihnen sich befunden hatte, stand nun auf ihnen, die Platte nach unten, die Beine _ nach oben gerichtet; derselbe war offenbar nur senkrecht in die ‚Höhe geflogen und, nachdem er sich überstürzt, wieder herunter gefallen. Auch andere Bänke und Tische waren in die Luft geflogen und dann wieder, zum Theil in die sonderbarsten Verstecke, zwischen Gebüsch u. dgl., hinabgefallen. In dem Momente, wo die Wettersäule an der südöstlichen Ecke des Schlosses vorüberzog, Bäume und Dächer mit sich führend, alles in Finsterniss hüllend und erschütternd, sprang plötzlich eine Glasscheibe in dem ihr zugewendeten Fenster, sozwar, dass die Bruchstücke nach aussen flogen, was eine bedeutende Ver- ringerung des Luftdruckes in der Umgebung der Trombe beweist. Als die Wettersäule die Lohe überschritt, verwandelte sich ihre Farbe augen- blicklich aus schwarz in weiss, und das kleine Flüsschen schlug Wellen g: 36 Jahres-Bericht wie das Meer; in dem unmittelbar dahinter gelegenen Lohewald erschien sie wieder als schwarze Rauchsäule, als stände der Wald in Flammen; nochmals beim Ueberschreiten der Oder nahm sie eine weissgelbe Farbe an, von dem emporgehobenen Sand und Wasser herrührend; auf ihrem Wege wurde der Strom bis zum Grunde entblösst. Da zu derselben Zeit die Sonne bereits wieder schien, zeigte die über die Oder setzende Wet- tersäule (Wasserhose) den Beobachtern im Schlosse Regenbogenfarben. Der Wind, der am Nachmittag aus Nordwest gekommen, setzte unmittel- bar nach ihrem Vorüberziehen in Süd um; das Barometer soll ungewöhn- lich niedrig gestanden haben. Was die Zerstörungen an Bäumen betrifft, so wurden Drehungen und dergleichen auch hier nicht beobachtet; viel- mehr beschränkten sich dieselben in der Regel auf Entwurzeln, so dass Stamm und Wipfel horizontal auf der Erde, meist in der Richtung der Bahn (nach NO.) lagen, während der Wurzelballen ganz oder zur Hälfte herausgerissen war und senkrecht emporstand; sonst waren die Bäume so wenig beschädigt, dass sie von dem Besitzer von Masselwitz grössten- theils wieder in die Erde gesetzt wurden und ohne Schaden wieder an- wuchsen; viele Bäume lagen übrigens auch in anderer Richtung, oft zwei benachbarte in entgegengesetzter. Andere, meist kranke Stämme waren in der Mitte durchgebrochen und die Stümpfe gespällt, oder auch nur einzelne Hauptäste abgebrochen, die Wipfel lagen entweder dicht dahin- ter, zum Theil auch weiter entfernt, viele blieben hoch oben in den Kro- nen anderer Bäume stecken. Eine Pappel, die vor der Kegelbahn ge- standen, fand sich aufrecht stehend auf ihrem Dache, indem sie mit den Wurzeln zwischen den vom Flachwerke entblössten Sparren steckte, Bei einer Pappelallee waren auch die kleineren Zweige und Zweiglein abgestreift, so dass die Bäume fast kahl erschienen. Im Park und den Eichenwäldern an der Oder waren durch die Wettersäule Strassen ge- brochen, indem alle Bäume, welche ihr entgegenstanden, umgeworfen waren. Auffallend war, dass im Parke einzelne Bäume mitten in einer völlig unbeschädigten Gruppe geworfen waren, wie denn im Einzelnen sich noch: viele räthselhafte Erscheinungen beobachten liessen, die dem tanzen Phänomen einen wahrhaft dämonischen Charakter verliehen. Die obigen Schilderungen begründen sich auf Ermittelungen, welche der Vortragende bald nachher an Ort und Stelle in Gesellschaft des Herrn Regierungs-Assessor Meitzen anstellte, theils auf die freundlichen Mittheilungen von Augenzeugen, insbesondere von Herrn Rittergutsbe- sitzer Julius Werther auf Klein-Masselwitz, sowie von Herrn Fabrik- besitzer Krämer in Neuhaus. Herr Professor Dr. Löwig sprach in den Sitzungen am 1. Mai und 10. Juli: der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 37 Ueber die Producte, welche durch Einwirkung des Natriumamalgams auf Oxaläther gebildet werden. (s. Abhandlungen der Schles. Gesellschaft, 1861, Abtheil. f. Naturwissen- schaften Heft I, pag, 104—123, und Heft I, pag 177 — 183.) . Herr Dr. H. L. Cohn berichtete am 27. Februar | | über seine Versuche, die Unterchlorsäure mittelst Jodtitrirung zu analysiren. Reine Unterchlorsäure verschaffte sich derselbe, indem er das aus Schwefelsäure und chlorsaurem Kali entwickelte explosive Gas in einer Frostmischung vorsichtig eondensirte und die gebildeten orangenrothen Tropfen im Wasser löste. Von dieser Lösung wurde eine Quantität ab- gemessen, sie schied aus einer Jodkaliumlösung eine ihrem Gehalte an Gas äquivalente Menge Jod aus, welche mit Hülfe der Bunsen’schen Jodtitrirung in wenigen Minuten ermittelt wurde. Eine andere abgemes- sene Menge der Unterchlorsäurelösung wurde mit schwefliger Säure zer- setzt, die entstandene Salzsäure als Chlorsilber bestimmt, und daraus die in der angewandten Menge der Gaslösung enthaltene Quantität Chlor ge- funden. Aus den nun bekannten Mengen von Jod und Chlor wurde mit Hülfe einiger Gleichungen die procentische Zusammensetzung und die chemische Formel des Gases berechnet. Es ergab sich aber dann stets ein geringerer Gehalt an Sauerstoff, als der Formel ClO, entspricht. Auch das aus Oxalsäure und chlorsaurem Kali entwickelte Gas, das nach Calvert und Davies genau die Formel ClO, zeigt, gab, nach der an- gegebenen Methode analysirt, einen zu grossen Gehalt an Chlor. Die Analyse der Unterchlorsäure kann also nicht auf jodometrischem Wege ausgeführt werden. Der Grund dafür liegt, wie sich nach mannigfachen Versuchen herausstellte, darin, dass ein geringer Theil des Gases sich im Wasser sogar im Dunkeln in Chlorsäure und chlorige Säure zersetzt. Die Chlorsäure scheidet aber keine ihr äquivalente Menge Jod aus, wäh- rend sie auf die Richtigkeit der Bestimmung des Chlors als Chlorsilber influirt; daher kann weder die Unterchlorsäure, noch die Chlorochlorsäure, noch die Chloroüberchlorsäure, die sich sämmtlich im Wasser so zersetzen, dass sich etwas Chlorsäure bildet, mittelst Jodtitrirung analysirt werden. 2. bBeschreibende Naturwissenschaften. Herr Professor Dr. F. Römer erstattete in der Sitzung am 16. Ja- nuar Bericht über die im September 4860 in Besancon abgehaltene Versammlung französischer Geologen, welcher er beigewohnt hatte. Er schilderte zunächst die Lage der Stadt Besancon und die allgemeinen geologischen Verhältnisse in ihrer Umge- 38 Jahres-Bericht bung. Die Gegend fällt noch ganz in das Hebungsgebiet der Jura-Kette, und jurassische Gesteine sind durchaus herrschend; dureh den tie- fen Thaleinschnitt des Doubs, in welchem die Stadt gelegen ist, werden sämmtliche Glieder der Jura - Formation in grosser Deut- lichkeit aufgeschlossen. Auch die nächste Unterlage der Jura-For- mation, der Keuper, ist in der bekannten Form gypsführender Mergel an einem einzelnen Punkte vorhanden. Für den aus Deutschland kommen- den Beobachter ist vorzugsweise der freilich für einen grossen Theil von Frankreich geltende Umstand, dass die mittlere Abtheilung der Jura-For- mation zu einem grossen Theile aus sehr compaeten und rein oolithischen Kalksteinbänken zusammengesetzt ist, während in Nord- wie in Süd- deutschland nur Thon und Mergel mit völligem Ausschluss reiner Kalk- bildungen in dieser Abtheilung. gefunden werden, auffallend, und gleich vor den Thoren von Besancon sind mächtige Massen solcher mitteljuras- sischer weisser oolithischer Kalke, die gewöhnlich dem englischen Great oolite gleichgestellt werden, zu beobachten. Die Theilnehmer der Ver- sammlung waren der Mehrzahl nach Geologen aus den östlichen Depar- tements von Frankreich, und besonders solche, welche sich die Erfor- schung der Jura-Formation zur speciellen Aufgabe gestellt haben. Doch waren auch aus Paris und anderen 'Theilen von Frankreich einzelne Theil- nehmer gekommen. Den Vorsitz bei den Verhandlungen führte der durch verschiedene Arbeiten über lebende und fossile Korallenthiere und Echiniden bekannte Paläontolog Michelin aus Paris. Uebrigens ent- wickelte die Versammlung während ihres achttägigen Zusammenseins in Verhandlungen und Excursionen eine solche Thätigkeit und Ausdauer, wie sie bei ähnlichen wissenschaftlichen Versammlungen in Deutschland kaum gefunden werden möchte. Derselbe gab ferner eine Notiz über die Auffindung von Posidonomya Becheri in der Grauwacke von Desterreichisch-Schlesien. Durch den Königl. Berggeschworenen Herrn ©. v. Gellhorn in Ratibor wurde ein Exemplar dieses wichtigen, lange in dem Grauwacke- gebirge der Sudeten vergeblich gesuchten Fossils bei Johannesfeld, 1 Meile westlich von Troppau, entdeckt und an den Vortragenden ein- gesendet. Auch an einem südlich von Troppau gelegenen Punkte wur- den Abdrücke derselben oder einer nahe verwandten Art der Gattung in Thonschiefern, welche ausserdem undeutliche Pflanzenabdrücke enthalten, aufgefunden. Die Grauwacke der Gegend von Troppau, deren Altersbe- stimmung bisher zweifelhaft war, wird ‘durch dieses Vorkommen von Posidonomya Becheri mit Sicherheit als zur unteren Abtheilung des Stein- kohlengebirges gehörig bestimmt. Sie wird den Schichten gleichgestellt, der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 39 welehe zuerst in Devonshire als eine dem Kohlenkalke wesentlich im Alter gleiche Bildung unter der Benennung Culm beds unterschieden sind, und welche sich in Deutschland, namentlich in Westfalen, in Nassau und am Harze über ausgedehnte Flächenräume verbreitet und überall. durch dieselbe Muschel bezeichnet finden. Schliesslich wurde es von dem Red- ner als sehr wünschenswerth hervorgehoben, dass Nachforschungen nach diesem Fossil auch an anderen Punkten angestellt werden möchten, da- mit die Unsicherheit, welche in Betreff eines grossen Theils des schlesi- schen Grauwackegebirges noch immer besteht, einer festen Altersbestim- mung Platz mache. Herr Prof. F. Römer berichtete am 4. December über eine geologische Reise nach Russland, welche derselbe in den Monaten August und September d. J. in Beglei- tung eines früheren Zuhörers, Hrn. C. v. Seebach aus Weimar, ausge- führt hat. Der Hauptzweck der Reise war, durch eigene Anschauung eine Uebersicht über die in Russland, und namentlich in den russischen Ostseeprovinzen Livland und Esthland entwickelten älteren oder: paläo- zoischen Gesteine zu gewinnen. Im Besonderen sollten auch die Schich- ten in situ aufgesucht werden, in deren geognostisches Niveau. die siluri- schen Kalksteingeschiebe von Sadewitz bei Oels gehören, deren mannig- falige und wohl erhaltene organische Einschlüsse dem Verfasser unlängst das Material für eine im Auftrage der Schlesischen Gesellschaft verfasste Jubiläumsschrift geboten hatten. Die Hinreise führte über Posen und Kö- nigsberg und dann weiter mit der zum Theil vollendeten Eisenbahn dureh Litthauen über Kowno nach Dünaburg und Pskow. An dem letztgenann- ten Punkte, der schon völlig das Gepräge einer echt russischen Stadt an sich trägt, wurde zuerst Halt gemacht. Hier wurde auch zum erstenmale anstehendes Gestein beobachtet. An den steilen, 30—60 Fuss hohen Ufern des nach dem Peipus-See hin abfliessenden Flusses, an welchem die Stadt gelegen ist, sind überall gelblich- oder röthlich-graue Schichten von Dolomit und dolomitischen Mergeln in horizontaler oder ganz flach geneigter Lagerung entblösst. Es ist, wie die häufigen organischen Ein- schlüsse ausweisen, die obere Abtheilung der devonischen Gesteine, welche in so ungeheurer, mehrere tausend Quadratmeilen betragender Ausdeh- nung über einen grossen Theil des nördlichen Russlands und im Beson- deren der deutschen Ostsee-Provinzen Curland, Livland und Esthland sich verbreiten. Das nächste Reiseziel war dann Dorpat, wo durch die Be- sichtigung von Sammlungen und den Verkehr mit Fachgenossen genauere Vorbereitung für die weitere Reise gewonnen werden sollte. In rascher Fahrt auf dem landesüblichen rohen Postfuhrwerk, der Telega, wurde die Strecke von Pskow nach der zu beiden Seiten des schiffbaren Embach- Flusses anmutbig gelegenen Universitätsstadt in einem Tage zurückgelegt. 40 Jahres-Bericht An den 150 Fuss hohen Thalabhängen, an welche die Stadt sich: anlehnt, tritt überall in wagerechter Lage ein zerreiblich loser rother Sandstein, mit Thon und Mergeln der gleichen Farbe wechsellagernd, hervor. So- bald man aber auf die Höhe gelangt ist, herrscht überall das Diluvium mit zahllosen Geschiebeblöcken krystallinischer Gesteine. Die rothe Sandsteinbildung gehört der unteren Abtheilung der devonischen Gruppe an. Die zahlreichen darin vorkommenden Fischreste, verschiedenen Gat- tungen aus der merkwürdigen, vorzugsweise durch die starke Entwicke- lung des Haut-Skeletts ausgezeichneten Familie der Placodermen ange- hörend, liefern dafür den Beweis. Der erst vor zwei Jahren in Dorpat verstorbene Professor Assmuss hat dem Sammeln und der Deutung die- ser Fischreste eine vieljährige Thätigkeit gewidmet. . Neuerlichst hat Pander in Petersburg eine vortreffliche Monographie derselben geliefert. Der Gattung nach sind sie grossentheils identisch mit solchen des engli- schen Old red und stellen die Gleichzeitigkeit der Ablagerung dieser eng- lischen Bildung und der rothen Sandsteine von Livland fest. Die werth- vollste Unterstützung für die Zwecke der Reise gewährte Prof. Gre- wingk, der Vertreter der mineralogischen Disciplinen an der Universi- tät, nicht nur dadurch, dass er die Sammlungen des unter seiner Leitung stehenden, vortrefflich eingerichteten und namentlich für die zoologische Kenntniss der Ostsee-Provinzen lehrreichen mineralogischen Museums der Universität zugänglich machte und erläuterte, sondern noch mehr dadurch, dass er auf einer demnächst in das Innere von Livland und Esthland an- getretenen Reise seine persönliche Begleitung gewährte. Auf dieser Reise wurden nach einander die wichtigsten Punkte besucht, welche über die Gliederung der silurischen und devonischen Schichtenreihe in den Ostsee- Provinzen Aufklärung zu geben geeignet sind. Im Ganzen sind die Auf- schluss-Punkte in dem ebenen, dünn bevölkerten Lande, über welches sich eine mehr oder minder dicke Diluvial-Decke gleichförmig verbreitet, sehr vereinzelt und durch weite, zum Theil ganze Tagereisen betragende Entfernungen von einander getrennt. Nur an wenigen Punkten werden mehrere der Glieder in unmittelbarer Auflagerung über einander angetrof- fen, und eine solche Eintheilung der silurischen Gruppe, wie sie von Friedr. Schmidt für das Land aufgestellt worden ist, konnte daher zum Theil nur durch Combinationen gewonnen werden. Die meisten Auf- schlusspunkte sind flache Kalksteinbrüche, in welchen Material zum Kalk- brennen und zum Bauen gebrochen wird. Dergleichen Steinbrüche wur- den zuerst bni T’alkhof, einem 6 Meilen nordwestlich von Dorpat gelege- nen Pastorate, angetroffen. In einem auf dem Pfarrhofe .gegrabenen Brunnen stehen noch rothe Mergel der devonischen Gruppe an, während 4 Meile weiter nördlich davon schon dünn geschichtete Kalksteinschich- ten mit Pentamerus Esthonus und Calamoporen als das oberste Glied der silurischen Gruppe dieser Gegend durch mehrere Steinbrüche aufgeschlos- sen sind, so dass hier die Grenze zwischen den beiden Gruppen auf der ie en der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. | 41 Karte sich sehr bestimmt angeben lässt. Etwas jüngere Kalksteinschich- ten, aber paläontologisch wenig deutlich bezeichnet, wurden aın folgen- den Tage bei dem Gute Laisholm an dem Ufer des Pedja-Flusses beob- achtet. Sehr scharf bezeichnet und stets ganz unverkennbar sind dage- gen die Schichten mit Pentamerus borealis. Es sind mehrere Fuss dicke Bänke eines oft ganz lockeren und sandartig zerreiblichen dolomitischen weissen Kalksteins, welcher so erfüllt ist mit den zollgrossen einzelnen Klappen des Pentamerus borealis, dass er oft kaum etwas anderes als ein blosses Aggregat dieser Schalen darstell. Am ausgezeichnetsten wurde dieses Gestein in der Nähe des Gutes Warrang angetroffen. Die die Felder umgebenden niedrigen Mauern sind ganz aus Stücken desselben erbaut und mehrere flache Entblössungen schliessen es auf. Von denje- nigen dieser anstehenden Schichten ganz ununterscheidbar finden sich Bruchstücke dieses Gesteins auch unter den Diluvial-Geschieben der nord- deutschen Ebene. Der Vortragende führte namentlich an, dass ihm der- gleichen Kalkgeschiebe mit Pentamerus borealis ebensowohl aus den Kies- gruben bei Trebnitz, unweit Breslau, als aus denjenigen von Groningen im nördlichen Holland bekannt seien. Einem noch tieferen geognostischen Niveau gehören die Kalkstein- sehichten an, welche auf dem Gute Borkholm durch mehrere Steinbrüche aufgeschlossen sind. Arten wie Orthis lynx, Orthis anomala, Lituites anti- quissimus und andere beweisen, dass die Schichten schon der unteren Ab- theilung der silurischen Gruppe angehören. In der That lässt Friedr. Schmidt in seiner Classifieation der silurischen Gesteine von Livland und Esthland mit den Schichten von Borkholm die untersilurische Abtbeilung beginnen. Die paläontologisch interessanteste Localität im Innern von Esthland ist Wesenberg. Mehrere, 2 Werst östlich von der kleinen Stadt gelegene Steinbrüche sind reiche Fundstellen von Versteinerungen. Chae- ietes Petropolitana, Leptaena sericea, Chasmops conicophthalmus, Encrinurus multisegmentatus und Lichas angusta sind hier die häufigsten Arten. Ganz dieselben Arten gehören nun auch zu den häufigsten Vorkommnissen in den silurischen Diluvialgeschieben von Sadewitz bei Oels. In der "That gehören die Kalkgeschiebe von Sadewitz unzweifelhaft in ein wesentlich gleiches geognostisches Niveau, wie die Schichten von Wesenberg, ‘und in jedem Falle ist der Ursprung der Sadewitzer Geschiebe in Esthland zu suchen. Die Ermittelung dieses Ursprungs hatte eine der besonderen Aufgaben dieser Reise gebildet. Alle noch tieferen Glieder der siluri- schen Schichtenreihe in Esthland sind am besten am Meeresufer zu beob- achten. An der ganzen Nordküste von Esthland fällt nämlich das Land mit senkrechtem Absturze plötzlich ab, und zwar entweder unmittelbar in das Meer, oder so, dass zwischen dem Absturze und dem Meere sich noch ein niedriger Küstenstreifen befindet. Bei Ontika, einige Meilen westlich von Narwa, erreicht dieser senkrechte Absturz oder der „Glint“, wie er in dem Lande genannt wird, eine Höhe von 206 Fuss. An die- 42 Jahres-Bericht sem „Glint“ treten nun überall die anscheinend wagerechten, in Wirk- lichkeit aber ganz flach gegen Süden einfallenden untersten Glieder der silurischen Schichtenreihe mit grosser Deutlichkeit und in vollständiger Regelmässigkeit der Aufeinanderfolge zu Tage. Die tiefste, vom Meere bespülte und bis zu unbekannter Tiefe unter den Meeresspiegel sich fort- setzende Ablagerung ist ein blauer plastischer Thon, — derselbe, welcher auch den Boden von Petersburg bildet und in welchem Pander räthsel- hafte kleine Körper entdeckt hat. Darüber folgt der sogenannte Unguli- ten-Sandstein, dann ein bituminöser *Schiefertlion, nach Lagerung und organischen Einschlüssen ein Aequivalent des schwedischen Alaunschie- fers, eine Grünsandlage, und endlich, zu oberst, der sogenannte Vagina- tenkalk. Der Berichterstatter beobachtete diese Aufeinanderfolge nament- lich an dem Glint bei dem Gute Asserien. Auch bei Narya wurden dieselben Glieder wieder gefunden. Hier treten sie an den steilen Ufern der Narowa zu Tage. Derselbe Fluss bildet 3 Stunde oberhalb der Stadt merkwürdige Wasserfälle, welche in ihrem allmäligen Rück wärts- schreiten und in der dadurch bewirkten Bildung eines engen, spaltenför- migen Auswaschungsthales alle Erscheinungen des Niagara-Falles im Klei- nen wiederholen. Eine rasche Postfahrt von einem Tage führte von Narwa direct nach Petersburg. Hier gewährte die Besichtigung der öffent- lichen und privaten Sammlungen und der Verkehr mit den Fachgenossen reichliche Beschäftigung für einen dreiwöchentlichen Aufenthalt. Unter den öffentlichen Sammlungen kommen vor allen diejenigen des Berg- Corps und der Academie in Betracht. Sehenswerthe paläontologische Privat-Sammlungen besitzen namentlich Pander, Al. v. Volborth und Eichwald. Diese Männer sind denn auch die Hauptvertreter der Pa- läontologie in Petersburg. Für Geognosie sind besonders die Herren v. Helmersen und Hoffmann — beide Generale im Berg-Corps — thätig. In Herrn N. v. Kokseharow besitzt Petersburg ausserdem einen Mineralogen von hohem wissenschaftlichem Verdienst. Seine mine- ralogische Privat-Sammlung ist ganz besonders sehenswerth und übertrifft in manchen Theilen selbst die öffentlichen Sammlungen an Reichthum. — Auch ein Abstecher nach Moskau wurde von Petersburg aus gemacht. Eine Eisenbahnfahrt von 22 Stunden führt von der Residenz nach der alten Hauptstadt des Reiches. In Moskau machte Herr Dr. Auerbach einen sehr gefälligen und kenntnissreichen Führer. Es wurden nicht nur die Aufschlusspunkte des Kohlenkalkes und der wohl- erhaltenen Versteinerungen der reichen Jura-Schichten in der unmittelba- ren Nähe von Moskau besucht, sondern auch ein Ausflug nach dem 7 Mei- len südlich an der Mosqua gelegenen Miatschkowa gemacht, wo der kreideähnliche schneeweisse Kohlenkalk in ausgedehnten Steinbrüchen vor- trefflieh aufgeschlossen ist und zugleich die Ueberlagerung durch die braunschwarzen Schieferthone der Oxford-Bildung sehr deutlich hervor- tritt. — Der Rückweg nach Deutschland wurde zu Wasser gemacht. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 43 Eine dreitägige Fahrt auf einem der vorzüglichen neuen Dampfschiffe der Lübeeker Linie brachte die Reisenden von St. Petersburg nach Lübeck. Herr Dr. Stache aus Wien gab am 6. November eine gedrängte Uebersicht über Die geologischen Verhältnisse Istriens, Siebenbürgens und des Bakonyer Waldes in Ungarn, dreier geologisch sehr verschieden ausgebildeter Gebiete, welene er als Geolog der k. k. geologischen Reichsanstalt in Wien in den Jahren 1858 — 1861 kennen lernte. Die erste seiner Mittheilungen bezog sich auf Istrien. Wie die vor- gelegte geologische Karte im Maassstab der Generalkarte von Ilyrien von 4000 Qu.-Zoll = 1 W. Zoll schon erwies, ist das Festland der istrischen Halbinsel sowie die dazu gehörigen Inseln des Quarnero und die gegen- überliegende kroatische Küste in ziemlich gleichförmiger Weise aus den- selben Gesteinschichten nur zweier geologischen Perioden aufgebaut. Kalke und Dolomite der Kreideperiode, welche in der ganzen Längsrich- tung, die durch die Spalte mit dem Zirknitzer See angedeutet ist, .unmit- telbar, mit Auslassung der ganzen Reihe der Lias- und Jura-Schichten, an die Schichten der oberen alpinen Trias grenzen, bilden die Hauptmasse der Gebirge in diesem Lande und zugleich die ältesten zu Tage treten- den Schiehten überhaupt. Sie bilden 3 gegen das Meer, also von NO. gegen SW. absteigende grössere Gebirgsstufen, deren jede wieder aus 2 oder mehreren, aus dem früheren Zusammenhang gerissenen karstartigen Gebirgskörpern besteht. Die höchste dieser Stufen bildet das Schneeberger Waldgebirge mit dem 5673’ hohen Krainer Schneeberg, und der nordwestlich davon durch eine tiefe Einsenkung abgesonderte Gebirgsstock des 4000‘ übersteigen- den Nanos. Die mittlere Gebirgsstufe ist aus dem gewaltigen Karstgebirge der Tschitscherei mit dem 4410‘ hohen Monte maggiore und dem 3239‘ hohen Slaunik als dem Centrum, dem Triestiner Karst als nördlichem Flügel, und den ausser Zusammenhang gerissenen Inseln des Quarnero, Veglia, Cherso und Lussino, als südlichem Flügel, zusammengesetzt. Die dritte tiefste Stufe endlich bildet das breite, sanft wellig gegen das Meer zu sich abdachende südliche Karstland der istrischen Halbinsel, welches mit dem langen flachen, aber viel zerrissenen Küstensaume zwi- schen Punta Salvore bei Pirano und Pt. di Promontore bei Pola unter das Niveau der Adria taucht. Diese Stufe besteht scheinbar nur aus einem einzigen Theil, doch nur scheinbar; denn durch die tief einschnei- denden, kluftartigen Thäler des Quieto, des Canale di Lemme und der Arsa ist dieses wellige Kreideland in vier gesonderte Gebirgsglieder zer- rissen. — Die Spalten und breiten, muldenartigen Einsenkungen, durch welche die Hauptgebirgsstufen und ihre gesonderten Gebirgsglieder von 44 Jahres-Bericht einander getrennt erscheinen, sind nun im Allgemeinen mit dem Material jener zweiten Zeitperiode erfüllt, welche an der Zusammensetzung und Gestaltung des Landes wesentlichen Theil hat. Kalk-, Conglomerat-, Mergel- und Sandstein-Schichten der älteren Tertiärzeit bilden grössere oder kleinere zusammenhängende Gebirgsgebiete von sanfteren Contour- formen der Berge und verschiedenartigem kulturökonomischen und land- schaftlichen Charakter, welche zwischen jene drei Hauptgebirgsstufen der Kreidezeit mit steriler schrattiger Karst-Physiognomie, oder mit noch be- wahrtem ursprünglichen Urwald-Charakter wie zwischengeklemmt einge- senkt sind. Es sind dies die Eocän-Gebiete des Poik- und des Wipbach- Flusses und der Reeca mit dem langen Spaltenthal von Baecari zwischen der oberen und mittleren, und die durch die quere Längswelle des Buja- ner Karstes in zwei Abtheilungen getrennte Eocän-Mulde von Triest - Pi- sino zwischen der mittleren und unteren Stufe. Endlich durchziehen, wie Fortsetzungen dieser Gebiete, im Längsstreichen der Kreideschichten, auch die Inseln Veglia und Lussin, sowie Unie und die beiden Cavidole Eocän- schichten, welche auf Veglia wenigstens noch mit hinreichender Deutlich- keit als Ausfüllung der faltenartigen Längsklüfte zu erkennen sind, die das feste kalkige Grundgebirge der Inseln durchziehen. Der Gebirgsbau des ganzen Landes ist demnach ein faltenförmiger. Von der bis zur Ueberkippung und Ueberschiebung der Kreidesehichten steilen Faltung der ganzen Schichtenreihe, von den tieferen Kreide- bis zu den obersten Eocän-Schichten in den beiden oberen Gebirgsstufen steigt das Land abwärts zu stärkerer und endlich zu schwächerer wellen- förmiger Biegung der Schichten, . mit der sich endlich die unterste Ge- birgsstufe unter das Meeresniveau verliert. Die schmale, aber meist sehr deutlich entwickelte Randgebirgszone, welche die untere kalkige Abtheilung des Eocänen zwischen der ganzen Masse der Kreide, Kalke und Dolomite und dem Haupteomplex der obe- ren mergelig-sandigen Gruppe des Eoecänen bildet, trägt in ihrer stetigen Wiederholung an allen Grenzrändern der beiden Hauptformationen am meisten dazu bei, dass man zur klaren und richtigen Erkenntniss des Ge- birgsbaues in diesem interessanten Lande gelangt. | Kreide und Eoeän liessen sich übrigens nach dem petrographischen und paläontologischen Charakter ihrer Schichten in mehrere Unterabthei- lungen gliedern. Die Kreide beginnt mit durch Caprotina ammonia cha- rakterisirten Neocomschichten, es folgen die gleichfalls noch zur unteren Abiheilung zu rechnenden schwarzen Fischschiefer von Comen, darauf radiolitenarme Dolomite mit zwischengelagerten Kalkschiehten, darüber radiolitenreiehe Kalke mit sparsamer zwischenliegenden Dolomitschiehten, endlich eine schmale Zone sehr heller Kalke und Breeeienmarmore mit Radioliten und Hippuriten zusammen (unteres und oberes Turonien). Im Eoeänen liessen sich in der untereu Kalkabtheilung eine tiefste, Kohlen, Süsswasserschnecken und Charen führende Strandzone mit Süss- der Schles. Gesellsch. f.' vaterl. Cultur. 45 wasser- und Brackwässernatur, und eine obere, ausser an andern Forami- niferen (Quinqueloculinen, Borelis) besonders an Nummuliten reiche litto- rale marine Tiefenbildung, in der oberen mergelig-sandigen Gruppe eine untere conglomeratische, versteinerungsreiche Meeresbildung (mit Numm. exponens, Lucasana, spica ete., Conoclypus concideus, Corbis lamellosa, Turitella imbricataria etc. etc.) und ‘eine obere mergelig-sandige Bildung unterschei- den, welche fast nur durch Fucoiden charakterisirt ist. — Die zweite Mittheilung des Vortragenden betraf ein, im Gegensatz zu diesem offenen Küstenlande, geographisch und geologisch sehr gut ab- geschlossenes Gebirgsland, nämlich „Siebenbürgen“. Die Abgeschlossen- heit der geographischen Formen und die Regelmässigkeit und Symmetrie der geologischen Zusammensetzung machen aus diesem Lande in der '['hat das, was man eine geologisch-geographische Individualität nennen könnte. Die vier geologischen Haupttypen, die das schöne, fast kreisförmige Ge- birgsland zusammensetzen, sind in der That so angeordnet, dass man sie insgesammt fast überall durchschneiden muss, von welcher Weltgegend: her man auch von der Peripherie nach dem Centrum des Landes wan- dert. Zugleich aber hat jede dieser geologischen Haupftormationen auch ihre besondere geographische, kulturökonomisehe und landschaftliche Be- deutung und Verschiedenheit. Kıystallinische Gesteine, besonders Glimmerschiefer und Gneiss, aber aueh Massengesteine, Granitit, Granit und Syenit sind die erste der 4 Hauptformationen. $Sie sind das feste Grundgebirge des ganzen Lan- des, das aber in der Mitte tief eingesenkt ist, und nur als hohes, waldi- ‚ges, zum Theil alpines Grenzgebirge Siebenbürgen fast kreisförmig ab- schliesst. Gegen Nordwest senkt sich das Land und das Grenzgebirge ‚erscheint mehr zerrissen. Im Süden aber hat es seine grössten Erhebun- sen, und hier: bildet das Krystallinische einen langen, zusammenhängenden Grenzzug. Im Norden ist es das Bükgebirge mit der höchsten Erhebung von nur 1676‘ und die Kette der Rodnaer Alpen mit dem 7158° hohen Kuhhorn, im Osten das zu Höhen von 5— 6000’ ansteigende Borszeker Gebirge, im Süden ist es die Fogarascher Gebirgskette mit dem 7974‘ erreichenden Negoc, dem höchsten Berge des Landes, und in der Fort- setzung das Mühlenbacher und Retjetzat-Gebirge, im Westen endlich ist es das zwischen 4+—5000‘ haltende gewaltige Gebirgsmassiv der Szamos- quellen und das Rez- und Meszes-Gebirge, welches die stellenweise noch mit dichtem Urwald bedeckten Grenzmarken des Landes bildet. An den nach innen dem Lande zugekehrten steilen Rand der kry- stallinischen Grenzgebirge lehnt sich eine ziemlich zusammenhängende, nur stellenweise breitere, stellenweise schmälere Vorgebirgszone von Kalk- und Mergelschichten, zum Theil auch wohl von Sandsteinen und Conglo- meraten, welche der älteren Teertiärzeit angehören. Schichten der Eocän- ‚formation bilden also die zweite geologische Hauptgruppe des Landes. ‘Die Kalk- und Mergelschichten, welehe darin die Hauptrolle spielen, ge- 46 Jahres-Bericht hören fast durchweg den Nummuliten führenden Abtheilungen der älteren Tertiärzeit an, und zwar lassen sich vorzüglich zwei altersverschiedene, durch besondere Nummulitenarten charakterisirte Horizonte unterscheiden, ein tieferer, durch das massenhafte Auftreten von Numm. perforata d’Orb. gekennzeichnet, und ein höherer, in welchem Numm. laevigata Lam. herrscht. Ueberdies wurden auch in ähnlicher tieferer Lagerung unter den Nummulitenschichten, wie in Istrien, besonders in der Gegend von Sibö Süsswasserkalke mit Planorben, Paludinen und Charen entdeckt. Diese randliche Vorgebirgszone ist durch ihren Reichthum an Kalk und Gyps wichtig. Letzterer, welcher besonders im nordwestlichen Theile an verschiedenen Orten, wie bei Nagy Kapas, Vannezö, Vartelek, Sib6 und Rona, in gewaltigen, sehr reinen weissen, zum Theil fast alabaster- artigen Bänken ansteht, findet bisher, bei dem verhältnissmässig noch sehr zurückgebliebenen Stande der Cultur und Industrie, so gut wie gar keine Verwendung. Ueberdies sind vorzüglich die flacheren, gewöhnlich vom krystallinischen Grenzgebirge abgekehrten Gehänge dieser Vorge- birgszone reich an grossen und üppigen Wiesenflächen, und daher wich- tig für die hier stark betriebene Viehzucht. Die ganze grosse Masse des hügeligen Mittellandes endlich, welches von diesen beiden randlichen Zonen umgeben ist, wird durchaus von Schichten der jüngeren Tertiärzeit gebildet. Dieses ist die dritte geolo- gische Hauptformation des Landes, welche in ökonomischer Hinsicht durch ihren ungeheuren Salzreichthum unter allen wohl den ersten Rang ein- nimmt. — Die vierte geologische Hauptgruppe endlich bilden die Trachyte. Dieselben sind im Osten und Westen dureh grössere Gebirgszüge vertre- ten; im Uebrigen sind sie in kleineren Durehbrüchen, vorzüglich an der Grenze der eocänen Vorgebirgszone mit dem krystallinischen Grenzge- birge im ganzen Umkreise des Landes verbreitet. Sie sind die Erzbrin- ger, die den Reichthum des Landes an edlen Metallen bedingen. Ihre ‚ Rolle in Bezug auf die geographische Gestaltung des Landes ist die der Variirung des landschaftlichen Charakters der Gegend. Alle anderen in Siebenbürgen vertretenen Formationen, wie Kreide, Jura, Lias und Trias, sind nur mehr zerstreut, in kleineren Partieen und ohne Zusammenhang hier und dort vertheilt. Merkwürdig ist es, dass ältere als triassische Sedimentair-Schichten im ganzen Lande nicht zu finden sind. — { Die letzte Mittheilung bezog sich auf ein Terrain, welches Dr. Stache erst im verflossenen Sommer gemeinschaftlich mit Hrn. Bergrath Franz v. Hauer bereist hatte, wovon er jedoch schon eine Copie der geologischen Originalaufnahme vorzulegen vermochte. Das Land, dessen geologische Zusammensetzung die Karte im Maassstabe von 4000 ‚Qu.-Z. — 1 W. 2. illustrirte, ist die aus dem ungarischen diluvialen Sand- und Lösslaude des Donauwinkels zwischen Raab, Gran und Sexard in diago- der Schles. Gesellsch. £. vaterl. Cultur. 47 naler NO.-SW.-Richtung auftauchende Gebirgsinsel des Bakonyer Wal- des, welehe im Süden zum grösseren Theil durch den Plattensee be- grenzt wird. | Die Bergzüge des Bakonyer Waldes halten zwischen 1500’ und 2500‘ Seehöhe; sie erreichen in keinem Punkte 3000°. Wenn auch nicht geographisch, so bildet die Bakonyer Gebirgsinsel doch geologisch ein kleines Alpenland. Insofern nun bestimmte geologische Formationen von srösserer Ausdehnung auch bestimmte geographische und landschaftliche Formen bedingen oder wenigstens begünstigen, gewinnt hin und wieder wohl auch die Gegend selbst einen alpinen Anstrich. Durch eine tiefe Querspalte, durch: welehe die Raab-Ofener Bahn über Stuhlweissenburg ihren Weg nimmt, ist der Längszug sedimentärer Schichten in zwei Ge- birgsglieder abgesondert, in das kleinere nordöstliche: Vertesgebirge und den südwestlichen eigentlichen Bakony. Ersteres ist im Norden durch das grosse Gran-Ofener Trachyt-Gebirge von der Donau abgeschnitten, letzterer ist durch die Basaltgruppen im Westen gegen das flache Hügel- land des Zalader und Eisenburger Comitates abgegrenzt. Im Hauptge- biet des Bakony sind von den Plattenseeufern bis an die nördl. Grenze segen das Hauptgebiet des Diluviums alpine Schichten fast aller Forma- tionen von den rothen Werfener Schiefern der Trias bis zu den jüngsten Tertiärsehiehten vertreten. Besonders merkwürdig aber ist es, dass mit- ten unter der Hauptmasse alpiner Schichten auch solche auftreten, welche aus den. Alpengebieten bisher nicht bekannt wurden. Die ganze hier ver- tretene Reihenfolge der Triasschichten sammt dem Dachsteinkalk, welcher .den plateauförmig erweiterten, mittleren Hauptrücken bildet, fällt concor- dant unter mittleren bis schwachen Neigungswinkeln vom Plattensee ab gegen NW. ein. Die darüber folgenden Schichten liegen gegen diese Schichtenreihe und zum grösseren Theil auch untereinander discordant. Die ‘ganze vertretene Reihe geschichteter Gesteine ist folgende: Ueber Verrucanogesteinen, rothem Sandstein und Schiefern der unteren Trias, welche an den Plattenseeufern anstehen, folgen Dolomite, darauf alpine Triaskalke und Kalkschiefer mit Naticella costata ete. (Guttensteiner Kalk), in naher Verbindung mit diesen, aber doch höher, bei Köves-Kalla auch wirklicher Muschelkalk mit Spertferina. Mentzeli, Terebr. trigonella ete., — bei Nagy Varzony dagegen rothe Kalke mit Ceratites binodosus. Darauf lagert eine mächtige Schichtenfolge von Dolomiten der oberen Trias .(Esino-Dolomit), als solche durch sparsame, aber sichere Petrefaeten charakterisirt, wie z. B. durch Trigonia Watleyae bei Puszta Uso, westlich von Tapoleza. Auf diese Dolomite folgt eine noch mächtigere Schichten- folge von Dolomiten, welche erst in ihren obersten Schichten in Kalke übergehen, die durch die Dachsteinbivalve (Megalodus triqueter) charakte- risirt sind. Die ältesten der discordant gegen diese, den Hauptgebirgszug bilden- ‚den Kalk- und Dolomitschichten gelagerten Bildungen sind rothe, an 48 Jahres-Bericht Brachiopoden reiche Encrinitenkalke, und Ammoniten und Orthoceratiten enthaltende rothe Kalkschiefer, welche hier den Lias repräsentiren. Hellere, in ziemlich bedeutenden Partieen auftretende Kalke, welche nur hin und wieder Spuren einzelner Terebrateln zeigten, mussten, ob- wohl nicht mit hinreichender Sicherheit, als Jura gedeutet werden. In einem grossen Zuge, welcher die Streichungsrichtung des ganzen Gebirges einhält, treten südlich von Zirez, dem Hauptort im Bakony, Caprotinenkalke der unteren Kreide (Neocomien) auf, und in enger Ver- bindung damit, unmittelbar darauf lagernd, an merkwürdigen Petrefaeten, besonders Turriliten, Hamiten, Ammoniten und Echinodermenreiche Mer- gel, welche sich nach genauerer Untersuchung der Petrefaeten als „Gault‘ erwiesen. Von der etwas abweichenden Ausbildung dieser Schicht bei „Nana“, einem Hauptfundort schöner Petrefaeten, wurde dies sogleich schon im Freien vermuthet. Die bei Lokut und Penzeskut in grösserer Ausdehnung auftretenden weisslichen Mergel, welche ein nur wenig höhe- res Niveau haben, gehören jedoch gleichfalls zu dieser Abtheilung der Kreidezeit. An beiden Punkten ist Turrihtes Puzosianus d’Orb. eines der verbreitetsten Fossilien. Jüngere Kreidekalke treten in einem ganz ab- gesonderten, mit den übrigen Kreideschichten ausser Zusammenhang ste- henden Felsriff am nördlichen Rande des Bakonyer Waldes bei Honwe;j- Bödöge auf. Es sind Hippuritenkalke mit den Hippuriten der Gosau- bildung. Sehr verbreitet und in mehreren getreunten Zügen auftretend sind die Nummuliten führenden Schichten der älteren Tertiärzeit. Dieselben erscheinen in zwei getrennten Zügen zu beiden Seiten des Vertesgebirges. Sie treten auch im Bakonyer Wald als eine innere Zone um Zirez und Bakonybel auf, und als eine äussere, die älteren Schichten gegen das Jungtertiöre und das Diluvium gleichsam abschliessende, welche im Nor- den bei Fenyöfö, im Westen bei Halimba besonders gut ausgebildet ist. Bemerkenswerth ist, dass auch hier an verschiedenen Punkten be- stimmte Nummulitenspecies vorzugsweise herrschend werden; jedoch sind die Lagerungsverhältnisse hier nicht der Art, dass damit, wie in Sieben- bürgen, mit Sicherheit eine Altersverschiedenheit dieser Ablagerungen in Verbindung gebracht werden könnte. So herrscht z. B. bei Ob Galla im Vertesgebirge der fiache, grosse Numm. complanata Lenk., bei Akli Puszta, nächst Bakonybel, verdrängt Numm. perforata d’Orb. und Numm. Lucasana Dfr. alle anderen Arten, bei Halimba, in der Nähe von De- vecser, ist Numm. exponens der Hauptrepräsentant dieses merkwürdigen Geschlechtes. Von Schichten der jüngeren Tertiärzeit kommen sehr verschiedenar- tige Abtheilungen, und zum Theil in sehr grosser Verbreitung, an den äusseren Rändern des Gebirgsgebietes des Bakony und an den Ufern des Plattensee’s vor. Leithakalke wurden bei Devecser am Westrande, Ceri- thienkalke in grosser Ausdehnung in der Umgebung von Tapoleza und _ der Schles. Gesellseh. f, vaterl. Cultur. 49 bei Zanka am Plattensee, Congerienschichten am Ost- und Südufer des Plattensees und an vielen Punkten im nördlichen Vorlandgebiet der Ge- birgsinsel aufgefunden. Das meiste Interesse unter den Bildungen dieser Zeit gewähren die Meilen langen Ablagerungen von Süsswasserkalken, welche durch und durch erfüllt sind mit Schaalresten und Steinkernen von zum Theil recht guter Erhaltung von Planorben, Helices und Palu- dinen. Der längste Zug dieser Kalke erstreckt sich von Tamasi, nord- westlich Stuhlweissenburg über Kuti und Palota gegen Veszprim zu. Der zweite bildet ein kürzeres, aber breiteres Gebiet zwischen Nagy Vazsony und Vigant. — | Von eruptiven Gesteinen treten in dem beschriebenen Gebiet Granit, Trachyt und Basalt auf. Granit und Trachyt beschränkt sich auf die Gegend erdlsul von- Stuhlweissenburg, im Süden des Vertesgebirges. Das ganze in dieser Gegend liegende Meleghegy-Gebirge besteht: aus einem verhältnissmässig jungen Granit von eigenthümlichem Aussehen, welcher an 5 verschiedenen Punkten von einem grauen Trachyt durch- setzt wird. | Die Basalte beschränken sich auf den Westen des Gebietes. Sie: treten hier in einzelnen Kegeln auf, wie der durch seinen Wein berühmte‘ Nagy Somtyo bei Somlyo Vasarhely, oder in Gruppen von vielen und: verschieden geformten Basaltkegeln. Die reichste dieser Basaltgruppen ist die des Plattenseeufers bei Taapoleza. In dieser Gegend kann man mit einem Blick 8— 9 Kegel zählen und hat noch nicht alle in der Ge-. send vorhandenen Basaltberge gezählt. Die zweite Gruppe ist die rei- henförmig geordnete Gruppe zwischen Keszthely und Sümeg, welche :'4- bis 5 Hauptkuppen zählt. Der grösste und am meisten in das:Innere des Bakony gerückte Basaltberg ist der flache, aber hohe Kegel des Kabhegg bei Nagy-Vaszony, ‘der eine Fläche von mehr als einer (Quadratmeile: einnimmt. Die gewöhnliche Form der Basaltberge dieser Gegend ist: die: eines scharf abgestumpften Kegels, welchem in der Mitte .ein kleinerer: sewölbter Gupf aufsitzt. Diese Form zeist am reinsten der einsame Nagy Somlyo und der St. György am Plattensee. Ganz nadelige, spitz-. pyramidale Bergformen, wie sie der Hegyeshegy und Szigliget am Plat- tensee zeigen, deuten auf eine Zusammensetzung aus Basaltconglomerat, und Tuff, "welches hin und wieder noch von Basaltgängen durchsetzt wird, wie es der dicht am Plattensee liegende $zigliget zeigt. Die Basaltgegend am Plattensee mit ihren jäh aus der ebenen Fläche Ber und hoch ansteigenden Kegeln, mit ihren Weingärten und dem iüber- all zwischen den Bergen durchblickenden weiten Spiegel des gewaltigen Sees ist, eines der lieblichsten und gewiss das originellste, nirgends wie- dprapfipdende Landschaftsbild in ganz Ungarn. 4 50 Jahres-Bericht Herr Prof. Dr. Heidenhain sprach in der Sitzung am 23. October über Analogien zwischen pflanzlichen und thierischen Zellen. Im Verlaufe des Vortrages, der im Allgemeinen die neueren, auf das Thema bezüglichen Thatsachen der Histologie zusammenstellte, wurde das Knorpelgewebe Gegenstand einer ausführlicheren Erörterung. Die Knor- pelzellen zeigen ihre Aehnlichkeit mit den pflanzlichen Zellen bekanntlich darin, dass dieselben eine secundäre Membran (Kapsel) besitzen, welche, der Cellulose-Membran der Pflanzenzelle entsprechend, als secundäres Ausscheidungsproduct der primordialen Zelle zu betrachten ist. Der Vor- tragende bekämpfte die mehrfach vertretene Annahme, dass die Knorpel- kapsel nur ein durch Differenzirung der Grundsubstanz aus dieser hervor- gegangener Mantel der Zelle sei, aus folgenden Gründen: 1) Jene Ansicht stützt sich u. A. darauf, dass die sog. Kapsel der Knorpelzelle sich meistens nicht mit scharfer Grenze gegen die Grund- substanz absetze, sondern ganz allmälig und unmerklich dureh eine ver- waschene Contour in dieselbe übergehe. Allein wo eine scharfe Grenze zwischen Kapsel und Grundsubstanz fehlt, beweist dieser Mangel zunächst nur eine Aehnlichkeit des Brechungsindex beider Gebilde. Aus diesem optischen Verhalten folgt noch keineswegs ohne Weiteres eine nahe mor- phologische und chemische Beziehung; erscheint doch eine mit Wasser gefüllte Glasröhre als solider Glasstab! Aber selbst wenn man aus der Aehnlichkeit des Brechungsindex auf eine morphologische und chemische Verwandtschaft schliessen wollte, würde man mindestens mit demselben ‘ Rechte die Grundsubstanz von den Kapseln der Knorpelzellen ableiten können, mit welchem man die letzteren aus der ersteren entstehen las- sen will. 2) Der Vortragende hat mittelst concentrirter Salpetersäure aus Hya- linknorpeln, in welchen die Zellen ganz unmerklich in die Grundsubstanz übergehende Kapseln besassen, diese letzteren als scharf und glatt nach aussen hin begrenzte, also selbstständige Gebilde isolirt. Präparate wur- den vorgelegt. 3) An manchen Orten setzen sich die Kapseln nicht bloss im alten, sondern auch im jungen Knorpel durch scharfe Contouren gegen die Grundsubstanz ab, so z. B. im proc. ziphoideus des jungen Meerschwein- chens. An diesem letzteren Knorpel sieht man oft Tochterzellen inner- halb der Kapseln der Mutterzellen von eigenen Kapseln umgeben. Auch hiervon wurden Präparate vorgelegt. 4) Mitunter treten in Knorpeln, die gar keine Grundsubstanz besitzen, Kapseln um die Zellen auf. Man findet so in den Kiemenstrahlen vieler Fische an der Spitze Zellen ohne Kapseln, weiter nach der Basis hin eingekapselte Zellen. Ebenfalls Präparate, Was die Grundsubstanz des Knorpels selbst anlangt, so hat der Vor- tragende ermittelt, dass sich dieselbe ganz und gar aus einzelnen Abthei- der Schles. Gesellsch, f, vaterl. Cultur. 51: lungen zusammensetzt, welche in näherem, wahrscheinlich genetischem Zusammenhange mit den Zellen stehen. Wenn man feine Knorpelschnitte aus dem Gelenkknorpel des Frosches etwa 8 W. lang in einer Mischung von concentrirter Salpetersäure mit 5—6 Th. Wasser, die mit chlorsau- rem Kali gesättigt ist, liegen lässt, zerfällt die ganze Grundsubstanz in einzelne scharf von einander abgegrenzte „Zellenterritorien“. Es treten dem Umfange der Zellen ungefähr parallel, in einiger Entfernung von demselben scharfe Contouren auf, welche runde oder polygonale Stücke der Grundsubstanz umschliessen, in deren Mitte ungefähr die Zellen lie- sen. Die Grösse des zu den einzelnen Zellen gehörigen Territoriums der Grundsubstanz hängt lediglich von dem Reichthum des Knorpels an Zel- len ab. Je geringer derselbe, desto grösser die einzelnen Abtheilungen der Grundsubstanz. Die benachbarten Territorien stossen unmittelbar an- einander, so dass von der Grundsubstanz kein Stück frei übrig bleibt, ohne von der Gebietsgrenze einer Zelle eingeschlossen zu sein, Die Be- deutung dieser Thatsachen weiter aufzuklären, ist der Vortragende mit der Entwickelung des Knorpels beschäftigt. Herr Prof. Dr. F. Cohn hielt in der Sitzung vom 20. November einen Vortrag ; über das Verhältniss der Zellen in den niederen Pilanzen und Thieren. - Anknüpfend an den, Vortrag des Hrn. Prof. Heidenhain am 23. October über die Aehnlichkeiten und Verschiedenheiten der Thier- und Pflanzenzellen, hob derselbe hervor, dass ein Ver- gleich zwischen beiden sich nicht sowohl auf die Gewebe der höheren Pflanzen und Thiere begründen lasse, welche die extremsten und daher am meisten abweichenden Entwickelungsstufen darbieten, als vielmehr auf die einfacheren Verhältnisse, wie sie die wirbellosen Thiere, insbe- sondere die Protozoen auf der einen, und die niedersten Algen und Pilze auf der anderen Seite darbieten. Von den Bestandtheilen des bekannten Zellenschema fehlt der Kern in zahlreichen Algen-, Pilz- und Flechtenzel- len; die Membran zeigt niemals die durchbrochenen Verdiekungsschichten höherer Pflanzenzellen, geht durch gallertartiges Aufquellen leicht in eine mehr oder minder mächtig entwickelte Intercellularsubstanz über, besteht in vielen Fällen (Pilzen, Oseillarieen, Palmelleen) nicht aus Cellulose, ist bei Mesotaenium Endlicherianum in so hohem Grade dehnbar und weich, dass mehrere Zellen zu einer verschmelzen können. Endlich fehlt die Cellulosemembran gänzlich bei den meisten Schwärmzellen, den Sperma- tozoiden (Befruchtungskörpern) und den unbefruchteten Ruhesporen (Be- fruchtungskugeln oder Keimbläschen); diese sind individualisirte Proto- plasmakugeln mit einer Primordialschlauchhülle (Primordialzellen). Dass Cellulose die Grundlage der Zellmembran bei den niederen Thieren im Allgemeinen sei, ist seit Peligot’s Untersuchungen sehr wahrscheinlich, 4* 59: 00.00 Jahres-Bericht welcher die Chitinmembran als ein Gemisch von Cellulose und einer stickstoffhaltigen inerustirenden Substanz erkannte; für den Mantel der Tunikaten hat der Vortragende durch Maceration in der Schulze’schen Lösung nachgewiesen, dass derselbe sich vollständig in seine einzelnen Zellen auflöst, und dass bei ihnen reine Cellulose die Substanz der Mem- branen bilde (nicht, wie Schacht glaubte, die Intercellularsubstanz). Die rhythmisch eontractilen Blasen der Volvocinen zeigen, dass diese Bildun- gen auch bei unzweifelhaft einfachen Zellen vorkommen, also keinesfalls als Beweise complieirteren Baues (Gefässsystem) dienen können, Herr Geheimer Medieinalrath Prof. Dr. Göppert bemerkte in der Sitzung am 6. Februar 1861 rüeksichtlich der Auffindung der Posidonomyia Becheri bei Johannesfeld bei Troppau, dass dabei auch die bisher stets für die Posidonomyien-Schiefer, für die jüngere Grauwacke und untere Kohlenformation charakteristischen Pflanzen, wie ich selbe schon 1852 bezeichnet habe, namentlich Cala- mites tramsitionis m., Sagenaria Veltheimiana, Nöggerathia Rückeriana, Lepido- dendron tetragonum vorgekommen seien, und überhaupt jene Schichten mit den ihnen eigenen Pflanzen und Thieren bis in die Gegend von Olmütz an verschiedenen Punkten auftreten. Derselbe, verhindert, in der Sitzung am 24. Juli persönlich zu erscheinen, legte die schriftliche Anzeige vor von der Entdeckung von Thierfährten im Gebiet des Rothliegenden zwischen Albendorf und Nieder- Raihen in der Grafschaft Glatz, die, wie die zugleich beigefügten photographirten Zeichnungen erkennen liessen, nicht weniger als 4 verschiedenen, Saurierna verwandten Thieren angehören. Herr Dr. phil. Beinert in Charlottenbrunn machte mich zu- erst auf das Vorkommen derselben aufmerksam, welches er erkannte, ob- schon anfänglich nur ein sehr unvollkommenes Exemplar derselben zu seiner Beurtheilung gelangte. Eine im Juni d. J. von mir dahin unter- nommene Excursion lieferte die Bestätigung und Erweiterung dieses für Schlesien, wie für das gesammte Rothliegende Deutschland’s neuen Fun- des, den wir durch fernere Forschungen bald zu erweitern hoffen. Die Fährten kommen zugleich mit Abdrücken von Regentropfen und Walchia piniformis vor, welche letztere Pflanze als eine wahre Charakterpflanze des Rothliegenden anzusehen ist. Derselbe lieferte in der Sitzung am 16. Januar 1861 folgenden constatirten Beitrag zu der wohl auch sonst schon bekannten Neigung der krähenartigen Vögel für glänzende Gegenstände. Im August 1860 hielt sich ein mir sehr wohl bekanntes junges Fräulein v. K. auf dem Lande bei ihrem Onkel auf, zu N. bei 6. in Niederschle-. der Schles.: Gesellsch, f., vaterl. Cultur. "53 sien. Dort befand sich auch eine gezähmte Elster, welche: eines Tages um sie herum hüpfte und mit ganz besonderer Aufmerksamkeit einen goldenen Granatring zu beobachten schien, den sie am Finger führte. Wissbegierig, ob sich dies wirklich so- verhalte, nahm sie den Ring ab und steckte ihn auf eine Gerte, die sie dem Vogel hinhielt, worauf sie die unangenehme Erfahrung machen musste, dass er den Ring nahm und davonflog, ohne dass man sich seiner wieder bemächtigen konnte. Das Geschick des sonst im Hause lebenden Vogels blieb unbekannt, der Ring jedoch wurde etwa nach einem Jahre unerwartet auf einem benachbar- ten Acker wiedergefunden. — Wer erinnert sich hierbei nicht an die berühmte Kriminalgeschichte, welche Jeder erfährt, der den alterthümli- chen Dom iu Merseburg besucht! Herr Staatsrath Prof. Dr. Grube lenkte in der Sitzung am 27. Fe- bruar die Aufmerksamkeit der Versammlung auf eine von Herrn Prof. F, Römer mitgebrachte hochnordische neue Coralle (Lithoprimnoa ee (s. Abhandl. der Schles. Ges. f. vaterl. Cultur, 1861, Abtheil. f. Natur- wissensch., Heft II, pag. 165 —176, Taf. II.) Derselbe legte in der Sitzung am 19. Juni das von Schmarda herausgegebene Kupferwerk über die auf seiner Reise um die Erde von ihm beobachteten und gesammelten Turbellarien, Rotato- rien und Anneliden vor, und knüpfte daran einige Bemerkungen über den grossen Reichthum des Materials und die übersichtliche Behandlung desselben. Derselbe machte demnächst Mittheilungen über die Serpulen, mit besonderer Berücksichtigung ihrer Deckel.*) Als Linn& seine Gattung Serpula aufstellte, fasste er unter diesem Namen alle solche Kalkgehäuse zusammen, , welche eine röhrige Gestalt haben und an andere Körper angewachsen sind; es kam ihm nur darauf an, diese Röhren von den Teredines, Dentalien, Patellen und anderen Schneckengehäusen zu unterscheiden, mit denen er sie in die Abtheilung Testacea univalvia seiner Klasse Vermes zusammengebracht hatte. Die Thiere, von denen diese Röhren herrührten, sollten Terebellen sein, eine Gattung, die wir an einem ganz anderen Orte des Linne’schen Systems, nämlich unter den Vermes Mollusca neben den Nereiden und Nacktschnek- ken aufgeführt finden. In gleicher Weise bezeichnete er mit seinem Gat- tungsnamen Sabella alle aus Sandkörnchen gebildeten, mit einer inneren Haut a lelen Röhren, fasst sie ebenfalls als eine Schale, testa, auf, =) In diesen’ Aufsatz sind nachträglich noch mehrere, während des Aufent- halts auf Lussin gemachte Beobachtungen aufgenommen. 54 | Jahres-Bericht ‘und stellt sie demnach auch zu den Vermes testacea, nahe Serpula; die Thiere dieser Röhren bezeichnete er als Nereiden, die aber von den eigentlichen den Vermes Mollusca beigesellten Nereis sich durch 2 dickere, hinter dem Kopf stehende Fühler unterscheiden sollten. Nun kannte aber Linne sowohl von seinen Serpulen als seinen Sabellen die wenigsten Thiere, und diejenigen, die ihm zugänglich waren, so wenig genau, dass er sonst ohne Zweifel bemerkt hätte, wie viel ähnlicher selbst eine wahre -Serpula (im Sinne der Neueren) einer Sabella, als einer Terebella ist, und ‘ dass wir uns weniger über die Verschiedenartigkeit derjenigen Geschöpfe, die er als Arten einer Gattung betrachtete, wundern dürfen, als über die Idee, die von einem Thiere herrührenden Gehäuse und diese T'hiere selbst an zwei ganz verschiedenen Stellen des Systems unterzubringen; es kam ihm so viel mehr darauf an, die Gehäuse der Thiere in eine übersicht- liche Ordnung zu bringen, dass er hier das nothwendige Zusammengehö- ren des Verfertigers und des Verfertigten aus den Augen setzte. Um hier bei der Gattung Serpula stehen zu bleiben, so kann es uns weiter nicht befremden, dass unter den von Linn& dazu gerechneten Röhren die einen eine ganz andere Beziehung zum Körper des betreffen- den Thieres haben, als die andern; selbst Linn&’s spätere Nachfolger, wie Lamarck und Blainville, vermochten hierin noch nicht durch- weg mit Sicherheit zu sondern. Einige von Linn&’s Serpulen sind wahre Schnecken, nämlich Vermetus- und Siliquaria-Arten, deren Kalkröhren also die Bedeutung wirklicher, unter der äussersten Körperhaut entstehender Schalen haben, andere sind Ringelwürmer, die einen erhärtenden Kalksaft ausssondern, deren Röhrenwand also nach aussen von der Haut ihres Körpers liegt und deren Körper mit dieser Wand in gar keiner organi- schen Verbindung steht, noch andere müssen zu den Muscheln gezählt werden, aber zu solchen, die ausser den beiden Klappen der Schale, die allen zukommt, eine Kalkröhre bilden, die mit den Klappen in eine enge Verbindung. tritt — letzteres ist bei seiner Serpula Pinis (Aspergillum Lam.) der Fall —, und noch andere endlich finden ihre rechte Stelle bei den Polythalamien. Nur für die Thiere der zweiten Kategorie wurde von den Neueren der Name Serpula beibehalten. Aber auch die Erbauer die- ser Anneliden-Röhren stimmen nicht so sehr überein, dass man nicht ver- sucht hätte, mehrere Unterabtheilungen daraus zu machen, die sich nach einem tiefer eingreifenden Unterschiede in 2 grössere Gruppen ordnen: die einen tragen einen Deckel am Vorderende und können, indem sie sich in ihre Röhre zurückziehen, durch ihn dieselbe verschliessen (Ser- pula), den andern fehlt er (Protula); im übrigen sind beiderlei Anneliden ganz ähnlich gebildet. Sie haben einen Körper mit zahlreichen ringför- migen, borstentragenden Segmenten, von denen nur die 7 vordersten an- sehnlicher, die übrigen alle äusserst kurz sind. Diese beiden Segmentrei- hen treten dadurch in einen noch deutlicheren Gegensatz, dass sich bei der ersteren die Haut des Bauches rechts und links in einen Lappen (den der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur, 55 sogenannten Mantel) ausbreitet, der sich über die Bündel der Haarborsten hinüberschlägt, dass ferner diese Bündel hier über den kammförmigen Querreihen der winzigen Hakenborsten stehen und ansehnlich sind, wäh- rend an den übrigen Ringen die Stellung eine umgekehrte ist und die Haarborsten sich spärlich zeigen, ja zuweilen streckenweise gänzlich vermisst werden. £ An dem abgestutzten Vorderende des Körpers, in dessen Endfläche der Mund liest, bildet eine Verlängerung jener Mantelhaut einen sich um- schlagenden Kragen (COollare) und aus der Endfläche selbst wachsen in der Richtung der Körperlängsachse 2 Blätter nach vorn heraus, ein rech- tes und ein linkes, deren Vorderrand sich in eine Reihe langer, zart und dicht gefiederter Fäden (Fühler mit Kiemenfunction) verlängert. Jedes Blatt ist mindestens zu einem Halbkreise eingerollt, doch geht das Wachs- thum bei manchen Arten über einen solehen hinaus, indem ein voller Kreis oder eine Spirale entsteht, zuweilen eine Spirale von 6 bis 7 Um- sängen; in jenem Falle pflegt das Basalblatt die Form einer halb durch- schnittenen Ellipse oder eines solchen Ovals, im zweiten die Gestalt eines langgezogenen Dreiecks zu haben. In beiden Fällen bilden, wenn sich die nichts weniger als starren Blätter stärker einrollen, die Kiemenfäden einen Pinsel, wenn sie sich ausbreiten, einen Trichter. Der längste Kie- menfaden ist derjenige, der der Mittellinie des Rückens am nächsten steht; nach dem entgegengesetzten Ende des Basalblattes nehmen die Fä- den an Länge ab. Wenn ein Deckel vorhanden ist, so besteht dieser aus einem am oberen Ende verdickten oder verbreiterten, eine Keule oder eine Platte bildenden Stiel neben dem längsten Kiemenfaden. Sa- vigny nennt ihn ‚Ja division imberbe“, im Gegensatz zu den übrigen ge- fiederten Fäden, und bezeichnet ihn als den ersten der ganzen Reihe. Als einen solchen zeigt er sich in der That bei vielen Serpulen: er ent- springt dann vom Rande des Basalblattes selbst, z. B. bei S. vermicularis, aspera u. a., ja bei Ser- pula fülograna ist er sogar noch gefiedert, wie die übrigen, in anderen Fällen jedoch sehen wir ihn entschieden ab- und aus der Reihe gerückt, abge- löst (Fig. 1); er nimmt seinen Platz zwischen dem Basalblatt und dem Halskragen, und sein Stiel, der bei $. jilograna noch eben so schlank als die übri- gen Fäden ist, bei S. vermicularis und ihren Ver- wandten aber schon um das zweifache an Dicke zunimmt, wird dann noch stärker oder wenigstens noch breiter, und kann besondere Zacken und Lappen treiben. Gewöhnlich existirt nur auf einer Seite, der linken oder der rechten, ein ausgebildeter Deckel, selten finden wir ihn auf jeder von beiden Sei- ten, und in noch anderen Fällen giebt es zwar nur einen Deckel auf einem Stiel, allein er liegt so ganz in der Mittelebene, dass man ihn als 5 6 Jahres-Bericht eine Verwachsung aus einem linken und einem rechten betrachten muss, wenn man sich nicht zu der Annahme entschliessen will, dass er zwar nur einer der beiden Seiten angehöre, aber bis über die Mitte hinausge- rückt sei. | Entwickelt sich der Deckel nur auf einer Seite des Körpers, so kann auf der andern ein entsprechendes Rudiment vorkommen, als ob die Na- tur einen Anlauf nehmen wollte, ein zweites Gebilde der Art zu schaf- fen: es zeigt sich wenigstens ein an seinem oberen Ende etwas verdick- ter Griffel, wohl eben so dick, als der Stiel des Deckels, aber höchstens kaum halb so lang. Dies habe ich nur bei den Serpulen mit trichterför- migen, am Rande gesägten Deckeln beobachtet, bei den Untergattungen Serpula und Eupomatus (bei einem Exemplar von E. uncinatus fehlte die- ser Griffel gänzlich); bei den übrigen dieser Kategorie kommt es nicht einmal zu einem solchen Anlauf, sie sind vollständig unsymmetrisch, so bei den Untergattungen Placostegus, Pomatoceros und Vermilia. In vielen Fällen sonstiger Asymmetrie im Thierreich spricht sich bekanntlich ein gewisses Gesetz aus, dem zufolge je nach der Species die linke oder die rechte Seite bevorzugt ist: so tragen unter den Schollen die Flundern (Pleuronoctes Flesus) und die Zungen (Solea vulgaris) beide Augen gewöhn- lich auf der rechten, die Steinbutten (Rhombus maximus) auf der linken Seite, beim Narval verkümmert in der Regel der linke Stosszahn, unter den Einsiedlerkrebsen giebt es eine ganze Reihe von Arten, z. B. Pagu- rus Bernardus, P. angulatus, P. Prideauxi, bei denen die rechte, und an- “dere, wie P. callidus, P. misanthropus, bei denen die linke Scheere die srössere ist, und finden sich Ausnahmen, so beziehen sie sich nur auf “einzelne Individuen, aber bei den Serpulen scheint dieselbe Art ihren Deckel bald auf der rechten, bald auf der linken Seite zu entwickeln. So sehe ich denselben bei 3 Exemplaren von S. (Serpula Phil.) contor- tuplicata auf der rechten, bei 5 auf der linken Seite, bei 13 Exemplaren der $. vermicularis (inel. venusta) Phil. den Deckel auf der rechten, bei 10 auf der linken Seite, bei 1 Expl. von S. echinata auf der rechten, bei 3 auf der linken, bei 3 Expl. von S. aspera auf der rechten, bei 3 auf der linken, bei 8 Expl. von S. (Vermitia) infundibulum Phil. (unter denen vielleicht auch V. clavigera steekt) auf der rechten, bei 5 auf der linken, bei 6 Expl. von $. (Eupomatus) uncinata auf der rechten, bei 7 auf der linken, bei 4 Expl. von :$. (Eupomatus) pectinata auf der rech- ten, bei 3 auf der linken Seite. Die drei Exemplare von S. (Placostegus) polita und das einzige von S. (Pl.) libera, das ich besitze, tragen den ‚Deekel auf der linken Seite, wie ihn bei letzterer Art auch Sars abbil- det; dasselbe zeigt sich bei den einzelnen Exemplaren von 8. (Verm.) poty- trema, 8: (Verm.) triguetra und S. (Verm.) striaticeps, die mir zu Gebote stehen. Entschieden ausgesprochen ist das Uebergewicht der linken Seite nur bei S. (Pomatoceros) tricuspis, wo ich unter 63 Exemplaren bei keinem einzigen einen Deckel auf der rechten Seite wahrnahm. der Schles. Gesellsch. £. vaterl. Cultur. 57 Dass an beiden Kiemenblättern ein Deckel entsteht, scheint nur bei den Untergattungen Zupomatus und Filograna vorzukommen. Von Ser- pula (Eupomatus) uncinata bildet schon delle Chiaie unter dem Namen Sabella euplaeana ein Thier mit 2, und zwar gleich grossen Deckeln ab, ebenso zeigt Schmarda’s Exemplar von Eupomatus dipoma 2 Deckel, doch von ungleicher Grösse, unter 9 Exemplaren von S. (Eup.) pectinata finde ich 3 mit 2 Deckeln, an einem ist der linke, an zweien der rechte der ausgebildetere,*der der anderen Seite bei zwei Exemplaren jenem in der Scheibe zwar gleich, aber um $ oder 5 kürzer, bei dem dritten Ex- emplare aber ganz winzig, zwar mit deutlich erkennbarem kerbrandigen, triehterföormigem Theil aber ohne Krone von aufgesetzten Stäbchen; auch das einzige von Philippi untersuchte Thier dieser Art war mit 2 Dek- keln versehen. Der dritte der oben genannten Fälle, das Vorhandensein eines Dek- kels, der als Verwachsung einer rechten und einer linken Hälfte aufzu- fassen ist, begegnet bei den Untergattungen Pomatostegos, Cymospira und Galeolaria: bei beiden zeigt der Stiel des Deckels die breite Form, welche schon bei Pomatoceros vorkommt. Bei der Eintheilung der Serpulen in Gruppen oder Gattungen nahm Savigny auf die Gestalt des Deckels nnd der Röhre gar keine Rücksicht, sondern nur auf die Existenz eines vollständigen Deckels und die Bildung der Kiemen, je nachdem die Basalblätter derselben sich bloss zu Kreisen oder Halbkreiseun krümmen, oder in Spiralen von mehreren Umgängen einrollen. Die Serpulen der ersten Kategorie bilden seine Tribus der Simplices, die zweiten die S. cymospirae; zu einer dritten Gruppe, $. spira- mellae, erhebt er die S. dispiralis, bei der die Kiemenblätter die Beschaf- ‚fenheit der S. cymospirae besitzen, aber statt des Deckels jederseits nur ein kurzer, zugespitzter Griffel auftritt. Da die Kreis- oder Spiralform der Kiemenblätter im Grunde nur mit der geringeren oder ansehnlicheren Zahl der Kiemenfäden zusammenhängt, sofern noch eine einfache Reihe beibehalten werden soll, so scheint mir dies kein Moment von grossem Gewicht. Lamarck spaltete die Serpulen sowohl nach der Gestalt der Röhre, als nach der Beschaffenheit des Deckels in 4 Gattungen: Spirorbis mit posthornförmig eingerollter Röhre, im Gegensatz zu den übrigen mit unregelmässig gewundenen oder frei aufsteigenden Röhren, nämlich Ver- milia mit kalkigem einfachen, Galeolaria mit zusammengesetztem, mehrere kalkige Spitzen tragendem Deckel, jene mit Röhren, die an der Mündung ‚öfters in mehrere Zacken auslaufen sollen, diese mit solchen, die daselbst nur eine spatelförmige Verlängerung bilden, und Serpula i. e. 8. alle anders beschaffenen umfassend. — Nach diesen Anhaltepunkten war er im Stande, über die grosse Menge der ihm vorliegenden lebenden und fossilen Ser- ‚pularöhren eine etwas leichtere Uebersicht zu eröffnen. Nun hat sich jedoch herausgestellt, dass die Gestalt der Röhre kei- nen zuverlässigen Charakter abgiebt, indem selbst verschiedene Arten [) 58 Jahres-Bericht Röhren von derselben Form erzeugen, und andererseits die Röhren einer und derselben Species nicht unbedeutend variiren, so dass Philippi hier- von, mit Ausnahme der Spirorbis, gänzlich absehen zu müssen glaubte und den von ihm aufgestellten Sippen bloss die kalkige oder hornige Be- schaffenheit des Deckels und seine Gestalt zu Grunde legte. Indem er sich mit vollem Eifer der Erforschung der mittelmeerischen Molluskenfauna hingab, kam er auch in den Besitz eines so reichen Ma- terials von Serpulenröhren mit ihren Thieren oder doch deren Deckeln, dass er, seine Vorgänger bei weitem überflügelnd, darnach eine Einthei- lung sehuf und eine Unterscheidung der Arten lieferte, die noch jetzt als der wichtigste Beitrag und immer als eine Fundamentarbeit für unsere Kenntniss dieser Gattung gelten muss.*) Doch lassen sich, wenn man neben der Gestalt des eigentlichen Deckels auch die Gestalt sei- " U) nes Stieles und dessen Insertion und Stellung etwas schärfer in’s / Auge fasst, die Abtheilungen oder Untergattungen übersichtlicher so gruppiren: A. Deckel von seinem Stielin der Mitte unterstützt, Stiel drehrund (Fig. 2), selten verbreitert. a. Deckel trichterförmig, mit gezähneltem oder gekerbtem Rande**). Der Stiel steht auf dem Rande des Basalblattes selbst in einer Reihe mit den Kiemenfäden. Dem ausgebildeten Dek- kel entspricht an dem sterilen Kiemenblatt ein griffelförmiger Fig. 2. Stummel. Trichter einfach, ohne Aufsatz, Aussen- und Innen- fläche 'strahlig”gefurcht . 2.2907, TER EMEER! Serpula s. str. Ph. Trichter ebenso geformt, aber die Innen- oder Endfläche trägt einen Kranz von Stäbchen oder Gerten (vir- . Yulae)" EEE AUT REDNER. NANREIDERFSAETRIISEM Eupomatus Phil. b. Deckel durchschnitten -eiförmig, mit gerader, breiter Endfläche. Der Stiel, von dem Basalblatt abgelöst, steht vor ihm, d. h. in seinem Rücken; auf der sterilen Seite kein Griffelstummel. Die Röhre scheint bei mehreren Arten eine festere, durchscheinende Wandung zu habenan. la. al NL er SE U Sn N SL re Placostegus Phil. *) s. Archiv für Naturgeschichte, X. Jahrgang, 1844, Bd. I, pag. 186, Taf. VI, Fig. A bis T. 9) Der Trichter ist niemals stark vertieft, sondern, indem der untere Theil seiner Wandung eine viel grössere Dicke als der obere besitzt, bald mehr, bald minder voll mit concavem Boden, und dieser strahlenartig von Furchen durchzo- gen, die von den Randeinschnitten ausgehen, aber nicht alle das Centrum erreichen. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 59 B. Deckel von seinem Stiel nicht in der Mitte, sondern unter der Rückenhälfte unter- stützt, öfters schief aufsitzend. Kein Griffel- stummel (Fig. 3). a. Deckel spatelförmig (oder abgestutzt-keulenför- | mig). Sehr wenige Kiemenfäden. Röhre posthornförmig gewunden, mit der einen Fläche angewachsen, m RN EROER PORREERURERSERREREE Spirorbis Lam. Röhren gesellig aufgerichtet, an- und _ durcheinander gewachsen, sehr dünn, zwei Deckel, der Stiel wie die Kiemenfäden gefiedert. Thier mit Selbsttheilung............. Filograna Berk. b. Deckel eichel- oder annähernd eichelförmig, aus einer, oft durch eine Kante deutlich geschiedenen oberen und unteren Hälfte bestehend; kalkig. Deckelstiel vom Kiemenblatt abgelöst, drehrund, zuweilen mit RE STIEFEL BEN RINDE Vermihia Lam. c. Deckel eine Platte oder Scheibe bildend, kalkig, sein Stiel von vorn nach hinten breitgedrückt, oft mit Fortsätzen, vom Kiemenblatt abgelöst: «&. Deckelplatte mit unbeweglichen horn- oder ge- weihförmigen Fortsätzen, Kiemen einfache Kreise oder Spiralen beschreibend, Stiel entweder unsym- metrisch oder in der Mitte stehend, Röhren ein- zn aenlen.. Pomatoceros Phil. (und Cymospira Sav. e. p.)*). ß. Deckelplatte mit beweglichen kalkigen Stacheln besetzt, Stiel in der Mitte stehend. Röhre an der Mündung mit einem spatelförmigen Fortsatz, ge- sellig zu ganzen Massen verwachsen.........:. Galeolarıa Lam. y. Mehrere Deckelplatten etagenartig übereinander, jede strahlig gefurcht und am Rande gezähnt. Deckelstiel in der Mitte entspringend ...... Poumatostegus Schmarda :(Cymospira Sav. e. p.) *) Ich habe schon oben geäussert, dass mir die Cymospiren keine passende grössere Abtheilung zu bilden scheinen, wollte man sie beibehalten, so wür- den einige, z. B. S. giganteu, Deckel mit geweihartigen, andere Deckel mit horn- förmigen Fortsätzen, noch andere Deckel mit etagenartig übereinander stehenden Platten besitzen; Formen, die einander so ähnlich sehen, wie Pomatostegos macrosoma und brachysona, und die von mir beschriebene $. stellata müsste dann auseinander gerissen werden, ebenso 9. gigantea und S. multicornis. 60 Jahres-Bericht Wenn im Obigen von manchen Untergaitungen gesagt ist, dass sie einen kalkigen Deckel besitzen, so muss dieser Ausdruck dahin erläu- tert werden, dass nicht etwa die Substanz desselben: durchweg kalkig ist, sondern dass der Kalk der Deckelplatte (oder des Deckelknopfes) entweder nur in dünnen Blättern als Ueberzug von der Haut abgesondert wird, oder diese selber verkalkt. Der Stiel bleibt immer biegsam und beweglich. Nach einer mit Herrn Collegen Heidenhain bei Serpula vermicula- ris und contortuplicata angestellten Untersuchung besteht der Deckel aus einer weichen Substanz, welche von einer sehr festen, glashellen, am Rande desselben deutlich geschichteten, bei längerem Kochen in Kali sich, wie Prof. Heidenhain fand, vollkommen lösenden Haut überzo- gen wird. Diese Haut ist an sich structurlos, eine Cuticula, zeigt aber auf ihrer Innenfläche hin und wieder sehr deutlich eine Schicht platter Zellen, als deren Ausscheidung man sie wohl zu betrachten hat. Der Durchmesser der Zellen beträgt nur 0,01 bis 0,02 Millimeter, Kerne waren in ihnen nicht wahrnehmbar. Die von der Haut umschlossene Substanz des Deckels bildet einen seiner Form entsprechenden Strang von grümlichem Ansehen, der im Stiel einfach, in der Scheibe sich strah- lenartig ausbreitet; die Strahlen sind gewöhnlich mehr oder minder tief gabelig gespalten und ihre Masse so fest, dass sie sich ohne Mühe aus ihrem Hautüberzuge, wie ein Finger aus dem betreffenden Theile eines Handschuhes herausziehen lassen; jeder steckt in einem Hautschlauch, da allen strahlig laufenden Furchen des Deckels wahre, das Innere durch- setzende Dissepimente entsprechen. Dass sich in den Kiemenfäden der Serpulen, nach Analogie der Sabellen, Längsreihen von Zellen eines knor- pelartigen "Gewebes finden würden, liess sich erwarten und hat sich be- stätigt; in dem Deckelstiel und der Deckelplatte gelang es uns bis jetzt nicht, sie nachzuweisen; die äusserste Schicht der Innenmasse dieser Theile wird von Ringsmuskeln gebildet, nach innen von ihnen liegen starke Züge von Längsmuskeln, aus sehr gestreckten Zellen (ohne Kerne) bestehend, dazwischen vielfach Blutgerinnsel, das vermuthlich nur einen centralen Kanal erfüllt, wenigstens sieht man am lebenden Thiere in je- dem Faden nur eine Blutsäule; das Blut aller von mir untersuchten Arten ist grün. Bei den Untergattungen Serpula und Eupomatus sind Deckelstiel und Deckelplatte gleich consistent und biegsam, bei Placostegus zeigt oftmals die Endfläche der letzteren, an der man weit auseinander stehende eon- centrische Kreise erkennt, eine festere Consistenz, und bei Vermilia in- Fundibulum nimmt die obere Hälfte des verlängert-eichelförmigen Deckels eine dunkelhornbraune Färbung und Hornhärte an. An dieser ganzen Partie erscheinen dicht auf einander folgende Ringstreifen, denen eben so viele inwendige, horizontal liegende, eoncav-convex gewölbte hornartige Scheiben entsprechen, so dass der ganze Deckel im Innern gekammert der Schles. Gesellsch. £. vaterl. Cultur. 61 ist (vergl. den verticalen Durchschnitt Fig. 4). Diese homige — Substanz löst sich nach Heidenhain bei anhaltendem Kochen S — in Kali. Der Stiel dieser Art ist diek und durch Furchen weit- > läufig geringelt. Kalk sehe ich nur an jener hornig-festen obe- ren Hälfte des Deckels abgelagert, selten so consistent, dass er einen zusammenhängenden Mantel bildet, am ersten an der Spitze. Diese Spitze ist vielfacher Beschädigung ausgesetzt, daher selten vollständig erhalten und abgerundet, oft mehr oder minder weit und unregelmässig ab- oder ausgebrochen, oder verkürzt reproducirt. Die Fortsätze, welche die Dek- kelplatten der Pomatoceros tragen, bekommen meist stärkere Ueberzüge, und die geweihförmigen sind so ganz verkalkt, dass sie gar keine Bieg- samkeit mehr zeigen; dies gilt in noch höherem Grade von den Stacheln der Galeolariendeckel, welche leicht abbrechen, und von der Platte, auf der sie beweglich aufsitzen. Die ganze obere conische Deckelpartie von Vermilia triquetra zeigt eine verkalkte Wandung von ansehnlicher Festig- keit ohne eine hornige Unterlage. Eigenthümlich sind gewisse Körperchen in der Deckelscheibe mehrerer Exemplare von Serpula contortuplicata und vermicularis, welche in ihrer Substanz liegen und wie Fleckchen durch die Haut durchschimmern. Sie liegen reihenweise zwischen den strahligen Furchen des trichterförmigen Deekels, und durchlaufen alle Grössen vom mikroskopisch Kleinen bis zu dem schon mit einer schwachen Linse Sichtbaren; die grösseren konnte ich, wenn ich die Haut spaltete und -abzog, mit der Messerspitze aus der inneren Substanz herausheben, und diese sahen wie eine festwandige gelbe, mit einem grümeligen Gehalt gefüllte Kapsel aus, auch die klein- sten zeigten glatte Contouren und liessen sich nich so leicht zer- drücken; Essigsäure schien den Inhalt etwas zu contrahiren, bei Kalizu- satz wurde das ganze Körperchen gleichmässig gelb. Seit dem Erscheinen von Philippi’s Abhandlung ist die Zahl der dem Thiere nach bekannten Arten etwa um ein Drittheil vermehrt wor- den; den grössten Beitrag hat Schmarda geliefert, auch haben wir mehrere der früher beschriebenen besser kennen gelernt. Indem ich die Untergattungen nach ihrem jetzigen Inhalte durchgehe, werde ich eines und das andere auf die Synonymie Bezügliche zu bemerken haben, auch auf einige von mir aufgestellte neue Species hinweisen. Die Citate für die länger bekannten Arten findet man in meinen „Familien der An- neliden “. Serpula Phil. s. str. S. contortuplicata L. Sav., im Mittelmeer. Ich glaube, dass Phi- lippi’s fragliche S. triquetra L. (welche, wie er selbst vermuthet, nicht die Linn&’sche Art ist) sich mit contortuplicata vereinigen lässt; bei bei- den ist die Röhre dreikantig und mit der Unterseite angewachsen. Phi- lippi führt die contortuplicata gar nicht auf; sie hat jedenfalls mehr 62 Schles Bea Randkerben am Deckel, als Philippi’s Handzeichnung ihm angab, näm- lich 50—60, und diese sind immer spitzig, wie auch bei $. venusta und vermicularis. Bei mehreren Exemplaren ist er lilla gefärbt und hat diese Farbe auch im Weingeist behalten. Die Abbildung von $. contortuplicata in Cuvier Regne animal möchte ich, weil die Röhren drehrund sind und frei emporsieigen, zu S. vermicularis ziehen. S. venusta Phil., im Mittelmeer; meine grössten Röhren hatten nicht mehr als 2,5 rhein. Lin. Durchmesser an der Oeffnung, doch sprach die Beschaffenheit der Röhren für die Identität mit der Philippi’schen Art; das Thier weiss ich von den folgenden nicht zu unterscheiden. S. vermicularis L. Ellis Corall. Tab. XXXVIIIL, F. 2, im Mittelmeer. Ö. Fr. Müller’s $. vermicularis ist ein Eupomatus, auf den sich allerdings Skene’s Zusatz bei Linn& am ersten beziehen lässt, obwohl er auch so nicht ganz passt. Gmelin hat beide zusammengeworfen, Cuvier bei seiner S. vermicularis offenbar Pomatoceros trieuspis Phil. vor Augen ge- habt und dennoch auch Müller’s Figuren dazu citirt. Die Abbildung im Dictionnaire des sciences naturelles würde zu unserer vermicularis' passen ; wie sehr sie mit dem Text im Widerspruch steht, hat schon Philippi hervorgehoben. S. pallida Phil. und 8. echinata Gm. dürften als eigene Arten schwer festzuhalten und eher als Varietäten zu $. vermicularis zu rechnen sein. S. echinata besitzt gewöhnlich stumpfere Kerbzähne am Deckel, 36—50, die Röhre ist nicht immer rosenroth und von den 7 Kie- len nicht immer alle gezähnelt. Die Färbung dieser 3 Formen varirt. Bei einem Individuum von S. venusta fand ich, abweichend von Phi- lippi, den Leib orangegelb, die Kiemen roth und weiss bunt, bei einer S. echinata den Leib orangegelb, die Kiemen roth und weiss bunt, bei einer vermicularis? Phil. beides oraugegelb, bei einer andern nur den Leib so, die Kiemen weiss, roth gebändert. Der Deckel ist bald einfarbig roth, bald roth und weiss gestreift. S. aspera Phil., im Mittelmeer; ich sehe am Deckel immer stumpfe Kerbzähne (s. Fig. 2, pag. 58), und zwar 20 bis 28. S. sulphurata Edw., bei Nizza, ist mir eben so wenig als die beiden folgenden begegnet. S. lactea Edw., gleichfalls bei Nizza gefunden. S. quadrangula Phil., im Mittelmeer. Kupomalus. E. uncinatus Phil., im Mittelmeer. Ich finde an meinen Exemplaren, da wo der T'riehter aufsitzt, immer einen schwarzbraunen Ring, die Kie- men des lebenden Thieres violetbraun, mit schmalen weissen und blass- chamoisfarbenen Binden, den Leib zinnoberroth, die Reihen der Haken- borsten der vorderen Abtheilung durch einen schwarz-violeten Querstrich bezeichnet. der Schles. Gesellsch. f. vaterl, Cultur. 63 E. pectinatus Phil., im Mittelmeer, kommt auch an der norwegischen Küste vor, daher ist die Abbildung A. Fr. Müller’s von $. vermicularis (Zoologia Danica III, tab. LXXXVI, fig. 7, 9) wohl auf diese Art zu deu- ten. ' Kiemen blutroth, jederseits 10—12 Fäden, Leib orange, Vorderleib weisslich. Die Zahl der Stäbchen auf dem Deckel wechselt zwischen 12 und 16. Die Serp. contorta bei Dalyell (Powers of the Creator III, p. 85, p. LXX) scheint auch ein Zupomatus. Serpula hexagona Bose., bei Charleston, ist seit ihm nicht wieder beobachtet. Eußomatus dipoma Schmarda, vom Cap.“) Placostegus. Serpula erystallina Scacchi, im Mittelmeer, in grossen Tiefen auf Corallen. S. polita Sars, aus Norwegen, von der ich Röhre und Thier (in W eingeist) selbst zu untersuchen Gelegenheit gehabt, und bei der ich jederseits 19 — 20 Kiemenfäden gezählt habe, kann ich für keine andere Art halten, und vielleicht dürfte auch $. armata Edw. Cuv. Rögne anim. Ed. 3. Annel. pl. 3, F. 2 hierher gehören. S. fimbriata delle Chiaie, im Mittelmeer. - Placostegus coeruleus Schmarda (l. e. p. 29, F. 178), am Cap und Neuseeland. S. libera Sars, Dentahum arietinum ©. Fr. Müll., ? Ditrupa subulata Berkeley, an den norwegischen Küsten; mir ist ein Exemplar auch aus aus Madeira zugekommen. — Die von den anderen Serpulen ganz ab- weichend gestaltete, Dentalium ähnliche, aber an der Mündung etwas ver- enste, nirgends angewachsene Röhre zeigt auch in ihrer Structur eine sehr eigenthümliche Beschaffenheit. Ihre durchsichtige Substanz besteht aus lauter senkrecht auf der Längsachse stehenden, also strahlig geordneten Fasern von etwa 0,005 Mill. Dicke, welche, in dünnen Scheiben unter dem Mikroskop betrachtet, durchaus das Ansehen von sehr gestreckten Prismen haben, ohne dass man Endflächen wahrzunehmen im Stande wäre. Dagegen sind Aussen- und Innenwand trübe weisslich und zeigen nicht diese Structur. 78. lima Gr. n. sp. Die Deckelplatte hat die Form der Placostegen, aber der Stiel ist auffallend breit und plattgedrückt, jederseits schmal ge- säumt und der Saum oben in ein freies, zackig eingeschnittenes Läppchen verlängert. Kiemenfäden beiderseits über 20. Die Röhre sehr auffallend, dreiseitig mit der Unterseite angewachsen, rosenroth, dickwandig, mit queren dichtstehenden ansehnlichen und etwas wellig laufenden Rippchen oder Runzeln, die durch kurze Seitenästehen mit einander anastomosiren, ausser dem oberen Kiel noch jederseits 4 Längsreihen kurzer Spitzchen, *) Neue Turbellarien, Rotatorien und Anneliden II, p. 29, F, 178, 64 Jahres-Bericht so dass die Oberfläche der Röhre durch diese Erhabenheiten und Vertie- fungen rauh wie eine Raspel erscheint. Von Professor Lorenz bei Lus- sin gefunden. Vermilia dubia Schmarda (l. e. p. 28, F, 175), aus dem atlantischen Ocean, möchte ich ebenfalls hierher setzen. Der Deckel ist der Abbil- dung nach nicht einmal annähernd eichelförmig, sondern oben ganz ab- geplattet, und die beiden spitzen Fortsätze am oberen Ende des Stieles kommen, wie ich eben gezeigt habe, nicht ausschliesslich den Vermi- lien zu. Spirorbis. “ Sp. cornu arietis Phil., im Mittelmeer. Sp. nautiloides Lam., Serpula spirorbis L., im atlantischen Ocean und Mittelmeer. Sp., spirillum L., im atlantischen Ocean. Beide Arten gehen nach Fabrieius bis Grönland hinauf und kommen auch an der amerikanischen Küste bei Grand Manan vor. Sp. pusilla Rathke, im schwarzen und adriatischen Meer. Sp. granulata Müll., im atlantischen Ocean, Sp. simplex Gr., in der Nordsee. Filograna. F. implexa Berk., S. filograna L., im atlantischen Ocean und Mit- telmeer. F. Schleideni ©. Schmidt, von den Faröerinseln. Die Röhre dieser Art, von der ich Originalexemplare aus dem Münchener Museum gesehen, ist glatt, drehrund, durchscheinend, durch dichtstehende weissliche Ringe etwas ungleich. Vermilia. V. infundibulum Phil., im Mittelmeer, „testa tereti alba multoties varicosa quasi ex infundibulis sese recipientibus conflata, ore quam mazxime patulo, oper- culo elongato conico“ wird bei Philippi von V. clavigera unterschieden, deren drehrunde Röhre 5 erhabene Längslinien hat, und deren opereulum valde elongatum subeylindricum genannt wird, Der Durchmesser der Oeff- nung wird bei jener auf 4,5 Lin., bei dieser nur auf 3 Lin. angegeben. Die geringe Verschiedenheit der Deckelform kann nach dem, was ich oben mitgetheilt, nieht zu schwer in die Wage fallen, und bei allen von mir untersuchten Vermilien, deren Röhren die für V. infundibulum cha- rakteristischen Manchetten bei einer Mündung von 3,5 Linien oder etwas weniger zeigen, finde ich, ehe es zur Bildung derselben kommt, wenig- stens streeckenweise auch 5 erhabene Längslinien, während Bruchstücke von Röhren von nur $ Lin. Durchm. ganz glatt waren. Hiernach möchte ich schliessen, dass V. clavigera nur ein jüngerer Zustand von V. infundibulum | der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 65 ist. Ich zählte bei meinen Exemplaren jederseits 14—18 Kiemenfäden, der Leib war bleich-, die Kiemen lebhaft orangeroth, mitunter weiss ban- dirt; den Rand des Eichelbechers umgab ein dunkel-violeter Ring, bei einem erinnere ich mich auch am Stiel ein paar schwarze Ringe bemerkt zu haben, so dass S. contortuplicata ? Grav,, die ich in meinen ‚Familien der Anneliden‘ zur Unterscheidung von $. contortuplicata L. vorläufig als contorta bezeichnet, vielleicht auch hierher zu ziehen ist. Auffallend ist, dass Philippi nicht die braune Farbe und Ringelung des Deckels er- wähnt, die ich pag. 60 besprochen, doch ist freilich derselbe oft so mit Schizonemen bewachsen, dass man die Oberfläche kaum erkennt. An der Rückenseite des Schwanzendes zeigte sich eine kleine, längliche, ovale Platte von brauner Farbe; die hier befindlichen Segmente besitzen an dieser Stelle eine festere, etwas hornartige Consistenz. V. operculata Bosc., bei Charleston; später nicht wieder beschrieben. “V. striaticeps Gr. nov. spec., im Mittelmeer. Die Form des dunkel- braunen Deckels wie bei V. infundibulum, aber die Oberfläche dicht längsgefurcht, der Stiel geringelt wie dort. Kiemenfäden c. 16. Die Röhre war leider nicht erhalten. V. annulata Schmarda (l. c. p. 28, F. 176), Jamaica; der Deckel ähnelt V. emarginata. N galeataGr. Arch. f. Naturgesch. 1860, XXVI, Bd.I, p. 113, Taf. IV, F.9. | V. multicristata Ph., im Mittelmeer. -V. quinguelineata Ph., desgl. V. emarginata Ph., desg]. V. calypirata Ph., desgl., alle 4, mit einfachem Deckelstiel, ich habe | sie mir noch nicht verschaffen können. V. triquetra Lam., Phil., im Mittelmeer; ich bin sehr zweifelhaft, ob dies eine besondere Art und nicht vielmehr eine Pomatoceros tricuspis ist, deren Deckelknauf sich ungemein verlängert und verkalkt und seine Hörn- chen verloren hat (vgl. diese Art p. 66). Der Deckel und der Deckel- ‚ stiel des einen meiner Weingeistexemplare stimmt ganz mit Philippi’s ı Abbildung (Fig. F) überein, die Zahl der Kiemenfäden beträgt jederseits 12, aber der Halskragen ist gezackt und die Haarborsten der hinteren Lei- beshälfte zeigen dieselbe auffallende Form wie bei P. tricuspis. Ein zweites | Weingeistexemplar hat auch die blaue Färbung, die bei dieser Art so oft vor- kommt, und auf der Spitze des Deckels stehen 2 spitze, kalkige Hörnchen. V. elongata Ph., im Mittelmeer, ist mir nicht begegnet; der Deckel- ‚ stiel soll oben in 2 spitze Fortsätze auslaufen. | V. polytrema Ph., im Mittelmeer. Mein Exemplar hatte einen blass- mennigrothen Vorderleib mit einem zinnoberrothen Querstreifen an jeder | Reihe der Hakenborsten, einen weisslichen Hinterleib, einen sehr ansehn- \ lichen blassgelben Halskragen und blassgelbe Kiemen mit einigen braun- | rothen paarigen Pünktchen an den Kiemenfäden, deren Zahl im Ganzen ‚ 15, und deren nackte Spitze ansehnlich lang war. Deckel blass grün- | 5 66 Jahres-Bericht lich-gelb, obere Hälfte weisslich, nicht hart. Der Deckelstiel sehr schlank, hatte 2 breite weisse Binden und lief oben, wie bei den vorigen, in 2 spitze Fortsätze aus. Die von! Philippi angegebenen 3 schwarzen Ringe waren bei meinem Exemplar nicht bemerkbar. (V. dubia Schmarda ist unter Placostegus erwähnt.) Pomatoceros. P. trieuspis Phil., im Mittelmeer; ich halte sie für einerlei mit der S. triquetra L., die bei Norwegen und sonst in der Nordsee häufig vor- kommt und bis Grönland geht; auch Philippi nennt sie sehr gemein; ich habe sie im adriatischen Meer nur selten bekommen. Der Halskra- gen ist am Rande fein gezackt, wie bei keiner sonst bekannten Serpula, der Leib pflegt orangegelb oder röthlich-dunkelbraun, die Kiemen dunkel- braun und weiss, an der Basis rosa gebändert zu sein, aber bei manchen erscheint statt des Dunkelbraunen eine indigoblaue Färbung, welche auch im Weingeist nicht ganz verloren geht. Die Deckelplatte ist bald mehr, bald minder ausgebreitet, bei einem Exemplar ist sie ganz eingeschrumpft, dafür aber die Erhabenheit, aus der die 3 Hörner entspringen, um so höher, ein verlängerter Knauf, wie die untere Partie von der Keule der Vermilien, und von diesen Hörnern eines auffallend lang, doppelt so lang als die andern. Würde es nicht mehrere Zwischenformen geben, so ‚könnte man auf dieses Exemplar, zumal da auch die Zacken des Hals- kragens sehr lang sind, leicht eine eigene Art begründen. Die im Die- tionnaire des sciences naturelles Serpulides Fig. 3 gegebene Abbildung eines Deckels von Vermilia triquetra liesse sich, falls ein Horn zufällig verküm- mert oder abgebrochen gewesen wäre, vielleicht auf P. irieuspis zurück- führen. Die Haarborsten der hinteren Leibeshälfte haben eine knieför- mige, am Oberrand kammzähnige Spitze. P. tetraceros Schmarda, von Neusüdwales. Die Stellung des Deckel- stiels in der Mittellinie und die zackige Gestalt der auf dem Deckel sitzenden Auswüchse stellen diese Art der S. gigantea näher, als der P. tricuspis. S. gigantea Pall., aus dem Antillenmeer, ward auch von Oersted und Schmarda gesammelt. Die von mir gesehenen Exemplare zeigten noch nach langer Aufbewahrung in Weingeist dunkelroth und weiss ban- x, dirte Kiemen, zuweilen mit ockergelber Färbung des Basal- & S blattes. Schmarda sah einfarbige Kiemenbüschel, auch nur Tr 5 Umgänge der Kiemenspirale, während sonst 6—8 angegeben je A werden: dennoch scheint hier nicht die Annahme zweier Ar- ten erforderlich. Der Deckelstiel links. S. cornieulata Gr. n. sp., aus Java, im Leidener Museum (Fig. 5); nur zwei Hörnchen auf dem Deckel, diese aus ge- meinsamer Basis hervorwachsend, unverzweigt, aber mehrere Fig. 5. kurze Zacken treibend, der geflügelte Stiel des Deckels links, Kiemen in Spiralen von 4 Umgängen emporsteigend. ) wüchse bilden kein Geweih, sondern ein Kreuz, dessen rech- | ter und linker Arm ein hakig gekrümmtes Horn darstellt, wäh- | rend die Spitze des Stammes sich in 2 Hörner theilt; der \ besonders nach oben sehr breite und auf der. Rückenfläche | etwas ausgehöhlte Deckelstiel steht auf der linken Seite. ———— | gefunden (Fig. 6), wie gigantea mit spiralgewundenen Kiemen, der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 67 Cymospira polyceros Schmarda*), an der Küste von Jamaica, hat nur Kiemenspiralen von 2 Umgängen und trägt auf dem Deckel einen Kranz von ' 7 einfachen Hörnern, da das Thier bloss von der Bauchseite abgebildet ist, kann man nicht gut beurtheilen, ob der Deckelstiel mehr Pomatoceros oder, Eupomatus ähnlich ist. / 8. multicornis n. sp., von Professor Ehrenberg aus dem Rothen ET EL Meer "mitgebracht 6. Fig. 3, pag. 59). Die Deckelplatte trägt einen Kranz von 6 Fortsätzen, von denen nur noch 3 erhalten waren, diese | geweihartig, gabelig, jeder Gabelast mit mehreren kurzen Zinken besetzt; ‚ der breite, rechts und links geflügelte Deckelstiel steht über dem linken Kiemenblatt, die Kiemen bilden nur einfache Kreise, wie bei P. tricuspis. YiS; ‚crucigera Gr. n. sp., von Ehrenbergim Rothen Meer die nicht weniger als 7 Umgänge beschreiben, diesem Cha- rakter nach also eine echte Cymospire, aber die Deckelaus- Die Röhren dieser letztgenannten zwei Arten sind nicht bekannt. Vielleicht gehört zu S. corniculata eine ebenfalls aus Java an das Leidener Museum eingesandte, der Grösse des Thieres gut entsprechende, dreh- ' runde, dicht, geringelte, durch Körnchen rauhe Röhre, | Galeolaria. Gal. caespitosa Lam. Neuholländisch; soll namentlich im Hafen von ı Melbourne vorkommen. Wenn nicht ganz ähnliche Röhren von 2 ver- | schiedenen Arten erbaut werden, so ist die im Dictionnaire des sciences ı naturelles gegebene Abbildung durchaus ungetreu, vgl. die von mir gege- bene im Archiv für Naturgeschichte 1855, XXI, Bd. I, Taf. V, F. 4. Pomatostegos. S. stellata Abildg., in dem östlichen Tropenmeere Amerika’s, war auch in Oersted’s Ausbeute von Puntarenas und St. Croix enthalten. Schmarda (l. ce. p. 31, 32, F. 182, 183) beschreibt noch 2 Arten: P. macrosoma und brachysoma, von denen die Kiemen der ersteren nur 12, der letzteren dagegen 3 Spiralen beschreiben sollen. Von den mir zu Gebote stehenden Exemplaren der S. szellata konnte ich nur an zweien ‚die Kiemen genauer untersuchen, weil sie an den andern auf’s festeste zusammengebacken waren; an diesen Exemplaren beschrieb jedes Kie- menblatt nur einen reichlichen Kreis und hatte etwa 60 Fäden. Bei einem derselben zeigten sie noch deutlich 3 dunklere Binden, wie bei P. *) Neue Turbellarien, Rotatorien und Anneliden II, p. 31, F. 181. 5* 68 Jahres-Bericht brachysoma, doch sind die Fäden im Verhältniss kürzer, denn ihre Länge im eontrahirten Zustande gleicht nur der grössten Höhe ihrer Kiemenblät- ter, im andern waren sie länger; bei beiden war der Leib viel länger, als bei P. brachysoma. Auf letzteren Umstand ist vielleicht weniger Ge- wicht zu legen, da wir unter den Individuen von Sabella Spallanzanü, die eine ansehnlichere Länge als alle andern Arten erreicht, auch auffallend kurzen von derselben Breite als jene begegnen; auch die Zahl der Dek- kelplatten und der Endspitzen würde meines Erachtens nicht eine sichere Entscheidung herbeiführen, da beide leicht abzubrechen scheinen, allein die Röhre von P. brachysoma ist nach Schmarda cylindrisch, von P. ma- crosoma dreikantig, und gerade an jenen Oersted’scher? Exemplaren, deren Kiemen ich untersuchen konnte, war die Röhre nicht erhalten, bei 2 anderen dreikantig. Es ist also möglich, dass unter den Oersted’- schen Exemplaren, die mir alle so ähnlich vorkamen, dass ich sie für dieselbe Art gehalten habe, 2 verschiedene Species enthalten waren, auch möglich, dass eine derselben P. brachysoma, die andere macrosoma ist, mit dem die Leibesverhältnisse ziemlich gut übereinstimmen. Jedenfalls be- sassen unsere Exemplare in der vorderen Leibesabtheilung 7 Borstenbün- del, deren erstes aber weit abgerückt war; die Zahl derselben bei P. brachysoma giebt Schmarda nicht an, bei P. macrosoma soll sie nur 6 betragen: bei einer wiederholten Untersuchung würde hierauf jedenfalls das Augenmerk zu richten sein; ich wenigstens kenne keine Serpula mit weniger als 7 Paar Borstenbündeln der vorderen Leibesabtheilung. Aus den Serpulen, welche gar keinen Deckel besitzen, machte Phi- lippi die Abtheilung Apomatus, und charakterisirte sie dadurch, dass die Seitenmembran (die Mantelhaut) bis zur halben Länge des Körpers fort- gesetzt und gleich breit sein sollte. Letzteres findet bei den von mir beobachteten Arten statt, aber das Verhältniss der Länge von Leib und Mantelhaut schwankt bedeutend, so dass letztere öfters nur 3 des Leibes oder noch weniger beträgt. Zur weiteren Sonderung der Arten wird auch hier, wie bei den Serpulen mit Deckel, von Philippi die spirale oder halbkreisförmige Anordnung der Kiemenfäden benutzt, letztere giebt die Psygmobranchen Phil., erstere die Protulen Riss.; ich möchte aus dem oben angeführten Grunde für beide nur eine Bezeichnung anwenden: Protula. Hierher gehören aus dem Mittelmeer: Serpula intestinum Lam. (Protula intestinum Ph., Protula Rudolphii | Riss., Sabella protula Cuv.). Serpula protensa Gm. (Psygmobr. protensus Ph.), gleich mit der von den englischen Küsten beschriebenen Serpula tubularia Mont. Johnst. (Lond. Mag. VII, pag. 126, F. 23), und Pr. elegans Milne Edw. (Recherch. Voyage en Sicile I, pl. 6). Die Färbung beider Arten habe ich in meinem Ausflug nach Triest (p. 51 und 63) beschrieben. : der Schles, Gesellsch. f, vaterl, Cultur. 69 S. cinerea Forsk. (Psygmobr. cinereus Ph.), das Exemplar in Weingeist, ' das ich vor mir habe, stimmt mit der Beschreibung, die Röhre ist weiss. S. intricata L. (Psygmobr. intricatus Ph.), ich besitze bloss ihre Röhre. Protula longiseta Schmarda 1. e. p. 32, F. 184, von den Korallenriffen Jamaica’s. Protula appendiculata Schmarda 1. c. p. 33, F. 185, desgl. Protula Dysderi Huxlei (Edind. new Phil. Journ. 1855, p. 113, e. tab.). ‚Protula media Stimps. (Marine Invertibrata of grand Manan. p. 30). Serpula bispiralis Sav., aus dem indischen Ocean, bei welcher zwar kein Deckel sich ausbildet, aber an jeder Kiemenspirale ein kurzer Grif- ' fel, das Rudiment eines Deckelstiels, vorkommen soll, scheint den Ueber- sang von den Protulen zu den andern Serpulen zu bilden. Zum Schluss will ich noch ein Wort über Philippi’s Apomatus ampulliferus hinzufügen: „animal operculo nullo, branchis flavidis filis utrin que 7, punctis purpureis ornatis, flo uno in vesiculam sphaericam terminato“. Philippi sagt, dass er diese wunderliche Bildung ohne Weiteres für eine Monstrosität gehalten haben würde, wenn nicht Scacchi dasselbe Thier ebenfalls mit der Blase beobachtet hätte. Mir sind 3 Exemplare von solchen Thieren begegnet: Eines, von Prof. Lorenz im Quarnero gefunden, ein Weingeistexemplar, über dessen Färbung ich nichts angeben kann, 22 Mill. lang, wovon 7 auf die Kiemen kamen, stimmte der Röhre nach mit Philippi’s Art überein, doch maass diese 3 Mill. in der Dicke, und die Zahl der Kiemenfäden betrug jederseits 16. Der in die kuge- lige Blase endende Faden war nicht der erste (der sich bei den deckel- tragenden Serpulen zu diesem Organ umzugestalten pflegt), soMdern der zweite der linken Seite. Die andern beiden Exemplare, die ich lebend _ mit vielen Protula protensa erhielt, vermochte ich im Uebrigen von diesen weder der Röhre noch der Färbung nach zu unterscheiden; sie hatten jederseits 30 Kiemenfäden, bei dem einen derselben war der in die Blase endende Faden der erste der linken Seite, bei dem andern kamen gar 2 solcher Fäden vor, auf jeder Seite einer, und zwar der zweite. Hier- nach möchte ich diese eigenthümliche Erscheinung doch nur für eine Miss- bildung halten, die bei verschiedenen Protula-Arten vorkommt. Die kuge- lige Blase fand ich mit einer klaren Flüssigkeit gefüllt, an ihrer Wandung waren einige mit grünem Blut gefüllte Gefässästehen bemerkbar. Herr Professor Dr. Hermann Aubert gab in der Sitzung am 24. Juli eine Zusammenstellung der Kenntnisse, welche Aristoteles von den Cephalopoden (Kopffüssern) gehabt hat. Der Vortragende, welcher seit mehreren Jahren gemeinschaftlich mit Herrn Director Wimmer an der Uebersetzung und Commentirung der 70 Jahres-Bericht naturhistorischen Schriften des grossen Philosophen arbeitet*), hebt die mannigfaltigen Schwierigkeiten eines richtigen Verständnisses dieses Autors hervor, welche theils in der Darstellungsweise desselben, theils in der Verschiedenheit der damaligen und der jetzigen Forschungsmethode lie- gen. Von den neun Arten von Cephalopoden, die Aristoteles nennt, glaubt der Vortragende fünf als sicher bestimmbar ansehen zu können, welche entsprechen würden: 1) der Sepia officinalis, 2) der Sepiotheutis, 3) der Loligo vulgaris, 4) der Eledone, 5) der Argonauta; während die Bestimmung der übrigen vier Arten nicht sicher sei, theils wegen zu unbestimmter Angaben des Aristoteles, theils wegen Mangels genauer Beobachtungen dieser Thiere in jetziger Zeit. — Bei der Anatomie die- ser Thiere hebt der Vortr. die genaue und detaillirte Kenniniss hervor, welche Aristoteles von den inneren Organen der Kopffüsser gehabt hat, und den feinen Beobachtungssinn, sowie das Talent des Aristoteles, die wesentlichen Verschiedenheiten dieser Thiere aufzufassen. Besonders wun- derbar sind die Angaben über verschiedene naturgeschichtliche Vorgänge bei den Cephalopoden, welche zum Theil erst in den letzten Jahren bestätigt wor- den sind; indess bleibt immer noch ein beträchtlicher Theil von Angaben über die Lebensweise derselben übrig, der noch auf eine Bestätigung oder Widerlegung durch neu anzustellende Untersuchungen und Beobach- tungen wartet. Genauere Mittheilungen werden in den „Abhandlungen der Schlesischen Gesellschaft“ gegeben werden. Derselbe theilt in der Sitzung vom 6. Februar seine Beobachtun- gen mit ® über die Wahrnehmbarkeit von Formen und Farben bei sehr beschränktem Lichtzutritt. (s. Abhandlungen der Schles. Gesellsch. 1861, Abtheil. für Naturwissen- schaften und Mediein, Heft I, pag. 49 —103: „Beiträge zur Physiologie der Netzhaut “.) In der Sitzung vom 4. December machte Herr Th. Oelsner fol- sende Mittheilung: Im vorigen Jahre hat sich zu Leipzig auf Anregung der Professoren Brockhaus, Bruhns, J. V. Carus, Fleischer, der DD. Ad. Barth, Henry Lange, H. Brandes, Feddersen, Lippert, Dähne, meh- rerer Buchhändler, Finaneiers ete., ein Verein für Erdkunde gebildet, *) Erschienen ist: Aristoteles, fünf Bücher von der Zeugung und Entwicke- lung der Thiere, übersetzt und erläutert von H. Aubert und Fr, Wimmer. Leip- zig (Engelmann) 1860. | der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 71 welcher, ausser im Kreise seiner Mitglieder durch wissenschaftliche Ar- beiten und Vorträge, auch durch materielle Mittel die Forschungen. auf dem betreffenden Gebiete fördern will, zu welchem Ende er eine „Carl Ritter-Stiftung“ in’s Leben ruft, aus deren, unter besonderer Verwal- tung, stehenden Fonds sowohl für Reisen, als für anderweite Arbeiten Aufmunterungen und Unterstützungen gewährt werden sollen. Der Vor- tragende überreichte Statut und Programm, welche mit der Aufforderung, hier davon Mittheilung zu machen, ihm zugekommen sind, zur Kenntniss- nahme. General-Versammlungen hält die Gesellschaft jährlich im März und October. Der Beitritt ist ein durch den Wohnort unbeschränkter; der Jahresbeitrag 1 Thlr. — Geographische Gesellschaften bestehen bereits an vielen Orten, von namhafter Bedeutung die zu Berlin, zu Petersburg (seit 1845), London (seit 1830), Wien (seit 1855), Frankfurt a. M., Darmstadt ete., und regte der Vortr. an, indem er auf die vertiefte und umfassendere Bedeu- tung der Erdkunde nach dem neueren Begriffe dieser Wissenschaft hin- wies, es wolle die „Schlesische Gesellschaft‘ dieselbe mehr als bisher in den Kreis ihrer Arbeiten ziehen, um so mehr, als sie einen Koryphäen Ritter’scher Schule unter ihre Mitglieder zählt, auch früher eine Section für Erdkunde bereits bei ihr bestanden hat, Herr Emil Quaas hielt in der Sitzung am 17. April einen Vor- trag über die Insel Zanzibar und ihre Bewohner. Die Insel Zanzibar, zwischen 50 43’ und 6° 28° S. Br. gelegen, ist die grösste in der ganzen Reihe von Eilanden, .die sich von der Insel Bazacuta (22° S. Br.) an bis einige Grade im Norden der Linie in ge- tinger Entfernung vom Festlande an der Ostküste Afrika’s hinziehen. Die Bedeutung, welche es schon seit den ältesten Zeiten als der Hauptstapel- platz des Ostafrikanischen Waarenmarktes erlangt hat, verdankt es theils seiner glücklichen Lage ungefähr in der Mitte zwischen dem Ausgange des Kanals von Mozambique und Arabien, andererseits seinem schönen Hafen, dem besten der ganzen Ostküste. Eine Menge kleiner Korallen- inseln (Bawy, Schangu, Kibandeko, Schampani im Norden, Schumby im Süden), Riffe und Sandbänke umgeben ihn von allen Seiten, und er- schweren dadurch wohl das Einsegeln etwas, doch lässt das unendlich klare Wasser schon auf weite Strecken voraus Untiefen erkennen, und gerade sie schützen den Hafen, der bei jedem Winde zugänglich ist, vor den stürmischen Winden beider Monsoone. Die Stadt Zanzibar, von den Eingeborenen kurzweg Mdji (die Stadt) genannt, ist die Residenz des Sultans der Szuaheli, Szeyd Madjid, der über den Küstenstrich von Cap Delgado an bis eirca 5° im Norden der Linie und die davor liegenden 72 Jahres-Bericht Inseln herrscht. Sie ist auf einem dreieckigen Vorsprunge am westlichen Ufer Zanzibar’s erbaut, und ihr Anblick vom Bord eines im Hafen (also im Norden) ankernden Schiffes ist ein überraschend schöner. Vor den Augen des entzückten Beschauers liegt eine lange Facade hoher, weiss- schimmernder Häuser, Paläste scheinen es zu sein, bescheidene Hütten schliessen sich auf beiden Seiten an sie an und verlieren sich zur Linken in das Dunkel eines weiten Palmenwaldes, während rechts der weisse Sandstrand und das azurblaue Meer das herrliche Bild einrahmen. Leider bietet die Stadt im Inneren wegen der überall herrschenden Unreinlichkeit, der schlechten, engen Strassen und Gassen, der elenden Häuser wenig Erquickliches, aber schon ein Spaziergang in die nächste Umgebung, wo sich in dem Walde nach allen Richtungen reizende Wege hinziehen und am hohen Ufer des Meeres Strassen entlang laufen, von denen aus man prachtvolle Aussichten auf den Meeresarm zwischen der Insel und dem Festlande hat, entschädigt vollkommen für die vielfachen Unannehmlichkeiten der Stadt selbst. Zanzibar scheint, wenn man vom Aeusseren auf’s Innere und nach Analogie der umliegenden Eilande schliessen darf, eine Koralleninsel zu sein, und ist vom Strande des Mee- res an bis auf die zahlreichen Hügelreihen des Inneren mit der üppigsten Vegetation bedeckt. Palmen bilden den Haupttypus derselben, daher der Charakter der hiesigen Pflanzenwelt ein so ausschliesslich tropischer ist. Von den 4 Palmenarten, Kokos-, Areka-, Fächer- und Dattelpalme, hat die erstere die allgemeinste Verbreitung, der Dattelpalme scheint das Klima zu feucht zu sein, und ihre Früchte sind nur von einer ganz unter- geordneten Qualität. Nächst den Palmen findet man den Mangobaum am zahlreichsten vertreten, dessen Frucht nach den Orangen die herrlichste Erquickung bietet. Der Granatapfelbaum, der riesige Boabab, der Diaco mit seinen grossen runden, unmittelbar aus dem Stamme hervortretenden Früchten, der Banianenbaum, der Guava- und Pitanga-Strauch wachsen überall wild, während der Bananen-, Orangen-, Nelkenbaum plantagen- artig, die köstliche Anone, der Muskat- und Zimmtbaum, der palmenar- tige Papaya (Melonenbaum) hier und da zerstreut auf Plantagen ange- pflanzt werden, und Pandanusgebüsche in den Wäldern und am Meeres- strande häufig vorkommen. — Um ein Stück Land urbar zu machen, darf nur in der heissen Jahreszeit das wuchernde Unkraut abgebranut werden; dann wird die Erde mit einer kleinen 3kantigen Hacke etwas aufgelockert und bringt, ohne je gedüngt zu werden, Jahr aus Jahr ein vielfältige Frucht. Man baut auf Zanzibar Yams, Bataten, Mais, Korn (den sogen. Negerhirse), Manioe, das Hauptnahrungsmittel der Sklaven und nach dem Nelkenbaum die am meisten kultivirte Pflanze; Kürbisse, verschiedene Gemüse, mehrere Arten kleine Bohnen und Reis; aber selbst von den am stärksten verbrauchten Früchten, Korn, Reis und Ma- nioc, wird trotz der wenigen Mühe, die es kostet, nicht so viel erzeugt, als man im eigenen Lande braucht. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, 766) Das Klima Zanzibar’s, für Europäer verhältnissmässig noch eines der gesündesten*) der ganzen Ostküste, wird durch die Monsoone geregelt, jene merkwürdigen Winde, welche, beinahe halbjährig abwechselnd, durch die starke Insolation der Luftschichten über dem ausgedehnten asiatischen Continente erzeugt werden. Vom December bis Anfang März weht der sogen. NO.-Monsoon aus N.-NNW. und bringt dem Lande die heisse Jahreszeit, während der das Thermometer von Morgens gegen 10 Uhr bis Nachmittag 4 Uhr oft 29 — 30° Reaum. zeigt, und in der, wenn lange kein Regen fällt, aller Pflanzenwuchs verschmachtet; dann folgt im Monat März eine Zeit der Windstille und abwechselnden Land- und Seewinde, bis Anfang April zugleich mit der Regenzeit, die bis Mitte Mai dauert, der SW.-Monsoon (Wind aus S2.0.—85z.W.) einsetzt und während unseres Sommers ununterbrochen weht. Mit den ersten frucht- baren Regenschauern erwacht die ganze Natur aus ihrem Schlafe und schmückt sich auf’s Neue mit einem üppigen grünen Gewande. I der ' frischen, duftigen Luft der Morgen und Abende fühlt sich Körper und ı Geist gleichmässig erhoben und gestärkt, und Herz wie Auge erfreut sich inniger der Naturschönheiten, die ihm in einem so reizenden Gewande entgegentreten. Wenn die Sonne dann auf ihrem Wege nach Süden im Monat October wieder die Breite von Zanzibar passirt, tritt die zweite, die kleine Regenzeit ein; sie hält nur 14 Tage oder 3 Wochen an, und ihr folgen Windstillen und umlaufende Winde, wie im März, bis im De- ' eember der NO.-Monsoon den Cyclus der sich Jahr aus Jahr ein wieder- holenden Erscheinungen von Neuem beginnt. | Zanzibar, wie die ganze Ostküste Afrika’s, wurde von Arabern ko- ‚ lonisirt, welche während der kurz nach Mohammed’s Tode in Folge reli- giöser und politischer Zwistigkeiten beginnenden Kämpfe ihr Vaterland | fliehen mussten. Darauf wurde die Küste, kurz nach der Entdeckung des | Seeweges nach Ostindien, von den Portugiesen erobert und blieb ein ‚ Paar Jahrhunderte lang in ihrem Besitz, bis die Eingeborenen, des Sy- stems der Unterdrückung und Plünderung, welches die Portugiesen ein- geführt hatten, überdrüssig, in der letzten Hälfte des 17. Jahrhunderts die ‚ Imane von Mascat zu Hülfe riefen und die nun ausbrechenden langjähri- sen Kriege damit endeten, dass die Portugiesen alles Land an der Ost- | küste Afrika’s, ausser Mozambique, verloren, und dass dem Iman von | Mascat die Oberhoheit über diese ausgedehnte Länderstrecke zufiel. Zu | der Bevölkerung**) Zanzibar’s haben, verlockt durch den blühenden Han- ' del, die Küsten des östlichen Mittelafrika’s, die umliegenden Inseln, die *) Der ankommende Europäer hat besonders Fieber und Dysenterie zu fürch- ı ten; orsteres ist weniger häufig und seltener tödtlich. | **) Die Angaben über die Zahl der Bewohner schwanken zwischen 80 -120000, von denen 25—30000 auf die Stadt kommen mögen. Noch nie ist hier eine Volks- zählung veranstaltet worden. 74 ; Jahres-Bericht Comoro’s, Indien und Arabien ihr Contingent geliefert; man kann sich daher keine bunter zusammengewürfelte Menschenmasse denken, als man sie hier beisammen sieht. Die Hauptmasse der freien Eingeborenen bil- den die Szuahelis, ein Mischvolk aus den ursprünglich hier sesshaften Negerstämmen und eingewanderten Arabern; Alles an ihnen, sowohl Ge- sichtstypus als Hautfarbe (zwischen Olivenbraun und Schwarz in den mannigfaltigsten Nüaneirungen), verräth, dass das Volk aus der Mischung scharf getrennter nationaler Elemente entstanden ist. Häufig findet man unter den $Szuahelis wirklich schöne Physiognomien mit dem Gepräge einer beinahe weiblichen Anmuth. Der Körperbau ist in der Regel schlank und untadelhaft, die Gliedmaassen sind wohl proportionirt. Die Kleidung des Szuaheli niederen Standes ist für gewöhnlich ein einfaches, um die Lenden gewickeltes Tuch (schuka); wer es vermag, schafft sich indess ein langes weisses oder gelbes Hemd (kansu) an, und vornehme Leutes ziehen über dasselbe noch einen langen falten- und taillenlosen Tuchrock (kissimbao) oder eine Art langschössiger Weste von Seiden- oder Baumwollenzeug (Kissimbao mdogo). Gold- und Seidenstickereien auf diesen Kleidungsstücken sind allgemein beliebt. Von Waffen, die bei- nahe ein Jeder trägt, sind im Gebrauch der krumme arabische Dolch (yimbia), Griff und Scheide oftmals auf’s reichste mit Gold- und Silber- arbeit verziert, die lange Lanze (kuki), das lange zweischneidige ara- bische Schwert (panga) und der krumme Säbel (kitära). Weniger glück- lich wie die körperlichen sind die geistigen Anlagen des Szuaheli. Eine maasslose Indolenz und unzerstörbare Apathie ist ihm angeboren, und unter seinen übrigen Untugenden nehmen Eigendünkel, Sinnlichkeit, Eitel- keit, Prunksucht, Hang zu Betrügereien eine hervorragende Stelle ein. Die Szuahelis sind Mahommedaner, aber als solche nicht so intolerant gegen Ungläubige, als man dies anderwärts bei den Bekennern des Is- lams findet. In ihre Gottesverehrung mischt sich, weil ihre geistige Bil- dung auf einer sehr niedrigen Stufe steht, ein bedeutender Theil Aber- glauben, und man kann sagen, dass sich bei den meisten die Religiosität nur auf’s Aeusserliche, bestimmte Gebete und Waschungen ete. erstreckt; denn der Koran, dessen Schriftzeichen die Leute wohl mechanisch herle- sen lernen, ist in einer ihnen ganz fremden Sprache geschrieben und in Folge dessen für sie ein Buch mit 7 Siegeln. So viel Freiheit dem Manne gegenüber dem anderen Geschlechte gestattet ist, denn er kann 4 rechtmässige Gemahlinnen nehmen und sich ausserdem noch so viel Szurias (Coneubinen) halten, als er will, so beschränkt ist darin die Frau; sie darf sich nie ohne Maske, wenn sie reich ist, ohne eine hinreichende Anzahl Sklavinnen öffentlich sehen lassen, und wird von Jugend auf arg- wöhnisch betrachtet. Wenn ein junges Mädchen heirathet, was hier im 13. oder 14. Jahre geschieht, vertauscht sie nur das Gefängniss im Hause ihres Vaters mit dem bei ihrem Gatten, die Weiber wissen sich indess für diese unwürdige Behandlung genügsam zu rächen und sind. ausseror- 2. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 75 dentlich erfinderisch, zur Täuschung ihrer Haustyrannen die schlauesten Ränke zu ersinnen, die ihnen ihre vielen Sklavinnen treulich ausführen helfen. — Der Szuaheli hat, ebenso wie die Neger, gegen Arbeit einen angeborenen Abscheu und giebt sich höchstens mit etwas Handel ab, doch nur insoweit, als es der Verkauf seiner Landesprodukte erfordert. Beinahe der ganze Verkehr mit auswärts ist in den Händen der Hindis und Banjanen, ostindischer Kaufleute aus Kutch und Bombay, deren es hier eine sehr grosse Anzahl hat. Sie sind unermüdlich thätige, unterneh- mende Handelsleute, die sich mit jedem Gewinn, wenn er auch noch so geringfügig, begnügen. Araber reinen, unvermischten Blutes giebt es nur noch wenige auf Zanzibar. — Die zweite grosse und der Zahl nach bei weitem überwiegende Klasse der hiesigen Bevölkerung bilden die Sklaven, aus allen Theilen Mittelafrika’s und der Ostküste hierher gebracht, dieser für die Lebens- weise des ÖOrientalen so unentbehrliche Artikel. Kiloa, 3 Grad südlich von Zanzibar, war schon von alten Zeiten her der Stapelplatz für die aus dem Innern kommenden Sklaven, und von Zanzibar aus, wohin man sie zunächst transportirte, wurden sie nach der nördlichen Küste, Arabien und Ostindien verschifft. Mehrere Verträge, welche die Engländer in den Jahren 1822, 1839 und 1845 mit dem Iman Szeyd Szaid abschlossen, verboten nach einander den Sklavenhandel mit Ostindien, den Verkauf freier Somaulis und den Handel im Norden der Linie; letztere Maassre- sel kam jedoch, weil ihretwegen eine Empörung sowohl in Zanzibar wie im Oman auszubrechen drohte, nicht zur Ausführung, und es blieb den englischen Kriegsschiffen nur erlaubt, jeden Sklavendau aufzubringen, der östlich einer Demarcationslinie zwischen Cap Delgade und Cap Pas- sinoe (Küste Guadel) angetroffen würde. — Die Sklaven Zanzibar's sind ein so glückliches, heiteres, sorgloses Völkchen, wie man wohl keins wie- der antrifft; denn sie werden von ihren Herren sehr gut behandelt, haben, ohne dass sie dafür zu sorgen brauchen, ihr hinreichendes Essen und Trinken, und, was für sie die Hauptsache ist, wenig zu thun. In ihren Händen liegen Ackerbau und Gewerbe; sie sind Plantagenarbeiter, Acker- bauer, Tagelöhner, Diener und Handwerker, besonders letztere stehen . sich sehr gut, da sie häufig gar nicht bei ihren Herren wohnen, ihre eigene Hütte, ihre Frauen, vielleicht selbst wieder Sklaven haben, und ihrem Besitzer nur eine jährliche bestimmte Summe entriehten müssen. Schon 3—4 Sklaven reichen vollkommen hin, um sowohl sich als ihren Herrn zu ernähren; 8 Pais (-; Doll., eirca 22 Sgr.) beträgt der tägliche Lohn für einen männlichen Sklaven, und schon der 3. Theil dieser Summe genügt zur Beköstigung und Kleidung des Sklaven, den Rest zieht natür- lich der Herr ein. Der Preis eben erst herübergebrachter sogenannter Schamba- (Plantagen-) Sklaven beträgt 15—25 Doll., Kinder unter 12 Jahren gelten S—12 Doll., hübsche Mädchen, die noch obendrein irgend Geschick- liehkeit im Kochen, Nähen oder Mattenflechten haben, 30—100 Dollars. 76 ” Jahres-Bericht Die Regierung des Landes ruht in den Händen des Sultans, der-Herr über Leben und Eigenthum seiner Unterthanen ist. Der Koran ist hier zu Lande die einzige Rechtsquelle und der regierende Sultan das leben- dige Gesetz. Täglich wird im Palaste des verstorbenen Iman Szeyd Szaid öffentliche Audienz gegeben, bei der jeder erscheinen kann, der eine Klage anzubringen hat. Streitige Rechtsfälle von Bedeutung entscheidet der Sultan in eigener Person, geringere die Kadis.. Da in Zanzibar Nie- mand Steuern zahlt, so ist der Sultan in seinen Revenüen ganz allein auf seine eigenen Landbesitzungen und auf den Ertrag des Zolles angewie- sen, der in seinem ganzen Reiche von allen aus- und eingehenden Waa- ren in der Höhe von 5—10 pCt. vom Marktpreise des Artikels erhoben wird. Ein reiches Banjanenhaus, Djeram aus Bombay, hat diesen Zoll in allen Ländern des Sultans für 250,000 Doll. jährlich gepachtet. — In Zanzibar importirt werden Glasperlen aus Venedig, Messingdrath, Bijou- terien, allerhand Kurzwaaren, Gewehre, Pulver, (aus Nordamerika) wol- lene Tuche, amerikanisches Baumwollenzeug von verschiedenen Farben und bunte französische Taschentücher; doch bleiben die wenigsten dieser Waaren im Lande selbst, sondern werden zum grössten Theil wieder nach den Küsten und dem Innern Afrika’s verhandelt. Man exportirt Gewürznelken, Copra (getrocknete Kokosnusskerne) [die einzigen Artikel, die auf Zanzibar selbst produeirt werden], Sesam, Gummi Copal, Elfen- bein, Ochsenhäute, vor Allem aber Cowries, jene kleinen Muscheln, die im Innern Nord-Afrika’s allgemein als Scheidemünze gelten, und von denen jährlich wohl 15—20 Schiffsladungen nach Ober-Guinea gehen, um dort gegen Palmöl umgetauscht zu werden. der Schles, Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 00 TI. Bericht über die Thätigkeit der botanischen Section der Schlesischen Gesell- schaft im Jahre 1861, abgestattet von Ferdinand Cohn, zeitigem Secretair der Section. | Die botanische Section hat im Jahre 1861 eilf Sitzungen gehalten, in ' denen Folgendes verhandelt wurde: In der ersten Sitzung vom 24. Januar legte der Secretair 3 Tafeln aus einer vom Herrn Hütten-Direetor Janisch in Reinerz, jetzt auf der ı Wilhelmshütte bei Kl.-Rhoden (Herzogthum Braunschweig), bearbeiteten Abhandlung über die Diatomeen im Guano vor, welche nicht nur die Wis- senschaft durch Beschreibung und Abbildung mehrerer neuer Arten jener überaus zierlichen kieselschaligen Organismen bereichert, sondern auch von praktischem Werth ist; es wird durch dieselbe dem wissenschaft- lichen Landwirth eine mikroskopische Analyse des Guano ermöglicht, die über Echtheit und Herkunft der einzelnen Sorten den sichersten Auf- schluss giebt. Die Tafeln sind von Herrn Janisch mit grosser Meister- schaft auf Stein gezeichnet und in dem lithographischen Institut von Krimmer in Gleiwitz gedruckt. Der erste Theil dieser Arbeit ist seit- dem in den Abhandlungen der Schlesischen Gesellschaft für 1861, Natur- wissensch.-medic. Abtheil. Heft II, abgedruckt worden; der Schluss soll in den Abhandlungen des Jahres 1862 erscheinen, Herr Geh. Rath Prof. Dr. Göppert zeigte eine von Herrn Klempt- nermeister Adler hier nach einem in der Illustrirten Zeitung abgebilde- ‚ ten Erfurter Modell (nach Heinemann) angefertigte sogenannte Kräuter- ‘ säule vor; sie besteht aus weisslackirtem und vergoldetem Zinkblech, ist 78 Jahres-Bericht inwendig hohl und mit Erde gefüllt, von Petersilienlaub umrankt, wel- ches aus mehreren Löchern in ihrem Umfang hervorspriesst, während aus dem Capitäl Hyacinthen hervorblühen. Thongefässe von ähnlicher Ein- richtung sind hier schon von Alters her bekannt, stehen aber den vorlie- genden Kräutersäulen an Eleganz nach. Derselbe demonstrirte das erste Heft des vom Präsidium der Ge- sellschaft zur Vermehrung des Henschel’schen Herbariums angeschaffte Erbario crittogamico Italiano. Derselbe trug hierauf eine Beschreibung der Boden- und Höhenverhältnisse Schlesiens mit Rück- sicht auf Pflanzengeographie vor. Herr Director Prof. Dr. Wimmer hat im zweiten Theile der 1. Ausgabe der Flora Schlesiens bereits im Jahre 1844 eine Uebersicht der pflanzengeographischen Verhältnisse unserer Provinz geliefert und so ihre Pflanzengeographie begründet. Seit jener Zeit haben sich aber die Gesichtspunkte der Verbreitungsverhältnisse sehr erweitert, und insbeson- dere einen, so zu sagen analytischen Weg eingeschlagen. Untersuchun- sen über Verbreitungscentra und Vegetationslinien haben sich an andere über die Urheimath der Pflanzenarten der einzelnen Floren angeschlossen, ob Pflanzen des Gebirges oder der Ebene als ursprünglich anzusehen sind, ob es konstante Pflanzen des Diluvial- und Alluvial-Bodens, oder auch wohl solche giebt, die aus früheren Erdperioden stammen, und dergl.: Fragen, die nur zur Entscheidung kommen können, wenn das Areal der Floren selbst genauer bestimmt und gesichtet ist. Zu diesem Zwecke hat der Vortragende nach dem gegenwärtigen Stande der geognostischen und hypsometrischen Forschungen unserer Provinz eine Beschreibung dersel- ben entworfen, in welcher beiden Richtungen, mit steter Berücksichtigung merkwürdiger lokaler Vegetationsverhältnisse, möglichst Rechnung getra- gen wird. Von dem tiefsten Punkte der Provinz, dem Bette der Oder, wird ausgegangen, welche sie in 2 ungleiche Hälfte, in eine SW. grös- sere und eine NO. kleinere theilt. Diese Hälften wurden einzeln betrach- tet, und nicht bloss der Verlauf und die Beschaffenheit der Gebirgszüge, sondern auch der Abfall derselben und die Beschaffenheit der Ebenen in Betracht gezogen; der Verlauf der grösseren Flüsse, die sich fast sämmt- lich in die Oder ergiessen, dient hier als Leiter, weil sie fast sämmtlich hypsometrisch bestimmt sind. Von der ziemlich umfangreichen, schon vor vielen Jahren zum Zwecke der Vorlesungen über schlesische Flora entworfenen Arbeit wurden nur aus der Beschreibung der südwestlichen Hälfte ein paar Abschnitte vorgetragen, um die Art der Behandlung zu zeigen, und der Wunsch ausgesprochen, alle diese Daten, auf einer Karte vereint, bildlich dargestellt zu sehen, worauf nun die weiteren, oben an- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 79 gedeuteten Untersuchungen zu basiren wären, denen sieh unsere Botani- | ker nach dem. Beispiel mehrerer Nachbarstaaten für die Zukunft wohl nicht entziehen können, da die Verhältnisse Schlesiens unstreitig nicht | bloss eine lokale, sondern auch eine allgemeine Bedeutung für die Flora von Mitteleuropa überhaupt besitzen. Als ausgezeichnete Arbeiten dieser ' Art sind unter andern die von der k. baierischen Akademie veranlassten Arbeiten des für die Wissenschaft zu früh verstorbenen Sendtner’s | über Verhältnisse Baiern’s anzusehen, die der Section vorgelegt wurden. | Herr Dr. Stenzel stellt den Antrag, dass behufs einer einstigen Er- | ledigung der in dem heutigen Vortrage zur Sprache gebrachten Aufgaben von Seiten der Schlesischen Gesellschaft und mit Unterstützung der in der Provinz zerstreuten wissenschaftlichen Kräfte, das Material zu einer vollständigen naturwissenschaftlichen Beschreibung Schle- ' siens mit besonderer Berücksichtigung seiner Gebirge zu- sammengebracht werden möge. | Eine längere Debatte, an der sich die Herren Cohn, Göppert, | Körber, Stenzel und Wimmer betheiligen, schloss sich an diesen \ Vortrag. Die zweite Sitzung vom 7. Februar wurde mit Berathungen über die Aenderung der bisherigen Form der Jahresberichte ausgefüllt, welche seit- | dem durch die Publication der Abhandlungen und des von diesen geson- ' derten Generalberichtes in’s Leben getreten sind; während die Verhand- ‚ lungen der Gesellschaft bisher nur einmal im Jahre in einem Quartbande ‚ erschienen, worin die Vorträge oft erst nach 13 Jahren zum Abdruck kom- ' men konnten, sollen fortan die der Gesellschaft vorgelegten Abhandlun- gen in extenso sofort in Heften publieirt werden, welche mehrere Mal im ı Jahre in Gross-Octav erscheinen und auch einzeln im Buchhandel käuflich sind. Das Präsidium erwartet von dieser Reform eine grös- ı sere Beweglichkeit und eine Belebung des wissenschaftlichen Geistes in unseren Verhandlungen, und fordert die Mitglieder und Freunde der Ge- | sellschaft zur Unterstützung des Unternehmens auf. In der dritten Sitzung vom 21. Februar, welche in der Wohnung des Herrn Oberforstmeister v. Pannewitz stattfand, legte der Secretair den Bericht des Herrn Stadtrath E. Trewendt über Verwaltung des botanischen Lesevereins im Jahre 1860 vor, durch welchen 34 Piecen der neuesten botanischen Literatur (unter 20 Theilnehmern) in Umlauf ı gesetzt worden sind. Herr Dr. Stenzel übernimmt auf Antrag der Section die Vertre- | tung des zeitweise erkrankten Hrn. Dr. Milde als Custos des Henschel’- schen Herbariums,. dessen Sublimatisirung mit Beginn der wärmeren Jah- ‚ zeszeit wieder in Angriff genommen worden ist. 80 Jahres-Bericht Herr Oberforstmeister v. Pannewitz verlas eine Abhandlung von Kolenati, über die sogenannte Oppahaut, und legte ähnliche, von ihm selbst gesammelte aus Algenfäden bestehende watten- oder flanellartige Filze vor, die nach Ueberschwemmungen auf Wiesen zurückgeblieben waren; der eine war von einem Oedogonium, ein anderer von einer Chara gebildet. Derselbe hielt einen Vortrag über die neue, durch ihren kandela- berartigen Wuchs ausgezeichnete Tanne des Peloponnes, Abies Amaliae Re- ginae, und legte Samen derselben, sowie eine Abbildung einer schlesi- schen Fichte mit ähnlichem Wuchs vor. Derselbe zeigte einen in einer hohlen Eiche eingeschlossenen, über- aus mächtigen und dichten Wurzelfilz vor, welcher bei genauerer Unter- suchung von einer, vermuthlich von einem Eichhörnchen durch ein Loch im Stamm 1’ über der Erde hineingebrachten Eichel abstammt, die in dem die Höhlung ausfüllenden Mulm gekeimt war und einen Stengel ent- wickelt hatte. ; Derselbe hatte eine Ausstellung seiner an naturhistorischen Selten- heiten sehr reichen Sammlung veranstaltet, in welcher u. a. eine Collec- tion exotischer Hölzer, Früchte, instructive Monstrositäten, sowie ein Felsenhuhn von Brasilien sich auszeichneten. In der vierten Sitzung vom 7. März machte der Secretair der Sec- tion weitere Mittheilungen über die auf Antrag des Herrn Präses von dem Präsidium der Gesellschaft beschlossene Modification in der Herausgabe der Jahresberichte. Derselbe legte drei Bände von mikroskopischen Zeichnungen vor, welche Herr Dr. Hermann Itzigsohn in Neudamm eingesendet hat; sie bieten interessante, zum Theil neue Beiträge zur Entwiekelungsge- schichte der Algen, Pilze und Infusorien, und zeichnen sich durch Reich- haltigkeit und saubere Ausführung aus, ö Herr Geh. Rath Göppert überreichte der Gesellschaft das Portrait des Professor Treviranus in Bonn und regte eine Sammlung botanischer Portraits von Seiten der Section an, zu welcher Beiträge gewünscht werden. Derselbe hielt einen Vortrag über den Cocastrauch, Erythroxylon Coca, von Peru und Bolivien, dessen Blätter „den Hungrigen sättigen, dem Müden und Erschöpften neue Kräfte verleihen und dem Unglücklichen seinen Kummer vergessen machen sollen“. Die Eingeborenen jener Länder kauen die an sich geschmacklosen und etwas bitterlichen Blätter, mit Asche zu Kügelchen geformt; die narkotischen Wirkungen derselben scheinen einem von Dr. Niemann in Wöhler’s Laboratorium aus den von Dr. Scherzer der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 81 neuerdings nach Europa gebrachten Cocablättern dargestellte Alcaloide, dem Gocain anzugehören. Cocablätter wurden von dem Vortragenden vorgezeigt; in den botanischen Gärten ist die Cocapflanze noch nicht vor- handen; das sogenannte Zrythoxylon attenuatum, welches durch den Gar- ten von Macquoy von Belgien aus verbreitet wurde, gehört nicht zu die- ser Gattung. Herr Dr. Körber hielt einen Vortrag über die neüiere Geschichte der Lichenologie. Er unterscheidet vier Perioden: die Linn&@’sche, die ohne wissenschaft- liche Erkenntniss die Flechten mit den Algen zusammenwirft; Hoff- mann, Persoon und Schrader bilden den Uebergang zur zweiten ‚Periode, der Acharius’schen, die sich auf Beobachtung eines reichen Materials mit der Lupe beschränkt, und, obwohl oft mit glücklichem divi- natorischen Geiste, bald in maasslose Speciesmacherei ausartet. Esch- weiler und Flörke führen in die dritte Periode, wo Elias Fries in glücklichster, geistreichster Weise die richtige Mitte zwischen Acharius und seinen Gegnern Wallroth und Meyer zu halten weiss; er, wie in seinem Geiste Schaerer, Laurer, Fee, Garovaglio, Montagne beschränken ihre Untersuchung noch auf die Lupe. Die gegenwärtige | Epoche endlich ist das Zeitalter der mikroskopischen Erforschung und der Jarauf gegründeten naturgemässen Systematik und morphologischen Erkenntniss der Flechtenwelt. Als ihre Vorläufer lassen sich der ver- ‚ storbene v. Flotow in Hirschberg und de Notaris in Genua betrach- ‚ ten; nur wenig hartnäckige Vertreter der früheren Periode sind noch zu bekämpfen, doch ist das täglich wachsende Material noch lange nicht vollständig verarbeitet. Nach Staaten geordnet — bietet Scandinavien zahlreiche Arbeiten durch Theodor, den Sohn des Elias Fries, Stenhammar, Thedenius u. A.; auch Nylander gehört diesem ı Lande an; Russland ist ierra incognita; auch England hat nur Weni- ges (Leighton, Lindsay), Frankreich nur für Morphologie sehr Bedeutendes (Tulasne) aufzuweisen, für Systematik fast nichts, seit | Montagne schweigt; ausser ihm sind nur noch Bornet und Mou- ‚geot zu nennen, in den Niederlanden van den Bosch, Lacoste, Coemans, Kickx; die epochemachendsten Forschungen hat Italien ge- liefert (de Notaris und Abr. Massalongo +); ausser diesen forschen noch Graf Trevisan in Padua, Anzi in Como, Tornabene in Pa- lermo, Parlatore in Florenz, Beltramini in Bassano, Baglietto, ‚ Tonini, Cesati, Carestia, Caldesi, Garovaglio u. A.; aus der Schweiz sind u. A. Hepp in Zürich und Duby in Genf, aus Oesterreich sehr zahlreiche Forscher zu rühmen (v. Heufler und Pokorny in Wien, ' Pötsch in Kremsmünster, Sauter in Salzburg, Engel in Linz, Leon- \ hardi und Peyl in Prag, Graf Benzel-Sternau in Malaczka, Hacz- 82 Jahres-Bericht linski in Eperies, Neumann und Urban in Troppau); auch Baiern ist reich an Lichenologen (v. Krempelhuber, Schwendener und Nä- geli in München, Arnold in Eichstädt, Rehm in Sugenheim, Koch in Dürkheim, Walther in Bayreuth, Lamprecht, Engelhard und Hoffmann in Bamberg); in Würtemberg sind Hochstetter + und Kemmler, in Baden v. Zwackh, v. Holle und Ahles (Heidelberg), Bausch (Carlsruhe), de Bary (Freiburg), Stitzenberger (Constanz); in Sachsen Rabenhorst (Dresden), Auerswald (Leipzig); in den klei- neren Staaten Koch (Bremen), Hampe, Speerschneider (Blanken- burg), Metzler (Frankfurt) hervorzuheben; Preussen ist noch arm an Freunden der Lichenen, am reichsten Münster (Lahm, Geisler, Wilms, Karsch und Nitschke, früher in Breslau); ausserdem ist noch Bayrhoffer (Lorch), Beckhaus (Höxter), Ohlert «(Angerburg), Herrmann-Itzigsohn (Neudamm), Laurer (Greifswald), Graf Solms- Braunfels, Pfarrer Wenk und Bischof Breutel; aus Schlesien ausser Göppert und Wimmer nur Schumann in Reichenbach und Stricker in Breslau hervorzuheben. Ueber seinen eigenen Antheil an der neuesten Entwickelung der Lichenologie enthielt sich der Vortragende des Urtheils. Schliesslich hielt Herr Director Dr. Wimmer einen Vortrag über Salix pyrenaica Gouan, welche er als eine gute Art charakterisirte und deren merkwürdige Verbreitung (Pyrenäen, Lappland, Nordamerika), sowie deren Verhältniss zu Salix glauca und arbuscula er erläuterte. In der fünften Sitzung vom 21. März überreichte der Secretair 6 Por- träts von Botanikern als Beitrag zu der nach Beschluss vom 7. Februar zu begründenden Sammlung. Derselbe .demonstrirt ein sehr zweckmässig construirtes einfaches Mikroskop von Ben£che, bei Herrn Büchler hier zum. Preise von 18 Thlr. zu beziehen. Von Herrn Regierungsrath Wi- ehura sind Nachrichten aus Nangasaki bis zum 27. December vorigen Jahres eingelaufen, welche interessante Schilderungen der Vegetation und Hortieultur von Japan liefern; derselbe ist daselbst mit v. Siebold, Fortune und Veitch jun. zusammengetroffen. Herr Dr. Hodann hielt einen Vortrag über die Pilege der Pflanzen und die Temperaturverhältnisse im Ward’schen Kasten. Anknüpfend an den Vortrag, welchen der Secretair der Section im De- cember vorigen Jahres über denselben Gegenstand gehalten,. theilt der- selbe seine Erfahrungen über zweckmässigste Construction der neuerdings | so ausserordentlich ‘beliebt gewordenen Ward’schen ‘Kästen 'mit. 'Spe- cielle Vorschriften betrafen die Anlage der Felspartie und die Anpflan- zung; als besonders geeignet wurden Coniferen (insbesondere Juniperus), Mimosa, Mühlenbeckia und 'ändere Sehlinspflanzen, "monocotyledonische nennen mennmen der Schles. Gesellsch,. f. vaterl. Cultur. 83 Blattpflanzen, sowie hartblätterige Arten, namentlich Iler, dann insbeson- dere Farne, Selaginellen, Moose (Hypnum, Mnium) und einzelne Flechten (Rennthierflechten, Peltigera) empfohlen, während sich Fettpflanzen und _ viele Flechten nicht lange erhalten. 'Eine fortwährende Aufsicht: und zeit- ‚ weise Erneuerung ist erforderlich, um die Beschädigung durch Vertrock- nen, Schimmeln, Faulen, Vergeilen, sowie durch Insectenfrass zu ersetzen, belohnt sich jedoch durch ununterbrochene Freude an der zierlichen und reichen Vegetation. Der Vortragende hatte einen von Herrn Klemptner- meister Adler hier angefertigten, von ihm selbst geschmackvoll und künstlerisch arrangirten Kasten ausgestellt, welcher im Kleinen ein tropi- sches Landschaftsbild mit einem von Marchantia umsprossten Wasserbek- ken, üppigen Polstern von Mnium roseum, hochwurzeligen Pandanen und coniferenbewachsener Felspartie darstellte. Derselbe demonstrirte die seltene Aldrovanda vesiculosa von Pless mit ruhenden und eben ‚aufsprossenden Winterknospen. Herr Dr. Stenzel hielt einen Vortrag über Potentilla Tormentilla und nemoralis. Beide Arten haben nur endständige, manchmal scheinbar achselständige, gewöhnlich vierzählige Blüthen, jedoch ausnahmsweise auch 5 zählige (bei P. Tormentilla etwa 4%, bei P. nemoralis ist die erste Blüthe 5 zählig, die übrigen 4zählig); die fünfblätterigen Corollen sind stets anormal unregel- mässig durch Vervielfältigung eines Blumenblattes entstanden. Die einen neuen Spross beginnenden Blätter sind bei beiden Arten fünfzählig, lang- gestielt, die folgenden dreizählis, kürzer gestielt; auch die Unterschiede in den Nebenblättern und in der Grösse der Corollen schwanken; con- etant zeigte sich bisher nur das Wurzeln der Stengel bei P. nemoralis, ob dieser Charakter zur Trennung beider Arten ausreicht, liess der Vor- tragende unentschieden. Derselbe zeigte vor Epipogium Gmelini vom Zaekenfall, Lycopadium annolinum spicis pedunculatis, L. clavatum spicis quaternis, eine Pelorie von Pedicularis silvatica, Drosera rotundifolia auf nassen Felsen bei Schreiber- hau etc. Herr Geheimer Rath Göppert legte die bis jetzt erschienenen 6 Lie- ferungen des Erbario crittogamico italiano vor. In der sechsten Sitzung übergiebt Herr Klemptnermeister Adler das Portrait des Herrn Major v. Flotow für die Sammlung der Section. ‚Der Secretär berichtet über die neuesten Briefe des Herrn Regie- - zungsrathes Wichura bis zum 28. Januar; sie enthalten Schilderungen ‚der. Vegetation ‚von ‚Nangasaki und ‚Umgegend. 6 a 84 "Jahres-Bericht Herr Oberforstmeister v. Pannewitz legt südamerikanische Hölzer und Sämereien vor. | Der Secretär hält einen Vortrag über die Geschichte der Algenkunde. Die wissenschaftliche Kenntniss dieser Pflanzen beginnt mit der Epoche von Adanson und Linn&; die erste Periode, welche das Mikroskop nur in unvollkommener Weise oder gar nicht benutzte, reicht bis zum ersten Jahrzehnt des gegenwärtigen Jahrhunderts; durch das Erscheinen der Arbeiten von C. A. Agardh und Lamouroux wird die zweite Pe- riode eingeleitet, in welcher das System der Algen vorzüglich auf äus- sere und Fructifications - Merkmale basirt wird; die Untersuchungen Kützing’s, Unger’s und Thuret’s im Jahre 1842 bezeichnen den Beginn der dritten Periode, in welcher die Systematik vorzugsweise auf die mit Hülfe des Mikroskops gewonnene Erforschung der Anatomie und Entwickelungsgeschichte begründet wird. Die bedeutendsten Forscher dieser Epoche, in der wir uns noch jetzt befinden, wurden nach Natio- nen geordnet aufgezählt. Derselbe theilt die neuesten Entdeckungen von De Bary über die Sexualität bei Fadenpilzen mit. Herr Director Dr. Wimmer hält einen Vortrag über eine im bota- nischen Garten zu Berlin kultivirte neue Salz, vermuthlich ein Bastard von Salix cinerea und laurina, welche selbst wieder ein Bastard von $. phylicifolia und caprea ist; sie erhielt den Namen S. tephrocarpa; der Vor- trag ist bereits im zweiten Hefte der naturwissenschaftlichen Abhandlun- gen der Schles. Gesellschaft im Jahre 1861 abgedruckt. In der siebenten Sitzung am 20. Juni legt der Secretär eine Abhand- lung des Dr. Milde über die Systematik der Equiseten vor, welche bereits im zweiten Hefte der naturwissenschaftlichen Abhandlungen für 1861 abgedruckt ist. Hierauf hält derselbe einen Vortrag über rothen Schnee. Bei einem Besuch des Hospizes auf dem Simplon am 20. September 1860 gastlich aufgenommen, richtete ich an den Prior des Hospizes, M. De l’eglise, die Bitte, im Interesse der Wissenschaft zu geeigneter Jahres- zeit eine Sendung des auf dem Simplon häufigen rothen Schnees mir zu- kommen zu lassen. Herr Prior De l’&glise hatte die Güte, am 29. Mai 1861 ein Fläschchen mit dem geschmolzenen Schneewasser zu übersen- den; von 3 Kilogrammen des rothen Schnees war der Absatz gesammelt und mit einer Quantität Wasser in einer gewöhnlichen Medieinflasche ver- sandt worden. Beim Stehenlassen setzte sich ein gallertartig zusammen- der Schles. Gesellsch, f. vaterl. Cultur. 85 hängender Niederschlag ab, der unter dem Mikroskop ausschliesslich (von einzelnen Steinfragmenten abgesehen) aus den rothen Kugeln des Chla- mydococeus nivalis Al. Braun (Haematococcus nivalis Ag., Protococcus nivalis Ag., Sphaerella nivalis Sommerf., Palmella nivalis Hooker, Uredo nialis F. Bauer) bestand; sie waren von verschiedener Grösse, mit derber Zellen- membran, im Mittel von 0,0065 W. L. Durchmesser (in der Regel „I; — 41, W.L., die grössten bis 55 W. L.). Leider war die Flasche bis an den Hals gefüllt gewesen, und da in der sehr warmen Jahreszeit die Sendung erst nach ein paar Tagen ankam, so bewies der beim Oeffnen sich entwickelnde faulige Geruch, dass eine Zersetzung der Chlamydococeus- Zellen begonnen und eine Wiederbelebung derselben nicht mehr zu hoffen sei. In der That missglückten alle darauf gerichteten Versuche, obgleich das faulig gewordene, von Bacterien belebte Schneewasser abgegossen und durch frisches ersetzt wurde; auch das Einfrieren der Zellen mit Hülfe künstlicher Kältemischung hatte keinen Erfolg. Ebenso wenig ge- lang es mir, durch Eintrocknen der rothen Zellen auf Sandsteinbrocken und nachträgliches Uebergiessen mit reinem Wasser eine Erzeugung von Schwärmsporen zu erzielen, wie das bei dem COhlamydococcus pluvialis so leicht gelingt. Es war mir daher nicht möglich, wie ich es mir als Auf- sabe dieser Untersuchung gestellt, die noch immer nicht gelöste Frage zur Entscheidung zu bringen, ob die Alge des rothen Schnees von der des Blutregens specifisch verschieden sei, oder ob nicht vielleicht der rothe Ohlamydococcus als eine alpine (resp. polare) Alge zu betrachten ist, welche sich, wie ja von andern Alpenpflanzen bekannt, unter Umständen auch in den Thälern der montanen Region (hier natürlich nur in Fels- höhlungen) entwickelt. Ein morphologischer Unterschied der beiden Arten scheint mir bisher noch nicht erwiesen. Nach den Mittheilungen des M. De l’&glise findet sich die rothe Substanz am Simplon in Aushöhlungen und Vertiefungen an der Ober- fläche des alten abgelagerten Schnees, wo sie Flächen von einigen Qua- drateentimetern bis in eine Tiefe von 4—5 Centimeter färbt; besonders häufig ist sie an solchen Stellen im Frühling, nachdem der Schnee einige Wochen der Sonne ausgesetzt gewesen, ohne dass frischer Schnee gefal- len ist. Der rothe Schnee lässt nach dem Schmelzen sehr rasch ein pon- ceaurothes, nach einigen Tagen amaranthfarbenes, gepulverter Cochenille ähnliches Pulver zu Boden fallen, das sich allmälig in gallertartige Klum- pen anhäuft. In Folge der weiter fortschreitenden Zersetzung sonderten sich aus dem rothen Farbestoff der Chlamydococeus-Zellen, der, wie ich zuerst in „meinen Nachträgen zur Naturgeschichte des Protococcus pluviahs Kg.“ nachgewiesen, ölartiger Beschaffenheit ist und durch Jod bläulich- grün bis blau gefärbt wird, bald grosse mennigrothe Oeltropfen aus, welche allmälig völlig farblos wurden. Es wurde deswegen das Material zu Präparaten benutzt, welche in der Rabenhorst’schen Sammlung „die Algen Europa’s“ Dec. XV und XVI unter 1141 ausgegeben worden sind. 86 " Jahres-Bericht In der Sitzung vom 13. October hielt Herr Dr. Rosenthal einen Vortrag | über Nutzpflanzen. Der Volksinstinet hat schon seit den ältesten Zeiten allerorts eine grosse Anzahl von Pflanzen zu ökonomischen, technischen, medieinischen und sonstigen Zwecken iu Gebrauch genommen; es ist nun Aufgabe der Wissenschaft, zu erforschen, inwieweit dieser Gebrauch sich nach den Lehren der Chemie, sowie der natürlichen Verwandtschaft rechtfertigen lasse. Eine sorgfältige Feststellung der in Gebrauch genommenen Pflan- zen erhebt ihre Zahl anf circa 13,000 Species, die sich fast auf alle natürlichen Familien vertheilen, so dass höchstens von 20 Familien kein Gebrauch bekannt sei. Der Vortragende erläuterte einige der wichtig- sten Familien in Bezug auf ihren Gebrauch, indem er dabei das von ihm herausgegebene Buch: Plantae diagnosticae, systematische Ueber- sicht der Heil-, Nutz- und Giftpflanzen aller Länder“ zu Grunde legte, von dem soeben der erste Band bei Enke in Ertangen erschienen ist. Herr Geh. Rath Prof. Dr. Göppert sprach sich über dieses Werk des Herrn Dr. Rosenthal in nachstehender Weise aus: Eine Zusammenstellung aller zu irgend einem Zwecke in den ver- schiedensten Theilen der Erde gebräuchlichen Pflanzen ist nicht bloss von botanischem, sondern von allgemein kulturhistorischem Interesse, und zu bedauern, dass hierin noch so wenig geschehen ist. Angaben dieser Art erhöhen die Theilnahme an der scientia amabilis und gewähren zugleich wichtige Aufschlüsse über ethnographische Verhältnisse der Völker. Auch für den Unterricht erscheinen sie von grosser Bedeutung, von welchem Gesichtspunkte ausgehend ich schon seit vielen Jahren mich bestrebte, eine möglichst grosse Zahl lebender Pflanzen dieser Art im hiesigen bo- tanischen Garten zusammenzubringen, über welche ich vor einigen Jah- ren eine Schrift: „Die officinellen und technisch wichtigen Pflanzen unserer Gärten, insbesondere des botanischen Gartens in Breslau, Görlitz 1857“, veröffentlichte, die wohl als die zur Zeit vollständigste Sammlung der in deutschen und zum Theil auch in europäischen Gärten überhaupt vorhandenen Nutzpflanzen anzusehen ist. An 3000 enthält der hiesige Garten, die auf die in jener Schrift erwähnte Weise etiquettirt sind, d. h. unter andern auch mit Angabe ihres Gebrauches, wie ich hier anführe, um hiermit mehrfachen Anfragen zu genügen, da man endlich auch anderweitig sich von dem Nutzen die- ser Einrichtungen zu überzeugen anfängt und Aehnliches einzurichten gedenkt. Der Verfasser des vorliegenden Werkes hat sich ein umfangreiche- res Ziel gesteckt, nämlich eine am Eingange erwähnte Zusammenstel- lung aller bekannten Nutzpflanzen im weitesten Sinne des der Schles. Gesellsch. £. vaterl. Cultur. 87 Wortes zu liefern, wodurch — wir wiederholen es nochmals — einem wesentlichen Bedürfniss entsprochen wird. Wer selbst sich mit Arbeiten solcher Art beschäftigt hat, wird am besten wissen, welchen Fleiss sie erfordern und mit welchen Schwierigkeiten man zu kämpfen hat, wenn nicht Bibliotheken zu Gebote stehen, die sich keine Anschaf- fungen versagen dürfen. Dazu kommt noch bei den reissend schnellen Fortschritten der Wissenschaft das Bewusstsein, im Augenblicke des Druk- kes sich auch schon zu Nachträgen bereit halten zu müssen, wie dies _ freilich Verfassern systematischer Werke heut nicht besser geht, denen auch niemals das Prädicat „vollständig“ zu Theil werden kann. Der Herr Verfasser hat es an Fleiss nicht fehlen lassen und verdient in der That, nach Maassgabe der bereits vorliegenden Arbeit, Aufmunterung und Unterstützung, um sie zu Ende zu führen und unserer Literatur ein in vieler Hinsicht so erspriessliches Werk zu verschaffen, zu dessen Bear- beitung sich nicht oft, wie die Geschichte derselben zeigt, ein hierzu Ge- eigneter bereit finden lässt. Eine Angabe sämmtlicher Quelleu dürfen wir wohl am Schlusse des Werkes erwarten, dem ein sorgfältiges Re- gister nicht fehlen wird. Hierauf hielt der Herr Geh. Rath Prof. Dr. Göppert einen Vortrag über die Familie der Cycadeen, mit Rücksicht auf Miquel’s Prodromus. Im hiesigen Garten werden 20 Arten kultivirt, während überhaupt etwa 51 jetzt lebende bekannt sind; viel zahlreicher ist diese Familie in frü- heren geologischen Epochen von der permischen bis zur Tertiärperiode vertreten in circa 150 Arten. ' Derselbe machte nachfolgende Mittheilung über das Verhalten einer Mimosa pudica während des Fahrens. Am 28. Juli 1861 unternahm ich mit meinen Herren Zuhö- rern eine Excursion zu Wagen nach dem 5 Meilen von hier entfernten Zobtenberge, einer aus granitischer Umgebung sich erhebenden Gabbro- Kuppe von 2200 F. Höhe. Zu unserer Begleitung wählten wir eine lebenskräftige, 2 F. hohe, mit 7 ganz gesunden und entwickelten Blättern versehene Topfpflanze von Mimosa pudica, welche in den Topf so befestigt war, dass der Zusammenhang ihrer Wurzeln mit der Erde nicht gestört werden ‘konnte. Darauf wurde sie in eine oben und an einer Seite offene Kiste gesetzt, in der sie sich völlig frei zu bewegen vermochte, und nun von. uns Allen, in specie von Herrn Stud. med, Bock, der das Protocoll führte, beobachtet. Als sie um 5 Uhr auf den Wagen kam, war sie noch im nächtlichen Schlaf befangen. Erst um 5 Uhr 50 Min, nachdem wir also eine halbe Stunde auf einer guten Chaussee gefahren ‚waren, fing das unterste der gefingert-gefiederten Blätter an, sich zu öffnen, dann nach 10 Minuten das 2te, und so allmälig, in strenger Rei- 88 Jahres-Bericht henfolge von unten nach oben fort, so dass, mit Ausnahme eines wäh- rend der Fahrt verletzten Blattes, um 6 Uhr 75 Minuten alle geöffnet waren. Um diese Zeit wurden sie während der Fortdauer der Fahrt sämmtlich berührt und dadurch zum Zusammenfalten und zur Herunterbeu- gung der Blattstiele gebracht; jedoch schon nach einer Viertelstunde be- gannen sie sich wieder zu öffnen, und nach %, Stunden (7 Uhr 50 Min.) waren sie alle in dem früheren wachenden Zustande. Bald darauf ver- liessen wir in Mörschelwitz die Chaussee und fuhren fortan auf einem schlechten, holperigen Wege, worauf sich sämmtliche Blättchen alsbald schlos- sen und senkten. Nach Verlauf einer Viertelstunde hatten sie sich aber auch hieran gewöhnt und öffneten sich wieder, unter Beibehaltung der früheren Empfindlichkeit. Um 94, Uhr langten wir in der Stadt Zobten ‘an, wo sie nın einem und zwar lahmen Träger übergeben wurde und so uns auf den Berg begleitete. Nur 20 Minuten blieb sie im Zustande des Schlafes, dann hoben sich die Blattstiele, öffneten sich die Blättehen, und blieben es auch bis zur Ankunft auf dem Berge, die nach 1), Stunden erfolgte. Das Herabsteigen ertrug sie ebenfalls auf gleiche Weise, und auch die härteste Prüfung, das 2stündige Fahren auf einem gewöhnlichen Leiterwagen, mit dem wir Abends 7', Uhr wieder in Zobten eintrafen; jedoch dauerte es hier eine halbe Stunde, also ungleich länger als früher, offenbar in Folge der heftigen und ungleichen Erschütterungen des unbe- quemen, auf schlechtestem Wege fahrenden Wagens, Um 7 Uhr, die gewöhnliche Zeit des Schlafens, schlossen sich sämmtliche Blättchen bei ziemlich horizontaler Lage der Blattstiele, der gewöhnlichen Schlaflage. Nachts 14, Uhr kamen wir wieder in Breslau an. Am andern Morgen erwachte sie wie gewöhnlich um 5, Uhr und blieb auch die nächste Zeit vollkommen reizbar und gesund. Nach gefälliger Mittheilung des Herrn Prof. Dr. Galle war der Gang der Temperatur auf hiesiger Sternwarte an jenem Tage folgender: 1861. | R. Juli 27., 10 Uhr Abends + 16%3, 28, 6 „ Morgens + 13,6, 10.55 " + 20 2 ,„ Nachmitt.e -+ 22,5, 6 2) + 22,5, 10 ,, Abends + 12,6, Minimum + 12°, welches etwa der Morgentemperatur um 4 Uhr ent- sprochen hätte, so dass für 5 Uhr die Temperatur auf + 12,8 zu schätzen ist. Nachmittags 5 Uhr Gewitter mit Regen und einem orkan- artigen Sturm, in Folge dessen eine Erniedrigung von 10°. Von dem Gewitter wurden wir nach dem Herabsteigen vom Berge gegen 4, Uhr auch ereilt, doch gelang es, unsere Pflanze vor dem Regen zu schützen. Wir dürfen übrigens annehmen, dass die Temperatur in dem überhaupt der Schles. Gesellsch, £, vaterl. Cultur. 89 etwas höher gelegenen Versuchsterrain, abgesehen von dem Gipfel des Berges, etwa 1 Grad geringer war. Es ergiebt sich also aus diesem Versuche: 1) dass sich die Mimosa pudica an Erschütterungen ge- wöhnt, zugleich aber auch eine gradweise Empfind- lichkeit gegen die Stärke dieser Einflüsse wahrnehmen lässt, wie die Beachtung des Zeitmaasses lehrt, nach welchem sich ihre Blättehen — je nach der Stärke der Erschütterung — wieder öffneten. 2) dass der normale Zustand der Reizbarkeit auch durch die ungewohnte Lage, in der sich unsere Pflanze be- fand, nicht verändert wird, und überhaupt auch spä- ter (bei der Rückkehr in gewohnte Lage) kein nach- theiliger Einfluss dadurch ausgeübt worden ist. Uebrigens wird auch von Desfontaines angeführt, dass er einen ähnlichen Versuch angestellt habe. Er nahm eine Mimosa mit sich in einen Wagen, worauf sich ihre Blättehen schlossen, allmälig erhoben sie sich wieder und blieben, der fortdauernden Erschütterungen ungeachtet, ausgebreitet, ganz so wie in dem von mir angestellten Experimente. Wie lange Zeit Desfontaines seinen Versuch fortsetzte, ist mir im Augen- blick nicht bekamnt. Derselbe legte die neuesten Lieferungen V— XII des Erbario crittogamico Italiano vor, welche von dem erfreulichen Fortschritte dieser splendiden Sammlung, trotz der bewegten Zeit, Zeugniss geben. In der Sitzung vom 31. October legte der Secretär, Professor Dr. Cohn, ein von Herrn Kaufmann Müller mitgetheiltes prachtvolles Blatt, sowie einen blühenden und reifen Kolben von Monstera Lennea (Philodendron pertusum) vor; die süss-aromatischen Beeren lassen beim Genuss einen kratzenden Nachgeschmack zurück, welcher von zahl- losen, beiderseits in scharfe Spitzen auslaufenden, stark verdickten, lan- gen, bastähnlichen Zellen herrührt, die, zum Theil verzweigt, das saftige Parenchym durchsetzen, am zahlreichsten in dem oberen, deckelartig sich ablösenden Theil der Beere. Aehnliche bastartige Zellen durchsetzen auch das Parenchym-Gewebe des Stammes und der Blattstiele. Herr Müller theilte die Beobachtung mit, dass die Blüthenscheide der Monstera vor dem Aufblühen vom Licht abgekehrt sei, sich aber nach- her durch Drehen des Blüthenstengels dem Lichte zuwende, so dass nun- mehr der blühende Kolben vom Licht abgekehrt sei. Der Secretär, Prof. Dr. Cohn, hielt sodann einen Vortrag über die Vegetation des Landes und Meeres von Helgoland, wo derselbe einen Theil der Herbstferien verlebt hatte. Nach einer Skizze der allgemeinen geognostischen Verhältnisse gab er eine Ueber- 90 Jahres-Bericht sicht der Phanerogamenflora auf der Insel und Düne. Wenn im. Allge- meinen die Vegetation solcher im Meere isolirter Punkte ein hohes pflan- zengeographisches Interesse besitzt und ihre Untersuchung in der That in neuerer Zeit manchen interessanten Aufschluss über Urheimath und Wan- derung der Pflanzen gegeben hat, so bietet die Flora von Helgoland nur insofern ein negatives Interesse, als sie, mit Ausnahme einer kleinen Zahl von Strandpflanzen, welche ohne Zweifel das Meer angespült hat, aus- schliesslich aus solchen Gewächsen besteht, von denen wir annehmen dürfen, dass sie der Mensch mit oder ohne Absicht auf die Insel gebracht hat, also aus angebauten und aus Ruderalpflanzen oder Unkräutern. Klima und Boden begünstigen hier ausserordentlich das Verwildern aller mit Absicht oder Zufall eingeführten Gewächse, wie die überall verwilderten Getreide- arten, Ringelrosen, Kohlpflanzen ete. beweisen; die letzteren, welche namentlich am Felsen üppig vegetiren, für autochthon zu halten, fehlt es. durchaus an ausreichenden Gründen; höchstens liesse sich Brassica olera- cea als Strandpflanze des nordwestlichen Europa’s betrachten. Diese pflanzengeographischen Thatsachen machen den oft behaupte- ten ehemaligen Zusammenhang Helgoland’s mit dem Festlande in hohem Grade unwahrscheinlich, Nach Hallier’s Zusammenstellung der Pflanzen von Helgoland zählen wir daselbst eirca 172 phanerogamische Arten, unter denen die Gramineae 35 (5), Compositae 28 (4), Leguminosae 12 (77); ae 11 (5), Chenopodiaceae und Polygoneae 8 (34), Umbelliferae 6 59), Boragineae, Solaneae, Ranunculaceae, Caryophylleae 5 (35), Junceae, Plan- ae Personatae, Stellatae, Papaveraceae 4 (z/;) ausmachen, die Cyperaceae und Labiatae sind durch 3, Crassulaceae, Malvaceae, Euphorbiaceae, Gerania- ceae, sowie Moose und Flechten durch 2, Urticeae, Eleagneae, Armeriaceae, Convolvulaceae, Primulaceae, Violarieae, Ampelideae, Onagrarieae (?), Rosaceae durch 1 Art vertreten, die übrigen Pflanzenfamilien fehlen oder sind nur in Gärten vorhanden; alle bloss cultivirten Arten sind in Zusam- menstellung übergangen. Das Klima von Helgoland ist rauher, als man in Folge seiner west- lichen Lage vermuthen sollte; zwar zeigt es in eminentem Grade die Eigenthümlichkeiten des Seeklima’s durch kühlen Frühling und Sommer, milderen Herbst und Winter, wie durch seine Stürme, welche Baum- wuchs, ja die Cultur eines grossen Theils der Hochfläche verhindern; doch ist die mittlere Jahrestemperatur nach den Beobachtungen auf dem Leuchtthurm von Friederichs nur = 7,4° C., die Temperatur des Winters 1,7°, des Frühlings 4,70, des Sommers 14,1°, des Herbstes 8,6° C.; die des wärmsten Monats (August) = 15,3°, des kältesten (Januar) — 0,7° C. Die mittlere Jahrestemperatur ist also geringer, als die von Bremen und Berlin (9°), der Sommer sogar nur so warm als in Archangel (13,9 °), Uleaborg (14,3°), kälter als in Petersburg und Christiania (15,9°), der Herbst gleich dem von Breslau, der Winter gleich dem von Würzburg und la Rochelle, dagegen weit rauher als das 3° nördlicher gelegene der Schles. Gesellsch. f, vaterl. Cultur. 9 Edinburg (3,5% C.), welches auch weit milderen Frühling (7,£°), aber etwas kühleren Sommer und Herbst besitzt.*) In Bezug auf die Vegetation des Meeres, welche, mit Ausnahme des Seegrases (Zosiera), ausschliesslich aus Algen bes:eht, bemerkte der Vor- tragende, dass daselbst nach einer aus den Angaben in Kützing’s Spe- cies Alyarum gemachten Zusammenstellung gegen 200 Arten, darunter 4 Florideen, gefunden seien, über welche er sich speciellere Mittheilnn- Bi vorbehielt, Für das Studium der Algen bietet bekanntlich Helgoland den gün- stigsten von allen Punkten an der deutschen Küste, den einzigen näm- lich, dessen Boden aus Fels besteht und daher die Ansiedelung einer zahlreichen Algenflora begünstigt, ausserdem aber auch durch den täg- lichen Wechsel von Ebbe und Fluth in weiten Erstreckungen dem For- scher zugänglich gemacht, bei Springzeit und Ostwind sogar in meilen- weiten Riffen entblösst wird und dann mit Leichtigkeit die seltensten Arten in ihrem natürlichen Wachsthum, ja mit Hülfe des Auster- und Hummernetzes auch die Formen der Meerestiefe einsammeln lässt, wäh- rend die übrige Küste der deutschen Nordsee aus unfruchtbarem Sand besteht, Adria- und Mittelmeer dagegen der Ebbe entbehren, so dass der Forscher hier nur auf den zufälligen Fund nach Stürmen und auf das Schleppnetz angewiesen bleibt. Zur Erläuterung wurde eine Sammlung von Phanerogamen und Algen sowie stereoskopischer Ansichten von Helgoland vorgelegt. Herr Lehrer Adamy legte einige amerikanische Pflanzen vor, und Herr Geh. Rath Prof. Dr. Göppert theilte erfreuliche Nachrichten über den Gesundheitszustand des Dr. Milde, z. Z. in Meran, mit, ‘In der Sitzung vom 28. November sprach Herr Dr. Stenzel über schlesische Schmarotzerpflanzen, insbesondere den Fichtenspargel (Monotropa Hypopitys). _Veranlasst durch die grosse Wandelbarkeit in der Zahl der Blüthen- theile, hatte der Vortragende es sich zur Aufgabe gemacht, möglichst zahlreiche Exemplare des Fichtenspargels zu untersuchen, um über die *) Obige Betrachtungen begründen sich auf die Beobachtungen am Leucht- thurm, die ich jedoch nur von 3 Jahren, 1849—1851, benutzen konnte; es ist dabei auch die beträchtliche Höhe des Leuchtthurmes über dem Meere und seine expo- nirte Lage zu berücksichtigen; das gegen den Nordwest geschützte Unterland hat ohne Zweifel ein weit milderes Klima und würde wohl, gleich den englischen In- seln, die Kultur zahlreicher immergrüner Gehölze gestatten. Auch bemerke ich, dass Oetker in seinem Buche über Helgoland etwas andere Zahlen angiebt, in- dem er sich auf Beobachtungen von 1849 —53 stützt. Danach wäre die mittlere Jahrestemperatur 6,45° R. (8,03° €.), des Winters 1,9° R. (2,4° C.), des Frühlings 4,06° R. (5,07° C.), des Sommers 12,03° R. (15,04° C.), des Herbstes 7,84° R. (9,8° C.), des August 12,78° R. (15,9° C.), des Januar 1,170 R. (1,2° C.). 92 Jahres-Bericht Beständigkeit der Gattungs- und Artmerkmale in’s Klare zu kommen. Es wurden dabei auch die übrigen Theile der Pflanze berücksichtigt, und danach eine Schilderung derselben gegeben, wobei besonders der Ueber- gang der Bracteolen in Kelchblätter und deren allmäliges Schwinden von unten nach oben, die herrschende Zahl der Blüthentheile in den Seiten- und Endblüthen (wenig über die Hälfte der Endblüthen war fünfgliede- rig, die übrigen meist viergliederig) hervorgehoben wurde. Nach diesen Beobachtungen lässt sich 1) die Unterbringung dieser - Art in der 10. Klasse bei Linn& nicht rechtfertigen, 2) dagegen ist die Gattung Hypopitys Nutt. unhaltbar, und es scheint am natürlichsten, sie wieder mit Monotropa Linne zu vereinigen. In Beziehung der Schmarotzernatur der Pflanze wurden zunächst die einheimischen Schmarotzer in zwei Abtheilungen gebracht: 1) in solche, die selbst (mit ihrem Stengel) in die Nährpflanzen eindringen (die 6. und 9. Form bei Unger, über Parasiten, Orobanche, Viscum); 2) solche, die mit ihren Wurzeln sich an andere ansaugen (die 5. und 8. Form bei Unger: Lathraea, Cuscuta). Hieran schlossen sich einige Bemerkungen über den Parasitismus der pflanzenbewohnenden Flechten. Unter welche Gruppe AMonotropa gehöre, muss noch unentschieden bleiben, da ein wirklicher Zusammenhang mit einer Nährpflanze nicht nachgewiesen, nach eigenen Beobachtungen sogar unwahrscheinlich ist. Dagegen vermehrt der Fichtenspargel sich 1) regelmässig durch so- genannte Adventivsprosse aus einer dünnen, horizontalen, mit vielen Aesten besetzten Wurzel (nicht Wurzelstock!) und 2) zuweilen durch Sprosse aus den Achseln der unteren Stengelblätter (Schuppen), deren Axillarknospen gewöhnlich unentwickelt bleiben. Die erste, sehr sonder- bare Erscheinung erinnert an ähnliche bei Viscum (Unger), Anemone_ sil- vestris (Thilo, Irmisch) und Opkioglossum vulgatum, über dessen Wurzel- sprosse in einer früheren Sitzung ausführliche Mittheilung gemacht wor- den war. Der Secretär berichtet über den Fortgang der zum Schutze gegen Inseetenfrass vorgenommenen Sublimatisirung des Henschel’schen Herbariums; es wurden durch Herrn Pharmaceut Ilgner im Jahre 1861 circa 8800 Nummern vergiftet, so dass nunmehr eirea 33,000 Num- mern, etwa die Hälfte der Phanerogamen, geschützt sind. Die Section beschliesst die Fortsetzung dieser nothwendigen Arbeit im künftigen Jahre. Herr Dr. Hodann theilt mit, dass Herr Peek, Inspector des Mu- seums der naturforschenden Gesellschaft in Görlitz, auf der Landskrone eine für Schlesien neue Pflanze, Artemisia scoparia, aufgefunden habe, die daselbst seit langer Zeit und in grosser Menge, vermuthlich auf die Dauer, sich angesiedelt habe, der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 93 Derselbe legte vor: 1) Asplenium germanicum (Breynii) vom Katzen- stein bei Seidenberg (Kreis Lauban), in Gesellschaft von A. septentrionale und Ruta muraria; 2) Aspidium aculeatum, von der Landskrone in mehre- ren Varietäten (lobatum, Plukenetti und eine Form mit sehr lederartigem Laube und tief eingeschnittenen Fiedern); 3) fruchtende Wedel von Aspi- dium Braun; 4) die interessante Cystopteris sudetica Milde et A. Braun, auf dem unteren Drittheile des Leiterbergs (vom Waldenburger Wirths- hause aus), links von dem Wege nach dem Altvater.*) In der Sitzung vom 12. December übergab Herr Geh. Rath Prof. Göppert nachstehenden Bericht über die neuen Anlagen im hiesigen botanischen Garten. Mit der Verbesserung der Wasserverhältnisse ist, Dank der Unter- stützung des Hohen Staatsministeriums und eifriger Verwendung Sr. Exc. des Herrn Curators, durch Räumung des Hauptgrabens ein erheblicher Anfang gemacht worden. Mit der Fortsetzung derselben ist man fort- dauernd beschäftigt. In sicherer Aussicht steht nun der Umbau des alten srossen Gewächshauses und der Neubau eines Vermehrungshauses, wel- ches das Institut schon längst schmerzlich entbehrte. Ueber zwei neue, zu wissenschaftlichen Zwecken bestimmte Anlagen zur Erläuterung der Flora Nordamerika’s und Japan’s, die in so vieler Hinsicht auch das Interesse des grösseren Publikums beschäftigen, wollen wir einige ausführlichere Mittheilungen folgen lassen: 1) Die Waldflora Nordamerika’s und die der Tertiär- formation. Die jenseits des Wassergrabens liegende Laubholzpartie unseres Gar- tens ‘besteht zum überwiegendsten Theile aus Bäumen und Sträuchern, welche in dem nördlicheren Theile der Vereinigten Staaten Nord- amerika’s etwa zwischen dem 36. und 56. Grade der Breite wild wachsen, und zwar in einer Zusammensetzung, wie sie die Laubholzwal- dungen jener Gegenden selbst darbieten, wie sich dies unter andern aus dem nachfolgenden Verzeichnisse der Bäume und Sträucher ergiebt, aus denen Prinz Max von Neuwied die Waldungen am Wabasch, einem Nebenfluss des Ohio, in Indiania (38° n. Br.) zusammengesetzt fand, welche hier grösstentheils vorhanden sind. *) Die Oystopteris sudetica ist eine echte Karpathenpflanze, sonst nur aus den Liptauer Karpathen, Ungarn und Siebenbürgen bekannt; in Schlesien findet sie sich bekanntlich noch auf dem Wege nach den Hirschwiesen, wo sie Grabowski ent- deckte, aber mit der ganz verschiedenen C. montana verwechselte, in einem meh- rere Stunden langen Walde in tausenden von Exemplaren; auch ist sie von Wi- chura, Uechtritz jun. und mir noch an 3 anderen Stellen im Gesenke entdeckt worden. Milde. 94 ‚Jahres-Bepicht Von Ahormmarten: Acer eriocarpum Michx:, Acer Negundo L., Acer saccharinum L., Acer nigrum Michx., Acer striatum Lam.; dann Amelanchier canadensis Michx., Aesculus Pavia L., Asimina triloba Dunal. Von Nussbäumen: Juglans nigra und cinerea L., Carya cathartica, Ca- rya porcina Nutt., Carya ‚amara Nutt., Carya olivaeformis Nutt., Carya tomen- tosa Nutt., Carya aquatica Nutt., Carya myristicaeformis Nutt., Carya laciniosa Loud.; ferner Carpinus virginica L., Celtis crassifolia Lam., Celtis occidenta- lis L., Cercis canadensis L., Catalpa bignonioides Wdl., Cornus florida L., Diospyros virginiana L., Fagus americana Sweet., Fraxinus americana L., Fraxinus quadrangulata Mx., Gleditschia monosperma Walt., Gleditschia_ tria- canthos L., Gymnocladus canadensis Lam., Laurus Sassafras L., Liriodendron tulipifera L., Liquidambar styraciflua, Morus rubra L., Nyssa sylwatica Lodd., Platanus occidentalis, Populus canadensis Ait., Populus tremuloides Michx., Po- pulus grandidentata Michx., Prunus virginiana L., Pyrus coronaria L. Von Eichen: Quercus tinctoria W., Quercus alba L., Quercus rubra L., Quercus coccinea Wangenh., Quercus !yrata Walt., Quercus macrocarpa Michx., Quercus obtusiloba Michx., Quercus ferruginea Michx.; dann Robinia Pseudo- acacia L. Weiden verschiedener Art, Tilia americana L., Ulmus americana L., Ulmus fulva Michx., Ulmus alata Michz. Nicht Eichen und Linden, wie bei uns, sondern Wallnussbäume, Pap- peln und Platanen erreichen dort den grössten Umfang. Von 324 in Nordamerika wildwachsenden Sträuchern und Bäumen (Asa Gray, Statistic of the Flora of the northern united States), die zum grössten Theil (an 280 Arten) hier kultivirt werden, sind fast alle Europa fremd; nur 4 Bäume, den Taxus, die echte Kastanie, die weisse Birke und Weisserle, etwa 15 Sträucher (Juniperus communis, Alnus viridis, Salix herbacea, glauca, reti- . eulata, Myrsinites hastata und repens, Linnaea borealis, Ligustrum vulgare, Ar- butus 'Uva ursi, Ledum palustre, Pyrola umbellata, Vaccinium Witis idaea, Oxy- coccos, Rosa cinnamomea, Rubus arcticus und Spiraea salicifolia) ‚ und 282 krautartige Pflanzen hat'Nordamerika mit Europa ‚gemeinschaftlich. Desto interessanter ‘ist ‚die überaus grosse Aehnlichkeit, welche Europa’s mitt- lere und sobere Tertiärflora mit der jetztlebenden des genannten Theiles von ‘Amerika zeigt, die sogar fast ‚bis zu völliger Identität mehrerer ein- zelner Arten geht, wie z. 'B. unter andern Platanus occidentalis, Taxodium distichum u. m. a. Fast alle obengenannten Gattungen und noch viele andere, hier. nicht aufgeführte sind durch zahlreiche Arten vertreten, so dass unser Laubholzwald in der gegenwärtigen Zusammen- stellung nicht nur den Laubholzwäldern Nordamerika’s entspricht, son- dern auch im Vereine mit der ganz in der Nähe befindlichen Anpflan- zung 'sämmtlicher amerikanischen Nadelhölzer (Pinus Banksiana Lamb., in- ops, pungens Mich., resinosa Ait., mitis Mx., rigida Mill,, Taeda, palustris L., Strobus, Abies balsamea, Fraseri, canadensis Mx., nigra Poir., ala Mx., Larix americana Mx., T’huja occidentalis L., Cupressus thyoides L., Taxodium disti- der Schles. Gesellsch. £. vaterl. Cultur. 95 chum Mich., Juniperus virginiana, Taxus canadensis, Torrya taxifolia Am.) zugleich ein treues Bild des einstigen Zustandes jener Waldflora lie- fert, welche einst zur Zeit der mittleren und oberen Tertiärfor- mation in unseren Gegenden vegetirte, die sich freilich, wie wir schon früher nachgewiesen haben, bis in die Polargegenden beider Hemisphären erstreckte. In sehr eingehender und überzeugender Weise hat unser Freund F. Unger in Wien alle diese Verhältnisse geltend gemacht, um die einstige Existenz der sagenhaften versunkenen Insel Atlantis zu be- ‚weisen. | Die überaus reiche, von uns vor 7 Jahren bei Schossnitz in der Umgegend von Breslau entdeckte Tertiärflora liefert hierzu die schla- gendsten Beläge. Durch solche vergleichende Betrachtungen und Grup- pirungen lässt sich auch in unsern botanischen Gärten die innige Be- ziehung der Flora der Gegenwart mit der der Vorwelt ver- sinnlichen, wozu überdies noch in unserer Aufstellung. die zahlreichen Stämme bituminösen und versteinten Holzes, unter ihnen der grösste der bekannten, ein Stamm von 36 Fuss Umfang, hinreichend Gelegenheit geben. 2) Ueber die japanische Flora. Die in unserem botanischen Garten seit dem Jahre 1854 eingeführte Aufstellung von Vegetationsgruppen lenkte schon früh meine Aufmerk- samkeit auf die zu dergleichen besonders geeignete Flora von Japan, die ich eifrig sammelte und so eine Collection von nahe an 300 Arten zusammenbrachte, wie sie vielleicht wohl ausser dem v. Siebold’schen Garten in Leyden, dem wahren Emporium für die japanische Flora, wenig andere botanische Gärten besitzen. Die Flora Japan’s erscheint durch die grosse Menge der immergrünen Bäume und Sträucher höchst eigen- thümlich und muss in der Nähe der grösseren Städte durch die sorgfäl- tige Cultivirung und Verwendung derselben zu ornamentalen Zwecken einen reizenden Anblick gewähren. So wird unter andern die prächtige, auch bei uns jetzt sehr verbreitete japanische Oypresse, Oryptomeria japonica Don., nebst andern Coniferen zu Alleen benutzt, die sich Meilen weit er- strecken. Stämme von 150—180 Fuss Höhe und 4—5 Fuss Durchmes- ser sollen nicht seiten sein. Mit ihr wetteifern andere Coniferen, insbesondere Abietineen, deren Einführung noch zu erwarten ist. Die niedrigeren Oephalo- taxus-Arten, O. drupacea, pedunculata 8. et Z., Fortunei Lindl., die wahrhaft monumentale Oupressus fumebris Endl., mit ia Libocedrus- ee die so abwei- chenden Formen Podocarpus (P. Koraiana Sieb., P. chinensis Wall), Reti- nospora squarrosa Sieb., Juniperus japonica, procumbens 8., die schon länger be- kannte Belis, Torreyanucifera 8. etZ. und Salisburia adiantifoliaSm.*) mit essbaren *) Eines der grössten Exemplare dieses namentlich als Conifere höchst eigen- thümlichen Baumes von 14 F. Durchm. und 30 'F. Höhe befindet sich in den schö- nen ‚Anlagen unsers Mitbürgers, Herrn Commercienrathes Philippi in Scheitnig. 96 Jahres-Bericht Früchten, bilden eine Hauptzierde unserer, der Flora Japan’s speciell ge- widmeten Anlagen. Ich versuchte sie mit den dort vorkommenden Pal- men, Farnen und baumartigen Bambus und Magnolien in eine Gruppe zu bringen, welche als Vegetationsbild der Flora Japan’s bezeichnet ist. Von jenen Palmen soll Ohamaerops excelsa wirklich in England im Freien ausgedauert haben. Rhapis Sjurotsik, aspera und Kwanwon Sieb., freilich noch sehr jugendlich, sehen, es lässt sich nicht leugnen, Rhapis ‚Jlabelliformis sehr ähnlich. Von dem längst bekannten Sagobaum, Cycas revoluta 'Th., dessen Ausführung aus Japan jedoch noch bis auf die neuere Zeit bei Todesstrafe verboten war, besitzen wir eines der grössten Ex- emplare Deutschlands, ein weibliches von 6 Fuss Stammhöhe und 14 F. Dicke, welches 1854 blühte und seit 2 Jahren zwei Kronen bekommt ‘ oder dichotomisch wird. Die zahlreichen Früchte (Samen) entwickelten sich damals äusserlich vollkommen, waren aber in Folge nicht vorange- gangener Befruchtung taub, ohne Spur von Embryo. Bambusa aurea haben wir schon seit mehreren Jahren im Freien gezogen, wo sie 6—8 FE. hohe goldgelbe Sprossen treibt. Phyllostachys bambusioides erreicht nicht diesen Umfang; die andern Bambusen, B. nigra und graciks Sieb., wie alle Bambus-Arten von vielfacher nützlicher Verwendung, sind noch sehr jugendlich. Unter den vielen Zierpflanzen verdienen genannt zu werden die 8 Funkia- und zahlreichen Hemerocallis- Arten, das Orontium japonicum, Aspidistra, Carex japonica L., variegata, die prächtigen Farne: das Oyrtomium falcatum, das Aspidium Sieboldii, Niphobolus Lingua; die Iris Kämpferi, die 6 Epimedien, unter ihnen E. Ikariso Sieb., die schon länger bekannte Senecio Farfugium Koch, Anemone japonica Sieb., Aster Fortune: Lind., die schönen Ligularien (Zx- gularia cristata, gigantea, Kämpferi oder Tussilago japonica Hort.), Dianthus japonicus, Lychnis Sieboldii; von Sträuchern die zierlichen Rosen, Rosa rugosa, die sich als vollkommen hart erwiesen, dann R. Iwara, Hystrix, Fortunei Sieb., Tamarix sinensis, Jasminum floridum; Hydrangeen: H. involucrata, ja- ponica, Belzoni Sieb., die Viburna (macrophyllum, maerocephalum, Awabuki Sieb., sinense); die zierlichen Weinarten Vitis Tihunbergii, Sieboldii, die Clematis azurea, patens, Sieboldii, die Weigelien und Deutzien; von immergrünen Sträuchern ausser den schon länger bekannten Zvonymus japonicus, Mespi- lus japonica, Elaeagnus pungens, Celastrus Orriza, punctatus, Evonymus alatus, Marlea platanifolia S. et Zuce., welche mit wenigen Ausnahmen sämmtlich im Freien ausdauern. Für botanische Demonstrationen erscheinen insbe- sondere wichtig: die seltenen Familien angehörenden Arten, wie Sterculia japonica, die Akebia quinata Dec., eine Lardizabalea, und Kadsura japonica Juss., eine Schizandracea, wie die Helwingia rusciflora W., einzige Art einer ganzen Familie der Helwingiaceen. Von Arznei- und technisch wichtigen Pflanzen erwähnen wir die wegen ihrer Giftigkeit gefürchteten Aconitum chinense und A. autumnale Sieb., dann Vincetoxicum atratum, japonicum, purpureum Sieb., die Artemisia der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 97 | Moza, A. vulgaris sehr verwandt; Roaburghia; Asarum japonicum; die wachs- liefernden Ligustrum Ibota*), Rhus succedanea; der Firnissstrauch Rhus ver- nieifera, der Gallapfelstrauch Rhus Osbeckü; die aromatischen Acorus gra- | mineus, minimus, pusillus, die Araliaceen (Arulia canescens, edulis Sieb. ete.), die kletternde Aristolochia Kämpferi, die Sternanispflanzen, Salix Siebol- ' diana, ferner die schöne, bei uns alljährlich Früchte tragende Skimmia ja- | ponica Th., die Fagara piperita, wie Pfeffer benutzt, die Indigofera Iwafusi und 1. Dojua, Iodigo-Pflanzen, Ulmus Keaki, eine gefeierte Nutzholzpflanze, ‚ die japanische Feige Ficus japonica Bl., die bittertonischen, höchst zierli- | ehen Stechpalmen Iler cornuta, furcata, latifolia und Tarajo Sieb., Lonicera | brachypoda, Rumexr Madaiwo Sieb.; die Nahrungspflanzen der dortigen Sei- denwürmer Morus Kämpferi und Morus Tokwa; die Papier liefernden Buddleya Lindleyana, Broussonetia papyrifera Kämpferi und Kazinoki Sieb., Daphne papyrifera; die Mutterpflanze der chinesischen Grün’s (Vert de Chine) Rhamnus chlorophorus Ldl., die Quercus glabra mit essbaren Früchten, die treffliehen japanischen Spargeln Asparagus japonicus, duleis und Polygona- | Zum japonicum, die japanische Sassaparille Smilax China var. japonica, das ‚, eigenthümliche Chelidonium japonicum, die sogenannte schwarze Lilie mit essbaren Zwiebeln Sarana camschatica, das nicht genug zu empfehlende, bei uns ohne alle Bedeckung ausdauernde Polygonum Sieboldü (cuspidatum Sieb. et Zuce.), dessen Blätter als Spinat gegessen werden, das aber eine noch grössere Bedeutung als Futterkraut in Japan besitzt und auch bei , uns erreichen könnte, wenn es gelänge, es weiter zu verbreiten. Jeder Sprosse der weithin kriechenden Wurzel liefert eine Pflanze, die im 2ten ‚, Jahre sehon einen grossen, 8—10 Fuss hohen Busch liefert, und so auch ‚, als eine der schönsten Zierden für Rasenplätze in Gärten und Anlagen Beachtung verdient. Die von Siebold eingeführte Yams-Wurzel Dio- scorea opposita können wir zwar von der vor einigen Jahren als Surrogat ‚ der Kartoffel empfohlenen D. Batatas Decaisne nicht unterscheiden, beide aber nicht genug in Erinnerung bringen. Eine Pflanze, die aus | wenige Gran wiegenden Knöllchen im zweiten Jahre schon 1 bis 2 Pfund schwere, an Nahrungsstoff überreiche Knol- len liefert, wie wir vielfach beobachtet haben, verdient der Verges- senheit nicht übergeben zu werden, und nicht bloss auf unsern Aeckern, sondern vorzugsweise, da sie auf jedem Boden gedeiht, auf den vielen Plätzen angebaut zu werden, die man mit dem Namen Unland bezeich- net, woran es leider, wenn man die weiten unbenutzten Anger unserer Dörfer sieht, nicht gebricht. Sie bedarf keiner andern Pflege, als eini- ges Strauchwerk, um ihren windenden Stengeln Ausbreitung zu verschaf- fen; alle freien Waldstellen, alle Wege und Pfade, Anger und Mauern *) Auf dieser Pflanze lebt das wahre Wachsinsect (Asiraea cerifera), welches ‚ zuerst von Macartney in China und Japan beobachtet wurde. > au 98 Jahres-Bericht werden nach Siebold von den Japanern zu ihrer Cultur benutzt; warum sollte dies nicht auch bei uns geschehen können? Wenn man die Knolle im Boden lässt, nimmt sie von Jahr zu Jahr an Grösse zu, und kann so im Fall der Noth benutzt werden, um augenblicklichem Erforderniss zu genügen. Die süssen Bataten, Ipomaea Batatas, scheinen sich dagegen weniger zu allgemeiner Einführung zu eignen. Ueber andere jährige Nutzpflanzen behalten wir unser Uriheil uns noch vor, erwarten jedoch für unsere Culturen nicht allzuviel davon. Die auch von Siebold ein- geführten Kletten, Arctium edule (unserer Meinung nach nicht verschieden von Arctium majus), und Salat, Lactuca Tsitsa (eine gute Art) entsprechen nicht recht unserem Geschmacke. Veitch, dem wir die neuesten Mit- theilungen über die Flora Japan’s verdanken, äussert seine Verwunderung über die Geschmacklosigkeit der meisten japanischen Gemüse, und ist geneigt, dies dem zu starken Düngen zuzuschreiben, beklagt sich auch über die Seltenheit von Obst, für dessen Veredelung wenig geschehen sei, obschon sich das Land wie kein anderes zur Cultur desselben eignet. Inzwischen haben wir nicht verfehlt, uns alle bis jetzt eingeführten Arten zu verschaffen, wie die sehr empfohlenen Armeniaca Mume, praecocissima, pendula und virgata Sieb., und die Apfelarten Pyrxs Kaido, floribunda, Ringo und Toringo, die sehr verschieden aussehen, aber in ihrem noch sehr jugendlichen Zustande sich jetzt natürlich noch nicht beurtheilen lassen, übri- gens aber unsern soeben vergangenen Winter bei mässiger Bedeckung ertragen haben. Weitere Mittheilungen dürfen wir wohl von unsern Reisenden er- warten, wenn sie sich werden dazu veranlasst sehen können, was wir in ihrem eigenen Interesse lebhaft wünschen, da sich gleichzeitig mit ihnen in Japan höchst gewandte und unterrichtete Sammler befinden, die nicht verfehlen, schon jetzt ihre Entdeckungen zu veröffentlichen. Der Secretär, Prof. Cohn, theilte im Auszuge die Resultate seiner diesjährigen Untersuchungen über die contractilen Gewebe im Pflan- zenreich, insbesondere an den Staubfäden der Cynareen, sowie über die Zellmembran des Tunikatenmantels mit, welche im nächsten Hefte der naturwissenschaftlichen Abhandlungen publieirt werden sollen. Herr Stud. R. v. Uechtritz machte folgende Mittheilungen über einige von ihm entdeckte, für Schlesien neue Pflanzen. Mitte October dieses Jahres hatte ich Gelegenheit, mich mehrere Tage in der Umgegend von Trachenberg aufzuhalten, und benutzte die- selbe, die Vegetation dieser, in botanischer Hinsicht noch wenig bekann- ten Gegend unserer Provinz zu erforschen. Ungeachtet der ungünstigen Jahreszeit hatte ich das Glück, für unsere Flora zwei neue Pflanzen auf- zufinden. Die eine, den Juncus diffusus Hoppe, hatte ich schon längst ver- muthet, da sie ein Bastard zweier, in der Ebene fast überall gemeiner Arten, des J. glaucus und J. efusus ist, aber früher nie finden können, | der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 99 obwohl ich in der Umgegend von Breslau schon öfter derselben nachge- spürt hatte. Bei Trachenberg findet sich der J. difusus an den Rändern eines Fischteiches beim Dorfe Radziunz, der von den Aeltern in zahllo- ‚, ser Menge eingefasst wird, hin und wieder in grossen Rasen. Der Tracht nach steht dieser Bastard dem J. glaucus näher und trägt auch, wie die- ser, am Grunde der Halme schwarzrothe, glänzende Scheiden, unterschei- det sich aber leicht durch den grasgrünen, nicht meergrünen, und feinen, gerippten Halm, der seiner ganzen Länge nach ununterbrochen mit lok- | kerem Marke angefüllt ist. Von J. efusus unterscheidet er sich leicht durch den stärker gestreif- ten Halm, das dunkler gefärbte Perigon, sechs Staubgefässe und die schwarzrothen Scheiden. | Während J. glaucus und efusus um diese Zeit reichlich reife Kapseln ‚trugen, zeigten alle Rasen des unter ihnen wachsenden J. difusus durch- ‚ aus keine dergleichen. | Unter diesen zahlreichen Juncusrasen nun fand ich an derselben Lo- Ä kalität bei Radziunz eine gleichfalls für die Provinz neue Pflanze, deren Vorkommen bei uns ich um so weniger erwartet hätte, als dieselbe allen ‚ Nebenländern fehlt und erst in weiter Entfernung, bei Erlangen und im ' südliehen Ungarn, auftritt, Es ist dies der sonderbare Scirpus mucronatus L. Mit keiner unserer einheimischen Seirpusarten verwandt, erinnert der- ‚ selbe einigermaassen durch sehr stark dreikantigen Halm an den $. tri- ‚ queter, unterscheidet sich aber leicht von diesem durch die faserige, nicht ‚ kriechende Wurzel, durch die sämmtlich sitzenden Aehrchen, den ober- ‚halb des Aehrehens bei der Fruchtreife wagerecht zurückgeschlagenen, ‚nicht steif aufrechten Halm, durch die blattlosen Scheiden, durch 3 Nar- ‚ ben (S. triqueter hat nur 2) und die dreieckige Gestalt der querrunzeligen, | nicht glatten Nüsschen. Der S. mucronatus findet sich anderweitig in der Türkei, Griechenland, | Dalmatien, Südungarn, in Portugal und en, im mittleren und südli- ‚ chen Frankreich, in der Bohne und im südlichen Deutschland, beson- ‚ ders jenseits der Alpen in Tyrol und Krain; jenseits der Alpenkette ist er nur noch an wenigen und weit von einander entfernten Orten beob- ‚ achtet worden an einer Stelle bei Erlangen, ebenso bei Cannstadt in | Würtemberg und auf einer nassen Wiese bei Baden; er ist also vorzugs- weise eine Pflanze des südlicheren Europa, deren Vorkommen bei uns jedenfalls höchst merkwürdig ist und ganz vereinzelt dasteht, indem, wie ich schon vorher bemerkte, er noch in keinem Nachbarlande beobach- tet wurde. Der sschlesische Standort ist ausserdem der nördlichste bekannte, — | Eine andere Novität für Schlesiens Flora ist der Bromus serotinus | Beneken;, den ich im Juli 1859 zwischen Gesträuch an den Kalk- ‚öfen zwischen Silberberg und Neudorf in Gesellschaft des nahe | verwandien B. asper auffand. Von diesem unterscheidet er sich durch die behaarten, nicht kahlen oberen Blattscheiden, durch die grössere, weit- \ ” BEE 100 Jahres-Bericht läuftige Rispe, deren untere Aeste weit auseinandergespreizt (nicht genä-. hert wie bei 2. asper) sind. Zudem stehen bei B. serotinus auch die unte- ren Rispenäste nur zu zweien, nicht, wie bei B. asper, zu mehreren (3— 5). Bei letzterem tragen immer einer oder zwei dieser Aeste nur ein Aehrchen, was bei B. serotinus nie der Fall ist; bei diesem sind stets beide Aeste mehrblüthig und ziemlich von gleicher Länge, bei B. asper ist immer einer weit länger, als der andere. Ausserdem sind die Klappen der Aehr- chen bei B. serotinus alle kahl, während bei B. asper die oberen Spelzen am Rande längs der Seitennerven mit Wimpern besetzt sind. Die schlesischen Exemplare stimmen genau mit einem durch Beck erhaltenen, vom Autor selbst herrührenden Exemplare von Naumburg a. d. S. überein. Ausser in Thüringen, wo diese Art an mehreren Orten gefunden wurde (ich selbst fand sie 1860 auch um Jena), ist sie bisher noch nach Garcke’s neuester Auflage seiner Flora von Nieder- und Mit- tel-Deutschland bei Wernigerode am Harz, bei Lippstadt in Westphalen und bei Nauen und Neustadt-Eberswalde in der Mark beobachtet worden; in unserem Vorgebirge findet sie sich jedenfalls noch an ähnlichen Orten und ist gewiss auch anderwärts als B. asper angesehen worden; indessen scheint sie bei uns doch selten zu sein, da ich seit zwei Jahren, alles Nachsuchens ungeachtet, keinen weiteren Standort in unseren Sudeten aus- mitteln konnte. — Die Gegend von Neudorf hinter Silberberg scheint, soweit ich bei einer flüchtigen Durchsuchung entnehmen konnte, überhaupt ziemlich reich an seltenen Phanerogamen zu sein. In den Felsen eines mitten im Dorfe liegenden Kalkbruches wächst Melica ciliata in zahlloser Menge mit Salvia verticillata, in den anstossenden Gebüschen Viola collina, Arabis hirsuta, Lo- nicera Xylosteum, Anthemis tinctoria, Origanum; von Tragopogon major fand ich nur ein Exemplar. Im Dorfe an einem Bache wächst Mentha gentilis und auf den Wiesen gegen Rothwaltersdorf Cirsium palustre und oleraceum rivulare zahlreich unter den Aeltern. | Ferner wurden vorgelegt zwei neue Bromusarten: Bromus commulatus.) Schrad. von Gr.-Stein und Gogolin O.-S. 1857, durch Aussaat am Kratz-. buschdamm bei Breslau 1860; B. patulus MK., am Lehmdamm bei Breslau. Herr Director Wimmer legte vor Herniaria hirsuta, von Hrn. Berg- exspectant Langner bei Tarnowitz entdeckt. Derselbe sprach über Weidenbastarde, die aus der Vermi- schung von 3 Arten, durch Befruchtung eines Bastards von einer dritten Art hervorgegangen, von Wichura durch künstliche Befruchtung erzeugt | worden sind. Dass solche auch in der Natur vorkommen, beweisen: die vorgelegten Formen von Salix purpurea-repens-cinerea, von. Lilienthal bei Breslau, viminalis-repens-cinerea, von Driesen durch Lasch und in Tilsit durch Heidenreich entdeckt. de I der Schles. Gesellsch, f, vaterl. Cultur. 101 Derselbe hielt einen Vortrag über Salix grandifolia Seringe, welche er als eine Parallelart zu S. silesiaca bezeichnete, die, obwohl dureh gute Merkmale geschieden, sich doch in einem analogen Formen- kreis bewege; beide Arten scheinen von einem gemeinschaftlichen Cen- trum (etwa Siebenbürgen), die eine nach Nord-Westen (Karpathen, Su- deten), die andere nach Westen (Alpen) ausgegangen. In der hierauf folgenden Wahl wird der bisherige Secretär für die Etatszeit 1862/63 wiedergewählt. EFT: Bericht über die Thätigkeit der medieinischen Section der Schlesischen Gesell- schaft im Jahre 1861, abgestattet von Prof, Dr. Aubert, aeltigem Secretair der Sectiom. lste Sitzung am 1. Februar. 1) Herr Privatdocent Dr. Klopseh macht Mittheilungen über ortho- pädische Erfahrungen, namentlich über die günstige Wirkung des Gyps- verbandes bei genu valgum und pes valgus, und zeigt mehrere neue ortho- pädische Apparate vor. 2) Herr Dr. Stadthagen aus Canth spricht über Kristeller’s Tokometer, einem Instrument, mittelst dessen die Stärke des Zuges bei Entbindungen mittelst der Zange bestimmt werden kann. Derselbe theilt dann als Beitrag zu den Beobachtungen über Erstickung durch” Lampenruss (Nusser) einen Fall mit, in welehem ein Kanarienvogel durch starke Russbildung in einem Zimmer erstickt ist. Danu bespricht der- selbe eine von ihm ausgeführte Bruchoperation, bei welcher die Erschei- nungen der Darmeinklemmung vorhanden waren, der Darm sich aber bei der Eröffnung des Bruchsackes nur an die Bruchpforte angelegt zeigte, ohne wirklich eingeklemmt zu sein, und von selbst zurückging; es er- folgte Heilung. 2te Sitzung am 22. Februar. Herr Dr. Pinoff hält einen Vortrag über die hydropathische Be- handlung des akuten Gelenkrheumatismus. Von 64 Kranken litten 24 an Rheumatismus einzelner Gelenke, die übrigen 40 an Rheumatismus mehrerer Gelenke. Von jenen waren die 04 Jahres-Bericht meisten ohne jede Schwierigkeit innerhalb 6, 8, 14, 21 Tagen, von die- sen 6 mit Herzcomplication, 1 Fall mit Gehirncomplieation verlaufen. Drei Kranke sind nach Verlauf von 8 und 10 Tagen in andere Behand- lung übergegangen. Ein äusserst intensiver Fall ist ebenfalls der Hydro- therapie abhanden gekommen, weil der junge Kranke nach 14tägiger Behandlung die hydropathischen Manipulationen nicht zu ertragen ver- meinte; er wurde noch 10 Monate allopathisch behandelt mit dem tragi- schen Ende einer spontanen Luxation des rechten Oberschenkels in Folge ° einer Coxarthrocace. Die übrigen 60 wurden zur Zeit als genesen ent- lassen. Bei 4 von diesen sind Recidive bekannt geworden, und zwar bei einem 14 Tage nach gebrauchter Kur, die zu früh unterbrochen wurde. ; Von allen diesen Kranken waren 16 weiblichen, 48 männlichen Ge- schlechts, im Alter von 13 bis zu 54 Jahren. Von den hydropathischen Formen, welche sich als heilwirkend er- wiesen haben, werden die kalte Waschung, das Lakenbad, die feuchte Einwickelung und der feuchtkalte Umschlag erwähnt, ° welche unter bestimmten Indieationen ihre Anwendung finden. Zum Schluss werden 4 klinische Fälle :n specie mitgetheilt, welche durch die Einfachheit der Behandlung, sowie durch den glücklichen Ver- lauf sich auszeichnen. i Eine detaillirte Anseinandersetzung des Vortrages findet sich im 6. Hefte der von Dr. Schindler und v. d. Decken redigirten Grä- fenberger Mittheilungen (p. 234—243). 3te Sitzung am 15, März. Herr Privatdocent Dr. Cohn trägt über die Bildung und die Bedeu- tung des tympanitischen Tones vor und demonstrirt die Wintrich’schen Experimente und Apparate. 4te Sitzung am 5. April. 1) Herr Sanitätsrath Dr. Viol theilt Beobachtungen zur modifieirten Linearextraction kernhaltiger Staarformen mit. Der Vortrag ist ausführ- lich abgedruckt in den Abhandlungen, Naturwissenschaftlich - medieinische Abtheilung, Heft III, pag. 224. 2) Herr Privatdocent Dr. Paul theilt Erfahrungen über Mastdarm- polypen bei Kindern mit, s. Abhandl. ebendaselbst, p. 331, wo auch die Fälle des Hrn. Dr. Asch, des Hrn. Sanitätsrath Viol und des Hın. Dr. Schiller, welche dieselben in dieser Sitzung mittheilten, angegeben sind. Ste Sitzung vom 10. Mai. 1) Herr Privatdocent Dr. Freund spricht über Zitat mamelonne des Magens. Der Vortrag nebst Abbildung ist ausführlich mitgetheilt in den der Schles, Gesellsch. £. vaterl. Cultur. 105 | Abhandlungen der Schlesischen Gesellschaft pro 1862, Naturwissenschaft- lieh-medieinische Abtheilung, Heft 1. 2) Herr Privatdocent Dr. Neumann erstattet den Jahres- Bericht für 1860 über seine Privat-Irren-Heil-Anstalt zu Pöpelwitz. Die Resul- tate, so weit sie von allgemeinerem Interesse sind, wird derselbe in einer besonderen Schrift veröffentlichen, 6te Sitzung aın 24. Mai. Herr Privatdocent Dr. Klopsch theilt den Jahres-Bericht über seine | orthopädische Heilanstalt mit und bespricht ausführlich die Skoliosen. (Siehe dessen Schrift: Orthopädische Studien und Erfahrungen, Breslau | bei Leuckart, 1861.) 7te Sitzung am 7, Juni. 1) Herr Privatdocent Dr. Klopsch setzt seinen Bericht fort ‚(siehe 6te Sitzung). 2) Herr Privatdocent Dr. Freund theilt einige Erfahrungen über "die Jastrzember "Quelle mit. Im Frühjahr 1860 ist bei einem Bohrversuche auf dem Jastrzember Gebiete bei Loslau, im Rybniker Kreise, in einer Tiefe von 302’ eine Quelle erbohrt worden, die nach einer sofortigen Analyse des Gradir-Assistenten und Chemikers Herrn Wagner als eine Jod- und Bromhaltige Soole er- kannt wurde. Bei 467’ Tiefe hat sich eine ähnliche Quelle gezeigt, die ‚sich mit der ersten verbindet. — Eine Analyse der Mutterlauge hat hierauf Herr Professor Löwig in Breslau veranstaltet, eine specielle Analyse der Quelle selbst Hr. Pri- vatdocent Dr. Schwarz. Dieselbe ergiebt auf 16 Unzen: Chr Nein... 87,913728 ehl. Kal. ........ 0,586214 Chl. Cales. .2...2.. 4,235520 Chl:»Maeni 2.2... 2,627712 Jod. Maenar .. 0... 0,044236 Brom. Magn........ 0,229708 Carba Cale mer. 2: 0,336000 Carb. Magn.. ...u... 0,010291 GarbaRem.a 2.5; 0,032870 Sulph:; Caleunae'i\. 0,089088 SEO TIEREN RUE, 0,017433 Die Quelle enthält keine CO,, hat eine Temperatur von + 11° R,, spec. Gewicht bei + 15° R. 1,00685. — Herr Soltmann in Berlin hat die Analysen der bedeutendsten Soo- len zusammengestellt und daraus auf die reelle Berechtigung der Quelle geschlossen. 106 ö Jahres-Bericht Nachdem mit der Quelle auf der v. Bärensprung’schen Kranken- Abtheilung in Berlin sehr gute Resultate erzielt worden waren, glaubte sich der Vortragende zu Versuchen auf der gynäkologischen Klinik um so mehr aufgefordert, als die Soolquellen mit Recht in vielen Frauen- krankheiten gegenwärtig eine ausgebreitete Anwendung erfahren haben. Das Versuchsfeld wurde von vornherein auf die chronisch -entzünd- lichen Processe der Sexualorgane beschränkt. Zu vollständiger Beurthei- lung liegen nunmehr 4 Fälle vor, und zwar: 1) der einer 30jährigen robusten, früher stets gesunden Person, die aus dem 1. puerperium eine oophoritis dextra davongetragen hatte; dieselbe war chronisch geworden und hatte einen derben Ovarial- tumor zurückgelassen, Dieser ist in einer methodischen 6 wöchent- lichen Triokkur mit der Jastrzember Soole vollständig zur Re- sorption gebracht worden; 2) der einer 40jährigen zarten Frau, Mutter mehrerer Kinder, die seit einem Jahre an einer metritis chronica bedeutenden Grades litt. — Dieselbe ist in einer 6 wöchentlichen Trinkkur vollständig her- gestellt worden. 3) der einer 30jährigen Frau, die an einer sehr schmerzhaften In- tumescenz der port. vaginal. litt; da dieselbe von höckeriger Be- schaffenheit war und bei der Exploration leicht blutete, so war die Prognose zweifelhaft. — Nach einer 7 wöchentlichen Kur ist die port. vag. zurückgebildet worden, zugleich ist die Frau von ihren bedeutenden Beschwerden befreit. 4) der einer 36jährigen pastösen Frau mit fahler Hautfarbe, die seit einem vor mehreren Jahren stattgehabten adortus an sehr bedeu- tenden Menorrhagien leidet. Dieselbe bietet eine‘ gestörte Ver- dauung, Leber- und Milztumor; die Nierenfunction ungestört; eine sehr bedeutende Vergrösserung des uierus. Die eingeleitete Kur mit der Jastrzember Quelle (innerlich und später als Sitzbad) musste nach einigen Wochen wegen bedeutender Verschlimmerung aller Beschwerden und Nutzlosigkeit gegen die bestehenden organischen Veränderungen abgebrochen werden. — Andere Fülle, die zu gleicher Zeit behandelt wurden, boten nicht so reine Beobachtungen, wie die mitgetheilten; andere 3 sind noch gegen- wärtig in Behandlung (2 ter. fibros., 1 metr. chron.), — Man sieht, dass die J. Quelle eine starke Heilkraft gegen chronisch-entzündliche Processe der Sexualorgane besitzt, dass sie kein indifferentes Mittel ist (4. Fall), und dass sie, wenn man jetzt schon urtheilen dürfte, nur in den, mit kei- nen tieferen organischen Veränderungen im Unterleibe complieirten, oben angegebenen Leiden mit grossem Nutzen anzuwenden ist, — der Schles. Gesellsch. £. vaterl. Cultur. 107 8te Sitzung am 21. Juni. 1) Herr Dr. Auerbach stellt der Section einen Mann vor, an dem sich alle 3 Formen der von ihm früher als Folgen mechanischer Reizung der Muskeln beschriebenen Erscheinungen hervorrufen lassen, und knüpft daran einen Vortrag über topische Muskelreizung. Der Vortrag ist ab- gedruckt in den Abhandl. der Schles. Ges., Naturw.-mediein. Abtheilung, 1861, Heft II, pag. 291 ff. 2) Herr Privatdocent Dr. Neumann giebt die Fortsetzung seines ' Jahresberichtes (s. Ste Sitzung). I9te Sitzung am 5. Juli. Herr Medieinalrath Professor Dr. Middeldorpf hält einen Vortrag über die percutane Umstechung der Arterien in der Continuität, eine neue Methode der Unterbindung. Abgedruckt in den Abhandl, der Schles. Ges., Naturw.-medicin. Abtheilung, 1861, Heft III, pag. 340. 10te Sitzung am 26. Juli. Herr Professor Dr. Lebert hält einen Vortrag über Hauthörner. Derselbe macht zunächst auf die Ungenauigkeit des Citirens in die- sem Felde der Mediein aufmerksam ; eine genaue Verfolgung der bisher beobachteten Fälle von Hauthörnern hat eine bedeutende Reduction der ‚Zahl derselben ergeben. Der Vortragende unterscheidet die Hauthörner nach ihrer Genese in solche, die aus Follikeln sich entwickeln, und in solche, die nur eine Wucherung des Papillarkörpers sind. Er bespricht sodann die bisherigen Ergebnisse der chemischen Analyse, woraus das Vorhandensein von Leuein- und Hippursäure in den Hauthörnern aus der Analogie anderer Hornbildungen der Haut wahrscheinlich wird, und geht näher auf die Resultate ein, welche ihm die mikroskopische Untersuchung ergeben hat. Das Vorhandensein der Hauthörner wird als keineswegs so einfach und unschädlich für deren Besitzer dargestellt und auf den Zusammenhang mit Cancroiden, sowie die Uebergänge zwischen beiden hingewiesen. Einer genauen Statistik der Hauthörner, wonach 43 an Kopf und Stirn, 17 am Gesicht, 8 an den oberen Extremitäten, 9 am Stamme, 11 an den unteren Extremitäten, 7 an den Genitalien beobach- tet worden sind, folgt die Besprechung der Therapie, wobei der Vortra- gende die Nothwendigkeit einer tiefen Exstirpation hervorhebt. llte Sitzung am 13. September. Der Secretair liest einen Bericht des Herrn Kreisphysikus Dr. Bunke aus Oels über einen Blitzschlag in Schmollen und die da- 108 Jahres-Bericht durch hervorgebrachten Verletzungen vor, aus welchem wir Folgendes hervorheben: ; Von 5 Personen, welche während eines Gewitters mit Schlossenfall sich an den Bockstuhl einer Windmüble geflüchtet hatten, und welche dieht bei einander standen, wurden 2 vom Blitze getroffen und stark be- schädigt. Der Blitz hatte in die Windmühle eingeschlagen, war durch dieselbe und dann in der Nähe von den beiden beschädigten Personen in die Erde gefahren. Dieselben waren scheintodt in stehender, etwas zurückgebeugter Lage gefunden worden. Die Besichtigung durch den Herrn Berichterstatter erfolgte %, Stunden nachher. An der einen Per- son, einem 17jährigen Mädchen, waren die Kleider theils durch Brand, theils durch die Gewalt des Blitzstrahles durchlöchert, ein grosser Theil des Gesichtes und Leibes war verbrannt, theils mit abgelöster Epidermis, theils mit förmlich gerösteter Haut. Auch die Haare der einen Seite waren abgesengt, Lähmungen nicht da; sie konnte. 4 Tage lang nicht hören, noch sprechen, hatte aber die Augen geöffnet; gleichwohl schien sie bewusstlos zu sein. Später klagte sie über heftige reissende Schmer- zen besonders im Kopf, in den Zehen und Fingerspitzen, welche etwa 4 Wochen lang dauerten. — Bei der zweiten Person, einer 40 jährigen Dienstmagd, waren die Kleider gleichfalls durchlöchert,. und die Haut an Rücken und Gesäss vollkommen abgelöst; sie hatte bedeutende Schmer- zen in diesen Theilen; sonst war keine Störung, weder psychische noch somatische, vorhanden. Die übrigen 3 Personen unverletzt. 12te Sitzung am 20. September. Herr Sanitätsrath Dr. Viol hält einen Vortrag über die ge- genwärtige epidemische Verbreitung des Augencatarrhs, in welchem derselbe zunächst die verschiedenen Uebergänge des Catarrhs zu höheren und gefährlicheren Formen, der Blennorrhöe, der Diphtheri- tis und der granulösen oder trachomatösen (ägyptischen) Augenentzün- dung auseinandersetzt. In dem gegenwärtigen Catarrh, welcher schon im Frühjahr zuerst epidemisch aufgetreten sei, walte im Ganzen eine milde Form vor, die der Vortragende genau schildert, welche indess bei unzweckmässiger Behandlung oder Vernachlässigung in schlimme For- men jederzeit übergehen könne. Eine grosse Ansteckungsfähigkeit sei bei diesem Catarrh entschieden vorhanden, so dass namentlich für Schulen und geschlossene Lokale mit vielen Menschen die grösste Vorsicht und Reinlichkeit empfohlen werden müsse. Der Vortra- gende belegt dies durch Erfahrungen, die er vor mehreren Jahren in den oberschlesischen Typhuswaisenhäusern in eclatanter Weise gemacht hat, sowie auch durch Angaben über hiesige Wohlthätigkeitsanstalten. Die Behandlung müsse theils eine prophylaktische sein, indem man für der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 109 _ gute Luft sorgen, Staub und Unreinlichkeiten ete. abhalten, sowie erkrankteIndividuen von den gesunden soforttrennen müsse, ‚ theils eine directe, welche sich dann nach dem Stadium und dem Grade der Krankheit zu richten habe und natürlich die verschiedensten Behand- | lungsweisen erfordere. 13te Sitzung am 4. October. Herr Privatdocent Dr. Lewald trägt vor: Untersuchungen über die Ausscheidung von Arzneimitteln aus dem Organismus, inbesondere über ‚ die der mineralischen und vegetabilischen Adstringentien durch die Nie- ren und ihren Einfluss auf die Thätigkeit derselben. Abgedruckt in den ‚ Abhandlungen der Schles. Gesellsch., Abtheilung für Naturwissenschaften und Mediein, 1861, Heft III, pag. 236 ff. l14te Sitzung am 18. October. 1) Herr Dr. Zülzer un ein Kind mit bedeutenden Missbil- dungen der Extremitäten. 2) Herr Dr. Berliner theilt seine Erfahrungen über Framboisia im ostindischen Archipel mit, welche sich etwa in folgende Sätze zusammen- fassen lassen: 1) Die Framboisia besteht in einer Entzündung der Haut, welche Ex- sudate von anfangs seröser, später eiteriger Natur setzt und mit einer Hypertrophie der Papillen verbunden ist. Durch Eintrock- nen der Exsudate und darunter entstehende neue Nachschübe werden Hypertrophien oder Zerstörungen der Haut hervorgebracht, welche sehr schmerzhaft verlaufen und schwer heilen, 2) Die Krankheit kann alle Regionen der Körperoberfläche befallen, kommt aber als secundäre Form besonders an Hand- und Fusstel- ler vor. Man unterscheidet als secundäre Formen den Blah und Bubul. 3) Die Framboisia kommt a acnlich in der heissen Zone vor.. Sie ist hereditär und scheint ansteckend zu sein; oft ist sie epide- misch; ihr Ausbruch wird begünstigt durch den Genuss der Frucht von Durio Zibethinus. Sie kommt fast ausschliesslich bei Eingebo- renen vor. 4) Die Framboisia kann acut und sch verlaufen; meist ist ein Mittel zwischen beiden Formen, und sie dauert etwa 8 bis 12 Monate. '5) Die Krankheit kann ohne Behandlung heilen; abgekürzt wird sie ‚durch Cuprum sulphuricum: innerlich und äusserlich, en By- . drargyrum und Jod. un .6) Die Krankheit. hat ganz entschieden nichts mit Syphilis gemein; *- 110 Jahres-Bericht l5te Sitzung am 1. November. Herr Dr. Köbner hält einen Vortrag über syphilitisches Virus. Ab- gedruckt in den Abhandlungen der Schles. Gesellsch., Abtheilung für Naturwissensch. und Med., 1862, Heft 1. l6te Sitzung am 22. November. Herr Dr. Zülzer bespricht die Resultate, welche bisher die Laryn- soskopie geliefert hat; er zeigt zuerst mehrere nach seinen Angaben ge- fertigte Kehlkopfspiegel aus einer Silberlegirung, die sich durch Wohlfeil- heit und vollkommenere Reflexion des Lichtes auszeichnen; ferner meh- rere Instrumente zum Aetzen der tieferen Schlund- und Kehlkopfregionen. Der Vortragende bespricht hierauf die verschiedenen Erkrankungen dieser Regionen, soweit sie ihm selbst «n praxi vorgekommen sind, und setzt die Verschiedenheit der Befunde, sowie die beachtenswerthesten Abnormitäten bei den verschiedenen Krankheiten auseinander. Dieselben beziehen sich namentlich auf die Abnormitäten der Lage, der Farbe und der Beweg- lichkeit der Kehlkopfsorgane. Darauf spricht Herr Privatdocent Dr. Freund über retroflexio uteri, theils mit Bezug auf anatomische Untersuchungen, theils gestützt auf kli- nische Beobachtungen. Er hebt die Störungen hervor, welche durch die Anlöthungen des Uterus mittelst Binde- und Narbengewebes an seine Nachbarorgane, die Blase, das Rectum und namentlich die Ureteren ge- setzt werden, und zeigt die Uebereinstimmung der aus dem anatomischen Befunde zu erwartenden Functionsstörungen mit den beobachteten Krank- keitssymptomen. Er bespricht darauf kurz die Diagnose, bei welcher Ge- legenheit er die Valleix’sche Sonde empfiehlt, und geht dann genauer auf die lokale und allgemeine Therapie der retroflexio uteri ein, welche in höheren Graden ein grosses Gefolge von lästigen und tief eingreifenden Alterationen nach sich zieht. 17te Sitzung am 6. December. Vortrag des Herrn Privatdocenten Dr. Klopsch über die idiopa- thische Lähmung der unteren Extremitäten. (Fortsetzung folgt.) 18te Sitzung am 18. December. Herr Kreisphysikus Dr. Voltolini bespricht und demonstrirt an sich selbst ein neues Instrument zum Fassen und Vorwärtsneigen des bei der Laryngoskopie oft hinderlichen Kehldeckels, welches ohne Unbequemlich- keit für den Patienten angewendet werden kann, wenn man die unempfind- lichen Stellen des Kehldeckels zur Application des Instrumentes wählt. Darauf trägt Herr Sanitätsrath Dr. Grätzer seinen Jahresbericht über die Armen-Krankenpflege in Breslau im Jahre 1860 vor; die Resul- tate jenes Jahres sind im Allgemeinen günstig, so dass 1064 mehr Ge- er => kös:- ” der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 111 burten als Todesfälle in unserer Stadt vorgekommen sind. (Der Bericht _ wird alsbald ausführlich in dem ersten medie. Hefte der Abhandlungen der Schles. Gesellsch. pro 1862 erscheinen.) Herr Privatdocent Dr. Förster spricht darauf über das Sehen bei beginnender Amaurose, namentlich in Bezug auf den Raumsinn, demnächst in Hinsicht auf Lichtsinn und Farbensinn. Er unterscheidet in der Ab- nahme der Fähigkeit räumlicher Wahrnehmung dreierlei Formen, nämlich 1) eine von der Peripherie her eintretende zonenförmige, 2) eine insel- _ förmige, 3) eine sectorenförmige Verdunkelung des Gesichtsfeldes. Er nimmt diese 3 Formen nach den verschiedenen Krankheiten durch, in denen sie auftreten, und für die sie zum Theil charakteristisch und daher diagnostisch und prognostisch wichtig sind. Beim Lichtsinne erwähnt er Fälle, die einen direeten Gegensatz zu den früher von ihm vielfach unter- suchten Hemeralopischen bilden, bei welchen nämlich in hellem Lichte oder Sonnenscheine bedeutend schlechter gesehen wird, als bei mattem Lichte oder in der Dämmerung. EN, | ar | | | | | Me m un a — a mn mu mm en IV. Bericht der Öbst- und Kartenbau-Section für das Jahr 1861, abgestattet vom | Director Wimmer, zeitigem Secretair der Section. Die Section hat im Jahre 1861 neun Versammlungen gehalten. Nur in ı zweien derselben wurden Vorträge gehalten; am 23. Januar hielt Herr Kunstgärtner Guillemain einen Vortrag ‚über Bepflanzung der Rabat- ten“, und Herr Obergärtner Rehmann am 8. März „über einige neu eingeführte, von ihm kultivirte Pflanzen“, worin sich derselbe namentlich über Rhododendrum Falconeri superbum, ciliatum superbum, Eduardi, Aralia arborea, crassifolia, Scheffleri, insignis, papyracea, Sieboldi, Rhopala Jenghei und corcovadensis verbreitete. — In den übrigen Versammlungen wurden die Angelegenheiten, welche sich auf die Vertheilung und Verbreitung von Obstsorten und Gemüsen, sowie auf die Verwaltung des von ihr gemie- theten Gartens bezogen, verhandelt. Eine Ausstellung ist im Jahre 1861 nicht veranstaltet worden, da es sich gezeigt hat, dass das hiesige Publikum für dieselben zu wenig empfänglich ist, wenn sie ihm in zu kurzen Zwischenräumen geboten wer- den. Doch wurde in den letzten Monaten eine Ausstellung für das Jahr | 1862 vorbereitet und deshalb mit dem hiesigen Central -Gärtner-Verein | über dessen Betheiligung bei derselben unterhandelt. Die unentgeltliche Vertheilung von Obst-Edelreisern und Gemüse- und Blumen-Sämereien an die Mitglieder der Section hierorts und in der \ Provinz hat auch in diesem Jahre, wie in den früheren stattgefunden, worüber die angeschlossenen Berichte das Nähere ergeben. Auch dies- | mal ist ein Theil der Reiser sowie der Sämereien theils von Mitgliedern der Section ofierirt, theils aus dem Sections-Garten entnommen worden. 8 114 Jahres-B ericht Nach dem am 11. Februar erfolgten Ableben des Maurermeister ä Dobe, welcher in letzter Zeit mit grosser Theilnahme für den Garten gewirkt hatte, wurde der Universitäts-Seeretair Nadbyl aufgefordert, an dessen Stelle in die Garten-Commission einzutreten, und hat derselbe seit- dem die Beaufsichtigung der Gartenarbeiten mit grosser Sorgfalt geleitet Am 26. April erklärte Turnlehrer Rödelius seinen Austritt aus der Gar- a ten-Commission. In der Jahres-Schlusssitzung wurde nach Vortrag des Secretairs auf Grund der gemachten Erfahrungen beschlossen, fortan die | Garten-Commission nur aus 5 Mitgliedern inel. des Secretairs bestehen zu 4 lassen, da eine grössere Anzahl die Geschäftsführung erschwere und die Thätigkeit zersplittere. Es wurden zu Mitgliedern der Garten-Commission gewählt die Herren Inkermann und Nadbyl. In derselben Sitzung wurde auch der bisherige Secretair wiederge- wählt und erklärte sich zur Fortführung dieses Amtes bereit, — In der- selben Sitzung wurde an die Stelle des ausscheidenden Stadrath Tre- wendt Professor F. Cohn zum Mitgliede der Promenaden - Deputation E gewählt. Der bisherige Gärtner Wende, welcher für den Sectionsgarten im Jahre 1859 angenommen worden war, musste im October entlassen wer- den, weil er zur Ableistung seiner Militair-Dienstpilicht einberufen wurde. An seine Stelle ist ein vom Garten-Inspector Lukas in Reutlingen empfohlener junger Mann, Namens Joseph Jettinger, getreten, welcher mit dem 4. November hier eingetroffen ist. Demselben ist eine Instruc- tion für seinen Dienst übergeben worden. er Für den Garten ist auch im Jahre 1861 von Einem Hohen Ministe- rium für landwirthschaftliche Angelegenheiten eine Subvention von 150 Thlr. gnädigst bewilligt worden, und ist es durch diese Subvention nebst dem Zuschuss aus der Sections-Casse und den Einnahmen aus dem Garten möglich geworden, die Arbeiten in demselben fortzusetzen, die noch unbe- arbeiteten Stellen zu rayolen, die Veredelungen zu erweitern und neue Wildlinge — namentlich Birnen — anzuziehen, überhaupt ihn der Wirk- samkeit näher zu führen. Die Garten-Commission hat sich überzeugen müssen, dass die früher gehegte Ansicht, Sortenbäume zu etabliren, hier gar nicht oder nur in sehr beschränktem Maasse durchführbar ist: sie glaubte daher neben dem Bestreben, die Sorten in Pyramidenbäumchen zu halten, ihr Hauptaugenmerk darauf richten zu müssen, die Sorten in jungen Bäumchen, Copulanten, zu verbreiten. So ist denn auch am Schlusse dieses Jahres ein Verzeichniss der abzugebenden Sorten — die Mitglieder der Section erhalten dieselben zu einem sehr billigen Preise _ gedruckt und vertheilt worden. E ! Fr Das Inventar des Gartens betrug am Schlusse des Jahres 3382 Obst- stämmehen im Werthe von 320 Thlr., Sträucher und Pflanzen im Werthe von 35 Thlr., Geräthschaften und Werkzeuge im Werthe von 100 Thlr, der Schles. Gesellsch. f, vaterl. Cultur. 115 Die Einnahme des Gartens betrug im Jahre 1861: a) für Glashaus- erzeugnisse und Topfpflanzen 10 Thlr. 22 Ser. 6 Pf.; b) für Gemüse 44 Thlr. 11 Sor. 5 Pf.; e) für Schnittblumen und Kräuter 19 Thlr. 17 Sgr.; d) für Wein, Beeren- und Baum-Obst 21 Thlr. 26 Sgr. 3 Pf.,; e) für Obstsämlinge, Copulenten und Weinsenker 67 Thlr. 13 Sgr. 6 Pf.; f) für Ueberwinterung im Glashause 22 Thlr. 25 Ser. 6 Pf.; g) für Reste aus den Vorjahren 16 Thlr. 20 Sgr.,; h) für Vorschüsse 30 Thlr,; i) für Cassa-Bestand aus 1360 19 Thlr. 12 Sgr. 8 Pf. — Die Ausgabe: a) für Arbeitslöhne 51 Thlr. 19 Sgr. 6 Pf.; b) für Dünger 8 Thlr. 2 Sgr. 6 Pf.; c) für Utensilien und Geräthe 43 Thlr. 23 Sgr. 10 Pf.; d) für Sämereien und Pflanzen 30 Thlr.; e) für Reparatur am Glashaus 5 Sgr. 3 Pf.; f) für Heizung und Beleuchtung 23 Thlr. 1 Sgr. 2 Pf.; g) für Extraordi- naria 16 Thir, 23 Ser. 7 Pf.; h) für Rückzahlung der Vorschüsse und Zahlung des Bestandes aus 1860 49 Thlr. 12 Sgr. 8 Pf.; i) für Saldo- Uebertrag auf 1862 30 Thlr. 4 Pf. — Beides in Summa 252 Thlr. 28 Ser. 10 Pf. Ausserdem waren für den Garten erforderlich: 100 Thlr. Miethsbetrag, 144 Thlr. Besoldung des Gärtners, 96 Thlr. für den stän- digen Gartenarbeiter, in Summa 330 Thlr., welche durch die Subvention Eines Hohen Ministerii für landw. Angel., durch die besouders für den Garten gewährten Beiträge einer Anzahl Mitglieder und durch Beitrag aus der Sections-Casse gedeckt wurden. Die ungünstige Frühjahrs-Witterung in diesem Jahre, die bis über die Mitte des Mai eine sehr niedrige Temperatur erhielt, ist sowohl den Veredelungen, als auch für die Erträge aus dem Garten sehr nachtheilig gewesen; unter günstigeren Verhältnissen versprechen dieselben ein bes- seres Resultat. | Von fünf Mitgliedern sind Berichte über die Erfolge der Obstbaum- veredelung durch von der Section zugesandte Reiser eingegangen, den Herren Friekinger in Laasan, Spalding in Johnsbach, Machalke in Mittel-Thiemendorf bei Lauban, v. Wille in Hochkirch bei Liegnitz, Frau v. Usedom auf Melochwitz; auch hat Hr, Pastor Kochlovius in Schön- wald bei Kreuzburg einen Bericht über die Witterungsverhältnisse und den Einfluss des Raupenfrasses in den Jahren 1860 und 1861 auf die Obst- bäume, sowie ein Verzeichniss seiner Obstsorten mitgetheilt. Berichte über das Resultat des Anbaues der von der Section im Frühjahr 1861 vertheilten Gemüse- und Blumen-Sämereien sind incl. der aus dem Sections-Garten aufgenommenen Ergebnisse 24 eingegangen, von den Herren v. Unverricht (Gärtner Berndt) auf Eisdorf, Freiherr v. Welezek in Laband (Gärtner Nitsche), Stoll in Miechowitz, E. Weinhold in Hirschberg, Hofmann in Salzbrunn, Freund in Opnere dorf, Seholtisek in Gross-Stein, Müller in Althammer, v. Wille auf Hochkirch, Y. Kessel auf Ober- "Glauöhe, Frau v. Usedom auf Meloch- gt ] 16 Jahres-Bericht a 3 witz, Frau v. Schweinitz (Gäriner Olbrich) in Sulau, Peicker in FR Grafenort, v. Thielau auf Lampersdorf, Frau C.-R. Geissler in Peters- waldau, Markscheffel in Leopoldowitz, Meissner in Silberberg, Luckow in Pilgramshain, Friekinger in Laasan, J. Scholz in Wartha, Kloss in Zobten, A. R. Schaafhausen in Heydänichen, Frenzel in Obernigk. Aus diesen Berichten lassen sich etwa folgende Resultate zusamınen- fassen: | Gurken. l. Arnstädter Riesen-Schlangen-G., ist auf gedüngtem Boden gut gediehen und hat reichen Ertrag gegeben. 2. Allerfrüheste kleine Treib-G. Wird von 2 Berichterstattern nicht gelobt. 3. Weisse G. von Babylon. Gedeiht gut, aber eiebt mittelimnässi- gen Ertrag. 4. immertragende grünfrüchtige 6. Gut und reichtragend. Frühe Russische G. Gedeihen und Ernteertrag gut. 6. Frühe von T'schermatschan. Zwei Berichte bezeichnen sie als gut, zwei als ziemlich gut. Westindische grüne. Gedeihen und Ertrag sind gut, der Ge- schmack mild und trefflich. 8. Frühe von Babylon. Ist von 4 Berichten als gut bezeichnet. 9. Chinesische volltragende Schlangen-G. Ein Berichterstatter be- zeichnet den Ertrag als reichlich, drei als mittelmässig. Zwiebeln. 1. Neue Reading. Die Urtheile lauten verschieden; zwei verwer- fen sie, Stoll empfiehlt sie sehr. 2. Schalotte von Jersey. Giebt wenig Ertrag, auf Kalkboden ist un . sie gut. Rettig. 1. Chinesischer weisser Winter-R. Ist gut, sehr scharf. 2. ss violetter Winter-R. Wird mässig gross. Bohnen. 1. Willmot’s Zwergbohne. Der Ertrag wird von einem als gering, von einem zweiten als mässig, von fünf als reichlich bezeichnet. 2, Weisse Granat-Busch-B. Zwei bezeichnen den Ertrag als reichlich, einer als mittelmässig. e 3. Neue Pyramiden-Busch-B. Wird wegen des Ertrages sehr empfohlen und ist von einem sehr zarten, vortrefflichen Ge- schmack. - 4. Türkische kurze Stangen-B. Gedeiht gut, und nach 4 Berich- ien von sehr reichem Ertrage. 5. Frühe weissschaalige graue Zwerg-Busch-B. Nur im Sections- garten gezogen; reich tragend und von gutem Geschmack. der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 117 Erbsen. | 1. Kneifel-E., General Windham. Trägt gut; ein Bericht bezeich net sie als sehr süss, Stoll als nicht besonders. 2. Kneifel-E., Dileston’s early prolifigue. Die Berichte sind über den Ertrag nicht übereinstimmend. Stoll bezeichnet sie als nicht von besonderer Güte. 3. Frühe K.-E., Dickson favorite. In hoher Lage mässigen, im S.-Garten reichen Ertrages. Die jungen Erbsen sind sehr gross und dickschalig, aber von recht gutem Geschmack. 4. Kneifel-E., Dunnets first early. Trägt reich und ist von aus- gezeichnetem Geschmack, daher sehr zu empfehlen. 8.-G. 5. Kneifel-E., Veitch’s Vollkommenheit. Nur von mässigem Er- trage. : 6. Frühe Paradies-Mark-E. Wird von einem Bericht sehr empfoh- len; zwei geben den Ertrag als sehr reich, ein dritter als gering an. Dolichos. D. leucospermus. Samen durch Herrn v. Fabian, giebt eme der trefflichsten Suppenbohnen, klein und weiss. 8.-G. Salat. 1. Berliner grosser gelber. Wird empfohlen. 2. Forellen-Vollblut. Ist von harter Textur und verdient nicht den Anbau. Neuer Australischer. Wird nieht empfohlen. Früher Westindischer. $.-G. Ist eine der besten Sorten. - 5. Gelber Simpson. 8.-G. Geschmack zart, aber lose Köpfe. Salat-Bete, selected dwarf read. Wird von Stoll sehr empfohlen. Gartenkresse, Goldene. Ist nichts als die gewöhnliche Gartenkresse. Kohl. 1. Früher reliance.. Von gutem Ertrage. 2. Wheler’s kaiserlicher. Bildete nach allen Berichten keine Köpfe und ist unbrauchbar. f 3. Brauner sprossender Frühlings-K, S.-G. Ist zu verwerfen. mw 4. Grüner 9 & Wurde von 2 Berichterstat- tern als gut gedeihend geschildert, aber nur zur Fütterung benutzt. 9. Neuer englischer selbstschliessender. Vier Berichte schildern ihn als eine sehr gute und empfehlenswerthe Sorte. Kartofleln. 1. Frühe de Vigny. Trägt ziemlich reich, ist aber nicht als eine gute Sorte zu bezeichnen. 2. Goldenball. Grosse Kırollen. Diese ist als eine der ausge- zeichnetsten Kartoffelsorten sehr zu empfehlen; durchaus mehlig. i18 | - Jahres-Bericht 3. Dalmahoy. Grosse Knollen; kommt der vorigen an Werth beinahe gleich. : 4. Circassienne. Mässige Knollen; kommt den beiden vorigen nahe. 5. Neue Japanische Riesen-K. Trägt reich. | Auch im 8.-G. hat sich die Erfahrung bewährt, dass im leichten, etwas sandigen Boden die Knollen gesünder bleiben und viel schmack- hafter werden. Diesen Notizen lassen wir noch die von dem Herrn Univer- sitäts-Secretair Nadbyl aufgezeichneten Beobachtungen über die im S8.- Garten gezogenen Gemüse folgen: Ueber die im Garten der Section für Obst- und Gartencultur im Jahre 1861 4 eultivirten Kartoffelsorten. Die Cultivirung von Kartoffeln in eingeschlossenen Gartenräumen, die gewöhnlich einen von Humus übersättigten Erdboden haben, wird niemals zu einem ganz maassgebenden Resultate über die Qualität der ° Knollen führen; es können indess doch die bei dieser Cultur gemachten Erfahrungen zu Schlussfolgerungen führen, welche ein Urtheil über die Brauchbarkeit der einzelnen Kartoffel-Sorten gestatten. Um dieses Urtheil gesicherter zu vermitteln, habe ich in Ich Sec- tionsgarten den am meisten freien Platz zum Anbau der erhältenen neuen Sorte gewählt, bei den etwa 24 Fuss langen 4 Beeten von Nordwesten nach Südosten bis zur Hälfte ihrer Länge die Gartenerde in Tiefe von 3 Spatenstich entfernen, dann Sand auffahren und diesen mit dem Garten- boden durch Untergraben gut vermischen lassen, dagegen den Gartenbo- den der übrigen 12 Fuss unverändert gelassen. Letztere enthielten daher einen sehr nahrhaften, 1860 gut gedüngten, schwarzen, sandigen Garten- boden, während der wie angegeben präparirte Theil eine hellgräue Farbe hatte, da er zur Hälfte sandig war. Diese Procedur war hauptsächlich auch deshalb unternommen worden, um zu prüfen, wie sich die etwa ein- tretende Kartoffelkrankheit in den verschiedenen Bodenarten au densel- ben Kartoffelsorten herausstellen würde. Daher sind denn auch ganz die- ‘selben Sorten sowohl in den zubereiteten, als in den gewöhnlichen Erd- boden ausgepflanzt worden. Es waren dies folgende Sorten: Dalmahoy, Goldenball, Frühe von Vigny, Circassienne, Bisquit, neue Japanesische Riesenkartoffel, blaue 6-Wochen-Kartoffel, frü- heste runde ohne Blüthe, grosse neue runde von Algier. | Dieselben wurden Mitte April ausgepflanzt, gingen aber wegen der Kälte im Mai erst gegen Ende dieses Monats auf. An den Stauden war weder rücksichtlich der Höhe, noch der Stärke der Stengel ein Unter- — der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 119 schied, nur glaube ich bemerkt zu haben, dass die Farbe des Grüns bei den Stauden auf gewöhnlichem Boden dunkler war. Bis Ende August war das Kartoffelkraut grün, das darauf im September folgende nasse Wetter tödtete aber dasselbe bei allen Sorten zu gleicher Zeit. — Im October liess ich die Kartoffeln ernten, und es wurde nachstehendes Re- sultat erzielt: | I. Dalmahoy, ist eine in Schottland häufig gezogene Kartoffel- sorte, die dort der Krankheit nieht unterliegen soll. Sie ist sehr gross, mit rauher Schale, innerlich weisslich-gelb. Sowohl auf dem Sandboden als auf dem Gartenboden war der Ertrag ein sehr reichlicher, 10—13 grosse, 6—8 kleine Knollen; auf ersterem waren alle Knollen gesund, dagegen in letzterem etwa 4 krank. Die Schale der Kartoffel war beim Sieden nicht aufgeplatzt, das Innere, wie dies bei allen in städtischen "Gärten gezogenen Kartoffeln der Fall ist, wässerig, zeigte aber einen bis zu ; Zoll nach innen reichenden mehlreichen Rand. Hieraus kann ge schlossen werden, dass diese Sorte, im freien Felde angebaut, zu den mehlreichsten gehören wird. Sie dürfte daher zunächst unter die Sec- tionsmitglieder zur weiteren Prüfung, als voraussichtlich gute Sorte, zu vertheilen sein, zumal sie wegen ihrer Grösse für die Wirthschaft sehr nützlich werden müsste. 2. Goldenball, eine mehr als mittelgrosse, runde, rauhschalige Kartoffel, welche sehr reichlich trägt, — 20 bis 33 Stück, dicht am Stock. Der Ertrag auf beiden Bodenarten war gleich, und keine von der Krankheit befallen. Das Innere der Kartoffel ist weiss; gesiedet war sie zwar auch wässerig, aber jedenfalls bei Cultur im Felde noch mehlrei- cher, als die Dalmahoy; der Geschmack ist sehr gut. Daher ist diese Sorte als Tischkartoffel und, wenn sie sich wirklich als der Krankheit widerstehend zeigen sollte, überhaupt zu empfehlen, zunächst aber behufs weiterer Prüfung an die Mitglieder zu vertheilen. 3. Frühe von Vigny, eine ziemlich grosse, glattschalige, platte Nierenkartoffel von gutem Ertrage (10—20 Stück, am Stock 32). Die Knollen breiten sich weit um den Stock herum aus. Sie waren in bei- den Bodenarten gesund, sind aber, wie dies bei den meisten frühen Nie- renkartofieln der Fall ist, wässerig, jedoch von ziemlichem Geschmack. Als frühe Wirthschaftskartoffel dürfte sie brauchbar sein, namentlich wenn sich ihre guie Tragbarkeit bewährt, daher sind noch durch Vertheilung Versuche zu machen. 4. Circassienne. Eine frühe Kartoffel, von welcher zwei Arten in Cul- tur waren, eine, und zwar die richtige dieses Namens mit rauher Schale und ' weissem Fleisch; die andere mit etwas weniger rauher Schale und gelbem Fleisch. Die richtige ist eine schöne Mittelkartoffel von gutem Geschmack, und jedenfalls, auf freiem Felde gebaut, mehlreich. Die zweite Sorte ist etwas ‚kleiner, aber von gleicher Güte. Eıstere lieferte 16—20 Stück am Stock 120 Jahres-Bericht und letztere 8—15 Stück. Auf sandigem Boden waren alle Knollen ge- 4 sund, im Gartenboden 4 krank. 5. Bisquitkartoffel. Schon seit einigen Jahren bekannt und i durch mich auch um Breslau herum verbreitet. Es ist dies eine der besten Tischkartoffeln wegen des angenehmen milden Geschmacks. Sie ist rund, fast rauhschalig, mehr als mittelgross, von weissem Fleisch, gutem Ertrage (9 —17 Stück) und sehr mehlreich, obgleich die im Gar- ten gebauten auch wässerig waren. Auf dem Sande waren alle gesund, auf dem Gartenboden einige krank, Sie gehört zu den Frühkartoffeln. 6. Neue Japanische Riesenkartoffel. Eine neue, ziemlich grosse, runde Kartoffel, welche als Wirthschaftskartoffel vielleicht zu brauchen sein wird. Sie lieferte auf beiden Bodenarten einen geringen Ertrag, und die im gewöhnlichen Gartenboden erbauten waren fast alle krank. Sie gehört zu den späteren Kartoffeln, daher auch mehr kranke Knollen. | 7. Blaue 6-Wochen-Kartoffel. Ist eine frühe, mitteleroe | Kartoffel von bedeutendem Ertrage (15 — 35 Stück dicht am Wurzelstock haltend). Auf Sandboden gesund, im Gartenboden einige kranke. 8. Früheste runde ohne Blüthe. Eine kleine Mittelkartoffel mit rauher Schale, von ziemlichem Ertrage (15 — 20). Sie blieben in ° beiden Bodenarten gesund. 9. Grosse neue runde von Algier. Mittelgross, rauhschalig. War nicht ertragreich (3>—5 Stück) und auf dem Gartenboden fast alle krank, auf dem Sandboden einige. Wenn sie sich anderwärts auch so zeigt, so ist sie nicht zu empfehlen. Hiernach würde ich von diesen Sorten der Qualität nach folgende Rangordnung annehmen: Goldenball, Bisquit, Dalmahoy, Circassienne, und der Quantität nach: Dalmahoy, Goldenball, Circassienne, Bisquit, bemerke aber, das mir keineswegs fremd ist, dass im vergangenen Jahre die Kartoffelstaude überall ausnahmsweise viele Knollen angesetzt hat, daher die obige gross erscheinende Zahl derselben für kommende Jahrgänge nicht maassgebend, immerhin aber geeignet ist, über den Ertrag einen vergleichenden Schluss zu ziehen. Er In Bezug auf die Kartoffelkrankheit kann ich hier nicht übergehen, dass auch diesmal wieder die schon früher von mir gemachten und mit- getheilten Erfahrungssätze sich geltend gemacht haben: | 1. Frühkartoffeln und zeitig gelegte spätere Sorten leiden von der Krankheit entweder gar nicht, oder doch in geringerem Grade. 2. Nur troekene Jahrgänge liefern gute Kartoffelernten. Stellt sich das jährlich in den Sommermonaten wiederkehrende Regenwetter vor oder kurz nach der Blüthe der Kartoffelstaude ein, so ist sicher die Kartoffelkrankheit und Missernte in dessen Gefolge; später ein- tretendes Regenwetter übt nur auf die einzelnen noch im Wachsen begriffenen Knollen und das Kartoffelkraut einen verderblichen Ein- der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 121 fluss aus. Am verderblichsten wirkt die grosse Nässe nach grosser Trockenheit auf die Kartoffelstaude und die Knollen. 1% 3. Auf durchlässigem, sandigem und hoch gelegenem Boden ist die Kartoffelstaude und Knolle der Krankheit weniger ausgesetzt, als auf fettem und humusreichem Boden; daher ist das Legen der Kar- toffel in frischen Dünger jedenfalls zu unterlassen. 4. Nicht alle Kartoffelsorten sind der Krankheit in gleichem Grade unterworfen, es findet sich aber bis jetzt keine, wage davon ganz frei geblieben wäre. 5. Aus Samen gezogene Kartoffeln sind der Krankheit ebenso, wie die aus Knollen gezogenen unterworfen. Drei Faetoren bedingen also den Eintritt der Kartoffelkrankheit in grösserem oder geringerem Grade: das Wetter, der Boden und die Kar- toffelsorte; daher sind auch die besten Präservativ-Mittel gegen die Krank- heit, die ein umsichtiger Landwirth beobachten wird: zeitiges Legen, Aussuchen des geeigneten Ackerlandes und Er- mitteln der zuverlässigsten Kartoffelsorte. Alle übrigen angekündigten Mittel sind entweder gar nicht oder nicht 'ım Grossen anwendbar. Bohnen-Sorten. Ostfriesländische Buschbohne, hat ein weisses, längliches Korp, eine mittellange Tasche, trägt reich und ist als Schnitt- und trok- 'kene Bohne eine der besten, weshalb sehr zu empfehlen. Frühe weissschalige graue Zwerg- ohne Faden, hat ein rehgraues, kleines, längliches Korn (ein verschobenes Viereck), die Ta- schen sind nicht lang; diese Sorte ist als eine der frühesten und gute Schnittbohne zu empfehlen. Der Busch bleibt niedrig. Busehbohne, neue Pyramiden-. Weisses Korn von mittlerer Grösse und länglich, trägt nicht besonders reich und macht lange Scho- ten, ist beachtenswerth als Schnittbohne. Buschbohne, Flageolet vert, mit grünlich-weissem, länglich- plattem Korn. Der Busch ist niedrig; eine der frühesten Bohnen, welche als Schnittbohne sehr gut und auch als Trockenbohne zu empfehlen ist. Buschbohne, Canadische frühe, mit mittelgrossem, länglich- rundem, rosa-grauem Korn, ist sehr früh, trägt sehr reich und ist eine ‚gute enilibohne; Buschbohne, weisse Granat-. Weisses, eirundes, mittelgrosses Korn. Ist als Trockenbohne vorzüglich. Weisse Flageolet. Länglich-plattes, grosses Korn; die bekann- teste beste Schnittbohne, Zwergbohne, frühe kleine schwarze. Schwarzes Korn, läng- lieh-rund, mittelgross, trägt reich, sehr früh, und zum Treiben geeignet. 123 De - Jahres-Bericht Busehbohne, frühe, Wilmot’s Zwerg-. Kleines rosa-graues, platt-rundes Korn, trägt reich, hat kleine Taschen, ist eine sehr zeitige Schnittbohne. Dolichos Leucospermum, ist in diesem Jahre reif geworden und hat ein ganz kleines, längliches, fahlgelbes Korn. Werth noch nicht ge- prüft. 3 Flageolet, Buschbohne, safrangelbes Korn, gross, platt, ist eine vorzugsweise gute Schnittbohne mit grossen Taschen. Berliner Buschbohne, längliches, mittelgrosses, violet und weiss gestreiftes Korn. Ist eine gute Schnittbohne. Stangenbohne, neue Riesen-Zucker-Brech-, mit wachsgel- ber, langer, breiter Tasche und weissem, platt-länglichem Korn. Trägt nicht reich, ist aber eine sehr gute Schnitt- und Salatbohne. Erbsen. Kneifel, Dunnet’s first early, ganz neu, sehr ertragreich, hat kleine Schoten, aber ein sehr süsses Korn, gekocht sehr gut. Ist eine der frühesten. Kneifel-, Diekson’s favorite, en Schote und Korn, sehr süss und gekocht ausgezeichnet, ‚Kneifel-, Veitch’s Vollkommene, 13 Fuss hoch, kleine Schote mit wenig Korn ° Dileston’s early prolifie, sehr süss, kleine Schote, die früheste | aller Erbsen, hört aber zeitig zu tragen auf. Eignet sich sehr für das Frühbeet und ist ziemlich ertragreich. Für den Anbau in Gärten zu ° empfehlen, ist aber, als sehr früh, von den Sperlingen sehr heimgesucht. Markerbse, frühe Paradies, hat schöne, grosse, grüne Schoten, mit grossem (6—8) Korn. Diese sind auch ausgewachsen noch süss und gekocht sehr mehlreich. General Windham, reift spät, Schote gross, Korn desgl. und runzelig, sehr süss und empfehlenswerth. Schalerbse, frühe, Harrisson’s Vollkommene, ist früh, hat ein grosses Korn, aber wenige in der Schote, welche breit ist; gekocht mehlreich und süss. Gurken. Gurke aus der Mongolei. Im Frühbeet hat sie reichlichen Er- trag geliefert. Die Frucht ist blassgrün mit schwarzen Stacheln, mittel- lang. Fleisch von angenehmem Geschmack und saftig. Die Früchte geben viel aus, weil das Kernhaus klein ist. Diese Gurke ist sehr zu empfehlen. Die Gurke von Babylon, und zwar die weisse — grünlich-weiss — ist mehr zu empfehlen, als die grüne — dunkelgrün —. Beides sind’ Treibgurken. a der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 193 Bericht über die Vertheilung von Obstreisern im Jahre 1861. Zur Vertheilung kamen an 23 Mitglieder: von Aepfel. | Birnen. - | Summa. \ schen. men. Herrn Riedel. .:...... . 14 22 24 18 78 = oppaldne ....:.., 31 24 _ 5 60 e ,.Wille.....;. 111 77 55 14 257 »e Cochiovius.....:. 25 11 _ _ 36 >, Machalke..... i 23 35 2 2 62 Vereinsgarten.... .-.... 50 — _ 90 Herrn Rödelius......... 95 154 103 166 518 angekauft durch Hrn.Müller = nn 45 — 45 Summa 349 | 323 | 229 | 205 | 1106 Sortenzahl | 71 | 70 | 28 | 32 | 201 Bericht über die Vertheilung von Nutz- und Zierpflanzen - Samen im Frühjahr 1861 von Kaufmann E. H. Müller, z. 7. stellvertretendem Secretair. Nach Beschluss wurden auch in diesem Jahre behufs Versuchs - An- baues und weiterer Verbreitung durch den Berichterstatter bezogen: Von den Herren 1) F. A. Haage jun., 2) Ernst Benary, 3) Carl Appe- lius (F. Jühlke), 4) Christoph Lorenz, 5) Gebr. Villain in Erfurt, 6) Carl Ebritsch in Arnstadt, und 7) Gustav Teicher in Striegau, Er amunmen...... 24. sent 53 Sorten Nutz-, 83 S. Zierpflanzensamen. Hierzu lieferten die vorstehend sub 2—7 genannten Herren, sowie die geehrten Mitglieder, HH. Guts- bes. Baier, Lehrer Igel, Kreis- ‚Schulen-Insp. u. ErzpriesterKurtz, Kunst- u. Handelsgärtner Riedel, Gutsbes. Werther, Landschafts- Latus 53 Sorten Nutz-, 838. Zierpflanzensamen. 124 - Jahres-Bericht Transport 53 Sorten Hate, 338. Zierpflanzensamen. E | Director v. Wille geneigtest und 3 Referent zusammen ......... 4 3 43 PR gratis ein, für welche werthvolle Geschenke denselben hiermit der verbindlichste Dank ausgespro- chen wird. Aus dem Versuchsgarten konn- | ten ebenfalls noch .....:..... 3 = 20 5 Ss mithin im Ganzen für oben ange- gebenen Zweck 0... 99 Sorten Nutz-, 146. Zierpflanzensamen zur Verwendung gelangen. Die Vertheilung, resp. Versendung derselben erfolgte in der ersten Hälfte des April, und zwar von ersteren in 974, von letzteren in 1237 für kleinere Anbau- und Cultur-Versuche genisenden Portionen an den Versuchsgarten der Section und resp. 72 und 59 Mitglieder, unter Bei- gabe des Schema für die uns gefällig über die Erfolge der geschehenen Aussaaten zu ertheilenden Berichte. Laut der der Section gelegten speciellen Berechnung beinahe die, dafür aufgewendeten Mittel: für die bezogenen Sämereien................. 36 Thlr. 15 Sgr. 6 Pf. „. Emballage, Porto“und Fraeht 7... >... 5 Se „ Verpackungs- und Versendungs-Speesen .... 8 „, 26 ee Zusammen 50 Thlr. 19 Sgr. 3 Pf. Ausser den im April a. c. vertheilten Sämereien hatte die Sectiond der Güte des verehrten Präses der Schlesischen Gesellschaft, Herrn Geh. Medieinal-Rathes Prof. Dr. Göppert, eine Partie ökonomischer Sämereien in 27 Sorten, welche derselbe aus einer von der Preussischen Expedition bei dem hohen landwirthschaftlichen Ministerium aus Japan eingegangenen Sendung empfangen hatte, zu verdanken, und konnten dieselben in 178 Portionen noch gegen Ende Mai a. c. an den Versuchsgarten und 9 Mit- glieder der Section zum Versuchsanbau, vorzüglich zunächst behufs Sa- mengewinn für künftige weitere Prüfung und Verbreitung vertheilt werden. Statistische Notizen Kaufmann E. H. Müller, z. 2. stellvertretendem Secretair. An dem in dieser Section unter Leitung des Referenten bestehenden Lesezirkel waren gegen Zahlung eines Extra-Beitrages im Jahre 1861 betheiligt 69 hiesige Mitglieder, und cursirten unter denselben: | der Schles,. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 125 8 Berichte einiger mit uns durch Schriften-Austauch in Verbin- dung stehender Gesellschaften, 12 deutsche und ausländische, zum ee mit Abbildungen ver- sehene Zeitschriften, und 18 auf Gärtnerei und Obsibau Bezug habende Bücher und Bro- churen. | Der Bibliothek der Schlesischen Gesellschaft, Abtheilung für Obst- und Gartenbau, wurden auch in diesem Jahre durch die Section überwie- sen die in oben erwähntem Lesezirkel in Umlauf gewesenen Schriften, mit Einschluss sehr schätzbarer Geschenke der Herren: Königl. Garten- Inspector Ferd. Jühlke in Erfurt, Hauptmann a. D. v. Koch in Schla- ‚, den (Hannover), des ohnlängst verstorbenen Dr. G. Liegel in Braunau ‚am Inn (Ober-Oesterreich), Königl. Garten-Inspector, Besitzer des pomo- ‚logischen Institutes Ed. Lucas in Reutlingen (Würtemberg), $uperinten- ‚dent Oberdieck in Jeinsen (Hannover). Der Aufzählung dieser Schriften glauben wir uns hier diesmal um so mehr entheben zu dürfen, als beabsichtigt ist, demnächst ein neues Ver- zeichniss der in der Bibliothek der Schlesischen Gesellschaft vorhande- nen, auf Obst- und Gartenbau Bezug habenden Bücher etc, an die Mit- glieder der Section auszugeben. Am 1, Januar 1861 zählte die Section für Obst- und Gartenbau Mitglieder: | Hiesige. Auswärtige. Summa. | | R 124 253 377. Hierzu traten im Laufe des Jahres 1861 2 13 17 | 128 266 394 und schieden dagegen aus................ 10 22 32 wonach pro 1862 verblieben ............. 118 244 . 362 von denen als wirkliche Mitglieder der Schle- | sischen Gesellschaft beitragsfrei sind ..... 29 8 37 zum Versuchsgarten beitrugen ............ 20 83 103 und an dem Lesezirkel betheiligt waren.... 69 — 69, Bestände der Obstbaumschule im Sections-Karten, December 1861. A. Aepfel. = I, Dreijährige Veredelung: | | Zahl der Edelstämme..........222.22202... 564 enthaltend 145 Edelsorten, Latus 564 126 Jahres-Bericht A Transport 564 Il. Zweijährige Veredelung. | Zah] der Edelstämme, ......... 020,2 1340 enthaltend 90 Edelsorten. Be II. Diesjährige Veredelung. Zahl der Rdefiumme, 0.0... .. 920 enthaltend 96 Edelsorten. Summa 2824. Hierbei wird zu Il. bemerkt, dass die Zahl der veredelten Baumstämmchen über 1900 betrug, und dass in Folge des Einflusses der ungünsti- gen Frühjahrs-Witterung kaum die Hälfte ge- wachsen ist, eine Klage, die sich in allen Baum- schulen wiederholt. -B. Birnen. | I. Dreijährige Veredelung. Zahl der Bdelstämnme. 2... mern 39 enthaltend 12 Edelsorten. II. Zweijährige Veredelung. Zahl der: Edelstämme............... ee OR enthaltend 9 Edelsorten. II. Diesjährige Veredelung. Zahl der Edelstämme................. BEIREU ER vr: enthaltend 43 Edelsorten. | Summa 235. Zu Ill. wird bemerkt, dass die Zahl der veredel- ten Stämmchen 214 betrug, also mehr als die Hälfte angewachsen ist. Im August d. J. wurde eine bedeutende Anzahl von Quittenstämmehen oeulirt, wovon das Resultat erst nach Ablauf des Winters angegeben werden kann. C. Kirschen. ) Diesjährige Veredelung. Zahl der Edelstämme..................... 118 enthaltend 36 Edelsorten, | Veredelungen früherer Jahrgänge sind nicht nen- nenswerth. D. Pilaumn.. 0. Davon sind ausser den an den Standbäumen be- findlichen Veredelungen keine vorhanden. E. Pfirsiche. I. Drei- und zweijährige Veredelung. - Zahl der Edelstämme..... a re 160 . enthaltend 42 Edelsorten. der Schles. Gesellsch. £, vaterl. Cultur. 127 II. Diesjährige Veredelung. Diese ist durch Oculation im August d. J. zahlreich erfolgt, das Resultat wird aber erst im kommenden Jahre sich herausstellen. F. Auf Standbäumen sind Veredelungen vorhanden: I), Apfel... 31 Sorten. 2), Birnen. I... 907, 3) Pflaumen. ... 300 „ 6. An Wildlingen ist folgender Bestand: I. Aepfel. a. Nicht angewachsene Wildlinge ......... 1232 Derweialriee. 0... nn a 500 eelhiesjahrige un. nn ee 400 Summa 2132. | Es wird bemerkt, dass im laufenden Monate 52 Schock zweijährige und ältere Wildlinge verkauft werden muss- ten, weil zu deren Unterbringung als Edelstämme im Gar- ten kein Raum ist. li. Birnen. Aygeyahrige. 2.0.00 220 Bieyaluse ..n.....0 Mi ... 600 Summa 820 Il. Pflaumen. Bmenalmser 2... u... unsre. 200 Buesjehrigen. 2... eva. ei eh, 360 Summa 560 IV. Kirschen. Zueyaumge 2.0000 0.00... 420 Diesjalmoe u 0... 000200... 60 Summa 480. V. Pfirsiche. Zweijährige und diesjährige zusammen ...... 150. ae RER | iR a Br Br} N 33 ae NV. Bericht über die | Thätigkeit der historischen Section der Schlesischen Gesell- schaft im Jahre 1861, abgestattet von Prof. Dr. J. Kutzen, zeitigem Secretair der Section. Die während des Jahres 1861 in 7 Sitzungen der historischen Section gehaltenen Vorträge sind bereits oben im allgemeinen Berichte ange- | geben. Da der eine derselben (die Belagerung von Brieg im Jahre 1741, aus dem Tagebuche eines Zeitgenossen mitgetheilt von dem Privatdocen- ten Herrn Dr. Grünhagen) schon in der Zeitschrift des Vereins für Geschichte und Alterthum Schlesiens, Bd. IV, Heft 1 gedruckt vorliegt, und da drei andere gleichfalls im Druck erscheinen (der Vortrag des Herrn ı Oberlehrer Palm über den Aufstand der Breslauer Stadtsoldaten im J. ‚1636 in den Abhandlungen der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, Phi- ı 1os.-historische Abtheilung, 1862, Heft I; — der Vortrag des Privatdo- ı centen Herrn Dr. Grünhagen über die Verhandlungen, betreffend die | Eidesieistung der Breslauer katholischen Geistlichkeit an Friedrich den ı Grossen im J, 1741, in der Zeitschrift des Vereins für Geschichte und | Alterthum Schlesiens, Bd. IV, Heft 2; — der Vortrag des Herrn Gehei- | men Bergrathes Steinbeck über den Minister v. Schlabrendorf als | Theil einer selbstständig erscheinenden Biographie); so werden nur die | übrigen 3 Vorträge ihrem Inhalte nach hier mitgetheilt, nämlich: 1) der Vortrag des Herrn Oberlehrer Dr. Reimann über den Ver- such des französischen Convents, die Vereinigten Staaten in den Krieg mit England zu verwickeln; — 2) der Vortrag des Herrn Oberlehrer und Privatdocenten Dr. Cauer über den grossen Kurfürsten als Beförderer der Wissenschaften und Künste, mit besonderer Beziehung auf das Project der Uni- versal-Universität, — | 9 130 Jahres-Bericht . 3) der Vortrag des Herrn Oberlehrer Dr. Reimann über die erste Präsidentschaft Washington’s. Ad 1. In den Jahren 1793—94 lief die nordamerikanische Union Gefahr, in die europäischen Kriegshändel durch das brüsque Benehmen eines Gesandten der französischen Republik mit verwik- kelt zu werden. Dieser Theil der nordamerikanischen Geschichte war es, den Herr Dr. Reimann in seinem Vortrage entwickelte. An der Spitze der Unionsregierung stand damals noch Washington; die in der vorliegenden Sache wesentlich mitwirkenden Staatsseeretäre (Minister der Präsidialregierung) sind Jefferson (später selbst Präsident) und Hamilton, und als der Anzettler der gesammten Vorgänge tritt der leidenschaftliche Gesandte der französischen Republik, Gen&t, auf die Bühne. Washington, in Einsicht der noch zur Weltmacht nicht ge- kräftigten, mit der inneren Consolidirung hinlänglich beschäftigten Zustände der Vereinigten Staaten, wollte diese vor den heftigen Stössen, welche sie durch eine Betheiligung an den europäischen Vorgängen erleiden konnten, bewahren, ohne Frankreich, dem man von dem Unabhängig- keitskampfe her als Verbündetem Dank schuldig war, vor den Kopf zu stossen und die mit ihm bestehenden Verträge von 1778 zu ee er wollte eine strenge Neutralität für die Vereinigten Staaten festhal- ten und sprach dies in einer Proclamation vom 22. April 1793 aus, ohne doch darin das Wort selbst zu gebrauchen. Als Schwierigkeit bei der Ausführung hiervon trat die Wahl des Verhaltens entgegen, welches man bezüglich der Anerkennung der neuen Republik der Behandlung ihres Gesandten, der Auslegung gewisser, den französischen Schiffen Vorzüge sichernder Vertragspunkte innehalten wollte. Inzwischen traf der neue Gesandte ein und legte die letzteren Punkte faetisch dahin aus, dass er in amerikanischen Häfen Kaperbriefe ausstellte, amerikanische Schiffe kaufte und zu Kaperern einrichtete, durch sie englische Fahrzeuge in den ame- rikanischen Küstengewässern wegnehmen liess u. dergl. Er landete nicht in der Bundes-Hauptstadt, sondern in Süd-Carolina, und nahm reichlich die Ovationen des Volkes entgegen, welches in der jungen „Schwester-Re- publik‘ die spätere Freiheit für Europa und für den Erdkreis erblickte. Gen&t stimmte in diesen Ton ein; er wies darauf hin, dass mit dem Falle der Freiheit in Frankreich auch Nordamerika seine Unabhängigkeit wieder einbüssen werde, und als die Centralregierung gegen sein Gebah- ren bezüglich der Kaperschiffe protestirte, hatte sie einen grossen Theil der öffentlichen Stimmung gegen sich. Die Oppositionspresse verschritt sich so weit, Washington monarchischer Gelüste zu beschuldigen, und man malte ihn ab als König von Nordamerika unter einer Guillotine ste- hend. Genöt ward immer dreister und drohte bereits mit einer Be- rufung an das Volk gegen die Regierung. Vergebens setzte. Hamil- ton ihm auseinander, dass die amerikanische Verfassung. die Auslegung B Fi der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 131 ud Handhabung der internationalen Verträge dem Präsidenten ‘in die Hand lege; Gen&t hatte seine eigenen Begriffe von Volkssouveränetät. Im: Schoosse der Regierung pflog man die ernstesten Berathungen; Ha- " milton rieth eine Veröffentlichung der ganzen Correspondenz mit Ge- net, um dem Volke zu zeigen, was dieser sich erlaubt habe, und nicht ihn und die Opposition allein reden zu lassen. Endlich griff Washing- ton, empört von dem Benehmen des Gesandten, zu dem äussersten Mit- tel, unter Darlegung der Sachlage seine Abberufung zu verlangen. Die- ser Antrag traf, zum Glück für die Vereinigten Staaten, in dem Momente zu Paris ein, als eben die Gironde gestürzt war und deren Nachfolger in der Gewalt gern alle von ihr eingesetzten Beamten, also auch Gen&t, beseitigten, der nun seinerseits es vorzog, unter dem Schirme der von | ihm so heftig befeindeten Regierung in Amerika zu verbleiben, statt nach dem auch sein Haupt bedrohenden blutigen Vaterlande zurückzukehren. a Ad 2. Herr Dr. Cauer stellte jene Seiten des grossen Kurfürsten zusammen, die hinter seinem Heldencharakter in der Erinnerung der Nach- welt mehr zurückgetreten sind, an und für sich aber keinesweges gering- fügig erscheinen. Nach Aufzählung dessen, was Friedrich Wilhelm für die Schulen gethan hat, nach Erwähnung seines Verkehrs mit Gelehr- ten, sowie seiner persönlichen wissenschaftlichen Neigungen, verweilte der Vortragende namentlich länger bei dem von dem schwedischen Reichs- rath Skytte herrührenden Project einer Universal-Universität, die, über alle Unserschiede der Nationalitäten und Confessionen erhaben, ein gros- ser wissenschaftlicher Centralpunkt werden sollte, und zu deren Sitz man Tangermünde ausersehen hatte. Die vom Kurfürsten unterzeichnete Stif- tungsurkunde wurde in ihren Haupttheilen in wörtlicher Uebersetzung mit- getheilt und erläutert, worauf die Umstände erwogen wurden, an denen der ganze Plan, noch ehe er in das Stadium der Ausführung getreten | war, gescheitert ist. Von dem Kurfürsten selbst, der für kühne und aus- | sergewöhnliche Entwürfe, ja für das Phantastische überhaupt eine Empfäng- | liehkeit besass, die mit einem so grossen Maasse praetischer Energie nur ", selten vereinigt ist, mit warmer Theilnahme aufgenommen, war er von vornherein bei seinen zu kühler und nüchterner Erwägung berufenen und geneigten häthen auf ernste und gewiss sehr wohl begründete Bedenken gestossen. Dennoch würde ohne Zweifel der Versuch einer, wenn auch modificirten Ausführung gemacht worden sein, hätte Skytte wirklich | etwas von dem uneigennützigen Eifer für die Wissenschaften besessen, den er in seinen zugleich schwülstigen und schlau berechneten Auslassun- | gen zur Schau trägt. -. u a a a ne ‚ We Ad. Herr Dr. Reimann warf zuerst einen Blick auf die Ver- , dienste, welche sich dieser grosse Mann als Oberbefehlshaber im Unab- | hängigkeitskriege erworben, schilderte dann das Widerstreben, womit Rn: NE 132 Jahres-Bericht | Se i Washington aus Bescheidenheit dem Rufe des Landes folgte, die Ab- sichten, mit denen er die Regierung antrat, und die Grundsätze, nach denen er bei der Anstellung der Beamten verfuhr. Darauf ging der Vortragende zu der Lösung der ersten grossen Aufgabe, der Herstellung des öffentli- liehen Credits, über. Die Verein. Staaten hatten durch den Krieg eine schwere Schuld auf sich geladen und dieselbe nach erlangtem Frieden durch Zinsrückstände noch beträchtlich vergrössert. Nach den Vorschlä- gen des Finanzministers Hamilton wurde diese Schuld fundirt, eine Natio- nalbank gegründet, und zur Deekung der Interessen wurden sowohl die Ein- fuhrzölle erhöht als auch innere Steuern aufgelegt. Diese Maassregeln be- förderten sehr den Wohlstand des Landes; aber sie weckten auch vielen Unmuth, besonders im Süden, und es bildete sich gegenüber den Föde- ralisten, welche die Verfassung im nationalen Sinne ausführen wollten, aus alten und neuen Elementen eine Opposition, welche sich die republi- kanische Partei nannte, grosse Eifersucht gegen die Bundesregierung zeigte und die Souverainetät der einzelnen Staaten gegen vermeintliche Ueber- griffe derselben zu schützen suchte. Die Häupter der beiden Parteien wurden der Schatzsecretär Hamilton und der Staats-Secretair Jeffer- son, Der Vortragende gab eine Schilderung beider Männer, stellte den Zwiespalt dar, in welchen das Cabinet gerieth, als Jefferson seinen Amtsgenossen mit ungegründetem Verdacht verfolgte, die Bemühungen des Präsidenten, sie mit einander zu versöhnen, die Versuche der Oppo- sition im Congress, den genialen Finanzminister zu stürzen. So schwach war sie übrigens noch, dass sie Washington’s Wiederwahl nicht be- kämpfte, sondern sich begnügte, für das Amt des Vicepräsidenten einen anderen Candidaten aufzustellen; aber auch hierin hatte sie diesmal noch keinen Erfolg. Die Stetigkeit in der Entwickelung des nationalen Lebens schien auf diese Weise gesichert. Die Heftigkeit der Opposition konnte sich wohl steigern, aber ihre Blitze mussten aufhören zu zünden, wenn der Wohlstand zunahm, wie bisher. Da kam ihr Europa zu Hülfe und verschaffte ihr neue günstigere Angrifispunkte; denn die Wogen, welche der Sturm der französischen Revolution in Bewegung gesetzt hatte, schlu- gen brandend auch an die westlichen Gestade des atlantischen Oceans. der Schles, Gesellsch. £, vaterl,. Cultur. 132 VE Bericht über die 1: Thätiekelt der juristischen Section der Schlesischen Gesell- schaft im Jahre 1861, abgestattet von Appellations-Gerichts-Präsident Belitz, zeitigem Secretair der Section. Die Sitzung am 28. Februar eröffnete der vorgenannte Secretair mit einigen biographischen Mittheilungen über den verstorbenen Präsidenten Dr. Hundrich. Nach ‚einer Schilderung seines Charakters, welcher durchweg das Gepräge eines braven, streng rechtlichen und wohlwollen- den Mannes an sich trägt, bemerkte er, dass der Verstorbene am 9. Ja- nuar 1784 zu Burg geboren ist, woselbst sein Vater Director des Land- und Stadt-Gerichts war. Den ersten Unterricht empfing er von dem Rector Bodenburg, dem Sänger der Ströme Germaniens; demnächst bezog er das Gymnasium Kloster Berge bei Magdeburg, und im Jahre 1801 die Universität zu Halle, um die Rechte zu studiren. Im Obtober 1804 bestand er bei dem damaligen Ober-Landes-Gericht zu Magdeburg die erste, im Frühjahre 1806 die zweite juristische Prüfung, und noch in \ demselben Jahre erhielt er den Auftrag zur Verwaltung des Justiz-Amtes ‚ Friedeburg in der Grafschaft Mansfeld. Im Jahre 1807 wurde er zum Assessor bei dem Stadt-Gericht in Magdeburg, 1808 zum Friedensrichter, ‚ bald darauf zum Assessor im Criminal-Gerichtshofe des Elb-Departements, 1811 zum Tribunalsrichter in Neuhaldensleben, 1815 zum Director des ‚ neu errichteten Land- und Stadt-Gerichts zu Calbe a. d. Saale, und im Jahre 1816 zum Ober-Landes-Gerichts-Rathe in Halberstadt ernannt. Im \ Jahre 1827 erfolgte seine Versetzung als Ober-Procurator an das Land- ‚ Gericht zu Düsseldorf, und im Jahre 1832 seine Ernennung zum Präsi- ‚ denten bei dem hiesigen Appellations-Gericht, in welcher amtlichen Stel- 134 02.0 Jahres-Bericht lung er bis zum 1. April 1855 verblieben ist, wo er aus dem Justiz _ dienste ausschied und in den Ruhestand trat. Zur Anerkennung seiner Verdienste wurde ihm bei der Feier seines 50 jährigen Amts-Jubiläums der rothe Adlerorden II. Classe mit Eichenlaub, und von der hiesigen Uni- versität das Diplom eines Doctors beider Rechte verliehen, auch sonst mancher Beweis allgemeiner Theilnahme dargebracht. Der Verstorbene hat sich nicht bloss in seinem Richteramte, sondern auch durch ander- weite Thätigkeit, als Vorsteher des Vereins für die Erziehung und Aus- stattung der Cholera-Waisen und im Vereine zur Besserung der Strafge- fangenen, mannigfache Verdienste erworben. Auch als Sehriftsteller ist er thätig gewesen. Er war zweimal verheirathet; aus erster Ehe lebt noch eine Tochter, aus zweiter Ehe hinterlässt er seine Wittwe und 6 Kinder. Sanft entschlief er am 1. Januar d. J. Nach diesen Mittheilungen erfolgte der Vortrag des Herrn Stadtge- richts-Rath Güttler über die Postgarantie nach Maassgabe der im Postvereine geltenden Vorschriften. Der Vortragende gab E zunächst einen geschichtlichen Ueberblick über die Entwickelung und Ge- staltung des Postwesens in Deutschland. Die deutsehen Reichsposten, schon frühe dem fürstlichen Hause Thurn und Taxis zu Lehen gegeben, und durch den Reichs-Deputations-Hauptschluss vom 25. Februar 1803 in ihrem Zusammenhange garantirt, lösten sich mit dem Aufhören des dent- schen Reichs auf; die einzelnen Landesherren, auf welche das Postregal B übergegangen war, errichteten Landesposten, die deutsche Bundes-Acte vermochte nicht, die Vereinigung der sämmtlichen Bundesstaaten zur Ver- waltung der Post nach gleichen Grundsätzen herzustellen; die wach- senden Verkehrsverhältnisse erforderten eine Verbesserung der Zustände. Den Weg freier Vereinbarung begann Oesterreich im Jahre 1842 bezüg- lich der gemeinschaftlichen Bestimmungen über das Taxwesen; es folgte die Dresdener Post-Conferenz im Jahre 1847; die weiteren Verhandlun- _ gen in den Jahren 1848—1850 führten zu dem Postvereins-Vertrage vom 5. December 1851, aus welchem sich in Berücksichtigung der gewonne- nen Fortschritte durch die Conferenzen zu Wien (1855) und München (1857) der Vertrag vom 18. August 1860 (G.-S. pro 1861, No, 3) ent- wickelte. Die Dauer dieses Vertrages ist bis zum Schlusse des Jahres 1870 bestimmt; von da ab ist einjährige Kündigung gestattet. Der Post- verein umfasst alle deutschen Bundesstaaten mit Ausnahme der Herzog- i thümer Holstein, Lauenburg, Limburg und des Fürstenthums Lübeck. Sein Zweck ist die Feststellung gleichmässiger Bestimmungen für die Taxirung und postalische Behandlung der Brief- und Fahrpost-Sendungen, welche zwischen verschiedenen, zum Vereine gehörigen Postgebieten, oder zwischen dem Vereinsgebiete und dem Auslande sich bewegen. Demnächst wurde das Rechtsverhältniss des Postbeförderungs-Vertra- ges, unter Berücksichtigung der Ansichten über Anwendbarkeit der Vor- - Be der Schles. Gesellsch. £. vaterl. Cultur. 135 - schriften bezüglich des receptum, des Mandats und der locatio conductis ope- ris (Dienstmiethe), umständlich untersucht. Uebergehend zu dem Gegen- 'stande des Vertrages und zu der Art und Weise seines Abschlusses, wurde die Haft- und Ersatz-Verbindlichkeit der Post-Anstalten ın den Fällen des Verlustes oder der Beschädigung, der Sendungen nach Maass- gabe des Vereins-Vertrages vom 18. August 1860 und des Ges. vom 5. Juni 1852 über das Preuss. Postwesen speciell erörtert und demnächst nachgewiesen, unter welchen Umständen diese Verbindlichkeit cessirt. Es folgte sodann die eingehende Erörterung über den Maasstab des Er- | satzes, mit Rücksicht auf die dem Absender gestattete Declaration, oder die bei unterbliebener Werthsangabe festgestellten Normal-Sätze, unter Aufzählung von Beispielen. Hieran schlossen sich die Ausführungen über ‚den Schadens-Ersatz-Berechtisten, sowie über die Competenz der Post-Anstalten zur Behandlung der Reclamationen, und endlich über die Verjährung des Ersatz-Anspruches. In der Sitzung am 20. März hielt Herr Gerichts-Assessor Wittig den angezeigten Vortrag über die Legitimation durch obrigkei liche Declaration ($$ 601—611, II, 2 Allg. L.-R.). Derselbe gab zunächst eine er Geschichte des Instituts im röm. und gem. Recht, knüpfte daran eine Auseinandersetzung seiner Bedingun- gen und Wirkungen nach beiden Rechten, und erörterte sodann die ge- meinschaftlichen Controversen über die Zulässigkeit der besprochenen Legitimation bei allen Classen der jegitimatio und über den efectus quoad Successionem. Zum Landrecht übergehend, führte der Vortragende dessen Ueber- einstimmung mit der gemeinrechtlichen Wissenschaft und Praxis aus, be- sprach sodann die Abweichung der Praxis und die dieselbe veranlassen- den Verordnungen vom 4. September 1798, das Justiz-Ministerial-Reseript vom 21. October 1831 und mehrere spätere Rescripte, und widmete zu- letzt dem $ 607 eine eingehende Betrachtung. Das Resultat derselben, welche durch einen Fall erläutert wurde, war: dass der Vortragende den Paragraphen weder dem System angemessen, noch seiner ratio entspre- chend, und in vielen Fällen unanwendbar fand. Daran knüpfte sich eine Debatte der Anwesenden über $ 607; zu andern Diseussionen, namentlich darüber, ob die sog. Hof-Reseripte legis | vicem hätten, — ob der Adel zu den Familienrechten, auf welche ss 604 | —-605 sich beziehen, gehöre? — hatte der Vortrag vorher schon Anlass gegeben. — | Am 17. April hielt Hr. Appell.-Ger.-Rath v. Wittken seinen angekündig- , ten Vortrag über den Passage-VertragmitBerücksiehtigungder En rhenölungen derCommission zurBerathung eines allgemei- ı nendeutschen Handels-Gesetzbuches. Davon ausgehend, dass die 136 Jahres-Bericht 3 ; Rechtsverhältnisse der Reisenden bisher in den Gesetzgebungen nur wenig, in r der Wissenschaft aber fast gar nicht beachtet worden sind, wurde die Aufgabe der Commission in Betreff des Passage-Vertrages festge- stellt, und demnächst — jedoch mit Ausschluss der Beförderung von Rei- senden auf Post- und Auswanderungs-Schiffen, und der Verfrachtung der Schiffe zu diesem Zweck — ihre Arbeit einer eingehenden Prüfung unter- zogen, wovon das Resultat folgendes war: I. Begriff und Wesen des Vertrages. Ob derselbe als locatio conductio operis, oder als re- coptum aufzufassen, ist Gegenstand der Erörterung gewesen. Die Com- mission hat sich für die römischen Grundsätze über das receptum nautarum et cauponum entschieden, diese aber auf den Frachtvertrag mit ausgedehnt, und den Reisenden rücksichtlich seiner Reise-Effeeten und übrigen Sachen als Befrachter angesehen. Der Unterschied wurde durch eine auf die - Quellen gegründete ausführliche Erläuterung des prätorischen Ediets in L. I. pr. Dig. nautae, caupones, stabularii (IV, 9): ,„Nautae caupones, stabu- larü, quod cujusque salvum fore receperint, nisi restituant, in eos judieium dabo“ näher nachgewiesen, und dabei sowohl der Begriff von nauta mit Berück- sichtigung der Verkehrs-Verhältnisse der Römer, namentlich ihrer Küsten- schifffahrt, als des Ausdruckes: „guod cujusgue salvum fore receperint“, so- wie die Natur des durch das receptum begründeten Rechtsverhältisen, die actio in factum de recepto, und die Restitutionspflicht des nauta erörtert, auch dargethan, wie die römischen Grundsätze in die romanischen See- rechts-Quellen, namentlich in das Consolato del mare und die deutschen Particular-Gesetze übergegangen sind, weshalb die Commission dieselben, wenn auch mit den durch die veränderten Verkehrs-Verhältnisse gebote- nen Modificationen, ihrem Entwurf zum Grunde gelegt habe. Sodann wurde die Form des Vertrages, die Person der Contrahenten, die dem Schiffer obliegenden Vorsichtsmaassregeln bei Aufnahme von Reisenden, seine Verpflichtung, in gewissen Fällen Landsleute in die Heimath mitzu- nehmen, das Passage-Geld, die davon abhängigen Plätze. der Passagiere auf dem Schiff, ihre Beköstigung, die Verhältnisse, wenn dem Schiffer oder dem Reisenden der Proviant ausgeht, die Gepäckfrage, und die Frage, ob die aus dem Passage-Vertrage erlangten Rechte einem Dritten ceedirt werden können, besprochen, der Entwurf der Commission dem preussischen Entwurf gegenübergestellt und die Quellen aus ausländischen Seerechten nachgewiesen, welche einzelnen Bestimmungen zum Grunde liegen. — DO. Wirkungen des Vertrages. Pfandrecht des Schiffers wegen Passagegeldes mit Rücksicht auf die preussischen Concursgesetze, Anwendung der Bestimmungen des Frachtvertrages auf die Sachen des Reisenden, sowohl bei der Einladung, als bei der Ausladung, ferner, wenn dieselben das Schiff oder die Ladung gefährden, wenn der Reisende bei der Abladung die gesetzlichen Vorschriften, insbesondere die Polizei» Steuer- und Zollgesetze übertritt, die Güter unriehtig bezeichnet, oder ohne Wissen des Schiffers an Bord bringt, wenn sie durch einen Unfall’ = der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. 137 verloren gehen, wenn eine Fracht nicht bedungen oder das vereinbarte ı Maass überschritten ist, endlich die Haftpflicht des Schiffers für Verlust , oder Beschädigung; alle diese Verhältnisse, besonders die Haftpflicht des ‚ Schiffers und der Einfluss der höheren Gewalt (wis major) wurden ausführ- lich erörtert, und dabei auf die Folgen der unrichtigen Anwendung der Grundsätze vom römischen receptum auf den Frachtvertrag aufmerksam gemacht. Auch die Wirkungen, welche der Vertrag auf die Person des Reisenden äussert, wurden dargestellt, namentlich die Folgen, wenn der Reisende sich nicht zur rechten Zeit an Bord begiebt, und wenn das Schiff auf der Reise ausgebessert werden muss. Endlich wurde das per- sönliche Verhältniss zwischen Schiffer und Reisenden, die Diseiplinar-Ge- walt des Ersteren, seine Befugnisse bei Verbrechen des Reisenden, so- wohl auf dem Schiff, als vor der Einschiffung, und die Verpflichtung des \ Reisenden zur Arbeit auf dem Schiffe‘ in Nothfällen auseinandergesetzt. — II. Aufhebung des Vertrages. Gegen Zahlung der Hälfte des Passagegeldes kann der Reisende am Antritt der Reise vom Contract zu- rücktreten, sei es freiwillig, oder wegen eines in seiner Person sich er- eignenden Zufalls, z. B. Krankheit, und ist der Tod einem solchen Zufall gleichgestellt. Ereignen sich diese Umstände aber während der Reise, so muss das ganze Passagegeld gezahlt werden. Hierbei spricht derselbe von dem Verhalten des Schiffers, wenn der Reisende auf der Reise krank wird oder stirbt, und über die Testamente der Reisenden am Bord. Betrifft der Zufall das Schiff vor oder nach Antritt der Reise, so kann sowohl der Schiffer als der Reisende vom Contract zurücktreten, und es findet, wenn die Auflösung desselben vor Antritt der Reise erfolgt, von keiner Seite, nach Antritt aber eine verhältnissmässige Entschädigung des Schiffers statt (Distanz-Fracht).. Wird die Reise überhaupt unmöglich, geht z. B. das Schiff unter, dann endet der Passagevertrag von selbst. Schliesslich gab der Vortragende eine kurze Kritik des Entwurfs im Ganzen, und schloss seinen Vortrag mit einer Hinweisung auf die hohe Bedeutung des neuen deutschen Handelsgesetz-Buches, welches in Verbin- dung mit der allgemeinen deutschen Wechsel- Ordnung auf einem der wichtigsten Gebiete des volkswirthschaftlichen Lebens eine Uebereinstim- mung herbeiführen wird, die von jedem Vaterlandsfreunde nur mit Freude und Genugthuung begrüsst werden kann. Am 24. November hielt Herr Stadtrichter Primker einen Vortrag überdieHannöverscheProcess-Ordnung. Die Codification der Proe.- Ordn. ist in Hannover im Jahre 1852 durchgeführt worden. Die neue Process- Ordnung, welche seit dem 1. October 1852 Gesetzeskraft hat, ist auf dem Grundsatz der Mündlichkeit, d. h. der Unmmittelbarkeit der Verhandlung eines Rechtsstreites vor den zu seiner Entscheidung berufenen Richtern | aufgebaut. Die Schrift dient nur dazu, die mündliche Verhandlung vor- ', zubereiten, resp. das Ergebniss derselben äusserlich zu fixiren. Es dür- , fen deshalb nur die in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten That- 138 | Jahres-Bericht \ \ \ sachen und Beweismittel bei der Entscheidung berücksichtigt werden. Die Concentration des gesammten thatsächlichen und Beweismaterials in E eine Verhandlung, wie dies im preussischen Process stattfindet, ist mit der Forderung, dass der Richter lediglich auf Grund der mündlichen Ver- handlung und unmittelbar nach derselben entscheiden soll, unvereinbar. Das Processverfahren zerfällt deshalb nach der Hannöver’schen Process- Ordnung in eine Anzahl bestimmt abgegrenzter Abschnitte. In jedem der- selben wird über eine der verschiedenen Fragen, von deren Entscheidung zusammengenommen das Endurtheil abhängt, verhandelt und entschieden, und dann in einem letzten Abschnitt und diesen verschiedenen Entschei- dungen der einzelnen, dem Endurtheil zu Grunde liegenden Prämissen, dieses selbst zusammengesetzt. Die Abschnitte, in welche der Process gegliedert ist, sind folgende: 1) die Periode der Behauptungen. Die Par- teien müssen sämmtliche Thatsachen, auf welche sie ihren Angriff, resp. ihre Vertheidigung stützen, gleichzeitig in diesem Abschnitt vorbringen. Dieser Abschnitt endet, falls sich die Sache noch nicht zu einem Endur- theil eignet, mit dem Beweisinterlocut. Dasselbe ist ein bedingtes End- urtheil. 2) Die Periode der Beweisantretung. In der hierzu bestimmten mündlichen Verhandlung müssen die Parteien gleichzeitig alle Beweise und - Gegenbeweise antreten. Abgeschlossen wird sie durch die richterliche Verfügung, welche über die Erheblichkeit und Zulässigkeit der beigebrach- ten Beweismittel entscheidet. 3) Die Periode der Beweisaufnahme. Hier ist das Prineip der Mündlichkeit insofern verlassen, als die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen in der Regel nicht vor dem erkennen- den Richter, sondern commissarisch geschieht. 4) In dem letzten Sta- dium ‚der Beweisausführung ist die Mündlichkeit wieder durchgeführt. Zunächst wird in Gegenwart der Parteien über die Beweisaufnahme Be- richt erstattet, und hierauf, nach Anhörnng der Parteien, das Endurtheil gefällt. Dasselbe entscheidet im Wesentlichen nur die Frage, ob die durch das Interlocut auferlegten Beweise, durch die aufgenommenen Be- weismittel geführt, und welche der in dem Interlocut bereits bedingt ab- gegebenen Entscheidungen in Folge des Eintritts der Bedingung als end- liche auszusprechen sind. Das Endurtheil entscheidet also selbstständig nur über die Führung der Beweise. Dies sind die Grundsätze des Ver- fahrens, welches vor den Collegial-Gerichten in Hannover stattiindet. Das Verfahren in zweiter Instanz beruht auf denselben Grundsätzen. An diese Darstellung schloss sich eine lebhafte Discussion, welche sich namentlich über die Appellabilität und über die bindende Kraft des Beweisinterloentes verbreitete, und in welcher die Vorzüge und Mängel des bestehenden preussischen Processverfahrens hervorgehoben wurden. R i 5 . r Di 2 0 ad a a a dl nn 0 len 0 a = 2° u u In der Sitzung am 18. Deeember wurde statutenmässig zur Neuwahl eines Secretairs für die nene Etatsperiode geschritten und einstimmig der’ bisherige Secretair, Herr App.-Ger.-Präsident Dr. Belitz, wiedergewählt. der Schles. Gresellsch. £, vaterl. Cultur. 139 Demnächst hielt Herr Gerichts-Assessor Wittig einen Vortrag über das Separatum in Wechselsachen. Es wurde darin zunächst der ' anomale Charakter dieser Processart unter Hinblick auf die Grundsätze ‚ über Rechtskraft, sowie die Nullitäts- und Restitutionsklage hervorgeho- ben, als ratio legis seiner Zulassung der Schutz des materiellen Rechts gegenüber dem strengen Formalismus des Wechselprocesses erklärt, und dann das Verfahren nach der Gerichtsordnung, unter Berücksichtigung der jetzt geltenden Process-Gesetzgebung, erläutert. Hierbei wurde auf das Verhältniss des Separati zum Wechselprocess, namentlich die Wirkung der im ersteren ergangenen Entscheidung auf die Vollstreckung eines Wech- sel-Urtels hingewiesen. Demnächst wurde untersucht, ob im Separatum nur Einreden im technischen Sinne, oder auch Klageverneinungen vorge- bracht werden dürften, und die Zulässigkeit beider Vertheidigungsarten angenommen. Weiter wurde untersucht, welche materiellen Einwendun- gen vorgebracht werden dürften, und in dieser Riehtung dafür entschie- den, dass auch in separato nur wechselmässige Einwendungen (Art. 82 W.-0.) zulässig seien. Daran schloss sich eine Erörterung über das Ver- hältniss der res judicata zum Separatum, und speciell darüber, ob die er- ceptio res judicatae im Separatum durchaus und in allen Fällen ausgeschlos- sen sei. Während das Letztere von Mehreren angenommen wurde, ent- schied sich der Vortragende für die relative Zulässigkeit. Die entstan- dene Discussion liess die Frage eine offene. Endlich ward der Fall des $ 55, I, 27 A. G.-O. besprochen, und die von Koch vertheidigte Ansicht, wonach nach Einführung der W.-O. der frühere‘ Wechselkläger für eine neue Klage nur das Fundament der Bereicherung habe, als bereits widerlegt erwähnt. Hierbei, wie bei den andern Fragen wurden die Entscheidungen des Ober- Tribunals in Bezug genommen. VIE Meteorologische Section. Allgemeine Uebersicht der meteorologischen Beobachtungen auf der königl. Universitäts- Sternwarte zu Breslau im Jahre 1861. _ Höhe des Barometers 453,62 Pariser Fuss über dem Ostseespiegel bei Swinemünde. I. Barometerstand, II. Temperatur 1861. reducirt auf 0° Reaumur in der Luft in Graden nach Pariser Linien. Reaumur. nn m ne RER ER ERNEST RE SEPHERE SIE PEERREBESERIEN VENEN BEIN EBENE BER RP AHBNNNENGEENZDANENIREESRN EDEEREES REIT Monat = 2 = ‚& 2 =) Ä S 5 ee 2 ae anstıelg 8 Re) & D = S :9 8 = = en) ro a 2 = =) me) A Zi ea Januar ..... 8 1338“. 86| 4 [32904133443 1 26 I+ 506 | 15 |— 1704 | 5033 Februar 3| 336,91) 11 | 326,30] 332,67 [23 |+ 1038 |13|— 50|+ 215 März ....... 15 | 335,40| 12| 322,41) 330,30 [30 |+ 14,516 |— 36 |-+ 401 April ...... 10| 338,71|22| 328,19| 332,87 | 1 + 145|20|— 28|+ 435 Br ...... 15| 335,32| 7| 328,25| 331,89 129 |+ 2283| 21 02|+ 845 Bım........ 13 | 335,50 28 | 327,601 331,82 123 |+ 334| 3|+ 88 |-+ 15.04 Bi... 31| 333,90] 16 | 329,29] 331,40 123 + 240| 4|+ 94|-+ 15,74 August .....122| 335,50) 10| 328,40) 333,02 | 13 |+ 26,5 125 |+ 94 |+ 14,99 September ..|13 | 336,43| 24 | 328,39| 331,94] 3 |+ 218 |30|-++ 48 |-+ 10.98 | October 415 | 338,29| 31 | 328,87) 334,83 | 10 |+ 17.2129 1— 2,01+ 7,24 "/ November ..[19 | 339,58| 9 | 325,46| 331,19] 14|)+ 92/26 |— 3,0|+ 3,75 "December ..[27| 340,04] 15 | 329,14| 334,61 | ı + 74|31|—- 90)— 0A E..... |340°,04| |322;21 332,59 |+2835 | |-17%4 |* 69,76 142 Jahres-Bericht II. Feuchtig- | IV, Wolkenbildung 186 keit und a | der Luft. Niederschläge. E en 3 0.5 Monat. = = E IE | 327 aA Sı:= = en oo38 Da = = = eu Su Tage = Januar»... 90% 122.09 | 0,81 2 2| 14.00 Bebruar ..3.....% 1599 0,8077 -4:] 56) 183277935 22 Marz. .E2 ke 2 1.97.17..0:69 5 | 10 | 16 16,76 Anal se 1.89 1: 0,63 12 5 213.1, 34 8,13 Maul ee. 277,067 1 4 1a \.18. | zB. mi ae) 518 | 0744. 8| 12.20]. 2313 Julio en. 513.0:70 8.1.1928 33,56 Ansüst.... ..r.0. 4.68 | 0,69 7.1 14.100) 37,40 September........ 3,90 0,77 2:41.10 1 18 53,63 Ostober.n...2. 8.10 7 080° 7 12a et 2,96 "November ........ 2,09 0,73 a a y/ 18,09 December ........ 1,61 0,81 1ER 13,33 I | 2.96 | 0,74 58 | 136 | 171 | 264,09 Minimum der Dunstsättigung 0,17 April 19.. Minimum des Bünistdirees 0 24 Jan. 15. Maximum 8,44 Juni 22. V. Herrschende Winde, Januar. West- und Nordwestwinde blieben überwiegend, ziemlich oft kamen N., NO., O., SO. vor, am seltensten wurden SW. und 8. beobachtet. | Februar. Südliche und westliche Winde herrschten vor. Gegen Ende des Monats kam Südost häufig vor. Nord und Nordost waren sehr selten. März. Den ganzen Monat Süd- und Westwinde, wie im Februar, über- wiegend. Nord, Nordost und Ost waren äusserst selten oder gar nicht vorgekommen, April. West-, Nord- und Nordwestwinde wehten den Monat hindurch mit oft grosser Heftigkeit überwiegend. Alle anderen Richtun- sen kamen nur vereinzelt vor. Mai. Süd- und Westwinde waren vorherrschend. Nord und Ost kamen ziemlich oft, NO., SO., SW. nur vereinzelt vor. | Juni. Im ersten Dritttheile waren östliche und nördliche, dann aber- westliche und nördliche Windesrichtungen oft beobachtet: worden. . Juli. Den ganzen Monat hindurch blieben West- und Nordwinde über-* “. wiegend. Aber auch südliche Strömungen kamen ziemlich oft, n östliche nur ausnahmsweise vor. - Am Nachmittags‘ des 28. E der Schles. Gesellsch. £. vaterl. Cultur. 143 August. Dieselben Winde wie im Juli vorherrschend. Sturm am 3. und 10. September. Wiewohl Westwind vorherrschend blieb, kamen doch | - auch die anderen Windrichtungen nicht selten vor, Nord- und ; Ostwinde namentlich am Ende des Monats. Oetober. Den ganzen Monat hindurch blieben Ost- und Südostwind vorherrschend, westliche und nördliche Richtungen kamen meh- rere Male, Süd und Südwest am seltensten. vor. November. Den ganzen November hindurch blieben südliche und westliche Windesrichtungen überwiegend. Nordost, Nord und Ost kamen .beinahe gar nicht vor. December. Bei öfterem Wechsel des Windes kamen West-, Süd-, Südost- und Nordwinde am häufigsten, Nordost, Ost und Süd- west nur ausnahmsweise vor. VI. Witterungs-Charakter, Januar. Bei fast immer trübem Himmel und häufigen, aber unbedeu- tenden Niederschlägen die ersten 3 Wochen strenger Frost, dann bis zum 27. Thauwetter, worauf wieder Kälte eintrat. «Hoher, sehr schwankender Luftdruck, geringer Dunstdruck, grosse Dunst- sättigung. Wetterleuchten am 6. Jan. Abends 6, Uhr. ' Februar. Vorherrschend trüber, von vielen gleichfalls unbedeutenden ji Niederschlägen begleiteter, anomal warmer Wintermonat mit mitt- lerem Barometerstande. Dieser, sowie die Temperatur, öfteren Schwankungen ausgesetzt. Vom 14. ab successiver, gefahrloser Eisgang der Oder. | | März, Anfangs mehr trübe, in der zweiten Hälfte oft heiterer Himmel und angenehm warmes, aber trockenes Wetter. Barometer und Thermometer lebhaft schwankend, wenig Nebel, oft Regen, aber meistens nur unbedeutend, wenig Schnee, April. Bei im Ganzen ziemlich heiterem Himmel kamen recht häufige, aber durchweg unbedeutende Niederschläge vor. Die in der zweiten Hälfte des Monats eintretenden empfindlichen Fröste brachten den Saaten, sowie den Blüthen der Bäume grossen Seha- den. Der Luftdruck war gross, aber oft und stark veränderlich, die Trockenheit der Atmosphäre war abnorm gross. Mai. Halbheiterer Himmel, häufige Regenfälle, auch mehrere Male Schnee, | Reif. Die Temperatur erst in der letzten Woche normal warm, sonst ungewöhnlich kühl und der Entwickelung der Vegetation recht hinderlich. Mittlerer Luftdruck, ohne erhebliche Schwan- N kungen. | ‘Juni. Bei ziemlich heiterem Himmel ungewöhnlich häufige Gewitter mit | Mo vielen Regenfällen und öfterem Hagelschlage an vielen Orten der | RR Provinz. Eine, Windhose richtete am Nachmittage des 23. Juni 144 Jahres-Bericht der Schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur. bei Breslau arge Verheerungen an. Oft tropische Hitze. Baro- meter bei mittlerem Stande ziemlich schwankend. 4 Juli. Vorherrschend heiterer Himmel, vom 12. ab grosse Hitze. Am Nachmittage des 24. fortwährend Gewitter mit Regen, am 28. Nachmittag 5 Uhr Orkan mit Gewitter und Regenguss, der vie- len Schaden anrichtete. Barometer wie Thermometer äusserst wenig schwankend. u August. Bei vorherrschend heiterem Himmel in den ersten 3 Wochen grosse Hitze, dann gemässigte Temperatur. Die ziemlich häufig 4 fallenden Regen, zum Theil mit heftigen Gewittern verbunden, ° kühlten die Luft nur momentan ab. Barometer meist hoch und ruhig, Thermometer mehr schwankend. | September. Trüber Himmel mit nur 2 heiteren Tagen, 18 Regentage, so dass der Monat in seinen Witterungs-Erscheinungen als ein ° abnormer sich zeigte; ein Mal Nebel, mässiger Barometer- und Thermometerstand, ersterer mehreren lebhaften Oseillationen aus- ° gesetzt, | October. Die letzten Tage ausgenommen, war der ganze October hei- ter, ungemein trocken und angemessen warm. Es kamen häufige? Nebel, Thau- und Reifbildungen vor. Das Barometer stand den ganzen Monat hindurch, ohne erheblich zu schwanken, anomal hoch, und ward erst vom 23. ab niedriger. | November. Vorherrschend trüber, meist warmer Herbstmonat. Häufi- ger aber mässiger Regen und öftere Reifbildungen, wenig Nebel und Schnee. Mittlerer, den ganzen Monat hindurch stark schwan- kender Barometerstand. December. Vorherrschend trüber, erst milder, dann mässig kalter Win- termonat. Der Sylvester der kälteste Tag. Häufige, aber durch- weg unbedeutende Niederschläge von Nebel, Regen, Schnee, Reif und Graupel. Hoher, oft schwankender Luftdruck. Eine Feuerkugel ward am Abend des 14. an vielen Orten Schlesiens wahrgenommen, Druck von Grass, Barth und Comp. (W. Friedrich) in Breslau. 26 Kir 53 fd nd - nd. 0 ne « ——n u nn x, ... nn eh E En ee pe en u Te eh en