3 HARVARD UNIVERSITY. LIBRARY OF THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOÖOLOGY. A u | “ f ge b ein Diener ar nn aut a eh 7 17 L: I; ‘ en r \ nt Ne Ar En (EN 57 Ih en NA. A 9) IIEINET: ; B Pe en : & ’ ON I IE I! (A \S) - N I IN (NE Be z (a9 NE ER PIE EN 2 B EN rs ya 3 « Y vw x d vr ’ 4 Fe \ » Siebenundsechzigster z Jahres-Berieht: = der En | hält en Generalbericht über die Arbeiten und Veränderungen : | der Gesellschaft | a Jahre 1889. Bar Breslau. .@&P. Aderholaz’ Buchhandlu N a 6% SC EB) za 7 ‘ =“ EN AR £ GEL I- OR 1 Bee he En Si me ae ae ne EA a en Ed ra lt m de an Siebenundsechzigster Jahres-Bericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Gultur. Enthält den Generalbericht über die Arbeiten und Veränderungen der Gesellschaft im Jahre 18S9. ——— ) “ Breslau. G. P. Aderholz’ Buchhandlung. 1390. Inhalt des 67. Jahres-Berichtes. Allgemeiner Bericht über die Verhältnisse und die Wirksamkeit der Gesellschaft im Jahre 1889, abgestattet vom General-Secretair, Bürger- mareter TÜREN EV ae RE RERSEN Er energie Bihliotnekssc rt... ae le en se ee ae akre ar Bericht über die naturhistorischen Sammlungen der Schlesischen Gesellschaft Bericht über die Kassen-Verwaltung für das Jahr 1889 .................... Verzeichniss sämmtlicher Mitglieder der Schlesischen Gesellschaft für vater- nehsche Cuhur> Btatszeit 1890: und ISIN A EETRT Wander-Versammlung zu Kattowitz am 29. und 30. Juni 1889.............. Wissenschaftliche Vorträge, gehalten auf der Wander- Versammlung zu Kattowitz: | Bioana. a 2, Weberi.das Scheitelauge. „330.2. en ee Gürich: Ueber die Goldvorkommnisse in Südwest-Afrika............ Holtze: Ueber den Oberschlesischen Industriebezirk................ Rosenfeld: Zur Verhütung und Behandlung des Coma diabeticum.. Roux: Ueber die Entwickelung des Extraovates der Froscheier...... Verzeichniss der in Kattowitz neu aufgenommenen auswärtigen Mitglieder Bericht über die Thätigkeit der einzelnen Seetionen. I. Medicinische Section. Asch, R.: Ueber Exstirpation des nicht carcinomatösen Üterus........... Bielsechowsky: Weber Dystrophia museularis .........2.. "22. enu.en. — Ueber eine seltene Form von Atrophie der Nägel.............. SEEN Buchwald: Ueber Aorten-Aneurysma und Bemerkungen über Herz-Syphilis Eger: Ueber einen fast geheilten Fall von Beschäftigungsneurose ........ Förster: Ueber einen Fall von doppelseitiger Hemianopsie.............- Seite vi 21 Ad, Inhalts-Verzeichniss. Fränkel, Ernst: Ueber die Diagnose und Behandlung der Extrauterin- schwangerschaft 2.0 a. ee ee ee ee Fränkel, E., u. Kaufmann, E.: Zur Diagnostik der Unterleibsgeschwülste Freund, S.: Zur Symptomatologie der multiplen Herdsklerose ........... Gubitz: Ueber neuere Erfahrungen zur Kenntniss der cerebralen Hemi- Hecke: Ueber Diagnose und operative Behandlung der Perlgeschwülste des Mittelohrest re aa8. ren. ee aa ee Heidenhain:, Weber Lymphbildune®e 2. ..22.22.2.22. 2er, See Hürthle: Ueber den Einfluss der Herzthätigkeit auf die Form des Arterien- PUlSESE N A ee a teens ee oe Re Janicke, O.: Östeoplastische Resection des Fusses nach Wladimiroff- Mikuliez. Zu 3 a ee NR — Angeborene doppelseitige Patellar-Luxation ........................ — Demonstration einer intrauterin entstandenen Unterschenkelfractur.... Kaufmann, E.: Ueber einen neuen Fall von Sublimatvergiftung.......... Malachowski: Präparate aus dem Urin eines Nierenkranken ............ — Zur liherapie dessJodismus?. „nor nen Be Neisser: Dürfen syphilitisch infieirte Aerzte ihre ärztliche Thätigkeit fort- SEIZEn Rica aan Se Te NN — Ein Fall von Sklerodermie und ein Fall von Mycosis fungoides ...... —: Ein Fall von Lupus vulg., wesentlich des Gesichtes ................. Ponfick: Ueber die Folgen einer theilweisen Entfernung der Leber ...... —: „Ueber. Leberexstirpation. 2... P.rn 2. er DR SR, Riegner: Ein Fall von diagnostisch interessanter Cholecystotomie........ Rosenbach: Ueber die burgunderrothe Urinfärbung....................- Rosenfeld: Ein neuer Bacıllus in>Kommatorme... 2.2... 2 Rosin: Ueber einen Fall von Muskelhypertrophie bei Tabes dorsalis ..... Wernicke: Ueber die Zurechnungsfähigkeit nach geltendem Recht....... II. Section für öffentliche Gesundheitspflege. Bitter: Ueber einige neuere Desinfections-Apparate ............er.rcre2. Flügge:!. Weber Conseryirung der/Milchia 2322... 0. ih. are e III. Naturwissenschaftliche Section. Ahrens: Resultate der chemischen Untersuchung der Wurzel der Mandra- gora. offieinalis Mill... -.- Art ADS alt EEE ee Althans: Ueber die vom Kgl. Ober-Bergamt zu Breslau herausgegebenen bergbaulichen Kartenwerke Oberschlesiens.............s.22220s2n0 2. Bergmann: Experimentelle Darstellung der einfachen Schwingungen (Sinus- Bewegung) und der Schwingungsceurven....... 2... .uuul. ne ee Seite By) 24 26 29 23 47 49 54 71 72 38 75 69 #7 41 40 61 77 79 113 91 Inhalts-Verzeichniss. Gürich: Naturwissenschaftliche Beobachtungen im deutschen Schutzgebiete BEESREWESTNIEIKAS. EHI, ER EVENT EI N. — Mineralien aus dem deutschen Schutzgebiete in Südwest-Afrika ...... — Ueber die Ergebnisse einer geologischen Excursion am Strande von Hintze: Ueber Topase aus dem Damaralande ..........-........2...2.c. Kassner: Ueber den von Beckmann zur Moleculargewichts - Bestimmung nach Rault’s Methode construirten Apparat.............u.cneneenenn esarzerden Orikobleisäure..:. „aa l338 aaN AH u BES Kossmann: Ueber einen neuen Messapparat zur Bestimmung der relativen Härte von Mineralien und Metallen .................. ER N RI RR — Muschelführende Schichten im Steinkohlengebirge der Emma-Grube EEK an N a nee USA — Vorkommen von Graphit aus dem Glimmerschiefergebirge der „Böh- mischen? Kammern g.rngcielie waere — Marmorartige Kalksteine in den Brüchen des Dominiums Lauterbach KETTE ee ee as nn era ns. — Ueber die Erschürfung eines Magneteisenvorkommens am Moltkefelsen beitsehreiberhäul im ‚Riesengebirge: ......02... „assncsan2-as. Alan ı. Kunisch: Fischabdrücke und Pflanzenreste aus dem unteren Rothliegenden BeWRkedrichsroda in. Thüringen ..esaselassell. 23b. 2a. 12 — Ueber ein Bruchstück des Unterkiefers von Hemilopas Mentzeli ....... — Ueber das Vorkommen von Labyrinthzähnern im oberschlesischen Barzehellkalkete er EM. RR ben il asian. ame — Ergebnisse seiner paläontologischen Erforschung des oberschlesischen Nieschelkalkes im Jahre ESSENER. N. nennen er — Bericht über die paläontologische Erforschung des oberschlesischen DEscheIkalkesit ar Ar sinne ie esse lehnen TR Langenhan: Kieferstück aus dem unteren Muschelkalke von Gogolin OS.. Meyer, O. E.: Ueber Instrumente, welche dazu dienen, das Lichtbrechungs- Verhältniss eines Stoffs durch Beobachtung der Total - Reflexion zu bestunmen sei. A EEE LEE — Ein neues Instrument zur Untersuchung des Gebirgsmagnetismus..... Poleck: Resultate einer chemischen Untersuchung des ätherischen Oels der BeBayblätter,; Myreia, aeus DE’... RR HITS Be. — Ueber den Vinylalkohol, ein ständiger Begleiter des Aethyläthers..... Bonner Breikantner aus Schlesien... ser nn TR en -— Ueber einige bei Tiefbohrungen in Schlesien gemachte geologische BeoBaecbiungene nee ee ee ee ELENA. Schiff: Ueber die elektrische Erregung des Glases beim Reiben mit Wolle Schmidt, Th. S.: Ueber Lissajous’sche Schwingungscurven ...........--- Seite 86 89 92 85 112 139 83 87 88 38 93 54 93 93 35 96 33 111 130 112 114 82 Inhalts-Verzeichniss. Semmler:; „Ueber das ätherische ‚Oel’derzAsa toetidar ...n u ae — Ueber die Zusammensetzung der hochsiedenden specifisch schweren Antheile; des. Maeisöls »r.4sa Hate ER ee sr e E Weber: Zusammenhang der im photometrischen Caleül vorkommenden Grössenarten und der für dieselben zu wählenden Einheiten IV. Botanische Section. Cohn: Ueber Aposporie bei Athyrium Filix Femina var. clarissimum...... —— .ZursErinnerunssan Dr. Kranzehellwien.. 2. Van Eee Eidam: Ueber neue botanische Modelle ...................2......lenn. Engler: Ueber die Familie der Loranthaceen.......... EREN e Fiek: Resultate der Durchforschung der schlesischen Phanerogamenflora imgahrenlSssg ne PER DENE RER 34 Ah a6 c Pax: Ueber das Variiren der Blätter und Früchte in der Gattung Acer.... — Ueber Wurzeln von Anthriscus nitida mit Adventivknospen :......... Schröter.2 Nachrufran Dr. phil.0W.2G. Schneider Sr ar Sa : — Nachruf an Hermann Kabath.......... NE ee ee TE Schube: Ueber die botanischen Ergebnisse seiner Reise nach Norwegen .. — Ueber Verbänderungen, beobachtet an schlesischen Pflanzen im Jahre Stenzel:. Eruchtiormenndes Bersahornse sperrige Beer — DÜUeber gefüllte Blüthen von Cyclamen..... Sl ee — Verwachsene Früchte von Tragopogon pratensis ..... See Werner: Ueber Oleum Betel und Oleum Macassar.............. Inslaas: V. Geographische Section. Galle Weber die Seehöhe Breslaus 2 ee nen eg — Ueber Normalzeit, Nationalzeit, Regionalzeit und Weltzeit und deren Einfühnume). 1.2 8: E Dark rer RR ERTIUN ISBRL Re — Allgemeine Uebersicht der meteorologischen Beobachtungen auf der Königlichen Universitäts-Sternwarte im Jahre 1889 .................. VI. Historische Section. Reimann: Ueber .drei von Max Lehmann veröffentlichte Actenstücke Friedrichs des Grossen........... N RE RAR Die VII. Section für Staats- und Rechtswissenschaften. Gürich: Ueber die Verhältnisse in dem deutschen Schutzgebiete in Süd- west- Afrika, 2& ıa Zar een PS RAENSEL N Lange: Ueber die Glasindustrie des Hirschberger Thales in Vergangenheit und Gegenwart. 7Y RU IEEHNE AL EHE AAO SEN. HER SER 206 295 Inhalts-Verzeichniss. Schmidt: Ueber die Gemeinde und das Volksschulwesen in Preussen und mebesomdererin: Schlesien lan en Eee v. Stengel: Ueber den Abschluss der preussischen Verwaltungsreform ... — Ueber die Verfassung und Verwaltung der englischen, französischen und holländischen Colonien .............. EOS OR IRE SSH REaRee VIII. Section für Obst- und Gartenbau. Bericht über die Verhandlungen der Section im Jahre 1889.............. u über die am 15. September stattgehabte VI. Wander- und De Versammlung des Provinzial-Verbandes schlesischer Gartenbau-Vereine ARE NSCHN ZN ET Neue Statuten der Section für Obst- und Gartenbau.................. Cohn: Ueber Garten-Anlagen in Süd-Frankreich und an der Riviera...... Richter: Pflanzeneinfuhr aus Russland via Sosnowice ..........2222 222... — Ueber gärtnerische landschaftliche Skizzen .................. BEN Sutter: Vorschläge zur Anlage von Obst-Mustergärten durch Pflanzung der aenwviertinestent Obstsorten". au... nn en 943. Verzeichniss der in Grünberg für Strassen empfohlenen Obstsorten ........ Verzeichniss der für Schlesien zum Anbau am meisten empfohlenen Obst- SORIEN. ed vo u cn a De IR NT EN ER RER Nekrologe auf die im Jahre 1889 verstorbenen Mitglieder der Schlesischen Gesellsehatt für) vaterländische Gultur. ........ 2... nn. 234 : . DE Re N RTER Allgemeiner Bericht über die Verhältnisse und die Wirksamkeit der Gesellschaft im Jahre 18839, abgestattet in der allgemeinen Versammlung am 17. December 1889 von Bürgermeister Diekhuth, z. Z. General-Secretair. Die Schlesische Gesellschaft für vaterländische Cultur kann auf das zweite Jahr der jetzt abgelaufenen Etatsperiode unter Leitung ihres hoehverehrten Präses, Geh. Mediecinalraths Professor Dr. Heidenhain, mit dem Bewusstsein zurückblicken, durch Pflege der Wissenschaft und durch Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse in der heimathliehen Pro- vinz der ihr bei ihrer Gründung vor 86 Jahren gestellten Aufgabe mit regem Bifer nachgestrebt zu haben. Das Präsidium erlitt einen Verlust, als Landgerichtsdireetor E. Witte in Folge Ernennung zum Landgerichts-Präsidenten und Ver- setzung nach Neisse sein Amt als Generalseeretair der Gesellschaft niederleste, das er seit dem 31. October 1888 bekleidete. An Stelle des Ausscheidenden wurde in der Präsidialsitzung vom $. April 1889 Herr Bürgermeister Diekhuth in das Direciorium und darauf durch das Directorium einstimmig zum General - Secretair der Gesellschaft gewählt. Die Gesellschaft verlor durch den Tod das Ehrenmitglied: Rector _ a. D. Carl Letzner und die wirklichen Mitglieder: Geh. Sanitätsrath . Dr. Grätzer, Professor Dr. med. Gscheidlen, Privatdocent Dr. phil. Scherner, Prof. Dr. phil. Hartmann-Schmidt, Dr. phil. Schneider, Prof. Dr. med. Voltolini, .Dr. med. Weigert, sämmtlich in Breslau, und Apotheker Dr. Müncke in Berlin. Dagegen wurden in die Gesellschaft aufgenommen als einheimische wirkliche Mitglieder die Herren: Rittergutsbesitzer und Hedaeteur Baum, Dr. med. Bielschowski, Ober-Regierungsrath Bornemann, Dr. med. S. Freund, Ober-Bergrath M. Foitzik, Gerichts-Referendar Dr. jur. Hancke, Dr. med. Kamm, Stadtrath und Kaufmann Kopisch, 1889. a II Jahres -Bericht Privatdocent Dr. phil. Kruse, Geheimer Regierungsrath Professor Dr. Ladenburg, Dr. med. Malachowski, Staatsanwalt Erich Peterson, Direetor des Botanischen Gartens, Professor Dr. Prantl, Sanitätsrath Dr. Richter, Dr. med. B. Spitz, Dr. med. Steinschneider, Director A. Zahn. Ferner sind als auswärtige wirkliche Mitglieder eingetreten die Herren: Kaufmann Altmann, Kaufmann 8. Block, Kaufmann L. Block, Rabbiner Dr. J. Cohn, Maschinen-Inspeetor Donders, Kaufmann $. Ehr- lich, Rechtsanwalt Epstein, Sanitätsrath Dr. med. Färber, Mühlen- besitzer J. Feige, Kaufmann Fernbach, Lehrer Fiegler, Kaufmann H.Fischer, Lehrer Freuthal, Buchhändler M. Gierth, Dr.med. Glaser, Mühlenbesitzer Glager, Dr. med. Goldstein, Brettmühlenbesitzer Gold- stein, Kaufmann A. Goldstein, Kaufmann O. Herschenz, Sanitäts- rath Dr, med. Holtze, Gymnasiallehrer Kaluza, Kaufmann E. Kusch- nitzky, Banquier Landsberger, Dr. med. Löbinger, Kaufmann A. Löbinger, Kaufmann G. Lustig, Bergwerks-Direetor O. Menzel, Lehrer Münzer, Buchdruckereibesitzer Neumann, Kaufmann J. Neu- mann, Kaufmann Th. Nitschke, Kaufmann J. Nothmann, Kaufmann M.Nothmann, Kaufmann M. Ollendorf, Weinhändler D. Rappaport, Markscheider B. Rüdenburg, Kaufmann V. Rund, Banquier E. Sachs, Kaufmann $. M. Schalscha, Kaufmann 8. Schweitzer, Kaufmann H. Schweitzer, Kaufmann $. Silberstein, Rechtsanwalt Sittka, Secretair des berg- und hüttenmännischen Vereins Dr. Voltz, Regierungs- rath A. Wache, Kaufmann $S. Wiener, sämmtlich in Kattowitz, Ritter- gutsbesitzer Dyhrenfurth in Jacobsdorf, Sanitätsrath Dr. med. Freund in Gleiwitz, Hüttenmeister Glaser in Kunigundenhütte, Hütten-Inspector A. Mettke in Baildornhütte, Kaufmann Neutschel in Zawodzie, Assistenzarzt Dr. med. Neisser in Leubus, Sanitätsrath Dr. med. Sczmula in Zabrze, Kaufmann L. Süssmann in Zawodzie, Dr. med. Staub in Rosdzin, Dr. phil. Treumann in Hannover und Hütten- Inspector Vogel in Rosdzin. Die Zahl der Mitglieder stellt sich gegenwärtig auf: 317 wirkliche einheimische, 148 wirkliche auswärtige, 35 Ehrenmitglieder und 153. eorrespondirende Mitglieder, Die Section für Obst- und Gartenbau zählt für sich: 61 einheimische und 119 auswärtige Mitglieder. Dieser Section ist auch im Jahre 1839 seitens des Provinzial-Land- tages der Provinz Schlesien eine Unterstützung von 1650 Mark gewährt worden, der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. III Zu Ehren-Mitgliedern wurden ernannt die Herren: Rector a. D. Carl Letzner am 28. Januar, Landgerichts-Präsident E. Witte in Neisse am 8. April und Realschul-Director a. D. Kletke am 31. October. Im Laufe des Jahres wurden fünf Präsidial-Sitzungen — am 28. und 31, Januar, 11. Februar, 8. April und 31. October — abgehalten, die sich hauptsächlich mit Angelegenheiten der Section für Obst- und Gartenbau beschäftigten. Durch eine besondere Commission wurde für diese Section ein Statuten-Entwurf ‘vorbereitet, der mit einigen Aen- derungen schliesslich zur Annahme gelangte; die neuen Statuten sind bereits gedruckt und werden mit dem 67. Jahresberichte ausgegeben werden. Bezüglich der Drucklegung des Jahresberichtes wurde beschlossen, dass die einzelnen Vorträge der Sectionen nicht wie bisher erst am Jahresschluss, sondern zum Zwecke der Beschleunigung der Publieationen vom 1. Januar nächsten Jahres ab alsbald zum Drucke befördert und in Einzelheften je nach Bedarf versendet werden. Der Jahresbericht ver- einigt diese Hefte dann zu einem Ganzen. In diesem Jahre ist die Wanderversammlung der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur am 29. und 30. Juni zu Kattowitz abgehalten worden. Der Bericht über dieselbe ist bereits gedruckt und findet in dem nächsten Jahresberichte seine Stelle. Das Stiftungsfest der Gesellschaft hat am 14. December d. J. in althergebrachter Weise stattgefunden. Dasselbe wurde eingeleitet durch einen Vortrag des Herrn Professor Dr. Elster: ,‚Ueber Be- völkerungsbewegung und Bevölkerungspolitik.“ Am Schlusse des Jahres legte Herr Privatdocent Dr. F, Pax wegen seiner Berufung nach Berlin die Stellung als Custos der Sammlungen der Schlesischen Gesellschaft nieder. Zum Jahresberichte für 1888 ist ein besonderes Ergänzungsheft nicht gegeben worden. Die Rechnung der allgemeinen Kasse ist für das Jahr 1888 durch den Schatzmeister, Herrn Commerzienrath und Stadtrath Bülow, gelegt, und derselbe ist nach erfolgter Prüfung entlastet worden. Bei der besonderen Kasse der Section für Obst- und Gartenbau fand am Schlusse des Jahres 1883 keine Rechnungslegung statt. Ueber die Thätigkeit der einzelnen Sectionen haben die Herren Secretaire Nachstehendes berichtet: a*F IV Jahres - Bericht Die medicinische Seetion (Seeretaire: Geh. Medieinal-Rath Prof. Dr. Fritsch und Medicinal-Rath Prof. Dr. Ponfick) hat 17 Sitzungen gehalten, und zwar am 18. Januar, 1. Februar, $. Februar, 22. Februar, 8. März, 22. März, 12. April, 17. Mai, 31. Mai, 283. Juni, 12. Juli, 26. Juli, 18. October, 1. November, 15. November, 22. November, 29. November. Originalvorträge haben gehalten die Herren Fischer, Buchwald, Kaufmann, OÖ. Janicke, Hecke, E. Fränkel, Ponfick, R. Asch, Rosenfeld, Rosin, Bielschowski, Rosenbach, Eger, Mala- chowski, Hürthle, Neisser, Wernicke, Heidenhain, Förster, Freund. Zu Secretairen wurden für die Etatsperiode 1890/91 die bisherigen Secretaire wiedergewählt. Die Section für öffentliche Gesundheitspflege (Secretaire: Geh. Medicinalrath Prof. Dr. Biermer, Geh. Medieinalrath Prof. Dr. Förster und Bezirks-Physikus und Privatdocent Sanitätsrath 5 Dr. Jacobi) hatte eine Sitzung am 6. December 1889. In derselben sprachen Herr Dr. Bitter „Ueber einige neuere Desinfectionsapparate“ und Herr Pro- fessor Dr. Flügge ‚Ueber Milchconservirung.“ Ferner wurden in dieser Sitzung für die Wahlperiode 1890/91 zu Secretairen gewählt die Herren Biermer, Flügge und Jacobi. Naturwissenschaftliche Section. (Secretaire: Geh. Bergrath Professor Dr. Römer und Geh. Regierungs- rath Professor Dr. Poleck.) Die Section hat im Jahre 1889 in sechs Sitzungen nachstehende Vorträge gehört: 1) Sitzung am 6. Februar: Geh. Rath Prof. Dr. Römer legte eine Anzahl von Dreikantnern aus Schlesien vor und knüpfte daran allgemeine Bemerkungen über die in jüngster Zeit vielfach besprochenen Körper. — Dr. Semmler über das ätherische Oel der Asa foetida und der Myristica fragrans. — Professor Dr. Weber über die für den photo- metrischen Caleül zu wählenden Einheiten. — Privatdocent Dr. Kos- mann über einen neuen Messapparat zur Bestimmung der relativen Härte von Mineralien und Metallen. — Bezirks-Bevollmächtigter Langenhan palaeontologische Mittheilungen unter Vorlegung der betreffenden Petre- facten, der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. V 2) Sitzung am 135. März: Professor Dr. OÖ. E. Meyer über das Abb6&’sche Refractometer und das Pielfrich’sche Total - Reflexometer. — Geheimer Regierungsrath Professor Dr. Poleck über neue chemische Apparate und über die Bestandtheile des ätherischen Oels der Bayblätter, Myreia acris. — Privatdocent Dr. Ahrens über Bestandtheile der Man- dragora offieinalis. — Dr. Kassner demonstrirte den von Beckmann zur Moleculargewichtsbestimmung construirten Raoult’schen Apparat. 3) Sitzung am 8. Mai: Professor Dr. Hintze über neue Topase aus dem Damaralande. — Privatdocent Dr. Gürich über seine naturwissen- schaftlichen Beobachtungen im deutschen Schutzgebiete in Südwestafrika. 4) Sitzung am 16. October: Geheimer Regierungsrath Professor Dr. Poleck über den Vinylalkohol als ständigen Begleiter des Aethyl- äthers. — Privatdocent Dr. Kosmann mineralogische Mittheilungen. — Privatdocent Dr. Gürich über von ihm gesammelte Mineralien im deutschen Schutzgebiet in Südwest-Afrika. — Gymnasiallehrer Dr. Schiff über die elektrische Erregung des Glases beim Reiben mit Wolle. — Der russische Wirkliche Staatsrath Professor Dr. Trautschold legte Proben von rohem Erdöl von der Halbinsel Apscheron vor und sprach über die geognostischen Verhältnisse seines dortigen Vorkommens. 5) Sitzung am 6. November: Geh. Bergrath Professor Dr. Römer über Tiefbohrungen in Schlesien und über die Einrichtung mineralogischer Museen. — Geheimer Bergrath Althans über die von dem Königlichen Oberbergamt zu Breslau herausgegebenen bergbaulichen Kartenwerke Oberschlesiens. — Professor Dr. ©. E. Meyer über ein neues Instrument zur Untersuchung des Gebirgs-Magnetismus. — Privatdocent Dr. Gürich: Geologische Mittheilungen über Rügen. — Dr. H. Kunisch über neue palaeontologische Funde im Muschelkalk von Gogolin. — Privatdocent Dr. Kosmann über Vorkommen von Magneteisen am Moltkefelsen bei Schreiberhau. 6) Sitzung am 4. December: Professor Dr. O. E, Meyer De- monstration von Lissajous’schen Curven durch Schwingungen von zwei Stimmgabeln. — Dr. Th. Schmidt Erzeugung derselben Curven durch einen von ihm construirten Pendel - Apparat. — Dr. Bergmann graphische Darstellung derselben Curven durch ein von ihm construirtes Vibratorium. — Dr. Kunisch über Muschelkalk-Saurier. — Dr. Kassner über neue Salze der Bleisäure. Für die Etatsperiode 1890/91 wurden die bisherigen Secretaire wiedergewählt. Die botanische Section (Seeretair: Geh. Reg.-Rath Professor Dr. Ferdinand Cohn) hat im Jahre 1889 sieben Sitzungen gehalten; es trugen vor die Herren: VI Jahres - Bericht Professor Dr. Engler über die Familie der Loranthaceen; Direetor der Agriculturbotanischen Versuchsstation Dr. Eidam über Selerotinien und Rhizoetonien — über neue, unter seiner Leitung aus- geführte botanische Modelle; Professor Dr. G. Hieronymus über Pflanzengallen; Privatdocent Dr. Pax über Knöllchen an Anthriscus nitida — über abnorme Acerfrüchte — über neue Funde der Schlesischen Phanerogamen- flora; Realgymnasiallehrer Dr. Schube über Fasciationen — Botanische Streifzüge in Norwegen; Professor Dr. Stenzel über abnorme Blüthen und Früchte der . Gattungen Acer, Tragopogon und Cyclamen; Apotheker Werner über Oleum Betel und Ol. Macassar ; Der Secretair der Section über apogame Farne — Zur Erinnerung an den am 24. Juni d. J. zu Finschhafen gestorbenen Botaniker der Deutschen Neu-Guinea-Compagnie, Dr. Franz Hellwis. In der Sitzung am 5. December wurde der bisherige Secretair für die nächste Etatszeit wiedergewählt. Die geographische Section (Seeretair: Geh. Reg.-Rath Professor Dr. Galle) hat im Jahre 1889 eine Sitzung am 11. December gehalten, In der- selben theilte der Seceretair der Section die Resultate einer Vergleichung der bisherigen Annahme für die Seehöhe Breslaus mit den neueren Be- stimmungen der Landesaufnahme mit. Hierauf hielt derselbe einen Vor- trag über Normalzeit, Nationalzeit, Regionalzeit und Weltzeit und deren Einführung statt der Ortszeit in das bürgerliche Leben. Die Geschäftsführung für die neue Etatszeit übernahm wiederum der bisherige Secretair. Die historische Section (Becretair: Director Professor Dr. Reimann) hat im Jahre 1889 sieben Sitzungen gehabt. Es trugen vor: 1) Am 17. Januar: Geh. Archiv-Rath Professor Dr. Grünhagen: Ueber die Coadjutorwahl des Grafen Schaffgotsch. 2) Am 31. Januar: Professor Dr. Markgraf: Ueber die ältesten Einrichtungen und Einkünfte des Breslauer Bisthums. 3) Am 14. März: Custos Dr. Altmann: Schlesien und das Baseler Coneil. der Schles. Geselisehaft für vaterl. Cultur. VII 4) Am 11. April: Der Secretair: Ueber drei von Max Leh- mann veröffentlichte Actenstücke Friedrichs des Grossen. 5) Am 31. October: Gerichts-Assessor Dr. Keil: Ueber die Com- munalverhältnisse auf dem Lande im östlichen Preussen während des 17. und 18. Jahrhunderts. 6) Am 28. November: Geh. Archiv-Rath Professor Dr. Grün- hagen: Schlesien beim Ausbruche des siebenjährigen Krieges. 7) Am 16. December: Der Sekretair: Ueber die Wirksamkeit, welche der preussische Minister v. Heinitz in den Jahren 1777—1783 entfaltet hat. Die musikalische Section (Secretair: Professor Dr. Julius Schäffer) hielt eine Sitzung am Sonnabend, den 19. December. Der Secretair hielt einen Vortrag über das Verhältniss des Gemeindegesanges der evangelischen Kirche zur Kunst. Die Section für Staats- und Bechtswissenschaft (Secretaire: Professor Dr.v. Miaskowski, Oberlandesgerichts-Senats- Präsident Rocholl und Professor Dr. Freiherr v. Stengel) hatte im Jahre 1889 sechs Sitzungen: 1. Sitzung am 31. Januar. Professor Dr. Freiherr v. Stengel: Der Abschluss der preussischen Verwaltungsreform. 2. Sitzung am 28. Februar. Dr. G. Lange: Die Glasindustrie im Hirsehberger Thale in Vergangenheit und Gegenwart. 3. Sitzung am 25. April. Ober-Regierungs- Rath a. D. Schmidt: Die Gemeinde und das Volksschulwesen in Preussen und insbesondere in Schlesien. 4, Sitzung am 23. Mai. Privatdocent Dr. Gürich: Aus unserem südwestafrikanischen Schutzgebiete. 9. Sitzung am 7. November. Professor Dr. Freiherr v. Stengel: Ueberblick über das englische, französische und holländische Colonial- recht. 6. Sitzung am 12. December. Professor Dr. Freiherr v. Stengel: Ueberblick über das englische, französische und holländische Colonial- recht (Schluss). Zu Secretairen für die Etatsperiode 1890/91 wurden wieder- resp. neugewählt: Senatspräsident Rocholl, Professor Dr. Elster, Ober- Resierungs-Rath a. D. Schmidt und Commerzienrath L. Schöller. VIli Jahres-Bericht Die Section für Obst- und Gartenbau (1. Seceretair: unbesetzt; 2. Secretair: Herr Gartenbau-Ingenieur R. H. Richter) hat im Jahre 1889 acht Versammlungen gehalten und fand eine Aen- derung der Statuten statt, Vorträge wurden gehalten: 1. Herr Geh. Rath Professor Dr. Cohn: Ueber Gartenanlagen in Süd-Frankreich und der Riviera. 2. Herr Gartenbau-Ingenieur R. H. Richter: Gärtnerisch - land- schaftliche Skizzen. 3. Herr Landes-Bauinspeetor Sutter: Vorschläge zur Anlage von Obst-Mustergärten durch Pflanzung der anbauwerthesten Obstsorten. Pflanzen waren ausgestellt von Herrn Öbergärtner Schütze und Herrn Handelsgärtner Franke. Bei der am 2. December vollzogenen Wahl für die Etatsperiode 1889/90 wurden gewählt zum 1. Secretair Herr Professor Dr. Prantl, zum 2. Secretair Herr Gartenbau-Ingenieur R. H. Richter. Bericht über die Bibliothek. Die im Jahre 1889 der Schlesischen Gesellschaft zugegangene Litteratur wurde unter Nr. 1052 bis Nr. 1595 gebucht und gemäss dem Vertrage vom 15. Juni 1886 der Königlichen und Universitäts-Bibliothek hier zur Aufbewahrung übergeben und durch deren Vertreter gegen Empfangsbescheinigung übernommen, und zwar Nr. 1052 bis Nr. 1215 am 19. Juni 1889 von Herrn Custos Dr. Altmann; Nr. 1216 bis Nr. 1399 am 29. Januar 1890 durch Herrn Dr. Leopold Cohn und Nr. 1400 bis 1595 von Herrn Dr. Blau am 16. April 1890. Diese zu Buch stehenden 544 Nummern umfassen über 2000 Einzelschriften, da die akademischen Schriften allein schon auf 1108 Stücke sich beziffern. Dem Schriftentausch sind im Jahre 1889 beigetreten: Das Königliche Museum für Völkerkunde in Berlin, die Gesellschaft für Erdkunde in Berlin, die städtische Archiv -Bibliothek in Kronstadt in Siebenbürgen, der Krainische Musealverein in Laibach und die Academy of Natural Sciences of Philadelphia in Nord-Amerika. Als Geschenkgeber haben sich im verflossenen Jahre um die Biblio- thek verdient gemacht: Die Königliche Regierung zu Breslau, der Magistrat der Haupt- und Residenzstadt Breslau, der Vorstand des Vereins Deutscher Ingenieure, Professor A. Blytt in Christiania, Cantor Filla in Striegau, Freiherr von Fircks in Berlin, Geheimrath Professor der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. IX Dr. Galle hier, Dr. Gleiwitz in Kassel, Dr. L. von Graff in Graz, Staatsrath von Regel in Petersburg, Professor F. von Sandberger in Würzburg, Professor Schübeler in Christiania, Dr. E. Walter in Stettin und Dr. G. Wendt in Liegnitz. Den gütigen Gebern wird hiermit im Namen der Schlesischen Gesellschaft der wärmste Dank abgestattet. G. Limpricht, Bibliothekar. Die naturhistorischen Sammlungen der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur. In der schon im vorigen Jahresbericht angedeuteten Weise wurde auch in diesem Jahre die Durcharbeitung des Herbariums weiter fort- geführt. Die sehr zahlreichen Nachträge der Gefässkryptogamen und Gramineen wurden bis auf die Gattungen eingeordnet und die grösste Zahl der Euphorbiaceen ist kritisch revidirt und zum Theil bestimmt worden. Diese letztere Untersuchung nahm die meiste Arbeitszeit des Custos in Anspruch. Das durch die dem Custos zur Verfügung gestellten Geldmittel an- seschaffte Papier diente zum Aufheften der Acer- und Primula- Arten, sowie der Amaryllidaceen und Euphorbiaceen. Die so behandelten Pflanzen wurden sorgfältig in grosse Bogen eingeschlagen und so dem schädlichen Einflusse des Verstaubens dauernd entzogen. Herr Professor Hieronymus entlehnte aus den Samınlungen die vorhandenen Santalaceae zu einer Bearbeitung dieser Familie für Engsler-Prantl’s Pflanzenfamilien; Herr Professor v. Kamienski in Odessa revidirte die Utriculariaceae gelegentlich eines kurzen Auf- enthalts in Breslau. In ihrem Bestande haben die Sammlungen keine Veränderungen erfahren. Dr. Ferd. Pax, Custos der naturhistorischen Sammlungen. Bericht über die Kassen-Verwaltung für das Jahr 1889, Zu dem am Schluss des Jahres 18388 vorhandenen Kassen-Bestande von 778 Mark 1 Pf. traten im Laufe des Jahres 1889 an verschiedenen Einnahmen 10251 Mark 60 Pf. hinzu, dagegen wurden 9715 Mark 71 Pf. verausgabt, so dass, wie der Kassen- Abschluss ergiebt, am Ende des vorigen Jahres ein baarer Bestand von 1315 Mark 90 Pf, verbleibt. IX Jahres-Bericht Von den der Gesellschaft gehörigen Effecten wurden 300 Mark Preuss. 5'/,proc. Prämien - Anleihe zur Auszahlung mit 363 Mark ge- loost und 2000 Mark Schlesische 3'/,proc. Pfandbriefe gekauft, welche in das Raths-Depositorium niedergelegt sind; an Effeeten sind nunmehr 43 200 Mark vorhanden. Das Vermögen der Gesellschaft beträgt 44515 Mark 90 Pf. und hat sich seit dem vorigen Jahre um 2237 Mark 89 Pf. vermehrt. Breslau, den 3. März 1890, Paul Bülow, z. Z. Schatzmeister. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur, XI Verzeichniss sämmtlicher Mitglieder der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur. Für die Etatszeit von 1890 und 1891. Die römischen Ziffern hinter den Namen bezeichnen die Sectionen (I. die medi- einische, II. die hygienische, Ill. die naturwissenschaftliche, IV. die botanische, V. die entomologische, VI. die geographische, VII. die historische, VII. die archäo- logische, IX. die musikalische, X. die Section für Staats- und Rechtswissenschaft, denen die betreffenden Herren beigetreten sind. Die Sitzungen der einzelnen Sectionen werden jedesmal durch die Zeitungen bekannt gemacht; übrigens haben nach $ 5 der Statuten alle Mitglieder der Gesellschaft das Recht, an denselben theilzunehmen. Präsidium der Gesellschaft. A. Vollziehender Ausschuss. Herr Geheimer Medieinal-Rath, Professor, Direetor des physiologischen Instituts, Dr. med. Heidenhain, Präses. — Geheimer Medieinalrath, Director der medicinischen Klinik und Poli- klinik, Professor Dr. med. Biermer, Vice-Präses, — Bürgermeister Dickhuth, General-Secretair. — Geheimer Regierungs Rath, Direetor des pharmaceutischen Instituts, Professor Dr. Poleck, zweiter General-Seecretair. — Commerzienrath und Stadtrath Paul Bülow, Schatzmeister. B. Directoren. Herr Cohn, Ferdinand, Dr. phil., Geheimer Regierungsrath, Professor, Director des pflanzenphysiologischen Instituts. — Förster, Dr. med., Geh. Medicinalrath und Professor, Direetor der ophthalmiatrischen Klinik. X Herr Jahres- Bericht Fritsch, Dr. med., Geh. Medieinalrath und Professor, Direetor der geburtshilflichen Klinik, Grünhagen, Dr. phil., Geheimer Archiv-Rath und Professor. v. Korn, H., Stadtrath und Verlags - Buchhändler. Rosenbaum, F. W., Commerzienrath. Schmidt, Ober-Regierungs-Rath a. D. Schöller, Leopold, Commerzienrath. Traube, Moritz, Dr. med. et phil. Weber, General-Major z. D, C. Secretaire der Sectionen. Biermer, Dr. med., Geh. Medieinalrath und Professor, I. Seeretair der hygienischen Section. Cohn, Ferd., Dr. phil., Geheimer Regierungsrath, Professor, Director des pflanzenphysiologischen Instituts, Seceretair der botanischen Section. Elster, Dr., Professor, Secretair der Section für Staats- und Rechtswissenschaft. Flügge, Dr. med., Professor, II. Seeretair der hygienischen Section. Fritsch, Dr. med., Geh. Mediecinalrath u. Professor, Secretair der medieinischen Section. Galle, Dr. phil.. Geh. Regierungs-Raih, Professor, Director der Sternwarte, Secretair der geographischen Section. Jacobi, Dr. med., Sanitätsrath, Privat-Docent und Königl. Bezirks- Physikus von Breslau, III. Secretair der hygienischen Section. Poleek, Dr., Geh. Regierungs-Rath und Professor, Direetor des pharmaceutischen Instituts, Il. Secretair der naturwissenschaft- lichen Section. Ponfiek, Dr. med., Medieinalrath und Professor, Director des patho- logischen Instituts, Secretair der medicinischen Section. Prantl, Dr., Professor, Direetor des botanischen Gartens, Secretair der Section für Obst- und Gartenbau. Reimann, Dr. phil., Professor, Direetor des Realgymnasiums zum heiligen Geist, Secretair der historischen Section. Rocholl, Oberlandesgerichts-Senats-Präsident, Secretair der Section für Staats- und Rechtswissenschaft. Römer, Dr. phil., Geheimer Bergrath, Professor, Direetor des mineralogischen Museums der Universität, I. Secretair der natur- wissenschaftlichen Section. Schäffer, Julius, Dr. phil., Königl. Professor und Musikdirector, Secretair der musikalischen Section. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. XII Herr Schmarsow, Dr. phil., Professor, Secretair der archäologischen Section. — Schmidt, Ober-Regierungs-Rath a. D., Secretair der Section für Staats- und Rechtswissenschaft, — Schöller, Leopold, Commerzienrath, Secretair der Section für Staats- und Rechtswissenschaft. D. Für die Bibliothek und die Museen. Herr Galle, Dr. phil., Geh. Regierungs - Rath, Professor, Director der Sternwarte. — Limpricht, Lehrer an der höheren Bürgerschule, Custos der Bi- bliothek. — Schube, Dr., Lehrer am Realgymnasium am Zwinger, Custos der Herbarien und der naturwissenschaftlichen Sammlungen. Die Bibliothek ist jeden Mittwoch von 3—5 Uhr, die Herbarien jeden Donnerstag von 3—5 Uhr Nachmittags geöffnet. A. Wirkliche einheimische Mitglieder. 1. Herr Alexander, Dr. med., Privatdocent. I. II. 18385. Bahn- hofstrasse 7. 2. — Althans, Geh. Ober-Bergrath. II. III. 1874. Gartenstr. 45. 3 — Anderssohn, A., senior, Kaufmann. III. 1888. Anders- sohnstr. 9. | 4. — Arent, Oberst a. D. II. VII, 1866. Brüderstr. 17a. 5. — Asch, Dr. med. I. II. 1857. Schweidnitzerstadtgr. 29. 6. — Auerbach, L., Dr. med., Professor. I. IL, 1856. Agnes- strasse 2. 7. — Baum, F., Redacteur und Rittergutsbesitzer. III. VII X. 1889. Kaiser Wilhelmstr. 87. 8 — Bauch, G., Dr. phil., Oberlehrer der höheren Bürgerschule ; Nr. 2.. VII. 1883. Palmstr. 28. 9, — DBeblo, Carl, Stadtrath und Fabrikbesitzer. III. 1872. Huben- strasse 120/122, 10. — Beck, Otto, Kaufmann. 1880. Schweidnitzerstadtgr. 30. 11. — Becker, Directorial-Assistent am Schles. Provinzial-Museum. VIII. 1886. Berlinerstr. 56a. 12. — Bellier de Launay, Friedrich, Justizrath, Rechtsanwalt und Notar. X. 1884. Neue Taschenstr. 32, 13. — Bielschowsky, Emil, Dr. med, I. II. 1889, Ring 15. XIV Jahres-Bericht 14. Herr Biermer, Dr. med., Geh. Medieinalrath, Professor, Director 28. 29. der medicinischen Klinik und Poliklinik. IH. X. 1874, Klosterstr. 86. Bluhm, W., Apotheker. Il. IV. 1875. Tauentzienstr. 32b. Bobertag, Dr. phil., Privat-Docent, Oberlehrer am Realgym- nasium zum heiligen Geist. VII. 1872. Lehmdamm 60. Bock, Joh. Andr., Fabrikbesitzer und Apotheker. III. 1853. Tauentzienstr. 12. Böttner, F., Dr. phil., Gymnasiallehrer. VII. 1883. Heilige- geiststr. 14a. Born, Dr. med... Professor, und Broseetor 1. Uses: Wallstr. 8. Bornemann, Ober-Regierungs-Rath. X. 1889. Berlinerstr. 77. Bröer, Max, Dr. med., Stabsarzt a. D. I. I. 1374. Carls- platz 3. Bruck, Julius, Dr, med., Privatdocent. I. II. 1871. Schweid- nitzerstr. 27. Bruck, Leonh., Banquier. VI. X. 1880. Kaiser Wilhelm- strasse 14, v. Brunn, Ober-Bergrath. III. 1888. Bahnhofstr. 17. Büchler, Dr. med. II. II. 1885. Carlsstr. 45. Bülow, Paul, Commerzienrath und Stadtrath., X. 1866, "Tauentzienstr. 68. i Buchwald, Dr. med., Privatdocent, dirigirender Arzt des Wenzel Hancke’schen Krankenhauses. I. II, 1878. Neu- dorfstr. 5. Burchardt, Dr. med., Sanitätsrath, dirigirender Arzt der Schlesischen Augen-Heilanstalt. I. II. 1873. Forckenbeck- strasse 11. Caro, Georg, Dr. jur., Kaufmann. VII. X. 1877. Schweid- nitzerstadtgraben 19. Caro, Siegmund, Dr. med., Sanitätsrath. I. II. 1868. Neue Sehweidnitzerstr. 15. | Caro, Jacob, Dr. phil., Professor. VII. VIII. 1886. Kaiser Wilhelmstr. 85. Carstädt, Dr. phil., Reetor an der höheren Bürgerschule 1. VI. 1870. Nikolaistadtgraben 20. Chotzen, M., Dr. med. I. Il. 1888. Neue Graupenstr. 7. Cohn, Ferdinand, Dr.'phil., Geh. Regierungsrath, Professor, Director des pflanzenphysiologischen Instituts. II. IV. 1852. Schweidnitzerstadtgr. 26. Cohn, Hermann, Dr. med. et phil., Professor, I. II. 1864. Schweidnitzerstadtgraben 24. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. XV Herr Diekhuth, Gustav, Bürgermeister. X. 1884. Fränkelplatz 9. Dieck, Dr. phil., Hauptmann a. D., Oberlehrer an der Victoria- Schule, Ill. 1875. Ohlauufer 32. Dittrich, Fürstbischöfl. Ober-Consistorial-Rath und Syndieus des Domceapitels. X. 1863. Domstr. 13a. Dyhrenfurth, Dr. med. I. II. 1879. Moltkestr. 10. Eekhardt, Wilhelm, Kaufmann. IV. 1879. Albrechts- strasse 97. Eger, Dr. med. I. II. 1873. Neue Graupenstr. 17. Ehrlich, Eugen, Kaufmann u. Fabrikant. X. 1879. Tauen- tzienstr. 81, Eicke, Dr. med., Besitzer einer Irren-Anstalt. I. II. 1831. Pöpelwitz. Eidam, Eduard, Dr. phil., Director der Versuchs- und Samen- eontrolstation. IV. 1875. Matthiasplatz 6. Elias, Dr. med., Sanitätsrath. I. II. 1875. Gartenstr. 31. Elsner, Dr. phil., Redaeteur. III. VII. 1840. Grünstr. 22. Elster, Dr., Professor. VII. X. 1888. Vietoriastr. 14. Freiherr von Falkenhausen, Rittmeister a. D. VI. 1877. Wallisfurth bei Glatz. Fendler, Justizrath, Rechtsanwalt und Notar. X. 1881. Freiburgerstr. 42. Fiedler, Dr, phil., Director der Königl. Ober-Realschule. II. 1859. Lehmdamm 3. Filehne, Dr. med., Professor. I. 1886. Blumenstr. 3b. Flügge, Dr. med,, Professor. I. 1887. Ohlauerstadtgr. 16. Finger, Dr., Regierungs- und Schulrath a. D. III. 1882, Klosterstr. 23. Fischer, Dr. med., Geh. Medicinal-Rath, Professor, Director der chirurgischen Klinik. I. 1870. Tauentzienstr. 27a. v. Flottwell, Regierungs-Präsident a. D. X. 1338. Kaiser Wilhelmstr. 80. Förster, Dr. med., Geh. Medieinalrath, Professor, Director der ophthalmiatrischen Klinik. I. II. 1855. Ohlauerstadt- graben 17/18. Foitzick, M., Ober-Bergrath. II. 1890. Tauentzienstr. 26. Franke, Dr. phil,, Lehrer am Realgymnasium zum heiligen Geist. III. 1886. Neue Matthiasstr. 9. Fränkel, Ernst, Dr. med., Privat-Docent. I. I. 1871. Tauentzienstr. 67. Fränkel, Gustav, Dr. med. I. I. 1874, Neue Schweid- nitzerstr. 16. / Fränkel, 8.,:Dr. med. I. 1881. Berlinerplatz 22. XVI 84. 85, Jahres - Bericht Herr Freund, E. $., Dr. med. I. II. 1889. Schweidnitzerstadt- graben 27. Freund, Justizrath, Rechtsanwalt und Notar. X. 1865. Schweidnitzerstadtgraben 20. Freund, M. B., Dr. med., Privat-Docent. I. II. 1884, Neue Taschenstr. 23. Fridrichowiez, Apotheker. II. IV. 1888. Adalbertstr. 17. Friedensburg, Ferdinand, Oberbürgermeister. X. 1880. Museumsstr. 11. Friedenthal, A., Kaufmann. X. 1887. Königsplatz 6. Friedländer, Sieg., Dr. phil., Professor. I, IV. 1881. Moltkestr. 18. | Friedländer, Joseph, Kgl. dänischer Consul und Banquier. X, 1869. Ohlauerstadtgraben 2a. Friedländer, Julius, Stadtrichter a. D., Director der Bresl. Wechslerbank. X. 1879. Schweidnitzerstadtgraben 13. Friedlieb, Dr. theol., Professor. VII. 1847. Schmiede- brücke 35. Frief, Alfred, Königl. Gewerbe-Rath, Aichungs- und Fabrik- Inspector. II. 1875. Vorwerksstr. 10. Fritsch, Dr. med., Geh. Mediecinal-Rath, Professor, Direetor der geburtshilflichen Klinik. I. II. 1882. Maxstr. 26/27. Fritsch, Apothekenbesitzer. II. IV. 1887. Blücherpl. 3. Fuhrmann, Wilhelm, Dr. med., Sanitätsrath, Director der Provinzial - Hebammen - Lehranstalt. I. I. 1879. Kron- prinzenstr. 23/25. von Funke, Walter, Dr., Professor, Director des landwirth- schaftlichen Instituts. IV. 1881. Matthiasplatz 7. Galle, Dr. phil., Geh. Regierungsrath und Professor, Director der Sternwarte. VI. 1852. Universität. Goldschmidt, Michael, Kaufmann. X. 1870. Freiburger- strasse 24. Gottschalk, Jacob, Dr. med. I. Il. 1874, Zwingerstr. 4, Gottstein, Dr. med., Professor. I. Il. 1866. Garten- strasse 8. Gradenwitz, Ed., Kaufmann. X. 1887. Ohlauerstr. 1. Grempler; Dr. med., Geheimer Sanitätsrath. ]. II. 1854, Gartenstr. 35b. Grosspietsch, J., Hoflieferant. X. 1887. Schweidnitzer- stadtgraben 22. Grünhagen, Dr. phil., Geheimer Archiv-Rath und Professor. VII. 1851. Neue Taschenstr. 17. Grüttner, Oscar, Kaufmann. IV. 1883. Ring 41. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur, XVII 86. Herr Grund, Max, Kaufmann. X. 1830. Kaiser Wilhelmstr. 22. 87. 88. 89. 90. Il. 92. 93. 94. 95. 96. 97. 98, IR 100. 101. 102. 1035. 104, 105, 106. 107, 108. 109. 110. 121% 1889. Guttmann, Albrecht, Kaufmann. X. 1887. Zwingerstr. 5a. Haber, Siegfried, Kaufmann. X. 1887. Nikolaistadtgr. 9. Härtel, H., Fabrikant chirurgischer Instrumente. I. 1. 1873. Weidenstr. 33, Hainauer, Hermann, Partieulier. III. X. 1866. Schiller- strasse 8. Hainauer, Julius, Commissionsrath, Buchhändler. I. X, 1871. Schweidnitzerstr. 52. Hancke, Dr. jur., Gerichts-Referendar. X. 1890. Tauen- tzienplatz 11. Hannes, Dr. med. I. II. 1873. Neumarkt 18. Hecke, Oscar, Dr. med., Arzt am Barmherz. Brüderhospital. I. I. 1880. Forckenbeckstr. 9. Heidenhain, Dr. med., Geheimer Medieinalrath, Professor, Director des physiologischen Instituts. I. II. 1859. Ohlauer- stadtgraben 16. Heilborn, Max, Dr. med, I. II. 1876. Junkernstr. 12. Heimann, Dr. med. I. II. 1877. Telegraphenstr, 7. Heimann, Geh. Commerzienrath und Banquier. X, 1885. Ring 33. Heinsius, Ober-Regierungs-Rath. X. 1887. Brüderstr. 52. Heller, Dr. med. I. II. 1853. Breitestr. 22. Hensel, Paul, Stadtgerichtsrath a D. IH. VI. 1877. Garvestr. 16. Hepner, Dr. med. I. II. 1873. Ohlauerstr, 65. Hermann, Regierungs - Rath und Eisenbahn - Director. X. 1886. Am Oberschl. Bahnhof 20. Hieronymus, Dr., Professor. IV. 1884. Neuegasse 13a. Hiller, Dr. med., Stabsarzt und Privat-Docent. I. II, 1883. Friedrich-Wilhelmstr. 71. Hintze, Dr. phil., Professor. III, 1887. Moltkestr, 7. Hirt, Ludwig, Dr. med., Professor. I. II, 1871. Museums- platz 3. Prinz Carl zu Hohenlohe-Ingelfingen, Durchlaucht, Königl. Landrath a. D, X. 1866. Klein -Droniowitz bei Lublinitz. Holdefleiss, Dr. phil., Professor, Dirigent der Versuchs- station des landwirthschaftl. Central-Vereins für Schlesien. II. IV. 1879. Matthiasplatz 6. Holz, Albert, Banquier. X. 1887. Gartenstr. 46, Honigmann, Dr. jur., Rechtsanwalt, X. 1887. Königs- platz 3b. XVII Jahres-Bericht 112. Herr Hübner, Geh. Regierungs - Rath und General - Landschafts- 113. 114. 115. 2116: 14:7, 118. 119. 120, 121. 122, 123. 124, 125. 126. 127. 128. 129. 150. 131. 152. 133, 134. 135. 136, 137. 138, Syndieus a. D. X, 1854. Am Öberschl. Bahnhof 8. Hübner, A., Stadtrath und Kaufmann. X. 1856. Albrechts- strasse 51. Hulwa, Franz, Dr. phil., vereideter Chemiker. II. 1871. Tauentzienstr. 68. Jacobi, J., Dr. med., Privat-Docent, Sanitätsrath, Bezirks- Physikus von Breslau. I. II. 1874. Moltkestr. 18. Jaffe, Albert, Kaufmann, X. 1887, Nikolaistadtgraben 5. Jänicke, Arthur, Dr. med. I, II. 1880, Neue Taschen- strasse 12. | Jänsch, Rudolf, Dr. med. I. 1873. Alexanderstr. 18. Jäschke, R., Partieulier. IV. 1881. Neuegasse 13a. Janicke, Otto, Dr. med., dirigirender Arzt des Augusta- Hospitals. I. II. 1880. OÖhlauerstadtgraben 23. Jünger, A., Buchhändler. VII. X. 1884. Bismarckstr. 16. Juliusburger, Eduard, Dr. med. I. Il. 1874, Neue Schweidnitzerstr. 17. Junger, Ernst, Kunstgärtner. IV. 1872. Lehmdamm 34, Kabierske, Dr. med. I. II. 1859. Klosterstr. 81. Kamm, M., Dr. med. I. II. 1890. Matthiasplatz 1. Kauffmann, J., Commerzienrath., X. 1887. Königsplatz 2. Kauffmann, $., Kaufmann. X. 1887. Tauentzienplatz 3a. Kauffmann, Max, Fabrikbesitzer. X. 1888. Museums- platz 2. Kaumann, Stadt-Baurath, Hauptmann a. D. II. 1875. Kaiser Wilhelmstr. 39. Kayser, Dr. med, I. II. 1884. Königsstr. il. Kayser, Johann, Dr., Dompropst, Professor. VIII. 1884. Donmstr. 6. Keil, Dr., Gerichts- Assessor. X. 1887. Kaiser Wilhelm- strasse 118. Kemna, Julius, Fabrikbesitzer. X. 1880. Kaiser Wil- helmstr. 64. Kempner, Dr. med., Sanitätsrath. I. I. 1873. Tauentzien- platz 15, Kirsch, Oberst z. D. II. VI. 1885. Moritzstr. 25. Klopsch, Dr. med., Geh. Medicinal-Rath, Professor, Direetor der orthopädischen Heilanstalt. I. II. 1860. Ohlauer- stadtgraben 25. i Kny, Dr. phil., Professor, Direetor des physiologischen In- stituts der landwirthschaftl. Akademie in Berlin. III. 1869, Kolbenach, Staatsanwalt. X. 1888. Neudorfstr. 3. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. XIX 159. Herr Köbner, Hugo, Dr. med. I. II. 1880. Junkernstr. 30. 140. 141. 142, 143, 144. 145. 146. 147, 148, 149, 150. 151. 152. 153. 154. 155. 156. 157. 158. 159. 160. 161, 162. 163, Köhler, General-Major z. D. VI. VI. 1874. Am Ober- schlesischen Bahnhof 24. Körber, W., Dr. phil., Gymnasiallehrer. VI. VII. 1883, Neudorfstr. 38. Körner, Theodor, Dr. med. I. II. 1875. Claassenstr. 7. Körner, Paul, Fabrikbesitzer. X. 1885. Kaiser Wilhelm- strasse 42. Kohn, Richard, Dr. med. I. II. 1884. Telegraphenstr. 9. Kolaczek, Dr. med., Privatdocent. I. 1875. Gartenstr. 37. Kopisch, Stadtrath und Kaufmann. X. 1889. Ernststr. 7. Korn, Kgl. Landes-Oekonomie-Rath und General-Secretair des Landwirthschaftl. Central-Vereins für Schlesien. X. 1866. Matthiasplatz 6. von Korn, H., Stadtrath und Verlags-Buchhändler. II. VII. 1853. Schweidnitzerstr. 47. Kosmann, Dr., Königl. Bergmeister a. D., Privat-Docent. III. 1882, Kaiser Wilhelmstr. 92/94. Krause, Robert, Dr. med. II. 1890. Friedrich-W’ilhelms- strasse 2a. Krebs, Dr. phil, Oberlehrer an dem Realgsymnasium am Zwinger. VII. 1873. Kaiser Wilhelmstr. 14. Krönig, Regierungs-Rath. X. 1887. Am Oberschlesischen Bahnhof 9. Krocker, Dr. med., Geheimer Sanitätsrath. I. Il. 1835. Albrechtsstr. 30. Krocker, Dr. phil., Professor. III. IX. 1881. Alexander- strasse 12, Kruse, Dr. phil., Privat-Docent. VI. 1890. Münzstr. 6a. Kunisch, H., Dr. phil., Lehrer an der katholischen höheren Bürgerschule. IH. VI. 1883. Friedrichstr. 84/86. Kutzleb, Dr. phil., Landwirth. X. 1888. Bismarckstr. 16. Ladenburg, Dr., Geh. Regierungs-Rath, Professor, Director des chem. Instituts. III. 1889. Kaiser Wilhelmstr. 43. Lange, Dr. med., Geh. Sanitätsrath. 1. IL. 1853. Ursu- linerstr. 5/6. Langenhan, A., Bezirks-Bevollmächtigter der Lebens-Ver- sicherungsbank für Deutschland in Gotha. III. IV. 1881, Gartenstr. 23c. Langer, Dr. med., Sanitätsrath. I. II. 1868. Ohlauer- stadtgraben 24. Lasinski, Dr. med. I. 1874. Taschenstr. 19. Lebek, Th., Apotheker. II, III. 1884. Tauentzienstr. 71, b*F 180. 181. 189, Jahres-Bericht . Herr Lesser, Adolf, Dr. med., Professor, gerichtl. Stadt-Physikus, I. 1886. Forckenbeckstr. 6. Limpricht, @., ordentl. Lehrer an der höheren Bürgerschule Nr 2 eV erde WRalmstr.229. Lion, Dr. med. I. I. 1869. Nikolaistr. 7. Lorinser, Dr. theol., Domcapitular. IV. 1859. Domstr. 19. Lühe, W., Amtsgerichts - Rath und Hauptmann. VII. X. 1884. Palmstr. 26. Lunge, Carl, Dr. jur., Amtsgerichts-Rath. X. 1880. Königs- platz 3b. Magnus, Hugo, Dr. med., Professor. I. II. 1832. Tauentzien- strasse 25. Malachowski, E., Dr. med. I. II. 1889. Schweidnitzer- strasse 28. Manasse, Julius, Fabrikbesitzer. X. 1887. Gneisenaustr. 2. Markgraf, Dr. phil., Professor, Stadt - Bibliothekar und Archivar. VI. VII. 1865. Am Rathhause 3/6b. Martius, Georg, Stadtrath. X. 1887. Brüderstr. 13. Martini, Dr. med. et phil. I. 1871, Taschenstr. 25. Martins, Kgl. Reichsbank-Director a.D. II. 1875. Kleinburg. Maschke, Dr. phil., Medicinal-Assessor und Apotheker. I. Ill. 1855. Ohlauufer 31. Graf von Matuschka, Königl. Forstmeister a. D. IV, V. 1872. An der Kreuzkirche 4. Merkel, E., Lehrer am Realgymnasium zum heiligen Geist. II. IV. 1884. Paulstr. 32. Metzdorf, Dr., Professor. I. II. III. 1881. Matthiasplatz 19, Meyer, OÖ. E., Dr. phil., Professor, Director des physi- kalischen Cabinets. III. 1878. Schuhbrücke 38/39. Meyer, Dr. med., Sanitätsrath. I. Il. 1887. Tauentzien- platz 3. Milch, Benno, Commissionsrath und Director der Breslauer Baubank. III. X. 1863, Holteistr. 44. Molinari, Leo, Commerzienrath, italienischer Consul. X. 1888. Gartenstr. 17. Morgenstern, E., Verlags-Buchhändler. X. 1861. Garve- strasse 18, Müller, Max, Verlags-Buchhändler. III. IV. 1869. Teich- strasse 8. Müller, Julius, Apotheker. II. III. 1873. Kaiser Wilhelm- strasse 17. Müller, Ernst, Oberamtmann. V. 1866. Matthiasplatz 13. Mugdan, Joachim, Kaufmann. X. 1877, Ring 49. 190. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. XXI Herr Neefe, Dr., Director des städtischen statistischen Amts, VII X. 1887. Am Oberschles. Bahnhof 8. Neisser, Albert, Dr. med., Professor, Direetor der König). Universitäts - Klinik für Hautkrankheiten. I. II. 1882, Museumsstr, 11. Neumeister, Dr. med. I. II. 1873. Ohlauerstr. 8. Neustadt, L., Dr. phil. VIL. X. 1887. Neue Graupen- strasse 11. Niche, Edmund, Apotheker. IV. X. 1885. Charlottenstr. 10, Freiherr Juneker von Ober-Conreut, Wirklicher Geh. Ober-Regierungs-Raih, Regierungs-Präsident. VII. 1877. Oberdieck, Dr. phil., Direetor des Königl. Matthias - Gym- nasiums. VII. VII. 1883. Schuhbrücke 37. Opitz, Otto, Kaufmann u. Fabrikbesitzer. X. 1883. Ohlauer- stadtgraben 20. Pannes, Dr. phil., Apotheker. II. III. 1874. Neue Graupen- strasse 9. Partsch, Carl, Dr. med., Privatdocent. I. 1830. Tauentzien- strasse 11. Paulsen, Julius, Fabrikbesitzer. X. 1887. Sadowastr. 65. Peiper, R., Dr. phil, Gymnasial - OÖberlehrer. VII. VIU. 1867. Domplatz 2. Peterson, Erich, Staatsanwalt. X. 1890, Kaiser Wilhelm- strasse 71. Plüddemann, Stadt-Baurath, I. X. 1887. Kaiser Wilhelm- strasse 58. Poleck, Dr. phil., Geh. Regierungs - Rath und Professor, Director des pharmaceutischen Instituts. II. IH. 1868. Schuhbrücke 33/39. Ponfick, Dr. med., Medicinalrath, Professor, Director des pathologischen Instituts. I. I. 1878. Novastr. 3. Poppe, Oscar, Rechtsanwalt. X. 18587. Am Wäldchen 12. Potocky-Nelken, Moritz, Banquier. X. 1879. Schweid- nitzerstadtgraben 14. Prantl, Dr., Professor, Director des botanischen Gartens. III. IV. 1889. An der Kreuzkirche 3. Pringsheim, Max, Kaufmann. X. 1883. Gartenstr. 22a. von Prittwitz und Gaffron, Regierungs-Referendar a.D. Vu. 1873. Teichstr. 8. Graf von Pückler, Königl. Wirklicher Geheimer Rath, Excellenz, Ober-Mundschenk, General-Landschafts-Direetor und Königl. Kammerherr. X. 1875. XXI 212. Jahres-Bericht Herr Graf v. d. Recke-Volmerstein, General-Landschafts-Re- präsentant und Königl. Kammerherr. II. VI. 1863. Kleinburg. Reich, Carl, Dr. med. I. I. 1875. Neue Graupenstr. 14. Reichelt, Const., Dr. med. I. II. 1880. Ohlauerstadt- graben 27. Reimann, Dr. phil., Direetor des Realgymnasiums zum heiligen Geist und Professor. VII. IX. 1847. Augustaplatz 1. Reinbach, Dr. med. I. II. 1874. Freiburgerstr. 34. Reinkober, Dr. med., Königl. Kreiswundarzt. I. I. 1887. Neue Taschenstr. 9. Richter, Albrecht, Dr. med. I. II. 1875. Trebnitzerstr. 9. Richter, Dr. med., Medicinalrath und Professor. I. II. 1872. Neue Taschenstr. 21. Richter, Dr. med., Sanitätsrath. I. II. 1889. Tauentzien- strasse 4b. Richter, Bruno, Kunsthändler. X. 1836. Schweidnitzer- strasse 8. Richter, H., Gartenbau-Ingenieur. IV. 1887. Vorwerks- strasse 14a. von Richter, V., Dr. phil., Professor. III. 1883. Viectoria- strasse 9. Riegner, Oscar, Dr. med., Primair-Arzt am Allerheiligen- Hospital. I. I. 1874, r Riemann, Paul, Kaufmann. X. 1830. Kupferschmiedestr. 8. Riesenfeld, B., Dr. med. I. 1874. Ohlauerstadtgr. 28. Riesenfeld, E., Dr. med. I. II. 1887. Tauentzienstr. 1. Graf von Rödern, Gerichts - Assessor a. D. X. 1861. Asnesstr. 8. Röhmann, Dr. med., Privatdocent. I. II. 1883. Tauentzien- strasse 63. Römer, Dr. phil., Geh. Bergrath und Professor, Director des mineralogischen Museums. III. 1855. Schuhbrücke 38/39. Röpell, Dr. phil., Geh. Regierungs-Rath und Professor. VII. 1843. Zimmerstr. 14. Röpell, M., Regierungs - Rath und Eisenbahn - Director. X. 1888. DBerlinerplatz 20. Rocholl, Oberlandesgerichts - Senats - Präsident. X. 1887. Kaiser Wilhelmstr. 58. Rosemann, Dr. med. I. II. 1877. Hirschstr. 35. Rosenbach, Dr. med., Professor, Primär -Arzt am Aller- heiligen-Hospital. I. II. 1878. Tauentzienplatz 9. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. xXXIl 236. Herr Rosenbaum, F. W., Commerzienrath. I. X. 1880. Kaiser 259. Wilhelmstr. 48/50. Rosenfeld, Georg, Dr. med., Badearzt. I. II. 1886. Neue Oderstr. 13b. Rosenthal, Carl, Kaufmann. X. 1887. Freiburgerstr. 34. Rügner, Dr. med., Sanitätsrath., I. II. 1870. Tauentzien- strasse 79. Sachs, Emil, Kaufmann und Rittergutsbesitzer. X. 1888. Gartenstr. 9. Sack, Ober-Regierungsrath a. D. X. 1866. Garvestr. 4. Sandberg, Ernst, Dr. med. I. II. 1876. Schlossstr. 2. Schäfer, Friedrich, Dr. med. I. II. 1881. Königsplatz 1. Schäffer, Julius, Dr. phil., Professor und Musik - Director. IX. 1861. Flurstr. 4. Schieweck, Dr. phil., Lehrer an der ev. höheren Bürger- schule Nr. 1. IV. 1875. Siebenhufenerstr. 32. Schiff, Dr. phil., ordentl. Lehrer am Johannes- Gymnasium. II. IV. 1883. Mauritiusstr. 22. Sehlesinser,,Dr med. TI... 1881. Rins 57. Schlesinger, Julius, Kaufmann. X. 1887. Kaiser Wil- helmstr. 77. Schlockow, J., Dr. med., Sanitätsrath, Polizei- und Stadt- physikus. I. I. 1884. Neue Schweidnitzerstr. 15. Schmarsow, Dr. phil., Professor. VIII. 1885. Charlotten- strasse 14. Schmeidler, Dr. med,, Sanitätsrath. I. II, 1870. Schweid- nitzerstadtgraben 21b. Schmidt, H., Ober-Regierungs-Rath a. D, VII. X. 1885. Breitestr. 28. Schmiedel, Dr. med., Sanitätsrath, Bezirks - Physikus der Stadt Breslau. I. II. 1882. Teichstr. 3. Schnabel, Dr. med., Sanitätsrath, dirigirender Arzt des Barmh. Brüder-Hospitals. I. I. 1874. Taschenstr. 13/15. Schneider, Dr. phil., Professor, Direetor des zoologischen Museums. II. V. 1881. Kaiser Wilhelmstr. 61. Schöller, Leopold, Commerzienrath. X. 1874. Königs- platz 5a. Schönborn, Dr. phil., Oberlehrer an dem Realgymnasium zum heiligen Geist. VII. X. 1875. Paulstr. 9. Schott, M. G., Kaufmann und Fabrikbesitzer. X. 1879. Matthiasstr. 28a. Schottländer, Julius, Banquier und Rittergutsbesitzer. X. 1874, Tauentzienplatz 2. XXIV 268. 269. 270. DI: 272. 273. 274. 275. 276. 277, 278. 279. 280. Jahres-Bericht . Herr Schröter, Dr. med., Ober-Stabs- und Regimentsarzt, Privat- Docent. I. IV. 1880. Kohlenstr. 12. Schube, Theodor, Dr. phil, Lehrer am Realgymnasium am Zwinger. IV. 1886. Tauentzienstr. 65. Schück, Dr. phil., Professor und Prorector a. D. VII. 1847. Tauentzienstr. 68a. Schulze, Dr. phil., I. Assistent der agriculturchemischen Versuchsstation des landwirthschaftlichen Centralvereins. Ill. IV. 1886. Matthiasplatz 9. Schwahn, Dr. med., Sanitätsrath, Ober-Stabsarzt a. D. und Kreis-Physikus. I. II. 1883. Kirchstr. 27. Schweitzer, Hermann, Banquier. X. 1863. Kleinburg, Seidel, Hermann, Fabrikbesitzer und Kaufmann. X. 1872. Thiergartenstr. 29. Senftleben, Dr. med., Ober-Stabs- und Regimentsarzt im Grenadier- Regiment Kronprinz Friedrich Wilhelm. I. II. 1876. Kaiser Wilhelmstr. 13. von Seydewitz, Dr., Königl. Wirklicher Geheimer Rath, Ober - Präsident der Provinz Schlesien und Curator der Kgl. Universität, Excellenz. X. 1880. Silbermann, Dr. med. I. II. 1877. Neue Schweidnitzer- strasse 13. | Simm, Felix, Dr. med. I. II. 1876. Carlsstr. 21. Simon, Hermann, Dr. med. I. II. 1835. Gartenstr. 15. Skene, Carl, Kaufmann u. Fabrikbesitzer. X. 1380. Königs- platz 5a. Skutsch, Dr. med., Sanitätsrath. I. II. 1870. Tauentzien- strasse 26b. Soltmann, Dr. med., Professor, dirig. Arzt des Wilhelm- Augusta-Hospitals. 1. II. 1873. Gartenstr. 29a. Sommerbrodt, Dr. med., Professor. I. U. 1865, Neue Taschenstr. 6. Spiegel, Steindruckereibesitzer. II, III. 1868. N. Schweid- nitzerstr. 4. Spitz, Baruch, Dr. med. I. IH. 1890. Antonienstr. 10. Steimitz,'8., Dr.med.) 1.1: „1877: Krnststr.27. Steinschneider, Dr. med., Badearzt. I. II. 1890. Ohlauer- stadtgraben 28. Stenzel, Dr. phil., Professor und Oberlehrer an dem Real- Gymnasium am Zwinger. UI. IV, VI. 1858. Ohlauer- stadtgraben 26. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. xXXV 281. Herr Stern, Emil, Dr. med., Sanitätsrath, Kreis-Wundarzt. I. II, 232. 283. 284. 285. 286. 237. 288. 289. 290. ll 292. 293. 294. 295. 296. 297. 298. 299, 300. 301. 302. 303. 304, 1873. Tauentzienplatz 3. Steuer, Philipp, Dr. med., Stadtrath. I. II. 1873. Neue Taschenstr. 3. Strube, Dr. med., Generalarzt des VL, Armee-Corps. I. I. 1885. Museumsstr. 7. Thümmel, K., Apotheker. II. IV. X. 1880. Gmneisenaustr. 7. Töplitz, Th., Dr. med. I. Ii. 1875. Teichstr. 2. Traube, Moritz, Dr. med. et pbil. II. III, 1866, Tauentzien- strasse 22. von Trautschold, Dr., Staatsrath und Professor, Excellenz. III, 1888. Kaiser Wilhelmstr. 37. Treu, Professor, Direetor des Königl. Friedrich-Gymnasiums. VII. 1884. Carlsstr. 20. Trewendt, Ernst, Verlags - Buchhändler. III. IV. 1880. Tauentzienplatz 7. Tsehaekert, Dr., Regierungs- und Provinzial - Schulrath, Professor. VII. 1883. Garvestr. 20. von Tschepe, Geh. Bergrath. III. 1864. Klosterstr. 22a. Ulrich, Dr., Medieinal-Assessor und Departements-Thieraızt. II. IV. 1873. Bahnhofstr. 23. Viertel, Dr. med. TI. II. 1875. Zimmerstr. 21. Völker, Hermann, Fabrikbesitzer. X. 1881. Kleinburg. Volkmann, W., Dr. phil, Gymnasiallehrer. VIII. 1883. Bismarckstr. 29. von Wallenberg-Pachaly, Gotth., Banquier und Consul von Schweden und Norwegen. X. 1887. Kaiser Wilhelm- strasse 112, Walter, Stadtrath und Rittergutsbesitzer. III. 1855. Eisen- berg. Waldhausen, Land-Bauinspector. IV. 1887. Ohlauufer 21. Weber, Generalmajor z. D. Il. VI. 1868. Tauentzien- platz 4. Weiske, Dr. phil., Professor. II. III. 1881. Moltkestr, 18. Weissstein, A., Dr., Apothekenbesitzer. I. II. 1878. Hintermarkt 4. Werner, Hermann, Apotheker. II. III. IV. 1868. Ring 44. Wernicke, C,, Dr. med., Medieinalrath, Professor, Director der Kgl. psychiatrischen Klinik und Poliklinik. I. 1885. Ohlauerstadtgraben 22a. Werther, Adolf, Commerzienrath. X. 1876. Schweidnitzer- stadtgraben 24. XXVI Jahres - Bericht 305. Herr Werther, Franz, Ober-Landesgerichts-Assessor. X. 1887. 306. 316. 317. \ je>} . m. a oo - NS Ponspeom . Herr Schweidnitzerstadtgraben 24. Wiener, Max, Dr. med., Professor. I. 1879. Tauentzien- strasse 69. { Wiskott, Theodor, Fabrikbesitzer und Kaufmann. X. 1872. Ohlauufer 6. Wiskott, Max, Fabrikbesitzer und Kaufmann. X. 1872. Kaiser Wilhelmstr. 69. Wocke, Dr. med. I. V. 1847. Klosterstr. 87. Wolff, Paul, Kaufmann. IV. 1870. Ohlauerstr. 82. Wolff, Dr. med., Geh. Regierungs- und Medieinalrath. I. II. 1865. Flurstr. 3. | Wolffberg, Dr. med. 1. II. 1887. Freiburgerstr. 9. Wollner, Dr. med., Sanitätsrath. I. 1876. Schweidnitzer- stadtgraben 16b. Wüstefeld, Apotheker. III. IV, 1882. 'Taschenstr. 25. Graf York von Wartenburg, Paul, Majoratsbesitzer. X. 1866. Klein-Oels. Zahn, A., Director. Ill. 1890. Brüderstr. 3f. Zopf, ordentl. Lehrer an dem Realgymnasium zum heiligen Geist, III, IV. 1877. Lehmdamm 8. B. Wirkliche auswärtige Mitglieder. Alter, Dr. med., Direetor der Provinzial - Irrenanstalt in Leubus. 1836. Altmann, Kaufmann in Kattowitz. 1889. Apfeld, Fabrikbesitzer in Neisse. 1888. Becker, C., prakt. Arzt in Liegnitz. 1886. vom Berge-Herrndorf, Major a. D. in Neisse. 1888, Beyersdorf, Schichtmeister in Beutnen OS. 1888. Block, Salo, Kaufmann in Kattowitz. 1889. Bock, Louis, Kaufmann in Kattowitz. 1889. Brand I., Premier-Lieutenant und Adjutant bei der Artillerie- Schiessschule in Berlin NW. 1888. Braune, Ferd., Oekonomie-Rath und Rittergutsbesitzer auf Krickau bei Namslau. 1854. Cohn, Jacob, Dr., Rabbiner in Kattowitz. 1889. Donders, Maschinen-Inspector in Kattowitz. 1889. Dyhrenfurth, Walter, Rittergutsbesitzer in Jacobsdorf bei Kostenblut. 1889. Dyhrenfurth, Felix, Dr, in Schockwitz bei Kattern. 1889. Ehrlich, Kaufmann in Kattowitz. 1889. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. xXXVI 16. Herr Elbrandt, Major a. D. in Liegnitz. 1886. K7. 18. 19. 20, 2% 22. 23. 24, 25. 26. 27, 28. 29. 30. 31. 32. 3. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 4]. 42, 43. 44, 45, 46, Engelbrecht, Landgerichts-Rath a. D. in Neisse. 1888. Epstein, Rechtsanwalt in Kattowitz. 1889. Färber, Dr. med., Sanitätsrath und Kreisphysikus in Katto- witz. 1889. Feige, Julius, Mühlenbesitzer in Kattowitz. 1889. 'Felsmann, Dr. med. in Dittmannsdorf, Kreis Waldenburg. 1355. Fernbach, Kaufmann in Zawodzie bei Kattowitz. 1889. Fiebig, Dr., Gymnasial-Oberlehrer in Beuthen 08. 1887. Fiegler, R., Gymnasial-Lehrer in Kattowitz. 1889. Fischer, Hermann, Kaufmann in Kattowitz. 1889. v. Forckenbeck, Max, Dr. jur., Oberbürgermeister in Berlin, 1874, Frank, Erich, Rittergutsbesitzer auf Mittel-Stradam bei Stra- dam. 1885. von Frankenberg-Ludwigsdorf, General-Major z. D. auf Nieder-Schüttlau. 1870. Freund, Dr. med., Sanitätsrath in Gleiwitz. 1889. Freuthal, $., Lehrer in Kattowitz. 1889. Glaser, Dr. med., prakt. Arzt in Kattowitz. 1889. Glaser, Hüttenmeister in Kunigundenhütte bei Kattowitz. 1889, Glaser, Mühlenbesitzer in Kattowitz. 1889. Gewerbe-Verein für Gleiwitz und Umgegend in Gleiwitz. 1872. Herr Gierth, Max, Buchhändler in Kattowitz, 1889. — Goldstein, Dr. med., prakt. Arzt und Stadtrath in Katto- witz. 1889. Goldstein, A., Kaufmann in Kattowitz. 1889. Goldstein, M., Maurermeister in Kattowitz. 1889. Grossmann, Dr. phil., Archivrath und Archivar des Königl. Haus-Archivs in Berlin. 1870. Grotefend, Dr. phil., Stadt- Archivar in Frankfurt a. M.- 1872. Grünhagen; Wilh., Apotheker in Trebnitz in Schl. 1881. von Hagen, Königl. Oberförster in Schwammelwitz. 1888. Harttung, Helmuth, Apotheker und Stadtrath in Jauer. 1886. Heimann, Max, Dr., Rittergutsbesitzer auf Wiegschütz bei Cosel 08. 1865. von Hellmann, Dr. jur., Stadtrath und Rittergutsbesitzer auf Schloss Dalkau bei Quaritz. 1854. Hennet, Dr. med,, Ober-Stabsarzt in Görlitz. 1869. XXVIl Jahres - Bericht 47. Herr Herschenz, Otto, Kaufmann in Rosdzin OS. 1889. 48. Hirche, Apotheker in Landeck. 1881. Holtze, Dr. med., Sanitätsrath in Kattowitz. 1889. Freiherr von Huene, Hauptmann a. D. auf Mahlendorf bei Grüben. 18695. Jäkel, Otto, Dr. phil. in Neusalz a. O. 18837. Jochmann, Gas- und Betriebs-Direetor in Liegnitz. 1886. Kahlbaum, Dr. med., Director der Heilanstalt in Görlitz. 1882. Kaluza, R., Gymnasiallehrer in Kattowitz. 1889, Kleudgen, Dr. med., Direetor der Irrenanstalt in Obernisk. II. 1881. Knauer, A., Pfarrer in Schräbsdorf bei Frankenstein i. Schl. 1881. | Kölling, Heinrich, Dr., Superintendent und Pastor in Roschko- witz bei Pitschen. 1872. Koffmane, Gustav, Lie. theol., Pastor in Kunitz. 1881. Kossmann, Landgerichtsrath in Liegnitz. 1886. Krause, Dr. med., Geh. Sanitätsrath in Liegnitz, 1886. Kramsta, Richard, Rentier in Dresden. II. von Kramsta, Georg, Rittergutsbesitzer in Frankenthal. 1880. Kreuscehner, Rudolf, Steuerrath in Frankfurt a. M. 1886. Krieg, Otto, Fabrik - Direetor in Eichberg bei Schildau. 1874. Kühn, Julius, Dr. phil., Geh. Regierungs-Rath und Professor in Halle a. 8. 1858. von Kulmiz, Paul, Dr. phil. und Rittergutsbesitzer auf Con- radswaldau bei Saarau. 1864. Kuznitzky, Ernst, Kaufmann in Kattowitz. 1889. Landsberger, Ad., Bankier in Kattowitz. 1889. Langner, Dr. med., Geh. Sanitätsrath und Brunnenarzt in Landeck. 1864. Latzel, J., Fabrikbesitzer in Barzdorf bei Schwammelwitz, 1359. | Lehmann, Dr., Professor, Director in Kiel. 1884. Loebinger, Dr. med., prakt. Arzt in Kattowitz. 1889. Loebinger, Adolf, Kaufmann in Kattowitz. 1889. Lüddecken, Ernst, Dr. med. in Liegnitz. 1886. Lustig, Georg, Kaufmann in Kattowitz. 1889. Mannigel, Dr. med., Ober-Stabsarzt in Glogau. 1838. Mattheus, Banquier in Liegnitz. 1886. Menzel, Director in Kattowitz. 1889. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. XXIX 79. Herr Metke, A., Hütten-Inspector in Baildonhütte bei Kattowitz. 80, 81. 82. 89, 54, 85. 86. 87. 88. 89. I0. lr 92. 93. 94, 95. 96. ei 98 39. 100. 101. 102, 103, 104, 105. 106, 107, 108. 109. 110, 111. 112: 1889. Münzer, J., Lehrer in Kattowitz. 1889. Neisser, Dr., Sanitätsrath in Liegnitz. 1886, Neisser, Clemens, Dr. med., Assistenzarzt in Leubus. 1889. Nentwig, Erster Staatsanwalt in Memel. 1887. Neumann, Leopold, Buchdruckereibesitzer in Kattowitz. 1889. Neumann, Joseph, Kaufmann in Kattowitz. 1889. Neutschel in Zawodzie bei Kattowitz. 1889. Nitschke, Th., Kaufmann in Kattowitz. 1889. Nothmann, Julius, Kaufmann in Kattowitz. 1889. Nothmann, Max, Kaufmann in Kattowitz. 1889, Oelsner, Ludwig, Dr. phil., Professor in Frankfurt a. M. 1853. Oertel, Ottomar, Oberbürgermeister in Liegnitz. 1886. Öllendorff, Moritz, Kaufmann in Kattowitz. 1889. Peltasohn, Rechtsanwalt und Notar in Liegnitz. 1886. Pfeiffer, Dr. phil., Apotheker in Liebau in Schl. 1879. Philomathische Gesellschaft in Glatz. 1856. Philomathie in Reichenbach in Schl. . Se. Durchlaucht der Herzog von Ratibor, Fürst von Corvey, Prinz von Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst in Rauden. 1856. . Herr Rappaport, D., Weinhändler in Kattowitz. 1839. — Richters, Dr. phil., Director der chemischen Fabrik in Saarau. 1874. Röder, Dr. med., Geh. Sanitätsrath in Deutsch-Lissa bei Breslau. 1872. Röhricht, W., Rechtsanwalt in Liegnitz. 1886. Rose, H., Realgymnasial-Oberlehrer in Neisse. 1888. Rüdenburg, B., Markscheider in Kattowitz. 1889. Rund, Victor, Kaufmann in Kattowitz. 1889. Sachs, E., Banquier in Kattowitz. 1889. Schalscha, 8. M., Kaufmann in Kattowitz. 1889. Schirmer, Dr..med., Sanitätsrath und Kreis - Physikus in Grünberg. 1862. Schneider, Ehr., Stadtrath und Kaufmann in Liegnitz. 1886. Schneider, Dr., Ober-Stabsarzt a. D. in Mogwitz. 1888, Schöffer, Kaufmann in Liegnitz. 1886. Schubert, Anotheker in Mogwitz. 1888. - Schultze, E., Dr, med, in Görlitz. 1879, XXX Jahres-Bericht 113. Herr Schumann, Carl, Dr. phil, Custos am Kgl. botanischen 114. 1719. 116. IT. 118. 119. 120. 21. 122. 123. 124. 125. 126. 127. 128. 129. 130. 131. 132. 133. 154. 135. 136, 137, 138, 139. 140. 141, 142. 143. 144, Museum in Berlin. 1875. Schumann, H., Kgl. Hofapotheker in Liegnitz. 1886. Schwarz, Fr., Dr., Professor in Eberswalde. III. IV. 1883. Schwarz, C., Kaufmann in Liegnitz. 1886. Schweitzer, Hugo, Kaufmann in Kattowitz. 1889. Schweitzer, Simon, Kaufmann in Kattowitz. 1889. Sehlinke, Gustav, Fabrikbesitzer in Liegnitz. 1886. Silberstein, Siegfried, Kaufmann in Kattowitz. 1889. Sittka, Rechtsanwalt in Kattowitz. 1889. Sonntag, Apotheker in Berlin SO. IV. 1886. Stadthagen, Dr. med., Sanitätsrath, Kreis - Physikus in Liegnitz. 1886. Stahr, Dr. med., praktischer Arzt und Rittergutsbesitzer auf Wilxen bei Obernisk. 1881. Staub, Dr. med., prakt. Arzt in Rosdzin OS. 1889. Steinfeld, Siegm., Banquier in Liegnitz. 1886. Stoll, @., Kgl. Oekonomierath, Director des pomologischen Instituts in Proskau. 1866, Graf von Stosch, Georg, Kreisrichter a. D. auf Hartau bei Langheinersdorf. 1871. Strahl, Premier-Lieutenant in Neisse. 1888. Süssbach, Dr. med., Sanitätsrath in Liegnitz. 1886. Sussmann, L., Kaufmann in Zawodzie bei Kattowitz. 1889. Szmula, Dr. med., Sanitätsrath in Zabrze. 1889. von Tempsky, Hermann, Rittergutsbesitzer auf Baara bei Schmolz. 1872. Trautmann, W., Apothekenbesitzer in Liegnitz. 1886. Treumann, Julius, Dr. phil. in Hannover. 1889. Troska, Albrecht, Dr. jur., Gerichts-Assessor a. D. in Leob- schütz. 1882. Unverricht, H., Dr. med., Professor in Upsala. 1881. Völkel, Betriebsführer und Obersteiger in Kohlendorf bei Neurode. 1860. Vogel, Hütten-Inspector in Rosdzin OS. 1889. Voltz, Dr., Secretair des Berg- und Hüttenmännischen Ver- eins in Kattowitz. 1889. Vüllers, A., Güter- und Bergwerks-Direetor in Paderborn. 1886. Wache, A,, Regierungsrath in Kattowitz. 1889. Waeber, R,, Erster Seminarlehrer in Liegnitz. 1886, Wagner, F,, Dr. pbil., Oberlehrer in Berlin NW. 1889. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. KIXIXKIT 145. Herr Websky, Egmond, Dr., Geh. Commerzienrath in Wüste- 146. — 147. — 148. — gsmer | waltersdorf. 1882, Weltzel, Augustin, Dr., Geistlicher Rath und Pfarrer in Tworkau bei Kreuzenort. 1860. Wiener, Salomon, Kaufmann in Kattowitz. 1839. Ziegler, Heinrich, Pastor prim. in Liegnitz. 1886. C. Ehren -Mitglieder. Airy, 6. B., Königl. Astronom und Director der Sternwarte in Greenwich. Aubert, Dr, med., Professor in Rostock. Beyrich, Dr. phil., Professor, Geheimer Bergrath, Director der geologischen Landesanstalt in Berlin. Bunsen, Dr. phil,, Professor, Grossherzogl. Wirkl. Geheim- rath, Excellenz, in Heidelberg. de Candolle, Alphons, Dr., Professor in Genf. Dudik, Dr., mährischer Landeshistoriograph in Brünn. Freund, W. A., Dr. med., Professor in Strassburg i. RE. Geinitz, Dr. phil., Geh. Hofrath, Director des Königl. Mine- ralien-Cabinets in Dresden. Grützner, Dr. med., Professor in Tübingen. v. Hauer, Franz, Dr., K.K. Hofrath und Intendant des K.K. naturhistorischen Hof-Museums in Wien. Heine, Dr., Director der Ritter- Akademie und Domherr in Brandentiir as. Heyder, Geh. Ober-Regierungsrath und vortragender Rath im Ministerium der landwirthschaftl. Angelegenheiten in Berlin. Hooker, Sir J. D., Dr. in Bagshot bei London. Le Jolis, Aug., Dr., Director der Societ& nationale des sciences naturelles in Cherbourg. Kletke, Dr. phil., Realschuldireetor a. D. Knoblauch, Dr., Geh. Regierungsrath und Professor, Präsi- dent der Kaiserlich Carolinisch - Leopoldinisch Deutschen Akademie der Naturforscher in Halle. Dister, Sir, Dr., Professor in London. Loven, Dr., Professor der Zoologie in Stockholm. Menzel, Adolf, Professor, Mitglied des Senates der Königl. Akademie der Künste in Berlin. von Miaskowski, Dr., Professor in Wien. Müller, Carl, Dr. phil, in Halle a. $. XXX 22. o» 10, soun» . Herr Jahres-Bericht Herr Baron von Müller, Ferdinand, Dr., Director der naturhisto- rischen Erforschungs - Commission für Australien in Mel- bourne. Freiherr von Nordenflycht, Königl. Ober-Präsident der Provinz Schlesien a. D. v. Regel, Dr., Kaiserlich russischer Wirkl, Staatsrath, Director des botanischen Gartens, Excellenz, in St. Petersburg. Baron v. Richthofen, Ferdinand, Dr., Professor in Leipzig. Roth, Dr. med., General -Arzt der sächsischen Armee in Dresden. Schönwälder, Dr. phil., Professor in Görlitz. Schwarz, Reichsgerichts-Rath in Leipzig. v. Staff, genannt v. Reitzenstein, Kgl. General-Lieutenant a. D., Excellenz, auf Conradsreuth bei Hof in Bayern. von Uechtritz-Steinkirch, Königl. Kammergerichts - Rath in Berlin. Virchow, Dr., Geh. Medieinalrath und Professor in Berlin. Waldeyer, Dr. med., Geh. Medieinalrath, Professor, Director der Anatomie in Berlin. Wattenbach, Dr. phil., Geh. Regierungsrath und Professor in Berlin. Willkomm, Dr., Professor, Direetor des botanischen Gartens in Prag. Witte, Landgerichts-Präsident in Neisse. D. Correspondirende Mitglieder. Abegg, Dr., Geheimer Sanitätsrath, Director des Kgl. Heb- ammen-Lehrinstituts in Danzig. Amo y Mora, Don Marianna del, Dr., Professor in Granada. Ardissone, Francesco, Professor der Botanik an der land- wirthschaftlichen Akademie und Director des botanischen Gartens an der Brera in Mailand. Arzruni, A,, Dr. phil., Professor in Aachen. Ascherson, P., Dr. phil, Professor der Botanik in Berlin, Augustin, Wirklicher Geh. Ober-Finanzrath in Karlsruhe. Freiherr v. Babo, A. W., Director der k. k. oenologischen und pomologischen Lehranstalt in Klosterneuburg bei Wien. Bachmann, Dr., Privatdocent in Prag. Bail, Dr., Professor am Realgymnasium und Director der natur- forschenden Gesellschaft in Danzig. Bleisch, Dr. med,, Kreis - Physikus und Sanitätsrath in Strehlen. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. XXXII 11. Herr Blümner, Dr. phil., Professor in Zürich. 12. 13. 14. 15. Kor KR 18. 16), 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. Böttiger, Dr. phil., Professor und Hofrath in Erlangen, Borzi, A., Dr., Professor der Botanik in Messina. Bosshard, Adolf, Präses des Schweizerischen Obst- und Wein- bau-Vereins in Pfäffikon bei Zürich, Briosi, Dr., Professor der Botanik in Pavia. Broca, Dr., Chirurgien des Höpitaux, Professeur aggrese in Paris. Budge, Dr., Professor in Greifswald. Bürkli-Ziegler, Stadt-Ingenieur in Zürich. Buhse, F., Dr. med., Seeretair des naturhistorischen Vereins in Riga. Celakovsky, Ladislav, Dr., Professor der Botanik in Prag. Claus, Dr., Professor der Zoologie in Wien, Director der zoologischen Station in Triest. Conwentz, Dr., Director des Westpreussischen Provinzial- Museums in Danzig. Crede&, Dr. med., Geh. Hofrath, Professor in Leipzig. Danielssen, Dr,, Chef-Arzt am Lungegaards-Hospital in Bergen (Norwegen), Daubre&e, Dr., Mitglied des Instituts in Paris. Debey, Dr. med. in Aachen. v. Döller, Major, Vice-Präses des Karpathen-Vereins in Kes- mark (Ungarn). Dohrn, Anton, Professor Dr., Direetor der zoologischen Ver- suchsstation in Neapel. Dzierzon, Pfarrer in Karlsmarkt bei Stoberau. Effner, M., Curatus in Leubus. Eitner, Robert, Redacteur der Monatshefte für Musikgeschichte in Berlin. | d’Elvert, k. k. Finanzrath in Brünn, Freiherr v. Ettingshausen, Const., Dr., Professor in Graz. Eulenberg, Dr., Geh. Ober-Medieinalrath und vortragender Rath im Ministerium für geistliche, Unterrichts- und Medi- einal-Angelegenheiten in Berlin. Favre, Alphonse, Dr., Professor in Genf. Faye, F. C., Dr. -med., Professor, Director der geburtshilfl. Klinik, Leibarzt Sr. Majestät des Königs von Schweden und Norwegen, Präsident der Societ€ de Medecine in Christiania. Feldhoff, Conreetor in Osnabrück. Fetu, Anastasius, Dr. med., Medieinalrath in Jassy. Fiek, E., Apotheker in Cunnersdorf bei Hirschberg i. Schl. Freiherr v. Fireks, Königl. Hauptmann in Berlin. C XXXIV Jahres - Bericht 41. Herr Fischer v. Waldheim, Dr., Professor der Botanik und 42. — LS) am 44, — A — 05 — AT. — 48. — 49. — a Bl, — 92. — 93. — Director des botanischen Gartens in Warschau. Flechsig, Dr. med., Hofrath zu Bad Elster. Förster, Richard, Dr. phil., Professor in Breslau. Fristedt, Dr., Professor in Upsala. Freiherr v. Friesen, Präses des Landes-Obstbau-Vereins für das Königreich Sachsen auf Rötha bei Leipzig. Fritze, R., Gutsbesitzer auf Rydultau bei Czernitz 08. Gxerditi Bauten, Director in Berlin (Moabit). Gerhardt, Lehrer in Liegnitz. Freiherr v. Gildenfeld, Präses des Vereins für Gartenbau für die Herzogthümer Schleswig-Holstein in Kiel, Görlich, Pfarrer in Liebenthal. Gottsche, C. W., Dr. med. et chir., praktischer Arzt in Altona. Griepenkerl, Oekonomie-Rath in Braunschweig. Günther, Siegmund, Dr., Professor, Custos am naturwissen- schaftlichen Museum, South Kensington, London. Guhrauer, Dr. phil., Gymnasial-Direetor in Wittenberg. Hagen, Dr. phil., Professor in Königsberg. Hagen, Dr., Professor in Berlin. Hartig, Robert, Dr., Ober-Forstrath, Professor in München. Haszlinsky, Dr., Professor in Eperies (Ungarn). Henneberg, Dr., Professor, Director der landwirthschafti. Versuchs-Station in Göttingen. Hering, E., Dr. med., Professor in Prag, Hernando y Espinosa, Don Benito, Dr., Professor in Granada. Herzog, Dr. phil., Medicinal-Assessor, Apotheker in Braun- schweig. Hoffmann, Dr. phil., Director des botanischen Gartens, Ge- heimer Hofrath, Professor in Giessen, Holmgren, Frithjof, Dr., Professor der Physiologie in. Üpsala. Hoyer, Dr., Wirklicher Staatsrath, Professor, Excellenz in Warschau. Huyssen, Dr., Ober-Berghauptmann in Berlin. Jühlke, Hofgarten-Direetor der Königl. preussischen Gärten in Potsdam. Just, Dr., Professor in Carlsruhe in Baden. Kanitz, Dr., Professor, Director des botanischen Gartens in Klausenburg. Kenngott, Dr. phil., Professor in Zürich. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. XXXV 71. Herr Kerner v. Marilaun, Anton, Dr., Professor, Director des 72. 73. 74, 75. 76. Zu 1% 29. 80. ol, 82, 83. 84. 85. 56. 87T. 88. 89. 9%. 91. 92. 93. 94. 95. 96. IT. 98. 39. 100. 101. 102. 103. botanischen Gartens in Wien. Kirchner, Dr. phil., Professor in Hohenheim. Kleefeld, Dr. med., Sanitätsrath in Görlitz. Klein, Dr. theol., Pfarrer in Gläsendorf bei Schreibendorf. Knothe, Dr., Professor am Kadettenhause in Dresden. Koch, R., Dr. med., Geh. Regierungsrath und Professor an der Universität Berlin. Köbner, Dr. med., Professor in Berlin. Kraatz, G., Dr. phil. in Berlin. Kraus, J. B., k. k. Münz- und Bergwesens - Hofbuchhaltungs- Offieial in Wien. Krauss, Dr., Professor, Ober-Studienrath in Stuttgart. Krone, Hermann, Privatdocent der Photographie am König]. sächsischen Polytechnikum in Dresden. Kühne, Dr. med., Geh. Hofrath, Professor in Heidelberg. Kützings, Dr. phil., Professor in Nordhausen. Kummer, Dr. phil., Professor, Geheimer Regierungsrath in Berlin. Lehmann, Apotheker in Bunzlau i. Schl. Leimbach, Dr., Professor, Präses der botanischen Gesell- schaft Irmischia in Arnstadt i. Thür. Liehtheim, Dr. med., Professor in Königsberg. Lindner, Dr. phil., Professor in Halle. Litten, Dr. med., Professor in Berlin. Meyer, Alexander, Dr. jur. in Berlin. Baron v. Müller, J. W., Dr., Director des zoologischen Gartens in Brüssel. Müller-Strübing in London. Nawrocki, Dr., Professor in Warschau. Neubert, Wilh., Dr. phil. in Stuttgart. Neugebauer, Dr. med., Professor in Warschau. Neuland, Kg]. preuss. Oberst a. D. in Berlin. Neumann, Dr. med., Kreis-Physikus in Berlin. Niederlein, Gustav, Inspeetor in Buenos-Aires, Argentinien. Nothnagel, Dr., Professor in Wien. Orth, A., Dr. phil., Professor in Berlin. Paur, Dr. phil. in Görlitz. Pax, F., Dr. phil., Custos am Königl. botanischen Garten in Berlin. Peck, Dr. phil., Conservator des naturhistorischen Museums in Görlitz. XXXVI Jahres - Bericht 104. Herr Peek, Landgerichts-Präsident a. D. in Görlitz. 105. 106. 133. 134, Penzig, Dr. phil., Professor und Direetor des botanischen Gartens in Genua. Petzold, Dr. med., Wirklicher Staatsrath und Professor, Excellenz in Dorpat. Pinzger, Dr., Gymnasial-Director in Saalfeld. Pistor, Dr., Regierungs- und Medicinalrath in Frankfurta. O. Prange, Geh. Regierungs-Rath a. D. in Breslau. Pringsheim, Dr. phil,, Professor, Geh. Regierungsrath in Berlin. Rayer, Dr. med., Membre de l’Institut et de ’Acad&mie de M&deeine, President de la Soeiet6 de biologie in Paris. Runge, Dr. phil., Geh. Bergrath in Dortmund. | Saccardo, P. A., Professor der Botanik in Padua. v. Sachs, J., Dr., Hofrath, Professor, Direetor des bota- nischen Instituts in Würzburg. Sadebeck, R., Dr., Professor in Hamburg. Sandberger, Fridolin, Dr., Professor in Würzburg. Saussure, Henri, Dr., Professor in Genf. Schmidt, J.F., Dr., Proreetor des Gymnasiums in Schweidnitz. Schneider, Fritz, Dr. med., Stabsarzt der Niederländisch- Indischen Armee a. D. in Surabaya (Java). Scehöbel, Pfarrer in Ottmuth bei Gogolin. Schomburg, R,, Professor, Director des botanischen Gartens in Adelaide (West-Australien). Schuchardt, Dr. phil., Fabrikbesitzer in Görlitz. Schultz, Alwin, Dr. phil., Professor in Prag. Scehwendener, Dr., Professor in Berlin. Senoner, Dr., Bibliothekar der k. k. geologischen Reichs- Anstalt in Wien. Sonderegger, Dr., Sanitätsrath in St. Gallen. Sorauer, Dr. phil., Professor in Proskau. Stache, Dr., k. k. Bergrath und Reichsgeologe in Wien. Strähler, Fürstlicher Oberförster in Theerkeute bei Wronke (Posen). Stur, k. k. Ober-Bergrath und Director der k. k. geologischen Reichsanstalt in Wien. v. Tichatscheff, Kaiserlich russischer Kammerherr in Paris. Temple, Rudolf, Bureau-Chef der General- Assecuranz in Pest. Tietze, Dr. phil., Reichsgeologe in Wien. Todaro, Augustin, Dr., Professor, Direetor des botanischen Gartens in Palermo. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. XXXVJ 155. Herr Tschackert, Dr., Professor in Halle. 156. 157. 138, 139. 140. 141. 142. 143. 144. 145, 146, 147. 148. 149. 150. 151. 152. 153. Verneuil, Chirurgien des Höpitaux, Professeur agrege in Paris, Wartmann, Dr., Director in St. Gallen. Weeber, k. k. Landes-Forstinspector und Forsttaxator in Brünn. Wegehaupt, Gymnasial-Oberlehrer in Gladbach. Weigert, Dr. med., Professor in Frankfurt a. M. Wenck, Eduard, Dr., emerit. Pfarrer in Herrnhut, Sachsen, Weniger, Dr., Gymnasial-Director in Weimar. "Wetschky, Apotheker in Gnadenfeld OS. Wilekens, Dr. med., Professor an der Hochschule für Boden- eultur zu Wien. v. Wilmowsky, Geh. Justizrath in Berlin. Wiesner, Dr., k. k. Professor und Director des pflanzen- physiologischen Instituts der Universität in Wien. Winkler, Geh. Kriegsrath in Berlin W. Wittiber, Dr., Professor, Secretair der Philomathie in Glatz. Wittmack, Dr., Professor, Custos des landwirthschaftlichen Museums in Berlin. Wittrock, Dr., Direetor des Reichsmuseums in Stockholm. Wood, Dr., Professor, Präsident der Philosophical Society in Philadelphia. Freiherr v. Zigno, Achilles, Podesta von Padua. Zimmermann, Lehrer in Striegau. XXXVIN Jahres-Bericht Verzeichniss der Mitglieder der Section für Obst- und Gartenbau. Secretair: Herr Prof. Dr. Prantl, Director des botanischen Gartens. Stellvertreter: Herr H. Richter, Gartenbau-Ingenieur. A. Einheimische. 1. Herr Beblo, C., Stadtrath, Kaufmann und Fabrikbesitzer, Huben- DD Da > strasse 120/122. Ki Blottner, Königl. Kanzlei-Rath a. D., Neue Junkernstr. 4b. Bock, J. A., Fabrikbesitzer und Apotheker, Tauentzienstr. 12. Brieger, Kunst- und Handelsgärtner, N. Tauentzienstr. 33/34. Caro, Georg, Dr. jur., Kaufmann, Schweidnitzerstadtgr. 19. Cohn, F., Dr. phil, Geheimer Regierungsrath, Professor, Director des pflanzenphysiologischen Instituts, Schweidnitzer- stadtgraben 26. Dammann, Kunst- und Handelsgärtner, Catharinenstr. 7. v. Drabizius, Baumschulenbesitzer, Kletschkaustr. 31. Eckhardt, W., Kaufmann, Albrechtsstr. 37. Flatau, Sigismund, Kaufmann, Klosterstr. 1a. Franke, L., Kunst- und Handelsgärtner, Neue Graupenstr. 10. Grüttner, O., Kaufmann, Ring 41. Guillemain, F., Kunst- und Handelsgärtner, Michaelisstr. 5. Haase, E., Brauereibesitzer, Catharinenstr. 19. Hainauer, Hermann, Particulier, Schillerstr. 8. Heinze, städtischer Parkinspeetor in Scheitnig. Hofmann, E., Maschinenfabrik-Besitzer, Klosterstr. 66. Hulwa, F., Dr. phil., vereideter Chemiker, Tauentzienstr. 68. Jäschke, R., Particulier, Neuegasse 13a. Junger, H., Kunst- und Handelsgärtner, Lehmdamm 34. Kärger, ©. H. L., Kaufmann, Nikolaistadtgraben 24. Kauffmann, Max, Fabrikbesitzer, Museumsplatz 2. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. XXXIX 23. Herr Kiekheben, Verwalter des städt. Schulgartens in Scheitnig. 24. 25. 26. 27. 28. 29, 30, 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39, 40. 41, 42. 43, 44, 45. 46. 47. 48. 49. BIOR 51. 92. 53. Kipke, P., Brauereibesitzer, Friedrich-Wilhelmsstr. 75. v. Korn, H., Stadtrath und Verlags - Buchhändler, Schweid- nitzerstr. 47. v. Korn, P,, Rittergutsbesitzer, Tauentzienstr. 85. Krocker, H., Dr. med.,. Geh. Sanitätsrath, Albrechtsstr. 30. Landsberg, L., Commerzienrath, Stadtrath und Banquier, Zimmerstr. 4. Lauterbach, H., Kaufmann, Gartenstr. 28. Lion, P., Dr, med., Nikolaistr. 7. Graf Matuschka, Königl, Forstmeister a. D., An der Kreuz- kirche 4. Milch, B., Commissionsrath und Director, Holteistr. 44. Möslinger, O., Partieulier, Tauentzienstr. 37. Mohr, Dr. phil., emer. Gymnasiallehrer, Messergasse 24. Mrosowsky, C., Kunstgärtner, Friebe’scher Eiskeller, Höfchenerweg. Mrosowsky, J., Kunstgärtner, Parkstr. 29. Müller, Max, Verlagsbuchhändler, Teichstr. 8. Nagel, C., Handelsgärtnereibesitzer, Lohestr., Nagelhaus. Neddermann, C., Kaufmann und Fabrikant, Am Rath- hause 15. Prantl, C., Dr., Professor, Direetor des botanischen Gartens, An der Kreuzkirche 3. Graf von Pückler, Wirklicher Geheimer Rath, Excellenz, General-Landschafts-Direetor, Königlicher Kammerherr und Ober-Mundschenk. Ranft, A., Handelsgärtnereibesitzer, Lohestr,, Nagelhaus. Richter, H., Gartenbau-Ingenieur, Vorwerksstr. 14a. Riemann, Paul, Kaufmann, Kupferschmiedestr. 8. Schmidt, A., Kaufmann, Klosterstr. 74. Scholtz, M., Apotheker, Paulstr. 36. Schröter, Dr. med., Ober-Stabsarzt, Privatdocent, Kohlen- strasse 12. Schütze, J., Obergärtner, Tauentzienstr. 86/88. Seidel, H., Kaufmann, Thiergartenstr. 29. Senzky, W., Kunst- und Handelsgärtner, Maxstr. 32a. Sutter, A., Landes-Bauinspector, Hauptmann a. D., Alexander- strasse 36. Techell, B., Kaufmann, Tauentzienstr. 78. Völker, H., Fabrikbesitzer in Kleinburg. XL Jahres - Bericht 54. Herr v. Wallenberg-Pachaly, G., Banquier, Consul von Schwe- 99. 56. 57. 58. 59. 60. 61. den und Norwegen, Kaiser Wilhelmstr. 112. Walter, R., Hausbesitzer und Stadtkoch in Scheitnig bei Breslau, Weber, Generalmajor z. D., Tauentzienplatz 4, Freiherr v. Wilcke, A., Sadowastr, 24. Winkler, F., Ruths-Maurermeister, Bismarckstr. 20. Wiskott, M., Kaufmann und Fabrikbesitzer, Kaiser Wilheim- strasse 69. Wiskott, Th., Kaufmann und Fabrikbesitzer, Ohlauufer 6. Zwicklitz, V., Fabrikdirector, Gräbschnerstr. 3. B. Auswärtige. Arnold, G., Lehrer in Grüneiche bei Breslau. Behnsch, R., Baumschulen-Besitzer in Dürrgoy bei Breslau. Boring, J. G., Partieulier in Poischwitz bei Jauer. Bragulla, Lehrer und Organist in Bischdorf bei Pitschen. Braun, C., Hofgärtner in Camenz bei Frankenstein. Bretzel, Obergärtner in Hartlieb, Brieger, Hauptmann a. D., Schloss Schüsselndorf bei Brieg. Bürgel, Fürstlicher Garten-Direetor in Schloss Wittgenstein bei Bacau in Rumänien. Freiherr von Czettritz- Neuhaus, Landesältester, Land- schafts-Director auf Kolbnitz bei Jauer. Dubiel, E., Färber und Baumschulenbesitzer in Ohlau. Eichler, O©., Königl. Garten - Inspector, Stadtrath a. D. in Grünberg i. Schl, Fitzner, W., Fabrikbesitzer in Laurahütte OS. Frost, L., Lehrer in Hermannsdorf bei Lissa i. Schl. Galle, C., Kunst- und Handelsgärtner in Trebnitz. Garbe, A., Lehrer und Cantor in Ober-Bielau bei Rothen- wasser, Kreis Görlitz. ; Gartenbau-Verein in Ratibor., Herr Gireoud, H., Garten-Direcetor in Sagan. Goy, €. S., Kaufmann in Pitschen. Grossmann, O., Obergärtner in Warmbrunn. Grüger, A., Obergärtner in Pembowo, Posen, Graf von Harrach, E., auf Klein-Kriehen bei Lüben. Heimann, M., Dr., Rittergutsbesitzer in Wiegschütz bei Cosel O8. Hempel, Baumeister in Pitschen. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. XLI 24. Herr Reichsgraf zu Herberstein, $., Freiherr v. Neuberg und 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 39. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44, 45. 46. 47. 48, 49, 50. 51. 92. 93. 3a, 5. Guttenhaag, K. K. Kämmerer u. s. w. zu Gratz, auf Grafen- ort bei Habelschwerdt. Hicketier, C., Herzoglicher Geheimer Domainenrath und Generalpächter in Liebethal bei Wangern. Hiller, F. H., Lehrer in Brieg. Graf von Hochberg, B., auf Rohnstock. Hofmann, E., Fabrikbesitzer in Protschkenhain bei Mettkau. Se. Durchlaucht Hugo Fürst zu Hohenlohe-Oehringen, Herzog von Ujest auf Slawentzitz. Herr Freiherr von Humbracht, auf Rengersdorf. Kabelitz, C., Seht bathter in Radenz bei Koschmin. Kambach, Beckens in Görlitz. Katzke, W., Kunstgärtner in Bolkenhain, v. Kessel, Rittergutsbesitzer auf Ober-Glauche bei Trebnitz. Kiefert, Lehrer in Floriansdorf bei Mettkau. Kittel jun., Obergärtner in Eckersdorf. Klings, P., Hoflieferant in Berlin, Unter den Linden 19. Klose, F., Baumschulenbesitzer in Spalitz bei Oels. Kluge, Pfarrer in Nieder-Schönfeld, Reg.-Bez. Liegnitz. Kölling, H., Dr., Superintendent in Roschkowitz bei Pitschen. Fräulein v. Kramsta, M., Rittergutsbesitzerin auf Muhrau bei Striegau. Herr Krügell, H., Pastor in Thiemendorf bei Steinau a, O. 1889. Kühnau, W., Kunstgärtner in Damsdorf bei Kuhnern. Linz, Joh., Maschinenfabrik-Besitzer in Rawitsch. Leschick, F., Fabrikbesitzer in Schoppinitz. v. Lieres, Königl. Landrath, Landesältester und Landschafts- Director, auf Gallowitz bei Rothsürben. v. Lieres und Wilkau, Rittergutsbesitzer auf Pasterwitz bei Wangern. v. Lieres und Wilkau, Rittergutsbesitzer auf Gnichwitz bei Canth. Löw, G., Apotheker in Stroppen bei Gellendorf. Graf Magnis auf Eckersdorf. Marx, H., Fürstbischöflicher Commissarius und Erzpriester in Miechowitz. Methner, P., Kaufmann und Fabrikbesitzer in Landeshut in Schl. Müller, O., Superintendent in Michelau bei Böhmischdorf. Nitsche, Ed., Schlossgärtner in Laband OS. Nitschke, Rittergutsbesitzer in Girlachsdorf bei Nimptsch, d XLU Jahres - Bericht 56. Herr v. Obernitz, J., Major a. D., Rittergutsbesitzer auf Machnitz a7, 67. 68. 82. 83. bei Wiese. v. St. Paul, Corvetten-Capitain z. D., Hofmarschall in Fisch- bach in Schl. Peicker, W., Hofgärtner in Rauden OS. Perschke, städtischer Kirchhof- Inspeetor in Gräbschen bei Breslau. Pflaume, F., Kunstgärtner in Ober-Weistritz. Plosel, J., Obergärtner in Falkenberg OS. Graf v. Praschma auf Schloss Falkenberg OS. v. Prittwitz und Gaffron, Königl. Kammerherr, Major a. D., Landesältester auf Moisdorf bei Jauer. Pulst, C., Rittergutsbesitzer in Twardawa OS. Radler, Landesältester und Kreisdeputirter in Polnisch - Jägel bei Strehlen. Graf v. d. Recke-Volmerstein, Rittmeister, Landesältester und Generallandschafts-Repräsentant auf Kraschnitz. Gräfin Reichenbach, geb. Gräfin Bethusy-Huc, zu Festen- berg. | Reil, Rittergutspächter in Chorulla bei Gogolin. Reimann, Th., Gerbermeister in Brieg. v. Reinersdorf-Paczensky, Rittmeister a. D., Majorats- herr auf Ober-Stradam bei Stradam. Retter, H., Premier - Lieutenant und Rittergutspächter in Wendzin bei Schirokau, Kr. Lublinitz. ! Reuning, H., Rittergutsbesitzer in Dippelsdorf bei Zobten, Kreis Löwenberg. Freiherr v. Richthofen auf Carlowitz bei Breslau. Rother, Garten-Director in Reisen, Posen. Rudolph, G., Kunstgärtner in Frankenthal bei Neumarkt. Sachs, P., Rittergutsbesitzer in Wiltschau bei Rothsürben. v. Salisch, Rittergutsbesitzer auf Postel bei Militsch. Graf Schack von Wittenau, A. gen. Graf v. Dankel- mann, in Beuthen a. 0, Graf Schaffgotsch, L., Freier Standesherr auf Kynast ete. zu Warmbrunn. Graf v. Schlabrendorf und Seppau, Erb - Ober - Land- baumeister, Majoratsherr auf Seppau bei Quaritz. Schlegel, F. W., Kunstgärtner in Grafenort bei Habel- schwerdt. Schmula, A., Hüttenbesitzer in Waltershütte bei Nicolai OS. Schnabel, R., Baumschulenbesitzer in Ohlgut bei Münster- berg. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. XLII 84. Herr Schönrelder, A., Wirthschafts-Inspecetor in Alt-Schliesa bei 8. 36, 87. 88. 89. 30. 91- 922 93. 94. 95. I6. Wangern. Scholtysek, J., Pfarrer in Grossstein bei Gogolin. Siebenhaar, F., Kunst- und Handelsgärtner in Hirschberg. Siegert, J., Wanderlehrer in Liegnitz. Stahr, Rittergutsbesitzer, prakt. Arzt, Dr. med. in Wilxen bei Obernisk. Stanke, W., Obergärtner in Gräbschen bei Breslau. Stefke, E., Apotheker in Lissa bei Breslau. Stephan, J., Vorsteher der Provinzial-Gärtner-Lehranstalt in Koschmin, Posen. | Stiebeiner, A., Kunsigärtner in Planowitz bei Rudzinitz. Stittner, H., Kunstgärtner in Cammerau bei Schweidnitz. Stittner, J., Kunst- und Handelssärtner in Raczkow bei Zduny. Stoll, G., Oekonomierath, Director des Königlichen pomo- logischen Instituts in Proskau. Strauss, H., Cantor und Lehrer in Conradsthal bei Salz- brunn. Strauwald, H., Kreis-Obergärtner in Gnadenfeld. Streicher, R., Obergärtner des Gartenbau-Vereins in Gnesen. Streubel, W., Kunst- und Handelsgärtner in Hassitz bei Glatz. Strzebin, A., Schichtmeister und Amtsvorsteher in Alten- burg bei Merzdorf. Teicher, L., Kunst- und Handelsgärtner (in Firma G. Teicher) in Striegau. Teicher, P., Kunst- und Handelsgärtner (in Firma G. Teicher) in Striegau. v. Tempski, H., Rittergutsbesitzer auf Baara bei Schmolz. Timmler; C. F., Brauereibesitzer in Liegnitz. Töpffer, C., Kaufmann in Maltsch a. 0. Tripke-Ellsnig, Rittergutsbesitzer in Rzegnowo bei Gnesen. . Löbliche Verwaltung des v. Lestwitz’schen Fräulein-Stiftes in Tschirnau bei Bojanowo. . Herr Wagner, Dr. med. in Stadt Königshütte. v. Wallenberg-Pachaly, C., Rittergutsbesitzer auf Schmolz. Walter, Stadtrath a. D. und Rittergutsbesitzer auf Eisenberg bei Strehlen. Websky, E., Dr. phil., Commerzienrath in Wüstewalters- dorf. XLIV Jahres-Bericht 112. Herr Weikert, Pastor in Gross-Wandriss bei Mertschütz. 113. — Weinhold, E., Kunst- und Handelsgärtner in Hirschberg. 114. — Freiherr v. Welezeck, B., Kaiserl. Legations - Secretair a. D., Majoratsherr auf Laband OS. 115. — Wenzel, J., Materialien-Verwalter in Myslowitzgrube bei Myslowitz. 116. -— Werner, F., Bergverwalter in Myslowitz. 117. — Winter, C., Obergärtner in Heinrichau bei Münsterberg. 118. — v. Zawadzky, F., Landesältester auf Jürtsch bei Canth. 119. — Zimmermann, O., Gutsbesitzer u. Beigeordneter in Nimptsch. Sections-Versammlung von Zeit zu Zeit Mittwoch Abends um 7 Uhr. Die resp. Mitelieder dieser Section ersucht der Secretair dringend, ihm etwaige Veränderungen ihres Wohnortes anzuzeigen. Kassen-Abschluss für das Jahr 1589. Allgemeine Kasse. Einnahme, An Bestand aus dem vorigen Jahre . An Zinsen von Werthpapieren . An Beiträgen einheimischer Mitglieder: Pro I. Halbjahr von 298 Mitgliedern & 9 M. ” II. ” ” 310 „ a I oe 2 . 2 M— AR . 2790 ”) ” An Beiträgen auswärtiger Mitglieder: Von 151 Mitgliedern Miethsbeitrag vom Schlesischen Gewerbe-Verein. = „ Magistrat . Re h5 von verschiedenen Vereinen er Jahres-Beitrag vom hiesigen Magistrat . Aussergewöhnliche Einnahmen: Für Gas. ? n Verkaufte Der u. 8. w, Anleihe 3 MER 19 2 ” Betrag für zur Rückzahlung gelooste 300 Mark Preuss. Gekaufte Schlesische 3'/,°, Pfandbriefe . Prioritäts- Ist eingekommen Werth- papiere M 41500 2000 43500 Baar NM 778 363 11029 61 Allgemeine Kasse. Ausgabe. Für Miethe einschliesslich Wassergeld . „ Honorare und Remunerationen „ Gehalt dem Castellan und Pension ‚„ Heizung. „„ BDeleuchtung . „ Unterhaltung der Mobilien Iıhl Nexansehaffudedn „ Feuerversicherungs - Gebühr. „ Schreib-Bedürfnisse . „, Zeitungs-Anzeigen . „ Druckkosten . „ Buchbinder- Kuknen. Mae Kortor kleine Auegalhe ; „ Naturwissenschaftliche Sosllon „ Musikalische Section „„ Botanische Section „ Medieinische Section „ Hygienische Section. „ Geographische Section. „ Staatswissenschaftliche Section . ‚„ Historische Section . „ Bibliothek . & „„ Unvorhergesehene Ausg ine „ Gekaufte 2000 Mark Schlesische 34, vi Plondbriöfs „ Zur Rückzahlung Bestand am Schlusse des Jahres 1888: 22000 MH 2000 MH 6000 H 2700 M 2400 HM 7500 M 300 HM 300 MH 4%, eons. Preuss. Anleihe. 31, % Schlesische Pfandbriefe. 3", °%, Preussische Staatsanleihe. 4% a: Ih ) 2 31, °/, Prämien- Alleihs. Schlesische Bankvereins-Antheile. ” hl 2) gezogene Preussische Prämien-Anleihe . 31, Oberschl. Eisenb.-Prioritäts-Oblig. Lit. E. „ "bt. RB. DibiG. Ist verausgabt Te og] Me papiere M 43200 43500 11029 Baar 1315 | Bülow, z. Z. Schatzmeister der Gesellschaft. 90 Kasse der Section für Obst- und Gartenbau. Kassen- Abschluss von December 1888 bis December 1889. Effecten Baar Effecten Baar Einnahmen. BERN ES NEE Ausgaben, HANS An Vortrag aus früherer Rechnung . .. -» vv»... rel ne. 23800] — — I Für den Garten: nn | Görtnergehalte, Heizung und Beleuchtung. . . 1962 M 08 % al un Beimugens Arbeitslöhne ..... ee DOAUER FISLENON IDIpBerirages tun NOS ee — 745 | — Dunsstofle \ . ... el one Sn rn Wildlinge, Edelreiser, Bihmereien, ER AR) 45 De lnengeen: i und Geräthschaften . . . ... 53 ; 04 i Verkaufte Baumschul-Artikell . . ......5353 M 51% BT esschenu: ee a 2 E r Blumenzunde Gemüse. 0 Ze Ne: ya n = — | 5606 | 35 — | Di „ den Lesezirkel: »» Subventionen: ouınnleme ee ren ae 68 M 60% Subvention vom Schles. Provinzial-Ausschusse für 1889. . . . _ 1650 | — Colporlanen vl er ne SE = ua Buchbinderanbeit 2 0 we eo „) Zinsen: k TEE EEE Tee en 158 s0 3‘, % von 6300 AM Landschaftl. Central-Pfandbr. „ Insgemein: pr. II. Sem. 1888 und I. Sem. 1889... .. 220 M 50 % Port, Sl a OR HN 3Y, %, von 5000 #4 Landschaftl. Central-Pfandbr. Inseraten. Sn. 2 ee ee En es, DraIt gem lasg Sa 0 Druckkosten . . . 37 „50 „ 34, %, von 3000 .# Schles. Pfandbr. pr. I. Sem. Reisekosten für den Seetonesiriner Dach Stutt- 888m ls er 00 gart zur Allgemeinen Deutschen Pomologen- 4 %, von 3800 M Preuss. 4 %, Consols pr. Versammlungee. gr ae. 2 a ee. On II. Sem. 1888 und 1889. . . . . 208. NN Angeschaffte Werke. . . . ee RO, 31, %, von 3000 M Oberschl. a Oblig, Aufbewahrung der Effeceten bei n Städtischen Litt. E. vom 1./10. 1888 bis 30./9. 1889 ... 105 „ — „, Bank a en 205, 4 %, von 1500 .## Oberschl. Prioritäts - Oblig, Verschledenes? . 2. 2 u u... Er Gar 80er a 13, vorn NND, ESS nis 0 1EBO 5 A rerkaufteskfeden: = 407 | 83 " r EL ‚n Gorolgtun IR en Durch den Schatzmeister der Gesellschaft verkaufte 3 " %/, Land- | Kimar®: 3 22 2 schaftliche Central-Pfandbriefe . .. ..... le | Zinsen auf Rechnungsbuch der Schles. Tandecn. ale SO) a a ® 6 1802250 ) 5 Bestand im Vortrage: Zinsen auf einen von dem in des Gesell 3'/, °, Landschaftliche Central-Pfandbriefe. . 5000 M# — schaft für die Section aufbewahrten Schuld- 3%, °%, Schlesische Pfandbriefe. . . . . 0 schein über 5900 M vom 1./2. bis 30./9. 1889 123 „ — , | 4 %, Preussische Consols . . . 3800 „ — , i | NE 3, °% Oberschlesische Prioritäts- leeren BE erzen ED 2000, Zahlung durch den Schatzmeister der Gesellschaft 4508 Oben ahlesikhe Prioritäts - (Obn aaltonen für verkaufte 1300 #4 3°), °%, Landschattl. Re N 500 Central-Pfandbriefe .. . . . . 1328 M 46 % 3, % Preussische Corsole ES BEP 300 „ — abzüglich verschiedener von demselben Bezahlte Schuldschein, von dem Präsidium der are Rechnungen aus früherer Rechnung . a N A schaft für die Section aufbewahrt . . . . 5900 „ — ,„ — Tl Damen 12250000283621554 23500 | 3009 | 52 23500 | 9009 | 52 Dr. Schröter, Max Müller, z. Z. Vorsitzender z. Z. Kassenvorsteher des Verwaltungsvorstandes der Section für Obst- und Gartenbau. Voranschlag der Einnahmen und Ausgaben der Allgemeinen Kasse für die Jahre 1890 und 1891. Zinsen von Werthpapieren Beiträge: a. Einheimische: b. Auswärtige: Jahresbeitrag des Magistrats Miethen: vom Magistrat Einnahmen. 300 a& 18 Mark 140 & - Schlesischen Gewerbe-Verein - verschiedenen Vereinen..... Aussergewöhnliche Einnahmen Summe der Einnahme Ua yurr Jar Jar Yar vo 6 Mark.. [JEIC ar you Jar War Var IL voor yaac or Yo Vor Vor Soc YaL Yar YooL vor vor WoL Dr yaı ver) .er nee e. 840 800 Mark 640 Suelin ale 0 wis! n..0.. 8.0 m. u l/alıe ‚oXe lo PrLwusiLnlnnerLe en ©0000 a0 8 aL.0.» a a 0m a aleue nn etieie (e-iaie z ee 0 ee. sie nie 0 u eo alo/nfle ne ale .u.e a.“ Mark. 1660 6240 300 1650 9900 Breslau, den 17. Ausgaben. Mark IN EIKE) DI EEE ee 2260 MErZUNNTEN Se ee 300 Gehalt dem Kastellantund Pension oe... 1500 Neujahrsseschenken. „20. Aue 9 Bürsileizunge nee ent ae Re 250 Beleuchtune 228: 2 ee 280 Unterhaltung der Mobilien, Neu-Anschaffungen ........... 20 Bienen Versicherungs Gebühr it Sry 30 EiiröSchreibbedant. ur... Sees 100 DENUNES-ANZEIGEN.: au 2030 Sl a 200 Diuekkosten. .u.2. eu re | 2500 Buchbinderarbeiten?. . nen ae ee 150 Porlis- ru wa san A a ee 200 Klene Auslagen... Ars ee 100 Bürsverschiedene, Dectionene. ner. 600 Bibliothek „u... 4.0.2LH Bol ee 100 Unvorhergesehene, Auszabene) a en 301 Summe der Ausgabe 8700 December 1889. Das Präsidium der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur. Heidenhain, Präses. Biermer, Vice-Präses. Diekhuth, General-Secr. Poleck, Bülow, zweiter Gen.-Secr. Schatzmeister. a Dan a En a Ss 2 Yan Si: = 1 nr es nn o 1 27 a ! A A ri En .. Der a . =, r j = ber - re > 3 ” A j < ER : > - r “ er i = - , “> ee Rs | = es» > a = " = 7 a en er m r ee ne ; ev? : je RE a ; . an ws . z u s , N Pr Ehe i Rn N en ae Pr DW * y u ö [3 £ Be - Ü “ 5 X - “ er we } « 2, = Zu ah je ee et : Ir Pr) ‚ » w 2, " * i L ae x a 2 PP in B - em Sr » ei en Ye ne Mr = 1 M E wre r & : DE ne a En ug rreläige sauna free ee Der U Y 3 “ hy ; | i in u 5 ni BET ARRR., “r « a \ ug ’ Br i; h 2 x wu Zar y ; - Ban Em “ln > ; x NR . Fi Y R ee) EN fr - = \ ir 1 ; v = 1 ’ \ T nn) BT Wanderversammlung der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur zu Kattowitz am 29. und 30. Juni 1839. TEE Bereits im vorigen Jahre hatte das Präsidium der Gesellschaft auf Anregung des Herrn Ober-Bergrath v. Ammon, damals in Kattowitz, beschlossen, als Ziel einer Wanderversammlung diesen durch sein schnelles Emporblühen und die hochentwickelte Montanindustrie seiner Umgebung ausgezeichneten Ort ins Auge zu fassen. Alle Vorbereitungen waren getroffen, als das Hinscheiden weiland Kaiser Friedrichs III. die Ausführung des geplanten Unternehmens unmöglich machte. ‚Im laufenden Jahre trat auf Ersuchen des Präsidii in Kattowitz ein Comite unter Vorsitz von Herrn Sanitätsrath Dr. Holtze zusammen, um für die Versammlung die vorbereitenden Maassregeln zu treffen. Die geehrten Herren Mitglieder des Comit&es haben in unermüdlicher Bereitwilligkeit und Liebenswürdigkeit dafür Sorge getragen, den Theil- nehmern an der Versammlung den Ausflug nach Kattowitz zu einem nach jeder Richtung hin genussreichen und lehrreichen zu machen. Es sei gestattet, an dieser Stelle den wärmsten Dank für die der Schle- sischen Gesellschaft gebrachten Opfer an Zeit und Mühe auszusprechen. Mit dem ersten oberschlesischen Zuge (6 Uhr 40 Min. früh) begaben sich am Sonnabend, den 29. Juni, einige 30 Mitglieder der Schlesischen Gesellschaft nach Kattowitz; mit späteren Zügen traf noch eine kleinere - Anzahl ein, so dass die Gesammtzahl der Theilnehmer an der Ver- sammlung gegen 40 betrug. Bei ihrer Ankunft an Ort und Stelle wurde die Gesellschaft von den Mitgliedern des Comites aufs Freundlichste empfangen und mit Nachweisungen bezüglich der vorausbestellten 4 Wohnungen versehen; ein Theil der Ankömmlinge wurde von Katto- witzer Freunden auf das Liebenswürdigste in ihre Häuslichkeit entführt. Nachmittags zwei Uhr brach die Gesellschaft in zwei Partien auf, um industrielle Etablissements der Umgebung zu besichtigen. 1889, 1 ) Jahres- Bericht Etwa ein Drittel der von Breslau nach Kattowitz gekommenen Gäste schloss sich dem Ausfluge nach Königshütte an. Die Fahrt ge- schah in eleganten, von den Bewohnern von Kattowitz in dankens- werther Weise zur Verfügung gestellten Equipagen unter kundiger Führung des Herrn Dr. Gross: c, Apotheker in Kattowitz, frükerem langjährigen Assistenten von Ge.. Rath Poleck, und des Herrn Kreis- baumeister und Stadtrath Jung. In Hohenlohehütte übernahm es Herr Direetor Schöller, den Gästen die Vorbereitungen zur Zinkgewinnung, das Rösten der Blende, sowie die Neutralisirung der dabei entstehenden schwefeligen Säure nach Umwandlung in Schwefelsäure mittelst Kalk- milch zu zeigen. Im Zinkofen selbst wurde eine Vorlage angestochen und das ausfliessende Zink vor den Augen der Gäste aufgefangen. In Königshütte empfing die Fremden Herr Direetor Ladewig mit einer ganzen Anzahl seiner Beamten und führte dieselben in höchst liebens- würdiger Weise erklärend und allen Fragen Antwort stehend mehrere Stunden lang durch das riesige Btablissement. Wegen des Feiertags konnte nur ein geringer Theil der Werke in Thätigkeit gesehen werden, doch wurde die Gewinnung des Kupfers aus den spanischen Erzen sowie der Anstich eines Hochofens mit höchstem Interesse beobachtet. Nach der Wanderung wurden die Gäste im Hüttenpark in freundlichster Weise mit Speisen und Trank von den Beamten des Werkes bewirthet, Be- grüssungs- und Dankreden wechselten, und höchst befriedigt traten die Breslauer gegen Abend den Heimweg über den Rebenberg nach Katto- witz an. Der andere Theil der Gesellschaft wählte als Ziel des Ausflugs unter der überaus freundlichen und instructiven Führung des Herrn Maschinen- Inspectors Donders zunächst die grossartigen industriellen Werkstätten der G. v. Giesche’s Erben in Rosdzin, deren gründliche Besichtigung gegen zwei Stunden in Anspruch nahmen. Die Vorstände der einzelnen Abtheilungen (Herr Hütten-Inspeetor Barbezat in der Blenderöste-An- stalt und Schwefelsäure-Fabrik Recke-Hütte; Herr Hüttenmeister Contat in Pauls-Zinkhütte; Herr Hütten-Inspeetor Vogel in der Walter-Cronek- Bleihütte) verpflichteten die Eindringlinge zu dem wärmsten Danke durch die unermüdliche Bereitwilligkeit, mit welcher sie die Einzelnheiten des Betriebes in den ihnen unterstellten Anstalten erläuterten und die zahlreichen Fragen der Besucher auf das Eingehendste beantworteten. Eine Fortsetzung des Ausfluges galt der berühmten Stelle, wo bei Slupna an dem Zusammenflusse der schwarzen und der weissen Przemsa das deutsche, russische und österreichisch-ungarische Kaiserreich zu- sammenstossen: die drei Grenzpfähle, sich gegenseitig auf kurze Ent- fernung anschauend, geben mancherlei zu denken. Auch konnte die Gesellschaft es sich nicht versagen, bei Myslowitz die lange hölzerne Brücke, welche Schlesien und Russisch- Polen verbindet, bis zu der der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 3 Stelle zu überschreiten, wo eine eiserne Kette und ein neugierig drein- schauender Grenzsoldat dem Eintritte in das Ozarenreich wehren. Bald nach 7 Uhr war Alles nach dem gastlichen Kattowitz zurück- gekehrt. Der behagliche Stadtgarten hatte sich festlich geschmückt, um bei der Beleuchtung bunter Lampions und bei den Klängen der zur Kattowitzer Musikschule gehörigen Kapelle die Bewohner der Stadt mit ihren Familien und die Breslauer Gäste zu freundschaftlichem, geselligem Zusammensein zu vereinigen. Erst die Mitternacht rief die letzten Gäste zur Ruhe. Während der Frühstunden des Sonntags zerstreuten sich die Theil- nehmer an der Wanderversammlung, um in kleineren Gruppen die Stadt oder in der Nähe gelesene Punkte kennen zu lernen. Ein Theil fuhr in gütigst zur Disposition gestellten Wagen nach dem schönen Walde von Emanuelssegen; mehrere Aerzte besuchten das musterhafte, unter Leitung des ausgezeichneten Chirurgen Dr. Wagner stehende Knapp- schafts-Lazareth in Königshütte. Eine grössere Zahl wurde von Herrn Masehinen-Director Donders zu der unmittelbar bei Kattowitz gelegenen Ferdinandsgrube geleitet. Herr Bergwerksverwalter Hein demonstrirte in eingehender Weise die colossale Wasserhaltungsmaschine (800 Pferde- kraft), die trockene Kohlensonderung, die Kohlenwäsche, sowie sehr instruetive Karten der Grube. Einzelne Herren fuhren in den Schacht ein, obschon des Feiertags wegen die Grubenarbeit ruhte. Um 11'/, Uhr versammelten sich die Mitglieder der Schlesischen Gesellschaft, sowie eine überaus grosse Zahl von Bewohnern der Stadt und benachbarter Orte in dem Saale der Reichshalle, in welchem Herr Stadtrath Sachs in geschmackvoller und zweckentsprechender Weise die Vorbereitungen für die wissenschaftliche Sitzung getroffen hatte. Die Logen schmückte ein reicher Kranz von Damen. Indem der Präses der Schlesischen Gesellschaft, Geh, Medieinalrath Professor Heidenhain, die Sitzung um 11°/, Uhr eröffnete, ertheilte er zunächst dem Vertreter der städtischen Behörden, Herrn Beigeordneten Dr. med. Goldstein, das Wort, welcher der Schlesischen Gesellschaft im Namen der Stadt einen herzlichen Willkommensgruss entbot. Ihm entgegnete der Präses mit Worten des Dankes an die Behörden der Stadt, an das Comite, welches in opfervollster Weise die Vorbereitungen für den Empfang der Versammlung getroffen, an die Herren, welche die einzelnen Exeursionen in lehrreicher Weise geleitet, an die gesammten Bewohner, welche durch ihr liebenswürdiges Entgegenkommen der Wanderversammlung ein festliches Gepräge verliehen. Anschliessend besprach der Redner die Zwecke und Ziele der Schlesischen Gesell- schaft, im Besonderen die Thätigkeit derselben im Interesse der Durch- “forschung der Provinz, welche bei der Stiftung des Vereins als seine wesentlichste Aufgabe an die Spitze gestellt worden ist. Aus den 1* 4 Jahres-Bericht letzten beiden Jahren ist in dieser Beziehung zu erwähnen die fast voll- endete Drucklegung einer Flora der Pilze Schlesiens durch das Gesell- schaftsmitglied Herrn Oberstabsarzt Dr. Schröter, die Gewährung einer Subvention zur Erforschung der Versteinerungen des oberschlesischen Muschelkalkes durch Herrn Dr. Kunisch, die Gewährung einer erheb- licheren Summe zur Herausgabe einer geognostischen Gesammtkarte Sehlesiens durch Herrn Privatdocenten Dr. Gürich, die Uebernahme des Druckes eines Verzeichnisses der auf die schlesische Landeskunde bezüglichen Litteratur, Darauf bat der Präses Herrn Sanitätsrath Dr. Holtze, das Tages- präsidium zu übernehmen, und die Herren Landrath Holtze, Director Menzel, Geh. Bergrath Professor Römer und Geh. Regierungsrath Professor Poleck, demselben als Beisitzer zur Seite zn stehen. Die Reihe der Vorträge (s. am Schlusse des Berichtes) währte bis nach 2 Uhr. Bedauerlicher Weise musste aus Mangel an Zeit von zwei noch weiter in Aussicht gestellten Mittheilungen Abstand genommen werden. _ Unmittelbar an die Sitzung schloss sich um 2'/, Uhr ein Festessen in dem geschmackvoll decorirten Saale des Hötel de Prusse, begleitet von den Klängen des Orchesters der Kattowitzer Musikschule. Wirthe wie Gäste verlebten in heiterster Stimmung mit einander einige frohe Stunden bei trefflicher leiblicher Bewirthung, gewürzt durch eine Reihe anregender Toaste. i Nach dem durch den Präses ausgebrachten Kaisertoaste ergriff Herr Sanitätsrath Dr. Szmula das Wort, um im Namen des Aerzte - Vereins des oberschlesischen Industriebezirkes der Schlesischen Gesellschaft einen Willkommensgruss zuzurufen. Sodann toastete Herr Geh. Regierungs- Rath Professor F. Cohn auf die Stadt Kattowitz (den „vicus Chatto- rum); Herr Stadtrath Dr. med. Loebinger auf die Schlesische Gesell- schaft, Herr Geh. Bergrath Professor Römer auf das Comite, Herr Commerzienrath Rosenbaum auf die Damen, Herr Sanitätsrath Dr. Süssbach aus Liegnitz auf die neuen der Schlesischen Gesellschaft beigetretenen (neunundfünfzig) Mitglieder, Herr Geh. Regierungsrath Pro- fessor Poleck, zeitiger Rector der Universität, auf ein fröhliches Wiedersehen. Die heitere Stimmung der Gesellschaft wurde durch ein humoristisches Tischlied (‚‚Der Galmei“) von einem anonymen Verfasser und durch einen launigen Vortrag des Herrn Ingenieur Schilling auf das höchste Niveau erhoben. Besonderes Interesse erregten Mittheilungen des Herrn Sanitätsraths Dr. Holtze über die Einführung der Städte- Ordnung in Kattowitz. Der frühzeitige Abgang des letzten Breslauer Zuges machte dem Festessen zu schnell ein Ende; von ihren freundlichen Wirthen zum der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 5 Bahnhofe geleitet, schieden die Theilnehmer der Wanderversammlung von dem schnell emporgeblühten stattlichen Orte mit dem wärmsten Danke für die ihnen gewordene so überaus entgegenkommende und liebenswürdige Aufnahme und in der Hoffnung, durch ihre Exeursion eine dauernde Verbindung Oberschlesiens mit der Schlesischen Gesell- schaft für vaterländische Cultur angebahnt zu haben, Wissenschaftliche Vorträge. Der Tagespräsident, Herr Sanitätsraih Dr. Holtze, ergriff zunächst das Wort: Meine Herren! Sie tagen das erste Mal auf altem, echt ober- schlesisehem Boden, denn der geschichtliche und geographische Begriff „Oberschlesien“ deckt sich nicht mit dem heutigen politisch-administra- tiven, den Inhalt des Regierungs-Bezirk Oppeln bildenden Oberschlesien. Abgesehen von seinem, nachdem Schlesien preussisch geworden war, bei Oesterreich verbliebenen südlichen Antheile (Teschen), darf wohl der ehemals zu, den niederschlesischen Fürstenthümern Brieg und Oels gehörige Kreis Kreuzburg nach seiner Lage, natürlichen Beschaffenheit und Bevölkerung zu Oberschlesien gerechnet werden, während der Charakter von Land und Leuten bezw. die ältere deutsche Cultur in den Kreisen Neisse und Grottkau als preussische Theile des ehemaligen Fürstenthums Neisse keinen Zweifel gegen die Berechtigung der dortigen Bewohner, sich als Niederschlesier zu fühlen, aufkommen lassen, auch wenn uns deren geschichtliche Bestätigung nicht erinnerlich wäre. Das echte, alte Oberschlesien war bekanntlich unter seinen noch zu Polen hinneigenden Piastenfürsten und auch unter der späteren wechselnden, sich um Abstammung und Sprache der Unterthanen wenig kümmernden böhmischen, bezw. österreichischen, ja sogar eine Zeit lang auch preussischen Herrschaft slavisch geblieben, mit Ausnahme jener west- lichen und südwestlichen Grenzstriche in den Kreisen Falkenberg, Neu- stadt und Leobschütz, wo die von Nordwesten vordringenden deutschen Einwanderer sich in zusammenhängender dichter Masse bis in die Ge- birge des österreichischen Fürstenthums Jägerndorf, hier eine Zeit lang durch seine brandenburgischen Fürsten begünstigt, hinauf angesiedelt haben; und überwiegend slavisch ist es auch gegenwärtig, welcher Um- stand, mehr als Boden und Klima, die Culturentwickelung dieser Provinz hemmte, bezw. verlangsamte. Die oberschlesischen Slaven, ursprünglich Polen, sind, seit mehr als 700 Jahren von den Stammgenossen politisch getrennt, immer mehr wirthschaftlich und sprachlich ihnen entfremdet, und deren eigene Wege verfolgendem Geistesleben und nationalen Culturentwickelung gegenüber stehen geblieben, sprachlich vielleicht auf dem Standpunkte des 15: und 16. Jahrhunderts, ohne irgend einen aus- 6 Jahres - Bericht reichenden Ersatz von anderer, etwa deutscher Seite gefunden zu haben, zumal zu etwa °/, der Landesgrenze nach Norden, Osten und Süden ab- geschlossen und nur von Nordwesten der ihrem entlegensten Gebiete sich nähernden deutschen Cultur zugänglich, deren Träger allmählich sich als Herren, Arbeitgeber, Beamte, Gelehrte und den Markt be- herrschende Handels- und Gewerbsleute über sie stellten, sie in die untere breite Volksschicht hinabdrückten und in ihnen das Bewusstsein von Heloten erzeugten, bei denen arm, unwissend, unterthänig, Slave, und wohlhabend, gebildet, gebietend und Deutscher gleichbedeutend er- schien. Die dadurch erzeugte tiefe gesellschaftliche Kluft verhinderte eine geistige Befruchtung von oben her, ein Durchsickern der Bildung nach unten hin um so mehr, als ja eben das Vehikel der Sprache fehlte. Staatlich deutsch, nach Sprache und Sitte slavisch, helfen sie sich, wo es sich um den Volksbegriff handelt, da sie ja weder deutsch sind noch Polen sein wollen, als ‚Preussen‘ aus solchem Zwiespalt. Nein, Polen sind sie längst nicht mehr und weisen sogar die Be- zeichnung als solche entrüstet zurück, darum ist jeder Versuch, das entschlafene, ja erstorbene Racen- und niemals vorhanden gewesene polnische Nationalitäts-Bewusstsein zu wecken oder kürtstlich anzuregen, vergeblich und sogar eine Versündigung am menschlichen Fortschritt. Da diese Urbewohner durch ihre Sprache am Mitgehen behindert sind, und nur der engste Anschluss an die deutsche Bildung sie erhebt, um theilzunehmen an den geistigen und materiellen Gütern der Mensch- heit, so ist die ja ohnehin im Verkehr sich vollziehende Ver- deutschung derselben zu fördern, wie dies jetzt auch durch die Schule geschieht. Pädagogischen ehrlichen oder vorgeblichen Bedenken gegen die durch den deutschen Unterricht erzeugte Verwirrung in der gegen- wärtigen oder auch nächsten Generation stellen wir die Meinung ent- gegen, dass es dem Segen der Zukunft im ewigen Leben der Mensch- heit gilt; daher ein solcher verhältnissmässig kurzer Uebergangszustand wenig bedeutet. Der natürliche, stille, unbeabsichtiste Germanisirungs- process nimmt seinen Ausgang von den deutschen Sprachgebieten im Grenzverkehr und von den im Lande zerstreuten deutschen Colonisten im geschäftlichen, amtlichen und gesellschaftlichen Verkehr, insbesondere sind es die heut fast ganz oder überwiegend deutschen Städte, welche als Brennpunkte das Deutschthum in ihre ländliche Umgebung hinein verpflanzen. Wir finden einerseits sog. Stockdeutsche und andererseits kein Deutsch redende, kaum verstehende Stockpolen noch in abseits von der Heerstrasse des Verkehrs liegenden Gegenden, bezw. Orten, namentlich in der weniger mit Deutschen in Berührung tretenden acker- bautreibenden Bevölkerung, — zwischen diesen äussersten Gegensätzen aber eine sehr zahlreiche vermittelnde Klasse zweisprachiger Menschen, vom blossen Verständniss der anderen Sprache bis zu deren vollständiger .er Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 7 Gebrauchsfertigkeit sich mannigfach hinauf stufend.. Während das an sich correete und dialectfreie Deutsch des eingeborenen germanisirten Oberschlesiers nur an der harten Aussprache der Consonanten erkennbar ist, bildet sich auf niedrigeren Stufen der sog. Utraquismus als Frucht des gegenseitigen Entgegenkommens oder in Folge der geringeren Uebung und Wortkenntniss jener eigenthümliche deutsch-polnische Jargon aus, den wir als „wasserpolnisch‘“ bezeichnen hören, so genannt, weil er sich zuerst längs der Oder bemerklich gemacht haben mag. Doch genug hiervon bei der kurz bemessenen Zeit. Der Boden, auf dem Sie heute verweilen, ist also kein klassischer, kein alter Culturboden, aber dennoch ein interessanter, unter dem an Stelle der fehlenden geschichtlich aufgesammelten Geistesschätze jene unterirdischen vorgeschichtlichen Naturschätze ruhen, deren Hebung und Verwerthung durch das segensreiche Zusammenwirken der beiden, an- geblich feindlichen Kräfte — des Kapitals und der Arbeit — diesem Theile Oberschlesiens den Beinamen des „Oberschlesischen Industrie- bezirks“ verschafft hat. Indem ich die Kenntniss der geognostischen und technischen Verhältnisse voraussetze und mich nur darauf be- schränke, Ihnen ein kleines Culturbild vorzuführen, muss ich doch noch bemerken, dass sich der „ÖOberschlesische Industriebezirk“ in immer engere Grenzen zurückgezogen hat, je mächtiger sich der Bergbau- und Hüttenbetrieb entwickelte; wenn wir heute darunter fast nur die Kreise Beuthen, Kattowitz, Tarnowitz und Zabrze verstehen und allen- falls wegen ihrer kleinen Steinkohlengebiete auch die Kreise Pless und Rybnik mit hineinziehen, konnten wir noch vor etwa drei Jahrzehnten seine Grenzen bis über die Kreise Gleiwitz, Gross-Strehlitz, Lublinitz, Rosenberg, Kreuzburg und Oppeln hinausdehnen. Der Schwerpunkt liegt eben im Steinkohlenbergbau, der in den Kreisen Zabrze, Beuthen, Kattowitz sich mit 93'/, pCt. concentrirt. Hierzu tritt der Zink-, Eisen- und Bleierzbergbau, der Zink-, Blei- und Silberhüttenbetrieb ganz, die Roheisenproduction mit 95 pCt., die Eisengusswaaren - Fabrikation mit 140 pCt., die Walzeisen- und Stahlfabrikation mit 80', pCt. Die an sich interessante Darstellung des Entwickelungsganges der _ obersehlesischen Montan-Indusirie übergehe ich und erwähne nur, dass der Steinkohlenbergbau hier wenig mehr als 100 Jahre alt, anfangs nur für den sog. „cumolitiven Debid‘ (Hausbedarf) förderte und erst die Einführung der Dampfmaschine (1788), der Eisenhüttenbetrieb mit Stein- kohle (1796 bei den Hochöfen, 1830 beim Puddlingprocess), der Zink- hüttenbetrieb (seit 1798) den Bedarf steigerte, bis mit der Erschliessung eines grösseren Absatzgebietes, als durch den Klodnitzkanal, durch die Oberschlesische Eisenbahn sein Aufschwung begann. Die Eisenindustrie, früher auf Holz und Wasserkraft angewiesen und darum zunächst in “ den waldreichen Kreisen. entwickelt, erlag dort im Kampfe mit dem S Jahres - Bericht Steinkohlenbetriebe, und obwohl roch vor 30 Jahren circa die grössere Hälfte des Roheisens und ?/, des Schmiedeeisens in etwa 50 Holzkohlen- Hochöfen und 200 Frischfeuern erzeugt wurde, sind letztere nahezu verschwunden, denn 1888 gab es nur noch 2 Holzkohlen-Hochöfen und 4 Frischfeuer. Ein Vergleich der Jahre 1857 und 1883 ergiebt den Fortschritt auf diesem Gebiete; man produeirte hier rund: 1857: 1888: Dteinkohlener a 45 000 000 Pfd. 269 830 000 Pfd. Tisenerzer on 5020000 - 13 000000 = Zinilkerzenn PR N 4150 000 = 10 630 000. = Bleierzer. an un an, MEN 22000 = 592000 = Roh- und Rohgusseisen ...... 932 500 = 5.370,00 VER Eisengusswaaren............ 38890 = 220 000 = Schmiede- und Walzeisen ete., Stahl Bleche pr, em 351 300 = 5 250 000 = (Stahl 1858 — 0; 1888 z. V. 112 600 Pfd.) Rohzinle"s..30., Berne Re: 796 800 Pfd. 1695 500 Pfd. Zanichlech ep en ve 50 000 = 342 600 - AIDEWEISSEUN ER ee 5000 = 22000 = BIeIBGläten er. een. 13 995 = 452 960 = Silber are or ee 20 21 975 = Beschäftigt waren 1388 rund 72 000 Arbeiter nnd Arbeiterinnen, und die Dampfkraft war thätig mit 92200 Pferdekräften, wovon der Stein- kohlenbergbau je 38000 und 51700, die Eisenindustrie 16400 und 30900, die Zink- und Bleiindustrie 17700 und 9600 verbrauchte. Dass eine so bedeutende, eine zahlreiche Arbeiterbevölkerung be- schäftigende Gewerbethätigkeit nicht ohne Einfluss anf die allgemeinen Verhältnisse dieser Gegend bleiben konnte, ist selbstverständlich. Sie machte sich zuerst in der raschen Steigerung der Gesammt-Bevölkerung in den genannten 4 Kreisen bezw. dem alten Beuthener Kreise be- merklich und zwar von 53700 im Jahre 1837 auf 145644 im Jahre 1861 und auf 344411 im Jahre 1885, so dass im letzteren Jahre die Dichtigkeit der Bewohner auf der Quadratmeile betrug im Kreise Tarnowitz 8000, Zabrze 26300, Kattowitz 30000, Beuthen 56500. — Der Ueber- schuss der Geburten hat das nicht eingebracht trotz 50—55 Geburten pr. m., es hätte sich nach der hiesigen Geburts- und Sterbeziffer die Bevölkerung auf wenig über 90000 von 1837 zu 1885 vermehrt; es betrug die Zuwanderung und deren Nachkommenschaft also ea. 250000 und zwar auf Kosten der benachbarten, besonders der nördlichen Kreise; zieht man die im Oberschlesischen Industriebezirk selbst geborenen Leute ab, so bleiben in 48 Jahren etwa 155000 unmittelbare Einwanderer, darunter besonders unter den Gewerbetreibenden, Technikern und Be- dl. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 9 amten viele aus verschiedenen Gegenden Deutschlands, was dem hiesigen gesellschaftlichen Leben ein eigenthümliches Gepräge giebt, wesentlich durch geistige Anregungen die Cultur gefördert hat. Hier in Kattowitz selbst befindet sich z. B. unter den 36 Mitgliedern des Magistrats und der Stadtverordnetenversammlung kein Eingeborener. Das Zusammenleben einer so grossen Menge auf kleinem Raume hat seine Nachtheile in physischer und sittlicher Beziehung; erstere, so- weit sie die Gesundheit bedrohen, finden, abgesehen von der Erneuerung durch die Zuwanderung, eine Abwehr durch zweckmässige sanitäre Einrich- tungen, gute Arbeiterwohnungen, durch die Krankenkassen, besonders durch die Oberschlesische Knappschaft mit ihren vorzüglichen Anstalten und zahlreichen Aerzten. Die Sittlichkeit zeigt, Dank dem Einfluss von Schule und Kirche, mindestens keinen schlechteren Standpunkt als anders- wo. Dagegen erwachsen grosse Vortheile durch leichtere Vereinigung der Kräfte zu gemeinnützigen Bestrebungen der volkreichen Ortschaften. Ob- schon das Städtewachsthum hier nicht so bedeutend war, wie in anderen sewerbreichen Gegenden, — es verhält sich die städtische zur ländlichen Bevölkerung wie 26:74, so haben sich Handel und Handwerk in den grossen Fabrikorten und Dörfern zahlreich angesiedelt und geben ihnen zuweilen städtisches Ansehen. — Es gab in den Kreisen Zabrze, Beuthen, Kattowitz (der dünner bevölkerte Kreis Tarnowitz ist hier ausgenommen) unter 70 ländlichen Ortschaften 2 mit über 10000, 8 mit 6001 bis 10000, 12 mit 4001—6000, 8 mit 2501—4000, 11 mit 1501—2500, 14 mit 1001—1500 und nur 15 mit unter 1000 Einwohnern. Ich nenne hier als die srössten Ortschaften Zaborze mit 12552, Lipine mit 10454, Laurahütte mit 9644, Zabrze mit 9390 Einwohnern; aber es hängen einige Ortsgruppen noch so zusammen, dass sie den Eindruck einer einzigen grossen Ortschaft machen: z. B. Klein-Dombrowka (Burowietz), Rosdzin, Scehoppinitz mit 12624, Siemanowitz, Laurahütte mit 16284, Zabrze, Zaborze, Dorotheendorf mit 31314 Einwohnern. Am dichtesten ist die Bevölkerung um Königshütte mit 48333 auf die '/, Quadratmeile und um Kattowitz mit 33445 auf die ', Quadratmeile. Die geringe Entfernung der Wohnorte von einander, ein grossartig entwickeltes Strassen-, Eisenbahn-, Telegraphen* und Fernsprech-Netz erleichtert nicht nur, sondern fördert einen lebhaften Verkehr, löst das Vereins- und gesellige Leben gewissermaassen von der Scholle ab und ruft in uns Bewohnern dieser wunderbaren Oase hier im äussersten Winkel Deutsch- lands die Empfindung hervor, als lebten wir in einer, auf weiterer Fläche zerstreuten grossen Stadt. Am segensreichsten wirkt aber dieser Umstand auf die Entwickelung unseres Schulwesens. Während es im Preussischen Staate 1882 34016 Schulen mit 75079 Klassen, die Hälfte der ersteren einklassig, gab, waren im Öberschlesischen Industriebezirk 128 Schulen mit 758 Klassen, also durchschnittlich 5—6 klassig, und nur 7 einklassig, dagegen 10 Jahres - Bericht 41 drei-, 20 vier-, 9 fünf- und 39 sechs- und mehrklassig. Hierzu treten mehrere Mittel- bezw. höhere Töchterschulen, 3 Gymnasien, 1 Realeym- nasium mit eirca 1000 Schülern. Dies beweist ein intensives Streben nach Bildung, und ist die Volksschule in den vielen mehrklassigen Systemen in der Lage, durch stufenweise getrennten Urterricht hier mehr zu leisten bezw. die deutsche Sprache zu pflegen, als anderswo. Die grosse Zahl der Gebildeten auf kleinem Raume ermöglicht die Pflege von Kunst und Wissenschaft, — Bildungsvereine, Vorträge, Concerte u. s. w. finden ein lebhaftes Interesse. Noch ist zu erwähnen, dass neben der grossen Industrie auch die Kleingewerbe blühen und Land- und Forstwirthschaft trotz der der ersteren, aus der Concurrenz mit der Industrie erwachsenden Schwierigkeiten nicht . zurückgeblieben sind, sondern auf hoher Stufe stehen, — selbst der Bauer, im Allgemeinen so spröde dem Neuen gegenüber, ist durch die Concurrenz der Eisenbahnen statt des Fuhrmannes (Veecturant) ein guter Landwirth geworden. Ja, es ist alles anders geworden. Die Leute und das Land, jene Epigonen der Schlachzizen, die Rothhäute, äuserlich von der Cultur geleckt, innerlich roh, haben Platz gemacht für die Pioniere deutscher Cultur, deren Bemühungen ja glücklicherweise der gutartige Charakter und die schnelle Auffassungsgabe der unteren slavischen Volksschichten entgegenkommen. v. Goethe würde heute nicht seine bekannte Inschrift: „Fern von gebildeten Menschen etc.“ wiederholen, und dass die Sagen von Bären und Wölfen längst nicht mehr haltbar sind, davon haben Sie sich gestern überzeugt. Solches Leben und Treiben, wie hier, lässt kaum noch dem Hasen freie Bahn. Mag auch immerhin die deutsche Cultur noch nicht allein herrschend sein in diesen Kreisen, so glauben wir, die deutsch sind oder deutsch ge- worden sind, als ebenbürtige Vertreter und wohlausgestattete Vorkämpfer derselben, Ihrer Unterstützung würdig zu sein, und hoffen, dass mancher von Ihnen einige mitgebrachte Vorurtheile bei uns begraben haben wird. Herr Professor Roux spricht Ueber die Entwickelung des Extraovates der Froscheier. Sticht man ein Froschei, welches sich bereits gefurcht und bis zur Blastulastufe entwickelt hat, mit einer behufs Desinfecetion unmittelbar vorher erhitzten Nadel an, so tritt eine mehr oder weniger grosse An- zahl von Zellen aus dem Ei aus, sammelt sich in der Gallerthülle zu einem Körper von pilzförmiger Gestalt an und lebt noch eine Zeit lang weiter. Interessant ist, dass die eingetretene Eisubstanz, das Extra- ovat, nicht gleichmässig aus Zellen besteht, sondern dass es gewöhnlich _ eine mehr oder weniger dieke Rinde von bloss aus Dotter gebildeter Substanz besitzt. Der braune Yarbstoff ist im Extraovat unregelmässig vertheilt. 9 Ten der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 11 Einige Tage nach der Operation findet man das Extraovat oft noch in seiner ursprünglichen Farbe erhalten, also nieht verfärbt, sondern wohl noch lebend. Auf dem Durchschnitt trifft man noch die anfängliche Un- ordnung in der Lagerung der verschiedenen Bestandtheile: des gefärbten und ungefärbten Dotters, sowie der Zellkerne. Zellgrenzen sind meist nicht wahrnehmbar. Die Zellkerne dagegen sind kleiner und enthalten mehr Chromatin, d. h. sie färben sich intensiver als die Kerne der Blastula zur Zeit der Operation. Es hat alles eine Vermehrung und qualitative Weiterentwickelung der Zellkerne, aber keine Ordnung, der- selben und des Dotters um dieselben stattgefunden. Operirt man da- gegen das Froschei kurze Zeit nach der Befruchtung: nach der Bildung der ersten Furche, so entwickelt sich das Extraovat meist nicht, und das Gleiche gilt oft auch für die angestochene Eihälfte. Ein Zellkern ist in diesen Fällen im Extraovat nicht nachweisbar. : In wenigen Fällen findet eine Entwickelung statt. Das Extraovat wird in anfangs wenige Zellen mit deutlichen Grenzen zerlest. Das vorher unregel- mässig vertheilte Pigment ist jetzt in der Peripherie der Zellen, be- sonders an der freien Seite der oberflächlich gelegenen Zellen an- geordnet. Danach finden weitere Zelltheilungen statt. Das höchst ent- wickelte Extraovat bietet sogar eine Entwickelungsstufe dar, die der Gastrula in den wesentlichsten Punkten entspricht. Es sind zwei deutlich durch einen glatten, eontinuirlich über viele Zellen weglaufenden Contour geschiedene Schichten gebildet, von denen die äussere, dem Ekloblast entsprechende, oberflächlich aus einer einfachen Lage Mark pigmentirter Plattenepithelien besteht, unter welcher unregelmässig ge- staltete, aber dicht zusammen gedrängte kleinere Zellen in ein- bis dreifacher Zahl sich finden und mit ihrer innersten Lage den erwähnten glatten Abgrenzungscontour bilden. An der einen Seite giebt sich der glatie äussere Oberflächencontour im Bogen in die das Innere bildende Zellenmasse hinein, und der so gebildete, der Anlage der Urdarmhöhle entsprechende Spaltraum ist von grösseren dotterreicheren Zellen be- grenzt. An einer Stelle zeigen sogar an diesem Uebergangsrande des äusseren in das innere Blatt die Zellen des Ekloblast eine Anordnung, welche an die Verhältnisse bei der Bildung der Maäulloranlage des Hemiembryones latrales erinnert. Es zeigt sich also, dass Extraovate, in welche nur ein einziger Kern, und zwar die Hälfte oder ein Viertel des Furchungskernes übergetreten ist, in hohem Maasse und in einer an normale Bildung erinnernden Weise entwickelungsfähig sind. Herr Dr. Rosenfeld: Zur Verhütung und Behandlung des Coma diabeticum. Nachdem Kussmaul in elassischer Weise jenen räthselhaften Zu- stand des Coma diabeticum beschrieben und Petters, Kaulich, Gerhardt u. a, in den Excreten Aceton resp. Acetessigsäure gefunden 2 Jahres-Bericht hatten, glaubte man seibstverständlich im Aceton die vergiftende Substanz gefunden zu haben. Um dies zu erhärten, war man nun auf die Be- obachtung zufällig sich gebenden klinischen Materials angewiesen, bis einige derartige und experimentelle Beobachtungen, wie sie Biermer- Jaenicke und Ebstein anstellte, die obige Anschauung neu zu be- gründen schienen. Biermer-Jaenicke und Ebstein fanden nämlich, dass, wenn man Diabetiker auf Eiweisskost setzte, sie sofort Diaceturie bekamen. Und jene klinischen Beobachtungen gingen dahin, dass eine sanze Reihe von Diabetikern, brüsk auf Eiweissdiät gesetzt, in wenigen Tagen dem Coma erlagen. Nichts war natürlicher, als anzunehmen, dass Eiweisskost Acetonurie mache und Aceton die Autointoxieation be- wirke. In Uebereinstimmung standen damit die Versuche von Rosen- feld gemeinsam mit Ephraim und Honigmann angestellt, welche erwiesen, dass auch der gesunde Mensch auf Eiweisskost gesetzt, Aceton bildet. So schien der Ring geschlossen, aber es lassen sich doch Lücken an ihm auffinden: Erstens nämlich fehlte in gar manchen Fällen von Coma das Aceton, zweitens, wenn es selbst da ist, so scheint es sehr zweifelhaft, ob Aceton — oder Acetessigsäure — überhaupt eine vergiftende Wirkung habe. Man ist ja, wie mir auch eigene Ver- suche gezeigt haben, im Stande, grosse Dosen Aceton zu sich zu nehmen, ohne irgend eine Wirkung zn spüren. Auch die modernste Theorie für das Coma, welche Säure- intoxieation als das Wesen des Processes annimmt, hat bestechende Züge, doch auch sie kann nicht allen Forderungen gerecht werden, denn erstens sieht das Coma diabeticum doch ganz wesentlich anders aus als jene Säurevergiftung, die Walter beschreibt, zweitens ist eine solche Vergiftung nur an Herbivoren, nie an Carnivoren erzielt worden, drittens sind nur in wenigen Fällen grosse Mengen von Säuren gefunden worden, So ist es denn noch nicht so weit, dass wir eine völlig aufklärende Erkenntniss des Coma gewonnen haben. Es ist nun nicht etwa Zweck des Vortrages eine neue Theorie des Coma zu geben, sondern es soll nur auf einige gelegentlich der oben erwähnten Experimente über die Acetonbildung beim gesunden Menschen durch Fleischkost hingewiesen werden, da dieselben eine Basis bilden können für die Prophylaxe und Therapie des Coma diabeticum. | Das Grundexperiment, zahlreiche Male wiederholt, ist Folgendes: Wenn man einem gesunden Menschen z. B. Sonntag früh alle Kohle- hydrate der Nahrung entzieht, so zeigt er Montag Abend oder Dienstag früh den höchsten Grad von Acetonurie. Wenn man ihm nun Dienstag Mittags 12 Uhr 160 Gramm Weissbrot verabfolgt, so ist um 4 Uhr schon das Aceton fast gänzlich und Abends bis auf die letzte Spur ver- schwunden., Diese so leicht hervorzurufende Acetonurie verlief aber nicht ohne Begleitsymptome. Die Versuchspersonen klagten nämlich über hoch- der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 13 gradige Abgeschlagenheit und eine gewisse Müdigkeit. Diese coordinirten Erscheinungen nun der Acetonurie zu subordiniren, war natürlich das nächstliegende, doch liess sich nachweisen, abgesehen von den oben schon erwähnten Gründen, für die Unwahrscheinlichkeit solchen causalen Zusammenhanges, dass Acetonurie und jene Müdiekeit nicht in ur- sächlichem Connex standen. Arrangirte man nämlich das erwähnte Fleischexperiment derartig, dass eine Menge Fleisch genossen wurde, wie sie ausreicht, um den ganzen Organismus auf dem Status zu er- halten, d. h. liess man ca. 2000 Gramm Fleisch verzehren, so trat wunderbarer Weise kein Acetonurie auf, wohl aber jene subjectiven Symptome der Abgeschlagenheit und Müdigkeit und zwar in so ver- stärktem Maasse, dass jedes Hantieren im Laboratorium zu einer Auf- gabe grosser Selbstüberwindung wurde. Zauberhaft war es nun, wie diese Zerschlagenheit mit der ersten Kohlehydratmahlzeit verschwand. Wenn man nun überlegt, wie sich viele Comafälle an die Fleischkost- einführung anschliessen, wie auch ohne gerade in Coma zu verfallen, die Diabetiker über Müdigkeit klagen, wenn sie auf Fleischkost gesetzt werden, wenn man sieht, wie jeder gesunde Mensch unter solchen Um- ständen auch solche Erscheinungen aufweist, wie sollte da nicht der Gedanke entstehen, dass jene Ermüdung des Gesunden ein — wenn auch fernes — Analogon des zum Coma führenden Zustandes der Abgeschlagenheit sei. Wie sollte nun ferner die Idee nicht nahe liegen, wenn man sieht, oder an sich selbst erfährt, wie diese Abgeschlagenheit durch eine einzige Zufuhr von Kohlehydraten weggeweht wird, dann zu versuchen, das Coma selbst mit derselben Substanz zu vertreiben, die ein Anologon — die Müdigkeit des Gesunden bei jedem Experiment — so zauberhaft schwinden macht? Und experientia docet: mir stehen zwei Fälle zur Deite von allerdings leichtem Coma, wo jene Hypothese zu günstigem Erfolge verhalf. Der eine Fall aus der Praxis des Herrn Geheimrath Biermer betraf einen ca. 60jährigen diabetischen Kaufmann, der eines Tages in Coma versank, aus dem er für einige Zeit erwachte. Als ihm dann, sobald er wieder in das Coma zu verfallen drohte, reichlich Kohlehydrate gegeben wurden, schwand jener schlafsüchtige Zustand mehr und mehr und machte völliger Genesung; Platz. Der zweite Fall betrifft einen gewissermaassen experimentell er- zeugten Beginn von Coma. Der ca. 50 jährige Gutsbesitzer $. litt an einem sehr intensiven Diabetes mit auch bei gemischter Kost be- stehender Acetonurie mittleren Grades und ausserdem an einem Pemphigus über den ganzen Körper. Obwohl demselben nur mit der denkbar grössten Vorsicht die Kohlehydrate, und natürlich nicht völlig entzogen wurden, steigerte sich die Acetonurie zum Maximum und eines _ Tages trat starke Schläfrigkeit und jene eigenthümliche grosse Athmung -auf, die Kussmaul schon in seiner Schilderung des Bildes vom Coma diabeticum geschildert hatte. Als nun, der drohenden Gefahr tiefen 14 Jahres - Bericht Comas vorzubeugen, in ausgiebiger Menge Kohlehydrat — Weissbrot, Zucker ete. — gegeben wurden, schwanden jene bedrohlichen Symptome auf der Stelle. Später wurde wiederum noch allmählicher die Kohle- hydratentziehung bewerkstelligt, und der Patient verlor seinen Zucker, Aceton und Pemphigus. Wenn ich nun auch nicht ausser Acht lasse, dass jene Fälle nur Coma im Beginn aufwiesen, so sind sie doch Ermunterung genug, das Coma in der beschriebenen Weise zu behandeln. Für die Verhütung des Coma übrigens hat mir mehrfache Erfahrung die Lehre enthalten, dass wenn auch Aceton und Acetessigsäure nicht die Ursache des Coma sind, ihr Auftreten in maximalen Graden doch Begleiterscheinungen, Warnungssignale sind, ebenso wie sie beim Ge- sunden im ersten Experiment die Müdigkeit begleiten. Ich komme also zu folgenden Thesen: 1. Die Kohlehydratentziehung soll äusserst vorsichtig unter Beob- achtung der Acetonurie und Diaceturie geschehen ; 2. Wenn hohe Grade von Acetonurie und Diaceturie eintreten und gar noch andere Symptome das Herannahen des Coma zeigen, so ‘sollen Kohlehydrate in grosser Menge genossen werden; 3. Wenn Coma besteht, sollen dem Patienten, wenn er noch schluckt, Weissbrot, Kuchen, Zucker ete. verabreicht werden, sonst Zucker- Stärkeeingiessungen in den Magen und After gemacht werden. Eventuell regt man vorher die Resorption vom Darm aus an, in- dem man ihn durch eingegossenes Calomel reinigt. Professor G. Born: Ueber das Scheitelauge. Wie wir in unserem wohlgeordneten Heim doch immer noch allerlei ererbten Urväterhausrath mit uns führen, der zu keinem Zwecke mehr dienlich ist und seltsam aus dem Öconomisch geordneten Ganzen hervor- stieht, so birgt auch unser Körper eine Reihe von Organen, die einst Urväterlebenszwecken wohl gedient haben mögen, deren jetziger Nutzen aber und deren Erhaltung uns darum vollkommen unverständlich ist. Wir bezeichnen diese Gebilde als rudimentäre Organe. Bei vielen von diesen wissen wir freilich auch nicht, welchen Zwecken sie einstmals bei niederen Lebensformen gedient haben mögen, und es ist darum ein bemerkenswerther Schritt nach vorwärts in der Erkenntniss, wenn es uns gelingt, den ehemaligen Zweck eines solchen uralten Erbstückes aufzudecken. Ueber einen recht merkwürdigen derartigen Fund, der in neuester Zeit gemacht worden ist, will ich Ihnen heute kurz berichten. Seit alten Zeiten hat die Bedeutung eines drüsenartigea Anhanges an der oberen Seite des Gehirns, den wir als Zirbeldrüse oder glandula pinealis zu bezeichnen gewohnt sind, aller Aufklärungsversuche der Forscher gespottet. Beim Menschen ist es ein kleines tannenzapfen- der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 15 förmiges Gebilde, welches am Dache des Zwischenhirnes ansitzt, aber tief versteckt unter der überwallenden Masse des Grosshirnes gelegen ist. Je mehr in der Thierreihe nach abwärts das Grosshirn, der Sitz der Intelligenz, an Masse abnimmt, umsomehr tritt das Zwischenhirn und mit ihm die Zirbeldrüse an die Oberfiäche. Es war längst bekannt, dass die letztere bei den niederen Wirbelthieren sogar das Schädeldach durch- brieht und bis unter die Haut reicht. Ihr Ende wird dann von aussen als ein weisses Pünktchen oder Knöpfehen sichtbar. Auch die Entwicke- lungsgeschichte des Gebildes kannte man. Man wusste, dass die Zirbel- drüse in Form. einer hohlen Ausstülpung aus dem blasenförmig angelegten Gehirn entsteht, dass ihre Wände also gleichwerthig mit Gehirnsubstanz sind und dass ihre spätere, meist solide Beschaffenheit erst eine Um- wandlung darstellt, die man offenbar als Rückbildung aufzufassen hat. Was aber bedeutet nun dieses Organ, das bei allen Wirbelthieren, von den niedrigsten Fischen an bis zum Menschen aufwärts mit der grössten Constanz wiedergefunden wird, dessen Masse aus dem Gehirn hervorgeht, das bald tief versteckt im Schädel liegt, bald lang ausgestreckt bis unter die Hautoberfläche reicht und dort sichtbar wird? Auf diese Fragen wusste Niemand Antwort zu geben. Es ist kaum mehr als ein Jahrzehnt her, da hat ein phantasievoller Forscher in der bis unter die Haut reichenden Gehirnausstülpung, aus der sich die Zirbeldrüse bildet, den Rest einer uralten Mundöffnung gesehen, so dass bei den Urwirbelthieren das vordere Ende des Darms die Gehirnmasse durchbohrt hätte, wie bei . den Gliederthieren. Es braucht wohl kaum hervorgehoben zu werden, dass derartige Phantasieen keinen Glauben fanden. Vor 3 Jahren aber gelangten, wie es so häufig geht, beinahe zu gleicher Zeit und unab- hängig von einander 3 Männer, 1 Holländer und 2 Deutsche, de Graaf, Ahlborn und Rahl-Rückhard, zu derselben Idee, welche die ehemalige Bedeutung der Zirbeldrüse plötzlich in helles Licht stellte. Alle 3 er- kannten, die Zirbeldrüse erscheint bei gewissen niederen Wirbelthieren, nämlich bei vielen Sauriern, als ein unpaares Auge, das am Scheitel des Kopfes gelegen ist und das deswegen als Scheitelauge oder Parietalauge bezeichnet wurde. Um die Bezeichnung des Gebildes als Auge zu recht- fertigen, wird kurz das Wesentliche im Bau der paarigen Augen ge- schildert und damit das Bild des Parietalauges von Hatteria (nach Spencer) verglichen. Das Zirbeldrüsenende oder Scheitelauge ist bei diesem Thier dieht unter der Haut gelegen, in. einer Oeffnung des Schädeldachs, die längst als Scheitelloch oder foramen parietale bekannt ist. Ueber demselben ist die Körperhaut dnrehscheinend, ja mitunter durchsichtig, wie eine echte Hornhaut. Das Gebilde hat die Form einer geschlossenen, von Fasermassen gewobenen Kapsel, wie der eigentliche Augapfel. Unter der durchscheinenden Hornhaut ist in den Augapfel ein linsenartiges Ge- bilde eingesetzt, das, wie die echte Linse, aus nebeneinander gelagerten 16 Jahres - Bericht kernhaltigen Fasern besteht. Die Innenwand der Kapsel ist im Uebrigen austapezirt mit einer nervösen Lage, welche wie die Netzhaut von einer Mosaik hier brauner Stäbehen zusammengesetzt wird. An diese Stäbchen schliessen sich Reihen eigenthümlich gestalteter Körner, durch deren Vermittelung feine Fasern eines vom Gehirn zum Augapfel tretenden Nerven zu den Stäbchen gelangen. Das ganze Gebilde entsteht genau wie die haarigen Augen aus einer hohlen, sich am Ende blasenartig erweiternden Ausstülpung des Gehirns und zwar nimmt es seinen Ursprung von dem Dache genau desselben Theiles des Gehirnes, aus dessen Seiten- wänden die paarigen Augen hervorgehen, nämlich vom Zwischenhirn. Man sieht, die Aehnlichkeit des Parietalauges mit den paarigen Augen in Bezug auf Lage, Bau und Entwickelung ist eine frappante. Zur Erläu- terung des Gesagten wurden (unter der Loupe) das Scheitelauge am Kopfe eines Blindschleichenembryos und mehrere mikroskopische Medialsehnitte durch die Köpfe von Blirdschleichen- und Eidechsen-Embryonen de- monstrirt. Es ist wohl merkwürdig genug, dass es demnach Wirbelthiere giebt, welche neben den beiden seitlichen Augen noch ein drittes unpaares auf dem Scheitel des Kopfes besessen haben und dass wir selbst inmitten unseres Gehirns in der Zirbeldrüse einen verkümmerten drüsenartig um- gewandelten Rest dieses dritten Auses als Urvätererbstück mit uns herumtragen. Wir können aber noch weiter schliessen. Wir wissen, die heutigen Reptilien sind nur ein kümmerlicher Rest einer einst viel reicheren und grossartigeren, aber längst ausgestorbenen Welt von Kriechthieren. Jedermann kennt wenigstens aus dem Scheffel’schen Liede den bekneipten Ichthyosaurus und den gerührten Plesiosaurus, der um die treulose Plesiosaura weinte. Auch diese riesigen Reptilien der Vor- welt hatten wahrscheinlich ein Scheitelauge, denn sie besitzen alle das charakterstische Loch im Scheitelbein, das foramen parietale, in welchem desselbe gelegen ist. Bei den heute lebenden Eidechsen ist das Seheitel- auge wohl immer etwas verkümmert, es bleibt zweifelhaft, ob dasselbe trotz seines ungewöhnlichen Baues noch für Liehteindrücke empfindlich ist. Bei den Riesenechsen der Vorzeit mag das anders gewesen sein, da mag das Scheitelauge dem Kriechthiere eine von oben kommende Gefahr oder Beute angezeigt haben. Die Phantasie des Laien kann sich mit solchen Bildern beschäftigen, die nüchterne Forschung hat anderen “ Dingen nachzugehen, ihr fällt auf, dass das Scheitelauge doch wesentliche Abweichungen im Baue von den paarigen Augen aufweist. Bei den letzteren wird die Linse in Form eines sich abschnürenden Säckchens von der äussern Haut ausgebildet und in die vom Gehirn ausgestülpte Augenblase eingeschoben; beim Scheitelauge ist es die äussere Wand der Gehirnausstülpung selber, welche zur lichtbrechenden Linse umge- bildet wird. Bei den paarigen Augen bilden die Stäbehen die äusserste Schicht der Netzhaut, beim Scheitelauge dagegen die innerste. Diese der Schles. Gesellschaft für vaterl, Cultur. 17 und andere Eigenthümlichkeiten nähern das Scheitelauge den Augen mancher wirbellosen Thiere und damit eröffnet sich die Aussicht, dies Organ: als ein noch viel älteres- Erbstück von wirbellosen Ahnen der Wirbelthiere her erkennen zu können. Leider zeigt die Zirbeldrüse gerade bei den niedersten Wirbelthieren, bei den Fischen, durchaus nicht den ungewöhnlichen Bau wie bei den Reptilen, so dass nicht einmal die Anschauung abgelehnt werden kann, es sei das Scheitelauge eine specielle Anpassung der Zirbeldrüse, die nur bei manchen Reptilien sich ausgebildet habe. Doch sei dem wie ihm sei, es bleibt immer ein bemerkenswerther Fortschritt in der Er- kenntniss, dass wir wissen, unsere Zirbeldrüse habe einst als ein drittes unpaares Auge, als ein een gedient. Herr Geheimer Regierungsrath Professor Dr. Poleck legte Präparate seltener Metalle (insbesondere von Indium, Gallium und Germanium) vor, welche Herr Dr. Schuchardt-Görlitz zum Vorzeigen in der Wander- versammlung in dankenswerther Weise zur Verfügung gestellt hat, und sprach im Anschluss daran und im Hinweis auf die zahlreichen in Ober- schlesien hergestellten Grundstoffe über das periodische System der Elemente, welches durch Mendelejeff und Lothar Meyer aufgestellt worden ist und der Versammlung durch eine Wandtafel bequem vor Augen geführt werden konnte. Die bis jetzt mit Sicherheit als Elemente erkannten 66 Stoffe lassen sich nach der Grösse ihrer Atomgewichte in eine aufsteigende Reihe und schliesslich in Gruppen ordnen, welche gesonderte und doch ver- wandte physikalische und chemische Eigenschaften besitzen. Diese Eigenschaften der Elemente können als periodische Function ihrer Atom- gewichte angesprochen werden. Die periodische Reihe spricht übrigens für die von mehreren Philosophen aufgestellte Hypothese, dass alle chemischen Elemente auf einen einzigen Grundstoff zurückzuführen seien. Aus der Lückenhaftigkeit des Systems hat man die Hoffnung geschöpft auf Entdeckung neuer Elemente und sogar die Eigenschaften solcher mit ziemlicher Sicherheit vorausbestimmt. Diese Hoffnung ist durch die Entdeckung der beiden Metalle Gallium und Germanium bereits ver- wirklicht worden. Der Vortragende sprach schliesslich den Wunsch aus, dass die oberschlesische Industrie zur Ausfüllung der Lücken in der periodischen Reihe der Elemente beitragen möge, und wies insbesondere darauf hin, dass bei spectroscopischen Untersuchungen des Bessemer- Stahl-Prozesses Spectrallinien beobachtet worden seien, welche ihrer Deutung noch harren. Privatdocent Dr. Gürich sprach Ueber die Goldvorkomninisse in Südwest-Afrika. Die Geschichte der Goldfunde unseres Schutzgebietes reicht bis in - das vorige Jahrhundert :zurück. Die ersten Expeditionen nach dem- 1889. 2 18 Jahres - Bericht selben von Seiten der Boeren in der Capcolonie wurden in der Hoffnung auf Goldfunde unternommen. Die eigentliche Entdeckung der ,‚Gold- felder‘‘ knüpft an den Aufschwung des Kupfererzbergbaues in Klein-Na- maqualand sowie in dem nördlich angrenzenden Gross - Namaqualand gegen die Mitte dieses Jahrhunderts an. Der Vortragende bespricht alsdann in kurzen Worten die Ent- wickelung der Verhältnisse in unseren Schutzgebieten in den letzten Jahren, soweit sie die Goldfunde betreffen, beschreibt die verschiedenen Fundstellen und giebt an, in welcher Art und Weise die Untersuchung der Goldlagerstätten vorgenommen wurden. Bei den Goldlagerstätten sind folgende Typen zu unterscheiden: I. Kupfertypen. 1. Typus Ussab. Das Gold ist im Ausgehenden von lentieulären Kupfersulfideinlagerungen im Gneiss enthalten. 2. Typus Pot-Mine. Das Gold ist in gleicher Weise in ebensolehen geschwefelten Kupfererzeinlagerungen in Granatfels oder Granat- und Epidotfels eingelagert. 3. Typus Usakos. Gold in Kupfer- und Eisensulfideinlagerungen im krystallinischen Kalk. 4. Typus Chuosgebirge. Gold mit Kupferglanz ist in grösseren und kleineren meist unregelmässigen Gängen ausgeschieden. II. Wismuthtypus. Das Gold ist mit Wismuth und Wolframit in meist kleineren Quarzgängen fein vertheilt enthalten. Die Gänge sind meist streichende Faltungsgänge, die nicht selten in Lagergänge über- sehen und an den sich auskeilenden Enden auch oft das Streichen ein wenig ändern und so in spiesseckige Faltungs- gänge übergehen. Mittlerer Kuisib bei Niguib, Guagos, Ussis. Die Kupfertypen machen sich dadurch unangenehm bemerklich, dass das gewinnbare Gold meist ausschliesslich an die Oberfläche, so tief die Verwitterungszone reicht, gebunden ist. Es ist nun nicht denkbar, dass das Gold im Ausgehenden allein durch die Zersetzung der entsprechenden Sulfide derselben Verwitterungszone entstanden ist, sonst müsste auch das Gold in gleicher Quantität in den unzersetzten Kiesen nachweisbar sein, was nicht der Fall ist. Der Goldgehalt muss vielmehr eine be- deutende Anreicherung an der Oberfläche erfahren haben, was natürlich nur durch Zufuhr von Aussen erfolgt sein kann. Die Lagerstätten des Kupfertypus werden als zu geringfügig in ihren Dimensionen, zu arm an Goldgehalt und besonders als zu unzuverlässig in der Erzführung hingestellt. Etwas zuverlässiger sind die Wismuth- gänge, sie sind indes bisher alle als zu arm befunden worden, als dass der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 19 in einem Lande, wo dem Bergbau durch Wassermangel und durch Holz- mangel so bedenkliche Schwierigkeiten geschaffen werden, ein rentabler Bergbau erhofft werden könnte. Zum Schluss betont der Vortragende, dass er sein absprechendes Urtheil über den Goldbergbau in jenen Gegenden nur für den von ihm besuchten Theil des Landes, den Kuisib hinauf und weiterhin bis Rehobot — von dort nordwärts über Otyim- bingue bis Otyitambi, gelten wissen will. jr Spanpuppmwr Peru | ee TER Son DD 8 sıoupPpomm © Verzeichniss der in Kattowitz neu aufgenommenen auswärtigen Mitglieder. . Dr. Loebinger, prakt. Arzt in Kattowitz. E. Sachs, Bankier in Kattowitz. Dr. Holtze, Sanitätsrath, prakt. Arzt in Kattowitz. S. Freuthal, Lehrer in Kattowitz. R. Fiegler, Lehrer in Kattowitz. Menzel, Director in Kattowitz. . Dr. Sehmula, Sanitätsrath in Zabrze. . Julius Nothmann, Kaufmann in Kattowitz. Hermann Fischer, Kaufmann in Kattowitz. Max Nothmann, Kaufmann in Kattowitz. L. Sussmann, Kaufmann in Zawodzie bei Kattowitz. H. Ludnowski, Kaufmann in Kattowitz. Otto Herschenz, Kaufmann in Rosdzin OS. Salomon Wiener, Kaufmann in Kattowitz. . Dr. Staub, prakt. Arzt in Rosdzin OS. Siegfried Silberstein, Kaufmann in Kattowitz. . 8. Epstein, Rechtsanwalt in Kattowitz. Dr. J. Cohn, Rabbiner in Kattowitz. . A. Metke, Hütten-Inspector in Baildonhütte bei Kattowitz. . M. Goldstein, Maurermeister in Kattowitz. . Neutschel in Zawodzie bei Kattowitz. . Glaser, Hüttenmeister in Kunigundenhütte bei Kattowitz, . Fernbach, Kaufmann in Zawodzie bei Kattowitz. Vietor Rund, Kaufmann in Kattowitz. . Leopold Neumann, Buchdruckereibesitzer in Kattowitz. . Adolf Loebinger, Kaufmann in Kattowitz. . Dr. Goldstein, prakt. Arzt in Kattowitz. 9*# [So S>) So.» ©) @ © © © ©s je SP 5) 09 I 6) IS Ua! rt Star Sat SET SEEN SE Sg St Er Sr er SSHHSSBSN-SE: a ao wm — a oa on oa oo je . Jahres - Bericht Julius Feige, Mühlenbesitzer in Kattowitz. D. Rappaport, Weinhändler in Kattowitz. Georg Lustig, Kaufmann in Katiowitz. Louis Bock, Kaufmann in Kattowitz. L. Altmann, Kaufmann in Kattowitz. Jos. Neumann, Kaufmann in Kattowitz. J. Münzer, Lehrer in Kattowitz. Ferdinand Zweig, Kaufmann in Kattowitz. Max Gierth, Buchhändler in Kattowitz. Vogel, Hütten-Inspeetor in Rosdzin OS. A. Goldstein, Kaufmann in Kattowitz. Joseph Goldstein, Brettmühlenbesitzer in Kattowitz. Ad.:Landsberger, Bankier in Kattowitz. Salo Block, Kaufmann in Kattowitz. Simon Schweitzer, Kaufmann in Kattowitz. Max Glaser, Mühlenbesitzer in Kattowitz. Hugo Schweitzer, Kaufmann in Kattowitz. Dr. Färber, Kreisphysikus und Sanitätsrath in Kattowitz. R. Kaluza, Gymnasiallehrer in Kattowitz. J. Ehrlich, Kaufmann in Kattowitz. Sittka, Rechtsanwalt in Kattowitz. Donders, Maschinen-Inspector in Kattowitz. Dr. Voltz, Secretair des Berg- und Hüttenmännischen Vereins in Kattowitz. | B. Rüdenburg, Markscheider in Kattowitz, A. Wache, Regierungsrath in Kattowitz. Walter Dyhrenfurth, Rittergutsbesitzer in Jacobsdorf bei Kostenblut. Moritz Ollendorff, Kaufmann in Kattowitz. . Ernst Kuznitzky, Kaufmann in Kattowitz. Dr. Glaser, prakt. Arzt in Kattowitz. S. M. Schalscha, Kaufmann in Kattowitz. Th. Nitschke, Kaufmann in Kattowitz. Dr. Freund, Sanitätsrath in Gleiwitz. I; Bericht über die Thätigkeit der medieinischen Section im Jahre 1889, erstattet von den zeitigen Secretären der Section Fritsch und Ponfick. 1. Sitzung vom 18. Januar 1889, Herr H. Fischer: a. Demonstration eines wegen Hirntumors Trepanirten, b. einer eigenthümlichen Magenästel, c. eines nach Ogston operirten Genu valgum. 2. Sitzung vom 1. Februar 1889. Herr Buchwald: Ueber Aorten-Aneurysma und Bemerkungen über Herz-Syphilis. Unter Vorlegung von Präparaten referirte der Vortragende über zwei Fälle von Aneurysma aortae, welche durch die Eigenartigkeit ihres klinischen Verlaufes, sowie ihrer aetiologischen Ursache ein ganz besonderes ärztliches Interesse beanspruchten. Eigenthümliche Circu- lationsstörungen des gesammten oberen Venengebietes, Nachlassen und wieder Stärkerwerden der Symptome waren so auffällige Erscheinungen, wie man sie bei Aorten- Aneurysmen sonst selten zu beobachten pflegt. Die Ursache der Aorten- Aneurysmen ist nun in diesen Fällen sehr häufig die Syphilis. Der Vortragende giebt eine historische Uebersicht über die Anschauung bezüglich der Genese der Aneurysmen. Er hebt hervor, dass in gewissem Lebensalter (20 bis Anfang der 40er Jahre) in der grösseren Mehrzahl der Fälle die Syphilis als alleinige Ursache anzusehen sei. Er befindet sich damit im Einklange mit den neuesten 2) Jahres - Bericht Arbeiteu über diesen Gegenstand. Schon Welch hatte dies auf Grund seiner Untersuchungen bei Kranken der englischen Armee ausgesprochen, auch viele französische Autoren stehen auf demselben Standpunkte. Am weitesten geht darin Malmsten in seiner neuesten Arbeit „Aorta Aneurysmens Etiologie“. Er theilt sie ein in luetische, senile, trau- matische, Arrosions- und mykotische Aneurysmen. Letztere sind die seltensten, die ersteren bilden nach seinen Untersuchungen 80 pCt. aller Aneurysmen. Trotzdem es für die Veränderungen syphilitischer Natur an den Gefässwänden keine pathognomischen Symptome giebt, so lehrt doch die Eigenartigkeit der Erkrankung, welche hier meist von der Media ausgeht, dann aber auch die anderen Gefässwände ergreift, dass man es mit einer specifischen Erkrankung zu thun hat. Der Vor- tragende schildert die an den grossen Gefässen bemerkbaren makro- skopischen und mikroskopischen Veränderungen und weist darauf hin, dass es unzweckmässig sei, nur die Localisation an den Hirngefässen gelten zu lassen. Es gäbe nunmehr sichere Beobachtungen genug, dass kein Gefässgebiet von der syphilitischen Erkrankung ausgeschlossen sei; die Erkrankung an den Hirngefässen werde nur deswegen leicht erkannt, weil die daraus resultirenden cerebralen Erkrankungen augen- fälliger wären und kaum zu verkennen seien. Nichtsdestoweniger wären auch an den anderen Gefässen die Veränderungen bemerkbar und würden viel häufiger gefunden werden, wenn bei den Seetionen auch die mikro- skopische Untersuchung des Gefässystems mehr vorgenommen würde, Mit der sogenannten Atherose habe die Syphilis nichts gemein. Von grosser praktischer Bedeutung sei es, frühzeitig auf Veränderungen an der Aorta aufmerksam zu werden und durch antisyphilitische Curen, welche, wie der Vortragende erläutert, in vielen Fällen zu vorüber- gehender oder dauernder Besserung führen, den Process zu bekämpfen. Noch viel wichtiger seien die Veränderungen am Herzen. Bislang nimmt die pathologische Anatomie zwei Arten von syphilitischer Herzerkrankung an: die Gummata des Herzens und die syphilitische Myocarditis, beide Formen kommen combinirt vor. Ehrlich zeigt noch, dass Coagulations- necrose auf Grund embolischer, von den kranken Herzgefässen aus- gehender Verstopfung vorkommt. Die Symptomatologie syphilitischer Herzerkrankungen sei nur dürftig. Im wesentlichen wird es sich ja immer um Insuffieienz-Erscheinungen am Herzen handeln. . Vortragender zeigt auf Grund eigener längerer Beobachtung an 20 Fällen, dass es mit Ausschluss aller anderen aetio- logischen Momente und unter Zuhilfenahme der antisyphilitischen Cur sehr wohl gelinge, in sehr vielen Fällen die specifische Natur der Herz- erkrankung nachzuweisen. Dieselben sind viel häufiger, als angenommen wurde. Sie können nach einem Jahre, aber auch erst 20 Jahre nach der Infection auftreten, dabei können die Kranken keine oder noch der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 33 sichtbare andere Zeichen bestehender oder überstandener Syphilis zeigen. Es sei auch objeetiv nachweisbar, dass es sich um Herzsyphilis handele. Ausser den Störungen von Seiten des Herzens, Schwäche, Arythmie, Circulations - Anomalien, werde meist Herzhypertrophie, auch Verände- rungen an den Klappen, welche kommen und vergehen, und Ver- änderungen an den Arterien (besonders der temporalen) nachzuweisen sein. Auffallend sei besonders, dass niemals das blühende Alter ergriffen werde. Meist handelt es sich um Männer, Frauen neigen, wie auch seltener zur Aneurysmen-Erkrankung, auch weniger zur Herzaffeetion auf syphilitischer Basis. Durch energische, immer wieder von neuem eingeleitete Mercurial- oder Jodealium-Curen gelinge es, den Process zum Stillstand oder zur Heilung zu bringen, Da solche Kranke häufig auch wegen der Geringfügigkeit der Symptome nicht zum Arzte kommen, namentlich nicht die Syphilidologen aufsuchen, so sei besonders den Hausärzten anzuempfehlen, auf die Männer, welche früher Syphilis acquirirten, in dieser Beziehung zu achten. Ausgeschieden seien Rheumatismus, Alcoholismus, Nicotin- und andere Intoxicationen. Der Vortrag erscheint ausführlich in der Deutschen Medieinischen Wochenschrift von Börner. 3. Sitzung vom 8. Februar 1889. 1) Herr E. Kaufmann: Ueber einen neuen Fall von Sublimatvergiftung, mit Demonstration von mikroskopischen Präparaten. Es handelt sich um eine Vergiftung in selbstmörderischer Absicht, welche eine Wärterin mittelst 300 & einer 4proc. Lösung von Sublimat an sich ausführte.. Unter den schwersten Erscheinungen von Seiten der Nieren — die Urinmenge blieb während des 19tägigen Krankheits- verlaufs fast andauernd auf ein Minimum reducirt — lebhafter Stomatitis, jedoch verhältnissmässig geringen Diarrhoeen verstarb die 20 jährige Patientin am 19. Krankheitstage. Bei der Section boten die Nieren das Bild ausgedehnter Ver- kalkungen dar neben Necrose der Epithelien; es fand sich kein Fett in denselben, wozu der makroskopische Anblick hätte verleiten können, Der Darm zeigte entsprechend dem Befund während des Lebens nur geringe Veränderungen, Dieser Befund weist, wie K. das schon früher behauptete, mit Nothwendigkeit darauf hin, dass die sonst gesehenen diphtherischen Darmveränderungen nicht auf einer Aetzwirkung des aus- seschiedenen Sublimates beruhen, trotzdem diese ganz unbegründete Be- hauptung immer wieder von einem Lehrbuch ins andere entlehnt wird. Die Lungen boten bei der Seetion das buntscheckige Bild, wie es be- sonders bei Vergiftungsversuchen bei Kaninchen so deutlich zu Tage 24 Jahres- Bericht tritt. Dies wird bedingt durch Verschiedenheit der Blutfüllung, indem in reichlichen Capillaren Stase und rothe Thromben sich, wie ver- gleichende Thierversuche lehren, schon intravital ausgebildet haben. Was den mikroskopischen Nierenbefund anlangt, so muss zunächst Virehow gegenüber betont werden, dass die Kalkeinlagerungen keine exquisit mikroskopische Erscheinung, sondern sehr wohl mit unbewaff- netem Auge zu diagnostieiren sind. Sodann ist zu betonen, dass die mikroskopisch sich documentirenden Neerosen der Epithelien gewundener Canälchen und die Kalkablagerungen sprungweise, nicht, wie Virchow behauptet, von Haus aus gleichmässig über die ganze Niere vertheilt sind. Die Kalkablagerungen finden sich zuerst in den durch Anaemie necrotisirten Canälchen-Epithelien; lösen sich verkalkte Epithelien von der Wand ab, so gelangen sie als Ausfüllung in die unterhalb gelegenen Canalabschnitte. Dieser Modus ist also etwas secundäres; das Wesent- liche und für die Sublimat - Intoxication Eigenthümliche ist die Ver- kalkung coagulationsnecrotischer Epithelien; verfetten die Epithelien vorher, z. B. bei einer puerperalen Sepsis, so finden wir gewöhnlich keine Kalkablagerungen, weil eben der passende Boden, die necrotischen Epithelien, fehlt. Wenn Virchow den Vorgang der Verkalkung bei der Sublimat- Intoxieation mit seiner Kalkmetastase identificirte, so geschah das auf Grund der Untersuchungen von Prevost, der behauptete, es fände unter dem Einfluss des Sublimats eine Decaleinirung der Knochen statt. Die Beweise dafür sind aber, wie die genaue Lecture der Prevost’schen Arbeit lehrt, nicht mit beruhigender Genauigkeit erbracht. Lag es daher schon nahe, nach einer besseren Erklärung zu suchen, so ergab sich diese aus der Analogie der Versuche von Litten, v. Werra, Affa- nasiew, Gottschalk, Langhans. Alle diese Autoren zeigten, dass die Coagulationsnecrose der Epithelien den Boden zur Praeeipitation von Kalk abgiebt, der stets, besonders bei Kaninchen, in grosser Menge im Blut und den Gewebssäften eireulirt. Der Vortrag wird in ausführlicher Weise in Virchow’s Archiv Bd. 117 veröffentlicht werden. 2) Herr Janicke: a. Osteoplastische Resection des Fusses nach Wladimiroff-Mikuliez. Der jetzt 14 jährige, hereditär stark mit Tubereulose belastete Knabe gab wesen Caries des Talus; und Calcaneus am linken Fuss bei gleich- zeitig vorhandener ausgedehnter Erkrankung der entsprechenden Weich- theile zu der nunmehr schon mehrfach geübten osteoplastischen Fuss- resection nach Wladimiroff-Mikulicz Veranlassung. Die tuberculösen ’Processe in den genannten Knochen, sowie in den sie verbindenden und ihnen benachbarter Gelenken bestanden seit einem Jahre. Eine üppige, der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 35 zu raschem Zerfall neigende Wucherung fungöser Granulationen, eine seit mehreren Jahren vorhandene Neigung zu anhaltenden, aber noch nicht nachweisbar auf bacillären Ursprung zurückzuführenden Lungen- katarrhen, sowie endlich eine unter dem Auftreten reichlicherer Nacht- schweisse zunehmende Verschlechterung des Allgemeinbefindens machten den Wunsch erklärlich, eine möglichst schnelle Heilung des Knochen- leidens am Fusse herbeizuführen. Die obengenannte Methode schien am geeignetsten dazu und hat auch, wie ich gleich zeigen will, geleistet, was sie überhaupt zu leisten im Stande ist. Bei Anlegung der Schnitte folgte ich ganz den Mikuliez’schen Vorschriften, ich sah aber ab von der Plattennaht der dorsalen Weich- theilfalte und der Tenotomie der Zehenflexorensehnen. Die Abtragung der Knorpelfläche des navicul. und ceuboid. nahm ich mit der Säge vor und glaubte damit eine glattere Knochenlläche zu erzielen als mit dem Meissel. Um den Knochentheilen eine bessere Sicherung in der erforderlichen Stellung zu verleihen, machte ich durch Periost und Weichtheile vor dem Schluss der Wunde Etagennähte mit Catgut. Einige kleinere, nur in der Haut befindliche, durch die Führung der Schnitte nicht zu be- seitisende Ulcerationen waren energisch ausgelöffelt worden. Ueber den antiseptischen Jodoformgaze - Mooskissenverband wurde ein gut fixirender Gypsverband gelegt. Innerhalb 4 Wochen war nach zweimalisem Verbandwechsel das Aneinanderheilen der Knochen und Weichtheile vollendet, während die schon genannten oberflächlichen Haut-Ulcerationen bis zu ihrer völligen Ueberhäutung noch mehrfach mit Milchsäure und Höllenstein behandelt werden mussten. Die dorsale Weichtheilsfalte hatte sich ohne Weiteres ausgeglichen. Eine ganz leichte Nachgiebigkeit der Knochennarbe veranlasste mich, noch 2 Wochen bis zum Beginn der Gehversuche verstreichen zu lassen. Dieselben wurden zunächst unter dem Schutz eines leichten, in geeigneter Weise angelegten Gypsverbandes vorgenommen. Durch täglich activ und passiv ausgeführte Extensions- Bewegungen gelang es, relativ rasch die von Mikuliez gewünschte Stellung der Zehen zu erreichen. Vermittelst der Narbe als Bindeglied wirkt der Flexor digit. commun. long, ausgezeichnet auf die durchschnittenen Sehnenstümpfe, ebenso hat sich die Sensibilität im Gebiet des durch- trennten Nervus tibialis in normaler Weise wieder hergestellt. Ob in Folge Verheilung der entsprechenden Nervenenden (Rose) oder durch vicariirendes Eintreten der Fussrückennerven, bleibt dahingestellt. Jeden- falls war auch in diesem Falle die von Roser gefürchtete neuro- “ pathische Störung gänzlich ausgeblieben. Jahres - Bericht NG {or} Das Allgemeinbefinden sowie das Aussehen des Knaben hatten sich bei stark zunehmendem Appetit sehr bald nach der Operation ganz wesentlich gebessert. Nach dem definitiven Schluss auch der Hautwunden, ca. 3 Monate post operationem, erhielt der Kranke einen geeigneten Schuh. Der Gang ist jetzt, nahezu 2 Jahre nach dem Eingriffe, so gut wie er unter den obwaltenden Umständen nur sein kann. Durch das während des Gehens stattfindende Abwickeln der Zehen vom Fussboden hat derselbe einen nicht geringen Grad von Elastieität und unterscheidet sich dadurch zu seinen Gunsten recht wesentlich von den Resultaten, welche man durch die Operationen nach Syme und Pirogoff erlangt. In Schnellig- keit und Ausdauer des Laufens, selbst auf unebenem Terrain, wetteilert unser Patient mit jedem Knaben seines Alters erfolgreich. b. Angeborene doppelseitige Patellar-Luxation. Die Seltenheit der in das Kapitel der eongenitalen Luxationen ge- hörigen Fälle und die in Folge davon bisher nicht häufig gebotene Gelegenheit, gründliche anatomische Untersuchungen der pathologischen Gelenke zu machen, sind Ursachen dafür, dass über die Aetiologie der Mehrzahl der fraglichen Abnormitäten noch ein unerfreuliches Dunkel herrscht. Aus diesem Grunde erscheint es nicht unangebracht, die Casuistik durch genauer beobachtete Fälle zu bereichern und soll nun in Folgendem ein Fall von doppelseitiger angeborener Kniescheibenverrenkung be- schrieben werden. Derselbe bietet übrigens auch noch in anderer Be- ziehung des Interessanten genug. Es handelt sich hierbei um ein jetzt 14jähriges, aus gesunder Familie stammendes Mädchen, welches nach der normal vor sich gehenden Geburt sofort eine ganze Reihe von Abnormitäten erkennen liess. Im dritten Monat der Schwangerschaft hatte die Mutter, um dies gleich zu erwähnen, ein Trauma erlitten, welches darin bestand, dass ihr der Oberkörper gewaltsam nach hinten übergebogen wurde. Die Thatsache ferner, dass bei der Geburt nur wenig Fruchtwasser abfloss, war für die Frau nicht auffällig, da sie dieselbe Beobachtung bei allen ihren früheren Geburten gemacht haben will. Eltern und Hebamme fiel an dem sonst recht schwächlichen Kinde eine abnorme Grösse des Kopfes, eine Verkrümmung des Rückens verbunden mit Schiefsein des Brustkorbes, eine durch Gegendruck schwer zu beseitigende Beugung im rechten Handgelenk, sowie endlich ein Plattsein beider Füsse auf. In einer Kinderklinik der Stadt wurden 14 Tage post partum die genannten Difformitäten auch ärztlicherseits festgestellt und durch Schienenverbände die Contractur des rechten Handgelenks beseitigt. Gegen die Wirbel- der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 937 säulenverbiegung konnte bei dem zarten Alter des Kindes nicht vor- gegangen werden. Erst im dritten Lebensjahr machte das sich äusserst langsam ent- wickelnde, durch besonders zu erwähnende Krankheiten nicht heim- gesuchte Kind die ersten Gehversuche. Dieselben misslangen jedoch völlis, weil das rechte Bein im Knie- gelenk nicht gut gestreckt werden konnte. Als Ursache dafür ergab sich bei erneuten Anfragen in verschiedenen Polikliniken der Stadt eine krankhafte Veränderung der Kniegelenke, bestehend in abnormer Lage beider Kniescheiben. Die daraus resul- tirenden, die Gehversuche vereitelnden Contracturen wurden zwar mit Gypsverbänden behandelt; der vorübergehende Nutzen derselben ver- anlasste jedoch die Eltern, diese Behandlung aufzugeben. Das Kind richtete sich in Folge dessen mehr und mehr darauf ein, durch Rutschen in kniender Stellung bei nach hinten gekreuzten Unterschenkeln (wobei das schwächere rechte auf dem linken Bein auflag) mittelst Aufsetzen der Hände auf den Fussboden vorwärts zu kommen. Ich erwähne das, weil diese durch 10 Jahre geübte Fortbewegungsart und die dazu ge- wählte Haltung der unteren Extremitäten die schon vorhandene Neigung zu Beugungs-Contracturen der Ober- und Unterschenkel gesteigert, sowie eine eigenthümliche Form der Füsse erzeugt hat, die bestimmt nicht congenital, entstanden ist. Ich selbst sah das Kind vor ca. 2 Jahren zum ersten Male. Neben der prognathischen Form des Gesichts fiel zunächst die colossale Verbiegung der Wirbelsäule mit ihren Folgeerscheinungen am Thorax in die Augen. Seitenabweichung und entsprechende Rotationen der Columna vertebrarum, sowie die Verlagerung der Rippen und Schulterblätter haben den denkbar höchsten Grad erreicht. Daneben machen sich in zweiter Linie eine starke Beugung der Hüft- und Knie- gelenke, sowie eine totale Verschiebung der Patellae nach der Aussen- seite der Condyl. femor. ext. bemerkbar. Der Versuch, die Theile in normale Stellung zu bringen, misslang gänzlich. Auffallend war ferner bei näherer Untersuchung eine starke Rotation der Oberschenkel nach innen, der Unterschenkel nach aussen. Die erstere hat ihren Grund darin, dass beiderseits der Schenkelhals wie durch eine Verbiegung oder Infraetion nach hinten vom Schaft abgeknickt erscheint, so dass der grosse Trochanter weit nach vorn prominirt. Des Weiteren erweisen sich die äusseren Condylen ‘der Femurknochen im Verhältniss zu den inneren zu klein und die bei normalen Verhältnissen die Kniescheiben bergenden Foss. intercondylod. abgeflacht. Beiderseits zeichnen sich die Kniegelenkskapseln durch abnorme Nachgiebigkeit aus. Sofort in die Augen springend ist es, dass sowohl Knochen als “ Weichtheile des rechten in allen ihren Dimensionen dem linken Bein s Jahres-Bericht bS [0/0] nachstehen. Es ergiebt sich durch Messung in der Länge ein Unterschied von 2 em, in der Dicke ein solcher von 3 cm zu Gunsten des linken Beins. Am schnellsten lässt sich dies auch ohne Messen beim Vergleich der Füsse erkennen. Dieselben erhalten noch eine besondere Form da- durch, dass der Vorfuss, in Folge des oben erwähnten eigenthümlichen Rutschens, in der Gelenklinie zwischen Fusswurzel- und Mittelfussknochen wie nach innen abgeknickt ist. Neben dem schon hervorgehobenen Plattsein der Füsse ist auch eine gewisse Schlottrigkeit der Fussgelenk- kapsel auffällig. Die von den verschiedenen Muskeln vertretenen Bewegungen sind, soweit die Contracturen dies nicht hindern, möglich, so dass von einer tieferen. Laesion des Innervations- und Bewegungsapparates nichts zu bemerken ist. Eine dem Nichtgebrauch entsprechende Atrophie des beiderseitigen M. quadriceps ist deutlich erkennbar. Zu bemerken bleibt noch, dass das Kind im 4. Lebensjahre eine Staaroperation wegen an- geborener Katarakte des linken Auges durchgemacht hat. Das Auge sing damals zu Grunde, die darauf folgende Phthisis bulbi hat zu der sehr deutlich siehtbaren Atrophie, der die Orbita zusammensetzenden Knochen geführt. Die Behandlung bestand in der Durchschneidung einer Reihe, die Streckung der fraglichen Gelenke hindernden Sehnen und Fascien, sowie in Anlegung allmählich corrigirender Gypsverbände. Patientin ist jetzt so weit, dass sie aufrecht zu stehen und gehen ver- mag, wenn das rechte von Anfang an schwerer beeinträchtigte Bein genügend durch einen Stützverband (abnehmbarer Gypsverband) ge- festigt wird. Bei Aufwerfung der Frage, wie unsere Patientin zu den verschie- denen vorhandenen Abnormitäten gekommen sein möchte, stehen wir der Schwierigkeit gegenüber, die mangels einer allgemeingiltigen Theorie für die Beantwortung einer solchen Frage entsteht. Aus den sich mehrenden Erfahrungen geht nun allerdings fraglos hervor, dass eine alle einschlägigen Fälle einheitlich erklärende Theorie überhaupt nicht aufzustellen sein wird. Es ist vielmehr jetzt schon sicher, dass, je. nach Lage der Dinge, sowohl diejenigen, welche die Ursachen innerhalb des Foetus (in urprünglich pathologischen Zuständen des Keims selbst), als auch diejenigen, welche sie ausserhalb desselben (in abnormen Lagerungs- und Druckverhältnissen in utero) suchen, Recht haben, ja dass unter Umständen eine Vereinigung jener beiden Momente zur Deutung der pathologischen Verhältnisse heranzuziehen sein dürfte. In unserem Falle spricht sehr vieles dafür, dass der Foetus zur Zeit seiner Entwickelung innerhalb der Gebärmutter nicht genügend Raum gehabt habe. Ich denke dabei an die Scoliose der Wirbelsäule, die Contraetur des Handgelenks, die Abkniekung des Schenkelhalses beiderseits mit Ber der Schles, Gesellschaft für vaterl. Cultur. 99 der dadurch verursachten Innen - Rotation des Oberschenkelknochens, sowie endlich an das Plattsein der Füsse. Die mehr als Hemmungsbildung aufzufassende Kleinheit der äusseren Femureondylen, zusammen mit der den foetalen Gelenken (hier Knie- gelenken) eigenen, in unserem Fall noch jetzt bestehenden Nachgiebig- keit der Gelenkkapseln lassen bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Verdrehung der Oberschenkel nach innen ein Abgleiten der Patellae von ihrem normalen Lager ungezwungen denkbar erscheinen. Ob der Foetus zur Zeit seiner Entwickelung ausserdem einer ihn ungünstig beeinflussenden Allgemeinerkrankung unterworfen gewesen, lässt sich schwer sagen. Der Gedanke, dass die angeborenen Knochen- und Gelenkanomalien des bei der Geburt auffallend schwächlich und elend aussehenden Kindes ihren Ursprung einer krankhaften Nachgiebig- keit des Skeletts selbst verdanken, lässt, sich nicht ganz von der Hand weisen. 4. Sitzung vom 22. Februar 1839, 1) Herr Janicke: Demonstration einer intrauterin entstandenen Unterschenkelfractur. Das jetzt einjährige, aus völlig gesunder Familie stammende, blühende und bis auf die fragliche Abnormität gut entwickelte Mädchen zeigte sofort nach seiner Geburt an der Grenze des unteren und mittleren Drittels des linken Unterschenkels eine mit ihrem Winkel nach vorn stehende Knickung. Gleichzeitig fand sich in der Mitte des äusseren Fussrandes und den diesem benachbarten Theilen der Sohle und des Fussrückens eine tiefe, ca. 2 cm breite Delle. Ohne weiteres Befragen erklärte die das Kind in der Poliklinik des Augusta-Hospitals vor- stellende, sehr intelligente Mutier, dass nur eine falsche Lage der Beine während der Schwangerschaft an dem Fehler Schuld sein könne, da die oben näher bezeichnete, noch wochenlang nach der Geburt vorhandene Vertiefung am rechten Fuss genau in den Knick des linken Unter- schenkels hineinpasste, und das Kind seine Beine noch längere Zeit hindurch in der Stellung zu halten pflegte, die sie in der Gebärmutter eingenommen haben müssten. Zur Bekräftigung ihrer Worte demonstrirte die Frau die fehlerhafte Haltung der unteren Extremitäten, indem sie bei stark abdueirten, fleetirten und nach aussen rotirten Oberschenkeln die Unterschenkel in horizontaler Richtung so nebeneinander brachte, dass der äussere Fussrand des rechten Fusses sich in den offenen Theil des Knickungswinkels des linken Unterschenkels fügte und der untere Theil des letzteren nebst dem linken Fuss gegen die Aussenfläche des rechten Unterschenkels zu liegen kam. Die so hergestellten Verhältnisse - hatten auch jetzt noch nach Lage der Dinge etwas völlig ungezwungenes. 30 Jahres-Bericht Zu erwähnen ist, dass im Gegensatz zu einer Anzahl ähnlicher, schon beschriebener Fälle (siehe Braun: „Ueber intrauterine Fracturen der Tibia‘“ in den Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie 1886 und Schmidt: „Arbeiten aus der chirurgischen Universitäts-Poli- klinik zu Leipzig‘‘) die Entwickelung des Unterschenkels und Fussskeletts eine normale ist, eine Verminderung des Wachsthums an dem krankhaft veränderten Bein bis jetzt nicht constatirt werden kann, keinerlei Ver- änderung der Haut über der sonst sehr erheblichen Abknickung der Unterschenkel zu entdecken ist und eine Art Pseudarthrose an der Knickungsstelle besteht. Das Vorhandensein der Delle am rechten Fuss durch viele Wochen hindurch, sowie die Möglichkeit, auch jetzt noch sofort die abnorme Lage der Füsse, wie sie intrauterin bestanden haben muss, herstellen zu können, lassen an der Aetiologie der Abkniekung nicht zweifeln. Bei der Behandlung dürfte der starken Contraetur der Wadenmuskulatur wegen der Vorschlag von Czerny in Betracht kommen. Der Genannte hat, aller- dings in seinem Falle mit geringem Erfolg, die Keilosteotomie nach Tenotomie der Achillessehne in Anwendung gezogen. 2) Herr Hecke: Ueber Diagnose und operative Behandlung der Perlgesehwülste des Mittelohres. Perlgeschwulst ist im Allgemeinen ein Sammelbegriff für eine An- häufung dünner mit Fett und Cholestearin gemengter, häufig kernloser Zellen, die durch Retention oder Neubildung entstehen kann; die Zellen sind geschichtet; in Folge dieser Schichtung erhält die Geschwulst einen seidenartigen, perlmutterähnlichen Glanz; sie ist meist eine trockene, derbe, in concentrische Schalen spaltbare kuglige Perle oder ein Aggre- gat verschieden grosser, durch Brücken aus Epithelzellen und Binde- gewebe verbundener Perlen. Virchow und viele andere Forscher mit ihm rechnen nur diese Form zu den eigentlichen Perlgeschwülsten, wie sie meist im Gehirn und an den weichen Hirnhäuten sich findet. Es giebt aber noch eine zweite Form, bei der der Inhalt der Geschwulst durch eine in Schuppen zerklüftete grützeartige Masse gebildet wird. Es können beide Formen im Schläfenbein vorkommen, die erstere nur ausnahmsweise und selten, die letztere in der weitaus grössten Mehr- zahl. Lucae hat durch Section festgestellt, dass neben einem Cho- lesteatom der Paukenhöhle weder eine Entzündung der letzteren noch eine Perforation des Trommelfells sich vorfand. Es fehlt in den seltenen Fällen, wo es sich um eine wahre Neubildung handelt, Anfangs meist jede entzündliche Reizung in der Umgebung, und erst bei weiterem Wachsthum finden sich Zerstörungen des Trommelfells mit Biterung, der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cuitur. 31 Druckusur des Knochens, Eröffnung des Suleus transversus, der mittleren oder hinteren Schädelgrube. In der grössten Mehrzahl entstehen die sogenannten Cholesteatome des Schläfenbeins als eine Folge chronischer Eiterungsprocesse und stellen eine Retention von Entzündungsproducten dar. Um einen Kern verfetteten, käsig eingedickten Eiters bildet sich eine Ansammlung con- centrisch geschichteter Epidermiszellen mit meist reichlichen Mengen eingelagerter Cholestearin - Krystalle. Die platten, polygonalen Zellen, die den hauptsächlichsten Bestandtheil der Geschwulstmasse bilden, sind grösser als die normalen Epithelzellen der Schleimhaut des Mittel- ohres und ähneln den Epidermiszellen. v. Tröltsch hat ähnliche sehr grosse flache Zellen in der Schleimhaut des Autrum mastoideum, be- sonders bei Eiteransammlung in demselben, gefunden. Wir sehen ja auch bei der Heilung sehr grosser Perforationen des Trommelfells, dass die Schleimhaut der Paukenhöhle eine vollständige epidermoidale Um- wandlung erfährt mit Bildung eines Rete Malpighii und Hornschicht. Wenn diese Veränderung als ein Product chronisch entzündlicher Reizung und Eiterung eintreten kann, ist es wohl auch möglich, dass bei patho- logischer Reizung und Druck das epitheleale Oberflächenproduct in be- sonderer Weise sich gestaltet in dem Autrum mastoideum. Was die Aetiologie betrifft, so müssen wir als die häufigste Ursache eine eitrige Mittelohrentzündung mit Retention des Eiters und polypösen Granulationen ansehen. Nur in den seltenen Fällen, wo das Trommelfell nicht perforirt und Eiterung nicht vorhergegangen ist, ist das Cholesteatom, wie in dem Fall von Lucae, als selbstständige Neu- bildung zu betrachten; aber auch diese kann secundär eine Reizung und Entzündung des Mittelohres hervorrufen. Die Diagnose ist nur möglich bei Abstossung und Entleerung der aus zwiebelartis geschichteter Epidermis bestehenden Cholesteatom- Massen durch den Gehörgang; dieselben sind meist weiss und glänzend, haben oft die Gestalt eines Handschuhfingers. Bei genügend weitem Gehörgang und grossem Trommelfelldefect sieht man am Rande des Defeetes häufig die Epidermis-Fetzen hervorragen, und kann man bei unheilbarer Mittelohreiterung aus diesem Bilde meist schon die Diagnose stellen, besonders wenn häufig wiederkehrende Hirnreizungen vorhanden sind. In anderen Fällen wird die hintere Gehörgangswand von fistulösen Geschwüren durchbrochen oder die obere Gehörgangswand sackartig vorgewölbt. Der Warzenfortsatz ist häufig aufgetrieben, ohne dass die Weichtheile entzündet sind; zuweilen ist er von den Geschwulstmassen total zerstört und in eine käsige Masse verwandelt; man hat dann bei der Untersuchung das Gefühl einer unsicheren Fluctuation. In anderen Fällen ist die Corticalis durch Hyperostose verdickt bis auf 2 cm und - darüber. 33 Jahres-Bericht Die Prognose ist stets eine dubia. Allerdings kann man die wahre Perlgeschwulst zu den gutartigen Geschwülsten rechnen; aber auch sie kann durch Wachsthum zu Zerstörungen des Knochens, Sinusphlebitis, Meningitis und Gehirn-Abscess führen. Wir sehen letzteres viel häufiger bei der obengenannten zweiten, der grützeähnlichen Form eintreten. Entsprechend ihrer Entstehung liest die Gefahr in der Retention und dem Zerfall der Producte der oft fötiden Eiterung; es treten dann, auch bei geringen Geschwulstmassen, Eingenommenheit des Kopfes mit zeit- weise sehr intensiven Schmerzen und Schwindel ein, denen bald schwerere Gehirnerscheinungen, hohes septisches Fieber sich zugesellen. Alle diese Symptome können sich wieder verlieren bei spontaner oder operativer Entleerung der Cholesteatom-Massen. Therapie. Bei leichteren, nicht bedrohlichen Fällen versucht man die Entfernung der Geschwulstmassen durch Ausspritzen vom Gehör- gang, durch Durchspülungen von der Tuba aus; unter Spiegelbeleuchtung kann man Sonde und Pincette anwenden; alle polypösen Granulationen sind zu entfernen. Bei vorhandenen Fisteln der hinteren Gehörgangs- wand kann man nach Erweiterung derselben mit einer gekrümmten Sonde in den Warzenfortsatz gelangen, denselben auslöffeln und durch eine gebogene Canüle irrigiren. Eine vorübergehende Erleichterung wird hierdurch wohl geschafft, eine radicale und sichere Hilfe und Heilung ist nur durch eine Aufmeisselung des Wearzenfortsatzes und breite Er- öffnung des Antrum mastoideum zu erzielen. Freilich ist dabei auch nöthig, das Antrum lange offen zu erhalten, um ergiebige antiseptische Durchspülungen vorzunehmen und stets die Möglichkeit zu haben, etwaige sich neu bildende Massen leicht entfernen zu können. Die Operation ist meist bei dem erweichten Warzenfortsatz leicht, bisweilen bei der durch Hyperostose verdickten Corticalis enorm schwierig. Durch die Operation und die Entfernung der Massen gelingt es meist, auch bei schweren bedrohlichen Symptomen Hilfe zu schaffen; freilich findet man auch bei der Operation erst, wie weit die Zerstörung des Knochens ge- diehen ist, dass die knöcherne Wand des Sinus, sowie das tegmen tympani. zerstört ist. Ich verfüge über acht Fälle von Cholesteatom der Paukenhöhle und des Warzenfortsatzes: Nr. 1. 12jähriger Knabe; der ganze Warzenfortsatz durch eine breiige Masse erfüllt, die nach aussen zu Tage trat. Sehr leichte Operation, vollständige Heilung. Nr. 2. 9jähriger Knabe. Stinkende Ohreneiterung, hochgradiges Fieber, Durchbruch des Eiters hinter dem Ohr. Aufmeisselung des Warzenfortsatzes, Antrum mit Cholesteatom-Massen erfüllt. Heilung. Nr. 3. 54jähriger Mann, seit 4 Wochen schlaflos in Folge von Kopfschmerzen, zum Skelett abgemagert. Aufmeisselung des Warzen- der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 33 fortsatzes, der äusserlich intact ist, Entfernung sehr grosser polypöser Granulationen und nekrotischer Stücke der vorderen und hinteren knöchernen Gehörgangswand. Heilung. Nr. 4. 7jähriger Knabe; seit 5 Jahren stinkende Öhreneiterung mit polypösen Granulationen; vor einem Jahr Aufmeisselung des Antrum mastoideum, Heilung. Erneute eitrige subperiostale Anschwellung am Warzenfortsatz, Aufmeisselung desselben, Cholesteatom in den Knochen- zellen; Heilung. Dieser Fall ist recht beweisend für die Entstehung durck Retention des Eiters. Bei der ersten Aufmeisselung, die von sehr sachkundiger Hand wegen Caries und Polypen gemacht wurde, bestand noch kein Cholesteatom. Nr. 5. 19jähriger Mann, geheilt mit sehr guter Erhaltung der Hör- fähigkeit (das andere Ohr taub). Aufmeisselung des processus mastoideus. Nr. 6. 15jähriger Knabe; vor zwei Jahren Riterung an dem Warzen- fortsatz; jetzt erneute fieberhafte Anschwellung. Aufmeisselung desselben, Cholesteatom. Heilung. Nr. 7. 1", jähriges Kind, Fistel hinter dem Ohr, Cholesteatom des Autrum mastoideus. Heilung. Recidio ist zu befürchten. Nr. 8. 21jähriger Mann; seit 9 Jahren Ohreneiterung und Entleerung cholesteatomatöser Massen. Seit '/, Jahr sehr heruntergekommen in der Ernährung, hochgradig anämisch, stete Kopfschmerzen, schlaflose Nacht. Der Warzenfortsatz ist äusserlich druckempfindlich; bei der Aufmeisselung findet sich, dass die Corticalis durch Hyperostose enorm verdickt ist; erst in der Tiefe von 2 cm kommt man in eine kleine Höhle, die als das Antrum mastoideum anzusehen ist. Bei der Durchspülung werden Cholesteatom-Massen entleert, die jedenfalls in den Knochenzellen ober- halb der oberen Gehörgangswand gesessen haben. Vollständige Heilung. 8) Herr Ernst Fraenkel: Ueber die Diagnose und Behandlung der Extrauterinschwangerschaft in den ersten Monaten. Fr. geht von folgenden Fällen aus: I. 31jährige I Para... Nach schwerem Puerperalfieber acquirirte Sterilität. 9 Jahre später Schwangerschaft im linken Eileiter von eirca 3 Monaten. Berstung des Fruchtsackes mit Austritt des Blutes in die freie Bauchhöhle. Schwerer Collaps; Stillstand der Blutung und Besserung des Allgemeinbefindens, als grade zur Operation (Laparotomie zwecks direeter Blutstillung) sgeschritten werden sollte. Ausstossung einer zusammenhängenden, röhrenförmigen, 2—3 mm dicken Decidua 7 Tage nach der Ruptur. Genesung nach 6 Wochen. II. 32jährige Il Para; letzte Entbindung vor 7 Jahren. Seitdem durch Thomaspessarien behandelte Retroflexio uteri. Weahrscheinlich- “ keitsdiagnose einer 2monatlichen linksseitigen Tubenschwangerschaft. 1889. 3 4 Jahres - Bericht Bald darauf Berstung des Fruchtsackes und Austritt des Blutes in den abgekapselten Douglas mit sofortiger Bildung einer Haematocele retrouterina. Mehrere Blutungsnachschübe; hoch- sradige Anämie und am 5. Tage Fieber bis 40° C, Bei exspectativer Behandlung allmälige Besserung und Genesung nach 8 Wochen. Aus- stossung einer zusammenhängenden, sackartigen, 3 mm dicken Decidua am 5. Tage nach der Ruptur. Ill. 26jährige II Para; ausserdem 2 Aborte in frühen Monaten. Wiederholt schwere puerperale Infection. Jetzt mit Bestimmtheit Schwangerschaft von 2 Monaten in der linken Tube bei bereits erfolstem Fruchttode und mit drohender Ruptur diagnostieirt. Decidua bereits vor- her ausgestossen. Fortgesetzte äussere Blutungen und subplacentare Blutergüsse in den Eileiterfruchtsack lassen die Operation nöthig er- scheinen, beim Transport in die Anstalt des Vortr. erfolgt jedoch Berstung und sofortige Haematocelenbildung. Wegen letzterer Exspectative; nach 56 Stunden Platzen des retrouterinen abgekapselten Blutsackes und freier Austritt von Blut in die Bauchhöhle. Nach 5 Tagen Entwickelung diffuser Peritonitis und Exitus am 7. Tage nach der Ruptur. Die Section (Herr Dr. G. Klein, damals Assistent am pathol.-anatom. Institut) weist den Fruchtsack als dem abdominalen Theile der linken Tube angehörig nach, ferner einen mit Blutgerinnseln erfüllten Tumor in dem durch alte Adhaesionen überbrückten Raum. zwischen Uterus und hinterer Beckenwand (nicht allein in Douglas), sowie eine Durchbruch- stelle zwischen den überbrückenden Adhaesionen, durch welche Blut und Entzündungserreger in die freie Bauchhöhle austraten. Ausserdem äussere Ueberwanderung des Eies, rechtsseitiger Haematosalpinx. Mucosa uteri scheint vollkommen zu fehlen. Die Diagnose der Extrauterinschwangerschaft in den ersten Monaten kann je nach Umständen leicht sein oder auch fast unüberwindliche Schwierigkeiten darbieten; mit Zuhilfenahme aller anamnestischen Momente und der subjectiven, wie der objeetiven Schwangerschaftszeichen wird sie sich zumeist mit an Sicherheit grenzen- den Weahrscheinlichkeit stellen lassen. Irrthümer nach beiden Seiten hin, d. h. Uebersehen einer vorhandenen Extrauterinschwangerschaft und — dies allerdings selten — Annahme einer solchen, wo es sich nur um uterine Gravidität oder Schwellungen anderer Natur im Becken handelte, sind den bedeutendsten Diagnostikern begegnet. Absolut sicher ist kein einziges Zeichen für sich allein; nur das gemeinsame Auftreten aller oder wenigstens der Mehrzahl derselben, ihre Uebereinstimmung unter einander und — sofern der rapide Verlauf eine gewisse Beobachtungs- dauer gestattet — die gleichmässige und der praesumptiven Schwanger- der Schles. Gesellschaft für vaterl, Cultur. 35 schaftsdauer entsprechende Zunahme der Erscheinungen erlauben einen zuverlässigen Schluss auf die Natur der Erkrankung. Vortr. bespricht nun einzelne noch streitige Punkte aus dem Sym- ptomencomplexe. Das Ausbleiben der vorher normalen Menses ist kein so sicheres Symptom wie bei normaler Schwangerschaft; ebenso kann Schwellung und Secretion der Brüste fehlen oder, wenn vorhanden, täuschen. Pulsirende Gefässe im Scheidengewölbe und in den Wandungen eines als Extrauterinfruchtsack gedeuteten Tumors fand Vortr. ebenso bei normaler Schwangerschaft und in der Wandung von Myomen, Ovarientumoren, sowie erst kürzlich bei Pyosalpinx. Grosses Gewicht legt Vortr. für die Diagnose auf die Vergrösserung des Uterus und zwar vorwiegend in der Längsdimension, so dass man ein aufgelockertes, langes, etwas schmales, von vorn nach hinten mehr plattes Organ an Stelle des in den ersten Monaten der uterinen Schwanger- schaft auf dem Durchschnitt sphärischen Uterus findet. Die Sondirung zum Nachweis der Leere des Uterus verwirft Vortr. als überflüssig und unter Umständen schädlich. Ein Zeichen, das ziemlich sicher für die bei weitem häufigste Form der Extrauterin-, nämlich für Tubenschwanger- schaft, und zugleich für das Leben des Fötus spricht, ist die weiche Consistenz und der Mangel jeder Spannung und Fluetuation in einem parauterinen Tumor. Bei Blutungen in den Fruchtsack und nach er- folstem Absterben des Fötus wird der erstere hart und gespannt. Gleich- zeitige Uterus- und Fruchtsackeontractionen, wie sie Vortr. in Fall III beobachtete, sprechen für den Sitz des Eies in einem Tubensacke und für die nahe bevorstehende Ruptur desselben; nur bei Schwangerschaft in einem Nebenhorne des Uterus können dieselben in gleicher Weise vorkommen. Der Abgang einer Schwangerschafisdeceidua ist kein sicheres Zeichen; nach Dr. G. Klein’s Untersuchungen an den in den Fällen des Vortr. ausgestossenen Deeiduen ist weder das Vorhandensein, noch das Fehlen von Deeiduazellen ein Unterscheidungsmerkmal zwischen Schwanger- schafts-- und Menstruationsdeeidua.. Ebensowenig bietet das Verhalten des Oberflächenepithels, der Zellen und Gefässe des Zwischengewebes ein sicheres Kennzeichen. Anders ist dies mit den Drüsen. Das Drüsenepithel wird bei Gravidität nach der Drüsenmündung hin zunehmend niedriger, ja wirklich platt, während es sonst mehr hocheylindrisch ist. (G. Klein.) Eine mikroskopische Unterscheidung zwischen Deeid. vera bei intra- uteriner und der Deeidua überhaupt bei extrauteriner Schwangerschaft ist in frühen Monaten kaum möglich. Es können mithin die makro- und mikroskopischen Untersuchungsresultate an ausgestossenen Deeciduen nur zur Ergänzung und Sicherung der anamnestischen und klinischen Befunde herangezogen werden; einen sicheren Anhalt gewährt der Abgang einer 3#+ 36 Jahres-Bericht Schwangerschaftsdeeidua nur dann, wenn eine solche bei einer Frau, die sich für schwanger gehalten hat und unter den Zeichen einer inneren Blutung plötzlich erkrankt ist, neben Haematocelenbildung aus dem ver- grösserten und blutenden Uterus ausgestossen worden ist. Die Diagnose der Art der Extrauterinschwangerschaft ist besonders in frühen Monaten noch so unsicher, dass man gut thut, sich auf die bei Weitem häufigste und praktisch wichtigste Form der Tubenschwanger- schaft zu beschränken. Betreffs der Therapie ist es jetzt allseitig als im Prineip richtig anerkannt, eine Extrauterinschwangerschaft, die als solche noch vor Eintritt einer Störung diagnostieirt ist, ähnlich einer bösartigen Neu- bildung ohne Rücksicht auf das Leben des Kindes so zeitig und so voll- kommen als möglich unschädlich zu machen. Nur über die Methoden dazu ist man noch nicht vollkommen einig. Die unzweifelhaft guten Er- folge, die neuerdings wieder Winckel mit der Joulin-Friedreich’schen Methode (subeutane Morphiuminjectionen durch die vordere Bauchwand in den Fruchtsack) erzielte, sind dennoch nicht im Stande, die Bedenken des Vortr. gegen dieselbe völlig zu beseitigen. Noch weniger inelinirt derselbe zu der Anwendung des von Amerika aus zu diesem Zwecke empfohlenen faradischen oder galvanischen Stromes; die Wirkung des- selben ist unsicher und, wie zahlreiche Erfahrungen beweisen, nicht un- gefährlich. Der Vortr. räth einen sicher erkannten Fruchtsak der ersten Monate ohne Rücksicht auf die Art der Extrauteringravidität und auf die zuweilen trügerische Vermuthung des eingetretenen Fruchttodes so zeitig als möglich zu exstirpiren. In der Frage nach dem zweckmässigsten Verhalten des Arztes, wenn derselbe erst bei oder nach der Berstung eines extrauterinen Frucht- sackes hinzukomme, plaidirt der Vortr. gegenüber der conservativen, der Spontanheilung durch Hämatocelenbildung vertrauenden Richtung für ein mehr actives Vorgehen. Das Gefährliche ist weniger das in die Bauchhöhle ergossene Blut, als die Fortdauer der inneren Blutung; in diesem letzteren Falle soll man laparotomiren und durch Unterbindung und Exstirpation des geborstenen Tubensackes die Blutung direct stillen. Die Resultate derartiger Operationen haben sich in der letzten Zeit, wie der Vortragende statistisch nachweist, erheblich gebessert, während selbst bei dem von conservativer Seite angestrebten günstigsten Ausgange, der Blutstillung durch Hämatocelenbildung — wie Fall III des Vortr. be- weist -— die Kranken noch lange nicht über jede Gefahr hinaus sind. Frei in die Bauchhöhle ergossenes Blut fürchtet allerdings der Vortr. nicht so sehr, wie Schwarz (Halle), der davon eine chemische Reizung der Organe der Bauchhöhle und der Nervenendigungen des Bauchfells - und neben dem anämischen auch einen nervösen Collaps — Choe — der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 7 herleiten will. Der Vortr. zeigt aus Recklingshausen’s und Ponfick’s Versuchen, dass ein Theil des frei in die Bauchhöhle ergossenen Blutes doch noch für den geschwächten Organismus nutzbar gemacht werden könne, wenn es auch fraglich sei, ob die Aufsaugung der flüssigen Blutbestandtheile durch das Peritoneum nicht verhältnissmässig zu lang- sam für die bei acuter Anämie nothwendige schnelle Wiederfüllung der Blutbahnen vor sich gehe. Auch bei dem Zustande äusserster Anämie soll man sich durch ein Gefühl falscher Humanität nicht von der direeten Blutstillung abhalten lassen, da hierin die einzige Aussicht auf Rettung besteht. Es müssen demnach bei jeder drohenden oder schon vollendeten Berstung eines extrauterinen Fruchtsackes alle Vorbereitungen zur Lapa- rotomie schleunigst getroffen werden; genügende Zeit dazu ist in der Regel vorhanden, da die Fälle, wo eine innere Blutung nach Ruptur ganz plötzlich tödtet, höchst ausnahmsweise vorkommen. Transportabel sind solehe Kranke in der Regel nicht und müssen, wie Fall III be- weist, lieber in der elendesten Privatwohnung operirt, als der Gefahr einer Ruptur beim Transport ausgesetzt werden. Der Vortr. bespricht dann noch die Ausführung der Operation und die Schwierigkeiten, die mit der Hervorziehung des zuweilen mit seiner Umgebung fest ver- wachsenen oder intraligamentär entwickelten Fruchtsackes in die Bauch- wunde verbunden sein können, und erwähnt die dagegen von ver- schiedenen Operateuren eingeschlagenen Verfahren; vor Allem scheint ihm für die schwierigen Fälle von intraligamentärer Entwickelung eines Eileiterfruchtsackes das Verfahren Veit’s sehr beachtenswerth, bei Hoch- lagerung des Beckens zu laparotomiren, erst die Tube an der Gebär- mutter, dann das Ligamentum infundibulo-pelvicum abzubinden und nun erst den Fruchtsack aus dem breiten Bande auszuschälen. Je weniger man bei der Behandlung von geborstenen Fruchtsäcken der ersten (zweiten bis fünften) Monate mit der Laparotomie bis zum Zustande äusserster Blutleere der Kranken zaudere, um so günstiger werde sich auch die Prognose dieser Operationen gestalten. 5. Sitzung vom 8. März 1839. 1) Der Vorsitzende, Herr Ponfick, widmet dem am 3. März mitten in Ausübung seines Berufes plötzlich verstorbenen Prof. Dr. Gscheidlen ehrende Worte des Nachrufs. Unter Hervorhebung der zwanzigjährigen wissenschaftlichen Thätigkeit Gscheidlen’s an der Breslauer Hochschule und der mannigfachen Verdienste, welche er sich als Leiter der „Bres- lauer Aerztlichen Zeitschrift“, besonders aber als zeitweiliger Secretair der medicinischen Section der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur um das Vereinsleben der Provinz erworben, fordert er die An- - wesenden auf, sich zu seinem Gedächtniss von den Sitzen zu erheben. 38 Jahres-Bericht 2) Herr Ponfick: Ueber die Folgen einer theilweisen Entfernung der Leber. In einem bisher ungeahnten Maasse zeigt sich der Organismus duld- sam gegenüber einem selbst sehr erheblichen Ausfalle an Lebersubstanz. Bei strenger Handhabung der Antiseptis gelingt es nämlich, volle drei Viertel dieser mächtigen Drüse — sei es in verschiedenen, durch mehrtägige Zwischenräume getrennten Sitzungen, sei es sogar auf ein Mal — zu entfernen, ohne dass die Thiere darum ihr Wohlbefinden oder gar ihr Leben verlieren müssten. — Unter Hunderten von Ver- suchsthieren, welchen in den mannigfachsten Combinationen bald der, bald jener Lappen ausgerottet worden war, ist eine nicht geringe Zahl Monate, ja 1 Jahr und länger nach der Einbusse eines so beträchtlichen Bruchtheils des ursprünglichen Vorrathes an Lebersubstanz durchaus gesund geblieben. Allerdings fehlt es nun ja nicht an Tihatsachen aus der Pathologie, welche beweisen, dass ungeachtet des Ausfalles engerer Bezirke von Lebersubstanz die Gesundheit und der normale Ernährungszustand sehr wohl erhalten bleiben können (Echinococceus, mässige Grade von Fett- infiltration u. s. w.). Allein wenn man erwägt, dass es sich da stets um Processe handelt, welche sich allmählich entwickeln und erst nach geraumer Zeit umfänglichere Abschnitte ausser Functicn zu setzen pflegen, so muss die Entbehrlichkeit eines so bedeutenden Stückes einer Drüse offenbar ungemein auffallen, welche mit Recht als die Hauptwerkstätte für die vegetativen Leistungen des thierischen Organismus betrachtet wird. Die Lösung des Räthsels ergiebt sich, sobald man die Thiere einige Zeit hindurch verfolgt und in wechselnden Fristen nach der Operation die Beschaffenheit des zurückgelassenen Leberrestes einer Prüfung unter- zieht. Da zeigt sich denn, dass der Ausrottung mit einer nicht minder erstaunlichen Sicherheit wie Schnelligkeit eine massige Neubildung jungen Lebergewebes folst, eines Productes, welches zwar gewisse Eigenthümlichkeiten gegenüber dem ursprünglichen darbietet, indess in allem Wesentlichen als Ersatz für dasselbe gelten darf. Diese Neu- bildung beginnt bereits in den ersten Tagen nach dem Eingriffe und erreicht, allen Anzeichen nach, schon in wenigen Wochen ihren Höhe- punkt. In ausgesprochenen Fällen geht sie so weit, dass annähernd die Gesammtsumme des einst Entfernten im Nu neugeschaffen wird: also mehr als das Doppelte dessen, was überhaupt zurückgeblieben war. Diese Erfahrungen gewähren nicht nur ein theoretisches Interesse, insofern sie im Sinne der Cellularpathologie die schier schrankenlose Vermehrungsfähigkeit eines selbst geringfügigen Restbestandes an Gewebe auch im extrauterinen Leben beweisen: und zwar an einem so hoch der Schles. Gesellschaft für vater]. Cultur. 39 organisirten Parenchym, wie dem der Leberdrüse. Nicht minder dürfte ihnen aber auch eine praktische Bedeutung innewohnen. Denn es wird hierdurch ausser Zweifel gestellt, dass die operative Chirurgie auch im Bereiche der Lebererkrankungen auf gesicherte Erfolge rechnen darf, ohne darum den Eckstein des gesammten Stoffwechsels unheilbar schä- digen zu müssen. 6. Sitzung vom 22. März 1889, 1) Herr Robert Asch: Ueber Exstirpation des nicht carcinomatösen Uterus (mit Demonstration). Es giebt Fälle von Scheidengebärmutter-Vorfall, in denen die ge- bräuchlichen Operationen: Scheidenverengernde, Dammbildung, Keil- excision oder Amputation der Portio, nicht zum Ziele führen oder un- anwendbar sind; auch die unblutige Methode der Massage kann im Stiche lassen; will man hier Hilfe bringen, so muss man zu eingreifen- deren Verfahren seine Zuflucht nehmen. Weniger gefährlich als die Ventrofixation des Fundus oder des nach Amputation des Körpers restirenden Stumpfes nach Laparotomie erscheint die Totalexstirpation des Uterus von der Scheide aus, der eine ausgiebige Resection der letzteren beizufügen ist. Diese Operation ist stets ausführbar und der Zweck wird sicher erreicht. Eine V erstümmelung der Geschlechtsfunction kommt nicht in Frage, da die Nothwendigkeit der Operation meist Frauen nahe oder im Climacterium trifft. Die Exstirpation des Uterus wegen sonst unheilbaren Vorfalls ist zuerst von Choppin 1867 ausgeführt; ihm folgten Patterson, Kehrer, Kaltenbach, v. Teuffel, Hahn, Martin und Wini- warter, die zusammen 10 Mal operirten; an der Breslauer Frauen- klinik wurde 8 Mal zu dieser Radicaloperation geschritten; 7 Mal von Fritsch, 1 Mal vom Vortragenden. Die Technik der Operation weicht in mancher Beziehung naturgemäss von derselben bei Carcinom ab; die Uebersichtlichkeit des Operationsfeldes erleichtert, die veränderte Topo- sraphie erschwert sie; zudem ist die Nothwendigkeit des plastischen Er- folges, . die Entfernung von zwei Organen, der Gebärmutter mit ihren Adnexen und der Scheide in Betracht zu ziehen; durch Verwachsungen und Narben von vorhergegangenen Kolporrhaphien werden oft Compli- cationen geschaffen. Trotzdem ist die Operation warm zu empfehlen, da die Schwierigkeiten keine erheblichen sind. Vortragender schildert die Methode und theilt besonders inter- essirende Einzelheiten einiger Fälle mit; daran schliesst sich eine Demonstration einiger der exstirpirten Üteri. Die Arbeit ist im „Archiv für Gynaekologie‘“, Band XXXV Heft 2 - erschienen, i 40 Jahres - Bericht 2) Herr Janicke demonstrirt ein durch Operation gewonnenes Präparat von angeborener Darmcyste. Der Vortragende hebt hervor, dass sich eine ausführliche Beschreibung des Falles in Nr. 40 der Deutschen medic. Wochenschrift von 13887 befindet. Die den Gegen- stand behamdelnde Litteratur ist ziemlich vollständig durch Roth in seinem Aufsatz „Ueber Missbildungen im Bereich des Ductus omphalo- mesenterieus‘‘ (Virchow’s Archiv Band 86) zusammengestellt. Die Demonstration erfolgt einmal wegen der Seltenheit der Fälle, sodann aber, weil manche Eigenthümlichkeiten des Präparates, zumal das Verhältniss der Cysten zum Darm dadurch leichter verständlich werden. Im Uebrigen bietet der Fall, was Sitz und Inhalt der ceystösen Bildungen, ebenso was die Yolgeerscheinungen betrifft, manches Ab- weichende von den bisher gemachten Beobachtungen. Alles Neuere darüber ist in dem oben eitirten Aufsatz der Deutschen med. Wochen- schrift „Ueber Darmeysten (Enterocystome) als Ursache eines completen Darmverschlusses‘“ zu finden. 7. Sitzung vom 12. April 1889. 1) Herr Rosin: Ueber einen Fall von Muskelhypertrophie bei Tabes dorsalis. Der vorliegende Fall, der auf die medieinische Abtheilung des Aller- heiligen-Hospitals aufgenommen wurde, nimmt weniger wegen seines Hauptleidens, einer Tabes dorsalis, das Interesse in Anspruch, als wegen eines beiläufigen Befundes, einer Hypertrophie starken Grades an der linken Wade. Ihr Umfang beträgt 9 cm mehr unter der Crista tibiae, als der der rechten Wade. Ihre erhebliche Dickezunahme zeigt sich besonders von hinten gesehen, wobei ihre Gestalt an eine Kartenherz- form erinnert. R. begründet hierauf, weshalb die motorischen und sensibeln Störungen, die Patient sonst bietet, sicher nicht etwa auf eine mit der Wadenhypertrophie zusammenhängende Erkrankung zu schieben, sondern zweifellos durch Tabes bedingt seien. Was die Wadenhyper- trophie angeht, so macht R. zunächst darauf aufmerksam, dass man die Muskelhypertrophien vorwiegend vom anatomischen Standpunkte aus zu classifieiren bestrebt sei und demnach wahre und falsche Hypertrophie, ferner nach dem Sitze mono- und polymusculäre Formen unterscheidet. Da jedoch ein Theil der mit dieser Muskelhypertrophie behafteten Patienten sich als sehr schwer krank erweist, ein anderer Theil aber offenbar keinerlei Störung des Allgemeinbefindens erfährt, so glaubt R., dass vom klinischen Standpunkte aus die Eintheilung der Muskelhyper- trophie in maligne (progressive) und benigne Formen eine besondere Be- rücksichtigung verdiene, Hierzu hält er sich um so mehr berechtigt, als der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 41 zwischen wahrer und falscher Hypertrophie keine scharfe Grenze besteht, indem selbst die noch so fibrös degenerirten Muskeln Stellen wahrer Hypertrophie aufweisen können. R. bespricht hierauf die Symptome der beiden Formen der Muskelhypertrophie, berichtet über die bis jetzt bekannt gewordenen seltenen Fälle der benigsnen Form der (wahren) Muskelhypertrophie und erklärt schliesslich den vorliegenden Fall als zu dieser letzten Kategorie gehörig. 2) Herr Rosenfeld: Ein neuer Bacillus in Kommaform. Der Pilz, den ich mir zu demonstriren erlaube, hat insofern einen Zusammenhang mit der inneren Mediein, als er bei Gelegenheit der Untersuchung einer jauchigen Empyemflüssigkeit gefunden wurde. Seine makroskopischen Eigenschaften sind folgende: Er wächst auf den ge- wöhnlichen Nährböden ausgezeichnet, so auf Gelatine, Agar - Asar, Glycerin-Agar-Agar, Milch-Agar-Agar, Kartoffeln, Bouillon, Milch. Sein Wachsthum auf Agar erzeugt auf demselben eine orangefarbene oder braune dünne Haut, welche an den Rändern rundlich ausgezackt ist und in den mittleren Theilen niedrige Falten aufweist. Die trocken aus- sehende Cultur überschreitet oft um einen halben Centimeter den Impf- strich. Bei Uebertragung nur spärlicher Pilzmengen kommt es auch zur Ausbildung von kreisförmigen Heerden. Auf Glycerin-Agar zeigt er gleiches Verhalten, nur ist die Farbe ein weniges dunkler. Auf Milch- Agar entwickelt sich ein üppiges Wachsthum, wobei es scheint, als ob der Pilz auch in die oberfläch- lichen Schichten des schräg erstarrten Milch - Agar hineinwachse, wie sich dies beim Abheben der Cultur mit der Platinnadel erkennen lässt. Sein Gelatine-Wachsthum ist folgendes: In Gelatine-Platten zeigen sich die Heerde auf schwarzem Grunde gelb, auf weissem tief orangefarben; der Contur ist rund bei kleinen Heerden; grössere zeigen sich als wulstige Kugeln; die Farbe ist unter dem Mikroskop gelb; die Substanz der Heerde ist schwach granulirt. In Gelatine-Gläsern ist das Wachsthum des Pilzes charakteristisch: in den ersten Tagen findet sich über dem weissbleibenden Stich ein orangefarbenes flaches Knöpfchen; dieses Knöpfchen sinkt dann ein und es bildet sich allmählich ein immer tieferer, bauchiger Trichter in der Gelatine, welcher an den Wänden von kupferfarbenem Pilzrasen über- zogen ist. Der Innenraum des Trichters enthält zunächst keine Flüssig- keit, und erst wenn der Trichter ca. 1 Centimeter lang geworden ist, sammelt sich am Grunde des Trichters etwas verflüssigte Gelatine. Dieser Vorgang ist natürlich nur eine Modification des gewöhnlichen - Verflüssigungsprocesses, wobei nur die verflüssigte Masse durch Ver- 49 Jahres - Bericht dunstung entfernt wird, wie sich das leicht erkennen lässt, wenn man die Verdunstung durch Zuschmelzen des Culturglases ausschliesst. Auf Kartoffeln bildet er goldorangefarbene, trocken aussehende, langsam wachsende Bezüge. In Bouillon bildet er öfters Häutchen an den Wänden und der Ober- fläche; diese — übrigens weissen — Häutchen sinken allmählich herab und bilden ein lockeres, leicht gelblich werdendes Sediment. Einen sehr gefälligen Eindruck macht das Wachsthum auf Milch, wo er an der Oberfläche ein immer dicker werdendes orangefarbenes Häutchen bildet, während sich ein ebenso gefärbtes Sediment ausbildet. Zugleich bekommt die mittlere Schicht der Milch eine leicht rosige Färbung. Das mikroskopische Verhalten des Pilzes ist in manchen Punkten interessant. Untersucht man nämlich Gelatine und Agar-Culturen, welche bereits mehrere Tage alt sind, so findet man ein einheitliches Auftreten von Kommaformen, welche dem Finkler-Prior’schen Komma-Bacillus am nächsten stehen. - Gleichwohl haben wir es hier nicht mit einem Spirillum, wie der erwähnte Finkler-Prior’sche Pilz es ist, zu thun, sondern es liest hier ein Bacillus vor, der in der weitaus grössten Zeit seines Lebens mit grosser Regelmässiskeit als Komma erscheint. Sein erster Ent- wickelungszustand ist nämlich der eines kurzen ovoiden Stäbchens, von denen öfter zwei, in der Längsrichtung einander folgend, zusammen- gehören. Erst vom vierten Tag etwa an zeigen sich auf Agar die Kommaformen, welche dann vom sechsten oder siebenten Tage an, der fast ausschliessliche Bestandtheil des mikroskopischen Bildes bleiben. Die Krümmung der Kommas geht oft bis zur Halbkreisform, auch finden sich wohlausgebildete S-Formen. In dieser Gestalt verharrt die Agar- Cultur des Pilze. Auf Milch-Agar geht die Entwickelung der Komma- ‚formen etwas rascher und führt zu unregelmässigen Spiralformen. Diese Spiralformen sind eben so stark färbbar wie die Kommata und an- scheinend homogen; behandelt man sie aber nach der Färbung mit etwas heissem Wasser, so zeigt sich in der ganzen Länge des wellisen Fadens eine Körnelung, welche am meisten an die Coceotrix-Form des Tuberkel- Bacillus erinnert. Etwas später findet sich ein Stadium, in welchem diese welligen Formen den Farbstoff deutlich schwächer annehmen. Auf Gelatine wird nach Wochen ein letztes Stadium erreicht, indem alsdann die OCultur aus lauter kugligen Körnchen zusammengesetzt er- scheint. Nur ganz spärlich findet sich dann noch hier und da ein schwachgefärbtes Komma dazwischen. Die Bedeutung dieser letzten Stufe ist nur im negativen Sinne etwas näher zu definiren. Ihrem Farb- verhalten nach sind die Körner wohl kaum als Sporen aufzufassen, da sie bei der Fuchsin-Metbylenblausporenfärbung sich blau färben, Ihre der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 43 Lebensfähiskeit wird, wie die der Kommata, durch 10 Minuten langes Erhitzen auf 80—90° C. zerstört. Wird eine solche Körnchen - Cultur auf frischen Agar übertragen, so ist sie zwar — selbst nach 130 Tagen — noch zu neuem Wachsthum zu bringen, aber es geht doch eine beträcht- liche Anzahl der geimpften Agargläser nicht an. Dabei ist es zweifel- haft, ob nicht die mitüberimpften, äusserst spärlichen Kommata die eigent- liehen Keime der neu gewachsenen Culturen sind. Giesst man von diesen Körnchen-Culturen Gelatine-Platten, so unterscheiden sich diese allerdings nicht wesentlich von anderen Platten von Komma-Culturen. Von Farbstoffen nimmt der Bacillus die meisten gewöhnlichen, in wässriger, Anilin-, Carbol- und essigsaurer Lösung an — am schwächsten wässeriges Bismarckbraun — färbt sich aber wohl am besten, wenn er unter gelindem Erwärmen mit sehr verdünnter Methylviolett- oder Carbol- fuchsin-Lösung im Farbtropfen behandelt wird. Betreffs der Beweglichkeit ist es mir nicht gelungen, eine solche wahrzunehmen. Pathogene Wirkung entfaltet er, wenn er Kaninchen subcutan, in die Pleura, oder in das Abdomen, oder in den Magen entweder mit oder ohne Alkalisirung eingeimpft wird, durchaus nicht. Hervorzuheben ist noch, dass Agar-Milch uud Gelatine-Culturen in geringem Maasse einen faden, putriden Geruch aufweisen. 8. Sitzung vom 17. Mai 1889. 1) Herr Bielschowsky: a. Ueber Dystrophia muscularis mit Krankenvorstellung. Die vorgestellte Dystrophia gehört unter die von De&jerine und Landoupp beschriebene Form der Dystrophia mit Betheiligung der Ge- sichtsmuskulatur. E. B., Landmädchen, 16 Jahr alt, ist bis zum 6. Lebensjahr ge- sund gewesen, seitdem wurde bemerkt, dass sich Behinderung in der früher guten Beweglichkeit ihrer Gliedmaassen ausbildete. Der jetzige Status bietet folgendes Bild: Das Gesicht ist eigenthümlich ausdruckslos; die Augen stehen sehr weit auf, beim Schliessen derselben bleibt ein 2 mm breiter Spalt zwischen den Lidern; die Stirn ist vollkommen glatt, Runzeln derselben ist unmöglich; der Mund ist breit, kann aber ziemlich fest geschlossen werden. Die Beweglichkeit der Lippen ist sehr gering, Spitzen des Mundes gelingt nicht. Beim Lachen ist nur eine schwache Andeutung der Nasoliabialfalten sichtbar; andere mimische Bewegungen entstehen nicht dabei. Die Muskulatur der Wangen und Lippen fühlt sich atrophisch “ an. Zunge und weicher Gaumen sind gut beweglich. 44 Jahres - Bericht Folgende Muskeln fehlen am Thorax vollständig oder sind nur rudimentär vorhanden: M. Pector. maj.; M. Cucullar; M. Serat. ant. maj.; M. Rhomboid. maj. et min.; M. Levat. scapul.; M. supraspinat.; M. latiss. dor. Infolge des Fehlens aller derjenigen Muskeln, die das Schulterblatt fixiren sollen, steht dasselbe von der Thoraxwand nicht allein Nügelförmig ab, sondern ist auch durch die Schwere des Armes so weit nach aussen und oben ge- zogen, dass der obere innere Schulterblattwinkel vorn über der Mitte der Clavieula sichtbar ist. Die Lendenwirbelmuskulatur ist geschwächt. Die Wirbelsäule ist nicht verbogen. Die Armmuskulatur ist im allgemeinen atrophisch, die Beweglich- keit jedoch nur an den Streckern der Hand gestört. Die unteren Extremitäten sind am wenigsten von der Erkrankung betroffen, nur eine mässige, allgemeine Atrophie des ganzen linken Beines gegenüber dem rechten ist zu beobachten. Der Gang bietet keiner- lei Besonderheiten. Die Sphineteren sind nicht erkrankt. Die Sensibilität, die Haut- und. Sehnenreflexe sind vollkommen normal. Fibrilläre Zuckungen fehlen. E.R. ist nicht zu beobachten, dagegen ist die Erregbarkeit für den const. wie für den farad. Strom an allen atrophischen Muskeln herab- gesetz. Die Mutter des Mädchens leidet an derselben Krankheit; die Gesichtsatrophie ist bei ihr halbseitig. b. Ueber eine seltene Form von Atrophie der Nägel. Demnächst stellt Herr Bielschowsky einen Patienten vor, bei welchem eine bisher bei Neuritis noch nicht beschriebene trophische Störung der Nägel wahrzunehmen ist. Cigarrenarbeiter B., 40 Jahre alt, hatte im Frühjahr dieses Jahres eine multiple Neuritis des Arm- und Beinplexus acquirirt. Es stellte sich sehr bald Atrophie einzelner Muskeln mit E. R. ein. Drei Wochen nach Beginn des Leidens bemerkte Patient, dass an allen Fingernägein dicht am Nagelfalz ein weisser Punkt sichtbar wurde. Diese weisse Stelle rückte mit dem wachsenden Nagel empor und spannte sich band- förmig in der Breite von 1,5 mm quer über den ganzen Nagel. Ein solcher Streifen trat an allen zehn Fingern gleichmässig auf und setzte sich gegen die normale, rosa Färbung gradlinig und ziemlich scharf ab. Er wuchs mit dem Nagel weiter nach oben und erneuerte sich nicht mehr. An den Zehennägeln wurden keinerlei Ernährungsstörungen beobachtet. Die mikroskopische Untersuchung ergab, dass Luftansammlung in der Substanz des Nagels die Ursache der Verfärbung ist. 2) Herr Eger stellt einen fast geheilten Fall von Beschäftigungs- neurose vor, der einige Abweichungen von dem gewöhnlichen Ver- der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 45 halten zeist. Eine 21jährige Putzmacherin, deren Hauptthätigkeit im Festanpressen von Blumen und Draht durch die linke Hand besteht, wird im Bereich der ganzen linken oberen Extremität von Parästhesieen — Ameisenkriechen, Taubsein, dem Gefühl der Ermüdung — befallen, denen bald klonische, zuerst nur den Zeigefinger, dann auch die übrigen Finger ergreifende Zuckungen folgen. Dieselben, gleich stark während der Be- schäftigung und Ruhe, bestehen in wechselnder Beugung und Ueber- streekung und ähneln etwas den athetotischen, doch fehlt die Betheiligung des Handgelenks und der Vorderarmmuskulatur. Unter Berücksichtigung der Genese — plötzlich gesteigerte, intensive Arbeitsleistung — und bei dem Fehlen irgend welcher organischen Erkrankung, dem Erhaltensein der Sensibilität der betroffenen Theile, sowie der normalen elektrischen Erregbarkeit konnte nur an eine Neurose gedacht werden. Auf- fallenderweise trat ziemlich schnell Besserung, die bis zur Heilung vor- schritt, ein, während die Arbeit fortgesetzt wurde im Gegensatz zu dem gewöhnlichen Verlauf, der stets Verschlimmerung beim Weiterarbeiten zeigt, ja bald dasselbe unmöglich macht. Abweichend ist ferner das Fortbestehen des Krampfes auch in den Ruhepausen, da in den typischen Fällen von Beschäftigungsneurose die Störung nur der Arbeitszeit angehört und bei Aufhören der Arbeit so- fort schwindet. — Das Betroffensein der linken Extremität erklärt sich aus dem Umstand, dass diese bei der Thätigkeit vorzugsweise benutzt wurde. — Wie in den meisten der beschriebenen Fälle leistete auch hier der constante Strom wesentliche Dienste, während der faradische eher eine Verschlimmerung herbeiführte. 3) Herr Ernst Fraenkel und Herr E. Kaufmann bringen einen Beitrag Zur Diagnostik der Unterleibsgeschwülste. Anknüpfend an einen Fall, wo bei einer 5ljährigen, noch men- struirenden VIII para ein sehr allmählich entstandener doppeltmannskopf- grosser Unterleibstumor, der fast alle klinischen Zeichen einer Bier- stockgeschwulst darbot, sich nach der Probeineision als ein inoperabler, aus zahllosen linsen- bis wallnussgrossen, gestielten, aber fest zusammen- hängenden Knoten bestehender malisner Tumor (Myxosarcom) des Netzes mit Ausgang von der hinteren Wand der Bursa omentalis und zahlreichen Metastasen auf das Bauch- und Beckenperitoneum erwies, betont Fraenkel zunächst die Nothwendigkeit, in jedem Falle unter Heranziehung aller Aufklärung versprechenden Untersuchungsmethoden eine möglichst erschöpfende klinische Diagnose vor Eröffnung der Bauch- höhle zu erstreben, concedirt aber für Fälle von sehr schwierigen Unter- leibstumoren, wie in dem vorliegenden, die Probeineision als letztes und einziges Mittel zur Klärung des Sachverhaltes. 46 Jahres-Bericht Vortr. bespricht hierauf die differentielle Diagnose besonders zwischen Netz- und Eierstocksgeschwülsten und hebt hervor, dass im Gegensatze zu der bisherigen Annahme, dass alle grösseren malignen Netztumoren regelmässig von Ascites begleitet seien, dieser im vorliegenden Falle fehlte. Wahrscheinlich hängt dies mit der hier offenbar sehr langsamen Entwickelung des Sarcoms (im Gegensatze zum Carcinom) und der dess- halb mangelnden entzündlichen Reizung der Serosa zusammen. Es werden noch speciell die Lagerungs- Verhältnisse von Netz- tumoren zum Darm und die daraus sich ergebenden percussorischen und palpatorischen Resultate besprochen und endlich der Aufschluss, den man durch die Prüfung der Beweglichkeit einer Geschwulst über ihren intra- oder retroperitonealen Ursprung erhält. Die allgemeine Giltigkeit des Albert’schen Gesetzes, dass, wenn eine Geschwulst frei beweglich ist, dieselbe einem peritonealen Organe angehöre, wird an der Hand der Litteratur und eigener Erfahrungen sehr eingeschränkt. Schliesslich wird noch auf den diagnostischen und prognostischen Werth der neuer- dings wieder von Troisier betonten Schwellung der Drüsen der Regio supraclavicularis hingewiesen, die ein Zeichen allgemeiner Careinose schon in sehr früher Zeit, wo der Krebs latent ist und noch keine Kachexie besteht, sein sollen. | An der Hand einer Wandtafel setzt Herr E. Kaufmann die topo- graphischen Verhältnisse des Tumors, wie sich solche bei der Section ergaben, auseinander. Danach handelt es sich um ein aus der Bursa omentalis hervorgegangenes Myxosarcom, welches von dort aus massen- hafte Metastasen allenthalben auf dem Peritoneum der Bauchhöhle aus- gestreut hatte. Vermuthungsweise wäre das retroperitoneale Feitgewebe als Ausgangspunkt anzusprechen, wenn nicht die exquisit intraperitoneale Verbreitung und das breitbasige Aufsitzen des Haupttumors in der Bursa auf dem Peritoneum, auf dessen Gewebe selbst oder event. aus embryo- naler Zeit datirende Zellenanlagen in demselben als Ausgangspunkt hinwiese. Von entfernteren Metastasen war nur ein apfelgrosser Ge- schwulstknoten in der Leber vorhanden. In differential-diagnostischer Beziehung kommt eine gewisse Form von Bauchfelltuberkulose beim Rindvieh, die Perlsuchtknoten bildet, in Betracht. Mit anderen gutartigen Tumoren des Eierstocks, die ja ge- legentlich auch Metastasen auf dem Peritoneum machen, kann kaum eine Aehnlichkeit gefunden werden, wohl aber mit seltenen Formen von Gallertkrebsen, welche ihren Ausgangspunkt im Magen, Darm oder der Gallenblase haben und knollige, weiche Metastasen auf dem Peritoneum verbreiten. Der Vortrag wird ausführlich in dem „Archiv für Gynäkologie‘‘ erscheinen. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur, 47 9. Sitzung vom 31. Mai 1889. 1) Herr Malachowski zeist mikroskopische Präparate, die er aus dem Urin eines Kranken, der ihn wegen einer Nierenkolik consultirte, gewonnen hat. Es fanden sich im Urin neben kleinsten Harnsäuresteinen, rothen und weichen Blutkörperchen, spärlichen Epithelzellen und Cylindern mehrere kleinste Gewebsfetzen, welche unter dem Mikroskop sich als Bestandtheile einer Zottengeschwulst darstellen. Man sieht eine aus vorwiegend kleinen Zellen bestehende Grundsubstanz, an die sich ohne jede sichtbare Begrenzung grössere Zellen anschliessen, die nach dem Rande zu mehr spindelförmisg gestaltet sind. Der Rand ist zerklüftet und mit vielen Zotten besetzt, die zum Theil an einem sehr dünnen Stiel hängen. Ebenso hängen häufig an den Zotten einzelne langausgezogene spindelförmige Zellen mittelst eines langen fadenförmigen Fortsatzes. Vortragender macht auf die Seltenheit des gleichzeitigen Vorkommens einer Blasenseschwulst neben Nierensteinen aufmerksam. 2) Herr Rosenbach: Ueber die burgunderrothe Urinfärbung in ihrer Bedeutung für die Diagnose von Erkrankungen des Verdauungsapparates (Darminsufficienz) und von Störungen des Stoifwechsels. Zunächst demonstrirt der Vortr. die von ihm bei gewissen Krank- heiten des Verdauungscanals und des Stoffwechsels beobachtete bur- gunderrothe Reaction des Urins, welche dann eintritt, wenn dem im Sieden erhaltenen Urin langsam Salpetersäure zugesetzt wird, bis das Maximum der Färbung erreicht ist. Die Ursache der Farbstoffbildung ist ein rother und ein brauner Farbstoff; der erste, in Aether lösliche, ist Indigoroth, der andere ist noch nicht genau bestimmt. Durch Alkali- zusatz werden beide Farbstoffe nicht zerstört, während der normale rothe Urinfarbstoff dadurch zum Verschwinden gebracht wird. Urine, die nur den rothen Farbstoff enthalten, sind ebensowenig wie solche, die nur braunen liefern, direet diagnostisch verwerthbar, obwohl sie, je nach der Menge des gebildeten Farbstoffs, auf — vorübergehende — Anomalien des Stoffwechsels und der Ernährung schliessen lassen. Je reicher der Urin an beiden Farbstoffen ist, und je länger die Reaction sich beobachten lässt, desto sicherer ist eine schwere, oft irreparable, Erkrankung des Darms anzunehmen. — Die Reaction ist nicht charakte- ristisch für eine bestimmte Form der Gewebsstörung oder für ein be- . stimmtes Organleiden; sie ist hauptsächlich ein Zeichen des Zustandes, den der Vortragende als Darminsufficienz, d. h. als ein Versagen der motorischen, secretorischen und resorptiven Thätigkeit des Darms definirt hat, und die Chromogenbildung kann deshalb bei den verschiedenartigsten 48 Jahres-Bericht Darmläsionen: Inearceration, Geschwürsbildung, Careinomen, Darm- stenosen, Amyloid ete. vorkommen, sobald die Thätigkeit des Darms eine ungenügende geworden ist. Die Ausscheidung der Chromogene hängt nicht von der Aufnahme von Zersetzungsprodueten aus dem mangelhaft thätigen Darme ins Blut und von der Elimination derselben durch den Harn ab, sondern sie muss als eine anormale, den veränderten Formen der Ernährung bei mangel- hafter Function des Darms angepasste Modification des normalen Stoff- wechsels, bei der andere Spaltungsproducte der Albuminate gebildet werden, aufgefasst werden. Wahrscheinlich spielen bei dieser Verände- rung der Spaltungsprocesse der Albuminate die insuffieienten Darmdrüsen insofern eine Hauptrolle, als der Ausfall ihrer Thätigkeit die Umwand- lung der sonst zur Bildung des Darmsaftes verwandten Albuminate hemmt und das vicariirende Eintreten anderer Apparate, die andere Spaltungs- producte hervorbringen, zur Folge hat. Diese so im Blute zurück- gehaltenen oder einen anderen Spaltungsprocess durchmachenden Sub- stanzen aus der Eiweissgruppe sind jene Uhromogene, welche zur Aus- scheidung im Urin in so grossen Quantitäten gelangen, da die Thätig- keit der Darmdrüsen (oder des Pankreas), deren Bedeutung für den Stoffwechsel ja nicht nur in der Erzeugung der betreffenden Drüsensäfte liegt, ausfällt. Der Ansicht des Vortragenden zufolge haben die Drüsen eben noch ganz andere Functionen für die Körperökonomie zu erfüllen, als die bis jetzt ais die wichtigste erscheinende, nämlich gewisse Säfte zu liefern; die Drüsensäfte sind gewissermaassen nur die Neben- producete, welche bei der Hauptthätigkeit, der Verarbeitung des Blutes und Ernährungsmaterials, abfallen, wie bei gewissen chemischen Fabricationen neben dem Hauptproducte gewisse Neben- produete gewonnen werden, Die Hauptsache bleibt beim Ablauf des thierischen Stoffwechsels doch immer die Zerlegung hochorganisirter Verbindungen in einfachere und der dadurch bewirkte Ge- winn von lebendiger Kraft und Wärme. Wenn die Drüsen, die diese Pflicht zu erfüllen haben, nicht funetioniren, so treten andere Um- setzungen ein, die je nach den Verhältnissen die Körperökonomie längere oder kürzere Zeit anscheinend nur unwesentlich tangiren, aber durch ihr Auftreten doch eine Anomalie in der Function anzeigen, der zuletzt eine Abhilfe nicht mehr geschafft werden kann. So zeigt die Aus- scheidung unserer Chromogene im Harn an, dass die Darmdrüsen und das Pankreas mangelhaft functioniren und dass deshalb andere Zer- setzungsproducte der Biweisskörper, relativ hocheonstituirte Indolver- bindungen, in grösserer Menge, also unter ungenügender Ausnützung der Albuminate den Körper verlassen. Daher ist das Auftreten des Farb- stoffs, des Indigoblaus, des Indigoroths und des braunen Farbstoffs, ein Zeichen gestörten Stoffwechsels, und deshalb ist die längere Dauer der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 49 der Abscheidung ein ungünstiges Zeichen, weil es das Vorhandensein einer dauernden Störung in den der Ernährung dienenden Apparaten anzeigt. 3) Herr Malachowski: Zur Therapie des Jodismus. Veranlasst durch die Beobachtung, dass acuter Jodismus der Re- spirations-Schleimhäute als Nebenwirkung nach Verabreichung von Jod- kali sehr viel häufiger auftritt, als man gemeinhin annimmt, und dass kein einfach und schnell anzuwendendes Mittel zur Linderung dieser oft sehr qualvollen Anfälle bekannt ist, hat Herr Malachowski im Verein mit Herrn Röhmann Versuche angestellt, um die Frage nach den Ursachen des auf rein individueller Disposition beruhenden Jodismus zu lösen, und hieraus Anhaltspunkte für eine rationelle Therapie zu gewinnen. Die hieraus sich ergebende Therapie, bestehend in der Darreichung von Natr. biearb. nach Auftreten des Jodismus, hat er darauf klinisch geprüft. Die Resultate, zu denen er gelangte, sind folgende: Nach Verabreichung von 1,0—3,0 gr Jodkali trat bei 86 Versuchs- personen 45 Mal Jodismus auf, also mehr als 50 pCt. Ob kleinere oder grössere Gaben verwendet wurden, war gleichgiltis.. Von 19 Personen, die 3,0 gr in vertheilten Dosen erhielten, zeigten 12, von 10 Personen, die 3,0 gr auf einmal nahmen, zeigten 6 die Erscheinungen des Jodismus, Die unmittelbare Ursache des Jodismus ist Reizung der Respirations- Schleimhäute durch Freiwerden von Jod aus dem in den Schleimhäuten secernirten Jodkali. Die Ansicht von Nothnagel und Rossbach, Jodismus entstände nur bei Verwendung von verunreinistem Jodkali, und zwar durch Verdampfen von Jodsäure und locale Einwirkung auf die Schleimhäute schon beim Einnehmen, ist unhaltbar. Eben so wenig wird Jod schon in dem Blute frei, wie man früher glaubte (Kämmerer, Buchheim u. A.), sondern erst ausserhalb des Blutes in den Geweben (Binz, Ehrlich u. A.). Die Ursache für die Abspaltung des Jod aus dem Jodkali sucht Binz in der oxydirenden Wirkung des an das Protoplasma der thä- tigen Zelle gebundenen Sauerstoffs bei Gegenwart von Kohlensäure. Diese auf Versuche mit Pflanzenzellen sich stützende Ansicht hält der Vortragende für unrichtig. Sie wird widerlegt auf Grund theoretischer Erwägungen (unilateraler Jodismus ete.), sowie auf Grund der Versuche von Gaglio und besonders von Pfeffer. | Besser gestützt, und durch die von dem Vortragenden angestellten chemischen Experimente fast vollständig bewiesen, ist eine andere von Ehrlich aufgestellte Theorie, dass nämlich Jod aus Jodkali im mensch- 1889. % 50 Jahres - Bericht lichen Körper durch Nitrite unter Vermittelung der Kohlensäure frei werde, aber nur dann, wenn an dem Orte der Zersetzung die Reaction nicht alkalisch ist. Der Vorgang hierbei ist folgender: Kohlensäure zerlegt in nicht alkalischer Lösung Nitrite, es bildet sich salpetrige Säure, diese spaltet aus dem Jodkali freies Jod ab. Die Ansicht von Struve, Schultz u. A., dass Kohlensäure im Stande sei, Jodkali direct zu zerlegen, ist nicht richtig. Aber auch Nitrite werden in alkalischer Lösung durch Kohlensäure nicht zerlegt, und so kann auch in den Schleimhäuten bei alkalischer Reaction Jod nicht frei werden. Wird z. B. durch einen Speichel, der Nitrite und Jodkali enthält, Kohlensäure hindurchgeleitet, so tritt wegen der alka- lischen Reaction keine Zersetzung ein, hinzugefügter Stärkekleister bleibt ungefärbt; derselbe bläut sich jedoch sofort, sobald durch eine schwache Säure, z. B. verdünnte Schwefelsäure, die Reaction geändert wird. Zum Zustandekommen von Jodismus ist es also nothwendig, dass an dem Orte der Ausscheidung des Jodkali 1) Kohlensäure, 2) Nitrite vorhanden sind, 3) die Reaction nicht alkalisch ist. Kohlensäure findet sich stets in allen Geweben. Nitrite werden nach den Untersuchungen von Röhmann im Orga- nismus aus den mit der Nahrung zugeführten Nitraten gebildet, und auch durch die Schleimhäute wieder ausgeschieden. Wodurch eine nicht alkalische Reaction in den Schleimhäuten zu Stande kommt, ist zunächst nicht klar zu übersehen, das Bestehen einer solchen zwar denkbar, aber nicht zu beweisen. In Bezug auf die Therapie des Jodismus giebt es nach den obigen Auseinandersetzungen drei Wege: 1. man sucht das bereits frei gewordene Jod wieder zu binden und unschädlich zu machen; 2. man sucht die aus den Nitriten durch die Kohlensäure abgespaltene salpetrige Säure zu binden; ö. an verhindert die Bildung dieser salpetrigen Säure. Ad 1 wurde der Vorschlag gemacht, pflanzensaure Alkalien zu reichen, in der Meinung, dass diese im Körper in kohlensaure Alkalien umgewandelt werden, und als solche ausgeschieden Jod binden würden. Ein Bindungsvermögen für Jod besitzen jedoch nur fixe und einfach kohlensaure Alkalien. Doppelt kohlensaure Alkalien — und als solche werden die Alkalien ausgeschieden — dagegen nicht. Dieser Vorschlag ist daher irrationell. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 51 Ad 2 hat Ehrlich versucht, durch Verabreichung von Sulfanil- säure, welche sich mit salpetriger Säure zu Diazobenzolsulfosäure ver- bindet, den Jodismus zu unterdrücken. Es ist ihm dies auch gelungen, doch ist diese Therapie zu umständlich und zu theuer. Ad 3 hat der Vortragende versucht, durch Darreichung von Natr. bicarb. die Reaction in den Schleimhäuten alkalisch zu machen und da- mit die Bildung von salpetriger Säure und die hieraus entstehenden Folgen zu verhindern. Seit Anfang 1887 wurde diese Therapie mit stets gleich bleibendem Erfolge angewendet, und zwar in der Art, dass nach den ersten Zeichen von Jodismus 5,0—6,0 gr Natr. bicarb. ver- abreicht und diese Gabe nach ca. 12 Stunden oder auch früher wieder- holt wurde. Es trat stets kurze Zeit nach der ersten Gabe eine Lin- derung ein, häufig verschwanden die Reizerscheinungen ‚schon nach wenigen Stunden vollständig. | Der Vortragende hat nun weiter versucht, durch gleichzeitige Dar- reichung von Jodkali und Natr. biearb. das Auftreten von Jodismus zu verhindern. Es erhielten 35 Personen drei Tage lang Jodkali und Natr. bicarb., dann die drei folgenden Tage Jodkali allein. In der That gelang es bei 7 Personen, das Eintreten des Jodismus hinauszuschieben. Während sonst die ersten Zeichen des Jodismus regelmässig innerhalb der ersten 36 Stunden eintreten, blieben sie bei diesen 7 Personen zu- nächst aus und erschienen erst am 4. oder 5. Tage, als Natr. bicarb. nicht mehr verabreicht wurde. Bei anderen (17) traten die Erschei- nungen zwar schon am 2. Tage auf, aber durchweg nur in sehr milder Form und von nur stundenlanger Dauer. Es gelang somit sicher in allen Fällen, die an Jodismus erkrankten, diesen durch die gleichzeitige Dar- reichung von Natr. bicarb. zu mildern, und nur bei einer kleineren An- zahl ihn ganz hintanzuhalten. Dass letzteres nicht bei allen glückte, liegt vielleicht an der Verabreichung zu geringer Mengen Natr. bicarb. Schliesslich besprieht der Vortragende noch die merkwürdige That- sache der „Immunität“ gegen Jodismus nach einmal überstandenen Reiz- erscheinungen. Es vertragen bekanntlich fast alle Personen Jod sehr gut, nachdem sie einmal wenn auch nur leichten Jodismus durchgemacht haben. Bisher ist hierfür noch keine Erklärung gegeben worden. Der Vortragende nun stellt diese Thatsache in Analogie zu der Immunität nach einmal überstandenen Infeetionskrankheiten. Nach den maass- gebenden Untersuchungen von Flügge steht unter allen in Bezug auf diesen Punkt aufgestellten Theorien diejenige am besten mit allen Ver- hältnissen im Einklang, welche die Immunität dadurch zu Stande kommen lässt, dass die durch die Lebensthätigkeit der Mikroorganismen im Körper gebildeten chemischen Stoffe die Körperzellen in ihrer — allgemein gesagt — vitalen Energie so verändern, dass sie nun im Stande sind, eine nochmalige Bacterien - Invasion zu bekämpfen, ohne mit ie 592 Jahres- Bericht Krankheits-Erseheinungen darauf zu reagiren. Ebenso sei es auch beim Jodismus. Auf den ersten Angriff durch eine chemische Substanz, das freie Jod, antworten die Zellen der betreffenden Schleimhäute mit Reiz- erscheinungen, werden aber dadurch in ihrer ‚„Empfindlichkeit‘“ so ver- ändert, dass sie ein erueutes Eindringen desselben chemischen Stoffes ohne Reizerscheinungen überwinden. Damit stehen auch vollkommen im Einklang die Ergebnisse der Versuche, durch gleichzeitige Darreichung von Jodkali und Natr. biearb. das Auftreten von Jodismus hinaus- zuschieben. 10. Sitzung vom 14. Juni 1889. 1) Wahl eines Delegirten der medieinischen Section behufs Be- rathung über den internationalen medicinischen Congress zu Berlin 1889. Der Vorsitzende schlägt vor, Herrn Geh. Rath Heidenhain zu wählen, was einstimmig angenommen wird. 2) Discussion über den Vortrag des Herrn Malachowski: „Zur Therapie des Jodismus.‘‘ Herr Heidenhain, Ponfick, Heidenhain, Partsch, Janicke. 11. Sitzung vom 12. Juli 1889. Herr Hürthle: Ueber den Einfluss der Herzthätigkeit auf die Form des Arterienpulses. Zunächst wird die Frage erörtert, ob die secundären Wellen der Pulscurve sämmtlich vom Herzen ausgehen oder zum Theil Reflexionen an der Peripherie des Gefässsystems ihren Ursprung verdanken. Zur Entscheidung dieser Frage wurde beim Hunde der Druckablauf an zwei verschieden weit vom Herzen entfernten Punkten einer Arterie (Carotis) bezw. an mehreren Arterien (Carotis, Renalis und Cruralis) gleichzeitig registrirt und das zeitliche Auftreten der Haupt- und Nebenwellen genau ausgemessen. Dabei ergab sich, dass die secundären Wellen der Puls- curven, welche in verschiedener Entfernung vom Herzen gewonnen wurden, gleiche Zeit nach Beginn der Hauptwelle an dieser auftreten; hieraus folgt, dass ihr Verlauf ein centrifugaler, der Hauptwelle gleich- gerichteter ist und ihr Ursprung an den Anfang des Arteriensystems verlegt werden muss. Nach diesem Befunde’ waren die weiteren Untersuchungen auf die Darstellung des Druckablaufs am Anfange des Arteriensystems gerichtet. Zu diesem Zwecke wurde der Hohlraum des linken Ventrikels und der Aorterwurzel je mit einem Manometer verbunden. Dies geschah mittelst eines doppelläufigen Katheters, welcher durch eine Carotis (beim Hunde) eingeführt wurde; die eine am Katheterende liegende Oeffnung wurde der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 53 bis in die Kammer vorgeschoben, wobei die andere 4 em über dem Katheterende gelegene in die Aortenwurzel zu liegen kam. An der Druckcurve der linken Kammer kennzeichnet sich die Systole durch einen steil aufsteigenden Schenkel und ein sich anschliessendes Plateau; die Diastole durch das Absinken vom Plateau und ein Ver- harren des Druckes annähernd um den O-Werth bis zur nächstfolgenden Systole.. Durch Vergleich dieser Curve wit der des Aortendruckes lässt sich die Systole in zwei Perioden eintheilen: eine Periode, während welcher Kammer und Aorta nicht mit einander communieiren (die Semi- lunarklappen geschlossen sind), und eine zweite, während deren die beiden Hohlräume in offener Verbindung mit einander stehen (die Semi- lunarklappen offen sind). Die erste Periode reicht vom Beginn der Systole bis zum Beginn der pulsatorischen Drucksteigerung in der Aorta (Anspannungszeit), die zweite von hier bis zum Ende der Systole (Aus- treibungszeit). Es existirt somit keine sog. Zeit der rückständigen Con- traction. Dies ergiebt sich daraus, dass bei hoher arterieller Spannung das Ansteigen des Druckes in der Aortenwurzel bis zum Ende der Systole dauert. Ferner wird das bewiesen durch einen Versuch, in welchem der Schluss der Semilunarklappen durch eine selbstthätige Vorrichtung?) registrirt wurde und am Ende der Systole erfolgte. Die Curven des Aortendruckes, sowie die ihr ähnlichen der grösseren Arterienstämme, zeigen eine verschiedene Anzahl von Nebenwellen. Die eine derselben, die dierotische, ist dadurch charakterisirt, dass sie aus- nahmslos kurz nach dem Ende der Systole auftritt und im Zusammen- hang steht mit dem Schlusse der Semilunarklappen. Durch sie wird die Pulseurve in einen systolischen und diastolischen Theil getrennt. Im systolischen Theil der Curve findet sich ebenfalls eine Anzahl (1 bis 4) ‚ secundärer Wellen, über deren Entstehung sich noch nichts Sicheres aussprechen lässt; der Vortragende bezeichnet sie mit Marey als systolische Wellen der Pulscurve. Bei niederem Blutdruck nimmt der vor der ersten systolischen Welle gelegene Gipfel den höchsten Punkt !) Diese gemeinschaftlich mit Herrn Collegen Tornier construirte Vor- richtung besteht aus einer weiten geraden Röhre, in welcher ein am Ende zu einer Harpune umgebogener Draht gedeckt ist; diese Röhre wird durch eine Carotis bis zu den Klappen eingeführt und diese mittelst der vorgeschobenen Harpune angeangelt. Die dem Drahte mitgetheilten Klappenbewegungen werden auf eine Registrirtrommel übertragen, welche ausserhalb der Röhre auf einem mit dieser communicirenden pyramidenförmigen Ansatz befestigt :st. Die Uebertragung ge- schieht durch einen rechtwinklig mit dem Harpunendrahte verbundenen Hebel; dieser verlässt die Pyramide durch eine kleine, zugleich als Charnier dienende Gummiplatte und geht von hier zur Trommel. Die zu den Klappen vorgeschobene Röhre dient gleichzeitig zur Registrirung des Aortendruckes und ist daher sammt der angesetzten Pyramide mit gerinnungshemmender Flüssigkeit gefüllt, 54 Jahres - Bericht der Curve ein (die Curve ist katakrot), bei hohem Drucke der Gipfel der letzten systolischen Welle (die Curve ist anakrot). Der Einfluss des Herzens auf die Form der Pulsceurve ist nun vor allem in der Dauer der genannten beiden Phasen der Pulscurve zu er- kennen; verkürzt man beispielsweise die Systole durch Reizung der beschleunigenden Herznerven — und sie lässt sich hierdurch bis auf die Hälfte der normalen Dauer verkürzen —, so wird auch der systolische Theil der Pulseurve entsprechend kürzer und die Anzahl der systolischen Wellen nimmt ab bis auf eine; bei ganz kurz dauernder Systole (Ver- blutung) verschwinden die systolischen Wellen sämmtlich. Durch Zusammenstellung dieser Ergebnisse mit seinen früher mit- getheilten Untersuchungen über den Einfluss der Gefässnerven auf die Form des Arterienpulses kommt der Vortragende zu dem Schlusse, dass das Herz und das Gefässsystem beim Zustandekommen der mannig- faltigen Pulsformen in der Weise betheiligt sind, dass das erstere im Wesentlichen die Dauer der beiden Phasen der Pulscurve, der systo- lischen und der diastolischen bestimmt, während die Form des Auf- und Abstieges der Curve vom Zustande des Gefässsystems abhängig ist. 12. Sitzung vom 26. Juli 1839. Herr Neisser: Dürfen syphilitisch infiecirte Aerzte ihre ärztliche Thätigkeit fortsetzen? Den Anlass zu dem vorliegenden Vortrag bot eine Anfrage, welche ein College im Centralblatt für Chirurgie Nr. 13 1889 aufwarf. Er wünschte eine Ansicht darüber zu hören, inwieweit Aerzte, speciell Chirurgen und Geburtshelfer, wenn sie selbst syphilitisch infieirt seien, ihren Patienten gefährlich werden könnten und inwieweit sie sich dem- gemäss eine Beschränkung in ihrer ärztlichen Thätigkeit auferlegen müssten. Der Vortragende weist zunächst die Behauptung zurück, dass die Gefahr der Syphilisübertragung grösser sei als in der Ehe, da in letzterem Falle nicht blos die unmittelbare und viel häufiger ermöglichte Krank- heitsübertragung von Mann auf Frau zu berücksichtigen sei, sondern auch die Unterbrechung der Schwangerschaft, Aborte, Frühgeburten u. s. w. Im Allgemeinen brauche der Chirurg hinsichtlich der Ansteckungsmög- lichkeit weniger ängstlich zu sein als der Geburtshelfer. Die Schleim- haut des frisch entbundenen Uterus sei viel empfänglicher für Infections- stoffe als die frisch gesetzten blutenden Wundflächen bei Operationen und auch die Desinfeetion sei in der Geburtshilfe schwieriger und un- sicherer als in der Chirurgie. Für die Beurtheilung der vorliegenden Frage kommen allgemeine und speeielle Verhältnisse in Betracht; unter der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 55 den allgemeinen in erster Reihe das Alter der Syphilis, in zweiter die Art der Behandlung. Je jünger die Syphilis des infieirten Individuums, desto grösser sei dessen Infectiosität, speciell in den ersten drei Jahren auch deswegen, weil in dieser Zeit die so häufig reeidivirenden und im höchsten Grade infectiösen papulösen Frühformen aufträten. Die tertiären Formen dagegen seien vom Standpunkt der Infectiosität aus so gut wie gar nicht zu fürchten. Das Alter der Syphilis spiele also für die Be- urtheilung der Infecetionsgefahr eine sehr wesentliche Rolle. Was die Behandlung anlange, so setzt der Vortragende auseinander, dass seines Erachtens ja unzweifelhaft der günstige Einfluss, den die Behandlung auf die Vererbungsfähigkeit ausübt, auch für die Infectiosität bestehe, dass daher der Grad der letzteren auch nach dem Maasse der an- gewandten Behandlung beurtheilt werden müsse. Von den speciellen Gesichtspunkten kommt wesentlich in Betracht das Vorhandensein syphilitischer Processe der primären oder secundären Periode an den Händen. Das Bestehen solcher Effiorescenzen sei eine striete Contraindieation gegen die Ausübung praktisch-ärztlicher Thätigkeit, sofern es nicht ge- länge, in zweifellos sicherer Weise die Krankheitsheerde mechanisch abzuschliessen. Käme es auch häufig genug vor, dass Aerzte mit syphi- litischen, aber nieht diagnostieirten Handaffectionen die Praxis ausübten, ohne ihre Patienten zu infieiren, so gäbe es doch eine grosse Menge anderer Fälle, bei denen eine Infeetion eingetreten sei. Bei weitem nicht auf gleicher Stufe bezüglich der Gefährlichkeit ständen nicht-syphilitische Hautkrankheiten: Eczeme, Pusteln, Rhagaden u. s. w. an den Händen Syphilitischer. Doch sei wegen der bekannten Provocation, d. h. künstlich erzeugter Ablagerung syphilitischer Neu- bildungen an ursprünglich nicht syphilitisch erkrankten Hautstellen die Möglichkeit, dass eine Infection von ihnen vermittelt werden könnte, nicht ausgeschlossen, um so mehr, als durch die vorhandenen Läsionen leicht Lymph- und Blutaustritt zustande kommen könnte. Darin läge überhaupt der schwierigste Punkt der ganzen Frage: Ist das Blut eines syphilitischen Individuums — natürlich nur in den ersten Jahren nach der Infeetion — an sich infeetiös oder nicht? Werde die Frage positiv beantwortet, dann sei ja die Möglichkeit gegeben, dass auch die von syphilitischen Effloreseenzen vollständig freien Hände des operirenden Arztes durch zufällige Riss- oder Schnittwunden syphilitisch infieiren könnten. . Diese Frage sei vor der Hand nicht gelöst; denn die früher mit positivem Resultat vorgenommenen Impfversuche liessen sich nach keiner Richtung hin vergleichen mit den im praktischen Leben ev. vorliegenden Verhältnissen. Sowohl die Masse des Blutes als die Art der Einverleibung sei bei den Inoculationen derart gewesen, wie sie - bei zufälligen Verwundungen nie vorlägen. Auch die unglücklichen 56 Jahres-Bericht Fälle von Vaccinationssyphilis, welche von den Meisten auf Beimischung von Blut bezogen würden, seien nicht eindeutig. So sei denn die Möglichkeit, dass in den ersten Jahren nach der Infection eine von einem Arzte acquirirte Syphilis übertragen werden könne, nicht zu leugnen. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass diese Möglichkeit zur Thatsache werde, sei eine minimale, um so mehr, als durch die Aufmerksamkeit; welche man in den letzten Jahren der extragenitalen Syphilis geschenkt habe, auch die Aerzte mehr als bisher auf unbedeutende Läsionen ihrer Hände achteten. Eine ausführlichere Darlegung findet sich im Centralblatt f. Chirurgie 1889 Nr. 39. Diseussion: Herr Buchwald, Fritsch, Richter, Neisser, 13. Sitzung vom 18. October 1889. In Vertretung des Herrn Wernicke trägt Herr Gubitz vor: Ueber neuere Erfahrungen zur Kenntniss der cerebralen Hemiplegie. Das klinische Bild der Hemiplesie ist ein so auffälliges und längst bekanntes, dass es mit Fug und Recht auch zu unseren bestgekannten gehören sollte. Das ist aber durchaus nicht der Fall. Es ist noch gar nicht so lange her, dass eine Definition der Hemiplegie auf anatomisch- physiologischer Basis noch gar nicht mit Sicherheit gegeben werden konnte, indem die Bahn, um deren Leitungsunterbrechung. oder Functions- hemmung er sich handeln musste, noch nicht genügend bekannt war. Noch das Buch von Nothnagel über die klinische Localisation documentirt diesen Standpunkt, da man darin die alte Lehre vertreten findet, dass Hemiplegie von den Ganglien des Streifenhügels aus bedingt sein könne. Und doch waren damals die sogenannten Rindencentren in den Hemisphären des grossen Gehirns schon bekannt. Erst mit dem Standpunkt, den ich meines Wissens zuerst in meinem Lehrbuch ein- senommen habe, dass Hemiplegie gleich zu setzen sei einer Leitungs- unterbrechung oder Funetionsaufhebung der von der Summe jener Centren ausgehenden Bahnen je einer Hemisphäre war eine eigentliche Definition der Hemiplegie gewonnen, und damit zugleich ein weiterer und ein engerer Umfang für ihren Begriff gegeben. Im weiteren Sinne, der für die Fälle schwerer, frischer Hemiplegie zutraf, war sie gleichbedeutend mit Leitungs- oder Functionsunterbrechung einer Hemisphärenbahn. Im engeren Sinne war sie allein auf den motorischen Theil derselben, die Pyramidenbahn, zu beziehen. Man sollte nun meinen, dass wenigstens in diesem engeren Sinne auch das klinische Bild der Hemiplegie längst erschöpfend behandelt der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 57 wäre. Statt dessen findet man merkwürdiger Weise, dass selbst sehr auffallende, für die Hemiplegie charakteristische Erscheinungen nicht bekannt, oder wenigstens noch nirgends beachtet sind. Man weiss wohl, dass wesentlich drei Gebiete in der befallenen Musculatur zu unterscheiden sind: Ein Facio-lingualgebiet, ein Armgebiet und ein Beingebiet. Es ist auch hinlänglich bekannt, wie das Verhalten der Zunge im sogenannten chronischen Stadium der Hemiplegie wesent- lich dadurch charakterisirt ist, dass sie schief nach der gelähmten Seite vorgestreckt wird, während die Erschwerung der anderen Bewegungen so gering zu sein pflegt, dass sie meist nur subjeetiv zur Wahrnehmung kommt. Was die Lähmung des Nervus facialis betrifft, so hat man von jeher an ihr als charakteristisch hervorgehoben, dass sie sich nur auf den unteren, die Wangen- und Mundmuskulatur versorgenden Ast er- streckt, das Orbitalgebiet des Facialis dagegen frei lässt. In dieser Dissociation der Fasern hat man schon immer mit Recht ein prägnantes Beispiel für den Unterschied zwischen cerebraler und peripherischer Lähmung gefunden. Es ist nun interessant, wahrzunehmen, dass ein ganz gleiches Ver- halten, welches das Armgebiet der Hemiplegie betrifft, noch gar nicht die Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Und doch ist es nicht minder für den ersten Blick auffällig, als beim Nervus facialis. Ich meine die Dissociation der Fasern im Nervus accessorius Willisii. Auch dieser Nerv theilt sich in zwei Hauptäste, wovon der eine den Kopfnicker, der andere den Cucullaris versorgt, und genau so typisch, wie beim Facialis, verhält es sich auch hier, indem regelmässig der Ast für den Sterno- eleidomastoideus verschont bleibt, der für den Cucullaris gelähmt wird. Letztere Lähmung verräth sich in der Ruhelage durch das Herabhängen, den Tiefstand der gelähmten Schulter. Der Defect der Beweglichkeit besteht in der Unmöglichkeit, die Schulter zu erheben, wenigstens will- kürlich diese Bewegung auszuführen, denn die respiratorische Function der Clavicularportion des Cucullaris wird dadurch nicht berührt — eben- falls wieder ein merkwürdiges Beispiel der Dissociation innerhalb eines und desselben Nervengebietes. Es muss nun beachtet werden, dass die Erhebung der Schulter nicht allein durch den Cucullaris resp. den Nervus accessorius erfolgt; in der Norm wirken noch andere Muskeln, die von anderen Nerven versorgt werden, dabei mit. Aber durch den Versuch kann man sich leicht überzeugen, dass der Cueullaris die bei Weitem kräftigsste Wirkung dabei ausübt, man braucht nur den Stamm des Nervus accessorius nach aussen und hinten vom Kopfnicker faradisch zu erregen. Was die Lähmung des Beingebietes bei der Hemiplegie betrifft, so ist es bekannt, dass sie weder eine dauernde noch eine absolute zu beliben pflegt. Wenigstens würde ich in Fällen, die dieser Regel wider- 58 Jahres-Bericht sprechen, den Verdacht für gerechtfertigt halten, dass der betreffende Heerd schon unterhalb der Hemisphäre seinen Sitz haben möge. Wenn nun auch die absolute Lähmung verhältnissmässig rasch sich so weit zurück- zubilden pflegt, dass der Gang wieder möglich wird, so gestaltet sich doch weiterhin die Gehfähigkeit sehr verschieden. Man kann in dieser Hinsicht leichte Fälle und schwere Fälle unterscheiden. In den schweren Fällen, wo der Gang sehr unbehilflich bleibt, ist es doch merkwürdig, dass er über- haupt möglich ist, denn man bedenke, dass das früher gelähmte Bein zu einer gewissen Zeit des Ganges das ganze Körpergewicht zu tragen hat, und dass dies nur durch Fixation der Gelenke vermittelst der als lebende Ligamente dienenden Museulatur möglich ist. Ein näheres Eingehen auf die Verbreitung der Lähmungen macht diese Erscheinung einigermaassen begreiflich. Man findet nämlich in solchen Fällen bei Untersuchung des Kranken in der Rückenlage, dass, die active Erhebung des gestreckten Beines, wenn auch schwach, doch bis zu einer gewissen Höhe noch aus- führbar ist, eine ganz erhebliche Muskelleistung, wenn man das Gewicht der unteren Extremität in Betracht zieht. Untersucht man den Kranken in .derselben Rückenlage weiter, so findet man die Dorsalflexion des Fussgelenks vollständig aufgehoben oder doch durch den geringsten Widerstand zu unterdrücken. Bringt man dagegen den Fuss passiv in die Dorsalflexion, so stellt sich heraus, dass die Plantarflexion noch mit einer grossen Kraft ausgeführt werden kann. Dasselbe bestätigt sich durch den Widerstand, welchen der Kranke leisten kann, wenn man durch Gegendruck gegen die Fusssohle die dorsalfleetirte Stellung passiv herbeizuführen sucht. Ein interessantes Ergebniss stellt sich nun weiter heraus, wenn man den Kranken die Bauchlage einnehmen lässt, um die Beuger und Strecker des Kniegelenks zu untersuchen, was nur in dieser Stellung gut ausführbar ist. Hierbei zeigen sich die Beuger des Knie- gelenks entweder vollkommen gelähmt oder doch von so geringer Kraft, dass schon die Erhebung des Unterschenkels bis zur Senkrechten nur unsicher und schwierig gelingt und der geringste Widerstand hinreicht, diese Bewegung ganz zu unterdrücken. Die Strecker des Kniegelenks dagegen, auf dieselbe Weise untersucht, entwickeln eine sehr bedeutende und annähernd normale Kraft. Untersucht man solche Fälle, bei welchen die Gangstörung wenig erheblich ist, so kann man sicher sein, die Streeker des Kniegelenks und die Plantarflexoren des Fussgelenks ebenso kräftig zu finden, wie auf der nicht gelähmten Seite, dagegen wird immer eine mehr oder minder erhebliche Schwäche der Beuger des Kniegelenks und der Dorsalflexoren des Fussgelenks nachweisbar sein, je nach dem Grade der Gangstörung. Es leuchtet ein, wie wichtig für die Locomotion gerade diejenige Musculatur ist, welche sich bei der Hemiplegie verhältnissmässig so der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 59 wenig betroffen zeigt. Wie Duchenne gezeigt hat, wird durch Lähmung der Beuger des Hüftgelenkes der Gang vollständig unmöglich, denn diese Muskeln sind nicht nur im Gegensatz zur Weber’schen Pendeltheorie zur Vorwärtsbewegung des Beines beim Ausschreiten unumgänglich noth- wendig, sie dienen weiterhin auch dazu, das Becken zu balanciren, so lange das Körpergewicht auf dem betreffenden (hier dem hemiplegischen) Beine ruht. Der Extensor ceruris ist ebenso nöthig, um dem Beine des Hemi- plegischen die Gebrauchsfähigkeit als Stelze zu sichern, und endlich die Streckung des Fussgelenkes unerlässlich, um während des Schwingens des anderen Beines vom Erdboden abzustossen und dadurch den Impuls nach vorn zu ertheilen. Alle diese Bewegungen aber pflegen, und zwar mit erheblicher Kraft, bei der Hemiplegie ausführbar zu bleiben, während die Beugung des Fusses und die Beugung des Kniegelenks vollständig oder in sehr hohem Grade gelähmt ist. Ich glaube, dass erst die Kenntniss dieses Verhaltens von dem Wesen der Hemiplegie eine richtige Vorstelluag geben kann. 14, Sitzung vom 1. November 1889. 1) Herr Heidenhain: Ueber Lymphbildung. Nach den heutigen Anschauungen ist die Bildung der Lymphe nichts, als eine Filtration von Wasser und in demselben gelösten Bestandtheilen des Blutplasmas durch die Wandungen der Capillargefässe; die Trieb- kraft für diese Filtration ist in dem Drucke gegeben, mit welcher das Blut auf der Innenfläche der Capillaren lastet, oder, genauer gesagt, in dem Unterschiede des Flüssigkeitsdruckes, welcher durch das Blut auf die Innenfläche und durch die Lymphe auf die Aussenfläche der Haar- gefässe ausgeübt wird. Diese mechanische Auffassung der Ausscheidung der Lymphe aus dem Capillarblute findet ihre Stütze in der Erfahrung, dass Steigerung des Capillardruckes durch Vergrösserung der Stromwiderstände in den abführenden Venen oder durch Verkleinerung der Widerstände in den zuführenden Arterien die Lymphbildung in die Höhe treibt. Bei Studien über die Bedingungen des Lymphstromes in dem Duct. thoracicus haben sich nun dem Vortragenden Erscheinungen ergeben, welche sich aus der Zurückführung der Lymphbildung auf einfache Fil- tration nicht herleiten lassen, vielmehr auf eine secretorische Betheiligung der Capillarwände hindeuten. Es giebt zwei Reihen von Substanzen, deren Einführung in das Blut die Lymphbildung unabhängig von einer „Steigerung des Capillardruckes in die Höhe treibt. 60 Jahres- Bericht Nach Injection grösserer Mengen von Zucker, Harnstoff oder von Salzen (Kochsalz, Glaubersalz, Salpeter u. s. f.) schwillt der Lymphstrom im D. thoracicus auf ein vielfaches an. Die schneller fliessende Lymphe ist reicher an Wasser, als die Lymphe vor der Injection. Da gleich- zeitig auch der Wassergehalt des Blutes steigt, kann der Wasserüber- schuss der Lymphe nicht aus dem Blute herstammen. Die Quelle kann nur das Tränkungswasser der Gewebsbestandtheile (Zellen, Fasern u. s. f.) sein, welches in die Lymphe bezw. das Blut übertritt. Ferner aber zeigt sich, dass die in das Blut injieirte Substanz (Zucker, Kochsalz) in der Lymphe in weit höherem procentischem Verhältnisse erscheint, als sie im Blute kurze Zeit nach der Injection vorgefunden wird. Die Capillar- wände schaffen also die injieirte Substanz durch eine secretorische Thätigkeit schnell aus dem Blute heraus und führen sie in die Lymphe über — ähnlich wie die Nieren in den Harn. Die in die Lymphe über- geführte Substanz zieht aus den Gewebsbestandtheilen reichlich Wasser an, welches aus den Lymphspalten der Gewebe theils in das Blut über- geht, theils durch die Lymphgefässe abgeführt wird: daher die Steigerung des Wassergehaltes des Blutes und die Beschleunigung des Lymphstromes. In ganz anderer Weise bringen gewisse andere Substanzen eine ge- steigerte Lymphbildung zu Stande: Pepton, Eiweiss, eine in dem Kör- per des Blutegels, wie in den Muskeln des Flusskrebses enthaltene Substanz u. s. f. Wird eine dieser Substanzen in das Blut injieirt, so schwillt der Lymphstrom im D. thoracicus ebenfalls gewaltig an. Die Lymphe wird aber nicht ärmer, sondern reicher an festen, und zwar ar organischen Bestandtheilen. Gleichzeitig wird das Blut reicher an festen Theilen im Allgemeinen, wie an Hämoglobin insbesondere. Der Hergang der Lymphbeschleunigung ist also hier ein. anderer, als bei den Substanzen der ersten Reihe. Durch die Capillarwand tritt, ohne alle Steigerung, ja meist bei gleichzeitiger enormer Herabsetzung (Pepton) des Blut- druckes mit beschleunigter Geschwindigkeit eine Lymphe, welche eiweiss reicher ist, als die normale. Der schnelle Verlust an Flüssigkeit ändert das Verhältniss der Blutkörperchen zu dem Plasma im Blute zu Gunsten der ersteren. Deshalb nimmt der Procentgehalt des Blutes an festen Bestandtheilen, im besonderen an Hämoglobin, zu. Die Ursache der vermehrten Lymphbildung kann nur in einer gesteigerten secre- torischen Thätigkeit der Capillarwände liegen, welche durch die injieirten Substanzen angeregt wird. Ausführlichere Mittheilungen erscheinen dem- nächst in Pflüger’s "Archiv. 2) Der Vorsitzende theilt mit, dass laut Beschlusses des Präsidiums vom 1. Januar 1890 ab die jeweils gehaltenen Vorträge sofort ver- öffentlicht werden sollen. Die so entstehenden Einzelhefte werden am Schlusse jedes Jahres zu Jahresberichten vereinigt, der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 61 15. Sitzung vom 15. November 1839. 1) Herr Wernicke: Ueber die Zurechnungsfähigkeit nach geltendem Recht. Der Fortschritt der medieinischen Wissenschaft in neuerer Zeit ist in vielen Beziehungen auch der Rechtsprechung zu gute gekommen. So bedeutet es in Fragen der Zurechnungsfähigkeit einen Fortschritt und erleichtert das Urtheil im besonderen Falle ungemein, dass an die Stelle des Besriffs der Geistesstörung der der Geisteskrankheit getreten ist. Allerdings ist auch noch Geisteskrankheit ein vieldeutiger Begriff, etwa so, wie wenn man von Leberkrankheit oder Darmkrankheit an sich sprechen wollte, aber doch nur so weit, als er wie jeder Sammelname die verschiedenen möglichen Geisteskrankheiten umfasst. Es ist auch zuzugeben, dass die Geisteskrankheiten noch lange nicht so gut bekannt und von einander abgegrenzt sind, wie die der genannten beiden Körper- organe. Dennoch ist für den einigermaassen erfahrenen und durch- sebildeten Fachmann die Geisteskrankheit ein so bestimmt nach aussen hin abgegrenztes Gebiet, dass ein Zweifel, ob sie in einem bestimmten Falle anzunehmen sei oder nicht, nur selten vorkommen wird; und dies verdanken wir wesentlich jener Veränderung des Standpunktes der Wissenschaft, die damit beginnen musste, an ein bestimmtes Organ des Geistes zu glauben, das, wie jedes andere, selbstständig erkranken könne. Wir glauben nicht fehl zu gehen, wenn wir in dem Wortlaut des 5l. Paragraphen des Deutschen Strafgesetzbuches den Ausdruck dieses veränderten Standpunktes der Wissenschaft erblicken. Der Paragraph lautet: „Eine strafbare Handlung ist nicht. vorhanden, wenn der Thäter zur Zeit der Begehung der Handlung sich in einem Zustande von Be- wusstlosigkeit oder krankhafter Störung der Geistesthätigkeit befand, durch welchen seine freie Willensbestiimmung ausgeschlossen war.“ Die krankhafte Störung der Geistesthätigkeit soll augenscheinlich Geistes- krankheit bedeuten. Die Fassung des Paragraphen hat denn auch nie- mals den geringsten Zweifel daran aufkommen lassen, dass die Geistes- kranken als unzureehnungsfähig betrachtet werden müssen. Anders verhält es sich dagegen mit den Defectzuständen auf geistigem Gebiet, mögen sie nun angeboren oder erworben sein. Hier findet die Anwendung des Gesetzes wesentliche, in der Sache begründete Schwierig- keiten. Ist ein Mann, der ein Bein verloren hat, oder dem von Geburt an ein Glied, ein Sinnesorgan feht, ohne dass sonst seine Gesundheit ‚Schaden gelitten hat, krank zu nennen oder nieht? Darüber kann man verschiedener Meinung sein. Dieselbe Schwierigkeit bietet sich der Be- urtheilung im Falle geistiger Mängel, wo also nicht eine krankhafte 62 Jahres -Bericht Störung der Geistesthätigkeit im eigentlichen Sinne des Wortes vorliegt, sondern eine Verminderung, ein Mangel, mit einem Wort: bei den nach“ medieinischem Sprachgebrauche Schwachsinnigen. So viel sagt uns freilich der gesunde Menschenverstand, dass nach der Absicht des Ge setzgebers die hohen und höchsten Grade des Schwachsinns ohne Zweifel als Zustände krankhafter Störung der Geistesthätigkeit betrachtet werden sollen. Wenn auch nicht die Krankheit nach ärztlichem Begriffe, so ist doch das von der Regel abweichende in diesen Fällen schon für jeden Laien augenfällig. Wie aber steht es mit den geringeren Graden von Schwachsinn, die ohne scharfe Grenzen in die landläufigen Begriffe der Thorheit und der handgreiflichen Dummheit übergehen? In medieinischem Sinne ist es nicht zweifelhaft, dass auch der anerkannte Dummkopf zu den Schwachsinnigen gehört, und jedenfalls ist eine Grenze, die die ge- ringeren Grade des ärztlich so bezeichneten Schwachsinns von der Dummheit scheidet, auf keine Weise aufzufinden. Soll nun, wenn man den Schwachsinn an sich als Zustand krankhafter Störung der Geistes- thätigkeit betrachtet, jeder anerkanntermaassen Dumme bei Verbrechen straffrei ausgehen? Dass das Gesetz unmöglich diesen Sinn haben könne, liegt auf der Hand, ebenso wie auch der Wortlaut des 51. Paragraphen nur sehr gezwungen so gedeutet werden könnte. Es ist eben unbestreit- bar, dass hier eine Art von Lücke im Gesetz besteht, und dass es noth- wendig sein wird, hohe Grade des Schwachsinns und niedrige Grade davon im Sinne des Gesetzes zu unterscheiden. Diese Unterscheidung selbst aber wird nach gesetzlicher Vorschrift ebensowohl Aufgabe des Richters als des ärztlichen Sachverständigen sein; sie zu erleiehtern und zu zeigen, wie sie gelöst werden kann, ohne dass man den schwankenden Boden von Rechtsanschauungen einer ungewissen Zukunft betritt, sind die folgenden Zeilen bestimmt. Die Schwierigkeit, die hier vorliegt, ist schon zur Zeit der Ent- stehung des Deutschen Strafgesetzbuches der hohen medieinischen Instanz’ nicht entgangen, die an der endgiltigen Fassung des Paragraphen be theiligt war. In den Motiven zu dem Gesetzentwurfe, die dem Reichs tage seiner Zeit vorgelegt wurden, befand sich (Anlage 3, $. 23) auch ein Gutachten der Kgl. preussischen wissenschaftlichen Deputation für das Medieinalwesen. Dort heisst es: ‚Was die mangelhafte geistige Entwiekelung betrifft, so kann sie nur dann die Zurechnungsfähigkeit j ganz ausschliessen, wenn sie aus einer krankhaften Störung zu erklären | ist. Beruht sie dagegen auf mangelhafter Erziehung, auf Vernachlässigung und Verwilderung, so kann sie höchstens eine geminderte Zurechnun motiviren. Denn das Unterscheidungsvermögen zwischen Gutem un Bösem und die Willensfreiheit werden dadurch nicht völlig aufgehoben.” Für die Handhabung des Gesetzes ist diese Motivirung, wie allseitig anerkannt worden ist, nicht verbindlich. Sie ist aber auch in sich voll- der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 63 ständig unhaltbar. In juristischem Sinne dürfte es nicht darauf an- kommen, wenn die mangelhafte geistige Entwickelung einem hohen Defeetzustande entspricht, aus welchen Ursachen sie entstanden sein mag. Es kommt nur darauf an, ob ein so grosser Mangel vorhanden ist oder nicht. Ueberdies ist dabei von dem Begriffe der geminderten Zurechnungsfähigkeit Gebrauch gemacht, den das Gesetz nicht kennt, und den man damals absichtlich nicht iu das Gesetz eingefügt hat. Der Schlusssatz aber ist wohl überhaupt nur Phrase. In medicinischem Sinne stellt diese Motivirung eine nicht weniger unhaltbare Unterscheidung auf, die sich leider durch das hohe Ansehen der Stelle, von der sie aus- gegangen ist, allgemeinere Geltung verschafft und dadurch schon manches Unheil angerichtet hat. Statt nämlich die allein dem Rechtsgefühl ent- sprechende Unterscheidung von Schwachsinn hohen und Schwachsinn geringen Grades zu machen, wird hier der Schwachsinn infolge krank- hafter Störung und der Schwachsinn ohne dieses Merkmal unterschieden, Wissenschaftlich mag eine solche Unterscheidung gerechtfertigt sein, denn die Erfahrung lehrt, dass ein Theil der von Geburt an Schwach- sinnigen auch mit anderen Gebrechen behaftet ist, die auf eine krank- hafte Gehirnentwickelung hinweisen. So sind Viele auch gelähmt, mit Unregelmässiskeit der Sinne behaftet, epileptisch, oder sie zeigen Ab- weichungen des Schädeiskeletts oder sonstige Missbildungen und „Degenerationszeichen“. Wenn die genannten Fälle immer zugleich die besonders hohen Grade des Schwachsinns ausmachten, dann wären solche objectiv auffindbare Merkmale gewiss von schwerwiegender Bedeutung. Aber leider ist dies nicht der Fall, sondern diese Begleiterscheinungen, die die „krankhafte Störung‘ im Sinne der wissenschaftlichen Deputation begründen würden, sind ebenso oft den Fällen eines geringen als denen eines hohen Grades von Schwachsinn eigen. Deshalb ist die an die Hand gegebene Norm juristisch schlechterdings unbrauchbar, und es bleibt die Schwierigkeit bestehen, eine unserem Rechtsgefühl entsprechende Grenze nach dem Grade des Schwachsinns festzusetzen. Die Mehrzahl meiner Fachgenossen kann es nicht genug beklagen, dass ihnen dieser Schwierigkeit gegenüber ein Ausweg verschlossen wird, den sie für besonders glücklich und geeignet halten, nämlich die Möglichkeit, sich für eine Verminderung der Zurechnungsfähiskeit aus- zuspreechen. Wie schon angedeutet, erkennt das geltende Recht diesen Begriff nicht an und stellt Richter und Sachverständige nur vor die Wahl: zurechnungsfähig oder nicht. Wir kommen darauf noch zurück, betonen aber schon hier, dass wir gerade diese scharfe Scheidung für die nothwendige Folge des Rechtsprineips halten müssen. Es ist dann in neuester Zeit versucht worden, unter Anpassung an die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen demselben Prineip der verminderten Zu- rechnungsfähigkeit dadurch Eingang zu verschaffen, dass man für Zu- 64 Jahres-Bericht erkennung mildernder Umstände in einschlägigen Fällen plaidirt hat, da aber diese im Gesetze nicht durchweg vorgesehen sind, die allgemeine Zulassung mildernder Umstände bei allen Verbrechen befürwortet hat. Von meinem Standpunkt aus kann ich in alledem keine Hilfe erblicken. Richter und Sachverständige werden sich der ganz bestimmten Grenz- bestimmung, ob Schwachsinn hohen Grades oder niederen Grades im Sinne des Gesetzes vorliegt, nicht entziehen dürfen, zumal da ihnen, wie ich zeigen werde, Hilfsmittel, die für die meisten Fälle ausreichen, schon durch das geltende Recht in die Hand gegeben werden. Vorher noch eine kurze Abschweifung. Bei allem Respect vor dem historisch gewordenen, zumal dem Ergebniss einer vielhundertjährigen Culturarbeit, wie es sich im römischen Recht verkörpert, wird es doch gestattet sein, unser heutiges Recht auch von einem weniger vor- eingenommenen, mehr naturwissenschaftlichen Standpunkt aus zu be- trachten. Durchdringen doch die Naturwissenschaft und ihre praktischen Errungenschaften unser modernes Leben in einem nie geahnten Maasse, so dass einer der berufensten Vertreter dieser Wissenschaft unser Zeit- alter als das naturwissenschaftliche Jahrhundert feiern zu müssen geglaubt hat.” Gerade das Recht aber mit seinen vielfachen Berübrungen mit Sitte und Volksgebrauch wird durch das Zeitalter beeinflusst. Wir sprechen von einem Rechte, das weder römisch noch deutsch ist, noch modernes Napoleonisches Recht, auch nicht jenes absolute Recht, das sich immer verflüchtigt, sobald es in die Praxis übergeführt werden soll, sondern von demjenigen Rechtsbewusstsein, das jedes Zeitalter für sich in Anspruch nehmen muss. Und so erscheint es nur selbstverständlich, dass unsere Zeit, so wie sie ist, mit dem festgefügten Staate, mit der Gleichheit der Einzelwesen vor dem Gesetz, mit dem weitgetriebenen Maasse persönlicher Freiheit und dementsprechend gesteigerten Bedürfniss nach fester Gesellschaftsordnung ihr eigenes von dem aller anderen Zeiten verschiedenes Rechtsgefühl erzeugt. Geht man diesem auf den Grund, so erkennt man Nothwendigkeit und Zweckmässigkeit als seine Grundlagen. An die Stelle von recht und unrecht tritt social und anti- social. Was darf nicht geschehen, fragt in diesem Sinne das Strafrecht, damit die Gesellschaft und der Einzelne vor der Willkür gesellschafts- feindlicher Elemente geschützt bleibe? Was alles darf und wie soll es geschehen, fragt das Civilrecht, damit jedes Mitglied der Gesellschaft ihrer Vortheile möglichst theilhaftig werde? Und so wird die Zurech- nungsfähigkeit ein Zweckmässigkeitsbegriffl, indem er einerseits den Geisteszustand feststellt, der als Vorbedingung erachtet wird, um die Vortheile der Gesellschaft zu geniessen, andererseits jenen Zustand, wo der Einzelne die Gebundenheit durch die Gesellschaft in Form der Strafe anerkennen muss. Augenscheinlich erfordert die Gesellschafts- ordnung, dass in beiden Fällen der gleiche Maassstab angelegt werde, der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 65 oder wenigstens, wer in die vollen Rechte eintritt, auch die vollen Pflichten auf sich nehme.') Mit anderen Worten, wessen Geisteszustand derart ist, dass er bevormundet werden oder bleiben, in der Freiheit seiner Handlungen also beschränkt werden muss, der darf auch dem Strafrecht nicht verfallen, das nur die freien Handlungen treffen will. Wer eines Vormundes nicht bedarf, muss dem Strafrecht unterworfen sein. Eine verminderte Zurechnungsfähigkeit ist von diesem Standpunkt, aus nicht denkbar; sie würde nur dann in Geltung treten können, wenn mehr als eine Gesellschaft in Frage käme, d. h. gegenüber bestimmten, an sich ja möglichen Strafmitteln, wie Verbannung und Deportation, Ein weiteres Eingehen auf diese Gesichtspunkte und namentlich die nähere Untersuchung darüber, wie weit der überwiegende Staatsgedanke im römischen Recht dazu führen musste, dass für die Zurechnungs- fähigkeit auf eivilrechtlichem und strafrechtlichem Gebiete thatsächlich ein verschiedener Maassstab angelegt worden ist, kann hier füglich unter- bleiben. Es genügt, den Leser darauf vorbereitet zu haben, dass die Zurechnungsfähigkeitsfrage auch ganz anders lauten könnte, als sie im 51. Paragraphen des deutschen Strafgesetzbuches gefasst ist; sie könnte nämlich lauten: ,‚Gehört der Mensch, der ein bestimmtes Verbrechen begangen hat, in die Gesellschaft oder nicht? Ist es nicht vielleicht nach dem Maasse seiner geistigen Begabung sein gutes Recht, bestraft zu werden?“ Wenden wir uns aber der besonderen uns obliegenden Aufgabe zu, zwischen Schwachsinn hohen Grades und niederen Grades zu unter- scheiden, so wird es nun der Leser verstehen, wenn wir vorschlagen, als Schwachsinn hohen Grades den zu betrachten, der nicht gesellschafts- fähig ist, als Schwachsinn niedern Grades den, der noch innerhalb der Gesellschaft bestehen kann. Natürlich giebt es auch hier Gegensätze. Die beiden äussersten Grenzen werden einerseits durch solche Schwach- sinnige dargestellt, bei denen die Anstaltsversorgung in Idiotenanstalten und dergl. m. erforderlich ist, anderseits von solchen, die es trotz aner- kannter Beschränktheit bis zu einem selbstständigen bürgerlichen Dasein gebracht haben. Dazwischen besteht eine Stufenleiter der verschiedensten Grade. Liegt denn aber hier nicht dieselbe Schwierigkeit vor, wird man fragen, eine Grenzlinie ziehen zu müssen, die in der Natur nicht vorhanden ist und nicht vorhanden sein kann? Darauf kann man antworten: Für die Gesellschaftsfähigkeit giebt es bereits eine Regel, die äusserst glücklich !) Das Umgekehrte, dass nämlich der dem Strafrecht Unterworfene auch alle bürgerlichen Rechte habe, ist offenbar für die Gesellschaft nicht in gleicher Weise unumgänglich. 1889, Sr 66 Jahres-Bericht gefasst ist und sich durchaus bewährt hat, wenn sie auch bisher nur auf eivilrechtlichem Gebiet Anwendung gefunden hat. Es ist die im Landrecht enthaltene Bestimmung über die Entmün- digung oder sogenannte Blödsinnigkeitserklärung. Blödsinnig im Sinne des Gesetzes ist nach $ 27 des Allgemeinen Landrechts derjenige, welcher unfähig ist, die Folgen seiner Handlungen zu überlegen. Diese Erklärung ist die Vorbedingung der gerichtlichen Entmündigung, somit derjenigen Maassregel, die das Recht, frei und auf eigene Verantwortung innerhalb der Gesellschaft zu handeln, aufhebt oder einschränkt. Richter und Sachverständige brauchen sich also nur die Frage vorzulegen, ob der Schwachsinn dem Blödsinn im Sinne des Gesetzes gleichkommt, um sich darüber klar zu werden, ob ein bestimmter, im Gesetz schon als solcher anerkannter höherer Grad desselben vorhanden ist, oder ob er unter dieser gesetzlichen Feststellung bleibt. Dass die Anwendung dieser dem Civilrecht entnommenen Bestimmung auf das Strafrecht unbedenklich ist, geht auch aus folgender Erwägung hervor. Auch unser Deutsches Strafgesetzbuch handelt von gewissen Fällen zweifelhafter Zurechnungs- fähigkeit. Die gesetzliche Annahme, dass die Zurechnungsfähiskeit zweifelhaft sei, wird aber nur für Personen jugendlichen Alters, und zwar zwischen vollendetem siebenten und vollendetem achtzehnten Jahre, und für Taubstumme aufgestellt. Diese sollen nach $$ 56 und 58 des Deutschen Strafgesetzbuches freigesprochen werden, wenn sie bei Be- sehung der That die zur Erkenntniss ihrer Strafbarkeit erforderliche Einsicht nicht besessen haben. Nach Ansicht hervorragender Strafrechts- lehrer ist aber der Besitz der erforderlichen Einsicht, wenn auch hier nur auf bestimmte Klassen von Personen angewendet, ganz allgemein eine Voraussetzung der Schuld, es wird also auch den Schwachsinnigen gegenüber anwendbar sein. Kein Arzt aber wird bezweifeln, dass dem- jenigen Schwachsinnigen, der ganz allgemein unfähig ist, die Folgen seiner Handlungen zu überlegen, auch die Einsicht nicht zugesprochen werden kann, die zur Erkenntniss der Strafbarkeit einer Handlung er- forderlich ist. Es entsprieht also, wie ich dargethan zu haben glaube, durchaus dem geltenden Rechte, wenn der ärztliche Sachverständige zur Unterscheidung von Schwachsinn hohen und niederen Grades die eivilrechtliche Definition des Blödsinns zur Richtschnur nimmt und sich in jedem Falle die Frage vorlegt: Ist hier die Entmündigung gerecht- fertigt oder nicht? Die vorstehenden Erwägungen haben mir in einer Reihe von schwierigen Fällen zu einem richtigen Urtheil verholfen. So in folgendem Falle. Ein junger Bursche im Beginn der zwanziger Jahre erstach ohne bekannten -— auch später nicht ermittelten — Beweggrund auf der Strasse einen Mann, dem er augenscheinlich aufgelauert hatte. Seine Aussagen waren vielfach lügenhaft. Er war ganz zweifellos schwach- der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 67 sinnig, hatte einen schiefen Schädel und andere sog. Degenerations- zeichen. Auf der Schule und in der Lehre war er zurückgeblieben und hatte unter seinen Genossen als beschränkt gegolten, er hatte aber als Arbeiter sein Brot verdienen und noch seine Mutter unterstützen können. Bis zur Begehung der That hatte er ohne Anstand in der menschlichen Gesellschaft gelebt; und nie war ein Bedenken an seiner bürgerlichen Selbstständiskeit laut geworden; erst die That selbst erweckte Zweifel an seiner Zurechnungsfähigkeit. Ich beschränkte mich darauf, den Schwachsinn als einen solchen, der nachweislich in der Gesellschaft noch geduldet werden müsse, zu bestimmen und überliess im Uebrigen das Urtheil dem Gerichtshofe, worauf die Verurtheilung erfolgte. Ein anderer Sachverständiger hatte sich wegen des Schwachsinns für Un- zurechnungsfähiskeit ausgesprochen. Auch ich würde heute mein Urtheil bestimmter abgeben, denn erst nachträglich ist mir klar geworden, dass er auf keine Weise hätte entmündigt werden können und deshalb, wenn auch schwachsinnig, ‚doch nur den geringeren Graden des Schwachsinns zuzurechnen war. In einem anderen Falle sollte ein junger Mann, der seinen Vater bedroht hatte, festgenommen werden und leistete dabei thätlichen Wider- stand. Es stellte sich heraus, dass er ein sogenannter verlorener Sohn war, der, innerhalb einer anständigen Familie aufgewachsen, trotz Be- lehrung und Beispiel niemals etwas getaugt hatte und schliesslich seiner Streiche wegen nach Amerika geschickt worden war, wo er ein wüstes Vagabundenleben geführt hatte, ohne jemals etwas werden zu können. Aus seinem ganzen Lebenslauf liess sich mit Klarheit der Nachweis führen, dass er nie im Stande gewesen war, die Folgen seiner Handlungen zu überlegen. Wenn es mir in diesem Falle auch nicht gelang, den Richter von meiner Ansicht zu überzeugen, so hat doch das spätere Verhalten des Gefangenen mein Urtheil über jeden Zweifel erhoben. Wie das letzte Beispiel beweist, lasse ich die oben ausgesprochenen Erwägungen auch für den sogenannten „moralisch Schwachsinnigen“ gelten. Dem moralischen Schwachsinn oder der moral insanity gegen- über befindet sich der Richter in einer besonders schwierigen Lage, weil ja das Strafrecht gerade die Bestimmung hat, auf moralische Mängel angewandt zu werden. Wenn aber die Erfahrung lehrt, dass ein Mangel auf vorwiegend moralischem Gebiete angeboren vorkommt, ein Mangel, der sich darin äussert, dass der Mensch trotz aller auf- gewandten Mühe, trotz besten Beispiels nicht zu Anstand und Gesittung erzogen werden, also die für die Gesellschaft erforderlichen Eigen- schaften nicht erwerben kann, so wird sich unser naturwissenschaftliches Jahrhundert auf die Dauer der Wahrheit nicht verschliessen können, dass dies eine besondere Art des Sehwachsinns ist, woran der Betroffene . ebenso unschuldig ist wie sonst bei angeborenem Schwachsinn. Den Hr 68 Jahres-Bericht entehrenden Strafen gegenüber, denen solche Menschen ausgesetzt sind, und durch die auch die Ehrenstellung der Angehörigen und Eltern an- getastet wird, entspricht es unserm Rechtsgefühl, in solchen Fällen auf Unzurechnungsfähigkeit zu erkennen; wird doch durch die entehrende Strafe jedes Familienglied mit betroffen. Es dürfte ein Vorzug un- seres Standpunktes sein, dass sich auch in diesen Fällen jene von uns gezogene Grenzlinie bewährt. Es wird sich nämlich herausstellen, dass auch hier nur die geringeren Grade, die bis jetzt in der Gesellschaft haltbar waren, dem Gesetze verfallen. Jene beiden Beispiele zeigen uns zugleich, dass wir mit unserem Standpunkte, dessen Anwendbarkeit wir dargethan zu haben glauben, auch den Anforderungen der Zweckmässigkeit gerecht werden. Nach meiner irrenärztlichen Erfahrung wäre es nicht möglich gewesen, den Schwachsinnigen, der einen Mord begangen hatte, dauernd im Irrenhause eingesperrt zu halten. Im Rahmen der Anstalt hätte er sich voraus- sichtlich gut geführt und sich so wenig gemeingefährlich gezeigt, dass er binnen Jahresfrist entlassen worden wäre, weil Schwachsinnige viel höheren Grades, die folglich auch viel gemeingefährlicher sind, einen grösseren Anspruch auf den vorhandenen Platz gehabt hätten. Man muss sich nur darüber klar sein, dass auch die beste Irrenpflege es niemals so weit bringen kann, dass alle Schwachsinnigen in Anstalten gehalten werden können. Denn ein bedeutender Bruchtheil der Bevölkerung müsste dann in die Anstalten wandern. Dass der Thäter nicht in die Gesellschaft gehörte, war augenscheinlich, es war deshalb gewiss zweck- mässig, dass er auf andere Weise unschädlich gemacht wurde. Im zweiten Falle, wo ein Widerstand gegen die Staatsgewalt vorlag, bot die leicht ausführbare Entmündigung das Mittel, den Sohn wieder unter die väterliche Gewalt zu stellen. So weit es nöthig war, war die Familie willens und in der Lage, für eine Anstaltsbehandlung des Ver- brechers zu sorgen. Ich will zum Schluss meine Ausführungen in wenigen kurzen Sätzen zusammenfassen: 1. Mit Rücksicht auf $ 51 des Deutschen Strafgesetzbuches ist es nöthig, zwischen Schwachsinn hohen Grades und niederen Grades zu unterscheiden. Nur der Schwachsinn hohen Grades kann im Sinne des $ 51 von Schuld befreien. 2. Schwachsinn hohen Grades wird jedesmal dann anzunehmen sein, wenn die gesetzliche Entmündigung nach $ 27 des Allgemeinen Landrechts möglich ist. 3. Die innere Berechtigung dieser Unterscheidung beruht darauf, dass dem, der die Folgen seiner Handlungen zu überlegen ausser Stande ist, damit von selbst auch die zur Erkenntniss der Strafbarkeit der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 69 einer Handlung erforderliche Einsicht abgesprochen werden muss. Letztere aber ist die allgemeine Vorbedingung jeder Verschuldung. Diseussion: Herr Lühe, Rocholl, Clemens Neisser (Leubus), Seuffert. 2) Herr Riegner: Ein Fall von diagnostisch interessanter Cholecystotomie (mit Demonstration). M. H. Da sich heute Gelegenheit bietet, Ihnen das betreffende Präparat noch ziemlich frisch zu demonstriren, gestatten Sie mir wohl, Ihnen ganz kurz über einen diagnostisch interessanten Fall von Chole- eystotomie zu berichten. Am 16. September wurde eine 82 Jahr alte Frau (Marie Schlabitz) mit der Diagnose einer eingeklemmten Schenkelhernie auf meine Abtheilung gelegt. Sie war vor 3 Tagen plötzlich mit heftigen Schmerzen in der rechten Bauchseite und Erbrechen erkrankt, das am nächsten Tage schon fäculenten Geruch gezeigt haben soll. Ein rechtsseitiger Schenkelbruch bestand schon seit vielen Jahren: die Vermuthung einer Einklemmung desselben lag also für den behandelnden Collegen nahe. Die genauere Untersuchung ergab indess, dass die Hernia reponibel war. Dagegen fühlte man in der rechten Bauchseite einen über faustgrossen länglichen, von links oben nach rechts unten fast bis ans Poupart’sche Band sich erstreckenden Tumor von prall elastischer Consistenz und auf Druck äusserst schmerzhaft. Unten und von beiden Seiten liess er sich relativ gut umgreifen, nach oben gegen die handbreit den Rippenbogen über- ragende Leber hingegen nur undeutlich abgrenzen, doch ging der über dem Tumor überall dumpfe Percussionston gegen die Leberdämpfung zu in einem hell tympanitischen von etwa zwei Finger Breite über. Der Leib ist im Ganzen mässig aufgetrieben und auf Druck wenig empfindlich, die Temperatur normal, Puls etwas beschleunigt, und von leidlieher Qualität. Die Respiration beschleunigt, mühsam und von quälendem Husten unterbrochen. Als Ursache giebt die Unter- suchung hochgradiges Lungenemphysem und diffuse Bronchitis. Da der Schenkelbruch dafür nicht angeschuldigt werden konnte, lag es nahe, als Ursache der vorhandenen incarcerationserscheinungen eine invaginatio ileo-eoecalis anzunehmen, wofür Lage und Gestalt der erwähnten Bauch- Geschwulst zu sprechen schienen. Bei dem leidlichen Kräftezustand der Patientin hielt ich mich trotz ihres hohen Alters für verpflichtet, einen operativen Eingriff zu versuchen. Zunächst legte ich, um darüber absolut beruhigt zu sein, die Schenkelhernie blos, fand aber darin eine normal aussehende Darmschlinge, die auf leichten Druck zurückging. Ich ver- suchte nun durch den ziemlich weiten Bruchring die Bauchgeschwulst abzutasten, konnte aber nur deren unteren Pol erreichen. Der Bruch- 70 Jahres-Bericht schnitt wurde daher durch das lig. Poupatri in die Bauchdecken ver- längert und diese in etwa 10 cm Länge ineidirt. Die sich sofort präsentirende Geschwulst konnte wegen ihrer prall elastischen Füllung, der hochrothen Färbung ihrer überall mit Fibrinfetzen bedeekten Ober- fläche und ihrer länglichen Gestalt in der That auf den ersten Blick als ein stark aufgetriebener Darmtheil imponiren. Die Palpation ergab jedoch sofort, dass es sich um die über doppeltfaustgrosse mit Flüssigkeit prall gefüllte Gallenblase handelte. Die Oberfläche der Leber und die sicht- baren Darmschlingen waren mit dicken, leicht abziehbaren fibrinösen Auflagerungen bedeckt. Ich fixirte die Wand der Gallenblase durch eine Anzahl Näthe im oberen Wundwinkel und vernähte den Rest der Bauchwunde. Der Schenkelbruchsack wurde isolirt, am Bruchring abge- bunden und abgeschnitten. Wegen der starken Spannung wird der In- halt der Gallenblase durch Aspiration entleert, er bestand aus etwa 500 Gramm fäcal riechender haemorrhagischer flockiger Flüssigkeit, die neben vereinzelten weissen zahlreiche rothe Blutkörperchen, aber keine nachweisbaren Gallenbestandtheile enthielt. Die alte Frau überstand den möglichst rasch und aseptisch, aber mit- Vermeidung differenter Antiseptica ausgeführten Eingriff sehr gut. Brechen und Schmerzhaftiekeit des Leibes verschwanden, auch die Dyspnoe besserte sich nach Darreichung kräftiger Expectorantien und Hochlagerung. Patientin war bei guter Stimmung und bekam Appetit. Beim Verbandwechsel, der wegen Verunreinigung durch Urin nach sechs Tagen erfolgen musste, zeigte sich die genähte Bauchwunde per primam vereinigt, die Umgebung jedoch durch aus der Punetionsöffnung nach- gesickertes Secret stark gereizt, weshalb zu häufiger gewechselten feuchten Verbänden mit essigsaurer Thonerde übergegangen wurde. Aus der Stichöffnung entleerte sich fortdauernd ein glasiges hellgelbes Secret, wodurch der Umfang des anfangs wieder voller gewordenen Tumors er- heblich abnahm. Erst acht Tage später eröffnete ich die vorliegende, jetzt fest verwachsene Gallenblasenwand durch einen 3 cm langen Schnitt und entfernte mit einiger Mühe die drei grossen Gallensteine, welche ich Ihnen herumreiche, und von denen der eine, wie Sie sehen, über Taubeneigrösse hat. Die Höhle wurde mit Jodoformgase lose ausge- stopft und secernirte von jetzt ab ziemlich reichlich Galle, deren Abfluss bisher durch Vorlagerung der Steine offenbar gehindert worden war. Die Höhle verkleinerte sich rasch. Stuhl war spontan bereits am achten Tage nach der Operation erfolgt, subjectives und objectives Befinden besserten sich von Tag zu Tag, und ich hatte bereits zur Freude der Patientin angeordnet, dass sie am 9. d.M. das Bett verlassen sollte, als sie amı Morgen dieses Tages plötzlich bewusstlos wurde und unter zu- nehmender Herz- und Respirationsschwäche, ohne dass sich sonstige Lähmungserscheinungen zeigten, verschied. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 71 Die Section ergab ein sehr schlaffes Herz, diffuse Bronchitis und beiderseitige Hydronephrose. In der fest an der Bauchwand adhärenten, bereits sehr zusammengeschrumpften Gallenblase einige flache Druck- usuren. Peritoneum parietale und viscerale überall glatt, die fibrinösen Auflagerungen verschwunden. Es handelte sich im vorliegenden Falle also wohl um eine acute, vielleicht durch ein Trauma veranlasste entzündliche Ausschwitzung in eine mit Steinen gefüllte Gallenblase.e Das Hinzutreten allgemeiner peritonitis mit den begleitenden Erscheinungen täuschte das Bild einer Darmocelusion vor, als deren Ursache wegen der einem intussusceptum durch Lage und Gestalt ähnlichen Geschwulst eine Invagination anzu- nehmen wohl sehr nahe lag. Folgt die Demonstration des Präparates. 16. Sitzung vom 22. November 1889. Herr Neisser stellt vor: 1) Einen Fall von Sklerodermie. Die Patientin, welche bereits seit mehreren Jahren erkrankt ist, befindet sieh im atrophischen Stadium. Hände, Arme wie Gesicht zeigen die charakteristischen Verkürzungs- und Schrumpfungserscheinungen: Krallenstellung der Finger, decubitale Geschwüre an den Knöcheln, Unbeweglichkeit des Gesichts u. s. w. Die erkrankten Partien schwitzen nicht. Elektrisch nachweisbare Sensibilitätsstörungen sind nicht vorhanden. Ausser reissenden Schmerzen in den Armen bestehen keine wesentlichen Beschwerden. Patientin war früher Wäscherin und glaubt, dass das „Absterben“ der Hände die Ur- sache der allmählich fortschreitenden Erkrankung sei. Eine Schwester der Patientin, gleichfalls Wäscherin, klagt über ähnliche Beschwerden, Absterben der Hände, reissende Schmerzen in den Armen, doch sind Zeichen von Sklerodermie noch nicht vorhanden. Die Behandlung bestand in reichlichem Gebrauch von salieyls. Natron, Bädern und Pflastereinwickelungen. Ein wesentlicher Rückgang der Krankheit sei nicht zu constatiren, nur die Geschmeidigkeit der Haut und daher die Beweglichkeit sei grösser. 2) Einen Fall von Myeosis fungoides. Die Kranke (von Dr. Ledermann im Arch. f. Darm und Syphilis 1839 bereits be- schrieben) sei jetzt mit einem sehr hochgradigen Reeidiv: Ueber apfel- grosse Tumoren an den Armen und im Gesicht wieder zur Aufnahme gekommen, Auffällig sei der serpiginöse Charakter der Neubildungen, Trotz der sehr hochgradigen Anämie der Patientin sei keine wesentliche Blutveränderung vorhanden; ebenso fehlen Abnormitäten der Milz, des Knochenmarks, der Lymphdrüsen. Nach kurzer Besprechung der Contro- verse, ob diese Tumoren als Sarcome, leukämische oder pseudo-leukämische 2 Jahres - Bericht Tumoren oder als infectiöse Granulationsgeschwülste aufzufassen seien, weist der Vortragende auf den geringen Erfolg hin, den Arsen in diesem Falle ausgeübt, während es in einem ähnlichen Vorzügliches geleistet habe. 3) 19 Fälle von Lupus vulg.,, und zwar wesentlich des Gesichts. Fast alle Fälle zeigen reichliche Betheiligung der Schleim- haut: Nase, weicher, harter Gaumen, Kehlkopf. In einem Falle mit sehr reichlichem serpiginösem Lupus des Ober- und Unterschenkels musste die Amputation vorgenommen werden wegen hochgradiger Elephantiasis und narbiger Constrietion, welche zu Unbeweglichkeit des Kniegelenkes ge- führt hatte. Der Vortragende weist kurz darauf hin, dass seiner Ansicht nach die meisten Lupusfälle, soweit sie nicht von tiefer gelegenen tuber- kulösen Processen hervorgehen, durch Infection der Schleimhaut, nicht der äusseren Haut zustande kämen. An mehreren Fällen weist der Vor- tragende dieses Verhältniss nach, speciell an solchen, an denen der Lupus von der Nasenschleimhaut her (bei intacter äusserer Nase) durch den Thränennasencanal gewandert und am inneren Augenwinkel zum Vorschein gekommen war. Zum Vergleich mit dem erwähnten Lupus-Amputationsfall, bei dem die Operation unvermeidlich war, wird ein anderer Amputirter vor- gestellt, dessen Rumpf und noch vorhandene Extremität von tiefen syphi- litischen Narben überzogen ist. Nach Angabe des Kranken soll das andere Bein wegen analoger Geschwüre amputirt worden sein, eine Ope- ration, welche durch geeignete antisyphilitische Behandlung natürlich zu vermeiden gewesen wäre. 2) Herr 8. Freund: Zur Symptomatologie der multiplen Herdsklerose. Der Vortragende berichtet über eine klinische Arbeit, die er an dem Materiale der Nervenabtheilung der Kgl. Charit& in Berlin unter- nommen hat, um das häufige Vorkommen von Sensibilitätsstörungen bei multipler Sklerose nachzuweisen und deren charakterische Eigenschaften festzustellen. Er stützt sich dabei auf eine aus derselben Klinik im October 1887 hervorgegangene, aber bisher unbeachtet gebliebene Arbeit von Oppenheim'), nach welcher das von früheren Autoren — ausser Erb — als Norm angesehene Fehlen von Sensibilitätsanomalien zu den grössten Seltenheiten bei der multiplen Sklerose gehöre, in der Majo- rıtät der Fälle hingegen die Störungen charakterisirt seien durch ihren vorübergehenden, temporären Bestand. ) Zur Pathologie der disseminirten Sklerose. — Berl. Klin. Wochenschrift 1887, No. 48. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 73 In der vorliegenden Casuistik von 33 Fällen liessen sich in 29 Fällen, also in 88 pCt.,, Sensibilitätsstörungen nach- weisen. In 6 dieser hinsichtlich ihrer Sensibilität nicht normalen Fälle handelte es sich lediglich um Parästhesien, in den übrigen um objeetiv nachweisbare Störungen. In der Majorität der letzteren (14 Fälle) waren die Störungen von vorübergehendem tem- porärem Bestande. Gewöhnlich konnte man weder durch die Anam- nese noch durch eine genaue, wiederholte Untersuchung während der sich oft über Jahre erstreckenden ersten Zeit der klinischen Beobachtung Sensibilitätsanomalien nachweisen; zumeist ganz plötzlich — gewisser- maassen apoplektiform — traten dann Sensibilitätsstörungen auf, welche trotz des meist progressiven Verlaufes des übrigen Krankheitsprocesses relativ schnell, nach Monaten, Wochen, mitunter sogar binnen. wenigen Tagen verschwanden, um nie wiederzukehren oder um nach einiger Zeit wieder aufzutreten an demselben Orte wie zuvor oder an einer anderen Localität. Oder es handelte sich um Fälle, bei welchen die wiederholte klinische Untersuchung stets normale Verhältnisse nachwies, während die Anamnese mit aller Bestimmtheit auf die frühere Existenz von Sensi- bilitätsstörungen hindeutete. — Der Vortragende eitirt aus seiner Casuistik nur zwei Fälle. Der eine soll zeigen, dass selbst eine zweijährige gründliche klinische Beobachtung, während welcher niemals Sensibilitäts- anomalien gefunden wurden, noch nicht dazu berechtigt, einen solchen Fall als einen hinsichtlich seiner Sensibilität normalen anzusehen, insofern noch im späteren Verlaufe eine Sensibilitätsstörung aufgetreten ist. In dem anderen Falle, welcher im Uebrigen das klinische Bild einer spasti- schen Spinalparalyse bot, war lediglich das eigenthümliche Verhalten der Sensibilität maassgebend für die — durch den Sectionsbefund be- stätigte — Diagnose auf multiple Sklerose. — Im Weiteren weist Vor- tragender darauf hin, dass sich in über 50 pCt. seiner Fälle die Sensi- bilitätsstörung nur auf die Endabschnitte der Extremitäten, vorzugsweise nur auf Finger und Zehen beschränkt hat, dass in drei Fällen Zeichen von Hemianästhesie bestanden haben und bespricht im Anschluss hieran die Differentialdiagnose zwischen den Sensibilitätsstörungen bei multipler Sklerose und Gliose, resp. Hysterie. Im Gegensatz zur Tabes dorsalis sind sogenannte perverse Empfindungen ebenso wie einfache Verwechse- lungen der Empfindungsqualitäten untereinander bei der multiplen Sklerose relativ selten. In ganz ähnlicher Weise .wie die Sensibilitätsstörungen können auch andere Symptome der multiplen Sklerose von temporärem Bestande sein, vor allem die Sehstörungen (Uhthoff), aber auch die Motilitätsstörungen, sowie diejenigen von Seiten der Blase und des Mastdarmes (Oppen- heim). Dieses analoge Verhalten wird durch eine kurze Schilderung der Sehstörungen illustrirt. 74 Jahres - Bericht Zum Schluss sucht Vortragender das temporäre Auftreten der Sensi- bilitätsstörungen anatomisch zu begründen an der Hand der miskro- skopischen Befunde, welche Uhthoff') an den Sehnerven von 5 ein- schlägigen Fällen (mit analogen Sehstörungen) erhoben hat. Es handelt sich um eine primäre interstitielle Entzündung, die Atrophie der Nerven- substanz ist eine secundäre und betrifft nur die Markscheiden; die Achseneylinder bleiben gesund und unversehrt, nur ein Theil derselben ist ausgesprochen verdickt und gequollen; secundäre Degeneration der Nervenfasern von einem Krankheitsherde aus fehlt oft ganz. Diese Verdickung und Quellung der Achseneylinder ist Vortragender geneigtalseineErkrankung anzusehen, welche einer Rückbildung fähig sei und normalen Verhältnissen wieder Platz machen könne. Auf derartige temporäre Er- krankungen der Achseneylinder seien die temporären Sensi- bilitätsstörungen zurückzuführen. Dauernde Sensibilitäts- störungen würden dann bestehen, wenn auch die Achseneylinder durch jenen Entzündungsprocess zerstört seien, was sich durch secundäre Degeneration der Nervenfasern zu erkennen geben müsste. Die dem Vortrage zu Grunde liegende Arbeit wird in extenso im „Archive für Psychiatrie‘ veröffentlicht werden. 17. Sitzung vom 13. December 1839. 1) Herr Förster: Ueber einen Fall von doppelseitiger Hemianopsie. Bei einem 44jährigen Postsecretär war vor 4 Jahren eine Heami- anopsia dextra ohne jede Allgemeinstörung eingetreten. Die Trennungs- linien zwischen den defeeten und den functionirenden Hälften der Ge- sichtsfelder lagen jederseits im verticalen Meridian, doch wichen die- selben in der Gegend des Fixationspunktes etwa um 2° nach rechts — nach der defeeten Seite hin — ab. Mit dieser Hemianopsie hatte Patient 4 Jahre lang sein Amt verwaltet, da verlor er im August d. J. innerhalb dreier Tage auch die Function auf den beiden linken Hälften der Gesichtsfelder, gleichfalls ohne dass irgend eine Störung des Allge- meinbefindens eingetreten wäre. Ende November 1889 machte Patient in Bezug auf seine Bewegungen den Eindruck eines völlig Blinden. Es ergab sich aber, dass ein winziges Gesichtsfeld von 3° horizontaler und 2° vertiealer Ausdehnung in der Gegend des Fixationspunktes noch er- halten geblieben und dass die Sehschärfe sogar gleich ‘/;, war. Die Papilla optica zeigte 4 Monate nach dem zweiten Anfalle noch keine %) Archiv für Psychiatrie. Band XXI, Heft 1. > der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 75 Spur von Atrophie. Die optischen Erinnerungsbilder waren vorhanden, dagegen fehlte der Farbensiun vollständig und ebenso die Fähigkeit, topographische Vorstellungen zu fassen oder zu reprodueiren, so dass Patient selbst nach einer Reihe von Wochen in seinem Zimmer nicht orientirt war, dass er sich die Umrisse von Ländern, die Lage ihrer Grenzen, ferner die Wege, die er selbst sehr häufig gegangen, nicht mehr vorstellen konnte, Der Vortragende nimmt für beide Anfälle thrombotische Processe in den Gefässen der Hirnrinde an und schliesst aus dem Fall, dass die Abweichung der Trennungslinie nach der defeceten Seite hin, wie sie bei homogener Hemianopsie sehr oft gefunden wird, nicht auf einer Ver- mischung der Elemente beider tractus optici in der Gegend des Fixations- punktes beruhe, sondern auf der reichlicheren Ernährung der Stelle des schärfsten Sehens in der Hirnrinde von mehreren Arteriengebieten aus. Ferner lehrt der Fall, dass man in der Rinde der Hinterhauptslappen den Sitz der topographischen Vorstellungen, dagegen nicht die optischen Erinnerungsbilder zu suchen habe, ferner dass die Young-Helm- holtz’sche Theorie von den Farbenempfindungen mit diesem Fall nicht in Einklang zu bringen sei, sowie dass Rindenblindheit nicht von Atrophie des nervus opticus gefolgt sei. Ausführlichere Mittheilungen über den Fall erscheinen im 36. Bande des Gräfe’schen Archivs für Ophthalmologie. Diseussion: Herr Biermer, Wernicke, 2) Herr Ponfick: Ueber Leberexstirpation. Der Vortragende giebt eine Darstellung der Verändungen, welche sich nach Exstirpation grösserer Bruchtheile der Leber in der abdominalen Cireulation und an der verstümmelten Drüse selber einstellen. Besonders auffallend ist die Thatsache, dass entgegen allen physiologischen Speeu- lationen keineswegs ausnahmslos eine lebhafte Cyanose an den Unter- leibs-Eingeweiden zu beobachten ist. Selbst in denjenigen Fällen, wo bald nach dem Eingriffe der Tod erfolgt war, erwies sich die Milz öfters kaum vergrössert und ihr Blutreichthum kaum wesentlich gesteigert. Ebenso waren die Schleimhaut des Magens und Darmes nur wenig blut- reicher, als normal, während allerdings in manchen Fällen eine unver- kennbare venöse Hyperämie derselben bestand, einzelne Male sogar Blutungen im Gewebe beobachtet wurden. Am häufigsten nimmt man solehe noch im Magen wahr, wo sie in vielfachen kleinen Herden auf- zutreten pflegen, welche kleinen hämorrhagischen Infareten entsprechen, Ist nun schon die Anwesenheit cyanotischer Erscheinungen durchaus nicht constant, so werden auch die nach den Erfahrungen aus der menschlichen Pathologie zu erwartenden hydropischen Ausschwitzungen 76 Jahres-Bericht in das Darmlumen nur unbeständig angetroffen. In das freie Cavum der Bauchhöhle vollends hat er seröse Ergüsse niemals zu Stande kommen sehen. Wenn nun auch im weiteren Verlauf, nach Maassgabe der stetig wachsenden Recreation der Leber, die Bahn der Pfortader sich mehr und mehr erweitert, so kann dieser Ausgleich doch keinenfalls bereits für jene ersten Stadien als wirksam angenommen werden, wo sich der- selbe noch nicht angebahnt hat und wo doch eine so schroffe Verengerung des gesammten Strombettes herbeigeführt worden ist. Wie der Vortragende sodann mittheilt, hat eine Verfolgung des Verhaltens der Thiere nach der Ausrottung voller drei Viertel das merk- würdige Ergebniss gezeitigt, dass sich der Ueberrest bis auf das drei- fache seines ursprünglichen Umfanges zu vergrössern vermag. Hierdurch kann es geschehen, dass der einstige Bestand an Drüsenparenchym voll- ständig oder wenigstens beinahe wieder erreicht wird. An der Discussion betheiligen sich die Herren Heidenhain, Born und der Vortragende. der Schles. Geselischaft für vaterl. Cultur. ver LI. Bericht über die Thätigskeit der Seetion für Öffentliche Gesundheitspflege im Jahre 1889, erstattet von den Herren Geh. Medieinalrath Prof. Dr. Biermer, Geh. Medieinalrath Prof. Dr. Förster und Bezirks-Physieus und Privat-Docent Sanitätsrath Dr. Jacobi, zeitigen Secretairen der Section. Sitzung vom 6. December 1339. 1) Für die Wahlperiode 1890/91 werden, nachdem Herr Geheimer Medicinalrath Professor Dr. Förster ersucht hat, von seiner Wieder- wahl abzusehen, die Herren Geheimer Medieinalrath Prof. Dr. Biermer, Prof. Dr. Flügge und Kgl. Bezirks-Physikus und Privatdocent Sanitäts- rath Dr. Jacobi zu Secretären der Section gewählt. 2) Herr Dr. Bitter spricht über einige neuere Desinfectionsapparate. Von den zahlreichen, in neuester Zeit construirten Desinfections- Apparaten, welche entweder mit einfach strömendem, oder über- hitztem, oder lufthaltigem, oder gespanntem Dampf arbeiten, sind wohl nur die verschiedenen Gruppen der Apparate mit einfach strömen- dem gesättistem Dampf allgemein zu empfehlen. Ueberhitzter Wasserdampf desinfieirt nämlich nach den Untersuchungen v. Esmarch’s unvollkommen; wahrscheinlich wegen mangelnder Condensation. Eben- so ist lufthaltiger Wasserdampf zur Desinfection ganz ungeeignet. Der gespannte Dampf dringt zwar etwas schneller in die Objecte ein und tödtet widerstandsfähige Dauerformen von Bacterien rascher als 78. Jahres - Bericht der ungespannte strömende; damit ist aber nicht gesagt, dass die Apparate, welche mit gespanntem Dampf arbeiten, die besseren sind. Die Wirkung des gespannten Dampfes wird sofort unsicher, wenn die Luft nicht vollständig aus den Apparaten ausgetrieben wird. Nun ist es aber sehr schwierig zu bestimmen, wann die Luft thatsächlich aus dem Desinfeetionsraume vollständig verdrängt ist, und deshalb erfordern die Apparate mit gespanntem Dampf, wenn die Desinfeetion sicher ge- lingen soll, eine sehr aufmerksame und gewissenhafte Bedienung durch geschulte Leute. Da nun der einfache strömende Wasserdampf von 100 Grad, abgesehen von dem etwas langsamen Eindringen in die Ob- jeete, dem gespannten Dampf, was Sicherheit der Desinfeetionswirkung anlangt, praktisch gleichwerthig ist, die Bedienung der damit arbeitenden Apparate aber in den meisten Fällen sich ungemein viel einfacher ge- staltet, so wird man bei Einrichtung von Desinfectionsanstalten je nach den äusseren Umständen einen der verschiedenen Apparate mit einfach strömendem Dampf wählen. Bei der Anschaffung eines Apparates ist aber immer zu berücksichtigen, dass unsere heutigen Apparate noch kaum das höchste auf diesem Gebiete Erreichbare darstellen und dass man daher vermeiden soll, durch Aufstellung grosser und kostspieliger Apparate besonders kleinen Gemeinden in Bezug auf spätere Anschaffung eines vollkommenen Apparates die Hände zu binden. Für solche kleinere Gemeinden sind vorläufig am geeignetsten die Apparate von Thurs- field und Budenberg. Bei dem Apparate von Thursfield umgiebt der Dampfentwickler mantelförmig den Desinfeetionsraum; der Buden- berg’sche Apparat dagegen hat einen besonderen, nicht concessions- pfliehtigen Dampfentwickler. Wo sich ein Dampfkessel bereits vorfindet, kann der Budenberg’sche Apparat auch an diesen angeschlossen werden. Für grosse Desinfeetionsanstalten wird die Anschaffung eines grossen Apparates nicht zu umgehen sein. Doch empfiehlt es sich, daneben auch kleinere zur Verfügung zu haben, welche, wenn die zu desinfieirenden Objeete wenig umfangreich sind, ohne die kostspielige Inbetriebsetzung des grossen Apparates eine rasche Ausführung der Des- infeetion ermöglichen. Vielleicht ist aus diesen und anderen Gründen eine Decentralisation der öffentlichen Desinfectionsanstalten über- haupt das Richtigere. Den an einen ganz grossen Desinfeetionsapparat zu stellenden An- forderungen genügen zur Zeit am besten die Apparate von Schimmel u. Co. in Chemnitz. Der Dampf wird in einem Druckdampfkessel als gespannter Dampf entwickelt, expandirt sich aber in der Desinfections- kammer sofort in einfachen, ungespannten Dampf von 100 Grad, da die Abzugsöffnung der Kammer weit genug geöffnet ist. Die Desinfections- kammer und die Objeete werden durch besondere, durch den gespannten Dampf geheizte Rippenkörper vor dem Einlassen des Dampfes vorge- der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 719 wärmt, um stärkere Bildung von Condensationswasser zu verhüten. Während der Dauer der eigentlichen Desinfeetion muss aber der Dampf zu den Heizkörpern abgestellt werden, damit keine, den Erfolg der Des- infeetion in Frage stellende Ueberheizung des Dampfes stattfindet. Jeder Desinfectionsapparat muss, bevor man ihn in Gebrauch nimmt, geprüft werden. Bei den kleineren Apparaten mit einfach strömendem Dampf (z, B. Thursfield, Budenberg) ist diese Prüfung relativ ein- fach, da man dazu für gewöhnlich nur einiger genauer Maximalthermo- meter und etwa eines Signalthermometers bedarf. Die Prüfung ganz grosser Apparate, wie des Schimmel’schen und der Apparate mit gespanntem Dampf, ist weit complieirter, weil hier eine grosse Menge von Punkten zu berücksichtigen und besonders auch eine weitergehende Anwendung bacteriologischer Testobjecte ‘nicht zu umgehen ist. Eine solche Prüfung kann deshalb nur durch eigens auf diesem Gebiete thätige Sachverständige erfolgen. Zum Schluss weist der Vortragende noch darauf hin, dass mit der Anschaffung eines Desinfections-Apparates die an eine gute Desinfectionsanstalt zu stellen- den Anforderungen erst zur Hälfte erfüllt sind. Die andere eben so wichtige Hälfte besteht in der Einrichtung geschulter Desinfections- eolonnen. Herr Professor Dr. Flügge spricht über Conservirung der Milch. Die vorkommenden chemischen Veränderungen der Milch sind von verschwindender Bedeutung gegenüber den Beimischungen von Bacterien, welche in der Milch einen vorzüglichen Nährboden und ausreichende Zeit zur massigen Entwickelung finden. Fl. constatirte durchschnittlich in der Breslauer Milch 1000 Millionen Baeterien auf 1 Liter, eine Zahl, welche annähernd der von Escherich für München gefundenen entspricht. Diese Bacterien sind zum Theil harmlose Saprophyten (Milchsäure- bacterien); daneben aber kommen namentlich bei höherer Temperatur (22 bis 30°) Bacterien zur Entwickelung, welche giftige Stoffe (Ptomaine) produeiren, und auf die Einwirkung dieser ist aller Wahrscheinlichkeit nach die Cholera und Diarrhoea infantum zurückzuführen, welche all- Jährlich so enorm zahlreiche Opfer unter den Kindern fordert. Ferner sind Typhus und Cholera leicht durch Milch übertragbar, und die Er- reger dieser Krankheiten vermehren sich in Milch ausserordentlich leb- haft; auch Diphtherie und Scharlach können von einer Milchwirthsehaft aus nach anderen Häusern verschleppt werden, Endlich bietet die Milch noch dadurch besondere Gefahr, dass von tuberkulösen (perlsüchtigen) Kühen Tuberkelbaeillen in die Milch gelangen. Die Perlsucht ist in den städtischen Stallungen und in der nächsten Peripherie der Stadt so ver- breitet, dass wohl 4 °/, der Verkaufsmilch als tuberkelbaeillenhaltig an- so Jahres - Bericht gesehen werden darf und dass daher eine Infecetion mit solcher Milch vom Darm oder vom Rachen- und Nasenrachenraum aus häufig statt- finden muss, Nun ist sicher, dass starkes Kochen der Milch die meisten dieser Bacterien und wenigstens alle pathogenen Bacterien zerstört. That- sächlich wird indess meistens nur leicht aufgekocht, wobei die Keime lebensfähig bleiben. Ausserdem werden bereits vorhandene Ptomaine auch durch Kochen nicht zerstört. Es ist daher anzustreben, dass die Milch schon von dem Verkäufer frei von Ansteckungsstoffen geliefert wird. Dies ist früher wohl versucht durch chemische Zusätze (Soda, Borax u. s. w.). Wie Lazarus in Fl.s Laboratorium nachwies, schädigen jedoch alle diese Mittel die Krankheitskeime (und meist auch die Gährungskeime) gar nicht. — Ferner hat man starkes Erhitzen in ver- schlossenen Gefässen (am besten in zugelötheten Blechbüchsen) ange- wendet; die Milch wird dadurch allerdings keimfrei, aber das Verfahren ist schwierig und kostspielig, und ausserdem erleidet die Milch bei jedem Erhitzen in geschlossenen Gefässen gewisse augenfällige Veränderungen und verliert das Aroma der rohen Milch. — Drittens ist vielfach sog. Pasteurisiren der Milch versucht, d. h. man erwärmte die Milch rasch unter steter Bewegung auf ca. 70° und liess sie dann über einen Kühler laufen. Dabei behält die Milch Arcma und sonstige Eigen- schaften der rohen Milch, aber der eigentliche Zweck des Verfahrens, einen grösseren Theil der Gährungskeime zu tödten und dadurch die Milch länger haltbar zu machen, wurde häufig nicht erreicht; die Pasteurisir - Apparate sind daher in letzter Zeit stark in Misseredit gekommen. Von hygienischer Seite wurde dem Pasteurisiren früher wenig Be- achtung geschenkt, weil man annahm, dass die Krankheitskeime durch eine Temperatur von 70°, die im Interesse der Erhaltung des Rohge- schmacks nicht überschritten werden darf, keinesfalls vernichtet werden. Nun haben aber Versuche, die im Fl.'schen Laboratorium angestellt wurden, gelehrt, dass diese niederen Hitzegrade dennoch zur Tödtung der in Betracht kommenden Keime ausreichen, sobald sie nur während einer gewissen Zeit zur Einwirkung gelangen. Typhus- und Dyphtherie- bacillen gehen beispielsweise bei 10 Min. langer, Tuberkelbaeillen bei 20 Min. langer Einwirkung von 68° zu Grunde. Die bisher gebräuchlichen Pasteurisir- Apparate leisten allerdings, wie sich aus einer besonderen Versuchsreihe ergab, eine solehe Abtödtung der Krankheitskeime nicht. Aber der Grund dafür lag offenbar in Fehlern der Apparate, die sich leicht vermeiden lassen; und in der That konnte Fl. mit den neuesten Constructionen eine Milch erhalten, der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 8 welche von allen Krankheitskeimen zuverlässig befreit war, und in welcher die Gährungskeime so vermindert waren, dass sich die Milch bei 4 15° etwa 100 Stunden, bei + 22° 72 Stunden, bei + 23° 30 Stunden frisch und verkaufsfähig hielt. Dabei ist diese pasteurisirte Milch in nichts von der rohen Milch zu unterscheiden, sie rahmt ebenso gut auf, ist zur Butterbereitung gleich geeignet ete. Das Verfahren nimmt incl. aller Vorbereitungen bei einem 50—100 Liter fassenden Apparat nur 1 Stunde in Anspruch. Die Kosten berechnen sich auf etwa '/), Pfennig pro Liter. Redner ist daher überzeugt, dass die mittelst der neueren Pasteurisir- Apparate conservirte Milch möglichste Verbreitung verdient und gegen die Gefahren des Milchgenusses den besten Schutz gewährt. Vielleicht lässt sich durch Fixirung einer Maximalgrenze für den Bacteriengehalt der Milch die Einführung eines geeigneten Pasteurisir-Verfahrens sogar zwangsweise erreichen; vorläufig muss das Publikum durch die For- derung einer von Krankheitskeimen freien Milch der Ein- führung der in rationeller Weise pasteurisirten Milch Vorschub leisten. 1889. e 6 39 Jahres- Bericht IILI. Bericht über die Thätigkeit der naturwissenschaftlichen Section der Schlesischen Gesellschaft im Jahre 1889 erstattet von Herrn Geh. Bergrath Prof. Dr. Römer und Herrn Geh. Regierungsrath Prof. Dr. Poleck, zeitisen Secretären der Section. 1. Mineralogie, Geologie und Palaeontologie. Sitzung am 6. Februar 1889. Herr Geh. Rath Professor Dr. Römer legte eine Anzahl von Dreikantnern aus Schlesien | vor und knüpfte daran allgemeine Bemerkungen über diese in jüngster Zeit vielfach besprochenen Körper. Dreikantner oder Pyramidal-Geschiebe sind lose Gesteinsstücke, welche auf der Oberseite durch drei, selten mehr als drei, flach gewölbte, meist aber in geraden Kanten zusammen- stossende Flächen begrenzt werden. Die scharfen Kanten, in welchen die fast ebenen Flächen sich schneiden, bilden das bezeichnende Merk- mal, durch welches sie sich von den ringsum abgerundeten Geröllen der Bäche und Flüsse und der Meeresufer unterscheiden. Solche Dreikantner haben sich nun in den letzten Jahren, nachdem man auf dieselben auf- merksam geworden, in den verschiedensten Gegenden gefunden, Vorzugs- weise sind sie in Norddeutschland verbreitet. Man kennt sie nament- lich aus Schleswig-Holstein, Mecklenburg, der Mark Brandenburg, Ost- Preussen u. s. w. Immer sind es sandige Gebiete, in denen sie vor- kommen und am häufigsten liegen sie auf Anhöhen. Nachdem früher Berendt und Andere den Ursprung der Erscheinung aus gewissen mit der Vergletscherung Nord-Deutschlands während der Diluvial-Zeit in Ver- bindung stehenden Einwirkungen erklären wollten, vereinigen sich gegen- der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 83 wärtig die verschiedenen Beobachter in der Annahme, dass der durch den Wind in bestimmten Richtungen gegen die Gesteinsoberfläche ge- triebene Sand die Abschleifung der in scharfen Kanten sich schneidenden ebenen Flächen bewirkt habe. Schon im Jahre 1869 wurde übrigens diese Erklärung durch Travers und bald darauf durch Enys, der die Er- scheinung auf Neu-Seeland beobachtete, gegeben. Die vorgelegten schlesischen Stücke rühren aus der Gegend von Primkenau her und sind dort durch Herrn M, Grundey gesammelt worden, der sie, wie von dem Vortragenden dankbar anerkannt wurde, dem Mineralogischen Museum übergeben hat. Sie bestehen aus einem sehr festen weissen Quarzit, wie er unter den nordischen Geschieben häufig ist, und erreichen zum Theil Fussgrösse. Herr Dr. Kosmann machte Mittheilungen über einen neuen Messapparat zur Bestimmung der relativen Härte von Mineralien und Metallen. Die Schwierigkeit, welche bei der zur Zeit als ausschliessliche Grundlage von Härtemessungen dienenden Mohs’schen Scala eintreten, sobald es sich um die Feststellung der Zwischenstufen der Härtegrade zwischen den Standardmineralien handelt, hat Thomas Turner am Mason College in Manchester durch einen Apparat zu überwinden gesucht, welcher mittels einer an einem veränderlich zu beschwerenden Hebel- arm sitzenden Diamantspitze die zu untersuchenden Mineralien ritzt, so dass die relativen Härteunterschiede in Zahlen der zur Beschwerung er- forderlichen Anzahl Gramm ausgedrückt werden. Die von Turner im Vergleich mit der Mohs’schen Härtescala ausgeführten Bestimmungen er- weisen, wie ungleichmässig die Intervalle zwischen den Gliedern der hergebrachten Härtescala sind, und scheint es angezeigt, dass die Mine- ralogie sich endlich exacteren und zuverlässigeren Methoden der Härte- bestimmung zuwende. Der Turner’sche Apparat setzt natürlich eine ge- wisse Uebung und Erfahrung voraus, um über die stattgehabte Art der Ritzung ein zutrefiendes Urtheil zu fällen, Der Bezirks-Bevollmächtigte A. Langenhan legte ein etwa 12 Centi- meter langes, mit 17 Zähnen bezw. Alveolen versehenes Kieferstück aus dem unteren Muschelkalke (Chorzower Schichten) von Gogolin OS. vor, das durch die Güte des Herrn Direetors Elsner daselbst in den Besitz des Berichterstatters gelangte. An dem Stücke war ursprüng- lich nur ein Theil der Kieferknochensubstanz zu erkennen, und auch diese war in eine nur schwer aufzuweichende Lehmschicht so einge- bettet, dass zunächst nicht zu sehen war, ob es sich um einen fos- _ silen Knochen, oder einen jener Wülste handle, welche oft die Schichten a8 84 Jahres-Bericht des Muschelkalks in Schlangenlinien bedecken und zu allerhand Ver- wechslungen Anlass bieten. Erst nach sorgfältiger Bearbeitung gelang es, die sehr zerbrechlichen und zum Theil abgebrochenen Zähne, sowie Wurzelpartien von solchen freizulegen. Da es für das erwähnte Petre- fact an genügendem Vergleichsmaterial fehlte, so musste vorläufig von einer genaueren Bestimmung‘ abgesehen werden. Am ähnlichsten sind die Zähne und die Einfügung derselben in den Kiefer demjenigen Fisch- oder Fischsauriergeschlechte, welches auf Grund eines kleinen, aus Ober- schlesien stammenden, Kieferbruchstücks mit 3 Zähnen durch Herm, v. Meyer im Jahre 1847 als Hemilopas Mentzeli bezeichnet wurde, und dessen Kiefer- und Zahnbildung in der Sitzung der Schlesischen Gesell- schaft vom 29. Februar 1888 Gegenstand einer Besprechung war, welche Dr. Kunisch an ein mit 13 Zähnen besetztes Kieferstück derselben Species, welches aus Krappitz stammte und zunächst ebenfalls sorg- fältiger Präparation bedurft hatte, knüpfte. Beide Stücke ergänzen sich dadurch, dass das früher gefundene den inneren Kiefercanal und das neuere die äussere Kieferwandung zeigt. Da Dr. Kunisch es übernommen hat, die nunmehr vorliegenden Fundstücke genauer zu vergleichen und Näheres a, a. ©. zu berichten, so darf erwartet werden, dass auch dieses seltene Vorkommniss demnächst seinen richtigen Platz in der Reihe der in neuerer Zeit in erfreulicher Weise vermehrten Ueberreste der Fauna des oberschlesischen Muschel- kalks erhält. Von demselben wurden ferner einige wohlerhaltene Fischabdrücke, wahrscheinlich Palaeoniscus sp. n., und einige Pflanzenreste [Calamiten und Walchia (Lycopodites) piniformis] aus dem unteren Roth- liegenden vom Westabhange des ‚‚Gottlob“ bei Friedrichsroda in Thüringen vorgelegt. Vor länger als 40 Jahren entdeckte an der nämlichen, nur wenig ausgedehnten und schwer zugänglichen Fundstelle Bernh. von Cotta die ersten Saurierfährten aus palaeozoischen Gebirgen Deutschlands. Erst in neuerer Zeit aber wurde die Fundstelle durch Dr. Pohlig aus Bonn wieder nachgewiesen und zugleich von diesem Herrn über die, dureh die Steinbruchsarbeiter aus der hochgelegenen, etwa drei Meter mächtigen Schicht zu Tage geförderten Platten mit Saurierfährten, Fisch- abdrücken und Pflanzenresten, namentlich Calamiten, Walchien, Cyelo- carpeen etc. in den Schriften der niederrheinischen wissenschaftlichen Gesellschaft Näheres festgestellt. Als Berichterstatter im Juli 1883 Ge- legenheit hatte, die bezeichnete Fundstelle näher zu besichtigen, waren Arbeiter damit beschäftigt, aus den am Fusse des „Gottlob‘ anstehenden starken Bänken zähen, gelblichgrauen Sandsteins Strassenschotter zu ge- winnen, In einer Höhe von etwa 10 Metern über dem schrofien Ab- hang dieses Sandsteins war eine Lagerung von deutlich geschichteten der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 35 schwarzen und helleren Mergelschiefern zu erkennen, aus deren oberstem Theile wiederum (direet unter dem Hangenden des „Gottlob“ [Porphyr-] Conglomerates), die zuweilen in ihrer ganzen Ausdehnung erhaltenen Fischabdrücke in Gemeinschaft mit undeutlichen Pflanzenresten heraus- befördert wurden. Eine grössere Platte derselben Lagerung zeigte bis 1 Deeimeter lange Fussspuren eines Sauriers, allem Anscheine nach des Saurichnites Cottae. Obwohl diese Fussspuren nicht besonders deutlich erschienen, dürften sie doch geeignet sein, mit den zur nämlichen Zeit im unteren Roth- liegenden von Tambach (Thüringen) gefundenen, im Museum zu Gotha befindlichen, viel charakteristischer hervortretenden Fussabdrücken von Sauriern verglichen zu werden. Die in den meisten Fällen blutroth, seltener schwarzblau gefärbten Fischabdrücke erinnern bezüglich ihrer Flossenstellung lebhaft an die Palaeoniscen des Kupferschiefers von Schmerbach-Thüringen und Mansfeld am Harz. In einzelnen Fällen lässt es das Gesteinsmaterial auch zu, den ungewöhnlich langen heterocerken Schwanz bis zur äussersten Spitze herauszupräpariren. Die Theile des Kopfes sind aber in der Regel so verdrückt, dass eine strenge Unterscheidung der einzelnen Merkmale schwer angängig erscheint. Da nach neueren Mittheilungen die Ergiebigkeit der einige Zeit be- obachteten Fundstelle vollständig nachgelassen haben soll, ganze Fisch- abdrücke namentlich sehr selten geworden sein sollen, so gereichte es dem Berichterstatter zur Befriedigung, soviel Material erlangt zu haben, dass einige der besten Fischabdrücke dem mineralogischen Museum zu Breslau überlassen werden konnten, Sitzung am 8, Mai 1839. Herr Professor Dr. Hintze berichtete über die von ihm untersuchten neuen Topase aus dem Damaralande, welche in krystallograpbischer Beziehung das Interessanteste aus der durch Herrn Dr, Gürich von seiner Reise nach Südwest-Afrika mit- gebrachten mineralogischen Ausbeute sind. Die betreffenden Topase stammen von zwei verschiedenen Fundorten im Damaralande. Theils wurden sie von Herrn Dr. Gürich selbst in der Nähe des Viehpostens Hauneib am Kanflusse an der Südwestecke des Bockberges gesammelt, wo (etwa 3 km vom Granitmassiv des Bockberges entfernt) eine 250 bis 300 m lange Quarzpartie einen dünnschiefrigen, grünen Gneiss durchsetzt und den Topas in Drusen zusammen mit Quarzkrystallen oder direet in derbem Quarz eingeschlossen enthält, — theils wurden die Topase in losen Krystallen zusammen mit Quarzen und Beryllen von Herrn Baron von Steinäcker am Keinsberge gesammelt, 36 Jahres - Bericht Die Topasstufen von Hauneib gleichen, besonders auch in Bezug auf die Gestalt und die weingelbe Farbe der Krystalle, einigermaassen dem bekannten Vorkommen vom Schneckenstein bei Auerbach in Sachsen. Die Krystalle selbst sind ziemlich flächenreich, sie zeigen 16 verschiedene Krystallformen, darunter 4 verschiedene Verticalprismen, 4 Horizontal- prismen und 6 verschiedene Pyramiden. Schöner und grösser, wenn auch weniger flächenreich, sind die Topase vom Keinsberge, welche meist vollkommen wasserhell, oder gelbgrünlich gefärbt, im Allgemeinen an russische Vorkommen erinnern und sich eventuell auch zum Ver- schleifen als Edelsteine eignen würden. Die Topase vom Keinsberge gestatteten auch eine genauere Bestimmung der optischen Eigenschaften. Herr Privatdocent Dr. Gürich berichtet über naturwissenschaftliche Beobachtungen im deutschen Schutzgebiete in Südwestafrika. Das Land stellt ein Hochplateau dar, dessen westliche Kante in geringer aber wechselnder Entfernung von der Küste verläuft. Von dieser Kante aus senkt sich das Plateau aus einer Höhe von nahezu 2000 m sehr allmälig nach Osten, steil dagegen nach Westen, der Küste zu. In dieses verhältnissmässig steile Gehänge haben die Flüsse tief eingeschnitten, durch die losen jüngsten Schichten hindurch bis auf das unterlagernde Gestein. Diese Flüsse führen aber gewöhnlich kein Wasser; die nächsten fliessenden Ströme findet man erst an den Grenzen des Gebietes, dem Orange River im Süden, Cunene im Norden, Okowango im Nordosten. Begründet ist diese Eigenthümlichkeit im Klima. Das ganze Land ist sehr regenarm; nur von Mitte December bis Anfang März kann günstigen Falles Regen erwartet werden; indess ist auch in dieser Zeit Regenfall sehr unzuverlässig. Die der Küste nächste Zone, der vegetationslose Dünensürtel, ist fast völlig regenlos; die darauf nach innen in wechselnder Breite folgende Steinwüste, Namieb, ist äusserst regenarm und zeigt erst in einiger Ent- fernung von der Küste Vegetation. In allmäligem Uebergange schliessen sich daran die Grasflächen uud späterhin die Buschsteppen, erstere namentlich in Namaqua-, letztere in Damaraland. Die Temperatur im Sommer zur Mittagszeit im mittleren Theile des Landes beträgt bis 40 Grad Celsius, im Winter 26—28 Grad Celsius. In der Nacht kühlt sich die Luft sehr stark ab; im Winter sinkt das Thermometer öfter unter Null. ) Der Vortragende bespricht alsdann die Vegetationsformen der ver- schiedenen von ihm besuchten Theile des Schutzgebietes und wichtigsten Pflanzenarten ; durch Vorlegung von Photographien (angefertigt von einem Bergingenieur der Expedition), sowie von mitgebrachten Exemplaren wurden diese Verhältnisse erläutert. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur, 87 Der geologische Bau des Landes ist einfach. Vorherrschend Gneisse mit eingelagertem krystallinischen Kalk, mit Syenit, Quarzit, Amphibolit, sowie Granite bilden die Unterlage; an wenigen Stellen wurde eine jüngere horizontal gelagerte Formation angetroffen. Die Flächen zwischen den Höhenzügen des Plateaus sind mit mächtigen Ablagerungen sandigen Thones bedeckt, die geneigten Flächen von der Kante des Plateaus nach dem Meere zu sind vielfach von Geröllablagerungen bedeckt. Interessant und artenreich ist die Thierwelt. Von den meisten Antilopen des Schutzgebietes konnten Gehörne vorgelegt werden, so von Strepsiceros Kudu, Oryx gazella, dem sogen. Gemsbock; Catoblepas gnu; Alcelaphus Kaama, Hartebeest; Gazella euchore, Springbock; Calotragus Tragulus, sogen. Steinbock; Oreotragus saltatrix, Klippbock, und eine Neotragus-Art, Zwergantilope. Von Raubthieren, Hyänen-, Schakal- und Katzenarten wurden Felle vorgelegt; so von Proteles eristatus, Zibet- hyäne; Canis mesomelas, Schabrackenschakal; Otocyon Lalandei, Ohren- schakal; Felis Serval; Felis Caracal, Wüstenluchs; Felis caligata; Felis jubata, Gepard und Felis pardus, Leopard. Bemerkungen über das Vorkommen von Löwe, Zebraarten, Strauss und nächtlichen, in der Erde grabenden Thieren, wie Stachelschwein und Springhase, wurden angeknüpft, sowie ein Exemplar des süd- ‚afrikanischen Schuppenthieres Manis Temninckii, demonstrirt. Auch die Vogelwelt ist sehr reichhaltig; besonders hervorgehoben wurden die zahlreichen Trappenarten und Feld-, Busch- und Felsenhühner. Die Schmetterlingsfauna ist arm, dagegen zeichnen sich Käfer und Orthopteren durch zahlreiche eigenthümliche Formen aus. Sitzung am 16. October 1889. Herr Privatdocent, Bergmeister Dr. Kosmann machte eine Reihe von Mittheilungen palaeontologischen und geognostischen Inhalts, deren erste sich auf das Vorkommen muschelnführender Schichten im Steinkohlengebirge der Emma-Grube südlich bei Rybnik bezog. Beim weiteren Abteufen des dortigen Tiefbauschachtes sind in 34 m Tiefe unter dem liegendsten (Nieder-) Flötz bituminöse sandige, slimmerhaltige Schieferthone von etwa 30 cm Mächtigkeit durchfahren worden, die mit unzähligen Resten der Anthracomya elongata (Salt. Gein.) erfüllt sind; fast alle Schichtungsflächen der Schiefer sind mit den braunen, höchst dünnen Schalen in zahllosen Exemplaren bedeckt, deren Erhaltungszustand ein ziemlich mangelhafter ist. Die Schichten charakterisiren sich durch diese fossilen Reste als einer brakischen Facies angehörig, wie dies u. a. mit den, dem der Voraussetzung nach gleichen Schichtenhorizont zugehörigen Schichten auf der Concordia- ss Jahres-Bericht Grube bei Zabrze der Fall ist. Auf letzterer Grube sind diese muschel- führenden Schichten ca. 24 m unter dem Pochhammerflötz, dem Lie- sendsten der Sattelfllötze. Die schon vor 4 Jahren von mir aufgefundenen Pflanzenreste aus einer Schicht zwischen den beiden Flötzen der Emma- Grube, welche mit gewissen Pflanzen aus dem Liegenden des Caroline- Flötzes auf der Fanny- Grube bei Laurahütte gute Uebereinstimmung zeigen, haben bereits damals einen Fingerzeig dafür gegeben, dass diese auf dem östlichen Flügel des Rybniker Flötzberges gelegenen Flötze einem tieferen Schichtensystem des oberschlesischen Steinkohlenbeckens zuzutheilen sind, und würde diese Ansicht durch den vorliegenden Muschelfund ihre weitere Bestätigung erhalten. Ferner wurden vorgelegt Belegstücke eines Vorkommens von Graphit aus dem Glimmerschiefergebirge der „Böhmischen Kämme“, deren Höhenzug das Thal der Erlitz an der südwestlichen Grenze der Graf- schaft Glatz begleitet. Bei dem Dorfe Friedrichswalde ist ein alter, vor 50 Jahren betriebener Stollen wieder aufgemacht worden, indem man noch anstehende Mittel eines Graphitlagers antraf. Der Graphit be- steht aus blättrigen schwarzglänzenden Massen, welche zeigen, dass sie unter starkem Gebirgsdruck gestanden haben. Die besseren reichhaltigen Partien sind weicher, zerreiblicher Beschaffenheit und führen bis 20 pCt. reine Graphitsubstanz, der Rückstand ist von kieseliger und thoniger Zu- sammensetzung, wenig eisenhaltig und schwer schmelzend.. An den Saalbändern finden sich verkieselte Lagen des Graphits d. h. nahezu vollständig in fein krystallisirten Quarz übergeführt, aber noch tief schwarz und von strahligem Gefüge wie etwa Hornblendeschiefer; dieses Product hat nur 7 pCt. Graphit und ist daher unbrauchbar. Die Oert- lichkeit bietet hinlängliches Wasser für eine Aufbereitung des Fossils. Die weitere Untersuchung des Gebirges hat noch mehrere Vorkommen von Graphit ergeben und erscheint dasselbe an das Auftreten von Lagern von Chloritschiefern gebunden, welche dem Anscheine nach entweder senkrecht gegen die Streichrichtung des Höhenzuges (hor. 10—11) die Schichten der Quarzitschiefer durchsetzen oder in den grösseren Faltungen desselben eingelagert sind. Die Graphitlager erscheinen als die Aus- füllung von Quarzklüften, welche in der Richtung hor. 5—6 den Chlorit- schiefern parallel, also auf der Trennung der Schichtungsflächen letzterer sich ausgebildet haben. Die weitere Verfolgung des Graphitlagers wird in diesen Lagerungsverhältnissen noch Klarheit schaffen. Der Vortragende bezog sich sodann auf die Vergleichung des Vorkommens marmorartiger Kalksteine in den bekannten Brüchen des Dominiums Lauterbach bei Jauer in Schlesien und der grossartigen Ablagerungen in der Doppelmulde von Attendorn im Reg.-Bez. Arnsberg in Westfalen. Die ersteren, in insularer Abgrenzung der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 89 auftretenden Kalksteine sind Glieder des silurischen Systems; in dem Bruche „an der Lähne‘ südlich Lauterbach treten zwischen die geschlossenen Kalk- steine kluftartige Lager von Dolomit hinein, die dadurch auffallen, dass sie in hohem Maasse Neigung zu Zersetzung zeigen und zu einem sandigen Schutt zerfallen. In dem ,„Töppich‘ hat der Besitzer, Herr Graf Hoyos, neuerdings Versuche gemacht, regelrechte Bänke gewinnen und dieselben auf Marmor verarbeiten zu lassen, wovon Stücke vorgelegt wurden. — In den Kalksteinen von Attendorn, welche den Schichten des mittel- devonischen Eifel- oder Stringocephalenkalks zugehören und in zwei parallelen Schiehtenzügen, dem Nordflügel des Biggethals und dem Süd- flügel des Repethals abgelagert sind, hat seit 2 Jahren eine Gewerk- schaft, die Vereinigten Mecklinghäuser Marmorgruben, begonnen, einen neuen Bruch bei Dünnschede im Repethal zu erschliessen, ein Schneide. und Schleifwerk zu errichten, und beide durch eine Locomotivbahn mit der Station Grevenbrück im Lennethal zu verbinden. Bei der Auf- deckung des Kalksteingebirges haben auch hier sich ausgezeichnete dolo- mitische Nachbildungen vorgefunden, deren Producte (Skalenoeder des Kalkspaths in Dolomit verwandelt, grosse Kalkspathkrystalle (1 stum- pferes Rhomboeder allein), von dolomitischen Rinden zusammengehalten) vorgelegt wurden. Von einem anderen Fundpunkt in diesen Schichten, schwarzen Marmorkalken bei Heggen nahe Finnentrop an der Bigge, wurden gut erhaltene Versteinerungen (Cyathoph. caespitosum) vorgelegt. Endlich wies der Vortragende darauf hin, dass neuere Unter- nehmungen in dem Gabbro- bezw. Serpentingebirge bei Grochau und Protzau in der Umgebung von Frankenstein in Schlesien die Aussicht darböten, dass in Schlesien nunmehr auch ein Bergbau auf Nickel zu den vielfachen anderen bergbaulichen Betrieben der Provinz sich hinzu- geselle. Das Vorkommen, durch die Species der Minerale Pimelith und Schuchardtit mit 9 bezw. etwas über 2 pCt. metallischem Nickel reprä- sentirt, hat sich reichhaltiger erwiesen, als bei den ersten Aufsehlüssen anzunehmen war, und haben sich die gangartigen Klüfte in der Mächtig- keit von 5 em bis 1 m Mächtiskeit mit verwerthbarem Nickelerz aus- gefüllt vorgefunden. Herr Privat-Docent Dr. Gürich legte vor eine Reihe von ihm auf seiner Reise im deutschen Schutzgebiete in Südwest-Afrika gesammelter Mineralien. Aus den Pegmatiten der Granite und Gneise: Orthoklas, Mikroklin, Albit, Turmalin, Beryll und Chrysoberyli; letzteren in zollgrossen Blät- tern; ferner Apatit. Aus dem Granit selbst: Magnetit. Aus Glimmerschiefern: Staurolith und Cyanit. Aus Quarzpartien in den Schiefern: Rutil. 90 Jahres - Bericht Von den Erzlagerstätten: Kupferglanz, Molybdänglanz, Scheelit und Wolframit. Aus Amphiboliten und Amphibolgneisen: Epidot, Vesuvian, Granat und Titanit. i Aus krystallinischen Kalken: Skapolith, Chondrodit, Spinell und Saphir. Zum Schluss legte der russische Wirkliche Staatsrath Herr Professor Dr. Trautschold Proben von rohem Erdöl von der Halbinsel Apscheron am Kaspischen Meer vor und kennzeichnete die geognostischen Verhält- nisse des dortigen Vorkommens. Sitzung am 6. November 1889, Herr Geh. Rath Professor Dr. Römer berichtete über einige bei Gelegenheit von Tiefbohrungen in Schlesien neuerlichst gemachte geologische Beobachtungen, deren Mittheilung er dem durch seine in verschiedenen Ländern und namentlich auch in Schlesien ausgeführten erfolgreichen Bohrungen be- kannten Ingenieur Olaf Terp in Breslau verdankt. Es gehört dahin: 1) das Vorkommen eines weissgefleckten rothen Thons, der in einem auf der Schöller’schen Zuckerfabrik in Rosenthal bei Breslau 1889 ge- stossenen Bohrloche in einer Tiefe von 103—156 m angetroffen wurde. Nach der durch andere Bohrlöcher in Breslau und dessen Umgebung ge- wonnenen Kenntniss der geologischen Verhältnisse ist es durchaus wahr- scheinlich, dass dieser Thon der tertiären nordostdeutschen Braunkohlen- Formation angehört. Bemerkenswerth ist nur die hellere, fast ziegel- rothe Färbung des T'hons, welche von der gewöhnlichen braun- bis blutrothen Farbe des Thons in anderen Bohrlöchern abweicht und an diejenige des Keuperthons in Oberschlesien erinnert. Durch das genannte Bohrloch wurde übrigens eben so wenig, wie durch alle anderen bisher in Breslau und dessen Umgebung gestossenen Bohrlöcher das Liegende der braunkohlenführenden Tertiärbildung erreicht. In wissenschaftlicher und wahrscheinlich auch in praktiseher Beziehung wäre es sehr erwünscht, wenn bald einmal ein Bohrloch hinreichend tief niedergebracht würde, um jene Grenze zu erreichen. 2) In einem in Sacrau bei Hundsfeld, nordöstlich von Breslau ge- stossenen Bohrloche fand sich in 94 m Tiefe eine Frucht der zu den Juglandeen gehörenden Gattung Carya. Das einzige vorliegende, in zwei Hälften gespaltene Exemplar ist 16 mm lang und 14 mm dick. Die Oberfläche ist mit unregelmässigen Längsrunzeln bedeckt, während die anderen fossilen Arten der Gattung eine nahezu glatte Oberfläche der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 9] besitzen. Nach den allgemeinen geologischen Verhältnissen gehören die Schichten, in welchen die Frucht vorgekommen, ebenfalls der tertiären nordostdeutschen Braunkohlenbildung an. 3) In einem auf der Ruffer’schen Tuchfabrik bei Liegnitz 1839 ge- stossenen Bohrloch wurde in einer Tiefe von 78 m eine Schicht ange- troffen, welche ausschliesslich aus losen kleinen, 1 mm dicken rund- lichen Kalkkörnchen, ohne jedes Bindemittel unter einander bestand. Die Körnchen sind nicht vollkommen kugelig, sondern nur unvollkommen rundlich, und erscheinen zuweilen wie aus mehreren Kugelabschnitten zusammengesetzt. Im Innern zeigen sie unter dem Mikroskope eine sehr feine undeutliche, radialfaserige Structur. Es sind augenscheinlich Con- eretionen, welche sich ähnlich wie die Körner der oolithischen Kalke gebildet haben. Die betreffende Schicht kann auch nur der nordost- deutschen Braunkohlenbildung angehören, da nur diese in der Umgebung von Liegnitz unter dem Diluvium bekannt ist. 4) Bei Oppeln wurden unter dem in einer Mächtigkeit von 80 m durchbohrten turonen Kreidekalke grauer Thon mit Braunkohlenstücken angetroffen. Da an anderen Stellen bei Oppeln cenomane, sandige Schichten, die Unterlage des turonen Kreidekalkes bilden, und an tertiäre Schichten bei der Lagerung unter dem Kreidekalke nicht zu denken ist, so muss das Alter jenes braunkohlenführenden Thons vor- läufig unbestimmt bleiben, Der Vortragende berichtete auch über die Einrichtung mineralogischer Museen. Er machte zunächst auf die Thatsache aufmerksam, dass in den letzten Jahren fast gleichzeitig in England, in Oesterreich und in Preussen srossartigse Neubauten und Neueinrichtungen für die naturhistorischen Sammlungen und im Besonderen auch für die mineralogisch-geologischen ausgeführt sind und besprach dann die eigenthümlichen Einrichtungen eines jeden dieser drei grossen National-Museen für Naturkunde. Geheimer Bergrath Althans berichtete dann über den Fortgang der Arbeiten bei dem Königl. Oberbergamte zu Breslau an bergbaulichen Kartenwerken in Oberschlesien nach dessen Prospect vom 3. August 1886 im Anschlusse an seine früheren bezüglichen Mittheilungen in der Section. Diese Kartenwerke bilden in den Maassstäben 1:10000 und 1:50000 eine Reihe von topo- graphischen und bergbaulichen Darstellungen, im grösseren Maassstabe die Specialkarte der oberschlesischen Bergreviere als Muthungs-Ueber- sichtskarte, von welcher 79 Sectionen im Druck erschienen sind, im kleineren Maassstabe die Karte des oberschlesischen Bergwerks-Areals, von welcher die fünf Seetionen Tarnowitz-Beuthen, Zabrze-Königshütte- 99 Jahres-Bericht Kattowitz-Nieolai, Peiskretscham, Gleiwitz und Rybnik-Sohrau - Loslau- Jastrzemb im Druck erschienen und die Section Pless im Stiche begriffen ist, und welche auf der topographischen Grundlage der Messtischblätter der königlichen Landesaufnahme verkleinert die verliehenen Bergwerke, und zwar Steinkohle, Zinkerze und Bleierze, nebst zugehörigem Namens- verzeichniss darstellt. Diese Karten sind das Sectionsblatt zu 1,5 bezw. 2 Mark bei der Verlagshandlung von $. Schropp (Neumann), Berlin W., Jägerstr. 60, zu beziehen. Von der Section Tarnowitz-Beuthen wurden die Originalzeichnungen einer 1:50000 Uebersichtskarte der bergbaulichen Aufschlüsse in Oberschlesien vorgelegt, bei welcher nur die topographische Grundlage jener Karte ohne Höhenschichtenlinien und Bergwerksgrenzen benutzt ist. Redner erläuterte das dabei angewendete System der berg- baulichen Darstellungen im Anschlusse an die im grösseren Maassstabe 1:10000 gezeichnete Lagerstättenkarte der oberschlesischen Bergwerke des Königlichen Oberbergamtes, aus welcher erstere ver- kleinert ist und als Uebersichtskarte demnächst aus Staatsmitteln ver- öffentlicht werden soll. Die umfangreiche 1:10000 Lagerstättenkarte, zu deren Veröffentlichung die Geldmittel nicht vorhanden sind, kann von Interessenten in der oberbergamtlichen Markscheiderei eingesehen werden. Privatdocent Dr. Gürich berichtete über die Ergebnisse einer geologischen Excursion am Strande von Rügen, welche von den Mitgliedern der diesjährigen deutschen Geologen - Ver- sammlung zu Greifswald unternommen worden war, Professor Berendt in Berlin hatte besonders auf die daselbst am Kieler Bach südlich von Stubbenkammer zu beobachtenden Profile aufmerksam gemacht. Er hatte daselbst mit aller Entschiedenheit überkippte Falten der weissen Kreide constatirt, in welche das Diluvium mit eingefaltet wäre. Es wäre diese Erscheinung dem Drucke des Gletscherschubes der zweiten Ver- eisung Norddeutschlands zuzuschreiben. Jene Excursion ergab als ein- stimmiges Resultat die Unrichtigkeit jener Behauptung von Berendt. Es sind keine Falten, sondern eine Reihe von Verwerfungen vorhanden, die allerdings nach Ablagerung des älteren Diluviums eingetreten sind, aber keinen Schluss auf die Drueckwirkung von Eismassen gestatten. Berendt hatte gleichzeitig angedeutet, dass die Störungen im Untergrunde des Diluviums der norddeutschen Ebene auf dieselben Ursachen zurück- zuführen wären. Der Vortragende besuchte deswegen die bedeutenden Braunkohlengruben von Weisswasser in der Lausitz, deren Ver- hältnisse er durch photographische Ansichten aus den Tagebauen jener Grube erläutert. Die in der That bedeutenden Störungen, die auch in anderen Braunkohlengebieten jener Gegend vorkommen, können aber der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 93 gerade wegen der Grösse derselben kaum auf den Druck des Inland- eises zurückgeführt werden, sondern es werden andere Ursachen hierfür in Anspruch genommen werden müssen. Dr. H. Kunisch legte ein 7 cm langes, mit 5 Zähnen besetztes Bruchstück der linken Hälfte des Unterkiefers von Hemilopas Mentzeli vor, welches mit der Aussenseite dem Gestein aufliegt und die Innen- seite dem Beschauer zuwendet. Es ermöglicht die gewünschte Er- weiterung der Kenntniss von dem Bau dieses Fischkiefers, welehe durch den Vortragenden hauptsächlich auf Grund eines der naturwissenschaft- _ liehen Section im vorigen Jahre (66. Jahresbericht Seite 101) vorgelegten grösseren Fragmentes der rechten Unterkieferhälfte gewonnen, worden ist. Dasselbe stammt aus dem Muschelkailke von Gogolin und zwar aus einem Steinbruche der Gogolin-Gorasdzer Kalk -Actien -Gesellschaft, in welchem ganz besonders Herr Betriebs - Inspector Kubatzek für die Aufsammlung von Versteinerungen Sorge trägt. Derselbe Vortragende sprach über das seltene Vorkommen von Labyrinthzähnern im oberschlesischen Muschelkalke und zeiste ein 10,5 cm langes, mit 14 Zahnresten besetztes Bruchstück der linken Hälfte des Unterkiefers von Mastodonsaurus Silesiacus vor, welches in Sacrau bei Gogolin gefunden und von dem Director der Madelung’schen Kalkwerke, Herrn Berthold, ihm freundlichst überlassen worden ist, Schliesslich demonstrirte er den ersten aus dem genannten Muschel- kalkgebiete bekannt gewordenen Rest der Schädeldecke eines Labyrinto- donten: Es ist dies die ziemlich vollständige linke Hälfte der Knochen- decke des Schädels von Mastodonsaurus Silesiacus (?) im Abdruck und theilweise in Substanz, welche einem bräunlichgrauen, dichten Kalksteine aufliest und sich von letzterer durch weissliche Färbung deutlich abhebt. Der Abdruck ist ungefähr 19 cm lang und 8 cm breit. Die Versteine- rung wurde von dem Vortragenden in einem auf der Grenze des Gogo- liner und Sacrauer Gebietes gelegenen Kalksteinbruche aufgenommen. Herr Privatdocent Dr. Kosmann machte, unter Vorlegung einer Gesteinsstufe, Mittheilung von der neuerlichen Erschürfung eines Magneteisenvorkommens am Moltkefelsen bei Schreiberhau im Riesengebirge. Die Versuchsarbeiten waren veranlasst durch die Absicht, die öst- liche Fortsetzung desjenigen Magneteisenlagers aufzufinden, welches weiter westlich in etwa 0,5 km Entfernung am Buchberge — einer 94 Jahres - Bericht Kuppe des Schwarzenbergs — seit Jahren aufgeschlossen und bekannt ist; ferner durch den Umstand, dass auch in den zu Tage anstehenden Felsklippen beim Moltkefelsen dünne Schnüre von Magneteisen beob- achtet wurden. Das Magneteisenlager am Buchberge ist 0,5 m mächtig, seine Masse ist schwarz und von blättrigem Gefüge, an den Saalbändern mit Schwefelkies durchsetzt, und bildet das Muttergestein ein Dichroit- gneis, der bereits von M. Websky beschrieben worden.!) In dem gleichen Gestein tritt das Magneteisen auch am Moltkefelsen auf und verläuft in dieser Gesteinsbildung der Gebirgskamm in östlicher Richtung zur Ebene hin. Zwischen den Gebieten gleicher Gesteinsentwickelung — am Schwarzenberg und am Moltkefelsen — besteht aber eine Ein- schiebung von Granit, deren Tageszeichen eben der Moltkefelsen ist, und dessen Gestein bemerkenswerth ist durch die zahlreichen einge- sprengten Körner von krystallisirtem Magnetit. Ein im Jahre 1834 semachter Schürfversuch begann mit einem Stollen, welcher östlich unterhalb des Gasthauses am Moltkefelsen an der südlichen Lehne angesetzt wurde; derselbe wurde etwa 20 m tief hineingetrieben, überfuhr auch verschiedene Schichten, welche sich stark masnetisch zeigten, traf aber nicht das Lager. Eine markscheiderische Aufnahme zeigte, dass das Lager des Buchberges in seinem östlichen Fortstreichen weit nördlich ausserhalb des Bergrückens am Moltkefelsen zu liegen kommen würde und es deshalb angezeigt war, einen Vorwurf des Magneteisenlagers ins Hangende — auf Rechnung der granitischen Erhebung — zu projectiren. Hiermit verknüpfte sich die weitere Er- kenntniss, dass das Magneteisen auch in grösserer Tiefe gesucht werden müsse. Man ging vom Endorte des Stollens einige Meter zurück und teufte daselbst ein Gesenk ab, welches nunmehr bei einer Teufe von 15 m unter dem Stollen das Lager selbst angefahren hat. Hier, als am Ausgehenden zeigt dasselbe nur die Mächtigkeit von 2—3 em; aber sämmtliches umgebendes Gestein — der sonst grünlich und bräunlich erscheinende Dichroitgneis erscheint im frischen Zustande dunkelgrau bis schwärzlieh — zeigt sich magnetisch und so steht zu hoffen, dass der weitere Aufschluss der Lagerstätte noch bessere Mächtigkeit er- reichen wird. Das Magneteisen ist von bräunlicher Farbe, dicht im Gefüge und erwies sich als mit südpolarem Magnetismus behaftet. Nach den im Frühjahr 1886 von Herrn Bergreferendar Illner in meinem Laboratorium an Dünnschliffen des Dichroitgneis angestellten Beobachtungen ist derselbe durch die zahlreichen Einschlüsse kleinster Rutilkrystalle ausgezeichnet, die fast durchgehends in bekannter Zwillings- stellung verwachsen auftreten. !) Erläuterungen zu der Geognostischen Karte vom niederschlesischen Ge- birge u. s. w. Berlin 1867, S. 24. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 95 Sitzung am 4. December 1889. Herr Dr. H. Kunisch theilte die Ergebnisse seiner palaeontologischen Erforschung des oberschlesischen Muschelkalkes im Jahre 1889 mit. Auf vier dorthin unternommenen Excursionen sind von ihm un- gefähr 180 bemerkenswerthe Versteinerungen gesammelt worden, welche vorzugsweise den Sauriern, Fischen und Haarsternen zugehören und zur Erweiterung unserer Kenntniss von der Thierwelt der diesen Schichten entsprechenden Zeit wohl geeignet sind. Sie werden in einzelnen - Gruppen zur Vorlegung und Besprechung gelangen. Für die Gewinnung der heute zur speciellen Behandlung kommenden Petrefacten haben sich Herr Rathsherr Kluczny-Krappitz, Herr Direetor Berthold-Gogolin und Herr Betriebs-Inspector Kubatzeck besonders verdienstlich ge- macht: 1) Aus der Gruppe der Nothosaurus - artigen Thiere wurde eine Auswahl von Hakenschlüsselbeinen (Coracoidea) vorgezeigt, deren Länge zwischen 1,5 bis 20 cm schwankt, und im Anschluss daran auf die Verschiedenartiskeit dieser im Muschelkalk am meisten verbreiteten Saurier bezüglich der Grösse hingewiesen. Fundorte Krappitz, Gogolin, Sacrau. 2) Die Placodontia sind bereichert worden durch den vorderen Theil eines linken Unterkieferastes mit einem Pflasterzahn und einer Zahnhöhle (Fundort Sacrau) und einem mit drei Zähnen besetzten Oberkieferrande (Fundort Krappitz). 3) Die Familie der Labyrinthzähner, welche bisher nur durch Unter- kieferäste und eine unvollständige Schädeldecke vertreten war, hat einen durch nierenförmigen Querschnitt und keilförmigen Umriss des Längs- sehnittes äusserlich gekennzeichneten Körper eines Rückenwirbels und ein Bruchstück einer durch flügelartige Verbreiterung charakterisirten Rippe aus dem vorderen Theile des Rumpfes geliefert. Fundort Gogolin. 4) Von einem Saurier stammt allem Anscheine nach ein wurm- förmiger Koprolith von der Dicke und Länge des kleinen Fingers, welcher rinsförmige Einschnürungen auf der Oberfläche besitzt und neben anderen unverdauten Nahrungsüberresten Fischschuppen und Wirbeltheile von kleinen Sauriern enthält. Fundort Gogolin. 5) Die zu den Lurchfischen (Dipnoi) gehörige Ordnung der Sirenoidea ist vertreten durch einen prachtvollen Zahn von Ceratodus, welcher den Knochen der Schädelbasis noch aufsitzt und sich mustergiltig präpa- riren liess, 6) Die zehnfüssigen langschwänzigen Krebse (Dekapoda Macrura) haben eine Bereicherung erhalten durch ein schönes Exemplar von Pem- 96 Jahres-Bericht phix Sueurii, von welchem das Kopfbruststück, ein Theil des Hinterleibes und ein Beinabschnitt in ebenfalls musterhafter Weise aus dem Gestein herausgearbeitet worden sind. Fundort Krappitz. Durch diesen Fund ist das Vorkommen der genannten Species auch im untersten Muschel- kalk (Chorzower Schichten) erwiesen. Bericht über die palaeontologische Erforschung des oberschlesischen Muschelkalkes von Dr. H, Kunisch. Der Muschelkalk, das mittlere Glied der Trias-Formation, erscheint in Oberschlesien in einem 7—22 km breiten, flachen Rücken, welcher bei Krappitz an der Oder anhebt und sich mit unwesentlichen Unter- breehungen und einem nordwestlich-südöstlichen Hauptstreichen über Gross- Strehlitz, Tost und Tarnowitz bis nach Olkusz in Polen erstreckt. Von diesem Hauptzuge spaltet sich bei Tarnowitz ein Ausläufer ab, welcher sich über Beutben, Czeladz und Bendzin bis nach Klimontow in Polen verfolgen lässt. Getrennt von diesem Hauptgebiete findet sich eine Anzahl kleiner, inselartiger Muschelkalkpartieen, wie namentlich bei Berun, Nicolai und Laband. Für die paläontologische Erforschung des oberschlesischen Muschel- kalkes ist das Hauptmaterial geliefert worden durch den Oberhütten- inspector Mentzel zu Königshütte. Letzteres ist vonDunker und Her- mann von Meyer wissenschaftlich bearbeitet worden; Mentzelselbst hat nur eine Einleitung zu der vonH. vonMeyer (Uebers. d. Arb. d. Schles. Ges. f. vat. Cult. 1847, $. 59 ff.) gelieferten Uebersicht der im Muschel- kalke Oberschlesiens vorkommenden Thierreste gegeben. Im Jahre 1851 veröffentliehte Dunker (Paläontographica I, S. 283 ff.) einen Aufsatz „über die im Muschelkalk von Oberschlesien bis jetzt gefundenen Mollusken‘“, während von Meyer bereits im Jahre 1849 (Paläonto- sraphica I, $. 216 ff.) ‚die Fische, Orustaceen, Echinodermen und andere Versteinerungen aus dem Muschelkalk Oberschlesiens‘“ behandelte und den Sauriern dieses Gebietes einen besonderen Abschnitt (S. 113—133) in seinem grossen Werke über „Die Saurier des Muschelkalkes, Frank- furt a. M. 1847—1855“ widmete. Die Mentzel’sche Sammlung, welche übrigens hauptsächlich Muschelkalk-Versteinerungen aus dem ober- schlesischen Industriebezirk enthielt, ist später in den Besitz der Königlichen Bergakademie zu Berlin übergegangen. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 97 Eine weniger umfangreiche, aber immerhin nicht unbedeutende Sammlung wurde zusammengebracht von dem Direetor der hiesigen Königl. Anatomie, Geheimen Medieinalrath Professor Dr. Otto. Sie setzt sich hauptsächlich aus Versteinerungen zusammen, welche in der Nähe von Breslau an den Ufern der Oder von den zur Verwendung bei Ufer- bauten durch Schiffe angefahrenen Kalksteinen aufgenommen worden sind. Diese Sammlung stammt demnach ursprünglich aus den an der Oder gelegenen Kalkbrüchen von Rogau-Krappitz und Ottmuth und bildet somit eine willkommene Ergänzung zu derMentzel’schen Sammlung, in welcher diese Fundplätze sehr gering vertreten sind. Die Otto’sche Sammlung, welche im Jahre 1832 mehrfach Stoff zur Besprechung in den Sitzungen der naturwissenschaftlichen Section dieser Gesellschaft geliefert hat, ist später in den Besitz des mineralogischen Museums der Königl. Universität zu Berlin übergegangen, wohin auch die vom Herrn Geheimen Bergrath Professor Dr. E. Beyrich gesammelten Muschelkalk- Petrefaeten gelangt sind. Das angeführte Versteinerungsmaterial stand Herrn Prof. Dr. H. Eck bereits zur Verfügung, als er an die Aufnahme des oberschlesischen Muschelkalkgebietes heranging, welche für den betreffenden Theil der geologischen Karte von Oberschlesien von Ferd. Römer die Grund- lage bilden sollte. Dasselbe ist von Eck in seiner Schrift „Ueber die Formationen des bunten Sandsteines und des Muschelkalkes in Ober- schlesien und ihre Versteinerungen, Berlin 1865 in Verbindung mit den im mineralogischen Museum der Königl. Universität zu Breslau aufbewahrten Muschelkalk -Petrefaecten und seiner eigenen Ausbeute systematisch zusammengestellt worden. Diese kritische Aufzählung ist so sorgfältig, dass sie für jede paläontologische Durchforschung des ober- schlesischen Muschelkalkes zum Ausgangspunkt dienen kann. Sie ist auch vom Geheimen Bergrath Professor Dr. Ferd. Römer in seiner „Geologie von Oberschlesien (Breslau 1870)‘, welche vorzugsweise als „Brläuterung zu der im Auftrage des Königl. Preuss. Handels-Ministeriums . von dem Verfasser bearbeiteten Karte von Oberschlesien in 12 Sectionen“ dienen soll, benutzt und in geeigneter Kürzung, insbesondere unter Weg- lassung der genaueren Angabe von Fundorten wiedergegeben worden. Demnach wird, wenn es sich nur um eine Uebersicht über den paläon- tologischen Charakter des oberschlesischen Muschelkalkes handelt, Ferd. Römers Geologie von Oberschlesien vollauf genügen. Das folgende Jahrzehnt hindurch hat die Kenntniss der Versteinerungen des ober- schlesischen Muschelkalkes so gut wie gar keine Bereicherung erfahren. Im Jahre 1880 unternahm ich die erste Excursion in das genannte Gebiet und erkannte bald, dass der Reichthum an Petrefacten noch keineswegs erschöpft sei. Bald wurde mir auch klar, dass die Hebung und Bergung derselben vor allem dadurch gefördert werden könne, dass 1889. 7 98 Jahres-Bericht die Besitzer und Beamten der Kalksteinbrüche für die wissenschaftliche Ausbeutung derselben mehr erwärmt würden. Die Steigerung des Interesses bei den genannten Persönlichkeiten ist mir im Laufe der Jahre hochgradig gelungen, aber leider nur in dem nordwestlichen Theile des Muschelkalkzuges, und zwar ganz besonders in der Umgegend von Krappitz und Gogolin. Vor allem verdienen in dankenswerthester Weise hervorgehoben zu werden aus Krappitz Herr Kalkwerkbesitzer Kluezny und Herr Kalkwerk- und Dampfmühlenbesitzer Schmula, aus Gogolin der Direetor der Madelung’schen Kalkwerke Herr Berthold, der Director der Gogolin-Gorasdzer Kalk-Actien-Gesellschaft Herr Elsner, der Director der Graf Pückler’schen Kalkwerke Herr Engelmann, der Betriebs-Inspector der genannten Actiengesellschaft Herr Kubaczek und der Kalkwerkbesitzer Herr Rother und endlich aus Sacrau bei Gogolin der Rittergutsbesitzer Herr Madelung. An der Bekanntmachung der neuen Muschelkalkversteinerungen aus Oberschlesien haben sich ausser mir auch die Herren Privatdocent Dr. Gürich-Breslau und Generalagent Langenhan-Breslau betheiligt. Die bezüglichen Veröffentlichungen finden sich meist in Form von vor- läufigen Mittheilungen in den Jahresberichten der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur und zwar die des Herrn Dr. Gürich in Jahr- gang 84 Seite 218, Jahrg. 86 Seite 132, Jahrg. 87 Seite 223 und Jahrg. 88 Seite 89, die des Herrn Langenhan in Jahrg. 83 Seite 138, Jahrg. 87 Seite 254 und die meinigen in Jahrg. 83 Seite 137 und 138, Jahrg. 85 Seite 90, Jahrg. 86 Seite 191, Jahrg. 88 Seite 90 und Seite 101. Mein Bericht vom 24. October 1888 „Ueber eine Saurier- platte aus dem Muschelkalke von Gogolin‘“‘ scheint im Jahresberichte für das Jahr 1888 vergessen worden zu sein. Der Umstand, dass die Jahresberichte der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur keine Abbildungen liefern, hat veranlasst, dass die Hauptabhandlungen anderwärts und zwar in der Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft zu Berlin erschienen sind. Es sind dies folgende Aufsätze: 1) Kunisch: Ueber den ausgewachsenen Zu- - stand des Enerinus gracilis, Buch Jahrg. 1885 Seite 195 ff., Taf. VII; 2) Gürich: Ueber einige Saurier des oberschlesischen Muschelkalkes, Jahrg. 1884 Seite 125 ff., Taf. Il; 3) Kunisch: Ueber den Unterkiefer von Mastodonsaurus Silesiacus, n. sp. Jahrg. 1885 Seite 528 ff.; 4) Kunisch: Dactylolepis Gogolinensis nov. gen. nov. spec., Jahrg. 1885 Seite 588 ff., Taf. XXIV; 5) Kunisch: Voltzia Krappitzensis nov. spec. aus dem Muschelkalke Oberschlesiens, Jahrg. 1886 Seite 894 ff.; 6) Kunisch: Ueber eine Saurierplatte aus dem oberschlesischen Muschelkalke, Jahr- gang 1888 Seite 672 ff., Taf. XXIX und XXX. Wie mir durch eigene Erfahrung und durch die Praxis meiner oben- genannten wissenschaftlichen und opferwilligen Gönner bekannt war, der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 99 giebt es auch ein sicheres Mittel, um den Steinbrucharbeitern für Ver- steinerungen ein gewisses Interesse abzugewinnen. Es ist dies aber nicht etwa naturwissenschaftliche Belehrung und Unterweisung, sondern ledig- lich die für die Ablieferung jeden Petrefacts in Aussicht gestellten Geldbelohnungen, welche neben den zahlreicheren und regelmässigeren Besuchen des Versteinerungssammlers anziehend auf die Arbeiter wirken. Da mir im vergangenen Jahre infolge einer vom Präsidium der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur für die Fortsetzung und emsigere Betreibung meiner paläontologischen Studien im Gebiete des ober- schlesischen Muschelkalkes gütigst gewährten Geldunterstützung mehr Mittel zur Verfügung standen wie in den Vorjahren, vermochte ich die - Umgegend von Krappitz und Gogolin viermal zu besuchen und auch die Fundprämien für die Arbeiter zu erhöhen. Dadurch dass ich die Vor- zeigung jedes Kalksteinstückes, auch wenn es nur werthlose Spuren von Versteinerungen enthielt, in der angedeuteten Weise belohnte, bekam ich eine grosse Masse von organischen Resten zu Gesicht, aus welcher eine ganz beträchtliche Anzahl brauchbarer Petrefacten ausgelesen werden konnte, Wie ich aus den Frachtbriefen ersehe, habe ich un- sefähr 100 kg (Bruttogewicht) versteinerungsführender Kalksteine nach Breslau übergeführt. Da ich, durch Schaden klug gemacht, Gesteins- stücke mit werthvolleren Versteinerungen nicht mehr an der Fundstelle mit Hilfe des Hammers in das gewünschte Format bringe, sondern dies zu Hause durch Sägen und Anschleifen zu besorgen pflege, ist mir eine nicht geringe, rohe mechanische Arbeit erwachsen, welche ich aber mit Unterstützung einiger strebsamer Schüler ziemlich überwältigt habe. Mit der feineren Ausarbeitung der Versteinerungen, an welcher sich übrigens meine Ehefrau in hervorragender Weise betheiligt hat, bin ich noch nicht zu Ende. Deshalb konnte natürlich auch die wissenschaftliche Bearbeitung des Materials bis jetzt nicht abgeschlossen werden. Ich werde mich heute mit einer kurzen Uebersicht der vorläufigen Ergebnisse und mit der besonderen Hervorhebung der bereits in den Sitzungen der natur- wissenschaftliehen Section vom 6. November und 4. December 1889 bereits vorgelegten Versteinerungsgruppen begnügen müssen. Ich gedenke mit der gruppenweisen Vorführung von Versteinerungen in den späteren Sectionssitzungen fortzufahren und für den nächsten Jahresbericht be- zügliche Einzelmittheilungen einzureichen. Wo Abbildungen sich als unbedingt nothwendig erweisen, werde ich zur Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft zu Berlin meine Zuflucht nehmen. Um bei der bildlichen Darstellung die Weglassungen und Zugaben, kurzum die individuelle Auffassung des Zeichners zu ver- meiden, habe ich vielfach von der Photographie Gebrauch gemacht. 7* 100 Jahres - Bericht Von den 196 nennenswerthen Versteinerungen gehören zu den Nothosaurus-artigen Thieren 124 (darunter 2 Unterkiefer, 7 Eck- zähne, 31 Gliedmaassenknochen, 18 Brustgürtelknochen, 5 Knochen des Beekengürtels, 13 Rippen, 12 Abdominalrippen, 35 Wirbel, 1 Koprolith), Placodonten 2 (Unter- und Oberkieferreste), Stegocephalen 4 (Schädeldecke, Unterkiefer, Wirbelkörper und Rippe), Saurichthys 2 (Unterkiefer), Fischen 37 (darunter 1 Unterkiefer von Hemilopas, 1 Ceratodus, 10 Colobodusartige Gebisse, 25 einzelne Schuppen und Schuppen- panzerstücke), Krebsen 1 (Pemphix Sueurii, Kopfbruststück und Reste eines Beines und des Schwanzes), Crinoiden 27 (darunter 10 Platten von 1—6 qdem Grösse mit zahlreichen Exemplaren von Enerinus gracilis und 17 losgelöste Kronen). Ueber die bereits zur Vorzeigung gelangten Versteinerungen ist Folgendes hervorzuheben: I. Die Nothosaurus-artigen Thiere des oberschlesischen Muschel- kalkes besitzen eine auffällige Verschiedenheit bezüglich ihrer Körper- grösse. Dies wurde beispielsweise nachgewiesen an einer Auswahl von Hakenschlüsselbeinen (Coracoidea), deren Länge zwischen 1,5 und 20 schwankte. Wie viel verschiedene Species diese Mannigfaltigkeit unter sich begreift, steht noch nicht fest. U. Die Placodontia sind bereichert worden durch den vorderen Theil eines linken Unterkieferastes mit einem Pflasterzahn und einer Zahnhöhle (Fundort Sacrau) und durch einen mit drei Plasterzähnen be- setzten Oberkieferrand (Fundort Krappitz). Die Erhaltung beider lässt wenig zu wünschen übrig. III. Die Stegocephali (Froschsaurier, Panzerlurchen, Labyrinth- zähner) sind im Muschelkalke nur spärlich vertreten und im ober- schlesischen Muschelkalke sogar bis zum Jahre 1884 überhaupt nicht bekannt gewesen. Seitdem sind daselbst drei zu ersteren gehörige Unterkieferfragmente gefunden worden und zu unserer Kenntniss gelangt. Zu diesen hat sich im vergangenen Jahre ein viertes Unterkiefer- fragment gesellt, welches in Bezug auf den Bau, die Art der Erhaltung und den Fundort (Sacrau bei Gogolin) mit den von mir der natur- wissenschaftlichen Seetion in den Jahren 1885 und 1888 vorgelegten Kieferstücken so genau übereinstimmt, dass wir es ohne Weiteres der- selben Species zuschreiben können. Es stammt aus den Madelung’schen Steinbrüchen und ist mir von Herrn Direetor Berthold freundlichst $ mr > ke der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur, 101 zur Bearbeitung übergeben worden. Es liest einem gelbliehgrauen, dichten Kalksteine auf, ist 10,5 em lang und lässt sich im Abdruck noch 1,5 em verfolgen. Es gehört dem vordersten Theile der linken Unter- kieferhälfte an, und zwar beginnt es unmittelbar hinter dem Eckzahne, welcher auf der Bruchfläche in seinem untersten Theile durch eine dunklere Färbung der Substanz angedeutet erscheint. Am vorderen Ende ist es 1,5 cm hoch, am hinteren Ende scheint es eine Höhe von etwa 2,5 cm besessen zu haben. Die grösste Dieke am hinteren Ende des Kieferstückes beträgt 1,1 cm. Am vorderen Ende, welches schon im Gebiete der Kieferbeuge liegt, misst die Dieke desselben oder richtiger die Breite der Bruchfläche ungefähr 2 cm. Die Backenzähne sind nur theilweise und zwar nur als das Zahnbein wenig überragende Höcker erhalten. Letztere, 14 an der Zahl, stehen nicht in ununterbrochener Reihenfolge, sondern sind fast durchweg durch Zahnalveolen von einander getrennt, welche aber mit Gesteinsmasse fast ganz ausgefüllt sind. Aus den Grössenangaben erhelli, dass das vorliegende Kieferbruchstück einem kleinerem bezw. jüngerem Thiere angehört hat als der in der Zeitschrift des deutschen geologischen Ges. Jahrg. 1885 S. 528 ff, von mir be- schriebene und abgebildete rechte Unierkiefer. Einen neuen und prächtigen Belag für das Vorhandensein der Stegocephalen im Muschelkalke Oberschlesiens fand ich zu Gogolin in einem der Gogolin-Gorasdzer Kalk-Actien-Gesellschaft gehörigen Kalk- steinbruche, welcher den Madelung’schen Kalksteinbrüchen von Sacrau benachbart ist: Es ist dies die ziemlich vollständige linke Hälfte der Knoehendecke des Schädels von Capitosaurus $Silesiacus nov. spec. im Abdrucke und theilweise in Substanz; dieselbe liest einem bräunlich- grauen, dichten und festen Kalksteine auf und hebt sich von letzterem durch eigene weissliche Farbe deutlich ab. Der Abdruck besitzt einen annähernd elliptischen Umfang, ist 19 emlang und misst in der grössten Breite 8 em. Die Nähte der Schädelknochenplatten sind fast durchweg deutlich erkennbar. Unter Berücksichtigung derselben lassen sich folgende Knochen unterscheiden: Das Stirnbein (Frontale), das Vorderstirnbein (Praefrontale), das Jochbein (Jugale), das hintere Augenhöhlenbein (Postorbitale), das Hinterstirnbein (Postfrontale), das Schuppenbein (Squamosum), das Paukenbein (Supratemporale), der Oberkiefer (Maxillare), das Thränenbein (Laerymale) und das Nasenbein (Nasale), von welchen die ersten fünf an der Begrenzung der Augenhöhle theilnehmen. Aus der durchaus seulpturirten Oberfläche des Abdruckes tritt eine Wulst besonders hervor, welche hinter dem Auge im Gebiete des Postfrontale und des Squamosum zweiästig anhebt und nach der Vereinigung der beiden Aeste in schlanker S-Form das Supraorbitale und Jugale durch- setzt, um dann ungefähr in der Höhe des vorderen Augenrandes in einen spitzen Winkel von ungefähr 60° umzubiegen und in das Maxillare 102 Jahres- Bericht überzugehen. Diese eigenthümlich verlaufende Wulst entspricht einem stark vertieften Schleimcanale auf den Knochenplatten der Wangen- gegend. Weniger deutlich und nicht vollständig zusammenhängend, sondern durch seichte, quer gerichtete Vertiefungen mehrfach unter- brochen ist die Wulst, welche vom innern Rande der Augenöffnung aus- geht, in kurzem, kühnem Bogen sich nach rechts bezw. nach der Mittel- linie des Schädels wendet, um dann in rückläufigem, sehr flachem Bogen sich über den vorderen Theil der Schnauze zu erstrecken; sie entspricht einem von der Augen- zur Nasenöffnung sich hinziehenden Schleimeanale (Lyra) der knöchernen Schnauzendecke. — Da ich eine genauere Be- schreibung ohne Abbildung für zwecklos erachte, beabsichtige ich genauere Mittheilungen über diesen Gegenstand in der Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft zu machen. Dort sollen auch die beiden folgenden Knochen genauer behandelt werden: Ein durch nierenförmigen Querschnitt und keilförmigen Umriss des Längsschnittes äusserlich gekennzeichneter Körper eines Rückenwirbels von einem Labyrinthzähner und ein Bruchstück einer durch flügelartige Verbreiterung charakterisirten Rippe aus dem vorderen Theile des Rumpfes eines Labyrinthodonten. Fundort Gogolin. IV. Ein Koprolith, dessen systematische Stellung vorläufig dahin- gestellt bleiben muss, wurde von mir in einem der Kalk-Actien-Gesell- schaft zu Gogolin gehörenden Steinbruche aufgenommen. Derselbe über- ragt die 6 durch H. von Meyer (die Saurier u. s. w. Seite 115 u. 123, Taf. 66 Fig. 2, Taf. 54 Fig. 108, 109, 110) aus den Schichten von Chorzow bekannt gemachten Koprolithen fast um das Doppelte der Länge. Er besitzt annähernd cylindrische oder wurmförmige Gestalt, ist 5 cm lang und 1,1—1,3 cm dick und stellt das eine Ende einer ursprünglich noch länger gewesenen Kothmasse dar. Die Oberfläche der mässig festen Masse ist im allgemeinen ziemlich glatt und gelblich-braun von Farbe, während der Bruch feinerdig ist und eine weissliche Farbe mit einem Stich ins Fleischrothe besitzt. Die Gleichmässigkeit der Oberfläche wird mehrfach unterbrochen durch eingeschlossene Knochen- reste und durch eine ausgesprochene Ringelung der Kothsäule, welche sich aber weniger im Relief als vielmehr in der Farbe ausprägt. Der Kotheylinder wird durch diese in dunklerem Braun auftretenden Kreis- linien in 2—4 mm dicke Scheiben zerlegt, welche an die Segmente der Ringelwürmer erinnern, Das unverletzte Ende ist wenig angeschwollen und. erscheint infolge einer 1—3 mm breiten und etwa 2 mm tiefen Einkerbung, welche die im übrigen annähernd halbkugelige Endigung diametral durchsetzt, mit zwei wandständigen Höckern von ähnlicher Gestalt, aber nicht ganz gleicher Grösse. Von der Oberfläche wie von den Bruchflächen des Koprolithes hebt sich vorzugsweise durch Farbe und Glanz eine Anzahl von Knochen ab, welche von den Thieren her- Pe der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 103 rühren, die im vorliegenden Falle als Nahrung gedient hatten. Von den 12 am deutlichsten hervortretenden Knochenresten sind besonders zu nennen ein Wirbel ungefähr von der Grösse und Gestalt wie der bei Meyer (l. e. Taf. 54 Fig. 41, 42 und 48) abgebildete, zahnartige und schuppenartige Gebilde und eine Knochenplatte, welche in der Ge- stalt und ÖOberflächenbeschaffenheit an die von Meyer in Paläonto- graphica I, Taf. 31 Fig. 34 abgebildete Versteinerung aus dem Muschel- kalke von Jena erinnert, die vermuthungsweise als Stück eines Kiemen- deckels angesprochen worden ist. V. Die zu den Lurchfischen (Dipnoi) gehörige Ordnung der Sirenoidea hat eine Bereicherung erfahren durch einen prachtvollen Zahn von Ceratodus spec., welcher den Knochen der Schädelbasis noch aufsitzt und sich mustergiltig aus der ihn umgebenden Gesteinsmasse . heraus- präpariren liess. Da er abgebildet zu werden verdient, beabsichtige ich ausführlicher in der Zeitschrift der deutschen geologischen Gesell- schaft darüber zu berichten. VI. Zu der zu den Schmelzschuppern (Ganoidei) gehörigen Ordnung der Lepidosteidae zählt die Familie der Kugelzähner (Sphaerodontidae), welche einige Gattungen enthält, die lediglich auf Grund einzelner Zähne oder Zahngruppen errichtet worden sind. Zu letzteren gehört das von H. von Meyer 1847 errichtete Genus Hemilopas mit seiner einzigen Species Hemilopas Mentzeli. Erst im Jahre 1838 (66. Jahresbericht Seite 101) fand ich Gelegenheit, die Kenntniss dieser Species durch Be- schreibung eines 10 cm langen, mit 13 Zähnen und Zahnfragmenten besetzten Kieferbruchstückes (aus Krappitz) zu erweitern, welches dem vorderen Theile des rechten Unterkieferastes zugehört und mit der inneren Seite auf Gesteinsmasse ruht, so dass es mit der äusseren Seite zu Tage liest. Als willkommene Ergänzung muss desshalb ein 7 cm langes, mit 5 Zähnen besetztes Bruchstück von der linken Hälfte des Unterkiefers des genannten Thieres angesehen werden, welches mit der Aussenseite dem Gesteine aufliest und die Innenseite dem Beschauer zuwendet. Es stammt aus Gogolin und zwar aus einem Steinbruche der Gogolin-Go- rasdzer Kalk-Actien-Gesellschaft. Diese beiden Versteinerungen werden ebenfalls in der erwähnten Zeitschrift abgebildet und genauer beschrieben werden. Anhangsweise soll dort auch der Kiefer behandelt werden, weleher von Herrn Generalagenten Langenhan in der Sitzung der natur- wissenschaftlichen Section vom 6. Februar 1889 als dem Hemilopas Mentzeli nahestehend vorgelegt worden ist. Derselbe ist nach meiner Meinung, bei der Gattung Charitodon einzureihen. VI. Von den Gliederthieren (Arthropoda) ist nur die Klasse der Krebsthiere (Crustacea) und zwar die Ordnung der Zehnfüsser (Dekapoda) in der Unterordnung der Langschwänze (Macrura) und der Familie der 104 Jahres - Bericht Glyphaeidae durch eine nennenswerthe Versteinerung bereichert worden. Letztere gehört den Chorzower Schichten an und stammt aus dem Kalk- steinbruche des Herrn Rathsherrn Kluczny zu Krappitz. Dieser nahm daselbst eine Platte grauen Kalksteines auf, auf deren Oberfläche ein Stiel des Enerinus gracilis von etwa 20 em Länge auflag und einige hervorragende Tuberkeln und eine letztere einschliessende Segmentirung sanz undeutlich bemerkt werden konnte. Dieses Stück ist mir zur wissenschaftlichen Verwerthung überlassen und von meiner Frau in musterhafter Weise präparirt worden. Es lieferte schliesslich in bräun- licher Färbung und schöner Erhaltung den Cephalothorax und einen Rest des Postabdomens und der Gliedmaassen von Pemphix Sueurii Desm. spec., welcher Krebs aus den Schichten von Chorzow bisber nicht be- kannt war. Die Versteinerung hält bezüglich der Grösse die Mitte zwischen dem von H. von Meyer (Neue Gattungen fossiler Krebse. Stuttgart 1840, Taf. 1) abgebildeten Exemplare und der von Zittel (Handbuch der Palaeontologie. München und Leipzig 1885, I. Bd. S. 690) gegebenen restaurirten Abbildung. Das Kopfbruststück ist 4,38 cm lang, 35,2 cm breit und ragt in flacher Wölbung etwa 1,2 cm über die Gesteinsunterlage heraus. Es hat vor seiner vollständigen Petrifizirung einen mässigen Druck erlitten, welcher von rechts oben nach links unten oder umgekehrt gewirkt und dadurch die rechte Seite des Cephalothorax eine Spur abgeflacht und die linke Seite ein wenig mehr convex gebogen hat. Dabei ist auch die Rücken- linie ein wenig (im hinteren Theile um 1,5 mm) nach links verschoben worden, und die ursprüngliche Länge, Breite und Höhe des Kopfbrust- stückes in geringem Grade abgeändert worden. Es besitzt und scheint auch vor der Verquetschung die grösste Breite besessen zu haben am Anfange des hinteren Längsdrittels. Eine genaue Einzelbeschreibung des Kopfbruststückes erübrigt sich, weil es mit dem von H. v. Meyer (l. e. T.IV, Fig.35) abgebildeten Exemplare und mit der von dem genannten Autor auf Grund der Besichtigung von mehr als 100 Exemplaren gelieferten Beschreibung der Species (l. ec. 8. 3 ff.) bis auf den Umstand ganz vor- züglich übereinstimmt, dass die Rückenlinie in dem hintersten Drittel des Cephalothorax nicht scharf ausgeprägt ist. Eine seichte, bogen- förmige und unsymmetrische Vertiefung, welche sich auf selbigem in der Kiemengegsend von. links oben nach rechts unten verfolgen lässt, scheint zufälliger Natur und allem Anscheine nach dadurch bewirkt worden zu sein, dass ein darüber gelagerter Stiel von Enerinus gracilis einen schwachen Abdruck auf seiner Unterlage hinterlassen hat. Unmittelbar an das hintere Ende des Cephalothorax schliesst sich in wagerechter Lage ein fast ebenes Schalenstück von annähernd quer- ovaler Form an, welches etwa 4 mm tiefer liest als der hintere Rand des Kopfbruststückes (an der Rückenlinie gemessen), 11 mm lang und Fri der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 105 18 mm breit ist und in Farbe und sonstiger Beschaffenheit mit dem Kopfbruststück übereinstimmt. Bei genauem Zusehen erkennt man, dass dieses Stück kein einheitliches ist, sondern aus zwei ziemlich gleich grossen Theilen besteht, welche in einer annähernd s-förmig gebogenen, die verlängerte Rückenlinie schief durchsetzenden, von rechts oben nach links unten verlaufenden Furche an einander stossen. Offenbar haben wir es hier mit zwei flachgedrückten, auf der rechten Seite liegenden Separatstücken des Postabdomens zu thun, dessen übriger Theil von dem Exemplare bereits losgelöst gewesen ist, bevor letzteres in den Ver- steinerungsprocess eintrat. An der linken Seite dieser Scholle unmittelbar anliegend ist der Rest eines nach vorn gestreckten Beines, welches aber nur in einem einzigen, dem vierten oder vorletzten Gliede wohl erhalten überliefert ist. Dasselbe hatte sich bei der Präparation von der Gesteinsunterlage losgelöst, so dass es auf beiden Seiten besichtigt werden konnte. Auf beiden Seiten erscheint es in unregelmässig fünfseitigem Umriss, in einer Länge von nahezu 15 mm und einer grössten Breite von etwa 6. mm; die Dieke beträgt I—2 mm und wenig darüber. Die Seite des Fünfecks, mit welcher letzteres an den Resten des dritten Beingliedes noch ansitzt, misst knapp 4 mm, die übrigen Seiten sind länger. Die auf der Ober- ‚fläche an jene unter einem Winkel von etwa 90° linksseitig anstossende Pentagonseite ist 10 mm lang, die rechtsseitig unter einem Winkel von annähernd 130° anliegende Fünfeckseite besitzt eine Länge von 5 mm. An letztere schliesst sich wiederum unter einem Winkel von 130° die längste und zwar 11 mm lange Seite an, welche mit ihrem noch freien Endpunkte mit dem der 10 mm langen Seite durch eine etwa 5 mm lange Seite verbunden wird. Letztere ist am wenigsten gerade, sondern setzt sich vielmehr aus zwei flachen, nach aussen geöffneten Bogen. zu- sammen. Die Oberfläche des Beingliedes ist uneben und mit kleinen Tuberkeln besetzt, welche unregelmässig vertheilt sind und nur an der äusseren Längsseite des ersteren eine reihenförmige Anordnung zeigen. Die grosse Seltenheit von Gliedmaassenresten bei Pemphix Sueurii macht eine anderweitige Abbildung des beschriebenen Exemplars wün- schenswerth., 106 Jahres-Bericht I. Physik und Chemie. Sitzung am 6. Februar 1889, Herr Dr. F. W. Semmler theilte die über das ätherische Oel der Asa foetida erlangten weiteren Resultate mit. In den zuerst übergehenden Antheilen war die Anwesenheit eines Terpens bereits früher constatirt worden. Aus den drei anderen Fraetionen, welche durch wiederholte Destillation bei einem Druck von 9 mm erhalten wurden, gelang es, die drei anderen in dem Rohöl enthaltenen Hauptbestandtheile durch geeignete Behandlung heraus- zutrennen. Die zwischen 133—145° bei 9 mm Druck destillirte Fraction des Oels war von gelbbrauner Farbe und besitzt das spec. Gewicht von 0,9639 bei 22° C. Der Geruch ist durchaus nicht so unangenehm wie jener der Asa foetida. In 100 Theilen enthielt sie 78,47 %, © 19,80 %, H 10,73 % ©, und konnten nur Spuren von Schwefel nachgewiesen werden. Die im letzten Bericht angegebenen Procentzahlen beziehen sich auf ein Destillat, welches noch nicht oft genug fraetionirt worden war, sondern immer noch schwefelhaltige Bestandtheile enthielt. Wie jedoch schon damals mitgetheilt wurde, lässt sich durch mehrmalige Behandlung mit Natrium im Vakuum aus dieser Fraction ein Kohlenwasserstoff, und zwar ein Sesquiterpen C,,H,, von äusserst angenehmem Geruch darstellen. Obige Procentzahlen führen auf einen Körper von der Zusammensetzung (C,,H,,O)n, welcher erfordert eo 9, © . 10,525 %, H 10,525 % O0. Es ist dieser Bestandtheil (C,,„H,,O)n des Asa foetida- Oels identisch mit den blauen Oelen, welche im Kamillenöl, Absinthöl, Galbanumöl und mehreren anderen Oelen beobachtet wurden. Auch aus dem Rohöl der Asa foetida lässt sich dasselbe Oel in blauer Modification erhalten, wenn man bei gewöhnlichem Druck destillirt. Schon Flückiger hat die Beobachtung gemacht, dass bei ca. 300° blau gefärbte Oele über- gehen; alle diese blauen Oele geben, so weit sie bis jetzt untersucht sind, Kohlenwasserstoffe; das Asa foetida-Oel im vorliegenden Falle ein Sesquiterpen, der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 107 Zusammensetzung der Il. Fraction. Siedepunkt 80— 85° bei 9 mm Druck. Analysen und Dampfdichtebestimmungen hatten für dieses durch Behandlung mit geringen Mengen metallischen Kaliums erhaltenen farb- losen Oels die Formel C,H,,S, ergeben. Spec. Gewicht bei 15° C, — 0,9721; optisch activ lenkt dieser Körper bei 100 mm Säulenlänge 12° 30’ nach links ab; es ist demnach in ihm ein Radical mit einem asym- metrischen Kohlenstoffatom enthalten. Durch Behandlung mit Zinkstaub bei gewöhnlichem Druck lässt sich diesem Oel glatt 1 Atom Schwefel entziehen, es entsteht das Monosulfid C,H,,S; C,H,,$, ist demnach als ein Disulfid anzusehen, da Quecksilberoxyd selbst bei 100° ohne jede Einwirkung, also ein Sulfhydrat durchaus ausgeschlossen ist. Es giebt dieses Disulfid mit der alkoholischen Lösung von Quecksilber-, Gold- oder Platinchlorid Niederschläge, welcke sich aus siedendem Alkohol zum Theil krystallinisch erhalten lassen. Der Niederschlag mit Quecksilberchlorid ist schneeweiss und löst sich beim Kochen mit Alko- hol zum Theil; beim Erkalten der Lösung krystallisirt ein Körper in Nadeln aus, welche die procentische Zusammensetzung von C,H,,S, .2HgCl, aufweisen. Ausser in dieser Fraction ist noch in den nächst höher siedenden Anteilen ein Disulfid enthalten, und zwar in der III. Fraction 120— 150° bei 9 mm Druck. Es ist diese Fraetion durch hohes specifisches Gewicht ausgezeichnet und durch den unerträg- lichen Asa foetida-Geruch; p. sp. — 1,0121 bei 14° C.; optisch eben- falls activ, dreht sie die Polarisationsebene bei 100 mm Säulenlänge 18° 30° links. In 100 Theilen enthält es: 61,03 %, C los. H 2, IA ES Diese Zusammensetzung entspricht dem Körper C,,H,,S,, womit die Dampfdichtebestimmungen durchaus übereinstimmen. Auch dieses Oel wird von Quecksilberoxyd nicht angegriffen, sondern durch Zink- staub zu dem Monosulfid C,,H,,S redueirt: es liegt demnach ein Disulfid vor. Quecksilberchlorid giebt in alkoholischer Lösung einen weissen Niederschlag, welcher jedoch nur äusserst wenig in siedendem Alkohol löslich ist. Aus diesen Untersuchungen folgt, dass das Rohöl der Asa foetida vier Hauptbestandtheile enthält, und zwar ©,,H,,, (C,,H,,O)n, C,H, ‚8, und C,,H,,S,, es folgt ferner, dass sich Hlasiwetz durch die Procent- zahlen, welche diese in verschiedenen procentischen Verhältnissen ge- mischten Körper bei der Analyse liefern, verleiten liess, Hexenylsulfid und -disulfid als Hauptbestandtheile anzunehmen. Der ähnliche Geruch 108 Jahres - Bericht der Asa foetida und jener des Knoblauchs sowie der gemeinen Küchen- zwiebel wird bedingt durch ähnliche chemische Zusammensetzung; aus Untersuchungen, welche über letztere Oele noch im Gange sind, erhellt, dass in ihnen ebenfalls Disulfide, keine Monosulfide enthalten sind, welche der Zusammensetzung C,H,,S, (im Knoblauch) und C,H,,S, (in der Küchenzwiebel) entsprechen; auch diese beiden Körper lassen sich durch Zinkstaub zu den Monosulfiden C,H,,S und C,H,,S redueiren. Ferner berichtete Dr. Semmler über die Zusammensetzung der hochsiedenden specifisch schweren Antheile des Macisöls. Sowohl im Muscatnussöl als auch im Maeisöl befinden sich speeifisch schwere, zwischen 275—300° siedende Antheile, welehe den Gegenstand häufiger Untersuchungen gebildet haben. Aber alle Formeln, welche man bisher über diese Körper aufgestellt hat, befriedigen durchaus nicht; auch hat man schon früh ein Stearopten im Macisöl beobachtet, von Anderen ist es wiederum nicht gefunden worden; Flückiger hat nach- gewiesen, dass dieses vermeintliche Stearopten jedenfalls Myristinsäure gewesen ist, womit die Analysen Mulder’s auch übereinstimmen. Die Firma Schimmel u. Co. in Leipzig stellte mir in zuvor- kommender Weise diese hochsiedenden Antheile zur Verfügung. Das spec. Gewicht beträgt bei 14° C. — 1,1303. Verbrennungen gaben Se 6,70 5 H. Mit Eisenchlorid entsteht eine’ smaragdsrüne Reaction, welche auf die Anwesenheit. eines phenolartigen Körpers deutet. Die Hauptmenge geht bei der Destillation im Vakuum (10 mm) zwischen 148° und 158° über. Mit metallischem Natrium tritt eine Wasserstoffentwiekelung ein, welche jedoch allmählich nachlässt. Nimmt man diese Einwirkung im Vakuum vor, so entweicht nach mehreren Stunden kein Gas mehr; destillir? man nunmehr ab, so geht ein durchaus farbloses Oel bei 10 mm Druck zwischen 140 und 150° über, welches allmählich zu einem Krystallkuchen erstarrt, bestehend aus schneeweissen langen Krystall- nadeln. Dieselben Kıystalle erhält man aus dem Rohöl, wenn man dasselbe stark abkühlt, in der Kälte abfiltrirt und die Krystalle zwischen Fliess- papier trocknet; sie zeigen denselben Schmelzpunkt von ca. 30° wie jene und denselben Siedepunkt von 280° C. Der Geruch war ein äusserst angenehmer, durchaus jener des Maeisöls; p. sp. bei 25° C. = 1,1501, Die Analyse gab 70,02 %, € 6,80 %, H 23,18 %, O. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 109 Die Formel C,,H,,0, verlangt en (© Se 23,8, 20,0. Mit dieser Formel stimmen die Dampfdichtebestimmungen durchaus überein. Der Körper kann Myristiein genannt werden, ein Name, welchen man schon früher für das Stearopten des Maeisöls anwandte. Dass das Myristiein zur Benzolreihe gehört, beweisen der niedrige Wasserstoffgehalt und die Reactionen mit Zinkstaub, wobei durch Glühen Benzol erhalten wird. Mit Brom in Lösung von Tetrachlorkohlenstoff liefert es ein aus siedendem Alkohol in prachtvollen Nadeln krystalli- sirendes Dibromadditionsprodueti C,,H,,0,Br, (Smp. 105%, wodurch bewiesen wird, dass eine Seitenkette mit ungesättigtem Radical vor- handen sein muss. | Einen weiteren Einblick in die Constitution dieses Körpers gewährt die Oxydation mit äusserst verdünnter Kaliumpermanganatlösung. Man erhält in guter Ausbeute einen in seinem Geruch durchaus an Piperonal erinnernden Körper, einen Aldehyd, und eine feste Säure. Filtrirt man nämlich beiss ab von den Manganniederschlägen, so krystallisirt ein Körper in weissen Nadeln heraus von der Zusammensetzung Sn, 4,56 \, H 33,200 ©, welche der Formel C,H,O, und der Zusammensetzung 60,00 %, © 4,44 \, H 35,55 %, © entspricht. Dieser Körper giebt mit Silberlösung einen Spiegel, mit Phenylhydrazin eine krystallinische Verbindung, ist also ein Aldehyd. Wenn man diese Nadeln abfiltrirt und einen Ueberschuss von Phosphorsäure zum Filtrat setzt, so erhält man einen amorphen Nieder- schlag, welcher sich aus siedendem Wasser umkrystallisiren lässt. Er bildet sodann lange gelbliche Nadeln von der Zusammenstellung 55,252, 9C 4,34%, H 40,51 %, ©, entsprechend der Formel C,H,0O,, welche verlangt 55,10 %, € 4,08 Y, H 40,82 %, 0. Dieses Oxydationsproduet ist eine Säure, welche Myristieinsäure genannt werden kann; sie wird auch erhalten, wenn man den vorstehend erwähnten Aldehyd mit Kaliumpermanganat oxydirt, 110 Jahres - Bericht Nach der Zeisel’schen Methode gelang es, durch Jodwasserstoff sowohl aus der Myristicinsäure als auch aus dem Myristieinaldehyd eine Methylgruppe abzuspalten; wir müssen daher für diese Körper folgende Constitutionsformeln annehmen: Myristieinaldehyd und Myristieinsäure A CH, CH LO? anı131,50. oe Dem IN SOocH,. CHO COOH Ebenso liefert das Myristicin mit HJ nur eine Oxymethylgruppe, seine Constitution muss daher sein: 0 emga- Noch, C,H, Wir haben es daher mit einem Homologen des Safrols zu thun (0) C,H, CH, ; C,H, und des Apiols c, no OCH, , OCH, C, H, nur dass oben die Butylenylgruppe vorhanden ist, während im Safrol und Apiol Allyl in der Seitenkette ein Wasserstoffatom vertritt; schon der ähnliche Geruch des Piperonals, welcher durch Oxydation aus Safrol erhalten wird, deutet auf eine ähnliche Constitution hin. Die Unter- suchung wird weiter fortgesetzt. Herr Professor Dr. L. Weber erörterte zunächst den Zusammenhang der im photometrischen Calcül vorkommenden Grössenarten und der für dieselben zu wählenden Einheiten. Neben der Ausmessung punktförmiger Lichtquellen nach „Kerzen“ sei es zur Bewerthung des diffusen Lichtes erforderlich gewesen, gewisse als „indieirte Helligkeit“ bezeichnete Lichtmengen zu messen. Hierfür habe sich die vorgeschlagene Einheit der „Meterkerze‘“ bereits einge- bürgert. Des Weiteren erscheine es zweckmässig, die Helliskeit selbst- leuchtender oder künstlich beleuchteter Flächen als besondere Grössenart mehr in den Vordergrund zu stellen, und die hierfür geeignete Einheit aus der ,„Einheitskerze“ abzuleiten. Der Vortragende theilte eine Anzahl berechneter Werthe solcher Flächeuhelligkeiten mit, welche in ausser- de der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur, all ordentlich grosser Abstufung in Betracht kommen. Von dem gerade wahrnehmbaren H. F. Weber’schen „Gespenstergrau‘“ bis zur Helligkeit um das billionenfache. Zur directen und bequemeren Messung solcher Helligkeiten, insbesondere derjenigen einzelner Stellen des Himmels, sind dem früher beschriebenen Milchglasplattenphotometer als Zusatztheile Polarisationsvorrichtungen beigegeben, durch welche das Instrument gleichzeitig zu einem Polarimeter und Uranophetometer geworden ist. Einige im December und Januar gemachte vorläufige Messungen der Polarisation des Zeniths wurden mitgetheilt. Schliesslich wies Vor- tragender auf eine von den Herren Lummer und Brodhun neuerdings ersonnene Prismencombination hin, durch welche die früher von ihm entwickelten Unvollkommenheiten der Bunsen’schen photometrischen Methode des Feitflecks mit einem Schlage beseitigt werden. Diese Prismen werden ebenfalls in dem Milchglasplattenphotometer zur Ver- wendung kommen, dessen übriger Construction sie sich völlig an- passen. Sitzung am 3. März 1889. Herr Professor Dr. O. E. Meyer sprach über Instrumente, welche dazu dienen, das Lichtbrechungs-Verhältniss eines Stoffs durch Beobachtung der Total-Reflexion zu bestimmen. Das kann auf zweierlei Art geschehen. Entweder lässt man den Lichtstrahl durch das stärker brechende Mittel eintreten und bestimmt die Richtung, bei welcher der in das schwächer brechende austretende Strahl einen Winkel von 90° mit dem Lothe bildet, so dass die totale Reflexion beginnt, sobald der Einfallswinkel sich weiter vergrössert. Oder man lässt den Strahl durch den schwächer brechenden Stoff so eintreten, dass er die Oberfläche des stärker brechenden unter einem Einfallswinkel von nahezu 90°, also streifend trifft; dann wird er unter dem Winkel der totalen Reflexion gebrochen, und diesen Brechungs- winkel misst man. Beide Methoden finden in gleich zweckmässiger Weise Verwendung bei einfachen Apparaten, welche wegen ihrer be- quemen Handhabung besonders für den Gebrauch in chemischen Labo- ratorien zu empfehlen sind. Es wurden als Beispiele das Abb&’sche Refractometer und das Pulfrich’sche Total-Reflexometer vorgezeisgt. Herr Geheimrath Poleck legte im Anschluss daran der Section einige neue von Prof. Brühl construirte chemische Apparate zur fractionirten Destillation im luftverdünnten Raum, zur Sublimation kleiner Mengen chemischer Präparate und einen Apparat zum Ausfrieren unter Abschluss von Luft und Feuchtigkeit vor. 110 Jahres-Bericht Herr Dr. Kassner demonstrirte den von Beckmann zur Moleculargewichts-Bestimmung nach Rault’s Methode construirten Apparat, wobei er ein kurzes Referat über das Verfahren selbst gab. Während man früher oft sehr umständliche Methoden ausführen musste, um die Moleculargrösse nicht flüchtiger organischer Verbindungen zu ermitteln, gelingt dies nach Raoult’s Angaben in sehr kurzer Zeit, wenn man die Erniedrigung des Gefrierpunktes ermittelt. Dieser ist ab- hängig von der Menge des Lösungsmittels, der Menge des zu prüfenden Stoffes und dem Moleeulargewicht desselben. Die Resultate fallen zwar nicht absolut genau aus, doch sind die in den meisten Fällen beobachteten Fehler für die Entscheidung der Frage ohne Belang, ob das Molecül einer Verbindung durch die einfache Summe der durch die Analyse gefundenen Atommengen oder durch ein Multiplum derselben ausgedrückt wird. Herr Geheimrath Professor Dr. Poleck iheilte hierauf die Resultate einer chemischen Untersuchung des ätherischer Oels der Bayblätter, Myreia acris DC., mit, welche von Herrn Mittmann im pharmaceutischen: Institut aus- seführt worden war. Das ätherische Oel dieser in Westindien wachsenden Myrtacee wird in Nordamerika als Parfüm und zur Bereitung des Bay-Rums benutzt. Es ist eine dunkelgelbe Flüssigkeit von würzigem Geruch nach Nelken und Piment und von scharfem Geschmack. Es besitzt bei 15° ein spec. Gewicht von 0,970, reagirt neutral, giebt an wässrige Kalilauge einen Körper ab, welcher Eisenchlorid blau färbt und mit ammoniakalischer Silberlösung einen starken Silberspiegel. Auf Zusatz von alkoholischer Kalilösung erstarrt es. Durch fractionirte Destillation wurden in den zwischen 160—185° siedenden Antheilen Kohlenwasserstoffe, Terpene, abgeschieden, unter denen das optisch active Pinen durch sein flüssiges Dibromid, ©, ,H,,Br;, und Dipenten durch sein festes Tetrabromid, C,,H,,Br,, nachgewiesen, während durch’ Erhitzen dieser Antheile im geschlossenen Rohr über 300° ein nicht flüchtiges, in Alkohol unlösliches Polyterpen erhalten wurde, welches sich als identisch mit dem im Rohöl enthaltenen hoch- siedenden und in Alkohol unlöslichen Bestandtheil erwies. Der über 200° siedende Antheil des Oels wurde mit alkoholischer Kalilauge versetzt und die erstarrte Masse abgepresst, oder er wurde in Petroläther gelöst, und die durch Fällung mit Baryum hydroxyd er- haltene feste Masse mit Salzsäure zerlegt. Auf diese Weise wurde die Anwesenheit des Eugenols C,H,—C,H,—OH—OCH, und in der von der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 113 der Baryumfällung abfiltrirten Flüssigkeit eine kleine Menge seines Methyläthers C,H,—C,H,—OCH,—OCH, nachgewiesen. Durch Oxy- dation des letzteren mit Kaliumpermanganat wurde eine geringe Menge eines Zwischenproduets von vanillinähnlichem Geruch erhalten, ferner Kohlensäure, Oxalsäure und Veratrumsäure, C,H,—OCH, —OCH, —COOH, wodurch die chemische Natur des Methyleugenols zweifellos festgestellt war. Dieser Bestandtheil des Bay-Oels erwies sich durch seinen Geruch, durch sein physikalisches und chemisches Verhalten als identisch mit dem durch Synthese aus dem Eugenol bei Behandlung desselben mit Jodmethyl und Kaliumhydroxyd gewonnenen Methyleugenol, dagegen war er nur isomer mit dem von Dr. Petersen im ätherischen Oel von Asarum europaeum entdeckten Methyleugenol. Dieses letztere gab beim Bro- miren ein flüssiges Bromid, mit salpetriger Säure ein krystallisirtes Additionsproduct und bei der Oxydation neben Oxalsäure Essigsäure, während der isomere Körper aus dem Bay-Oel ein krystallinisches Bromid, keine Nitroso - Verbindung und bei der Oxydation keine Essig- säure gab. Der Grund dieser Isomerie und des verschiedenen chemischen Verhaltens kann nur in der verschiedenen Structur der in beiden Ver- bindungen enthaltenen Allyl-Gruppe zu suchen sein, welche im Bay-Oel in der Formel CH?-CH—=CH, und im Asarumöl in der Formel CH=CH—CH, ihren Ausdruck findet. Das Asarumöl enthält mithin das Iso-Eugenol. Der Privatdocent Herr Dr. Ahrens theilte die bis jetzt von ihm erhaltenen i Resultate der chemischen Untersuchung der Wurzel der Mandragora offieinalis Mill. mit. Die Untersuchungen über die wirksamen Bestandtheile der Man- dragora haben ergeben, dass dieselben an ein Alkaloid, das mit dem Namen „Mandragorin‘ belegt wurde, geknüpft ist. Dieses neue Alkaloid zeigt in physiologischer Beziehung die Eigenschaften der Atropa - Alka- loide, was bei der nahen Verwandtschaft der Mutterpflanzen nicht zu verwundern ist. Auch in chemischer Hinsicht steht das Mandragorin den Atropa- Alkaloiden nahe; es ist entweder ein Isomeres oder eine Hydroverbindung derselben; das letztere scheint wahrscheinlicher. Da die physikalischen Eigenschaften des Mandragorins eine Entscheidung dieser Frage unmöglich machten, so soll versucht werden, künstlich Hydroatropine darzustellen, um zu erfahren, in wie weit die Eigen- schaften dieser Basen mit denen des Mandragorins übereinstimmen resp. denselben nahe kommen. Allerdings wird auch dieser Weg — wenn überhaupt möglich — bei der leichten Spaltbarkeit des Atropins an Hindernissen reich sein. 1889. 8 114 Jahres- Bericht Das Mandragorin wurde in Form eines farblosen, durchsichtigen, geruchlosen, sehr hygroskopischen Harzes erhalten, das mit Salz- und mit Schwefelsäure in Nadeln resp. schönen Fächern krystallisirende hygroskopische Salze lieferte. Das Chlorhydrat lieferte mit Platin- chlorid, Goldehlorid und Sublimat schön krystallisirende Doppelsalze, die zur Feststellung der Formel benutzt wurden. Das Quecksilberdoppel- salz eignete sich gut zur Reindarstellung des Alkaloids. Durch con- centrirte Säuren erleidet das Mandragorin, selbst beim Erwärmen, keine sichtbare Veränderung. Zur Verarbeitung auf Mandragorin kamen vorzugsweise drei Sorten Mandragorawurzel, die die Bezeichnung ,‚Mandr. Sieilien (angeblich von M. vernalis stammend), Mandr. Venedig und Mandr. Triest“ trugen. Die erstere bestand aus ganzen zum Theil sehr grossen, frischen Wurzeln; die zweite Sorte erhielt ich getrocknet und in Querscheiben zerschnitten; die dritte Sorte endlich bestand nur aus Rinde — in der allein das wirksame Prineip enthalten ist. — Lediglich die dritte Sorte lieferte nennenswerthe Mengen Mandragorin. Der Grund für diese Erscheinung bleibt noch aufzuklären; es wird sich vorzugsweise um die Entscheidung der Frage handeln, ob daran die verschiedenen Species (M. vernalis oder M. autumnalis) oder das Entwickelungsstadium der Pflanzen Schuld trägt, Sitzung am 16. October 1839. Herr Geh. Rath Professor Dr, Poleck gedachte zunächst mit warmen Worten des am 9. October d. J. in Annaberg in Sachsen im 88. Lebensjahre erfolgten Todes des Ehrenmitgliedes der Gesellschaft und langjährigen, durch seine fruchtbare wissenschaftliche Thätigkeit ausgezeichneten Mitgliedes der naturwissenschaftlichen Section, des Geh. Regierungsraths Prof. Dr. Duflos, und stellte für eine der späteren Sitzungen einen Nekrolog in Aussicht. Hierauf theilte derselbe die Resultate einer gemeinsam mit Herrn Apotheker Thümmel ausgeführten chemischen Untersuchung mit über den Vinylalkohol, ein ständiger Begleiter des Aethyläthers. ') Bei der Untersuchung der Quecksilberoxychloride, welche Thüm- mel?) im pharmaceutischen Institut zu Breslau ausgeführt hatte, ver- suchten wir das @Quecksilbermonoxychlorid in seiner Kalium- oder Natriumbicarbonatlösung durch Schütteln mit Aether vom überschüssigen !) Wir geben hier nur den wesentlichen Auszug dieser umfangreichen Unter- suchung, welche vollständig und mit allen analytischen Daten im Novemberheft 1889 des Archivs der Pharmacie erschienen ist. ?) Archiv der Pharmacie 1885, 918. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 115 Quecksilberchlorid zu befreien. Dies gelang jedoch nicht, da nach 10—20 Minuten die klare Flüssigkeit sich trübte und dann weiterhin einen amorphen, weissen Niederschlag absetzte. Durch Schütteln mit erneuten Mengen Aether konnte schliesslich die ganze Menge des Queck- silbers bis auf gelöst bleibende Spuren in den Niederschlag übergeführt werden. Es stellte sich nun bald heraus, dass nicht blos dieser eine, aus einer Breslauer Droguenhandlung bezogene und aus Süddeutschland stammende Aeihyläther diese eigenthümliche Reaction mit dem in der Kaliumbicarbonatlösung gelösten Queceksilbermonoxychlorid zeigte, son- dern dass Aether aus den verschiedensten Bezugsquellen, selbst auch jener aus reinem Aetylalkohol und reiner Schwefelsäure im Laboratorium des Instituts wiederholt dargestellte und in den verschiedenen Phasen seiner Darstellung aufgefangene Aether, dasselbe auffallende Verhalten besass. Wir können daher den hier in Frage stehenden Körper nicht als eine Verunreinigung des Aethyläthers, sondern müssen ihn als seinen beständigen Begleiter ansehen, Diese Reaction des Aethers ist früher noch nicht beobachtet worden; doch liegen seit dem Jahre 1835 eine ganze Reihe von Beobachtungen über Verunreinigungen des Aethyläthers vor, von denen eine Anzahl auf Eigenschaften sich beziehen, welche auch von uns in allen Fällen beobachtet wurden, in welchen der in Rede stehende Niederschlag aus dem Aether erhalten werden konnte. Wenn man ein klares Gemisch von 4,5 Volumen einer gesättigten Lösung von Kaliumbiecarbonat und einem Volumen gesättigter Queck- silberchloridlösung, also eine alkalische Lösung von Quecksilbermonoxy- chlorid — wir wollen diese Lösung im Folgenden der Kürze wegen stets mit Quecksilberlösung bezeichnen — mit Aether schüttelt, so fängt die Mischung nach 10—20 Minuten an sich zu trüben und scheidet dann in ihrem wässrigen Theil einen weissen, amorphen Niederschlag ab, welcher nach dem Trocknen ein leichtes, amorphes, schwach gelblich- weisses Pulver darstellt. Setzt man wiederholt neue Mengen Aether zur Quecksilberlösung, so geht allmählich die ganze Menge des Queck- silbers in den Niederschlag, während andererseits dem Aether der be- treffende Körper vollständig entzogen werden kann. Wird die Aether- schicht abgehoben und rectifieirt, so wird die Quecksilberlösung durch das Destillat nicht mehr gefällt. Die Ausbeute an diesem Niederschlage war sehr ungleich, sie schwankte zwischen 0,89 und 6,64 pCt. Wir haben, um die noth- wendige Menge für unsere Versuche zu gewinnen, nach und nach wohl über 200 kg Aether zu seiner Darstellung verbraucht. Der zu den Versuchen benutzte Aether war meist neutral, er schied in den meisten Fällen Jod aus Jodkalium aus und bräunte Kalilauge. Nach dem SE 116 Jahres - Bericht Schütteln mit der Quecksilberlösung hatte er die letztere Eigenschaft vollständig verloren. Wir haben uns durch die sorgfältigsten Versuche von der Abwesenheit des Acetaldehyds in dem benutzten Aether über- zeugt. In keinem einzigen Fall erhielten wir durch ammoniakalische Silberlösung einen $Silberspiegel oder durch Einleiten von trockenem Ammoniakgas Aldehydammoniak. Auch scheidet Aldehyd weder Jod aus Jodkalium ab, noch giebt er mit Quecksilberlösung den weissen Niederschlag, wie uns zahlreiche Versuche bewiesen haben. Die Anwesenheit von Aldehyd ist daher unter allen Umständen ausge- schlossen. Durch zahlreiche Versuche wurde festgestellt, dass der auf Queck- silberlösung reagirende Körper dem Aether entzogen werden konnte: 1. durch die in Rede stehende Quecksilberlösung; 2. durch Behandeln des Aethers mit Kalilauge oder festem Kalium- hydroxyd; 3. durch wiederholtes Ausschütteln mit Wasser; . durch Behandeln mit Brom; 5. durch Destillation mit Phenylhydrazin, wobei im Rückstande sich _ eine krystallisirende Verbindung abscheidet. Der weitere Gang der Untersuchung wurde wesentlich bestimmt durch die Kenntniss des Verhaltens und der Zusammensetzung des weissen Quecksilberniederschlags. Dieser völlig amorphe Niederschlag wurde, bis 100° erhitzt, gelb, beim Erkalten wieder weiss. Im Glasrohr stärker erhitzt, bläht er sich bei ca. 170° wie. Rhodanquecksilber auf sein 8—10faches Volumen auf zu einer grauen, lockeren Masse unter Entwickelung eines mit blauer Flamme brennenden Gases. Noch stärker erhitzt sublimirt metallisches Quecksilber und Quecksilberchlorid unter Zurücklassung von Kohle. Unlöslich in Wasser, Alkohol und Aether, löst sich der Nieder- schlag besonders leicht vor dem Trocknen in Salzsäure, Salpetersäure und Cyanwasserstofl, nach dem Trocknen jedoch vollständig nur beim Kochen. In eoncentrirter Schwefelsäure ist er selbst unter diesen Um- ständen unlöslic, Er hält hartnäckig kleine Mengen Chlorkalium zurück. Gegen Kaliumhydroxyd verhält sich das weisse Pulver eigenthüm- lich. Wird es mit Kalilauge anhaltend gekocht, so bildet sich ein mehr oder weniger schwarzer oder dunkel graugrüner Niederschlag, welcher in Kalilauge vollständig unlöslich ist, während aus dem alkalischen Filtrat durch Salpetersäure ein voluminöser weisser Niederschlag in relativ geringerer Menge gefällt wurde. Es entstehen ca. 67 pCt. des schwarz- grauen Pulvers, welches völlig chlorfrei ist und beim Kochen mit con- centrirter Essigsäure bis auf eine geringe Menge metallischen Queck- der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 1047 silbers zu einem krystallisirten Acetat sich löst, aus welehem es durch Kalilauge mit allen seinen Eigenschaften wieder erhalten werden kann. Es löste sich ferner vollständig in Salpetersäure und Königswasser, nicht in Salzsäure. Als der eine von uns (Thümmel) ca. 0,1 gr des schwarzen Pulvers in eine trockene Röhre brachte, um sein Verhalten in der Wärme zu beobachten, und dasselbe langsam im Paraffinbade erhitzte, trat bei 157° C. eine überaus heftige Explosion ein von der Stärke eines Kanonenschusses. Sämmtliche Geräthe wurden zertrümmert und ihre Stücke weit umher geschleudert. Durch Schlag explodirte die Ver- bindung nicht. - Bei der Analyse des ursprünglichen weissen Quecksilber - Nieder- schlages waren einige Schwierigkeiten zu überwinden. Durch Kochen mit concentrirter Salzsäure am Rückflusskühler, wobei ein aldehyd- artiger Geruch sich entwickelte, wurde der Körper in Lösung gebracht, aus dieser das Quecksilber mit Schwefelwasserstoff gefällt und im Filtrat das Chlorkalium bestimmt, während die Gesammtmenge des Chlors durch Schmelzen des Körpers mit Natriumearbonat in Chlornatrium übergeführt wurde. Kohlenstoff und Wasserstoff wurden in einem am vorderen Ende zu zwei Kugeln ausgezogenen Rohr mit Bleichromat im Sauerstoffstrom bestimmt. Zur Analyse wurden Präparate der verschiedensten Darstellung und Fällung verwandt. Nach Abzug der wechselnden Mengen von Chlor- kalium wurden im Mittel von fünf Analysen, welche nur wenig von einander abweichen, nachstehende Resultate erhalten, aus denen sich als einfachste Beziehung der Atomgewichte die Formel Hg,C1,0,C,H, berechnet, welche zweifellos die Vinylgruppe enthält und daher folgenden Ausdruck erhalten kann: CH, CHOHsOHsHs(!|,. Diese Verbindung ist daher als ein Vinylquecksilberoxychlorid an- zusprechen, welches in nachstehender Weise aus dem im Aether ent- haltenen Vinylalkohol entsteht, wie wir später beweisen werden: 2C,H,0OH + 2HgOHsCl, + 2HgCl, — 2KHCO, C 2 — % ÖHOHgONSHACI, — 2KCl + 2C0, + 2H,0. Die Analyse des schwarzen explosiven Niederschlages wurde in der vorstehend beschriebenen Weise ausgeführt, nur war sie wesentlich da- durch vereinfacht, dass der explosive Körper weder Chlor noch Kalium enthielt, erschwert aber wurde sie durch seinen Gehalt an Quecksilber- oxydul, welches beim Trocknen sich zerlegt und sowohl Verluste an Quecksilber wie auch an Wasser herbeiführte, wie sich dies in den Resultaten der Analysen ausspricht. 118 Jahres-Bericht Aus diesen berechnet sich als einfachster Ausdruck der Verhältnisse der Atomgewichte die Formel Hg,C,H,O,. Wegen der überaus heftigen Explosion dieser Verbindung muss in ihr eine Acetylengruppe voraus- gesetzt werden. Es würde unter solchen Umständen dieser Körper als eine Mischung von Quecksilberoxydul und Acetylenquecksilber von ana- loger Zusammensetzung wie Acetylenkupfer und Acetylensilber anzusehen sein und dies in der Formel HC :CHgHg(OH), -- Hg,(OH), den entsprechenden Ausdruck finden. Diese Formel findet ihre Bestätigung durch die Zusammensetzung des Acetats des explosiven Körpers. Wie bereits erwähnt, löst er sich beim Kochen in concentrirter Essigsäure bis auf eine kleine Menge metallischen Quecksilbers auf und giebt beim vorsichtigen Abdampfen, wobei sich noch kleine Mengen metallisches Quecksilber abscheiden, endlich eine syrupartige Masse, welche zu einem Kıystallbrei erstarrt. Die Krystalle wurden bei 50—55° über Schwefelsäure getrocknet. Bei 100° zersetzen sie sich unter Graufärbung, beim Erhitzen ist der Zerfall vollständig, ohne dass eine Explosion stattfindet. Sie sind unlöslich in Alkohol und Aether, sowie in Säuren, mit Ausnahme von concentrirter Essigsäure. Die letztere Lösung wird beim Verdünnen unter Abscheidung eines weissen Pulvers zersetzt, während Quecksilber noch in Lösungs bleibt. Aus der essigsauren Lösung fällt Schwefelwasserstoff kein schwarzes Quecksilbersulfid, es entsteht vielmehr zunächst ein weisser, auch gelber Niederschlag, dessen Farbe nach einigen Tagen in gr naeh schwarz übergeht. Bei der Analyse wurde theils Kohlenstoff, Wasserstoff und Queck- silber in einer Operation bestimmt, theils das letztere gesondert durch Glühen der Substanz mit reinem Aetzkalk. Aus den Analysen berechnet sich nachstehende Formel: HO :CHgHg(C,H,0,), + Hg,(C,H,0,),. Beim Behandeln der Verbindung mit Kalilauge in der Wärme wurde ein grünschwarzes Pulver gefällt, welches nach dem Trocknen beim weiteren Erhitzen auf das Heftigste explodirte, es war daher der frühere explosive Körper wiedererhalten worden. Beim Kochen mit Wasser zersetzte sich das Acetat unter Ent- wickelung von Essigsäure und Quecksilberdämpfen. Es wurden 2,1622 gr des Acetats unter Durchleiten von Wasser- dämpfen so lange destillirt, als das Destillat noch sauer reagirte. Zu seiner Sättigung wurden 6,25 ecm normaler Kalilauge verbraucht. Die Destillation wurde unter Zusatz von verdünnter Schwefelsäure zum Rückstand fortgesetzt, wobei noch einmal 1,4 cem normaler Kalilösung der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 119 verbraucht wurde. Dies entspricht im Ganzen 21,22 pCt. Essigsäure, während vorstehende Formel 22,62 pCt. verlangt. Wie bereits erwähnt, entsteht bei der Behandlung des ursprüng- lichen weissen Quecksilber- Niederschlages mit Kalilauge neben dem explosiven schwarzen noch ein in Kalilauge löslicher weisser Körper, welcher durch Salpetersäure als ein voluminöses, amorphes weisses Pulver gefällt wird, unlöslich in Salz- und Salpetersäure, in Ammoniak und Alkalibicarbonaten, dagegen sich leicht in Kalilauge löst. Die alka- lische Lösung wird durch Schwefelwasserstoff gelb gefärbt. Der Körper ist nicht explosiv, beim Erhitzen verflüchtist er sich unter Zurücklassung von Kohle, | Aus seinen Analysen berechnet sich als einfachster Ausdruck die Formel HC:CHgOHs(I|, ; sie entspricht einem Acetylenquecksilberoxychlorid. Nach diesen analytischen Daten würde die Zersetzung des Vinyl- quecksilberoxychlorids durch Kochen mit Kalilauge in nachstehender Gleichung ausgedrückt werden können: CH, CHOHsOHsHsCl, — 2KOH — (HC:CHsHs(OH), ) — HC:CHgOHgsCl, + 2KCl — H,O. Wir haben zunächst den Beweis anzutreten, dass in der weissen Quecksilberverbindung in der That die Vinylgruppe vorhanden ist und dass diese dann durch Kali in ein Acetylenderivat gespalten wird, Wie bereits erwähnt, ist es uns gelungen, durch Destillation mit Phenylhydrazin dem Aether die Verbindung zu entziehen, welche mit der alkalischen Quecksilberlösung den weissen Niederschlag giebt. 5 ks des reactionsfähigen Aethers wurden mit 7—9 gr Phenyl- hydrazin destillirt. Das Destillat hatte damit die Eigenschaft verloren, Kaliumhydroxyd zu bräunen und mit Quecksilberlösung den weissen Niederschlag zu geben. Die vereinigten Destillationsrückstände wurden zur Krystallisation bei Seite gestellt. Diese erfolgte erst nach einigen Tagen, als ein Krystall einer Vorprobe in die syrupdieke Masse ge- worfen wurde. Die Krystalle wurden abgepresst, wiederholt mit Aether befeuchtet und gepresst, wodurch sie als ein röthlichgelbes, krystalli- nisches Pulver erhalten wurden, welches bei 78° C. schmolz. Der Stickstoff wurde nach der Methode von Dumas bestimmt. Aus den Analysen berechnet sich ungezwungen die Formel der Verbindung als Vinylphenylhydrazid, C,H,HN.NHC,H,. Durch sein Verhalten beim Schmelzen mit Chlorzink, beim Kochen mit verdünnter Schwefelsäure und gegen salpetrige Säure charakterisirte 120 Jahres-Bericht sich diese Verbindung als ein symmetrisches secundäres Hydrazid und in seinen Eigenschaften und seiner Zusammensetzung fiel es mit dem aus Acetaldehyd erhaltenen Aethylidenphenylhydrazin, C,H, HN. NCHCH, , zusammen, wie durch eine directe Vergleichung der Eigenschaften und des chemischen Verhaltens beider Verbindungen gefolgert werden musste. Da nun Acetaldehyd, wie wir bereits eingehend begründet haben, in dem betreffenden Aether nicht nachgewiesen werden konnte, bezw. nicht vorhanden war, so hat auch hier die bekannte Umsetzung der Vinylgruppe in die Aethylidengruppe im Act der Einwirkung des Phenylhydrazins stattgefunden, oder es liegen hier tautomere Verbin- dungen vor. Was nun die Umsetzung der Vinylgruppe des Vinylquecksilber- oxychlorids in die Acetylengruppe anlangt, so ist dafür auch ein ana- loger Vorgang bekannt, dessen Kenntniss wir der gütigen mündlichen Mittheilung von A. W. Hofmann verdanken. Bei dem Versuch, aus dem Jodid der Ammonbase N(CH,),C,H,J durch Destillation mit Kalilauge Vinylalkohol, C,H,OH, abzuscheiden, wurde Trimethylamin und Acetylen erhalten. Der sich abscheidende Vinylalkohol spaltete sich im Entstehungsmoment in Wasser und Acetylen. Das ist genau derselbe Vorgang, wie in unserem Falle, wo durch die Einwirkung des Kaliumhydroxyds auf die Quecksilberverbindung sich Vinylalkohol abscheiden musste, der sich aber sofort in die Acetylen- verbindung des Quecksilbers umsetzte. Die explosiven Eigenschaften und die Analyse lassen keinen Zweifel, dass das eine Zersetzungsproduet des Vinylquecksilberoxychlorids das bisher noch nicht bekannte explosive Acetylenquecksilber ist und die in Kalilauge lösliche Verbindung dem bereits bekannten Jodderivat des Acetylenquecksilbers entspricht, welches auch nicht explosiv zu sein scheint. Das weitere chemische Verhalten des Vinylquecksilbers spricht sich ferner darin aus, dass beim Behandeln desselben mit Chlor-, Jod- und Cyanwasserstoff, sowie mit Cyan- und Schwefeleyankalium die Vinyl- sruppe in Form von flüchtigen Verbindungen, wohl jedenfalls in ihren Chlor-, Jod-, Cyan- und Schwefeleyanderivaten, austritt, welche zwar nicht in genügender Menge für die Analyse isolirt werden konnten, ‚wohl aber gaben sämmtliche Destillate mit alkalischer Quecksilberlösung wieder die weisse Vinylverbindung, was vollständig beweisend ist. Der Versuch, durch successives Behandeln der weissen Vinyl-Ver- bindung mit Cyan- und Chlorwasserstoff zur Aethyliden-Milchsäure zu gelangen, gab ein negatives Resultat. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. TO Bei der Einwirkung von Brom, Jod, Schwefelwasserstoff und Schwefelammonium auf die weisse Verbindung setzte sich die Vinyl- sruppe in die Aethylidengruppe um. Durch Behandeln mit Brom wurde je nach der Länge der Ein- wirkung Bromalhydrat oder Bromoform und Ameisensäure erhalten, wie nachstehende Gleichungen ergeben: ir a omeR 2necl CHOHgOHsHgC], CH(OH), * CH WERTE 7Br = CHBr HCOOH -- 2HeBr CHOMSOHSHSCh ı ae en — HsCl,. Bei der Einwirkung einer Lösung von Jod in Jodkalium ‚entstand Jodoform. er ee) CHOHsOHeHgCI, eo — 2KCl + 3KOH -+ 2CHJ,. In einem Versuche wurden 23,3 pCt. Jodoform erhalten, während nach obiger Gleichung 33 pCt. entstehen mussten. Da aber durch die Einwirkung des freien Kalis ein unbestimmter Theil der Vinylquecksilber- verbindung in die Acetylenverbindung oder deren Jodderivat umgewandelt wird, so erklärt sich hieraus der Verlust an Jodoform. Bei der Wechselwirkung zwischen Jodkalium und Vinylquecksilber- oxychlorid bildet sich Kaliumhydroxyd. Reibt man die beiden Körper trocken zusammen, so ist die Ein- wirkung überaus lebhaft, das Gemisch wird nach kurzer Zeit grau durch Bildung des explosiven Zersetzungsproduets. Bringt man das mit Wasser angeschlemmte weisse Pulver in eine Lösung von Jodkaliam, so wird ' das Gemisch zuerst gelb bis graugrün, auf Zusatz von Salzsäure fällt ein rothbraunes Pulver. Die Flüssigkeit reagirt vor Zusatz der Salzsäure stark alkalisch, der Gehalt an Alkali, welcher mit normaler Salzsäure gemessen wurde, war je nach der Länge der Einwirkung bei gewöhn- lieher Temperatur oder beim Erhitzen ein sehr verschiedener, er wechselte zwischen 6—21,6 pCt. Der Process scheint sich in nach- stehender Weise zu vollziehen: = — AKJ = 2KCl + 2KOH —+ Hg), CHOHgOHgsHsC], — HC : CHsHs),. Durch Einwirkung von Schwefelwasserstoff auf Vinylquecksilber- oxychlorid schien zunächst das Mercaptan des Vinyls von äusserst wider- wärtigem Geruch zu entstehen, welches jedoch nicht isolirt werden konnte, aber in seinem Geruch lebhaft an das von Semmler aus dem ätherischen Oel von Allium ursinum dargestellte Vinylsulfid erinnerte, 122 Jahres-Bericht Anders gestaltete sich der Verlauf, wenn Schwefelwasserstoff in das mit Wasser angeriebene Vinylquecksilberoxychlorid im geeigneten Apparat bis zur Sättigung eingeleitet wurde. Bei der Destillation subli- mirten weisse Krystalle, deren grösster Theil dann durch einen Dampf- strom übergetrieben und aus dem Destillat durch Aether ausgeschüttelt wurde. Nach dem Verdunsten desselben blieben blendend weisse Krystalle von eigenthümlich unangenehmem Geruch zurück. Ihr Schmelz- punkt lag bei 75—76°, sie waren sehr wenig in kaltem Wasser, leicht in Alkohol und Aether löslich. | Zwei Schwefelbestimmungen nach der Methode von Carius gaben 54,14 und 54,12 pCt. Schwefel. Die Formel C,H,,$, verlangt 53,33 pCt. Schwefel. Alle Eigenschaften dieser Schwefelverbindung stimmen vollständig mit dem von W. Markwald beschriebenen y-Trithioaldehyd überein, welcher bei 76° schmilzt, unzersetzt mit Wasserdämpfen flüchtig ist, mit Platinchlorid und Quer lDerchlorid amorphe N und beim Erwärmen mit Kali Aldehydharz giebt. Der gleichzeitig vorhandene durchdringende unangenehme Geruch gehört vorzugsweise der geringen Menge eines sehr leicht flüchtigen Oeles an, welches besonders aufgefangen wurde, sich leicht polymerisirt und aus Bleisalzen Schwefelblei abscheidet. Es entspricht in seinen Eigenschaften dem bei 40° siedenden monomoleeularen Thioaldehyd, welchen W. Markwald in der eitirten Abhandlung beschreibt. Beide Verbindungen entstehen hier in stark salzsaurer Lösung unter den für ihre Bildung günstigsten Bedingungen. Der chemische Process, in welchem sich die Vinylgruppe in die Aethylidengruppe umsetzt, lässt sich durch nachstehende Gleichung aus- drücken: a es) CHOHsOHsHgC], + 21H,5 — 2 \CHS Fe DE Kain 3Hg,8 + 12Hg8. Wird das Vinylquecksilberoxychlorid mit gelbem Schwefelammon übergossen, so färbt es sich sofort schwarz unter Bildung von Queck- silbersulfid. Wird dieses Gemisch mit Aether ausgezogen und die Lösung verdunstet, so bleibt eine weisse krystallinische Masse von durehdringendem Geruch nach Mäuseharn und mit allen Eigenschaften des Acetamids zurück. a ANH,CI a CH, + 280 7 2 )coNE,. Bei einem anderen Versuch schien sich neben Acetamid eine kleine Menge Thioacetamid von eigenartig durchdringendem Geruch gebildet der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 123 zu haben, welches. beim Erwärmen mit Bleiacetat Schwefelblei ab- schied. Die Oxydation der Vinylquecksilber - Verbindung durch Kalium- permanganat und Chromsäure erfolgte verhältnissmässig langsam. Neben Kohlensäure und geringen Mengen Ameisensäure war das Hauptproduet Essigsäure, deren Identität festgestellt wurde. Zur Abscheidung der Vinylverbindung aus dem Aether wurde zu- nächst die fractionirte Destillation grosser Mengen von Aether, aber ohne jeden Erfolg, ausgeführt. Die Beobachtung, dass die betreffende Ver- bindung sich leichter in Wasser als in Aether löse, also durch ersteres dem letzteren entzogen werden könne, versprach bessere Resultate. - 50—80 kg Aether wurden nach und nach wiederholt mit Wasser aus- seschüttelt, letzteres vom Aether getrennt und zuerst im Dampfbade und dann mit Wasserdampf so lange der Destillation unterworfen, als das Destillat noch auf Quecksilberlösung reagirte. Das aus zwei Schichten bestehende Destillat wurde getrennt, der ätherische Antheil aufs Neue mit Wasser geschüttelt und diese Ausschüttelung mit dem wässerigen Antheil des ersten Destillats einer erneuten Destillation unterworfen. Nach acht bis zehn derartigen Destillationen, zuletzt mit Hilfe des Hempel- schen Apparats, den wir nicht warm genug empfehlen können, wurden zwei auf Quecksilberlösung lebhaft reagirende Flüssigkeiten erhalten, von von denen die eine bei 30—31°, die andere bei 37—38° siedete. Bei diesen wiederholten Destillationen wurde die Beobachtung gemacht, ein- mal dass der auf Quecksilberlösung reagirende Körper immer schwerer flüchtig wurde, sich polymerisirte und anderseits die Ausbeute nur 10 bis 15 pCt. der berechneten, in einzelnen Fällen noch weniger betrug, der gesuchte Körper sich demnach beim Erhitzen leicht zersetzte. Die De- stillationsrückstände besassen den Geruch nach Aldehydharz, sie lieferten meistens mit Quecksilberlösung und nachheriger Behandlung mit Kali ex- plosives Acetylenquecksilber. Dies letztere Verhalten zeigten die beiden Destillate vom $Siede- punkt 50—31° und 37—38° in hohem Grade. Das niedriger siedende Destillat besass einen scharfen ätherartigen Geruch, der nach einiger Zeit schwächer wurde und beim Aufbewahren in jenen der Essigsäure über- gings. Die höhere siedende Flüssigkeit riecht mild ätherartig und ver- ändert sich nieht beim Aufbewahren, Unmittelbar nach ihrer Bereitung sind beide Flüssiskeiten neutral. Während die höher siedende diese Eigenschaft dauernd behält, wird schon beim Abdunsten der niedriger siedenden Flüssigkeit damit benetztes Lackmuspapier stark geröthet und diese rasche Oxydation setzt sich, wie bereits erwähnt, beim Aufbewahren der Art fort, dass schliesslich nur der stechende Geruch der Essigsäure vorhanden ist, deren Identität durch die Kakodylreaction festgestellt wurde. Kaliumpermanganat oxydirt nur die niedriger siedende, nicht die höher 124 Jahres-Bericht siedende Flüssigkeit zu Essigsäure. Damit scheint. auch das Verhalten der ersteren zu Jodkaliumlösung in Verbindung zu stehen, aus welcher sie sofort kein Jod ausscheidet, diese Abscheidung aber erfolgt, sobald die saure Reaction eingetreten, die Oxidation also im vollen Gange ist, wobei wir uns der Ansicht nicht verschliessen können, dass auch hier, wie bei den meisten Oxydationsvorgängen, in der feuchten Luft sich Wasserstoffsuper- oxyd bildet, welches dann erst die Jodausscheidung, bedingt. Beide Destillate lassen ammoniakalische Silberlösung unverändert, dagegen wird alkalische Kupferlösung durch die niedriger siedende Flüssig- keit redueirt. Kalilauge bräunt beide Destillate unter Abscheidung von Harzklümpchen und dem Geruch nach Aldehydharz, während nur die niedriger siedende Flüssigkeit bei Zusatz von Jodkalium Jodoform bildet. Das specifische Gewicht der niedriger siedenden Flüssigkeit betrug bei 20° 0.719, jenes der höheren 0,721. Zahlreiche Dampfdichtebestimmungen und Analysen der beiden De- stillate gaben keine entscheidenden Resultate, weil es nicht gelang, sie vollständig rein zu erhalten, sie gestatteten aber mit grosser Wahr- scheinlichkeit den Schluss auf Polymerie der beiden Flüssigkeiten und liessen es auch möglich erscheinen, dass Vinyläthyläther oder Vinyläther vorliege. In direeten Versuchen mit Vinyläthyläther, welcher nach der Me- thode von Wislicenus aus Monochloracetal dargestellt worden war — die Darstellung des Vinyläthers, welchen Ssemmler durch Behandeln von Vinylsulfid mit Silberoxyd aus dem ätherischen Oel von Allium ursinum gewonnen hatte, gelang uns nicht, auch war nicht genügendes Material vorhanden — wurden zwar durch Quecksilberlösung reichliche weisse Nieder- schläge erhalten, welche jedoch bei der Behandlung mit Kalilauge das graue explosive Acetylenquecksilber nicht lieferten, sich daher ganz anders verhielten, als die in Frage stehende Vinylverbindung aus dem Aether. Auch unterschied sich die Zusammensetzung der auf diese Weise er- haltenen Niederschläge im Gehalt an Chlor und Quecksilber von den Niederschlägen der Vinylverbindung aus dem Aethyläther. Dagegen verhielten sich Vinylchlorid und Vinyljodid in alkoholischer Lösung gegen Quecksilberlösung wie der käufliche Aethyläther. Die hier erhaltenen weissen amorphen Niederschläge gaben mit Kali das heftig explodirende Zersetzungsproduct. Diese Umsetzung des Vinylchlorids und Jodids kann hier doch wohl nur so stattgefunden haben, dass beide ihr Chlor und Jod an Queck- silber abtraten, dafür eine Hydroxylgruppe einwechselten und der Vinyl- alkohol im Entstehungsmoment mit der Quecksilberlösung die bekannte weisse Verbindung gab, ö der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 125 Hieraus ergiebt sich mit Nothwendigkeit der Schluss, dass der im Aether enthaltene und auf die Quecksilberlösung wirkende Körper nur Vinylalkohol sein kann, welcher hier in seiner ätherischen Lösung be- ständiger ist und die bekannte Umsetzung in die Aethylidengruppe nicht erfährt. Die Beantwortung der Frage nach der Entstehung des Vinylalkohols bei der Bereitung und bei der Aufbewahrung des Aethyläthers war Gegenstand weiterer Versuche. Wenn man durch reinen Aether längere Zeit ozonhaltige Luft leitet, oder ihn mit einer Lösung von Wasserstoffsuperoxyd anhaltend schüttelt, so giebt er mit Quecksilberlösung wieder Vinylquecksilberoxychlorid. Dasselbe ist der Fall bei der Oxydation des Aethers mit Chrom- säure. Hierbei bildet sich zunächst stets die Vinylverbindung, aus dieser dann Essigsäure. Aldehyd konnte unter den Oxydationsproducten nicht nachgewiesen werden. | Um diese Vinylverbindung zu isoliren, wurde ein tubulirtes De- stillationskölbehen mit trockener Chromsäure zur Hälfte gefüllt und mit einer gut gekühlten Vorlage verbunden. Lässt man reinen Aether tropfen- weise zur Chromsäure fliessen, so findet eine heftige Reaction statt, bei welcher das Hüchtige Product sofort abdestillirt. Bei gut geleiteter Operation riecht das Destillat fast gar nicht nach Aether, sondern be- sitzt einen eigenartigen, an Aldehyd erinnernden Geruch. Bei der Fractionirung des Destillats wurde der bei 33° übergehende Antheil be- sonders aufgefangen. Er besass ein spec. Gewicht 0.723 bei 15°, bräunte nicht Kalilösung, schied kein Jod aus Jodkalium aus, war neutral, Lack- muspapier wurde selbst beim Abdunsten nicht geröthet, dagegen lieferte er einen ungemein reichlichen Quecksilberniederschlag. Wiederholte Dampfdichtebestimmungen verliefen resultatlos. In seinen Eigenschaften glich dieses Destillat vollständig dem beschriebenen Destillat vom Siede- punkt 37°, es liest hier augenscheinlich wieder eine Polymerisation des Vinylalkohols vor. Bei diesem Process scheint die Chromsäure bis zu Chromoxydul reducirt zu werden, denn der braune Rückstand in der Retorte löste sich in Salzsäure ohne Chlorentwiekelung und in einem Falle, in welchem der Destillationskolben sich bereits seit einer halben Stunde abgekühlt hatte, explodirte der Inhalt unter Entflammung und Bildung von grünem Chromoxyd. Die Oxydation des Aethers und die Bildung des Vinylalkohols er- erfolgt aber auch durch den atmosphärischen Sauerstoff und zwar unter gleichzeitiger Entstehung von Wasserstoffsuperoxyd. Käuflicher Aether wurde in verschiedenen Versuchen durch Schütteln mit wässriger schwefliger Säure von Wasserstofisuperoxyd befreit, dann mit Kalkmilch geschüttelt, entwässert und mit Phenylhydrazin destillirt ‚und so von dem Vinylalkohol befreit. Die eine Hälfte dieses Aethers 126 Jahres- Bericht wurde trocken, die andere, mit Wasser vermischt, durch ungefähr drei Wochen dem directen Sonnenlicht ausgesetzt. Beide Aetherproben gaben nach dieser Zeit mit Chromsäure durch Blaufärbung Wasserstoffsuper- oxyd und durch die Quecksilberlösung die Anwesenheit der Vinyl- verbindung zu erkennen. Wurde käuflicher Aether mit verdünnter Chromsäurelösung vermischt, so trat nur eine äusserst schwache Blaufärbung ein, welche dagegen sehr deutlich und intensiv wurde, wenn man dieses Gemisch kräftig mit Luft schüttelte. In einem anderen Versuche wurde ein völlig reiner, wiederholt über Phenylhydrazin rectificirter Aether vom spec. Gewicht 0,721 und $Siede- punkt 34°, welcher keine Spur einer Einwirkung auf die Quecksilber- lösung zeigte, völlig neutral war und Jodkalium nicht veränderte, in nicht völlig gefüllter Flasche durch zwei Monate dem directen Sonnen- licht ausgesetzt. Nach dieser Zeit gab derselbe Aether einen starken Niederschlag mit Quecksilberlösung und schied Jod aus Jodkalium aus, aber auch andere Reactionen liessen keinen Zweifel an der Anwesenheit des Wasser- stoffsuperoxyds. Chromsäure gab die bekannte blaue Färbung, nach Zu- satz von Guajaktinetur und frisch bereitetem kaltem Malzauszug wurde die Probe stark gebläut, ebenso Jodkaliumstärkelösung, Indigolösung wurde bei Zusatz von Ferrosulfat sofort entfärbt. Kalilauge verhielt sich dagegen indifferent. In einem anderen Falle wurde auch diese stark gelb gefärbt. Diese Entsehung von Wasserstoffsuperoxyd erklärt vollständig die in der chemischen Litteratur vorhandenen Angaben über Explosionen beim Abdampfen von Aethyläther, welcher längere Zeit aufbewahrt war, so eine von Schär beschriebene Explosion beim Abdampfen von fett- haltigem Aether, die vor Kurzem in Münster in der agrieultur-chemischen Versuchsstation erfolgte Explosion eines als rein bezogenen Aethers, eine Beobachtung von Picard u. s. w. Es liest ausserhalb der Grenzen dieser Arbeit zu untersuchen, ob es sich hier nur um eine Concentration des entstandenen Wasserstoff- superoxyds handelt, oder ob Aethylsuperoxyd, (C, H,), O, oder etwa das von Legler beschriebene und bei langsamer Verbrennung des Aethers entstehende Hexaoxymethylenhyperoxyd, (CH,0),0, + 3H,0 mit im Spiel war. Das gleichzeitige: Auftreten von Wasserstoffsuperoxyd und Vinyl- alkohol bei der Einwirkung von Luft und Licht auf Aethyläther er- innert lebhaft an die interessante Entdeckung von Schönbein, dass die Oxydation der Metalle durch Luft und Wasser stets eine Bildung von Wasserstoffsuperoxyd veranlasst, ja es liegt sogar hier der völlig analoge Process vor. x der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 127 Beim Schütteln von gekörntem Zink in einer Flasche mit Luft und wenig Wasser entsteht neben Zinkhydroxyd stets Wasserstoffsuperoxyd. Nach Traube’s Untersuchungen verläuft dieser Process in nachstehender Weise: OHH Zu OH. Dr 2 \oH + H0 Bei den bekannten Beziehungen des Ozons zum Aether und der Thatsache, dass sich neben Ozon stets Wasserstoffsuperoxyd bildet, sowie dass es uns gelungen ist, durch Einleiten ozonhaltiger Luft im Aether Vinylalkohol zu erzeugen, dürfte die analoge Gleichung beim Aethyläther nachstehende Form erhalten. CH,CH, \_ CH, CHOH nen >0 + 9 = cuzonon + Ho Wir haben aber auch durch den direeten Versuch nachgewiesen, dass durch Behandlung von reinem Aether mit Wasserstoffsuperoxyd ebenfalls Vinylalkohol entsteht und daher wohl in nachstehender Weise die Oxydation erfolgt: 0,04 >0 +93, 0, < konzcnon + 120 +3 0, wobei der wahrscheinlich als Ozon freiwerdende Sauerstoff zur Oxydation weiterer Aethermoleküle, vielleicht zur Bildung von Aethylperoxyd Verwendung findet. 3 Es stellt sich daher diese Oxydation als ein eontinuirlicher Vor- gang dar, in welchem das Wasserstoffsuperoxyd gerade so verbraucht wird, wie in dem Verhalten des Zinkes gegen Luft und Wasser, und es ist daher nur natürlich, dass bei dieser Oxydation des Aethers das Wasserstoffsuperoxyd immer mehr zurücktritt, ja oft ganz verschwindet, während der Vinylalkohol in seiner ätherischen Lösung beständiger ist und erst allmählich durch den atmosphärischen Sauerstoff ohne gleich- zeitige Bildung von Wasserstoffsuperoxyd in Essigsäure übergeht, wie wir durch direete Versuche bewiesen haben. Diese letztere Oxydation vollzieht sich wahrscheinlich in zwei Phasen, in deren ersterer die se- eundäre Alkoholgruppe in die Carbonylgruppe verwandelt wird, während das Wasser im Moment seiner Entstehung mit der Gruppe CH,CO Essig- säure CH,COOH bildet. Dass bei der Oxydation des Aethers der Sauerstoff als Ozon wirkt, wird durch die Bildung des Aethylperoxyds, (C,H,),O, bewiesen, welches an den bereits früher erwähnten Aetherexplosionen sicher einen hervorragenden Antheil hat. Wie aber erklärt sich die Bildung des Vinylalkohols während der Bereitung des Aethers? Wir haben, wie früher erwähnt, bei der Dar- stellung des Aethers die einzelnen Fractionen des Destillats gesondert 128 Jahres-Bericht aufgefangen und in allen durch die alkalische Quecksilbermonoxychlorid- lösung Vinylquecksilberoxychlorid erhalten. Die geringen Mengen von atmosphärischer Luft, welche sich im Verlauf der Darstellung im Destilla- tionsapparat befinden oder mit denen das Destillat im Kühlapparat in Berührung kommt, dürften die Entstehung dieser beiden Verbindungen kaum erklären. Wir erinnern aber an die interessante Beobachtung von Richarz, dass bei Gegenwart von 7Oprocentiger Schwefelsäure durch Ueberschwefelsäure oder Sulfurylsuperoxyd, SO,, leicht Wasserstoff- superoxyd gebildet wird. Es wäre möglich, dass bei der Darstellung des Aethyläthers aus Schwefelsäure und Alkohol die Bildung von 80, nebenher läuft, woraus sich dann die Oxydation des Aethers und die Entstehung des Vinylalkohols leicht erklären würde, doch wäre der direete Beweis dafür allerdings kaum zu führen. Wir sehen uns daher ausser Stande, für die Entstehung des Vinylalkohols bei der Darsteilung des Aethers gegenwärtig eine befriedigende Erklärung zu geben. Wir bemerken schliesslich, dass der Ausgangspunkt unserer Unter- suchung, das Vinylquecksilberoxychlorid, in seiner Zusammensetzung nicht isolirt dasteht, sondern dass analoge Verbindungen bekannt sind. Kutscherow hat in seiner Arbeit über die Einwirkung der Kohlen- wasserstoffe der Acetylenreihe auf Quecksilberoxyd und dessen Salze eine analoge Verbindung kennen gelehrt, indem er Allylen, C,H,, auf Quecksilberchlorid bei Gegenwart von Natriumearbonat, also auf unser ihm unbekanntes Quecksilbermonoxychloryd, in alkalischer Lösung ein- wirken liess. Er drückt den Vorgang durch nachstehende Gleichung aus: 6HgCl, + 3H,0O - 2C,H, — 3HgCl, .3HgO.2C,H, + 6HCI. Durch Zersetzung des weissen krystallinischen Niederschlages mit Salzsäure erhielt er unter Mitwirkung der Elemente des Wassers Aceton in nachstehender Weise: 3HsCl, .3HgO ..2C,H, + 6HCl = 6HgCl, — 2CH,COCH, + H,0. Durch Kaliumhydroxyd wird der weisse Niederschlag, dessen Formel Kutscherow auch HgsCl, . HgO.2(C,H,HsO) schreibt, nur gelb und successive ärmer an Chlor, ohne damit die Eigenschaft zu verlieren, mit Säuren Aceton zu geben. Die mit Kali behandelte Allylenverbindung - wurde auf ihre Explosivität nicht untersucht, sowie auch ihre weiteren Zersetzungsproduete nicht studirt. Hier wie in der Vinylgruppe und in einer ganzen Anzahl anderer von uns beobachteter Fälle stellt sich die Thatsache heraus, dass ungesättigte Kohlenwasserstoffe oder vielmehr solche mit doppelter und dreifacher Kohlenstoffbindung und deren Hydroxylderivate mit alkalischer Queck- silbermonoxychloridlösung in Wasser unlösliche Verbindungen eingehen von wahrscheinlich analoger Zusammensetzung. : der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 129 Herr Gymnasiallehrer Dr. J. Schiff spricht hierauf über die elektrische Erregung des Glases beim Reiben mit Wolle. Nachdem in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts durch Du Fay die Verschiedenheit der Glas- und Harz- oder, wie sie Franklin treffender benannte, der positiven und negativen Elektrieität erkannt worden war, sowie nach der Entdeckung, dass zwei mit einander ge- riebene Körper steis entgegengesetzt erregt werden, schritt man zur Aufstellung sogenannter Spannungsreihen mit positivem und negativem Pole. Dieselben sollten möglichst viele Stoffe so geordnet enthalten, dass jeder derselben durch Reibung mit allen nach dem ersteren Ende _ hin stehenden Gliedern negative, hingegen bei gleicher Behandlung mit den auf seiner anderen Seite befindlichen positive Elektrieität erhält. Die älteste dieser Reihen verdanken wir J. W. Ritter (Das elektrische System der Körper, 1805); bekannter jedoch ist die folgende geworden, welche Faraday 1843 aufgestellt hat: ,-- Katzen- und Bärenfell, Rlanell, Elfenbein, Federkiele, Bergkrystall, Flintglas, Baumwolle, Lein- wand, weisse Seide, die Hand, Holz, Lack, Metalle, Schwefel.‘ Diese Spannungsreihe — theilweise mit der Verallgemeinerung, dass für Flanell Wolle und für Flintglas Glas gesetzt wird -— ist in viele Lehrbücher, insbesondere auch in solche, die für höhere Schulen be- stimmt sind, übergegangen (z. B. E. Jochmann, Grundriss der Ex- perimentalphysik, 6. Auflage, 1880, 8. 254 und $Silv. P. Thompson, Elementare Vorlesungen über Elektrieität und Magnetismus. Tübingen, 1887, 8. 7). Sie enthält die Behauptung, dass Glas durch Reiben mit Wolle negativ erregt wird. — Manche Autoren jedoch geben hiervon das Gegentheil an; so sagt Riess in seinem noch immer maassgeblichen Werke „Die Lehre von der Reibungselektrieität“ (1. Band 1853, 8. 9 und 23), „Glas mit Wolle gerieben wird gewöhnlich positiv.“ In anderen Büchern wieder wird zwischen dem Verhalten von Glas mit matter und glatter Oberfläche unterschieden; aber auch hier zeigen sich Widersprüche. So lehrt J. Frick (Physikalische Technik, 4. Auf- lage, 1872, 8. 386), dass mattes Glas beim Reiben mit Wolle positiv ‚und glattes negativ werde, während P. Reis (Lehrbuch der Physik, 5. Aufl., 1882, S. 560) und Weinhold (Phys. Demonstrationen, zweite Auflage, 1887, $. 519) das Entgegengesetzte behaupten. Die Unklarheit über diese Frage, welche besonders beim Unterricht an höheren Schulen als störend empfunden werden muss, veranlasste ‚den Vortragenden zu einer Reihe von Versuchen, welche unter An- - wendung eines Bohnenberger’schen Elektroskopes durch Reiben von troekenen gläsernen Stäben, Röhren und Gefässen mit verschiedenen _ Wollstoffen angestellt wurden. Sie ergaben in allen Fällen für glattes Glas positive, für solches mit matter Oberfläche negative Erregung, 1889, J 130 Jahres-Bericht stehen also im Einklang mit den oben citirten Angaben von Riess, Reis und Weinhold. Hiernach wäre, wenn man für Lehrzwecke an der Aufstellung von Spannungsreihen für die Reibungselektrieität fest- halten will, glattes Glas vor, mattes hingegen hinter Wolle zu setzen. Auf streng wissenschaftlichen Werth werden diese Reihen jedoch, da wie die hier betrachteten auch andere Stoffe wechselndes Verhalten bei der Reibung zeigen, niemals Anspruch erheben dürfen. Sitzung am 6. November 1889, Herr Professor Dr. O. E. Meyer zeigte ein neues Instrument zur Untersuchung des Gebirgsmagnetismus vor und machte über die mit ihm angestellten Beobachtungen folgende Mittheilungen: Das Instrument ist ähnlich gebaut wie das Local-Variometer von F. Kohlrausch,!) welches bei den früheren Messungen?) sich vortreff- lich bewährt hatte. Doch kommen bei Beobachtungen über Gebirgs- magnetismus manchmal Verhältnisse vor, unter denen mehr gewünscht wird, als von jenem Instrument gefordert werden darf. Der Kohlrausch- sche Apparat ist dazu bestimmt, Werthe der erdmagnetischen Horizontal- Intensität, welche an zwei verschiedenen Orten beobachtet worden sind, mit einander zu vergleichen. Aus solchen Messungen lassen sich, wenn z. B. am Fusse und auf dem Gipfel eines Berges beobachtet wurde, über die Vertheilung des Magnetismus in der Masse des untersuchten Berges Schlüsse ziehen. Es kann jedoch vorkommen, dass an den beiden Beobachtungsorten nicht nur die Stärke der erdmagnetischen Kraft verschieden gefunden wird, sondern auch die Richtung der Kraft, besonders die als Incelination bezeichnete Abweichung dieser Richtung von der Horizontalen. Daraus können Zweifel über die Deutung von Beobachtungen entstehen. Einerseits kann eine Verschiedenheit der Horizontal-Intensität an zwei Orten gefunden werden, ohne dass die ge- sammte Intensität sich geändert hätte, und zwar nur deshalb, weil die Incelination ungleich war. Andererseits aber kann es sich ereignen, dass an beiden Orten der gleiche Werth der horizontalen Componente be- obachtet wird, obwohl nicht nur die gesammte Stärke, sondern auch die Inelination an beiden Orten verschieden ist. So kann selbst eine be- trächtliche locale Störung des Erdmagnetismus dem Beobachter entgehen, wenn er das nur für. die Messung der Horizontal-Intensität eingerichtete Local-Variometer von Kohlrausch benutzt. Diesem Uebelstande wird durch das neue Instrument abgeholfen, welches sich von dem Kohlrausch’schen im wesentlichen nur dadurch !) F. Kohlrausch, Wiedemann’s Annalen, 1886, Bd. 29, S. 47. ?) O. E. Meyer, 66. Jahresb. d. schles. Ges. 1888, S. 49. der Schles. Gesellschaft für vater]. Cultur. 131 unterscheidet, dass das aufrechte Stativ jenes Apparats bei dem neuen horizontal gelegt worden ist. Dadurch wird bedingt, dass die beob- achtete Magnetnadel nicht mehr eine Declinations-, sondern eine In- elinationsnadel ist. Mit dieser wird genau nach der Vorschrift, welche Kohlrausch gegeben hat, die durch einen Magnet hervorgebrachte Ab- lenkung beobachtet. Diese Messung führt nun nicht mehr zur Kenntniss der horizontalen Componente, sondern der gesammten Stärke des Erd- magnetismus. Zugleich lässt sich der neue Apparat, wenn der Ab- lenkungsmagnet abgenommen wird, zur Bestimmung der Inclination ver- wenden. Wir erhalten also die Möglichkeit, nicht nur die Stärke, son- dern auch die Neigung der erdmagnetischen Kraft an zwei Beobachtungs- orten zu vergleichen. Zur Prüfung des neuen Apparates, welchen ich in der Werkstatt von W.Siedentopf in Würzburg habe ausführen lassen, habe ich mit ihm an verschiedenen Orten, welche ich früher mit dem Kohlrausch’schen Variometer besucht hatte, Beobachtungen angestellt. Im physikalischen Cabinet der Breslauer Universität hatte ich be- deutende Störungen gefunden. Ich habe jetzt mit dem neuen Apparat beobachtet, dass in dem auf dem Dache befindlichen Observatorium die Gesammt-Intensität um 2,24 pCt. grösser ist als in einem Zimmer des ersten Stockwerks. Dazu fand ich die Inclination im Observatorium -65,65°, im ersten Stockwerk 67,5°, also in dem oberen Raum um etwa 1° 40° kleiner, als im unteren. Daraus folgt, dass die Horizontal-Inten- sität stärker, als die gesammte Intensität, vom unteren bis zum oberen Raume im Gebäude zunehmen muss, und zwar, wie sich durch eine ein- fache Rechnung aus den Zahlenwerthen der Iuclination ergiebt, um 2,61 pCt. mehr. Die Horizontal-Componente im Observatorium muss also im Ganzen um 2,24 + 2,61 — 4,85 pCt. grösser sein, als im ersten Stockwerk. Das stimmt vollständig mit den Erfahrungen überein, welche ich früher mit dem Kohlrausch’schen Variometer gemacht habe; nach diesen war der Werth im Observatorium um rund 5 pCt. grösser. Die neuen Messungen zeigen, dass diese starke Veränderung nur zur Hälfte auf einer Zunahme der magnetischen Kraft berubt, während die andere Hälfte durch eine Aenderung ihrer Richtung zu erklären ist. Ferner besuchte ich in der Umgegend von Olbersdorf bei Reichen- bach in Schlesien die früheren Beobachtungsplätze auch mit dem neuen Apparate. In folgender Zusammenstellung sind neben den jetzt ge- messenen Werthen der Inelination die gleichzeitig bestimmten Zahlen- werthe für die Gesammt-Intensität angegeben; die letzteren Zahlen be- ziehen sich auf eine willkürliche Einheit, haben also nur die Bedeutung ‚von Verhältnisszahlen. Zu diesen Angaben habe ich auch die früher sehon mitgetheilten Beobachtungen der Inclination und der Horizontal- ‚Intensität, die letzteren in dem üblichen absoluten Maasse, hinzugefügt. 132 Jahres-Bericht 1889 1885 Parkinsel in Olbersdorf ....... 65,8 0,984 65,2 0,192 Spittelberg bei Olbersdorf. ..... 65,3 1,0052 69,3 0er Steinbruch bei der Tartarenschanze 66,9 1,099 68,2 0,197 Aus den Messungen mit dem neuen Apparat lässt sich die bei der Tartarenschanze vorhandene örtliche Störung ungleich deutlicher er- kennen, als aus den früheren Messungen der Horizontaleomponente. Der Grund dafür, dass die Gesammtintensität sich in stärkerem Maasse ändert, als die horizontale Componente, liegt darin, dass das magnetische Ge- stein auch die Inclination vermehrt. Die mangelhafte Uebereinstimmung der 1885 und 1889 beim Steinbruch gemessenen Werthe der Inclination ist wohl daraus zu erklären, dass inzwischen dort Steine gebrochen worden sind, wodurch ich genöthigt wurde, einen etwas höheren Stand- ort zu wählen. Auch auf und am Zobtenberge habe ich mit dem neuen Apparat beobachtet. In folgenden Zahlenreihen sind wiederum die neuen Messungen mit den älteren, welche ich 1888 mit dem Kohlrausch- schen Variometer ausgeführt hatte, zusammengestellt. Oestlich bei Bankwitz ..... 465;9.92.0,3999 Sa002 Südlich beim Forsthaus. .... 66,0:..0,98,72:00,988 Auf .der Spitze des Berges... . . 65,97 1,0057 77,014 Nördlich beim Schlosse Gorkau 66,0 1,007 — 55 bei Rosalienthal ... 66,0 1,007 1,020 Siku palröbelhe ker. air 69,9:.:1,008=87,015 Die erste Reihe enthält die gemessenen Werthe der Inelination, welche keine wesentliche Veränderung mit dem Orte erkennen lassen. Die zweite weist in den für die Gesammtintensität gefundenen Ver- hältnisszahlen eine ähnliche Veränderlichkeit auf, wie die dritte, welche die 1888 bestimmten Werthe der Horizontalcomponente, ebenfalls in einem willkürlichen Maasse, angiebt. Beide Zahlenreihen lehren in gleicher Weise, dass die erdmagnetischen Kräfte über dem östlich und südlich vom Berge liegenden Serpentingestein schwächer wirken, als über dem Gabbrogestein der Bergspitze, und dass ihre Stärke noch mehr über dem nördlich abgelagerten Granit zunimmt. Im Ganzen ‚entsprechen beide Reihen einander sehr gut; die Messungen bei Ströbel und auch bei Bankwitz, welche nicht an genau denselben Stellen gemacht sind, stimmen weniger befriedigend unter einander überein, als die anderen, Die mitgetheilten Beobachtungen werden genügen, die Brauchbarkeit des neuen Instruments zu beweisen. Im nächsten Sommer werde ich m) weitere Beobachtungen mit ihm anstellen. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 133 Sitzung am 4. December 1889. Herr Dr. Theodor Siegfried Schmidt aus Breslau sprach über Lissajous’sche Schwingungscurven. Der Vortragende erläuterte zunächst den Begriff der harmo- nischen Bewegung oder der einfachen Schwingung. Die- selbe tritt stets auf, wenn ein von seiner Gleichgewichtslage abge- lenkter Massenpunkt durch eine Kraft nach der Ruhelage zurückgezogen wird, welche der Ablenkung selbst proportional ist. Dies ist der Fall bei der Biegung, Verlängerung oder Verkürzung elastischer Stäbe, sowie bei einem Pendel, welches unendlich wenig von seiner Gleich- gewichtslage abgelenkt wird. Wenn nun aber ein Massenpunkt ge- zwungen ist, in zwei verschiedenen Richtungen einfache ‚Schwin- gungen auszuführen, so wird die resultirende Bewegung im Allgemeinen eine krummlinige sein, eine sogenannte Lissajous’sche Schwingungs- fisur. Ihre Gestalt hängt hauptsächlich von dem Verhältniss ab, in welchem die beiden Schwingungszeiten stehen, und von dem Um- stande, ob die beiden Schwingungen gleichzeitig (etwa vom Punkte der grössten Ablenkung von der Gleichgewichtslage) beginnen oder nicht: von der Phasendifferenz; dann auch von der Grösse der Amplituden und dem Winkel, unter welchem sich die beiden Schwingungsriehtungen schneiden. — Verhalten sich die Schwingungszeiten wie m:n, und ist m srösser als n, so ist die Lissajous’sche Schwingungsceurve im ersten Falle (wenn die Phasendifferenz Null ist) vom mten Grade, im zweiten vom 2mten Grade; die Zahl der Doppelpunkte beträgt im ersten Falle m—1)@-—ı) 2 b Um die Lissajous’schen Schwingungsfisuren zur Darstellung, zu bringen, sind eine grössere Anzahl von Apparaten construirt worden, und im zweiten 2 mm — (m--.n). welche entweder auf der Combination von Pendelschwingungen oder der- jenigen zweier elastischer Schwingungen beruhen, oder endlich das Ziel auf mechanischem Wege erreichen. Der Vortragende führte nun einen von ihm construirten und von Mechanikus M. Pinzger in Breslau ge- bauten Apparat vor, welcher die Lissajous’schen Curven mit Tinte auf Papier aufzeichnet. Derselbe unterscheidet sich von anderen ähn- lichen Apparaten dieser Art dadurch, dass ein einziges Pendel beide Schwingungen ausführt, so dass die Pendelkugel selbst eine Lissajous- sche Schwingungsfigur beschreibt. Das Pendel ist nämlich nach der Methode Cardano’s aufgehängt; es schwingt zunächst um eine in einem Ringe befestigte Achse; der Ring selbst kann sich um eine zur ersten senkrechte Achse drehen und trägt nach oben eine zweite Pendelstange, auf welcher ein Laufgewicht verschiebbar ist. Schwingt _ das Pendel allein um die Achse des Ringes, so ist seine Schwingungs- 154 Jahres - Bericht dauer von der unteren Pendelkugel und dem oberen Laufgewicht be- einflusst, kann also leicht geändert werden. Schwingt aber das Pendel nur um seine eigene (zur Ringachse senkrechte) Achse, so wird seine Sehwingungszeit durch das obere Laufgewicht nicht beinflusst, ist also unveränderlich. Wird jetzt das Pendel in einer beliebigen Richtung abge- lenkt, so ist es gezwungen, in zwei zu einander senkrechten Richtungen zu schwingen und muss also eine Lissajous’sche Schwingungsfisur ausführen. — Um den beiden Schwingungen eine beliebige Phasen- differenz zu geben, wird zunächst die obere Pendelstange durch einen Haken festgehalten, während das eigentliche Pendel seine Schwingungen bereits beginnt. Nach einem bestimmten Zeitraum (der gewünschten Phasen- differenz) wird durch letzteres ein elektrischer Strom geschlossen, welcher einen Blektromagneten umkreist; der Magnet reisst den Haken an sich und löst das obere Pendel aus. — Der Schreibapparat besteht aus einer gewöhnlichen Stahlfeder, welche um eine Achse leicht beweglich an der Pendelstange befestigt ist und durch ein kleines Gewicht auf das Papier gedrückt wird. Herr Dr. J. Bergmann gab hierauf Eine experimentelle Darstellung der einfachen Schwingungen (Sinus- Bewegung) und der Schwingungscurven. Unter den Bewegungsformen, in welche materielle Punkte oder Punktsysteme durch die Einwirkung beliebiger Kräfte versetzt werden können, nehmen die periodischen Bewegungen eine besondere Stellung ein. Als periodisch im weitesten Sinne des Wortes bezeichnet Helm- holtz in seiner „Lehre von den Tonempfindungen‘‘ eine Bewegung, wenn sie sich nach Verlauf derselben Zeit in genau der gleichen Weise vollzieht. Beispiele dieser Art bieten der Gang eines in Betrieb be- findliehen Dampfhammers, des Kolbens im Cylinder einer Dampfmaschine, ein Ball, der fortwährend in die Höhe geschlagen wird. Die Perioden solcher Bewegungen charakterisiren sich durch die Schwingungsdauer oder die ihr reciproke Schwingungszahl und die Schwingungsform, näm- lich den Verlauf innerhalb jeder einzelnen Periode. Die Schwingungsform ist im Allgemeinen ausserordentlich verschieden. Man erkennt die reiche Mannigfaltigkeit, welche in Bezug auf dieselbe herrscht, wenn. man nur in einigen wenigen Fällen den Verlauf der Be- wegung während der Periode verfolgt. Sie gestaltet sich aber sehr ein- fach bei jenen Bewegungen, die als einfache Schwingungen oder Sinusbewegungen zu bezeichnen sind. Hierunter soilen solche perio- dische Bewegungen eines Punktes auf einer Geraden verstanden werden, dass die Entfernung desselben von einer bestimmten Gleichgewichtslage und auch seine Geschwindigkeit in jedem Augenblicke durch eine Sinus- function der Zeit ausgedrückt werden kain. 3 z der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 135 Man hat nun eine Reihe von Hilfsmitteln zur Veranschaulichung der Erscheinungen, welche durch die Sinusbewegung entstehen. Es mag er- innert werden an die verschiedenen Wellenapparate, wie sie Wheatstone, Fessel, Gerling, Eisenlohr u. A. angegeben haben zur Demon- stration des polarisirten Lichtes, der Interferenz, ferner der Bewegung der Lufttheilchen in tönenden Pfeifen, überhaupt zur Demonstration von stehenden und fortschreitenden longitudinalen und transversalen Wellen. Ein Apparat indessen, an dem sich die Sinusbewegung für sich dar- stellen und erläutern lässt, war bisher nicht vorhanden. Wohl dürfte es bei der Wichtigkeit der Sinusbewegung für die Physik, namentlich die Optik und Akustik angemessen erscheinen, sie dem Auge speciell zur Anschauung zu bringen, und man pflegt sich hierzu des Pendels zu bedienen. Gegen diese Methode kann man aber einen Einwand geltend machen. Da nämlich die Bahn der Bewegung eine gerade Linie ist, so veranschaulicht ein schwingendes Pendel dieselbe nur unter der Voraussetzung unendlich. kleiner Amplituden oder bei unendlich grosser Aufhänge-Vorrichtung. In der Praxis werden diese Bedingungen jedoch nicht erfüllt, und daher wird bei Anwendung des Pendels der Zweck kaum angenähert erreicht. Will man noch die in Betracht kommenden Differentialgleichungen berücksichtigen, so nimmt die Gleichung für die Bewegung des Pendels 2 — —e sinp=0 die Form derjenigen für die in Rede stehende Sinusbewegung ax a 6, x=0 erst dann an, wenn die Ablenkung von der Verticalen so gering ist, dass man den Sinus mit dem Bogen vertauschen kann. Die Erfüllung dieser Bedingung bei der Ausführung des Versuches lässt aber die Amplituden so klein ausfallen, dass die Pendelschwingungen ohne andere besondere Vorrichtungen nicht beobachtet werden können. Im Folgenden will ich über einen Apparat referiren, welcher bei Aufwand geringer Mittel die Sinusbewegung mit mathematischer Ge- nauigkeit wiedergiebt. Die Construction desselben beruht auf einer be- kannten geometrischen Betrachtung. Auf der Peripherie eines Kreises bewege sich ein Punkt P mit eonstanter Geschwindigkeit. Dann vollführt seine Projection Q auf einen Durchmesser gleichzeitig die Sinusbewegung. (Huyshens’scher Kreis.) Der Apparat ist so eingerichtet, dass der sich in der Kreisbahn be- wegende Punkt P den zugehörigen Projectionspunkt Q zur Mitbewegung veranlasst. Zu dem Zwecke befindet sich im Innern eines Gehäuses ein Rad, das durch eine Kurbel gedreht werden kann und auf seiner Peripherie einen parallel der Rotationsaxe gerichteten Zapfen trägt. 136 Jahres-Bericht Vor dem Rade ist eine aus zwei Schienen zusammengesetzte kreisförmige Steuerung angebracht. Während die eine der Schienen zur Führung der Steuerung dient, ist die andere ihrer ganzen Länge nach durchbrochen und nimmt in die Durchbrechung den Zapfen auf. Indem derselbe in ihr auf und ab gleitet, wenn das Rad sich dreht, versetzt er die Steuerung iu eine Sinusbewegung. Der Punkt P wird dargestellt durch einen auf dem Zapfen sitzen- den Metallknopf. Den Projectionspunkt Q markirt ein zweiter Knopf, dessen Träger ein auf dem Kreuzungspunkte der Schienen befestigter Bügel bildet. Treffen Bügel und Zapfen an den Enden des Durchmessers zusammen, so gestattet der erstere dem letzteren vermöge seiner Ge- stalt den erforderlichen Durchgang. Der Mechanismus ist ganz verdeckt durch eine Platte, in welche die Kreisbahn und der Durchmesser für die Bewegung von Zapfen und Bügel eingeschnitten sind. Nur die Metallknöpfe treten hervor, so dass die interessirenden Punkte P und © deutlich bezeichnet werden. In eleganter Form wird der Apparat von Herrn Hugo Plötz in Greifswald ausgeführt, woher er bezogen werden kann. Abbildungen finden sich in den „Mittheilungen aus dem naturwissenschaftl. Verein für Neuvorpommern und Rügen“, XVIII. Jahrg., 1886 und in der „Zeitschrift für den physikalischen und chemischen Unterricht“, I. Jahrg., 1887.) Die beschriebene Steuerung ist noch für manche andere Zwecke mit Vortheil verwendbar. Handl theilt auf 8. 74, Bd. I der „Zeitschr. für den physik. und chem. Unterricht“ mit, dass ,er sie zum Zeichnen von Wellenlinien gebraucht, ferner benutzt, um mit Hilfe eines dünnen Kautschukschlauches transversaie stehende Wellen zu erzeugen. Eine weitere Anwendung habe ich gemacht bei der Construction des Vibratoriums, eines Apparates, welcher die Lissajous’schen Figuren oder — nach Melde’s Bezeichnung — die Schwingungsceurven aufzuzeichnen gestattet. Dieselben lassen sich ohne Zweifel graphisch weit weniger leicht und vollkommen hervorbringen, als nach den optischen Methoden. Das Pendel hat auch hier wegen seiner verhältniss- mässig grossen Schwingungsdauer vielfach als schwingende Vorrichtung Anwendung gefunden. Ueber mehrere derartige Apparate und ihre Wirkungsweise berichtet J. Hagen in seiner Abhandlung’): „Ueber die Verwendung des Pendels zur graphischen Darstellung der Stimmgabel- curven.“ Zwei Pendelapparate waren auf der Londoner internationalen Ausstellung im Jahre 1876 zu sehen,?) deren einer von Tisley & Spiller !) Vgl. ausserdem die Beiblätter zu den Ann. der Phys. und Chem., Bd. XI, S. 124 (1837) und die Zeitschrift für Instrumentenkunde, Bd. 8, S. 107 (1883). ?) Zeitschrift für Mathematik und Physik, XXIV. Jahrg., 1879, S. 285. ®) Bericht über die wissenschaftl. Apparate auf der Londoner internationalen Ausstellung im Jahre 1876. Braunschweig, 1878, S. 292 u. 29. Fu der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. m nach Airy, der andere nach Angaben von Knoblauch ausgeführt worden war. Ferner zeigte Th. Schmidt in der heutigen Sitzung einen von ihm construirten Apparat vor. Da bei dem schwingenden Pendel die Amplituden fortwährend abnehmen, so lassen sich mit Hilfe des- selben in sich zurücklaufende Curven nicht erzielen. Anders verhält es sich bei Anwendung der Steuerung, so dass sie auch für den vor- liegenden Zweck das Pendel passend ersetzt. Zu erwähnen sind nach dieser Richtung hin schon die Apparate von Stöhrer, Pfaundler, Plettner und „eine Vorrichtung zur mechanisch- sraphischen Darstellung der Schwingungseurven® von E. Mach.!) Letzterer sagt darüber unter Anderem: „Dieser Apparat zeichnet also die Schwingungscurven verschiedener Klangfarben mit Rücksicht auf die drei ersten Partialtöne. Man braucht sich natürlich nieht darauf zu be- schränken. Es hängt nur von der Zahl der angewandten Räder ab wie viele, und nur von ihren Durchmessern, welcherlei pendelartige Schwin- gungen man combiniren kann. Lässt man den Schreibstift nach einer Riehtung und die Schreibeplatte nach irgend einer anderen hin- und her- ziehen, so erhält man Lissajous’sche Figuren,‘ Wie durch die Einrichtung des Vibratoriums dies erreicht wird, ist im Nachstehenden auseinandergesetzt. Auf der Vorderseite eines zum Theil geschlossenen, zum Theil offen gelassenen Gehäuses befindet sich in dem nicht verdeckten Raume die Schreibvorrichtung. Zwei be- wegliche, zu einander senkrechte Schienen sind ihrer ganzen Länge nach durchbrochen; die Kreuzungsstelle der Durchbrechungen dient zur Auf- nahme eines Halters für den Schreibstift. Seitlich in den Apparat werden durch einen Einschnitt in den Rahmen des Gehäuses Blätter von dem üblichen Bogenformat des Schreibpapiers eingelegt, auf welche der Stift die Curven aufzeichnet, sobald der in dem Gehäuse eingeschlossene Mecha- nismus vermittels einer ausserhalb befindlichen Kurbel in Bewegung ge- _ setzt wird. Die eine der Schienen führt dann in horizontaler, die andere in verticaler Richtung Sinusbewegungen aus. Die Kreuzungsstelle der Durehbrechungen der Schienen und folglich auch der in ihr sitzende Halter mit dem Schreibstift bewegen sich dabei in einer der resultiren- den Schwingungscurve entsprechenden Bahn. Die Sinusbewegungen der Schienen werden, wie bereits bemerkt, erzeugt durch die oben beschriebene Steuerung, welche zweimal ange- - braeht ist und zwar, von dem Unterschiede in der Richtung abgesehen, beide Mal in genau derselben. Weise. Die Zapfen und Bügel ragen wieder dureh die in die vorderen Deckplatten eingeschnittenen Bahnen hindurch, um als Träger zu dienen für vier Metallknöpfe, welche die Schwingungen - auf den Durchmessern der Kreise und die zugehörigen Bewegungen auf ) Pogg., Ann. Bd. 129, 1866, S. 464. 138 Jahres-Bericht den Peripherien markiren. An den sich zugekehrten Enden der Steuerungen sind die Schienen für die Führung des Schreibstifts in ein- facher Weise befestigt. Das Drehen der Räder wird bewirkt von einer Axe aus, welcher eine in der Rückwand des Gehäuses befestigte Hülse als Lager dient. An dem nach der Aussenseite des Apparates gerichteten Ende trägt die Axe die Kurbel, auf dem anderen Ende sitzen zwei Rollen, von denen Schnüre nach den die Steuerungen bewegenden Rädern hinlaufen. Man übersieht, dass der ganze Mechanismus sich durch die Kurbel auf der Rückseite des Apparates leicht in Gang setzen lässt. Noch einige Einzelheiten mögen hervorgehoben werden. Die Steuerungsräder haben gleiche Radien, auch die Zapfen für die Gleit- schienen sind von den Drehungsaxen gleich weit entfernt. Die Rollen auf der Kurbelaxe kann man durch andere auswechseln und auf diese Weise das Verhältniss ihrer Radien innerhalb gewisser Grenzen variiren, Das Lager für die Axe ist in der Wand verstellbar. Deshalb kann man durch gehöriges Spannen der Uebertragungsschnüre sowohl beide Steuerungsräder gleichzeitig, als auch jedes für sich allein bewegen. Der Schreibstift gleitet über das untergelegte Papier leicht hinweg. Soll er nicht zeichnen oder erforderlichen Falles erneuert werden, so lässt sich beides ohne Mühe bewirken. In der mitgetheilten Form (siehe die Abbildungen in der Zeitschrift für den physikal. und chem. Unterricht, I. Jahrg. $. 200) zeichnet das Vi- bratorium alle Ourven, die sich aus der Combination zweier Sinusbewegungen ergeben, wenn deren Amplituden gleich und ihre Bahnen zu einander senkrecht sind, für welche also Gleichungen gelten von der Form‘): x= a sin (met + og) y= 3 sin (nt). Darin bedeuten m und n”;die Schwingungszablen, a die Amplitude, t die Zeit und p die Phasendifferenz, mit, welcher sich die Schwingungen vollziehen. Vorzugsweise wird daher demonstrirt die Abhängigkeit der Schwingungscurven 1. von dem Verhältniss der Schwingungszahlen, 2. von der Phasendifferenz. Handelt es sich z. B. um die der Quinte entsprechende Curve, für welche die Schwingungszahlen sich wie 2:3 verhalten, so setzt man auf die Kurbelaxe Rollen auf, deren Radien in diesem Verhältniss stehen. Da die Radien der Steuerungsräder gleich sind, so macht von den !) Ueber die analytische Behandlung der Curven überhaupt siehe Melde, Die Lehre von den Schwingungscurven, Leipzig 1864; Wilhelm Braun, Die Singu- laritäten der Lissajous’schen Stimmgabeleurven, Inaug.-Dissert., Erlangen 1375; Himstedt, Ueber Lissajous’sche Curven, Grunert’s Arch. 70, Heft 4, 1883; H. Ekama, Die Lissajous’schen Curven, Grunert’s Arch. (2) 6, Heft 1, 1887. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 139 Schienen, welche den Schreibstift führen, die eine zwei volle Schwin- gungen, während die andere deren drei ausführt. Um ferner die Gestalt der Curve zu erhalten für eine gegebene Phasendifferenz p, ändert man die Stellung der Curbelaxe in der Weise, dass die Steuerungsräder in den Uebertragungsschnüren gleiten. Danach lassen sie sich vermittelst zweier an den freien Enden ihrer Axen auf der Rückseite des Vibratoriums angebrachter Griffe so einstellen, dass die Schwingungen auf den Durchmessern der Kreise die Phasendifferenz haben, was man an der Stellung der Metallknöpfe auf den Kreis- peripherien erkennt. Beim Entstehen der Curven werden also die Ver- hältnisse der Schwingungszahlen und die Phasendifferenzen in an- semessener Weise auf der Vorderseite des Vibratoriums angezeigt. Wie der Apparat zur Erläuterung der verschiedenen Arten des polarisirten Lichtes gebraucht werden kann, ist ohne Weiteres ersichtlich. Der Apparat zur Darstellung der Sinusbewegung und das Vibratorium wurden während des Vortrags vorgezeigt. Im Anschluss an die vorstehenden Mittheilungen wiederholte Herr Prof. Dr. ©. E. Meyer die schon am 14. Novbr. v. J. gezeigten Ver- suche Lissajous’, mit Stimmgabeln die beschriebenen Curven darzustellen. Der erste Assistent am pharmaceutischen Institut, Herr Dr. Georg Kassner, sprach über die von ihm entdeckten Salze der Orthobleisäure. In dem Bestreben, einen Ersatz für das von mir früher als Oxy- dationsmittel vorgeschlagene mangansaure Baryum aufzufinden, habe ich versucht, neue Verbindungen herzustellen, oder aber eine neue Com- bination bekannter Verbindungen zu gewinnen, durch welche es möglich ist, Sauerstoff der Luft zu entziehen und denselben durch einfache Be- handlung an oxydirbare Substanzen abzugeben. Bei diesen Versuchen ging ich zunächst von der Annahme aus, dass durch die Gegenwart von Bleioxyd eine höhere Oxydation des Baryumoxyds zu Baryumsuperoxyd viel leichter erreicht werden könne, als dies beim Erhitzen des Baryum- hydroxyds für sich möglich ist, indem die beim Erhitzen des Bleioxyds in schwacher Rothgluth entstehende Mennige Sauerstoff an das Baryum- hydroxyd abtritt. Der beim Zusammenschmelzen gleicher Gewichtstheile Baryum- hydroxyd und Bleioxyd von mir erhaltene Körper bestand aber nicht, wie ich erwartet hatte, aus Baryumsuperoxyd, sondern war eine neue, schwarzgefärbte Verbindung von Baryum, Blei und Sauerstoff, nänilich bleisaures Baryum, Ba,PbO,, wie dies ihr Verhalten gegen Rea- gentien zeigt. Salzsäure löste dieselbe zu einer gelbgrünen Flüssigkeit auf, welche beim Erwärmen reichlich Chlor abgab und darauf während des Erkaltens 140 Jahres - Bericht einen weissen krystallinischen Niederschlag von Chlorblei ausschied. Salpetersäure bewirkte Zersetzung unter Abscheidung von Bleisuperoxyd; in der von dieser abfiltrirten Flüssigkeit rief ein Zusatz von Schwefel- säure einen dicken weissen Niederschlag von Baryumsulfat, vermischt mit wenig Bleisulfat, hervor. Es war somit kein Zweifel, dass keine höhere Oxydation des Baryums, sondern nur eine solche des Bleies statt- gefunden hatte. Dies Verhalten ist um so auffallender, als gerade die höheren Sauerstoffverbindungen des Bleies in der Hitze leichter zer- fallen, als das Hyperoxyd des Baryums. Für dasselbe kann "keine andere Erklärung gegeben werden, als dass die Gegenwart des Baryum- hydrats auf das Bleioxyd einen derartigen Einfluss übt, dass es sich mit mehr Sauerstoff, als es sonst der Fall ist, zu beladen vermag und nun- mehr dem Baryumhydrat als Säure gegenübertritt. Bei den Versuchen, die Zusammensetzung der eigenthümlichen Ver- bindung festzustellen, stiess ich insofern auf Schwierigkeiten, als eine Isolirung derselben nicht gelingen wollte. Sie war nämlich in Wasser, Alkohol u. dergl. indifferenten Lösungsmitteln vollkommen unlöslich, während sie von allen Säuren zersetzt wurde. Ich wählte daher einen induetiven Weg zur Ermittelung der Zusammensetzung und benutzte ausserdem an Stelle des Baryumhydroxyds Baryumcarbonat, welches wegen Abwesenheit von Krystallwasser manche Vorzüge bot. Meine Versuche ergaben zunächst, dass das an der Luft zur hellen Rothgluth erhitzte Bleivxyd im Stande ist, die Kohlensäure des Baryumcarbonats auszutreiben und sich mit der Base desselben zu verbinden. Darauf glühte ich einmal eine innige Mischung gleicher Aequivalente Baryum- und Bleicarbonat, sodann eine solche, welche von letzterem 1'/,, endlich 2 Aequivalente auf 1 Aequivalent Baryumcarbonat enthielt, stark an der Luft und prüfte, ob von dem einen oder dem anderen Körper ein unverbundener Rest geblieben war. In einer zweiten Versuchsreihe wurde das Verhältniss umgekehrt, d. h. es wurde auf 1 Aequivalent Bleioxyd 1', bezw. 2 Aequivalente Baryumcarbonat gewählt. Eine Mischung von gleichen Aequivalenten Bleioxyd und Baryumcarbonat er- gab kein befriedigendes Resultat, da immer noch ein Ueberschuss ven Bleioxyd vorhanden war, was daran erkannt wurde, dass das Filtrat der durch Zersetzen des Pulvers mit Salpetersäure erhaltenen Flüssigkeit starken Niederschlag mittels Schwefelwasserstoff gab. Dagegen zeigten die Versuche, dass das Verhältniss von 1 Aequi- valent Bleioxyd auf 2 Aequivalente Baryumcarbonat das richtige war, denn in diesem Falle war weder ein erhebliches, von Kohlensäure her- rührendes Aufbrausen, noch ein Niederschlag von Schwefelblei (eine bräunliche Trübung kann dabei vernachlässigt werden) in der durch Salpetersäure bewirkten Lösung bezw. Filtrate wahrzunehmen. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 141 Ausser dieser qualitativen Prüfung stand mir in der Bestimmung des Sauerstoffsehaltes der Verbindung ein Mittel zu Gebote, durch welches jeder Fortschritt in der Zunahme der Oxydation constatirt und damit die Zusammensetzung des Körpers controlirt werden konnte. Blieb 2. B. die Menge des aufgenommenen Sauerstoffs nach fortgesetztem Glühen der Mischung in mehreren auf einander folgenden Analysen con- stant, so war dies ein Zeichen, dass eine weitere Oxydation nicht mög- lich und somit die Grenze der Sauerstoffabsorption erreicht war. So erhielt ich z. B. bei einer derartigen Untersuchungsreihe in einer zuerst genommenen Probe der Baryum - Bleimischung nach etwa halb- stündigem Glühen 2,32 pCt. disponiblen Sauerstoff.!) In einer späteren Untersuchung erhielt ich 2,59 pCt. disponiblen Sauerstoff und am Schlusse endlich 2,86 pÜt., worauf eine weitere Sauerstoffizunahme nicht mehr zu constatiren war, | Die Bestimmung des disponiblen Sauerstoffs geschah in der Weise, dass in der Regel 3 deg des betreffenden Körpers mit 1 deg chemisch reiner Oxalsäure unter Zufügung verdünnter Salpetersäure in der Wärme selöst wurden. War die Flüssigkeit klar geworden, so wurde der jetzt noch vorhandene Ueberschuss der Oyalsäure mit Hilfe titrirter Chamäleon- lösung zurückgemessen, Das Resultat wurde auf Oxalsäure berechnet und von der anfangs zugesetzten Menge letzterer abgezogen. Aus der Differenz wurde der disponible Sauerstoff nach folgender Gleichung II berechnet: COOH I | + 2H,0 + 0 = 2C0, + 3H,0 COOH II. 126 :16 = Differenz: x. Gleichung, I giebt den chemischen Vorgang der Oxydation wieder. Ausser der Salpetersäure eignen sich zum Lösen der Bleiverbindung mit ‘ Hilfe von Oxalsäure auch noch Essigsäure, wobei man vor dem Zurück- titriren mit Kaliumpermanganat Schwefelsäure hinzufügen muss, Der hierbei entstehende Niederschlag von Bleisulfat übt keine Störung aus. Ich möchte sogar diese letztere Bestimmungsweise in Zukunft jeder anderen vorziehen, da mir zuweilen bei der Anwendung von Salpeter- säure einige unerklärliche Differenzen vorgekommen sind, welche bei der Benutzung von Essigsäure und Schwefelsäure nicht auftraten. Indessen waren. sie nicht derart, dass sie das Resultat erheblich beeinflusst hätten. !) Unter der Bezeichnung „disponibler Sauerstoff“ verstehe ich jene Quantität Sauerstoff, welche in den betreffenden Verbindungen durch Einwirkung von Re- agentien nutzbar gemacht werden kann, welche also mit Salzsäure Chlor giebt und Oxydationswirkungen auszuführen vermag, wie dies z. B. das eine Atom Sauerstoff des Mangansuperoxyds, Baryumsuperoxyds, Bleisuperoxyds und anderer Verbin- dungen bewirkt. 149 Jahres - Bericht Ich fand also am Schlusse einer derartigen Versuchsreihe, dass 2,56 pCt. disponiblen Sauerstoffs gefunden worden waren, während die theoretische Berechnung deren 2,94 verlangt. Das Präparat besitzt demnach nach den Ergebnissen der qualitativen und titrimetrischen Analyse eine der Formel Ba,PbO, entsprechende Zusammensetzung und kann als das Baryumsalz der hypothetischen Ortho- bleisäure H,PbO, oder kurzweg als bleisaures Baryum aufgefasst werden. Die Darstellung desselben aus dem Carbonat des Baryums vollzieht sich viel schwieriger und erfordert bei weitem höhere Temparatur- als diejenige aus Baryumhydrat. Während das bleisaure Baryum in letzterem Falle bereits in der Hitze der Bunsenflamme entsteht, giebt eine Mischung von Bleioxyd mit Baryumcarbonat den Körper erst bei der Temperatur, welche eine Glasbläserlampe zu erzeugen vermag. In ähnlicher Weise wie das bleisaure Baryum konnte nun auch das bleisaure Strontium aus Strontiumhydrat bezw. Strontiumcarbonat dargestellt werden. Die Eigenschaften dieses Salzes sind ganz analog denen der ersteren Verbindung, nur die Farbe desselben ist verschieden; das -bleisaure Strontium ist ein Körper von dunkler, chokoladen- brauner Farbe. Man konnte jetzt erwarten, dass auch das dritte der Erdalkali- metalle, das Calcium, sich dem Bleioxyd gegenüber nicht anders wie die beiden anderen verhalten und eine Verbindung der Formel Ca,PbO, liefern würde. Dies ist auch in der That der Fall, nur mit dem Unterschiede, dass sich die Bildung des bleisauren Caleiums viel leichter als die der Baryum- und Strontiumsalze vollzieht. Während bei jenen helle Rothgluth er-- forderlich war, genügte bei diesen schon mittlere Rothgluth und zur Darstellung im Kleinen eine Hitze, wie sie die Bunsenflamme zu er- zeugen vermag. Auch verhielt sich die Mischung von Caleiumearbonat und Bleioxyd vom Anfange bis zum Ende in so weit verschieden, als sie nicht zu- sammenbackte, sondern stets pulverförmig blieb. Ja, zu einem gewissen Zeitpunkte wurde die Masse so porös und locker, dass sie mit grösster Leichtigkeit, ähnlich wie Lycopodium-Sporen, bewegt werden konnte. Durch dieses Verhalten war ein gänzliches Durchdringen des Pulvers durch den Sauerstoff der Luft möglich und die Folge davon war, dass der bleisaure Kalk bei genügend hoher Temperatur und reichlichem Luftzutritt in bereits zehn Minuten hergestellt werden konnte. Man erkennt den Zeitpunkt, an welchem die Verbindung gebildet ist, daran, dass eine Probe des Präparates beim Uebergiessen mit verdünnter Sal- petersäure kein Aufbrausen mehr zeigt und im Filtrat durch Schwefel- z der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 143 wasserstoff kein Niederschlag, höchstens vielleicht eine schwache bräun- liche Färbung entsteht, Der so gewonnene bleisaure Kalk bildet ein schweres Pulver von gelblich-rother Farbe, welches sich im Aussehen kaum von pulveri- sirtem Bleioxyd unterscheidet. Diese drei neuen Verbindungen sind in Wasser unlöslich, doch ver- mögen sie demselben mit der Zeit eine alkalische Reaction zu ertheilen, wobei sich beim Stehen an der Luft an der Oberfläche des Wassers eine weissliche Haut von Erdalkali-Carbonat bildet. Von den Säuren werden sie sämmtlich zerlegt, und zwar von Salzsäure unter Entwicke- lung von Chlor, von den übrigen unter Abscheidung von Bleisuperoxyd, welches somit als das Anhydrid der Orthobleisäure H,PbO, aufzufassen ist, ähnlich wie dies vom Kohlendioxyd in Bezug auf die hypothetische Orthokohlensäure H,CO, silt. | Will man mit Säuren eine klare Lösung der betreffenden drei Ver- bindungen erzielen, so kann dies nur mit Hilfe einer redueirenden Substanz, z. B. Oxalsäure, Zucker u. s. w. geschehen. Am besten eignen sich von den Säuren zu diesem Zweck die Salpetersäure und heisse Essigsäure. Aber nicht nur die starken Mineralsäuren vermögen die Plumbate der Erdalkalien zu spalten, auch die schwache Kohlensäure ist dies im Stande Schon wenn man die Präparate an feuchter, kohlensäure- haltiger Luft liegen lässt, so giebt sich wenigstens bei dem Baryum- und Caleiumplumbate durch Annahme einer braunen Farbe die Bildung von Bleisuperoxyd zu erkennen. Noch rascher erfolgt die Zerlegung, wenn man die Salze mit Wasser zu einem Brei anrührt und in diesen bei schwacher Erwärmung Kohlensäure einleitet. Hier bildet sich fast sofort Bleisuperoxyd neben den kohlensauren Salzen der Erdalkalien, nament- lich wenn dem Wasser eine geringe Menge Alkalicarbonat zugesetzt ist. Dieser Umstand brachte mich auf die Vermuthung, dass auch die Biearbonate der Alkalien eine Zerlegung dieser Verbindungen bewirken würden, da der Zusatz von Alkalicarbonat in obigem Falle gewisser- maassen nur als Kohlensäure - Träger aufzufassen ist. In der That ver- mögen die Bicarbonate schon in der Kälte die Verbindungen zu zerlegen. Diese Zersetzung ist ausserdem mit einer beträchtlichen 'Temperatur- erhöhung verbunden, wenn man die Salze und unter diesen besonders das bleisaure Calcium mit der berechneten Menge zerriebenen Kalium- bicarbonats sowie etwas Wasser mischt und die Mischung bis etwa 40° C. erhitzt. Von dem Momente ab, wo das Gemenge anfängt sich braun zu färben, beobachtet man eine rasche Steigerung der Temperatur, welche sich in kurzer Zeit bis zum Siedepunkte des Wassers erheben kann. Die Zersetzbarkeit der drei Plumbate ist aber nicht allein auf freie oder locker bezw. halb gebundene Kohlensäure beschränkt, sie kann 144 Jahres- Bericht sogar durch die ganz gebundene Kohlensäure der Monocarbonate der Alkalien bewirkt werden. Man braucht diese Körper nur eine gewisse Zeit lang mit verdünnter Soda- oder Pottaschenlösung zu kochen, um die Bildung von Bleisuperoxyd und Erdalkalicarbonat wahrzunehmen. Selbstverständlich muss bei dieser Reaction das Alkali selbst in Freiheit gesetzt werden. Man erhält daher auf diesem Wege neben dem genannten Produete eine Lösung von Aetznatron bezw. Aetzkali, welche nur in dem Falle durch Blei verunreinigt ist, wenn die benutzten Plumbate noch unverbundenes Bleioxyd enthalten hatten. Endlich bewirkt diese Zer- setzung auch Wasser allein, und es ist dies ein sehr wichtiges Moment, wenn man es unter mehrfachem Atmosphärendruck und hinreichender Temperatur auf die drei Salze wirken lässt. Man erhält unter diesen Umständen ebenfalls wieder Bleisuperoxyd, daneben aber die Hydrate der Erdalkalien, von denen Caleiumhydrat dem ersteren beigemischt bleibt, ‚die beiden anderen aber wegen ihrer grösseren Löslichkeit durch Wasser ausgezogen werden können. Die Plumbate des Baryums und Strontiums gewähren somit ein Mittel, durch eine Operation sowohl Bleisuperoxyd als Baryum- und Strontiumhydrat zu gewinnen, welche letzteren allerdings noch von Blei befreit werden müssen, da es sich kaum vermeiden lassen dürfte, dass die im Grossen dargestellten Plumbate des Baryums und Strontiums unverbundenes, d. h. unoxydirtes, Bleioxyd enthalten. Lässt man auf die mit Wasser allein unter mehrfachem Atmosphären- druck zerlegten Präparate Ammonsalze einwirken, so wird Ammoniak in Freiheit gesetzt und man gewinnt neben den Salzen der Eirrdalkalien ebenfalls wieder Bleisuperoxyd. Wählte man solche Ammonsalze, deren Säure mit den Erdalkalien lösliche Verbindungen liefern, also z. B. Ammonchlorid, Ammonnitrat, Ammonacetat u. dergl., so kann man auf diese Weise das Bleisuperoxyd in reiner Form darstellen. Dass die drei neuen Verbindungen wegen der Leichtigkeit, mit welcher sie zerfallen, und wegen des dabei entstehenden Bleisuperoxydes auf viele Substanzen oxydirend wirken müssen, bedarf wohl erst keiner weiteren Ausführung. Unter ihnen dürfte namentlich der bleisaure Kalk eine besondere Rolle zu spielen berufen sein, da er das geringste Mole- eulargewicht und demgemäss den grössten Gehalt an Sauerstoff besitzt. Unter seiner Benutzung arbeitete ich ein besonderes Verfahren zur tech- nischen Gewinnung von Sauerstoff aus, d.h. zur Extraction desselben aus der Atmosphäre, über welches ich mir weitere Mittheilungen vorbehalte. nn der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur, 145 Ir Vz: Bericht über die Thätigkeit der botanischen Section der Schlesischen Gesellschaft im Jahre 1889, erstattet von Professor Dr. Ferdinand Cohn, zeitisem Secretair der Section. Die botanische Seetion hat im Jahre 1889 sieben Sitzungen gehalten, in denen Nachstehendes verhandelt wurde: In der ersten Sitzung vom 17. Januar, welche in dem grossen Hörsaal des botanischen Museums abgehalten wurde, sprach Herr Ober- stabsarzt Dr. Schroeter einen Nachruf an den am 8. Januar d.J. ver- storbenen Dr. phil. W. G. Schneider, welcher lange Jahre hindurch als eifriges Mitglied an den Arbeiten der entomologischen, botanischen und naturwissenschaftlichen Section der Schlesischen Gesellschaft theilgenommen hat. Er war am 28. Mai 1814 zu Breslau als Sohn des Kaufmanns Johann Heinrich Wilhelm Schneider geboren, besuchte von 1829 bis 1834 das Magdalenen - Gymnasium, von 1834 ab die Universität Breslau, wo er Naturwissenschaften studirte. Besonders anregend für ihn war der Unterricht des Professor Gravenhorst; durch ihn wurde dem jungen Studenten eine hervorragende Neigung für das Studium der Entomologie eingeflösst, welcher er auch, neben seiner Thätigkeit in anderen Gebieten der Naturwissenschaften, bis an sein Ende treu ge- blieben ist. Am 21. September 1843 wurde er auf seine Dissertation: Mono- graphia generis Rhaphidiae Linnaei zum Doctor der Philosophie promovirt. Seine Absicht, sich als Privatdocent für Zoologie an der Universität 1889. 10 146 i Jahres - Bericht Breslau zu habilitiren, kam nicht zur Ausführung; doch blieb für ihn andauernd die Beschäftigung mit den Naturwissenschaften seine ganze Lebensaufgabe. Anfangs arbeitete er fast ausschliesslich in dem Gebiete der Insecetenkunde und hielt in der entomologischen Section, über deren Thätigkeit er in den Jahren zwischen 1336 und 1863 auch öfter be- richtete, zahlreiche Vorträge über seine Beobachtungen und Unter- suchungen. Eine Monographie der Gattung Chrysona mit schönen Ab- bildungen der einzelnen Arten (Ohrysopa pallida wurde von ihm als neue Art aufgestellt) ist besonders in Druck erschienen. Eine Zeit lang beschäftigte Schneider sich eifrig mit Sammeln von Mineralien; eine Beschreibung der bei Seeläsgen gefundenen Meteor- Eisenmasse ist von ihm in Poggendorf’s Annalen 74, 57 erschienen. Etwa vom Jahre 1364 an fesselte seine Aufmerksamkeit in hohem Maasse die in dieser Zeit mit besonderer Frische aufblühende Pilzkunde. Er schloss sich jetzt mehr der botanischen Section an und berichtete in deren Sitzungen häufig über die neuesten und wichtigsten Arbeiten im Gebiete der Mykologie. Eifrig nahm er den Gedanken auf, die Pilze der Heimathsprovinz Schlesien, von denen damals nur sehr wenig be- kannt war, allseitig zu durchforschen, und es ist sein unbestrittenes Ver- dienst, eine Reihe eifriger Botaniker in der Provinz, besonders die Herren Lehrer Gerhardt in Liegnitz, Cantor Dressler in Löwenberg, Lehrer Zimmermann in Striegau zum Sammeln von Pilzen zuerst angeregt und darin angeleitet zu haben. Hierdurch wurde ein reiches Material geschaffen, welches die erste Grundlage für die Bearbeitung der schlesischen Pilzkunde bildete. Er selbst trug durch seine Sammlungen, besonders in der Umgegend von Reinerz, zur Bereicherung derselben bei. Mit dem Vortragenden zusammen bearbeitete er eine erste Zu- sammenstellung der schlesischen Phycomyceten, welche in den Sitzungs- berichten der botanischen Section v. J. 1869 mitgetheilt wurde. Später theilte er auch öfter neue Pilzfunde in den Sitzungen dieser Section mit. Für die von Weberbauer begonnenen Abbildungen schlesischer Pilze hat er den begleitenden Text bearbeitet. Grossen Fleiss und Liebe widmete er der Herausgabe einer Sammlung schlesischer Pilze, von welcher bis zu seinem Tode 300 Nummern erschienen sind; sie bringen besonders Synchytrien, Peronosporaceen, Ustilagineen und Uredineen auf mannigfachen Nährpflanzen. In seinen Mittheilungen hat er auch mehrere neue Pilzarten aufgestellt, von denen sich Synchytrium viride (Schn. 1871), Melanotaenium caulium (Schn. 1871), Thecaphora affinis (Schn. 18742 und Puceinia sessilis (Schn. 1869) als gute Arten erhalten haben. — Zu seiner Erinnerung wurde eine auf Thymus chamaedrys vorkommende Puceinia als P, Schneideri Schröt. bezeichnet. In den letzten zehn Jahren hinderte ihn Abnahme der körperlichen Kräfte und ein schmerzhaftes inneres Leiden an weiteren Ausflügen und der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 147 wissenschaftlichen Arbeiten; doch blieb er immer noch ein eifriger Be- sucher der Sectionssitzungen, und die Freude an den Naturerzeugnissen, besonders den Pilzen und Insecten bildete die Sonnenblicke in seinen letzten Tagen. Er starb am 8. Januar 1339 im Alter von 75 Jahren, Sein Scheiden aus dem Leben brachte ihm Erlösung von schmerzhaften Leiden und mancherlei äusserem Ungemach; aber er konnte auch die beruhigende Zuversicht hinnehmen, dass ihm seine stille und anspruchslose Thätigkeit eine Fülle reinster Freude geschaffen, und dass seine Bestrebungen in den Anregungen, die sie gegeben, nicht erfolglos geblieben sind. — Wenige Wochen vor Dr. Schneider starb ein anderer anspruchs- loser Freund der Botanik und eifriger Besucher der Sectionssitzungen, der in der Erforschung der schlesischen Flora seine grösste Lebens- freude gefunden hatte. an Hermann Kabath war geboren den 16. August 1816 zu Brauns- berg in Ostpreussen. Sein Vater wurde im Jahre 1817 nach Gleiwitz an das dortige Königl. katholische Gymnasium versetzt; Hermann ab- solvirte dasselbe und ging nach einem glänzend bestandenen Examen auf die Universität nach Breslau. Dort studirte er zuerst Mediein, dann Phi- lologie. Nach einiger Zeit wurde er auf der Breslauer Regierung beschäftigt; den grössten Theil seines Lebens aber war er Registrator in der Breslauer Domkanzlei. 1875 wurde er leidend und pensionirt; er lebte dann noch einige Jahre in Breslau und Deutsch-Lissa, und starb daselbst am 12. December 1888. Das Interesse für die Botanik, welches er schon als Gymnasiast hatte, bewahrte er bis zu seinem Tode; er war ein un- ermüdlicher und sorgfältiger Beobachter der schlesischen Pflanzenwelt und erwarb sich vielfache Verdienste durch Auffinden neuer Fundorte im Gebiete der Gleiwitzer und der Breslauer Flora. Als Florist hat er sich allgemeine Anerkennung erworben durch seine auf langjährige eigene Beobachtungen gegründete: „Flora der Umgegend von Gleiwitz mit Berücksichtigung der geognostischen, Boden- und Höhen-Verbältnisse. Glei- witz, 1846.“ Kabath hinterliess ein grosses, wohlgeordnetes Herbarium ; dasselbe umfasst über .10 000 Species, berücksichtigt gleichzeitig die Culturpflanzen und enthält meist sehr sorgfältige Standortangaben; es ‚ist in den Besitz der agrieultur-botanischen Versuchsstation in Breslau übergegangen. Hierauf hielt Herr Prof. Engler einen Vortrag “über die Familie der Loranthaceen und legte der Versammlung eine Fülle von Herbar- und Museums- Exemplaren, sowie von mikroskopischen Präparaten vor. Nach Darlegung der systematischen und habituellen Charaktere und der geographischen Verbreitung der Familie berichtete der Vor- 10* 148 Jahres- Bericht tragende ausführlicher über die Anheftungsweise der Loranthaceae an ihr Substrat. In dieser Hinsicht wurden folgende 6 Typen unter- schieden: 1. Bei einer Anzahl L. wird nur der aus der Haftscheibe hervor- gehende primäre Senker entwickelt, der bis zum oder auch in das Holz des Nährastes vordringt; die Haftscheibe wächst dann häufig beträchtlich mehr in die Dicke als der über ihr befindliche Theil des Parasiten, und gewöhnlich zeigt der mit der Haftscheibe in Berührung stehende etwas abgeplattete Theil des Nährastes seitwörts ein stärkeres Diekenwachsthum, sogenannte Gallenbildung. Wie es scheint, kommt den Arten von Lepi- doceras, Eubrachion, Phrygilanthus, Phoradendron und wohl auch den meisten Loranthus der alten Welt (von welchen die Sammler aber nur selten zur Untersuchung dieser Verhältnisse geeignete Exemplare mit- bringen) diese Art der Anbeftung allein zu. 2. Ein anderer, hinlänglich bekannter Typus wird durch Viscum album repräsentirt, bei dem wir an der organisehen Basis des primären Senkers mehr oder weniger zahlreiche stielrunde oder etwas zusammen- gedrückte Rindenwurzeln hervorspriessen sehen. Arceuthobium Oxycedri M. Bieb. besitzt ebenfalls Rindenwurzeln und Senker, doch verlaufen hier die Rindenwurzeln sehr unregelmässig unter zahlreichen Krümmungen und Verzweigungen durch die Nährrinde und lösen sich endlich in ein unentwirrbares Geflecht feiner Zellstränge auf. 3. Loranthus europaeus L. schliesst sich einigermaassen an Viscum an, weicht aber auch in vielfacher Beziehung ab. Die Verbindung dieses Parasiten mit den Nährästen wurde durch R. Hartig (in Danckel- mann’s Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen 1876 $S. 324ff.) genauer beschrieben. 4. Eine vierte Gruppe von L. entwickelt nicht Rindenwurzeln, sondern oberhalb der Insertionsstelle des Stämmchens endogen entstehende extracorticale Haftwurzeln, welche nach allen Richtungen über den Nährast hinkriechen, so dass sie um denselben herum bisweilen eine Art von Gitter- werk bilden. So bei Oryctanthus ruficaulis (Pöpp. et Endl.) Eichl., O. ocei- dentalis (L.) Eichl. u. a., Phthirnsa pyrifolia (H. B. Kunth) Eichl., Phth. guya- nensis (Klotzsch) Eichl. u. a Wo diese Wurzeln mit dem Nährzweig in Berührung kommen, schwellen sie an, es entsteht an ihnen eine den Nährast leicht umfassende Haftscheibe von 1—2 mm Dicke und 2—6 m Durchmesser, am Nährast selbst eine der Haftscheibe an Umfang ent- sprechende Ueberwallung; nachdem die Verbindung zwischen Haftwurzel und Nährast in dieser Weise hergestellt ist, entwickelt sich ein Senker, welcher, in die Rinde der Nährpflanze eingedrungen, sich in derselben meistens zu einer Saugscheibe verbreitert, mit mehr oder weniger grosser Fläche an den Holzkörper anlegt und dann in einzelne Mark- 2 der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 149 strahlen lange, mit stark aufgequollenen Membranen versehene Zellfäden (Saugfäden) hineinsendet, 5. Mehrere Arten von Struthanthus und Phthirusa entwickeln an ihrem windenden oder aufsteigenden dünnen Stengel mehr oder weniger zahl- zahlreiche Adventivwurzeln an den Knoten und an den Internodien. Bei einer Art, Struthanthus Schenckü Engl. von Sa. Catharina in Brasilien, die dem Sir. polyrrhizus Mart. nahe steht und so wie dieser in geissel- artige Zweige endet, legen sich diese Wurzeln in ihrer ganzen Länge an die Zweige der Nährpfl. an und erzeugen in kurzen Zwischenräumen (1—2 cm) längliche, nur schwach hervortretende Haftscheibchen, aus deren Mitte ein Senker in den Stengel eintritt. Viel häufiger sehen ' wir bei mehreren Struthanthus [Sir. radicans] (Cham. et Schlecht.) Blume, Str. coneinnus Mart., Str. orbicularis (H. B. Kunth) Eichl., Str. marginatus (Desv.) Blume] mit windenden oder auirechten Aesten und bei einigen Phthirusa an den Internodien ganze Reihen von mehr oder weniger horizontal ab- stehenden, einfachen und kurzen oder auch längeren und verzweigten Wurzeln [Phthirusa Theobromae (Willd.) Eichl.| hervortreten, deren Enden leicht gekrümmt sind. Sobald diese Wurzeln in die Nähe eines Zweiges der Nährpfl. oder ihrer Mutterpfl. oder auch einer anderen Wurzel derselben Pfl. kommen, umklammern sie dieselbe vollständig, winden sich auch bisweilen in einigen Windungen um dieselbe herum, platten sich an der Innenseite ab und erzeugen entweder einzelne flache. Haftscheiben oder entwickeln ihre ganze, dem fremden Körper anliegende Unterseite zu einer langen Haftscheibe; je nach der Länge der Haft- scheibe erzeugen sie dann einen oder mehrere Senker von der oben ge- schilderten Beschaffenheit. Werden mehrere Gruppen von Saugfäden aus einer Saugscheibe entsendet, dann wird auch für jede Gruppe ein starkes Hadrombündel (Gefässbündel) angelegt. Wenn die Senker in Wurzeln derselben Species gelangen, dann tritt die Saugscheibe nur undeutlich hervor; es unterbleibt auch die Entwickelung von Saugfäden; der Senker stellt dann vielmehr nur eine Ueberbrückung des Rinden- gewebes beider Wurzeln dar. An die genannten L. schliesst sich auch Phrygilanthus flagelliformis an, dessen Zweige in lange Geisseln mit langen Internodien und schmalen B. endigen, unterhalb deren gewöhnlich zwei und mehr Wurzeln entspringen, von denen einzelne Haftscheiben sich entwickeln, 6. Bei mehreren Struthanthus winden die Stengel oder die basalen Theile derselben und entsenden kräftige Senker in die Rinde der Nähr- zweige; kommen sie mit Zweigen derselben Species in Berührung, so lassen sie auch in diese Senker hinein treten. Letzteres beobachtete ich namentlich vielfach bei Str. marginatus. Andere Beispiele von Arten mit windenden und Haftscheiben bildenden Stengeltheilen sind Str. complexus Eichl. und Str. uraguensis (Hook. et Arn.) Eich. Auch nicht windende - 150 Jahres - Bericht Zweige einzelner L. bilden bisweilen mehrere Haftscheiben, so Eremo- lepis verrucosa Griseb. Eine ausführlichere und durch instructive Zeichnungen erläuterte Darstellung dieser interessanten Verhältnisse findet man in Engler’s Bearbeitung der Loranthaceae in den „‚Natürlichen Pflanzenfamilien“ von Engler und Prantl, die in Lieferung 30 und 32 Theil III Abth. 1 enthalten ist. In der zweiten Sitzung vom 31. Januar erläuterte Herr Pro- fessor Dr. Stenzel in einer Zusammenstellung von 16, Früchten des Bergahorns (Acer Pseudoplatanus) die mannigfaltigen Formen der- selben. Man kann sie in drei Reihen bringen, je nachdem die häutigen Ränder der Flügel nur etwa bis in die Hälfte der Samen reichen, also beider- seits weit vom Griffelrest endigen, oder 2. mit einem ganz schmalen Saume bis nahe an diesen verlaufen, oder 3, mit breiter Fläche bis nahe an den Griffelrest reichen. In der ersten und zweiten Reihe bilden die inneren Ränder der Flügel am Samen eine weite Bucht; übrigens aber verlaufen sie bald flach ausgesperrt, fast unter einem gestreckten Winkel, wie dies beim Spitzahorn (Acer platanoides) die Regel ist, bald unter einem stumpfen, einem rechten, einem spitzen Winkel zusammen- neigend, zuweilen endlich mit ihren Enden so gegen einander gekrümmt, dass sie sich zum Theil decken, ja wohl der eine Flügel über den Rücken des anderen vortritt. Bei den Früchten der dritten Reihe sind die Flügel mehr oder weniger gegen einander geneigt, ihre inneren Ränder stossen aber nahe dem Griffelrest fast geradlinig aneinander, so dass sie, wo die Flügel nicht erheblich auseinander weichen, sich der ganzen Länge nach berühren oder selbst über einander legen, eine eigenartigere Form, als die von Ortmann als Acer Dittrichii bezeichnete. Besonders schön war sie an einem Baume unweit der unteren Brettschneidemühle in Wölfelsgrund ausgebildet. Die Krümmung des Rückens der Flügel ist bald so gering, dass der- selbe fast gerade erscheint, bei sonst sehr verschiedenen Fruchtformen, bald gleichförmig bis zum Halbkreise, bald erst gegen das Ende aus- geprägt, wie bei A. Dittrichü, alle diese Stufen durch unmerklich aus- einander liegende Zwischenformen verbunden, Viel häufiger, als beim Spitzahorn, finden sich beim Bergahorn mehrzählige Früchte, am seltensten fünfzählige. Drei- und vier- zählige wurden an einer und derselben Fruchttraube zwischen regel- mässig zweizähligen vorgelegt, welche am Ende eine Frucht mit sechs sternförmig um die Mitte gestellten Theilfrüchten trug. N Aus einigen Blüthen endlich hatten sich je zwei dieht bei einander stehende regelmässig zweiflüglige Früchte entwickelt, welche so gestellt waren, dass sie einander die schmalen Seiten zukehrten; sie lagen also en a + der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 151 mit ihren grossen vier Flügeln in einer Ebene. Um beide aber zog sich der eingetrocknete Rest des Blüthenbodens ununterbrochen herum, Will man hier eine Verwachsung von zwei Blüthen annehmen, so sind sie jedenfalls so weit vereinigt gewesen, dass Kelch, Blumenkrone und wahrscheinlich auch die Staubgefässe in je einem Kreise um die beiden Stempel gestanden haben. Schliesslich wies der Vortragende darauf hin, dass die gewöhnlich nur vereinzelt vorkommenden drei- und vierstachligen Früchte an manchen Bäumen in sehr grosser Zahl auftreten, eine gewisse Bildungsrichtung hier also beginnt herrschend zu werden. In viel höherem Grade aber gilt dies von der Form der einzelnen Früchte. Auf jedem Baume findet sich, mit geringen Schwankungen natürlich, nur eine bestimmte Frucht- form, so dass wohl zu vermuthen ist, dass diese bereits von einer ähn- lichen ererbt sei und sich auch weiter vererben werde, Hierauf hielt Herr Professor Dr. G. Hieronymus einen Vortrag über Pflanzengallen. Der Bericht über diesen Vortrag wird in Verbindung mit einem über denselben Gegenstand in der Sitzung vom 5. December gehaltenen Vortrag demnächst erscheinen. In der dritten Sitzung vom 14. Februar theilte der Secretair mit, dass das Präsidium der Gesellschaft zur Conservirung des grossen der Gesellschaft gehörigen Herbariums, insbesondere zur Befestigung der Pflanzen an den Bogen vermittelst Papierstreifen, eine entsprechende Summe bewilligt habe. Hierauf hielt derselbe einen Vortrag über Aposporie bei Athyrium Filix Femina var. celarissimum und über Entwickelung der aus den metamorphosirten Sporangien ent- standenen Knöllchen zu anormalen, diöcischen Prothallien mit Arche- gonien und Antheridien, über die schon in dem Jahresbericht für 1888 8. 157 Bericht erstattet worden ist. Herr Professor Stenzel legte eine Reihe von Früchten von Tra- gopogon pratensis vor, welche alle Stufen der Verwachsung zeigten. Sie stammten aus einem sehr grossen Blüthenkorbe mit oben stark ver- breitertem, hohlen Stiele und 20 Hüllkelehblättern statt der gewöhnlichen acht, was auf eine beginnende Verbänderung hindeutet. Die am voll- kommensten vereinigten Früchte waren nur durch eine seichte Längs- furche beiderseits gegen einander abgegrenzt, bald die eine taub, bald beide mit gut entwickeltem Samen; die Fruchthöhlen nur durch eine ganz dünne häutige Scheidewand getrennt, welche an manchen Stellen kaum noch zu unterscheiden war. Am Ende des Schnabels stand nur 152 Jahres-Bericht eine, flach triehterförmige Federkrone, aber über beiden Furchen des Schnabels mit gedrängten Federhaaren, so dass der sonst gleichförmige Triehter hier zwei einander gegenüberstehende dichtere und daher etwas dunklere Streifen hatte. In seinem Grunde erblickte man am Ende des Schnabels zwei, aber nach innen zusammengeflossene Narben der abgefallenen Blumenkrone, welche daher einen semmelförmigen Umriss hatten. Es mag daher hier nur eine, etwas breitgedrückte und beiderseits der Länge nach gefurehte Blumenkronröhre gesessen haben, welche freilich wohl mehr als fünf Staubgefässe und Zipfel ihres Saumes getragen haben mag. Andere Früchte hingen nur noch mit einer schmalen . Längsleiste zusammen, jede war ringsum von der fast vollständigen Fruchthülle um- geben. Hier trug der Schnabel zwei trichterförmige Federkronen, deren an einander liegende Federhaare sich senkrecht aufgerichtet hatten und so eine flache Scheidewand zwischen den Hohlräumen der. beiden schräg nach aussen gedrängten Trichter bildeten. Im Grunde eines jeden der- selben sah man eine kreisrunde Narbe der abgefallenen Blumenkron- röhre, beide so nahe an einander, dass sie sich fast berührten. Einige Male fanden sich auch drei, bald in einer Reihe, bald im Dreieck, vereinzelt selbst vier neben einander stehende Früchte in ver- schiedenem Grade verwachsen, einzelne nur mit dem eigentlichen Frucht- körper, während die Schnäbel unter spitzem Winkel auseinander gingen, An anderen Stauden derselben Art von demselben Fundorte, hinter dem Forsthause von Wölfelsgrund, haben sich ähnliche Bildungen nicht gefunden. Herr Dr. Pax legte Wurzeln von Anthriseus nitida mit Adventiv- knospen vor, welche gleich denen bei Taraxacum zu den regenerativen Wurzelsprossen gehören. Derselbe übergab hierauf ein von ihm in Gemeinschaft mit Herrn Apotheker E. Fiek in Hirschberg bearbeitete Zusammenstellung neuer Standorte schlesischer Pflanzen aus dem Jahre 1888 unter Vorlegung der Exemplare, welche bereits im Jahresbericht für 1888 8. 174—206 abgedruckt worden ist, Im Anschlusse an die Erörterungen des Herrn Dr. Pax legte Herr Gympasiallehrer Dr. Schube die von ihm in den beiden letzten Jahren im Gebiete beobachteten Verbänderungen vor. Dieselben gehörten folgenden Pflanzenarten an: Amemone narcissiflora L. von der Brünnelhaide, Fra- garia vesca L. von Gräfenberg, Daucus Carota L. von Dürrgoy, Homogyne alpina Cass. von den Kammhäusern im Isergebirge, Tanacetum vulgare L. von Oswitz, Chrysanthemum Leucanthemum L. von Endersdorf OS., Cicho- rium Intybus L. von Rux bei Breslau, Leoniodon hastilis L. von der Hock- 4 a N a "ei het. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 153 schar, Tragopogon orientalis von Rothschloss bei Nimptsch, Hypochoeris radicata L. von Gräfenberg, Prenanthes muralis L. von ebendort, Phy- feuma spicatum L. von 'Thomasdorf im Gesenke und Campanula rotundifolia var. Scheuchzeri (Vill) aus dem Teufelsgärtchen. Schliesslich legte Herr Oberstabsarzt Dr. Schroeter neue Fasecikel der von Krieger herausgegebenen Pilzsammlung, Fungi saxoniei, vor. In der vierten Sitzung vom 1. März legte Herr Apotheker Werner vor: 1) Oleum Betel von Piper Betle Z. Ohavica Betle Mig., einem auf Ceylon und Hinterindien vielfach eultivirten Kletterstrauch. Die Blätter dieses Strauches sind im Heimathlande schon längst als Kurmittel bekannt, sie werden dort mit den Samen der Areca-Palme, Areca Catechu L., welche den Namen Betelnüsse führen, unter Zusatz von etwas Kalk benutzt. In letzter Zeit ist man auf Piper Betle wieder aufmerksam geworden, und Apotheker Schmitz in Samarang hat dort die Blätter destillirt und das Oel hierher gesandt. Es ist von brauner Farbe, nicht unangenehmem, an Theer erinnernden Geruch und besitzt einen brennenden Geschmack. Es ist schwerer als Wasser, sein spec. Gewicht ist 1,020 bei 4 15°C. Der Siedepunkt liegt zwischen 250 und 260° C. Die Ausbeute beträgt etwa 0,5 pCt. vom Rohmaterial. Es soll eine gute Wirkung bei katarrhalischen und Lungen-Affeetionen, be- sonders bei Kindern üben. Der chemische Charakter des Oeles ist noch so wenig bekannt, dass sich vor der Hand Gewisses noch nicht sagen lässt. 2) Oleum Macassar von Schleicheria trijuga — Sapindaceue — Ostindien; gepresst aus den Samen. Es soll in der Heimath einen grossen Ruf als Haarwuchs beförderndes, Schinnen und Ekzem beseitigendes Oel haben, und früher viel importirt worden sein. Später ist dafür Cocos-Oel in den Handel gekommen, welches entweder mit den Blüthen einer Anonacee — Cananga odorata®? — oder einer Magnoliacee — Michelia Champaca®? — digerirt wurde. Später wurde bekanntlich ein beliebiges fettes Oel mit Alkanna digerirt und beliebig parfümirt, Das Oel der Schleicheria trijuga ist bei gewöhnlicher Temperatur halbflüssig, von gelblichweisser Farbe und riecht schwach nach Bittermandel-Oel; es soll auch einen Gehalt von 0,05 pCt. Blausäure haben. Das Oel hat in letzter Zeit viel Nachfrage erfahren. Herr Privatdocent Dr, Pax hielt einen Vortrag über das Variiren der Blätter und Früchte in der Gattung Acer. Der Seeretair der Section theilte eine Einladung des Herrn Pro- fessor Dr. Leimbach in Arnstadt zur Betheiligung an der von ihm herausgegebenen Deutschen Botanischen Monatsschrift mit; ferner ein 154 Jahres-Bericht Cireularschreiben des Herrn Professor Dr. Partsch hier, welches eine Aufforderung zur Erforschung schlesischer Landeskunde im Anschluss an die beim zweiten Geographentag in Halle gefassten Beschlüsse enthält. Die Section tritt den von Herrn Professor Partsch dargelegten Vorschlägen bei; denselben entsprechend hat Herr Dr. Schube die Zu- sammenstellung der auf die schlesische Flora bezüglichen Litteratur übernommen; dieselbe soll demnächst von der Schlesischen Gesellschaft in Druck gegeben werden. Herr Dr. Eidam hielt einen Vortrag über die durch Rhizoctonien und Sclerotinien veranlassten Krankheiten von Culturpflanzen. In der fünften Sitzung vom 31. October legte der Secretair, Professor Ferdinand Cohn, vor eine von Herrn Schneider in Hirsch- berg der Section zugeschickte Abhandlung aus der Deutschen botani- schen Monatsschrift: Uebersicht der sudetischen Archihieracien. Hierauf sprach Professor Ferdinand Cohn zur Erinnerung an Dr. Franz Hellwig. Geboren zu Danzig am 2. Juni 1861, hatte Hellwig sich schon auf den dortigen Realgymnasien zu St. Johann und St. Peter eine vor- treffliehe naturwissenschaftliche Vorbildung erworben, als derselbe zu Ostern 1832 die Universität Breslau bezog. Hier fesselte ihn vor allen Göppert an das Studium der Botanik, der bis in seine letzten Lebens- jahre die Gabe besass, strebsame Schüler mit derselben Begeisterung für wissenschaftliche Forschung zu erfüllen, die ihn selber beseelte. Gleichzeitig erwarb Hellwig sich tüchtige Kenntnisse in Mineralogie und Geologie unter der Leitung von Römer, während durch Partsch sein Interesse für Geographie wissenschaftliche Schulung gewann. Die Danziger naturforschende Gesellschaft, die in nachahmenswerther Weise alljährlich Studirende mit dem Auftrage entsendet, einzelne Kreise der Provinz Westpreussen botanisch zu erforschen, und sich dadurch für die Lösung grösserer Aufgaben vorzubereiten, beauftragte Hellwig mit der Untersuchung des Kreises Schwetz. Seine in den Schriften der Gesell- schaft vom Jahre 1832 und 1883 abgedruckten Berichte zeichnen sich bereits durch Umsicht und Genauigkeit der Beobachtungen, wie durch Klarheit der Darstellung aus. Als im Jahre 1883 die Breslauer philo- sophische Facultät auf Göppert’s Vorschlag die Preisaufgabe gestellt hatte: „Ueber die Urvegetation und über die Culturpflanzen des ge- sammten Deutschlands, ihre Einführung und Verbreitung in den ver- schiedenen geschichtlichen Perioden, von der antiken Zeit bis auf unsere Tage“, machte sich H. an die Bearbeitung dieser Frage, die eben so der Schles. Gesellschaft für vater]. Cultur. 155 eingehende litterar-historische, wie botanische Studien erforderte. Seine Arbeit wurde 1884 mit dem vollen Preise gekrönt, und im Jahre 1886 derart zur Doctor-Dissertation umgearbeitet, dass von den in Deutsch- land ursprünglich nicht einheimischen Gewächsen die Culturpflanzen bei Seite gelassen, dagegen die Geschichte der eingewanderten Unkräuter und Ruderalpflanzen in eingehender Weise erforscht wurde; in dieser neuen Bearbeitung ist dieselbe in Band VII, Heft 4 u. 5 von Engler’s Botanischen Jahrbüchern aufgenommen worden. Nach seiner am 12. März 1886 erfolgten Promotion ging H. als Assistent von Just an die Poly- technische Hochschule zu Karlsruhe i. B,, nachdem er schon unter Göppert die zweite Assistenten-Stelle am Breslauer botanischen Garten bekleidet hatte. In Karlsruhe waren Hellwig seiner Zeit die Arbeiten im botanischen Garten zugewiesen; die Excursionen, die er zu leiten hatte, machten ihn mit der Flora von Süddeutschland, des Schwarz- waldes und der Vogesen bekannt. Im Sommer 1887 absolvirte H. in Breslau die wissenschaftliche Staatsprüfung und unternahm sodann in Gemeinschaft mit Dr. Woitschach im Auftrage der Schlesischen Ge- sellschaft eine l4tägige Excursion zur Untersuchung der Torfmoore von Niederschlesien und der Oberlausitz. Hierauf begab H. sich nach Berlin, in der Absicht, die dortigen botanischen Sammlungen zu studiren, gleich- zeitig aber auch in der Hoffnung, dass ihm dort die Erfüllung seines sehnlichsten Wunsches gelingen möchte, der ihn von Kindheit an be- seelte, und für den er sich unablässig vorbereitet hatte: nämlich an einer wissenschaftlicher Expedition theilzunehmen. Nachdem sich sein Plan, eine Nordpol-Expedition zu begleiten, zerschlagen hatte, nahm er mit Freuden die Anfang 1888 angebotene Stellung eines Botanikers an der Deutschen Neu-Guinea-Compagnie an. Am 9. Februar 1888 wurde der Contraet unterzeichnet, der ihn auf 3 Jahre verpflichtete; wegen der Kürze der Zeit war es ihm nicht einmal möglich, sich in Danzig von dem Vater und den Verwandten zu verabschieden, an denen er mit Treue und Innigkeit hing, Am 3. März verliess H. Berlin, um über Vliessingen nach London zu fahren, wo in Eile noch das botanische Musterinstitut von Kew Garden besichtigt wurde. Am 6. März trat er auf dem Dampfer „Roma“ der British- Indis-Line die Seereise an. Die Fahrt war rasch und glücklich; selbst in der sturmreichen Bucht von Biscaya hatte er nur einen Tag von der Seekrankheit zu leiden. Am 12. März wurde Gibraltar passirt, zur Linken die Sierra Nevada, zur Rechten der Atlas bis in tiefe Regionen mit Schnee bedeckt. Der 16. März gewährte einen flüchtigen Besuch von Malta; am 20. wurden in Port Said und Tags darauf in Suez die Pforten des Orients durchzogen. Am 26. März war ein kurzer Aufenthalt in Aden; während die Passagiere auf dem Schiffe mit dem Frühstück (Tiffin) beschäftigt waren, machte Hellwig eine Excursion auf einen der Berge und kehrte zurück, den Arm beladen 156 Jahres - Bericht mit gesammelten Pflanzen, zur Ueberraschung des Capitains, der auf den sonnenverbrannten Felsabhängen die Existenz einer Vegetation für un- möglich erachtet hatte. Vierzehn Tage lang kam nun kein Land in Sicht; am 9. April wurde die Linie überschritten; der 11. April brachte den ersten Anblick tropischer Vegetation im Hafen von Batavia, aller- dings nur durch das Fernrohr, da wegen der 200 Emigranten, die das Schiff mitführte, die Landung nicht gestattet wurde, Am 17. April zeigten sich auf Timor Repräsentanten australischer Vegetation; vier Tage später wurde die Toresstrasse passirt und auf Thursday - Island eine botanische Excursion ausgeführt. Endlich nach 49tägiger Seefahrt am 25. April 1888 verliess H. das Schiff in Cooktown, der Hauptstadt von Queensland an der Nordküste von Australien. Hier musste er eine Woche verweilen, ‘bevor der der Neu - Guinea - Compagnie gehörige Dampfer „Ottilie‘‘ ihn nach seinem Bestimmungsorte Finschhafen brachte, wo er am 7. Mai anlangte. Der Landeshauptmann des deutschen Schutz- gebietes von Neu-Guinea, Geh. Rath Krätke, gestattete H. zunächst einige Musse, sich in die neuen Verhältnisse einzuleben. Gross waren die Hoffnungen und Entwürfe, die der junge Naturforscher mitgebracht hatte. Denn Neu-Guinea, obwohl schon 1515 von portugiesischen Seefahrern entdeckt, ist doch bis in die jüngste Zeit nur in seinen Küstenlinien erforscht, in deren Besitz sich Holland, England und Deutschland ge- theilt haben. Und wenn auch die Vegetation, die ein höchst merk- würdiges Mittelglied zwischen der asiatischen und australischen Flora bildet, durch Beecari wie durch englische, holländische und deutsche Reisende mehr bekannt zu werden beginnt, so war doch die des deutschen Antheils, welcher den nordöstlichen Abhang der Insel nmfasst, nur sehr un- vollständig erforscht. Hellwig war durch seinen jugendlich rüstigen, an Entbehrungen und Strapazen gewöhnten Körper, wie durch die Hingebung und Energie seines Charakters ganz besonders berufen, in geographischer wie in naturwissenschaftlicher Hinsicht den geheimnissvollen Schleier zu heben, der das Innere des Landes bis jetzt verhüllte. Seine ersten Exeursionen galten natürlich dem Küstengebiet, das, von grossen Strömen durchzogen, eine Anzahl Papuadörfer mit kleinen Pflanzungen von Cocos- palmen, Bananen, Taru, Yams und Batatenfeldern enthält, und auch von der deutschen Colonie zunächst zu Plantagen eingerichtet wird. Von Zeit zu Zeit mussten die botanischen Arbeiten durch andere Auf- gaben unterbrochen werden. Bald nach der Ankunft erhielt H. den Auftrag, auf einer der Inseln bei Neu-Britannia eine Kaffee-Plantage anzulegen; im Juli 1888 hatte er eben eine grosse Expedition ins Innere vor- bereitet, als er den Befehl erhielt, sofort nach der 5 Stunden entfernten Station Kelaua zu fahren, um dort an Stelle des tödtlich erkrankten Stationsvorstehers die Station zu übernehmen. Mehrere Wochen musste H. unter den unerquicklichsten Verhältnissen unter einem unfreundlichen, der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 157 stürmischen Klima in der Station verweilen, deren Vegetation auf ihn, im Gegensatz zur tropischen Waldfülle von Finschhafen, den Eindruck der märkischen Haide im Herbst machte. Besondere Schwierigkeiten bereitete hier die Beköstigung der Station, da die Eingeborenen sich ins Innere zurückgezogen und dadurch die Zufuhr von Lebensmitteln aufgehört hatte. Erfolgreich war dagegen die Entdeckungsreise, welche H, im October 1838 im Anschluss an die von der „Kölnischen Zeitung‘ veranlasste Expedition des Reisenden Hugo Zöllner nach dem Finisterregebirge im Süden des deutschen Gebietes ausführte. Konnte diese Expedition bis an das Küstengebirge den schmalen Pfaden der Eingeborenen folgen und von diesen Führer und Lebensmittel erhalten, so hörte diese Hilfe an dem vom Kabenaufluss durchbrochenen Engpass auf, der den Eingang in die eigentliche Alpenwelt des deutschen Schutz- gebietes bildet. Hier war die aus drei Weissen und einer grossen Anzahl papuanischer und malayischer Diener bestehende Expedition ganz auf ihre eigenen Hilfsmittel angewiesen, da die Jagd fast gar keinen Ertrag brachte, und von Eingeborenen sich nur Spuren in Fischwehren und mit Steinbeilen behauenen Baumstämmen fanden, aber weder Dörfer noch Menschen zu Gesicht kamen. Als Weg musste das Bett des Flusses selbst benutzt werden, der sich in enger Thalschlucht zwischen steilen, bis zum Gipfel bewaldeten Felswänden in einer Reihe von Stromschnellen windet. Unter unsäglichen Beschwerden gelangten die Reisenden, immer steigend, endlich an einen Felseneircus, der dem weiteren Vordringen ein Ziel setzte. Hier entschloss sich Hellwig, mit Zöllner und Winter die Felswand zu erklimmen, um auf den Kamm des Gebirges zu gelangen, während das Lager in der Bewachung der treuen Schwarzen zurückgelassen wurde. Den kühnen Forschern gelang es endlich, einen Gipfel von 2350 m Höhe zu ersteigen, der eine weite Rundsicht gewährte. Von diesem Punkte, dem von der Küste entferntesten, den bisher ein Europäer betreten (in der Luftlinie nur 45 km), erblickten sie nicht nur mehrere Gipfel (Kantberg, Schopen- hauerberg), die sich über den Kamm des Finisterregebirges erhoben, sondern anch gegen Süden aufsteigend zwei höhere Parallelketten, von denen die vordere, niedrigere als Krätkegebirge und die drei höchsten Gipfel als Zöllnerberg, Winterberg und Hellwigsberg bezeichnet wurden. Hinter dieser Kette stieg eine zweite noch höhere empor, das Bismarck- gebirge, dessen dominirender Gipfel, wahrscheinlich die höchste Er- hebung des Kaiser-Wilhelmslandes, den Namen des ÖOttoberges erhielt, der anscheinend zwischen seinen zwei Spitzen Schneefelder zeigte; die neben ihm hervorragenden Spitzen wurden als Marien-, Wilhelms- und Herbertsberg genannt. Von den ausserordentlichen Mühsalen dieser Exeursion hat Zöllner in Nummern der „Kölnischen Zeitung“ vom 3. Februar bis 10. März d. J. einen ausführlichen feuilletonistischen 158 Jahres-Bericht Bericht gegeben, der auch die Hingebung, das Wissen und die praktische Tüchtigskeit H.’s rühmend hervorhebt. Eine zweite botanische Forschungsreise unternahm Hellwig im Februar 1839 in Begleitung des Dr. Warburg, wobei der im Westen gelegene Sattelberg erstiegen und botanisch untersucht wurde. Im darauf folgenden Monat wurde von ihm in Gemeinschaft mit Winter und Recknagel eine Reise in die entfernteren Theile des deutschen Küsten- gebietes ausgeführt, welche gleichzeitig den Zweck hatte, Arbeiter für die Plantagen anzuwerben, da die in der Nähe der Colonie lebenden Schwarzen zur Annahme von Arbeiten nicht zu bestimmen waren. Hell- wig hatte bald nach seiner Ankunft in Neu-Guinea dem Klima seinen Zoll zu zahlen durch lang andauernde und schwächende Fieberanfälle, die sich von Zeit zu Zeit wiederholten; indess enthält gerade sein letzter am 15. Mai d. J. geschriebener Brief die Bemerkung: „Ich habe mich mit dem Klima gut abgefunden; Fieber habe ich nur in beschränktem Maasse und nicht stark.“ Um so unerwarteter war die Nachricht, dass Dr. Franz Hellwig am 24. Juni d. J. gegen Mitternacht nach kurzer Erkrankung an Dysentrie im Hospital zu Finschhafen gestorben sei. Der Landeshauptmann Geheimrath Krätke, dem die schmerzvolle Pflicht oblag, diese Trauerkunde dem Vater zuzustellen, gab dem Heimgegangenen das Zeugniss, „‚dass derselbe durch die hervorragenden Eigenschaften seines Geistes und Herzens, durch sein strenges Pflichtgefühl und seinen grossen Diensteifer sich stets ausgezeichnet habe“, und er beklagte den herben Verlust, den die Landesverwaltung des deutschen Schutzgebietes von Neu-Guinea, wie die dortige Beamtenschaft dadurch erleidet. Aber auch die geographische, und insbesondere die botanische Forschung betrauert in Hellwig einen neuen Märtyrer, an dessen Wirken sie grosse Hoff- nungen zu knüpfen berechtigt war. Hoffentlich werden die von ihm gemachten botanischen Sammlungen noch wissenschaftlich verwerthet werden können. Der Vortragende ist dem Direetor des Provinzialmuseums in Danzig, Dr. Conwentz, der ihm die Briefe Hellwigs an seinen Vater und Oheim zur Ansicht zuschickte, und der Redaetion der ,„Kölnischen Zeitung‘, die ihm die Reiseberichte von Zöllner mittheilte, zu Danke verpflichtet. Herr Dr. Eidam legte die im Jahre 1888 unter seiner wissen- schaftlichen Leitung aus der Fabrik von Robert Brendel, Berlin W, Ansbacher - Strasse 56,, hervorgegangenen neuen botanischen Modelle: Viscum album 3 und 2, Carpinus Betulus 3 und 2, Morus nigra S und 2, Cornus mas., Acorus Calamus, Typha latifolia & und 9, vor, sowie die aus Gelatine höchst kunstvoll dargestellten Modelle von Penicilium erusta- ceum und Rhizopus nigricans, welche deren doppelte Fructification und Entwickelungsgeschichte darstellen. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 159 In der sechsten Sitzung am 14. November legte der Seeretair im Anschluss an seinen letzten Vortrag vor: Schumann, Carl, und Holbring, M., Die Flora von Kaiser Wilhelmsland, welche soeben als Beiheft zu den von der Neu-Guinea-Compagnie heraus- gegebenen Nachrichten über Kaiser Wilhelmsland und den Bismarck- Archipel erschienen ist. Hierauf sprach Herr Professor Dr. Stenzel über gefüllte Blüthen von Cyclamen. Eine Knolle von Cyelamen persicum trug, Ende October 1890, lauter gefüllte Blüthen mit kurzen, stumpfen Kelchzipfeln und weisser, nur am Schlunde purpur-rosafarbener Blumenkrone, an deren fünf Abschnitten sich die rothe Färbung noch flammenartig in die Höhe zog. Aus dem Schlunde traten nun fünf, den Blumenkronzipfeln ganz ähnliche Blättchen hervor, gerade vor jedem eins; die äusseren, vom Blüthenstiel ab- gewendeten fast so gross wie die Kronzipfel, im flachen Bogen fast wagerecht abstehend, nach unten gefaltet; neben ihnen hier und da noch ein kleineres Blättchen. Die Blumenkrone liess sich leicht aus dem Kelche herausnehmen und ihre kurze, krugförmige Röhre in fünf Theile zerbrechen, deren jeder in einen zurückgekrümmten Blumenkrongipfel ausging, davor das aufgerichtete innere Blatt, wie er selbst weiss, nur an dem hohlen fleischigen Grunde fast farblos, darüber, und zwar eben- falls auf der Innenseite, purpurroth,. An dem der Kronröhre ent- sprechenden untersten Theile aber waren fast überall noch die zwei Fächer eines Staubbeutels angewachsen, welche sich nach oben blatt- artig verlängerten. Das grössere innere Blatt erschien daher als ver- längertes und blattartig. verbreitertes Mittelband des vor einem Blumen- kronzipfel stehenden Staubgefässes, welches nur noch ganz unten an. der Blumenkronröhre angewachsen ist. Die innersten, über den ver- kümmernden Staubbeutel stehenden Blättchen dagegen sind auf der Innenseite weiss, auf der Aussenseite purpurroth, wenden also dem mittleren Blatte die gleichartige Seite zu. Wir können sie uns daher da- durch entstanden denken, dass das aus dem Staubgefäss herausgewachsene Blatt sieh nach der Fläche gespalten hat, wobei, der oft bestätigten Regel entsprechend, beide Theile einander die gleichwerthigen Flächen zukehren. Die mannigfachen Verschiedenheiten der Füllung beruhen in der verschiedenen Grösse und Faltung der inneren Blättehen, noch mehr aber darauf, dass das innerste bald als ein einziges Blatt ausgebildet ist, an welchem nur ein seitlicher Einschnitt einen kleineren oder grösseren Lappen abspaltet, bald als zwei nur noch am Grunde zusammenhängende längs gefaltete Blättchen, endlich als zwei getrennte, welche als Fort- setzungen der zwei Staubbeutelfächer erscheinen. Schlagen diese ganz fehl, _ was besonders an der dem Blüthenstiel zugekehrten Seite der Blüthe ge- 160 Jahres - Bericht schieht, so ist das inwerste Blättehen kleiner oder auch nur noch als ein farbloses lanzettliches Schüppchen ausgebildet. Andererseits treten, wenn auch selten, wohl noch seitliche Zipfel wie weitere kleine Füllblättchen dazu. Der Stempel war in allen Blüthen wie Kelch und Blumenkrone regelmässig. Zur Veranschaulichung wurden einige frische, gefüllte Blüthen vor- gelegt, die verschiedenen Umbildungen der Staubgefässe in innere Blumenblätter an stark vergrösserten Zeichnungen erläutert. Herr Dr. Schube berichtete über die botanischen Ergebnisse seiner in den diesjährigen Sommerferien nach Norwegen unternommenen Reise, unter Vorlesung der bemerkenswertheren gesammelten Pflanzenarten. Gelegenheit zum Sammeln bot sich in der Umgegend von Christiania und Drontheim, am Torghatten und besonders am Tromsdalstind bei Tromsö, sowie am Nordcap und am Holandfjord, einer Meereseinbuchtung in den mächtigen Ivartisen, ferner in ziemlich ergiebiger Weise bei der Durchwanderung des Dovrefjelds, wobei die in pflanzengeographischer Hinsicht berühmte Kundshö besucht wurde, und endlich bei dem Ueber- sang über die Fjelde zwischen dem Eikisdal und dem Romsdal. Leider wurde namentlich in den südlicheren Theilen des Landes die Ausbeute dadurch sehr beeinträchtigt, dass auch hier, gleichwie in Deutschland, der diesjährige Sommer überaus heiss und trocken war. So war z. B. von Campanula uniflora L. auf der Kundshö nicht die Spur mehr zu ent- decken. Immerhin wurde doch eine recht stattliche Anzahl interessanter Pflanzenarten heimgebracht; neue Standorte dürften freilich kaum auf- seführt werden können, es wäre denn der von Aira alpina L. am Holandfjord, von wo sie in Blytt’s Flora nicht aufgeführt ist. Hervor- zuheben dürfte vielleicht auch noch sein, dass an einigen Stellen der Fjelde zwischen dem Eikisdal und Romsdal Diapensia lapponica L. massen- haft wächst; von dort wurden einige kräftige Rasen für den Breslauer botanischen Garten mitgenommen, die hoffentlich hier einige Zeit aus- halten werden. | In der siebenten Sitzung am 5. December hielt Herr Professor Dr. Hieronymus einen Vortrag über die im letzten Sommer in Schlesien und im Harz gefundenen Pflanzengallen, über den ein besonderer Bericht demnächst erscheinen wird. Für die Etatszeit 1890/91 wurde der bisherige Seeretair wieder- gewählt, der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 161 Resultate der Durchforschung der schlesischen Phanerogamenflora im Jahre 1S5sSO9 zusammengestellt von E. Fiek, mit Nachträgen von Th. Schube. Die Witterung des Jahres 1889 war dem sammelnden Botaniker nieht günstig. Nachdem der Winter streng und lange gewaltet hatte, trat, fast ohne Uebergang durch einen milden Frühling, sogleich die Hitze und Trockenheit des Sommers und damit eine gewaltig schnelle Entwickelung der Vegetation ein. In überraschend kurzer Zeit wurden Blüthe und Frucht gezeitigt und nach der anhaltenden Sonnengluth des Mai und Juni zeigten Hügel und Lehnen, Wegränder, Raine und trockne Wiesen ein trostloses Aussehen. Daran änderten auch die Regengüsse segen Ende des Juli und im August nicht viel. Da ist gar Mancher hinausgegangen, um sich an den lieblichen Kindern Flora’s zu erfreuen und hat sie vertrocknet und verbrannt gefunden. Das schreckte unsere botanischen Freunde jedoch nicht zurück, ihr Eifer an der Durchforschung der heimathlichen Flora minderte sich nicht, nach wie vor wurde ge- sammelt und beobachtet und gar mancher Erfolg erzielt. So hat denn die Zahl der Formen im Gebiet, und besonders die der Kreuzungen, sich wiederum vermehrt und die Kenntniss der Verbreitungsbezirke einer Reihe seltener Arten sich nicht unwesentlich vergrössert. ‘Was Oesterreichisch-Schlesien betrifft, so verdanke ich der Güte des K. K. Notars, Herrn Andreas Kotula, zu Teschen eine erheb- liche Anzahi von Angaben; Oberschlesien ist diesmal leider nur schwach vertreten, dagegen haben die Mittheilungen aus Niederschlesien in er- freulichem Grade zugenommen, und zugleich die Zahl derjenigen Pflanzen- freunde, welche sich an der systematischen Erforschung des Gebiets be- theilisen. Von Dr. Max Jungck erschien im vergangenen Jahre eine „Plora von Gleiwitz und Umgegend“ (Verlag von A. Jaeger in Gleiwitz), welehe die Umgebung der Stadt in einmeiligem Umkreise behandelt. Herr Vorschullehrer E. Figert in Liesnitz veröffentlichte 1889. 1i 162 Jahres- Bericht 1889 mehrere Aufsätze in der Deutschen Botanischen Monatsschrift, welche sich auf unsere Flora beziehen: „‚Zwei neue Bastarde aus Schlesien‘ (8. 85—87), ,„Carex Beckmanniana, ein neuer Bastard in Schlesien‘ (S. 185, 186) u. s. w. und Herr Pharmaceut A. Callier in Militsch in derselben Zeitschrift eine „Mittheilung über Alnus glutinosa X incana“ (8. 51—55). Ausser den Genannten unterstützten mich durch Material und schriftliche Angaben die Herren: Lehrer Barber-Görlitz, Cantor Kahle-Daubitz bei Rietschen, Lehrer Th. Hellwig-Grünbers, Lehrer Schröder-Ochelhermsdorf, Lehrer Kleiber-Droschkau, Kreis Grünberg, Cantor em. Dresler-Löwenberg, Lehrer F. W.Scholz-Jauer, Apotheker C. Scholz-Bojanowo, Lehrer Schwarz - Gr.-Bargen, Prof, Hieronymus-Breslau, Dr. med. Felsmann-Dittmannsdorf, Director Wossidlo-Tarnowitz, Dr. Breitfeld-Pless, Dr. Friedrich-Breslau, Dr. Pax-Berlin, Oberstabsarzt Dr. Schröter-Breslau, Lehrer Liebig- Forstlangwasser, stud. med. Kionka und stud. med. Thiemich-Breslau, Major Runge-Breslau, stud. pharm. Max Fiek-Breslau, Mittelschul- lehrer Schöpke-Schweidnitz, Lehrer Seidel-Schweidnitz, Lehrer P. Kruber-Ruppersdorf, Kreis Strehlen, Seminarlehrer Richter- Proskau, Apotheker Wetschky -Gnadenfeld e Allen diesen Herren spreche ich hierdurch meinen verbindlichsten Dank aus. A. Für das Gebiet neue Arten und Formen. Ranunculus pseudofluitans Legr. Löwenberg: Bach auf den Boberwiesen bei Gross-Rackwitz (Dresler)! Dem typischen R, jluitans Lmk. sehr ähnlich und unter diesem Namen aufgenommen, aber durch rauhhaarigen Fruchtboden deutlich verschieden. Uebergangs- und Schwimmblätter vorhanden, diese nach den vorliegenden Exemplaren 3lappig, mit eiförmigen, sparsam ein- geschnittenen Lappen. Die untergetauchten Blätter im Umriss länglich, mit parallelen Zipfeln wie bei R. luitans; auch die Blüthen so gross wie bei der Grundform von R. fluitans. Nach J. Freyn jedoch mit diesem entfernter verwandt als mit R. peltatus (R. aquatilis L. 2. Th.). Ranunculus auricomus L. var. flabellifolius (Heuff. als Art). Diese auffällige Form, deren Stengelblätter sämmtlich oder doch theil- weise fächerförmig gestaltet sind, nähert sich in den übrigen Theilen bald mehr der Grundform, bald, und zwar häufiger, dem R. cassubieus L. Die bisher im Gebiete beobachteten und mir zu Gesichte gekommenen Stücke sind denn auch bisher als zu letzterem gehörig betrachtet worden, sie stammen vom Kapsdorfer Goi bei Breslau (Engler), aus der Gegend von Ratibor (Arndt), Katscher (v. Uechtritz) und Gleiwitz (Kabath). — Sch. — Hesperis tristis L. Schweidnitz: Striegauer Vorstadt ver- wildert (Schöpke), der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 163 -- Vaccaria grandiflora Jaub. et Sp. Liegnitz: Töpferberger Viehweide unweit der Bahn, nur ein Exemplar (Figert)! Von unserer einheimischen V. segetalis (Necker) Gcke. durch wesent- lich grössere, schön purpurrothe, deutlich ausgeschnittene Petalen ver- schieden, aber wohl nur als eine klimatische Rasse oder Abart derselben anzusehen. Ich besitze diese, dem Südosten Europas angehörende Form noch von Konstanz (leg. Max Fiek 1888) und da sie in den letzten Jahren auch in Böhmen beobachtet wurde (Resultate der botanischen Durchforschung Böhmens 1888), so ist ihre Einschleppung noch sonst zu erwarten, was nicht ausschliesst, dass sie in unserm Nachbarlande, welches so viele orientalische Arten besitzt, nicht auch heimisch ist. Potentilla silwestris Necker var. sirictissima Zimmet. (als Art) dürfte überall die bei uns im Hochgebirge vorkommende Abart dieser Species sein, als welche der Autor selbst die von der Pantsche- wiese stammende: Pflanze anerkannt hat. Sichere Fundorte sind noch im Riesengebirse: Kleine Schneegrube!!, Elbgrund!!, Korkonosch!!, Kesselkoppe!!. Da diese Form noch an anderen Punkten unserer Gebirge vor- kommen wird, so gebe ich nachstehend eine kurze Diagnose davon: Stengel kräftiger, straff aufrecht, an der Spitze gabelspaltig, wenigblüthig; Blättehen länglich-lanzettlich, sitzend, gross, zuweilen etwas seidig bekleidet, eingeschnitten und scharf gesägt; Nebenblätter gross, tief ein- geschnitten; Blüthen grösser. | P. serotina Vill. kann nur als eine spät blühende Varietät der polymorphen P. verna Auct. (= P. opaca L. nach Zimmet.) betrachtet werden, welche ich an den Kalkbergen (Kitzelberg, grosser Mühlberg ete.) des oberen Katzbachthales um Kauffung noch im Juni zahlreich in Blüthe fand!! Epilobium pallidum m. = E. (palusire X roseum) X palusiret. Hausskn. Pflanze 20 bis 35 cm hoch, hellgrün, oberwärts meist reichlich drüsenhaarig; Stengel stielrund, schwach behaart, die Leisten nur durch eine Haarlinie angedeutet oder auch ein wenig herab- laufend; Blätter ganz kurz gestielt bis fast sitzend, lanzettlich (die grösste Breite im untern Drittel), seicht geschweift bis deutlich ge- zähnelt, namentlich gegen die Spitze hin, selten fast ganzrandig; Frucht- knoten und Kapseln dicht drüsenhaarig; Blumenblätter blassrosa mit purpurnen Adern. Standort: Warmbrunn in Gräben am Wege vom Landhause nach Kynwasser!! E. alsinefolium X palustre Hsskn. Im Riesengebirge an der kleinen Lomnitz!! sowie an quellisen Stellen des Korkonosch!! Rehorn (Kabl. t. Hsskn.), Neue schl. Baude (Buchenau t. Hsskn.) Von der Tracht eines E. alsinefolium, aber der Stengel oberwärts und die Kapseln 215 164 Jahres - Bericht nicht kahl oder mit vereinzelten Haaren, sondern = grauflaumig; Blätter weniger gezähnt, gewöhnlich nur gezähnelt bis schwach geschweift, die am Stengel als Leisten herablaufenden Blattspuren nicht immer deut- lich erhaben. E. nutans X palustre Hsskn. Elbgrund im Riesengebirge unter- halb der Elbfallbaude!! In Haussknechts Monographie vom kleinen Teiche, von der Kesselgrube, Petersbaude, vom Zackelfall und vom grossen Kessel im Gesenke angegeben. Stengel bis 15 em hoch, oberwärts flaumig, nach dem Abblühen aus den untern Blattachseln beblätterte Läufer treibend; obere Blätter ab- wechselnd, fast sitzend, lineal-lanzettlich bis lineal, stumpf, ganzrandig oder undeutlich und entfernt geschweift, untere gegenständig, kurzge- stielt, länglich-lanzettlich; Blüthen klein, purpurn; Kapsel kurz grau- flaumig. Pimpinella magna L. var. tereticaulis Celk. Schönau: Neu- kirch (Figert)! Der kantig-gefurchte Stengel von Pimpinella magna hatte stets als ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal gegenüber dem stielrunden, nur gestreiften oder schwach gerillten der P. Saxifraga gegolten, bis Öelakovsky darauf aufmerksam machte, dass dies durchaus nicht immer der Fall sei. Unter der heurigen Sendung Figerts fand sich nun eine Pflanze vor, welche die Merkmale der P. magna in sich vereinigte, aber einen stiel- runden, gestreiften Stengel aufwies und daher von dem Finder fraglich als eine P. magna X Saxifraga bezeichnet worden war, die aber sicher zu der obengenannten Varietät gehört. P. magna X Saxifraga (P. intermedia iger) Glogau: Ab- hang im John’schen Mühlgarten zu Schönau unter den muthmaasslichen Eltern (Figert). Nach der vom Autor in der Deutschen Botanischen Monatsschrift (1889, 8. 85, 86) gegebenen Beschreibung in der That eine Mittel- stellung zwischen den genannten beiden Arten einnehmend. Hieracium sudeticum X prenanthoides m. Höhe 30 bis 50 em; Stengel kräftig, wenig gebogen, fest, am Grunde rothgefärbt, kahl oder mit spärlichen Haaren bekleidet; Grundblätter, wenn vorhanden, ziemlich lang gestielt (Stiel ca. 2 cm lang bei einer Gesammtlänge von 5 em!), länglich-lanzettlich, in den Stiel allmälig verschmälert, fein gezähnelt, mit kurzen weisslichen krausen Haaren auf den Flächen und am Rande; Stengelblätter 6 bis 9, + gezähnt bis gezähnelt, wie bei H. bohemicum öfter braunroth berandet, untere gegen den Grund stielartig verschmälert, aber mit verbreitertem Grunde reichlich halbumfassend, mittlere und obere ähnlich denen von H. sudeticum, mit seicht herzförmigem Grunde halbstengelumfassend, eiförmig, zugespitzt, Köpfe 3 bis 10, etwas grösser als an H. prenanthoides, auf etwas gebogenen, schwarzdrüsigen und grau- der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 165 flockigen Stielen; Hüllblätter deutlich dachziegelig, dunkel, nur die in- nersten mit blassem Rande, mit grauen Stern-, schwarzen Drüsen- und spär- lichen drüsenlosen Haaren besetzt; Ligulae gewimpert; Griffel russfarben. Auf der Südseite der Kesselkoppe am 11. August 1889 von mir in mehreren Exemplaren ohne Grundblätter, von Herrn L. Öelakovsky jun. bald darauf (18. August) ebendaselbst mit frischen Grundblättern ge- funden! —+ Dracocephalum thymiflorum L., nach Trautmann bei Bautzen durch Kleesamen eingeschleppt und dort einige Jahre hindurch be- obachtet, wurde 1839 von Barber auch bei Görlitz in der Ponte, jedoch nur in einem Exemplar, aufgefunden! Polygonum lapathifolium X mite Figert. Stengel aufsteigend oder aufrecht, an den Knoten stark verdickt; Blätter kurzgestielt, lanzettlich, lang zugespitzt, unterseits drüsig punktirt; Tuten locker, zerstreut an- gedrückt behaart, ziemlich lang gewimpert; Scheintrauben verlängert, schlank, gewöhnlich oberwärts verdünnt, selten gleichmässig dünn, locker, unterwärts meist unterbrochen; Blüthenstiele und Perigone drüsenlos, diese mit kaum hervortretenden Nerven; Perigon rosa oder weisslich; Früchte durchweg verkümmert. X Liegnitz: Unter den Eltern zwischen Bischdorf und Wahlstadt!, in Wahlstadt selbst!, in Liebgnau beim Dominium! (Figert). + Salix pulchra Wimm. Liegnitz: häufig in Eisenbahn - Aus- schachtungen mit $. acutifolia W. seit Jahren beobachtet (Figert)! Wohl wie diese hier cultivirt. Typha latifolia X angustifoia (T. glauca Godr.) Der scharfsichtige Figert entdeckte bei Aırnsdorf unweit Liegnitz zwischen zahlreicher T. latifolia und angustifolia eine grössere Gruppe Pflanzen, welche ihm bezüglich der Blattbreite und der Entfernung der männlichen von den weiblichen Blüthenständen als eine Mittelform erschien. Die auf den + grossen oder geringen blüthenfreien Raum zwischen den Kolben gegründeten Unterscheidungs-Merkmale sind aber bekanntlich nicht immer zuverlässig, denn es stehen die Kolben bei T. latifolia y am- bigua Sonder etwas von einander entfernt, sind dagegen bei T. angusti- jola # spadieibus approximatis Sonder fl. Hamb. einander ganz nahe gerückt und bei T. angustifolia ß australis (Schum. et Tronn.) fehlt der Zwischen- raum nicht selten ganz. Anders verhält es sich im Allgemeinen mit der Blattbreite, obgleich darauf allein die Annahme einer Kreuzung sich nicht begründen lässt, weswegen auch die muthmaassliche Hybride bei Annawerder unweit Liegnitz, welche dort einen ganzen Teich erfüllt, aber nur steril gefunden wurde, erst darauf geprüft werden kann, wenn sich Blüthen finden. Nachstehend lasse ich eine vergleichende Diagnose in tabellarischer . Form folgen: 166 Typha latifolsa. 1. Blätter im Mittel 16,5 mm breit, sehrschwach CONVeERX. '®) Entfernung der 2 von den g‘ Blüthenständen: 39 mm im Mittel. . Deckblätter der % Blü- then fehlend. [9] 4. Perigonhaare lang, zu- gespitzt, wasserhell, rauh. 5. Pollen in Tetraden verbunden. 6. Narbe kürzer, länglich- rautenförmig bis spa- telig -lanzettlich, die Perigonhaare überra- gend. Jahres-Bericht T. glauca. (T. latifolia > angusti- Foha.) Blätter 11,45 mm breit, deutlich convex. Entfernung: 11 mm. Deckblätter bei einigen 9 Blüthen vorhanden, bei anderen fehlend. Wo vorhanden, sind sie gegen die Spitze läng- lich-lineal verbreitert. Perigonhaare an der Spitze fast farblos, nicht zu- gespitzt. GrössereMehrzahl der Pol- len in Tetraden, einige einzeln, wenige verküm- mert. Narbe verlängert lineal- lanzettlich bis rauten- förmig - lineal, überra- send. T. angustifolia. Blätter 7,8 mm breit, aussen stark convex. Entfernung: 0,6 mm. Deckblätter regelmässig am Grunde jeder J Blüthe vorhanden, ober- wärts stark verbreitert, und zwar eiförmig oder spatelförmig, auch breit- rautenförmig bis fast rundlich. Perigonhaare kürzer, an der Spitze oft etwas ver- dickt, stumpflich, ober- wärts bräunlich oder gelblich. Pollenkörner stets einzeln. Narbe ziemlich lang lineal, die Perigonhaare ziem- lich weit überragend. Juncus tenuis W. var. laziflorus m. Stengel schlaff, nicht gelb- sondern matt-dunkelgrün; Spierenäste sehr verlängert, armblüthig, mit weit überragendem Tragblatt; Perigonblätter blassgrün. Niesky: Weg bei Trebus! (Kahle). Cares panniculata X paradoxa (C. solstitialis Figert) Lüben: feuchtes Laubgebüsch bei Krummlinde in zwei kräftigen Stöcken! (Figert). Beschreibung und nähere Mittheilung wurde durch den Autor in der Deutschen Bot. Monatsschrift (1889, 8. 36, 87) veröffentlicht. Danach stellt die Pflanze ein vollständiges Mittelgebilde zwischen den beiden Stammformen dar. Der Wuchs erinnert an CO. panniculata, aber die Stengel sind nicht so stark, die unteren Scheiden sind braun und weniger zerfasernd als an CO. paradoxa. Die Fruchtschläuche zeigten sich gut entwickelt. C. panniculata X teretiuscula Beckmann Lüben: Krummlinde nicht häufig! (Figert). Unsere Pflanzen stimmen mit der Beschreibung der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 167 Beckmann’s (Abhandl. des Naturwissenschaftl. Vereins Bremen. Bd. IX) sut überein, doch sind sie etwas höher (bis 65 cm), der Stengel ist nur im obersten Theile rauh, die Laubblätter überragen ihn nicht, Blüthen- stand etwas mehr verkürzt, bis 4 cm lang. Fruchtschläuche auch bei uns völlig steril. C. paradoxa X teretiuscula Figert. Liegnitz: am kleinen Grundsee bei Arnsdorf mit den Eltern sehr häufig! (Figert). Grundachse dicht rasig, Rasen aber weniger dicht als bei C, para- doxa; Pflanze 50—75 cm hoch, graugrünlich; Stengel etwas schärfer als bei ©. ieretiuscula, staumpf-5kantig, die Flächen zum Theil wahrnehmbar gewölbt; untere blattlose Scheiden schwarzbraun, wenig zerfasernd, einzelne ganz ungetheilt; Blätter sehr schmal; Blüthenstand bis 4 cm lang, am Grunde unterbrochen; Aehrchen sitzend; Deckblätter ziemlich breit hautrandig; Fruchtschläuche steril, die Ansätze nach der Blüthezeit vertrocknend. C. riparia X rostrata (C. Beckmanniana Figert) Lüben: feuchtes Laubgebüsch bei Krummlinde! (Figert). Diese vom Entdecker in der Deutschen Bot. Monatsschrift (1889, $. 185, 186) publieirte Kreuzung erinnert in der Tracht und bezüglich der weiblichen Aehren an (. riparia Ourt., ist jedoch ein unzweifelhafter Bastard, zumal auch die Schläuche steril sind. Anthoxanthum Puelii Lam. et Lecg. Görlitzer Haide: unbe- baute Sandäcker nördlich der Torfbrüche von Kohlfurt! (Barber). Diese Pflanze ist zwar schon 1832 von v. Uechtritz unter den Novi- täten. für die schlesische Flora aufgeführt worden; damals lag jedoch bei dem einen, später verschwundenen Individuum nur eine Verwilderung vor, während es sich jetzt um ein spontanes Vorkommen zu handeln scheint. Der Fundort lässt wenigstens darauf schliessen, dass die Art dort heimisch ist, auch glaubt der Entdecker die gleiche Form in der- selben Gegend noch an anderen Stellen bemerkt zu haben; ausserdem kann sich hier sehr wohl das Auftreten einer nordwestlichen Pflanze wiederholen, wie wir es sonst in der Lausitz ja mehrfach finden. Die vorliegenden Exemplare stimmen übrigens in Grösse, Wuchs und in anderer Beziehung gut mit solchen aus dem mittleren Hannover (Bassum, leg. Beckmann!) überein. Trisetum flavescens (L.) Pers. var. villosum Celk. Stengel behaart, Knoten rückwärts zottig; Blattscheiden, auch die oberen, zottig, selbst die Blattfläche mit langen Haaren besetzt. Diese mehr oder weniger bekleidete Abänderung des gewöhnlich kahlen Goldhafers (a, glabratum Aschs.) scheint bei uns nicht gerade selten zu sein, ebenso der Uebergang dazu. Auf Grund meiner Samm- lung konnte ich folgende Fundorte notiren: Breslau: westlich von 168 Jahres - Bericht Nimkau, hier vielleicht nicht heimisch! (Uechtritz), um Broeke!!; Sumpf- wiesen zwischen dem Canther Bahnhofe und Neudorf sehr ausge fiat (Uechtritz); Friedland: Wiesen im Gabelthale!!; Ziegenhals: Strassen- ränder! (Richter); Katscher: Wiesen bei den Dirscheler Gypsgruben 1868 !! Boirychium simplex Hitchcock var. subcompositum Lasch Grünberg: ÖOchelhermsdorf auf einem kurzgrasigen Rande an der Ochel sehr spärlich! (Schröder). Unfruchtbarer Blattstiel 3zählig-gefiedert, jede der beiden seitlichen Fiedern mit 3 Fiederchen, die mittlere mit 6 Fiederchen. Während die Varietät für das gesammte Gebiet neu ist (bei Lindewiese wurde die var. incisum Milde gefunden), ist es die Art für Preussisch - Schlesien überhaupt. B. Neue Fundorte. Thalictrum flavum L. Strehlen: Karischer Mergellöcher (Kruber)!; Teschen: Mosty oberhalb der Grabina, früher auch in Punzau (Kotula). Pulsatilla vernalis (L.) Mill. ist bei Rengersdorf unweit Görlitz (nach Barber) jetzt verschwunden. Mn alpina (L.) Delarbre des Riesengebirges und des Brockens stellt nach A. Kerner (Schedae ad floram exsciecatam austro-hungaricam II, 1882) die P. alba Rchb., Fl. Germ. exc., dar. Diese soll sich von der in den Alpen verbreiteten echten Anemone alpina Linne’s durch schmale, tiefe, fast bis zur Mittelrippe reichende (nicht weite, offene, kürzere) Einschnitte der Zipfel an den grundständigen Blättern und den stengelständigen Hüllblättern, ferner durch längliche bis lanzettliche (nieht kurz-dreieckige) Zipfel, durch zur Blüthezeit gerade, in eine Ebene ausgebreitete (nicht bogig nach auswärts gekrümmte) Hüllblätter und durch bis an die Spitze behaarte (nicht hier kahle) Griffel unterscheiden. — Am Rande der kleinen Schneegrube beobachtete Barber einige Exemplare dieser Art, welche meist gefüllt waren. Ranunculus triphyllus Wallr. Trachenberg: Wiesentümpel bei Sabschütz (Schwarz)! R. paucistamineus Tausch Trachenberg: Gräben um Bargen zahlreich (Schwarz)! R. fluitans Lmk. Lauban: Altlaubaner Wasser (Barbei), R. Lingua L. Teschen: sumpfige 'Wiesenstellen oberhalb des Gutsschlosses von Konskau (Kotula). Im Gebirge sehr selten. R. cassubicus L. Trebnitz: Bruckotschine (Sch.); vielleicht identisch mit dem Preiser’schen Standort für R. auricomus v. fallax W. Gr. Caltha palustris L. Ein kleinblüthiges, der var. radicans Forst. sehr nahestehendes Exemplar im Hochgesenke: an einem verfallenen Fuss- pfade von der Bründlhaide nach N.-Thomasdorf gegen 1100 m (Sch.). der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. ; 169 Trollius europaeus L. Lublinitz: Lubschau (Wossidlo). Isopyrum thalictroides L. Strehlen: in den Wäldern an der Kryhne bei Ruppersdorf und im Knischwitzer Walde sehr häufig (Kruber)! Aquilegia vulgaris L. Glatz: Königshainer Spitzberg (Sch.). Aconitum variegatum L. Salzbrunn: Sattelwald (F. W. Scholz)! Actaea spicata L. in den sogenannten „Schluchten“ der Strehlener Berge (Kruber)!; Striegau: Fichtenthal (Kionka); Gleiwitz (Jungck). Papaver RhoeasL. var. strigosum v. Bönningh. Breslau: Kaps- dorf unter Weizen (Preiser)! Öorydalis solida (L.) Sw. Gleiwitz: steiles linkes Klodnitzufer - bei Elleuth-Zabrze zahlreich (Jungck). Arabis Gerardi Bess. Strehlen: im Häbsch bei Ruppersdorf (Kruber)!, Gebüsch am Ostrande der Kauschwitzer Mergellöcher (Der- selbe) ! A. hirsuia (L.) Scop. Liegnitz: am verlorenen Wasser bei Panten (Figert)!; Schönau: Conradswaldau (Ders.)!; Raschewitz, Kreis Trebnitz, auf Rainen im Dorfe (Schwarz)! -A. arenosa (L.) Scop. Görlitz: Bahndamm bei Penzig (Barber)!, hier, wie an anderen neuerdings auf Bahnhöfen und an Eisenbahndämmen beobachteten Fundorten, gewiss eingeschleppt. | Cardamine silvatica Lk. und C. impatiens L. bei Schweidnitz: im Buchenwalde am Hahlberge bei Ludwigsdorf (Schöpke), erstere auch am Korkonosch (Kionka)! C. amara L. subspec. Opicii (Presl.) var. glabra Uechtr. im Riesengebirge auf dem Südabhange des Korkonosch!! Sisymbrium officinale (L.) Scop. var. leiocarpum DO. Mi- litsch: Nieder-Woidnekowe (Oallier)! | — Erysimum repandum L. Bahnhofstrasse in Görlitz vereinzelt (Barber) ! Alyssum montanum L. infloresc. ramosa. Berghäuser bei Kott- witz; zweite Beobachtung im Gebiete (Sch.). Thlaspi perfoliatum L. Teschen: Golleschau (Professor Boteslav Kotula). 1 Lepidium Draba L. Schweidnitz: Wallgraben an der Bolko- strasse spärlich (Schöpke); Teschen: am Bahnhofe, früher in Ogrodzon (Kotula). —+ L. ruderale L. Teschen: Feizinger’s Buchdruckerei beim Bahn- hofe, früher auch am Bahnhofe Oderberg eingeschleppt (Kotula). 4 Bunias orientalis L. Teschen: Hof der unteren Mahlmühle in der Vorstadt Brandeis (Kotula). Helianthemum Chamaecistus Mill. mit fast kahlen Blättern und tiefgelben Blumenblättern am Westabhange der Hohen Eule unweit der 170 Jahres- Bericht „Sieben Kurfürsten“ bei etwa 775 m, in Gesellschaft von Phleum alpinum (Schröder)! Viola collina Bess. Glatz: Rother Berg (Kinscher)! Hier nach dem Finder mindestens 14 Tage früher blühend als die an demselben Standorte vorkommende P. hirta. V. stagnina Kit. Stroppen: nasse Wiesen bei Exau (Schwarz); Militsch: Wiese zw. Adelheidshof und Neuschloss (Callier)!; Strehlen: Baumgartbusch bei Ruppersdorf und spärlich an den Karischer Mergel- löchern (Kruber)! V. stagnina X canina (V. stricta Wimm., nicht Horn.) Strehlen: Wiese am Westrande des Birkbusches bei Ruppersdorf (Kruber)! V. mirabilis L. Strehlen: im Häbsch bei Ruppersdorf (Kruber)! [Bojanowo (C. Scholz)!]. V. arenaria DC. Militsch: bei Frauenwaldau, Bukowinke (Callier)! Reseda lutea L. Gleiwitz: bei Laband (Jungcek)! Drosera anglica Huds. Görlitzer Haide: Schaukelmoor des Kohl- furter Hammerteiches (Barber)!; Grünberg: Zahner See (Kleiber)! D. rotundifolia X anglica (D. obovata M. K.) bei Kohlfurt (Barber)!; am Zahner See bei Grünberg (Lange und Kleiber)! D. intermedia Hayne mit 2- und Stheiligen Wiekeln in der Gör- litzer Haide überall mit der Grundform (Barber)! Polygala amara L. var. ausiriaca (Orntz.) Grünberg: Wiese an der Ochel bei Ochelhermsdorf (Schröder)! Gypsophila fastigiata L. Militsch: Kiefernwald bei den sos, ,„„ vierhäusern‘ (Callier)! Tunica prolifera (L.) Scop. Löwenberg: Melaphyrfelsen unter- halb der Seiffenhäuser im Stadtwalde (Max Fiek); Breslau: Damm zw. dem Jungfernsee und Kottwitz (Ders.)!; Schweidnitz: Abhänge am Stein- ' - bruch bei Nitschendorf (Schöpke). Dianthus Armeria X delioides (D. Hellwigit Borbas) Schönau: am Fusse des Willenberges (Figert)! D. Carthusianorum L. mit Blüthenständen, die bis 50 und mehr Blüthen tragen, bei Droschkau unweit Grünberg (Kleiber)! D. deltoides L. floribus albis zwischen Carolath und Tschiefer am Oderdamm (Hellwig)! D. superbus L. Schönau: ziemlich häufig bei Neukirch gegen Taschenhof (Figert)!; Schweidnitz: zwischen Nitschendorf und Peuken- dorf (Schöpke); Strehlen: an den Kanschwitzer Mergellöchern (Kruber)!; Breslau: Ramischau (Sch.). Vaccaria segetalis (Necker) Gcke. Teschen: früher auf Getreide- feldern in der Nähe der Stadt, neuerdings am neuen evangelischen Fried- hofe, doch hier wohl mit Grassamen eingeschleppt (Kotula). der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. za Silene gallica L. Landeshut: Neu-Weisbach (Sch.); Glatzer Schneegebirge: Woilfsgrund am Fusse des Puhu bei der Marmorhöhle (Barber). + 8. Armeria L. Schönau: nicht selten auf Kies der Katzbach bei Neukirch (Figert). Sagina apetala L. bei Löwenberg nicht selten: Plagwitz!, Zobten, Siebeneichen!, Moys, Görisseifen, Kunzendorf u. W., Langenvorwerk, oberhalb Stamnitzdorf (Max Fiek)! S. Linnaei Presi. Langer Grund im Riesengebirge bis St. Peter hinab, 880 m (Schöpke). Stellaria pallida Pire bei Triebschen, Kreis Guhrau (C. Scholz)!; - [Bojanowo: Bersdorf (Ders.)!]. — Linum perenne L. Grünberg: Lunzethal (Hellwig)! Radiola linoides Gmel. im Vorgebirge auch bei Schönau: Neu- kirch gegen Steinberg mit Hypericum humifusum, Centumculus und Juncus capitatus (Figert). — Malva crispa L. Kohlfurt in Gärten häufig und an Zäunen verwildert (Barber). Hypericum montanum L. Lüben: Buchwäldchen bei der Birk- mühle, in einer Schonung zwischen Schönborn und Klein - Reichen! (Figert). ; H. hirsutum L. Schweidnitz: am Hahlberge bei Ludwigsdorf ‘(Schöpke); Strehlen: im Häbsch bei Ruppersdorf zahlreich (Kruber)! Geranium palustre L. albiflorum. Grünberg: Maugschthal (Gerhard Hellwig) ! G. sanguineum L. Grünberg: Damm bei der Endermühle in Ochel- hermsdorf (Schröder)! + G. pyrenaicum L. Teschen: Zufahrt zum Meierhof in Lischna (Kotula). G. Robertianum L. floribus albis mehrfach im Klessengrunde am Glatzer Schneeberg (Barber). — Impatiens parviflora DC. Landeshut: an der Parkmauer in Pfaffendorf (Seidel)!; Schweidnitz: in den „neuen Anlagen‘ seit einigen Jahren sehr häufig (Schöpke). Sarothamnus scoparius (L.) Koch. Teschen: Cheim bei Golleschau und sonst mehrfach (Kotula), Hier von den Jägern „Reh- gras‘ genannt. Oytisus nigricans L. in der Görlitzer Haide, besonders häufig im Langenauer Revier in der Umgebung des Forsthauses und an der Bahn- strecke (Barber)! C. capitatus Jacg. an der Bahnstrecke Görlitz-Kohlfurt bei Lissa, Penzig und besonders häufig zwischen dem Fuchsberge und dem Langen- 12, Jahres - Bericht auer Torfbruche (Barber)!; wohl von früherer Anpflanzung. — Strehlen: Prieborner Marmorbruch am Weinberge (Kruber); Cosel: Wald bei St. Brixen (Thiemich). Anthyllis Vulneraria L. an der Bahnstrecke zwischen Kohlfurt und Nieder-Bielau zerstreut und nicht ursprünglich (Barber)!; Rehhorn, dicht unterm Gipfel (Kionka); Teschen: Ogrodzoner Berg (Kotula). Lotus corniculatus L. var. hirsutus Koch. Naumburg a. Bober (Hellwig)! —+ Colutea arborescens L. Proskau bei einer verlassenen Zie- gelei (Richter)!; wohl ein Rest ehemaliger Anpflanzung. Melilotus altissimus Thuill. Strehlen: am Birkbusch bei Ruppers- dorf (Kruber)! Trifolium rubens L. Grünberg: unter dem Weissen Berge bei Bobernig (Hellwig)! sparsam. T. spadiceum L. Görlitzer Haide: Wiese am Forsthaus Könnte- berg (Barber)!; Hohwald bei Lauban (Ders.); Goldberg: Wiesen bei Taschenhof häufig (Figert)! Astragalus arenarius L. Kohlfurt am Turnplatze (Barber)!; Grünberg: Weinberg bei Heinersdorf Be 0 hier besonders klein- und schmalblättrig. Ornithopus pupusillus L. im südlichen Theile der Görlitzer Haide hin und wieder, z. B. Rev. Langenau unweit der Krauschteiche!, Rev. Neuhammer (Barber)! Vieia cassubica L. foliis glabris. Grünberg: Heinersdorf am Weinberge (Schröder)! — Der Typus in der Görlitzer Haide: Revier Schönberg (Barber); Festenberg: Wald zwischen Schlottau und Frauen- waldau (Callier)! V. lathyroides L. Militsch: Karlstadt (Callier)! Lathyrus montanus Bernh. Festenberg: zwischen Bukowintke und Gross-Graben, zwischen Frauenwaldau und Schlottau (Callier)! L. niger (L.) Wimm. var. heterophylius Uechtr. Glatz: Rother Berg (Kinscher)! —- Spiraea tomeniosa L. auf den torfigen Faulbruchwiesen im Revier Glaserberg der Görlitzer Haide!; bildet hier einen förmlichen Bestand und hat sich bis in die angrenzenden Nadelholzbestände ver- breitet (Barber). : Aruncus silvester (Kostl.) Schönau: in einer Schlucht gegen Rosenau (Figert); Kupferberg: buschige Abhänge bei Ober-Jannowitz viel!!, in Rohrlach!!; Schweidnitz: Ludwigsdorfer Berge (Schöpke). Geum urbanum X nivale (G. intermedium Ehrh.). Laubwald bei Triebusch, Kreis Guhrau (C. Scholz)! der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 173 Rubus nitidus W. N. Görlitzer Haide: in den Revieren Langenau, Glaserberg, Kohlfurt, Könnteberg, am Schönberger Hammerteich, auch an den hohen Ufern der Biela und Neisse bei Nieder-Bielau (Barber)! R. thyrsoideus Wimm. Görlitz: Haideberg zwischen Wiesa und Rengersdorf (Barber)! R. Bayeri Focke im Glatzer Gebirge nach Barber verbreitet, z. B. Habelschwerter Gebirge, bei Landeck, am Spitzberg bei Maria Schnee u. s. w. R. Koehleri W. N. Teschen: Thiergartenr (Kotula). R. caesius X Idaeus G. F. W. Mey. Goldberg: am westlichen Fusse des Geiersberges bei Neukirch eine grosse Gruppe (Figert)! R. saxatilis L. in der nördlichen Ebene auch zwischen Carolath und Lippen (Hellwig)! R. Chamaemorus L. wurde 1889 auf der Elb- und Pantschewiese zahlreich mit entwickelten Früchten gefunden, wozu die besonders günstige Witterung im Juni beigetragen haben mochte. Die Früchtchen zeigten sich von ansehnlicher Grösse, zu 3 bis 4 in der Scheinbeere, waren unreif mennigroth, wurden beim Reifen wachs- oder hochgelb und schmeckten dann angenehm säuerlich. Comarum palustre L. Die Standortsangabe „Lissa‘‘ vom Jahres- bericht für 1883 ist dahin zu berichtigen, dass die Waldwiese halbwegs zwischen Marschwitz und Muckerau gemeint ist (Sch.). Potentilla supina L. Schönau: im Dorfe Neukirch an einzelnen Stellen zahlreich (Figert); Hirschberg: auf dem Wilhelmsplatz 1886 viel!!, jetzt verschwunden; Schweidnitz: neuer Kirchhof an Schutthaufen (Schöpke). P. silesiaca Uechtr. |Bojanowo: Sandhügel bei Pakowko (C. Scholz)!] P. anserina var, sericea Koch Breslau: Oltaschin (Kionka). P. reptans L. var. pubescens Fiek. Breslau: an Dämmen bei Klein-Tschansch (Max Fiek)! Pflanze ungemein kräftig, durch die starke Behaarung sich der P. lanata Lge. (— P. reptans var. mollis Borbäs) nähernd. P. procumbeus Sibth. Liegnitz: zwischen Spittelndorf und Peters- dorf (Figert)! Alchemilla vulgaris L. var. glabra (Dum.) Przychetz bei Proskau (Richter)!; Teschen: an der Babia görka bei Wendrin (Kotula). Rosa rubiginosa L. in einer zierlichen Form, die zwischen parvi- folia Rau und pimpinelloides G. F. W. Mey. in der Mitte steht, bei Schweidnitz: Gebüsche unterhalb der Würbenschanze (Schöpke)! R. mierantha Sm. Löwenberg: am Lips bei Siebeneichen (Dresler)!, Kalkhügel um Moys!, Mittelberg bei Langenvorwerk (Ders.)! Bisher nur bei Schönau und Landeshut beobachtet. 174 Jahres - Bericht Cotoneaster integerrimus Med. Bolkenhain: Laubberg bei Gräbel (F. W. Scholz)! Pirus aucuparia (L.) Gärtn. mit auffallend reichlicher Bekleidung bei Grünberg: im Rohrbusch (Hellwig)! An den übersandten Exem- plaren war nicht nur die Unterseite der Blätter stark filzig, auch die Oberseite zeigte zahlreiche lange Zottenhaare, Epilobium collinum Gmel. Görlitz: am Fusse des Schwarzen Berges bei Jauernigk auf Basaltschutt (Barber)!; Schweidnitz: Granit- steinbrüche an der Würbenschanze (Schöpke). E. Lamyi F. W. Schultz Lähn: steinige Abhänge an der Chaussee am Lehnhausberge!!, in Karlsthal (Max Fiek)!; Schönau: zw. Falken- hain und Neukirch (Figert)! E. obscurum Rchb. (E.virgatum Fr.). Proskau: am Teiche von Przychetz (Richter)!; Teschen: Lonkauer Teiche (Kotula). E. parviflorum > roseum (Krause) F. Schz. (E. persicinum Rchb.) Liegnitz: hinter Rüstern gegen Sechshuben (Figert); Probst- hain im Dorfe (Ders.); Militsch: in Grabownitze (Callier)!; Schweidnitz: Buttermilchweg in Kletschkau (Schöpke)! - E. montanum X palustre Zasch Liegnitz: Freiheit bei Kunitz (Figert)! E. obscurum X palustre (Krause) Goldberg: Taschenhof (Figert) ! E. obscurum X montanum (E. loan un Celk.) Schönau: Neukirch (Figert). E. collinum X montanum (E. confine Hausskn.) Agnetendorf im Riesengebirge!!; Schönau: in Falkenhain (Figert)! E. alsinefolium X nutans (E. finitimum Hausskn.) wird in des Autors Monographie ganz allgemein „im Riesengebirge‘“ angegeben; ich fand diese Kreuzung an quelligen Stellen des Elbgrundes unterhalb der Elbfallbaude mehrfach !! Circaea intermedia Ehrh. Görlitz: Mühlberg bei Rengersdorf (Barber); Tarnowitz: Thiergarten von Zawadzki (Wossidlo). C. alpina L. im Revier Glaserberg der Görlitzer Haide (Barber)!; Hirschberg: Blücherhöhe (Max Fiek); Militsch: Buchenwald bei Schlottau (Callier)! Trapa naians L. Tarnowitz: Hüttenteich von Zawadzki (Wos- sidlo). Callitriche stagnalis Scop. ist nach Barber in der Görlitzer Haide die vorherrschende Art, dort auch mehrfach die Var. platyacarpa (Kütz.), so am Tiefenfurter Torfbruch in Gräben. Montia rivularis Gmel, in der Görlitzer Haide am Südende der Tschirnewiesen im Revier Rothwasser (Barber). Riesengebirge: Quelle an der schwarzen Koppe (Sch.). der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 175 Corrigiola littoralis L. Görlitz: Neisseufer in Nieder-Bielau! und auf sandigem Ackerboden am Heiden-Kirchhof daselbst (Barber)!; Sagan: zahlreich am linken Boberufer gleich unterhalb der Stadt (Wetschky)! Herniaria hirsuta L. Sagan: auf Aeckern der linken Boberseite nahe der Stadt (Wetschky)! Sedum boloniense Loisl. var. parviflorum Uechtr. Grünberg: Steinberg (Hellwig)! 8. alpestre Vill, Langer Grund im Riesengebirge bis hinab nach St. Peter (Schöpke). Dempervivum soboliferum Sims. Breslau: in Pitschen auf alten Dorfmauern, zahlreich blühend (Seidel)!; Glatz: Rother Berg (Kinscher). —+ 8. teetorum L. Grünberg: Weinbergsrand am Walde in der Nähe von Wittgenau (Schröder)! | Ribes nigrum L. Liegnitz: Kuchelberger Wasserwald (Figert)!; Strehlen: Knieschwitzer Wald, Baumgartbusch (Kruber). R. rubrum L. var. silvestre M. K. Liegnitz: Kuchelberger Wasserwald (Figert)! Chrysosplenium oppositifolium L. Schreiberhau am Aufstieg vom Waldschlösschen zum Hochstein!!; Weg von Wolfshau nach Forst- langwasser, Tannenbaude (Sch.); Schönau: Neukirch (Figert). Astrantia major L. Tarnowitz: Lassowitzer Wald (Wossidlo). Falcaria vulgaris L. Breslau: Leerbeutel zahlreich. Sonst auf dem rechten Oderufer hier selten (Sch.). Pimpinella Saxifraga L. var, dissecta (Retz.) Jauer: Hess- berge; Schönau: Neukirch (Figert)! Seseli Libanotis (L.) Koch. Bolkenhain: an Felsen in Nieder- Baumgarten mit Melica ciliata (F. W. Scholz)! Peucedanum palustre (L.) Mnch. Teschen: Steinplatz, Lonkauer Teiche, Wiesengräben oberhalb des Schlosses von Konskau (Kotula). Imperatoria Osiruthium L. Langer Grund im KRiesengebirge (Schöpke). Laserpitium pruihenicum L. var. glabrum Wallr. Schweid- nitz: Bögenberge (Seidel)! Caucalis daucoides L. Schönau: Neukirch bei dem neuen Kalk- ofen unter Weizen häufis (Figert)! Als wilde Pflanze neu für den Res.-Bez. Liegnitz. Lonicera Xylosteum L. Breslau: Schönbankwitz (Kionka). Galium elongatum Presl. Schweidnitz: Gräben in Nieder-Grunau (Seidel)! G. saxatile L. Schreiberhau: von Jacobsthal bis Neuwelt sehr häufig, ebenso von da nach Karlsthal (Schöpke). 176 Jahres - Bericht G. verum L. in der Görlitzer Haide bei Kohlfurt in der Nähe des Bahnhofes mehrfach, im Revier Langenau am Bahndamme (Barber)!, auf der grossen Iserwiese bei 840 m (Barber)! Ob nicht mitunter ver- schleppt? G. Schultesii V. Tarnowitz: Segethwald (Wossidlo). Valerianella dentata Poll. var. lasiocarpa Koch. Schönau: Neukirch (Figert)! Scabiosa Columbaria L. genuina. Grünberg: zwischen der Barndt’schen Mühle und Lawaldauer Chaussee (Hellwig)! — Stenactis annua (L.) Nees ve. Es. am Kohlfurter Bahnhofe an verschiedenen Stellen (Barber); Deutsch-Wartenberg (Hellwig)!; Graben- ränder bei Glumbowitz, Kreis Wohlau (Schwarz)! Erigeron acer L. var. droebachiensis (O. F. Müll.) Grünberg: Cucawe am Eingange zur „Gruit‘“ (Kleiber)! + Solidago serotina Ait. Liegnitz: zwischen Hummel und Briese häufig an einem Waldgraben (Figert)!; Hirschberg: in Straupitz am Bache!!; Cosel: Kostenthal (Thiemich). Te Brittanica L. var. glabrescens Kab. Militseh: feuchte Wiesen bei Grabownitze (Callier) ! I. vulgaris Lmk. (I. Conyza DC.). Schweidnitz: Schluehten bei Seifersdorf (Schöpke); Glatz: bei den Mellinger Steinbrüchen (Kinscher). — Rudbeckia laciniata L. Goldberg: Neukirch an der Katz- bach, und häufig an der schnellen Deichsel bei Bärsdorf (Figert)!, an dieser auch weiter oberhalb bei Petersdorf (Sch.). Bidens tripartitus L. var. integer C. Koch. Liegnitz: zwischen Oyas und Wahlstatt äusserst zahlreich und nur diese Form (Figert)! Filago canmescens Jord. Schweidnitz: Aecker bei Esdorf und spärlich am Neumühlwerke in Kroischwitz (Schöpke). Gnaphalium supinum L. steigt im Langen Grunde bis St. Peter hinab, 900 m (Schöpke). Helichrysum arenarium (L.) DC. anthodiis rubris bei Pirnig, Kreis Grünberg (Hellwig)! Der Typus bei Schweidnitz: Lehnen bei Nieder - Grunau, Popelberg, Steinbruch bei Nitschendorf (Schöpke); Strehlen: Chausseerand bei Riegersdorf (Kruber)! Anthemis tinctoria L. Münsterberg: Bärwalde; Glatz: Hollenau (Kinscher). Ausserdem verschleppt in der Ponte zu Görlitz (Barber). Mairicaria Chamomilla L., die dem Gebirge sonst fehlt, bei Teschen: Freistädter Vorstadt im Getreide viel (Kotula). —+- M. discoidea DC. [am Chausseerand in Wurzelsdorf a. d. Iser (Barber)]; Schweidnitz: auf Schutthaufen am neuen Kirchhofe (Schöpke). Chrysanthemum corymbosum L. Jablunkau: Komna in einem der südlich gegen die ungarische Grenze streichenden Querthäler (Kotula). der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 1, Doronicum austriacum Jacg. im Glatzer Schneegebirge am Nord- abhange des Puhuberges bis Heudorf hinab in grosser Menge (Barber). Senecio paluster (L.) DC. Militsch: auf Torf bei Nieder-W oid- nikowe (Callier) ! 8. crispatus DC. (erw.) Teschen: am Berge Jasienowa bei Golleschau zwischen dem Chelm und dem Tul (Kotula). S. nemorensis L. Schweidnitz: Wilkauer Busch (Schöpke) ; Strehlen: Ruppersdorf im Häbsch, Baumgartbusch (Kruber)! — Die var. Fuchsii (Gmel.) am Prieborner Marmorbruch (Kruber)! Carlina acaulis L. var. caulescens (Lmk.) im Glatzer Schnee- gebirge am Wege von Maria Schnee nach dem Puhu (Barber); var. purpurascens Aschs. Gesenke: am Fichtig bei Ramsau (Kionka). Cirsium acaule (L.) All. Lüben: Lerchenborn, Klein-Krichen!, an beiden Orten häufig (Figert); Löwenberg: Kalkhügel bei Moys spär- lich (Max Fiek)!; Militsch: Nieder - Woidnikowe!. Klein - Tschenkawe (Callier)! — Forma caulescens Pers. um Grünberg: unter dem Bober- niger Berge (Kleiber)!; um Gross-Krichen bei Lüben nicht selten und bis 30 em hoch (Figert)!; Militsch: Wald zwischen Wembowitz und Wirsch- kowitz (Callier)! C. acaule X oleraceum (C. rigens Wallr.). Lüben: Lerchen- born (Figert)!; [Bojanowo (©. Scholz)!] C. oleraceum X rivulare DC. Landeck, bis zum Klessengrund (Runge); Tarnowitz: Reptauer Thiergarten (Fabian nach Wossidlo). C. canum X palustre (C. silesiacum Schz. Bp.) Löwenberg: Boberwiesen bei Plagwitz (Max Fiek)!; feuchte Wiesen bei Exau, Kreis Wohlau (Schwarz)! | Carduus erispus L. Strehlen: Glambacher Wald! und überhaupt in den Wäldern an der Kryhne (Kruber). Lappa maior X tomentosa Ritschl. Liegnitz: Rosenau (Figert)!! Centaurea Pseudophrygia C. A. Mey. Schmiedeberg: Wiesen oberhalb Buschvorwerk gegen den Forstkamm!!; Teschen: Konskauer Wald (Kotula). C. Scabsosa L. albiflora. Schönau: Neukirch am alten Kalkofen vereinzelt (Figert),. — Die Var. spinulosa (Rochel) bei [Bojanowo (C. Scholz) !]. Arnoseris minima (L.) Lk. Löwenberg: am Kunzendorfer Kalk- busch (Max Fiek); Schmiedeberg: Aecker nördlich von Arnsdorf (Ger- hardt). Im Vorgebirge sehr selten. Thrincia hirta Rih. Muskau: torfige Wiesen des früheren - Zdutschony-Teiches bei Schleife (Callier)!; Grünberg: zwischen der Barndt’schen Mühle und der Lawaldauer Chaussee mit Helleborine!, Rothes Seechen (Hellwig)! 1889, 12 178 Jahres - Bericht Scorzonera humilis L. Breslau: Oswitzer Wald (Sch.); Lublinitz: Grojetz bei Lubschau!! Hypochoeris glabra L. Löwenberg: unterhalb der goldnen Aus- sicht, südlich vom Kunzendorfer Kalkbusch bis Görisseiffen!, Krummöls gegen Neundorf!, Probsthainer Spitzberg gegen die Feldhäuser (Max Fiek)! Chondrilla juncea L. Breslau: bei Auras (Thiemich). Lactuca Scariola L. auf dem Bahnhofsterrain in Kohlfurt stellen- weise häufig (Barber). Crepis paludosa (L.) Much. var. brachyotus ik. Sumpfwiesen am Landeshuter Kamme oberhalb Rothenzechen gesen Neudorf!! Hieracium vulgatum L. var. latifolium W. Gr. Bögenberge bei Schweidnitz (Felsmann). | H. prenanthoides Vill. im Mummelthal (Riesengebirge) herab- steigend bis wenig oberhalb der Baude (Barber). Jasione montana L. floribus roseis auf dem Liegnitzer Exercier- platz (Figert)! Campanula latifolia L. Strehlen: Ruppersdorfer Wald (Kruber)! C©. Rapunculus L. Proskau am Waldrande bei der Pomologie! (Richter). Nach Ansicht des Finders spontan. Oxycoccus palustris Tourn. fruetibus ellipticis in der Görlitzer Haide am Südrande des Wohlen-Sees (Barber), -— Die Var. microcarpus (Turczan.) ist nach den Beobachtungen Barbers in der Görlitzer Haide fast ebenso häufig als der Typus und scheint ihm die Form trocknerer oder der Pflanze weniger zusagender Standorte zu sein. — Die Grund- form bei Militsch: Goidenowe (Callier)!; „Haberwiesen“ am Glatzer Schneeberge mit Andromeda (Weberbauer)! Ledum palustre L. Militsch: Kesselsdorf, noch im Gr.-Warten- berger Kreise (Sch.). Vinca minor L. Schmiedeberg: Buchwald (Hieronymus); Schweid- nitz: Wälder bei Ludwigsdorf (Schöpke); Strehlen:: Bauerwald bei Töppen- dorf (Kruber); Zuckmantel: Mariahilf (Sch.). Gentiana eruciata L. Schönau: Neukirch auf buschigen Kalk- hügeln nicht selten (Figert) ! t G. ciliata L. Hirschberg: Boberröhrsdorfer Kalkberg (Max Fiek)!; Striegau: Fichtenthal (Kionka); Glatz: Althaide, Märzdorf, Steinwitz (Kinscher)! G. campestris L. Schweidnitz: Hohe Wegränder am Wege von Cammerau nach Ober-Kunzendorf (Seidel)! G. Amarella L. a. uliginosa W. [Bojanowo: Wiesen bei Lang Guhle (C. Scholz) !] der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur, 179 G. obtusifolia W. am Landeshuter Kamme ausser den in den letzten Jahresberichten angegebenen Fundorten noch auf anderen Wald- wiesen, z. B. oberhalb Rothenzechau gegen Neudorf!!; Hohe Eule bei den „Sieben Kurfürsten‘ (Schröder)! Cuscuta lupuliformis Krocker. Breslau; Weidengebüsche bei Klein-Tschansch (Max Fiek)! - Solanum Lycopersicum L. (Lycopersicum esculentum Mill.) Grünberg: am Weinbergsdamm auf Dunghaufen (Hellwig)! Verbascum phlomoides L. Militsch: am Damme der Brande bei Grabownitze (Callier)! V. Blattaria L. Strehlen: am Wege von Ruppersdorf nach Tsehanschwitz (Kruber). V. Lyehnitis X nigrum (V. Schiedeanum Koch) Lüben: Alt- stadt am Kirchhügel (Figert)! — Linaria Cymbalaria (L.) Mill. Grünberg: Saabor im Schloss- sraben (Kleiber)! L. Elatine (L.) Mill. Breslau: Schönbankwitz und Poln.-Neudorf (Kionka)! L. spuria (L.) Mill. Breslau: Schönbankwitz (Kionka). Mimulus luteus L. in Schreiberhau (Runge). Gratiola officinalis L. Görlitzer Haide: Gräben im Rev. Tiefen- furt und Schönberg, bei Colonie Nieder-Bielau, Schönberger Hammer- - teich (Barber); Liegnitz: Kuchelberg in einem Feldgraben häufig (Figert)! Digitalis ambigua Murr. Görlitz: im Laubholz zwischen dem Siebenhufener Chausseehause und Ebersbach (Barber); Strehlener Berge häufig (Kruber). Veronica montana L. Schweidnitz: feuchte Waldstellen am Huhlberge bei Ludwigsdorf (Schöpke). V. offieinalis L. Form mit 2reihig behaartem Stengel und dunkel- blauen Blüthen bei Grünberg: Wittgenauer Berge gegen Ochelherms- dorf (Schröter)!; eine andere Form mit drüsenhaarigen Blüthentrauben und halb so grossen Blüthen und Kapseln bei der Bergwerks-Ziegelei unweit Grünberg (Hellwig)!; am Telegraphenberge daselbst auch die Var. spadana Lej. (Hw.)! | V. serpyllifolia L. mit dunkelblauen Blüthen auf der Schneekoppe (Schöpke). V. opaca Fr. Hirschberg: Kartoffeläcker westlich von Nieder- Herischdorf viel!!; bei uns mit- Gewissheit nur im Vorgebirge. Euphrasia coerulea Tsch. Schreiberhau: Abstieg von Jacobo- thal nach Neuwelt (Schöpke). Melittis Melissophyllum L. Tarnowitz: Segethwald (Breitfeld). Brunella grandiflora Jgu. Trebnitz: Moltkehöhe (Thiemich). 12* 180 Jahres - Bericht Ajuga genevensis X reptans Lasch Liegnitz: beim Pantener Forsthause (Figert)! + Teucrium Scorodonia L. Bahndamm der Oberlausitzer Eisen- bahn im Rev. Kohlfurt westlich der Tschirnewiesen ein grosser Stock (Barber)!; Lauban: Bahndamm bei Lichtenau (Kahle) ! T. Scordium L. Strehlen: Karischer Mergellöcher (Kruber) ! Utricularia neglecta Lehm. Görlitzer Haide: Tümpel der Barte- wiesen im Rev. Mühlbock (Barber)! U. intermedia Hayne. Görlitz: Krauschteich bei Penzighammer (Barber)! U. ochroleuca R. Hartm. (U. brevicornis CIk.) Görlitzer Haide: Langenauer Torfstich und in Sumpflachen am Fuchsberge bei Langenau (Barber)!; auch im Torfstiche am Wege von Daubitz nach Tränke 1889 von Kahle (!) wieder aufgefunden. U. minor L. Görlitz: Langenauer Torfstich (Barber)! Anagallis coerulea Schreb. Ellguth-Zabrze bei Gleiwitz (F. W. Scholz)! Hottonia palustris Z. Tarnowitz: Truschütz an der Malapane (Wossidlo). Plantago maior L. f. bracteis foliae. Reussendorf (Felsmann). Pl. lanceolata L. f. spicis ramosis. Ebenda (Ders.). Polycnemum arvense L. in besonders grossen kräftigen Exem- plaren bei Militsch: Brachen am Bahnhofe (Callier); Schweidnitz: Weg- ränder bei Schwengfeld (Schöpke). + Salsola Kali L. Rothenburg a. O.: im Gässchen bei der Apotheke viel (Hellwig)! Rumex obtusifolius L. var. agrestis (Fr.). Liegnitz: in Pfaffen- dorf!, Neuhof, Bischdorf, Kniegnitz, Oyas!, Raischmannsdorf! (Figert); Goldberg: an der Katzbach! (Ders.). R. crispus L. mit gezähneltem bis gezähnten inneren Perigon- zipfeln bei Liegnitz: Malitsch!, Raischmannsdorf! (Figert). R. crispus X obtusifolius (R. pratensis M. K.) Liegnitz: Gross-Beckern (Figert)! R. arifolius All. im Isergebirge bei Karlsthal und auf der Kobel- wiese (Schöpke). | R. Acetosella L. var. multifidus (L.) Grünberg: Oderwald (Hellwig)! ä Polygonum mite Schrk. ist ausserhalb der Oderniederung — wie es scheint — wenig verbreitet, aber gewiss vielfach übersehen. Bei Liegnitz nicht gerade selten, z. B. Wahlstatt, Bischdorf, Rosenau, Liebenau, Oyas! (Figert); Sehweidnitz: in Gross-Wilkaul! der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 181 P. Persicaria X minus Aschs. Liegnitz: Bruch, Boberau nicht selten (Figert)! P. minus X mite Wilms. Liegnitz: Liebenau!, Sophienthal!, Bruch! (Figert). Euphorbia stricta L. Grünberg: im Oderwalde sparsam (Hell- wig)! Nördlichster Standort. E. Cyparissias L. Görlitz: Bahndamm bei Kohlfurt unweit der Tschirnewiesen (Barber). Die. wenigen Standorte dieser Art westlich vom Bober sind alle erst in neuerer Zeit beobachtet und wohl auf Ein- schleppung zurückzuführen. E. Iucida X Cyparissias Wimm, Maltsch: Oderwald (Figert)! Mercurialis annua L. Görlitz: häufig auf dem Schutte der Ver- bindungsstrasse vom Schlachthof zur Krölstrasse, auch in den. Anlagen der Kahlbaum’schen Heilanstalt (Barber). Urtica dioeca L. var. microphylla Hausmann Liesnitz: Waldau selten (Figert)!. — Var, angustifolia Ledeb. bei Goldberg: Siegendorf (Figert)!. — Var. hispida (DC.). Grünberg: Dammerau bei der Niedermühle, mit auffallend tief gesägten Blättern (Hellwig)!; Asnetendorf im Riesengebirge!! Fagus silvatica L. bildet noch bis zum Gipfel der Grossen Czantory (bei fast 1000 m) dichten Wald mit starken Stämmen; der höchste Bestand ist jedoch auf der Südseite des Korkonosch im Riesen- gebirge bei nahezu 1200 m. — Die von mir im letzten Jahresberichte publieirte Var. puberula ist einzuziehen, weil sie nur eine abnorme Form darstellt, nämlich an Spättrieben nach Frostbeschädigung, wie ich solche im Juli 18389 lebend am Hemmhübel in Agnetendorf beobachten konnte (vergl, Nathorst in Verh. des Bot. Ver. Brandenburg XXI Sitzungsber., S. 99, 100). Quercus Robur X sessiliflora (@. hybrida Bechst.) Schönau: am Waldrande bei Neukirch (Figert)! + Alnus serrulata W. Görlitz: am Langenauer Torfbruch (Barber)!; Hirschberg: Hölle bei Flachenseiffen (Max Fiek), Cammers- waldau!! A. serrulata X glutinosa (A. silesiaca Fiek). Goldberg: Stein- berg mehrfach (Figert). A. glutinosa X incana Krause. Liegnitz: um die Bruchmühle mehrfach (Figert)!. Dies die A. Tauschiana Callier (A. super- glutinosa X incana); Schweidnitz: am Teichenauer Wasser unter der Würbenschanze zahlreich, einige Sträucher am Bache in Ober-Bögen- dorf (Schöpke). Salix Caprea L. Ein schöner, ansehnlicher Baum von besonders grossem Stammumfange (0,97 m in einer Höhe von 0,30 m über dem 182 Jahres-Bericht Erdboden), wie er gewiss äusserst selten zu finden ist, bei Taschenhof, Kreis Goldberg (Figert) ! S. aurita X purpurea Wimm. Lüben: Klein-Reichen; Liegnitz: Hummel bei einer Ziegelei (Figert)! Alisma arcuatum Michalet var. graminifolium (Ehrh.), Militsch: Teiche zwischen der Stadt und Duchawe (Callier) ! A. natans L. Görlitzer Haide: in den Tschirnetümpeln am Süd- rande der Tschirnewiesen im Rev. Rothwasser, ebenso in Gräben in Jagen 32 und im Rev. Rabenhorst, Jagen 44 (Barber). Scheuchzeria palustris L. Görlitzer Haide: im Schaukelmoor des Kohlfurter Hammerteiches und häufig auf der alten Teichwiese (Barber) ! Potamogeton semipellucidus Koch u. Ziz. Görlitz: in der srossen Tschirne bei Mühlbock (Barber)!; Liegnitz: zwischen Seedorf und Arnsdorf (Figert)! P. lucens L. var. ovalifolius M. K. Grünberg: Liebings Luch bei Droschkau (Kleiber)!; Militsch: im Grabownitze-Teich (Callier)! P. gramineus L. var, graminifolius Fr. Militsch: Grabownitze- Teich (Callier)! P. compressus L. Trachenberg: Gräben bei Korsenz (Schwarxrz)!; Militsch: Collitze und Teich in Grabownitze (Callier)! P. acutifolius Lk. Liegnitz: zwischen Seedorf und Arnsdorf (Figert)!; Gleiwitz: Graben gegenüber der Wieloch’schen Badeanstalt (Jungek)! P. obtusifolius M. K. Görlitz: Ludwigsdorfer Lache (Barber); Grünberg: in der alten Oder im Oderwalde mit Salvinia (Hellwig)!; Trachenberg: Lehmgruben bei Ragosawe (Schwarz)!; Gleiwitz im alten Klodnitzarm unweit Schleuse 17 (Jungck)! P. irichoides Cham. et Schldi. Schlammlöcher bei Löchel, Kreis Wohlau (Schwarz)! P. pectinatus L. Trachenberg: in der Orla bei Korsenz (Schwarz)!; Militsch: in einem Teiche gegen Duchawe (Callier) ! Naias marinaL.(p.p.). Grünberg: im Saaborer See (Schwettke und Kleiber)! Neu für Niederschlesien. Sparganium ramosum Huds. Reussendorf (Felsmann). Sp. minimum Fr. Grünberg: Zahner See (Kleiber)! Orchis sambucina L. Görlitz: an den buschigen Lehnen zwischen dem Siebenhufener Chausseehause und Ebersbach in beiden Farben (Barber)!; Teschen: nordwestlicher Abhang der Godula bei Cameral- Ellgoth (Kotula), gleichfalls gelb und roth. O0. mascula L. Strehlen: Birkbusch bei Ruppersdorf sparsam (Kruber)! der Sehles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 183 O. ustulata L. Bolkenhain: am Wetzelberge bei Seitendorf!! OÖ. incarnata L. Militsch: Bahnausstiche bei der Stadt (Callier)!; Strehlen: Mergelgruben bei Kanschwitz (Kruber)! Platanthera viridis (L.) Lindl. Görlitzer, Haide: Zartewiesen im Rev. Mühlbock (Barber)!; Grünberg: Wiesen an der Ochel bei Ochelhermsdorf (Schröder)! Neu für das nördliche Gebiet und für die eigentliche schlesische Ebene. P. montana (Schmidt) Rehb. fil. Strehlen: Bärwald bei Eisen- berg (Kruber)! Epipogon aphyllus (Schmidt) Sw. Eulengebirge: Eulgrund bei Zedlitzhaide (Schröder) ! Epipactis palustris (L.) Orntz. Lauban: Stolzenberg (Lieut. Hanspach t. Barber); [Bojanowo: Lang-Guhle (C. Scholz)!]; ‘Teschen: Bystritz oberhalb der Kirche am linken Ufer der Gluchowa (Kotula). Goodyera repens (L.) R. Br. Breslau: auf dem Pitschenberge bei Ingramsdorf (Seidel)!; Glatz: Kegelberg (Kinscher)! Helleborine spiralis (L.) Bernh. Grünberg: zwischen der Barndt’schen Mühle und der Lawaldauer Chaussee (Hellwig); Teschen: bei Mosty und sonst am Fusse des Gebirges (Kotula). Coralliorrhiza innata R. Br. Teschen: Golleschauer Berg, am kleinen Ostry, ob hier noch? (Kotula)! Liparis Loeselii (L.) Rich. Grünberg: Zahner See (Kleiber)! Iris sibirica L. Guhrau: Wikoline (E. Frank t. Schröter). Leucoium vernum L. an der Boberquelle bei Schatzlar häufig 2blüthig, auch nicht selten mit (2) verwachsenen Fruchtknoten und mehr als 6 Perigonblättern und Staubblättern. + Narecissus Pseudonarcissus L. Görlitz: am Rothwasser bei Moys (Barber). Galanthus nivalis L. Militsch: Dämme bei Melochwitz (Callier)!; nördlichster Standort. + Tulipa silvestris L. Görlitz: Wiese beim Dominium Ober- Moys, auch blühend (Barber). Lilium Mariagon L. Wald bei Kath.-Hammer, Kreis Trebnitz _ (Callier)! Rechts der Oder in Niederschlesien sehr selten. Anthericum ramosum L. Zedlitz bei Ohlau auf Sandbergen (Pax). Gagea minima (L.) Schult. Münsterberg: Bärwalde (Kinscher)! Allium acutangulum Schrad., sonst vorherrschend auf Alluvium beobachtet, bei Grünberg mehrfach auf Diluvium, so noch auf Wiesen im Blümelfeld (Hellwig)!; Strehlen: Mergelsruben bei Peterwitz (Kruber)! A. Scorodoprasum L. Teschen: Alt-Teschen am Wege zur alten Schanze (Kotula). 184 Jahres - Bericht Muscari botryoides (L.) DC. Görlitz: Wiesen beim Dominium Ober-Moys (Barber)! { M. comosum (L.) Mill. Strehlen: Aecker östlich von Ruppers- dorf (Kruber)! Convallaria majalis L. im grossen Kessel des Gesenkes, noch Ende Juli in schönster Blüthe (Sch.). Veratrum Lobelianum Bhdi. Rokitnitz bei Tarnowitz (Breitfeld). Juncus filiformis L. Militsch: Wiesen nordwestlich der Stadt (Callier)! Neu für die rechte Oderseite in Niederschlesien, J. atratus Krocker Breslau: feuchte Sandstellen oberhalb Kott- witz gegen Zedlitz (Max Fiek)! J. capitatus Weigel Schönau: Neukirch gegen Steinberg (Figert)! J. tenuis W. Niesky: Weg nach Trebus (Kahle)!; Görlitz: in den Revieren Rothwasser und Könnteberg der Haide (Barber)!, Langenauer Dorfhaide (Derselbe)!; Hirschberg: grasiger Fusssteig des Bergrückens zwischen Tschischdorf und Nieder-Langenau!!; östliehster Standort. Luzula flavescens (Host.) Gaud. Teschen: am Uebergange vom Golleschauer Berge zum Tul; Jablunkau: im Thale Kostköw (Kotula). L. silvatica (Huds.) Gaud. Isergebirge: von der Ludwigsbaude gegen Hartenberg im Walde (Schöpke); Mittelberg und Klessengrund am Glatzer Schneeberge (Barber). L. angustifolia (Wulf.) Gcke. var, fuliginosa Aschs. Lissa hora unter der Spitze westwärts (Kotula). L. pallescens (Whinb.) Bess. Hohe Eule bei Wüstewaltersdorf (Schröder)! Cyperus flavescens L. Militsch: Schwentroschine (Callier)! Scirpus pauciflorus Ligthf. Jablunkau: feuchte Bachränder links der Strasse nach der Schanze schon 1872 (Firle)! $S. maritimus L. Lüben: Lerchenborn (Figert)!; Trachenberg: Kenzie in Wiesengräben, hier die var. compactus Hoffm. (Schwarz)!; Strehlen: an der Lohe bei Gurtsch (Kruber). S. Michelianus L. Breslau: ÖOderlachen bei Wilhelmshafen (Friedrich). Carex dioeca Z. Gleiwitz: hinter der Hütte und am Rande des Labander Waldes (Jungck)! C. Davaillana Sm. Liegnitz: Arnsdorf südlich vom Bahnhofe ziemlich häufig (Figert)!; Bolkenhain: Wiesen vor dem Butterberge !!, oberhalb Halbendorf viel!! C. pauciflora Ligthf. Görlitzer Haide: Quellsumpf des Seufzer- wiesenwassers (Barber)!; Schreiberhau: bei Jacobsthal unter Knieholz (Schöpke)! der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 185 ©. eyperoides L. Löwenberg: Wiesengraben hinter Siebeneichen (Max Fiek), Hartliebsdorf (Dresler); Skotschau: Pogorzer Teiche (Kotula). C. chordorrhiza Ehrh. Görlitzer Haide: Schaukelmoor des Kohl- furter Hammerteiches (Barber)! C. disticha Huds. var. floribunda Peterm. Liegnitz: Neuhof auf Torfwiesen zahlreich (Figert)! C. arenaria L. Görlitz: hohe Ufer des Bielebaches und der Neisse bei Nieder-Bielau (Barber); Sagan: am linken Boberufer gegen Fischen- dorf (Wetschky)! C. brizoides L. Naumburg a. B.: Abhänge an der Chaussee süd- lich der Stadt (Hellwig)! C. paradoxa W. Görlitz: Tschirnewiesen bei Kohlfurt (Barber); Liegnitz: Kuchelberg im Wasserwalde (Figert). C. leporina L. var. argyroglochin (Hornem.) Jauer: Hess- berge am Pombsener Wege spärlich (Figert)!; Militsch: Eichengebüsch bei Karlstadt (Callier)!; Trebnitz: Buchenwald südlich von Schlottau (Derselbe)! C. vulpina Z. var. nemorosa (BRebent.) schön ausgeprägt bei Grünberg: Rohrbusch (Hellwig)! C. remota-brizoides (0. Ohmülleriana O. F. Lang) Goldberg: zahlreich in einem quelligen Gebüsch bei Taschenhof, mit kriechender Grundachse (Figert)! C. remota X vulpina (CO. axillaris Good.). Liegnitz: Kuchel- berger Wasserwald sehr selten (Figert). 'C. remoia X panniculata (O. Bönninghausiana Weihe) Gold- berg: Taschenhof (Figert)! 0. strieta Good. Eine sonderbare Form, bei der die 3—4 männ- lichen Aehrehen an der Spitze fast fingerförmig gedrängt beisammen- stehen, während’ das eine (selten 2) weibliche Aehrchen sich in grosser (bis 7 cm betragenden) Entfernung daran befindet, bei Trachenberg: Damnoer Lehmgruben (Schwarz)! C. Buxbaumii Whinb. Guhrau: bei Zechen (C. Scholz)!; Teschen: Lonkauer Teiche (Kotula). Im Teschener Gebiet von Kolbenheyer zwar angegeben, aber dort jedenfalls sehr selten. C. limosa L. Görlitz: auf der alten Teichwiese bei Kohlfurt und im Schaukelmoor des Hammerteiches (Barber) ! C. irrigua Sm. zwischen dem kleinen Teiche und der Schlingel- baude (Pax). R C. pendula Huds. an einer quelligen Stelle auf der Südseite des Zobten (Max Fiek)! Somit auch im Gebiete der Breslauer Flora. C. pallescens L. kommt zuweilen mit fehlenden oder doch ganz verkümmerten männlichen Aehrchen vor, wobei dann die weiblichen 186 Jahres-Bericht reichlicher aufzutreten pflegen, so bei Schönau: Falkenhayn zahlreich, 2 Aehrchen bis 6 (Figert)!; Melzergrund im Riesengebirge (Callier)! — Bei Liegnitz (am verlorenen Wasser bei Panten!) sammelte Figert eine Form, deren Schläuche ganz schnabellos waren. C. montana L. Teschen: Ogrodzoner Berg (Prof. Bolesl. Kotula), viel häufiger am Cheim bei Golleschau (A. Kotula). C. rostrata With. var. robusta DO Lüben: bei Krumm- linde selten (Figert). C. riparia Curt. var. gracilescens Hartm. Liegnitz: Kuchel- berg (Figert). C. filiformis L. Görlitz: Langenauer Torfbrüche, Hausterbruch bei Nieder-Bielau (Barber); Liegnitz: am kleinen Grundsee bei Arnsdorf zahlreich (Figert). C. hirta L. mit ästigen weiblichen Aehrchen, entstanden durch Auswachsen von Schläuchen zu Aehrchen wurde Sefunden. zwischen Tschiefer und Neusalz (Hellwis)!; [Bojanowo (C. Scholz)!]; Schweid- nitz: Ziegeleiteiche (Schöpke). Figert beobachtete dieselbe Erscheinung auch an Carex flacca Schreb., C. panicea L. und C. tomentosa L. — Setaria italica (L.) P. B. Schweidnitz: Gartenland in der Bögenstrasse (Seidel)! | Calamagrostis Halleriana DC. Schreiberhau: häufig auf Wald- plätzen von Neuwelt nach Carlsthal (Schöpke)!; auf dem Landeshuter Kamme nördlich der Friesensteine!!; Kupferberg: Bleiberge oberhalb des Rolfengrundes!! | + C. arenaria L. Als Rest früherer Anpflanzung auf Zedlitzer Sandhügeln bei Ohlau, zusammen mit Elymus arenarius L. (Pax.) Weingärineria canescens (L.) Bernh. Liebenthal: sandige Hügel an der Lähner Chaussee oberhalb Geppersdorf (Max Fiek)! Im Vor- gebirge sehr selten. Trisetum flavescens (L.) P. B. Grünberg: Fohlenkoppel bei Droschkau (Kleiber)!; Liegnitz: Boberau, Liebenau, Kniegnitz (Figert)! Melica ciliata L. var. transsilvanica (Schur). Bolkenhain: an Felsen in Nieder-Baumgarten (F. W. Scholz)!, Burgberg bei Seiten- dorf auf der felsigen südlichen Seite viel!! —+ Eragrostis minor Host. Liegnitz: Gänsebruch (Töpferberg) am Canal (Figert)! Poa compressa L. var. Langiana (Rchb.) Grünberg: bei Ochelhermsdorf (Schröder)! P, Choisi Vill. Gipfel der Lissa-hora, westlicher Abhang (Kotula). Festuca silvatica (Poll.) Vill, am Zobten sowohl nahe dem Gipfel!! als auch auf der Südseite unweit Striegelmühl (Max Fiek)! der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 18% Bromus mollis L. var. glabratus Döll. Strehlen: Ruppersdorf nicht selten, z. B. im Schulgarten (Kruber). B. racemosus L. Strehlen: Wiesen am Kirmesbusch bei Ruppers- dorf (Kruber)! B. patulus M. K. Oppeln: Aecker bei Gogolin (Schmidt)! Dritter Standort im Gebiet. B. erectus Huds. Schönau: Südostseite des Kitzelberges bei Kauffung!!; Strehlen: Gebüsch an den Ruppersdorfer Mergellöchern (Kruber)! Elymus europaeus Z. Schweidnitz: am Hahlberge bei Ludwigs- dorf (Schöpke), Pilularia globulifera L. Muskau: Gräben des Zdutschony-Teiches bei Schleife (Callier)! Lycopodium inundatum L. Liegnitz: Freiheit bei Kunitz um die Thongruben nicht häufig (Pharm. Wagner nach Figert)!; Teschen: Bystrzitz (Prof. Bol. Kotula). L. complanatum L. Grünberg: Droschkau (Kleiber)!; Löwenberg: Abhang am Seiffenbach gegen Görisseifien (Max Fiek)! L. Chamaecyparissus A. Br. Görlitzer Haide: Revier Langenau an der Kohlfurter Bahnstrecke (Barber)! Riesengebirge: oberhalb des Hainfalls an einer Stelle sparsam (Hieronymus). Egquisetum variegatum Schleich. Teschen: Bystrzitz am Gluchowa- Bache oberhalb der Kirche (Kotula). Ophioglossum vulgatum L. Grünberg: Rohrbusch im Kiefer- walde!, Rothes Seechen bei der neuen Maugscht! (Hellwig), in grosser Menge auf den torfigen Wiesen südlich von Ochelhermsdorf!, Waldrand beim Dammvorwerk daselbst, hier auch mit rundlicher Spreite (Schrö- der)!; Falkenberg: Scheppanowitzer Dominialwiesen (Seidel)! Botrychium Lunaria Z. Breslau: zwischen Bahnhof und Schloss Sibyllenort (Hieronymus). B. matricariaefolium A. Br. Grünberg: Weg am Kirchhofe in Heinersdorf (Schröder)!, unter dem Boberniger Schlossberge (Kleiber)!; Traehenberg: sparsam unter B. Lunaria an einem Teiche bei Klein- Bargen (Schwarz)!; auf einer kurzgrasigen Wiese in Euldörfel an der Hohen Eule zahlreich mit B. Lunaria (Schröder)! Osmunda regalis L. Guhrau: sumpfise Wiesen am Rande des Kiefernwaldes bei Wikoline, wenige Stöcke, doch seit mehr als 20 Jahren gut aushaltend (Frank t. Schröter). Wohl identisch mit dem Schumann’schen Standorte! (Sch.) Phegopteris polypodiodes Fee. Görlitzer Haide in den Revieren Könnteberg und Glaserberg verbreitet, spärlich im Revier Rabenhorst (Barber). 188 Jahres - Bericht P. Robertianum (Hoffm.) A. Br. Goldberg: Wolfsdorf an einer = Mauer (Figert)!; Schweidnitz: alte Dorfmauer in Peterwitz bei Königs- zelt (Seidel)! Aspidium montanum (Vogler) Aschs. Görlitzer Haide: in den Revieren Kohlfurt und Könnteberg an den Linien nicht selten (Barber)! Asplenium viride Huds. Glatzer Schneegebirge: im Thale vom Puhuwirthshause nach der Tropfsteinhöhle (Barber). A. germanicum Weis. Landeck: zahlreich am „grauen Stein‘ (Barber). Allosorus crispus Bhdi. Im Eulengrunde an Felsen bei ungefähr 850 m (Liebig); hier auch mit ausgezeichneten Uebergängen zwischen fruchtbaren und unfruchtbaren Blättern von mir beobachtet (Sch.). der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. i 189 NV: Bericht über die Thätigkeit der geographischen Section im Jahre 1SSsS9, abgestattet von Dr. J. G. Galle, zeitisem Secretair der Section. In der Sitzung vom 11. December theilte der Secretair der Section zunächst das Resultat von Vergleichungen der bisher angenommenen Seehöhe Breslaus mit den neueren Bestimmungen der Landesaufnahme mit. Die älteren Bestimmungen der Höhe Breslaus über der Meeresfläche und die sonstigen früheren Höhenbestimmungen in Schlesien, die man in der werthvollen Schrift von Prudlo (Die Höhenbestimmungen in Schlesien, Breslau 1837) zusammengetragen findet, stützten sich lediglich auf barometrische Messungen, bei denen Breslau selbst für die übrigen sehr zahlreichen Messungen in der Provinz den Mittelpunkt und Referenz Punkt bildete. Hier wurden von dem früheren Director der Sternwarte, Professor Jungnitz, mehrere Jahrzehnte hindurch zweistündliche Baro- meter-Beobachtungen eingerichtet, um den auswärtigen Beobachtern eine fortlaufende Gelegenheit zu Vergleichungen mit ihren eigenen Be- obachtungen zu bieten. Breslau wurde mehrfach mit Berlin und anderen entfernten Orten verglichen. Es wurde schliesslich von Jungnitz die Seehöhe des Spiegels des mittleren Oderstandes (d. i. der Kante des grossen Wehres gegenüber der Universität) zu 374,8 Par. Fuss = 121”,75 2 angenommen, womit für das um 97,6 Par. Fuss — 31,70 höhere Baro- meter im Saale der Sternwarte (den unteren offenen Schenkel desselben) eine Seehöhe von 472,4 Par. Fuss = 193",45 sich ergiebt. Indess erst das in den Jahren 1839 und 1840 auf Befehl des Königlichen Finanzministeriums von Hoffmann und Salzenberg aus- geführte trigonometrische Nivellement der Oder hat die Kenntniss der 190 Jahres - Bericht Seehöhe verschiedener Punkte in der Nähe des Oderlaufes und ins- besondere der Breslaus auf einen erhöhten Grad der Genauigkeit ge- ” bracht und ergab für die barometrische Bestimmung (ungeachtet der grossen Menge der dabei zu Grunde liegenden Beobachtungen, vielleicht theilweis auch in Folge der damals noch minder genauen Berechnungs- weise) einen Fehler von 6 Metern, um welche dieselbe zu gross war. Die Seehöhe des Barometers der Breslauer Sternwarte stellte sich damit auf 453,62 Par. Fuss — 147,354, welche hiernächst seit jetzt etwa 50 Jahren den darauf sich stützenden Anwendungen zu Grunde gelegen hat. Inzwischen sind in dem verflossenen Jahrzehnt bei der Königlich preussischen Landesaufnahme die neueren verfeinerten Methoden der geometrischen Nivellements in Anwendung gekommen, welche die Sicherheit der gewonnenen Resultate gegen das frühere trigono- metrische Nivellement noch erheblich erhöht haben. Mit Benutzung der darüber publieirten Angaben wurden deshalb von dem Vortragenden mehrere der in der Landesaufnahme berührten und von den Pfeilern auf der Galerie der Sternwarte aus sichtbaren Punkte mit diesen Pfeilern verglichen und auf trigonometrischem Wege der Höhenunterschied be- stimmt. Es betraf dies die Thurmknöpfe (oder einige andere Punkte) von Michaeliskirche, Wasserhebewerk, Mauritiuskirche, Salvator- kirche, Synagoge, Elisabethkirche, Trinitatiskirche und Nicolai- kirche, und wurde aus diesen Bestimmungen im Mittel die Correction der bisher angenommenen Breslauer Höhen = — 0”,31 gefunden. — Einen fernerenu und an sich genaueren Vergleichungspunkt bildete der in das geometrische Nivellement unmittelbar einbezogene Nullpunkt des Pegels an der Bürgerwerder-Schleuse, welcher bei dem vor einer Reihe von Jahren er- folgten Umbau der Schleuse möglichst unverändert beibehalten worden ist. Hier ergab die Vergleichung der früher bestimmten Seehöhe mit der neueren eine Correction der ersteren — — 0”,32, mit dem Mittel aus den trigonometrisch verglichenen Objecten fast genau überein- stimmend. — Endlich wurde zur Prüfung auch noch eine im Jahre 1874 von Sadebeck mitgetheilte Höhenbestimmung des Knopfes der Elisabethkirche mit der der Landesaufnahme verglichen, welche die Correction jener — — 0,35 ergab. — Nimmt man bis auf weiteres aus diesen 3 Zahlen das Mittel, so ist als Correetion der bisherigen Breslauer Höhenangaben nur der geringe Betrag von — 09,327 anzunehmen, um dieselben auf den bei der Landesaufnahme jetzt als Meeresfläche zu Grunde liegende Normal-Nullpunkt (N. N.) zu beziehen: ein überaus günstiges Zeugniss für die auch schon durch das trigono- metrische Nivellement im Jahre 1840 erlangte Genauigkeit. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 191 Dieses N. N. liegt nach den Bestimmungen des Königl. Geodätischen Instituts 0%,056 über dem Mittelwasser der Ostsee bei Swinemünde, 0%,037 unter dem Mittelwasser der Nordsee bei Amsterdam, 0®,186 unter dem Nullpunkt des Amsterdamer Pegels und genau 37 Meter unter der hierfür als Grundlage dienenden Marke am Nordflügel der Berliner Sternwarte. Um Seehöhen über dem mittleren Ostseespiegel bei Swinemünde zu haben, hat man demnach an die bisher angenommene Seehöhe von Breslau die etwas kleinere Correetion — 0,271 anzubringen und es ergiebt sich für das Barometer- Niveau der Sternwarte: 147,03 über N. N. 147”,08 über der Ostsee. Für Beobachter, die in einer andern Seehöhe sich befinden und ihre Beobachtungen mit den täglich in den hiesigen Zeitungen veröffent- lichten Angaben des Sternwarten-Barometers vergleichen wollen, ist dem- nach daran zu erinnern, dass eine Vergrösserung der Seehöhe um 11” (genauer 10,65) den Barometerstand um 1”” verkleinert und um- gekehrt. Die verbesserten Seehöhen einiger anderer bemerkenswerthen Punkte in Breslau sind: Nullpunkt des Unterpegels an der Bürgerwerdersehleuse 110,8 Fuss des Universitäts - Gebäudes und der Sternwarte ((Eanpemann) a ae ee u een 118”,4 BessudesPluaihhauses =... „u... Mae ne ae 120”,0 En Seoes# ilisäbeth-Phurmesume iin. ne mn 1196 See sselbene. en ee Se late see 210,6 Schliesslich möge noch erwähnt werden, dass im Juni 1856 von der Sternwarte aus eine Bestimmung der Seehöhe der Schienen des Niederschlesisch-Märkischen Bahnhofes ausgeführt und diese mit der in jener Zeit von dem Ingenieur Rosenbaum nach dem Eisenbahn-Nivelle- ment angenommenen Seehöhe dieser Schienen über dem Amsterdamer Pegel verglichen wurde, wobei (mit den damaligen Annahmen über die Höhe dieses Pegels) nur eine Differenz von 0”,1 sich fand. Den Anlass hierzu gab eine Ermittelung der Höhe von Prag, welche von dem damaligen Director der Prager Sternwarte, Professor Böhm, auf doppeltem Wege erreicht wurde, einmal durch die Benutzung der Eisenbahn-Nivellements von Prag über Dresden nach Berlin, das andere Mal durch die von Prag über Olmütz und Oberschlesien nach Breslau, Auf beiden Wegen wurde der Anschluss an trigonometrische Höhen- bestimmungen über der Ostsee erreicht und die erlangten Resultate für die Höhe von Prag stimmten gleichfalls in vorzüglicher Weise überein. Schon damals erschien daher das trigonometrische Oder-Nivellement von 192 Jahres - Bericht 1840 nur mit einem geringen Fehler behaftet, was nun durch die neueren Nivellements sich noch bestimmter bestätigt hat. Rücksichtlich einiger anderer Punkte der Stadt, welche ausser dem Unterpegel in das geometrische Nivellement der Landesaufnahme direct mit einbezogen sind, worüber aber die näheren Nachweise dem Vor- tragenden bisher nicht vollständig zugänglich waren, bleibt eine Ver- gleichung mit der Seehöhe der Sternwarte noch vorbehalten, Es folgte hierauf ein fernerer Vortrag des Secretairs der Section über Normalzeit, Nationalzeit, Regionalzeit und Weltzeit und deren Einführung statt der Ortszeit in das bürgerliche Leben. Schon in einer allgemeinen Versammlung der Gesellschaft vor fünf Jahren hatte der Vortragende rücksichtlich einer Einführung der für die neueren Verkehrsanstalten (Eisenbahnen und Telegraphen) nothwendig er- forderlichen Normalzeiten irgend welcher Art auch in das bürgerliche Leben seine Ansichten dahin ausgesprochen, dass in Ländern von irgend etwas grosser ostwestlicher Ausdehnung eine solche Abweichung ven der natürlichen, dem Laufe der Sonne entsprechenden Tageseintheilung für die grosse Mehrheit der ansässigen Bevölkerung nicht wünschens- werth und mit verschiedenen Unzuträglichkeiten verbunden sei. Nur einer verhältnissmässig sehr kleinen Minderheit der Bevölkerung, den Reisenden und den Beamten der Verkehrsanstalten, würden einige mässige Beschwerden dadurch erspart, welche ihnen zuzumuthen, gegenüber den Uebelständen für die Gesammtheit, nicht füglich als unbillig zu be- trachten sei. Nun ist zwar in neuerer Zeit in mehreren Ländern die Uebertragung der Normalzeiten der Verkehrsanstalten auch auf das bürgerliche Leben tkatsächlich durchgeführt worden und meist wohl ohne allzu grossen Widerspruch der Bevölkerung, indess geschah dies einestheils in Ländern von nur mässiger ostwestlicher Ausdehnung, anderntheils bei dem Re- gional-System in Amerika mit seinen Stundenzonen in Gegenden, wo die Bevölkerung zom Theil noch weniger dicht und das ganze Länder- gebiet ein staatlich zusammengehöriges ist. Dieses letztere System ist es, welches in neuerer Zeit von mehreren Eisenbahn-Verwaltungen auch für Europa vorzugsweis angestrebt wird und für den inneren Dienst auch wohl mit Recht. Was jedoch weiter die Uebertragung dieses Systems auf das bürgerliche Leben betrifft, so sind auch hierbei die Bedenken nicht behoben, welche gegen stetige Unrichtigkeiten der Uhren um mehr als eine halbe Stunde gegen den Sonnenlauf und die Ungleichheiten der Vormittage und Nachmittage um mehr als eine Stunde hervortreten. Der Vortragende führte in dieser Hinsicht folgendes aus. In Europa bot sich nach der allgemeinen Verbreitung der Eisenbahnen als einheit- liche Normalzeit für den inneren Dienst dieser Verkehrsanstalten, wie - zu f der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 193 sie zur Regelung der Fahrpläne ete. nothwendig erfordert wird, am nächsten und natürlichsten die Zeit eines möglichst in der Mitte jedes Verkehrsgebietes gelegenen Hauptortes, meist der Hauptstadt des Landes, dar. In dieser Hinsicht ist für den preussischen Staat und das ganze mittlere Deutschland von Anfang an bis jetzt die Berliner Zeit zu Grunde gelegt worden; nur in Süddeutschland giebt es für Bayern, Württemberg und Baden noch Münchener, Stuttgarter und Karlsruher Zeit, Aehnlich ist es in der Schweiz, den Niederlanden, Belgien, Frankreich, Italien, wo nach der Zeit von Bern, Amsterdam, Brüssel, Paris, Rom gerechnet wird. In allen diesen Ländern hat man danach gestrebt, dass diese im inneren Dienst der Verkehrsanstalten benutzte Zeit von den Ortszeiten nicht allzuweit abweichend sei. Bei Ländern von nicht zu grosser ostwestlicher Ausdehnung ist man dann vielfach dazu übergegangen, zu einer gewissen Erleichterung für die Reisenden und Verkehrsbeamten diese Normalzeiten — die in diesem Falle den Charakter von National- zeiten hätten — auf das ganze bürgerliche Leben der Nachbarorte und selbst des ganzen Landes auszudehnen, was bei Zeitdifferenzen bis zu einer Viertelstunde nicht allzusehr bemerkbar wird und meist ohne sonder- lichen Widerspruch der Bevölkerung hingenommen worden ist. So ist in England und Schottland die Greenwicher Zeit eingeführt, in Irland jedoch die Dublirer Zeit; ähnlich verfahr man in anderen Nachbarstaaten von Deutschland. In den Vereinigten Staaten von Nordamerika, wo die Zeitunterschiede von Ost nach West auf 4 bis 5 Stunden steigen, war dies selbstverständlich nicht möglich, ähnlich wie die bei den russischen ‚Verkehrsanstalten eingeführte Petersburger Zeit nicht überall in diesem grossen Reiche die Stelle der Ortszeiten vertreten kann. In Amerika kam man daher, um die Normalzeit der Verkehrsanstalten nicht allzu weit von der Ortszeit abweichen zu lassen, noch auf den Gedanken der sogenannten Regionalzet. Man theilte den ganzen amerikanischen Continent in vier um je 15 Längengrade von einander abweichende, also einem Zeitunterschiede von je einer Stunde entsprechende Abschnitte (aueh Zonen genannt), so dass in dem ersten Abschnitte nach Ortszeit des 75. Grades = 5 Stunden westlich von Greenwich, im folgenden Abschnitte nach Ortszeit des 90. Grades —= 6 Stunden w. v.Gr. u. s.f. gerechnet wird und beim Uebergange von einem Abschnitt zum anderen dann immer ein Sprung von einer ganzen Stunde stattfindet, während die Minuten der Uhr regelmässig fortgehen und auch für die folgenden Abschnitte richtig bleiben. Durch dieses Springen der Normalzeiten von einer Region zur anderen um je eine Stunde wird erreicht, dass in der Mitte einer jeden Region die Normalzeiten mit den Ortszeiten genau übereinstimmen und an den Grenzen höchstens um eine halbe Stunde abweichen oder wenigstens abweichen sollen. Man scheint nun in Amerika sich grossentheils darein gefunden zu haben, diese um je eine ‘ Stunde an den Grenzen springenden und bis zu einer halben Stunde von 1889. 13 194 Jahres - Bericht den Ortszeiten abweichenden Normalzeiten auch für das bürgerliche Leben anzuwenden, jedoch lässt sich selbstverständlich eine streng mathematische Grenze, den Meridianen folgend, dabei nicht ziehen, und es finden je nach der Zusammengehöriskeit benachbarter Ortschaften und Landschaften eine Menge Unregelmässigkeiten und Ausnahmen an den Grenzen statt. Starke Ueberschreitungen des Maximalfehlers von einer halben Stunde können dabei nicht wohl ausbleiben. Man unter- scheidet in Amerika die Normalzeiten in den vier genannten Regionen durch die Namen eastern time, central time, mountain time und pacifie time, dann auch noch die vorhergehende Stunde (vier Stunden w. v. Greenwich) als intercolonial time. Es würde sich nun fragen, ob nicht für Europa und für die alte Welt ein ähnliches System von Regionalzeiten für den inneren Dienst der Verkehrsanstalten und vielleicht auch für das bürgerliche Leben zu empfehlen sein möchte, statt des bunten unregelmässigen Durcheinander der Nationalzeiten der kleineren und grösseren europäischen Länder, in denen man oft nach Zurücklegung sehr kurzer Strecken bereits wieder auf eine andere Zeit stösst. An Kreuzungspunkten der grossen Verkehrs- strassen, wie in der Schweiz, finden sich oft gleichzeitig Berner Zeit, Pariser Zeit, Römische Zeit, Berliner Zeit angegeben, je nach der Richtung, welche der Reisende einzuschlagen wünscht. Nun pflegt zwar an den Grenzen der Länder ohnehin oft ein längerer unfreiwilliger Aufenthalt stattzufinden, so dass der Reisende zur Einstellung seiner Uhr auf die Zeit des zu betretenden Landes hinlängliche Musse hat. Dennoch würde es im allgemeinen einer wesentlich grösseren Einfach- heit entsprechen, für das ganze mittlere Europa eine um eine Stunde von der Greenwicher Zeit abweichende Regionalzeit zu haben, die dem- nach bei 15 Grad — 1 Stunde östlicher Länge von Greenwich mit der Ortszeit zusammenfiele und von 30 Minuten bis 1 Stunde 30 Minuten östlich von Greenwich in Geltung treten würde, wie dies in dieser Art in Schweden bereits ausgeführt ist. Dieser 15. Meridian östlich von Greenwich würde im nördlichen Deutschland durch die Städte Stargard bei Stettin und Görlitz gehen, weiter nach Süden hin nicht allzu weit von Prag, Wien und Rom vorüber, Italien und das Adriatische Meer durchschneidend. Es ist daher für die Ortszeit dieses Meridians nach Analogie der amerikanischen Benennungen bereits der recht passende Name Adria-Zeit in Vorschlag gebracht worden. (Adria-Zeit, von Dr. Rob. Schram. Wien 1889.) In Berlin würde diese Regionalzeit nur etwa um 6 Minuten, in Breslau auch nur um 8 Minuten von der Ortszeit ab- weichen. Stärker und bis auf eine halbe Stunde anwachsend würde die Abweichung der Ortszeit am Rhein sein. Auch würde gerade dort durch diese stark bevölkerten Gegenden die Linie des Wechsels um eine ganze Stunde hindurchgehen, so dass die Uhren naheliegender und oft unmittelbar zusammengehöriger Orte um eine ganze Stunde von einander der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 195 abweichen müssten, Würde die Regionalzeit dort eingeführt und auf das bürgerliche Leben übertragen, so würde man ohne Zweifel noch viel mehr Ausnahmen statuiren müssen und auf noch viel mehr Unannehmlich- keiten an dieser Grenzlinie stossen als in Amerika, ja man würde in der Rheinprovinz, der Pfalz und den Reichslanden kaum einen anderen Ausweg finden, als ganz zu der politischen Grenze zurückzukehren, um nicht Verwirrung und Unzufriedenheit zu erregen. Hiermit würde dann aber auch die Abweichung von der Ortszeit noch um weitere sechs Minuten, d. i. auf 36 Minuten anwachsen. — Im übrigen würde man, wenigstens bei den Verkehrsanstalten, wohl hoffen können, dass eine grössere Anzahl von Ländern gerade diesem die Zeitfrage wesentlich vereinfachenden Vorschlage beizutreten geneigt sein dürfte, wie denn auch bereits Aeusserungen mehrerer Eisenbahnverwaltungen in diesem Sinne erfolgt sind. Selbst wenn Frankreich, das der Annahme von Greenwich als ersten Meridians bis jetzt consequent widerstrebt hat, eine von diesem Meridian ausgehende Regionalzeit zu acceptiren nicht geneigt sein sollte, würde eine einheitliche Zeit in Schweden, Däne- mark, Deutschland, Oesterreich, der Schweiz und Italien den Dienst der Verkehrsanstalten auf diesem weiten, zusammenhängenden Gebiete be- reits wesentlich erleichtern. Die Annahme und Benutzung der Regionalzeit bei den Verkehrs- anstalten nach amerikanischem Muster auch in Europa würde neben ihrer Einfachheit und der Unabhängigkeit von den vielerlei oft inner- halb kleiner Gebiete wechselnden Nationalzeiten auch die Anbahnung einer, durch die Greenwicher mittlere Sonnenzeit repräsentirten, Weltzeit erleichtern, da der Uebergang zu dieser dann nur noch einen Schritt weiter erfordern würde. Wird Greenwich wie bisher bei der Regional- zeit als Anfangs-Meridian beibehalten, so würde bei der Weltzeit eben nur das Zählen auch der Stunden nach Greenwicher Zeit überall und in allen Längengraden erforderlich sein, während bei der Regionalzeit die Minuten schon jetzt überall mit der Greenwicher Weltzeit überein- stimmen. Die Normalzeit der Verkehrsanstalten würde dann bei weiterer Entfernung von Greenwich um ganze Stunden von der Ortszeit ab- weichen, ohne diese bei dem inneren Dienst zu berücksichtigen. Gegen- wärtig sind die Pläne für eine solche an allen Verkehrsanstalten der Erde genau übereinstimmende und die Ortszeit gar nicht berück- siehtigende Weltzeit (an Stelle der die Ortszeiten auch nur sehr un- vollkommen berücksichtigenden Regionalzeit) vielleicht noch etwas ver- früht; ob indess der zunehmende telegraphische Verkehr um die ganze Erde nicht dennoch eine solche völlig und überall übereinstimmende Zeit in hohem Maasse wünschenswerth machen wird, ist eine weitere Frage, die für die Folge wohl zu bejahen sein dürfte, da hierbei auch die Regionalzeit keinen besonderen Nutzen darbietet, sondern eher zu - Irrthümern um ganze Stunden Anlass geben kann. Auch für die Eisen- 13* 196 Jahres-Bericht bahnbeamten erscheint es als keine besonders schwere Aufgabe, dass sie z. B. in Deutschland nach Uhren der Greenwicher Weltzeit sich richten, die um eine Stunde gegen die Ortszeiten zurück sind, während sie jetzt nur mit Abweichungen bis zu einer halben Stunde von der Berliner Zeit zu rechnen haben. Obgleich nun den vorhergehenden Bemerkungen gemäss der Gedanke der amerikanischen Regionalzeit einfacher und rationeller erscheint und mehr dem Gedanken an eine Weltzeit sich annähert, so ist doch gleich- zeitig darauf zurückzukommen, dass in dem dicht bevölkerten und in viele kleinere Länder getheilten Europa und weiterhin nach Asien die Abgrenzung der einzelnen, 15 Längengrade breiten Regionen sich nicht so leicht vollziehen würde als in den Vereinigten Staaten von Amerika und dass Schwierigkeiten verschiedener Art zu einer erheblichen Menge nationaler und localer Ausnahmefälle Anlass geben würden. Es dürfte dies daher nicht selten ganz zu ‘den nationalen Absrenzungen zurück- führen, welche wegen der politischen und der Zollgrenzen eine etwas naturgemässere Trennung bilden und die bis jetzt in Europa vor- herrschende Nationalzeit nach dieser Richtung hin als vortheilhafter er- scheinen lassen. Die Frage wegen der Vorzüge und der Nothwendig- keit der Einführung der Regionalzeit statt der Nationalzeit für die Verkehrsanstalten in den europäischen Ländern ist sonach von diesen Gesichtspunkten aus, wie es scheint, noch nicht als vollständig geklärt zu betrachten. Immerhin würde jedoch der Vortheil einer einheitlichen Zeit für eine grössere Anzahl von Ländern, wenn auch nicht streng der Abgrenzung der Meridiane folgend, bestehen bleiben, — Wie jedoch auch der Ausgang dieser Erwägungen und Ent- scheidungen seitens der Verkehrsanstalten und seitens der die ganze Erde umspannenden Telegraphenanstalten sein möge, ob die anzu- wendende Normalzeit eine Nationalzeit oder eine Regionalzeit oder die Weltzeit sein solle, jedenfalls bleibt die Erhaltung der Ortszeit für die sesshafte Bevölkerung eine wesentlich hiervon verschiedene und davon zu trennende Frage. Dass für sehr kleine Längenunterschiede von einigen Minuten oder vielleicht bis zu einer Viertelstunde der Fehler einer gemeinsamen Zeit nicht sehr empfunden wird, kann wohl allenfalls zugegeben werden. Für grössere und eng zusammengehörige Orte und deren Vororte ist dieselbe sogar kaum entbehrlich. Wenn indess z. B. im deutschen Reiche die Ortszeiten in Ostpreussen und die am Rhein von der bei den Eisenbahnen benutzten Berliner Zeit um mehr als eine halbe Stunde abweichen, so dass bei allgemeiner Einführung der Berliner Zeit oder auch der Regionalzeit, die Vormittage um eine Stunde bis °/, Stunde länger werden als die Nachmitiage und umgekehrt, so ist diese Abnormität für das bürgerliche Leben eine durchaus unnatürliche, störende und zu weit gehende, Hierzu kommt noch die kleine Ver- der Schles. Gesellschaft für vater]. Cultur. 197 schiedenheit der mittleren und der wahren Sonnenzeit im Laufe des Jahres, welche zwei Mal im Jahre den Vormittag noch um eine weitere halbe Stunde länger oder kürzer macht als den Nachmittag, so dass es sich auch noch um wechselnde Unterschiede handelt, die an den Grenzen bis auf ”/, Stunden steigen können. Hat dann ein Einwohner in Ost- preussen sich vielleicht an den Mittag um 11'/, Uhr statt um 12 Uhr früherer Ortszeit gewöhnt und ist er veranlasst, nach dem Rheine über- zusiedeln, so muss er dort wieder an den Mittag um 12°/, Uhr sich ge- wöhnen, wenn anders der höchste Sonnenstand den Tag in seine zwei natürlichen und den menschlichen Arbeitsverhältnissen entsprechenden Hälften theilen soll. Im Osten wird eine andere Eintheilung der Schul- stunden, der Bureaustunden etc. eintreten müssen als im Westen, wenn nicht bei dieser Art Zählung im Winter zeitweis schon um 3 Uhr Nach- mittags Licht angezündet oder der Tagesanbruch erst um 9 Uhr Morgens stattfinden soll. Auch in den von der Königl. Kalender-Deputation heraus- gegebenen Normal - Kalendern für die verschiedenen Provinzen des preussischen Staates müssten dann füglich die Sonnen-Auf- und Unter- gänge und sonstige Zeitangaben in der von allen Uhren angezeigten Berliner Zeit oder bezw. der Regionalzeit ausgedrückt werden, so dass z. B. zur Zeit der Tag- und Nachtgleiche die Sonne nicht um 6 Uhr auf- und um 6 Uhr untergehen würde, sondern im Osten um 54, Uhr Morgens auf und um 5%), Uhr Nachmittags unter, ebenso im Westen um 6%, Uhr Morgens und um 6'/, Uhr Abends. Es lässt sich keineswegs sagen, dass die Mehrzahl der Menschen sich um diese Abweichung der Uhren von der wahren Ortszeit um eine halbe Stunde oder dreiviertel Stunden nicht kümmern oder sie nicht bemerken würde. Sowohl auf dem Lande als in der Stadt wird sehr vielfach schon die Viertelstunde des Unterschiedes zwischen der mittleren und der wahren Sonnenzeit in gewissen Zeiten des Jahres bemerkt, wonach es z. B. im November des Nachmittags um eine halbe Stunde früher dunkel ist, als es nach der entsprechenden Zeit des Morgens sein sollte. Abgesehen aber von den mehrfachen praktischen Unzuträglich- keiten, welche die Einführung der bei den Verkehrsanstalten gebrauchten und hier unentbehrlichen Normalzeit in das bürgerliche Leben statt der Ortszeit haben würde, und abgesehen von dem lästigen Wechsel des Unterschiedes zwischen beiden Zeiten an den verschiedenen Orten des- selben Landes, spricht doch gegen eine solche Einrichtung auch die grosse Unnatürlichkeit derselben ganz im allgemeinen. Bei einer Stunden- eintheilung, die sich nicht nach dem Laufe der Sonne richtet, deren Aufgang, Mittagshöhe und Untergang alle menschlichen Lebensein- richtungen regelt und allein in einer gesunden Weise zu ordnen fähig ist, würde in gewissem Grade und allen Ernstes doch auch das mo- ; ralische Moment des Gewöhnens an eine solche schiefe Einrichtung in Be- 198 Jahres - Bericht tracht zu ziehen sein und möchte nicht zu leicht darüber hinweggegangen werden. Sollen die menschlichen Lebenseinrichtungen so viel wie mög- lich der Natur sich anschliessen, so würde eben auch in diesem Falle es ohne Zweifel wünschenswerth sein, dass der Sinn der Jugend wie der Erwachsenen nicht gegen das ungeordnete und unsymmetrische einer solehen Zeiteintheilung sich abstumpfe, die dem einfachen Geschmack und Empfinden mindestens als etwas unschönes erscheinen muss. Es mag ja richtig sein, dass den Reisenden und namentlich solchen, die, wie es bei dem kaufmännischen Stande vorkommt, viele Reisen zu machen haben, die Verschiedenheit der Ortszeiten zuweilen recht unbequem werden kann, daher sich auch manche Handelskammern für Vereinheitlichung der öffentlichen Zeitangaben interessirt haben. Allein wenn, wie auf den preussischen Eisenbahnen, auf jedem Bahnhofe der Unterschied der Ortszeit von der Berliner Normalzeit sich angegeben findet und stets nachgesehen werden kann, so ist die Mühe dieser Ver- gleichung doch nicht gross. Und selbst wenn dies ein Opfer wäre, so wäre dies im entferntesten doch nicht zu vergleichen mit dem Opfer der ganzen sesshaften Bevölkerung, die ihre ganze tägliche Lebens- einrichtung vom Morgen bis zum Abend in eine schiefe verschobene Form bringen soll. Nimmt man die Zahl der täglichen Breslauer Reisenden zu 3000 an, was vielleicht eher zu viel als zu wenig ist, so befindet sich von 100 Einwohnern nur einer auf der Reise, und gesetzt es wären 6000 Einwohner Breslaus täglich auf der Eisenbahn, so würde das Verhältniss zu der sesshaften Bevölkerung doch nur wie 1:50 sein. Hier kann sonach wohl dem einen Reisenden die kleine Unbequemlich- keit der Beachtung der Ortszeit leichter zugemuthet werden, als den 50 oder 100 übrigen die grosse und dauernde Schädigung wohlgeord- neter Lebensgewohnheiten. — Schliesslich kommt nun allerdings noch die grössere Mühe und Aufmerksamkeit für die Eisenbahnbeamten bei den Fahrten und der Feststellung der Fahrpläne in Betracht. Das Ver- hältniss dieser Beamtenzahl zu der sesshaften Bevölkerung ist aber noch viel kleiner als das der Reisenden, und für die Beamten gehört es eben zu ihrer speciellen Aufgabe und ihrem Berufskreise, diese Zeit- umrechnungen zu übernehmen, die doch immer nur einen kleinen Theil der mit ihrem Amte verbundenen Arbeiten und Verpflichtungen bilden. — Manche Beurtheiler der vorliegenden Frage lassen sich auch wohl nur ganz im allgemeinen durch den an und für sich ansprechenden Ge- danken leiten, dass es angenehm sein möchte, in einem ganzen Lande überall dieselbe Zeit zu finden, oder wie bei den amerikanischen Re- gionalzeiten nur von 15° zu 15° Längenunterschied die Uhr um eine runde Stunde stellen zu müssen, während die Minuten aller Uhren auf der ganzen Erde dieselben sind: ohne dass die beschwerenden Folgen für die sesshafte Bevölkerung im einzelnen in eine nähere Erwägung gezogen werden. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur, 199 Noch unrichtiger würde es sein, in der Vereinheitlichung der Zeit in einem ganzen Lande einen wissenschaftlichen Fortschritt oder Nutzen zu vermuthen, während im Gegentheil für die Wissenschaft die Ortszeit in vielen Fällen unentbehrlicher ist als für das bürgerliche Leben. Alle Zeitbestimmung zu Wasser und zu Lande (die ja aus- schliesslich nur durch astronomische Beobachtungen erlangt werden kann) muss von der Ortszeit ausgehen und können die Uhren auf den Sternwarten nur nach dieser regulirt werden. Ausser der Astronomie kann auch die Meteorologie ebenfalls nur die Ortszeit gebrauchen, da die Witterungselemente von dem Stande der Sonne abhängen, Auch für die Botanik, die Beobachtungen der Pflanzen und des Lebens der ganzen organischen Natur, wie für das grosse Gebiet der Landwirth- schaft, ist der Anschluss der Zeiteintheilung an die Wirkungen des täg- lichen Laufes der Sonne unerlässlich. | Nach allem diesem erscheint im Interesse der gesammten Bevölke- rung in dem weit von Ost nach West sich ausdehnenden Deutschen Reiche die Beibehaltung der Ortszeiten ganz in der bisherigen Weise durchaus wünschenswerth, einschliesslich der in den Verkehrsanstalten sich findenden Angabe der Abweichung der Ortszeit von der Berliner oder einer sonst angenommenen Normalzeit. Die Frage, welche Art ‘von Normalzeit in dem einzelnen Lande oder überhaupt für den inneren Dienst der Verkehrsanstalten die beste sei, kann dabei eine vollkommen offene bleiben, deren endgiltige Entscheidung z. Z. vielleicht überhaupt noch nicht völlig reif ist. Als letztes, den höchsten Grad der Ver- einfachung darbietendes Ziel würde jedoch ohne Zweifel stets die Ein- führung der Weltzeit für den inneren Dienst aller Verkehrs- und Tele- sraphen-Anstalten auf der ganzen Erde und die Beibehaltung der Orts- zeiten für alle einzelnen Wohnorte zu betrachten sein, unter Abschaffung aller der vielerlei Normal-, National- und Regional-Zeiten, die gegen- wärtig für die Verkehrsanstalten und theilweis auch statt der Ortszeiten eingeführt sind.) Welche Zeit dabei als Weltzeit anzunehmen sei, würde einer internationalen Vereinbarung bedürfen. Für jetzt bietet sich am einfachsten die Greenwicher mittlere Sonnenzeit als Weltzeit dar, da dieselbe thatsächlich schon auf allen Meeren und von der grossen Mehrzahl aller Schiffe als Normal- und Weltzeit benutzt wird; es bedürfte l) Bei den Eisenbahnen und in sonstigen Verkehrsanstalten, welche für den inneren Dienst mit der Weltzeit zu thun hätten, würden sich für die zu be- nutzenden Uhren in vorzüglichem Grade die von dem Uhrmacher Ludwig Hoff- mann in Berlin construirten, in einem bezüglichen Sendschreiben von Geh. Rath Professor Foerster in Berlin empfohlenen, beide Zeiten angebenden Zifferblätter eisnen, deren innerer Kreis in gewöhnlicher Weise die Ortszeit angiebt, und wo auf der diesen umgebenden Ringfläche weisse Zeiger auf schwarzem Grunde die oAQ u bis 24 gezählten Stunden der Weltzeit angeben. 200 Jahres - Bericht daher nur noch der Uebertragung derselben auch auf das feste Land. Es hängt dies jedoch mit der anderen schwieriger zu lösenden Frage der Wahl des ersten Meridians zusammen, da diejenige des Meridians von Greenwich eine ganz allgemeine Zustimmung bisher noch nicht ge- funden hat. Aber auch eine nur vorläufige Annahme der Greenwicher Zeit als Weltzeit würde keine Gefahr in sich bergen, da eine etwaige spätere internationale Vereinbarung über einen anderen besser geeignet erscheinenden Meridian nur eine einfache Abänderung der Weltzeit um einen gewissen bestimmten Betrag zur Folge haben würde. Die hier erörterte Frage wegen der Ortszeiten würde dieses nicht weiter berühren, sofern nicht ganz neu auftretende Gesichtspunkte oder internationale Rücksichten im weiteren Verlaufe zu anderweitigen Entscheidungen auf diesem Gebiete führen sollten. Allgemeine Uebersicht der meteorologischen Beobachtungen auf der königlichen Universitäts-Sternwarte zu Breslau im Jahre 1889. Höhe des Barometers über N. N. = 147,03 m. 1. Barometerstand, II. Temperatur 1889. reducirt auf 0° Celsius, der Luft in Graden nach in Millimetern, Celsius. B N B mm mm mm 9 0 0 Januar ....| 4 766,9 | 31 \7388 | 753,72 |s0.51| 35 | 3 |- 15,8] 4,16 Februar....| 18 | 5692| 9 | a17| si 2 | 97| 13 -m1— 215 März ...... 6.7|560| 91 | 2830| A654 | 36 | 118| 7 |-158— 085 April...... 0|53| 9) 14| aa| 6 | ma 17 —- 19 874 Mail: „Hash 9 | 5839| 26 | a0ı | azso| 15 | 9760| ı 7,7| 18,49 Tiere 6.542 | 10 | 405) a775 | 10 | 316 | 94 | 10,8) 20,49 Jutzelluıl 1 | 51,6 | 97 | 385 | 46,16 | 11 | 33,9 | 29 | 10,9) 18,% August....| 39 | 55,8 | a0 | 37,7 | A763 | 20 | 294 | 9 9,4) 17,16 September.| 5 | 556 | 90 | 346 | as10| 1 | 943 | 9 33] 11,0 October ... 86.97 | 60,1 |'a3 | 349 | 46,07 | ı2 | 99,6 | 97 — 21] 9,79 November.| 31 | 66,9 | 97 | 364 | 5470| 5 | 1233| 30 —- 85 3,0 December .| 27 | 69,4 | 11 | 36,8 | 56,18| 22 | 42 | 28 |-11,0/— 2,02 Jahr | 95% (769,4 | FEb-|za1,7 | 748,05 [mui11.| 33,9 el-ıssl 8,94 Zi der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur, 201 1889 III. Feuchtigkeit der Luft. IV. Wolken- ; a. absolute, b. relative, bildung und in Millimetern. in Procenten, Niederschläge. Ve TE Tr NR NT) ERETTTUGERHTTENF ZIHERTESTTE A} (dd) Yo {eb} eb) (eb) = Fee! S . .| ® & Aal al re A Ware | E10 32 DE a el Eile en: ee IE a ne alte eıaı es) =, je Sa = ne Nee s+e| 2 2 = = des ala ale Ana lA ee Tage. |32= mm 3,09 |löfter 1100| 27 63] 87,7] 6 | 9| 16 | 14,82 mm mm Januar ...| 36 DL DR Februar ..| 2 7,6| 14 | 1,7| 3,36 |20.28]100| 9 56] 82,55 — |12| 16 | 48,10 März ...... 95 7272| & | 1,4\ 3,82 |öfter 1100| 31 |43| 82,9] — |13| 18 | 49,22 EI 98 89| 18 | 2%| 6,15 | 10 1100| 28 |30| 73,5] 2 |11| 17 | 28,49 Maya 16 | 1241| 2 |5,8| 9,14| 14 | 8s6| 21 271585| 7 |15| .9 | 39,65 Jumaten.. 13 | 14,6 128.30) 5,5| 9,95] 17 | 97| 9 1201 56,8] 10 115) 5 | 36,93 Al Ale 12 | 15,7| 10 | 6,2| 9,95|| 29 |100) 10 117/652] 1 |17| 13 1147,91 August... 5143| 21 | 7,2\ 9,84) 24 | 99) 1 401 67,8| 3 |18| 10 | 79,95 September| 12 | 19,4| 92 | 4,6 7,55 113.15 1100| 2. 22142] 74,6| 1 |16| 13 | 76,75 October..| 2 | 11,3| 27 | 3,3 | 7,61 öfter 1100| 12 |47|82,91 1 33 | 94,35 November| 18 83| 30 | 2,3 | 5,10 öfter 1100| 12 |50| 85,0| 5 7 25.25 1 94 | 38,60 December | 24 5,3| 28 | 1,7 | 3,48 |öfter 110020.27|63! 86,1 Jabe Jan.| | 3| 6,59 | öfter 100 u 17 75,3 37 jur 181 |672,32 V. Herrschende Winde. Januar. Die östlichen und westlichen Windesrichtungen hielten sich nahe das Gleichgewicht, jedoch waren die ersteren (insbesondere Süd - Ost) etwas überwiegend. Die Windstärke war meist gering. Februar. Die westlichen Winde waren weit überwiegend über die östlichen. März. West, Nordwest und Südost waren die am häufigsten und etwa gleich oft vorkommenden Windrichtungen, alle übrigen Richtungen seltener. April. Von den Windrichtungen kam am häufigsten Nordwest vor, ‚es folsten dann Südost und West, die übrigen Richtungen seltener. Mai. Von den Windesrichtungen waren Südost und demnächst Ost und Nordost in einem seltenen Maasse überwiegend, alle übrigen Richtungen kamen nur vereinzelt vor. Juni. Die östlichen und westlichen Winde hielten sich in diesem Monat nahezu das Gleichgewicht. 2032 Jahres - Bericht Juli. Der Wind wehte fast ausschliesslich aus West, Nordwest und Südwest während des ganzen Monats. August. Von den Windesrichtungen waren die westlichen vorherrschend, Südost seltener. September. Die westlichen Windesrichtungen (West, Nordwest, Süd- west) waren vorherrschend, hiernächst kam von der entgegen- gesetzten Richtung am häufigsten Südost vor. October. Von den Windesrichtungen kam am häufigsten Südost vor, die übrigen Richtungen und Windstille nahezu gleich oft, jedoch Nord nur einmal. November. Von den Windesriehtungen waren West und Nordwest überwiegend, hiernächst folgten Südost und Süd. December. Die vorherrschende Windesrichtung war Südost, hiernächst kamen am häufigsten Südwest und Süd. VI. Witterungs-Charakter. Januar. Wie im vorigen Monat war der Luftdruck stetig ein hoher, - mit Ausnahme von kaum 8 Tagen, so dass der Normalwerth um fast 4 Millimeter überschritten wurde. Die Wärme dagegen war, besonders während der östlichen Winde in der ersten Hälfte des Monats, unter dem Normalwerthe. Niederschläge, namentlich Schnee, kamen zwar oft vor, aber wie in den beiden vorher- gehenden Monaten in so geringen Quantitäten, dass dieselben wiederum nur die Hälfte des Durchschnittswerthes erreichten und auch in diesem Monat keine tiefere und länger anhaltende Schnee- decke sich bildete. Februar. Der hohe Luftdruck in den vorhergehenden drei Monaten wurde durch einen überaus niedrigen Barometerstand während des Februar gewissermaassen ausgeglichen. Das Mittel stellt sich um nicht weniger als 9 Millimeter unter dem Durchschnitts- werthe, und selbst von den einzelnen Tagen waren nur 3 über ihrem Normalwerthe. Die Temperatur war etwas schwankend, blieb jedoch im Mittel ebenfalls um 1 Grad unter der normalen. Die westlichen, nordwestlichen und südwestlichen Winde brachten reichliche Niederschläge, besonders an Schnee, über die Hälfte mehr als im Durchschnitt. März. Der Luftdruck’ blieb auch in diesem Monate unter mehrfachen Schwankungen noch unter dem Mittel. Das Mittel der Wärme- grade blieb gegen die Normal-Temperatur des Monats um mehr als 2 Grad zurück, in den ersten 8 Tagen und am 15. und 16. herrschte strenge Winterkälte. Auch fiel in den ersten Tagen und dann vom. 15. bis 19. noch sehr viel Schnee, später dann April. Mai. Juni. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 203 auch öfter Regen, so dass nur 7 Tage des Monats ohne Nieder- schläge blieben, und kein einziger Tag ganz heiter war. Das Quantum der Niederschläge war um die Hälfte grösser als der Mittelwerth. Der Luftdruck war fortdauernd tief, wie in den beiden vorher- gehenden Monaten, wenn auch nicht ganz den tiefen Stand wie im Februar erreichend; der Mittelwerth wurde an nur 7 Tagen etwas überschritten. Dagegen war die Wärme durchschnittlich über der normalen, besonders während der letzten 11 vielfach heiteren Tage. Die Feuchtigkeit überstieg den Normalwerth des Monats, auch waren nur 8 Tage frei von Niederschlägen, jedoch blieb das Quantum dieser Niederschläge unter dem Durchschnittswerthe. In den wärmeren Tagen während des letzten Dritttheils des Monats kamen wiederholt Gewittererscheinungen vor. Der Luftdruck war in diesem Monate nahezu normal und zeigte nur geringe Schwankungen. Dagegen erhob sich die mittlere Wärme um nicht weniger als 5'/, Grad über den Durchschnitts- werth und erreichte eine Höhe von -+- 18°,42 C., wie eine solche während der Zeit der meteorologischen Beobachtungen auf der hiesigen Sternwarte seit dem Jahre 1791 bisher im Mai noch niemals stattgefunden hat. Die höchste bisherige Mai-Temperatur, die des Jahres 1811, betrug — 17°,19 C., demnach 1'/, Grad weniger als die diesjährige. Auch trat der seltene Fall ein, dass an allen einzelnen Tagen dieses Monats ohne Ausnahme die Mittel- Temperaturen erheblich über der normalen waren, sowie auch die durchschnittlich kälteren Tage vom 11. bis 13. (Pan- kratius und Servatius) und der 25. (Urban) ebenfalls nicht be- merklich wurden. Bei den in seltenstem Maasse vorherrschenden (übrigens schwachen) östlichen und besonders südöstlichen Winden und dem vorwiegend heiteren Wetter war auch die relative Feuchtigkeit der Luft um den sehr grossen Betrag von 8 pCt. unter dem Normalwerthe und die Niederschläge erreichten fast nur die Hälfte ihres Durchschnittswerthes. Gewitter waren zahl- reich, jedoch ergaben nur die vom 7. und vom 16. hier in Breslau etwas grössere Regenmengen, während aus anderen Gegenden . Schlesiens und Deutschlands von sehr verheerenden Gewitterregen berichtet wurde. Der Luftdruck war wie im vorigen Monat nahezu normal. Da- gegen war die Wärme wiederum um nicht weniger als 4 Grad über der normalen und erreichte wie im Mai eine Höhe, wie solche von dem Beginne der hiesigen Aufzeichnungen im Jahre 1791 an bisher hier noch nicht beobachtet worden ist. Nur die Juli. Jahres - Bericht Wärme eines einzigen Tages blieb um ein weniges unter der normalen. Der rücksiehtlich der Wärme dem diesjährigen am nächsten kommende Juni ist wiederum der des Jahres 1811, wie dies auch mit dem Mai der Fall war. Der ganze Monat enthielt nur wenig trübe Tage, die Luft war entsprechend ungewöhnlich trocken. Die Niederschläge ergaben wenig mehr als die Hälfte des Durchschnittswerthes und erfolgten meist in Begleitung von Gewittererscheinungen. Die Wärme sank in diesem Monate von der ungewöhnlichen Höhe im Mai und Juni wieder auf ihren dem Juli entsprechenden Normal- werth herab, und es wurde letzterer auch nur durch die höheren Temperaturen in der zweiten Woche vom 7. bis 14, erreicht, während 19 Tage unter demselben blieben. Der Luftdruck wechselte mehrfach, erreichte ein tiefes Minimum am 27. und war überhaupt vorwiegend tief bei stetig anhaltenden westlichen, einige Male stürmischen Winden. Ganz ungewöhnlich gross war dabei die Häufiekeit und das Quantum der Niederschläge. Die Regenhöhe von 148 mm belief sich auf das Doppelte des Normal- werthes, wovon auf den 29. Juli allein 47 mm kommen, August. Der Witterungs- Charakter war in diesem Monate ziemlich unbeständig, jedoch stellten sich die Mittelwerthe der einzelnen Elemente nur wenig über den Durchschnittswerth, mit geringen Schwankungen etwa bis zum 10., dann mit etwas grösseren Schwankungen bis gegen Ende des Monats. Insbesondere war die Regenmenge fast genau normal, jedoch auf ziemlich viele Tage vertheilt. September. Der Luftdruck bewegte sich bis zum 19. in geringen Schwankungen, war aber dann bis zu Eude des Monats anhaltend tief, so dass das Monatsmittel erheblich unter dem Normalwerthe war. Noch ungewöhnlich tiefer war der Stand des Thermo- meters, das sich nur an 5 Tagen um ein weniges über den Normalwerth erhob, sonst aber, namentlich vom 14, bis 24., tief unter demselben stand. Ferner war der Monat ungewöhnlich regnerisch, vom 12. ab nur ein Tag ohne Regen. Das Quantum der Niederschläge, darunter auch zweimal Graupel, überstieg den Durchschnittswerth um mehr als die Hälfte. October. Der Luftdruck war drei Wochen lang fast ununterbrochen unter dem Normalwerthe und erhob sich über diesen erst in der letzten Woche. Die Wärme war meist etwas über dem Mittel, vom 9. bis 12. erheblich; der erste Frost trat am 26. und 27. ein. Die Feuchtigkeit der Luft war gleichfalls über dem Mittel- werthe, das Wetter meist trübe, auch neblig; jedoch kamen ver- der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 305 einzelt noch einige schöne Tage vor, Ungewöhnlich gross war die Regenmenge und betrug fast das Dreifache des Durchschnitts- werthes. November. Der Luftdruck war in diesem Monate ein ungewöhnlich hoher und sank nur an 8 Tagen unter den Normalwerth. Da- segen waren Wärme und Feuchtigkeit nahezu normal, Das Quantum der Niederschläge war um ein Dritttheil geringer als der Mittelwerth und bestand meist aus Regen, erst in den letzten Tagen des Monats fiel Schnee und bildete sich eine Schneedecke, sowie auch erst am 30. der erste stärkere Frost eintrat. December. Der sehr hohe Luftdruck dauerte auch in diesem Monate noch fort, wie im November, und nur an 5 Tagen sank das Barometer unter den Normalwerth. Die Temperatur-Schwankungen bewegten sich in mässigen Grenzen, der Durchschnitt der Wärme war jedoch 1 Grad unter dem Mittelwerth, Feuchtigkeit und Niederschläge, letztere meist aus Schnee bestehend, waren nahezu normal, der überwiegend stärkste Schneefall fand in den ersten Tagen des Monats statt. 206 Jahres - Bericht v1 Bericht über die Thätigkeit der historischen Section der Schlesischen Gesellschaft im Jahre 1889, erstattet von Director Dr. Reimann, zeitisem. Secretair der Section. Am 17. Januar las der Geh. Archiv-Rath Professor Dr. Grünhagen über die Coadjutorwahl des Grafen Schaffgotsch. Siehe die Geschichte Schlesiens unter Friedrich dem Grossen von C. Grünhagen, I, 443 ff. Am 31. Januar hielt Professor Dr. Markgraf einen Vortrag über die ältesten Einrichtungen und Einkünfte des Breslauer Bisthums. Siehe die Einleitung zum Liber Fundationis episcopatus Wratis- laviensis (Codex dipl. Silesiae XIV), Abschnitt 1. Am 14. März hielt der Custos Dr. Altmann einen Vortrag über das Thema: Schlesien und das Baseler Concil. Siehe die Vorrede zu den Urkunden und Actenstücken, betreffend die Beziehungen Schlesiens zum Baseler Concil, im Codex diplomatieus Silesiae, 15. Band. Am 11. April las der Secretair über drei von Max Lehmann veröffentlichte Actenstücke Friedrichs des Grossen. Der Vortrag war folgender: Im Jahre 1888 hat M. Lehmann in der Historischen Zeitschrift (Band 60) unter dem Titel: „Zwei politische der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 907 Testamente und die Anfänge eines geschichtlichen Werkes von Friedrich dem Grossen‘ drei Actenstücke dieses Königs veröffentlicht und ihnen auf vier Seiten ein Vorwort beigegeben. Darin sagt er: „In seiner Geschichte der Staatsunterhandlungen des königlich preussischen Cabinets klagt der Historiograph Cuhn, welche Mühe es ihn gekostet, aus den unfruchtbaren Nachrichten des Jahres 1782 nur einiges Interessante zu sammeln. Um so willkommener wird die erste der drei im folgenden mitgetheilten, durchaus eigenhändigen Aufzeichnungen Friedrichs II. sein. Zeitlich betrachtet, schliesst sie an den Schriftwechsel des preussischen Königs mit Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig an, den Ranke aus dem Wolfenbütteler Archiv veröffentlicht hat. Sieht man aber auf den Inhalt, so zeigt sich sofort eine starke Verschiedenheit. In dem letzten der Briefe (11. April 1782) bemerkt der König: es sei zu klar, dass Alles, was Joseph II. thue, gegen Preussen gerichtet sei: aber er fürchte sich nicht; mit guten Allianzen und mit ein wenig -Geschicklich- keit lasse sich Gewalt der Gewalt, List der List entgegenstellen. Sei es nun, dass Friedrich dem Herzoge doch nicht sein ganzes Innere erschloss, sei es, dass er bald darauf zur vollen Erkenntniss der ihm drohenden Gefahr gelangte: in den Considerations sur l’etat politique de l’Europe, die er am 9. Mai niederschrieb, schlägt er einen ganz anderen Ton an.“ Lehmann meldet uns dann kurz den Inhalt des Schrift- stückes. Ich gestehe, der Historiograph Cuhn ist mir gänzlich fremd, und nach der Bemerkung, die hier von ihm angeführt wird, bin ich auch nicht begieris, ihn näher kennen zu lernen. Es wundert mich auch, dass Lehmann ihn zum Eingange benutzt hat. Ueber Friedrichs ernste Lage und die Stimmung, in welche sie ihn versetzte, hatte schon Zink- eisen in seiner Osmanischen Geschichte gute Mittheilungen aus dem Berliner Geheimen Staatsarchive gebracht; ausserdem finden wir bei Ranke neun Briefe des grossen Königs an den Herzog von Braun- schweig, und zwar 5 aus dem Januar, je einen aus dem Februar und März und 2 aus dem April 1782. Eben diese kennt jaLehmann, und er muss doch auch die Darstellung Ranke’s gelesen haben. Wenn er sich weiter umsehen wollte, so war in dem 2. Bande meiner Preussischen Geschichte, die Ende des Jahres 1887 ans Licht getreten, noch mancherlei zu finden; denn ich habe von jenen Schreiben absichtlich keinen Ge- brauch gemacht und lieber die ununterbrochen fliessende Quelle des Briefwechsels zwischen dem König und seinem Minister Finckenstein benutzt, und ich glaube behaupten zu können, dass wir jetzt in Bezug auf die auswärtige preussische Politik in den Jahren 1881/82 genügend unterrichtet sind. Friedrich hatte, wie allgemein bekannt ist, nach dem siebenjährigen Kriege die Sicherheit seines Staates auf das Bündniss mit der Kaiserin 208 Jahres-Bericht Katharina II. gegründet, welches ursprünglich auf acht Jahre geschlossen und zweimal erneuert worden ist. Aber eben als es zum dritten Mal in Kraft treten sollte, ging eine grosse Veränderung vor. Joseph II. suchte mit Russland in ein besseres Verhältniss zu kommen, und Katharina gedachte mit Ernst an die Vertreibung der Türken aus Europa. Welche Hindernisse der Wiener Hof ihrem Plane bereiten konnte, das wusste die russische Kaiserin noch von dem letzten Kriege her. In den Jahren 1770/71 hatte sie fürchten müssen, durch Oester- reich um die Früchte ihrer Siege zu kommen; deshalb war sie damals bereit gewesen, polnisches Gebiet zu überlassen, wenn Friedrich dafür den Wiener Hof abhalten wollte, den Türken Hilfe zu leisten, oder wenn dieser freiwillig davon abstünde, beide Mächte solchergestalt ab- zufinden. Durch die Erfahrung klug gemacht, konnte Katharina nicht eher an die Ausführung ihres Planes wieder gehen, als bis sie sich mit Oester- reich verständigt hätte. Das geschah 1781 auf eine geheimnissvolle Weise, welche die Welt in Unkenntniss darüber liess, ob ein Bündniss zwischen den Höfen von Petersburg und Wien geschlossen worden wäre oder nicht. Durch diese Vorgänge wurde Niemand mehr beunruhigt und Nie- mand war begieriger, hinter den Vorhang zu blicken, als Friedrich der Grosse. „Die Augen, schreibt er am 25. April 1782 an Finckenstein, müssen so weit als möglich vorwärts dringen, und ich bin jetzt nicht sowohl mit der Gegenwart, als vielmehr damit beschäftiget, die Un- annehmlichkeiten, welche die Zukunft uns vorbereitet, zu entfernen. Ich bin ganz Auge und ganz Ohr, um mich über alles zu unterrichten, was an jenen Höfen vorgeht, und um ihnen Schritt vor Schritt zu folgen.“ Uebrigens war Friedrich nicht um sich selbst in Sorge, sondern um seinen Nachfolger. Er hatte das dem Grafen Finckenstein bereits am 21. April 1781 geschrieben, Der Brief ist in den Werken ab- sedruckt; Ranke hat ihn übersehen, und auch Lehmann kennt ihn nicht. Friedrich lebte nämlich der Ueberzeugung, der Kaiser warte nur auf seinen Tod, um Preussen anzugreifen; dann werde sein Neffe ganz allein dastehen und die Hilfe nicht erhalten, welche durch das Bündniss von 1764 ausgemacht worden sei. „Die künftigen Uebel, hiess es in diesem Briefe, wenn $. Maj. nicht mehr sein werden, das sei der Stein der Weisen, den er gern entdecken möchte und bisher nicht habe finden können.‘“') Zwischen diesen beiden Aeusserungen vom 21. April 1781 und 25. April 1782 liegen die Briefe Friedrichs an Karl Wilhelm Ferdinand und ihr Inhalt stimmt ganz gut mit jenen Kundgebungen zusammen. ı) Reimann, Neuere Geschichte des Preuss. Staates II, 325. 316. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 209 Am 14. Januar 1782 theilte der König dem Herzog eine Nachricht aus Wien mit, dass der Kaiser ihm Russland wegnehmen und ihn dadurch isoliren wolle; denn niemals werde sich Frankreich mit ihm verbinden. Sei dies richtig, was er nicht wisse, dann bleibe nur England übrig; das sei ein Nothbehelf, aber man werde sich darein finden müssen, wenn man nichts besseres thun könne. „Alle diese Angelegenheiten, fuhr der König fort, gehen mich persönlich nichts an, meine Zeit ist vorüber. Es ist meine Pflicht, an das Wohl des Vaterlandes zu denken, um wo- möglich einen Krieg zu verhüten, welcher eben so verderblich sein würde, wie der von 1756.“ Und am 1. April schrieb Friedrich: „Die Bande zwischen Frankreich und Oesterreich werden nicht ewig sein, besonders wenn die Kaiserhöfe es sich einfallen lassen, Konstantinopel zu erobern.“ Zugleich meldete der König, dass Georg Ill. das Mini- sterium habe ändern müssen. Die Frage war nun, ob Bute weiter die Geschäfte hinter dem Vorhange leiten würde. ‚In diesem Falle, meinte Friedrich, wird Niemand trauen können.‘ Wir besitzen nicht die Ant- worten des Herzogs; aber wir erfahren wenigstens aus dem Briefe des Königs vom 11. April, dass Karl Wilhelm Ferdinand einen Allianzplan angegeben. Friedrich erwiderte: „Es ist gut, daran zu denken, doch muss sich erst das gegenwärtige politische Chaos von Europa noch ent- wirren, ehe man darauf hinarbeitet.“ Der König will vor allen Dingen den Frieden abwarten und sehen, wohin die Schliche Josephs und Katharinas hinzielen und welchen Entschluss Frankreich fassen werde, ferner ob England alsdann im Stande sein werde, auf die europäischen Angelegenheiten einzuwirken oder nicht, ob Bute noch im Cabinet des Königs Georg Eintluss haben werde, ob der junge russische Hof öster- reichisch gesinnt sei oder nicht. Friedrich glaubte, dass alle politischen oder finanziellen Maassregeln Josephs gegen Preussen gerichtet wären. „Alles das erschreekt mich nicht, schrieb er weiter. Vermittelst guter Bündnisse und mit ein wenig Geschicklichkeit kann man Gewalt der Gewalt und List der List entgegenstellen.“ Er erinnert an das von ihm oft angeführte Sprichwort des Kaisers Augustus „Eile mit Weile“, dann fährt er fort: „Niehts drängt uns, und wenn wir warten, so werden wir mit um so grösserer Sicherheit handeln.‘ Achtundzwanzig Tage später, am 9. Mai 1782, schrieb Friedrich Betrachtungen über den politischen Zustand von Europa. Dieselben lauten folgendermaassen: ‚Seitdem der Kaiser in enge Beziehungen zu Russland getreten ist, darf man nicht mehr auf das Bündniss mit der Kaiserin Katharina zählen. Sie glaubt vielleicht zwei Mächte, die ihre entgegengesetzten Interessen zu Feinden machen, neben einander führen zu können; aber das ist unmöglich. Nicht genug, dass der Kaiser die Kaiserin von Russland in seine Netze gezogen, hat er vermittelst der Württemberger den jungen Hof vollkommen unterjocht, um jene Ver- 1889. 14 210 Jahres-Bericht bindung für die Zukunft zu sichern. Mag der Grossfürst dureh diese Kabale ganz und gar gefesselt sein oder nicht, das ist dem Kaiser gleichgiltig, weil er zur rechten Zeit eine Revolution in Russland wird hervorrufen können, .welche die Grossfürstin auf den Thron bringt, und diese hängt an ihm in Liebe, wie ganz Wien erzählt. Schritt vor Schritt die Haltung des Kaisers verfolgend, entdecke ich viel Klugheit darin. Er wird ruhig bleiben und keinen entscheidenden Schlag thun, bevor er nicht seine Finanzen geordnet hat. Man sieht, wie er Alles zu Gelde macht, indem er Pensionen im Civil einstreicht, Klöster in seinen Staaten säcularisirt, mit einem Wort alle Mittel, die er auf- finden kann, anwendet, um seine Kasten zu füllen, seine Schulden zu bezahlen, und indem er sich in die furchtbarste Lage zu versetzen sucht, die jemals ein europäischer Fürst seit den schönen Zeiten Ludwigs XIV. eingenommen, Er hat dieses Werk erst angefangen, er braucht einige Jahre, um es zu vollenden; auch wird er die Gelegenheit abwarten. Obgleich man, ohne Wahrsager und Prophet zu sein, leicht errathen kann, dass er vorhabe, die preussische Monarchie gänzlich zu zerstören, um dann ohne Widerstand seinen Despotismus in Deutschland aufzu- richten, wird er ruhig meinen Tod abwarten, um Hand ans Werk zu legen; deshalb hat sein Gesandter in Berlin einzig und allein den Auf- trag, über meine Gesundheit zu wachen und ihm hierüber zuverlässige Nachrichten zu schicken. Wenn ich nicht mehr am Leben bin und seine Gelder für einen langen und kostspieligen Krieg ausreichen, wird er Russland gegen Preussen aufzuregen suchen, indem er sich bemüht, die neuen Unterhandlungen in Bezug auf Danzig und einige Polen, die an der Netze oder im Kulmer Lande Güter besitzen, zu verschlimmern. Er selbst wird die Grenzen Schlesiens entweder durch neue Auflagen plagen oder durch Streitigkeiten, wie sie zwischen seinem Grenzvolk und den schlesischen Kaufleuten leicht hervorzurufen sind, er wird mit den Sachsen wegen des Lehens der Lausitz Händel suchen, vielleicht bei dem Tode des Markgrafen von Baireuth, und indem er Russlands sicher ist, wird er sich diesem Anfall widersetzen, mit einem Wort, wenn er nur einen Vorwand braucht, um Zwistigkeiten zu erregen, so wird sich ein solcher leicht finden, und dieses unglückliche Land wird auf der einen Seite von Russland in Preussen, auf der anderen von den Oester- reichern entweder in Schlesien oder in der Lausitz und in Sachsen an- gegriffen werden, damit sie geradeswegs nach Berlin vordringen. Das sind die Uebel, die uns bedrohen. Sie sind so beträchtlich und von einer solchen Bedeutung, dass wir alles aufbieten müssen, um Mittel zu finden, wie wir diesem Sturme widerstehen oder dieses Un- wetter frühzeitig beschwören. Obgleich man auf seine Verbündeten nicht mehr zählen darf als auf sich selbst, muss man doch Bündnisse zu. schliessen suchen, um wenigstens eine Art von Gleichheit und von der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Sata! Gegengewicht gegen die Ueberlegenheit der Feinde zu schaffen. Damit man ihnen mindestens auf allen Seiten Streitkräfte entgegenstellen kann, die denen der Feinde nicht zu sehr an Zahl nachstehen.“ Wir halten zunächst hier inne. Wenn der Herausgeber meint, diese Betrachtungen schlössen sich an die Briefe des Königs an den Herzog von Braunschweig nur der Zeit nach an, nicht aber nach ihrem In- halte, so kann ich ihm darin nicht beistimmen. Er nennt nur die eine Verschiedenheit, dass Friedrich an Karl Wilhelm Ferdinand geschrieben, er fürchte sich nicht, mit guten Bündnissen könne man Gewalt der Gewalt und List der List entgegenstellen. Lehmann entnimmt hieraus, dass Friedrich entweder sein ganzes Innere dem Herzoge nicht er- schlossen oder erst bald darauf zur vollen Erkenntniss der ihm drohenden Gefahr gelangt wäre. Beides ist falsch, und wenn der König einmal etwas zuversichtlicher sich äussert als das andere Mal, so ist das doch möglich, ohne dass man zu den beiden Auswegen, welche Lehmann vorschläst, seine Zuflucht nehmen muss. Uebrigens täuschte sich sogar Friedrich über die Grösse der Gefahr, über die Pläne Josephs und über die Absichten Katharina’s. Letztere würde nicht geduldet haben, dass im gegebenen Falle Bayreuth und Ansbach nicht an Preussen fallen sollten, und ebenso wenig würde sie russische Truppen für österreichische Zwecke gegen Preussen geschickt haben, ausser wenn dieses ihren eigenen Plänen in den Weg träte. Indem der König weiter überlegt, mit wem er ein Bündniss ein- gehen könne, führt er zuerst an, auf wen in Deutschland zu rechnen sei. Er nennt nur den Kurfürsten von Sachsen, und ausserdem hält er Hannover, Braunschweig und Hessen für fähig mit Preussen einen Bund zu schliessen, dagegen weder die geistlichen Kurfürsten noch den Herzog von Württemberg, welcher letztere nur Fürstenrang für seine Geliebte, die Franziska von Hohenheim, und für sich den Kurhut wünsche. Von dem Kurfürsten von Bayern und der Pfalz hatte Friedrich die Meinung, dass derselbe ein Sklave des Proconsuls Lehrbach (des österreichischen Gesandten) sei, der ihn regiere, wie der Römer Popilius den König Antiochus von Syrien. Wir sehen, Friedrich denkt wieder wie 1778 an einen Fürstenbund, aber von einer Ausführung dieser Absicht ist noch keine Rede; auch ist ihm unbekannt, dass andere deutsche Fürsten von einem solchen Bunde sprechen. In Polen glaubte er den Kaiser geschäftig, eine österreichische Partei zu gründen, die, wenn er an Preussen den Krieg erklärt, feind- liche Einfälle in das Land unternehmen sollte. „Wir müssen also, meint er, dort Anhänger zu gewinnen suchen, um die Pläne der Wider- sacher zu vereiteln oder ihnen entgegenzutreten.‘ Auf Frankreich rechnet der König nicht, es müsste denn Katharina das griechische Reich errichten wollen und der Kaiser gegen die Pforte 14* 21 Jahres-Bericht sich erklären; dann würden die Franzosen einen giltisen Vorwand er- halten, ihr Bündniss mit dem Wiener Hofe zu brechen. Dagegen hält Friedrich jetzt es für möglich in nahe Beziehungen zu England zu treten, weil Bute keinen Einfluss mehr besitze und das gegenwärtige Ministerium rechtschaffen sei und freundliche Gesinnungen gegen Preussen hege. Freilich müsse man noch abwarten, ob England nach dem Frieden zu sehr erschöpft oder im Stande sein werde, seinen Verbündeten bei- zustehen. Im letzteren Falle könnte man durch England die Hilfe der hannöverschen, hessischen und braunschweigischen Truppen gewinnen und dieselben. gegen die Unternehmungen gebrauchen, welche das Ministerium des Erzbischofs von Köln etwa gegen die preussischen Be- sitzungen und in Westfalen ins Werk setzen wollte. Den Bund mit Frankreich zog Friedrich vor; aber wenn das unmöglich ist, meint er, muss man den Blick auf England richten und noch besser eine Tripel- allianz schliessen, indem man die Türkei dazu nimmt, die bei einem Kriege Preussens mit Oesterreich und Russland am wirksamsten Angriffe zur Ableitung der feindlichen Streitkräfte würde machen können. Und wie Friedrich immer vorbereitet sein will, hat er schon jetzt einen Weg für den Briefwechsel mit Konstantinopel angebahnt; danach sollten die wichtigen Schreiben über Warschau an den Pascha von Chotzim gehen und durch diesen an die Pforte geschickt werden. Die Betrachtungen sind natürlich ein beachtenswerthes Schriftstück, aber eine grosse Bedeutung liegt ihnen nicht bei; denn die Geschichte nimmt einen ganz anderen Verlauf. EHochwichtig dagegen ist nach meinem Dafürhalten der Schluss. „Das sind im allgemeinen, fährt der König fort, meine Gedanken über die Zukunft. Ich werde nichts ver- absäumen und weder meine Mühe sparen, noch die geringe Fähigkeit, die ich besitze, schonen, um dieses drohende Unheil von unseren Häuptern abzuwenden. Aber wenn mein Herr Neffe nach meinem Tode in Träg- heit versinkt und sorglos dahinlebt, wenn er, verschwenderisch wie er ist, die Gelder des Staates vergeudet und nicht alle Kräfte seines Geistes zusammennimmt, dann wird — ich sehe es voraus — Herr Joseph ihm schlimm mitspielen, und in 30 Jahren giebt es kein Preussen und kein Haus Brandenburg mehr, Der Kaiser wird, nachdem er alles verschluckt hat, Deutschland zuletzt unterwerfen, dessen souveräne Fürsten er be- rauben will, um eine Monarchie wie die französische daraus zu bilden. Ich thue tausend Gelübde, dass meine Prophezeihung durch den Erfolg Lügen gestraft werde, dass meine Nachfolger ihre Pflicht thun und das Schicksal den grössten Theil der Plagen abwende, von denen wir be- droht sind.“ | In dem Vorworte geht Lehmann mit einem prächtig klingenden Uebergange sogleich zum dritten Stück über, indem er schreibt: „Die Sorge dietirt Testamente, die Hoffnung Historien. Im Jahre 1782 war der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 213 der König nahe daran, an der Zukunft seines Staates zu verzweifeln, zwei Jahre später hatten die Dinge eine Wendung genommen, welche ihm den Muth gab zurückzublicken. Er sah in Joseph II. nieht mehr den künftigen Zerstörer der preussischen Macht.“ Lehmann hat sich hier doch nicht gut unterrichtet. Die beiden folgenden Stücke, die er herausgiebt, fallen in den October und No- vember 1784. Am 29. October schrieb Friedrich an seine Minister die längst bekannten Worte: ‚Feuer! Feuer! meine Herren; sehet nicht gleichgiltig den ersten Schritten zu, welche Joseph thut; denn die Folgen würden verderblich für das Reich und für alle Herrscher Europas werden.‘‘ So besorgt äusserte sich Friedrich damals, ohne zu wissen, mit welchem gefährlichen Plane Joseph eben umging, und wie er dabei der Unterstützung Katharinas gewiss war. Wenn also Lehmann’s Theorie richtig wäre, so hätte Friedrich keinen Grund gehabt Historien zu dietiren. Ferner Nr. 2 und Nr. 3 sind beinahe gleichzeitig, und doch soll jenes ein politisches Testament und dieses der Anfang eines ge- schichtlichen Werkes sein. Da müsste ja in der einen Herzkammer die Sorge, die Hoffnung in der anderen gewohnt haben. Ausserdem ist es doch undenkbar, dass zwei so verschiedene Geistesproducte auf einen einzigen Bogen geschrieben sein sollen. Endlich hat Friedrich seine beiden wirklichen politischen Testamente 1752 und 1768 verfasst, also in Zeiten, wo drückende Sorgen seine Seele nicht beschwerten, und Historien, wenn er zu einem bedeutenden Lebensabschnitte gekommen war, nach dem zweiten schlesischen und siebenjährigen Kriege, nach der ersten polnischen Theilung und dem bayerischen Erbfolgekriege, und er würde ganz ohne Zweifel, wenn er an eine Fortsetzung seiner Denk- würdigkeiten gedacht hätte, dies erst mit dem Beginne des Jahres 1786, d. h. nach der Gründung des Fürstenbundes gethan haben. Wenn Lehmann das dritte Schriftstück als den Anfang neuer Denk- würdigkeiten betrachtete, so verlockten ihn die ersten Worte. Friedrich beginnt: „Ich habe von allem, was sich während meiner Verwaltung in den allgemeinen Angelegenheiten von Europa bis zum Frieden von Teschen zugetragen hat, Rechenschaft gegeben.‘ Hier ist in der That eine Anknüpfung an die letzten Denkwürdiskeiten. Aber mit 52 Zeilen fertigt der König fünf Jahre ab, und zwar erzählt er die Begebenheiten nicht, sondern er führt sie nur an, um sich darüber zu rechtfertigen, dass er das Bündniss mit Russland nicht wirklich aufgelöst habe. Die srosse Macht dieses Staates und die Schwäche Frankreichs, wie er es ansieht, verhindern ihn daran, und er würde sich der Ueberstürzung an- klagen, wenn er anders handelte. Aber er bedauert es tief, dass es ihm unmöglich ist, ein Bündniss mit den Franzosen zu schliessen. „„O Richelieu, o Mazarin, o Ludwig XIV.! ruft er zuletzt aus, was würdet ihr sagen, wenn ihr die Schmach eurer Nachfolger sehen könntet.“ Eben diese 214 Jahres - Bericht Worte sind dem Herausgeber freilich aufgefallen, jedoch er tröstete sich damit, dass er meinte, Friedrich würde dieselben bei einer Ueber- arbeitung sicherlich weggelassen haben. Uebrigens kühlte der Fürsten- bund, welchen der grosse König bald nachher eifrigst in Angriff nahm, die frühere Freundschaft mit Russland noch mehr ab, und es ging un- gefähr wie in Goethe’s Wahlverwandtschaften her; denn auch das öster- reichisch-französische Bündniss hatte beinahe seine Bedeutung verloren. Friedrich stand in guten Beziehungen zu dem Cabinete von Versailles, und Joseph und Katharina lebten noch immer glücklich in ihrer poli- tischen Ehe. Während die bisher erwähnten beiden Schriftstücke die auswärtige Politik und Preussens Stellung zu den anderen Grossmächten betreffen, handelt das zweite von den Finanzen. Friedrich setzt in der ersten Hälfte desselben sein eigenthümliches Verfahren auseinander, wie er es schon im politischen Testamente von 1768 gethan.!) Die andere Hälfte giebt allgemeine Vorschriften. „Bei der Verwaltung der Finanzen, sagt er, muss man es verstehen, seine Grillen, Leidenschaften und Neigungen zu zügeln,; denn erstlich gehören die Einkünfte des Staates nicht dem Herrscher; dieses Geld kann rechtmässiger Weise nur zum Wohle und zur Erleichterung der Völker angewendet werden. Jeder Fürst, welcher dieses Einkommen in Vergnügungen und übel angebrachten Freigebig- keiten vergeudet, ist nicht sowohl Herrscher als Strassenräuber, weil er dieses Geld, das Herzblut des Volkes, zu unnützen und oft lächer- lichen Ausgaben verwendet. Denn man muss davon ausgehen, dass kein Fürst in Wahrheit sagen kann: ‚Wir werden jetzt keinen Krieg mehr bekommen, wir brauchen nur wie ein Epikuräer zu leben und daran zu denken, wie wir unsere Leidenschaften und unsere Sinnenlust be- friedigen. Was geschieht??) Plötzlich bricht ein Krieg aus, und weil unser Epikuräer im voraus seine Einkünfte verzehrt hat, ist er unvor- bereitet in dem Augenblicke, wo Hannibal, wie die Römer sagen, vor den Thoren steht.‘ „Alle Handlungen der Menschen müssen das Ergebniss einer tiefen Erwägung sein und dürfen nur nach reiflicher Ueberlesung ins Werk ge- setzt werden. . Aber ich wage zuversichtlich zu behaupten, dass die Herrscher ihre Vorsicht weiter treiben müssen als die Privatpersonen, weil eine falsche Schlussfolgerung der letzteren nur das Unglück einer Familie nach sich zieht, während Millionen Menschen darunter leiden, !) Vergl. hierüber meinen Vortrag: „Mittheilungen aus dem politischen Testamente Friedrichs des Grossen vom Jahre 1768“ in dem 66. Jahresbericht der Gesellschaft, S. 299 ff. Ferner Expose du gouvernement prussien in den Oeuvres IX, 183. 2) Denn so muss ohne Zweifel gelesen werden, nicht plaisirs, qu’arrive-t-il? der Schles. Gesellschaft für vater]. Cultur. 315 wenn die Könige nur obenhin an die Zukunft denken und unüberleste Maassregeln ergreifen; ihr Ruhm verdunkelt sich und ihre Feinde ziehen Nutzen von ihren Dummheiten. Diese Folgen sind so wichtig, dass man sie nicht genug denjenigen einprägen kann, welche zur Regierung eines Staates bestimmt sind, besonders wenn diese Fürsten den Fehler haben, verschwenderisch zu sein, eine Abneigung gegen finanzielle Berechnungen zu haben, und wenn sie ausserdem dummer Weise die Gewohnheit an- genommen haben, sich von allen Dienern mit kaltem Blute bestehlen zu lassen. Man muss entweder nicht regieren wollen oder den edlen Vorsatz fassen, sich dessen würdig zu machen, indem man alle Kenntnisse, welche die Fürsten brauchen, erwirbt und durch eine edle Nacheiferung an- getrieben wird, keine Mühe und Arbeit zu sparen, welche das Regieren erfordert. Man wird z. B. sagen: „Rechnungen langweilen mich.‘ Ich antworte: „Das Wohl des Staates erfordert, dass ich sie durchsehe, und in diesem Falle darf es mir nicht schwer ankommen.‘‘ Der König weist auf die Verschuldung der europäischen Staaten, besonders Frankreichs, hin und fügt alsdann sehr richtig hinzu: In einem grossen Königreiche wie dieses gebe es unendliche Hilfsquellen, aber in einem armen Lande wie Preussen würde der gänzliche und nicht wieder gut zu machende Zusammensturz erfolgen. „Das sind Erwägungen, schliesst Friedrich, welche mein Nachfolger wohl thun wird ernstlich in Betracht zu ziehen und sich anzueignen, damit nach meinem Tode der Staat im Stande sei, sich zu erhalten und nicht zu unterliegen; aber sicherlich würde das eintreten, wenn er nur einen windigen Menschen und Verschwender an seiner Spitze hätte.‘ ‚Jedermann bemerkt, wie der Prinz von Preussen hier blosgestellt wird, und ich wage zu behaupten, dass die Vorwürfe, welche der König demselben machte, die anderen Mittheilungen an Wichtigkeit bei weitem übertreffen. Die politischen Auslassungen in Nr. 1 und ausserdem‘ die Nummer 3 fügen zu dem, was ich in dem zweiten Bande meiner Ge- schichte des preussischen Staates erzählt habe, nichts wesentlich Neues hinzu. Auch die Angaben über die Finanzpolitik bringen für Denjenigen, welcher das politische Testament Friedrichs von 1768 und den Aufsatz Expos&e du gouvernement prussien gelesen hat, Bekanntes; aber sie ent- halten allerdings eine recht dankenswerthe Ergänzung. Endlich was das Urtheil über den Prinzen von Preussen betrifft, so haben wir in den Denkwürdiskeiten des Königs, welche vom Huberts- burger Frieden bis zum Ende der ersten Theilung Polens reichen, ein sehr vernichtendes Urtheil über den Charakter desselben. In dem Feld- zuge von 1778 dagegen errang er sich die Zufriedenheit des Königs, welcher anfing guten Muth zu fassen, wie er an seinen Bruder Heinrich schrieb, und auch in der Geschichte des bayerischen Erbfolgekrieges lobt Friedrich der Grosse den Neffen an mehreren Stellen. Hierzu 216 Jahres - Bericht treten aber nun die angeführten Aeusserungen aus dem Mai 1782 und dem October 1784, welche die stärkste Besorgniss über die Zukunft Preussens verrathen und für immer eine schwere Belastung des Prinzen bleiben werden. Das ist nach meiner Ansicht der Werth der drei Schriftstücke. Wenn Max Lehmann sie zwei politische Testamente und die Anfänge eines geschichtlichen Werkes nennt, so hat er ihre Bedeutung nach meiner Meinung übermässig erhöht. Allenfalls könnte das zweite Stück, das von den Finanzen handelt, als ein Nachtrag zum politischen Testa- mente von 1768 gelten; aber es würde dann auf ein besonderes Blatt geschrieben vom Könige zu diesem gelegt worden sein und im Haus- archive sich befinden. Mit noch grösserem Rechte müsste man den nicht bloss die Finanzen behandelnden kurzen Aufsatz Expose du gou- vernement prussien, der in den Anfang des Jahres 1776 gehört!), als politisches Testament bezeichnen, ‚und Friedrich hätte dann in 8 Jahren drei solche Schriftstücke verfasst. Es scheint mir beinahe, als ob Lehmann jetzt in Ueberschriften kleiner Arbeiten Staat machen wollte; denn in einem folgenden Hefte der Historischen Zeitschrift erhalten wir eine nicht eben bedeutende Mittheilung aus einem Briefe Friedrichs, auf welche wir wohl hätten warten können, bis sie in der „Politischen Correspondenz‘‘ abgedruckt worden wäre, und über dem Vorworte den prunkenden Titel: „Zur Charakteristik des Siebenjährigen Krieges.‘ Die Schriftsticke rühren nach Lehmann’s Angabe von der Hand des Königs her, sind aber in richtiger Orthographie, jedoch nicht ohne Fehler, abgedruckt worden; denn es finden sich verschiedene Versehen, von denen ich einige gröbere anführen will. Wir lesen p. 266 fin.: Joseph n’a pas senti que l’inconvenient en resulterait & T’&gard de la France, aber es muss heissen: quel inconvenient. Auf der folgenden Seite Z. 2 und 3 lesen wir: L’expedition..... ont flatte ete. Ferner steht p. 265 gedruckt: Ces consöquences sont si importantes qu’on ne saurait assez les inculquer dans l’esprit de ceux que la naissance destine au gouvernement. Nun beginnt ein neuer Satz: Surtout ces princes ont le defaut d’etre prodigues, d’avoir une aversion pour les calculs de finance. Alle diese Prinzen sollen so sein? Das kann Friedrich un- möglich behaupten. Und wie will man denn das folgende que vor outre übersetzen? Es heisst nämlich weiter: et qu’outre cela ils aient la betise d’avoir contraet& l’habitude de se laisser voler indifferemment par tous les domestiques. Ohne jeden Zweifel gehören die beiden Sätze zu- sammen, und es fehlt hinter surtout das Wörtchen si. Wenn dieses !, Hierauf weist die Erwähnung am Ende des Abschnittes über die Rechts- pflege p. 188 fin. deutlich hin. Vergl. meine Neuere Geschichte des preussischen Staates II, 618, der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 917 wiederholt werden soll, steht bekanntlich que mit dem Subjonetiv. So hängt alles auf das schönste zusammen und giebt einen richtigen Sinn, Ebenso gebildet ist der vorletzte Satz des ersten Schriftstückes, welcher dem Herausgeber hätte zur Richtschnur dienen können. Es ist doch gut, wenn man bei den classischen Philelogen eine zeitlang in die Lehre gegangen ist, Uebrigens verfehle ich nicht am Schlusse zu erklären, dass die Ver- öffentlichung; verdienstlich und dankenswerth ist. Am 31. October las der Gerichts-Assessor Dr. Keil über die Communalverhältnisse auf dem Lande im östlichen Preussen während des 17. und 18. Jahrhunderts. Am 28. November hielt der Geh, Archiv-Rath Professor Dr. Grün- hagen einen Vortrag über Schlesien beim Ausbruche des siebenjährigen Krieges. Wird in der Geschichte Schlesiens unter Friedrich dem Grossen, Bd. II, abgedruckt werden. Am 16. December las der Secretair über die Wirksamkeit, welche der preussische Minister von Heinitz in den Jahren 1777—1783 entfaltet hat. 218 Jahres-Bericht VII. Bericht über die Thätigkeit der Section für Staats- und Rechts- wissenschaften im Jahre 138839, abgestattet von Professor Dr. Elster, z. Z. Secretair der Section. Zu der am 31. Januar unter dem Vorsitze des Professor Dr. von Miaskowski abgehaltenen Sitzung hatte sich eine zahlreiche Ver- sammlung von Mitgliedern und Gästen eingefunden. Professor Dr. Freiherr von Stengel sprach über den Abschluss der preussischen Verwaltungsreform. Der Vortragende hob zunächst einleitungsweise hervor, dass um- fassendere Reformen im Verwaltungsorganismus eines Staats stets eine weit über die Vorschriften hinsichtlich der Zusammensetzung und Zu- ständigkeit der Behörden hinausgehende Bedeutung für das Staatsleben im Allgemeinen und die Stellung der Staatsbürger zu den Behörden im Besonderen haben, gab dann einen Ueberblick über die Entwickelung der preuss. Verwaltungseinrichtungen seit den Stein- Hardenberg’schen Reformen im Anfange dieses Jahrhunderts und ging hierauf auf Inhalt und Bedeutung der neuen Reformgesetze im Einzelnen ein. Den Schluss des Vortrages bildete die Darlegung, dass nach Einführung der Kreis- ordnung, der Provinzialordnung, des Landesverwaltungsgesetzes vom 30. Juli 1883 und des Zuständigkeitsgesetzes vom 1. August 1883 zu einem endgiltigen Abschlusse der Reform noch nothwendis sind: eine Reform der Landgemeinde-Ordnung in den östlichen Provinzen, eine Reorganisation des Staatsraths und eine anderweitige einfachere Organi- sation der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Was insbesondere die Reform der Landgemeindeverfassung betrifft, welche gegenwärtig noch auf den Vorschriften des allgemeinen Land- der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 319 rechts beruht — theilweise abgeändert und ergänzt durch das Gesetz vom 14. April 1856 und einige Bestimmungen der Kreisordnung vom 13. December 1872 — so wird dieselbe zum Gegenstande haben müssen: 1) die Vereinigung zu kleiner Gemeinden und Gutsbezirke mit anderen Gemeinden und Gutsbezirken; 2) Umwandelung solcher Gutsbezirke, welche eine erhebliche Einwohnerzahl haben, in Gemeinden; 3) zwangs- weise Bildung von Sammelgemeinden zu bestimmten Zwecken (Schul- wesen, Armenwesen ete.); 4) gesetzliche Regelung der gegenwärtig zum srossen Theile noch auf Herkommen und Ortsstatuten beruhenden Ge- meindevertretung und Gemeindeverwaltung. Die Reform ist mit Rück- sicht auf die besonderen Verhältnisse in den östlichen Provinzen schwierig, aber nothwendis, wenn die Kreisverfassung nicht der erforderlichen festen Unterlage entbehren soll. Im Anschluss an diesen Vortrag machte Gerichts-Assessor Dr. Keil einige Mittheilungen über unausgeführt gebliebene Entwürfe von Ver- waltungsgesetzen aus der Hardenberg’schen Zeit, Regierungsrath Frank hielt die Bildung der Sammelgemeinden im Osten für unnöthig und un- praktisch, welche Ansicht lebhaft vom Vortragenden, von dem Stadt- rath Martius und dem Regierungsrath Grafen Deym, von letzterem insbesondere unter Hinweis auf hannöversche Verhältnisse, bekämpft wurde. In einem Schlusswort sprach sich der Vorsitzende über die Stellung der politischen Parteien zur Verwaltungsreform und zur Land- semeindeordnung der Zukunft aus. — In der am 28. Februar unter dem Vorsitz des Professor Dr. von Miaskowski abgehaltenen Sitzung hielt Dr. Gustav Lange einen Vortrag über die Glasindustrie des Hirschberger Thales in Vergangenheit und Gegenwart. Die Glasfabrikation, so etwa führte der Vortragende aus, gehört zu den ältesten Industrien Schlesiens. Bereits um die Mitte des 14. Jahr- hunderts existirte eine Glashütte in Schreiberhau, welche in kurzer Zeit nicht nur ihren Besitzer, sondern auch ihren Standort mehrfach wechselte. Um 1430 befand sie sich am Weissbach, am Fuss des Schwarzenberges, wie aus den im sogenannten „Walenbuch“ (Walen — Wallonen) der Breslauer Stadtbibliothek niedergelegten Aufzeichnungen eines Breslauer Bürgers, Anton von Medrey, hervorgeht, der zu jener Zeit das Riesen- sebirge als Goldsucher und Schatzgräber durchwanderte. Ueber die nächsten zwei Jahrhunderte herrscht tiefes Dunkel. Im Jahre 1617 er- hielt Wolfgang Preusier, ein eingewanderter Böhme, von der Grund- herrschaft, dem Grafen Schaffgotsch, die Erlaubniss zur Anlegung einer Glashütte am Weissbach, die dort auch bis 1754 bestehen blieb. 3230 Jahres-Bericht Einer seiner Nachkommen errichtete 1702 eine zweite Hütte weiter oben im Zackenthal unter dem Weiberberge, die dann 50 Jahre lang abwechselnd mit der ersien im Betrieb war. Als dann die Gegend ganz abgeholzt war, musste die Hütte vier Stunden weit in den bisher unzu- gänglichen Babelsbruch verlegt werden und erhielt den Namen Karls- thaler Glasfabrik, den sie noch heute führt. Im Jahre 1796 wurde eine zweite, die Hoffnungsthaler Hütte erbaut, 1808 wurde die Karlsthaler Fabrik durch Brand zerstört und wiederhergestellt. Ueber die damaligen Verhältnisse des Unternehmens geben die Preusler’schen Familienpapiere interessante Auskunft, insbesondere auch über Maassregeln der preussischen Regierung, welche die Glas- industrie zu beschränken suchte, um der Textilindustrie den zum Bleichen nöthigen Holzbedarf zu sichern und auch die Fabrikation zeitweise einer überaus genauen Controle unterwarf. Ebenso griff sie in die Regelung der Arbeiterverhältnisse ein und erliess strenge Vorschriften gegen Con- traetsbruch und heimliches Auswandern der Gesellen. Jüngeren Datums als die Herstellung des Rohstofis ist die Kunst der Glasveredelung, doch finden sich bereits Ende des 17. Jahrhunderts die Glasschneider und -Schleifer im Hirschberger Thale weit verbreitet, „sodass einer den anderen verderbte und fast keiner recht das Brot davon hatte,‘“ wie in einer Beschwerde des Meisters Friedrich Winter an den Grafen Schaffgotsch vom Jahre 1685 geklagt wird. Dieser Winter war ein geschickter Mann, der das erste durch Wasser ge- triebene Schleifwerk anlegte, dessen innere Einrichtung in alten Zeichnungen aufbewahrt ist. Warmbrunn war lange Zeit der Hauptsitz der schlesischen Glas- veredelung, die unter dem böhmischen Wettbewerb viel zu leiden hatte, bis ihr die preussische Regierung mit Einfuhrverboten zu Hilfe kam und die Hebung der Technik durch Prämien und sonstige Vergünstigungen beförderte. | Einen neuen glänzenden Aufschwung nahm die Hirschberger Glas- industrie unter dem Einfluss des genialen Franz Pohl, des Schwieger- sohnes des letzten Preuslers, und durch die Unterstützung Seitens der preussischen Regierung, welche durch Förderung dieses Gewerbszweiges die Noth der schlesischen Gebirgsbewohner zu lindern suchte. Nament- lich machte sich der Regierungsrath Alexander von Minutoli in Liegnitz durch Aufstellung einer grossen Mustersammlung von Glas- produeten aller Länder. und durch sonstige Anregung und Belehrung verdient. Pohl war der Erbauer der Josephinenhütte, deren Weltruf er durch die Herstelluug seltener Kunstglasformen, wie des Netz- oder retieulirten Glases, des Millefiori-Glases, des Rubinglases etc. begründete. Er führte die obligatorische Betheiligung der Arbeiter an der von seinem Schwiegervater Preusler errichteten Zeichenschule ein, wodurch sich der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 99] die Kunstfertiskeit derart hob, dass die Erzeugnisse der Josephinenhütte auf der Londoner Weltausstellung 1851 Aufsehen erregten und von allen Seiten Bestellungen eingingen, denen selbst die vermehrten Arbeits- kräfte kaum zu genügen vermochten. So wuchs auch der Wohlstand der Bevölkerung, deren Wohlfahrt Pohl durch verschiedene Ein- riebtungen, wie Begründung eines Glasveredler-Vereins, Errichtung von Kranken-, Sterbe- und Pensionskassen ete., zu heben erfolgreich bemüht blieb. Diese günstige Entwickelung hielt, mit wenigen Unterbrechungen, wie sie beispielsweise die Kriege von 1866 und 1870 herbeiführten, im Ganzen bis zum Anfang der 70er Jahre an. Von da ab trat ein ent- schiedener Rückgang ein, namentlich durch den Verlust des englischen Absatzmarktes. Die Hoffnungsthaler Hütte war schon 1868 wegen ihrer ungünstigen Lage und der Kostspieligkeit der Besckaffung von Arbeits- kräften eingegangen. Seither ist die Arbeiterzahl auf zwei Drittel ihres früheren Bestandes gesunken. Des weiteren schilderte der Vortragende den heutigen Stand der Technik und die socialen Verhältnisse der in der Glasindustrie be- schäftisten Arbeiter. Nach der Berufszählung von 1882 wies das Hirsch- berger Thal (Schreiberhau, Petersdorf, Hermsdorf und Warmbrunn) im Ganzen 838 in der Glasindustrie thätige Personen auf, von denen nur -5 pCt. dem weiblichen Geschlecht angehörten. Mädchen finden jetzt nur noch selten als Einbinderinnen oder Polirerinnen Verwendung, während sie früher in grosser Zahl beschäftigt wurden. Die Arbeitszeit ist meist auf zehn Stunden festgesetzt, die aber oft überschritten werden. Heizer, Schmelzer u. s. w. lösen sich alle 12 Stunden ab. Die Sonntagsruhe ist ziemlich streng durchgeführt. Am längsten wird natürlich in den hausindustriellen Glasveredelungsbetrieben gearbeitet, die sich der Controle der Fabrikinspectoren entziehen. Die Hausindustrie hat auch bei weitem schlechtere und ungesündere Arbeitsräume als die Fabriken. Die nach der Befähigung der Arbeiter vielfach abgestuften Löhne belaufen sich im Durchschnitt etwa auf 650 Mark, zu denen jedoch noch gewisse Nebeneinnahmen treten, insbesondere durch Ver- miethung möblirter Zimmer und sonstiger Ausnutzung des Fremden- verkehrs, der freilich andererseits durch Steigerung der Lebensmittel- preise nachtheilig einwirkt. Auch die Lebenshaltung, die Grösse der Wohnungen z. B., wird durch den Zuschnitt auf den Fremdenverkehr wesentlich beeinflusst. Die Gesundheits- und Sterblichkeitsverhältnisse sind ziemlich ungünstige. Der Aufenthalt in dem von seinem spitzen Staub erfüllten Pochwerk bedroht die Lungen; die gebeugte Haltung beim Glasschleifen greift Brust und Athmungsorgane an; die Hitze und die blendende Helligkeit in der Glashütte wird den Augen verderblich, Die Zahl der todtgeborenen Kinder und die Säuglingssterblichkeit ist eine unverhältnissmässig grosse, Die sittlichen Zustände und die Be- ) 222 Jahres - Bericht ziehungen der Arbeiter zu den Arbeitgebern sind im Grossen und Ganzen zufriedenstellend. An den hier nur in allgemeinen Umrissen wiedergegebenen, ebenso lehrreichen wie anregenden Vortrag, der in erweiterter Form u. d. T, „die Glasindustrie im Hirschberger Thale. Ein Beitrag zur Wirthschafts- geschichte Schlesiens“ in Schmollers „‚‚Staats- und socialwissenschaft- lichen Forschungen“ IX. Bd., Heft 2, erschienen ist, knüpfte sich eine Erörterung über einzelne Punkte desselben, an der sich namentlich Ge- werberath Frief und Hoflieferant Wentzel betheilisten. — In der am 25. April unter dem Vorsitz des Prof. von Miaskowski abgehaltenen Sitzung hielt Ober-Regierungsrath a. D. Schmidt, früher langjähriger Dirigent der Abtheilung für Kirchen- und Schulwesen bei der Breslauer Regierung, einen Vortrag über die Gemeinde und das Volksschulwesen in Preussen und insbesondere in Schlesien, zu welchem sich zahlreiche Mitglieder und Gäste, darunter Oberbürger- meister Friedensburg, Ober-Regierungsrath Oelrichs, Regierungs- rath Graf Deym, Geh. Archivrath Prof. Dr. Grünhagen u. a. ein- sefunden hatten. Der Vortragende gab zunächst einen geschichtlichen Abriss über die Entwickelung der Gemeinden im Zusammenhang mit der allgemeinen Culturentfaltung, mit dem Uebergang von der mittelalterlichen Rechts- ordnung zum absoluten Staat und dem Ausbau des letzteren zum heutigen Rechtsstaat, um dann in Anwendung der hieraus sich ergebenden Ge- sichtspunkte auf das Volksschulwesen im Besonderen des näheren ein- zugehen. Bis zur Reformation — so etwa führte er aus — bildete dieses, wie das Unterrichtswesen überhaupt, lediglich einen Zweig der kirch- lichen Verwaltung. Auch nach Einführung der Reformation, als die Kirehe ihre Selbstständigkeit verloren hatte und zu einem Staats- institute geworden war, behielt es diesen Charakter und wurde nach wie vor aus kirchlichen Mitteln unterhalten. Erst Friedrich Wilhelm I. erhob es durch Einführung der allgemeinen Schulpflicht und des Schul- geldes zu einem Gebiet der staatlichen Verwaltung; er suchte auch den Unterhalt der Lehrer und der Schulen möglichst unabhängig von den kirchlichen Fonds zu machen und auf die Gemeinden zu übertragen, ohne diesen jedoch dafür einen Antheil an der inneren Schulverwaltung einzuräumen. Einen solchen gewannen die Gemeinden erst, nachdem unter und seit Friedrich dem Grossen infolge der Einverleibung zweier zumeist katholischer Provinzen, Schlesiens und Westpreussens, in die Monarchie die Schulgesetzgebung eine confessionelle geworden war, im der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 233 Anfange dieses Jahrhunderts mit der Einführung der „‚Schuldeputationen“ für die Städte und der aus Gutsherrn, Ortsschulinspector und gewählten Gemeindegliedern gebildeten „‚Schulvorstände‘ für das platte Land. Die völlige Loslösung des Volksschulwesens von der kirchlichen Verwaltung als solcher besiegelte das Schulaufsichtsgesetz von 1872. Hingegen ist bisher der Erlass einer allgemeinen Schulordnung an den Schwierig- keiten, das Verhältniss der Schule zur Kirche und Gemeinde zu regeln, gescheitert und das in der preussischen Verfassungsurkunde von 1850 aufgestellte Programm noch nicht verwirklicht worden. Was die Schullasten anlangt, so hat zwar der Staat neuerdings einen Theil derselben durch Gewährung von Alterszulagen, Uebernahme von Lehrerpensionen, sowie durch die jüngsten Verwendungsgesetze auf seine Schultern genommen; gleichwohl wird ihr Druck noch immer vielfach schwer empfunden, namentlich wegen ihrer ungleichmässigen Vertheilung, welche sich noch von den durch die Stein-Hardenbergische Agrargesetzgebung beseitigten gutsherrlich bäuerlichen Verhältnisse des vorigen Jahrhunderts herschreibt. Nirgends aber sind diese Missstände so reformbedürftig, wie gerade in unserer Provinz Schlesien, deren eigen- thümliche Rechtsentwickelung zu einem geradezu unerträglichen Dualismus der Schulgesetzgebung geführt hat, welehe überdies nicht nur in hohem Grade ungerecht, sendern auch ausserordentlich zweifelhaft und lücken- haft ist. Es gelten nämlich einerseits die katholischen Schulreglements von 1765 und 1801 für die zur Zeit des Erlasses des letzteren bestehen. den katholischen und für die evangelischen Schulen in Gemeinden mit gemischter Bevölkerung, d. h. in denen die Minderheit der einen Con- fession mehr als ein Sechstel der Stellenbesitzer beträgt, andererseits das Allgemeine Landreeht und ein Allerhöchster Landtagsabschied von 1829 für die übrigen evangelischen Schulen und die erst nach 1801 ent- standenen katholischen Sonderschulen. Träger der Schullasten sind für die letzteren die „‚Hausvätersocietäten‘, für die ersteren die Dominien und Gemeinden. Jene bilden eine Corporation im Sinne des Landrechts, diese fassen Beschlüsse im Wege der Vereinbarung unter einander, in deren Ermangelung die Entscheidung der Regierung als Aufsichtsbehörde zufällt. Maassgebend für diese Scheidung ist der Stand der Confessionen im Normaljahre 1801, dessen Ermittelung jedoch häufig grossen Schwierig- keiten begegnet und die Vernehmung von Zeugen, die Einsicht der Grundbücher, Grundacten und Kirchenbücher erforderlich macht. Was die Vertheilung der Unterhaltungspflicht im Einzelnen angeht, so sind nach dem Landrecht die Gutsherrschaften des Schulortes zur subsidiären Aufbrinsung der Lehrergehälter den Gutseinwohnern gegenüber ver- bunden, während die übrigen Gutsherren des Schulbezirkes als Hausväter eoncurriren. Nach dem katholischen Schulreglement dagegen findet eine derartige Unterscheidung nicht statt. Zu den Baulasten hat der Guts- 924 Jahres-Bericht herr nach dem Landrecht nur mit den aus seinem Gut gewonnenen Materialien beizutragen; er ist also beim Fehlen von Gutswaldungen sehr günstig gestellt. Auch der Repartitionsmodus ist ganz verschieden. Die Beiträge der Hausväter sollen „nach Verhältniss ihrer Besitzungen und Nahrungen billig vertheilt werden“, und zwar geschieht dies nach Maassgabe der Klassen- und Einkommen- oder der Grund- und Gebäude- Steuer. Die Heranziehung der Forensen ist unzulässig, sodass gerade diejenigen, die als Bergwerks-, Fabrikbesitzer u. dgl. das grösste Interesse an der Volksschule haben, von der Unterhaltung derselben befreit sind. Anders nach dem katholischen Reglement, welches die Bestreitung der Lehrergehälter ausschliesslich dem Grundbesitz auflegt, allerdings aber wiederum oft Dominien beitragspflichtig macht, die infolge der Regulirung gar nicht mehr innerhalb der betr. Dorfgemeinde liegen. Die Herrschaften zahlen ein Drittel der Gehälter, die Stellenbesitzer zwei Drittel, welche nach Köpfen vertheilt werden, also ohne Rücksicht auf die individuelle Leistungsfähigkeit. Der Vertheilungsmaassstab der Baulasten zwischen Dominien und Gemeinden wird von der Regierung festgesetzt, sofern er nicht aus behördlich bestätigten Vereinbarungen der Betheiligten und der. durch rechtsbeständige Gewohnheiten und Uebungen geschaffenen Schulverfassung zu entnehmen ist. Nicht minder mangelhaft sind die Bestimmungen des Reglements über die Errichtung neuer Confessions- schulen, über die Stadtschulen, über die Anstellung neuer Lehrkräfte bei wachsendem Schulbesuch, sowie über den besonderen confessionellen Unterricht. Zu alledem ist der Rechtszustand der bestehenden Schul- einrichtungen dadurch noch unsieherer und verworrener geworden, dass dem obenerwähnten Landtagsabschied wegen Mangels ordnungsmässiger Veröffentlichung die Gesetzeskraft abgesprochen und auch anderen früher ständig angewendeten Grundsätzen durch die neuere Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts der Rechtsboden entzogen worden ist. Bei dieser Sachlage erklärte der Vortragende das Bedürfniss einer einheitlichen gesetzlichen Regelung der Materie, wie es bereits in den Anträgen des Herrn von Zedlitz im Abgeordnetenhause, des Grafen Pfeil im Herrenhause und des Grafen Henckel von Donnersmarck auf dem letzten Schlesischen Provinziallandtage zu Tage getreten, in der That für unabweisbar dringlich. Die Regelung dürfe auch nicht bis zu dem Erlass einer Landgemeinde-Ordnung und der Reform der Communal- steuergesetzgebung hinausgeschoben werden, vielmehr gerathe man in einen eirculus vitiosus, wenn man nicht mit jeder dieser Maassregeln selbstständig vorzugehen beginne. Demgemäss entwickelte der Vortragende zum Schlusse die Grund- züge einer künftigen Schulgesetzgebung: Weder die Hausvätersoeietäten noch die Grundsätze des katholischen Reglements seien zu übernehmen. Auch der Vorschlag des Abgeordneten von Heydebrand, dem Land- der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur, 3935 tagsabschied von 1829 nachträglich Gesetzeskraft zu geben, sei nicht geeignet, die Rechtssicherheit wiederherzustellen. Ebensowenig erscheine die Heranziehung der Kreise und Provinzen zu den Schullasten ge- rechtfertigt, da letztere nur zur Befriedisung wesentlich örtlicher Be- dürfnisse dienen. Vielmehr müsse man auf die bereits in der Verfassungs- urkunde von 1850 ausgesprochenen leitenden Gesichtspunkte zurück- greifen, nach denen die Mittel zur Errichtung, Unterhaltung und Er- weiterung der öffentlichen Volksschule von den Gemeinden und beim Unvermögen derselben ergänzungsweise durch den Staat aufzubringen sind, dergestalt, dass der Staat den Volksschullehrern ein festes, den örtlichen Verhältnissen angemessenes Einkommen sicher stellt. Dem- gemäss empfahl der Vortragende die $$ 39, 40, 50—62 der für die Provinz Preussen erlassenen Schulordnung von 1845 mit gewissen Ab- änderungen durch ein Nothgesetz auch auf Schlesien zu übertragen, d. h. die Ortsgemeinden zu Trägern der Schullast zu machen, die Auf- bringung der Mittel in gleicher Weise, wie für die übrigen Communal- bedürfnisse zu regeln und die Leistungen nach Verhältniss der Klassen- bezw. Einkommensteuer zu vertheilen. Gehören mehrere Gemeinden zu einer Schule, so soll der Antheil der einzelnen nach der Zahl der Haus- haltungen festgesetzt und in jeder Gemeinde für sich wieder nach dem -obenerwähnten Maassstab aufgebracht werden. Was ausserhalb des Ge- meindebezirks angesiedelte Personen nicht leisten können, soll einem aus den zugehörigen Gemeinden und Gütern zu bildenden und durch eine entsprechende Organisation zu einer rechtlichen Einheit zu erheben- den Gesammtschulverbande übertragen werden. Die Versammlung folgte den Darlegsungen des Vortragenden mit lebhafter Theilnahme und bezeugte auch, ohne dass in eine eigentliche Erörterung eingetreten wurde, ihre Zustimmung zu seinen gesetz- geberischen Vorschlägen, welche, von einer mit den einschlägigen Ver- hältnissen durch vieljährige Erfahrungen in den verschiedensten Landes- 'theilen vertrauten und daher besonders sachverständigen Persönlichkeit ausgehend, auf Beachtung in den maassgebenden Kreisen gegründeten Anspruch erheben dürfen. — In der am 23. Mai unter dem Vorsitze des Herrn Professors von Miaskowski abgehaltenen Sitzung berichtete Privatdocent Dr. Gürich über die Verhältnisse in dem deutschen Schutzgebiete in Südwest-Afrika. Nachdem er bereits in der „Naturwissenschaftlichen Seetion‘“ Mit- theilungen über Oberflächenformen, Pflanzendecke, Thierwelt und Klima des Gebietes gemacht hatte, blieb ihm nur für diese Section noch übrig, über die Bewohner des Schutzgebietes und deren allgemeine Verhältnisse zu sprechen. 1889, | 15 Jahres-Bericht [Sa [83) Su Die Bevölkerung unseres Schutzgebietes ist eine sehr geringe; Be- siedelungen des Landes sind immer nur unmittelbar an den Wasserstellen möglich, und solehe giebt es nur in sehr beschränkter Zahl. Es giebt Wasserstellen an günstigen Stellen in den trockenen Flussbetten, seltener ausserhalb derselben; letztere treten nur unter ganz besonders günstigen Umständen auf: es sind Quellen, wenn sie oberflächlich, Puts, wenn sie nur durch Brunnengrabung erreichbar sind. Die Völker unseres Schutz- gebietes haben übrigens ihre ethnologische Originalität zum grössten Theile, sei es durch die vielen Kriege, sei es durch den Einfluss der Mission oder durch die steten Wanderungen, eingebüsst. Es sind im sanzen zwei Rassen scharf zu trennen, die schwarze Rasse, die Neger und die gelbe Rasse, die Hottentotten. Am wichtigsten für uns ist wegen des vorhandenen Reichthums an Vieh, wegen der Lage ihrer Wohnplätze und wegen der Schutzverträge mit dem Deutschen Reiche der Negerstamm der Herero, der in dem fruchtbarsten centralen Theile des Gebietes wohnt. Die Hottentotten wohnen in zahlreichen Stämmen im südlichen Theile und im Nordwesten. Der Negerstamm der Berg- damara ist über den grössten Theil des Gebietes zerstreut. Die den Hottentotten verwandten Buschmänner wohnen nur noch in den ent- legensten Theilen des Gebietes — an der Grenze gegen den Kolohari und gegen Oramboland. Die Orambo, ein bedeutender Negerstamm, wohnen im Nordosten. Die Herero wohnen am oberen Schwachaup von Otyimbingue aut wärts, bis an das Gebiet des Nosol, das bereits dem Örangeflusseysiom zugehörte; im Norden reicht ihr Gebiet bis in die Umgegend des quellen reichen Waterberg. Sie waren wahrscheinlich schon vor zwei Jahr hunderten im Lande eingesessen; über ihre Herkunft, ob vom sten, dem Mündungsgebiet des Zamberi oder aus dem Norden, dem Quell gebiet des Cunene und Okowango, lässt sich heute nicht mehr ent. scheiden. Ihre einzelnen, lose zusammenhängenden Stämme hatte sich nach ihrem letzten grossen Befreiungskriege gegen die Hottentullsn, unter deren Abhängigkeit sie gerathen waren, unter ihrem glücklichsts« Heerführer fester geeinigt. nit Das körperliche Aussehen der Herero ist nieht übel; meist sind ee, hohe, schlanke Gestalten von elastischen Bewegungen. Die Original- a gewandung, die nur noch von Heiden getragen wird, besteht bei den Männern in einem an vierzig Mal lose um den Körper geschlungenen Riemen, der ein Vorder- und ein Hinterleder trägt. Bei der Frauen- gewandung ist besonders die dreizipfliehe Lederhaube charakteristisch. Durch Belegstücke und Photographien wurden diese Verhältnisse illustrirt. Ihre runden, aus biegsamen Aesten gebauten Hütten bedecken die Herero mit einer Lehmkruste. Ihre einzige Beschäftigung ist die Viehzucht. Ihre Rinder bilden eine eigene, ausgezeichnete Rasse. Von denselben der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 927 nähren sie sich auch, allerdings fast ausschliesslich von der Milch. Auf die Viehzucht bezieht sich auch ihre Industrie; sie beschränkt sich, ab- gesehen von der Bekleidung, fast allein auf Anfertigung ihrer Milch- gefässe. Missionare einer deutschen Gesellschaft sind seit 30 Jahren unter ihnen eifrig thätig; sie haben auch einen gewissen Erfolg zu ver- zeichnen, indem zahlreiche Herero wenigstens äusserlich zum Christen- thum übergetreten sind. Ein christliches bezw. europäisches Rechts- gefühl geht ihnen vor der Hand noch ab. Sie sind zumeist gut euro- päisch bewaffnet; kriegerischen Muth zeigen sie eigentlich nur, wenn sie in erdrückender Ueberzahl sind. Einige Stämme der Hottentotten (Namaqua) wohnten schon vor zwei Jahrhunderten in dem nach ihnen benannten Gross-Namaqualande; die Mehrzahl wanderte erst im letzten Jahrhundert nach und nach ‘aus der Capcolonie ein; dies sind die Orlams. Sie zerfallen in zahlreiche Stämme, deren jeder seinen eigenen „Capitain“ hat. Einige Parteien sind bereits über die Grenzen des Namaqualandes hinausgewandert, so die Zwartbois in das Kaokofeld. Ihr Aussehen ist völlig verschieden von dem der Herero; ihre Haut ist gelblich, ihr Körperbau klein, zierlich. Früher waren sie meist Viehzüchter, nun treiben einzelne an die Küste gedrängte Stämme ein elendes Leben, nähren sich ausschliesslich von Muscheln, Fischen und der Narra, einer kürbisähnliehen Frucht. Die anderen Stämme finden ihren Unterhalt bei Viehraubzügen, die sie in das Gebiet der näheren oder ferneren Negerstämme unternehmen. Sie sind fast alle Christen, entschieden begabt und liebenswürdig, aber unendlich träge und leichtsinnig. Auch industrielle Fertigkeiten muss man ihnen zugestehen, wenngleich sie wenig Gebrauch davon machen. Sie haben auch Feuergewehre, aber stets weniger Munition als die vor- sichtigeren Herero; im Kampfe sind sie etwas weniger feige als ihre schwarzen Gegner. Die Bergdamara sind ein Stamm der Bantuneger, aber sie reden eigenthümlicherweise keine Bantu- sondern die Hottentottensprache, Ihre Herkunft ist problematisch. Die „wilden“ Bergdamara wohnen in den unzugänglichen Gebirgen, kennen weder Viehzucht noch Ackerbau und ernähren sich auf die denkbar einfachste Weise. Sonst findet man die Bergdamara als Diener im ganzen Lande bei allen Bewohnern weit verbreitet. Sie sind zu Sclavendiensten geboren und zu allen Arbeiten vortrefflich zu verwenden. Die Buschmänner wohnen nur im ferneren Theile des Schutzgebietes, sie gehören derselben Rasse an, wie die Hottentotten, und reden eine verwandte Sprache; vornehmlich ist die Jagd ihre Beschäftigung. Die Orambo (Sambo oder Ambo) sind ein Bantunegerstamm im Nordosten des Gebiets; sie treiben Viehzucht und blühenden Ackerbau 158 9338 Jahres-Bericht En und haben ein festes Staatsgefüge. Sie sind noch nicht mit einer europäischen Macht in Verbindung getreten. Die Bastards, Nachkömmlinge der holländischen Buren und der Hottentotten aus der Colonie, spielen im Lande eine Vermittlerrolle zwischen Weissen und Eingeborenen; sie bilden theils eine eigene Ge- meinde (in Rehobot), theils sind sie als Händler, Wagenführer, Schmiede ete. im ganzen Lande verbreitet. Von Weissen sind zunächst die einflussreichen Missionare zu er- wähnen; im Damara- und Namaqualande sind es deutsche, der rheinischen Missionsgesellschaft (Barmen) zugehörig, im Orambolande finische Missionare. Wirkliche Kaufleute giebt es nur wenige. Mehrere Händler kommen periodisch aus der Capcolonie oder aus Transvaal über Land. Ziemlich zahlreich giebt es verkommene Abenteurer verschiedener Nationalität. Als Importartikel für das Land gelten Kleidungsstücke, Kaffee, Schnaps und Waffen nebst Munition sowie Pferde. Exportartikel waren früher Elfenbein und Straussenfedern. Der Export in diesen Artikeln ist aber augenblicklich minimal. Von den kleinen Inseln bei Angra- Pequena werden Fische, Seehundsfelle, Guano exportirt. Die damit be- schäftigte Gesellschaft soll im letzten Jahre einen Reingewinn von 300 000 Mk. erzielt haben. Augenblicklich werden hauptsächlich Felle (Ochsen und Kleinvieh) und Antilopenhörner exportirt. Der eigentliche Reichthum des Landes beruht in den Viehheerden der Herero; dieselben sind aber im Grossen, etwa zum Zwecke einer Exportschlächterei, kaum zu kaufen. Nur nach glücklichen Raubzügen der Hottentotten ist Vieh billig zu erhalten. Doch das bei diesen eingerissene Creditsystem hat dem Handel sehr geschadet. Aller Handel im Lande wäre erlahmt, wenn nicht von Zeit zu Zeit die Hoffnung auf ‚‚Mineralschätze‘“ die Unternehmungslust der Weissen angefeuert hätte. Im Lande giebt es eine ganze Anzahl verlassener Kupferminen, die sich bei den wiederholten Versuchen als aussichtslos herausgestellt hatten. Neues Leben kam in den letzten Jahren dureh die Goldfunde in das Land. Am Cap war das Goldgeschäft zu einer nie geahnten Blüthe gelangt, die Unternehmungslust wurde auch für das Damaraland rege und übertrug sich nach Berlin. Hier machte man in- zwischen das Goldgesetz,; dann ging es an die Untersuchung; vier Ex- peditionen deutscher Interessenten langten nahezu gleichzeitig im Lande an. Der Vortragende - bereiste als Leiter der ersten bergmännischen Expedition des südwestafrikanischen Goldsyndikats das Land von Anfang Mai bis Ende December 1888; ihm standen zwei Bergingenieure, drei Freiburger Bergleute und ein Kaufmann zur Seite. Die Erfolge ent- sprachen den Erwartungen ebensowenig wie den Anstrengungen. Alle bisher bekannten Goldminen, von denen der Vortragende die meisten re rc a der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 3239 selbst besucht hat, zeigten ein ganz eigenthümliches, von dem gewöhn- lichen Vorkommen im Transvaal abweichendes Verhalten und erwiesen sich als nicht abbauwürdig. Abgesehen von der Minderwerthigkeit der Lagerstätten setzen auch technische Schwierigkeiten, wie Wasser- und Holzmangel, dem Bergbau grosse Schwierigkeiten entgegen. Zudem brachen gleichzeitig die bekannten politischen Wirren aus, die alle weiteren Versuchsarbeiten deutscher Unternehmer im eigentlichen Damara- lande unterbrachen. Von anderen Hilfsmitteln, das Land zu heben, ist häufig Ackerbau erwähnt worden; möglich ist die Ausübung desselben allerdings, aber doch in zu beschränktem Maasse. Für Plantagenbau wollte sich, wie es in den Tageblättern hiess, eine eigene Gesellschaft gründen. Jedem Kenner des Landes muss es aber klar sein, dass Plantagenbau im Damara- und Namaqualande ein Unding ist. Für die Viehzucht eröffnen sich indess in dem Lande mit seinen weiten Gras- feldern günstigere Aussichten. Selbst die Idee einer Viehschlächterei ist nicht von der Hand zu weisen, wenn auch die bisherigen Versuche einer deutschen Compagnie als verfehlt und völlig verloren zu betrachten sind. Zudem kann der Deutsche in diesem Lande eigenhändig arbeiten, ohne die Gefahren eines tückischen Klimas befürchten zu müssen. Das Land ist nicht nur gesund, der Aufenthalt daselbst ist sogar in vielen Fällen heilsam. Dadurch hat das Land einen Vorzug vor allen anderen deutschen Colonien, und man darf die Hoffnung nicht aufgeben, dass doch noch Mittel und Wege sefunden werden, diese Colonie zu einer werthvollen zu gestalten. — In der am 7. November abgehaltenen Sitzung, in welcher Senats- Präsident Rocholl den Vorsitz führte, fand zunächst die Neuwahl des aus vier Secretairen bestehenden Sectionsvorstandes für das Vereins- jahr 1890/91 statt. Gewählt oder wiedergewählt wurden die Herren: Senats-Präsident Rocholl, Professor Dr. Elster, Ober-Regierungsrath a. D. Sehmidt und Commerzienrath Leopold Schöller. Hierauf begann Professor Dr. Frhr. von Stengel einen Vortrag über die Verfassung und Verwaltung der englischen, französischen und holländischen Colonien. In der Einleitung wies der Redner darauf hin, dass man eigentliche, der Souverainetät des Mutterlandes unterliegende Colonien und Pro- teetoratsländer unterscheiden müsse, welche lediglich in einem mehr oder minder losen völkerrechtlichen Verhältnisse zum Mutterlande stehen, darauf gab er zunächst einen Ueberblick über das englische Colonialrecht. Die englischen Colonien zerfallen in zwei Gruppen, deren eine durch das grosse indische Reich mit mehr als 200 Millionen Einwohnern 230 Jahres-Bericht gebildet wird, während die sämmtlichen übrigen Colonien die zweite Gruppe ausmachen. Das indische Reich umfasst neben dem unter un- mittelbarer englischer Regierung und Verwaltung stehenden Territorium die zahlreichen nach Grösse und Bedeutung sehr verschiedenen Vasallen- oder Schutzstaaten. Diese Schutzstaaten stehen in einem Protectorats- verhältnisse zur englischen Krone, welches ihnen zwar ihre Autonomie in den inneren Angelegenheiten grundsätzlich belässt, jedoch der englischen Regierung auch weitgehenden politischen Einfluss gestattet. An der Spitze der Verwaltung des indischen Reiches steht der Staatsseeretair für Indien, welcher Mitglied des englischen Ministeriums ist. Als Statt- halter der Krone in Indien selbst ist ein Generalgouverneur mit dem Namen Vicekönig aufgestellt, welcher namentlich, unter Mitwirkung eines ihm beigegebenen Collegiums, des legislativen Raths, die Gesetzgebung für Indien auszuüben hat. Nachdem der Vortragende die Verwaltungs- und Gerichts-Einrichtungen des indischen Reiches genauer dargelegt hatte, hob er hervor, dass dasselbe ein ausserordentliches Beispiel der Beherrschung einer zahlreichen, theilweise hocheivilisirten eingeborenen Bevölkerung durch eine verschwindende Minderheit von etwa 200 000 eingsewanderten Europäern darstelle. Seitdem nun die Indier angefangen haben, sich mit Erfolg die europäische Cultur anzueignen und sich am öffentlichen Leben ihres Landes zu betheiligen, sei wiederholt die Frage aufgseworfen worden, ob nicht die englische Herrschaft in Indien bald ihr Ende erreichen werde. Der Vortragende sprach seine Ansicht dahin aus, dass voraussichtlich dieser Fall in absehbarer Zeit nieht eintreten werde, da, ganz abgesehen von dem Interesse, welches England am Be- sitze von Indien habe, die englische Herrschaft für Indien insofern un- entbehrlich sei, als sie allein verhindere, dass die im indischen Reiche vorhandenen nationalen und religiösen Gegensätze zu gewaltsamem Aus- bruche kommen. | Die übrigen englischen Colonien sind, staatsrechtlich betrachtet, ent- weder sogenannte Kroncolonien oder Repräsentativcolonien. Der Unter- schied der letzteren von den ersteren liegt darin, dass die Repräsentativ- colonien eine grosse Unabhängiskeit und Selbstständigkeit besitzen. Namentlich haben in den Repräsentativcolonien die Gouverneure als Stellvertreter der Krone das Recht, mit Zustimmung der durchweg aus zwei Kammern bestehenden colonialen Volksvertretung für die Colonie Gesetze zu erlassen. Der Vortragende gab eine eingehende Schilderung der Verwaltungseinrichtungen der beiden Arten von Colonien, deren oberste Leitung in der Hand eines besonderen Colonialministers in London liegt, und machte schliesslich darauf aufmerksam, dass die Ansicht der extremen Freihandelsschule, nach welcher die Colonien für England keinen Werth und keine Bedeutung hätten, gegenwärtig in England aufgegeben sei und dass man vielmehr mit dem Plane umgehe, die sehr selbst- der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 331 ständigen Repräsentativcolonien wieder in eine engere Verbindung mit dem Mutterlande, namentlich auch auf handelspolitischem Gebiete, zu bringen. Diesem Plane stehen aber verschiedene Hindernisse entgegen, insbesondere sind diejenigen Colonien, welche bisher eine strenge Schutz- zollpolitik auch gegenüber dem Mutterlande verfolgt haben, nicht geneigt, dieselbe aufzugeben. Infolge dessen haben denn auch die unter dem Schlagwort der ‚Imperial federation‘“ auftretenden Einheitsbestrebungen bisher noch wenig Erfolg gehabt. Andererseits ist das rechtliche Band, welches die englischen Colonien mit dem Mutterlande verbindet, immer noch ein starkes, und ein Abfall der englischen Colonien ist um des- willen nicht wahrscheinlich, weil man in den Colonien selbst zu gut weiss, welche Vortheile die Verbindung mit dem Mutterlande hat. Mit Rücksicht auf die vorgeschrittene Zeit brach hier der Redner seinen Vortrag ab, stellte jedoch in Aussicht, gegebenen Falles in einer späteren Sectionssitzung noch einen Ueberblick über das französische und das holländische Colonialrecht zu geben. — In der am 12, December unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten Rocholl abgehaltenen Sitzung schlug Professor Dr. Elster vor, mit dem neuen Jahre einen staats- und rechtswissenschaftlichen Lesezirkel zu begründen, welcher den Mitgliedern die Kenntniss der Fachzeit- schriften zu vermitteln bestimmt sei; er stellte zugleich in Aussicht, dass die Kosten nicht von den Sectionsmitgliedern, sondern von der Ge- sellschaft getragen werden würden. Die Versammlung beschloss die Gründung des vorgeschlagenen Lesezirkels und nahm zugleich mit Dank davon Kenntniss, dass Buchhändler Köbner an jedem Vortragsabende die neu erschienenen Veröffentlichungen, welche die Section interessiren könnten, im Vereinszimmer zur Ansicht auslegen werde. Sodann beendete Professor Freiherr von Stengel seinen in der Sitzung vom 7. November d. J. begonnenen Vortrag: Ueberblick über das englische, französische und holländische Colonialstaatsrecht, indem er im Anschlusse an die früher gegebene Darstellung der Ver- fassung und Verwaltung der englischen Colonien einen kurzen Ueberblick über die Verfassung und Verwaltung der französischen und holländischen Colonien gab. Bezüglich der französischen Colonien wies der Vortragende darauf hin, dass Frankreich ehedem ein sehr grosses Colonialreich in Nord- amerika (Kanada, Louisiana, Mississippi-Gebiet u. s. w.) und in Indien besessen habe, aber fast alle seine Colonien infolge unglücklicher Kriege im vorigen und im Anfange dieses Jahrhunderts an England verloren habe, dass es ihm jedoch in diesem Jahrhunderte gelungen sei, wieder 292 Jahres - Bericht sehr umfangreiche Colonien in Indien und Afrika zu erwerben. Die neuen Erwerbungen sind zum grossen Theile (Tunis, Madagaskar, Ton- king, Annam, Cochinchina) in der Form des Protectorats mit dem Mutter- lande vereinigt, während die übrigen Colonien der Souverainetät des- selben unterstehen und als Bestandtheile des französischen Staatsgebiets gelten. Selbstverständlicherweise haben aber diese eigentlichen Colonien, welche ebenso, wie die Protecetorate dem Minister der Marine und Colonien unterstellt sind, ihre von der Verwaltungsorganisation des Mutterlandes abweichende Verfassung, deren Grundzüge zwar für alle Colonien die gleichen sind, die aber im Einzelnen zum Theil nicht un- erhebliche Abweichungen zu Tage treten lässt. Hervorzuheben ist namentlich, dass ein Theil der Colonien auf dem Gebiete des Handels und Zollwesens eine ziemlich weitgehende Autonomie besitzt und das Recht hat, alle fremden — d. h. nicht französischen — Waaren zu Gunsten der Kasse der Colonie mit Zöllen zu belasten oder auch — zum Nachtheile der französischen Industrie — nicht zu belasten, Was die holländischen Colonien anlangt, so bildet den Hauptbestand- theil derselben Niederländisch-Ostindien mit etwa 1600000 qmkm Um- fang und etwa 27 Millionen Einwohner, welches der Hauptsache nach von der ehemaligen niederländisch-ostindischen Compagnie erworben wurde und im Jahre 1800 nach Auflösung der Gesellschaft in die unmittelbare Verwaltung des Staates überging. An der Spitze der Verwaltung von Niederländisch-Ostindien steht ein mit sehr umfangreichen Machtbefug- nissen ausgerüsteter General-Gouverneur, welchem ein den Bedürfnissen eines so bedeutenden Colonialreiches entsprechender Behördenorganismus unterstellt ist. Die Verwaltungs- und Gerichtseinrichtungen von Nieder- ländisch-Ostindien beruhen im Allgemeinen auf dem Grundsatze, dass nur die Europäer und die denselben gleichgestellten Personen unmittel- bar und in jeder Hinsicht unter der Colonialregierung und Verwaltung stehen, während die Eingeborenen und die diesen gleichgestellten Personen von ihren eigenen Häuptlingen und Vorständen regiert werden, über welche jedoch die Colonialregierung eine mehr oder minder weitgehende Oberaufsicht und Controle ausübt. Zum Schlusse hob der Vortragende hervor, dass einerseits die Ver- fassung und Verwaltung der verschiedenen Colonien theils durch die besonderen wirthschaftlichen, ethnographischen und socialen Verhältnisse derselben, theils durch das Staatsrecht des Mutterlandes veranlasste grosse Abweichungen aufweisen, dass aber andererseits gewisse Grund- züge dem Colonialstaatsrecht aller Colonialstaaten gemeinsam sind. Namentlich verlangt die Stellung der Colonien als überseeische vom Mutterlande oft weit entfernte Provinzen, dass an die Spitze der Ver- waltung der einzelnen Colonien ein Einzelbeamter mit umfassenden Machtbefugnissen gestellt wird, welche es ihm ermöglichen, in allen der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 933 wiehtisen und dringenden Sachen auf eigene Verantwortlichkeit zu handeln, ohne erst die Weisungen der heimischen Centralverwaltung ab- warten zu müssen. Ferner hat es die Natur der Sache mit sich ge- bracht, dass in allen Colonialstaaten die coloniale Gesetzgebung der Krone oder dem Staatsoberhaupte allein überlassen ist und eine Mit- wirkung der Volksvertretung auf diesem Gebiete nur in ganz besonderen und wichtigen Fällen, wie z. B. bei Feststellung der Verfassung der Colonien, Platz greift. Endlich ist es selbstverständlich, dass die Gesetz- sebung des Mutterlandes zunächst nur für die in den Colonien befind- lichen Europäer und deren Nachkömmlinge und auch nur für diese in einer den besonderen Verhältnissen der Colonien angepassten Weise zur Anwendung kommen kann, während den Eingeborenen vorerst ihre eigenen Rechtseinrichtungen zu belassen sind, die erst allmählich durch andere den europäischen Rechtsanschauungen entsprechende Gesetze ersetzt werden können. Aus allen diesen Umständen ergiebt sich für die Ent- wickelung des deutschen Colonialrechts, dass zwar die Einrichtungen anderer Colonialstaaten, namentlich was die gemeinsamen Grundzüge anlangt, wohl beachtet werden müssen, dass aber eine unmittelbare Nachahmung um deswillen unthunlich ist, weil schliesslich für die Ver- fassung und Verwaltung der deutschen Colonien nicht nur deren be- ‘sondere Verhältnisse, sondern vor Allem auch die eigenthümlichen Grund- sätze des deutschen Staatsrechts maassgebend sind. Jahres-Bericht DI © frag VILE Bericht über die Verhandlungen der Section für Obst- und Gartenbau im Jahre 18s9 von Gartenbau - Ingenieur R. H. Richter, z. Z. 11. Secretair der Section. Im Jahre 1889 hat eine Reorganisation der Section für Obst- und Gartenbau stattgefunden. Der I, Secretair, Herr Garten-Inspector B. Stein, legte im Februar sein Amt nieder und wurde bis Ende des Jahres von einer Wahl des I. Secretairs abgesehen. An Stelle der früheren Sections - Statuten wurden neue Satzungen berathen, welche nach Vereinbarung mit dem Präsidium der Schlesischen Gesellschaft von jetzt an Giltigkeit haben sollen. Es wurde die Anlage eines Obst-Mustergartens beschlossen, und es ist zu hoffen, dass die Section den Zielen näher kommen wird, die sie sich gesteckt hat. Die resp. Mitglieder werden hierdurch ersucht, für die Section durch zahlreichen Besuch der Sitzungen ein reges Interesse zu erhalten und durch Ausstellen von Pflanzen, Früchten u. s. w. dieselben mög- lichst mannigfaltig zu machen. Auch sei hierdurch denjenigen Herren der verbindlichste Dank ab- gestattet, die in irgend einer Weise die Section fördern halfen; den hohen Behörden für Unterstützung des Sectionsgartens und Uebersenden von ministeriellen Verfügungen; den Mitgliedern, welche Vorträge hielten oder Pflanzen ausstellten. In Anbetracht, dass die drei Breslauer Gartenbau-Vereine den Deut- schen Pomologen-Verein für das Jahr 1892 nach Breslau eingeladen, ist zu erwarten, dass sich eine rege Vereinsthätigkeit entwickeln und unter dem gemeinschaftlichen Vorgehen eine grosse allgemeine schlesische Garten- bau-Ausstellung zu Stande kommen wird. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 235 I, Versammlung der Section am 8. Januar 1889, Der Vor- sitzende verlas ein Schreiben des Regierungs-Präsidiums, nach welchem neue Bestimmungen über die Pflanzeneinfuhr nach Russland getroffen worden sind, und die Pflanzeneinfuhr über das Zollamt Sosnowice auf- gehoben ist. Da es von hohem Werth für die schlesischen Gärtnereien erschien, wenn Sosnowice als Einfuhrzollamt für Pflanzen erhalten bliebe, so wurde beschlossen, nebst dem Dank für die erhaltene Mittheilung ein Bittgesuch an das Regierungs-Präsidium zu richten, dass dasselbe beim russischen Domänen-Ministerium vorstellig würde, diese Verfügung wieder zurückzuziehen. An dieser Stelle sei es schon gesagt, dass dieses Bittgesuch von Erfolg war; denn bereits Ende September wurde dem Verein die Mit- theilung, dass Sosnowice für Pflanzeneinfuhr wieder freigegeben sei, nur sei es nothwendig, von dem k. russischen Consul ein beglaubigtes Ursprungsattest jeder Sendung beizulegen. Da sich die vor etwa 30 Jahren verfassten Satzungen der Section nicht mehr ausreichend erwiesen, so wurde eine Aenderung derselben beschlossen und eine Commission gewählt, welche mit dem Präsidium der Schlesischen Gesellschaft deswegen unterhandeln soll. Dieselbe besteht ‚aus den Herren Ober-Stabsarzt Dr. Schröter, Vorsitzender, Landesbau- Inspeetor Sutter und Buchhändler Max Müller. Um eine regere Theilnahme für die Sitzungen zu erzielen, wird beschlossen, jeden ersten Montag im Monat eine Versammlung zu ver- anstalten, zu welcher durch Zeitungs-Inserat und autographirte Karten eingeladen werden soll. In der 2. Versammlung am 4. Februar wurden zunächst die Eingänge erledist; u. A. lag ein Schreiben vom Herrn Garten-Inspector Stein vor, welches sein Ausscheiden als I. Secretair mittheilt; von einer Ersatzwahl wurde vorläufig Abstand genommen. Hierauf hielt Herr Gartenbau-Ingenieur R. H. Richter seinen Vortrag über gärtnerische landschaftliche Skizzen. Meine Herren! Vor Allem habe dch um Nachsicht zu bitten, da mir das Rednertalent gänzlich fehlt; jedoch lediglich im Interesse der Section, um die Theilnahme für die Versammlungen zu heben und um die Fesseln zu sprengen, die bis jetzt ihren Aufschwung verhinderten, will ich Ihnen die landschaftlichen Bilder schildern, die vor meinen Augen schweben und die ich ja auch schon theilweise ausgeführt habe, und so mein Scherflein dazu beitragen, um die Versammlungen recht mannigfaltis zu gestalten. Das Bestreben, die Schönheit einer Gegend zu erhöhen und zu ent- wickeln, ging Mitte vorigen Jahrhunderts von England aus und waren 236 Jahres -Bericht es vorzugsweise Kent, Brown und Repton, welche Bahn brachen und den natürlichen Gartenstyl einführten und in Aufnahme brachten. In Deutschland wurde der französische Gartenstyl erst in den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts abgeschüttelt, und besonders war es Anfang dieses Jahrhunderts Skell in München, welcher in Süd- deutschland eine Menge grosser und bedeutender Anlagen in natürlichem Styl ausgeführt hat. Die Bahn in Norddeutschland hat Fürst Pückler gebrochen, welcher durch das grossartigste Beispiel seiner Anlagen in Muskau und Branitz wohl das Beste geschaffen hat, was wir von Landschaftsgärtnerei besitzen und vermöge seiner hohen Stellung und fast 50jährigen rast- losen Thätigkeit auch an vielen anderen Orten in und ausserhalb Deutsch- lands viel zur Verbreitung dieser edlen Kunst beigetragen hat. Aber auch Lenn&, welchem wir die reizenden Gärten und Parks um Potsdam und Berlin verdanken, können wir als Bahnbrecher des natürlichen Gartenstyls bezeichnen; ihm verdanken wir in Breslau die Taschenbastion und speciell den Wassergang an derselben. Zuletzt nenne ich noch den verstorbenen städtischen Garten-Director Meyer, nicht als letzten, sondern ihm geziemt unbedingt die erste Stellung, wenn wir von den Begründern des natürlichen deutschen Gartenstyls sprechen. Er ist Derjenige, welcher die Gesetze für die moderne Gartenkunst aufgestellt, nach denen sie zu formen und zu bilden ist, und daher wira auch nur Derjenige, der diese Gesetze vollkommen in sich aufgenommen und zu seinem geistigen Eigenthum gemacht hat, etwas Hervorragendes in diesem Fache leisten. Leider betrachten es die Herren Architekten und Bauräthe als etwas sich von selbst verstehendes, dass die Gartenkunst der Baukunst als ein Anhängsel zufällt. Die Baukunst arbeitet mit todtem Material und hat das Bild, welches sie herstellen will, fortwährend vor Augen, während wir mit lebendem Material, Vegetation, Bodengestaltung und Wasser zu rechnen haben, vorläufig das Bild rein aus dem idealen Geiste herausschaffen und während vieler Jahrzehnte daran arbeiten müssen, bis es zum vollen Ausdruck gebracht ist. Schon deshalb sollten wir der Gartenkunst eine gleichberechtigte Stellung unter den Künsten einräumen, | Es ist etwas anderes, eine schöne Landschaft auf der Leinwand wiederzugeben, als diese Landschaft in der Natur durch Bodengestaltung und Bepflanzung zu verkörpern; letzteres kann nur geschehen, indem des Malers Phantasie mit der Praxis des Gärtners vereint wird. Doch nicht genug, der Landschaftsgärtner muss auch die Kunst des Feldmessens so weit beherrschen, dass er im Stande ist, eine gegebene Yes der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 337 Situation genau zu fixiren, und doch wie selten findet er in den Augen der Laien die ihm gebührende Anerkennung. Wie oft geschieht es, dass dem Gartenkünstler eine Anlage zur Ausführung übertragen wird, welche von dem Herrn Besitzer oder dem Herrn Baumeister schon durch alle möglichen oder unmöglichen Wege zerschnitten ist. Hat ein solcher den Plan entworfen, dann beruht die Wegeführung meistentheils auf axialer Eintheilung, und dann soll der Gärtner landschaftliche Bilder daraus schaffen! Das ist eben so un- möglich, als der Schneider aus einem zerstückelten Stoff keinen an- ständigen Rock mehr herstellen kann. — Etwas besser ist der Fall, wo der Landschaftsgärtner freie Disposition über das Terrain hat, doch ge- wöhnlieh geschieht dies, nachdem der Herr Architekt schon das Schloss oder die Villa an einem Platz erbaut, der entweder zu hart an der Grenze des Terrains liegt, oder sonst noch solche Schwierigkeiten bietet, die eben die Anlage einer landschaftlichen Umgebung zur Unmöglichkeit machen. — Fast immer aber hat der Gartenkünstler mit dem leidigen Geldpunkt der Anlage zu kämpfen; nachdem gewöhnlich der Bau des Hauses den Kostenanschlag um ein Bedeutendes überschritten und die Summe, die sich der Besitzer für die gesammte Bau- und Gartenanlage ausgeworfen, schon längst verschlungen hat, soll der Gärtner mit so zu sagen gebundenen Händen etwas ausführen; meine Herren, das ist eben unmöglich. — Und doch macht der Garten, ist er erst gut angelest, dem Besitzer, seiner Familie und Bekannten mehr Freude, als all’ die kalten Mauern der Gebäude. — Etwas Einheitliches, Hervorragendes kann es werden und wird es auch gewöhnlich, wenn Architekt und Gärtner Hand in Hand gehen und gemeinschaftlich den Platz, Styl und sonstige Verhältnisse erwägen, die der Ausführung zu Grunde gelegt werden müssen, Meine Herren! Wir haben ein hervorragendes Beispiel ganz in unserer Nähe, wo Architekt und Gärtner eine Perle unter den Gärten geschaffen haben; keinem zum Nachtheil, sondern beiden zum Ruhm. Es ist dies der Garten der Frau Commerzienräthin Eichborn, welcher allerdings auch noch mustergiltig unterhalten wird. Meine Herren! Ich bin nun in der glücklichen Lage, Ihnen hier den Entwurf einer Anlage zu unterbreiten, wo der Platz für das Gebäude von mir bestimmt worden, und glaube ich annehmen zu dürfen, dass er für die bestehenden Verhältnisse günstig gewählt worden ist. Vergangenes Jahr wurde mir von Sr. Durchlaucht dem Prinzen Biron von Curland auf Schloss Gross-Wartenberg der ehrenvolle Auftrag zu theil, im Anschluss an die bestehenden Park-Anlagen ein landschaftliches Erbbegräbniss zu entwerfen, in welchem das Mausoleum für seine Familie erbaut werden soll. Nach genauer Orientirung und Vermessung des 938 Jahres- Bericht [> Terrains legte ich diese Idee laut beigehendem Plan zu Grunde und führte dieselbe auch mit geringer Abweichung aus. Der an der Anlage entlang führende Kirchweg wird nicht allee- artig sondern landschaftlich bepflanzt, um die reizenden Fernsichten in die Anlage hineinzuziehen und sie entsprechend durch Anpflanzungen einrahmen zu können. Die Gesammtfläche beträgt ca. 7,5 Hectar oder 30 preussische Morgen und bildet in der Mitte ein fast 1 Meter höheres Plateau, auf welchem das Mausoleum in gothischem Styl erbaut werden soll. Dieses in Kreuzform hergestellte Plateau beherrscht die Gesammt- anlage; alle Wege dienen dem Besucher als stummer Führer nach dem- selben und schliessen sich harmonisch an dasselbe an. Sie zeigen die einzelnen Scenen in einer bestimmten Reihenfolge und von den vortheil- haftesten Punkten aus; bei jedem Schritt eröffnen sich neue landschaft- liche Bilder, bald durch Baum- oder Gehölzpartien gebildet oder Fern- sichten nach dem Mausoleum zeigend; mehrere Male sind mit Vortheil die naheliegenden Dörfer und Höhenzüge mit hineingezogen worden. Als vorherrschende Bäume treten Eichen, Buchen und Linden in den Pflanzungen und Hainen auf und sind nur an einigen hervorragenden Stellen und Durchsichten Ailanthus, Ahorn, Platanen, Blutbuchen u. a. m. verwendet. In der Landschaft sind Laubmassen vorherrschend und Nadelholz nur eingesprengt, während sich dieses nach dem Begräb- nissplatz zu allmählich umgekehrt gestaltet, Die Kreuzform des Platzes, dessen Achsen 120 und 100 Meter betragen, ist durch stärkere Linden von 20 bis 30 Centimeter Stammdurchmesser bepflanzt worden, die durch festonsartig gehaltene Schlingpflanzen unter einander verbunden, den Platz würdig abschliessen. Selbst in der Nähe des Mausoleums ist von jeglichem Blumenschmuck abgesehen und treten hier nur Coniferen, mit Mahonien auf Epheu- oder Vincagrund gepflanzt, auf, nur in der Nähe des Mausoleums sind 4 Salix babylonica und 2 Ulmus montana superba gedacht, um durch ihren hängenden Wuchs einen Contrast mit dem gothischen Baustyl zu er- zielen. Da aus den Wegen die Ackerkrume von ca. 40 Centimeter Mächtig- keit ausgehoben und zur Verbesserung der Pflanzungen verwendet worden (ea. 2000 Cubikmeter) und der Boden ein nahrhafter ist, so ist auf einen üppigen Wuchs zu rechnen, so dass die Anlage zur Freude und Ruhm der hohen Herrschaften, besonders Ihrer Durchlaucht Prinzessin Biron von Curland, welche die Anlage mit regem Interesse und hohem Kunstsinn fördern half, gereichen wird. Der Vortragende hatte noch die Pläne des Parkes zu Reinersdorf und den Teich mit landschaftlicher Umgebung in Moschen O8. aus- gestellt. ) 2 Landschaft En Orbbe guabuiß um Önschtußam den heoteh henden DE Sr. Dirchlaueht, 3 A) ) ) A) NL ) IIALVVZEML & VCOVMEZ.: < Li“ lan vd A wf Ge Wartenberg & ) } ( rk u 25,8 8 80 0% En x Br ) x R SE ee » a AN a, a \ ER GE r 5 Rn Ic R ee Bu \S e £ RER “ rn nn een eat hr e % 2 Na) Tr Fer Peer ombwor fm Ur. auoge) uhre: mon O0 Me m 5 oe Ü 0, c a ea ne \ H £ otichte U, Garten - rd) ngemnen ©. Mreslanı 2 der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur, 939 8. Versammlung, verhandelt den 4. März. Der Vorsitzende verlas ein Schreiben des Präses der Gesellschaft, durch welches die Wahl dreier Mitglieder der Section gewünscht wird, um an der Aen- derung und Feststellung der Satzungen theilzunehmen; es werden die Herren Handelsgärtnereibesitzer Dammann, Buchhändler Müller und Ober-Stabsarzt Dr. Schröter dazu bevollmächtigt. Folgende Satzungen sind im April 1890 festgesteilt worden: SET. Zweck der Section. Der Zweck. der Section ist: Den Gartenbau, insbesondere den Obst-, Gemüse- und Zierpflanzenbau in der Provinz Schlesien durch Vereinigung der auf diesem Gebiete arbeitenden und sich dafür anlan gas enden Kräfte zu beleben und zu fördern. $ 2. Wirksamkeit. a. Die Section hält, so oft es angemessen erscheint, Versammlungen ab und regt zu Vorträgen an. b. Die Section stellt es sich zur Aufgabe, Ausstellungen auf dem Gebiete des Gartenbaues in der Provinz, besonders in Breslau zn fördern, namentlich auch durch Theilnahme ihrer Mitglieder wie durch Zuschüsse aus den Verwaltungsmitteln ($ 4) einen Sicherheits- vorschuss für dergleichen Ausstellungen zu gewähren. e. Die Section bestrebt sich, Wettbewerbungen, Preisausschreibungen für besondere Leistungen, Vertheilung von geeigneten Sämereien, Obst- und Gartenerzeugnissen zu veranstalten. d. Die Section unterhält einen Obst- und Gemüsegarten, in welchem die für Schlesien am besten geeigneten Obst- und Gemüsesorten aufgezogen werden und von dem aus die Verbreitung derselben in Schlesien durch preiswürdigen Verkauf betrieben wird. Der Garteu kann auch allgemeinen gärtnerischen und botanischen Zwecken nutzbar gemacht werden. e. Die Section unterhält für ihre Mitglieder einen Leseverein für särtnerische Zeitschriften. f. Die Section beschafft wichtige Sammlungen und dergleichen zum dauernden Gebrauche der Mitglieder. S 8: Mitglieder. a. Bi Section für Obst- und Gartenbau wird gebildet: 1. aus ordentlichen Mitgliedern, welche als wirkliche Mitglieder der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur an- gehören; 2. aus ausserordentlichen Mitgliedern, welche lediglich der Section angehören. 240 va Jahres- Bericht . Mitglieder der Schlesischen Gesellschaft, welche der Section bei- treten wollen, melden sich bei dem Seeretair der Section, welcher sie in die Mitgliederliste einträgt. Sie sind zu keinen besonderen Beiträgen für die Section, ausser dem etwaigen Beitrage zum Lese- verein, verpflichtet. Wer als ausserordentliches Mitglied der Section beitreten will, meldet sich bei dem Verwaltungsvorstande ($ 5), welcher über die Aufnahme beschliesst. Die ausserordentlichen Mitglieder zahlen einen jährlichen Beitrag von mindestens Drei Mark, der im Januar fällig ist. . Jedes Sectionsmitglied erhält eine vom Verwaltungsvorstande unter- zeichnete Mitgliedskarte. . Für die Theilnahme am Leseverein wird von jedem Mitgliede, welches demselben beitreten will, ein Beitrag erhoben, welcher sich nach der Zahl der Theilnehmer und den entstandenen Kosten richtet. Jedes Mitglied hat das Recht, die Einrichtungen der Section zu benützen, an den Versammlungen und Vorträgen theilzunehmen, nach dem Ermessen des Vorstandes eigene Vorträge zu halten, den Vereinsgarten zu besuchen, Obstsorten und dergleichen aus dem- selben gegen angemessene Vergütigung zu beziehen und den Jahres- bericht der Section kostenfrei zu erhalten. Von den im Jahres- berichte aufgenommenen eigenen Arbeiten werden nach Erscheinen desselben 50 Sonderabdrücke auf Verlangen kostenfrei gewährt. Ein Mitglied, welches aus der Section ausscheiden will, hat dies dem Secretair schriftlich anzuzeigen. Der Ausscheidende bleibt noch für das Kalenderjahr, in welchem die Abmeldung erfolgt, zu allen Beiträgen verpflichtet. S 4. Verwaltungsmittel. Einen Theil der Verwaltungsmittel bilden die Nutzniessung des Gartens, die Baulichkeiten, Geräthschaften und Pflanzenbestände desselben, sowie die angekauften Sammlungen und die vom Lese- verein erworbenen Schriften. . Die Einkünfte der Section bestehen aus: 1. den regelmässigen Beiträgen der Mitglieder; 2. den Beiträgen für den Leseverein; 3. freiwilligen Beiträgen einzelner Mitglieder, Unterstützungen der Behörden u. s. w.; dem Erlöse aus dem Verkauf der Gartenerträgnisse ; 5. den Zinsen der angelegten Ersparnisse. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 941 ec. Die Einnahmen werden verwendet: 1. zur Bestreitung der Verwaltungskosten; 2. zu den Kosten des Lesevereins; 3. für die Verwaltung des Gartens, die Gehälter des Gärtners, der Gartengehilfen, für Arbeitslöhne, Heizung und Beleuchtung, Anschafiungen von Pflanzen und Geräthen, Baulichkeiten, Samm- lungen u. s. w.; 4. zu ausserordentlichen Ausgaben für Ausstellungen u. s. w. d. Die laufende Verwaltung der Einnahmen und Ausgaben besorgt die Section selbstständig durch ihren Vorstand ($ 5) nach einem jährlichen Rechnungsanschlage. e. Entbehrliche Ueberschüsse werden am Schlusse des Jahres an das Präsidium der Schlesischen Gesellschaft abgeliefert, welches die- selben durch den Schatzmeister der Gesellschaft für die Section verwalten lässt, f. Die abgeführten Ueberschüsse dürfen nur auf Grund des Beschlusses einer allgemeinen Versammlung verwendet werden, in welcher mindestens ein Drittel der in Breslau anwesenden Mitglieder der Section vertreten ist. Sollte eine solche allgemeine Versammlung nicht zu Stande kommen, so kann der Verwaltungsvorstand die Stimmen schriftlich einziehen; bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vor- sitzenden desselben. Der Beschluss bedarf der Zustimmung des - Präsidiums der Schlesischen Gesellschaft. Sb: Vorstand. Der Vorstand der Section besteht: 1. aus einem Seeretair und dessen Stellvertreter; 2. aus einem Verwaltungsvorstande von drei Mitgliedern. Der Vorstand muss aus wirklichen Mitgliedern der Schlesischen Gesellschaft bestehen, er wird auf zwei Jahre gewählt und seine Mit- slieder sind wieder wählbar. Die Wirksamkeit des Secretairs ist dieselbe, wie die der Secretaire anderer Sectionen. Insbesondere beraumt er die Sitzungen an, führt den Vorsitz in denselben, besorgt die Zusammenstellung und Drucklegung des Jahresberichtes. Der Stellvertreter vertritt ihn im Behinderungsfalle und ist Schrift- führer in den Sitzungen und Versammlungen. Der Verwaltungsvorstand besorgt die Verwaltung des Gartens und die laufenden Rechnungsgeschäfte. Er stellt den Rechnungsplan auf und legt ihn bis zum 1. October des Vorjahres der Section vor. Eben so 18839. 16 49 Jahres - Bericht [0} lest er bis Ende Februar den Rechnungs-Abschluss für das Vorjahr der Section zur Prüfung vor. Von den drei Mitgliedern des Verwaltungsvorstandes wirkt: 1. einer als Vorsitzender, welcher die Sitzungen desselben einberuft und leitet und die Verwaltung nach aussen vertritt; 2. einer als Gartenvorsteher, welcher die besondere Aufsicht über den Garten führt; einer als Kassenvorsteher, welcher sämmtliche Gelder für die Section einnimmt und alle Zahlungen für dieselbe auf Gegenzeichnung des Vorsitzenden des Verwaltungsvorstandes oder des ihn vertretenden Gartenvorstehers leistet. Die Mitglieder des Verwaltungsvorstandes vertheilen die Geschäfte untereinander selbstständig und vertreten sich im Behinderungsfalle. Die Anstellung, Entlassung und etwaige Festsetzuug eines Ruhe- gehaltes des Sectionsgärtners bestimmt der Gesammtvorstand nach ein- facher Stimmenmehrheit. © S 6. Verhältniss der Seetion zur Schlesischen Gesellschaft. Die Section benützt die Räumlichkeiten der Schlesischen Gesellschaft in der für die anderen Sectionen festgesetzten Weise. Ihre Schriften können in der Bibliothek der Gesellschaft aufbewahrt werden. Mit ihrem Jahresbericht überreicht die Section dem Präsidium der Gesellschaft ein Verzeichniss ihrer sämmtlichen Mitglieder und ihren Rechnungs-Abschluss.. Die Herausgabe ihres Jahresberichtes und die Vertheilung der Kosten desselben erfolgt nach Vereinbarung mit dem Präsidium der Gesellschaft. Bei einer etwaigen Auflösung der Section übernimmt die Schlesische Gesellschaft die gesammten Bestände und Verwaltungsmittel der Section und verfügt über dieselben thunlichst in einer den Zwecken der Section entsprechenden Weise. 57 Aenderungen: der Satzungen können nur auf Grund des Beschlusses einer allgemeinen Versammlung der Mitglieder der Section, nöthigenfalls einer schriftlichen Abstimmung, gemäss $ 4f., unter Zustimmung des Präsidiums der Schlesischen Gesellschaft erfolgen. Herr Landes - Bauinspector Hauptmann a. D. Sutter hielt hierauf seinen Vortrag über Anlage von Obst-Mustergärten durch Pflanzung der anbauwerthesten Obstsorten; siehe Vortrag und Sorten -Verzeichniss. Redner knüpfte an seinen Vortrag den Antrag, dass die Section ein Areal von 3 bis 5 Hectaren erwürbe, um einen Obstmustergarten an- zulegen. | De In Au a A der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cullur. 943 Dieses Gesuch wird vorläufig abgelehnt, soll aber später nochmals die Tages-Ordnung bilden. Jedoch wird beschlossen, den jetzigen Sectionsgarten allmählich in einen Obstmustergarten umzuwandele, nachdem Herr Sutter unter Zuratheziehung von Sachverständigen denselben für geeignet befunden hat. Das vom Vortragenden vorgelegte Sortenverzeichniss wird als zu reichhaltig befunden und beschlossen, dasselbe dem Verbande schlesischer Gartenbau - Vereine zur Abstimmung auf der in Leobschütz tagenden Verbands-Versammlung vorzulegen, um daraus je 10 Birnen-, Aepfel-, Pflaumen- und Kirschensorten wählen zu lassen. Auch beschliesst die Versammlung, in einer der nächsten Sitzungen ebenfalls die Sorten- siehtung auf die Tagesordnung zu setzen und bewährte Pomologen aus der Provinz dazu einzuladen. Die 4. Versammlung fand am 6. Mai, Abends 6 Uhr, im Sectionssarten zu Scheitnig statt. Es war dazu eine General-Versamm- lung einberufen worden wegen Beschlussfassung über Veräusserung von Effecten. Da die neuen Satzungen noch nicht den Mitgliedern zugegangen waren, so wird beschlossen, bei dieser Versammlung noch die alten gelten zu lassen, und es gelangt der Antrag zur Annahme: Herrn Commerzienrath Bülow als Schatzmeister der Schlesischen Gesellschaft zu ermächtigen, die nöthigen Effeeten zu verkaufen, um die alten Rech- nungen von 1886 bis 1838 zu bezahlen. Auch wird der nach den neuen Satzungen erwählten Verwaltungs- Commission von 3 Mitgliedern Vollmacht ertheilt, einiges Mobiliar, u. a. einen Schrank zum Aufstellen des Arnold’schen Obstcabinets anzuschaffen, welches im dortigen Gärtnerhause aufgestellt werden soll, die fehlenden Bücher der Bibliothek zu ergänzen, sowie auch den Lesezirkel gründlich zu reorganisiren, Die Besichtigung des Sectionsgartens musste wegen der einge- brochenen Dunkelheit vertagt werden, Die 5. Versammlung wurde den 3. Juni abgehalten; auf der Tages-Ordnung stand die Abstimmung über Obstsorten für Obstmuster- gärten geeignet, aufgestellt von Herrn Landes-Bauinspector Sutter. Es hatten sich aus der Provinz hervorragende Obstkenner einge- funden, es seien nur Baumschulenbesitzer Eichler-Grünberg und Galle- Trebnitz genannt; in der Verhandlung wurde der Wunsch laut, dass zu den auf der Wanderversammlung schlesischer Gartenbau-Vereine 1886 in Grünberg für Strassen aufgestellten 10 Sorten noch je 20 Sorten, für _ Obstmustergärten ganz besonders geeignet, gewählt würden. 16* 244 Jahres - Bericht Dieselben folgen, je nach der Stimmenanzahl, die sie erhalten, geordnet, Die in Grünberg für Strassen empfohlenen Sorten seien hier noch- mals genannt: oe DD — N epikel. . Winter-Gold-Parmäne, . Grosse Casseler Reinette, Grosser rhein. Bohnen-Apfel, . Baumann’s Reinette, . Fraa’s Sommer-Calville, 6. ; °. 9, 10, Parker’s Peppins, Purpurrother Cousinot, Weisser Winter-Taffet- Apfel, Landsberger Reinette, Boiken-Apfel. In der Versammlung wurden für Obst-Mustergärten empfohlen: Il u Se Virginischer Rosen-Apfel, Goldreinette von Blenheim, _ Charlomowski, Pariser Rambour-Reinette (Lehmboden, geschützte Lage), Gelber Richard, Prinzen-Apfel, Rother Jungfern-Apfel, Kaiser Alexander, London Pepping, Ananas-Reinette, IR. 12. 13. 14. 15. 16. let 18. 19. 20. “ Ribston Pepping, Welschweinling, Gravensteiner (Lehmboden), Orleans-Reinette, Rother Herbst-Calville, Langton’s Sondergleichen, Englische Spital-Reinette, Scharlachrothe Parmäne, Multhaupt’s Carmin-Reinette, Edel-Borsdorfer. In Grünberg wurden für Strassen empfohlen: . Salzburgerbirn, . Gute Louise von Avranches, . Wildling von Motte, Coloma’s Herbst-Butterbirne, Leipziger Rettigbirne. In der Versammlung wurden für Obst-Mustergärten empfohlen: Birnen: 1. Rothe Bergamotte, 6 2. Liegel’s Winter-Butterbirne, 7 3. Gute Graue, 8 4, Prinzessin Marianne, d). 5. Punktirter Sommerdorn, 10. 1. Köstliche von Charneu, 11. 2. Napoleons Butterbirne, 12. 3. Diel’s Butterbirne, 13. 4. Marie Louise, 14. 5. Grumbkower Butterbirne, 15. 6. William’s Christbirne, 16. 7, Herzogin von Angoul&me, Ir. 3. Hardenpont’s Winter - Butter- 18. birne, 19 . Blumenbach’s Butterbirne, . Esperen’s Herrenbirne, 20. Forellenbirne, Kuhfuss, Winter-Dechantsbirne, Bose’s Flaschenbirne, Graue Herbst-Bergamotte, Holzfarbige Butterbirne, Bunte Julibirne, Clapp’s Liebling, Josephine von Mecheln, Clairgean. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 345 An dieser Stelle sei es schon erwähnt, dass die in Leobschütz von dem General-Verbande schlesischer Gartenbau - Vereine aufgestellten Sorten in fast derselben Reihenfolge angenommen wurden. Obergärtner Schütze hatte noch 3 prächtig blühende Orchideen, Laelia Mossiae- Varietäten, ausgestellt. In der 6. Versammlung am 3. Juli hielt der Geh. Regierungs- Rath Herr Professor Dr. Ferdinand Cohn einen Vortrag über Garten-Anlagen in Süd-Frankreich und an der Riviera. Der Winter 1889 war ungewöhnlich lang und unfreundlich; als in der letzten Märzwoche sich noch kein Ende absehen liess, beschlossen‘ wir, dem Frühling gegen Süden entgegenzureisen. Der. weite Raum zwischen Oder und Rhein wurde im Fluge zurückgelegt; eine Nachtfahrt brachte uns vom Frankfurter nach dem Baseler Centralbahnhof; in wenig Stunden wurde die ganze Schweiz von Basel über Bern nach Genf durch- flogen. In der Schweiz war die Herrschaft des Winters noch unge- brochen; auf den Bergen lag der Schnee bis tief hinab in die Thäler; die höheren Ketten blieben im Nebel verhüllt. So weit die Bahn nicht zwischen Schneeflächen hinlief, zeigte der Rasen winterliches Braun. Erst als wir bei Lausanne zum Genfer See herniedergestiegen, brachen hier und da frische grüne Spitzen zwischen den abgestorbenen Halmen des vorigen Jahres hervor; die Weinberge und alle Laubbäume waren kahl. Ueber den Seespiegel blies vom Montblanc her ein scharfer kalter Wind; da war kein Bleiben im schönen Genf; schon am folgenden Tage sing es weiter durch die gewaltig befestigten Engpässe des Rhonethales nach Lyon. Aber auch hier war vom Frühling noch nichts zu spüren; die Baumalleen der grossen Place Bellecour verharrten noch im Winter- schlaf; in den kleinen Squares wurde der Boden für die neuen An- pflanzungen umgegraben; der rauhe Wind, der von den Alpen herüber- wehte, erlaubte nicht, sich der berühmten Aussicht von der Höhe von Notre Dame de Fourvieres zu erfreuen. So blieb der herrliche Park der Tete d’or diesmal unbesucht; nachdem wir die Kunstschätze der Stadt besichtigt, setzten wir die Reise fort, indem wir der Rhone in ihrem scharf nach Süden gerichteten Laufe zum Mittelmeer folgten. Das Rhonethal erinnert an das des Rheins; der herrliche Strom führt seine blauen Gewässer zwischen mächtigen Gebirgen, zur Rechten die Berg- ketten von Mittelfrankreich, über die einzelne Schneepyramiden, der Mont Pilat bei Lyon, der Mont Ventoux bei Avignon emporragten; zur Linken in weitem Abstande und von der Bahn nur selten sichtbar die Alpen von Savoyen, dann die Alpen der Dauphinee, endlich die Seealpen. Das Thal erweitert sich bald zu breiten Ebenen, bald ist es zwischen felsigen ‚Stromengen eingeschnitten; in unmittelbarer Nähe des Stromes ziehen 246 Jahres - Bericht sich Hügelketten hin, zumeist mit Reben bepflanzt, von denen jetzt nur die niedrigen Pfähle sichtbar sind, längs der Ufer in unendlichen Reihen und jetzt noch kahl Weiden und Pappeln; hier und da unterbrechen junge Saatfelder mit frischem Grün die Einförmigkeit des kahlen Bodens. Indem wir aber wenige Stunden später in die Provence eintreten, nimmt die Landschaft einen fremdartigen Charakter an; die Hügel, die bis dahin noch mitunter Waldschmuck trugen, sind jetzt völlig nackt und lassen den röthlichen Fels zu Tage treten. Die zahlreichen Stationen liegen an lauter grösseren oder kleineren Städten, ummauert mit Zinnen- kranz und viereckigen Thürmen, auf Hügeln amphitheatralisch aufgebaut aus weissen würfelförmigen Häusermassen, über denen die Kathedrale "mit durehbrochenem gothischen Thurmhelm emporragt; den Gipfel des Hügels nimmt die Akropolis, die Stadtburg, ein, deren mittelalterliche Befestigung oft noch wohl erhalten ist, häufig aber auch in Ruinen liest. Dörfer giebt es nicht mehr; die Höfe sind einzeln über die Fläche zer- streut: ein weisses würfelförmiges Haus mit flachem Dach und wenigen kleinen Fenstern, inmitten des ummauerten Hofes, im Nordost von einer hohen Wand dicht an einander gepflanzter Oypressen gegen den Mistral geschützt. Denn seit Montelimar sind wir gleichzeitig eingetreten in das Reich der Mittelmeerflora und ihres rauhen Beherrschers, des Mistral, der uns seitdem während unseres ganzen Aufenthalts in der Provence kaum einen Tag unberuhigt lässt. Von der Gewalt dieses Windes hat nur der eine Vorstellung, der in Triest oder Fiume das Wüthen der Bora kennen gelernt hat. Weht der Mistral im Rücken, so treibt er Fussgänger und Wagen vor sich her, als seien es Segelboote; weht er seinen kalten stauberfüllten Athem ins Gesicht, so macht er das Vor- wärtskommen unmöglich; man läuft Gefahr, fortgeweht zu werden. Dem Landbewohner gilt der Mistral als heilsam, da er die verderblichen Malariadünste verscheucht; dem Fremden verleidet er den Aufenthalt und macht oft den Genuss der schönen Landschaft unmöglich. Dass wir nunmehr in den warmen Süden eingetreten, lässt der rauhe Mistral nicht zum rechten Bewusstsein kommen; doch verrathen es die in immer srösserer Zahl blühenden Obstbäume, die Mandel- und Pfirsichgärten und vor allem die Oelbäume, die von Orange ab immer grössere Flächen mit ihren silbergrauen Laubkronen in Anspruch nehmen und die neben den schwarzen Cypressen den Charakter des Landes bestimmen; denn die übrigen Bäume der Mittelmeereultur — Feigen-, Granat- und Maulbeer- bäume — sind noch unbelaubt und fallen daher eben so wenig in die Augen wie die Reben, an denen allmählich die ersten Laubtriebe sicht- bar werden. Die grösseren Städte der Provence, in denen wir verweilten, machen den Eindruck der Wohlhabenheit und guter Verwaltung. Sie sind fast alle uralt, stammen noch aus gallischer Zeit; die an der Küste gelegenen sind Fe der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 947 zumeist hellenische, wo nicht phönieische Colonien; sie erreichten unter römischer Herrschaft eine hohe Blüthe, deren Spuren sich in zahlreichen antiken Bauwerken, Tempeln, Theatern, Arenen, erkennen lassen; diese sind meist besser erhalten, als sie Italien besitzt. Auch die späteren Schicksale dieser Städte, die abwechselnd unter gothischer, sarazenischer Herrschaft, dann unter eigenen Fürsten standen und erst seit ein Paar Jahrhunderten mit Frankreich vereinigt sind, die heitere Zeit der Trou- badoure und der Liebeshöfe, aber auch die blutigen Kriege der Albi- senser, der Hugenotten, der Camisarden, die Schrecken der grossen Revolution und der weissen Restauration haben noch viele sichtbare Spuren hinterlassen. Um den alten Stadtkern mit engen winkelisen Gassen legt sich ein breiter Ring von Boulevards, die, mit Platanen bepflanzt, die Stelle der niedergelesten Stadtmauern annehmen; ausser- halb derselben hat sich überall die moderne Stadt mit vielen Pracht- bauten entwickelt, deren Architekturen häufig das Vorbild der antiken Tempel von Vienne und Nimes zu Grunde liegt; die Schanzen der ehe- maligen Befestigung sind in platanenbeschattete Esplanaden umgewandelt, in deren Mitte eine Statue oder auch eine künstlerisch ausgeschmückte Fontaine sich befindet. Während der Regierung Napoleon III. sind ausserdem durch das Gassenlabyrinth der Altstadt schnurgerade Haupt- strassen durchgelest worden, mit Häuserreihen im Stil der Pariser Rue de Rivoli besetzt, und die Plätze sind in Squares umgeschaffen worden, die, von einem Prachtgitter rings umschlossen, auf kleinem Raume durch Bewegung des Terrains eine grosse Mannigfaltigkeit von Landschafis- bildern, Teiche, Bäche, Hügel und Felsmassen zusammendrängen und mit immergrünen Laubmassen und exotischen Coniferen bepflanzt sind. Fast alle Städte besitzen auch einen Stadtpark (Jardin de ville), dessen Begründung oft schon in die Zeit Louis XIV. zurückreicht und meist regelmässige Zeichnung mit imponirenden architektonischen Bauten ver- bindet. Ein solcher Stadtpark ist der Peyrou von Montpellier, von Lenotre angelegt: eine quadratische Terrasse, von gelben Quadern auf- gebaut, von grossartigen, mit Statuen geschmückten Balustraden ein- gefasst, zu der monumentale Freitreppen hinaufführen und in deren Mittelpunkt das eherne Reiterstandbild des grossen Königs sich erhebt; prachtvolle Platanen-Alleen, deren Kronen durch sorgfältiges Ausschneiden eine dichtverzweigte Schattendecke bilden, ziehen sich um alle vier Seiten; eine besondere Zierde bildet das Wasserschloss (Chäteau d’eau) an der Westseite, ein tempelartiger Bau nach Art der antiken Piseinen, zu dem ein meilenlanger, an Römerbauten erinnernder Aquäduet das klare Quellwasser der Fontaine de Lez vom Fusse der Cevennen hin- leitet, um von hier aus die Stadt zu versorgen; die Aussicht von dieser Prachtterrasse reicht bei klarem Wetter von den Alpen bis zu den _ Pyrenäen, und wird im: Norden von den Cevennen, im Süden vom 948 Jahres- Bericht Mittelmeer begrenzt. Achnliche Stadtparke besitzen auch andere Städte; in Nimes lehnt sich an den mit Rosskastanien und Platanen hainartig besetzten Volksgarten (Jardin de la fontaine) eine mit Pinien und immer- grünem Gehölz bepflanzte Anlage, die den Abhang eines steilen Hügels (Mont de Cavalier) einnimmt, und deren steinerne Treppenbauten an- scheinend das Vorbild zu den berühmten Anlagen des Monte Pineio in Rom gegeben haben; einen besonderen Reiz hat dieser Garten dadurch, dass die überaus malerischen Ruinen der antiken römischen Bäder an der Nemansusquelle mit hineingezogen sind; diese Quelle tritt, wie zahlreiche andere in Südfrankreich, z. B. die berühmte Quelle der Sorgue in Vau- cluse bei Avignon, aus dem Felsboden sogleich als ein mächtiges Wasserbecken hervor, aus dem sich ein starker Strom des klarsten blauen Wassers ergiesst; in Nimes ist das quadratische Becken der Quelle mit einer Steinbalustrade umfasst, unterhalb deren man die säulen- setragenen Hallen dieser prachtvollen Bäderanlagen erbliekt; eine mit Lorbeergebüsch bepflanzte Insel in der Mitte des Beckens ist ebenfalls von einer Steinbalustrade quadratisch ummauert. Auch in Arles sind die Ruinen des römischen Theaters aus der Zeit des-Augustus in die An- lagen des Stadtparks hineingezogen, während in Avignon die Anlagen auf dem Rocher de Doms auf der einen Seite die gewaltigen Mauern und Thürme des Papstschlosses, auf der anderen die Rhone mit ihren Brücken und die oliven- und rebenreiche Landschaft bis zum Mont Ventoux als Hintergrund haben. Eine der schönsten Anlagen besitzt Marseille am Palais Longehamps; dasselbe ist in seinem mittleren Theile ein phantastisches Wasserschloss; auf seinem säulengetragenen Giebel umgeben marmorne Flussgötter, in einem von vier Stieren gezogenen Wagen stehend, ein mächtiges Wasserbecken, aus dem sich eine ge- waltige Cascade ergiesst; Colonnaden verbinden den Mittelbau rechts und links mit zwei Palästen, von denen der eine als Kunstmuseum (Musee de beaux arts), der andere als naturwissenschaftliches Muse&e d’histoire naturelle dient; den Gipfel des Hügels, an den dieser über- raschend grossartige Bau sich lehnt, ist gartenartig angelegt, hier sahen wir auch die ersten Dattelpalmen im freien Lande, deren Wedel jedoch während des Winters eingebunden waren; der zoologische Garten mit hübschen Anlagen schliesst sich unmittelbar daran, wo die Bogen eines Aquäducts vergittert zu Käfigen für Adler, Geier und anderes Gethier benutzt sind. Marseill& besitzt übrigens ausser zahlreichen Squares und Gem eine halbe Meile langen, mit einer dreifachen Platanen-Allee be- pflanzten Prado noch mehrere Stadtparke, so den Parc Borely, deren besondere Schönheit in dem Contrast des mit zahllosen Villen (Bastides) besetzten Gebirges und des von Schiffen aller Art belebten Meeres liegt. In Marseille beginnt die Riviera, deren westliche Hälfte bis nach Genua (Riviera di Ponente) wir diesmal besuchten. Trotz aller Be- u Du Zn a ne u der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 349 schreibungen hatten wir nicht geahnt, welch’ ein Paradies dieselbe ist, und dass überhaupt in Europa die ganze Herrlichkeit subtropischer und selbst tropischer Flora hier zu finden sei. Es ist nicht blos das Klima, welches diese Küste so bevorzugt, wenn schon durch die Abwesenheit jeglichen Frostes und selbst des Schnees im Winter allein die Möglich- keit gegeben ist, fast alle Gewächse der warmen Zone im Freien zu eultiviren. Aber von nicht minderer Bedeutung ist auch der Wasser- reichthum, der durch Wasserleitungen von den Quellen der nahen See- alpen gespeist wird, und durch reichliche Bewässerung die Unterhaltung des schönsten sammtigen Rasens auf einem Boden gestattet, der sonst im Sommer vollkommen ausbrennen würde. Dazu kommt, das die be- vorzugten Punkte der Riviera schon seit fast einem halben Jahrhundert von den reichsten und vornehmsten Familien, nicht blos Europas, sondern der ganzen Welt für Villen ausgewählt worden sind, so dass in den älteren Anlagen die Gewächse schon zur vollen Entwickelung gelangt sind. Pariser Architekten haben die Zeichnungen für die meisten dieser Gärten entworfen, in denen die bewegten Flächen der Hügelabhänge ein besonders günstiges Terrain für die Schöpfung idealer Landschaften dar- boten, und es brauchten die Kosten für Herbeischaffung fruchtbaren Erdbodens auf den felsigen Grund, für unablässige Bewässerung und Düngung nicht gescheut zu werden. Hierzu kommt die Intellisenz der französischen Gärtner, die aus allen Theilen der Erde die schönsten und seltensten Gewächse importirt und in. rationelle Pflege genommen haben. Alle diese günstigen Umstände vereinigen sich in höchstem Maasse, um den Golf von Cannes und den unmittelbar daranstossenden Golf Juan zum schönsten Theile Huropas umzuschaffen, dem nur noch die Land- zunge von Monaco und Monte Carlo sich an die Seite stellen könnte. Waren schon von jeher diese Küsten durch ihre unendlichen Citronen-, ÖOrangen- und Apfelsinengärten, durch ihre alten Oelbaum- und Pinien- wälder, und vor Allem durch die in orientalischer Herrlichkeit ent- wickelten Dattelpalmen bevorzugt, so sind seit dem Jahre 1834, wo Lord Brougham als der erste an der Route de Frejus sich die Villa Eleonora Luisa erbaute, eine Unzahl der prachtvollsten Tropengewächse in die Gärten der Riviera eingeführt worden. Zu den Dattelpalmen haben sich jetzt auch zahlreiche Fächer- und Fiederpalmen geselli, die auf haus- hohem Säulenstamm die Riesencapitäle ihrer Wedel tragen: die Phoenix der Canaren, vom Cap und. von Indien, Areca, Bruhea, Attales, durch die Dieke ihrer Stämme besonders auffallend die chilenische Jubaea; die schönsten in dieser Gruppe aber sind die Gocospalmen (Cocos flexuosa, Romanzoffskyana u. a.) mit ihren schlanken, glatten Stämmen und den überaus eleganten Fiederkronen. Vor allem aber imponiren die colossalen Blattfächer der Latanien und der Pritchardia filifera, welche ganze Alleen bilden; neben ihnen erscheinen bescheiden trotz kräftigster Stammbildung 350 Jahres - Bericht die Chamaerops- Arten (Ch. humilis und esxcelsa); fast alle Palmen ent- wickeln Blüthen- und Fruchtrispen. Aber auch die anderen baumartigen Monocotylen zeigen sich in üppigster Entwickelung, vor allem die Dracänenr, die Yucca, Foureroya und die Baınbusen, welche mit ihren starken haushohen Stämmen und den schlanken reichverzweigten Laub- kronen lichte Gehölze bilden. Auch die Haine von Baumfarnen tragen zu der märchenhaften Pracht dieser Gärten bei, nicht minder die hoch- stämmigen Cycas-, Zamia- und Encephalartos - Arten, die oft noch die Riesenzapfen ihrer Blüthen zeigen. Während Ephedra als Schling- gewächs die Kronen alter Oelbäume mit schachtelhalmähnlichen Zweigen wie mit einem falschen Laubdache dicht überspinnt, zeigen die Coni- feren des Südens eine uns unbekannte Schönheit des Wuchses: vor allem die Araucarien (A. excelsa, imbricata, Cunnighami, Cooküi u. a.), mit ihnen wetteifern die Cedern und Cypressen von sehr verschiedenartiger Gestaltung der Kronen; aber auch die Pinien und andere exotische Pinus-Arten, die Callitris, Dacrydium, Seguoia und zahlreiche andere Coni- feren bieten fremdartige und zugleich schöne Baumformen. Die Laub- bäume in diesen Gärten sind fast ohne Ausnahme immergrün nnd zeigen die Blattform der Myrten und Lorbeeren, welche ja selbst zu den Charakterpflanzen der Mittelmeerflora gehören; die zahlreichen Arten der Eucalypten haben so riesige Dimensionen in der verhältnissmässig kurzen Zeit ihrer Anpflanzung an der Riviera erlangt, dass man wohl sich vor- stellen kann, wie diese Giganten unter den Bäumen in ihrer australischen Heimath sich entwiekeln mögen (E. globulus, amygdalina, colossea u. a.). Nächst ihnen erregen wohl die meiste Bewunderung die immergrünen Feigenbäume aus der Verwandtschaft unseres Gummibaums (Fieus elastica), von denen besonders kräftige Stämme schon ein Geflecht von Luft- wurzeln aus ihren Aesten herabgesenkt haben (Ficus macrophylla, rubi- ginosa u. a.). Eine grosse Menge und Mannisfaltigkeit baum- und strauch- artiger Proteaceen (Banksia, Hakea, Grevillea) und Akazienbäume ver- setzen uns nach Australien, während amerikanische Dasylirien und Agaven, die eben ihren einem Riesenspargel gleichenden Blüthenschaft emportreiben, afrikanische und indische Aloearten mit feurigen hoch- sehaftigen Trauben, baumhohe Opuntien und Cereus, fleischige Armleuchter- Euphorbien auf den Felspartien den Eindruck heisser Steppenlandschaften hervorrufen. Einen wunderbaren Eindruck machen die Haine von Orangen, wenn die goldigen Früchte gleich Feuerkugeln sich von dem dunklen Laubwerk abheben; doch fehlt es auch nicht an anderen tro- pischen Obstbäumen, Avogado’s (Persea gratissima), Cherimolien (Anona), japanischen Mispeln (Eriobotrya) und anderen. Wie aus einem anderen geologischen Zeitalter stammend, erscheinen uns die Casuarinabäume mit ihrem schachtelhalmähnlichen Zweigwerk, das von den Wipfeln herabhängt, im Wuchs an Trauerweiden erinnernd; mit ihnen contrastiren A he a der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 351 durch die riesigen, zweizeilig geordneten Blätter die Musaceen (Musa Einsete, paradisiaca, Strelitzia augusta, Ravenala), wie die spitzenartig fein- sefiederten Mimosenbäume. Die Hecken sind von immergrünem Evony- mus, Crotaegus, Laurus, von duftendem Pitlosporum oder von Teuerium ruticosum gebildet, während der Rasen, wo er nicht wie bei uns aus saftigen Gräsern dicht zusammengewebt ist, durch Ophiopogon oder gar durch Mühlenbeckia und Epheu nachgeahmt wird, deren Ranken, über die weiten Flächen kriechend, sie mit einer grünen Laubdecke bekleiden; an den trockensten Felsgehängen vertritt das überall verwilderte Mesem- bryanthemum aciniforme oder andere Fettpflanzen (Sedum, Crassula, Echeveria, Sempervivum arboreum u, a.) ihre Stelle. Reizend sind auch die Wasseranlagen, kleine Seen, in denen haushohe Palmen sich spiegeln, während das Ufer von Papyrusgebüsch umsäumt wird, Richardien und Aponogeton es mit ihren weissen Blüthenkolben schmücken, und Ne- lumbien und tropische Nymphaeen ihre schildförmigen Blätter und lebhaft gefärbten Blumen auf dem Wasser schaukeln; die Stelle unseres Huflattig vertritt die ähnliche Ligularia Kaempferi. Unbeschreiblich ist die Farbenpracht der Blumen; auch die bei uns sepflesten sind hier bei weitem lebhafter gefärbt; der Duft, der die _ Gärten erfüllt, ist fast berauschend. Es giebt wohl kaum einen präch- tigeren Anblick, als eine Anemonenwiese, wo die feurigen oder dunkel- purpurnen Blumen der Anemone hortensis und coronaria in zahllosen Spielarten und Nuancen eben so dicht aus dem Rasen hervorleuchten, wie bei uns die weissen Kelche des gemeinen Windröschens im Früh- ling, Dazu kommen die Hyacinthen, die Nareissen und Tazetten, die Cyclamen, die Cinerarien, die brennendrothen Nelken, und insbesondere Lack und Levkoy, die bei weitem mehr gepflegt werden, als dies bei uns der Fall ist. Doch auch in dieser Blumenfülle behaupten den ersten Rang der Schönheit die Rosen, die den ganzen Winter hindurch blühen, vor allem die Banks- und Theerosen mit schenkeldieken Stämmen, deren Aeste und Zweige hoch in die Wipfel der Palmen und Magnolien hinauf- klettern und dieselben mit ihren duftigen Blumen schmücken. Aber auch eine grosse Zahl bei uns unbekannter Bäume und Sträucher zeichnen sich durch die lebhaften Farben, Formen und den Duft ihrer Blüthen aus; eines der feinsten Aroma’s verbreiten die gelben Köpfchen der austra- lischen Akazien. Die Blumenmärkte von Cannes, Nizza, San Remo und den anderen Orten der Riviera überraschen den Fremden durch die Farben- pracht und Manmnisfaltigkeit, aber auch durch die Billigkeit der aus- gebotenen Sträusse. Die Gartenanlagen der Riviera sind wohl sämmtlich im sogenannten englischen Stil; sie bestreben sich, ideale Tropenlandschaften zu schaffen, wie wir sie sonst nur in den Decorationen des Theaters zu sehen bekommen; durch geschickte Benutzung des Terrains führen sie uns bald in den 952 Jahres-Bericht Schatten eines Araucarienwaldes oder eines Bambusengehölzes, bald lassen sie uns von oben auf die Wipfel der Fieder- und Fächerpalmen oder auf Alsophila-, Cibotium- und Cyatheahaine hinabschauen, während der Blick in der Ferne von dem blauen Spiegel des Mittelmeers zu der schneebedeckten Kette der Seealpen schweift. Professor Penzig hat vor Jahren in der Gartenflora die interessantesten dieser Villen eingehend geschildert und eine Zusammenstellung ihrer Vegetation gegeben; unter denen, die ich selbst gesehen, gebührt der Preis der Schönheit wohl der Villa Lavaletta, die in dem als Grande Californie bezeichneten wärmsten Theile von Cannes gelegen, von M. Riffaud, einem der intelli- sentesten Gärtner der Riviera, musterhaft angelegt und unterhalten wird; nach dem im vorigen Jahre erfolsten Tode ihres ersten Besitzers, M. Dosnin, ist sie in den Besitz des reichen Chocoladen - Fabrikanten Menier übergegangen und mit der anstossenden Villa Amelie Caroline verbunden worden, deren ausgedehnte Anlagen durch einen neuen pracht- vollen Terrassenbau vervollständigt worden sind; die Substructionen des- selben sind als Grotten angelegt und zu einem Bananenhain benutzt worden. Nächst dieser hat die Villa Vallombrosa in Cannes meine leb- hafteste Bewunderung erregt; wundervoll sind auch die Anlagen, welche von dem Spielpalast von Monte Carlo sich gegen das Meer hinabziehen; hervorzuheben ist, dass hier die exotischen Gewächse, wie in einem botanischen Garten, mit lateinischen Etiquetten versehen sind. An bota- nischen Seltenheiten am reichsten ist die Villa Thuret in Antibes, die von dem berühmten Algenforscher in seinen letzten Lebensjahren ge- schaffen, von ihm testamentarisch an seinen langjährigen Freund und Mitarbeiter Dr. Bornet vermacht, aber von diesem dem französischen Staat abgetreten wurde, der die Villa zu einem wissenschaftlichen Institut und einer Dependance des Pariser Jardin des plantes unter der Direction des ausgezeichneten Botanikers M. Naudin gestaltet hat. Der unermessliche Reichthum an tropischen und subtropischen Pflanzen in der Villa Hanbury, welche das an köstlichen Landschaftsbildern und Aussichten so reiche Vorgebirge Mortola in der Nähe von Ventimiglia ein- nimmt, ist von Professor Penzig bearbeitet und beschrieben worden. Unter den kleineren Villen, die neben dem rein ästhetischen auch für den Botaniker einen besonderen Genuss durch die Menge interessanter und gut eultivirter Pflanzengeschlechter gewähren, ist die von M. Con- stant angelegte Villa Niobe im Golf Juan hervorzuheben; in ihrer un- mittelbaren Nähe hat der als botanischer Reisender und Schriftsteller sehr verdiente M. Edouard Andr& die Villa Columbia angelegt, in der er eine Anzahl der von ihm aus dem tropischen Amerika und ander- wärts importirten botanischen Schätze heranzieht; hier sah ich unter anderem auch Xanthorrhoea im freien Lande. Von den zahlreichen Villen von San Remo zeichnet sich die Villa Parva auch in botanischer Be- u der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 353 ziehung besonders aus, die von Herrn v. Hüttner angelegt und nach dessen Tode von der Wittwe sorgsam unterhalten wird. Der Dank der Anwesenden wurde dem Redner für die interessanten Mittheilungen durch Erheben von den Plätzen zu heil. Handelssärtnereibesitzer Franke hatte noch die Orchidee Laelia anceps mit bunten Blättern ‚ausgestellt. Für die 7. Versammlung am 5. September stand auf der Tages-Ordnung, 2 Delegirte zu wählen, die auf der Leobschützer Garten- bau-Ausstellung bei dem dort tagenden Provinzial-Verbande den Antrag stellen, dass derselbe den Deutschen Pomologen-Verein zu seiner nächsten Verkaniliing 1892 nach Breslau einladet. Ehe dieser so weittragende Antrag zur Annahme gelangte, wurden besonders von dem Secretair die bedeutenden Unkosten hervorgehoben, die dadurch der Section erwachsen könnten, und obgleich von den ver- schiedensten Seiten bemüht wurde, dieses Bedenken zu zerstreuen, so wurde der Antrag doch folgendermaassen präeisirt: Landes - Bauinspecetor Sutter und Gartenbau - Ingenieur R. H. Richter, welche von der Section als Delegirte gewählt worden, über- nehmen es mit den Vertretern der beiden anderen Breslauer Vereine, bei dem in Leobschütz tagenden Provinzial-Verbande zu beantragen, derselbe solle den Deutschen Pomologen-Verein für seine nächste Ver- sammlung 1892 nach Breslau einladen, jedoch dürfen dadurch der Section keine Unkosten erwachsen, event. trete der ganze Verband dafür ein. Ich lasse nun einen speeiellen Bericht über die am 15. September stattgehabte VI. Wander- und Delegirten-Versammlung des Provinzial- Verbandes schlesischer Gartenbau-Vereine zu Leobschütz folgen: Der Verbands-Präsident, Oekonomie-Rath Stoll-Proskau, eröffnete dieselbe mit einer kurzen Begrüssung der erschienenen Delegirten und mit dem Wunsche, dass die heutigen Verhandlungen gedeihliche und für die Interessen des Verbandes förderliche sein möchten. Der Verband ist durch die erschienenen Delegirten von folgenden 15 Vereinen mit 71 Stimmen vertreten: Breslau I (Section), Breslau II (Central-Verein), Breslau III (Verein der Handelsgärtner), Cosel, Frei- burg, Gleiwitz, Guhrau, Kreuzburg-Rosenberg, Leobschütz, Liegnitz I, Ober-Glogau, Ohlau, Oppeln, Ratibor und Rybnik. Den I. Punkt der Tages-Ordnung bildet der vom Verbands-Secretair, Obergärtner Goeschke-Proskau, erstattete Jahresbericht: Bis auf drei Vereine — Hirschberg, Neumarkt und Liegnitz — ‚gehören jetzt sämmtliche Gartenbau - Vereine Schlesiens dem General- 254 Jahres - Bericht Verbande an. — Da nun eine Uebersicht über die dem Verbande an- gehörenden Vereine erwünscht sein dürfte, so mögen solche nachstehend folgen: 1. Breslau I, Schlesische Gesellschaft, Section für Obst- und Garten- bau mit . > 5 15 Stimmen, 2. Breslau II, Schlesischer en Yerein, für Gärtner und Gnrienfrennde Dh ee Bl a z 3. Breslau III, Verein schlesischer Handelsgärtner mit 2 = 4. Brieg, Verein für Landwirthschaft, Bienenzucht und Gunienhan mit N 6 - 5. Cosel, Gartenbau-Verein Bi ; 8 = 6. Freiburg, Gartenbau-Verein mit . 3 z 7, Gleiwitz, Gartenbau-Verein mit . £ 2 = 8. Görlitz, ae Verein für die Ober- Icetz ii 5 - 3 nern Gewerbe- und Gartenbau- Verein mit 4 z 10. Guhrau, Gartenbau-Verein mit . . . 2 - 11. Jauer, Gartenbau-Verein mit. . . N 3 - 12. Kreuzburg-Rosenberg, Gärtner- Verein mit 2 a 13. Leobschütz, Obst- und Gartenbau-Verein mit 9 - 14. Liegnitz I, Gartenbau-Verein mit 7 - 15. Liegnitz I, Kunstgärtner-Verein mit . . » 2 s 16. Löwenberg, Verein für Gärtner und Gartenfreunde it 3 - 17. Militsch, Obst- und Gartenbau-Verein für Militsch und Umsegend mit ER 5 2 - 18. Ober-Glogau, Gartenbau- und Biönonzuchien ae für den Kreis Neustadt mit 4 z 19. Ohlau, Gartenbau-Verein mit . ee AR 1 - 20. Oppeln, Oberschlesischer Gartenbau-Verein mit, 6 z 21. Ratibor, Gartenbau-Verein mit 5 2 - 22. Rybnik, Obst-, Gartenbau- und Bichkngähler: Ya im Kreise Rene IN A ae a ne ee: 1440: * 23, Sprottau, Gartenbau-Verein mit . ‘ 1 - 24. Trebnitz, Obst- und Gartenbau-Verein mit 2 - zusammen also 24 Vereine mit ca. 2500 Mitgliedern und 99 Stimmen. Der Vorstand ‚hat einen Bericht über Entstehung, Ziele und bis- herige Thätigkeit des Verbandes nebst Statuten an den Herrn Minister für Landwirthschaft und auch an den Herrn Öberpräsidenten von Schlesien eingesandt und das Wohlwollen für den Verband erbeten. Auf ein Bittgesuch des Leobschützer Vereins, der Vorstand wolle vom Herrn Minister für Landwirthschaft eine Beihilfe zur Beschaffung einer Ryder’schen Obstdörre für den Leobschützer Verein erbitten, ist nachstehende Verfügung des Herrn Landwirthschafts - Ministers zu- gegangen: e AS der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 955 Berlin, den 5. September 1889. Von der nach der Anzeige vom 24. v. M. stattgefundenen Er- richtung eines Provinzial- Verbandes schlesischer Gartenbau - Vereine und den demselben vorgezeichneten Zielen habe ich mit Interesse Kenntniss genommen und stelle dem Vorstand zwecks Ausstattung des Zweigvereins zu Leobschütz mit Obstverwerthungs - Apparaten eine Beihilfe bis zum Höchstbetrage von 600 Mark mit der Maassgabe zur Verfügung, die zweckentsprechende Benutzung der Apparate zu über- wachen und über dieselben, falls sie aus irgend welchen Gründen in Leobschütz zur Einführung der obstbautreibenden Bevölkerung in die Obstverwerthung nicht mit Erfolg verwerthet werden können, zu Gunsten eines anderen Vereines zu verfügen. Die Ueberweisung des Betrages bleibt bis zum Eingange der die bezügliche Lieferung betreffenden Rechnungen vorbehalten. Der Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten. In Vertretung: v. Marcard. Inzwischen ist auch vom Öber- Präsidenten der Provinz Schlesien ein Schreiben eingegangen, welches lautet: Breslau, den 14. September 1889. Aus den mir unterm 10. d. M. überreichten Berichten habe ich mit grosser Befriedigung von den Bemühungen des Provinzial-Ver- bandes, seinen Zielen und seiner Thätigkeit Kenntniss genommen. Es bedarf meinerseits kaum der Versicherung, dass ich den Be- strebungen des Vereins volles Interesse widme, und sage ich Ew. Hochwohlgeboren für die diesbezügliche Mittheilung meinen er- sebensten Dank. | Der Ober-Präsident, Wirkliche Geheime Rath v. Seydewitz. Der Referent schliesst mit der Bitte, dass die Verbands - Vereine beitragen möchten, den Verband durch Mittheilungen und Berichte rege und interessant zu machen. Der Kassenbericht wird durch den Verbands-Kassirer, Lehrer Leich- ter-Leobschütz, erstattet. Der Stand der Kasse wäre gleichfalls ein sünstiger; die Summe der Einnahmen betrug im verflossenen Geschäfts- jahr 638,53 Mark, die der Ausgaben 417,17 Mark, es verbleibt also ein Bestand von 227,16 Mark. Die Rechnungen werden von den Herren Hofgärtner Peiker- Rauden und Wanderlehrer Siegert-Liegnitz geprüft und für richtig befunden, worauf dem Kassirer Decharge ertheilt wird. Der von Dr. Neumann -Leobschütz gestellte Antrag: „Es soll jeder Verbandsverein gehalten sein, für das Verbandsorgan mindestens [63] 56 Jahres-Berickt einen Beitrag jährlich entweder aus den Vereinsverhandlungen oder aus dem Kreise seiner Mitglieder zu liefern‘, findet Beifall und wird an- genommen. | Eine eingehende Debatte fand der 4. Gegenstand der Tagesordnung, Beschlussfassung über die von Herrn Sutter-Breslau für Gärten vor- seschlagenen Obstsorten. Auf Antrag der Breslauer Section für Obstbau wird die vorgelegte Liste den Verbandsvereinen in der April-Nummer der Mittheilungen zur Kenntniss gebracht, mit der Aufforderung, im Schoosse der einzelnen Vereine über die daselbst empfehlenswerthesten 10 Aepfel, 10 Birnen, 10 Kirschen und 10 Pflaumen zu berathen und abzustimmen und das Resultat dieser Abstimmung dem Vorstande zu übermitteln. Das letztere ist auch von einer grösseren Anzahl der Verbands- vereine geschehen. Nachträglich ist von Seiten des Herrn Landes-Bau- inspeetors Sutter der Antrag gestellt, nicht die genannte Zahl der Sorten, sondern je 20 weitere Sorten Aepfel, Birnen u. s. w. aufzustellen, welche als die für die schlesischen Verhältnisse geeignetsten empfohlen werden sollten. Der Verbands-Secretair warnt dringend vor der Empfehlung einer zu grossen Liste und empfiehlt der Versammlung, an der beantragten Zahl von je 10 Aepfel-, 10 Birnen-, 10 Pflaumen- und 10 Kirschensorten festzuhalten, mit dem Hinweis, dass ja durch die in Grünberg für Chausseen empfohlenen Obstsorten die Zahl der anzupflanzenden Aepfel und Birnen somit auf je 20 sich belaufe. Die Versammlung erklärt sich hiermit einverstanden. Nach der Abstimmung der Vereine sind folgende Sorten als zur Anpflanzung in Gärten in erster Reihe als empfehlenswerth zu be- trachten: Aepfel. 1. Gravensteiner, 6. Ananas-Reinette, 2. Gelber Richard, 7. Englische Spital-Reinette, 3. Charlomowsky, 8. Orleans-Reinette, 4. Virginischer Rosen-Apfel, 9. Gold-Reinette von Blenheim, 5. Danziger Kant-Apfel, 10. Harbert’s Reinette. Birnen. 1. Köstliche von Charneu, . 7. Grumbkower Butterbirne, 2. Blumenbach’s Butterbirne, $. Herzogin von Angoul&me, 3. Diel’s Butterbirne, 9. Hardenpont’s Winter-Butter- 4. Esperen’s Herrenbirne, birne, 5. William’s Christbirne, 10. Forellenbirne. 6. Napoleon’s Butterbirne, der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 957 Kirschen. 1. Coburger Maiherzkirsche, 6. Winkler’s weisse Herzkirsche, 2. Ochsenherzkirsche, 7. Grosse Prinzessinkirsche, 3. Werder’sche frühe schwarze 8. Rothe Maikirsche, Herzkirsche, 9. Königin Hortense, 4. Hedelfinger Riesenkirsche, 10. Doppelte Natte. 5. Grosse schwarze Knorpel- kirsche, Pflaumen. 1. Kirkes-Pflaume, 6. Frühe Reineelaude, 2. Esperen’s Goldpflaume, 7. Gelbe Mirabelle, 3. Jefferson, 8. Italienische Zwetsche, 4. Washington, 9. Hauszwetsche, 5. Grosse grüne Reineclaude, 10. Grosse englische Zwetsche. Zu Punkt 5, „Mittheilungen über die nach Beschluss der Schweid- nitzer Versammlung ins Leben gerufenen Versuchs - Obstgärten“, wird über den vom Freiburger Verein angelegten Versuchsgarten referirt. Es sind in demselben 58 verschiedene Aepfel-, Birnen-, Pflaumen- und Kirschen-Sorten angepflanzt werden, ausserdem sollen Beeren- Pflanzungen gemacht und Gemüse gebaut werden. Es ist Aussicht vorhanden, dass der Verein bald noch einen zweiten Versuchsgarten anlest. Ueber Nr. 7 der Tages-Ordnung, dem Antrage der Breslauer Ver- eine, die Versammlung des Deutschen Pomologen-Vereins im Jahre 1892 nach Breslau einzuladen, stimmt die Delegirten - Versammlung im All- gemeinen bei, doch halten es die Delegirten der Breslauer Vereine für wünschenswerth, demnächst etwas Näheres über die voraussichtlich ent- stehenden Kosten zu erfahren, um rechtzeitig für die Beschaffung der hierzu nöthigen Geldmittel Sorge tragen zu können. Herr Göschke-Proskau, welcher bei der diesjährigen Pomologen- Versammlung in Stuttgart anwesend zu sein gedenkt, erklärt sich bereit, Erkundigungen über den fraglichen Punkt an Ort und Stelle ein- zuziehen. Ueber das Resultat diene nachstehende spätere Mittheilung an die Verbands-Vereine: Der Deutsche Pomologen-Verein hat in seiner General- Versammlung zu Stuttgart am 26. September d. J. beschlossen, die nächste im Jahre 1892 stattfindende Versammlung deutscher Pomologen und Obstzüchter, einer Einladung des Provinzial-Verbandes schlesischer Gartenbau-Vereine folgend, zu Breslau abzuhalten. Die Einladung des Elsass-Lothringischen Obstbau-Vereins zu Strassburg wurde in Anbetracht, dass Breslau bereits früher einmal unberücksichtigt bleiben musste, - abgelehnt. 1839. 17 258 Jahres - Bericht Als Ort der nächstjährigen Wander- und Delesirten-Versammlung wird Oppeln vorgeschlagen und auch angenommen, zumal man dort be- absichtigt, als Vorfeier zum 25jährigen Jubiläum des Vereins bei dieser Gelegenheit eine grössere Gartenbau-Ausstellung zu veranstalten. Es gelangen noch zwei Anträge zur Annahme: „Der Verbands- Vorstand wolle an den Herrn Minister für Landwirthschaft das Ersuchen um Gewährung einiger Preise für die alljährlich gelegentlich der Wander- Versammlung stattfindenden Ausstellung richten.“ — ‚Der Verbands- Vorstand wird ermächtigt, einen Preis von 30 Mark für hervorragende Leistungen demjenigen Vereine zu überreichen, welcher am Orte der Wanderversammlung eine Ausstellung veranstaltet.“ Hierauf Schluss der Delegirten-Sitzung. Herr Obergärtner Göschke-Proskau hielt noch einen eingeherden Vortrag über das Beerenobst, dessen Cultur und Verwendung, welcher allgemeinen Beifall fand. In der 8. Versammlung und zugleich Schlusssitzung für 1889, ver- handelt am 2. December, stand die Wahl der Secretaire für die Etats- periode 1889/90 auf der Tag Ordnung. Der II. Secretair R. H. Richter lest sein Amt mit dem Dank für das Vertrauen und die Unterstützung, die er Seitens der Mitglieder ge- funden, nieder, und bittet Herrn Regierungs-Rath Professor Dr. Cohn, das Interregnum zu führen. Derselbe dankt dem Secretair-Stellvertreter, dass er nicht allein die Stellung als Schriftführer verwaltet, sondern auch die Section in diesem Jahre als Secretair vertreten und deren Interessen gefördert hätte. Als I. Secretair wird Herr Professor Dr. Prantl, zum 1I. Secretair Herr Gartenbau-Ingenieur R. H. Richter gewählt. Da der Lesezirkel alljährlich einen bedeutenden Zuschuss erfordert, so beschliessen die Mitglieder desselben, für zahlreiche Mitleser zu werben, so dass wenigstens die Colportage durch die Beiträge gedeckt würde, u u _ oO der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 359 Für Schlesien vorgeschlagene Auswahl aus den durch Fr. Lucas, Director des Pomoloeischen Instituts zu 1. 9. . Rother Herbst-Calville, Reutlingen, - zum Anbau am meisten empfohlenen Obstsorten. Bemerkungen. Die Reifezeit nebst der Dauer ist in Monaten angegeben. Die Güte der Frucht und ihr Nutzungswerth für Tafel und technische Zwecke. Hierbei ist zu bemerken, dass sich fast alle Tafelfrüchte auch zum Kochen und zu Compot, die meisten auch zum Dörren eignen; der Werth für die Tafel ist ausgedrückt durch * oder ** oder **!; ein Stern bedeutet „gute Qualität für die Tafel“, zwei Sterne heissen „sehr gute Qualität für die Tafel‘ und ist diesen noch ein ! beigefügt, so heisst dies, dass die Sorte von „vorzüglichem Werth“ für die Tafel ist, während der Werth für die Zwecke der Wirthschaft, besonders zum Dörren oder zur Obstweinbereitung durch f oder ff oder ff! ausgedrückt ist, mit der gleichen Erklärung, wie sie oben beim Tafelobst angegeben ist. Die mit einem O versehenen Obstsorten sind ganz besonders zum Anbau empfohlen. 1. Apfel- Sortiment. F&alyillen. IV. Rosen-Aepfel. o 3. Pfirsichrother Sommer- Apfel, October-November * ++ 2. Gravensteiner, October-December **! + 3. Rother Gravensteiner, October-December **!+ 4. Weisser Winter-Calville, Winter-Frühjahr **! 5. Gelber Richard, November-Februar ** + II. Schlotter-Aepfel.- 6. Prinzen-Apfel, October-November ** ++ III. Gulderlinge. 7. Boiken- Apfel, Januar-Mai * ++ (de) ol4. 15 Juli-Auguet ** + . Charlamowsky, August-September *+ . Weisser Astrakan, Juli-August ** + . Virginischer Rosen- Apfel, August ** + . Danziger Kant-Apfel, Herbst-Winter ** ++ . Purpurrother Cousinot, December-Juni * ++ V. Tauben-Aepfel. Rother Jungfern-Apfel, November-Januar * ++ Rother Winter-Tauben-Apfel, Winter ** + Ki 260 Jahres- Bericht VI. Ramboure oder Pfund- | 029. Orleans-Reinette, Aepfel. December-März **! +7 o16. Kaiser Alexander, 030. Winter-Gold-Parmäne, October-November * ++ Winter ** ++ vr Pambomapemeitten 031. Gold-Reinette von Blenheim, o17. Pariser Rambour-Reinette — November-März ** +7 Reinette von Canada, 032. Grosse Casseler Reinette, Winter-Mai ** ++ März-Juni ** ++ o13. London-Pepping, 033. Ribston-Pepping, December-März ** + December-April ** ++ 034. Harbert’s Reinette, VII. Einfarbige Reinetten. December-März ** ++ 019. Landsberger Reinette, MitteNovember-Februar** +} XI. 020. Ananas-Reinette, November-März **! ++ Streiflinge. 35. Luiken-Apfel, \ October-Deeember * ++! IX. Borsdorfer Reinetten. 036. Brauner Mat-Apfel, 021. Edelborsdorfer (Maschansker), Winter-Mai * 44! November-Februar **! ++! 037, Grosser Bohn-Apfel, X. Rothe Reinetten. - December-Juni ++! 22. Langton’s Sondergleichen, | September-November * ++ 023. Scharlachrothe Parmäne, - XV. Platt-Aepfel. October ** ++ 024. Baumann’s Reinette, Januar-Juni ** ++ 025. Muskat-Reinette, November-Februar **! ++ XI. Graue Reinetten. 26. Englische Spital-Reinette, XIV. Spitz-Aepfel. 038. Gelber Winter-Stettiner, December-Juni "++ 039. Wellington, Winter-Juli * ++ 040. Weisser Winter-Taffet-Apfel, November-März * ++ Winter **! ++ 41. Grüner Fürsten-Apfel, 027. Parker’s Pepping, Februar-Sommer 7! December-März ** ++ o42. Rother Stettiner, XI. Gold-Reinetten. Winter * ++ 28. Königlicher Kurzstiel, 043. Winter-Citronen-Apfel, Januar-Mai ** ++ Winter-Mai * ++ 2. Birnen -- Sortiment. I. Butter-Birnen. 3. Blumenbach’s Butter-Birne, o 1. Coloma’s Herbst-Butter-Birne, Öctober-November **! + October ** + o A. Liegel’s Winter-Butter-Birne, 2. Köstliche von Charneu, November-Januar **! + October ** + der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 9. Winter-Dechants-Birne, Januar-März **! + 6. Diel’s Butter-Birne, November-December **! + III. Bergamotten. 7. Esperen’s Herrenbirne, September ** + o 8. Wildling von Motte, October-November ** + o 9. Rothe Bergamotte, October-November ** ++ V. Grüne Lang-Birnen, o10. Puuktirter Sommerdorn, October ** ++ VI. Flaschen-Birnen, oll. Marie Luise, October **! + . 12. Bosc’s Flaschen-Birne, October-November **! + vll. 13. William’s Christen-Birne, . September ** + Apotheker-Birnen. 261 14. Napoleon’s Butter-Birne, November **! + 15. Grumkower Butter-Birne, October-November ** + 16. Herzogin von Angoul&me, October-November ** + 17. Hardenpont’s Winter-Birne, December-Februar **! + VI. Gute Graue, August-September **! ++ Gute Louise von Avranches, October ** + 20. Forellen-Birne, October-Deecember **! + XI. Leipziger Rettig-Birne, August-September * + 022. Salzburger Birne, Ausust-September * +7 XIHl. Rundliche Koch-Birnen. 23. Kuhfuss, September-October +7! Rousseletten. olS. 019. Gewürz-Birnen. o2l. 3. Kirschen- und Weichsel-Sortiment. Bemerkung: Jede Kirschengegend hat ihre eigenen localen und relativ vorzüglichen Sorten, weshalb die Zahl der Kirschensorten eine ungemein grosse ist. — Die Reifezeit ist in Wochenperioden der Kirschenzeit angegeben, also 1. W. d. K.-Z2. = Erste Woche der Kirschenzeit. I. Schwarze Herzkirschen. 1. Koburger Mai-Herzkirsche, INNE A 2 a 2. Krüger’s schwarze Herzkirsche, FANN. d.ıK. 7, Fer 3. Fromm’s Herzkirsche, 3.W.d. K.-2. * 44 4, Ochsenherzkirsche, SEN de Zr 5. Schwarzer Adler, ASWV:.deK..7.,%* 4 6. Werder’sche frühe schwarze Herzkirsche II. Schwarze Knorpelkirschen. 7. Hedelfinger Riesenkirsche, 3: Warn 8. Grosseschwarze Knorpelkirsche, DV. d.. K208i III. Bunte Herzkirschen. 9. Winkler’s weisse Herzkirsche, BENV ade RK 2 IV. Bunte Knorpelkirschen. 10. Grosse Prinzessinkirsche, AV, RZ, 2er 262 11. Büttner’s späte rothe Knorpel- kirsche, SNVedSoR. Zenit VII. Süssweichseln. 12. Mai-Herzugskirsche, 2. Vaud aKeZ Zr 13. Rothe Maikirsche, DENVER SZ VIII Glaskirschen. 14. Grosser Gobet, AV. 0. ıRe.7. IX. Weichseln. 15. Ostheimer Weichsel, 4.W.d. K.-Z. = ++ 4, Pflaumen- und I. Rundpflaumen (Runde ; Damascenen). 1. Kirke, 1a, Anfang — Mitte Septbr. ** 2. Esperen’s Goldpflaume, September. il. Ovalpflaumen. 3. Jefferson, 5b, Anfang — Mitte Septbr. ** 4. Washington, 3a, August — Mitte Septbr. ** III, 5. Admiral Rigny, August. 6. Nectarinen-Pflaume, August. Eierpflaumen. IV. Reineclauden oder Edel- pflaume n. 7. Grosse grüne Reineclaude 4a (b), Anfang — Mitte Septbr. ** + 8. Frühe Reineclaude, 4b, Anfang — Mitte August ** + Jahres-Bericht 16. Grosse lange Lothkirsche, 5..Wı. \d. KeZE Ser 17. Ascher, beste Sauer-Weichsel. X. Amarellen. 18. Königliche Amarelle, 2. WW. d..Ke2, Se 19. Späte Amarelle, SaNVend RE 2 XI. Halbkirschen. 20. Königin Hortensia, 4.—5. W. d. K.-Z. ** Zwetschen-Sortiment. V. Mirabellen oder Wachs- pflaumen. 9. Gelbe Mirabelle, 3a, Mitte — bis Ende August **+7 VI. Zwetschen. 10. Italienische Zwetsche, 1a, Mitte — Ende Sepibr. ** ++ 11. Hauszwetsche, la, September — October **! ++! 12. Grosse englische Zwetsche, September, v1. 13. Braunauer rothe zwetsche, 2a, Mitte — Ende Septbr. ** ++ 14. Violette Diapre, 1a (b), Anfang August ** + VII. IX. Hafer-Pflaumen. Halbzwetschen. Aprikosen- Dattel-Zwetsehen. X. Spillinge. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 263 Ueber die Anlage von Muster - Obstgärten durch Pflanzung der anbauwerthesten Obstsorten. Referat des Landes-Bauinspeetor Sutter zu Breslau, als Mitglied der Section für Obst- und Gartenbau der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur, gehalten in der Sitzung dieser Section am 4. März 1889. Hochgeehrte Vereins-Mitslieder! Gestatten Sie, meine hochverehrten Herren, dass ich meinem heutigen kurzen Referate das poetische Lob unseres Altmeisters für die Obst- Cultur, des schon in die ewige Heimath abgeschiedenen früheren Direetors des Pomologischen Institutes in Reutlingen, Herrn Dr. Eduard Lucas, voranstelle, indem ich hoffe und wünsche, dass uns der Anbau des besseren Obstes auch zur Kelterung und zum Genuss des Obstweines hinführen möge: „Der edle Wein belebt mit seinem Feuer Wohl jede Menschenbrust; Der Obstwein ist dem Landmann werth und theuer, Zur Arbeit schafft er Lust!“ Wie Ihnen vielleicht bekannt ist, habe ich infolge gütiger Auf- forderung unseres Sections - Vorstandes zur Beförderung des Obst- und Gartenbaues in Schlesien schon früher zwei Vorträge in der Section gehalten: den ersten am 7. Februar 1883: „Ueber Pflanzung und Erziehung von Obst- und von Schatten- bäumen an Chausseen“ mit einer Renten - Bereehnung, wonach auf einigen Chausseen das Anlage-Kapital der gepflanzten Obstbäume zu 54—96 pCt. jährlich verzinst wird; und den zweiten am 2. März 18387: „Ueber Obst- und Gemüse - Production und dessen Verwerthung mit Hinweis auf höhere Bodenrente und Schaffung besserer Volks- Nährmittel“ mit verschiedenen Vorschlägen, um den Bau von Obst und Gemüse in Schlesien lohnend zu machen, 264 Jahres - Bericht Ermuthigt durch die so freundliche Aufnahme, welche meine mehr für Laien als wie für Fachleute berechneten und deshalb immerhin ver- besserungsfähigen Bemühungen und Vorschläge in der Section aber auch in weiteren Kreisen und der Presse gefunden haben, will ich der mir von dem sehr geehrten Sections-Vorstande aufs Neue gewordenen gütigen Anregung gern Folge leisten und heute über ein weiteres Thema sprechen, welches ich nach dem gegenwärtigen Stande der Obstindustrie — wenn ich unseren Obstbau so nennen darf — für den zunächst nothwendigsten Schritt halle, um dadurch eine Reformation des Obstbaues in Schlesien anzubahnen. Es ist dies die Anlage von Muster- Obstgärten und deren Bepflanzung nur mit den anbauwerthesten richtig benannten Obstsorten. Ich kann nur wiederholt bitten, dass Sie mit meiner schwachen Leistung als Nichtfachmann vorlieb nehmen, weil ich kein Redner bin, aber getrieben von dem lebhaftesten Wunsche, die Gesundheit meiner Mitmenschen durch den Obstbau und Obstgenuss zu fördern und unserer nothleidenden Landwirthschaft durch den wiederholten Hinweis auf den bisher noch sehr vernachlässigten Gartenbau ebenfalls einen Dienst er- weisen möchte, um für dieselbe diesen doch sehr lohnenden Erwerbs- zweig mehr zu erschliessen. Nur aus diesen Gründen möchte ich im Anschluss an meine beiden früheren Vorträge Ihr Interesse für diese hochwichtige Sache von Neuem zu erwecken suchen. Aehnliche Anregungen haben auch schon andere Herren gegeben, und zwar: 1. der um die Obst-Cultur in Schlesien hochverdiente Herr Garten- Direetor, Oekonomie-Rath Stoll vom Königlichen pomologischen Institut zu Proskau, durch seinen zu Potsdam schon im Jahre 1377 bei der Allgemeinen Versammlung deutscher Pomologen und Obst- züchter gehaltenen Vortrag über die pomologischen Gärten (Obstgärten), ihre Einrichtung und ihren Nutzen; 2. der Herr Wander-Lehrgärtner Siegert von Liegnitz bei seinen Wander-Vorträgen; — und (a6) der Herr Handelsgärtner Altscher zu Schweidnitz bei der Obst- Ausstellung des Freiburger Vereins zu Schweidnitz am 23. Septbr. v. J. in seinem V.ortrage über die Obstbau-Verhältnisse im Schweidnitzer Kreise und Vor- schläge zur Anlage von Obst-Versuchs-Gärten. Die hochgeehrten Zuhörer gestatten wohl, dass ich mein heutiges Thema durch Beantwortung der zwei Fragen näher beleuchte: der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 965 I. Ist es wohl nothwendig, zweckmässig und lohnend, derartige Muster-Gärten anzustreben? und II. Wer soll und wie soll man die Anlage derselben aus- führen? Also auf die I. Frage: „Ist es nothwendig u. s. w.“ will ich Fol- sendes anführen: So viel mir bekannt, sind derartige Versuche zur Pflanzung von Muster-Obstsärten, wie ich dieselben vorschlagen will, bisher noch niemals, oder höchstens vielleieht untergeordnete Pflanzungen unter ungünstigen und nicht geeigneten Rodenverhältnissen zur Aus- führung gekommen, so dass der erwartete Erfolg ausgeblieben ist, und diese Anlagen deshalb keine Nachahmung gefunden haben. Ich halte es jedoch geradezu für eine der wichtigsten Aufgaben unserer Gartenbau-Section, dass dieselbe die nöthige Anregung hierzu giebt, um auch hierin mit gutem Beispiele voranzugehen. Nachdem die hochgeehrte Section mich in einer der letzten Sitzungen des vorigen Jahres erwählt hatte als Mitglied einer Commission, welcher die Aufgabe zuertheilt worden ist, den Sections-Garten zn Scheitnig be- 'wirthschaften zu helfen, so habe ich mich veranlasst gefühlt, einstweilen für meine Person einige einleitende Schritte zu thun, um später der Section meine Vorschläge machen zu können. Bei Gelegenheit einer Gedenkfeier des verstorbenen, um die Hebung der Landwirthschaft sehr verdienten National-Oekonomen Thünen in der landwirthschaftlichen Hochschule zu Berlin am 13. Januar, liess ich mich durch den ebenfalls dort anwesenden Reichstags - Abgeordneten Herrn Landrath v. Kardorff aus Oels, mit welchem ich durch meine bauamtliche Stellung in Chaussee- Sachen bekannt bin, Sr. Excellenz dem Herrn Landwirthschafts-Minister, Freiherrn Dr. v. Lucius, vor- stellen und unterbreitete ich demselben am anderen Tage im landwirth- schaftlichen Ministerium einen Antrag, dahingehend: „dass der Herr Minister genehmigen und anordnen wolle, dass auf allen für einen erfolgreichen Obstbau geeigneten Königlichen Domainen Muster-Obstgärten angelest werden dürften, worin nur die durch die po- mologischen Vereine ausgewählten besten, anbau- werthesten und richtig benannten Obstsorten in we- nigstens je 10 Exemplaren von jeder Sorte gepflanzt werden sollten, damit die jenen Domainen zunächst wohnenden Gartenbesitzer und Landwirthe den Wuchs und die Erträge dieser Bäume beobachten und von diesen Muster-Bäumen sich die erforderlichen Bdel- reiser unentgeltlich abholen könnten, damit sie dann Jahres - Bericht 18) {er} {or} die Bäumchen in ihren Baumschulen mit solchen Sorten veredeln und dann auchiihrealten, nur schlechtes Obst tragenden Obstbäume umedeln könnten. Zur Pflege dieser Muster- Gärten sollten Baum- wärter vorgebildet und angestellt werden, welche auch die Verwerthung des Obstes übernehmen müssten und ausserdem von den Herren Landwirthen zum Umedeln der schlechten Obstbäume und zur Pflege ihrer Gärten gegen Entschädigung benutzt werden könnten. In diesen sorgfältig vorbereiteten und nach vor- heriger regelmässiger Eintheilung angepflanzten Muster -Obstgärten sollten die Zwischenräume zwischen den Obstbäumen mit Beeren-Sträuchern und zum Theil in den ersten Jahren auch mit Gemüse be- baut werden.“ Ich hatte dem Herrn Minister vorgeschlagen, dass die nöthigen aus- zuwählenden Obstbaumpflanzen von dem pomologischen Institute zu Proskau und aus unserem Sections-Garten bezogen werden könnten. Darüber, dass auch unsere heimathliche Obst-Culiur viel einträg- licher werden könnte, wenn sie mit grösserer Sorgfalt und unter zweck- mässigerer Verwerthung der Producte betrieben werden würde, ist schon soviel geschrieben und gesprochen worden, und wird dies sicher auch allgemein anerkannt. Namentlich aus den Kreisen der grösseren Herren Landwirthe hört man die Klage, dass die Obstbaumpflanzungen zu wenig einbringen. Wenn wir uns fragen: an welchen Gründen mag dies wohl liegen?, so sagt man uns, dass vom Auslande viel schöneres und wohlschmecken- deres Obst zu billigerem Preise bezogen werden kann, Diese Klage würde aber am erfolgreichsten bekämpft werden, wenn wir auch in der Heimath nur das beste und edelste Obst zu erbauen suchen, damit die Kaufleute nicht erst nöthig haben, dasselbe aus dem Auslande zu beziehen. Diese meine’ Behauptung wird auch durch einen Artikel des Herrn Wanderlehr-Gärtner Siegert aus Liegnitz in der Nr. 139 der Schles. Zeitung bestätigt. Er sagt unter Anderem, „dass die Anpflanzung von Tafelobst am rentabelsten sei und dass durch dessen Anbau Hunderttausende von Mark im Lande bleiben könnten. Wenn erst das Obst bei uns billiger würde, so könnte auch mehr Obstwein gekeltert werden. Amerika lieferte im November Dörrobst (Apfelscheiben) den Centner zu 38 Mark ab Bremen; in Schlesien wurde der Centner frisches Obst mit 4 bis 8 Mark bezahlt. Wenn für den Centner frisches der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 967 Obst 4 Mark bezahlt werden muss, so kommt der Centner Dörr- obst auf 54 Mark zu stehen, es kann deshalb der Fabrikant nicht mit Amerika concurriren. Nur bei reicher Obsternte, wenn der Centner Obst zu 2 bis 2'/, Mark eingekauft wird, kann mit Erfolg gearbeitet werden. Anders gestaltet sich die Rechnung bei der Obstweinfabrikation, Gerade auf sie müsste das meiste Gewicht gelegt werden. Wenn bisher der Obstwein in Schlesien wenig Anklang gefunden hat, so lag das hauptsächlich an dem fast durchweg schlechten Getränke, welches uns unter dem Namen „Apfelwein‘ seboten wurde. Bisher wird meistens das schlechteste Obst und das Fallobst, welches sonst nicht verwerthet werden kann, zur Obstweinfabrikation verwendet; dass aus solchem Obste kein guter Obstwein hergestellt werden kann, ist wohl selbst- verständlich. Werden aber gute, zur Obstweinfabrixation ge- eignete Sorten dem Fabrikanten geliefert, so wird er auch zu billigem Preise einen guten Obstwein herstellen können, welcher sich bald als Haustrunk bei der ländlichen Bevölkerung ein- führen wird, wie dies bereits in Süddeutschland der Fall ist, wo der Obstwein als kühlendes, gesundes Getränk von allen Schichten der Bevölkerung mit Vorliebe getrunken wird.“ Durch die von mir empfohlene Anlage und Pflanzung der Muster- Obstgärten in verschiedenen Theilen der Provinz würden die besten Obstsorten und deren richtige Benennung am besten bekannt und auf weite Kreise übertragen, und auch die richtige Pflege der Obstbäume würde dadurch allgemeiner bekannt werden. Durch die von mir herausgegebene und bereits in fast 6000 Exem- plaren in den Volks-Schulen der Provinzen Schlesien und Posen, selbst zum Theil in Pommern, verbreitete Anleitung zur Pflanzung und Pflege von Obstbäumen ist zwar schon eine zweckmässige Anweisung in die Hände der Landbewohner gekommen, aber ich halte es für nothwendig, dass die vorzunehmenden Arbeiten dem Landmanne auch praktisch gezeigt werden, Auch für die Ansiedelungs - Commission der Provinz Posen hat Se. Excellenz der Herr Ober-Präsident, Graf Zedlitz-Trützschler, schon über 100 Obstbau-Tafeln von mir bezogen und es werden dort bei den neuen Ansiedelungen darnach wahrscheinlich grössere Gärten angelest werden, Viele arme Gegenden in Schlesien würden reiche Einnahmen erzielen, wenn sie den Obstbau im grösseren Maassstabe betreiben möchten. Ich kann nur immer wieder auf Nordamerika und speciell Californien hinweisen, wo wir Deutschen mit Staunen sehen müssen, wie der Obst- - Anbau im Grossen und eine rationelle Verwerthung des Obstes ein Haupt- 268 Jahres - Bericht Factor werden kann, dass die Obstbaumzucht in kurzer Zeit auf eine nie geahnte Ertragshöhe zu bringen möglich ist. Der in Californien lebende Deutsche, Semmler, behauptet, dass die Obst-Industrie von einer gleich nationalen Bedeutung werden könne, wie die Spiritus- und Rübenzucker-Fabrikation. Nach seinen statistischen Mittheilungen beträgt der durchschnittliche jährliche Gesammtwerth der amerikanischen Obsternten 200 Millionen Mark, eine Summe, welche einem Zehntel des Werthes der durch- schnittliehen Weizenernte gleichkommt. Böttner sagt in seinem Lehr- buch über Obst-Cultur Seite 4: In Frankreich beträgt nach amtlichen Angaben die mittlere Jahres-Production an Obst 75Y, Millionen Mark, was leicht zu erklären ist, wenn man erwägt, dass die Production von Obst- wein allein quantitativ nahezu ein Fünftel der Rebweinproduction beträgt, und dass oft in einem Jahre 15 bis 20 Millionen Hekto- liter Obstwein produeirt werden. In England, wo die Beerenobsteultur in der höchsten Blüthe steht, ist der Werth der jährlich geernteten Früchte ebenfalls nicht unbedeutend. So kaufte eine einzige Präservenfabrik in der Nähe von London jährlich 6000 (englische) Pfund Himbeeren, 4000 Pfund Erdbeeren, 2000 Pfund rothe und ebensoviel schwarze Johannisbeeren ete., von denen sich das Pfund durchschnittlich gut zu 20 bis 25 Piennieen verwerthen lässt a9 bis 50 Pfennige werden im Einzelnen bezahlt). Dass diesen Zahlen-Angaben gemäss die Obst-Cultur in Amerika, Frankreich und selbst in England sehr rentabel sein muss, steht wohl ausser Zweifel und deshalb müssen wir uns fragen, aus welchem Grunde sollte der Obst- und Beeren-Anbau in Schlesien nicht auch noch viel ertragreicher werden können? Es fehlt mithin bei uns in Schlesien noch daran, dass wir Obst und Beeren in grösseren Massen produeiren und dass der Kaufmann dann mit den Producenten in engere Verbindung tritt und dass die In- dustrie die Rohproducte in Präserven, Obst- und Beeren-Weine, Frucht- Säfte und andere Präparate nah Wenn andere Länder so hohe Erträge aus dem Obst- und Garten- bau erzielen, so können wir dies in Deutschland doch auch, und es siebt in Schlesien auch sehr, viele geeignete, günstig gelegene Ortschaften, nach Klima und Boden-Verhältniss, dass dort die Obst-Cultur, welche bekanntlich doch für das materielle und sittliche Wohl der Menschen den allergrössten Einfluss hat, mit grossem Nutzen im grossen Maass- stabe betrieben werden sollte. Ich komme zur Il. Frage: „Wer soll und wie soll man Muster- Obstgärten anlegen?“ der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 369 Die von mir in meinem letzten Vortrage vor 2 Jahren gemachten Vorschläge haben zu meiner grössten Freude in Bezug auf den Obst- und Gemüse-Bau in der ganzen Provinz und auf die Benutzung dieser Produete und der Präserven in den grossen Kranken-Anstalten, beim Militair und der Marine und in vielen Familien schon grossen Anklang gefunden und darum hoffe ich, dass auch die nach der folgenden von mir vorzuschlagenden Art geplante Anlage von Muster-Obstgärten in irgend einer Weise sich wird bewerkstelligen lassen. Die in dieser Beziehung schon von dem Herrn Handelsgärtner Altseher zu Schweidnitz bei der Obst-Ausstellung zu Schweidnitz am 23. September v. J. gemachten Vorschläge sind sehr beachtenswerth und zwar empfiehlt derselbe Anlage von kleinen Mustergärten mit Stand- bäumen bei den Schulen. Auch ich kann nur wiederholt empfehlen, dass es zu einem ge- deihliehen Obst-Anbau nothwendig ist, nur diejenigen Obstsorten auszu- wählen und anzupflanzen, welehe durch die Fröste in den letzten Jahren nicht gelitten haben und welche die besten, grössten und wohl- schmeekensten Früchte bringen und in einer Gegend am fruchtbarsten und im Handel begehrt sind. In einem solehen Muster-Obstgarten würde sich die Pflanzung eines oder mehrerer sogenannter Sorten-Bäume, auf welchen mehrere Sorten veredelt sind, empfehlen, und würde in wenigen Jahren die Erfahrung lehren, welche Sorte in der betreffenden Gegend am Besten gedeiht, so dass diese dann in grösserer Menge angebaut werden könnte. Auf meine Seiner Excellenz dem Herrn Landwirthschafts-Minister gemachte mündliche Vorstellung zur Anlage dieser Muster-Gärten auf den Königlichen Domainen hatte mir derselbe zwar zugesagt, dass er nicht abgeneigt wäre, dies zu gestatten, wenn die Domainen-Pächter damit einverstanden wären. Zu meinem grössten Bedauern muss ich den hochgeehrten Herren Sections-Mitgliedern aber heute mittheilen, dass der Herr Minister mir am 16. vorigen Monats leider wieder abgeschrieben hat, und dass er nach eingehender Prüfung der von mir gegebenen An- regung zur Anlage dieser Muster-Pflanzungen auf den Domainen keine Folge geben kann, weil die Maassnahmen dieser Art mit den bisher innegehaltenen und bewährt befundenen Grundsätzen über Nutzung der Staats-Domainen nicht in Einklang stehen, und abgesehen hiervon dies auch schwerwiegende Bedenken organisatorischer und finanzieller Art gegen sich haben würde. Doch, ich hatte Ihnen einmal in der letzten Sections-Sitzung zu- gesagt, dass ich heute ein kleines Referat über die Muster-Obstgärten halten würde und deshalb will ich die Zeit nicht ungenutzt vorüber- gehen lassen und will nunmehr an die Section den folgenden Antrag ‘zur Besprechung und Beschlussfassung richten: 270 Jahres-Bericht 1. Ist die Seetion vielleicht gewillt, auf ihre Kosten einen solchen 3 bis 5 ha grossen Muster-Obstgarten anlegen zu lassen hier in der Nähe von Breslau? oder 2. würde die Section es vielleicht zweckmässig finden, selbst eine öffentliche Aufforderung zu erlassen, dass eine oder mehrere Guts- herrschaften das Land zu solchen Anpflanzungen unentgeltlich an die Section verpachten möchten? Ich hatte mir die Anlage eines solehen Gartens so gedacht, dass 1. das ganze Grundstück auf Kosten des Besitzers mit einem festen, das Eindringen des Wildes verhindernden Zaune zu umschliessen sei, 2. dann sollte das Grundstück in regelmässige durch Wege getrennte Quartiere getheilt und das ganze Feld in gleich weiten Reihen mit Obstbaum-Hochstämmen bepflanzt werden, so zwar, dass von jeder Sorte etwa 5 bis 10 Stück Stand-Bäume darin Platz finden zur Abgabe von Edelreisern, 3. die Obst-Sorten sollten dem Untergrunde angepasst und nach folgenden Grundsätzen geordnet angepflanzt werden: a. nach der Reifezeit und Gattung, b. nach der zukünftigen Verwendung und Verwerthung als Tafel- Obst, | c. als Wirthschafts-Obst für Markt und Küche, d. als Dörr-Obst, und e. zur Most- und Wein-Bereitung; 4. zwischen den Bäumen auf den Rabatten sollten Stachel- und Johannisbeeren gepflanzt werden und zwischen den einzelnen Baum- reihen in den ersten Jahren sollten Hackfrüchte und Gemüse an- gebaut und erst, wenn die Baumkronen zu 'sross geworden sind, sollte das Land mit Gras besäet werden; 5. die erforderlichen richtig benannten Bäume sollten von der Section und den pomologischen Instituten zu Proskau und Liegnitz bezogen werden zu ermässigten Preisen; 6. das Pflanzen und Pflegen der Bäume müsste durch die Gartenbau- Vereine derjenigen Gegend geschehen, in welcher der Muster-Obst- garten angelegt wird, und diesem Verein müsste auch die Bewirth- schaftung und Verwerthung des Obstes und Gemüses übertragen werden. Um nun bald bestimmte Vorschläge machen zu können, welche Obst-Sorten in den Muster-Gärten zur Anpflanzung kommen sollen, habe ich durch Verbindung mit dem Herrn Garten-Director Stoll und anderen Herren, wie Herrn Handelsgärtner Schnabel-Münsterberg, sowie durch Benutzung der von den pomologischen Vereinen und namentlich dem Herrn Garten-Direetor Fr. Lucas, dem Director des pomologischen In- der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur, 971 stitutes zu Reutlingen und der von dem Handelsgärtner Johannes Böttner in ihren Lehrbüchern am meisten empfohlenen Sortimente nach Zweck, Reifezeit und Güte diejenigen Obstsorten ausgesucht und zu- sammengestellt, welche nach dem Gesammt-Urtheil am fruchtbarsten und werthvollsten sind. Das aus diesen Angaben zusammengetragene Verzeichniss beehre ich mich hiermit in die Hände eines jeden der anwesenden Herren zu über- geben und bitte, heute oder vielleicht in einer späteren grösseren Ver- sammlung von Fachmännern über jeden einzelnen Namen abstimmen zu lassen, damit die Zabl der zu pflanzenden Sorten vielleicht noch mehr beschränkt werde. | In dem vorjährigen Jahres-Bericht der Section sind nur für die Strassen-Bepflanzung je 10 Aepfel- und 10 Birn-Sorten auf Grund der Beschlüsse bei der letzten Ausstellung festgesetzt, welche mir auch der Herr Oeconomie-Rath Stoll mitgetheilt hat, und diese sind auch in dem von mir heute zusammengestellten Verzeichniss mit aufgenommen. | Es ist nur in den Apfel- und Birnen-Sorten eine Beschränkung der Zahl der für Schlesien passenden Sorten nothwendig, während die Kirschen und Pflaumen keine solche Beschränkung nöthig machen — doch habe ich auch die hier bekannten besten Sorten aufgenommen. Das Vorlesen der einzelnen Namen kann ich wohl unterlassen, da das Verzeichniss vervielfältigt ist und ich einem jeden der anwesenden Herren ein Exemplar übergeben werde, soweit der Vorrath reicht. Zu meiner grössten Freude stimmen die meisten dieser ausgewählten Aepfel- und Birn-Sorten auch mit denjenigen Namen überein, für welche von den Lesern des Praktischen Rathgeber für Obst- und Gartenbau zu Frankfurt a. O. als die bei der Ernte im Jahre 1833 bewährtesten. in seiner Nr. 9 vom 3. März d. Js. die meisten Stimmen abgegeben worden sind. Ich gebe mich der Hoffnung hin, dass durch ein gemeinsames Zu- sammenwirken der Section mit den Obst-Producenten schliesslich ein unzweifelhaft richtiges Sortiment gefunden werden wird, welches in Zu- kunft als das anbauwürdigste allgemeine Anerkennung findet und ich bitte die anwesenden Herren darum, dass sie eine Commission von Sach- verständigen wählen, welche uns behilflich sein möchte, die endgiltige Feststellung dieser Sortimente zu übernehmen. Zum Schluss meines heutigen Referates beehre ich mich den hoch- verehrten Vereins-Mitgliedern noch eine Nachweisung vorzulegen über die unter meiner Leitung im Kreise Grottkau an den von mir erbauten Kreis-Chausseen gepflanzten Bäume und ihrer Erträge, und mache ich den Vorschlag, dass die Section im kommenden Mai oder Juni vielleicht eine Besichtigung der Haupt-Allee von Münsterberg nach Neisse vor- nehmen möchte. 272 Jahres - Bericht Ich habe darnach an den Grottkauer Kreis-Chausseen bis zum vorigen Herbste angepflanzt: 12 790 Stück edle Kirschen, 390m, MN Neptel, A013, ‚Birnen, 2556 „ „ Pflaumen, 623 ,, Nussbäume, 1821 ,, Laubholzbäume Also zusammen 25310 Stück Bäume. Davon sind erst die Hälfte, also 12 600 Bäume, 8 bis 24 Jahre alt und haben dieselben laut Nachweisung in einem 10jährigen Zeitraum vom Jahre 1878 bis 1887 einen Pachterlös gebracht von zusammen 42 878,70 Mark, also im Durchschnitt pro Jahr 4 237,87 Mark. Aber auch auf den von mir verwalteten Provinzial-Chausseen der Landes-Bauinspection Breslau wird sich ein ähnliches Resultat sehr leicht nachweisen lassen und wird das bisher als Unland angesehene Strassen- Terrain durch eine rationelle Obst-Anlage neben dem Nutzen als Ver- kehrsweg sogar noch als Gartenland verwerthet, und geht der Land- wirthschaft also fast nichts verloren. Möchten diese heute von mir vorgetragenen Vorschläge und Ertrags- Resultate die Herren Landwirthe und Gärtner, sowie die Vertreter der Regierung und des Kaufmannstandes zu neuem Eifer und zur Mithilfe anspornen, dass bald ganz Schlesien ein grosser Garten werden und das schlesische Obst und demnächst der schlesische Obstwein und Beeren- wein und die Frucht-Säfte bald eine ebensolche Berühmtheit erlangen mögen, wie das Münsterberger gedörrte Gemüse. Dazu lassen Sie uns Alle eifrisst unser Theil beitragen! Nun zum Schluss und zur Beherzigung noch eine Stimme aus den Schweizer Bergen: Die zwölf Grundregeln des Obstbaues in Knüttelversen (von der Oekonomischen Gesellschaft des Cantons Bern ‘ mit der Direction des Innern verfasst). E Hast du einen leeren Raum, Pflanze dorten einen Baum! Ein Kapital ist er fürwahr, Bringt Zinsen dir fast Jahr um Jahr. ll. Mach’ gute Auswahl dir zur Pflicht, Drum setze einen Krüppel nicht; Der Stamm sei schön, von gutem Wuchs, Nach unten stark, gesund wie „Buchs“, nn, 1889. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 273 Und Wurzeln, Kron’ in gutem Stande! Die Bäume kauf’ im eig’nen Lande, Dann pflanze viel von einer Art, Nicht eine ganze Musterkart’! III. Mach’ deine Pflanzung nicht zu enge; Nicht liegt der Nutzen in der Menge! Dem Bäumchen gönne Licht und Raum, Sonst wird es nie ein schöner Baum! Denkst du an die Folgezeit, Setze sie zehn Meter weit, Dazu schön auch in „Verband“, Solches zeuget von Verstand. IV. Die Grube mache metertief, Den Stamm darin nicht halte schief! Die Rasenstücken kommen unten, Den Stamm nicht allzu fest gebunden; Denn, weil die Erde ausgehoben, So senket er sich mit dem Boden; Und, dass er nicht zu trocken werde, Mach’ schüsselförmig rings die Erde! Y Weil die Wurzel sehr gelitten, Werde auch die Kron’ geschnitten. Einen Dritttheil von den Zweigen Darfst du immerhin wegschneiden, Doch den Leitzweig in der Mitte Kürze nicht zu sehr, ich bitte. Nach sechs Jahren solcher Zucht: Schöner Baum und bald auch Frucht. vi Alte Bäume lasse putzen, Sonst geht dir zurück ihr Nutzen; Misteln, Moos und welke Aeste Rasch entfernt, das ist das Beste! Ist das Astwerk gar zu dicht, So verschaff’ dem Baume Licht; Doch wenn es soll gut gelingen, Halte Maass in diesen Dingen! N; Jedes Spätjahr streiche dann Deine Bäum’ mit Kalkmilch an; Das macht eine glatte Rinde, Ungeziefer tilgt’s geschwinde. 18 DI Jahres - Bericht VIL. Soll der Baum viel Frucht dir geben, Musst mit Dünger ihn beleben. Du musst aber wohl bedenken, Dass sich Wurzeln tief einsenken Und so weit im Boden gehen, Als die Aest’ vom Stamm abstehen. Drum weit vom Stamm und tief gedüngt, Soll er werden neu verjüngt! IX. Bleibt ein Baum ganz undankbar Und steht leer da Jahr um Jahr, Ist jedoch gesund und schön, Lass’ ihn dennoch fortbesteh’n! Hau’ ihn nicht im Zorne um, Sondern pfropfe dir ihn um! Ist der Baum jedoch zu gross, Nimm fürs Jahr ein Dritttheil blos! X. Hast du einen alten Baum, Der hervorbringt Früchte kaum, Doch von wohlbewährter Sorte: Lass’ ihn steh’n an seinem Orte! Doch die langen Aeste stutze, Krumme, sterbende wegputze; So verjüngt wird Kraft ihm bleiben, Dass er noch mag Früchte treiben ! XI. Halt’ ein Aug’ auf deine Bäume! Siehst was Krankes, so versäume Nicht, die Ursach’ zu erfahren, Dich vor Schaden zu bewahren. Kranke Stellen schneid’ mit Fleiss, Bis die Wunde frisch und weiss: Mach’ auch Längsschnitt’ ins Gesunde, Wohl verstreiche dann die Wunde! X1l. Folgst du, Freund, nun diesen Winken, So wird Segen viel dir blinken; Wird der Bäume Werth sich zeigen, Wenn sie, früchteschwer, sich neigen, Dich erfreu’n mit süsser Kost, Laben auch mit gutem Most. Dir bringt’s grossen Nutzen ein, Andern wird’s ein Vorbild sein! der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 2375 Nekrologe auf die im Jahre 18589 verstorbenen Mitglieder der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur. Professor Dr. Constantin Christian Hartmann Schmidt, erster Oberlehrer und Prorector des Realgymnasiums ‚am Zwinger“ zu Breslau, wurde am 14, December 1829 in Zeitz als Sohn des dortigen Gymnasial- Lehrers Maximilian Schmidt und dessen Ehefrau Coelestine, geb. Con- stantin, geboren. Als Kind von einigen Jahren kam er nach Halle a/S., wohin sein Vater als Conreetor der Francke’schen Stiftungen berufen worden war, besuchte daselbst die „lateinische Hauptschule‘ und zwar nach dem im Jahre 1841 erfolgten Tode des Vaters als „Orphanus‘. Nach dem Abiturienten-Examen bezog er 1850 die Universität Halle a/S., dann Berlin, um zuerst Theologie, später Mathematik und Naturwissen- schaften zu studiren. Seine erste Anstellung fand er an der Realschule der Francke’schen Stiftungen in Halle a/S., wo er von 1853 bis 1858 als Lehrer wirkte. Von hier wurde er 1858 an die städtische Real- schule erster Ordnung nach Görlitz berufen, in welcher Stellung er zum Königlichen Professor ernannt wurde. Daselbst blieb er, bis er im October 1876 einer Berufung als 1. Oberlehrer und Proreetor an das Realgsymnasium „am Zwinger“ in Breslau folgte, an welcher Anstalt er bis zu seinem Tode, der ohne vorhergegangene Krankheit plötzlich am 6. Januar 1889 erfolgte, mit grossem Erfolge als ein von seinen Collegen hochgeschätzter, von seinen zahlreichen Schülern mit grösster und herz- liehster Zuneigung verehrter Lehrer wirkte. — Der Dahingeschiedene war von einnehmendster persönlicher Liebenswürdigkeit; sein unversieg- licher Humor war eine ihm zu Theil gewordene beneidenswerthe Gottes- gabe, an der sich jede fröhliche Tafelrunde erfreute, an welcher Prof. Schmidt den anregenden Mittelpunkt bildete. Seine Toaste sprudelten von Witz und feinstem Humor. In weiteren Kreisen der Stadt hat sich der so plötzlich aus seinem Wirkungskreise Herausgerissene durch seine bei der Errichtung der Wettersäule an der Promenade entwickelte 18* 276 Jahres - Bericht Initiative und seinen fachmännischen Beirath Anspruch auf Dankbarkeit erworben; ebenso ist es seinem Einflusse zuzuschreiben, dass der künst- lerische Schmuck des Palaisplatzes, die beiden hohen eisernen Flaggen- masten von dem Stifter der Stadt zum Geschenk gemacht wurden und an Ort und Stelle so passende Verwendung fanden. Um die Verbreitung physikalischer Kenntnisse hat sich Professor Schmidt durch zahlreiche Vorträge in Stadt und Provinz verdient gemacht. Er verstand es wie Wenige, seinen Stoff in einer im besten Sinne des Wortes populären Weise zu beleben und seine Vorträge durch geistvolle Form zu adeln und interessant zu machen. — Der Verstorbene verfasste einige Abhand- lungen für Schulprogramme, viele populär-naturwissenschaftliche Aufsätze für Zeitschriften, auch ist er unter dem Pseudonym „Franz“ der Autor des Buches: Die Wahl des Berufes. Der Schlesischen Gesellschaft hat er seit 1884 als Mitglied angehört. Dr. med. Richard Gscheidlern, Director des chemischen Unter- suchungsamtes der Stadt Breslau und ausserordentlicher Professor der Königlichen Universität Breslau, stammte aus Augsburg, wo er am 26.-Februar 1842 geboren wurde. Nach Beendigung seiner medicinischen Studien, denen er in Würzburg und München oblag, machte er den Feld- zug von 1866 als bayerischer Militairarzt durch. Hierauf wendete er sich dem Theile der theoretischen Mediein zu, welcher sich mit den Lebensvorrichtungen des gesunden menschlichen Organismus beschäftist. Als Assistent des Professor v. Bezold in Würzburg hatte er reichlich Gelegenheit, sich besonders mit den die Chemie betreffenden Fragen der Physiologie vertraut zu machen. Einige Arbeiten über chemische Vorgänge in der Muskelsubstanz und im Blute, welche er veröffentlichte, machten Professor Lebert in Breslau auf ihn aufmerksam, und dieser berühmte Kliniker berief ihn 1868 als Leiter des von ihm für die Zwecke der medieinischen Klinik hier im Allerheiligen-Hospitale be- gründeten chemischen Laboratoriums.. Von dort wurde Gscheidlen als Assistent des Geheimen Medieinalraths Professor Dr. Heidenhain an das hiesige physiologische Institut berufen, dessen chemischer Abtheilung er bis 1881 vorstand, als er zum Director des chemischen Untersuchungs- Amtes der Stadt Breslau. ernannt wurde. 1871 hatte er sich als Privat- Docent an der hiesigen Universität habilitirt. Während seiner Thätig- keit als Assistent. veröffentlichte er eine Reihe von Aufsätzen über die chemischen Verhältnisse bei Bildung von Secreten in den Drüsen des menschlichen Körpers, über den Einfluss gewisser Gifte auf den Thier- körper u. s. w. Um dem reichhaltigen wissenschaftlichen Materiale, welches unsere engere Heimath auf allen Gebieten der Heilkunde zeigt, einen Sammelplatz zu geben, begründete er 1879 die Breslauer ärztliche Zeitschrift, die er mit grossem Fleisse und grossem Geschieke bis zu der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. DIET seinem Tode redigirte. Ein grösseres Werk über physiologische Me- thodik liess er unvollendet, weil in den letzten Jahren die Leitung des ehemischen Untersuchungs-Amtes seine Kräfte völlig in Anspruch nahm; denn hier war er vor die schwierige Aufgabe gestellt, an der Hand einer noch jungen Wissenschaft entscheidende Gesetzesbestimmungen und wichtige Forderungen der öffentlichen Hygiene praktisch durchführen zu helfen. Er war in seiner Doppelstellung als Medieiner und Chemiker ein berufener Vertreter seines Faches, ein fleissiger Arbeiter, ein scharfer und sorgfältiger Beobachter, der sich in der wissenschaftlichen Welt schon in jungen Jahren einen geachteten Namen erworben und durch die Dauer seines Lebens bewahrt hat. In seinem Aeusseren das Urbild eines kernigen Altbayern, vereinigte er mit steter geistiger Regsamkeit unversiesbaren Humor und liebenswürdige Zuvorkommenheit. Seiner Persönlichkeit gelang es, den Zusammenhang der nach wissenschaftlicher Fortbildung strebenden Fachgenossen durch Begründung des Physio- logischen Vereins dauernd zu fördern. Er starb infolge Schlagflusses plötzlich am 4. März 1889 und war, wie ihm allseits nachgerühmt wurde, im Leben ein anregender Lehrer, ein liebenswürdiger College, ein erfolgreicher Forscher, ein gerader Charakter und ein einsichts- voller und gerechter Vorgeseizter. Der Schlesischen Gesellschaft hat er seit 1868 angehört. Ein stattlicher Trauerzug — Vertreter der städti- schen Behörden, die Professoren und Docenten der Universität, die Studentenschaft, eine grosse Anzahl hiesiger Aerzte, sowie Vertreter ge- meinnütziger Institule — gab am Nachmittage des 6. März der Leiche, die nach Augsburg überführt wurde, das Geleit bis nach dem Öber- schlesischen Bahnhofe. Apotheker Dr. Robert Muenceke wurde am 10. April 1837 zu Breslau als Sohn des im Jahre 1862 zu Breslau verstorbenen Kaufmanns Robert Muencke geboren. Die erste Schulbildung empfing er auf der Elementarschule, die weitere auf der Realschule am Zwinger in Breslau, welche Anstalt er zu Johanni 1855 nach 1'/,jährigem Aufenthalt in der Prima verliess. Schon auf der Schule wurde seine Liebe zur Natur- wissenschaft wach, und in der Hoffnung, sich sowohl praktisch als theoretisch dieser mehr hingeben zu können, widmete er sich nach Abgang von der Schule der Pharmacie. Er trat bei dem Apotheker M. Lange in Falkenberg i./Schl. in die Lehre, während welcher Zeit er sich ausser mit den ihm obliegenden praktischen Arbeiten auch mit grösseren wissenschaftlichen beschäftigte, von denen zwei mit dem ersten Preise gekrönt wurden. Das Studium der Chemie und namentlich der Botanik waren seine Lieblingsbeschäftigungen. In seinen freien Stunden durchstreifte er das Gebirge, immer vorwärts strebend, um in die Tiefen dieser Wissenschaften einzudringen. Nach Absolvirung des Gehilfen- 278 Jahres - Bericht Examens und nach einigen Conditionsjahren als praktischer Apotheker- sehilfe bezog er im Jahre 1361 zu Michaeli die Universität Breslau, der er bis Michaeli 1864 ununterbrochen angehörte. Von October 1862 bis October 1863 genügte er zugleich seiner Militairpflicht als einjähriger Apotheker im Garnison-Lazareth zu Breslau. Hier auf der Universität zu Breslau war es nun, wo ihm das zu Theil wurde, wonach er so lange gestrebt hatte, und was für ihn für sein ganzes Leben ein Quell grosser Freude war. Er trat in freundschaftlichen Verkehr mit den berühmten For- schern auf dem Gebiete der Naturwissenschaft. Seine ausgedehnten Kennt- nisse, seine anspruchslose Bescheidenheit sicherten ihm ein grosses Ver- trauen seitens seiner hochverehrten Lehrer. Infolgedessen bekleidete er abwechselnd die Assistentenstellen bei Herrn Geh. Medicinal-Rath Prof. Dr. Göppert, Director des botanischen Gartens, bei Herrn Geh. Regie- rungsrath Löwig, Director des chemischen Laboratoriums, und bei Herrn Geh. Regierungsrath Professor Dr. Duflos.. Im November 1863 absol- virte er das pharmaceutische Staatsexamen mit dem Prädicat „vorzüglich gut“. Michaeli 1864 bezog er darauf die Universität Heidelberg, be- suchte dort während zweier Semester die Vorlesungen von Bunsen, Kirchhoff, Hofmeister, Blume und Kopp. Zu Michaeli 1865 erfolgte seine Promovirung zum Dr. phil. von der Universität Heidelberg. Hierauf nach Breslan zurückgekehrt, arbeitete er gemeinschaftlich mit Herrn Geh. Rath Professor Dr. Göppert neben pharmaceutisch - mikro- skopischen Untersuchungen auch an der Herausgabe einer Flora von Schlesien, deren Erscheinen jedoch durch den Krieg von 1866 verhindert wurde. Während des Feldzuges von 1866 bekleidete er die Stellung eines Corps-Stabs-Apothekers beim VI. Armee Corps, welcher Charge er bis 1. Januar 1867 angehörte. Von Ostern 1867 ab wurden die mit Herrn Geh. Rath Göppert begonnenen Untersuchungen wieder aufge- nommen und deren Resultate theils in verschiedenen wissenschaftlichen Zeitschriften, theils in selbstständigen Broschüren veröffentlicht. Ostern 1869 folgte er der Aufforderung, die Stellung eines technisch-wissen- schaftlichen Dirigenten des Hauses Warmbrunn, Quilitz u. Co. in Berlin anzunehmen, worin er bis zum October 1879 verblieb. Darauf verliess er die Stellung und gründete sich in Berlin ein eigenes Institut für An- fertigung sämmtlicher Apparate im Gesammtgebiete der Naturwissen- schaften. Das stete Blühen und Gedeihen und der immer grösser werdende Umfang des Geschäftes legte hinreichend Zeugniss ab von dem Eifer und Fleiss, mit welchem er rastlos thätig war, aber auch die reine Wissenschaft vernachlässigte er nicht, sondern derselben nach- zuhängen war ihm eine Freude und Erholung. Durch litterarische Mit- arbeiterschaft an Dingler’s Polytechn. Journal, Chemiker-Zeitung und anderen ist sein Name hinlänglich bekannt, und durch vielfache, ganz der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 379 wesentliche Verbesserungen und Neuerungen auf dem Gebiete der Apparatentechnik hat er sich einen wohlverdienten Ruf zu verschaffen gewusst. Mit besonderer Vorliebe erging er sich in freier Gottesnatur, nirgends fühlte er sich wohler als bei der Arbeit oder wenn er die Pflanzenwelt beobackten konnte. Ein kleines, seltenes Blümehen, ein besonders wichtiges Gestein und irgend welche Natureigenheit konnte ihm eine lang andauernde Freude entlocken. An seinem Vaterlande Schlesien hing er mit eigener Vorliebe, hatte er ja doch auch den Grundstein zu seinen Kenntnissen in der Hauptstadt gelest und kannte er ja auch jeden Weg in seinem schönen Schlesien. Allen, die je Ge- legenheit gehabt, mit ihm persönlich zu verkehren, wird sein liebevoller, anspruchsloser Charakter unvergesslich sein. Loyal und gutmüthig, Hand anlesend, wo es galt, Gutes zu stiften, war er ein Mann von echtem Schrot und Korn. Von seinen Leuten im Geschäft geehrt und verehrt, war es ihm leider nicht vergönnt, den Rest seines so mühevollen und strebsamen Lebens in Ruhe zu verbringen. Mitten in der Arbeit setzte das Geschick seiner rastlosen Thätigkeit ein Ende. Am 13, Mai nahm ihm ein Herzschlag die Besinnung und schon am 19. Mai hatte er aus- gelitten. Der Schlesischen Gesellschaft hat der Verstorbene seit 1866 angehört. Dr. Carl Albert Scherner, Sohn des Gerichts - Actuars Albert Scherner und dessen Ehefrau Josephine, geb. Preuss, wurde am 26. Juli 1825 zu Deutsch-Krawarn im Kreise Ratibor geboren und erhielt den Elementar-Unterricht in der Schule seines Geburtsortes und die weitere Ausbildung auf dem Gymnasium zu Ratibor, das er 1846 mit dem Reife- zeusniss verliess, um auf der Universität Breslau katholische Theologie zu studiren, doch wandte er sich hier bald dem Studium der Philosophie zu. Er promovirte 1850 zum Dr. phil. und habilitirte sich 1858 als Privatdocent an der Universität Breslau. Als er jedoch wegen eines veralteten Halsübels diese Laufbahn aufgeben musste, widmete er seine Zeit nur litterarischer Thätigkeit und der Leitung eines Knaben-Pensio- nats, dem er mit peinlicher Gewissenhaftigkeit und Hingabe vorstand und an dem er seit 1865 vereint mit seiner Gattin Marie, geb. Schwinger, unermüdlich wirkte. Seinem Wesen nach einfach, streng redlich, tiefen Gemüthes und warmen Herzens ging er in der Liebe zur Natur und in der Begeisterung für alles ideale Streben auf, Sein tieferes Studium war das Gebiet der Seelenforschung. Es erschien von ihm 1861: „Das Leben des Traums“, dann 1879: „Dass die Seele ist.“ — Die gross- artige Gebirgswelt der Hohen Tatra veranlasste ihn zu mehrfachen Reisen dahin und zur Herausgabe des ,Tatra-Führer, 1. Theil 1875“, dessen 2. Theil als „Bilder und Fahrten im Süden der Hohen Tatra‘ ‚1876 erschien, dem 1881 sein „Neuer praktischer Tatra-Führer“ folgte. 280 Jahres-Bericht Durch diese Schriften und darauf bezügliche Aufsätze in verschiedenen Blättern hat er die Tatra dem touristischen Verkehr erschliessen helfen, wodurch er sieh insbesondere vielfachen Dank der Deutschen im Zipser Comitat erworben hat. Als inniger Naturfreund und kundiger Beob- achter der Vogel- und Pflanzenwelt schrieb er durch eine Reihe von Jahren Artikel: „Aus der Natur“ für die Breslauer Zeitung, die 1880 in Buchform: ‚Aus der Natur — Frühlings-, Sommer-, Herbst- und Winterbilder —“ erschienen. Seiner rastlosen geistigen Thätigkeit wurde leider in den letzten Jahren durch ein sich steigerndes Nerven- leiden Halt geboten, und als sich dann noch ein Schlaganfall im Mai 1887 zugesellte, erholte sich der Kranke nur noch für kurze Zeit und verfiel dann einem schweren körperlichen und geistigen Siechthume, dem er am 6. Juni 1889 erlag. Der Schlesischen Gesellschaft hatte er seit 1859 als wirkliches Mitelied angehört. Dr. med. Jonas Weigert wurde am 2. August 1807 zu Rosen- berg OS. als ältester Sohn des Tuchmachermeisters M. Weigert geboren und erhielt den ersten Unterricht in seiner Vaterstadt. Aus dürftigen Verhältnissen heraus kam er, allein auf sich gestellt, im Juni 1819 nach Breslau, trat Michaeli 1820 in das Gymnasium zu Maria-Magdalena ein, wo er mit rastlosem Fleisse arbeitete und jede freie Zeit benutzte, um sich seinen Lebensunterhalt zu erwerben. Diese Anstalt verliess er Michaeli 1825, um als Eleve bei der hiesigen med.-chir. Lehranstalt einzutreten, die er drei Jahre besuchte. Darauf wurde ihm als Assistent des Stadtwundarztes Herbst hierselbst reiche Gelegenheit gegeben, sich für seinen Beruf praktisch vorzubereiten. Im Februar 1831 ging er nach Berlin, liess sich dort als Eleve der med.-chir. Lehranstalt ein- schreiben, erhielt am 8. Mai 1852 die Approbation zum Wundarzte 1. Klasse und Geburtshelfer und durch Ministerial-Rescript wurde ihm die Berechtigung zu unbeschränkter innerer Praxis ertheilt. Von seinem aussergewöhnlichen Fleisse zeugen zwei werthvolle Prämien, die er auf der Universität empfing, ferner von seinem Verhalten, dass ihm ver- schiedene Stipendien zugewendet wurden, und von seiner Tüchtigkeit, dass er alle Examina mit „sehr gut‘ bestanden hatte. Im Juli 1832 liess er sich als praktischer Arzt in Breslaa nieder und wurde hier bald einer der gesuchtesten Chirurgen und der am meisten beschäftigte Arzt. Als erster Wundarzt des Fränckel’schen Hospitals, als Armenarzt der jüdischen Gemeinde, als langjähriger Institutsarzt des St. Trinitas-Hospi- tals, sowie in seiner anderweitigen ausgedehnten Praxis hat er durch ein halbes Jahrhundert besonders auch bei den Armen in selbstloser Weise segensreich gewirkt. Wie er schon während seiner Studienzeit in Berlin in den Cholera-Lazarethen sich auszeichnete, so hat er auch während den vielen Cholera-Epidemien in Breslau sich als opferfreudiger, 2 Bee ee der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 381 allzeit bereiter Arzt bewährt. In den Kriegsjahren 1866 und 1870 leitete er Privat-Lazarethe für Verwundete, dafür erhielt er als Aus- zeichnung neben dem Kronen-Orden die Kriegs-Erinnerungs-Medaille am Bande für Aerzte, Die grosse silberne Impfmedaille, die ihm 1873 ver- liehen wurde, erinnert daran, dass er, ehe noch die obligatorische Impfung vorgeschrieben war, sich um Einführung der Impfung in weiten Kreisen der Stadt erfolgreich bemühte. Er war seinen Collegen, be- sonders dem genialen Professor Dr. Middeldorpf, für alle grösseren Operationen ein sehr gesuchter Assistent, und als er 1863 von der medieinischen Faeultät hiesiger Universität zum Doctor „honoris causa“ ernannt wurde, sprach es das ihm verliehene Diplom aus, dass diese Auszeichnung gelte ‚.chirurgo bene merito, Viadrinae Professorum artem medicam et chirurgicam exercentium nee minus medicorum Vratis- laviensium adjutori diligenti“. Die Feier seines 50jährigen Jubiläums als praktischer Arzt zeigte am deutlichsten, wie allgemeiner Werth- schätzung sich der Jubilar unter seinen Berufsgenossen und in allen Schichten der Einwohnerschaft Breslaus erfreute. Se. Majestät verlieh ihm an diesem Tage den Rothen Adler-Orden mit der Zahl 50. Schon 7 Jahre vor seinem am 12. Juli 1889 erfolgten Tode nöthigte schwere Krankheit den jetzt Verstorbenen, sein segensreiches ärztliches Wirken aufzugeben. Er durchlebte diese letzten Jahre in traurigem Siechthum, doch geliebt und hochgeehrt als das Haupt einer grossen Familie. Für seine Persönlichkeit gilt der Dichterspruch: ‚‚Edel, hilfreich und gut!“ in seiner vollsten Bedeutung. Der Dahingeschiedene gehörte der Schle- sischen Gesellschaft bereits seit 1837 an; er war eines ihrer ältesten Mitglieder und der Senior der Breslauer Aerzte. Friedrich Eduard Rudolf Voltolini, Professor Dr., wurde am 17. Juni 1819 in Elsterwalde (Preussisch -Sachsen) als der Sohn eines wenig bemittelten Postsecretairs geboren. Den Elementar - Unterricht genoss er in Dessau und Cosel und besuchte 1831 bis 1836 das Gym- nasium zu Ratibor, sodann das Elisabeth-Gymnasium in Breslau, an dem er im März 1838 das Abiturienten-Examen ablegte. Er besuchte die nächsten zwei Jahre die Universität Breslau, wo er mit Vorliebe Natur- wissenschaften betrieb und zwar Zoologie bei Gravenhorst, Mineralogie bei Glocker und Botanik bei Göppert und Nees v. Esenbeck. Ostern 1840 siedelte er nach Berlin über und widmete sich mit grossem Eifer der medicinischen Wissenschaft. Besonders angezogen fühlte er sich von den Vorträgen des grossen Physiologen Johannes Müller, auf dessen Lehren er auch in seinen späteren litterarischen Arbeiten gern Bezug nahm. Am 24. October 1842 wurde er nach Abfassung der Disser- tation: „De motu respiratorio“ zum Doctor promovirt. Familien- verhältnisse zwangen ihn bald, Berlin, wo er sich 1844 als praktischer 2382 Jahres - Bericht Arzt niedergelassen hatte, zu verlassen und sein Fortkommen in Gross- Strehlitz zu suchen. Neben seiner Praxis war er auch litterarisch thätig und veröffentlichte verschiedene Aufsätze medieinischen Inhalts haupt- sächlich in „Casper’s Wochenschrift‘ und in der „Preussischen Vereins- Zeitung“. 1849 verlegte er seinen Wohnsitz nach Lauenburg in Hinter- pommern, 1852 bestand er in Berlin das Physikats-Examen. Seinen Berliner Aufenthalt benützte er, um bei dem Öhrenarzt Kramer sich mit der praktischen Ohrenheilkunde, besonders mit dem Catheterismus der Tuba Eustachii bekannt zu machen. Er wurde alsbald in Falkenberg als Kreisphysikus angestellt. Hier widmete er sich neben seinen Physi- katsgeschäften hauptsächlich otiatrischen Studien, freilich wegen des beschränkten Wirkungskreises mehr theoretischer Natur. Aus dieser Zeit stammen einige Arbeiten über die Anatomie des Gehörorgans bei Menschen und Thieren. Um seiner Neigung für die Ohrenheilkunde wirksamer nachgehen zu können, verzichtete er 1860 auf das Physikat und verlegte seinen Wohnsitz nach Breslau. — Es war um die Zeit, als Czermack, nachdem Türck den Kehlkopfspiegel erfunden hatte, die Laryngoskopie und Rhinoskopie ausbildete und für sie in allen medi- ceinisch-wissenschaftlichen Kreisen Propaganda machte. Voltolini hatte schon 1859 einen Beleuchtungsapparat (Photogenlampe mit Sauerstoff- sebläse) construirt und bekannt gegeben und hierdurch die Aufmerk- samkeit Czermack’s auf sich gelenkt. Als Czermack am 21. September 1859 laryngoskopische Demonstrationen in Breslau veranstaltete, lud er Voltolini zu denselben ein und benützte dessen Beleuchtungsapparat. Voltolini gehörte zweifellos zu Denjenigen, die zuerst die Bedeutung der neuen Untersuchungsmethoden und speciell der Rhinoskopie für die Ohrenheilkunde in vollem Umfange erkannte. Mit grosser Ausdauer übte er die Laryngoskopie und Rhinoskopie und suchte besonders die letztere weiter auszubilden, zu einer Zeit, wo nur wenige Forscher sich mit dieser Untersuchungsmethode beschäftigten. Wir erinnern uns noch der Begeisterung und des Feuereifers, den er übrigens bei allen wissenschaftlichen Aufgaben, denen er sich widmete, zeigte, als er in ärztlichen Kreisen (Verein der Breslauer Aerzte) die neuen Untersuchungs - Methoden demonstrirte und für sie Anhänger warb. Czermack erkannte diese Verdienste in einem Briefe an Voltolini vom 5. Juni 1869 mit den Worten an: „Was aber Ihre grössten Verdienste betrifft, welche ich Ihnen vor allen meinen Nachfolgern gerne zugestehe, und, wenn sich Gelegenheit findet, auch öffentlich gern zugestehen will, so liegen dieselben in der erfolgreichen Aus- dauer, mit welcher Sie sich bis heute mit der Rhinoskopie beschäftgt haben, und in der Virtuosität, welche Sie im Rhinoskopiren durch Be- nutzung verschiedener Hilfsmittel offenbar erreicht haben.“ — Als Frucht der Schles, Gesellschaft für vaterl. Cultur. 383 seiner Studien veröffentlichte er im Jahre 1861 zur 50jährigen Jubel- feier der Königlichen Universität zu Breslau im Auftrage des Vereins Breslauer Aerzte eine Monographie unter der Aufschrift: „Die Rhino- skopie und Pharyngoskopie‘“, wovon 1879 die zweite Auflage erschien. Im Jahre 1861 wurde er Mitglied der Schlesischen Gesellschaft und im Winter 1862 habilitirte er sich an der Breslauer Universität als Privat- Docent für Laryngologie und Otologie. Kurz vorher hatte er die Be- kanntschaft Middeldorpf’s gemacht und seine erfolgreichen Bestrebungen, die elektrische Glühwirkung durch Erfindung der Galvanocaustik thera- peutisch zu verwerthen, gesehen. Voltolini erfasste sofort die ganze Tragweite dieser Operationsmethode für die Behandlung der Krankheiten der Nase, des Halses und der Ohren, suchte geeignete Instrumente zu construiren und trat mit Wort und Schrift für die galvanocaustischen Operationsmethoden ein. Er bewahrte für dieselben bis an sein Lebens- ende eine fast leidenschaftliche Vorliebe und machte von ihnen selbst in solchen Fällen Gebrauch, in denen sie von anderer Seite verworfen wurden, Seine Erfahrungen theilte er in seiner 1867 erschienenen Schrift mit: „Die Anwendung der Galvanocaustik im Innern des Kehl- kopfes und Schlundkopfes, 2. Auflage 1872.‘ Neben diesen mehr auf die - praktische Seite seiner Speecialität gerichteten Arbeiten betrieb er auch theoretische Studien, besonders über die Anatomie des (Gehörorgans, deren Resultate er in den Aufsätzen: „Anatomische Beiträge zur Ohren- heilkunde“ in mehreren Bänden von Virchow’s Archiv niederlegte. — Im Jahre 1867 gründete er im Verein mit Josef Gruber (Wien), Rüdiger (München) und Weber-Liel (Berlin) die Monatsschrift für Ohrenheilkunde. Dieselbe wurde 1876, indem Schroetter (Wien) und Oertel (München) als Herausgeber hinzutraten, zur Monatsschrift für Ohrenheilkunde sowie für Nasen-, Rachen-, Kehlkopf- und Luftröhren - Krankheiten erweitert. Voltolini betheiligte sich nicht nur an der Redaction, sondern war auch fleissiger Mitarbeiter und eine nicht geringe Zahl grössere und kleinere Arbeiten sind von ihm in ihr veröffentlicht worden. — Im Jahre 1868 wurde er zum ausserordentlichen Professor ernannt, — Voltolini war ein eigenartiger Charakter. Die rauh und derb erscheinende Aussenseite barg ein warmes Herz für die leidende Menschheit. Seinem ärztlichen Beruf hing er mit einer gewissen Leidenschaft an. In seinen wissen- schaftlichen Forschungen ging er meist selbstständig vor; eine Aufgabe, die er sich einmal gestellt hatte, verfolgte er mit einer an Zähigkeit erenzenden Ausdauer. Diese Eigenschaften führten, das lässt sich nicht verhehlen, oft zu Einseitiskeiten. Den Arbeiten anderer Forscher liess er nicht immer genügende Berücksichtigung zu Theil werden. Ueber- zeugt von der Wahrheit dessen, was er selbst durch Arbeiten glaubte gefunden zu haben, war er empfindlich für Widerspruch und liess zu- 254 Jahres - Bericht weilen seinen Gegnern nicht volle Gerechtigkeit zu Theil werden. Bis an sein Lebensende zeichnete ihn ein seltener Fleiss und bewunderns- werthe Arbeitsfreudigkeit aus. Als der Todeskeim seine Gesundheit schon untergraben hatte, raffte er noch einmal alle seine Kräfte zu- sammen, um am 26. October 1888 einen Vortrag in der medieinischen Section der vaterländischen Gesellschaft: „Ueber die Durchleuchtung des Kehlkopfes und anderer Höhlen des menschlichen Körpers, mit Demon- strationen an Gesunden und Kranken,“ zu halten. Er musste diesen Versuch schwer büssen, er hatte seine Kräfte überschätzt und bekam am Schlusse des Vortrages einen schweren asthmatischen Anfall, der bei den anwesenden Collegen ernste Besorgnisse für sein Leben erregte, Der Anfall ging glücklicherweise vorüber, seine Beschwerden nahmen aber immer mehr zu und lähmten seine Arbeitskraft. Es war ihm noch vergönnt, trotz der Krankheit sein umfangreichstes Werk: „Die Krank- heiten der Nase und des Nasenrachenraums nebst einer Abhandlung über Elektrolyse für Speecialisten, Chirurgen und praktische Aerzte, Breslau, Morgenstern 1888“ zu vollenden. — Er starb am 9. September 1839 und hinterliess fünf Kinder: zwei Söhne und drei Töchter; seine Gattin, Tochter des lutherischen Pastors Wermelskirch in Erfurt war bereits nach zehnjähriger Ehe im Jahre 1867 gestorben. Jonas Graetzer, Dr. med. und Geh. Sanitätsrath, wurde geboren den 19. October 1806 zu Tost in Oberschlesien als der Sohn des Arendenpächters Max Graetzer und dessen Ehefrau Helene, geb. Fried- länder. Durch Privatlehrer und in der Stadtschule zu Tost erhielt er den ersten Unterricht und kam Michaelis 1819 auf das eben errichtete Gymnasium der Kreishauptstadt Gleiwitz. 1827 bezog er die Universität Breslau, um Mediein zu studiren. Während seiner Studienzeit, als Haus- lehrer in der Familie Dyhrenfurth, einer der ersten damaligen jüdischen Familien Breslaus, trat er bereits zu den Brüdern Fraenckel in Be- ziehung, aus dessen Familie seine spätere Gemahlin (eine geborene Lazarus) stammte. Am 5. December 1832 promovirte er (Dissertation: Phlegmasia alba dolens am Arme) und machte in demselben Jahre sein Staatsexamen, worauf er sich in Breslau als Arzt niederliess. 1837 schrieb er: „Die Krankheiten des Foetus“. Nachdem er durch die vor- erwähnte Gönnerschaft 1841 zum Secundär-Arzt des neu errichteten Fraenckel’schen Hospitals ernannt worden war, verfasste er die „Ge- schichte der israelitischen. Verpflegungs- Anstalt zu Breslau“, ein Werk, in welchem er von den ersten Anfängen her die allmähliche Entwieklung einer organisirten Krankenpflege unter den Breslauer Juden bis zur Gründung dieser jetzt den neuesten Anforderungen genügenden Heilanstalt beschrieb. 1847 wurde er zum Stadtverordneten gewählt und war im darauffolgenden Jahre stellvertretender Vorsitzender dieser Versammlung. der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 385 Als Anerkennung für seine dort geleisteten Dienste erhielt er 1849 den Rothen Adler - Orden IV. Klasse. In dieser Zeit verfasste er seine In- struction für die städtischen Bezirks-Armenärzte, welche bis in die 80er Jahre in Kraft blieb. 1851 erschien seine Schrift: „Ueber die Armen- krankenpflege in grösseren Städten nebst Uebersicht des Armenkranken- wesens in Breslau“, eine erweiterte Bearbeitung des ihm zur Physikats- prüfung gestellten Themas. 1854 wurde er zum Sanitätsrath ernannt. Bei seiner ungemein ausgedehnten Praxis fand er doch die nöthige Zeit, seiner Lieblingsdiseiplin, der Statistik, obzuliegen. Es erschienen von 1854—71 sieben Hefte „Beiträge zur Bevölkerungs- und Sterblichkeits- statistik der Stadt Breslau“. Daneben verfasste er seine Choleraberichte 1867 und 1873 und in fortlaufender Reihe von 1851—1871. fünfzehn Hefte über die öffentliche Armenkrankenpflege Breslaus (Separat-Abzüge aus den Jahresberiehten der Schles. Gesellschaft), Aus derselben Zeit stammen seine ebenfalls in diesen Jahresberichten veröffentlichten „‚Krank- heiten in den Hospitälern und in der städtischen Hausarmen - Kranken- pflege“ sowie die „Statistik der Epidemie von Flecktyphus in Breslau im Jahre 1868/69“. 1860 wurde er zum Mitglied der Societ& medico- pratique und 1864 der Soeciet& statistique zu Paris; 1869 erfolgte seine "Ernennung zum Geheimen Sanitätsrath. Er wandte sich schliesslich ganz der Statistik zu und verfasste speciell über die Breslauer Statistik eine Serie fortlaufender Berichte, welche er conform den Zählungsperioden eintheilte und veröffentlichte und denen er 1887 als Schlusswerk über dieses Thema „Die Thätigkeit der Orts-Krankenkassen und Betriebs- Krankenkassen in Breslau während des Jahres 1886‘ hinzufügte, eine Schrift, die im Reichstag eitirt und vom Minister selbst mit besonderer Auszeichnung genannt wurde. Am 5. December 1883 feierte Geheim- rath Graetzer sein 50jähriges Doctor-Jubiläum; an diesem Tage erschien „Edmund Halley und Caspar Neumann, ein Beitrag zur Geschichte der Bevölkerungs-Statistik“, ohne Zweifel seine bemerkenswertheste Arbeit, zu deren Vollendung es einer jahrelangen Zähigkeit und Ausdauer be- durfte. Der Jubilar wurde von höchster Stelle mit dem Rothen Adler- Orden III. Klasse mit der Schleife decorirt. 1884 erschien „Daniel Gohl und Christian Kurdmann“, eine Fortsetzung der vorgenannten Schrift, und endlich 1889 sein Schlusswerk, in welchem er sich bemühte, den bekanntesten unter den Aerzten Breslaus und Schlesiens ein Denkmal zu setzen. In Anerkennung seiner vielfachen Verdienste um die Wissen- schaft wurde Graetzer 1886 zum Mitgliede der Kaiserlich Leopoldinischen Akademie der Naturforscher ernannt. Am 24. November 1889, Morgens 6 Uhr, erlöste ihn der Tod von einem jahrelangen Nierenleiden, das er mit seltener Geduld ertragen hatte. Der Verstorbene war ein Mensch von hervorragenden Geistesgaben, er besass eine ungeheure Zähigkeit 286 Jahres - Bericht und Energie in der Durchführung einer einmal übernommenen Aufgabe und hatte einen ungemein klaren Blick in jeder Situation des Lebens. Seine Verdienste um die Verwaltung des israelitischen Hospitals und die Organisation der Krankenpflege der israelitischen Krankenverpflegungs- Anstalt sind sehr bedeutende, auch als Stadtverordneter und speciell als Mitglied der Armen- und Hospital - Direetion hat er sich in hervor- ragender Weise bethätigt, sowie nicht minder als Vorsteher des Reprä- sentanten-Collegiums der hiesigen Synagogen-Gemeinde und als Mitglied verschiedener Wohlthätigkeits-Anstalten. Der Dahingeschiedene hat seit 1839 der Schlesischen Gesellschaft als wirkliches Mitglied angehört. Carl Wilhelm Letzner, Rector a. D. in Breslau, war geboren am 13. Juni 1812 als zweiter Sohn sehr armer Eltern in Gabitz. Hier wie in Gräbschen, dem späteren Wohnorte des Vaters, und zuletzt in Breslau besuchte er die Schule und verliess 1834 das evangelische Schullehrer-Seminar hierorts mit dem Zeugniss Nr. 1. In demselben Jahre vom Breslauer Magistrat als Lehrer angestellt, wirkte er an ver- ‚schiedenen Schulen zur vollen Zufriedenheit seiner Vorgesetzten, welche darin ihren Ausdruck fand, dass er vom Cultusminister auf Antrag des Magistrats im Jahre 1879 ohne Examen zum Rector ernannt wurde, der einzige Fall dieser Art. 1881 wurde ihm bei seiner Versetzung in den Ruhestand der Kronen-Orden IV. Klasse verliehen. Letzner brachte seine Liebe zur Natur schon auf das Seminar mit, wie das Zeugniss „Gut in Naturkunde‘ beweist. Seine erste Beschäftigung galt dem Studium der heimischen Pflanzenwelt, in welchem er sich umfassende, für seine spätere Beschäftigung äusserst nutzbringende Kenntnisse erwarb. Bald aber, angeregt durch die damals bedeutendsten Breslauer Entomologen, Schummel und Schilling, wandte er sich der Insectenwelt und besonders den Käfern zu. Schon 1839 erschien seine erste derartige Arbeit und seitdem sind nur wenige Jahre vergangen, in denen nicht grössere oder kleinere Aufsätze von seinem Fleisse Zeugniss abgelegt hätten. Die Kenntniss der schlesischen Käferfauna wurde durch ihn nicht nur in hervorragender Weise gefördert, sondern auch in gewissem Sinne zum Absehluss gebracht durch sein Verzeichniss der Käfer Schlesiens 1871, ein Werk, das durch umfassende kritische Bearbeitung des gesammten reichen Materials mustergiltisg genannt werden kann. Die letzten Jahre seines Lebens wurden durch wiederholte Krankheitsanfälle sehr verbittert, ohne dass deshalb sein Bifer und Fleiss, sowie seine Bereitwilligkeit, anderen Entomologen behilflich zu sein, nachgelassen hätten. Er starb nach langen Leiden am 15. December 1889 und wurde am 18. unter zahlreicher Betheiligung von Vertretern der Schlesischen Gesellschaft und des Vereins für schlesische Insectenkunde, zu dessen Gründern er gehört hatte, auf dem Kirchhofe zu $t. Maria-Magdalena in Lehmgruben der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 337 feierlich beerdigt. Der Schlesischen Gesellschaft gehörte er seit 1838 an; er war von 1848—-1865 Bibliothekar, 1857 Vertreter des Seeretairs der entomologischen Section und von 1872—1887 Secretair derselben; 1889 wurde er zum Ehrenmitgliede ernannt. Schliesslich sei es mir verstattet, den Hinterbliebenen unserer ver- storbenen Mitglieder für die bereitwillige Einsendung der betreffenden Lebensnachrichten, die zum Theil hier unverändert zum Abdruck ge- lansten, den verbindlichsten Dank auszusprechen. Den Nekrolos auf Professor Voltolini hat Herr Professor Dr. med. J. Gottstein und den auf den Rector Carl Letzner Herr Realgymnasial-Lehrer Dietrich im Manuseript eingesendet. Der Nekrolog auf Dr. W. &. Schneider ist im botanischen Theile dieses Jahresberichts zu finden. G. Limpricht. Druck von Grass, Barth & Comp, (W. Friedrich) in Breslau. rn an ch u RR ar Verzeichniss ii sämtlicher von der Schles. Gesellschaft für vater, Cnltur ISTaNSEREEDENEN Schi | 1. Einzelne Schriften. # Zwei Reden, gehalten von ‚dem Reg.-Quartiermstr. Müller und Prof, Reiche bei der eratei 4 Feier des Stiftungstages der Gesellschaft zur Beförderung der Naturkunde und Industrie Schlesiens, am 17. December 1804. 8% 48 Seiten, 3 An die Mitglieder der Gesellschaft zur Beförderung der Naturkunde und Industrie Schlest und an sämmtliche Schlesier, von Rector Reiche, 1809. 8°. 32 8, Oeffentlieher Actus der: Schles. Gesellschaft f. vaterl. Cultur, gehalten am 19, Dechr. 1810 zu Feier ihres Stiftungsfestes. 8°. 40 8. Joh. George Thomas, Handb, d. Literaturgeschichte v., Schlesien, 1824. 8°,. 372 S., 2 a: Preisschrift. Beiträge zur Entomologie, verfasst von den Mitgliedern der entom. Section, mit 17 Kpft. 1829. Die schles. Bibliothek der Schles. Gesellschaft v. K. G.Nowack. 8°. 1835 "oder später erschiener Denkschrift der Schles. Gesellschaft zu ihrem 50jähr. Bestehen, enthaltend die Geschichte Schles. Gesellschaft und Beiträge zur Natur- und. Geschiehtskunde Schlesiens Mit 10 lithogr. Tafeln 4°. 282 8. Dr. J, A.Hoennicke, Die Mineralquellen der Provinz Sehteäten: 1857. 8°. 166 Buagekt, Preisschi Dr. J. G. Galle, Grundzüge der schles. Klimatologie, 1857.. 4°, .127. 8, Dr. J. Kühn, Die zweckmässigste Ernährung. des Rindviehs, 1859. 8°. 242 8., gekr), Preise Dr. DH: Lebert, Klinik des acuten Gelenkrheumatismus, Gratulationsschrift zum 60 Jähr. Doc Jubiläum” des Geh. San. -Raths Dr. Ant, Krocker. Erlangen 1860. 8°.'1498. Dr. Ferd. Römer, Die fossile Fauna der silurischen Diluvialgeschiebe von Sadewitz bei 0 in Schlesien, mit 6 lithogr. u. 2 Kupfer-Tafeln. ‚1861. 4°. 70 S. Lieder, zum Stiftungsfeste der entomologischen und botanischen Section der Schles. Gesellsch als Manuseript gedruckt. 1867. 8°. 92 S. Verzeichniss der in den Schriften der Schles. Gesellschaft. ‚von 180421863 ind. enthal Aufsätze in alphab. Ordnung von Letzner. 1868. 85°, : Fortsetzung der in den Schriften der Schles. Gesellschaft für vater. Cultur von 1864 bis 1876 enthaltenen Aufsätze, geordnet nach den Verfasserin alphab. Ordn.. von Dr. Schneid General-Sachregister der in den Schriften der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur von 1 bis 1876 inel. enthaltenen Aufsätze, geordnet in alphab. Folge von Dr. Schneider. 2. Periodische Schriften. Verhandlungen der Gesellschaft £, Naturkunde u. Industrie, Schlesiens. 80, Ba. T,; Hit. » 2 Hft. 2, 112 8. 1806. Desgl. Bd, II, 1. Heft. 1807. 5 Correspondenzblatt der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur, 4°, Jahrg. I, 1810, 96 8. Jahrg. II, 1812, 96,8. ‚Jahre. V, 1814, Hft.1u. S =; 11, 1ald, ad ALIV, 1813, Hft.1u.2je 968. VI, 1815, Hit. 1, 96 Correspondenz der Schles. Gesellschaft £. "vaterl. Cultür. 8°. Bd. I, 362 8. ‚mit Abbild, 1820. »Desgl. Bd, II. (Heft 1), 80 8. mit Abbild,, 1820, ° _ Bulletin der. naturwissenschaftl. Section der Schles. Gesellschaft 4— Bu 1823, IB 238 do. do. do. .1—10, 1824, 8°, Uebersicht der Arbeiten (Berichte sämmtl. Seetionen) und Veränderungen "der Schles. Gesellse . für vaterl.“Cultur: ‘Jahrg,. 1849. Abth. 1, 1808. 11,39 Jahrg. 1869. 371 Seit. 8°, Jahrg. 1824. 55 Seiten. An u.448. met, Beobacht. | ” Abhandl. 236 A808, 6A, ” x 1850, Abtheil, L248,| ° „1870. 318 Seit, 8%. » 18%. 65 .„ de, Abth, II, 368, - Abhandl, 85 18209 «05, Coral, „1851. 194 Seiten. 40, h „1871. 357 Seit. u U808, NOT RAD, „18522122. ,.0, Ad > 7° Abhandl, EST) er ni 1858. 7845 ss | An „1872. 350 Seit, A 05 AR, „1854, 288 „40. ; 1 BEL, 596, 7 ae „1855, 286 „ 4% R 2182.18 5, & „1886.22 „ 4 „ 1838.106: 50» 40 1897. BAT 50 24a a: RA. a Ne ae „1858.24 „Me “ „1835.16 „. 40 #01889,.989 ©, 5 An . 5. BBCFNBT EN, AR „1860, 202 4 n BRETT Amy „1861.18 , 8%. nebst| . „ „1898 IB2 SA =? "Abhandl, 492 8. Wi 2. 1880,.22878.,, 36 Auen 5.1862. 162 Seit. 8%, nebst an „1840, 151°. „ 4°, ik Abhandl, 416 8, IR >». 184.188. 5 04, 701.0,..1868. 156 Seiten. 8%, \ % 528006, Am „ 1864. 266 Seiten. 8°. nebst || „ 0 Abhandl. 2668. | '„ 1844230,” , AR “„..1865. 218 Seit, 8%. nebst] 5; „1845, 165 „4%, nebst Abhandl. 69 Ei 52.8. inkleorol. Beob. »'.. 1866. 267 Seit. 8% "nebst ER „1846. 320 Seit, 4°. nebst i Abhandl, 90 S. 47 8. meteorol. Beob, » - 1867. 278 Seit, 8°, nebst a » 1847. 404 Seit. 40%, nebst Abhand, 919. | „u 44 S, meteorol, Beob. » 1868. 300 Seit, 8°. nebst % 1848. 248 Seiten. 4°. ‚Abhandl. 447,8 BEN N Aiglieder-Vereicnis in ey von ‚1805 und seit, 1810 ale zwei J a 1