HARVARD UNIVERSITY “= e LIBRARY MUSEUM OF OOMPARATIVE ZOÖLOGY But a Al,194 3. ie > = u } "5 u 2 % Ü | ih u \ _Ü re RN - N NS PN! Si S N \\ E an \S \ @ 2, u nl I ans ei N HN {N der >b) Naturforschenden Gesellschaft K GRÄUBUNDENS. "> Ne Neue Folge. II. Jahrgang. (Vereinsjahr 1855 —1856.) L N (u \ (nl) (zu) (HE (al ) 77 \ £ Chur, 5 3 \ \ a 5 \ ANY zr ». >> Druck der Offizin von Friedr. Wassali. N u: 1857. ai, —} ER Jahresbericht der \aturforschenden Gesellschall Araubündens. N JEJUJE SF JOERG TER Il. Jahrgang. (Vereinsjahr 1855 —1856.) CHUR. Druck der Offizin von Friedr. Wassali. 1857. II. v1. VI. Inhalt. Bericht über die Thätigkeit der naturforschenden Gesellschaft Graubündens im Vereinsjahr 1855 — 1856 Val Tuoi, eine geologische Skizze (von Dr, J. Papon) . Geognostische Beobachtungen (von Prof. &. Theobald) 1. Pitz Minschun im Unterengadin 2. Das Weisshorn von Erosa . 3. Nachträgliches über den Calanda Eine optische Erscheinung auf dem Pitz Curver (von Forstinspektor Coaz) Zur Litteratur der Eisensäuerlinge (von Dr, A. v. Planta) Ueber Getreidebau in Graubünden (von Friedr. Wassali, Präsident des land- wirthschaftlichen Vereines in Chur) Bündner Dipteren (von Herrn Major Am Stein in Malans) Seite, —_ 13 33 52 58 64 3 en 89 VIII. Aufzählung und Beschreibung der Myriapoden und Crustaceen Graubündens, erste Folge (von J. G. Am Stein Med. Dr.) a. Crustaceen b. Myriapoden IX. Untersuchung einiger Proben Churer Trauben- mostes und einiger Churer Landweine (von Dr. J. Papon) . Seite, 112 115 129 149 l. Bericht über die Thätigkeit der naturforschenden Gesellschaft Graubündens im Vereinsjahre 1855 — 1856. Asa Die erste Sitzung der naturforschenden Gesellschaft fand am 6. November vorigen Jahres statt und es wurde in derselben der neu zu wählende Vorstand folgendermassen bestellt: Präsident: Herr Dr. Killias, Vizepräsident: „ Forstinspektor Coaz, Aktuar: » Professor Theobald, Quästor: „ Standesbuchhalter Bernard, Assessoren: „ Dr. Kaiser, „ Professor Cassian. Im Verlaufe des Vereinsjahres haben im Ganzen fünfzehn Ver- sammlungen stattgefunden, die zumeist durch Vorträge und die darauf bezüglichen Diskussionen ausgefüllt wurden und sich na- mentlich während der Wintermonate eines ziemlich zahlreichen Besuches erfreuten. (Das Versammlungslokal wurde aus dem 2 Cafe Dönier in den Gasthof zum Weissen Kreuz verlegt.) Ausserdem ist hier zu erwähnen, dass zu Anfange des Vereins- jahres ein zahlreich besuchtes gemeinschaftliches Festessen im Gasthof zum Steinbock abgehalten wurde. Folgende Herren hielten Vorträge: 1. Herr Prof. Theobald: Über Erdbeben. 2. .„ Dr. Killias: Über Corallenbildungen. 3...» Dr. Kaiser: Über Pocken und Impfung mit beson- derer Berücksichtigung der bezüg!ichen historischen Momente in unserm Kan- ton. (Zwei Vorträge.) 4. „ Dr. Papon: Über den Zucker mit besonderer Bezie- hung auf seine Bedeutung für das Leben der Pflanze. (Zwei Vorträge.) Forstinspektor Coaz: Über die jetzigen Vulkane und Dr hieran anschliessend die Schilderung einer Ersteigung des Vesuv’s im Jahre 1848. 6. .„ Professor Cassian: Über den Einfluss des Thermo- meters auf die Geographie der neuern Zeit. 7. Professor Theobald: Über die fossilen Brennmateriale mit Berührung bündnerischer Verhält- nisse. (Zwei Vorträge.) 8... Reg.-Rath Wassali: Über den Getraidebau in Grau- bünden. 9, „Professor Theobald: Über schädliche Käfer. 10. „Professor Cassian: Über die Auswanderer in der Natur. 11. „Dr. Papon: Über den innern Bau und die chemische Zusammensetzung der Getraidekörner. Gemäss dem im vorhergehenden Jahre gefassten Beschlusse wurde die Herausgabe unseres neuen Jahresberichtes von den 3 damit Beauftragten zu Handen genommen, und wenn dieselbe auch in Folge anfänglicher Schwierigkeiten verzögert wurde, so konnte dennoch vor dem Schluss der Sitzungen der erste Jahrgang der Gesellschaft vorgelegt werden. Zu Redaktoren für den folgenden Jahrgang wurden die nachstehenden Herreı gewählt: Herr Professor Theobald ‚ Dr. Papon, „ Forstinsp. Coaz (Beschluss vom 1, April 1856). Um die wissenschaftlichen Beziehungen unserer Gesellschaft nach aussen fester zu knüpfen und zu erweitern, wurde Sorge getragen, unser neugegründetes wissenschaftliches Organ sowohl den schweizerischen naturforschenden Vereinen als verschiedenen ausländischen Gesellschaften mitzutheilen. Es freut uns in dieser Hinsicht berichten zu können, dass uns schon von verschiedenen Seiten her sehr dankenswerthe Gegensendungen zugekommen sind. Namentlich fühlen wir uns verpflichtet, der k. k. geolog. Reichsanstalt in Wien für die Uebersendung ihrer sämmtlichen Jahrbücher unseren verbindlichsten Dank auszusprechen. — Da eine vollständige Aufzählung der angeknüpften wissenschaftlichen Verbindungen zur Zeit, wo wir dieses schreiben, noch nicht gegeben werden kann, so werden wir dieselbe später bringen. Den buchhändlerischen Debit des Jahresberichtes hat Herr Buch- händler Gsell dahier übernommen und eine Anzahl Exemplare wird jedesmal in die Vereinsbibliothek niedergelegt werden. In Bezug auf den neu angelegten botanischen Garten ist zu bemerken, dass für die fernere Kultur und Bereicherung desselben möglichst Sorge getragen wurde. Eine besondere Unterstützung ward ihm durch den hochlöbl. Kleinen Rath zu Theil, welcher einen Credit von 70 Fr. bewilligte, um sämmtliche Blumenbeete mittelst Tuffsteinen einfassen zu lassen. Die Direktion des bo- 4 tanischen Gartens in Zürich war abermals so freundlich, uns eine Partie verschiedenarliger Sämereien zu übersenden. Bei Gelegenheit eines Geschenkes des Herrn Reg.-Rath Latour bestehend in einer Sammlung getrockneter Bündnerpflanzen wurde beschlossen, auf eine möglichste Vervollständigung des A. Moritzischen Herbariums hinzuarbeiten, namentlich in Bezug auf die einheimische Flora. Die spezielle Ausführung dieser Aufgabe wurde den Herren Professor Theobald, Richter Loretz und Lehrer Schlegel übertragen. (Beschluss vom 29. Mai 1856.) Sun SO oear)s Mitglieder der Gesellschaft. (Im November 1856.) a. In der Stadt. 20. Herr Hilty Dr., Advokat. . Herr Albert, Goldschmied. Bärtsch, Kupferschm. Bavier Sim., Bürger- meister. Bavier S., Ingenieur. Bavier Ed., Dr. Bernhard, Standes- buchhalter. Camenisch $., Stadt- förster. Cajöri, Stadtbaumei- ster. ;apeller Wilh., Apo- theker. Cassian Dr., Profess. Caviezel Rudolf. Coaz, Forstinspector. Dammann, Pfarrer. Darms, Photograf. Delisle, Ingenieur. Depuoz, Ingenieur. Fischer Fr. A., Inge- nieur. Gmelch, Professor. Gsell, Buchhändler. 21. 42. wagt Hold, Advokat. Kaiser, Dr. Killias, Dr. La Nicca, Oberst. de Latour, Reg.-Rath. Loretz, Pfarrer. Loretz, Kreisrichter. Manni, Forstadjunct. Mengold, Ingenieur. Morath, Kaufmann. Nutt, Professor. Olgiati, Apotheker. Papon, Dr. v. Planta, Reg.-Rath. v. Planta, Oberst. v. Planta, Dr. v. Planta, Major. v. Rascher, Dr. Risch, Uhrenmacher. v. Salis Gaud. Reg.- Rath. Schällibaum, Rector. Schlegel, Lehrer. v. Sprecher, Peter. Ed 44. Herr Tester, Aktuar. ı 48. Herr Wassali, Reg.-Rath. 45. „ Theobald, Professor. | 49. „ Wehrli, Professor. 46. „. v. Tscharner, Friedr. | 50.45. AVarıh, Dr: 4%. „ Valär, Major. b. Auf dem Lande. 51. Herr Andeer, Pfr. inBergün. , 58. „ v. Salis, Ingenieur in 52. „ Bernhard, Apotheker Splügen. in Samaden. | 59. „ v. Salis, Jak., Oberst 53. „ Brügger, Engelhard | in Jenins. in Churwalden. '60. „ Sarraz, J., Grossrath 54. „ Candrian, Pfarrer in | in Pontresina. Pitasch. | 61. „ Vital, Pfarrer in Pon- 55 „ Emmermann, Förster | tresina. in Samaden. 62. „ Walser, Ed., Haupt- 56. „ Moos, Dr. in Tarasp. ' mann in Seewis. 57. „Nicolai, Lehrer in | Bergün. e, Correspondirende und Ehrenmitglieder. Herr Challandes, Major in Bern. Cloeita, Dr. in Zürich. Federer, Dr., Dekan in Ragaz. Schweizer, Dr. in Triest. Stocker. Secretair in Zürich. Moller, Professor in Göttingen. u ea De ll. Val Tuoi, eine geologische Skizze von Dr. J. Papon. (Vide Tafel 1.) Val Tuoi ist eines jener stillen, weidereichen Nebenthäler, welche sich vom Hauptthale des Unterengadin aus, nordwärts nach dem Gebirgsgrate ziehen, der vom Selvrettastocke aus- gehend mit eisigem Rücken letzteres vom tyrolischen Platznaun- thale trennt. Während ostwärts das Tasnathal und das Thal von Remüss, wie weiter oben im Westen die Thäler von Süss und Sulsanna sich vielfach verzweigen, fällt zwischen ihnen Val Tuoi wie sein nächster Nachbar westwärts Val Lavinuoz, geradelinig, schmal und ungetheilt aus dem Herzen der Selvretta- masse ab. Der das Thal durchströmende Gletscherbach em- pfängt seine meisten Gewässer von dem Fermuntgletscher, über dessen ausgedehnte Eiswüsten ein vormals oft befahrener Berg- pass in einer Höhe von 9353° ü. M. nach dem Montafun führt. Rechts im Hintergrunde senden ihm die Gletscher und Firnen von Cromsel zu Füssen der 11,090° hohen Felsnadel des Piz Buin ihre Bäche zu, links mächtige Gletscherzungen, die über den eisigen Hauptgrat nordwärts mit dem Jamthaler Ferner zu- sammenhängen. Ruhig und friedlich durchziehen von hier an die vereinigten Wasser dieses weiten Gletschergebietes, die sanft abfallende Thalsohle, deren herrliche, bis an den hintersten Felsenkessel ausgedehnte Wiesengründe, Jahr für Jahr eine Erndte des kräftigsten Bergheues liefern. Erst wo Val Tuoi in’s Hauptthal ausmündet. beginnt der Gletscherbach in jähen 8 Sprüngen dem Inn zuzueilen. Die Bergwand zwischen Tuoi und Lavinuoz ist äusterst steil und felsig. Von ihrer vordersten Spitze der Muottauta (9817°) fällt scheinbar fast senkrecht ein Lavinenzug, von zuoberst bis zuunterst durch einen hellen Trümmerstreif bezeichnet, nach der hier etwa 6000° hohen Thalsohle ab. Achnliche Lavinenzüge folgen weiter einwärts. Gegen den Hintergrund trägt der immer höher ansteigende Grat bedeutende Firnmassen. Dagegen zeigt überall, besonders aber in ihren hintersten Gründen, die linke Thalseite eine auffallend sanfte Böschung. Weide bedeckt ihre Abhänge bis an die Gräte hinauf, die nirgends unter eine Höhe von 9000° herabsinken. Nur vorn in dieser Bergreihe, wo der 10,091 hohe Piz Cotschen seine zackigen Gipfel erhebt, breitet sich auf den höhern Ter- rassen ein ausgedehntes Trümmerfeld aus. Der Vordergrund des Thales ist bewaldet. Da wo man längs des östlichen Ab- . hanges der Thalstrasse folgend, das Ende des Waldwuchses er- reicht, quillt hart ob derselben zwischen Gneisstrümmern eine Quelle von constanter Temperatur hervor. „Sie dampft und raucht zur Winterszeit, im Sommer aber ist sie eiskalt“, ver- sicherte mich mein Freund und Führer. Letztere Angabe fand ich sogleich bestätigt, denn die Quelle zeigte den 14. August Morgens 6 Uhr nur 30 R. bei + 8° R. äusserer Wärme. Die steile Bergseite zur Rechten des Thales bietet kein be- sonderes geologisches Interesse. Die nämlichen Hornblende- schiefer und hornblendehaltigen Gneisse, wie sie alle die Thäler, welche die hohen schlanken Felspyramiden und Nadeln eines Piz Linard, Schwarzhorn, Piz Buin umgeben, in gewaltigen Ab- stürzen zu Tage treten lassen, nehmen ohne Unterbrechung auch dieses Gebirgsglied ein. Alle diese Spitzen und ein Heer solcher niederern Ranges bestehen aus einander fast senkrecht aufgesetzten Hornblendesäulen, die sich wieder unter sich zu mannigfachen Gruppen vereinigen. Diese oft zu den wunder- 9 lichsten Gebilden führende Struktur, sowie die eisenschwarze Farbe dieser Felsgestalten, welche sämmtlich aus blendend weissem Firne unmittelbar und lothrecht emporsteigen, ertheilen der Gletscherwelt der Selvretta einen höchst eigenthümlichen, wahrhaft unheimlichen Charakter. Die Bergseite zur Linken hinwieder schien mir desshalb nicht ohne geologische Bedeutung zu sein, weil eben in ihr das Hornblende- und Gneissgebiet der Selvretta und die mächtige Schieferbildung, in welcher die ganze Nordseite des Unterengadin und ein Theil des tyrolischen Innthales eingebettet sind, ihre gemeinschaftliche Grenze erreichen. Ich würde indessen nie daran gedacht haben, meine auf diesem vereinzelten Punkte gemachten Erfahrungen im gegenwärtigen Jahresberichte zu veröffentlichen, wenn sie sich nicht den fast gleichzeitig in der gegenüber Val Tuoi liegenden Bergreihe des Piz Minschun von Prof. Theobald ausgeführten Untersuchungen als natürliche Folgen anschlössen. Nur dadurch, dass wir jedem einzelnen Gebirgsglied der bündne- rischen Bergländer ein besonderes und genaues Studium zuwenden, sind wir im Stande brauchbare Materialien zu einem endlichen geologischen Verständnisse der rhätischen Gebirgswelt zu schaffen. Der hohe Felsgrat, welcher auf dieser, der östlichen Seite Seite von Val Tuoi, dessen Hintergrund abschliesst und nur durch ein schmales Gletscherthälchen von dem vergletscherten Hauptkamme des Gebirges getrennt ist, zog meine besondere Aufmerksamkeit auf sich. Die düstern, zerborstenen Felsen, welche den frei nach Nordwesten in’s Thal vorgeschobenen, äussersten Felskopf desselben, den Piz dellas Clavigliadas (z. d. Gemsfallenspitze) bilden, glänzen schon von Weitem so wie seine Trümmerhalden, mit den nämlichen schwarzen Spiegel- flächen, wie die Serpentinfelsen von Tarasp oder von Marmels im Oberhalbstein. Indessen ist dies Gestein kein wirklicher Serpentin, sondern nur eine allerdings sehr eigenthümliche Mo- difikation des Hornblendeschiefers. Das Gestein ist im Bruche undeutlich muschelig, feinschuppig, enthält hie und da Chlorit- adern und grössere bronzitartige Kristalle eingemengt, sowie durch seine ganze Masse vertheilt eine Menge kleiner Kristalle von Magneteisen. Charakteristisch ist ein nie fehlender Ueber- zug von glänzend schwarzem, lauchgrün geflammtem Pikrolith. Die Schichten dieser Gesteinsart, insofern man die in Aggregate stängeliger Ablösungen zerfallende Masse geschichtet werden kann, fallen steil nach Nordwesten. Von diesem Felskopfe an den Grat ostwärts verfolgend sieht man bald das eben beschriebene Gestein einem breiten gewölbten Rücken eines ausgezeichneten Granites anliegen. Hornblende führende Gneisse bilden den Uebergang, dann folgt weisser glimmerreicher Gneiss und die Mitte des Hökers nimmt ein sehr - grobkörniger, massiger Granit ein. Seltene, zum Theil aber bis halb Zoll grosse hellgrüne Feldspathkristalle, grössere oft meh- rere Zoll im Durchmesser haltende Glimmertheile durchwirken die vorwaltende quarzige Grundmasse. Wieder schliesst sich weiter nach Osten dem schichten- losen, vielfach zerklüfteten Granite ein hellfarbiger Gneiss mit vorwaltendem Quarze an, überlagert von einem dichten schwarzen Kalkschiefer. Derselbe braust mit Säuren stark auf und besteht aus einem sehr feinkörnigen Gemenge von Kalkspath, Quarz und Hornblendekristallen. Schwefelkies in sehr kleinen Kristallen bildet ebenfalls einen häufigen Bestandtheil des Ge- steins. Hier nun aber ist das Fallen nicht mehr nordwestlich sondern nordöstlich und hält auch ostwärts beständig in dieser Richtung an. Ein anderer ebenfalls sehr eigenthümlicher Kalk- schiefer liegt ihm auf. Die lauchgrüne etwas fettglänzende Grundmasse des mit Säuren stark brausenden Gesteines ist nach allen Richtungen von oft sehr umfangreichen Quarzadern durch- 1i flochten und voller Drusenräume, so dass dasselbe auf den ersten Anblich täuschend einer Schlake ähnelt. Manchmal treten die Kalkpartieen dem Quarze gegenüber derart zurück, dass sie förmlich von letzerm umschlossen wer- den. Die Trümmerhalden unter den Abstürzen derartiger Felsen sind voll von durchlöcherten Quarzblöcken, aus denen die Kalktheile durch Verwitterung verschwunden sind. In der Ecke des Thales gegen Val Tasna, die wir nun erreicht haben, treffen wir endlich auf Kieselschiefer, welcher diesem Kalke aufliegt und durchaus den gleichen petrographischen Charakter trägt, wie die bunten Schiefer des Oberhalbsteins und aller übrigen an Serpentin, Gneiss und Hornblende stossenden Schiefergebirge Bündens, die ich bis jetzt besuchte. Säuren liessen in ihm auch keine Spur von Kalkgehalt erkennen. Es ist mir überhaupt sehr aufgefallen, die Kieselschiefer und Kalkschiefer im Gebiete der kristallinisch körnigen Ge- steine wie der Dolomite stets im Hintergrunde der Seitenthäler des Engadin, und auf deren Bergübergängen anzutreffen, wenn auch Thal und Seitenabhänge sonst keine Spur davon aufwiesen. Solches ist z. B. der Fall am Uebergange des Casannapasses, im Hintergrunde von Val d’Arpiglia gegen- über Zuz, Val d’Eschia ob Madolain, der Fuorcletta zwischen Rosegg und Silvaplana. Das Profil Nr. 1 stellt das eben Be- schriebene übersichtlich dar. Mit dem uns nun bekannten Felsrücken einen stumpfen Winkel bildend, erstreckt sich von hier aus die Val Tasna vom Tuoi- ihale trennende Bergreihe des Piz Coischen nach Südosten. Der Kieselschiefer (bunte Schiefer) bildet hier in der Ecke eine Reihe sägezähnartiger Felsköpfe. Ihr Kamm übersteigt die Höhe von 9000 Fuss und erhebt sich dem Piz Cotschen zu in immer höhern Zacken. Paralell mit diesem Grate reicht hier zu Füssen des Granitrückens die Schieferbildung bis nahe an die Thalsohle 12 u herab. Sie überdeckt gegen den Piz Cotschen zu von Neuem jenen quarzigen Kalkschiefer, der in der Ecke des Thales an- steht und der von hier an die zerborstenen Felsen des obersten Grates bildet; denn die tiefern Gehänge bestehen gegen diese Spitze zu ausschliesslich aus den Gesteinen der rechten Thalseite. Es ist also ein schmaler Keil von bunten Schiefern der hier als westlichste Fortsetzung der Unterengadiner Schiefer- bildung zwischen den Hornblende-Gesteinen eingezwängt liegt. Ob auch in der Tiefe der Schiefer den so merkwürdigen Kalk- bildungen aufliegt, ist hier kaum möglich zu untersuchen, weil die sanft abgeböschten Abhänge nur an sehr wenigen Stellen in entblösten kleinen Felspartieen das Gestein zu Tage treten lassen. Anderseits keilen sich ebenfalls die Hornblendegesteine der Selvretta in die Schieferbildung bis an den Eingang des Tasnathales aus. Am höchsten steigt auf dieser Thalseite der Gneiss in den Abstürzen des Piz Cotschen auf, von welchem herab eine mächtige Trümmerablösung die Abhänge auf eine bedeutende Erstreckung bedeckt. Die Spitze desselben dagegen verdankt ihr wildes zerborstenes Ansehen, ihre dunkle röthliche Färbung und daher ihren Namen dem nämlichen dunkeln Kalk- schiefer, welcher hier wenigstens das unterste geologische Glied der ostwärts folgenden Schieferformation darzustellen scheint. (Vide Profil Nr. 2.) EB m. Geognostische Beobachtungen von Prof. G. Theobald. I. Piz Minschun im Unterengadin. (Vide Tafel I.) Wenn man von der Höhe des rechten Innufers bei Tarasp ımd Vulpera, wohin die bekannte Heilquelle alljährlich viele Be- suchende des In- und Auslandes zieht, nach Norden schaut, so ziehen besonders zwei hohe, pyramidenförmige Berghörner den Blick auf sich, welche die Umgebung beherrschen und die hinter ihnen liegenden noch ansehnlicheren Gebirge fast ganz den Blicken entziehen. Es ist östlich der Piz Chiampatsch 2920 Meter, westlich der höhere Piz Minschun 3071 Meter. Der Piz Chiampatsch fällt nach S und O in steilen, unersteiglichen Wän- den ab, nach W läuft er in einen scharfen Grat aus, der sich durch einen flachen Rücken mit der hintern Fortsetzung des Piz Minschun verbindet. Die Nordseite ist weniger steil und auch von W her ist die Spitze zugänglich. Seine weitere ösl- liche Fortsetzung ist ein steiler Grat, der zwischen dem Enga- din und der Val Sinestra sich in einen kürzeren nordöstlichen und einen längeren südöstlichen Arm spaltet und östlich von Sins endet, Der Piz Minschun ist der Höhenpunkt einer kleinen fast im Meridian mit etwas östlicher Abweichung streichenden Kette, welche am Ausgang des Val Tasna beginnend, deren Ostseite sie bildet, in immer höhern Stufen ansteigt und sich an DR den mächtigen Piz Fatschalv von 3179 Meter anlehnt, der einer » der höchsten Punkte der nordöstlich streichenden Hauptkette der Selvrettamasse ist. Von dem Piz Minschun streichen kurze scharfe Gräte gegen die Val Tasna und ein längerer Berg- rücken mit sanfteren Formen streicht gegen Schuls, er schheidet die hohe Thalstufe von Fettan von der Val Clozza, welche zu Schuls in einem tief eingeschnittenen Tobel endet und in ihrem obern Theil den Namen Val Chiampatsch führt. Aus letzterer führt ein Pass nach den hohen Thalgründen Tiral und Laver, welche sich in die Val Sinestra öffnen, deren wilder Thalbach bei Remüs den Inn erreicht. Die höchst merkwürdigen geognostischen Verhältnisse dieser Gegend sind noch lange nicht hinlänglich aufgeklärt; gegenwär- tige Abhandlung soll nur eine Reihe von Thatsachen liefern, welche an die Arbeiten von Escher, Studer und Mousson sich anreihend, zu einer künftigen Lösung der Fragen beitragen können. Hr. Escher hat den Piz Minschun besucht und das Auftreten sehr ausgedehnter Serpentinmassen zuerst gesehen, doch sagt er, dass ungünstige Umstände ihn verhinderten, die Gegend genauer zu untersuchen. Es schliesst sich also das Folgende an seine Beobachtungen an. (S. Studers Geologie der Schweiz, B. 1, p#8335) Werfen wir zuerst einen flüchtigen Blick auf den Thalgrund, aus welchem diese Bergmassen aufsteigen. Oft schon ist der Unterschied zwischen dem obern und untern Engadin hervor- gehoben worden. Während das erstere aus einem flachen von mächtigen Bergreihen eingefassten Thalgrund besteht, zeigt das letztere einen ganz verschiedenen Charakter. Tief eingeschnitten in die Tiefe des Thales ist das Bette des Inn und oft ist der Strom von oben gar nicht sichtbar, nur fernher von unten tönt das Brausen seiner ungestümen Wasser, die sich durch und über 1 «lie Felsen wälzen. Zu beiden Seiten erheben sich hohe Thal- stufen, auf welchen sich die Dörfer angesiedelt haben und mehr Raum ist meist auf der nördlichen höheren und sonnigeren Seite, welche darum auch die bewohntere ist, während die schmälere Südseite einen grossen Theil des Jahres in beständigen Schatten der hohen steilen Bergkette gehüllt ist, welche unmittelbar hinter ihr aufsteigt, und mit Ausnahme der Erweiterungen von Zernez und Tarasp nur unbedeutende Orte aufzuweisen hat. Auf der nörd- lichen Thalstufe breiten sich in einem weit gedehnten Streif Ge- traidefelder aus in einer Höhe, wo man diese sonst nicht sucht, dann folgt Wiese und Wald, endlich die Region der Alpenwei- den von zackigen Felskämmen gekrönt, welche theilweise ewi- ger Schnee deckt; nur aus dem Hintergrund der Seitenthäler glänzen die bläulichen Massen der Gletscher. Es ist eine freund- liche, lachende Natur, rings umgeben von riesigen Bildern der Alpenwelt in ihrer schauerlichsten, wildesten Gestalt. Die Thalstufe, auf welcher sich der Piz Minschun erhebt, zeigt diesen Charakter in ausgezeichneter Weise. Fettan liegt noch 1647 Meter über dem Meer und wenigstens 400 M. tiefer der Inn. Bei Schuls hat sich die Thalstufe bedeutend gesenkt (1210 M. die Kirche, welche etwa 30 M. üer dem Inn liegt, das obere Dorf liegt etwa 100 M, höher). Sins erhebt sich wieder zu 1433 M., aber vor der Höhe dehnt sich eine niedrigere Terrasse aus, und das Flussbett ist weniger schluchtenartig. Unterhalb Guarda, welches auf der Grenze der krystallini- schen Gesteine und der Schiefer liegt, ist das Bette des Flusses fast allein in Schiefer eingeschnitten, welcher steil nach N. und NO. einfällt, während das rechte Ufer Südwestfallen zeigt, so dass der Fluss eine antiklinale Spalte bildet. Hiervon bildet Schuls eine Ausnahme, auf beiden Ufern fallen die Schiefer süd- lich, aber ob dem Dorfe fallen sie doch wieder nördlich: der Inn ist hier nicht der antiklinalen Richtung gefolgt. 16 Jenseits bei Tarasp hat sich im Schiefer eine bedeutende, Serpentinmasse entwickelt und es tritt hier auch Glimmerschiefer so wie Gmeiss und granitarliges Gestein auf. Es kann hier nicht in diese verwickelten Verhältnisse eingegangen werden und wird blos bemerkt, dass der Serpentin sich viel weiter ausdehnt als bisher bekannt war. Er erscheint auch auf dem linken Ufer am Ausgang der Val Tasna und unterhalb Fettan an ersterm Orte angeblich, am letzteren bekanntermassen, von Gyps be- gleitet. Eine andere Gypsmasse tritt unterhalb Sins zu Tage in Begleitung von Quarzit und gneissartigem Gestein, vielleicht ist hier auch Serpentin in der Tiefe. Der Gyps von Fettan scheint tief unter der Schieferbildung durchzugreifen, wie viele Einsen- kungen des Bodens, unter andern ein kleiner See unterhalb des Dorfes zu beweisen scheinen. Sonst besteht die ganze Thalstufe aus grauem Schiefer, der mit dem von Chur und Schanfigg die grösste Aehnlichkeit hat, wie dieser mit Quarzlagen wechselt, von Quarzschnüren durchsetzt und äusserst verbogen ist. Ver- steinerungen wurden darin bis jetzt nicht gefunden, nur in der Val Clozza ob Schuls fand im vergangenen Jahr Hr. Dr. v. Moos einen Pflanzenabdruck, ähnlich der Gelenkfläche eines Equisetiten oder Asterophylliten. Die Stelle ist jetzt verschüttet und ich konnte nichts dergleichen aufbringen, jedoch wäre dieser wich- tige Fund, der auf ein sehr hohes Alter der Schiefer (Anthraeit- schiefer ?) deutet, zu weitern Untersuchungen Anlass genug. Einstweilen ist er zu vereinzelt um daraus Schlüsse zu ziehen. Der Abdruck, den die Churer Sammlung der Güte des Finders verdankt, ist in einem sehr dunkel gefärbten Schieferstückchen. Noch ist ein Granit oder vielmehr Protogynartiges Gestein. zu bemerken, das zwischen Tasna und Fettan riffarlig gegen die Strasse vorspringt. Es besteht dasselbe aus Quarz, grünem Feldspath und Talk mit wenig eingestreutem Glimmer und einem unbestimmten schwarzen Mineral (Diallag nach Mousson ?). Das 1 - Gestein erscheint in dieken massigen Bänken und bricht am Schiefer ab wie eine mächtige Gangmasse. Sein Verhältniss zum Schiefer konnte aus Mangel an Zeit nicht gehörig untersucht werden, es erscheint aber auch bei Ardez an der unteren Inn- brücke, so wie bei Tarasp. Bei Ardez ist die wilde Schlucht theilweise darin eingeschnitten, durch welche der Inn strömt. Nach diesen einleitenden Bemerkungen erscheint es zweck- mässig zu besserer Orientirung den Verlauf zweier Excursionen zu beschreiben, welche zur Untersuchung des Piz Minschun unter- nommen wurden, wobei zu bemerken ist, dass Hr. Escher einen andern, mittleren Weg einschlug. Ich lasse seine kurze Beschrei- bung vorausgehen: „Von Fettan aufwärts gegen den Piz Minschun 3071 M. steigt man fortwährend über Wiesen. Wo immer in Gräben und An- schürfungen der Fels sichtbar wird, ist es schiefriger, dichter oder körniger Kalkstein, bläulich oder bräunlichgrau, in letzterem Falle gewöhnlich mit Quarzkörnern gemengt. Eiwa 250 M. unter dem Gipfel des Minschun, erscheint auf einmal Serpentin, massig, reich an Schillerspath, gleich dem von Tarasp. Am Abfall des Piz gegen N. fortgehend bemerkte ich in den Trümmer- halden auch viele Blöcke von hellgrauem, dichtem, Spilitähnlichem Gestein, bald schieferig, bald massig und mit demselben auch Blöcke von Hornblendegestein, das in jenes überzugehen und mit ihm den südöstlichen Mischungsgipfel zu bilden scheint. Das nähere, zum Theil mit Schneeflecken bedeckte Gebirgsland, und der Fuss der vom Minschun nördlich laufenden, Gletscher tragenden Felsgräte, besiehen dem Ansehen nach aus Serpentin. In der Höhe wird der Serpentin bedeckt von ziemlich horizontal geschichtetem, grauem körnigem Kalkstein, der zum Theil viele Quarzkörner einschiesst. An mehreren Stellen schien mir der Serpentin gangartig in den aufliegenden Kalkstein aufzusteigen. Die vorgerückte Tageszeit verbot eine nähere Untersuchung. 2 18 Jedenfalls ist die Grenze zwischen beiden Bildungen sehr un- regelmässig. An einer der Stellen, wo ich dieselbe erreichte, sah ich den Serpentin nach allen Richtungen von Kalkspathadern durchdrungen, oder es waren beide Steinarten so sehr verwach- sen, dass ein wahrer Verde antico entstanden war.* So weit Hr. Escher. Ich unternahm die erste Excursion von Fettan aus in Beglei- tung der H.H. Prof. Saluz, Rector Schällibaum und Stud. Serardı. Wir stiegen von Fettan aufwärts in westlicher Richtung gegen die Alp Laret den Weg, den Hr. Escher, eingeschlagen. den Signalpunkt Motta Naluns 2143 M. und dem südöstlichen Min- schungipfel, an dessen Fuss Hr. Escher den ersten Serpentin fand und worauf gleichfalls ein Signal steht 2788 M., weit rechts lassend. Es waren mehrere Regentage vorhergegangen. doch war das Wetter gut, die Bergspitzen hell. Von Feltan bis zu den Maiensässen giengen wir über grauen Schiefer und Kalk, dann begann der Boden sich mit grossen Trümmerstücken von krystallinischem Gestein zu bedecken, so dass das Grundgestein nicht mehr zu erkennen war, ‚doch schien der Schiefer nach- serade in eine Art Glimmerschiefer, dieser in Gneiss und Horn- blendegestein überzugehen. In dem Felseneircus, welcher die Maiensässe umgiebt, stehen, diese Gesteine in hohen steilen Terassen an, die man mit eini- ger Schwierigkeit überschreitet. Der Gneiss ist theils gut aus- gebildet, hie und da mit grossen Feldspathkrystallen, theils ist es eine Art Protogyngneiss mit vielem Talk und wenig Glimmer zum Theil auch blos eine Art Taikquarzit in Glimmerschiefer übergehend, oft auch dem grünen Schiefer ähnlich. Der Horn- blendeschiefer ist hellgrau und enthält viel Quarz. Alle diese Felsarten wechseln so oft und so unbestimmt mit einander, dass sich eine bestimmte Folge nicht angeben lässt. Sie fallen alle nach N. mit östlichen und westlichen geringen Abweichun- 19 gen und setzen fort bis zur Alp Laret, welche unter dem Gral auf der obern Thalstufe der Val Tasna liegt. Die Felsköpfe östlich von der Alp bestehen noch aus krystallinischem Gestein, wo sie sich aber mehr nordöstlich etwas senken. Irit! in Rüfen rother, grüner und grauer Schiefer auf, dem Gneiss scheint es aufgelagert. Diese Schiefer ziehen sich aufwärts gegen den Piz Minschun, und abwärts nach der Tiefe der Val Tasna, welche unten gröss- tentheils daraus zu bestehen scheint, wenigsiens sieht man hinter dem Piz Minschun kein anderes Gestein. Sie ziehen über das Joch, welches Laret von den Maiensässen von Fetlan trennt, und fallen nördlich. Allein etwas weiter nördlich aufwärts. er- scheint an der ersten Felsenstufe des Piz Minschun wieder Pro- togyngneiss. welcher die ersten Feisköpfe bildet. Serpentin wurde bier nicht aufgefunden, obgleich nach den bunten Schie- fern zu urtheilen solcher in der Tiefe vorhanden sein kann. Der Schiefer scheint zwischen die beiden Gneissmassen eingelagert. es könnte aber auch sein, dass er die Basis von beiden bildete und an der Stelle auf dem Joch nur höher emporgetrieben wäre. was dann die Gneissdecke gesprengt hätie. Wir überschritten nun das Joch, indem wir uns den kryslal- linischen Bildungen zuwandten. Mächtige Halden von gewaltigen Gneissblöcken lagen am Fusse des vordern Feisenkopfes und mussten überstiegen werden. Der Gmneiss ist hier rölhlichweiss und geht zum Theil in Quarzii über, enthält aber immer noch zum Theil sehr grosse Feldspaihkrystalle. Andere Abänderun- sen sind ilaserig, grau, ebenfalls mit grossen Feldspathkrystalien. Auf diesem Wege gelangten wir in den Hiniergrund des Thales, welches direkt von Feitan zum Piz Minschun führt. und mit einem Feisencircus endigt, welcher zwischen dem obgenannten südöstlichen kegelförmigen Gipfel und der Hauptmasse liegt: es is! ein ödes wüstes Feisenthal von Felsentrümmern erfüllt mit sehr spärlicher Vegetation, meist nur als Schafweide benutzi. Von N, 3 Seiten steigen die Felsenmauern fast senkrecht an, besonders im Hintergrund über 300 Meter, und nordöstlich führt ein schwer zugänglicher Sattel nach Chiampatsch über. Die Basis der Fel- senwände ist überall Gnmeiss mit Glimmerschiefer Hornblende- schiefer und Quarzit wechselnd; der Gneiss geht mehrfach in ein dichtes graues Gestein über. Die Schichtung fällt nach N. Im Hintergrunde des Thales, dicht unter den höchsten und steil- sten Wänden liegt ein kleiner See von grünlichem Schneewasser gefüllt und von einem Trümmerwall aus Gneissstücken eingefasst, welcher sich als alte Moräne deutlich zu erkennen giebt. Schnee- flecken lagen noch rings umher. Von hier aus erscheint der Durchschnitt der westlichen Felsenwand sehr deutlich. Auf dem hoch aufsteigenden Gneiss des südwestlichen Felsenkopfes liegt Schiefer, dann dicke Schichten von Kalk und Dolomit, an der hellern Färbung kenntlich, worauf grauer Schiefer den Grat bildet. Alles fallt nordöstlich ein. Am Ufer des Sees wurde Rath ge- halten, ob und wie die Felsenwände zu ersteigen seien. denn das Wetter hatte sich wesentlich verschlechtert, die Spitzen hiengen voll Nebel, der sich zwar zuweilen zertheilte und den schneebedeckten Gipfel frei liess, jedoch immer dro- hender wurde. Ich rieth zur Eile, denn bisher hatte sich das Weiter immer am Nachmittag verschlechtert und ich rechnete bis gegen 1 Uhr die Spitze zu erreichen; es war nahe am Mittag. Da ein jedes Ding nach Essen und Trinken besser geht, so nahmen wir hier unser Mittagsmahl ein, Hr. Saluz kehrte nach Fettan zurück und wir andern stiegen aufwärts, indem wir vom See aus uns links hielten und in schiefer Richtung die steile Halde erkletterten, die zu einem Einschnitt in den Wänden führte. Wirklich war dies der einzig mögliche Weg. Die Gneiss- stufen waren bald überstiegen, auf dem Gneiss liegt dann Glim- merschiefer, der im grünen und sonst bunten quarzigen Schiefer übergeht, welche sehr talkhaltig ist. Ihm ist gewöhnlicher 21 grauer Schiefer aufgelagert. Es folgen dicke Bänke von grauem Kalk und Dolomit, dann Kalkschiefer und gewöhnlicher grauer Schiefer sehr quarzreich und mit schieferigem Kalk und Sandstein wechselnd. Diese letztere Bildung ist sehr mächtig; sie bildet den Grat so wie die oberste Spitze des Piz Minschun. Diese Schiefer u. s. w. fallen ziemlich steil nach N. der Alp Urschai zu, die das östliche Seitenthal im Hintergrund der Val Tasna bildet. Noch ist zu bemerken, dass verschiedene Dolomit und Schieferschichten zellig poröse Beschaffenheit zeigen. Wir überstiegen alle diese Formationen; das Aufsteigen über die steile, von Schieferstücken bedeckte Halde war höchst be- schwerlich, denn bei jedem Schritte fast glitten wir theilweise zurück. So gelangten wir auf einen Sattel, hinter welchem ein tief eingeschnittenes Tobel nach Val Tasna führt, und zur rechten erhob sich ein steiler Grat zunächst in einer fast senk- rechten Felsstufe, die wir zu umgehen suchten, was schwierig und gefährlich erschien. Es fand sich jedoch, dass sie von vorn ersteigbar war und wir gelangten auf diesem Wege auf den Grat. Dieser besteht aus graubraunem Schiefer mit sandigen und Kalkschichten wechselnd. Vergeblich wurde auf dem ganzen Wege nach Versteinerungen gesucht, die man nach Beschaffenheit des Gesteins finden zu müssen glaubt. Der Grat, der sich von Felsenstufe zu Felsenstufe erhebt, bietet einen schauerlichen Anblick von Zerstörang und Naktheit, die dem Berg seinen Namen verschafft hat; Piz Minschun heisst fauler Berg, Faulhorn. Man schreitet über die steil aufgerichteten Schichtenköpfe weg, welche keine Spur von Vegetation zeigen; Zahn- und Ruinenartig stehen einzelne Zacken, den Einsturz drohend hervor, die man umgehen muss. Rechts (östlich) fällt die steile Wand meist senkrecht oder in wenig unterbrochenen Felsenstufen gegen den See und das Thal ab, mit vorspringen- den Zacken und Kanten besetzt und oben meist mit einer über- 27 hängenden scharfen Schneelehne gekrönt: links senkt sich das Gebirg in steilgeneigten Flächen, mit Schieferfragmenten über- streut, und in einzelnen Felsenterassen gegen Tasna und Urschai. Mehrere scharfe Gräte laufen in dieser Richtung vom Hauptgrat aus, durch tief eingerissene Tobeln getrennt, so dass man von dem schmalen Grat beiderseits in schauerliche Tiefen sieht. in welche losgerissene Steine rasselnd hinunterstürzen. Mehrere Stufen des Grates wurden hintereinander ersliegen. es war immer nicht der höchste Punkt, der vor uns zu fliehen schien. Mehrmals hinderte dicker Nebel weiteres Fortschreiten. Jetzt war der Punkt erreicht. wo das Gebirg einen Knoten bildet, dessen östlicher Ausläufer den See umfasst; eine hohe Kuppe dahinter schien der Gipfel zu sein und wir hatten sie bisher dafür gehalten; aber oben angelangt sahen wir den Grat sich links wenden, und im Hintergrunde, wenige 100 Fuss höher den höchsten Punkt aus dem Nebel auftauchen um alsbald wieder zu verschwinden. Wir waren jetzt ganz in Wolken gehüllt. Hie und da zerriss der Schleier und gestaltete die Aussicht auf das tiefer unten liegende Land und die zerrissenen Bergseiten unter uns, Doch wurde das weitere Vordringen versucht, aber der Nebel fieng jetzt an, sich zu Schneegestöber zu gestalten. und bei Schnee und Sturm auf einer scharfen Kante eiwa 3000 M. hoch lange auszuhalten erschien höchst bedenklich, beson- ders da an Aussicht nicht zu denken war und die Untersuchung der Spitze, welche wir als aus denselben Schiefern bestehend erkannt hatte, von keinem wissenschaftlichen Werth war. Es wurde beschlossen zurückzukehren und zwar zu unserem Glück. Mehrmals waren wir zweifelhaft, welchen Grat wir in der vom Nebel verursachlen Finsterniss wählen sollten und die Magnet- nadel musste einmal die Richtung entscheiden; der Versuch. einen kürzern Weg einzuschlagen musste aufgegeben werden, ünd eben als wir an einem der schwierigsten Punkte waren, 23 brach das lang gefürchtete Unwetter mit aller Kraft los. Die Hagelkörner fielen rasselnd auf die Felsen, dann folgte dichter Schnee mit Regeu gemischt, in kurzer Zeit war die ganze Um- gebung eingeschneit. Einige Zeit fanden wir Schutz an einer Felswand, als aber das kalte Schneewasser von oben auf uns herabzulaufen anfieng, mussien wir auch diesen Zufluchtsort ver- lassen und durchnässt und frierend in Schnee und Regen weiter, den der Sturm unbarmherzig in fast horizontaler Richtung auf uns lostrieb. Der Weg über die Gneisstrümmer war besonders unangenehm und unter solchen Umständen förmlich gefährlich. Endlich kamen wir aus dem Felsengewirre heraus auf wegsa- mern Schieferboden und ereilien im Laufschritt die Alphütte Laret, wo wir bei den freundlichen Sennen, wenn auch kein be- quemes Unterkommen, doch Feuer und warme Milh fanden, um uns einigermassen zu wärmen und zu trocknen. Am Abend spät, da es sich etwas aufgehellt hatte, kamen wir nach Feitan, wo man um uns besorgt gewesen war. Die Spitze des Min- schun war und blieb bis zum Abend in dickes Gewölk gehüllt. Es wird diese zu 3071 M. angegeben, 3000 hatten wir wenig- stens erreicht; eine halbe Stunde guies Wetter hätte hingereicht, um den Zweck voilsiändig zu erreichen, da der Weg dahin keine grössern Schwierigkeiten bot, als die bisher leicht über- wundenen. Der Besuch des Berges ist nicht ganz gefahrlos, doch unbedenklich für soiche, die an Kleitern gewöhnt und oime Schwindel sind. Die Aussicht muss bei gutem Wetter reizend sein, da man fasi alle umliegenden Höhen übersieht, und es kann daher der Punki auch in dieser Beziehung empfohlen werden. Vom Standpunki des Touristen aus, war dies eine miss- lungene Partie; der Gebirgsiorscher, gewöhnt an dergleichen Erlebnisse, kümmert sich wenig darum, sobald es ihm gelungen ist zu einem wissenschafllichen Ergebniss zn gelangen. Dieses- ist nun für diese Seite des Gebirgs folgendes: 24 Die Basis der ganzen Formation ist grauer Schiefer und die- sem eingelagerter Kalk. Auf beiden liegt Gneiss, Glimmerschiefer und sonst krystalli- nisches Gestein, ein Verhältniss, das der gewohnten Gesteins- folge widersprechend wie es ist, in Bünden gar nicht zu den Seltenheiten gehört und auf einen tief eingreifenden Metamor- phimus deutet. Auf dem Gmeiss liegt wieder Schiefer und zwar in dessen Nähe von Ghimmerschiefer aus in Talkschiefer und quarzigen bunten Schiefer, endlich in gewöhnlichen grauen Bündner Schiefer übergehend, in welchem mäehtige Bänke von dolomitischem Kalk eingelagert sind. Diese Formationen bilden die obere Decke des Gebirgs und fallen, wie die ganze Masse nördlich und nordöstlich nach dem Hintergrund der Val Tasna. Ob die bunten Schiefer zwischen Laret und dem Piz zwischen zwei Gneissmassen ein- gelagert sind, oder noch zu beider Basis gehören, muss noch näher untersucht werde. Sie könnten auch eine muldenförmige Auflagerung sein. Auf der ganzen Excursion war kein Serpentin aufgefun- den worden, und es handelte sich nun darum, die bedeuten- den Massen dieses Gesteins, die ich von der Höhe aus auf der Ostseite zu übersehen Gelegenheit gehabt hatte, näher zu untersuchen. Einige Tage später stieg ich von Schuls aus auf der rechten Thalseite der Val Clozza, dem hintern Thale zu, wandte mich aber bald aus dem von Tobeln und Rüfen zerrissenen Waldboden, nach dem Thalgrund wo dieser gangbarer zu werden anfängt und einige Schieferhalden vielleicht Versteinerungen liefern konnten. In dieser Hoffnung fand ich mich getäuscht, bemerkte aber nordöstlich verschiedene Serpentinhalden, über die ich am Abend zurückkehrte. Den Bach überschreitend, wandte ich mich westlich hinter Motta Naluns gerade gegen den südöstlichen 25 Gipfel des Piz Minschun. Bis an den Fuss des kegelfürmigen Berges fand ich blos Schiefer, nach oben auch Kalk mit den- selben wechselnd. Da wo der Kegel sich steil erhebt, fanden sich die ersten Serpentine in Form von schwarz und hellgrünen Halden, umgeben von bunten Schiefern, die sehr kieselhaltig zum Theil jaspisartig sind und gegen den Berg hin in das spi- litarlige Gestein übergehen, welches Hr. Escher beschreibt. Darüber folgt Glimmerschiefer, Gneiss und Hornblendegestein, wie in dem oben beschriebenen Circus des Piz Minschun, der un- mittelbar dahinter liegt. Wie gewöhlich wechseln diese Gesteine miteinander und scheinen bis zum Gipfel des Signalpunktes zu reichen; den zu ersteigen die Zeit nicht erlaubte. Der Serpentin setzt noch eine Strecke westlich fort; darunter gegen Feltan ist alles grauer Kalk und Schiefer. Ich folgte dem Fusse des Grates. Das Thälchen, welches zunächst östlich sich flach einbiegt, und in dem mehrere sehr starke Quellen entspringen, ist angefüllt mit mächtigen Trümmer- stücken von Gneiss, Hornblendegestein und Quarzit, der in Gneiss übergeht, gerade wie jenseits. Im Hintergrund dieser Einbucht steht Gneiss an, unter und aus welchen der Serpentin in eckigen Felsenmassen hervortritt, die viel Bronzit enthalten und zum Theil rostbraun angelaufen sind. Darüber liegt wieder Gneiss, der sich östlich herabsenkt. Der folgende von der Hauptgebirgsmasse südlich auslaufende flache Rücken besteht auf der Westseite grösstentheils aus grü- nen Schiefern, die am Fusse der Hauptmasse, welche in steilen Wänden ansteigt in Glimmerschiefer übergehen, auf welchem Gneiss liegt. Letzterem ist eben da grüner und grauer Schiefer, dann Kalk aufgelagert, worauf Schiefer und Kalk wechseln und dann bis zum höchsten Grate der graue Schiefer vorherrscht, über welchen wir auf der vorigen Excursion gekommen waren. Nörd- liches Fallen ist vorherrschend, doch mit vielen Biegungen und Abweichungen. | An mehrern Stellen auf dem genannten, südlich laufenden Rücken tritt Serpentin aus dem Schiefer hervor, am Fuss der Haupimasse steht er in mächtigen Wänden an und zwar ge- wöhnlich zwischen Schiefer und Gneiss, dringt aber auch ver- chiedentnilich in den überlagernden Kalk und Gmeiss gangartig ein. Wo Serpentin auftriti, sind die Schichten sehr verbogen. Der Kalk enthält theilweise Quarzkörner. Nach Osten endei der gedachte Rücken in steilen Felsen- abstürzen. Sie bestehen grösstentheils aus grünlichem sehr quarzreichen Schiefern. Unter denselben tritt eine mächtige, massige Felsenpartie hervor, die ich von weitem für Serpentin hielt. Es ist jedoch ein graugrüner Diorit, der unter ganz ähn- lichen Verhältnissen erscheint wie der Diorit im Urdenthal bei Chur, und demselben zum Verwechseln ähnlich sieht. Der Diorit ist meng von grünlichem Albit (Oligoklas?) und schwarzen sehr graugrün und besteht aus einem innigen Ge- deutlichen kieinen Hornblendekrystallen und krystallinischen Schüppchen desselben Minerals, die besonders auf Verwitterungs- flächen sehr deutlich hervortreien. An vielen Stellen sind Schwe- felkieswürfel eingesprengt Das Ganze bildet eine scharfkantige Masse, von grossen Trümmerstücken umlagert. Die aufliegen- den grünen Schiefer fallen nach N. und auch die dicken massi- sen Bänke des Dioriis scheinen im Ganzen so zu liegen, doch ist keine eigentliche Stratification vorhanden. Wo sie den Schiefer berühren, hat dieser auch dioritisches Ansehen, weiter nach oben aber ist ein grünlich grauer Talkschiefer vorherr- schend oline Hornblende oder mit geringen Spuren derselben. Damit tritt auch grüner kieseliger Schiefer und Spilitarliges Ge- stein auf, das viele kleine Quarzkrystalle und Epidot in kleinen Drusenräumen und Kluftflächen enthält. Diese Schiefer nehmen 27 grösstentheils den Raum zwischen dem Diorit und den Felsen- wänden des Piz Minschun ein. Nördlich und nordwestlich von dem Diorit, wo das Gebirg sich in senkrechten Abstürzen nach N. einbiegt, tritt Serpentim in gewaltigen Massen zwischen Schiefer und Gneiss hervor, welcher letztere einen Bogen über ihm bildet. Die Schiefer zwischen Serpentin und Diorit sind unregel- mässig verbogen, Auf dem Gneiss liegt zunächst eine schiefrige Masse, zu der ich hier nicht gelangen konnte, die aber Glimmer- schiefer oder grüner Schiefer zu sein scheint. dann folgt kör- nig krystallinischer Kalk und Dolomit, endlich grauer Schiefer und Kalk mit vorherrschendem Schiefer. Das Tobel,. in welchem die Einbiegung des Gebirgs hier endet, und welches dicht unter der höchsten Spitze des Piz Minschun beginnt, ist in diese Felsarten eingeschnitten: ich war bei der vorigen Excursion bis zu seinem Anfang gelangt. Der Serpentin bildet den unteren Theil der Felsenwand, so dass es scheint als sei er die eigent- licha Basis des Gebirges. Die Thalliäche vom Diorit abwärts besteht aber aus grauem Schiefer, welcher gegen den Serpentin einfällt. Etwas weiter nördlich erstreckt sich ein anderer Rücken gleichfalls in südlicher Richtung. dessen vorderer felsiger Ab- siurz so ziemlich die Gesteinsfolge der ersten zeigt. Die Thal- fläche davor ist grauer Schiefer, aus ihm erhebt sich zunächst ein schiefriges dioritisches Gestein, der eigentliche massige Diorit steckt unstreitig darunter in der Tiefe; man sieht an den untersten Lagen den Uebergang deuilich. Dieses Gestein geht nach oben und nach den Seiten, gerade wie am Hörnli in der Urdenalp, in Variolit über. Dieser besteht aus einer schiefrigen thonigchloritischen Grundmasse von grüner, grauer und violeiter Farbe, ganz angelüllt mit grünen, weissgelben oder auch röth- lichen Mandeln meist von Erbsengrösse und mehrentheils platt gedrückt. Weiter oben kommen grüne Schiefer, dann eine sehr ausgedehnte Serpentinhalde, welche westlich hinüberzieht und sich östlich und nördlich ebenfalls weit verbreitet. Weiter auf- wärts scheinen wieder grüne Schiefer und Serpentin zu liegen, der Boden ist aber bis hoch an den Berg hinauf mit Schutt- halden bedeckt, die aus grossen Gneissmassen und eben so grossen Stücken eines grauen körnigen Kalkes bestehen. Schon vor der oben beschriebenen Stelle im Thale fing diese Schutt- halde an, dahinter erhebt sich mauerartig der Piz Minschun und der unterste Theil der Felswand wird wieder durch eine weit ausgedehnte Serpentinmasse gebildet, welche in den aufgelagerten Gneiss und Kalh oft gangartig eindringt. Leider erlaubte die Zeit nicht, diese Wände zu ersteigen, was ohnediess schwer zu bewerkstelligen ist; ich wollte und musste das Ende des Thales erreichen. Es schien mir auch unter dem Gneiss Kalk zu liegen ; aus Hr. Eschers Beschreibung, welche mir damals nicht mehr recht erinnerlich war, scheint diess hervorzugehen und die Ge- wissenhaftigkeit der Beschreibung erfordert, es zu bemerken. Jedenfalls sind nach den herabgestürzten Trümmern, beide Ge- steine vorhanden, und an beiden bemerkt man deutlich die Be- rührung mit Serpentin, welcher zum Theil noch daran festhängt. Grosse Serpentinfragmente sind auch oft ganz mit Kalkadern durchzogen „wie Verde antico*. Doch ist diess immer eher Kalspath als körniger Kalk. Auf den eben beschriebenen Rücken folgt eine wellenförmige wenig durch Felsenpartien unterbrochene Thalfläche, welche gegen den Hintergrund nach NO. aufsteigt und mit einem flach gewölbten Joche endet, Rechts ist der ganz aus Schiefer be- stehende Piz Chiampatsch links die Fortsetzung des Piz Minschun. Diese Thalfläche bietet einen schauerlich wüsten Anblick, ähnlich der Todtenalp von Davos, welcher sie an Verödung wenig nach- giebt. Auf mehr als eine halbe Stunde Länge und fast eine Viertelstunde Breite sieht man nichts als Serpentinfragmente und ‘ 2 Felsen, fast ohne alle Vegetation obgleich es an Wasser nicht fehlt, diese zu befördern. Einzelne Schneehalden lagen da- zwischen, und die dunklen Felsenmauern zur Seite vollenden das düstere Bild. Es zeigen sich auch ganz ähnliche Erscheinungen wie auf der Todtenalp, namentlich die in den Serpentin eingewickelten Kalkstüche und Breccienartigen Felsmassen aus beiden Gesteinen gebildet. Doch bietet Farbe und sonstige Beschaffenheit des Serpentins einige Abwechslung. Bald ist er schwarzgrün und glänzend, bald lauchgrün, in scherbenartige, schartkantige Stücke zerfallen. Andere Stellen sind mit rothbraunen eckigen Frag- menten bedeckt, welche von ausgewitterten Bronzitkrystallen und anderweitigen körnigen Ausscheidungen rauh sind. Wieder andere in feine Scherben zerfallende Halden sehen hellgrün aus wie Schiefer, bestehen aber dennoch aus Serpentin, die grüne Oberfläche ist Pikrolith, im Innern sind die Stücke schwarz- grün wie gewöhnlich. Aus diesen zerfallenen Massen steigen da und dort zackige massige Serpentinfelsen, gleich Kernmassen der ganzen Formation hervor, schwarz oder schwarzgrün, von rostigem Anflug und mit Bronzitkrystallen bedeckt, der Ver- witterung wenig ausgesetzt. Verschiedene dieser hervortreten- den Felsenpartieen bestehen auch aus einer Breccie von Kalk und Serpentin, andere sind von weissen und grünlichen Kalk- spathadern durchzogen. Kalkfragmente, welche der Serpentin einschliesst, sind körnig oder blättrig krystallinisch, nicht dolomi- tisch, eine merkwürdige Erscheinung, welche Studer bei der Todtenalp bemerkt. Durch den ganzen Hintergrand des Thales verbreitet sich diese wüste Trümmerwelt, kahl, wie verbrannt, einem Lava- und Schlackenfeld ähnlich. Nur wenige vereinzelte Pflanzen sprossen aus diesem Todtenfeld auf: Saxifrage stellaris, androsacea, autum- nalis, Arahis coerulea, Gentiana bavarica, Chrysanthemum alpi- 30 ’ num, Cherleria sedoides, Cardamine alpina, Aronicum scor- pioides Pon alpina und minor. Nur da, wo von den Thal- wänden herabstürzender Kalk und Schiefer sich mit dem Ser- pentin mischen, erscheint wieder einiges Grün. Doch wir kehren wieder an die Felsenwände der westlichen Thalseite zurück, welche den Fuss des Piz Minschun und seiner nordöstlichen Forisetzung bilden. Nördlich von dem Anfang des Rückens, an dessen Ende der Variolit ansteht, bildet Ser- pentin fortwährend die Basis, auf ihm liegt Gneiss (vielleicht auch mit Unterlage von Kalk) dann eine dünne Lage Schiefer. dann Kalk in dicken Bänken, auf welchem endlich der gewöhn- liche Schiefer wie oben mehrmals angegeben, aufsitzt. An dieser Stelle sind die Wände ziemlich zugänglich uud ich bedauerte sehr, dass die vorgerückte Zeit mich abhielt, den Kamm an dieser Sielle zu ersteigen. Die dicken ziekzackför- mig verbogenen Bänder von Kalk und Gmeiss stechen durch ihre helle Farbe auffallend gegen den darunter liegenden dunklen Serpentin und den aufliegenden hraungrauen Schiefer ab. Uebrigens ist hier der Gneiss, der zu Anfang unserer Wande- rung die mächtigste Felsari war, schon auf ein verhältnissmässig schmales Band zusammengegangen und scheint sich weiter hinaus ganz auszukeilen. Der körnige Kalk wird zur vorherrschenden Masse, und auch der aufgelagerte Schiefer wird immer dünner und fällt zuletzt weg. Je weiter man nach N. fortschreitet,. desto mächtiger wird die Serpentinmasse unter den weissen Bändern, so dass diese nicht wohl mehr zu erreichen sind, da der Serpentin senkrechte Felsen bildet. Da herabgefallene Trümmer keinen Gneiss melır aufweisen, schliesse ich daraus, dass er oben nicht mehr vorhanden ist. Endlich bildet der Kalk eine mächtige Bank auf dem Ser- pentin, die Schieferdecke ist verschwunden, dann wird plötzlich auch der Kalk durch hoch aufsteigende Serpentinfelsen verdrängt. 3i erscheint aber noch einmal als schmaler Keil weit in die Masse des Serpentins eingeschoben, welcher am Ende des Thales ein mächtiges grossartig zerrissenes Horn bildet, ähnlich den Hör- nern der Todtenalp, nur höher als diese. Die Passhöhe am Ende des Thales zeigt einen sehr interessan- ten Durchschnitt. Der Pass selbst ist eine Halde von äusserlich grünem, inwendig schwarzem Serpentin in schiefrig splittrige Trümmer und Scherben zerfallend, doch sind auch Stücke von wirklichem grünem Schiefer beigemischt. Etwas südöstlich ab- wärts tritt daraus riffartig eine schwarzbraune compacte Ser- pentinmasse hervor, Oestlich von der Passhöhe erheben sich fast senkrecht, mit schwacher Neigung nach NO. unter den Serpentin einfallend graue und grüne Schieferschichten, die all- mälig zu dem scharfen Grat des Piz Chiampatsch ansteigen, dessen mahlerische Form von Tarasp aus die Blicke auf sich zieht. Weiter nach Ost bleiben die grauen Schiefer vorherr- schend, fallen ebenfalls nördlich, aber weniger steil und bilden die steilen zackigen Gräte ob Sins. Links vom Passe (nordwestlich) erhebt sich nach wilder und zer- rissener das oben erwähnte ganz aus Serpentin bestehende Horn, das Ende der Gruppe des Piz Minschun, also desseu nördlichster Gipfel. Es bildet mit der Passhöhe einen Knotenpunkt, und hängt nördlich durch einen schmalen Grat mit dem Piz Fatschalv zusammen. Das Serpentinhorn des Minschun, wie ich den Punkt benenne, weil er auf der Karte keinen Namen hat, sieht schauderhaft aus. Es besteht ganz aus zerrissenen und zerspaltenen Massen von lauchgrünem glänzenden Serpentin, welche in fortwähren- dem Zerfallen und Einstürzen begriffen sind. Halbzerfallene schartkantige Massen stehen nach allen Seiten hervor, die hohe Spitze und die Gräte sind zackig ausgezahnt, der Fuss von Trümmern jeder Grösse umlagert, ein Theil der untern Halde 32 von fein zerfallenem Serpentingruss bedeckt. Von Vegetation natürlich keine Spur. Da mir sehr viel daran gelegen war, die Ausdehnung des Serpentins nach der Val Tasna hin zu übersehen und überhaupt eine Totalansicht des Gebirgs zu gewinnen, so entschloss ich mich, die Ersteigung der Spitze ungeachtet der vorgerückten Tageszeit zu versuchen. Ich fand sie leichter, als ich vermuthet hatte, denn trotz der zerrissenen Beschaffenheit fand ich die Serpentinfelsen ziemlich fest. Auf der scharfen Kante, die nord- wärts nach Val Tiral, einen fast senkrechten Absturz zeigt, kam ich, die scharfen Zacken und schneidenden Ecken, bald übersteigend, bald umgehend nachgerade und ohne erhebliche Gefahr auf die Spitze, wo einige kleine Felsenflächen Platz genug zum Aufent- halt bieten, obgleich ich nicht glaube, dass dieser dem Ansehen nach so abschreckende Ort oft von menschlichen Füssen betre- ten worden ist. Abwärts gegen Tiral und in diesem Thale fort erstreckt sıch der Serpentin noch ziemlich weit und unter- teuft den Kalk und Schiefer, welche hier wieder darauf liegen und grosse Mächtigkeit erlangen. Er zieht sich, ähnlich wie bisher, schwaz oder braun, vegetationslos in der Thalfläche von Tiral fort, wohl noch eine Viertelstunde weil; der Abhang des Serpentinhorns auf dieser Seite, so wie der Passrücken be- steht ganz daraus, eben so ein Theil des Grats, der nach dem Piz Fatschalv läuft nnd über welchen der Weg schwerlich gang- bar ist. Dann legen sich dicke Kalkbänke und Schiefer auf, welche die von Schnee und Eis bedeckte Spitze des Piz Fatschalv bilden. Nach Val Tasna zu fällt das Serpentinhorn eben so steil und wild ab, als gegen Chiampatsch, ist aber auch hier, wiewohl schwierig, zugänglich. Der Serpentin erstreckt sich auf dieser Seite wenig weiter, als bis zu seinem Fuss, er ist hier von 2. nördlich fallendem grauem Schiefer bedeckt, der sich in den Hintergrund der Val Tasna (Urschai) senkt. Der südlich sich fortsetzende Grat, welcher nach dem Piz Minschun führt, wäre wohl zu überschreiten, obgleich er sehr scharf und schmal und äusserst zerrissen ist. Er besteht noch weithin aus Serpentin, in wild zerspaltenen Massen, auf welchen wie oben bemerkt weiterhin Kalk liegt und in nordöstlicher Richtung keilförmig in ihn eingelagert ist. Weiter nach S. ist der Kalk von Schiefer überlagert, welcher eine scharfe Kante und allerlei seltsam geformte Felsenzacken bildet, nach N. aber ebenfalls in stark geneigten Schichten gegen Val Tasna fällt, Auf diese Weise sieht man den Grat in sehr verschiedener Höhe gegen die höchste, schneebedeckte Spitze aufsteigen, deren graue Schiefer mehrfach unter dem Schnee hervortreten und ebenfalls steil nach N. fallen. Doch wäre die Spitze wohl nicht schwer von der Nordseite zu ersteigen. Es stimmt diese von oben gewonnene Ansicht der ganzen Gebirgsmasse ganz mit den von unten gemachten Beobachtungen überein und geht namentlich daraus hervor, dass die ganze Rückseite derselben nach Tasna hin aus grauem Schiefer besteht. Die Masse des Serpentinhorns besteht ganz aus dem reinsten Serpentin von glänzend schwarzgrüner Farbe meist mit Pikrolith überzogen, der zwischen den Blöcken oft mehrere Linien dicke Tafeln bildet, ebenso findet sich grüner und wachsgelber fase- riger Asbest, der Holzstücken ähnlich sieht. Eine. andere weisse, dem Tremolit ähnliche Abänderung, ist gleichfalls nicht selten. Ueberhaupt liessen sich hier bei längerem Suchen interessante Gegenstände auffinden. Spalten und Vertiefungen waren mit Schnee gefüllt 31. Juli) sonst war die Spitze frei; auf den schwarzen glatten Felsen haftet der Schnee nicht und schmilzt cher, da sie sich in der Sonne schneller erhitzen. Von Vesetation war hier nichts zu 3 34 finden; einige magere Rasen von Saxifraga androsacea und Cherleria sedoides waren die einzigen Pflanzen. Unten auf der Passhöhe fanden sich vereinzelt Ranuneulus glacialis, Cerastium alpinum, Alsine recurva und die obgenannten Pflanzen, welche zu den wenigen Gewächsen gehören, die selbst auf Serpentin fortkommen. Da von dieser Spitze aus der gegenüber liegende Piz Chiam- patsch, der 2920 M. angegeben wird, offenbar niedriger er- scheint, so schätze ich sie etwa 3000 M. Nur zwei in der Nähe befindliche Punkte überragen sie, der eigentliche Gipfel des Minschun und der Piz Fatschalv, und diese beiden Berge be- schränken in der Nähe die Aussicht, sonst sieht man über die ganze Umgebung hinweg, und diese Aussicht ist grossarlig. Nach N. breiten sich die Schnee- und Eiswüsten des Jamthaler Ferners aus, und die Gletscher, welche diesen mit der Selvretta verbinden. Sie strecken mächtige Arme gegen Tasna herab. Eine Menge vielgestalteter gewaltiger Hörner erheben sich in dieser Richtung, unter welchen sich besonders der Piz Buin und das Fluchthorn durch ihre kühnen Umrisse auszeichnen. Nach Osten erscheinen, so weit das Auge reicht, die schneeigen Gipfel der Tyroler Alpen und die Gruppe des Ortles, welcher durch seine Masse die ganze Umgebung beherrscht, nach Süden und West ein Theil des Unterengadins, die kühnen zackigen Spitzen der Lischana, Pisog u. s. w., die es in dieser Richtung begrenzen, die riesigen Höhen der Albulakette und im Hintergrund auf seiner hohen Unterlage frei hervortretend das erhabene Berninagebirg, krystallhell glänzend in der alles decken- den Schnee- und Eishülle. Die Sonne sank glühend roth an dem wolkenlosen Himmel den westlichen Gebirgen zu und glühend leuchtete ihr Widerschein von den Firnen und Gletschern, selbst die dunklen Felsenwände umher glänzten jetzt in ver- schiedenfarbigem Licht und lange riesige Schatten fielen in die 35 Thäler. Es liest etwas unendlich Ergreifendes in dem Anblick der scheidenden Sonne von grossen Höhen aus und der Eindruck der Scene liess mich eine Zeit lang vergessen, dass ich mich in einer misslichen Lage befand. Ganz allein auf einer Höhe von nahebei 3000 M. ohne den Rückweg genau zu kennen, ohne den bei Beschreibung von Bergreisen sonst unvermeidlichen Führer, welcher die verschiedenartigen Geistesthätigkeiten der Touristen completirt, hätte ich allerdings bedenkliche Betrach- tungen anstellen können. Ich überliess mich dem guten Glück, trank den letzten Rest meiner Weimflasche aus und begab mich auf den Rückweg. Ich hatte gehofft auf der Südwestseite über die Kalkbildungen herabsteigen zu können. Diess musste auf- gegeben werden. Doch erreichte ich noch die Stelle, wo sich der Kalk im Serpentin aushüllt, im Hinunterklettern. Gneiss fand sich hier nicht mehr vor. Nicht ohne Mühe stieg ich die stei- len Serpentinfelsen hinab, dann seitwärts unter denselben weg über Serpentingerölle bis zur bezeichneten Stelle. Von hier aus war es möglich, über den feinen Gruss schnell hinabzu- gleiten, wobei der Schutt sich oft lavinenarlig in Bewegung setzte und mich nöthigte, eine andere Bahn einzuschlagen. Den Rückweg nahm ich quer über die Serpentinfläche der Val Chiampatsch und auf der linken Seite der Val Clozza. Mehrmals noch tritt hier der Serpentin in ausgedehnten Hauf- werken aus grauem Schiefer hervor, doch ist letzterer die vor- herrschende Steinart. Gerade mit einbrechender Dunkelheit er- reichte ich die letzten Serpentinhalden, welche ich am Morgen aus ‚der Ferne bemerkt hatte. Es war mir leider nicht mehr möglich, deren Ausdehnung zu umgehen, oder weiter nach Sins hin das Terrain zu untersuchen, wo vielleicht auch noch Serpentin liegt. Ohnediess war es schwierig, den Pfad nach Schuls in der Finsterniss zu finden, der oft auf dem Rasen ver- schwand und mehrmals am Rande des Tobels auf eine Weise 36 hinführte , welche diese Nachtpartie wirklich gefährlich machte. Es war fast 10 Uhr als ich unten ankam. Als Ergebniss hiervon stellt sich heraus: Graue Schiefer bilden auch auf dieser Seite die Basis des Gebirges; er geht nach oben in grünen Schiefer, Glimmerschiefer, endlich in Gneiss über, mit dessen oberen Bänken wieder ähn- liche Veränderungen vorgehen, bis wieder graue Schiefer er- scheinen, welche mit mächtigen Kalkbänken wechseln. Die Zwischenlage von Schiefer keilt sich aber gegen N. hin aus, und der Kalk, hier körnig krystallinisch, liegt unmittelbar auf dem Gneiss, über dem Kalk dann graue Schiefer, welche end- lich nach N. hin auf dem Kamm auch verschwinden. Die Rück- seite des Gebirgs gegen Val Tasna besteht ganz aus Schiefer. Der Serpentin tritt aus dem untern grauen Schiefer hervor und zwar vorzugsweise zwischen diesem und dem Gneiss, dringt gangartig in diesen und in den Kalk ein, wirft am nördlichsten Punkt die Decke vollständig ab und umhüllt den letzten Aus- läufer des Kalks, an welchem der Gneiss verschwunden ist. Er bildet mit dem Kalk Breccien , ist aber seinerseits wieder von oben her durch Kalkspath infiltrirt. Er umhüllt Fragmente von Kalk. Die Schichten der aufgelagerten Gesteine sind in seiner Nähe verbogen, geknickt und sonst aus der Lage gebracht, er erscheint überhaupt deutlich als metamorphosirendes Eruptivgestein. Die äusseren Massen sind schalig splittrig, die Kernmassen ganz mit Bronzit erfüllt und bedeckt, sind massig und widerstehen besser dem Zerfallen, wie dies auch Mousson bei Tarasp bemerkt, und ich an andern Orten zu beobachten Gelegenheit hatte. Der Diorit tritt an zwei Stellen deutlich hervor und zwar wie auf der Urdenalp in der Nähe des Serpentins und des Schiefers. Dieser letztere ist in seiner Umgebung in einen dioritischen Schiefer, grünen Schiefer und Variolit umgewandelt, wie auch in der Nähe des Serpentins der graue in bunten Schiefer übergeht. 37 Gneiss, Glimmerschiefer und Hornblendegestein, die zwischen zwei Schiefermassen und aufliegende Kalkbänke gelagert sind, können nur metamorphische Gesteine sein, ebenso der körnig krystallinische Kalk. Ob der hier in ungeheurer Ausdehnung auftretende Serpentin, oder eine tiefer liegende Ursache Grund dieses Metamor- phismus ist, kann vorläufig nicht entschieden werden. Einige Punkte bedürfen noch einer genauen Detailuntersuchung, und diese erfordert mehr Zeit, als mir zu Gebote stand; die hier gegebenen Thatsachen sind gewissenhaft aufgezeichnet, und wenn sie auch mit Vielem in Widerspruch zu stehen schei- nen, so schliessen sie sich doch ganz an das an, was von den hervorragendsten Schweizergeologen längst beobachtet wor- den ist. ner 2. Das Weisshorn von Erosa. (Vide Tafel II.) Der ziemlich ansehnlichen Entfernung ungeachtet, reiht sich die Untersuchung dieses Gebirgsstockes an die des Piz Minschun an, indem hier ganz ähnliche Erscheinungen auftreten. In Be- ziehung auf seine Umgebung und namentlich auf das Auftreten von Diorit und Variolit, verweisen wir auf Studers Abhandlung über die Gebirgsmasse von Davos in den Verhandlungen der Schweizerischen naturforschenden Gesellschaft von 1837 und die daselbst gegebene Karte, sowie auf die Geologie der Schweiz B. 1, S. 330 ff, woran sich die folgenden Blätter anschliessen sollen. Es giebt in der genannten Gebirgsmasse, sonst auch der Strehlazug genannt, vier Berge, welche den Namen Weisshorn führen; 1) eine hohe Felskuppe zwischen dem Strehlapass und der Maienfelder Furka; 2) die Weissflue an der Todtenalp; 3) das Parpaner Weisshorn, welches Studer genau beschrieben hat, im Hintergrund des Urdenthales; 4) das Eroser Weisshorn zwischen eben diesem Thale und Erosa nordöstlich vom Urdensee. Von diesem letztern soll hier die Rede sein. Es erscheint das Weisshorn von Chur aus gesehen, links vom Churer Joch und Gürgaletsch als weissgraue, kahle Felsenkuppe, von ansehnlichem Umfang und ist den grössten Theil des Jahres mit Schnee bedeckt. Seine Höhe giebt Dufours Karte zu 2668 Meter an. Es bildet den höchsten Punkt einer kurzen Kette, welche. vom Parpaner Weisshorn aus nach NO. streicht und mit der gleichfalls von da auslaufenden Tschierpe fast einen rechten 39 Winkel bildet. Zwischen beiden liegt die Einsattelung am Urden- see, aus welcher sich die kolossale Dioritmasse des Hörnli erhebt. Dieses, das Parpaner Weisshorn, 2346 M., und Schwarzhorn, 2600 M., bilden im Halbkreis den Hintergrund des Urdenthales, dessen rechte Seite die Plattenhörner, 2560 M., und.das Eroser Weisshorn ausmachen, während die linke von dem Alpste'n und Schwarzhorn gebildet wird. Das Urdenthal ist durch eine quer gelagerte Felsenschwelle in ein oberes und unteres geschieden. Ersteres bietet reiche Alpenweiden und ist im Sommer durch zahlreiche Heerden belebt, letzteres ist ein wüster, unheimlicher Felseneircus, mit sehr spärlichem Graswuchs; ein kleiner See mit trüb bläulichem Wasser liegt im Hintergrund, nach welchem einzelne Schnee- und Eisstreifen vom Parpaner Weisshorn aus herabziehen, welche nie ganz zu schmelzen scheinen. Verschie- dene gespenstische Sagen leben über diese Gegend in dem Munde des Volkes. Das jenseits liegende Erosa (1892 Meter) ist eine lachende Thalschaft, die Häuser einzeln oder in Gruppen in den Alpwiesen zerstreut, die meist üppigen Graswuchs zeigen, wie eine grüne Oase in den wüsten Felsengebirgen umher. Einige kleine Seen liegen südwärts in dem felsigen Schafalpthal, zwei andere nördlich zwischen Tannen- wälder und oberhalb dieser, da wo die Weishornkette sich gegen den Abfluss der Plessur senkt, der Weiler Maran, nord- wärts vom Weisshorn selbst liegt die Churer Ochsenalp und zwischen Maran und dieser schiebt sich ein schmaler, ziemlich felsiger Grat ein, das Brüggerhorn genannt, welches der Weg von Chur nach Erosa umgeht. Von Chur bis Tschiertschen und die untere Urdenalp findet sich nichts als gewöhnlicher grauer Bündner Schiefer, der auch im untersten Urdenthal vor- herrscht. Es mehren sich aber hier bald die Kalkschichten darin. er geht nachgerade in Kalkschiefer und in einen dunkelgrauen. dünn geschichteten Kalk mit muscheligem Bruch über. Hier liegt 40 die ganze mächtige Masse des Weisshorns gegenüber, die in steilen Felsabsätzen aufsteigt. Die untersten bestehen aus einem Wechsel von Kalk und Schiefer, der sich mehrfach wie- derholt, und worin der Kalk nach oben immer vorherrschender wird. Darauf liegen sehr mächtige Bänke des weissgrauen Do- lomits, welchem der Berg seinen Namen verdankt. Ein schwarzer Streif schiebt sich oben zwischen Kalk und Dolomit ein, wir werden schen, dass dies Serpentin ist. Die Carmenna wo sich ein Pass (2377 M.) aus dem Urden- thal nach Erosa findet, ist eine Einsenkung zwischen Weisshorn und Plattenhorn. Letzteres, ein langgedehnter scharfkantiger Grat, wendet seine steil gehobenen Schichtenköpfe dem Urden- thal zu und erscheint als eine senkrechte Felswand. Das Fallen der ganzen Formation an beiden ist steil südöstlich; nur unten im Thale unter den Alphütten finden sich knieförmig gleichsam auf sich selbst zurückgebogene Schichten, so dass die Biegung nach S. steht, die Schenkel des Winkels nach N. gerichtet sind. Die Felsen des Plaltenhorns bestehen hier blos aus Kalk und Do- lomit, in den auch die Carmenna eingeschnilten ist. Unten ist grauer dünn geschichteter Kalk, dazwischen dünne gelbliche Kalkschichten und Schiefer ebenfalls sehr dünn. Weiter oben liegt Dolomit auf und dieser bildet meist den Kamm; weiter aufwärts im Thale liegen in den mächtigen Trümmerhalden, welche den Fuss dieser Wände umhüllen, auch eine Menge Fragmente von rothem und grünem Schiefer, Serpentin, Variolit, Gneiss und Glimmerschiefer. Sie sind oben herab gefallen und wir werden ihren Ursprung kennen lernen. In dem Kalk und Dolomit des Plattenhorns fanden sich Spuren von Bivalven, aber keine einzige bestimmbare Versteinerung. Am südlichen Ende der Plattenhörner ist diesem Kalk Schiefer aufgelagert, aus welchen Serpentin hervortritt und von da zieht sieht sich eine steile Felsenschwelle quer durch das Thal. Sie besteht unten aus Kalk, oben aus grauem und grünem Schiefer, welcher westlich gegen das Schwarzhorn in Variolit übergeht. £s ist zu vermuthen, dass hier Diorit irgendwo ansteht, was noch näher zu untersuchen ist. Über die Thalschwelle stürzen die Wasser des obern Urdenthals in einem ziemlich hohen Wasserfall herab. Zu welchen Formationen die Schiefer- und Kalkmassen eigentlich zu ziehen sind, steht keineswegs fest. Die grauen Bündner Schiefer galten früher allgemein für Flysch, dem sie in der That sehr ähnlich sehen. Man findet auch darin Fucoiden, welche denen des Flysch gleichen, was aber ihre Indentität nicht beweist, wie jeder leicht beurtheilen wird, der die Schwierigkeiten kennt, womit selbst lebende Algen oft zu unterscheiden sind. In neuester Zeit wurden solche bei Saas im Prättigau von Hrn. Forstinspektor Coaz und Pfarrer Kind aufgefunden. Der Kalk, der auf den Schiefern liegt, ist mindestens kein Tertiärkalk, was er doch sein müsste, wenn die Schiefer Flysch wären. Wegen mangelnder Versteinerungen lässt sich darüber zur Zeit nicht entscheiden, da aber der Kalk der Scesaplana, welcher viele Petrefacten enthält in seinen oberen Schichten zu der St. Cassianformation und desshalb überhaupt zur Trias ge- hört, so ist es ziemlich sicher, dass der ihm ganz ähnliche der Davoser Gebirge auch dahin zu ziehen ist; die Schiefer hätten dann natürlich auch ein sehr hohes Alter. Noch muss bemerkt werden, dass ‚eine Angabe in der Churer Mineraliensammlung betreffend ein Stück Schiefer mit Fucoiden von der Eroser Alp unrichtig ist. Professor Röder, der es ge- geben, erklärt mir auf Anfrage über den Fundort, dieses Exem- plar sei in der Nähe der Todtenalp gefunden. Wo? könne er jetzt nicht mehr genau angeben. In Erosa hat noch niemand Fucoiden gefunden. 42 Wir verlassen die Westseite um uns auf die Nordseite zu wenden. Vom Eingang des Urdenthals steigt man auf steilen Felsenpfaden und durch Fichtenwald der Ochsenalp zu. Der Weg führt über graue Schiefer mit Kalkschiefereinlagerungen. Allmählig geht der graue in grünen Schiefer über, und wenn man die Höhe erreicht hat treten aus diesem an einer Stelle, wo mehrere alte Arven stehen, die ersten Serpentine hervor. Weiterhin liegt grauer Kalk auf den Schiefern und zwischen beiden Felsarten erscheint der Serpentin in immer mächtigern Haufwerken, so dass er zuletzt die vorherrschende Felsart wird. Er setzt von da zwischen Weisshorn und Brüggerhorn durch, und bildet den Sattel, der beide verbindet. Wir werden ihn dort widerfinden. Auf dem Wege von der Höhe nach Maran und Erosa, der eine Zeit lang über ein ziemlich wüstes Plateau führt, tritt ein schwer zu entwirrender Wechsel von Kalk, Schiefer und Serpentin auf. Der Schiefer hildet, so weit die Verhältnisse zu sehen gestatten, die Grundlage, und ist bald grau, bald grün, wechselt aber auch mit Kalk. Der Serpentin tritt ungeregelt zwischen beiden hervor. Er füllt Gangspalten, bildet Haufwerke von zerfallenen Blöcken, Schollen und Gruss, dehnt sich hier und da in kleinen Feldern aus oder bildet eckige Felsenmassen. Bald bedeckt er Schiefer und Kalk, bald erscheint er unter denselben; Kalk- und Schiefermassen treten inselarlig aus den Serpentinhaulwerken heraus, kleinere Fragmente bei- der Gesteine sind oft im Serpentin eingehüllt und ihm gleich- sam angeschmolzen, anderwärls bildet er mit ihnen Breccien. Überhaupt erinnert die Gegend lebhaft an basaltische Schlacken- felder der Auvergne und Ardeche, sowie an manche ähnliche Erscheinungen der Basalte in den Rhein- und Maingegenden. Der Kalk ist theilweise krystallinisch, nicht dolomitisch. Die hügelige Thalfläche von Erosa besteht eigentlich aus grauem und buntem Schiefer, aus welchem der Serpentin so + vielfach hervortritt, dass auf Erstreckungen von einigen hundert Schritten der Boden oft drei- bis viermal zwischen beiden wech- selt. Von beiden finden sich indess auch grössere Ausbreitun- tungen, und dem Umstand, dass Serpentin und Schiefer sich mehrentheils mischen und durch die Bergwasser fruchtbarer Boden in die Thalschaft geführt worden ist, verdankt Erosa seine schönen Wiesen, denn wo reiner Serpentin ansteht, wächst nichts. Es würde ermüden, die verschiedenen Stellen anzugeben, wo die eine und die andere Felsart vorherrscht; im Allgemeinen kann man daher behaupten, dass der Thalgrund fast als Serpentin- boden bezeichnet werden kann. Nach der Schafalp hin kommt auch noch Diorit vor. Auf die sonstigen interessanten Verhältnisse dieser Seite, die Porphyre der Maienfelder Furka, die mächtige Masse von Hornblendegestein, Gneiss und Glimmerschiefer, welche das an 2940 M. hohe Rothhorn zusammensetzen und dessen seltsames Verhältniss zum Kalk des Lenzerhorns und Parpaner Weisshorns, wo sich die krystallinischen Massen beiderseits auf den Kalk legen, kann hier nicht eingegangen werden. Es wird letztere Thatsache nur in Erinnerung gebracht, weil wir ähnlichen Ver- hältnissen am Weisshorn begegnen, das Nähere ist in Hr. Stu- ders Abhandlung genügend erörtert. Maran liegt auf grauem Schiefer, allein ringsum sind Aus- breitungen von Serpentin, welche aus dem Schiefer und dem ihm aufgelagerten Kalk hervortreten. Kalk und Schiefer wech- seln auch mehrfach wie am sogenannten Hauptkopf und an einer Stelle auf dem Wege nach Tschuggen und Sattelalp, wo zwischen zwei mächtigen Kalkbänken eine ebenfalls bedeutende Schiefer- bank eingelagert ist, während auf dem Kalk wieder grüner Schiefer liegt und am Fusse der ganzen südöstlich einfallenden Masse sich Serpentin ausbreitet. Der bunte Schiefer ist grün, roth, braun, oft seideglänzend und talkreich, oft quarzig und 44 jaspisarlig, das Brüggerhorn besteht ganz daraus. Geht man über den Kamm des letztern, wo für den Botaniker bedeutende Ausbeute, unter andern Dianthus glacialis, Elyna spicata,jArtemisia spicata, mutellina, Saussurea alpina u. s. w. zu finden ist, so kommt man an die Einsattelung zwischen Brüggerhorn und Weisshorn. Diese besteht aus Serpentin, zu beiden Seiten desselben liegen rothe Schiefer. Der Serpentin zieht nördlich nach der Ochsenalp, südlich gegen die Sattelalp und Erosa. Eine Verzweigung des- selben geht aber gangartig nach SW. und spaltet die Masse des Weisshorns in dieser Richtung gleichsam in zwei Theile, Der eine nördliche niedrigere besteht aus Kalk und Schiefer, die höhere südliche Hälfte, der eigentliche Gipfel des Weisshorns, aus Do- lomit. Der Serpentingang erreicht hier eine Breite von 30—40 Schritten und zieht als schwarzer Streif durch die weissen Kalk- massen, beiderseits von rolhen jaspisartigen Schiefern begleitet. Die Kalkmassen umher sind entfärbt, aber auch hier nicht do- lomitisch. Man kann den Serpentin in dieser Richtung bis zu den steilen Abhängen verfolgen, welche nach der Urdenalp ab- stürzen. Er ist glänzend schwarzgrün, ohne fremde Beimischun- gen und vollkommen vegetationslos. Von da aus, bis zur Spitze des Weisshorns, steigt man über zertrümmerte Dolomitmassen, die ebenfalls fast keinen Pflanzenwuchs ernähren. Der Gipfel ist übrigens leicht zu erreichen und man geniesst hier eine sehr ausgedehnte Aussicht. Auf der Südseite der Kuppe kommt man plötzlich auf andere Gesteine. Es erscheint hier, dem Do- lomit aulgelagert, ein röthlichweisser Quarzit, oft auch schnee- weiss, krystallinisch körnig. Er fällt wie der Dolomit südöstlich ein und ihm ist weiterhin Gneiss aufgelagert, der sich gegen Erosa senkt. Am Carmennapass bricht er ab, der Dolomit tritt hier darunter hervor, jenseits am Plattenhorn aber setzt er wieder fort. Auffallend ist der Wechsel der Flora auf der Weisshornspitze. So wie man Quarzit und Gneiss + betritt, erscheinen Achillea moschata, Seneeio carniolieus u. Ss. w., von denen auf dem Dolomit keine Spur zu finden war. Noch interessantere Verhältnisse zeigt ein Gang am südlichen Fusse des Weisshorns hin. Steigt man von der Sattelalp oder von Tschuggen gegen den Punkt wo Brügger und Weisshorn zusammenhängen, so bleibt ersteres rechts und man erkennt deutlich seine südöstlich fallenden Schichten. Der Weg führt über bunte Schiefer, aus denen an verschiedenen Stellen Serpentin hervortritt. Die Schieferschichten sind verbogen und zeigen alle möglichen Fall- richtungen, wo der Serpentin zu Tage geht. Man gelangt an eine Felsenstufe von grünlichem Schiefer, der mit talkigem Glim- merschieler und gneissartigem Gestein wechselt. Letzteres wird nach der Tiefe zu vorherrschend, und über die zerbrochenen Schichtenköpfe und Trümmer derselben Felsart gelangt man an den Fuss des Weisshorns. Die Serpentinmasse schneidet hier durch; rechts hat man die bunten Schiefer des Brüggerhorns, links liegt der Serpentin zum Theil dem Kalk auf und setzt zwischen ihm und dem Schiefer in die Tiefe. Von da westlich bildet der Kalk eine fortlaufende Felsen- wand. Er ist dünn geschichtet, aussen hellgrau, innen dunkel- grau, die Schichten etwas verbogen, doch regelmässig nach SSO. fallend. Je weiter man in den Winkel der Einbucht vor- dringt, desto steiler richten sie sich auf, werden zuletzt senk- recht und gehen ohne bestimmte Scheidung in weissgrauen Do- lomit über, welcher kaum mehr Schichten zeigt, sondern senk- recht prismatisch gespaltene und zerrissene Felsenmassen bildet. Etwas weiter machen die Felsen einen Vorsprung, zwischen diesen und dem Dolomit ist ein Einschnitt. Farbe und Schich- tung lassen ein anderes Gestein vermuthen. Die Dolomitmassen gehen wieder in dünne Kalkschichten über, dann folgt in dem 46 Tobel eine Anzahl Schichten von braungrauem Sandstein. Dieser ist sehr feinkörnig, enthält Glimmer und Talkblättchen, äusserlich ist er rostfarbig angelaufen. Er braust nicht mit Säuren. Gleich westlich von diesen ausgewaschenen Schichten steigt die Felswand wieder senkrecht auf und springt südöstlich vor. An den Sandstein grenzend besteht sie aus einem talkigen Glimmerschiefer von graugrüner Farbe. Der Talk herrscht darin vor, die Bruchflächen sind glatt damit überzogen, die Glimmer- blättchen verbogen; auch die Structur des ganzen Gesteins ist verbogen schieferig. Ueber ihm liegt oder steht vielmehr fast vertikal ein graugrüner Gneiss, gleichfalls talkhaltig mit viel Quarz und wenig Feldspath. Er wechselt weiterhin mit obigem Glimmerschiefer und einem andern, der blos aus weissem Glimmer und Quarz besteht, so wie mit einigen dieken Bänken von weissem und röthlichem Quarzit. Verschiedene dieser Gneissschichten sind flaserig mit grossen aber schlecht ausge- bildeten Feldspathkrystallen, bei andern ist die Masse mehr gleichförmig. Die Schichten lagern sich nun auch weniger steil und fallen südlich. Von dem Carmennapass ist man hier durch einen riffartig nach SO. ziehenden Felsenvorsprung getrennt, der aus denselben Gesteinen besteht; aber seltsamerweise gelangt man, an den Schichtenköpfen fortschreitend,, plötzlich wieder auf Dolomit, welcher in regelmässiger Schichtung, nach S. fallend, dem Gneiss eingelagert ist. Diess wiederholt sich mehrmals. Eine solche Stelle, auf welche man gleichsam von selbst gelangt, weil sie den bequemsten Punkt zum Übersteigen bietet, wurde genau untersucht. Auf beiden Seiten des Dolomits steht der oben be- schriebene Gneiss in steilen eckigen Bänken an; man sieht das Hangende und Liegende so deutlich, dass an keine Täuschung zu denken ist und der Dolomit fällt unter die Gneissschichten ein. Überwerfung oder blos keilförmiges Eindringen kann nicht ei ... stattgefunden haben. Die Dolomitmasse ist etwa 20 Schritte breit; an den Saalbändern besteht sie aus blättrig krystallinischen, zum Theil auch aus kleinkörnigem bläulichweissem Kalk; die Hauptmasse ist aber der gewöhnliche Dolomit. Von hier gegen die Carmenna kann die Erscheinung noch einigemal, doch wegen des Graswuchses weniger deutlich beobachtet werden. Es fin- det regelmässiger Schichtenwechsel von Gneiss mit Kalk und Dolomit statt. Es setzen sich diese Bildungen bis gegen die Spitze des Weisshorns fort, wo sie, wie wir oben gesehen, ebenfalls der Hauptmasse des Dolomits aufgelagert sind. An der Carmenna, so wie auf der Höhe des Plattenhorns, ist die Gneissdecke abgeworfen, sie erscheint aber gleich jenseits am südöstlichen Fuss des Plattenhorns wieder und zwar gerade wie am Weisshorn. Zunächst geht der Dolomit in dünn ge- schichteten Kalkstein über, auf diesem liegt graubrauner Sand- stein, hierauf erst ein seideglänzender glimmerhaltiger Thon- schiefer, der den Glimmerschiefer vertritt. Diesem aufgelagert ist Gneiss, der anfangs auch mehr ein Glimmerschiefer genannt werden könnte, weiterhin aber flaserig wird und grosse Feld- spathkrystalle jedoch schlecht ausgebildet enthält. Einige Gneiss- schichten enthalten viel Schwefelkies. Diese Gesteinsfolge hält lange an, dann folgt unerwartet eine Einlagerung von Serpentin, die sich bis auf den Grat hinaufzieht, was hier auch der Gneiss thut. Unten hängt der Serpentin mit demjenigen zusammen, der sich mit grauem und bunten Schiefer regellos abwechselnd vor dcm Plattenhorn hin gegen den Hörnlipass und abwärts ge- gen Erosa zieht. Jenseits des Serpentins ist wieder Gneiss und Glimmerschiefer, die weiterhin mehrmals mit Kalk und Dolomit wechseln, oder auch so vor letzterem herstreifen, dass ihre Schichten die Höhe des Grates nicht erreichen, der grössten- theils aus Kalk und Dolomit besteht. Das Streichen ist allge- mein nach NO. das Fallen steil südöstlich. Eben so fällt der 48 Schiefer, der weit unten im Thale ansteht. Es folgt nun eine Einbucht, in welcher bunter Schiefer ansteht, der bis auf den Grat reicht und welchem Variolit eingelagert ist. Es ist der- selbe, der im Urdenthal über die Thalschwelle setzt. Auch eine Serpentinbreceie kommt vor, welche aber nicht anstehend gefun- den wurde. Jenseits dieser Einbucht findet sich wieder Gneiss, Glimmerschiefer und Quarzit in mächtigen Felsen, er ist dem Schiefer aufgelagert. Hat man diesen Felsenvorsprung überstie- gen, so halten diese Gesteine noch eine Strecke an, dann geht der Glimmerschiefer in glänzenden Talkschiefer und glimmer- haltigen grauen Schiefer, dieser endlich in gewöhnlichen grauen und braunen Bündner Schiefer über, der hier den Grat und weiterhin den Hörnlipass bildet. Er fällt ebenfalls südöstlich und südlich ein und wird weiterhin von den Kalk- und Dolomit- massen der Tschierpe und des Parpaner Weisshorns bedeckt; denn er setzt durch das Urdenthal quer über, wo er wieder vielfach mit buntem Schiefer und Serpentin wechselt, bildet den Urdenpass nach Parpan und senkt sich zu letzterem Orte hinab, um jenseits sich mit den gewaltigen Schiefermassen des Faulhorns und Schyn zu verbinden. Auch die letzte Gneissbank setzt zwischen 2 Schiefermassen über das Thal. Auf dem Hörnlipass aber erhebt sich aus diesem Schiefer, ohne seine Streichungs- und Fallrichtung erheblich zu unterbrechen, die mächtige, zahnförmige Dioritmasse des Hörnli, von Variolit und Breecien begleitet, die aus Diorit, Variolit, Mandelstein und Schieferfragmenten bestehen. Etwas weiter südlich tritt noch einmal Diorit auf, und eben so jenseits des Thales am Fuss des Schwarzhorns, worüber Hr. Studers Abhandlung zu ver- gleichen. Es verdient noch bemerkt zu werden, dass unterhalb dem Hörnli auf der Seite vom Urden Malachit in erauem Schiefer vorkommt. 49 Es ergiebt sich aus Vorstehendem Folgendes: Das Streichen der behandelten Formationen ist von SW.—NO. Das Fallen ziemlich constant nach SO. mit starker Neigung zu ganz südlichem Einfallen, im Ganzen sehr steil, oft fast senk- recht. Wo Serpentin und Diorit auftreten, ist die Fallrichtung verbogen und sonst gestört. | Die allgemeine Gesteinsfolge ist von unten auf: 1) Grauer Schiefer von Chur und der Thalsohle der Plessur bis zum Eingang der Urdenalp und zum Anfang der Ochsenalp, ohne Serpentin. Wo dieser auf der Ochsenalp und im oberen Urdenthal aufzutreten anfängt, begleiten ihn die bunten Schiefer; es finden sich diese aber auch in der Nähe der Gneissschichten jenseits. 2) Den grauen Schiefern so wie theilweise den bunten ist erst schieferiger Kalk, mit Schiefer wechselnd, dann Dolomit aufgelagert, in dem Kalk liegen aber auch grössere Schiefer- bänke. 3) Auf dem Kalk liegt erst graubrauner Sandstein, dann Glimmerschiefer oder glimmeriger Thonschiefer , hierauf Gneiss mit Glimmerschiefer und Quarzit wechselnd. 4) Dem Gneiss ist mehrmals Kalk und Dolomit in regel- mässiger Schichtenfolge eingelagert. 5) Bunter Schiefer wechselt zuletzt auch mit Gneiss und bildet endlich seine Decke. Er geht in grauen Schiefer über. Alle diese Formationen fallen am Hörnlipass unter den Kalk und Dolomit des Parpaner Weisshorns und der Tschierpe ein, so dass also eine grosse Kalklormation von der andern durch sie getrennt ist. Sie setzen auch jenseits des Urdenthals fort, der obere graue Schiefer steht auf dem Parpaner Urdenpass an, der da- runter liegende Gneiss und Quarzit eben da, so wie der unter diesem liegende bunte Schiefer, welcher mit einer eigenthüm- 30 lichen Breccie (Galestro) jenseits die Haupimasse des Schwarz- horns bildet. Über diesen liegt dann auch wieder Gneiss, welcher sich weiterhin in Schiefer auskeilt, da er im Chur- waldner Thal nicht mehr erscheint. Der Variolit des Platten- horns setzt ebenfalls nach dem Schwarzhorn über, so wie der Diorit auch am Fusse desselben von Variolit begleitet auftritt, wie am Hörnli. 6) Die Serpentinbildungen von Erosa nehmen fast den gan- zen Thalgrund ein und treten dort ohne Unterschied und ohne dass sich eine Regel aufstellen liesse aus grauem und buntem Schiefer hervor. Am Weisshorn und Plattenhorn erscheinen sie auch zwischen Gneiss und Dolomit, doch in der Regel von bunten Schiefern begleitet und den Einlagerungen dieser letztern folgend, sie keilen sich gangarlig aus, bilden die Scheide zwi- schen Weisshorn und Brüggerhorn und nehmen hinter letzterm, aus Kalk und Schiefer hervortretend, vollkommen den Charakter eines Eruptivgesteins an, Gehen wir weiter, so erscheinen uns auf einer Linie von N. nach S. hin drei gewaltige Kalk- und Dolomitmassen : das Weisshorn von Erosa mit Alpstein und Gürgaletsch, das von Parpan mit der Tschierpe und das Lenzerhorn. Zwischen den beiden erstern liegt Gneiss, Schiefer, Diorit und Serpentin, zwischen den beiden letztern das Rothhorn, das aus Hornblende- gestein, Gneiss und Glimmerschiefer besteht, welche Gesteine rechts und links über den Kalk übergreifen und nördlich von Kalk, südlich von Schiefer begrenzt sind, in welchen sie sich oben so auszukeilen scheinen, wie der Gneiss nördlich und südlich vom Eroser Weisshorn, von welchen jenseits des Brügger- horns so wenig eine Spur zu finden ist, als im Churwaldner Thal. Dieser Umstand würde diese Felsarten unzweifelhaft als Eruptivgesteine bezeichnen, wenn sie nicht mit Kalk und Schiefer m gleiche Schichtenlage hätten und in letztern übergiengen, wenn sich nicht zwischen dem Gneiss Kalkschichten befänden. Es bleibt also nichts übrig, als sie für metamorphische zu erklären, und bei der meist sehr steilen Schichtenstellung ist eine Umwandlung von unten auf, sehr wohl denkbar; über die Ursachen derselben aber sind wir keineswegs im Klaren, wenn wir nicht den allerdings massig genug auftretenden Serpentin als solche gelten lassen wollen, was jedoch aus mancherlei Gründen auch wieder bezweifelt werden kann. MTOEINT. 3. Nachträgliches über den Calanda. (Vide Tafel IV.) A. Das Felsberger Horn (Männersattel). Die Untersuchung dieser mir bei Verfassung der Abhandlung über den Calanda im vorigen Jahresbericht noch nicht genau bekannten Bergspitze wurde diesen Sommer vorgenommen. Von Felsberg aus steigt man anfangs in der Richtung des Haldensteiner Pfädchens, dann links durch ein Tobel über Be- lemnitenkalk (Callorien). Auf diesem liegt erst schiefriger, dann massiger Dolomit in mächtigen Bänken, welchen hier und da schiefrige Dolomitschichten zwischengelagert sind. Es ist das Gestein des Felsberger Bergsturzes und hält an bis unter die Alp. Man kann auf diesem Wege über den Bergsturz gelangen. Der Boden ist schon lange vorher, ehe man den Rand erreicht, voll Spalten, die zum Theil von Vegetation bedeckt und dess- halb gefährlich sind. Nach dem Rande hin werden dieselben immer zahlreicher und breiter, so dass noch lange ein Nach- brechen des Gesteins zu befürchten ist. Auf der Alp liegt schiefriger Dolomit in plattenförmigen Lagen, der wie die ganze Formation nach SO. fällt, doch mit einigen wellenförmigen Bie- gungen, welche anscheinend westliches und östliches Eimfallen verursachen. Auf diesen Platten liegt wenig, zum Theil gar keine Erde, daher auch der Graswuchs mager ist oder ganz fehlt. Auf diesem Dolomit, und in ihn übergehend, liegt ein hell- grauer, dunkler und heller gestreifter und gefleckter Kalk, mit 33 Spuren von Versteinerungen, namentlich Corallen und Austern. Es ist derselbe Kalk, der auch einen Theil der Haldensteiner Alp bedeckt, in dem Thal hinter Lichtenstein zu Tage geht, bei Untervatz unter dem Namen Marmor gebrochen wird und dort die Hauptmasse des Gebirgs bildet. Aus demselben Kalk besteht ferner der Hintergrund von Pramanengel, weiter aul- wärts der sogenannte Hexenboden und der Signalpunkt des Haldensteiner Horns; endlich gehören auch dazu die Corallen führenden Schichten, an denen sich die Gletscherschliffe zwischen Vättis und Pfäffers befinden. Bei Haldenstein hat er mehr dolo- mitische Beschaffenheit, sonst ist er gewöhnlich dicht von muschlig splittrigem Bruch. Überall fast enthält er bis jetzt unbestimm- bare Reste von austerartigen Bivalven und Corallen, und ist auch wohl wirklich als Corallen-, als Oberjurakalk anzusehen. Dieser weissgraue Kalk bildet die Hauptmasse des Felsberger Horns an seiner Basis, aus ihm besteht auch der Grat, der das Felsberger mit dem Haldensteiner Horn verbindet, so wie der durch einen südlich laufenden Grat getheilte Felseneircus zwi- schen beiden. Auf der Westseite bildet er meist die Decke des Gebirgs in der Richtung wach Tamins und zieht sich tief in das felsige Thälchen, welches unmittelbar westlich vom Fels- berger Horn in die Bergmasse eindringt. Hier finden sich un- deutliche Versteinerungen. Er bildet daselbsi eine steile Halde, mit plattenförmigen Schichten. Auf dieser Halde erhebt sich die letzte Felsenterrasse des Felsberger Horns, in hohen meist senkrechten Wänden und nur an 2—3 Stellen schwierig zu er- steigen. Sie umschliesst ein kleines nach SO. geneigtes Plateau, welches spärlichen Graswuchs nährt und allmählig gegen die Spitze ansteigt, welche man von hier aus ohne Mühe erreicht, obgleich sie endlich steil und mit beweglichem schieferigem Kalkgeschiebe bedeckt ist. 54 Diese Felsenwände, das Plateau und die Spitze, bestehen aus Lichtensteiner Kalk (Neocomien). Er ist wie überall äusserlich braungrau, rostig angelaufen, inwendig dunkelgrau, schuppig, krystallinisch. talkhaltig. Die Structur des Ganzen ist schieferig in mehr oder weniger dünnen Lagen. Er enthält undeutliche Versteinerungen, Austern (Ostrea macroptera?), Seeigel- stacheln, kleine Bivalven u. s. w. Von dem Gipfel aus setzt er ‘ westlich, dem weissgrauen Kalk aufgelagert, nicht weit fort, so wie auch auf dem Grat, der beide Hörner scheidet. Jenseits am Haldensteiner Horn sieht man ihn ebenfalls dem Corallen- kalk aufliegen und mehrmals gewölbartige Bogen auf ihm bilden. Die Spitze des Felsberger Horns ist eigentlich ein scharfer kurzer Grat, der von W.—0O. streicht. Man sieht von da hinab in die furchtbar steilen Abhänge und Tobel, welche bis in das Thal von Vättis in meist senkrechten Terrassen und zerrissenen Felsenzacken abfallen. Auch hier tritt der Corallenkalk unter den Lichtensteiner Felsen hervor und bildet kühne Vorsprünge, überhängende, zackige Felsengestalten. Darunter liegt der noch mehr zerspaltene Dolomit. Es gehört viel Gewöhnung dazu, um in diesen an 1000 M. tiefen Abgrund ohne Schauder hinab- zusehen, B. Der Hexenboden, östlich vom Calandasignal. Es ist dies ein sehr hochgelegener Thaleinschnitt auf der östlichen Seite des Haldensteiner Horns, kenntlich an den zer- spaltenen Felsengräten in seinem Hintergrund, welche Fortsetzun- gen des Signalpunktes sind. Von oben nach unten zeigen diese Felsen folgenden Durchschnitt: 1) Braungrauer schiefriger Kalk, Lichtensteiner Schichten. 2) Brauner sandiger Kalk ebenfalls zu diesen Schichten ge- hörig wie auf Pramanengel. 55 3) Hellgrauer Kalk, (Oberjura, Untervazer Marmor) mit un- deutlichen Versteinerungen wie oben, Die Schichten sind sehr verbogen, fallen aber im Allgemeinen nach SO. Oben ist das Schichtengewölbe mehrmals gebrochen und zerspalten. Es finden sich mehrere Höhlen und breite Klüfte. Der Thalgrund ist vorn ganz geschlossen. Es befand sich hier ehemals der Sage nach ein See. Zwischen hier und Pategna besteht die Decke des Gebirgs aus Lichtensteiner Kalk, in tiefen Einrissen tritt der Corallen- kalk hervor. Pategna liegt auf ersterem und er zieht sich von da nach Haldenstein hinab. C. Goldne Sonne bei Felsberg. Westlich und nördlich von den Gruben fanden sich neuerdings in einem rothbraunen Schiefer Belemnites hastatus und Austern, nach H. Studers brieflicher Angabe aufgesucht. Spuren derselben Versteinerungen kommen überhaupt um die alten Gruben vor, so dass sich also diese Schiefer (Unterjura) als versteinerungsführend herausstellen, wie auch schon in Hr. Studers Geologie der Schweiz bemerkt ist. Nordöstlich von den Gruben in einem grünlichen chloritischem Schiefer, der unter gestreiftem Kalkschiefer liegt, kommen Rotheisen und sehr zahlreiche kleine Magneteisenkrystalle vor, während die unteren Schieferschichten mehr Schwefelkies ent- halten, welches Verhältniss auch sonst bei Trius u. s. w. vor- zuherrschen scheint, wo die Eisenschichten erzreicher auftreten. Es enthalten diese grünlichen Schichten an der goldenen Sonne auch Belemniten. ME D. Untervatz nach Mastrils. An der Rheinbrücke von Untervatz steht der Lichtensteiner Kalk in hohen Felsen an; er zieht sich hinter dem Schlosshügel von Neuenburg weg, der aus hellgrauem Kalk besteht und da- her, weil die graubraunen Schichten hinter ihm einfallen, einer neuern Bildung angehört. (Severkalk ?) Etwas weiter nördlich liegen die Lichtensteiner Schichten deutlich einem andern hellgrauen Kalk aufgelagert, welcher der eigentliche Untervazer Marmor, Oberjura ist. Dieser bildet dann alles anstehende Gestein im Circus von Untervaz. Da wo das Gebirg wieder nahe an den Rhein tritt, sind Steinbrüche in der- selben Steinart, die bis jenseits der Häuser ansteht, welehe vor der Friewiesquelle liegen, die unten am Rhein entspringt und eine etwas höhere Temperatur als gewöhnliches Quellwasser hat. Der weissliche Kalk bei Val Schernus, welcher Versteinerungen enthält, gehört auch dazu. Etwas weiter nach Mastrils hin sind ihm wieder die Lichtensteiner Schichten aufgelagert und ziehen vor dem Pass, der nach dem Pizalun führt, gegen die Höhe der Kaminspitze aufwärts, wo sie auf weite Erstreckung die Decke des Gebirgs ausmachen. Andererseits gehen sie bis zum Rhein hinab und bilden dort steile Felsenufer. Schon vorher beginnt die Streichungslinie sich etwas nördlicher zu werfen, so dass die Schichten östlicher einfallen als vorher und diese Biegung des Streichens wird nach Ragaz zu noch bedeutender. Etwa auf halbem Weg von Untervaz nach Mastrils legt sich auf der Höhe den Lichtensteiner Schichten ein System von theils hell, theils dunkelgrauen Kalkschichten auf, meist ganz von Kalkspath- adern durchzogen. Es ist entweder Severkalk oder er gehört schon zu den Nummulitenbildungen. Versteinerungen fanden sich darin nicht. E; Der obere Fusspfad führt nun in ein Tobel, das man im Hintergrund überschreitet. Hier steht, dem obigen Kalk auf- gelagert, grauer und schwärzlicher sehr talkhaltiger Schiefer an, welcher eine ziemliche Strecke fortselzt; dann folgt ein etwas höher gelegener waldiger Bergkopf (Mastrilser Berg), welcher grösstentheils aus grauem und grünlichem Nummuliten- kalk besteht, der schief abwärts gegen den Rhein zieht und dort die steilen Ufer bildet. Er wechselt mehrmals mit Schiefer. Nummuliten finden sich nicht überall, doch kommen sie sehr deutlich und charakteristisch an dem genannten Bergkopf sowohl als in der Nähe der darunter liegenden kleinen Kirche vor. Das Dorf Mastrils selbst liegt theils auf diesem Gestein, theils auf grauem und schwarzem Schiefer, welcher in dem Tobel da- hinter vorherrscht. In diesen Schiefern könnte vielleicht. mit Erfolg Dachschieler gesucht werden, da es dieselben Schichten sind, welche jenseits bei Vadura solche enthalten. Da nun hier, und wieder bei Ragaz und Pfäffers die Nummuliten nachgewiesen sind, so muss alles dazwischen Liegende, der Pizalun u. Ss. w. auch zu dieser Formation gehören. Die Schichten fallen in diesem Theil des Gebirgs im Ganzen nach OSO. Hiermit zu vergleichen der beiliegende Durchschnitt, zu welchem noch zu bemerken ist, dass das als Verrucano bezeichnete unterste Gestein wohl eher den Steinkohlenbildungen, als der Trias angehört, was freilich aus Mangel an Versteinerungen zur Zeit noch nicht mit Be- stimmtheit entschieden werden kann. TiGewsneT IV. Eine optische Erscheinung auf dem Piz Curver von Forstinspektor Coaz. Es wird in unsern rätischen Alpen jährlich erlebt, dass der Winter mitten in den Sommer hineinstürmt und seine blendend- weissen Zelte weit und breit über die Gebirgshöhen und oft bis in die Tiefen der grünen Alpthäler aufschlägt. Sein Besuch ist indess nur von kurzer Dauer, denn gewöhnlich folgt seinem Einzug heiteres Wetter und in wenig Tagen weicht der Schnee der heissen Sommersonne und den Luftsrömungen und räumt das Feld bald wieder bis über die höchsten Spitzen. Obwohl der Winter dem Aelpler zu dieser Unzeit sehr un- gelegen kommt, besonders wenn er mit starker Schneedecke auf mehrere Tage sich lagert, so verkennt er anderseits den Nuzen seines Erscheinens durchaus nicht. Es ist dem Gebirgs- bewohner wohl bekannt, dass der winterliche Besuch es ist, der manche Wassergefahr vom Lande abwendet, indem die flutentragenden Wolken in Schnee sich verwandeln, der sanft zur Erde getragen seine feste Form nur allmälig aufgiebt und schmelzend grösstentheils entweder in die Atmosphäre zurück- steigt oder sich im Boden verliert, den Bächen und Flüssen aber verhältnissmässig nur geringe Wassermassen und nur all- mählig zuführt. Der Thalbewohner dankt daher Gott, wenn es bei starkem Regenwetter „anschneit*. 59 Ein solcher winterlicher Ueberfall fand in den letzten Tagen des Monals Juni 1843 Statt. Das Wild des Hochgebirgs flüchtete sich zurück in den Schutz der dunkeln Tannwaldungen. Der Aelpler trieb sein brüllendes Vieh, dem die feinen Weiden ver- schneit waren, nach den erst kürzlich verlassenen Winter- stallungen im Thale zurück, wo Alt und Jung ihrer Lieblinge ängstlich harrten. Das kaum erst erwachte Gebirgsleben ver- klang wieder in tiefe Todesstille. Noch stund der Winter, trotzend in seinem glänzenden Eis- panzer im Hochgebirge, als Ingenieur A. und ich ermuthigt durch den reinen, wolkenfreien Himmel uns wieder an die Er- steigung der Bergspitze machten, von welcher das Schneewetter uns kürzlich vertrieben hatte. Es galt dem Piz Curver. Von Andeer in Schams begaben wir uns den 30. Juni nach den Maisässen ob Pignieu, wo wir übernachteten. Folgenden Tags sezten wir unsere Reise in aller Frühe fort. Die Nacht- kälte hatte den Tags zuvor in seinen obern Schichten stark durcktränkten Schnee mit einer harten, rauhen Firndecke über- zogen und uns so einen festen Weg bereitet, über den wir in der reinen, frischen Bergluft mit Leichtigkeit und wohlgestimmt bergan schritten. Wie aber die Sonnenstrahlen allmählig senk- rechter wirkten wurde die Decke immer weicher, die schnee- armen Stellen und die Nähe dunklen Gesteins mussten ausgewichen und der Weg durch die schneereichern Vertiefungen gewählt wer- den. Weiter gegen Mittag brach auch hier die Schneekruste unter unsern Füssen, anfänglich nur von Strecke zu Strecke, bald aber bei jedem Tritt und das Fortkommen wurde höchst beschwer- lich. Auch ohne Kenntnisse der physikalischen Lehrsätze wäre wohl jedes Menschenkind auf den Versuch gerathen, seine Körperschwere von zwei auf vier Stützpunkte zu vertheilen und auf Art der Vierfüsser sich weiter zu bewegen. Da die Natur 60 aber eine so kalte und rauhe Berührung der Hände nicht vorgesehen hatte, wurde in Ermanglung_ eivilisirterer Hand- bekleidung Taschentuch und Halsbinde benutzt. Wohl 2 Stunden brauchten wir um eine Gratkante zu er- reichen, die bei festem Boden in einer starken halben Stunde erstiegen wird. Hier durften wir uns wieder erheben und menschwürdig einhergehen. Ohne alle Schwierigkeit stiegen wir weiter, mit spähendem Blick das allmälige Auftauchen der zahlreichen Bergspitzen und das Entfalten der Thalzüge um uns verfolgend und betraten etwas nach Mittag die höchste Spize, 2975” ü. M. Die trigonometrischen Beobachtungen gingen bei der reinen Atmosphäre, der völligen Windstille und einer wohl- ihuenden Wärme rasch vor sich und waren in wenig Stunden beendigt. Während Ingenieur A. und der Führer sich mit Herstellung des eingestürzten Signals beschäftigten, streekte ich mich auf einen Pelz hin und begann den Preis der sauren Ersteigung zu geniessen. Aber nicht die Fernsicht war es die mich zunächst anzog, sondern ein wildes Gebirgsthälchen das vom Fusse des Piz Curver gegen das Oberhalbstein sich hinunter zieht. Da unten rauschte und donnerte es fast ununterbrochen, eine Lavine weckte die andere und stürzte von den schroffen, felsen- unterbrochenen Seitenwänden in die Tiete des Thales, wo sie sich oft mehrere vereint in einem breiten, gewaltigen Silber- strom langsam zur Ruhe wälzten. So Schlag auf Schlag, so voll Leben, so glänzend, war mir noch auf keiner meiner Gebirgs- fahrten dieses grossarlige Schauspiel zu sehen vergönnt. Noch folgte mein Auge einer der letzten Lavinen die all- mählig in immer grösseren Zwischenzeiten stürzten, als ich über derselben einen schwachen Nebel sich bilden sah. Auch den Felsen, an denen sich die feuchtgewordene Almosphäre abkühlte, entquollen Nebelhaufen, zogen schleichend einander BE... entgegen und zerfllossen in kurzer Zeit in einen wallenden, grauen Nebelsee der die Tiefe des Thales verhüllte. Aus un- sichtbaren Quellen genährt wogte dieser See immer höher her- auf, schwoll bis zu meinen Füssen heran und trat endlich als ein dunkler Nebelschleier vor mir empor. Und in diesem ineinan- dertreibenden Gewölk bildeten sich anfänglich schwach und zer- fliessend, aber immer wieder und immer kräftiger erscheinend die Farben des Regenbogens. Sie vereinten sich endlich zu einem brillantenen, kreisrunden Band, ein zweites säumte sich in etwas schwächerem Glanz um ersteres nnd fand sich bald selbst concentrisch von einem noch lichtern dritten umfangen. Der innerste Ring erschien in einem Durchmesser von zirka 3° in einer Entfernung von ungefähr 30—40‘. Entzückt von dieser Erscheinung sprang ich auf, meine Ge- fährten herbeizurufen, aber eben so plötzlich war ich zur Säule, denn siehe da! mitten im Regenbogen sprang mit gleicher Hast eine dunkle Gestalt auf und blieb jetzt ebenso erstarrt stehen. Also doch einmal das Brokengespenst hier in Bündens Gebirgen! rief ich aus. und meine Gefährten eilten herbei, diese seltene, meines Wissens in Bünden bisher nie beobachtete Erscheinung mit anzusehen. Ich schwang meinen Hut, machte tiefe Bücklinge und das Gespenst zeigte sich eben so erfreut und eben so höflich. Die Erscheinung hielt mehrere Minuten an und verschwand alsdann mit dem Regenbogen im grauen Nebel, der von einem leichten Windhauch weiter getragen bald zerstob. Es war jezt 4 Uhr n. M. Zu leichterer Erklärung dieser Erscheinung fügen wir bei, dass das Thälchen in dem sich der Nebel bildete, gegen Osten sich öffnet. Als daher die Sonne gegen 4 Uhr n. M. nach dem westlichen Horizont sich neigte trat dasselbe streckenweis all- mählig in Schatten, wodurch die Temperatur ziemlich rasch fiel und die durch die häufigen Lavinenstürze und die hohe Tem- 62 peratur während des Mittags sich entwickelten Wasserdämpfe zu Nebel condensirte, der mit den noch von der Sonne beschie- nenen wärmern und leichtern höhern Luftschichten in Berührung tretend sich wieder auflöste. Nachdem die Nebel gewichen, war die Aussicht wieder nach allen Seiten geöffnet und das Auge suchte nun zunächst nach den Thaltiefen, um_.sodann aus dem Heer von Bergspitzen die in mannigfaltigen, ineinanderfliessenden Einzelprophilen vom grossen Horizontprophil umschlossen wurden, die hervorragensten Häupter zur Orientation herauszusuchen. Uns zunächst in östlicher Richtung lag das Oberhalbstein mit seiner schönen, fruchtbaren Thalerweiterung von Durvein bis Tinzen; weiter links folgte das Thal des Davoser Landwassers bis in die Züge; sodann die Heide von Lenz bis nach Parpan. Nördlich erblickten wir das Domleschg in seiner Längenrichtung mit der colossalen Ringelspitze im Hintergrund und dem sanft ansteigenden Heinzenberg zur Linken. Von Schams das uns westlich lag, erblickten wir nur einen Theil des Osthanges, ganz offen dagegen das Rheinwald bis an seine Gletscher im entfernten, tiefen Hintergrund. Unsere Richtpuncte zur Verfolgung der einzelnen Gebirgs- züge waren nördlich der Schesa plana, 2966 *, und die Spitzen im Silvrelta-Stock, bis 3284”, als Representanten der Räticon- Kette; das Lenzerhorn, 2909», Rothhorn, 2985” und das Schiesshorn, 2787”, als die höchsten Punkte des Gebirgs, welches das Davoser-Landwasser von Schanligg trennt; das Schwarzhorn, 3151”, und der Ducan, 3073”, in Davos; die Rin- gelspitze, 3249”, und der Dödi, 3620, in der Dödikette; Piz Kesch, 3417, und Linard, 3416°*, in der Albulakette; Piz Ber- nina, 4052”, im Gebirgsstock gleichen Namens, und anschliessend an selbigen die schroffen, hohen Hörner in der Bergeller Kette. Im Westen ragten empor der Scopi, das Güferhorn am Zapport- 63 Gletscher, 3393 ®, das Tambohorn, 3276”, die Suretta-Spitze, 3025 ®. Sehr imposant durch seine Massen und die ausgedehnten, vegetationslosen Steinflächen machte sich das noch wenig be- tretene und wenig erforschte Gebirge, das Schams und Rhein- wald von Avers trennt und anderseits die felsige, schroff ab- fallende Kette, die sich zwischen dem Oberhalbstein und dem Albulathal erhebt, mit dem noch nicht erstiegenen Tinzner-Horn, 3132”, und dem breiten Piz d’Aela, 3320”, der gegen die Spitze hin wie von einem Stollen durchbohrt ist, durch welchen man vom Maiensäss Naz ob Bergün hindurchsieht. Gegen den Julier ragten gletscherumhüllt die gewaltigen Hörner des P. d’Err, 3393 *, Cima da Flix, 3206°-, und P. Monteratsch, 3385 -, empor. Die vorrückende Zeit gebot Trennung von der Spitze, das Auge sammelte sich noch einen letzten Totaleindruck und riss sich dann von diesem Hochgenuss los. Wir nahmen unsern Weg gegen das Oberhalbstein und kamen, grosse Strecken über Schneewände hinunterrutschend, in kurzer Zeit in die Nähe der bekannten Wallfahrtskapelle Zitail, 2443” ü. M. Sie liegt auf der Schwelle zwischen dem Curver und der vereinzelt emporgeschobenen Bergkuppe des Toissa. Ein rauher, steiniger Weg führte uns von hier nach der Thaltiefe. Y. Lur Litteratur der Eisensäuerlinge, von Dr. A. v. Planta. Den Ausgangspunkt zu dieser Arbeit bildeten die nach- tolgenden Fragen, welche von der Quellengesellschaft zu St. Moritz auf Anregung des Herrn Dr. Mosmann hin und zum Zwecke der Begutachtung einer neuen Heizmethode für die Bäder an mich gestellt wurden. Nämlich: „Wie viel verliert eine bestimmte Gewichtsmenge des St. „Moritzer Wassers „I. an kohlensaurem Gase, „II. an gelöstem kohlensaurem Eisenoxydul durch Nieder- „schlagung als Oxydhydrat bei der Erwärmung der Quellen- „temperatur auf a) 10 Grade Reaumur bh): 20 5 -, a en a d)-509%=3 re ya „wenn es in einem offenen Gefässe während 30 Minuten bei „obigen Temperaturgraden constant erwärmt, und mit der „atmosphärischen Luft in Berührung bleibt. Die Erhitzung auf „die angegebenen Temperaturgrade darf nur im Dampfbade „vorgenommen werden.“ 6 Mit der Beantwortung dieser Frage habe ich zugleich, eben- falls auf Anregung des Herrn Dr. Moosmann, eine Untersuchung des in Lösung befindlichen kohlensauren Eisenoxyduls in den zur Versendung gebrachten Flaschen verbunden. Die werth- vollen Arbeiten, die Prof. Fresenius in neuerer Zeit über die Schwalbacher Heilquellen #) publieirt hat, dienten mir bei diesen Untersuchungen theilweise zur Richtschnur. Was nun in erster Linie die Beantwortung jener obigen Fragen betrifft, die Veränderungen, welche Kohlensäure und Eisengehalt des Wassers durch Erwärmen bei verschiedenen Temperaturen erfahren, so muss dieselbe offenbar von wissen- schaftlichem, sowie von technischem Interesse sein. Schon seit langer Zeit macht man seinem Organismus in dieser Beziehung mancherlei weiss, man trinkt und badet ohne sich über den Wirkungswerth dieser Operationen klar zu sein, und doch muss es für den Arzt von offenbarem Interesse sein, sich sagen zu können, wo die Temperaturgränzen zu finden seien, bei denen einerseits der Badende nicht friert und anderseits die Erwär- mung‘ nicht soweit gesteigert wird, dass eine zu reichliche Ver- flüchtigung der Kohlensäure und zu grosse Ausscheidung von Eisenoxydul als Oxyd stattfindet, indem bei beiden Fällen die austretenden Stoffe für die Resorbtion des Organismus verloren sind. Schon bei gewöhnlicher Temperatur nimmt man beim offenen Stehen des St. Moritzer Wassers, sei es in Flaschen, sei es n andern Gefässen, eine Reihe von Veränderungen wahr, die in noch rascherer Weise bei der Erwärmung unter Luftzutritt sich kund geben. Anfangs ganz klar zeigt das Wasser schon nach 5—10 Minuten bei gewöhnlicher Temperatur ein geringes Opa- lisiren. Nach ein paar Tagen nimmt man eine milchige Trü- bung mit gelblichem Niederschlage wahr; noch ein Paar Tage weiter und die Trübung wird gelblicher und der Ocherabsatz *) Die Quellen zu Langenschwalbach, Wiesbaden 1855. b) bedeutender. Zuletzt verliert sich die Trübung mehr und der Niederschlag wird dunkler. Die Erklärung dieser Veränderungen findet sich in Folgendem: Das Wasser enthält anfangs alles Eisen als Oxydul gelöst. Sobald die Luft einzuwirken beginnt, fängt ihr Sauerstoff an, sich mit dem Eisenoxydul zu Oxyd zu verbinden. Die zuerst entstehenden Portionen dieses Oxydes schlagen sich in Verbindung mit Phosphorsäure und Kieselsäure nieder, daher die erste Trübung und der weissliche Niederschlag ; erst später wird er gelblich und zuletzt ocherfarben, dann nämlich, wenn das Eisenoxyd anfängt, sich als Oxydhydrat niederzuschla- gen. Die grosse Menge freier Kohlensäure genügt während längerer Zeit um die kohlensauren Salze des Manganoxyduls> des Kalkes und der Magnesia im Auflösung zu erhalten, daher sich dem Eisenocher nur unbedeutende Quantitäten der leztern beiden beimengen. Ein Gleiches findet, wie gesagt, schneller statt beim Erwärmen des Säuerlings auf verschiedene Temperatur- grade. Was nun die Methode der Untersuchung dieser Veränderungen betrifft, so wurden zu jedem Versuche 11/, eidgen. Maas = 2280 C. ©. m. Wasser aus der alten Quelle zu St. Moriz über einer als Dampfbad geeigneten Vorrichtung während einer halben Stunde in einer Porcellanschaale erhizt und constant auf dieser Temperatur erhalten, und sodann zu den verschiedenen Be- stimmungen verwendet. Die Kohlensäurebestimmung wurde durch Einlaufenlassen in eine Mischung von Chlorcaleium und Ammoniak, die Eisenbestimmung einerseits volumetrisch durch Uebermangan- saures Kali an Ort und Stelle, anderseits im Laboratorium aus dem in Flaschen gefüllten Wasser der verschiedenen Temperatur- grade bestimmt. Hiebei wurde zur völligsten Reingewinnung des Eisens (Entfernung von Thonerde und Phosphorsäure) der in saurer Lösung durch Ammoniak entstandene Niederschlag nach dem Auswaschen in Salzsäure gelöst, in weinsaurer Lö % uud sung durch Schwefelammonium gefällt und das Eisen endlich als Oxyd gewogen. Bei der volumetrischen Bestimmung wurde stets das erhizte Wasser nach dem Ansäuren unter 100 abgekühlt und für jeden neuen Temperaturgrad zur grössern Sicherheit auch das über- mangansaure Kali neu titrirt. Es wurde ferner stets in Rück- sicht gezogen, wie viel von der Chamäleonlösung erforderlich sei, um eine der geprüften Mineralwassermenge gleiche Quan- tität destillirten Wassers röthlich zu färben. Bei Aufführung des Verlustes von Eisenoxydul durch Umwandlung in Oxyd habe ich diejenigen Zahlen als Grundlage benüzt, die durch Wägung erhalten wurden und die volumetrischen Bestimmungen bei Seite gesezt; sie sollten mehr als Controlle für jene andern dienen. Sämmtliche Angaben dieser Arbeit endlich beziehen sich auf Cubikcentimeter Wasser, indem für die Angabe in Grammen eine Reihe neuer spezifischer Gewichtsbestimmungen nöthig ge- worden wäre, die man zum vorliegenden Zwecke ersparen konnte. 1. Kohlensäurebestimmungen. a) bei 100 R. 1000 Cub. C, m. Wasser dieser Temperatur liefern im Mittel 2,7083 Grammes Kohlensäure Ursprüngliche Menge Kohlensäure ger ;Quelle u.a Brenn: 234I82 % p/m. Verlust an Kohlensäure bei 100 R. 0,739 . pym. b) bei 200 R. 1000 Cub. C. m. Wasser dieser Temperatur liefern im Mittel 2,4380 Grammes Kohlensäure. Ursprüngliche Menge Kohlensäure der Quelle . . SA: 48334982 5 p/m. Verlust an Kohlensäure bei 200R, 1,0602? .„. p/m. u c) bei 300 R. 1000 Cub. €. m. Wasser dieser Temperatur liefern im Mittel 0,5278 Grammes Kohlensäure. Ursprüngliche Menge Kohlensäure der Quelle „IsHtalar 090N8,4982 ’ p/m. Verlust an Kohlensäure bei 300R. 2,6704 „pm. d) bei 500 R, 4000 Cub. C, m. Wasser dieser Temperatur liefern im Mittel 0,8580 Grammes Kohlensäure. Ursprüngliche Menge Kohlensäure der Quelle 2. Me, IN AIE2 5 p/m. Verlust an Kohlensäure bei 500R. 2,6402? „ pm. e) bei 700 R, Cresp. 600 R. des Wassers in der Porcellan- schale) 1000 Cub. €. m. Wasser dieser Temperatur liefern im Mittel 0.5487 Grammes Kohlensäure Ursprüngliche Menge Kohlensäure der Quelle . . - „ “u 34982, Grammses p/m. Verlust an Kohlensäure bei 600 R. 2,9995 .„ p/m. II. Eisenbestimmungen. a) bei 100R. a. volumetrisch an der Quelle: 1000 Cub. C. m. Wasser dieser Temperatur lieferten nach dem Abkühlen unter 100 R. . . 0,0134 Grammes Eisenoxydul. b. durch Wägung im Laboratorium: 1000 Cub. C. m. Wasser dieser Temperatur lieferten im Mitte 0,0134 Grammes Eisenoxydul Ursprüngliche Menge Eisenoxydul der "Quelle „7. emo. . 0.0147 5 p/m. Verlust an Eisenoxydul bei 100 R. 0.0013. p/m. I 69 b) bei 200 R, a. volumetrisch : 1000 Cub. C. m. Wasser dieser Temperatur lieferten nach dem Abkühlen unter 100 R. . . . 0,0136 Grammes Eisenoxydul b. durch Wägung: 1000 Cub. C. m. Wassnr dieser Temperatur lieferten im Mittel 0,0143 Grammes Eisenoxydul Ursprüngliche Menge Eisenoxydul der: Quelle =, #440: 0,0147 = p/m. Verlust an Eisenoxydul bei 200 R. 0,0004 re p/m. ©) bei 30° R, a. volumetrisch: 1000 Cub. C. m. Wasser dieser Temperatur lieferten nach dem Abkühlen unter 200 R. . . . 0,0116 Grammes Eisenoxydul b. durch Wägung: 1000 Cub. C. m. Wasser dieser Temperatur lieferten im Mittel 0,0123 Grammes Eisenoxydul. Ursprüngliche Menge Eisenoxydul ger Qulehd,N -. un. 1% 05... 00T a p/m. Verlust an Eisenoxydul für 300 R. 0,0024 Ri 4 p/m. d) bei 500 R, a. volumetrisch: 1000 Cub. C. m. Wasser dieser Temperatur lieferten nach dem Abkühlen unter 100 R. . . . 0,0005 Grammes Eisenoxydul b. durch Wägung: 1000 Cub. €. m. Wasser dieser Temperatur lieferten im Mittel 0,0009 Grammes Eisenoxydul. Ursprüngliche Menge Eisenoxydul der:i@uelle „1 sam stem -O,08A7 n p/ın. Verlust an Eisenoxydul bei 500 R. 0,0138 wi "pm. 70 e) bei 700 R. (resp. 600 R,, siehe Kohlensäure). a. volumetrisch: 1000 Cub. C. m. Wasser dieser Temperatur lieferten nach dem Abkühlen unter 100 R. 0,0003 Grammes Eisenoxydul. b. durch Wägung: 4000 Cub..C. m. Wasser dieser Temperatur lieferten im Mittel r 0,0003 Grammes Eisenoxydul Ursprüngliche Menge Eisenoxydul der Ouelle u, cn WE 000 R p/m. Verlust an Eisenoxydul für 00R. (600 R.) 0,0144 5 p/m. Zusammenstellung der Verluste für Kohlensäure: bei Quellentemperatuv . . . 2... 0,0000 p/m. = 109 Rönisenuins aaa 1 OTEIIE, 5 PRREREIDAN. .. » . .. 1,0602 7, > 300 R.. . .. .Iubwransoil ngt26 Ba E 500 RB: TELN een or 2 OADRERR 3 700 R. GROR.) 1.008, il Sale AMD 5 für Eisenoxydul: bei Quellentemperatur . 2. .2......0,0000 p/m. k 0 Br sug E nh rn ONE 1: OU. re a AA a 300-R:; er aan eu & 509 Buirsiunt. oih rruerl TR ® OL, Basen ur re OR Werden die Resultate, welche bei den obigen Einzelbestim- mungen gewonnen wurden, in Procente umgerechnet, wobei der Kohlensäuregehalt wie auch der Eisenoxydulgehalt der alten Quelle —= 100 gesezt ist, so ergibt sich für Kohlensäure Eisenoxydul bei Quellentemperatur 100 %, bei Quellentemperatur 100%, hr 100 R. muy a 100 R. Ma 200 R. 1 1 Se 200 R. 97,2, 300 R. S3HN,wur, 300 R. 83,6 „ 5 500 R. De 500 R. 6a, 5 600 R. eg 600 R. 2,0% Aus diesen Zahlen geht nun hervor, dass bei stufenweiser Erwärmung der St. Moritzer alten Quelle von der Quellen- temperatur aufwärts bis zu 700 R. die Procente an Kohlensäure bis zu 200 R. in mässiger Proportion abnehmen, dass zwischen 200 R. und 300 die Abnahnie am stärksten ist, und von 300 R. an sich unbedeutend verändert. Die Eisenprocente erhalten sich bis 200 R. fast constant, nehmen bei 300 R. unbedeutend ab, dagegen auffallend stark von 500 R. an. Die Zahlen weisen somit nach, dass sogar bei einer halb- stündigen Erwärmung auf 30% R. der atmosphärische Sauerstoff dennoch unbedeutend oxydirend auf das Eisen einwirkt und der Verlust an Kohlensäure noch kein empfindlicher ist, während bei 200 R. beide Bestandtheile dem Bade fast ungeschmälert erhalten werden. Es ergibt sich hieraus für das Baden der Schluss, dass: Je niedriger die Temperatur des Bades ist, um so mehr Kohlensäure und Eisen sich in Lösung befinden, somit die Zweckmässigkeit, das Badewasser möglichst wenig über 200 R. zu erwärmen. Wer die neuen mit Dampf geheizten Bäder zu St. Moritz versucht hat, befindet sich in der Regel schon bei obiger Temperatur ganz behaglich, indem die belebende Wir- kung des kohlensauren Gases auf die Hautthätigkeit und den Kreislauf Ersatz bieten für weitere Erwärmung. Während in Schwalbach die Erwärmung von einem doppelten Boden aus stattfindet, in welchen Dampf einströmt, wird dieselbe in St. Moritz mit bestem Erfolge durch directes Einleiten des Dampfes in die Badewanne bewerkstelligt. Die Zeit, welche zum Ablassen und neu bereiten eines Bades erforderlich ist, beträgt nicht fünf Minuten. Ich wende mich nunmehr zum zweiten Gegenstande meiner Untersuchungen in St. Moritz, demjenigen nämlich der Bestim- mung des Eisenoxydulgehaltes oder des in Lösung befindlichen Eisens in Flaschen verschiedenen Alters (resp. zur besten Me- thode der Füllung). Wenn es wahr ist, dass die Hauptwirkung der Eisensäuerlinge im Genusse des Eisens besteht und dass solches nur in gelöster Form in’s Blut übergehen kann, so liegt die Wichtigkeit nahe, das Eisen in dieser Form dem versandten Wasser zu erhalten, und liegt auch die Unmöglichkeit irgend einer Eisenwirkung in anderer als dieser Form der Aufnahme auf der Hand. Ganz anders stellt sich die Frage nach der Füllungsmethode, wenn jene andere Auffassungsweise der Eisenwirkung Platz greift, nach welcher das Eisen keinen andern Zweck haben sollte als denjenigen der Wegschaffung des Schwefelwasserstoffes im Darmkanal. Diese Gasart entzieht dem Körper Eisen zur Bildung von Schwefeleisen, macht das Blut somit eisenärmer, und in diesem Falle soll das Eisen des Mineralwassers nur dazu dienen, dieser Verarmung vorzubeugen. Nach dieser Ansicht wäre es allerdings gleichgültig, ob das Eisen als kohlensaures Oxydul in gelöster Form oder aber als Oxyd in fester Form genossen würde, und damit fielen auch die feineren Ansprüche an die Füllungsmethode bei Seite. Welche Betrachtungsweise die richtigere ist, darüber werden wohl weitere Forschungen entscheiden müssen. Sicher ist es jedoch, dass einfacher Blut- mangel, bei dem es sich nicht um schädlichen Schwefelwasser- stoff handelt, deutlich die rasche Vermehrung des Blutes und damit wohl auch das Aufgenommenwerden des Eisens zeigt. :3 Wo übrigens Entfernung von Schwefelwasserstoff unter Um- ständen in Betracht kömmt, findet dann gewiss ebenfalls der tiefere Einfluss des nicht zur Schwefeleisenbildung verwendeten Eisens slalt. Ich wende mich nun zum versandten Wasser (resp. zur Füllungsmethode.) Wenn man eime fehlerfreie Flasche durch Eintauchen an der Quelle selbst mit St. Moritzer oder irgend einem andern Eisensäuerling füllt, den Kork unter den nöthigen Vorsichtsmassregeln mit der Maschine eintreibt und schliesslich verpicht, so findet man, dass schon nach 2—3 Wochen in der Regel gar kein gelöstes Eisenoxydul mehr sich vorfindet, welches mit einer ganz verdünnten Lösung von Uebermangansaurem Kali leicht nachzuweisen ist, Die Bestimmungen, welche ich in dieser Richtung mit: Flaschen von verschiedenem Alter ausge- führt habe, ergaben Folgendes: Eisenoxydul p/m. 4) Eine Flasche neue Quelle 4 Jahr alt enthielt: 0,0003 DR TRRER \ = ER. 0 E » 0,0000 u) 40: = alte ee Mona. 0,0000 4) ” ” ” b2) et 2 ” 0,0 147 9) > en » „ 29 2 ” 0,0000 Gas „Neue tt ee a ” 0,0000 7) 2 b) ” 22) ” N N b7] 0,0000 8) ” E>) ” ” ” ” » ” 0,0000 Von diesen 8 Flaschen haben Alle Alles Eisen verloren mit Ausnahme von Nr. 1 und 4, Letztere hat sogar Nichts verloren. Fresenius fand bei verschiedenen Krügen nach gleicher Methode gefüllt den Gehalt an gelöstem Eisenoxydul (den der Quelle gleich 100 gesetzt) in nachstehenden Zahlen: 0,0 %, 6,5 %9, 0.0 %9. 8, 0 %. Die Zeit seit der Einfüllung betrug für die beiden erstern Zahlen 29, für die beiden leztern 69 Tage. Die Krüge hatten somit ihren Eisengehalt so gut wie ganz verloren. 2 74 —: = Das Eisen findet sich nicht nur in Gestalt eines ocherfarbigen Niederschlages auf dem Boden, sondern auch an den Wandungen der Flaschen oder Krüge abgesetzt. Dabei perlt jedoch das Wasser stark und verräth hiedurch, wie durch seinen erfrischenden Geschmack seinen Reichthum an freier Kohlensäure. Dieser Reichthum bleibt in der That dem Wasser so zu sagen voll- ständig erhalten wie unsere Bestimmungen darüber herausgestellt haben.*) In der That ist auch das Niederfallen des Eisens ganz und gar unabhängig vom Entweichen der Kohlensäure und rührt einzig und allein von der Einwirkung des atmosphärischen Sauerstoffs her. Die Luft, welche im Kruge oder der Flasche enthalten ist, kommt während sie aus demselben dringt, mit dem einströmenden Wasser in vielfache Berührung, es ist also natür- lich, dass hierbei ein Theil derselben von dem Wasser absorbirt wird. Hierzu kommt die an der Krugwandung fester anhaftende Luftschicht, welche sich auch bald in dem eingedrungenen Wasser löst und endlich noch die Luft, welche in den wasserleeren Raum eindringt, der zum Verstopfen Oben erzeugt werden muss. Dem Uebel kann gänzlich also nur dadurch abgeholfen werden, dass alle atmosphärische Luft aus dem Innern der Flasche oder des Kruges auf’s Vollständigste entfernt wird. Fresenius hat zu diesem Ende in Schwalbach eine Füllungs- methode eingeführt, die eben so einfach als zweckmässig ist. Ich habe sie daselbst betrachtet und in der Hauptsache besteht sie aus einem Apparate zum Sammeln der freien Kohlensäure der Quelle, welche man zum Füllen der Krüge (resp. Verdrängen aller Luft) benützt und einem Gasomeler, wie ihn Fresenius zur Entwicklung des Schwefelwasserstoffs ausgeführt hat, in welchem man kohlensaures Gas darstellt um den obern wasserleeren Raum der Krüge mit solchem zu füllen unmittelbar vor dem *) Planta und Kekule chemische Untersuchung der Heilquellen zu St, Moritz. 75 Eintreiben des Stöpsels. Es werden auf diese Weise gegen 60 Krüge in der Stunde gefüllt und hat sich die Methode als sehr entsprechend herausgestellt. Die Krüge enthielten nach dieser Methode gefüllt nach Verlauf von 29 Tagen noch 76,0 %%, und 83,3 %, Eisenoxydul wenn das Oxydul der Quelle wie Oben gleich 100 gesetzt wird. Versuche nach 69 Tagen ausgeführt lieferten 100,0 %, und 93 %9,, nach 132 Tagen endlich 80,0 % und 99,6 %). Aus diesen Zahlen geht hervor, dass das nach dieser Art gefüllte Wasser sich so gut wie jenes unverändert erhält so- wohl im Eisen- gleich wie (nach früherem) im Kohlensäure- gehalt und, was eben so wesentlich ist, diesen vollen Gehalt für eine beliebige Zeitdauer beibehält; — Thatsachen, die für seine weitere Versendung von hoher Bedeutung sind, Einigermassen, wenn auch nicht ganz so vollständig, erreichte ich in St. Moritz den Zweck durch blosses Hineinstellen oder Hängen der leeren Flaschen in das verschlossene Gehäuse der alten Quelle. Die specifisch schwerere Kohlensäure verdrängte die athmosphärische Luft aus den Flaschen und bei darauf folgender Füllung nach gewöhnlicher Methode und Aufbewahrung während 4 Wochen zeigte sich das Wasser vollständig klar, wie auch der Eisenoxydulgehalt nahezu ungeschmälert in Lösung sich befand. Die Bestimmungen ergaben in 4 Flaschen 100 %,, 85 %, 100 %, und 91 %. Das bisher Gesagte möge als Beitrag zu den Untersuchungen von Fresenius dienen. Dieselben werden nicht ermangeln, gänz- lich umgestaltend in die Fassungsweise der Eisensäuerlinge im Allgemeinen einzugreifen und die Zeit, in der solches geschehen muss, wird nicht ferne sein. De vl. Ueber Getreidebau in Graubünden , von Fried. Wassali, Präsident des landwirthschaftlichen Vereins in Chur. Obgleich der Kanton Graubünden zu denjenigen Kantonen der Schweiz gehört, welche am wenigsten Industrie und dagegen verhältnissmässig am meisten Landwirthschaft treiben, ist er es gerade wieder, der im Verhältniss zur Einwohnerzahl sehr viel Getreide einerseits aus Italien und anderseits aus Deutschland einführt. Jährlich beziehen wir nach Franscini durchschnittlich 50,000 Malter, welche zu wenigstens Fr. 32 das Malter be- rechnet, eine jährliche Ausgabesumme von circa Fr. 1,600,000 ausmachen. Dazu kommt noch eine jährliche Ausgabe von wenigstens Fr. 100,000 für frischen und gesottenen Butter und Käs, welcher von Auswärts gekauft und hier konsumirt wird. Dagegen führen wir circa 12,000 Stück grosses und kleines Hornvieh aus, wofür sich, zu Fr. 120 das Stück durchschnittlich berechnet, eine Einnahme von Fr. 1,440,000 ergibt. Obige Stücke- anzahl wird, obgleich eine genaue Angabe bei unsern Verhältnissen nicht wohl möglich ist, nahezu richtig sein, indem im Jahre 1853 12,484 Stücke und im Jahre 1855 dagegen nur 8479 Stück 77 über die Ausfuhrstationen des III. Zollgebiets ausgeführt wurden, wovon eine Anzahl auch auf andere Kantone, insbesondere auf den Kanton St. Gallen und Appenzell treffen mögen, wogegen wahrschemlich eben so viele Stücke aus unserm in andern Kantonen verkauft werden mögen. Der Verkaufspreis kann kaum höher angenommen werden, da ein grosser Theil des ver- kauften Viehes aus jährigen Stieren besteht, welche durch- schnittlich nicht mehr als Fr. 70 gelten, Es wäre somit ein Ausfall von jährlich Fr. 160,000 zu decken. Wenn wir nun noch zu obigem landwirthschaftlichen Ertrag denjenigen aus unsern Wäldern hinzurechnen, der sich jährlich wenigstens auf eine Million schätzen liesse, so ist diesem Zuschlag gegen- über auch die Ausgabe für Wein und Branntwein, die sich allein auf mehr als Fr. 500,000 beläuft, für Caffe, Cicorien, Kleider- stoffe, Taback etc. etc. zu berücksichtigen, so dass die gesammten Ausgaben auf der Waagschaale unserer Volkswirthschaft die Gesammt-Einnahmen bedeutend überwiegen werden. Wahrlich! Wenn der bedeutende Zufluss von jährlichem Gewinn, der ausser dem Kanton gemacht wird, die Ebbe in unserer volkswirthschaft- lichen Bilanz nicht ausgliche, müssten wir zur Einsicht gelangen, dass wir als Ganzes schlecht haushalten. Eine genauere Statistik, die aber leider bei uns zu den Un- möglichkeiten gehört, würde uns über unsere volkswirthschaft- lichen Zustände Klarheit verschaffen und uns auf die Nothwen- digkeit der Auffindung. neuer Erwerbsquellen und insbesondere der Nutzbarmachung des vorhandenen Bodenkapitals hinweisen. Schon obige aproximative Zusammenstellung wäre geeignet, uns die Augen zu öffnen und zur 'Thätigkeit anzuspornen. Als ein Haupthülfsmittel zur Hebung des volkswirthschaftlichen Rückschlags sehen wir die Verbesserung unserer Bodenkultur und insbesondere die Ausdehnung und Vervollkommnung des Getreidebaues an. Werfen wir einen Blick auf die Bodenfläche m unseres Kantons, des grössten der Eidgenossenschalt, so erkennen wir die Richtung, welche wir unserer Thätigkeit zu geben haben, um ohne Auswanderung neue Quellen des Wohlstandes flüssig zu machen. Das ganze Gebiet von Graubünden umfasst einen Flächenraum von 1,926,400 Juchart, welcher nach aproximativer Schätzung folgendermassen eingetheilt werden kann: Unurbarer Boden (Eis, Felsen, Wasser) 850,000 Juchart Walaboden’’; . usahi ne NEON IE 3 Weidboden (Alpen u. Gemein- u. Privat- mwerdenjtils?“ Zur 0. ine Wiesböden tt. He er BAT Ackerboden zarissnitl ser a. 50; Kebländintwar) ARE amt 900 arzt VOR s Zusammen 1,926,400 Juchart. Diese Eintheilung möchte bei dem so allgemeinen Mangel an Statistik, die allein eine sichere Grundlage darzubieten im Falle ist, als gewagt erscheinen. Eine genaue Aufnahme liegt nur in Bezug auf das Rebland vor, das blos 900 Juchart um- fasst. Der Waldboden ist annähernd aufgenommen, jedoch va- rieren die Annahmen noch. Hier ist die vom Kantonalforst- inspektorate aufgestellte Schatzung adoptirt entgegen der etwas niedriger stehenden von Franscini. Der ganz unurbare Boden und der Weidboden ist gemäss den von Franseini in seinen Beiträgen der Statistik angegebenen Maassverhältnissen, womit auch die Dufour’sche Karte so ziemlich übereinstimmt, berechnet. Der Wiesboden wurde nach Verhältniss des bisher bekannten Viehstandes geschäzt und zwar wurde auf je ein Stück Hornvieh Ceirca 80,000 Stück Ziegen und Schaafe und circa 3000 Pferde mit innbegriffen) nur drei Juchart fetten und mageren Wiesboden gerechnet, was auf 80,000 Stück, wie man nach den früheren Zählungen annimmt, 240,000 Juchart ausmacht. Indem nun alle 79 obige Zahlen von dem Hauptflächenraum abgezogen wurden, ergab sich das Maas des Ackerbodens mit circa 50,000 Juchart, was ungefähr auch mit der Wirklichkeit übereinstimmen wird. Berücksichtigt man, dass die Kreise Chur, fünf Dörfer, Maien- feld, Rhäzüns, Domleschg, Gruob, Ruis, Remüs, Ober- und Untertasna, Münsterthal beinahe immer genug Korn für den eigenen Bedarf pflanzen und die meisten andern Kreise nur zum Theil sich nach auswärtigem Produkte umsehen müssen, und dass z. B. die Gemeinde Cellerina allein, die sich doch in dem höchst gelegenen Kreise befindet, im Anfang dieses Jahrhunderts 40 Juchart Ackerland hatte, welches Maass sich schwerlich ver- ringert hat, so wird man obiges Gesammtmaass für den ganzen Kanton bei aller Willkührlichkeit der Grundlage nicht zu hoch gegriffen finden. Von diesen 50,500 Juchart Ackerland werden kaum mehr als 20,000 Juchart dem Getreidebau, die übrigen 30,500 Juchart dagegen besonders dem Kartoffel-, sowie auch Rüben-. Hanf-, Flachs- und Tabackbau gewidmet sein. Bedenkt man nun, in welchem Missverhältniss unsere Pro- duktion zur Consumtion steht und welche Fläche der Weid- und magere Wiesboden einnimmt, der zum Theil, wenigstens da wo Beschaffenheit, Lage und Klima ihn zur Kultur fähig macht, zu Ackerland umgewandelt werden könnte, ohne dadurch unserer Viehzucht Eintrag zu thun, so wird die landwirthschaft- lich und nationalökonomisch praktische Frage, die hier erörtert werden soll, als gerechfertigt erscheinen, nämlich die Frage: „wie steht es mit dem Getreidebau in unserm Kanton; könnte und sollte derselbe nicht mit Vortheil ausgedehnt und besser betrieben werden und zwar auf welche Weise?“ Bei Beantwortung dieser Frage werde ich folgende Punkte auseinanderhalten: so 1. Eignet sich Boden, Klima und Lage unseres Kantons zur Ausdehnung des Getreidebaus? 2. Ist es m Aussicht auf die durch den Eisenbahnbau sich verändernden Verkehrsverhältnisse angemessen, den Acker- und insbesondere den Getreidebau auszudehnen ? 3. Welches Getreide wird bei uns gepflanzt und welches würde sich noch zur Anpflanzung eignen ? 4. Wie wird der Getreidebau bei uns betrieben, welche Hauptfehler kleben demselben an und welche Verbesse- rungen lassen sich einführen ? Ad. 1. Der Kanton Graubünden, aus meist engen Thälern und mehr oder minder steil und hoch ansteigenden Bergen be- stehend, bietet eine solche Abwechslung von Bodenarten, Lagen und Klimaten dar wie kein anderer Kanton. Wir haben an einzelnen Orten ein italienisches Klima, dem in Verbindung mit einem vorzüglichen Kalkschiefergrund der vorzügliche Wein zu verdanken ist, mit welchem wir bei zweckmässigerer Behand- lung mit dem Burgunder und Bordeau zu rivalisiren im Stande sind. In den gleichen Lagen und auch meist gleichem Boden und zwar noch weiter an den Bergen hinan, im Domleschg; Heinzenberg und in der Gruob, gedeiht der Mais und liefert schöne Erndten. — Im Gegensatz zu diesen glücklicheren Ge- genden gibt es neben solchen auch andere, wo selbsi bei künst- licher Kultur kaum die Kartoffel mehr reif wird; andere, etwas mildere, wie das Oberengadin, Davos, Safien, Rheinwald, wo die Gerste noch fortkommt. Cellerina ist der höchste Punkt, wo sie noch mit Vortheil gepflanzt wird. Wir haben ganz schwarzen, humusreichen Weizenboden, wo die vom Nordwind geschüzte und dem unserer Kultur so vorzügliche Dienste leistenden Süd- winde zugewendete Lage selbst in der Höhe von 4000 über dem mittelländischen Meere reiche Weizenerndten machen lässt, An vielen Orten haben wir ausgezeichneten Roggenboden, so si im Puschlav, Münsterthal und Unterengadin. In der Gegend von Chur, fünf Dörfer und Herrschaft (Maienfeld) triffi man Boden aller Art und zwar im Gebiete des Rheins einen andern als am Berggelände. Man sieht daher auch in diesen Gegenden alle üblichen Getreidearten mit Vortheil betreiben. Ausser einigen wenigen über 4000° gelegenen Gegenden unseres Kantons eignen sich alle Thäler und nicht zu steilen und felsigen Berggelände zum Getreidebau. Wenn wir daher innert dieser Region Tausende von Jucharten Land erblicken, welche nur mit spärlichem Gras oder Stauden bewachsen oder sumpfig den Ziegen und Schaafen eine kümmerliche Weide dar- bieten, so müssen wir erkennen, dass der Mensch da noch viel zu verbessern hat und dass noch Tausende von Menschen da Brod und Arbeit finden könnten, wenn dieser Boden in Getreide- und Kartoffelland umgewandelt würde. Es ist zwar in Folge der lezten theuren Jahre in manchen Gegenden unseres Kantons Vieles in dieser Beziehung geschehen; es ist aber noch lange nicht alles kulturfähige Land urbarisirt und nutzbar gemacht. Ein Beispiel möge hier genügen, um darzuthun, welche Vortheile das Aufbrechen und bessere Benützen bisheriger magerer Weide- plätze gewährt. Bei Alveneu hat der dortige Pfarrer es dahin gebracht, dass ihm ein Stück solchen Landes zur Bearbeitung überlassen wurde und er hat da, wo früher beinahe nichts ge- wachsen, Weizen zwanzigfältig geerndtet. Ad. 2. Der Vortheil des Ackerbaues überhaupt und insbe- sondere des Getreidebaues im Verhältniss zu andern Boden- benutzungsweisen hängt ausser von der Bodenbeschaffenheit selbst wesentlich auch von dem Verkehre ab, der auf die Preise der verschiedenen Produkte an einem bestimmten Orte einwirkt. Da eine grosse Landesfläche in unserm Gebirgskanton durch die Natur selbst zu Weideplätzen bestimmt ist, sind wir jedenfalls in unserer Landwirthschaft besonders auf Wiesenbau zur Ge- 6 winnung von Winterfutter, auf Viehzucht angewiesen. Soll und kann aber daneben nicht mit Vortheil Ackerbau getrieben wer- den ohne die Viehzucht zu beeinträchtigen? Die Erstellung von Eisenbahnen bis in unsere Thäler hinein wird jedenfalls die Folge haben, dass die Transportkosten sich vermindern und daher das aus Deutschland oder Italien zu beziehende Getreide wohlfeiler zu stehen kommt als bei den bisherigen Verkehrs- mitteln, so dass wenn die Getreidepreise wieder auf den frühern Stand zurücksinken würden, die Mehrarbeit, welche der Acker- bau im Verhältniss zum Wiesenbau verursacht, nicht bezahlt, die reine Rente des Ackers diejenige der Wiesen nicht erreichen würde. Bei dem gegenwärligen Stand der Preise muss jedoch der bündnerische Landwirth immer in dem Ackerbau seinen Vortheil finden, wenn er zugleich mit der Viehzucht Schritt hält und dieselbe nicht darunter leiden lässt; um so mehr als zu erwarten ist, dass durch die zunehmende Ausdehnung des Anbaues von Handelspflanzen, wie Taback etc. und insbesondere des Runkelrübenbaus in Deutschland die Getreidepreise so nor- mirt, werden, dass sie bei aller Erleichterung der Verkehrsmittel kaum mehr so niedrig werden wie früher. Zudem sucht der arbeitsame Landwirth seine Zeit ganz auszufüllen, wozu ihm gerade die Arbeit des Ackerbaues die beste Gelegenheit bietet; er liebt mit Recht wo möglich diejenigen Produkte, die zur Befriedigung seiner nothwendigsten Lebensbedürfnisse dienen, selbst zu pflanzen; endlich weiss er, dass es ihm durch die Abwechslung in der Bodenbenutzung möglich ist, auch vom Wiesenbau grössere Erträge zu erzielen. Daher wird man bei uns ohne Bedenken den Ackerbau ausdehnen dürfen, sofern man nur die Viehzucht desswegen nicht vernachlässigt und denselben in zweckmässiger Abwechslung mit dem Wiesenbau betreibt. Wir können jezt mehr Getreide gewinnen und daneben selbst s3 mehr Vieh halten als bisher, und das wird trotz allen Eisen- bahnbauten unser Vortheil und soll unser Bestreben sein. Ad. 3. Ich habe oben schon bemerkt, dass unser Boden und Klima sich da für dieses und dort für jenes Getreide eignet. In den mildesten Gegenden sehen wir den Mais und zwar weissen und gelben vollkommen reif werden und per Juchart bis 150 Viertel abgeben. Als zweite Frucht treffen wir da den Buch- weizen. In den gleichen und auch höher gelegenen Ortschaften, wie z. B. im Tawetsch bis auf 3500* über dem mittelländischen Meere gedeiht der Winter- und Sommerweizen vorzüglich. Probeweise gesäter Mumienweizen hat in Dissentis über 100- fältig ergeben. Der Hirsen. der beinahe nur im Oberland ge- pflanzt wird bis nach Ruis hinauf, liefert schöne Erträge. Sommer- und Winterspelz (Dinkel) kommt sehr selten vor. Der Roggen gelangt in Puschlav, Münsterthal und Unterengadin zu einer Vollkommenheit, wie sie nur beim Etschländer- und italieni- schen Roggen zu finden ist, gedeiht aber nur 5-10fältig; den deutschen Roggen übertrifft er weit an Grösse und Schwere des Korns. Die Hauptgetreidepflanze der höhern Gegenden ist die Gerste, und zwar sowohl die sechszeilige als die vierzeilige ; der Ertrag davon, besonders da wo sie in Reihen gesät wird, wie in Saas und Klosters, 20fältig und das Korn sehr fein und weiss. Haber wird nur wenig gepflanzt. Man wählt dazu meistens nur die schlechtesten Aecker. In den höhern Gegenden ist er sehr selten. Das sind die Hauptgetreidearten, welche bei uns vorkommen. Verschiedene Unterarten, besonders von Weizen und Gerste, sind auch bei uns eingeführt, sie beschränken sich aber nur auf wenige, und Versuche, die mit neuen Arten angestellt wurden, haben auf die Dauer keine günstigen Resultate geliefert, was jedoch in manchen Fällen weniger dem Saamen und dem Boden als der Behandlungsweise zuzuschreiben ist. Einige Arten s4 nordischen Getreides könnten gewiss in unsern höhern Gegenden mit Glück eingeführt werden. Es würde damit gerade denjenigen Theilen unseres Kantons am meisten gedient, die wegen der kurzen Dauer des Sommers auf schnell wachsende Pflanzen an- gewiesen sind und wenn sie solche, wie z. B. den Kamschtatga- haber und die Himalajagerste, nicht pflanzen, nothwendigerweise auf den Bezug von mildern Orten sehr beschränkt sind, Da wo der Ertrag ein höchst unsicherer ist, möchte es überhaupt gerathener erscheinen, sich blos an diejenige Kultur zu halten, welche eine gewisse Rente verspricht. Dagegen ist nicht zu läugnen, dass man in mehreren Gegenden eine bestimmte Korn- art seit lange her pflanzt ohne auch nur einen Versuch zu machen, ob eine andere nicht eben so viel oder mehr Ertrag gibt. So fände gerade der Weizen, insbesondere der genüg- samere Spelz, noch manchen geeigneten Platz, wo gar kein Getreide oder ein weniger ergiebiges wächst und wo Be- schaffenheit und Lage ein sicheres Gedeihen versprächen. Auch der zur Mischung mit Gerste so vortheilhafte Roggen könnte hie und da mehr vorkommen, als es wirklich der Fall ist, so z. B. im Brättigau. Ad. 4. Wichtiger als die Ausdehnung des Getreidebaues ist die Einführung der zweckmässigsten Behandlungsweise. Der Landmann ist bei uns gewohnt, sich die Arbeit leicht zu machen. Der meist mürbe, humusreiche Boden, wie er bei uns durch- schnittlich vorkommt, verlangt auch nicht so viel Arbeit als der schwere Boden in vielen andern Gegenden, wo der Ackerbau mit weit mehr Aufwand von Kraft und Kenntniss betrieben wird. Die Bearbeitung des Bodens findet bei uns durchgehends nicht tiefer als bis auf 9° statt. Die Werkzeuge zur Beackerung sowohl als die Zugkraft sind darnach eingerichtet. Die Saat geschieht an den meisten Orten von Hand und zwar breitwürfig, s5 nur an einzelnen Orten des Kantons wird die Saat gedrillt, d. h. in Reihen bewerkstelligt. Die Unterbringung des Saamens findet theils mit dem Pfluge, theils mit der hölzernen Egge statt. Gejätet wird hie und da das Wintergetreide im Frühling von Hand. Der Schnitt des Getreides wird beinahe überall mit der Sichel vorgenommen; die Sense findet man sehr selten dafür in Anwendung. Das geschnittene Getreide lässt man maden- weise auf den Boden gelegt austrocknen, in den höhern Ge- genden noch auf besondern Gestellen nachtrocknen; vom Puppen weiss man noch nichts. Der Drusch findet ausser in Chur, Zizers und Herrschaft, wo Dreschmaschinen in Thätigkeit sind, mit dem Flegel statt. Die Fruchtfolge ist verschieden, an manchen Orten beobachtet man das Dreifeldersystem, an andern Orten die Wechselwirthschaft. In dieser Behandlungsweise liegt manches Fehlerhafte, dessen Verbesserung einen höhern Ertrag zur Folge haben müsste. Vor Allem fehlt es an den zweckmässigen Beackerungswerk- zeugen. Der Pflug, der an den meisten Orten in Anwendung kommt, ist ein Instrument, womit man wohl die Erde umwühlt aber nicht umkehrt und das nur auf eine sehr geringe Tiefe. Meistens geht er nicht tiefer als einen halben Schuh. Man triftt hie und da einen andern Pflug, den alten Aargauer Pflug mit Redig, der aber sehr schwer geht, nicht gut wendet und zudem viel Zeit dabei in Anspruch nimmt. Besser ist der Dombaslesche Zwillingspflug, welcher schon vor einer Anzahl von Jahren von Landammann Franz in Maienfeld eingeführt und sodann auch von einzelnen andern Landwirthen angeschafft wurde. In lezter Zeit hat der Schwerzische und neue amerikanische Wendepflug mehr Anwendung gefunden, sollte aber noch allgemeiner ver- breitet sein, wenn wir die Pflugarbeit gut machen und damit die Grundbedingung eines nach Verhältniss der Bodenbeschaffen- S6 heit möglichst hohen Ertrags erfüllen wollen. Die Anwendung des Untergrundpfluges ist sehr selten. Die Beackerung ist meistens zu seicht, daher auch das Stroh oft zu schwach, um die schwere Frucht zu tragen und diesem Umstand ist wesent- lich das in vielen Aeckern vorkommende und dem Ertrage so nachtheilige Lagern des Getreides zuzuschreiben. — Also thun zuerst vollkommene Instrumente Noth, um besser, leichter und tiefer pflügen zu können, damit der Ertrag unseres meist an und für sich fruchtbaren Bodens erhöht werde. Die Saat geschieht viel zu unregelmässig und selten im Verhältniss zur vorhandenen Bodenkraft. Daher oft auf dem gleichen Acker leere Stellen und Lagerkorn, — Nachtheile, die bei gehöriger Saat nicht eintreten würden, sofern der Acker recht vorbereitet ist. Da das Säen eine der schwierigsten Arbeiten bei dem Getreidebau ist, so lässt sich wohl denken, dass es bei der geringen Uebung, die viele unserer Landwirthe mit ihren wenigen Getreideäckern haben, höchst unvollkommen geschieht. Diesem Uebelstand könnte durch die Maschinensaat abgeholfen werden und zu diesem Behufe sollte eine Anzahl benachbarter Ackerbesitzer sich vereinigen. Auch unsere meisten Eggen entsprechen dem Zwecke nicht. Die Brabanteregge, die beste bisher bekannte, sollte daher eben- falls vereinsweise angeschaffi und gebraucht werden. Der Schnitt mit der Sichel kostet ziemlich mehr als mil der Sense, weil er mehr Arbeitskräfte in Anspruch nimmt. Da es bei uns oft an diesen fehlt und zudem der Arbeitslohn höher ist als in Deutschland, müssen wir, um konkurriren zu können, die Arbeit so einrichten, dass sie uns so wenig als möglich kostet, also das Getreide mähen und nicht mit der Sichel schneiden. Bei der Trocknung des Getreides auf dem Felde geht dem Landmann manchmal grosser Schaden auf durch Eintreten nasser 87 Witterung. Da kann leicht durch Puppen des Getreides geholfen werden, worunter man eine solche aufrechte Schichtung der Garben versteht, dass der Regen davon abfliessen und doch Luft durchdringen kann. Dass das Dreschen des Getreides mit der Maschine viel weniger Zeit und Geld kostet als von Hand, hat die Erfahrung in den zwei lezten Jahren hier und an zwei andern Orten, wo mit Maschienen gedroschen wurde, bewiesen. Die Herren Nadig und Berri in Chur haben das Verdienst, die erste Handdreschmaschiene hier in Thätigkeit gesetzt zu haben, wo- rauf mehrere solche und mit Wasserkraft betriebene Maschienen hier verfertigt wurden. Es ist zu wünschen, dass die Dresch- arbeit auch anderwärts mit der Maschiene vorgenommen werde um dieselbe zu erleichtern und wohlfeiler zu machen. Was endlich die Fruchtfolge bei dem Getreidebau betrifft, so möchte besonders in den mildern Gegenden unseres Kantons, wie Domleschg, Rhäzüns, Chur, fünf Dörfer und Maienfeld, eine bessere Methode sehr am Platze sein, wodurch einerseits weniger Dünger unnülzer Weise konsumirt und anderseits mehr Ertrag erzielt würde, indem nämlich nicht zu oft die gleiche Frucht im nämlichen Acker gepflanzt wird. Zweckmässiger verfahren die Oberländer, die einen 3- bis 4jährigen Turnus beobachten, indem sie die Wiese im Herbst umbrechen, im Frühling eine Hackfrucht gedüngt, sodann Weizen ungedüngt und hierauf Gerste gedüngt pflanzen um das Feld wieder zu Wiesen fallen zu lassen und zwar, was ein Beweis von vorzüglichem Wies- boden ist, ohne künstliche Besaamung. Aus Allem diesem schliesse ich die gewiss tröstliche Ueber- zeugung, dass der bündnerische Landwirth nur den so leicht zu bearbeitenden fruchtbaren Boden recht zu kennen und zu be- arbeiten braucht, um ihm noch viel grössere Getreideerndten zu entlocken als er bisher bei seiner übergrossen Bequemlichkeit 88 und den mangelhaften Werkzeugen erreichen konnte, so dass er, wenn noch einige unbenutzte Landstrecken in angemessener Lage dem Getreidebau gewidmet werden, den ganzen Bedarf unseres Konsumos selbst zu pflanzen im Stande ist, ohne die Haupterwerbsquelle. die Viehzucht, irgend wie dadurch zu schmälern. 20 KO vl. Bündner Dipteren.*) Verzeichniss der Sammlung des Hrn. Major Am Stein in Malans. 1. Culex annulatus F. Malans am Fenster 28. Juli 1834. ornatus Hffmgg. f. f. ‚var. guttattus Meg, Malans 31. Aug. 1849. pipiens L. Anopheles maculipennis Hffmgg. Anfg.Juli 1839 hig. im Castalelt, Chironomus riparius M.? thoracieus Wied ? 1. bieinetus Meg. f. notatus M.? m. Ceratopogon floralis M. f. 10. Aug. 1837 am Fenster in Malans. bipunctatus L. f. m. 9. Febr. 1839 im Zimmer. pulicaris L. Sept. 1842 am Fenster in Malans. Ceeidomyia grandis. M. m. 5. Juni 1837 im Garten zu Malans. fasciata. M. (Ist verloren) *) Der verdiente Nestor unter den bündnerischen Naturforschern hatte die Gefälligkei' der Redaktion ein Verzeichniss seiner reichen Insekten- sammlung zu übersenden, wovon hier die erste Abtheilung folgt. Ein Weiteres wird im nächsten Jahrgange erscheinen. Dem geehrten Herrn Verfasser für seine mühevolle Arbeit unsern herzlichsten Dank! Die Classifiention und Benennung ist nach Meigen’s Werk über die Dipteren. Cecidomyia Psychoda Erioptera Limnobia Ripidia Ctenophora Noch 2 Tipula Klugu. M. carnea. M. m. lutea. Latr. f. flava M, phälenoides. L‘ 14. Sept. 1836 am Gangfenster. nervosa. Schrk. in Malans. calceata. grisea. M. f. Anf. Aug. 1838 im Castalett. rwosa. L. m. 24. Juni 1837. Mastrilserberg. punctata, M. m. ff. pieta. F. f. lucorum. M. m. 10 Juli 1839 im Castalett. fulvesesns. Hgg. m.? lutea. M. f. modesta. Wied. m. tripunctata. F, m. f. 13. Juni 1837 beim Russhof. xanthoptera. M. f. 1837. unicolor mihi, 13. Nov. 1847. quadrinotata. M. m. annulus. M. f. 12. Sept. 1836 hinter dem Dorf. occulta. m. (2) f. 1837. lutea. f.? maculata. M. 1. 1837. atrata. f. (2) pectinicornis. L. m. Mai 1841. das f. den 5. Juni 1846 auf Schlamm. flaveolata. F. f. (2) unbestimmte. gigantea. Schr. m. f. lutescens. F_ m. f. ein m. var.? marginata, M. m. f. nubeculosa. M. f. (2) 20. Mai 1841. Mastrilserberg. Tipula Ptychoptera Trichocera B marmorata M. f.? clandestina. Meg. m. 6. Mai 1840. Zizerser Riet. varipennis. Hgg. m.? (2) f. 11. Mai 1839. Castalett. ochracea. M. m. 7. Juli 1837 zwischen Chur und Zizers. crocata. L. m. f. pratensis. L. 25. Mai 1837. Malans. Mai 1838 bei Chur gegen Haldenstein. scalaris. Hgg. f. velsanio.? scalaris. f. 10. Aug. 1840. Fideris. maculosa. Hgg. m. Ende Juni 1838 beim Winer in Paarung. pruinosa. Hgg. m. 15. Aug. 1846. scurra. Hgg. m. f. Juni 1837. cornieina. L. m. f. Juni 1837 beim Russhof. paludosa. m. lateralis. M. f.? paludosa. M. m. 11. Mai 1846 aufdem Zizerser Ried. f. den 20 Mai 1842 auf den Ziz. Lösern. contaminata. L. 29. Mai 1846 in Malans. hiemalis. Deg. f. (2) regelationis. L. f.? 3. April 1837 in Malans. maculipennis. M.? 14. Juni 1837 im Hausgang. 12 unbestimmte und einige defecte. Macrocera Platyura Sciara 2. fasciata‘ M. tipuloides. F. (2). Juli 1840. Wohnstube in Malans. extensa. BD. (remi) nov. spec. morto. F. (2). fuscata. M. 30. October 1846. nitidicollis. Meg. aprilina, M. Simulia Scatopse Dilophus Bibio Rhyphus Beris Coenomyla Tabanus En serscea L. (Verloren.) nigra. M. 14. Nov. 1838. punctata. M. Mai 1836. Malans. vulgaris. M. Mai 1836. Malans im Garten. femoratus. M. m. f. (m. 3. f. 2.) Malans im Garten- hortulanus. L m. f. marci. L. m. f. 21. Mai 1836 bei Chur. pomone. F. m. (?). Johannis, L. m. (2). f. nigripes. M. m. (2). venosus. M. m. (2) 7. Juli 1837. Malans im Garten. clavipes. M. m. lanıgerus. Hgg, fuscatus F, f. (2). punctatus. F. f. fenestralis Scop. (3) clavipes. L. m. f. (3) Mai 1842. Zizerser Ried. ferruginea. F. (3) var. m. aterrimus. M. m. f. Sept. 1843. Julier. auriptlus. M. (2) Zizers am Rhein. bovinus. L. m. f. albipes. F. m. f. lunulatus. M. m. 20. Juli 1841. Böschis bei Schiers. nemoralis. M. m. 22. Juni 1844 beim Castalett. 4 notatus. M. f. Juni 1837. Mathon, oberhalb Seewis. bromius. L m. O5). montanus.? M. solstitialis,. M. m, f. fropieus, L. m. ferrugineus, M. m. 11. Aug. 1838. Bei Seewis, /ateralis. Meg. m. mit 3 Purpurbinden. f. Tabanus noch 2 93 rusticus. F. f, (2) 18. Aug. 1841 bei Maienteld. rusticus. [.? plebeius? Fall, fulvus. M. f. florealis. plebeius. Fall. grecus. F. fulvus? florealis. bovinus. L. pulchellus (nicht im Meigen). bovinus. m. variet. unbezeddelte, der eine pleberus ? 25 Tabani, davon einige noch? Chrysops Hzmatopota Hexatoma Leptis Atherix cacutiens. L. m. (2) f. (1) Zizersers Böfel. pluvialis. L. (2) bimaculata. F. (25. Mai 1842 Zizerser Böfel) (2) Buchwald bei Malans. strigosa. M. m. f. Juni 1839 bei Zizers. scolopacea. L. m. conspicua. M. m. tringaria. L. m. (2) Valzeina. vitripennis. M. aurata. F. m. f. aurata var, atratus Fabr. m. Juli 1837 im Ober- halbstein. f. 18. Juli 1838 im Castalett. diadema. L. f. m. 18. Juli 1844 im Castalett. splendida. M. m. Malans, Mühlhach. 14. Juni 1838 Oberzollbruck. n. n. striola. m.? (siehe Meigen VII. 61. Jbis. F. ın. f.? 16. Juni 1834. Mathon oberhalb Seewis. marginata. F. m. f. 16. Juli 1843. Malans, oberhalb dem Bodmer. Atherix Thereva Anthrax Bombylius Dioctria Dasypogon 94 crassicornts. Hgg. I. (2) Aug. 1836. Latti. nobilitata. F. plebeia. L. eximia. M. 28. Mai 1841. Bei Malans. annulata, F. f. Juni 1839. Zizerser Löser. ceinifera. m. (Meygen VI. 322.) 2 eo. circumdata. Hgg. cingulata. M. (3) bifasciata. M. (2) wohl m. u. f. semiatra. Hgg. (2) wohl m. u. f. sinuata. M. m. f. 31. Juni 1839. Marschlins. tripunctata. Wied. fenestrata. Fall. major. L. m. f. fimbriatus. Gürtl. ater. L. m. f. medius. L. m. f. minor. L. m. f. rufipes. Deg. m. f, Juni 1839. Zizersers Löser. Mai 1841 Castalett. Reinhardi. Wied. m. 31. Juni 1839 in Castalett. gracilis. M. m. f. 10. Juni 1837. Malans am Rüttibach. infuscata. lateralis.? (Meg. n. 16. 11. 249.) 21. Juni 1839. Marschlins. m. unbenannt. teutonus. L.! (2) ruficornis. F. f. 3. Aug. 1837 bei Rhäzüns. cinctellus, (2) Meg. hirtellus. Fall. m. f, 95 Dasypogon brevirostris. M. m. f. 24. Juni 1837. Mastrilserberg. Laphria flava. L. m. f. ephippium. F. m. I. vulpina. Meg. 2 m. marginata. L. nigra. M. m. f. giva? L. m. albibarbis. M. 8. Juli 1841 im Garten in Malans. femorata. M. var.? m. Ein 2tes? chrysocephala. M. m. f. 3. April. 1836. Mastrilser- berg und 26. April 1837 im Garten in Malans. atrasaboma? fi Asilus erabraniformis. L. m. f. Juli 1836 bei Ems. Juli 1836 bei der Schlossbruck. 18 germanicus. L. ın. . 31 atricapillus. Fall. Cbicornis Zeller.) 31 atricapillus. Fall. M. n. 31. (2) 35 @mulus. Hgg. M. n. 35. stabilis Zell, 34 aemulus. Hgg. M. 52 melanopus. M. m. f. 15. Juni 1839 bei Zizers. apicatus. Lew. (hat Meig. nicht.) (2) melampodius, Zell. (5, davon 3 defect,) cyaneus. Lew. (estivus, M. n. 15.) foreipula. Zeller, (so das Zeddelchen von Bremi.) exigua. Bremi, der sie als nova spec. erklärt, geniculatus. M. n. 17. 3. Juli 1849, Luziensteig, noch unbestimmte, wenn nicht germanus, so ist es eine nova spec. nach Bremi. Leptogaster cylindricus. Degeer. fuseus. M. (2) Empis tesselata. m. f. Fabr. tesselata. f. var,? mit gelben Beinen, Empis 3 oder 4 6 tesselata. m.?? 21. Mai 1842. noch ein ditto, opaca. Fabr. f, ciliata. F. m. f. Gegend von Chur. Zizerser Böfel. maculata. F. m. f, Gegend von Chur. Castalett. Iivida. L. m. f. (2 m,) lutea. M. f.? sulcipes. M.? (2) stigma. m. 20. Mai 1816. Malans. unbenannte. Rhamphomyia anthracıina. M. Tachydromia Sargus Nemotelus Clitellaria Oxicera Stratiomys notata. M. f. Sept. 1837. Malans, Gartenmauer. bicolor. M. f. analis. M. (Mg. VI. 343) m. Juli 1838. Castalett. cuprarius. L. m. (2), ceruleicollis. M. f. Mai 1841, Castalett. infuscatus. Hgg. (2) Reaumuri. F, m, f. formosus. Schrk. m. f. Mai 1841. Zizerser Löser. politus. L. m. f. pallipes. M. t. var.? 13. Juni 1842, Ziz. Ried. pallipes. m. 17. Juli 1844, Castalett. speciosus. f.? Macqu. uliginosus. L. f. Ephippium. F. m, f, Mai 1842. Zizerser Böfel. trilineata. F. m. (2) f. Juni u. Juli. Castalett, 4. chameleon. L. m. f. concinna. M. m. furcata, F. f, (2) Juli 1839. Castalett, Stratiomys Öeria. Microdon 9 strigata F. m. 1. equestris. m. (2) 16. Juli 1843. Malans, Bodmer- berg. hydroleon. L. !. hydropota. M. . 8. Juli 1831. viridula. F, m. 1. potamida. Mg. (3) candens. mihi. m. f. (4) 30. April 1841, Ross- stafel in Malans. subsessilis. Fll. m. apiformis. Deg. m. 1. (3) mutabilis. L. m. 1. micans. Wied. m, anthinus. M. \. 21. Juni 1839. noch unbenannte. Chrysotoxum Bacha Paragus Ascıa Sphegina bicinctum. L. m. 1. arcuatum L. m. f. intermedium M, m. T. faseiolatum. Deg. f. marginatum. M. 1. costale Meg. m, (2) 16. Juli 1843. Malans, Bodmerbereg. sphegina. M. m. 12. Mai 1847. Malans, Zoller Weingarten. scutellata,. M. m. 3. Juni 1846. Schlossbruck. aeneus. Meg. obscurus, Meg. m. podagrıca F. m. f. 4. Mai 1836. Malans, Baum- garten. florealis. M, nigra. M. . (2) -J Eumerus Xylota und Milesia Pipiza Rhingia. Brachyopa Chrysogaster 98 tricolor. F. m. f. ornatus. M. m. 28. Mai 1841. Malans. Ekkeböfele. pipiens. L. m. f. florum. Fabr. m. 11. August 1838. Grubs bei Malans. nemorum, F, m. segnis. L. m. f. 25. Mai 1842. Zizerser Böfel. lenta. M. m. f. volvulus. Fabr. 19. Juni 1846. sylvarum. L. 7. Juli 1844. Steigwald. volvulus. F. m. 15 unbezeddelte oder unsicher mit ? bezeichnete. vespiformis. L. m. speciosa. F, m. (2) 13. Juni 1837. Oberhalb Malans. fallax. L. m. 27. Juni 1838, Wineck bei Malans. berberina. F. m. 16. Juli 1843. Bodmerberg bei Malans. noctiluca. L. f. (2) 28. Mai 1841. Ekkeböfele. quadrimaculata. m. Panz. rostrata. L. f. (2) campestris. M, m. f. (3) bicolor, Fall. ferruginea. Fall. violacea. M. metallica. F, f. (2) chalybeata. M. coemeleriorum, F. m. viduata. L. m. f. 6. Juni 1839 im Castalett. nobilis. Fall. f. (2) Mai 1841 im Castalett. elegans. Wied. 2 m. 12. Juni 1841 im Gastalett Cheilosia (Sir- estracea. L. m. f, phus) 99 Cheilosia (Sir- variabilis. Panz, m. u. 2 £. phus) Doras Syrphus chloris. M. flavicornis. F. f. vulpina. M. m. 5. Juli 1841 bei Malans. ruralıs. M m. funeralis, M. m. nigripes. M. vrdua. M. f. noch eine var. means. F. ı, pratensis. M. m. coerulescens. M. f. 2. maculata. Fall. m. 30. Mai 1842. vulnerata. Panz, divarıcata. m. (3) conopseus. F. (2) 22. Juni 1539 bei Marschlins, Malans. festivuss-L.m.,3, Stück: 1.£. ornatus. M. 2 m. 25. Mai 1842. Zizerser Bofel. arcuatus. Fall. pyrastri. L. m f. selenitieus,. M. m. f. corollae, F, 1. grossulariae, M. !. ribesü. L. f. 2. vitripennis. Meg. 2 1. bifasciatus. F. 2 m. uw 11. balleatus. Deg. m. f. im Castalett. lucorum. L, nobilis. M, m. f. auricollis. M. m. 24. Juni 1837. Mastrils. einclus. Fall.? oder var, Syrphus. Sericomyia Merodon Helophilus 100 umbellatarum. F. 2. scriptus. L. m. f. teeniatus. M. m. f. menthastri L.? oder melisse. M.? pietus. M. f. 10. JInni 1838. Buchwald bei Malans. melıssae. M. m, f. philanthus. M. f. - >% gracılıs. M. 5. Mai 1846. Böfel ob Malans. mellarius. M. 2. scalaris. F. m. mellinus. L. bifasciatus. F, m. scutatus. M. f. lappona. L, (3) clavipes. F 2 m. 1. August 1836. equestris. F. m. einereus. F. m. 14. August 1838. Fadära bei Seewis. spinipes. F. m. f. 10. Jnni 1938. Buchwald bei Malans. (menium‘ Hgg. m. nicht mehr vorhanden.) aeneus. Meg. m. 2. 5. Juli 1845 auf dem Latti. auripilus. Wied. f. virescens. Bremi. Neu. 24. Juni 1837. lunulatus. M. 3. (Mg. p. 371 sehr selten). (rivittatus. F. ‚(? weil bei allen die Spitze des Bauchs schwarz ist.) pendulus, L. 3. frutetorum. F, 2. Eristatis Volucella Pipuneulus Psilopus Chrysotus Porphyrops Argyra Medeterus Sybistroma 1 sepuleralis. L. m. 3. 20. August 1841. Zizerser Ried. tenax. L. m. f. campestris. M. m. 2. 1. August 1836. Latti. eriptarum. F. intricarius. L, f. 29. April 1842. Zizerser Löser. similis. Fall. m. nemorum. L. m. f. arbustorum. L. m. f 2. horticula. Deg. m. rupium. F. f. (Mg. p. 398 „sehr selten.*) 22. Septbr. 1835. Malans, Garten. floreus. L. 3. floreus an var? vulpinus. Meg. ın, I. am Steini Bremi. Neu. bombylans. L. m. f. plumata. Deg. m. f. pellucens. L. m. f. (4) zonaria. Schr. f. 2. inanis. L. m. 1. varipes. M. m. (nicht mehr da.) ater M. m. 3. Septbr. 1838. Ekkeböfele, pratorum. Fall. m. platypterus. F, m. f. nigripes, F. ? emi.? 16. Juni 1842. Castalett. micans, Winth. m. vestita. Meig. 25. Juni 1843. Castalett. (Porphy- rops vestitus. Wd.) regius. F. [. discipes. Wied. m. Dolichopus Scenopinus. Conops Zodion Myopa Siphona Stomoxis Oestrus (sastrus Stegana Mesembrina Noch 4 unbezeddelte, Er _ ornatus. M. m. f. 21. Mai 1842. Castalett. ungulatus. L. m. f. 2, nigricornis. Meg. vel latipennis. Fall, f. 18. Juli 1838 im Castalett, (ein unbestimmtes.) fenestralis. L. sulcicollis. Meg. f. senilis. F. f. 7. Juni 1838, Malans am Fenster. vesicularis. L. flavipes. L. 2. 26. August 1845, Selve bei Malaus. melanocephala. 31. August 1836 an der Uell bei Malans. (macrocephala. L. ?) quadrifasciata. Deg. 2. rufipes. F. f. einereum. F. m. 30. Mai 1842 bei Zizers. notatum. M, buccata. L. testacea. L. ın. f. ferruginea, L. f. 2. oceulta. Wied, f. atra. F. m. August 1845. punctata. F. !. (dasselbe aus Zürich.) geniculata, Deg. f, Mai 1842 im Castalelt. calcitrans. L. 4. m. f, 15. Juni 1839 im Castalett. ovis L. m. (2) 1. Ang. 1839 oberhalb Malans. bovis. L. 2. 13. Juni 1839. Wiesen von Malans. equi. F. 3. hypoleuca. M. T. meridiana. L. 2. mystacea. L. Echinomyia (Tachina) Servilia (Ta- china) Tachina Clitia (Ta- china) Gymnosoma Leucostoma (Tachina) Melanophora (Tachina) Ocyptera Chrysosoma (Tachina) Micropalpus Nemora (Ta- china) krebia (Ta- china) 103 6. fera. M. L. m. u. f. nebst var. 4. Septbr. 1835. Malans im Garten. virgo. M. f. tesselata. F' f. (2) 12. Juni 1843. Malans. lurida. F. 2. 20. April 1839. Salve bei Malans. prepotens. M, m. 2. Septbr. 1839. Malans. spathulata? Fall. nitidula. M. f. 10. Juni 1842 bei Marschlins. vidua. M. I. 20. Juli 1842 im Castalett. pellucens. Fall. m. 25. Juni 1838. Buragässle. rotundata. L. m. f. et var, (4) gemein. costata. Panz. lepida. M. f, et 2 var. roralis. M, 2 m. u. 1 f. coccinea M.? 20, Juni 1838. Castalelt. brassicaria. F. m. f, viridis. Fall, M. m. f. 21. Mai 1842. Castalett. Sehr selten. fulgens. M. f. 6. August 1842 im Castalett. haemorrhoidalis. M. Mai 1839. Castalett. rudis. M. (Fall.) puparum. M. m. 4. Mai 1838. setosa. Bremi nov. sp. Malans. bucephala.? M. radıcum. M, Malans. tremula. m. M. f. 5. Juni 1841. Bei Malans. Marquarlia (Tachina) Panzeria (Ta- china.) Myobia (Ta- china.) Gonia Metopia (Ta- china) Degeria, (Ta- china.) Scopolia (Ta- china) Exorista (Ta- china) Phorocera (Tachina) Tryphera (Tachina) Oliviera (Ta- china) Siphona (Ta- china) Zeuxia Dexia 104 rufipes. M. Fall. m. lateralis. M. F. sanguinea. M. 5 Sick. inanis. M. Fall. f, Aug. 1838. Castalett im Gras. longipes. M. m. capitata, Deg. m. fasciata M. m. 30. April 1842 am Rhein. argyrocephala. M. f. 4. Juli 1842 am Rhein. leucocephala. M. Panz. 4. Mai 1841. Castalett. tragıca. M. lugens. M. lucorum. M. confins. M. Fall. 2. gramma. M. 2, leucomelas. M, ? flavıda. M. m. longirostris. M. m. Castaleit. cinerea. M. tachinaria. M. 24. Juli 1843 im Castalett, einerea, M. !. 20. Aug. 1842. Winek bei Malans. leucozona,. M. m, var? nigripes. F. 21. Mai 1842. Zizerser Ried, rustica. F. 3. 13. August 1846. Sagwiese bei Malans. carıinifrons. Fall. m. 2. 6. Aug. 1842 im Castalelt. Dexia Morinia Prosena (Sto- mOoXYS) Sarcophaga 105 canina. F. (2 m. u. 1 f.) 5. Mai 1838 im Ekke- böfeli. vacua. Fall. m. (4) 5. Mai 1838. Malans im Ekkeböfeh. pectinata. M melanoptera. M. Fall. m. f. 20. Mai 1842. Zizerser Ried. siberita. M. F. m. f. (3) 7. Sept. 1837. Malans im Garten. 2 unbenannte. mortuorum. L. m. f. (3) 8. Octbr. 1838 bei Malans. muscarıa. M. m. 21. Mai 1842. Zizerser Löser, intricaria. M. Aug. 1842. Zizerser Ried. carnaria. L. m. f, striata. F. f. m, m. Mai 1842 im Castalett. pumila. M. m. 21. Mai 1842. Zizerser Ried. vagans. M. f. Mai 1842. Castalett. cruentalta. M, m. 2. 21. Mai 1842. Zizerser Ried. hemorrhoa, M. m. 12. Juli 1838. Zizerser Au, affinis. Fall. arvorum. M. m. 2. 15. Aug. 1846. Rheinschanze bei Malans. viridis. m. f. @nea? mihi? m. f. 21. Mai 1842, Zizerser Ried, cinerea. Bremi, nov. sp. 15. Juli 1838. Castalett, Amsteinia Br. punctipennis. Br, nov. sp. noch 7 unbenannte. Phasıa pe: i. erassipennis. F. (1 kleineres von Zürich) 2. e Phasıa 106 analis. F. f. 27. Juni 1838, Buchwald bei Malans. hemiptera, F. atropurpurea. M. m. noch 10, Lucilia (Musca) ecesar. M. L. m. f. Pyrelia (Musca) Musca Cyrtoneura (Musca) sericala. Meg. 2 m. equestris, M. f, Mai 1842 im Castalett. cornicina. F.: f. illustris. M. f. splendida. M. m. 47. Mai 1842 im Castalett. regalis. M. m. Mai 1842 im Castalett. cesarıon. Hgg 2 f. onesia. m. f. cadaverina. L. 3m. 2% f. 17. Mai 1842. Castaleti. serena. M. m. 2 f. 3. Juni 1838 bei Malans. nitıda, M, m. f. Juni 1842 an der Landquart. vomitoria. L.2 f. u. 1 var. erythrocephala. M, 2 f. cognata. M. m, azurea. Fall. m. domestica, L. m. f. corvina. F, m. 2, 1 f. 17. Mai 1842, Castalett. atramentaria. M. m. f. lanio, F. 2 m. 1 f. 20. Juli 1838. Castalett. Tudıs. F. m. 1. vespillo. F. 2 m. 1 f. Mai 1842 im Castalett. tempestiva. Fall,, vel obscura, m. agılis. M, f. Mai 1842. Löser von Jgis, Malansı. mihi. hortorum. F, m. f. 7. Aug. 1838. Castalett, — Malans. stabulans. Fall. m. f. maculata. M. m. f, 20. Juni 1838. Castalett. Cyrtoneura (Musca) Aricıa (Anthomyia) Hylemyia (Anthomyia) Hydrotza (Anthomyia) 10% meditabunda. F. m. 20. Juli 1838. Castalett. pratorum, M. 1. cyanella. M. m. f. vilripennis. M. m. noch 10. 14. Juni 1842, Zizerser Ried. versicolor. M. m. f. 17. Mai 1842 im Castalett, incana. Hgg. Mai 1842. Castalett. incana. Hgg. oder plumbea? M. 2. albolineata. Fall. m. 2 u. 1 f. Mai 1842, Castalett. lucorum. Fall. m. 2. Sept. 1839. Castalett. Malans, lugubris. M. m. Mai 1842 bei Jeis. vagans. Fall. m. populi? M. f. divisa. M. m. 2. 13. Sept. 1841. Mastrilserberg. vespertina, Fall. m, Mai 1842. Castalett. hllaris? Fall. 25. Aug. 1845. notata. Fall. m. f, 2. Juli 1842 bei Jgis. honesta,. M. m. Mai 1842. Castalett, strigosa M, m. 30. April 1842. Zizerser Au. contca. M. m. 15. Juli 1838. Castalett, quadrum. F. m. pagana, F, m, 27. Juli 1839, Jgiser Rüfı. uligınosa. Fall. m. 5. 23. Juli 1837 zwischen Chur und Zizers. incospiceua M.? rustica. Maeg. m. Mai 1842. Castalett. maculata. Macgq. f. Sept. 1842, Castaletl. m. ohne Namen. palestrica. M. m. Mai 1842. Castalett. incompta. M. dentipes. F. m. 17. Ang. 1842 an der Uell bei Malans. 108 Hydrotaa glabrieula. Fall. m. 30. Mai 1842, Castalett. (Anthomyia) militarıs. M, m. Anthomyia leucostoma, Fall. m. f. canicularis. L. 2 m. gemein. plwvialis. L. m. f. Juni 1838. gemein. muscaria. F. m. platura. M. f. Juni 1842 inanis, Fall. f. dissecta. M. alma. M, 2 f, 1. Juni 1842 bei Marschlins. allotalla, M. discreta. M. m. vel var, 2 Stck. quadripunctata, mihi. 2 Stck. tigrina, mihi. f. Marschlins. uliginosa Fall. ? Drymyeia obscura. M. m. f. 5, Aug. 1839. Ganeyerbad. Coenosia littorea. f. iS. Juli 1838. Castalett, Pyrelia cadaverina. 2 m, serena. 2 f. 8. Cordylura albilabris. F. m. f, 12. Juli 1838. Zizerser Au. Scatophaga stercoraria. L. lutaria. F, 2. Oct. 1837. Ekkeböfelı. inquinata, M. m. Oct, 1844. Malans. scybalaria, L, 4, Aug. 1838. Casialeit noch 3 ohne Namen. Dryiomyia anilis Fall. Sapromyza inusta, M. m. 22. Juti 1843, Ekkeböfeli, rorida, Fall. Sapromyza Ortalıs Lauxania Ulidia Actora Sepedon Tetanocera Helomyza Opomyza Trypeta 109 flava. L 2. quadrıpunctata. L decempunctata, Fall. omissa,. M. 2 f. Juni 1542 bei Marschlins. crassipennis. F. [. palustris, M. 2° cerasi. L. vibrans. L. enea Fall demandata F. m. f. Aug. 1836. Malans, Garten. tristis von Bremi benennt nov. sp. sphegeus. M. f. Aug. 1842. Zizerser Ried. Heffner.. M m. Juli 1838 im Castalett. marginata. M. 2. pratorum. Fall. m. f. noch 1 f. Juli 1838. Castalett. obliterata. F. punetata. F.? 23. April 1844 im Castalett. hieracü. F, oder pulchra, mihi. elata. F. 2. serrala,. L. m. f. 19. April 1837. Malans am Fenster. cesia. M. %. 2. 21. Oct. 1837. Malans am Fenster’ combinata. M. 45. Juni 1844. Zizerser Löser. tussilaginis. F, 2 m. nach Löwben. onopordinis. F. arctü, Deg. m. f. 30. Mai 1839. Wiese bei Malans. Lappe. M. cornuta. F. f, 8. Juni 1837. Frasen bei Malans., cardu. L. Trypeta Calobata Chlorops Lagromyza Borborus Sepsis Nemapoda Platystoma Loxocera Psila Micropeza Phora Hippobosca Ornithomyia 110 stylata. F. 2. aprica. Fall. m. f. signata. M. parietina L. 2 leontodontis. Deg. 2 davon 1 m. 4. Mai 1838- Malans. hyoscyami. L. f. 4. Mai 1838. radiata. F. 15. Aug. 1838. Castalett. serraltul®. L. m. 2 u. 3 f. 2. August 1846. ceibaria. L. 2 m. gracilis. fehlt. verloren. cenea. 4. Juli 1838. hinterhalb Malans. subsultans M. Mai 1836, Malans, Garten. cynipsea. L. 2. violacea. M. f. m. Mai 1838. punctum. F. annulipes. M, putris. L. 1 unbezeddeltes. seminationis. F, m. f. Mai 1837. Malans, Garten. elongata, M. m. (2) 27. Juni 1842 bei Jeis. fimetaria. L. m. f, 4, Juni 1838 bei Malans, bicolor. M, m. f. Schiessstätte bei Malans. vartabilis, mihi. corrigiolatata, L. 3 f, 17, Juni 1838. Buchwald. florea. M. m. 22. Juli 1838 von einem lebenden Grünspecht, equina, L, 4, viridis. M. 2. m Anhang: Helomyza lactea. M. serrata. L. m. f. rufiventris. M. 2. Trypeta aprice. F. f. et 3. m. noch 2 ganz unbestimmte, incurva, Fall. 6. August 1842, Castalett. II TI EHILI N D r GERN vıl. Aufzählung und Beschreibung der Myriapoden und ÜUrustaceen Graubündens J. J. Am Stein, Med. Dr. (Erste Folge.) Vorwort. Von den hier aufgeführten Crustaceen und Myriapoden finden sich sämmtliche im nördlichen Theile Graubündens, also diessseits der Alpenkette und zwar meist in dem mildesten Theil des Rheinthals, wo der Rhein seine erste nördliche Biegung gegen die schweizerisch-deutsche Grenze macht, und in dem ebenfalls hier ausmündenden Seitenthal, dem Prättigau. Dieser bezeichnete, gegenüber den in Beziehung auf Ver- schiedenheit 'von Clima, Höhe über'm Meer und geognostische Verhältnisse so verschiedenen Thälern Graubündens, so kleine 113 Distrikt, liegt vom geognostischen Standpunkt aus betrachtet gänzlich im Gebiete des Bündnerschiefers oder Flysch’s, in Bezug auf Clima aber ist es mit Ausnahme der südlichsten Theile von Misox und Puschlav, der mildeste und fruchtbarste Theil des genannten Landes. Nach der allgemeinen Annahme, dass mil dem Steigen der Grade mittlerer Temperatur immer auch, und vorzüglich bei den Crustaceen!), ein Wachsthum in der Zahl der Arten und Gat- tungen im Pflanzen- und Thierreich paralell gehe, lässt sich in dem betreffenden Kantonstheil, gegenüber den andern, auch die reichste Ausbeute erwarten, aber auch am meisten ent- sprechend der gleichnamigen Fauna der nördlichen Schweiz und des benachbarten süddeutschen Gebietes. Die hochgelegenen, in die granitischen Formationen unserer Centralalpenkette sich hinanziehenden Thäler mögen wie in ihrer Flora und Insekten-Fauna auch für unsere zwei zu behan- delnden Thierklassen manches Eigenthümliche und Charakteri- stische beherbergen ; weitere Nachforschungen werden uns darüber belehren. Unsre auf der südlichen Abdachung der Alpen ge- legenen, gegen Italien auslaufenden Thäler werden wenigstens in ihren untern südlichen Theilen den Typen der lombardischen Ebene sich anreihen; doch auch hierüber gehen mir bisher be- stimmte Nachrichten ab und die gegebene Vermuthung muss erst durch späteres Nachsuchen zur Thatsache erhoben werden. Milne Edwards sagt in Bezug auf Verbreitung der Crustaceen nach der Polhöhe, dass sich hier eine stetige Abnahme der Artenzahl, dagegen meist eine enorme Zunahme der Individuen- ") Milne Edwards Histoire naturelle des Crustacces T. 3. 114 zahl zeige; es gilt das Gesagte jedoch vorzugsweise für die Decapoden, also Meerbewohner jener Gegenden. Wenn ich die gleichen Grundsätze für die Myriapoden und Isopoden in Bezug auf Höhe ihrer Wohnorte über Meer anwende, so ergibt sich mir für den ersten Satz ein gleiches Resultat, nämlich stetige Abnahme der Specieszahl, dagegen fand ich bis jetzt nur aus- nahmsweise den zweiten Satz, die Vermehrung der Individuen- zahl betreffend, bestätigt, indem ich bei Myriapoden und Iso- poden auch die Individuen auf den Berghöhen weniger zahl- reich fand als im Thal, mit allemiger Ausnahme von Polyxenus lagurus, den ich einmal in einer Höhe von über 5000* über Meer in ungeheurer Zahl zusammentraf, während ich im Thal lange vergeblich darnach gesucht habe und bisher nur einzelne Exemplare fand. — Hier reiht sich auch die Beobachtung an, dass die Färbung mehrerer Thiere dieser Klassen, so z. B. die des Lithobius forficatus, in Berghöhen eine dunklere wird, bei Leizterm selbst ins Schwarzbraune übergeht, wie diess auch bei Insekten, z. B. den Schmetterlingen, beobachtet wird. Ein flüchliger Blick in diese Bläiter zeigt, da von ganzen Abtheilungen dieser Klassen auch nur Representanten fehlen, dass es nur ein kleiner Anfang zur Behandlung dieses Theils der rhätischen Fauna ist. Verfasser konnte sich haup!sächlich desshalb nur zögernd entschliessen, denselben einer Publikation anzuverlrauen. Ueberzeugt jedoch, dass dies Feld nicht so bald aufgeräumt wird, und ein noch so kleiner Anfang die Arbeit auch für Andre fördern wird, im Hinblick endlich dass mir fürderhin für lange Zeit, vielleicht für immer, die Gelegen- heit entgehen wird, diesen Musestudien obzuliegen, übergebe 115 ich nun um so lieber das Resultat meiner gelegentlichen Forsch- ungen der Oeffentlichkeit, als jeder Kundige, wie ich hoffe. auch aus dieser kleinen Sammlung finden wird, dass auf diesem Felde hier noch viele lohnende Funde zu machen sind und zu reger Forschung sich angespornt fühlen wird. Zizers, 20. November 1856. Hülfsquellen : 1. Koch C. L. Deutschlands Cruslaceen, Myriapoden und Arachniden. 2. Koch €. L. System der Myriapoden etc, etc. mit 40 zum Theil illuminirten Steintafen. Regensburg bei F. Pustel 1847. A. Crustaceen. Astacus Auviatilis Gesn. Cancer fluviatilis Roudelet. Cancer astacus Linne, Es ist dies das einzige Thier dieser hier besprochenen Thierklasse, von dem ich bisher Nachrichten von seinem Vor- kommen in Bünden in Druckschriften auffinden konnte. Die ältere Kunde findet sich im: Sammler, einer gemeinnützigen Wochenschrift für Bünden, Jahrgang Il, 1780, pag, 227, und da sie Manchem für das damalige naturwissenschaftliche Interesse in Bünden characteri- stisch erscheinen mag, andere aber vielleicht angereg* werden, 116 an den bezeichneten Fundorten genauere Forschungen anzu- stellen, folgt sie hier: „Vom Krebsen. Dieses äusserlich so hässlich erscheinende und dennoch wohlschmeckende Thier findet sich hin und wieder in unserm Lande (Bünden) in grosser Menge, ob sie gleich an den meisten Orten nicht gar gross werden. Ich habe dergleichen zu Pradvall, Rietberg, Scharans, im sog. Ochsentobel und im Canover See im Domleschg, zu Massein und Tagstem am Heinzenberg, im Schamserthal, zu Flims und Sagens und zu Luzein im Kastellser Gericht des X Gerichten- Bundes angetroffen. Am wohlfeilsten kauft man dieselben zu Sagens und im Domleschg bezahlt man das Dutzend gross und klein untereinander gemeiniglich 4 Kreuzer. Man hat vor wenig Jahren aus der Herrschaft Sax (im jetzigen Kanton St. Gallen) eine grosse Art hierher zu ver- pflanzen gesucht, allein niemals dergleichen wieder finden können; es mag nun sein, dass sie sind gestohlen worden, oder dass ihnen das hiesige Wasser zuwider gewesen. Ebenso hat man zu verschiedenen Malen ganze Kolonien von hier (Dom- leschg) aus nach Churwalden gesandt und dort hat ihr Aul- enthalt zu keiner Zeit wieder entdeckt werden können.“ Die zweite Nachricht steht in: Gemälde der Schweiz; der Kanton Graubünden von P. C. v. Tscharner und G. Röder. 1838. pag. 295 und lautet kurz: „Minder häufig als die Asseln kommt in Bünden auch der Flusskrebs vor und nur in sanft rinnenden Flüssen und lautern Bächen, auch in Seen und Fischweihern.* Von den oben angeführten Fundorten halte ich bisher nur an einem zu sammeln Gelegenheit. Zu Luzein im Prätligau nämlich kommt der Flusskrebs in einem kleinen Bach in der Nähe des Dorfes häufig vor und wird von der Dorfjugend öfters 117 der sog. Krebsaugen wegen zum Vergnügen gefangen, wobei merkwürdigerweise seine Essbarkeit ganz unbekannt zu sein scheint. In Bezug anf das Vorkommen des Krebses nach Höhe über Meer so ist Flims mit 3470 Fuss das höchstgelegene der ge- nannten Fundorte und Churwalden mit 3780*, also 410° höher, scheint nach Obigem schon zu hoch, wenn wirklich die klima- tischen und nicht andre noch zu erforschende Verhältnisse das Misslingen der Kolonisationsversuche verschulden. Zu beachten ist noch, dass dem obigen Berichterstatter die Kleinheit unsrer bündnerischen Flusskrebse auffiel und dass nach ihm eine grössere Art aus den mildern Quell- und Sumpf- wassern der ehemaligen Herrschaft Sax im Rheinthal bei Ver- pflanzungsversuchen in Bünden zu Grunde ging oder an Grösse abnahm. Weitere genauere Forschungen müssen nachweisen, ob unsere Krebse nur durch Kleinheit vom gewöhnlichen Astacus fluviatilis sich unterscheiden, ob Varietäten sich zeigen wie Milne Edwards zwei anführt, oder ob verschiedene Species sich vorfinden, wie Koch solche mehrere beschreibt. In letzter Be- ziehung verweise ich bereits auf die nächste Nr. Astacus saxatilis Koch. Koch, Deutschlands Crust. Myriap. u. Arachnid. H. 7. Nr, 1. Bei Grüsch im Prälligau in einem sumpfigen Quellgraben hinterhalb dem Dorfe kommt ein kleiner Flusskrebs in Menge vor, der vollständig mit der oben citirten Beschreibung über- einkömmt, nur die Färbung meiner in Weingeist aufbewahrten Exemplare zeigt die Zeichnung wie sie oben angegeben, nicht ganz deutlich. 118 Gammarus fossarum Koch. Koch. 1. c. H. 5. Nr. 1. Cancer pulex Frisch ins. 7. T. 18. Squilla pulex De Geer Abh. 7. p. 193. t. 33 f. 1. 2. In einer reinen Onelle und deren Abfluss im dunkel Aeuli hinterhalb dem Dorf Malans an der Strasse nach der Klus in’s Prättigau unter Steinen ziemlich häufig bis Mitte November. Armadillo trivialis Koch. Koch. 1. ce. Auf dem Sand hinterhalb der Stadt Chur, an der Strasse unter Steinen. Stimmt in Form und Färbung mit Koch’s Beschreibung überein ; in Bezug auf vorliegende Exemplare möchte ich jener noch beifügen: 1) Sämmtliche Schilde fein weiss gerandet, wie bei Arma- dillo convexus. 2) Der Brustschild auf beiden seitlichen Rändern von vorn nach hinten in 3/, seiner Länge fein kielartig aufgeworfen, 3) Der 2. Körperschild am vordern Seitenrand mit länglich muschelförmigem Eindruck. Armadillo opacus. Koch. Koch Dtschl. Crust. Myr. u. Arachn. h. 34 f. 2, 3. Nicht selten in der Umgegend von Malans, so im Buch- wald, im Livison unter bemoosten Steinen, ebenso bei Jenaz im Prättigau. In Bezug auf Färbung finden sich die bei Koch bezeich- neten Varietäten in mannigfacher Abstufung. An der Strasse nach der Klus ins Prättigau kommt die von Koch I. c. unter Nr. 3 aufgeführte braun und gelblich marmorirte Varietät vor. 119 4) Im Livison findet sich ferner eine Abart, fein braun und erdgelb marmorirt, mit vier dunkelbraunen Fleckreihen über den Rücken bis zu den Hinterleibsringen, wobei die 2 Reihen einer Seite auch manchmal zusammenfliessen und alsdann nur zwei breite dunkle Rückenbänder mit einem weissgelblichen Streif über die Mitte des Rückens bilden. Länge wechselt von 3n—5", 2) Die zwei Endglieder der Schwanzgabel ganz weiss bei verschiedenen oben bezeichneten Färbungen. 3) Tief grau schwarze Grundfarbe, sämmtliche Körper- schilde und Endglieder der Schwanzgabel nach hinten schön weiss gerandet. Ueber die Mitte des Rückens zieht sich eine Reihe weisser in’s grünliche spielender Flecken; zu den Seiten dieser auf den kaum merkbar runzligen Rückenbeulen zahl- reiche Strichfleckchen, und noch weiter gegen den Seitenrand hin vom Brustschild an eine Reihe niedlicher Fleckchen von gleicher Färbung, Diese Zeichnungen bleiben durch ein ansehn- liches dunkles Band von dem Hinterrandssaume getrennt und reichen überhaupt nur bis zum ersten Hinterleibsringe. s. T. f. Diese niedliche Varietät traf ich bis jetzt in einem einzigen Exemplar im Buchwald bei Malans. 4) Grundfarbe grau schwarz, die Randkanten sämmtlicher Schilde weiss; Brust- und Körperschilde bis zu den Hinterleibs- schilden über die höchste Rückenwölbung am Hinterende etwas aufgeworfen, wesshalb an dieser Stelle hinter der weissen Hin- terrandskante ein dunklerer schwarzer Streif (Schlagschatten) zu bestehen scheint. Die Rückenkanten sind beiderseits deut- lich linienförmig, aber matt, nicht glänzend; hie und da weiss- lich durchscheinend, wie nebstdem noch zerstreut weissliche Fleckchen bestehen. Mehrere Exemplare aus der Umgegend von Jenaz im Prättigau. 120 5) Seitlicher Schildrand des Brustschildes vom vordern Winkel an bis gegen die Mitte hin aufgeschweift, vorn am stärksten, nach hinten zu abnehmend. Umgegend von Malans. 6) Die weissliche Seiten-Randkante des Brustschildes allein am Seitenrand kielartig aufgeworfen. Ebenfalls aus der Umgegend von Malans. Armadillo pulchellus K. Koch. 1. ec. H. 28. Nr. 16. Das einzige Exemplar, das ich bisher und zwar im Buch- wald bei Malans gefunden, stimmt in Grösse, Gestalt, Zeich- nung und Färbung vollkommen mit oben cilirter Beschreibung überein, ausser dass die röthliche Färbung der Schildränder und Fühler hier durchweg durch gelblich weisse ersetzt ist. Itia crassicornis K. Koch. 1. c. H. 36. f. 5. Im Buchwald bei Malans unter einem faulenden Stück Holz einmal in mehreren Exemplaren gefunden. Trichoniscus roseus Bedt. Itia rosea Koch 1. c. H. 22. 16, Im Frühjahr 1847 unter leuchten Brettern im Garten zu Malans meist in sehr grosser Zahl beisammen. Manche Indi- viduen darunter von gelblich weisser Färbung. NB. Im Weingeist geht die rothe Färbung verloren. Porcellio Laiz. A. Die seitlichen Stirnlappen sehr ausgebildet, lamellen- förmig, vorspringend und nach vorn abgerundet. 121 a. Mittlerer Stirnlappen stark ausgebildet. 1. Mittlerer Stirnlappen vollkommen, vorn bogig gerundet. 1. Porcellio trilineatus Koch. Koch. 1. c. H. 34. n. 9. Die gelben Flecken nehmen bei einzelnen Exemplaren so überhand, dass das Thier gelb und schwarzbraun marmorirt aussieht, und desshalb besonders die gelblichweisse Rückenlinie schwächer hervortritt. Die charakteristischen Körpereigenschaften bleiben dabei constant, welchen übrigens noch beizufügen, dass das mittlere Stirnschildchen ziemlich vorstehend, aber bogig gerundet, nicht wie bei P. scaber dreieckig stumpf ist, In Bezug auf Körperlänge, die Koch ]. c. bereits als sehr varirend angibt, finden sich hier Exemplara bis zu 6° Länge. In der Umgegend von Malans, besonders in den Wald- beständen Buchwald und Livison nicht eben selten. 2. Porcellio melanocephalus Koch. Koch 1. ce. H. 28. n. 18. Die zwei Fleckreihen auf dem Rücken erscheinen hier meist lebhaft schwefelgelb (wie mit flüssigem Schwefel aulge- tropft) vom ersten bis zum letzten Körperring, fehlen manchmal auf den Leibringen, andre Mal auf den Schwanzschilden, hie und da selbst gänzlich, und werden dann durch die gelbliche Farbe des Körpers vertreten. Gleich häufig wie Porec. scaber, besonders in der Nähe der Häuser des Dorfes Malans, und findet sich daselbst meist gesell- schaftlich mit jenem, Von Varietäten kommen vor: 1) Die braune Farbe nimmt so überhand, dass das ganze Thier braun erscheint, und die gewöhnlich gelbweisslichen I 122 hellen Stellen nur beim Halten vor’s Licht sichtbar werden: die gelben Flecken sind auf den letzten Schwanzringen als schwach hellere Punkte bemerkbar. Spärlich unter den gewöhnlichen, 2) Die Färbung ist lebhaft gelb und braun in der gewöhn- lichen Zeichnung, mit starkem Ueberwiegen des erstern; die schwefelgelben Fleckreihen des Rückens sind der Grundfarbe gewichen und erscheinen desshalb erst in dem dunkelbraun der Schwanzschilde deutlich. Dem Seitenrand dieser letztern fehlen die gewöhnlichen braunen Fleckehen. Sämmtliche Schilde auf der Unterseite sind weissgelblich. In der Nähe des rechten Landquartufers unterhalb Malans. Bemerkung. Das schwefelgelbe, scheinbar aufgetropfle Aussehen der Flecken verliert sich im Weingeist und diese Stellen erscheinen alsdann gelblich weiss durchscheinend. 8. Porcellio nemorensis Koch, Koch. 1. ec. H. 6. n. 1, Varirt von der oben citirten Beschreibung besonders in Bezug auf Färbung, so dass hier eme genauere Beschreibung der hier zu Land aufgefundenen Exemplare folgt: Körpergestalt im allgemeinen breiter als bei Porec, scaber: doch gibt es nicht selten Individuen mit schmalem gestrecktem Körperbau. Länge des Körpers bis 7°“. Das mittlere Stirn- schildchen stark vorstehend, bogig gerundet. Der Endschild des Schwanzes vorn breit mit kurzer, lancettförmiger, gewölbter, nicht gefurchter Spitze. Das zweite Glied der Schwanzgabel mässig lang und breit. Das Endglied der Fühlergeissel bedeu- tend, hie und da noch einmal länger als das erste. Die Höckerchen des Kopfs klein, ebenso auf der Mitte der 7 Körperschilde; seitlich hievon, an der Stelle der Rückenbeulen, sind sie gross, bläschenförmig, manchmal grösser als bei Porec, 123 scaber; von da an aber gegen die seitlichen Schildränder sehr fein. Vor dem Hinterrand jedes Ringes läuft ein glattes oder höchst fein gerieseltes Band; ebenso glatt oder fein gerieselt sind die Hinterleibsringe. Ueber den Hinterrand selbst sämmt- licher Körperringe zieht sich eine Reihe feiner Körnchen, Grund- und Hauptfarbe dunkel pechbraun, oft jedoch heller graubraun, und selbst in’s braunröthliche überspielend. In den Seiten der sechs Körperringe ein schneeweisses Strichfleckchen, den Hinterrand nicht erreichend; die hintern Seitenwinkel des Brustrings und der sechs Körperringe glänzend weiss, andere mal bräunlich weiss, seltener von der Grundfarbe des Thier- chens. Zu beiden Seiten der Mittellinie des Rückens, über die Rückenbeulen hin, braungelbliche oder auch mitunter silherweisse durchscheinende Strichfleckchen, die manchmal in schwächerer Färbung über die Hinterleibringe fortsetzen und auf dem Schwanz- schild mit drei feinen Fleckchen enden; dadurch entsteht über die Mitte des Rückens ein breites dunkles Band der Grundfarbe. Sämmtliche Schilde sind haarfein weiss gerandet, bei manchen jedoch ist dies nur am Seitenrand sichtbar, während man über die Rückenwölbung hin nichts davon bemerkt. Die zwei ersten Fühlerglieder sind weiss oder weissgelblich, in einzelnen wenigen Fällen graubraun, die folgenden Glieder gewöhnlich einfach graubraun, hie und da die Gelenkenden des 3. und 4. Gliedes weissgelblich. Unten erscheinen die Seitenränder der Schilde grau, gegen die Spitze in’s weissgelbliche auslaufend; Körper und Füsse weiss oder weissgelb. In der Umgegend von Malans, im Livison, am rechten Landquartufer kommt das niedliche Thierchen nicht selten vor, ebenso im Malanser Ochsenälpli, nahe an 6000° über Meer, unter von Tannen beschatteten Steinen; im Klek, oben am 121 Uebergang in die Maienfelder Alpen: in der Umgegend von Jenaz im Prättigau und im St. Antönien-Thal. 2. Mittlerer Stirnlappen vollkommen, triangelförmig, mit mehr oder weniger stumpfen Winkeln. 4. Porcellio scaber Latr. Latr. gen. erust. T. p. 70. n. 1, Koch. 1. ec. H. 34. n. 6. Oniscus asellus Fabr. Suppl. ent, syst. p. 300 n. 3. Häufig in der Umgegend von Malans, im Dorf sowohl als ausserhalb desselben; ebenso in Jenaz im Prättigau; im St. Antönien-Thal, Von den bei Koch Il. ce. aufgeführten Varietäten fand ich bis jetzt: 1) Mennigröthliche Ränder der Schilde; selten. 2) Grundfarbe graugelblich mit dunkelbraunen bis schwarzen Marmorflecken, ziemlich häufig um Malans. Ein Exemplar von wenig mehr als 3°* Länge zeigt völlig hell erdgelbe Färbung mit nur einigen kleinen helibraunen Fleck- chen auf dem Rücken. In der Umgegend von Jenaz finden sich noch folgende Varietäten: 4) Grundfarbe dunkel kastanienbraun; Stirnschildchen etwas stärker gerundet als gewöhnlich. Vor dem Hinterrande der Körperschilde fehlt die Furche und am Hinterrand die weiss- liche Einfassung. 2) Grundfarbe grauschwarz mit einem Strich ins bläuliche. Auf beiden Seiten des Rückens, an der Stelle der Rücken- beulen, zeigen sich über die Höckerchen hin gelbliche durch- scheinende Strichfleckchen auf sämmtlichen ersten Körperschilden. b. Mittlerer Stirnlappen wenig oder kaum ausgebildet. 1. Mittlerer Stirnlappen wenig ausgebildet, vorn bogig gerundet. 125 5. Porcellio lugubris Koch. Koch. I. ce. H. Mit der eben citirten Beschreibung ganz übereimkommend, ausgenommen, dass die hintern Spitzen der Körperschilde nicht voth, sondern weiss oder weissgelblich gefärbt erscheinen. Um Malans, im Livison und auf dem Erlenboden unterhalb der Ruine Wineck. Ein Individuum, dessen Farbe hell braunröthlich, in allem Uebrigen mit obigen übereinstimmend, stammt aus dem Livison. 6. Porcellio sylvestris Koch. Koch. 1. c. H. Die gelb und schwarz marmorirte Varietät ist häufig in Baumgärten in der Nähe der Häuser des Dorfes Malans sowohl als in der Umgegend auf den Feldern; in dem Böfel, im Buch- wald, längs dem rechten Ufer der Landquart, und erreicht eine Länge von 6°“. Im Buchwald lindet sich eine Varietät, die in der Haupt- sache mit der von Koch 1. c. zuerst beschriebenen überein- kommt; die Seitenfecken sind jedoch weiss, braungelblich, ebenso die hintern Seitenwinkel der Schilde; die Schwanzgabel einfärbig braun. Der Körper und die Beine unten hellbräunlich und die Schilde ohne die weissen Flecken in den Seiten, Das mittlere Stirnschildchen ist bei allen nur wenig vor- stehend und bogig gerundet, die Seitenlappen hingegen gross, weil vorstehend. Die Geisselglieder der Fühler ziemlich gleich lang; das Ende des leizten Schwanzschildes kurz, flach, nicht gewölbt und ohne Längsrinne, 7. Porcellio serialis Koch. Koch. 1. ec. H, Längs dem rechten Landquartuler unterhalb dem Dorf Malans und auf dem Erlenboden unterhalb der Ruine Wineck nicht eben selten. 126 Grösse varirt von 2 bis 3 und 4°" Länge. wobei aber die Zeichnung der 4 dunkeln Bänder nicht mehr so distinet hervortritt, wie bei den kleinern Exemplaren. 8. Porcellio alpinus Am Mt. Körperlänge 2°; seitliche Stirnlappen gross vorstehend, mittlere Stirnschildchen nur sehr wenig vorstehend und bogig gerundet; 4. und 5. Fühlerglied schwach längsgerinnt; letztes Fühlerglied bedeutend länger als ‚vorletztes; Kopf grobkörnig, am Hinterrand ein glatter, erhabener, in der Rückenhöhe meist entwickelter Wulst. Brust und Körperringe sämmtlich grob- körnig, längs dem Hinterrand ein Streif feinkörnig, ohne Furche, Die 4 ersten Körperringe an den Seiten stark sichelförmig aus- geschnitten, sämmtliche Ringe mit scharfer Spitze. Hinterleibs- ringe fein gerieselt, mit einer feinen Körnerreihe über den Hinterrand der Ringe. Letzter Hinterleibsschild m eine lange, oben längs gefurchte Spitze auslaufend; 2. Schwanzgabelglied stark, lancettförmig. Gestalt überhaupt mehr breit als gestreckt, Grundfarbe des Thierchens erdgelb, mit dunkelbraunen Flecken marmorirt, die Seiten der Schilde breit rostgelbröthlich gerandet; Fühler und Schwanzgabel ebenso gelbröthlich, und von gleicher Färbung auch die Unterseite des Körpers und die Beine. Im St. Antönien-Thal im Prättigau, bisher nur 1 Exemplar. 2. Mittlerer Stirnlappen sehr wenig ausgebildet, vorn triangelförmig, stumpfspitzig. 9. Porecellio levis Latr. Latr. Gen. Crust. et Ins. I. 7I. 2. Koch. 1. c. H. 6. 1. Milne Edwards in seiner Histoire naturelle des Crustacees T. 3. p. 169 beschreibt ebenfalls em Porec. levis und eitirt 127 dabei Latr. Hist. d. Crust. et Ins. T. 7. p. 46. Da es mir bisher nicht vergönnt war, die Stellen der beiden hier eilirten Werke Latreille's einzusehen und zu vergleichen, die von Milne Edwards beschriebene Species aber durch den kurzen, oben längs gerinnten letzten Schwanzschild sowohl als durch die Beschaffenheit der Schwanzgabelglieder und die einförmige graue Färbung bedeutend von der von Koch |. c. beschriebenen sich unterscheidet und von dieser letztern selbst die hier zu Lande vorgefundenen, mir vorliegenden Individuen in mehrerem variren, so lasse ich eine ausführliche Beschreibung der letztern folgen. Länge von 21/, bis 6°" Breite von 1 bis 21/2". Körper stark gewölbt, gross, lang, glänzend; Fühler lang, bis fast 4°“ Länge; Glieder der Fühlergeissel ungefähr gleich lang, bald das eine bald das andre merkbar länger. Bei einem Thierchen von 21/2‘ Körperlänge ist das letzte Fühlerglied nochmal so lang als das vorletzte. — Die beiden seitlichen Stirnlappen sind stark ausgebildet, vorstehend über den Brust- schildrand und nach diesem etwas geradlinig abgeschnitten, doch mit gerundetem Winkel. Das mittlere Stirnschildchen sehr wenig ausgebildet, wenig vorstehend mit stumpfer dreieckiger Spitze; Kopf, Brust und die 2 bis 3 ersten Körperringe mit einzelnen zerstreuten kleinen Beulen und punktartigen Höckerchen besetzt, bei jüngern Exemplaren manchmal kaum merkbar ; die übrigen Schilde glatt oder fein gerieseltl. — Der Brustring und der letzte Körperring nach dem hintern Seitenwinkel hin bogenartig aus- geschnitten; die Seitenwinkel des Brustschildes und der 3 ersten Körperschilde stumpf abgerundet, die der drei folgenden Schilde mehr gerade abgeschnitten, doch ohne scharfe Ecken. Die Seiten des 3.,. 4. und 5. Schwanzschildes stark gebogen mit B. 3 scharfen Ecken; letzter Schwanzschild klein, mit langgestreckter spitz zulaufender, oben stark gewölbter Spitze. Erstes Glied der Schwanzgabel stark, die Schwanzspitze nicht ganz erreichend; zweites Glied lang, lancettlich zulaufend, ohne Bauchung. Grundfarbe des Kopfs und sämmtlicher Ringe dunkel grau- braun, meist auf's Bleigraue, hie und da in’s röthliche ziehend. Erste 3 Fühlerglieder hell grauröthlich, die folgenden graubraun mit weissen Gelenkenden. Letztes Fühlerglied mit weisser Haar- spitze. Kopf, Brust und die sechs Körperschilde zur Seite einer mehr oder weniger breiten einfärbigen Rückenbinde mit zahl- reichen weissgelblichen Sirichfleckchen besetzt; zur Seite dieser ein weisser Fleck, auf den 3 hintern Schilden zum breiten Strich verlängert, sammt den Strichfleckchen durch ein dunkles Band vom Hinterrand getrennt, mit Ausnahme desjenigen auf dem letzten Körperring, der den Hinterrand stets erreicht, Auf dem 4. und 5. Körperring zur Seite des Strichflecks tiefer nach dem hintern Schildwinkel zeigt sich constant noch ein weisses Punktfleckchen. — -Die 2 ersten Hinterleibsschilde sind meist siark gewässert; die 3 folgenden aber gewöhnlich mit 2, der leizte mit 1, selten 3 weissen Punktfleckchen geschmückt, in welch’ letzterm Fall das mittlere auch strichförmig wird. Die Seitenwinkel der Schilde sind grauweisslich und sämmtliche Ringe fein, schön weiss gerandet. Die Schwanzgabel ist meist einfach von der Grundfarbe des Individuums, selten weiss. Die Schildränder unten graubraun mit gelblichweissem Randfleck, Körper und Beine weiss oder weissgelblich. Im Baumgarten zu Malans in Gesellschaft anderer Arten Porcellio und Oniscus nicht gar selten. Ebenso am rechten Ufer der Landquart unterhalb und in dem Böfel oberhalb dem Dorf, auch auf dem Erlenboden unterhalb der Ruine Wineck; seltener in der Umgegend von Jenaz im Prättigau. 139 Oniscus. Linn. Oniscus asellus. Linn. Linn. Syst. nat. I. II. 1061. 14. Koch. 1. ec. H. 22. n. 23. Oniscus murarius Latr, Gen. crust. et. ins. 70. 1. Mehrere der hier zu Land eingefangenen Exemplare besitzen innerhalb der 2 gewöhnlichen Reihen Seitenflecken noch jeder- seits eine Reihe gleicher hornfarbig weisser Flecken vom Brust- schild an, ohne sich in etwas anderm von den übrigen (gewöhn- lichen) zu unterscheiden. Ziemlich häufig im Garten und Baumgarten zu Malans, in der Nähe der Häuser; viel seltener ausserhalb dem Dorfe auf den Feldern, aber ziemlich in die Berge steigend, so im St. Antönien-Thal im Prättigau. (Fortsetzung folgt.) B. Myriapoden. Polyxenus lagurus Lair. Latr. Gen, Crust, et Insect. I. 77. 1. Koch. Dtschl. Crust. Myr. h. 40. t. 1° Dies niedliche Thierchen fand ich bisher am Waldrand nahe oberhalb dem Dorf Malans in einzelnen Exemplaren unter Moos, und im Malanser Ochsenälpli-Wald, in einer Höhe von 5000*° und höher über Meer, wo es unter der Rinde einer ziemlichen Anzahl Baumstrünke von Pinus Abies in unzähliger Menge bei- sammen, und den 14. November 1846 noch wach und munter war, während der Boden in dieser Region schon seit einiger Zeit gefroren war. 130 Glomeris Latr. 1. Glomeris marmorata Brdt. ‚ Brandt Prodr. 34. 4. Koch. 1. c. h. 40. 2. u. Syst. d. Myr. p. 88. Da die Färbung von Gl. marmorata und conspersa an und für sich schon nur geringen Unterschied darbietet, und bei letzterer, wie weiter unten gezeigt wird, so sehr varirt, dass manche davon, die Färbung allein in Betracht gezogen, füglich zu Glomeris marmorata gezogen werden können, so wird die Diagnose wol richtiger auf der characklteristischen Zahl und Lage der Furchenstriche oder Augen beruhen, wovon ich jedoch weder im einen noch andern der oben citirten Werke Koch's etwas genaueres angeführt finde. Um nicht aufs Ungewisse eine neue ephemere Species zu bilden, ziehe ich einstweilen eine Art hierher mit folgender näherer Bezeichnung. Färbung bald mit Glom. marmorata, bald mit conspersa übereinstimmend; Körperlänge ebenso; Wölbung eher etwas stärker als bei Glom. conspersa; zählt wie diese 8 Augen; zwei Furchensiriche auf dem Halsschild; auf dem ersten Körper- ring aber vier Furchenlinien, von denen die erste längs der Vorderrandfurche gegen die Rückenhöhe ansteigend; die 2. und 3. von der Seitenrandscheide ausgehen, die 2. selbst über die Spitze der ersten hinausragend, die 3. aber kürzer und die 4. sowohl nach oben noch mehr verkürzt als auch nach unten die Seitenrandscheide nicht erreichend. In den zwei Malans nahe gelegenen Waldbeständen Livison und Buchwald in einzelnen Exemplaren in Gesellschaft von Glomeris conspersa, im Sommer 1846 und 1847. 131 2. Glomeris conspersa Koch. Koch Syst. d. Myr. p. 89. n. 5. Die Grundfarbe varirt aus dem Okergelb ins Bräulichgelbe und Blassgelbe; die schwarze oder schwarzbraune Farbe gewinnt oft die Oberhand, und die dunkeln Flecken der Rückenlinie wechseln sehr in Gestalt und Grösse, sind bald dreieckig, bald schmal, strichförmig oder in der Mitte verbreitert und dann viereckig rautenförmig. Die Körperlänge wechselt von 3 bis 61% und selbst 7°“. Ziemlich häufig in der Umgegend von Malans, in Feld und Wald, so am rechten Ufer der Landquart, in dem Böfel und Livison, in den Buchwaldselven und im Buchwald selbst, auf dem Erlenboden unterhalb der Ruine Wineck, Sommer 1846 und 1847. 3. Glomeris alpina mihi. Glom. transalpina Koch 1. c. h. 4. t. 2, Zeichnung und Färbung sowohl als Gestalt stimmen voll- kommen mit der oben ceitirten Beschreibung und Abbildung überein; zu den charakteristischen Merkmalen gehören ferner 4 Furchenstriche auf dem ersten Körperring, von denen der Erste sehr stark und längs der Vorderrandfurche beinahe auf die Höhe des Rückens ansteigt; die drei folgenden gehen von der Seitenrandscheide aus, sind sehr fein und stufenweise kürzer. Im Malanser Ochsenälpli, an der Grenze des Holzwuchses über 5000 Fuss über Meer; Sommer 1846; an sonnigen Halden in der Nähe des Dorfes Jenaz im Prättigau, Sommer 1848; an beiden Orten bisher stets nur in einzelnen Exemplaren; in der Landschaft Davos, von Glaris aufwärts bis in die südlichen Alpenthäler Serlig und Dischma hinein. Sommer 1849 und id 1850, ziemlich häufig, und die einzige Species dieser Gattung, die ich bisher in dieser hochgelegenen Gegend beobachtet. Koch 1. c. gibt die südlichen Vorberge der Alpen als Vaterland an, da nun aber dasselbe auch auf die Nordseite dieses Gebirgszuges und diesen Centrum selbst einschneidenden Alpen- thäler ausgedehnt werden muss, fand ich obige Abänderung an der nunmehr nicht mehr richtig bezeichnenden Benennung nothwendig. 4. Glomeris ovatoguttata Koch. Koch Syst. d. Myr. p. 95 n. 28. Grösse wechselt von 21% bis 5°“ Länge. Halsschild mit 2 Furchenlinien, erster Körperschild mit 3 Furchenstrichen, wovon der erste längs der Vorderrandfurche über den Rücken hinzieht, der 2. und 3. sehr fein aus der Seitenrandscheide ent- springen, von denen der 2. ebenfalls über den Rücken verläuft, der 3. aber gegen die Rückenhöhe hin sich verliert. Grundfarbe glänzend schwarz, sammtliche Ringe fein gelb oder weissgelb gerandet; über den Rücken hin zwei Reihen ovaler, manchmal dreieckiger, schön gelber oder weissgelblicher Flecken, ofl vorn und hinten einander mehr genähert: an den Seitenrändern der Schilde eine Reihe spitz eiförmiger Flecken, von gleicher Farbe wie die des Rückens; diejenigen des ersten und letzten Körperschildes jedoch auffallend grösser als die Uebrigen. Sämmtliche Flecken sind durch einen feinen schwarzen Streif von dem hellen Ringsaume getrennt. An der Strasse von Malans nach der Prättigauer Klus im dunkel Aeuli; ebenso im Livison ziemlich häufig, Sommer 1846; auf dem Sand hinterhalb der Stadt Chur längs der Strasse, Frühjahr 1848. 133 Bei einer Vergleichung obiger Beschreibung mit der von Koch 1. ec. gegebenen wird wol Niemand an der Identität der Thiere zweifeln, da die veränderliche Form der Flecken doch kaum den Ausschlag geben dürfte. Es ist dies um so interes- santer, als Koch Norddeutschland als Vaterland bezeichnet und hiermit unsere Alpengegenden, wie schon öfter in entomologi- schen und botanischen Werken bemerkt worden, nun auch in dieser Klasse Uebereinstimmendes ‘und Gemeinsames mit den nördlichen Ländern nachweisen. Julus Linn. A. Endring ohne Schwänzchen. 1. Julus Londinensis Leach. Leach Zool. Misc. Sp. 2. Koch |. e. h. 22. t. 4. Die Stigmata liegen in der Mitte der Körperhöhe, nahe am Vorderrand der hintern Ringhälfte. Die Färbung varirt bei meinen Exemplaren in so weit, dass das ganze Thier schwarzbraun erscheint, gegen den Vordertheil des Kopfes und nach der Bauchseite der Schilde hin ins heller braun sich ziehend; die goldglänzenden Hinterrandkanten der Schilde zeigen hie und da noch einen feinen Silbersaum. In den Böfel oberhalb dem Dorf Malans unter Steinen am Waldrand; nicht häufig; October 1846. 2. Julus Boleti Koch. Koch Syst. d. Myr, p. 109. n. 9. Körperlänge wechselt von 4 bis 7°, ebenso die Zahl der Ringe von 33 bis 42. In den Seiten des Brustringes sind 1 bis 3 Furchenstrichen, von welchen die 2 untern, wenn sie vor- 134 handen, äusserst fein, manchmal auch mehr als punktartige Eindrücke erscheinen Nicht selten im Garten zu Malans in etwas feuchter Erde. unter Steinen der losen Mauern, Sommer 1846 und 1847. B. Endring in ein Schwänzchen verlängert, das die After- ballen überragt, a. Brustschild mit Furchenlinien in den Seiten. 1. Stigmata am Vorderrand der hintern Ringhälfte gelegen. 3. Julus luridus Koch. Koch Syst. d. Myr. p. lit. n. 19. Die hierländischen Exemplare vollkommen mit der citirten Beschreibung übereinstimmend. Ueber die braunen Schilde aber ziehen meist schwarzbraune Querbinden, so dass das Thier alsdann dunkler gefärbt und schwarz geringelt erscheint. In einzelnen seltenen Exemplaren erreicht das Thier eine Länge von 18° und ist dabei fast 2° dick. Die Stigmata sind in sehr feinen schwarzen Pünktchen unmittelbar am Vorderrand der hintern Ringhälfte. In der Umgegend von Malans, in den Böfel, im Livison, Herbst 1846; hoch oben im Klek, in der Nähe des Gypsbruchs am Falkniss, wol nahe an 5000 Fuss üb, M., im Juli 1847; und im St. Antönien-Thal im Prättigau, Juni 1847. 4. Julus bilineatus Koch. Koch 1. c. h. 22. t. 6. Die Sculptur wie an citirter Stelle beschrieben, die Färbung varirt hie und da. Statt der einzelnen Rundmakel über den Beinen erscheinen bei einzelnen Exemplaren bald ein einzelner länglicher, hellbräunlicher Strichfleck, bald eine Reihe kleiner 135 werdender ebenso gefärbter Fleckchen. Die röthlichgelben Rücken-Liniien hören vor dem Endring auf oder setzen ver- einigt über die Mitte des Endrings fort. In der Ecke des Brustschildes finden sich eine längere und eine kürzere Furchenlinie, öfter auch einige unbestimmte mehr punktförmige Grübchen. Die Stigmata liegen in dunkeln Grüb- chen am Vorderrand des hintern Ringtheils so, dass der Rand des vordern Ringtheils an dieser Stelle leicht bogenförmig ein- gebogen erscheint. Auf Davos bei Glaris am Weg nach Monstein unter Steinen. Juni 1850. b. Brustschild ohne Furchenlinien. 1. Stigmata vom Vorderrand der hintern Ringhälfte entfernt. 5: Julus fasciatus Koch. Koch I, ec, h, Obwohl die Stirngrübchen bei dem mir vorliegenden Stücke gänzlich fehlen, die Zahl der Körperringe geringer ist als oben eitirte Stelle sie angibt, und die Stellung der Stigmata dorl unberücksichtigt, nicht verglichen werden kann, führe ich dies Thier seiner übrigen mit jenem übereinstimmenden Eigenschaften des Körpers und der Färbuug wegen hier auf, lasse aber zur genauen Vergleichung eine Beschreibung der hierländischen Exemplare folgen: Körper anfangs walzenförmig, von der Mitte des Leibs an sich spindelförmig verdickend und gegen den Schwanz wieder verdünnend; Kopf ganz glatt, gleichmässig gewölbt, ohne Ein- druckspunkte, noch Furchenlinien; vorn am Mund bogig aus- geschnitten mit kurzem steifen Härchen besetzt. Brustschild glatt, stark glänzend, ohne Furchenstrichen noch Punkte und kurz, kaum in die Hälfte der Seite hinabreichend. Erster Körper- M__ BR schild an den vordern Seitenenden unter dem verkürzten Brust- schild weit vorragend. 45 Körperringe, erste Hälfte glänzend glatt, hintere Hälfte äusserst fein gefurcht und goldglänzend gerandet. Hinterrand der Körperringe und Schwanzring, welch’ letz- terer glatt in ein langes spitzes Schwänzchen ausläuft, mit langen Haarbörstchen besetzt. Stigmata äusserst fein im seitlichen Schattenstreif vom Vorderrand der hintern Ringhälfte entfernt, beinahe in der Mitte derselben gelegen. Afterballen glatt mit feinen Härchen. Das ganze Thier hell gelbbräunlich, auf der Stirne und am Vorderrand des Brustschilds beiderorts eine braune Binde; über den Rücken hin eine gleichmässig haarfeine dunkle Linie; in den Seiten ein breiter dunkelbrauner Schattenstreif bis zum 3letzten Körperring fortsetzend; die folgenden Ringe und After- klappen einfach von der Grundfarbe. Fühler bräunlich mit dunk- lern Gelenkenden. Beinchen sehr kurz und weiss. Im dunkel Aeuli an der Strasse von Malans nach der Prättigauer Klus und weiter abwärts am rechten Ufer der Land- quart; Herbst 1846. 6. Julus transversosulcatus mihi. Körper 12 bis 20° lang und 4 bis beinahe 2°“ breit; 43 bis 50 Leibringe, Brust- und Schwanzschild mitgerechnet. Vom Kopf an gegen die Mitte des Leibes allmählig dicker, im letzten Viertheil gegen den Schwanzschild wieder sich verdünnend. Kopf glatt und glänzend, seltner auf der Stirn ein Furchen- strichchen; am Mund bogig ausgeschnitten, mit einigen kurzen Zähnchen und Härchen; über dem obern Mundrand 4 punkt- förmige Grübchen in einer Reihe. Halsschild glatt, glänzend, ohne Furchenstriche, nur in die Hälfte des Körpers hinabreichend und der vordere Seitenwinkelrand etwas aufgeschwungen. daher in der Mitte eingedrückt. Erster Körperschild nur in den Seiten mit nach oben kürzer werdenden Furchenstrichen, oben glatt. Die vordere Hälfte sämmtlicher Körperringe mit feinen wellenförmigen Querlinien. die hintere Hälfte mit deutlichen, nach der Längenachse ver- laufenden Furchenstrichen, meist gleich breit wie die Zwischen- räume. Die Stigmata in der Hälfte der Körperhöhe, vom Vor- derrand des hintern Ringtheiles etwas entfernt. Schwanzschild glatt, in ein kurzes an der Spitze behartes und kaum merkbar abwärts gebogenes Schwänzchen verlängert; Afterballen gewölbt; am Schwanzschildrand glatt, gegen die Afterspalte hin vertieft punktirt, und mit feinen, weissen kurzen Härchen besetzt, Das ganze Thier pechschwarz glänzend, Kopf gegen den Mund hin hornbräunlich heller, ohne Stirnbinde. Fühler braun, behart, mit gelb durchscheinenden Gelenkenden. In den Seiten gegen die Füsse hin werden die vordern Ringhälften schwarz- braun, die hintern hornfarbig durchscheinend. Der Hinterrand der Körperringe ist fein goldfarbig, hie und da auch silberweiss gesäumt. Afterballen sind dunkelbraun, die Füsse ziemlich lang und sämmtlich braunröthlich, selten gelblichweiss. In der Umgegend von Malans, im Livison, in den Böfel auf dem Erlenboden; im Malanser Aelpliwald hoch oben, 1846 : ferner in der Umgegend von Jenaz im Prättigau, im St. Antönien- Thal und oberhalb Klosters an der Strasse nach Davos, überall nicht selten; 1847 und 48, 10 135 %, Stigmata zunächst dem Vorderrand der hintern Ringhälfte gelegen. °. Julus ferrugineus Koch. Koch Dtschlnds. Cr. Myr, r. h. Die Stigmata sind deutlich und nahe am Vorderrand des hintern Ringtheils gelegen. In der Umgegend von Malans, selten, Sommer 1846. 8° Julus terrestris Linn. Syst. nat. Koch Dischl, Cr. Myr. u. Araehn. h. In der Umgegend von Malans, im Livison etc. nicht häufig, 1846; Jenaz im Prättigau längs den Ufern der Landquart ein- und auswärts. 1847 und 48. Die Stigmata sind sehr fein und zunächst am Vorderrand der hintern Ringhälfte gelegen. 1) Varirt mitunter mit ganz glaitem Kopf, ohne alle Stirn- grübchen. 2) Die Färbung des Körpers ist hell bräunlichgrau; über den Rücken ein sehr feiner dunkler Haarstreif, und in den Seiten vor den Stigmaten auf der ersten Ringhälfte kleine dunkle Flecken, Im Livison und in den Böfel bei Malans nicht selten, 1846. Blaniulus. Gerv. 3. Blaniulus guttulatus Gerv. Anual. d. sc. nat, VII 35. 1. Julus gattulatus Fabr. Suppl. ent. syst. 289. 5. 6. Julus pulchellus Leach Zoll. Misc. vol. III, Koch, Dtschl, Cr. Myr. u, Arachn. h. 22. 13. Im Garten und Baumgarten zu Malans, so wie in der Umgegend des Dorfes häufig; Herbst 1846. Im Weingarten 139 Zoller hinterhalb dem Dorf in feuchtem halbfaulem Holz schon den 25. Febr. 1847. Später wieder häulig. 2. Blaniulus fuscus miht. Länge des Körpers 7 bis 8°" und Y%, bis 143°“ dick; 38 bis 40 Körperringe mit Brusi- und Schwanzschild. Der Brust- schild glatt, die Hinterhälfte sämmtlicher Körperschilde von den Beinen an gegen den Rücken mit deutlichen kürzer werdenden Furchenstrichen, Rücken glatt, Schwanzschild ohne Spitze. Afterballen stark gewölbt, mit einzelnen feinen Härchen besetzt, Das ganze Thier braun, Kopf etwas heller, Fühler weiss- lich mit braunen Gelenkenden. Brust- und Körperringe gold- farben gesäumt. Beine gelbbräunlich. Im Lehengarten bei Malans in feuchter Erde auf der Garten- mauer Spätherbst 1846; bei Jenaz im Prättigau, Sommer 1848. Selten. Graspedosoma Leach. 1. Craspedosoma marmoratum Koch. Krit. Revis. pag. 121. Im Baumgarten zu Malans und am rechten Ufer der Land- quart unterhalb demselben Dorf; Herbst 1846, nicht häufig. 2. Craspedosoma Rheticum miht. Gestalt und Grösse mit Cr. marmorat. übereinstimmend, der Halsschild jedoch am Hinterrand bogig ausgeschnitten mit zuge- spitzten Seitenwinkel ; die Seitenecken der Schilde nicht gewölbt, sondern oben und in der Seite nach Aussen schüssellörmig ver- tieft und der Rand mit 2 feimen weissen, aufwärtsstehenden 140° Borsten besetzt. Den 3 letzten Körperringen fehlen die Seiten- kanten, ihre Ränder dagegen sind mit feinen Härchen bekränzt. Fühler hell braungrau mit weissen Gelenkenden. Das erste Gelenk ganz weiss. Kopf mit einer breiten braunen Binde zwischen den Augen. Hinterrand und Backen hellbräunlich mit weissen Strichfleckchen und Pünktchen; ebenso das Gesicht, in welchem aber ausserdem noch mehrere weisse Augenflecken von verschiedener Grösse. Halsschild ebenso marmorirt. Vom Halsschild an über die Rückenmitte sämmtlicher Körperschilde eine feine weisse Linie. Die Schilde sind gelbbräunlich, durch- scheinend gefärbt, ebenso die Seitenecken, zwischen diesen aber zieht in ihrer Breite ein dunkelbrauner Streif mitten über den Schild. Die Afterballen sind stark gewölbt, gelblich mit braunen Mittelflecken. Die Unterseite des Thiers ist gelblichweiss, die Füsse ganz weiss. Im Malanser Ochsenälpli unter Steinen, selten; Aug. 1846. 3. Craspedosoma angulosulcatum mihi. Körperlänge 5 bis 6“. Stirn gewölbt, Gesicht dagegen beinah rechtwinklig abgeschnitten und flach. Seitenbacken nicht gross; Halsschild am Vorderrand bogig, hinten geradrandig ab- geschnitten; vor dem Hinterrand eine Querrinne. Die Seiten- ränder etwas conisch zugerundet. Ueber die Mitte des Hals- schilds sowohl als sämmtlicher Körperringe zieht eine Rinne mit feiner weisser Kiellinie. Beiderseits dieser Linie findet sich auf dem Halsschild ein schüsselförmiger Eindruck. Die Körperringe auf dem Rücken flach gewölbt, die Seitenecke sehr stark aus- gebildet, elwas gegen den Rücken aufgerichtet, auf der Ober- seite der Spitze eine Grube in 2 Furchen ausgeschweift und am hintern Winkel eine starke nach hinten gerichtete Borste; 4 gegen die Füsse hin verliert sich die Ecke wulstförmig. Zwischen der Seitenecke und der Rückenlinie in der Mitte des Schildes erhebt sich ein sehr kleines Knötchen, mit einer kurzen, silberweissen feinen Borste. Schwanzschild abgerundet, After- ballen gewölbt, nicht stark vorgetrieben, Beine lang. Färbung matt, ohne Glanz; Fühler dunkel graubraun, Stirn schwarzbraun glänzend; Gesicht braun, Hals und Körperringe kastanienbraun mit goldglänzenden Hinterrandkanten. Unterseite und Füsse hellerbraun. Jenaz im Prättigau, längs der Landquart unter Steinen in alten Wuhrköpfen, November 1847, selten. 4. Craspedosoma gıbbosum mihi. Fühlerglieder genau die bezeichneten Verhältnisse der Gat- tung einhaltend, ebenso die Stellung derselben und der Augen — Stirn glatt, glänzend, wenig gewölbt, Gesicht beinah im rechten Winkel davon abgeschnitten, ziemlich lang und flach; Backen stark aufgetrieben. Halsschild klein, Sach oder kaum gewölbt; Vorderrand convex, Hinterrand leicht bogig ausge- schnitten (concav), in den Seiten conisch zugespitzt. Der erste Körperring noch kleiner als der Haisschild, die folgenden allmählig wachsend, wulstarlig gewölbt, auf dem Rücken etwas abgeflacht, in den Seiten die Wölbung am grössten und gegen die Füsse hin sich verlierend. Vom dritten Körperring an nimmt die Wölbung mehr die hintere Hälfte des Ringes ein, so dass zwischen den einzelnen Ringwölbungen eine ziemlich starke Vertiefung entsteht, und in den Seiten statt der gewöhnlichen Seiteneckchen ein blasiger Wulst sich darbietet, aus dem 1 bis 2 starke Borsten sich erheben. Der 6. Körperring ist bedeu- tend grösser als der vorangehende und meist zu beiden Seiten, unmittelbar über der Einlenkung der Beine, eine grosse blasen- 142 förmige Beule, welche die ganze Schildbreite einnimmt, und bis gegen die Seitenhöhe ansteigt und zwischen sich und dem Seiten- oder Eckwulst eine Rinne lässt. Von da an bleiben einige Ringe ziemlich gleich gross und die folgenden verkleinern sich allmählig gegen den stumpf abgerundeten Schwanzring hin; gleichmässig nimmt auch die Wölbung der Ringe und besonders die Grösse des Eckwulstes ab. Die 3 bis 4 letzten Körperringe sind mit ziemlich vielen und langen Haarborsten besetzt; die Afterballen klein, flach gewölbt und glatt. Vom Kopf an zieht über die Mitte des Rückens eine deutliche Furchenlinie. Die Stigmata konnte ‚ich bisher nicht gewahr werden. Die Füsse sind von ziemlicher Länge. Fühler dunkelbraun und behart, Stirn gelbbraun mit ver- mischt dunklerer Stirnbinde, Gesicht heller bräunlich, Seiten- backen heller; Halsschild gelbbräunlich. Die Färbung des Körpers varirt bedeutend. Die Rückenrinne ist stets weiss, der Rücken meist dunkel, selbst schwarzbraun, mit einer Reihe fast viereckiger, brauner, öfter hellbrauner Fleckchen jederseits der Mittellinie; die seitlichen Blasen, Eckwülste sind wieder hell- bräunlich oder weisslich, und in den beiden Seiten zieht ein breiter dunkelbrauner Schattenstreif; Bauch und Beine sind weisslich, die äussern Glieder der letztern grau oder bräunlich. — Bei manchen Thieren aber gewinnt die hellbräunliche odei braunlichweisse Färbung so die Oberhand, dass die dunkel schwarzbraunen Streifen auf Fleckreihen reduzirt werden, von welchen 2 jederseits der Rückenlinie und eine in den Seiten verläuft; die Afterballen haben jede einen dunkelbraunen Mittel- fleck mit hellerm Rundsaum, besonders gegen die Afterspalte In der Umgegend von Malans, in den Böfel, auf dem Erlen- boden, im Buchwald, längs dem rechten Ufer der Landquar. ziemlich häufig mit einzelnen Exemplaren der vorgenannter 143 Gattungen, Herbst 1846 und Frühjahr 1847. Bei Jenaz längs den Ufern der Landquart Thal aus- und einwärts, Sommer 1847. Chordeuma Koch. Chordeuma sylvestre Koch. Krit, Revis. p. 124. Gestalt und Sculptur des Körpers kommt mit citirter Be- schreibung vollkommen überein ; die Färbung aber ist durchaus gelbbräunlich, ohne die weisse Rückenlinie und weissen Seiten- lecken; Beine weiss, Fühler weissgelblich. In den seitlich gelegenen Knötchen der 10 hintern Leibringe eine kleine feine Harborste. Umgegend von Malans Herbst 1846 und Frühjahr 1847. Polydesmus. 1. Polydesmus macilentus Koch. Dtschl. Cr. Myr, u. Arachn, h. 40, 12. Im Baumgarten zu Malans und in der Buchwaldselve oben am Waldsaum Herbst 1846. 2. Polydesmus denticulatus Koch. Syst. d. Myr, p. 135. Um Malans, im Baumgarten, auf dem Landquartsand und bis in’s Malanser Ochsenälpli hinauf, Herbst 1846. Um Jenaz, im Herbst 1847. 144 Lithobius Leach. A, Die drei hintern Zwischenschilde mit Zähnen. 1. Lithobius forficatus Leach. Zool, Mise. 11. Koch Dtschl. Cr. Myr. u. Arachn, h. 40. n. 20. Scolopendra forficata Linn, Syst. nat. 11. 1062. 3. Scol. rufa Geoffr. M, hist. d, ins’ II. 677, 6. tab, XXIL, f. 4. In Feld und Wald im Thal von Maienfeld und Malans häufig und steigt auf den hiesigen Bergen bis über 5000° in die Alpen, wo er nach meinen bisherigen Beobachtungen meist von dunklerer Färbung als im Thal, manchmal beinahe schwarz erscheint, so z. B. im Malanser Ochsenälpli. Die Grösse varirt von 8 bis 13°; die Färbung von halb braunroth bis ins braun- schwarz. Ein beinahe schwarzes Exemplar besitze ich aus dem Alpen- thal St. Antönien; und eines von grauweisser Färbung aus dem Livison bei Malans; letzteres vielleicht krank ? obwohl lebhaft in seinen Bewegungen und vollkommen ausgewachsen. Wenn ich des Fangens wegen Steine aufhebe, habe ich bisher meist nur zwei dieser Thiere, das Pärchen, getroffen, oder noch einige der folgenden von kleinern Arten, und es scheinen diese Thiere paarweise zu leben. Im Malanser Ochsenälpli beobachtete ich, wie ein Exemplar mittlerer Grösse auf seiner Flucht von einer Spinne aus der Ordnung der Sedentarie, die unter dem nämlichen Stein ge- sessen, plötzlich überfallen und ruhig ausgesogen wurde. Der Lithobius musste äusserst schnell und tödlich gebissen worden sein, denn kaum von der Spinne und zwar von vorn oepackt, liess er durchaus keinerlei Gegenwehr, überhaupt keine Be» wegungen mehr wahrnehmen. = 2. Lithobius dentatus Koch. Syst. d. Myr. p. 148. Auf dem Erlenboden unterhalb der Ruine Wineck, nicht häufig; Herbst 1846. B. Sämmtliche Zwischenschilde am Hinterrande gerade, ohne Zähne. 3. Lithobius variegatus Leach. Zool. Mise. III. 40. Koch Dtschl, Crust, h, 40. n. 21. Umgebung von Malans nicht gerade selten. Die Körper- länge wechselt von 6 bis 8°“. Die Färbung des Kopfes und Körpers meist mehr dunkelbraun, so dass die Rückenlinie undeut- lich wird, manchmal selbst verschwindet. 4. Lithobius pilosus miht. Gestalt ähnlich wie L. forficatus, glänzend, Fühler 42 Glieder und stark behart; Lippentaster nicht punktirt; die Zwischen- schilde des Hinterleibs ohne Zahn, gerade abgeschnitten; sämmt- liche Körperschilde am Rande mit steifen glänzenden Härchen versehen; eben solche nur noch viel kürzere Härchen sitzen vereinzelt auf den vordern und den seitlichen Theilen der Schildoberfläche, auch die Bauchseite der Schilde ist behart; die Schleppbeine mässig lang, behart, die Gelenkenden des 2. und 3. Gelenks mit 2 bis 3 Dornen, das letzte Beinpaar bei- nahe so lang wie die Schleppbeine. Färbung des Kopfs und der Körperschilde dunkel braunroth, Fühler und Lippentaster heller braun mit dunkler Spitze, die Füsse bräunlichgelb mit hellerm Rand, ebenso die Bauchseite der Schilde. Augen schwarz. Körperlänge 6 bis 7°“. Auf dem Erlenbodeu unterhalb der Ruine Wineck, selten : November 1846, 5. Lithobius communis Koch. Dtschl. Crust. Myr. u. Arachn. h. 40, n. 24. Umgebung von Malans, in den Böfel oberhalb dem Dorf hie und da; Sommer und Herbst 1846. 6. Lithobius erythrocephalus Koch. Syst. d. Myr. p. 150. Auf dem. Flusssand der Landquart unterhalb dem Dorf Malans, Herbst 1846. Die Färbung geht manchmal so in’s dunkle über, dass die braunen Ringe der Fussglieder undeutlich werden oder gänzlich schwinden. Die Körperlänge varirt ebenfalls; alle bisher ein- gelangenen Exemplare hatten 30 Fühlerglieder. 7. Lithobius minutus Koch. Syst. d. Myr. p. 152. In der Umgebung von Malans nicht häufig. 8. Lithobius alpinus Heer. Ueber d. oberst. Grenzen d. thier. u. pflanz. Lebens in d. Schweizer- alpen, p. 15. tab. Nr. 6 u. 6a. In den Bündner Alpen auf dem Panixer-Pass in einer Höhe von 7800° über Meer nach dem Verfasser, UN... Cryptops Leach. Cryptops ochraceus Koch. Dtschl. Cr. Myr. n. Arach. h. 40. n. 18. Umgegend von Malans z. B, Livison hie und da, Sommer und Herbst 1846. Geophilus. 1. Geophilus longicornis Leach. Zool. Misc. II. 45. tab. 140. f. 3— 6. Koch Dtschl. Crust. Myr. h. 9. n. 5. masc. u. h. 22. n. 1. fem, Auf dem Erlenboden unterhalb der Ruine Wineck, sowohl masce. als fem, November 1846. 2. Geophilus electricus. Koch Dtschl. Cr. Myr. h. 3, n. 4. fem. Scolopendra electrica Linn. 1. II. 1063, 8. Um Malans; im Garten, im Livison und im Weingarten Zoller, öfter. Sommer 1846 und Frühjahr 1847. 3. Geophilus proximus Koch. Syst. d. Myr. d. 186. Im Malanser Ochsenälpli, selten, August 1846. Pachymerium ferrugineum Koch. Syst. d. Myr. p. 187. Geophilus ferrugineus Koch Dischl, Cr. Myr. h. 3. f, 2. fem. Auf dem Sand der Landquart unterhalb Malans, Herbst 1846. i48 Stenotzmia Koch Syst. d. Myr. p. 187. Stenotemia acuminata Koch. |. c. teophilus acuminatus Leach. Zool. Misc. n. 4. Koch. Dtschl. Cr. Myr. u. A. h. 9. 6. fem. Auf dem Sand der Landquart unterhalb Malans und in den Böfel oberhalb dem Dorf; ebenso bei Jenaz im Prättigau längs der Landquart thaleinwärts, Herbst 1846 und 1847. Linotzenia Koch. 1. Linotenia crassipes Koch. Syst. d. Myr. p. 188 Geophil, erassipes Koch Dtschl. C. Myr. h. 3. 3. In den Böfel oberhalb Malans Herbst 1846. 2. Linotenia subtilis Koch. (seophil. subtil. Koch Dtschl, Cr. Myr. h. 22. n. 2 fem. Auf dem Erlenboden unterhalb der Ruine Wineck, Herbst 1846 und im Buchwald bei Malans, Juni 1847. (Fortsetzung folgt.) IERINT IN. Untersuchung einiger Proben Churer Traubenmostes auf deren Zuckergehalt und einiger Churer Landweine auf ihren Gehalt an Alcohol, fester Substanz und freier Säure von Dr. Jac. Papon. VORBEMERKUNGEN. Der Boden, auf welchem der Churer Landwein wächst, ist ein kalkiger Thon, bis zu 30%, Kalk enthaltend. Er ist das Zersetzungsprodukt eines eigenthümlichen, äusserst mächtigen Schiefergebildes, der vorherrschenden Gebirgsart Nord- und Mittelbündens. Es besteht aus grauen, sehr feinschuppigen glimmerreichen Schieferlagen, bald dünschiefrig ausgebildet, bald zu dicken Bänken anschwellend und mit sandsteinartigen Schichten von geringer Mächtigkeit wechsellagernd. Sein Alter und seine 150 Rangordnung in der geologischen Formationsreihe sind noch nicht bestimmt. Dies Schiefergebilde wurde als „Flysch* oder „Bündnerschiefer“ den Eocenbildungen eingereiht; neuere Beob- achtungen sprechen dagegen. Erst kürzlich wurden schön erhaltene Fucoiden darin gefunden, die eine unzweideutige Be- stimmung zulassen dürften. Das Gestein verwittert und zer- trümmert sehr leicht. Der Thonboden, der aus ihm hervor- geht, bildet den Culturboden der Churer Thalebene und untern Bergabhänge. Hie und da ist er fett und geschlossen. An andern Orten und wohl am häufigsten ist er mit Sand und Geröll, den Anschwemmungen des Rheines und zahlreicher Tobel (Bergströme), die im Sommer austrocknen, durchwirkt. Der sanft nach Süden abfallende Bergfuss der nördlichen Thal- wand scheint durch einen grossartigen Bergsturz des sehr zer- klüfteten nördlichen Gebirgszuges entstanden und dann durch die Geschiebe der Tobel überdeckt worden zu sein. Dieser Abhang ist beinahe ausschliesslich mit Weinpflanzungen bedeckt. Die mittlere Jahreswärme von Chur beträgt nach ältern Beobachtungen 10,10 C. Neuere Zusammenstellungen, sowie Berechnung der mittlern Sommer- und Winterwärme_ fehlen. Die Hauptwindrichtungen sind der Richtung des Thales zufolge Südwestwind (Föhn zum Theil) und reiner Nordwind, Ersterer ist meist heiss, trocken, im Hochsommer und Herbste weht er in der Regel bei heiterem wolkenfreien Himmel, im Frühling und Winter bezeichnet er seine Ankunft durch gelblichweisse Streifen feiner Federwolken, er schmilzt und verflüchtigt. dann mit unglaublicher Schnelligkeit die liegenden Schneemassen und bedingt neue Niederschläge. Die hier ceultivirte Rebe ist die blaue Burgunder Rebe. Sie wird an lärchenen Pfählen in der Regel 5° hoch ge- zogen, im Winter und Vorfrühling die Zweige bis auf die 3. oder 4. Knospe abgeschnitten, im Sommer die nicht tragenden 151 Zweige und die tragenden an ihrem Ende abgebrochen, der Boden mehrmals umgehackt und gejätet. Alle 8 bis 10 Jahre wird die Rebe durch Eingraben der alten Stöcke aus einem von den Trieben verjüngt, Die Düngung ist sehr verschieden, Einige düngen nicht oder nur mit Gerberlohe, die Einsichtigern mit Compost und Mauerschutt, noch andere düngen stark mit Kuhmist. Die Weinlese findet in der Regel in der 2. Hälfte des Monats Oktober statt. Die Gährlokale sind allen Temperatur- veränderungen zugänglich. Die Behandlung des Weines im Fasse sehr unzureichend. l. Traubenmost von 1855. (durch Gährung bestimmt,) Nr. 1 aus tiefer Lage: Traubenzucker 17,88% » 2 ebenso a 17,49%, 1. Traubenmost von 1856. Nr. 1 Berglage, 31. Octbr. geerndtet Spez. Gew. 1,0897: Traubenzucker 23,43% „ 2 Tiefe Lage, 24. Oct. geerndtet Spez. Gewicht 1,0766 = 18,56% 3 Tiefe Lage, 4. Nov, geerndtet Spez. Gewicht 1,0985 R 20,03% „ 4 Berglage, gewöhnliche weisse Traube Spez. Gewicht 1,0690 - 16,62% 152 IN. Churer Landwein von 1854 (Im Juni 1856 untersucht) enthält: Nr. 1 Alcohol absolutus . s ; i RT SIG Feste Bestandtheile : & . 08,190 Freie Säure als Weinsäure berechnet 1,16% Nr. 2 Alcohol absolutus . i : \ . 9,99% Feste Theile . 2 - & r 1,00%) Freie Säure wie oben , ' h “ Elan Nr. 3 Alcohol absolutus . r & \ .. 0,588 Feste Bestandtheile 3 F : . 1,56% Freie Säure wie oben . 5 5 . 1,43% Nr, 4 Alcohol absolutus _. . 3 E 5,740 Feste Bestandtheile ; 1,63% Freie Säure wie oben . e 4 . 1,21% Nr. 1 war ein Wein von authentischer Reinheit, die übrigen Nros. einer Mischung mit geringhaltigem 4853ger Landwein verdächtig. Zwei Proben 1855ger Landwein aus verschiedenen Lagen gaben im Juli 1856 auf ihren Extraxtgehalt untersucht Nr. 1 an festen Theilen (Extract) 2,22 2, ” » BD) 2,46 Darin liessen sich neben vorwaltendem Pflanzenleim, und neben Weinsäure und Gerbstoff noch sehr bemerkbare Mengen von Traubenzucker erkennen. Zafel I. Ab dellas (angleadas ke des Jhales. CT 3 Homblerdesch. Senperrterzant Hormblırnde. Bunter Halkschfr. AU 1 2_ f Com 5 Er FEB 26 1943 'ISRAR! j La Glschen LEh detas Gavigliadas DR) j INN ZZG 2 IE 4* T Ka „HE Pr De ELSE Eu 3 a za ' anunuane, Br VA a — ur a s — £ e SQ aranguns a f I FE a & a > Pa WA Es 7 R 3 BT er / —n ee Y = > IE ) A w 5 7 "Zen hulbten /D II S Ip e Brn= ERTL R Er Fan Suarda. — : el | Dbelsolil: y% linke Mergrecte von: Val SE. | a nn nn ER ä Y;4 N Pan ne. jE e ji 1 u Te NT. ne ar "Be tez RP RA u 4 Bar BR ha I, ‘* A - | 14% wird“ v 1 g s j £ F Ü BETRTN A mp zau] eg usfund Sep Yan) A ansoypınyulug 4 „ren bisches Gestein. sunny "auyırAndıy en "IM nun < 4 Mn, es, a Ma, . 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Bueienspih, Kammspih 4851 m. ua Zar Ira: a 14 an r "a : \ N T Janus - Untervar Ro mostinchen rc achmir In Clans a3 Dow Roheinthoe mn. EIFEL L ® E en. j { = 4 Uirneccano 2 Schoie ar Kalk au 3 Unterer Dolomrek % 4. Ich defer. der getderen Belermniderkalk. 6. Felsbenger Dobmuk. Jalkscki Ser $ Dearyigest guber Kalk (Freas,) Jarını Vebrehhen wechselnd. u 5 RN | == = 92 Obegura ( Koratterkik. E.Schiopriger Molemdk gllehtensteener Schicbh m Schacefer cerschl. ußrasare, vanzolege Mraser 9.6777 auf LA Slusmamalılenrkadk I Marmer ven Untervah) BE Sebrehstberr.. ern Jechterssleener JSchechhir. /Y- SF Ree2723971 udefon.sebiefer Ne) 23 ; an u } ke Kl R IR ar » WETTER 7 Ku [R e b E sc 4 E ur’; BR 1 vn RT | DIGEST OF THE LIBRARY Tu u Sn) No bookN\shall be en from the\Library without the record of the Bibrarian: No person shäM be allowed to retaih more than five vol- umes at any one “time, unless by special vote of the Couneil. Books may be kept o without renewal, and renewa one calendar month; no longer aay not ba granted more than twice, A fine of five cents per day incurPed for\ every volume not returned within the time specified by tliarrüles. The Librarian may demand the returi&ef a book after Library without special permission. All books must be returned at least two weeks previo to the Annual Meeting. Persons are responsible for all injury or loss of books charged to their name, IH fi Hl 1 N