HARVARD UNIVERSITY. LIBRARY OF THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOÖLOGY. N. Oaı. er Yu Zn a ! hi, \ 0 ’ a er fık L I} Ki N Du aut 3 4% "u 4 . ') ANZ EN, M Kay ft ae REN B j h x x % SR e 2 Beat . "> re] I Ar ' | .. e RR! I f . ni R ds Die s ae . .r ne 5 s - ® 2 “ ’ ‚ A 2 ” wi . 3 & FR, > un 7 ey . . ) Pi pr ” £ = a = er ö w En RE > r r, > haft St er Es a Eathale en Generabericht De die Arbeiten und Verä änderungen FEN ; u TE RR N e : der, Gesellschaft ee Re A Fr Car 2 u Me 38 ‘x es 2 eg . ; e ME: . 2 Een = » Te > F nn > ’ sch Faser SSR hi 1891. RR Er SARR m Jal re; SF a zn a a ar" A ” - BT Be x ur a ee a # : j 7 i ‚ # ” >) rz gr * Ca x “ —N (& N 3 ’ % . rn » .» © I ‘5 . 62 7 Äyege e “ Hr > * ‚” « 2 ’£ I\ ut » ) + @ . «r, u R ! S (N ER "Breslau. E Ei af = ‚8: PB Adesholn Buchbandlung 1892. j y e x Pi. n 25 a gr N a s = ' FR hr x 2 K2 he el A. ri . n- “ PX € in a - ke der, 7 »,* - Neunundsechzigster Jahres-Bericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Gultur. Da rh att den Generalbericht über die Arbeiten und Veränderungen der Gesellschaft im Jahre 1891. Hierzu ein Ergänzungsheft bibliographischen Inhalts. - 01 " Breslau. G. P. Aderholz’ Buchhandlung. 1892. “£ - 2 Pa gr DR #6, se za IL; vr se er Un ar 5 m Be : ur . ri Pu and DEU Aa 5, AREA Er ’ ee, FAN , er Cs I / hr ie. aD r RAT Ve oe eV VE Re 5 Inhalt des 69. Jahres- Berichtes. Allgemeiner Bericht über die Verhältnisse und die Wirksamkeit der Gesellschaft im Jahre 1891, ur abgestattet vom General-Secretair, Bürgermeister Dickhuth......... 1 Brbhiötliek ‘22 Wen nane nun en ana aan range ae an a nen 6 Bericht über die Kassenverwaltung im Jahre 1890 ......-..-..reeeeeeenenn 7 Bericht des Custos der Herbarien -.-..--..--:----ec2r2eece00e een rnnenn 7 Verzeichniss sämmtlicher Mitglieder der Schlesischen Gesellschaft für vater- ländische Cultur. Etatszeit 1892 u. 1893.......»..222222eeceeeenenn 9 Wanderversammlung zu Reichenbach u. E. am 28. Juni 1891 .............- 40 Wissenschaftliche Vorträge, gehalten auf der Wanderversammlung zu Reichenbach u. E.: Cohn, Herm.: Ueber Schrägschrift und Kurzsichtigkeit ............. 50 Meyer, O. E.: Ueber eine örtliche magnetische Störung .......-.... 49 Poleck: Ueber Genussmittel .....:.......-..:-sreerscsnenenerennn 46 Sombart: Ueber Hausindustrie...............--rreeneneeenennennn 42 I. Medieinische Abtheilung. Sitzungen der medicinischen Section. Asch, Rob.: Ueber die durch Gonococcen-Invasion hervorgerufenen Er- krankungen der weiblichen Geschlechtsorgane und deren Behandlung 63 Discussion über diesen Vortrag ...--....----rererereerennnnen 75 Barlow: Ueber die Behandlung der Uterin-Gonorrhoe mittelst Chlorzink-Stift 93 Bielschowsky: Demonstration eines Kranken mit corticaler Ataxie....... 99 Biermer u. Ponfick: Ueber eine apoplektische Cyste des linken Stirn- lappens........2.----0e-sssonnnennensene een nn een nen nun er ent nn 100 Boltz: Demonstration eines Kranken mit Akromegalie.......-.-.--errr.» 35 Born u. Gaupp: Demonstration des sogenannten Muskelmannes A. Maul.. 63 IV Inhalts - Verzeichniss. Brieger, O.: Ueber die Einwirkung des Koch’schen Verfahrens auf Schleim- BEE BNIS . 1.25 en a a han ee an are ne oe Fraenkel, E.: Ueber Kaiserschnittmethoden ......-.-:-v=--occsreesornn Glaeser: Demonstration eines aus ‘mehreren Myomen bestehenden Tumor Her AGeharnulier na.) ee naeh r Bp a Hirt: Zwei durch Suggestion erzielte Heilungen . ............e2meeecenen. — Ueber das Wesen und die Behandlung der Tabes................... Kaensche: Untersuchungen über das functionelle Resultat von Operationen wegen Garchoma pylorl =... a er Discussion ‚über ‚diesen Vortzag. =... 2. a0 0 Wen ee Mikulicz: Ueber die in der Kgl. chirurgischen Klinik mit dem Koch’schen Heilmittel gewonnenen Erfahrungen... 2.0.0»... 2208 a0 man noe Seite 18 Discussion über diesen Vortrag und Fortsetzung derselben 27. 39. 45. 52 Neisser: Bemerkungen zu dem Vortrage von O. Brieger über die Ein- wirkung des Koch’schen Verfahrens. '»..=..:- 2: „u. an „2. 2 — Zur Pathologie und Therapie des Eczems ........--...re2cseonnen0. Neuberger: Erfahrungen über Rectal-Gonorrhoe .....-.....222sneeeeenen — Ueber die sogen. Carunkeln der weiblichen Harnröhre............... v. Noorden: Ein inneres Chondrom des Beckens Ponfick: Demonstration von frischen Präparaten: a. Ober- und Unterschenkel einer an Leukaemie verstorbenen b. Mehrere Tage alter Bruch des Halses des linken Oberschenkels Riegner: Demonstration dreier Kranker, betreffend a. eine ‚Magenfistel..: .i.... Kress rel > are ne b. eine Thoracoplastik nach Schede........ ee VER SEE ER c. einen infantil gelähmten Arm us. .uum..0- salat see — Ueber einen Fall von Magen-Resection wegen Carcinoma pylori...... — Demonstration von 2 Patienten mit geheilter Schädelverletzung ...... Röhmann: Ueber die diastatische Wirkung des Blutes und der Lymphe... Stern, Rich.: Beobachtungen an einem Falle von Tetanus .... ......... Viertel: Ueber Cystoskopig - -. -». ,-.... 2 Ola Eee ee Discussion über, diesen Vortrag.....,20.2ı.uu nen cr Kanu. Wernicke: Ein Patient mit linksseitiger Poliomyelitis lumbalis .......... R Tietze: Vorstellung von 2 Patienten, betreffend a. Entfernung eines Osteosarkoms der linken 5. Rippe......... DB. Syringöidyeliö:. 2.000 0a en AR NEE EEE Discussion über diesen Vortrag ........neeononnunooneneno Sitzungen der Section für öffentliche Gesundheitspflege. Cohn, Herm.: Geschichte und Kritik der Breslauer Schulhygiene 102 79 79 vn LE “Te” 6 Ze Inhalts- Verzeichniss. I. Naturwissenschaftliche Abtheilung. Sitzungen der naturwissenschaftlichen Section. Althans: Ueber neue geognostische Funde in Oberschlesien.............. — Ueber topographische Karten Oberschlesiens .............2s22222... — Ueber Sandstein in Form von Miniatur-Basaltsäulen................. Bergmann: Specifisches elektrisches Leitungsvermögen gemünzter Metalle Dieterici: Ueber Dampfspannungs-Verminderung ...........2222 2222 2e0 00 — Ueber die physikalischen Grundlagen des osmotischen Druckes ...... ee Venemaela, u URN HEN TIER H We ae. — Ueber eine cambrische Trilobiten-Fauna bei Sandomir......-........ — Ueber Gerölle aus oberschlesischen Steinkohlenflötzen und über einen Saurierschädel von Sacrau bei Gogolin..........ze..c2reseeneeneen- L Br die Wolga-Stufe in’ Polen... 2 10H II TEILTE Hintze: Ueber einige neue Mineralien von Striegau .........:z2rueeuneen. Kassner: Ueber die Fortschritte in der Anwendung und Darstellung von ART ONE HN INNE SPDUIEIN FIR: Kunisch: Ueber den geologischen Befund einer Tiefbohrung ............. Kwasnik: Ueber das Verhalten des Baryumsuperoxyds gegen Metallsalze.. — Ueber einen krystallinischen Bestandtheil des Genipa brasiliensis Mart. Ladenburg: Ueber die Constitution des Atropins und seine Synthese..... Eelaber Biperidincarbonsäuren ..:..... Hl 2 Hl. NIT IP — Die Alkaloide aus Conium maculatum..............-.e22eressenunnnn Langenhan: Ueber Porphyre des Thüringerwaldes .....................» BIrGeENEh.inlieber Citral- (und: Gerantal : 2:2... ..2.0. TI Beener Schtes: Macassar-Odl 1.22... 2 RR PD EDDIIPNPDIF — Ueber die Zusammensetzung des Grubengases und zwei neue Zink- EN ers near AerPP Se TE er EINER. — Ueber die chemische Natur des deutschen und des türkischen Rosenöls Röhmann, F.: Ueber die Benutzung gewisser Farbstoffe zur Bestimmung ERBBUNT TE IR IBAN DH DB | Römer: Ueber Tiefbohrungen und neue Erwerbungen des mineralogischen ee 2 RN ERDUDERLIDED, DR, WIBHRANEE PR APRINE | Semmler: Ueber Kohlenwasserstoffe der Methanreihe aus ätherischen Oelen Rathzo in: der’ Pflanze :: 22222222: EP v. Trautschold: Ueber silberhaltigen Bleiglanz im Kaukasus ............ Sitzungen der botanischen Section. Callier: Ueber die in Schlesien vorkommenden Formen der Gattung Alnus Cohn, Ferd.: Exemplare von Cynomorium coceineum ......:.-r.ernere rn: — Pflanzengeographische Bemerkungen über die Flora von Danzig ..... 47 Sl VI Inhalts - Verzeichniss. Cohn, Ferd.: Blühende und fruchttragende Zweige vom „Tausendjährigen bi; Hösehstock‘“ nm Hallesheum ti... 2. A en A 142 — Ein reifer Fruchtzapfen von Encephalartos Lehmanni Lehm.......... 145 — Ueber die Entwickelung der Primula minima im Breslauer botanischen GaLlen N ee ee a a En Br PhD EEE 147 Fiek u. Schube: Ergebnisse der Durchforschung der Schles. Phanerogamen- Bora am Jahre ABI: as ee en IR 87 _' Desgleichen im Jahre 1891... re. re ARTE 155 Fischer, Hugo: Beiträge zur Morphologie der Farnsporen .............»- 130 Frank, Erich: Eine Derwischschale (Keschkul) aus Teheran .,.........-. 129 Hieronymus: Ueber. Pflanzen-Monstrositäten......2. sr» sen. oe son 87 — Ueber die Resultate der Erforschung der Algenflora Schlesiens ...... 150 Krull: Ueber den Zunderschwamm und die Weissfäule des Buchenholzes.. 131 Mez: Ueber Fragen der botanischen Nomenclatur ..............ere22e020. 143 Pommerenke: Ueber den Bau des Holzes einiger sympetaler Familien... 8 Prantl: Ueber den; Blüthenanschluss. =... - 222 0 last Ana als EI 74 — Acer Pseudoplatanus mit abnormen Früchten .........-...2sr2er220» 129 — Ueber die Grundzüge des Farnsystems ...........»--uereseneeecnenn 139 Schober: Das Xanthorrhoeharz, ein Beitrag zur Entstehung der Harze.... 141 Schröder: Ueber schlesische Algen und Characeen.............--.-.u.r 0. 134 Schröter: Ueber die trüffelartigen Pilze Schlesiens N 69 Stenzel: Zwei keimlose Dattelkerne ....---..ee-zerce sauren newene nenne 139 Sitzung der Geographischen Section. Galle: Einige Resultate aus den jetzt 100jährigen meteorologischen Beobachtungen auf der hiesigen Sternwarte .....-.....-eereeeeenenn 181 Sitzungen der Section für Obst- und Gartenbau. Behnsch: Neue buntblätterige Gehölze .......-.......rcc2creseonennennn 211 Göschke: Ueber das Obst im Haushalt .: rss idt. nis ven tald- SR Te 216 Mez: Ueber die Gattungen der Bromeliaceen.............--s.rers nenne 200 Prantl: Ueber Keimung und Entwickelung der Farne ...........u.scsre.. 207 — Ueber die Aufgaben der botanischen Gärten .......... SEN ziehe a1 Richter: ;Ueber den Baumschnitt-..... ..+- +... mruchnsbendetee- 22. ..208 Bosen: Ueber Veredlung ".: 2... 1. ..2 gr Ad. sa nee erh A fe 213 III. Historisch-staatswissenschaftliche Abtheilung. Sitzungen der Section für Staats- und Rechtswissenschaft. Gerlach: Ueber die preussische Einkommensteuer ......»....rrrrrr rer. .. 1 Hancke: Ueber die internationale eriminalistische Vereinigung. ........... 24 Holz: Ueber die commerziellen Verhältnisse der Stadt Breslau..........-- 3 ne nee on u Ze 0 Sa u ze Inhalts - Verzeichniss. vu Seite Sombart: Ueber den deutsch-österreichischen Handelsvertrag...........-- 2 — Ueber das Programm der socialdemokratischen Partei Deutschlands Be Brfurter Beschlässen 124.2: . AA rar 25 Sitzungen der historischen Section. Krebs: Die evangelische Union und der Udenheimer Festungsbau 1618.... 30 Reimann: Ueber den Plan Kaiser Josephs II., ein enges Bündniss mit a Sehltesgen 2342 aan As mentalen nun Rare er 32 Nekrologe auf die im Jahre 1891 verstorbenen Mitglieder: ers DI 5 u ir a a ra La 1 Bra Garr, Stadtrath und Fabrikbesitzer - --...-.---....-.:-v+.00-.ranerac 2 Bellier de Launay, FE. J., dustizrath ........-.--.--..-.2-.n02 000 enen 28 BE Di phil, Beefor .- :.-.. „2.0... .ucuensseneerassan na a 4 306,32, 0 a 4 Engelbrecht, C. J., Landgerichtsrath a. D. .............-ueerceeeecenens 5 HR Gymnasiallehrer.. : -.... ..2..: 202.00 00 dene en ak een 6 Friedensburg, F. H. F., Oberbürgermeister .......---..--.---.ncrsre000 | Dr med, Sanitatsrath 2 222 ne 9 ET EN N RT A AR, 10 Klopsch, C. E., Dr. med., Geheimer Medicinalrath und Professor ......... 10 ara WB Landes-Dekonomierath..........:.. 22... wu kn enrer en 12 Krocker, E. O. F., Dr. phil., Professor .....-.-...---2..0..0r2cesennnnn 15 Krocker, Hermann, Dr. med., Geheimer Sanitätsrath .........--.scus 0... 16 Langner, Dr. med., Geheimer Sanitätsrath ..........-s.r2rersee eeeenenn 18 Emtenter, W. Dr. chem., Professor .-...... »-...-»-s20es0nntanenneneae 18 ara, FW... Commerzienrath...-.*. ...-.-ues 000 0er ehnne una 20 Roemer, C. F., Dr. phil., Geheimer Bergrath u. Professor ................- 23 Sack, O.L. Th. E., Ober-Regierungsrath a. D. .........-.crscseceenerens 27 Schweitzer, Hermann, Banquier .........-.....srrreerereeneenneennenen 28 valshän rt A Ti y ; ERBE ER PR La Ai, a toi nr Re RR EI re BREI EFT, L 5 DI Ben LTD Er a. Be) ini 1 PER Fe ——- 29 ö S, y ur \ { Schlesische Gesellschaft für vaterländische Gultur. Jahre i “r richt. Allgemeiner Bericht. 1891. Allgemeiner Bericht über die Verhältnisse und die Wirksamkeit der Gesellschaft im Jahre 1891, abgestattet in der allgemeinen Versammlung am 2. Januar 1892 von Bürgermeister Diekhuth, z. Z. General-Secretair, Die Schlesische Gesellschaft für vaterländische Cultur hat auch in dem zweiten Jahre der nunmehr abgelaufenen Etatsperiode unter Leitung ihres verehrten Präses, Geheimen Medicinalrathes Professor Dr. Heiden- hain, fortgewirkt in gemeinnütziger Thätigkeit für die heimathliche Provinz und auf dem Gebiete der Wissenschaft überhaupt. Die ordent- liche Generalversammlung hat am 18. December 1890 unter dem Vor- sitze des derzeitigen Präses stattgefunden, der zunächst durch Vorzeigen der Beläge feststellte, dass die öffentliche Einladung zu dieser Sitzung den Statuten gemäss zwei Mal in der Schlesischen und in der Breslauer Zeitung erfolgt sei. Hierauf erstattete Herr Geheimrath Professor Dr. Poleck in Ver- tretung des General-Secretairs, Herrn Bürgermeister Diekhuth, den Verwaltungsbericht des Jahres 1890. Im Laufe des Jahres schied Dr. med. et phil. Moritz Traube in Folge Verlegung seines Wohnsitzes nach Berlin aus dem Directorium, dem er seit 1883 angehörte, und aus der Gesellschaft aus. Zwei schwere Verluste erlitt die Gesellschaft vor wenig Tagen. Kaum hatten wir vernommen, dass der Herr Geheime Ober-Bergrath Professor Dr. Römer, der langjährige Secretair der Naturwissenschaft- lichen Section, aus dem Leben geschieden sei, als sich schon die Trauer- kunde verbreitete, dass auch Herr Commerzienrath F. W. Rosenbaum, seit September 1890 dem Präsidium als Schatzmeister der Gesellschaft angehörend, vom Tode plötzlich ereilt wurde, 1 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Im Laufe des Jahres 1891 hat die Schlesische Gesellschaft durch den Tod verloren: A. von wirklichen einheimischen Mitgliedern die Herren: . Arent, Oberst a. D. (Mitglied seit 1866), . Beblo, C., Stadtrath und Fabrikbesitzer (seit 1872), . Carstädt, Dr. phil., Rector der evang. höheren Bürgerschule Nr. 1 (seit 1870), . Friedensburg, Ferd., Oberbürgermeister (seit 1880), . Gottschalk, Dr. med.. Jäschke, R., Partieulier (seit 1881), . Klopsch, Dr. med., Geh. Medieinalrath u. Professor (seit 1860), . Korn, Königlicher Landes- und Oekonomierath (seit 1866), . Krocker, Dr. med., Geh. Sanitätsrath (seit 1835), . Krocker, Dr. phil., Professor (seit 1881), . Langer, Dr., Sanitätsrath (seit 1868), . v. Richter, Dr. phil., Professor (seit 1883), . Römer, Dr. phil., Geh. Bergrath und Professor (seit 1855), . Rosenbaum, F. W., Commerzienrath (seit 1880), . Sack, Ober-Regierungsrath a. D. (seit 1866), . Schweitzer, H., Banquier (seit 1863), . Bellier de Launay, Justizrath, Rechtsanwalt und Notar (seit 1884); B. von wirklichen auswärtigen Mitgliedern: . Elbrandt, Major a. D. in Liegnitz (Mitglied seit 1886), . Engelbrecht, Landgerichtsrath a. D. in Neisse (seit 1888), . Fiegler, R., Gymnasiallehrer in Kattowitz (seit 1889), . Holtze, Dr. med., Sanitätsrath in Kattowitz (seit 1889), . Langner, Dr. med., Geh. Sanitätsrath in Landeck (seit 1864). Dagegen sind im Jahre 1391 aufgenommen worden: A. als wirkliche einheimische Mitglieder: . Agath, Georg, Kaufmann, . Bender, Oberbürgermeister, . Butter, Fritz, Dr. phil., . Chun, C., Dr., Professor, . Cramer, Ernst, Dr. med., . Dieteriei, Dr. phil., Professor, . Fischer, B., Dr. phil, Director des städt. chem. Unters.-Amts, . Grüttner, Kurt, Regierungsrath, . . Gühmann, Paul, Dr. med., . Heilbrun, $., Dr. med,, . Heinrich, Th., Kaufmann, . Heinz, Dr. med., Privatdocent, Allgemeiner Bericht. 3 13. Keil, Dr. jur., Staatsanwalt, 14. Kindel, W., Oberlandes-Gerichtsrath, 15. Kuznitzky, Dr. med., 16. Mannowsky, Reichsbank-Director, 17. Methner, Alfred, Dr. med., 18. Milch, Ludwig, Dr. phil., 19. Nesemann, Dr. med., Bezirksphysikus, 20. Reitzenstein, H., Amtsrichter, 21. Rosen, F., Dr. phil., 22. Schollmeyer, Ober-Bergrath, 23. Suermondt, William, Bergwerksbesitzer, 24. Wagner, Ernst, Dr. phil.; B. als wirkliche auswärtige Mitglieder: 1. Kletschke, Landgerichtsrath in Schweidnitz, 2. Langner, Dr. med., Gnadenfrey, 3. von Salisch, Rittergutsbesitzer auf Postel, 4. Freiherr von Schleinitz, Ober-Forstmeister in Liegnitz, 5. Scholtz, Max, Dr. phil. in Karlsruhe in Baden, 6. Scholtz, Kreisthierarzt in Reichenbach im Eulengebirge, 7. Wilde, Dr. med., Stabsarzt in Peterswaldau, 8. Zwanziger, Eberhard, Fabrikbesitzer in Peterswaldau. Die Gesellschaft zählt mithin gegenwärtig wirkliche einheimische Mitglieder . . . . .. 299 wirkliche auswärtige Mitglieder . . . . . ..145 Ehrenmitglieder und correspondirende Mitglieder 174. Die Section für Obst- und Gartenbau besteht für sich aus 161 Mit- gliedern. Im Laufe des Jahres 1891 haben drei Präsidialsitzungen stattge- funden, nämlich am 8. Juni, am 31. October und am 29. November. Es wurde beschlossen die Ernennung der Herren: J. J. Stevenson, Professor an der University of the City of New-York und Th. Hellwig, Lehrer in Grünberg in Schlesien, zu eorrespondirenden Mitgliedern der Schlesischen Gesellschaft. Dem Antrage des Provinzial-Ausschusses gemäss wurden für die zu begründende Commission zur Erforschung und zum Schutze der Denk- mäler in der Provinz seitens des Präsidiums der Schlesischen Gesellschaft vorgeschlagen die Herren: Professor Schmarsow, Professor Markgraf, Baurath Plüdde- mann und Kaufmann Agath. 1: 4 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Der Antrag um Herabsetzung der Beiträge der Mitglieder wird dann ernstlich in Erwägung gezogen werden, wenn der Versuch gemacht sein wird, die Staatsregierung und die Vertretung der Provinz Schlesien zu laufenden jährlichen Beiträgen heranzuziehen. Was die Wiedereinführung öffentlicher Vorträge mit Demonstrationen aus den verschiedenen Wissensgebieten betrifft, so haben bereits zwei stattgefunden, den ersten hielt Professor Dr. Prantl am 2]. Juli im botanischen Garten, den andern Oberbergrath Professor Dr. Römer am 29. November im mineralogischen Museum. Ferner wurde beschlossen, die Besorgung des Tauschverkehrs der Gesellschaft in die Hände der Königlichen und Universitäts-Bibliothek zu legen. Auch sei erwähnt, dass der Gesellschaft von den Söhnen unseres ehemaligen correspondirenden Mitgliedes, des Professors Dr. Carl Presl (+ 2. October 1852 zu Prag), eine zum 100jährigen Geburtstage ihres Onkels, Dr. Johann Presl (+ 6. April 1849), gestiftete grosse Bronce- Medaille zuging, welche die charakteristischen Brustbilder der beiden gelehrten Brüder (neben einander) zeigt. Dem 68. Jahresberichte wurde ein Ergänzungsheft botanischen Inhaltes beigegeben; dasselbe enthält: Th. Scehube: Zur Geschichte der schlesischen Floren-Erforschung bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts (Seite 1—48) und G. Hieronymus: Beiträge zur Kenntnis der europäischen Zooceeidien und der Verbreitung derselben (S. 49— 272). Die allgemeine Wanderversammlung der Schlesischen Gesellschaft hat am Sonntag den 28. Juni a. c. zu Reichenbach im Eulengebirge stattgefunden. Das diesjährige Stiftungsfest sollte Sonnabend, am 19. December a. c., in den Räumen der Loge „Horus‘‘ gefeiert und durch einen Vortrag von Herrn Professor Dr. Schmarsow „Ueber die Entwickelung des Grab- denkmals in der italienischen Renaissance‘ eingeleitet werden. In Folge der kurz vor diesem Tage stattgefundenen beiden Todesfälle wurde jedoch die Feier des Stiftungsfestes bis auf weiteren Beschluss ver- schoben. | Die Rechnung der Allgemeinen Kasse und die über die besondere Kasse der Section für Obst- und Gartenbau ist für das Jahr 1890 durch den Schatzmeister, Herrn Commerzienrath Rosenbaum, gelegt und dem Schatzmeister nach erfolgter Revision Decharge ertheilt worden. Ueber die Thätigkeit der einzelnen Sectionen haben die Herren Secretaire Nachstehendes berichtet: Allgemeiner Bericht. 5 Die medieinische Section (Seeretaire: Geheimer Medieinalrath Professor Dr. Ponfick und Geheimer Medieinalrath Professor Dr. Fritsch) hielt im Jahre 1891 19 Sitzungen. Zu Secretairen wurden für die Etatsperiode 1892/93 die Herren Geheimer Medicinalrath Professor Dr. Ponfick, Geheimer Medieinalrath Professor Dr. Fritsch, Geh. Medieinalrath Professor Dr. Mickuliez, Prosector Professor Dr. Born und Privatdocent Dr. Buchwald gewählt. Die Section für öffentliche Gesundheitspflege (Seeretaire: Geh. Medieinalrath Prof. Dr. Biermer, Prof. Dr. Flügge und Sanitätsrath und Bezirks-Physikus Dr. Jacobi) hielt im Jahre 1891 1 Sitzung. Zu Secretairen für die Etatsperiode 1892/93 wurden Herr Prof. Dr. Flügge, Sanitätsrath und Bezirks-Physikus Dr. Jacobi und Prof. Dr. Hermann Cohn gewählt. Die naturwissenschaftliche Section (Seeretaire: Geh. Regierungsrath Prof. Dr. Poleck und Geh. Bergrath | Professor Dr. Römer) hielt im Jahre 1891 8 Sitzungen. Zu Secretairen wurden für die Etats- periode 1892/93 die Herren Geh, Regierungsrath Prof. Dr. Poleck und Prof. Dr. Hintze gewählt. Die botanische Section (Seceretair: Geh. Reg.-Rath Professor Dr. Ferdinand Cohn) hielt im Jahre 1891 9 Sitzungen. Zum Secretair für die Etatsperiode 1892/93 wurde Herr Geh. Regierungsrath Prof. Dr. Ferdinand Cohn wieder gewählt. Die geographische Section hielt im Jahre 1891 1 Sitzung. Dieselbe wurde auf Antrag des Seecretair, Geh. Regierungsrath Professor Dr. Galle, der naturwissenschaftlichen Section einverleibt. Die Section für Obst- und Gartenbau hielt im Jahre 1891 11 Versammlungen ab. Als Vorstand wurden für die Etatsperiode 1892/93 sämmtliche Herren wieder gewählt und zwar: Als I, Seeretair: Herr Professor Dr. Prantl, II. Secretair: Städtischer Garten-Inspeetor Herr Richter; zum Verwaltungsvorstande die Herren Ober-Stabsarzt Prof. Dr. Schröter, Verlagsbuchhändler Max Müller und Handelsgärtnereibesitzer H. Dammanın, 6 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Die Section für Staats- und Rechtswissenschaft (Seeretaire: Professor Dr. Elster, Geh. Ober-Justizrath und Senats- Präsident Rocholl, Geh. Commerzienrath Leopold Schöller und Ober-Reg.-Rath a. D. Schmidt) hielt im Jahre 1891 6 Sitzungen. Zu Secretairen wurden für die Etats- periode 1892/93 die Herren Prof. Dr. Elster, Staatsanwalt Dr. jur. Keil, Ober-Regierungsrath a. D. Schmidt und Geh. Commerzienrath Leopold Schöller gewählt. Die historische Section (Secretair: Director Professor Dr. Reimann) hielt im Jahre 1891 8 Sitzungen. Zum Secretair für die Etatsperiode 1892/93 wurde Herr Director Prof. Dr. Reimann wieder gewählt. Bericht über die Bibliothek. Die im vorjährigen Jahresberichte (Allgemeiner Theil p. 8) gemachte Mittheilung, dass auf Grund des geäusserten Wunsches der Verwaltung der Königlichen und Universitäts-Bibliothek die Ablieferung der ein- gegangenen Schriften jährlich nur an zwei Terminen erfolgen solle, war eine irrthümliche, weshalb die im Vertrage vom 15. Juni 1886 fest- gestellte vierteljährliche Ablieferung wieder innegehalten wurde. Demgemäss wurden von der Königlichen und Universitäts-Bibliothek übernommen: im I, Quartale: No. 1788 bis Nr. 2014 unseres Katalogs am 5. März 1891 durch Herrn Custos Dr. Blau, im II. Quartale: No. 2015 bis No. 2181 am 24. Juni 1891 durch Dr. Emil Seelmann, im III. Quartale: No. 2182 bis No. 2380 am 21. October 1891 durch Dr. Heinrich v. Hagen, im IV. Quartale: No. 2381 bis No. 2507 am 13. Januar 1892 durch Dr. Heinrich von Hagen. | Die akademischen Schriften (1257 Stück) der Universitäten Berlin (8 Stück), Bonn (81), Breslau (70), Kopenhagen (43), Erlangen (205), Jena (68), Marburg (83), Freiburg i. B. (193), Rostock (55), Königsberg (59), Wien (4), Würzburg (187), Zürich (87) und Kiel (114) wurden nicht einzeln gebucht, sondern wie die zugegangenen Österprogramme Breslau’s und Schlesiens (11 Stück) nach der Stückzahl übergeben. Die aus dem botanischen Lesezirkel von der Buchhandlung Trewendt u. Granier hier abgelieferten Bücher wurden dem Bestande der Bibliothek EEE ER de Allgemeiner Bericht. 7 der Schlesischen Gesellschaft zugeschrieben und ebenfalls an die König- liche und Universitäts-Bibliothek abgeliefert. Dem Schriftenaustausche der Schlesischen Gesellschaft sind im Laufe des Jahres beigetreten: 1. die Königliche Sternwarte in Brüssel, 2. die Schweizerische botanische Gesellschaft in Zürich, 3. die Expedition der Naturwissenschaftlichen Rundschau von Dr. W. Sklarek in Berlin, 4. der Historisch-philosophische Verein in Heidelberg (Redaction der Heidelberger Jahrbücher), 5. Accademia Medico-Chirurgica di Perugia, 6. The Missouri Botanical Garden in St. Louis Mo. Die vollständige Tauschliste wird im 70. Jahresberichte zum Abdruck gelangen. Als Geschenkgeber haben sich im verflossenen Jahre um die Bibliothek verdient gemacht nächst der Königlichen Regierung zu Breslau und dem Magistrate der Haupt- und Residenzstadt Breslau die Herren: Professor Schübeler und Professor A. Blytt in Christiania, Professor A. O. Kihlmann in Helsingfors, A. Freiherr von Fircks in Berlin, Bergverwalter Schneider in Cunnersdorf bei Hirschberg» E. v. Rodiezky in Ungarisch-Altenburg, Professor v. Sandberger in Würzburg, Professor B. v. Graff in Graz, Staatsrath v. Regel in Petersburg und Professor J. J. Stevenson in New-York. Ihnen sei hiermit der wärmste Dank abgestattet. Breslau, am 31. December 1891. G. Limpricht. Bericht über die Kassenverwaltung im Jahre 1891. Zu dem Bestande der Kasse Ende 1890 von 1360,97 Mark traten an Einnahmen im vergangenen Jahre 9570,60 Mark, wogegen verausgabt wurden 9328,77 Mark, so dass ein Ueberschuss von 241,83 Mark verblieb. Das Effeeten-Conto hat sich nicht geändert, der Bestand desselben bleibt per 1. Januar 1892 45200 Mark und das Vermögen der Gesell- schaft beträgt mithin im Ganzen 45441,83 Mark. Breslau, den 9. Mai 1892, Max Wiskott, z. Z. Schatzmeister. 8 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Bericht über die Herbarien der Gesellschaft. Im Laufe des verflossenen Jahres wurden ausser dem Reste der Ranunculaceen noch die Gattung Mentha — revidirt durch Herrn Briquet (Genf) —, die Lythraceen — bestimmt von Herrn Prof. Koehne (Berlin) — sowie die Rhamnaceen und ein beträchtlicher Theil der Gefäss- kryptogamen aufgeklebt; die Revision der letzteren hat Herr Professor Prantl, diejenige der Rhamnaceen Herr Dr. Krause zugesagt. Die Hauptthätigkeit des Custos war auf die Fortführung der im Vorjahre begonnenen Einordnung der Nachträge und Unterbringung des gereinigten Gesammtmaterials in Kästen gerichtet. Es wurden, indem vorläufig noch an der Anordnung nach Endlicher’s System festgehalten wurde, die Monoecotyledonen und die Hauptmenge der sympetalen Dicotyledonen in zusammen 270 Kästen aufbewahrt. Eine Aenderung im Bestande der Sammlungen ist nicht zu ver- zeichnen. Breslau, den 15. December 1891. Dr. phil. Th. Schube. Kassen-Abschluss für das Jahr 18591. Ist eingekommen Allgemeine Kasse. Einnahme, An Bestand aus dem Jahre 1890. . An Zinsen von Werthpapieren: Pro I. Semester . ” I. ” An Beiträgen einheimischer Mitglieder: Pro I. Semester von 286 Mitgliedern & I M. nl: n 296 An Beiträgen auswärtiger Mitglieder: 139 Karten a 6 4,5 Stüka3 M=. Jahres-Beitrag des Magistrats zu Breslau . Miethsbeitrag vom Gewerbe-Verein . 55 der Sparkasse bis 1. Oetbr. 1891. 55 des Vereins für Geschichte Aussergewöhnliche Einnahmen: 1 Jahresbericht von 1842 . Aderholz’sche Buchhandlung . Zinsen vom Baarbestand bei der städtischen Bank und der Sparkasse „ Bed: Werth- papiere MN 45200 45200 Baar A 1360 855 918 2574 2664 10931 a 97 57 Für Miethe an Verein christl. Kaufleute inel. Wassergeld Se vom Allgemeine Kasse. Ausgabe. 1./10. 91 Mk. 100.— pro Quartal) Honorare und Remunerationen Gehalt an Castellan. Pension an Fr. Reisler Heizung. Beleuchtung . Prämie Schlesische Feuerversicherung . Unterhaltung des Mobiliars. Schreib-Bedürfnisse . Zeitungs-Inserate . Druckkosten . ee Anschaffung von Büchern und Journalen . Buchbinder-Arbeiten . Porto-Auslagen . Kleine Ausgaben . Zinsen an Castellan Kreusel für seine hinterlegte Caution Bestand am Schlusse des Jahres 1891. 3, % Oberschl. Eisenb.-Prioritäts-Oblig. Lit. E.. . 3%, %, Prämien-Anleihe 4 %, Consolidirte Anleihe. 4 h ” DD) u Pu 3'/, %, Sehlesische Pandbniefe Litt. an 3 un 2) vb) Litt. D.. Schlesische Bankvereins-Antheilscheine . ER — 208 RE Ben == 26 : N — 40 . GE NET ABE an 63 Ha ka sone ar 195 Ki Dr u 3213 e BELASTET. —— 194 ea Zu 310 ERLRIE — 285 a er == 251 er TE: == 18 NE — 1602 Ist verausgabt Werk] > Wo aene papiere Baar M M E— 2160 —_ 630 — 1200 — 150 — 382 | 80 Gone anne nu mE or mens neuen 45200 | 10931 Wiskott, z. Z. Schatzmeister der Gesellschaft. Kassen-Abschluss der Section für Obst- und Gartenbau für das Jahr 1891. Einnahmen. An Vortrag aus Rechnung 1890 Mitglieder-Beiträgen: 131 Beiträge für 1891 . ” Garten-Erträgnissen: Verkaufte Baumsehul-Artikel Blumen und Gemüse . „) . 4401 M h 543 „ Subventionen: Subvention vom Schles. „ Provinzial-Ausschusse für 1891. „ Zinsen: 31, % v. 1./10. 1890 bis 30./9. 1891 von 3000 M Oberschl. Prioritäts-Obligationen Litt. E. . 105 M 3 21 vom? 1./10..,18907018730./9.. 1891 von 1800 MM Preuss. 34/, %, Consols OB 4%, für 1891 von 3000 A Schlesische Boden eredit-Pfandbriefe. 3 120.9; 4 %, für 1891 von 3800 M Bostsielhe 7 vn Consols . 3 1o20, an ine Bolyon 5000 M Tnndkehaftliche Central-Pfandbriefe . ; 1050 54. fir 189° von 3000 M Böhlesiköfle Pfandbriefe K05E; Zinsen auf Bean une der SCHE Dandech, Bank für 1891. DR 5, 20 ” » Lesezirkel: 21 Beiträge zum Lesezirkel für 1891. . „» Verschiedenem: Für 1 doppelt gezahlten Beitrag für 1891 „ Effeeten: Für gekaufte 4 °/, Schlesische Bodeneredit-Pfandbriefe . 25500 Effecten EEE Enns Ü Effeeten Baar | Ausgaben, M HEY HM 22500 3000 Baar M 59687 623 4945 1650 192 13767 AN | Für den Garten: Görtnergehalte, Heizung und Beleuchtung . . . 1688 M 11 % Arbeitslöhne . N Dungstoffe . 2m ar Wildlinge und Ren Kb 300% Baulichkeiten und Geräthschaften A Porti, Steuern, Drucksachen etec.. 2027, A0 „ den Lesezirkel: Journale . %M 65% Colportage . 0 „— Buchbinderarbeit ER, „ Insgemein: Gekaufte 3000 #6 4°, Schlesische Bodeneredit- Pfandbriefe ER 3047 M 50 Porti a8 al Inserate 30022005 Druckkosten- Aminen: am Jahresbericht für 1890 Id se Angeschaffte Werke. . . .. : 6,000 Beitragzum Provinzial-Verband dehlen, Barlonbaik Vereine und zum Deutschen Pomologen-Verein 23 „ 75 „ Gratis-Sämereien-Vertheilung an Mitglieder . 1095,30 2; Ehrenpreise zu Ausstellungen 94: 230. Vorschuss zu den Kosten der Ausstellune, in Breslau, Herbst 1892 . 20 5, — Rückzahlung eines doppelt sezahilien Beitibes 6 Verschiedenes. 28 „ 90 „ Effecten: „ Für einen durch Uebernahme des Pfandobjeetes seitens des Präsidiums der Schles. Gesellschaft erloschenen Pfandschein „ Bestand im Vortrage: 3'/), °/ Landschaftliche Central-Pfandbriefe . 500 4 — % .h %/, Schlesische Pfandbriefe . 3000 „ — ,„ 4 °%/, Preussische Consols 3800 „ — 31, % Preussische Consols 1800 „ — ,„ 31, % Oberschles. Prioritäts- Olieat Litt, H.. 300 „ — „ 4 °/, Schlesische Bodencredit-Pfandbriefe. 000m m Dr. Schröter, z. Z. Vorsitzender des Verwaltungsvorstandes’der Section für Obst- 9383 | 61 21 48 5900 19600 | 4645 | 11 4645 | 11 25500 | 13767 Max Müller, z. 2. Kassenvorsteher und Gartenbau. II, II. v1, Voranschlag der Einnahmen und Ausgaben der Allgemeinen Kasse für die Jahre 1892 und 1893. Einnahmen. Zinsen von Werthpapieren .........zusuennennorenunne Beiträge: a. Einheimische: 1892 300 I. Semester & 9 Mark... - - = Calle - ad = = 19952.20073,.107Merken be Auswärtige: 140786 Marle ...:....u2.2.. Beitrag des Provinzial-Ausschusses vom 1. April 1392 ab jährlich 3000 Mark . e z z Jahresbeitrag des Masistraten... ns... oma. Ka Miethen: vom Schlesischen Gewerbe-Verein (nur bis 1. Juli 1892) => > verschiedenen Vereimen. .......2..c.eeennet Aussergewöhnliche Einnahmen ............2ee22cc220.. 1892 1893 Mark. Mark. 1685 1685 2700 DW 1500 By ei 3000 840 840 2250 are — 3000 300 300 320 = 100 100 50 50 8975 Summa der Einnahmen | 9745 Ber PMLeche N a ee RER II. | Vergütungen IV. | Neujahrsgeschenke V. | Für Heizung VI. | Beleuchtung XII. | Buchbinderarbeiten XII XIV. | Kleine Auslagen XV. | Für verschiedene Seetionen XVI. | Bibliothek XVI. | Unvorhergesehene Ausgaben Breslau, den 13. December 1891. Feuer-Versicherungs-Gebühr IX. | Für Schreibbedarf X. | Zeitungs-Anzeigen XI. | Druckkosten Ausgaben. er 01T Tr terre Tr Tr Tr Teer‘ III. | Gehalt dem Kastellan und Pension Bee gie ee e) 0,0, 6 e eie =) 8, 0, eu 20 © a .e. 0,0 = a a a .o,a. 0 © je, ae s Unterhaltung der Mobilien, Neu-Anschaffungen .e0n 8011er Tr 00. se, 0./e/le e. 8 oe .e wzsr a) nu we, elleı.selre/ eie ee el .er/e,jea.a, -Zieierlare 700. 12020080020. ON OR OU N OROLNE FOTORE WON IT ee see)sa elle kakelıı zeinew als feier an erlakanua le nfiuteerleileilenten ei änkieiliurie Drum: slellat elle, un La telel/el a. ;e..e' ejlenim.,arie, /u,ie/ie.'ekiere reise, weatlsmametiet allen reise leiteis) sieın) elle nes nle, alien allarlaunajt wiyni neh alminn ze Sen OxewD.0.0 0 8, Qu O0 OO AED DEE ENT Summa der Das Präsidium der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur. Heidenhain, Präses, Biermer, Vice-Präses, Dickhuth, General-Secr. Poleck, zweiter Gen.-Secr. Max Wiskott, Schatzmeister, Ausgaben | 8100 Verzeichniss sämmtlicher Mitglieder der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur. Für die Etatszeit von 1892 und 1893. Die römischen Ziffern hinter den Namen bezeichnen die Sectionen (I. die medi- einische, II. die hygienische, III. die naturwissenschaftliche, IV. die botanische, V. die geographische, vacat, VI. die historische, VII. die archäologische, VIII. die Section für Staats- und Rechtswissenschaft, denen die betreffenden Herren bei- getreten sind. Die Sitzungen. der einzelnen Sectionen werden jedesmal durch die Zeitungen bekannt gemacht; übrigens haben nach $5 der Statuten alle Mitglieder der Gesellschaft das Recht, an denselben theilzunehmen. Präsidium der Gesellschaft. A. Vollziehender Ausschuss. Herr Geheimer Medicinal-Rath, Professor, Dr. Heidenhain, Präses. — Geheimer Medicinalrath, Professor Dr. Biermer, Vice-Präses. — Bürgermeister Diekhuth, General-Secretair. — Geheimer Regierungs-Rath, Professor Dr. Poleck, zweiter General- Secretair. — Kaufmann und Fabrikbesitzer Max Wiskott, Schatzmeister, B. Directoren. Herr Cohn, Ferdinand, Dr., Geheimer Regierungsrath, Professor, — Förster, Dr., Geh. Medieinalrath und Professor. — Fritsch, Dr., Geh. Mediecinalrath und Professor. — Grünhagen, Dr., Geheimer Archiv-Rath und Professor. — Kayser, Dr., Dompropst und Professor. 10 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Herr Keil, Dr., Staatsanwalt. — Ladenburg, Dr., Geh. Regierungsrath und Professor. — Schmidt, Ober-Regierungsrath a. D. — Schöller, Leopold, Geh. Commerzienrath. — Weber, General-Major z. D. C. Secretaire der Sectionen. Herr Born, Dr., Professor und Proseetor, Secretair der medieinischen Section. — Buchwald, Dr., Privatdocent, dirigirender Arzt des Wenzel Hancke’schen Krankenhauses, Secretaäir der medieinischen Section. — Cohn, Ferd., Dr., Geheimer Regierungsrath, Professor, Secretair der botanischen Section. — Cohn, Hermann, Dr., Professor, III. Seeretair der hygienischen Section. — Elster, Dr., Professor, Secretair der Section für Staats- und Rechts- wissenschaft. — Flügge, Dr., Professor, I. Secretair der hygienischen Section. IE Fritsch, Dr., Geh. Medieinalrath und Professor, Secretair der medieinischen Section. — Hintze, Dr., Professor, II. Secretair der naturwissenschaftlichen Section. — Jacobi, Dr., Sanitätsrath, Privat-Docent und Königlicher Bezirks- Physikus von Breslau, II. Secretair der hygienischen Section. — Keil, Dr., Staatsanwalt, Secretair der Section für Staats- und Rechtswissenschaft. — Mikuliez, Dr., Geh. Medieinalrath und Professor, Secretair der medicinischen Section. — Poleck, Dr., Geh. Regierungsrath und Professor, I. Secretair der naturwissenschaftlichen Section. — Ponfieck, Dr., Geh. Medieinalrath und Professor, Secretair der medieinischen Section. — Prantl, Dr., Professor, Secretair der Section für Obst- und Gartenbau. | — Reimann, Dr., Professor, Director des Realgymnasiums zum heil. Geist, Secretair der historischen Section. — Schmarsow, Dr., Professor, Secretair der archäologischen Section. — Schmidt, Ober-Regierungsrath a. D., Secretair der Section für Staats- und Rechtswissenschaft. — Schöller, Leopold, Geh, Commerzienrath, Secretair der Section für Staats- und Rechtswissenschaft, Mitglieder-Verzeichniss. 11 D. Für die Bibliothek und die Museen. Herr Galle, Dr., Geheimer Regierungsrath, Professor. — Limpricht, Lehrer an der höheren Bürgerschule, Custos der Bibliothek. — Schube, Dr., Lehrer am Realgymnasium am Zwinger, Custos der Herbarien und der naturwissenschaftlichen Sammlungen, Die Bibliothek ist jeden Mittwoch von 3—5 Uhr, die Herbarien jeden Donnerstag von 3—5 Uhr Nachmittags geöffnet. A. Wirkliche einheimische Mitglieder. 1. Herr Agath, Georg, Kaufmann und Mitinhaber der Firma A. Friebe. 2. 17, 18, ah A Höfchenerweg Agath’sche Villa. VII. 1891. Alexander, Dr, med,, Privatdocent. I. II. 1885. Bahnhof- strasse 7. Althans, Geh. Ober-Bergrath. II. III. 1874. Claassenstr. 5. Anderssohn, A., sen., Kaufmann. III. 1888. Anderssohnstr. 9. Asch, S$.sen., Dr. med. I. II. 1857. Schweidnitzerstadtgr. 29. Asch, Robert, Dr. med., Tauentzienstrasse 6a. 1890. Auerbach, L., Dr. med., Professor. I. II. III. 1856. Agnes- strasse 2, Baum, F., Redacteur und Rittergutsbesitzer. III. VI. VIII 1889. Kaiser Wilhelmstr. 87. Bauch, 6., Dr. phil., Oberlehrer an der höheren Bürgerschule Nr. 2. VII. 1883. Ohlauufer 28. Beck, Otto, Kaufmann. VHI. 1880. Schweidnitzerstadtgr. 30. Becker, Directorial-Assistent am Schles. Provinzial-Museum. VII. 1886. Berlinerstr. 56a. Bender, Ober-Bürgermeister. VIII. 1891. Museumsstr. 7. Bielschowsky, Emil, Dr. med. I. II. 1889. Ring 15. Biermer, Dr. med., Geh. Medieinalrath, Professor, Direetor der medieinischen Klinik und Poliklinik. I. II. VIII. 1874. Neue Taschenstr. 31. Bluhm, W., Apotheker. 11. III. IV. 1875. Tauentzienstr. 32b. Bobertag, Dr. phil, Privat-Docent, Oberlehrer am Real- gymnasium zum heiligen Geist. VI. 1872. Lehmdamm 60. Bock, Joh. Andr., Fabrikbesitzer und Apotheker. III. 1853. Tauentzienstr. 12, Böttner, F., Dr. phil., Gymnasiallehrer. VI. 1883. Münz- strasse 10, 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34, 35. 36. 37, 38. 39. 40, 41. 42. 43. Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. ;‚ Herr Born, Dr.,‚med.,: Professor .;und Proseetor.; 1. II. 1875. Wallstr. 8. Bornemann, OÖber-Regierungsrath. VII. 1889. Berliner- strasse 77. Bröer, Max, Dr. med., Stabsarzt a.D. I. I. 1874, Carlspl. 3. Bruck, Julius, Dr. med., Professor. I. II. 1871. Schweid- nitzerstr, 27. Bruck, Leonh., Banquier. VI. VIII. 1880. Kaiser Wilhelm- strasse 14. v. Brunn, Ober-Bergrath. III. 1888. Claassenstr. 19. Büchler, Dr. med. I. IH. 1885. Carlsstr. 45. Buchwald, Dr. med., Privatdocent, dirigirender Arzt des Wenzel Hancke’schen Krankenhauses. I. II. 1878, Neudorf- strasse 95. Burchardt, Dr. med., Sanitätsrath, dirigirender Arzt der Schlesischen Augen-Heilanstalt. I. II. 1873. Forckenbeck- strasse 11. Butter, Fritz, Dr. phil. III. 1892. Grosse Feldstr. 10b. Caro, Georg, Dr. jur., Kaufmann. VI. VII. 1877. In Berlin. Caro, Siegmund, Dr. med., Sanitätsrath. I. II. 1868. Garten- strasse 34. Caro, Jacob, Dr. phil., Professor. VI. VII. 1886. Kaiser Wilhelmstr. 85. Chotzen, M., Dr. med. I. II. 1888. Neue Graupenstr. 7, Cohn, Ferdinand, Dr. phil. et med., Geh. Regierungsrath, Professor, Direetor des pflanzenphysiologischen Instituts. II. III. IV. 1852. Schweidnitzerstadtgr. 26. Cohn, Hermann, Dr. med. et phil., Professor. I. II. 1864. Schweidnitzerstadtgr. 24. Cramer, Ernst, Dr. med. I. I. 1892. Sonnenstr. 28. Chun, Dr., Professor, Director des zoologischeu Instituts. III IV. 1891. Heiligegeiststr. 13. Dickhuth, Gustav, Bürgermeister. VIII. 1884. Fränkelplatz 9. Dieck, Dr. phil., Hauptm. a. D., Oberlehrer an der Vietoria- Schule. III. 1875. Blücherstr, 14. Dieterici, Dr. phil., Professor. III. 1890. Ohlauerstadtgr. 23. Dittrich, Fürstbischöfl. Ober-Consistorialrath. VIII. 1863. Domplatz 2. Dyhrenfurth, Dr. med. I. II. 1879. Moltkestr. 10. Eckhardt, Wilhelm, Stadtrath. IV. VIIL. 1879. Albrechts- strasse 37. Ehrlich, Eugen, Kaufmann und Fabrikant. VIII. 1879, Schweidnitzerstadtgraben 16, Mitglieder-Verzeichniss. 13 . Herr Eicke, Dr. med., Sanitätsrath, Besitzer einer Irren-Anstalt. I. I. 1881. Pöpelwitz. Eidam, Eduard, Dr. phil., Direetor der agrieulturbotan. Ver- suchs- u. Samencontrolstation. IV. 1875. Matthiasplatz 6. Elias, Dr. med., Sanitätsrath. I. II. 1875. Gartenstr. 31. Elsner, Dr. phil., Redacteur. III. VI. 1840. Grünstr. 22. Elster, Dr. phil., Professor. VI. VIII. 1888. Vietoriastr. 14. Freiherr von Falkenhausen, Rittmeister a..D. VI. 1877. Wallisfurth bei Glatz. Fendler, Justizratk, Rechtsanwalt und Notar. VIII. 1831. Palmstr. 27. Fiedler, Dr. phil., Director der Königl. Ober-Realschule. II. 1859. Lehmdamm 3. Filehne, Dr. med., Professor, Director des pharmakologischen Instituts. I. II. 1386. Blumenstr. 3b. Fischer, B., Dr. phil., Direetor des chemischen Untersuchungs- Amts. Ill. 1892. Klosterstr. 74. Flügge, Dr. med., Professor, Director des hygienischen In- stituts. I. 1887, Ohlauerstadtgr. 16. Förster, Dr. med., Geh. Medicinalrath, Professor, Director der ophthalmiatrischen Klinik. I. II. 1855. Ohlauerstadt- graben 17/18. Foitzick, M., Ober-Bergrath. III. 1890. Tauentzienstr. 26. Frank, H,, Rentier. III. VIII. 1890. Kronprinzenstr. 43. Franke, Dr. phil, Lehrer am Realgymnasium zum heiligen Geist. III. IV. 1886. Neue Matthiasstr. 9. Fränkel, Ernst, Dr. med., Privatdocent. I. I. 1871. Tauentzienstr. 67. Fränkel, Gustav, Dr. med., Sanitätsrath. I. I. 1874. Neue Schweidnitzerstr. 16. Fränkel, S$., Dr. med. I. 1881. Kaiser Wilhelmstrasse 73. Freund, E. S., Dr. med. I. 1I. 1889. Schweidnitzerstadt- graben 27. Freund, Justizrath, Rechtsanwalt und Notar. VIII. 1865. Schweidnitzerstadtgraben 20. Freund, C. B., Dr. med., Privatdocent. I. II. 1884. Schiller- strasse 7. Fridrichowiez, Apotheker. III. IV. 1888. Adalbertstr. 17. Friedenthal, A., Kaufmann. VII. 1887. Königsplatz 6. Friedländer, Julius, Stadtrichter a. D., Director der Bresl. Wechslerbank. VIU. 1879. Schweidnitzerstadtgraben 18. Friedlieb, Dr. theol., Professor. VII. 1847. Schmiede- brücke 35, Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. . Herr Frief, Alfred, Königl. Regierungs- und Gewerberath. 1. 1875. Fränkelplatz 9. Fritsch, Dr. med., Geh. Medieinalrath, Professor, Director der geburtshilflichen Klinik. I. II. 1882. Maxstr. 5. Fritsch, Apothekenbesitzer. III. IV. 1837. Blücherplatz 3. Fuhrmann, Wilhelm, Dr., Sanitätsrath, Direetor der Prov.- Hebammen-Lehranstalt. I. II. 1879. Kronprinzenstr. 23/25. Galle, Dr. phil., Geh. Regierungsrath und Professor, Direetor der Sternwarte. VI. 1852. Universität. Gerlach, Dr., Privatdocent. VIII. 1890. Ohlauufer 28. Goldschmidt, Michael, Kaufmann. VIII. 1870. Freiburger- strasse 24. Gottstein, Dr. med., Professor. I. I. 1866. Gartenstr. 8. Grempler, Dr. med., Geheimer Sanitätsrath. I. II. 1854. Gartenstrasse 35b. Grosspietsch, J., Hoflieferant. VIII. 1887. Schweidnitzer- stadtgraben 22. Grünhagen, Dr. phil., Geheimer Archiv-Rath und Professor, VI. 1851. Neue Taschenstr. 17. Grünhagen, Wilh., Apotheker. III. IV. 1881. Moritzstr. 7. Grüttner, Oscar, Kaufmann. IV. 1883. Ring 41. Grüttner, Curt, Regierungsrath. VIII. 1890. Kaiser Wilhelm- strasse 70. Grund, Max, Kaufmann. VIII. 1880. Kaiser Wilhelmstr. 22. Gühmann, P., Dr. med., I. II. 1892. Neumarkt 22. Guttmann, Albrecht, Kaufmann. VIII. 1887. Zwingerstr. 5a. Haber, Siegfried, Kaufmann. VIII. 1887. Nikolaistadtgr. 9. Härtel, H., Fabrikant chirurgischer Instrumente. I. II. 1873. Weidenstr. 33. Hainauer, Hermann, Particulier. III. VIII. 1866. Schiller- strasse 8. Hainauer, Julius, Commissionsrath, Buchhändler. II. VIH. 1871. Schweidnitzerstr. 52. Hancke, Dr. jur., Gerichts-Assesor. VIII. 1390. Tauentzien- platz 11. Hannes, Dr. med. I. II, 1873. Neumarkt 18. Hecke, Oscar, Dr. med., Arzt am Barmherz. Brüderhospital. I. II. 1880. Forekenbeckstr. 9. Heidenhain, Dr. med., Geheimer Medieinalrath, Professor, Director des physiologischen Instituts. I. II. 1859. Ohlauer- stadtgraben 16. Heilborn, Max, Dr. med. I. II. 1876. Junkernstr. 12. Heilbrun, $., Dr, med. I. I. 1892. Tauentzienplatz 9, 96. 97. 98. 92. 100. 101. 102. 103. 104, 105. 106. 107. 108. 109. 110. 111, 112. 113. 114. 115. 116. 117. 118. 119. 120, 121. Mitglieder-Verzeichniss. 15 Herr Heimann, Dr. med. I. II. 1877. Telegraphenstr. 7. — Heimann, Geh. Commerzienrath und Banquier. VIII. 1885. Ring 33. Heinrich, Th., Kaufmann. VII. 1890. Alexanderstr. 22, Heinsius, Ober-Regierungsrath. VII. 1887. Am Oberschl. Bahnhof 20. Heinz, Dr. med., Privatdocent. I. II. 1891. Brüderstr. 32. Heller, Dr. med. I. IH. 1853. Neumarkt 27. Hensel, Paul, Stadtgerichtsrath a. D. IH. VI 1877. Garvestr. 16. Hermann, Regierungsrath und Eisenbahn-Director. VII. 1886. Am Oberschles. Bahnhof 20. Hiller, Dr. med., Stabsarzt und Privat-Docent. I. II. 1883, Friedrich-Wilhelmstr. 71. Hintze, Dr. phil., Professor, Director des mineral. Museums. III. 1837. Moltkestr. 7. Hirt, Ludwig, Dr. med., Professor. I. II. 1871. Museums- platz 3. Holdefleiss, Dr. phil., Professor, Director des landwirth- schaftl. Instituts. IL. IV. 1879. Rosenthalerstr. 1b. Holz, Albert, Banquier. VIII. 1887. Gartenstr. 46. Honigmann, Dr. jur., Rechtsanwalt. VII. 1887. Carls- strasse 23. Hübner, General - Landschafts - Syndikus a. D., Geheimer Regierungsrath. VII. 1854. Am Oberschl. Bahnhof 8. Hübner, A., Stadtrath u. Kaufmann. VIII. 1856. Albrechts- strasse 51. Huiwa, Franz, Dr. phil., vereideter Chemiker. Il. 1871. Tauentzienstr. 68. Jacobi, J., Dr. med., Privatdocent, Sanitätsrath, Bezirks- Physikus von Breslau. I. II. 1874. Moltkestr. 18. Jänicke, Arthur, Dr. med. I. II. 1880. Neue Taschen- strasse 12, Janicke, Otto, Dr. med., dirigirender Arzt des Augusta- Hospitals. I. II. 1880. Ohlauerstadtgraben 23. Jünger, A., Buchhändler. VI. VIII. 1884. Bismarckstr. 16. Juliusburger, Eduard, Dr. med. I. I. 1874. Neue Schweidnitzerstr. 17. Junger, Ernst, Kunstgärtner. IV. 1872. Lehmdamm 34. Kabierske, Dr. med, I. II. 1859. Klosterstr, 81. Kamm, M., Dr. med. I. II. 1890. Matthiasplatz 1. Kauffmann, $., Kaufmann und Fabrikbesitzer. VIII. 1887. Tauentzienplatz 3a. Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Culiur. . Herr Kauffmann, Max, Fabrikbesitzer. VIII. 1888. Museums- platz 2. Kayser, Dr. med. I. II. 1884. Königsstr. 11. Kayser, Johann, Dr. theol., Dompropst, Professor. VII. 1884. Domstr. 6. Keil, Dr. jur., Staatsanwalt. VIII. 1887. Augustastr. 51. Kemna, Julius, Fabrikbesitzer. VIII. 1880. Kaiser Wilhelm- strasse 64. Kempner, Dr. med., Sanitätsrath. I. II. 1873. Tauentzien- platz 15. Kindel, W., Ober-Landesgerichtsrath. VII. 1892. Palm- strasse 30. Kirsch, Oberst z. D. II. VI. 1885. Moritzstr. 25. Kny, Dr. phil., Professor, Director des pflanzenphysiologischen Instituts der Universität und der landwirthschaftl. Hochschule in Berlin. Wilmersdorf bei Berlin. III. 1869. Kolbenach, Staatsanwalt. VIII. 1888. Teichstr. 3. Köbner, Hugo, Dr. med. I. II. 1880. Schweidnitzerstr. 9. Köhler, General-Major z. D. VI. VII. 1874. Am Ober- schlesischen Bahnhof 24. Körber, W., Dr. phil, Gymnasiallehrer. VI. VII. 1883. Neudorfstr. 38. Körner, Theodor, Dr. med. I. II. 1875. Claassenstr. 7. Körner, Paul, Fabrikbesitzer. VIII. 1885. Kaiser Wilhelm- strasse 42. Kohn, Richard, Dr. med. I. II. 1834. Telegraphenstr. 9. Kolaezek, Dr. med., Professor. J.. Il..:'1875. Kaiser Wilhelmstr. 58. Kopisch, Stadtrath und Kaufmann. VIII. 1889. Ernststr. 7. von Korn, H., Stadtältester und Verlags-Buchhändler. III. VI. 1853. Schweidnitzerstr, 47. Krause, Robert, Dr. med. I. II. 1890, Friedrich-Wilhelms- strasse 2a. | Krebs, Dr. phil., Oberlehrer an dem Realgymnasium am Zwinger. VI. 1873. Kaiser Wilhelmstr. 14. Krönig, Regierungs-Rath. VIII. 1887. Am Oberschlesischen Bahnhof 9. | Kruse, Dr. phil., Privat-Docent. VI. 1890. Garvesir. 2. Kunisch, H., Dr. phil., Lehrer an der katholischen höheren Bürgerschule. III. VI, 1883. Friedrichstr. 84/86. Kutzleb, Dr, phil., General-Seeretair des Landwirthschaftl. Centralvereins. VIII. 1888. Matthiasplatz 6. . Kuznitzky, Dr. med. I. IL, 1892. Neue Taschenstr, 33, Mitglieder-Verzeichniss. 17 148. Herr Ladenburg, Dr. phil., Geh. Regierungs-Rath, Professor, 149, 150. 151. 49 Director des chem. Instituts. III. 1889. Kaiser Wilhelm- strasse 43, Lange, Dr. med., Geh. Sanitätsrath. I. II. 1853. Ursu- linerstr. 5/6. Landmann, Dr. med. I. II. 1890. Tauentzienstr. 4. Langenhan, A., Bezirks-Bevollmächtigter der Lebens-Ver- sicherungsbank für Deutschland in Gotha. III. IV. 1881. Gartenstr. 23c. Lasinski, Dr. med. I. II. 1874. Taschenstr. 19. Lesser, Adolf, Dr. med., Professor, gerichtl. Stadt-Physikus, I. 1886. Teichstr. 5. Limpricht, G., ordent, Lehrer an der höheren Bürgerschule Nr. 2. IV. 1877. Palmstr. 29. Lion, Dr. med. I. II. 1869. Herrenstr. 20. Lorinser, Dr. theol., Domeapitular. IV, 1859. Domstr. 19. Lühe, W., Amtsgerichts-Rath und Hauptmann. VI. VII. 1884. Palmstr. 26. | Lunge, Carl, Dr. jur., Amtsger.-Rath, VIII. 1880. Königs- platz 3b. Magnus, Hugo, Dr. med., Professor. I. II. 1832. Am Ober- schlesichen Bahnhof 23. Malachowski, E., Dr. med. I. II. 1889. Schweidnitzer- strasse 28. Mannowsky, Reichsbank-Direetor. VIII. 1891. Wallstr. 11. Markgraf, Dr. phil., Professor, Stadt-Bibliothekar u. Archivar. VI. VII. 1865. Rossmarkt 7/9. Martius, Georg, Stadtrath. VIII. 1887. Vorwerksstr. 29. Martini, Dr. med. et phil., Sanitäts-Rath. I. I. 1871. Taschenstr. 25, Martins, Kgl. Reichsbank-Director a. D., Geh. Regierungs- Rath. II. 1873. Kleinburg. Maschke, Dr. phil., Medicinal-Assessor und Apotheker. I. III. 1855. Ohlauufer 31. Graf von Matuschka, Kgl. Forstmeister a. D. IV. 1872. An der Kreuzkirche 4, Merkel, E., Lehrer am Realgymnasium zum heil. Geist. II. IV. 1884, Thiergartenstr. 43. Methner, Alf., Dr. med., dirigirender Arzt bei Bethanien. I. I. 1891. Klosterstr. 86. Meyer, OÖ. E., Dr. phil., Professor, Geh. Regierungs-Rath, Direetor des physikalischen Cabinets, III. 1878, Schuh- brücke 38/39. 18 178. 150. 181. 182. 183. 184, 185. 186, 187, 188, 189. 190, 191, 192. Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. . Herr Meyer, $., Dr. med., Sanitätsrath. I. II. 1887. Tauentzien- platz 3. Mez, Carl, Dr. phil., Privatdocent. IV. 1890. Monhaupt- strasse lc. Mileh, Ludwig, Dr. phil., Assistent am mineralogischen IV. 1892. Tauentzienplatz 12. Milch, Benno, Commissionsrath und Director der Breslauer Baubank. III. VIII. 1863. Holteistr. 44. Mikuliez, Dr. med., Geh. Medieinalrath und Professor, Di- reetor der chirurgischen Klinik. I. I. 1890. Villa Sachs Maxstrasse. Molinari, Leo, Geh. Commerzienrath, italienischer Consul. vill. 1883. Kaiser Wilhelmstrasse 113. Morgenstern, E., Verlags-Buchhändler. VIII. 1861, Garve- strasse 18. Müller, Max, Verlags-Buchhändler. III. IV. 1869. Teich- strasse 8. Müller, Julius, Apotheker. II. III. 1873. Kaiser Wilhelm- strasse 17. Müller, Ernst, Oberamtmann. III. 1866. Matthiasplatz 13. Mugdan, Joachim, Kaufmann. VII. 1877. Ring 49. Neefe, Dr. phil., Director des städtischen statistischen Amts. VI. VIII. 1887. Klosterstr. 24. Neisser, Albert, Dr. med., Prof., Director der Universitäts- Klinik für Hautkrankheiten. I. II. 1882. Museumsstr. 11. Nesemann, Dr. med., Bezirks-Physikus. I. II. 1891. Kaiser Wilhelmstrasse 54. Neumeister, Dr. med. I. II. 1873. Klosterstr. 88. Neustadt, L., Dr. phil. VI. VIII. 1887. Neue Graupen- strasse 11. Niche, Edmund, Apotheker. IV. VIII. 1885. Charlotten- strasse 10. Freiherr Juncker von Ober-Conreut, Wirklicher Geh. Ober-Regierungs-Rath, Regierungs-Präsident. VI. 1877. Königliche Regierung. Opitz, Otto, Kaufmann u. Fabrikbesitzer. VIII. 1888. Ohlauer- Stadtgraben 20. Pannes, Dr. phil., Apotheker. U. III. 1874. Neue Graupen- strasse 9. Partsch, Carl, Dr. med,, Professor. I. II. 1880. Tauentzien- strasse 11. Pfannenstiel, Dr. med., Privatdocent. I, II. 1891. Kloster- strasse 1f, Mitglieder-Verzeichniss. 19 193. Herr Peiper, R., Dr. phil., Prof., Gymnasial-Oberlehrer. VI. VII. 194. 197. 198. 139; 200, 201. 202. 203. 204. 205. 206. 207. 208. 209. 210. 211. 212. 213. 214, 1867. Paulstr. 20. Plüddemann, Stadt-Baurath. I. VIII. 1887. Kaiser Wilhelm- strasse 58. Poleck, Dr. phil, Geh. Regierungs-Rath und Professor, Director des pharmaceutischen Instituts. II. III 1868. Schuhbrücke 38/39. Ponfick, Dr. med., Geh. Medicinalrath, Professor, Director des pathologischen Instituts. I. II. 1878. Novastr. 3. Poppe, Oscar, Rechtsanwalt. VIII. 1887. Hummerei 57. Prantl, Dr. phil., Professor, Director des botanischen Gartens. IIL, IV. 1889. An der Kreuzkirche 3. Pringsheim, Max, Kaufmann. VII. 1888. Garten- strasse 22a. Pringsheim, Fedor, Stadtratb. VIII. 1892. Schweidnitzer Stadtgraben. von Prittwitz und Gaffron, Regierungs-Referendar a. D., VI. 1873. Teichstr, 8, Graf von Pückler, Königl. Wirklicher Geheimer Rath, Excellenz, Ober-Mundschenk, General-Landschafts-Director und Königl. Kammerher. VIII. 1875. Graf v. d. Recke-Volmerstein, General-Landschafts-Re- präsentant und Königlicher Kammerherr. IH. VI. 1863. Kleinburg. Reich, Carl, Dr. med. I. II. 1875. Neue Graupenstr. 14. Reichelt, Const., Dr. med., Sanitäts-Rath. I. II. 1880, Matthiasplatz 17. Reimann, Dr. phil., Professor, Direetor des Realgymnasiums zum heiligen Geist. VI. 1847. Augustaplatz 1. Reinbach, Dr. med. I. II. 1874. Freiburgerstr. 24. Reinkober, Dr. med., Königl. Kreiswundarzt. I. II. 1887. Bahnhofstr. 17. Reitzenstein, Herm., Amtsrichter, Ohlauerstadtgraben 17. Richter, Emil, Dr. med., Medieinalrath, Professor. I. II. 1872. Neue Taschenstr. 21. Riehter, Dr. med., Sanitätsrath., I. II. 1889. Tauentzien- strasse 84b. Richter, Bruno, Kunsthändler. VIII. 1886. Schweidnitzer- strasse 8. Richter, H., städtischer Garten-Inspector. IV, 1887. Breite- strasse 25. Riegner, Oscar, Dr. med,, Primair-Arzt am Allerheiligen- Hospital, I. II. 1874, 9%* 237. 233. Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. . Herr Riemann, Paul, Kaufmann. VII. 1880. Kupferschmiede- strasse 8. Riesenfeld, B., Dr. med. I. II. 1874. Ohlauer-Stadt- graben 28. Riesenfeld, E., Dr. med. I. II. 1887. Tauentzienstr. 1. Röhmann, Dr. med., Privatdocent, Assistent am physiolog. Institut. I. II. 18883. Ohlauerstadtgraben 16. Röpell, Dr. phil., Geh. Regierungs-Rath und Professor. VI. 1843. Zimmerstr. 14. Röpell, M., Regierungs-Rath und Eisenbahn-Direetor. VIII, 1888. Berlinerplatz 20. Rosemann, Dr. med. I. II. 1877. Hirschstr. 35. Rosen, F., Dr. phil., Assistent am pflanzenphysiolog. Institut. IV. 1891. Kleine Domstr. 7. Rosenbach, Dr. med., Professor, Primär-Arzt am Aller- heiligen-Hospital. I. II. 1878. Königsplatz 6. Rosenfeld, Georg, Dr. med., Badearzt. 1. II. 1886. Taschen- strasse 25. Rosenthal, Carl, Kaufmann. VIII. 1887. Freiburgerstr. 34. Rügner, Dr. med., Sanitätsrath. I. II. 1870. Tauentzien- strasse 79. Sachs, Emil, Kaufmann und Rittergutsbesitzer. VIII. 1888. Gartenstr. 9. Sandberg, Ernst, Dr. med., dirig. Arzt am Fränkel’schen Hospital. I. II. 1876. Junkernstr. 1/2. Schäfer, Friedrich, Dr. med. I. I. 1881. Königsplatz 1. Schieweck, Dr. phil,, Oberlehrer an der evang. höheren Bürgerschule Nr. 1. IV. 1875. Siebenhufenerstr. 32. Schiff, Dr. phil., ordentl. Lehrer am Johannes-Gymnasium. II. IV. 1888. Mauritiusstr. 16. Schlesinger, Dr. med. I. II. 1881. Ring 57. Schlesinger, Julius, Kaufmann. VII. 1887. Kaiser Wil- helmstrasse 77. Schmarsow, Dr. phil., Professor, Director des Instituts für neuere Kunstgeschichte. VII. 1885. Geartenstrasse 32. Schmeidler, Dr. med., Sanitätsrath. I. II. 1870. Schweid- nitzerstadtgraben 21b. Schmidt, H., Ober-Regierungs-Rath a. D. VI. VII. 1885. Breitestr. 28. Schmiedel, Dr. med., Sanitätsrath, Bezirks-Physikus der Stadt Breslau. I. II. 1882. Tauentzienstr. 68a. Schnabel, Dr. med., Sanitätsrath, dirigirender Arzt des Barmh, Brüder-Hospitals. I. II. 1874. Taschenstr. 13/15. . Mitglieder-Verzeichniss. 91 239. Herr Schollmeyer, Ober-Bergrath. III. 1890. Kaiser Wilhelm- 240, 241. 242, 243, 244, 245, 246, 247. 248. 249. 250, 251. 252. 253. 254. 259. 256. 257, 258. 259. strasse 97. Schöller, Leop., Geh. Commerzienrath. VII. 1874, Königs- platz 5a. Schönborn, Dr. phil., Oberlehrer an dem Realgymnasium zum heiligen Geist. VI. VII. 1875. Paulstr. 9. Schott, M. G., Kaufmann und Fabrikbesitzer, VII. 1879, Matthiasstr. 28a. Schottländer, Julius, Banquier und Rittergutsbesitzer. VIII, 1874. Tauentzienplatz 2. Schröter, Dr. med., Professor, Ober-Stabs- u. Regimentsarzt, I. IV. 1880. Kohlenstr. 12, Schube, Theodor, Dr. phil., Lehrer am Realgymnasium am Zwinger. IV. 1886. Tauentzienstr. 65. Schück, Dr. phil., Professor und Prorector a. D. VII. 1847. Tauentzienstr. 68a. Schulze, Dr. phil., Direetor der agriculturchemischen Ver- suchsstation des landwirthschaftlichen Centralvereins. II. IV. 1886. Matthiasplatz 14. Schwahn, Dr. med., Sanitätsrath, Ober-Stabsarzt a. D. und Kreis-Physikus. I. II. 1883. Seminargasse 13. Seidel, Hermann, Fabrikbesitzer und Kaufmann, VIII. 1872. Ring 27. Senftleben, Dr. med., Ober-Stabsarzt a. D. I. II. 1876. Kaiser Wilhelmstr. 13. von Seydewitz, Dr., Königl. Wirklicher Geheimer Rath, Ober-Präsident der Prov. Schlesien und Curator der Königl. Universität, Excelienz. VIII. 1880. Silbermann, Dr, med. I. II. 1877. Tauentzienplatz 6. Simm, Felix, Dr. med. I, II. 1876. Carlsstr. 21. Simon, Hermann, Dr. med. I. IL 1885. Garten- strasse 15, Skene, Carl, Kaufmann u, Fabrikbesitzer. VIII, 1880. Königs- platz 5a, Skutsch, Dr. med., Sanitätsrath, I, Il. 1880. Tauentzien- strasse 26b. Soltmann, Dr. med., Professor, dirig. Arzt des Wilhelm- Augusta-Hospitals.. I. II. 1875. Gartenstr. 29a. Sombart,Dr. phil., Professor. VIII. 1890. Kaiser Wilhelm- strasse 101. Sommerbrodt, Dr. med., Professor. I. Il. 1865. Neue Taschenstr, 6, 22 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 260. Herr Spiegel, Steindruckerei - Besitzer. II. III. 1868. Neue 261. 262. 263. 264. 2695. 266. 267. 268. 269. 270. 271. 272. 273. 274, 275. 276. 277. 278. 279. 280, 281. 282. 233. Schweidnitzerstr. 4. Spitz, Baruch, Dr.med. I. II. 1890. Neue Schweidnitzerstr. 1. Steinitz, $., Dr. med. I. II. 1877. Eraststr. 7. Steinschneider, Dr. med., Badearzt. I. II. 1890. Moritz- strasse 15. Stenzel, Dr. phil., Professor und Oberlehrer a. D. III. IV. VI. 1858. Ohlauerstadtgraben 26. Suermondt, William, Bergwerksbesitzer. Kaiser Wilhelm- strasse 97. Stern, Emil, Dr. med,, Sanitätsrath, Kreis-Wundarzt. I. I. 1873. Tauentzienplatz 3. Steuer, Philipp, Dr. med., Stadtrath. I. II. 1873. Neue Taschenstr. 3, Strube, Dr. med., Generalarzt I. Kl. des VI, Armee-Corps. I. II. 1885. Museumsstr. 7. Töplitz, Th., Dr. med. I. I. 1875. Teichstr. 2. von Trautschold, Dr., Wirklicher Staatsrath und Pro- fessor, Excellenz. III. IV. 1888, Kaiser Wilhelmstr. 87. Treu, Professor, Direetor des Königl. Friedrich-Gymnasiums. VI. 1884. Carlsstr. 20. Trewendt, Ernst, Verlags-Buchhändler. III. IV. 1880. Tauentzienplatz 7. Tscehackert, Dr. phil., Geh, Regierungs- und Provinzial- Schulrath, Professor. VI. 1883. Garvestr, 13. von Tschepe, Geh. Bergrath. II. 1864. Klosterstr. 22a. Ulrich, Dr. med., Medicinal-Assessor u. Departements-Thier- arzt. II. IV. 1873. Bahnhofstr. 23. Viertel, Dr. med. I. II. 1875. N. Schweidnitzerstr. 12. Völker, Hermann, Fabrikbesitzer. VIII. 1881. Kleinburg. Volkmann, W., Dr. phil, Gymnasiallehrer. VII. 1883. Bismarckstr. 39. Wagner, E., Dr. phil., Mathematiker. III. VIII. 1892. Moritz- strasse 29. von Wallenberg-Pachaly, Gotth., Banquier und Consul von Schweden und Norwegen. VII. 1887. Kaiser Wil- helmstrasse 112. Walter, Stadtrath und Rittergutsbesitzer. II. 1855. auf Eisenberg. | Weber, Generalmajor z. D. II. IV. V. 1868. Tauentzien- platz 4. Weiske, Dr. phil., Professor, Direetor des thierchemischen Institnts. II. II. 1881. Moltkestr. 18, Mitglieder-Verzeichniss. 33 284. Herr Weissstein, A., Dr. phil., Apothekenbesitzer. I. II. 1878. 285. — 286. — ARAE BB 289. — 290. — 291. — 292. — 293. — 294, .— 295. — 296. — 297. — 2938. — 299. — 1. Herr uch “"Seanpump eur el = Hintermarkt 4. Werner, Hermann, Apotheker. II. III. IV. 1868. Ring 44. Wernicke, C., Dr. med., Medieinalrath, Professor, Direetor der psychiatrischen Klinik und Poliklinik. I. 1885. Kloster- strasse 87, Werther, Adolf, Commerzienrath, VII. 1876. Schweid- nitzerstadtgraben 24. Wiener, Max, Dr. med., Professor, I. 1879. Tauentzienstr. 65. Wiskott, Theod., Commerzienrath. VIII. 1872. Ohlauufer 6. Wiskott, Max, Fabrikbesitzer und Kaufmann, II. VIH. 1872. Kaiser Wilhelmstr, 69, Wocke, Dr. med. I. V. 1847. Klosterstr. 87. Wolff, Paul, Kaufmann. IV. 1870. Klosterstr. 86. Wolff, Dr. med., Geh. Regierungs- und Medieinalrath. I. II, 1865. Flurstr. 3, Wolff, Hugo, Director. II. VIII. 1891. Forckenbeckstr, 8. Wolffberg, Dr. med. I. II. 1887. Freiburgerstr. 9. Wollner, Dr. med., Geh. Sanitätsrath. I. 1876. Schweid- nitzerstadtgraben 16b. Graf York von Wartenburg, Paul, Majoratsbesitzer. VIII, 1866. Klein-Oels. Zahn, A., Director. III. 1890. Brüderstr. 3f. Zopf, Oberlehrer an dem Realgymnasium zum heiligen Geist. III. IV. 1877. Lehmdamm 8. B. Wirkliche auswärtige Mitglieder. Adler, $., Dr., Sanitätsrath u. Kreis-Physikus in Brieg. 1890. Alter, Dr., Sanitätsrath, Director der Provinzial-Irrenanstalt in Leubus. 1886. Altmann, L., Kaufmann in Kattowitz. 1839. Apfeld, Fabrikbesitzer in Neisse, 1888. Becker, C., prakt. Arzt in Liegnitz. 1886. vom Berge-Herrndorf, Major a. D. in Neisse. 18883, Beyersdorf, Schichtmeister in Beuthen 08. 1888. Block, Salo, Kaufmann in Kattowitz. 1889, Bock, Louis, Kaufmann in Kattowitz. 1889. Brand I., Hauptmann und Batteriechef in Neisse. 1888, Braune, Ferd., Oekonomie-Rath und Rittergutsbesitzer auf Krickau bei Namslau. 1854. Donders, Maschinen-Inspector in Kattowitz, 1889. Dyhrenfurth, Walter, Rittergutsbesitzer in Jacobsdorf bei Kostenblut. 1889. 24 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 14. Herr Dyhrenfurth, Felix, Dr. in Schockwitz bei Kattern. 1889. 15. 16. 17, 18. 19; 20. 21. 22. 23. 24, 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 33. 34, 39. 36. 37, 38. 39. 40, 41. 42. 43. 44, 49. Ehrlich, Kaufmann in Kattowitz. 1889. Epstein, Rechtsanwalt in Kattowitz. 1889. Färber, Dr. med., Sanitätsrath und Kreisphysikus in Katto- witz. 1889. Feige, Julius, Mühlenbesitzer in Kattowitz. 1889. Felsmann, Dr. med. in Dittmannsdorf, Kreis Waldenburg. 1855. Fernbach, Kaufmann in Zawodzie bei Kattowitz. 1889. Fiebig, Dr., Gymnasial-Oberlehrer in Beuthen OS. 1887. Fiseher, Hermann, Kaufmann in Kattowitz. 1889. v. Forckenbeck, Max, Dr. jur., Oberbürgermeister in Berlin, 1874, Frank, Erich, Gutspächter bei Rustschuck in Bulgarien. 1885. von Frankenberg-Ludwigsdorf, General-Major z. D. auf Nieder-Schüttlau. 1870. Freund, Dr. med., Sanitätsrath in Gleiwitz. 1889. Friedländer, Emil, Kaufmann in Brieg. 1890, Glaser, Dr. med., prakt. Arzt in Kattowitz. 18839, Glaser, Hüttenmeister in Kunigundenhütte bei Kattowitz. 1889. Glaser, Mühlenbesitzer in Kattowitz. 1889. Gewerbe-Verein für Gleiwitz und Umgegend in Gleiwitz. 1872. 32. Herr Goldstein, Dr. med,, prakt. Arzt und Stadtrath in Kattowitz, 1889. Goldstein, A., Kaufmann in Kattowitz. 1889. Goldstein, M., Maurermeister in Kattowitz. 1889, Grossmann, Dr. phil., Archivrath und Archivar des Königl. Haus-Archivs in Berlin. 1870. Grotefend, Dr. phil., Stadt-Archivar in Frankfurt a. M, 1872. Haake, H., Fabrikbesitzer in Brieg. 1890. Harttung, Helmuth, Apotheker und Stadtrath in Jauer, 1886. Haupt, ©. E., Königl. Gartenbau-Direetor in Brieg. 1890. Heidborn, C., Bürgermeister in Brieg. 1890. Heimann, Max, Dr., Rittergutsbesitzer auf Wiegschütz bei Cosel O8. 1865. von Hellmann, Dr. jur., Stadtrath und Rittergutsbesitzer auf Schloss Dalkau bei Quaritz. 1854. Hennet, Dr. med,, Ober-Stabsarzt in Görlitz. 1869. Hirche, Apotheker in Landeck. 1881. Freiherr von Huene, Hauptmann a. D. auf Mahlendorf bei Grüben. 1865. Mitglieder-Verzeichniss. 35 46. Herr Jäkel, Otto, Dr. phil. in Neusalz a. ©. 1887. 47. 48, Jochmann, Gas- und Betriebs-Direetor in Liegnitz. 1886. Kahlbaum, Dr. med., Director der Heilanstalt in Görlitz. 1882. Kaluza, R., Gymnasiallehrer in Kattowitz. 1889. Kletschke, Landgerichtsrath in Schweidnitz. 1891. Kleudgen, Dr. med., Director der Irrenanstalt in Obernigk. 1I. 1881. Knauer, A,, Pfarrer in Reinbeck bei Hamburg. 1881. Kölling, Heinrich, Dr., Superintendent und Pastor in Rosch- kowitz bei Pitschen. 1872, Koffmane, Gustav, Lie. theol., Pastor in Kunitz. 1881. Kossmann, Landgerichtsrath in Liegnitz. 1886. Krause, Dr. med., Geh. Sanitätsrath in Liegnitz. 1886. Kramsta, Richard, Rentier in Dresden. II. von Kramsta, Georg, Rittergutsbesitzer in Frankenthal. 1880. Kreuschner, Rudolf, Steuerrath in Frankfurt a. M. 1886. Krieg, Otto, Fabrik - Director in Eichberg bei Schildau. 1874. | Kühn, Julius, Dr, phil, Geh. Regierungs -Rath und Professor in Halle a. 8. 1858. von Kulmiz, Paul, Dr. phil. und Rittergutsbesitzer auf Con- radswaldau bei Saarau. 1864. Kuznitzky, Ernst, Kaufmann in Kattowitz. 1889. Landsberger, Ad., Bankier in Kattowitz. 1889. Langner, Dr. med. in Gnadenfrei i. $. 1891. Latzel, J., Fabrikbesitzer in Barzdorf bei Schwammelwitz. 1859. Lehmann, Dr., Professor, Director in Kiel. 1884. Limpricht, Max, Schulvorsteher in Rüdersdorf bei Berlin. 1890. Loebinger, Dr. med., prakt. Arzt tn Kattowitz. 1889. Lüddecken, Ernst, Dr. med. in Liegnitz. 1886. Lustig, Georg, Kaufmann in Kattowitz. 1889. Mannigel, Dr. med., Ober-Stabsarzt in Glogau. 1888. Mattheus, Banquier in Liegnitz. 1886. Menzel, Bergmeister und Hütten-Direetor in Kattowitz. 1889, Metke, A., Hütten-Inspeetor in Baildonhütte bei Kattowitz. 1889. Neisser, Dr., Sanitätsrath in Berlin W., Matthäikirchstr. 13. 1886, Neisser, Clemens, Dr. med,, Assistenzarzt in Leubus. 1889, 26 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 78. Herr Nentwig, Erster Staatsanwalt in Memel. 1887, 13 80. 81. 82. 83. 84, 85. 86. 87. 88 89 90 91 92, 93. 94. 95. 96. 37. 98. 99, 100. 101. 102. 103. 104. 105. 106, 107, 108, — — —— Neutschel in Miechowitz bei Kattowitz. 1889. Nitschke, Th., Kaufmann in Kattowitz. 1889. Nothmann, Julius, Kaufmann in Kattowitz. 1889, Nothmann, Max, Kaufmann in Kattowitz. 1889. Oelsner, Ludwig, Dr. phil., Professor in Frankfurt a. M. 1853. Oertel, Ottomar, Oberbürgermeister in Liegnitz. 1886. Ollendorff, Moritz, Kaufmann in Berlin SW., Königgrätzer- strasse 28. 1839. Peltasohn, Justizrath, Rechtsanwalt und Notar in Liegnitz. 1886. Pfeiffer, Dr. phil., Apotheker in Schweidnitz. 1879. . Philomatische Gesellsehaft in Glatz. 1856. . Philomathie in Reichenbach in Schl. . Se. Durchlaucht der Herzog von Ratibor, Fürst von Corvey, Prinz von Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst in Rauden. 1856. . Herr Rappaport, D., Weinhändler in Kattowitz. 1889. Richters, Dr. phil., Director der chemischen Fabrik in Saarau. 1874. Röder, Dr. med., Geh, Sanitätsrath in Deutsch-Lissa bei Breslau. 1872. Röhricht, W., Rechtsanwalt in Liegnitz. 1886, Rose, H., Realgymnasial-Oberlehrer in Neisse. 1888, Rüdenburg, B., Markscheider in Kattowitz. 1889. Sachs, E., Banquier und Stadtältester in Kattowitz. 1889. von Salisch, Rittergutsbesitzer auf Postel bei Militsch. 1892. Schalscha, $. M., Kaufmann in Kattowitz. 1889. Schirmer, Dr. med., Geh. Sanitätsrath und Kreis- Physikus in Grünberg. 1862. Freiherr von Schleinitz, Ober-Forstmeister in Liegnitz. 1892. Schmidt, Stadtrath in Brieg. 1891. Schneider, Dr., Ober-Stabsarzt a. D. in Mogwitz. 1888. Schöffer, Kaufmann in Liegnitz. 1886. Scholtz, Max, Dr. phil., Privatdocent an der Grossherzogl. technischen Hochschule zu Carlsruhe in Baden. 1890. Scholtz, Kreisthierarzt in Reichenbach in Schl. 1891. Schultze, E., Dr. med. in Görlitz. 1879. Schumann, Carl, Dr. phil., Custos am Königl. botanischen Museum in Berlin. 1875. Mitglieder-Verzeichniss. 937 109. Herr Schwarz, Fr,, Dr., Professor in Eberswalde. III. IV. 1883. 110. Fit, 112. 113. 114. 115. 116. 117, 115. 219, 120, 121. 122. 123. 124. 125. 126. 127, 128, 129. 130. 131. 132. 135. 134. 135. 136. 137. 138, 139, 140. — Schwarz, C., Kaufmann in Liegnitz. 1886. Schweitzer, Hugo, Kaufmann in Kattowitz. 1889. Schweitzer, Simon, Kaufmann in Kattowitz, 1889. Sehlinke, Gustav, Fabrikbesitzer in Liegnitz. 1886. Silberstein, Siegfried, Kaufmann in Kattowitz. 1889. Sittka, Rechtsanwalt in Kattowitz, 1889. Sonntag, Apotheker in Berlin SO. IV. 1886. Sperr, jun., Apotheker in Brieg. 1890. Stadthagen, Dr. med., Sanitätsrath, Kreis-Physikus in Liegnitz. 1886. Stahr, Dr., Sanitätsrath und Rittergutsbesitzer auf Wilxen bei Obernisk. 1831. Staub, Dr. med., prakt. Arzt in Rosdzin OS. 1839. Steinfeld, Siegm., Banquier in Liegnitz. 1886. Stoll, G., Kgl. Oekonomierath, Director em. des pomologischen Instituts in Proskau. 1866. Breslau. Graf von Stosch, Georg, Kreisrichter a. D. auf Hartau bei Langheinersdorf. 1871. Strahl, Premier-Lieutenant in Neisse. 1888. Süssbach, Dr., Sanitätsrath in Liegnitz. 1886. von Tempsky, Hermann, Rittergutsbesitzer auf Baara bei Schmolz. 1872. Tietze, J., Maurermeister in Brieg. 1890. Trautmann, W., Apothekenbesitzer in Liegnitz. 1836. Treumann, Julian, Dr. phil. in Hannover. 1889. Troska, Albrecht, Dr. jur., Gerichts-Assessor a. D. in Leob- schütz. 1882, Unverricht, H,, Dr. med., Professor in Upsala. 1881. Völkel, Betriebsführer und Obersteiger in Kohlendorf bei Neurode. 1860, Vogel, Hütten-Inspeetor in Rosdzin 08. 1889. Voltz, Dr., Seceretair des Berg- und Hüttenmännischen Ver- eins in Kattowitz. 1889. Vüllers, A., Güter- und Bergwerks-Direetor in Paderborn. 1886. Wache, A., Regierungsrath in Kattowitz. 1889. Waeber, R., Seminar-Director in Brieg. 1886. Wagner, F., Dr. phil., Oberlehrer in Berlin NW. 1889. Websky, Egmond, Dr., Geh. Commerzienrath in Wüste- waltersdorf. 1882, Weltzel, Augustin, Dr., Geistlicher Rath und Pfarrer in Tworkau bei Kreuzenort, 1860, 28 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 141. Herr Werner, Apotheker in Brieg. 1890. 142. — Wiener, Salomon, Kaufmann in Kattowitz, 1889. 143. — Wilde, Dr., Stabsarzt in Peterswaldau. 1891. 144. — Zahn, Lehrer an der Landwirthschafts-Schule in Brieg. 1890. 145. — Zwanziger, Eberhard, Fabrikbesitzer in Peterswaldau. 1891. C. Ehren-Mitglieder. 1. Herr Beyrich, Dr. phil., Professor, Geheimer Bergrath, Director 2. FE ea 21. 22, der geologischen Landesanstalt in Berlin. Bunsen, Dr. phil., Professor, Grossherzogl. Wirkl. Geheim- rath, Excellenz in Heidelberg. de Candolle, Alphons, Dr., Prof. in Genf. Dudik, Dr., mährischer Landeshistoriograph in Brünn. Freund, W. .A., Dr. med., Professor in Strassburg i. E. Geinitz, Dr. phil., Geh. Hofrath, Direetor des Königl, Mine- ralien-Cabinets in Dresden. Grützner, Dr. med., Professor in Tübingen. v. Hauer, Franz, Dr., K.K. Hofrath und Intendant des K.K. naturhistorischen Hof-Museums in Wien. Heine, Dr., Direetor der Ritter-Akademie und Domherr in Brandenburg a. H. Heider, Geh. Ober-Regierungsrath und vortragender Rath im Ministerium der landwirthschaftlichen Angelegenheiten in Berlin. Hooker, Sir J. D., Dr. in Bagshot bei London. Le Jolis, Aug., Dr., Direetor der Societ& nationale des sciences naturelles in Cherbourg. Kletke, Dr. phil., Realschuldireetor a. D. in Breslau. Knoblauch, Dr., Geh. Regierungsrath und Professor, Präsi- dent der Kaiserlich Carolinisch-Leopoldinisch Deutschen Akademie der Naturforscher in Halle. Lister, Sir, Dr., Professor in London, Lov&n, Dr., Professor der Zoologie in Stockholm. Menzel, Adolf, Professor, Mitglied des Senates der Königl. Akademie der Künste in Berlin. von Miaskowski, Dr., Geh. Hofrath, Professor in Leipzig. Müller, Carl, Dr. phil. in Halle a. 8. Baron von Müller, Ferdinand, Dr., Gouvernements-Botaniker, Director der naturhistorischen Erforschungs-Commission für Australien in Melbourne. Freiherr von Nordenflycht, Königl. Ober-Präsident der Provinz Schlesien a. D. Baron v. Richthofen, Ferdinand, Dr., Professor in Berlin. Mitglieder-Verzeichniss. 29 23. Herr Sehönwälder, Dr. phil., Professor in Görlitz. 24, 25. 26. 27. 28. 29, 30. 31. 17. 18. EEE en . Herr Schwarz, Reichsgerichts-Rath in Leipzig. v. Staff, genannt v. Reitzenstein, Kgl. General-Lieutenant a. D., Excellenz, auf Conradsreuth bei Hof in Bayern. von Uechtritz-Steinkirch, Königl. Kammergerichts-Rath in Berlin. Virchow, Dr., Geh. Medieinalrath und Professor in Berlin. Waldeyer, Dr. med., Geh. Medieinalrath, Professor, Director der Anatomie in Berlin. Wattenbach, Dr. phil., Geh, Regierungsrath und Professor in Berlin. Willkomm, Dr., Professor, Director des botanischen Gartens in Prag. Witte, Landgerichts - Präsident in Neisse. D. Correspondirende Mitglieder. Abegg, Dr., Geheimer Sanitätsrath, Director des Kgl. Heb- ammen-Lehrinstituts in Danzig. Amo y Mora, Don Marianna del, Dr., Professor in Granada. Ardissone, Francesco, Professor der Botanik an der land- wirthschaftlichen Akademie und Director des botanischen Gartens an der Brera in Mailand. Arzruni, A., Dr. phil., Professor in Aachen. Ascherson, P., Dr. phil., Professor der Botanik in Berlin. Augustin, Wirklicher Geh. Ober-Finanzrath in Karlsruhe. Freiherr v. Babo, A. W., Director der k. k. oenologischen und pomologischen Lehranstalt in Klosterneuburg bei Wien. Bachmann, Dr., Privatdocent in Prag, Bail, Dr., Professor am Realgymnasium und Direetor der natur- forschenden Gesellschaft in Danzig. Bleisch, Dr. med., Kreis-Physikus u. Sanitätsrath in Strehlen. Blümner, Dr. phil., Professor in Zürich. Böttiger, Dr. phil., Professor und Hofrath in Erlangen. Borzi, A., Dr., Professor der Botanik in Messina. Bosshard, Adolf, Präses des Schweizerischen Obst- und Weinbau-Vereins in Pfäffikon bei Zürich. Briosi, Dr., Professor der Botanik in Pavia. Broca, Dr., Chirurgien des Höpitaux, Professeur aggrege in Paris. Bürkli-Ziegler, Stadt-Ingenieur in Zürich, Buhse, F., Dr. med., Secretair des naturhistorischen Vereins in Riga, 30 19 . Herr Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Celakovsky, Ladislav, Dr., Professor der Botanik in Prag. Claus, Dr., Professor der Zoologie in Wien, Director der zoologischen Station in Triest. Conwentz, Dr., Professor, Director des Westpreussischen Provinzial-Museums in Danzig. Cred&, Dr. med., Geh. Hofrath, Professor in Leipzig. Danielssen, Dr., Chef-Arzt am Lungegaards-Hospital in Bergen (Norwegen). Daubr&e, Dr., Mitglied des Instituts in Paris. Debey, Dr. med. in Aachen. v. Döller, Major, Vice-Präses des Karpathen-Vereins in Kesmark (Ungarn). Dohrn, Anton, Professor Dr., Director der zoologischen Station in Neapel. Dzierzon, Pfarrer in Karlsmarkt bei Stoberau. Effner, M., Curatus in Leubus. Eitner, Robert, Redacteur der Monatshefte für Musikgeschichte in Berlin. d’Elvert, k. k. Finanzrath in Brünn. Freiherr v. Ettingshausen, Const., Dr., Professor in Graz. Eulenberg, Dr., Geh. Ober-Medieinalrath und vortragender Rath im Ministerium für geistliche, Unterrichts- und Medi- cinal-Angelegenheiten in Berlin. Favre, Alphonse, Dr., Professor in Genf. Faye, F. C., Dr. med., Professor, Director der geburtshilfl. Klinik, Leibarzt Sr. Majestät des Königs von Schweden und Norwegen, Präsident der Societ€ de M&deeine in Christiania. Feldhoff, Conrector in Osnabrück. Fetu, Anastasius, Dr. med., Mediecinalrath in Jassy. Fiek, E., Apotheker in Cunnersdorf bei Hirschberg i. Schl. Freiherr v. Fircks, Königl. Hauptmann in Berlin. Fischer v. Waldheim, Dr., Professor der Botanik und Director des botanischen Gartens in Warschau. Flechsig, Dr. med., Hofrath zu Bad Elster. Fristedt, Dr., Professor in Upsala. Freiherr v. Friesen, Präses des Landes-Obstbau-Vereins für das Königreich Sachsen auf Rötha bei Leipzig. Fritze, R., Gutsbesitzer auf Rydultau bei Czernitz OS. Gaerdt, Garten-Director in Berlin (Moabit). Gerhardt, Lehrer in Liegnitz. Freiherr v. Gildenfeld, Präses des Vereins für Gartenbau für die Herzogthümer Schleswig-Holstein in Kiel. Görlich, Pfarrer in Liebenthal, Mitglieder-Verzeichniss. 31 49. Herr Gottsche, C. W., Dr. med. et chir., praktischer Arzt in Altona. 50. 51. 52. 93. 54. 95. 96. 57. 58. 59. 60. 61. 62. 68. 64. 65. 66. 67. 68. 69. 70. 71. 72. 13. 74, 75. 76. 77. 78. 19. — Griepenkerl, Oekonomie-Rath in Braunschweig. Günther, Siegmund, Dr., Professor, Custos am naturwissen- schaftlichen Museum, South Kensington, London. Guhrauer, Dr. phil., Gymnasial-Direcetor in Wittenberg. Hagen, Dr. phil., Professor in Königsberg. Hagen, Dr., Professor in Berlin. Hartig, Robert, Dr., Ober-Forstrath, Professor in München. Haszlinsky, Dr., Professor in Eperies (Ungarn). Hellwig, Lehrer in Grünberg in Schl. Hering, E., Dr. med., Professor in Prag. Hernando y Espinosa, Don Benito, Dr., Professor in Granada, Herzog, Dr. phil., Medieinal- Assessor, Apotheker in Braun- schweig. Holmgren, Frithjof. Dr., Professor der Physiologie in Upsala. Hoyer, Dr., Wirklicher Staatsrath, Professor, Excellenz in Warschau. Jühlke, Hofgarten-Direetor der Königl. preussischen Gärten in Potsdam. Kanitz, Dr., Professor, Director des botanischen Gartens in Klausenburg. Kenngott, Dr. phil., Professor in Zürich. Kerner v. Marilaun, Anton, Dr., Professor, Director des botanischen Gartens in Wien. Kirchner, Dr. phil., Professor in Hohenheim. Kleefeld, Dr. med., Sanitätsrath in Görlitz. Klein, Dr. theol., Pfarrer in Gläsendorf bei Schreibendorf. Knothe, Dr., Professor am Kadettenhause in Dresden. Koch, R., Dr. med., Geh. Regierungsrath, Director des Instituts für Infeetionskrankheiten in Berlin. Köbner, Dr. med., Professor in Berlin. Kraatz, G., Dr. phil. in Berlin. Kraus, J.B., k. k. Münz- und Bergwesens-Hofbuchhaltungs- Official in Wien, Krone, Hermann, Privatdocent der Photographie am Köngl. sächsischen Polytechnikum in Dresden. Kühne, Dr. med., Geh. Hofrath, Professor in Heidelberg. Kützing, Dr. phil., Professor in Nordhausen. Kummer, Dr. phil., Professor, Geheimer Regierungsrath in Berlin. Lehmann, Apotheker in Bunzlau in Schl, 32 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 80. Herr Leimbach, Dr., Professor, Präses der botanischen Gesell- 81. 82. 83. 54. 85. 86, 87. 88. 89. 90. 9. 92. 93. 94, 95. 96. 97. 98, 99. 100. 101. 102. 103. 104. 105. 106. 107, 108. 109. 110. 111. 112. schaft Irmischia in Arnstadt i. Thür. Lichtheim, Dr. med., Professor in Königsberg. Lindner, Dr. phil., Professor in Halle. Litten, Dr. med., Professor in Berlin. Meyer, Alexander, Dr. jur. in Berlin, Müller-Strübing in London. Nawrocki, Dr., Professor in Warschau. Neubert, Wilh., Dr. phil. in Stuttgart. Neugebauer, Dr. med., Professor in Warschau. Neuland, Kgl. preuss. Oberst a. D. in Berlin. Neumann, Dr. med., Kreis-Physikus in Berlin. Niederlein, Gustav, Inspector in Buenos-Aires, Argentinien. Nothnagel, Dr., Hofrath, Professor in Wien. Orth, A., Dr. phil., Professor in Berlin. Paur, Dr. phil. in Görlitz. Pax, F., Dr. phil., Privatdocent, Custos am Kgl. botanischen Garten in Berlin. Peck, Dr. phil., Conservator des naturhistorischen Museums in Görlitz. Peck, Landgerichts-Präsident a. D. in Görlitz. Penzig, Dr. phil., Professor und Director des botanischen Gartens und des Instituts Henburg in Genua. Petzold, Dr. med., Wirklicher Staatsrath und Professor, Excellenz in Dorpat. Pinzger, Dr., Gymnasial-Direcetor in Saalfeld. Pistor, Dr., Regierungs- und Medieinalrath in Frankfurt a. O. Pringsheim, Dr. phil., Professor, Geh. Regierungsrath in Berlin. Rayer, Dr. med., Membre de Institut et de l’Acad&mie de Medeecine, President de la Societe de biologie in Paris. Saccardo, P. A., Professor der Botanik in Padua. v. Sachs, J., Dr., Geh. Hofrath, Professsor, Director des botanischen Instituts in Würzburg. Sadebeck, R., Dr., Professor in Hamburg. Sandberger, Fridolin, Dr., Professor in Würzburg. Saussure, Henri, Dr., Professor in Genf. Schmidt, J. F., Dr., Proreetor des Gymnasiums in Schweidnitz. Schneider, Fritz, Dr. med., Stabsarzt der Niederländisch- Indischen Armee a. D. in Surabaya (Java). Schöbel, Pfarrer in Ottmuth bei Gogolin. Schomburg, R., Professor, Direetor des botanischen Gartens in Adelaide (West-Australien). Mitglieder-Verzeichniss. 33 113. Herr Schultz, Alwin, Dr. phil., Professor in Prag. 114. 115. 116. 117. 118. 119. 120, 121. 122. 123. 124. 125. 126. 127. 128. 129. 130. 131. 132. 133. 154. 135. 136. 137. 138. 139. 140. 141, 142. 143. Schwendener, Dr. phil., Professor in Berlin. Senoner, Dr., Bibliothekar der k. k. geologischen Reichs- Anstalt in Wien. Sonderegger, Dr., Sanitätsrath in St. Gallen. Sorauer, Dr. phil,, Professor in Proskau. Stache, Dr., k. k. Bergrath und Reichsgeologe in Wien. Stevenson, J. J., Professor an der Universität New-York. Strähler, Fürstlicher Oberförster a. D., Jauer. Stur, k. k. Ober-Bergrath und Director der k. k. geologischen Reichsanstalt in Wien. v. Tichatscheff, Kaiserlich russischer Kammerherr in Paris. Temple, Rudolf, Bureau-Chef der General-Assecuranz in Pest. Tietze, Dr. phil., Reichsgeologe in Wien. Tschackert, Dr., Professor in Halle. Verneuil, Chirurgien des Höpitaux, Professeur agr&g& in Paris. Wartmann, Dr., Director in St. Gallen. Weeber, k. k. Landes-Forstinspeetor und Forsttaxator in Brünn. Wegehaupt, Gymnasial-Oberlehrer in Gladbach. Weigert, Carl, Dr. med., Professor in Frankfurt a. M. Wenck, Eduard, Dr., emerit. Pfarrer in Herrnhut, Sachsen. Weniger, Dr., Gymnasial-Director in Weimar. Wetschky, Apotheker in Gnadenfeld OS. Wilekens, Dr. med., Professor an der Hochschule für Boden- eultur zu Wien. v. Wilmowsky, Geh. Justizrath in Berlin. Wiesner, Dr., Professor und Director des pflanzenphysio- logischen Instituts der Universität in Wien. Winkler, Geh. Kriegsrath in Berlin W. Wittiber, Dr., Professor, Secretair der Philomathie in Glatz. Wittmack, Dr., Geh. Regierungsrath, Professor, Custos des landwirthschaftlichen Museums in Berlin. Wittrock, Dr., Direetor des Reichsmuseums in Stockholm, Wood, Dr., Professor, Präsident der Philosophical Society in Philadelphia. Freiherr v. Zigno, Achilles, Podesta von Padua, Zimmermann, Lehrer in Striegau. Verzeichniss der Mitglieder der Section für Obst- und Gartenbau. Secretair: Herr Prof. Dr. Prantl, Direetor des botanischen Gartens, Stellvertreter: Herr H. Richter, städt. Garten-Inspector. Verwaltungsvorstand: Herren ÖOberstabsarzt, Professor Dr. Schröter, Verlagsbuchhändler Max Müller, Kunstgärtner J. Schütze. N pw A. Einheimische. . Herr Beuchel, Jos., Obergärtner, Schweidnitzerstr. 37. Blottner, Königl. Kanzlei-Rath a. D., Neue Junkernstr. 4b. Bock, J. A., Fabrikbesitzer und Apotheker, Tauentzienstr. 12. Brieger, Kunst- und Handelsgärtner, N, Tauentzienstr. 33/34. Cohn, F., Dr. phil. et med., Geheimer Regierungsrath, Prof., Director des pflanzenphysiologischen Instituts, Schweidnitzer- stadtgraben 26. v. Drabizius, Baumschulenbesitzer, Kletschkaustr. 31. Eckhardt, W., Kaufmann und Stadtrath, Albrechtsstr. 37. Franke, L., Kunst- und Handelsgärtner, Neue Graupenstr. 10. Friedländer, $., Hofbäckermeister, Ohlauerstr. 39. Grüttner, O,, Kaufmann, Ring 41. Guillemain, F., Kunst- und Handelsgärtner, Michaelisstr. 5. Haase, E., Brauereibesitzer, Catharinenstr. 19. Hainauer, Hermann, Particulier, Schillerstr. 8. Heinrich, Th., Kaufmann, Alexanderstr. 22. Hofmann, E., Maschinenfabrik-Besitzer, Klosterstr. 66. Hulwa, F., Dr. phil., vereideter Chemiker, Tauentzienstr. 68. Hüppe, Walter, Kaufmann, Reuschestr. 1. Junger, H., Kunst- und Handelsgärtner, Lehmdamm 34. Kärger, C. H. L., Kaufmann, Nikolaistadtgraben 24. Kauffmann, Max, Fabrikbesitzer, Museumsplatz 2. Kiekheben, Verwalter des städt. Schulgartens in Scheitnig. Mitglieder-Verzeichniss. 35 22. Herr Kipke, P., Brauereibesitzer, Friedrich-Wilhelmsstr. 75. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34, 39. 36. 37. v. Korn, H., Stadtrath und Verlags-Buchhändler, Schweidnitzer- strasse 47. v. Korn, P., Rittergutsbesitzer, Tauentzienstr. 85. Lion, P., Dr. med., Nikolaistr. 7. Graf Matuschka, Königl. Forstmeister a. D., An der Kreuz- kirche 4, Milch, B., Commissionsrath und Director, Holteistr. 44, Möslinger, O., Partieulier, Tauentzienstr. 37, Mohr, Dr. phil., emer. Gymnasiallehrer, Messergasse 24. Mrosowsky, C., Kunstgärtner, Friebe’scher Eiskeller, Höfchenerweg. | Mrosowsky, J., Kunstgärtner, Parkstr. 29. Müller, Max, Verlagsbuchhändler, Teichstr. 8. Nagel, C., Handelsgärtnereibesitzer, Lohestr., Nagelhaus. Neddermann, C., Kaufmann u. Fabrikant, Am Rathhause 15. Pförtner v. d. Hölle, R., Generallandschafts-Repräsentant, Rittmeister a. D., Augustastrasse 49. Prantl, C., Dr., Professor, Direetor des botanischen Gartens, An der Kreuzkirche 3. Graf von Pückler, Wirklicher Geheimer Rath, Excellenz, General-Landschafts-Direetor, Königlicher Kammerherr und Ober-Mundschenk. Ranft, A., Handelsgärtnereibesitzer, Bohrauerstrasse. Richter, H., städtischer Garten-Inspector, Breitestrasse 25. Riemann, Paul, Kaufmann, Kupferschmiedestr. 8. Schmidt, A., Kaufmann, Klosterstr. 74. Scholtz, M., Apotheker, Paulstr. 36. Schröter, Dr. med., Ober-Stabsarzt, Professor, Kohlenstr. 12, Schütze, J., Obergärtner, Tauentzienstr. 86/88. Seidel, H., Kaufmann, Thiergartenstr. 29. Senzky, W., Kunst- und Handelsgärtner, Maxstr. 32a. Stoll, G., Oekonomierath. Techell, B., Kaufmann, Tauentzienstr. 78, Völker, H., Fabrikbesitzer in Kleinburg. v. Wallenberg-Pachaly, G., Banquier, Consul von Schweden und Norwegen, Kaiser Wilhelmstr. 112. Walter, R., Hausbesitzer und Stadtkoch in Scheitnig. Weber, Generalmajor z. D,, Tauentzienplatz 4, Freiherr v. Wilcke, A,, Sadowastr, 24, Winkler, F., Raths-Maurermeister, Bismarckstr. 20. Wiskott, M., Kaufmann und Fabrikbesitzer, Kaiser Wilhelm- strasse 69. 3*+ 36 96. 57. PP wo 8 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Herr Wiskott, Th., Commerzienrath, Ohlauufer 6. Zwicklitz, V., Fabrikdireetor, Gräbschnerstr. 3. B. Auswärtige. Herr Behnsch, R., Baumschulen-Besitzer in Dürrgoy bei Breslau. _— Boring, J. G., Partieulier in Poischwitz bei Jauer. Bretzel, Obergärtner in Hartlieb bei Breslau. Bürgel, Fürstlicher Garten-Direetor in Schloss Wittgenstein bei Bacau in Rumänien. Freiherr von Özettritz-Neuhaus, Landesältester, Land- schafts-Direetor auf Kolbnitz bei Jauer. Dubiel, E., Färber und Baumschulenbesitzer in Ohlau. Eichler, ©., Königl. Garten-Inspector, Stadtrath a. D. in Grünberg i. Schl. Fitzner, W., Fabrikbesitzer in Laurahütte OS. Galle, C., Kunst- und Handelsgärtner in Trebnitz. Garbe, A., Lehrer und Cantor in Ober-Bielau bei Rothen- wasser, Kreis Görlitz. . Gartenbau-Verein in Ratibor. . Herr Gireoud, H., Garten-Direetor in Sagan. Goy, C. S., Kaufmann in Pitschen. Grüger, A., Obergärtner in Pembowo, Posen. Graf v. Harrach, E., auf Klein-Krichen bei Lüben. Haupt, C. E., Königl. Gartenbau-Direetor in Brieg. Heimann, M., Dr., Rittergutsbesitzer in Wiegschütz bei Cosel OS. Hempel, Baumeister in Pitschen. Reichsgraf zu Herberstein, $., Freiherr v. Neuberg und Guttenhaag, K. K. Kämmerer u. s. w. zu Gratz, auf Grafen- ort bei Habelschwerdt. Hiller, F. H., Lehrer in Brieg. Graf von Hochberg, B., auf Rohnstock. Hofmann, E., Fabrikbesitzer in Protschkenhain bei Mettkau. . Se. Durchlaucht SE: Fürst zu Hohenlohe-Oehringen, Herzog von Ujest auf Slawentzitz. . Herr Freiherr von Humbracht auf Rengersdorf, Kaessler, Fr. Wilh., Inspector der Prov.-Zwangs-Erziehungs- Anstalt in Lublinitz. Kambach, Rechnungsrath in Görlitz. Katzke, W., Kunstgärtner in Bolkenhain. v. Kessel, Rittergutsbesitzer auf Ober-Glauche bei Trebnitz, Kittel jun., Obergärtner in Eckersdorf. 30. Herr Mitglieder-Verzeichniss. 37 Klings, P., Hoflieferant in Berlin, Unter den Linden 19. Klose, F., Baumschulenbesitzer in Spalitz bei Oels. Kluge, Pfarrer in Nieder-Schönfeld, Reg.-Bez. Liegnitz. Kölling, H., Dr., Superintendent in Roschkowitz bei Pitschen. . Fräulein v. Kramsta, M., Rittergutsbesitzerin auf Muhrau bei Striegau. . Herr Kühnau, W., Kunstgärtner in Damsdorf bei Kuhnern. —— un . Frau . Herr Linz, Joh., Maschinenfabrik-Besitzer in Rawitsch. Leschick, F., Fabrikbesitzer in Schoppinitz. v. Lieres, Königl. Landrath, Landesältester und Landschafts- Director auf Gallowitz bei Rothsürben. v. Lieresund Wilkau, Rittergutsbesitzer auf Pasterwitz bei Wangern, v. Lieres und Wilkau, Rittergutsbesitzer auf Gnichwitz bei Canth. Löw, G., Apotheker in Stroppen bei Gellendorf. Marx, H., Fürstbischöflicher Commissarius und Erzpriester in Miechowitz. Methner, P., Kaufmann und Fabrikbesitzer in Landeshut in Schlesien. Müller, O., Superintendent in Michelau bei Böhmischdorf. Nitschke, Rittergutsbesitzer in Girlachsdorf bei Nimptsch. v. St. Paul, Corvetten-Capitain z. D., Hofmarschall in Fisch- bach in Schl. Peicker, W., Hofgärtner in Rauden O8. Perschke, städtischer Kirchhof-Inspecetor in Gräbschen bei Breslau, Pflaume, F., Kunstgärtner in Ober-Weistritz. Plosel, J., Obergärtner in Falkenberg OS. Graf v. Praschma auf Schloss Falkenberg OS. v. Prittwitz und Gaffron, Königl. Kammerherr, Major a. D., Landesältester auf Moisdorf bei Jauer. Pulst, C., Rittergutsbesitzer in Twardawa OS, Radler, Landesältester und Kreisdeputirter in Polnisch-Jägel bei Strehlen. Graf v. d.Recke-Volmerstein, Rittmeister, Landesältester und Generallandschafts-Repräsentant auf Kraschnitz. Gräfin Reichenbach, geb. Gräfin Bethusy-Huc, zu Festen- berg. Reil, Rittergutspächter in Chorulla bei Gogolin. Reimann, Th., Gerbermeister in Brieg. v. Reinersdorf-Paczensky, Rittmeister a. D., Majoratsherr auf Ober-Stradam bei Stradam. 38 60. 61. 62. 63. 64. 65. 66. 67, 68. 69. 70. u 72. 73. 74, 75. 76. 17. 78. 79. 80. 81. 82. 83. 84. 85. 86 87 88, 89. — — — Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. — nn nn nn Herr Freiherr v. Riehthofen auf Carlowitz bei Breslau. Rother, Garten-Direcetor in Reisen, Posen. Sachs, P., Rittergutsbesitzer in Wiltschau bei Rothsürben. v. Salisch, Rittergutsbesitzer auf Postel bei Militsch. Graf Schack von Wittenau, A., gen. Graf von Dankel- mann, in Beuthen a. O. Graf v. Schlabrendorf und Seppau, Erb-Ober-Landbau- meister, Majoratsherr auf Seppau bei Quaritz, Sehnabel, R., Baumschulen-Besitzer in Ohlgut bei Münster- berg. Schönfelder, A., Wirthschafts-Inspeetor in Alt-Schliesa bei Wangern. Scholtysek, J., Pfarrer in Grossstein bei Gogolin. Siegert, J., Wanderlehrer in Liegnitz, Stahr, Rittergutsbesitzer, prakt. Arzt, Dr. med. in Wilxen bei Obernigk. Stanke, W., Obergärtner in Gräbschen bei Breslau. Stefke, E., Apotheker in Lissa bei Breslau. Stephan, J., Vorsteher der Provinzial-Gärtner-Lehranstalt in Koschmin, Posen. Stiebeiner, A., Kunstgärtner in Planowitz bei Rudzinitz. Stittner, H., Kunstgärtner in Cammerau bei Schweidnitz. Stittner, J., Kunst- und Handelsgärtner in Raczkow bei Zduny. Strauwald, H., Kreis-Obergärtner in Gnadenfeld. Streicher, R., Obergärtner des Gartenbau-Vereins in Gnesen. Streubel, W., Kunst- und Handels-Gärtner in Hassitz bei Glatz. Sutter, A,, Landes-Bauinspector, Hauptmann a. D., Schweidnitz. Teicher, L., Kunst- u. Handelsgärtner (in Firma G. Teicher) in Striegau. Teicher, P., Kunst- u. Handelsgärtner (in Firma G. Teicher) in Striegau. v. Tempski, H., Rittergutsbesitzer auf Baara bei Schmolz. Töpffer, C., Kaufmann in Maltsch a. O. Tripke-Ellsnig, Rittergutsbesitzer in Rzegnowo bei Gnesen. . Löbliche Verwaltung des von Lestwitz’schen Fräulein-Stiftes in Tscehirnau bei Reisen. . Herr Wagner, Dr. med. in Stadt Königshütte. von Wallenberg - Pachaly, C., Rittergutsbesitzer auf Schmolz. Walter, Stadtrath a. D. und Rittergutsbesitzer auf Eisenberg bei Strehlen. Mitglieder-Verzeichniss. 39 90. Herr Websky, E., Dr. phil., Geh. Commerzienrath in Wüstewalters- 91; 92. 93. 94, 95. dorf. Weikert, Pastor in Gross-Wandriss bei Mertschütz. Weinhold, E., Kunst- und Handelsgärtner in Hirschberg. Freiherr v. Welcezeck, B., Kaiserl. Legations-Secretair a. D., Majoratsherr auf Laband OS. Werner, F., Bergverwalter in Myslowitz. v. Zawadzky, F., Landesältester auf Jürtsch bei Canth, Sections-Versammlung in der Regel am zweiten Montage jeden Monats Abends um 7 Uhr. Die resp. Mitglieder dieser Section ersucht der Secretair dringend, ihm etwaige Veränderungen ihres Wohnortes anzuzeigen. Wanderversammlung der Sehlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur zu Reichenbach u. E. Sonntag, den 28. Juni 1891. Der Juni des Jahres 1891 brachte nur wenig schöne, sonnenhelle Tage. Zu diesen gehörte der Sonntag, an welchem die Schlesische Ge- sellschaft behufs Abhaltung ihrer alljährlichen Wanderversammlung das reizende, am Fusse der Eule gelegene Städchen Reichenbach aufsuchte, Ein Orts-Comit& unter Vorsitz des Herrn Bürgermeisters Koslich hatte in zweckmässigster Weise und in liebenswürdigster Zuvorkommenheit alle Vorbereitungen getroffen, um den Verlauf des Festes zu einem überaus günstigen zu gestalten. Zu den Breslauer Mitgliedern der Ge- sellschaft gesellte sich eine Anzahl auswärtiger Mitglieder Mitglieder und zahlreiche Gäste aus der Stadt selbst und ihrer Umgebung, so dass der festlich geschmückte Saal des Rathhauses beim Beginn der wissenschaft- lichen Sitzung bis auf den letzten Platz gefüllt erschien. Nachdem der Präses um 10%, Uhr die Sitzung eröffnet, bewillkommnete Herr Bürgermeister Koslich die Versammlung im Namen der Stadt und ihrer Behörden. Der Präses erwiderte mit folgenden Worten: Hochgeehrter Herr Bürgermeister! Gestatten Sie mir zunächst, im Namen der Schl. Ges. den verbind- lichsten Dank für die freundlichen Worte auszusprechen, mit denen Sie uns empfangen. Unser Dank richtet sich nicht minder an die Gesammt- heit der städtischen Behörden, welche in bereitwilligster Weise uns diesen Saal für die heutige Tagung zur zur Disposition gestellt haben, er richtet sich an die Mitglieder des Comites, welche kein Opfer an Zeit und Mühe gescheut haben, uns hier die Wege zu ebnen, er richtet sich an Sie Alle, die Sie durch Ihre Gegenwart uns ehren und unserer Gesell- schaft ein freundliches Interesse entgegenbringen. Unsere jährlichen Wanderversammlungen sind uns allmählig eine liebe Gewohnheit geworden. Als wir vor sechs Jahren dieselben zuerst planten, war es uns doch recht zweifelhaft, wie sich unsre Mitbürger in der Provinz zu unserm Unternehmen stellen würden. Aber wohin wir auch gekommen, in Oberschlesien wie in Niederschlesien, in Liegnitz und Neisse, in Kattowitz und Brieg, überall haben wir die beruhigende Em- pfindung gehabt, dass wir nicht als lästige Eindringlinge betrachtet, sondern als gern gesehene Gäste willkommen geheissen wurden. Wanderversammlung. 41 Es gehört zu den Hauptaufgaben der Schl. Ges., die Wissenschaft in das Leben hineinzutragen und aus dem Leben wissenschaftliche An- regungen zu empfangen. In diesem Sinne sind in den Rahmen unserer Gesellschaft Männer der verschiedensten Lebensstellungen thätig; Gelehrte von Profession und Männer der verschiedensten Berufskreise: in den medicinischen Sectionen in grosser Zahl praktische Aerzte, in den natur- wissenschaftlichen Seetionen Bergleute und Lehrer, Pharmaceuten, Tech- niker, Gärtner, in der staatswissenschaftlichen Section Justizbeamte und Verwaltungsbeamte, Kaufleute, Banquiers, Industrielle u. s, f. Nun haben aber die Begründer unserer Gesellschaft im Anfange dieses Jahrhunderts derselben die besondere Aufgabe gestellt, bei ihren Arbeiten vorzugsweise im Auge zu behalten das Interesse unserer schönen, an natürlichen Schätzen so reichen Provinz. Dies Ziel ist uns als Erbe von den Vorfahren überkommen; seine Verfolgung ist nur möglich, wenn wir in der Provinz Beziehungen anknüpfen und uns Freunde werben, die geneigt sind, mit uns thätig zu sein. Denn bei zahlreichen Aufgaben bedürfen wir freundlichen Beistandes. Die erschöpfende Durchforschung der überirdischen und unterirdischen Fauna und Flora, statistische und socialpolitische Erhebungen, linguistische und ethnographische Ermittelungen, viele Untersuchungen auf dem Ge- biete der Hygiene und der Epidemiologie, — alle derartige und viele ähnliche Probleme sind der Natur der Sache nach nur lösbar, wenn an den Orten, denen sie gelten, freundliches Entgegenkommen und gütiger Beistand gewährt wird, wie wir sie schon oft erfahren haben. Zum Danke für solche Mithilfe sind wir bestrebt, in unsere jähr- lichen Publicationen das Eine oder das Andre zu bieten, was für die Interessen der Provinz nutzbringend erscheint. So hat vor zwei Jahreneins unsrer Mitglieder mit unserer Subvention eine Flora der Schlesischen Pilze herausgegeben, so ein andres im vorigen Jahre eine geologische Excursionskarte von Schlesien, welche unsern Etat für zwei Jahre beansprucht. In diesem Herbste werden wir den Druck eines Literaturverzeich- nisses der Schlesischen Landeskunde beginnen: zuerst erscheint der all- gemeine und der floristische Theil, im nächsten Jahre der die Orts- und die Landschaftskunde betreffende Abschnitt. Mögen Sie, m. H., aus diesen Andeutungen entnehmen, dass wir nach Maassgabe unserer Kräfte und Mittel bestrebt sind, der von den Stiftern unserer Gesellschaft gestellten Aufgabe gerecht zu werden, Und lassen Sie mich daran die Hoffnung knüpfen, dass wenn wir bei Gelegenheit auch hier in Ihren Gauen Belehrung und Mithilfe suchen, wir nicht vergeblich an die Thüren klopfen, sondern ein ebenso gütiges Entgegenkommen finden, wie an dem heutigen Tage, der uns zum ersten Male in das Eulengebirge führt, 42 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Nunmehr begann, nachdem Herr Bürgermeister Koslick das Tages- Präsidium übernommen hatte, und die Herren Dr. Herrnstadt und Kreisschul-Inspeetor Thamm aus Reichenbach, Geh. Reg.-Rath Prof. Cohn und Geh. Commerzienrath Schöller aus Breslau zu Beisitzern ernannt worden waren, eine Reihe von Vorträgen, über welche weiter unten berichtet wird. Unmittelbar auf die wissenschaftliche Sitzung folgte ein Festmahl in dem geräumigen, hübsch ausgeschmückten Saale des Gasthofes zur Sonne. An den auf Se. Majestät den Kaiser durch den Präses ausge- brachten Toast schloss sich ein schwungvolles Festlied auf den Landes- vater, gedichtet von Herrn Prof. Weck, Director des Realgymnasiums, Sodann folgten Tischreden von Geh. Rath Prof. Cohn auf die Stadt Reichenbach, von Bürgermeister Koslick auf die Schlesische Gesell- schaft, von Commerzienrath Rosenbaum auf das Comite, von Kreis- schulinspeetor Thamm auf den Präses, von Prof. Poleck auf die Dichter der Tischlieder (Prof. Weck und Oberstabsarzt Prof. Schroeter), von Prof. Sombart auf die Damen u. s. f. In angeregtester Stimmung bestieg um 3 Uhr die Gesellschaft die von Besitzern der Stadt und Um- gegend freundlichst zur Disposition gestellten Wagen, um durch den industriereichen Ort Langenbielau zu der im herrlichen Walde gelegenen Ulbrichshöhe zu fahren. Bei den Klängen einer Kapelle entwickelte sich im Waldesschatten eine ungezwungene Geselligkeit, geschmückt durch die Anwesenheit zahlreicher Damen, bis gegen 6 Uhr die Rückfahrt nach dem Bahnhofe dem schönen Feste ein Ende machte. Den Herren des Comites, welche nicht ermüdeten, den Gästen der Stadt Reichenbach den Tag zu einem so überaus angenehmen zu machen, wurde bei der Abfahrt nochmals der herzlichste Dank von allen Seiten ausgesprochen. Wissenschaftliche Vorträge. 1. Prof. Sombart: Ueber Hausindustrie. Der Vortragende begann mit einem Hinweis auf die besondere Ver- anlassung, welche sich dargeboten hätte, über ein jetzt wieder im Mittel- punkt des öffentlichen Interesses stehendes Thema, wie die Hausindustrie gerade in Reichenbach in einer öffentlichen Versammlung zu sprechen. Sei doch die Anregung zu der abermaligen Erörterung des Problems der Hausindustrie durch das acute Elend der Hausweber im Eulengebirge geboteg worden und gehöre doch zudem der Kreis Reichenbach zu den wichtigsten Centren der Hausindustrie in Deutschland. Während in ganz Schlesien 68 585 gewerbtreibende Hausindustrielle leben, seien im Kreise Reichenbach allein 10 581 Hausindustrielle (= 15,45 pCt. von Schlesien) gezählt worden, sodass daselbst auf 10 000 Einwohner 1557, auf 10 000 Wanderversammlung. 453 Gewerbetreibende 5295 Hausindustrielle, also über die Hälfte, entfiele. Die wichtigsten Zweige hausindustrieller Thätigkeit im Kreise Reichen- bach seien die Leinen- und die Baumwollweberei; von den in der Leinen- weberei beschäftigten Personen seien 66 pCt., von den in der Baum- wollenweberei beschäftigten 69,6 pCt. Hauindustrielle.e. Es könne nun aber des Redners Aufgabe am heutigen Tage nicht die sein, ein Bild von den concreten Zuständen in der Hausindustrie zu geben: das hiesse Eulen nach Athen tragen. Im Gegentheil wollten die in Reichenbach weilenden Gäste von den Eingeborenen gerade erst manche neuen Auf- schlüsse über die Lage der Hausindustrie erhalten. Dagegen dürfte es angebracht sein, in aller Kürze mitzutheilen, worin, nach dem neuesten Stande der wissenschaftlichen Forschung, das Prineip, das Wesen, die charakteristischen Eigenthümlichkeiten der Hausindustrie erblickt wür- den. Hierauf fuhr der Redner etwa wie folgt fort. Auf die Frage: Was ist die Hausindustrie? muss ganz allgemein die Antwort lauten: sie ist eine Organisationsform der Volkswirthschaft, d.h, eine bestimmte Form, in welcher sich die technische Herstellung der Güter, deren wirthschaftlicher Vertrieb, ebenso wie die Arbeitsverfassung, also das soeiale Schichtungsverhältniss zwischen Arbeit und Kapital, auf eine ganz bestimmte, von einem einheitlichen Prineip geleitete Art gestalten. Das Wesen der volkswirthschaftlichen Organisationsform schliesst nun aber die Thatsache ein, dass im Lauf der geschichtlichen Entwickelung des Wirthschaftslebens auch eine Wandlung in den ÖOrganisationsformen der Volkswirthschaft stattfindet. Man wird daher das richtige Verständ- niss für die Bedeutung einer solchen Organisationsform nur mit Hilfe der historischen Betrachtung gewinnen. Wir müssen demnach die Haus- industrie in ihrer geschichtlichen Bedingtheit zu erfassen bestrebt sein. Eine der wichtigsten Erkenntnisse, zu welcher uns das wirth- schafts-geschichtliche Studium verholfen hat, beruht in der Einsicht, dass eine bestimmte Wirthschaftsepoche fast stets in dem Zeichen einer be- stimmten ÖOrganisationsform steht, die der gesammten Periode das charakteristische Gepräge aufdrückt. Diese herrschende typische Organi- sationsform war nun für die langen Jahrhunderte des Mittelalters die handwerksmässige Verfassung. Ihr Wesen beruhte, entsprechend der damaligen Entwickelungsstufe des Wirthschaftslebens, etwa in folgen- dem: Social ungefähr gleichgestellte Meister, die zu der Production sowohl die Arbeitskraft als die Arbeitsinstrumente (das Kapital) lieferten, stellten die Güter her innerhalb eines räumlich engbegrenzten Absatz- gebietes, dem wirthschaftlichen Mikrokosmos der Stadt, für einen eben- falls engbegrenzten, in seinen Anforderungen bekannten Kreis von Ab- nehmern, Kunden. Die sociale Structur wie der Wirthschaftsbetrieb des Handwerks waren bedingt durch die unentwickelte Stufe, auf welcher sich die Wirthschaft des Mittelalters noch befand. Sie mussten sich 44 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. als unbrauchbar und unzeitgemäss erweisen in demselben Augenblicke, da die wirtbschaftliche Entwickelung die engen Kreise der Stadtwirth- schaft überschritt. Dieser Moment trat ein mit dem Beginn der Neuzeit, zumal seit dem 17. und dem 13. Jahrhnndert. Die vorher ungeahnte Erweiterung des bekannten Erdkreises, die rasche Entfaltung des Ver- kehrs und der Verkehrsmittel bewirkten es, dass die gesammten Pro- ductions- und Absatzverhältnisse eine radicale Umgestaltung erfuhren, dass die Wirthschaftsbeziehungen wieder weiter ausgedehnt, der enge Kreis der städtischen Wirthschaftseinheit immer mehr überschritten werden musste. Sobald aber in dieser Art die Bedingungen des Wirth- schaftslebens sich umgestalteten, der Markt sich erweiterte, die Produc- tion der Güter für ein immer grösseres Absatzgebiet erfolgte, musste sich die handwerksmässige ÖOrganisationsform bald als unzureichend erweisen, den neuen Inhalt des Wirthschaftslebens in sich zu fassen. Der kleine Zunftmeister war nicht im Stande, den Anforderungen der neuen Zeit gerecht zu werden. So war es ein gewaltiger Fortschritt, als sich aus dem homogenen Kreis der Handwerksmeister im Laufe der Zeit einige wenige Personen heraushoben, die dank ihrer grösseren Intelligenz und dank ihres mächtigeren materiellen Besitzes befähigt waren, die Zügel des meisterlos gewordenen Wagens mit starker Hand zu ergreifen, sich zu Leitern der neugestalteten wirthschaftlichen Pro- ductions- und Vertriebsverhältnisse aufzuschwingen. Sie, die Kapitalisten des Geistes und — des Geldbeutels, wurden nun die eigentlichen Or- ganisatoren des Wirthschaftslebens. Sie prüften die Absatz- und Markt- verhältnisse, wägten weise die vielen Umstände ab und richteten dem- entsprechend die Güterproduction ein. Sie ertheilten die Aufträge an die grosse Masse der nur noch mit ihrer Hände Arbeit thätigen Be- völkerungsklassen, die zu ibnen in ein wirthschaftliches und sociales Abhängigkeitsverhältniss traten. Das ist noch heute das Wesen unserer volkswirthschaftlichen Organisation, es ist die Form des privatkapi- talistischen Betriebes. Diese privatkapitalistische Organisation der Volkswirthschaft tritt nun zuerst ein in die Geschichte in der Form der Hausindustrie; sie ist die erste Erscheinungsweise des Privatkapita- lismus und zwar diejenige, bei welcher die arbeitenden Klassen von den Unternehmern (Verlegern) in ihrer eigenen Behausung beschäftigt wer- den. Dass diese Form zuerst für die moderne Productionsweise gewählt wurde, ist bedingt durch den damaligen Stand der Technik. Als näm- lich die Hausindustrie aufkam, stand die Productionstechnik im wesent- lichen noch auf der Stufe des Handwerks, nur die wirthschaftlichen, die Absatzverhältnisse waren einstweilen neugestaltet; so lag kein Grund vor, die hausmässige, technisch-handwerksmässige Herstellungsart der Güter aufzugeben. Das änderte sich mit dem Eintritt des Dampfes in den Dienst des Menschen. Nunmehr war die Gruppirung der Arbeiter Wanderversammlung. 45 um die kraftspendende Dampfmaschine nothwendiges Erforderniss für die Production; es entstand die Fabrik mit ihren Arbeits- und Kraft- maschinen, der Privatkapitalismus trat in die neue moderne Phase des fabrikmässigen Betriebes ein. Die Hausindustrie war als typische ÖOr- ganisationsform überwunden. Wenn nun heutzutage sich noch Haus- industrie in weitem Umfange vorfindet, was ergiebt sich alsdann als das Charakteristische für diese Betriebsform? Wir sahen, die Haus- industrie ist ein Ueberbleibsel vergangener Zeiten, das rudimentäre Glied einer überwundenen Entwickelungsphase. Daraus aber folgen diese Um- stände: die Hausindustrie ist technisch-ökonomisch der herrschenden Betriebsform inferior: in wirthschaftlicher und socialer Hinsicht weist sie dagegen alle Eigenthümlichkeiten der modernen privatkapitalistischen Organisation auf. Das gilt vor allem für das Abhängigkeitsverhältniss der Hausarbeiter vom Unternehmer. Diese Abhängigkeit ist bei den Heimarbeitern deshalb grösser als bei den Fabrikarbeitern, weil die Hausindustrie jedes staatlichen Schutzes noch entbehrt, und sodann vor allem, weil dem Heimarbeiter, dank seiner Vereinzelung, das bedeut- samste Machtmittel im Kampfe mit dem kapitalistischen Unternehmer versagt ist: die Coalition, die gewerkschaftliche Zusammenschliessung. Das sind die charakteristischen Züge der Hausindustrie als heute noch bestehende Organisationsform. Wir erklären nun daraus die an der Hausindustrie beobachteten Symptome. Diese lassen sich dahin zusam- menfassen: die Hausindustriearbeiter befinden sich in einem Zustande chronischen Elends. Das Grundübel ihres elenden Zustandes aber liegt in dem kargen Verdienste, der noch schlechter ist als in den meisten Fabriken. Was folgt aus dem Wesen der Hausindustrie für die Erklärung des niedrigen Lohnes des Heimarbeiters? Die Produetivität des letzteren ist geringer als diejenige des Fabrikarbeiters, die Fabrik- arbeit aber bestimmt den Preis des Products auf dem Weltmarkte. Der Vortragende suchte diese Thatsache zu erhärten durch Beibringung sta- 'tistischen Zahlenmaterials über die Productivität der mechanischen We- berei und der Handweberei einerseits und über die Verdienste des Webers dort und hier andererseits und fuhr dann fort: Ausser der ge- ringeren Productivität der Hausindustrie bewirkt noch ein anderer Um- stand die niedrigen Verdienste: das ist die grössere sociale Abhängig- keit des Heimarbeiters vom Unternehmer, dank welcher es letzterem stets leicht gelingen wird, die Mehrforderungen des Hausindustriellen zurückzuweisen. Wenn dem so ist, wie soll sich der Staat den Haus- industriellen gegenüber verhalten? Waren die bisherigen Maassnahmen rationell? Nein! Der Grundfehler der hausindustriellen Politik ist darin zu erblicken, dass man bisher immer sich bemüht hat, an der Haus- industrie herumzudoctern, um sie thunlichst zu erhalten. Das ist ver- kehrt; wir müssen vielmehr prineipiell bemüht sein, sie thunlichst rasch 46 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. und schmerzlos zu beseitigen, d. h. sie auf die höhere Stufe des fabrikmässigen Betriebes zu erheben. Und zwar auch deshalb, weil das Elend der Hausindustrie ein socialer Uebelstand ist, gegen den Willen und Wunsch der Individuen. Verkehrt ist auch das Bestreben, einen Zweig der Hausindustrie in andere Berufsarten überzuführen. Einmal scheitert das in der Regel an der einseitigen Ausbildung des betreffenden Arbeiters; sodann aber bedeutet es einen empfindlichen Verlust an Nationalkapital. Vielmehr wird der Staat zunächst bestrebt sein müssen, den Hausindustriellen die Segnungen der modernen Arbeiterschutzgesetz- sebung zu Theil werden zu lassen, um dann abzuwarten, ob die Haus- industrie diese Belastung erträgt. Wahrscheinlich in den meisten Fällen nicht. Dann jedoch ist der Beweis erbracht, dass sie als existenzunfähig unterzugehen hat. Der Staat aber muss dafür sorgen, dass die zusammen- brechenden Existenzen in Fabrikbetrieben Aufnahme finden, sei es, dass er Staatsanstalten in den Centren der Hausindustrie anlegt, sei es, dass er private Etablissements durch besondere Vergünstigung veranlasst, die früheren Hausindustriellen bei sich unterzubringen. Die einzelnen Maass- nahmen praktischer Politik hier zu erörtern, erlaubt die Zeit nicht; eins ist gewiss: nur wenn man klar das Wesen der Hausindustrie erfasst, vermag man richtige Politik zu treiben. Diese Klarheit zu vermehren, war die Aufgabe dieses Vortrags. 2. Prof. Mikulicz sprach unter Demonstration von Wandtafeln und Präparaten Veber Hirnchirurgie. 3. Prof. Poleck: Ueber Genussmittel. Ihre Geschichte reicht zum Theil in die frühesten Zeiten des Menschen- geschlechts zurück, ihre Entdeckung und erste Benutzung ist von der. Sage umwoben. Man erinnere sich an Noah und an die von ihm an sich beobachteten Foigen seiner Entdeckung des gegohrenen Reben- saftes; die Ansiedelung Azuri am Ararat wird heute noch als der Ort bezeichnet, wo er die ersten Reben pflanzte. Die Namen derer, welche im alten Aegypten die Wirkungen des Bieres an sich erprobten, Jahr- tausende vor seiner Verwerthung als Genussmittel in Deutschland, ver- kündet nicht einmal die Sage der dankbaren Nachwelt. Dagegen erzählt sie, dass wir die Entdeckung des Kaffees in seinem Heimathlande Abyssinien der belebenden Wirkung der Blätter dieses Baumes auf Ziegen zu verdanken haben, die nach ihrem Genuss lustig herumsprangen und deren Hirt dieselbe Wirkung an sich verspürte, als er dem Beispiel der Ziegen folgte, eine Lustigkeit, die ihm bei der Rückkehr in das Dorf die Bastonade eintrug, weil man glaubte, er habe sich gegen das Verbot des Propheten, Wein zu trinken, versündigt. Die köstliche Theestaude Wanderversammlung. 47 ist aus den Augenliedern eines grossen Heiligen der Buddhisten ent- standen, welcher sie abschnitt, als er trotz seines Gelübdes, die Nächte stets wachend zuzubringen, einmal eingeschlafen war. Der berühmte Reisende Kämpfer giebt uns in seinen „Amoenitates exoticae‘“ (1712) das abschreckende Bild jenes Heiligen aus dem 7 Jahrhundert nach Christus, Namens Darma, mit langen Krallen an den Füssen, ein Anblick, ganz geeignet, den Geschmack am Thee für immer zu verleiden. Den Genuss des Tabaks in seinen verschiedenen Formen fanden die Euro- päer in allen Theilen Amerika’s vor, welche sie nach einander betraten. Seine rasche Verbreitung in Europa und den übrigen Erdtheilen konnte weder durch die päpstlichen Bannbullen Urban’s VIII., noch durch die hohen Zölle Jacob’s I. von England 1619, weder durch Androhung der Todesstrafe durch Sultan Murad IV. 1605, noch des Nasenabschneidens seitens des Zaren Iwan des Grausamen 1634 aufgehalten werden. Auch unsere Wohlgerüche haben ihre Geschichte in sagenhafter Umhüllung. Während schon im klassischen Alterthum die jetzt im südlichen Frank- reich in hoher Blüthe stehende Imprägnirung von Fetten und Düften von Rosen, Veilchen, Heliotrop ete. im Gebrauch war und das Oleum rosatum jener Zeit noch in den Arzneibüchern des vorigen Jahrhunderts vor- handen war, gehört die Bereitung des Rosenwassers und namentlich jene des ätherischen Rosenöles einer späteren Zeit an. Doch wurde bereits im 9. Jahrhundert n. Chr. die Bereitung des Rosenwassers in Persien in so grossem Maassstabe betrieben, dass unter der Herrschaft des Kalifen Mammon (810—817 n. Chr.) die Provinz Farsistan jährlich 30 000 Flaschen Rosenwasser als Tribut nach Bagdad abliefern musste, Durch die Araber verbreitete sich sein Gebrauch nach Westen über Spanien nach dem übrigen Europa und nach Osten bis China. Die Ent- deckung der Bereitung des ätherischen Oeles der Rose fällt in den An- fang des 17. Jahrhunderts, sie wird der Gemahlin des Grossmoguls Jehan Ghid, Nour-dhjiham-Beygum zugeschrieben, die im Jahre 1612 bei einem üppigen Gartenfest in Srinagor in Kaschmir, welches auch durch einen Bach von Rosenwasser verherrlicht wurde, die auf dem Wasser schwim- mende, schaumige Masse, das ätherische Rosenöl, für ihren Gatten sammelte. Kämpfer, der im Jahre 1684 Persien bereiste und mit Bewunderung von den Rosen der Umgegend von Schiras spricht, be- schreibt es in seinen ‚„Amoenitates“ als ‚„butterartig, äusserst wohl- riechend und theurer wie Gold“, Das persische und indische Rosenöl kommt nicht in den europäischen Handel; das für den europäischen Bedarf bestimmte wird fast ausschliesslich in Bulgarien an den Südab- hängen des Balkans gewonnen. Wann die Fabrikation hier begonnen, lässt sich nicht mit Sicherheit bestimmen. Der Mittelpuukt dieser In- dustrie ist die Stadt Kasanlik am südlichen Ausgange des Schipkapasses, wo in 120 Dörfern mit 2500 Destillationsblasen, die sich inmitten 48 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. der Rosengärten befinden, die frischen Blüthenblätter einer der Rosa centifolia nahestehenden Varietät, der rothblühenden Rosa damascena var. trigintipetala verarbeitet werden. 1000 kg frische Blüthen geben 160—400 gr Oel; im Jahre 1887 wurden dort 2400 kg Oel gewonnen. Vor ungefähr 6 Jahren hat die durch ihren Ruf ausgezeichnete Fabrik ätherischer Oele von Schimmel & Comp. in Leipzig unter der umsich- tigen Leitung ihres Chefs, Herrn Fritzsche, und mit ihrer grossartigen Einrichtung — nicht weniger als 76 Destillations-Apparate aller Grössen, unter ihnen solche von 10 000 bis 25 000 Liter Inhalt, sind in Thätig- keit — die Gewinnung von Rosenöl auf deutschem Boden aus den oben genannten Rosen in Angriff genommen und es ist ihr die Lösung dieses Problems vollständig gelungen. Im Jahre 1887 wurden bereits 2 kg Oel und 2000 kg Rosenwasser erzeugt, im Jahre 1890 4,5 kg Oel und 23 000 kg Rosenwasser, und in diesem Jahre dürfte sich der Ertrag bereits auf 10—12 kg steigern. Vor 5 Jahren wurden 10 Hectar, im vorigen Jahre 45 Hectar (180 Morgen) mit Rosen bepflanzt. Die letztere Anpflanzung liegt bei Gross-Miltitz, 8 Kilometer von Leipzig entfernt, an einer Bahnstation; sie soll das Gentrum des hier zu gründenden Rosendistriets werden, Leipzig daher in absehbarer Zeit zu einer Neben- buhlerin von Schiras machen. Die Pflanzungen haben den letzten harten Winter auffallend gut überstanden und werden in den nächsten Jahren einen ansehnlichen Blüthenertrag liefern. Während der Blüthezeit kom- men die Rosen täglich frisch gepflückt in die Fabrik und werden, was überaus wichtig ist, sofort verarbeitet. Das deutsche Oel, das mit den vollkommensten technischen Einrichtungen durch Wasserdampf destillirt wird, zeichnet sich durch einen weit feineren Wohlgeruch und etwas grösseren Gehalt an festen Bestandtheilen, Stearopten aus, während das türkische Oel bei seiner primitiven Darstellung durch unmittelbare De- stillation aus den Blasen einen damit zusammenhängenden, etwas unan- genehm brenzlichen Beigeruch besitzt. Beide Oele werden übrigens von Schimmel & Comp. vom Stearopten befreit in den Handel gebracht. Das deutsche Oel stellt sich augenblicklich noch einmal so theuer: ein kg 1250 Mark, gegen 600 Mark für das türkische. Das Rosenöl ist ein wechselndes Gemenge von einem festen geruchlosen Bestandtheil, dem Stearopten und einem flüssigen, dem Elaeopten, dem allein der pracht- volle Geruch angehört. Das letztere besteht zum allergrössten Theile aus einem einheitlichen Körper, dem Rhodinol, einem optisch activen primären Alkohol mit zwei doppelten Kohlenstoffbindungen in offener Kette. Das Rhodinol gehört wie das Geraniol des indischen Grasöls zu chemischen Verbindungen, wie sie bisher in der Natur noch nicht nachgewiesen sind, ihre Zusammensetzung ist von hohem theoretischem Interesse. — Hierauf legte der Vortragende echtes Makassar- oder Mangkassar-Oel vor, das in seiner Heimath, dem südwestlichen Theil Wanderversammlung. 49 der Sundainsel Celebes, einen grossen Ruf als Haarwuchs beförderndes, Schinnen und Ekzeme beseitigendes Mittel besitzt und in früheren Jahren auch in Deutschland eingeführt worden ist. Doch gelangten später meist Falsifieate in den Handel, Mischungen von Cocosöl mit anderen Oelen, welche mit den Blüthen der Cananga odorata, einer Anonacee, oder der Michelia Champaca, einer Magnoliacee, parfümirt waren, auch wurden vielfach unter diesem Namen inländische fette Oele mit beliebigen Riech- stoffen versetzt und mit Alkanna gefärbt in den Handel gebracht. Das echte Oel stammt aus den Samen der Schleichera trijuga Wildenow, eines auf den Sunda-Inseln wachsenden reich belaubten Baumes der Sapindaceen mit essbaren Früchten und schönem Nutzholz. Das der Versammlung vorgelegte Oel war im pharmaceutischen Institut der Uni- versität zu Breslau aus den Samen gepresst worden; es ist bei gewöhn- licher Temperatur halbflüssig, von gelblich weisser Farbe und schwachem Geruch nach Bittermandelöl, es enthält 0,03—0,05 pCt. Blausäure,. Die Samen enthielten 0,6 pCt. Blausäure, aber merkwürdiger Weise konnte in ihnen kein Amygdalin, sondern nur dessen Zersetzungsproducte Blau- säure, Benzaldehyd und Traubenzucker nachgewiesen werden. Es sind von berufener Seite Versuche im Gange, um dem echten Makassaröl seinen früheren Ruf als Heilmittel, wenn er berechtigt, zurückzuerobern. — Schliesslich legte der Vortragende noch Proben schlesischen Opiums vor. Der Landwirthschaftsminister hatte im Jahre 1867 der landwirth- schaftlichen Centralstation in Saarau an der Freiburger Bahn den Anbau von Mohn, Papaver somniferum L., empfohlen, dessen unreife Früchte in ihrem Milchsaft durch Eintrocknen das Opium liefern. Die Culturen wurden im Jahre 1868 begonnen und vom Morgen 4 ks Opium mit 7 pCt. Morphingehalt gewonnen. Mannigfache Umstände, namentlich zu theure und ungeeignete Arbeitskräfte, sowie der zu geringe Ertrag des Mohnes an Samen liessen es nicht rathsam erscheinen, die Culturen fortzusetzen. 4, Prof. ©. E. Meyer sprach Ueber eine örtliche magnetische Störung, welche sich auf dem zwischen Reichenbach und Nimptsch gelegenen Schindelberge zeigt. Dieser Berg besteht in seiner Hauptmasse aus Gneiss; nur der letzte Abfall seiner Höhe in dem Winkel, welchen die von Reichenbach nach Nimptsch führende Landstrasse und das Schwarz- wasser einschliessen, enthält ein Serpentingestein, in welchem sich zahl- reiche Krystalle von Magneteisenstein finden. Der Serpentin ist insofern ein neu gebildetes Gestein, als durch die Einwirkung des durch ältere Gesteine hindurchsickernden Wassers eine Umwandlung der Felsmassen in Serpentin erfolgt ist und noch heute erfolgt; in den feinen Spalten des Gesteins setzt sich dabei das magnetische Eisen ab, und dieses ge- schieht unter der Einwirkung der erdmagnetischen Kraft. Die Richtung j 4 ka 50 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. der letzteren ist die durch die Inclinationsnadel angezeigte, welche in unseren Breiten der lothrechten Richtung viel näher liegt, als der wage- rechten; sie bildet gegen die Horizontalebene einen Winkel von etwa 65°, gegen die Verticale einen Winkel von nur 25° Wenn die magne- tischen Crystalle im Gestein sich nach dieser Richtung ordnen, so muss die Folge sein, dass die erdmagnetische Kraft durch den Magnetismus des unter den Füssen des Beobachters liegenden Gesteins stets verstärkt, nicht geschwächt wird. Seitlich gelegene Felswände aber müssen den Erdmagnetismus verringern. Diese einfachen Verhältnisse lassen sich am Schindelberg in anschaulicher Weise erkennen. Mit einem Instru- ment, dessen Einrichtung in einer früheren Sitzung ') beschrieben und jetzt wieder an einem Modelle erläutert wurde, hatte der Vortragende die erdmagnetische Kraft an verschiedenen Punkten des Berges gemessen. Ueber dem Gneiss fand sich eine schwache, aber doch noch deutlich erkennbare Verstärkung des Erdmagnetismus. Eine sehr viel stärkere, fast 10 pCt. betragende Zunahme aber war über einem im Serpentin angelegten Steinbruche beobachtet worden. Eine kürzlich im Innern des Steinbruches ausgeführte Messung ergab einen erheblich geringeren Werth. So wiederholte sich hier im Kleinen, was Humboldt und Gay-Lussac am Vesuv beobachtet hatten: auf dem Gipfel eine Verstärkung, im Krater eine Schwächung des Erdmagnetismus. 5. Herr Kunstgärtner Kiekheben schilderte Die Einrichtung des botanischen Schulgartens in Breslau. 6. Herr Prof. Prantl widmete dem im vorigen Jahre zu Reichen- bach verstorbenen Botaniker Herrn Dr. med. Paul Schuhmann Einen warmen Nachruf. 7. Prof. H. Cohn sprach Ueber Schrägschrift und Kurzsichtigkeit. Dass schlechte Haltung Kurzsichtigkeit hervorruft und steigert und die Brustorgane schädigt, steht ganz fest. Viele Factoren wirken als Ursache der schlechten Haltung zusammen. Einer derselben ist die Schriftrichtung. Es giebt vier Arten, das Schreibheft hinzulegen, 1) nach rechts gerade, 2) nach rechts schräg, 3) in der Mittellinie gerade, 4) in der Mittellinie schräg. Alle Autoren sind darin einig, dass jede Rechtslage schädlich ist, weil Kopf und Rumpf nach rechts gedreht und das rechte Auge der Schrift mehr genähert wird, als das linke; zahlreiche einwandsfreie Messungen, besonders von Dr. Schubert in Nürnberg, haben das erwiesen. In Bayern ist auch jede Rechtslage des . Heftes verboten, bei uns leider ist sie nicht nur gestattet, sondern wird von den meisten Schreiblehrern den Kindern direct anbefohlen. Das Heft muss vielmehr in der Mitte von dem Schreibenden liegen. Man kann nun beobachten, dass alle Kinder, welche schreiben lernen, so ") 67. Jahresb. d. schles. Ges. f. 1889 S. 120 Wanderversammlung. 51 lange gerade sitzen, als sie senkrechte Striche machen, dass sie aber wie mit einem Zauberschlage vorstürzen, wenn sie schräg schreiben sollen. Es ist nämlich wegen des Baues des Handgelenks unmöglich, bei gerader Mittellage schräg zu schreiben; entweder muss das Heft nach rechts geschoben oder es muss schräg gestellt werden; dann stehen die Grundstriche senkrecht zum Tischrande. Da aber die Verbindungs- linie beider Augen sich am liebsten parallel den Zeilen stellt, so wird nach Schubert’s Messungen der Kopf viel eher nach links geneigt, als bei gerader Mittellage. Jedenfalls weiss man, dass Jemand gerade ge- sessen haben muss, wenn er senkrecht geschrieben hat; bei schräger Schrift kann er auch schief gesessen haben. Schon aus diesem Grunde empfiehlt sich die Steilschrift nicht nur in den Schulen, sondern auch zu Hause, wo die Aufsicht fehli. — Die schräge Schrift ist erst in neuester Zeit entstanden. Schubert, der sich um die Schriftfrage bleibende Verdienste erworben, wies aus Handschriften des germanischen Museums nach, dass man bis zum 17. Jahrhundert in Deutschland senk- recht schrieb. Ich habe jüngst im britischen Museum in London unter den Manuscriptschätzen, deren Kataloge allein 120 Bücher von 70 cm Länge und 12 cm Dicke bilden, eine grosse Zahl senkrecht geschriebener englischer, italienischer und französischer berühmter Auto- sgraphen gefunden. Der Vorstand des British-Museums gestattete mir, alles zu photographiren, was mich interessirte; für diese Liberalität spreche ich hier meinen besonderen Dank aus. Ich lege hier 5 Copien hochberühmter Autographen vor, die ich auch der Bibliothek der schles. Gesellschaft dedicire. Drei sind von Malern, welche sich sehr eingehend selbst mit Anatomie beschäftigt haben, und zwar: 1) von Albrecht Dürer 1506, 2) von Michel-Angelo 1510 und 3) von Leonardo da Vinei 1517. (Von Letzterem sind allein 235 grosse anatomische Zeichnungen in London.) Alle drei Maler schrieben senkrecht. Beson- ders merkwürdig ist die Handschrift von Leonardo, welcher ein ganzes Buch mit Zeichnungen über Architektur in Spiegelschrift mit der linken Hand ganz senkrecht schrieb, wahrscheinlich weil seine rechte Hand im Alter gelähmt war. Ferner lege ich die Copie des Heftes vor, welches Harvey in London, der Entdecker des Blutkreislaufs, 1616 für seine Vorlesungen geschrieben; es enthält nur senkrechte Grundstriche. Dagegen zeigt ein Brief von Isaac Newton aus dem Jahre 1682 schon schräge Schrift, ähnlich den deutschen Schriftstücken aus jener Zeit. — In Deutschland wurde die Schrift, die unter 45 ° geneigt ist, vom Kalli- sraphen Heinrigs in Crefeld 1809 eingeführt. — Warum sollte man nun nicht wieder zur Steilschrift zurückkehren? Alle Aerzte sind einig darüber, dass man bei ihr richtig sitzt. Der Einwand, dass man mit Schrägschrift schneller schreibe, ist jetzt von Hauptlehrer Scharff in Flensburg durch Wettschreiben widerlegt. In Nürnberg und in Wien 52 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. wird bereits in vielen Schulen die Steilschrift in Parallel-Klassen ein- geübt, und die Vergleiche der Körperhaltung sind nur zu Gunsten der Steilschrift ausgefallen. Als Beläge bringe ich Photographien schrei- bender Kinder aus Nürnberg und Wien, von denen namentlich be- weisend die von hinten aufgenommenen Bilder sind. In Preussen ist leider nichts bisher in dieser wichtigen Frage geschehen. Es fehlt eben der wirkliche Schularzt, der solche Fragen in die Hand nimmt, Wir haben es sehr bedauert, dass keiner von den Aerzten, die Jahr- zehnte lang sich mit Schulhygiene beschäftigt haben, in die grosse Com- mission für Schulreform nach Berlin berufen worden; wir haben aber dort plötzlich einen Mitarbeiter oder richtiger einen Förderer auf- treten sehen, wie wir uns ihn energischer und zielbewusster niemals hätten wünschen können. Es war der Kaiser selbst, der seine über- raschende Eröffnungsrede, gestützt auf seine eigenen Erfahrungen über Kurzsichtigkeit unter den Kasseler Gymnasiasten, folgendermaassen schloss: „Die statistischen Angaben über die Verbreitung der Kurzsich- tigkeit sind wahrhaft erschreckend. Bedenken Sie, was Uns für ein Nachwuchs für die Landesvertheidigung erwächst. Ich suche nach Sol- daten. Wir wollen eine kräftige Generation haben, die auch als geistige Führer und Beamte dem Vaterlande dienen. Diese Masse von Kurz- siehtigen ist meist nicht zu brauchen; denn ein Mann, der seine Augen nicht brauchen kann, wie will der nachher viel leisten?... Da muss eingeschritten werden, und deshalb halte ich es für sehr dringend, dass die Frage der Hygiene schon in den Vorbe- reitungsanstalten für die Lehrer aufgenommen werde... Meine Herren, das sind Dinge, die mein Herz bewegt haben, und ich kann nur ver- sichern: die massenhaften Zuschriften, Bitten und Wünsche, die ich von den Eltern bekommen habe, obwohl Wir Väter von Meinem verehrten Herrn Hinzpeter im vorigen Jahre für eine Partei erklärt wurden, die bei der Erziehung der Kinder nicht mitzureden hätten, legen Mir, als allgemeinem Landesvater, die Pflicht auf, zu erklären: Es geht nicht so weiter. Meine Herren, die Männer sollen nicht durch Brillen die Welt ansehen, sondern mit eignen Augen, und Gefallen finden an dem, was sie vor sich haben, ihrem Vaterlande und seinen Einrich- tungen. Dazu sollen Sie jetzt helfen!“ Diesen vortrefflichen kaiser- lichen Wünschen wird die Erfüllung bald folgen; denn, wie ich aus sicherster Quelle weiss, schlägt jetzt die Siebener-Commission der Schul- conferenz die alte Forderung der schlesischen Gesellschaft, die leider vom Breslauer Magistrate vor vier Jahren abgelehnt wurde, dem Mi- nister vor, ‚„„dass in jedem Schulvorstande ein Schularzt Sitz und Stimme erhalten soll.“ Sobald diese Einrichtung getroffen, wird gewiss auch die Steilschriftfrage in Preussen ernstlich erwogen und mithin einem Factor für die Entstehung der Kurzsichtigkeit vorgebeugt werden. Schlesische Gesellschaft für vaterländische Gultur. a 1705221 77 11:07 1 Vo) SU ST Tngn 69. I. Jahresbericht. Medieinische 1891. Abtheilung. er EEE KISS Sitzungen der medicinischen Section. Secretaire: Fritsch und Ponfick. l. Sitzung vom 9. Januar 1891. 1) Herr Riegner erhält das Wort zur Vorzeigung dreier Kranker: a. Bei dem ersten, dem 43jährigen Arbeiter Franz Glombutza, hatte der Vortragende wegen nahezu impermeablen Speiseröhrenkrebses, der seinen Sitz dieht über der Cardia hatte, eine Magenfistel angelegt. Ich mache diese Operation aus naheliegenden Gründen bei careino- matöser Strietur ungern; indess giebt es Fälle, wo man sich ihr nicht zu entziehen vermag. Der Patient konnte in der letzten Zeit auch Flüssigkeiten nieht mehr schlucken, hatte dabei intensives Hunger- und Durstgefühl und bat mich dringend um Abhilfe. Er war enorm abgemagert und wog nur 76 Pfund. Die Strietur war für die feinste Sonde mit Mühe passirbar, auf diesem Wege waren also Nahrungsmittel nicht einzuführen, sie mussten ihm per rectum (Peptonweinklystier) beigebracht werden. Ich machte am 15. Novbr. v. J. die Gastrotomie und zwar nach der vonHahn vorgeschlagenen Methode, und das veranlasst mich hauptsächlich, Ihnen den Kranken vorzustellen, weil meines Wissens diese Operation hier in Breslau bisher noch nicht ausgeführt worden ist. Sie wissen, dass dabei zuerst der Magen von dem gewöhnlichen Schnitt unter dem Rippenbogen aus aufgesucht wird, dann aber nicht in die Bauchwunde, sondern in einen weiteren, im 8. Intercostalraum anzulegenden, 3—4 cm langen Schnitt hineingezogen und hier angeheftet wird. Im vorliegenden Falle erlaubte ich mir nun die Modification, den Magen im 7. Zwischen- tippenraum, dem höchstgelegenen, welcher noch ohne Verletzung des Zwerchfelles sich eröffnen liess, zu fixiren, weil ich durch diese höhere Lage des künstlichen Magenmundes ein Ausfliessen des Inhalts aus dem erheblich tiefer liegenden Magenfundus noch besser zu verhüten hoffte, ein Vortheil, den die Hahn’sche Methode vor der alten ganz besonders voraus hat, und der, wie Sie sehen, auch hier erreicht worden ist. Es fliesst auch nach ‘Herausnahme des Drainrohres bei mässig gelülltem Magen, namentlich 1 Pe DL 2 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. im Sitzen und Stehen nichts aus der Fistel ab. Auch einen anderen noch wesentlicheren Vorzug der Methode kann ich Ihnen demonstriren. Die Fistel hat sich, da sie in dem engen Intercostalraum dicht neben dem Sternum angelegt ist, gar nicht vergrössern können, wie das beim alten Verfahren die Regel ist. Das mit einem Pfropfen verschlossene Drainrohr, durch eine an dem Heftpflasterstreifen steckende Sicher- heitsnadel fixirt, genügt vollständig, um die Fistel luftdieht abzuschliessen und macht die complieirten und dabei unsicheren Obturatoren übertlüssig. Das sonst gewöhnliche Verdauungs-Ekzem in der Umgebung fehlt. Die Methode ist, wie ich mich hier und an einem schon früher von mir operirten Falle überzeugen konnte, leicht und rasch auszuführen. Was man etwa durch den zweiten (Intereostal-) Schnitt an Zeit verliert, wird reichlich dadurch eingeholt, dass die Annähung des Magens bei weitem nicht so serupulös gemacht zu werden braucht, als es bei Fixirung des Magens in der Bauchwunde unbedingt nöthig ist. In diesem Falle habe ich mich mit drei Näthen begnügt, ja ich glaube, dass das Fassen des vorgezogenen Magentheiles in einer liegen bleibenden Klemm- pincette genügt, wenn man die Eröfinung um einige Tage verschieben kann. Dabei ist trotzdem, wie ich glaube, die Fixirung des Magens doch viel sicherer, als bei der alten Methode, bei welcher ich selbst 2 mal noch in späterer Zeit eine theilweise Ablösung erlebt habe. Die Bauchwunde heilte auch in meinem Falle per primam. Den Magen eröffnete ich erst nach einigen Tagen. Der Patient ernährt sich selbst und ist von fremder Hilfe ganz unabhängig. Wie Sie nachher sehen können, kaut er seine Speisen, verdünnt sie mit Milch und giesst sie sich durch einen Glastrichter in den Magen. Er scheint mit seinem Geschick ganz zufrieden und hat seit der Operation um 8 Pfund zugenommen. b. Der zweite Fall betrifft eine Thoracoplastik nach Schede, die ich bei diesem Manne, dem 40jährigen Maurer Gärtner, vor 10 Jahren ausgeführt habe. Im Februar 1879 auf die innere Hospitalabtheilung aufgenommen, wurde ihm dort sein Empyem im März durch den ein- fachen Brustschnitt eröffnet, im Juni auf der chirurgischen Station aus- gedehnte Rippenresectionen gemacht, ohne dass die grosse Höhle sich verkleinerte. Im April 1880, gleich nachdem ich den ersten von Schede im Friedrichshain - Krankenhause operirten Fall gesehen, führte ich dieselbe Operation bei dem inzwischen sehr herunterge- kommenen Kranken aus. Bekanntlich wird dabei der ganze, die vordere Wand der Empyemhöhle bildende Thoraxtheil, also Rippen und sämmt- liche Weichtheile, bis auf die in einem grossen Lappen abpräparirte und zurückgeschlagene Haut reseeirt und letztere auf die retrahirte, von dieker Schwarte bedeckte Lunge gelegt. I. Medicinische Abtheilung. 3 Die Präparate des vorliegenden Falles sind leider nicht aufgehoben worden; ich lege Ihnen hier aber die 9 Rippenstücke von 10—21 cm Länge und die entfernte Weichtheilthoraxwand von einem später operirten Patienten vor, um Ihnen eine Anschauung von der Ausdehnung des Eingriffes zu geben. Wie Sie sehen, ist derselbe ein recht erheblicher und erfordert immerhin noch einen gewissen Fonds von Kräften, um mit Aussicht auf Erfolg ausgeführt zu werden. Der vorgestellte Patient hat denselben recht gut überstanden: er wurde 1881 entlassen, heirathete ein Jahr darauf und hat bis Ende vorigen Jahres sein Handwerk als Maurer unausgesetzt ausgeübt. Seine Aufnahme in’s Hospital erfolgte wegen einer anderweitigen Verletzung. Es ist zwar noch eine Höhle zurückgeblieben, die zum Theil durch Zusammenrücken der Rippenstücke und Einziehung der Haut entstanden, zum Theil wohl auch eine Folge der noch nicht genügend rücksichtslos ausgeführten Thoraxresection ist, doch hat sie sich ganz mit Epidermis ausgekleidet. Von Seiten der Wirbelsäule hat sich nur eine ganz mässige Scoliose entwickelt. Ich habe die Operation ausserdem noch 3mal gemacht. Darnach ist ein Patient vollkommen geheilt, der zweite 6 Wochen nachher an ausgedehnter Tuberculose, der dritte noch am Abend des ÖOperationstages am Collaps gestorben. Der Eingriff ist aber ein ganz kolossaler und muss möglichst rasch ausgeführt werden. Bisher war die vorherige Resection der Rippen im Bereiche der weg- zunehmenden Thoraxwand nöthig, um die Arteriae intereostales bequemer unterbinden zu können und wohl auch, weil unsere bisherigen Scheeren nicht im Stande waren, Knochen und Weichtheile in einem Zuge zu durchtrennen. Das wird sich sicher mit der vorzüglichen, messerartig wirkenden Scheere, die Ihnen von der Congressausstellung wohl bekannt ist, ausführen und dadurch der Eingriff erheblich abkürzen lassen. Bei alten nicht ausheilenden Empyemen ist derselbe allein im Stande, die definitive Herstellung herbeizuführen, c. Der dritte, wohl interessanteste Fall, den ich Ihnen heute noch zu zeigen habe, betrifft diesen 26 Jahre alten Mann (Joseph Rehnert), der, wegen einer Stichwunde am Kinn aufgenommen, einen Nebenbefund darbot, welcher seiner Aetiologie nach vielleicht ein Unicum darstellt. Wenn Sie seinen rechten Arm betrachten, so wird es Ihnen gewiss wie mir ergehen, Sie werden glauben, es handele sich um das Residuum einer einfachen infantilen Lähmung. Wie Sie sehen, baumelt der r. Arm wie ein bewegungsloser Appendix am Körper, sämmtliche Theile und Glieder desselben sind enorm atrophirt, von Muskelsubstanz kaum etwas zu fühlen, der Oberarmknochen ist kaum so dick wie eine Fibula.. Aber die Extremität ist nicht bloss im Diekendurchmesser geschwunden, sondern auch in der Länge erheblich verkürzt. Vom acromion bis zum olecranon beträgt dieselbe 35,5 em gegen 39 cm am kräftig ent- 1* 4 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. wickelten linken Oberarm, von der Spitze des olecranon bis zum processus styloideus ulnae 25,5 cm gegen 27,5 cm links. Die Gesammt- differenz der Armlängen beträgt also 5,5 em. Die Umfangsmaasse sind folgende: dicht unter der Achselhöhle rechts 14, links 28 cm, in der Mitte des Oberarms rechts 13, links 26,5 em, in der Ellenbeuge rechts 16, links 23 cm, in der Mitte des Unterarms rechts 13,5, links 22 cm, der Umfang des Handgelenkes rechts 14, links 18 em. Wie Sie sehen, steht die rechte Schulter bedeutend höher als die linke und springt das acromion stark hervor. Das laterale Ende der clavieula ist nach hinten gedrängt und dadurch der rechte Oberarmkopf dem Rumpfe mehr genähert als links. Die Entfernung der articul. sterno- clavicul. bis zur Mitte des Oberarmkopfes beträgt links 19, rechts nur 16 cm. Der Arm steht etwas nach innen rotirt, im Ellenbogengelenk leicht gebeugt. Die Hand befindet sich in starker Flexion und Abduction nach der Ulnarseite, die Fingergelenke sind sämmtlich leicht gebeugt. Die passive Beweglichkeit ist in allen Gelenken erhalten. Activ ist im Schulter- und Ellenbogengelenk nicht die geringste Bewegung möglich; beim Versuch, den Oberarm zu heben, wird nur die scapula etwas ge- hoben. Bei passiver Beugung im Ellenbogengelenk hängt die Hand schlaff unter einem rechten Winkel gegen den Unterarm herab, doch kann Patient dieselbe activ um einen Winkel von etwa 30 Grad mit allerdings sehr geringer Kraft strecken. Die Finger können in allen Gelenken noch ein wenig weiter activ gebeugt, aber nicht vollkommen gestreckt werden, mit Ausnahme des Zeigefingers, der in der Grund- und Mittelphalanx ganz extendirt werden kann, während jedoch das Endglied dabei flectirt bleibt. Die faradische Erregbarkeit ist überall erloschen, eine genauere Prüfung der galvanischen war bei der Kürze der Zeit nicht möglich. Die Sensibilität ist am Oberarm normal, vom Ellenbogen abwärts in allen Nüancen erheblich herabgesetzt. Der Arm bietet also, wie gesagt, vollkommen das Bild eines infantil gelähmten. Der Patient hat aber bis vor 5 Jahren als Fleischergeselle seinen rechten Arm ebenso kräftig gebraucht wie den linken und ist erst seit dieser Zeit genöthigt, sich sein Brod als Colporteur zu ver- dienen. Wie ist das möglich? Darüber gab uns der Mann folgende interessante Auskunft. Im August 1885 zog er sich am rechten Zeigefinger bei seiner Fleischerarbeit eine leichte Verletzung mit dem Messer zu, von welcher eine 1 em lange quergestreckte Narbe am Rücken der Grundphalanx ‚noch jetzt sichtbar ist. Er beachtete dieselbe zunächst nieht, und erst als sie am 5. Tage zu schmerzen anfing und 2 Tage darauf der ganze Arm sich zu röthen und anzuschwellen begann, liess er sich in ein I. Medieinische Abtheilung. 5 Krankenhaus (auswärts) aufnehmen. Dort wurde das Geschwür am Finger excidirt und um, wie es scheint, das weitere Fortschreiten der entzünd- lichen Schwellung zu verhindern, ein Gummischlauch fest um die Schulter geknüpft. Derselbe soll 6 Wochen lang gelegen haben, ohne ein einziges Mal gelockert worden zu sein, bis die Schwellung, welche mit der dritten Woche zurückzugehen begann, vollständig ver- schwunden war. Nach Abnahme des Schlauches war der Arm gelähmt. Massage, Elektricität ete. blieben ganz erfolglos; es stellte sich vielmehr bald ein Schwund der ganzen Extremität ein, welcher nach etwa einem Jahr die jetzige Höhe erreicht hatte. 2) Herr Oscar Brieger theilt die auf der kgl. dermatologischen Klinik gemachten Erfahrungen mit: Ueber die Einwirkung des Koch’schen Verfahrens auf Schleimhaut-Lupus. ') Zur Beobachtung gelangten im Ganzen 18 Lupus-Fälle der dermato- logischen Klinik, welche zum Theil schon seit Beginn der Anwendung der Koch’schen Injeetionen in Behandlung stehen. Die Beobachtungs- dauer variirte zwischen 4 und 55 Tagen; die höchste Zalıl der bisher bei demselben Individuum applieirten Injectionen betrug 17, die nie- drigste 1. Als Anfangsdosis wurde gewöhnlich 0,001 g gewählt und diese wiederholt — bis 6 mal in einem Falle — injieirt, so lange darauf noch eine Reaction erfolgte. Die höchste, bisher überhaupt zur Anwendung gelangte Dosis betrug 0,1 g. Die Pausen zwischen den ein- zelnen Injectionen wechselten zwischen 12 Stunden und 14 Tagen. Auf die Intensität der localen Schleimhautreaction schien die Dauer der Pausen keinen bemerkenswerthen Einfluss zu haben, Was die Localisation und Ausdehnung des Schleimhaut- Lupus in den beobachteten Fällen angeht, so war die Nasenschleimhaut fast durchweg von dem Krankheitsprozess ergriffen, aber in einer be- trächtlichen Zahl der Fälle der Beobachtung nicht zugänglich, so dass im Ganzen für die Beobachtung nur 5 Fälle in Betracht kommen, in denen ausser der Erkrankung der Nasenschleimhaut vor Einleitung der Behandlung keine anderweitigen Schleimhautherde nachweisbar waren, In 4 Fällen war die Mundschleimhaut allein, 2 mal ausserdem noch die Rachenschleimhaut, 4mal ausser Mund- und Rachenhöhle der Kehlkopf, lmal Nasen-, Mund- und Rachenschleimhaut, Imal Nase und Kehlkopf betheiligt; in einem Falle bestanden ältere narbige Veränderungen im Rachen und Kehlkopf ohne nachweisbare frischere Prozesse. Die Allgemeinreaction schien gerade bei den mit Schleimhaut- erkrankungen complieirten Lupus-Fällen besonders intensiv zu sein. !) Vergl. die eingehende Veröffentlichung in No. 5 der Deutschen medicinischen Wochenschrift d. Jahres. 6 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Ebenso regelmässig erfolgte der Eintritt der localen Reaction an allen Stellen, an denen frischere Lupus-Herde nachweisbar waren. Als Reactionserscheinungen traten neben Röthung und Schwellung besonders hochgradige Empfindlichkeit der reagirenden Schleimhautparthien gegen Berührung, Neigung zu Blutungen, in geringerem Grade Zunahme der Secretion hervor. An den exulcerirten Schleimhautherden machte sich ein scharfe Abgrenzung gegen die Umgebung und das Auftreten eines ziemlich fest adhärenten, schmierig grauweissen, zuweilen auch schwärz- lich gangränös aussehenden Belages geltend. Nach Ablauf der Reaction stellen sich an den bereits als er- krankt nachgewiesenen Stellen der Schleimhaut weitere Veränderungen theils im Sinne einer einfachen Rückbildung, theils als oberflächlicher Zerfall ein. Ausserdem traten an vorher für normal gehaltenen Schleim- hautbezirken nach den Injectionen neue Herde auf, theils in Form miliarer, unter Exfoliation des necrotisch gewordenen Epithelüberzugs rasch abheilender Eruptionen, theils als wirkliche Substanzverluste mit rascher Heilungstendenz. Nur in dem erwähnten Falle, in welchem bloss Prozesse älteren Datums in Rachen und Kehlkopf nachweisbar waren, traten an der vorher für normal gehaltenen Zunge nach den ersten In- jeetionen ausgedehntere Ulcerationen auf, welche indessen gleichfalls zu rascher Abheilung tendirten und bald vollständig vernarbten. Bei Lupus laryngis waren Haupterscheinungen der Reaction: Die Schwellung, welche zwar beträchtlicher als meist bei Tubereculosis laryng., aber niemals so hochgradig war, dass die Gefahr einer be- drohlichen Stenosirung des Kehlkopflumens bedingt gewesen wäre und nur in einem Falle deutlichen Stridor auslöste, ferner Heiserkeit bezw, complete Aphonie. Die weiteren Veränderungen an der Kehlkopfschleim- haut verhielten sich durchaus analog den oben beschriebenen Vorgängen. Bei Lupus der Nasenschleimhaut, bezw. der in einem Fall beobachteten Tuberculose derselben trat während der Reaction be- sonders die Zunahme der Secretion hervor. Im weiteren Verlaufe wurde hier besonders deutlich der Typus der einfachen Rückbildung des tuber- culösen Gewebes neben oberflächlicher Geschwürsbildung. Zwei Fälle von serophulösem Eezem des Naseneingangs haben allgemein und local reagirt. — Vortragender entscheidet sich dafür, die Ent- stehung der vielfach beobachteten frischen Tuberkel-Eruptionen aus latenten, vor den Injectionen makroskopisch nicht erkennbaren Herden herzuleiten, einerseits, weil es oft gelang, in der Umgebung dieser frischen Herde doch auch noch ältere Veränderungen nachzuweisen, welche die Annahme abgelaufener tubereulöser Prozesse in diesen Gegenden wahrscheinlich machten, andererseits, weil immer nur die ersten Injeetionen das Auftreten solcher Herde zur Folge hatten. Er weist ferner darauf hin, dass durch die im Bereich der lupösen Schleim- I. Medicinische Abtheilung. 7 hautherde aufgetretenen Veränderungen unter dem Einflusse der In- jeetionen sich allmählich das klinische Bild der Schleimhaut-Tubereulose (im engeren Sinne) entwickelt, plädirt aber trotzdem für Beibehaltung der von Michelson neuerdings verworfenen Differenzirung der beiden ätiologisch gleichen Krankheitsprozesse. Der diagnostische Werth des Koch’schen Verfahrens kam bei den beobachteten Fällen besonders an dem durch die Injectionen erst zum Vorschein gebrachten Zungen-Lupus, ferner bei der Tuberculose der Nasenschleimhaut und dem scrophulösen Eezem des Naseneingangs zur Geltung. Bezüglich der Heilwirkung des Verfahrens äussert sich Vor- tragender dahin, dass er ein definitives Resultat zwar nur in dem Falle, in welchem unter der Behandlung Zungen-Lupus aufgetreten und voll- kommen abgeheilt sei, gesehen, bei allen anderen Kranken aber partielle Heilungen und bemerkenswerthe, objeetiv deutlich nachweisbare Besse- rungen beobachtet habe, so dass er sich zu der Annahme berechtigt glaube, dass in diesen Fällen unter der weiteren Einwirkung des Koch- schen Verfahrens vollkommene Abheilung aller tuberceulöser Schleimhaut- herde eintreten wird. Im Anschluss hieran theilt Vortragender einige Erfahrungen mit, welche er bei Anwendung des Verfahrens in Fällen von Kehlkopf- Tubereulose und tubereulöser Mittelohreiterung gewonnen hat. Im Anschluss an vorstehenden Vortrag macht Herr Neisser folgende Bemerkungen: ') Erstens glaube ich ebenfalls, dass wir klinisch auch fernerhin einen Unterschied machen sollen zwischen Lupus und Tubereulose im engeren Sinne des Wortes, wenngleich wir vom ätiologischen Stand- punkte aus beide Affectionen selbstverständlich für identisch halten müssen. Vor Allem aber will ich aus den soeben geschilderten, am Schleimhaut- lupus gewonnenen Beobachtungen einen allgemeinen Schluss ziehen auf den Werth des Koch’schen Verfahrens im Ganzen. „Ich stehe nicht an, ganz rund heraus zu erklären, dass ich nach dem, was ich bisher an eigenem Krankenmaterial gesehen habe und was an literarischem Material anderer Beobachter vorliegt, nach keiner Richtung hin einen Grund sehe, von dem ersten grossen enthusiastischen Eindrucke, den Koch’s Veröffent- liehungen auf mich gemacht haben, jetzt zurückzukommen und überzugehen in das Lager des Pessimismus, der sich bei - %) Dieselben sind ausführlich in der Deutsch. mediein. Woch. 1891, No. 5, wiedergegeben. 8 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Aerzten wie bei Laien jetzt geltend macht. Freilich habe ich weder im Anfange noch jetzt ausser Acht gelassen, was Koch selbst über sein neues Mittel gesagt hat.“ Redner führt den letzten Gedanken weiter aus und glaubt, dass auch die ungünstigen Erscheinungen, welche wesentlich durch Virchow’s bedeutsame Mittheilungen zur allgemeinen Kenntniss gelangt sind, sich decken mit den von Koch von vornherein gegebenen Andeutungen über die Wirkung des Mittels. Speciell glaubt er betonen zu müssen, dass diese ungünstigen Beobachtungen keinen allgemeinen Schluss gestatten für die Verwerth- barkeit des Mittels in praktischer Hinsicht; denn die Obductionen rührten wesentlich von solchen Fällen her, bei denen von vornherein ein Heilerfolg von den Injeetionen nicht erwartet werden konnte. Er bespricht sodann die auch von Virchow betonte Thatsache, dass in manchen Fällen zwar eine Abheilung der ursprünglichen tubereulösen Herde, daneben aber eine Weiterverbreitung des tubereulösen Krank- heitsprocesses durch Injectionen möglich sei und zwar sowohl in die Nachbarschaft der betr. Herde, als auch in allgemeiner, zu Miliartuber- culose führender Ueberschwemmung des Organismus durch Injeetions- material. Für die in der Nachbarschaft gelegenen Neueruptionen hält er den Beweis noch nicht für erbracht, dass es wirklich durch Ver- schleppung entstandene neue Bildungen wären, da es sich auch um Sichtbarwerden bisher latenter, mikroskopisch unsichtbarer Herde handeln könne, während die in grösserer Entfernung oder gar im ganzen Körper entstehenden Neueruptionen in der That als durch eine Ver- schleppung in Folge der Injeetionen entstanden zu denken wären. Allerdings wird auch hier jedes Mal eruirt werden müssen, welche be- sonderen Zufälle die Hineinbeförderung des Injectionsmaterials in die verbreitenden Saftbahnen begünstigt haben; denn es wäre doch wohl sicher kein Zufall, dass nur bei Lungentuberculose solche schlimmen Zufälle beobachtet worden seien, Er selbst hat an 46 sicher tubereulösen Personen durchwegs günstige Resultate zu verzeichnen, in keinem einzigen Falle irgend welche bedrohlichen Nebenerscheinungen, in allen dagegen Zeichen deutlichster localer Besserung oder par- tieller Heilung. Keinem Beobachter könne der kolossale Fortschritt entgehen, den alle behandelten Kranken in der kurzen Zeit gemacht haben. Aus dem, was an der gut controlirbaren Haut- und Schleim- hauttuberceulose vor sich geht, sind wir gewiss berechtigt, Schlüsse zu ziehen auf die Heilungsmöglichkeit tubereulöser Herde auch in andern Organen, sofern daselbst nicht Complieationen den Heilungsvorgang ver- hindern. Nachdem er kurz die Differenzen des dermatologischen Materials mit den bei der Lungentubereulose und bei der chirurgischen Tuber- I. Medicinische Abtheilung. 9 culose vorliegenden Verhältnissen berührt, wendet er sich zu den An- griffen, welche sich gegen den von Koch behaupteten diagnostischen Werth des Mittels richten. Was die Thatsache betrifft, dass tuberculöse Processe, deren spe- eifische Natur durch den Nachweis von Bacillen erbracht sei, nicht reagiren, so habe er noch keinen Fall gesehen, in dem locale Reaction aus- geblieben sei, während die allgemeine allerdings bei kleinen Dosen fehlte. Er glaubt daher auf die locale Reaction als eine in jedem Fall zustande kommende Erscheinung vom wissenschaftlichen Standpunkt aus den Hauptwerth legen zu müssen. Allerdings muss daneben zu- gegeben werden, dass die Injectionen, da diese locale Reaction nicht - immer nachweisbar zu sein braucht, und in solchen Fällen, wo locale und allgemeine Reaction ausbleiben, ohne diagnostischen Werth sein können. Eine typische Local-Reaction nicht-tuberculöser Processe und eine typische Allgemein-Reaction nicht-tubereulöser Personen hat Vor- tragender nie gesehen. Was die speciell bei Lepra beobachteten Injectionsfolgen betrifft, so weist er darauf hin, dass bei Leprösen stets die allgemeine Reaction der localen Einwirkung auf die leprösen Neubildungen vorausginge, dass also von einer Vergleichung der Wirkung des Mittels bei Tubereulose, und bei Lepra nicht die Rede sein kann. Redner schliesst mit dem Ausdrucke seiner Ueberzeugung, dass indenvonKochumschriebenenGrenzen auch die therapeutische Wirkung des Mittels schliesslich allgemeine An- erkennung finden werde und dass wir unter allen Umständen der wissen- schaftlichen Bedeutung der Koch’schen Entdeckung unsere höchste Bewunderung zollen müssen. 2. Sitzung vom 16. Januar 1391. Herr Hirt demonstrirt zunächst: a) Zwei durch Suggestion erzielte Heilungen. Der erste Patient ist ein l4jähriger Knabe, welcher 6 Jahre lang an einem nervösen Husten, der besonders Nachts quälend auftrat, litt. Alle ärztiichen Eingriffe, Seebäder, Elektrisiren, Ausbrennen der Nase, Einpinselungen u. s. w. hatten sich unwirksam erwiesen. Am 3. Decbr. 1890 Vornahme der Suggestion — sofortige Heilung, welche bis heut (16. Jan.) anhält. Im zweiten Falle handelt es sich um einen 11 jährigen Knaben, der seit 15 Monaten typisch auftretende Anfälle von Athemnoth zeigte; die- selben erschienen 10—12 mal täglich und raubten dem Knaben oft gänzlich die Nachtruhe. In den anfallsfreien Zeiten völliges Wohl- befinden. Auch hier wurden alle möglichen therapeutischen Eingriffe 10 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. ohne jedoch sichtbaren Erfolg versucht. Einmalige Suggestion am 9. De- cember: sofortiges Verschwinden der Anfälle und andauernde Genesung bis zum heutigen Tage. Darauf spricht Herr Hirt: b) Ueber das Wesen und die Behandlung der Tabes. Der Vortragende bemerkt erläuternd, dass die Tabes zu den relativ häufigen Nervenkrankheiten gehöre und von jedem modern durchgebil- deten Arzte, falls sie in ihrer sog. celassischen Form auftritt, ohne Schwierigkeiten diagnostieirt werde. Die Zahl der über T. erschienenen Arbeiten sei eine endlose, und kaum irgend ein Journal könne man durchlesen, ohne Beiträge zur Symptomatologie, zur Aetiologie, zur Therapie zu finden. Auch pathologisch - anatomische Untersuchungen liegen viele vor, sie enthalten jedoch meist nur Befunde der pathologisch veränderten nervösen Bestandtheile des Rückenmarks, ohne auf die Veränderungen der Gefässe genügend Rücksicht zu nehmen. In allen diesen Arbeiten wird die Ansicht vertreten, die Tabes sei eine Rückenmarkskrankheit, während es nach Ansicht des Vortr. zweifellos sei, dass neben den Rückenmarkserscheinungen unendlich häufig auch Hirnerscheinungen und Affectionen der peripheren Nerven, wie sieanatomisch neuerdings Dejerine, Oppenheim, Simerling, Strümpell u. A. beschrieben hätten, vorkämen. In seinem vor 1 Jahre erschienenen Lehrbuche der Nervenkrankheiten habe der Vortr. der Tabes zuerst den Platz unter den Allgemeinerkrankungen des Nervensystems angewiesen und die Kritik habe sich im Ganzen damit durchaus einverstanden erklärt; er halte es jedoch an der Hand eines grossen Materials für angezeigt, die Aufmerk- samkeit der Aerzte noch einmal auf diesen Punkt hinzulenken. Es folgt nunmehr eine Analyse der klinischen Erscheinungen, wobei sich ergiebt, 1) dass Rückenmarkserscheinnngen bei der Tabes bisweilen gar nicht in den Vordergrund treten, ja in einzelnen Fällen usque ad finem völlig fehlen — sogar das für pathognostisch gehaltene Westphal’sche Symptom könne vermisst werden, — 2) dass Hirnerscheinungen in 90 °), aller Fälle beobachtet werden, wobei das Verhalten der 12 Hirnnerven- paare sehr interessant sei. Kein einziges sei vor der Erkrankung sicher, die relative Häufigkeit aber sei sehr verschieden — die Augenmuskelnerven und der Opticus erkrankten jedoch relativ am häufigsten, ihnen folge der Vagus, am seltensten sehe man den Acusticus und den Faeialis im Verlaufe der Tabes affieirt. Der Vortr, belegt die relative Häufigkeit der Erkrankung der 12 Hirnnervenpaare mit statistischen Daten. 3) Die durch des Ergriffenwerden der peripheren Nerven gesetzten Krankheits- erscheinungen fehlen fast nie; besonders wird auf die fast regelmässig sich sehr früh einstellende Herabsetzung der Hautsensibilität, die cutane Analgesie, auf deren Bedeutung schon ©. Berger hingewiesen habe, I. Medicinische Abtheilung. 11 aufmerksam gemacht. Im Anschluss an alle diese klinischen Thatsachen wiederholt der Vortr. seine Behauptung: Die Tabes ist keine Er- krankung des Rückenmarkes, sondern des Gesammtnerven- systems. Weiter, so fährt der Vortr. fort, habe die Aetiologie Anstoss zum eingehenden Studium des Wesens der Tabes gegeben; seit Fournier und Erb sei es zweifellos, dass die Syphilis als ätiolog. Moment die Haupt- rolle spiele, und der Vortr. ist nicht abgeneigt, sie für das einzige zu halten und zu behaupten, dass Tabes ohne vorangegangene Lues überhaupt nicht vorkomme. Neben der Statistik, welche unter 319 dem Vortragenden zu Gebote stehenden Fällen 92°, als syphilitisch infieirt erkennen lässt, ist es das Verhalten der Gefässe, welches den Vortr. zu dieser Ansicht gebracht hat; in 6 von ihm untersuchten Fällen liessen die grossen und kleinen Gefässe des Rückenmarks 4 mal genau dasselbe Verhalten oder wenigstens ein ähnliches Verhalten er- kennen, wie es Heubner bei der Hirnlues für die Hirngefässe gefunden und beschrieben hat. Die Thatsache, dass in einzelnen Tabesfällen frühere Lues factisch nicht nachzuweisen sei, sucht der Vortr. einmal dadurch zu erklären, dass die Infection manchmal beharrlich verschwiegen wird, und dass auf keine Weise ein Geständniss zu erzielen ist und dann dadurch, dass im gegebenen Falle keine Tabes, sondern periphere Neuritis, überhaupt ein diagnostischer Irrthum vorliege. Am Schlusse seiner Deduetion stellt der Vortr. die Behauptung auf: „Die Tabes ist mit einer an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit immer und ausnahmslos durch Lues bedingt; Traumen, Erkältung, Ein- flüsse der Berufsarbeit (Nähmaschine) sind immer nur als Gelegenheits- ursachen, die ohne vorhergegangene Lues keine Tabes erzeugen könnten, zu betrachten.“ Ob die Gefässerkrankung und die dadurch bedingte Er- nährungsstörung der nervösen Elemente allein zur Herbeiführung der tabischen Symptome ausreichend sei, oder ob man (Strümpell) die Bildung eines (syphilitischen) Toxins annehmen müsse, will der Vortr. nicht endgiltig entscheiden; doch neigt er entschieden zu der ersten Annahme, Bei der Behandlung der Tabes spricht sich der Vortr. ziemlich skeptisch bezüglich der zu erzielenden Heilerfolge aus; er räth, besonders bei vorgeschrittenen Fällen, von eingreifenden Maassnahmen abzusehen und sich mehr auf die gute Pflege und die geistige Aufrichtung und Er- frischung der Kranken zu beschränken. Besonders warnt er vor dem alljährlichen Ins-Bad-schieken, wodurch dem Kranken wenig genützt und unter Umständen der Wohlstand der Familie schwer geschädigt werden könne. Morphium hält der Vortr. bei jahrelanger Behandlung der Tabes für unentbehrlich und unersetzlich: Fälle mit prävalirenden Schmerz- attaken seien ohne Morphium nicht denkbar. Was die von den Fran- zosen empfohlene Suspension (Schwebung) betrifft, so hält er das in 12 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. seinem Lehrbuche abgegebene Urtheil aufrecht: niemals hat er dauernde und wesentliche Erfolge erzielt und kann daher zur Fortsetzung nicht rathen. In der Diseussion bemerkt zunächst Herr Löwenhardt: Da der Vortragende einerseits jede Therapie für aussichtslos erachtet, andererseits Lues doch stets als Ursache hinstellt, und zwar zuweilen schon ganz kurze Zeit post infeetionem, so drängt sich die Frage auf, wie man sich namentlich in letzteren Fällen zu einer antiluetischen Be- handlung der Tabes stellen solle und ob er auch so frühe Curen für erfolglos halten würde. Gegenüber der von dem Vortragenden gethanen Aeusserung, ferner, dass man bei Kindern deshalb so wenig Tabes beobachte, weil es so wenig luötische Kinder gäbe, so glaubt Herr Löwenhardt auf eine Pariser These (,Sur la mortalit& des enfants heredo-syphilitiques“ par Helene Krykus) aufmerksam machen zu sollen, in welcher sich eine Zusammenstellung der durchaus nicht spärlichen, an Fournier’s Hospital gemachten Beobachtungen über luötische Kinder befindet. Hier wird über nicht weniger als 408 syphilitische Kinder berichtet, von denen indess kein einziges tabische Symptome dar- geboten hat. Herr Hirt: Bezüglich des letzteren Einwandes kann ich nur sagen, dass ich natürlich nicht weiss, wie viele von 100 syphilitischen Indivi- duen später tabisch waren. Ich weiss blos, dass unter 100 Tabischen sicher mindestens 92 sind, die eine syphilitische Ansteckung erlitten haben. Was die Frage nach einer etwaigen antisyphilitischen Behandlung an- langt, so betrachte ich eine solche in den von Herın Löwenbardt be- zeichneten Ausnahmefällen gewiss für indieirt, in allen anderen, wo die tabischen Symptome mitunter ja erst 15, 20, selbst 25 Jahre nach der Infecetion auftreten, dagegen für vollkommen aussichtslos. Herr Ponfiek: Mit Rücksicht auf die von dem Vortragenden be- tonte Vernachlässigung des Verhaltens der Blutgefässe im Bereich oder in der Nähe der entartenden Gebiete kann ich nicht umhin hervorzuheben, dass ein derartiger Causal-Zusammenhang vielfach als zweifellos be- trachtet, jedenfalls von mir seit vielen Jahren als eine der Tabes gesetz- mässig zukommende Erscheinung gelehrt wird. Ob diese „Endarteriitis“ allerdings immer eine Folge der syphilitischen Constitutions-Anomalie sei und demgemäss speeifische Eigenschaften besitze oder ob sie keine wesentlichen Unterschiede von der gewöhnlichen Entartungsweise dar- biete, darüber sind die Ansichten noch getheilt, auch die bis heute gesammelten Erfahrungen wohl kaum ausreichend. Herr Hirt: Ich habe nicht gemeint, dass man den Gefässen gar keine, sondern dass man ihnen zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt habe. Ed Ks I. Medicinische Abtheilung. 13 Meiner Ueberzeugung nach müssten sie aber in jedem Teabes-Falle ebenso sorgfältig untersucht werden, wie die nervösen Elemente, Herr C.S. Freund richtet an den Vortragenden die Frage, welchen Standpunkt er gegenüber der Tabes-Theorie Jendrassik’s einnehme, nach welcher der Degenerations-Prozess von der Hirnrinde ausgehen soll. Herr Hirt: Die erwähnte Auffassungsweise halte ich für irrig, bin vielmehr der Meinung, dass die Entartung der peripheren Nerven stets das Früheste ist. Im Hinblick auf den Wunsch des Herrn Freund; typische von atypischer Tabes zu unterscheiden, erklärt der Vortragende, dass es für ihn überhaupt keine ‚‚atypische‘ Form gebe. Denn bei keinem einzigen Kranken vermag man ja heute vorauszuwissen, wie er innerhalb 3 Monaten aussehen werde. 3. Sitzung vom 30. Januar 1891. 1) Der Vorsitzende, Herr Ponfick, schlägt vor, die Verhandlungen der Gesellschaft künftighin in einer Berliner medieinischen Zeitschrift veröffentlichen zu lassen, da es dadurch ermöglicht werde, sie einem un- gleich grösseren Leserkreise zugänglich zu machen. Nach seinen Er- kundigungen würde die Berliner klinische Wochenschrift gern hiezu bereit sein. 2) Sodann theilt er mit, dass sich in Berlin ein Comite aus dortigen Gelehrten, sowie den deutschen und österreichischen Fachgenossen Rudolf ' Virchow’s gebildet habe, um ihm zu seinem auf den 13. October d. J. fallenden Geburtstage eine Jubiläumsgabe zu widmen. Er lädt die zur Betheiligung geneigten Mitglieder ein, ihre Beiträge in eine aufgelegte Liste einzuzeichnen. 3) Herr Heidenhain theilt mit, dass zu dem auf den 31. August d. J. fallenden Geburtstag von Hermann Helmholtz die Absicht herrsche, eine Stiftung zu errichten, aus deren Zinsen alljährlich ein wissenschaftlicher Preis vertheilt werden solle. Er erbittet für diesen Zweck das gleiche Interesse der Versammlung. 4) Herr Riegner berichtet unter Vorzeigung der bezüglichen Prä- parate über: Einen Fall von Magen-Resection wegen Carcinoma Pylori. Der Umstand, dass in Breslau bisher erst selten Gelegenheit zu der genannten Operation geboten gewesen ist, bildet eine doppelte Ver- anlassung für mich, Ihnen den Befund vorzulegen, welchen ich vor 14 Tagen erhoben habe. Ich selber habe den Eingriff erst zwei Mal aus- geführt. Es handelte sich um eine Frau von 42 Jahren, welche, seit etwa Jahresfrist an Magenbeschwerden leidend, im Mai 1890 zuerst eine Ge- 14 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. schwulst in der regio epigastrica bemerkte, die seitdem rasch gewachsen sein soll. Seit 6 Wochen hatte sie fast Alles ziemlich bald nach den Mahlzeiten wieder erbrochen und feste Speisen gar nicht mehr zu sich nehmen können. Sie war hochgradig abgemagert, blutleer und hatte einen elenden, dabei frequenten Puls. Im epigastrium mehr nach links gelegen, sah und fühlte man einen harten faustgrossen Tumor, welcher sich nach allen Richtungen gut verschieben liess und auch den Respirations- bewegungen ziemlich ausgiebig folgte. Die Aufblähung des Magens ergab zur Evidenz, dass dieser und zwar seine pars pylorica der Sitz des Tumors war. Gleichzeitig erwies er sich ziemlich erheblich di- latirt, und da von der eingepumpten Luft fast gar nichts nach den Därmen zu entwich, so musste die durch das Carcinom — um ein solches konnte es sich trotz nachgewiesener Salzsäurereaction ja nur handeln — veranlasste Pylorusstenose eine sehr hochgradige sein. Für einen operativen Eingriff lag demnach die indicatio vitalis vor. Derseibe wurde, nachdem ich versucht hatte, die Patientin durch Nähr-Klystiere einigermaassen zu kräftigen und nach täglich mehrmals wiederholten Magenausspülungen, am 15. Januar vorgenommen und sollte wegen der Grösse der Geschwulst nur in der Anlegung einer Magendünndarmiistei bestehen. Als sich jedoch nach Ausführung des Medianschnittes die Ge- schwulst frei von allen Verwachsungen und Metastasen erwies und mit Bequemlichkeit hervorziehen und extraperitoneal lagern liess, entschloss ich mich zur Resection derselben, zumal der Rest des dilatirten Magens zur Neuformation eines solchen vollkommen ausreichend schien. Die Magenresection wurde in der gewöhnlichen Weise nach Billroth ausgeführt. Nach Unterschiebung von sterilisirten Gascom- pressen wurden zunächst die ligamenta gastro-hepatica und gastro-colica in der Ausdehnung der Geschwulst in mehreren Parthien ligirt und mit dem Paquelin durchtrennt. Das musste, da der Tumor sich weit auf die hintere Magenwand erstreckte, in ziemlicher Ausdehnung erfolgen. Dann wurde der Magen von der kleinen Curvatur aus etwa 2 cm jenseits der Tumorgrenze bis auf eine zur Vereinigung mit dem Duodenum aus- reichende Parthie durchtrennt und dieser Theil des Magens sofort durch die dreischichtige Ocelusions-Naht geschlossen. Nach nunmehr erfolgter vollständiger Abtrennung des Magens von dem Tumor wurde letzterer nach aussen umgeschlagen und vom Duodenum zunächst nur in dessen hinterer Cireumferenz abgeschnitten. Letztere wurde mit dem ent- sprechenden hinteren Rande des übrig gelassenen Magenmundes durch die Wölfler'sche sogenannte innere Ringnaht vereinigt, was ohne jede Zerrung gelang. Darauf erst erfolgte die vollständige Abtrennung der Geschwulst vom Duodenum und die Vereinigung von dessen vorderer Peripherie mit der entsprechenden der Magenwunde in den bekannten drei Etagen. I. Medicinische Abtheilung. 15 Es wurden nur Seidennähte verwandt. Die Compression war auf Seiten des zurückbleibenden Magens und Darmtheiles durch Assistenten- hände, auf der Tumorseite durch Darmklammern resp. Seidenligaturen in vollkommener Weise besorgt” worden, so dass nichts von Krebssaft oder Darminhalt ausfloss. Irgend welches Antisepticum war nach Er- öffnung der Bauchhöhle nicht mehr in Anwendung gekommen, zum Ab- tupfen nur trockene sterilisirtte Gaze benutzt worden. Nach genauer Revision sämmtlicher Nahtlinien wurde der gut formirte Magen reponirt und die Bauchwunde oben durch Etagennähte, unten durch einfache durchgreifende Naht geschlossen. Dauer der Operation 2'/, Stunden. Die Länge des exeidirten Magenstückes betrug an der kleinen Curvatur 8, an der grossen 10 cm. Hinten hatte das Carcinom den reseecirten Magenwandtheil fast in ganzer Ausdehnung ergriffen, vorn erreichte es nur eine Breite von 5 cm, der Pylorus ist derartig durch Geschwulst- massen stenosirt, dass man kaum eine dünne Knopfsonde durchführen kann und vom Magentheil eingefülltes Wasser nur langsam durchtropft. Es konnten also schon mehrere Wochen lang überhaupt keine ingesta mehr in den Darm gelangt sein. Mikroskopisch erwies sich der Tumor als ein kleinalveoläres Gallert- careinom. Die Patientin erholte sich von dem Eingriff ziemlich rasch, der vorher sehr kleine Puls wurde entschieden etwas kräftiger. Am ersten Tage wurder 3stündlich Wein - Nährklystiere verabreicht; innerlich sollte die Kranke nur zeitweise kleine Eisstückchen gegen den Durst bekommen, es wurde ihr aber von einer Kranken aus falschem Mitleid ein ganzes Glas Wasser verabfolgt, was sie, mit etwas Blut ge- mengt, natürlich bald wieder erbrach. Vom zweiten Tage ab wurden neben den Klystieren bereits kleine Mengen Milch mit Cognac per os gereicht, die Patientin bei sich behielt. Sie fühlte sich subjeetiv viel wohler als vor der Operation, hatte nie Fieber, Druckschmerz oder anderweitige peritonitische Erscheinungen. Am vierten Tage wurde sie jedoch ziemlich plötzlich auffallend schwächer und starb Nachmittags 5 Uhr, Bei der Section fand sich der Magen gut formirt, an Grösse und Gestalt einem normalen annähernd gleich. Die Nähte hielten auch einen sehr starken Wasserdruck aus und waren nirgends insufficient. Keinerlei Metastasen. Leichte ceircumseripte fibrinöse peritonitis. Eine geringe Menge wahrscheinlich aus einer Stelle des durchtrennten kleinen Netzes stammenden Blutes, das zum Theil über die Därme verstrichen war, zum Theil im kleinen Becken (100 gr) sich angesammelt hatte und das unter günstigen Verhältnissen wohl ohne Schaden zur Resorption ge- kommen wäre, hatte allem Anschein nach genügt, bei dem elenden Kräftezustande den letalen Ausgang zu beschleunigen. Es ist bei den 16 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. für die Operation sonst so günstig gelegenen Verhältnissen zu be- dauern, dass die Patientin nicht schon vor längerer Zeit, als ihr Allgemeinzustand noch ein besserer war, dem Eingriff unterzogen werden konnte.‘ " In der sich hieran schliessenden Diseussion frägt Herr Buchwald den Vortragenden, ob er in der Lage sei, statistische Angaben zu machen über den Procentsatz der Heilungen. Die Aerzte könnten sich doch nur dann entschliessen, Patienten mit einem derartigen Krebsleiden des Magens dem Chirurgen zuzuweisen, wenn die Aussicht vorhanden sei, dass wenigstens ein Theil durch die Pylorusresection geheilt werden könne. Bisher schienen doch die Resultate recht ungünstige zu sein. Herr Richter hebt hervor, dass die Aeusserung Volkmann’s gegen die Pylorusresection sich nicht auf das Pyloruscareinom, sondern auf Narbenenge des Pförtners durch Magengeschwüre bezogen habe. Interessant zum Vergleiche sind die auf Billroth’s Klinik gesammelten Erfahrungen. Nach v. Eiselsberg haben dort unter 37 Magenresectionen 21 im Anschluss an die Operation tödtlich geendet. Unter den 16 Ueber- lebenden waren 11 wegen Krebs operirt worden: von ihnen starben 9 im Verlauf von 4 Monaten bis 4'/, Jahren; 2 lebten noch zur Zeit des Berichtes und zwar 5, bezw. 8 Monate nach der Operation. Herr Mikuliez: Die seitens des Herrn Buchwald angeregte Frage wird sich kaum in einfacher Weise beantworten lassen. Die Statistik ist hier deshalb nicht maassgebend, weil sie viele Fälle ent- hält, welche überhaupt zur Operation ungeeignet waren oder aber mit mangelhafter Technik ausgeführt worden sind. Dies gilt zumal von zahl- reichen Operationen, welche gleich nach Bekanntwerden des Billroth’schen Verfahrens von manchen Operateuren ohne genügende Auswahl und ohne eigene technische Vorbildung vorgenommen wurden. Die Resection des carcinomatösen Pylorus fällt und steht mit der Operation der Careinome überhaupt. So gut wir geeignete Fälle von Mamma-, Uterus- und Rectum-Careinom operiren, ebenso gut müssen wir es bei den geeigneten Fällen von Pyloruscareinom thun. Nur sind hier die geeigneten Fälle sehr selten. M. hat erst 6 oder 7 mal den carei- nomatösen Pylorus resecirt; er hat aber mindestens 10 mal soviel Fälle gesehen, welche ihm zur Begutachtung, eventuell Operation zugeschickt wurden, aber alle ungeeignet waren. M. hat erst einen Patienten an den Folgen der Operation verloren. Nach M. sind zur Operation ge- eignet nur kleine, gut bewegliche, in keiner Richtung verwachsene Tumoren bei Patienten mit erträglichem Ernährungszustande, I. Medicinische Abtheilung. 17 5) Herr Glaeser demonstrirt einen aus mehreren kolossalen Myomen bestehenden Tumor der Gebärmutter, welcher in der hiesigen Frauenklinik exstirpirt worden ist. Die Patientin datirt ihr Leiden seit 8 Jahren, entschloss sich aber erst, als sich der Leib innerhalb weniger Wochen enorm vergrösserte, zur Operation. — Die äussere Untersuchung ergiebt folgenden Befund: Das Abdomen enorm ausgedehnt, grösster Leibesumfang 147 cm, fette Bauchdecken, welche um den Nabel herum in einer Fläche von 15 em im Durchmesser halbkugelig vorgebuchtet sind und hier deutlich fluetuiren, sonst aber straff und glatt erscheinen. Der Percussionsschall über den fluetuirenden Partieen ist leer. — Das ganze Abdomen ist ein- genommen von anscheinend drei Tumoren, der mittelste etwa kindskopf- gross, die beiden seitlichen über mannskopfgross. Ihre Consistenz ist fest, die Beweglichkeit gegen einander, ebenso wie die Beweglichkeit aller zusammen gering. Die innere Untersuchung lässt ein Tumorsegment fühlen, welches sich in das kleine Becken vorwölbt, das aber mit den oberen im engsten Zusammenhange steht, da es selbst kleinsten seitlichen Verschiebungen derselben folgt. Die Consistenz erscheint jedoch weich, beinahe fluctu- irend. Die Vagina, lang ausgezogen, geht links an dem Tumorsegment vorbei dicht hinter dem Schambein in die Höhe. Der Muttermund ist nicht zu erreichen. Bei der Operation fiel der Medianschnitt mitten durch die oben erwähnten cystischen Partieen der Bauchdecken, Zahlreiche Netz- adhäsionen mussten unterbunden und durchtrennt werden, ehe an das Herauswälzen der Tumoren gedacht werden konnte, Dasselbe gestaltete sich bei den überall vorhandenen Verwachsungen und der Schwere der zu exstirpirenden Massen ungemein schwierig, Nach Loslösung aller sonstigen Verbindungen wurde zuletzt der lang ausgezogene Uterus unterhalb der Tumoren quer durchschnitten und in ein seitliches Loch der papierdünnen Vagina eingenäht. Die Operation hatte im Ganzen 1', Stunden gedauert. Patientin war etwas collabirt, erholte sich jedoch auf heisse Uebergiessungen und Aetherinjeetionen vollständig und befindet sich zur Zeit (zwei Tage post oper.) wohl. Die Tumoren, vier an der Zahl, welche zusammen 45'), Pfund wiegen, sind Myome (Demonstration). Besonderes Interesse bietet das am tiefsten sitzende, welches sich in das kleine Becken hinab erstreckt hatte. Dasselbe zeigt auf dem Durchschnitt ein graues durch- scheinendes Aussehen, In dem gallertartigen, leicht eindrückbaren Ge- webe befinden sich zahlreiche, weisse Herde von etwas derberer ei 2 18 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Beschaffenheit, welche mikroskopisch aus Muskelzügen bestehen, doch auch das übrige Gewebe zeigt überall schöne Muskelbälkchen, welche indess durch grössere und kleinere, mit Serum angefüllte Lücken auseinander gedrängt sind. Bei genauerer Betrachtung verschiedener Partieen des Tumors scheint jedoch nicht allein eine ödematöse Er- weichung und Durchtränkung derselben vorhanden zu sein. Vielmehr dürfte, wenigstens zum Theil, eine activere Betheiligung der Lymph- gefässe vorliegen, indem sich dieselben, wenn auch mässig im Ver- gleich zu gleiehartigen, früher beschriebenen Geschwülsten, zu Cysten er- weitert haben: der nämliche Process, wie er sich bei eavernösen Tumoren an den Blutgefässen abspielt. Durch letzteren Umstand wird das enorm schnelle Wachsthum der Geschwulst leicht verständlich. Sind es doch gerade diese Formen, welche bis zu einem Gewicht von 100—150 Pfund beschrieben worden sind, so dass ihnen ihre Trägerinnen wie Anhängsel angesessen haben. 6) Herr Mikulicz spricht Veber die in der Kgl. chirurgischen Klinik mit dem Koch’schen Heilmittel gewonnenen Erfahrungen. Der Vortragende stützt sich auf 78 Fälle, von welchen 73 in der genannten Klinik, 5 ausserhalb derselben beobachtet wurden. Darunter waren 50 Kranke sicher mit Tuberculose behaftet; die Diagnose wurde unabhängig vom Koch’schen Mittel durch den klinischen Verlauf, durch Operationen, resp. Untersuchungen exeidirter Gewebsstücke gestellt. 3 Fälle blieben zweifelhaft, bei 25 Patienten war mit Sicherheit Tuber- culose auszuschliessen. Ausserdem wurde 10 anscheinend vollkommen gesunden, im jugendlichen Alter stehenden Personen einmal je 0,01 (einmal nur 0,005) injicirt. Von den Letztgenannten zeigten 5 Personen keinerlei Reactions- erscheinungen. Die 5 anderen reagirten auf je 0,01 in mehr oder weniger ausgesprochener Weise, Das Maximum der Temperatur betrug in einem Falle 59,0. Von den 25 sicher nicht tubereulösen Patienten, welche an den verschiedenartigsten Affeetionen litten, reagirten auf Dosen von 0,001—0,015 selbst nach wiederholter Injection 22 gar nicht. In einem Falle von careinomatöser Peritonitis trat, nachdem 3 vorangegangene Injectionen von 0,001; 0,002; 0,005 erfolglos geblieben, auf die 4. In- jeetion von 0,010 eine starke Allgemeinreaction ein. Bei der Autopsie fand sich ein alter tuberceulöser Herd in einer Lungenspitze. In einem anderen Falle (gonorrhoische Hüftgelenksentzündung) folgte auf Injection von 0,005 und 0,01 eine kurzdauernde Temperatursteigerung auf 38,4 und 39,1 ohne sonstige typische Reactionserscheinungen. In einem dritten Falle (Sequester nach acuter Osteomyelitis des Oberschenkels) folgte nach der Injection von 0,01 eine Temperatursteigerung bis 38,5; die in I. Mediecinische Abtheilung. 19 steigernder Dosis bis 0,1 gemachten Injeetionen gaben stärkere Allgemein- reactionen (Temp. bis 40,2) ohne eine deutliche locale Veränderung. Von den 3 zweifelhaften Fällen waren 2 nach den klinischen Er- scheinungen mit aller Wahrscheinlichkeit als tubereulöse Erkrankungen anzusehen; jedenfalls sprach nichts gegen die Annahme einer Tubereulose. Beide reagirten allgemein und local in typischer Weise. Im dritten Falle konnte Tubereulose zwar nicht ausgeschlossen werden, es waren aber keine sicheren Anzeichen dafür vorhanden; hier folgte auf die In- jection von 0,005 und 0,01 keinerlei Reaction. Von den 50 Fällen sicher gestellter Tuberculose betrafen 30 Knochen- und Gelenk-, 20 Weichtheilerkrankungen. In der ersten Gruppe fanden sich 12 vollkommen geschlossene und 19 durch Fisteln nach aussen offen stehende Erkrankungsherde, in der zweiten Gruppe 11 geschlossene und 9 offene Erkrankungsherde. In allen 50 Fällen trat eine mehr oder weniger ausgesprochene Allgemeinreaction ein. Nicht immer war die erste oder zweite. minimale Dosis von 0,001—0,005 von Erfolg, häufig trat die typische Reaction erst nach wiederholten Injeetionen einer erhöhten Dosis (0,005—0,01) ein. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle ent- sprachen die allgemeinen Reactionserscheinungen dem von Koch be- schriebenen Typus, nur in vereinzelten Fällen war sie auf eine Er- höhung der Temperatur und Pulsfrequenz ohne nachweisbare Be- einflussung des Allgemeinbefindens beschränkt. In 4 Fällen traten Nachreactionen ein, und zwar bei vollkommen geschlossenen Herden, bei welchen von einer Retention im gewöhnlichen Sinne des Wortes keine Rede sein konnte. Die Nachreactivnen äusserten sich entweder in einem kurz dauernden einmaligen Anstieg der Temperatur oder in einem Tage und selbst Wochen andauernden Fieber, welches sich direct an die Reaction anschloss. Der Ernährungszustand ging in etwa der Hälfte der Fälle im Laufe der Behandlung sichtlich herunter. In der Mehrzahl der Fälle ergaben regelmässig fortgesetzte Haemoglobin- Untersuchungen des Blutes eine deutliche Abnahme des Haemo- globlin-Gehaltes, welche in manchen Fällen 20—30 pCt. “betrug (nach dem von Fleischl’schen Haemometer). In Betreff der localen Reaction zeigten sich die grössten Ver- schiedenheiten, M. unterscheidet in dieser Richtung drei Grade. a. Starke locale Reaction nach dem bekannten Typus. Diese typische ausgesprochene Reaction zeigten 25 Fälle, also etwa die Hälfte, b. Schwache locale Reaction: schwache Röthung und Schwellung und deutlich vermehrte Secretion; keine Schmerzhaftigkeit. Hier- her gehören 13 Fälle. 20 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. ec. Vollständiges Fehlen makroskopisch sichtbarer Ver- änderungen in 15 Fällen.') | In die zweite und dritte Kategorie von schwacher oder vollständig fehlender localer Reaction gehörten sämmtliche Fälle von Spondylitis, sämmtliche Fälle von kalten Abscessen, sämmtliche Fälle von tuberceulösen Mastdarmgeschwüren und fast alle Fälle von alten, z. T. in Heilung be- griffenen Knochen- und Gelenkerkrankungen. M. ist überzeugt, dass nicht nur eine individuelle Disposition, sondern mehr noch locale Ver- hältnisse die Verschiedenheit der localen Reaction bedingen. Es werden sich in dieser Richtung ohne Zweifel gewisse Regeln aufstellen lassen, welche die jetzige Unsicherheit in der diagnostischen Verwerthung des Koch’schen Mittels beseitigen werden. M. hält an dem diagnostischen Werth desselben fest und stellt in dieser Beziehung vorläufig folgende Sätze auf: | 1. Tritt nach der Injection des Koch’schen Mittels eine locale und all- gemeine Reaction ein, dann ist die Diagnose auf Tubereulose sicher gestellt. ?) 2. Tritt nach wiederholten Injeetionen weder allgemeine noch locale Reaction ein, so ist Tubereulose mit aller Wahrscheinlichkeit aus- zuschliessen. 3. Tritt auf eine geringe Dosis eine heftige allgemeine ohne locale Reaction ein, so ist Tuberculose ebenfalls mit aller Wahrschein- lichkeit anzunehmen. 4, Tritt auf eine nicht zu geringe Dosis eine mässige allgemeine Reaction ohne locale Veränderungen ein, so bleibt die Diagnose zweifelhaft. Der Vortr. weist darauf hin, dass das Koch’sche Mittel gerade in den Anfangsstadien der Tuberceulose und bei versteckten Herden vor- zügliche Dienste leistet, und darauf komme es vor allem an. Die Fälle von alten, z. T. ausgeheilten tuberceulösen Processen, bei welchen das Koch’sche Mittel unter Umständen keinen Ausschlag giebt, machen uns ohnehin in diagnostischer Beziehung keine Schwierigkeiten. Bevor der Vortr. über die therapeutischen Erfolge berichtet, geht er auf die Frage ein, ob und in wieweit das Verfahren Schaden bringen könne. Dass das Koch’sche Mittel ein ganz un- schädliches und absolut ungefährliches sei, habe wohl von vornherein Niemand geglaubt, der die kolossalen, oft Besorgniss erregenden Reactions- '‘) Einzelne Fälle mit doppelten Erkrankungsherden sind zweimal gezählt, sofern die 2 Erkrankungsherde eine verschiedene locale Reaction zeigten, ?) Die Unterscheidung von Lepra würde nach den Beschreibungen von Babes keine Schwierigkeiten machen, da der Typus der Reaction hier ein wesentlich verschiedener zu sein scheint. I. Medicinische Abtheilung. 31 erscheinungen beobachtet hat. Dass die Kranken durch die häufig wiederholten Fieberbewegungen, durch die mit der Reaction verbundene Appetitlosigkeit in ihrem Kräfte- und Ernährungszustand leicht herunter- kommen, ist zweifellos eine Schattenseite des Verfahrens, und es ist die Frage, ob nicht schon aus diesem Grunde bei sehr heruntergekommenen Personen die Koch’sche Behandlung von vornherein sich verbietet. Koch selbst verspricht sich ja nur in den Anfangsstadien der Tuberculose einen sichern Erfolg. Abgesehen davon ist die von Virchow zuerst angeregte Frage, ob durch die localen Reactionserscheinungen, welche nicht selten ein entzündliches Infiltrat in der Umgebung des tuberculösen Herdes zurück- lassen, eine Propagation des tubereulösen Processes nicht befördert werden kann, nicht einfach zu negiren. Koch selbst sagt ja, dass dies nekrotisirte tubereulöse Gewebe lebensfähige Tuberkelbaeillen enthalte, und dass man alles aufbieten müsse, dasselbe fortzuschaffen, um die ge- sunde Umgebung vor Infecetion zu schützen. Wo dies nicht geschieht, kann somit diese Infeetion, d. i. die Weiterverbreitung der Tuber- culose in der That eintreten. Der Vortragende selbst hat in einem der ersten Fälle, in welchem er absichtlich die nekrotischen Gewebe nicht auf operativem Wege entfernte, um den Verlauf ohne Beeinflussung des chirurgischen Messers zu beobachten, verfolgen können, wie die neu ge- bildeten, ursprünglich lebhaft rothen, gesunden Granulationen in der Zeit von A—5 Wochen tuberculös wurden. Der Fall ist entschieden verschlechtert worden, die Schuld ist aber nicht dem Koch’schen Ver- fahren an sich zuzuschreiben, sondern der Versäumniss eines rechtzeitigen operativen Eingriffes. M. ist deshalb, wohl im Einverständniss mit allen Chirurgen, der Ueberzeugung, dass man den Rath Koch’s nicht genug be- herzigen kann, sein Verfahren in möglichst ausgiebiger Weise mit den passenden chirurgischen Eingriffen zu verbinden. Ob durch das Ver- fahren eine Verschleppung der Tuberculose auf entfernte Organe be- fördert werden kann, lässt sich nach den vorliegenden vereinzelten Beobachtungen nicht entscheiden. M. hat ein Kind an tubereulöser Meningitis verloren, welche sich im Anschluss an eine Injection ent- wickelt hat. Tuberculöse Meningitis bei Knochen- und Gelenktubereulose beobachtet man auch ohne Koch’sche Injection hie und da. Erst eine ausgedehnte Statistik wird in dieser Richtung Aufschluss geben; doch gebieten schon die bisherigen Erfahrungen, namentlich der pathologischen Anatomen, die grösste Vorsicht. In Betreff der Heilerfolge bespricht M. nur 28 Fälle, welche schon eine längere Zeit, 7—10 Wochen lang, in Behandlung stehen. Ein Patient (der schon erwähnte) starb an tubereulöser Meningitis, In 14 Fällen ist eine unzweifelhafte Aenderung des Zustandes bisher nicht zu constatiren. Allerdings befinden sich darunter meist Fälle, bei welchen 99 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. ein Urtheil über die fortschreitende Heilung in der kurzen Zeit kaum möglich ist, weil der Erkrankungsherd zu versteckt ist. Insbesondere gilt dies von den Fällen von Spondylitis. Dagegen befinden sich darunter unter anderen auch 2 Fälle von tuberculösen Mastdarmgeschwüren, bei welchen deutliche Veränderungen im Sinne der Besserung leicht hätten constatirt werden können. Bei 3 Kranken trat eine unleugbare Verschlechterung des localen und allgemeinen Zustandes ein. Ein Fall ist der schon früher erwähnte (caries cubiti), in welchem zweifellos wegen Unterlassung der Operation der tuberculöse Process an Ausdehnung gewonnen hat. Die 2 anderen waren ganz verzweifelte Fälle, welche an und für sich eine absolut schlechte Prognose gaben. Fälle dieser Art eignen sich aber nicht mehr für das Koch’sche Verfahren. In 10 Fällen ist eine deutliche, z. Th. auffallende Besserung zu constatiren gewesen. Einzelne davon sind der vollständigen Heilung sicher ganz nahe. Davon sind nur 2 Fälle, 1 von Lupus und 1 im Anfangsstadium von Kniegelenkstubereulose, nicht operirt. Bei den übrigen 8 Kranken sind entweder während der Behandlung oder vor derselben Operationen ausgeführt. Dass hier nicht die Operation allein gewirkt hat, konnte am besten in jenen Fällen beobachtet werden, in welchen mehrere Monate vorher Resectionen oder anderweitige Ein- sriffe vorgenommen worden waren; es blieben weithin unterminirte, auf den Knochen führende Fisteln zurück und zeigten durch Monate keine Tendenz zur Heilung. Nach Einleitung des Koch’schen Verfahrens trat hier eine auffallend schnelle Besserung ein, indem die fungösen Granulationen schwanden, die Fisteln sich verkürzten und einzogen. An einzelnen frisch operirten Stellen trat in Kurzem vollständige Heilung ein. M. schliesst, indem er die Ueberzeugung ausspricht, dass wir im Koch’schen Verfahren ein Mittel besitzen, thatsächlich geeignet, viele Fälle von „chirurgischer‘‘ Tuberculose, ganz abgesehen von Lupus, günstig zu beeinflussen. Wie weit vollständige und dauernde Heilungen durch das Mittel zu erreichen seien, kann erst eine längere Beobachtung lehren. Vorläufig ist es unsere Aufgabe, durch ein weiteres unbefangenes Studium festzustellen, welche Fälle für dieses Verfahren sich eignen, in solcher Weise die vorhandenen Gefahren zu vermeiden und wie das Mittel mit chirurgischen Eingriffen zu eombiniren sei. Ein abschliessendes Urtheil darüber wird wohl erst nach Jahren möglich sein. Mit Rücksicht auf die vorgerückte Zeit wird die Diseussion auf das nächste Mal verschoben. I. Medicinische Abtheilung. 25 4. Sitzung vom 6. Februar 1891. 1) Der Vorsitzende, Herr Ponfick, stellt den von ihm in der vorigen Sitzung eingebrachten Antrag zur Abstimmung: „die Verhandlungen der Section künftig, neben der gewohnten Veröffentlichung in dem Jahresberichte der Schlesischen Gesell- schaft für vaterländische Cultur, auch in einer Berliner ärztlichen Zeitschrift zum Abdruck zu bringen.“ Zu diesem von der Versammlung gebilligten Zwecke schlägt er die Berliner klinische Wochenschrift vor. Beide Anträge werden einstimmig angenommen. 2) Herr Wernicke stellt einen Patienten vor mit linksseitiger Poliomyelitis lumbalis. Das linke Bein ist im Zustande einer fast vollkommenen schlaffen Lähmung. Von der gesammten Muskulatur der linken Unterextremität ist nur der Ileopsoas erhalten. Das Gehen und Stehen ist trotzdem ‘möglich, da das Vorwärtsschwingen des Beines durch den Ileopsoas be- wirkt wird; das Bein rollt aber dabei jedesmal nach aussen, weil der normaler Weise mitwirkende M. tensor fasciae latae ausgefallen ist. Der Ausfall des Glutaeus medius verräth sich durch die bekannte Er- scheinung, dass der Rumpf zur Zeit, wo er auf dem gelähmten Beine aufruht, sich nach der gleichen Seite neigt. Das Gefühl der Sicherheit hat der Kranke nur, wenn er sich mit einem Stocke stützen kann. Es besteht gleichzeitig eine Sensibilitätsstörung des linken Beines bis zur Höhe der Crista ilei, in Form einer deutlichen Herabsetzung der Schmerz- empfindlichkeit und einer gewissen Unsicherheit der Temperatur - Em- pfindung. Berührung, Druck, Gelenkempfindungen und Localisation sind vollkommen normal. Der 32jährige Patient, Landwirth, erkrankte im Juni vorigen Jahres in einer Nacht nach anstrengender Feldarbeit unter heftigen Schmerzen im Kreuz. Diese Schmerzen hielten den folgenden Tag und die folgende Nacht an und liessen erst am darauffolgenden Morgen nach. Jetzt. be- merkte aber der Patient eine Schwäche im linken Beine. Diese nahm bis zum nächsten Morgen so zu, dass Patient ohne Unterstützung nicht mehr stehen konnte. Innerhalb 8 Tagen wurde die Lähmung absolut, dann traten die Kreuzschmerzen aufs neue auf und verloren sich erst nach weiteren 14 Tagen. Seitdem ist der augenblicklich vorhandene Zustand zu constatiren und hat sich an demselben nichts mehr geändert, Niemals ist Fieber, sonstige Störung des Allgemeinbefindens, Schmerzen im Beine oder eine Betheiligung der Sphineteren aufgetreten. Für die Deutung des Zustandes ist die Schlaffheit der Lähmung, das Fehlen aller Reflexe, die nachweisliche Atrophie der Muskeln und 24 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. der elektrische Befund zu verwerthen. Alles dies verhält sich so wie bei peripherischer oder poliomyelitischer Läsion. Die Art der Sensi- bilitätsstörung und die Entstehungsweise sprechen aber gegen einen peripherischen Sitz. Bei Annahme einer poliomyelitischen Läsion fällt die Ausdehnung der Lähmung ins Gewicht: man ist dann gezwungen, eine halbseitige Zerstörung der gesammten Lendenanschwellung zu postu- liren, oder mit anderen Worten eine etwa halbseitige Myelitis, da diese acuten Erkrankungen bekanntlich nicht systematische sind, sondern auch auf die weisse Substanz hinübergreifen. Diese Annahme scheint aber eine total andere Vertheilung der Sensibilitätsstörung zu erfordern, da nach dem bekannten Bilde der Hemiplegia spinalis oder Hemiparaplegia spinalis die Sensibilitätslähmung auf dem nicht gelähmten Beine zu suchen ist. Indess zeigt eine genauere Ueberlegung, dass dieses Schema nur in einer Querschnittsebene gelten kann, welche oberhalb der ge- sammten Wurzelaustritte für jede Unterextremität liegt, dass es also mit dem unteren Ende des Dorsalmarkes und Beginn der Lenden- An- schwellung seine Geltung verlieren muss. Eine Zerstörung dieser Lenden- Anschwellung selbst wird immer die sensiblen Bahnen schon in der Anordnung treffen müssen, dass sie der gleichnamigen Extremität zu- gehören: es ist die Annahme gestattet, dass sie dann unterhalb ihrer Kreuzungsstelle getroffen werden. Machen wir diese Annahme, so er- klärt sich der Befund bei unserem Kranken in ungezwungener Weise. Diese Ueberlegung musste dazu führen, die Sensibilität in dem- jenigen Gebiete, welches noch unterhalb der Lendenanschwellung Wurzel- austritte erhält, dem Gebiet des Plexus pudendus, aufs genaueste zu untersuchen. Denn man konnte erwarten, dass für diese zu tiefst aus- tretenden Wurzelfasern die centralen Bahnen der Sensibilität noch in der entgegengesetzten Rückenmarkshälfte enthalten sein würden. Diese Erwartung hat sich in der That bestätigt, indem innerhalb eines genau begrenzten Hautgebietes, welches das Scrotum und den Penis umfasste, dieselbe Abstumpfung der Sensibilität (nämlich eine Herabsetzung der Schmerzempfindlichkeit und Unsicherheit der Temperaturempfindung), welche am Beine links bestand, hier rechts nachgewiesen wurde. Die übrigen Qualitäten der Empfindung sowie die linke Hälfte dieses Haut- gebietes verhielten sich normal. Dieses gekreuzte Verhalten der Sensibilität wurde von dem Vor- tragenden mittels des faradischen Pinsels demonstrirt. In der Discussion fragt Herr Eger den Vortr,, ob über die Aetiologie der Lähmung nichts ermittelt sei. Der Fall erinnert mich lebhaft an eine 1890 in der Praxis ge- machte Beobachtung von Monoplegie der rechten unteren Extremität, die apoplectiform mitten in der Nacht den Patienten traf. Auch hier war voll- I. Medicinische Abtheilung. 25 kommene rechtsseitige motorische Lähmung und auf derselben Seite die Sensibilität in allen Qualitäten (Schmerz-, Tast-, Temperaturgefühl und Ortssinn) stark herabgesetzt. Die elektrische Erregbarkeit war erhalten, Die Frage, wo man den Krankheitsherd anzunehmen hätte, war schwer zu entscheiden. Ein Herd innerhalb des Rückenmarks, der allein rechtsseitig motorische Lähmung verursachte, hätte Sensibilitätsstörung auf der anderen Seite setzen müssen. Da Patient vor etwa 10 Jahren eine syphilitische Erkrankung durchgemacht hatte, und bis zur Gegenwart auch anderweitige schwere Symptome derselben aufgetreten waren, lag die Vermuthung eines ursächlichen Zusammenhangs nahe. Eger glaubte einen Herd — sei es Gumma, sei es Periostitis oder Knochenaffecetion am Wirbelcanal — annehmen zu müssen, der vordere und hintere Wurzeln zugleich nach dem Austritt aus dem Rückenmark in Mitleidenschaft zog. Die Therapie schien diese Annahme zu bestätigen, denn eine sofort eingeleitete Schmiercur, Bäder, etwas später Jodkalium und Faradisation, führten binnen wenigen Wochen vollkommene Heilung herbei. Herr Wernicke erwidert, dass im vorliegenden Falle keine An- haltspunkte für Syphilis gegeben seien, 3) Hierauf wird die Discussion über den in der vorigen Sitzung seitens des Herrn Mikulicz gehaltenen Vortrag: Ueber die mit dem Koch’schen Heilmittel gewonnenen Erfahrungen eröffnet. Zunächst berichtet Herr Riegner über die Wahrnehmungen, welche er während elf- wöchentlicher Anwendung des Mittels bei 50 Kranken der ihm unter- stellten chirurgischen Abtheilung des Allerheiligen -Hospitals gesammelt hat. Davon gehörten 23 dem männlichen, 22 dem weiblichen Geschlecht an, waren Weichtheiltubereulosen 15, Knochen- und Gelenktubereu- losen 25, Kehlkopf- und Lungentuberculosen (bei anderweitig chirurgisch Erkrankten) 3, diagnostisch zweifelhafte Fälle 7. Von den 40 chirur- gischen Tuberceulosen nahmen einen ungünstigen Ausgang 4 (zwei davon mit gleichzeitiger vorgeschrittener Lungenphthise behaftete starben). Keine wesentliche therapeutische Beeinflussung zeigten 12 Fälle, ge- bessert wurden 14 (wovon 9 ohne, 5 mit gleichzeitigen chirurgischen Eingriffen), vorläufig geheilt 9 Fälle (6 ohne, 3 mit gleichzeitiger Ope- ration). Die Hauptergebnisse seiner Beobachtungen waren folgende: Der diagnostische Werth des Mittels ist kein absolut sicherer. Die wesentlichste, nicht immer vorauszusehende und abzuwendende Gefahr bei seiner Anwendung liegt in der möglichen Begünstigung von Meta- stasen, doch ist diese Gefahr eine numerisch geringe. Man darf auch ehirurgische Tubereulosen nicht unterschiedslos mit dem differenten Mittel behandeln, zu weit vorgeschrittene,* namentlich wenn gleichzeitig 26 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. die Lungen stärker betheiligt sind, sollte man davon ausschliessen. Eine Minderzahl von Fällen (gewisse Weichtheil- und Drüsenfisteln, beginnende synoviale Gelenktubereulosen) könne durch das Mittel allein gebessert oder zur Heilung gebracht werden. Meist aber sind gleichzeitige oder nachfolgende operative Eingriffe unerlässlich. Ein Urtheil über definitive Heilung und die Verhütung von Reeidiven wird erst nach Jahren mög- lich sein.!) Herr Ponfick: Wie sich die Ergebnisse der Heilversuche in den einzelnen, theils sehr verwickelten, theils vielleicht von vornherein minder geeigneten Krankheitsfällen auch gestalten mögen, die allgemeine Trag- weite der Koch’schen Entdeckung können wir nicht anerkennend genug hervorheben. Ist uns doch durch sie ein ganz neuer und erfolgver- heissender Weg nicht nur zur Bekämpfung der Tuberculose, sondern — wie wir hoffen — sämmtlicher Infecetionskrankheiten gewiesen, Allerdings ist das Mittel chemisch noch nicht hinreichend bekannt, auch seine physiologischen Eigenschaften noch nicht genugsam studirt. Darf es hiernach verwundern, wenn die an einem kranken, nicht selten an mehreren Stellen geschädigten Organismus erhaltenen Resultate einer recht verschiedenartigen Deutung begegnen? Ich gehe von der nicht nachdrücklich genug zu betonenden That- sache aus, dass die Tubereulose ein in weitem Sinne heil- bares Leiden ist. Das Wesen des Koch’schen Mittels besteht nun offenbar darin, diese dem menschlichen Organismus stets schon inne- wohnende Heilkraft zu steigern oder, insofern sie zu erlahmen droht, von Neuem anzuregen. Im Gegensatze zu allen bisher gegen das Tuberkelgift angewandten Heilmethoden, welche über einen palliativen, höchstens mildernden Ein- fluss nie hinauskamen, handelt es sich nunmehr um ein Verfahren, welches den Kampf mit den fremden Eindringlingen, den Bacillen, be- wusst aufnimmt, indem es das krankhafte, die letzteren beherbergende Gewebe unschädlich zu machen strebt. Es ist klar, dass ein Eingriff, welcher eine so bedeutsame Umwälzung in den befallenen Organen zu Wege bringt, gewisse Bestandtheile derselben angreift, theils vernichtet, theils zur Ausstossung aus dem Körper vorbereitet, gelegentlich von unliebsamen Zwischenfällen begleitet sein muss, Es wird die Aufgabe langer sorgfältiger Beobachtung sein, durch strenge Auswahl der geeigneten Patienten und Stadien, im Verein mit zunehmender Einsicht in die physiologischen Eigenschaften des Koch- schen Mittels, diejenigen Zustände immer sehärfer abzugrenzen, bei welchen es wirklich leistungsfähig ist. !) Ausführliche Veröffentlichung erfolgt in der Deutschen Medic. Wochen- schrift. . I. Medicinische Abtheilung. 27 Um hierüber ein klares Urtheil zu gewinnen, sind sicherlich die Ergebnisse etwaiger Sectionen, kritisch verwerthet, ein werthvolles, ja unerlässliches Hilfsmittel. Vorläufig bin ich meinerseits nicht im Stande, obwohl mehrere in vorgerücktem Stadium behandelte Personen gestorben sind und mir so einen Einblick in die erkrankten Organe eröffnet haben, der Anwendung des Koch’schen Verfahrens irgend welchen Antheil an der ungünstigen Wendung des Leidens zuzuschreiben. Herr Biermer (zur Geschäftsordnung): Im Interesse einer schär- feren Umgrenzung der zu erörternden Fragen schlage ich vor, gewisse Hauptpunkte zu gesonderter Besprechung zu stellen, welche die Grund- lage für die auf das nächste Mal zu verschiebende Debatte bilden sollen. Dieser Antrag wird einstimmig angenommen. 5. Sitzung vom 13. Februar 1891. 1) Der Vorsitzende, Herr Ponfick, bringt die Thatsache zur Sprache, dass in den öffentlichen Blättern ein Bericht über die in der letzten Sitzung stattgehabten Verhandlungen erschienen ‘ist. Da eine solche Veröffentlichung mit einem seitens der Section gefassten früheren Beschlusse im Widerspruch steht, so fragt es sich, ob für den vor- liegenden, allerdings ja aussergewöhnlichen Fall eine Ausnahme gemacht werden soll. Nach kurzer Discussion wird ein Antrag Heidenhain, den Vor- sitzenden für den vorliegenden Fall zu ermächtigen, den Zeitungen eine von ihm durchgesehene Mittheilung zugehen zu lassen, einstimmig an- genommen. Hierauf wird auf Grund der von Herrn Biermer aufgestellten und mittelst Flugblatts vertheilten „Fragen“, sowie der in dem Vortrage des Herrn Mikulicz formulirten „„Thesen“ in die Erörterung der einzelnen Sätze eingetreten. A. Diagnostischer Werth des Mittels. 1. Wird die Reaction in gleichem Maasse durch Tuberculose innerer, wie äusserer Organe ausgelöst? Herr Rosenbach: Wie ich schon in früheren Abhandlungen!) und im mündlichen Vortrage ausführte, muss man streng scheiden zwischen reiner Tuberculose (miliaren Eruptionen, kleinen Herden der Lunge, tuber- eulöser Pleuritis), deren Ausgang nur Verkäsung ist, und der Phthise, bei der Tuberkelbacillen und Eiterungserreger vereint das Krankheitsbild gestalten und modifieiren, und deren Ausgang tiefgreifende ulcerative Processe und eitriger Zerfall sind. Wie sich bei dieser Symbiose ) Deutsche med. Wochenschr. 1890 Nr. 49 und 1891 Nr. 2 u. 3. 38 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. die Verhältnisse entwickeln, welches als das primäre zerstörende Agens, dessen Einwirkung erst den Boden für das secundäre schafft, zu be- trachten ist, oder ob beide Organismen unabhängig von einander die Zerstörung des Gewebes bewirken, das lässt sich heut noch nicht ent- scheiden. Das eine aber ist sicher, dass — die Speeifität des Koch’schen Mittels vorausgesetzt — die allgemeine und locale Reaction von den geschilderten Bedingungen direct abhängig is. Somit kann schon a priori das Koch’sche Mittel nicht in allen Fällen von Phthise ein sicheres diagnostisches Mittel sein, denn da es nur bei Tuberkulose wirksam ist, so müssen phthisische Kranke um so weniger reagiren, je weniger Tuberkelbacillen sie beherbergen. Dem widerspricht die Erfahrung, nach welcher schwere Phthisen ohne Bacillen starke Reaction, dagegen leichte mit viel Bacillen wenig Reaction zeigen. Erwägt man ferner, dass auch der Gesunde nach Injection fiebert und aus theoretischen Gründen fiebern muss, so kann man die diagnostische Bedeutung des Verfahrens nicht hoch anschlagen. Doch an Tubereulösen oder, besser gesagt, an Reagirenden ist die Frage überhaupt nicht zu ent- scheiden; denn es bleibt der Einwand übrig, dass, wenn unsere bis- herigen Methoden ein negatives Resultat geben, das Koch’sche Verfahren eben das bessere Reagens ist und Herde bei Individuen erzeugt, die uns als gesund gelten. Obwohl nun der Erfahrung nach unsere erprobten Methoden den Maassstab für die Leistungsfähigkeit der neuen Methode geben sollten und nicht umgekehrt das neue Verfahren die Richtschnur für den Werth der alten (denn seine Leistungen sollen ja überhaupt erst erwiesen werden), — trotz dieser Verkennung der Sachlage muss man, um alle Einwände abzuschneiden, eben zur Prüfung des diagnostischen Werthes nur Fälle herbeiziehen, die sicher bacillär infieirt sind und doch nicht reagiren. Diese zeigen dann die Grenzen des Verfahrens. Da wir nun in einer ziemlichen Anzahl von Fällen den Nachweis erbracht haben, dass sicher Tuberkulöse nicht reagiren, so ist con- statirt, dass die diagnostische Bedeutung eine beschränkte ist, zumal wenn noch der Nachweis erbracht ist, wie wir ihn erbracht zu haben glauben, dass die Reaction von der Art, d. h. Grösse und Zeit der In- jeetionen und den Intervallen, in denen sie applieirt werden, wesentlich beeinflusst wird. Wir haben zuerst gezeigt, dass verschiedene Typen der Temperaturreaetion: „‚Normalreaction“, „Spätreaction“, „protrahirte Reaction“, „Reaction vom Typus der Abden-Injection‘ vorkommen und dass bei diesen Formen der Reaction die Disposition eine grosse Rolle spielt. Wir haben u. A, bereits den Nachweis geliefert, dass Gesunde oder solche, bei denen die Annahme einer Tuberculose höchst unwahr- scheinlich ist, auffallend häufig Spätreaction zeigen. I. Medicinische Abtheilung. 29 Unsere Sätze bezüglich der diagnostischen Bedeutung der sogenannten „Allgemein-Reaction‘‘ — man sollte lieber „‚fieberhafte Reaction“ sagen, da zur Allgemein-Reaction auch andere Symptome: Muskelschmerzen, Kopf- schmerzen, Mattigkeit u. s. w. gehören — sind etwa folgende: 1) Wenn bei fieberlosen oder nur schwach fiebernden Individuen nach Injection relativ kleiner Dosen (von 0,001 bis 0,005 in zweitägigen Intervallen steigend) gleichmässige starke Normalreaetion eintritt, so ist die An- nahme einer Tuberculose der Lungen — bei gleichzeitiger Anwesenheit sonstiger Symptome von Lungenerkrankung — wahrscheinlich. 2) Wenn die fieberhafte Reaction sich bald .abschwächt, namentlich aber, wenn sich an die erste Injection sehr protrahirtes Fieber oder gar Spätreaetion anschliesst, so ist nicht mit Sicherheit Lungentuberculose zu erschliessen, 3) Ausbleiben jeder Reaction kann bei schwerer bacillärer Phthise nicht selten constatirt werden, wenn man die Dosis recht vorsichtig steigert. 4) Spätreaction — bei Morgeninjection und Anwendung nicht zu hoher Dosen — kommt auch oft, unter beträchtlicher Fiebersteigerung, bei anderen als tuberkulösen Erkrankungen, bei Eiterungen, bei Herzkranken, bei Pleuritis serosa vor. 5) Die Spätreaction zeigte sich auffallend oft dort, wo keine Anhaltspunkte für die Diagnose der Tuberculose da waren, und wo sich auch nach längerer genauer Beobachtung keine Zeichen für das Bestehen eines tuberculösen Processes ergeben haben, Was die locale Reaction anbetrifft, so ist sie noch viel unsicherer, als die allgemeine, wenn man die zeitliche Aufeinanderfolge zweier Er- scheinungen nicht etwa grundlos als sicheres Zeichen eines Causal- zusammenhanges ansieht, wenn man also den Satz: „post hoc, ergo propter hoc‘ nur mit grösster Vorsicht anwendet. Wir haben weder an den Gelenken, noch im Kehlkopfe, noch in der Lunge irgend eine locale Reaction gesehen, die nicht auch im Verlaufe unbehandelter Fälle auftreten könnte oder die wegen der Häufigkeit ihres Erscheinens noth- wendigerweise in einen Causalzusammenhang mit den Injeetionen hätte gebracht werden müssen. Unsere Auffassung geht also dahin, dass das Mittel mit Ausnahme des Lupus nur als Fiebermittel wirkt und bei vorsichtiger Anwendung weder die ihm zugeschriebenen günstigen, noch weniger aber die ihm vindieirten ungünstigen Einwirkungen hat. Herr Biermer: Anschliessend an die Bemerkungen von Herrn Rosenbach über verschiedene Arten der Lungenschwindsucht muss ich erklären, dass ich einen Unterschied in sofern nieht mehr mache, als die tuberculösen Veränderungen der Lunge nach meiner Ansicht immer bacillären Ursprungs sind, gleichviel ob die Veränderungen einen entzündlichen, exsudativen oder neoplastischen Charakter haben. Ich denke mir, dass durch die Anwesenheit der Baeillen nicht blos Iym- phoide, kleine Neubildungen im Sinne Virchow’s, also Tuberkelknötchen, 30 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. entstehen, sondern dass die Bacillen auf die benachbarten Theile, viel- leicht durch ihre Stoffwechselproducte, entzündlich erregend wirken können. Die entzündlichen Veränderungen in den phthisischen Lungen würden nicht entstehen, wenn die Bacillen nicht da wären. Bei der Koch’schen Lymphinjection sieht man gewissermaassen eine analoge ent- zündliche Wirkung der Stoffwechselproducte der Baeillen, Die Koch’schen Injeetionen betrachte ich in der That als ein sehr werthvolles Mittel zur Diagnose, aber nicht als ein unfehlbares. In zwei Fällen von sicherer Lungentubereulose mit Bacillenauswurf habe ich trotz fortgesetzter Injectionen weder allgemeine noch locale Reactionen zu constatiren vermocht. In dem einen Falle wurden innerhalb 13 Tagen 8 Injectionen ansteigend bis zu 0,05 gr ohne Wirkung gemacht, in dem anderen Falle wurden 12 Injeetionen in grösseren Zwischenräumen an- steigend bis zu 0,06 gr angestellt. Ohne dass Reaction eingetreten war, hatte sich nach ungefähr 4 Wochen das Allgemeinbefinden gebessert, das Gewicht aber nur um 2 Pfund zugenommen; der Auswurf, der zeit- weise etwas vermehrt war, enthielt mässig Bacillen, der physikalische Befund der Lungen schien sich eher etwas gebessert zu haben. In einem Falle von Tabes alcoholica, wo keinerlei Tubereulose vorhanden war, erfolgte bei einer Probeinjeetion von absichtlich etwas grösser gewählter Dosis von 0,01 gr eine deutliche Reaction genau so, wie sie Koch durch eine solche Anfangsdosis bei Gesunden erzeugt hatte. Meinen Erfahrungen nach liest der differentialdiagnostische Werth vorzüglich in der localen Reaction; jedoch ist die allgemeine Fieberreaction, wenn sie schon nach ganz kleinen Dosen erfolgt, sehr verdächtig. Das Ausbleiben der all- gemeinen Reaction in Fällen von zweifelloser Tuderculose mit Baeillen- auswurf beweist auch für fragliche Fälle, dass trotz des Nichtauftretens von Reaction die Tuberculose nicht sicher ausgeschlossen werden darf. Vielleicht hat aber Lichtheim Recht, wenn er in seiner soeben er- schienenen Mittheilung behauptet, dass das Ausbleiben der Reaction bei alten phthisischen Processen an der Art der Dosirung des Mittels liege, man müsse in solchen Fällen nach der ersten kleinen Dosis von 1 mg rasch auf 1 eg steigen, und wenn dies nicht genüge, längere Pausen einschieben. Herr Strube: Meine Beobachtungen stützen sich auf 13 an Lungen- tuberculose leidende Personen, welche längere Zeit hindurch nach Koch behandelt worden sind. Unter diesen Kranken befinden sich zwei, bei welchen den Einspritzungen keinerlei Reaction folgte, obwohl die Dia- gnose durch den Nachweis von Bacillen ausser allen Zweifel gestellt war. Bei 5 weiteren Patienten war die Diagnose, wegen des Fehlens von Baeillen im Auswurfe, ursprünglich zweifelhaft geblieben. Nach den Einspritzungen aber konnte aus dem Eintritt einer typischen Reaction und dem Erscheinen vieler Tuberkelbaeillen im Sputum die Diagnose EN DE EEE I. Medicinische Abtheilunge. 3] alsbald mit Sicherheit gestellt werden. Bei den übrigen 6 Fällen end- lieh war die Diagnose zwar schon vor den Einspritzungen gesichert, . allein auch hier erfolgte auf die Einspritzungen eine typische Reaction. Herr Hermann Cohn: Davon habe ich mich überzeugt, dass das Mittel bei Lupus sehr werthvoll für die Diagnose ist; ich werde später bei der Debatte über die Therapie darauf zurückkommen, Dass aber die Einspritzungen Veränderungen bei serophulösen Augenleiden her- vorrufen, habe ich nicht gesehen. Herr Mikulicz hatte gleich bei seinem ersten Vortrage im November uns einen Fall von tubereulöser Krankheit des Ellenbogengelenks gezeigt, bei dem nach der ersten Injeetion ein Hornhautgeschwür entstanden war. Aehnliches hat Köhler beobachtet; Königshöfer und Maschke berichteten be- geistert über mehrere nur 3—8 Tage beobachtete Fälle scerophulöser Kinder, bei denen schwache Injectionen neues Auftreten von Phlye- taenen und später Besserung von Hornhautgeschwüren zeigten. Die exquisiten Fälle von Phlyctaenen und Keratitis serophulosa, die mit bedeutenden Anschwellungen der Lymphdrüsen unter dem Kiefer und im Nacken verbunden waren, und die ich mit °®/, bis 1 mg be- handelte, zeigten nur eine höchst unbedeutende allgemeine, aber gar keine örtliche Reaction. Näheres wird man in meinem Aufsatze in der Berliner Klinischen Wochenschrift finden, welche übermorgen er- scheint. So sehr ich auch die Grösse der Koch’schen Entdeckung schätze, — für serophulöse Augenleiden ist es weder ein sicheres diagnostisches noch therapeutisches Mittel. Die einfachen alten örtlichen Mittel, Calomel und Atropin, beseitigten in den Fällen, wo die Koch’sche Flüssigkeit keine Reaction gab, schnell und gut die Phlyetaenen und die Keratitiden, Die beiden folgenden Fragen: 2. Gestattet der Eintritt der Reaction einen absolut sicheren Schluss auf das Vorhandensein eines tuberculösen Erkrankungsherdes? und | 3. Genügt eine allgemeine Reaction oder ist zugleich der Nachweis einer örtlichen zu fordern? werden gleichzeitig zur Erörterung gestellt. Herr Buchwald: Ich bin der Ansicht, dass man das Hauptgewicht auf die locale Reaction legen soll und nicht auf die allgemeine. Letztere ist bei geringen Dosen nicht so in die Augen fallend, wie die locale. Ich habe Anfangsstadien von Lungentubereulose, Lymphdrüsentubereulose, Knochentubereulose, Lupus in dieser Hinsicht geprüft und fast nie eine locale Reaction vermisst. Namentlich sind tubereulöse Herde in den Lungen gut nachweisbar gewesen, während bei den gering ge- 32 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. wählten Gaben die allgemeine Reaction schwach eintrat, Ich halte das Koch’sche Mittel für ein höchst werthvolles bezüglich der Reaction auf tuberceulöse Processe. Herr Neisser: Mein Standpunkt nähert sich, soweit ich sehe, am meisten dem von Herrn Buchwald vertretenen, indem ich vom rein wissenschaftlichen, wie vom praktisch - diagnostischen Standpunkt aus dem Auftreten der localen Reaction eine grössere Bedeutung beilege als dem der allgemeinen Reaction. Wir haben an mehreren Lupus- Fällen direet gesehen, dass bei deutlicher localer Reaction die all- gemeine Reaction fast oder ganz ausblieb. Nie dagegen fehlte bei deutlich entwickelten Hautaffeetionen tubereulöser Art die Reaction local, und regelmässig fehlte sie bei nichttubereulösen Hautaffectionen. Es ist demgemäss für mich nicht wunderbar, dass auch bei Lungen- tuberceulose trotz des Bestehens tuberculöser Herde in der Lunge, wo wir uns vom Auftreten der localen Reaction nur schwerer, vielleicht gar nicht überzeugen können, eine allgemeine Reaction ausbleiben kann. Ob für solehe Ausnahmen die mechanische Erklärung, dass schwie- liges Gewebe solche tuberculöse Lungenherde umgebe, oder die Hypo- these, dass chemische Zersetzungsvorgänge an den mit Eitermassen bedeckten Höhlenwänden das Auftreten der Allgemein-Reaction verhüten, die richtigere sei, kann ich natürlich nicht entscheiden. Eben so wenig habe ich ein Urtheil darüber, in wie weit die Auscultation und Per- cussion im Stande sei, die locale Reaction in der Lunge zu entdecken. Jedenfalls aber muss ich mich gegen Herrn Rosenbach wenden, wenn er angiebt, dass in der „übergrossen‘ Mehrzahl von Fällen von Lungen- tubereulose von einem diagnostischen Werth des Mittels nicht gesprochen werden könne. Wie schon früher, hat er auch heute offen eingestanden, dass er auch eine grosse Anzahl von unklaren Fällen in den Kreis seiner Beobachtungen gezogen hat. An unklaren Fällen aber darf man doch — meiner Ansicht nach wenigstens — sich über die Wirkungen eines neuen Stoffes nicht informiren wollen; von solehen kann man doch un- möglich für die Wirkung dieses Mittels bindende Schlüsse ableiten. Wo die Voraussetzungen unbekannt sind, müssen es offenbar auch die Schluss- folgerungen bleiben. | Fehlen nun freilich beim Ausbleiben der allgemeinen Reaction auch erkennbare Zeichen bestehender localer Reaction — und nach den Mit- theilungen der Herren Mikuliez, Janicke, Riegner haben ja zweifellose tuberculöse Affeetionen, besonders Mastdarmfisteln, keine locale Reaction erkennen lassen — dann wird, falls man auf die Injectionen allein seine Diagnose bauen soll, die Sachlage eine schwierige. Uebrigens hat auch Herr Mikuliez angegeben, dass selbst in denjenigen Fällen, in denen eine sog. locale Reaction, d. h. auffallende, diagnostisch ver- werthbare Modificationen einer Fistel direet nach der Injection fehlten, I. Medicinische Abtheilung. 33 locale Processe sich doch abgespielt haben müssen, z. B, Heilungs- vorgänge u. s. w., die über die örtliche Einwirkung keinen Zweifel liessen. Es scheint mir diese Thatsache für die wissenschaftliche Be- urtheilung des Mittels von Bedeutung. Was die allgemeine Reaction betrifft, so glaube ich, dass bis auf seltene Ausnahmen auch auf das Verhalten der A Reaction hin sich eine Diagnose, ob eine Person tuberculös sei oder nicht, stellen lässt. Ich habe an einer verhältnissmässig grossen Anzahl von Per- sonen, welche von vornherein für gesund galten, Injectionen gemacht. Sehr häufig entscheidet schon die Grösse der Dosis, die eine Temperatur- Erhöhung zu Wege bringt. Bei kräftigen Personen, bes. Männern, ist letztere meist unverhältnissmässig hoch. Anders bei Weibern, besonders schwächlicher Constitution. Aber auch hier — ich habe die Curven leider nieht mitgebracht — bin ich überzeugt, dass Sie nur bei sehr wenigen Curven, welche freilich nicht von einer einzigen Injection, sondern von einer ganzen Reihe von Injectionen bei jeder Person herrühren, in Zweifel sein würden, ob bei der Betreffenden Tubereulose vorliegt oder nicht. Die Unregelmässigkeit der eventuell erzielten Temperatur- Erhöhungen nicht nur in der Art des Anstiegs nach jener einzelnen Injection, sondern auch im regellosen Auftreten und Ausbleiben der Temperatur-Erhebung nach den einzelnen Injectionen der ganzen Beobachtungsserie steht in einem so crassen Gegensatz zu den regelmässigen Fiebererhebungen Tuberculöser, dass ich auch die Allgemein - Reaction für diagnostisch verwerthbar halte. Aber, wie gesagt, mit einer einzigen Injection wird man meist nicht zum Ziele kommen. — Dem Einwurf, dass wir mit Unrecht überall da, wo typische Allgemein-Reaction einträte und wo wir nicht durch andere diagnostische Mittel Tuberculose nachweisen könnten, latente Tuberculose witterten, möchte ich mit Hinweis auf die Fälle von Morbus Addissonii begegnen. Wüssten wir nicht schon durch langjährige Untersuchungen, dass hier in der That ein versteckter, unseren sonstigen diagnostischen Methoden unzugänglicher Herd vorliege, so würden wir den allerwärts beobach- teten Allgemein-Reactionen bei M. Addissonii ebenso rathlos gegenüber stehen, wie wir es vor der Hand noch bei anderen versteckten tuber- culösen Herden thun. Auf die Nothwendigkeit, der Methodik der Injeetionen, speciell mit Rücksicht auf die Angewöhnung, die nöthige Aufmerksamkeit zu schenken, ist genug hingewiesen worden, als dass ich Ihre Zeit noch mit einer Erörterung dieser Frage in Anspruch nehmen wollte. Herr Mikuliez: Ich kann mich nicht für bekehrt halten in Bezug auf die ausschliessliche Bedeutung der localen Reaction. Zweifellos giebt es nämlich Fälle, die überhaupt nicht örtlich reagiren: so die Fälle von typischer Tuberculose, der Lymphdrüsen, von tubereul. Mastdarm yil 3 f 34 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. geschwüren und -Fisteln (5 haben gar nicht reagirt, 1 ausserordentlich schwach), ferner sämmtliche kalte Abscesse. Also nicht individuelle Disposition, sondern bestimmte Vorbedingungen sind es, welche hier die Reaction verhindern. Sie bleibt aus, wo die Herde ganz abgekapselt sind oder wo das Secret nicht frei abfliessen kann. Offenbar muss hier also die allgemeine Reaction Aufschluss geben, was bei Vergleichung der Fieber- curven ja nicht schwer fallen kann. Herr Kayser: Bei den von mir beobachteten Patienten, die zwar gering an Zahl sind, aber ausgesucht günstige Fälle der Privatpraxis darstellen: kräftige Personen im Vollbesitz ihrer Leistungsfähigkeit mit deutlich sichtbaren Veränderungen im Kehlkopf und geringfügiger Lungen- erkrankung, deren tuberculöse Natur durch den Nachweis von Tuberkel- bacillen im Auswurf sicher gestellt war — hat die Anwendung des Koch’schen Mittels in diagnostischer Beziehung keine sehr befriedigenden Resultate geliefert. Bei einem der Kranken trat eine allgemeine und locale Reaction erst bei einer Dosis von 0,012 ein. In einem zweiten (zugleich mit Prof. Gottstein behandelten) Falle blieb bei schwacher und unregelmässiger Fieberreaction jegliche sichere Einwirkung auf den Kehlkopf vollkommen aus, auch nachdem die Dosis bis auf 0,1 gesteigert war und obwohl eine aus demselben Fläschchen zur selben Zeit ge- machte Injection bei einem anderen Patienten Reaction hervorrief. Es handelte sich in dem fraglichen Falle um eine robuste Dame, die neben geringfügigen Erscheinungen in. einer Lungenspitze ein charakteristisches tuberceulöses Geschwür an der. hinteren Larynxwand mit zackiger Um- wallung zeigte. Zwar schien es zeitweise, als ob die Zacken sich in Bezug auf Grösse und Aussehen etwas veränderten; allein nach 27 Ein- spritzungen musste man gestehen, dass der locale Befund im Kehlkopf genau so aussah wie vor der Behandlung, Nach den bisherigen Erfahrungen ist das Koch’sche Mitiel wohl als diagnostisches Mittel zu verwerthen, es kann aber nicht als ein untrüg- liches diagnostisches Hilfsmittel ersten Ranges bezeichnet werden. Herr Janicke: Es sind über 29 mit chirurgischer Tubereulose behaftete Kranke, welche ich mit dem Koch’schen Mittel behandelt habe. Von diesen liessen alle diejenigen weder allgemeine noch locale Reaction erkennen, welche vorher energisch operativ oder mit Jodoformemulsioninjeetionen behandelt worden waren. Die locale Reaction blieb ferner aus bei 3 tubereulösen Mastdarmfisteln.. Zwei der an letzterer Affeetion leidenden Kranken, welche ausserdem eine sicher festgestellte Lungentubereulose beherbergten, reagirten allgemein. Der dritte derselben, welcher wegen häufiger Diarrhoeen und anfallsweise auftretender Schmerzhaftigkeit der Dleoeöcalgegend einer anderweitigen Darmtubereulose verdächtig ist, hat bei langsam auf 0,01 gesteigerten Injeetionsdosen auch allgemein bis I. Medicinische Abtheilung. 35 heute nicht reagirt, Bei allen 3 Fällen kam es zur Operation. Dabei stellte sich heraus, dass die Umgebung der Fisteln in derben und festen Bindegewebsmassen bestand, die, wie das Herr Mikulicz schon betont hat, den Zutritt der Koch’schen Lymphe zu dem tuberculösen Gewebe verhindert haben dürfte. Von 5 Spondylitiden reagirten 3 auch local durch erhöhte Empfind- lichkeit der kranken Wirbel. Bei einem mit Hauttuberculose des Unterschenkels befallenen Kranken kam es nach den ersten 3 Injeetionen nur zu einer sehr ausgeprägten Localreaetion und den damit verbundenen günstigen Veränderungen an der Geschwürsfläche. Erst bei den späteren Einspritzungen trat eine Allgemeinreaction auf. Im Hinblick hierauf muss ich der localen Reaction auch für die diagnostischen Zwecke eine ganz besondere Bedeutung zu- erkennen, zumal in solchen Fällen, wo die als tuberculös verdächtigen Veränderungen dem Auge gut zugänglich sind. Herr Kleinwächter: Von 18 Patienten, bei welchen die Tuber- ceulose entweder schon vorher oder im Verlaufe der Koch’schen Be- handlung durch den Nachweis von Tuberkelbacillen sicher erwiesen wurde, zeigten alle bis auf eine Allgemeinreaction und zwar in der Mehrzahl der Fälle schon auf eine Dosis von 0,001—0,003. Nur in 2 Fällen trat die Allgemeinreaction erst bei einer höheren Dosis bis zu 0,006 auf, Bei anderen, welche sich Probeinjecetionen bis zu 0,01 unterzogen, stellte sich keine Allgemeinreaction ein, Was die örtliche Reaction anbetrifft, so muss ich Herrn Rosen- bach darin beistimmen, dass deren Beurtheilung grade auf den Lungen in manchen Fällen eine sehr schwierige und keineswegs immer sichere ist; denn das Untersuchungsergebniss pflegt bei der Lungenschwindsucht an sich schon ein zeitlich sehr wechselndes und dabei äusserst mannig- faltiges zu sein. Gleichwohl habe ich mittelst ständiger, sorgfältiger Untersuchungen zwar nicht bei allen, wie Herr Buchwald, jedoch bei den meisten Patienten örtliche Reaction beobachtet. Am ausgeprägtesten war sie dort, wo kleinere frische Herde mit fluxionsfähiger Umgebung vorhanden zu sein schienen. Da, wo diese fehlten, namentlich bei alten Fällen, wo Cavernen nachzuweisen oder verkalkte und verkäste Tuberkel, geschrumpfte Gewebe anzunehmen waren, konnten keine bedeutenden Localerscheinungen beobachtet werden. So wurde bei einem alten Phthisiker mit Baeillen im Auswurf niemals eine allgemeine und örtliche Reaction bemerkt, wie auch Herr Sanitätsrath Dr. Caro constatirt hat, Allerdings wurde mit der Steigerung der Dosis nur schrittweise vor- gegangen; bei einer mehr sprungweisen Dosirung wäre die Reaction vielleicht auch erzielt worden, Bei Tuberculose des Kehlkopfs zeigte sich in einem Falle eine ganz auffällige und fast regelmässig wiederkehrende örtliche Reaction, 36 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. während sie in einem anderen Falle nicht erkannt werden konnte. In einem dritten Falle handelte es sich vornehmlich um eine schon lange bestehende chronische Laryngitis. Derselbe wies keine locale Reaction auf. Wenn ich mich nun über den von Herrn Mikulicz aufgestellten Satz aussprechen soll, so glaube ich, dass er im allgemeinen, auch seitens der inneren Mediein, Zustimmung finden muss. Nur für die 2. These empfehle ich den Zusatz: „Es giebt Fälle von sicher nach- gewiesener Tuberculose, bei denen keine Reaction, wenigstens bei der sewöhnlichen Dosirung, sich zeigt.“ Als Belag für die 3. These ver- mag ich eine besonders überzeugende Beobachtung anzuführen. Sie be- traf einen kräftigen, scheinbar gesunden jungen Landwirth, bei welchem nur eine eigenthümliche leichte Blässe des Gesichts, ganz geringes Reibegeräusch, das überdies später verschwand, neben dem Sternum und der Umstand, dass die Mutter und eine Schwester an Tuberculose ge- storben waren, den Verdacht auf Tuberculose nahe legten. Hier stellte sich schon bei 0,002 Reaction ein, welche sich bei weiteren Dosen in typischer Weise wiederholte. Indess auch jetzt gelang es noch nicht, einen localen Process zu entdecken, bis sich bei einer Dosis von 0,02 eine vorher nicht vorhanden gewesene wallnussgrosse Drüsenschwellung in der rechten und linken Achselhöhle;, sowie am Halse schmerzhaft be- merklich machte. Es besteht also wohl eine Drüsentubereulose oder ein sonstwo verborgener tuberculöser Process, von welchem aus jene Drüsen geschwollen sind. Herr Biermer: Den Ausführungen, welche Herr Kleinwächter an die zweite der von Herrn Mikulicz aufgestellten Thesen geknüpft hat, pflichte ich durchaus bei. Nur möchte ich noch hinzufügen: „in zweifelhaften Fällen.“ Sie würde dann also lauten: „Tritt nach wieder- holten Injeetionen weder allgemeine, noch locale Reaction ein, so ist in zweifelhaften Fällen Tuberculose mit aller Wahrscheinlichkeit auszu- schliessen, Herr Mikuliez: Mit der von Herrn Biermer vorgeschlagenen Aenderung meiner 2. These erkläre ich mich einverstanden. — Im Uebrigen möchte ich hervorheben, dass nicht blos Abkapselung des Herdes und Nichtoffenliegen einer Geschwürsfläche die Reaction zu ver- hindern im Stande sind, sondern dass ein sehr beträchtlicher Umfang des käsig entarteten Gewebsgebietes ebenso wirken kann. Herr Partsch: Unter den Momenten, welche mir ein Ausbleiben der localen Reaction zu erklären scheinen, und von denen bislang eine bindegewebige Einkapselung der Herde und ihre freie Communication nach aussen genannt worden sind, möchte ich noch eins hervorheben, die umfangreiche käsige Degeneration grösserer Abschnitte eines tuber- eulösen Organs. Ich denke hier zunächst an die Lymphdrüsen, obgleich l. Medicinische Abtheilung. 37 solche breite käsige Infiltration auch in anderen von der Tubereulose mit Vorliebe befallenen Körpertheilen nichts Ungewöhnliches ist, z. B. in den Knochen, im Hoden und den Nieren. In einem von mir beobachteten Falle, der einen jungen Mann be- trifft, dem ich bereits vor 2 Jahren die käsig degenerirten, nicht er- weichten Drüsen der vorderen Halsgegend beiderseits entfernt hatte, er- wiesen sich die Oceipital-Drüsen und ein Theil der Drüsen des seitlichen Halsdreiecks nunmehr vergrössert, aber deutlich verschieblich, durch Bindegewebe nicht verwachsen. Keine der Drüsen waren von selbst aufgebrochen oder erweicht, sondern alle von der bekannten elastischen Härte. Ehe wir die Koch’schen Injeetionen begannen, überzeugte ich mich von dem Zustande der Drüsen durch Exeision einer derselben, welche durch ihre oberflächliche Lage bei der leichten Verschieblichkeit zur operativen Beseitigung einlud. Unter Cocainanaesthesie entfernte ich dieselbe und konnte mich bei der Operation überzeugen, dass irgend eine Verdichtung des periglandulären Bindegewebes vollständig fehlte. Leicht liess sich die Drüse von ihrem Lager herausheben; die ganz ver- nähte Wunde heilte innerhalb 4 Tagen per primam. Die Drüse bot auf dem Durchschnitt jene bekannte Einlagerung grosser, käsiger, kartoffel- artiger Massen, welche das Parenchym der Drüse auf schmale Streifen einengten. Eine Verdickung der Bindegewebs-Kapsel war nicht vor- handen. Bei den nach Verheilung der ÖOperationsstelle gemachten In- jeetionen trat leichte allgemeine Reaction ein, aber die locale Reaction blieb vollkommen aus. Vielleicht ist dieses Moment auch heranzuziehen bei der Erklärung des Ausbleibens der Reaction bei grossen kalten Abscessen oder bei Spondylarthrocace, wo wir ja auch öfter umfangreiche käsige Herde in der Wirbelsubstanz, ohne Erweichung finden. Was die Reaction an den Lymphdrüsen anlangi, so möchte noch zu erwähnen sein, dass eine etwa auftretende Reaction erst dann einen Rückschluss auf die tuberculöse Veränderung der Drüsen gestattet, wenn das Vorhandensein eines tuberculösen Herdes in dem Lymphbezirk, aus dem die Drüse ihre Lymphe bezieht, ausgeschlossen ist. Ich habe eine beträchtliche Schwellung nach Injection bei einer Halslymphdrüse gesehen, bei starker örtlicher Reaction mehrere am Brustbein und Rippen gelegene Fisteln alter tuberculöser Herde. Nach Verschwinden der örtlichen Reactionen, die allmählich bei steigernder Dosis der In- jeetionen schwächer wurden, ging auch die Schwellung der Lymphdrüsen zurück. Bei chirurgischer Tuberculose scheint nach den vorliegenden Er- fahrungen die Schwellung der Lymphdrüsen in bei Weitem nicht so hohem Grade zu erfolgen, wie sie nach Virchow’s Mittheilungen bei Tubereulose innerer Organe vorzukommen scheint. 38 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Herr Neisser: In einem wesentlichen Punkte vermag ich Herrn Rosenbach durchaus nicht beizustimmen. Dass der locale Vorgang nur eine Folge des Allgemein-Zustandes, besonders des Fiebers, sei, wie Herr Rosenbach meint, lässt sich gewiss nicht zugeben. Ich glaube erstens bis zu einem gewissen Grade nachgewiesen zu haben, dass wirklich eine primäre necrosirende Wirkung besteht, wobei ich betonen möchte, dass ich die Trennung einer primären Necrose von der durch sehr hochgradige entzündliche Vorgänge sich einstellenden secundären, wie dies Herr Mikulicz hervorgehoben hat, für sehr glücklich halte, Ich denke mir die Wirkung ganz wie beim Pockengift, d. h. primäre Necrose und erst durch diese hervorgerufene Entzündung. Dass aber die locale Reaction keinesfalls die Folge des Fiebers ist, das kann ich mit folgenden Gründen positiv beweisen: 1. verfügen wir über eine grosse Anzahl von Lupusfällen, bei denen wir auf das Deutlichste sehen können, dass, sei es von Anfang an, sei es bei den späteren Injectionen, die allgemeine Reaction total ausbleibt, ohne jede subjective wie objeetive Andeutung des Fiebers und doch die locale Reaction in aller Deutlichkeit besteht; ') 2. sahen wir, dass die locale Reaction fast regelmässig der allge- meinen um Stunden vorausgeht; 3. endlich haben wir zufällig auch jetzt wieder eine Anzahl von Lupusfällen beobachtet, die mitten in die Injectionsperiode hinein über die Lupusfläche hinwegziehende Erysipele bekamen. Trotz des hochgradigen Fiebers, ja trotz der localen Einwirkung des entzündlichen erysipelatösen Vorganges zeigten die Lupusherde keine Spur einer Veränderung. Als sie aber nachher wieder injieirt wurden, trat locale Reaction in schönster typischer Weise ein. Mit Bezug auf die Publication des Herrn Rosenbach möchte ich auch hinzufügen, dass die an gedeckten Körperstellen sitzenden Lupusherde ganz ebenso reagiren, wie die an frei ge- legenen Stellen, Gesicht u. s. w. Dass die locale Reaction eine ganz specifische sei, geht doch un- zweifelhaft schliesslich auch daraus hervor, dass kein anderer entzünd- licher Process — und die syphilitischen Processe wird man doch sogar noch in eine ganz besondere Analogie mit den tuberculösen setzen können, da sie beide dem Typus der chronischen Granulationsgeschwülste entsprechen — auch nur andeutungsweise die Symptome zeigte, wie sie regelmässig jeder cutane tuberculöse Herd aufweist. !) Anmerkung bei der Correctur: Ich habe inzwischen auch nach Rosen- bach’s Vorschlag durch bereits 2 und #4 Stunden nach der Injection gegebene Antipyrindosen das Fieber ganz coupirt und doch die locale Reaction in voller Deutlichkeit eintreten sehen. ra I. Medicinische Abtheilung. 39 Herr Mikuliez: Wenn Herr Rosenbach vorhin geäussert hat, dass die locale Reaction lediglich eine Folge des Fiebers sei, so muss ich dieser Ansicht entschieden entgegentreten. Es ist zwar durchaus nicht zu .bezweifeln, dass das Mittel an und für sich auch pyrogene Eigenschaften besitzt. Allein unabhängig hiervon rührt die locale Reaction von einer direct phlogogenen Wirkung her, welche das Mittel auf den tubereulösen Herd direct ausübt. Offenbar müssten sonst auch andere Fieberzustände ähnliche locale Erscheinungen erzeugen, was doch nicht der Fall ist. Auf der anderen Seite wird mitunter auch eine deutliche locale Reaction ohne Fieber beobachtet. 6. Sitzung vom 20. Februar 1891. Die Discussion über Die mit dem Koch’schen Heilmittel gewonnenen Erfahrungen wird an der Hand der Biermer’schen Fragen fortgesetzt und zunächst die vierte Frage: „Mit welchen Vorgängen im Gewebe ist die örtliche Reaction verbunden?“ zur Besprechung gestellt. Herr Neisser: Wenn ich mir heute erlaube, als erster zu der vor- liegenden Frage das Wort zu nehmen, so geschieht das, weil ich auf die mikroskopischen Befunde soleher local reagirenden Herde eingehen möchte und weil ich glaube, unter Ihnen am meisten mich mit diesen Dingen beschäftigt zu haben. Im Vordergrund des Interesses steht meines Erachtens die Frage: Findet durch die Einwirkung der injieirten Flüssigkeit eine direete Necrotisirung des tubereulösen Herdes statt oder haben wir uns diese Einwirkung — und damit auch den Heilungs- vorgang — nur als entzündliche, um die Tuberkel herum sich abspielende Vorgänge zu denken? Die Zahl der Präparate, welche ich fast in allen Stadien nach der Injeetion wesentlich an excidirtem Lupusgewebe untersucht habe, giebt nun leider kein eindeutiges Bild, wie das ja aller Orten und von allen Beobachtern constatirt worden ist und zwar deshalb nicht, weil schon im gewöhnlichen Ablauf des Lupus sich so wechselnde Verhältnisse, theils der Coagulationsneerose und Verkäsung, theils der entzündlichen Vorgänge vorfinden, dass eine Entscheidung kaum möglich ist, ob gerade die vorliegenden Verhältnisse auf die Injeetion zu schieben sind oder schon vorher vorhanden waren. Ich verfüge aber jedenfalls über einen Fall, der ganz eindeutig ist, in dem eine so typische absolute Necrotisirung eines ganzen Tuberkels vorhanden ist (im ganzen Centrum kern- und structurlose Gewebsmasse, an der Peripherie zerrissene und zerklüftete 40 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Riesenzellen), dass über die Thatsache, dass eine Neerotisirung beim Tuberkel eintreten kann, wohl kein Zweifel zulässig ist, da ich sonst ähnliche Bilder trotz wirklich unzählicher Lupus-Untersuchungen nie ge- sehen habe. In allen übrigen Fällen war das Bild kein so ausgesprochenes und ein- deutiges; wenn ich aber das Gesammtbild aus all den nach Koch’schen Injeetionen untersuchten Präparaten mit dem ohne solche vergleiche, so halte ich doch einen tiefgreifenden Unterschied für gar nicht zweifelhaft: nämlich bei den behandelten Lupusfällen auffallend regelmässig matte und blassgefärbte Tuberkel, bisweilen mit kaum erkennbaren Structur- verhältnissen, umgeben von einem ganz dichten Wall von Lencocythen mit den scharf gefärbten kleinen. ein- oder mehrtheiligen Kernen, ein Bild, so auffallend, dass es schon bei makroskopischer Besichtigung eines Schnittes die Aufmerksamkeit erregt. Diese primäre Necrose halte ich, so wenig ich den Werth und die Bedeutung der entzündlichen Veränderung ver- kenne, für das Wesentlichste und sie zu erzielen für die Hauptaufgabe unseres weiteren therapeutischen Experimentirens. Woran liegt es, so frage ich mich, dass Koch bei Meerschweinchen regelmässig Heilungen erzielte, während wir an menschlichem Material zweifellos nur viel schwächere und langsamere Heilungsvorgänge erreichen? Ich glaube den Grund hierfür darin sehen zu müssen, dass der Mensch die- jenigen grossen Dosen von Tuberkulin, welche eine totale Necrose des tuberceulös infieirten Gewebes bewirken würden, nicht so verträgt wie das Meerschweinchen, da für den Menschen das Tuberculin ein schweres Allgemeingift ist, während das Meerschweinchen — übrigens auch das Kaninchen — dasselbe in grossen Dosen verträgt. Ich erinnere übrigens hierbei an den ersten in der Levy’schen Privatklinik behandelten Lupusfall, der in der That auf eine für unsere jetzigen Begriffe kolossale Anfangs- dosis die in Rede stehende Necrose aller Lupusherde aufwies. Vielleicht darf ich die Frage aufwerfen, ob nicht ein aus „‚menschlichen‘‘ Tuberkel- bacillen hergestelltes Tuberculin vielleicht sich anders verhalten würde als das, wie ich vermuthe, aus „thierischen“ Tuberkelbaeillen herstammende, jetzt zur Verfügung stehende. Wenigstens würde nach Analogie mit andern Bacillenarten, z. B. denen des Schweinerothlaufs, der Gedanke, dass in verschiedenen Thierkörpern eine verschiedene Virulenz eines und desselben Baecillus und seiner Stoffwechselproducte zu Stande komme, nicht von vornherein von der Hand zu weisen sein, Andererseits müssen wir, glaube ich, versuchen, die jetzt noch be- stehenden Gefahren der Allgemeinwirkung nach Möglichkeit herabzusetzen um mit dem Mittel energischere Localwirkungen zu erreiehen. Schon im Anfange der Injectionsperiode haben wir in erfolgreicher Weise mit Anti- pyrin den wesentlichsten Theil aller subjectiven Beschwerden beseitigen können. Vielleicht gelingt es — auch Herr Rosenbach hat ja ent- I. Medicinische Abtheilung. 4] sprechende Versuche gemacht — nach dieser Richtung noch Besseres zu erzielen. Diese Versuche scheinen mir, falls mein ganzer Gedankengang auf richtiger Fährte sich bewegt, um so wichtiger, als es leider nicht gelingt, an Stelle der acuten (necrotisirenden) Tubereulin-Wirkung, wie sie beim Thier besteht, eine chronische zu setzen. Denn es ist für mich zweifel- los, dass der Organismus sich gegen die Wirkung des Mittels abstumpft. Ich will hier nur andeuten, dass diese Angewöhnung auch bei Gesunden zu erzielen ist. Merkwürdiger Weise nun ist diese Angewöhnung nicht nur eine allgemeine, sondern, wenn ich so sagen darf, auch eine locale. Ich meine damit die ja auch sonst beobachtete, speciell von Schimmelbusch durch mikroskopische Untersuchungen — die ich übrigens vollkommen bestätigen kann — festgestellte Thatsache, dass am Ende einer längeren Injeetionsperiode Lupusknötchen im Gewebe zurückbleiben können, die absolut nicht mehr reagiren. Wie weit hier die von Kromayer neuer- dings angezogene verschiedene Vaseularisation eine Rolle spielt, ist wohl noch nicht zu entscheiden. Jedenfalls führte die Constatirung dieser tuberculösen Residuen dazu, mehr, als es bisher geschehen ist, die Koch’sche Behandlung des Lupus mit anderen Methoden zu combiniren. Zum Schluss möchte ich nur noch eins betreffs aller dieser histo- logischen Untersuchungen betonen, dass die Feststellung der anatomischen Vorgänge doch nicht ohne weiteres einen Schluss gestattet auf die Folgen, welche schliesslich in jedem einzelnen Falle die locale Reaction nach sich ziehen muss. Auch hier wird man noch strenger individualisiren müssen, je nach dem Zustand der Gewebe, der schon vor der örtlichen Reaction vorhanden war. Ein Tuberkelherd, der nur mit einfachen, rein ent- zündlichen Vorgängen combinirt ist, wird sich doch zweifellos ganz anders verhalten als ein solcher, bei dem hochgradige Eiterungs- und Zerstörungsprocesse der Gewebe neben der eigentlichen Tubereulose einhergehen. Wenngleich es demgemäss, wie Hansemann sagt, ganz selbstverständlich ist, dass auch der Anatom ein gewichtiges Wort in dieser Frage mitzureden hat, so dürfen doch nicht ohne weiteres die histologischen Befunde von einem oder von mehreren Fällen als für alle Verhältnisse allgemein giltige hingestellt werden. Das beste Paradigma hierfür bilden zweifellos die ganz verschieden- artigen Folgezustände, welche man schon am Lebenden an tuberculösen Gelenken nach den Injectionen beobachten kann. Je nach dem Zustande, in dem sich dieselben vorher befinden, wechseln die durch die Reaction hervorgerufenen Veränderungen zwischen leichter, in kürzester Zeit zurückgehender Schwellung und leichter Steigerung der Secretion der offenen Fisteln bis zu schwerster Gangraen, die zur Abstossung ganzer Membranfetzen, Bildung neuer Perforationen u. s. w. führt. Es sollten daher überall nicht blos die günstigen und ungünstigen Ausgänge der Fälle 493 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. genau mitgetheilt und in ihren Einzelheiten dargelegt werden, sondern auch alle die Bedingungen, welche in dem speciellen Falle den günstigen oder ungünstigen Ausgang herbeigeführt haben können, scharf präeisirt werden. Herr Biermer: Ich habe die Ueberzeugung, dass sich die örtliche Reaction, die in so vielen Fällen eintritt, aus congestiven und entzünd- lichen Vorgängen und aus seröser Durchtränkung des Gewebes, vielleicht auch dem Aufschiessen von miliaren Knötchen zusammensetzt. Herr Ponfieck: Auch ich glaube, dass noch langwierige Unter- suchungen, vor Allem grade am Thierkörper, nothwendig sein werden, ehe wir uns befähigt sehen, die vorliegende Frage zuverlässig zu ent- scheiden. — Nach den Vorgängen localer Reaction, wie sie an allen dem Auge zugänglichen Theilen zu beobachten sind, konnte sofort darüber kein Zweifel sein, dass wir es mit dem Typus einer ächten Entzündung zu thun haben. Alle ihre Erscheinungen waren handgreiflich ausgeprägt. Fragen wird sich sonach nur, inwieweit dabei etwa noch andere, vor Allem also necrotisirende Processe nebenher laufen. Meiner Ansicht nach sind diese beiderlei Folgewirkungen miteinander keineswegs un- vereinbar, ergänzen sich vielmehr hier, wie bei der spontanen Heilung der Tuberculose aufs innigste. Auf Grund meiner bisherigen mikroskopischen Untersuchungen bin ich denn auch überzeugt, dass zwischen der Auf- fassung der durch das Tuberceulin am Krankheitsherde hervorgerufenen Erscheinungsreihe als Entzündung und der als Necrose kein wirklicher, sondern nur ein scheinbarer Widerspruch besteht. Man muss sich blos vergegenwärtigen, dass jene künstlich erzeugte Entzündung, vermöge einer gleichsam bewussten Auswahl, ein Gewebe erfasst, welches sich in sehr labilem Zustande befindet, der Necrose bereits einigermaassen nahe steht. Eben deshalb wird es offenbar auch mehr als normales Gewebe geneigt sein, ihr anheimzufallen. — Da nun bei dieser wie bei jeder anderen Entzündung starke Ausschwitzung, sei es ins Innere des Gewebes, sei es auf die freien Flächen erfolgt, so be- darf es unstreitig nur eines kleinen Schrittes weiter, um die krankhaften Bestandtheile des Gewebes rasch der Necrose zuzuführen und sie dadurch geeigneter entweder zur Resorption oder zur Abstossung nach Aussen zu machen. Das Mittel würde also wesentlich dadurch wirken, dass es die Reaction gegen den tuberculösen Herd, welche träge und schlaff ge- worden ist, wieder anregt, zu neuer lebhafterer Energie anspornt. Es bleibt dann noch die Aufgabe, die necrotisch gewordenen Trümmer der einstigen tuberculösen Infiltration zu beseitigen. Es ist, wie ich glaube, durchaus nicht nothwendig, dass stets eine Ausstossung zu Stande komme, noch gar, dass eine solche immer auf eine freie Fläche geschehe. Die Natur verfügt vielmehr über Mittel und Wege genug, um sie auch ohne I. Medieinische Abtheilung. 45 eine derartige, sei es präformirte, sei es krankhafterweise neugeschaffene Verbindung mit der Aussenwelt bei Seite zu schaffen: eben wiederum mit und durch die Entzündung. An der Grenze jener labilen Schichten nämlich hat sich inzwischen ein Wall junger Gefässe gebildet, wie dazu berufen, eine gesteigerte Aufsaugungsthätigkeit einzuleiten. Allerdings ist dadurch, wie ich gewiss nicht läugnen will, die Möglichkeit gegeben, dass grade eine solch lebhafte Entfaltung der resorp- tiven Kräfte, wie wir sie ja wünschen und auf alle Weise erstreben müssen, von einer Verschleppung gewisser Bestandtheile des Krankheits- herdes begleitet werde. Allein ist diese Möglichkeit etwa nicht ebenso vorhanden bei jeder der unzähligen Spontanheilungen der Tuberculose? Was nun die Miliartuberkel anlangt, die nach der Schilderung mehrerer Autoren in der Umgebung schon in kürzester Frist, innerhalb 2 Tagen aufgeschossen sein sollen, so habe ich vorerst doch den Ein- druck, dass hier die Eruption allzu rasch geschehen sei, um die Ent- stehung der jungen Neugebilde innerhalb einer so flüchtigen Spanne Zeit annehmen zu dürfen. Desshalb wird ernstlich zu erwägen sein, ob sie nicht verdeckt bereits früher vorhanden gewesen und nur durch zu- nehmende Vergrösserung jetzt sichtbarer geworden seien. Herr Rosenbach: Was die durch das Mittel angeblich verursachte Gewebsnecrose anbetrifft, wie sie namentlich charakteristisch an lupösen Stellen in die Erscheinung tritt, so vermag ich die Necrose innerer Organe für durchaus nicht erwiesen, ja nicht einmal für wahrscheinlich zu halten, da selbst die Veränderungen bei Lupus nur sehr bedingt als necrotische angesehen werden können; in keinem Falle aber liegt selbst hier eine directe specifische Einwirkung des Mittels auf die absterbenden Zellen, etwa in der Weise, wie sie das chromsaure Blei in den Nieren hervorruft, vor. Bein Lupus kann man selbst in den ausgesprochensten Fällen nur von einer Ulceration sprechen, die dadurch zu Stande kommt, dass durch exsudirtes Serum die Epidermis abgehoben und ein Zustand wie nach Einwirkung eines starken Cantharidenpflasters erzielt wird. Es handelt sich hier nur um die Folgen einer, allerdings sehr hoch- gradigen, Entzündung, die mit starker Transsudation, massenhafter Aus- wanderung von weissen Blutkörperchen und Zerstörung der Epidermis einhergeht. Eine Neerose — Absterben von Gewebe — kommt also nur für die Epidermis in Betracht; das Coagulations-Necrose zeigende „Gewebe“ wird nur durch die massenhaft das betreffende Gebiet erfüllenden Rund- zellen dargestellt, die natürlich zum grössten Theile absterben. Aehnliche Verhältnisse kann man ja bei allen starken Entzündungen beobachten, wo auch grössere Partien sich im Zustande der Coagulations-Necrose befinden, ohne aber beim Heilungsprocesse zur Abstossung, d. h. zur eigentlichen Necrose, zu gelangen, da die in den Gewebs-Interstitien liegenden Ent- zündungsproducte resorbirt werden und das eigentliche Gewebe frei wird, 44 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Welche Ansicht man aber auch über diesen Punkt haben mag, ob man die Erscheinungen als höchsten Grad der Entzündung oder als Necrose auffassen will, das eine ist sicher, dass die Abtödtung des Ge- webes nicht der direeten Einwirkung des Koch’schen Mittels zuzuschreiben, sondern als Folge der starken Entzündung aufzufassen ist. Das Gewebe stirbt höchstens seeundär ab, wenn die Ernährungsbedingungen durch die Vollpfropfung mit Rundzellen wesentlich alterirt werden; ein pri- märer Zelltod durch directe Vergiftung oder Coagulation der be- treffenden Zellen durch das Mittel findet in keinem Falle statt; das Mittel wirkt nur stark reizend, aber nicht ertödtend auf die menschlichen Gewebe. Beim Lupus befindet sich auch das benachbarte, anscheinend gesunde, Gewebe in einem functionellen Reizungszustande, und es musste deshalb natürlich, wenn ein neuer Reiz — die injieirte Substanz — mit den schon gereizten Zellen in Berührung tritt, schneller und stärker als ganz normales, mit dem Herde in keiner Beziehung stehendes Ge- webe die Zeichen dieser besonderen Reizung bieten. Dass das Koch’sche Mittel ein specifisches (homologes) sei, ist bis jetzt nicht erwiesen; dazu müsste erst nachgewiesen sein, dass das Fieber bei der Wirkung überhaupt keine Rolle spiele, dass also das Mittel ohne Erzeugung von Fieber — bei völlig normal bleibender Temperatur — dieselbe locale Wirkung entfaltet, und zweitens müsste der Beweis erbracht werden, dass andere Toxine weder eine fieberhafte noch eine locale Wirkung hervorrufen. Dann erst würde die speceifische Wirkung des Koch’schen Präparats einwurfsfrei constatirt sein und ein neues Gesetz, das der homologen Reaction, formulirt werden können. Herr Buchwald: Ich bin ebenfalls der Ansicht, dass in Folge der Einspritzung des Tuberculins locale Entzündungserscheinungen an den kranken Stellen, namentlich auch an den Drüsen, sich nachweisen lassen. Nicht das Fieber, welches der Einspritzung meistens folgt, bedingt diese Veränderungen, sondern die Wirkung ist eine specifische. Auch wenn kein Fieber eintritt, bemerkt man die Reaction; andererseits hat Fieber aus anderer Ursache keine Einwirkung auf das kranke tuberculöse Gewebe. An einem Fall von Lupus, den eine fieberhafte Parulis complieirte, konnte ich dies sehr schön verfolgen. Herr Mikuliez: In der Frage, ob das Tubereulin necroti- sirend auf die Gewebe wirke, herrscht zur Zeit ein Missverständniss, indem zwei wesentlich verschiedene Vorgänge mit einander verwechselt werden. Bei sehr heftigen localen Reactionen beobachtet man unter Umständen, dass im Centrum des acuten Entzündungsherdes kleinere oder grössere Gewebspartien als zusammenhängende Massen nekrotisch werden I. Medicinische Abtheilung. 45 und im weiteren Verlaufe zur Ausstossung gelangen. Diese Gewebs- necrose kann nicht als specifische Wirkung des Koch’schen Mittels auf- gefasst werden; sie ist die Folge der heftigen Entzündung, der Ausdruck des ad maximum gesteigerten Entzündungsprocesses, dessen Phasen man bis zum Eintritt der völligen Neerose deutlich verfolgen kann. An dem Zustandekommen dieser makroskopisch sichtbaren seeundären Necrose ist nicht zu zweifeln. Ein durchaus anderer Vorgang wäre die primäre Necrose, welche als specifische Wirkung des Mittels nur die histologischen Elemente des einzelnen Tuberkels, und zwar unabhänig vom Grade und der Ausdehnung der Entzündung, befallen soll. Um diese feineren necro- biotischen Vorgänge dreht sich der Streit; bekanntlich nimmt Koch ihr Vorkommen als specifische Wirkung seines Mittels an, während sie von den bisherigen Untersuchern in Abrede gestellt wird. Herr Kleinwächter: Ich bin ebenfalls der Ansicht, dass das Koch’sche Mitiel zweifellos einen specifischen Einfluss auf frisches tuber- culöses, d. h. von Tuberkelbaeillen affieirtes, Gewebe ausübt und stelle . die an Ort und Stelle von ihm ausgeübte Wirkung der eines Aetzmittels gleich. Ich glaube annehmen zu dürfen, dass das Tuberkulin bei schwächerer Einwirkung einen Reiz ausübt, welcher zur einfachen ent- zündlichen Schwellung, zur Eiterung und auch zur Abkapselung führen könne, bei stärkerer Einwirkung aber Necrose herbeiführt. Im Ganzen sind die von uns angewandten Dosen noch viel zu schwache. Die von mir bei Lungentubereulose beobachteten Reactionssymptome entsprechen den von Herrn Biermer genauer geschilderten. Darnach scheint das Mittel bei Tubereulose der Lungen mehr einen entzündlichen Reiz aus- zuüben. Es gelangt nunmehr B. Der therapeutische Werth des Mittels zur Erörterung und zwar zunächst die Frage: 1. Inwieweit ist Besserung, bezw. Heilung beobachtet worden? Auch hierzu hat Herr Mikuliez eine Reihe von Thesen aufgestellt, welche folgendermaassen lauten: 1. Contraindicationen. Vorläufig ganz auszuschliessen vom Verfahren sind: a. heruntergekommene Personen, b. fiebernde, c. solehe mit zahlreichen, zumal diffusen Erkrankungszeichen. Zu unterbrechen oder ganz auszusetzen ist die Behand- lung, sobald ein eontinuirliches (hectisches) Nachfieber eintritt, oder der Ernährungsbestand, resp. Haemaglobingehalt merklich herunter- 46 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Culiur. geht. Ebenso ist Vorsicht geboten, wenn Albuminurie oder Hae- maturie eintritt. 2. Dosirung. Es ist weniger gefährlich, häufiger sehr kleine Dosen anzu- wenden, als selten grössere. Man vermeide heftige Allgemein- Reactionen, bei inneren Organen auch zu starke locale Reaction. Besondere Vorsicht bei ganz geschlossenen Herden oder solchen ohne genügenden Abfluss! Die Pausen richten sich nach der Heftigkeit und Dauer der Reaction. Sie sollen mindestens doppelt so viel Tage dauern, wie das Allgemeinbefinden, besonders der Appetit gestört war. 3. Womöglich ist der Erkrankungsherd zu Beginn der Behandlung freizulegen, falls er nicht schon vorher nach aussen communiceirte. 4. Ein Urtheil über den Heilerfolg ist nach wenigen Wochen un- möglich, dazu gehören Monate, Herr Biermer: Unter 54 beobachteten Kranken habe ich Besse- rungs-Erscheinungen, wenn man Gewichtszunahme, Aussehen, subjectives Allgemeinbefinden und eine geringe Aenderung des physikalischen Be- fundes als Besserung ansieht, wahrgenommen in 16 Fällen. Wesent- liche Besserung habe ich nur 2 Mal gesehen, Heilung nur in einem einzigen Falle, der jedoch diagnostisch nicht absolut sichergestellt ge- wesen ist. Man hat indess gewiss zu unterscheiden zwischen vorläufiger und definitiver Heilung: die letztere kann, wenigstens bei tuberculöser Er- krankung der Lungen, überhaupt erst nach Jahr und Tag behauptet werden. Herr Hermann Cohn: Ich behandelte schon lange eine 65 jährige Frau an beiderseitiger Thränensackeiterung mit Sondirungen und Aus- spritzungen; doch konnte die schleimig-glasige Ausscheidung der Thränen- wege nur wenig verringert werden. Nase, Wangen und Oberlippe waren seit 15 Jahren Sitz von reichlichen Lupusknoten; in letzter Zeit entstand ein solcher auf der Haut des rechten Thränensackes und am linken oberen Augenbrauenbogen; dabei hatte Pat. seit Jahren auf beiden Augen grauen Staar, der seit vielen Monaten reif war. Obgleich die Pat. seit einem Jahre schon geführt werden musste, wagte ich wegen des Lupus und der Thränensackeiterung die Staar-. operation nicht. Als die ersten Berichte über die Tuberculin-Effecte bei Lupus erschienen waren, machte ich der Pat. bereits im December vorigen Jahres eine Einspritzung, nicht um den Lupus zu heilen, sondern um zu sehen, ob vielleicht tuberculöses Gewebe in den Lidern oder in der Bindehaut schlummere, das später den Öperationserfolg gefährden könne. Es traten die oft be- I. Medicinische Abtheilung. 47 schriebenen Erscheinungen an allen Lupusherden nebst bedeutendem Fieber und stets eine Nachreaction am zweiten Abende mit Er- scheinen neuer Knötchen in der Nähe der alten auf. Aber am Auge selbst zeigten sich keine Herde. Daher machte ich unter besonders sorgsamen antiseptischen Cautelen links die Staarextraction; die Heilung verlief auch ganz glatt. Bevor ich das nächste Auge operiren werde, werde ich aber keine Koch’schen Einspritzungen machen; denn die inzwischen veröffent- liehte Ansicht von Virchow scheint durch mancherlei Fälle Bestätigung zu finden, dass die durch das Tuberculin mobil gewordenen Bacillen in benachbarte gesunde Theile verschleppt werden können. Ich würde also in diesem und ähnlichen Fällen die normale Bindehaut und die Lider einer Lupusgefahr aussetzen, von der sie bisher verschont blieben. Ganz anders würde freilich die Frage liegen, wenn es sich um be- stehenden Lupus der Bindehaut handelt. Der Lupus ist, wie Koch ja sehr richtig sagte, die Krankheit, bei der am ersten Heilung durch Einspritzungen zu erwarten ist, und in der That im obigen, wie in den anderen Fällen von Lupus des Gesichts, die ich gesehen, konnte ich Besserung (wenn auch bisher noch keine Heilung) beobachten, Der Lupus der Lider und der Bindehaut ist glücklicherweise eine grosse Seltenheit; unter fast 50000 Augenkrankheiten, die ich behandelt, sah ich ihn nur zweimal; in den .letzten zehn Jahren kam überhaupt kein Fall bei mir vor. Es ist ein trostloses Leiden; ich weiss, dass ein Kranker (ein General), nachdem der Lupus von der Wange in die Augen gestiegen war, so viel litt, dass er trotz seiner 70 Jahre zur Pistole griff. Da wir gar kein anderes Mittel gegen Lupus haben, werden wir in diesen Fällen gewiss das Tubereulin versuchen müssen, auch wenn es uns nicht vor Rückfällen schützt. Herr Buchwald: Ich kann nur rathen, mit der Annahme der Besserung von Lungenkranken, welche der Koch’schen Behandlung unterworfen wurden, vorsichtig zu sein. Gerade bei Tuberculose der Lungen habe ich eine Heilung überhaupt noch nicht gesehen. Aus dem gehobenen Allgemeinbefinden und der Zunahme des Körpergewichts, selbst aus dem Rückgang eines Theiles der Lungenerscheinungen lässt sich ein sicherer Schluss nicht: ziehen. Solch scheinbare Besserungen sieht man auch bei jeder anderen Behandlungsmethode; häufig genug sind sie in Krankenhäusern nur die Folge der Ruhe und reichlichen Er- nährung solcher Patienten. Wesentliche Gewichtszunahme, Hebung des Allgemeinbefindens und der Gemüthsstimmung habe ich bei der Mehrzahl der vorsichtig nach der Koch’schen Methode behandelten und dabei sehr gut ernährten Lungenkranken allerdings ebenfalls gesehen. Dessen- ungeachtet wage ich nicht zu entscheiden, ob damit auch eine dauernde Heilung der Tuberculose verbunden sei. 48 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Herr Neisser: Ueber die bei Scrofuloderma, Lupus ete. erzielten Heilerfolge will ich hier nicht sprechen; ich habe darüber an anderer Stelle berichtet und kann nur hinzufügen, dass wir nach wie vor mit den Resultaten ganz ausgezeichnet zufrieden sein können. Totale Heilung eines Falles steht zwar immer noch aus, aber partielle Heilung ist zweifellos eingetreten neben auffallender Besserung des localen Befundes. Ich wollte nur hinzufügen, dass wohl, bei Lupus des Gesichtes z. B., die starken Infiltrate und Schwellungen, welche neben den eigentlichen lupösen Herdehen bestehen und vielleicht am allermeisten zur Entstellung der Lupösen beitragen, in Analogie zu setzen sind mit den entzünd- lichen Infiltraten um die tubereulösen Lungenherde herum. Wenn selbst wie beim Lupus auch in der Lunge noch eine grosse Anzahl reiner Tuberkelherde zurückbleibt, so ist doch schon der Schwund dieser In- filtrate von einem nicht zu unterschätzenden Vortheil, denn wesentlich der Zerfall, die Einschmelzung, die Vereiterung dieser Infiltrate ist es doch, welche zur Zerstörung des Lungengewebes führt, welche ausser der eigentlichen Tuberculose die wirkliche Schwindsucht zustande bringst. Herr Mikuliez: Um die durch das Koch’sche Mittel zu er- reichenden Heilerfolge an einem Beispiele unmittelbar zu veranschau- lichen, stelle ich Ihnen hier eine Patientin vor, bei welcher die Heilung, wenigstens mit höchster Wahrscheinlichkeit, allein auf dem genannten Wege erzielt worden ist. Einem vierjährigen, ziemlich elenden Mädchen war im August 1890 das tuberculöse Ellbogengelenk resecirt worden; die Öperations- wunde blieb bis zum Beginn der Koch’schen Behandlung fast im ganzen Umfange des Gelenkes als eine von tubereulösen Granulationen ausgekleidete, breit geöffnete Höhle zurück. Am 15. December wurde mit dem Koch’schen Verfahren begonnen und zwar vom Beginn an mit mässigen Dosen; es wurden im Ganzen etwa 20 Einspritzungen gemacht. Gleich nach den ersten trat ein auffälliger Umschwung ein, und bereits nach etwa 5 Wochen war die Wundhöhle bis auf eine feine, nur wenige Millimeter lange Fistel verkleinert. Heute, d. h. nach etwa 10 Wochen, ist letztere vollständig geschlossen: es findet sich eine zusammenhängende eingezogene Narbe. Das früher sehr schmerz- hafte Gelenk ist ohne Schmerzhaftigkeit beweglich. Ein operativer Eingriff irgend welcher Art hat in der ganzen Zwischenzeit nicht statt- gefunden. Herr Schmeidler: Ich habe über 6 Fälle meiner Privatpraxis zu berichten, die mit Koch’scher Lymphe behandelt sind. Zwei andere Fälle sandte ich aus der Fabrikbevölkerung ins Allerheiligen - Hospital: einer davon wurde von Herrn Rosenbach, als zu weit vorgeschritten, nicht mehr injieirt, wurde entlassen und starb bei seinen Eltern; ein Anderer wurde ebenda injieirt, starb aber, weil ebenfalls schon I. Medieinische Abtheilung. 49 zu weit vorgeschritten. — Wenn die Fälle der Privatpraxis auch nicht zahlreich sind, so sind sie doch von Wichtigkeit, weil der Arzt meist die Kranken und die Familien, aus denen sie stammen, schon lange genau kennt. Von den 6 Kranken meiner Privatpraxis waren 5 hochgradig erblich belastet, vom 6. weiss ich es nicht genau, doch ist es auch wahrscheinlich. Einen direeten Nachtheil habe ich bei meinen Kranken von der Koch’schen Behandlung nicht gesehen, bis auf 2 Fälle von Haemopto&, welche rasch vorübergingen; im Gegentheil zeigte sich bei Mehreren deutliche Besserung, auch Gewichtszunahme. Den einen Patienten mit tuberculöser Infiltration der rechten Lungen- spitze und einem grösseren Herde in der Gegend der r. 3. und 4. Rippe hatte ich schon im October 1890 vor Einführung der Koch’schen Methode nach Görbersdorf geschickt; nachdem er dort bis Mitte November an Körpergewicht zugenommen, wurde er mit meiner Zustimmung injieirt und kam zu Weihnachten so weit gebessert zurück, dass er seinen Beruf (höheren Postdienst) auf seinen Wunsch wieder aufnehmen konnte, um dann erst später im Frühjahr wieder nach Görbersdorf zurückzu- kehren. Der grössere Herd machte nach seiner Rückkehr den Eindruck einer beginnenden Schrumpfung. Ich habe ihn jetzt längere Zeit nicht gesehen. Der zweite Patient, ein junger verheiratheter Kaufmann, zeigte nur eine leichte Dämpfung in der rechten Lungenspitze über der Üla- vicula und in der linken geringe feine Rasselgeräusche ohne Dämpfung; nach den ersten Injectionen traten starke Reactionen ein, eine Dämpfung rechts oben bis zur dritten Rippe abwärts, feinblasiges und theilweise Knisterrasseln ebenda, kurz die Erscheinungen einer Art acuter Pneu- monie. Sie ging gut vorüber, ebenso wie eine nach Wochen auf- tretende Haemopto&@; Patient wird jetzt noch zu Hause injieirt und be- findet sich besser; die örtlichen Erscheinungen sind zurückgegangen. Anfangs hatte ich ihn sowie eine andere noch dort befindliche Patientin in die Privatklinik des Herrn Dr. Kleinwächter behufs besserer Beob- achtung gelegt. Letztere, aus eminent tubereulöser Familie und schon viele Jahre mit zerstreuten kleinen tubereulösen Herden namentlich in der linken oberen und mittleren Lunge behaftet, vertrug die Injeetionen ausge- zeichnet, nur bekam sie statt Temperatur-Erhöhung anfangs immer nur enorme Pulsbeschleunigung (130—140) als Reaction, bei den späteren erst geringe Temperatur-Erhöhungen und eine leicht vorübergehende Haemopto&, doch befindet sie sich subjeetiv jetzt recht wohl und nimmt an Körpergewicht zu. Drei andere Patientinnen endlich wagte ich als zu schwer krank hier nicht zu injieiren und ‚schickte sie nach Görbersdorf, damit sie sich dort erst erholten. Ich habe von ihnen ziemlich gute Nachrichten. Kan A 50 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Die eine, welehe hochgradige Tuberculose seit Jahren und unter der linken Clavicula eine etwa haselnussgrosse Caverne hat, auch schon im vorigen Sommer in Görbersdorf war, hörte hier im Anfang Januar d. J. nicht auf zu fiebern, verlor aber ihr Fieber in Görbers- dorf nach kurzem Aufenthalt und vertrug die nun folgenden Injeetionen gut. Aehnlich ging es einer anderen Patientin mit hochgradigem Spitzen- katarrh. Ueber eine Dritte, ebenfalls hochgradig erblich belastet, welche ich wegen Darmtubereulose nach Görbersdorf schickte, und bei welcher sich nach den Injeetionen auch Reactionen in den Gelenken gezeigt haben sollen, kann ich noch nichts Näheres berichten. Im Ganzen geht also auf Grund der vorliegenden Erfahrungen meine Meinung dahin, dass man bei Vorhandensein kleiner, wenn auch nicht vereinzelter Herde, sowohl bei frischen, wie bei alten Fällen, als auch bei hochgradig erblich Belasteten, die Koch’sche Methode ohne Gefahr in vorsichtig steigenden Dosen anwenden könne, dass man aber bei grösseren und ausgebreiteteren Herden, bei Fieber- und Schwäche- zuständen besser thue, die Kranken erst zu ihrer Erholung nach Görbers- dorf zu senden, wo dann nach vorheriger Beseitigung des Fiebers und eingetretener allgemeiner Erholung vorsichtig mit der Cur begonnen werden mag. Herr Rosenbach: Eine günstige therapeutische Wirkung ist bisher nicht zu constatiren gewesen, wenn man den sonst im Hospital zur Heilung, resp. Besserung kommenden Procentsatz dem Vergleiche der Methoden zu Grunde legt. Sehr viele Kranke würden im Hospital in jedem Falle ge- bessert werden, weil sie unter günstigere Ernährungsbedingungen kommen; diese immer zu beobachtenden Erfolge können nicht auf Rechnung des Koch’schen Mittels geschoben werden. Schädlich wirkt das Verfahren nur dort, wo durch zu starke Reactionen zu hohes Fieber hervorgerufen wird, Dann verlieren die Kranken auffallend an Körpergewicht, erholen sich aber nach Aussetzen der Injectionen sehr schnell wieder. Früh darauf aufmerksam geworden, dass das Mittel eine cumulative Wirkung habe und dass unvermittelter Uebergang zu grösseren Dosen die Tem- peratur sehr energisch beeinflusste, habe ich, wie schon aus meinen Mit- theilungen in der Deutschen medicinischen Wochenschrift (1890 Nr. 49, 1891 Nr. 2 u. 3 und Nr. 8) hervorgeht, gerathen, mit ganz kleinen Dosen zu beginnen, nur um Milligramme zu steigen, nach jeder Injection mindestens ein 24stündiges ganz fieberfreies Intervall abzuwarten und so die fieberhafte Steigerung ganz zu vermeiden. Auch habe ich eine Reihe von Kranken nur mit continuirlichen kleinen Dosen (von 1—3 mgr) behandelt und dabei Zunahme des Körpergewichtes, wie bei allen im Hospital gepflegten leichten Erkrankungen, aber keine Veränderungen der phthisischen Symptome beobachtet. IE IE 4 I. Medieinische Abtheilung. 51 Herr Lion: Unter meinen Erfahrungen ist eine besonders über- raschend für mich gewesen und vielleicht auch für einen weiteren Kreis lehrreich, insofern hier die Behandlung mit dem Koch’schen Mittel eine wesentliche subjective Besserung zur Folge gehabt hat. Es handelt sich um ein 13jähriges, in vorgeschrittenem Stadium der Lungentuberculose befindliches Mädchen. Die Krankheit bestand seit 2—3 Jahren; Baeillen hatten sich vor etwa 1‘, Jahren zuerst nachweisen lassen. Der Fall ist auch dadurch bemerkenswerth, dass im Beginn der Injections- Behandlung selbst bei den für ein so jugendliches Individuum relativ grossen Dosen eine nennenswerthe Allgemeinreaction niemals eintrat; im Kehlkopf, in welchem vorher nicht sicher als tuberculös anzu- sprechende Veränderungen bestanden, war bei 0,06 gr eine deutliche örtliche Reaction zu constatiren. Nach einer etwas längeren Pause — Pat. wurde zuerst in einer Privatklinik des Dr. Cornet, später hier weiter behandelt — führten schon geringere Dosen als die, welche früher zur Anwendung gelangt waren, zum Theil sehr intensive Allge- meinreactionen herbei. Jetzt, nach etwa zehnwöchentlicher Behandlung, ist das Allgemeinbefinden der Patientin, welches früher wesentlich be- einträchtigt und auch durch monatelangen Aufenthalt in Reinerz unter gleichzeitiger Anwendung grosser Creosotdosen nur wenig gebessert war, relativ sehr gut, das Körpergewicht um etwa 2 Pfund gestiegen. Während früher häufige Fieberbewegungen bestanden, ist Patientin jetzt — von dem Reactionstagen abgesehen — andauernd fieberfrei. Objectiv ist eine nennenswerthe Veränderung weder im Lungenbefund, noch im Kehlkopf aufgetreten; auch das Verhalten der Bacillen im Auswurf ist dasselbe, wie vor den Injectionen, Immerhin scheint mir die unzweifelhafte subjective Besserung in einem Falle von fortgeschrittener Phthise, in welchem die früher an- gewandte Behandlungsmethode erfolglos selbst für den Allgemeinzustand geblieben war, beachtenswerth genug, um auch in solchen Fällen die Anwendung des Koch’schen Verfahrens als einen therapeutischen Versuch, wie man ihn bei einer Krankheit wie der Phthise eben machen muss, durchaus berechtigt erscheinen zu lassen. Herr Kleinwächter: Für die Beurtheilung des therapeutischen Werthes, welcher wohl in der Anregung eines Naturheilungsprocesses beruht, muss ich Zahlenangaben mit einfacher Herzählung der etwas oder vorläufig geheilten, gebesserten und gestorbenen Fälle für ungeeignet erachten. Um diese Frage zu entscheiden — und das ist erst nach Jahren möglich — muss man vor allen Dingen individualisiren. Man muss Fall für Fall, soweit dies überhaupt clinisch bei der Tuberculose möglich ist, genau präecisiren, zunächst solche Fälle, welche wirklich die von Koch gestellten Bedingungen erfüllen, zusammenstellen, erst in zweiter Linie die schwereren Fälle. Bei Kranken, deren Lungen grösstentheils zerstört AF 52 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. oder deren Körper von Tuberkeln durchsetzt ist, kann man doch keine Heilung, ja nicht einmal Besserung von einigen Milli- oder Centigramm Koch’scher Lymphe verlangen. Einen derartigen ausführlichen Bericht behalte ich mir also vor. Auf Grund meiner Erfahrungen will ich für jetzt nur betonen, dass ich in keinem Falle eine unter dem Einfluss der Koch’schen Injeetion entstandene Verschlechterung beobachtet habe. Hingegen sind in der Mehrzahl der Fälle auffällige subjeetive und objective, auch von anderen Aerzten bestätigte Besserungen zu verzeichnen gewesen. Hierauf wird die Fortsetzung der Discussion vertagt. 7. Sitzung vom 27. Februar 1891. 1) Die Discussion über Die mit dem Koch’schen Heilmittel gewonnenen Erfahrungen wird fortgesetzt und zwar zunächst über die Frage: 2. Welche Beweise sind erforderlich für die Anerkenntniss eines Heilerfolges? Herr Biermer: Vor allen Dingen muss selbstverständlich die Er- nährung eine bessere geworden, das Fieber verschwunden sein. Im Auswurf dürfen keine Bacillen und womöglich soll überhaupt kein Auswurf mehr da sein. Auch darf sich beim Athmen kein Rassel- geräusch mehr hören lassen. Der Kranke darf nicht mehr husten und muss überhaupt eine grössere Widerstandsfähigkeit seiner Athemwege erlangt haben. Hiernach leuchtet es wohl ein, dass man frühestens nach einem Viertel-, ja halben Jahre zu sagen im Stande sein wird, ob ein Patient als wirklich geheilt zu betrachten sei. t Herr Rosenbach: Auch ich mahne zu grosser Vorsicht bei der Beurtheilung vermeintlicher Heilerfolge. Wer die Vielgestaltigkeit und wechselnde Form des clinischen Bildes der Phthise kennt, der wird wissen, dass die physikalischen Erscheinungen über den Lungen sich innerhalb der kürzesten Zwischenräume ändern, und wird deshalb nur dann im Stande sein, solche Veränderungen auf die Koch’schen Ein- spritzungen zu beziehen, wenn sie bei anderen, nicht behandelten Fällen gar nicht oder in einer unverhältnissmässig geringeren Zahl auftreten. 3. Welche Anhaltspunkte für die Anbahnung von Heilvorgängen haben die Sectionsergebnisse geliefert? Herr Ponfick: Es ist, wie Sie sicher Alle zugeben werden, un- gemein schwierig, hierüber schon heute eine allgemeine Antwort, zumal auch bezüglich jener inneren Organe zu ertheilen, auf deren Verhalten Sie mit Recht gewiss besonders gespaunt sein werden. Giebt es doch kaum I. Medicinische Abtheilung. 53 einen Fall von irgendwie ausgedehnter, sei es örtlicher, sei es allge- meiner Tuberceulose, wo wir nicht zugleich entschiedene Heilungs-Vor- gänge in ansebnlichem Umfange zu beobachten hätten. Wenn nun eine gewisse Zeit nach Anwendung des Mittels der Tod eintritt, wie sollen wir da in dem bunten Gemisch theils begonnener, theils vollendeter Localheilungen wohl im Stande sein, eine klare, auch den Zweifler über- zeugende Sonderung vorzunehmen? Wie vermöchten wir zu behaupten: Dies sind Erzeugnisse eines Heilbestrebens im Gewebe, welches vor, jenes sind Folgen, welche nach der Behandlung mit dem Tubereulin hervorgetreten sind. Selbstverständlich ist hiermit aber keineswegs ausgeschlossen, im Gegentheil dünkt es mir äusserst wahrscheinlich, dass die Tendenz zur Abstossung oder Einkapselung des tubereulösen Gewebes dadurch eine Verstärkung erfahre, dass in der Umgebung der Erkrankungsherde seitens des Koch’schen Mittels eine gesteigerte reactive Thätigkeit an- geregt und ein weit lebhafterer exsudativer Austausch zwischen Gefäss- system und Gewebe hervorgerufen werde. Es fragt sich nur, inwieweit Jie jeweils in der Leiche vorgefundenen Umwandlungen der tuberculösen Herde, einerseits die verdichteten und vernarbten Stellen, andererseits die in vorschreitender Necrose begriffenen dem Einflusse des Koch’schen Mittels beigemessen werden dürfen. Während Guttmann und Rindfleisch erstere in den Vordergrund rücken und demgemäss dem Tubereulin gutschreiben, heben Andere, so vor allem Virchow, jene deletären Ausgänge hervor und können nicht umhin, sie zu dessen Ungunsten in Rechnung zu stellen. Nach meiner Ueberzeugung sind die bis heute gewonnenen That- sachen noch nicht ausgiebig genug, um die offenbar sehr verwickelte Frage bereits als spruchreif betrachten zu dürfen. Ueberhaupt bin ich der Meinung, dass Organe mit so zusammengesetztem Bau und so man- nigfach ineinandergreifenden functionellen Beziehungen, wie z. B. die Lungen, weit weniger geeignet sind, die Frage nach dem ursächlichen und zeitlichen Zusammenhange dieser Erscheinungsreihe zu entscheiden. Ich glaube vielmehr, dass man vor Allem äussere Theile, wie Haut, Gelenke u. s. w. ins Auge fassen muss, um auf dem Wege fortlaufender direeter Beobachtung über die echten Folgewirkungen des Mittels ins Klare zu kommen. Die Discussion wendet sich nun der Frage zu, inwieweit daneben Ungünstige Folgen durch das Koch’sche Mittel herbeigeführt worden seien: 1) Sind auch schädliche Wirkungen des Mittels zu Tage getreten? Herr Rosenbach: Bei der Tuberceulose können sich im Verlaufe des Processes so viele üble Erscheinungen einstellen, dass man nicht 54 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. das Recht hat, alle unangenehmen Folgen, die während der Erkrankung auftreten, dem Mittel als solchem zuzuschreiben. Ueberhaupt muss man dem falschen Standpunkte, den Aerzte und Laien vielfach einnehmen, dass das, was nach einer Behandlungsmethode auftritt, auch Folge dieser Behandlung sein müsse, mit aller Energie entgegentreten. Nach meiner Erfahrung ist das Koch’sche Mittel nach keiner Richtung hin gefährlicher als andere, wenn man mit kleinen Dosen anfängt und unter Einschaltung injeetionsfreier Tage nur allmähliche Steigerungen vornimmt. Namentlich wenn man von einer Erhöhung der Dosis so lange absieht, als überhaupt noch deutliche Symptome, wie Uebelkeit, Muskelschwäche, Kopfschmerz oder die geringsten Fiebersteigerungen anzeigen, dass das Mittel eine Wirkung ausübt, wird man nie schädliche Folgen beobachten. Das Koch’sche Mittel ist, wie alle andern gebräuchlichen, differenten Mittel in der Hand des gewissenhaften und vorsichtigen Arztes kein gefähr- liches, und so wenig ich seine Bedeutung in diagnostischer oder thera- peutischer Beziehung anerkenne, so sehr möchte ich doch dagegen Ver- wahrung einlegen, dass man alle spontanen Verschlimmerungen des Krank- heitsprocesses seiner Anwendung zur Last legt. Wenn von dem Liebreich’schen Mittel behauptet wird, dass es ohne Fieber zu erregen wirksam sei, so möchte ich diese Angabe aus theoretischen Gründen bestreiten. Es ist unmöglich, dass ein Mittel, welches eine starke locale Einwirkung hat, bei subeutaner Application nicht schon in verhältnismässig geringen Dosen fiebererregend wirken soll, Herr Biermer: Auch ich habe den Eindruck, dass das Koch’sche Mittel nicht so gefährlich ist. Allein ich habe doch einzelne Fälle beobachtet, welche unangenehme Wirkungen der Reaction zeigten. Im Allgemeinen sind schwere Symptome nicht zu Tage getreten und bei geeigneter Auswahl der Patienten ist das Mittel sogar gut vertragen worden. Herr Neisser: Es ist sehr merkwürdig, dass grade aus Paris von Anfang an die ungünstigen Nachrichten über die Wirkungen des Tuber- eulins, trotz Anwendung der kleinsten Dosen, eingelaufen sind. Fast müsste man denken, dass sich unsere Rasse widerstandsfähiger dagegen erwiese, als die französische. — Von den 4 Patienten, welche ich mit dem Liebreich’schen Mittel behandelt habe, haben in der That nicht weniger als 3 mit starkem Fieber reagirt: eine Thatsache, welche eine sofortige Bestätigung der seitens des Herrn Rosenbach hierüber kund- gegebenen Ansicht bildet. Herr Buchwald: Ich bin ebenfalls der Ansicht, dass bei richtiger Auswahl der Kranken, vorsichtiger Steigerung der Dosis des Tubereulins die Gefahren des Mittels gering sind. Auch ich habe keinen wesent- lichen Nachtheil gesehen. Ich muss jedoch auf die von anderen sorg- a u 1 24 0W El 2 ZU 2. I. Medieinische Abtheilung. 55 fältigen Beobachiern gemachten Erfahrungen hinweisen, welche nicht so günstig lauten. Unter allen Umständen muss man das Mittel als ein differentes ansehen, dessen Anwendung Vorsicht erheischt: eine Ueber- zeugung, die nicht nachdrücklich genug betont zu werden vermag. Herr Mikulicz: Im Laufe der letzten Wochen habe ich eonsequent nur so geringe Dosen Tubereulin angewandt, dass sehr mässige allgemeine und locale Reactionserscheinungen folgten (Temp. unter 39,0). Bei diesem Verfahren habe ich keinerlei schädliche Nebenwirkung mehr gesehen; insbesondere wurden weder der Ernährungszustand noch der Hämoglobin- gehalt des Blutes ungünstig beeinflusst; der Kräftezustand der meisten Kranken hob sich eher. Was die Heilwirkung betrifft, so scheint sie durch die geringe Dosirung nicht beeinträchtigt zu sein, Herr Rosenbach: Da auch das Auftreten von Gelbsucht im Ver- laufe der Koch’schen Behandlung berührt worden ist, so möchte ich die Eindrücke kurz mittheilen, welche ich in Bezug auf dieses Symptom empfangen habe. Die nach Einspritzung all zu grosser Dosen entstehende Gelbsucht halte ich für eine hämatogene,;, denn einmal fehlt jede Schwellung und Schmerzhaftigkeit der Leber, sodann aber ergiebt die Untersuchung des Harnes neben Urobilin die reichliche Anwesenheit des braunen Farbstoffes, welcher neben Indigoroth einen wesentlichen Bestandtheil der von mir beschriebenen burgunderrothen Reaction bildet und nach meiner Auffassung als Zeichen des Zerfalls von Eiweiss- substanzen im Blute aufzufassen ist. Man muss sich also vorstellen, dass das Koch’sche Mittel in zu grossen Dosen ein Blutgift ist, welches entweder direct den Zerfall von Blut bedingt oder durch die fieberhafte Temperatursteigerung mittelbar einen solchen Zerfall hervorruft. In jedem Falle kann bei vorsichtiger Anwendung des Mittels in der mehrfach von mir urgirten Weise jeder derartige ungünstige Einfluss sicher vermieden werden. Herr Kleinwächter: Auf Grund meiner Erfahrungen halte ich das Koch’sche Mittel bei vorsichtiger und individualisirender Dosirung für gänzlich gefahrlos. Auch starke Dosen, unter anderen bei einem kräftigen Patienten 0,3 g, sind gut vertragen worden. In keinem Falle habe ich eine Verschlechterung der Kranken oder eine Verschlimmerung der Er- krankungsherde im Zusammenhange mit Koch’schen Injeetionen beobachten können. In einem jetzt ausserordentlich gebesserten Falle ist zwar einmal eine geringe Hämopto& aufgetreten, aber gerade nachdem die Injectionen 8 Tage ausgesetzt worden waren. Solche Zufälligkeiten, wie sie von mehreren Seiten berichtet wurden, sind ganz gewöhnliche Erscheinungen bei der Tuberculose, besonders jener der Lungen und dürfen nur mit grösster Vorsicht als Folgen der Koch’schen Behandlung angesehen werden. Auch bei kleinen Kindern, selbst bei Säuglingen hat sie 56 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. sich, wie aus Königsberg berichtet wird, als gefahrlos erwiesen. Leider habe ich bei der bedauerlichen Furcht, welche gegenüber dem Koch’schen Mittel hier augenblicklich vorherrscht, noch keine Gelegenheit gehabt, Kinder zu impfen. Durch sorgfältige Untersuchungen des Urins habe ich ausdrücklich festgestellt, dass die Injectionen keine Hämaturie und Albuminurie ver- ursachen, wie anfänglich von einigen Experimentatoren auf Grund vielleicht zufälliger Befunde behauptet worden ist. Allerdings ist die Urinmenge manchmal vermehrt, indess niemals ist Eiweiss oder Zucker oder Blut im Harn nachzuweisen gewesen. Von definitiven Erfolgen zu sprechen, halte ich für verfrüht, doch hoffe ich, demnächst einen Bericht hierüber, ev. mit Krankenvorstellungen abstatten zu können. Da des Liebreich’schen Mittels Erwähnung geschehen ist, so erlaube ich mir mitzutheilen, dass ich von Herrn Prof. Liebreich bereits vor dessen Veröffentlichung das Mittel zugesandt erhalten habe. Ich habe es zunächst bei einem Gesunden und bei 3 Kehlkopfkranken angewendet, bei letzteren schon mehrfach. Fieber ist bis jetzt nicht aufgetreten, bei einem Patienten etwas Eiweiss im Urin. Um eine heilende Wirkung zu erkennen, ist die Zeit jedoch noch zu kurz bemessen. Herr Sandberg: Dass selbst bei allmählicher Steigerung der Dosis der Eintritt gefahrdrohender Reactionserscheinungen nicht ausgeschlossen ist, zeigen folgende zwei von mir im hiesigen Fränkel’schen Hospitale beobachtete Fälle. Der erste betrifft einen 27jährigen schwäch- lichen Menschen, welcher vor 5 Jahren wegen Caries des linken Fuss- gelenks am Unterschenkel amputirt worden ist und wegen superficieller Necrose des Amputationsstumpfes im November v. J. in die Anstalt auf- genommen wurde. Patient hatte zahlreiche alte Fistelnarben in der fossa poplitea sin. sowie in der regio inguinal. sinistra. Lungen frei. Bei Injeetionen mit 2 und 4 mg mässige Allgemeinerscheinungen, Temperatur bis 38,6. Zwei Tage später Injection mit 6 mg. Nach sechs Stunden Temperatur bis 39,7, schwerer Collaps, Coma, continuirliches Erbrechen, Puls klein und jagend; am folgenden Tage Ikterus, im Urin brauner Farbstoff, kein Gallenfarbstoff; der Collaps dauerte 24 Stunden, Patient erholt sich erst nach Tagen. Zehn Tage später abermals Injection mit 6 mg, Temperatur 39,7; wiederum schwerer 24stündiger Collaps, Ieterus, am folgenden Tage Anurie. Beide Male trat keine locale Reaction ein. Der zweite Fall betrifft einen 18jährigen Menschen, welcher im Herbst 1889 im Fränkel’schen Hospitale wegen tumor albus gen. sin. operirt (Resection) und mit ankylotisch tragfähigem Beine entlassen worden ist. Im December 1890 wird Patient wit ulcerirenden Stellen an der Narbe wieder aufgenommen. Die rechte Lungenspitze erscheint der Tubereulose verdächtig, Auf 1, 2 und 4 mg in Intervallen von I. Medicinische Abtheitung. 57 3 Tagen weder allgemeine noch locale Reaction, auf 7 mg Temp. 38,3, Kopfsehmerz und Erbrechen. Nach 3 Tagen Injection mit 10 mg. Nach 9 Stunden Temperatur 38,9, kurz darauf ein schwerer Anfall von tonischen und klonischen Krämpfen vom rechten Arme ausgehend, dann auf die linke Seite übergehend, Zuckungen in den Gesichts- und Kaumuskeln, tiefes Coma, leichter Stertor, Pupillen reactionslos, Puls klein, 140, Nach 5 Stunden lassen die Convulsionen nach, das Coma dauert bis zum Mittag des nächsten Tages an. Patient fühlt sich noch einige Tage elend und bricht wiederholt. — Locale Reaction am Knie ist nicht nachweisbar, Dieses Bild erweckte nothwendigerweise den Verdacht auf Gehirn- tubereulose, jedoch gab weder die weitere Beobachtung, noch der Augen- spiegelbefund irgend welchen Anhaltspunkt dafür. — Nach 12 Tagen werden die Injeetionen mit kleinen Dosen wieder aufgenommen. Auf 2, 4 und 6 mg keinerlei Reaction, auf 8 mg Temperatur 38,8, wo- rauf (9 Stunden nach der Injection) nach mehrmaligem Erbrechen Be- wusstlosigkeit mit sehr starken Convulsionen (sechs Stunden ohne Nach- lass) eintritt. Den ganzen nächsten Tag Sopor und wiederholtes Er- brechen. Am nächstfolgenden Tage kehrt das Bewusstsein zurück, Patient fühlt sich etwas wohler und nimmt Speise zu sich. Am Nach- mittage desseiben Tages stellt sich plötzlich ein acuter maniakalischer Zustand ein, Patient wird aggressiv, lacht fortwährend, erkennt weder Personen noch Gegenstände, hat Gesichts- und Gehörshallueinationen, zeitweilig Convulsionen. Das Bewusstsein kehrt erst am Nachmittag des folgenden Tages wieder, Patient ist ohne Erinnerung an die Vorgänge des vorigen Tages. Zum Schlusse möchte ich noch der Ansicht Guttmann’s, welcher in einem Vortrage (Berl. Kl. Wochenschrift 1891 Nr. 1) als Anfangs- dosis bei lupus 1 cg empfiehlt, die Thatsache entgegenhalten, dass ich- in einem Falle von lupus nie über eine Dosis von 4 mg hinauskam, Patient hat in Intervallen von 3 Tagen 12 Injecetionen & 4 mg erhalten und noch bei der achten mit einer Temperatur von 41,8 und sehr stürmischen Allgemeinerscheinungen (selbstredend auch local) reagirt. Ich ratne demnach auch beim lupus zu peinlicher Vorsicht in der Dosirung. 2) Ist durch die klinische Untersuchung eine Vergrösserung der Krankheitsherde oder deren Vermehrung festgestellt worden? Herr Biermer: Es lässt sich nicht in Abrede stellen, dass in einzelnen Fällen eine Vergrösserung der Krankheitsherde nachzuweisen gewesen ist. 58 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Herr Rosenbach: Billigerweise darf man das Fortschreiten der Krankheit nach der Injeetion nicht als zwingenden Beweis für einen ursächlichen Zusammenhang der Erscheinungen erachten. 3) Haben plötzliche Uebergänge aus einem chronischen in einen acuten Verlauf beobachtet werden können? Herr Riegner: Hier habe ich eines Patienten zu gedenken, bei welchem ich nach der Einspritzung eine acute Verschlechterung wahr- genommen habe. Es entwickelte sich nämlich um eine an tuberculöser Caries erkrankte Rippe herum eine Reihe neuer Herde. Herr Mikuliez: Auch ich habe eine derartige Beobachtung zu machen Gelegenheit gehabt. Bei dem in Rede stehenden Patienten schloss sich an das nämliche Leiden plötzlich eine diffuse Entzündung des Brustfells an. 4) Welchen Eindruck hinterliessen die Sections-Ergebnisse in Bezug auf das Umsichgreifen des örtlichen Processes wie in Bezug auf allgemeine Ausbreitung (Acute Miliar-Tuberculose)? Herr Ponfick: Die Eindrücke, welche die im hiesigen Allerheiligen- Hospital erhaltenen Sectionsergebnisse sowohl in Bezug auf die Aus- breitung des örtlichen Processes, als auch auf eine allgemeine Aus- breitung in mir hervorgerufen haben, sind bis jetzt nicht darnach an- gethan, die gegen das Mittel aufgetauchten Bedenken ihrerseits zu recht- fertigen. Die acuten Processe, welche allerdings auch ich öfter zu den älteren sich habe hinzugesellen sehen, waren weder an Art, noch selbst an Zahl von denjenigen wesentlich verschieden, welche sonst die schwereren Formen der 'Tuberculose zu begleiten pflegen. Vorerst würde also — blos vom anatomischen Standpunkte — die Auffassung ebenso berechtigt sein, dass ein solches Umsichgreifen in dem natürlichen Gange des Leidens, nicht in der Einwirkung des Mittels begründet sei. Auch eine durch Verschleppung von Keimen in die Blutbahn be- dingte Verallgemeinerung in Gestalt der Eruption von Miliartuberkeln kann ich bis jetzt nicht behaupten, häufiger oder intensiver das Grund leiden complieiren gesehen zu haben, als es sonst geschieht. Vergegenwärtigt man sich aber nur, dass sich unter dem Einfluss des Tubereulins in der Umgebung des bacillenführenden Herdes eine reactive Entzündung bildet, dass ein Wall erweiterter alter Gefässe, zum Theil auch dünnwandiger neuer entsteht und dass theils seitens der letzteren, theils seitens der jungen Rundzellen, der Producte vasculärer Ausschwitzung, ein ungemein lebhafter Austausch zwischen krankem und gesundem Gewebe Platz greifen muss, so wird man sich gewiss sofort darüber klar sein, dass eine Aufsaugung auch deletärer Bestandtheile des Herdes gewiss nicht ausserhalb des Bereichs der Möglichkeit liegen kann. Thatsächlich <= I. Medieinische Abtheilung. 59 jedoch verwirklicht sich diese Gefahr allem Anschein nach nicht in höherem Maasse, als das schon unter gewöhnlichen Umständen der Fall zu sein pflegt. Nachdem hiermit die Discussion ihr Ende erreicht hatte, erklärte sich die Versammlung mit den seitens des Vortr., Herrn Mikulicz, auf- gestellten Thesen in allen Punkten einverstanden. Der Vorsitzende, Herr Ponfick, dankt schliesslich der Versamm- lung für das lebhafteInteresse und die Ausdauer, welche dem angeschlagenen Gegenstande von allen Seiten entgegengebracht worden sei. 2) Herr von Noorden stellt einen Kranken vor, welchem auf der kgl. chirurgischen Klinik Ein inneres Chondrom des Beckens entfernt worden war — unter gleichzeitiger Demonstration des heraus- geschnittenen Gewächses. Bei der im December 1890 durch Herrn Mikulicz erfolgten Weg- nahme des Tumors zeigte sich, dass letzterer die linke Hälfte des grossen Beckens vollkommen ausfüllte; nach Aufwärts reichte er bis in die Lumbalgegend, nach Abwärts une dem Ligam. Poupartii nd bis in das obere Schenkeldreieck. Die Operation gelang extraperitoneal, die Unterbindung der grossen Beckengefässe konnte umgangen werden. Der Tumor wurde nach und nach in grossen Stücken entfernt und es gelang, wohl alles krankhafte zu entfernen. — Die Blutung war mässig, — Der Tumor, vom Periost ausgehend, sass im hinteren Gebiete der linea terminalis schmalkantig auf, zeigte sonst keine Beziehungen zum Beckenring. — Histologisch erwies sich die Geschwulst als hyaline Knorpelgeschwulst. Der Patient hat den grossen Eingriff vortrefflich überstanden. Er- nährungszustand, Körpergewicht, Haemoglobingehalt sind in dauernder Zunahme begriffen. Er geht seit 3 Wochen wieder seiner Arbeit nach. — Der Fall steht dem von Professor von Bergmann publieirten am nächsten. 8. Sitzung vom 15. März 1891. Herr Ernst Fränkel hält einen Vortrag: Ueber Kaiserschnittmethoden, mit Vorstellung einer Operirten und Demonstration eines osteomalaeischen Beckens, Nach einem Rückblick auf die schlechten Resultate des alten, sog. klassischen Kaiserschnittes (nach P, Müller noch 1882 eine Mortalität von 85 Procent der Mütter) und auf den dadurch erklärlichen Enthu- 60 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. siasmus für die 1878 publieirte Porro’sche (eigentlich Storer’sche) Me- thode als einziges Mittel zur Vermeidung der der alten Methode anhaf- tenden Hauptgefahren der Blutung und Sepsis schildert Vortr. den mächtigen Einfluss der 1881/82 erschienenen Saenger’schen Schrift „Der Kaiser- schnitt bei Uterusfibromen ete.“ und der darin enthaltenen kritischen Studien und Verbesserungsvorschläge für die Sectio caesarea.. Leopold war der erste, der die Saenger’schen Ideen in die That umsetzte und den conservativen Kaiserschnitt gegenüber der verstümmelnden Porro’schen Operation mit glücklichem Erfolge ausführte; ihm folgte bald Saenger und viele Andere nach. Der Vortr. weist nun im Speciellen nach, wie aus den ursprüng- lichen Vorschlägen Saengers und seiner darauf basirenden, ziemlich complieirten Methode allmählich unter dem Einfluss unserer fortschrei- tenden Erkenntniss von den Ursachen und dem Wesen der Wundkrank- heiten sich das Verfahren vereinfachte, das Wesentliche sich von dem Unwesentlichen schied und auf mannigfachen Umwegen schliesslich fast eine scheinbare Rückkehr zu der wirklichen, alten, klassischen Sectio caesarea stattfand. Aber nur scheinbar: Denn gerade die beiden den Erfolg sichernden Hauptstücke unseres modernen Verfahrens, die Asepsis und die exacte Naht, gingen bei aller sonstigen Aehnlich- keit der alten Methode ab. Von den ursprünglichen Vorschlägen Saengers: Eröffnung der Bauch- und Uterushöhle unter strengster Antisepsis durch einen entsprechend grossen Längsschnitt in der Median- linie, Herausheben des Uterus noch während der Entwickelung der Frucht aus der Bauchhöhle und Umschnürung seines Collum zwecks Bluterspa- rung mit einem Gummischlauch, subseröser Resection von zwei l cm breiten Stücken der Muscularis längs des ganzen Uteruswundrandes, Einfalzung der unterminirten Peritonealränder, Glättung und Jodoformiren der Uterus-Innenfläche und endlich einer doppelreihigen, festen Knopf- naht, bestehend aus tiefen, sero-museulären Nähten mit grundsätzlicher Vermeidung der Decidua bei Ein- und Ausstich, sowie oberflächlichen sero-serösen (symperitonealen) Nähten wurde bald, theils von Saenger selbst, theils von Anderen, die Resection der Muscularis weggelassen. Ihr folgte die Vereinfachung der Nahtmethode in Bezug auf das Material (aseptische Seide oder Catgut statt des ursprünglich für allein zuverlässig erachteten Silberdrahtes), die Nahtanlegung (Durchlegen der Nähte durch die ganze Dicke der Uteruswand ohne die bisherige Schonung der Decidua) und endlich die Weglassung der umständlichen, schliesslich nur noch von Saenger und wenigen Anderen vertheidigten symperitonealen Naht. Der Vortr, giebt alsdann eine kurze Darstellung zweier von ihm 1888 und 1891 ausgeführter Kaiserschnitte, um an diesen, der Zeit nach verhältnissmässig wenig auseinanderliegenden Fällen den Fortschritt in der Vereinfachung und Verbesserung der Technik zu zeigen: I. Mediecinische Abtheilung. 61 I. Kaiserschnitt bei Osteomalacia puerperalis.. VI Para. Bei der fünften Entbindung schwere Zange und todtes Kind. Hochgradig verengtes, osteomalacisches Becken. C.v. —= 6°), em. Operation am Ende der Schwangerschaft 6. Jan. 1888. Lebendes Kind (2600 gr, 47 cm). Naht nach-Schröder in 3 Etagen mit Juniperus- Catgut. Fieberfreier Verlauf bis zum 4. Tage; dann Perforations- peritonitis durch Nachgeben der Catgutnähte an zwei Stellen der Nahtlinie, II. Kaiserschnitt bei einer I Para mit rhachitischem Zwergwuchs (99 em Körperlänge) und pseudo-osteomalaeischem Becken mit einer ©. v. von höchstens 2 cm. Operation am 24. Januar 1891 bei vorzeitigem Wehenbeginn in der 36. Schwangerschaftswoche und bei macerirter Frucht. Naht nach Fritsch mit 16 eng an- einanderliegenden, die ganze Uteruswand durchdringenden Seiden- fäden. Glatte Heilung. Der gute Ausgang dieses zweiten, unter verhältnissmässig un- günstigen Umständen (bei macerirter Frucht) ausgeführten Kaiserschnittes ist nach dem Vortr. zuzuschreiben: 1) vor Allem der Weiterbildung der Antisepsis, wie sie noch im Fall I geübt wurde, zur Asepsis und der möglichst trockenen Behandlung nicht nur der Bauchhöhle, sondern der ganzen Wunde; 2) der exacten, möglichst einfachen und dadurch auch rasch vollendbaren Uterusnaht mit einem vollkommen zuverlässigen Material und 3) der durch diese Naht bedingten sicheren Blutstillung und Verhütung des späteren Austritts von Lochien in die Bauchhöhle, wie es der Vortr. im Fall I erlebte. Der Vortr. zeigt an der Hand dieser Fälle, wie der so vereinfachte Kaiserschnitt nicht ein Monopol der Kliniken und einzelner Speecialisten zu bleiben braucht, sondern von jedem Arzte auch mit beschränkten Hilfsmitteln ausgeführt werden kann; er giebt genau an, wie jeder Arzt auch auf dem Lande oder in der kleinen Stadt, die wenigen zur Opera- tion nöthigen Instrumente und Utensilien selbst besitzt oder sich in kür- zester Zeit verschaffen und aseptisch machen kann. Das wichtigste Asepticum ist gekochtes und durch Watte filtrirtes Wasser; für die Hände und die Bauchhaut dient am besten Sublimat zur Reinigung, für die Instrumente und Bauchtücher in Kliniken der Sterilisator, in der Privatpraxis Auskochen in Wasser, für die schneidenden Instrumente Einlegen in absoluten Alkohol, für die Wunden nur sterilisirtes Wasser oder besser noch absolut trockene Behandlung. Vortr. bespricht dann noch einzelne besonders wichtige Punkte der Operation: Die Zahl und Auswahl der Assistenten, deren mindestens 3 nöthig — der einzige wunde Punkt für die Privat-, besonders Land- praxis; die Art der Narkose (mit Chloralchloroform ohne vorhergehende Morphium-Atropin-Injeetion wegen Gefahr der Atonia uteri); die recht- 62 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. zeitige und genügend starke Ergotin-Einspritzung; das Hervorwälzen des uneröffneten Uterus aus der Bauchwunde und die Anlegung des Schlauches vor Beginn des Schnittes als Erleichterung für den weniger in Laparotomien Geübten; die Behandlung der Placenta praevia caesarea und die von ihm zuerst geübte Entfernung des uneröffneten Eies bei macerirter Frucht; endlich das Weglassen der sero-serösen Naht und die Anlegung einfacher, alle Schichten der Uteruswand durchsetzen- den fester, eng an einander liegender Seidennähte nach Fritsch, sowie die Vereinfachung der Behandlung der Uterus-Innenrfläche bei uncompli- eirten Fällen. Schwierig wird die Frage der Behandlung der Uterus-Innenfläche erst nach längerer Geburtsdauer und Untersuchung durch Personen von zweifelhafter Reinlichkeit. Die Entscheidung dieser Frage hängt dann mit der weiteren zusammen, ob hier nach energischer Säuberung der Uterus- Innenfläche noch der conservative Kaiserchnitt oder nur die Porro’sche Operation am Platze sei. Der Vortr. plaidirt in solchen zweifelhaften Fällen, wo ein geringes Fieber sowohl als der Beginn einer septischen Infection, als auch als der Ausdruck langdauernder Geburtsarbeit ange- sehen werden kann, mehr für den Porro als das auf alle Fälle sichere Verfahren. Als Verband empfiehlt er ein Jodoformgaze-Heftpflaster und darüber noch einen Watte-Compressivverband. Der letztere unterstüzt die Zu- sammenziehung der Gebärmutter und kann in jedem Augenblicke ent- fernt werden, um durch den dünnen Jodoformgaze - Heftpflaster- Verband hierdurch den Uterus manuell zu überwachen, resp. zu Contractionen an- zuregen, Der so vereinfachte Kaiserschnitt ist thatsächlich keine schwere Operation; er kann und soll von jedem praktischen Arzte im Nothfalle ebensogut wie eine Tracheotomie oder Herniotomie gemacht werden. Der Vortr. schliesst mit dem Hinweise, dass diese Vereinfachung auch der Ausdehnung der relativen Indication des Kaiserschnittes zu Gute kommen und den Geburtshelfer nur noch selten in die Lage kommen lassen wird, die widerwärtige Operation der Perforation eines lebenden Kindes zu machen. In der Disceussion tritt Herr Pfannenstiel den Ausführungen des Vortr. im Allgemeinen bei. Er bestätigt die Erfahrungen in Betreff der Technik der Naht der Kaiserschnittwunde,. Die einfache sero-musculo-deeiduale Naht nach Fritsch genügt gemäss den in der Breslauer Frauenklinik gemachten Beobachtungen allen Anforderungen, insbesondere sei die Gefahr der Ver- blutung aus der Uteruswunde ausgeschlossen. Der Hauptvorzug aber be- steht in der Vereinfachung der Technik, wie sich Pfannenstiel an I. Medicinische Abtheilung. 63 einem von ihm selbst ausgeführten Kaiserschnitt überzeugte. Ferner stülpt sich bei dieser Naht in der Regel das Peritoneum des Uterus in ganz ähnlicher Weise ein, wie bei der Saenger’schen sero-serösen Naht, und dadurch wird ja derselbe Zweck erreicht. Als Nahtmaterial zieht Pfannenstiel die Seide dem Catgut vor, welches ein festes und sicheres Zusammenschnüren der Fäden erschwert. An 2 Uteri fand er übrigens 1—2 Jahre nach dem Kaiserschnitt die Seide vollständig re- sorbirt, Die Indicationen zu der amputirenden ÖOperationsmethode nach Porro möchte Pfannenstiel etwas weiter gestellt wissen, als der Vortr. Er führt eine Reihe von allgemeinen und speciellen Indicationen zum Porro an. 9, Sitzung vom 20. März 1891. In einer gemeinschaftlich mit der naturwissenschaftlichen Section anberaumten Sitzung demonstriren Herr Born und Herr Gaupp den sogen. Muskelmann August Maul, welcher, durch die athletische Entwickelung seiner Muskulatur aus- gezeichnet, bereits an verschiedenen Orten Gegenstand plastisch-anato- mischer Studien geworden ist, Nach einer seitens des Herrn Born gegebenen Einleitung über Lebensgang, Beschäftigung und Constitution des nun 34 jährigen Mannes erläutert Herr Gaupp im Einzelnen das Verhalten der nicht nur zu ge- waltigem Umfange, sondern auch zu riesenmässiger Kraft herangediehenen Muskelbäuche. Hierbei hebt er besonders die fast colossale Gestaltung der Schulter- und Arm-Muskulatur hervor und unterstützt seine Schilde- rung mittelst des Hinweises auf einige athletische Leistungen, wie das spielende Emporheben enormer Gewichte, vor Allem aber das ee biegen eines 4 cm dicken eisernen Rundstabes. 10. Sitzung vom 10. April 1891. Herr Robert Asch spricht: Ueber die durch Gonococcen-Invasion hervorgerufenen Erkrankungen der weiblichen Geschlechtsorgane und deren Behandlung. In der sich an einen Vortrag Neissers anschliessenden Discussion über die Gonorrhoe und deren Behandlung blieben einige Punkte uner- örtert; zumal die letzten der von ihm aufgestellten Thesen, betreffend die sogenannte weibliche Gonorrhoe. Der Aufforderung, dieses specielle Gebiet noch einmal einer Besprechung zu unterziehen, komme ich um so lieber nach, als ich glaube, dass man gar nicht nachdrücklich genug 64 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. die Aufmerksamkeit der Fachgenossen auf diese Krankheitsgruppe lenken kann. Während die Syphilis nur eine relative Unfruchtbarkeit zur Folge hat, setzt die gonorrhoische Infection, so sehr sie auch local beschränkt bleibt, so irreparable Zerstörungen, dass man mit Recht in der Mehr- zahl der Fälle annehmen kann, dass das Ergriffensein bestimmter Theile des Generationsapparates mit dem Verlust ihrer normalen Function iden- tisch sei. Während beim Manne die Infection für den Gesammtgesund- heitszustand immer noch als leichte Erkrankung aufgefasst werden kann, verhält sich dies beim Weibe ganz anders. Neben den durch Störungen im Geburts- und Wochenbettverlauf be- dingten Frauenleiden spielt die gonorrhoische Infection wohl die vor- nehmste Rolle im Zustandekommen der Beschwerden und des Siech- thums der Frau. Eine der weitverbreitetsten Krankheiten in den Cultur- staaten, entbehrte die Gonorrhoe bis vor wenig Jahren als aetiologisches Moment der verdienten Beachtung auch unter den Frauenärzten und, was die Mehrzahl der Aerzte betrifft, so hat sich dies bis heut nur wenig gebessert. Es mag hart klingen und ist doch leicht zu beweisen, dass die Mehrzahl der an Tripper erkrankten Frauen unbehandelt bleibt; zum mindesten entbehren sie der fürsorglichen und wohldurchdachten Behandlung ihrer gonorrhoisch erkrankten Organe, deren sie sich, Dank den auf andern Gebieten gemachten Fortschritten, in betreff sonstiger Erkrankungen zu erfreuen haben. Wer wird heute noch glauben, eine Erkrankung der Kehlkopf- schleimhaut durch Gurgeln des Rachens heilen zu wollen und doch werden täglich gegen die infieirte Gebärmutterschleimhaut Scheidenaus- spülungen, gegen den in der Harnröhre sitzenden Tripper unter dem Titel „‚Blasenreizung‘‘, Sitzbäder verordnet. Die Zeit liegt noch nicht weit hinter uns, wo auch die Gynaekologen die begleitende Erosion am Muttermund ätzten und das erkrankte Endo- metrium unbehelligt liessen. Ehe ich an der Hand der einzelnen Organtheile des eomplieirten weiblichen Urogenitaltraets die durch Gonococceninvasion hervorgerufenen Veränderungen und deren Folgen kurz durchgehe, möchte ich noch ein- mal meinen Standpunkt zur Frage der Nothwendigkeit des Gonococcen- nachweises darlegen. Zur Diagnose der Gonorrhoe muss zum mindesten der Versuch gemacht werden, Gonococcen aufzufinden. Dass bei ihrem Vorhandensein unzweifelhaft, trotz allen Leugnens und oftmaliger Un- wahrscheinlichkeit, eine Ansteckung vorliegt, dürfte nunmehr unbestritten sein. Andrerseits kann man es nicht von der Hand weisen, dass eine Reihe von klinischen Symptomen, von anamnestischen Daten in manchen Fällen genügen, um eine Gonorrhoe mit grosser Wahrscheinlichkeit zu diagnostieiren; aber das steht fest, dass man ungemeine Sorgfalt auf das Suchen durch immer ‚erneute Anfertigung von Präparaten verwenden I. Medicinische Abtheilung. 65 muss. Vor allem aber handelt es sich um die fortlaufende Untersuchung der Secrete während der Behandlungsdauer, weil nur dadurch der Zeit- punkt für eine eventuelle Aenderung in der Therapie festgehalten wer- den kann. Eine Reihe andrer Erkrankungen des Harn- und Geschlechtsapparats müssen differential-diagnostisch ausgeschlossen werden und sind oft voll- kommen anders zu behandeln. Während beim Manne eine nicht gonorr- hoische Erkrankung der Harnröhre zu den Seltenheiten gehört, ist sie beim Weibe relativ häufig; bei kleinen Dammrissen, auch beim Klaffen der Vulva bei nur erschlafftem Beckenboden bringt die ihrer Stütze be- raubte und sich vorwölbende vordere Vaginalwand das orifieium externum urethrae zum Klaffen und es tritt häufig ein einfacher Catarrh der Harn- röhre ein, der langwierige Beschwerden macht, ähnlich und stärker wie die gonorrhoische Infeetion im chronischen Stadium. Hier muss nicht der Catarrh, sondern die Ursache in Angriff genommen werden. Spitze Condylome, die noch von Sänger als pathognostisch für Gonorrhoe erklärt werden, kommen aber sicher auch ohne diese In- feetion vor. Wenn ich von der genugsam besprochenen Kolpitis absehe, die selten genug bei Gonorrhoe der Erwachsenen auftritt, so kann man eine Endometritis als gonorrhoisch wohl nur bei positivem Gonococcen- befund mit Sicherheit bezeichnen; bei Lacerationen der Cervix, die oft nur zu fühlen sind, im Röhrenspeculum aber leicht als Erosionen im- poniren, findet sich ein eitriger Ausfluss, wie bei Gonorrhoe; giebt man dann dem evertirten Muttermund durch eine plastische Operation seine normale Gestalt wieder, so nimmt die Schleimhaut von selbst ihre nor- male Beschaffenheit wieder an. Bei gonorrhoisch infieirtem Endometrium würde ich dies für einen Kunstfehler halten. Eine grosse Erleichterung gewährt auch der positive oder negative Nachweis von Gonococcen im Uterinsecret für die Diagnose bei Tubenerkrankungen. Uebrigens ist das Secret bei einiger Vorsicht leichter zu gewinnen als das der männlichen Harnröhre im späten Stadium. Das Secret der Urethra lässt sich, auch wenn es noch so spärlich ist, mit einem stumpfen Löffel (Ohrlöffel) entnehmen; ich möchte diese Methode der des Her- ausdrückens und Auffangens am Orificium vorziehen, da sie schmerzloser ist und mangels der im Introitus reichlich verhandenen andern Mikro- organismen leichter zu genauen Resultaten führt. Um Uterinsecret zu gewinnen, eignet sich mehr eine Kornzange oder eine Löffelpincette, weil das zähe Secret fest gefasst werden muss und man beim Abschaben leicht Blutungen der entzündeten Schleimhaut ver- ursacht, die den mikroskopischen Nachweis erschweren. Während und besonders gegen Ende der Behandlung, wenn Urethra und Uterus schon frei von Eiterung oder das Secret frei von Gonococcen Kar 5 4 66 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. gefunden wird, muss man seine Aufmerksamkeit vor allem den übrigen Schlupfwinkeln der Infeetion, den kleinen und grossen Drüsen an der Vulva zuwenden, wozu sich die gewöhnliche Platinöse oder jedes um- gebogene Stückchen Draht, welches leicht zu sterilisiren ist, eignet. Hier in den Orypten und kleinen Einbuchtungen der Schleimhaut an der Vulva, am Introitus der Scheide sitzt häufig und oft am längsten unbehelligt das gonorrhoische Virus, eine stets neue Quelle der Reinfeetion nach sonst abgelaufenem Process für die andern Organe bildend und oft allein noch Ursache für die Uebertragung auf den Mann. Vor allem sind es die Ausführungsgänge der Bartholinischen Drüsen die eine ewige Brutstätte darstellen. Ob die Drüse selbst rein gonorrhoisch infieirt wird oder nur durch Mischinfection vom entzündeten Ausführungsgang her die Drüsenschwellungen und so ungemein schmerzhaften Abscesse entstehen, ist noch Gegenstand der Discussion; jedenfalls führt die „Bartholinitis“ die Frauen am häufigsten dem Arzt zu, da sie den schmerzhaftesten und auffälligsten Theil der gonorrhoischen Erkrankung darstellt. Auch hier entscheidet der Gonococeenbefund. Erstens kommen auch nicht gonorrhoische Processe an den Bartholinischen Drüsen vor, die anders als diese zu behandeln sind, zweitens kann ein periproctitischer Abscess, die Vereiterung einer Haemorrhois, ja auch acut entzündete tubereulöse Fisteln eine Bartholinitis vortäuschen. Jedenfalls ist die „glohstichähnliche‘“ Röthung der Mündung des Ausführungsganges nicht, wie Sänger behauptet, allein maassgebend; ich habe sie auch bei positiv nicht Gonorrhoischen wiederholt gesehen. Umgekehrt findet man manchmal nur in dem aus dem Ausführungs- gang herausgedrückten Pfropf Gonococcen, während sie sonst am Genitale fehlen und kann man allein hieraus die richtige Diagnose stellen. Während bei den genannten nicht sonorrhoischen Erkrankungen die ein- fache Spaltung, eventuell die Spaltung bis ins Rectum genügt, den Abscess, bezw. die Fistel dauernd zur Heilung zu bringen, recidiviren gonorrhoische Bartholinische Abscesse häufig, auch wenn der Eiter, wie das oft ge- schehen muss, durch Spaltung entleert ist oder sich selbst seinen Weg nach aussen gebahnt hat, häufig eben von dem Ausführungsgang aus. Man muss dann von diesem aus spalten, sodass er mit eröffnet wird, was wohl in chronischen Fällen, wo er manchmal sehr weit ist, gelingt; in den meisten Fällen aber scheint es gerathener, gleich die Drüse zu exstirpiren und zwar mit dem Hautoval um den Ausführungsgang herum, da man zu dieser kleinen Operation doch später schreiten muss, wenn nach einfacher Spaltung und scheinbarer Ausheilung stete Recidive die Entfernung des eigentlichen Brutheerdes verlangen. Eine Bartholinitis kann auch durch ein, wenngleich selten vorkommendes, aber sicher beobachtetes Haematom vorgetäuscht werden: dann wird man ohne \ £ s ei I. Medicinische Abtheilung. 67 Spaltung mit Eisapplication auskommen, die überdies auch für das acute Stadium der Bartholinitis fürs Erste zu empfehlen ist. Die zugänglichen Buchten und Crypten widerstehen oft lange allen desinfieirenden Aus- und Abspülungen der Vagina und Vulva und werden am besten mit dem Argentumstift ausgeätzt. Der häufigste Sitz der acuten gonorrhoischen Infeetion ist nun die Urethra; die Anschauung aber, dass die Urethritis schnell abheilt, beruht meist auf einem durch Mangel der bacteriologischen Untersuchung her- vorgerufenen Irrthum. Allerdings geht das acute Stadium sehr schnell, in etwa 2—4 Tagen, von selbst zurück; lange genug aber, oft nach Monaten und Jahren, finden sich in unbehandelten Fällen noch Gonococcen im spärlichen Secret, ohne dass die geringsten Beschwerden von der | Patientin bemerkt werden. Oft ist kaum Secret vorhanden oder bei den häufigen Ausspülungen durch den Urin zu bemerken und doch findet man zwischen den mit dem stumpfen Löffel entfernten Epithelien typische Gonococcenhaufen. Geringe Beschwerden werden nicht auf die Harn- röhre bezogen; während im acuten Stadium vorübergehend Brennen beim Wasserlassen bemerkt wurde und häufig erst bei der Aufnahme der Anamnese der Kranken zum Bewusstsein kommt, klagen die Frauen im chronischen Stadium über „Blasenkrampf‘“, der, oft noch durch das Vor- handensein einer Metritis vermehrt, dadurch vorgetäuscht wird, dass Schmerzen beim Vorsinken des Uterus auf die entleerte Blase entstehen. Letztere ihrerseits ist dann in den weitaus meisten Fällen vollkommen gesund, wie die gonorrhoische Cystitis bei Frauen überhaupt zu den sehr seltenen Vorkommnissen zählt. Der negative Gonococcenbefund in den vorderen Theilen der Urethra darf am wenigsten in diesen Fällen beruhigen, da sich dann, ähnlich wie beim Manne, in den hinteren Theilen doch oft noch Gonococcen vorfinden; gerade hierbei empfinden die Frauen häufigen Harndrang, Nicht so selten ist, wie ich schon oben andeutete, bei Frauen, die geboren haben, bei Klaffen der Vulva und beginnendem Prolaps der vorderen Vaginalwand, sowie bei Virgines in Folge von Onanie eine nicht speeifische Urethritis, die entweder durch Beseitigung der Ursachen oder durch ein- bis zweimalige Ausspülung der Harnröhre mit Sublimat heilen, wobei man sich nur vor dem Einfliessen des Desinficiens in die Blase zu hüten hat. Auch unter innerlicher Verabreichung von $Salol in häufigen Gaben habe ich derartige gutartige Harnröhrencatarrhe heilen sehen. Auch kommen wie beim Manne durch übermässige Harnsäure - Aus- scheidung, durch Festsetzen kleiner Concremente in der Urethra hinter dem orificium externum, wo eine der fossa navicularis entsprechende Bucht besteht, dem Tripper ähnliche Beschwerden zu Stande, Auf all’ dies ist natürlich zu achten und ebenso auf das Vorkommen von kleinen Wucherungen und Prolapsen der Harnröhrenschleimhaut. Diese und r 5% 68 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. spitze Condylome am orif. extern. habe ich, auch ohne Gonorrhoe, un- erträgliche Beschwerden bis zum unwillkürlichen Harnabfluss machen sehen, die dann nach Abtragung sofort sistirten. Anders verhält es sich bei der Therapie der Urethritis gonorrhoica: die Infeetion sitzt oft tief in den Schleimhautfalten, wo sie durch den Urin schon wenig beeinflusst, auch durch Einspritzen von desinfieirenden Flüssigkeiten nicht immer getroffen wird, In den meisten Fällen bewährt sich am besten die Bespülung der Urethra vermittelst der von Fritsch angegebenen Canüle mit Argentum nitricum. Man beginne mit 2 pCt. Lösungen und steige bis 5 pCt., wenn die erstere Lösung, wie das manchmal der Fall ist, wenig oder keine Schmerzen verursacht. Ist das Einführen der Canüle oder die Wirkung des Argentum schmerzhaft, so muss man vorher cocainisiren; jedenfalls lasse man kurz vorher uriniren, um das Secret möglichst zu entfernen und die nächste Urinentleerung möglichst lange aufzuschieben. Das brennende Gefühl beim Wasserlassen lässt meist in kurzer Zeit nach. Die Empfindlichkeit ist sehr verschieden und ist nicht nur vom Stadium der Erkrankung, sondern auch vom Individuum abhängig. Werden die Argentum-Ausspritzungen nicht vertragen, so empfiehlt es sich, Cacaobutter-Baeillen in die Urethra einzuführen. Das Jodoform ge- nügt in den weitaus meisten Fällen nicht zur Heilung der Gonorrhoe, Stark ätzende Medicamente kann man natürlich nicht verwenden. Ab- gesehen von der Schmerzhaftigkeit verursachen reizende Substanzen eine Schwellung der Schleimhaut, welche die tiefen Buchten und Falten vor der nutzbringenden Einwirkung der Medicamente schützt. Aus dem Laboratorium von Herrn Filehne sind neuerdings Präpa- rate hervorgegangen, die ich in ihrer Einwirkung auf die gonorrhoische Urethritis, wie auch anderwärts untersucht habe. Die Versuche sind noch nicht abgeschlossen; doch kann ich schon jetzt mittheilen, dass ich in einer Anzahl von Fällen nach Anwendung des Aseptalin, eines a. a. O. in seinen Wirkungen zu beschreibenden Körpers, die Gonococcen habe rasch verschwinden sehen, ohne dass eine nennenswerthe Reizung statt- fand. Jedenfalls ist die Anwendung von Bacillen eine der erstrebens- werthesten Medicationen, da sie äussersten Falles auch von der Patientin selbst ausgeführt werden kann, was bei der Nothwendigkeit der täglichen Einwirkung von grossem Vortheil ist. In den Fällen nun, in denen die Infeetion jeder heräpiel mit wirk- samen Mitteln zu trotzen scheint, muss man.annehmen, dass von den letzteren nicht alle Stellen der erkrankten Schleimhaut (die Thäler der Falten z. B.) getroffen werden. Dann muss man die Urethra während der Application des Mittels auf ihre grösste Weite bringen, nicht etwa dilatiren, sondern nur entfalten. Dies geschieht entweder durch Ein- führen von Urethralspeeulis, in die flüssige Medicamente gegossen werden, I. Mediecinische Abtheilung. 69 wobei dann beim Zurückziehen des Speculums alle Theile der entfalteten Schleimhaut nacheinander bespült werden oder auf folgende, weniger schmerzhafte und reinlichere Methode. Ich habe mir Glasstäbehen von ansteigender Stärke in doppelter Anzahl ausgesucht mit gut abgerundetem Ende und führe nun von der einen Serie eins nach dem andern in die Urethra, bis ich dasjenige gefunden habe, was ihrer vollen Weite ent- spricht, ohne sie zu überdehnen, Ein Stäbchen von derselben Stärke mit einer jener erstarrenden Salben, die bei Körpertemperatur schmelzen, überzogen, wird nun eingeführt, und man lässt die Salbe abschmelzen; das Verfahren ist der Therapie der männlichen Harnröhren-Behandlung entlehnt; man muss nur mehr auf die richtige Auswahl der Stärke achten, da die weibliche Uretra nicht in so festem, starrem Gewebe ein- gebettet ist, wie die männliche, und daher eben viel faltiger ist. Als Medicament empfiehlt sich auch hier Argentum nitricum, weswegen Metallsonden nicht zu gebrauchen sind. Ich habe mich bei der Behandlung der Urethritis länger aufgehalten, weil diese doch am ehesten von Nicht-Specialisten auszuführen ist, was ja bei den höher gelegenen Organen nicht ganz der Fall sein dürfte, Noch einmal möchte ich betonen, dass nur der Gonococcenbefund dauernd die Directive giebt. Man muss die eingreifende Behandlung von Zeit zu Zeit aussetzen, um zu sehen, ob die Gonococcen verschwunden sind und ohne medicamentöse Einwirkung verschwunden bleiben. Dann be- handle man mit Jodoformstäbehen weiter oder überlasse den einfachen Katarrh der Selbstheilung. | Die selten vorkommende Cystitis behandle man innerlich oder mit Borsäure- oder Höllenstein-Auswaschungen. Bei letzteren muss man be- denken, dass häufige Eingiessungen hinter einander nothwendig sind, da bei noch vorhandenem Harn in der Blase das Argentum nitrieum gefällt und unwirksam wird. Man nimmt am besten einen Glastrichter und spült mit stets erneuerter Lösung, bis die im gesenkten Trichter aufsteigende Flüssigkeit nicht mehr wolkig und ohne Flocken zurückkommt. Vor Sublimat auch in schwachen Lösungen möchte ich hier warnen; ganz abgesehen von der Intoxicationsgefahr, verursacht es fast stets lang an- dauernde Schmerzen. Ueber die Kolpitis ist in der erwähnten Discussion schon zur Genüge gesprochen worden. Sie kommt als reine gonorrhoische Infection vor allem bei Kindern in der Form der Vulvovaginitis vor, Der Ausdruck ist übrigens recht schlecht gewählt. Denn erstens ist die Urethra auch meist betheiligt und zweitens bleibt es in den weitaus meisten Fällen absolut unerschlossen, ob nicht auch der Uterus mit ergriffen ist. Dass letzteres vorkommt, scheint unzweifelhaft durch Fälle von Pyosalpinx bei Virgines, von tödtlicher Peritonitis bei gonorrhoisch infieirten »-Kindern und auch durch die ungemeine Hart- 70 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. näckigkeit erwiesen, mit der das Leiden auch der sorgfältigsten Vaginal- Therapie oft trotzt. Mancher Fall von weiblicher Sterilität dürfte auf eine im Kindesalter überstandene Gonorrhoe, die als Familien-Endemie, als direete Ansteckung von der Mutter, als indirecte durch gemeinschaft- lich benützte Handtücher oder Badewannen nicht so selten ist, zurück- zuführen sein. Ich möchte für dieses Gebiet auf die jüngst erschienene Dissertation von Skutsch aufmerksam machen, der eine in Posen be- obachtete Epidemie zu Grunde gelegt ist. Dort waren in S—14 Tagen 236 Mädchen im Alter von 6—14 Jahren sicher an Gonorrhoe erkrankt. Die Kolpitis bei Erwachsenen ist, soweit sie bei Gonorrhoe, sei es als reine oder Misch-Infeetion, vorkommt, wohl die am leichtesten heilende Theilerkrankung. Ausspülungen oder in manchen Fällen noch besser, trockene Gazetamponade, bringen die Erscheinungen bald zum Schwinden. Die langwierige, oft erhebliche Beschwerde verursachende senile Kolpitis hat mit Gonorrhoe wohl wenig oder nichts zu thun. Zur Erklärung des Zustandekommens der nunmehr zu besprechenden gonorrhoischen Erkrankung der höher gelegenen Genitalorgane, des Uterus und seiner Adnexa bei Deflorirten ist die Annahme einer Infection der Vagina jedenfalls nicht von nöthen. Das Virus wird durch den Coitus direet dem Os externum uteri zugeführt und gelangt entweder durch Berührung direet an oder in den Üervicalcanal, oder die Cervix- Schleimhaut infieirt sich an dem in dem oberen Theil der Scheide ab- gelagerten infectiösen Sperma. Die falsche Anschauung, dass von der vorerst infieirten Vulva oder Urethra das Virus aufsteige, ist wohl zu- meist dadurch bedingt, dass die Infection der Üervix erst später zur Cognition der Patientin oder des Arztes gelangt, weil sie erst viel später Erscheinungen macht als die Urethritis. Ich habe wenigstens in frischen Fällen, bei denen an der Cervix nichts von Erosion oder Entzündungserscheinungen nachzuweisen war, bei denen kein Fluor vorhanden war und das aus dem Os tincae quellende Secret rein glasig schien, in letzterem Gonococcen gefunden und oft den klinisch wahrnehmbaren Cervicalkatarrh erst 5—8 Tage später sich ent- wickeln gesehen. Es kann allerdings auch ein Verschleppen des infectiösen Secrets vom Introitus nach dem Muttermund gelegentlich eines an sich nicht in- fieirenden Coitus oder durch Ausspülungen mit warmem Wasser oder nicht genügend desinfieirenden Flüssigkeiten stattfinden. So können unter Umständen Scheidenauspülungen bei vorläufig nur bestehender Infeection der äusseren Genitalien, ebenso Sitzbäder, bei denen das Wasser in die klaffende Vulva eindringt und den gonorrhoischen Eiter mit sich reisst, mehr schaden, als nützen. Ich komme nun zu einem der gewichtigsten Punkte des hier be- handelten Thema’s,. Es ist dies die Frage von der Infection der I. Mediecinische Abtheilung. 71 Uterusschleimhaut, in ihrer ganzen Ausdehnung oder nur in ihrem Cervicaltheil. Es ist eine, ich möchte fast sagen, mehr durch den eingebürgerten Gebrauch einer Bezeichnung eingenistete Ansicht, die aber wenig bewiesen, ja falsch ist, wenn man immer nur von der Cervical-Gonorrhoe spricht. Wohl ist es richtig, dass in vielen Fällen die Infeetion auf die Schleim- haut der Cervix beschränkt bleibt, richtig auch, dass diese immer zuerst erkrankte durch die plicae palmatae dem Einnisten der Gonococcen einen bedeutenden Vorschub leistet, vielleicht auch, dass die Infection hier länger bestehen bleibt als im Corpus uteri. Allein im Einzelfalle ist ein Ergriffensein der höheren Partien der gleichen Schleimhaut niemals auszuschliessen. Dagegen lässt sich geltend machen, dass sicher ein Weitervorrücken des Virus in die Uterushöhle beobachtet ist dadurch, dass auch in unbehandelten Fällen die Tuben mit erkranken. Hier ist ein sprungweises Vorrücken der Infecetion vom Os internum auf das uterine Tubenende absolut von der Hand zu weisen und gestattet keine Er- klärung wie etwa das Ueberschlagen der Vagina auf dem Wege vom In- troitus zur Portio. Wohl aber ist anzunehmen, dass die pathologische Beimengung des physiologisch diesen Weg zurücklegenden Sperma, sei es durch den Flimmerstrom, sei es durch Saugwirkung des Hohlmuskels, aus dem Cervicalcanal in das Corpuscavum eindringt oder dass sie von den unterhalb des Os internum gelegenen infieirten Partien aus die darüber liegenden, doch nicht speeifisch verschiedenen Gewebstheile ergreift. Hier findet auch nicht der Schutz der oberen Partien durch einen nur einseitig nach aussen gerichteten Strom einer Spülung statt, wie beim Manne, wo der Urin jedesmal entgegen dem Aufwandern der Keime spült. Das fast stagnirende Uterinsecret, das grade eine Brücke zwischen Cavum und Cervicalcanal herstellt, dürfte die Infeetion dieser beiden Abschnitte eher vermitteln helfen. Der Menstruationsvorgang scheint dieses Fortschreiten zu begünstigen. Man muss also in allen Fällen von nachgewiesener speeifischer Erkrankung des Uterus von einer Endometritis gonorrhoica sprechen und kann dabei hoffen, dass nur das Endometrium unterhalb des Os internum ergriffen sei, darf aber das des darüber liegenden Cavum nie von vornherein ausschliessen. Diese diagnostische Frage ist nun aber eine brennende betreffs der Prognose und noch bei weitem mehr betreffs der Therapie. Hier vor allem müssen wir uns hüten, halb zu behandeln. Setzen wir einen Theil der er- krankten Schleimhaut einer Therapie aus, die vielleicht an der betroffenen Stelle die Gonococcen tödtet, dabei aber einen Reiz aufs ganze Organ ausübt, so können wir vielleicht schaden, jedenfalls aber die nicht behandelte Infeetion des Cavum auch nicht beeinflussen. Deshalb ist ein Aetzen der äussersten Cervixschleimhaut der so oft mit Unrecht diagnostieirten Erosion, ein Auswischen der Cervix etwa mit Watte umwickelten Stäbchen 13 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. nicht nur nutzlos, sondern vom Uebel, Macht die Infeetion der Schleim- haut wirklich an der Stelle des anatomisch-histologischen Uebergangs Hait, so wird der Heilmittel-Träger diese Grenze nicht so genau inne halten können. Entweder man ätzt nicht alles Erkrankte oder darüber hinaus. Letzteres nun wäre nicht schlimm, wenn man wirklich mit dem Mittel die Gonococcen sofort tödtete und nur wirklich nicht infeetiösem Material über die Grenze helfen würde, Dem ist aber gewöhnlich nicht so. Die meist benützten Medicamente besitzen die Eigenschaft, das Eiweiss- und Schleimhaltige Seeret zum Gerinnen zu bringen, Die so geronnene Eitermasse wird, ins Cavum gestossen, wenn erst die geronnene Hülle zerfällt, erst recht zur Aussaat der Gonococcen beitragen, da ihr Inhalt keineswegs der Infectiosität beraubt ist. In den meisten Fällen dringt aber, zumal diese Behandlung im Röhrenspeeulum ausgeführt wird, wo- bei der Knickungswinkel eher vermehrt, nie ausgeglichen wird, die Sonde gar nicht bis ans Ende der erkrankten Partie und lässt so immer eine Randzone unbehandelt: daher die angenommene Hartnäckigkeit der Cerviealgonorrhoe. Die Gonococcen sind nicht schwer zu tödten, zumal man im Uterus in der Wahl der antimycotischen Mittel nicht so ängstlich zu sein braucht, Die gonorrhoische Infeetion ist nicht schwer zu be- seitigen, aber sie ist es natürlich nur da, wo man mit dem wirksamen Mittel auch wirklich hinkommt. Die Hartnäckigkeit der Gonorrhoe besteht nicht in der Widerstands- fähigkeit der Erreger, sondern in ihrer Eigenschaft in alle möglichen Schlupfwinkel sich zu verkriechen, in ihrern Aufenthalt in den schwerst- zugänglichen Partien. Zwei Postulate stellt sonach die Therapie der sonorrhoischen Endometritis: Erstens muss das Mittel bei coccentödtender Eigenschaft so wenig wie möglich coagulirend wirken, zweitens muss es überall dahin ge- bracht werden, wo die Infection sitzt oder Platz gegriffen haben kann, Nächstdem muss man so häufig behandeln, dass den etwa zurück- bleibenden Keimen keine Zeit zu weiterem Umsichgreifen bleibt und muss sich dennoch hüten, allzustark zu reizen. Daraus ergeben sich folgende Gesichtspunkte für die Behandlung der Endometritis gonorrhoica: Dem Secret ist ein freier Abfluss zu verschaffen; dazu ist in den meisten Fällen eine Dilatation der Cervix durch Quellstifte nothwendig. Je nach dem Fall wird man Tupelo oder Laminaria wählen. Ist der Uterus weich, bei Multiparen vielleicht nicht lange nach der letzten Entbindung, so geht es ziemlich gut und ohne allzugrosse Schmerzen mit dem schnell aufquellenden Tupelo. Ist er wie bei Nulliparen hart oder ist die Patientin sehr empfindlich, so ziehe ich Laminaria vor, weil sie bedeutend langsamer aufquellen;, zudem kann man dem Laminariastift leicht die Biegung der Höhle des normal flectirten Uterus geben und I. Medicinische Abtheilung. 73 dadurch die durch das Aufbiegen verursachten Schmerzen vermeiden; stets ist die Stärke und Biegung des Stiftes genau der vorhandenen Form und Weite des Canals anzupassen; desinfieirt können Tupelo wie Lami- naria durch kurzes Aufkochen in 5procent. Carbolsäure werden, ohne ihre Quellfähigkeit einzubüssen; man bewahrt sie zweckmässig in Jodo- formäther (der wasserfrei sein muss) auf. Das Secret ist häufig zu entfernen und die freie Schleimhaut mit desinfiecirenden Mitteln abzuspülen, die möglichst in die Tiefe dringen. Man spült also den Uterus am besten täglich, ja zweimal täglich, erst mit Sodalösung aus und berieselt dann mit Sublimat oder Argent. nitr. Lösung lange und ausgiebig. Carbol ätzt beim Rückfluss die Scheide; Creolinemulsion, die sich in der Geburts- hülfe, wenn frisch bereitet, sehr gut bewährt hat, erzeugt Brennen an den äusseren Genitalien und scheint nicht tief genug ins Gewebe zu dringen. Jedenfalls sah ich von ihrer Anwendung wenig Erfolg. Beim Ausspülen des Uterus hat man vor allem darauf zu achten, dass der Flüssigkeitsstrom die ganze Höhle trifft; deshalb sind alle Catheter & double courant zu vermeiden, und statt deren einfache dünne Röhrchen enzuwenden,. Man kann zur Sodalösung Metalleatheter verwenden, die aber bei Argentum und Sublimat zu vermeiden sind; dafür eignen sich am besten Glasröhrchen, wie sie von Fritsch empfohlen sind, Leider lassen sie sich nicht dünn genug herstellen, dann benützt man vortheil- haft solche aus Celluloid, die, in heissem Wasser gebogen, in kaltem rasch abgekühlt, starr bleiben. Weiche Röhrchen rathe ich nicht anzu- wenden. Die grösste Gefahr der Ausspülungen liegt in der Möglichkeit, dass die Flüssigkeit in die Tube oder gar durch die Tube in die Bauch- höhle eindringt, wie ich das in einem Fall sah. Stockt nämlich der Abfluss durch ungenügende Dilatation auch nur einen Augenblick, so kann dies eintreten. Deshalb ziehe ich starre Röhrchen vor, weil da- durch der Knickungswinkel zum Theil ausgeglichen wird. Auch ohne dass Flüssigkeit das ostium Tubarum durchdringt, treten bei behindertem Abfluss gleich oder später unangenehme Koliken auf; dann muss man sofort die Uterushöhle catheterisiren, wobei meist eine kleine Quantität Flüssigkeit ausgestossen wird. Ich habe zu diesem Zweck stets ein Celluloidröhrchen zur Hand liegen. Um die dilatirte Cervix offen zu halten, empfiehlt es sich, Jodoformgaze als Drainage nach der Ausspülung einzulegen. Damit erfüllt man auch die Indication, die behandelte Schleimhaut möglichst günstig in der Zwischenzeit zu beeinflussen. Man muss sich aber davor hüten, etwa nur die Cervicalhöhle auszustopfen, weil man sonst das Gegentheil erreicht und den Secretabfluss behindert. Dann treten Contractionen auf und die Gaze wird meist durch den Druck des gestauten Secrets ausgestossen. Man tamponire also vorsichtig fächer- 74 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. förmig vom Fundus aus. Ich empfehle dazu ein Stäbchen, das, voll- kommen glatt, nur an seinem oberen Querschnitt eine Kerbe hat. Ob Jodoformgaze-Tamponade an sich im Stande ist, zu dilatiren, war bisher noch streitig; jedenfalls wirkt sie nicht durch Aufquellen beim Durchfeuchten, sondern der Theil, der die Corpushöhle tamponirt, wirkt auf den Cervicalcanal wie ein Abort, der geboren wird. So sah ich manchmal ein Weiter- und Weiterwerden des Cervicalcanals.. Man spült am sichersten und bequemsten in Knieellenbogenlage aus. Diese Methode ist nicht anzuwenden, wenn der Uterus die vorher- gehende Dilatation nicht verträgt, dann empfiehlt es sich, fürs Erste weiche, elastische, leicht zerfliessliche Stäbchen oder Antrophore ein- zulegen; Jodoform genügt als Medieament nicht; einige Erfolge sah ich von dem vorhin erwähnten Aseptalin. Starke Reizmittel sind zu ver- meiden, weil sie leicht acute Metritis hervorrufen, die dann für einige Zeit jede wirksame intrauterine Therapie hindert. Ueber die neuerdings vorgeschlagene Chlorzinkbehandlung mit Verätzung und Ausstossung der Schleimhaut sammt einer dieken Schicht Museularis, vermag ich mich noch nicht endgültig zu äussern. Jedenfalls gehört sie nicht zu den thera- peutischen Maassnahmen, die zu einer Restitutio ad integrum führen. Zumal für die Fälle von frischer und alter Gonorrhoe, in denen bei virgineller Portio auch das Einführen von Bacillen schwer ist, der dünnste Quellstift unerträgliche Schmerzen verursacht, sah ich glänzenden Erfolg von der elektrischen, nach Apostoli durchgeführten Behandlung. Man führt eine Platinsonde ein und lässt 5 Minuten lang den positiven Strom in einer Stärke von 90—150 Milliamperes einwirken. Diese Aetzung, stark antiseptisch, setzt einen trocknen, harten, anaemischen Schorf, und ist die einzige, die mir ungefährlich zu sein scheint. Bei andern Aetzungen, in denen die unter dem Schorf nach dieser Ab- stossung frei liegende Fläche nicht so günstig beeinflusst ist, Öffnet man der Nachinfection mit andern Keimen Thür und Thor. Wohl nur durch Mischinfeetion kommen Parametritiden zu Stande. In unbehandelten Fällen sah ich ausserhalb des Puerperium nie primäre echte Parametritis auftreten, Das, was so oft als Parametritis diagnostieirt wird, ist in den weitaus meisten Fällen ein Salpingitis oder Salpingo-Oophoritis. Ausserhalb des Puerperium ist die Parametritis überhaupt wohl eine der allerseltensten Erkrankungen, man muss nur nicht jede Schmerzhaftig- keit neben dem Uterus damit bezeichnen. Bei genauerer, vorsichtiger, möglichst wenig Schmerzen verursachender bimanueller Untersuchung kann man dann die geschwollene, knollige, derbe oder fluetuirende Tube meist differenziren. Eine Tubo-Ovarialeyste, eine Pyosalpinx entwickelt sich allerdings manchmal in die aufgefalteten Blätter des Ligamentum latum; doch ist dies nicht einer subperitonealen Zellgewebsentzündung gleichzusetzen, sondern eine ausgesprochene Organerkrankung. I. Medicinische Abtheilung. 75 Auch die Perimetritis exsudativa ist nicht so häufig, wie man glauben möchte; oft imponirt eine pralle, im Douglas festgelöthete Tube als peri- metritisches Exsudat. Sind die Tuben einmal von der gonorrhoischen Infeetion ergriffen, so ist von einer Therapie quoad restitutionem ad inte- grum wenig mehr die Rede. Allerdings kommen auch bei Gonorrhoe begleitende seröse catarrhalische Salpingitiden vor, die vollkommen ab- heilen können. In besonders günstigen Fällen kann sich auch der eitrige Tubeninhalt durch den Uterus entleeren. Meist gilt aber hier, was Chrobak vor einiger Zeit äusserte: — — — „Hat sich das Gift erst einmal in der Tube festgesetzt, so ist das Schicksal der Frau für ge- ‚ wöhnlich besiegelt — sie ist fast immer verurtheilt zur Sterilität und zu nie völlig erlöschender Entzündung; immer treten neue Tropfen virulenten Eiters durch das abdominale Ende der Tuben auf die Serosa, oder es wandern die Mikrobien durch die Tubenwand, jedesmal von neuer Peri- metritis gefolgt, so lange, bis die Tube verwachsen mit dem Eierstocke zu einem unentwirrbaren Klumpen zusammengebacken und functionsun- fähig geworden ist.“ Hier kann nur die Exstirpation der erkrankten Adnexa die Frau herstellen und vor fernerem Siechthum und den drohenden Gefahren be- freien. Diseussion: Herr Steinschneider: Ich erkläre meine vollste Uebereinstimmung mit den Ausführungen des Vortragenden, und möchte nur nochmals auf die infeetiöse Vulvovaginitis kleiner Mädchen zurückkommen. Es be- steht ein hartnäckiger Widerstand gegen die Annahme, dass die infec- tiöse Vulvovaginitis kleiner Mädchen auf gonorrhoischer Basis beruhe. Derselbe stützt sich einerseits (Fränkel) auf die angeblich mangelnde Betheiligung der Urethra, des Uterus und seiner Anhänge, sowie auf die Behauptung, die in dem vulvovaginitischen Secret enthaltenen, durch Lagerung und Färbung den Gonococcen so ähnlichen Diplococcen seien dennoeh keine Gonococcen, andererseits auf den mangelnden Nachweis der Uebertragung (Vidard und Bovet). Ich schicke voraus, dass trotz wiederholt vorgenommener Unter- suchungen normaler und von einfacher Leucorrhoe herrührender Va- ginal-Secerete bei Kindern wie bei Erwachsenen niemals Diplococcen gefunden habe, welche nicht entweder in Bezug auf die Lagerung innerhalb der Zellen oder in Bezug auf das Verhalten zur Gram’schen Methode von den Gonococcen sich unterschieden. Es ist mir über- haupt noch kein Diplococeus vorgekommen, welcher die beiden Charakteristica der Gonococcen, Einlagerung in die Zellen und Ent- färbung bei Behandlung nach Gram’scher Methode, dargeboten hätte. Ich verweise auf die jüngst von Skutsch veröffentlichte Mono- 76 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. graphie „Ueber die Vulvovaginitis kleiner Mädchen“, in welcher über eine Vulvovaginitis- Epidemie in Posen berichtet wird, die im Herbst 1890 stattgefunden und gegen 300 kleine Mädchen befallen hat. Skutsch hat in fast allen Fällen eine Betheiligung der Urethra, in mehreren Fällen auch Erscheinungen beobachtet, welche eine Be- theiligung der Parametrien annehmen liessen. Im Einklang mit den klinischen Beobachtungen stehen aber auch die Ergebnisse der von Skutsch im Vereine mit Steinschneider vorgenommenen mikro- skopischen Untersuchungen von 160 dieser Fälle, von denen 46 pCt. noch nach zweimonatlicher Behandlung den bestimmten Nachweis von Gonococcen nicht nur im Vaginal-, sondern auch im Urethralseerete ge- statteten. Angesichts solcher Thatsachen ist es doch wohl nicht nöthig, den Nachweis der Uebertragung zu führen, welcher immerhin bei exacter Untersuchung zuweilen möglich sein mag. Gegenüber der Mittheilung Vidard-Bovet’s, welche bei Männern, die im Verdachte standen, sechs an Vulvovaginitis erkrankte kleine Mädchen infieirt zu haben, keine Gonococcen gefunden haben wollen, muss ich eines Falles gedenken, den ich jüngst beobachtet habe. Auf die Neisser’sche Klinik wurde nämlich ein mit Vulvovaginitis gonorrhoica behaftetes kleines Mädchen eingeliefert, an dem ein Stuprum verübt worden war. Es war von Interesse, den Stuprator zu untersuchen. Ein von anderer Seite gewonnenes Präparat zeigte keine Gonococcen. Als ich aber das Secret aus der Urethra entnahm, bevor am Morgen Urin gelassen worden war, fanden sich in allen daraus hergestellten Präparaten charakteristische Gonococcen - Haufen. Offenbar handelt es sich in dieser Sache keines- wegs um eine theoretische Haarspalterei, sondern um eine Frage von eminenter praktischer Wichtigkeit. Wird erst die gonorrhoische Natur der infectiösen Vulvovaginitis kleiner Mädchen wider- spruchslos anerkannt sein, so werden gewiss alsbald auch die erforderlichen Maassregeln ergriffen werden, um einer- seits eine energische Behandlung der erkrankten Kinder einzuleiten, andererseits ihre Abschliessung von den ge- sunden sicherzustellen. Herr Ernst Fränkel: Auch ich vermag mich im Grossen und Ganzen mit den prineipiellen Ausführungen des Vortragenden einverstan- den zu erklären. Allerdings glaube ich, im Gegensatze zu- ihm, am inneren Muttermunde ein gewisses, vorläufig seinem Wesen und seinen Ursachen nach noch nicht näher definirbares Hinderniss für das Fort- schreiten der gonorrhoischen Infeetion auf die Körperhöhlenschleimhaut des Uterus annehmen zu müssen. Den Beweis dafür erblicke ich in dem analogen Stillstande vieler Portio-Careinome und nicht carcinomatöser Cervixgeschwüre an der Barriere des inneren Muttermundes. Ebenso kommt es häufig genug vor, dass Frauen erst während der Schwanger- I. Medicinische Abtheilung. 77 schaft gonorrhoisch infieirt werden: dann tritt zu der Urethritis und Vulvitis meist nur Tripperkatarrh der Cervix, nicht der Körperhöhlen- schleimhaut hinzu. Wäre das letztere der Fall, so müssten tripper- kranke Schwangere viel häufiger abortiren, als dies erfahrungsgemäss der Fall. — Praktisch ist diese Frage allerdings von geringerer Be- deutung, da wohl Jeder, wie ich es thue, in allen Fällen von Tripper- katarrh der Cervix auch die Uterushöhle ausspülen wird. Für die Behandlung der Abscesse der Bartholin’schen Drüsen hat mir meist die breite Spaltung mit nachfolgender Jodoform-, Jodoform- gazebehandlung der Abscesshöhle zur vollkommenen Heilung genügt. Nur im Falle reeidivirender Entzündungen der Drüse oder zurückbleiben- der Fistelgänge habe ich mich zur Exstirpation des Drüsenkörpers und -Ausführungsganges genöthigt gesehen. Für die Abortivbehandlung ganz frischer vulvärer, vaginaler und cervicaler Gonorrhoen möchte ich das Bepinseln der vorher sorgfältig gereinigten und abgetrockneten erkrankten Schleimhautflächen mit Subli- matlösung (1: 200) empfehlen, nachheriges energisches Einreiben von Jodoformpulver in die Schleimhaut und Einlegen von Jodoformgaze- streifen. Nach 2—3 maliger Anwendung dieses Verfahrens (1 mal pro Woche) sah ich bei sonstiger Sauberkeit die Gonococcen rasch ver- schwinden und den Ausfluss den Charakter einer einfachen Blennorhoe annehmen. Erscheinungen von Sublimat-Intoxication habe ich hierbei nie beobachtet, Für Erkrankungen des Endometrium corporeale haben sich mir besser als alle Bacilli, Auspinselungen und intrauterinen Injeetionen die Falk’schen Uterus-Antrophore erwiesen. Ich liess dieselben in zwei verschiedenen Längen von 8 und 10 Cm. anfertigen und verwandte die als Gonococcentödtend anerkannten Mittel Sublimat und Kreosot in Form von Uterusantrophoren mit 0,1 pCt. Sublimat und 1 pCt: Chlorzink, sowie mit 2 pCt. Kreosot. Gegen die nach Verschwinden der Gonococcen zuweilen noch zurückbleibende Leucorrhoe wandte ich 10 proc. Tanninantrophore mit gutem Erfolge an. Die Einführung der- selben ist leicht, sie verursachen keine Schmerzen und werden nebst dem vorgelegten Wattetampon nach ca. 10 Minuten an dem daran zu befestigenden Faden wieder herausgezogen, wobei sich der medicamen- töse Gelatineüberzug als abgeschmolzen erweist und in alle Falten und Buchten der Uterusschleimhaut eingedrungen ist. Auch für die Ure- thritis gonorrhoica haben sich mir die Antrophore sehr nütz- lieh erwiesen. i Schliesslich .muss ich noch die Annahme des Vortragenden beleuch- ten, dass es bei normal weiten und auch sonst nicht pathologisch ver- änderten Tuben, sowie ohne foreirten Druck möglich sei, Spülflüssigkeit aus einem Uteruscatheter irgend welcher Construction durch die Eileiter 78 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. in die Bauchhöhle zu treiben. Die Tuben inseriren sich schräg, ventil- artig sich gegen die Uterushöhle abschliessend und dies, wie auch ihre sehr empfindliche Ringmuskulatur am Ostium uterinum verhindern den Ein- und Durchtritt von Flüssigkeit vom Uterus her nach der Bauchhöhle. Etwa beobachtete und diesem vermeintlichen Durchtritt von Flüssig- keiten zugeschriebene üble Zufälle sind viel eher dem Anziehen des Uterus mit Muzeux’schen Zangen und dem dabei erfolgten Platzen vor- her nicht diagnostieirter tubarer Eitersäcke zuzuschreiben, wie das bei einfacher Dislocation des Uterus noch unten ohne Injection, bei Son- dirungen etc. oft genug beobachtet ist. Wenn man nur den Grundsatz befolgt, bei jeder Nullipara und bei Multiparis mit enger Cervix vor der Uterusausspülung das Collum zu dilatiren, so ist neben dem Katheter Raum genug für den Wiederabfluss der Spülflüssigkeit und der Eintritt von Flüssigkeit in die Bauchhöhle nicht zu fürchten. Zum Beleg dafür möchte ich einer in meiner Praxis gemachten Beobachtung Erwähnung thun. Nach Curettement einer Abort-Placenta machte ich wegen Fortdauer der Blutung eine intrauterine Injection von Liqu. ferr. sesquichlorati, worauf unmittelbar sich anschliessend eine tödtliche Peritonitis folgte. Die Obduction zeigte, dass es sich um eine Graviditas tubo-uterina mit abnorm weitem, für den Zeigefinger passir- barem Ostium tubae uterinum und nachweisbarem Durchtritt des Liqu. ferr. sesquichlor. in die Bauchhöhle handelte. Nur in solchen und ähn- lichen Fällen ist das Eindringen von Flüssigkeit in die Peritonalhöhle möglich. Die Beweiskraft des Asch’schen Falles dagegen, wo sich nach einer Sublimat-Ausspülung des Uterus, sofortigem Collaps und starker Uteruskolik, erst 3 Tage später Durchfälle als Zeichen einer Sublimat- Intoxikation eingestellt haben, kann ich nicht umhin, zu bestreiten. 11. Sitzung vom 17. April 1891. Herr Heidenhain: | Ueber Lymphbildung. Der Vortrag wird ausführlich veröffentlicht werden. Die 12. Sitzung vom 15. Mai 1891 wird in dem stattlichen ÖOperationssaal der neuerbauten chirurgischen Klinik abgehalten. Der Vorsitzende, Herr Ponfieck, dankt dem Director der Klinik, Herrn Geh. Rath Mikuliez, für die an die Gesellschaft ergangene Auf- forderung und verbindet damit den Ausdruck des Wunsches, dass mit Hilfe der erweiterten und trefflich ausgestatteten Räume, wie der Ver- vollkommnung aller Einrichtungen im neuen Hause die Krankenbehandlung, wie der akademische Unterricht reiche Förderung finden möge. I. Medicinische Abtheilung. 79 Zum Zeichen ihres Einverständnisses erheben sich die Anwesenden von ihren Plätzen. Herr Mikuliez legt zunächst die Haupt-Gesichtspunkte dar, welche bei dem Entwurfe des neuen Baues maassgebend sein mussten und so- dann die Grundsätze, welche ihn als aseptischen Operateur bei der Be- handlung der Kranken leiteten. Hieraus ergiebt sich für ihn die For- derung, alle wichtigen Eingriffe nicht sowohl im klinischen Amphitheater vorzunehmen, in welchem sich so viele uncontrolirbare Infectionsträger zusammendrängen und überdies die Zuschauer den Gang der Operation doch nur unvollkommen zu verfolgen im Stande sind. Vielmehr müssen alle ernsteren chirurgischen Eingriffe in einem eigens dazu vorbereiteten Saale vorgenommen werden, welcher nur streng aseptischen Personen zugänglich ist, Darauf ladet Herr Mikuliez die Versammlung zu einem Rundgange durch sämmtliche Räume der Anstalt ein, auf welchem er Zweck und Einriehtung jedes einzelnen ausführlich erläutert. 13. Sitzung vom 5. Juni 1891. 1) Herr Tietze stellt zwei Patienten vor: a. Eine von ihm Öperirte, bei welcher behufs Entfernung eines gewaltigen Osteosarkoms der linken fünften Rippe ein grosser Theil des Pericards blossgelegt werden musste. Jetzt, nach anderthalb Jahren, findet sich an der genannten Stelle ein über hand- tellergrosser Bezirk, in dessen Bereich man die Pulsationen des Herzens unmittelbar unter der Haut fühlt und die Herzspitze und einen grossen Abschnitt der Kammern abtasten kann. b. Syringomyelie. Der in Rede stehende Patient bietet ein ungewöhnliches Interesse dar, ebensowohl wegen der Seltenheit des nervösen Symptomcomplexes, als besonders wegen der eigenthümlichen Destruction des rechten EII- bogengelenkes, welche ihn zuerst in ärztliche Behandlung geführt hat. Am Anfang dieses Semesters meldete sich bei uns der 20 Jahre alte Arbeiter Heinzelmann zur Aufnahme, weil er seit einem Jahre eine starke Anschwellung seines rechten Vorderarmes bemerke, welche ihm zwar wenig Beschwerden verursache, ihm aber doch durch ihre Grösse und weil sie auf kein Mittel weichen wolle, gewisse Besorgnisse ein- flösse. Mit Sicherheit sei die Entstehung der Geschwulst auf eine Ueberanstrengung bei der Arbeit vor einem Jahre zurückzuführen. Er hatte damals einen ganzen Nachmittag lang Steine mit einer Schaufel in die Höhe gehoben und sich dabei beständig auf die Aussenseite des rechten Vorderarmes aufgestützt, Die Stelle sei nachher etwas empfind- s0 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. lich gewesen und schon nach acht Tagen habe er hier eine kleine An- schwellung bemerkt, die sich vergrösserte und nach und nach auf das ganze obere Drittel des Vorderarmes ausdehnte,. Nach einem Viertel- jahre habe sie die jetzige Grösse erreicht und seien Veränderungen seit dieser Zeit nicht mehr eingetreten. Die Geschwulst war stets schmerzlos und verursachte dem Pat. keine Beschwerden, hinderte ihn auch nicht bei der Arbeit. Eine plötzliche starke Vergrösserung oder ein Anschwellen derselben ist niemals bemerkt worden. Im übrigen fühlte sich Patient während der ganzen Zeit gesund; er erinnert sich auch nicht, jemals vorher krank gewesen zu sein, war niemals venerisch affieirt und stammt aus gesunder Familie. Seit seiner frühesten Jugend leidet er an einer Ptosis auf beiden Augen. Bei der Untersuchung des etwas kleinen, aber kräftig gebauten Patienten, dessen innere Organe sich als gesund erwiesen, fand sich nun am rechten Vorderarm eine Anschwellung, welche sich, an der unteren Grenze des oberen Drittels beginnend, mehr und mehr an Umfang zunehmend, bis zum Ellbogengeienk erstreckt, um mit dem Beginn des Oberarmes aufzuhören. Der Vorderarm erhält dadurch eine konische Gestalt; sein Umfang ist an der betreffenden Stelle um ein beträcht- liches, fast um die Hälfte vermehrt. Die Haut über der Anschwellung zeigt äusserlich nichts Abnormes, und lässt sich ohne Weiteres auf der Unterlage verschieben. Schon äusserlich fällt an der Ulna ca. 7 cm unterhalb des Oleceranon eine Knochen- wucherung auf, welche sich bei der Betastung als eine unregelmässig geformte, feste callusartige Masse von mehreren Centimeter Mächtigkeit erweist, welche die Ulna seitlich umgiebt, deren Hauptmasse aber sich nach vorn zu erstrecken scheint. Die Hinterseite der Ulna ist von diesen Knochenmassen frei. Es gelingt ziemlich leicht, den unteren Theil der Ulna bis zu der genannten Stelle zu verfolgen; von da an macht die Dicke der um- gebenden Weichtheile die Orientirung schwerer, doch scheint oberhalb der Knochenauftreibung eine winklige Kniekung des genannten Knochens in der Weise zu bestehen, dass das obere Ende nach vorn und aussen abweicht. Das Oleeranon findet sich an der richtigen Stelle. Den Radius, welcher unterhalb der Anschwellung nichts Abnormes darbietet, kann man im Bereiche derselben nur sehr schwer abtasten; dagegen ist das Köpfchen desselben palpabel, welches nach aussen luxirt, deutlich verdickt ist und einen unregelmässig höckerigen, verbreiterten Rand besitzt. Durch direeten Druck lässt sich der Radiuskopf jedoch fast ganz an seine normale Stelle zurückbringen. Das Gelenkende des Humerus ist ebenfalls verbreitert (2 em Unterschied gegen links), besitzt im übrigen aber eine normale Gestalt. Schon bei der ersten Unter- suchung fiel ferner eine abnorme Beweglichkeit im Gelenk in seitlicher I. Medicinische Abtheilung. 81 Richtung auf und in der That gelingt es ohne grosse Mühe, die zusammen- gehörigen Gelenkenden namentlich nach aussen weit von einander zu disloeiren. Bei diesen Bewegungen fällt ein eigenthümliches rauhes Reiben und Knirschen im Gelenk auf, als dessen Ursache man eine Anzahl freier Körper von wechselnder Grösse entdeckt, welche sich zum Theil von aussen gut umgreifen und verschieben lassen und offenbar aus Knochen bestehen. Der grösste derselben — von fast Wallnuss- grösse — liegt für gewöhnlich dicht hinter dem Radiusköpfchen. Eine weitere Untersuchung ergiebt ferner, dass die Ulna dicht oberhalb der vorher geschilderten Knochenauftreibung fraeturirt ist. Das obere Fragment ist dabei nach vorn und aussen abgewichen; beide Fragmente lassen sich gegen einander verschieben, doch lässt sich keine Crepitation hervorrufen. Ob zwischen beiden eine bindgewebige Vereinigung besteht, lässt sich nicht sicher feststellen. Eine Ansammlung von Flüssigkeit ist im Gelenk offenbar nicht vorhanden. Das Gelenk ist absolut sehmerzlos, Beugung und Streckung sind nicht behindert, dagegen Pro- nation und Supination sowohl activ als passiv stark beeinträchtigt. An der Beugeseite merkt man von den geschilderten Veränderungen nichts. Was nun die Deutung dieses Befundes anbetrifft, so konnten im Wesentlichen nur drei Affectionen hier in Frage kommen: 1. konnte man an einen Tumor denken, welcher die Fractur der Ulna und die An- schwellung des Vorderarmes hervorgerufen hatte. Die Anwesenheit der freien Knochenkörper würde sich auf diese Weise ebenfalls haben erklären lassen, da man in der That zuweilen innerhalb des Parenchym- gewebes von Knochentumoren verknöcherte Partien von ähnlicher Be- schaffenheit findet, sei es, dass sie Absprengungen des alten Knochens darstellen, sei es, dass sie pathologisch neugebildetes osteoides Gewebe sind. Dagegen sprach nun freilich die absolute Schmerzlosigkeit der Geschwulst und der Umstand, dass in dem Zustande des Armes seit °/), Jahren absolut keine Veränderung zu bemerken gewesen war. Ausser- dem hätte sich dadurch die Relaxation der Gelenkkapsel nicht erklären lassen. Zweitens wäre dann vielleicht jene seltene Affeetion in Frage ge- kommen, welche unter dem Namen exostosis bursata bekannt ist. Man findet bei dieser Geschwulstform in der Regel in der Nähe des Gelenk- endes eine knorpelige Exostose, welche von einer mit dem Periost in innigem Zusammenhange stehenden Kapsel umgeben ist, die in nicht seltenen Fällen eine grosse Menge von freien Körpern enthielt, die aus hyalinem oder Netzknorpel zu bestehen pflegen. Es ist aber klar, dass auf diese Weise wirklich ähnliche Verhältnisse geschaffen werden können, wie sie bei unserem Patienten vorlagen, und in der That war das Bild, welches ein hier früher operirter Patient mit einer solehen Exostose am Vorderarm darbot, ein ganz gleiches, Mit dieser Annahme war jedoch 115; 6 IA 82 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. die Fraetur des Knochens nicht zu erklären, und die Betheiligung des Gelenkes nicht klar gestellt. Wenn man ausserdem die Entstehung der exostosis bursata, wie Fehleisen dies thut, von dem Gelenkknorpel ableitet, so wird man dieselbe am Ellbogengelenk auf der Beugeseite erwarten müssen, was in der That bei unserem damals operirten Pa- tienten der Fall war, während sich im Gegentheil bei unserem heutigen Patienten die Hauptmasse der Geschwulst auf der Hinterseite findet. So drängten denn alle Erscheinungen darauf hin, den Sitz der Erkrankung im Gelenk selbst zu suchen und einen Process anzunehmen, der, von grossem Umfange, sich innerhalb ganz kurzer Zeit abgespielt hatte. Processe von solcher Mächtigkeit sind aber eigentlich nur als Begleit- erscheinungen von schweren Störungen im Centralnervensystem beobachtet und so musste man denn bei unserem Patienten sorgfältig auf etwa bestehende nervöse Störungen achten. In der That konnten wir schon gewisse Störungen dieser Art feststellen, so dass wir nicht zögerten, den Fall auch Herrn Prof. Müller zur Untersuchung vorzu- stellen. Derselbe glaubte nach seinem Befunde, die Diagnose Syringo- myelie stellen zu können und meint, dieselbe aus Folgendem annehmen zu dürfen. Die Tastempfindung ist bei unserem Patienten überall normal erhalten; dagegen kann ich Ihnen leicht demonstriren, dass die Schmerz- empfindung sowohl im ganzen Bereich des rechten Armes, sowie in einem daran anschliessenden Bezirke des Rumpfes, welcher genau bis zur Mittellinie reicht und nach oben von der unteren Grenze des Nackens, nach unten von der 10.—11. Rippe begrenzt wird, erloschen ist. Sie sehen, dass ich hier dem Patienten eine Nadei bis auf den Knochen durchstossen kann, ohne Schmerzensäusserungen bei ihm her- vorzurufen, während das gleiche Manöver an allen übrigen Stellen des Körpers von Zeichen lebhaften Schmerzens begleitet wird. Innerhalb dieses Bezirkes ist dann ferner der Temperatursinn fast völlig aufgehoben. Der Kranke kann zwischen einer fast eiskalten Flüssigkeit und einer auf 70—80 ° gebrachten absolut nicht unterscheiden und erträgt die Berührung mit letzterer ohne weiteres, während er schmerzhaft zusammenzuckt, sobald das betreffende Reagensglas irgend an eine andere Körperstelle gehalten wird. Schliesslich findet sich dann noch eine leichte Atrophie der In- terossealmuskulatur an der rechten Hand, namentlich im ersten spatium interosseum und daneben sind trophische Störungen an den Nägeln der gleichen Hand vorhanden. Dieselben sind rissig und verkrümmt. Ausser- halb des genannten Bezirkes finden sich am ganzen Körper keine nervösen Störungen mit Ausnahme einer Ptosis, die aber, wie die Anamnese ergiebt und wie auch aus der relativen Kürze der oberen Augenlider zu schliessen, sicher wohl als eine angeborene zu deuten ist. I. Medicinische Abtheilung. 33 Somit gründet sich, um es kurz zusammenzufassen, die Diagnose Syringomyelie auf eine partielle Empfindungslähmung in einem eng um- schriebenen Körpergebiete: mangelnde Schmerzempfindung und Temperatur- sinn bei erhaltenem Tastsinn, verbunden mit trophischen Störungen an der Muskulatur der betreffenden Hand und den Nägeln. Wir dürfen also nicht zweifeln, dass wir es thatsächlich mit einer neuropathischen Gelenkaffeetion zu thun haben. Nun wissen Sie, m. H., dass das Capitel der neuropathischen Gelenkaffecetionen uns zuerst durch die Arbeiten von Mitchell dem älteren in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts erschlossen worden ist, dass die ganze, ursprünglich mit grösstem Enthusiasmus aufgenommene Lehre aber bald wieder in Vergessenheit gerieth, um erst wieder durch die Untersuchungen von Brown-Se&quard und Mitchell’s des Sohnes aufs neue begründet und formulirt zu werden. Am besten gekannt sind die Arthropathieen im Verlaufe der Tabes, und zwar ist es wesentlich das Verdienst von Charcot (1868) und seiner Schule, die einschlägigen Verhältnisse studirt und ein Bild des Leidens in musterhafter Weise gezeichnet zu haben. Gerade in der letzten Zeit ist die Litteratur über diesen Gegenstand schnell angewachsen, doch will ich mich darauf be- ‘ schränken, aus der reichen Fülle derselben hier die Arbeit von Rotter hervorzuheben (Langenb.’s Arch. Bd. 36), der in sorgfältiger Weise die vor- handene Casuistik gesammelt und kritisch gesichtet hat. Weit weniger zahlreich sind die Angaben über Gelenkaffeetionen bei der Syringomyelie, doch hat bereits Czerny (Langenb.’s Arch. Bd. 34) drei solcher Fälle veröffentlicht und andere finden sich in der Litteratur zerstreut. Das Bild, unter dem diese neuropathischen Gelenkaffeetionen ver- laufen, ist im Prineip das gleiche. Es handelt sich um eine sehr schnell mit colossalen Zerstörungen der gelenkbildenden Theile einhergehende deformirende Gelenkentzündung, bei welcher die Apposition neu- gebildeten Knochenknorpelgewebes im Gegensatz zu der vorhandenen De- formation sehr geringfügig ist. Die Affection schliesst sich oft an ein vorher- gegangenes Trauma an und erreicht unter Umständen schon nach kürzester Zeit eine ausserordentliche Grösse und Ausdehnung. Die Gelenkenden sind abgeschliffen, der Knorpelüberzug verloren gegangen, ja die Knochen selbst sind oft so weit zerstört, ‚„zermahlen‘, dass dieselben nur als rudimentäre Stümpfe in die stets erschlaffte und häufig mit Knochen- körpern gefüllte Gelenkkapsel hineinragen. Die freien Gelenkkörper sind nicht selten in solcher Zahl und Grösse vorhanden, dass die Ge- lenke sich „wie ein Sack mit Nüssen‘ anfühlten. In anderen Fällen — und bei Tabes scheint dies die Regel zu sein — war ein Gelenkerguss vorhanden, der sich meist als erstes Symptom der Erkrankung einstellte. Die Kapsel pflegt immer erschlafft zu sein: eine Luxation oder Sub- 6* 34 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. luxation im Gelenk ist daher ein häufiges Ereigniss; andererseits sind Fracturen der betheiligten Knochen nichts Seltenes. Stets sind die Gelenke schmerzlos, während ihr Umfang beträchtlich vermehrt ist. Was nun die Ursache dieser Affectionen anbetrifft, so hat man namentlich für die Arthropathieen der Tabiden die Schmerzlosigkeit der Gelenke und die inceoordinirten Muskelbewegungen verantwortlich gemacht, welche nothgedrungen zu einer abnormen Belastung der Knochen an ungewöhnlichen Druckpunkten führen müssen. Indessen ist es doch die Frage, ob dies Moment allein zur Erklärung der schnellen und grossartigen Knochenzerstörungen ausreichend ist. Wir irren wohl nicht, wenn wir ausserdem noch eine schwere Schädigung in der chemischen Zusammen- setzung des Knochens annehmen, für die wir einen Grund in mangel- haften Circulationsverhältnissen vermuthen können. In der That ist in einigen Fällen ein Verlust an Kalksalzen chemisch nachgewiesen; in- dessen sind diese Angaben so spärlich, dass wir zugeben müssen, etwas Sicheres noch nicht zu wissen und eine weitere Förderung unserer Kenntniss nach dieser Richtung erst von der Zukunft zu erwarten haben. Diseussion. Herr Freund: Als ausschliessliche pathologisch -anatomische Grundlage für die Syringomyelie und die verwandten Krankheitsbilder wird eine Erkrankung der grauen Substanz des Rückenmarkes in der Gegend des Centralcanals angenommen. Nicht in völligem Einklang hiermit lässt sich ein von D&j&@rine im Februar 1890 mitgetheilter Befund bringen, der bisher noch nicht genügend berücksichtigt worden ist. (Vgl. La semaine me&dicale, Band X, $S. 53/54.) Bei dem 54jährigen Patienten mit Kyphoskoliose bestand seit 20 Jahren eine Muskelatrophie an den oberen Extremitäten nach dem Aran-Duchenne’schen Typus (Krallenhand ete.), ferner eine charak- teristische partielle Empfindungslähmung an den oberen Extremitäten, sowie an der rechten Gesichtshälfte (fast absolute Analgesie und Thermo- anästhesie). Tastempfindung normal am ganzen Körper, mit Ausnahme der Fingerspitzen und der Dorsalflächen der letzten Phalangen. Zahl- reiche Verbrennungsspuren. — Patient starb im Januar 1890 an Pneumonie, — Bei der Autopsie fand man mässigen Hydrops der Ventrikel und am Rückenmark ein excavirtes centrales Gliom, das die ganze Länge desselben bis zur Mitte der Lendenanschwellung einnahm, Ferner aber eine hochgradige Veränderung an denHautnerven der oberen Extremitäten in den Bezirken, in welchen die partielle Empfindungs- lähmung intra vitam bestanden hatte. Die Hälfte der Nervenfasern war total atrophirt und durch einfache leere Stränge er- setzt. In der Atrophie noch begriffene Fasern waren nur spärlich I. Medicinische Abtheilung. 85 vorhanden, ein Beweis für das Alter und den sehr langsamen Verlauf des Processes. Eine ziemlich grosse Anzahl von Nervenfasern kleineren Kalibers liessen sich durch Osmiumsäure schlecht färben. Derartige Veränderungen an Hautnerven sind bisher bei Syringo- myelie noch nicht beobachtet worden; D&jerine hat nämlich die ersten diesbezüglichen Untersuchungen angestellt. Wenn dieser Befund künftig auch in anderen Fällen von Syringomyelie erhoben wird, so muss noth- wendigerweise unsere bisherige physiologisch -pathologische Anschauung von dieser Krankheit eine Modifieation erfahren. Dieser von Dejerine geäusserten Ansicht schliesse ich mich unbedingt an. Von dem genauen Studium des histologischen Verhaltens des peripheren Nervensystems bei Syringomyelie wird man wohl Aufklärungen über das Wesen der sogen, trophischen Störungen zu erwarten haben. Herr Ponfick: Grade vom pathologisch-anatomischen Standpunkte aus ist der Begriff der Syringomyelie durchaus kein einheitlicher. Denn mit diesem Namen werden einestheils hydropische Ausweitungen des Central-Canals (Hydromyelie), anderentheils sonstige Höhlenbildungen be- zeichnet, welche auf irgend welche Art in der Substanz des Rücken- markes entstanden sind. Wenn man auch immer danach streben wird, diese beiden Formen von einander gesondert zu halten, so ist es doch nicht nur während des Lebens unmöglich, mehr als eine Vermutung über das Vorhandensein der einen oder der anderen auszusprechen, sondern auch an der Leiche bedarf es zuweilen erst eingehender Untersuchung, um eine sichere Entscheidung zu treffen. Das Zustandekommen der ersteren Veränderung, der Hydromyelie, ist vergleichsweise leicht verständlich: sei es, dass sie eine Fortsetzung oder Steigerung einer schon angeborenen, in gestörter Entwicklung des Rückenmarks begründeten Anomalie darstellt, sei es, dass sie als „selbstständige‘‘ Erweiterung des ursprünglich wohblgebildeten Central- canals auftritt, welche ihrerseits durch eine in irgend welcher Phase des extrauterinen Lebens erfolgende entzündliche Ausschwitzung in sein Lumen herbeigeführt ist. Im Gegensatze dazu ist die Ursache der anderweitigen Höhlenbildungen keineswegs so klar, jedenfalls nicht so gleichartig, sondern durch innerlich sehr verschiedene Vorgänge im Gewebe hervor- rufbar. Für sie kommen hauptsächlich Erweichungen in der grauen Substanz, wahrscheinlich auch primäre graue Entartungen in der weissen Substanz in Betracht, welche ja secundär unzweifelhaft öfters in Mitleidenschaft gezogen ist. Diese, vom pathologisch-genetischen Standpunkte aus sich auf- drängende Eintheilung erweist sich nun aber auch vom symptomatolo- gischen als durchaus gerechtfertigt. Denn die Erweiterungen des Central- 86 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. canals werden — zunächst wenigstens — einzig und allein die graue Substanz beeinträchtigen durch Compression, weiterhin Atrophie ihrer nervösen Elemente. Erst bei längerer Dauer, zunehmender Vergrösserung der Höhle und Anwachsen des Binnendruckes kann es geschehen, dass auch Bestandtheile der weissen Substanz in ihrer Ernährung gestört werden. Sonach darf es nicht überraschen, dass trotz der gleichen Grunderkrankung bei einem Theile der Patienten nur solche Erschei- nungen, wie bei Poliomyelitis beobachtet werden; dass dagegen bei einem anderen Theile, bezw. in späteren Stadien jener ersten Gruppe zugleich Symptome hervortreten, welche nur in gleichzeitiger Erkrankung der Hinter- oder auch der Seitenstränge ihre Erklärung finden können. Vergegenwärtigt man sich vollends, wie ausserordentlich ungleich der Umfang dieser wo immer gelegenen Höhlen im Einzelfalle ist, dass sich manche nicht über das Gebiet weniger Nervenwurzeln hinaus er- strecken, andere hinwiederum fast über die ganze Länge der Medulla erstrecken können, so ist es klar, dass sich die verschiedenartigsten Krankheitsbilder daraus zu entwickeln im Stande sind. Es ist also nicht entfernt zu erwarten, dass dem Befund einer Höhlenbildung im Rücken- mark stets der gleiche Symptomencomplex entsprechen werde. Was die neuerdings ebenfalls viel erörterte Beziehung zwischen Syringomyelie und Gliomatose anlangi, so möchte ich mich auf Grund meiner bisher gewonnenen Erfahrungen folgendermaassen aussprechen: Es unterliegt keinem Zweifel, dass am Rande der fraglichen Höhlen nicht gar selten Wucherungsherde, richtiger -Zonen von zuweilen be- deutender Mächtigkeit vorkommen und ebensowenig, dass beide Befunde in engem Zusammenhange mit einander stehen. Allein dieselben dürfen nicht schlechthin als „Geschwülste‘‘ aufgefasst werden, obgleich sie in aus- geprägten Fällen sehr wohl den Habitus einer solehen annehmen können Vielmehr stehen sie ihrer histologischen Zusammensetzung nach auf gleicher Stufe mit jenen chronisch entzündlichen und hyperplastischen Wucherungen, welche man an dem Ependym langjährig erweiterter Ventrikel am Gehirn, wie Rückenmark, so häufig wahrzunehmen im Stande ist. Der Umstand, welcher gegen ihre Auffassung als Gewächse, wie mich dünkt, den Ausschlag giebt, ist in seiner Bedeutung vielleicht noch nich+ genugsam hervorgehoben: ich meine die Thatsache, dass ächte Gliome gemäss ihrer eigenen Natur zu Nichts so wenig geeignet sind, wie dazu, in ihrem Innern zu erweichen oder gar Höhlen von so gewaltigen Di- mensionen entstehen zu lassen. In dieser Hinsicht stehen die vermeint- lichen Gliome bei Syringomyelie unstreitig ganz einzig da, so exceptionell und praeter naturam, dass ich wenigstens schon darin den wirksamsten Einwand gegen die erwähnte Anschauung glaube erblicken zu müssen, Liegt es da nicht weit näher, dasjenige anzunehmen, was eine ver- gleichende Untersuchung leichterer und schwererer Fälle, früherer und ee Ce rn I. Medicinische Abtheilung. 87 späterer Stadien in einer, wie ich denke, überzeugenden Weise lehrt, dass nämlich jenes zellenreiche, als „Gliom‘ bezeichnete Neugewebe lediglich einer lebhaften Wucherung am Ependym und den gleich- werthigen Bestandtheilen der anstossenden grauen Substanz ihren Ursprung verdanke, einem Vorgange, der sich, ähnlich wie beim Hydrocephalus, zu der habituell gewordenen Erweiterung des Centralcanals hinzugesellt. Unter solcher Voraussetzung erklärt sich leicht die sonst so auf- fällige, ja unerhörte Thatsache, dass eine gliomähnliche Wucherungs- masse vielleicht in derganzen Länge des Rückenmarkes einen elliptischen oder spindelförmigen Hohlraum rings umschliesst, der eben in der scharfen Abgrenzung der ihn umkleidenden Wandschicht seine ursprüngliche Natur als Centralcanal dauernd bekundet. Herr Freund: Die Bezeichnung „Syringomyelie“ besitzt für den Kliniker in der That die Bedeutung eines Sammelbegriffes, welcher nicht nur die eigentliche Syringomyelie (Höhlenbildung), sondern noch andere Krankheitszustände umfasst, deren Symptomencomplex auf eine Alteration der centralen Theile der grauen Substanz des Rückenmarkes hindeutet. Eine präcise Differentialdiagnose ‘dieser verschiedenen Krankheitsbilder ist intra vitam fast nie möglich. Erst die Section kann Gewissheit darüber geben, ob der Erkrankung eine Höhlenbildung, ein Gliom oder eine andere Geschwulstbildung, eine Erweichung oder ähnliches zu Grunde gelegen hat. Es kann auch der Fall eintreffen, dass ein central etablirter sklerotischer Herd das Symptomenbild der Syringomyelie veranlasst und die übrigen Herde der multiplen Sklerose — wie es bei dieser Krank- heit häufig ist — keine bemerkenswerthen klinischen Erscheinungen hervorrufen. — Genauere Anhaltspunkte für die Diagnose kann man durch die Anamnese erhalten. Die langsame, über viele Jahre sich erstreckende Entwicklung des Leidens spricht mehr für Syringomyelie resp. Gliomatosis; ein acuter Beginn für Haematomyelie oder Erweichung in Folge von Embolie. — Eine anfänglich auf die graue Substanz be- schränkte Höhlen- oder Geschwulstbildung kann auf die weisse Substanz übergreifen und dadurch z. B. das Bild einer complieirten Tabes oder einer combinirten Systemerkrankung veranlassen. Andererseits kann eine ursprünglich in den Hintersträngen etablirte Erkrankung auf die graue Substanz übergehen und bedingen, dass zu den reinen tabischen Er- scheinungen die charakteristischen Symptome der ‚„Syringomyelie‘ hin- zutreten. Auch die topische Diagnostik der ‚„Syringomyelie‘“ ist noch sehr mangelhaft. Nur eine ganz approximative Schätzung der Grösse des Krankheitsherdes ist intra vitam möglich. Bei den Obductionen sind oftmals Höhlenbildungen oder andersartige Erkrankungen von so gewal- tiger Ausdehnung angetroffen worden, wie sie nach den klinischen Er- scheinungen nicht entfernt erwartet werden konnten, 88 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Im vorliegenden Falle kann ich aus den von dem Herrn Vor- tragenden mitgetheilten anamnestischen und klinischen Daten noch keinen Schluss auf die Natur und den $itz der Erkrankung ziehen. Die halb- seitige Anordnung der Symptome ist auffallend. 2) Herr Ponfick demonstrirt mehrere frische Präparate: a. Ober- und Unterschenkel einer 48jährigen an schwerer Leukaemie verstorbenen Frau. Der Process hatte sich in höchst typischer Weise nicht nur in Milz und Leber — neben geringer Betheiligung der Lymphdrüsen — entwickelt; sondern auch im Marke der verschiedenen Knochen (Brust- bein, Rippen, Extremitäten) seinen Sitz aufgeschlagen. An allen zur Anschauung gelangten Stellen zeigte letzteres in fast ganz diffuser Weise jene charakteristische graugrüne Verfärbung, welche, auf einer massenhaften Wucherung lymphoider Elemente beruhend, bis- lang nur bei der genannten Krankheit beobachtet worden ist. Was die Natur der Zellformen anlangt, welche diese ungemein dichte Infiltration zwischen den Spöngiosa-Bälkchen erzeugen, so hat der vorliegende Fall die Richtigkeit der von Ehrlich’schen Auffassung wiederum bestätigt, dass sich eine gleichzeitige medullare Affeetion durch bestimmte Eigenthümlichkeiten der Blutveränderung verrathe. Das reich- liche Vorkommen eosinophiler Zellen nämlich wurde auch hier nicht vermisst und hatte bereits während des Lebens — ungeachtet des Fehlens subjeetiver Symptome seitens des Skelets — eine Theilnahme des Knochen- markes annehmen lassen. b. Mehrere Tage alter Bruch des Halses des linken Oberschenkels. Mit der Continuitätstrennung war typische Einkeilung der Bruch- stücke und eine entsprechende Verkürzung des Gliedes verbunden, Im Anschluss an dieses, kaum die ersten Anfänge einer Wieder- vereinigung der Fragmente zeigende Präparat erläutert der Vortragende den Heilungsvorgang der Schenkelhalsbrüche an der Hand zahlreicher, der Sammlung des pathologischen Instituts angehöriger Objecte. Nach Ausweis dieser in den verschiedensten, zum Theil sehr späten Stadien nach der Verletzung gewonnenen Fundstücke ist eine volle, sowohl ohne wesentliche Dislocation, als auch ohne Verkürzung erfolgende Wieder- herstellung ein ungemein seltenes Ereigniss. Weit häufiger sind entweder lockere Vereinigungen mit Erhaltenbleiben eines wechselnden Grades von abnormer Beweglichkeit: sei es in Gestalt einer dichtfasrigen synchondrosis-ähnlichen Verbindung, sei es einer band- oder strangförmigen ächten Pseudarthrose. In ersterem Fall werden nur ganz leichte, federnde Verschiebungen zwischen den Bruchstücken möglich sein, während des Lebens also oft genug der Eindruck voller Consolidirung I. Medicinische Abtheilung. 89 entstehen. Der letztere Ausgang gestattet dagegen weit bedeutendere Exceursionen und bringt somit nur eine sehr bedingte Brauchbarkeit des Gliedes zurück. In einer andren Gruppe von Fällen kommt es zwar zu einer — wenigstens schliesslich — festen Verwachsung der gewaltsam aus- einander gesprengten und mitunter in unglaublichem Maasse verlagerten Bruchstücke. Allein die aus dieser Dislocation entspringende Verkürzung ist trotzdem so bedeutend, dass die Function dauernd nicht unerheblich be- hindert ist. Diese Verkürzung ist theils die Folge der gefürchteten Ein- keilung und des eng damit zusammenhängenden Schwundes des Halses, bedingt durch Druckusur seiner Spongiosa, theils der Verwerfung der Sprengstücke, besonders des Trochanter major an ungeeignete Punkte des Schaftes des Oberschenkels. 14. Sitzung vom 19. Juni 1891. 1) Herr Riegner demonstrirt 2 Patienten mit geheilter Schädelverletzung. Der erste Fall von penetrirendem Schädelschuss, den ich Ihnen vorstellen möchte, ist bemerkenswerth durch den glatten Heilungs- verlauf und den Mangel jeglicher cerebraler Symptome trotz der aus- gedehnten Verwundung des Gehirns. Er betrifft einen 36 Jahre alten Kaufmann Sch., der sich am 19. Mai d. J. eine Revolverkugel in die rechte Schläfe schoss. Er hatte angeblich keinen Augenblick das Be- wusstsein verloren und kam zu Fuss auf die Abtheilung. An der rechten Schläfengegend etwa 2 Finger breit vor dem Ohr und in gleicher Höhe mit dem obern Rande der Muschel fand sich die ca. 6 mm grosse Ein- schussöffnung. Keine Sugillationen in der Umgebung und am rechten Auge, Bewegungen und Sehvermögen des letzteren intact, Mangel jeg- licher Motilitäts- und Sensibilitätsstörungen. Danach hätte man annehmen können, dass das Projectil in den Weichtheilen oder im Knochen stecken und das Hirn unverletzt geblieben wäre. Nach ausgiebiger Spaltung ergiebt sich aber, dass der Schusscanal schräg nach vorn und oben den museul. temporalis durchsetzt und einen Finger breit hinter dem äussern Augenwinkel den Knochen penetrirt. Aus der Schädelöffnung quillt zertrimmerte Hirnmasse, die Sonde dringt etwa 7 cm ein und stösst am Ende des Schusscanals scheinbar auf einen festen Körper. Nach ausgiebiger Meisselerweiterung der Knochenwunde und Ab- stemmung des obern Randes vom Stirnfortsatz des Jochbeins konnte ich bequem den Finger in den weiten durch den untern Theil der Stirn- haut quer verlaufenden Canal einführen, Er endete grade an der deutlich fühlbaren Hirnsichel. Dort lag die Kugel und konnte nun leicht extrahirt werden, Eine vorsichtige Irrigation entfernte noch zahl- 90 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. reiche Hirntrümmer aus dem cerebralen Schusscanal, in welehen dann ein loser Jodoformtampon eingeführt wurde. Im übrigen Schluss der Weichtheilwunde durch lockere Naht. Der Verlauf war fieberlos. : Pat. klagte nur über Hinterkopfschmerzen und Schlaflosigkeit. Nach zwei Tagen wurde der Hirntampon entfernt. In der Nacht vom vierten zum fünften Tage traten zwei kurze epileptiforme Anfälle auf. Als Ursache fand sich beim Verbandwechsel eine geringe Secretverhaltung, weshalb die verklebte Wunde zum Theil wieder geöffnet und locker tamponirt wurde. Seitdem sind weitere cerebrale Störungen nicht eingetreten, das anfangs noch blossliegende Hirn bedeckte sich bald mit Granulationen und jetzt ist die Wunde nahezu verheilt. Dieser Fall beweist wieder, dass die untere rechte Stirnwindung, die hier offenbar ausgiebig zerstört ist, wesentliche Functionen nicht hat. Auf der linken Seite hätte die- selbe Verletzung voraussichtlich motorische Aphasie zur Folge gehabt. Den zweiten Patienten hat Herr Riegner in Gemeinschaft mit Herrn Adler beobachtet, welcher demnächst die zurückgebliebenen nervösen Störungen näher erläutert. Dieser zweite Kranke, welcher einen Schädelbruch mit Depression zurückbehalten hat, nimmt dadurch ein erhöhtes Interesse in Anspruch, dass die Verletzung Functions- störungen hinterlassen hat, welche auf die Läsion eines ganz eircum- scripten Gebiets der Hirnrinde schliessen lassen. Hierdurch ist er vielleicht geeignet, zur Lösung der strittigen Frage von der sog. Rindenataxie etwas beizutragen. Es handelt sich um einen 13jährigen Knaben, welcher am 8. d.M., also vor heut 10 Tagen, etwa einen Meter hoch herunterfiel und dabei mit dem Kopf auf einen Stein aufschlug. Nach rasch vorübergehender Bewusstlosigkeit wurde er in einem Omnibus zum Königsplatz gefahren, von wo er zu Fuss ins Hospital kam. Er gab selbst über den Unfall Auskunft und äusserte auf Befragen ausser Schmerzen in einer auf dem rechten Scheitel befindlichen Kopfwunde keinerlei Beschwerden. Die später zu erörternden Störungen wurden erst durch direct darauf hin gerichtete Untersuchung, aber noch vor Vornahme des operativen Eingriffs eruirt. | Die 4 em lange Wunde beginnt, etwa 2 cm von der Mittellinie entfernt, in der Verbindungslinie beider Gehöröffnungen, und verläuft von da schräg nach vorn und aussen in der Richtung auf den rechten äusseren Augenwinkel zu. In der Tiefe der scharfrandigen, etwas klaffenden Weichtheilwunde sieht man eine genau in deren Richtung und Ausdehnung verlaufende, etwa 1'/, em tief deprimirteBruchspalte,. Nach genügender Freilegung des Knochens zeigt sich, dass diese Depression ge- bildet wird von zwei Bruchstücken, welche zusammen ein spitzes Längsoval bilden, das laterale ca. 1'/,, das medinane 2', cm im grössten Durch- messer breit. Dieselben stehen nach aussen mit dem angrenzenden l. Medicinische Abtheilung. 9] Schädelknochen noch in ziemlich festem Zusammenhang und stossen in der das Längsoval schneidenden mittleren Bruchlinie unter einem rechten Winkel zusammen. Das schmalere laterale Fragment liess sich zunächst von der gemeinschaftlichen medianen Fissur aus leicht eleviren, ohne seinen Zusammenhang nach aussen zu verlieren; das breitere mediane wurde jetzt ganz herausgehoben, um die Oberfläche des Gehirns zu besichtigen. Die Dura zeigte sich unverletzt und nahm sofort ihr normales Niveau ein. Weder auf noch unter ihr ein Bluterguss. Deutliche Hirnpulsation. Das extrahirte Schädelstück, von welchem sich noch ein Theil der corticalis losgelöst zeigte, musste an den Rändern mit der Knochenscheere etwas zurecht gestutzt werden, bis es genau in die Lücke passte. Beide Fragmente wurden dann eingelegt und die Hautwunde ohne weitere Drainage durch drei lockere Nähte geschlossen. Der Verlauf war ein in jeder Beziehung reactionsloser und das Befinden so gut, dass der Junge nur mit Mühe im Bett gehalten werden konnte. Bei dem ersten behufs genauer Lagebestimmung der Schädelwunde am achten Tage vorgenommenen Verbandwechsel zeigte sich letztere voll- kommen per primam geheilt. So viel über das rein Chirurgische des Falles. Ueber die ange- deuteten interessanten cerebralen Folgeerscheinungen, die sich bis heute zum Theil noch erhalten haben, wird Ihnen Herr College Adler be- richten, der den Kranken als Arzt du jour zuerst gesehen und weiter mit beobachtet hat. Herr Adler: Die von Herrn Riegner geschilderte Kopfverletzung war mit einer Bewusstseins-Pause von nur wenigen Secunden verbunden. Muskelzuckungen wurden nicht beobachtet. Bei der etwa eine halbe Stunde nach dem Unfall stattgehabten Untersuchung wurde über ein Gefühl von Taubheit und Ameisenkriechen in der linken Hand und der unteren Hälfte des linken Unterarmes ge- klagt. Es wurde fernerhin an der linken Hand eine starke Herabsetzung der Berührungsempfindung und des Raumsinns, eine geringe der Schmerz- und Temperaturempfindlichkeit constatirt. Das Gefühl für passive und active Bewegungen, die Lageempfindung und das Gefühl der Schwere waren erheblich beeinträchtigt. Eine motorische Schwäche der linken Hand war nicht vorhanden, aber die feinen Fingerbewegungen wurden ungeschickt und bei Ausschluss der Controle durch die Augen sogar atactisch ausgeführt. Durch die von Herrn Dr. Riegner vorgenommene Hebung der Knochenfragmente wurde zunächst eine Verringerung der bezeichneten Störungen nicht herbeigeführt. Im Laufe der folgenden Tage aber trat eine geringe Abnahme derselben ein und heute (11 Tage nach der Ver- letzung) ist der Befund folgender (derselbe wird demonstrirt): 92 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Es ist nur noch eine geringe Herabsetzung der Berührungsempfindung, eine stärkere des Ortssinns vorhanden. Bewegungs-, Lageempfindung und Kraftsinn sind zwar besser geworden, aber noch deutlich beeinträch- tigt. Schmerz- und Temperatursinn sind auch noch nicht ganz normal. Die Druckvorstellungen sind zum Theil restituirt, die Tastvorstellungen fehlen noch. Sehr deutlich ist auch die Ungeschicklichkeit, resp. Ataxie der Fingerbewegungen. Die nach den Angaben von Köhler*) vorgenommene Projection der durch die Fragmente in der Mitte der Wunde gebildeten Knochen- kante auf die Hirnoberfläche ergab, dass die Verletzung das mittlere Drittel der vorderen Centralwindung betroffen hatte. Da sich die Dura an dieser Stelle bei der Operation intact zeigte, auch ein subduraler Bluterguss nicht vorhanden war, so müssen die oben erwähnten Störungen im Gebiete der linken Hand wohl auf eine Contusion der Hirnrinde zurückgeführt werden. Es hat also im vorliegenden Fall eine Läsion der Rinde des mittleren Drittels der vorderen Centralwindung erhebliche Sensibilitätsstörungen (die Beeinträchtigung der Motilität ist nur Folge jener) an der linken Hand verursacht. Der betreffende Rindenabschnitt ist daher als ‚‚Fühl- sphäre‘“ für die linke Hand im Sinne Munks aufzufassen. 2) Herr Bielschowsky stellt einen Patienten vor mit Corticaler Ataxie. Der etwa 40jährige Kranke, früher stets gesund, nicht luetisch, erlitt. Januar 1890 eine Hemiplegie der rechten Seite. Vorübergehende Aphasie Rechter Arm und rechtes Bein paretisch.h Der Arm zeigte atactische Bewegungen. Keine Reizungserscheinungen. Jetzt sind die motorischen Störungen bis auf eine geringe Schwerfälligkeit in den Bewegungen ge- schwunden. Grobe Kraft ziemlich gut. Dagegen finden sich eigenartige Störungen der Sensibilität. Am Arm ist die Berührungsempfindlichkeit, Schmerzempfindung und Unterscheidungsfähigkeit für Temperatur vor- handen, jedoch gegenüber der gesunden Seite etwas herabgesetzt. Der Drucksinn ist vermindert. Es werden zwar Nadelspitze und Kuppe differenzirt, aber auf die Haut aufgedrückte eckige und runde Gegenstände nicht sicher unterschieden. Die Lagevorstellung ist in geringem Grade beeinträchtigt. Der Kranke. giebt, während die Augen geschlossen sind, an, ob passive Bewegungen mit den Fingern vorgenommen werden, kann jedoch eine der kranken Extremität *) Cf. A. Köhler: Apparat zur Projection der Centralfurche auf die Aussen- fläche des Schädels. Deutsche med. Wochenschrift. 1889. S. 587. I. Medicinische Abtheilung. 03 gegebene Stellung mit der gesunden nur annähernd richtig nach- machen. Von besonderer Wichtigkeit für die Diagnose ist die Ver- änderung der Tast- und Bewegungsvorstellungen. Soll Patient mit ver- deckten Augen ihm in die Hand gegebene Gegenstände benennen, so macht er viele Irrthümer. Ein Zündholz hält er für einen Nagel, ein Stückchen Stearinkerze für eine Bürste, mit einem Korken weiss er gar nichts anzufangen u. s. w. Einzelne Dinge giebt er richtig an, so z. B. ein Messer, eine Zündholzschachtel. Lässt man den Patienten bei offenen, wie bei geschlossenen Augen mit dem Finger nach einer bestimmten Richtung hinfahren, so macht der Arm heftige atactische Bewegungen, die denjenigen eines Tabikers ganz analog sind, und erreicht nur mit Mühe den betreffenden Gegenstand. Complieirtere Bewegungen sind ganz unmöglich; es gelingt nicht, einen Westenknopf zuzuknöpfen, oder die Uhr aus der Tasche zu nehmen. Der Kraftsinn hat ebenfalls gelitten, da Gewichtsunterschiede, die mit der linken Hand recht gut bestimmt werden, der rechten nicht bemerkbar sind. An der untern Extremität lassen sich nur geringe Störungen der einfachen Sensibilität nachweisen. Ataxie ist hier nicht vorhanden. Von den bekannten Localisationen der Ataxie im Gehirn, um die es sich in dem Fall natürlich nur handeln kann, schliesst Vortragender das Kleinhirn, den Pous und die Med, obl. aus und führt aus, dass der Krankheitsherd in der Gehirnrinde und zwar in der sog. Fühlsphäre des Armes zu suchen sei. 15. Sitzung vom 17. Juli 189, 1) Herr Barlow spricht: Ueber die Behandlung der Uterin-Gonorrhoe mittelst Chlorzink-Stift. Chlorzink bei der Behandlung von Katarrhen des Endometriums ist schon vielfach in Anwendung gewesen; in der Form Dumont-Pallier’scher Chlorzinkstifte hat R. Schaeffer aus Berlin dasselbe zum ersten Mal in Deutschland angewandt. Die Bereitung der Stifte ist folgende: 20 gr trockenes Chlorzink werden im Mörser verrieben mit einer geringen Menge Wassers, dann werden 20 gr Roggenmehl unter fortwährendem Umrühren zugesetzt. Die so gewonnene Masse wird auf dem Pillen- breite zu Stäbehen von gewünschter Länge und Dicke ausgerollt und diese müssen mehrere Tage im Exsiccator gehärtet werden. Aufbewah- rung in Chlorzink - gesättigtem Aether. Application: Die Stifte werden im Röhrenspeculum bis an den Fundus uteri per Kornzange geschoben, etwa vorstehende Stücke am orifieium externum abgeschnitten. Jodoformgazetampon. Patientin kommt auf 24 Stunden in’s Bett, Diese Behandlungsmethode wurde in 16 Fällen bei puellis publieis mit chronischer Gonorrhoe des Endometriums (Gono- 94 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. coccen-Befund stets vorhanden) angewandt. Unmittelbare Reactions- erscheinungen nach Einführung der Stifte sind sehr gering. Nur dreimal Uterus-Koliken, welehe Morphiuminjeetionen nothwendig machten. Nach 24 Stunden darf die Patientin das Bett verlassen, der Tampon wird entfernt und die Vagina mehrmals im Tage ausgespült. 6 mal unter den 16 Fällen sind am 5.—11. Tage zum Theil unter Wehen, zum Theil ohne solche mehr oder weniger vollständige Ausgüsse des Uterus, be- stehend aus Schleimhaut und einem Theil Muscularis abgegangen. Diese nekrotischen Stücke färbten sich in Schnittpräparaten recht gut und zeigten einmal in der Cervicalpartie bedeutende Bacterieneinwanderungen in’s Gewebe. In den anderen 10 Fällen kam es zu keiner Nekrose. Was den Verlauf anlangt, so haben sich 3 mal Atresien des Uterus als Folge- zustand ausgebildet, 4 mal haben die Patientinnen die Menses regelmässig wiederbekommen ohne weitere Erscheinungen, 3 mal war die Therapie erfolglos. Die übrigen Fälle sind erst so kurze Zeit in Behandlung, dass ein abschliessendes Urtheil nicht gegeben werden kann. Der Nachtheil der Methode besteht darin, dass man sie nicht an- wenden darf, wenn man den betreffenden Kranken die Conceptionsmöglich- keit bewahren will. Bei puellis publieis liegt die Sache ja anders, da hier die Statistik ausweist, dass dieselben für gewöhnlich steril sind: sei es nun, dass dies von der Lues oder von den chronischen Katarrhen des Endometriums, woran so ziemlich alle leiden, herrührt. Aber auch bei puellis ist diese Therapie nur in verzweifelten Fällen zu gebrauchen, da dieselbe nicht so zuverlässig wirkt, dass man immer auf eine sichere Heilung rechnen kann. 2) Herr Neuberger theilt Erfahrungen über Rectal-Gonorrhoe mit, welche er auf der kgl. dermatologischen Klinik an 5 Frauen ge- sammelt hat. Die Patientinnen, welche er meist nur kurze Zeit beobachten konnte, boten die verschiedensten Stadien des gonorrhoischen Pro- cesses dar. Im Anschluss an diese Fälle erörtert der Vortragende die Aetiologie der Analgonorrhoe, die zumeist durch den coitus praeternaturalis, ferner durch den Durchbruch Bartholin’scher Drüsenabscesse in’s Reetum (Fall IV) und durch das Herabfliessen gonorrhoischen Cervicalsecrets längs des Perinaeums zur Analöffnung (Fall I) bedingt werde. Nach einer kurzen Besprechung des Gonococcen-Nachweises (Methode: Steinschneider-Galewsky), der klinischen Diagnose, der Prognose und Therapie fasst der Vortragende die aus seinen Beobachtungen und den I. Medicinische Abtheilung. 95 in der Literatur niedergelegten Angaben gewonnenen Resultate in fol- senden Sätzen zusammen: 1. Die Rectalgonorrhoe ist bei Frauen und zwar speciell bei Prosti- tuirten eine viel häufigere Krankheit, als allgemein ange- nommen wird. 2. Der gonorrhoische Process im Rectum kann leicht zur Bildung von Geschwüren und Strieturen führen. 3. Zur Diagnose der Analgonorrhoe ist der Gonococcen-Nachweis unbedingt erforderlich. 16. Sitzung vom 6, November 1891. 1) Herr Boltz stellt einen Patienten mit Akromegalie vor, Der Kranke ist ein 4ljähriger Schaffner, in dessen Familie eine ähnliche Erkrankung bisher nicht vorgekommen ist. Von seinen Kindern ist das eine nach 5 Tagen an Krämpfen gestorben, das andere ist ein gesunder Knabe von 7 Jahren. Er selbst hat als Kind an Herzklopfen gelitten und später eine Lungenentzündung durchgemacht. Seit dem 1. August klagt Patient über allgemeine Schwäche und bedeutende $Seh- störungen, welche ihn dienstunfähig machen. Wie bei den bisher beschriebenen Fällen tritt bei dem Patienten besonders in den Vordergrund eine Vergrösserung des Gesichts, der Hände und Unterarme, der Füsse und Unterschenkel. Die Regio zygomatica erscheint stark eingesunken dadurch, dass der Oberkiefer und Unterkiefer sehr in die Länge gewachsen sind. Letzterer überragt den Oberkiefer um 1 cm, so dass die Zahnreihen nicht aufeinander gebracht werden können, Die Zähne sind gut erhalten, Lippen, Zunge und Zäpfchen sind sehr vergrössert. Die Zunge zeigt sehr verlängerte Papillae filiformes, sog. Haarzunge. Der Gaumen ist sehr tief. Die Haare sind frühzeitig ergraut, im übrigen reichlich im Gegensatz zu dem spärlichen Schnurrbart, die Haut ist blass, trocken und schlaff, Am muskelschwachen Schultergürtel tritt das stark verbreiterte Akromion und akromiale Ende der Clavicula hervor. Das Sternum ist normal, die Rippen sind rechtsseitig vorgetrieben. Die Wirbelsäule ist im Halstheile etwas kyphotisch. Der Kehlkopf bietet äusserlich nichts Abnormes;; im laryngoskopischen Bilde erscheint die Epiglottis bis hinten an die Wirbelsäule reichend und verdickt, beim Inspiriren hebt sie sich nicht. Die Aryknorpel sind vergrössert und verdickt, die Stimmbänder nicht sichtbar. Die Glandula thyreoidea ist nicht fühlbar, doch findet sich unter dem Clavicularansatz 96 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. des r. M. Sternocleidomastoideus eine etwa taubeneigrosse Geschwulst, welche vielleicht als Rest der atrophirten Thyreoidea anzusehen sein dürfte. Die inneren Organe sind normal; speciell ist die von Erb gefundene Dämpfung über dem Sternum nicht nachweisbar. Sensibilität und Reflexe sind erhalten, die motorische Kraft ist herabgesetzt. Die Intelligenz hat sich nicht wesentlich verschlechtert; die Sprache ist tiefer geworden. Kauen und Schlingen ist normal. Die sexuellen Funetionen sind seit 7 Jahren erloschen; die Geni- talien sind normal. | Das Gehör ist unverändert. Am auffallendsten sind die Symptome von Seiten der Augen. Pat. hat im Vergleich zu jetzt früher sehr gut gesehen. Jetzt hat er einen Nystagmus rotatorius und eine beiderseitige Atrophie des N. opticus. Als weitere interessante Beobachtung ergab sich eine beiderseitige tem- porale Einschränkung des Gesichtsfeldes. Eine sodann von Herrn Pro- fessor Magnus gemachte genaue Aufnahme des Gesichtsfeldes zeigt deutlich diesen Ausfall. Zur Erklärung dieses Phänomen muss eine Erkrankung eines N. opticus ausgeschlossen werden, da diese den Ausfall beider Gesichts- feldhälften eines Auges zur Folge gehabt hätte; eine Erkrankung ferner einer Sehsphäre im Gehirn oder eines Tractus opticus würde von dem Ausfalle zweier gleichseitiger Gesichtsfeldhälften, der sog. homogenen Hemianopsie, begleitet sein. Im vorliegenden Falle können nur die gekreuzten Fasern befallen sein, während die ungekreuzten erhalten sind. Der Herd der Erkrankung kann also nur im Chiasma liegen. Bei den bis jetzt gemachten Obductionen von Akromegalie sind in mehreren Fällen Tumoren der Hypophysis, einmal bis zu Hühnereigrösse, beobachtet worden, Da diese unmittelbar hinter dem Chiasma liegt, so kann man annehmen, dass durch einen nach vorn wuchernden Tumor derselben, die inneren gekreuzten Bahnen des Chiasma zur Atrophie gebracht sind, während die äusseren ungekreuzten nur auseinander ge- drängt sind und so die beiderseitige temporale Hemianopsie hervor- gebracht ist. 2) Herr Mikuliez demonstrirt kurz a) Einen Kranken mit geheilter Resectio pylori. b) Einen 17jähr. Knaben mit Verkürzung des einen Beines und Functions-Störung im Hüftgelenk. Der Vortr. führt diese Abnormitäten auf eine kürzere und plumpere Gestaltung des Schenkelkopfes und -Halses zurück, wie sie in Folge schwerer Rachitis zuweilen beobachtet wird. | | | I. Medieinische Abtheilung. 97 3) Herr Röhmann hält einen Vortrag: Ueber die diastatische Wirkung des Blutes und der Lymphe (nach Versuchen von cand. med. M. Bial). Bereits Magendie kannte die Thatsache, dass das Blut die Fähig- keit, Stärke in Zucker umzuwandeln, besitzt. Diese Saccharification geschieht sowohl ausserhalb des Körpers, wenn man Blut oder Blut- serum auf Stärkekleister einwirken lässt, wie innerhalb der Blutbahn nach intravenöser Injection. Diese Beobachtungen wurden von A. Bernard, Hensen, Schiff, v. Wittich, Seegen, R. Böhm und Hoffmann bestätigt und dahin erweitert, dass auch das Blut in entsprechender Weise, wie das Amylum, vom Blute saccharifieirt wird. Eine eingehendere Untersuchung derselben Erscheinung stellten Tiegel und Plösz an. Sie glaubten sich davon überzeugt zu haben, dass ein saccharifieirendes Ferment nicht im Blutplasma gelöst ist, son- dern erst nach einer Zerstörung von rothen Blutkörperchen in dieses übertritt. Wenn trotz alledem der saccharifieirenden Wirkung des Blutes ein wie mir scheinen will, nur sehr geringe Beachtung geschenkt wurde, so hat dies vermuthlich zum Theil seinen Grund in gewissen Angaben von A, Bernard, v. Wittich, Lepine, Seegen u. A., nach welchen das diastatische Ferment überall im Organismus verbreitet sei. Nun hat allerdings Dastre zuerst mit allem Nachdruck darauf hin- gewiesen, dass die älteren Angaben über saccharifieirende Wirkungen deswegen nur mit grosser Vorsicht aufzunehmen sind, weil man in den betreffenden Versuchen keine Maassregeln getroffen hatte, um die Mit- wirkung von Mikroorganismen auszuschliessen. Aber gerade die Dar- stellung Dastre’s könnte leicht zu der Annahme verleiten, dass auch die Saccharification des Amylums durch Blut nur scheinbar durch dieses, in Wirklichkeit aber durch die sich auf ihm ansammelnden Bacterien bedingt sei. Das ist jedoch keineswegs der Fall. In einer grösseren Versuchs- weise habe ich mich in Gemeinschaft mit den Herren cand. med. Heim und Harazim davon überzeugt, dass in dem Blut ein Ferment enthalten ist, welches auch nach Ausschluss jeder Bacterienwirkung Stärke und Glycerin in Zucker umwandeln, Die Versuche, welche Herr cand. med. M. Bial im chemischen Laboratorium des physiologischen Instituts ausführte, bringen weitere Beweise hierfür, Wenn man Blut gerinnen lässt, darauf centrifugirt und nun das Serum auf einen dünnen Stärkekleister überträgt, so lässt sich — auch wenn man unter völliger Asepsis gearbeitet — sehr bald in demselben IA | u 98 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Zucker durch die bekannten Reductionsproben nachweisen. Das Blut- serum wirkt also diastatisch. Um zu untersuchen, ob auch die rothen Blutkörperchen sacchari- fieiren, hebt man das Serum mit der Pipette ab, ersetzt es durch 0,6 pCt. Kochsalzlösung, centrifugirt und wiederholt dann diese Opera- tion noch einmal. Man erhält dann Gemische von Serum und Kochsalz, welche ein ihrem Serumgehalt entsprechendes Saccharificationsvermögen besitzen. Die rothen Blutkörperchen erweisen sich als völlig wirkungslos. Die saccharifieirende Wirkung des Blutserums beruht auf der An- wesenheit eines diastatischen Fermentes. Es ergiebt sich dies daraus, dass die diastatische Wirkung durch Kochen vernichtet wird. Ferner ist der Verlauf der Saccharification ein für eine Fermentwirkung charak- teristischer: Sie ist zu Beginn eine stärkere und verlangsamt sich in dem Maasse, als sich die Producte der Fermentwirkung anhäufen. Fällt man das Serum mit Alkohol, so lässt sich dem Niederschlage das Ferment durch Glycerin entziehen. Dieses Ferment ist von allen bisher bekannten diastatischen Fer- menten insofern verschieden, als es aus Stärke nicht Maltose und Dextrin, sondern als Endproduct nur Traubenzucker bildet: Als Zwischenproduct entsteht ein sich mit Jod rothbraun färbendes Dextrin. Es besitzt die Fähigkeit, Maltose und Achroodextrin (durch Gerste- diastase gewonnen) in Traubenzucker überzuführen. Dasselbe Ferment ist in der Lymphe enthalten. Durch den Beweis, dass in dem Blut ein Ferment enthalten ist, welches die Fähigkeit besitzt, Stärke, Achroodextrin und Maltose in Traubenzucker umzuwandeln, wird es erklärlich, warum im Blut bisher nur Traubenzucker gefunden worden ist. Das Vorkommen eines diastatischen Fermentes in Blut und Lymphe sewinnt eine besondere Bedeutung, wenn man bedenkt, dass die Leber und die Muskeln ein Kohlehydrat (Glycogen) enthalten, welches, sobald es in Berührung mit dem diastatischen Ferment kommt, nothwendig von diesem saccharificirt wird. Das Glycogen liegt in den von Lymphe um- spülten Zellen. Gelangt das Ferment in die Zelle hinein oder kann das Glycogen von der Zelle in den Lymphraum abgesondert werden? Diese Frage ist vor der Hand nicht zu beantworten. Wie dem aber auch sei, so kann für diesen Saccharificationsprocess das Saccharificationsvermögen der Lymphe nicht gleichgiltig sein. Es wurde deshalb untersucht, ob sich nicht Aenderungen im Saeccharificationsvermögen der Lymphe nach- weisen lassen, Hierbei zeigte sich, dass durch dieselben Eingriffe — Injection von Pepton, Obturation der unteren Hohlvene — welche in den jüngst ver- öffentliehten Versuchen Heidenhain’s eine Zunahme des Trockenrück- standes herbeiführen, eine Erhöhung der diastatischen Wirkung der I. Medicinische Abtheilung. 99 Lymphe bewirkt wird. Dieselbe tritt nicht ein nach intravenöser Injec- tion von Kochsalz und nach Unterbindung der Pfortader. Weitere Untersuchungen müssen zeigen, welche Bedeutung diese Beobachtungen für den Saccharificationsprocess innerhalb der Organe haben. 4) Herr Richard Stern theilt mit: Beobachtungen an einem Falle von Tetanus. Es handelt sich um eine 25jährige Arbeiterfrau, welche am 22. August d.J. zum zweiten Male entbunden worden war. Geburt und Wochenbett waren, wie Patientin und ihre Angehörigen angaben, beide Male völlig normal verlaufen. Am 11. Tage nach der Entbindung stellten sich Schlingbeschwerden ein, und bald darauf bildete sich eine, an Intensität rasch zunehmende Kiefersperre aus. Am 13. Tage post partum liess sich Patientin auf die medizinische Klinik aufnehmen. Bei der Aufnahme bot sie ein bereits deutlich, wenn auch noch nicht hochgradig entwickeltes Krankheitsbild dar: charakteristischen Ge- sichtsausdruck, hochgradigen Trismus, starke Nackensteifigkeit, mässigen Opisthotonus. Die tetanischen Anfälle traten zunächst nicht sehr häufig auf. Eine äussere Verletzung war nirgends zu constatiren. Der Uterus war weich, gross, anteflectirt, nirgends empfindlich. Im cavum uteri befand sich noch ziemlich viel Decidua, welche von Herrn Dr. Pfannen- stiel auf Ersuchen des Vortragenden mit der Cürette entfernt wurde, Die ausgekratzten Massen hatten völlig normales Aussehen und zeigten im Besonderen keine Zersetzungs-Erscheinungen. Die Therapie war die gewöhnliche, narkotische. Ausserdem wurde für ausgiebige Ernährung mit Flüssigkeiten gesorgt; dieselbe gelang ‘ mittelst eines durch eine Zahnlücke eingeführten Gummiröhrchens, Die Krankheit machte rasche Fortschritte; schon am zweiten Tage ihres Aufenthalts in der Klinik wurden auch die Muskeln des Bauches und der Extremitäten ergriffen. Am vierten Tage häuften sich die An- fälle, die Temperatur stieg auf 40° es trat Tracheal-Rasseln ein, und in der folgenden Nacht erfolgte der exitus letalis. Bei der am nächsten Morgen (8. September) von Herrn Dr. Bohn- stedt im hiesigen pathologischen Institute vorgenommenen Section ergab sich ausser einer beginnenden Hypostase des rechten unteren Lungen- lappens nichts Besonderes. Mit der intra vitam entnommenen Decidua wurden Uebertra- gungs-Versuche auf Mäuse vorgenommen, Diejenigen Thiere, welche kleinere, etwa erbsengrosse Stückchen subeutan beigebracht erhielten, blieben gesund; diejenigen dagegen, welche etwa doppelt so grosse Stückchen bekamen, erkrankten und starben an typischem Tetanus. Weder durch mikroskopische Untersuchung noch durch Cultur-Versuche (nach Kitasato) liessen sich in der Decidua Tetanus-Bacillen nach- 7* 100 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur, weisen; man muss daher annehmen, dass es sich bei der Uebertragung auf Mäuse nicht um eine Infection, sondern um eine Intoxication handelte, Der negative Bacillenbefund in diesem Falle kann nicht überraschen, da sich die Tetanus-Bacillen nach allen bisher vorliegenden Beobachtungen sewöhnlich nur an der Invasions-Stelle finden; nur ganz ausnahmsweise und vereinzelt scheinen sie auch in den übrigen Organen vorzukommen. Die eigentliche Invasions-Stelle war indess in unserem Falle nicht zu eruiren. Auch fand Kitasato bei seinen Thier-Experimenten mit Rein- culturen des Tetanus-Bacillus, dass die Bacillen sogar an der Impfstelle nur bis 10 Stunden nach der Impfung nachweisbar sind. Unser Fall ist aber offenbar eine reine Infection mit Tetanus, da keine Spur von Eiterung oder Sepsis aufzufinden war. Ferner wurde das (am Tage nach der Aufnahme durch einen Aderlass sewonnene) Blutserum untersucht. Culturen von dem Blute blieben steril. Dagegen erkrankten Mäuse, welche 1 ccm des Serums subcutan injieirt erhielten, an typischem Tetanus; solche, welche 2 ecem bekommen hatten, starben an demselben. Dies ist somit eine Bestätigung der von Kitasato und Nissen erhaltenen Resultate. Vortragender ist mit Untersuchungen über die toxische Wirkung des Blutes bei anderen In- fections-Krankheiten beschäftigt. Ein Uebergang des. Tetanus-Giftes in die Milch oder den Urin war in unserem Falle nicht nachzuweisen. Herr Silbermann richtet an den Herrn Vortragenden die Frage, ob derselbe im Verlaufe seiner Untersuchungen vielleicht auch darüber Aufschluss erlangt habe, in welcher Weise die durch das Tetanusgift produeirterf Toxine das Blut schädigen, ob sie seine körperlichen Elemente oder etwa nur das Serum affieiren? 17, Sitzung vom 27. November 1891. 1) Herr Tietze demonstrirt kurz einen Patienten mit einem Ueber kindskopfgrossen Ranken-Neurom der linken Regio auricularis. (Ausführliche Veröffentlichung vorbehalten.) 2) Die Herren Biermer und Ponfick berichten Ueber eine apoplektische Cyste des linken Stirnlappens, welche sich bei einem 22jährigen Blinden unerwartet gefunden hatte. Pat. hatte an einer Erkrankung des linken Mittelohres gelitten, welche aber bis wenige Tage vor dem Tode ganz unbeachtet geblieben und war nun an diffuser Meningitis purulenta zu Grunde gegangen. Im Hinblick auf den gewaltigen Umfang der Höhle, welche fast das ganze Marklager des linken Stirn- und Scheitellappens einnimmt, glaubt sich der Vortragende berechtigt, eine seit mehreren Jahren beob- ; EEE FREENET N I. Medicinische Abtheilung. 101 achtete Schwäche der rechten Unterextremität, sowie öfters wiederkeh- rendes Kopfweh damit in Zusammenhang zu bringen. Herr Ponfiek demonstrirt hierauf das frische Präparat. Der in Rede stehende Herd wird nur von einem ',—1 Cent. dicken Mantel dicht zusammengepresster Rindensubstanz bedeckt und nach unten hin, gegen die Ventrikelhöhle sich fast bauchig vorwölbend, nur von dem überdies stark verdünnten Ependym begrenzt. Da erin der ausgesprochen motorischen Region liegt, die Präcentralwindung ganz, die postcentrale zu einem guten Theile unterhöhlt, beide aber erheblich verdünnt hat, so zweifelt Herr P. nicht daran, dass die von Herrn Biermer hervor- gehobenen Reizsymptome auf die Druckwirkung seitens der Cystenflüssig- keit zurückzuführen seien. Was die Ursache inrer Entstehung anlangt, so macht Herr P. auf den durch die Anamnese festgestellten Umstand aufmerksam, dass der Kranke in früher Kindheit von einem Windmühlenflügel getroffen zu Boden geschlagen worden sei. Hierauf dürfte sowohl die äussere Narbe, als auch die apoplektische Cyste zurückzuführen sein: letztere in der Weise, dass jene stumpf wirkende Gewalt eine Zerreissung innerhalb der subeortiecalen Schichten der linken Grosshirn-Hemisphäre — ein ohne gleichzeitige Zerstörung der Rindendecke allerdings sehr ungewöhn- liches Ereigniss — erzeugt habe, — Für die Annahme, dass sich ein aus Extravasat und zertrümmerter nervöser Substanz bestehender Bezirk in einen scharf umgrenzten cystischen Sack umgestalte, liegen ja Vor- bilder genug vor. Freilich muss zugegeben werden, dass das weit häu- figer bei „‚pontanen“ als bei traumatischen Blutungen des Gehirns beobachtet wird. Da aber die Wand des Sackes unverkennkare Spuren davon aufweist, dass hier beträchtliche Blutaustritte stattgefunden hatten und da zugleich an verschiedenen Stellen der ihm umgebenden Gewebs- zone ausgedehnte Verkalkung von Ganglienzellen, wie Nervenfasern — eine bekanntlich vor Ailem nach Traumen zu gewärtigende Umwand- lung — wahrzunehmen ist, so glaubt Herr P. gleichwohl, die apfelgrosse Höhle als Ueberbleibsel einer in das Marklager geschehenen Blutung auffassen zu müssen. 3) Herr Neisser hält einen Vortrag: Zur Pathologie und Therapie des Eczems. Die Frage nach dem Wesen und den Ursachen des Eezems hat keineswegs blos für den Dermatologen eine grosse Bedeutung, sondern auch für die praktischen Aerzte im Allgemeinen. Allerdings erwachsen für eine klare Beurtheilung der als Eezem bezeichneten Krankheit da- durch besondere Schwierigkeiten, dass nicht nur die Frage der Aetiologie zu den weitgehendsten Differenzen der Autoren Anlass giebt, sondern ebenso die auf dem rein pathologischen und klinischen Gebiete herrschende 102 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Ungewissheit darüber, welche Dermatosen eigentlich unter den Begriff des Eczems einzubeziehen seien. In Folge der obwaltenden inneren Verschiedenheit der klinischen Standpunkte ist es denn auch zur Zeit kaum möglich, eine Einigung betreffs der Aetiologie herbeizuführen. Auch heute noch können wir nicht umhin, von der alten Hebra’schen Anschauungsweise auszugehen, der Grundlage für die Eezem-Lehre auch der gegenwärtigen Wiener Schule. Sie gipfelt wesentlich darin, dass ebensowohl von aussen wirkende Ursachen typische Eczeme hervorrufen können, als ‚innere‘, in der Constitution, im Nervensystem u. s. w. begründete Momente, welche neben den externen theils direct, theils den Verlauf eines Eczems bestimmend und verändernd zur Geltung kommen. Dieser Doctrin der Wiener Schule steht die wesentlich von französischen Autoren vertretene des constitutionellen Eezems gegenüber, In engem Zusammenhange mit letzterer steht die Lehre vom Alterniren eczematöser Eruptionen mit Erkrankungen der inneren Organe. Ganz besonderes Interesse hat natürlich die von Unna aufgestellte These erweckt, dass alle Eczeme parasitärer Natur seien. Allein auch hier glaube ich, Unna’s Anschauung als viel zu weitgehend zurückweisen zu müssen. Vielmehr halte. ich im Grossen und Ganzen den alten Hebra’schen Standpunkt auch heute noch für maassgebend. Nur das sog. „‚soborrhoische Ecezem‘‘ vermag ich als eine, jedoch ganz eigenartige Mycose aufzufassen. Vielleicht eben darum ist sie indess streng von den ächten Eczemen zu sondern. Auf die Therapie übergehend, darf ich unsere modernen Methoden, bestehend in der Anwendung von Pflaster, Leim, Gelatine und Firnissen als bekannt voraussetzen. Dagegen möchte ich auf einen neuerdings in den Handel gebrachten Stoff aufmerksam machen, das Tumenol, welches ich lebhaft empfehlen kann. (Der ausführliche Vortrag kommt im Sitzungsbericht des III. Leipziger Congresses der Deutschen Dermatol, Gesellschaft, Wien 1892, zum Abdruck.) An der Discussion betheiligen sich kurz die Herren Heiden- hain, Neisser, Friedr. Müller und Schmeidler. 18. Sitzung vom 4. December 1891. 1) Herr Tietze demonstrirt das Präparat des Rankenfibroms, welches dem in der vorigen Sitzung vorgestellten Patienten inzwischen exstirpirt worden ist. 2) Herr Viertel hält einen Vortrag: Ueber Cystoskopie. Meine Herren! Gestatten Sie mir, Ihnen zuerst einen kurzen geschicht- lichen Ueberblick über die noch junge Speeialität der Cystoskopie zu I. Medicinische Abtheilung. 103 geben und denselben durch die grossen, vor Ihnen aufgehängten Wand- bilder zu unterstützen. Sie zeigen Ihnen einestheils die innere Einrich- tung des Cystoskopes, dessen optischen Apparat und die Bewegungsweise des Instrumentes innerhalb der Blase, wodurch in schulgerechter Weise das sanze Blaseninnere schrittweise zur Anschauung gebracht werden kann. Ferner sehen Sie hier die Gleichgewichtslage des Cystoskopes sowohl im normalen, wie in dem durch Prostatahypertrophie veränderten Organe anschaulich versinnlicht. Die moderne, durch Nitze begründete Methode der Cystoskopie stützt sich auf 2 Neuerungen von grosser Tragweite: einmal auf die Einführung der elektrischen Lichtquelle in die Blase, sodann aber auf den im Rohre des Instruments befindlichen optischen Apparat, welcher das Gesichtsfeld, das ohne ihn nur gleich dem Quer- durchmesser des eingeführten Rohres sein würde, auf eine Fläche von der Grösse eines silbernen Fünfmarkstückes erweitert, Erlauben Sie mir nunmehr, Ihnen an der Hand von anatomischen Präparaten, Gypsabgüssen und Wandbildern kurz die anatomischen Ver- hältnisse der Blase ins Gedächtniss zurückzurufen, in erster Linie die des Blasenbodens und der Ureterenwülste, welche der Blase ihre Physiognomie aufprägen. Was nun die Technik der eystoskopischen Untersuchung anlangt, so kommen für deren erfolgreiche Ausführung zunächst drei Grundbedin- sungen in Betracht: Durchgängigkeit der Harnröhre für das einzufüh- rende Instrument, Ausdehnungsfähigkeit der Blase bis auf 100—150 cemtr. und Klarheit des Inhaltes. Um der ersten dieser Bedingungen genügen zu können, habe ich in einem Falle von abnormer Schlankheit der Urethra durch einen Damm- schnitt die Pars nuda der Urethra freigelegt und sie nach Längseröffnung in die Hautwunde eingesäumt. Jetzt konnte ich das Cystoskop bequem in die Blase führen. Dieses Verfahren, das in der Enge der Harn- röhrenliehtung liegende Hinderniss zu überwinden, ist meines Wissens von mir zum ersten Male vorgeschlagen und angewendet worden. Auf Grund einer brieflichen Mittheilung des Herrn Nitze an mich kann ich übrigens mittheilen, dass die bisher ca. 22 Charriere messenden Cystoskope in Zukunft auch in einem Kaliber von 15 Charriere construirt werden sollen: eine Neuerung, die gewiss mit Freuden zu begrüssen ist. Die durch Prostatahypertrophie erwachsenden Schwierigkeiten be- stehen hauptsächlich darin, dass der Blasenboden, besonders der soge- nannte Bas fond sehr schwer zugänglich ist. Da das Cystoskop nicht dem Blasenboden genähert werden kann, so möchte ich vorschlagen, den Blasenboden dem Cystoskope durch einen in’s Reetum eingeführten Petersen’schen Ballon zu nähern, Bei der Ausübung der Cystoskopie wird man durch Geduld und Zartheit die Untersuchung oft auch in Fällen durchführen können, wo 104 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. sie von anderer Seite für unausführbar erklärt worden ist. Letzterer Begriff ist eben nicht minder relativ, wie in gewissen Grenzen der einer „impermeablen“ Strietur. Ehe ich den enormen Fortschritt, der durch die Cystoskopie in der Erkenntniss der Blasenerkrankungen geschaffen worden ist, im Einzelnen darlege, möchte ich nicht unterlassen, Ihnen an der Hand der bezüg- lichen Abbildungen die Verhältnisse der normalen und kranken Blase, die Action der Ureteren, die Befunde bei Fremdkörpern, Steinen und Blasengeschwülsten zu erläutern. Was nun die Beschaffenheit des Urins betrifft, so sind die daraus abzuleitenden Zeichen so wichtig, dass eine Harnanalyse stets das Erste der Krankenuntersuchung bleiben sollte. Zweifellos giebt sie uns für viele Fälle, aber nicht für alle, ausreichenden Aufschluss, denn man kann es einem rothen Blutkörperchen, einem 'Tumorpartikelchen, einem Tuberkelbaeillus natürlich nicht ansehen, aus welchem Theile der Harn- wege sie stammen. Vonallenam Kranken selbst anwendbaren Unter- suchungsmethoden aber ist die Cystoskopie weitaus die schonendste und weitaus die überlegenste. Handelt es sich doch um eine Exploration, welche nicht schwerer wiegt, als die Einführung einer Steinsonde, wäh- rend alle anderen der Reihe nach immer eingreifender und differenter sind. Es ist ferner eine Methode, welche die Anwendung des höchsten der fünf Sinne, des Gesichtssinnes, gestattet, welche uns also nicht blos über die Frage: ob die Blase oder ein anderer Theil des Harntractes erkrankt sei, Aufschluss giebt, sondern auch genau Sitz, Grösse, Gestalt und Farbe eines Geschwüres, Steines, Fremdkörpers oder einer Geschwulst innerhalb der Blase erkennen lässt. So wird die Frühdiagnose der Blasen- tumoren sicherlich für viele Kranke eine lebensrettende That werden. Aber auch die Steinzertrümmerung hat durch die Cystoskopie erst ihren Abschluss erhalten. Nimmt man einige Zeit nach der Operation die Ableuchtung der Blase vor, so vermag man unschwer, zurückgeblie- bene kleine Fragmente zu entdecken und durch deren baldige Entfernung späteren Recidiven vorzubeugen. Indess sogar über die Blase hinaus, für die Nieren-Chirurgie, giebt die Methode Antwort. Sie zeigt, ob ein oder zwei Ureteren da sind, ferner, ob dieselben Harn, ob klaren oder trüben, oder aber Blut resp. Eiter ab- sondern und gestattet so, wie bei der bekannten Patientin von Senator, ein bestimmtes und rasches Urtheil in den schwierigsten Fällen. Wie Nitze in therapeutischer Hinsicht die intravesicale, d. h. ohne blutige Wröffnung der Blase bewerkstelligte Operation der Tumoren, deren Ent- fernung per vias naturales als das — von ihm grösstentheils schon erreichte — Ideal der Cystoskopie bezeichnet hat, so möchte ich in diagnostischer Beziehung die unter Leitung des Auges vorzunehmende Katheterisirung eines Ureters als den anzustrebenden Schlussstein des 0 Es N ES EN SEE EEE I. Medieinische Abtheilung. 105 Gebäudes bezeichnen. Auf letzterem Wege und nur auf ihm lässt sich in prompter Weise der „Befähigungsnachweis“ einer fraglichen Niere erbringen, erforderlichen Falles für die andere mit ausreichendem Erfolge einzutreten. Auch bei anderen mit Wasser anzufüllenden Körperhöhlen möchte ich rathen, das Cystoskop anzuwenden, z. B. bei Echinococceneysten, um durch dasselbe im Verlaufe der Heilung die Abstossung der Blasen etc. zu controliren. Zum Schluss gestatte ich mir noch, an dem neuesten, einer nor- malen Blase genau nachgebildeten Phantome (gleichwie die Instrumente, gefertigt vom Instrumentenmacher Hartwig in Berlin) das Blutspritzen eines hämaturischen Inhalt führenden Ureters zu demonstriren, ebenso die klare Art und Weise, in der das Cystoskop Lage, Gestalt, Farbe und Grösse eines Blasensteines erkennen lässt. 19. Sitzung vom 11. December 1891. 1) In der Diseussion über den Vortrag des Herrn Viertel über Cystoskopie bemerkt Herr Richter: Die Mittheilung dürfte von allgemeinerem Interesse sein, dass es Nitze in der neuesten Zeit gelungen ist, ein Operations-Cystoskop zu eonstruiren, mit dem er im Stande ist, in der beleuchteten Blase unter directer Leitung des Gesichtssinnes die mannigfachsten chirurgischen Eingriffe vorzunehmen. So kann er Aetzungen, Abschnü- rungen mit dem Drahte, Abquetschungen mit der Zange ausführen, kleinste Fragmente von Steinen oder Fremdkörpern fassen und entfernen und Aehnl. Die zangenartige Vorrichtung eines solchen Instruments bei- spielsweise liegt beim Ein- und Ausführen dem Beleuchtungsrohre eng an. In der Blase angelangt, werden ihre Branchen durch besondere Mechanismen frei gemacht, worauf man mit ihnen unter Vermittlung eines Hebels die vom Auge controlirten exactesten Bewegungen soll machen können. In entsprechender Weise sollen auch die zum Aetzen, Abschnüren u. s. w. bestimmten Apparate construirt und mit dem eigent- lichen Cystoskop in Verbindung gebracht sein. — Freilich vermögen erst die Erfahrungen in der Praxis den Werth der‘ neuen Instrumente in vollem Maasse festzustellen. Weiter betheiligen sich: Herr Mikulicz, Neisser, Viertel und Rosenfeld, 106 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 2) Herr Neuberger spricht: „Ueber die sogen. Carunkeln der weiblichen Harnröhre.“ Meine Erfahrungen stützen sich auf 12 Fälle sogen. Carunkeln oder Polypen der weiblichen Harnröhre, welche ich auf der Klinik des Herrn Prof. Neisser beobachtet habe. Während ich in Bezug auf Vorkommen und Sitz, Form und Farbe dieser Gebilde, ebenso betreffs ihrer klinischen Symptome und der Diffe- rential-Diagnose den bekannten Thatsachen nichts wesentlich Neues hinzuzufügen vermag, muss ich hinsichtlich des histologischen Befundes auf einen interessanten Punkt aufmerksam machen. Bei der mikrosko- pischen Untersuchung eines Polypen nämlich, welcher einer an acuter Urethral-Gonorrhoe leidenden Patientin exstirpirt worden war, erhielt ich folgendes Ergebniss: Im Lumen zahlreich vorhandener Drüsen und zwar auf abgestossenen Epithelien und Eiterkörperchen, sowie zwischen und auf den Zellen der Drüsenwandung stiess ich auf eine Unzahl bald kleinerer, bald grösserer Haufen typischer Gonococcen, wie Sie sich in den vor- gelegten Präparaten überzeugt haben. Auf solche Weise wird es leicht begreiflich, dass die Gonorrhoe in jenem Falle erst nach Entfernung der Carunkel zur Heilung gelangte. Denn offenbar waren von den Drüsen aus immer von Neuem Gonococcen auf die umgebenden Schleimhautflächen übergewandert. Im Hinblick hierauf glaube ich, dass den in Rede stehenden Ge- wächsen eine grössere Bedeutung zuerkannt werden müsse, als das bisher geschehen ist. Vor Allem aber bin ich der Meinung, dass immer ihre operative Entfernung geboten sei, um damit alle verborgenen Gonococcen- Brutstätten wegzuschaffen. 3) Herr Kaensche theilt das Ergebniss mit von: Untersuchungen ‚über das functionelle Resultat von Operationen wegen Carcinoma pylori. Im Anschluss an den von Herrn Mikuliez im November d. J. vor- gestellten Fall von Pylorusreseetion wegen Careinoma pylori erlaube ich mir, Ihnen heute zwei andere Patienten der kgl. chirurgischen Klinik, welche ebenfalls wegen Careinoma ventriculi operirt worden sind, zu demonstriren, Bei dem einen Patienten, einem 4ljährigen Arbeiter, ist am 9. Mai d. J., also vor 7 Monaten, die typische Pylorusresection ausgeführt worden, während bei der anderen Patientin, einer 25jährigen Frau, bei welcher das Carcinom auch einen grossen Theil der kleinen Curvatur ergriffen hatte, am 31. Juli d, J. die Gastero-Enterostomie nach v. Hacher gemacht worden ist. I. Medicinische Abtheilung. 107 Im Auftrage des Herrn Geheimrath Mikulicz habe ich bei diesen 3 Patienten, sowohl vor der Operation, wie auch in verschiedenen Zwischenräumen nach derselben, den Magen hinsichtlich seiner Functions- fähigkeit geprüft, und zwar erstreckten sich die Untersuchungen auf die secretorische, die resorbirende und die motorische Thätigkeit desselben. Zur Feststellung der secretorischen Verhältnisse erhielten die Patienten entweder ein Probefrühstück nach Ewald oder eine Probe- mahlzeit nach Leube-Riegel. Das Frühstück wurde nach 40—45 Minuten ausgehebert, die Probe- mahlzeit nach 2!/, Stunden. Der so gewonnene Mageninhalt wurde dann filtrirt und das Filtrat hinsichtlich seiner chemischen Beschaffenheit und seiner eiweissverdauen- den Kraft untersucht. Die Reaction des Magensaftes war stets sauer, die Acidität betrug im Minimum 22, im Maximum 44. Freie Salzsäure konnte in keinem Falle nachgewiesen werden. Die Verdauungsversuche, die mit feinen Scheibchen von gekochtem Hühnereiweiss angestellt wurden, ergaben nur bei der einen Patientin, an welcher die Pylorusresection ausgeführt worden ist, bei Zusatz des gleichen Volumens einer 0,2 °/, Salzsäurelösung zum filtrirten Magen- safte ein positives Resultat. Im Uebrigen war bei den beiden anderen Patienten das Resultat sowohl mit, als auch ohne Salzsäurezusatz stets negativ. Zur Prüfung der resorbirenden Thätigkeit der Magenschleimhaut wurde den Patienten Jodkalium in Dosen von 0,5 gr in Gelatinekapseln verabreicht und der Speichel auf freies Jod geprüft. Am frühesten trat dasselbe nach 12, am spätesten nach 18 Min. auf; eine Verzögerung der Norm gegenüber konnte also nicht nachgewiesen werden, Die motorische Thätigkeit wurde in der Weise bestimmt, dass die Patienten Probemahlzeiten erhielten. Es wurde dann durch Ausspülungen die Zeit festgesetzt, innerhalb welcher die Ingesta den Magen verlassen hatten. In dieser Beziehung waren die Verhältnisse nach der Operation grundverschieden von denen vor derselben, Vor der Operation wurden bei jedem der 3 Patienten durch Magen- ausspülungen Reste von Speisen entfernt, die nachweislich Tagelang im Magen verweilt hatten. In den ersten Wochen nach der Operation bestand ebenfalls noch eine erhebliche motorische Insufficienz des Magens. Dieselbe ist aber im Laufe der inzwischen verflossenen Zeit bei den beiden Patienten, an denen die Pylorusreseetion ausgeführt worden ist, vollständig, bei der Patientin mit der Gastero-Enterostomie bis auf ein geringes Maass ver- schwunden. Bei ersteren ist der Magen 5'/), bis höchstens 6'/, Stunde nach eingenommener Probemahlzeit vollständig leer, bei letzterer fanden 108 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. sich auch noch 7 Stunden nachher, allerdings nur unbedeutende Reste der aufgenommenen Nahrung. In der hierüber eröffneten Discussion äussert Herr Werther: Ich möchte den Vortr. auf einen Punkt seiner Versuchsanordnung bei der Bestimmung der secretorischen Verhältnisse des Magens vor der Operation aufmerksam machen, der mir nicht ganz einwandfrei erscheint. Er hat nach der üblichen Probemahlzeit, bei der reichlich Flüssigkeit (1 Tasse Brühe und 1 Glas Wasser) mitgegeben wurde, nur 2'/, Stunden bis zur Ausheberung verstreichen lassen und mit der so gewonnenen Flüssigkeit seine Untersuchungen angestellt. Nun glaube ich nach meinen eigenen Erfahrungen sowohl, als nach den Angaben Riegels u. A., dass man selbst beim gesunden Magen nach so kurzer Zeit oft nur einen durch die Ingesta erheblich verdünnten Magensaft erhalten wird, wobei man sich dann nicht wundern könnte, selbst bei normaler Salzsäure- secretion die üblichen Reactionen nicht mehr zu erhalten, In weit höherem Maasse wird nun diese Fehlerquelle bei Pylorus-Careinomen zu berücksichtigen sein, wo sich der Entleerung des Magens grosse Hindernisse in den Weg stellen. Ich glaube daher, dass man, um Magensecret zu erhalten, die Magenausheberung erst später vornehmen darf, als es Herr Kaensche gethan hat, eventuell, um den Einfluss der eingeführten Flüssigkeiten auszuschliessen, eine Probemahlzeit ohne dieselben oder mit nur sehr geringen Flüssigkeitsmengen geben kann. In manchen Fällen dürfte auch die Ausheberung des nüchternen Magens besser zum Ziele führen. Einen anderen Punkt betreffend, glaube ich durch zwei von mir im Wenzel-Hancke’schen Krankenhause beobachtete Fälle die Angabe unter- stützen zu können, dass die Eiweissverdauung bei Ausfall der verdauen- den Kraft des Magens vom Darm vollkommen geleistet werden kann. Beide Patienten hatten einen fast pepsinfreien, ausserordentlich pepsin- armen Magensaft bei gut erhaltener motorischer Kraft des Magens. Die Fleischnahrung wurde nach normaler Zeit, jedoch unverdaut, in den Darm weiterbefördert, wobei der letztere, nach dem guten Ernährungszustande der Kranken zu schliessen, vikariirend eingetreten sein dürfte. Dieser Zustand wurde in beiden Fällen nicht vorübergehend, sondern durch längere Zeit beobachtet. Hierauf erwidert Herr Kaensche: Was den ersten Punkt anbetrifft, so habe ich die Probemahlzeit deswegen 2!/, Stunden, nachdem sie ein- genommen worden war, ausgehebert, weil ich der allgemeinen Ansicht zufolge annahm, dass die Salzsäurereaction im Magen um diese Zeit am stärksten sei, dass also dann das Auftreten freier Salzsäure, die ich allein nachweisen wollte, am sichersten zu erwarten sei. were 1. Medicinische Abtheilung. 109 Hinsichtlich der vom Herrn Vorredner bemängelten Anordnung der Probemahlzeit möchte ich bemerken, dass man allenfalls das zur Mahl- zeit verabreichte Glas Wasser fortlassen könnte. Die eingeführte Bouillon, die hauptsächlich als Vehikel der verabreichten feinen Graupen diente, erscheint mir deswegen unerlässlich, weil sie erfahrungsgemäss einen erheblichen Reiz auf die Secretion der Magenschleimhaut ausübt. Uebrigens habe ich, bevor ich noch die systematischen Versuche begonnen habe, in Gemeinschaft mit Herrn Dr. W. von Noorden, bei dem einen der 3 Patienten, dem im Mai operirten Arbeiter, auch Ver- dauungsversuche vorgenommen, bei denen abwechselnd mit Flüssigkeit und ohne solche experimentirt worden ist. Das Resultat war hinsichtlich des Nachweises der freien Salzsäure stets negativ. Andererseits ist man wohl berechtigt anzunehmen, dass bei der durch Versuche von mir nachgewiesenen ungestörten Resorptionsfähigkeit der Magenschleimhaut bei allen 3 Patienten ein ganz erheblicher Theil der eingeführten Flüssigkeitsmenge innerhalb der erwähnten 2/, Stunden resorbirt wird, Zum letzten Punkte möchte ich endlich bemerken, dass die von dem Herrn Vorredner bei darniederliegender secretorischer und wohl erhaltener motorischer Function des Magens hervorgehobene gute Ver- werthung der Nahrungsmittel durch den Darm mit den auch von mir beobachteten Erscheinungen, was Zunahme des Körpergewichtes, gutes Aussehen der Patienten etc, betrifft, übereinstimmt. | 4) Bei der nunmehr erfolgten Neuwahl der Secretäre werden auf Vorschlag des Herrn Heidenhain, statt Zweier künftig 5 zu be- stimmen, gewählt die Herren Fritsch, Ponfiek, Born, Buchwald und Mikulicz. Sitzung der Section für öffentliche Gesundheitspflege im Jahre 1891. In der Sitzung am 13. November sprach Herr Professor Dr. H. Cohn über Geschichte und Kritik der Breslauer Schulhygiene. I. Meine Herren! Zunächst habe ich um Entschuldigung zu bitten, dass ich bei der Geschichte der Breslauer Schulhygiene öfter von mir selbst sprechen muss; allein es geschieht dies nur darum, weil ich jahrzehntelang Gegen- stand der öffentlichen Angriffe für meine Bemühungen um das Wohl unserer Schuljugend gewesen bin. Sollte den älteren der anwesenden Herren vieles von dem, was ich geschichtlich mittheilen werde, bekannt sein, so bitte ich dies auch zu verzeihen; die Geschichte kann ja nichts an sich Neues bringen, und doch ist ein Rückblick selbst für den, welcher eine kampfreiche Zeit mit durchlebt hat, mitunter gar nicht so uninteressant. Am 13. November 1865, also gerade heute vor 26 Jahren, habe ich in diesem Saale meine ersten Mittheilungen über die Augen der Schulkinder gemacht, und seit diesen 26 Jahren habe ich mich, so oft ich auch über Themata aus der Schulhygiene hier vorgetragen, doch stets der vollkommensten Unterstützung wenigsteus seitens der schle- sischen Gesellschaft zu erfreuen gehabt betrefis der Bestrebungen, deren Erfüllung ich mir zur Lebensaufgabe gemacht. In Breslau hatte sich bis zum Jahre 1865 niemand um Schulhygiene gekümmert. Die Schultische machte der Tischler und setzte sie hin, wie es ihm gerade passte; alle Kinder derselben Klasse sassen an demselben Tische. Irgend eine bestimmte Entfernung von Bank und Tisch gab es nicht; alles war willkürlich und zufällig. Auf Fenstergrösse achtete kein Mensch. Die finstersten und schmutzigsten Lokale dienten häufig als Schulzimmer; die Lehrer hatten sich nie darüber beklagt. Ein ärztlicher Fuss hatte nie eine Breslauer Schule betreten. I. Medicinische Abtheilung. 111 Daher war auch das Erstaunen der Lehrer und Schüler so gross, als ich im Jahre 1865 anfing, die Klassen ärztlich zu inspieiren, wobei ich mich freilich des liebenswürdigsten Entgegenkommens seitens des Herrn Oberbürgermeisters Hobrecht und der Directoren zu er- freuen hatte. Meine ersten Untersuchungen begann ich hier bei einem befreundeten Rector, dessen Hausarzt ich damals war. Es war die schauerliche Schule in der Weissgerbergasse, — die freilich noch heute an demselben Platze steht! Der unvergessliche Professor Göppert, damals Präses unserer Ge- sellschaft, dem ich die Resultate meiner Beobachtungen an den ersten 1000 Schulkindern mittheilte, sagte sofort, die Sache sei nicht gleich- giltig, und veranstaltete von Seiten der pädagogischen Section am 13. November 1865 eine Versammlung von Lehrern, Aerzten und Be- hörden in diesem Saale, die so stark besucht war, dass die Nebensäle geöffnet werden mussten. Ich trug hier meine Befunde bezüglich der Augen und der Körper- srössen der Kinder sowie der Schultische und der Fenster vor und schloss mit den Worten: „Weitere Untersuchungen an noch mehreren 1000 Kindern müssen allerdings erst die vorläufig festgesetzten That- sachen erhärten; alsdann aber müsste eine gemischte Commission von Aerzten und Schulmännern die Frage über Einrichtung neuer Schulen reiflich diskutiren,“ Darauf bat ich diejenigen Reetoren, welche mir Untersuchungen in ihren Schulen gestatten wollten, mir ihre Namen aufzuschreibeu, erhielt aber so viel Einladungen, dass ich gar nicht allen Folge leisten konnte, sondern im März 1366 meine Untersuchungen abschloss, nachdem ich 10 060 Kinder in 166 Klassen geprüft hatte. Als sich die ersten Mittheilungen durch immer neue Prüfungen zu Gesetzen über die Zunahme der Kurzsichtigkeit nach Schulkategorien und nach Klassen gestaltet hatten, wurde am 15. Januar 1866 hier eine Commission ernannt, welche zunächst Vorlagen über die Verbesserung der Schulzimmer machen sollte. In diese Commission wurden ge- wählt 4 Rectoren von Elementarschulen, die Herren Seltzsam, Kühn, Stütze und Dittrich, 3 Lehrer höherer Anstalten, Professor Marbach, Rector Bach (jetzt Director des Falk-Realgymnasiums in Berlin) und Öberlehrer Meister, und 4 Aerzte: Geheimrath Göppert, Professor Förster, Dr. Asch und ich. Diese Commission einigte sich zunächst darüber, dass über allen pädagogischen Rücksichten die der Gesundheit ständen, dass daher das übliche Certiren aufhören müsse, damit die Kinder nach ihrer Grösse gesetzt werden könnten; dann machte sie über passende Subsellien und helle Beleuchtung der Schulzimmer Vorschläge, welche am 29. Januar 112 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 1866 ohne Aenderung von der pädagogischen Section angenommen wurden. Der Druck dieser Vorschläge verzögerte sich bis März, wo dieselben unter dem Titel „Zur Verbesserung der Schulzimmer“ an die Behörden von der schlesischen Gesellschaft abgeschickt wurden. 12, Diesem Promemoria lagen aber nicht allein meine persönlichen Beobachtungen in den 166 Klassen von 33 Breslauer Schulen zu Grunde, sondern auch eine Menge von Klagen, welche seitens der Lehrer über die Dunkelheit anderer Klassen, die ich nicht gesehen hatte, einliefen. Die Denkschrift ist abgedruckt im Jahresbericht unserer Gesellschaft für 1866 und in meiner Schrift: „Untersuchung der Augen von 10 060 Schulkindern“, Leipzig, 1867. Dort heisst es bezüglich der Lichtverhältnise: „Am un- günstigsten sind gelegen auf der Weissgerbergasse Schule No. 2 und auf der Harrasgasse Schule No. 5, und muss hier das Winkel- zimmer für die 3. Klasse als vollständig unbrauchbar bezeichnet werden. In den hier genannten Schulen haben sich die meisten kurz- sichtigen Schüler vorgefunden; deshalb erscheint die Verlegung aus diesen engen Gassen auf freie Plätze oder breite Strassen als dringend geboten.“ Das schrieb die schlesische Gesellschaft 1866; heute, nach 25 Jahren, wird in diesen Schulen noch Unterricht ertheilt! Ausserdem wurden noch eine Reihe anderer Schulen als nicht ausreichend hell bezeichnet, darunter 5 Klassen auf der Nikolai- strasse und einige Vorklassen für das Magdalenen- und Elisabeth- gymnasium, welch letztere später, allerdings nur für einige Jahre, in noch dunklere Lokale verlegt wurden. In der erwähnten Denkschrift heisst es: ‚In vielen dieser Klassen ist es so dunkel, dass im Winterhalbjahr in den ersten Morgen-, so- wie in den Nachmittagsstunden Lesen und Schreiben unterbleiben muss. Ausserdem wird dadurch die Aufrechterhaltung einer guten Diseiplin wesentlich erschwert, wenn nicht geradezu unmöglich. Durch An- bringung neuer, event. Vergrösserung vorhandener Fenster dürften sich die meisten der namhaft gemachten Lehrzimmer in einen brauchbaren Zustand versetzen lassen. Auch hat sich gezeigt, dass in Strassen gelegene Parterrelokale zu Lehrzimmern wenig oder gar nicht geeignet sind.“ Nun ist es doch interessant zu sehen, in welchem Tempo die hygienischen Verbesserungen in solehen Schulen, die vor 25 Jahren als die allerschlechtesten bezeichnet wurden, hier in Breslau vor sich gehen, 25 Jahre hat es gedauert, bis endlich in der aller- finstersten Klasse in der Harrasgasse die Fenster etwas vergrössert 1. Medicinische Abtheilung. 113 wurden, aber auch nur in einer Klasse, und zwar jetzt vor kurzem, 25 Jahre hat es gedauert, bis man in der Nikolaistrasse die Fenster verbreiterte und vergrösserte. Und auf denjenigen, der die Geschichte der Breslauer Schulhygiene schreibt, macht es wirklich einen merk- würdigen Eindruck, wenn er in dem neuesten officiellen Bericht des Stadtschulinspectors, Herrn Dr. Kriebel, für das Jahr 1890/91 liest: „9 Schulen besitzen noch lichtarme Zimmer; die Schulen 11 und 17 am Wäldehen und 14 an der Harrasgasse sollen von den beiden Uebeln der Liehtarmuth und des Strassenlärms, mit denen sie in er- höhtem Maasse behaftet sind, durch Verlegung befreit wer- den.‘ Also endlich nach einem Vierteljahrhundert!! Ich wünschte wohl, dass die Spitzen der Schulverwaltung an einem trüben Vormittage verschiedene Breslauer Parterreklassen besuchen möchten; dann werden sie mir beistimmen, dass ich derartige Räume als „Schulhöhlen“ zu bezeichnen das Recht hatte. Auch der neueste officielle Bericht des anderen Stadtschulinspectors, Herrn Dr. Handloss, sagt: „Es müssen auch fernerhin noch mancher- lei Ucbelstände ertragen werden, wie z. B. in den Gebäuden Nikolai- strasse 63, Klosterstrasse 77 und am Wäldchen.‘“ Ich kann durchaus nicht zugeben, dass man innerhalb 25 Jahren nicht im Stande gewesen wäre, diese allerschlimmsten Lokale zu be- seitigen oder wenigstens die Fenster derselben zu vergrössern, oder in anderen Schulen auf flackernde Gasflammen die nöthigen Cylinder und Schirme zu setzen. Es fehlte eben der immer wieder auf Ver- besserungen dringende Schularzt. Auch bei der mildesten Beurtheilung wird man zugestehen müssen: „Dieses Tempo der Beseitigung der schlechtesten Lokale zeugt nicht von warmem Interesse für Schulhygiene.“ Auch sonst wurde das Promemoria der schlesischen Gesellschaft, welches den Behörden übersendet worden war, wenig berücksichtigt. Die Denkschrift hob besonders hervor, dass die Verlegung der Schulen von engen Gassen auf breite Strassen und freie Plätze dringend geboten sei, und doch baute die Stadt, obgleich auf die ganz schlechten Licht- verhältnisse des Magdalenen- und Elisabethgymnasiums wiederholt auf- merksam gemacht war, das neue Magdalenaeum genau wieder an die alte Stelle vor die hohe Kirche und setzte noch dazu über das Portal mit grossen Buchstaben die Inschrift: „An dieser Stelle von Grund aus neu erbaut 1867. III. Auch die Vorschläge, welche die Denkschrift betreffs körpergerechter Subsellien gemacht, fanden keine Beachtung; nur der für die Reform schon damals begeisterte Director Fickert, der freilich in seinem finsteren Elisabethgymnasium am meisten zu leiden hatte, liess neue 09 8 I 47 114 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Bänke anfertigen. Dagegen zeigte sich bei der Möblirung des neuen Johannesgymnasiums 1872, dass die Schuldeputation gerade die Wünsche der schlesischen Gesellschaft nicht erfüllte. Ich hielt daher am 31. Januar 1873 vor der vereinigten pädagogischen und medieinischen Sektion einen Vortrag „über die Subsellien im neuen Johannes- gymnasium‘‘ und wies nach, wie grade dort den richtigen, allgemein angenommenen Prineipien nicht Rechnung getragen worden sei. In den 3 Elementarklassen und in Sexta hatte man dasselbe Modell aufge- stellt, obgleich die Körpergrösse der Kinder in diesen Klassen um fast ?/, Meter schwankte, also 3 Modelle nöthig waren. Von Quinta bis Prima war in jeder Klasse nur eine Subselliengrösse vorhanden. Ich hatte am 12. December 1872 die 469 Schüler des Gymnasiums ge- messen und Knaben von 25—60 Centimeter Grössenunterschied an dem- selben Tische sitzen sehen. Dass dies in einem neuen Gymnasium möglich sei, bezeichnete ich als unverantwortlich. Ferner zeigte ich, dass alle neuen Bestrebungen, die darauf ge- richtet waren, die Bank beim Schreiben an den Tisch heranzubringen, eine negative Schreibdistanz zu schaffen, hier bei der städtischen Schulbehörde gescheitert waren. Nur der Schultisch des Schulrath Bock in Königsberg wurde von der hiesigen Schuldeputation für richtig con- struirt erachtet. Für den Schulrath Bock erledigte sich die alle Aerzte und Fabrikanten damals bewegende Frage, wie man am besten eine negative Distanz schaffen könne, „einfach“ dadurch, dass die Kinder wegen der positiven Distanz von Bank und Tisch beim Schreiben auf der Bank nach vorn rutschen sollten. Dass dabei kein Sitzen, sondern ein Hocken stattfindet, welches schleunigst zum Zerfall der Haltung führen muss, hatte der Schulrath Bock nicht gesehen. Mit diesem neuen „zweckmässigen Schultisch“ des Herrn Bock, der aber in der Hauptsache der alte schädliche Tisch mit 3—4 Zoll Plus- distanz war, hatte man das neue Johannesgymnasium ausgestattet. Die von mir damals aus Spott gebrauchte Bezeichnung „Bock’sche Hock- bank“ ist später von anderen Autoren als wirkliche Benennung jenes Möbels in die Litteratur eingeführt worden. Dem Schulrath Bock war es mehr darum zu thun, dass die Schüler stramm aufstehen konnten, wenn der Lehrer eintrat; mochten sie dann lieber krumm sitzen! Aber nicht allein das Johannesgymnasium war mit diesem gräss- lichen Modelle versehen worden, auch die anderen neuen Schulen sollten damit bedacht werden, wie im December 1872 in der Stadt- verordnetenversammlung officiell mitgetheilt wurde, obgleich diese ausdrücklich den Wunsch ausgesprochen hatte, dass die modernen rich- tigen Prineipien bei der Anfertigung neuer Schultische zur Anwendung kommen möchten. I. Mediecinische Abtheilung. 115 Jenen Vortrag in der vereinigten medicinischen und pädagogischen Section am 31. Januar 1873 schloss ich daher mit den Worten: „Sind die pädagogischen Gründe für die Wiedereinführung des alten über- wundenen Standpunktes wirklich so stringent, so erkläre man doch ein- fach und offen, dass diese Gründe den Lehrern und Behörden wich- tiger seien, als die Erhaltung der Gesundheit der Kinder, bemäntle aber nicht die Sache damit, dass man ausruft, man mache Versuche mit einem neuen Bock’schen System, das nichts weiter ist als der alte schädliche Tisch.“ Dieser Vortrag führte dazu, dass sogleich eine Commission von Aerzten gewählt wurde, welche mit der Schnldeputation gemeinsam Beobachtungen über das Sitzen an verschiedenen Schultischen anstellen und dann über gute neue Subsellien berathen sollte. In diese Com- mission wurden Professor Förster, Professor Auerbach, Dr. Asch und ich gewählt. Was die gemeinsamen Beobachtungen anbetrifft, so sind wir nur ein einziges Mal im Februar 1873 zusammen mit Herrn Stadt- schulrath Thiel eine halbe Stunde lang in einer Klasse des Johannes- gymnasiums und eben so lange in einer Klasse einer Volksschule, welche Bänke mit Nulldistanz hatte, gewesen. Auch in diesen sassen Kinder von ganz verschiedenen Grössen an demselben Modell, und ich verwahrte mich sofort vor der etwaigen Schlussfolgerung, dass, weil auch hier die Haltung schlecht sei, das Princip des Heranrückens der Bank an den Tisch ein falsches wäre. Indessen man hielt das Studium dieser wichtigen Frage durch Beobach- tungen von '/, Stunde Dauer für erledigt. Gleich in den ersten Sitzungen der Deputation, denen ich beiwohnte, wurde geltend gemacht: „Auf die paar Zoll Distanz beim Schreiben käme es gar nicht an.“ Dagegen würde das schnelle Aufstehen gehindert, wenn die neuen Bänke kämen. Ich wurde über- stimmt, da die Mehrzahl ja Pädagogen waren. Ich konnte also keinen Nutzen von weiteren Berathungen sehen, die das wichtigste Prineip der Reform nicht anerkannten, und schied im März 1873 aus der Com- mission aus mit einem Separatgutachten, das bei den Acten liegt. Ich erklärte darin, dass, sobald die Minusdistanz im Prineip abgelehnt sei, eine nutzbringende ärztliche Thätigkeit bei den weiteren Berathungen unmöglich wäre, dass ich aber überzeugt sei, die Zeit werde kommen, wo auch die Breslauer Schulverwaltung zu der Einsicht gelangen werde, dass grade in der negativen Schreibdistanz der Kernpunkt der Sub- sellienfrage liege. Dieses Sondergutachten wurde aber bei den Vorlagen für die Stadt- verordnetenversammlung von der Schuldeputation nicht abgedruckt. 3*+ 116 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. IW; So beschloss man, immer weiter die Bock’sche Bank einzuführen. Trotzdem habe ich es an wiederholten öffentlichen Warnungen meiner- seits wahrlich nicht fehlen lassen. Als im Mai 1874 bei Gelegenheit der XXI. allgemeinen deutschen Lehrerversammlung in Breslau eine Ausstellung von Lehrmitteln im Ständehause stattfand, sah man hier Subsellien von verschiedenen Fabrikanten. Auch der Magistrat hielt es für angezeigt, eine ‚nach Vorschrift der Breslauer Schulver- waltung abgeänderte Construction‘ auszustellen. Ich schrieb damals für die grösseren Zeitungen am 28. Mai eine Besprechung der ausge- stellten Subsellien und wies nach, dass unter allen Modellen dieses Magistratssubsellium das einzige nicht zu empfehlende sei. Es hatte 3 Zoll unveränderliche Plussdistanz, ein zu niedriges Bücherbrett und ein zu schmales Fussbrett. Ich machte darauf aufmerksam, dass man an allen übrigen Tischen studiren könne, wie richtige Tische ge- baut werden müssten. Diese Besprechung rief einen langen Gegenartikel des Herrn Stadt- schulrath Thiel in den Zeitungen am 1. Juni 1874 hervor; er ging da- von aus, dass es auf die paar Zoll Distanz nicht ankommen könne, und bemerkte, dass auch meine ärztlichen Collegen in der Commission sich über diese Forderung hinweggesetzt hätten und nicht aus der Commission ausgeschieden wären, wie ich. Ich erwiderte darauf in den Zeitungen, dass ein halbstündiger Be- such einer Klasse kein Studium der Frage sei, dass ich mit allen Autoritäten, die über diese Frage geschrieben, nach eigenen jahrelangen Beobachtungen übereinstimme und dass das Wesen der Reform gerade in der negativen Distanz liege. Auch handle es sich nicht um ein paar Zoll, sondern um 3 Zoll positiv und 2 Zoll negativ, zusammen um 5 Zoll. Ich könne nur vor dem weiteren Bau so falscher Subsellien, wie die ausgestellten, warnen. V. Auch bei Gelegenheit der Naturforscherversammlung in Danzig führte ich in einer Rede, die ich in der ersten allgemeinen Sitzung „über Schrift, Druck und Kurzsichtigkeit“ hielt, die schlimmen sanitären Verhältnisse unserer alten Schulen vor und empfahl Schul- ärzte. Im Jahre 1882 tagte der internationale hygienische Congress in Genf, für welchen mir das Referat über Sehulärzte anvertraut war. Ich war verhindert nach Genf zu reisen, sandte aber 18 Thesen ein, die sich mit den Aufgaben der Schulärzte beschäftigten und sämmtlich widerspruchslos angenommen wurden. I. Medicinische Abtheilung. 117 Das Jahr 1884 war für meine Bestrebungen dadurch so wichtig, dass Professor Leonhard Weber sein ausgezeichnetes Photometer für Tageslicht fertigstellte und ich nun Gelegenheit hatte, meine jahrelangen Klagen über die Finsterniss in den hiesigen alten Schulen mit positiven Zahlen zu belegen. Ich that dies sogleich in der hiesigen hygienischen Sektion bei einer Diskussion, die am 8. Februar 1884 stattfand im Anschluss an einen lichtvollen Vortrag des Professor Förster „über die Grundbe- dingungen für gute Tagesbeleuchtung‘“. Er hatte durch Be- rechnung des Einfalls- und Oeffnungswinkels den Baumeistern ein Mittel an die Hand gegeben, im voraus zu bestimmen, wie hell die Klasse sein würde. Er hatte aber auch den originellen Vorschlag gemacht, durch grosse vor den Fenstern angebrachte Prismen das Licht in den alten finstern Schulzimmern zu verbessern. Praktischen Erfolg hatte dieser Vorschlag leider nicht; es ist mir keine Anstalt ausser der hiesigen Universitätsaugenklinik bekannt, in welcher diese sinnreiche Vorrichtung angebracht worden wäre. Im Anschlusse an jenen Vortrag teilte ich die erschreckenden Resultate mit, welche die Liehtmessungen imElisabethgymnasium ergeben hatten. Dort mussten eine Anzahl Kinder in 13 Klassen Vormittags 11 Uhr an trüben Tagen bei weniger als 1 Meter- kerze Helligkeit schreiben! 23°%,, resp. 24", der Schüler im Elisabeth- und Magdalenengymnasium konnten von ihren Plätzen aus kein Stück Himmel sehen. — Ich hatte freilich im Laufe der Jahrzehnte in Breslau einsehen lernen, dass die eingehendsten akademischen Erörterungen in unserer Schlesischen Gesellschaft keinen praktischen Erfolg erzielten. Immer weiter wurden die finstersten Parterreklassen benutzt. Da entschloss ich mich, allerdings schweren Herzens, die Angelegen- heit in einem Bezirksverein zur Sprache zu bringen. In demjenigen der Schweidnitzer Vorstadt schilderte ich am 18. Februar 1884 die traurigen Beleuchtungsverhältnisse in den beiden alten Gymnasien, denen die davorstehenden hohen Kirchen das Licht entziehen, und schloss damit, dass diese beiden Anstalten kassirt werden müssten. So viele Dankschreiben ich auch von den Eltern der Schüler jener Gymnasium erhielt, so vielen Anfeindungen war ich von seiten der städtischen Verwaltung ausgesetzt. Dieses Verdikt schien ihr ungeheuer- lich, Ein Herr sagte mir ganz offen: „Als ich diese Forderungen von Ihnen gelesen hatte, glaubte ich, Sie seien geisteskrank geworden.“ — In der Stadtverordnetenversammlung wurde von den „übertriebenen‘“ Ansprüchen gesprochen, die ich an die Stadt stelle, und von meinen „übertriebenen‘ Vorwürfen gegen einzelne Schulen. Von Uebertreibung 118 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. war ja aber nirgends die Rede; das Photometer lügt so wenig, wie das Thermometer, und es hatte gerade in jenen Schulen trostlose Zahlen zu Tage gefördert. Man findet sie in meinem Aufsatze: „Tageslicht- messungen in Schulen“ in der deutschen medizinischen Wochen- schrift, 1884, No. 38, Trotzdem zog jener Vortrag gleich eine recht gute praktische Wirkung nach sich; denn man beschloss in der Stadtverordnetenver- sammlung am 13. März 1884, die helle Amtswohnung des Directors des Magdalenengymnasiums in Klassenzimmer umzuwandeln; ein Curator versprach, dass jetzt die Uebelstände in diesem Gymnasium mit aller Energie würden beseitigt werden, und man war sogar bereit, eine Verlegung des Elisabethgymnasiums in Erwägung zu ziehen, Dann hielt ich noch in der Sitzung des Bezirksvereins für den nord- westlichen Theil der inneren Stadt am 2, April 1884 einen Vortrag „über die Nothwendigkeit von Schulärzten in Breslau“ (referirt in der schlesischen und Breslauer Zeitung am 3, April), in welchem ich betonte, dass ein Vortrag im Bezirksverein oft mehr er- ziele, als alle Commissionsberathungen, und dass gerade die Bezirks- vereine "die Ueberzeugung ins Volk tragen müssten, dass es so nicht weiter gehen könne, dass Geld für die nothwendigen Verbesserungen der Schulen geschafft werden müsse. Auch legte ich jedem Vater ans Herz, sich die Localitäten erst anzusehen und sein Kind von finsteren Anstalten fern zu halten. Die Eltern müssten eben selbst zu der Ueber- zeugung kommen, dass ein Schularzt nothwendig sei, der sich um die Einführung und Durchführung der nöthigen Reformen bekümmere. ar Dieser Vortrag, in dem ich besonders auf die schlimmen Verhält- nisse im Elisabethgymnasium hingewiesen hatte, führte wieder zu einem Zeitungskriege vom 2. bis 9. Mai 1884, und zwar mit dem Director des Gymnasiums, Herrn Dr. Paech. Ich hatte es unter anderm für unrecht erklärt, dass der Neubau des 3, Stockwerks, der während der grossen Ferien vorgenommen worden war, bald nach Beginn des Winter- semesters schon bezogen wurde. Herr Director Paech fand dies nicht tadelnswerth und meinte auch, dass die Vorklassen in Bezug auf Be- leuehtung kaum etwas zu wünschen übrig liessen. Ich erwiderte, dass kein Medizinaleollegium eine so zeitige Benutzung neuer Schulräume gestattet haben würde und dass doch die durch das Photometer festge- stellte Finsterniss sich nicht wegleugnen liesse. Ich hatte auch später die Genugthuung, in der sehr guten neuen Schulbauinstruction der Kgl. Regierung zu Breslau vom 23. März 1884 (erschienen im Juni 1884) den richtigen Satz zu finden, dass ein Neubau nach seiner Abnahme durch die Ortspolizei je nach dem Bau- I. Medicinische Abtheilung. 119 material, der Ausführung und der Witterung '/, bis °/, Jahr lang leer stehen und gehörig austrocknen müsse, bevor er benutzt werden dürfe, Diese Schulbauinstruction, über die ich damals eine ausführliche Kritik in den Zeitungen veröffentlichte, ist überhaupt eine wirklich lichtvolle Episode in jenen Jahren. Sie schrieb auch die Anschaffung richtiger Bänke mit negativer Scehreibdistanz vor; die neuen Schulen mussten fortan statt der Bock’schen Hockbank die Hippauf’schen, Höhne’schen oder Bayer’schen Bänke erhalten. Aber das geschah erst 18384, nachdem fast 20 Jahre lang unrichtige Subsellien angeschafft worden waren! Jene Bauinstruction stützt sich überhaupt auf die neuesten Arbeiten, und durch sie kann viel Gutes erreicht werden, wenn Organe vorhanden sind, welche die Ausführung derselben gehörig überwachen. vl. Aber auch im ärztlichen Verein des Regierungsbezirks Breslau war die Schularztfrage schon 1873 zur Sprache gekommen und dort eine Commission für Schulhygiene gewählt worden, bestehend aus den Herren DDr. Bahr, Berger, Buchwald, Hirt, Jacobi, Körner, Schlockow, Steuer und mir. Wir waren bei den Regierungs- und städtischen Behörden um die Erlaubniss eingekommen, die Schulen in hygienischer Beziehung unter- suchen zu dürfen. Es wurden einige Sitzungen abgehalten, die Arbeit und die Schulen eingetheilt; einzelne Herren sollten die Bänke, andere die Ventilation, andere die Augen, andere die Beleuchtung, die Aborte u. s. w. unter- suchen und Bericht erstatten. Allein die Commission hat niemals einen Bericht geliefert; grosse Prüfungen scheinen die Mitglieder nicht vorgenommen zu haben; die Commission ist einfach eingeschlafen. Nur ich las am 6. September 18834 in einer von Herrn Sanitätsrath Jacobi geleiteten Sitzung die Ergebnisse meiner Tageslichtmessungen in den mir überwiesenen Schulen vor, bat um die Erlaubniss, dieselben veröffentlichen zu dürfen, — denn für frühere Mittheilungen hatte ich nur meine privaten, nicht die als Commissionsmitglied gemachten Beobachtungen benutzt — und liess sie, nachdem ich auf dem internationalen hygienischen Congresse im Haag einige Resultate berichtet hatte, 1884 in der deutschen medizinischen Wochenschrift No. 38 erscheinen. VII. War die Schularztfrage nun auch in der Commission des ärztlichen Vereins begraben, so tauchte sie um so energischer in der hygienischen Section der schlesischen Gesellschaft wieder auf, und zwar am 120 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 29. Januar 1886, als Dr. Th. Körner die Mittheilung machte, dass von 60 Schülern einer hiesigen Kleinkinderbewahranstalt in kurzer Zeit 13 an Diphtherie gestorben seien. Die hygienische Section theilte bei dieser Gelegenheit die Ansicht, dass Schulärzte nöthig seien, wünschte eine ergiebige Diskussion über die Frage und betraute mich mit dem einleitenden Referate. Die Vorlesung desselben nahm zwei Sitzungen im März und April 1886 in Anspruch; das Referat ist dann auch unter dem Titel: „Ueber die Nothwendigkeit der Einführung von Schulärzten“ in der Zeit- schrift für Hygiene von Koch und Flügge, Bd. I und als Broschüre 1886 in Leipzig bei Veit erschienen. Auch in diesem Referate habe ich meine Ansicht über die gänzlich fehlende ärztliche Aufsicht und mancherlei Missstände in den hiesigen Schulen ausgesprochen und bei der Gelegenheit zugleich erwähnt, wie sern die Königlichen Behörden berechtigte ärztliche Wünsche erfüllen, wenn sie rechtzeitig selbst von Nichtphysikern vorgebracht werden. Ich erzählte damals, dass ich zufällig den Baumeister des neuen Wilhelmsgymnasiums kennen lernte und mit ihm den Rohbau der An- stalt besichtigte.e Mir erschien alles sehr gut. Ich fragte nach der Turnballe und hörte, dass in wenigen Tagen der Bau beginnen solle, und zwar vor dem westlichen Flügel der Anstalt, in welchem sich die Klassenzimmer befanden. Der Platz vor dem östlichen Flügel, in welchem die Direcetor- und Schuldienerwohnung liegen, sollte frei bleiben. Wenn die Turnhalle in der projectirten Weise gebaut worden wäre, so hätten 6 Schulklassen, 3 im Parterre und 3 im ersten Stock, für alle Zeiten ihr schönes Licht verloren. Ich wandte mich daher so- fort privatim an den Herrn Regierungspräsidenten Juncker v. OÖber- Conreut und die mir bekannten Räthe des Königlichen Provinzial- schuleollegiums und ersuchte sie, alles aufzubieten, um die Turnhalle vor den anderen Flügel des Gymnasiums bauen zu lassen, — und in der That, der Bau wurde unterbrochen, die Pläne gingen nach Berlin zurück, und nach einiger Zeit kam die Anordnung, dass die Turnhalle vor der Schuldiener- und Directorwohnung errichtet werden solle. Hätte ich zufällig den Baumeister einige Tage später kennen gelernt, so wäre nichts mehr zu ändern gewesen. Sobald aber ein Schularzt erst im Collegium sitzt, meinte ich, sind derartige hygienische Fehler in den Entwürfen nicht mehr zu fürchten. In jenen beiden Vorträgen schilderte ich ferner die Heranbildung ‘und die Aufgaben der Schulärzte in Frankreich, Belgien, Schweden und Ungarn und schloss damit, dass auch endlich in Breslau solche einge- führt werden müssten. Gewiss wäre es das beste, wenn die Königliche Regierung amtliche und besoldete Schulärzte anstellen wollte. I. Medicinische Abtheilung. 121 Auf Requisition der Stadtschuldeputation kann zwar der Polizei- präsident und auch der Physikus einschreiten. Aber wie ist es möglich, dass die drei Physiker in Breslau 164 Schulen überwachen, zumal sie ja durch so viele andere Amtsgeschäfte in Anspruch genommen und auf Privatpraxis angewiesen sind? Die neuen Pläne soll der Physikus allerdings prüfen; aber auf die alten Schulen hat er gar keinen Ein- fluss, und gerade die Revision der alten Schulen ist ja die Haupt- sache, mit der begonnen werden muss, Man sagt, in der Stadtschuldeputation sitzt ein Arzt, das ist der Schularzt. Aber selbst wenn derselbe nicht ein beschäftigter praktischer Arzt, sondern ausschliesslich Schularzt wäre, würde er bei allem Eifer nicht im Stande sein, die 907 Klassen in Breslau zu revidiren. Mit der Hygiene der Privatschulen und Kleinkinderbewahr- anstalten hat sich bisher wohl niemand officiell befasst, und doch könnte auch da manches von dem Schularzte gebessert werden. Dr. Hepner hat ja mitgetheilt, dass in einer Kinderbewahranstalt in dem einzigen Zimmer, in welchem über 60 Kinder verweilten, hinter einer spanischen Wand sieben Nachtgeschirre benutzt wurden. Es giebt ferner Privat- schulen, die keinen Hof oder Garten haben, so dass die Schülerinnen beständig in den Zimmern oder in dem engen Corridor bleiben müssen; es existiren auch da mitunter finstere Klassen u. s. w. Natürlich ist eine solche Revision weder den Vorstehern von Privatschulen noch von öffentlichen Schulen angenehm. Die Eifersucht der Directoren auf die Schulärzte, welche Virchow erwähnt, mag mit einer gewissen Besorg- niss zusammenhängen, dass alte Schäden unbarmherzig aufgedeckt werden. Aber eine Revision ist überhaupt niemals angenehm. Man kann wohl annehmen, dass die Aerzte in ihrem eigensten Interesse, um die Zahl ihrer Heilungen zu vermehren, in ihren Heilanstalten alles spontan thun werden, was für die Hygiene ihrer Kranken nutzbringend ist, und doch müssen auch die Privatheilanstalten, sowie alle öffentlichen Kranken- häuser sich alljährlich einer Localrevision des Physikus unterwerfen. Was würden die Physiker, wenn sie pedantisch vorgehen wollten, erst in den Schulen zu moniren haben! Keinenfalls darf uns die Besorgniss der Schuldireetoren, dass die Revision unangenehm sei, von dem Wunsche nach hygienischer Inspection zurückschrecken lassen, Es befanden sich 1886 in Breslau 164 Schulen mit 907 Klassen und 48222 Schülern. Schon in Genf wurde die These angenommen, dass kein Schularzt mehr als 1000 Schüler zu beaufsichtigen haben solle. Es würden also für Breslau 43 Schulärzte nöthig seien; je mehr, desto geringer natürlich die Arbeit des einzelnen, Auf eine private Anfrage, die ich an eine Anzahl hiesiger Aerzte richtete, von denen ich glaubte, dass sie sich für die Frage interessirten, erhielt ich von 57 Collegen die Antwort, dass sie bereit seien, die 122 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Stelle eines Schularztes als städtisches Ehrenamt unent- geltlich zu übernehmen. Gewiss werden sich noch andere Collegen diesen anschliessen. Aber wenn nur diese 57 fungirten, so würden auf jeden ungefähr 850 Schüler und etwa 16 Schulzimmer kommen, Mit dieser Opferwilligkeit von 57 Collegen fiel auch der letzte Einwand, den man dem Institut der Schulärzte in Breslau machen konnte, fort. Man hat immer betont, dass der Schuletat der Stadt Breslau Millionen verschlinge; wie sollte man da noch Mittel für Schulärzte gewähren können? Nun erboten sich eine so grosse Zahl von Aerzten gratis für diese Function; es durfte daher den städtischen Be- hörden wohl nur erwünscht sein, dass sie ohne Lasten für die Stadt von competenten Männern fortlaufende Berichte über die sanitären Zustände in ihren Schulen empfangen konnten. Ueber die Organisation der Schulärzte liess sich streiten; am ein- fachsten schien es mir, wenn in das Curatorium jeder Schule vom Magistrat ein Schularzt mit Sitz und Stimme im Curatorium gewählt würde. Nach den Instructionen für die Schuldeputation vom 1, Juni 1877 und für die Curatorien bestehen diese letzteren aus vier Mitgliedern, und zwar für die höheren Schulen aus dem Stadtschulrath, dem Director und zwei von der Stadtverordnetenversammlung auf 3 Jahre gewählten Herren, für die Volksschulen aus dem Decernenten der Schuldeputation, dem Rector und zwei anderen Schulvorstehern. Diese Curatorien haben die Aufsicht über das Schulgrundstück, alle Räume, die Einrichtung, Ausstattung und das ganze Eigenthum der Anstalt und halten in den höheren Schulen mindestens alle Vierteljahre, in den Volksschulen monatlich einmal Conferenzen; doch ist der Vorsitzende verpflichtet, „auch auf besonders motivirten Antrag eines Mitgliedes eine Conferenz anzuberaumen.“ Ist der Schularzt erst Mitglied dieses Curatoriums, so kann er seine Beschwerden und Wünsche monatlich und wenn nöthig noch öfter vor- bringen, und es unterliegt gar keinem Zweifel, dass die Schuldepu- tation, in welcher ein Arzt nicht genügt, sondern in der eine An- zahl Aerzte sitzen sollten, in ganz anderer Weise über die hygienischen Zustände unserer Schulen in Kenntniss gesetzt werden würde als bisher. Und der gut informirte Magistrat wird gewiss bestrebt sein, zu helfen und so schnell als möglich zu helfen. Schlimmsten Falls wird die beständige Wiederholung der Klagen durch den betreffenden Schularzt nicht verfehlen, Abhilfe zu schaffen, während jetzt vielleicht einmal eine Klage laut wird, aber, da sie nicht immer wiederkehrt, verhallt. Geldausgaben werden unvermeidlich sein. Denn viele Missstände sind sehr schwer; einzelne Lokalitäten werden ganz aufgegeben, und das Mobiliar wird bedeutend geändert werden müssen. Die Gelder I. Medicinische Abtheilung. 123 werden aber leichter bewilligt werden, wenn einige 50 Schulärzte die Nothwendigkeit dieser Ausgaben der Bürgerschaft gegenüber bekunden. Uebrigens füge ich heute hinzu, dass Breslau zu den wenigen deutschen Grossstädten gehört, die im Jahre 1888 nur 5°, der ausserordentlichen Ausgaben auf Schulbauten verwendeten, während andere 15—41°/, dafür ausgaben.') Wie es Conferenzen der städtischen Bezirksvorsteher, der Schieds- männer, Armenärzte, Armenpfleger, Waisenpfleger giebt, so werden auch Conferenzen der städtischen Schulärzte von Zeit zu Zeit stattfinden müssen, damit die Erfahrungen der Collegen ausgetauscht und wichtige allgemeine Fragen diskutirt werden können, Schliesslich beantragte ich: „Die hygenische Section wolle 1. den Magistrat davon in Kenntniss setzen, dass 57 hiesige Aerzte zur unentgeltlichen Uebernahme von S$Schul- arztstellen bereit sind, und 2. denselben ersuchen, in jedes Schuleuratorium, resp. jeden Schulvorstand einen Arzt zu wählen, der daselbst Sitz und Stimme hat und diese Stelle unentgeltlich als Ehrenamt bekleidet.“ IX. Dies beschloss auch die hygienische Section und betraute die Herren Geheimen Räthe Biermer, Förster und Jacobi mit der Abfassung der Eingabe an den Magistrat. Dieselbe lautete: „Breslau, 2. Juni 1886. An den Wohllöblichen Magistrat zu Breslau. Die unterzeichnete Section erlaubt sich einem Wohllöblichen Magistrat ganz ergebenst den Antrag zu unterbreiten, die Organisation einer regelmässigen ärztlichen Schulaufsicht für die hiesigen städtischen und Privatschulanstalten baldigst in geneigte Erwägung ziehen zu wollen. Bei den durch mehrere Sitzungen der hygienischen Section geführten eingehenden Verhandlungen über diesen Gegenstand hat sich innerhalb der Section eine vollkommene Uebereinstimmung darüber gezeigt, und ist auch nicht ein Zweifel dagegen laut geworden, dass einerseits zur Zeit in Breslau wie im ganzen preussischen Staate eine solche ärztliche Schulaufsicht so gut wie vollständig fehlt und dass andererseits dieselbe ein dringendes Bedürfniss ist, Die Section erkennt an, dass der öffentlichen Gesundheitspflege in den letzten zwei Jahrzehnten, innerhalb deren diese in Deutschland über- !) Vgl. Statistisches Jahrbuch der deutschen Städte. Breslau, 1890, S. 232. 124 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur, haupt erst zur Geltung gelangt ist, gerade auch seitens eines Wohllöb- lichen Magistrats ein verständnissvolles und thatkräftiges Interesse zuge- wandt worden ist und dass in dieser verhältnissmässig kurzen Zeit gross- artige sanitäre Werke bei uns erstanden sind, welche Breslau auf eine hohe Stufe gesundheitlicher Cultur erhoben haben; sie erkennt auch an, dass andere bedeutende Arbeiten sanitären Charakters in der Anlage und in der Vorbereitung sich befinden und dass nur eine weise Rück- sichtnahme auf die Leistungsfähigkeit der Gemeinde an manchen Punkten den Fortschritt verlangsamt. Allein unser Schulwesen scheint uns an den Fortschritten der öffent- . lichen Gesundheitspflege in zu geringem Maasse theilgenommen zu haben. Noch bestehen hier höhere Lehranstalten mit dunklen Klassenzimmern, bei der Wahl der Subsellien wird auf die verschiedene Grösse der Schulkinder wenig Rücksicht genommen, die Heizungs- und Ventilations- vorrichtungen sind mehrfach unvollkommen, die Reinigung der Schul- räume ist vielfach eine ungenügende, vor allem aber fehlt auf diesem Gebiete die dauernde Einwirkung eines sachverständigen sanitären Be- obachters und Beirathes, der nicht nur bei der Feststellung des Bau- planes und der Anschaffung der Schulutensilien gehört werden, sondern auch die Aufgabe haben müsste, Revisionen aller Schullokale nach hygienischen Gesichtspunkten vorzunehmen und eine sanitäre Schul- statistik zu bearbeiten. Die Erwägung, in welcher Weise die ärztliche Schulaufsicht in den Rahmen unserer Selbstverwaltung am zweckmässigsten eingefügt werden kann, wird der Einsicht eines Wohllöblichen Magistrates anheimgestellt bleiben müssen; wir erlauben uns nur die ergebene Mittheilung zu machen, dass sich eine grosse Zahl (bis jetzt schon 57) hiesiger Aerzte bereit erklärt hat, event. die Stelle eines „‚Schularztes“ ehrenamtlich ohne Entgelt zu übernehmen. Die Zeit kann nicht mehr fern sein, in der die deutschen Gross- städte alle eine ärztliche Schulaufsicht in ihre Verwaltung aufnehmen werden; möge Breslau den Ruhm haben, mit dieser segensreichen Ein- richtung unter den ersten vorangegangen zu sein! Die hygienische Section der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur.“ Auf diese Zuschrift ist die folgende Antwort erfolgt: „Breslau, den 23. October 1886. Die geehrte Section der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur hat uns in einem Anschreiben vom 2. Juni d. J. den Antrag unterbreitet, „die Organisation einer regelmässigen ärztlichen Schulauf- sicht für unsere Schulen in Erwägung ziehen zu wollen.‘ Gern erkennen wir das mit diesem Antrage bekundete Interesse für unser Schulwesen an und sind für die uns gegebene Anregung dank- I. Medicinische Abtheilung. 125 bar. Indessen haben wir nach eingehenden Erwägungen und nachdem wir auch die Organe der Schulleitung und unsere Schuldeputation zur Sache gehört haben, die Ueberzeugung von der Zweckmässigkeit oder gar Nothwendigkeit der vorgeschlagenen Massregel nicht gewinnen können. Dass von unseren bestehenden Schuleinrichtungen manche in hygienischem Bezuge noch mangelhaft sind, geben wir zu; wir sind in- dessen nach Maassgabe unserer Mittel bemüht, diese Mängel zu beseitigen oder doch thunlichst zu mildern, und es dürfte den mit den bezüglichen Geschäften und Ausführungen betrauten Mitgliedern unseres Collegiums an der Kenntniss der wichtigsten hygienischen Forderungen und Grundsätze nicht fehlen. Freilich sind ja diese hygienischen For- derungen noch vielfach Hypothesen und der Controverse der Fachmänner unterworfen, also dass noch einige Zeit vergehen dürfte, bis aus dem Streite der Meinungen allgemein gültige und praktisch unbedenk- lieh verwerthbare Satzungen hervorgehen werden. Wir sind ferner der Ansicht, dass, so lange der Staat zu der Frage einer besonderen ärztlichen Schulaufsicht noch nicht Stellung genommen hat und die hygienische Beaufsichtigung lediglich als sein Ressort be- trachtet, den von den Stadtgemeinden anzustellenden Schulärzten be- stimmte Befugnisse nicht zuerkannt werden können. Nicht zum wenigsten aber sind es pädagogische Be- denken, die sich gegen eineärztliche Schulaufsicht erheben, da durch dieselbe leicht ein gewisses Misstrauen und Vor- urtheil gegen die Schule in Elternkreisen geweckt und ge- nährt werden könnte, unter welchem die Autorität derselben und ihr Erziehungs- und Unterrichtszweck schwer leiden müsste; es würde nicht ausbleiben, dass der Schule (wie es jetzt schon geschieht) so mancherlei Schuld und Versehen mit Unrecht zur Last gelegt werden würde, welches durch Schuld oder doch Mitschuld des Elternhauses veranlasst ist. Eine sorgfältige ärztliche Ueberwachung und energische Beeinflussung der häuslichen Kindererziehung, eine unmittelbare ärztliche Belehrung und Anleitung ungebildeter Eltern zu einer der Gesundheit der Familie förderlichen Lebensweise und Kinder- pflege würde nach unserer Ansicht der Schule mehr nützen als eine ärztliche Aufsicht über die Schule und die Schüler, deren grosse Zahl ohnehin eine regelmässige und eingehende Controlle ihres Gesundheits- zustandes unmöglich macht. Der Magistrat hiesiger Königlicher Haupt- und Residenzstadt. Friedensburg. Pfundtner., An die hygienische Section der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur hierselbst,‘ 126 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. X. Dem Magistrat stand zweifellos das Recht zu, die Eingabe der hygienischen Section abzulehnen; aber was die Mitglieder der Gesell- schaft so unangenehm berührte, war die prineipielle Zurückweisung jeder Schulaufsicht mit dem befremdenden Motive, dass die Schulärzte Misstrauen und Vorurtheil gegen die Schule bei den Eltern erwecken würden, sowie die Verweisung der Aerzte auf ein anderes Gebiet nützlicher Thätigkeit. Ausserhalb Breslaus wurde jene Antwort des Magistrats von Fachmännern, wie Professor Burgerstein in Wien und Geheimrath Wallichs in Altona, so bitter kritisirt, dass ich Anstand nehme ihr Urtheil hier mitzutheilen. Um nichts unversucht zu lassen, wandten sich 25 hiesige Aerzte am 7. November 1886 an die Stadtverordnetenversammlung mit einer Eingabe, dass dieselbe beim Magistrat beantragen möge, in jeden Schulvorstand einen Arzt zu wählen, der freiwillig und unentgeltlich als Schularzt fungiren solle. Aber auch diese Versammlung lehnte die Petition ab; man fürchtete eine Invasion von Aerzten in die Schulen; man meinte auch, die Aerzte müssten erst einen Befähigungsnach- weis für ihre Kenntnisse in der Schulhygiene vorbringen. So blieb mir nichts übrig, als alle diese Acten dem Referate bei- zufügen, das ich in der Schularztfrage für den internationalen hygienischen Congress in Wien 1887 anzufertigen hatte. Sie werden für die Geschichte der Schularztfrage stets denkwürdig sein. Man findet sie in den Arbeiten des Congresses. Ich stellte für die Wiener Berathung natürlich wieder die These auf: „In jeder Schuleommission muss ein Arzt Sitz und Stimme haben.“ Der Breslauer Magistrat schickte Herrn Schulrath Pfundtner nach Wien, um gegen meinen Antrag zu sprechen. Dieser hat auch am 27. September 1887 vor 200 Mitgliedern des Congresses den Antrag eingebracht, meine These zu streichen. Allein für diesen seinen Gegen- antrag waren nur zwei Stimmen, die seinige und die eines Lehrers, alle übrigen Herren nahmen meine These mit einer kleinen redactionellen Aenderung an. xl. Nachdem sich der Magistrat im Prineip so bestimmt gegen jede ärztliche Aufsicht ausgesprochen hatte, musste es natürlich Erstaunen erregen, als im Jahre 1883 in den politischen Blättern und in der „Zeit- schrift für Schulgesundheitspflege“, Bd. I, S. 125 verkündigt wurde, dass Breslau nun die zweite Stadt in Deutschland wäre, welche einen Schul- arzt erhalten habe, dessen Instruetionen auch genau mitgetheilt wurden; und dass Herrn Dr. Steuer die Funetionen des Schularztes übertragen worden wären, I. Medieinische Abtheilung. 127 - Freilich war ich nicht in der Lage, einen einzelnen Arzt als den Schularzt für Breslau anzuerkennen. Ich habe gleich bei der nächsten Gelegenheit im Februar 1889 im ärztlichen Verein, wo ich über die neuesten Forschungen auf dem Gebiete der Kurzsichtigkeit sprach, einen Schularzt, der für 50 000 Kinder von der Stadt Breslau bestellt wird, offen einen Scheinschularzt genannt und diese Be- zeichnung 1890, als ich zum Besten der ärztlichen Wittwenkasse am 27. Februar einen Vortrag im Musiksaale der Universität „Ueber die Schule der Zukunft‘“!) hielt, wiederholt. Natürlich spreche ich nicht über die Person, sondern nur über die Institution. Wie soll ein Schularzt 1000 Klassen, 175 Schulen und 50 000 Schulkinder hygienisch überwachen? Denn selbst wenn der Stadtschularzt sich ganz ausschliess- lieh der Schulhygiene widmen könnte, würde er nimmermehr, auch nicht bei herkulischen körperlichen und geistigen Kräften, im Stande sein, die wünschenswerthe Aufsicht zu üben; denn die Aufgaben sind gar nicht klein, wie ja in Genf und Wien auf den internationalen Congressen festgestellt wurde. In jenem Vortrage „Ueber die Schule der Zukunft, habe ich auch die mangelhafte Reinlichkeit in unseren Schulen unverblümt besprochen. Die Zimmer werden blos 2—3 mal wöchentlich trocken gefegt, d. h. der entsetzliche Staub, den 50 und mehr Kinder mit ihren unabgebürsteten Stiefeln in die Klassen bringen, wird von einer Stelle zur anderen geschafft. Nur 3—4 mal jährlich wird nass gescheuert und gründlich gesäubert. Das ist alles viel zu wenig. Natürlich kann ein Schuldiener nicht täglich 20 Klassen nass reinigen; dazu gehören mehr Kräfte. Es ist möglich, dass die 13°, Bindehautkrankheiten der Augen, die ich hier in Breslau unter den Schülern fand, diesem unerhörten Staube ihre Entstehung verdanken. Wie kann man von den Kindern die grösste Sauberkeit verlangen, wenn die Lokale von Schmutz strotzen ? Wer sich von unserem Schulstaube einen Begriff machen will, den er- suche ich nur einen Gasarm anzurühren, da wird er seine Hand in einem schönen Zustande zurückziehen. Dasselbe gilt von den Fenster- vorhängen; sind sie doch in einer Schule in der Kirchstrasse während 8 Jahren niemals gewaschen worden! Wie es mit der Reinlichkeit der vor den Fenstern mancher dunklen Klassen endlich aufgestellten Spiegel aussieht, kann jeder ermessen, der den Reflex derselben von der Strasse aus betrachtet. Ich habe erfahren, dass in einer Schule kürzlich die Schüler selbst den schmutzigen Spiegel vor dem Fenster reinigen mussten und ihn dabei zerbrachen, %) Hamburg, 1889, Leopold Voss. 128 10. 11. Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. XL. Nach den dem grössten Theile der Anwesenden gewiss bekannten Beschlüssen des Genfer und Wiener hygienischen Congresses und nach den Instructionen, welche den Schulärzten in anderen Ländern gegeben werden, kann man von dem Schularzte in Breslau die Beantwortung nachstehender 50 Fragen verlangen, die auch als Disposition für die folgende sachliche Debatte dienen dürften: 1: . Wie viele von den 1000 Schul- zimmern hat er überhaupt schon einmal besucht? In wie vielen derselben hat er photometrische Messungen ge- macht? ZuwelchenverschiedenenZeiten hat er in denselben Zimmern photo- metrische Messungen angestellt? In wie vielen von den 1000 Schul- zimmern hat er Raumwinkel- messungeu ausgeführt ? In wie vielen Zimmern hat er die Grenze gezeichnet, bis zu welcher nur die minimale Grösse von 50 Qua- dratgraden Raumwinkel vorhan- den ist? In wie vielen Zimmern hat er das Tageslicht geringer als 10 Meter- kerzenund den Raumwinkel kleiner als 50 Quadratgrade gefunden ? In wie vielen Zimmern hat er die Fenster vergrössern lassen, und in welcher messbaren Weise wurde dadurch die Beleuchtung verbessert? In wie vielen dunklen Zimmern hat er Spiegel oder Prismen vor den Fenstern anbringen lassen ? In wie vielen Zimmern hat er sich von der richtigen Stellung der Spiegel und der Verbesserung der Beleuchtung durch dieselben über- zeugt? In wie vielen Zimmern hat er das Vorhandensein und die richtige Function ‚der Fenstervorhänge untersucht ? In wie vielen Zimmern hat er dunkle Plätze als unbrauchbar für Schüler bezeichnet? 12. 13. 14. 15. 16. RT, 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. Wie viele von den 1000 Zimmern hat er wegen Dunkelheit cassiren lassen ? Für wie viele Zimmer hat er Licht- verbesserungen beantragt und nicht durchgesetzt? Wie oft hat er in diesen Fällen seine Anträge wiederholt? In wie vielen Zimmern hat er die Helligkeit bei künstlichem Lichte gemessen ? In wie vielen Klassen hat er sich überzeugt, dass richtige Lampen- schirme und ganze Cylinder vorhanden sind ? In wie vielen Klassen hat er Ver- mehrung der Gasflammen ver- anlasst ? 11; In wie vielen von den 1000 Klassen hat er die Subsellien gemessen ? Bei wie vielen der 50000 Schul- kinder hat er die Körpergrösse selbst bestimmt? In wie vielen Klassen hat er sich überzeugt, dass die aufgestellten Subsellien den Körpergrössen ent- sprechen? In wie vielen Klassen hat er die Tische nach der Grösse der Kinder aufstellen lassen ? In wie vielen Klassen steht nur ein Bankmodell für alle Kinder derselben Klasse ? In wie vielen Klassen hat er die Kinder bei Beginn des neuen Se- mesters wieder gemessen und an andere Subsellien gesetzt? In ‚wie vielen Klassen sitzen die Kinder nicht nach der Grösse, sondern nach den Leistungen ? a u u Fun TB A EEZEELEERE3:22LREEN REDET WN 25. 26. 27. 28. 29. 35. 36. 37. 38. 39. Schularzt zu stellen berechtigt ist, diese Fragen befriedigend beantworten wird, I. Medicinische Abtheilung. In wie vielen Klassen hat er für verwachsene oder im Wachsthum zurückgebliebene Kinder Sitzer- höhungen anbringen lassen? III. In wie vielen Klassen hat er das Functioniren der Ventilations- vorrichtungen geprüft? In wie vielen Klassen hat er nach- gesehen, von wo die Schule die Ventilationsluft bezieht? In wie vielen Klassen hat er die Temperatur bei künstlicher Be- leuchtung gemessen ? In wie vielen Klassen hat er die Heizung geprüft? In wie vielen der 170 Schulen hat er die Aborte revidirt? . In wie vielen Klassen liess er die Fenstervorhänge waschen? . Wie oft wurden sle jährlich ge- waschen ? . In wie vielen Klassen hat er Spuck- näpfe gefnnden? In wie vielen waren die Spucknäpfe mit Sand, in wie vielen mit Sub- limatlösung gefüllt? Wie oft im Monate hat er die Spucknäpfe frisch füllen’ lassen ? In wie vielen Klassen hat er die Reinlichkeitder Schränke, Thüren, Dielen, Fenster geprüft? Wie oft im Monate hat er sie in den 1000 Klassen geprüft? Wie oft hat er eine Abhobelung von Schulbänken, welche schieferten, angeordnet? Wie oft hat er eine nasse Rei- nigung schmutziger Schulzimmer veranlasst ? 129 IV. 40. Wie viele von den 50000 Schul- 41. 42. 43. 44, 45. 46. 47. 48. 49. 50. XI. Das sind keineswegs alle Fragen, Nur wenn der Breslauer Schularzt kindern hat er bei Beginn des Schuljahres betreffs Sehschärfe und Kurzsichtigkeit untersucht? Welche schlecht gedruckten Schul- bücher, Lexika und Atlanten hat er kassirt? Wie viele Wandtafeln hat er frisch schwärzen lassen? In wie vielen der 1000 Klassen ist er monatlich einmal während des Unterrichts gewesen? In wie vielen hat er während des Unterrichtes Temperatur, Ventilation, Heizung und Haltung der Kinder beobachtet? In wie vielen Fällen hat er sich selbst überzeugt, dass die Bücher, Hefte und Kleider der Kinder nach arnsteckenden Krankheiten gründlich desinficirt worden sind? Hat er die Baupläne der neuen Schulen hygienisch geprüft ? Hat er auf den Plänen gesehen, dass in den neuen Schulen in der Fürsten- strasse und in der Tauentzienstrasse statt grosser Fenster 24, bezw. 20 kleine Scheiben angebracht werden sollen? Hat er dagegen Einspruch erhoben, da der Raumwinkel dadurch erheb- lich beeinträchtigt wird ? Sollen auch in den neu zu er- bauenden Schulen wieder so kleine Scheiben angebracht werden ? Veröffentlicht der Schularzt einen Jahresbericht über seine Be- obachtungen und Verbesserungen, betr. die Schulhygiene in Breslau? die man an einen wirklichen werde ich ihn als Schul- arzt anerkennen; wenn dies nicht der Fall sein sollte, dann bleibe ich bei meiner Ansicht, dass der Schularzt in Breslau ein Scheinschul- arzt ist. Ich habe Anfeindungen, Verdruss und Aerger genug mit meinen Bemühungen um die Breslauer Schulhygiene gehabt. Indessen diese N) 2 . 130 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. alle schrecken mich nicht zurück, auch ferner alle Uebelstände öffent- lich zu besprechen. Ich bin durch keinerlei amtliche oder persön- liche Rücksicht in der Freiheit meines Urtheils beschränkt; ich wünsche auch weder Stadtrath noch städtischer Medieinalrath zu werden. Die meisten meiner Wünsche habe ich im Auslande längst in Erfüllung gehen sehen, im Auslande, das mich oft zu Rath gezogen hat. Nur in meiner Vaterstadt Breslau bin ich ausser in der schlesischen Gesellschaft immer auf Widerstand gestossen. Und doch habe ich es — freilich erst nach Jahrzehnten — erlebt, dass man auch hier einsieht, dass jede finstere Schule geschlossen, dass die Distanz der Schulbänke beim Schreiben negativ und dass ärztliche Schulaufsicht eingeführt werden müsse. Vielleicht erlebe ich auch noch wirkliche Schulärzte, zumal jetzt, wo unser neuer Herr Oberbürgermeister unpartheiisch das grösste Interesse allen Zweigen der städtischen Verwaltung zuwendet. Jedenfalls tröste ich mich bei dem fünfundzwanzigjährigen Jubiläum meiner Kämpfe mit der Stadt Breslau in dem Gedanken, dass ich für eine gute Sache gekämpft habe. In der Discussion verwahrte sich Herr Dr. Simon, ärztliches Mitglied der Schuldeputation, zunächst dagegen, dass er für Unterlassungs- sünden der Schulbehörde, die einer früheren Zeit, also vor seiner Mit- arbeit in der Schulverwaltung, angehören, verantwortlich gemacht werden könne; aber aueh die an ihm als „‚Schularzt‘“ geübte Kritik träfe nicht zu, da er eben thatsächlich nicht Schularzt, sondern Medieinalreferent der Schuldeputation sei; er habe dies bei seinem Eintritt in dieselbe zur ausdrücklichen Bedingung gemacht. Es sei sehr zu bedauern, dass Prof. Cohn die alten Uebelstände früherer Jahrzehnte hier ausführlich von neuem vorgetragen, anstatt darauf Rücksicht zu nehmen, wie die heutigen Schulverhältnisse tbatsächlich lägen. Nach einer längeren Auseinandersetzung bezüglich der Steilschriftfrage, betont Herr Dr. Simon, dass es befremdlich erscheinen müsse, dass Herr Professor Cohn seine überaus heftigen Angriffe ausschliesslich gegen den Breslauer Magistrat gerichtet habe; es müsse demselben doch bekannt sein, dass die Anstellung von Schulärzten an den Gymnasien und Realschulen nicht zu den Competenzen der städtischen Schulverwaltung, sondern des Pro- vinzialschulcollegiums gehöre; aber gerade auf den Gymnasien, nicht nur den städtischen seien ja nach Ansicht des Vortragenden hygienische Verbesserungen am nothwendigsten. Schon vor Jahren habe Magistrat für Verlegung des sanitär am un- günstigsten gestellten Kgl. Friedrichsgymnasium einen neuen Bauplatz bereit gestellt; vielleicht könne der Vortragende die Spitze seiner Be- strebungen nach einer andern Seite richten. — Zur Schularztfrage über- I. Medicinische Abtheilung. 131 gehend, so stände er derselben, allerdings mit gewissen Modifieationen, sympathisch gegenüber, besonders insofern es sich um mittlere und höheren Schule handele; anders lägen die Dinge bei den Volksschulen. Hier sei allerdings die Verwaltung bemüht, das ärztliche Element mehr heranzuziehen und zwar durch Wahl von Aerzten in die Schulvorstände, bezw. Curatorien; der Wahl- und Verfassungsausschuss der Stadtver- ordnetenversammlung fände aber in diesem seinen Bestreben kein grosses Entgegenkommen. Die Hauptsache bliebe doch für die Volksschulen eine gründliche schulhygienische Vorbildung der Lehrer und Rectoren, wobei ärztliche Controllen und Revisionen allerdings erwünscht seien. Zum Schluss versichert Herr Dr. Simon, dass die Volksschulverhältnisse Breslaus doch wesentlich andere geworden als es nach den Cohn’schen Ausführungen den Anschein habe, und dass er aufs sorgfältigste bemüht sei, die auf schulhygienischem Gebiet bewährten Neuerungen den Breslauer Schulen zu Nutze zu machen. Den 50 an ihn gerichteten Fragen stellte er Herrn Prof. Cohn nur eine einzige gegenüber: Wann derselbe das letzte Mal eine Breslauer Volksschule besucht habe? Hierauf sprach Herr Dr. Kunisch als einziger anwesender Lehrer über die mangelhafte Reinlichkeit der Spucknäpfe in den Schulen, die er als „‚Bacillenzüchter‘‘ bezeichnet, ferner über die Möglichkeit, dass der Lehrer der Physik eine Anzahl Messungen und Bestimmungen in der Klasse ebenso gut, wie der Arzt ausführen könne. In seiner Erwiderung betont Herr Prof. Cohn, dass Herr Dr. Simon sich ja gar nicht durch die Kritik getroffen fühlen könne, da er eben aus- drücklich erklärt habe, er sei „gar nicht Schularzt“, sondern nur „Medicinal-Referent in der Schuldeputation“, Viel wichtiger sei eben die Thätigkeit von Schulärzten, die alle Locale inspieiren und die vor- gelegten 50 concreten Fragen beantworten können und wollen, Grade durch diese Fragestellung habe er Gelegenheit geben wollen, öffentlich zu zeigen, was denn von ärztlicher Seite wirklich geschehen sei, statt immer nur allgemeine Versicherungen anhören zu müssen, dass bewährte Neuerungen eingeführt würden. Durch die Verweigerung der Beant- wortung der 50 Fragen werde der Sache kein guter Dienst geleistet, und die einzige entgegengestellte Frage habe gar keine Bedeutung für die Discussion, da der Vortragende ausdrücklich nur von den alten, leider hygienisch nicht verbesserten Schulen, von den neuen aber gar nicht gesprochen habe. In den Schulen sei er zum letzten Male im Jahre 1884 gewesen, Doch seien die schlechtesten Localitäten noch heut wie 1884 zu Schul- zwecken in Gebrauch; auch die verschieden grossen Schüler sitzen an gleich grossen Subsellien in derselben Klasse gerade wie damals. Uebrigens seien auch bei den neuen Schulhäusern die Fensterverhältnisse merkwürdig. So habe man in den ganz neuen Gebäuden an der Fürsten- 132 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. strasse und Tauentzienstrasse statt grosser Scheiben 20—24 kleine Scheiben und grosse Fensterkreuze angebracht, welche nach den Raum- winkelmessungen sehr viel Licht nehmen. Schon in Frankfurt a, M. fand man vor 20 Jahren, dass die schöne Architeetonik den neuen Schul- häusern 40—50 pCt. Licht raubte. | Was den Vorwurf betreffe, dass die Angriffe des Vortragenden immer nur gegen den Magistrat und nicht gegen die Regierung gerichtet wurden, so sei zu bemerken, dass die ganz schlechten Anstalten städtisch und nicht königlich seien. An der Beleuchtung des Königl, Friedrichs- Gymnasiums und des Königl. Wilhelms-Gymnasius könne kaum etwas getadelt werden, während das städtische Magdalenen- und Elisabeth- Gymnasium durch die im Vortrage erörterten Finsternissverhältnisse eine traurige Berühmtheit erlangt haben. Betreffs der hygienischen Beaufsichtigung hält Herr Prof. Cohn nur den Arzt und nicht den Lehrer für den geeigneten Mann; er constatirt zum Schluss, dass thatsächlich ein Schularzt in Breslau noch nicht vorhanden sei. schlesischt Gesellschaft ‚für Yaterländische Gultur. mW Tore 69. II. Jahresbericht. Naturwissenschaftliche 1891. Abtheilung. Sitzungen der naturwissenschaftlichen Section. Sitzung vom 4. Februar 1891. Ueber neue geognostische Funde in Oberschlesien. Von ‘ Geheimen Bergrath Althans. Der Vortragende berichtete über kürzlich bei Schürfbohrungen im Sand und Kies des Diluviums von Oberschlesien in der Gegend südlich von Orzesche vorgekommene Geschiebe von Steinkohle und legte ein aus dem Diluvium stammendes Basaltgeschiebe vor, welches bei Zabrze gefunden worden ist und ein noch unbekanntes Basaltvorkommen unter dem Diluvium ÖOberschlesiens nördlich von Zabrze vermuthen lässt. Der- selbe legte ferner Handstücke von sehr gasreicher Cannelkohle und von sog. Augenkohle aus den Oberschlesischen Gruben König bezw. Brade vor. Ueber die Fortschritte in der Anwendung und Darstellung von Sauerstoff. Von Dr. Georg Kassner. Die Bestrebungen, reinen Sauerstoff darzustellen und ihn für technische und wissenschaftliche Zwecke zu verwerthen, sind schon ziemlich alt. Sie ergaben sich von selbst, als man die Eigenschaften des so werthvollen Gases näher kennen lernte. Indessen scheiterte eine umfangreichere Anwendung des Sauerstoffs an dem Kostenpunkte. Man verwendete bisher die enorme Hitze, welche der in reinem Sauerstoff brennende Wasserstoff, mit einem Worte die Knallgasflamme erzeugt, zum Schmelzen von Platin und anderen Metallen dieser Gruppe. Ein in jener Flamme zum Glühen gebrachter Kalkkörper strahlt bekanntlich ein sehr helles Licht aus, welches unter der Bezeichnung „Drummond’sches Kalklicht“ bisher vielfach von Physikern, Optikern ete. zum Zwecke wissenschaft- licher Demonstrationen benützt wurde. In neuerer Zeit ist an Stelle des Kalklichtes das weit schönere Zirkonlicht getreten, welches dadurch ’eU 17 2 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. erzeugt wird, dass man einen Cylinder von Zirkonerde in die Knall- gasflamme hält. Die Vorzüge der Anwendung der Zirkonerde bestehen darin, dass sie in der Hitze nicht zusammensintert, sondern unverändert bleibt, während der Kalk sehr leicht Risse bekommt und abbröckelt; auch ist das Licht selbst ein helleres.. Auch in der Construction der hetreffenden Brenner ist eine wesentliche Verbesserung eingetreten. Am bekanntesten ist wohl der Brenner von Linnemann, der jedoch ziemlich theuer ist. M. Wolz in Bonn gelang es, einen einfacheren und viel billigeren Brenner zu demselben Zwecke zu construiren. Es ist bei demselben die Einrichtung getroffen, dass die Mischung beider Gase nicht an, sondern vor der Mündung des Brenners brennt, was dadurch erreicht wird, dass man das Sauerstoffgas etwa fünfzehn Mal schneller wie das Leuchtgas ausströmen lässt. In Folge der Kleinheit der intensiv leuchtenden Fläche lässt sich das Licht durch Linsen oder Hohlspiegel sehr günstig concentriren und auf weite Entfernungen hin wirksam machen. Ist der leuchtende Zirkon- körper einmal im Brennpunkte eines Linsensystems fixirt, so behält er diese Stellung stundenlang bei. Darum empfiehlt sich das Zirkonlicht gerade bei der Anwendung für feinere Projectionsapparate. Der Vor- tragende demonstrirte die Schönheit und Vorzüge des Zirkonlichtes an einem derartigen Brenner unter Benutzung von comprimirtem Sauerstoff, wie er jetzt in Stahleylindern, welche mit einem sinnreich construirten Reductionsventil versehen sind, unter einem Druck von hundert Atmos- phären in den Handel gebracht wird. | Gegenwärtig besitzt die Anwendung des Zirkons zu Beleuchtungs- zwecken nicht mehr bloss wissenschaftliches, sondern in hohem Grade auch allgemeines praktisches Interesse, Da die Leuchtkraft des gewöhnlichen Gaslichtes ohne Vermehrung seiner Wärme vierzigmal verstärkt werden kann, sobald man ihm das gleiche Volumen Sauerstoff zuführt und einen massiven Zirkoneylinder hineinhält, ergiebt sich von selbst die ausserordentliche Wichtigkeit dieser neuen Lichtquelle. Sie giebt an Stärke dem elektrischen Bogen- licht nichts nach und ist dem Auge angenehmer, da sie nicht so viele violette Strahlen enthält wie jenes. Laut privater Mittheilung ist gegenwärtig eine grosse Fabrik der Eisenbranche in Baden damit beschäftigt, das Zirkonlicht zur Strassen- beleuchtung einzuführen. Wie die Sachen also liegen, kommt es lediglich auf die Möglich- keit der Beschaffung biligen Sauerstoffs an. Nun, auch in dieser Richtung sind grosse Fortschritte zu verzeichnen. Zunächst erwarben sich die Gebrüder Brin, Engländer, das Verdienst, das alte Verfahren Boussingaults, aus Baryumsuperoxyd Sauerstoff zu bereiten, so auszuarbeiten, dass es sich für fabrikmässigen Betrieb eignete. Die | | | | II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 3 Nachtheile, welche ihm bisher anhafteten, bestanden darin, dass das angewandte Baryumoxyd nach mehrmaliger Regeneration erheblich an Wirksamkeit verlor, da es in der Hitze zusammensinterte und schon durch geringe Mengen Kohlensäure und Wasserdampf in der zur Ab- sorption gelangenden Luft entwerthet wurde. Durch Anwendung sinnreicher Apparate unter Benutzung von Va- cuumpumpen zur Absaugung des absorbirten Sauerstoffes und von Com- pressionspumpen behufs der Aufnahme desselben aus der Luft gelang es den Gebrüdern Brin mit einer constanten Temperatur von etwa 700—800 Gr. C. auszukommen und dadurch jenen erwähnten Uehel- stand der Zusammensinterung zu vermeiden. Aber viele andere Fehler, welche in der Sache selbst lagen, konnten auch durch dieses Arrangement nicht beseitigt werden, vor allem blieb bei Anwendung des Brin’schen Verfahrens die Thatsache bestehen, dass bei jedem Arbeitsgange immer nur höchstens acht Procent des im Baryumsuperoxyd enthaltenen Sauerstoffs gewonnen werden; es war somit jedesmal eine erhebliche Menge todter Masse zn erhitzen. Ferner muss auch in der Brin’schen Anwendungsweise das Baryumoxyd bezw. -Superoxyd sorgsam vor jeder Spur Kohlensäure und Wasserdampf be- hütet werden, was wieder zur Folge hat, dass die Bearbeitung dieses Körpers nur in einem System dichtschliessender Retorten vorgenommen werden kann, wodurch die Anlage selbst kostspielig wird; abge- sehen davon, dass alle durch den Apparat zu treibende Luft vorher von jenen Körpern durch chemische Mittel befreit werden muss, Trotz aller dieser Uebelstände sind doch in London, Manchester, Paris und Berlin Fabriken errichtet worden, welche sich mit stets wachsendem Erfolge mit der Darstellung von Sauerstoff aus der atmo- sphärischen Luft befassen, ein Beweis, dass ein mannigfacher Bedarf an diesem Gase vorhanden ist und dass ein anderes Verfahren zur tech- nischen Darstellung von Sauerstoff, welches die oben erwähnten Mängel nicht besitzt, einer umfangreichen praktischen Anwendungfähig sein müsste. Ein solches neues Verfahren zur Darstellung von Sauerstoff aus der atmosphärischen Luft ist nun von dem Vortragenden aufgefunden worden, es stützt sich auf die Anwendung des von ihm entdeckten bleisauren Kalks. — Bereits in einer früheren Sitzung hatte der Vortragende berichtet, dass sich Sauerstoff gewinnen lasse, wenn man den bleisauren Kalk mit Sodalösung kocht, die dadurch gebildete Natron- lauge behufs anderweitiger Verwendung entfernt und das zurückbleibende Gemisch von Bleisuperoxyd und kohlensaurem Kalk gelinde erhitzt. So wichtig diese Reaction auch für die chemische Industrie sein mag, bei welcher eine Verwendung der als Nebenproduct gebildeten Natronlauge stattfinden kann, so wirkt doch eine Verwendung solcher Zwischenkörper, wie Soda u. dgl. dann störend, wenn man es nur auf 1* a Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. die Erzeugung von Sauerstoff für metallurgische und andere grossartige Verwendungszwecke abgesehen hat. Es war daher eine der Sache sehr förderliche und ergänzende Beobachtung, dass der Sauerstoff in direeter Weise aus dem bleisaurem Kalk gewonnen werden kann, sobald man über denselben in glühendem Zustande reine Kohlensäure leitet. Diese Beobachtung ist zum grössten Theil der Firma Friedrich Krupp in Essen zu verdanken, welche sich für die Darstellung von Sauerstoff aus bleisaurem Kalk interessirt und . seit einiger Zeit mit dem Verfahren des Vortragenden beschäftigt. Man kann sich also vorstellen, dass der in einem Schachtofen in Form grober poröser Stücke enthaltene bleisaure Kalk, bald .nach seiner Entstehung aus dem Gemisch von äquivalenten Mengen Bleioxyd und kohlensaurem Kalk, durch Einblasen von Luft auf dunkle Rothgluth ab- gekühlt und nun in der Weise zersetzt wird, dass man von unten her Kohlensäure eintreten lässt, welche den Sauerstoff verdrängt und vor sich hertreibt. Das zurückbleibende Gemenge von Bleioxyd und kohlensaurem Kalk besitzt noch ganz die Form poröser Stücke und geht durch Er- hitzen an der Luft bald wieder in bleisauren Kalk über. Bei dieser Modification des Verfahrens entstand aber bald die Frage, wo man die erforderlichen grossen Mengen reiner Kohlensäure hernehmen soll. Ein Theil derselben lässt sich zwar durch überhitzten Wasserdampf leicht aus dem Reaktionsgemisch abscheiden, aber ein wohl eben so grosser Theil muss dem Prozess von Neuem wieder zu- geführt werden. Bei dem Bestreben, eine befriedigende Lösung dieser so wichtigen Frage zu erlangen, machte der Vortragende die weitere Entdeckung, dass der bleisaure Kalk ausserordentlich leicht auch durch Ofen- gase zerlegt wird, sobald man dieselben in feuchtem Zustande und bei mittlerer Temperatur anwendet. Zwar gelingt es hierbei nicht, Sauer- stoff in einer einzigen Operation zu erhalten, dafür aber wird bei dieser Combination die Kohlensäure nahezu kostenlos erhalten. Es entsteht auf diese Weise zunächst ein Gemisch von Bleisuperoxyd und kohlen- saurem Kalk, welches dann bei Behandlung mit erhitztem Wasserdampf reinen Sauerstoff liefert. Es steht zu erwarten, dass in Zukunft der Sauerstoff zu vielen Zwecken benützt werden wird, nachdem die Verfahren seiner Darstellung aus der atmosphärischen Luft so wesentlich vervollkommnet worden sind. Wenn die Bemühungen einzelner Industrieller zeigen, dass die Dar- stellung des Sauerstoffs bereits für hüttenmännische Zwecke in Aussicht genommen worden ist, so ist um so sicherer seine ausgedehnte Verwendung im Beleuehtungswesen zu erwarten. Wahrscheinlich wird bereits die nächste Zukunft hierüber die Entscheidung bringen. 42 er II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 5 Anknüpfend an diese auf einen Masseneonsum berechnete Methode zur Darstellung von Sauerstoff erwähnte Dr. Kassner noch kurz sein im vorigen Jahre bekannt gegebenes Verfahren, Sauerstoff im Kleinen und in gänzlich gefahrloser Weise für Lehr- und Schulzwecke darzu- stellen. Er zeigte, dass es vortheilhafter ist, die einzelnen Componenten, Baryumsuperoxyd und Ferrieyankalium, nicht in einer Mischung anzu- wenden, sondern erst das Baryumsuperoxyd mit etwas Wasser zu ver- mischen und dann das Ferrieyansalz hinzuzugeben. Die Firma H. Trommsdorf in Erfurt bringt dementsprechend von jetzt ab die einzelnen Bestandtheile für sich und in den geeigneten Verhältnissen ab- sewogen in den Handel. Ueber Dampfspannungs-Verminderung. Von Professor Dr. Dieterici. Der Vortragende berichtete über neue Beobachtungen bezüglich Dampfspannungsverminderung, welche in Wasser gelöste Salze hervor- bringen und über die Consequenzen, die aus diesen Beobachtungen für die Theorie der Thermodynamik sich ergeben. Die von ihm ausgeführte Untersuchung ist in Wiedemans Annalen der Physik B. 41 1891 veröffentlicht. Ueber Citral und Geranial. Von Th. Poleck. Geheimrath Poleck theilte im Anschluss an seinen letzten Vortrag über deutsches und türkisches Rosenöl die neuesten von Dr. Semmler in Greifswald auf diesem Arbeitsgebiete erhaltenen Re- sultate mit, aus denen zunächst hervorgeht, dass der im Citronenöl ent- haltene, höchst siedende Antheil, der von der Firma Schimmel u. Co, in Leipzig unter dem Namen Citral in den Handel gebracht wird, iden- tisch ist mit dem Aldehyd des Geranials und damit auch wahrscheinlich mit der analogen aus dem Rosenöl enthaltenen Verbindung und dass er wie diese zwei Aethylenbindungen enthält und bei der Oxydation glatt in dieselbe Säure übergeht. Dieses mit dem Geranial identische Citral scheint in den ätherischen Oelen sehr verbreitet zu sein. Eine zweite sehr bemerkenswerthe Thatsache ist die Dr. Semmler gelungene Ueber- führung des Geranials in Cymol vermittelst saurem, schwefelsauren Kaliums unter Abspaltung von Wasser, ein Process von hoher theore- tischer Tragweite, da hier unter Ringschliessung der Kohlenstoffatome 6 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. ein glatter Uebergang eines Methanderivats mit zwei Aethylenbindungen zu einem Benzolderivat, dem Cymol, mit drei Aethylenbindungen vor- liegt. Der Aldehyd aus dem Rosenöl wird höchst wahrscheinlich das- selbe Resultat geben, während es inzwischen gelungen ist, auch aus dem Rosenöl durch Schmelzen mit Kaliumhydroxyd Isovaleriansäure zu er- halten. Sitzung vom 18. März 1891. Ueber silberhaltigen Bleiglanz im Kaukasus. Von Dr. von Trautschold. Der Wirkliche Staatsrath Professor Dr. von Trautschold sprach (in Ergänzung seiner vorjährigen Mittheilung) über das Vorkommen des silberhaltigen Bleiglanzes im Kaukasus. Die am Austritte des Ardon aus der Bergkette gelegene Hütte Alagir liefert jährlich nach dem offieiellen Bericht des Bergamtes in Tiflis 335 Pud Silber neben 9500 Pud Blei. Das Bergwerk selbst befindet sich auf der Contactzone des Granits und Thonschiefers nahe dem Ausflusse des Ssadon in den Ardon. Nächst- dem schilderte der Vortragende die Ausdehnung seines Ausfluges weiter den Ardon hinauf bis zum Tsei-Gletscher, welcher in einer engen Thal- schlucht von dem 10000 Fuss hohen granitischen Adaichoch herab- kommtund sein Wasser ebenfalls dem Ardonzuführt. Schliesslich machte der Vortragende darauf aufmerksam, dass unter den Namen „Kaukasus“ auch die transkaukasischen Höhenzüge einbezogen würden, was nicht ' gerechtfertigt wäre, da letztere einem besonderem Bergsystem ange- hörten und sie überdies durch die Thäler der Kura und des Rion streng von der Kaukasus-Kette getrennt wären. Ueber Kohlenwasserstoffe der Methanreihe aus ätherischen Delen und deren Aufbau in der Pflanze. Von Privatdocent Dr. Semmler. Nachdem es gelungen war nachzuweisen, dass es Campferarten giebt, welche der Methanreihe angehören, und nachdem aus dem Gera- nial, welches zu dieser Klasse von Verbindungen gehört, Cymol erhalten worden war, trat der Gedanke nahe, ob nicht in der Pflanze ähnliche Processe stattfinden. Es war dem Vortragenden klar, dass die Pflanze aus chemischen Verbindungen, welche der Methanreihe angehören, die Benzolderivate, welche wir in dem Organismus der Pflanze antreffen, darstellt, indem Wasserentziehung stattfindet; und zwar entstehen auf II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 7 diese Weise sowohl die Benzolderivate selbst, als auch die hydrirten Benzol- abkömmlinge, zu welchen z. B. die Terpene gehören. Ist diese Hypothese richtig, so darf kein Benzolderivat in der Pflanze vorkommen, welches alle sechs Wasserstoffatome substituirt enthält, alle Benzolderivate müssen mit anderen Worten das an das sechste Kohlenstofiatom des Benzolkerns- gebundene Wasserstoffatom noch als solches aufweisen. Als das erste Kohlenstoffatom bezeichne ich dasjenige, welches mit C, H, oder einer analogen Seitenkette ver- knüpft ist. Unter der grossen Anzahl von Benzolderivaten, welche bisher aus der Pflanze isolirt sind, widerspricht kein einziges dieser Regel. Ferner wurden Versuche über den Aldehyd angeführt, welcher sich in dem aus Rainfarn gewonnenen ätherischen Oele vorfindet. Schon Bruylants hat einige Daten über diesen interessanten Körper gegeben; jedoch konnte er zu keiner Formel gelangen. Der Vortragende suchte zunächst festzustellen, ob der Adehyd zu den olefinischen Campferarten gehört; dagegen sprachen die physikalischen Eigenschaften durchaus. Denn nach einer früher vom Vortragendn aufgestellten Regel beträgt das specifische Gewicht dieser Klasse von Verbindungen ca. 0,86—0,90; vorliegender Aldehyd aber zeigte bei 15° C ein specifisches Gewicht von ca. 0,92. Gehörte der Aldehyd aber nicht zu den olefinischen Campherarten, so musste derselbe der Repräsentant einer ganz neuen Klasse von Ver- bindungen sein; und zwar musste er ein Aldehyd darstellen, welchem ein hydrirter Benzolkern zu Grunde liest. Da nun aber sowohl das physikalische, als auch das chemische Verhalten dafür sprachen, dass keine doppelte Bindung vorlag, so musste auch ein neues Benzol, welches 2 doppelte Bindungen und eine sogenannte Pavabindung enthält, zu er- warten sein. Die Versuche sind noch nicht abgeschlossen, es verspricht aber die weitere Untersuchung darüber Gewissheit herbeizuführen, dass wir in der That nicht ein einziges Benzol anzunehmen haben, sondern mehrere, welche sich durch die Art der Bindungen von einander unter- scheiden. Ferner haben wir demnach ein zweites Cymol anzunehmen; der Vortragende hofft in nächster Zeit über dasselbe weiter berichten zu können. Dass die olefinischen Campferarten unter den durch die Pflanze hervorgebrachten chemischen Verbindungen weit verbreitet sind, zeigt der Umstand, dass auch der Hauptbestandtheil des Rosenöls, das Rhodinol, sowie die Hauptbestandtheile der Oele, welche aus den prachtvollen indischen Grasarten gewonnen werden, sämmtlich zu dieser hoch- interessanten Gruppe von Verbindungen gehören. Es hat diese Gruppe, namentlich ihre Umwandlungsproducte, ein neues Licht geworfen auf die Art der Entstehung der Benzolderivate in der Pflanze. 8 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Schliesslich zeigte der Vortragende aus den Rohölen von Pflanzen der verschiedensten Art dargestelltes Citral vor, den Träger des charakterischen Geruchs unserer Citrusarten, Ueber echtes Macassar-Oel. Von Th. Poleck. Geheimrath Professor Dr. Poleck theilte die Resultate einer chemischen Untersuchung des Macassar-Oels mit, welche im pharma- ceutischen Institut von dem verewigten Apotheker Thümmel begonnen und von dem Assistenten am Institut, Herrn Kwasnik, beendet worden war. Das echte Macassar- oder Mangkassar-Oel besitzt in seiner Heimath, dem südweslichen Theil der Sunda-Insel Celebes, einen grossen Ruf als Haarwuchs beförderndes, Schinnen und Ekzeme beseitigendes Mittel und ist in früheren Jahren bereits nach Deutschland eingeführt worden. Doch gelangten als solches meist Falsificate in den Handel, Mischungen von Coeosnussöl mit anderen Oelen, welche mit den Blüthen der Cananga odorata, einer Anonacee oder Michelia Campaca, einer Magnoliacee parfümirt waren, auch wurden vielfach unter diesem Namen inländische, mit beliebigen Riechstoffen versetzte und mit Alcannaroth gefärbte Oele verkauft. Vor ungefähr fünf Jahren wurde von dem bekannten grossen Handlungshause Gehe & Co. in Dresden echtes Oel eingeführt und steigerte sich von da ab die Zufuhr von Jahr zu Jahr. Das eehte Oel stammt aus dem Samen der Schleichera trijuga Willd., eines auf den Sunda-Inseln wachsenden, reich belaubten Baumes der Sapindaceen mit essbaren Früchten und einem festen schönen Nutz- holz. Es ist bei gewöhnlicher Temperatur halbflüssig, von gelblich weisser Farbe und schwachem Geruch nach Bittermandelöl. Eine chemische Untersuchung des Oels fehlte bisher. Zu der in Rede stehenden Arbeit wurde sowohl käufliches, von Gehe & Co. bezogenes, wie auch solches im pharmaceutischen Institut aus Samen dargestelltes Oel benutzt. Die Samen verdankt das Institut der Freundlichkeit des Herrn Elden, Direetor des Colonial-Museums in Harlem, und Herrn Dr. Schuchardt in Görlitz. Diese Samen enthalten kein Stärkemehl, dagegen ca. 68 pCt. fettes Oel, das durch Petroläther ausgezogen wurde, während durch Pressen der von der Schale befreiten Samen nur 45,8 pCt. erhalten werden konnten. Das Oel war in beiden Fällen von Butterconsistenz, gelber Farbe und mildem Geschmack. Sein Schmelzpunkt lag bei 21—22 Gr., während die beim längeren Stehen des Oels sich ausscheidenden festeren Glyceride erst bei 28 Grad schmolzen und unter dem Mikroskop als u) SA ze II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 9 feine Nadeln erschienen. Freie Blausäure konnte mit Leichtigkeit in dem Oel nachgewieseu werden. Die fetten Säuren waren mit Ausnahme von 3,14 pCt. freier Oelsäure als Glyceride vorhanden und zwar wurden darin 70 pCt. Oelsäure und von festen fetten Säuren 5 pCt. Palmitin- säure und 25 pCt. Arachinsäure, die charakterisische Säure des fetten Oels der Arachis hypogaea L. der in den Tropenländern einheimischen Erdnuss gefunden. Laurinsäure war nicht vorhanden und von flüchtigen Säuren konnte nur Essigsäure, aber keine Buttersäure nachgewiesen werden. Die vorhandene Blausäure wurde direct im Oel und im Samen be- stimmt. Das erstere enthielt 0,05—0,030, die letzteren 0,62 pCt. Amygdalin konnte in dem Samen nicht nachgewiesen werden, wohl aber dessen Zersetzungsproducte, Blausäure, Benzaldehyd und Traubenzucker. Auch kleine Mengen Rohrzucker konnten aus den Samen krystallisirt abgeschieden werden. Die Samen der Schleichera stehen nicht isolirt bezüglich ihres Gehalts an Blausäure, ohne dass in ihnen gleichzeitig Amygdalin nachgewiesen werden konnte. Wir verdanken dem von der holländischen Regierung im Jahre 1888 errichteten und mit dem rühm- lichst bekannten botanischen Garten in Buitenzorg auf Java verbundenen chemisch-pharmacologischen Laboratorium, dessen erster Bericht von seinem Dirigenten M. Greshoff im Anfang dieses Jahres im Druck er- schienen ist, den Nachweis einer ganzen Anzahl javanischer Pflanzen, die blausäurehaltig sind, ohne gleichzeitig Amygdalin oder dessen Zer- setzungsproducte zu enthalten und welche den verschiedensten Pflanzen- familien angehören. Nach diesem ersten Bericht beurtheilt, verspricht das Buitenzorger Laboratorium reichen Gewinn für die Wissenschaft, um so mehr, als die dankenswerthe Absicht vorliegt, auch die euro- päischen Laboratorien mit Material zu Untersuchungen auf diesem Ge- biete zu versorgen. Sitzung vom 13. Mai 1891. Ueber die Constitution des Atropins und seine Synthese. Von A. Ladenburg. Geheimrath, Professor Dr. A. Ladenburg sprach über die Con- stitution des Atropins und die Versuche zu seiner Synthese. Als der Vortragende seine Untersuchung begann, war die chemische Natur des Atropins so gut wie unbekannt und nur ein Versuch war von Kraut und von Lossen ziemlich gleichzeitig ausgeführt worden, der in dieser Beziehung wichtig genannt werden kann: die Spaltung des 10 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Alkaloids dnrch verdünnte Alkalien oder Säuren, wobei einerseits Tropin C, H,, NO, andererseits Tropasäure C, H,, O, entsteht nach der Gleichung: C,H, NO, +H,0=C,H, NO + C, H,o 95. Dem Vortragenden ist es nun gemeinschaftlich mit Dr. Rügheimer gelungen, die Constitution der Tropasäure festzustellen, und ihre voll- ständige Synthese auszuführen. Diese Untersuchungen, welche im ein- zelnen beschrieben werden, führen für diese Säure zu der Formel: CO, H C, H, CH CH, OH, so dass dieselbe als eine & Phenyl ß Oxypropionsäure angesehen werden kann. In zweiter Linie musste die Aufgabe gelöst werden, aus den Spal- tungsproducten des Atropins dieses zu regeneriren. Dies gelang in der That und zwar durch Behandlung von tropasaurem Tropin mit ver- dünnter Salzsäure auf dem Wasserbad. Damit war gleichzeitig eine Methode gegeben zu Gewinnung einer ganzen Reihe von dem Atropin ähnlichen Alkaloiden, indem man statt der Tropasäure andere organische Säuren bei Gegenwart von Salzsäure auf das Tropin einwirken liess. Diese neuen Alkaloide wurden Tropeine genannt und ziemlich eingehend untersucht. Eines derselben verdient eine besondere Beachtung. Es entsteht aus Tropin und Mandelsäure und hat, da es mit dem Atropin homolog ist, den Namen Homatropin erhalten. Dasselbe wirkt wie das Atropin mydriatisch, doch, da die Wirkung von viel kürzerer Dauer ist, so wird es jetzt vielfach in der Augenheilkunde benutzt, namentlich, wenn es sich um Augen-Untersuchungen handelt. Die Bildung der Tropeine wirft ein eigenthümliches Licht auf die Natur des Tropins, das sich dabei wie ein Alkohol verhält, und in der That kann es auch in anderer Hinsicht mit einem Alkohol verglichen werden. Für derartige Basen, welche gleichzeitig Alkoholfunection, d.h. eine OH-Gruppe besitzen, wurde der Name Alkine eingeführt. Die Bildung des Tropidins und des Tropinjodürs, zu deren Be- schreibung der Vortragende dann übergeht, geben weitere Gründe für die Alkinnatur des Tropins.. Das Tropidin entsteht durch Einwirkung von concentrirter Salzsäure oder Schwefelsäure auf das Tropin, es ent- hält ein Molekül Wasser weniger als dieses und hat die Formel C, H,, N. Es ist eine starke, wie Coniin riechende, bei 162° siedende Base, die sehr schöne Salze bildet. Das Tropinjodür entsteht beim Erhitzen von Tropin mit rauchender Jodwasserstoffsäure und amorphem Phosphor auf 140°, Sein Jodhydrat bildet farblose, in Wasser schwer lösliche Kry- stalle von der Formel C, H,, NJ,. Nach seinem ganzen Verhalten darf dasselbe als das Salz einer jodhaltigen Base C, H,, NJ angesehen II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 11 werden und diese entsteht ganz ähnlich aus dem Tropin, wie Jodäthyl aus Alkohol. Man hat C, H, (OH) Alkohol C, H,, N (OH) Tropin C, H, J Jodäthyl C, H,, NJ Tropinjodür. Wird dieses Tropinjodür mit Zinkstaub und verdünnter Salzsäure redueirt, so erhält man eine bei 166° siedende Base von der Formel C, H,, N, die Hydrotropidin genannt wurde. Auch diese ist durch schöne Salze charakterisirt. Sie ist wie das Tropin und Tropidin tertiärer Natur. Beim Erhitzen ihres Chlorhydrats im Salzsäurestrom geht sie aber unter Entwickelung von Chlormethyl in eine secundäre Base, das Norhydrotropidin C, H,, N über, die selbst krystallisirtt und ein krystallinisches Nitrosamin liefert. Dadurch ist das Vorhandensein einer an Stickstoff gebundenen Methylgruppe in dem Tropin geführt. Da schliesslich das Norhydrotropidin bei der Destillation seines Chlorhydrats mit Zinkstaub in «-Aethylpyridin übergeht, das schon früher von dem Vortragenden synthetisch dargestellt wurde, so ist damit die Constitution des Tropins und daher auch des Atropins ziemlich vollständig ermittelt. Sie lassen sich durch die Formeln C, H, (CH.CH, OH) NCH, und 27.:/0H.:CH, .0,C0.6CH IC, H.1,CH, .0H) NCH, darstellen. Der Redner geht dann zu den Versuchen über, welche die Synthese des Atropins bezweckten, bemerkt aber gleich, dass diese nicht zu Ende geführt sind. Er ging dabei von dem «-Picolin aus, das er schon früher gemeinschaftlich mit Lange synthetisch dargestellt hatte. Dasselbe wurde durch Erhitzen mit Wasser und Formaldehyd auf 120° in Picolyl- alkin verwandelt. Dies ist eine sirupöse Base, die nur im luftverdünnten Raum destillirt werden kann und unter einem Druck von 10 mm bei 120° übergeht. Ihre Formel ist C, H, (CH, .CH, OH) N. Diese Base lässt sich durch Natrium und Alkohol redueiren und liefert“ dann das bei 232° siedende Pipecolylalkin C, H, (CH, .CH, OH) NH. Diese ist eine starke, etwas nach Piperidin riechende, krystallisirende secundäre Base, von der einige Salze dargestellt werden konnten. Wird sie in wässriger Lösung mit methyl-schwefelsaurem Kalium erwärmt, so erhält man das v Methylpipecolylalkin C, H, (CH, .CH, OH) NCH,. Dieses siedet auch bei 232°, krystallisirt aber viel schwieriger und steht in seinen Eigen- schaften dem Tropin sehr nahe, Da es auch dieselbe Constitution und nur zwei Atome Wasserstoff mehr enthält, so wurde es Hydrotropin ge- nannt. Interessant ist es, dass man daraus durch Einwirkung von Tropa- säure und Salzsäure eine dem Atropin ähnlich wirkende, mydriatische Base darstellen kann, Zur Synthese des Tropins handelte es sich jetzt nur noch um die Entziehung zweier Wasserstoffatome. Dieses ist auch durch Oxydation 12 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. möglich, doch ist dabei vorläufig nicht Tropin selbst, sondern eine da- mit nur isomere Base erhalten worden. Dieselbe siedet 30° niedriger als Tropin und krystallisirt nicht. Ihr Platinsalz sieht aber wie Tropin- platin aus und sie wurde deshalb vorläufig Paratropin genannt. Diese Versuche werden fortgesetzt, da gegründete Aussicht vor- handen ist, aus dem Hydrotropin zum Tropin zu gelangen. Ueber topographische Karten Oberschlesiens. Von Geheimen Bergrath Althans. Der Geheime Bergrath Althans legte einige auf dem König- lichen Oberbergamte gezeichnete topographische Karten von der Gegend bei Gleiwitz, Peiskretscham, Orzesche, Rybnik und Loslau vor, auf welchen die durch Schürfbohrungen nachgewiesene Oberfläche des Stein- kohlen-Gebirges in ihrem, von tiefen, durch jüngere wasserreiche Schichten erfüllten, vormaligen Thälern durchzogenen Relief dargestellt ist. Diese Auflagerungen bestehen im nördlichen Theile dieses Gebietes aus Trias, im südlichen aus Tertiärschichten. Dieselben senken sich gegen Westen und Süden nach dem Oderthale hin, tief unter den Meeres- spiegel. Aber auch in der Richtung von Rybnik nach Osten zieht sich eine solche Thalschlucht nach der Weichsel hin, deren Tiefe durch eine bei Zawitz südöstlich von Orzesche im Tegel 650 m niedergebrachte Bohrung noch nicht ergründet werden konnte. Während der gegen- wärtige Bergbau sich hauptsächlich auf den inselartig über den jüngeren Schichten hervorragenden Erhebungen des Steinkohlen-Gebirges zwischen Zabrze, Beuthen, Dombrowa und Myslowitz, zwischen Orzesche und Nicolai, bei Rybnik, bei Mährisch-Ostrau, Hultschin und Karwin bewegt, stehen hiernach dessen Ausbreitung in den zwisckenliegenden, aus- sedehnten, von der mächtigen, wasserreichen Auflagerung bedeckten Gebieten erhebliche Hindernisse entgegen. Sitzung vom 10, Juni 1891. Ueber Venezuela. Von Dr. Gürich. Privatdocent Dr. Gürich erstattete einen Bericht über Venezuela, wo er sich von Juli 1890 bis Januar 1891 zum Zwecke von Minen- untersuchungen aufgehalten hatte. Nach Besprechung von Lage und Begrenzung geht der Vortragende näher auf die Gliederung des Ge- bietes ein. Venezuela umfasst das im Süden gelegene Hügelland von II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 13 Guayana, dann die weiten Ebenen des Orinoco und seiner Zuflüsse — also die eigentlichen Llanos und schliesslich einen nördlichen durchaus gebirgigen Theil. Dieser zerfällt in zwei Theile. Von Westen her aus Columbien treten die Anden in ihrem letzten Ausläufer in Venezuela ein, nämlich in der Sierra Nevada de M£rida, erreichen aber in einer Linie Jaracui-Cojedes ihr Ende. Jenseits dieser Senke beginnt darauf ein anderes Gebirge, das den ganzen östlichen Theil der Küste des Landes begleitet; es ist das karibische Küstengebirge. Letzteres ist charak- terisirtt durch den Parallelismus seiner Ketten, durch Längsthäler und Querriegel, während in den eigentlichen Anden eine fächerartige Aus- breitung und Abspaltung der Gebirgsketten herrscht. Durch diese eigen- thümlichen Reliefverhältnisse wird das Flusssystem bedingt. Bezeichnend sind ferner die tief in’s Land eingreifenden Meerbusen, wie derjenige von Maracaibo; die weiter östlich folgenden stehen zu charakteristischen quer verlaufenden Senken des karibischen Gebirges in naher Beziehung. Anschliessend hieran werden dann die Verhältnisse des Binnensees von Valeneia besprochen. Der Vortragende selbst hatte nur den nördlichen gebirgigen Theil des Landes kennen gelernt und kam nach Süden nur bis an den Rand der Llanos. Von Vegetationsformen sind zu unterscheiden: Die Sabannenform der Llanos, ganz verschieden z. B. von den Grassteppen Afrikas; die Cactus- und Mimosenvegetation regen- und wasserarmer Flächen und besonders von Küstengebieten; Urwälder und zwar je nach der Höhen- lage: Palmengürtel in den Niederungen; die Palmen bilden zwar keine Bestände, aber doch einen wesentlichen Bestandtheil dieser üppigsten Laubwälder; der Vortragende hatte sie vorzugsweise längs der Eisen- bahn von Tucacas nach Barquisimeto zu beobachten Gelegenheit gehabt. Am Gebirge folgen darüber Urwälder, mit Baumfarnen und mit Cin- choneen, wie sie der Vortragende z. B. am ÖOstende der Anden kennen lernte. Darauf folgt eine Alpenmattenvegetation, die der Päramos, der höchsten Andenrücken oberhalb der Baumgrenze, Wichtig für das Landschaftsbild sind die Anpflanzungen der Cultur- gewächse. Durch die zum Schutze der Nutzpflanzen gepflanzten hohen Schattenbäume sehen die Kaffee-, sowohl wie die Cacaopflanzungen waldähnlich aus; die ersteren allenthalben in den Gebirgsthälern, die letzteren in den Niederungen. Nicht minder in Betracht kommen Mais-, Bananen- und Zuckerrohrfelder. Die Cultur von Baumwolle und Indigo ist ganz eingegangen, diejenige von Tabak beinahe ebenfalls. Des Ferneren wird dann das Vorkommen der verschiedenen Wild- arten, der für die Fauna Venezuelas wichtigen Nager und nicht minder der Edentaten, sowie auch die Verbreitung der Raubthiere besprochen, von welchen z. B. Jaguar und Puma noch gelegentlich in den ent- 14 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. legeneren Gebieten auftreten. Von der übrigen Fauna nimmt die Vogel- welt besonderes Interesse in Anspruch. Die Schlangenfauna ist ebenso reichhaltig wie in Centralamerika und in Brasilien. Die Bewohner des Landes sind grossentheils Mischlinge in den ver- schiedensten Graden. In den Küstengebieten herrscht Negerblut, im Innern und besonders im Gebirge das der Indianer vor. Uncivilisirte Indianerstämme giebt es, abgesehen von den noch fast unbekannten Ge- bieten am oberen Orinoco, nur noch im Orinocodelta und auf der Halb- insel Goajira. Darauf folgte eine kurze Besprechung der Geschichte des Landes und der jüngsten politischen Vorgänge, der Bildungs - Anstalten und der Verkehrs- und Handelsverhältnisse. Die geologischen Verhältnisse sind ziemlich einfach; von Interesse sind die Phosphatlager von Curacao und den Roques-Inseln, die Asphaltvorkommnisse von Trinidad und auf dem Festlande, die Kohlenflötze der Kreideformation, die Kupferminen von Aroa und die Goldminen von Callao. Der Reichthum des Landes liegt in seiner fast unbegrenzten Pro- ductivität, beeinträchtigt wird dieselbe aber durch die in Folge der zu dünnen Bevölkerung wichtigen Arbeiterfrage und durch die noch immer nicht als gesichert anzusehenden politischen Verhältnisse. Durch Vorlegung von Karten, Abhandlungen und zahlreichen Photo- sraphien erläuterte der Vortragende seine Ausführungen, Ueber die Zusammensetzung eines Grubengases und zwei neue Zinkammon-Verbindungen. Von Th. Poleck. Geheimrath Poleck theilte die Analyse eines Grubengases aus dem Steinkohlenwerk „Vereinigte Glückhilf-Friedenshoffnung‘“ bei Hermsdorf mit, welches aus 9,43 pCt. Kohlensäure, 59,77 pCt. leichten Kohlen- wasserstoff, 0,17 pCt. Schwefelwasserstoff, 19,06 pCt. Stickstoff und 11,77 pCt. atmosphärischer Luft bestand. Der nicht unbeträchtliche Gehalt an Schwefelwasserstoff, im Allgemeinen ein seltener Bestandtheil der Grubengase, ertheilt der Grubenluft gesundheitsschädliche Eigen- schaften, während der hohe Gehalt an leichtem Kohlenwasserstoff die Gefahr schlagender Wetter nahe legt, deren Eintritt bei der vortrefflichen Ventilation der dortigen Gruben weniger zu besorgen ist, Hierauf legte er zwei neue, von Herrn Kwasnik im Laboratorium des pharmac. Instituts dargestellte Zink-Ammon-Verbindungen vor. II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 15 Zn BNc u. Zn Ari Au von denen die erstere krystallisirt, in Wasser und Alkohol unlöslich ist und als ein Zink-Ammonium-Chlorid angesehen werden kann, welches beim Erhitzen Ammoniak abspaltet und sich in die zweite, unzersetzt flüchtige Verbindung umwandelt, die als farblose Flüssigkeit über destillirt und zu einer amorphen Masse erstarrt. Ueber die chemische Natur des deutschen und türkischen Rosenöls. Von Th. Poleck. Geheimrath Poleck legte im Anschluss an seine früheren Mit- theilungen die definitiven Resultate der von Herrn Dr. Eckart im hiesigen pharmaceutischen Institut der Universität beendigten Unter- suchung des deutschen und türkischen Rosenöls vor. Zur Untersuchung diente Rosenöl, welches in der bewährten Fabrik von Schimmel & Co. in Leipzig aus deutschen Rosen dargestellt worden war, und von Stearopten befreites türkisches Rosenöl Kazanlik, das unter Garantie der Reinheit von derselben Fabrik bezogen worden war. Durch fraetionirte Destillation wurden drei Bestandtheile isolirt: ein zwischen 79—100° übergehender Vorlauf, ein flüssiger Bestandtheil, das Elaeopten, der hauptsächlich von 110—120° C. bei 12 mm Druck über- destillirt, und endlich ein sehr hoch siedender Antheil, ein Stearopten. Terpene konnten nicht nachgewiesen werden. Das erste Destillat ging nach dem Entwässern und mehrmaliger Rectification vollständig bei 79° C. über und wurde durch die Bilduug von Jodoform und von Essigsäure bei der Oxydation als Aethylalkohol identifieirt. Der zweite Antheil, das Elaeopten, ist der Hauptbestandtheil des Oeles und Träger seines Geruchs. In dem deutschen Oel sind 66 bis 74 pCt., in dem türkischen 80—88 pCt, enthalten. Es ist sehr leicht löslieh in Alkohol und kann auf diese Weise von dem in Alkohol schwerlöslichen, geruchlosen Stearopten leicht und vollständig ge- trennt werden. Das auf diesem Wege erhaltene Elaeopten aus deutschem Rosenöl war durch Chlorophyll etwas grün gefärbt, besass bei 11,5° ein spec. Gewicht 0.891 und zeigte im Wild’schen Polaristrobometer eine Drehung nach links, —2,7 bei 100 mm Säulenlänge. Das türkische Elaeopten war von gelber Farbe und hatte ein spee. Gewicht von 0,5804—0,8813 bei 15° und polarisirte ebenfalls links. Bei Anwendung von geringen Mengen, 10—20g, gingen das deutsche und das türkische Elaeopten bei 12 mm Druck vollständig über. Die 16 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Destillate beider Oele waren farblos und hatten den charakteristischen Geruch des Rosenöls, das deutsche aber duftete weit milder und feiner als das türkische, beide besassen jedoch die gleiche Zusammensetzung: Elaeopten des deutschen türkischen ng EN Berechnet I. I. II. IV. für C,0H1s0 6 77,22 77,24 77,54 77,87 77,92 pCt. H 11,33 11,66 11,70 11,72 14691358 Nach diesen Analysen ist das Elaeopten beider Oele ein und der- selbe Körper, dessen Zusammensetzung durch die Formel C,,H,,0 ihren Ausdruck findet und der nachstehende physikalische Eigen- schaften besitzt. Deutsches Elaeopten specifisches Brechungs- Molecular- R j Drehungs- Siede- Gewicht Exponent Refraction Disperaign vermögen punkt 0,8837 bei 15° 1,4775 49,28 12,5 —2,8 216° links Türkisches Elaeopten 0,8789 bei 18° 1,4710 48,97 12,0 —2,7 216° Die Brechungsexponenten von 1,4775 und 1,4710 führen nach den 2 _-1)P 3 Brühl’schen Werthen und der Constante Su zu einer Molecular- (n?—+-2)d refraction von 49,28 und 48,97. Eine Verbindung C,,H,,O mit zwei doppelten Kohlenstoffbindungen verlangt 48,66, was mit den gefundenen Werthen genügend übereinstimmt und durch das Additionsvermögen von Brom für die zwei vorhandenen Aethylenbindungen bestätigt wird. Eckart schlägt für diesen Körper C,,H,,O mit zwei Aethylen- bindungen den Namen Rhodinol, von godıyos, von der Rose stammend, vor. Sein chemisches Verhalten charakterisirt ihn als einen Alkohol. In seiner Benzollösung bewirkt Natrium eine lebhafte Entwickelung von Wasserstoffgas, und nach mehrwöchentlicher Einwirkung wurde eine weiche, amorphe Verbindung erhalten, deren Natriumgehalt auf die Ver- bindung C,,H,.ONa schliessen liess. Bei dem Einleiten von trocknem Chlorwasserstoff wurde Wasser abgespalten und eine flüssige Verbindung erhalten, die nicht ohne Zer- setzung flüchtig war, Ihr Chlorgehalt wurde in alkoholischer Lösung mit '/, normal Silberlösung bestimmt und 20,52 pCt. Chlor gefunden, während das Rhodinolehlorid, C,,H,,Cl, 20,55 pCt. Chlor verlangt. Mit alkoholischer Kalilösung einige Stunden im Wasserbade erhitzt, wurde es in Chlorkalium und Rhodinol, C,,H,,OH, zerlegt, wie durch die Analyse des letzteren, die 77,32 pCt. Kohlenstoff und 11,53 pCt. Wasserstoff lieferte, bewiesen wurde. Durch Eipleiten von trocknem Jodwasserstoff oder beim Erhitzen des Rhodinols mit concentrirter Jodwasserstoflsäure im zugeschmolzenen II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 17 Rohr entstand die ebenfalls nicht unzersetzt flüchtige Verbindung C,.H,.J, und bei der Einwirkung von Carbanil (Phenylisocyanat) wurde unter Wasserabspaltung und Bildung von Carbanilid der Aether des Rhodinols, C,,H,,O, erhalten. Die Analyse gab 82,50 pCt. Kohlenstoff und 11,92 pCt. Wasserstoff, während die Rechnung 832,75 pCt. Kohlen- stoff und 11,72 pCt. Wasserstoff verlangt. Beim Erhitzen des Rhodinols mit Benzoösäureanhydrid und Essig- säureanhydrid entstehen die betreffenden Ester, die beide flüssig und nicht ohne Zersetzung flüchtig sind. Die Analyse bestätigte die Zu- sammensetzung C,H,CO0C, ,H,, und CH,C00G ,H,.. Bei der Oxydation mit Kaliumbichromat und Schwefelsäure ent- ; steht neben dem flüssigen Aldehyd, C,,H,,O, von eitronenartigem Ge- ruch, dem Rhodinal, in geringen Mengen auch die entsprechende Säure C,,H,,0,. Der erstere giebt alle charakteristischen Reactionen der Aldehyde und eine krystallinische Natriumbisulfitverbindung. Die Analyse gab 78,35 pCt. Kohlenstoff und 10,3 pCt. Wasserstoff, berechnet für obige Formel 78,94 pCt. Kohlenstoff, 10,52 pCt. Wasserstoff. Die Säure, Rhodinolsäure, ist ebenfalls flüssig und liefert ein gut krystallisirtes Silbersalz. Seine Analyse ergab 43,43 pCt. Kohlenstoff, 5,65 pCt. Wasserstoff und 38,59 pCt. Silber, berechnet 43,47 pÜt. Kohlenstoff, 5,79 pCt. Wasserstoff und 39,13 pCt. Silber. Kaliumpermanganat wirkt tiefer eingreifend. Bei vorsichtiger Oxydation in alkalischer Lösung entstehen Spuren von Baldriansäure, Buttersäure, dann Essigsäure, Oxalsäure und Kohlensäure, ferner ein in Wasser, Alkohol und Aether löslicher, nicht destillirbarer, syrupartiger Körper von neutraler Reaction und bitterem Geschmack, der sehr leicht mit nicht russender Flamme verbrannte. Er redueirte ammoniakalische Silberlösung, gab aber mit Natriumbisulfit und Phenylhydrazin keine krystallinischen Verbindungen. Metallisches Natrium veranlasste eine lebhafte Entwicklung von Wasserstoff, Die Analyse führte zur Formel C,H,,0,, die 43,57 pCt. Kohlenstoff und 8,43 pCt. Wasserstoff verlangt, während 42,12 pCt. Kohlenstoff und 8,38 pCt. Wasserstoff gefunden worden waren. Es scheint ein fünfwerthiger Alkohol entstanden zu sein. Die Oxydation war tief eingreifend; es waren eine Methyl- oder eine Propylgruppe abgespalten und alle doppelten Bindungen durch Hydroxyl ersetzt. Bei weiterer Oxydation mit Kaliumpermanganat zer- fiel dieser Körper in Kohlensäure und Oxalsäure. Bei der Oxydation des Rhodinols mit Wasserstoffsuperoxyd ent- stand eine einbasische, sich leicht zersetzende Säure, die in Wasser leicht löslich war, beim Abdampfen einen stark sauren Rückstand gab, der über Schwefelsäure zu einer weissen Masse erstarrte. Die Analyse Be Baryumsalzes führte zu der Zusammensetzung C,H,,O,, deren 2 /3 18 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Baryumsalz 27,64 pCt. Baryum verlangt, während 28,22 pCt. und 27,91 pCt. Baryum gefunden wurde. Diese Säure entspricht dem Alkohol C,H,,O,, der durch Oxydation des Rhodinols durch Kalium- permanganat erhalten worden war. Durch schmelzendes Kaliumhydroxyd wurde das Rhodinol in Baldriansäure, Essigsäure Ameisensäure und Oxalsäure gespalten. Durch Behandlung des Rhodinols mit Monokaliumsulfat, Zink- chlorid, Phosphorpentoxyd entstehen unter Wasserabspaltung Terpene und Polyterpene. Lässt man auf eine Rhodinollösung in Petroläther Phosphorpent- "oxyd einwirken, so lässt sich ziemlich leicht ein bei 175—182° sieden- des Terpen, C,,H,,, erhalten, dessen Tetrabromid sich durch seinen Schmelzpunkt, wie durch seine Krystallform als Dipententetrabromid charakterisirt. Herr Prof. Hintze in Breslau hatte die Güte, durch die krystallographische Untersuchung seine Identität _ mit dem Dipenten- tetrabromid von Wallach festzustellen. Das Resultat der gesammten Untersuchung lässt sich dahin zu- sammenfassen: Der flüssige Hauptbestandtheil des Rosenöls, das Rhodinol, ist demnach ein einheitlicher Körper von der Zusammensetzung C,,H,,0, er gehört in die Reihe der primären ungesättigten Alkohole CuaHm-20, da er einerseits einen Aldehyd und eine Säure mit gleichem Kohlenstoff- gehalt bildet, andererseits vier Atome Brom addirt und, damit im engen Zusammenhang, die Berechnung seiner Molecularrefraetion zwei Aethylen- bindungen anzeigt. Ein Körper von der Zusammensetzung C,,H,,O mit zwei Aethylenbindungen kann keine ringförmige Bindung der Kohlen- stoffatome besitzen, er gehört vielmehr in die Methanreihe mit ketten- förmiger Anordnung der Kohlenstoffatome. Für diese spricht ferner die Bildung eines mehrwerthigen Alkohols, C,H,,O,, der ihm entsprechen- den Säure, C,H,,O,, und der Zerfall des Rhodinols bei der Oxydation in Säuren mit niedrigerem Kohlenstoffgehalt, in Butter- und Baldrian- säure. Aus der optischen Activität muss auf ein asymmetrisches Kohlen- stoffatom geschlossen werden und aus der Entstehung von Polyterpenen „ und Dipenten durch wasserentziehende Mittel auf Ringschliessung. Die Bildung von Dipenten lässt keinen Zweifel an der Stellung der Propyl- und Methylgruppe, und es fragt sich nun, wo die Ringschliessung statt- findet und die doppelten Bindungen liegen. Die Bildung einer höheren Fettsäure fand nur sehr schwer statt, es entstanden immer Isovaleriansäure und Buttersäure in wechselnden Mengen. Eine zweibasische Säure, ausser Oxalsäure, wurde nicht gefunden, daher ist die schwierige Entstehung der beiden Säuren mit höheren Kohlenstoffatomen nur erklärlich, wenn die Propylgruppe an das Kohlenstoffatom 1 gebunden ist, das noch eine Aethylenbindung be- II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 19 sitzt. Eine Methylgruppe liegt, wie die Ringschliessung beweist, an dem Kohlenstoffatom 4, das auch nur das asymmetrische sein kann. Die primäre Alkoholgruppe muss an dem Anfange der Kette liegen und schliesst dann mit dem Kohlenstoffatom 6 den Ring. Es bildet sich hierbei erst actives Limonen, das aber dann durch Erwärmung sofort in Dipenten übergeht. Diese Vorgänge lassen sich durch nachstehende Formeln ausdrücken: C,H, H CH, | SU GE2 20, CH. CH’. O.6ILONH Rhodinol &:C.H; 0.0,H, G.CH, HC/NcH HCc/NcH BHC/N\cH, | | Be H,C\ CH H,C\ /CH C C RS BL | H CH H CH, CH, Rhodinol Limonen Dipenten Das ganze chemische Verhalten des flüssigen Antheils des Rosen- öls, des Rhodinols, ist völlig analog dem Verhalten des Hauptbestand- theils des indischen Geraniumöls von Andropogon Schoenanthus L., dem Geraniol, dessen chemische Untersuchung Dr. Semmler!) kurze Zeit vorher im pharmaceutischen Institute der Universität zu Breslau begonnen hatte. Semmler hat zuerst auf die Bedeutung der zwei Aethylenbindungen im Geraniol, auf die kettenförmige Anordnung der Kohlenstoffatome, auf ihre Ringschliessung bei Einwirkung von wasser- entziehenden Substanzen aufmerksam gemacht, er wies nach, dass bei der Oxydation mit Kaliumpermanganat aus einer Molekel Geraniol fast quantitativ eine Molekel Isovaleriansäure entstehe, auch gelang es ihm später, den Aldehyd des Geraniols durch Erhitzen mit Monokaliumsulfat direet in Cymol überzuführen. Bei diesen parallel verlaufenden Untersuchungen schien es einen Augenblick, als ob das Geraniol und Rhodinol identisch seien, aber sowohl das optische und, wie es scheint, auch Verschiedenheit in den Siedepunkten, sowie das chemische Verhalten sprachen dagegen. Geraniol ist optisch inactiv. Semmler giebt seinem Geraniol nach- stehende Formel CH, C,H, .CH,.CH:CH.C:CH.CH,OH. Es liegt daher der Unterschied zwischen dem Rhodinol und Ge- raniol in der verschiedenen Stellung der Methyl- und Propylgruppen ) Dieser Jahresbericht 1890, S. 22. 9* 20 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. und der doppelten Bindungen, sowie in dem asymmetrischen Kohlen- stoffatom. Beide Verbindungen gehören zu den wenigen ätherischen Oelen mit zwei Aethylenbindungen und ofiner Kette, wie sie bisher in der Natur noch nicht nachgewiesen worden waren. Zu dieser Arbeit wurden ca. 460 g türkisches und ca. 160 g deutsches Rosenöl verbraucht. Sitzung vom 20. Juli 1891. Weitere Versuche mit der Inductionswage. Specifisches electrisches Leitungsvermögen gemünzter Metalle. Von Dr. J. Bergmann. I. Einleitung. Ueber die Methoden zur Bestimmung des elektrischen Leitungsvermögens metallischer Massen. Obwohl die Metalle durch ihr Leitungsvermögen für Elektrieität in physikalischer Beziehung sich besonders auszeichnen, so ist man gegen- wärtig doch noch nicht in der Lage dasselbe an ihnen in so ausgedehnter Weise zu bestimmen, als es bei der Bedeutung dieser Eigenschaft er- wartet werden kann. Zu ihrer Ermittelung besitzt die Physik drei dem Prineip nach ver- schiedene Methoden. Nach der ersten bestimmt man den galvanischen Widerstand des Leiters und erhält daraus das Leitungsvermögen als den reciproken Werth. Die zweite ist die Dämpfungsmethode; der Leiter schwingt in einem magnetischen Kraftfeld oder ein Magnet in der Nähe des ruhenden Leiters, und man berechnet die Leitungsfähigkeit aus der Dämpfung der Schwingungen. Die dritte ist eine elektrodynamische Methode; sie verwerthet unter Zuhilfenahme der Inductionswage durch elektrodynamische Fernwirkung erzeugte elektrische Schwingungen und besteht in einem Compensationsverfahren nach Art der Wägung. Was der Möglichkeit, das Leitungsvermögen zu bestimmen, Be- schränkungen auferlegt, dies tritt hervor, wenn man die äusseren Formen berücksichtigt, in denen die metallischen Massen zur Untersuchung kamen. Der Widerstand zunächst kann gemessen werden an Leitern, welche sich hauptsächlich nach einer Dimension ausdehnen, an Streifen, dünnen Stäben und Drähten. Bei der Dämpfungsmethode verwendete man die Form der Kugel, sodann Ringe und congruente Cylinder. Für die Inductionswage erschien es mir Anfangs vortheilhaft dünne kreisförmige Platten zu wählen, welche dann aber gleiche und mehrere Centimeter grosse Durchmesser haben mussten. ee _ el en u IH. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 21 Jede dieser Formen erhalten aus Metall bestehende Körper, da ihre Masse mit Ausnahme von Quecksilber und den flüssigen Amalgamen bei gewöhnlicher Temperatur uns in festem Aggregatzustande gegenübertritt, erst nach mancherlei zum Theil recht schwierigen Vorbereitungen. ‚Ausserdem ist es in den weitaus meisten Fällen ausgeschlossen, dass eine Deformation des metallischen Gegenstandes, wie Ausziehen in Draht, Zerschneiden in dünne Stäbe, Auswalzen in Blech und dergl. m, stattfinde. | Die in der äusseren Gestalt begründeten Beschränkungen vermindern sich, sobald man im Stande ist die Leitungsfähigkeit auch an metallischen Massen zu bestimmen in anderen als den genannten Formen, wenn möglich gleich in denjenigen, in welchen sie vorliegen und wie ihr Vorkommen in der Natur, mechanische Bearbeitung oder der Zufall es mit sich bringen. Die mit Formveränderungen verbundenen Schwierig- keiten kommen dann nicht weiter in Betracht. Für derartige Zwecke verdient unter den drei Methoden, welche zur Bestimmung der elektrischen Leitungsfähigkeit vorhanden sind, die elektrodynamische vor den beiden anderen den Vorzug; denn sie ist einer Ausdehnung in der Weise fähig, dass recht viele Körper und solche von allgemeinerem Interesse der Bestimmung unterworfen werden können. Im Folgenden berichte ich über Versuche in dem angedeuteten Sinne. Sie erstrecken sich auf gemünzte Metalle, metallische Massen, welche in Form von Münzen und denselben ähnlichen Stücken gegeben sind, unabhängig davon, ob diese ihre Form durch Prägung oder durch Guss oder auf irgend einem anderen Wege erhalten haben. Es hat sich bei ihnen eine Methode ergeben, nach welcher ich das speeifische elektrische Leitungsvermögen einer Anzahl Münzen bestimmte. Dies Ziel war schon Gegenstand sorgfältiger Versuche Englischer und Französischer Physiker, wird aber hier zum ersten Mal mit gutem Erfolg erreicht. II. Verschiedene Versuchsanordnungen für die Inductionswage. Compensationsversuche. Elektrisches Leitungsvermögen einiger Aluminiumplatten. Bevor ich zur Mittheilung der an Münzen gewonnenen Resultate schreite, schicke ich noch Einiges über Versuche mit der Induetionswage voraus, was in experimenteller Beziehung von Interesse ist. Verschiedene Versuchsanordnungen. Die Empfindlich- keit der Versuchsanordnung wird in erheblichem Maasse gesteigert, wenn man an Stelle des Elektrodynamometers als Messinstrument das Galvanometer verwendet. Das kann mit Hilfe des von mir 22 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. früher!) beschriebenen Disjunctors geschehen nach den vier Anordnungen I bis IV, welche die nebenstehende Zeichnung schematisch veranschaulicht. In allen vier Fällen enthält der primäre Kreis die Kette K für die Stromquelle und die indueirenden Rollen der Induetorien Jı und Jır, die zur Inductionswage gehören; in den secundären Kreis sind eingeschaltet ') Dr. Joh. Bergmann. Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterländ. Cultur, Bd. 68, p. 24 der naturwissenschaftl. Section. Vergl. dazu ferner J. Bergmann, Wied. Ann. 42, p. 90, 1891 und Journ. de physique par d’Almeida I. ser., t. 10, p. 284, 1891. II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 23 die Inductionsrollen und das Galvanometer G. An den Stellen U, und U, befinden sich die passive genannten Contacte des Disjunetors und zwar in der Anordnung I direet in beiden Kreisen, in II im primären Kreise U, und im secundären Kreise U, als Kurzschluss vor dem Galvanometer, in III und IV nach Herrn von Helmholtz U, als Kurzschluss vor den indueirenden Rollen, während U, im secundären Kreise wiederum wie in I und II geschaltet ist. Vor dem Contact U, befand sich, als die mitgetheilten Beobachtungen gemacht wurden, stets noch eine Zweigleitung von regulirbarem Wider- stand, welche zur Abschwächung des Unterbrechungsfunkens diente. In der Zeichnung habe ich sie überall fortgelassen, Hat man die Contacte richtig eingestellt und den Disjunetor in Thätigkeit gesetzt, so beobachtet man die Störungen des Stromgleich- gewichtes im Galvanometer nach Anordnung I als Schliessungsströme, - z II - Oeffnungsströme, E - III = Oeffnungsströme, z + IV = Schliessungsströme. Alle vier Anordnungen gestatten von der vollen Periode des Wechsel- stromes den gesammten positiven oder negativen Betrag oder auch einen Theil eines jeden abzutrennen, da die Zeit, welche zwischen der Her- stellung resp. Unterbrechung der Contacte U, und U, verfliesst, beliebig klein gemacht werden kann. Man erhält dadurch kurz andauernde Ströme von gleicher Richtung, und diese lenken durch ein Galvanometer geschickt die Magnetnadel constant ab, wenn sie periodisch und in Zeit- intervallen auf einander folgen, die klein sind im Vergleich zu der Schwingungsdauer der Nadel, Compensationsversuche. Die Resultate, welche in der eben eitirten Abhandlung veröffentlicht worden sind, habe ich erhalten nach der Anordnung I. Die drei anderen II bis IV lassen das Compensations- verfahren nach der Methode der Wägung ebenfalls zu. Bei den ausser- ordentlich grossen Schwierigkeiten, welche anfänglich vorhanden waren, halte ich es für angemessen, dies durch einige Versuche für jede von ihnen zu bestätigen. Mit Hilfe von Oeffnungsströmen nach Anordnung II bestimmte ich die Inductionswerthe von fünf kreisförmigen Platten aus dünn gewalztem Aluminium und einer Platinplatte. Bis auf sehr geringe Abweichungen hatten die Platten 8.5 cm Durchmesser. Ihr Inductionswerth bedeute wieder die Anzahl Stanniolblätter, welche zur Compensation der Stö- rungen in der Inductionswage nothwendig waren, wenn ich nach her- gestelltem Stromgleichgewicht die zu bestimmende Platte zwischen die 34 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Rollen des einen, die Blätter in gleicher Weise in das andere Induetorium einführte. Die Stanniolblätter wurden gebraucht in Form des |. c. be- sprochenen Gewichtsatzes, nämlich in Combinationen von 10, 101, 20 und 50 in Papierhüllen eingeschlossenen kreisförmigen Blättern, welche auch 8.5 cm Durchmesser hatten. Die Aluminiumplatten seien der Reihe nach mit den Buchstaben A—-E, die Platinplatte mit F bezeichnet. Dann fanden sich die Werthe J: Platte J Platte Bu] A 12.17 D 13.50 B 18.22 E 14.26 C 13.56 F 1.33 Im Anschluss daran wurden die fünf Platten A—E zusammen elektrisch abgewogen. Hier compensirten die Summe eine Bleiplatte, deren Induetionswerth — 50.0 war und von dem Gewichtsatz (10!) = 10.0 angenähert. Als Uebergewicht diente das Stück (20) — 19.7 und das Beobachtungsprotokoll war vollständig: Inhalt des Induetoriums Stellung des | Commutat. -} Ablenk. en Jı Jıı links | rechts 5 Platten Alumin, | (Pb) (10) | 556.2 | 543.2] — 13.0 | — 13.0 + - (Pb) (10°) (20) 542.4| 556.81 14.4| + 14.0 (Pb) (10!) (20) 5 Platten Alumin. | 561.0 | 539.0 | — 22.0 | — 21.4 (Pb) (10°) - - 546.0 553.314 781-+ 7.6 Wenn man nach den Ablenkungen 19.7 interpolirt, so findet sich 7.205, so dass man als Compensation für die Summe hat: 50.0 + 10.0 4 7.205 = 67.205 Stanniolblätter. Die einzeln bestimmten Inductionswerthe der fünf Platten A—E addirt ergeben aber 67.21. Nach den Anordnungen Il und IV wurden einige kreisförmige Platten von 8.5 cm Durchmesser aus verschiedenen Metallen compensirt. Die Anzahl der Stanniolblätter war dabei für eine Platte aus: nach Anordnung Metall Differenz III IV Kupfer 170.2 170.0 + 0.2 Zink 105.9 105.8 + 0.1 Zinn 123.2 123.2 0.0 Blei 70.7 71.0 —.0,3 Messing 66.1 65.8 + 0.3 II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 35 Die gefundenen Werthe sind für jede Platte nahezu dieselben, für Zinn vollständig gleich. Man hat also, wenn das Galvanometer als Messinstrument für die Inductionswage gebraucht wird, für die Anwendung der Compensations- methode nach Art der Wägung die in der Zeichnung BER vier Anordnungen zur Verfügung. Elektrisches Leitungsvermögen einiger Aluminium- platten. Für die fünf Aluminiumplatten habe ich noch das elektrische Leitungsvermögen bestimmt. Zu dem Zwecke wurde ihre Dicke 8 in Millimetern ermittelt und mit Hilfe der auf Seite 5 angegebenen Werthe J der Quotient J/ö gebildet. Ist für eine Quecksilberschicht von 8.5 cm Durchmesser und gleichfalls 1 mm Dicke bei 0° der Inductionswerth J,, so ist die Leitungsfähigkeit A—=J/öJ, und zwar bei 0°, bezogen auf Quecksilber als Einheit von derselben Temperatur, Der Werth J, be- trug 10.25 und unter Berücksichtigung der Correction für den Durch- messer ergab sich: Platte J | En J/ A A 12.17 | 0.043mm | 318.2 | 31.498 B 13.72 re AN 33.285 C 13.56 41.61 3511 34,550 D 13,50 34 - | 360.5 | 35.264 E 14.26 38 - | 357.6 35.399 Die einzelnen Platten weisen erhebliche Unterschiede in ihrem Leitungsvermögen auf. Die Differenz zwischen dem kleinsten und srössten Werthe macht 8.89 pCt. aus. Das Mittel aus den fünf Be- stimmungen ist Am — 33.999, während ich früher durch Versuche mit zwei Platten 30.17 fand. Für die Platinplatte betrug ö 0,026 mm. Danach würde J/d — 53.0 und A — 5.178. Dieser Werth ist Jedoch kleiner, als es der Leitungs- fähigkeit des Platins in Wirklichkeit entspricht. Er musste sich aber als zu klein ergeben, weil die Platte mehrere, wenn auch nur äusserst kleine Löcher besass und ihr Rand in geringer Ausdehnung unvollständig war, Infolge dessen fiel der Werth J kleiner aus, als wenn die Metall- masse vollständig zusammenhängend gewesen wäre. III. Störungen des Stromgleichgewichtes durch Platten aus magnetischen und nicht magnetischen Metallen und eine iin sich geschlossene Spirale. Beobachtungen über den Einfluss, welchen Platten aus verschiedenen Metallen oder in sich geschlossene Spiralen ausüben, wenn sie zwischen 36 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Rollen stehen, die auf einander inducirend wirken, hat man seit der Entdeckung der Inductionserscheinungen mehrfach angestellt. Faraday selbst beginnt mit Versuchen dieser Art. Er experimentirte mit einer primären und zwei zu ihrer Seite aufgestellten secundären Spiralen, deren Enden nach einem Differentialgalvanometer führten und giebt seinem Erstaunen darüber Ausdruck, dass eine 0.7 Zoll dieke Platte des gut leitenden Kupfers so wenig eine Wirkung erkennen liess als eine noch stärkere Schwefelplatte oder als ob die Induction durch Luft hindurch erfolgte. Nach wiederholten Bemühungen dafür eine genügende Erklä- rung zu finden, vermuthet er schliesslich, dass ein Unterschied doch wohl vorhanden sei und nur nicht sichtbar werde, weil ‚die Effeete in einer gegen die Schwingungsdauer der Nadel zu kurzen Zeit auf ihr Maximum stiegen‘“, Lallemand, Abria, Henry u. A. haben die Versuche fortgesetzt, und in Wiedemann’s „Lehre von der Elektrieität“ wird das Resultat dahin zusammengefasst, dass wohl die physiologischen, thermischen, elektrodynamischen ete. Wirkungen der Inductionsströme in der secun- dären Rolle Aenderungen erfahren, wenn Metallplatten oder geschlossene Spiralen sich zwischen den Rollen des Inductoriums befinden, nicht aber (in seiner Gesammtintensität) das galvanometrische Verhalten '). Zerlegt man mit dem Disjunctor die Periode des Wechselstromes, so wird dem Umstande, dass „Zeit als ein Element in die Wirkungen eingehe“, wie Faraday sich ausdrückt, Rechnung getragen. Man erhält dann durch Platten und geschlossene Spiralen galvanometrische Ablenkungen, sobald die Contacte des Disjunctors gehörig rein und richtig eingestellt sind. Es mögen jetzt qualitativ die Wirkungen verglichen werden, welche Platten aus nichtmagnetischen und magnetischen Metallen und im An- schluss daran eine in sich geschlossene Spirale in der Inductionswage ausübten. a. Ich befestige die Rollen von Induetorium Jı; in einer Entfernung von 14 mm einander conaxial gegenüber und compensire mit Jı, bis dass das Galvanometer die Stromlosigkeit des secundären Kreises an- zeigt. Nun werden kreisförmige Platten von nahezu 8.5 em Durchmesser aus verschiedenen Metallen und eine Spirale conaxial zwischen die Rollen von Jı gestellt und die Störungen des Stromgleichgewichtes, welche ihre Anwesenheit verursachte, am Galvanometer mit Spiegel, Skala und Fern- rohr beobachtet. Die Versuche wurden in gleicher Weise nach allen vier Anordnungen ausgeführt. Bei ungeänderter Stellung der passiven Contacte des Disjunctors zeigte dann ein Siemen’sches Galvanometer,. aperiodisch und mit !) G. Wiedemann, Elektrieität Bd. 4. I. S. 138, 1885 II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 37 1500 Windungen, die Ablenkungen in der nachstehenden Tabelle I an. Vor dem Galvanometer befand sich noch ein Commutator, so dass die Beobachtung nach beiden Seiten hin erfolgte. Wurde stets die Differenz der Ablesungen rechts — links gebildet, so bewirkte als Ausschlag in Skalentheilen: Tabelle I. nach Anordnung Eine N AR, Kupferplatte — 129) + 2321| 4 77| — 173 Zinkplatte — 141| + 284| + 90| — 198 Eisenplatte + 365 | — 361 | — 502 | + 548 Zinnplatte — 71|+ 131)-+ 401 — 65 Quecksilberschichtt {— 46/| + 91|+ 2838| — 539 GeschlosseneSpirale | — 205 | + 669 | + 175 | — 796 | Aus den Vorzeichen der Zahlen nach allen vier Anordnungen geht hervor, dass die Platten der nichtmagnetischen Metalle und die geschlossene Spirale der Richtung nach das Stromgleichgewicht in entgegengesetztem Sinne störten, als die Eisenplatte., Dem absoluten Betrage nach können die Zahlen unter I und II, sodann die unter IIl und IV mit einander verglichen werden, da für sie die Versuchsbedingungen dieselben waren. Der Vergleich zeigt, dass bei den nichtmagnetischen Metallen und der Spirale Anordnung II grössere Ablenkungen ergab als I, Anordnung IV desgleichen grössere als III. Nicht so ist es bei der Eisenplatte, für welche der magnetische Charakter zum Ausdruck kommt. Wie es sein muss, haben auch die Ablenkungen unter I und IV für Schliessungsströme und die unter II und III für Oeffnungsströme entgegengesetzte Vorzeichen. Die Spirale brachte eine Störung des Stromgleichgewichtes nicht hervor, wenn ihre Enden nicht leitend verbunden waren. Die Platten waren aus dünnen Blechen geschnitten, das Quecksilber in ein Glasgefäss mit planparallelen Wänden gegossen. b. Die Rollen von Inductorium Jır werden darauf in einer Ent- fernung von 80 mım einander conaxial gegenüber befestigt, eine Kupfer- platte, eine Eisenplatte und die Spirale in der Mitte zwischen den Rollen aufgestellt und nun um den vertikalen Durchmesser gedreht, so dass ihre Ebene, zuerst zur Ebene der Rollen parallel, schliesslich dazu senkrecht steht. Durchmesser der Platten nahezu 80 mm. Die Störungen des Gleichgewichtes werden beobachtet für fünf Stellungen, welche be- 28 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. zeichnet sein mögen durch den Winkel «&, den Platten und Spirale mit der Ebene der Rollen bilden. Drücken die Vorzeichen wieder die Richtungen der Störungen aus, so ergaben die vier Anordnungen die Ablenkungen, welche in Tabelle II zusammengestellt sind, und es bewirkte diesmal als Ausschlag in Skalen- theilen: Tabelle II, nach Anordnung | nach Anordnung Il Für « Cu | Fe | Spirale Cu | Fe | Spirale 0.0° +11 | — 34 | + 20 —52 | + 42 — 76 22.5 +18.) lt AB 45.0 + 8| + 97|.+14 — 35 | — 102 — 40 67.5 + 1] +360 | + 5 — 16 | —. 399 — 16 90.0 0 | —+ 448 0 0 | — 668 0 nach Anordnung III nach Anordnung IV Für & Cu | Fe | Spirale Cu | Fe | Spirale 0,0° — 11ı|+ 12 | — 38 +171|— 8 —+ 65 22.5° — 10 iı + 6| — 36 +9I1|— 4 — 61 45.0 — 6 | — 19| — 30 0I1+ 16 + 50 67.5 — 31 —- 95 — 11 0 |-+ 63 + 18 90.0 0 | — 153 0 0 | —+ 128 0 Man sieht hieraus, dass die Kupferplatte und die Spirale die grösste Störung hervorbrachten, wenn sie zu den Rollen ihres Induetoriums parallel standen. Die störende Wirkung war gleich Null, wenn ihre Ebenen mit der Ebene der Rollen einen rechten Winkel bildeten und der Durchmesser mit der Axe des Kraftfeldes zusammenfiel. Für die Eisenplatte gab es eine Stellung, in welcher sie das Gleich- gewicht überhaupt nicht störte, nämlich zwischen 22.5 und 45°. Hier neutralisirten sich also die Wirkungen ihrer Eigenschaften als Leiter und magnetisch polarisirbares Medium. Stand die Platte zu den Rollen senkrecht und fiel ihr Durchmesser mit der Axe des Kraftfeldes zu- sammen, so wirkte sie bei 80 mm Entfernung der Rollen in bedeutend verstärktem Maasse, wie die Kupferplatte und die Spirale. Versuche der vorstehenden Art lassen sich leicht in mannigfaltiger Weise variiren. Die beiden Tabellen zeigen aber schon, dass die geschlossene Spirale wirkte wie die Platten aus nichtmagnetischen Metallen, und dass, wenn Il. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 39 das elektrische Leitungsvermögen nach der elektrodynamischen Methode ermittelt werden soll, stark magnetisirbare Metalle auszuschliessen sind. Ausserdem erkennt man, dass bei Anwendung des Disjunetors und des Galvanometers die Beobachtungen mit einer Entschiedenheit und Sicher- heit erfolgen, wie sie mit dem Telephon bisher nicht erreicht wurde, Letzterem Umstande ist es auch zuzuschreiben, dass Hughes in seiner Publication ') „Induction-balancee and Experimental Researches therewith“ bei der Aufstellung der Störungswerthe das Eisen ebenso behandelt wie die nichtmagnetischen Metalle. IV. Bestimmung des elektrischen Leitungsvermögens einer "Anzahl Münzen. lch gehe jetzt über zu den an Münzen angestellten Versuchen. Dieselben bieten eine neue und schöne Verwerthung von durch elektro- dynamische Fernwirkung erzeugten elektrischen Schwingungen und sie liessen sich ausführen, nachdem die electrodynamische Methode zur Be- stimmung des Leitungsvermögens metallischer Massen in der erforder- lichen Weise erweitert worden war. Die für die Versuche nothwendigen Mittel hat Herr Geheimrath OÖ. E. Meyer gütigst bewilligt, und nehme ich an dieser Stelle Veran- lassung hierfür meinen Dank öffentlich auszusprechen. $ 1. Experimentelle Vorbereitungen. Die Inductorien. Dass es mir ursprünglich vortheilhaft erschien, in der äusseren Gestalt der metallischen Massen zunächst dünnen, kreis- förmigen Platten den Vorzug zu geben, und dass diese gleiche und mehrere Centimeter grosse Durchmesser haben mussten, bedingten die verschiedenen Formen der Inductorien, welche ich wiederholt hergestellt hatte. Dieselben passten das erste Mal für kreisförmige Platten von 9, sodann für solche von 7 und neuerdings für 8.5 cm Durchmesser. Kleinere Differenzen bis zu wenigen Millimetern durften vorkommen, da sie durch Rechnung beglichen werden könnten. Wie oft ich nun auch anstatt Platten von den erwähnten Grössen Münzen zwischen die Rollen der Inductorien hielt, so bewirkten grössere Exemplare immer geringe, eben noch messbare Störungen des Strom- gleichgewichtes; bei kleineren war es schwierig, ihre Gegenwart in der Induetionswage überhaupt nachzuweisen. Ich griff deshalb aus den in Deutschland und in Deutschem Schutz- gebiete coursfähigen Münzen eine grössere Zahl beliebiger Stücke heraus ) Hughes, Philos. Magaz. (5) 8, S. 50, 1879, 30 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. und fasste diejenigen, welche gleiche oder nur wenig von einander ab- weichende Durchmesser hatten, gruppenweise zusammen. Danach wählte ich die beiden Inductorien Jı und Jı; in der Zeichnung auf Seite 3 so, dass sie sich für je eine Gruppe eigneten und versuchte die Leitungs- fähigkeit mit Anwendung verschiedener Induetorien zu bestimmen. Nach der Grösse der Durchmesser geordnet waren an Münzgattungen vertreten: 1. Silberne Fünfmarkstücke. . . . . Durchmesser 383 mm. 2. Vereißsthaler. 0 AHRe nailhahlsı s 33 z 3:Zıweimarketücke 2 u, w24.:0% z 23 z 4. Die neuen Kupfermünzen der Deutsch- Östafrikanischen Gesellschaft . . . - 25 z 5,5 Banmarkeilcke" „u. 22 lea el z 24 z 6. DOppelkronen ca 2. a uce n z 22.3 = 7. Fünfzigpfemigstücke . , , ... z 20 - 8. Zweipfennigstücke . . . . z 20 - Hieraus wurden drei Gruppen gebildet Bd zwar Gruppe A umfassend die Gattungen 1. 2. — SE 508 - - - a Nee = 6 = z = ° . . . . . 6. e 5. und für jede von ihnen ein Paar Inductorien hergestellt. Die Rollen zu den Inductorien waren so gewickelt, dass die Windungen von einem Federkiel aus als Halter beginnend, sich peripherisch über einander lagerten, bis die umschriebene Fläche den Rand der grössten Münze aus ‘ der Gruppe etwas überragte. Ausserdem war die Einrichtung getroffen, dass die Rollen auf Schlitten sich in conaxialer Stellung recht solide befestigen und leicht und ohne Zeitaufwand gegen andere auswechseln liessen, Der Gewinn, der hierin lag, war ein bedeutender. Denn jetzt be- wirkten Fünfzigpfennigstücke, welche in die Inductionswage gebracht wurden, galvanometrische Ablenkungen bis zu 250 Skalentheilen, bei Thalern und Fünfmarkstücken ging die Skala aus dem Gesichtsfeld. Die Induetionssätze. Zu der mit den Inductorien vorgenommenen Aenderung kam noch eine andere in Bezug auf den elektrischen Gewichts- satz. Die Zahl der Stanniolblätter, welche kreisförmige Metallplatten von 7 und 8.5 em Durchmesser in der Wage compensirten, hatte sich als ein zuverlässiges Maass für deren relatives Leitungsver- mögen erwiesen, nachdem ich den Blättern gleichfalls Kreisform von 7 resp. 8.5 cm Durchmesser gegeben hatte. Demgemäss begann ich damit für jede Gattung einen Satz von dem Durchmesser ihrer Münzen zu be- schaffen. Da hierbei sämmtliche obige Grössen von 38 bis 20 mm vor- "kamen, so war es mühsam und zeitraubend die vielen Stanniolblätter auszuschneiden ; auf erhebliche Schwierigkeiten stiess diesmal auch II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 31 namentlich bei den kleineren Stücken die Vereinigung der Blätter zu geeigneten Combinationen. Ich versuchte darum die Sätze einfacher herzustellen und kam schnell vorwärts, indem ich kleine Platten aus Kupferblech wählte, welche ver- schiedene Dicken hatten. Für die Fünfmarkstücke z. B. verwendete ich zwei Blechsorten, von 0.09 und 0.51 mm Dicke. Daraus wurden Plättchen von dem Durchmesser der Fünfmark ausgeschnitten, aus dem dünnen Blech 7, aus dem stärkeren 4. Indem ich nun von den 7 dreimal 2, von den 4 auch 2 Stück zusammenkittete, entstand ein Satz enthaltend 7 Stücke: das erste hatte 0.09, drei andere 0.18, ein fünftes und sechstes 0.51 und das siebente 1.2 mm Dicke. Das dünnste Stück von 0.09 mm Dieke sah ich schliesslich als Normalstück an, gab ihm willkürlich den Werth 10 und verglich mit ihm die 6 übrigen Stücke. Als Einheit für den Fünfmarksatz diente somit eine kreisförmige Kupferschicht von 0.009 mm Dicke und dem Durchmesser der Münzgattung, nämlich 38 mm. Auf diese Weise wurden Sätze für die verschiedenen Durchmesser ohne grossen Zeitaufwand angefertigt. Für „elektrischen Gewichtsatz“ will ich forthin das Wort „In- ductionssatz‘‘ gebrauchen, welches kürzer und zutreffender ist. Die Be- zeichnung ‚‚Inductionswerth‘“ behält die frühere Bedeutung: die Anzahl Einheiten des Inductionssatzes, welche die Störungen des Stromgleich- gewichtes durch eine in die Wage gebrachte Münze genau compensiren, - wenn diese und die compensirenden kleinen Platten conaxional zwischen den Rollen der Inductorien stehen. Es kam vor, dass die Münzen sehr grosse oder kleinere Inductions- werthe hatten, so dass die Stücke des von vornherein angefertigten Inductionssatzes nicht ausreichten oder das gut leitende Kupfer zum Com- pensiren weniger bequem war. In solehen Fällen wurden fehlende Stücke leicht hinzugefügt oder für Kupfer Material von geringerem Leitungsvermögen verwendet, Dass der Fünfmarksatz gerade aus 7 Stücken bestand, war natürlich zufällig. $ 2. Die Methode. Nach den angegebenen Vorbereitungen gestaltete sich die Methode, das Leitungsvermögen der Münzen zu bestimmen, sehr einfach, Von einem vorgelegten Exemplar wurden Abgüsse entnommen in Giessmaterial von bekanntem oder bestimmbaren Leitungsvermögen und mit letzterem dasjenige des Originals verglichen. Um dies auszuführen, wurde das Induetorienpaar der Gruppe, welcher die Münze angehörte, nach einer der vier oben gegebenen Versuchsanordnungen mit einer Accumu- latorenbatterie als Stromquelle, dem Disjunetor und einem Spiegelgalvano- meter zu einer Inductionswage zusammengesetzt, sodann für Münze und Abgüsse mit dem zur Münzgattung gehörenden Inductionssatze die 392 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Induetionswerthe bestimmt und aus ihnen das gesuchte Leitungsvermögen gefunden. Es sei J der Inductionswerth der Münze, A ihr elektrisches Leitungsvermögen, J, der Inductionswerth des Abgusses, /, sein Leitungsvermögen, so besteht die Beziehung ne An IR woraus folgt A = J-. J, Hatte man also die Werthe X, und J, für einen Abguss, so fand sich hiernach das elektrische Leitungsvermögen. Dabei wurde voraus- gesetzt, dass dem Original der Abguss in der Form congruent war, ihm darin mit mathematischer Strenge glich. Für andere Münzen als das copirte Exemplar ergab sich A ebenso, wenn die vorstehende Voraussetzung erfüllt war. Darum konnten Stücke derselben Münzgattung bestimmt werden ohne neue Giessversuche, sobald man ihren Inductionswerth ermittelt hatte. Die Abgüsse wurden hergestellt in der Schriftgiesserei von Grass, Barth & Comp. hierselbst, zunächst in Letternguss.. Da die Resultate zuverlässiger ausfallen mussten, wenn anstatt von einem einzigen die J, als Mittel von mehreren Abgüssen vorlagen, so wurden von einer Münze einer jeden Gattung deren drei hergestellt. Hierzu kam noch je ein Abguss von Zink, damit auch verschiedene A, zur Verfügung standen. Man übersieht, dass bei Verwendung von Abgüssen mit verschiedenen Leitungsfähigkeiten die Werthe J, sich ändern, aber die Quotienten A,/J, constante Werthe haben müssen und einen Schluss gestatten über die Methode selbst. Um ein Urtheil zu gewinnen, in wie weit die Voraussetzung der Formencongruenz erfüllt sei, verglich ich mit dem Original die Abgüsse und die Stücke derselben Gattung, welche ausser ihm bestimmt wurden. Durchweg traten dabei Unterschiede zu Tage, dass ich die Werthe J, für die Abgüsse und die J für die Münzen nicht unmittelbar, wie aus der elektrischen Wägung hervorgegangen, für die Rechnung benutzte, sondern die Abweichungen controlirte durch zwei andere Messungen und zuvor auch deren Ergebnisse berücksichtigte. Diese Messungen waren: 1) Bestimmungen des Durchmessers. Sie wurden vorgenommen mit einem Tasterlineal. Waren die Münzen gerändelt, wie die Zweimark-, Einmark- und Fünfzigpfennig- II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 33 stücke, so wurde gemessen zwischen zwei auf dem Rande diametral gegenüberliegenden Vertiefungen, welche das Rändeln erzeugt, und dazu der Meyerstein’sche Comparator benutzt. 2) Bestimmungen der Dicke. Unter der Dicke eines der in Rede stehenden Stücke verstehe ich die Höhe des Cylinders, welcher übrig bleibt, wenn man es sich ohne die Prägung vorstellt. Die Diekenbestimmungen geschahen mit einem Wild’schen Sphärometer. An dasselbe wurden zwei mässig spitze Stahlkörper angesetzt, das zu messende Stück am Rande unterstützt und nun zwischen die Spitzen gegenüberliegende, von Prägung freie Stellen gebracht, an welchen die Dieke bestimmt werden konnte. Beispielsweise erwies sie sich bei einem Fünfmarkstück mit der Umschrift WILHELM DEUTSCHER KAISER KOENIG V. PREUSSEN als zugänglich an dem H in WILHELM, dem C in DEUTSCHER und dem V. der Abkürzung „von“. Schwieriger erschien die Bestimmung der Einmarkstücke. Dieselben zeigen auf einer Seite neben Anderem die Umschrift DEUTSCHES REICH, die Jahreszahl und einen Kranz von Eichenlaub mit eingefügten Eicheln. Die obere Spitze des Sphärometers wurde angesetzt bei dem D in DEUTSCHES, dem H in REICH und an der ersten äusseren Eichel links von der Jahreszahl in dem Kranz von Eichenlaub. Ich machte stets drei Bestimmungen und nahm aus ihnen das Mittel. Da die Dieken an denselben Stellen bestimmt wurden, so fand sich auf diese Weise immer ein richtiger Durchschnittswerth, auch dann, wenn der Cylinder nicht durch parallele Ebenen begrenzt war. So zeigten einige Zweipfennigstücke geringe Biconcavität. Die Ergebnisse der Controlmessungen wurden so verwandt, dass die Dimensionen eines „Ausgangsstückes‘ — im Allgemeinen desjenigen, von welchem die Abgüsse entnommen waren — zu Grunde gelegt und darauf die Maasse der Abgüsse und der Münzen gleicher Gattung redu- eirt wurden. Bei der Reduction habe ich in Bezug auf den Durchmesser meine früheren Versuche berücksichtigt, nach denen die Inductionswerthe wenig schneller wachsen als die Quadrate der Durchmesser, wenn der Radius der Stücke des Inductionssatzes unverändert bleibt. Die Versuche hatte ich angestelli mit Platten von Zinn und Kupfer, und es fand sich als Correction ein Betrag von 0.29 Procent für eine Durchmesserdifferenz von 0,1 mm. Rücksichtlich der Dieken wurde Gebrauch gemacht davon, dass ihnen die Inductionswerthe proportional sind. Ist ö, die Dicke des Ausgangsstückes, ö, diejenige des Abgusses oder einer zu vergleichenden Münze derselben Gattung, ferner n die > Aa zwischen den Durchmessern und p die Aenderung des Inductions- 3 ”% 34 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. werthes für die Einheit von n, so kam vor dem Einsetzen in den Aus- druck für A zu den Induetionswerthen der Factor hinzu f = 7 (l + np). ö, Damit wurden die Dieken und Durchmesser der Cylinder zurück- geführt auf den Cylinder des Ausgangesstückes. Für diesen ist n = 0, &, = 6, so dass, wie es sein muss, f —= 1 wird und der Inductions- werth eine Aenderung nicht erfährt. Was die Prägung betrifft, so blieb sie der Wiedergabe durch die Treue des Abgusses überlassen. Diese Licenz erschien bei den obigen Münzgattungen nicht allein zulässig, sondern ich ging noch einen Schritt weiter insofern, als ich Prägungsunterschiede in der Jahreszahl, dem Münzzeichen, der Umschrift oder dem Wappen absichtlich hinzuzog. $ 3. Die Leitungsfähigkeit des Giessmaterials, Wie schon bemerkt, wurden die Abgüsse hergestellt in Letternguss, einer Legirung von Blei, Antimon und Zinn, welche die Prägung mit besonderer Feinheit wiedergab, sodann in käuflichem Zink. In zwei Be- stimmungen habe ich für beide Massen das Leitungsvermögen ermittelt auf ähnliche Weise, wie es soeben für die Münzen beschrieben worden ist. Aus mässig dünn gewalztem Zinn sägte ich zwei kleine kreisförmige Platten aus von 28 mm Durchmesser, entnahm von ihnen Abgüsse in den zu bestimmenden Massen und verglich letztere in der Induetionswage mit den Originalen unter Anwendung des Inductorienpaars für die Gruppe B. Dabei wurde der Inductionssatz für die Zweimarkstücke gebraucht, mit welchen die Zinnplatten im Durchmesser übereinstimmten. Die Leitungsfähigkeit des Zinns hatte sich durch frühere Versuche ergeben zu 7.8455 bei einer Temperatur von 0°, bezogen auf Queck- silber von gleicher Temperatur als Einheit, welches somit für alles Weitere zu Grunde liegt. Die nachstehende Tabelle enthält die Resultate beider Bestimmungen, und es bedeuten die Zahlen unter ö die Dicken der Platten, J, und J, ihre Induetionswerthe unter Berücksichtigung der Ab- weichungen von dem Durchmesser 28 mm, Jm das Mittel von J, und J,, / das elektrische Leitungsvermögen, II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 35 Tabelle über die Versuche zum Giessmaterial. Fer u Platte [2 inmm J, J, | Im | \ Erste Bestimmung. 1. Original. Zinn A | 1.056 | 15.99 | 15.71 | 15.85 | 7.8455 2. Abgüsse. Letternguss A 1.052 6.93 4.33 31°. 7.02 173.900 - B | 1.058 1.02 > 7.10 | 7.06 | 3.494 Zink A 1.034 28.42 | 28.16 | 28.29 ı“ 002 Zweite Bestimmung, 1. Original. Zinn B| 1.518 | 23.76 | 23.80 2. Abgüsse, Letternguss C 1.554 10.43 | 10.61 | 10.52 | 3.471 D | 1.501 | 10.58 10.36 | 10.47 | 3.455 we B| 1464 | 43,97 43.05 43.01 14.190 23.78 | 7.8455 Unter Berücksichtigung beider Bestimmungen folgt als Leitungs- fähigkeit X, für das verwendete Giessmaterial: Masse rg Er Letternguss 3.497 | 3.463 3) 3.480 Zink 14.002 14.190 | 14.096 $4A. Elektrisches Leitungsvermögen einer Anzahl Münzen. Die auf Seite 11 angeführten Gattungen umfassen Gold-, Silber- und Kupfermünzen. Diese Reihenfolge behalte ich im Folgenden bei und gebe nach Erwähnung des angewendeten Inductorienpaars und der Zahl der Platten, welche den Inductionssatz bildeten, für jede Münzgattung an: 1) Eine Tabelle enthaltend für Münzen und Abgüsse unter d die Durchmesser, ö die Dicken, beides in Millimetern, J und J, die Inductionswerthe reducirt auf das Ausgangsstück ; J sind die Werthe für die Münzen, J, für die Abgüsse, 2) Das Ausgangsstück, resp. Original für die Abgüsse und die (Juotienten - für die zum Guss verwendeten Massen. 0 3) Eine Tabelle über das speeifische elektrische Leitungsvermögen A der einzelnen Stücke, bezogen auf Quecksilber von 0° als Einheit. 3* 36 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Zu 3) sei bemerkt, dass A bei sechs Gattungen, denjenigen der Gruppen B und C, das Mittel aus den beiden Werthen ist, welche der Vergleich mit Letternguss und Zink ergab. Die Münzen der Gattungen von Gruppe A habe ich mit Letternguss allein verglichen. Hier lieferten nämlich die Zinkabgüsse so kleine Inductionswerthe J,, dass ku für J, Zink sich auffallend grösser ergab, als für Letternguss. Der Grund dafür war ein interessanter. Als ich nämlich mehrere Abgüsse zerbrach, zeigten die unbenutzt gebliebenen, also die von einem Fünfmarkstück und einem Thaler, im Bruch grössere, das Licht iniensiv refleetirende Flächen, welche von der Krystallisation beim Erstarren herrührten und in Abgüssen von kleineren Stücken in ähnlicher Grösse nicht hatten ent- stehen können. Der Letternguss erwies sich im Bruch überall sehr gleichartig. | Was die Temperatur betrifft, für welche X gilt, so sind alle Inductions- werthe bei durchschnittlich derselben Temperatur bestimmt, bei welcher die Versuche zur Ermittelung von A, für das Giessmaterial ausgeführt worden sind. Goldmünzen. Doppelkronen. Das Inductorienpaar für die Gruppe C wurde gebraucht. Der Inductionssatz bestand aus fünf Platten. Dicken, Durchmesser und Inductionswerthe. Stück d | El = | J für 1, J, für 2 1. Münzen. No. 1 22.3 | 1.063 | 35.47 2 224 | 1.064 34.67 u) 224 | 1.060 34.44 - 4 22.3 1.071 34.25 - 5 224 | 1.065 34.13 . 22.4 1.077 34.02 ur | 22.4 1.070 33.60 -.8 22.3 | 1.062 32.30 2. Abgüsse. Letternguss a 22.3 1.040 | 14.92 - b 22.3 1.050 14.71 - c 22.3 1.043 14.63 Zink a 22.0 1.035 99.28 Il. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 37 Als Ausgangsstück diente Münze Nr, 4. Ferner war a. für Letternguss 0.23594 0 - Zink 0.23778, Specifisches elektrisches Leitungsvermögen. Verglichen mit Stück A Letternguss | Zink No. 1 3.367 | 8.433 8.400 224 LT 8.245 8.213 2.3 8.126 | 8.188 8.157 eh 08T. 17° 8.143 8.112 2: 8.053 8.115 8.084 POL: 8.026 | 8.088 8,057 By: 7.928 7.990 7.959 rg 7.612 7.680 7.646 Silbermünzen. Fünfmarkstücke. Das Inductorienpaar für Gruppe A kam zur Anwendung, Den Inductionssatz bildeten sieben Platten, Dieken, Durchmesser und Inductionswerthe. J für 1, J, für 2 | 8%; l. Münzen. No. 1 38.0 2.204 | 211.49 .q 38.1 2.199 | 180.09 ..8 38.1 2.182 | 178.30 u 4 38.2 2.189 | 172.36 2. Abgüsse. Letternguss a 37.9 2.214 | 18.21 : b 1.037 |! 8919, } 17.91 ; e 38.0 2.206 17.81 Zink a 347. | 2.008 || 70.62 Als Ausgangsstück diente Münze Nr. 3. Es war . für Letternguss 0.19360 0 - Zink 0,19961, 38 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Specifisches elektrisches Leitungsvermögen. Verglichen mit Stück A Letternguss | Zink No, 1 40.657 Zinkabguss 40.657 = 13 34.596 nicht 34.596 03 34.519 benutzt. 34.519 - 4 33.663 33.663 Vereinsthaler. Inductorienpaar für Gruppe A. Inductionssatz sechs Platten. Dieken, Durchmesser und Inductionswerthe. Stück d | ö J für 1, J, für 2 1. Münzen. No. 1 330: '- EA 222.78 I 33.0 1:313 186.86 3 33.0 1.997 174.61 u 33.0 1.967 171.10 Ze; 33.0 1:395 168.29 N: 33.0 1.960 | 161.34 2. Abgüsse. Letternguss a 32.8 1.977 | 15.87 2 b 52.9 1.959 | 15.81 - 0 32.9- I 197 15.72 Zink a 32.7 | 1.950 | 55.41 Als Ausgangsstück und Original für die Abgüsse diente Münze Nr, 1. Ferner war . für Letternguss 0.22025 0 - Zink 0.25439. Specifisches elektrisches Leitungsvermögen. Verglichen mit A Letternguss Zink No. 1 49.068 |, 49.068 2 41.346 ee 41.346 gr 38.457 | Ba 38.457 ER 37.685 u Sa 37.685 5 37.065 37.065 6 35.935 39.939 Il. Naturwissenschaftliche Abtheilung. Zweimarkstücke. Induetorienpaar für Gruppe B. Inductionssatz sieben Platten, Dieken, Durchmesser und Inductionswerthe, Stück J für 1, J, für 2 1. Münzen. No. 1 27.7 1,625 134.10 ea 27.7 1.606 132.64 273 27.7 | 1620 132.62 2 278 | 1.68 131.70 5 27.7 | 1.620 126.49 2. Abgüsse. Letternguss a 30 398 12.18 - b 27.6 | 1.599 12.15 h e 27.6 | 1.590 11.99 Zink 5 27.5. | 1.578 48.98 Ausgangsstück und Original für die Abgüsse Münze Nr. 4. ho für Letternguss 0.28744 - Zink 0.28771. Specifisches elektrisches Leitungsvermögen. J, Verglichen mit Stück A Letternguss Zink No. 2 38.780 38.828 33.804 a | 38.660 38.708 38.684 223 38.351 38.399 38.375 -, 4 37.855 37.903 37.879 RP 36.577 .| 36.624 36.6005 Einmarkstücke. Inductorienpaar für Gruppe B. Induetionssatz sechs Platten, Dicken, Durchmesser und Inductionswerthe. Stück d ö | J l. Münzen. No. 1 28.972, .1,099 \u| 106.02 ..3 3.70 N u KJOAE 105.81 ER. 23.7 | 1111 1 6, 5 10834 e. 4 23.8 1.132 | 102.95 a, 238 | 1.184 73.67 u.6 23.8 | 1,140 69.90 40 Jahresbericht der Schles. Geseilschaft für vaterl. Cultur. ‚Stück d | Ö | J, 2. Abgüsse. Letternguss a 23.8 1.114 8.01 z b 23.8 1.110 7.98 z c 33H, ut, 1,306 1.98 Zink al Be, | A087 | 3 Ausgangsstück und Original für die Abgüsse Münze Nr. 1. > für Letternguss 0.436483 0 - Zink 0.435696. Specifisches elektrisches Leitungsvermögen. Verglichen mit Stück A Letternguss Zink No. 1 46.276 46.327 46.302 ae: 46.185 46.236 46.211 a: 45.943 45.593 45.568 u ' 44.938 44.987 44.963 ec 32.159 32.195 32.177 EB 30.510 30.544 30.927 Fünfzigpfennigstücke. Induetorienpaar für Gruppe ©. Inductionssatz fünf Platten. Dicken, Durchmesser und Inductionswerthe. Stück d ö J für 1, J, für 2 1. Münzen. No. 1 20.0 0.747 74,76 2 19.9 0.762 63.20 I 19.9 0.739 61.55 - 4 19.7 0.784 59.72 BR 19.8 0.794 95.17 -6 19.8 0.187 7) 54.82 2. Abgüsse. Letternguss a 19.8 0.728 9.76 - b 19.8 0.727 5.73 - c 19.8 0.716 5.53 Zink a 19.7 0.728 23.01 II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. Ausgangsstück und Original für die Abgüsse Münze Nr. 3. 3 für Letternguss 0.61364 0 - Zink 0.61270. Specifisches elektrisches Leitungsvermögen. Verglichen mit Stück A Letternguss Zink No. 1 45.879 45.808 45.844 rg 38.785 38.725 38.755 AE 37.770 37.712 37.741 - 4 36.647 36.991 36.619 en 33.855 33.803 33.829 : 6 33.642 33.590 33.616 Kupfermünzen, Die neuen Kupfermünzen der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft. | Inductorienpaar für Gruppe B. Inductionssatz sechs Platten. Dieken, Durchmesser und Inductionswerthe, Stück d ö für 1, J, für 2 1. Münzen. No. 1 25.05 1.380 161.75 ...2 25.0 1.376 157.38 eg 25.0 1.578 150.91 - 4 25.0 1.390 142.18 2. Abgüsse. Letternguss a 24,9 1.366 10.44 - b 24.9 1.364 10.23 Zink a 24.7 1.356 41.93 Ausgangsstück und Original für die Abgüsse Münze Nr. 4. 2 für Letternguss 0,33672 0 - Zink 0.336138. 49 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Specifisches elektrisches Leitungsvermögen. Verglichen mit Stück Letternguss | Zink No. 1 54.465 54.369 54.417 —) 52.993 92.909 92.951 BE 50.814 50.734 90.774 4 47.875 41,799 47.837 Zweipfennigstücke. Inductorienpaar für Gruppe C. Inductionssatz wegen des Durch- messers derselbe wie bei den Fünfzigpfennigstücken, jedoch waren nur zwei Platten erforderlich. Dicken, Durchmesser und Inductionswerthe. Stück d ö 3 für 1, J, für 2 1. Münzen. No. 1 20.0 1.081 34.03 Eu 20.0 1.156 29.95 2 We 19.8 1.131 29.73 Fe: 19.9 1.180 28.41 el» 19.7 1.159 28.26 -6 19.9 1.151 27,61 2. Abgüsse. Letternguss a 39.7 1.183 9.68 z b 19 1.168 8.70 z G 19.8 1.161 8.07 Zink a | 196 1.154 | 35.61 Ausgangsstück und Original für die Abgüsse Münze Nr. 6. 2 für Letternguss 0.39455 u) - Zink 0.393585. Specifisches elektrisches Leitungsvermögen. Verglichen mit Stück ER Letternguss | Zink No. 1 13.428 | 13.472 13.450 2 11.817 11.856 11.837 ...B 11.728 11.766 11.747 . 4 11.207 11.244 11.226 Er 11.152 11.188 11.170 : 6 10,894 10.930 10.912 li. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 43 $5. Die Resultate. Die Werthe für X will ich bis auf eine Deeimale abgerundet zu- sammenstellen und dabei noch den Ursprung der Stücke hinzufügen. Dann haben sich — bezogen auf Quecksilber von 0° als Einheit und bei durchschnittlich derselben Temperatur bestimmt, bei welcher die Ver- suche zur Ermittelung von A, für das Giessmaterial ausgeführt wurden — für die untersuchten Münzen die nachstehenden Leitungsfähigkeiten ergeben, Goldmünzen. Doppelkronen. A | Ursprung 8.4 Preussen A 1889 8.2 - Sue 8.2 = z z 8.1 , , 2 En RE 8.1 £ = 1888 8.0 - - 1889 7,6 - - 1888 Silbermünzen. Fünfmarkstücke, Zweimarkstücke. A | Ursprung A | Ursprung 34.6 Preussen B 1875 38.7 z ET 34,5 - LE 38.4 - 4iDiR - 33.7 - ai 37.8 - Fler" 36.6 | 4 Vereinsthaler. Einmarkstücke., A | Ursprung | A | Ursprung 49,1 Preussen A 1867 46,3 Preussen A 1887 41.3 Aue BB | 46.2 nu abge 38.5 | url 45.6 yon 377 | alu 2007 45.0 41887 1 - 1861 | 32.2 Baden G 1874 35.5 Oesterreich = 1858 | 30,5 Preussen B = 44 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Fünfzigpfennigstücke. A | Ursprung 45.8 Württemberg F 18377 38.8 Preussen A 1876 37.7 z = = 36.6 - 07% 33.8 7 Ar; 33.6 - Et Kupfermünzen. Die neuenKupfermünzender Zweipfennigstücke. Deutsch - Ostafrikanischen A | Ursprung Gesellschaft. 13,5 Preussen A 1874 A | Ursprung 11.8 Sachsen E 1875 54.4 11.7 Preussen B = 53.0 Berliner Prägung *11:3 Sachsen E 1876 *#50,8 1890 11.2 n Br 47,8 10.9 - ira Somit ist vollendet, was ich in der Einleitung angekündigt habe: Es ist das specifische elektrische Leitungsvermögen einer Anzahl Münzen bestimmt und dazu die Methode gegeben worden. Wirft man einen Blick auf die von ihr gemachten Anwendungen, so sind die Grenzen für die Leitungsfähigkeiten der Goldmünzen 8.4 und 7.6. Unter den Silbermünzen hat den grössten Werth — 49.1 — ein Preussischer Vereinsthaler mit dem Münzzeichen A und der Jahreszahl 1867, den kleinsten — 30.5 — das Einmarkstück B 1874. Für die Kupfermünzen sind der grösste und kleinste Werth 54.4 und 10.9, so dass sich für die untersuchten Stücke der drei Münzsorten sehr ver- schiedene Leitungsfähigkeiten ergeben haben. Es liegt der Wunsch nahe, zu sehen, was für Ursachen jene Ver- schiedenheiten herbeiführten, wie dies auch erörtert wurde in der Sitzung, welche die naturwissenschaftliche Section der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur am 29. Juli a. ec. abhielt und in der ich die Ehre hatte die Versuche bekannt zu geben. Sind nämlich die Ursachen festgestellt, so kann sich das Leitungs- vermögen verwerthen lassen, um über sie selbst Rückschlüsse zu ziehen. Soweit die Metalleomposition in Frage kam, lagen von den zwei mit ** und * bezeichneten Kupfermünzen quantitative Analysen vor, welche Herr Kwasnik sehr sorgfältig ausgeführt hatte. Stellen wir neben ihre Resultate die obigen Werthe A, so ergab sich Folgendes: II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 45 Münze ı Leitungsvermögen Kupfergehalt | | | | #* | 50.8 953 nOß z | 11.2 93.7, = \ | Ausser Kupfer enthielten die Stücke noch Zinn und etwas Zink. Für das Leitungsvermögen von reinem Kupfer habe ich vor Kurzem l, e. 56.447 gefunden, Hg bei 0° — 1 gesetzt. Wenn der geringe Gehalt von Zinn und Zink die Erniedrigung- bis auf 50.3 und 11.2 bewirkte, so sei 'es gestattet, eine im Jahre 1860 erschienene ') Untersuchung heranzuziehen von Matthiessen und Holz- mann: „Ueber die elektrische Leitungsfähigkeit des reinen Kupfers und deren Verminderung durch Metalloide und Metalle.“ Nachdem die Ge- nannten Ag — 100 angenommen, für Kupfer den Werth 93.08 bei 18.9° . erhalten haben, geben sie auf Seite 231 an: Kupfer mit 1.33 Procent Zinn: 48.52 bei 16.8° z = 2.92 2 ee 3264 =.17. 83 | EP REEEERRE 3. = 19,47 = 14,4° und vorher auf Seite 230: Kupfer mit Spuren von Zink: 83.05 bei 19.0° z =....4,60,, Procent, ,.= „76.33, .=,,15,8° - = 3.20 - u rt Die Zahlen wurden erhalten durch Messungen an Drähten, welche sämmtlich hart gezogen, einen Durchmesser besassen von 0.25—0.5 Milli- meter und eine Länge von 0.5—1.5 Meter. Zu ähnlichen Ergebnissen bin ich also auf ganz anderem Wege ge- langt, indem ich die Bestimmungen an den metallischen Massen vornahm in der Form, wie sie mir als Münzen vorlagen. Die Resultate regen nach zwei Richtungen hin zur Fortsetzung an. Die eine hat die analytische Verwendbarkeit des elektrischen Lei- tungsvermögens zum Gegenstand, wobei die Molecularsiructur der Massen zu berücksichtigen ist. In der Discussion, die sich in der obenerwähnten Sitzung an den Vortrag über.die Versuche anschloss, wies Herr Geheim- rath O. E. Meyer hin auf die specifische Wärme als eine Eigenschaft, von welcher über diesbezügliche Fragen auch Aufschlüsse erhalten wer- den könnten, !) A. Matthiessen und M. Holzmann, Pogg. Ann. Bd. 110, S. 222, 1860. 46 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Die andere Richtung betrifft die elektrischen Schwingungen in dem secundären Kreis der Induetionswage, besonders die Bedingungen, unter welchen Störungen des Stromgleichgewichtes mit dem Galvanometer beobachtet werden. Hier hatte ich Gelegenheit zu sehen, wie das Bild der Skala von der Stellung 912 sich ganz nach ihrem entgegengesetzten Ende bewegte, als die Zeit zwischen der Herstellung der Contaete im primären und secundären Kreis der Versuchsanordnung III eine Aende- rung um 8.5 Milliontel Secunden erfuhr. Ich hoffe über Beides die Arbeit fortführen zu können. Ueber Messungen der erdmagnetischen Richtkraft. Von Dr. 0. E. Meyer. Der Geheimrath Professor Dr. O. E. Meyer berichtete über eine örtliche magnetische Störung, die sich an dem zwischen Reichenbach und Nimptsch gelegenen Schindelberge zeigt. Dieser Berg besteht in seiner Hauptmasse aus Gneiss; nur der letzte Abfall seiner Höhe in dem Winkel, welehen die von Reichenbach nach Nimptsch führende Landstrasse und das Schwarzwasser einschliessen, enthält ein Serpentingestein, in welchem sich zahlreiche Krystalle von Magneteisenstein finden. Der Serpentin ist insofern ein neu gebildetes Gestein, als durch die Einwirkung des durch ältere Gesteine hindurch- sickernden Wassers eine Umwandlung der Felsmassen in Serpentin er- folgt ist und noch heute erfolgt; in den feinen Spalten des Gesteins setzt sich dabei das magnetische Eisen ab, und dieses geschieht unter der Einwirkung der erdmagnetischen Kraft. Die Richtung der letzteren ist die durch die Inclinationsnadel angezeigte, welche in unseren Breiten der lothrechten Richtung viel näher liest, als der wagrechten; sie bildet gegen die Horizontalebene einen Winkel von etwa 65°, gegen die Verticale einen Winkel von nur 25°. Wenn die magnetischen Krystalle im Gestein sich nach dieser Richtung ordnen, so muss die Folge sein, dass die erdmagnetische Kraft durch den Magnetismus des unter den Füssen des Beobachters liegenden Gesteins stets verstärkt, nicht ge- schwächt wird. Seitlich gelegene Felswände aber müssen den Erd- magnetismus verringern. Diese einfachen Verhältnisse lassen sich am Schindelberg in anschaulicher Weise erkennen. Mit einem Instrument, dessen Einrichtung an einem Modelle erläutert wurde, hatte der Vor- tragende die erdmagnetische Kraft an verschiedenen Punkten des Berges gemessen. Ueber dem Gneiss fand sich eine schwache, aber doch noch deutlich erkennbare Verstärkung des Erdmagnetismus. Eine sehr viel stärkere, fast 10 pCt. betragende Zunahme aber war über einem im Serpentin angelegten Steinbruche beobachtet worden. Eine kürzlich im /II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 47 Innern des Steinbruches ausgeführte Messung ergab einen erheblich ge- ringeren Werth. So wiederholte sich hier im Kleinen, was Humboldt und Gay-Lussae am Vesuv beobachtet hatten: auf dem Gipfel eine Ver- stärkung, im Krater eine Schwächung des Erdmagnetismus. Ueber die Benutzung gewisser Farbstoffe zur Bestimmung von Affinitäten. Von Privatdocent Dr. F. Röhmann. Wenn man in bekannter Weise mit Lackmuspapier die Reaction einer thierischen Flüssigkeit oder eines Gewebes prüft, so will man hierdurch einen Aufschluss über das Mengenverhältniss der vorhandenen Säuren und Basen erhalten. Die Affinitäten der Säuren und Basen haben sich ausgeglichen, es besteht ein gewisser Gleichgewichtszustand zwischen beiden und dieser ist es, welcher der Prüfung unterliegt. Im lebenden Gewebe besteht während einer unendlich kleinen Zeit eine ähnliche Gleiehgewichtslage, unter dem Einfluss des Spiels der chemischen Kräfte ändert sich dieselbe von Moment zu Moment. Stoffe verschiedener Ver- wandtschaft wirken auf einander ein und bewirken das, was wir die Lebensthätigkeit der Zellen nennen. Wenn es nun auch nie möglich sein wird, alle Umsetzungen in einer Zelle und die wechselseitige Verwandtschaft der entstehenden und wieder vergehenden Stoffe zu verfolgen, so ist es doch für den Physio- logen von grösstem Interesse, die Verwandschaften der schon jetzt be- kannten, im Thierkörper und seinen Secreten vorkommenden Verbindungen mit einander und mit anderen wohlcharakterisirten Stoffen vergleichen zu können. Zur Bestimmung von Affinitäten sind eine Reihe verschiedener, hier nicht näher anzuführender Methoden angewendet worden. Im Folgenden soll der Versuch gemacht werden, das nach diesen Methoden gewonnene Beobachtungsmaterial unter Anwendung einer neuen, sehr einfachen Methode zu erweitern. Zum Verständniss derselben sei Folgendes vorausgeschickt: Wenn zwei beliebige Stoffe auf einander einwirken, so ist die Wirkung ab- hängig von der Masse der beiden Stoffe und der ihnen eigenthümlichen Verwandtschaft. Nach diesem zuerst von Goldberg und Waage aus- gesprochenen Gesetz lässt sich also die Gesammtwirkung beider Stoffe ausdrücken durch das Produet C p q, in welchem © die Constante der Verwandtschaft bez. chemischen Energie, p und q die in Wirksam- keit tretenden Maasse beider Stoffe bezeichnet. Wenn zwei Stoffe auf einander wirken, z. B. eine Säure und ein Salz, sagen wirSalpetersäure und essigsauresNatrium inäquivalentenVerhältnissen, 48 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. so wird die Salpetersäure als stärkere Säure dem essigsaurem Natrium die Base zu entziehen und Essigsäure in Freiheit zu setzen suchen; aber die Essigsäure giebt ihr Alkali nicht freiwillig her, es hält dasselbe mit einer gewissen Kraft fest und wird vermöge desselben auch auf das ge- bildete salpetersaure Natrium einzuwirken streben. In einer derartigen Flüssigkeit tritt nach einiger Zeit ein bleibender Zustand ein, in welchem die Salpetersäure scheinbar nicht mehr auf das essigsaure Natrium und die Essigsäure nicht mehr auf das salpetersaure Natrium einwirkt, d.h. die entgegengesetzt wirkenden Kräfte in eine Gleichgewichtslage ge- kommen sind. Bezeichnet p die Menge der Salpetersäure, q die Menge des essigsauren Natriums, C die Kraft, mit welcher die Salpetersäure das essigsaure Natrium zu zerlegen strebt, und in entsprechender Weise p‘ dieMenge der Essigsäure und q‘ die Menge des schwefelsauren Natriums, C’ die entsprechende Affenitätenconstante, so ist pyu=Üpgd. Man kann die nach Ablauf der Reaction gebildeten Mengen der neuen Verbindungen in sehr einfacher Weise auf die Mengen der am Anfang der Reaction vorhandenen Verbindungen beziehen, wenn, wie im obigen Beispiel aus x Molecülen der neuen Verbindung (essigsaures Natrium) die gleiche Anzahl x einer neuen Verbindung (salpetersaures Natrium) entsteht. Es vermindert sich dann die Anzahl Molecüle Salpetersäure um x, während die Menge der Essigsäure, von der wir annehmen wollen, dass sie neben dem essigsauren Natrium in der ursprünglichen Flüssigkeit enthalten gewesen sei, um x Moleecüle zu- nimmt. Ausser Salpetersäure enthalte die Flüssigkeit auch salpeter- saures Natrium, auch seine Menge nimmt um x Molecüle zu. Es be- zeichne C und C’ die Verwandtschaft der Salpetersäure bez. Essigsäure zum Natrium, p und q die Mengen der zu Anfang der Reaction in der Flüssigkeit enthaltene Essig- bez. Salpetersäure, p‘ und q‘ die zu Anfang der Reaction vorhandenen Mengen essigsauren und salpetersauren Natriums. Dann haben wir nach Ablauf der Reaction eine Gleichgewichtslage, welche ausgedrückt wird durch CP —)Qa—)=UÜPp+R) (HR). Hieraus folgt Ce HR) e P—R)Qd—x) ist das Verhältniss der Energien der beiden in Betracht kommenden c Vorgänge, d. h. der Zerlegung des essigsauren Natriums durch Salpeter- säure und des salpetersauren Natriums durch Essigsäure, insoweit die- selben nicht von der Masse der Salze und der Säuren abhängig sind. I) bedeutet die Mengen des nach Ablauf der Reaction (P—x) ( —x) | U. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 49 vorhandenen essigsauren und salpetersauren Natriums verglichen mit der Menge Essigsäure und Salpetersäure. Dieses Verhältniss ist der Aus- druck für das Verhältniss der Affinitäten beider Säuren zum Natrium. Wenn man in gleicher Weise ein zweites Salz bei gleichzeitiger Anwesenheit seiner Säure, z. B. ein Gemisch von Ameisensäure und ameisensaurem Natrium mit einem Gemisch von Salpetersäure und salpetersaurem Natrium zusammenbringt und C wieder die Affinität der Salpetersäure zum Natrium, C“ die Affinität der Ameisensäure zum Natrium, q die Menge der zu Anfang der Reaction vorhandenen Salpeter- säure, P die Menge Ameisensäure, q‘ die Menge des salpetersauren Natriums und P‘ die Menge des ameisensauren Natriums und y die An- zahl der zersetzten Molecüle ameisensauren Natriums bezeichnet, so er- hält man die Gleichung Cs EIGEN) ne Y lUara dd An Stelle der Salpetersäure kann man irgend eine beliebige andere Säure oder säureähnliche Verbindung nehmen, welche eine derartige Verwandtschaft zum Alkali hat, dass sie dem Salz der Essigsäure bez. Ameisensäure einen Th®il der Bases zu entziehen vermag. Wir nehmen einen Farbstoff, das seit kurzem in die Acidimetrie als Indicator einge- führte Lakmoid. Dasselbe bildet mit dem Alkali eine blaue Verbin- dung, im freien Zustande ist es roth. Man könnte das Verhältniss, nach welchem sich das Alkali zwischen ihm und die Essigsäure und Ameisen- säure theilt, durch irgend eine bisher bekannte Methode zu bestimmen versuchen. Wir thun dies nicht, machen aber von der Fähigkeit des Lakmoids mit Essigsäure und Ameisensäure ein Theilungsverhältniss in Bezug auf die Bases einzugehen, folgenden Gebrauch. Wir titriren 10 ccm einer Zehntelnormallösung der Essigsäure bez. Ameisensäure mit '/, Normalnatronlauge, bis auf dem rothen Lakmoid- papier gerade eine Blaufärbung sichtbar wird. Wir finden, dass wir im ersteren Falle 1 ccm im letzteren 3 ccm '/, Normalnatronlauge verbrauchen. Die Blaufärbung des rothen Lakmoidpapiers tritt also auf, wenn die Anzahl der Molecüle Essigsäure sich zu der des essigsauren Natriums wie 9:1 verhält bez. die Anzahl der Molecüle Ameisensäure zu denen des ameisensauren Natriums wie 7:3. In dem Augenblick, wo sich das rothe Lakmoidpapier blau färbt, haben wir eine bestimmte Gleichgewichtslage. Betrachten wir dieselbe an der Hand der obigen Gleichungen. Wir hatten für die Einwirkung der Salpetersäure und ebenso der Lakmoidsäure auf essigsaures Natrium die Gleichung CP — ya - = PR) (HR). Im vorliegenden Fall sind in der Lösung zur Zeit der Blaufärbung des Easmoidpopiers drei Aequivalente essigsauren Natriums vermindert um Ar & 2 50 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. diejenige Menge, welche durch die Anzahl der sich blaufärbenden Lak- moidmolecüle zerlegt werden, vorhanden. Dies ist der Werth für p’ — x. q—x bedeutet die Anzahl der rothen Lakmoidmoleecüle ver- mindert um die Anzahl der sich blaufärbenden. px ist die Menge der vorhandenen Essigsäure, d.h. 7 Aequivalente vermehrt um die An- zahl derjenigen, welche bei der Zerlegung des essigsauren Natriums durch die Lakmoidsäure entstanden sind, 9° -- x bedeutet die Anzahl der im rothen Lakmoidpapier von Anfang an vorhandenen blauen Lak- moidmolecüle vermehrt um die Anzahl der bei der Zerlegung des essig- sauren Natriums durch die Lakmoidsäure entstandenen. In entsprechender Weise würde die Gleichgewichtslage für das ameisensaure Natrium ausgedrückt durch die Gleichung ER RC Be 1 Bl ui 3 de an Auch in diesem Falle bedeutet y die Anzahl der sich blaufärbenden Lakmoidsäuremolecüle, also auch der zersetzten Molecüle ameisensauren Natriums etc. Wir können nun ohne weiteres annehmen, dass, wenn wir unter den oben angeführten Bedingungen so titriren, dass die gleiche gerade wahrnehmbare Blaufärbung auf demselben Lakmoidpapier eintritt, die Anzahl der sich blaufärbenden Lakmoidmolecüle in allen Fällen an- nähernd die gleiche ist, x ist dann also gleich y und wir haben die Gleichungen ee —- 4 -=C" PN (HR CP—-Ja—-=- A" PFHtg)@+Q. Dividiren wir die erste Gleichung durch die zweite, so erhalten wir GB: Bas Ci nel ie op I Die Menge Natrium, welche erforderlich ist, um die wahrnehmbare Blaufärbung auf dem rothen Lakmoidpapier hervorzurufen, ist ausser- ordentlich klein, wir können deswegen x gleich Null setzen und er- halten. CH p‘ P’ Pe 5“ DB In Worten bedeutet diese Gleichung, die relative Affinität zweier Söuren zum Natrium wird ausgedrückt durch eine Zahl, welche wir erhalten, wenn wir das Verhältniss von Salz und Säure das in einer für rothes Lakmoid neutralen Lösung enthalten ist, für jede der beiden Säuren unter gleichen Bedingungen ermitteln und mit einander vergleichen. In unserem Beispiele ist also das Verhältniss der Affinität der Essigsäure zur Ameisensäure gleich in 8 hi 7 9 . 7 = 9.3 = 0,2592. II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 51 In gleicher Weise wurde für eine Reihe anderer Säuren ermittelt, bei welchem Verhältniss von Säure und Salz Neutralität für rothes Lak- moid eintritt und durch Vergleich dieses Coeffieienten mit dem Coefficienten der Ameisensäure der Ausdruck der Affinität dieser Säure zum Natrium gefunden. Es erforderten 10 cem '/,, Normallösung folgende Anzahl Cubik- centimeter '/,, Normalnatronlauge bis zum Eintritt der Blaufärbung des rothen Lakmoidpapiers. Ameisensäure 3, Essigsäure 1, Propionsäure 0,9, Buttersäure 0,8, Isobuttersäure 0,75, Valeriansäure 0,85, Milchsäure 2,5, Oxgisobutter- säure 2,6, Monochloressigsäure 7,0, Trichloressigsäure 9,9—10,0 cem. Die hieraus berechneten Affinitätsverhältnisse sind auf der folgenden Tafel neben den nach anderen Methoden erhaltenen aufgeführt. Die Affinität zu Natrium beträgt im Vergleich zur Affinität der Ameisensäure für Natrium, berechnet aus der Neutralität der Zerlegung der elektrischen RS: Diikke 1 des Methylacetats Leitfähigkeit Essigsäure 0,2592 0,2633 0,2523 Propionsäure 0,2307 0,2320 0,1934 Buttersäure 0,2028 0,2290 0,1881 Isobuttersäure 0,1891 0,2045 0,1851 Valeriansäure 0,2167 — — Milchsäure 0,7700 0,687 0,619 Oxgisobuttersäure 0,1893 0,7022 0,738 Monochloressigsäure 5,22 3,206 2,916 Trichloressigsäure — 52,0 37,08 Nach derselben Methode wurden die Affinitäten für zweiwerthige Säuren der Fettreihe, für Säureamide und Amidosäure, sowie für eine Anzahl Eiweisskörper ermittelt. Sitzung vom 14. October 1891. Ueber Tiefbohrungen und neue Erwerbungen des mineralogischen Instituts. Von Ferdinand Roemer. Geh. Bergrath Professor Dr. Roemer berichtete über die Ergeb- nisse einer im Jahre 1891 auf dem 1'/, Meilen nordwestlich von Breslau gelegenen Gute Herrnprotsch zur Gewinnung von Trinkwasser durch den Ingenieur Treschel ausgeführten Tiefbohrung. Nach der dem Vor- tragenden durch den Magistrat von Breslau gemachten Mittheilung wurden 4* 52 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. mit diesem Bohrloche bis zur Tiefe von 191 Metern nur gelbe, graue und rothe sandige Thonschichten mit Einlagerungen von wasserführendem und Braunkohlen-Reste enthaltendem Triebsand angetroffen. In der an- gegebenen Tiefe traf man plötzlich auf weissen Sandstein, und in diesem steht das Bohrloch bis zur grössten bis jetzt erreichten Tiefe von 207 Metern. Fragt man nun nach dem Alter der mit dem Bohrloche durchsunkenen Schichten, so kann es nicht wohl zweifelhaft sein, dass die thonig sandigen Schichten, in welchen das Bohrloch bis auf den weissen Sandstein steht, abgesehen von der nur wenige Meter betragenden Bedeckung mit Diluvium und Alluvium der oligocänen Tertiärbildung an- gehören, welche sich unter der Benennung der nordostdeutschen Braun- kohlenbildung über die nordöstlichen preussischen Provinzen unter der Diluvial-Bedeckung verbreitet und namentlich auch ganz Niederschlesien, mit Ausnahme des Berglandes, einnimmt. Bei allen Tiefbohrungen, welche in Breslau selbst und in dessen Umgebung in dem letzten Jahr- zehnt ausgeführt wurden, hat sich überall ein ganz ähnlicher Wechsel von grauen und bunten, fetten oder sandigen Thonen mit untergeordneten Einlagerungen von wasserreichen weissen Sanden mit Braunkohlenstücken in dieser Tertiär-Bildung gezeigt. Dagegen bietet die Altersbestimmung des weissen Sandsteins grössere Schwierigkeit. Es ist nach den vor- liegenden Bohrkernen ein ziemlich fester, feinkörniger weisser Sandstein, Die gleich grossen feineren Quarzkörner sind durch ein ziemlich reich- liches weisses thoniges Bindemittel mit einander verbunden. Aus der ganzen nordostdeutschen Braunkohlenbildung ist ein ähnlicher Sandstein nicht bekannt. Für eine blosse Einlagerung in derselben erscheint auch die bisher schon bekannt gewordene Mächtigkeit von 16 Metern, welche möglicher Weise in Wirklichkeit eine noch viel grössere ist, zu be- deutend und es ist wahrscheinlicher, dass der Sandstein das Liegende der ganzen Tertiär-Formation bildet. Da die mit diesem Bohrloche er- reichte Tiefe von 207 Metern bedeutend grösser ist, als diejenige irgend eines anderen bisher in der Gegend von Breslau niedergebrachten Bohr- loches, so ist an sich die Annahme, dass mit dem Sandstein die obere Grenze einer älteren Formation erreicht sei, naheliegend. Nach der petrographischen Beschaffenheit des Sandsteins ist seine Zugehörigkeit zu der Kreideformation am wahrscheinlichsten und trotz der bedeutenden räumlichen Entfernung von den in der Gegend von Löwenberg und Bunzlau anstehenden oberen Kreidebildungen wird man den in dem Bohr- loche angetroffenen Sandstein mit den letzteren in Verbindung zu bringen genöthigt sein. Ob es gelingen wird, den mit dem Bohrloche beabsich- tigten Zweck der Trinkwassergewinnung bei dem Fortbohren zu er- reichen, ist unsicher. In jedem Falle ist es wahrscheinlicher, in dem reinen weissen Sandstein trinkbares Wasser anzutreffen, als in der thonigen Tertiär-Bildung, welche bisher in den verschiedenen Bohrlöchern ll. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 53 nur unreines für den menschlichen Trinkgebrauch ungeeignetes Wasser geliefert hat. Derselbe Vortragende berichtete auch über ein in der Schulgasse in Kosten in der Provinz Posen gestossenes Bohrloch. Diese Stadt leidet sehr unter dem Mangel von gutem Trinkwasser und der dortige Magistrat beschloss deshalb, diesen Mangel womöglich durch eine Tief- bohrung zu beseitigen. Durch den Bohr-Ingenieur Treschel wurde ein solches bis zur Tiefe von 135 Metern niedergebracht. Die durchbohrten Schichten waren nach dem durch den Magistrat von Kosten mitgetheilten Bohrregister in der Aufeinanderfolge von oben nach unten die folgenden: 0—18 m sandiger Thon, Kies und Sand. Nach seinen Merkmalen den Alluvium und Diluvium angehörend. 13—112 m. Grüner und gelber Thon. 112—120 m, Bituminöser Thon in unreine Braunkohle übergehend. 120—129 m. Undeutliche Pflanzenreste enthaltender wasserführen- der Triebsand. Das Wasser bis zur Oberfläche steigend. 129—135 m. Rother zäher Thon mit einer dünnen Zwischenlage von Triebsand. Es kann nach der petrographischen Beschaffenheit nicht zweifelhaft sein, dass die ganze Aufeinanderfolge der durchbohrten Schichten von 18 bis 155 m ebenfalls der nordostdeutschen braunkohlenführenden Tertiärbildung angehört. Bei der durch zahlreiche Tiefbohrungen gleich- mässig bestätigten Erfahrung, dass diese Tertiärbildung überhaupt sehr wasserarm ist und für den menschlichen Gebrauch geeignetes Wasser kaum irgendwo geliefert hat, eine noch viel grössere Mächtigkeit der Bildung als die bisher durchteufte aber mit Wahrscheinlichkeit zu ver- muthen ist, so war von einer Fortsetzung der Bohrarbeit abzurathen., Derselbe Vortragende berichtete ferner über einige besonders be- merkenswerthe neue Erwerbungen des Mineralogischen Museums unter Vorlegung der betreffenden Stücke. Zunächst wurde ein schön erhaltener rechter Oberkiefer von Rhinoceros occidentalis Leidy aus den Tertiär- Schichten der Bad Lands in Nord-Amerika vorgelegt. Während die Gattung Rhinoceros in der Jetztzeit ausschliesslich der alten Welt an- gehört, war sie in der Tertiärperiode auch in Amerika vertreten. Das- selbe gilt von anderen grossen Säugethieren, wie Elephas, Equus u. s. w. Ferner ein vollständiges Geweih von Dierocerus (Prox) elegans Lartet aus der miocänen Tertiär-Bildung von Sansan im südlichen Frankreich, Dasselbe ist durch die Länge des eylindrischen Rosenstocks ausgezeichnet, wie sie sich ähnlich bei dem lebenden Muntjac von Java und Sumatra zeigt. Die Einfachheit des nur aus Stange und Augensprosse bestehen- den zweitheiligen Geweihs theilt die Gattung mit anderen tertiären Hirscharten. Hirsche mit zusammengesetztem vielfach verästeltem Ge- weih treten erst mit der Diluvialperiode auf, 54 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Ueber einige neue Mineralien von Striegau. Von C. Hintze. Professor Dr. Hintze legte vor und besprach einige neue Mineral- Vorkommen von Striegau, deren Erwerbung dem hiesigen Mineralogischen Museum durch den regen wissenschaftlichen Sammeleifer des Herrn Lehrer Zimmermann in Striegau ermöglicht wurde. Eines der schönsten, in den Drusenräumen des Striegauer Granits vorkommenden Mineralien ist bekanntlich der Flussspath in mannigfachen Kırystallgestalten. Zur Vorlage gelangte ein ausgezeichneter Okta&der-Durchkreuzungs-Zwilling, wie solche am Flussspath im Gegensatz zu den gewöhnlichen Würfel- Durehkreuzungen an und für sich sehr selten sind; von Striegau war bisher ein solches Krystallgebilde nur in einem einzigen, minder voll- kommenen Exemplare bekannt, welches sich im Berliner Museum be- findet. Der vorliegende Flussspath zeichnet sich auch durch eine reine, dunkelrosenrothe Farbe aus, wie sie sonst für die Krystalle von der Gösehener Alp in der Schweiz charakteristisch ist. Die Zahl der in Hohlräumen des Basalts vom Breitenberge bei Striegau beobachteten Mineralien konnte durch den bisher von dort noch nicht bekannten Zeolith Analeim vermehrt, und das von dort zwar schon angegebene des Phillipsits durch ausgezeichnet deutliche Exemplare bestätigt werden. — Herr Johannes Brunner in Magdeburg, der sich schon mehrfach durch Auffindung neuer Mineralvorkommen im Steinsalzlager von Stassfurt- Leopoldshall verdient gemacht, hatte an den Vortragenden als bisher von dort unbekanntes Mineral einige Stufen eingesandt, welche auf körnigem Steinsalz etwa kirschgrosse, wasserhelle Krystalle zeigten, in denen Prof. Hintze ungewöhnlich flächenreiche Gebilde von Epsomit (Bittersalz, Magnesiumsulfat mit sieben Molecülen Wasser) erkannte. Unschwer gelingt bekanntlich im Laboratorium die Darstellung von auch ziemlich grossen, meist aber sehr einfachen, flächenarmen Krystallen dieser Substanz, welche der hemiödrischen Abtheilung des rhombischen Krystallsystems angehört; als natürliche Bildung dagegen war der Epsomit bisher nur in Efflorescenzen, Stalaktiten und höchst unvollkommen aus- krystallisirt bekannt. Die von Herrn Dr. L. Milch im Mineralogischen Institut ausgeführte exacte krystallographische und optische Untersuchung, sowie die chemische Analyse der Krystalle bestätigte die Diagnose auf Bittersalz, und wird eingehender in einer Fachzeitschrift publieirt werden. II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 55 Ueber eine cambrische Trilobiten-Fauna. Von Georg Gürich. Der Vortragende berichtete über eine cambrische Trilobitenfauna, welche er bei seiner diesjährigen Reise in das polnische Mittelgebirge bei Sandomir an der Weichsel aufgefunden hatte. Folgende Arten konnten bestimmt werden: Paradoxides cf. Tessini Brongn., Agnostus fallax Linn., Agnostus gibbus Linn. und Liostracus Linnarsoni Brögger. Da- durch wurde für Polen das Cambrium zum ersten Male mit Sicherheit nachgewiesen. Wichtig ist die Uebereinstimmung dieses polnischen Cambrium mit den entsprechenden Ablagerungen Skandinaviens, während die nächst gelegenen ostbaltischen cambrischen Schichten sowohl wie die böhmischen sich anders verhalten. Dem Alter nach entspricht das polnische Vorkommen einem bestimmten Horizonte, dem als mittleres Cambrium aufzufassenden Paradoxides-Schiefer Skandinaviens, Ueber das Verhalten des Baryumsuperoxyds gegen Metallsalze. Von H. Kwasnik. Im Jahre 1890 veröffentlichte der erste Assistent am pharma- ceutischen Institut zu Breslau, Dr. Kassner'), zwei Methoden zur maassanalytischen Bestimmung des Ferricyankaliums und der Super- oxyde der alkalischen Erden, indem er bei der ersteren die Wechsel- wirkung des Wasserstoffsuperoxyds auf Ferrieyankalium, bei der letzteren jene des Ferrieyankaliums auf Baryumsuperoxyd benutzte. Diese letztere Wechselwirkung gestaltete sich in unerwarteter Weise, indem sich da- bei der ganze Sauerstoff des Superoxyds als solcher frei entwickelte, ohne jede Bildung von Ozon oder Wasserstoffsuperoxyd, aber unter Reduction des Ferrieyankaliums nach der Gleichung: vI Ba0, + Fe,Cy,,K, = 0, + K,Ba(FeÜy,),. Der Process vollzieht sich so glatt, dass es genügt, äquivalente Mengen von Baryumsuperoxyd und Ferrieyankalium mit kaltem Wasser zu übergiessen, um sofort eine reichliche Entwicklung von reinem Sauerstoff zu erhalten. Man erhält aus 2,5 g 75 procentigen Baryum- superoxyds ca. 240 ccm Sauerstofi, während die Berechnung 236 cem verlangt. Im Anschluss daran machte ich die Beobachtung, dass Eisenchlorid mit Baryumsuperoxyd ebenfalls eine reichliche Sauerstoffentwicklung !) Dieser Jahresbericht 1890, S. 46. 56 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. veranlasse, dass hier aber keine Reduction der Ferriverbindung statt- finde und demgemäss auch nur die Häfte des Sauerstoffes des Baryum- superoxyds frei werde nach der Gleichung 6Ba0, + 2Fe,Cl, +6H,0=30, + 2Fe,(OH), + 6BaCl,. Auf Veranlassung von Herrn Geheimrath Poleck habe ich dies Verhalten weiter verfolgt und die Einwirkung einer grossen Anzahl von Metallsalzen auf Baryumsuperoxyd studirt, wobei ich zu neuen und nicht uninteressanten Resultaten gelangte. Zunächst wurde bei Wiederholung des vorstehend beschriebenen Versuches festgestellt, dass nur die Hälfte des Sauerstoffs des Baryum- superoxyds sich entwickelt, dabei keine Spur einer Ferroverbindung entsteht, ebenso wenig Wasserstoffsuperoxyd gebildet wird oder Ozon sich entwickelt. Es stellte sich ferner heraus, dass alle Ferrisalze, Sulfate, Nitrate, Acetate etc. in derselben Weise wirken und dass auch die Ferrosalze die gleiche Wirkung zeigen, nur tritt sie hier langsamer ein, indem der sich zuerst entwickelnde Sauerstoff die Ferroverbindung höher oxydirt und dann erst die Entwicklung des freien Sauerstoffs er- folgt, hier nur der vierte Theil nach der Gleichung: 4FeCl, + 4Ba0, + 6H,0 —= 2Fe, (OH), 4 4BaCl, 4 0,. Was nun im Allgemeinen die Wirkung der Metallsalze auf Baryum- superoxyd anlangt, so sind die Salze von Kalium, Natrium, Lithium, Ammonium, Calcium, Strontium und Baryum ohne jede Einwirkung, auch beim gelinden Erwärmen findet nicht die geringste Gasentwicklung statt; ein Erhitzen bis zum Sieden des Wassers ist zu vermeiden, weil unter solchen Umständen Baryumsuperoxyd für sich Sauerstoff entwickelt, Die Magnesiumsalze wirken zwar ein, aber die Gasentwicklung beginnt erst nach einiger Zeit, während Zink- und Cadmiumsalze rascher wirken und Cobalt- und Nickelsalze sofort eine kräftige Gasentwicklung liefern. Das Gemisch nimmt im letzteren Falle die Farbe der betreffen- den Hydroxyde an. Mangan-, Chrom- und Aluminiumsalze verhalten sich analog dem Eisenchlorid, Kupfersalze geben sofort ohne Reduction eine reichliche Entwicklung von Sauerstoff. Während die bisher erwähnten Salze die Hälfte des an Baryum gebundenen Sauerstoffs unter gleichzeitiger Bildung ihrer Hydroxyde freimachen, zeigt die Gruppe der edlen Metalle ein wesentlich anderes Verhalten. Quecksilbersalze geben sofort eine starke Reaction mit Baryum- superoxyd. Unter Abgabe von Sauerstoff färbt sich das Gemisch immer dunkler, es scheidet sich metallisches Quecksilber als grau-schwarzes Pulver ab, welches bei Behandlung mit verdünnter Salzsäure bisweilen zu metallischen Quecksilberkugeln zusammenfliesst, HgCl, + Ba0, =BaCl, +Hg-+0.,. PIWIIEET II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 57 Ein ganz ähnliches Verhalten zeigen die Silbersalze. Unter leb- hafter Sauerstoffentwicklung geben sie einen grauschwarzen Nieder- schlag, der sich nur zum sehr geringen Theil in Ammoniak löst, ver- anlasst durch kleine Mengen Baryumoxyd, während nach Entfernung des überschüssigen Baryumsuperoxyds durch verdünnte Salzsäure metallisches Silber als graues Pulver zurückbleibt. Auf gleiche Weise scheidet sich aus Goldsalzen metallisches Gold als braunschwarzes Pulver ab. Bei sehr verdünnten Goldlösungen und bei möglichst langsamem Verlauf der Reaction beobachtet man dieselben Erscheinungen, wie bei der Reduction der Goldsalze durch Oxalsäure, Die Flüssigkeit nimmt zuerst einen blauen Farbenton an, und nach einiger Zeit wird das Gold in Form eines glänzenden Spiegels an den Gefässwänden abgeschieden. Während diese Reactionen glatt verliefen, zeigt Platinchlorid ein anderes Verhalten; es wurde nicht zu Metall reducirt, obwohl sich auch hier Sauerstoff entwickelte. Die Flüssigkeit blieb auch bei Zusatz eines grossen Ueberschusses von Baryumsuperoxyd gelb gefärbt, ebenso wenig führte Erwärmen zu einem anderen Resultat. Das Filtrat wurde auf dem Wasserbade eingedampft und mit absolutem Alkohol gefällt. Der hell orangefarbene Niederschlag wurde mit Alkohol ausgewaschen, dann in Wasser gelöst und diese Lösung durch Abdampfen zur Krystallisation gebracht. Diese Krystalle.warer, wie die Analyse bewies, PtCl, BaCl, — 8H,0. Es wurden 28,24 pCt. Platin gefunden, während die Rechnung 28,73 pCt. verlangte. Zu diesen Versuchen war die gebräuchliche Platinchloridlösung der Laboratorien angewandt worden, welche die Verbindung PtCl1,2HCl enthält, wodurch sich die Entstehung der Doppel- verbindung leicht erklärt, 2PtCl, 2HC1+2Ba0, =2PtCl, BaCl, +2H,0-0,. Sie verhält sich vollständig indifferent gegen Baryumsuperoxyd, das gleiche Verhalten zeigen aber auch die anderen Platindoppelsalze der Alkalien und alkalischen Erden, aus keinem derselben wird Platin reducirt. Anders dagegen ist die Einwirkung des Baryumsuperoxyds auf reines Platinchlorid und auf die Doppelverbindungen desselben mit Metallsalzen, welche aus Baryumsuperoxyd Sauerstoff freimachen. Wird eine Molekel der Verbindung PtCl,2HCl in wässriger Lösung mit einer Lösung von zwei Molekeln Silbernitrat vermischt, so scheidet sich ein Gemisch von Platinchlorid-Chlorsilber, PtCl,2AgCl, und von Chlorsilber aus, während gleichzeitig eine gelbrothe, silberfreie Lösung von Platin- ehlorid entsteht. Wird dieses Gemisch der Einwirkung von Baryum- superoxyd ausgesetzt, so findet unter Sauerstoffentwicklung eine Ab- scheidung von schwarzen Flocken statt, während gleichzeitig bei Ein- wirkung von überschüssigem Baryumsuperoxyd die überstehende gelbe Flüssigkeit sich entfärbt, wodurch die Zersetzung des Platinchlorids be- 58 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. wiesen wird. In der That besteht der Niederschlag nach Entfernung des überschüssigen Baryumsuperoxyds durch verdünnte Salzsäure nur aus metal- lischem Platin und Silber, wie durch die Analyse leicht nachzuweisen war. Der Umstand, dass das in Wasser unlösliche Chlorsilber durch Baryumsuperoxyd unter Entwicklung der ganzen Menge seines Sauer- stoffs redueirt wird, führte zur Prüfung anderer unlöslicher Metallsalze, Als Resultat der Untersuchung einer Anzahl unlöslicher Sulfate, Car- bonate, Phosphate, Arseniate ergab sich, dass die Wahl der Säure ohne jeden Einfluss auf den Verlauf der Reaction ist, in allen Fällen ent- wickelt sich Sauerstoff unter Bildung der betreffenden Hydroxyde, nur ist naturgemäss die Einwirkung hier eine langsamere. Während bei einigen dieser unlöslichen Salze der Beginn der Einwirkung durch Er- wärmen eingeleitet werden muss, findet diese Umsetzung bei anderen, wie Ferriphosphat, Kupfercarbonat, Quecksilberchlorür und Chlorsilber verhältnissmässig leicht statt. Die Reduction von Chlorsilber gestaltet sich nach dieser Methode zu einer leicht ausführbaren Operation, Ueber Sandstein in Form von Miniatur-Basaltsäulen. Von Geheimen Bergrath Althans. Der Vortragende legte einige Stücke stänglig abgesonderten, hart- klingenden Sandsteins vor, welche in ihrer Form Miniatur-Basaltsäulen gleichen. Dieselben finden sich. in einem Basaltbruche des Freiherrn von Haugwitz, etwa einen Kilometer südlich vom Schlosse Lähnhaus, auf der das Boberthal bei Lähn gegen Westen begleitenden Anhöhe. Der Basalt ist hier in den zur Kreideformation gehörenden Quadersand- stein feuerflüssig eingedrungen und hat die hierbei durchbrochenen und umschlossenen Massen des an sich wenig harten Sandsteins durch ein- seitige Erhitzung halb geschmolzen und zerspalten. Diese Sandstein- stängel werden als Schotter für die benachbarten Strassen benutzt, würden sich aber wegen ihrer handlichen Form auch sehr gut als Wetz- steine verwenden lassen. Ausserdem machte der Vortragende auf die vielen Findlinge skan- dinavischen Ursprunges aufmerksam, welche bei den umfangreichen Erd- arbeiten zur Herstellung des neuen Güterbahnhofes bei Brockau zwischen Breslau und Kattern ausgegraben worden sind. Leider werden diese durch ihre abgeschliffene Form und durch die Mannigfaltigkeit ihres schönen Gesteins ausgezeichneten Zeugen der Eiszeit behufs leichterer Fortschaffung zersprengt. Baldige Besichtigung ist daher zu empfehlen. Herr Geheimer Bergrath Professor Dr. Römer bemerkt hierzu, dass ihm ähnliche Vorkommnisse von stänglich gespaltenem Quadersandstein auch von Basaltdurchbrüchen in Böhmen bekannt seien, DD ne II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 59 Sitzung vom 25. November 1891. Ueber Piperidincarbonsäuren. Von A. Ladenburg. Geheimrath Prof. Ladenburg spricht über die Piperidincarbon- säuren: Nach vielen vergeblichen Versuchen ist es ihm gelungen, seine Reduetionsmethode auch auf die Pyridincarbonsäuren auszudehnen und diese in Piperidincarbonsäuren umzuwandeln. Behandelt man Picolin- säure, d. i. Pyridincarbonsäure mit Natrium und Alkohol, so nimmt sie 6 Atom Wasserstoff auf und geht in Pipecolinsäure C, H, (CO, HH NH über. Dieselbe wird in Form ihres Chlorhydrats isolirt. Man setzt zu dem erkalteten Reactionsproduet conc. Salzsäure, filtrirt von dem aus- geschiedenen Kochsalz ab, dampft zur Trockne und entzieht dem Rück- stand das Pipecolinsäurechlorhydrat durch absoluten Alkohol. Durch mehrfaches Umkrystallisiren aus diesem Lösungsmittel wird dasselbe rein erhalten und bildet dann warzenförmige Krystalle, die bei 264° schmelzen. Man gewinnt daraus die Pipecolinsäure selbst durch mehr- faches Abdampfen mit verdünnter Schwefelsäure und genaues Ausfüllen der letzteren durch Baryt. Die Pipecolinsäure bildet kleine weisse, bei 259° schmelzende Krystalle. Sie liefert nur schwierig Metallsalze, doch liess sich ein leicht lösliches, schön blau gefärbtes Kupfersalz daraus gewinnen. Viel ausgeprägter ist ihre basische Natur und ganz besonders ausgezeichnet ist ihr Platindoppelsalz, das grosse monokline Krystalle bildet, die bei 184° schmelzen. Leitet man in die methylalkoholische Lösung der Säure Salzsäuregas, lässt dann einige Zeit stehen, verjagt die Salzsäure auf dem Wasserbad, verdampft zur Trockne und krystallisirt den Rück- stand aus Alkohol um, so erhält man das Chlorhydrat des Methylesters der Pipecolinsäure C,.H, CO, CH, NA, HCl. Dasselbe bildet feine, weisse Nadeln, die bei 191° schmelzen. Dass ihm wirklich die an- gegebene Constitution zukommt, ist durch die Darstellung einer Nitroso- verbindung erwiesen worden. In ähnlicher Weise können auch die anderen Pyridinearbonsäuren redueirt werden, Herr stud. Wendler hat bereits die Nipecotinsäure dargestellt, während stud. Karau mit der Gewinnung der Isonipeeotin- säure beschäftigt ist. Einige Pyridincarbonsäuren werden von Herren Kirchner und Auerbach in entsprechende Piperidinverbindungen um- zuwändeln versucht, 60 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Ueber Gerölle aus oberschlesischen Steinkohlenflötzen und über einen Saurierschädel von Sacrau bei Gogolin. Von Georg Gürich. Privatdocent Dr. Gürich legte zwei neue Gerölle aus oberschlesischen Steinkohlenflötzen vor. Das eine stammt mitten aus dem Carolinenflötz der Ferdinandgrube bei Kattowitz, das andere aus der Firste des Flötzes Nr. 8 derselben Grube. Herr Bergverwalter Hain hatte dieselben dem Vortragenden zur Verfügung gestellt. Beide Gerölle bestehen aus Granat führendem Muscovit-Gneiss; das letztere ist glimmerarm und da- durch sehr granulitähnlich, das erstere reicher an Glimmer und zwar enthält es ausser grösseren Muscovitschuppen auch kleine Biotitblättehen. Die bisherigen oberschlesischen Geröllfunde — 20 an Zahl — gehören ebenfalls grössten theils ähnlichen Gesteinen, granulitähnlichen Gneissen an. Die beiden vorliegenden Stücke würden also Nr. 21 und Nr. 22 der Liste von solchen Geröllen fremdartiger Gesteine aus oberschlesischen Steinkohlenflötzen darstellen. Bemerkenswerth ist, dass das letztere aus einem höheren Niveau stammt, während die übrigen bisher bekannten Gerölle aus den mächtigen Flötzen stammen. Die Stur’sche Hypothese, wonach diese Gerölle als Concretionen aufzufassen wären, ist unhaltbar; aber auch der von Phillips aufgestellten und von Weiss aufgenommenen Erklärung, wonach die Gerälle in den Wurzeln schwimmender Bäume in die Flötze gelangt wären, stehen Bedenken gegenüber. Ihrer Form nach sind diese „Steinrundmassen‘ unläugbare Strandgerölle. Derselbe Vortragende legte ferner einen ziemlich vollständigen Saurierschädel von Sacrau bei Gogolin vor, welchen derselbe Herrn Steinbruchsverwalter Wilkowski verdankt. Der Schädel stellt den Typus einer neu zu errichtenden Untergattung von Nothosaurus dar; wegen der grossen Breite des Schädels, die nach hinten gleichmässig zunimmt, bezeichnet der Vortragende diese neue Art als Nothosaurus latissimus. Ueber die physikalischen Grundlagen des osmotischen Druckes. Von C. Dieterici. Professor Dr. Dieteriei sprach über „die physikalischen Grund- lagen der Theorie des osmotischen Druckes“. Die ausführliche Mit- theilung dieses Vortrages erfolgt in Wiedemann’s Annalen der Physik. In der lebhaften Diseussion dieses Vortrages bemerkt Herr Professor Dr. Rosenbach, dass Moritz Traube (und nicht, wie der Vortragende air „ 32 im II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 61 angab, van t’Hoff) in seinen Niederschlags-Membranen (künstliche Zellen) zuerst experimentell halbdurchlässige Membranen hergestellt und die richtige mechanische Erklärung für das eigenthümliche elektive Ver- halten der Membranen gegenüber den gelösten Substanzen und dem Lösungsmittel gegeben hat. Ueber den geologischen Befund einer Tiefbohrung. Von Dr. H. Kunisch. Der Vortragende sprach unter Vorlegung von Bohrproben über den geologischen Befund einer Tiefbohrung, welche zum Zweck der Wasser- gewinnung auf dem etwa 2 km östlich von Gogolin an der Gross- Strehlitzer Chaussee gelegenen Vorwerke des Rittergutsbesitzers Madelung-Sacrau durch den Bohringenieur Morys-Schweidnitz mittelst Freifallbohrung ausgeführt worden ist. Es wurde durchteuft bis zu einer Tiefe von 35 m typischer Muschelkalk, in Lagen verschiedener Mächtig- keit, mit mehrfachen Zwischenlagen braungelben Lettens, von durchweg geringer (bis 50 cm) Mächtigkeit, Dann folgten von 35—54 m grauer Kalkmergel, welcher bald mehr eine thonige und milde, bald mehr eine kalkige und feste Beschaffenheit annahm, und von 54—67 m roth- brauner Letten. Diese Schichtenfolge, aus welcher keinerlei Ver- steinerungsreste bekannt geworden sind, darf wohl in Rücksicht auf die Gesteinsbeschaffenheit dem oberen bunten Sandstein (Röth) zugeschrieben werden. Die von 67—85 m folgenden milden rothen Sandsteine und Sande gehören dem unteren Buntsandstein an. Hervorzuheben ist noch, dass der in einer Entfernung von 160 Schritt vom Bohrlochsmunde an- stehende Basalt von dem Bohrloche in der Tiefe nicht angetroffen worden ist. Die rothen Sande erwiesen sich als wasserführend und liefern eine den Ansprüchen entsprechende Menge Wassers, das aber nicht durch eigenen Druck über Tag kommt, sondern maschinell ge- hoben werden muss. — Im Anschluss hieran trat der Vortragende der unter dem Publikum vielfach vertretenen Meinung entgegen, dass Tief- bohrungen, welche kein springendes, d. i. von selbst über die Erd- oberfläche tretendes Wasser liefern, als erfolglos anzusehen seien, Wenn durch das Bohrloch eine wasserführende Erdschicht erreicht sei, könne häufig durch Pumpversuche eine genügende Ergiebigkeit festgestellt und dann durch endgiltige Anbringung einer geeigneten Saug- und Druckpumpe ein brauchbarer Tiefbrunnen eröffnet werden, 62 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Sitzung vom 23. Deeember 1891, Nach Eröffnung der Sitzung gab der zweite Secretair der Section in warmen Worten der Trauer Ausdruck über das plötzliche Hinscheiden des ersten Secretairs der Section, des Geheimen Bergrath Professor Dr. Ferdinand Römer. Die Versammlung erhob sich, um das An- denken des um die Section hochverdienten Gelehrten zu ehren. Die Alkaloide aus Conium maculatum. Von A. Ladenburg. Geheimrath Professor Ladenburg sprach über die Alkaloide aus Conium maculatum (Schierling). Schon seit längerer Zeit kennt man das von Giesecke entdeckte Coniin C,H,.N und das von Wertheim ent- deckte Conydrin C,H,,NO. Die chemische Natur des ersteren ist durch Untersuchungen von Hofmann und durch seine Synthese, welche dem Vortragenden schon vor einigen Jahren gelungen ist, vollständig aufge- klärt. Es ist Propylpiperidin C,H, (C,H,) NH. Was das Conydrin betrifft, so gehört dasselbe zweifellos zu den Alkinen, einer Gruppe von Körpern, die der Vortragende entdeckt und eingehender studirt hat. Und zwar steht es namentlich dem Methylpipecolylalkin sehr nahe. Dieses entsteht aus Picolin und Aldehyd, wenn man das so gewonnene Methylpicolylalkin durch Natrium und Alkohol redueirt. Neuerdings hat nun die chemische Fabrik E. Merck in Darmstadt ein weiteres Alkaloid aus Conium maculatum isolirt, das der Vortragende gemeinschaftlich mit Herrn Dr. stud. Adam untersucht hat. Dasselbe besitzt ebenfalls die Formel C,H,„NO, unterscheidet sich aber von dem Conydrin durch seinen Siedepunkt, der bei 230°, also 6° höher liegt, durch seinen Schmelzpunkt, der bei 100°, also 20° niedriger ist, durch die Lichtbeständigkeit seines Chlor- und Bromhydrats und die Nicht- krystallisirbarkeit seines Platindoppelsalzes. Es gehört aber auch zu den Alkinen, was durch die Darstellung eines Dijodürs, C,H,,NJ, H,J, erwiesen werden konnte. Das neue Alkaloid, welches den Namen Pseudoconydrin erhielt, musste offenbar, ebenso wie das Conydrin, in naher Beziehung zum Coniin stehen. Da es aber nicht identisch ist mit dem oben erwähnten Methylpipecolylalkin, so wurden zunächst die beiden folgenden Formeln: C,H, (CHOH. CH,CH,) NH und C,H, (CH,. CH,. CH,OH) NH «-Piperidyläthylalkin &-Lupetidylalkin als seiner Constitution entsprechend, in Betracht gezogen und es wurde versucht, den letzteren Körper synthetisch darzustellen. Dies gelang wirklich, Durch Einwirkung von Formaldehyd auf «-Aethylpyridin wurde das Lutidylalkin gewonnen und dieses geht durch Natrium und EEE EEE EEE N II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 63 Alkohol in das Lupetidylalkin über. Die so gewonnene Base ist aber auch nicht identisch mit dem Pseudoconydrin. Sie siedet bei 234° und krystallisirt nicht, ebensowenig krystallisiren ihr Chlor- und Bromhydrat. Dagegen hat Engler in Karlsruhe die Synthese der ersterwähnten Base des «-Piperidyläthylalkin, ausgeführt. Durch Destillation von pieolinsaurem Kalk mit propionsaurem Kalk erhielt er das «-Pyridyl- äthylketon und dieses lässt sich zu «-Piperidyläthylalkin reduciren. Die so erhaltene Base steht jedenfalls dem Pseudoconydrin sehr nahe und ist vielleicht identisch damit. Ueber die Wolga-Stufe in Polen. Von Georg Gürich. Privatdocent Dr. Gürich berichtete über neuere wichtige Beob- achtungen im Gebiete des polnischen Jura. Nach einigen kurzen Bemerkungen über die Beziehungen desselben zu den jurassischen Ab- lagerungen von Nordwest- und Südwestdeutschland wurde der Sonder- stellung des centralrussischen Jura gedacht. Hier folgen nämlich über der unteren Kimmrigde-Stufe eine Reihe von Schichten, welche sich ‘ durch eine reiche Ammonitenfauna namentlich aus der Verwandtschaft des Perisphinctes virgatus auszeichnen. Durch die russischen Geologen ist für diese Schichtenreihe die Bezeichnung der unteren und oberen Wolga-Stufe eingeführt worden. Die Altersstellung dieser Schichten ist noch nicht genügend klar gelegt und deswegen verdienen die in Polen gemachten Beobachtungen des russischen Geologen Michalski besondere Beachtung. Derselbe hat nämlich Schiehten mit einer Virgatus- fauna bei Tomaschow an der Pilica im Hangenden der Exogyra virgula- Stufe beobachtet. Der Vortragende hatte im vergangenen Herbste Michalskis Fundorte besucht, um sich von dem Sachverhalte zu überzeugen. Die Aufschlüsse bei Tomaschow sind sämmtlich in der Nähe der Pilica; der Vortragende konnte daselbst folgende Horizonte beobachten, von Süden nach Norden fortschreitend. 1. Weisser mergeliger Kalk mit zahlreichen Inoceramen cfr. Cuvieri; es fanden sich darin ein Actinocamax cfr. verus und Bruchstücke eines flachen Ammoniten, Schloenbachia sp. Die Schichten liegen horizontal oder kaum merklich geneigt. Nach einer Unterbrechung von 2’km folgen nordwärts mehrere Aufschlüsse 2. in sandigen, glaukonitreichen Mergeln; in diesen fanden sich Coprolithen, fragmentarische Fischknochen und zerbrochene Aucellenschalen, 64 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 3. Unmittelbar nordwärts treten an der Luft erhärtete, im Innern aber völlig mürbe, bröcklige Sandsteinschichten auf, aus denen die Anwohner Bausand entnehmen; zu diesem Zwecke sind über 100 m lange Höhlen in den Sandstein hineingegraben, in welche die Bauern mit ihren Wagen hineinfahren. Die Inoceramenkalke werden bei näherer Untersuchung sich als oberturon oder untersenon erweisen; die Glaukonit-Mergel und die mürben Sandsteine sind die nächst älteren Horizonte. Geht man nun weiter nordwärts ins Liegende hinein, so trifft man in der näheren Um- sebung von Tomaschow, besonders bei dem Dorfe Brzostowka Auf- schlüsse in einer vierten Schichtenreihe von theils gelben plattigen Kalken, theils weissen mehr kreideartigen Schichten und bei dem genannten Dorfe auch dunkelgrauem oder bläulichem Mergel. In diesen unteren Schichten des Complexes hatte nun Michalski eine reiche Fauna entdeckt, deren Be- arbeitung er noch nicht beendet hat. Nur von dem häufigsten Ammoniten, Perisphinctes Pilicensis, giebt er in seinem grossen Werke über „Die Ammoniten der unteren Wolgastufe‘“ Abbildung und Beschreibung. Dadurch erweisen sich also die Brzostowka-Schichten als zur unteren Wolgastufe gehörig und die Grenzen des Verbreitungsgebietes der Virgatus- schichten ist dadurch beträchtlich nach Westen hinausgeschoben. Die von dem Vortragenden aufgefundenen Ammoniten und Zweischaler dieses Fundorts sind im Breslauer Mineralogischen Museum aufbewahrt. Noch weiter nördlich, also weiter ins Liegende hinein, nordwestlich von Tomaschow hat Michalski Schichten mit Exogyra virgula angetroffen. In der Art des Auftretens dieser Schichten beruht eine der Eigen- thümlichkeiten des polnischen Jura. Der Hauptzug desselben erstreckt sich, wie bekannt, in zum Theil felsigen Höhen von Krakau bis Czen- stochau und in diesem Höhenzuge schliesst das polnische Jura nach oben mit F. Roemers oberem Felsenkalke oder den Schichten mit Rhyncho- nella Astieriana ab, in welchem ein Ammonit: Oppelia tenuilobata auf- gefunden wurde, der diese Schichten als unteres Kimmridge erweist, Losgetrennt von diesem Hauptzuge treten nun Schichten mit Exogyra virgula weiter nordostwärts inselartig unter den bedeckenden Kreide- ablagerungen hervor. F. Roemer hat aber keine typischen Exogyra virgula vorgelegen, sodass ihm die Existenz dieses Horizontes nicht ganz gesichert schien. Nun hat aber Michalski bei seinem letzten Besuch in Breslau die von ihm bei Tomaschow gefundenen zahlreichen Exogyren mit Bestimmtheit als typische Ex. virgula bezeichnet. Demnach dürfte also kein Zweifel mehr darüber obwalten, dass die Virgatusschichten jünger sind als der Horizont mit Exogyra virgula. Eine direete Beobachtung der Ueber- lagerung ist allerdings noch nicht gemacht worden, weil die Aufschlüsse wegen der starken Ueberdeckung durch Diluvium nur geringfügig sind il. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 65 und wegen der geringen Neigung der Schichten zusammenhängende Profile überhaupt nur durch Tiefbohrung erreicht werden könnten. Ueber Porphyre des Thüringer Waldes. Von A. Langenhan. Bezirksbevollmächtigter A. Langenhan legte hierauf einige, den ausgedehnten Porphyrvorkommnissen des Thüringer Waldgebirges ent- stammende mineralogische Objecte, nämlich Zwillingsbildungen des Feld- spathes, ferner Porphyrkugeln mit Quarzkrystallen und Eisenglimmer, sowie angeschliffene Achat-Geoden vor. — Die in 6 Hauptvarietäten auf- tretenden und von den quarzarmen Melaphyren zu unterscheidenden Porphyre haben für den Geologen besonderes Interesse, da sie an dem Aufbaue des Thüringer Waldgebirges, und insbesondere an den Fels- und Thalbildungen vorwiegenden Antheil haben. An Einschlüssen reicher sind besonders 2 Gruppen von Porphyren, diejenigen von graubrauner Färbung, welche in feldspathreicher Grundmasse sehr wohlgebildete Zwillingskrystalle von Feldspath enthalten (so an der Wilhelmsleite, ' unweit Manebach im Ilmthal) und diejenigen von grauer Farbe, bei denen die Neigung zu kugelförmigen Konkretionen unverkennbar ist (so am Schneekopf und am Spiessberge bei Friedrichsroda). Die Hohlräume der sogenannten „Porphyrkugeln‘ sind oft mit flächenreichen Quarzkrystallen (Amethyst), welche wiederum mit Eisen- slimmer überzogen sind, ausgekleidet. Zeigt sich die Neigung zur Kugel- bildung gewisser Partien desselben Porphyrs nur durch eine roggenstein- ähnliche concentrischschalige Struktur erbsgrosser Körner in dichter Grundmasse, dann finden sich in derselben, doch selten, Gänge von graurothen wallnussgrossen Kugeln, die auf ihrem Bruche ausserordent- lich zierliche Achatbildungen (Ablagerung des Chalcedons in verschieden- artig gefärbten Schichten) erkennen lassen, Ueber einen krystallinischen Bestandtheil des Genipa brasiliensis Mart. Von W. Kawsnik. Dr. Peekolt, Apotheker in Rio de Janeiro, bekanntlich ein eifriger Forscher auf dem Gebiete der Pflanzenchemie, dem wir die Entdeckung mehrerer Glycoside verdanken, zog in neuerer Zeit auch die Genipa brasiliensis Mart., eine in Brasilien einheimische Rubiacee, in den Kreis seiner Untersuchungen. Es ist ihm gelungen, aus derselben einen schön krystallisirenden Körper zu isoliren, welchen er, wohl in der Annahme, 127 5 Y 66 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. ein Glycosid vor sich zu haben, mit dem vorläufigen Namen ,„Genipin‘ belegte. Durch freundliche Vermittlung des Redacteurs der „Chemiker- Zeitung“ (Dr. G. Krause) gelangte derselbe zur näheren Charakterisirung an das Breslauer pharmaceutische Institut, und der Director des Instituts, Geheimrath Poleck, hatte die Güte, mir die Untersuchung zu über- lassen. Die Darstellung des in Frage stehenden Pflanzenstoffes ist nach den Angaben von Peckolt folgende: Die frischen, gestossenen Blätter werden mit Alkohol vom spec. Gew. 0,815 bei einer Temperatur von 60° dreimal extrahirt, die vereinigten, filtrirten Auszüge werden destillirt und abgedampft, bis der Alkoholgeruch verschwunden. Der Extractiv- rückstand wird mit heissem Wasser aufgenommen und durch Filtriren von dem sich abscheidenden Harze getrennt. Hierauf wird die Flüssig- keit mit einer Lösung von neutralem Bleiacetat behandelt, so lange noch eine Trübung bemerkbar wird. Das von dem Niederschlage getrennte Filtrat wird auf gleiche Weise mit dreibasischem Bleiacetat behandelt. Die jetzt farblose Flüssigkeit wird durch Schwefelwasserstoff vom Blei befreit und alsdann bis zur dünnen Syrupconsistenz abgedampft. Nach dem Erkalten erstarrt das Ganze zu einem Krystallbrei. Die trockenen Krystalle werden zerrieben, mit absolutem Alkohol wiederholt bis zur vollständigen Lösung gekocht und heiss filtrirt. Durch wiederholtes Umkrystallisiren aus heissem Alkohol kann der Körper vollkommen rein erhalten werden. Peckolt führte die Darstellung auch noch mit einer anderen Modifikation aus, indem er die frischen Blätter mit heissem Wasser extrahirte. Die Flüssigkeit wurde bis zum doppelten Gewichte der Blätter abgedampft, filtrirt und wie oben angegeben mit Bleisalzen be- handelt. Die weitere Reinigung erfolgte durch Umkrystallisiren aus heissem Wasser. Die Ausbeute nach dieser Methode ist eine sehr geringe. Frische Blätter mit Alkohol extrahirt liefern 0,54 Proc. - z = Wasser z - 0,3 E z Rinde = Alkohol = liefert 0,79 z Der Körper bildet feine, farblose Krystallnadeln, von reinem, stark süssem Geschmack. Dieselben sind unlöslich in Aether, Petroläther, Benzol, kaltem Alkohol und Amylalkohol, leicht löslich dagegen in Wasser, Chloroform, Anilin, siedendem Alkohol und Amylalkohol und Säuren. Die Lösung wird durch Alkalien nicht getrübt. Auf Platin- blech vorsichtig erhitzt, schmilzt der Körper bald zu einer farblosen Flüssigkeit, die beim Erkalten zu einer glasigen Masse erstarrt, Bei weiterem Erhitzen entzünden sich die ausgestossenen Dämpfe und das Ganze verbrennt, ohne einen Rückstand zu hinterlassen. Stickstoff ist II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 67 in dem Körper nicht vorhanden. Auch Spaltungsversuche mit Säuren und Alkalien führten zu keinem Resultat, eben so wenig erhielt ich die Pettenkofer’sche Glycosidreaction, so dass die Zugehörigkeit des Pflanzenstoffes zu der Klasse der Alkaloide und Glycoside ausgeschlossen erscheint. Die im Luftbade getrocknete Substanz lieferte bei der Verbrennung folgende Werthe: I. 0,5407 Substanz gab 0,4918 CO, und 0,2355 H,O. II. 0,4211 4 „ 0,6085 CO, , 0,2895 H,O. Aus diesen Analysen würde sich als einfachste Formel ergeben C,H.0,. Verdoppeln wir dieselbe, so gelangt man zu der Formel des Manmnits C,H, ,O,. Berechnet für C,H,,0;. an Mittel. 45.020304 5 90.1, 0, TE een Hr ..53.00.::.52,98 21a. 152,96 Thatsächlich ergab auch die weitere Untersuchung die Identität des von Peckolt isolirten Körpers mit dem in der Manna und vielen anderen Pflanzen vorkommenden Mannit. Der Schmelzpunkt liegt bei 165°, die wässrige Lösung ist optisch inactiv. Einige Schwierigkeit bereitete das Verhalten gegen Fehling’sche Lösung. Alle Lehrbücher enthalten die Angabe, Mannit wirke auf alkalische Kupferlösung nicht ein, während mein Untersuchungsmaterial stets nach kurzem Kochen oder auch nur längerem Stehen mit heisser Fehling’scher Lösung eine wenn auch nicht beträchtliche, so doch immerhin beachtenswerthe Ab- scheidung von Kupferoxydul hervorrief. Ich schrieb diesen Umstand anfänglich einer geringen Verunreinigung des Mannits zu und suchte denselben durch weitere Reinigung zu beseitigen, aber auch nach oft wiederholtem Umkrystallisiren konnte ich immer wieder eine Abscheidung von Kupferoxydul beobachten. Ein Controlversuch mit reinem Mannit anderer Herkunft ergab dasselbe Resultat. Die gleiche Beobachtung in Betreff des Verhaltens von Mannit. gegen Fehling’sche Lösung hat auch schon Bodenbender gemacht. Die Angabe der Lehrbücher ist, in solcher Allgemeinheit ausgesprochen, also nicht ganz richtig. Mannit, als solcher, wird wegen seiner Alkoholnatur auf Fehling’sche Lösung wohl kaum einwirken, aber schon das kurze Kochen mit einem Alkali genügt, um chemische Umsetzungen in dem Mannit hervorzurufen, welche dann zerlegend auf die Kupferlösung einwirken. Die Berechtigung dieser Annahme findet eine Stütze auch in dem optischen Verhalten des Mannits. Mannit ist optisch inactiv, kocht man jedoch seine Lösung mit Borsäure oder einem Alkali, so wird dieselbe in dem ersteren Falle rechtsdrehend, 5* 68 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. im letzteren linksdrehend, ‚ein Beweis dafür, dass beim Kochen mit diesen Substanzen Veränderungen vor sich gehen. Auch gegen ammoniakalische Silberlösung verhält sich Mannit reducirend, wobei ein schöner Silber- spiegel gebildet wird. Sowohl diese Reduction der Silberlösung, als auch das verschiedene optische Verhalten habe ich auch bei dem aus der Genipa dargestellten Mannit beobachten können. Von Interesse ist es nun, die Natur der Einwirkung von Ammoniak und Alkalien auf Mannit festzustellen, mit welcher Untersuchung ich zur Zeit beschäftigt bin. Sitzungen der botanischen Section im Jahre 1891. Secretair: Prof. Dr. Ferdinand Cohn. In der ersten Sitzung vom 15. Januar sprach Herr Ober- stabsarzt Professor Dr. Schröter über die trüffelartigen Pilze Schlesiens. Der Vortragende führte etwa Folgendes aus: Zu den trüffelartigen Pilzen rechnet man im gewöhnlichen Leben alle diejenigen kugeligen und knollenförmigen Pilze, welche unter der Erde wachsen und ihre Sporen im Innern des geschlossenen Fruchtkörpers bilden. Es sind dies die Trüffeln im engeren Sinne (Tuberaceae), die Hirschtrüffeln (Elapho- myceten), die Hymenogastreen und die Hartboviste (Sclerodermaceen). Von allen diesen Gruppen finden sich Vertreter in Schlesien. Das eigent- liche Trüffelland ist Süd-Europa, besonders Frankreich, wo die Cultur der Speisetrüffeln (Tuber brumale, melanosporum, aestivum, mesentericum) nationalökonomischen Werth besitzt. Aus Afrika ist bis jetzt nur die Löwen- trüffel (Terfezia Leonis) aus Algier bekannt. Die Trüffeln finden sich in lichten Gehölzen, wo die Bäume in einiger Entfernung von einander stehen, besonders in Eichen- und Buchenbeständen, aber auch unter anderen Bäumen. Sie erfordern kalkigen Boden und wachsen heerden- weise in der Erde, wo sie sich alljährlich an denselben bestimmten Plätzen in der Tiefe von zwei bis sechs Zoll wiederfinden. Man ver- muthet, dass sie parasitisch an den Baumwurzeln leben, indem sie aus diesen ihre Nahrung ziehen. Zum Aufsuchen der Trüffelplätze benutzt man Schweine oder abgerichtete kleine Hunde (Trüffelhunde). In den trüffelreichen Ländern werden die Trüffeln auch planmässig angebaut, indem man auf einem den natürlichen Trüffelplätzen entsprechenden lockeren, kalkhaltigen Boden Eicheln aus Wäldern aussät, in welchen Trüffeln wachsen. Nach 6 bis 7 Jahren kann man dann die Pilze zum ersten Male ernten, In Deutschland sammelte man Trüffeln zuerst systematisch in Baden. Markgraf Ludwig von Baden-Baden, der Türken- ludwig (1677—1707) hatte sich Arbeiter aus Italien kommen lassen, welche bei dem Ausbau seines Schlosses Rastadt thätig waren. Diese brachten mit ihrem Hab und Gut auch Trüffelhunde mit und führten die Trüffeljagd ein. Noch heute gehen die Nachkommen dieser Italiener 70 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. mit den Abkömmlingen der kleinen Hunde der Jagd auf den köstlichen Pilz nach. Das Trüffelsuchen, welches vom November bis Februar ‘ dauert, gehört zu den Jagdberechtigungen, für welche Pacht gezahlt werden muss. Auch in Hannover werden echte Trüffeln gefunden und kommen in den Handel. Für Schlesien erwähnt zuerst Graf Mattuschka in seiner Flora Silesiaca 1776 eine echte Trüffel als Lycoperdon Tuber und giebt ihr Vorkommen zwischen Wansen und Strehlen an. Bail fand am Zackenfall Hydnotria Tulasnei, die später Milde bei Obernigk ebenfalls entdeckte. Göppert erforschte das Vor- kommen der weissen Trüffel (Choiromyces meandriformis) in Schlesien. Eine planmässige Durchforschung unserer Provinz in Bezug auf das Vorkommen von Trüffeln regte seiner Zeit der Vortragende an und das Präsidium der Schlesischen Gesellschaft bewilligte zu diesen Studien eine Beihilfe von 150 Mark. Herr Lothar Becker sammelte im Auftrage der Gesellschaft mit der grössten Sachkenntniss und bestem Erfolge. Alle grösseren Laub- wälder Schlesiens wurden sorgfältig durchsucht; der Vortragende selbst durchforschte Oberschlesien. Die Ergebnisse dieser Arbeiten waren im Wesentlichen folgende: Von echten Trüffeln (Tuberaceen) wurden ge- funden: Genea sphaerica bei Pilsnitz und Schottwitz; Pachyphloeus mela- noxanthos um Breslau und im Peisterwitzer Walde; Hydnotria Tulasnei vielfach in Oberschlesien (Falkenberg und Lublinitz), dann bei Obernigk, um Neumarkt bei Bresa; Hydnobolytes cerebriformis bei Cosel. Weit verbreitet ist Tuber dryophilum (Pilsnitz, Ransern, Masselwitz, ÖOderwälder bis Liegnitz, Jauer, Goldberg, Lauban); selten finden sich dagegen Tuber puberulum (Strachate), Tuber nitidum (Ransern, Oswitz), Tuber rufum (Hessberg bei Jauer). Sehr reichlich in Ober- und Miittel- schlesien kommt die weisse Trüffel (Choiromyces maeandriformis) vor. In der Gegend von Rybnik wird sie als Kaiserpilz häufig gegessen. Sie ist ein wirklicher Nutzpilz, und es würde sich lohnen, sie auf den Markt als einen neuen Speisepilz zu bringen. Von den Elaphomy- ceten findet sich die Hirschtrüffel (Elaphomyces cervinum) häufig in Schlesien. In Hirschberg wird dieser Pilz in grossen Mengen gesammelt und in der Thierarzneikunde gebraucht. Von anderen Arten wurden Elaphomices niger um Breslau und E, variegatus bei Grünberg gefunden. Die Hymenogastreen sind vertreten durch das weit verbreitete Hy- menogasier decorum, ferner H. tens (Obernigk), H. Klotschii (Botan. Garten), Octaviana asterosperma (Pilsnitz, Jauer), Gautieria graveolens (Obernigk), Hysterangium clathroides und die grüne Trüffel (Rhizopogon virescens). Die Hartboviste (Sclerodermaceen) sind insofern noch von besonderem Interesse, als sie bisweilen betrügerischer Weise für echte Trüffeln verkauft werden. Ihr Genuss in einigermaassen grösserer Menge ist aber schäd- lich, Man erkennt sie ausser an dem Fehlen des trüffelartigen Geruchs II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 71 an dem gleichmässig bläulich-schwarzen, nicht marmorirten Innern und der davon scharf abgegrenzten dicken, weissen Schale. Es finden sich Scleroderma vulgare, verrucosum. Daran schliessen sich die dicht unter der Erde wachsenden Melanogaster - Arten mit Melanogaster ambiguus (Ransern, Oswitz) und M. variegatus; endlich Pisolitus arenarius und crassipes. Wenn somit das Resultat der Erforschung in wissenschaftlicher Beziehung als ein sehr ergiebiges zu bezeichnen ist, so ist von prak- tischer Bedeutung nur das Vorkommen der weissen Trüffel in Ober- und Mittelschlesien. Gerade diejenigen Trüffelarten, welche bisher in den Handel kommen, sind nicht aufgefunden worden. Möglicherweise trägt daran die unzureichende Methode des Suchens die Schuld; es ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass bei der Verwendung von Trüffelhunden auch noch eine echte Trüffel, nämlich Tuber aestivum bez. T. mesentericum, gefunden werden könnte, In der zweiten Sitzung vom 29. Januar hielt Herr Professor Dr. Prantl einen Vortrag über den Blüthenanschluss. Veranlassung bierzu gab ein soeben erschienenes Werk von Dr. K. Schumann, zweitem Custos am königlichen botanischen Museum in Berlin, welches in ausführlicher Bearbeitung denselben Gegenstand behandelt. Das Buch beschäftigt sich mit Fragen, die für die Morpho- logie der Pflanzen von prineipieller Bedeutung sind. Unter dem Blüthen- anschluss versteht man die Stellung des ersten zur Blüthe gehörigen Blattes zu den der Blüthe unmittelbar vorausgehenden laubblattartigen Gebilden (den Trag- und Vorblättern.. Eichler hatte für das ge- sammte Pflanzenreich diese Folge der Blätter in seinem umfassenden Werke „Blüthendiagramme‘‘ so dargestellt, wie man sie in der fertigen Blüthe findet. Durch Zusammenfassen gleicher Formen bildet er Gruppen, Typen, und führte den Gestaltungsplan aller Pflanzenfamilien auf solche Typen zurück. Die vergleichende Morphologie, welche Eichler durch sein Werk in ihrer grössten Vollkommenheit darstellte, erklärt die Er- scheinungen nicht in dem Sinne, dass sie dieselben auf die bewirkenden Ursachen zurückführt; sie abstrahirt von causalen Betrachtungen und studirt nur die fertige Form in Beziehung zu anderen Formen, indem sie zeigt, wie eine Formvariation auf einen der Grundtypen zurückzu- führen ist. Die Annahme, dass die Stellungsverhältnisse von mechani- schen Einflüssen abhängig seien, weist sie im Allgemeinen zurück. Dieser rein formalen Auffassung und Erklärung des Blüthenbaues steht eine andere Betrachtungsweise gegenüber. Schwendener unternahm es, die verschiedenen Stellungsverhältnisse mechanisch zu erklären. Nach- 72 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. dem er eine mechanische Theorie der Stellung der Laubblätter auf- gestellt hatte, übertrug er dieselbe auf die Entwickelung der Blüthen. Er hatte gezeigt, dass die Stellungsverhältnisse seitlicher Organe und deren Aenderungen im Verlaufe des Entwickelungsganges einerseits von den Raumverhältnissen an der tragenden Axe, andererseits durch gegen- seitige Druckwirkungen bestimmt seien. In consequenter Weiterführung dieser Theorie betonte Schwendener mit Nachdruck, dass auch die Blüthenblattanlagen Körper seien, die von anderen in ihrer nächsten Nähe vorhandenen Körpern beeinflusst werden und selbst in ihrer Ent- wiekelung wie Körper durch Druck und Zug auf einander wirken. Der Schwerpunkt der Betrachtung wird hierdurch nicht auf die fertige Form, sondern auf die Entwiekelung der Blätter innerhalb einer Entwicke- lungsgemeinschaft verlegt. Es wird nicht mit abstrahirten geometrischen Formen (den Diagrammen) operirt; die Pflanze, speciell die Blüthe, wird vielmehr als ein Complex von Vorgängen aufgefasst, deren Erklärung darin besteht, für die einzelnen Ursache und Wirkung anzugeben. Diese mechanische Auffassung der Blüthe vertritt Schumann in seiner um- fassenden Bearbeitung des Blüthenanschlusses. An mehr als 250 ver- schiedenen Pflanzenarten wird die Entwickelungsgeschichte genau ver- folgt und dabei besonders die Anlage des ersten Blattes beobachtet. Vortragender giebt eine Auswahl dieser Entwickelungsgeschichten und zeigt an einzelnen Beispielen, wie fruchtbar das Studium der Entwicke- lung unter Berücksichtigung der mechanischen Verhältnisse für das Ver- ständniss mancher schwieriger Blüthenformen sei. Eine vollständige Erkenntniss der Blüthe giebt jedoch dieSchwendener-Schumann’sche Auffassung allein nicht. Sie erklärt nicht, dass der endgiltige Werth eines Blattgebildes unabhängig von seiner Entstehung ist, dass z. B. von zwei gleichzeitig angelegten Blättern das eine zum Kelchblatt, das andere zum Blüthenblatt sich entwickelt. Hierfür ist die Vererbung maassgebend und zu dem Verständniss ihres Einflusses auf die Ge- staltungen gelangt man nur durch die Vergleichung. Darauf sprach cand. pharm. Callier über die in Schlesien vorkommenden Formen der Gattung Alnus. Bei der monographischen Bearbeitung der Gattung Alnus wurde mir auch aus Schlesien ein reiches Material zur Verfügung gestellt und es mir dadurch möglich gemacht, die Formen unseres Florengebietes einer eingehenderen Sichtung zu unterwerfen. Da bis jetzt noch von den schlesischen Botanikern diesem Genus ein verhältnissmässig geringes Interesse dargebracht worden ist, so glaube ich, dasselbe vielleicht dadurch auf diese vernachlässigte Gattung etwas lenken zu können, dass ich an dieser Stelle eine Aufzählung nebst II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 73 Diagnosen der mir bis jetzt aus unserer heimathlichen Provinz vorge- legenen Alnusformen gebe, Es kommen in Schlesien von den im Gebiete der deutschen Flora vertretenen Arten nur solche der Sectio Gymnothyrsus Spach vor (während uns ein Vertreter der Sectio Alnaster Spach, wozu die in den Alpen vorkommende Alnus viridis DC. gehört, fehlt). Es sind dies A. glutinosa Gaertn., A. incana DC. und A. serrulata Willd., von denen die letztere, aus Nordamerika stammend, nur durch Cultur verbreitet ist. — Gerade Schlesien besitzt einen grossen Theil der für Deutschland constatirten Formen, wobei besonders A. incana DC, stark vertreten ist, Was die hybriden Formen anbetrifft, so ist unsere Provinz jedenfalls derjenige Theil Deutschlands, welcher die meisten und seltensten aufzuweisen hat, zumal sie unter Anderem einen Bastard be- sitzt, welcher bisher nur hier gefunden wurde, es ist dies A, autum- nalis X glutinosa.. — Ein anderer A. autumnalis X incana wurde in Schlesien von meinem scharfsichtigen Freunde Figert der Vergessen- heit entrissen und genauer beschrieben. Derselbe wär bereits von Professor Ascherson in seiner Flora von Brandenburg 1864 als Hy- bride beschrieben, jedoch mit einem Fragezeichen aufgeführt und dort die Vermuthung ausgesprochen, dass die in der Mark gefundene Form möglicherweise in den Formenkreis der A. autumnalis Hartig gehöre. — Vergleiche der brandenburger Exemplare mit den schlesischen haben die Uebereinstimmung ergeben. — Zu besonderem Dank bin ich Herrn Professor Dr. K. Prantl ver- pflichtet, durch dessen Güte mir die Herbarien des verstorbenen Herrn von Uechtritz, sowie dasjenige des botanischen Museums zu Breslau zugänglich gemacht worden sind. Ferner spreche ich an dieser Stelle noch folgenden Herrn, die mich durch Ueberlassung ihres Alnus-Materials in liebenswürdiger Weise unterstützten, meinen herzlichsten Dank aus: Herrn Dr. Schube-Breslau, Herrn Apotheker C. Scholz-Bojanowo, Herrn Apotheker E. Fiek-Cunnersdorf und meinem verehrten Freunde Herrn E. Figert-Liegnitz. 1. Alnus glutinosa Gaertn. De Fruct. II. 54, t. 90, f., 24 Bei uns findet sich nur die var. vulgaris Spach. Revis. Betulac. in Annales des Sciences naturelles 184], p. 207, Blätter mittelgross oder klein, verkehrt eiförmig oder rundlich, an der Spitze meist ausgerandet (an jungen Stockausschlägen finden sich bisweilen Blätter mit kurzer Spitze), am Grunde rundlich oder meistens keilförmig verschmälert, am Rande unregelmässig doppelt-gesägt oder fast gelappt, mit stumpfen Lappen, unterseits nur in den Aderwinkeln bärtig, sonst kahl, bisweilen auch die Bärte ganz fehlend. 74 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Als Formen hiervon sind anzuführen: a. forma microcarpa Uechtritz in sched. Fruchtzapfen bei vollständiger Entwickelung, nach dem Ausfallen der Samen, sehr klein, 1—1,5 em lang, 0,5 cm breit. Breslau: an der Lohe links der Opperauer Brücke, leg. Dr. H. Krause. (Uechtritz, Herb. siles.) b. forma microphylla Callier. Ausgewachsene Blätter rundlich, klein, nur 3—5 em lang, 3—5 em breit. [Prov. Posen:] Pakowko bei Bojanowo, leg. C. Scholz. In Gärten finden sich bisweilen folgende Varietäten gezogen: var. laciniata Willd. spec. pl. IV. I, p. 334, Blätter tief fiedertheilig, Abschnitte lanzettlich, lang zugespitzt. var. quercifolia Willd. spec. pl. IV. I, p. 335. Blätter tief gelappt, Lappen stumpf. var. oxyacanthaefolia Spach. |]. c. p. 208. Blätter leierförmig gefiedert oder gelappt, Lappen rundlich. 2. Alnus incana DC. Kommt in folgenden Formen vor: var. vulgaris Spach. |. ec. Jüngere Zweige dicht behaart oder filzig, Blätter eiförmig oder breit-eiförmig oder elliptisch, vorn spitz oder lang zugespitzt, selten stumpflich, am Grunde gestutzt oder selten keilförmig, am Rande scharf doppelt gesägt oder fast lappig gesägt, Lappen vorherrschend spitz, eckig, seltener etwas stumpflich, unterseits grau, auf den Hauptnerven dicht behaart, Blattfläche meist dicht behaart oder seltener kahl werdend, Fruchtzapfen sitzend. Es lassen sich folgende Formen unterscheiden: a. forma typica Callier. Blätter eiförmig oder breit-eiförmig, am Grunde gestutzt, nicht keil- förmig verschmälert, unterseits überall dicht behaart oder fast filzig, Fruchtzapfen sitzend. Dies die herrschende und gewöhnlichste Form, nicht selten. b. forma glabrescens Callier. Blätter eiförmig oder breit-eiförmig, am Grunde gestutzt, nicht keil- förmig verschmälert, unterseits auf den Hauptnerven mehr oder weniger dicht behaart, auf der Blattfläche kahl, Fruchtzapfen sitzend. Hotzenplotz, im Thal vor Scharfenberg, leg. Sintenis. (Uechtritz, Herb, siles.) c. forma cuneifolia Callier. | Blätter elliptisch, am Grunde verschmälert oder keilförmig zulaufend, unterseits auf den Hauptnerven dicht behaart, auf der Blatt- fläche dicht kurzhaarig oder seltener schwach behaart, Fruchtzapfen sitzend. — Steinberg bei Goldberg, leg. Figert. Il. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 75 d. forma dubia Callier. Blätter wie bei forma typica. Fruchtzapfen sämmtlich deut- lich gestielt, Stiele 0,2—0,3 em lang. Breslau: Kapsdorfer Erlenbusch, leg. Preiser, als A. glutinosa X Iincana. — Ohlau, leg. Bartsch. (Uechtritz, Herb. siles.) Diese Form stimmt in der Gestalt der Blätter völlig mit der typischen A. incana überein, so dass sie, trotz der gestielten Frucht- zapfen, nicht mit den hybriden Formen, zwischen A. glutinosa und incana, welche der A. incana nahe stehen, verwechselt werden kann. Bei den europäischen Formen zeigt A. incana stets durchaus sitzende Frucht- zapfen, selten sind 1 oder .2 Zapfen des ganzen Fruchtstandes ganz kurz gestielt, — var. glauca Mchx. arb. III, p. 320. Jüngere Zweige wenig behaart, Blätter eiförmig oder rundlich- eiförmig, vorn mit kurzer Spitze oder ziemlich lang zugespitzt, am Grunde sestutzt, doppelt gesägt, Lappen spitz oder seltener stumpflich, unter- seits blau-grün oder bläulich-grau, auf den Hauptnerven dicht oder locker behaart, Blattfläche + kurzhaarig oder ganz kahl, a. forma vestita Callier, Blätter am Rande mit vorherrschend stumpfen, seltener spitzen Lappen, unterseits an den Hauptnerven, sowie auf der Blatt- fläche dicht kurzhaarig. Goldberg: Steinberg, leg. Figert. b. forma glabra Callier. Blätter am Rande mit spitzen Lappen, unterseits auf den Hauptnerven locker kurzhaarig oder kahl, Blattfläche stets kahl. Trachenberg: Radziunz, leg. Uechtritz. (Herb. siles.) Hirschberg: Berbisdorf, leg. Callier. [Bojanowo, leg. C. Scholz.] var. subrotunda Callier, Junge Zweige wenig behaart, Blätter fast kreisrund, selten rundlich-eiförmig, vorn meist stumpf oder seltener mit ganz kurzer Spitze, am Grunde abgerundet oder gestutzt, doppelt gesägt, mit schwach ausgeprägten, kurzen und stumpfen Lappen, unterseits grau oder grau- grün, auf den Hauptnerven dicht kurzhaarig, auf der Blattfläche dicht kurzhaarig oder seltener schwach behaart. [Bojanowo, leg. ©. Scholz.] Breslau: Hennigsdorf, leg. Uechtritz. Jungfernsee bei Kottwitz, leg. Uechtritz. (Herb. siles.) Diese Varietät sieht in der Blattform der A. Beckiü Call. var. am- bigua Beck. sehr ähnlich, unterscheidet sich jedoch leicht von dieser hybriden Form durch die durchaus sitzenden Fruchtzapfen, 76 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. var. hypochlora Callier. (= A. incana DC. var. virescens Callier olim in scheda.) Junge Zweige kurz behaart oder fast kahl, Blattstiele 2-—2,5 em lang, schwach behaart oder fast kahl, Blätter elliptisch eiförmig oder rundlich-eiförmig, vorn spitz, seltener mit kurzer, stumpfer Spitze, doppelt gesägt mit stumpfen Lappen, unterseits grün, auf den Hauptnerven kurz behaart, Blattfläche kahl, an den jüngeren Blättern schwach kurzhaarig. Durch die etwas rundlichen Blätter an einige Formen der A. spuria Callier erinnernd, von der sie jedoch durch die sitzenden Fruchtzapfen und die durchaus grüne Blattunterseite leicht zu unterscheiden ist, Striegau: Grunauer Erlicht, leg. Zimmermann, Neisse: Glumpenau, Reisewitz, leg. Winkler (als A. glutinosa X incana), Görbersdorf, leg. Strähler. Hirschberg: Berbisdorf, leg. Callier. Grunau, leg. Fiek. Lieg- nitz: Bruchmühle, leg. Figert. Breslau: zwischen Canth und Landau, leg, Uechtritz. Kottwitzer Wiesenwald, leg. Uechtritz. Kleinburg, leg. Uechtritz. var. leptophylla Callierr. (= 4. incana DC. var. tenuifolia Callier olim in sched.) Jüngere Zweige schwach kurzhaarig, Blattstiele schwach behaart, Blätter gross, breit eiförmig oder fast rundlich-eiförmig, 8$—-12 cm lang, 6—8 cm breit, sehr dünn und zart, vorn spitz, am Grunde breit ge- stutzt, am Rande scharf doppelt gesägt, mit grossen, eckigen und spitzen Lappen, oberseits dunkelggün, kahl, unterseits grau-grün oder grün, mit schwach hervortretenden, locker kurzhaarigen Mittel- und Seitennerven, Blattfläche kahl, an den obersten Blättern der Zweige selten mit wenigen zerstreuten Haaren besetzt. Hirschberg: Grunau, leg. Fiek und Callier, var. argentata Norrlin. (= A. incana DU. var. sericea Christ. Pflanzenleben der Schweiz, 1879, p. 47, 132) i Jüngere Zweige dicht kurzhaarig oder fast filzig, Blattstiele filzig behaart, Blätter (meist kleiner als an der gewöhnlichen Form der A. incana DC.) breit-eiförmig oder rundlich-eiförmig, an der Spitze stumpf oder spitz, am Grunde rundlich oder gestutzt, am Rande doppelt ge- sägt, mit stumpfen oder spitzen Lappen, auf der Oberseite dicht anliegend zottig behaart, silberglänzend (vorherrschend an den jungen Blättern) oder seltener die unteren Blätter nur schwach behaart, nicht silberglänzend, unterseits dicht filzig oder seidenartig zottig be- haart, selten die unteren Blätter kahl werdend. a. forma typica Callier. Blätter sämmtlich beiderseits zottig, silberglänzend be- haart, vorn stumpf, am Rande mit kurzen stumpfen Lappen, unterseits sämmtlich grau. Bis jetzt nur aus Schweden, Finnland und der Schweiz gesehen. ee Zn A A a 0 II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 77 b. forma subsericea Callier. (= A. incana DC. var. sub- sericea Appel in sched.) Nur die jungen Blätter beiderseits zottig-silberglänzend behaart, die älteren auf der Oberseite anliegend dicht behaart, vorn stumpf, oder seltener mit kurzer stumpfer Spitze, am Rande mit stumpfen Lappen, unterseits sämmtliche Blätter grau. Grünberg, leg. Hellwig. Bolkenhain, leg. Fiek. ec. forma acutifolia Callier. Junge Blätter beiderseits zottig-silberglänzend behaart, die älteren auf der Oberseite anliegend behaart, nicht silberglänzend, unterseits filzig, vorn spitz, am Rande mit spitzen eckigen Lappen, sämmtliche Blätter unterseits grau, Kupferberg: Rosengarten, leg. Fiek. Görlitz: Nordseite der Landes- krone, leg. Ascherson. Breslau: zwischen Zweibrot und Blankenau, leg. Uechtritz. (Herb. siles.) d. forma viridior Callier. Junge Blätter beiderseits zottig silberglänzend behaart, die oberen Blätter der Zweige unterseits grau, dicht behaart, die unteren unterseits grün, auf den Mittel- und den Seitennerven dicht behaart, auf der Blattfläche mit einzelnen Haaren besetzt oder fast kahl. Herrmannstadt im Mährischen Gesenke, leg. Bachmann, Von den in Schlesien gefundenen, zu dieser schönen Varietät ge- hörenden Exemplaren stimmt keins mit der typischen Form Schwedens und der Schweiz überein, am meisten nähern sich derselben noch die von Fiek bei Bolkenhain gesammelten Exemplare. var. laciniata Regel. (= A, incana var. D. pinnatifida lusus a laciniata Regel. Monogr. Betul, 1860, p. 157.) Blätter länglich eiförmig, 8—-10 cm lang, 5—6 cm breit, vorn spitz ‘oder lang zugespitzt, am Grunde zugestutzt, am Rande doppelt gesägt, tiefgelappt (Lappen eckig, gross, spitz, scharf gesägt), oberseits kahl, selten die jüngeren angedrückt behaart, unterseits grau oder grau- grün, auf der Mittel- und Seitennerven dicht behaart, Blattfläche dicht kurzhaarig oder kahl. Krummhübel im Riesengebirge, leg. Fiek. Es ist dies die Form, welche Regel in seiner Monographie der Betulaceen unter obigem Namen anführt und auf tab. XVII, fig. 5 ein Blatt derselben abbildet. Die mir vorliegenden Exemplare von Krumm- hübel stimmen vollständig mit der Abbildung und der Diagnose über- ein. — Ich kann mich dem Regel’schen Vorgange, diese Form als eine „pinnatifida“ zu bezeichnen, durchaus nicht anschliessen, da die Lappen des Blattrandes wenig länger und spitz sind als die der gewöhnlichen Form der A, incana DC., sie sind so kurz, dass von einer Fiedertheilung 73 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. überhaupt keine Rede sein kann. — In seiner Arbeit „Bemerkungen zur Gattung Betula und Alnus‘“ in Bullet. de la soei6t& des naturalistes de Moscou 1365, p. 434, welche gleichzeitig mit seiner Bearbeitung der Betulaceen für De Candolle’s Prodomus erschien, führt Regel diese Form als A. incana var. pinnatifida auf. — Wenn ich den Namen var. laciniata Regel wähle, so geschieht es deswegen, weil bereits früher von Wahlenberg eine var, pinnatifida aus Schweden publieirt worden ist, welche mit unserer Form durchaus nichts zu schaffen hat. — Ein- gehenderes über diese schwedische Form, sowie deren Synonymie, werde ich in meiner monographischen Bearbeitung der Gattung Alnus mit- theilen. — 3. Alnus serrulata Willd. Bei uns nur die var. rugosa Sprgl. = A. autumnalis Hartig. Diese Erle, welche sich jetzt durch Cultur bei uns ziemlich verbreitet hat, stammt aus dem Norden Amerikas. Unsere Exemplare stimmen mit den aus Amerika gesehenen der var. ruyosa fast völlig überein, jedoch fehlt den amerikanischen Pflanzen der bisweilen schwach herzförmige Blattgrund, welchen die deutschen eultivirten Exemplare, besonders an den jüngeren Zweigen, besitzen. Von der var. genuina der Willdenow- schen Art sind unsere Pflanzen durchaus verschieden. Dieselbe zeichnet sich durch am Grunde keilförmig verschmälerte Blätter aus, deren Unter- seite auf den Hauptnerven eine schwache und lockere Bekleidung zeigt, während die var. ruyosa abgerundeten, breiten Blattgrund besitzt. Be- merkenswerth ist an A. autumnalis, gerade bei den durch Cultur ver- breiteten Exemplaren Deutschlands, die reiche Entwickelung der Frucht- zapfen. Die Früchte zeigen meistens noch die Griffelreste, welche die Fruchtschuppen überragen, wodurch der Zapfen ein eigenthümliches, von denen der A. incana und A. glutinosa verschiedenes Ansehen erhält. — In der Bekleidung der Blattunterseite variiren unsere Exemplare gleich- falls. Von Striegau: Grunauer Erlicht (Zimmermann), Löwenberg (v. Pannewitz, Dresler) Neisse (Winkler) sah ich Exemplare, welche auf den Hauptnerven nur eine lockere Behaarung und kahle Blattfläche zeigen. — Hybride Formen. 4. Alnus spuria Callier. (A. glutinosa X incana,) Junge Zweige + dicht kurzhaarig, Blattstiele + dicht kurzhaarig oder filzig oder fast kahl, Blätter verkehrt-eiförmig oder länglich - ver- kehrt-eiförmig oder rundlich oder rundlich-eiförmig, vorn stumpf oder schwach ausgerandet oder kurz zugespitzt, am Grunde — keilförmig verschmälert oder rundlich, am Rande unregelmässig doppelt kerbig ge- sägt, mit kurzen, stumpfen oder etwas eckigen Lappen, auf der Ober- seite kahl oder mit zerstreuten Haaren besetzt, unterseits trübgrün oder II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 79 grau oder seegrün, auf den Hauptnerven + dicht behaart oder fast kahl, in den Winkeln der Nerven + deutlich bebärtet, Seitennerven auf jeder Seite 7—8 oder 8—10, Fruchtzapfen deutlich gestielt, Stiele 0,5—0,5 em lang, Samen mit schmalem, lederartigem, undurchsichtigem Flügel um- geben. Die Bastarde zwischen A. glutinosa und incana stehen in der Blatt- form bald der einen, bald der andern der Stammeltern nahe. Die zur Subsp. Tauschiana gehörenden Formen neigen habituell sämmtlich der A, glutinosa mehr zu, während die der Subsp. Beckii der A. incana näher verwandt sind. Von den Eltern sind die Hybriden auf den ersten Blick durch die kurzgestielten Fruchtzapfen zu unterscheiden. Von den Formen der Subsp. Tauschiana ist es besonders die als hybrida Neumann bezeichnete, welche dem einen Parens, A. glutinosa, in der Gestalt der Blätter sehr nahe steht. Die Stiele der Fruchtzapfen sind jedoch so auffallend kurz, dass man an eine Zugehörigkeit zur typischen A. glutinosa nicht denken kann, Die Formen der Subsp. Beckü zeigen in der Gestalt der Blätter und in der Farbe der Blattunterseite eine grosse Aehnlichkeit mit denen der reinen A. incana, doch sind auch hier die hybriden Formen leicht durch die deutlich gestielten Fruchtzapfen zu erkennen. Subsp. I. Tauschiana Callier in Deutsche botanische Monats- schrift 1889, p. 51. (= 4. glutinosa X incana aut, plur.) Junge Zweige schwach behaart, Blattstiele 1—3 em lang, — dicht kurzhaarig, Blätter verkehrt-eiförmig oder rundlich-eiförmig oder länglich- verkehrt-eiförmig, vorn stumpf oder schwach ausgerandet oder kurz zu- sespitzt, am Grunde — keilförmig verschmälert oder rundlich, am Rande unregelmässig doppelt-kerbig-gesägt, mit kurzen, stumpfen Lappen, auf der Oberseite kahl oder mit zerstreuten, kurzen Haaren besetzt, unter- seits trübgrün, auf den Hauptnerven — dicht behaart oder fast kahl, Blattfläche kahl oder zerstreut behaart oder dicht steifhaarig, Seiten- nerven auf jeder Seite 7—8 oder selten 9—10, Fruchtzapfen deutlich gestielt, Stiele 0,5—0,5 cm lang, Samen mit schmalem, lederartigem, undurchsichtigem Flügel umgeben, Es lassen sich folgende Formen unterscheiden: var. hybrida Neumann. Blattstiele 1,5—2 em lang, schwach behaart, fast kahl, Blätter rundlich, fast kreisrund, 4—6 cm lang, 4—6 cm breit, vorn stumpf, abgerundet oder schwach ausgerandet, am Grunde breit, rundlich, unterseits auf den Hauptnerven mit zerstreuten Haaren besetzt, fast kahl, Blattfläche kahl, Aderwinkel + bärtig, Seitennerven je 7—B8. Breslau: Sitten bei Obernigk, leg. Uechtritz, 80 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Diese Form steht im ganzen Habitus, der Blattform ete. der A. glutinosa Gaertn. sehr nahe, lässt sich jedoch leicht durch die schwache Bekleidung der Blattnerven und die kürzer gestielten Fruchtzapfen von derselben unterscheiden. — Hierher möchte ich Exemplare rechnen, welche Uechtritz 1864 hinter den Sitten bei Obernigk sammelte, wenngleich dieselben von den Neumann’schen Originalen durch bisweilen schwach keilförmigen Blattgrund, und daher mehr verkehrt- eiförmige Blätter abweichen. Die Winkel der Nerven zeigen deutlich den Bart der A. glutinosa. var. pubescens Tausch. in Flora (1834), p. 520. Blattstiele 1—1,5 cm lang, schwach kurzhaarig, Blätter verkehrt- eiförmig oder länglich-verkehrt-eiförmig, 3—6 em lang, 2—4 cm breit, vorn stumpf, sehr selten einige Blätter mit kurzer, stumpfer Spitze, am Grunde schwach keilförmig verschmälert oder seltener breit, unterseits auf den Hauptnerven dicht kurzhaarig oder locker kurzhaarig, Blattfläche meist kahl, selten mit zerstreuten Haaren besetzt, in den Winkeln der Nerven — deutlich bärtig, Seitennerven je 7—8. Katscher: Rösnitzer Wald, leg. Ascherson und Fritze. Breslau: Mirkauer Busch, leg. Bachmann, Scheitnig, leg. Krause. Görbersdorf bei Friedland, leg. Fiek, Strähler. (Herb. siles.) var. badensis Lang. in Doell, Fl. Bad II, p. 534. Blattstiele 1—2 cm lang, dicht kurzhaarig oder filzig, Blätter läng- lich verkehrt-eiförmig oder rundlich verkehrt-eiförmig, 5—7 em lang, 4—6 cm breit, vorn stumpf, selten mit kurzer Spitze, am Grunde meist breit, rundlich, selten schwach in den Stiel vorgezogen, unterseits auf den Hauptnerven dicht filzig, Blattfläche von steifen zahl- reichen Haaren dicht besetzt, Aderwinkel sehr stark zottig bebärtet, Seitennerven je 7—8. Breslau: Carlowitz, leg. Uechtritz. (Herb. siles.) var. intermedia Callier. Blattstiele 1,5—3 em lang, locker kurzhaarig, rundlich eiförmig oder rundlich verkehrt-eiförmig, 4—8, selten 10 cm lang, 4—8 cm breit, vorn stumpf oder kurz zugespitzt, am Grunde rundlich oder schwach keilförmig verschmälert, unterseits auf den Hauptnerven dicht kurz- haarig oder fast filzig, seltener locker kurzhaarig, Blattfläche meist schwach behaart oder fast kahl, in den Aderwinkeln + dicht bebärtet, Seitennerven je 8 oder 9—10. Breslau: Lohestrasse, leg. Ansorge. Obernigk, leg. Uechtritz. Mir- kauer Busch, leg. Fiek. Leuthener Wald, leg. Uechtritz. Liegnitz: Bruchmühle, leg. Figert. Schweidnitz: zwischen Säbischdorf und Zülzen- dorf, leg. Schöpke. Hirschberg: zwischen Grunau und Flachenseiffen, leg. Fiek. | II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. si Subsp. II. Beckii Callier in Deutche botanische Monatsschrift 1889 p. 51. Jüngere Zweige + dicht kurzhaarig, Blattstiele 1—2 em lang, + dicht kurzhaarig, fast filzig oder fast kahl, Blätter rundlich oder rundlich-eiförmig oder länglich-verkehrt-eiförmig, vorn stumpf oder + deutlich zugespitzt, am Grunde rundlich oder schwach keilförmig ver- schmälert, am Rande mit schwach ausgeprägten, stumpfen oder etwas eckigen Lappen, auf der Oberseite dunkelgrün, kahl oder mit zerstreuten Haaren besetzt, unterseits grau oder seegrün, auf den Hauptnerven loeker oder dicht kurzhaarig oder fast kahl, Blattfläche dicht kurzhaarig oder fast kahl, in den Winkeln der Nerven nicht oder schwach bebärtet, Seitennerven auf jeder Seite 8—10, Fruchtzapfen deutlich gestielt, Stiele 0,3—0,5 cm lang, Samen mit schmalem, diekem, lederartigem Flügel umgeben. | Es sind zwei Formen zu unterscheiden: var. ambigua Beck. Verhandl. der k. k. zool.-botan. Gesellsch. Wien 1888, p. 767. Blattstiele 1—2 em lang, dicht kurzhaarig, fast filzig, Blätter rund- lieh oder rundlich-eiförmig, 3,5—6 cm lang, 2,5—5 cm breit, vorn stumpf oder mit kurzer, stumpfer Spitze, am Grunde breit, rund- lich oder gestutzt, am Rande unregelmässig doppelt gesägt, mit schwach ausgeprägten, kurzen, abgerundeten Lappen, auf der Ober- seite kahl oder mit zerstreuten Haaren besetzt, unterseits grau oder see- grün, auf den Hauptnerven locker kurzhaarig, Blattfläche dicht kurz- haarig oder seltner fast kahl, Aderwinkel nicht bärtig, Seitennerven je 8—10. Breslau: Mirkauer Busch, leg. Bachmann, Obernigk: an der Bahn- strecke nach Trachenberg zu, leg. Callier 1890. [Bojanowo: Tarchalin, leg. C, Scholz 1890.] var. Figerti Callier. Deutsche bot. Monatsschr. 1839, p. 54. Blattstiele 2 em lang, zerstreut kurzhaarig, fast kahl, Blätter läng- lich verkehrt-eiförmig oder elliptisch, 4—8 em lang, 4—5 cm breit, vorn deutlich zugespitzt, seltener stumpflich, am Grunde schwach keilförmig verschmälert oder selten breit, am Rande unregelmässig doppelt gesägt, mit kurzen, eckigen Lappen, auf der Oberseite kahl oder mit zerstreuten Haaren besetzt, unterseits schwach grau oder grau- grün, auf den Hauptnerven dicht kurzhaarig oder seltener fast kahl werdend, Blattfläche meist kahl oder mit zerstreuten Haaren besetzt, Seitennerven je 8—10. Breslau: zwischen Klettendorf und Zweibrot leg. Uechtritz. Gold- berg: Steinberg, leg. Figert. u), 83 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 5. Alnus Aschersoniana Callier. (A. autumnalis ') X incana Aschs. 1864. Figert 1887.) Jüngere Zweige schwach oder dicht, hellrostfarben behaart oder fast kahl, Blattstiele 0,5—2 em lang, locker kurzhaarig oder dicht be- haart, fast filzig, Blätter breit-eiförmig oder elliptisch verkehrt-eiförmig oder rundlich, vorn schwach zugespitzt oder stumpf oder rundlich, am Grunde gestutzt oder rundlich oder schwach herzförmig, am Rande un- regelmässig doppelt gezähnt, mit kurzen, spitzen oder stumpfen Lappen auf der Oberseite kahl oder & dicht angedrückt behaart, unterseits schwach graugrün oder bläulich grün, auf den Mittel- und den Seitennerven locker oder dicht hellrostfarben bekleidet, Blattfläche schwach kurzhaarig oder fast filzig oder fast kahl, Seitennerven auf jeder Seite 10—12, Fruchtzapfen 6-—8, kurgestielt oder sitzend. var. vulgaris Callier. Jüngere Zweige schwach rostfarben behaart oder fast kahl, Blattstiele 1—2 cm lang, schwach kurzhaarig, Blätter breit-eiförmig oder elliptisch-verkehrt-eiförmig, 5—9 cm lang, 4—5 cm breit, vornschwach zugespitzt oder stumpf, am Grunde gestutzt oder rundlich oder schwach herzförmig, am Rande unregelmässig doppelt-gezähnt, mit kurzen, etwas spitzen Lappen, auf der Oberseite kahl oder selten zerstreut behaart, unterseits schwach grau-grün oder bläulich- srün, auf den Mittel- und Seitennerven — dicht, hellrostfarben bekleidet, Blattfläche schwach kurzhaarig oder kahl. Goldberg: Steinberg, leg. Figert. Liegnitz: Seifersdorf, leg. Figert, Strie gau: Stanowitzer Erlicht, leg. Callier. Diese Form wurde in den „Resultaten der Durchforschung der schle- sischen Phanerogamenflora 1887, pag. 5“ von Freund Figert als neue Hybride genauer beschrieben. Mir wurde durch die Güte des Autors sein gesammtes Material an Alnusformen, welches er in den Jahren 1887—90 bei Steinberg sammelte, zugänglich und dadurch ein eingehen- deres Studium dieser Hybride möglich gemacht. Bereits Ascherson er- wähnt in seiner Flora der Provinz Brandenburg 1864, pag. 623 einer hybriden Form von A. autumnalis und A. incana. Ich hatte Gelegenheit Ascherson’sche Originalexemplare im Herbar. Doell. einzusehen und mit den schlesischen von Figert gesammelten zu vergleichen. Dieselben stimmen mit den Exemplaren von Steinberg und Seifersdorf völlig über- ein, sowohl was Blattform, als auch Bekleidung anbetrifft. — Im vorigen Jahre erhielt ich von Freund Figert eine Form aus Steinberg, welche ') Ich benutzte in Folgendem der Kürze halber dieses Synonym für A. serru- lata Willd. var. rugosa Sprgl. zZ 2 Ten ae DER EN 0 en EEE EU Zu. 0 u; ge II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 33 in der Blattform von den früher gesammelten abweicht, die ich aber gleichfalls hierher ziehe, Die grösste Breite des Blattes liegt meist etwas über der Mitte, wie bei A, autumnalis, der Blattgrund ist meist etwas verschmälert, die Blattunterseite ist mehr blaugrün, während sie bei den Figert’schen Originalen, nach denen die Publication im Jahre 1887 erfolgte, mehr graugrün ist. Durch diese Merkmale nähern sich dem- nach diese 1889 sub No. 9 gesandten Exemplare der A. autumnalis, doch weist die blaugrüne Unterseite des Blattes, die hell-rostfarbene, lockere Bekleidung der Nerven, sowie die verhältnissmässig geringere Anzahl der Fruchtzapfen (3>—7) auf eine Einwirkung der A. incana, und zwar einer verkahlenden Form, hin. — Die von Figert bei Talbendorf ge- sammelten und als Hybride angesehenen Exemplare halte ich, trotz des bisweilen schwach herzförmigen Blattgrundes, nur für eine breitblättrige, unterseits weissliche, fast kahle Form der A. incana, wie sie sich häufiger an noch jungen Sträuchern findet, | vor. fallax Callier. Jüngere Zweige dicht hellrostfarben behaart oder fast filzig, Blattstiele 0,5—1 em lang, fast filzig behaart oder seltener locker kurzhaarig, Blätter fast rundlich oder rundlich-verkehrt- eiförmig, 3—6 cm lang, 2,5—4 cm breit, vorn durchaus stumpf oder abgerundet, sehr selten mit ganz kurzer stumpfer Spitze, am Grunde rundlich, am Rande unregelmässig doppelt sezähnt mit kurzen, stumpfen Lappen, oberseits + dicht angedrückt behaart, unterseits schwach bläulichgrün, auf den Mittel- und Seitennerven dicht (hell- rostfarben oder fast weiss) behaart oder fast filzig, Blattfläche fast filzig oder seltener kahl werdend. Goldberg: Steinberg 1890, leg. Figert. Neise: Reisen, leg. Winkler, (Herb. siles.) Diese Form zeichnet sich durch die rundlichen, vorn stumpfen, dicht bekleideten Blätter aus, deren Bekleidung auffallend hell, mitunter fast weisslich ist, doch lässt sich die rostfarbene Bekleidung der A. autumnalis noch deutlich erkennen. — Sie erinnert in ihrer Blattform etwas an die A. spuria Subsp. Beckii var. ambigua Beck, von der sie je- doch durch die Farbe der Bekleidung und die unterseits schwach blau- grünen Blätter zu unterscheiden ist. 6. Alnus Fiekii Callier.!) (A. autumnalis X glutinosa Fiek.) Junge Zweige schwach kurzhaarig oder kahl, Blattstiele 1—2 cm lang, schwach hell rostfarben oder hell bräunlich behaart oder fast kahl. Blätter rundlich verkehrt-eiförmig oder verkehrt-eiförmig oder elliptisch Y) Zu Ehren unseres verdienstvollen Landesfloristen Herrn Apotheker E. Fiek, habe ich mir erlaubt, diese Hybride mit obigem Namen zu belegen. 6* 84 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. verkehrt - eiförmig, vorn stumpf oder kurz zugespitzt, am Grunde fast rundlich oder schwach herzförmig oder fast keilförmig, am Rande un- regelmässig doppelt-gezähnt, mit kurzen stumpfen oder spitzlichen Lappen, oberseits kahl oder mit zerstreuten Haaren besetzt, unterseits trübgrün oder heller grün, auf den Hauptnerven locker hell rostfarben oder hell- bräunlich oder fast weiss behaart. Blattfläche schwach und zerstreut behaart oder kahl, in den Winkeln der Nerven + bärtig, Seitennerven je 10—12 oder 8—10, Fruchtzapfen 6—8 oder 4, + lang gestielt oder fast sitzend, Samen mit schmalem, diekem, lederartigem Flügel umgeben. Es sind zwei Formen zu unterscheiden: var. silesiaca Fiek. (— A. silesiaca Fiek in Resultate der Durchforschung der schlesischen Phanerogamenflora im Jahre 1888, p. 5.) Blattstiele 1,5—2 em lang, schwach behaart oder fast kahl, Blätter undeutlich verkehrt-eiförmig, 6—8 em lang, 5—6 cm breit, vorn stumpf, am Grunde fast rundlich oder schwach herzförmig, am Rande unregelmässig doppelt-gesägt, mit kurzen, stumpfen Lappen, oberseits kahl, unterseits trübgrün, auf den Mittel- und Seitennerven locker und hell rostfarben behaart, Blattfläche kahl oder mit zerstreuten Haaren besetzt, in den Aderwinkeln etwas bärtig, Seitennerven je 10—12, Fruchtzapfen 6—8, kurzgestielt oder fast sitzend oder lang gestielt. Krummhübel im Riesengebirge, leg. Fiek. Goldberg: Steinberg, leg. Figert. Diese Form steht der A. autumnalis habituell näher. Die Exemplare von Krummhübel besitzen die kurzgestielten Fruchtzapfen der A. autum- nalıs, während dieselben bei den Steinberger Exemplaren, die in der Blattform, Bekleidung ete. durchaus mit denen von Krummhübel über- einstimmen, lang (sogar bis 1,5 cm) gestielt sind. var. Dressleri Callier. [Exsice.: Callier, Flora silesiaca exsiccata Nr. 90.] Blattstiele 1—2 cm lang, schwach behaart, Blätter verkehrt-eiförmig oder elliptisch verkehrt- eiförmig, 6—9 cm lang, 4—5 em breit, vorn stumpf oder kurz zugespitzt, am Grunde schwach keilförmig oder seltener rundlich (niemals schwach herzförmig), am Rande unregelmässig doppelt gezähnt, mit kurzen, stumpfen, seltener spitzlichen Lappen, ober- seits kahl oder mit zerstreuten Haaren besetzt, unterseits heller grün, auf den Mittel- und Seitennerven locker hellbräunlich, fast weisslich be- haart, Blattfläche schwach behaart oder seltener kahl, in den Winkeln der Nerven bärtig, Seitennerven je 8—10, Fruchtzapfen meistens 4, seltener 3, deutlich und lang gestielt (Stiele 0,5—0,9 cm lang). al a al un Nu U NEL LE nn ln u ul U Dil a une ne ne ra "E55 ud A FA Bd nde II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 85 Diese Varietät steht in allen Theilen der A. glutinosa näher als die vorige Form. Die von Fiek ]. ec. gegebene Beschreibung der Hybride bezieht sich nur auf die var, silesiaca, Hierauf hielt Herr Apotheker Pommerenke einen durch Zeich- nungen und mikroskopische Präparate erläuterten Vortrag Vergleichende Untersuchungen über den Bau des Holzes einiger sympetaler Familien. Anschliessend an die umfangreichen Arbeiten Solereder’s, war es meine Aufgabe festzustellen, in wie weit sich die von mir untersuchten Vertreter sympetaler Familien, die zum grössten Theil aus Argentinien stammen, den bereits von Anderen untersuchten Arten anschliessen oder von denselben abweichen; in wie weit in dem letzteren Falle demnach die für die betreffenden Familien aufgestellten, anatomischen Charaktere zu erweitern oder einzuschränken sind. — Einige Beobachtungen, welche sich auf die das Holz zusammensetzenden Elemente beziehen, mögen hier Erwähnung finden. Die Lagerung des Holzparenchyms kann zuweilen systematische Bedeutung besitzen. Es bildet mitunter tangentiale, in radialer Richtung ein- bis mehrschichtige Binden, welche bei manchen Hölzern, z. B. Lucuma neriijfolia auf dem Querschnitt schon makroskopisch hervortreten. Die meisten der untersuchten Arten enthielten in den Zellen des Holzparenchyms Krystalle von oxalsaurem Kalk; bei Zucuma nerüfolia in dem Maasse, dass auf dem Tangential- und Radialschnitt glänzende weisse Streifen sichtbar waren. Sassir machte in No. 12 der „Botanischen Zeitung‘“ 1863 auf das Vorkommen conjugirter Holz- parenchymzellen im Holze von Aricennia, Tectona grandis und einiger anderer Arten aufmerksam. Molisch, welcher conjugirte Markstrahl- und Holzparenchymzellen bei den Ebenaceenhölzern constant vorfand, sprach die Vermuthung aus, dass diese bis dahin als „Seltenheit und Ausnahme‘ geltende Erscheinung sich wohl im Stamm der Dikotylen häufig vorfindet, ‚vielleicht allgemein verbreitet ist, und dass die Ver- bindungsröhren fast stets übersehen wurden.“ Ich muss diese Ver- muthung Molisch’s vollständig bestätigen, da ich diese eonjugirten Zellen bei den meisten der von mir untersuchten Hölzer fand. Das Auftreten conjugirter Markstrahlzellen scheint von dem Vorkommen einreihiger Markstrahlen abzuhängen. Hierdurch lässt sich auch das häufige Vor- kommen conjugirter Markstrahlzellen im Xylem der Ebenaceen, welche vorwiegend einreihige Markstrahlen besitzen, erklären. Auf dem Quer- schnitt von Maba fasciculosa und Euclea Pseud-Ebenus sieht man, dass die einreihigen Markstrahlen öfter durch sich zwischen drängende Elemente, meistens Libriformfasern, aber auch Gefässe und Holz- parenchymzellen eingeschnürt werden, so dass an diesen Stellen die 6 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Markstrahlzellen von einander getrennt werden. Bei sorgfältiger Be- obachtung gelingt es nun mitunter, feine, mit dünnen Grenzwänden auf einander stossende Verbindungsröhrchen, welche zwischen die trennenden Elemente sich hindurchziehend, die auseinander gedrängten Markstrahl- zellen verbinden, aufzufinden. Die Conjugation kann auch an durch ungleichnamige Elemente von einander getrennten Libriformfasern auf- treten, Bezüglich der Gestalt der letzteren wäre noch zu erwähnen, dass das Vorkommen vereinzelter Gabelungen an den Enden eine allgemein verbreitete Erscheinung ist. Durch feine Querwände gefächerte Fasern finden sich mitunter im Xylem mancher Arten, wie z, B. Myrsine Grise- bachii, Aonistus australis ec. Eine zweite Art von Fächerung des Lumens entsteht durch stellenweise Membranverdiekung. Die Libriform- fasern der untersuchten Compositen zeigten mitunter eine feine, spiralige Streifung. Diese ist jedoch nicht auf eine Verdiekung oder Tüpfelbildung zurückzuführen, sondern beruht auf einer Verschiedenheit in der Micellen- Anordnung. Inhaltsführende Fasern fanden sich nur in wenigen Hölzern, so bei Chilopsis saligna und Tabessaja Avellunedae, deren Fasern körnige, durch Jod sich nicht blau färbende Rückstände enthielten. Die Fasern von Rhytidophyllum tomentosum führten reichlich Stärke und waren theil- weise durch feine Querwände gefächert; demnach sind jene als amylum- haltige, gefächerte und ungefächerte Faserzellen zu bezeichnen. Ver- zweigte Tracheiden fanden sich im Holze von Myrsine sper. Die Sprossen leiterförmiger Gefässperforationen verzweigen sich zuweilen; es ent- stehen hierdurch bei Myrsine variabilis vielfach zierliche, netzähnliche Gefässdurchbrechungen. Netzperforationen fand Pra&l an vereinzelten Gefässen von Cordia Myxa L. Ich beobachtete jene ebenfalls in einem älteren Stammstücke derselben Art. Manche Gefässglieder von Plumiera acutifolia zeigen Zwillingsperforationen, d. h, es setzen sich an die Ge- fässgliederenden anstatt eines, zwei Gefässglieder an. Die Gefässe und Tracheiden von Myrsine Grisebachii sind meistens mit kohlensaurem Kalk erfüllt, welcher auf Radial- und Tangentialschnitten als deutliche, weisse Streifung hervortritt. Schliesslich wären noch die Markflecken zu erwähnen, welche sich mitunter im Holze von Vernonia spec. und Tecoma stans vorfinden; bei letzterer Art treten ausserdem noch eigenartige Markstrahlver- zerrungen auf. Das Material zu vorliegenden Untersuchungen stammt aus der überaus reichhaltigen Holzsammlung, welche sich im Jahre 1889 auf der Pariser Welt-Ausstellung befand, und von der Argentinischen Regierung mit dankenswerthester Labs dem hiesigen hakaniechen Museum als Geschenk überwiesen worden ist, a 9 ZZ II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 87 Zum Schluss legte Herr Prof. Dr. Hieronymus seine Beiträge zur Kenntniss der europäischen Zoocecidien und der Verbreitung derselben vor, welche als Ergänzungsheft zum 68. Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur, Breslau 1890, erschienen sind, und eine systematische und kritische Durcharbeitung der Zoocecidien (durch Thiere verursachte Pflanzengallen) Europas enthält. Ein demnächst von Hieronymus und Ferd. Pax erscheinendes Herbarium cecidiologieum wird eine Sammlung der durch Thiere erzeugten Gallen (im weitesten Sinne) enthalten. In der 3. Sitzung vom 12. Februar hielt Herr Prof. Hierony- mus einen Vortrag über Pflanzen-Monstrositäten. Dieselben waren von ihm bei Gelegenheit des Sammelns von Gallen gefunden. Ausser schon bekannten Bildungsabweichungen, Verbänderungen, Vergrünungen, Prolificationen, legt der Vortragende eine Anzahl neuer Funde vor: Thlaspi arvense mit kleistogamen Blüthen. Festuca fluitans, Setaria viridis mit viviparem Blüthenstand; Juncus Laersii mit Zwangs- drehung der Achse, Achillea mille folium mit mehrfach gefiederten Blättern; Euphorbia Esula mit mehrfach gefiederten Blättern u. a. Herr Prof, Ferd. Cohn zeigte einen kleinen Tragant-Strauch Astragalus leiocladus Boiss., gesammelt im Sommer 1890 bei Teheran durch Mirsa Abdullah; dasObjeet wurde durch den deutschen Gesandtschafts-Dragoman in Teheran, Herrn Dr. Frank, dem hiesigen Botanischen Museum als Geschenk überwiesen. Ausserdem wurde vorgelegt ein Strauch von Poterium spinosum, der von Prof. Ferd. Cohn auf dem Berge Bulgurlu Dagh bei Scutari gesammelt war. Beide Pflanzen demonstriren sehr schön die Anpassung an trockene, sonnige Standorte. Durch Verkleinerung der Blattflächen wird die Verdunstung stark redueirt. Durch kräftige Bedornung, welche die kleinen kugelförmigen Büsche rund herum wie mit einer Stachelhaut umgiebt, und die bei den Tragant-Sträuchern aus der Umbildung der Blattstiele, bei Poterium aus Verzweigungen des Stengels besteht, schützen sich die Pflanzen vor den Angriffen der Thiere, — In der 4. Sitzung am 26. Februar legte Herr Dr. Th. Schube vor: die Ergebnisse der Durchforschung der Schlesischen Phanerogamenflora im Jabre 1890 zusammengestellt von E. Fiek und Th. Schube. A. Für das Gebiet neue Arten und Formen. Dianthus Carthusianorum X arenarius Ü, Lucas (D. Lucae Aschs.). Grünberg: Semmler’s Lug bei Pirnig! (Hellwig als D, are- narius var.). 38 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Stengel gabelig -ästig; Blattscheiden zweimal so lang als breit; Blüthen einzeln oder zu 2 genähert; Kelchschuppen in eine kurze pfriem- förmige Spitze auslaufend, '/, bis '/, so lang als die Kelchröhre; Kelch 6 bis 8 Mal so lang als dick; Platte der Blumenkrone klein, etwa zur Hälfte eingeschnitten. — Hiernach entspricht unsere Pflanze keiner der von Lasch (1861 in den Verh. des Bot. Vereins der Prov. Brandenburg) beschriebenen Formen vollständig, nähert sich jedoch sehr der unter Nummer 4 angeführten. Melandryum album X rubrum (M. dubium Hampe 1873). Schmiedeberg: an einem grasigen Wegrande in Buschvorwerk!! Man findet nicht gerade selten blassrosa- oder fleischfarbene Blüthen vom Melandryum rubrum oder auch M. album mit hellpurpurnen Blumen- kronen, die leicht zu der Vermuthung Anlass geben, dass man es mit Hybriden zwischen diesen beiden Arten zu thun hat, zumal die Be- kleidung des Stengels mehr variirt, als man nach den Beschreibungen in den Floren annehmen sollte, doch scheinen wirkliche Bastarde — obgleich in Thüringen mehrfach beobachtet — recht selten zu sein. Die vom bezeichneten Fundorte stammende, nur in weiblichen Exemplaren gesammelte Pflanze steht deutlich in der Mitte zwischen den muth- masslichen Eltern. Von beiden unterscheidet sie sich durch die aus gegliederten, mehr oder weniger langen Zottenhaaren und abstehenden kürzeren, nicht feindrüsigen Haaren zusammengesetzte Bekleidung, die besonders dicht ist am oberen Theile des Stengels, an den Blüthen- stielen und Kelchen. Die Blätter sind zarter und breiter als die von M. album, ihre Hauptnerven schwächer hervortretend und nicht so deut- lich bis zur Spitze verlaufend. Blüthen hellrosa, beim Trocknen dunkler werdend. Die kurz-eiförmige Kapsel springt mit meist paarweise ver- bundenen, an der Spitze zurückgekrümmten Zähnen auf. Hypericum perforatum X quadrangulum Lasch. Diese Hy- bride, schon 1886 von Figert bei Glogau: zwischen Gustau und Grabig (!) beobachtet, stellt eine gute Mittelform dar. Der Stengel ist hohl, 4kantig, aber 2 Kanten abwechselnd bedeutend stärker hervortretend, als die beiden andern; Blätter unterseits schwach netzadrig, mit zahl- reichen kleinen durchscheinenden Punkten; Kelchblätter lanzettlich, spitz- lich, auffällig länger als die Fruchtknoten. Abweichend von dieser Form ist eine andere, die dem H. qua- drangulum wesentlich näher steht, aber an den beiden stärker hervor- ragenden Kanten des Stengels sich hinreichend als eine Kreuzung zwischen diesem und H. perforatum zu erkennen giebt. Die Blätter sind mit wenigen grösseren durchscheinenden Punkten versehen, unterseits mit deutlichem Adernetz. Kelehblätter länglich - lanzettlich, stumpflich, so lang oder wenig länger als die Fruchtknoten. Schönau: auf dem Rosen- garten bei Ketschdorf! (Figert 1890). a = 45 Zi 1 U sn Zu 22 II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 89 —+ Ampelopsis quinquefolia (L.) Mchx. Völlig verwildert im Weidengebüsch bei Cosel nächst Breslau gegenüber der Oswitzer Fähre! — Impatiens glanduligera Royle (Bot. Mag. T. 4020) wird in Bauerngärten des schlesischen Vorgebirges nicht gerade selten als Zier- pflanze gezogen. Diese ostindische Art beobachtete ich schon in den siebziger Jahren vereinzelt an Gartenzäunen in Nimmersatt bei Bolken- hain verwildert und sah sie auch später in Grasgärten von Ketschdorf, ohne ihrer zu erwähnen, weil ich sie hier für eine vorübergehende Er- scheinung hielt. Max Fiek fand sie 1889 mehrfach auf Schuttplätzen und Composthaufen bei Löwenberg, im August 1890 brachte sie mir Lehrer Höhne in Hirschberg aus der Sattlerschlucht daselbst, wo ‚ihm die ansehnliche, bis über 1,5 m hohe Pflanze mit ihren grossen schön violett-purpurnen Blumenkronen aufgefallen war. Vielleicht hält sie sich an den zuletzt genannten Standorten, Medicago minima Bart. var. mollissima (Roth) Koch. Stengel und Blätter, namentlich die jüngeren, von abstehenden dichten Haaren grauzottig, ohne alle Drüsenhaare. Grünberg: Grabenränder an der Chaussee nach Polnisch-Kessel an einigen Stellen! (Hellwig). M. lupulina L. f. unguiculata Ser. (in DC. Prodr.). Goldberg: Steinberg an Wegrändern! (Figert); Schweidnitz: Raine bei Wilkau und Weizenrodau! (Schöpke). Zu dieser monströsen Form ziehe ich die vor- liegenden Pflanzen, obgleich die Hülsen nicht eigentlich sichelförmig, sondern nur etwas bogig gekrümmt sind. Blüthen durchweg kleiner als an der normalen Pflanze, mit einzelnen Vergrünungen, Trifolium rubens L. var. eriocalycinum Figert. Kelchröhre nicht kahl, sondern ebenso wie die Kelchzähne mit langen steiflichen Haaren besetzt. Im Uebrigen vom Typus nicht abweichend. Goldberg: am Putzberg bei Steinberg!; Löwenberg: Steinberg bei Plagwitz! (Dresler); Jauer: am Langen Berge bei Keulendorf! (W, Scholz). Rubus scaber Weihe et Nees. Görlitz: [Rothstein bei Sohland! (Barber)], Mengelsdorfer Berge bei Reichenbach! (Barber). Exemplare dieser, im Berglande der sächsischen Oberlausitz ver- breiteten, Brombeere von dem letzteren mehr schattigen Standorte stimmen der Hauptsache nach mit denen vom Rothstein überein, von wo Focke die Pflanze sah und anerkannte. Die Rippe hat dieselbe charakteristische ab- stehende kurzhaarige, mit reichlichen ziemlich gleich langen Drüsenhaaren untermischte Bekleidung, dieselben zerstreuten Nadelstacheln und eben- solche weissfilzige langgespitzte zurückgeschlagene Kelchblätter; auch sind die Blätter oberseits ebenso oder stärker behaart als auf der gleichfalls grünen Unterfläche. — Nach. O. Gelert’s Angabe wäre ferner als für Schlesien neue Form anzusehen: R. commistus Frid. et Gel. (in bot. tidsskr. 17. Bd.) f. glandulosa von Liegnitz: Lindenbusch (Figert). 90 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. — Rubus odoratus L. Schweidnitz: in einem Kiefernbusch bei Käntehen verwildert! (Schöpke). Potentilla verna aut.var. stellipila Uechtr, Schon vor mehreren Jahrzehnten wurde von Krause am Pitschenberge bei Ingramsdorf eine Potentilla gefunden, die Wimmer (Fl. von Schles. ed. III S. 640 in der Anmerkung zu P. opaca) wegen der vorhandenen Sternhaare auf der Blattunterseite für eine Zwischenform zwischen P. opuca aut. und P. incana Mnch. und für identisch mit P. Neumanniana Rehb. fl. excurs. erklärte. An dem genannten Orte wächst aber keine der beiden Arten, wie Uechtritz (Verh. des Bot. Ver. d. Prov. Brand. 1885 $. 80) aus- drücklich hervorhebt, indem er zugleich bemerkt, dass die zahlreichen, in der Krause’schen Sammlung befindlichen Individuen zur echten P, verna gehörten. Er bezeichnete aber diese Form in schedis mit dem oben angegebenen Namen, den ich nach Öelakowsky’s Vorgange adoptire. Dieselbe Abweichung von der typischen P. verna aut. (P. opaca L. nach Zimmet.) sammelte ich bei Cunnersdorf, unweit Hirschberg, wo ebenfalls — wie im ganzen Vorgebirge — P. arenaria Borkh. (P. incana Mnch.) nicht vorkommt. Auch diese zeichnet sich vom Typus nur durch das Vorhandensein von mehr oder weniger reichlichen Sternhaaren auf der Unterseite der Blätter und der Nebenblätter aus. Potentilla argentea X silesiaca (P. Scholziana Callier). Schlawa (Limprichtt. Callier); [Bojanowo: im „Grünen Garten‘ und auf Hügeln bei Pakowko! (C, Scholz)]; Breslau: auf einem Hügel östlich von Nimkau (Uechtritz). Callier, welcher diese von Scholz zuerst unterschiedene Hybride bei Bojanowo an Ort und Stelle beobachtete und das unter der Etikette „P. silesiaca Uecktr.‘“ im Herbarium des Botanischen Gartens vorhandene Material damit verglich, hat darüber in der Deutschen Botanischen Monatsschrift (IX. Jahr. Nr. 1 S. 7 ff.) Näheres berichtet. Die mir von Scholz übersandten Exemplare halte auch ich für richtig gedeutet. P. silvestris X procumbens (P. suberecta Zimmeter). Zwischen P. silvestris und procumbens kommen wahrscheinlich häufiger Kreuzungen vor, als man bisher annahm, und gewiss verbergen sich solche in den Sammlungen zuweilen unter P. procumbens und vielleicht noch öfter unter P. silvestris Necker var. fallav Marsson. Die von den betreffenden Typen abweichenden Formen beider Species sind in der That nicht immer leicht unterzubringen, namentlich die Spätformen, weil ihre wich- tigsten Kennzeichen: im Wuchs, in der Zertheilung der Nebenblätter, in Betreff der Blattstiele, sowie in der Grösse der Blüthen durchaus variabel sind, anderer nicht zu gedenken. Bei der Bestimmung des Bastards wird man nicht zu viel Werth darauf zu legen haben, ob die Früchtehen mehr oder weniger verkümmert sind, da die nahe Verwandt- BUTTER, II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 9] schaft beider Arten deren öftere Entwickelung nicht ausschliesst, Sein Stengel ist niedergestreckt, ohne zu wurzeln; die Nebenblätter sind ge- wöhnlich stärker als an P. procumbens, die unteren 2—3 Mal, selten bis 4spaltig, die oberen meist und die der Zweige fast stets ungetheilt. Warnstorf, der vielleicht die erste Beschreibung der vorliegenden Hy- briden gegeben hat (Verh. d. Bot. Ver. d. Prov. Brand. 1876 $. 69), behauptet bei dieser Gelegenheit, er kenne P., silvestris nur mit sitzen- den Blättern und schliesse sich in dieser Beziehung Ascherson an. In- dessen trifft diese Behauptung nicht zu, wenigstens unterstützen meine Beobachtungen die Angaben derjenigen Floristen, welche die Blätter als „sitzend oder kurzgestielt‘‘ bezeichnen. So kurze Stiele, als hier vor- kommen (bei 4 mm Länge), hat der Bastard allerdings, wenigstens an den unteren Stengelblättern, nicht; an dieser erreichen sie öfter die Länge des Mittelblättchens oder sie sind auch noch länger, Blumen- blätter fast stets grösser als an P. silvestris. | Grünberg: an der Lawaldauer Chaussee! (Hellwig als P, silv. var. fallax),; Bunzlau: Kaiserswaldau im Hochwalde! Aslau gegen den Hohn- wald!; Liegsnitz: im Grossteich bei Bienowitz, hier öfter mit 4- und özähligen Blättern! (Figert 1890); Parchwitz: Wald zwischen Möthig und Jaschkendorf! (Gerhardt 1880); Friedland: Rosenau bei den Quark- steinen!!; Leobschütz: an einem Feldgehölz bei Militsch! (Sintenis 1879, als P. silv. var. fallax). P. silvestris X reptans (P. Gremlii Zimmeter). Für diese Combination möchte ich mit Figert trotz ihrer relativ guten Frucht- entwiekelung eine Pflanze erklären, welche dieser am Putzberge bei Goldberg gefunden hat(!). Stengel ästig, öfter schon unter der Mitte Zweige aussendend; Nebenblätter durchweg mittelgross, 2- bis mehr- spaltig, selten ungetheilt und solche mehr am obern Theile des nieder- gestreckten Stengels; Blattstiele von der halben Länge des Mittel- blättehens und oft noch länger; Blätter vorherrschend 5zählig, verkehrt- ei-keilförmig, tief- bis fast eingeschnitten - gezähnt; Blüthen 4- und özählig. — Nach Zimmeter’s Angabe wäre ferner noch für Schlesien als neu anzuführen: P., albescens Opiz von Schweidnitz: Bolkohöhe (Callier). Epilobium adnatum X hirsutum Hausskn. in Focke, Pflanzen- mischlinge (1881) $. 158, Monographie S. 103 (E. brevipilum Hausskn.). Schweidnitz: Ziegeleiteiche in mehreren Exemplaren (Schöpke). Eine ausgezeichnete, wie es scheint sehr seltene Mittelform, die an der abstehenden, ziemlich dichten Behaarung ihres oberen Theiles, an den theilweise (höchstens bis zur Hälfte des Internodiums) herablaufenden Blatträndern und an den ziemlich grossen, bis 1 cm langen schön pur- purnen Blumenblättern leicht zu erkennen ist. Die 4 Narben sind auf- recht, bis über die Mitte zusammengewachsen. 99 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Epilobium adnatum X montanum (E. Beckmanni Hausskn.]. e. p. 159, bez. 104) Schönau: Katzbachthal in Kauffung ! (Figert). Das vorliegende, 65 cm hohe, Exemplar hat die ‘aufrechte ruthen- förmige Verzweigung des E. adnatum, auch ist es mit Ausnahme der obersten schwach flaumigen Theile fast kahl und ziemlich lichtgrün; Blätter sehr kurz gestielt, mittlere fast sitzend, als schwache Leisten zum Theil am Stengel herablaufend, lanzettlich, aber breiter als an E. adnatum, scharf und dicht gezähnelt; Blüthen von der Färbung und Grösse derer von E. montanum; Narben unterwärts verwachsen; Schoten schwach entwickelt oder verkümmert, angedrückt kurzhaarig, auf den Kanten etwas dichter. Helosciadium inundatum (L.) Koch f. rivulare Aschs. in Verh. d. Brandb. Bot. Ver., 32. Jhrg., p. XLIV). Ruhland: Zuflussgraben zum Sorgeteich nordwestlich von Guteborn (A. Schulz)!! Ueber diese, zuerst von Dr. O. Wünsche (im Jahrb. d. V. f£, Naturk. in Zwickau, 1889, $. 24, 31) publieirte, höchst unerwartete Entdeckung einer dem Westen Europas angehörenden, in Deutschland fast nur in den Küstengebieten vorkommenden, Art habe ich bereits in der Deutschen Botanischen Monatsschrift (1890 Nr. 7, 8 8. 98) be- richtet. Zunächst erst wieder bei Wustrow im nördlichen Hannover und in Meeklenburg (bei Grabow). Bemerkenswerth an unserer übrigens schwach fruchtenden Pflanze ist, trotz des hinreichend grossen Wasser- standes, die geringe Zahl der untergetauchten feinzertheilten Blätter. —+ Lonicera tatarica L. Breslau: in Gebüschen an der Schwarz- wassermündung mehrfach völlig eingebürgert mit Ribes rubrum var. silvestre (Uechtritz in litt. 1882; auch in seinem Handexemplare der Fl, v. Schles. bereits damals verzeichnet!). Scabiosa suaveleos Desf. var. virens Wallr. Stengel und Blätter kahl oder fast kahl, die Pflanze daher nicht grau, sondern mehr grün erscheinend. Grünberg: bei Dammerau! (Hellwig). Petasites Kablikianus Tausch. Den neueren Botanikern war diese Species bis vor Kurzem so gut wie unbekannt geblieben, denn selbst der Verfasser des Prodromus der Flora von Böhmen kannte sie bisher nur aus dem getrockneten Materiale des böhmischen Museums. In der Flora von Schlesien hatte ich sie (eingeklammert) als in der Nähe der Grenze vorkommend angeführt, ohne Näheres darüber in Er- fahrung gebracht zu haben, denn selbst Uechtritz wusste mir darüber nichts anzugeben. Rudolf Traxler theilte 1887 im „Riesengebirge in Wort und Bild“ mit, dass er den echten P. Kablikianus bei Schatzlar gefunden habe, worauf er später noch das Teufelsgärtehen und den kleinen Teich als Standorte angab. Meine Aufmerksamkeit wurde jetzt wieder auf die Pflanze gelenkt und ich beeilte mich, die angegebenen ll. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 93 Stellen aufzusuchen. Meine Bemühungen blieben erfolglos, denn sowohl die von mir bei Schatzlar gesammelten, als auch die Traxler’schen Exemplare von dort konnte ich nur als zu einer unbedeutenden Form von P. albus gehörig betrachten, trotz der Versicherung, dass sie in den Prager Botanischen Garten verpflanzt und als P. Kablikianus an- erkannt worden wäre. Ein Jahr darauf sammelte ich an der Kessel- koppe bei etwa 1250 m Seehöhe Blätter eines Petasites, die mir so ab- weichend von denen unserer beiden einheimischen Arten erschienen, dass ich sofort an die so lange vergebens gesuchte Form dachte, eine Vermuthung, die im Mai 1890 durch die daselbst gesammelten Blüthen- exemplare bestätigt wurde. Zu dieser Zeit studirte auch Professor Öelokowsky, durch B. Stein’s Aufsatz in der Oest. Botan. Zeitschr. (1890, Nr. 4) veranlasst, unsere Pflanze, die er selbst am Elbufer bei Hohenelbe bis Spindelmühl hinauf in Menge auffand. Indem ich auf seine lichtvollen Auseinandersetzungen a. a. ©. (1890 Nr. 7 und 8) hin- weise, und namentlich seiner Ansicht, dass P. Kablikianus als eine Parallelart von P, niveus zu betrachten sei, zustimme, bemerke ich noch, dass er vielleicht recht haben dürfte, wenn er vermuthet, dass wir es hier mit einer nordöstlichen, vielleicht ähnlich wie Pedicularis sudetica verbreiteten Art zu thun haben. Da die Pflanze mit. den bisher immer in ihrer Gesellschaft ge- fundenen P. albus leicht verwechselt werden und sie, wie in der oft besuchten Kesselgrube, auch in anderen Schluchten der Hochregion des Riesengebirges übersehen worden sein kann, so erscheint es zweck- mässig, eine Beschreibung von ihr folgen zu lassen. Grundachse kräftiger als an P. albus, mit kurzen, sich vielfach ver- zweigenden Ausläufern; Blüthenstengel mit grossen, gekrausten, blass- grünen Schuppenblättern; Hüllblätter breiter, stumpfer, mit ganz kurzen Drüsenhaaren; Narben der Zwitterpflanze bis zur Hälfte gespalten (bei P. albus bis zum Grunde). Blüthenstengel der weiblichen Pflanze kürzer und dicker, der Kopfstand dichter, mehr länglich, die Köpfe zahlreicher, kürzer gestielt. Blüthen von derselben Färbung wie bei P. albus. Laub- und Schuppenblätter in der ersten Jugend mit dichtem, weisslichem Filze bedeckt, der bald verschwindet, so dass die Blätter oft schon beim Abblühen fast ganz kahl erscheinen. In der Gestalt der aus- gewachsenen Blätter nähert P. Kablikianus sich mehr dem P. officinalis: sie sind dreieckig-herzförmig, oft quer breiter, spitz, am Grunde bis zum ersten Nervenaste ausgeschnitten; die Lappen des Grundes wenig oder nicht nach innen gebogen, sondern mehr wage- recht abstehend, spitzlich, der Rand ist nur schwach oder auch gar nicht gebuchtet, nicht ganz so gleichmässig gezähnt, als bei P. offieinalis; die mehr grüne Unterseite besitzt nicht dessen feines enges gleich- förmiges Adernetz, die Hauptnerven springen mehr hervor; die Textur 94 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. erscheint derber, fast lederartig, die Zähne etwas knorpelig. Blattstiel kahl wie das ganze Blatt. —+ Artemisia annua L. Görlitz: Schuttplatz an der Actien- brauerei sehr zahlreich; jedenfalls durch Bauschutt aus dem Garten der Ziegler’schen Oelfabrik, wo die Pflanze seit Jahren cultivirt wurde, dorthin verschleppt (Barber). Achilleu cartilaginea Led. Nachdem das Vorkommen dieser östlichen Species längs der Warthe und Netze im letzten Jahrzehnt nachgewiesen worden war, wurde sie auch bald aus dem Oderthale unterhalb Küstrin abwärts bis Pommern bekannt; Professor Ascherson entdeckte sie dann 1888 bei Frankfurt und 2 Jahre darauf gelang es ihm, sie selbst in der Oderniederung Schlesiens nachzuweisen: auf einer buschigen Wiese un- weit der Alten Oder zwischen Läsgen und Polnisch-Nettkow, Kreis Grünberg(!). Kurz zuvor hatte auf seine Anregung hin Hellwig danach sefahndet und dieser sie ihm aus dem Oderwalde von Carolath ein- geschickt (!), während ich sie einige Zeit darauf durch Kleiber auch aus der Grünberger Gegend (Hammer bei Saabor) erhielt, endlich nach Durchsicht meiner Sammlung schliesslich feststellen konnte, dass ich sie selbst schon 1887 gleichfalls dort und zwar in der Öderniederung bei Dammerau, aber als A. Ptarmica, aufgenommen hatte. So ausgeprägt wie an den Weichselufern und in Östpreussen erscheint unsere Pflanze freilich nicht und ich verglich sie ausserdem nicht früher, weil ich sie bei uns nicht erwartet hätte. Während sie dort im Osten in voll- kommener Entwickelung sich schon durch eine andere Tracht, durch viel höheren Wuchs, stärkere Verzweigung, breitere, mehr lanzettliche Blätter und zahlreichere, aber erheblich kleinere Köpfe von A. Piarmica auszeichnet, sind diese Merkmale hier durchaus nicht so ausgeprägt, um sie gleich von letzterer unterscheiden zu können. Die Köpfe sind fast so gross als an dieser, die Blätter mehr lineal, wenn auch eben so wie der Stengel grau behaart und die Zahnung nicht so offen und nicht so gleichmässig, als an den Pflanzen aus Preussen, Das nach Professor Ascherson entscheidende Kennzeichen, die durchscheinende Punktirung der Blätter, namentlich der oberen, ist aber an dem Material von den erwähnten Standorten überall deutlich vorhanden, aber auch die Zahnuüg der Blätter finde ich durchweg offen und nach unten wenig schwächer als gegen die Spitze. Eingestochene Punkte finden sich übrigens, wenn auch selten und sehr spärlich, an unzweifel- haft zu A. Piarmica gehörigen Stücken; man wird daher wohl richtiger die Ledebour’sche Art nur als Rasse der A. Ptarmica aufzufassen haben. Gentiana chloraefolia Nees, nach Grisebach’s Vorgang gewöhn- lich für ein Bastard zwischen G. campestris L. und @. germanica Wild. gehalten, ist nach Öelakovsky’s Erörterungen (Res. d. Df. Böhm. 1889) als nichthybride, den genannten, sowie der G. Amarella L, gleichwerthige, II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 95 constante Rasse aufzufassen. Es gehören von schlesischen Funden zur Grundform derselben, soweit ich ermitteln konnte. Exemplare von Michelsdorf bei Liebau (Menzel), Wiesen im Rabengebirge (Strähler), aus dem Rabengrund (Pax) und von der Passwiese bei Schmiedeberg (Köhler); die von Wichura bei Reimsbach gesammelten, für @. camp. X germ. erklärten Stücke halte ich, mit Celakovsky’s Zustimmung, für dessen var. macrocaly& der G. chloraefolia Nees! Convolvulus sepium L. var. rosaceus DC. (C. coloratus Lange) ersetzt im Vorgebirge öfter den dort im Ganzen ziemlich seltenen Typus. Ausser der rosarothen Färbung seheint sie sich auch durch ansehnlichere Grösse der Blumenkrone von diesem zu unterscheiden. Bisher beobachtet bei Schönau: in Neukirch (Figert),;, Jauer: Mertschütz, Skohl; Gross- Wandriss, Kreis Liegnitz! (Ders.); Friedland: Steineufer in Schmidts- dorf!! (445 m) und Alt-Friedland!! — Lycium rhombifolium Dippel. Durch einen Artikel in der Deutschen Botanischen Monatsschrift (1890 Nr. 5, 6, S. 85 ff.) von L. Geisenheyner aufmerksam gemacht, fahndete ich in der Umgebung meines Wohnorts nach der bezeichneten Pflanze, ohne ein anderes Ergebniss, als dass ich von der verbreiteten, gewöhnlich als L. barbarum L. ange- sprochenen, nach Dippel jedoch als L. halimifolium Mill. zu bezeichnenden, Art zwei in der Blattform gut zu unterscheidende Formen auffand, über deren Beständigkeit aber noch weitere Beobachtungen nothwendig sind. Ich war daher sehr erfreut, unter den von E. Richter eingeschickten Pflanzen ein Zyecium zu finden, dessen Merkmale genau mit dem, mir von Geisenheyner gütigst zugesandten Materiale und der von ihm a. a. 0. entworfenen Diagnose übereinstimmten. Wenn auch die fast rauten- förmigen, in den kurzen Blattstiel ziemlich schnell zusammengezogenen, Blätter sie selbst von der breitblättrigen Varietät des L. barbarum hin- länglich unterscheiden, so betrachte ich doch den 4- bis 5zähnigen Kelch als das durchgreifendste Kennzeichen, da dieser bei der gewöhnlichen Form 2lippig oder ungleich 3- bis 5theilig ist. Früchte fanden sich nicht vor, sie sollen aber nach Geisenheyner grösser (1,5—2 em lang) als die von L. barbarum (0,8—1,5 em) sein und zwei oder vier, mehr oder minder deutliche, Längsrinnen besitzen. Standort: Proskau an der Remise der Seminargärtnerei und an einem Zaune in der sogenannten „neuen Welt“! (Richter, der dazu die Be- merkung macht, ‚fehlt unter den eultivirten Arten der Pomologie.‘) Primula elatior X officinalis. Ueber einen spontan im bo- tanischen Garten entstandenen Primel-Bastard berichtete schon Pax in den „Resultaten ete. von 1888“, der indessen aus der bei uns nicht ein- heimischen P. elaiior var. macrocalye Bunge und P. officinalis entstanden war, Jetzt ist aber auch die Kreuzung zwischen den Typen unsrer 96 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. beiden wilden gelben Primula-Arten (= P. intermedia Peterm.) in Schlesien gefunden worden, und zwar um Dittmannsdorf bei Waldenburg, vorläufig 1 Exemplar (Dr. Felsmann). Rumex conglomeratus X obtusifolius (R. abortivus Ruhmer). Haynau: in Bärsdorf! (Figert); Liegnitz: Mühlgraben vor der Walke (Derselbe). Aeste mehr abstehend als bei R. obtusifolius; Scheinwirtel ziemlich gedrängt, kaum bis zur Hälfte hinauf beblättert; Blätter klein, am Rande gekerbt und etwas gekräuselt, grundständige am Grunde gestutzt oder abgerundet, selten seicht herzförmig, obere schmal- bis lineal-lanzettlich, am Grunde verschmälert; Perigon auffällig kleiner als bei R. obtusifolius, die äussern Perigonblätter an der Frucht schmal - dreieckig, am Grunde etwas gezähnelt bis gezähnt, aber auch öfter ganzrandig, sehr stumpf; Schwielen 2—3 vorhanden, gewöhnlich aber nur eine kräftiger ent- wickelt; Früchte meist verkümmert. Bereits im Juli 1886 sammelte Uechtritz in Gr.-Nädlitz bei Breslau Exemplare dieses Bastards; er bezeichnete dieselben auch richtig, doch vergass er, diese Novität für die schlesische Flora in seinem Hand- exemplare zu vermerken, und so habe ich erst bei der von mir kürzlich vorgenommenen Durchsicht seiner Sammlungen von 1886 seine Ent- deckung an’s Licht bringen können! R. crispus X Hydrolapathum (R. Schreberi Hsskn. in Mitt. Jen. geogr. G. 1884). Unter den eben erwähnten Sammlungen fanden sich auch einige Blätter, die Uechtritz als zu dieser Hybride gehörig er- klärte. „Ausgetrocknete Sümpfe am Weidendamm, rechts vom Fahrweg, ein nur steriler Stock zwischen den Eltern.‘“ Die Blätter sind sehr gross, ziemlich kraus, meist am Grunde gestutzt, doch das eine in den Blatt- stiel ganz allmählich verschmälert. Leider ist wenig Hoffnung, den Stand- ort noch einmal aufsuchen zu können, da er den neuen Anlagen beim Wasserhebewerke zum Opfer fallen dürfte! + Polygonum cuspidatum Sieb. et Zucc. (P. Sieboldi hort.) Breslau: in Weidengebüschen beim Strauchwehre an der alten Oder (Thiemich), an der Ohle oberhalb der Mauritiuskirche (Kionka). Betula pubescens X verrucosa (B. hybrida Bechstein) dürfte gewiss öfter da vorkommen, wo beide Arten zusammen wachsen. In Schlesien bereits 1863 im Schlesierthale bei Schweidnitz von Professor Haussknecht gefunden und von diesem in den Mittheilungen des Bo- tanischen Vereins für Gesammtthüringen (1890 $. 36) auch veröffentlicht. Nach brieflicher Mittheilung des Entdeckers nach den Merkmalen so ziemlich in der Mitte zwischen den Eltern stehend. Alnus incana DC. var. laciniata Regel. Riesengebirge: Krumm- hübel gegen das Alexandrinenbad!! Mit der Beschreibung und der Ab- II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 97 bildung eines Blattes in Regel’s Monographie der Betulaceen genau über- einstimmend. Blätter länglich-eiförmig, spitz oder zugespitzt, am Grunde gestutzt, doppelt gesägt, tief gelappt; die Lappen eckig, gross, spitz, scharf gesägt. — Var. glauca Mchx. Jüngere Zweige wenig behaart; Blätter unterseits nicht grau wie beim Typus, sondern blaugrün oder bläulichgrau.?) Salix triandra X purpurea Figert. Blätter lineal - lanzettlich, spitz, am Grunde abgerundet, ziemlich gleichbreit oder im vorderen Drittel nur ganz schwach verbreitert, in der oberen Hälfte regelmässig gesägt, nach dem Grunde zu mit entfernterer und viel schwächerer Zahnung, unterseits blasser grün. Weibliche Kätzchen wie bei $. pur- purea gekrümmt; Deckblätter zweifarbig, oberwärts schwärzlich, behaart; Fruchtknoten nur zum Theil zur Entwickelung gelangend, kurzgestielt, weissfilzig; Griffel sehr kurz, aber wahrnehmbar; Narben zusammen- neigend oder etwas abstehend. Demnach in den Blättern der S. triandra, in den (2) Blüthen der $. purpurea nahestehend. Liegnitz: Bahnhof Arnsdorf in einer Ausschachtung drei Sträucher (Figert). Potamogeton polygonifolius Pour. (P. oblongus Viv.). Ruh- land: [nördlich der Stadt in der „Pommel‘“ (A. Schulz), wo der Finder auch die, vielleicht noch innerhalb der schlesischen Grenze vorhandene, Seutellaria minor L. entdeckte]; Görlitzer Haide: im Graupengraben des Reviers Rothwasser zahlreich!!, ausserdem wahrscheinlich im Gelbbruch- graben des Wohlenreviers (Barber). Unsere Pflanze wenig blühend und fruchtend, beim Trocknen wie P. semipellucidus sich röthlich färbend. Scirpus multicaulis Sm. Schiefer-Teich bei Hohenbocka, Kreis Hoyerswerda! (Prof. Drude und Dr. Naumann). Ob hier, wie an dem 1874 von Warnstorf für unsere Nachbarprovinz zuerst aufgefundenen Standort bei Forst, in Gesellschaft von Litorella juncea, habe ieh nicht erfahren. An dem eigenthümlichen, dicht rasenförmigen Wuchs und den 3 Narben leicht zu erkennen. Carex muricata X remota. Für diese Combination wurden bei uns früher Hybride gehalten, welche sich später als Blendlinge zwischen C. vulpina und remota herausstellten, die Cr&pin zuerst als solehe unter- schied. Vorliegende Form ist jedoch ohne Zweifel eine Kreuzung zwischen C. remota und Ü. muricata aut. plur. (— Ü. contigua Hoppe), nicht nur, weil an dem Standorte ausschliesslich die muthmaasslichen Eltern wachsen, sondern auch, weil die Merkmale dafür sprechen. Beim %) Specielleres über die Alnus-Formen Schlesiens in dem vorstehenden Aufsatze von A. Callier. /#$, 7 To 98 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Vergleich mit ©. vulpina X remota zeigt unser Bastard folgende Unter- schiede: Pflanze minder kräftig und hoch; Stengel dünner, schlaffer, nur unter der Achse rauh (bei jenem ziemlich tief, oft bis unter die Mitte hinab rauh); Blätter schmäler; Achse unterwärts nicht rispig zusammen- gesetzt, sondern 'durchweg einfach, die untern Aehrchen relativ nicht sehr weit von einander entfernt; Schläuche allerdings wenig entwickelt, aber ohne jede Spur von Nerven. Standort: Liegnitz: Pfarrerlen bei Bienowitz! (Figert). C. polyrrhiza X verna. Liegnitz: Verlornes Wasser bei Pausen! (Figert). Diese bisher nur am Ettersberge bei Weimar von Haussknecht gefundene Kreuzung ist von diesem seiner Zeit in der Irmischia be- schrieben worden. Da mir diese Zeitschrift nicht zugänglich ist, vermag ich nicht zu sagen, ob unsere Form mit jener übereinstimmt. Pflanze locker-rasenförmig, am Grunde nicht mit dem kräftigen Faserschopfe der (©. polyrrhiza, sondern die alten Blattscheiden nur wenig zerfasernd; weibliche Aehrchen lineal oder lineal -länglich, seltener eiförmig - länglich; Deckblätter vorherrschend spitz oder doch spitzlich; Schläuche selten entwickelt, wo dies der Fall, mit ziemlich deutlichem Schnabel, bekleidet wie bei (. polyrrhiza. C. riparia X vesicaria. Liegnitz: Bienowitzer Bruch 2 Exem- plare! (Figert). Diese von Siegert (Jahresber. XXXV, 1857, S. 67) zu- eist aufgestellte Kreuzung, welche auch Ascherson in seiner Flora von Brandenburg (1863) beschrieb, stelle ich hier unter die neuen Erwer- bungen der Schlesischen Phanerogamen-Flora, weil Uechtritz mir seiner Zeit mittheilte, er sei nach genauer Prüfung der Siegert’schen Original- Exemplare zu der Ueberzeugung gekommen, dass diese nur eine Form der Carea riparia darstellten. Die Liegnitzer Pflanzen sind durch die netzfasrigen Blattscheiden und die Schläuche, welche länger sind als die Deckblätter, verschieden. Blätter mässig breit (5$—6 mm), gitternetzig, graugrün; untere Scheiden purpurbraun, schwach netzfasrig; weibliche Aehrehen 1—2, kurz walzenförmig, 3—3,5 em lang, durehschnittlich 1 cm breit, gleich- mässig kurz gestielt; unterstes Tragblatt den Blüthenstengel überragend; Deckblätter der weiblichen Blüthen kastanienbraun, mit breitem, grünem, dreinervigem, in die wimperig-gesägte Spitze auslaufenden Mittelstreif, kürzer als die Schläuche; diese eikegelförmig, beiderseits etwas gewölbt, allmählich in den mässig langen, kurz - zweizähnigen glatten Schnabel übergehend, mehrnervig. Poa annua L. form. pauciflora. Stengel niedrig, zart, straff aufrecht; Blätter sehr schmal; Rispe auffällig armblüthig, mit nur 1—4 haardünnen 1-, selten 2ährigen Aesten, Aehrchen 1—3blüthig, II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 99 Schweidnitz: wenig betretene Kieswege der Anlagen häufig mit der gewöhnlichen! (Schöpke). — Hordeum jubatum L. auf einem Felde bei Exau, Kreis Wohlau, wenig zahlreich! (Schwarz). Diese in Deutschland zuerst 1886 von Timm (Berichte der Deutsch. Bot. Ges. V, S. CIV) am Winterhuder Alsterufer bei Hamburg beobachtete nordamerikanische Art, ist vielleicht durch Makartbouquets eingeschleppt worden. Picea obovata Ledeb. In den Verhandlungen des Botanischen Ver- eins der Provinz Brandenburg (30. Jahrgang, $S. XXVIII) erwähnt Dr. A. Schultz gelegentlich der Besprechung dieser Art oder klimatischen Rasse durch U. Dammer, dass er sie um die Alte Schlesische Baude im Riesengebirge bemerkt habe. Da Uebergangsformen zu P, excelsa Lk. sowohl in Graubündten, wie in Thüringen beobachtet worden sind, so wären solche auch wohl bei uns zu erwarten. Jedenfalls möchte ich hierdurch die botanischen Freunde auffordern, ihre Aufmerksamkeit auf diese östliche Form zu richten, die sich, sowohl in der typischen, wie in der Uebergangsform, schon aus einiger Entfernung durch den wie bei Abies pectinata breit abgeflachten (nicht kegelförmig spitzen, Wipfel er- kennen lassen soll. B. Neue Fundorte, Clematis Vitalba L. verwildert in Wallgräben von Schweidnitz (Sehöpke) und bei Strehlen: in Ruppersdorf mehrfach! (Kruber). Auch der in meiner Flora nach O. Zlik von Kolbenheyer (Schriften der zool.- bot. Gesellschaft in Wien 1862) angegebene Fundort im Teschener Ge- biete „Polnisch-Ostrau nahe dem Schlosse‘‘ ist vielleicht kein ursprüng- lieher, dagegen dürfte die Pflanze einheimisch sein bei Friedek: auf dem Skalitzer Berge im Hohlwege gegen Raszkowitz (Kotula) und nördlich davon gegenüber Dobrau! (Ders. 1890). Thalicirum aquilegiaefolium L. Jauer: Leipe! (F. W. Scholz); Striegau: Neuhof! Th. minus L. Görlitz: in einem Haferfelde am Langenberge bei Moys (Barber); Lüben: Vorderheide unter Kiefern! (Figert); Guhrau: Saborwitz! (C. Scholz); Nimptsch: zwischen Johnsdorf und Thomitz! T. flavum L. Glogau: Beichau! (Müllendorf); Wansen: Spurwitzer Wiesen! (A. Bartsch nach Kruber). Hepatica triloba Gil. Carlsruhe (Hellmann). Pulsatilla vernalis (L.) Mill. Keltsch: Borowianer Forst! (M. Fiek), Kruppamühle (Frau Apoth. Fröhlich); um Zawadzki gegen Petershof sowie zwischen Piela und Paczeras! (M. Fiek). P. patens (L.) Mill. Keltsch: Borowianer Forst! Zawadzki gegen die Smolina-Teiche! (M, Fiek). 7* 100 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. P. patens X vernalis. Keltsch: Borowianer Forst! (M. Fiek). — Bei Birnbäumel, wo die früher so häufigen Stammarten jetzt recht selten geworden sind, 1890 wieder gefunden! (Baumann). P. pratensis (L.) Mill. Glogau: Exereierplatz (Runge). Ranunculus paucistamineus Tsch. Guhrau: Tümpel an der Stadt, auch einzelne Exemplare mit Schwimmblättern! (C. Scholz). R. circinatus Sibth. Görlitz: in der Weinlache! (Barber); Grün- berg: Graben östlich vom Zahner See! (Kleiber); Schweidnitz: Parkteich bei Teichenau! (Schöpke), Dorfteiche von Conradswaldau (Ders., durch einen Schüler). R. Lingua L. var. strigosus Kabath (Fl. von Gleiwitz). Grün- berg: am Mühlteiche zwischen Schweidnitz und Ochelhermsdorf! (Schröder). R. auricomus L. v. fallax W. Gr. Striegau: Pitschen! + R. Steveni Andrz. Wüstewaltersdorf im Garten des Com- merzienraths Websky auf einer Wiese! (Schröder). R. nemorosus DC. Teschen: Golleschauer Berg! Trollius europaeus L. Friedersdorfer Berge bei Wüstewalters- dorf gegen Toschendorf! (Schröder); Strehlen: Striege, Gurtsch (Kruber). Caltha palustris L. in einer zarten meist zwergigen Abänderung (f. tenella) mit sehr dünnen kleinen Blättern und kleinen (zuweilen nur 6 mm langen) Kelchblättern, deren Stengel aber nicht wurzelt und die auch sonst von der var. radicans (Forster) abweicht: im Kohlfurter Forst beim Graupengraben (Barber)!! Isopyrum thalictroides L. Strehlen: Mückendorf, Eisenberg (Kruber); Troppau: Eichenwälder der Oderniederung bei Stauding massen- haft! (Wetschky). Aquilegia vulgaris L. Schlesierthal an Abhängen unter der Kynsburg (Schöpke); Glatz: Berge um Raumnitz (Kinscher); Breslau: Koberwitz! | Delphinium Consolida L. ist im Vorgebirge sehr selten; beobachtet bei Hirschberg: Aecker unter dem Grunauer Spitzberge, 450 m!!, am Fusse des Kitzelberges bei Kauffung!! — Auch in der Ober-Lausitz nur wenig verbreitet. Görlitz: Aecker bei Nieda und Girbigsdorf (Barber). Mit blau und weiss gescheckten Blüthen: Grünberg: Walter’s Berg (Hellw.). Berberis vulgaris L. Teschen: Schanzberg, Wald zwischen Blogotitz und Könska (Kotula). Nymphaea candida Presl. Proskau: Przychetzer Teich! (Richter). Papaver RhoeasL. var. strigosum Bönningh. Strehlen: mehr- fach um Ruppersdorf! (Kruber). P. dubium L. Breslau: Klein Totschen, Scheitnig (Kionka); Teschen: bisher nur bei Bobrek (Kotula). II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 101 Corydalis solida Sm. Malapaneufer unterhalb Zawadzki! (M. Fiek); Keltsch: Kruppamühle (Frau Apoth. Fröhlich); Troppau: Eichenwälder der Oderniederung bei Staudnig mit C. cava! (Wetschky). Arabis Gerardi Bess. Wohlau: feuchte Wiesen um Glumbowitz ziemlich häufig! (Schwarz). A. hirsuta (L.) Scop. Carlsruhe (Hellmann). ‘Trachenberg: Laub- wälder um Kendzie zahlreich! (Schwarz); Proskau: an der Strasse nach Simsdorf! (Richter). A. arenosa (L.) Scop. Breslau: Glockschütz (Kionka); Erl- kretscham! Schweidnitz: Tunkendorfer Wiesen (Schöpke); Lehmwasser bei Charlottenbrunn (Kionka). A. Halleri L. Seidenberg: Wilka (Barber); Kupferberg: häufig im Buchenwalde (Bittermann); Malapaneufer bei Zawadzki! (M, Fiek). Cardamine impatiens L. Lüben: Tiefer Grund! (Figert); Schwarzer Berg bei Charlottenbrunn (Kionka); Zawadzki: unweit der Försterei Malepartus! (M. Fiek). C; silvatica Lk. Görlitzer Haide: quellige Stellen am Könnte- berge! (Barber). Dentaria enneaphyllos L. Cudowa: Dörnikau! Freiwaldau: am Gemärke und an der Bahn zwischen Lindewiese und Ramsau, Ende März blühend! Carlsruhe (Hellmann), | D. bulbifera L. Cudowa: Dörnikau!; Liebau: Rabengrund, sehr spärlich! Carlsruhe (Hellmann). Hesperis matronalis L. Canth: Gebüsch vor Koselau! Erysimum hieraciifolium L. Görlitz: am Neissewehr bei Ludwigs- dorf (Barber); Grünberg: Polnisch-Nettkow, nicht in der eigentlichen Oderniederung! (Hellwig). + Brassica nigra L. Grünberg: alte Schloiner Strasse!, beim Holländer!, auf einem Schuttplatze an der Bergstrasse! (Hellwig); Liegnitz: Siegeshöhe häufig in der Nähe der Ofenfabrik! (Figert). Lunaria rediviva L. Melzergrund im Riesengebirge! (Barber); Silberberg: in der Nähe des Blockhauses unweit des Hahnvorwerks (Schöpke); Landeck: Föllmersdorf am Johnsberge (Kionka). Teesdalea nudicaulis (L.) RBr. Breslau: Margareth (Hieronymus)! Thlaspi alpestre L. Lauban (F. W. Scholz). Lepidium Draba L. Ziegenhals: beim Bahnhofe (Callier). —+ Bunias orientalis L. Wallgraben bei der Winterschule in Schweidnitz! (Schöpke). Viola coilina Bess. Teschen: am Fusse der Babia görka! (Kotula). V. hirta >< odorata (V. sepincola Jord.).. Lüben: zwischen Gross-Reichen und Petschkendorf in lichtem Gebüsch! (Figert). Läufer an dem vorliegenden Exemplare ziemlich lang; Blüthenstiele während der Blüthe merklich länger als die Blätter, 102 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. V. pumila Chaix. Breslau: Glockschütz (Callier). V. mirabilis L. Striegau: Pläswitz! V. arenaria DC. Kreuzburg: Gross-Lassowitz (Kionka); Forst Koschmieder gegen Zawadzki O.S.; um Keltsch! (M, Fiek). V. canina X stagnina: [Bojanowo: Grüner Garten (C. Scholz)]. Drosera anglica Huds. in einem sumpfigen Ausstiche der Tschirne- wiesen! mit D. obovata (Barber). | D. intermedia Hayne. Grünberg: in den Wittgenauer Bergen an einem Wiesengraben hinter dem Feldvorwerk! (Schröder), nordöst- lichster Standort; Bunzlau: Aslauer Zisken häufig auf Torfboden! (Figert). Polygala amara L. var. austriaca (Orntz.). Guhrau: Triebusch, Heinzebortschen, Nieder-Friedrichswaldau, Ronikau, Saborwitz! (C. Scholz). Gypsophila muralis L. mit 4 zähligen Blüthen bei Reichenbach: zwischen Schlaupitz und Lauterbach! (Kruber). Tunica prolifera (L.) Scop. Grünberg: Damm an der alten Oder bei Läsgen (Ascherson), neuer Kirchhof bei Droschkau! Looser Wein-' berge häufig! (Kleiber); Schönau: bei Neukirch ausser am Geiersberge auch sonst! (Figert); Wohlau: um Nisgawe! (Schwarz); Raschewitz, Kreis Trebnitz! (Ders.); Striegau: Georgenberg (Kionka); Schweidnitz: Lehnen an der Bolkohöhe! (Seidel), Sandgrube vor Kroischwitz, Abhänge bei Weizenrodau (Schöpke). —+ Dianthus barbatus L. Schweidnitz: häufig am Abhange unter der Kynsburg (Schöpke). D. Carthusianorum L. floribus albis. Breslau: Althofnass (Kionka). D. superbus L. Schweidnitz: Gebüsche bei Käntchen (Schöpke); Karlsberg bei Zobten (Bodmann u. Sch.); Wansen: Meschwitzer Wiesen, Knischwitzer Wald (Kruber); Strehlen: Plohmühle, Gurtsch (Derselbe). Breslau: Sibyllenort, gegen Peuke (Hieronymus). Trachenberg: Kendzie (Schwartz). Proskau: Wilhelmsburger Wald (Richter). + Vaccaria segetalis (Necker) Gcke. var, grandiflora (Jaub. et Sp.). Jauer: zahlreich gegen Moisdorf auf einem Wickenfelde! (W. Scholz); Schweidnitz: am Bahnhofe! (Schöpke). Cucubalus baccifer L. Breslau: Kratzbusch an der alten Oder (Kionka); Pilsnitz!, Hundsfelder Chaussee!, Kl, Weigelsdorf! Schweidnitz: bei Käntchen, Bach unterhalb Zülzendorf (Schöpke); Strehlen: Plohmühle, Ruppersdorf, Lehmberg bei Geppersdorf (Kruber); Wansen: Klein-Oels Ders.); Teschen: an Zäunen in Bobrek und sonst nicht selten (Kotula). Silene gallica L. Ruhland: westlich vom Sorgeteich (A. Schulz); Schweidnitz: Aecker bei Ober-Weistritz (Schöpke); Michelsdorf bei Wüstewaltersdorf! (Schröder); Reinerz (Herb. Beblo). II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 103 + 8, Armeria L. Goldberg: zwischen Hermsdorf und Neuländel auf Kies der Katzbach! (Figert); im Michelsdorfer Thale bei Wüste- waltersdorf! (Schröder). 8. inflata L. floribus roseis bei Görlitz: Station Moys (Barber). —+ 8. diehotoma Ehrh. Glogau: Insel Oberau auf Schutt! (Runge); Löwenberg: Görisseiffen auf einem Kleefelde in ungeheurer Menge! (Dresler). | S. Otites (L.) Sm. Glogau: Annaberg! (Figert); Stroppen: bei Grottke! und sonst (Schwarz). Melandryum rubrum (Weigel) Gcke. Münsterberg: Stadtwald!, Reumener Wald, hier auch mit rosafarbener Blumenkrone! (Kruber). Spergula vernalis Wild. Breslau: Margareth! Wald zwischen Obernigk und Riemberg! | Sagina apetala L. Görlitz: häufig auf den Beeten des botanischen Gartens!, in den Kahlbaum’schen Anlagen (Barber), Arenaria leptoclados Guss. Grünberg: Maugschthal! (Hellwig); Breslau: Bischwitz am Berge (Kionka),. Stellaria media Cyr. var. neglecta (Weihe). Görlitz: Nord- abhang der Hüppner’schen Besitzung in der Hohstrasse (Barber). Cerastium glomeratum Thuill. im Teschener Gebiet von Kolben- heyer nicht angegeben, aber mehrfach vorhanden, so bei Mosty, Ropitz, Blogotitz (Kotula), am Konskaer Walde!! Trzynietz (Kotula), Wendrin (Uechtr.) u. a. ©. Elatine triandra Schk. Teschen: Eisenbahngräben im Chybier Walde! (Kotula). Neu für Oestr,-Schlesien. Linum perenne L. Grünberg: Rothes Seechen!, bei Beuchel’s Maschinenfabrik! (Hellwig). Radiola linoides Gmel. im Vorgebirge sehr selten. Hirschberg: am westlichen Fusse der Abruzzen (M. Fiek)!!; Teschen: Cameral-Ellgoth auf einem cultivirten Vorberge der Godula, fast 400 m, dann bei Chybi, 262 m (Kotula). — Breslau: Oderwilxen! + Malva moschata L. in einer form. glabrescens bei Strehlen: Krummendorf an einem Feldwege! (Kruber). M. neglecta Wallr. f. microphylla in meterlangen Exemplaren beobachtete Hellwig bei Grünberg: an der Lawaldauer Chaussee! Lavatera thuringiaca L. Jauer: bei Mertschütz ausser am Burg- berge auch noch am Wege nach Gross-Wandris mehrfach! (Kleiber), vereinzelt an der Mühle in Lobris (Ders.); Strehlen: Ohleufer bei Krippitz und Tsehauschwitz! (Kruber), Steinkirch an einem Graben! (Ders.). Hypericum perforatum L, v. veronense (Schrk.). Zobten: Karlsberg! H. quadrangulum X tetrapterum Lasch. Schönau: Polnisch Hundorf mehrfach im Dorfe!; Jauer: in Hermannsdorf! (Figert). 104 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. H. montanum L. Grünberg: Sauermann’s Mühle bei Laesgen (Dr. Seler); Schweidnitz: Bögenberge, Költschenberg, Gebüsche in Nieder- Grunau (Schöpke); Weinberg!, Karlsberg!, zwischen S$Silsterwitz und Striegelmühl!, vor Krotzel! Strehlen: Krummendorfer Forst, Lehmberg bei Geppersdorf (Kruber); Erbersdorf im Gesenke! (Wetschky). Trachen- berg: Kendzie! (Schwarz). H. hirsutum L. Münsterberg: Reumener Wald (Kruber). Acer Pseudoplatanus L. var. Dittrichii (Ortmann). Habel- schwerdt: bei der Brettschneide in Wölfelsdorf (Prof. Stenzei). Geranium phaeum L. Breslau: in einem Graben beim Woisch- witzer Kirchhofe, wie wild! G. pratense L, Görlitz: Emmerichswalde bei Charlottenhof! (Barber). Grünberg: [Logau in Grasgärten, sicher wild (Dr. Seler)]. G. silvaticum L. nebst der var. parviflorum Knaf in’s Schmiede- berger Thal herabsteigend bis unterhalb Buschvorwerk gegen Harthe!! + Geranium sibiricum L. lag in grosser Anzahl unter den von Uechtritz in Gr.-Nädlitz bei Breslau 1886 gesammelten Pflanzen; ob es sich hier um einen dauernden Standort dieser jedenfalls eingeschleppten Art handelt, wird wohl leicht zu ermitteln sein.! G. sanguineum L. Reichenbach: Tschammenberg bei Girlachsdorf viel!!, Serpentinsteinbruch in den Girlbergen!!; Wansen: Niemener Haide mit Chrysanthemum corymbosum ! (Kruber). Trachenberg: Kendzie (Schwarz), + G. pyrenaicum L. Grünberg: völlig eingebürgert an einem Wegrande unweit des Parkes von Laesgen (Ascherson); Bolkenhain: Dorfstrasse in Giessmannsdorf (Schöpke, durch einen Schüler); Teschen: Waldrand vor Konska! (Kotula), ob hier wild?, sich verbreitend und einbürgernd an der Kaschauer Bahn, so bei Station Trzynietz, Kopitz (Kotula), weissblühend im Proskauer Seminargarten auf Gemüseland (Richter). G. molle L. bei Kontopp auch weissblühend! (Hellwig); Strehlen: Ruppersdorf in Grasgärten mehrfach! (Kruber). G. bohemicum L. Ueber diese im Deutschen Reiche allein hier gefundene Pflanze sagt Kölbing (1827) in seiner Flora der Ober-Lausitz: „im Buchgarten bei Tränke ehemals ziemlich häufig, jetzt schon mehr- mals vergeblich gesucht.“ In dem seitdem verflossenen Zeitraume tauchte diese einjährige Art wiederholt zahlreicher zuf, um bald darauf wiederum gar nicht oder nur in vereinzelten Individuen zu erscheinen, was u, a, auch mit den, am Standorte vorgekommenen Veränderungen im Zusammenhang stehen mochte. Als dieser neuerdings in Kartoffel- land umgewandelt worden war, zeigte sich die Art 1890 plötzlich wieder in auffallend grosser Menge, sodass Cantor Kahle viel davon vertheilen konnte, ll. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 105 + Oxalis corniculata Z. Görlitz: auf den Grasbeeten des bota- nischen Gartens das gemeinste Unkraut! (Barber). + Ulex europaeus L. Hohenbocka (A. Schulz); Dittmannsdorf nördlich von Reichenbach O.-L. (Pastor Wenck und Barber); Walden- burg: in Wäldern am Hochwalde eultivirt! (Schöpke). Genista germanica L. Grünberg: Kaiserberg bei Loos! (Kleiber). Im nördlichen Landestheile selten. Oytisus nigricans L. Proskau: Jaschkowitz! (Richter). C. capitatus Jacg. Schweidnitz: Gebüsche bei Käntchen!, an der Chaussee zwischen Pfaffendorf und Weisskirschdorf (Schöpke); Reichen- bach: Berge zwischen Ober-Peilau und Girlachsdorf!!; Wansen: Niemener Haide häufig (Kruber). Nimptsch: Hartebusch bei Jeseritz! Ononis hircina Jacq. var. spinescens Led. Trachenberg, zahl- reich um Gross-Bargen mit der Grundform! (Schwarz). Anthyllis Vulneraria L. nicht selten am Nordrande der Trebnitzer Berge: zwischen Schimmelwitz und ges Prausnitz!, Kodlewe!, Gellendorf! u. a. O. spinosa L. Ruhland: am Wege nach Guteborn!! Grünberg: an der Pirniger Fähre links der Oder (Hellwig)!! Melilotus altissimus Thuill. Teschen: ÖOlsaufer unterhalb des Schlossberges (Kotula). Medicago varia Pers. Görlitz: Bahndamm bei Moys! (Barber); Grünberg: Wittgenauer Strasse! (Hellwig); Teschen: Schanzberg und sonst (Kotula). — Häufig um Prausnitz! und Stroppen! Trifolium pratense L. var. pedicellatum Knaf. Trachenberg;: Rogosawe in einem Ausstich! (Schwarz). T. rubens Z. Schweidnitz: Gebüsche bei Nieder- Es (Schöpke). T. striatum L. Schönau: Gipfel des Willenberges! (Figert); Sehweidnitz: an der Bolkohöhe seit langen Jahren vergeblich gesucht, dagegen am Wall hinter der Friedenskirche, aber nicht häufig! (Schöpke). T. hybridum L. var. prostratum Sonder. Görlitz: Radmeritz (Barber), Bahndamm bei der Kohlfurter Glashütte!! T. spadiceum L. Reichenbach O.L.: Rain zwischen Gersdorf und der „„‚Kanone‘‘; Görlitz: Moys (Barber); Reichenbach i. Schl.: Bergwiesen zwischen Ober-Peilau und Girlachsdorf!!; in Schweidnitz an der Prome- nadenstrasse, wohl durch Heu eingeschleppt (Schöpke). Tetragonolobus siliquosus Rth. Strehlen: zwischen Warkotsch und Kampen (Kruber); Breslau: zwischen Gross-Tinz und Schönfeld!, Mertzdorf! —+ Colutea arborescens L. Wälle von Schweidnitz! (Schöpke)- Astragalus Cicer L. Glogau: Oderdamm bei Weidisch! (Müllen- dorf), nördlichster Standort [Bojanowo: Meline (C. Scholz)]. 106 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. A. arenarius L. Ruhland: am Sorgeteich bei Guteborn (A. Schulz); die var. glabrescens Rchb. Grünberg: Ochelhermsdorf (Schröder). Ornithopus perpusillus L. bei Ruhland nicht selten (A. Schulz). Vieia silvatica L. Kupferberg: Bleiberge bei Jannowitz, unweit des alten Kalkbruchs, bis 480 m!!; Schweidnitz: Goldner Wald am Geisler-Denkmal, Abhänge der Kynsburg (Schöpke); Münsterberg: Reu- mener Wald! (Kruber). V. cassubica L. Liegnitz: Elbrandshöhe bei den Berghäusern (Figert). € V. lathyroides L. Schweidnitz: Würbenschanze! V. tenuifolia Rih. Reichenbach: Gierlachsdorf!!; Falkenberg: Felder bei Scheppanowitz! (Seidel); Breslau: zwischen Gr.-Tinz und Bohrau!, Rankau!, Schönborn! Lathyrus tuberosus L. Grünberg: zwischen Droschkau und Prittag am Straussberge in Hecken! (Kleiber); Schweidnitz: Tunkendorf, Nieder- Grunau, am Költschenberge (Schöpke); Proskau: zwischen Winau und Gorok! (Richter); Stroppen: gegen Konradswaldau!; Breslau: Bischwitz a. B. (Kionka). L. paluster L. Grünberg: Ochelwiesen südlich von Ochelhermsdorf; (Schröder), breit- und schmalblättrige Formen; Glogau: Weidisch an mehreren Stellen! (Runge). L. niger (Z.) Wimm. v. heterophyllus Ue. Zobten: zwischen dem Karlsberg und den Oelsner Bergen! Geum rivale L. v. pallidum Bl. [Bojanowo: Grüner Garten (C. Scholz)]. Aruncus silvester Kostel. Nimptsch: in einer Waldschlucht öst- lich von Pangel!! G. rivale X urbanum @. Mey. in der bei uns selteneren Form G. Willdenowii (Buek) in Kauffung bei Schönau! (W. Scholz); Strehlen: in Häbsch bei Ruppersdorf! (Kruber). [Bojanowo:] Priebusch, auf schles. Gebiet (C. Scholz). Rubus suberectus Anders. Ruhland: Wald hinter dem Schlosse von Guteborn!!; Teschen: Grabina und sonst, nicht gerade selten (Kotula). R. nitidus W. et N. Rothenburg O. L. und Uhsmannsdorf häufig! (Barber). Ä R. sulcatus Vest. Teschen: Mosty oberhalb der Grabina, bei Allodial-Ellgoth, in Ropitz, Bukowitz! (Kotula). R. ihyrsoideus Wimm. Görlitz: Landeskrone (Barber); Teschen: Trzynietz! und an andern Orten (Kotula). R. hirtus W. Kit. in der Görlitzer Haide unweit Kohlfurt spärlich! {Barber); Lauban: Hohwald (Derselbe), — Die var. Güntheri W. et N. Lauban: Buchberg im Hohwalde (Barber). DE ee 1 II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 107 R. orthacanthus Wimm. Teschen: auf einem Berge nördlich des Schlosses Ropitz (Kotula). R. Idaeus L. var. denudatus Schimp. et Spenn. Görlitz: an der Südseite des Kohlfurter Hammerteiches zahlreich!!; Guhrau: Nieder- Friedrichswaldau! (C. Scholz); Proskau: Waldrand links vom Wege nach -Ochotz! (Richter). Fragaria moschata Duch. Breslau: Jakobsdorf bei Kostenblut! F. collina Ehr. f. subpinnata Cel. Breslau: zwischen Kottwitz und Tschechnitz (Callier und Hellmann). Potentilla supina L. Grünberg: Dorfstrasse in Droschkau! (Kleiber), Ochelhermsdorf bei der Brennerei! (Schröder); Jauer: in Hermannsdorf spärlich! (Figert); Schweidnitz: in Schönbrunn und Wilken (Schöpke); Brieg: Dorfanger in Klein-Leubusch! (Seidel); Strehlen: Ruppersdorf!, Friedersdorf! (Kruber); Nimptsch: Heidersdorf, Langenöls (Derselbe). P. norvegica L. Ruhland (A, Schulz), z. B. viel in dem trocken- gelegten Narwatschteich bei Guteborn (Ascherson)!!; Lüben: am Bahn- hofe Vorderheide! (Figert); Schweidnitz: Torfwiesen bei Eckersdorf (Schöpke). P. rupestris L. Nimptsch: Hartebusch bei Jeseritz! P. recta L. Görlitz: Rain am pomologischen Garten!, ob wild? (Barber); Schweidnitz: Mauer des Kreisauer Schlosses (Schöpke); Strehlen: Töppendorf! (Kruber). P. canescens Bess. Jauer: bei Mochau an Wegrändern und auf Kleeacker! (Figert); Strehlen: Ruppersdorf mehrfach!; Wansen: Weg nach den Meschwitzer Wiesen! (Kruber); Brieg: Feldraine bei Klein- Leubusch! (Seidel). P. Wiemanniana Guenth. et Schum. um Kontopp!; Neusalz: Oder- damm bei Tschiefer! (Hellwig); Goldberg: Ernestinenthal selten! (Figert) ; Trachenberg: Kiefernwald bei Kendzie! (Schwarz) mit schwacher Be- kleidung der Blattunterseite; Brieg: Chausseeränder gegen Klein - Leu- busch! (Seidel), P. silesiaca Uechtr. Kontopp: am Mesch-Lug! (Hellwig); — Roncken, Saborwitz [bei Bojanowo mehrfach (C. Scholz)]. P. anserinaL. var. sericea Kch. Ingramsdorf, gegen den Pitschen- berg (Uechtritz 1886) [Bojanowo: Grüner Garten (C. Scholz)]. P. arenaria Borkh. im nördlichen Gebiete bei Grünberg: Oder- abhänge zwischen Milzig und Hammer zahlreich! (Kleiber). P. procumbens X reptans (P. mixta Nolte). Ruhland: Elster- damm (A. Schulz), nordwestlich Guteborn an einem Wegrande!!; Kreuz- burg: Gross-Lassowitz!! P. procumbens Sibth. Lauban: Hohwald bei Lichtenau (Barber); Bunzlau: zwischen Aslau und Kaiserswaldau!; Liegnitz: im Bienowitzer 108 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Grossteich nicht selten!; Schönau: Beersteine bei Ketschdorf! (Figert); Trachenberg: feuchter Kiefernwald bei Korsenz! (Schwarz); Oderberg: im Walde nordöstlich vom Bahnhofe! (Kotula), P. silvestris Necker var. strictissima (Zimmeter) im Iserge- birge bei Gross-Iser unweit der Försterei!! Agnetendorfer Schneegrube! — var, fallax Marss. Breslau: Obernigk (Callier). Militsch: Tschechen- hammer (C. Scholz). P. alba L. Proskau: Waldrand bei Przyschetz! (Richter), ob iden- tisch mit Grabowski’s Angabe „Proskauer Wald‘“?; Keltsch, am Wege nach Radun spärlich! (M. Fiek). Alchemilla fissa Schumm. Am Wege nach der Agnetendorfer Schneegrube, etwa 100 m unter dem Eingange in dieselbe (Hager u. Sch.). Agrimonia Eupatoria L. var. fallax Fiek. Oderwald bei Grün- berg!; Carolath! (Hellwig). A. odorata Mill. Schönau: auf einer Waldwiese bei Rosenau! (W. Scholz), erster Standortim Vorgebirge. [Bojanowo: Pakowko! (C. Scholz)]. Rosa alpina L. Jauer: Küchenberg bei Moisdorf! (W. Scholz); Kupferberg: Röhrfelder auf Rainen (Bittermann). R. dumetorum Thuill. Strehlen: Sandgrube bei Ruppersdorf! (Kruber); Friedek: Skalitz; Teschen; hie und da (Kotula). R. coriifolia Fr. Teschen: auf dem Chelm bei Golleschau (Kotula) [Bojanowo: Grüner Garten (C. Scholz)]. R. sepium Thuill. var. inodora (Fr.). Goldberg: auf dem Wolfs- berge! (W. Scholz), hier mit auffällig grossen Blättchen; Hirschberg: Abruzzen spärlich! (M, Fiek); Guhrau: Saborwitz, Ronikau! (C. Scholz); diese durch den etwas verlängerten, schwach bekleideten Griffel einen Uebergang zum Typus darstellend; Friedek: Skalitz, gegenüber Dobra! (Kotula). Epilobium Dodonaei Vill. (p. p.). Strehlen: Kalkbruch bei Geppers- dorf (Kruber!, Kinscher), wohl durch Samenanflug; Kiesbänke der Ostra- witza am Fusse der Lissa Hora! (Wetschky). E. collinum Gmel. Schweidnitz: Abhänge bei Weizenrodau, Nitschendorfer Steinbruch! (Schöpke). E. Lamyi F. W. Schulz. Goldberg: auf Kies der Katzbach!, Steinberg häufig in Feldgräben!; Mochau, Kreis Jauer, auf einem Klee- felde! (Figert); Teschen: bei der Eisenbahnstation Chybi! (Kotula). E. obscurum Rchb. Ruhland: Zuflussgräben zum Sorgeteich bei Guteborn!!; Friedeberg: Gebhardsdorf!!; Steinkunzendorf im Eulenge- birge! (Schöpke); Strehlen: Ruppersdorf! (Kruber); Proskau: Wald bei Schimnitz! (Richter). E. anagallidifolium Lmk. Weisswassergrund, Mädelwiese im Riesengebirge (Barber). II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 109 E. montanum X obscurum (E. aggregatum CIk.). Jauer: in Pombsen viel (Figert). E. parviflorum X roseum Krause. Proskau: Althammer bei der Schleifmühle! (Richter). E. montanum > parviflorum (E. limosum Schur.). Schönau: Polnisch-Hundorf; Jauer: Pombsen! (Figert). E. montanum X roseum (E. heterocaule Borb.). Schönau: Katz- bachufer bei Neukirch!, in Conradswaldau!; Jauer: Pombsen! (Figert). E. palustre X roseum (E. purpureum Fr.). Schönau: Polnisch- Hundorf! (Figert). E. obscurum X palustre (E. Schmidtianum Rostk.). Hirsch- berg: im Lomnitzer Torfbruche!! E. adnatum X palustre (E. Laschianum Haussk.). Liegnitz: Freiheit bei Kunitzer Weiche! (Figert). —+ Oenothera muricata L. Görlitz: in der Ponte! (Barber). Trapa natans L. Grünberg: Boyadler See! (Kleiber), nördlichster Standort. Lythrum Hyssopifolia L. Teschen: feuchte Aecker bei Darkau und Freistadt (Kotula). Zweiter Standort in Oester.-Schlesien. Montia rivularis Gmel, in der westlichen Ebene auch bei Ruh- land: Zuflussgraben zum Sorgeteich mit Stellaria uliginosa!! (A. Schulz). Im Riesengebirge nahe bei den Leierbauden (Kionka). Herniaria hirsuta L. Grünberg: Brachäcker gegen Heinersdorf! (Hellwig). Illecebrum verticillatum Z. Diese westliche Art erwähnt Wimmer (Fl. v. Schlesien, ed. III) zwar als bei Pless ‚und Teschen‘‘ vorkommend, ohne näheren Standort; Kolbenheyer wiederholt einfach diese Angabe, welche jedoch bisher weder von ihm, noch von Andern bestätigt wurde. Heuer beobachtete sie Herr Notar Kotula und sein Sohn, Professor Bol. Kotula, bei Piersna nördlich der Station Petrowitz!, welches also der erste sichere Standort für Oesterr.-Schlesien ist. Sedum villosum L. in der Görlitzer Haide auf den Tschirnewiesen bei Kohlfurt!! und am Hammerteiche daselbst! (Barber). S. alpestre Vill. sehr häufig in der Umgebung der oberen Teufels- wiesenbaude (Barber). Sempervivum soboliferum Sims. Görlitz: Felsen am Neisse-Via- duct (Barber): Grünberg: Kiefernwald zwischen Gross-Lässen und Läsgen (Dr. Seler); Silberberg: Schönewalde (Schöpke); Lissa-Hora auf halber Höhe (Kotula). RibesGrossularia L. Nimptsch: Waldschlucht östlich von Pangel!!; Eulengebirge: Gebüsche vom Hahn bei Leutmannsdorf bis Alt-Frieders- dorf (Schöpke); Glatz: Rother Berg (Kinscher), Hutstein!! 110 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Hydrocotyle vulgaris L. Breslau: hinter den Waschteichen (Hieronymus und Sch.). Dritter Standort im Kreise und nächster an der Stadt. Sazxifraga moschata Wulf. am Gipfel der Schneekoppe im Juli 1890 ein Räschen! (Dr. Petzold), gewiss nur angepflanzt. Chrysosplenium oppositifolium L. Goldberg: Nieder-Schellen- dorf! (Figert). Falcaria vulgaris Bernh. Teschen: Aecker bei Mönnichhof (Kotula), neu für das Teschener Ländchen. Breslau: Jagatschütz bei Prausnitz! Carum Carvi L. f. atrorubens Lge. Breslau: zwischen Rankau und Naselwitz! Pimpinella Saxifraga L. var. nigra (Willd.) Grünberg: Sauer- mann’s Mühle bei Läsgen (Ascherson). — Var. dissecta (Retz.) Görlitz: am Viaduct (Barber), Gipfel der Landeskrone! Oenanthe fistulosa L. Ruhland: Zuflussgraben zum Sorgeteich bei Ruhland!! | Seseli Libanotis (L.) Koch. Guhrau: Triebusch, Saborwitz [Boja- nowo: Tarchalin (C. Scholz). Neu für die rechte Oderseite in Nieder- Schlesien. Glatz: Hausberg bei Raumnitz (Kinscher). Cnidium venosum (Hffm.) Koch. Strehlen: Karischer Mergel- löcher! (Kruber). Angelica silvestris L.var. montana (Schleich.). Schmiedeberg: Waldhügel zwischen Buchwald und Fischbach !! Heracleum Sphondylium L. v. conforme Mnch. Waldenburg: am langen Berge (Felsmann). Archangelica officinalis Hffm. Melzergrube im Riesengebirge (Barb.). Laserpitium prutenicum L. var. glabrum Wallr. Jauer: Mochau! (Figert); Schweidnitz: Gebüsche bei Ober-Bögendorf!, Ober- Weistritz (Schöpke); Strehlen: Lehmberg bei Geppersdorf, Krummendorfer Forst! (Kruber). Chaerophyllum bulbosum L. Görlitz: an der Pliesnitz bei Tauch- ritz!, Bahndamm bei Moys (Barber); Schweidnitz: Gebüsche bei Wilkau, Zülzendorf, Nieder-Grunau, Käntchen (Schöpke). Ch. aromaticum L. Breslau: Kriechen (Uechtritz 1886). Conium maculatum L,, verbreitet in einigen Flussthälern des Vorgebirges, um Lähn: viel an den steilen Abhängen des Lehnhaus- berges!!; Schönau: Conradswaldau, Hermannswaldau, Reichwaldau; Jauer: Pombsen gemein (Figert); Bolkenhain: bei Waltersdorf!!; Schweidnitz: Zülzendorf (Schöpke). Sambucus Ebulus Z. Görlitz: Leopoldshain, wohl verwildert (Barber), II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 111 Lonicera Xylosteum L. Guhrau: sparsam in einem Laubwäldchen bei Triebusch! (C. Scholz), vielleicht aus dem nahen Parke; Silberberg: Festungswerke, Strohhaube und Donjon! (Schöpke). Asperula tinctoria L. Zobten: am Geiersberg bis nahe an die Silsterwitzer Strasse herabsteigend! A. Aparine Schott. Proskau: Wilhelmsburger Wald! (Richter). Galium vernum Scop. um Zawadzki überall! (M. Fiek); Teschen: südlich der Fasanerie von Goldau, Olsaufer in Darkau, Teichdämme bei Zawada nördlich von Freistadt (Kotula). G. silvestre Poll. Zobten: zwischen Silsterwitz und Striegelmühl!, mit var. Bocconei (All). G. elongatum Prsl. Strehlen: Ruppersdorf (Kruber). G. silvaticum L. Grünberg: Laesgen! (Hellwig) bei Sauermanns Mühle (Ascherson); Guhrau: Nieder-Friedrichswalde! (C. Scholz); Glatz: Rengersdorf am Hutstein!! G. Wirtgeni F. Schz. Wansen: Gebüsch bei Kauschwitz! (Kruber). G. Schultesii Vest. Michelsdorf bei Wüstewaltersdorf! (Schröder). Valeriana officinalis L. var. angustifolia (Tsch.). Reichen- bach: Berge zwischen Ober-Peilau und Gierlachsdorf sehr ausgeprägt!!; Oppeln: Wiese südlich von Königl. Neudorf! (Schmidt). V. polygama Bess. Sandowitz, Kreis Gross-Strehlitz! (M. Fiek); Teschen: Niebory! (Kotula). Dipsacus laciniatus L. Teschen: Boguschowitz am Steinbruch in Kempki (Kotula). Knautia arvensis (L.) Coult. var. integrifolia W. Gr. in einer stark rauhhaarigen, der K. silvatica durchaus ähnlichen Form am Mühl- berg bei Wüstewaltersdorf! (Schröder). — Var. campestris (Bess.). Görlitz: Radmeritz, Nieda (Barber); Grünberg: Poln.-Kesseler Strasse! (Hellwig); Glogau: Gurkau! (Müllendorf). Scabiosa suaveolens Desf. Zawadzki; an der Chaussee nach Kolonowska, und Forst Koschmieder gegen Zawadzki! (M. Fiek). Eupatorium cannabinum L. v. indivisum DC. Prausnitz: Jagat- schütz ! Erigeron acer L. var. droebachiensis (0. F. Müller). Ab- hänge bei Erbersdorf im Gesenke! (Wetschky). Solidago virga aurea L. in einer der var. alpestris (W. Kit.) sehr nahe kommenden bis 20 em hohen Form im Schwarzbachthale an der Eule! (Schöpke). Inula vulgaris Lmk. (J. Conyza DC.). Schweidnitz: Butter- milchweg bei Kletschkau (Schoepke); Glatz: Hausberg, Burgstädtel (Kinscher). — Rudbeckia laciniata L. Rothenburg O.L., Uhsmannsdorf am Schöpsflusse (Barber); Görlitz: Rengersdorf! Grünberg: Laesgen (Ascherson); 112 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Schweidnritz: an der Peile bei Kreisau; Silberberg: Dorfbach bei Schön- walde (Schöpke); Strehlen: Ohleufer bei Krippitz! (Kruber). Bidens tripartitus L. var. integer C. Koch. Breslau: Pirscham, Carlowitz (Kionka); Strehlen: Ruppersdorf! (Kruber). Trachenberg: bei Gross-Bargen in sehr kräftigen Exemplaren (Schwarz). —+ Galinsoga parviflora Cav. Rothenburg O.L.: Tormersdorf; Görlitz: Moys, Tauchritz (Barber); Kohlfurt, Waldrand an der Chaussee!!; Jauer: auf Schutt in der Vorstadt! (W. Scholz); Prausnitz: Chaussee- rand vor Gellendorf! Filago canescens Jord. Schweidnitz: Aecker bei Polnisch- Weistritz und Burkersdorf! (Schöpke). Gnaphalium norvegicum Gunn. Eulengebirge: Ascherkoppe, am kalten Plaenel nach Volpersdorf zu (Schöpke). Achillea Millefolium L. var. lanata Koch. Grünberg: Abhänge bei Laesgen! Halbmeilemühle! (Hellwig). Eine der var. alpestris W. Gr. (A. sudetica Opiz) sich sehr nähernde Form mit fast 3 fach fieder- schnittigen untern Blättern und braunberandeten Hüllschuppen am Grenz- hau auf der Eule! (Schöpke). Anthemis tinctoria L. Schweidnitz: auf Schutthaufen verw. (Schöpke); Glatz: Birgwitz (Kinscher). A. ruthenica M. B. Glogau: häufig auf Steinhaufen längs der Chaussee bei Tschopitz! (Runge) und ebenso nicht selten weiterhin bei Mosswitz (Müllendorf). —- Matricaria discoidea DC. Görlitz: Bahnhof Nikrisch! (Barber); Lüben am Bahnhofe! (Figert); Schweidnitz: Dorfstrasse in Leutmannsdorf (Schöpke). Breslau: vor der Hundsfelder Brücke!, auf Acker bei der Scheitniger Schule! Chrysanthemum corymbosum L. Wansen: Niemener Haide!; Strehlen: Krummendorfer Forst! (Kruber). C. Leucanthemum L. mit ungewöhnlich (bis 23 mm) langen Strahl- blüthen bei Grünberg: am Seegraben bei Zahn! (Kleiber), ebenso bei Ketschdorf, Kreis Schönau, am Beersteine häufig! (Figert). Senecio crispatus DC. (ampl.). Jauer: bei Mochau! (W. Scholz); Proskau: am Nadamatz-Teiche! (Richter); um Keltsch mehrfach! (M. Fiek). S. Jacobaea L. var. discoidea W. Gr. Liegnitz: Bruchwiese hinter Sophienthal sehr sparsam! (Figert). S. barbaraeaefolius Krocker. Moorwiesen bei Kontopp mit blass- gelben Strahlblüthen! (Hellwig); Oderwald bei Sabor! (Müllendorf); Althammer bei Proskau! (Richter); Teschen: zwischen Trzynietz und Niebory! (Kotula). S. Fuchsii Gmel. Görlitz: Hennersdorfer Teiche (Barber) ; Breslau: Wald am Jungfernsee bei Kottwitz! (Kionka); Schweidnitz: Gebüsche II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 113 bei Teichenau, Zülzendorf, Käntchen (Schöpke); Strehlen: bei Kausch- witz! (Kruber). S. fluviatilis Wallr. Oderberg: Oderufer! (Kotula).. Am Olsa- ufer bei Teschen seit Kolbenheyer nicht wieder gefunden. Carlina acaulis L. Görlitz: bei Moys am Jäkelsberge und am Jägerwäldchen (John t. Barber); Gross-Strehlitz: Ruinenberg bei Schimi- schow! (Schmula). — Im Riesengebirge aufsteigend am Korkonosch bis 1150 m!!, an der Kesselkoppe bis 1230 m!! — Die var. caulescens (Lmk.) bei Schweidnitz: Nitschendorfer Steinbruch, Seilerhöhe bei Ober- Weistritz; Silberberg: Festungswerke (Schöpke); Landeck: Winkelsdorf, hier bis 35 cm hoch (Kionka). Cirsium oleraceum (L.) Sep. v. amarantinum Lg. Gesenke: Ober-Thomasdorf (Hieronymus). C. heterophyllum (L.) All. Schweidnitz: Waldschläge oberhalb der goldnen Waldmühle (Schöpke). C. rivulare (Jacqg.) Lk. in der nordwestlichen Ebene auch bei Bunzlau: Siegersdorf! (Müllendorf). C. canum (L.) Mnch. Breslau: Gross-Nädlitz (1886 Uechtritz). 0. canum X oleraceum. Striegau: Parkwiesen von Muhrau (Schöpke); Wansen: an den Meschwitzer Wiesen! (Kruber). Breslau: vor dem Wolfskretscham! Zobten! C. canum X palustre. Striegau: Parkwiesen von Muhrau (Schöpke). C. oleraceum X acaule. [Bojanowo: Pakowko, Grüner Garten (C. Scholz)]. C. heterophyllum X palustre auf einer Waldwiese in Öber- Flinsberg! (Schöpke), dem C. heterophyllum näher stehend; in einem Seiten- thälchen des Zackenthales oberhalb Petersdorf!! C. oleraceum X palustre. Hirschberg: Cunnersdorf!!, im Sattler! (M. Fiek), um die Katzbachquelle bei Ketschdorf! (Figert); Schweidnitz: Wilkau, Merkelshöhe! (Schöpke); Wansen: Kauschwitzer Wiesen! (Kruber). Breslau: Schimmelwitz! Carduus crispus L. Guhrau: Triebusch! (C. Scholz); Schweidnitz: Gebüsche bei Eckersdorf, Zülzendorf, Teichenau, Nitschendorf (Schöpke) ; Strehlen: Tschanschwitz; Wansen: Kallen (Kruber). C. Personata Jacg. floribus albis um die Kesselbaude im Riesen- gebirge!! Der Typus am Viaduct bei Görlitz (Barber), wohl aus dem Wittichthale herabgeschwemmt. C. acanthoides L. albiflorus. Althammer bei Proskau! (Richter). C. acanthoides X crispus. Liegnitz: Vorwerke an der Jauer- strasse! (Figert). C. acanthoides X nutans. Schönau: Neukirch 1 Exemplar! (Figert). ‚ti 114 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Lappa minor X offieinalis. Liegnitz: Gross-Wandris (Figert); Schweidnitz: in Wilkau! (Schöpke). L. minor X tomentosa Ritschl. Schweidnitz: in Wilkau! (Schöpke). L. offieinalis X tomentosa (L. ambigua Cik.). Schweidnitz: in Weizenrodau! Wilkau! (Schöpke). Centaurea Phrygia L. fl. suec. Reichenbach O. L.: Stiftswald an der „Kanone“! (Barber); Weissstein bei Waldenburg; Schweidnitz: Gebüsche bei Käntchen! Waldwege bei Leutmannsdorf! (Schöpke). ©. Pseudophrygia C. A. Mey. Görlitz: Wiesen bei Tauchritz häufig (Barber); Schmiedeberg: zahlreich auf Wiesen zwischen Busch- vorwerk und Harthe!! —+ C. Caleitrapa L. beim Grenzadler zwischen [Logau und] Gross- Lessen von Lüddecke noch 1882 gefunden, seitdem nicht mehr. Cichorium Jniybus L. var. subspicatum Uechtr. um die Ziegelei bei Exau, Kreis Wohlau! (Schwarz). Thrincia hirta L. Ruhland: zahlreich in dem trocken gelegten Narwartschteiche bei Guteborn (Ascherson)!!;, um den Schorlteich bei Hermsdorf!!; Grünberg: an der Ochel bei Ochelhermsdorf! (Schröder). Tragopogon maior Jacg. Grünberg: am Bahnhofe bei Beuchels Fabrik! (Hellwig); Oppeln: Kalkfelder bei Gogolin! (Schmidt), neu für Ober-Schlesien. T. orientalis L. Strehlen: Wiesen am Kirmesbusch bei Ruppers- dorf! (Kruber); Nimptsch: Chausseeränder gegen Gierlachsdorf!! und namentlich gegen Woislowitz!! und Diersdorf zahlreich!! Scorzonera humilis L. Breslau: Hauffener Wiesen!, auch spär- lich im Walde zwischen Hauffen und Liebenau! Hypochoeris glabra L. Rothenburg O. L.: kiesige Aecker bei Dittmannsdorf, Uhsmannsdorf!(Barber) ; Wansen : Niemener Haide! (Kruber.) Achyrophorus maculatus (L.) Scp. Nimptsch: Hartebusch bei Jeseritz! Lactuca Scariola L. Glatz: Rengersdorf (Kinscher); Oderberg;: beim Bahnhofe (Kotula). Sonchus arvensis L. var. uliginosus (M. B.). Grünberg: Ochel- hermsdorf unter der Grundform! (Schröder); Strehlen: Baumgartbusch bei Ruppersdorf! (Kruber). Breslau: Gross- und Klein-Nädlitz, auch gegen Zindel und Kriechen, mit zahlreichen Uebergängen zur Grundform (1886 Uechtritz). [Bojanowo: Grüner Garten (C. Scholz).] Mulgedium alpinum (L.) Cass. Eulengebirge: Schwarzbachthal bei Euldörfel (Schöpke). Waldenburg: Hochwald bei Gottesberg (W, Scholz). Crepis succisaefolia Tsch. Schweidnitz: Torfwiesen bei Eekersdorf (Schöpke); Reichenbach: Ober-Peilau!!, Gierlachsdorf!! — Die Hoch- II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 115 gebirgsform (Hieracium ceroaticum W. K.) im Klausengrunde des Riesen- gebirges (K. Knaf 1872). C. biennis L. var. integrifolia Uechtr. Görlitz: Biesnitzer Thal (Barber). Hieracium Pilosella L. var. niveum Müller Aarg. Grünberg: Ochelhermsdorf! (Schröder). H. floribundum W. Gr. Teschen: am Eisenbahndamm bei Chybi! (Kotula). | H. echioides Lumn. Grünberg: Polnisch-Nettkow in einer Schonung an der Strasse nach Rotenburg nicht häufig! (Hellwig). Auch in der Prov. Brandenburg mehrfach an Bergen des Oderthales, aber erst von Frankfurt abwärts. Neu für den Reg.-Bez. Liegnitz, H. suecicum Fr. [Bojanowo: Pakowko (C. Scholz)]. H. Auricula X Pilosella. Sirehlen: Geiersgrube bei Ruppers- dorf! (Kruber). [Bojanowo: Pakowko (C. Scholz).] H. pratense X Pilosella. Haynau: Reisicht an der Eisenbahn! (Figert); Karlsbrunn im Gesenke auf der Spielwiese am Wege nach Wilhelmsthal (Oborny, als H. prussicum N. P.). | H. praealtum X Pilosella. Jauer: Fuss der Hessberge bei den Buschhäusern (Figert). H. pseudoalbinum Uechtr. in einer sehr kräftigen, stärker be- kleideten, bis 8 blättrigen, vielköpfigen Form im oberen Theile des Langen Grundes! (Schöpke). H. Purkynei CIR. Kesselkoppe im Riesengebirge spärlich! (Öela- kowsky jun.), hier armköpfiger als die Exemplare vom Kahlen Berge. H. vulgatum Fr. var. fastigiatum (Fr.) —= var. latifolium W. Gr. Hirschberg: Böschungen der Greiffenberger Chaussee vor der Eisenbahn zahlreich! (G. Schneider); Schweidnitz: Nitschendorfer Stein- bruch! (Schöpke). H. Schmidtii Tsch. Pantschewiese im Riesengebirge (Celak. jun.). H. inuloides Tsch. Pantschewiese (Celak. jun.). H. laevigatum W, a) tridentatum (Fr.) var. grandidentatum Uechir. Teschen: Gnojniker Wald! (Kotula). H. barbatum Tsch. Vorberge des Gesenkes um Erbersdorf häufig! (Wetschky). H. umbellatum L. var. aliflorum Fr. sehr schön ausgeprägt bei Strehlen: Kirmesbusch bei Ruppersdorf! (Kruber). — var. coronopifolium (Bernh.) Grünberg: Kiefernforst bei Semmlers Lug unweit Pirnig! (Hellwig). Campanula latifolia L. [Buchberg im Isergebirge (Öelakowsky Jun.,]; Nordseite des Korkonosch (Kionka); Schmiedeberg: Gebüsche am Langwasser zwischen Buschvorwerk und Harthe viel!!; Nimptsch: Höllen- grund!!; Strehlen: Glambach (Kruber); Jauer: Moisdorfer Grund, spärlich! - + 116 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. C. Trachelium L. f. parviflora Cel. Breslau: Lissa! — Auch von C. persicifolia L. findet sich nicht eben selten, z. B. mehrfach in der Zobtengruppe (!), eine analoge Form mit noch nicht halb so grossen Blüthen als an der Grundform. C. Rapunculus L. Görlitz: Wiesen und Gesträuch in den Hage- spihlschen Anlagen bei Gross-Krauscha, wohl kaum einheimisch! (Barber). Oxycoccus palustris Pers. Friedersdorfer Berge bei Wüste- waltersdorf! (Schröder); Kupferberg: Rohrlach (Chaussy 1884). — var. mierocarpus (Turcz.) am Wohlen-See in der Görlitzer Haide (Barber). Arctostaphylus uva ursi (L.) Spr. Ruhland: Wald gegen Frauen- dorf (A. Schulz); um Zawadzki! und Keltsch! mehrfach (M. Fiek). Monotropa Hypopitys L. v. glabra Rtz. [Bojanowo: Grüner Garten (C. Scholz)]. Erica Tetralix L. Ruhland: Hermsdorf! (Prof. Drude), Hohen- bocka an torfigen Stellen! (Derselbe). Pirola chlorantha Sw. Breslau: Hauffener Wiesen! Ligustrum vulgareL. Teschen: an Bergen nördlich vom Ropitzer Schlosse!, an der Jasienowa bei Golleschau (Kotula). Vinca minor L. Schweidnitz: am Hahn bei Leutmannsdorf (Schöpke); Münsterberg: Reumener Wald (Kruber). Breslau: Rathen! Freiwaldau: am Gemärke! Freudenthal: zw. Wolkendorf und Bennisch! Menyanthes trifoliata L. Breslau: Schweinern! Gentiana Pneumonanthe L. Ruhland (A. Schulz), z. B. Haidewiesen zw. Vorwerk Hermsdorf und Guteborn!!, Hohenbocka gegen Niemitsch! (Prof. Drude); Hartmannsdorf, Kreis Freistadt, auf Droschhaidau zu mit der var. latifolia! (Schröder). Breslau: Sibyllenort, gegen Peuke (Hieronymus) ! G. eiliata L. Jauer: Willmannsdorfer Kalkberge! (W. Scholz); Schönau: zwischen Cammerswaldau und Tiefhartmannsdorf bei der Hundskirche (Bittermann); Glatz: Weisskoppe, Hausberg (Kinscher); Fried- land am Fusse der Lissa Hora! (Wetschky). G. campestris L. Schweidnitz:im Laser bei Ober-Bögendorf (Staats t. Schöpke); mit gelblich-weissen Blüthen im Höllengrunde am Kynast!! — Zwischen Saalberg und Agnetendorf (Hieronymus)! G. Amarella L. Grünberg: Wiesen bei Mittel - Ochelhermsdorf! (Schröder als @. campestris). Kelchzipfel an den übersandten Exemplaren ungleich, 1 bis 2 grösser als die andern; Blüthen sämmtlich vierzählig, aussen ganz oder wenigstens gegen die Spitze hin gelblich gefärbt. — [Bojanowo: Grüner Garten (C. Scholz)]. G. germanica W. Hausdorf bei Waldenburg, auf Taschendorf zu! (Schröder); Wartha: im Passe (Kinscher). Asperugo procumbens L. Schweidnitz: Sandgrube bei Kroisch- witz (Schöpke). ll. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 117 Zappula Myosotis Mnch. Nimptsch: auf Mauern in Pangel viel!! Cynoglossum officinale L. Hohenposeritz! Nonnea pulla (L.) DC. Gross-Strehlitz: Aecker zwischen Bahn- hof und Dorf Schimischow! (Schmula). Solanum Dulcamara L. var. assimile Friv. Breslau: Klein- Weigelsdorf! Myosotis sparsiflora Mik. Breslau: Bischwitz am Berge (Kionka); Teschen: Grabina an der Kaiserstrasse! (Kotula). Lithospermum arvenseL.fl. coeruleo. Nimptsch: am Johnsberg! + Lycopersicum esculentum Mill. Liegnitz: Schuttplätze auf dem Gansebruch mehrfach! (Figert). Atropa Belladonna L. Bergabhänge bei Erbersdorf im Ge- senke! (Wetschky). Verbascum phlomoides L. Schweidnitz: Berglehnen bei Ober- Bögendorf! (Schöpke); Proskau: wüste Stellen um die Brennerei! (Richter). Breslau: Kl.-Weigelsdorf! | | V. nigrum L. var. lanatum (Schrad.). Schweidnitz: Wegränder bei Seiferdau! (Schöpke). V. phoeniceum L. Nimptsch: zwischen Rudelsdorf und Heiders- dorf an der Strasse! (Kruber). V. BlattariaL. Strehlen: Glambach, Wegränder bei Ruppersdorf mit f. albiflora! (Kruber). Breslau: zwischen Hundsfeld und Görlitz!, Sackerau! V. Thapsus X nigrum. Goldberg: Hermsdorf am Bade!, Katz- bachufer bei Neuländel! (Figert); Schönau: Neukirch auf dem alten Kirchhofe! (Derselbe). V. thapsiforme X nigrum. Grünberg: Boyadel! (Hellwig). Scrophularia alata Gilib. Strehlen: Gräben in Ruppersdorf! (Kruber); Teschen: Wassergräben südlich der Fasanerie von Guldau, zahlreich an den Ufern des Bobröwka-Baches unweit Bobrek! (Kotula). + Linaria Cymbalaria (L.) Mill. Schweidnitz: in Ober- Weistritz häufig (Schöpke); Wüstegiersdorf an einer Mauer des Schaff- schen Gartens!, Mauern der Hielscher - Brücke bei Wüstewaltersdorf! (Schröder); Landeck: Mauern im Bade (Kionka). — Zobten: an einer Mauer! An der Nordseite von Schloss Fürstenstein!, hier von Uechtritz schon 1854 gesammelt. L. Elatine (L.) Mill. Grünberg: Lehmäcker zwischen Droschkau und Loos! (Kleiber); Lüben nicht selten, z. B. Gross-Krichen, Altstadt (Figert); Teschen: Aecker am Steinbruch in Kempki; Zawada bei Frei- stadt! (Kotula); Troppau: Schönbrunn! (Wetschky). Zobten: Prschie- drowitz!, auch mit dreisporniger Pelorie. L. spuria (L.) Mill. Brieg: Aecker bei Klein-Leubusch! (Seidel). L. arvensis (L.) Desf. Grünberg: Droschkau gegen den neuen Kirchhof! (Kleiber), Drosehaidau, Kreis Freistadt! (Schröder); bei 118 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Löwen zahlreich! (Seidel); Proskau: Jaschkowitz! und Wilhelmsburg: (Richter). —+ L. genistifolia (L.) Mill. Schweidnitz: Nitschendorfer Granit- bruch! (Seidel); verschleppt oder angesät? Gratiola officinalis L. Ruhland: Dürrbachgraben!! und Zu- flussgraben zum Sorgeteich!!; Neumarkt: Wültschkau sehr häufig um den Grossteich (Figert); feuchtes Gebüsch hei Seiferdau, Kreis Wohlau! (Schwarz). | —+- Digitalis purpurea L. im Riesengebirge unweit des Kochel- falles! (M. Fiek) und zahlreicher im Eulegrunde (Kionka)!! hier auch weissblühend (Liebig). An diesen Stellen gewiss nicht eingeschleppt, sondern angesät, D. ambigua L. Münsterberg: Reumener Wald (Kruber); Proskau, Wilhelmsburger Wald! (Richter). Veronica scutellata L. var. pilosa Vahl (V. Parmularia Poit. et Turp.). Ruhland: zahlreich und ohne die Grundform in dem abgelassenen Narwatschteich bei Guteborn!! (Alwin Schulz), weniger ausgeprägt am Schorlteiche mit dem Typus!! In der Oberlausitz doch wohl noch an anderen Stellen vorhanden. V.montanaL. Ruhland: Wäldchen südlich von Guteborn (A. Schulz); Teschen: Skalitz vor Friedek! (Kotula). V. Teucrium L. Reichenbach: Tschammenberg bei Gierlachs- dorf!! Die var. minor Schrad. spärlich unter der Grundform bei Grün- berg: Läsgener Berge! (Hellwig). V. longifolia L. Ruhland: am Sieggraben (A. Schulz); Jauer: Herzogswaldau in Gräben! (W. Schulz); Wansen: Kallen (Kruber). V. spicata L. var. hybrida (L.). Grünberg: Ochelhermsdorf bei der Ende-Mühle mit dem Typus! (Schröder). Pedicularis palustris L. Görlitz: am Langen Teiche bei Henners- dorf in ungeheurer Menge, zum Theil in meterlangen Exemplaren (Barber). V. serpyllifolia L. Ein reichlich 40 em langes, stark drüsig bekleidetes Exemplar bei Canth: Wenig-Mohnau! Melampyrum cristatum L. Carolath: im Hegewalde viel! (Hellwig). Alectorolophus maior (Ehrh.) Rchb. var. hirsutus (All.). Schönau: Neukirch auf Kalkhügeln (Figert), viel bei Ober-Seifersdorf gegen den Rosengarten!! Orobanche caryophyllacea Sm. Nimptsch: Hohlweg gegen Pangel!! Mentha arvensis L. var. parietariifolia Becker. Neumarkt: Wültschkau! (Figert); Proskau: Waldrand bei Jaschkowitz! (Richter). M. aquatica X arvensis Wimm, Jauer: Mochau (Figert). ’ II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 119 Origanum vulgare L. Grünberg: Läsgen (Gärtner Wegner nach Ascherson); Schönau: Mühlberg bei Kauffung häufig (Bittermaun); Schweidnitz: Seilerhöhe bei Ober-Weistritz (Schöpke), Kynau am Burg- berge! (Schröder); Donjon bei Silberberg (Schöpke); Strehlen: Krummen- dorfer Forst! (Kruber). Salvia pratensis L. f. dumetorum (Andrzj.). Strehlen: Rup- persdorf (Kruber). — Diese gewiss nur auf Geschlechtsverhältnissen beruhende Abweichung dürfte wohl noch vielfach im Gebiet beobachtet werden; ich fand sie z. B. bei Rothsürben!, Sattkau!, Wiltschau!, Wirrwitz!, Naselwitz!, am breiten Berge bei Striegau! — Die Grund- form noch bei Canth: Sachwitz! und Stroppen: Heinzendorf! — var. rostrata (Schm.) bei Naselwitz! S. verticillata L. Zlattnig bei Proskau! (Richter); Kl.-Schimnitz!; Gross-Strehlitz: Ruinenberg bei Rosniontau! (Schmula). —+ Nepeta grandiflora M. B. Proskau: Althammer an einem Zaune! (Richter). Zweiter Fundort. Galeopsis speciosa Mill. Görlitz: in Menge an der Pliesnitz und den Teichen bei Tauchritz (Barber). Breslau: Bunkay! Galeopsis angustifolia Ehrh. Glatz: Rengersdorf (Kinscher). Proskau: geg. Kl.-Schimnitz! Melittis Melissophyllum L. Reichenbach: Girlberge!! und Eich- berg über Gierlachsdorf!!; Strehlen: Leichnamsberg; Münsterberg: Reu- mener Wald! (Kruber), Lamium maculatum L. albiflorum. Liegnitz: Alt- Beckern in einer Gruppe! (Figert). L. amplexicaule L.v. fallax Jgr. Guhrau: Saborwitz (C. Scholz). Stachys arvensis L. Ruhland auf feuchten Aeckern nicht selten (A. Schulz). S. annua L. Zlatinig bei Proskau! (Richter). Marrubium vulgare L. Breslau: Wüstendorf!, Kottwitz vor Auras! Chaeturus Marrubiastrum (L.) Rehb. Breslau: Bruschewitz! Betonica offieinalis L. floribus albis. Liegnitz: Schwarzwasser- bruch 2 Exemplare! (Figert). Scutellaria hastifolia L. Glogau: Brückenkopf (Runge). Ajuga genevensis X reptans. Liegnitz: Lindenbusch!, Katz- bachdamm hinter Schmochwitz! (Figert), letztere der A. reptans näher stehend, erstere eine deutliche Mittelform. Teucrium Scordium L. Breslau: zwischen Kriechen und Klein- Nädlitz (1886 Uechtritz). T.BotrysL. Gross-Strehlitz: Ruinenberg bei Rosniontau! (Schmula). + T. Scordonia L. Görlitz: an der Landeskrone ein Stock! (Barber). 120 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Utricularia intermedia Hayne. Görlitzer Haide: Sümpfe am Wohlen-See!!; Bunzlau: Aslau-Zisken in Torflöchern! (Figert). U. ochroleuca R. Hartim. (U. brevicornis CIk.) . Tschirnewiesen- sümpfe an der Kohlfurter Glashütte (Barber)!! U. minor L. Sümpfe der Tschirnewiesen bei Kohlfurt (Barber)!; Bunzlau: Aslau-Zisken! (Figert); Falkenberg: Torfstiehe bei Groditz und Schidlow! (Seidel). Pinguicula vulgaris L. Gesenke: an der Schäferei (Hellmann), zwischen dem Leiterberg und der Schweizerei (Prantl). — Lysimachia punctata L. in Wallgräben von Schweidnitz verw.! (Schöpke). Anagallis arvensis L. var. decipiens Uechtr. Grünberg: moorige Brachäcker bei Rother’s Seechen zahlreich! (Hellwig). Litorella juncea Bergius. Ruhland: Schorlteich (A. Schulz), jetzt nach dem Ablassen desselben von uns vergeblich gesucht; Hohen- bocka: neuer Teich bei Peichwitz! (Prof. Drude und Dr. Naumann). Plantago arenaria W. Kit. Ruhland: am Bahnhofe (A. Schulz)!, wohl verschleppt. Breslau: zw. Wildschütz und Gross - Weigelsdorf (Hieronymus)! Polycnemum arvense L. zwischen Gross- und Klein - Stanisch, Kreis Gross-Strehlitz! (M. Fiek). Chenopodium opulifolium Schrad. Oderberg: am Bahnhofe! (Kotula). Neu für das Teschener Ländchen. + 4A. oblongifolium W. Kit. Grünberg: bei Rother’s Seechen auf Schutthaufen! (Hellwig). Rumex maximus Schreb. Trachenberg: Gross-Bargen an einem tiefen Wassergraben! (Schwarz), hier ohne R. aqualicus L., der auf dem rechten Oderufer überhaupt fehlt. R. aquaticus L. an der Neisse bei Rothenburg; Görlitz: bei Tauchritz (Barber); Schweidnitz: Ober - Weistriizz am Weistritzufer (Schöpke). R. crispus X obtusifolius. Schönau: Neukirch am Katzbach- ufer!, wo auch eine Form von R. cerispus L. mit ganz kurzen Frucht- stielen vorkommt! (Figert). Hier, wie bei Bad Hermsdorf, fand derselbe Beobachter Kreuzungen, die der Combination R, erispus X obtusifolius v. agrestis entsprechen. R. arifolius All. auf der Hohen Eule (Schöpke); neu für das Eulengebirge. R. Acetosella var. multifidus (L.). Grünberg: Brachäcker an der Lawaldauer Chaussee! (Hellwig); Schweidnitz: Költschenberg! (Schöpke). Polygonum aviculare L. var. monspeliense (Thiebaud). Grün- berg: bei Dammerau! (Hellwig). u Zu ne r BERN P aner A EZ | » da 2 li. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 121 Daphne Mezereum L. Canth: Mohnauer Wald! Aristolochia Clematitis L. Strehlen: Pentsch (Hieronymus). Thesium intermedium Ehrh. Breslau: Ritschdorf (Hieronymus). + P. tataricum L. Ruhland: am Wege nach Guteborn unter Buchweizen !! Euphorbia duleis Jacg. Görlitz: Charlottenhof (Barber) ; Nimptsch: Höllengrund mit Astrantia!!; Münsterberg: Reumener Wald (Kruber). E. palustris L. Bahnen Waldsumpf bei Kendzie!, und von hier aus an Bächen nach dem Guhrauer Kreise zu verbreitet a sonst von der ganzen rechten Oderseite, mit Ausnahme der Weide- niederung um Breslau, nicht bekannt; Strehlen: Birkbusch bei Ruppers- dorf! (Kruber), E. lucida WK. Breslau: Kottwitz vor Auras! E. exigua L. v. retusa Rth. Breslau: Karoschke (Hellmann). Mercurialis perennis L. Grünberg: Läsgen! (Hellwig). Bisher in den beiden nördlichsten Kreisen des Gebiets nicht beobachtet. Urtica dioecaL.var. angustifolia Led. Grünberg: alte Schloiner Strasse! (Hellwig). Parietaria officinalis L. Guhrau! (Müllendorf). Ulmus montana With. Hirschberg: Hausberg!!, Grunauer Spitz- berg (M. Fiek)!! Betula obscura Kotula. Schweidnitz: an der Mooshütte bei Ober-Weistritz! (Schöpke); Teschen: bei Chybi (Kotula). — Alnus serrulata W. vor. rugosa Spr. (A. = autumnalis Hartig). Schweidnitz: Torfwiesen bei Eckersdorf! (Schöpke). A. incana (L.) DC. var. argentata Norrlin ist ganz typisch bei uns noch nicht gefunden worden, doch kommt ihr sehr nahe die Pflanze von Bolkenhain: Kolige!!, dann die von Grünberg: Pirnig! (Hellwig). Durch spitzere Lappen der Blätter abweichend bei Görlitz: Nordseite der Landskrone (Prof. Ascherson); Kupferberg: Bleiberge unter dem Rosengarten!!; Breslau: zwischen Zweibrod und Blankenau (Uechtr.). A. glutinosa X incana. Hirschberg: quellige Waldstellen zwischen Grunau und Flachenseiffen!!; Schweidnitz: Gebüsch bei der Ziegelei Texas! (Schöpke). Diese die der A. glutinosa näher stehenden Formen (A. Tauschiana Callier); die mehr zu A. incana neigende (A. Beckii Callier) dagegen bei [Bojanowo: Tarchalin (C. Scholz)]; Breslau: an der Posener Bahnstrecke (Callier), A. incana X serrulata (A. Aschersoniana Callier). Striegau: Stannowitzer Erlicht! (Callier); Neisse: Reisen (M. Winkler). Salix cinerea X purpurea a) glaucescens Wimm. (8. Ponte- derana Schleich.). Hirschberg: Neumühl gegenüber am Boberufer!! S. purpurea X repens. [Bojanowo: Grüner Garten! (C, Scholz)]. 122 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. S. caprea X viminalis. Liegnitz: in einem Ausstiche am Bahn- hofe Arnsdorf (Figert). 8. aurita X cinerea. Lüben: Gross-Krichen! (Figert). Walden- burg: Dittmannsdorf (Felsmann). Populus nigra X pyramidalis Figert. Maltsch a. O. (Fig.). P. tremula Z. var. villosa Lang. Grünberg: Rohrbusch! (Hellwig). Triglochin maritima L. Trachenberg: bei Gross-Bargen (Schwarz). T. palustris L. Breslau: Sibyllenort (Hieronymus)! Potamogeton natans L. var. prolicus Koch. Schweidnitz: Graben hinter der Knochenmühle! (Seidel). Leicht mit P. fluitans Rth. zu verwechseln, zumal die schwimmenden am Grunde verschmälerten Blätter an ihrer Anheftungsstelle meist nur eine seichte Rinne zeigen, aber die untergetauchten Blätter nicht häutig durchscheinend, P. semipellicudus Koch und Ziz im Schwarzwasser bei Ruhland (A. Schulz); Görlitz: Waldbach im Stiftswalde bei Markersdorf (Barber); Teschen: Graben im Gnojnik-Trzynietzer Walde (Kotula). P. praelongus Wulf. Grünberg: Boyadler See! (Kleiber), dritter Standort in Nieder-Schlesien. P., perfoliatus L. Grünberg: Alte Oder bei Hammer!, Boyadler, Saaborer See! (Kleiber). P. gramineus L. a) heterophyllus (Schreb.). Ruhland: Niedel- teich bei Hermsdorf (A. Schulz); Grünberg: Zahner See! (Kleiber); Schweidnitz: einen Feldtümpel bei Burkersdorf ganz ausfüllend! (Schöpke), dies die var. graminifolius Fr. P. acutifolius Lk. Teschen: Olschiner Teiche bei Freistadt! (Kotula). P. obtusifolius M. und K. Grünberg: Boyadler See! (Kleiber); Teschen: Olschiner Teiche, in einem Graben westlich der Station Chybi! (Kotula). Neu für Oestr.-Schlesien. Najas minor All. Teschen: Olschiner Teiche! (Kotula),. Neu für Oestr.-Schlesien. Typha latifolia X angustifolia. Liegnitz: Annenwerder (Figert). Sparganium minimum Fr. Görlitzer Haide: Graupengraben und andere Waldgräben, Tümpel der Tschirnewiesen (Barber), am Wohlen-See!! Orchis sambucina L. Strehlen: Hartebusch bei Manze (Kionka); Reichenbach: Berge zwischen Ober-Peilau und Gierlachsdorf!! O. mascula L. Canth: zwischen Fürstenau und Proschkenhayn! O. incarnata L. Wolschina bei Ruhland (A. Schulz); Trachen- berg im ganzen Inundationsgebiet der Bartsch häufig! (Schwarz). Platanthera montana (Schm.) Rehb. fil. Görlitz: Niedaer Berge häufig (Barber). II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 123 Epipaectis palustris (L.) Crntz. Grünberg: Zahner See! (Kleiber); Strehlen: Bärzdorfer Merzelgruben! (Kruber). Cephalanthera Xiphophyllum (L. fil.) Rchb, fil. Hirschberg: um Grunau am Spitzberge!! und in Gebüschen gegen Berbisdorf!!; Münsterberg: Ober-Kunzendorf (Kionka); Reinerz: am Hummelschloss!!, hier bei 770 m der höchste Standort. Striegau: Hummelbusch! Nimptsch: Johnsberg! Coralliorrhiza innata R. Br. Mühlberg bei Kauffung (Hell- mann 1883), Bleiberge bei Kupferberg (Ders.). Helleborine spiralis (L.) Bernh. Lissa Hora gegen Friedland! (Wetschky). Liparis Loiselii (L.) Rech. Strehlen: Bärzdorfer Merzelgruben sparsam! (Kruber), bei Warkotsch nicht mehr. Gladiolus imbricatus L. floribus niveis mit der gewöhnlichen an der „Kanone“ bei Reichenbach ©. L.! (Barber), ebenso am Frieders- dorfer Berge bei Wüstewaltersdorf!, hier auch mit helllila gefärbtem Perigon (Schröder). — Die f. parviflorus (Berdau) bei Breslau: Hauffener Wiesen! Neu für Pr.-Schlesien. Iris sibirica L. Glogau: bei Weidisch! (Runge); Lüben: Brauchitschdorf auf der Linnichtwiese sparsam! (Figert); Jauer: Schindel- häuser bei Jägendorf!, Feigenhäuser oberhalb Moisdorf! (W. Scholz); Canth: zwischen Fürstenau und Proschkenhayn! Galanthus nivalis L. Schweidnitz: Wilkauer Busch (Schöpke); Malapaneufer oberhalb und unterhalb Zawadzki! (M. Fiek), Thiergarten; Kruppamühle bei Keltsch (Frau Apoth. Fröhlich). Schurgast: an der Neisse! Tulipa silvestris L. Görlitz: Rasenplätze an der kath. Kirche und am Ständehause verw. (Barber); Breslau: Damm der alten Oder bei Scheitnig (Kionka), Gagea arvensis (Pers.) Schult. Görlitz: Wegrand östlich der Station Moys (Barber). Anthericum ramosum L. Trachenberg: Kendzie (Schwarz); Wansen: Niemener Haide! (Kruber); Breslau: zwischen Gr.- und Kl.- Muritsch (Hieronymus). — v. fallax Zbl.: Silsterwitzer Wiesen! Allium acutangulum Schrad. Grünberg: Klopsch’ Ziegelei! (Hellwig); Schweidnitz: Chausseegräben vor Weizenrodau (Schöpke); Strehlen: Krippitzer und Friedersdorfer Wiesen! und von da vielleicht verschleppt zahlreich auf Mauern in Friedersdorf! (Kruber); Wansen: Windmühlenberg bei Kallen! (Ders.). A. oleraceum L. var, complanatum Fr. Meschberge bei Kontopp! (Hellwig); Silberberg: am Donjon! (Schöpke). A. vineale L. Teschen: Bergäcker bei Golleschau (Kotula). —+ Hemerocallis fulva L. Görlitz: Gebüsch am rechten Neisse- ufer nördlich Posottendorf (Barber). 124 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Muscari botryoides (L.) DC. Görlitz: gegen Girbigsdorf an der Ueberbrückung der Berliner Strasse (Barber). M. comosum (L.) Mill. Schweidnitz: Kl.-Bielau! Streptopus amplexifolius (L.) DC. Landeck: bei Heidelberg (Kionka). Paris quadrifolia L. Breslau: Pilsnitzer Wald, auch häufig Sblättrig (Kionka). | Veratrum Lobelianum Bernh. im Eulengebirge am Kalten Plänel unweit der Ascherkoppe (Schöpke); Landeck: bei Heidelberg und beim Dorfe Karpenstein (Kionka). Freiwaldau: am Gemärke bis nahe an Setzdorf hinab! Juncus filiformis L. Ruhland: Sorgeteiche bei Guteborn!!; Haynau: zwischen Peiswitz und Knobelsdorf häufig!; Lüben: Linnichtwiese bei Brauchitschdorf! (Figert); auf der Hohen Eule am Wege nach Euldörfel (Schöpke). J. fuscoater Schreb. Ruhland (A. Schulz), z. B. Narwatschteich!!, Schorlteich!!; Grünberg: Zahner See! (Kleiber); Teschen: westlich der Station Chybi! (Kotula). J. capitatus Weigel. Ruhland (A. Schulz); Grünberg: Aecker bei Öchelhermsdorf! (Schröder). Breslau: Gr.-Nädlitz (1886 Uechtritz). Trachenberg: Labschütz! (Schwarz). J. tenuis W. Görlitzer Haide: Revier Glaserberg (Barber); zwischen Friedeberg, Egelsdorf und Scheibe verbreitet, besonders an der Schwarz- bach!!, dann zwischen Elsterwalde und Karlsberg!! und häufig um Hartha bei Greiffenberg!! J. Tenageia Ehrh. Ruhland (A. Schulz). Luzula campestris (Z.) DC. in Riesenexemplaren, bis über 40 cm hoch, bei Droschkau unweit Grünberg! (Kleiber). L.' angustifolia (WIf.) Geke. Canth: Borganie! Zobten: auf dem Weinberg! L. pallescens (Whlbg.) Bess. Grünberg: Kuhwerder bei Bobernig! (Kleiber). Perigon an den übersandten Exemplaren rothbraun, fast von derselben Färbung wie bei L. campestris. Cyperus flavescens L. Malenowice an der Lissa Hora in einem Quellsumpf! (Kotula). Trachenberg: Labschütz! (Schwarz). Rhynchospora fusca (L.) R. und Sch. Uhsmannsdorf, Kr. Rothen- burg; am Wohlen-See in der Görlitzer Haide (Barber)! Scirpus pauciflorus Lightf. Grünberg: Zahner See (Kleiber), S. Tabernaemontani Gmel. Glogau: Grabig unweit Quaritz! (Müllendorf), 8. maritimus L. Strehlen: an der Ohle bei Tschanschwitz und Friedersdorf (Kruber); Teschen: Darkauer Teiche! (Kotula); Bielitz: Baumgarten, Ellgoth (Ders.). ee Ze > ie DZ un . 4 eng u De I N a II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 125 S. mucronatus L. Teschen: auf nassen Aeckern und in Gräben westlich der Station Chybi! (Kotula). Zweiter Standort im Gebiet und neu für Oestr.-Schlesien. Damit ist eine Verbindung zwischen dem so entlegenen Trachenberger Vorkommen mit den Standorten in Süd-Steyermark und Süd-Ungarn festgestellt. Eriophorum alpinum L. in besonders üppigen, bis 30 em hohen, Exemplaren an den steilen Abstürzen des Lahnberges gegen den Weiss- wassergrund (Barber). E. gracile Koch. Görlitzer Haide: Sümpfe am Wohlen - See!!; Grünberg: Zahner See! (Kleiber); Strehlen: Bärsdorfer Mergelgruben! (Kruber). Carex dioeca L. Grünberg: Zahner See! (Kleiber). C. cyperoides L. Teschen: feuchte Aecker um die Darkauer Teiche! (Kotula). C. chordorrhiza Ehrh. Görlitzer Haide: Tschirnewiesensümpfe an der Kohlfurter Glashütte (Barber)!! C. paradoxa W. Haynau: zwischen Reisicht und Eckersdorf (Figert); Schweidnitz: Torfwiesen bei Eckersdorf! (Schöpke). C. leporina L. var. argyroglochin (Hornem.) in der Görlitzer Haide in den Revieren Wohlau und Mühlbock!!; Glogau: Wühleisen! und Georgendorf! nicht selten an sumpfigen Waldstellen (Figert). C. elongata L. var. heterostachya Wimm. Friedland: Teiche bei Hof Göhlenau!! — var. pallida Uechtr. Militsch: Wald vor Goidenowo! (Callier). Pflanze zwar etwas höher als Uechtritz angiebt, aber sonst mit seiner Diagnose übereinstimmend. ©. canescens L. var. subloliacea Anders. Görlitzer Haide bei Kohlfurt und sonst häufig! (Barber). C. paniculata X paradoxa (C. solstitialis Figert). Liegnitz: Verlorenes Wasser bei Panten, in zwei Formen! (Figert). Während an der einen Form die meisten Schläuche verkümmert und die einzelnen vorhandenen etwas glänzend und deutlich 10 nervig sind, zeigte die andere in grösserer Anzahl entwickelte Fruchtschläuche; diese sind aber glanzlos und Nerven nur am Grunde vorhanden. C. paniculata X canescens (CO. silesiaca Figert). Lüben: Brauchitschdorf an einer sumpfigen Waldstelle unfern der Ziegelei! (Figert). Zweiter Fundort im Gebiet. C. paniculata X remota (ÜC. Bönninghausiana Weihe). Liegnitz: Bienowitz in den Pfarrerlen, beide Formen! (Figert). C. canescens X remota (C©. Arthuriana Fig. u. Beckm.) Schönan: zwischen Hermannswaldau und Reichwaldau an einem Wald- bache nicht selten! (Figert); Guhrau: im Stadtwalde bei Nieder-Friedrichs- walde! (C. Scholz). 126 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. C. acuta Fr. var. strictifolia (Opiz) = C. prolixa Fr. Grün- berg: Wildpark von Pirnig! (Schröder); sehr ausgeprägt in den Torf- stichen zwischen Warmbrunn und Giersdorf!! — var. fluviatilis Hartm. Liegnitz: Bienowitzer Bruch, nicht recht ausgeprägt! (Figert). C. Goodenoughii Gay v. melaena Wimm. [Bojanowo: Grüner Garten (C. Scholz)]. C. limosa L. Tschirnewiesen an der Glashütte bei Kohlfurt (Barber)!!; Grünberg: Zahner See! (Kleiber). Die var. stans Bolle im Schaukelmoor des Hammerteiches!! C. pendula Huds. Schweidnitz: Bachufer im Birkholzer Busche! (Seidel); Teschen: im Niebory-Konskaer Walde, Wäldchen bei Piersna unweit Petrowitz! (Kotula). C. humilis Zeyss. Strehlen: Lehmberg bei Geppersdorf! (Kruber). Dritter Fundort im Gebiet. C. rostrata With. var. brunnescens Anders. Görlitzer Haide: am Wohlen-See!!; Grünberg: am Zahner See! (Kleiber). C. montana L. Reichenbach: Berge zwischen Ober-Peilau und Gierlachsdorf!!; Strehlen: Forstrevier Mehlteuer! (Kruber). C. rostrata X vesicaria Blytt (C. Friesii Blytt, C. Panne- witziana Figert). Haynau: bei Reisicht in Torfgräben unfern der Bahn! (Figert). Zweiter Fundort im Gebiet. C. riparia Curt. var. humilis Uechtr. Liegnitz: Waldgräben bei Briese! (Figert). var. gracilescens Hartm. Liegnitz: vereinzelt im Bieno- witzer Bruch! und bei Briese! (Figert). C. filiformis Z. Torfsümpfe bei Ruhland (A. Schulz); Bunzlau: Aslau-Zisken nicht selten! (Figert); mit schwarzbraunen Schläuchen in den Wohlensümpfen bei Kohlfurt (Barber)!; mit aus Schläuchen heraus- gewachsenen Aehren bei Reisicht und Birkenfeld, Kreis Haynau! (Figert). C. filiformis X riparia (C. evoluta Hartm.). Liegnitz: im Bienowitzer Bruche ausserordentlich häufig, grosse Flächen dicht be- deckend und die Eltern verdrängend! (Figert). C. aristata R. Br, var. Siegertiana Uechtr. (als Art) ist die schlesische Pflanze von Canth zu bezeichnen, seitdem Prof. Ascherson (Berichte der Deutschen Bot. Ges. 1883, $. 283 ff.) nach Entdeckung der Inowrazlawer Form (C. aristata var. cujavica Aschs. et Sprib.) be- wiesen hat, dass sich das Artenrecht derselben der (nordamerikanischen) Grundform gegenüber nicht mehr aufrecht erhalten lässt. Phalaris arundinacea L. var. picta (L.) Haynau: Nieder- Schellendorf an den Quellen der Brocke verw. (Figert). + Anthoxanthum Puwelii Lam. et Zecg. Grünberg: Neustadt auf wüstem Sandacker einige Stöcke! (Hellwig), hier wohl nur ver- schleppt? — Breslau: Pöpelwitz (Hieronymus). u u 1 Aa Au 3 u ER U EEE ZELTE WERE DEE TEE EEE WETWEER EEE UE II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 127 Oryza clandestina A. Br. Ruhland: Graben nordwestlich von Guteborn!!; Hainau: in Bärsdorf an der Schnellen Deichsel 1890 häufig mit vollkommen aus der Scheide getretenen und ausgebildeten Rispen! (Figert); Hirschberg: Graben am Bahnhofe (M. Fiek), Stonsdorfer unterer Teich!! Phleum alpinum L. Eulengebirge: am Kaschbacher Plaenel, Ascherkoppe (Schöpke). — Eine Form mit verzweigter Aehre an der grossen Sturmhaube (Pax). P. Boehmeri Wibel var. interruptum Zabel. Grünberg: Pir- niger „Gruft‘‘! (Schröder). Calamagrostis villosa (Vill.) Mutel. (= C. Halleriana DC.). Schweidnitz: Leutmannsdorfer Wald! (Schöpke). C. epigea (L.) Rih. var. glauca (Rchb.). Kieferwald bei Bartsch- dorf, Kreis Guhrau! (Schwarz). C. neglecta (Ehrh.) Fr. Grünberg: Zahner See! (Kleiber). Koeleria cristata (L.) Pers. genuina (= K. ciliata Kern.). Kontopp: Haide links der Obra gegen Lippke! (Kleiber), hier in un- gewöhnlicher, bis über 1 m steigender Höhe; Silberberg: in den Festungswerken! (Schöpke). Aira praecox L. Ruhland: Saum eines Kiefernwäldchens am Wege nach Guteborn (Ascherson)! Weingärtneria canescens (L.) Bernh. Schweidnitz: Nitschen- dorfer Granitsteinbruch, Sandgrube bei Pilzen! (Schöpke). Holcus mollis L. Breslau: Gross - Nädlitz, gegen Zindel (1886 Uechtritz). Trisetum flavescens (L.) P. B. Kohlfurt, wohl verschleppt (Barber); Haynau: Tschechendorf an Wegrändern gegen Straupitz! (Figert) ; Reichenbach: Gierlachsdorf!!; um Nimptsch häufig!!; Strehlen: Ruppers- dorfer Wiesen! (Kruber). Melica uniflora Retz. Schweidnitz: Gebüsche in den Anlagen; (Schöpke); Reichenbach: Eichberg bei Gierlachsdorf häufig!! —+ Eragrostis minor Host. Proskau: Seminargarten viel und völlig eingebürgert! (Richter); Teschen: Wegränder an der Sodafabrik bei Petrowitz! (Kotula). Breslau: Gr.-Nädlitz (1886 Uechtritz). P. Chaizi Vill. var. remota Fr. Silberberg: am Blockhause un- weit des Hahnvorwerks (Schöpke). P. compressa L.var. Langiana (Rchb.). Grünberg: beim Wald- schlosss! (Hellwig); Schönau: auf einer Mauer in der Stadt viel! (Figert); _ Sehweidnitz: Mauern in Nitschendorf! (Schöpke). Glyceria nemoralis Uechtr. u. Körn. Liegnitz: Bienowitz an einem quelligen schattigen Abhange! (Figert). Nördlichster Standort. Dactylis glomerata L. f. flavescens Fig. sehr spärlich bei Liegnitz: im Bruch bei Sophienthal! (Figert). 128 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Culiur. Festuca Pseudomyurus Soyer-Will. Liegnitz: Bahndamm zw. Neuhof und der Zuckerfabrik! (Figert). F. elatior L. var. pseudololiacea Fr. Guhrau: Saborwitzer Wäldchen! (C. Scholz). F. ovina L. a. vulgaris Koch mit gelblich gefärbten Aehrchen und relativ langen Grannen bei Liegnitz: Brieser Wald! (Figert). F. heterophylla Lmck. Schweidnitz: Gebüsche bei Käntchen! (Schöpke). F. gigantea (L.) Vill. var. triflora Godr. Guhrau: Nieder- Friedrichswaldau! (C. Scholz). Bromus mollis L. var. glabratus Döll (v. leiostachys Aut.). Grünberg: am Zahner See! (Kleiber). B. erectus Huds. var. laxus Döll. Strehlen: Ruppersdorf in der Sandgrube! (Kruber). Elymus europaeus L. Eulengebirge: Steinkunzendorf, Bremer- koppe, Weigelsdorfer Plaenel, am Blockhause, Strohhaube (Schöpke). — E. arenarius L. Grünberg: am Wege von Saabor nach Hammer! (Kleiber). > | Salvinia natans (L.) All. Teschen: Darkauer Teiche bei Frei- stadt! (Kotula). Lycopodium Selago Z. Görlitzer Haide im Revier Rothwasser (Barber)!; Haynau: Forsthaus bei der Silberquelle mit Z. annotinum! (Figert). An beiden Orten ziemlich sparsam. L. inundatum L. Bunzlau: Hahnwald bei Kaiserswaldau! (Figert). L. Chamaecyparissus A. Br. Grünberg: Haide Sanguisken bei Zahn! (Förster Altmann und Kleiber). Equisetum Telmateja Ehrh. Lüben: Gross-Krichen in einem quelligen Gebüsch am Mäuseberge! (Figert). E. pratense Ehrh. Grünberg: Laesgen (Ascherson), Cukawe an einem Wiesenrande! (Kleiber). E. hiemale L. Malapaneufer oberhalb Zawadzki! (M, Fiek). Ophioglossum vulgatum L. Grünberg: Halbemeilmühle!, bei Droschkau und Zahn! (Hellwig). Botrychium Maitricariae (Schr.) Spr. mit B. matricariaefolium A. Br. am Aufstieg von der Borowaer Kirche zur Lissa Hora, etwa in halber Höhe (Kotula),. Osmunda regalis Z. Haynau: Birkenwald bei Reisicht nördlich der Eisenbahn, in vielen grossen Stöcken! (Figert). Aspidium cristatum (L.) Sw. Grünberg: Hoim bei Deutsch- Kessel! (Kleiber); Haynau: Reisicht beim Familienhause an der Bahn! (Figert). Dr gr 2 Sr uf 1 a URN N ED N WE. II. Naturwissenschaftliche Abtheilune. 129 < A. montanum (Vogler) Aschs. Görlitzer Haide: alte Hammer- teichlinie im Revier Mühlbock (Barber); Rothwassergrund im Riesen- gebirge!!; Teschen: im Trzynietz-Nieboryer Walde (Kotula). Asplenium septentrionale (L.) Hffm. Felsen am Kleinen Teiche im Riesengebirge! (W. Scholz); höchster Standort. A. Ruta muraria L. var. leptophyllum Wallr. Strehlen: Mauern in Fiedersdorf!, wo auch der var. elatum Lang (1824 — A. multicaule Presl, 1836 — var. pseudo-Serpentini Milde 1865) nahe kommende Formen gefunden wurden! (Kruber). Eine bezüglich der Gestalt der Fiederchen mit letzterer übereinstimmende, aber niedrigere Form bei Deutsch-Wartenberg: Dach der Schlosskirche! (Hellwig). An den Vortrag knüpfte der Secretair der Section den Wunsch, dass die Botaniker unserer Provinz von ihren neuen Funden Belegstücke auch für die Herbarien der Schlesischen Gesellschaft und der Königl. Universität einschicken möchten. Hierdurch würden dieselben der floristischen Erforschung von Schlesien nutzbar werden und nicht unver-= werthet und ungekannt in Privatherbarien liegen bleiben, Herr Professor Prantl legte vor: Exemplare von Acer Pseudoplatanus mit abnormen Früchten. Die Flügel divergiren. beinahe um 180°, und die Früchte erinnern dadurch an die von Acer campestre. Ein Gegenstück dazu bildet Acer complicatum, bei dem die Flügel übereinander greifen, Herr Bürgerschullehrer Limpricht zeigte zwei Centurien einer verkäuflichen Sammlung von europäischen Torfmoosen von C. Warnstorf. Die Proben sind reichlich und mit ausführlichen Zeichnungen und Beschreibungen versehen. Eine sorgfältige Untersuchung dieses Materials würde wohl dazu führen, die jüngst vielfach umstritttene Frage zu klären, welche Torfmoose als Arten und welche als dazu gehörige Variationen zu unterscheiden sind. Hierauf legte Herr Erich Frank eine Derwischschale (Keschkul) aus Teheran vor. Dieselbe ist aus der Hälfte der Schale einer maldivischen Nuss (Lodoicea Sechellarum), der grössten aller Baumfrüchte, gefertigt und wird von den Derwischen u. A. zum Einsammeln von Almosen benutzt, welche durch den Ruf: ‚Ja hu!“ (O Er, o Gott) oder „Ja hak!“ (O Wahrheit) erbeten werden. Ausserdem zeigte Herr E. Frank eine grosse Zahl von Photographieen aus Persien, welche von dem Lande und dessen Be- wohnern, den Bauwerken, den Gebräuchen, Geräthen, Waffen, Schmuck u. 8. w. eine anschauliche Vorstellung geben; sie sind von Dr. Richard Frank, Dragoman der Deutschen Botschaft in Teheran mitgebracht worden. rEyY 9 I2 130 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Zum Schluss theilte der Secretair mit, dass auf den Antrag von Prof. Hieronymus und Dr. Schube Herr Lehrer Hellwig (Grünberg) in Anerkennung seiner Verdienste um die Erforschung der Flora dieses Gebietes zum correspondirenden Mitglied: der Gesellschaft ernannt worden ist. | In der fünften Sitzung am 12. März hielt Herr Dr. Hugo Fischer einen Vortrag: Beiträge zur Morphologie der Farnsporen. Die Sporen der Farnkräuter besitzen durchweg eine doppelte Membran, wie die Mehrzahl der Pollenkörner; bei den meisten Farnsporen kommt jedoch eine dritte hinzu. Die innerste Haut, das Endospor, ist eine sehr zarte Cellulosemembran. Das darauf liegende Exospor ist eutieularisirt, stark doppelbrechend, für Flüssigkeiten sehr wenig durchlässig und fast unzer- störbar ; es besitzt eine oder drei scharf rissförmige Verdünnungen, Keim- spalten, nach deren Zahl die Sporen in bilaterale (bohnenförmige) und radiäre (tetraödrische) zerfallen. Die dritte Membran, die nur wenigen Arten fehlt, das Epispor, ist oft von körniger, mehr oder weniger undurchsichtiger Beschaffenheit, meist braun gefärbt, in Bau de Javelle (oft sehr leicht) löslich, in Chromschwefelsäure aber oft erst lange nach dem Exospor gelöst. Nach dem morphologischen Verhältniss von Exospor und Epispor kann man folgende Gruppen unterscheiden: Ex. glatt; Ep. fehlt: noch kein sicherer Fall beobachtet. Ex. warzig oder stachlig; Ep. fehlt: Polypodium vulgare, aureum ; Osmundaceae, Hymenophyllaceae. | Ex. glatt; Ep. anliegend, mit äusserst zarten, dicht gedrängten, netz- förmig aneinander schliessenden, vielfach verbogenen und unregelmässig berandeten Lamellen besetzt, meist schwarzbraun bis schwarz: Arten von Notochlaena und Cheilanthes. Ex. glatt; Ep. anliegend, von „‚zelligem‘‘ Bau, ähnlich einer Blatt- Epidermis: Blechnum Spicant, Oberfläche fast glatt; Aspidium lobatum, jede „Zelle“ in eine Spitze ausgezogen. Ex. glatt; Ep. glatt bis schwach körnig: Arten von Blechnum; Platycerium; Pteridium aquilinum; Adiantum. Ex. glatt, Ep. flach-warzig, anliegend: Dennstaedtia. Ex. mit Skulptur, vom Ep. gleichmässig überzogen: Pieris, mit Warzen oder Netzleisten; Ceratopteris thalictroides mit starken, parallelen Rippen; Mohria thurifraga, jede Rippe doppelt; Aneimia, alle Rippen mit langen Stacheln besetzt. Ex. mit netzförmiger Skulptur und parallelen Leisten; Ep. anliegend, dunkelbraun, in den Vertiefungen des Ex. äusserst schwach, weshalb die a a Ka ee ee II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 131 sehr zierliche Zeichnung dunkel auf hellem Grunde erscheint: Gymno- gramme Üalomelanos u. a. A. Ex, glatt; Ep. von ersterem zu glatten, welligen oder zackigen Kämmen (Struthiopteris; viele Aspidium- und Asplenium-Arten; besonders hoch bei Acrostichum crassinerve), rundlichen Warzen (Athyrium Filix femina; Aspidium falcatum, A. Sieboldii) oder hohlen Stacheln (Cystopteris) abgehoben. Blasige Abhebungen, siebartig durchlöchert, finden sich bei Phegopteris Dryopteris; ähnliche, auf langen Stäbchen stehend, bei Athyrium umbrosum. Ex. glatt; Ep. anliegend, mit Stacheln oder schmalen Kämmen be- setzt, letztere meist netzförmig durchbrochen: Aspidium Thelypteris; A. noveboracense; Scolopendrium officinarum. Herr Prof. Ferdinand Cohn legte vor: drei Exemplare von Cynomorium coccineum, der einzigen europäischen Balanophoracee, von denen zwei aus Trapani auf Sieilien, das dritte grösste aus Malta stammten; sie waren von Herrn Platania in Acireale (Sieilien) durch gütige Vermittlung des Herrn Prof. Borzi in Messina für das Botanische Museum eingesendet worden. Der intensiv rothe Farbstoff, welcher diesem merkwürdigen, auf den Wurzeln verschiedener mediterraner Sträucher schmarotzenden Parasiten, der früher als Malteserpilz, Fungus melitensis, officinell war, seinen Speciesnamen verschafft hat, ist in Wasser und Alkohol löslich, von dem gewöhnlichen rothen, im Zellsaft von Wurzeln, Stengeln und Blättern gelösten Farbstoff, Eryihrophyli, ganz verschieden, wie sein Verhalten gegen Säuren und Ammoniak beweist; er verdient eine genauere Untersuchung. y Herr Apotheker Krull hielt einen Vortrag Ueber den Zunderschwamm (Polyporus fomentarius) und die Weissfäule des Buchenholzes. Obwohl der Zunderschwamm den schädlichsten Parasiten unserer Waldbäume beigerechnet werden muss, ist seine Entwickelung und Lebensweise noch wenig erforscht. Die bezüglichen Untersuchungen beschränken sich auf eine Beschreibung des Fruchtkörpers und dessen Herrichtung zu einem brauchbaren Material für chirurgische Zwecke. Rostrup allein hat den Zersetzungserscheinungen, die das Mycel des Pilzes im Holze hervorruft, einen kurzen Artikel in der „Tidsskrift for Skovbrug“ VI gewidmet. Um die biologischen Verhältnisse unseres Pilzes eingehender studiren zu können, ist es unbedingt nothwendig, Studien an ganzen kranken Bäumen zu machen, um einmal den Infeetionsherd und den Verlauf der Infection festzustellen, und andererseits das Mycel, dessen Wachsthum ein polymorphes ist, in seinen verschiedenen Entwickelungsphasen sicher aufzufinden. Die Infectionsstelle selbst lässt sich schwer erkennen. Die 9* 132 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Ansteckung erfolgt wohl meist durch äussere Wunden der Stämme, die gelegentlich durch Abbruch von Aesten, Baumschlag, Rindenabschür- fungen, Wildverbiss, Blitzschlag oder andere Verletzungen entstehen. In diesem Falle gelangen also die Sporen des Fruchtkörpers durch die erwähnten Wundstellen in das Holz, keimen, falls die Verhältnisse günstig sind, aus und entwickeln sich zu einem dicht verflochtenen Mycel, welches in Gestalt breiter lederartiger Bänder Spalten des Holz- körpers, sogenannte Waldrisse, ausfüllt, die sich besonders bei älteren und alten Buchen beim Schwinden des Holzes bilden. An den äussersten jüngsten Theilen hat dieses Mycel gallertartige Beschaffenheit. Wahr- scheinlich kommt diesem Gallertmycel die Function zu, durch seine Quellungsfähigkeit mit molekularer Kraft dem nachfolgenden Bandmycel den Weg zu bahnen. | Das Gallertmycel ist anatomisch hoch entwickelt und lässt auf dem Querschnitt bereits mit blossem Auge eine weisse Mittelschicht, aus pseudo - parenchymatischem Gewebe bestehend, erkennen, die seitlich von je einer stärkeren durchscheinenden Schicht begrenzt wird. Letztere besteht aus rechtwinklig zur Mittelschicht verlaufenden, eng nebeneinander gelagerten, spindelförmigen, röhren- oder sackartig aufgetriebenen Zellen, von denen einzelne Querwände haben. Die Zersetzung des Holzes erfolgt von dem anfangs erwähnten Bandmycel aus. Von diesem dringen zahl- reiche sehr feine, reichlich verzweigte Hyphen in das gesunde Holz ein, Ueberall da, wo diese Pilzfäden das Holz durchziehen, verwandeln sie dasselbe in eine weissgelbe, wenig Widerstand leistende, leicht zerreib- liche Masse. Solches als weissfaul bezeichnetes Holz ist für technische Ver- arbeitung völlig unbrauchbar. Die Weissfäule entsteht dadurch, dass der Pilz dem gesunden Holze diejenigen Stoffe entzieht, die er zu seiner eigenen Entwickelung als Bau- und Bildungsstoffe verbraucht. Das ge- sunde Holz wird von dem kranken durch eine schwarzbraune schmale Zone, die Demarkationslinie, abgegrenzt. Durch das Fortschreiten dieser Linie wird auch die Zersetzung des gesunden Holzes angezeigt. Die Braunfärbung der Grenze wird durch die Bildung von Tannomelan- säure hervorgerufen. Wenigstens verhält sich ein wässriger Auszug der Demarkationsliniie chemischen Agentien gegenüber wie Gallus- gerbsäure, Auszüge aus dem gesunden und aus dem weissfaulen Buchenholz zeigen bei gleicher Behandlungsweise verschiedenes Verhalten, besonders Eisenoxydsalzen gegenüber. Die Aschenanalysen ergaben im Durch- schnitt folgende Resultate: gesundes Holz 0,3 %%,, weissfaules Holz 1,3 %, Bandmycel 1,5 °,, Fruchtkörper 2 %, Asche, a 2 U 4, WE 2) El Zu 7) Zn 20 as Bu ML. nn Zn! 1 2 m 0 DO in ee zo an. u am lic 377, ı 4 lt Ya u ae ZZ ET a Ss TE az D II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 133 Vortragender verwies auf seine demnächst erscheinende Abhandlung, die sich in eingehender Weise in botanischer und chemischer Beziehung mit diesem Thema beschäftigt.) Schliesslich legte Prof, Ferdinand Cohn vier Exemplare von Cynomorium coccineum vor, von denen das grösste fast 25 cm lange aus Malta, die kleineren nur halb so grossen aus Trapani (Sieilien) stammten; dieselben sind durch gütige Vermittelung des Professor Borzi in Messina von Signor G. Platania in Acireale für unser Botanisches Museum geschenkt worden. Dieser merkwürdige Parasit, die einzige Balanophoracee der Mittelmeer- länder, und eben deshalb ein Fremdling in der europäischen Flora, viel- leicht ein Reliet aus einer früheren geologischen Epoche, ist nicht blos auf mehreren Inseln (Canaren, Sardinien, Sicilien, Malta u. s. w.), sondern auch in Spanien, Algerien bis Palästina und Arabien an den Wurzeln verschiedener Sträucher schmarotzend in der Nähe des Meeres, und selbst an Salzseeen Centralasiens nachgewiesen, seine Organisation vonWeddell, Arch. du Musee X. p. 269. 1861, die Art und Weise des Parasitismus neuerdings durch U. Martelli, Malpighia V. 3. 1891 klargelegt worden; vergleiche auch Engler, Balanophoraceae in „Engler und Prantl, -Pflanzenfamilien“ 35 Lief. S. 243 seq. Eigenthümlich ist der karmin- rothe Farbstoff in den Zellen der dunkelbraunrothen Pflanze, der der- selben, wegen der Aehnlichkeit mit Blut, in früheren Zeiten eine Ver- wendung als blutstillendes Mittel (fungus melitensis Officinarum) ver- schaffte; er ist in Wasser und Alkohol leicht löslich, aber von dem gewöhnlichen rothen Farbstoff der Blätter, Blüthen und Früchte (Erythro- phyll, saures Anthocyan) ganz verschieden, wie sein sehr eigenthümliches Verhalten gegen Säuren und Ammoniak beweist; eine genauere Unter- suchung desselben ist sehr wünschenswerth. In der sechsten Sitzung vom 29. October gedachte der Secretair der Section der in den letzten Wochen dahingeschiedenen Botaniker, welche der Schlesischen Gesellschaft als Ehren- und correspon- dirende Mitglieder angehört hatten: C. v. Naegeli in München, Leopold Just in Karlsruhe, Hermann Hoffmann in Giessen. | 2!) Nachträgliche Untersuchungen während des Sommers 1891 haben ergeben, dass eine Infection der Buchen von der Wurzel her ausgeschlossen ist. Das Vor- dringen der Weissfäule in die unterirdischen Organe lässt sich an starken Wurzelästen bisweilen mehrere Meter weit verfolgen. Auch hier findet sich, wie im Stamme, in geringer Entfernung von der Grenze des vordringenden Band- mycels das Gallertmycel, so dass die Annahme einer vom Infectionsheerde aus etwa durch einen abgebrochenen Ast, gleichmässig im Stamme nach oben und unten verlaufenden Ausbreitung des Pilzes sehr wahrscheinlich ist. 134 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Hierauf machte derselbe Mittheilung von den Untersuchungen des Lehrer Bruno Schröder-Ochelhermsdorf bei Grünberg Ueber schlesische Algen und Characeen. Herr Schröder, der durch Apotheker Sonntag (früher in Wüste- waltersdorf, jetzt in Berlin) zu eifrigem Studium der Diatomeen und anderer Algen angeregt worden war, hat in der Grünberger Gegend eine grosse Menge interessanter Algen, namentlich Desmidiaceen, aufgefunden, und auch für die Charenfamilie zahlreiche neue Fundorte entdeckt. Eine Auswahl seiner Funde, zugleich mit den von Dr. Migula (Karlsruhe i. B.) aufgefundenen schlesischen Charen wurde vorgelegt. Von sonstigen neuen Funden des Herrn Schröder sind Hieracium echioides und Pilularia bei Ochelhermsdorf, und Ulex bei Wüstewalters- dorf zu erwähnen, Prof. Ferdinand Cohn hielt einen Vertrag: Pflanzengeographische Bemerkungen über die Flora von Danzig. Vortragender knüpfte an seine 1860 in der Bot. Section mitgetheilten Studien „Ueber den Ursprung der schlesischen Flora“ (l. ec. $. 110) an. Damals war Vortragender von der Hypothese ausgegangen, dass seit der quaternären Zeit das schlesische Bergland, welches damals schon im wesentlichen dasselbe Relief in Gebirgen und Thälern entwickelt habe, wie noch heutzutage, auch im Klima seitdem nie wesentliche Ver- änderungen durchgemacht habe; es sei daher anzunehmen, dass auch die Flora des Gebirgslandes, die alpine sowohl als auch die der niedrigeren Berge und Thäler, seit jener Zeit nicht wesentlich sich verändert habe, wenn auch diese Flora in noch früherer Zeit von verschiedenen Aus- gangspunkten, von den Alpen, den Karpathen und selbst aus dem arktischem Gebiet in das schlesische Gebirge eingewandert sein muss. Dagegen war die schlesische Ebene in der Diluvialzeit, wie nach der damals herrschenden Drifttheorie allgemein angenommen wurde, vom Meere bedeckt, und schwimmende Eisberge liessen die skandinavischen Geschiebeblöcke mit daran haftenden Flechten, Moosen und Felsen- pflanzen bis an den Fuss des Gebirges und selbst bis in die Thäler von Hirschberg und Waldenburg stranden. Als das Diluvialmeer sich all- mählich bis an den Rand der heutigen Ostsee zurückzog, wurden zuerst die höheren Theile der Ebene, der Tarnowitz-Trebnitzer Landrücken und einzelne Hügel trocken, und von dem nahen Gebirge aus besiedelt, während erst zu allerletzt die Flussthäler der Tiefebene, insbesondere das Oderthal, vom Wasser verlassen wurden; hier wanderte allmählich eine Mischflora ein, welche theils aus dem Berglande herabstieg, zum Theil aber auch von anderen Ausgangspunkten in Nord, Süd, Ost und West eindrang; ein Theil dieser Alluvialflora wurde erst mit und durch den Menschen eingeführt. II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 135 Nachdem seit der Veröffentlichung jenes Aufsatzes die Drifttheorie durch die Annahme einer wiederholten allgemeinen Eisbedeckung von Mitteleuropa, und so auch der schlesischen Ebene, verdrängt worden ist, bedürfen jene Untersuchungen über den Ursprung der schlesischen Flora einer Revision. Indessen behalten die von dem Vortragenden damals hervorgehobenen Verschiedenheiten zwischen der Vegetation der Tief- ebenen, die im allgemeinen das Alluvium bewohnt, und der höheren Ebene, die zum grössten Theil auf Diluvialboden lebt, noch immer ihre Geltung; sie lassen sich nur auf palaeohistorische Ursachen, d. h. auf Einwanderung in verschiedenen Zeiten und aus verschiedenen Ausgangs- punkten zurückführen. In noch ausgeprägterem Maasse, als in Schlesien, treten diese Unter- schiede in der Flora von Danzig entgegen, in die Vortragender während der ersten Hälfte des August d. J. unter Führung seiner Freunde und früheren Schüler, der Professoren Bail und Conwentz, einen Einblick - erhielt. Während die Südküste der Nordsee, von Cuxhaven bis Calais, sich nur ganz allmählich erhebt, so dass sie grösstentheils zur Fluthzeit unter Wasser gesetzt werden würde, wenn sie nicht durch Dünenketten und Deiche eingedämmt wäre, steigt gegen die Ostsee das Festland meist sofort, bis 100 Meter und darüber, empor, und stellt ein Plateau dar, dessen südliche Abdachung in Pommern und Westpreussen gegen die Netze und Warthe abfällt. Die Oberfläche dieses Plateaus ist aber nicht eben, sondern besteht aus Höhenzügen, die sich bis zu 200, ja bis über 300 Meter erheben, und von tief eingeschnittenen Thälern und Schluchten durchzogen sind; diese sind oft durch langgestreckte Seen ausgefüllt, welche durch Flussläufe kettenartig verbunden sind und durch diese in die Weichsel oder Netze sich ergiessen,. Nach der Ostsee hin fällt dieses Plateau meist in steilem Abfall, so dass es, obwohl aus Sand be- stehend, doch nicht selten in Klippen oder stattlichen Vorgebirgen ab- stürzt. Dieser Steilkante ist ein mehr oder minder breites Vorland vorgelagert, der eigentliche Strand (im Englischen ‚the strand“, im Gegensatz zur „beach“; im Französischen „la plague“, im Gegensatz zu „la falaise‘‘; im Deutschen fehlen die entsprechenden Bezeichnungen; nur in den Östseeprovinzen wird der Steilabfall des Oberlandes als Glint bezeichnet). In Zoppot, wie überhaupt in einem grossen Theil der Ost- seeküste besteht der Strand bis an den Rand der See und in diese weit sich hinein senkend aus feinem Sand, auf den die Wellen unaufhörlich grosse Massen von Seetang auswerfen, so dass sich ein schmaler Saum solcher ausgeworfener Tangmassen bildet, die sich auch im Wasser selbst in Furchen des Sandgrundes ablagern. Die Menge des von der See ausgespülten Tangs schien mir erheblich grösser, als z. B. an der Holländisch -Belgischen Nordseeküste. Die Hauptmasse bildet Fucus 136 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. vesiculosus in mehreren, blasentragenden und blasenlosen Varietäten, an Grösse den Nordseeformen kaum nachstehend, obwohl der Salzgehalt der Danziger Bucht (0,7%,) kaum '/, von dem der Nordsee beträgt; nächst ihm, und ebenso häufig und kräftig entwickelt Ceramium rubrum und Enteromorpha. Die übrigen Algen der Danziger Bucht, deren Zusammenstellung Dr. Lakowitz übernommen, finden sich mehr zerstreut in diesen Aus- wurfsmassen. Da alle diese Algen ursprünglich auf Steinen festgesessen haben müssen, so wird angenommen, dass ihr eigentlicher Standört die Gerölle und Findlingsblöcke sind, die sehr zahlreich auf dem Meeres- srunde in der Nähe der Küste lagern; dagegen vegetirt die ebenfalls massenhaft ausgeworfene Zostera marina und nana mit ihren Wurzel- stöcken im Sandgrunde selbst. Unmittelbar an den Tangsaum, der die See einfasst, schliesst sich ein mehr oder minder breiter, von Halophyten besetzter Sandstreifen; es sind die nämlichen Arten, wie an der Nordsee: vor allem die graugrünen Dünengräser; Ammophila arenaria, Elymus arenarius, Triticum junceum, sowie Carex arenaria; Ammophila ist häufig von einer Ustilaginee befallen und zeigt dann auffallend hohe, bleiche Stengel. Den Dünen- gräsern gesellen sich Honkenya peploides, Spergularia salina, Glaux maritima, Cakile maritima, die zierliche Linaria odora, die häufig Pelorien bildet, die purpurfarbige Viola tricolor, var. maritima; dann die Chenopodiaceen: Salicornia herbacea, Salsola Kali, Obione pedunculata, Corispermum inter- medium, und die maritimen Arten von Atriplex, Juncus, Plantago und andere: Eryngium maritimum und Aster Tripolium sind die Zierden dieser Strand- flora; dass dieselbe trotz des geringen Salzgehalts der Danziger Bucht an kräftigem Wuchs der maritimen Vegetation der Nordsee anscheinend nicht nachsteht, kann weniger auffallen, da durch die stets erneute Durchtränkung des Sandes mit Seewasser sich in diesem grössere Mengen Kochsalz anhäufen mögen. Die eigentliche Halephytenzone, die oft nur wenige Meter breit ist, geht ohne scharfe Grenze über in ein wenig ansteigendes, aber durch Anschwellungen und Vertiefungen unebenes, theils sandiges, theils mooriges Gebiet, die sogenannten Strandwiesen. | An vielen Stellen ist dasselbe reich an Wasser, das in kleinen, von Phragmites eingefassten Strandbächen zur See fliesst; es zeigt dann eine ganz überraschende Ueppigkeit des Pflanzenwuchses, unter dem besonders die zahlreichen Leguminosen auffallen (Melilotus-, Medicago-, Ononis-, Lotus-, Trifolium-Arten). Das kräftige Gedeihen dieser kalk- holden Pflanzen auf reinem Sandboden erklärt sich wohl aus der grossen Menge von Muschelschalen (Cardium, Mytilus), die die See auswirft. Im Allgemeinen aber tragen diese Strandwiesen eine von unserer deutschen E Le er - EEE NEE BED ELEUNSOPEN EEE DEREN EEE ERBEN RE u AED DSEBEUBLEERENT GELEGT EIE 1 II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 137 Wiesenflora abweichende Physiognomie, indem sich auf ihnen eine grosse Zahl von Arten vereint finden, die wir bei uns ausschliesslich oder doch vorwiegend im Gebirge anzutreffen gewohnt sind. Die trockneren Theile dieser Strandwiesen sind Heiden (Ericeta); doch gesellt sich der gemeinen Calluna auch Erica Tetralix. Isländische und Rennthierflechte bedecken weite Flächen; gemein ist Empetrum; Salix repens zeigt krautige Zwerg- form oder wird strauchig. Zahlreich sind die Farne (darunter Aspidium lobatum, Osmunda, Polypodium, Blechnum; auch Lycopodium, Ophioglossum und sämmtliche Arten von Botrychium). Besonders interessant ist die Flora der sumpfigmoorigen Vertiefungen; hier herrscht Sphagnum mit Drosera, Pinguiceula, Parnassia, Oxycoccus, Vaccinium uliginosum, Lycopodium inundatum; auch Myrica und Ledum, Comarum und Hydrocotyle, Scheuchzeria und Triglochin; hier finden wir aber auch Hipphopkäe, Thalietrum aquilegi- folium, Primula farinosa, Linnaea borealis, Saxifraga Hirculus, Archangelica, Polemonium, Cladium Mariscus, Rubus Chamaemorus, Epimedium alpinum ; unter den Orchideen Platenthera viridis, Liparis Loeselü, Listera cordata, Malaxis, Epipaetis rubiginosa, Corallorhiza, denen sich Gladiolus imbricatus anschliesst, Zählen wir hierzu noch die in nicht weiter Entfernung vor- kommende Cornus suecica, so erhalten wir ein Vegetationsbild von höchst charakteristischer Zusammensetzung, das uns weniger deutsch als scandi- navisch anmuthet, aber auch in den Bayrischen ‚„Moosen“ sich in den Hauptzügen wiederholt. Ueberraschend war es für mich, in dem Espen- krugsee bei Danzig die mir vorher nur aus dem grossen Teich unter der Schneekoppe, und vom Titisee unter dem Feldberg des Schwarz- walds bekannten Isoetes-Aarten wiederzusehen, kaum eine Meile vom Seestrand entfernt; Isoetes wird hier gemeinsam mit Litorella locustris in Menge am Ufer des Sees ausgeworfen, an dem das grünlich blühende Heracleum Sphondylium var. conforme — sibiricum L., das bei uns auch nur im Gebirge sich findet, aber auch Ranunculus reptans L. neben Flammula vorkommt; die schöne Lobelia Dortmanna ist jetzt nur in einiger Entfernung von Danzig zu finden. Das Vorkommen einer grösseren Anzahl subalpiner oder subarctischer Pflanzen in unmittelbarer Nähe des Meeres, das sich ja längs der ganzen Südseite der Ostsee bis nach Mecklenburg und Holstein wiederholt, ist gewiss nicht auf klimatische Ursachen zurückzuführen. Denn wenn auch Danzig in gewissem Grade des Seeklimas theilhaft ist (kühlere Sommer, mildere Winter, späterer Beginn des Frühlings u. s. w.), so ist doch die mittlere Jahrestemperatur (7,76°) von der des 3° 14° südlicher ge- legenen Breslau (7,97°) nicht wesentlich verschieden, ebenso zeigen die einzelnen Jahreszeiten: Winter in Danzig — 0,81 (in Breslau — 1,65°); Frühling 5,97° (7,48%); Sommer 17,02° (17,45°); Herbst 8,56° (8,58°) nur geringe Abweichungen. Dass die Winter in Danzig milder sind als ' in Breslau, beweist u. a. auch der üppige Baumwuchs im Park des alten 138 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Klosters Oliva, das seine hundertjährigen Alleen noch zum grossen Theil erhalten hat, und wo insbesondere viele ausländische Coniferen (Abies Nordmanniana) sich durch ungewöhnliche Grösse auszeichnen; Wellingtonia gigantea, die in einem sehr grossen Theile von Deutschland, bis nach Tübingen und Strassburg, dem Winter 1890/91 zum Opfer fiel, ist hier, wenn auch nicht ohne Schaden, doch mit dem Leben davongekommen, Auf keinen Fall ähnelt das Klima von Danzig dem der Hochgebirge oder dem subarctischen; es kann daher das Auftreten von Pflanzen jener Gebiete nur aus geologisch-historischen Ursachen, d. h. durch Einwan- derung aus dem Norden erklärt werden. Wenden wir uns nun von der Flora des Alluvium ab, welche den Strand bewohnt, wobei wir von der Vegetation des Weichseldelta, als einer in relativ junger Zeit entstandenen und besiedelten, heut fast sanz von der Cultur eingenommenen Flussanschwemmung, sowie von den Ballastpflanzen der Hafenplätze absehen, und vergleichen wir die Flora des meist in steilem Abfall gegen die Küste aufsteigenden diluvialen Ober- landes, so bietet dieses in seinen Berghöhen, Thalmulden und Schluchten eine Abwechselung zwischen dem sterilsten Sandboden und fruchtbarem Feld-, Wald- und Wiesengrund. Es ist weithin mit Wald bedeckt, wo Kiefer und Buche, in allerkräftigstem Gedeihen untereinander ge- mischt, noch heute den Kampf ums Dasein fortführen, der in den Dänischen Inseln längst durch Ausrottung der Kiefer zu Gunsten der Buche ent- schieden ist. Dagegen fehlen Fichte und Tanne; Hainbuche, Eiche, Birke, Espe, Erle u. a. mischen sich in den Buchenwald; Weachholder, Geisblatt, Hasel bilden das Unterholz; Schneeball, Brombeere, Hunds- rose und Berberize wachsen am Wealdsaume, und die krautige Flora dürfte von der der mitteldeutschen Wälder nicht wesentlich verschieden sein, und nur vereinzelte Arten des Bergwaldes aufweisen (Bupleurum longifolium, Laserpitium latifolium, Pleurospornum austriacum u. a.). Wir können wohl annehmen, dass die Flora des diluvialen Höhenrückens am Schluss der Eiszeit aus Mitteldeutschland eingewandert ist, während im alluvialen Strandgebiete ein erheblicher Procentsatz von Pflanzen sich angesiedelt hat, die vom Nordrande der Ostsee einwanderten.') !) Vielleicht gehört zu diesen auch die von mir als Rivularia fluitans ad int. bezeichnete Alge, die zwar von Flahault und Bornet nur als Form zu Gloetrichia Pisum gezogen wird; doch ist meiues Wissens im centralen Europa eine Rivulariacee noch niemals als Wasserblüthe beobachtet worden, wohl aber häufig am Süd- wie am Nordrande der Ostsee (Schweden, Südküste des Finnischen Meerbusen, Hinterpommern, Mecklenburg); vielleicht lassen sich auch die Standorte von Schottland (Aberdeen), England (Shropshire) und Minnesota (N.-Am.) auf sub- arktischen Ursprung zurückführen. “ } | - P | II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 139 In der siebenten Sitzung vom 12. November legte Herr Professor Stenzel zwei keimlose Dattelkerne vor. Wir sind gewöhnt anzunehmen, dass die Fruchthülle nur der von ihr umschlossenen Samen wegen da sei; sie soll die aus dem zarten Eichen erst heranwachsenden Samen schützen, hier und da zur Ver- breitung der reifen Samen beitragen. Es hat daher immer etwas Ueber- raschendes, wenn die Eichen sich gar nicht zu Samen entwickeln und doch die Fruchthülle sich ausbildet, wie das u. a. bei den Sultanrosinen und seit undenklichen Zeiten bei den angepflanzten Bananen geschieht, welche allein durch Sprossung aus dem grundständigen Stamme sich er- halten und vermehren. In einem ähnlichen Verhältniss steht die Samen- schale nebst dem von ihr oft umschlossenen Endosperm zum Keim. Beim Dattelkerne ist der hornartige Eiweisskörper, welcher den bei weitem grössten Theil dieses Samens bildet, erweislich zur Ernährung der jungen Pflanze da; denn es wird durch die bei der Keimung in ihm stecken- bleibende und sich stark ausbreitende Spitze des Keimblatts so ausgesaugt, dass der anfangs harte Kern später leicht mit den Fingern breit gedrückt werden kann. Gleichwohl hat es sich ebenso wie die dünne braune Samenschale vollständig auch in den vorgelegten Kernen entwickelt, welchen jede Spur eines Keimes fehlt. Die Stelle, an welcher dieser bei den gewöhnlichen Dattelkernen in einer kleinen Höhlung des Ei- weisses dicht unter der Samenschale liegt, ist schon aussen auf dem der Längsfurche gegenüber liegenden Rücken des Samens durch eine zier- liche Ringfurche kenntlich. Zwei andere Samen, an welchen diese fehlte, sind vom Vortragenden, der eine durch Abschaben, der andere durch Zerschneiden in dünne Scheiben in allen Theilen durchsucht wor- den, ohne dass an irgend einer Stelle ein Keim gefunden worden wäre. Dass eine Anlage zu einem solchen vorhanden sei, sich aber erst nach der Aussaat entwickeln sollte, wie etwa bei den winzigen Samen des Fichtenspargels oder denen der Orchideen, daran ist hier freilich nicht zu denken. Immerhin würde es, wenn ferner solche Dattelkerne gefun- den werden sollten, nicht ohne Interesse sein, dieselben auszusäen, um auch auf diese Weise ihre Keimlosigkeit festzustellen, da meines Wissens sonst gut entwickelte, nur keimlose Samen bis jetzt noch bei keiner Angiosperme beobachtet worden sind. Herr Professor Dr. Prantl sprach über die Grundzüge des Farnsystems. Wie bei den Phanerogamen die Blüthenmorphologie die Grundlage des natürlichen Systems gegeben hat, so scheinen auch bei den Pterido- phyten Stellung, Bildungsweise und Zusammensetzung der Sporangien 140 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. oder besser der Sori berufen zu sein, uns eine tiefere Erkenntniss des systematischen Zusammenhanges der einzelnen Farn-Gruppen zu ermög- lichen. Vergleichende Untersuchungen führten den Vortragenden dazu, diejenigen Farne für die primitivsten anzusehen, welche ihre Sori auf den Endigungen der Blattnerven, bezüglich der von diesen durch- laufenen Blattstrahlen tragen, also die Hymenophyllaceen und die Schizae- aceen. Erstere haben „polyangische“, diese ‚„monangische‘‘ oder „diangische‘‘ Sori. An diese primitiven Formen würden sich dann die Farne, bei welchen die Sori auf die Blatifläche (obere oder untere) übergreifen, anschliessen, ebenso die Lycopodinen aber auch die Cyeadeen (Cyeas) und die Angiospermen. Die übrigen Gymnospermen sind in Folge ihrer complieirteren Blüthenbildung schwieriger anzureihen. Für die praktische Ausgestaltung des Farnsystems wichtiger sind folgende Punkte: a. Entwickelungsgeschichte der Sporangien. Dieselben entstehen bald aus einer Zelle, bald aus einem Zellcomplex, und hiernach hat Göbel die Farne in „leptosporangiate“ und „‚eusporangiate‘ einge- theilt. Aber die Osmundaceen, welche, obgleich leptosporangiat, ihre Verwandten bei den Eusporangiaten haben, setzen den Werth dieses Fundamentum divisionis herab. b. Ausbildung des „Ringes“ an den Sporangien. Derselbe ist ent- weder vertical oder horizontal oder auch nur undeutlich ausge- bilde. Von wesentlichem Interesse ist die Frage, welche der anfänglichen Sporangialwandzellen sich an der Bildung des Ringes betheiligen, ob nur die Kappenzellen oder auch die seitlichen Wandzellen. c. Gestalt des Sporen. Dieselben sind entweder tetra&drisch oder bilateral, und zwar sind diese Formen, sehr seltene. Ausnahmen abgerechnet, für ganze Gruppen constant. d. Haarbildungen. Dieselben stellen entweder einzelne Zellreihen (Pili) oder Zellflächen (Paleae) dar. Danach gruppiren sich die echten Farne folgendermaassen: A. Ring longitudinal: Hymenophyllaceen, polyangisch, Sori am Blattrand, Haare aus Zellreihen, Sporen tetra&@drisch. Cyatheaceen, ebenso, aber Sori auch auf der Blattunterseite, auch Paleae vorhanden. Polypodiaceen, wie die Cyatheaceen, aber Sporen auch bilaterial; Ring vollständig. - B. Ring transoersal am Scheitel: Schiazeaceen, moo- oder diangisch, Sori randständig, Sporen tetra@drisch und bilateral, Pili und Paleae, m—-—-‚,. m II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 141 Gleicheniaceen, polyangisch, Sori auf der Blattunterseite, Paleae, Sporen tetra&drisch und bilateral. €. Kein deutlicher Ring vorhanden. OÖsmundaceen, monangisch, Sori allseitig auf Blattstrahlen, welche seitlich stehen, Pili, Sporen tetra&@drisch. Ophioglossaceen, monangisch, Sori randständig, Pili, Sporen tetra&drisch. | Marattiaceen, polyangisch, Sori auf der Blattunterseite, Paleae, Sporen tetra&@drisch. Salviniaceen, poly- und monangisch, Sori randständig, Pili, Sporen tetraödrisch. Marsiliaceen, polyangisch, Sori auf der Blattoberseite, Pili, Sporen tetra&drisch. Der Secretair legte vor eine Abhandlung des Dr. Alfred Schober, Assistent an der Technischen Hochschule zu Karlsruhe (Baden): Das Xanthorrhoeaharz, ein Beitrag zur Entstehung der Harze. Die Frage nach der Entstehung des Harz wird von Chemikern und Botanikern verschieden beantwortet; erstere setzen ätherisches Oel als Aus- gangspunkt, letztere im Allgemeinen Stärkekörner oder die Zellwand. Die Untersuchung eines Xanthorrhoeaharzes hat folgendes Ergebniss ge- habt. Zuerst war es möglich, da die Untersuchungsobjeete noch nicht völlig verharzt waren, die Anatomie, welche vorher schon Wiegand (Desorgan. d. Pflanzenzelle, Pringsheim Jahrb. 1863) und Wiesner (Rohst. d. Pflanzenreichs) beschrieben haben, richtig zu deuten. Es ist ein Verdiekungsring vorhanden, welcher nach innen secundäre Gefäss- bündel, nach aussen Parenchymzellen abscheidet, die des weiteren in den Selerenchymzellen übergehen. Wiegand und Wiesner beschreiben in den Selerenchymzellen braune Harztropfen, und ersterer behauptet, dieselben seien durch Verflüssigung der Membran entstanden. In den untersuchten Harzstücken waren auch die Parenchymzellen von Tropfen erfüllt, aber von greller Farbe. Sowohl ihrer Morphologie nach’ als auch ihrem chemischen Verhalten nach liess sich ein Zusammenhang mit den braunen Harztropfen in den Sclerenchymzellen feststellen, sodass die Verharzung nicht von den Membranen, sondern von den gelben Tropfen ausgeht. In gelben wie in braunen Tropfen wurden durch Aetherreaction besonders drei Bestandtheile ermittelt: einer, der sich auch durch andere Reactionen, insbesondere Destillationsversuche als ätherisches Oel erwies einer, der die gelbe oder braune Farbe bedingt und schon, als Harz angesprochen werden muss, und drittens eine Hülle, die ihrem Verhalten nach Eiweiss ist. Die gelben Tropfen liessen sich bis in die Zellen des Verdickungsringes verfolgen, woselbst sie immer kleiner und heller werden und von den dort vorhandenen Stärkekörnern kaum zu 142 Jahresberieht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. unterscheiden sind. Jod- und Alkoholreaetionen halten auch dort beide Gebilde auseinander. Ob diese kleinsten Gebilde. aus welchen die grösseren gelben und braunen Tropfen durch Zusammenfliessen entstan- den sind, aus Stärkekörnern hervorgehen oder selbständig in der Zelle entstehen, muss eine Untersuchung an frischem Material lehren. Vergleiche die ausführliche Darstellung dieser Untersuchungen in der von Dr. Alfred Schober in den Verhandlungen des Naturwissen- schaftlichen Vereins zu Karlsruhe, Bd. 11, 1892, veröffentlichten Ab- handlung: Das Xanthorrhoeaharz, ein Beitrag zur Entstehung der Harze, mit zwei in den Text gedruckten Abbildungen und einer farbigen Doppeltafel. Hierauf legte Prof. Ferdinand Cohn vor blühende und fruchttragende Zweige vom „Tausendjährigen Rosenstock“ in Hildesheim. Bei einem Besuch dieser in kunstgeschichtlicher Beziehung so überaus interessanten und reizvollen Stadt im August 1890 besichtigte Vortragender auch das botanische Wahrzeichen derselben, den berühmten Rosenstock, der mit seinen Zweigen die halbeylindrische Apsis des Doms bis fast unter das Dach auswendig überzieht und insbesondere das mittlere der drei Fenster umrahmt. Die Apsis nimmt die eine Seite eines viereckigen Hofes ein, an dessen gegenüberliegender Seite die gothische Sanet-Annacapelle sich befindet, während Kreuzgänge mit den Grabplatten der ehemaligen Bischöfe an den anderen Seiten sieh hin- ziehen; der Hof diente ehemals als Friedhof und trägt jetzt einige An- lagen. Der Rosenstock bietet ein hohes biologisches Interesse, so dass eine gründliche Untersuchung über denselben in wissenschaftlicher Be- ziehung wünschenswerth ist. Wir besitzen wohl Kenntnisse über die Lebensdauer von Bäumen; über die von strauchigen Gewächsen fehlt uns aber jegliche Kunde, und es ist insbesondere völlig unbekannt, ob für dieselben eine natürliche Altersgrenze besteht, oder ob und in weleher Weise dieselben sich durch unbegrenzte Zeit zu verjüngen im Stande sind. Für den Hildesheimer Rosenstock ist zunächst festgestellt, dass er einer einheimischen Species angehört; Herr Senator Dr. Römer, der aufopfernde Hüter aller künstlerischen, historischen wie naturhisto- rischen Schätze des Hildesheimer Landes, der in dem von ihm begrün- deten und geleiteten Museum eine bewunderungswürdig reiche Sammlung derselben zu Stande gebracht hat, wendet auch dem Rosenstock sein Interesse zu; auf seine Veranlassung hat Christ in Basel die Bestim- mung desselben übernommen und ihn als Rosa canina L., forma lutetiana Lem., versus dumalem Bechst. bezeichnet; Lutze in Sondershausen hatte nach den vorliegenden birnförwigen Früchten die Form als pyriformis (fissidens Borbas), erkannt. Aber freilich überragt der Hildesheimer a ann Ale u 539 ia ie 5 re ei ee ee I. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 143 Stock alle bekannten Hundsrosen in der Länge der Zweige, die über 10 mhoch an der Aussenwand der Apsis vermittelst quergespannter Dräthe befestigt sind, und dieselben, nach Art einer Tapetenrose, mit ihrem frischen Laubwerk, den doldigen einfachen blassrosa Blüthen und später mit scharlachrothen birnförmigen Früchten schmücken. Für die Bestimmung des Alters ist wohl nur wenig Werth auf die bekannte Legende zu legen, nach welcher ein deutscher Kaiser (gewöhnlich wird Ludwig der Fromme 778—840 genannt), auf der Jagd im Walde verirrt, seine Reliquienkapsel (oder Kreuz) an diesem Rosenbusch wiedergefunden und an derselben Stelle eine Kirche gebaut habe, in deren Umgebung im Laufe der Zeit die Stadt Hildesheim entstanden sei; eine Variante dieser Sage lässt den Rosenstock mitten im Schnee blühen, und dadurch die Stätte des zukünftigen Doms bezeichnen — anscheinend eine Anlehnung an die Legende von der Gründung von $. Maria Maggiore, der Liberianischen Basilica ad nives in Rom (vergl. Perger, Deutsche Pflanzensagen S. 233). Humboldt in den „Ansichten der Natur, II, S. 116“ spricht allerdings von einer Urkunde des 11. Jahrhunderts, nach welcher Bischof Hezilo, der den ersten damals abgebrannten Dom wieder aufgebaut, die Wurzel des schon in jener Zeit bekannten und gepflegten Rosenstocks mit einem noch vorhandenen Gewölbe umgeben habe; auf dieses Gewölbe sei die Mauer der 1061 wieder aufgebauten Christcapelle aufgeführt (hierunter ist offenbar die Apsis des Doms zu verstehen, unterhalb deren sich die Krypte mit dem Sarkophag des heiligen Godehard befindet), und auf diese habe er die Zweige des Rosenstocks ausgebreitet. Ist diese „Urkunde“ historisch begründet, so würde der Rosenstock nachweislich 8 bis 9 Jahr- hunderte alt sein. Indessen sind die an der Mauer befestigten Sprosse keineswegs so alt, sondern weit jüngere Ausschläge eines unterirdischen Wurzelstocks, von denen einzelne bereits wieder abgestorben sind. Seit Ende vorigen Jahrhunderts werden die Jahre, wo neue Schösslinge her- vorgesprosst sind, durch Täfelehen bezeichnet. Anzuerkennen ist, dass dem Rosenstock durch Auflockern der Erde besondere Pflege angediehen wird; über die Beschaffenheit des Wurzelstocks, sowie über die historischen auf den Rosenstock bezüglichen Zeugnisse, die zur endgiltigen Feststellung seines Alters entscheidend sein dürften, können wir eine monographische Untersuchung von Herrn Senator Dr. Römer erwarten. In der achten Sitzung vom 26. November sprach Privatdocent Dr. Mez über Fragen der botanischen Nomenclatur. Ein vor kurzem erschienenes Werk, die „Revisio generum plan- tarum“ von Otto Kuntze, das eine grosse Menge von bisher giltigen Pflanzennamen ändert, gab dem Vortragenden den Anlass, die geschicht- liche Ausbildung der wissenschaftlichen Pflanzenbenennung, ihre Methode $ 144 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. und ihre theoretische und praktische Bedeutung eingehend zu beleuchten. Bekanntlich ist seit Linne in der Botanik die sogenannte binäre Nomenelatur herrschend, d. h. jede Pflanzenart wird mit einem Gattungs- namen bezeichnet, dem sich ein Artname anschliesst (z. B. Viola canina). Dem Artnamen wird jedoch noch der abgekürzte Name des Autors an- gefügt, der die betreffende Art benannt hat. So einfach danach die Regeln der botanischen Nomenclatur erscheinen, so ergeben sich doch in der Praxis oft erhebliche Schwierigkeiten. Diese beruhen einmal darin, dass oft die gleiche Pflanze von verschiedenen Autoren verschie- den benannt ist; alsdann muss der zuerst gegebene Name in Giltigkeit bleiben. Es ist aber oft nicht gleich zu ermitteln, welcher Name der älteste ist, zumal da nicht jede Benennung als bindend angesehen werden kann. Denn streng genommen soll der angehängte Autorname nicht so- wohl eine Verewigung des ersten Benenners als vielmehr ein Fingerzeig sein, wo man etwa in der Litteratur Genaueres über die betreffende Pflanze finden kann. Deshalb sind nur diejenigen Benennungen vollge- wichtig, die sich auf eine gleichzeitig veröffentlichte Beschreibung (Diagnose) der Art stützen. Weitere Schwierigkeiten erwachsen der Nomenklatur aus dem Umstand, dass häufig Umtaufungen nothwendig werden, einmal, weil manche Namen doppelt gebraucht worden sind, anderenseits weil sich die Ansichten über die Gattungszugehörigkeit der einzelnen Arten ändern können. In diesem letzteren Fall ist der eigent- liche Artname als das wichtigste thunlichst beizubehalten, während der Gattungsname geändert wird. Aus der Erörterung, die sich der Besprechung dieser und anderer Fragen anschloss, sei die Ansicht von Professor Prantl hervor- gehoben, dass das allzu grosse Gewicht, das man gegenwärtig in der Botanik der Nomenclatur beilege, für diese Wissenschaft eine Gefahr bedeute; denn es sei zu bedauern, wenn man dem Namen soviel Zeit und Mühe zuwende, statt den mit dem Namen bezeichneten Gegenstand selbst zu studiren. Schliesslich bezwecke die Nomenelatur doch weiter nichts, als eine unzweideutige Bezeichnung des betreffenden Naturkörperss,. Er könne sich daher nicht einmal der Ansicht an- schliessen, dass man gut eingebürgerte Namen fallen lassen müsse, wenn sich etwa herausstellt, dass sie nicht die ältesten und in Folge dessen nach dem herrschenden Prioritätsprinzip auch nicht die zu Recht bestehenden seien. Professor F. Cohn machte Mittheilung über eine Ovation, die dem um die Biologie hochverdienten Fritz Müller in Blumenau (Brasilien) zu seinem 70, Geburtstage dargebracht werden soll, sowie über die von der zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien auf dem Wiener Centralfried- hofe beabsichtigte Erriehtung eines Denkmals für den 1849 verstorbenen ausgezeichneten Botaniker und Orientalisten Stephan Endlicher. Il, Naturwissenschaftliche Abtheilung. 145 Ferner demonstrirte Professor Ferdinand Cohn - u einen reifen Fruchtzapfen von Encephalartos Lehmanni Lehm. Derselbe war ihm von Frau Emma von Hüttner in San Remo, welche die von ihrem verstorbenen Gemahl, einem kenntnissreichen Botaniker in dem herrlichen Garten der Villa Parva zusammenge- brachten Pflanzenschätze pietätvoll pflegt, Mitte September d. J. zuge- schickt worden. Der prachtvolle, sehr alte, aus Caffraria importirte Mutterstamm ist 1,20 m hoch und besitzt einen Umfang von 25 cm; er trägt eine Krone blaugrüner Fiederblätter von ca. 1,10 m Länge. Der weibliche Kolben war im Mai d. J. in der Grösse eines Tannzapfens sichtbar geworden, und bis Mitte September zur völligen Reife gelangt, anscheinend der erste Fall eines in Europa im freien Lande gereiften Fruchtzapfens bei dieser Art; er hatte eine Höhe von 55 cm, einen Querdurchmesser von 25 cm, ein Gewicht von 15,5 kg erlangt; in Gestalt eines Ellipsoids und von graubrauner Farbe. Auf der holzig fleischigen Spindel stehen die Fruchtschuppen, in schönen Spiralen geordnet, in sehr grosser Zahl; die untersten sind steril, die übrigen tragen jede zwei nackte Samen von 50—60 mm Länge und 25—30 mm Breite. Die Fruchtschuppen haben ebenfalls eine fleischig - holzige Beschaffenheit, so dass sie zuletzt von der erweichenden und faulenden Spindel sich ablösen, und beim Trocknen sehr stark schrumpfen. Im frischen Zustand sind sie schildförmig, mit einem 60 mm langen kantigen Stiel an der Spindel rechtwinklig befestigt, nach aussen rauten- förmig verdickt, etwa wie die Fruchtschuppen der Pinien; die rhom- bische Aussenfläche zeigt in der Mitte eine Apophyse in Gestalt einer kleineren rhombischen Erhebung; eine längere transversale und eine kürzere longitudinale kammartige Leiste ziehen sich von den Ecken der Apophyse diagonal nach den Ecken der Fruchtschuppe; diese vor- springenden Leisten gehen nach innen in breite dornartige Fortsätze über, von denen ein medianer auf der Unterseite, zwei laterale rechts und links an den Seiten jeder Fruchtschuppe sich befinden; in dem vom Stiel und den drei Fortsätzen begrenzten Hohlraum liegen die beiden Samen, sie sind je einer mit grossem kreisrundem Hilum, ohne deutlichen Funi- eulus, in den inneren Winkeln der Höhlung befestigt. Wir können daher an jeder Fruchtschuppe den rautenförmigen, aussen mit centraler Apophyse versehenen und von einer Längs- und einer Querleiste kreuzförmig durch- zogenen Körper, und vier von den Ecken einwärts nach der Spindel hin gerichtete Fortsätze unterscheiden, von denen der obere längere als Stiel dient, ein medianer unterer und zwei seitliche etwas kürzer sind und nur zum Festhalten der beiden grossen und schweren Samen dienen; an den sterilen Fruchtschuppen am Grunde des Kolbens ist nur der Stiel entwickelt, die drei zum Festhalten der Samen bestimmten Fortsätze fehlen. Eu 10 »,® 146 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Die Samen ähneln in Gestalt und Grösse den Datteln; sie sind walzlich-primatisch am Hilum abgerundet, an dem entgegengesetzten, der Spindel zugekehrten Ende grad abgestutzt und mit einem centralen griffelartigen Spitzchen, der Micropyle, versehen; an diesem Ende zeigt der Same meist eine Einschnürung unter dem Scheitel. Er besitzt eine orangerothe dünnschalige glänzende Haut und darunter ein dickes, weich- fleischiges, sehr zuckerreiches saftiges Gewebe, welches die ganze hintere (der Spindel zugekehrte) Hälfte des Samens einnimmt. In der vorderen, der Fruchtschuppe zugewendeten Hälfte umschliesst die Haut einen läng- lichen nussartigen Kern, ähnlich einer Haselnuss, der daher nur die vordere Hälfte des Samens ausfüllt. Im nussartigen Kerne unterscheiden wir zunächst 1) eine braune, holzige Schale, und unter derselben 2) ein dünnes, von den aus dem Hilum eintretenden Gefässbündeln netzartig durchzogenes Häutchen; dieses umschliesst 3) den grossen, weissen, mandel- ähnlichen Endospermkörper, dessen parenchymatisches Gewebe von kleinen Stärkekörnern reichlich erfüllt ist; das Häutchen bildet über dem Scheitel des Endosperms einen scheibenförmigen Deckel mit kleiner, kegelförmiger Spitze, unterhalb deren ein kleiner Hohlraum, die Pollenkammer sichtbar wird. Im Endosperm erkennt man an Längs- und Querschnitten dicht unter dem Scheitel 4, etwa 1—2 mm grosse ovale Höhlungen, in einen Kreis gestellt; es sind die Embryosäcke der Archegonien; ein Embryo ist nicht ausgebildet. Obwohl es immer misslich ist, aus fertigen Zuständen Schlüsse zu ziehen, so können wir doch wohl annehmen, dass die äussere Haut, das saftige Fleisch und die sclerenchymatische Schale des inneren Kerns sämmtlich aus dem dicken Integument der Samenanlage durch Dif- ferenzirung der Gewebe hervorgegangen sind, während das von Gefäss- bündeln durchzogene Häutchen mit seiner deckelartigen Spitze der Rest des Nucellus sein mag, der im Uebrigen vom Endosperm verdrängt wird; dieses entwickelt sich bekanntlich bei Cycadeen vollkommen, auch wenn die Befruchtung und daher die Embryobildung, wie hier und überhaupt in Europa gewöhnlich der Fall ist, unterbleibt, und die Archegonien daher leer sind. Ich kann hier die Bemerkung nicht unterdrücken, dass, wenn wir nach dem herrschenden Sprachgebrauch die hier beschriebenen Fort- pflanzungsorgane unseres Encephelartos als Samen, aber die analog ge- bauten von Phoenix als Früchte bezeichnen, wie offenbar zwei Gestal- tungen, die biologisch gleichwerthig sind, mit verschiedenen Namen belegen. Nicht als ob ich die Gymnospermie der Cycadeen in Zweifel ziehen wollte; aber wir sollten, wie ich meine, bei der Nomenclatur pflanzlicher Organe nur die biologischen, nicht die morphologischen und entwicklungsgeschichtlichen Gesichtspunkte zu Grunde legen. Sonst müssten wir auch die Kapsel von Iris und von Lilium verschieden be- Il. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 147 nennen, da ja die eine aus Blatt-, die andere aus Axenorganen hervor- gegangen ist, oder für die Ranken der Erbsen und der Reben ganz verschiedene Namen anwenden, da sie sich morphologisch vollkommen verschieden verhalten. Würden wir Frucht als das Organ definiren, welches die Loslösung der Embryonen von der Mutterpflanze und ihre Bettung in den Keimboden zu vermitteln bestimmt ist, was immer auch sein entwicklungsgeschichtlicher Ursprung ist, so würden wir die hier beschriebenen Gebilde, obwohl sie aus Samenanlagen hervorgegangen sind, dennoch als Früchte (Drupa) bezeichnen müssen, Derselbe sprach über die Entwicklung der Primula minima im Breslauer Botanischen Garten. Vortragender hat in der physiologischen Abtheilung des Botanischen Gartens im Jahre 1888 eine zur Cultur der Riesengebirgspflanzen be- stimmte Felspartie angelegt, um deren Entwicklung in den klimatischen Verhältnissen der Ebene zu beobachten. Die hierfür verwendeten Granit- steine wurden von den Herren Steinbruchbesitzer Wandrey in Strehlen und Nicolaier in Breslau geschenkt. Die Felspartie stellt einen zweigipfligen Hügel dar, in dessen Einsenkung eine Quelle rieselt, die sich in ein kleines Sphagnummoor verliert. Einen Gipfel nimmt ein grosser Granitblock ein, ein sogenannter Opferstein, wie sie in grosser Zahl im Riesengebirge angetroffen werden; der hier aufgestellte, 25 Centner schwere, 55 cm hohe Block stammt vom „hohen Hübel‘‘ beim Gasthof zur Schneekoppe in Giersdorf bei Warmbrunn, und ist auf gütige An- ordnung des Grafen Schaffgotsch ausgesägt und dem Museum für Schle- sische Alterthümer zum Geschenk gemacht, von letzterem im März 1889 uns zur öffentlichen Aufstellung überwiesen worden; er hat an seiner Oberseite eine nahezu kreisrunde, napfförmige Aushöhlung von 50 cm Durchmesser und 40 cm Tiefe, die an einer Seite, wie gewöhnlich, eine tiefe Rinne zeigt, durch welche das in der Höhlung sich sammelnde Regenwasser überfliesst; im Riesengebirge findet sich in diesen Kesseln regelmässig Haematococcus plurialis, sehr häufig auch Stephano- sphaera plurialis in Gesellschaft von Philodina roseola und Oscillaria tenuis; diebeiden Volocaceen sind auch in dieHöhlung unseres Blockes verpflanzt worden, ohne sich jedoch andauernd zu entwickeln, anscheinend weil das von den umgebenden Bäumen hineingewehte Laub das Wasser zeitweise verdirbt; ausserdem haben sich Cosmarium biocella- tum und Closterium Lanula, auch Daphnien, eine Notommata und andere Organismen im Wasser eingefunden, zeitweise ist das Wasser grün gefärbt durch Eudorina elegans und Pandorina Morum. Die zwischen den Granitbruchsteinen der Anlage cultivirten Riesengebirgspflanzen wurden im August 1888 durch Lehrer Liebig, Forstbauden bei Schmiedeberg, 10* 148 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. eingesendet und wuchsen gut an; im Frühjahr 1889 blühten sie reich- lich. Primula minima zeigte die erste Blüthe am 23. April 1889; Voll- blüthe war zwischen 27. und 30. April; am 3. Mai war die letzte Blume verblüht.!) Im folgenden Jahre 1890 war Primula minima durch das Ueberwuchern von Gräsern sehr zurückgedrängt und blühte gar nicht; um so überraschender war es, dass 1891 die überlebenden Stöcke von neuem Blüthen entwickelten, und zwar die erste am Abend des 24. Juni, gleichzeitig mit Dianthus Wimmeri, Allium sibiricum, Mulgedium alpinnm und anderen die Spätsommerflora unseres Hochgebirges bilden- den Gewächsen; es folgten ein Dutzend Blüthen, die bis zum 31. Mai verblüht waren; am 1. Juli blüthen wieder 5 Stöcke bis zum 4 Juli; ein Spätling erschien am 25. Juli; gleichzeitig blühten Exemplare, die Anfang Juni Lehrer Liebig vom Brunnenberg (ca. 1600 m) zur Oultur eingesendet hatte, Nach dreijähriger Cultur in der Ebene haben die vom Hochgebirge verpflanzten Stöcke ihre Vegetationsorgane wie ihre Blüthen in auf- fallendster Weise verändert; die Wurzelstöcke haben sich derart in einen kräftig aufsteigenden Stengel verlängert, dass die Blattrosette ein Stück über den Boden gehoben ist; diese ist viel reichblättriger als vorher (18 Blätter), die Blätter selbst sehr vergrössert, fleischiger und weiter auseinander gerückt. Die Stengel sind an der Spitze bis auf etwa 25 mm Länge belaubt und besitzen eine Dieke von etwa 4 mm; ihr unterer Theil ist blattlos, aber mit den Resten und Narben der vor- jährigen abgewelkten Blätter besetzt, zwischen denen auf der Bauchseite Adventivwurzeln hervorbrechen. Die Laubblätter bilden mit den Stengeln scheitelwärts spitzere, nach unten stumpfere Winkel; sie sind verlängert linear-keilförmig, an ihrem Vorderrande aufwärts gebogen, und umfassen mit ihrer verdünnten scheidenartigen Basis etwa '/, des Stengelumfangs. Ihre Oberseite ist glänzend hellgrün, die Unterseite mattgrün, ebenfalls glänzend, an der schmäleren Basis quergerunzelt, mit etwas vorspringen- den Mittelnerv. Der breitere Vorderrand ist in flachem Bogen ab. gerundet, ungleich meist 7—-9 zähnig, so dass der mittelste Zahn der grösste ist und von da beiderseits je 3—4 Zähne an Grösse nach dem Rande hin abnehmen. Die Länge der ausgewachsenen Blätter beträgt 30—40 mm, die grösste Breite am Vorderrand 12 mm, an der Basis 6 mm. ‘) Von anderen Riesengebirgspflanzen blühten Anemone alpina und Viola biflora vom 1. bis 13. Mai, die erste Blüthe von Geum montanum und Rhodiola rosea öffnete sich am 16. Mai, von Veronica alpina am 1%. Mai, von Hadepsorum obscurum am 17. Mai, von Ranunculus aconitifolius am 20. Mai, von Dianthus superbus (Wimmeri) am 16. Juni, von Scabiosa lucida am 2. Juli, von Achyrophorus maculatus am 25. Juli, von Aconitum variegatum am 1. August. II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 149 In ihren Vegetationsorganen unterschieden sich Exemplare der Primula minima, die im Juni 1891 vom Brunnenberge frisch in den Garten versetzt waren, sehr auffallend durch die bei weitem geringere Zahl und Grösse der Blätter; der beblätterte Theil der Stengel war nur ca. 5 mm lang, betrug also nur den fünften Theil der drei Jahre lang im Garten eulti- virten; die Blattrosette war armblättrig dem Boden angedrückt, die jüngsten Blätter mit dem Vorderrand etwas aufwärts gebogen, die Blätter selbst waren über die Hälfte kleiner, kürzer, umgekehrt dreieckig, der Vorderrand grad abgeschnitten, 5—7zähnig, die Zähne stachel- spitzig nach aussen kleiner, die äussersten kleinsten etwas aufwärts ge- bogen; ihre grösste Länge 15 mm, die grösste Breite am Vorderrand 6 mm, an der Basis 3 mm. In der Einleitung des Buches von E. Widmer ‚Die europäischen Arten der Gattung Primula“, München 1891, S. 74, wird bereits bemerkt, dass die Blätter der Primulaarten auf hochgelegenen Standorten sich mehr und mehr verkürzen und dass insbesondere die Blattstiele zuletzt ganz unterdrückt werden (l.c. $. 15). Doch dürften Blätter von solcher Länge, wie in unseren Gartenexemplaren, in freier Natur noch nicht beobachtet sein; Widmer giebt als Länge der Blätter von Primula minima 5—20, selten 35 mm, als Breite 5—8 mm an. Nicht minder verändert, wie die Gestaltung der vegetativen Organe, ist auch die der reproductiven. Während bei den schlesischen Hoch- gebirgspflanzen der Blüthenstengel in der Regel so kurz bleibt, dass die endständige Blüthe sitzend erscheint, hatte sich an den Gartenexemplaren ein Schaft entwickelt, der die Blüthe 32 mm über die Blattrosette hob. Der Schaft, an dessen Basis zwei Laubknospen stehen, trägt an der Spitze zwei lineal-lanzettliche Hüllblättehen und eine einzige Blüthe, welche die gewöhnliche präsentirtellerförmige 5 theilige Gestalt zeigte, aber nur halb so gross ward, als die Hochgebirgsform. Der Kelch war zur Blüthezeit 8 mm, die Röhre der Blumenkrone 12 mm lang, die Breite des hellrosa Saumes betrug 18 mm. Bei den schlesischen Hoch- gebirgspflanzen beträgt der Querdurchmesser der Blumenkrone meist 25—30 mm; die Länge der Röhre ist 5—1l mm (nach Widmer). Früchte wurden in den Gartenexemplaren nicht ausgebildet. Wenn auch Primula minima an verschiedenen Standorten des Ge- birges in Gestalt und Grösse nicht unerhebliche Schwankungen zeigt, wie sie die sorgfältige Beschreibung von Widmer l.c. 8. 74 erkennen lässt, so übersteigen doch die in der Cultur erzeugten Abweichungen von der Normalform (Vernarbung, Vergrösserung und Gestaltveränderungen der Laubblätter, Verlängerung des Blüthenschafts, Verkleinerung der Blumenkrone, Verlegung der Blüthezeit) die bisher im Gebirge beobach- teten Grenzen, und sind darum noch von ganz besonderem Interesse, weil sie zeigen, dass solche auffallende Veränderungen, nicht etwa in succes- 150 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. siven Generationen, sondern an den nämlichen Stöcken durch Anpassung an veränderte Lebensbedingungen innerhalb eines Zeitraums von 3 Jahren erzielt worden sind.') In der neunten Sitzung vom 10, December berichtete Prof. Dr. ©. Hieronymus über die Resultate, welche er in den letzten Jahren bezüglich der Erforschung der Algenflora Schlesiens erzielt hat. Für eine grössere Anzahl von bereits früher aus Schlesien bekannten Arten wurden zahlreiche neue Fundorte aufgefunden. Ferner wurden einige für Schlesien neue Arten aufgefunden. Der Vortragende ist im Begriff, ein Verzeichniss der sämmtlichen für Schlesien neuen Funde zu- sammenzustellen, um es der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur zur Veröffentlichung zu übergeben, sobald es druckfertig ist; zur Zeit beschränkt sich derselbe auf die Berichterstattung über einige in Schlesien aufgefundene ganz neue Arten. Es sind dies folgende, deren Diagnosen nach dem Manuscript des Vortragenden hier Platz finden mögen: 1. Characium Eremosphaerae Hieron. nov. spec. Ch. cellulis saepe gregariis, globosis vel obovoideis, apice obtusis, 4—5 u longis, erectis, basi distincte stipitatis; stipite gelatinoso, hyalino, gracillimo, longiusculo, plerumque 10—12 u longo. Divisione zoogonidia 2—4, raro —8, cilia duo gerentia prodeunt, quae per cytiodermatis rupturam terminalem elabuntur. Habitat in Eremosphaera viridi epiphytum, stipite in membrana gelatinosa cellularum Eremosphaerae immerso. Diese interessante neue Art, welche sich streng an Eremosphaera hält und auf keiner der zahlreichen mit dieser zusammenvorkommenden Desmidiaceen, Protococeaceen und Confervaceen ete. sich ansiedelt, wurde von mir seit dem Jahre 1885 jährlich in den Monaten Juli bis September beobachtet. Dieselbe bedeckt bisweilen ganz und gar die Oberfläche der Eremosphaera, wobei die einzelnen Individuen dicht gedrängt sind und findet sich in kleinen Wasserlachen am moorigen Ufer eines Teiches dicht bei Hartau (Harte- Vorwerk) bei Schmiedeberg im Riesengebirge. Die Zellen sind ganz grün gefärbt, enthalten ein nach unten offenes hohlkugeliges Chlorophor, welches ein Pyrenoid führt, und einen Zellkern. Die meist 2 bis 4, selten bis höchstens 8, sich durch wiederholte Zweitheilung aus dem Zellinhalt bildenden Schwärm- sporen verlassen die Mutterzelle durch einen Riss an der Spitze, indem ') Im Frühjahr 1892 entwickelten sich an diesen Stöcken, die inzwischen auf- rechten hochstengligen Wuchs angenommen hatten, von neuem Blüthen vom 26. April bis 12. Mai; sie waren eben so klein, aber nicht langgestielt, wie die Sommerblüthen von 1891, N II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 151 sie sich rückwärts einzeln hinausdrängen und die beiden Geisseln nach- ziehen. Dieselben sind eiförmig, besitzen ausser den beiden Geisseln ein hyalines Vorderende, einen rothen, etwas seitlich sitzenden, sehr kleinen Augenfleck und vermuthlich auch pulsirende Vacuolen. Sie schwärmen ganz kurze Zeit um die gleiche Eremosphaerazelle herum, auf welcher schon die Mutterzelle sass, und setzen sich bald auf der Gallert- hülle derselben fest. Nach anderen in der Nähe befindlichen Zellen werden sie wohl nur durch Zufall verschlagen. Nachdem sie sich mit dem hyalinen Ende an der Gallerthülle festgesetzt haben, treibt sie dieses in die Gallerthülle sich haarförmig verlängernd hinein, die Substanz der- selben anscheinend vor sich anflösend, bis diese Verlängerung an die festere innere Membran von Eremosphaere gelangt und sich hier befestigt. Die protoplasmatische Verlängerung scheint sich dann zurückzuziehen und ihrerseits Gallerte abzusondern, wodurch der hyaline solide Stiel des Organismus gebildet wird. Dann wächst das junge neu entstandene Individuum heran, um innerhalb von wenigen Tagen selbst Schwärm- sporen zu bilden. Im Herbst verschwindet der Organismus aus den Culturen, so dass anzunehmen ist, dass ein Ruhezustand ge- bildet wird, der vielleicht durch Gametencopulation erzeugt wird, und aus dem der Organismus im Frühjahr des nächsten Jahres wieder ersteht. Nahe verwandt ist Characium Eremosphaerae mit dem auf Cyclops-Arten epiphytischen, von Reinsch entdeckten Dactylo- coecus Hookeri Reinsch und D. De Baryanus Reinsch (vergl. Botanische Zeitung, 37. Jahrgang 1879 S. 38), welche Hansgirg (Prodromus der Algenflora von Böhmen, I. Theil, S. 123) nicht mit Unrecht nebst den Gattungen Hydrianum Rabenh. und Hydrocytium Al. Br. zu Characium zieht. 2. Hypheothrix nigrescens Hieron. nov. spec. H. trichomatibus in stratum nigrum dense intricatis, flexuosis, aquose aerugineis, distinete articulatis; cellulis diametro (ec. 2 u) paulo longioribus; vaginis arctis, initio hyalinis, deinde sub olivaceo-nigrescen- tibus vel incano-nigricantibus. Habitat in rupibus irroratis. Diese neue Art, die sich vor allen übrigen der Gattung durch ihre gewöhnlich grauschwarzen, seltener grünschwarzen Scheiden in Alter auszeichnet, fand ich an einer feuchten Stelle an den Felsen des Prudel- berges bei Stonsdorf, Kreis Hirschberg. Dieselbe bildete daselbst ein dichtes, fast glänzend schwarzes Lager, welches fast ganz rein von andern Algen war. 3. Hydrocoleum Hieronymi Richter nov. spec. H. plus minus expansum, trichomatibus plerumque singulis, saepe geminis, rarius ternis, subcontortis vel reetis, fasciculatim congestis, vaginaque membranacea inclusis, aerugineis, subaequalibus; cellulis diame- 152 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. tro transversali aequilongis vel duplo triplove brevioribus; vaginis crassis, hyalinis vel luteolis, distinete lamellosis, laevibus, saepius seneetute longitudinaliter subtiliter striatis et interdum lineis prominentibus 'raris annulatis, tubereulisgue minimis sparsis prominentibus ornatis. Diam. trichomatum 8—10 u, diam. vaginarum 10—20 u, erassitudo vaginarum 1—5 u. Habitat in terra humida et in muscis frondosis hepatieisque loeis saepius inundatis. Ich fand die durch ihre geschichteten Scheiden sich besonders auszeichnende Art auf Moosen und feuchter Erde in einem Weiden- sebüsch in einem Ausstich an der Bahn von Breslau nach Hundsfeld bei Carlowitz, dem Gasthaus Sängerslust gegenüber. Paul Richter in Leipzig erkannte deren Neuheit und hat ihr daher den Namen ge- geben. 4. Chroococcus tenax Hieron. syn. Chr. turgidus Naeg. var. tenaxw Kirchner in Kirchner, Schles. Kryptogamen-Flora, Th., HI 1, Algen $. 262. Chr. cellulis sphaerieis, oblongo-ellipsoideis vel e mutua pressione plus minusve angulosis, raro singulis, plerumque binis, quaternis vel octonis, saepius autem 16—24 in familias consociatis, tegumento crassiusculo, evi- denter lamelloso, achroo vel lutescente, plasmate aerugineo vel olivaceo. Diam. cellularum sine tegumento plerumque 13—16 u, tegumenti simplieis erassitudo 2—3 u. Diam. familiarum cum tegumentis —72 u. Habitat in rupibus irroratis. Die Art wurde von Kirchner nur als Varität von Chr. turgidus Naeg. betrachtet, ist jedoch meines Erachtens noch besser selbständig in die Nähe des letzteren zu stellen, mit welchen sie in der Grösse zwar übereinstimmt, von dem sie sich aber nicht nur die deutlich geschichtete, etwas dünnere Zellhaut und die meist mehr olivengrüne Rindenschicht (Chromatophor) des Zellinhaltes, sondern auch durch das Vorkommen an überrieselten Felswänden und dadurch unterscheidet, dass die Mutter- zellhäute sich nicht leicht loslösen und in Folge davon nicht selten 16 bis 24 und vielleicht auch 32 und mehr Zellen familienweise zu- sammengehalten werden. Kirchner entdeckte diese Art an nassen Felsen am Wölfelsfalle, wo sie mit Arten von Gloeocapsa zusammen vorkommt, Ich fand dieselbe an einem zweiten ähnlichen Fundort, an überrieselten Felsen am Eingange der Kochelschlucht bei Schreiberhau, wo sie unter üppigen Rasen von Tolypothrix Aegagropila Kütz. v. pulchra (Kütz.) Kirchn. zahlreich vorkommt. Von den vier beschriebenen Arten wurden Abbildungen vorgezeigt. Der Vortragende erstattete darauf Bericht über die Ergebnisse seiner Untersuchungen über Organisation des Zellinhaltes der Phycochrom- an A II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 153 aceen und einiger Gattungen, welche bisher unter diesen aufgezählt wurden, aber aus dieser Pflanzenfamilie auszuscheiden sind. Die eigentlichen Phycochromaceen besitzen weder in sich abge- schlossene Chromatophoren noch geschlossene Zellkerne, wie die höheren Pflanzen. Die grüne „Rindenschicht“ des Zellinhaltes zeigt zwar eine Struetur, welche der Structur der Chlorophyllkörper der höheren Pflanzen sehr ähnlich ist, da dieselbe aus chlorophyligrünen „Arthur Meyer’sche Grana“ enthaltenden Fibrillen aufgebaut ist, bildet jedoch kein ge- schlossenes Ganze, wie die Chlorophyllkörper der höheren Pflanzen, Der Phycocyanfarbstoff ist im Zellsaft gelöst. Aehnlich wie die Rinden- schicht verhält sich auch der (von E, Zacharias so benannte) „Central- körper“, der zwar auch aus einem Fadengerüst besteht, wie die Zell- kerne der höheren Pflanzen, aber auch nicht wie diese in sich abge- schlossen ist und keine Kernmembran besitzt. Derselbe besteht wahr- scheinlich stets nur aus einem Fadenelemente, das bald als zu einem dichten Knäuel aufgewickelt, bald locker verschlungen sich in der Zelle findet. Die Zelltheilung ist unabhängig von diesen Zuständen des Central- körpers. Die äusseren Fadentheile des Centralkörpers können sich bei dem aufgelockerten Zustande bis an die Zellmembran zwischen die Fibrillen der grünen Rindenschicht verschieben. Im Centralkörper wird eine Substanz gebildet, welche von Borzi den Namen „eianofieine“ Kyanophyein erhalten hat und die nach den festgestellten mikrochemischen Reactionen wohl den unlöslichen Nucleinen Miescher’s zuzuzählen ist. Diese Kyanophyeinmassen treten in den Fäden des Centralkörpers auf als eckige Körner, in welchen der Vortragende Krystalle, oder da es sich um eine quellbare organische Substanz handelt, sogenannte Krystal- loide erkannte, Die Krystallformen gehören dem regulären System an. Bei Tolypothrix tenuis Kütz. var. pallescens Rabenh. fand der Vortragende sogar 4 bis 5 u Durchmesser besitzende Kyanophyceinwürfel oder auch Combinationen des Würfels mit dem Octaeder in den Zellen an den Fadenenden. Die kleineren Krystalle dieses und anderer Phycochrom- aceen gehören wahrscheinlich zum Theil der genannten Combination, zum Theil dem Trapezoeder an. Auch hemiedrische Formen und aus _ zwei oder mehreren Krystallen gebildete Massen wurden beobachtet. Das Kyanophyein tritt auch amorph in den Grenzzellen auf, dann aber nicht als Erzeugniss des Centralkörpers, sondern im Zellplasma. Wahr- scheinlich haben die Grenzzellen die Funetion, übermässig producirtes - Kyanophyein aufzunehmen. Eine Ueberproduetion des Kyanophyein findet nun aber in sehr vielen Phycochromaceenrasen oder -Lagern statt und es gehen viele Zellen an „Kyanophyeinose‘“‘ zu Grunde. Wahrschein- _ lieh beruht die Kyanophyeinproducetion der Phycochromaceen auf der von B. Frank nachgewiesenen, durch diese Pflanzen bewirkten Auf- nahme freien Stickstoffes (oder nach Prantl des Ammoniumnitrits). Der 154 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Stickstoffgehalt des Erdbodens in Folge von Phycochromaceeneultur dürfte also vom Kyanophyeingehalt dieser abhängen. Der Vortragende schilderte dann die Organisation der Zelle und die Entwicklungsgeschichte von Glaucocystis Nostochinearum Itzigsohn. Diese Alge muss aus den Phycochromaceen ausgeschieden werden, da dieselbe einen normal organisirten Zellkern, welcher ähnlich wie die Zellkerne der höheren Pflanzen aufgebaut, und richtige Chromatophoren besitzt. Die Chromatophoren sind fadenförmig und bestehen anscheinend nur aus einer verhältnissmässig grossen Fibrille, deren Glieder, die A. Meyer’schen Grana, bald mehr rosenkranzförmig, bald den Geldstücken in einer Geld- rolle gleich aneinandergeordnet sind. Oft sind dieselben sehr lang und strahlen dann von einem hellen Fleck, in welchem Lagerheim eine Vacuole erkannte, aus. Diese Stellung derselben ist vermuthlich Sonnen- stellung und tritt zu dem Zweck ein, um den Zellkern, welcher schräg unterhalb der Vacuole excentrisch in einer der Zellhälften liegt, vor allzu intensivem Sonnenlicht zu schützen. Sind die Chromatophoren kürzer und dann regelmässig viel zahlreicher, so befinden sich dieselben in einer Protoplasmaschicht parallel der Zellmembran in unregelmässigen Schlangenwindungen gelagert, der Zellkern dagegen in der Mitte der Zelle. Glaucocystis vermehrt sich dadurch, dass der Zellkern sich in zwei Theile theilt, diese dann meist abermals je in zwei Theile und dass sich dann der ganze protoplasmatische Inhalt in vier Theile sondert, Seltener theilen sich die vier gebildeten Zellkerne nochmals, so dass dann acht Zellen sich aus der Mutterzelle bilden, welche aber noch von der Membran dieser lange Zeit umschlossen bleiben. Seltener entstehen aus einer Mutterzelle 3, 5, 6 oder auch wohl 7 Zellen dadurch, dass einer und der andere Zellkern sich nicht theilt. Eine genauere Mittheilung des Vortragenden über Glaucocystis Nosto- chinearum Itzigsohn, sowie über die Organisation des Zellinhaltes der Phyeochromaceen ist in F. Cohn’s Beiträgen zur Biologie der Pflanzen, Bd. V Heft 4, erschienen. Der wirkliche Staatsrath Prof. Dr. v. Trautschold hielt hierauf einen Vortrag über die Flora von Bex, St. Gervais und Gorge de Diosaz, welche er im vorigen Sommer besucht, und legte die bei seinen bota- nischen Excursionen gesammelten Pflanzen, sowie Photographien aus dem westlichen Wallis und Savoyen vor. Für die Etatsjahre 1892/93 wurde der bisherige Secretair der Section, Geheimrath Prof. Ferdinand Cohn wiedergewählt. II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 155 Ergebnisse der Durchforschung der schles. Phanerogamenflora im Jahre 1891, zusammengestellt von E. Fiek, mit Nachträgen von Th. Schube!). A. Für das Gebiet neue Arten und Formen, Anemone ranunculoides L. f. subintegra Wiesbaur. Hüllblätter ganzrandig oder nur mit einzelnen Zähnen, Görlitz: Rothstein bei Sohland, Jauernicker Kreuzberg (Barber)! Corydalis solida (L.) Sm. var. integrata Godr. (Flor. de Lor- raine I. 40) = (. intermedia Merat. Am Weinberge bei Hultschin (E. Baumann)! Troppau: Stauding (Wetschky)! Vom Typus abweichend durch die schmäleren, lanzettlich-länglichen, ganzrandigen oder nur an der Spitze schwach gekerbten Deckblätter. Dieser Abänderung nahe kommende Formen sammelte ich selbst schon früher in der Oböra bei Ratibor und bei der Rösnitzer Mühle unweit Katscher. Von letzterem Orte lagen seiner Zeit auch Uechtritz Exem- plare vor, die er im Jahresbericht von 1872 besprach, Viola arenaria X silvatica Focke (V. arenaria X silvesiris = V. cinerascens Kerner in Oestr. Bot. Ztg. XVIII (1868) $S. 20). Obgleich schon Uechtritz vor vielen Jahren (in Verhandl. des Botan. Ver. der Prov. Brandenb. 1867 S. 21) das Vorhandensein dieser Hybriden bei uns vermuthete, und auch ich sie bereits 1878 in einigen von mir bei Kuhbrück unweit Militsch gefundenen, freilich nicht mehr ganz brauch- baren, Exemplaren zu erkennen glaubte (Fl. v. Schles. S. 53), so konnte sie als bei uns vorkommend bisher nicht constatirt werden. Uechtritz empfahl (Jahresber. 1885) eine genauere Beobachtung im lebenden Zu- stande. Was mir aber Hellwig heuer von Kontopp unter dieser Be- zeichnung einsandte, muss auch ich entschieden dafür ansehen, da in der That alle Merkmale für obige Combination sprechen und meines Erachtens eine Kreuzung zwischen V. arenaria und V. Riviniana aus- geschlossen ist, — Die Pflanze macht nach Grösse und Tracht den Ein- druck einer V. silvatica mit kleineren und, mit Ausnahme der oberen, mehr abgestumpften Blättern. Auf V. arenaria weist die Bekleidung der ganzen Pflanze hin, die namentlich am Stengel und an den Blatt- stielen stark entwickelt ist, ferner die dunklere bleistiftgraue Färbung der unteren Stengeltheile. Die Nebenblätter sind weder so schmal und lang zugespitzt, noch so stark gefranst als an Y. silvatica, sondern sie ı) Vorgelegt mit den Belegstücken durch Dr. Th. Schube in der Sitzung der botanischen Section vom 25. Februar 1892. Die Nachträge sind durch ($.) gekennzeichnet. 156 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. sind eine deutliche Mittelbildung zwischen denen der muthmaasslichen Eltern. Ebenso ist die intermediäre Stellung in der Form, Färbung und Consistenz der Blätter unverkennbar. Die Blumenblätter nähern sich in Gestalt, Grösse und Färbung sehr denen von V. silvatica, der S$porn ist ebenso gefärbt, wenn nicht eine Nüance dunkler, ziemlich dünn, nicht ausgerandet, unten ohne Andeutung einer Furche, — Nach sorgfältiger Vergleichung dieser Form mit den Pflanzen von Kuhbrück muss ich auch diese als hierher gehörig betrachten. Hypericum elodes L. Hoyerswerda: zwischen Kühnicht und der Seidewinkler Haide in einem Graben fluthend und an dessen Rande auch blühend, nicht häufig (Barber)!! — Die Zahl der für die atlantische Association charakteristischen Pflanzen, welche in der Lausitz ein, von ihrer zusammenhängenden Verbreitung isolirtes, weit nach Osten im Binnenlande gelegenes Vorkommen besitzen, ist damit wiederum um eine gewachsen, nachdem das vorige Jahr drei Bürger dieser Art gebracht hatte. Von diesen ist in der nächsten Umgebung des Standorts Heloscia- dium inundatum, sowie Scirpus multicaulis zahlreich gefunden wor- den, in deren Gesellschaft ausserdem Potentilla norvegica, Veronica scutellata var. pilosa, Juncus Tenageia, Cyperus flavescens, Pilularia etc. Pirus Aria (L.) Ehrh. Schon 1836 machte mich Lehrer Liebig auf einen Strauch aufmerksam, der unweit des Weges von Schmiedeberg nach der Tannenbaude, wenig unterhalb derselben, wächst; doch zögerte ich mit der Bekanntmachung, da ich die Spontaneität zwar als sicher erachtete, doch weitere Belege für das Vorkommen dieser Art in unserm Gebiete abwarten wollte. Durch Freund Hieronymus wurde ich nun in diesem Jahre auf einen Strauch hingewiesen, der, allem Anschein nach ursprünglich, am Wege von Schmiedeberg nach dem Jockelwasser wächst, Es dürften wohl in der Folge noch mehr Standorte dieser Art im Ge- biete aufgestöbert werden ($.) Alnus incana DC. var. orbicularis Callier nov. var. „‚Jüngere Zweige schwach kurzhaarig, Blattstiele 0,5—1 em lang, dicht kurzhaarig oder fast filzig, Blätter klein, 3—4 cm lang, 3—4 cm breit, fast kreis- rund, seltener elliptisch, vorn stumpf, abgerundet, selten mit schwach angedeuteter Spitze, am Grunde rundlich, am Rande unregelmässig fast einfach gesägt, selten mit schwach angedeuteten Lappen, auf der Öber- seite kahl oder mit vereinzelten Haaren besetzt (die jüngsten, unent- wickelten Blätter beiderseits dicht filzig, etwas silberglänzend), unterseits bläulich grün, die jüngeren graugrün, auf den Nerven locker kurzhaarig oder fast kahl, Blattfläche locker kurzhaarig oder fast kahl. Nerven auf jeder Seite meist 5, selten 6, stark hervortretend auch die Seiten- nerven zweiter Ordnung. Fruchtzapfen klein, sitzend. — Grünberg: bei der Briquetfabrik; leg. Hellwig.“ (Callier in litt.; S.) 7 e P} o II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 157 Orchis incarnata X latifolia (O. Aschersoniana Hausskn.). Im Jahre 1890 beobachtete Barber auf den Tschirnewiesen in der Görlitzer Haide eine Orchis, welehe ihm nieht ganz klar und die er für O0. Traunsteineri zu halten geneigt war. Ganz dieselbe Form fand ich 1891 auch bei Oppeln: auf der grossen Wiese südlich von Königlich Neudorf, hier wie dort, durchaus nicht sparsam, in Gesellschaft von Orchis incarnata und latifolia. Eine Vergleichung mit diesen machte es mir unzweifelhaft, dass ich es in beiden Fällen mit einem Bastard beider Arten zu thun hatte, der — in mehrfachen Formen — sich bald mehr der einen, bald der andern Stammart nähert. Derselbe stand in voller Blüthe, während die Knospen von O. incarnata an demselben Standorte sich noch vielfach entfalten sollten, ©. latifolia aber stark im Abblühen begriffen war. Die Blätter sind kürzer als an O. incarnata, nicht so allmählich vom Grunde bis zur Spitze verschmälert, sondern in der Mitte etwas verbreitert, an der Spitze aber gewöhnlich kapuzenförmig kurz zusammengezogen, dabei fast stets ganz grün, etwas dunkler als an O. incarnata und selten mit Flecken. Die Deckblätter überragen häufig ganz erheblich die Blüthen, doch ist ihre Länge ziem- lich veränderlich. Neben dichten Aehren giebt es ziemlich oft solche, bei denen die Blüthen recht locker stehen, lockerer als bei O. latifolia, und die der Pflanze ein besonderes, an O. Traunsteineri erinnerndes, Aussehen geben. Die Farbe der Perigons ist gewöhnlich trüb- purpurn, die Lippe fast immer — seicht dreilappig, dabei im Umrisse rhombisch. „Carex caespitosa Z. var. retorta Anders. Weibliche Aehrchen gestielt und überhängend. Zwischen Pirscham und Klein-Tschansch leg. Uechtritz. Carex acutaL.subsp.pseudaquatilisAppel nov. subsp. Pflanze bis mannshoch, mit nickender Spitze, Blätter schmal, lang, nur wenig am Halm heraufgerückt; Halm scharf 3kantig, nur oberwärts rauh, Deckblätter steif aufrecht, den Halm überragend, weibliche Aehren fast ungestielt, aufrecht, schmal-eylindrisch, 2—3, Deckschuppen die Schläuche nicht deckend, kurz zugespitzt oder stumpf mit bräunlichem Mittelstreif, Schläuche sitzend, aufgeblasen kugelig, nervenlos, selten mit schwach angedeuteten Nervenanfängen, im reifen Zustande schwach geflügelt, mit kurzem, stielrunden Schnabel; männliche Aehren 2—4, wie bei C, acuta. — Die Pflanze erinnert durch die schmalen nach dem Grunde zusammen- gedrängten Blätter, die dünnen, langen weiblichen Aehren, sowie die kugeligen nervenlosen Schläuche lebhaft an C. aquatilis Whlbg. Der scharf dreikantige Halm dagegen lässt ihre Zugehörigkeit zu ©. acula erkennen, doch ist sie durch so viele Merkmale von ihr getrennt, dass sie eher als Subspecies wie als Varietät zu gelten hat. — Breslau: Pirscham (leg. Uechtritz sub C. acuta L.?; Callier). 158 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. C. Goodenoughii Gay var. crassiculmis Appel nov. var. Pflanze locker-rasenförmig, mit wenigen Ausläufern, Blätter schmal, steif aufrecht, die Höhe des Halmes kaum überragend, Halm scharf drei- kantig, diek, starr aufrecht, bis 40 cm hoch, Deckblätter blattartig, kürzer als die Spitze des Halmes, weibliche Aehren sitzend oder kurz- gestielt, aufrecht, Deckschuppen schwarzbraun mit grünem Mittelnerv, Schläuche länglich eiförmig, sitzend, in einen stielrunden, leicht ab- brechenden Schnabel auslaufend, beiderseits etwas gewölbt, auf dem Rücken 3—5 deutlich hervortretende Nerven tragend. Männliche Aehren je eine einzelne, oder eine normale mit einer kleinen am Grunde. — Die Pflanze steht am nächsten der ©. Goodenoughii Gay var. tornata Fr., doch unterscheidet sie sich durch den deutlich 3 kantigen Halm, sowie die beiderseits gewölbten Schläuche, wodurch sie eine entfernte Aehn- lichkeit mit C, tricostata Fr. besitzt. — Liegnitz: Teiche bei Hummel. (Figert). Carexz caespitosa X Goodenoughii (= C. peraffinis Appel) nov. hybr. Breslau: Wolfswinkel (Uechtritz). In dem Nachlasse des Herrn von Uechtritz befand sich unter anderem Carex-Materiale auch ein Packet, das in gesonderten Lagen C. caespitosa L., C. Goode- noughii Gay und den Bastard zwischen beiden mit der Bemerkung „zu durehmustern“ enthielt. Es scheint demnach, dass schon Uechtritz den Bastard vermuthete. Pflanze lockerrasig, fast stets mit deutlichen Ausläufern versehen, Schei- den netzfaserig braun, theilweise mit rothem Anfluge, die untersten ohne Laubblätter; Blätter auf die Basis des Halmes beschränkt, graugrün, schlaff, ungefähr von der Länge des Halmes, beim Trocknen eingerollt ; Halm mehr oder weniger scharf 3-kantig, nur dicht unter den weiblichen Aehrehen rauh; Deckblätter des untersten oder der beiden untersten Aehren blattartig, den Halm nicht überragend; weibliche Aehren 2—3, kurz cylindrisch, nicht oder kaum gestielt, aufrecht; Deckschuppen eiförmig, stumpflich, die Schläuche nicht ganz deckend; Schläuche kurz gestielt, eiförmig mit ganz kurzem stielrunden Schnabel, fast stets nur auf der Rückenseite schwach gewölbt und mit undeutlichen Nerven ver- sehen; männliche Aehren eine, seltener zwei, braun, nicht rothbraun. Die vorliegenden Exemplare sind noch zu jugendlich, um erkennen zu lassen, ob sich die Achenien normal entwickeln werden.“ (Appel in litt., S.) Carex flava X Oederi (C. Alsatica Zahn). Lüben: Klaptau, in einem feuchten Laubgebüsche unter den Eltern (Figert)! Unsere Pflanze entspricht ziemlich gut der von H. Zahn (in Oestr. Bot. Ztg. XL (1890) S. 361) als #. elatior aufgeführten Form. Blätter meist kürzer als der Halm; die unterste weibliche Aehre ziemlich ent- fernt stehend; Deckblätter fast so lang als der bauchige Theil des ur AZ I Asp & II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 159 Schlauches; Früchte trotz der nahen Verwandtschaft der Eltern ver- kümmert. C. Hornschuchiana X Oederi (C. Appeliana Zahn in Oestr. Bot. Ztg. XL S. 361). Oppeln: auf der grossen Wiese südlich von Königl. Neudorf!! Neben der an diesem Standorte ziemlich häufigen Kreuzung zwischen C. Hornschuchiana und flava fand ich auch eine Anzahl Exemplare, die wegen der geringeren (bis 20 cm betragenden) Höhe der Pflanzen, den von einander ziemlich entfernt stehenden kleineren weiblichen Aehrchen, von denen die unterste namentlich weit abgerückt ist, und den srüngelblichen Schläuchen davon merklich abwichen. Diese Kennzeichen, sowie die kleineren mehr abstehenden (leeren) Schläuche mit kürzeren Schnäbeln liessen in dieser abweichenden Form unschwer die Abstam- mung von C. Oederi und damit den bezeichneten Bastard erkennen. Poa nemoralis X compressa (P. Figerti) Gerh. Lähn: auf Mauern, bes. am katholischen Kirchhof (Gerhardt); Jauer: auf Mauern in Hermannsdorf (Gerh., S.). B. Neue Fundorte. Thalictrum aquilegiaefolium L. Nimptsch: Waldschluchten bei Wilkau ($.). Th. minus L. Neusalz: Oderwald bei Aufhalt (S.), Oppeln: Weg nach Kempa ($.), Sprentschützer Wald (S.). Th. flavum L. Guhrau: Ober -Friedrichswaldau (C. Scholz)!; Trachenberg: bei Kendzie im Kiefernwalde, hier auffallend kleinblättrig (Schwarz)! Hepatica triloba Gil. floribus albis et roseis um Öhlau: zwischen Steindorf und Dobern (Baumann)! Adonis aestivalis L. v. citrina Hffm. Freiburg: Ob.-Kunzendorf (Leisner, $.). In N. S. sehr selten. Oppeln: vor Kempa ($.). Ranunculus divaricatus Schrk. Breslau: Hühnern (Kionka, $.). R. nemorosus DC. Rsgb.: im langen Grunde ($.). R. repens L. var. hirsutus W. Gr, Grünberg: Nippe’s Gras- garten!, Rohrbusch auf humosen Waldboden (Hellwig)! Pulsatilla pratensis (Z.) Mill. Wansen: Niemener Haide spär- lich (Kruber)! Brieg: Abrahamsgarten (Nitschke, $.). Actaea spicata L. Riesgb.: über d. alten Bergwerk ($.); Namslau: Lorzendorf (Ziesch£, S.). Nuphar luteum Sm, v. tenellum Rb. Lüben: Gläsersdorf (W. Scholz)! Isopyrum thalictroides L. Canth: Borganier Busch ($.); Brieg: Grüninger Grund früher (Nitschke, $.). 160 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Aconitum variegatum L. Waldenburg: Hochwaldgipfel, geg. Conradsthal (Leisner, $.). Chelidonium maius L. var. laciniatum (Mill.) Proskau: im Seminargarten mehrfach als Unkraut (Richter)! Fumaria Schleicheri Soyer-Will. Breslau: Zäune und Hecken ‘in Wiltschau!! Barbarea stricta Andrzj. Hoyerswerda (Barber); im Vorgebirge besonders im Hirschberger Thale an verschiedenen Stellen!! und noch im Boberthale unterhalb Landeshut bei fast 400 m (Höger)! Arabis arenosa (L.) Scop. Hoyerswerda: an der Chaussee gegen Klein-Neida (Barber); Guhrau: Bahndamm bei Saborwitz (C. Scholz)! A. Halleri L. Gleiwitz: seit 1888 im Stadtwald von Osten einge- wandert (Jungck, S.). Cardamine pratensis L. v. Hayneana Welw. Breslau: Gross- Tschansch (1836, Uechtritz, S.). Dentaria bulbifera L. Knabenstein bei Reiwiesen (Kionka, $.); Jauer: Lauterbach (F. W. Scholz, S.). + Sisymbrium Sinapistrum Ctz. Breslau: zwischen Herdain und Dürgoy (S.). Sinapis arvensis L. var. orientalis (Murr.) Grünberg: bei Beuchelt’s Fabrik (Hellwig)! Lunaria rediviva L. Riesengeb.: um Forstlangwasser mehrfach, auch gegen Wolfshau (S.); Eulengeb.: „Doctorweg‘, beim Glasegrund ($.). Thlaspi alpestre L. Bunzlau: Schlemmer (Alt, S.). — Lepidium perfoliatum L. Brieg: Kasernenhof (Nitschke, 8.). Berteroa incana (L.) DC. in der nordwestlichen Haideebene selten. Görlitz: Penzig, Kohlfurter Bahnhof (Barber); Sagan: Küpper sparsam (Schöpke). Viola arenaria DC. Breslau: Wald zwischen Wohnwitz und Nippern, also auch auf dem linken Oderufer (Baumann)! V. mirabilis L. Canth: Lorzendorf (S.). V. canina X pumila F. Schultz Strehlen: nördlich von Ruppers- dorf am Saume eines Gebüsches (Kruber)! Hier bis 30 cm hoch, also grösser als an den Standorten um Breslau, von wo diese Kreuzung bis- her allein bekannt war. Jedenfalls von YV. canina var. montana (L.) abstammend, die in dem angrenzenden Gebüsch vorkommt. V. lutea Sm.: Lehnen des Hochwiesenbergs, stellenweise massenhaft (Liebig u. 8.). Drosera intermedia Hayne Görlitz: Hennersdorfer Teiche (Barber); Pürben, Kreis Freistadt (Schröder)! Myslowitz: Granietz (S.). Polygala oxyptera Rchb. wird bekanntlich von verschiedenen neueren Autoren als eigene Art betrachtet und verdient in der That grössere Beachtung, als ihr bisher von den meisten unserer Pflanzen- II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 161 freunde zu Theil wurde. Der mehr niedergestreckte Stengel, die nicht so stark verlängerte nur 4- bis 10 blüthige zuletzt einseitswendige Traube, die fast immer weisslichen Blüthen, die kahle Blüthenstandsachse, und besonders die rhombischen bis länglich - lanzettlichen Flügel, welche länger und schmäler sind als die Kapsel, unterscheiden sie hinlänglich von P. vulgaris. Es wäre erwünscht, wenn ihre Verbreitung genauer bekannt würde. Sichere Standorte sind folgende: Waldenburg: Wiesen zwischen Sorgau und Liebichau!!; Dyhrenfurt: bei Kranz!!; Gr.-Strehlitz: Schimischow!!, Gross-Steiner Wald!! P. amara L. var. austriaca (Erntz.) Kontopp: bei Deutsch- Schwenten (Hellwig)! —+ Dianthus barbatus L. Gleiwitz: Stadtwald (Jungck, $.). D. Carthusianorum L. in der nordwestlichen Haideebene auch auf den die Grosse Tschirne begleitenden Sandhügeln bei Mühlbock und Tiefenfurt (Barber). D. supe'rbus L. Michelsdorf im Eulengebirge (Schröder)! Franken- stein: Harteberg ($.), Strehlen: Pentsch (S.), Nimptsch: Alte Berg bei Pangel (S.); Gleiwitz: Ellgut-Zabrze (Methner t. Jungck, $.). VaccariaparvifloraMch. Brieg: Aecker bei Neudorf (Nitschke, $.). Cucubalus baccifer L. Guhrau: zwischen Triebusch und Sabor- witz (C. Scholz)! Breslau: Schmartsch ($.). Silene gallica L. Oels: Klein-Mühlatschütz (Wegehaupt t. Kruber); Stenzelberg bei Wüstewaltersdorf (Schröder)!; Landeck: Karpenstein (Kruber);-Proskau an der Strasse nach Simsdorf (Richter)! Leschnitz: beim Bahnhofe (S.); Kiefernstädtel: Smolnitz (S.); häufig um Berun: Urbanowitz, Jaschowitz, Teichvorwerk, Lendziner Berg ($.). + 8. Armeria L. Grünberg: Brachäcker bei Bother’s Seechen (Hellwig)!, Aufzug (Ders.). S. chlorantha (Willd.) Ehrh. Grünberg: Jakobsberge bei Ochel- hermsdorf (Schröder)! S. dichotoma Ehrh. Lähn: geg. d. Bobermühle (Gerhardt, $.); Jauer: Poischwitz (F. W. Scholz, $.). gr S. Otites Sm. Gr.-Strehlitz: Kalkgruben, w. Bahnhof Gr.-Stein ($.). Melandryum album X rubrum (Grtn.) Schmiedeberg: Baber- häuser ($.), unterh. Arnsberg ($.). M. rubrum Gcke blassrosa im Zedlitzbusch b. Striegau (Uechtritz 86, 8.), desgl, Canth: Protschkenhayn ($.). Stellaria media (L.) Cyr. var. neglecta (Weihe) Trachenberg: Klein-Bargen (Schwarz)!; Schweidnitz: Fuchswinkel bei Rothkirschdorf (Schöpke); Wansen: Bauernwald (Kruber)! St. Friesiana Ser. Sohrau: „Königsweg,‘“ geg. Krolowka ($.). Cerastium triviale Lk. var. nemorale Uechtr. Strehlen: Dober- gaster Busch (Kruber)! vy 11 24% 163 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. C. anomalum W. K. Breslau: Gr.-Tschansch (Uechtritz 1886, $.). Lavatera thuringiaca L. Wansen: an der neuen Promenade (Kruber). Hypericum perforatum L. v. veronense Schrk. Jauer: Lauter- bach (F. W. Scholz, S.). H. humifusum L. zw. Krummhübel u. Wolfshau (Pax, $.). H. montanum L. Nimptsch: Eichberge bei Wilkau ($.), Franken- stein: Grochberg, Wachberg (S.); Carlsruhe: b. d. Försterei Christians- hof (8.). H. hirsutum L. Strehlen: Bärwald bei Eisenberg, Rummelsberg (Kruber). Acer Pseudoplatanus L. var. Dittrichii (Ortmann) Gesenke: Weg vom Haidebrünnel nach dem Fuhrmannsteine mehrere Bäume (C. Scholz)! Geranium phaeum Z. Münsterberg: Schildberg (Kruber)!; Landeck: bei Waldeck (Ders.); Rybnik: Belk (Ziesche, $.); neu für die rechte Oderseite in Pr.-Schles. — Ohlau: Jakobine (Nitschke, $8.), hier kaum ursprünglich, G. palustre L., albiflorum. Schweidnitz: Goldene Waldmühle (Leisner u. Dresler, S.). G. pratense L. auf dem rechten Oderufer noch bei Guhrau: auf Wiesen um die Stadt häufig (C. Scholz)! G. sanguineum L. Proskau: Wilhelmsberger Wald (Richter)! Brieg: zw. Kalkberg u. Carlsmarkt (S.). G. molle L. albiflorum Grünberg: ÖOchelhermsdorf hinter der Ender-Mühle (Schröder)! + G. pyrenaicum L. Bolkenhain: Rohnstocker Park im Gebüsch häufig (Schöpke). + Ulex europaeus L. Niesky: am Döbschützer Haideberge in Menge (B.); Lüben: im Krebsberger Revier vereinzelt und ganz wie wild (Figert); Wüstewaltersdorf: in einem alten Steinbruche beim Hexenstein (Schröder)! Sarothamnus scoparius (L.) Kch. Schmiedeberg: am Jockel- wasser, anscheinend wild (8.). Genista pilosa L. Hoyerswerda: zwischen dem Adler und Michalken ; häufig an der Eisenbahn zwischen Rietschen und Weisswasser (Barber). Bunzlau: Rothlacher Haide (Alt, $.). G. germanica L. Görlitzer Haide: Revier Haidewaldau (Barber); Grünberg: Wittgenau (Hellwig)!; Freistadt: Gebüsche bei Friedrichsruh und Weichau, vereinzelt bei Neudorf (Schöpke). Cytisus nigricans L. Niesky: Radischer Dubrau, Station Mücka (Barber); Bunzlau: Rothlacher Haide (Alt, $.); Kiefernstädtel: Kadzior- mühle (S.). II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 163 C. capitatus Jqu. Ober-Altwasser, b. Schuckmann-Schacht (Leisner, S.); Rybnik: zw. Belk u. Sawade (Ziesche, $.); Myslowitz: zw. Imielin u. Gollawietz ($.). C. ratisbonensis Schff. Kiefernstädtel: bei d. Kadziormühle ($.). Ononis spinosa L. Schlawa: geg. Pürschkau, weissbl. (Ziesch&, S.); Oppeln: vor Kempa ($., schon Uechtritz 1863). - O. hircina Jqu. Schönau: Kammerberg gegen Kauffung ($.), Skot- - schau: Willamowitzer Berg ($.). Anthyllis Vulneraria L. Schönau: Röwersdorf (Leisner, $.), - Frankenstein: Wachberg (8.), Breslau: zw. Wüstendorf u. Gr.-Nädlitz (S.), Reinerz: Roms ($.), Proskau: Wilhelmsberg (Richter, $.), Schweidnitz: - zw. Breitenhain u. d. Waldmühle (Leisner, $.). Melilotus altissimus Thuill. Strehlen: Bärzdorfer Mergelgruben (Kruber); Wansen: Graben bei Brosewitz (Ders.)! Breslau: Kl.-Nädlitz und zw. Gr.-Nädlitz und Kriechen (1836 Uechtritz, $.). Trifolium ochroleueum L. Strehlen: Oberecke häufig (Kruber)! T. rubens L. v. hirsutum Zöske. Jauer: Siebenhufen (F. W. Scholz, S.). Astragalus Cicer L. Wansen: Brosewitz (Bartsch t. Kruber); Proskau: am Turnplatz des Seminars, wohl aus dem benachbarten Garten stammend (Richter)! Ornithopus perpusillus L. Hoyerswerda: an der Senftenberger Chaussee, bei der Wassenburg - Mühle, _ Maukendorf, Seidewinkel!!, Bergen!! ete. (Barber); Niesky: Steinölser Dubrau, Seifersdorfer Ziegelei (Barber); Sagan: Ober-Buchwald, Küpper (Schöpke); Sprottau: Liebichau; Freistadt: bei Neudorf (Ders.). Vicia silvatica L. Nimptsch: Sadewitz, Neobschützer Forst, Tarch- witz (Kruber); Eulengebirge: am oberen Ende des „Doctorwegs‘“ (ca. 600 m), im October zum 2. Male blühend (S.). | V. cassubica L. Niesky: bei der Seifersdorfer Ziegelei und weiter an der Strasse nach Thräna (Barber); Freistadt: Ober-Herzogswaldau (Schöpke)!; Zobtener Försterei (Ders); Nimptsch: Mückenberg bei Reichau (Kruber, auch $.)! Namslau: Lankau (Ziesche, $8.); Rybnik: Golleow (8.). Lathyrus montanus Bernh. Niesky: Radischer Dubrau (Barber). —+ Spiraea opulifolia L. Görlitz: Neisseufer oberhalb der Tisch- brücke (Barber). S. salicifolia L. Oppeln: in den Sümpfen zwischen Trenezin und - Marscholken mehrfach ($.). Aruncus silvester Kostel, Strehlen: unweit der Pogarthmühle (Kruber)!; Hultschin: Waldabhänge beim Weinberge!! Skotschau: zw. Schimoradz u. Ochab ($.). 11* 164 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Geum urbanum X rivale G. Mey. Strehlen: Skalitz, Baumgart- busch bei Ruppersdorf (Kruber) ! G. montanum L. Riesengeb.: durch Samenanflug etwa 100 m unter- halb Forstlangwasser (Liebig, $.). Rubus nitidus W. et N. um Hoyerswerda häufig!! und von da an der Bahn bei Niesky; Radischer Dubrau, Diehsaer Oberwald; um Reichen- bach an der Chaussee südlich von Biesig, Vorwerk Hartha; in der Görlitzer Haide noch bei Mühlbock und Tiefenfurt. Diese Art bevor- zugt durchaus nicht Erlbrüche und Bachufer, wie in den meisten floris- tischen Werken angegeben, sondern besiedelt bei uns vorzugsweise die dünenartigen Sandwellen der Haidegegenden (Barber). R. sulcatus Vest. Görlitz: nicht selten bei Hermsdorf; Reichen- bach O.-L.: Dittmannsdorf (Barber). R.thyrsoideus Wimm. Niesky: zwischen Hartha und dem Diehsaer Oberwald, in u. bei Thraena (Barber). R. silesiacus Weihe im südöstlichen Theile der Görlitzer Haide verbreitet, im südwestlichen nur bei Mühlbock, selten (Barber). R. scaber W. et N. Niesky: am See’er Basalthügel, ganz typisch (Kootz t. Barber). RR. Koehleri W. et N. Hoyerswerda: Spohlaer Haide, zwischen Gross-Zeisig und Maukendorf; Niesky: in Thraena, Steinölsa; Görlitzer Haide bei Haidewaldau und Mühlbock (Barber). R. Schleicheri W. et N. Hoyerswerda: am Schwarzen Graben in der Königswarthaer Haide; häufig bei Haidewaldau in der Görlitzer Haide (Barber). R. Bellardii W. et N. Görlitz: Rengersdorfer Wald, Kämpfenberge; Niesky: See’er Basalthügel (Kootz t. Barber). | R. Idaeus L. var. denudatus Spenn. Hoyerswerda: zwischen Neuwiese und dem Fasanengarten; Tiefenfurt (Barber). Fragaria collina Ehrh. f.subpinnata Cel. Breslau: Gr.-Tschansch (Uechtritz, 86; $.). E Comarum palustre L. Brieg: Neudorf (Nitschke, $.). Potentilla norvegica L. Hoyerswerda: am Schwarzwasser beim „Jagdhause‘‘!, Ausstisch südlich des Seidewinkler Amtsteiches (Barber)!!. P.recta L. Wagstadt: buschige Bergabhänge vor Laubias (W etschky)!! Breslau: zw. Schimmelwitz und Obernigk (Hieronymus, $.); Bunzlau: Rackwitz (Alt, $.). | P. canescens Bess. Brieg: Schönau ($.); Strehlen: Kieferberg bei Krain (Kruber)!; Wagstadt: vor Laubias (Wetschky)!! P. silesiaca Uechtr. Breslau: um die Ziegeleien bei Nimkau (Baumann)! P. argentea X silesiaca (P. Scholziana Callier) Guhrau: bei Ronkau (C. Scholz)! FE II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 165 P. procumbens X reptans (P. mixta Nolte) Hoyerswerda: - Seidewinkel!!; Liegnitz: Hummeler Teiche!, Vorderhaide (Figert)! Bunzlau: — Greulich (Alt, S.). P. procumbens X silvestris (P. suberecta Zimmeter) Pürben, Kreis Freistadt (Schröder)! Bunzlau: Gremsdorf (Alt u. Callier, $.). P. procumbens Sbth. um Hoyerswerda häufig (Barber)!!; Grün- berg: bei Jakobi’s Ziegelei (Hellwig)! Freistadt: Pürben (Schröder)! Bunzlau: Reisichter Hammerteich (Alt, $.). P. silvestris Neck. v. fallax Mss. Bunzlau: Greulicher Torf- strasse, Rothlacher Haide (Alt, 8.). e P. alba $. Wansen: Niemener. Haide (Kruber)!; Gross-Strehlitz: _ südlich der Station Schimischow !! Nimptsch: Eichberge bei Wilkau ($.). ni Sanguisorba officinalis L. Gleiwitz: Wiesen bei der Hütte (Jungck, $.) Agrimonia Eupatoria L. var. fallax Fiek Grünberg: neue Maugscht (Hellwig)! | A. odorata Mill. Guhrau: zwischen Triebusch und Saborwitz häufig (C. Scholz)! Rosa gallica L. Brieg: Abrahamsgarten (Nitschke, $.). Epilobium Dodonaei Vill. Skotschau: Harbutowitz (S.). E. collinum Gmel. Schweidnitz: Ziegeleiteiche, Mauern in Gorkau, am Zobtenberge (Schöpke); Nimptsch: Tarchwitzer Kiefernberg _ (Kruber). E. obscurum Schreb. Grünberg: Barndt'sche Mühle (Hellwig)!; Wüstewaltersdorf am Dorfbache (Schröder)! 2 E. nutans (Schm.) Tsch. Barania, Sumpfwiese unter'm Gipfel, om mit E. palustre L. v. lineare Krause und Allium Victorialis E . (8.). E. montanum X roseum (E. mutabile Boiss. et Reut.) Reichen- bach: Steinkunzendorf (Schöpke)! : E. parviflorum X roseum (E. persicinum Rchb.) Schweidnitz: Ziegeleiteiehe (Schöpke)! $ Circaea alpina L. Bunzlau: Greulich (Alt, $.), Ujest: zwischen Niesdrowitz u. Koszielawa ($.). Trapa natans L. Brieg: Neudorf und an der Strehlener Chaussee (Nitschke, S$.). Hippuris vulgaris Z. Oppeln: in einem todten Oderarm bei der Boguschützer Mühle (Richter)! Strehlen: Plohmühle ($.). Montia minor Gmel. Görlitz: lehmige Aecker am Leisebrunnen (Barber), bei Rietschen, Daubitz (Kahle). M. rivularis Gmel. Görlitz: Quellgraben der Mühlbocker Försterei (Barber), 166 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Corrigiola litoralis L. Hoyerswerda: in Seidewinkel auf dem Sande des Dorfplatzes!! Sedum alpestre Vill. massenhaft in Forstlangwasser ($.). S. reflexum L. Freistadt: Wälder bei Brunzelwaldau (Schöpke)!, Gebüsche bei Friedrichsruh; Bahndämme zwischen Neusalz und Beuthen sehr häufig; Bahnhof Rauden; Koslau, Kreis Lüben (Ders.). Ribes alpinum Z. Bolkenhain: bei der Bolkoburg (Schöpke). Astrantia maior L. Breslau: Carlowitz (Migula 86 t. Uechtritz, $.). Eryngium planum L. var. subglobosum Uechtr. Grünberg: Oderwald (Hellwig)! Helosciadium inundatum (L.) Koch Hoyerswerda: in den Ab- flussgräben des Diskalteiches bei Kühnicht!!, des Burger und Seide- winkler Amtsteiches!! in Menge (Barber); hier auch die f. fluitans Fr. (homophylla Rchb.) mit gänzlich fehlenden Schwimmblättern. Carum Carvi L. f. atrorubens Lge. Canth: Borganie ($.). Pimpinella magna L. in der Ober-Lausitz noch bei Hoyerswerda: Spremberger Chaussee!! und besonders zahlreich auf der Wiese vor der Pinka, Tunk’s Wiese; Görlitz: Rothwasser, Kohlfurt-Mühlbocker Strasse (Barber); Breslau: Gr.-Nädlitz (Uechtritz 86, $.). P.Sazifraga L. var. dissecta (Retz.) Görlitz: Raine bei Posotten- dorf und Köslitz (Barber). Oenanthe fistulosa L. bei Hoyerswerda häufig, z. B. Wassen- burg-Mühle, Diskalteich, Gross-Zeisig, Seidewinkel (Barber)!!, (dagegen scheint O. aqualica (ZL.) Lmk. dort zu fehlen); Freistadt: Hainvorwerk bei Nieder-Herwigsdorf (Schöpke)!; Trachenberg: um Gross - Bargen (Schwarz)!; Oels: Gross-Mühlatschütz (Wegehaupt)! Cenidium venosum (Hffm.) Koch Trachenberg: Lehmgruben bei Klein-Bargen (Schwarz)! Silaus pratensis Bess. mit weisslichen Blüthen bei Grünberg: unter dem Schlossberge bei Bobernig (Kleiber t. Hellwig); Freistadt: vereinzelt bei Ober-Herzogswaldau, Herwigsdorf u. Ballendorf (Schöpke). Pastinaca sativa L. Schönau: Kammerberg geg. Kauffung ($.). Laserpitium prutenicum L. v. glabrum Wiir. Sohrau: Neu- dorfer Mühle ($.). Peucedanum Cervaria (L.) Cusson Gross-Strehlitz : Schimischow !! Sambucus Ebulus L. Hultschin: waldige Abhänge beim Wein- berge!!; Wagstadt: Thalabhänge vor Laubias (Wetschky)!! Gleiwitz: Dombrowa (Jungcek, $.). Lonicera Periclymenum L. Reichenbach O.-L.: Wäldchen östlich des Dittmannsdorfer Gutshofes (Barber); Strehlen: Vietoriahöhe bei Krummendorf (Kruber)! L. Xylosteum L. Wünschelburg: gegen Obersteine ($8.); Eulen- gebirge: Brandmühle, geg. Raschdorf sowie mehrfach am „Doctorweg““ II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 167 bis zum Volpersdorfer Plänel (S.). Skotschau: zw. Schimoradz und Ochab (S.). Lonicera nigra L. Barania: Schlucht d. weissen Weichsel ($.). Sherardia arvensis L. f. hirta Uechtr. Jauer (F. W., Scholz, S.); Gross-Glogau (Hellwig 82 in h. Uechtritz, $.), Ober-Glogau (Richter, $.). Asperula glauca (L.) Bess. Kontopp: Chauseeränder gegen Liebenzig ($.), ziemlich viel, hier jedenfalls wild, A. odorata L. Grünberg: unter'm Boberniger Schlossberg ($.). Galium vernum Scop. Strehlen: Louisdorfer Wald; Nimptsch: Neobschützer Wald (Kruber)! G. palustre L. var. humifusum Reuter Hoyerswerda: südlich vom Seidewinkler Amtsteich am Graben!! G. elongatum Presl. Nimptsch: Silbitzgrund (Kruber)! G. verum L. um Hoyerswerda mehrfach (Barber)!! — Die var. Wirtgeni (F. Schz.) bei Hultschin: auf Wiesen unter dem Weinberge!! Valeriana sambucifolia Mik. Breslau: Gr.-Tschansch (Uechtritz 1886, $.). V. tripteris L. Barania: in beiden Weichselthälern, in dem der weissen auch v. intermedia Vahl (8.). Dipsacus laciniatus.L. Skotschau: Willamowitzer Berg und an der Weichsel bei Ochab (8.). Homogyne alpina Cass. v. multiflora Grab. Schwarze Koppe, Kolbenberg ($.). Stenactis annua (L.) Nees. Brieg: Stoberauer Oderwald (L.) Breslau: Steine (Hager, $.). — Telekia speciosa Bmgt. Rybnik: im Park von Leschzin ver- wildert (Ziesch£, S$.). Aster frutetorum Wimm. Schweidnitz: Weidengebüsche an der Weistritz (Schöpke)! —+ Rudbeckia laciniata L. Görlitz: am Kesselbach bei Lissa, Biele bei Langenau (Barber);, Freistadt: Herzogswaldau; Gorkau bei . Zobten (Schöpke). + Galinsoga parviflora Cav. in den Gärten der nordwestlichen Haidegegenden verbreitet. Hoyerswerda; Niesky: Thräna, Gross-Radisch, Steinölsa (Barber), Creba (Arlt); Penzig (Barber); Sagan: Küpper häufig; Freistadt: Ober-Herzogswaldau (Schöpke); Guhrau: Saborwitz (C. Scholz)! Gnaphalium norvegicum Gunn. Hohe Mense, unter dem Gipfel geg. Grunwald (S.). | — Xanthium spinosum L. Brieg: auf Schutt bei Moll’s Gerberei, mit Potentilla supina L. und Lappula Myosotis Mnch. (Nitschke, $.). Artemisia annua L. Schweidnitz: Chausseerand westlich Schön- brunn (Dr. Pfeiffer)! 168 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Anthemis tinctoria L. in Ustron ($.). A. ruthenica MB. Grünberg: bei Wittgenau, also auch westlich (Hellwig)!; Schlawa: an der Strasse nach Rädchen (Hellwig). — Matricaria discoidea DC. Görlitz: auf dem Bahnhofsterrain und in der Sattigstrasse völlig eingebürgert, Dorfstrasse in Leschnitz (Barber); Reichenbach: Dorfwege in Ernsdorf (Schöpke). Doronicum austriacum Jqu. Barania: in beiden Weichsel- thälern ($.). Arnica montana L. Hoyerswerda: zwischen Neuwiese und dem Fasanengarten; Görlitzer Haide bei Penzig, Mühlbock, Forsthaus Schön- berg (Barber); Proskau: Wilhelmsberger Wald (Richter)! Senecio crispatus DC. Ujest: zw. Niesdrowitz u. Koszielawa ($.); Pless: zw. Kobier u. Sandau ($.). S. aquaticus Huds. in der Elsterniederung um Hoyerswerda sehr häufig!!, (dort wie es scheint $. Jacobaea L. ersetzend,) auch in der Niederung des Schwarzen Grabens östlich der Elster, z. B. am „Jagd- haus‘, am Jäserteich, Mönnichsteich ete. (Barber). S. Fuchsii Gmel. Görlitz: Gebüsche an der Neisse bei Posotten- dorf, Hermsdorfer Ziegeleien (Barber); Schweidnitz: Gebüsche bei den Ziegeleiteichen (Schöpke); Strehlen: Lehmberg bei Geppersdorf (Kruber), Mückenberg bei Kummelwitz (8.); Breslau: Masselwitz (Schneider in h. Uechtritz 1886, $.). S. vernalis > vulgaris Ritschl Grünberg: Nittritz (Hellwig)! Carlina acaulis L. v. caulescens (Lmk.) Nimptsch: zw. Pangel und Petrikau ($.). Cirsium oleraceum (L.) Scop. var. amarantinum (Lang) Grün- berg: Schweinitz an der Chaussee nach Kunzendorf (Schröder)!; Frei- stadt: Ober - Herzogswaldau (Schöpke); Strehlen: zw. Peterwitz und Plohmühle (Bodmann, $.). C. heterophyllum (L.) All. Hirschberg: zw. Maiwaldau und Tief- hartsmannsdorf ($.). C. rivulare X palustre (CO. subalpinum Gaud.) Freistadt: Ballendorf (Schöpke)! CO, canum X palustre (C. silesiacum Schz. Bip.) Wohlau: Wiesen bei Alexanderwitz (Schwarz)!; Guhrau: zwischen Saborwitz und Triebusch (C. Scholz)!; Schweidnitz: ‚Texas‘ (Schöpke). C. oleraceum X canum Wimm. Breslau: Woischwitz ($.). C. oleraceum X palustre Schiede. Hirschberg: Maiwaldau ($.). Carduus crispus L. Breslau: Schwoitscher Chaussee an d. Renn- bahn (S.); Frankenstein: Brücke der Glatzer Chaussee ($.), Strehlen: zw. Plohmühle und Pentsch ($.). Centaurea Phrygia L. fl. swec. Michelsdorf im Eulengebirge (Schöpke). iz 1 A ARFET PILLE DREIER RE ED PILBRSS II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 169 Thrincia hirta Rth. bei Hoyerswerda stellenweise häufig, so auf Wiesen in der nächsten Umgebung der Stadt!!, bei Gross-Zeisig, Mauken- dorf, am Jäser-, Diskals-!! und Seidewinkler Amtsteich!!, zahlreich be- sonders auf Viehweiden, z. B. nördlich der Wassenburg-Mühle, bei Neuwiese, Dörgenhausen, Colonie Bergen!! (Barber); Freistadt: um Droschheidau! und Pürben (Schröder)! Tragopogon orientaiis L. Strehlen: Bärzdorfer Mergelgruben; Wansen (Kruber); Oppeln: vor Kempa ($.), Breslau: Kottwitz v. Auras ($.). Scorzonera humilis L. Kontopp (Hellwig)!; Gubrau: Zechen (C. Scholz)!; Proskau: Waldrand gegen Dombrowka und Gr.-Schimnitz (Richter)! Lactuca Scariola L. Silberberg: zw. Schönau u. Grünhartau ($.)- Sonchus arvensis L. var. uliginosus (MB.) Grünberg: Barndt’sche Mühle (Hellwig)!; Wansen: Wiesen bei Kauschwitz (Kruber)! Crepis rhoeadifolia MB. Gross-Stein, in fast sämmtlichen alten Kalkgruben (S.). C. succisaefolia Tsch. Schweidnitz: Seilerhöhe bei Ober-Weistritz (Sehöpke); Strehlen: Kirmesswiesen bei Ruppersdorf (Kruber)! am Landes- huter Kamm vom Pass bis Kupferberg zerstreut ($.), Riesengeb.: Baber- häuser, Forstlangwasser, hier über 900 m ($8.) Mense: Grunwald, gegen 950 m (S$.). C. grandiflora Tsch. Landeshuter Kamm zw, dem Pass u. Ober- Haselbach ($.). Hieracium suecicum Fr. Strehlen: Fasanerie bei Ruppersdorf, eine schöne grossköpfige Form (Kruber)! H. aurantiacum L. Riesengeb.: Forstlangwasser, am Bache spär- lieh (Liebig, $S.) und auf Wiesen zahlreich (8.); Landeck: Wetzstein- kämmel spärlich ($.). H. echioides Lumn. Grünberg: in einer Schonung zwischen Schwei- nitz und Kunzendorf (Schröder)! H. nigrescens W. b. decipiens Tsch. Korallensteine (Pax, $.), Forstlangwasser ($.). H. glaudulosodentatum Uechtr. Korkonosch (Schneider, $.). Neu für das westliche Riesengebirge. H. caesium Fr. Korallensteine, Hampelbaude (Pax, S.). H. Pilosella X pratense (H. prussicum Naeg. et Pet. ma). ex part,) Löwenberg: Abhang des Popelberges (Dresler)! H. vulgatum Fr. var. fastigiatum (Fr.) = var. latifolium W. Gr. Strehlen: Krainer Wald häufig (Kruber)! H. riphaeum Uechtr. Kleiner Teich (A. Schulz u. Pax, S.). H. barbatum Tsch. Silberberg: Brandmühle, geg. Raschdorf ($.). Phyteuma orbiculare L. Strehlen: Bärzdorfer Mergelgruben (Kruber)! 170 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur, Campanula rapunculoides L. var. parviflora Uechtr. Grün- berg: Rauherei am Lunzenbach (Hellwig)! C. latifolia L. Hirschberg: Jannowitz (F. W. Scholz, $.); Gipfel des Hochwalds (ders., $.). ©. patula L. v. flaccida Wallr. Breslau: Wüstendorf (Uechtritz 1886, $.); Schweidnitz: „Kurde“ bei Ludwigsdorf ($.). ©. Rapunculus L. Oels: beim Bahnhofe (Bodmann, $.). Adenophora liliifolia (L.) Bess. Oels: Klein-Mühlatschütz (Wege- haupt)! Erster Standort auf dem rechten Oderufer, Arctostaphylus uva ursi (L.) Spr. Niesky: Jänkendorfer Forst, gegen See, Horkaer Torfbruch (Kootz t. Barber). Calluna vulgaris Salisb. var. hirsuta Presl. Kohlfurt am Aus- stich bei der Oberförsterei (Barber). Erica Tetralix L. um Hoyerswerda sehr häufig!!, besonders in der Umgebung der Teiche am Schwarzen Graben und der Klosterteiche (Barber). Monotropa Hypopitys L. v. glabra Rth. Grünberg: Saaborer Gruft (Hellwig 18834 in herb. Uechtr., $.); Jauer: Lauterbach (F. W. Scholz, 8.). Ligustrum vulgare L. Gr.-Stein, nahe der Wolfsschlucht, sicher wild (S.). Vinca minor L. Niesky: Nordseite der Steinölser Dubrau (Barber). Gentiana Preumonanthe L. Hoyerswerda verbreitet, z. B. Wiesen um den Fasanengarten, an den Klosterteichen, bei Seidewinkel!!, Colonie Bergen!! u. s. w. (Barber); Freistadt: Pürben (Schröder)! — Die var. latifolia Scholler bei Strehlen: Eichwalder Wiesen (Kruber), Thon- gruben bei Töppendorf (Wegehaupt). — Um Gleiwitz selten: vor Sost- nitza (Jungcek, $.). G. ciliata L. Jauer: Gräbel (F. W. Scholz, 8.) Frankenstein: Grochau, Strassenrand bei Tarnau (S.); Reinerz: zw. Keulendorf und Friedrichsberg mehrfach ($8.); Wünschelburg: bei Siebenhufen ($.). G. campestris L. Landeshut: am Pass und zwischen diesem und Öberhaselbach ($.). G. germanica Wlid. Reinerz: Keulendorf (S.); Waldenburg: zw. Reussendorf und Wäldehen, dagegen bei Bärengrund fehlend, dort nur G. campestris L. (Leisner, $.); Gesenke: Neu-Erbersdorf (Wetschky)! — Letztere Pflanze müsste, gleich denen von den meisten schles. Standorten zu G. carpathica Wettst. (Oest. Bot. Ztg., 1892, p. 4) gezogen werden, falls diese wirklich von @. germanica W. specifisch verschieden sein sollte, G. eruciata Z. Habelschwerdt: Gicklichberg bei Alt-Waltersdorf (Bartsch)! G. obtusifolia Willd. Wilhelmsthal bei Wüstewaltersdorf (Schröder)! Lappula Myosotis Mnch. Strehlen: in Sägen (9.). II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 171 Convolvulus sepium L. var. rosaceus DC. Strehlen: beim Schiess- haus (S.); Zäune in Ruppersdorf (Kruber). Hirschberg: Erdmannsdorfer ‚Fabrik ($.); Myslowitz: Gollawietz ($.). Cerinthe minor L. um Wansen selten (Kruber), auch bei Proskau spärlich (Richter)! Zobten: zw. Altenburg und Kuhnau (Ziesche, $.); Skotschau: Willamowitzer Berg ($.). Symphytum tuberosum L. Hultschin: waldige Abhänge beim Wein- berge (Baumann); Wagstadt: Thalabhänge vor Laubias (Wetschky)!! Lithospermum officinale Z. Trachenberg: Laubwald bei Kendzie (Schwarz)!, dritter Standort auf der rechten Oderseite, L. arvense L. fl. coeruleo Grünberg: zwischen Nittritz und Bobernig ($.). Myosotis sparsiflora Mik. Breslau: Schönbankwitz (Kionka, $.); verbreitet um Mettkau ($.); Brieg: Strehlener Chaussee (Nitschke, $.). Solanum nigrum L. var. alatum (Mnch.) Hoyerswerda: Dorf- strasse in Bergen!! Neu für die Ober-Lausitz, Atropa Belladonna L. Wagstadt: Abhänge vor Laubias (Wetschky)!! Verbascum phlomoides L. Kiefernwald bei Raschewitz, Kreis Trebnitz (Schwarz)! Brieg: Rothhaus (Nitschke, $.). V. Lychnitis L, var. album (Mill.) Niesky: Wegrand bei der Station Mücka (Barber)!! V. Blattaria L. Freistadt: Dorfstrasse in Zächlau häufig (Kleiber)!; um Wansen (Kruber); Proskau: Strasse nach Simsdorf (Richter)! Jauer: Exerzierplatz, Hertwigswaldau (F. W, Scholz, $.). | Scrophularia Scopolii Hoppe Proskau: Seminargarten mehrfach (Richter)!, Katscher: Zäune in Gross-Peterwitz!! —+ Linaria Cymbalaria (L.) Mili. Waldenburg: Eiskeller der Brauerei in Hausdorf (Schröder)!, auch an Mauern des Leisebachs (Leisner, S.). L. Elatine (L.) Mill. Ober-Glogau: beim Judenfriedhof (Richter). Gleiwitz: Laband (Jungck, S$.). Limosella aqguatica Z. Hoyerswerda: Seidewinkel, im Schulteiche (Barber)!! In der Ober-Lausitz sehr selten, Veronica scutellata L. var. pilosa Vahl Hoyerswerda: Ausstich südlich vom Seidewinkler Amtsteiche (Barber)!! Grünberg: im Rohrbusch ein Stock (Hellwig)!; dieser jedoch nur eine Uebergangsform darstellend, da .wohl der Stengel ziemlich stark bekleidet ist, die Blätter aber nur unterseits auf den Nerven, und zwar sparsam, behaart sind. V. Chamaedrys L. v. lamiifolia H. Gr.-Strehlitz: Sprentschützer Wald ($.). V. offieinalis L. v. alpestris Cel. Riesengebirge: im langen Grunde ($.). 172 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. V. Teucrium L. Berun: Clemensberg an der Kirchenmauer ($.); Reinerz: gegen Rückers, bei 575 m!l V. aquatica Bernh. Trachenberg: Gross-Bargen (Schwarz)! V. longifolia L. Görlitz: Neissethal bei Köslitz und Posottendorf häufig (Barber); Grünberg: Droschkau auf Diluvium (Hellwig)!; Strehlen: Gurtsch; Wansen: Brosewitz. Euphrasia nemorosa Mt. v. gracilis (Fr.) Jauer: Seichau (F. W. Scholz, $.). Lathraea Squamaria L. Ohlau: Jakobine (Nitschke, $.). Melampyrum cristatum L. Guhrau: Sorge (C. Scholz)! Breslau: Jannowitz (Hager, $.). Orobanche rubens Wallr. Winzig: bei der Försterei Gross- Strenz zahlreich auf einem Kiefernkampe (Schwarz)! Berun: Lendziner Berg (8.). O0. Kochii F.Schz. Myslowitz: Dolomitberge bei Imielin (Wetschky)! Salvia pratensis L. Skotschau: Willamowitzer Berg mit f. dume- torum (Andz.) und $. verticillata L. ($.). — v. rostrata (Schm.) Breslau: Thauer (Ziesch&, S.). S. verticillata L. Teschen: noch in Oberweichsel ($S.); Reinerz: Roms ($.). Mentha sativa Koch Hoyerswerda: Tripentasgraben in der Pinka (Barber); Liegnitz: Rüstern in einem Feldgraben (Figert), hier mit wellig- krausen Blättern. Melittis Melissophyllum L. Strehlen: Geppersdorfer Kalkbruch, Wald bei Oberecke, Nimptsch: Tarchwitz (Kruber); Gross - Strehlitz: Schimischow!! Galeopsis Ladanum L. floribus niveis Strasse von Kohlfurt nach Mühlbock im Sande zahlreich (Barber)! Stachys germanica L. Breslau: Schönborn, geg. Schmartsch ($.). St. recta L. Stroppen: Hügel bei Pavelschewe (Schwarz)!; Strehlen: Plohmühle (S.); Myslowitz: Imielin (S.). St. annua L. Myslowitz: Imielin, Lendziner Berg (8.); Gleiwitz: Heinzemühle (Jungck, $.). Brunella grandiflora (L.) Jqu. Strehlen: Südseite d. Galgenbergs, spärlich ($.). Chaeturus Marrubiastrum (L.) Rchb. Grünberg: in Nittritz!, Droschkau (Hellwig)! Teucrium Scor dium L. Trachenberg: Lehmgruben bei Klein-Bargen (Schwarz)! Utricularia neglecta Lehm. Hoyerswerda: im Tripentasgraben am Seidewinkler Amtsteich (Barber)!!, Gräben an der Abdeckerei mehr- fach (Prof. Ascherson), ebenso südlich von Seidewinkel, an den Kloster- teichen etc, (Barber); Pless: Paprotzanteich ($.). II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 173 U. intermedia Hayne Hoyerswerda: Chausseegraben am Seide- winkler Amtsteiche, Strassengraben südlich Seidewinkel (B.)!!; Görlitz: Lippsche Wiesen in der Haide (Barber). U. minor L. Hoyerswerda: Gräben westlich des Bahnhofes (Höhn) ; Grünberg: Zahner See (Kleiber)! + Lysimachia punctata L. Riesengeb.: unweit der Baber- häuser (S.). L. nemorum L. Hoyerswerda: am Schwarzen Graben in der Königs- warthaer Haide; Niesky: am Thalbache zwischen der Steinölser und Colmer Dubrau (Barber). Primula elatior Jqu. Canth: Mohnau (S.); auf der hohen Mense Anfang October zum zweiten Male blühend (8.). Androsace septentrionalis L. Winzig: Sandhügel bei Gr.-Strenz (Schwarz)! Litorella juncea Bergius Hoyerswerda: überschwemmter Sand- boden am Jäserteich! und Seidewinkler Amtsteich (Barber)! Plantago arenaria W. Kit. Sagan: Aecker am Bahnhofe; Frei- stadt: Nieder-Herzogswaldau (Schöpke). Polycnemum arvense L. Freistadt: Chausseeränder bei Ober- Herzogswaldau (Schöpke); Proskau: Aecker bei Pilzdorf (Richter)! Grünberg: bei der Weiten Mühle (Hellwig)!, dies eine Uebergangsform zur var. Heuffelii (Lang). Chenopodium rubrum L. Hoyerswerda: Schulteich in Seidewinkel (Barber)!!; Friedland!!; Schweidnitz: spärlich in der Wiederstadt, Schutthaufen bei Tunkendorf, Goglau (Schöpke). Rumex crispus X sanguineus Hausskn. Liegnitz: Lindenbusch (Figert)! Weicht in einigen Stücken von der von Uechtritz bei Canth gefundenen Form ab. R. alpinus L. Waldenburg: Freudenburg (Pax und Felsmann, $.); neu für das Waldenburger Gebirge. Krummhübel: am Gerichts- kretscham und im Strassengraben gegen Schmiedeberg (Pax, $.). R. Acetosella L. var. integrifolius Wallr. Waldschläge am Zobtenberge (Schöpke). — Var. multifidus (L.) Schweidnitz: Popel- berg bei Schwengfeld (Ders.). + Polygonum orientale L. Grünberg: hinter Klopsch’ Ziegelei am Wege (Hellwig)! P. mite Schrk. Um Gleiwitz zerstreut (Jungck, $.). P. minus X Persicaria Aschs. Liegnitz: Lindenbusch (Figert) !, zwischen Pohlwitz und Liebenau (Figert)! P. aviculare L. var. monspeliense (Thiebaud) Winzig: bei Gross-Strenz auf einem Damme (Schwarz)! —+ P.tataricum L. bei Hoyerswerda, Penzig, Langenau, Tiefen- furt u, a. O. der Ober-Lausitz häufig unter Buchweizen (Barber). 174 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Daphne Mezereum L. Nimptsch: von Wilkau über Petrikau bis Silbitz zerstreut ($.) Asarum europaeum L. Freistadt: Gebüsche bei Ober -Herzogs- waldau und Bullendorf (Schöpke). Euphorbia amygdaloides L. Barania: in beiden Weichselthälern; Skotschau: zwischen Schimoradz und Ochab (S.). Mercurialis annua L. Görlitz: in Menge an der neuen Neisse- brücke (Barber). Urtica dioecaL. var. subinermis Uechir. Grünberg: Barndt’sche Mühle im Erlengebüsch (Hellwig)! — Die var. microphylla Hausm. Grünberg: im Rohrbusch (Hellwig)! Parietaria officinalis L. Schweidnitz: an Festungswällen spär- lich (Schöpke). U. campestris ZL. f. suberosa Ehrh. Jauer: Poischwitz, Bremberg (F. W. Scholz, $.); Gleiwitz: Dombrowa (Jungck, $.). „Alnus glutinosa Gin. f. mierophylla Call. Breslau: Kapsdorfer Goi (Ansorge). A. incana DC, v. vulgaris Sp. f. dubia Call. Goldberg: Stein- berg (Callier); v. glauca Mchx. f. glabra Call. Breslau: Strachate (Ansorge); v. subrotunda Call. Schweidnitz: Neumühle (Schöpke), Merkelshöhe (Seidel); Breslau: Gräbelwitz, Ransern (Ansorge); Grün- berg: Heinersdorf, Wittgenau, mit voriger (Schröder); v. argentata Norrl. f. acutifolia Call. Freistadt: Ober-Herzogswaldau (Schöpke); nunmehr auch f. iypica gesichert: Blankenau bei Breslau (Ansorge). A. serrulata Wild. Breslau: Stabelwitz (Ansorge); Grünberg: beim Bergwerk (Hellwig). A. glutinosa X incana (A. spuria Call.) subsp. Tauschiana Call. v. hybrida Neum. Breslau: Lohestrasse (Ansorge); Schweidnitz: Texas (Schöpke); v. pubescens Tsch. Haynau: Barsdorf (Figert); v. badensis Lg. Grünberg: Heinersdorf, Wittgenau (Schröder); Schweidnitz: Säbischdorf (Schöpke); v. intermedia Call. Proskau: Dometzko (Richter). A. serrulata X incana (A. Aschersoniana Call.) v. vulgaris Call. Freistadt: Ober-Herzogswaldau (Schöpke).“ (Callier in litt.; S.) Betula verrucosa Ehrh. var. microphylla Wimm. Grünberg: Halbmeilmühle (Hellwig;) ! Salix repens L. var. liocarpa G. Mey. Grünberg: Jakobsberge bei Ochelhermsdorf!, Hartmannsdorf (Schröder)! S. fragilis X pentandra Wimm. Haynau: in Vorhaus mehrfach (Figert)., S. Caprea X viminalis Wimm. Hoyerswerda: vor Seidewinkel, angepflanzt!!; Reichenbach: Steinkunzendorf (Schöpke)! Breslau: Gross- Nädlitz (Uechtritz 1886, $.). il. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 175 S. Caprea X silesiaca Wimm. Riesengebirge: Ober - Agneten- dorf!!; Eulengebirge: auf dem hohen Hahn bei Leutmannsdorf (Schöpke)! S. aurita X silesiaca Wimm. Ober-Agnetendorf (Pax, $.). S. aurita X purpurea Wimm. Schweidnitz: Tunkendorfer Wiesen (Schöpke)! S. cinerea X repens Wimm. Hoyerswerda: Spremberger Chaussee gegenüber dem Amtsteich, drei Sträucher (Barber)!! Stratiotes aloides L. Brieg: Stoberau, Carlsmarkt ($.). Scheuchzeria palustris L. Görlitzer Haide: Erlbrüche der Lippsche Wiesen (Barber). Potamogeton polygonifolius Pourr. in der Görlitzer Haide noch am Gelbbruchgraben, sowie zahlreich im Strassengraben zwischen Kohl- furt und Rothwasser (Barber)!! P.semipellucidus K.etZiz. Grünberg: Ochelhermsdorf (Schröder, $.). P. acutifolius Lk. Hoyerswerda: Weggraben bei der Abdeckerei, Kühnichter Graben an der Spremberger Chaussee (Barber)!!; Görlitz: Fasanerieteich bei Köslitz (Ders.). P. obtusifolius M. et K. Görlitz: Bauernteich in Ober-Leopolds- _ hain, Fasanerietümpel bei Köslitz; Freistadt: Pürben im Waldteich un- weit der Chaussee (Schröder)! Ochelhermsdorf (Ders., $.). Wolffia arrhiza | J j a 4 j II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 179 Elymus europaeus L. Eulengeb.: oberhalb Volpersdorf an der Reichenbacher Chaussee, sowie mehrfach am „Doctorweg“ ($.). Glyceria fluitans BBr. v. loliacea Hds. Bunzlau: Kaisers- waldau (Callier, S.) Poa Chaizi Vill,. Rsgb.: Forstlangwasser ($.).. — var. remota Fr. Schweidnitz: Gebüsche in den Anlagen, wie wild (Schöpke)! P. pratensis L. var. anceps Gaud. Kontopp: an der Chaussee- böschung (Hellwig)! Cynosurus cristatus L. Carolath: Forstrevier Hohenborau bei den Lehmgruben (Hellwig)! Eine vom Typus merklich abweichende, bis über 50 cm hohe schlanke Form mit schmäleren Blättern und dünnen zierlichen Rispen. Festuca elatior L. var. pseudololiacea Fr. Grünberg (Hellwig)! Pinus silvestris L. var. parvifolia Heer. Grünberg: bei Holz- manns Ziegelei!; annähernde Formen am Aumühlenberg (Hellwig;)! P. montana Mill. a) uncinata (Ram.) Görlitzer Haide: zer- streut im Revier Rothwasser (Barber). Die unter diesem Namen im Jahresberichte von 1837 aus der Freiwaldauer Gegend angegebene Form ist, wie ausgebildete Zapfen ergaben, db) Pumilio (Haenke) und dort angepflanzt gewesen. Pilularia globulifera L. Hoyerswerda: Abfluss des Diskalteiches (B.)!! und des Seidewinkler Amtsteiches bei Colonie Seidewinkel (Barber)!!; Görlitz: Langenauer Torfbruch (Ders.); Freistadt: Pürben am Rande eines Waldteiches (Schröder)!, nordöstlichstes Vorkommen. Lycopodium Selago L. Breslau: Obernigk (Schneider t. Kionka, $.). L. complanatum L. Görlitzer Haide: Revier Haidewaldau (Barber) ; Hohe Eule gegen Wüstewaltersdorf (Schröder)! Equisetum litorale Kühl. Breslau: Kapsdorfer Goy (Kionka, $.). Ophioglossum vulgatum L. Grünberg: Mahlendorfs Seechen!; Kontopp: Torfwiesen gegen den Weinberg (Hellwig)!; Liegnitz: Bieno- witz (Gerhardt, $.); Freistadt: Hartmannsdorf!; Kunzendorf, Kr. Sagan (Schröder)! Botrychium simplex Hitchcock Freistadt: Hartmannsdorf auf Droschheidau zu!; Grünberg: Ochelhermsdorf gegen die Kalte Lache (Schröder)! An beiden Orten v. simplicissimum Lasch und var. subcompositum Lasch. B. matricariaefolium A. Br. Freistadt: Hartmannsdorf auf Droschheidau zu (Schröder)!; Grünberg: mit B. Lunaria häufig um Droschkau bei Schädels Bache!, Raine bei Prittag (Kleiber)! Osmunda regalis L. var. pumila Milde Kontopp: Wiesenrand an der Obra (Schröder u. Hellwig)! — var. interrupta M. Bunzlau: Greulicher Forst (Callier, $.). 12* 180 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Phegopteris polypodioides Fee. Görlitz: Neisseufer zwischen Posottendorf und Moys (Barber); Grünberg: Schlossberg bei Bobenig (Kleiber)! Aspidium Lonchitis (L.) Sw. Görlitz: an der Mauer eines Feld- grabens bei Posottendorf zwei Stöcke (Barber)!; neu für die Ober- Lausitz. A. cristatum (L.) Sw. Kontopp: Wiesenrand an der ÖObra (Hellwig und S$.)! A. montanum Aschs. Sohrau: „Königsweg‘, unweit Zgoin (S.). Blechnum Spicant (L.) With. Hoyerswerda: selten an den Klosterteichen; Görlitzer Haide: Revier Rabenhorst verbreitet (Barber); Kontopp: Haideberg (Hellwig)!; Myslowitz: zw. Jmielin u. Gollawietz (S.); Sohrau: „Königsweg‘ bei Zgoin (8.). Allosorus crispus (L.) Bhdi. Rsgb.: beim alten Bergwerk (Liebig, 8.). Geographische Section. Bericht über die Thätigkeit der geographischen Section im Jahre 1891, abgestattet von Dr. J. G. Galle, zeitigem Secretair der Section. ERI EEE In der Sitzung vom 15. December theilte der Secretair der Section a einige Resultate aus den jetzt 100 jährigen meteorologischen Beobachtungen auf der hiesigen Sternwarte mit, verbunden mit einem Rückblick auf deren erste Gründung und Einrichtung. | Der Ort, wo die hiesigen meteorologischen Beobachtungen seit dem Jahre 1791 ausgeführt worden sind, ist in dieser ganzen Zeit das Uni- _ versitäts-Gebäude und vorwiegend der früher so genannte mathematische - Thurm gewesen, der 1791 zu einer Sternwarte eingerichtet wurde. In- dessen ist in den ersten 40 Jahren während der Direction des Professors Jungnitz ein namhafter Theil der Beobachtungen auch in dessen _ Wohnung im zweiten Stock des Universitäts-Gebäudes und ein anderer _ Theil in dem damaligen physikalischen Cabinet im dritten Stock, jetzt d zu den Räumen des zoologischen Museums gehörend, angestellt worden. ö Nach dem Tode von Jungnitz wurden die Beobachtungen ausschliesslich i in die Räume der Sternwarte verlegt. q Der im Jahre 1790 schon vorhandene und seit 1732 vollendete ma- thematische Thurm war ursprünglich nur zu grösserer Symmetrie und Sehönheit des Gebäudes hergestellt worden. Während die unteren Räume desselben ganz mit den grossen und schönen Treppen mit doppelten - Flügeln ausgefüllt sind, wurde der oberste fünfte Stock bis zum Jahre 1791 nur für die Mechanik und sonstige praktische Mathematik benutzt und befand sich damals in einem ziemlich vermachlässigten und von der _ Witterung beschädigten Zustande. Nach dem ursprünglichen Plane für 182 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. das ganze Universitäts-Gebäude sollte der Hauptthurm desselben sich über dem Kaiserthore erheben und ausser dem westlich davon gelegenen Sternwartenthurme sollte noch ein zweiter gleicher Thurm in der öst- lichen Verlängerung des Gebäudes symmetrisch mit jenem errichtet werden. Allein ungeachtet der grossen Mittel, welche zu der Ausführung dieses hervorragenden Bauwerkes zu Gebote standen, waren dieselben zuletzt doch erschöpft, die noch weitere Verlängerung nach Osten hin mit dem zweiten 'Thurme konnte nicht vollendet und der grosse Thurm über dem Kaiserthore mit seinen über zwei Meter starken Mauern nur bis zum Dache geführt werden. Der Grundstein zu dem ganzen Gebäude wurde im Jahre 1728 ge- legt. In den nächsten Jahren wurde der Bau soweit gefördert, dass 1732 auf den mathematischen Thurm unter grossen Feierlichkeiten die Armillar-Sphäre aufgesetzt werden konnte, während das übrige Gebäude in allen seinen Theilen erst nach Ablauf von weiteren vier Jahren und nach Beseitigung von noch verschiedenen kleinen Misshelligkeiten mit der Bürgerschaft um 1736 zur Vollendung kam. Ausser mit der Ar- millar-Sphäre war früher die Spitze des Thurmes noch mit einem flie- genden und mit dem Winde sich drehenden aus Eisen geschmiedeten Adler gekrönt. Dieser wurde 1873 bei der damaligen Renovation des Universitäts-Gebäudes als zu schadhaft abgenommen und durch eine Windfahne gewöhnlicher Construction ersetzt. Die Einrichtung des mathematischen Thurmes zu einer Sternwarte im Jahre 1791 erforderte nun noch mehrfache und erhebliche bauliche Aenderungen. Auf Betrieb des Vorstehers des Schulen-Instituts in Schlesien und der Grafschaft Glatz, Anton Zeplichal, und des Rectors der Universität Franz Beinhauer wurde die Gründung der Sternwarte zunächst dadurch eingeleitet, dass der nachherige erste Director der- selben Longinus Anton Jungnitz 1788 (damals 24 Jahre alt) mit ministerieller Genehmigung nach Wien gesandt wurde behufs Studiums der praktischen Astronomie unter dem damals sehr angesehenen Astro- nomen Abt Maximilian Hell und Bereisung noch anderer Sternwarten in Deutschland und Ungarn, von welcher Reise derselbe 1790 zurück- kehrte. Im October dieses Jahres wurde dann der Bau begonnen, und es musste namentlich der hölzerne Fussboden des obersten fünften Stock- werkes, welches zur Sternwarte einzurichten war, entfernt und durch eine aus Stein gewölbte Decke ersetzt werden, um thunlichst feste Auf- stellungen für die Instrumente zu gewinnen, Dieses wurde dadurch er- leichtert, dass im Innern des ganzen 'Thurmes sich vier grosse sehr mächtige Pfeiler erheben, welche durch alle fünf Stockwerke hindurch- gehen und die in den unteren Stockwerken die Widerlager der Treppen- wölbungen und zuletzt noch das Fundament für den über der Gallerie sich erhebenden kleineren Thurm bilden. An diese Pfeiler und an die j : h ö a» 3# de Mu ll. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 183 gleichfalls sehr starken Umfassungsmauern des Thurmes (im fünften Stock noch 4 Fuss stark) sich anlehnend, konnte nun ein neuer aus Stein gewölbter Fussboden, der mit schwedischen Marmorfliesen belegt wurde, hergestellt und alles Holzwerk entfernt werden. Es hat dadurch zwar in der Höhe von 84 Fuss oder 27 Meter über dem Strassenpflaster nicht ganz diejenige Festigkeit erreicht werden können, welche bei den neueren meist niedrigeren Sternwarten die ganz isolirten Fundamente darbieten, auf welchen die festen Instrumente aufgestellt sind; jedoch sind die Aenderungen der Lage dieser Instrumente im allgemeinen und insbesondere diejenigen Aenderungen, welche das Umhergehen auf dem Fussboden verursacht, in sehr befriedigender Weise klein. Auch die im allgemeinen weniger störenden und in der Nacht selteneren Er- schütterungen durch den Strassenverkehr haben in neuerer Zeit sich dadurch vermindert, dass der Verkehr der neuen eisernen Oderbrücke gegenwärtig in das Kaiserthor mündet und nicht wie bei der früheren hölzernen Brücke am Fusse des Sternwartenthurmes. Was dann speeiell die meteorologischen Beobachtungen betrifft, so ist die Lage des hiesigen ÖObservatoriums, wenn auch nicht einer Lage ausserhalb der Stadt gleich- kommend, doch eine verhältnissmässig noch so günstige, als dieselbe mitten in einer grossen Stadt überhaupt sein kann, weil hoch, und be- sonders frei nach Westen hin, von wo vorzugsweis die Luftströmungen kommen. Den Beweis dafür haben theils im allgemeinen die Ver- gleichungen der hiesigen Temperatur-Beobachtungen mit denen an andern Orten in der Schlesischen Ebene geliefert, theils insbesondere eine Be- obachtungsreihe, welche in dem wenige Stunden von Breslau entfernten Goldschmieden bei Deutsch-Lissa in den Jahren 1869 —73 von dem ver- storbenen Apotheker Büttner angestellt worden ist und welche von den Beobachtungen in Breslau nur geringfügige Abweichungen zeigt. Die Wahl eines anderen Ortes für die Einrichtung eines Observa- toriums als auf dem mathematischen Thurme stand übrigens in jener Zeit Jungnitz überhaupt nicht frei, obwohl derselbe sonst einen Platz _ oder Anhöhe ausserhalb der Stadt würde vorgezogen haben. Jungnitz leitete die von ihm zuerst eingerichtete Sternwarte 40 Jahre hindurch, Nach seinem Tode im Jahre 1831 wurde die geschäftliche Direetion dem Professor der Mathematik Ernst Julius Scholtz übertragen, während zum eigentlichen Beobachter und Conservator der Sternwarte der da- malige Hauptmann von Boguslawski ernannt wurde. Als dann im October 1841 Professor Scholtz auf der Jagd durch eine Entladung seines Gewehrs getödtet wurde, trat v. Boguslawski, der inzwischen 1836 zum ausserordentlichen Professor ernannt worden war, ganz an seine Stelle und leitete die Arbeiten der Sternwarte bis zu seinem im Juni 1851 erfolgten Tode. Mit besonderem Eifer nahm derselbe auch der im Jahre 1836 von der Schlesischen Gesellschaft angeregten und 184 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. in's Werk gesetzten meteorologischen Beobachtungen und der damit verbundenen hypsometrischen Zwecke sich an. Genaueres über die baulichen und sonstigen Einrichtungen der hiesigen Sternwarte, auch seit dem Amtsantritt des Vortragenden im Jahre 1851 findet man in den von demselben im Jahre 1879 herausgegebenen „Mittheilungen der Kgl. Universitäts- Sternwarte zu Breslau über die hier bisher gewonnenen Resultate für die geographischen und klimatologischen Ortsverhältnisse.‘ Mit dem Jahre 1891 (genauer Februar 1891) haben nun die meteoro- logischen Beobachtungen auf der hiesigen Sternwarte die Dauer von vollen 100 Jahren erreicht, und es schien angemessen, für die Zu- sammenfassung dieser Beobachtungen in Mittelwerthe und die Zusammen- stellung sonstiger vergleichender Resultate aus denselben mit diesem Jahre einen neuen Abschnitt zu bilden. Es wurde dies dadurch er- leichtert, dass zwei grössere Vorarbeiten dieser Art bereits vorhanden waren. Ausser für die Beobachtungen in Breslau sind bis zum Jahre 1854 auch noch für 14 andere Orte in Schlesien die wichtigsten meteoro- logischen Elemente in Mittel zusammengezogen worden, die sich in den von dem Vortragenden im Jahre 1857 herausgegebenen „Grundzügen der Schlesischen Klimatologie“ vereinigt finden. Diese Rechnungen, für die verschiedenen Orte zusammen gegen 400 Jahrgänge meteorologischer Beobachtungen umfassend, wurden nach einem der Schlesischen Gesellschaft von dem Vortragenden vorgelegten Plane in den Jahren 1852—55 durch die Herren W. Günther, Gehülfen der Sternwarte, R. Büttner, frü- heren Apotheker in Löwen, und Hugo von Rothkirch auf Schottgau, der auch sonst durch lange Jahre zu wissenschaftlichen Hülfsleistungen sich stets bereit finden liess, ausgeführt, welche damaligen Mitarbeiter jedoch alle drei nicht mehr unter den Lebenden sind. Im Jahre 1857 erschienen diese „Grundzüge der Schlesischen Klimatologie‘‘ auf Kosten der Schlesischen Gesellschaft im Druck. Inzwischen hatten seit dem Jahre 1848, wo in Berlin das Königl. meteorologische Institut, zuerst unter der Leitung von Dr. Mahlmann, dann aber bald nachher nach dessen frühem Tode unter der Leitung von Dove begründet wurde, die Beobachtungen an den meisten Orten der Provinz aufgehört, insoweit nicht einzelne Stationen durch dieses Institut neu eingerichtet worden waren. Auch waren mehrere der im Jahre 1836 von der Schlesischen Gesellschaft veranlassten Beobachtungen schon an sich nur von vorübergehender Natur und vornehmlich für hypsometrische Zwecke bestimmt, indem noch bis vor 50 Jahren die barometrische Me- thode für die Ermittelung von Höhen über der Meeresfläche vorherrschend war und man für genauere Messungen erst nach und nach die trigono- metrische Methode und in neuerer Zeit die noch weiter verschärfte geo- metrische Methode in Anwendung gebracht hat. Hier in Breslau nahmen indess die meteorologischen Beobachtungen auch von 1848 ab ihren un- EN TEENS WERT LA ET BE SCSEIEE FEO BUBEN FERN N Fa II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 185 gestörten Fortgang, im Anschluss an die Normen des Königl. meteoro- logischen Instituts, für welches die hiesige Sternwarte seit jener Zeit eine von dessen Stationen gebildet hat: ohne übrigens eigene Zusätze zu den so normirten Beobachtungen auszuschliessen. Nach Ablauf von ferneren 21 Jahren unternahm dann der Vortragende eine weitere Bear- beitung des in Breslau angesammelten Beobachtungs-Materials und führte die meteorologischen Uebersichten und Mittelwerthe bis zum Schlusse des Jahres 1875 fort, die in den bereits oben erwähnten „Mittheilungen der Breslauer Sternwarte“ im Jahre 1879 veröffentlicht worden sind, Hiermit umfassten die meteorologischen und klimatologischen Mittel- werthe für Breslau bereits einen Zeitraum von 85 Jahren, und es sind für die fortlaufend gebrauchten Vergleichungen einzelne dieser Constanten inzwischen auch noch weiter verbessert worden. Der gegenwärtige neue mit dem Jahre 1891 abschliessende Zeit- abschnitt bringt nunmehr einige der meteorologischen Eleinente auf einen Zeitraum von 100 Jahren. Es sind dies namentlich die Temperaturen. Bei den anderen wichtigeren in Zahlen ausgedrückten Elementen ist ein solcher Umfang der Beobachtungen allerdings noch nicht erreicht. Ge- nauere auf die Temperatur des Quecksilbers von 0° reducirte Beobach- tungen des Luftdruckes beginnen erst mit dem Jahre 1825, umfassen daher am Schlusse des Jahres 1891 erst 67 Jahre. Die genaueren Messungen von Dunstdruck und Dunstsättigung mittels des Psychrometers beginnen mit 1850, ebenso die Angaben über die Himmelsbedeckung umfassen daher 42 Jahre. Noch kürzer ist die Zeit zuverlässiger Regen- messungen, die früher auf der Gallerie der Sternwarte angestellt worden sind und daher, wie auf allen hohen Gebäuden, zu klein erhalten wurden; diese beginnen mit 1855 und umfassen gegenwärtig erst 37 Jahre. Die Berechnung aller dieser und einiger anderen Zahlenwerthe und Zählungen von 1876 an bis 1891 ist im Anschlusse an die in den „Mittheilungen der Sternwarte von 1879‘ enthaltenen Tabellen und nach den dort ge- wählten Normen erfolgt und wurde die entsprechende Fortsetzung dieser Tabellen von Herrn R. Stelzer ausgeführt. Ebenderselbe hat insbe- sondere auch die beiden, unten mit eingefügten, Tafeln berechnet für die durchschnittlichen Tagesmittel der Wärme in Breslau und die hieraus durch eine Ausgleichungsrechnung hergeleitete normale mittlere 'Tempe- ratur der einzelnen Tage des Jahres. Ausder Verbindungder vorgenannten für die letztverflossenen 16 Jahre ausgeführten Tabellen mit den entsprechenden in den „Mittheilungen‘“ gegebenen und bis 1791 bezw. 1825, 1850 und 1855 zurückreichenden haben sich dann verbesserte Werthe für die Breslauer meteorologischen Elemente ergeben, von denen am Schlusse dieser Darlegung eine auf Fragen von etwas allgemeinerem Interesse sich beziehende Auswahl in tabellarischer Zusammenstellung folgt. — 186 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Einen zweiten Gegenstand der Sitzung der Section bildete die Be- rathung über das weitere gesonderte Fortbestehen der geographischen Section, die aus verschiedenen Gründen seit einer längeren Reihe von Jahren nur eine beschränkte Theilnahme gefunden hat. Dieselbe war im Jahre 1833 für gewisse bestimmte Zwecke von der naturwissen- schaftlichen Section abgezweigt worden. Nachdem inzwischen diese die Trennung veranlassenden Zwecke schon seit mehreren Jahrzehnten theils ihre Erfüllung gefunden haben, theils einer weiteren Pflege in der bis- herigen Art nicht mehr bedürfen, wurde nach Erwägung aller Umstände beschlossen: Diese abgezweigte Section, die unter den wechselnden Namen einer Section für Sudetenkunde, einer meteorologischen und einer allgemeinen geographischen Section seit jener Zeit bestanden hat, mit dem Schlusse des gegenwärtigen Jahres aufzuheben und dieselbe unter Genehmhaltung des Präsidiums in der ursprünglichen Weise mit der naturwissenschaftlichen Section wieder zu vereinigen. Meteorologische Mittelwerthe und einige andere Ergebnisse aus den jetzt 100 jährigen Beobachtungen auf der Königl. Universitäts-Sternwarte zu Breslau in dem Zeitraume von 1791 bis 189. I. Temperatur. (C.) Ergebnisse aus den 100 Jahren 1791—1890, 2%. Grösste und kleinste Mittel- 1. Mittlere Temperatur Temperatur der einzelnen Monate der einzelnen Monate und des und Jahre. Jahres. Jahr | grösste Jahr | kleinste 0 0 0 Januar... .unz.dung — 2,82 | 1796 | + 4,70 | 1830 | — 12,21 PFebrüarıuuniauuia. — 1,08 | 1869 | + 4,52 | 1827 | — 10,22 März. Jusi.odiasuak + 1,86 | 1836 | + 8,01 | 1845 | — 5,05 Aprili) saudowwd al + 7,68 | 1800 | + 14,98 | 1817 | + 3,14 Maiı:ui:l; Siku bau zu + 13,00 | 1889 | + 18,42 | 1826 | + 8,70 Juni... wroliacms al + 16,59 | 1889 | —+ 20,49 | 1821 | + 13,38 Juli. 30: Behkeiakhe + 18,14 | 1834 | + 22,60 | 1825 | + 14,62 Augäst |. vouumilla“ + 17,67 | 1807 | -+ 24,44 | 1833 | -+ 14,21 September .....». + 13,83 1866 | + 17,52 1803 — 10,71 Dekober iu. .\airınw A + 8,78 | 1846 | + 12,64 | 1805 | + 471 November........ + 2,98 1797 | + 7,64 | 1829 | — 2,82 December ........ — 1,04 1806 | + 4,78 | 1829 | — 12,61 JRBMaaUd. Solach: + 797 | 1868 | + 998 | 1829 | + 4,82 I. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 187 3. Grösste und kleinste Wärme überhaupt in den einzelnen Monaten und Jahren. | Tag | Jahr |grösstel Tag | Jahr kleinste Jannert-..:.... 24. 9. 1834.77 + 19,8 22. 29. | 1829. 30 — 28,1 Februar .. . .. [26. 27. 1882 |+14,0| 11. 1855 — 30,8 re n.in.n. 30. 1872 + 22,2 5. 1821 — 21,9 Bra s.4:.r. 30. 1800 |+- 26,9 4. 1828 — 8,1 a luietr; 29. 1869 —+- 32,0] 15. 11. 4.11826. 43. 64 — 1,5 Be singen. 12, 1877 1435,01 2. 1. |1794. 1810 0,0 ey... 5. | 1842 |+37,8| 16. 1843 |-+ 6,0 August ........ 1. 1869 |+-35,6| 28. 29. 1837 + 3,8 September ..... 5. 1871 |+51,9| 22. 1826 — 2,5 Osteber '. ...... 2. 1868 + 25,8| 30. 1839 — 6,9 November ..... 6. 4. 11834,73 + 17,8| 23. 1858 — 17,8 December ..... 3. 1872 hr 14,9] 29. 1799 — 26,9 en... Juli 5.| 1842 AR Febr. 11.| 1855 |— 30,8 4. Temperaturen in den ‚vier Jahreszeiten Winter (December—Februar), Frühling (März—Mai), Sommer (Juni—August), Herbst (September bis November.) Grösste nnd kleinste Mittel-Temperatur Mittlere Temperatur | Jahr | grösste | Jahr | kleinste Winter....2....... Eu veei 1834 |-- 2001| 1830 |— 10,42 Frühline............ + 7,52| ı872 |+1029| 1326 |+ 4,05 Sommer ........... 117,47| 1834 |-+90,34| 1825 |-+ 14,20 set ni + 8352| 1797 |-L11,82| 1399 + 5,16 5. Grösste und kleinste Wärme überhaupt in den einzelnen Jahreszeiten, | Tag | Jahr |grösstel Tag | Jahr kleinste 0 Winter........ Decbr. 3.| 1872 + 14,9| Febr. ı1.| 1855 | 30,8 Frühling....... Mai 29. | 1869 |-+ 32,0| März 5. 1821 — 21,9 Sommer ....... Juli 5. 1842 -+ 37,8[ Juni 2. 1.) 1794. 1810 0,0 Be .ı...;i. Sept. 5. | 1871 |+ 31,9| Nov. 23.| 1858 — 17,8 | 188 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. 6. Durchschnittliche Tagesmittel der Wärme zu Breslau im Mittel aus den 100 Jahren 1791—1890. Jan. Febr. | März | April! Mai | Juni| Juli | Aug.| Sept.) Oct. ‚Nor. Decbr. +/ +1 +) +1 +41 +41 0 0 10) 3,05|— 1,631 — 0,12 3,16 — 1,41. 0,06 2,97 — 1,2011 0,49 3,08 — 0,69|-1 0,43 3,33 — 1,0114 0,91 3,34 — 1,20/+ 0,94 3,331 — 1,83/-4 1,04 3,34|— 1,914 1,47 3,74 — 1,814 1,47 3,72) — 1,904 1,11 3,55 — 1,994 0,78 3,58 — 1,92)-+ 0,93 3,65. — 2,28. 0,86 3,66 — 2,264 1,12 3,731— 1,664 1,20 | 3,31 0,91-+ 1,34 2,83|— 0,744 1,95 2,69|— 0,954 1,90 TOR IVATTTI 2,02|— 1,03/-+ 2,02 2,26. — 0,61. 2,60 2,76|— 0,434 1,95 2,52 — 0,584 2,08 1,844 0,144 2,63 1,904 0,204 3,10 + 0,684 2,94 + 0,364 3,12 0,004 3,83 44,44 + 4,79 +4,81 2,16 1,83 1,74 1,40 1,42 1,58 0 0 0 o 5,07110,38 14,86|17,33 5,16 10,62 115,68|17,35 5,5510,87|16,50117,35 5,31/11,09 16,50 17,67 5,57/11,22116,37|17,95 5,79111,06.16,58|17,72 6,30 11,66|16,69 17,97 6,65112,42116,83|18,41 o o o 18,71116,32 11,89 18,52115,88/11,04 18,56 15,90 10,81 18,35115,55/10,99 18,24|15,42 10,63 18,10/15,55/10,52 18,21/15,23|10,72 0 0 | 5,404 0,79 18,66 15,84/11,54| 5,02) 0,53 5,09 + 0,17 4,984 0,25 4,81 4 0,42 4,53 4 0,46 4,57-1 0,36 4,654 0,24 6,98 112,33|16,71/18,54 18,4515,17|10,27) 4,25) — 0,14 6,83112,15/16,63118,28.17,99115,40| 9,71| 3,77) 0,71 6,97112,17|1:6,89 RS 14,94| 9,25| 3,57. — 0,71 6,91112,24 16,70117,87117,95114,18 9,54| 2,97 — 0,89 7,20 112,47|16,79118,0418,25113,72| 9,23| 2,82) — 0,98 7,16112,37|16,78|18,20 18,2513,86| 8,94| 3,02) — 1,07 7,53112,58116,38118,4718,24113,68| 8,82] 2,63] — 0,81 7,50 113,17/16,06118,11,17,82113,30| 8,75| 2,46. — 0,83 8,01112,82|15,90 18,07 17,69 13,49) 8,64| 2,56 0,93 8,07|13,41/15,96118,13 17,2413,59| 8,41| 2,18 — 1,26 8,02113,65/15,81118,57 17,38113,40| 8,31] 1,69 — 1,81 8,35113,94116,25/18,61 17,51112,75| 8,54| 1,68 — 2,19 TER 16,32 eh 7,88| 1,60. 1,89 8,78114,17|16,81|18,36,17,45112,32| 7,22] 1,59 — 1,71 9,07/14,31116,98|18,57|17,10112,35) 7,33| 2,13|— 1,83 9,28114,46 16,71118,63|16,80112,45| 7,56| 1,99 — 2,05 9,55114,4616,74118,42)16,50112,44| 7,45 1,58] — 1,76 9,60113,98|17,00 18,44116,71112,16| 6,98) 1,27 — 1,89 9,66 14,28117,11/18,19116,94|12,22) 6,94| 1,54 — 2,13 9,9514,83|17,32|18,17)16,95112,26| 6,37) 1,63|— 2,09 10,13/115,09)17,64|17,99|16,91/12,15| 5,89) 1,68 — 2,20 10,41/15,30 17,62118,19|16,50112,00 5,84) 1,53 — 2,54 14,96 18,58/16,55 5,83 — 2,60 er a ne = u ei een euere TE 0 Se Bl ee ABLE BIETE A EN TEEN 2 & FR en 22 220 265 «ro ER er nn II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 189 7. Normale mittlere Temperatur der einzelnen Tage des Jahres aus den 100 Jahren 1791—1890. (Ausgeglichen aus den ursprünglichen Temperaturen der vorhergehenden Tabelie 6 nach der Formel in den „‚Mittheilungen“ p. 48.) Jan.| Febr. | März Mai Juni | Juli Sept. | — +++ ++) +) ++) + o 0 0 0 0 ) 0 0 0 o 0 0 1. [2,89 — 1,48) 0,09| 5,04 10,47115,32117,4518,58116,24111,76| 5,42] + 0,93 2. | 3,02) — 1,35| 0,18) 5,21|10,65115,65|17,43|18,60|16,04|11,48| 5,22) + 0,60 3. [3,08 — 1,18] 0,36) 5,35/10,84|16,10 17,50|18,5615,89111,19| 5,06) -H 0,40 4 B) April Ausg. Oct. | Nov. Deecbr. 3,15 — 1,07| 0,56| 5,47/11,02116,36117,64|18,48115,7610,98| 4,93! + 0,33 3,24 — 1,12) 0,77| 5,65[11,18)16,48|17,78118,37.15,63/10,84| 4,79| + 0,36 6. | 3,31 — 1,34| 0,96| 5,92|11,40|16,58|17,90|18,27115,51110,72) 4,66| + 0,36 7. |3,38| — 1,60] 1,14) 6,25/11,72|16,66 18,07118,22|15,42110,60| 4,51|-1 0,28 8. | 3,47| — 1,78| 1,26| 6,56/12,03|16,72|18,24|18,22]15,32]10,43| 4,32) + 0,09 9. | 3,58| — 1,86| 1,25) 6,78|12,20|16,73118,29118,20115,23110,16| 4,12] — 0,19 10. [3,62] — 1,91| 1,12] 6,88112,23|16,74|18,20118,14115,06| 9,82] 3,84| — 0,48 11. | 3,62 — 1,97| 0,99| 6,94|12,24116,76118,06118,08114,75, 9,55) 3,48| — 0,71 12. | 3,62) — 2,02] 0,94, 7,02|112,29|16,76118,01/18,09|14,35| 9,36| 3,18] — 0,85 13. |3,63| — 2,02| 0,98| 7,13/12,38116,72118,07|18,14/14,00| 9,20| 2,97) — 0,93 14. [3,61 — 1,90) 1,10| 7,28112,51116,59|18,17118,16113,78| 9,02] 2,83 — 0,94 15. | 3,49| — 1,58) 1,26| 7,45|12,69 16,39118,22|18,06|13,63| 8,86] 2,69] — 0,92 16. |3,25| — 1,22] 1,48| 7,65/12,90|16,17|18,20117,87|13,52| 8,73| 2,541 — 0,94 17. |2,93| — 0,99) 1,68| 7,85/13,11116,02118,20|17,65 13,47] 8,60] 2,36 — 1,09 18. | 2,61] — 0,94] 1,82| 8,02/13,36115,97118,28|17,49|13,39| 8,48) 2,13) — 1,36 19. | 2,36 — 0,92| 1,93| 8,20113,62|16,04|18,39117,44|13,20| 8,36| 1,89| — 1,66 20. | 2,28| — 0,85| 2,06| 8,44 13,86|16,20118,46|17,46112,91| 8,17| 1,74| — 1,86 | 21. |2,32|— 0,70| 2,16| 8,68114,04116,43[18,46117,44112,64| 7,88) 1,70] — 1,89 22. 12,391 — 0,51) 2,22] 8,89|14,1816,64|18,46 17,32|12,48| 7,59| 1,77] — 1,86 23. |2,311— 0,29! 2,35| 9,08114,2816,77[18,50 17,10]12,41) 7,44| 1,84| — 1,86 24. | 2,14| — 0,05| 2,59| 9,28114,33|16,82|18,50116,89|12,38| 7,38) 1,80] — 1,88 25. | 2,02|-+ 0,07) 2,85| 9,45114,32|16,87118,4616,76112,34| 7,28| 1,65) — 1,91 26. 11,941 0,30 3,09| 9,6014,32|16,98118,3616,76112,28| 7,05| 1,541 — 1,96 27. | 1,8411 0,28| 3,40| 9,76 114,46117,15[18,26|16,8312,23| 6,74| 1,53] — 2,04 23. | 1,6914 0,14 3,82| 9,94|114,72117,33118,18|16,85|12,18) 6,41] 1,56| — 2,15 29. | 1,56 4,26 10,13|14,95|17,46118,18[16,77112,10| 6,10] 1,50 — 2,30 30, | 1,51 4,62 10,31115,07 17,49 18,30116,62111,97| 5,87| 1,27] — 2,49 31. [1,51 4,86 15,13 18,46116,44 5,66 2,70 190 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. II. Luftdruck. (In Millimetern und für 0° Temperatur des Quecksilbers.) Ergebnisse aus den 67 Jahren 1825—1891. 2. Grösste und kleinste Mittelwerthe 1. Mittlerer Luftdruck der des Luftdruckes in den einzelnen einzelnen Monate und des Monaten und Jahren Jahres Jahr | grösster | Jahr | kleinster Naar. ut AN, MM 750,45 18832 759,39 1865 741,11 era. Fl 49,60 1891 59,60 | 1879 39,31 15 Pa REN AI IRRE 47,55 | 1854 55,50 | 1888 39,78 "2212 1 ISHRS ZBER Saal BREI PEEZ 47,07 1844 53,49 | 1847 40,32 FE EEE ER 47,92 1833 52,36 1845 44,49 EEE ERDE TTTLNT 48,19 1858 51,42 1847 42,19 IRRE RE 48,25 | 1859 51,46 1828 43,41 N 11 A ehr 48,44 | 1842 92,21 1870 43,95 Peptemkler | 61.3. - 49,66 | 1865 55,25 | 1829 45,89 AIIDUET '; „ara In ae 49,23 1856 56,70 1841 43,97 Rinvember \..2. 2.-:: 48,69 1857 55,97 1882 43,41 December in542. 2 &1 49,82 1857 58,30 1833 41,42 RE 748,74 | 1832 751,17 1878 747,31 3. Grösster und kleinster Luftdruck überhaupt in den einzelnen Monaten und Jahren. | Tag | Jahr | grösster | Tag | Jahr |kleinster Januse?;ı. TE 4iG 16. | 1882 775,9 20. | 1863 721,2 Kebriiir - 1L#0- 748, 1, 1882 72,3 18. | 1852 19,6 ie AR Et 6. 1852 2239 23 1855 20,3 APRES IFE 13. | 1854 67,8 10. | 1855 22,3 MER ETAR 1ER 1. 1862 63,3 3. 1858 29,9 Sant el BR 88 25. | 1857 | 59,7 8. | 1841 29,7 u ee ern er 17. | 1849 61,3 1 1848 | 34,1 Ausunk... 1. .2.5.52% 14, | 1842 62,2 31 1833 29,3 September ....... 30, | 1870 65,0 22. | 1863 29,3 Oetober...... 2 28. | 1854 68,2 20. | 1825 21,0 November ......, 11, | 1859 69,4 29. | 1854 18,9 December |....... 10, | 1859 | 70,9 26. | 1856 19,2 rt de: Jan.16.| 1882 773,9 |Nov.29.) 1854 718,9 | II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 191 4. Normaler mittlerer Luftdruck der einzelnen Tage des Jahres aus den 67 Jahren 1825—1891. (Durch eine aus den Monatsmitteln hergeleitete periodische Reihe wurden die Werthe des Luftdrucks zunächst für 24 Punkte der Peri- pherie, etwa von 15 zu 15 Tagen, ermittelt und dann für die einzelnen Tage interpolirt.) 700 mm —+ Jan. Febr.| März| April Mai | Juni | Juli | Aug. Dee. Sept. Oct. | Nov. . 150,30/50,19|48,54|47,00 47,57\48,11/48,26|48,20|49,08|49,7048,68|49,22 . 150,32/50,16|48,47 46,99|47,60.48,12|48,2648,21/49,12,49,68|48,66 49,26 .150,34/50,13148,40146,98|47,63148,12/48,26 48,21[49,15,49,66|48,65 49,30 . |50,35|50,09|48,33/46,98|47,66148,13,48,26 48,23|49,1849,64148,65 49,34 . 150,37/50,06|48,26|46,98147,68148,13|48,26148,2449,22149,62|48,64.49,38 . |50,38'50,02|48,19)46,98|47,7048,14/48,26|18,25/49,26 49,59148,6449,42 . 150,40/49,97|48,12]46,98|47,73/48,15/48,26148,27/49,30 49,56|48,63 49,46 . 50,41149,91/48,05/46,99|47,75148,15/48,26 48,28|49,35149,53148,63149,50 . 150,42149,86|47,98|46,99|47,78/48,16 48,26 48,30/49,39|49,49|48,64.49,55 10. 150,43/49,81147,91147,00|47,81148,16.48,26148,32]49,44/49,45[48,64 49,59 11. |50,44'49,76147,85147,01147,83|48,17 48,26 48,34149,48|49,41[48,65149,63 12. |50,44149,70|47,78147,02|47,85/48,1748,26|48,36 49,52|49,37|48,65149,67 13. |50,45/49,65/47,72147,04|47,87148,18/48,26 48,38/49,5749,33 48,66 49,71 14, 150,45/49,59|47,66 47,06|47,89)48,18/48,26 48,41/49,61149,29| 48,67 149,75 15. 150,45149,53|47,60/47,0847,91148,19 48,26 48,43|49,65149,25148,6949,79 16. 150,45149,47 47,55/47,10.47,92|48,19)48,25]48,46 49,68:49,21/48,71149,83 17.150,45 49,40147,49/47,13147,94148,20148,25148,49 49,71149,17148,73/49,87 18. |50,44'49,34147,44. 47,15/47,96148,20 48,24148,52|49,72.49,13148,77/49,90 19. 150,44|49,27147,39 47,18|47,97 48,21 48,24|48,56 49,72|49,09 48,80 49,93 20. |50,43/49,20 47.344791 47,98148,21/48,2348,59|49,73|49,06|48,83|49,97 21. |150,42]49,13 47,30 47,24 48,00/48,22|48,23|48,63|49,74|49,02|48,86|50,00 22. |50,41|49,06 47,96 47.97 48,01/48,22|48,22|48,67|49,75/48,98|48,89|50,03 3. 150,39148,98 17221720 48,03|48,2348,22|48,71/49,75/48,95/48,92/50,07 24. |50,38|48,91147,1947,3248,04148,23148,21|48,75,49,76.48,91148,95150,10 25. |50,36/48,8447,16 47,35/48,05)48,24|48,21148,79|49,76/48,88 48,98|50,13 26. 150,34148,77 47,13147,38 48,06 48,24|48,20 48,83|49,76148,85/49,0150,16 27. |50,32|48,69|47,10 47,41/48,07|48,24 48,20|48,87149,75/48,82|49,05 50,19 28. |50,30148,61/47 ‚08.47, ‚45/48,08|48,25/48,20 48,91/49,74/48,79149,09 50,21 29. |50,27 47 0547, 49148,0948,25|48,20 48,96.49,73|48,75/49,1350,24 30. |50,24 47,03 47,53 48,10 48,26,48,19 49,00 49,72/48,72|49,17 50,26 31. |50,21 47,01 48,10 48,20 49,04 48,70 50,28 oO so np om Ne) 192 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Il. Dunstdruck (mm). Ergebnisse aus den 42 Jahren 1850—1891. Mi 2. Grösste und kleinste Mittelwerthe 1. ittlerer Dunstdruck der des Dunstdruckes in den einzelnen einzelnen Monate und des Monaten und Jahren Jah ahres Jahr | grösster | Jahr | kleinster SE EEE TERT 3,96 1863 4,51 1850 2,37 BerBar.. oasereer 3,69 1869 4,90 1858 2,10 Mare .TANOT eBR0.R | 4,18 | 1863 5,23 | 1883 | 2,96 Pe N ae De Aa 5,46 1876 6,71 1853 3,70 N - 7,33 1889 9,14 1871 5,50 Jam H 20 BEER. EN EUR] 9,50 | 1861 11,69 | 1865 7,78 ut E19 Arne VE I > IR 1853 11,84 1888 9,25 hl 0 BA Teak a Fe 10,31 1878 12,28 1887 8,75 Beptember.% u... .20r. 8,68 1866 10,20 1877 7,32 ee 1 AREAL EN 6,84 1851 8,39 1866 5,21 Mowemwer en tatee 4,84 1872 6,33 1858 3,30 RE RER Re 3,50 11852. 68 4,96 1879 2,37 Behr 9 Br 2.92:%5 0% 6,55 1872 7,09 |1858.71| 5,91 3. Grösster und kleinster Dunstdruck überhaupt in den einzelnen Monaten und Jahren. | Tag | Jahr |grösster| Tag | Jahr kleinster Jahlar „u... 31. | 1854 7,7 21. 1850 0,3 Februar ....... 7. 1866 8,7 ET. 1855 0,3 Mär... .;.... 10. | 1854 8,7 >. 1858 0,6 RRREIEL > 0: > Kan, 29. | 1867 | 13,1 19. 1861 1,2 ee ee 27. 1868 16,7 17. 1866 0,9 RAR. REN 22. | 1861 | 19,0 1. 1871 2,9 FL RAN yes 10. | 1853 | 19,8 20. 1863 | 3,8 August ........ 30. | 1878 | 20,3 25. 1874 2,8 September ...... 4, 1855 | 16,5 23. 1857 1,8 October ....... 7. | 1855 | 14,0 17. 1852 2,4 November ..... ) 1873 | 10,5 23. 1858 0,7 December...... 7 1868 | 10,4 7. 1875 | 0,5 I Aug.30.| 1878 | 20,3 [Jan.21.11.! 1850. 55 0,3 u u A ee tal wc a aa de Pe II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 193 IV. Dunstsättigung (pCt.). Ergebnisse aus den 42 Jahren 1850—1891. 2. Grösste und kleinste Mittelwerthe der Dunstsättigung in den einzelnen der einzelnen Monate und Monaten und Jahren 1. Mittlere Dunstsättigung des Jahres Jahr | grösste | Jahr | kleinste Be ...0.; 84,3 | 1876 90,3 | 1858 76,3 Bear .kars....; 81,8 1855 88,1 1858 74,4 Be rns1....: 76,9 1855 84,2 1880 68,1 ee ar:....; 69,8 1850 Tl 1858 52,1 PER 66,0 1873 76,7 1868 56,9 ee 022:..%.; 67,0 1854 78,3 1858 50,2 ee 22,..L.; | 67,3 1860 77,8 1859 98,3 Be. ann:..,.. 69,5 .| 1854 81,4 1873 61,5 Bepiember..:......: 73,0 1864 80,8 1886 65,0 Be r..t.; 78,8 1875 85,5 1852 66,6 Mozemben .au:..:.: 83,5 1854 88,8 1861 13,3 Berember ..2....L.. 84,6 1890 89,8 1856 78,7 BBe......,.. 75,2 1853 79,0 1358 70,4 3. Grösste und kleinste Dunstsättigung überhaupt in den einzelnen Monaten und Jahren. | grösste Tag | Jahr kleinste Be ........ öfter 100 $, 1852 35 Bebzuarı .2....... ® “ 26. 1860 26 er ee 3» 5 31.727..174873. 80 21 ee 8 ie 25. 1858 12 RAR 1 A 17. 1866 16 2 u Mi 27. 1853 17 Se n . 10. 1889 17 Be. 2r..:%.. r * 30. 28. 9.| 1863. 69. 73 19 September........ v = 4. 1879 18 Beiober.......... 5 ER 22. 3. | .,1852. 57 30 Bovember........ > a 21. 1861 32 December ........ bo BR 10. 13. | ‚1869. 85 40 ern hy iR April 23. 1858 12 IF) 13 24 194 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. V. Höhen der Niederschläge (mm). Ergebnisse aus den 37 Jahren 1855—1891. 2. Grösste und kleinste Höhen der 1. Mittlere Niederschlagshöhen Niederschläge in den einzelnen Monaten der einzelnen Monate und des und Jahren J : nn Jahr | grösste | Jahr | kleinste BABRR 2 0er ee 27,01 1891 58,61 1874 1,39 ns N Fe 28,63 1376 89,78 1890 3,63 BEE 2 ons auche 34,14 1888 74,27 1873 7,51 5 at 35,95 1890 79,31 1877 8,01 1 EP EN ER 55,29 1887 97,11 1870 12,11 N EE 65,20 1886 115,87 1858 4,40 Jun:..::kaszersche- 79,24 1871 161,61 1869 33,09 RENT a 79,34 1858 | 228,63 1863 26,08 September .....-.L.. 47,97 1861 | 120,98 | 1865 6,20 DEIOBER N... 200% 24» - 35,99 1889 94,35 1866 0,00 November .-!..:2%.. 36,32 1869 92,85 1870 11,14 DEeBember, ::2.....b:- 33,88 1874 82,07 1864 4,51 a EN 558,96 1890 | 711,54 1857 | 417,90 VIL Himmelsbedecekung (0—10). Ergebnisse aus den 42 Jahren 1850—1891. Mittlere Werthe für die Bedeckung des Himmels in den einzelnen Monaten und im Jahre. Januar N‘ 4... ch 7,2 Februar. 1... we. 7.1 Bürel 7.708. 20 7,0 April Bari ZB 6,6 ak, 1:03%5 1 LM 4. 6,2 BBRLSSSALLSELAENP, 5 6,2 RER Be 6,0 BUBUBtN en 1. hf. 5,8 Beptember. J. .iW..2. 5,8 Ockober 77 4. IP. 6,5 Novenibör . ). Sur}; 7,6 December........... 7,6 1. Naturwissenschaftlich&e Abtheilung. 195 Allgemeine Uebersicht der meteorologischen Beobachtungen auf der Königl. Universitäts-Sternwarte zu Breslau im Jahre 1891. Höhe des Barometers über dem Ostseespiegel bei Swinemünde — 147,08 m. I. Barometerstand, 1I. Temperatur 1891. redueirt auf 0° Celsius, der Luft in Graden nach in Millimetern. Celsius. n ? 8 ERPNn B Ba Er. NE NE TENNER Br mm mm mm o a - Januar 11 7638 | 21 |7393 | 5032| 9 | 66| 11-179 248 Februar 2 | 6685| 12 | a85| 5900| 5 | 56 9-19 147 März ...... ı | 548 | 11 | 320 | 48,97 lıo. 11) 135 | 5 —- 11 3,86 April...... a1 | 5537| 28| 3299| azea| 30 | 1935| 31-31 618 Ekai ....... 12 | 5831| 16 | 54| 18| 2 |a72| ıs| 36 158 Ba .. ı8 | 565 | 10 | 40,7 | azs6 | 30 | s10o| 13 | 45 15,89 uns 20 | 5238| 28| 206 | araa|l 2 | 285 11) 109 17,8 August....| 29 | 5988| 23 | 374 | a699 | as | a79| 19| 92 17,26 September.| 3 | 594 2 4,0| 5169| & | 99 5| 20 15,11 "October ...|30.31| 631 | 21 | 383 | 4894| 15 | 216 | 31 |— 39) 11,37 November.| 2 en 14 | 34,2 48,99 | 20 = 61 551 2,87 _ December .| 20 | 68,1 | 31 30,8 | 5055| 6 | 123 | 21 |-140| 1,56 Jahr ES 768,1 | Dee 730,8 | 748,97 | "0! | 31,0 |’. 179 8,46 II. Feuchtigkeit der Luft. IV. Wolken- 1891. a. absolute, | b. relative, bildung und in Millimetern. | in Procenten, Niederschläge. Monat 5 2 a |. 2 5 sel 8121815 |8 = a Ss 3 2189| Elei,E al} €8I1#12|# 025 SERESEIER REIHE Der zm: — age. gas mm mm| mm Januar ...|24.27 49 1 |1,2| 2,91 \öfter 100° 29 57862] 3 | 7 21 | 58,61 Februar ..|4. 16| 50| 9|1,6| 3,46 öfter 100) ı3 47822] | 9 15 | 9,75 März ..... 2. i 6,720.242,3| 256 | 23 | 98 12 33744 115 15 | 5,11 April..... 29 | 74] 1.4 |28| 485 12 1100 23 3369,38] 2 | 10) 18 | 32,59 .....; 8118| 18 133) 812) 35 | 97 2 l625| 3 | 20) 8 | 37,58 Juni ..... 27 \1u8| 13 |a8| 9,68| 31 | M + 36702] 2 | 18] 10 | 85,49 ...... 18 | 14,7| 11 |7,4111,29|1 5|98| 17 41173,6| — | 20 11 121,40 Angust...\15.93| 126 7511974 9 1ool as aezal ı | ı7ı 13 | 44,84 September| 4 | 142| 3 14 886 | 15 943.18411689]| 9 | 12) 9 | 19,61 October...| 9 | 105) 30 12,6] 7,60)10.97]100]2. 19137 746| 4 |20 7 | 10,10 November| 20 | 7,7| 5.6 28| 4,867. 16100] 6 541843 i sl 18 | 43,26 December| 5 | 84| 21 |15| 4,32 Jlöfter| 98| 11 Jaslsı,a| 2 | 12] 17 | 38,60 Jahr | 14,8 | Ian. 112] 6,69 \öfter 1100 a 274,7] 35 1681162 546,94 13* 196 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. V. Herrschende Winde. Januar. Von den Windesrichtungen waren die westlichen, besonders die nordwestlichen, vorherrschend, auch während der Kälteperiode der ersten drei Wochen. Februar. Von den Windesrichtungen waren West und Nordwest überwiegend, hiernächst folgten Südost und Ost. März. Unter den Windesrichtungen waren West und Südwest vor- herrschend, es folgten dann Süd, Südost und Nordwest. April. Besonders häufig waren in diesem Monat die Ostwinde, auch Südost und Nordost, doch hielten die westlichen Richtungen den- selben nahezu das Gleichgewicht. Mai. Vorherrschende Windesrichtungen waren Ost und Südost, minder häufig waren Nordwest und West. Juni. Von den Windesrichtungen kam am häufigsten Ost vor, es folgten dann West, Nordwest und Nord. Juli. Westliche Windesrichtungen vor den übrigen weit vor- herrschend. August. Von den Windesrichtungen kamen am häufigsten West und Südwest vor, während Nord; Nordwest und Ost ganz zurück- traten. September Die häufigsten Windrichtungen waren West und Südost, hiernächst Süd und Nordwest. October. Von den Windrichtungen war die südöstliche vor allen anderen weit überwiegend. | November. Die Windrichtung war vorwiegend Südost, hiernächst kamen am häufigsten West und Süd vor. December. Die westlichen Windesrichtungen West, Südwest, Nord- west waren überwiegend über Südost, welche letzteren jedoch gleichfalls häufig waren. VI. Witterungs-Charakter. Januar. Die Kälte des vorigen Monats hielt noch an bis zum 23., wonach Thauwetter erfolgte und die Temperatur dann bis zum Schluss des Monats über der normalen blieb. Der Luftdruck war auch in der Kälteperiode mehrfachen starken Schwankungen unterworfen. Die mehr als das doppelte des Durchschnittswerthes betragenden Niederschläge bestanden grösstentheils aus Schnee, nur zuletzt etwa '/, aus Regen. Die angesammelte Schneehöhe stieg am 18. hier in Breslau bis auf 43 Centimeter und in der ganzen Provinz fanden namentlich im zweiten Drittheile des Monats grosse Verkehrsstörungen statt. Februar. Die Temperatur war während des ganzen Monats unter mässigen Schwankungen eine normale, dagegen der Luftdruck ein u I" 72 a TU 2 PT, e März. II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 197 so hoher, wie derselbe wohl nur in sehr seltenen Fällen bisher vorgekommen ist. Nicht nur das Gesammt-Mittel überstieg den Durchschnittswerth um mehr als 10 mm, sondern auch alle einzelnen Tagesmittel überschritten die entsprechenden Normal- werthe. Diesem hohen Luftdruck gemäss war das Quantum der Niederschläge, im Gegensatz zu dem vorigen Monat, sehr gering und betrug nur ein Drittheil des Durchschnittswerthes. Auch die vom vorigen Monat gebliebene Schneedecke hielt sich bis auf geringe Reste nur noch etwa eine Woche hindurch. Im Gegensatz zu dem überaus hohen Luftdrucke im vorigen Monate war derselbe in diesem Monate ein niedriger und erhob sich nur an 3 Tagen über den Normalwerth, Die Temperatur dagegen war im Mittel über der normalen, und zwar in den ersten 19 Tagen stetig, dann aber unter derselben. Besonders rauh und kalt waren die letzten 5 Tage, mit wechselndem Wetter und wiederholten, zum Teil ansehnlichen Schneefällen. In den ersten drei Wochen bestanden die Niederschläge meist aus Regen, der Gesammtbetrag überstieg den Durchschnittswerth um ein Drittheil. April. Das Wetter war in diesem Monate vorwiegend kalt und die Mai, Juni, Vegetation zurückhaltend, nur an 7 Tagen war die Wärme etwas über der normalen. Luftdruck, Feuchtigkeit und Niederschläge entfernten sich dagegen nur wenig von ihren Mittelwerthen. Die Niederschläge bestanden fast ausschliesslich aus Regen. Das Wetter des diesjährigen Mai war vorwiegend warm und schön, gleich in den ersten zwei Tagen mit einer sehr hohen Temperatur beginnend. Ein stärkerer Kälterückfall fand nur um die Pfingsttage vom 16.—18, statt. Der Mittelwerth der Wärme überstieg den Durchschnitt um 2!/, Grad. Der Luftdruck war grösstentheils niedrig, auch kam häufig Regen vor, zum Theil mit Gewitter, jedoch nur in mässigen Mengen, sodass der Ge- sammtbetrag des Regens um ein Drittheil geringer war als der dem Mai entsprechende Durchschnittswerth. Die ersten zwei Drittheile des Monats waren vorwiegend kalt und regnicht, erst in dem letzten Drittheil hob sich die Tempe- ratur, sodass der Mittelwerth noch nahe die normale Höhe erreichte. Der Luftdruck war nur mässigen Schwankungen unter- worfen und war im Mittel gleichfalls normal. Ungeachtet der häufigen Ostwinde war die Zahl der Regentage sehr gross, nur 11 Tage waren ohne Regen. Auch das Quantum des Regens . überschritt den Durchschnittswerth um ein Dritttheil, obwohl be- sonders heftige Gewitterregen nicht vorkamen und überhaupt nur eines der zwei verzeichneten Gewitter ein Nahgewitter war. 198 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Juli. Der Luftdruck bewegte sich in mässigen Schwankungen, war jedoch dabei etwas niedriger als im Mittel. Auch die Tempe- ratur-Schwankungen waren nicht gross und das Mittel normal. Beträchtlich über dem Durchschnittswerthe war dagegen die Feuchtigkeit der Luft und ebenso das Quantum der Niederschläge, welches um mehr als die Hälfte grösser war und gegen Ende des Monats grosses Hochwasser der Oder und ihrer Nebenflüsse und zahlreiche Ueberschwemmungen herbeiführte.e. Die Zahl der Tage mit Regen betrug nicht weniger als 24, und im ganzen Monate war nur ein einziger ganz heiterer Tag zu verzeichnen. Von den Gewittern entluden sich 2 in der Nähe, 6 gingen in einiger Entfernung vorüber. August. Der vergangene Monat war fast beständig kühl und unwirth- lich; erst in der letzten Woche hob sich die Temperatur, sodass der Mittelwerth nur noch einen halben Grad unter der normalen Höhe zurückblieb. Die Niederschläge waren zwar sehr zahl- reich, sie traten aber, abgesehen von dem Gewitterregen am 23., immer uur in sehr geringer Menge auf, sodass etwa nur die Hälfte des normalen Werthes erreicht wurde. Von elektrischen Erscheinungen wurden zwei Nahgewitter beobachtet, die jedoch nicht sehr stark auftraten. Auffallend war das häufige Vor- kommen der südwestlichen Windesrichtungen, die in diesem vergangenen Monat sogar die nordwestlichen bei weitem über- trafen. September. An Stelle des so vielfach regnichten und kühlen Wetters während der diesjährigen Sommermonate Juni, Juli und August trat mit dem September noch eine sehr anhaltend schöne Periode mit 21 theils ganz heiteren, theils gemischten und nur 9 trüben Tagen ein. Barometer und Thermometer standen vor- wiegend hoch mit nur wenigen mässigen Schwankungen. Die Feuchtigkeit der Luft war gering, das Quantum der Niederschläge erreichte noch nicht ganz die Hälfte des Durchschnittswerthes. Gewitter kamen zweimal vor. October. Das Wetter des diesjährigen October war in gleichem oder noch höherem Maasse warm und schön als das des September, und die theilweisen Unterbrechungen dieses heiteren Wetters in den westlicher gelegenen Gegenden durch Regen und Stürme verbreiteten sich nicht bis nach Schlesien. Lediglich in den letzten 5 Tagen erfolgte ein Umschlag zur Trübung und Kälte und erniedrigte merklich das Wärme-Mittel, das jedoch immer noch 2‘), Grad über dem Durchschnitt geblieben ist. Der .Baro- meterstand war im Mittel nahe normal, die relative Feuchtigkeit gering, Der ganze Monat enthielt nur 7 trübe, dagegen 24 theils we er VE a II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 199 heitere, theils gemischte Tage. Nur an 8 Tagen konnten Nieder” schläge gemessen werden, deren gesammter Betrag noch nicht ein Drittheil des Durchschnittswerthes erreichte. November. Die Witterungsverhältnisse dieses Monats waren fast durchgängig normal, sowohl Wärme als Luftdruck und Feuchtig- keit, auch die Regenmenge überstieg nur wenig den Durchschnitts- werth. Schnee fiel auch in diesem Monate ebenso wie auch in dem vorigen noch fast garnicht, wenigstens nicht in nennenswerther Quantität. Das erste Drittheil des Monats war bei höherem Luftdruck etwas kälter als die folgenden zwei Dritttheile und umgekehrt letztere wärmer bei etwas niedrigerem Luftdruck. December. Die Wärme dieses Monats überstieg den Normalwerth fast um 3° und blieb nur an 6 Tagen (17.—22.) unter demselben. Der Luftdruck zeigte einige starke Schwankungen, war jedoch im Mittel normal. Ebenso wichen Dunstdruck, Dunstsättignng und Regenmenge von den Normalwerthen wenig ab. Die Nieder- schläge bestanden grösstentheils aus Regen, nur vom 20. bis 29. bildete sich eine geringe Schnedecke. Bericht über die Verhandlungen der Section für Obst- und Gartenbau. Von Prof. Dr. Prantl, erster Secretair der Section. Die Section für Obst- und Gartenbau hat im Jahre 1891 10 Sitzungen abgehalten. Die im vorhergehenden Jahre eingehend erörterte Frage der Er- richtung eines Obstmustergartens konnte in diesem Jahre nicht weiter gefördert werden, da die Unterhandlungen mit den städtischen Behörden über das Grundstück noch nicht zum Abschluss gelangt sind. Eine um so regere Thätigkeit entfaltete das von der Section und den beiden anderen hiesigen gärtnerischen Vereinen gewählte Comite für die im September 1892 zu Breslau stattfindende allgemeine Obst- und Gartenbau-Ausstellung. Für die beiden in Rybnik und in Brieg stattgefundenen Ausstellungen hat die Section je einen Ehrenpreis für ein Sortiment Obst gestiftet. Aus den einzelnen Sitzungen ist Folgendes zu berichten: In der 1. Sitzung am 6. Januar hielt Herr Oberstabsarzt Dr. Schröter einen Vortrag: Ueber die in neuerer Zeit in Schlesien aufgetretenen Krankheiten des Weinstocks. In der 2. Sitzung am 2. Februar sprach Herr Privatdocent Dr. Mez Ueber die Gattungen der Bromeliaceen. Durch die Freundlichkeit des Herrn Obergärtner Schütze, welcher Nidularium purpureum, Vriesea psillacina, Oryptanthus Barkeri, Caraguata cardinalis ausgestellt hatte, war Vortragender instand gesetzt, an lebenden, blühenden Bromeliaceen manche Punkte seiner Ausführungen zu demon- striren; im Uebrigen konnte er Herbarmaterial zur Veranschaulichung der gemachten Bemerkungen heranziehen, Nach Besprechung der biologischen und morphologischen Verhältnisse der Bromeliaceen entwickelte er die Grundzüge eines Systems der II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 201 Bromelieen, welches seitdem in Martius’ Flora Brasiliensis fasc. 110 ver- öffentlicht wurde, Beim Ueberlesen der Dissertation des Herrn Dr. H. Fischer zu Breslau war es ihm aufgefallen, dass die wenigen unter- suchten Bromeliaceen-Pollenkörner verschiedenen Typus ihres Baues auf- wiesen; er verfolgte diese Beobachtungen weiter und gelangte zu sysie- matisch durchaus befriedigenden Resultaten, da sich herausstellte, dass zu bereits beschriebenen Pollentypen, deren einer sich durch grosse Aus- trittsporen, der andere durch eine seitliche Längsfalte auszeichneten, auch noch ein dritter kam, welcher keinerlei weitergehende Differenzirung der Pollenmembran aufwies. Damit waren die Merkmale für eine Drei- theilung der Bromelieen (also der Bromeliaceen mit unterständigem Frucht- knoten) gegeben: der Typus des Pollenkornes ohne Poren und Falten fand sich bei Rhodostachys, Bromelia und Cryptanthus, derjenige mit einer Falte bei Billbergia und Fernseea, sowie bei einer als neu charakterisirten brasilianischen Gattung Neoglaziovia. Die Hauptmenge der Gattungen und Arten dagegen, die Nidularinae und Aechmeinae, besassen Pollenkörner mit deutlichen Austrittsporen für den Pollenschlauch. In zweiter Linie erst sind die bisher an erster Stelle zur Eintheilung der Bromeliaceen verwendeten Merkmale der am Blumenblattgrund bald vorhandenen, bald fehlenden Nectarschuppen, sowie die Verwachsungs- verhältnisse der Blüthenblötter zur Abgrenzung der Gattungen verwendet, in dritter Linie wurden andere morphologische Verhältnisse der Syste- matik zu Nutzen gemacht. Nach Charakterisirung der neu aufzustellen- den Gattungen Wittmackia, Gravisia, Prantleia und der bisher noch nicht beschriebenen Brongiart’schen Gattung Androlepis') führt Vortragender das im Folgenden skizzirte System der brasilischen Bromeliaceen aus: I. Pollenkörner ohne Poren und Falten. 1. Blumenblätter durch die am Rücken mit ihnen, an den Seiten unter sich verwachsenen Staubfäden vereinigt; Kelchblätter frei. a. Blüthenstand durchaus einfach: Rhodostachys Phil. b. Blüthenstand rispig: Bromelia L. 2. Blumenblätter frei oder mit ihren eigenen Rändern verwachsen; Kelchblätter hoch verwachsen: Cryptanthus Kl. II. Pollenkörner mit Austrittsporen. 1. Blüthenstand den Blättern tief eingesenkt. a. Blumenblätter ohne Nectarschuppen: Nidularium Lem. b. Blumenblätter mit Nectarschuppen: Canistrum Lem. 2. Blüthenstand auf deutlichem Stiel oder Schaft. a. Alle Blätter der Pflanze einander gleich: Prantleia Mez. b. Blätter der Rosette grundverschieden von denen des Schaftes. !) Die anatomische Untersuchung, welche begonnen ist, muss erst lehren, ob diesen neuen Gattungen nicht noch weitere, deren Typus 1. Aechmea Fernandae Bak. und Ae. Veitchii Bak., sowie 2. Quesnelia Selloana Bak. sind, beigefügt werden müssen. 302 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. &. Blumenblätter ohne Nektarschuppen. + Sehr wenige Eiknospen in den Fruchtknotenfächern: Araeococeus Brongn. +r Viele Eiknospen vorhanden. O Eiknospen lang geschwänzt: Hohenbergia Schult. OO Eiknospen ungeschwänzt. * Placenten den ganzen Innenwinkel der Fruchtknoten- fächer entlang stehend, ungestielt: WittmackiaMez. ** Placenten nur hoch oben im Fruchtknotenfach vor- handen, gestielt: Streptocalyx Beer. ß. Blumenblätter mit Nectarschuppen. * Die Spitze des Fruchtknotens ist frei: Acantho- 'stachys Kl. | ** Die Spitze des Fruchtknotens ist mit den aufsitzenden Blüthentheilen verwachsen. + Die reife Frucht ist eine Sammelbeere: Ananas Adans, ++ Die einzelnen Beeren des Blüthenstandes verschmelzen nicht mit einander. O Pollenkörner mit mehr als 5 Austrittsporen, A Blüthen lang gestielt, Kelchblätter hoch ver- wachsen: Portea Brongn. AA Blüthen sitzend, Kelchblätter frei: GravisiaMez. OO Pollenkörner mit 2 oder 4 Poren. A Kelchblätter lang begrannt, oder wenn wehrlos dann die Eichen lang geschwänzt; Blüthenstand einfach oderzusammengesetzt: AechmeaR.u.P. -A A Kelchblätter unbegrannt; Eichen ungeschwänzt; Blüthenstand stets einfach: Quesnelia Gand. III. Pollenkörner eine Längsfalte aufweisend. I. Nectarschuppen vorhanden. a. Eiknospen in grosser Menge vorhanden: Billbergia Thbg. b. Eiknospen höchstens 5 im Fruchtknotenfach: Neoglaziovia Mez. II. Nectarschuppen fehlen: Fernseea Bak, In der 3. Sitzung den 2. März erstattete der Schatzmeister Herr Buchhändler Müller den Kassenbericht, nach dessen Prüfung demselben Decharge ertheilt wurde. Hierauf gelangte ein von Herrn Obergärtner F. W. Schlegel in Grafenort eingesandter Vortrag zur Verlesung: Reminiscenzen: Die von Jahr zu Jahr sich steigernden Gartenbau-Ausstellungen, namentlich in der Provinz Schlesien, haben eine Höhe erreicht, welche 2 AM sn Brent TE PETER II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 203 die Beachtung aller Gartenfreunde hervorrufen und von denselben mit Freude begrüsst werden; nicht allein, dass sie den Sinn für das Schöne in der Natur befördern, sondern auch zu ceulturellen Zwecken die Bahnen eröffnen, welche dem allgemeinen Nutzen dienen sollen, Diesen Auf- schwung verdanken wir nicht zum wenigsten den Gartenbau-Vereinen, wo der verehrliche Verein der Section, der hier anzugehören ich die Ehre habe, wohl an die Spitze zu stellen ist. Dieses Streben, durch Ausstellungen den Grad des Fortschritts der Gartencultur vor Augen zu führen, ist jedoch erst nur vor wenigen Decennien so bemerkbar ins Leben getreten, denn in dem 1. Viertel dieses Jahrhunderts wird noch wenig davon zu erkennen gewesen sein, und die erste Ausstellung, die ich wenigstens gesehen habe, fand erst im Jahre 1830 in einem Saale des königl. Schlosses im Grossen-Garten zu Dresden statt und betraf grösstentheils nur Gartenfrüchte; sie war nur mässig bestellt und vom Publikum, welches allerdings nur ein den bessern Ständen angehörendes war, wenig besucht; von einer feierlichen Eröffnung ist mir nichts be- kannt geworden. Wie es damit in Breslau bestellt gewesen sein mag, wird nur wenigen Zeitgenossen noch erinnerlich sein, bis in weit späteren Jahren ich selbst eine Ausstellung dort in dem Saale eines Wirthshauses auf der Gartenstrasse zu sehen Gelegenheit hatte, ja selbst mich mit einer Collection Cinerarien daran betheiligte. Von einer öffentlichen Feier ist mir auch hier, ausser den speciell daran Betheiligten nichts be- kannt geworden. Wie sehr muss es daher Interesse erregen, einer Aus- stellung schon im Jahre 1833 beigewohnt zu haben, welche von den öffentlichen Behörden mit Kanonendonner begrüsst und von 40 Trompetern durch die Strassen der Stadt ziehend, allgemein bekannt gemacht wurde, und zwar in einer Stadt, weit von dem Mittelpunkte Deutschlands entfernt, nur noch nach Süden die deutsche Sprachgrenze bildend und dort nach Westen von eisstarrenden Alpen und südwärts von einem meilenlangen und breiten Gürtel, einem Chaos von Felsentrümmern, dem Karstgebirge umgeben. Kein Schienenstrang ermöglichte noch der Locomotive den nordwärts gelegenen Sömmering zu erklimmen, um den Fremdenstrom herzuleiten; es war ein abgeschlossenes Ländchen, weit, weit entfernt vom Herzen Deutschlands, es war die schöne grüne Steiermark mit ihrer so freundlichen Hauptstadt Grätz.) Wie konnte in einer solchen Ab- geschlossenheit ein guter Erfolg zu Stande kommen, wo fast alle Ele- mente dazu fehlten? Es gab wohl Gärtnereien, darunter die bedeutendste der Herren Reichsgrafen zu Herberstein auf Schloss Eggenberg, ganz in der Nähe der Stadt gelegen, allein so reich an seltenen Pflanzenschätzen, um damit auf einer Ausstellung zu glänzen, war dieselbe keineswegs, wie z. B. es Dresden mit seinen Privatgärten schon so weit gebracht !) Officielle Schreibweise damaliger Zeit. 204 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. hatte, Camelien-Sortimente von über hundert Spielarten ausstellen zu können, wo über zwanzig Species tropischer Orchideen schon eultivirt wurden, der anderen überaus reichen Collectionen seltener Neuholländer- Pflanzen, allein von Acacia 44 Species, gar nicht zu gedenken. Von alledem war hier nichts vorhanden. Die Handelsgärtner befassten sich nur mit Gemüsebau und allenfallsiger Anzucht von Blumen für den Marktverkauf; in dem Sinne, was man heute unter Handelsgärtner zu verstehen gewohnt ist, war überhaupt keine Rede; erst fünf Jahre später trat eine solche Firma: Franz Mattern, auf, wo ich längst Grätz wieder verlassen hatte, und doch war dies Ereignis trotz 40 Meilen weiter Ent- fernung so tief einschneidend in meinen eigenen Lebensgang geworden, was nur zu ahnen ausser aller Möglichkeit lag und nur als Sonderheit hier mit bemerkt sei. Es gab demnach hier wenig Veranlassung für die Fachgenossen, aus eignem Antriebe eine Blumen-Ausstellung ins Leben treten zu lassen, die noch obendrein mit dem stolzen Namen eines Blumenfestes bezeichnet wurde. Es mussten daher ganz andere Factoren thätig gewesen sein, die sich zuletzt vielleicht nur in einer Person verkörpern konnten, und dies war in der That der Fall; ein kaiserlicher Prinz, der Erzherzog Johann, war diese Persönlichkeit, der näher zu treten vorerst als Nothwendigkeit erscheint. Dieser Prinz, obwohl schon als militärischer Anführer in der Schlacht von Aspern in Activität gestanden und aus derselben als Feldmarschall ausgeschieden, hatte sich aus innerster Neigung den culturellen Interessen seines engeren Heimathslandes, der Steyermark, ausschliesslich gewidmet, eine Academie, das Joanneum, nebst botanischen Garten gegründet und sich als Förderer jedweder wissenschaftlicher Aufgabe bewiesen, allein darüber hinaus noch häufige Forschungsreisen in die ihn umgebenden Alpenländer Tyrols, Salzburgs und Kärnthens behufs Erforschung derselben gemacht, wurde nebenbei aber auch mit Land und Leuten so vertraut, dass er als einer der ihrigen angesehen werden konnte, zumal er deren nationales Costüm für gewöhnlich selbst trug, und auch in herablassender Weise sich ihres Sprachgebrauchs gleichfalls bediente, was die Täuschung vervollständigte, weshalb er sich aber auch eines allgemeinen Beliebtseins zu erfreuen hatte, welches durch eine idyllische Episode noch gesteigert wurde; denn als der hohe Herr auf seinen Gebirgsreisen einmal zu einer Post- halterei kam, um die Pferde zu wechseln, fand sich augenblicklich kein Postillon vor; um dies aber nicht erst erkennbar zu machen, entschloss sich resolut, wie sie war, des Postmeisters schönes Töchterlein, rasch die Staats-Uniform des Postillons anzuziehen und auf den Bock zu schwingen und lustig mit ihrem erlauchten Passagier in die Welt hinaus zu fahren, um hernach als Freifrau von Brandhofen und spätere Gräfin von Meran die glücklichste Ehe zu führen, freilich auch andererseits II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 205 ihrem hohen Gemahl eine jahredauernde Verbannung vom kaiserlichen Hofe zuzuziehen. Es ist zu vermuthen, dass letzteres Ereigniss die Triebfeder gewesen ist, seine freie Zeit in der oben angegebenen Weise zu verwenden. Wenn also hier eine Blumenausstellung zu Stande kommen konnte, so war dies nur dem Wunsche des Erzherzogs zu ver- danken, welchem nachzukommen Ehrensache eines Jeden war und sein musste, der dabei mitzuwirken berufen wurde, so sehr ward dieser Herr allgemein geliebt. Doch galt diese Ausstellung nicht den gärtnerischen Interessen einzig und allein, obschon sie durch den Namen „Blumenfest‘“ besonders gekennzeichnet war, sondern es fand auch gleichzeitig eine kunstgewerbliche mit statt, um die Fortschritte auch zu zeigen, welche aus den unentgeltlichen Unterrichtsstunden am Joanneum resultirten oder auf sonst hierauf bezüglichen Lehranstalten hervorgegangen waren, wo- rüber ich keine Kenntniss gewonnen habe. Jetzt endlich zum Festbericht selbst: Eines Morgens, am 25. Juni 1833, früh 7 Uhr, kündet Kanonendonner von dem mitten in der Stadt steil aufsteigenden Schlossberg die Feier eines Festes an, und ein Trompetercorps verbreitete durch die Strassen der Stadt ziehend mit ihren Fanfaren diese Verkündigung nach allerwärts weiter, so dass sie auch zu mir, der ich im botanischen Garten am Joanneum erst seit Kurzem stationirt war, dringen musste und freudiges Erstaunen hervor- rief, als mir die Bedeutung hierüber klar gemacht wurde. Der Festplatz war äusserst günstig gelegen, vor dem Thore ostwärts auf einer Glaeis, welche eine herrliche ausgedehnte Rasenfläche bildete und mit prächtigen grossen, reichlich Schatten gebenden Bäumen alleeartig durchzogen und von einer erst vor wenigen Jahren angelegten Promenaden-Allee umgeben war, Hier nun waren die Vorbereitungen getroffen, die hauptsächlich aus Blumengewinden von Rosen in Form von Guirlanden bestanden, überall da angebracht, wo sie sich nur irgend anbringen liessen, ja selbst der Absperrungs-Cordon bestand aus Rosenguirlanden, der natürlich den Ein- blick von aussen nicht verhinderte, wo eine zahllose Menge die Prome- nade auf und ab spazierte. Der Eintritt kostete 20 kr. = 70 Pf. Ein Gabentempel auf einer Erhöhung, gleichfalls aus Rosenguirlanden gebildet, nahm die Mitte des Platzes ein, und in einiger Entfernung davon waren die programmmässig festgestellten -Preis-Exemplare plaeirt, woraus die Wahl getroffen werden sollte. Das Programm verlangte folgende Be- dingung: Um die Bewerbung des 1. Preises erforderte es eine seltene Pflanze aussereuropäischer Heimath, welche hier noch gar nicht gekannt sei, Um die des 2. Preises erforderte es ebenfalls eine aussereuropäische Pflanze, die, obwohl schon hier gekannt, doch immer noch selten sei, dabei aber auch ausserordentlich schöne Blumen habe. Der 3. Preis sollte einer Freilandpflanze zugesprochen werden, welche von üppigem Wuchs, dabei aber auch sehr schön blühend wäre. Für andere gärtne- 206 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. rische Leistungen waren wohl auch Preise vorgesehen, doch ohne eine Forderung daran zu knüpfen oder namhaft zu machen. Sie bestanden hauptsächlich in verschiedenen Bouquetformen, deren hervorragendstes, nicht sowohl des Bouquets wegen, als vielmehr des Gefässes halber, worin dasselbe gestellt war, zur Ausstellung gebracht wurde. Es war dies eine Vase, deren Aussenfläche mosaikartig mit Samenkernen in recht hübschen, der Vasenform entsprechenden Zeichnungen bekleidet war, welche nicht weniger als 50 Sorten der in der Farbe und Form ver- schiedensten Samenkernen bestand, wobei die Paternoster-Erbse, Abrus precatorius, im Verein mit den elfenbeinweissen Gurkenkernen recht gute Verwendung gefunden hatten. Der Aussteller war ein junger Gärtner aus Frankfurt a. M., Namens Pauli, der sich studienhalber hier aufhielt, das dazu gehörige Bouquet zeichnete sich, obwohl es nur klein war, von den anderen, zu gleichem Zwecke hergebrachten, sehr vortheil- haft aus, indem es leicht und graziös gebunden war, während letztere nur grosse Blumenbüsche mit dicht aneinander gedrängten Blumen waren, Ein zweites Bouquet war auch nur wegen seines Untersatzes zur Stelle gebracht worden; es war dies ein Gerippe in Form einer Lyra, dessen einzelne Theile mit Blumen umwunden waren, und auch nur ein kleines Bouquet als Krönung trug. Die sonstigen nur für den Tag berechneten Leistungen bestanden noch in mit Lehm bestrichenen Platten, worin ebenfalls mosaikartige Zeichnnngen durch eingedrückte Blumen ausge- führt waren. Es wurde alles sehr bewundert, doch glücklicher Weise nicht alles mit einem Preise gekrönt. Noch sei eines Bouquets erwähnt, welches aus Pelargonienblumen einzig und allein bestand, wobei ich be- merken möchte, dass diese Pflanzengattung im allgemeinen weit mehr eultivirt wurde wie jetzt, wo sie in ihrer Urform aus ihrer Heimath, dem Cap, fast gar nicht mehr gesehen wird; ich meine damit das alte Pelargonium grandiflorum, welches in so vielen bastardirten Nüancen vor- handen war, dass Colleetionen von über vierhundert Sorten gar keine Seltenheit mehr waren. Allerdings sind daraus die jetzt schöner ge- formten und gezeichneten Diatematum- und Odier-Arten hervorgegangen, allein jene waren in ihrer Art auch recht schön und bildeten damals eine der Hauptzierden der Gewächshäuser. Die ausserordentliche Menge der abgesehnittenen Rosenblumen, die zu den verschiedensten Decorationszwecken verwendet worden waren, bildeten durch ihren Reichthum an Spielarten von sogenannten Landrosen unter dem Colleetivnamen Damascener oder Hybridenrosen ebenfalls ein Ausstellungs-Object, da sie in vielen hundert Sorten eultivirt und noch ohne Coneurrenz mit den heutigen noch zahlreicheren Remontant-, Thee- und Bourbonrosen standen, da wenigstens die erstere noch gar nicht vorhanden war. Die Herren Professoren der dortigen wissenschaftlichen Anstalten waren die alleinigen Preisrichter, und wird der Professor der EEE - II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 207 Botanik, Herr Heyne, wohl den gärtnerischen Theil allein übernommen haben. Für den 1. Preis, welcher, wie schon bemerkt, einer Pflanze gebühren sollte, welche ihr Vaterland ausserhalb Europa habe und hier noch gar nicht gekannt sei, wurde eine Callistachys lanceolata auserwählt; der 2. Preis, welcher ebenfalls einer aussereuropäischen Pflanze zuge- dacht war, wenn sie auch schon hier gekannt, doch immer noch selten, aber von vorzüglicher schöner Blüthe sei, wurde einer Erica ventricosa praegnans zu Theil. Der 3. Preis für eine schön blühende Freiland- pflanze wurde einem Lychnis fulgens zugesprochen. Sonst waren noch mit Preisen bedacht worden das mit Samenkernen mosaikartig ge- schmückte Vasenbouquet, jenes in Form einer Lyra gebundene und endlich das allein aus Pelargonienblumen bestehende. Die Inhaber dieser | preisgekrönten Gegenstände wurden einzeln aufgerufen, um den Preis in Empfang zu nehmen, welcher in einer Medaille mit entsprechender In- schrift und einem Beglaubigungsschreiben bestand. Am Gabentempel angekommen empfing den Prämiirten ein Tusch von dem Trompetercorps und ein Kanonendonner verstärkte denselben bei der Empfangnahme des Preises aus den Händen einer schönen jungen Dame. Nach Beendigung dieser erhebenden Feier fand das Aufsteigen eines Luftballons statt, wo zugleich ein Concert von Blasinstrumenten begann, bis zu völliger Dunkelheit ein neues Schauspiel wiederum aller Augen die Richtung dahin gab, indem sich eine Illumination entfaltete, verbunden mit einem grossartigen Feuerwerk, welches in entsprechender Entfernung abgebrannt wurde, und darin seinen Glanzpunkt erreichte, dass am Schlusse desselben ein hoher Obelisk, von Lampenlinien gebildet, zum Vorschein kam, der auf seiner Spitze einen heraldischen Doppeladler mit ausgebreiteten Flügeln trug, aus dessen beiden Schnäbeln Blitze und Donner spieen. Am Fusse des genannten Obelisken war die Büste des Kaisers aufgestellt, zu beiden Seiten mit allegorischen Figuren umgeben, die Attribute der Künste und Wissenschaften an sich tragend, und dabei die Worte: „‚Europae pacis fundatori‘ standen, welche abwechselnd in buntem Feuer leuchteten. Den Schluss dieses quasi Familienfestes bildete ein solenner Ball in einem dazu reich mit Kränzen decorirten Raume des Festplatzes, und das Ganze wiederholte sich als Nachfeier noch einmal am nächst darauf folgenden Sonntag. In der 4. Sitzung den 6. April sprach Professor Dr. Prantl Veber Keimung und Entwickelung der Farne. Die Fortpflanzung der Farne geschieht durch Sporen, mikroskopisch kleine Zellen, welche in den am Rande oder auf der Unterseite der Blätter stehenden Sporenkapseln, Sporangien, entstehen, durch ein eigen- thümliches elastisches Aufspringen der letzteren entleert werden und bei 208 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. ihrer Kleinheit und Leichtigkeit auf weite Streeken durch die Luft ge- tragen werden können. Es ist daher nicht leicht, in Gewächshäusern, in welchen zahlreiche Farnarten eultivirt werden, reines Sporenmaterial zur Aussaat zu gewinnen, da an der Oberfläche der Blätter stets fremd- artige Sporen haften. Das sicherste Mittel besteht darin, dass von den gut abgewischten Blättern, welche mit reifen, noch ungeöffneten Sporangien versehen sind, Stücke abgeschnitten und in Papierdüten gesteckt werden; das nach einigen Tagen durch das Austrocknen ausgefallene Sporenpulver ist fast vollkommen rein. Die Sporen keimen im Allgemeinen um so rascher, je kürzere Zeit nach der Reife sie ausgesäet werden; die ehlorophyllhaltigen Sporen von Osmunda, Todea u. a. behalten indess die Keimkraft nur wenige Tage, während von anderen chlorophyllfreien Sporen selbst noch solche von Jahrzehnte alten Herbar-Exemplaren ge- keimt haben. Bei der Keimung, welche am sichersten auf feuchtem Torf oder Haideerde unter Glas erfolgt, entwickelt sich ein kleines Pflänzchen, Prothallium genannt, welches im entwickelten normalen Zu- stand rundlich, vorne herzförmig ausgeschnitten ist, dem Erdboden an- liegend, richtiger gesagt, zur Beleuchtungsrichtung quergestellt, wächst und auf der Unterseite seiner diekeren Mittelrippe die weiblichen Organe trägt, welche durch die in den beliebig angeordneten männlichen Organen gebildeten Samenfäden befruchtet werden. Das letztere ist wegen der schwimmenden Bewegung der Samenfäden nur bei reichlich vorhandener Feuchtigkeit möglich. Prothallien, welche sich kümmerlich entwickeln, indem sie entweder dicht gedrängt aus zu voller Aussaat erwachsen, oder an Licht oder sonst an Nahrungsstoffen Mangel leiden, tragen keine weiblichen, wohl aber überreichlich männliche Organe; da man sonach die letzieren in grosser Menge erhalten und durch Begiessen einer trocken gehaltenen Cultur zum gleichzeitigen Entlassen der Samenfäden bringen kann, eignet sich dieses Verhalten vielleicht zur Erleichterung der Bastardbefruchtung, welche für einige Farne, so die Gold- und Silberfarne aus der Gattung Gymnogramme bereits gärtnerische Erfolge aufzuweisen hat. In der 5. Sitzung, welche den 4. Mai im Sectionsgarten zu Scheiinig abgehalten wurde, sprach Herr städt. Garteninspector Richter Ueber den Baumschnitt. In den letzten Jahren meiner praktischen Thätigkeit hatte ich wiederholt Gelegenheit, stärkere Bäume, bis 30 cm Stammdurchmesser, mit Erfolg zu verpflanzen, und ich schreibe dieses freudige Weiterwachsen zum Theil dem Schnitt zu, welcher dabei angewendet wurde. Die Meinungen über das Schneiden der Bäume gehen weit aus- einander, ja von hervorragenden Männern der Wissenschaft hat z. B. Göppert sich gegen jegliches Schneiden ausgesprochen, weil er Wunden Vf ae u He - Eh ’ £ ä II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 209 vermeiden wollte, durch welche Pilze in den Holzkörper eindringen können, welche später den Baum tödten. — Erwähnt sei hier, dass es allerdings unbedingt nothwendig ist, jede Wunde, und hätte dieselbe auch nur die Grösse eines Quadrat-Centimeters, mit einem antiseptischen Mittel, mit Theer oder Baumwachs, zu verstreichen, um nicht allein das Eindringen von Pilzen in die blossgelegten Holzgewebe zu verhindern, sondern auch die Verdunstung aufzuheben. — Da es zu weit führen würde, wenn ich hier auf das Schneiden von Obstbäumen eingehen wollte, bei welchen durch den Schnitt ganz bestimmte Formen erzielt werden, so will ich nur landschaftliche Bäume und Gehölze berücksich- tigen. Bei dem Verpflanzen von Bäumen und Gehölzen ist ein Aus- dünnen der Aeste und Zweige, Zurückschneiden der letzten Jahrestriebe unbedingt nothwendig, da eine Verkürzung und Verringerung der Wurzeln geschehen ist und zwischen den Wasser zuführenden Wurzeln und ver- dunstenden Blättern das Gleichgewicht hergestellt werden muss, wenn die Pflanze nicht vertrocknen soll. Dieses Ausdünnen der Krone richtet sich nach dem Wurzelsystem und der Stärke der Bäume, es muss selbst — allerdings in geringerem Maasse — auch bei vorzüglich bewurzelten Bäumen vorgenommen werden. Auch die Baumart ist bestimmend für die Anzahl der zu entfernenden Aeste; z. B. bei Weiden, Pappeln, Linden, Kastanien und Rüstern, welche leichter anwachsen, genügt schon !/, bis '/,, während bei Ahorn, Platanen, Eichen und Buchen Y/, bis '/, der Anzahl ihrer Aeste entfernt werden müssen. Dieses Herausnehmen der Aeste muss nun so geschehen, dass stärkere Zweige nicht etwa nur ge- kürzt werden, sondern es muss ab und zu auch ein Ast an seiner Basis herausgenommen, eventuell auf einen kräftigen, jüngeren Trieb zurück- gesetzt werden, welcher Trieb dann später die Verlängerung des Astes bilden kann. Es empfiehlt sich aber nicht, am Hauptstamm direct stärkere Aeste oder gar zwei an demselben sich befindende gegenüber- ständige Aeste zu entfernen, da dadurch leicht eine Saftstörung eintreten kann. Ueber der Wunde müssen stets noch Blattorgane, resp. Triebe vorhanden sein, die den Saftzufluss begünstigen, sodass die Wundränder in kürzester Zeit Callus bilden und vernarben. Bei dem Wegnehmen von Aesten ist immer darauf zu achten, dass der natürliche Wuchs des Baumes nicht beeinträchtigt und gestört wird, sondern es muss stets ein gewisses Gleichgewicht in der Astbildung durch das Schneiden erreicht werden, Durch dieses Herausnehmen der Aeste, an ihrer Basis oder unter einem kräftigen Triebe, entstehen keine Querwunden, sondern Längswunden, welche verheilen, ohne dass später nachtheilige Vorgänge in der Holzbildung des Baumes verursacht werden, Die letzten Jahres- triebe der zu verpflanzenden Bäume und Sträucher werden nur soweit eingestutzt, als dieselben nicht ausgereift sind, was bei Platanen und üppig gewachsenen Ahornen in stärkerem Maasse, als wie bei Linden, 9) 14 T7 310 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Rüstern und Kastanien der Fall sein dürfte. Betrachten wir nun einen, auf diese Weise geschnittenen Baum, so sind demselben alle kräftig ausgebildeten Augen erhalten, welche sich im nächsten Jahre zu Blättern entwickeln und so eine Safteirculation hervorrufen, die das Anwachsen des Baumes befördern. Bei den Bäumen hingegen, bei welchen die Aeste und Zweige quer gekappt worden, ohne dass über der Wunde sich noch Blattorgane befinden, kann sich keine Safteirculation ent. wickeln; der Baum wird vor Allem bestrebt sein, diesen ihm oben genommenen Verlängerungstrieb wieder zu ergänzen und eine Menge Reservestoffe und Saft unnütz verbrauchen und sich erschöpfen und da- durch schon sein Weiterwachsen in Frage stellen. Es werden sich im glücklichsten Falle mehrere schwache, verkümmerte Triebe unterhalb der Wunde entwickeln, welche einem Besen ähnliches Gebilde verur- sachen, und kann die Wunde nie verheilen, sondern es ist hierdurch ein geeigneter Nährboden für eindringende Pilze geschaffen. — Eine geringe Möglichkeit, zu einer späteren normalen Entwickelung des verstümmelten Baumes ist vorhanden, wenn fast alle schwachen Triebe dieses Besen- gebildes entfernt werden und nur diejenigen erhalten bleiben, die sich durch kräftigen und verticalen Wuchs auszeichnen und so später die Terminaltriebe, Hauptgerüst, des Baumes bilden können. In dem ersten Jahr nach dem Verpflanzen werden sich die nach der von mir angedeuteten Weise geschnittenen Bäume nnr spärlich belauben, da ihnen, wie oben angegeben, '/, bis '/);, ihrer Aeste genommen werden; doch ist dies nur ein Vortheil für den in der Bewurzelung begriffenen Baum, da dadurch eine geringere Verdunstung seiner Blätter erreicht ist; trotzdem wird er doch bis 30 cm lange Triebe in diesem Jahr ent- wickeln. Im nächsten Winter ist alsdann ein Zurückschneiden bis auf kräftig ausgebildete Augen der ein- und zweijährigen Triebe geboten, und wird sich alsdann der Baum mit einer kaum geahnten Blattfülle bekleiden,; häufig entwickelt die Pflanze sogar grössere, übernormale Blätter, da dem Baum in dem frisch gelockerten und gedüngten, Erd- reich Gelegenheit geboten wird, neue Nährstoffe aufzunehmen. Aehnlich verhält es sich mit dem Schneiden der Gehölze, nur dass hier der Vor- gang sich leichter abwickelt, indem die letzten kräftig entwickelten Triebe alle zu erhalten sind, ein Einstutzen nur nothwendig wird, wenn dieselben nicht ausgereift sind, doch ist ein Wegschneiden, zur '—"; des alten, drei- und mehrjährigen Holzes am Stock geboten, Eine solche Reorganisation der Gehölze müsste alle Jahre vorge- nommen werden, wenigstens sollte '/, des Holzes am Grunde des Stockes weggeschnitten werden, sodass der Strauch dadurch ein gesundes, ge- schlossenes Aussehen behalten wird. Ein alljährliches, kräftiges Zurück- schneiden — Verjüngen — der Gehölze empfiehlt sich besonders da, w6 die Sträucher unter Druck von hohen Bäumen oder in eingeengten Gärten i | | | I. | II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 211 stehen, da dadurch die Pflanzen fortwährend angeregt werden, neue Triebe und Wurzeln zu bilden. Bei Blüthensträuchern, welche an ein- jährigen Trieben blühen, z. B. bei Syringen, Forsythien, Deutzien, Weigelien etc. geschieht das Zurückschneiden am besten sofort nach der Blüthe, da sich alsdann kräftige Schossen entwickeln, die im nächsten Jahre durch reiche Blüthenentwickelung diese Mühe vorab Betrachten wir nun noch zum Schluss das Zurückschneiden alter, überständiger Bäume; hier ist vor allem die Ursache der kümmerlichen Vegetation zu seattieh. welche allzu häufig in dem Nahrungsmangel zu suchen ist. Ist dieses der Fall, so ist ein Lockern der Erde, in der Ausdehnung, soweit sich das Laubdach erstreckt, und gründliche Be- wässerung unbedingt nothwendig. Wird nun noch flüssiger Dünger, Blut oder auigelöstes Knochenmehl etc. dem Wasser zugesetzt, so werden sich bald neue Wurzeln entwickeln, was sich durch intensives Blattgrün bemerkbar macht. Im Jahre nach dieser zu wiederholenden, mehrmaligen, gründlichen es können dem Baum sämmtliche Aeste bis auf kurze, gesunde Stücke genommen werden; die Schnittflächen sind wieder antiseptisch zu behandeln. Es werden sich hier bald eine Menge Triebe entwickeln und würden ein besenähnliches Gebilde hervorbringen, wenn sie nicht in oben angegebener Weise behandelt werden. Sorgfältig muss die zu- weilen Quadratdecimeter grosse Schnittfläche beobachtet werden und soll der sich entwickelnde Terminaltrieb, möglichst an der oberen Kante sitzen, sodass dadurch doch eine allmähliche Callusbildung und Verheilen der Wunde erreicht wird. Bei grösseren Wunden empfiehlt es sich, dieselben nochmals im nächsten Herbst zu theeren, um so die etwa eingedrungenen Pilze zu tödten. Ein alljährliches Zurückschneiden der Triebe während der nächsten 5 Jahre ist Bedingung, um den Baum dadurch in der Bildung seines natürlichen Wuchses zu unterstützen, da er sonst durch das gewaltige Zurücksetzen seiner Aeste unnatürliche Formen bilden würde, die vom Wind und Schneebruch zu leiden haben. In der 6. Sitzung den 1. Juni im Sectionsgarten zu Scheitnig, in welcher Herr Baumschulenbesitzer Behnsch eine grosse Anzahl neuer buntblättriger Gehölze, z. B. Fagus silvatica atrapurpurea norvegica, Fraxinus pubescens, Tilia argentea, sowie Lonicera Robertsii vorlegte, sprach Professor Prantl Veber die Aufgaben der botanischen Gärten. Die botanischen Gärten haben nach den Ausführungen des Vortra- genden vornehmlich eine doppelte Aufgabe, nämlich einerseits das zum Unterricht in der Botanik und zu wissenschaftlichen Untersuchungen nöthige Pflanzenmaterial zu liefern und andererseits durch die Auswahl und besonders auch durch die Anordnung der cultivirten Pflanzen zu be- 14* 912 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. lehren und in weiteren Kreisen anzuregen. Diese Aufgaben sind freilich leichter gestellt als gelöst. Schon die Beschaffung der zum Unterricht nöthigen Pflanzen macht oft erhebliche Schwierigkeiten; dass es nicht eben leicht ist, zu einem festgesetzten Tag eine bestimmte Pflanzenart blühend und in genügender Menge zu liefern, das weiss jeder Gärtner und mancher Gartenliebhaber, Eine Pflanze muss aber auch, wenn sie zum Unterricht geeignet sein soll, die charakteristischen Eigenschaften, welche demonstrirt werden sollen, in deutlicher Weise zeigen; so ver- langt schon die Auswahl der Lehrpflanzen viel Sachkenntniss und Vor- aussicht. Doch mit der Cultur der erforderlichen Pflanzenarten erfüllen die botanischen Gärten nur die eine Seite ihrer Aufgabe; es handelt sich auch darum, die Objecte in solcher Weise zu gruppiren, dass ein leichter Ueberblick über das Zusammengehörige ermöglicht wird. Wie sich in der organischen Welt die Arten zu Gattungen, die Gattungen zu Familien zusammenschliessen, so ist es gebräuchlich, die in Cultur genommenen Pflanzen nach ihrer Verwandtschaft in Gruppen vereinigt zu cultiviren. Früher verwendete man hierzu meist gradlinige Beete, auf welchen die Gewächse in langen Reihen standen; übersichtlicher und auch dem Auge angenehmer ist das System verschieden gestalteter Einzelbeete, welche bestimmt sind, die Vertreter je einer Pflanzenfamilie aufzunehmen. Diese Anordnung ist neuerdings auch im Breslauer Botanischen Garten ge- troffen worden, und sie trägt wesentlich zur Verschönerung der ge- sammten Anlage bei. Natürlich darf auf diesen Beeten, welche zusammen das ,„System‘‘ genannt werden, des beschränkten Raumes wegen jede Pflanzenart nur in wenigen Exemplaren vertreten sein; da aber für wissenschaftliche Untersuchungen oft eine Art in grösserer Menge er- forderlich ist, so braucht man noch besondere Versuchsfelder ausserhalb des Systems, wo auch Beobachtungen und Experimente bequemer anzu- stellen sind. Die Gewächshäuser dienen zur Ergänzung des Systems, da ja viele Pflanzenarten bei uns, im Winter wenigstens, nicht im Freien leben können. Der Vortragende wünschte, dass die Verhältnisse es er- möglichten, gerade die Gewächshäuser mit ihren oft seltenen und schönen tropischen Bewohnern dem Belehrung suchenden Publikum in ausgiebigerer Weise zugänglich zu machen. Grössere botanische Gärten, wie der Breslauer, begnügen sich jedoch nicht mit der systematischen Anordnung; auch die geographische Zusammengehörigkeit wird nach Möglichkeit ver- anschaulicht, indem die Charakterpflanzen der einzelnen Florengebiete in kleine Gruppen zusammengezogen werden. Hier erheben sich wieder bedeutende praktische Schwierigkeiten in der Auswahl der anzupflanzen- den Arten. Ist die Anordnung einmal getroffen, so ist damit die Sache noch keineswegs erledigt; denn einmal sind die fremden Pflanzen zum Theil bei uns kaum dauernd zu erhalten, und andererseits ist auch hier oft genug das Bessere der Feind des Guten, und es werden immerfort u Trage II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 213 hier oder da Veränderungen nöthig. So gestaltet sich ein botanischer Garten zur Stätte ernster wissenschaftlicher Arbeit, und wenn er als solcher angesehen und respectirt werden möchte, so ist das gewiss keine unbillige Forderung. Die 7. Sitzung den 9. September war der Besichtigung des städtischen botanischen Schulgartens in Scheitnig gewidmet, welche unter Führung des technischen Verwalters desselben, Herrn Kiekheben, ausgeführt wurde. In der 8. Sitzung den 12. October legte Herr Obergärtner Sehütze die von Herrn Franke eingesandten Orchideenblüthen: Odonto- glossum grande und ©. Insleyi leopardinum, sowie zwei Exemplare der holzfarbigen Butterbirne von je 250 gr Gewicht vor. Hierauf sprach Herr Dr. F. Rosen Ueber Veredlung. Redner beleuchtete besonders vom theoretischen Standpunkte aus die zur Veredelung gehörenden gärtnerischen Operationen und erwähnte zahlveiche interessante und instructive Versuche, die Professor Vöchting in Tübingen auf diesem Gebiete angestellt hat. Der Gärtner beabsichtigt durch die Ausführung des Pfropfens, Oculirens und Copulirens zumeist eine Veredelung minder geschätzter Pflanzenindividuen, sogenannter Wildlinge, z. B. wilder, aus Samen gezogener Obstbäumchen oder Rosenstämmchen. Er erreicht seinen Zweck durch Einbringung von Edelreisern oder ‚‚Augen‘“ in geeignet hergerichtete Wundstellen am Wildling unter Beobachtung der Vorsicht, dass sich die Bildungsgewebe- schicht, das sogenannte Cambium, beiderseits an möglichst vielen Stellen berührt, und unter Berücksichtigung der ursprünglichen Wachsthum- richtung der angewandten Reiser resp. Augen. Obgleich wir bei der einzelnen Zelle oder einem Complex gleichartiger Zellen, etwa einem aus einer Kartoffel oder einer Rübe ausgeschnittenen Würfel, seine ur- sprüngliche Lage und alle seitlichen Beziehungen zum Ganzen, also rechts, links, oben, unten, vorn und hinten nicht mehr oder nur annähernd wiederzufinden vermögen und keinen Unterschied zwischen den einzelnen Seiten entdecken können, so ist doch ein solcher Zelleomplex nach allen Richtungen hin verschieden geartet und sehr empfindlich für die Trans- plantation oder Versetzung aus seiner angeborenen Lage, wenn hierbei die ursprünglichen Richtungsverhältnisse vertauscht werden. Schneidet man z. B. aus einer normal wachsenden Rübe einen Würfel aus und setzt denselben in einen genau passenden Ausschnitt einer ebenso wachsenden anderen Rübe ohne Veränderung seiner ursprünglichen Lage wieder ein, so zwar, dass die rechte Seite des Würfels auf die rechte Seite des Ausschnittes und die anderen Seiten dementsprechend zu liegen 314 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. kommen, so verwachsen die Wundflächen leicht und sind innerhalb zweier Monate vernarbt. Dreht man dagegen den Würfel auf der Fläche um 180° von links nach rechts, sodass seine untere und obere Seite auf die untere resp. obere Fläche, seine linke Seite auf die rechte und seine rechte auf die linke Fläche des Ausschnittes zu liegen kommen, so erfolgt entsprechend dem ersten Falle oben und unten Verwachsung, während sich rechts und links wulstartige Ueberwallungen bilden. Dreht man schliesslich den Würfel auf der Kante um 180° von links nach rechts, so sind alle ursprünglichen Wachsthumsrichtungen gestört, und obgleich nun eine Anwachsung und Ernährung des eingesetzten Stückes erfolgt, wird dasselbe doch wie ein Fremdkörper, etwa wie ein in einen Baumstamm eingetriebener Nagel oder Keil allseitig langsam überwallt. Diese eigenthümlichen Wachsthumsverhältnisse, deren Grund in unbe- kannten inneren Ursachen, vielleicht in bestimmten Saftströmungen oder in einer gesetzmässigen Anordnung und nothwendigen Beziehung der kleinsten, scheinbar mit polaren Gegensätzen begabten Theilchen zu suchen ist, finden wir mehr oder minder bei jeder Pflanze. Vöchting benutzte aus nahe liegenden Gründen als Versuchsobjeet gerade .die Runkelrübe, da sich hier die geschilderten Experimente in Folge der Gleichartigkeit der Zellen und deren schneller Neuproduction verhältniss- mässig leicht und in wenigen Monaten anstellen lassen. An jedem Baum kann man jedoch ein ähnliches Experiment vornehmen. Ringelt man z. B. einen lebenden Ast oder Stamm, d. h. schneidet man rings- herum aus der Rinde bis auf den Holzkörper einen bandartigen Streifen heraus, trennt denselben durch einen Längsschnitt ab und befestigt ihn in geeigneter Weise wieder an seiner ursprünglichen Stelle und in seiner alten Lage, so verwachsen die Wundränder nach einiger Zeit mit glatter Vernarbung. Legt man jedoch den Streifen verkehrt an, so dass seine ursprüngliche obere Kante nach unten und die untere nach oben kommt, so findet nur schwer eine Verwachsung statt, und es treten im Laufe der Zeit dieselben Erscheinungen ein, wie bei vollständigem Ringel- schnitt. An der Basis des über dem Ausschnitt gelegenen Stammes oder Zweigstückes, der sogenannten oberen Wundlippe, entsteht ein Callus (Wundgewebe) von meist beträchtlicher Entwickelung, der über die mit der verkehrt aufgelegten Rinde bedeckte Ringelungsstelle hinweg zu wachsen bestrebt ist. War der Wundeanal verhältnissmässig breit, so erfolgt besonders bei schwachen Aesten oder Zweigen zur rechten Zeit keine völlige Ueberwallung durch den Callus und schliesslich Wieder- verwachsung mit der unteren Wundlippe mehr, und der oberhalb des Ringelschnittes befindliche Ast stirbt ab. Das verkehrt aufgelegte Rinden- stück wirkt also auch hier wieder wie ein Fremdkörper und nicht wie eine verbindende Brücke für den in der Rinde absteigenden Saftstrom, wie im ersten Falle. Bei allen unseren Bäumen lassen sich nämlich % ‚ he) ZEALAND NEED ER EI II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 215 zwei Hauptströme unterscheiden, ein von der Wurzel im Holzkörper aufsteigender, Wasser und die sogenannten Aschenbestandtheile in ge- löster Form führender Saftstrom und ein anderer, in der Rinde abstei- gender, die durch die Thätigkeit der Blätter assimilirten Stoffe enthalten- der Strom. Wird nun durch einen schmalen vollständigen oder partiellen Ringelschnitt, oder durch eine fest angelegte Ligatur, etwa einen Draht, der absteigende Saftstrom unterbunden, so tritt ein localer Reiz ein, der sich zuerst in der Bildung der Callus, bald aber auch in einer Verän- derung der morphologischen Natur des geringelten Astes oder Stammes äussert. Der gesteigerte, in der Rinde absteigende Nahrungszufluss be- fördert nämlich die Entwickelung von Kurz- resp. Blüthensprossen ober- halb der Ringelungsstelle und beeinträchtigt die Anlage von Langtrieben, Die Bedeutung der geschilderten Operation für den praktischen Gärtner liegt auf der Hand, und ihr Zweck ist also kurz der: erhöhte Frucht- barkeit und Beherrschung des Baumwuchses. Im weiteren Verlauf seines Vortrages demonstrirte Dr. Rosen an Photographien Pfropfversuche, die Professor Vöchting an Runkelrüben angestellt hatte. Es handelte sich hierbei darum, festzustellen, inwieweit eine Copulation verschiedenen Functionen dienender Theile einer Pflanze unter einander durchführbar sei. Die Versuche ergaben sehr günstige Resultate für fast alle Copulationsmöglichkeiten und gelangen für Wurzeln an Wurzeln, Stamm auf Wurzel, Blatt auf Wurzel, Stamm auf Stamm, Blatt auf Stamm, Wurzel auf Stamm, Wurzel auf Blatt. Die einzelnen Unterlagen accommodirten dabei ihre 'Lebensweise oder verlängerten selbst ihre Lebensdauer zu Gunsten des ungewohnten Pfropfobjectes. Das Blatt, dessen Leben etwa zwei Monate währt, blieb zu Gunsten der kleinen, seiner fleischigen Mittelrippe aufgepfropften Rübe grün und half die für ihr Stiefkind nöthigen Baustoffe zu assimiliren. Ebenso dehnte die Rübe, deren Blüthenspross eine andere aufgepfropft wurde, ihre normale zwei- jährige Lebenszeit entsprechend länger aus und gedieh sogar ruhig weiter, als schliesslich dem Spross der zweiten eine dritte Rübe durch Copula- tion eingefügt wurde. In solchen Fällen darf man wohl von einem Ein- flusse des Pfropfreises auf seine Unterlage, wenigstens in biologischer Hinsicht, sprechen. Aehnliche Rückwirkungen lassen sich experimentell auch durch Copulationsversuche verschiedener Vertreter aus der Familie der Solaneen nachweisen, z, B. zwischen Kartoffel und Stechapfel. Die Kartoffel ist eine verhältnissmässig wenig belaubte Pflanze, Stärkere Belaubung würde gesteigerte Assimilation und mithin eine Production srösserer Knollen zur Folge haben müssen. Pfropft man auf Grund dieser Ueberlegung auf die Kartoffeltriebe Stechapfelreiser, die bekannt- lich grosse Blätter entwickeln, so erhält man aussergewöhnlich grosse Knollen, die aber durch Beeinflussung der das Alkaloid Atropin (Daturin) enthaltenden Blätter selbst ungeniessbar und giftig sind. Eine morpho- 216 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. logische Beeinflussung des Pfropfreises auf seine Unterlage findet dagegen nicht statt und ist wohl, wo eine solche scheinbar constatirt wurde, auf ungenaue oder irrthümliche Beobachtung zurückzuführen. In der 9. Sitzung sprach Herr Geh. Regierungsrath Professor Dr. F. Cohn Ueber die Bepflanzung unserer Stadtplätze. In der 10. Sitzung den 7. December wurde die Reorganisation des Lesezirkels besprochen. Die Neuwahl der Secretäre und des Ver- waltungsvorstandes ergab die Wiederwahl der bisherigen Mitglieder, Hierauf hielt Herr Garteninspeetor Göschke aus Proskau seinen durch reichhaltige Obst- und Dörrpräparate illustrirten Vortrag Ueber das Obst im Haushalt. Aufgabe der Bodencultur ist es, diejenigen Producte zu liefern, die dem Menschen zur Nahrung dienen. Unter den Culturpflanzen, welche in unserem Klima gedeihen, nehmen die Obstgehölze eine hervorragende Stelle ein, denn ihre Früchte, das Obst, spielen eine wichtige Rolle im Haushalt der Menschen. Diese Wichtigkeit wird häufig damit begründet, dass das Obst zur Ernährung des Menschen diene. Diese Behauptung ist nur zum Theil richtig, denn das Obst ist nieht ohne Weiteres als Nahrungsmittel zu betrachten, weil die zur Organbildung im Körper allerwichtigsten Stoffe, die Eiweissstoffe (Protäinsubstanzen) im Obst nur in geringer Menge vorhanden sind. Eine Ernährung durch Obst allein ist auf die Dauer nicht gut denkbar, oder es würde dazu eine verhält- nissmässig sehr grosse Quantität desselben nothwendig sein. Ein Paar Vergleiche, die sich auf die höchst interessanten chemischen Untersuchungen des Professor Fresenius in Wiesbaden stützen, werden dies durch Zahlen illustriren. Um den Nährwerth eines Eies zu ersetzen (welches durchschnittlich ein Gewicht von 45 g hat und etwa 5 g Protöinsubstanz enthält), würden nöthig sein: 585 g Kirschen, 600 g Weintrauben, 960 g Reinetten-Aepfel, 1135 g Stachelbeeren, 1925 g (= fast 2 Kilo) Rothbirnen. Hinsichtlich ihres Nährwerthes haben die Obstarten somit nur den Charakter als Respirationsmittel. Um ferner '/, Kilo = 1 Pfd. Rohrzucker oder Stärkemehl zu er- setzen, welcher einem Quantum von 2,75 Kilo Kartoffeln entspricht, dazu gehören nach Fresenius eirca: . 3,15 Kilo Kirschen, 3,3 - Weintrauben, 2,9 = Reineelauden, 2,5 = Canada-Reinetten, II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 217 4,5 Kilo Taffet-Aepfel, 5,0 = Rothbirnen (eine in Süddeutschland sehr häufige Sorte), 5,0 = Mirabellen, 5,0 = Stachelbeeren, 5,85 = Pfirsich, 6,25 = Aprikosen, 7,0 = Johannisbeeren, Himbeeren oder Brombeeren, 9,0 = Pflaumen. Wenn man 1 Kilo Kartoffeln mit 6 Pfennigen berechnet und diesen Preis mit dem des Obstes vergleicht, so stellt sich das Obst lange nicht so billig, um als Respirationsmittel den Vergleich mit Kartoffeln aus- E zuhalten. Das Obst dient also dem Menschen mehr zur Erquiekung und Labe, zur Erfrischung und zur Erhaltung der Gesundheit. Denn die in den Früchten enthaltene Apfelsäure und Gerbsäure wirkt anregend und fördernd auf den Stoffwechsel, d. i. die Verdauung der Speisen im Körper. Dieser hohe Werth des Obstes als Gesundheitsmittel wird noch viel zu wenig beachtet, in dieser Eigenschaft liegt der grosse Nutzen des Obstgenusses. In richtiger Würdigung dieses Umstandes empfiehlt es sich, bei jeder Mahlzeit Obst in irgend welcher Form auf den Tisch zu bringen, denn der Obstgenuss befördert das Allgemeinbefinden, die Gesundheit des Menschen. Namentlich sollten das Personen mit sitzen- der Lebensweise beherzigen. In den gut verwalteten Hotels grosser Städte bürgert sich immer mehr die hierauf bezügliche Gewohnheit ein, den Gästen reifes Obst auf die Zimmer zu stellen, sodass dieselben in der Lage sind, vor dem Schlafengehen, je nach Geschmack oder Be- dürfniss, noch einen Apfel oder eine Birne zu geniessen, Beim Genuss des Obstes fragen wir vor allem nach dem Wohlge” schmack, daher schätzen und bezahlen wir die Früchte mehr nach diesem als nach ihrem eigentlichen Nährwerthe. Saftige Früchte bieten uns beim Genuss eine ganz besondere Erfrischung, denn der Hauptbestand- theil der Früchte ist das Wasser, sie enthalten von diesem circa 80 bis 83 pCt. Der für uns angenehme oder saure Geschmack einer Frucht wird bedingt durch das Verhältniss der darin enthaltenen Säure zum Zucker. Dieses Verhältniss ist natürlich bei den einzelnen Obstarten, dann aber auch nach dem -Reifezustande einer Frucht, sehr ver- schieden. Nach Fresenius haben den grössten Zuckergehalt die Trauben, nämlich 10—26 pCt. Das Mehr oder Weniger hängt von der Ausbildung und besonders von der warmen Witterung ab. Die Säure verhält sich zum Zucker der Trauben in guten Weinjahren wie 1 : 26, - mittleren - ur - schlechten - u 5 1} 218 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Bei den einzelnen Obstarten ist dies Verhältniss sehr verschieden- artig. Ziemlich angemessen ist dasselbe bei den Stachelbeeren, nämlich wie | : 6, sie werden daher gern genossen. In den Johannisbeeren ist die Säure reichlicher vertreten, sie verhält sich bei weissen Früchten wie 1 : 2,9, - rothen - u Sie enthalten 2,3 pCt. freie Säure. Daher schmecken uns Johannisbeeren im allgemeinen zu sauer, und der Saft greift die Zähne an. Weisse Johannisbeeren schmecken milder als rothe, weisse enthalten 6,61 pCt. Zucker, rothe dagegen nur 4,78 pCt. Bei Erdbeeren verhält sich die Säure zum Zucker wie 1 : 1,9. Die Säure wird aber verdeckt durch ein besonders angenehmes Aroma. Wir geniessen aber die Walderdbeeren in der Regel lieber mit Zucker. Bei Himbeeren ist das Verhältnis wie 1 : 1,8, - Süsskirschen = - - - - Pflaumen = = z = 1183 1,6, - Mirabellen - = - a - Reineclauden = = - 99% SE Der bedeutende Zuckergehalt der Kirschen macht sie zum Roh- genuss sehr beliebt, sie finden aber auch beim Kochen, Einmachen, Dörren, zur Saft- und Branntweinbereitung aus demselben Grunde aus- gedehnte Verwendung. Bei den Pflaumen treten zur Säure noch die sogen, einhüllenden Stoffe, besonders Gummi und Pectin, welche den Genuss angenehmer machen. Bei verhältnissmässig bedeutender Säure (1,27 pCt.) enthalten die Früchte nur wenig Zucker (1,99 pCt.), sie sind deshalb nicht als feines und gesundes Obst zu betrachten. Reineclauden sind, trotz des obigen ungünstigen Verhältnisses, dennoch frisch genossen sehr schmack- haft, weil sie ein reiches Aroma besitzen. Mirabellen eignen sich wegen ihres grösseren Zuckergehaltes besser zum Kochen und Trocknen, als die Reineclauden, welche beim Einmachen mehr Zucker verlangen. Bei Aprikosen ist das Säureverhältniss wie 1 : 1,2, bei Pfirsich wie 1 : 2, Sie enthalten fast nur Saft und haben ein kräftiges, feines Aroma. Die Zartheit des Fleisches, die reiche Menge (6 pCt.) einhüllender Substanzen, sowie die freie Säure (0,89 pCt.) erhöhen den Wohlgeschmack dieser Früchte wesentlich. Im Allgemeinen enthält das Kernobst mehr Trockensubstanz als das Steinobst. Vom Kernobst kommen hier hauptsächlich Aepfel und Birnen in Betracht. Es enthalten Aepfel. Birnen. Trockensubstanz 13—16 pt. 18—24 pCt, Wasser "} =. 84 = 80 = Säure . . „1. 0,50—1 - 0,58 = Zucker ‚il „m, 75 = 9,25 = ae Er Zee En ze De ET rn rn Sr II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 219 Aus Obigem wird leicht zu erkennen sein, welche Wichtigkeit und welchen Werth das Obst für den Haushalt besitzt, wie nützlich dasselbe für die Gesundheit ist, es kommt nur darauf an, die Eigenschaften der Früchte für unsere Zwecke rationell auszunutzen. Das Obst wird in sehr mannigfacher Weise im Haushalte verwendet, theils im frischen, theils im gekochten, theils im conservirten (gedörrten) oder in anderer Weise verarbeiteten Zustande als Saft, Mus, Gelee, Pasten, Wein u. s. w. Die deutschen Obstzüchter betrachten es als ihre Aufgabe, diejenigen Obstsorten oder deren Culturformen zu erforschen, anzubauen und zu verbreiten, welche unter den gegebenen klimatischen Verhältnissen am besten gedeihen, den grösstmöglichen Ertrag an Früchten liefern und dadurch die höchste Bodenrente abwerfen. Sache der Consumenten, vornehmlich der Hausfrauen ist es, das Obst, welches sie im Haushalte benöthigen, welches sie auf dem Markte oder beim Händler kaufen, nach seinen verschiedenen Eigenschaften zu erkennen, richtig zu beurtheilen und ökonomisch zu verwerthen. Das Tafelobst dient zum Rohgenuss, das Wirthschaftsobst zum Kochen, Einmachen u. s. w. Obwohl Tafelfrüchte besonders geschätzt sind und zuweilen theuer bezahlt werden, so bringt auch das Wirth- schaftsobst unter günstigen Umständen ganz ansehnlichen Ertrag. Beim Tafelobst kommen neben den äusseren Eigenschaften (Grösse, Schön- heit, lachende Farbe), auch die inneren Eigenschaften der Früchte (Geschmack, Aroma, Farbe des Fleisches) mit in Betracht. Wenn das Obst auf die Tafel gebracht wird, soll es völlig reif und geniessbar sein. Das Sommerobst und theilweise auch das Herbstobst erreicht seine völlige Reife schon am Baum. Hier fällt die völlige Reife der Frucht mit der Baumreife zusammen. Das Winter- oder Dauerobst muss, wenn es baumreif ist, noch kürzere oder längere Zeit im Keller, auf dem Lager bleiben, ehe es völlig reif, d. h. lagerreif wird. Tafelfrüchte sollen nicht vom Baume geschüttelt, sondern mit der Hand gepflückt, auch nicht gedrückt oder angeschlagen werden, weil dadurch das gute Aussehen der Früchte leidet. Birnen, Kirschen, Pflaumen, Beerenobst, welche für die Tafel bestimmt sind, sollten stets mit dem Stiele ge- pflüekt werden. Gegen diese so wichtigen Erfordernisse wird besonders von Obstpächtern und Händlern so häufig gesündigt. Von den Pächtern wird das Obst meist viel zu früh gepflückt, ehe es seine richtige Baum- reife erlangt hat, nur um dasselbe schneller an den Mann zu bringen und um die Kosten für Wartung und Bewachung zu sparen. Die natür- liche Folge davon ist, dass solches Obst sehr bald welk wird, keinen Geschmack bekommt, auch wohl frühzeitig zu faulen beginnt. Es ist im Grunde genommen von gar keinem oder nur sehr geringem wirth- schaftlichen Werthe, 2209 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Welche Obstsorten eignen sich als Tafelobst? Diese Frage lässt sich in Kürze nur ganz allgemein beantworten, da ja hierbei auch der Geschmack und die Liebhaberei des Einzelnen in Betracht kommt. Von den Aepfeln sind es besonders die Calvillen, Taubenäpfel, die meisten Reinetten, welche sich durch feines und aromatisches Fleisch auszeichnen. Unter den Birnen sind besonders die Butterbirnen und Bergamotten geschätzt. Die Kirschen sind in zahlreichen Sorten so- wohl als Süsskirschen, wie als Glaskirschen und Amarellen, beliebt. Unter den Pflaumen oder Zwetschen sind hervorzuheben: die Reine- clauden (Edelpflaumen), die Mirabellen, Kirkes’ Pflaume, Jefferson, Italienische Zwetsche. Von grosser Wichtigkeit für die Tafel ist das Beerenobst, darunter besonders Weintrauben, Erdbeeren, Himbeeren, Brombeeren, Stachelbeeren. Die Erdbeeren eröffnen den Reigen unter den Gaben Pomonas, ihre Cultur hat deshalb auch bei uns eine grosse Ausdehnung und Wichtigkeit erlangt. Unter dem Schalenobst kommen für uns hauptsächlich die Wallnüsse und Haselnüsse in Betracht, welche bekanntlich um die Weihnachtszeit als allgemein gesuchtes Nasch- oder Dessert-Obst einen beträchtlichen Handelsartikel bilden. Die Aufbewahrung des Dauerobstes geschieht am besten in einem trockenen, luftigen Keller auf Stellagen aus Brettern, oder noch besser aus Latten, wo die Früchte einzeln auf Stroh, ohne dass sie sich be- rühren, oder auch einzeln in Papier gewickelt, gelagert werden. Sehr reichhaltig ist auch die Auswahl der Sorten beim Wirth- schaftsobst. Viele Tafelsorten lassen sich naturgemäss auch zu Wirth- schaftszwecken verwenden, doch möchten besonders folgende Sorten, als hierzu besonders tauglich, Beachtung finden. Von Aepfeln wähle man hierzu mehr säuerliche Sorten, nicht Süssäpfel. Aus den einzelnen Klassen sind hervorzuheben: Calvillen: Fraas’ Sommer-Calvill; Schlotteräpfel: Türkenapfel; Gulderlinge: Boikenapfel, Doppelter Holländer, Champagner Reinette, Langer grüner Gulderling; Rosenäpfel: Pupurrother Cousinot, Danziger Kantapfel; Ramboure: Kaiser Alexander, Geflammter weisser Cardinal (= Pleissner Rambour), Lütticher Rambour, Gloria Mundi; Graue Reinetten: Parkers Pepping, Graue französische Reinette, Engl. Spital-Reinette; Streiflinge: Rother Eiserapfel; Plattäpfel: Hawthornden, Stettiner, Batullenapfel. Von Birnen eignen sich besonders folgende als Wirthschafts- birnen: von Bergamotten: Rothe Bergamotte; Grüne Langbirnen: Grüne Tafelbirne, Puktirter Sommerdorn; Flaschenbirnen: Van Marum’s Flaschenbirne; Rousseletten: Gute Graue, grüne Magda- lene; Schmalzbirnen: Römische Schmalzbirne, Zimmtfarbige Schmalz- birne; Gewürzbirnen: Salzburger (auch Zwiebelbirne genannt); Läng- liche Kochbirnen: Trockner Martin; Rundliche Kochbirnen: Kuhfuss, Wittenberger Glockenbirne, Katzenkopf. II. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 3 Kirschen-Sorten für die Wirthschaft sind: Ochsenherzkirsche, Grosse Prinzessinkirsche, Büttners späte rothe Knorpelkirsche, Grosser Gobet, Ostheimer Weichselkirsche, Grosse lange Lotkirsche, Königliche Amarelle, Brüsseler Braune, Späte Amarelle. Von Pflaumen und Zwetschen empfehlen sich für diesen Zweck: Frühe Reineclaude, Grosse grüne Reineclaude, Gelbe Mirabelle, Ita- lienische Zwetsche, Wangenheim’s Frühzwetsche, Hauszwetsche. VonAprikosenund Pfirsich eignen sich fast alleSorten, ebenso von Beerenobst,(Johannesbeere, Stachelbeere, Amerikanische Preisselbeere. Eine besondere wirthschaftliche Verwendungsart bildet das Ein- machen der Früchte. Man wähle hierzu besonders schöne, tadellose, unversehrte, noch nicht ganz reife Früchte, die mit dem Stiele zu pflücken sind. Von Birnen sind hierzu besonders geeignet: Bergamotten, Salz- burger, grüne Tafelbirne; von Pflaumen die Reineclauden, Mirabellen und Italienische Zwetsche; von Pfirsich: die Proskauer Pfirsich; von Aprikosen: Pfirsichaprikose, A. von Nancy. Von Beerenobst: Stachelbeere, Johannisbeere, Himbeere, amerikanische Preisselbeere. Von Schalenobst sind besonders Wallnüsse zum Einmachen beliebt, doch müssen dieselben noch ganz jung, etwa bis zum 15. Juli gepflückt werden. Von grösster ökonomischer Wichtigkeit ist das Conserviren der Früchte durch Trocknen oder Dörren. Nach entsprechender Vorbe- reitung der Früchte kommen dieselben in hierzu geeignete Trocken- Apparate, sogen. Obstdörren, in denen ihnen lediglich das Wasser ent- zogen wird. Das trockene Dörrproduct ist von grosser, jahrelanger Haltbarkeit, lässt sich leicht und bequem an jedem trockenen Orte auf- bewahren, nimmt nur wenig Raum ein, lässt sich leicht verpacken und verschicken, ist daher besonders zur Verproviantirung der Schiffe, der Expeditionen und dergl. geeignet. In obstreichen Jahren ist man durch dieses Verfahren im Stande, in kurzer Zeit grosse Massen frischen Obstes zu trocknen, d.h. in eine andere haltbare Form zu bringen, und somit den Ueberfluss eines obstreichen Jahres auf die folgenden obst- armen Jahre zu vertheilen. Fast alle Obstarten lassen sich zum Dörren verwenden: Aepfel, Birnen, Pflaumen, Zwetschen, Kirschen, auch Gemüse aller Art. Die Früchte werden theils ungeschält, theils geschält getrocknet. Hierzu sind Maschinen zum Schälen, Schnitzen, Entsteinen der Früchte in Ge- brauch, Die Dörrapparate selbst sind in den letzten Jahren sehr be- deutend verbessert worden. Sehr viel haben wir in dieser Beziehung den Amerikanern zu verdanken. Selbstverständlich ist auch für diese Verwendungsweise eine sachgemässe Auswahl der Früchte nothwendig. Man verwende nicht rein süsse oder rein saure Sorten, sondern man bevorzuge solche, in denen Zucker und Säure in angemessenem Verhält- 333 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. nisse enthalten ist; z. B. von Aepfeln: Danziger Kantapfel, Gold- parmäne, Luckenapfel, Reinetten, Charlamowski u. a.; von Birnen: Kuhfuss, römische Schmalzbirne u. a. Grosser Werth ist auf das schöne Aussehen des Dörrproduktes zu legen, besonders bei Aepfeln wird eine möglichst helle, weisse Farbe verlangt. Man erzielt dieselbe, wenn die Früchte sofort nach dem Schälen bis zum Einbringen in den Trocken-Apparat in eine Salzlösung (1 Kilo Kochsalz auf 100 Liter Wasser) gelegt werden. Nach Form und Zubereitung sind die Dörrproducte ebenfalls sehr verschieden, man unterscheidet ganze oder halbe Früchte, Apfelschnitzel, Apfelringe, ge- glättete Früchte, candirte Früchte, Prünellen u. dergl. mehr. Die Kosten des Dörrens sind aus folgenden Zahlen ersichtlich. Um 1 Ctr. Dürrobst zu produeiren, sind ca. 5 Ctr. frisches Obst (Aepfel oder Birnen) nöthig. 1 Ctr. frisches Obst zu schälen kostet etwa 0,50—1,00 Mark. 5 Ctr. Obst & 3 Mk. kosten 15,00 Mk. Arbeitskosten für Schälen 5><1 Mk. 5,00 Demnach kostet die Herstellung von 1 Ctr, Dürrebst . . . 2.202 2220,00 Mk., & Pfd. 20 Pfe. Zur Bereitung von Obstsäften werden am häufigsten Himbeeren, Johannisbeeren, Erdbeeren, Kirschen verwendet. Mus bereitet man aus Aepfeln, Birnen, Quitten, Zwetschen, Pflaumen, Apfelkraut ist ein wohlschmeckendes am Rheine sehr beliebtes Product, welches durch Einkochen aus gleichen Theilen Aepfelsaft und Runkel- (Zucker-) Rübensaft bereitet wird. G el&e lässt sich bereiten aus Aepfeln, Quitten, Japanische Quitte (Pirus japonica), Paradiesäpfeln (Pirus prunifolia und baccata) sowie aus Beerenobst. Obstpasten sind Täfelchen von getrocknetem Obstmark. Es ist dies eine noch wenig gebräuchliche, aber empfehlenswerthe billige und leichte Verwendungsweise des Obstes. Es lässt sich hierzu jede Obst- art (ausser Kirschen) verwenden, die Wahl der Sorten spielt keine Rolle. Die Früchte werden gewaschen, in Stücke geschnitten oder entsteint und dann ohne Zusatz von Zucker gekocht. Die breiartige Masse wird dann durch ein entsprechend feines Drahtsieb geschlagen und das so erhaltene Mark wird in etwa fingerdicke Schicht auf geeignete Hürden gestrichen und in der Pastendörre getrocknet. Die getrocknete Masse wird in gleich grosse Täfelchen geschnitten und in Kisten oder dergl. aufbewahrt. Zum wirthschaftlichen Gebrauche werden die Pasten ein- fach in heissem Wasser aufgeweicht, gezuckert und als Compot servirt. Ein Kilo frische Früchte geben ca. 4—500 Gramm Mark und 150 bis 250 Gramm fertige Pasten. In dieser Form lassen sich verarbeiten: Aepfel, Birnen, Zwetschen, Mirabellen, Reinclauden, Pfirsich, Aprikosen, Quitten, Beerenobst, 9 = on iI. Naturwissenschaftliche Abtheilung. 223 Eine besondere Verwendungsweise des Obstes ist die Obstwein- bereitung, doch dürfte ein näheres Eingehen auf dieses umfangreiche Gebiet nicht dem Zwecke des heutigen Vortrages entsprechen, Wir wenden uns nun zu einem wichtigeren Punkte des Themas, zu der Frage: Was hat der Consument zu thun, um Vortheil aus der Verwendung des Obstes im Haushalte zu ziehen? In dieser Beziehung bedarf der Consument noch vielfach der Be- lehrung über Obstverhältnisse überhaupt, über Werth und Verwendungs- weise der verschiedenen ÖObstarten im Besonderen. Von Seiten der Obst- und Gartenbau-Vereine, des Deutschen Pomologen-Vereins, wird ja seit Jahren auch nach dieser Richtung hin gearbeitet, um Sinn und Interesse für das Obst und seine rationelle Verwendung auch im grossen Publikum zu wecken und zu verallgemeinern. Darauf zielen auch die Obstausstellungen, die Obstmärkte hin, welch letztere seit einigen Jahren in den Hauptstädten und wichtigeren Verkehrscentren unseres Vater- landes abgehalten werden. In den Ausstellungen sollte mehr darauf ge- sehen werden, die verschiedenen Obstsorten nach ihrer Verwendungs- weise vorzuführen, um dadurch den Besuchern einen Fingerzeig zur besseren Ausnutzung des Gesehenen zu geben. Die nächste grosse Deutsche Obstausstellung in Breslau im Herbste 1892 sollte gerade in dieser Hinsicht nichts zu wünschen übrig lassen. Das Comitee wird sicherlich nichts versäumen, um allen Anforderungen gerecht zu werden. Es gilt nur, auch das grosse Publikum schon rechtzeitig auf die Aus- stellung vorzubereiten, Einrichtung und Zweck der einzelnen Abtheilungen, ja der wichtigsten Concurrenznummern klar zu stellen, so dass die Be- sucher mit einem gewissen Verständniss in die Ausstellung treten, das Vorgeführte mit Verständniss besichtigen und wirkliche Belehrung mit nach Hause nehmen, Diese Belehrung zu verbreiten, überhaupt stetige Berichte über Obsternten, Obstpreise, Obst-Import und -Export, Versendungs- und Ver- wendungsarten, Werth und Gebrauch der einzelnen Obstproducte — alles das ist eine lohnende Aufgabe der Tagespresse. An dieser Stelle soll ferner nicht versäumt werden, Anregung zu geben zu einem Versuche, auf der Breslauer Ausstellung zum ersten Male eine Collectiv-Ausstellung aller die Erziehung, Ernte und Aufbe- wahrung der verschiedenen Obstarten, deren Verschickung, Verarbeitung und Verwerthung betreffenden Gegenstände, Apparate, Maschinen, Pro- ducte u. dergl. mehr zusammenzustellen und so den Besuchern ein in- structives Gesammtbild des Obstbaues in seinen verschiedenen Zweigen vorzuführen. Der Zweck der Obstmärkte, die Consumenten in directen Ver- kehr mit den Producenten zu bringen, wird nach und nach besser erfüllt werden, wenn auch die Consumenten bestrebt sind, ein besseres Ver- 3234 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. ständniss, ja’eine gewisse Waarenkenntniss in der Obstbranche sich an- zueignen. Die Nachfrage nach besseren und für gewisse Zwecke ge- eigneten Obstsorten muss eine lebhaftere werden, um so einen gewissen Druck auf die Producenten, die Marktverkäufer ete. auszuüben. Seitens der Pomologen wird seit längerer Zeit eine Verminderung der Sorten- zahl, eine massenhafte Anpflanzung der geeigneten Sorten angestrebt. Die Erreichung dieses Zieles wird eine wesentliche Vereinfachung des Obsthandels, aber auch eine erfreuliche Hebung desselben im Gefolge haben. Grössere Obstsortimente sollen den Liebhabern oder Fachpomo- | logen überlassen bleiben, Ein grosser Schaden erwächst dem Obstbau durch die Unwissenheit und Gewissenlosigkeit vieler Obstpächter, welche allermeist das Obst zu früh, d. h. vor seiner völligen Baumreife pflücken und es so schnell als möglich an den Mann zu bringen suchen. Das Publikum ist vor der Erwerbung solchen unreifen Obstes zu warnen, zumal da der Preis gewöhnlich viel zu hoch ist und in keinem Verhältnisse steht zu dem geringen Wirthschaftswerthe derartiger, nicht haltbarer Früchte. Von grösstem Nutzen von ökonomischer und gesundheitlicher Be- ziehung ist eine grössere Verbreitung des Dörrobstes im Haus- halt. Auf die Vortheile desselben (Bequemlichkeit, Billigkeit, lange Haltbarkeit, leichte Zubereitung) ist bereits oben hingewiesen worden. Im Interesse der Consumenten liegt es jedoch, den Einkauf bereits im Herbste zu besorgen, wo es viel Obst giebt und der Preis sich dann meist sehr billig stellt. Von gleicher Wichtigkeit ist die Einführung der Obst- und Beerenweine als Hausgetränk. Wirklich guter Aepfelwein stellt sich so billig, dass der tägliche Gebrauch, besonders in der heissen Jahres- zeit statt des Bieres, auch dem kleinen Manne möglich und daher warm zu empfehlen ist. Besonders die Obst- und Gartenbau-Vereine sollen es sich zur Auf- gabe machen, in wirksamerer Weise als bisher, für einen allgemeineren Verbrauch der Obstproducte im Haushalt Propaganda zu machen. Diese Vereine sollten gleichsam Consumvereine für Obstproducte sein und ihren Mitgliedern die Anschaffung durch Vorlegung von Proben erleichtern, und die Kenntniss der einzelnen Producte durch Gratis-Vertheilung und -Verloosung unter den Mitgliedern vermitteln. Von weiterem Nutzen für beide Theile dürfte auch der Anschluss der Consumenten an die Vereine sein behufs Belehrung und Berathung in Sachen der Obstverwendung im Haushalt, beim Einkauf ete. Wer auf diese Weise beiträgt zur Verallgemeinerung des Obst- consums in den breiteren Schiehten der Bevölkerung, der trägt bei zur Förderung der menschlichen Gesundheit, des Volkswohles. 4 - /#, 1 ? schlesische Gesellschaft für vaterländische Cultur. er 69. III. Jahresbericht. Historisch - staatswissenschaftliche 1891. Abtheilung. Sitzungen der Section für Staats- und Rechtswissenschaft im Jahre 1891, In der ersten Sitzung am 23. Januar unter dem Vorsitze des Professor Dr. Elster wurden zunächst einige geschäftliche Angelegen- heiten erledigt. U. a. wurde beschlossen, in den Lesezirkel der Section das „Archiv für öffentliches Recht‘ aufzunehmen. Alsdann hielt Privatdocent Dr. Gerlach einen Vortrag Ueber die preussische Einkommensteuer. Nach einem kurzen geschichtlichen Rückblicke stellte der Vor- tragende den Rechtszustand nach dem Gesetze vom 1. Mai 1851 und 25. Mai 1873 dar und beleuchtete an der Hand statistischer Nach- weisungen die Mängel desselben, soweit sie sich in der Structur der Einkommensteuer selbst finden, sowie die Mängel des gesammten Steuer- systems unter besonderer Berücksichtigung der übermässigen Anspannung der direeten Steuern seitens der communalen Verbände. Hierauf be- richtete er über die Reformbestrebungen seit 1878; die Gesetze von 1880 bis 1883 sowie die Vorlage vom December 1833 wurden berück- sichtigt. Sodann ging Referent auf den neuen Gesetzentwurf über, stellte denselben zunächst nach der Regierungsvorlage und den Com- missionsbeschlüssen dar und beleuchtete ihn sodann kritisch. Dabei er- kannte er die grossen Verbesserungen, welche die Vorlage enthält, die gerechtere Vertheilung der Steuerlast, die Schaffung einer Basis für gleichmässige Veranlagung in der Declarationspflicht an und wies auf zahlreiche Einzelbestimmungen hin, welche für die praktische Hand- habung der Steuer von Bedeutung seien. Dagegen erklärte er sich gegen den Vorsitz des Landrathes in den Commissionen; zur gleichmässigen, gerechten Veranlagung scheint ihm die Einführung der Declarationspflicht und die Ausstattung der Commissionen sowie ihrer Vorsitzenden mit hin- reichenden Veranlagungsmitteln nicht genügend; in der Commission selbst müsse eine Garantie für die Handhabung der erweiterten Veranlagungs- mittel geschaffen werden. Dafür reiche die Ernennung eines Theiles der ar p) Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Mitglieder durch die Regierung nicht aus, vielmehr müsse der Staat darin durch einen geschulten Steuerbeamten vertreten sein. Ebenso wandte sich der Vortragende gegen die vorgeschlagene Besteuerung der Actiengesellschaften. In ihr läge eine ungerechte Doppelbesteuerung. Ein günstiges finanzielles Ergebniss sei zu erhoffen, wenn die Actien- gesellschaften mit ihrem ganzen Einkommen zur Steuer veranlagt würden, wenn dann aber bei Inländern die gezahlte Steuer in Anrechnung ge- bracht würde. An den Vortrag schloss sich eine längere Debatte, an der ausser dem Vorsitzenden u. a. Kaufmann Schlesinger, Banquier Holz, Prof. Dr. Sombart, Referendar Dr. Hancke theilnahmen. Erst nach 10 Uhr erfolgte der Schluss der Sitzung. In der zweiten Sitzung am 19. Februar sprach Professor Dr. Sombart Ueber den deutsch-österreichischen Handelsvertrag. Derselbe gab zunächst einen Rückblick auf die handelspolitischen Beziehungen zwischen Deutschland und Oesterreich. In den 40er und 50 er Jahren befanden sich die Handelsbeziehungen im Schlepptau der allgemeinen Politik, Oesterreich bemühte sich in den Zollverein hinein- zukommen, Bismarck wehrte dieses Bemühen ab. Die Handelsverträge von 1853 und 1867 begründeten freundschaftliche Beziehungen, die aber allmählich einer schutzzöllnerischen Tendenz wichen. 1876 lief der Handelsvertrag von 1867 ab und Oesterreich traf sofort Vorbereitungen zu einem Zollkriege, die in seinem Tarif vom Januar 1879 zum Aus- druck kamen. Darauf antwortete Deutschland mit dem Tarif vom 15. Juli 1879, der zum ersten Male Getreidezölle enthielt, Oesterreich steigerte seine Zölle 1882, Deutschland revidirte die seinigen 1885 und setzte 1886 und 1887 die Getreidezölle herauf. Das erbitterte Oesterreich so, dass es 1887 einen Schutzzolltarif von ganz exorbitanter Höhe schuf. Dazu kamen andere Maassnahmen. Bisher wurde ein grosser Theil Waaren, namentlich der Textilbranche, je hüben und drüben zur Hälfte fertiggestellt, z. B. hier gefertigte Garne in Oesterreich gebleicht, hier gewebte Stoffe drüben appretirt und gefärbt oder. umgekehrt. Dieser sogenannte Veredelungsverkehr wurde fast ganz unterdrückt. Ferner gewährte Oesterreich bei der Einfuhr fremder Erzeugnisse über seine südlichen Seehäfen Triest und Fiume besondere Erleichterungen; dadurch führte es diesen Häfen viele Waarensendungen zu, die früher nach Hamburg und Bremen gekommen waren, endlich entbrannte ein lebhafter Bahntarifkrieg, indem jedes Land für die Ausfuhr nach dem Nachbarlande billige Tarife gewährte, die Einfuhr aus dem Nachbarlande ‚aber durch theure Fracht erschwerte, III. Historisch - staatswissenschaftliche Abtheilung. 3 Nach Ansicht des Redners hat Deutschland in diesem handelspoli- tischen Kriege mehr gelitten als Oesterreich. Die von ihm angeführten Zahlen weisen einen starken Rückgang der deutschen Ausfuhr nach Oesterreich nach. Im Besonderen wurde auf die für Schlesien in Folge seiner Grenzlage entstandenen Nachtheile aus diesem Tarifkriege hinge- wiesen. Redner befürwortet entschieden einen Zollvertrag zwischen Deutschland und Oesterreich, da beide Länder in Folge ihres Cultur- niveaus, ihrer klimatischen- und Bevölkerungs-Verhältnisse, der Pro- duetion und Richtung der Verkehrsadern auf einander angewiesen seien. Bei der schutzzöllnerischen Bewegung, welche Amerika und Frankreich ergriffen und auch in England bereits Anhänger gewonnen habe, müsse Deutschland sich die ihm noch offenen Absatzgebiete möglichst sichern. Freilich müssten dazu Opfer gebracht werden und zwar von der deutschen Landwirthschaft, da für Oesterreich lediglich Concessionen in Bezug auf die deutschen Getreidezölle Werth hätten. Dieses Opfer könne die deutsche Landwirthschaft um so eher bringen, als die Getreidezölle wegen der damit verbundenen Vertheuerung der wichtigsten Lebens- mittel auf die Dauer doch nicht aufrecht zu erhalten seien. In der von Herrn Prof. Dr. Elster eröffneten Discussion stellte man sich zumeist auf die Seite des Redners, doch wurde auch auf die Gefahren hingewiesen, die einerseits darin liegen, dass wir durch eine Begünstigung Oesterreichs die vielversprechenden Absatzgebiete in den Balkanstaaten verlieren könnten, andererseits darin bestehen, dass Russ- land für die Oesterreich gewährten Vergünstigungen sich wahrscheinlich durch eine weitere Erhöhung seiner Industriezölle rächen würde. Auch die Frage der Aufhebung des Indentitätsnachweises und des Staffeltarifs wurde berührt, dagegen die Lage der deutschen Landwirthschaft und die Möglichkeit der Abbröckelung der Getreidezölle im Hinblick auf- unsere Parteiverhältnisse ausser Betracht gelassen. In der dritten Sitzung am 30. April hielt Herr Banquier Holz einen Vortrag Ueber die commerziellen Verhältnisse der Stadt Breslau. Der Vortragende führte folgendes aus: Inmitten des modernen Strassengewühls gewährt unsere Stadt mit ihren altehrwürdigen Kirchen und Rathsgebäuden dem Beschauer wohl- thätige Ruhepunkte der Perspective, die ihm eine langjährige Geschichte in Sitte und Cultur vor Augen führen. Eine solche städtische Ver- gangenheit führt zu den Quellen zurück, welche in dem Ursprung und der Entwickelung des Breslauer Handels liegen. Ihre Anfangsepoche ist älteren Datums, als die einer vaterländisch-schlesischen Cultur, welche erst später Bedeutung gewinnt, als im Gefolge des Breslauer städtischen 1% 4 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Handels sich Gewerbe und Landwirthschaft in der Provinz zu heben beginnen. Jener Handel beruhte in seinen Anfängen nicht auf der Aus- fuhr heimischer Producte, sondern vornehmlich auf dem Tausch- und Durchgangsverkehr des Westens und Ostens, zu dessen Förderung die Lage Breslaus sich vorzüglich eignete. Vergegenwärtigen Sie sich, dass in jener Zeit vom 13. Jahrhundert an, aus der wir die ersten sicheren Nachrichten über unsere städtischen Verkehrsverhältnisse besitzen, bis ans Ende des Mittelalters hin, es nur einzelne Hauptverkehrsstrassen auf dem Continent gab, deren Beschaffenheit für die Beförderung grosser Lasten tauglich war. Bedenken Sie, dass man solchen Transporten ein sicheres Geleit gegen Raubanfälle geben musste, und dass das Maass der Sicherheit von der Anzahl der Ortschaften abhing, welche an den Verkehrswegen angebaut waren, und es wird Ihnen klar sein, dass die durch eultivirte, städtereiche Gegenden führenden Strassen einen gewissen monopolistischen Zwang ausübten. Dieses Monopol ist denn auch weid- lich durch Erhebung mannigfachster Zölle ausgenutzt worden. Eine lichtvolle Darstellung der Verkehrswege Breslaus im Mittelalter hat unser Landsmann, Herr Professor Markgraf, durch einen in unserer Gesellschaft im Jahre 1888 gehaltenen Vortrag gegeben, welchen er hoffentlich auch allgemein zugänglich machen wird.') Mich würde es zu weit führen, im Rahmen des heutigen Vortragsabends eingehend die interessanten Handelsbeziehungen Breslaus zu beleuchten; ich kann hier- auf nur kurz zurückkommen. Vermöge ihrer vortheilhaften geographischen Lage an einem günstigen Uebergangspunkte über den Oderstrom gelegen, am Kreuzungspunkte verschiedener wichtiger Handelsstrassen, war unsere Stadt Breslau ganz besonders berufen, den Verkehr vom civilisirten Westen nach dem - weniger entwickelten Osten hin aufzunehmen. Hier machten die fremden Handelsleute, die sogenannten ‚Gäste‘ Halt, um nicht selber beschwer- liche Beziehungen nach den noch wenig bekannten und rechtsunsicheren Hinterländern anknüpfen zu dürfen; und Breslau nutzte diesen Umstand insofern aus, als es die von Polen kommenden Kaufleute zwang, ihre Artikel nicht weiter zu führen, sondern hierorts zum Verkauf und Tausch aufzustapeln. Dies war der Zweck des Niederlags- und Durchfuhr- Rechts, welches im Jahre 1274 innerhalb der Besitzungen des Herzogs Heinrich des Vierten den Breslauern zugebilligt wurde, Dadurch bildeten sich für Breslau ganz bedeutende Einnahmequellen heraus, einerseits durch Zölle, andrerseits durch Waagegebühren und durch sog. Schrot- gelder, unter welchen man die Abladekosten in die einzelnen Stadt- niederlagen verstand, Rechte, welche ursprünglich vom Landesfürsten ausgeübt, später durch Kauf an die Stadt und die Innungen übergingen, !) Derselbe befindet sich in der hiesigen Stadtbibliothek im Manuscript. III. Historisch - staatswissenschaftliche Abtheilung. 5 schliesslich in neuerer Zeit durch Stadt-Obligationen von letzteren wieder abgelöst worden sind.!) Wenn es mir die Zeit erlaubt, komme ich auf die Einzelheiten dieser Einrichtungen noch zurück. Diejenigen, welche sich eingehend hierüber informiren wollen, verweise ich auf einzelne Abhandlungen eines Breslauer Bürgers, Julius Neugebauer, welche in der hiesigen Stadtbibliothek aufbewahrt, mir zum Quellenstudium ge- dient haben. Für den Handel selbst hebe ich hervor, dass er in seinem Gedeihen von Anfang an bis in die neueste Zeit ganz besonders auf die Hinter- länder Polen und Russland angewiesen war, welche wir vermöge ihrer gewerblichen Inferiorität mit den meisten Consum- und Luxuswaaren zu versorgen hatten. Dies zieht sich wie ein rother Faden durch die ge- sammte Entwickelung Breslaus hin. Was aber die einzelnen Handels- zweige betrifft, welche der Stadt allmählich eine gewisse Bedeutung weit über den Rahmen des deutschen Gebietes hinaus verliehen, so be- merke ich, dass in der Reihe der Jahrhunderte der Wohlstand Breslaus vorzüglich sich entwickelte: 1. aus dem Tuchhandel, 2, aus dem Leinwandhandel, 3. aus dem Wollehandel und 4, in neuerer Zeit aus dem Vertriebe der inzwischen empor- gediehenen schlesischen Landes- und Bergwerks-Producte. Schon im 13. Jahrhundert, so meldet die Chronik, finden wir Breslauer Kaufleute auf weiten Handelsreisen nach der Tartarei. Im Jahre 1333 zählte Breslau ungefähr 10 000 Einwohner. Aus den Niederlanden, be- sonders aus Gent, auch schon vom Rhein, aus Trier und Aachen war über Thüringen der Tuchhandel herübergekommen; Wallonen hatten sich als Weber angesiedelt und die Tuchmacherkunst eingebürgert. Der Ver- kehr in diesem Artikel war ein so wichtiger, dass zur damaligen Zeit Tuch sogar ein Tauschmittel anstatt des Geldes bildete, und die Stadt selbst ihre Anleihen in nicht unbedeutenden Beträgen in Form von Tuchen abschloss. Von dem Umfange der Fabrikation kann man sich einen Begriff machen aus der Thatsache, dass Breslau zur Zeit 900 be- waffnete Tuchmacherknappen aufstellen konnte. Es bestand hier eine ganze Reihe von Handelsgesellschaften, von denen gewöhnlich ein Socius auf Reisen, der andere hierorts die Ge- schäfte besorgte. Nachdem bereits Karl IV. im Jahre 1358 einen förmlichen Handels- vertrag mit Venedig abgeschlossen hatte, welcher dem Breslauer Handel zur Ausfuhr von Pelzwaaren und Einfuhr von Gewürzen, Südfrüchten, Weinen und kostbaren Geweben recht förderlich war, finden wir um !) In Höhe von 1166 370 Thalern. 6 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. das Jahr 1400 bereits viele junge Breslauer Kaufleute zur Ausbildung daselbst vor. Um dieselbe Zeit schon unterhalten Thorner Handelsleute lebhafte Beziehungen zu Breslau und legen ihre Gelder zinsbar in hiesigen Grundstücken an. Auch Einwohner Nürnbergs — ein Beweis der früh entwickelten Handelsbeziehungen zu diesem Kreuzungspunkte zwischen Venedig und den Niederlanden, — finden sich im 15. Jahrhundert in unseren Stadt- büchern zahlreiche Rechtshandlungen vor. Die Zugehörigkeit zu Böhmen erweiterte den Breslauer Handelsverkehr auch in der Richtung gegen Ungarn, nachdem Ludwig der Grosse den Breslauern durch Privileg vom 29. November 1365 gleiche Rechte mit den Pragern und Nürnbergern gewährt haite. Der Verkehr dahin steigerte sich, als im Jahre 1474 Schlesien selbst an Ungarn fiel. Man führte dorthin besonders Tuche und Pelzwaaren aus und tauschte Erze, vor allem Kupfer und Gewürze, hauptsächlich Pfeffer ein. Für den Verkehr nach Osten ist Lemberg zu erwähnen, wohin der Handel und die weitere Durchfuhr in das Reussenland durch Privilegien seitens des polnischen Königs Casimir und seiner Nachfolger den Bres- lauern gewährleistet blieb. Im 15. Jahrhundert gewinnt Lublin an Be- deutung. Hauptartikel des Verkehrs bildeten ausser lebendem Vieh und Häuten, die hiesigen Kürschnerwaaren, deren Herstellung hier so lebhaft betrieben wurde, dass das jetzige Ohlauer Strassenviertel lange Zeit „das Kürschnerviertel“ genannt wurde, Durch die Nähe der Salzberg- werke war Krakau schon damals für den Breslauer Handel unentbehr- lich, und sollte noch später für ihn eine grosse Rolle spielen. Mit Hamburg trat Breslau erst gegen Ende des Mittelalters in Be- ziehungen; dagegen waren solche mit Lübeck nachweislich schon im 13. Jahrhundert vorhanden; später scheinen sie zurückgegangen zu sein. Den fremden Kaufleuten war hier in Breslau der Grosshandel jeder- zeit gestattet; nur zur Jahrmarktszeit wurde, um den Handelsverkehr zu heben, Zoll- und auch im Detailhandel Markt-Freiheit gewährt. Es entwickelten sich in Breslau allmählich vier Jahrmärkte, von denen sich bekanntlich drei, u. z. der Lätaremarkt, Mariä Geburtsmarkt und Elisabethmarkt bis heute erhalten und mit der Zeit den Charakter von Messen ange- nommen haben, an welchen die auswärtigen Kunden ihre Zahlungsver- pfliehtungen erledigen und neue Einkäufe machen konnten. Auf ihnen wurden gemeinsame Festsetzungen mit den auswärtigen Innungsgenossen gepflogen, und es ergab sich dabei eine nützliche Berührung der Hand- werksmeister mit den Consumenten. Be III. Historisch -staatswissenschaftliche Abtheilung. 7 Ausser den vier Kramwaaren-Märkten gab es hier fünf Ross- und Viehmärkte, zwei Wollmärkte, einen Brieger Leinenmarkt, einen Honigmarkt, einen Kardenmarkt, einen Flachsmarkt und einen Weihnachts- oder Kindelmarkt. Da der Besuch der Jahrmärkte für die Handeltreibenden eine Noth- wendigkeit war, weil ihnen die fremden, direeten Bezugsquellen im all- gemeinen noch nicht bekannt und erreichbar waren, so kamen sie nicht nur aus der Provinz, sondern auch aus den Nachbarländern hierher. Ganz besonders waren es die polnischen Juden, welche diesen Märkten eine ungemeine Regsamkeit verliehen. So sehr man sich auch ihrer dauernden Niederlassung hierorts stets entgegensetzte, waren sie den Breslauern doch zu jeder Zeit sehr willkommene Handelsgäste, da sie hier nicht nur ihre Einkäufe besorgten, sondern auch fremde Landes- producte, z. B. Leder, Wachs, Wolle, Talg mitbrachten, wodurch sich für unsere Stadtbewohner ein höchst gewinnbringender Tauschhandel herausbildete. Den Juden war die Errichtung kaufmännischer Etablissements vor 1744 hier nicht gestattet; aber auch da durften sie, mit Ausnahme weniger Privilegirten, ihr Quartier nur im „Pokoihofe‘“, der „Fecht- schule‘ und dem „goldenen Rade‘ nehmen, woher sich denn auch die Ansiedelung vorzüglich jüdischer Kaufleute auf der Carlsstrasse her- schreibt. Ausserdem gab es von Alters her hier Wochenmärkte, um das Be- dürfniss an Landesproducten zu befriedigen. Ebenso wie die Fremden den Verschleiss von Waaren, namentlich Industrieerzeugnissen, lediglich an Jahrmärkten bewirken durften, war ihnen der Verkauf von Lebensmitteln nur an den Wochenmärkten ge- stattet. Die „Gäste“ durften auf dem täglichen Markte am Ringe nichts detailliren, sondern ihre Vorräthe nur im Ganzen verkaufen; über die Quanta waren von dem Rathmanne ausführliche Ordnungen gegeben. Die Fleischer hatten ihre Verkaufsstellen in den grossen und kleinen Fleischbänken; schon 1266 war der „‚Kuttelhof‘“ vorhanden. Den Tucehmachern waren im Tuchhause, einem lang gestreckten Gebäude auf der Elisabethstrasse, 24 Stellen angewiesen, wo sie erst allmählich jeden Donnerstag den Ausschnitt ihrer selbstgefertigten Tuche, u. z. nur im Ganzen ausüben durften, Von anderen Märkten sind noch hervorzuheben zwei Brodmärkte, von denen der eine Sonntags stattfand, damit man, wie Herzog Heinrich 1327 äusserte, „in Breslau nicht nur essen und leben, sondern auch gut 8 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. essen und wohlleben möge‘, Der Breslauer Getreidemarkt wurde früher, so noch im 15. Jahrhundert, auf dem Ringe vor der „goldenen Krone“ und dem „Becher“ abgehalten, worauf auch noch die „Kornecke‘ hin- deutet. Ein Einkauf von Getreide zum Wiederverkauf war streng verboten. 1567 richtete der Rath selbst einen Haferhandel ein, hierzu 1587 ein eigenes Haferamt, das noch 1700 auf dem Fischmarkte bestand. Da nur die Bäcker Getreide auf Speculation aufkaufen durften, so waren oft zur Zeit der Noth keine Vorräthe vorhanden, und für diese sorgte der Rath dadurch, dass er zwei Kornhäuser, das eine 1453 auf dem Burgfeld, das andere 1519 am Sandthor erbauen liess. Es wird Sie interessiren, die Getreidepreise, welche zu den verschiedenen Zeiten be- standen, zu erfahren; es kostete nach jetzigem Gelde um das Jahr 1250 der Scheffel Roggen 13 $Silbergroschen, 1326 - - £ 20 - - = Weizen 20 - Er Pa: 6} - - Roggen 10 - 2 Gerste 7%, - 2 2 Hafer 3°, s Nun vergleichen Sie, meine Herren, die Preise vom Jahre 1858; da zahlte man für einen Scheffel Weizen 75 Silbergroschen, also bei- nahe 6 mal soviel, für Roggen 49 Silbergr., also ungefähr 5 mal soviel, für Gerste 41 Silbergr., also ungefähr 6 mal soviel, für Hafer 35 Silbergr., also ungefähr 10 mal soviel. Der heutige Preis von Weizen ist unge- fähr pro Schefiel, a 84 Pfund oder 42 Kilo, 106 Silbergr., für Roggen ungefähr 82 Silbergr., für Gerste 60 Silbergr. und Hafer, a 75 Pfund oder 37%, Kilo, pro Scheffel ungefähr 64 Silbergroschen. Sie sehen daraus, dass seit ungefähr einem Drittel-Jahrhundert Weizen und Roggen wiederum wesentlich im Werthe gestiegen sind, was allerdings zum Theil mit den hohen Eingangszöllen zusammenhängt, da sie 25%, des Gesammtwerthes, bei Hafer 20°%,, bei Gerste 12'/,/, repräsentiren. Theuerungsjahre waren besonders das Jahr 1600, in welchem die Preise auf die enorme Höhe von 3 Thlr. 29 Silbergr. für Weizen und 3 Thlr. 13 Silbergr. für Korn stiegen. In neuerer Zeit war das Jahr 1805 ein Theuerungsjahr; das Korn stieg, der Scheffel sogar auf 7 Thlr. 8 Silber- groschen; ebenso zahlte man im Nothjahr 1847 für Korn 4°, —5 Thaler, für Hafer 50 Silbergr., für Gerste 103 Silbergroschen. Das Quantum des nach Breslau gebrachten Getreides wird am Ende des vorigen Jahr- hunderts auf ungefähr 400 000 Scheffel per Jahr berechnet. Im Jahre 1845 betrug das der Steuer unterliegende Consumsquantum allein 276 207 Centner. Ai Ai en RE II. Historisch - staatswissenschaftliche Abtheilung. 9 Um den Handelsverkehr zu bewältigen, war es von Anfang an nothwendig, regelmässige Beziehungen zu den übrigen grossen Handels- plätzen zu unterhalten. Gestatten Sie mir nun einiges über die ursprüng- liche Entwiekelung des hiesigen Postwesens zu sagen. Zur Briefbeför- derung wurden Boten benutzt, welehe, unter amtliche Aufsicht des Magistrats gestellt, nach einer gesetzlichen Botenordnung zu verfahren hatten. Es bekam 1387 ein Bote nach Brieg 12 Silbergroschen 8'/, Pfg. - Oppeln 21°, - — - Liegnitz 29 z — - Kalisch 36'/, = — Der Magistrat benutzte für seine Zwecke auch sogenannte Raths- ausreuter, welche Bezeichnung noch heute für die bei festlichen Gelegen- heiten verwendeten Rathsdiener verblieben ist. Allmählich gingen die Breslauer Briefboten an bestimmten Tagen nach den verschiedenen Handelsplätzen und richteten sich derart ein, dass sie mit den Boten anderer Plätze zusammentrafen. Schon im 16. Jahrhundert finden wir sie nach Nürnberg, Leipzig und Krakau unterwegs. Die erste Breslauer Botenordnung datirt vom Jahre 1573; es wurde ein Botenknecht, also der erste Breslauer Posthalter bestellt, und als solcher Hansen Schiller berufen, geschworen und vereidet, Es wurde ihm ein Bäudlein am Rathhause überwiesen, und ihm 40 Personen zum Botendienst unterstellt, denen allein das Tragen der Botenbüchse gestattet war. Der Bote nach Nürnberg musste im Sommer die Tour in 10, im Winter in 11 Tagen zurücklegen und erhielt für jeden Brief 3 Groschen und in Nürnberg 6 Kreuzer. Der Botenknecht hatte ausserdem 4 Heller zu fordern. Im Jahre 1614 wurden in Berlin dem Boten nach Breslau 4 Thaler Botenlohn für die Tour und pro Tag 3 Groschen Wartegeld ausgesetzt. Im 17, Jahrhundert gab es auch fahrende Boten, welche ausser Briefen auch Packete beförderten, Sie wissen, dass 1526 Breslau unter österreichische Herrschaft kam. Als nun die inzwischen entstandenen Turn- und Taxis’schen Posten einen Ueberschuss von 100 000 Dukaten erzielten, konnte es nicht fehlen, dass die Kaiserlich österreichische Regierung die Post als eine Anstalt des Staates zum Regal erklärte. Im Jahre 1708 giebt es in Breslau urkund- lich ein Kaiserliches Postamt, Das Passagiergeld nach Leipzig betrug damals 11 Thaler 8 Groschen, bei 30—40 Pfund Freigepäck; auch war bereits eine Postverbindung nach Berlin eingerichtet. Schon in frühester Zeit fanden hierorts bestimmte Versammlungen der Kaufleute statt, und zwar in den oberen Localitäten der sogenannten „kleinen Waage‘ am Ausgange des jetzigen Eisenkrams. Im Jahre 1642 10 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. kauften die Corporationen das Rhedinger’sche Haus am „‚Salzringe‘‘, dem heutigen ‚‚Blücherplatz‘“, zu Börsenzwecken an. Ich sprach von der kleinen Waage; hieran möchte ich anschliessen, dass die Einnahmen der Stadt aus den Waagegefällen so bedeutend waren, dass sie zeitweise zur Zinsendeckung der gesammten Stadtschulden ausreichten. Noch im Jahre 1816, als der Waagezwang nicht mehr in voller Kraft bestand, war der Ertrag 39 828 Thaler 25 Silbergroschen 11 Pfennige. Aus den äusseren Handelsbeziehungen Breslaus ist hervorzuheben, dass im Jahre 1490 auch Frankfurt a./O. von den Hohenzollern das Niederlagsrecht erhalten hatte, was für Breslau eine schwere Concurrenz bedeutete. Indess kam bald behufs gemeinsamer Ausführung desselben eine Einigung beider Städte zustande, sodass, zum grossen Aerger Leipzigs, zwischen Breslau und Frankfurt z. B. über Glogau keinerlei Waaren von Osten nach Westen über die Oder gebracht werden durften. Wie uns Professor Fechner in seinem Werke über die handels- politischen Beziehungen Preussens zu Oesterreich!) berichtete, hatte Schlesien inzwischen durch seine natürliche Fruchtbarkeit die Befähigung gewonnen, seine eigene Bevölkerung nicht nur mit den nothwendigsten Nahrungsmitteln, sondern auch zum grössten Theil mit den Rohproducten der sich entwickelnden Industrie zu versorgen. Es beginnt die Lein- wandfabrikation und Garnspinnerei einen hervorragenden Rang einzu- nehmen; es entwickelt sich eine umfangreiche Wollproduction, in welcher sich unsere Provinz ein Monopol für die ganze Welt erwarb, da sie bis auf den heutigen Tag das feinste Product liefert. Die Uebergabe des Landes an Oesterreich hatte eine Ausdehnung der Handelsbeziehungen Breslaus zur Folge. Während grosse Mengen Wolle nach der Lausitz und Sachsen, Böhmen und Oesterreich, Holland und England ausgeführt wurden, kamen grosse Quantitäten böhmischer Flächse herein; böhmische Leinwand, sowie böhmische Garne wurden in grossen Massen angekauft, um in alle Welt verkauft zu werden. Die Provinz Schlesien war für Oesterreich der Grosshändler geworden, und mit ihrem Wachsthum ge- winnt auch Breslaus Handel immer weiter Kraft und Ausdehnung. So war denn Breslau in den Stand gesetzt, die Drangsale und über- aus traurigen Folgen des dreissigjährigen Krieges, wenngleich langsam, zu überwinden. Im Jahre 1617 besass Breslau 37 600 Einwohner und noch 1710 kam es über 41 000 nicht hinaus. Ein ganzes Jahrhundert, bis 1811 brauchte es, um auf 63 237 Einwohner zu kommen, und erst im jetzigen findet diejenige Bevölkerungszunahme statt, welche Breslau schliesslich zu einer Grossstadt gestaltet hat. ') Fechner, die handelspolitischen Beziehungen Preussens zu Oesterreich während der provinziellen Selbständigkeit Schlesiens 1741—1806. III. Historisch - staatswissenschaftliche Abtheilung. 11 1829 besass es 84904 Einwohner (ohne Militair) 1840 E - 94148 - Be 2108002102 2 BR. =. )211710926 - ) 1871 = = 208 025 z incl. 7000 Mann Militair und heute dürfen wir unsere Bevölkerung auf über ein drittel Million beziffern. Am Ausgange des 17. Jahrhunderts suchten die polnisch-sächsischen Könige den so wichtigen polnischen Verkehr nach Leipzig hinüber zu lenken; andrerseits war England bemüht, den schlesischen Leinwand- handel durch hohe Zölle auszuschliessen. Auch Peter der Grosse hatte die Ausfuhr vieler Handelsartikel nur über Petersburg gestattet, und die polnischen Zollbeamten übten vielfache Plackereien aus. Breslau wurde durch diese Verhältnisse schwer benachtheiligt. Ein Wandel zum Besseren trat ein, als 1727 ein vortheilhafter Zollvertrag, der sogenannte Przebedowski’sche, mit Polen zustande kam. Auch Russland hatte sich dem Kaiser Karl VI. gegenüber, bezüglich der Ausfuhr seiner Handels- waaren zu günstigen Concessionen bequemt. Durch hohe Ausfuhrboni- ficationen nahm der Export von Leinwand nach England wieder mächtig zu. Die Einfuhrzölle für Rohproduete waren mässig, für manche sogar sanz fortgefallen, die polnischen Juden waren vom Ausfuhrzoll gänzlich befreit, und so kam es, dass Handel und Wandel in Breslau auf- blühten. Schon das Jahr 1725 bezeichnet vor der Occupation den Höhe- punkt des Leinwandhandels; er behielt lange Zeit seine Bedeutung im wesentlichen vermöge der billigen Waareufabrikation, bis dann später die Baumwolle anfing den billigen Leinenwaaren Concurrenz zu machen. Eine wichtige Epoche in der Entwickelung des Breslauer Handels bildet die Besitznahme des Landes durch Friedrich II. im Jahre 1741. Welche wichtigen segensreichen Reformen der grosse König im Ver- waltungswege in die hiesige städtische und provinzielle Verwaltung ein- geführt hat, darüber hat uns Herr Geheimrath Grünhagen in seinen interessanten Vorträgen oft belehrt; aber auch dem Breslauer Handel wendete der König sofort die grösste Aufmerksamkeit zu, wenngleich er den Ansichten und Forderungen der Breslauer Kaufmannschaft nicht immer thatsächlich entsprach. Von Berlin schrieb er sofort dem Ge- heimrath Cellarius: ‚Ihr müsst Euch desshalb mit den Kaufleuten be- sprechen, um durch selbige unter der Hand die eigentliche Beschaffen- heit des niederschlesischen Commerciums zu erfahren, was zu dessen Aufnahme dienen kann.“ Es trat denn auch bald im nächsten Jahre der dirigirende Minister Schlesiens, von Münchow, mit den Breslauer Kauf- leuten in Verbindung. Ihre Klagen waren gar mannigfaltig; denn der !) 1868 wurden 7 Ortschaften mit 14541 Einwohnern incommunalisirt, 12 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Handel hatte durch die Lostrennung von dem grossen österreichischen Staatskörper unendlich gelitten. Maria Theresia und ihre Räthe boten ja natürlich alles auf, um die neuen preussischen Unterthanen durch Zollmaassregeln und sonstige Plackereien möglichst zu schädigen. Fechner meint zwar, dass die Breslauer Kaufmannschaft, welche die Herabsetzung der Zölle, sowie die Erneuerung des Przebedowski’schen Tractats mit Polen verlangte, nicht genügende Rücksicht auf das Finanz- interesse des Staates nahm; aber ich glaube, dass die Kaufmannschaft, welcher man auch heutzutage manchmal den gleichen Vorwurf macht, genau weiss, wo sie der Schuh drückt, und es auch damals genau ge- wusst hat! Ende 1754 berichtete die Breslauer Kammer: „das Leine- wandgeschäft wolle sich nicht heben, das Tuchgeschäft stehe in Gefahr, zu Grunde zu gehen; nach Polen und Russland hätten Tücher fast gar keinen Absatz, und es sei zu fürchten, dass Sachsen einen grossen Theil des österreichischen, Oesterreich einen grossen Theil des polnischen Handels an sich ziehen würde.“ Es war in der That eine harte Zeit für Breslau; sein Handel war in erschreckender Weise zurückgegangen. In dem Zeitraum von 1769/70—-1779/80 betrug der Rückgang 1. nach Italien von 76 622 Thaler auf 35 207 Thaler, 2. nach Ungarn von 178 844 Thaler auf 46 377 Thaler, 3. nach den österreichischen Erblanden von 930 487 Thaler auf 296 873 Thaler, 4. nach Polen von 1393 394 Thaler auf 531 097 Thaler. Die Einfuhr aus Polen war zurückgegangen von 1 632 704 Thaler auf 597 393 Thaler. Friedrich der Grosse hatte geglaubt, die Polen zwingen zu können, dass sie nicht nach Leipzig zur Messe gingen, sondern alle ihre Handels- geschäfte in Breslau abmachten; er belegte deshalb den polnischen Transithandel mit einer Abgabe von 30°%, ad valorem und sehr stören- den Revisionen, was aber nur den Erfolg hatte, dass nun die Züge der polnischen Kaufleute ihren Weg nach Leipzig durch Oesterreich nahmen, Im Stadtarchiv hierselbst befindet sich ein Actenstück vom 14, Juli 1780 über eine Petition der Breslauer Kaufmannschaft an den König. Sie bittet um Zollermässigungen und petitionirt um Wiederherstellung des Baratto Beneficiums, d. h. der Zollbonification, welche man den Polen für importirte Waare gewährte, sofern sie einheimische Waare zurück- nahmen. Auch möge der König den Handel mit blauer Farbe nicht einem einzigen Entrepreneur übergeben. Der Schlusspassus des Acten- stückes lautet wörtlich: „Da nur allein hier in Breslau 340 Kaufleute ohne die vor den Thoren wohnenden Handlungsleuthe und die Juden EN ATTER DW 7 4. = Se w se II. Historisch -staatswissenschaftliche Abtheilung. 13 sind, so ist nicht abzusehen, wie sich in der Folge diese vielen Familien und die Kaufleuthe in den übrigen Städten erhalten sollen, wenn sie bei dem ohnedies derangirten Commereio auch diese und wohl gar noch mehrere Branchen des Handels verlieren sollen. Die Kaufmannschaft bittet fussfällig, dass ihr die natürliche Freiheit des Handels ge- lassen werde, Gott segne und erhalte Seine Majestät den König. ')‘“?) Diese beiden Gutachten unserer Kaufmannschaft aus den Jahren 1754 und 1780 umfassen beinahe die Hälfte der Regierungszeit des grossen Königs. Er war anfänglich von der Breslauer Handelsnoth nur schwer zu überzeugen und forderte die Breslauer Kaufleute in einem Rescript auf, sich möglichst neue Märkte zu suchen; die Rawitscher und andere Kauf- leute thäten dies den Breslauern zuvor und zögen bis Brody. Die Bres- lauer aber zögen es vor, die Tücher wohlfeil an die polnischen Juden zu verkaufen; sie müssten animirt werden, die auswärtigen Messen zu beziehen und mit fremden Leuten Bekanntschaften zu machen. Die Kaufmannschaft widersprach dieser Ansicht und meinte, dass das Markt- ziehen nicht den Handel befördere; in Polen sei nichts zu holen, höchstens Geld und Leben zu riskiren. Der Barattohandel würde gänz- lich aufhören, wenn die Fremden nicht mehr nach Breslau kämen. Es ist wirklich ergreifend zu sehen, wie Friedrich II. unablässig seine höchste Energie einsetzte, um dem schlesischen Handel aufzuhelfen — durch einen unablässigen Schriftwechsel und Zollkampf mit der österreichischen Staatsregierung, durch das Erschliessen der altpreussischen Provinzen zu Absatzgebieten, durch grosse Leinwandbestellungen fürs Militair, ja selbst durch Benutzung schlesischer Juden zur Erforschung und Herbeiziehung der österreichischen Waarenkunden. Der König hatte denn auch den Trost, dass kurz vor seinem Tode, im Jahre 1786 sich wenigstens der Leinwandhandel nochmals zu hoher Büthe emporschwang. Als zur Zeit der napoleonischen Kriege England in Folge der Continentalsperre den Handel zur See beherrschte und die auswärtigen Märkte immer mehr eroberte, ging die noch dazu durch eine grosse Kriegscontribution schwer belastete Stadi°), der alten Handelsbeziehungen vollständig beraubt, aus den Freiheitskriegen völlig ruinirt hervor.‘) ı) S. Breslauer Morgenzeitung No. 34 v. 10. Februar 1883. 2) Das Firmenregister Breslau’s zählte am 20. December 1890 2990 offene Handelsgesellschaften. ») S. Börsen-Archiv No. 259. 260. 261. *) Die Kriegscontribution betrug für das Departement Breslau achtzehn Millionen Francs, behufs deren Zahlung die Einwohner vom Magistrat aufgefordert wurden, ihr baares Geld gegen Stadtobligationen bei der Kämmerei niederzulegen. S. Schles. Zeitung No. 12. 1807. 14 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. In unserem Jahrhundert war Breslau gezwungen, von vorn an- fangend, sich mühsam aus alten BRRDEDENEESPAERFEE neue Absatzgebiete zu verschaffen. Es entstehen aber auch neue Industrien; allmählich beginnt, von dem Industriellen Silberstein in Schlesien eingeführt, die Zucker- fabrikation an Bedeutung zu gewinnen, welche sie bis auf den heutigen Tag zu bewahren gewusst hat. Der Zuckerhandel gravitirte besonders nach Polen, Galizien und Krakau, die überhaupt wieder aufs neue die besten Absatzgebiete Breslaus geworden waren. Allerdings erlahmte dieser Verkehr nach der polnischen Revolution 1831 und der darauf folgenden strengeren Absperrung der polnischen Grenze. Das Geschäft blieb indess, besonders nach Krakau, ein bedeutendes, indem einzelne hiesige Handlungen dorthin ungefähr 400 Fass oder 10 000 Centner Zucker jährlich absetzten und auch andere Artikel, be- sonders Colonialwaaren und Manufacturen, verfrachteten. Das dauerte bis zur Einverleibung Krakaus 1846 an, wodurch dem ausgedehnten Schmuggelhandel über Neu-Berun nach der freien Reichsstadt ein Ende bereitet wurde. Im Jahre 1842 hatte die Wasserzufuhr von Zucker 86 000 Ctr. im Werthe von 1 700 000 Thaler betragen. Dieser Geschäftszweig erhielt eine vollständig veränderte Gestalt durch den Aufschwung der Rübenzuckerfabrikation. Durch den Vertrieb der schlesischen Zuckerfabrikate hat aber Breslau glücklicherweise einen reichlichen Ersatz für den Verlust des ehemaligen Darchgangsgeschäftes erhalten. Ausserdem waren bei uns selbst mit der Zeit Zuckerfabriken entstanden; es gab deren im Jahre 1889 elf, welche mit 168 Dampf- maschinen von 2040 Pferdekraft zusammen eirca 4 100 000 Ctr. Rüben verarbeiteten. Aber auch andere Fabrikzweige, welche der Ausbreitung des hiesigen Handels zu gute kamen, begannen sich allmählich zu heben, Die grösste Bedeutung hatte in der Mitte unseres Jahrhunderts immer noch der Woll- und Manufacturwaarenhandel. In den 40er Jahren spielten in letzterer Branche die Häuser „Gebr. Dyrenfurth‘‘ und „Milde“ eine grosse Rolle hierorts, im Speditionshandel unterhielten die Häuser Johann M. Schey und Meyer H. Berliner ausge- dehnte Beziehungen, besonders nach Einbeziehung Breslaus in das deutsche Eisenbahnnetz und dem damit verbundenen Aufschwung des oberschle- sischen Hüttenverkehrs. Der Absatz in Wollen hat sich bis auf die heutige Zeit für die ausgezeichneten Qualitäten, die sog. Merinoelectoralwollen erhalten. Die Landwirthe hatten den grossen Fehler begangen, im Glauben auf einen grösseren Ertrag, ihre Stämme zu verzüchten, erlitten aber gar bald durch die Massenproduction den schwersten Schaden; denn es wurden Maschinen erfunden, welche die sonst in der Qualität guten III. Historisch - staatswissenschaftliche Abtheilung. 15 Australischen und Cap-Wollen von vegetabilischen Bestandtheilen, den sog. Disteln, säuberten. So wurde das bisherige Hinderniss gegen eine gleichförmige schwarze Färbung des Tuches beseitigt und den feinen Erzeugnissen eine neue, andauernde Concurrenz bereitet. Infolgedessen hat die Bedeutung des Breslauer Frühlingswollmarktes allmählich abgenommen, was sich deut- lich in den Zufuhrsziffern ausspricht. Es wurden zu Markte gebracht: ') 1852 55 500 Ctr., 1869 87500 = dagegen 1889 nur noch 22683 - Die Preise stellten sich durchschnittlich für hochfeine Wollen: 1852 315—420 Mark, 1869 270—315 = dagegen nur noch 1889 205—265 = Mit dem Wollmarkt ist seit dem Jahre 1863 zugleich ein Maschinen- markt verbunden, auf welchem heimische und fremde Erzeugnisse guten Absatz finden. Fabrikanten und Landwirthe verständigen sich über das Dargebotene und Erforderliche und finden so Veranlassung, alljährlich zum hiesigen Markt wiederzukehren, Der Katalog vom Jahre 1889 wies 273 Aussteller auf, von denen 225 auf Schlesien, 137 auf Breslau allein entfielen. Lange Jahre hindurch war Breslau ein Stapelplatz für in- und aus- ländisches Getreide. Der hiesige Markt hat aber allmählich seine Be- deutung verloren, seitdem in den 70er Jahren durch die Aenderung der Eisenbahntarife, dem Hinterlande von Breslau, sowie den Seeplätzen Concessionen gemacht worden sind, welche den Frachtenverkehr von hier ablenken mussten. Ausserdem machten die hohen Zölle, welche ‚ allmählich die Höhe von 50 Mark pro 1000 Kilo erreichten, den Bezug ausländischen Getreides bester Qualität ungemein erschwerend. Die Umsätze sind denn auch allmählich gar sehr zurückgegangen, zumal die Production nicht ohne ursächlichen Zusammenhang mit dem so sehr be- günstigten Rübenbau der Provinz, mit der Zunahme der Bevölkerung nieht gleichen Schritt hat halten können, und die Ernteresultate Schle- siens in den letzten Jahren viel zu wünschen übrig gelassen haben. Der effective Getreidehandel, welcher heute hier noch besteht, dient daher nur noch lediglich zur Versorgung der hiesigen und der in der Um- gegend befindlichen Mühlen, welche nach ungefährer Schätzung bei vollem Betriebe täglich 7—8000 Ctr. vermahlen. In jüngster Zeit hat sich hierorts eine Genossenschaft von über 300 schlesischen Gutsbesitzern I) S. Jahresbericht der Handelskammer zu Breslau für das Jahr 1889, 16 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. gebildet, welche den Ankauf der erforderlichen Saat- und Futterstoffe in die Hand genommen hat, um auf diese Weise deren Preise möglichst selbst zu reguliren. Dadurch, sowie durch die Einrichtung der Behörden, Proviantvorräthe möglichst direet vom Consumenten einzukaufen, ist dem Zwischenhandel gleichfalls grosser Abbruch geschehen. Der früher bedeutende Flachsmarkt ist in seinem Umfange all- mählich zurückgegangen, ebenso der Ledermarkt, dagegen ist der Handel in rohen Häuten und Fellen ein sehr umfangreicher geblieben. Der Colonialwaarenverkehr hat insofern eine andere Gestalt ange- nommen, als unser Nachbarland Oesterreich nach Aufhebung des früheren Handelsvertrages im Jahre 1878 daran ging, seine Zölle auf die meisten Consumartikel von der Landseite aus wesentlich zu erhöhen, gleichzeitig aber seinen Seehäfen, besonders Triest und Fiume billigere Einfuhrzölle, sogenannte Differenzialzölle zu gewähren und, um den Verkehr seiner südlichen Bahnen zu heben, überdies auch die Frachtsätze landeinwärts bedeutend zu ermässigen. Dies hat beispielsweise zur Folge, dass heut- zutage der Bezug von Kaffee nach unserem nachbarlichen Krakau sich von dem entfernten Triest billiger stellt, als von Breslau aus. Unsere Grosskaufleute sind daher gezwungen, in den österreichischen Hafenplätzen grosse Consignationslager zu unterhalten. Dagegen hat neuerdings unsere Stadt als Stapelplatz für Petroleum gewonnen, seitdem auf den Anlagen des Caro-Speichers sowie des Priefert-Bollwerks und den Reservoirs der Deutsch-Russischen Import-Gesellschaft genügende Vorrichtungen getroffen sind, um grosse Mengen aufzunehmen. Das Manufakturwaarengeschäft hat seinen von Alters her bestehenden grossen Umfang bewahrt. Ausser dem Verkehr in Metallen und Steinkohlen hat sich entschieden in den letzten Jahren das hiesige industrielle Gross- sewerbe gehoben, besonders in der Eisenbahnbedarf-, landwirthschaft- lichen Maschinen-, Cement- und chemischen Branche, in der Strohhut- fabrikation und der Anfertigung von Kleider- und Wäscheerzeugnissen, die beiden letzteren Geschäftszweige insbesondere wegen der uns zu Gebote stehenden billigen Arbeitskräfte. Auch das Brauereigewerbe hat in den letzten Jahren einen grossen Aufschwung genommen, welchen ich der entschieden fortschreitenden Verbesserung der Bierfabrikate zu- schreibe, nicht minder die Spritfabrikation durch die intelligente Leitung der hiesigen Spritfabriken, deren Spiritusbestände im Jahre 1889 zeit- weise die Höhe von 11 Millionen Liter erreichten. Die Hoffnungen auf einen erweiterten Spritexport nach Spanien haben sich zwar wegen unserer Concurrenz in Hamburg und Carlshamm nicht verwirklicht, doch sind die Preise infolge der ungünstigen Kartoffelernte in letzter Zeit sehr in die Höhe gegangen. Unter den hiesigen industriellen Gewerben ist ferner zu erwähnen die Fabrikation von Glimmer, Oelprodueten, Mühlenfabrikaten, Tabak Län III. Historisch - staatswissenschaftliche Abtheilung. 17 und Cigarren, Seife, Kork, Textilerzeugnissen, Handschuhe, Gold- und Silberwaaren, - Schuhwaaren, Gamaschen, Passamenterien, Möbel- und Kunsttischlerarbeiten, Röhren, Oefen und Thonwaaren, Schirmen, Lichten, Cichorien, Tapeten, Dachpappen, endlich Erzeugnisse des Gartenbaues und der Handelsgärtnerei. Was das hiesige Bankwesen betrifft, so wurde die hiesige Bank am 1. October 1765 durch Friedrich den Grossen gegründet und zwar mit einem ursprünglichen Capital von 450 005 Thaler in Gold und 1 325 000 Thaler in Banknoten, von denen im Jahre 1805 nur 584 264 Thaler eirculirten, ') Anfänglich war ein Bankier Möllendorf mit der Realisirung der Banknoten bei '/,°/, Rabatt betraut, deren Agio aber so sehr schwankte, dass man in kaufmännischen Kreisen der Ansicht huldigte, ‚dass auf diese Art, wie z. Z. die Einrichtung der Banco allhier beschaffen nie- mals aus der Banco etwas reelles werden kann“, Am 1. Januar 1768 wurden alle Königlichen Kassen Schlesiens an- gewiesen, die Umwechslung der Noten zu besorgen, und vom 18, Juli desselben Jahres ab mussten alle Landescollegien diejenigen Depositen- und Pupillengelder, welche nicht hypothekarisch untergebracht werden konnten, der Bank zur Verzinsung übergeben; denselben Auftrag erhielten 1769 die schlesischen Stiftungen und Hospitäler. Ueber die fernere Entwickelung dieses Geschäftszweiges werden Sie ein anschauliches Bild am besten dadurch erhalten, dass ich Ihnen eine Zusammenstellung von Gewinnziffern und Umsätzen der hiesigen Geldinstitute mittheile. Der Gewinn der Königlichen Bank betrug im Jahre 1767/68 22289 Thlr., 1772/73 116358 = der Umsatz 33623 969 Thlr. Gewinn 1804/05 578865 = - z 135 111108 = 1871 =. 278‘'/, Mill. - Der Umsatz betrug bei der Reichsbank 1880 Mark 1 444 616 600, \ 1889 = 2474 094 400, bei der Städt. Bank 1871 = 178 200 000, 1880 - 113 967 194, 1889 = 124 975 666, beim Schles. Bankverein 1871 = 306 000 000, 1880 - 202 508 000, 1889 = 546 000 000, ») S. H. von Poschinger. Bankwesen und Bankpolitik in Preussen. (3 Bd. I. —1846. IL. —1857. II —1870.) kr 29 18 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. bei der Breslauer Discontobank 1880 Mark 975 067 963, | 1859 = 1076 369 097, bei der Breslauer Wechslerbank 1880 - 7123 467 924, 1889 = 1066 844 850. Bei der Schlesischen Boden-Credit-Actien-Bank betrugen die unkünd- baren Hypothekenforderungen 1850 Mark 41 343 759, 1883 IE 61 035 728, der Umsatz in Pfandbriefen war 1859 - 7 962 550. Der Vorschuss-Verein besass 1880 4132 Mitglieder, 1889 2567 - Vorschüsse wurden gewährt 1880 20 917 522 Mark, 1889 13120180 = Der Rückgang des Geschäftsumfanges beim Breslauer Vorschuss- Verein bedeutet eine Hebung des Handelsstandes, da kleinere Geschäfts- leute sich bei günstiger Prosperität ihres Betriebes allmählich von der Solidarhaft zu emancipiren und Beziehung zu anderen Banken und Banquiers anzuknüpfen suchen. Ich will aber hiermit keineswegs das wohlthätige Wirken des Vorschuss - Vereins für Klein-Industrielle in Frage stellen. Um das Bild der Fortschritte des hiesigen Verkehrswesens zu ver- vollständigen, möchte ich noch erwähnen: Bei der städtischen Sparkasse betrugen die Einlagen 1871 Mark 9186 000, bei der Kreissparkasse 1880 = 13 626 407, 1880 Mark 8453 595, 1889 = 25 221 235, 1889 = 10259 050. Der Consum-Verein verzeichnete 18380 19557 Mitglieder, Umsätze 3 871 627, 1889 30 598 E - 7 349 667. Briefsendungen sind in Breslau eingegangen: 1880 13 595 898 Stück, 1889 21415508 = Aufgegeben wurden hier: 1880 21 553 376 Briefe, 1889 33 592 930 = Postanweisungen sind eingegangen: 1880 991 424 Stück im Werthe von 60 444 301 Mark, 1889 1558523 - = - - 1061402838 - Aufgegeben wurden von hier aus: 1880 524 187 Stück im Werthe von 26 907 782 Mark, 1889 680251 =- = - - 44 353 924 = Die Ist-Einnahme der Gewerbesteuer betrug mit Ausschluss der Kategorie a.I: 7 LEE WERTE DUERRTEN gen — III. Historisch-staatswissensehaftliche Abtheilung. 19 1881/82 470 025,300 Mark, 1889/90 539 568,031 = An Frachtgütern auf den hiesigen Bahn-Verwaltungen wurden versandt: empfangen wurden: 1880 251 882 Tonnen, -1880 1433 170 Tonnen, 1889 396 565 z 1889 1 905 171 E Was den jetzt auf der Tagesordnung der öffentlichen Discussion stehenden Stromverkehr auf der Oder betrifft, so war früher eine Zähl- stelle für die hier durchgehenden Güter nicht vorhanden. Als sie im Jahre 1880 in dankenswerther Weise durch die hiesige Handelskammer ins Leben gerufen wurde, war man erstaunt, trotz der noch nicht regu- lirten Wasserstrasse einen ganz erheblichen Oderverkehr vorzufinden; er betrug für ankommende, abgehende und durchgehende Güter hierorts: 1850 2918048 Ctr., 1889 16 495 665 = 1890 23°, Mill. - eine Vermehrung, welche zum grossen Theil der Regulirung der unteren Oder zu verdanken ist. Nachdem mit der am 1. Mai erfolgenden Ueber- gabe des Oder-Spree-Canals von Fürstenwalde nach dem Seddin-See eine Abkürzung des Wasserweges nach Berlin und Hamburg geschaffen sein wird, erwartet man nunmehr eine weitere Steigerung des Strom- verkehrs.. Durch die Regulirung der oberen Oder, welche bereits durch Gesetz ausgesprochen ist, und bei welcher nur noch die Frage der Legung des Grossschifffahrtsweges durch oder um die Stadt Breslau ihrer Erledigung harrt, tritt unsere Stadt nach dem Urtheile Sachverständiger in eine neue wichtige Phase des Verkehrsfortschritts. Dürfen wir hoffen, dass die Anlagen bis 1897 fertiggestellt werden, so kommt es vor Allem unserer Stadt und Provinz zu Gute, dass ca. 21000000 Mark — so hoch berechnet man die Kosten — und der Beitrag der Interessenten 1 600000 Mark — hier und hinunter bis Cosel verbaut werden. Dann aber, wenn erst eine neue grosse Hafenanlage mit der nöthigen Umlade- Vorrichtung hergestellt sein wird, wird dem Wasserfrachtverkehr neues Leben zugeführt werden; gar mannigfache Gesellschaften werden er- stehen, und unzweifelhaft wird sich ein Umschwung auch in vielen anderen, z. B. den Grund- und Boden-Verhältnissen einstellen. In jüngster Zeit sind. einige Anzeichen hervorgetreten, dass man drüben in Oesterreich dem Projecete eines Donau-Oder-Canals sein Augen- merk zuzuwenden beginnt. Die Ausführung eines solchen Planes, welche wegen der verschiedenen Höhenlage der beiden Flüsse und eines bisher mangelnden genügenden Wasserzuflusses zum Ausgleich dieser Niveaux’ mit grossen technischen Schwierigkeiten verbunden zu sein scheint, liegt somit noch in weiter Ferne. Nichtsdestoweniger ist die Hoffnung nicht aufzugeben, dass sich finanzielle Kräfte unter staatlicher Förderung finden Y# 230 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. werden, um eine Wasser-Verbindung des schwarzen Meeres mit der Ostsee herzustellen, welche für Oesterreich sowohl, wie für Deutschland, insbesondere aber für unsere Provinz und Stadt von grösster Tragweite würde. Der hiesige Börsenverkehr hat in den letzten Jahren wesentliche Einschränkungen dadurch erlitten, dass nach der Verstaatlichung der schlesischen Eisenbahnen im Jahre 1883 Breslau aufgehört hat, ein Aus- gangspunkt des Handels für diese nach Zahl und Umfang bedeutenden Anlagewerthe zu bilden. Depeschen gingen an der Börse ein: 1880 45 044, 1889 29 938, 1330 hatte die Börse noch 641 Mitglieder, 1889 nur 457 2 Früher richtete sich Berlin gar oft nach den Ansichten und Infor- mationen, welche die dortige Finanzwelt sich von Breslau zu holen Ver- anlassung hatte, und es war natürlich, dass die Aufträge reichlich hier- her flossen. Der Umfang derselben hat wesentlich nachgelassen; man braucht uns auswärts nicht mehr in früherem Maasse und hegt somit für Breslau weniger Interesse. Berlin hat überdies mit der Ueber- siedelung vieler bedeutender Finanzkräfte dorthin unserem Platze gar viele Geschäfte entzogen, zumal auch unsere schlesische Aristokratie, welche früher, sei es zur Wollmarktzeit, sei es auch sonst zeitweise oder ständig, unter uns residirte, ihren Stadtaufenthalt im Zusammen- hang mit der Anwesenheit zum Reichs- und Landtage nach Berlin ver- legt und mit dortigen Bankhäusern vielfache Beziehungen angeknüpft hat. Auch hatten die Polen, welche ihre Einkäufe in früheren Zeiten hier zu besorgen pflegten, schon seit lange den Weg über Thorn—Brom- berg nach Berlin genommen, und was noch etwa hierher gravitirte, ist, durch die bekannten socialpolitischen Verhältnisse veranlasst, in letzter Zeit überhaupt weggeblieben. Als Oberbürgermeister von Forckenbeck seiner Zeit Breslau ver- liess, da betonte er in einer Abschiedsrede, dass für das Gedeihen unseres Handels vor Allem der Anschluss der Breslau-Warschauer Eisenbahn, welche jetzt in Wilhelmsbrück endet, nach Kalisch, Lodz und Warschau nothwendig wäre, um einen directen Verkehr nach dem polnisch-russischen Hinterlande zu erlangen. Jahrelang sind auch die Bemühungen geschehen, ohne dass indess ein Erfolg erreicht worden ist. Unser Nachbarstaat Russland macht uns überhaupt keine Concessionen zur Erleichterung des Grenzverkehrs; er beharrt vielmehr strenger denn je auf seinem Ab- sperrungssystem und in seiner chicanösen Art der Zollbehandlung. Für uns scheint daher dieses Gebiet, welches sich inzwischen indu- striell mehrfach emaneipirt hat, vollständig ausgebeutet, Auch mit Oesterreich steht es fast ebenso, was mich fürchten lässt, dass der im BET III. Historisch -staatswissenschaftliche Abtheilung. 21 Abschluss begriffene Handelsvertrag, so wohlthätige Wirkungen er auch durch Schaffung einer grossen gemeinsamen Interessensphäre im All- gemeinen auszuüben berufen sein wird, leider nicht wieder Alles gut machen wird, was die letzten 13 Jahre des Schutzzollsystems in unseren Beziehungen zu diesem Lande geändert haben. Damals hatte Oesterreich einen Gulden-Zoll etablirt, wo wir einen Mark-Zoll eingesetzt hatten. Desshalb konnten die Oesterreicher mit vielen Artikeln, z. B. Dach- pappen, Sämereien, Farbewaaren, Tuchindustrie-Erzeugnissen, Glaswaaren immer noch zu uns herüberkommen, und, da unsere Ausfuhr-Industrie inzwischen drüben occupirt worden ist, so wird selbst durch eine Er- mässigung der Zölle drüben oft nur eine Gleichstellung erzielt werden. - Früher z. B. kauften wir den polnischen Roggen; die Schale blieb hier, das Mehl ging nach Oesterreich-Ungarn; das hat nun aufgehört; da unsere Zölle nicht so hoch waren, kam das feine Weizen-Product der ungarischen Hochmüllerei, auf welche wir nicht eingerichtet waren, immer noch zu uns herein; jetzt aber sind drüben Mühlen gebaut worden, sodass wir auf eine Rück-Ausfuhr nicht mehr rechnen können. Wollen wir also unseren Breslauer und schlesischen Ausfuhr-Handel zu erweitern suchen, so müssen wir unsere Aufmerksamkeit auf die Balkanländer mit ihrer jungfräulichen Industrie lenken. Schon jetzt hat sich der Ver- kehr nach Rumänien durch seinen Zollkrieg mit Oesterreich merklich gehoben, und wir müssen bestrebt sein, daselbst einen festeren Fuss zu fassen. Wir müssen versuchen, allerdings unter Beobachtung grösster Vorsicht, Beziehungen zu Macedonien mit seinen überreichen Natur- schätzen und zur Levante anzuknüpfen. Die Anregung hierzu ist von unserem Handelskammersyndikus Herrn Dr. Eras denn auch bereits gegeben worden, nachdem er voriges Jahr sich persönlich über die dortigen Verhältnisse eingehend unterrichtet hat und im Begriffe steht, seine Erfahrungen in einer Brochüre zu veröffentlichen. Zur Auf- schliessung des Balkans ist es unbedingt erforderlich, dass die Route der subventionirten Zweiglinie unserer Reichspostdampfer von Brindisi— Port Said, nach Saloniki, dem besten Levante-Hafen verlegt werden. Da man schon jetzt von Hamburg nach Nisch mit Schnellzug und von da mit täglichem Personenzug nach Saloniki zusammen in ca. 48 Stun- den gelangen kann, so würde der Durchgangs-Personen- und Güter- Verkehr, welcher jetzt die Rheinroute über den Gotthard und Brenner nimmt, unsere Stadt und Provinz berühren, Dass dies für unsere Handels- entwickelung von unermesslichem Nutzen werden müsste, ist klar, wie es denn überhaupt unser Bestreben bilden muss, in die Bevorzugungen . des Westens zum Schaden des Ostens des Reiches einen Ausgleich zu bringen. Es könnten nach der Levante Spiritus, Zucker, besonders auch Bier, wenn die Fabrikation richtig angefasst würde, Wäsche, fertige Kleider, Textilproducte ausgeführt, und so ein Absatzgebiet wieder er- 232 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. obert werden, welches durch die früheren Kämpfe mit der Türkei uns entfremdet, den Franzosen und Engländern handelspolitisch zugefallen ist. Die Frage, was ferner zu geschehen hat, um Breslau eine seiner Bedeutung nach würdige Stellung im Handelsverkehr zu verschaffen, führt noch zu mancherlei Erwägungen. Die Bemühungen, die tarifarische Lage Breslaus auszugleichen, müssen immer wieder nachdrücklich, auch wenn sie nicht bald zum Ziele führen, aufgenommen werden, damit wir dem Aufsaugungsprocesse Berlins energisch entgegentreten können. Hat doch Letzteres für seine Bezüge von oberschlesischen Kohlen, für seine Ausfuhr von Mehl nach Süddeutschland, für seinen Bedarf an Seefischen bis in seine Markthallen hinein Ausnahmetarife erhalten, welche unseren Mitbewerb nach jeder Richtung hin erschweren. Ja es ist so weit ge- kommen, dass unsere directen Tarife von den Seestädten theurer zu stehen kommen, als die gebrochenen über Berlin. Zur Wiederauflebung unseres früher so blühenden Getreidehandels bedürfen wir insbesondere der Wiederherstellung des Reexpeditions- tarifes für ausländisches Getreide, damit unsere Händler wieder in die Lage kommen, dasselbe nach den verschiedenen Gattungen zu sortiren und nach allen Theilen Deutschlands dirigiren zu können. Einen An- trag hierzu, welcher vor einigen Jahren gestellt und sowohl vom Be- zirks- als auch Landes-Eisenbahnrath genehmigt worden war, hatte der Landwirthschaftsminister mit der Begründung abgelehnt, es läge keine Veranlassung zu einer solchen Bevorzugung Breslaus vor. Ist es aber, frage ich, ein normaler Zustand, wenn wir Getreide nach dem Westen, z. B. nach Mannheim über Stettin und Rotterdam billiger verfrachten können, als von hier aus direct? Durch solche Tarifverhältnisse wird das Ausland entschieden bevorzugt, welches mit seinem Tonnenkilometer- Einheitstarif überdies bis auf 1'/, Pfennige heruntergegangen ist, während unsere Eisenbahnverwaltungen auf ihrem hohen Satze von 4, Pfennigen beharren, und so in Stand gesetzt ist, die nothwendigsten Lebensmittel von den inländischen Consumtionsländern abzudrängen, Was fortgesetzte Bemühungen zur Erreichung billiger Tarife vermögen, zeigt der Fall, als es sich darum handelte, die Staffeltarife der Ostbahn auch auf uns zu übertragen, ein Antrag, der im Bezirkseisenbahnrath genehmigt, aber vom Landeseisenbahnrath, in welchem der Westen nummerisch stärker vertreten ist, abgelehnt wurde, Da gelangte diese Frage dennoch neuer- dings auf die Tagesordnung, weil die Landwirthe endlich ihre Schädigung erkannten und in die Agitation eingriffen, und der Minister hat jüngst, wie ich erfahre, die Absicht kund gegeben, dieser Angelegenheit noch- mals näher zu treten. Wenn Breslau seine Bedeutung als Handelsemporium wieder ge- winnen will, so müssen seinem Handelsstande im Eisenbahnfrachtverkehr eben solche Erleichterungen gewährt werden, wie den Industriellen, ee un he en Di AD A a u II. Historisch -staatswissenschaftliche Abtheilung. 23 welche durch ihr geschlossenes und entschlossenes Verhalten für ihre Kohlentransporte Tarife erlangt haben, deren Billigkeit den Kostenpreis zum Theil nicht einmal deckt. Um dieses Ziel zu erreichen, ist aber nicht nur ein einmüthiges Vorgehen zwischen den gleichbetheiligten Landwirthen und Kaufleuten erforderlich, sondern es müssen vor allen Dingen innerhalb der Kaufmannschaft selbst kleinliche Interessengegen- sätze schwinden, was ich allen Kreisen des Handelsstandes dringend ans Herz legen möchte. Wenn die Kaufmannschaft hinter jenen Männern steht, welche vermöge ihres Verständnisses und ihrer einflussreichen Be- ziehungen geeignet sind, auf die Abhilfe mannigfacher Schäden zu dringen, so werden wir sicherlich manches Wünschenswerthe durchsetzen, Zur Freude hat es mir gereicht, dass unser Handelskammer darauf bedacht ist, eine uns nothwendige kürzere Eisenbahnverbindung mit Berlin über Frankfurt zu erlangen, und dass Herr Commerzien- rath Schöller diesen Wünschen im Landtage Ausdruck verliehen hat. Ist erst ferner die gegenwärtig geplante Abkürzung der Gebirgs- bahn über Saarau nach Hirschberg erlangt, und auch die Bahnverbindung mit den Anziehungspunkten des Riesengebirges fertig gestellt (so sehr sie auch manchem Naturfreunde widerstrebt), so wird der Fremdenver- kehr Breslaus, welcher unstreitig in den letzten Jahren zurückgegangen ist, sicherlich wieder aufleben. Zu seiner Hebung müssen auch andere Mittel und Wege gefunden werden, indem wir das Beispiel anderer grosser Städte nachahmen, sei es durch öfiere Veranstaltung von Aus- stellungen, sei es durch eine grössere Subventionirung unserer Kunst- institute, besonders des Stadttheaters, um den Aufenthalt wohlhabender Leute in unserer so sehr schön gewordenen Stadt angenehm zu gestalten. Wir haben nicht nur ihren Zuzug ins Auge zu fassen, sondern, was für uns fast noch wichtiger erscheint, dafür zu sorgen, dass sie nicht wegziehen, Alle Ausgaben, welche in dieser Richtung gemacht werden, dürften sich sicherlich nicht als eine Belastung, sondern schliesslich bald als eine Kräftigung unserer Steuerkraft erweisen. Manche Einrichtungen anderer grosser Provinzialstädte, z. B. die eines grossen Centralbahn- hofes, bequemer, geräumiger Markthallen, muss jeder hier schmerzlich vermissen, der Umschau hält und Vergleiche anstellt; hier muss Remedur energisch angestrebt werden. Trotzdem Breslau, wie ich dargethan zu haben glaube, die ver- schiedensten Schwierigkeiten gegenüber concurrirenden Handelsplätzen zu überwinden hat, spreche ich zum Schluss die Zuversicht aus, dass es uns gelingen wird, unter dem gnädigen Schutze und der weisen Fürsorge Seiner Majestät des Kaisers Wilhelm II,, vermöge unablässigen, ange- spannten Strebens, sowie gründlichen und einmüthigen Arbeitens eine immer höhere Stufe des Wohlstandes und Gedeihens für unsere Stadt zu erreichen, Das walte Gott! 24 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. In der vierten Sitzung am 4. Juni sprach Herr Dr. Hancke Ueber die internationale criminalistische Vereinigung. Nach einigen einleitenden Worten bemerkte der Vortragende etwa folgendes: Die internationale criminalistische Vereinigung betrachtet es als die Aufgabe der Strafe, das Verbrechen als sociale Erscheinung zu be- kämpfen. Sie tritt zu der herrschenden Vergeltungstheorie in Gegen- satz, die in der Strafe nichts Anderes sieht, als die nothwendige Folge des Verbrechens und sie daher in ihrer Höhe lediglich nach dem einzelnen begangenen Deliete bemisst. Aber gestraft wird nicht die That, sondern der Thäter, das Deliet wird nur dann richtig verstanden und gewürdigt, wenn man es nicht für sich allein, sondern im Zusammenhange mit dem Vorleben des Thäters und den Motiven der That betrachtet. Dann zeigt sich der wesentliche Unterschied, der jeder strafrechtlichen Behandlung zu Grunde zu legen ist, zwischen Gelegenheits- und Gewohnheitsver- breehern; erstere muss man bessern, letztere abschrecken, die unver- besserlichen unschädlich machen. Von diesem Gesichtspunkte aus hat die Vereinigung ein Programm aufgestellt, aber nicht als abstractes Glaubensbekenntniss, sondern als Directive für ihre Arbeiten. Redner will einiges über ihre bisherige . Thätigkeit berichten. Ausgehend von der Erkenntniss, dass die kurz- zeitige Freiheitsstrafe, welche die Hauptrolle in der Strafrechtspflege spielt, nicht geeignet ist, den Verbrecher zu bessern oder abzuschrecken, ihn vielmehr moralischen und wirthschaftlichen Gefahren aussetzt, sucht die Vereinigung ihre Anwendung durch Aufstellung von Ersatzmitteln möglichst einzuschränken. Eins derselben ist die bedingte Verurtheilung: in besonderen Fällen soll die Vollstreekung der erkannten Freiheits- strafe auf eine Probezeit aufgeschoben werden, nach deren Ablauf sie bei tadelloser Führung als erlassen gilt. Der Vortragende bespricht die äussere Geschichte der Idee und die gegen sie geltend gemachten Be- denken, er theilt mit, dass in Belgien, wo die bedingte Verurtheilung durch Gesetz vom 31. Mai 1888 eingeführt ist, während der ersten 19 Monate in 14 pCt. aller Vergehen von derselben Gebrauch gemacht und nur in 2 pCt. dieser Fälle ein Rückfall bisher bemerkt worden ist. Als weiteres Ersatzmittel für die kurzzeitige Freiheitsstrafe empfiehlt die Vereinigung die Geldstrafe. Dieselbe ist der Ausdehnung auf eine Reihe von Delieten fähig, für welche gegenwärtig die Gefängnissstrafe obligatorisch ist. Andererseits müssen die bestehenden Maximalgrenzen entweder ganz gestrichen oder weit heraufgerückt werden. Ferner soll sich die Bemessung der Geldstrafe nicht lediglich nach der Schwere des Delietes, sondern nach der wirthschaftlichen Lage des Thäters richten. Endlich ist es ungerecht, dass der Arme die Geldstrafe absitzen muss, EEE II. Historisch-staatswissenschaftliche Abtheilung. 35 Der Richter soll fürderhin die Bezahlung durch Bewilligung von Raten- zahlungen erleichtern. Kann der Verurtheilte auch diese nicht leisten, so soll er diese Strafe ausserhalb des Gefängnisses abarbeiten. Man hat Zwangsarbeit im Freien überhaupt als Ersatzmittel für die Ge- fängnissstrafe in Vorschlag gebracht. Hierzu ist sie nicht geeignet, da es sich immer nur um Tagelohnarbeit handeln könnte, die nicht von allen Volksklassen zu leisten ist, Als Ersatzmittel für die uneinbring- liche Geldstrafe kommt sie von selbst nur bei denen zur Anwendung, welche an jene Arbeit gewöhnt sind. Die Vereinigung verhehlt sich nicht, dass trotz dieser Surrogate ein grosses Feld für die kurzzeitige _ Freiheitsstrafe übrig bleiben wird, und sucht dieselbe gewissen Ver- brechern gegenüber durch Verschärfungen wirksamer zu gestalten. Als solche kommen Kostschmälerung, hartes Lager, Dunkelzelle, erhöhter Arbeitszwang oder Arbeitsentziehung in Betracht; zur Prügelstrafe hat die Vereinigung noch nicht definitiv Stellung genommen. Es giebt endlich Verbrecher, gegen welche die bestehenden Strafmittel nichts aus- richten, sogenannte Unverbesserliche. Diese nach gleichen Erwägungen zu strafen wie andere Verbrecher, hat keinen Zweck. Sie müssen un- schädlich gemacht werden, entweder durch Deportation nach Straf- eolonien oder durch dauernde Einsperrung ohne Rücksicht auf die Schwere des zuletzt begangenen Delicts. Zu erkennen sind diese Un- verbesserlichen nicht, wie die italienische Schule will, an körperlicher Degeneration oder erblicher Belastung, sondern an ihrem Vorleben und den Motiven der That. An diesen Vortrag schloss sich eine längere Debatte, an welcher sich insbesondere die Herren Amtsgerichtsrath Frauenstädt, Privat- docent Dr. Gerlach und Referendar Hamburger betheiligten. In der fünften Sitzung am 10. December hielt Herr Professor Sombart einen Vortrag Ueber das Programm der socialdemokratischen Partei Deutschlands nach den Erfurter Beschlüssen. Aus dem Vortrage sei folgendes hervorgehoben: Nachdem der Vor- tragende seinen Standpunkt gegenüber dem von ihm gesetzten Thema dahin präeisirt hatte, dass er keine Programmrede weder für noch gegen die Socialdemokratie zu halten beabsichtige, dass es vielmehr für ihn, als Vertreter der Wissenschaft, lediglich sich darum handeln könne, die Prineipien, die Grundgedanken der socialdemokratischen Partei, wie sie in dem Erfurter Programm zum Ausdruck kamen, objectiv darzulegen, betonte derselbe, dass, um das neue Erfurter Programm, da dieses den Abschluss einer Entwickelung bedeute, in seiner ganzen Tragweite ver- stehen zu können, ein geschichtlicher Rückblick auf die Bewegung der soeialdemokratischen Partei, wie die Entwickelung ihrer Programme, 36 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. unerlässlich sei. Am 23. Mai 1863 gründete Lassalle den Allgemeinen deutschen Arbeiterverein, während ungefähr gleichzeitig (1864) durch Karl Marx die Internationale Arbeiter:Association ins Leben gerufen wurde, deren Hauptagitator in Deutschland Wilhelm Liebknecht wurde; unter seiner Initiative bildete sich, in Anlehnung an die Internationale Arbeiter-Association, 1869 die Marxistische ‚‚Socialdemokratische Arbeiter- partei“, der die Kerntruppe durch A. Bebel aus der fortschrittlichen Arbeiterpartei zugeführt wurde, Obgleich sie als „Eisenacher Partei‘ sich feindlich dem Lassalleanismus gegenüberstellte, zwang doch der Druck von Aussen, die Uneinigkeit fahren zu lassen und sich zu ver- einen. Das geschah im Mai 1875 zu Gotha auf Grund des berühmten Gothaer Programms, das einen Compromiss darstellen sollte. Dass aber in der Grundanschauung doch die Lassalle’sche Richtung allein den Charakter des Gothaer Programms bestimmt hatte, ergebe eine genaue Untersuchung mit voller Deutlichkeit. Nicht nur zwei Secten: zwei Richtungen mit prineipiell verschiedener Welt- und Geschichtsauffassung hatten sich hier vereinigen sollen, eine Unmöglichkeit, da eine Ver- einigung dieser beiden Standpunkte gar nicht denkbar ist. Lassalle ver- trat die ethische Geschichtsauffassung, nach welcher geschichtlich die Fortentwickelung sich in der Weise vollzieht, dass eine bestimmte Zeit, eine bestimmte Partei bewusst ein Gerechtigkeitspostulat aufstellt und zu verwirklichen unternimmt; Marx die mechanistische Geschichtsauf- fassung, nach welcher die menschliche Gesellschaft von ewigen, un- wandelbaren, immanenten Gesetzen, die ausser allem Bereich ethischer Erwägungen liegen, fortgestossen wird. Das Gothaer Programm aber enthielt einen wesentlich ethischen Grundgedanken: es baute sich auf dem Satz auf, dass die Arbeit die Quelle alles Reichthums und aller Cultur sei und da allgemeine nutzbringende Arbeit nur durch die Gesell- schaft möglich, so gehöre — nach Gerechtigkeit und Billigkeit! — auch das Arbeitsproduet den sämmtlichen Gliedern derselben. Diese Forderung sei heute noch nicht verwirklicht, deshalb müsse eine bessere Gesell- schaftsordnung an die Stelle der jetzigen treten, und dieses Ziel soll der heutige Staat als der Repräsentant der Gesammtinteressen erreichen helfen. 16 Jahre blieb dies Programm von unwesentlichen Aenderungen abgesehen in Giltigkeit, vor allem Dank dem Andauern des Socialisten- gesetzes. Die Aufhebung des Soeialistengesetzes hatte auch eine Revision des Programms im Gefolge, Der Parteitag zu Halle beschloss dieselbe, und auf dem Parteitag in Erfurt (1891) wurde der durch die Kritik vielfach veränderte Entwurf eines neuen Parteiprogrammes einstimmig angenommen. Diese Annahme bedeutet die endgiltige Ueberwindung des Lassalle’schen Standpunktes, den gänzlichen Sieg der Marxistischen Anschauungen, deren Kern die materialistische Geschichtsauffassung bildet. III. Historisch -staatswissenschaftliche Abtheilung. 27 Demnach ist alle menschliche Cultur nichts als der Reflex der jedes- maligen ökonomischen Verhältnisse der herrschenden Productionsweise. Die Fortentwickelung vollzieht sich durch eine nach immanenten Ge- setzen erfolgende Umbildung der ökonomischen Grundlagen und zwar in der Weise, dass sich fortgesetzt Gegensätze aus einem bestehenden Zu- stande herausbilden, die sich durch Klassenkämpfe ausgedrückt, bis zur Unerträglichkeit steigern und dann mit Naturnothwendigkeit zu einer neuen höheren Gestaltung der Dinge führen. In der Gegenwart sei es Bourgeoisie und Proletariat, welche diese Gegensätze darstellten und deren Gegeneinanderwirken zu immer grösserem Reichthum auf der einen Seite, zu immer grösserer Armuth auf der anderen Seite führe, bis der Zeitpunkt gekommen sei, in der eine Weiterentwickelung inner- halb der jetzigen Gesellschaftsordnung nicht mehr möglich sei; dann müsse die Ueberführung der Producetionsmittel in das Eigenthum der Gesellschaft erfolgen. Bei diesem Process kann nun der Einzelne weder störend noch fördernd eingreifen, denn er vollzieht sich mit unabänder- lieher Naturnothwendigkeit. Die Consequenz der materialistischen Ge- schichtsauffassung sei also die, dass man mit verschränkten Armen dieser Entwickelung zusehen und nur den Augenblick des eintretenden Um- schlags abzuwarten brauche. Das ist Quietismus: das schärfste Gift für eine Bewegungs- oder Agitationspartei. Es muss also für diese — die Socialdemokratie — irgend welches praktische Ziel, irgend welche Auf- gabe gefunden werden, ohne die materialistische Geschichtsauffassung zu verläugnen, Und diese Aufgabe wird darin erblickt, dass die Social- demokratie berufen sein soll, den sich mit Nothwendigkeit vollziehenden Process den Massen zum Bewusstsein zu bringen und sie darauf vorzu- bereiten. Nachdem der Vortragende in ungefähr obiger Wiedergabe den Ge- dankengang der nunmehr in das officielle Parteiprogramm übergegangenen Marxistischen Lehre gezeichnet hatte, ging er zu einer eingehenden Be- sprechung und Zergliederung des Erfurter Programms über. Zwei Haupt- abschnitte sind in demselben zu unterscheiden, der erklärende, unter- richtende und der praktische. Der letztere bewegt sich auf dem Boden der heutigen gesellschaftlichen Ordnung; er enthält einmal die Forde- rungen einer demokratischen Partei, wie sie die Freisinnigen zum guten Theil auch stellen, sodann diejenigen einer radikalen Arbeiterpartei, während der eigentliche Kern der socialdemokratischen Weltanschauung, mit dem der zweite Theil nur lose in Berührung steht, nur sich aus dem ersten Theil herausschälen liesse. Für eine Kritik des socialdemo- kratischen Programmes folge hieraus, dass man in der politischen Dis- cussion nur die wirklich ausgeschlossenen praktischen Forderungen (Theil II) bekämpfen könne, dass man aber den ersten Theil, wie er rein theoretisch sei, auch nur wissenschaftlich kritisiren dürfe. Es sei 28 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. an der Zeit, die lächerlichen Don Quixoterien aufzugeben und gegen Dinge zu Felde zu ziehen, von denen die Socialdemokratie gar nichts sagt. Diseussionen über die Gestaltung des „Zukunftsstaates“, seine Vorzüge und Nachtheile seien gänzlich gegenstandslos, da die Social- demokratie gar nicht eine neue Ordnung „‚fordert‘“, sondern nur auf eine mit Nothwendigkeit sich vollziehende Entwickelung hinweist. Die Richtig- keit der darauf bezüglichen Sätze gelte es zu prüfen. Im Anschluss an diese Besprechung des Programms warf der Vor- tragende schliesslich die Frage auf, ob diese Entwickelung der Social- demokratie zum reinen Marxismus als ein Segen aufzufassen sei, Er für seinen Theil glaubt diese Frage entschieden bejahen zu sollen. Die strenge Durchführung der Marxistischen Theorie verbürge einen fried- liehen Fortgang und entferne die Gefahr des gewaltsamen Revolutionis- mus immer mehr, weil die Massen der Marxistischen mechanischen Weltanschauung zufolge jetzt nicht mehr ein Ziel vor Augen sehen, dessen Erreichung sie selbst durch Gewaltsamkeiten, durch eine Revo- lution zu beschleunigen vermöchten. Ihnen werde vielmehr gelehrt: die ganze Entwickelung müsse auf Grund der immanenten Gesetze mit unab- änderlicher Naturnothwendigkeit sich vollziehen, Revolutionen könnten den Gang der Dinge nicht beschleunigen. Keine andere Partei, schloss der Vortragende seine von der zahl- reichen Zuhörerschaft mit lebhaftem Interesse begleiteten und mit dem wärmsten Beifall aufgenommenen Ausführungen, vermag die Massen so vorzüglich zu diseipliniren als die Marxistische Socialdemokratie, und deshalb beobachten wir auch in der That, dass in Deutschland, wo die Socialdemokratie sich am vollkommensten entwickelt und organisirt hat, Putsche ebenso unbekannt sind, wie anarchistische Bestrebungen, von denen andere Länder ohne socialdemokratische Partei so viel zu sagen wissen. An den Vortrag schloss sich darauf eine längere angeregte Debatte, in welcher wiederholt u. A. Staatsanwalt Dr. Keil, Privatdocent Dr. Gerlach, Geh. Rath Grünhagen, R.-A. Honigmann und Bankier Holz eingriffen. Vornehmlich wurden die Fragen erörtert, welche Be- deutung die modernen Vertreter der socialdemokratischen Theoreme einer Revolution beilegen, ob wirklich im neuen Programm kein ethisches Postulat mehr enthalten ist, welche Stellung die Jungen in diesem Rahmen einnehmen, ob sie noch als zur Partei gehörig zu betrachten sind, und schliesslich, ob denn diese neue Entwickelung wirklich für die bestehende gesellschaftliche Ordnung in so ungefährliche Bahnen gelenkt ist, wie der Vortragende es behauptet hatte. III. Historisch -staatswissenschaftliche Abtheilung. 29 Für die Mitglieder der Section ist ein besonderer staats- und rechts- ‚wissenschaftlicher Lesezirkel begründet worden. In Umlauf kamen im Jahre 1891 folgende Zeitschriften und Bücher: 1; A ra 10, Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik. Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirthschaft im Deutschen Reiche. Vierteljahrsschrift für Volkswirthschaft, Politik und Gultur- geschichte. Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Archiv für sociale Gesetzgebung und Statistik. Archiv für öffentliches Recht. Zeitschrift für die gesammte Strafrechtswissenschaft. Preussische Jahrbücher. Bayrische Handelszeitung (Beilage zur Münchener ‚Allgemeinen Zeitung“). Handwörterbuch der Staatswissenschaften. 1. und 2. Bd. Sitzungen der historischen Section im Jahre 1891, In der ersten Sitzung am 12. Januar sprach Herr Privatdocent Dr. Kruse Ueber die englischen Verfassungskämpfe im Mittelalter. In der zweiten Situng am 26. Januar hielt Director Reimann einen Vortrag Ueber die Stellung Friedrichs des Grossen zur Religion und Philosophie in seinen späteren Jahren. Abgedruckt in den bei Fr. Andr. Perthes in Gotha erschienenen „Abhandlungen zur Geschichte Friedrichs des Grossen. Von Eduard Reimann.“ In der dritten Sitzung am 16. Februar behandelte der Ober- lehrer Dr. Krebs Die evangelische Union und den Udenheimer Festungsbau (1618). Ver Verfasser erzählte nach den Unionsacten im Herzoglich Anhal- tischen Centralarchive in Zerbst und im Königlich Bayerischen Kreis- archive zu Nürnberg, wie der Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz am 7. April 1618 zum 29. desselben Monats einen Unionstag nach Heil- bronn einberufen habe. In dem Einladungsschreiben wurden sieben hauptsächlich auf den bevorstehenden Kurfürstentag und die inneren Unionsverhältnisse bezügliche Punkte genannt, um welche sich die Be- rathung drehen sollte; ihnen waren noch zwei scheinbar unbedeutende Nebenpropositionen beigefügt. Davon betraf die eine den Festungsbau, den der Speyrer Bischof Philipp Christoph von Sötern zum grossen Aerger des Heidelberger Hofes in seinem mitten zwischen pfälzischen Gebietstheilen liegenden Städtchen Udenheim (dem heutigen Philipps- burg) begonnen und trotz aller Einsprache der Pfälzer kräftig weiter- geführt hatte. Bei der Mittheilung dieser Vorlagen des Direetoriums an die Bundesmitglieder bat der Kurfürst von der Pfalz einzelne hervor- III. Historisch-staatswissenschaftliche Abtheilung. 31 ragende Unionsstände um vertrauliche Gutachten darüber. Es gingen solche, z. T. sehr umfangreiche Memorials von dem Fürsten Joachim Ernst von Ansbach, dem Herzoge von Württemberg und dem Fürsten Christian I, von Anhalt-Bernburg in Heidelberg ein; der Verfasser theilte sie im Auszuge mit und bezeichnete sie im Ganzen als arm an neuen, schöpferischen Gedanken, sowie an politischem Scharfblick und nannte die darin in Bezug auf die Haltung von Sachsen und Mainz ausgesprochene Vertrauensseligkeit geradezu unbegreifich. Am zweiten Berathungs- tage (30. April) des zahlreich und von den meisten Ständen in Person besuchten Unionsconventes stellte der pfälzische Kanzler Camerarius plötzlich zur Ueberraschung eines Theils der Anwesenden den Neben- punkt wegen Udenheim als zweiten Hauptpunkt der Berathung auf. Namentlich die Städte Ulm, Nürnberg, Strassburg sahen dies für eine unstatthafte Ueberrumpelung an und erhoben lebhaften Widerspruch. Sie wollten sich durchaus nicht in ein weitaussehendes, abenteuerliches Unternehmen einlassen, welches die Unionsinteressen nur nebenbei streifte und in erster Linie dem Privatvortheile des pfälzer Kurfürsten diente. Die Städte erklärten, dass ihr Handel durch kriegerische Verwickelungen leiden und dass man sie, falls die Angelegenheit nicht nach Wunsch verliefe, die Zeche bezahlen lassen würde. Um die Frage, ob die reichen, durch ihren Handelseinfluss wichtigen drei grossen Unionsstädte den von den meisten Fürsten unterstüzten pfälzischen Angriffsgelüsten gegen Udenheim beistimmen würden, hat sich nun in der That die Hauptberathung bis zum Schluss des Unionstages (8. Mai) bewegt. Die wichtigeren Punkte, z. B. das Verhalten der Union und speziell ihres Leiters bei der künftigen Kaiserwahl und dem nahe bevorstehenden Kur- fürstentage wurden nur flüchtig und oberflächlich erledigt, fast die ganze Zeit des Zusammenseins mit der Udenheimer Angelegenheit ausgefüllt. Trotzdem blieben die Städte, namentlich Nürnberg, allen Ueberredungs- künsten der Pfälzer gegenüber fest bei ihrer Ablehnung, und die „höheren Stände‘‘ mussten sich mit Ausschluss der Städte zu einem „Nebenabschiede“‘, d. bh. zu einem Sonderabkommen bezüglich ihrer Pläne auf Udenheim entschliessen. Somit ging in demselben Monate, in welchem der Prager Fenstersturz erfolgte und ein besonders festes Zusammenhalten der evangelischen Partei nothwendig gewesen wäre, ein tiefer Riss durch diese Vereinigung protestantischer Stände. Die Union bewies durch ihr Verbalten in dieser letzten Versammlung vor Ausbruch des grossen Kriegs, dass sie in den Wirren der kommenden Zeiten die Hoffnungen, die man evangelischerseits auf ihre Gründung gesetzt, nicht zu erfüllen im Stande war. (Der Vortrag ist abgedruckt im Osterprogramm des Realgymnasiums am Zwinger für 1391.) 32 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. In der vierten Sitzung am 9. März las Director Reimann einen Aufsatz Ueber die Finanzpolitik Friedrichs des Grossen. Abgedruckt in den genannten Abhandlungen. In der fünften Sitzung am 23. März hielt der Geh. Archivrath Professor Dr. Grünhagen einen Vortrag Ueber die schlesichen Justiz- und Verwaltungsbeamten unter Friedrich den Grossen. Vergl. Schlesien unter Friedrich dem Grossen, Band Il, Buch II, Abschnitt 3 und 4. In der sechsten Sitzung am 6. April stellte Direct. Reimann Friedrichs des Grossen Ansichten über den Fürstenberuf dar. Abgedruckt in den bereits angeführten Abhandlunger. In der siebenten Sitzung hielt der Geh. Archivrath Professor Dr. Grünhagen einen Vortrag Ueber die Bischofswahl des Kardinals von Sinzendorf im Jahre 1732. Abgedruckt im 26. Bande der Zeitschrift des Vereins für Geschichte und Alterthum Schlesiens. In der achten Sitzung am 28. December hielt Director Rei- mann folgenden Vortrag Ueber den Plan Kaiser Josephs II., ein enges Bündniss mit Preussen zu schliessen. (December 1786.) Es giebt fürstliche Zusammenkünfte, die kaum bei der Mitwelt Be- achtung finden und den späteren Geschlechtern unbekannt bleiben; andere dagegen dürfen in der Geschichte nieht übergangen werden, selbst wenn die Blüthen abfielen, ehe sich die Früchte bildeten. Es war gewiss ein denkwürdiges Ereigniss, als der Kaiser Joseph im Einverständniss mit seiner Mutter und dem Staatskanzler den Wunsch nach einer persönlichen Bekanntschaft in Berlin kundgeben liess. . Der König von Preussen erklärte sich dazu mit Vergnügen bereit und wollte alles thun, um jede Spur der alten Feindschaft, die zwischen den beiden Höfen geherrscht hatte, zu vertilgen; denn er war erfreut, die Anfänge einer so wünschenswerthen Verbindung aufkeimen zu sehen. Die Zusammenkunft fand im August 1769, wie man weiss, in Neisse statt. Die Nachricht bereitete den Wienern grosses Vergnügen, und sie versprachen sich davon glückliche Folgen für die Eintracht und den Frieden zwischen den beiden Höfen. Aehnlich werden ohne Zweifel die neue er re a | II. Historisch -staatswissenschaftliche Abtheilung. 33 Berliner, ja, die gutgesinnten Deutschen überhaupt empfunden haben. Der äussere Verlauf der Begegnung war auch vortrefflich. Friedrich überhäufte den Kaiser, wie dieser selbst eingesteht, mit Höflichkeiten und Freundschaft. Dennoch nannte Joseph den König eine Persönlich- keit, merkwürdig genug, dass man sie sich einmal ansieht, aber Gott bewahre vor einem zweiten Male; denn er bewunderte zwar den Feld- herrn, aber er hasste den Eroberer. Jedoch der Anstand verlangte einen Gegenbesuch, für welchen der Ort bereits im November 1769 festgesetzt wurde. Bei dieser Gelegenheit schrieb der König an seinen Bruder, den Prinzen Heinrich: „Ich gehe auf alles ein, um zwischen den beiden Häusern ein aufrichtiges Einvernehmen anzubahnen und die Gemüther auf engere Bande vorzubereiten, wozu mit der Zeit die ehr- geizigen Absichten der Russen Anlass geben können. Demgemäss werde ich auch fernerhin Zusammenkünfte einleiten, um ganz allmählich einen Schritt nach dem anderen vorwärts zu kommen und mich in dem Ver- trauen des Kaisers und, wenn es möglich ist, der Mutter zu befestigen.“ Doch blickte Friedrich nicht zu hoffnungsvoll in die Zukunft. Acht Tage später schrieb er an den Bruder: ‚Ich werde nicht im Stande sein, die Einigung des Hauses Oesterreich mit dem unsrigen zur Reife zu führen. Nicht nur muss die Zeit die Erinnerung an das Geschehene verlöschen, ein vollständiges Vertrauen muss Platz greifen und die Kaiserin die Gewohnheit aufgeben, welche sie seit 30 Jahren sich an- geeignet hat, mich zu hassen. Und nun frag’ ich Dich, lieber Bruder, ganz freimüthig, ob man sich, wenn man beinahe 60 Jahre alt ist, vernünftigerweise schmeicheln kann, die Dinge zu diesem Ziele zu führen ?“ | Friedrich spricht hier nur von Maria Theresia; denn er musste nach dem Verhalten Josephs in Neisse bei ihm Wohlwollen und Zuneigung voraussetzen. Er konnte nicht wissen, dass in der Brust des Kaisers neben der Bewunderung der Hass wucherte. Dennoch trug er sich nicht mit grossen Hoffnungen, sondern er betrachtete alles, was er für diese Einigung that, als Versuche für die Zukunft, die ein glücklicher Zu- fall über Erwarten gelingen, ein entgegengesetzter fehlschlagen lassen könnte, Seinen Besuch machte der König 1770 in Mährisch-Neustadt. Als hier ein grässliches Unwetter der Musterung ein schlimmes Ende be- reitete und vielen Schaden anrichtete, schrieb Joseph an Maria Theresia: „Es scheint, dass uns dieser Mensch überall Pech bringt.“ Anders dachte diesmal Kaunitz, welcher hier ebenfalls zugegen gewesen war und lange Unterhaltungen mit dem Könige gehabt hatte. Er glaubte, dass dieselben einen sehr lebhaften Eindruck auf Friedrich gemacht hätten, und dass dieser mit ganz anderen Gesinnungen gegen Oesterreich zn wäre, als er mitgebracht, Der König werde daher dem Wiener 4] IR > () 34 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Hofe künftig so viel vertrauen, als er es überhaupt im Stande sei, und ebenso werde letzterer jetzt auf ihn vielmehr bauen können, als bisher räthlich gewesen wäre. Die polnische Theilung führte dann die beiden feindlichen Höfe näher zusammen, aber der bayerische Erbfolgekrieg trennte sie wieder und erregte den ganzen Ingrimm des Kaisers. Es war ihm besonders widerwärtig, dass eine russische Note Maria Theresia sehr erschreckte und sie antrieb, den Frieden um jeden Preis zu suchen. Die Verbin- dung des Petersburger und des Berliner Hofes machte letzteren stark. Eben deshalb benützte Joseph eine Gelegenheit, um mit Katharina I. zusammen zu kommen und womöglich ein besseres Verhältniss anzu- bahnen. Es traf sich für ihn so glücklich, dass die russische Kaiserin gerade damals ernstlich mit dem Gedanken umging, die Türken aus Europa zu verjagen und ein neues griechisches Kaiserthum in Konstantinopel zu errichten. Hierbei kam ihr sehr viel darauf an, ob Oesterreich in diesem Kampf auf ihre Seite treten würde. Darum befreundete sie sich mit Joseph, schloss nach dem Tode Maria Theresias ein Bündniss mit ihm und wollte nun ihren grossen Plan ausführen. Aber der Kaiser war mit dem, was er gewinnen sollte, nicht ganz zufrieden, und als noch die Weltverhältnisse sich durch den Frieden zwischen England und Frankreich änderten, da versagte Joseph seine Mitwirkung. Katharina war über seine Antwort so betroffen, dass sie in eine Krankheit verfiel, dann aber fasste sie sich und verleibte die tatarischen Länder, welche sie 1774 gegen den Willen der Bewohner von der Pforte losgerissen und unabhängig gemacht hatte, nämlich die Krim, die Halbinsel Taman und den Kuban, ihrem Reiche freudig ein. Das österreichich-russische Bündniss beunruhigte Friedrich den Grossen gewaltig; er wurde gegen Katharina II. sehr kühl und bemühte sich mit Frankreich in ein engeres Verhältniss zu kommen. Als er dies aber nicht erreichte und ohne aus- wärtige Bundesgenossen dastand, gründete er, um in Deutschland solche zu gewinnen, zum grössten Aerger Josephs und Katharinas den Fürsten- bund, und so blieb er zuletzt über die beiden Sieger. Aber sein Leben eilte nun dem Ende zu. Als der Kaiser im Juni 1786 hörte, dass es mit der Gesundheit des Königs besser ginge, schrieb er an seine Petersburger Freundin: „Man sollte glauben, dass der Tod, welcher für gewöhnlich mit allen leben- digen Wesen so wenig Umstände macht, aus Ehrfurcht sich scheut, den Helden des Jahrhunderts anzurühren.‘“!) Jedoch der Zustand Friedrichs verschlimmerte sich wieder, und am 21. August meldete Kaunitz dem Kaiser das Ableben des Königs von Preussen. Der Staatskanzler meinte ee ESSEN EEE ‘) Arneth, Joseph U. und Katharina Il. Pag. 220. III. Historisch -staatswissenschaftliche Abtheilung. 35 weiter, man werde nun den Charakter und die Denkungsart des Nach- folgers und insonderheit seine Gesinnungen gegen den Wiener Hof studiren müssen. Kaunitz rieth alsdann, man solle abwarten, wie sich Friedrieh Wilhelm II. verhalten werde, und danach das eigene Betragen einrichten. Die Todesanzeige kam nicht überraschend. Aber wenn die Be- wunderung vor zwei Monaten den Kaiser fortgerissen hatte, so trat jetzt abermals das österreichische Gefühl stark hervor, und er antwortete dem Staatskanzler: „Als Militär beklage ich den Verlust eines grossen Mannes, der in der Kriegskunst immer eine hohe Bedeutung haben wird; als Bürger bedauere ich, dass dieser Tod 30 Jahre zu spät eingetreten ist, er würde 1756 ganz anders vortheilhaft gewesen sein als 1786. Ich habe nicht die geringste Hoffnung auf seinen Nachfolger, und so lange Hertzberg die Seele von allem sein wird, muss man sich noch auf Schlim- meres gefasst machen.“ ') Ebenso stark wie der Kaiser hasste Kaunitz diesen Minister, und er blickte wiederum sehr finster auf Preussen, wie die Aufträge be- weisen, die er am 30. August an den österreichischen Gesandten in Berlin schickte. Jedoch ehe wir sie kennen lernen, wird es gut sein, an eine Stelle aus einer früheren Denkschrift des Staatskanzlers zu er- innern. Als Friedrich der Grosse 1775 und 1776 wiederholt von der Gicht befallen ward und in Lebensgefahr gerieth, hatte Kaunitz dem damaligen Gesandten in Berlin, van Swieten, neue Verhaltungsbefehle gesendet; er sollte den Kronprinzen von der Aufrichtigkeit der öster- reichischen Freundschaft für ihn überzeugen und ihm alle Besorgnis vor widrigen Absichten benehmen, die etwa nach dem Tode seines Oheims ausgeführt werden dürften. Mit freudiger Ueberraschung ver- nehmen wir diese Worte; jedoch wenn wir weiter lesen, erschrecken wir; denn der Staatskanzler fährt fort: durch solche persönliche Sicher- stellung und Beruhigung kann der bisherige Hang des Kronprinzen zu Pracht und Verschwendung am leichtesten genährt, auf eben diese Art aber die gegenwärtige preussische Maschine am sichersten untergraben und allmählich zum Verfalle geleitet werden.“ Kaunitz wollte darauf hinwirken, dass der Feind seine innerlichen Kräfte schwäche und dass er in Unordnung und Verschwendung verfalle, damit er weniger Truppen unterhalten und den Oesterreichern entgegenstellen könne, Mehr als 10 Jahre waren seitdem vergangen, und den gefürchteten Herrscher lähmte der Schlummer des Todes. Aber die Gesinnungen des Staatskanzlers hatten sich nicht geändert; denn er schrieb am 30sten August 1736 an den Gesandten in Berlin: ‚Nichts wäre erwünschter, als wenn der neue König in eine vollkommene Ruhe und Sicherheit Y) Beer, Joseph Il., Leopold II. und Kaunitz. Pag. 239 ff. 3* 36 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. gegen uns versetzt werden könnte, Um dieses zu erwirken, müssen wir sorgfältig die Klauen verbergen, um dann, wenn man uns auffordern sollte, desto sicherer hauen zu können.“ Dieses und nichts anderes betrachtete Kaunitz als den ganzen End- zweck der österreichischen Politik gegen Preussen; denn dass jemals die Interessen der beiden Staaten auf die Dauer vereinigt und gleich- sam in eines zusammen geschmolzen werden könnten, hielt er für einen frommen Wunsch. „Zwar wenn wir“, fuhr Kaunitz fort, „weiter nichts als den Ruhestand erhalten und andere Höfe, was ihnen beliebt, vor- und unternehmen lassen wollen, so wird es keiner besonderen Schwierig- keit unterliegen, die äusserliche Freundschaft und ein ungestörtes nach- barliches Einverständniss zwischen den beiden Höfen lange zu pflegen. Wenn aber nach dem leider nur allzu thätigen Beispiel besonders des russischen und des französischen Hofes auf einige Erweiterung unserer Grenze, auf welcher Seite es immer sei, dereinst der Antrag ge- macht würde, so braucht es eben keinen prophetischen Geist, um über kurz oder lang neue Collisionen zwischen uns und Preussen voraus- zusehen.‘ Was der Staatskanzler hier bemerkte, das wird durch die Geschichte der nächsten Jahre vollkommen bestätigt. Wenn nun aber solche Zwistigkeiten ausbrechen, wie soll man sie heben? Kaunitz meinte, das würde nur mit dem Degen in der Faust oder durch einen neuen Theilungsvertrag geschehen können, und er wünschte letzteres durchaus nicht, weil dem Berliner Hofe dadurch neue Kräfte zuwachsen und die gegenseitige Reibung in eben dem Maasse sich verstärken würde. ,,So bleibt für uns nichts übrig,‘ fuhr er fort, ‚als uns in solche Verfassung zu setzen, durch welche aller preussische Widerwille gegen uns ver- eitelt werde, was nun freilich nicht zuverlässiger vorzubereiten und in Erfüllung zu bringen sein dürfte, als wenn es gelingen sollte, den neuen König nach und nach von kriegerischen Gesinnungen abzuwenden und eben dadurch die Federn der Maschine immer mehr abspannen zu machen und sodann, wenn es nöthig sein sollte, nach Zeit und Um- ständen mit aller möglichen Gewalt gegen sie loszubrechen.‘') Seit mehr als 30 Jahren lechzte Kaunitz nach der Verkleinerung Preussens. Eben deshalb hing er so fest an dem russischen Bündnis, und gerade damals, wo er jene Verhaltungsbefehle nach Berlin schickte, war ein Schreiben Katharinas an den Kaiser Joseph unterwegs, worin sie neuen Beistand und neues Entgegenkommen von ihrem Freunde verlangte. Die vor drei Jahren erfolgte Einverleibung der Halbinseln Krim und Taman und des Kuban in das russische Reich war ein folgenschweres Ereigniss. Katharina konnte jetzt eine Flotte im schwarzen Meere ‘) a. a. O. pag. XVII u. XV. u en ee A ar a u II. Historisch - staatswissenschaftliche Abtheilung. 37 gründen und vielleicht Konstantinopel angreifen. Die Türken sahen auch die Gefahr und bemerkten mit Insrimm, wie Russland in diesen Gegenden weiter um sich griff; auf den Gipfel aber stieg ihr Unmuth, als sie erfuhren, dass der Fürst Heraklius von Georgien sich unter den Schutz der Kaiserin Katharina gestellt habe, die sich dadurch auch im Kaukasus festsetzen wolle. Sie unterstützten daher die benachbarten Lesghier bei den Einfällen, welche sie in Georgien machten. Katharina verlangte nun aber die Bestrafung des Pascha, welcher dies gethan, und als die Türken darauf nicht eingingen, schien ein Bruch nahe, denn die Kaiserin war fest entschlossen, dem Fürsten von Georgien den ver- sprochenen Schutz nicht zu entziehen und jeden unmittelbaren oder mittelbaren Angriff der Pforte auf Länder, welche dem russischen Reich unterworfen wären, mit Gewalt zurückzuschlagen. Am 21. August machte sie dem Kaiser hiervon Mittheilung und bat ihn zugieich, im Vereine mit Frankreich, welches seine Vermittelung angeboten, die Türken zur Vernunft zu bringen. Ausserdem meldete sie, dass sie im nächsten Januar nach Kiew reisen und bis in den April dort bleiben würde. Sie wollte dann nach Cherson gehen und die Krim besuchen. „Weiter wag’ ich“, fuhr sie mit zarter Rücksicht fort, „meine Hoffnungen nicht zu treiben, aber ich hab’ es für meine Pflicht gehalten, Ihnen von meinen Reiseplänen Mittheilung zu machen.“ Joseph hatte schon früher erwartet, dass er eingeladen werden würde nach Cherson zu kommen, und damals gemeint, es würde sich wohl ein Vorwand finden, um nicht hinzugehen. Und der Staatskanzler war damit einverstanden gewesen. Jetzt empfand es Joseph übel, dass Frankreich die Vermittelung übernehmen und er dieselbe durch seine guten Dienste unterstützen sollte, und dass er am Ende des Briefes wie in einer Nachschrift eingeladen worden wäre nach Cherson zu kommen. Verletzt in seinem Stolze, gedachte Joseph seine kurze Antwort so einzurichten, dass die Katharina gewordene Prinzessin von Zerbst es merken sollte, wie er mit mehr Rücksicht wünschte behandelt zu werden. j Der Kaiser schrieb wirklich nur sieben bis acht Zeilen; sie zeigten ein wenig Eifersucht darüber, dass Katharina sich an Frankreich ge- wendet hätte, was übrigens ganz falsch war, und nicht an den Bundes- genossen, der ihr bei der Erwerbung der Krim sehr nützlich gewesen wäre. Jedoch auf die Vorstellungen des Fürsten Kaunitz ') verfasste Joseph ein neues Schreiben. Er versprach darin, den russischen Ge- sandten in Konstantinopel auf das kräftigste durch den seinigen wie bisher unterstützen zu lassen. In Bezug auf die Reise nach Cherson ") Das Schreiben von Kaunitz findet sich auffallender Weise nicht bei Beer. Ranke giebt es in den Werken 31/32 pag. 209 Anm. 38 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. gab er noch keine feste Zusage, er wollte kommen, wenn es die Zeit- umstände gestatteten. Hatte sich Kaunitz nach der Thronbesteigung Friedrich Wilhelms II. über den schrecklichen Pedanten Hertzberg geärgert, dessen Denkungsart in allen Schriftstücken des Ministeriums und des Cabinettes zu spüren wäre, ') so muss der Verkehr doch freundlicher geworden sein. Ein Be- richt des österreichischen Gesandten in Berlin machte sogar einen so günstigen Eindruck auf den Kaiser, dass er an eine Aussöhnung mit Preussen dachte. Diesen Beweggrund nennt Joseph dem Staatskanzler, ausserdem spricht er moch von einigen anderen Umständen, welche darauf eingewirkt hätten. Leider führt er diese nicht namentlich an; doch gehört die Gründung des Fürstenbundes ohne Zweifel hierher. Vielleicht war ihm auch sein Verhältniss zu Russland etwas lästig ge- worden. Genug, im Anfange des Decembers dachte er darüber nach, welche Vortheile Oesterreich und Preussen davon haben würden, wenn sie mit einander ein enges Bündniss schlössen. Er meinte, sie würden weder von einer, noch mehreren vereinigten Mächten etwas zu fürchten haben, die Schiedsrichter nicht allein über Deutschland, sondern über Europa sein, von allen Mächten gesucht werden und nicht nöthig haben, andere zu suchen. Der allgemeine Friede würde nur von ihnen ab- hängen, und sie würden endlich alle Vortheile und Rücksichten, welche sie für nützlich erachteten, sich verschaffen und anderen solche nur so weit gestatten können, als sie wollten. Der Kaiser hielt diese Sätze für unumstössliche Wahrheiten, die sich mathematisch beweisen liessen. Zu dem Ende wies er noch auf die Nachtheile hin, welche das bisherige Verhältniss beider Staaten zu einander hervorbrächte, auf die ungeheuren Ausgaben, die ihre Eifer- sucht jährlich nöthig machte, auf die Demüthigungen, denen sie sich aussetzen, und auf die niedrigen Handlungen, die sie begehen müssten, um sich bei ihren verschiedenen Verbündeten, sogar bei kleinen Fürsten, den Rang abzulaufen, er meinte, dass sie vieles für ihre beiderseitigen Interessen Nachtheilige nicht allein ertragen, sondern sogar noch fördern müssten. Ja, er hegte bei längerem Zögern die Besorgniss, dass andere Mächte, welche die Möglichkeit eines solchen Einvernehmens einsähen und es fürchteten, Maassregeln treffen würden, damit die beiden Herrscherhäuser der sehr grossen Vortheile, die sie davon haben könnten, verlustig gingen. | Joseph erklärte weiter, woher es käme, dass diese Wahrheiten bis- her unbekannt gewesen wären. Die Fürsten, meint er, die über die politischen Verbindungen der Staaten entscheiden, sind Menschen und haben folglich ihre Schwächen und Vorurtheile. Joseph schliesst weiter, !) Beer 242, ee III. Historisch -staatswissenschaftliche Abtheilung. 39 Maria Theresia habe niemals den Verlust von Schlesien und der König von Preussen niemals die blutigen Kriege vergessen können, welche sie ihm erregt, um die ihr entrissene Provinz wieder zu erobern. Joseph thut hier Friedrich dem Grossen Unrecht, der einige Jahre nach dem Hubertsburger Frieden, wie wir bereits gehört haben, ernstlich bemüht gewesen war, ein freundschaftliches Einvernehmen mit Oesterreich herzu- stellen, uud er vergisst ferner, wie er selber durch sein Verhalten in Bezug auf Bayern und nachher durch sein Bündniss mit Katharina II. die Kluft, welche sich schliessen wollte, von Neuem erweiterte. Wenn Joseph meinte, dass man den Tod jener beiden Herrscher abwarten musste, bevor man kaltblütig und ohne Vorurtheil die glück- lichen Folgen eines österreichisch-preussischen Bündnisses sich vorstellen, ja, nur an die Möglichkeit eines solchen glauben konnte, so geht er zu weit, Haben doch in unseren Zeiten Wilhelm I, und Franz Joseph zu einander sich gefunden, obwohl dieser von jenem viel schwerer ge- schädigt worden war, als Maria Theresia von Friedrich dem Grossen. Aber leichter ward es allerdings dem Kaiser, mit dem neuen Könige Freundschaft zu schliessen, und er hatte Recht, wenn er glaubte, dass von der Aussöhnung mit Preussen das Glück mehrerer Millionen Menschen abhinge. ‚Niemals wird ein Bündniss“, schrieb er, ‚eine festere Grund- lage noch einfachere Bedingungen haben.“ Nur müssten die Herrscher davon ganz überzeugt sein, dass das Hauptinteresse der beiden Mon- archien in ihrer Verbindung bestünde und dass kein noch so grosser augenblicklicher Vortheil das Aufhören ihrer Freundschaft aufwöge. Ferner müssten sie fest entschlossen sein, an keine Vergrösserung zum Schaden des andern zu denken, sich den runigen Besitz ihrer gegen- wärtigen Länder gewährleisten und die Feinde des einen auch für die Feinde des andern halten. Ein Dauer versprechendes Bindemittel sah Joseph darin, dass die beiden Herrscherhäuser einer Nation angehörten und eine Sprache redeten, und dass in ihren Reichen die nämlichen Religionen bekannt würden. Wenn sie aber ein solches Bündniss ein- gingen, so würden sie, schloss der Kaiser, Europa in Erstaunen setzen und sich den Segen und die Bewunderung ihrer gegenwärtigen Unter- thanen und der künftigen Geschlechter erwerben, Die Betrachtungen sind am 6. December 1786 niedergeschrieben worden. Am folgenden Tage wollte Joseph den Fürsten Kaunitz be- suchen und mit ihm darüber sprechen. Aber der Staatskanzler zog es vor, nicht mündlich mit dem Kaiser zu streiten, sondern in einer solchen Sache von der grössten Wichtigkeit seine Bemerkungen im Zusammen- hange schriftlich aufzusetzen. Jedoch vorher wünschte er zu wissen, ob der Kaiser gedächte, die alten Verbündeten zu behalten, oder ob er sie aufgeben oder sie abfallen sehen wollte. Joseph antwortete kühn, dass man bei einem aufrichtigen Bündnisse mit Preussen wohl jedem 40 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. anderen entsagen könnte, und bei den zu erwartenden unberechenbaren Vortheilen schien es ihm gut zu sein, wenn man den Versuch wagte, selbst auf die Gefahr hin, dass die gegenwärtigen Bundesgenossen dar- über etwas ärgerlich würden. „Russland“, schrieb er, „bedarf unser für den grossen Plan, und Frankreich hat uns bei verschiedenen Ge- legenheiten keine solche Treue bewiesen, die grosse Rücksichten ver- diente, wenn man Besseres haben könnte,“ Joseph hatte zuerst die Vortheile eines engen österreichisch-preussi- schen Bündnisses aufgezählt. Der Staatskanzler machte seine Gegenbemer- kungen und meinte dann: wenn dieselben richtig seien, so enthalte das, was der Kaiser gesagt hatte, durchaus keine unumstösslichen Wahr- heiten. Wir sehen, wie er mit einer auffallenden Unumwundenheit sich ausdrückt. Und sind nun seine Sätze ganz unanfechtbar? Das kann man keineswegs sagen. Es ist doch ausserordentlich übertrieben, wenn Kaunitz behauptet, dass ein solches Bündniss wahrscheinlich den Ver- lust der Niederlande, der italienischen Besitzungen und Vorderösterreichs herbeiführen werde, ganz abgesehen von dem, was in Ungarn und Gali- zien sich ereignen möge. Der Staatskanzler bemerkt ein anderes Mal: zwei Grossmächte könnten nur dann einen bedeutenden Einfluss auf die europäischen Angelegenheiten haben, wenn beide jederzeit und ganz und gar gleich sähen, dächten und handelten; das vermöchten aber schon zwei Menschen nicht, geschweige denn zwei Staaten; leicht könnten Meinungs- verschiedenheiten hervortreten, denen man entweder zustimmen oder widersprechen müsste, und das würde zu grossen Uebelständen führen. Wenn Kaunitz recht hat und hier wirklich nur zwei Möglichkeiten vor- handen sind, wenn man nicht in eine Erörterung eintreten und sich ver- gleichen kann, dann freilich dürften überhaupt nur kurze Bündnisse ge- schlossen werden. Wenn aber Oesterreich mit Russland ein solches auf acht Jahre eingeht, warum nicht auch mit Preussen? Der Grund, weshalb Kaunitz dringend abräth, wird später angeführt. Er glaubt, es würden, könnten und dürften diese beiden Staaten nicht einer des andern versichert sein; „denn es ist unmöglich“, schreibt er, „die Schädigungen aufrichtig zu vergessen, die man zugefügt oder erlitten hat, besonders wenn dieselben so beträchtlich sind, wie diejenigen, welche das Haus Oesterreich von Seiten des Hauses Brandenburg er- fahren hat und deren fast unerträgliche Last nur durch die Vernichtung oder wenigstens eine sehr bedeutende Schwächung der preussischen Macht abgeschüttelt werden kann, Die letztere muss das merken und wird deshalb unmöglich jemals über die Absichten des Wiener Hofes ganz beruhigt sein.“ Die letzten Worte sind nicht klar; aber das Dunkel kann durch frühere Aeusserungen des Staatskanzlers aufgehellt werden. Kaunitz bildete sich ein, dass Friedrich der Grosse wegen der Eroberung Schle- et ee Ai Zr er. a u a a a III. Historisch - staatswissenschaftliche Abtheilung. 41 siens in seinem Inneren keine Ruhe gefunden hätte. Durch diese wunder- liche Ansicht war er 1772 zu dem albernen Vorschlage verleitet worden, dass der König von Preussen Schlesien gern wieder abtreten möchte, wenn er nur in Polen eine Entschädigung empfinge. Hätten denn aber in diesem Falle nicht die Gewissensbisse bleiben und nur die Ursache wechseln müssen? Das konnte sich Kaunitz nicht denken, und da er trotz der bald nachher gemachten Erwerbungen in Galizien und der Wegnahme der Bukowina sich eines gesunden Schlafes wie vorher er- freute, hielt er jene wunderliche Ansicht noch weiter fest. Joseph hatte von Schwächen und Vorurtheilen gesprochen, welche den Nutzen eines österreichisch-preussischen Bündnisses nicht hätten ein- sehen lassen. Auch hier widersprach ihm der Staatskanzler ohne Um- schweif. ‚Es scheint, schrieb er, dass es weder Schwächen noch Vor- urtheile bisher in der Denkungsart der Herrscher und der Minister der beiden Mächte gegeben hat. Vielmehr haben die einen und die andern sehr folgerichtig in Bezug auf die Umstände der beiden Staaten ge- urtheilt, und sie können nach meiner Meinung nichts Besseres thun, als weiter so urtheilen, bis eine der andern untergeordnet wird.‘ Dieses Ziel erscheint dem Staatskanzler als das einzige, welches beide ver- folgen; das werde nach seiner Ansicht für immer jede Gemeinschaft der Interessen ausschliessen, und ein Thronwechsel könne darin nichts ändern. Wenn endlich Joseph von dem Abschlusse des Bündnisses den Segen und die Bewunderung der lebenden und künftigen Geschlechter erwartet, so endet der Staatskanzler seine Bemerkungen mit dem sehr aufrichtigen und sehr heissen Wunsche, dass die Idee des Kaisers vollständig auf- gegeben werde als eine unnütze Maassregel, welche der österreichischen Monarchie nur den grössten Schaden zufügen könne. Bei solchen Ansichten und solcher Gluth des Hasses war an eine glückliche Unterhandlung über ein Bündniss nicht zu denken. Entweder musste Kaunitz aus dem Amte scheiden, wie das 1792 geschehen ist, oder der Kaiser seinen Plan fallen lassen. Ohne lange Wahl entschied sich Joseph noch an demselben Tage, wo er die Gegenbemerkungen des Staatskanzlers empfangen hatte, dem 10. December, für das letztere. Wie aber begründete er seinen Rückzug? Hat er seine Ansicht geändert? Das scheint nicht der Fall zu sein. Wenn man nicht mit Sicherheit die feste Ueberzeugung erlangte, schrieb er, dass die Vortheile auf beiden Seiten gleich sein würden, so könnte man weder Dauer noch Frucht erwarten, und es würde sogar gefährlich sein, einen solchen Gedanken zuerst vorzubringen; derselbe sollte daher als eine zwar wünschens- werthe, jedoch unter den gegenwärtigen Umständen nicht ausführbare Chimäre betrachtet und zurückgelegt werden.') Damit wurde der Plan ") Die ganze Correspondenz befindet sich bei Ranke 51/32, 497--503. 42 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. bei Seite geworfen, und 12 Tage später, am 22. December, versprach Joseph der Kaiserin von Russland fest, nach Cherson zu kommen, Ihr Herz hüpfte vor Freude, als sie las, dass ihr heisser Wunsch glücklich in Erfüllung gehen würde, Im folgenden Jahr erschien Joseph nach der Mitte des Maimonats in Cherson, wo er seine Wissbegierde zunächst befriedigte. Die vor einigen Jahren neugegründete Stadt sah ihm nach etwas aus;. denn man hatte viel gebaut. Dagegen hielt er von der Festung wenig; es war schon herausgefunden worden, dass man die Kaiserin bei ihrer Ankunft mit Kanonenschüssen nicht begrüssen könnte, weil die Werke sonst in die Gräben herunterfallen würden. Drei Kriegsfahrzeuge befanden sich hier im Bau, das Holz aber, welches man anwendete, war grün und die Masten schlecht, und Joseph meinte, dass man die Schiffe wohl aufgeben würde, nachdem die Kaiserin sie gesehen hätte. Wie er hörte, waren diejenigen, welche man voriges Jahr in Sewastopol gebaut hatte, von Würmern zerfressen worden. Von Cherson fuhr Joseph der Kaiserin entgegen. Sie kam von Kiew auf dem Dniepr. Die Schiffe waren schön und bequem, aber zu gross und schwer und deshalb schlecht zu gebrauchen; denn der Strom bildete zu viele Sandbänke. Die Winde wehten ausserdem entgegen, und die Weiterfahrt zeigte sich fast unmöglich. Als nun die Kaiserin auf ihrer Galere vernahm, dass Joseph ihr eilends entgegenkäme, ging sie ans Land und that das Gleiche. Mitten im Felde trafen die Beiden auf einander, und der Kaiser rief: „Da sind die Politiker gut angeführt, niemand wird unsere Zusammenkunft sehen.‘‘') Katharina setzte die Reise nun zu Lande fort und nahm den heissersehnten Herrscher in ihren Wagen, wo sich auch der Generaladjutant befand, ein ziemlich hübscher Mann von 26 Jahren, Namens Momonow, dessen Dienstpflichten aber nicht auf dem militairischen Gebiete lagen. Er war der achte und vor- letzte, welcher diese Stelle bekleidete. Der Kaiser fand ihn ohne Bildung und Witz, aber er hat ihn doch im folgenden Jahre in den Grafenstand erhoben.?) Wie sehr hatte er Recht gehabt, als er in der kleinen Denkschrift vom 6. December 1786 von den Demüthigungen und niedrigen Handlungen sprach, die er sich ersparen könnte, wenn er ein Bündniss mit Preussen einginge! Während der vier Tage, die man in Cherson verweilte, wurden die drei Kriegsschiffe vom Stapel gelassen. Joseph bemerkte noch einmal in seinem Brief an den Feldmarschall Lasey, dass sie nicht sowohl zum Gebrauch als zum Scheine dienten. Das Tau- und Segelwerk, das ihnen ') Sbornik russkago istoriceskago obstestva XXIH, 410. 2) In den Briefen an Grimm nennt Katharina nicht seinen Namen, sondern bezeichnet ihn immer mit den Worten l’habit rouge. ENTER III. Historisch - staatswissenschaftliche Abtheilung. 43 noch fehlte, musste von Kronstadt auf dem Landwege herbeigeschafft werden. Aber was verschlug das in Russland? Für ein Feuerwerk, welches der Kaiserin zu Ehren in Karasubasar auf der Halbinsel Krim abgebrannt wurde, liess man Bombardiere die weite Reise von Peters- burg hierher und dann wieder zurück machen, und zu der darauf folgen- den Illumination hatte man Talg und Fett aus Moskau bezogen. „Alles ist hier zu Lande möglich, schreibt der Kaiser, wo man weder die Mühe noch die Kosten in Anschlag bringt.‘“ Und an einer andern Stelle bemerkt er, dass man vor kurzem 2000 Rekruten zu Matrosen gemacht hätte; sie kletterten schon den Mast hinauf. Mancher freilich brach Arme und Beine, wie Joseph selbst gesehen. Aber das schadete nichts, sie wurden durch andere bald ersetzt. In Sewastopol gab es an Bord und im Hospital der Flotte viele Kranke. Sie befanden sich in einem schrecklichen Zustande; denn niemand pflegte sie, und sie lagen auf- einander wie die Hunde, Das ist die Herrlichkeit des unumschränkten Czarenthums in dem heiligen Russland! ,‚‚Menschenleben, bemerkt an einer anderen Stelle der Kaiser, kommt hier wenig in Betracht.‘“') Politische Gespräche waren anfänglich nicht geführt worden, weil Katharina und Joseph niemals allein waren, Erst in Cherson konnten sie einander abgerissene Sätze zuwerfen, als bei einem Festmahl 120 Musiker geräuschvoll spielten. Das Ergebniss meldete der Kaiser dem Staatskanzler mit folgenden Worten: „Die Kaiserin brennt vor Be- gierde, mit den Türken wieder anzufangen, sie hört auf keine Vorstellung über dieses Kapitel, denn ihre Eitelkeit und ihr Glück verblenden sie dermaassen, dass sie glaubt, sie werde ganz allein im Stande sein, was sie will, auszuführen ohne meine Mitwirkung, und dadurch bildet sie sich ein, alle die Schwierigkeiten wegzuschaffen, die ich ihr in Bezug auf den König von Preussen und auf Frankreich angezeigt habe.‘‘?) Noch stolzer wurde Katharina in Sewastopol, wohin sie am 2. Juni kamen, Sechszehn Linienschiffe und Fregatten lagen dort vor Anker.?) Als die Kaiserin und ihr hoher Gast an ihnen vorbeifuhren, standen die Matrosen in solcher Zahl auf den Raen, dass sie für den Dienst der Fahrzeuge wohl genügen konnten. „Das Schauspiel war so schön als möglich,“ bemerkte der Kaiser. Den Hafen nennt er den besten, den er in seinem Leben gesehen; 150 Schiffe konnten dort sehr bequem liegen, geschützt gegen alle Gefahren sowohl des Meeres als des Feindes, !) Arneth, Joseph II. und Catharina II. p. 367, 364, 365, 373. 2) Ebendas. 292 Anmk. ®) Das meldete der Kaiser am 3. Juni dem Fürsten Kaunitz, dagegen an Lascy schreibt er an demselben Tage: sie seien am 3. in Sewastopol angekommen und im Hafen seien einige 20 Linienschiffe und Fregatten gewesen. Ich ziehe jene Angabe vor, zumal da die Ankunft wirklich schon am 2. erfolgte, wie Katharina an Grimm am 3. schreibt. Sbornik XXI, 412, 44 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. welcher sich in die von drei Batterien vertheidigte Bucht nicht hinein- wagen dürfte. Man hatte bereits mehrere Häuser, Kasernen und Magazine gebaut. „Wenn man in den nächsten drei Jahren so fortfährt, meinte Joseph, so wird der Platz sicherlich sehr blühend werden,“ Katharina war nach dem Berichte des Kaisers ausser sich vor Ent- zücken über das, was sie sah, und über die neue Machtstufe, welche dadurch das russische Reich betrat. Wir besitzen aber auch einige Zeilen, die sie in Sewastopol am 3. Juni an den Herrn von Grimm ge- richtet hat. Sie schreibt: „Hier gleicht alles so sehr den Wundern von 1001 Nacht, dass man nicht weiss, ob man wacht oder träumt. Da, wo vor drei Jahren nichts vorhanden war, hab’ ich eine ziemlich hübsche Stadt und eine kleine gewandte und kecke Flotte gefunden. Der Hafen und der Ankerplatz sind von Natur gut, und man muss dem Fürsten Potemkin die Gerechtigkeit widerfahren lassen, dass er hierbei in allem die grösste Thätigkeit und Einsicht gezeigt hat.‘“') Die Kaiserin drückt sich sehr gemässigt aus, aber man erkennt doch aus ihren Worten, welche Befriedigung ihr der Anblick von Sewastopol verschaffte. Den französischen Gesandten verstimmte dagegen, was er sah, ungemein. Joseph aber bedachte, dass die Fahrt von hier bis nach Konstantinopel in 48 und manchmal sogar in 36 Stunden vollbracht würde. „Was für unangenehme Betrachtungen, schrieb er, muss das meinem Kameraden, dem Grossherrn, verursachen, der niemals sicher ist, dass ihm aller- nächstens diese Kerle mit Kanonenkugeln ohne das geringste Hinderniss die Fenster einschiessen,“ Aber noch eine ganz andere Empfindung überkam den Kaiser: „Wenn ich der Stadt Berlin eben so nahe sein könnte, dachte er, und wenn die Preussen eben so grosse Tölpel wären, wie die Türken, so bekenne ich, dass ich dem Gelüste nicht widerstehen würde, mich solcher Nachbarn zu entledigen.‘“?) Damals lag kein Grund zum Hasse gegen Preussen vor, sondern dieser ruhte dem Kaiser im Innersten seines Herzens, und nur manch- mal kam er zum Vorschein. Aber man sieht, es mussten nicht allein Maria Theresia und Friedrich, sondern auch Joseph zu den Todten ge- hören, wenn ein Bündniss zwischen Oesterreich und Preussen zu Stande kommen sollte. !) Sbornik XXIH, 412. 2) Ebendas. 363. 364. BP 7 Schlesische Gesellschait für vaterländische Gultur. N 69. Jahresbericht. Nekrologe. 1891. @,: EEG EEBRRRUTNEN. SEIN VEMRIRSSSNET LAPRIVNRENEN BEE. SD). Nekrologe auf die im Jahre 1891 verstorbenen Mitglieder der Schlesischen Gesellschaft für vaterl. Cultur. Gustav Arent, Oberst a. D. hier, stammte aus einer alten Offi- ziersfamilie, die durch Aufhebung des Ediets von Nantes aus ihrer Hei- math Südfrankreich geflohen, endlich in Preussen Aufnahme gefunden hatte und seit 1742 der preussischen Armee angehörte. Er war als Sohn des Rittmeisters Friedrich Arent, Escadronschef im 2. Leibhusaren- Regiment, am 21. Mai 1819 zu Guhrau in Schlesien geboren. Nach dem Tode des Vaters 1827 zog die Mutter nach Königsberg in Ost- preussen, wo der Sohn das Altstädtische Gymnasium besuchte. Später kam er in das Cadettencorps nach Culm und nach Berlin; letzteres ver- liess er am 8. August 1836, um, erst 17 Jahr alt, nach einem vorzüglich bestandenen Offiziersexamen als Second-Lieutenant in das Regiment seines verstorbenen Vaters, das in Herrnstadt, Guhrau, Winzig und Wohlau in Garnison stand, einzutreten. Er gehörte diesem Regimente durch 24 Jahre an, war von 1841 zu 42 zur Lehr-Escadron in Berlin commandirt, machte 1848 die Bekämpfung der Insurrection in Posen mit, war während der Mobilmachung 1850 als Adjutant der mobilen 9. Infanterie-Division zu- getheilt, wurde 1853 zum Rittmeister und 1856 zum Escadronschef er- nannt und erhielt dieselbe 1. Escadron, die vor 40 Jahren sein Vater schon commandirt hatte. Im Jahre 1852 vertauschte das Regiment seine alten schlesischen Garnisonen mit Posen und Poln.-Lissa. Die 1. Esca- dron stand in Posen und von hier wurde Arent 1860 bei der Vermehrung der Armee an das 2. Schlesische Dragoner- Regiment Nr. 8 abgegeben und kam nach Kreuzburg OS. in Garnison. Im Jahre 1863 befand er sich 5 Monate mit seiner Escadron zur Grenzbesetzung während des polnischen Aufstandes im Kreise Lublinitz. Seine stete Pflichttreue wie die Anstrengungen dieses harten Grenzdienstes im Winter hatten seine Gesundheit so erschüttert, dass er sich den Anstrengungen des Cavalle- rie-Dienstes nicht mehr gewachsen fühlte, und so wurde er im Sommer 18653 zum Major und Commandeur des Schlesischen Train - Bataillons Nr. 6 in Breslau ernannt. Als solcher machte er die Feldzüge 1866 3 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. und 1870/71 mit, wurde 1867 zum Oberstlieutenant befördert und erhielt 1870 den Charakter als Oberst. 1874 nahm er seinen Abschied aus dem activen Dienste und lebte seitdem in Breslau, wo er am 11. Fe- bruar 1891 an Herzlähmung starb, nachdem ihm seine Frau Mathilde, geb. von Briesen, im Tode vorangegangen war. Unserer Gesellschaft hat der Verstorbene seit 1866 angehört. Sein Interesse erstreckte sich nicht nur auf seinen militairischen Beruf, sondern auf alle Wissenschaften. Gründliche geschichtliche und culturgeschichtliche Studien hatten sein politisches Verständniss frühzeitig gereift und sein Interesse für die po- litische und sociale Entwickelung seines Vaterlandes in Anspruch ge- nommen. Schon als junger Offizier hatte er stets das geträumt, was Deutschland endlich 1871 erreichte, und da er dies bei seiner glühenden Vaterlandsliebe und seinem lebhaften Temperamente wohl manchmal zum Ausdruck brachte, so wurde ihm dies bei den militairischen Anschauun- gen in den 40er und 50er Jahren nicht zum Vortheil angerechnet und das durch seine geistigen Fähigkeiten und seine ausserordentliche Pflicht- treue wohlverdiente bessere Avancement ihm stets vorenthalten. Wenn Bitterkeit darüber ihn wohl manchmal befiel, so fand er doch stets Trost in dem Bewusstsein treuester Pflichterfüllung und in den Beweisen der grossen Verehrung und Anhänglichkeit aller seiner Untergebenen, die nicht nur seine strenge Gerechtigkeit, die jede Servilität verabscheute, hoch achteten, sondern auch seine, sich bei jeder Gelegenheit zeigende, grosse persönliche Liebenswürdigkeit und Bescheidenheit verehrten. Ein streng protestantischer Sinn, in welchem seine hugenottische Abkunft sich nicht verleugnete, bildete die Basis einer wahren Frömmigkeit und Religiosität, die er nicht in äusseren Formeln, sondern im Herzen und in der Bethätigung einer wahrhaft menschenfreundlichen Gesinnung und in den Werken der Nächstenliebe suchte. Carl Beblo, Stadtrath und Fabrikbesitzer hier, wurde am 24. Octo- ber 1832 als Sohn des Cantors und Lehrers Daniel Beblo zu Oppeln geboren. Er besuchte das dortige Gymnasium bis zur Prima und trat dann bei einem Kaufmann in Brieg in die Lehre, wo ihn eine harte Lehrzeit schon früh für schwere Pflichten stählte. Nach einigen Stellungen als kaufmännischer Reisender trat er im Jahre 1856 als Buchhalter in die Breslauer Filiale der Firma C. Heckmann aus Berlin ein, wo er auch noch einige Jahre thätig blieb, als er schon als Assoei€ in die der Firma Fuchs & Comp. gehörige Melasse-Spiritus-Fabrik eingetreten war. Nach- dem er sich in verschiedenen öffentlichen Ehrenämtern bewährt hatte, wurde er im Jahre 1875 in die Stadtverordneten-Versammlung gewählt, der er bis zum Jahre 1881 angehörte, als ihn das Vertrauen seiner Mitbürger zum Stadtrath erwählte, in ein Amt, das er bis zu seinem Tode in ehrenvollster und erspriesslichster Weise ausgefüllt hat. Von Nekrologe. B der reichen und vielseitigen Thätigkeit, welche Beblo in uneigennützig- ster Weise mit vollster Hingabe an sein Amt ausgeübt, legt der Umfang der Decernate Zeugniss ab; er war Decernent des Hospitals zu St. Tri- nitas, des Knabenhospitals in der Neustadt, des Kinderhospitals zum heiligen Grabe, des Kinder-Erziehungs-Instituts zur Ehrenpforte und Mit- glied der Schul-Deputation, für deren Angelegenheit er stets ein beson- deres Interesse bekundete; auch war er Mitglied des Stadtbank- Cura- toriums, der Sophie Werner’schen Stiftung, und in früheren Jahren eins der fleissigsten Mitglieder der Canalisations-Commission. Endlich war er auch im Gemeindekirchenrath von St. Salvator im Interesse seiner Mitbürger thätig. In all diesen verschiedenen Aemtern befähigten ihn seine Gewissenhaftigkeit, seine genaue Vertrautheit mit den Verhältnissen unserer Stadt, sein reiches Wissen und sein Eifer, die ihm übertragenen Aufgaben mit peinlichster Treue zu erfüllen, zu hervorragenden Lei- stungen. Ueberall setzte er seine volle Kraft zum Wohle Anderer ein. Sein schlichtes, selbstloses Wesen liess ihn die Mühen und Anstrengun- gen, welche ihm seine verantwortungsreichen Aemter aufbürdeten, ver- gessen, und mit seiner ganzen Seele förderte er überall das Gute. Mit der ganzen Wärme und Tiefe seines reichen Gemüthes widmete er sich den Waisenkindern. Ihm selbst war das Glück, das sich an den Besitz einer Familie knüpft, versagt; um so herzlicher erfreute er sich an dem Wohlergehen derer, denen in den öffentlichen Waisenanstalten Vater und Mutter ersetzt werden müssen. Wie ein Vater hing er an den Waisenkindern, und diese hinwiederum hingen an ihrem Wohlthäter mit wahrhaft kindlicher Liebe. Immer war er bemüht, den Kindern eine Freude zu bereiten. Seinem persönlichen Eifer war es seit mehreren Jahren gelungen, die Sommerfahrten der Zöglinge des Knabenhospitals in der Neustadt in das Riesengebirge zur Ausführung zu bringen. Wer den Dahingeschiedenen oben im Gebirge getroffen, wie er mit seinen jungen Freunden über Berg und Thal wanderte, das Herz erfüllt von dem Hochgefühl darüber, dass er den armen Waisenkindern in einer für sie unvergesslichen Weise die ewigen Schönheiten der Berge erschliessen durfte, der weiss, was ihm die Waisen und er ihnen war. Das Cha- rakterbild dieses edlen Menschenfreundes wird vervollständigt durch die Lauterkeit, Festigkeit und Ueberzeugungstreue, die er im politischen Leben allzeit bekundet hat. Beblo gehörte mit unerschütterlicher Treue der freisinnigen Partei an, als deren Vertreter er auch einmal für den Reichstag candidirte. Es war einer der besten Bürger unserer Stadt, der am 15. October 1891 viel zu früh seiner segensreichen Thätigkeit entrissen wurde. Er hatte sich schon lange unwohl gefühlt, aber in seinem Pflichteifer nicht nachgegeben, bis eine heftige Lungenentzündung, die Folge der Influenza, ihn in wenigen Tagen dahinraffte. Unserer Gesellschaft hat der Verstorbene seit 1373 als wirkliches Mitglied angehört, 4 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Friedrich Carstädt, Dr. phil., Reetor der evangelischen höheren Bürgerschule Nr. I hierselbst, wurde am 22. December 1840 als Sohn des Rendanten am Königl. Landesgestüt zu Leubus geboren. Den ersten Unterricht erhielt er auf der Volksschule zu Leubus, dann besuchte er von 1852 —57 das Gymnasium zu Glatz und von da bis Ostern 1861 das Gymnasium zu Liegnitz. Mit dem Maturitätszeugnisse versehen, bezog er die Universität Breslau und studirte hier Mathematik und Naturwissenschaften. Schon während der Studienzeit war er 1’), Jahre Assistent am physikalischen Cabinet der Universität. Am 3. März 1866 wurde er auf Grund seiner Dissertation ‚‚De calore et frigore, quae in loco contactus duorum metallorum heterogenium fluminis galvaniei ac- tione oriuntur‘“ zum Dr. phil. promovirt- und im October desselben Jahres bestand er das Examen pro facultate docendi. Schon vorher hatte er an der höheren Handels-Lehranstalt des Dr. Steinhaus hierselbst seine Lehrthätigkeit begonnen. Im Januar 1866 übernahm er eine Vertretung an der hiesigen höheren Töchterschule am Ritterplatz, wo er am 1. Juli 1867 als 2. wissenschaftlicher Lehrer definitiv angestellt wurde. Zu Ostern 1871 wurde er als Lehrer an die damalige Mittelschule I berufen, aus der sich bald die evangelische höhere Bürgerschule I ent- wickelte, als deren Rector, nach Dr. Bach’s Weggange nach Berlin, Carstädt am 1. April 1875 vom hiesigen Magistrate gewählt wurde. In dieser Stellung hat er bis zu seinem plötzlichen Tode (Gehirnschlag) in der Nacht vom 19. zum 20. Juni 1891 höchst segensreich gewirkt. Carstädt war pflichttreu und unverdrossen, begeistert für die Aufgaben der Schule, mild in seinem Wesen, bedacht auf das Wohl seiner Colle- gen, auf den Ruhm der Schule und die Förderung seiner Schüler. Er war eifrig im Unterstützen aller Bestrebungen, die Bildung des Volkes zu heben; er war Verfasser einer grossen Anzahl von Jugendschriften und durch viele Jahre Vorsitzender des Schlesischen Provinzialverbandes der Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung, Ebenso war er ein thätiges Mitglied in der Vertretung der Elisabethgemeinde, in der Luther- stiftung, im Verein zur Förderung des Arbeitsunterrichtes und anderer gemeinnütziger Bestrebungen. Unserer Gesellschaft hat der Verstorbene seit 1870 angehört. Ferdinand Elbrandt, Major a. D., Verwaltungsbeamter der Königl. Ritter- Akademie zu Liegnitz, wurde am 6. Januar 1815 zu Angermünde als Sohn eines Volksschullehrers geboren. Er besuchte das Gymnasium zu Prenzlau und trat 1835 nach bestandenem Maturitäts- Examen bei der Militair-Intendantur in Frankfurt a. O. ein. Von hier wurde er später nach Breslau versetzt, doch schied er 1847 aus diesen Verhältnissen, um in den Verwaltungsdienst der Ritter-Akademie zu Liegnitz überzugehen, in welchem er bis zu seiner 1887 erfolgten Pen- Nekrologe. 3 sionirung verblieb. Seine Stellung hier war die eines Regierungsrathes, ohne dass er einen besonderen Titel führte. Im Jahre 1866 wurde er mit dem 7. Landwehr-Regimente, dem er als Hauptmann angehörte, mo- bilisirt, gelangte aber in Folge des Friedensschlusses nicht mehr in Feindesland.. Um so hervorragender waren seine Leistungen während der Kriegsjahre 1866 und 1870/71 als Lazareth-Vorstand in Liegnitz. In Anerkennung seiner vielfachen Verdienste erhielt er 1860 den Kronen- Orden IV, Klasse, 1867 den Rothen-Adler-Orden IV. Klasse und bei seiner Pensionirung, nachdem er noch sein 50jähriges Dienst- Jubiläum im Amt gefeiert hatte, den Rothen-Adler-Orden III. Klasse mit der Schleife. Ende 1871 wurde er mit dem Range eines Majors auf sein Ansuchen aus den Militair-Verhältnissen verabschiedet. Er war 17 Jahre hindurch Stadtverordneter in Liegnitz, Jahrzehnte lang auch Schriftführer des dortigen Vaterländischen Frauenvereins und bis an sein Lebensende Vorstandsmitglied der Liegnitzer Taubstummen-Anstalt. Allen diesen Nebenämtern widmete er sich trotz seiner reichlichen Arbeit im Haupt- amt mit aufopfernder und uneigennützigster Hingabe. — Seinem Cha- rakter und seiner Dienstthätigkeit nach wurde er von seinen Vorgesetz- ten aufs Höchste geschätzt, stand auch sonst bei Allen, die ihn kannten, in vollstem Maasse in Achtung und Ansehen, was sich besonders beim Begehen seines 50 jähr. Dienstjubiläums äusserte, das er, ein Feind alles äusseren Gepränges, im Riesengebirge feierte, nur umgeben von seinen allernächsten Freunden. Rathgeber und Vertrauter seiner Freunde, war er auch ein uneigennütziger Helfer der Armen und Bedrängten, aber stets im Stillen. Es gab keinen wohlthätigen Verein in Liegnitz, dem er nicht mindestens als zahlendes Mitglied angehört hätte. Litterarisch war er wegen der Fülle seiner Amts- und Neben-Arbeit nicht thätig; doch war er ein grosser Freund und Förderer der Botanik, und er hat die Flora von Liegnitz durch manchen seltenen Fund bereichert, wie dies in Gerhardt’s Flora von Liegnitz besonders hervorgehoben ist. Elbrandt blieb unvermählt und starb am 5. Februar 1891 zu Liegnitz. Unserer Gesellschaft hat er seit 1886 als auswärtiges Mitglied angehört. Carl Julius Engelbrecht, Landgerichtsrath a. D., war geboren am 29. Juli 1818 zu Altendorf bei Ratibor als Sohn des Senators und Vorwerkbesitzers Johannes Engelbrecht und dessen Ehefrau Franziska, geb. Schipko. Er wurde in der katholischen Religion getauft und er- zogen. Seine Ausbildung genoss er auf dem Gymnasium in Ratibor und bezog dann die Universität in Breslau, woselbst er Jura studirte. Wäh- rend seiner Studienzeit trat er zu Breslau als Einj.-Freiwilliger beim Schützen-Bataillon ein, wurde aber nach halbjähriger Dienstzeit wegen einer auf der Mensur erhaltenen gefährlichen Kopfwunde als Landwehr- Unteroffizier entlassen. Am 2, September 1841 wurde er als Ober- 727 A 3/ 6 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Landes-Gerichts- Auscultator in Ratibor angestellt, am 24, April 1844 zum Referendar ernannt und am 1. October 1846 Justitiarius in Ujest. Am 1. April 1847 wurde er Fürstlich Hohenlohe’scher Justiz - Assessor. Am 15. Juni 1848 erfolgte seine Ernennung zum Ober-Gerichts-Assessor und am 1. April 1849 zum Kreisrichter in Gross-Strehlitz 08. Am 2. Juli 1859 wurde er zum Kreisgerichtsrath in Tost ernannt und 1863 als Abtheilungs-Dirigent nach Lublinitz versetzt. Am 30. März 1866 wurde er in der gleichen Eigenschaft nach Neisse versetzt, woselbst er am 12, October 1879 Landgerichtsrath wurde. Im Herbst 1887 erbat er wegen zunehmender Kränklichkeit seinen Abschied, der ihm auch unterm 26. December 1887 gewährt wurde. Am 3. März 1883 erhielt er den Rothen-Ädler-Orden IV. Klasse. Im Jahre 1848 verheirathete sich der damalige Ober-Gerichts-Assessor mit Fräulein Rudolfine Wiebmer, Tochter des Fürstlich Hohenlohe’schen Amtsraths Wiebmer und seiner Ehefrau Christine, geb. Chorus, zu Lampersdorf OS. Im Jahre 1863 wurde er vom Kreise Lublinitz ins Abgeordnetenhaus gewählt, woselbst er als Hospitant der conservativen Fraction beitrat. Er war Freimaurer und lange Jahre hindurch Meister vom Stuhl. Am 29. April 1891 ver- starb er zu Neisse. Er ruht auf dem dortigen Garnison - Kirchhofe. Ausser seiner ihn überlebenden Gattin hinterliess er zwei Söhne, welche beide Offiziere sind. Engelbrecht zeigte schon in seiner äusseren Er- scheinung die Merkmale einer vornehmen geistigen Veranlagung. Der Zug liebenswürdiger Ironie, welcher selten aus seinem fein geschnittenen, bis ins Alter hinein blühenden Antlitz wich, verurtheilte jede Engherzig- keit der Anschauung, jedes Pharisäerthum, mochte es heissen, wie es wollte. Eine staunenswerthe Kenntniss der Litteratur, ein schlagfertiger Humor und eine angeborene Rednergabe, verbunden mit einem feurigen Naturell, verliehen seiner Unterhaltung ein eigenthümlich funkelndes Colorit, unter welchem sich ein weiches, tieffühlendes Herz barg. Unserer Gesellschaft hat der Verstorbene seit 1888 als auswärtiges Mitglied an- gehört. Reinhold Fiegler, technischer Lehrer am Gymnasium zu Kattowitz, wurde 1829 zu Bunzlau geboren. Seine Schulbildung erhielt er am Gym- nasium zu Ratibor, dann trat er in das katholische Lehrer-Seminar zu Ober- Glogau ein, das er im September 1849 verliess. Im Jahre 1851 wurde er an die Elementarschule zu Ratibor berufen und später an der dortigen Mittelschule angestellt. Seit Michaelis 1871 war er technischer Lehrer am städtischen Gymnasium zu Kattowitz und unterrichtete in seinen Fächern hier mit hervorragendem Erfolge. Für die Naturwissenschaften besass er grosses Interesse. Im steten Verkehr mit der Natur, beson- ders in der Pflege der Botanik und in der Erforschung der oberschlesi- schen Flora bewahrte er sich trotz der Sorgen, die ihm das Leben Te te ee ee Fe ul, aaa - oz Nekrologe. 7 brachte, die Heiterkeit des Gemüthes. Er war ein treuer Freund der Jugend, ein einsichtiger Lehrer, erfolgreich im Unterricht, mild im Ur- theile über die Schüler. Ein Herzleiden, das sich schon seit einigen Jahren bei ihm bemerklich gemacht hatte und das ihn bisweilen in seiner Thätigkeit behinderte, nöthigte ihn am 12. Mai den Unterricht auszusetzen und schon am 14. Mai 1891 erfolgte der Tod. Unserer Gesellschaft hat der Verstorbene seit 1889 als auswärtiges Mitglied an- gehört. Friedrich Hermann Ferdinand Friedensburg, Oberbürger- meister von Breslau, wurde am 27. October 1824 zu Beeskow geboren, 1823 kam er bereits nach Breslau, wohin sein Vater, der die Freiheits- kriege als Offizier mitgemacht hatte, als Steuerinspecetor versetzt wurde. Von 1831 bis 1843 besuchte er das Elisabeth-Gymnasium, studirte hier von 1843 bis 1846, arbeitete hier als Auskultator und Referendar und genügte hier auch seiner Militairpflicht, wonächst er die Qualification als Offizier erlangte. Im Jahre 1851 machte er das Staatsexamen, 1852 ward er Kreisrichter in Freystadt und verheirathete sich mit Clara Franz, der Tochter des Breslauer Bürgers und Riemermeisters Georg Friedrich Franz. Später kam er nach Liegnitz, 1861 als Stadtgerichtsrath nach Breslau, in welcher Stellung er bis 1865 verblieb. In diesem Jahre ging Friedensburg mit dem Titel Justizrath zur Rechtsanwaltschaft über und wurde einer der gesuchtesten und beschäftigsten Anwälte unserer Stadt. Als Forckenbeck 1879 vom Breslauer Oberbürgermeisterposten zurücktrat, um an die Spitze der Berliner Communal-Verwaltung zu treten, wurde Friedensburg durch das Vertrauen seiner Mitbürger an den erledigten Platz berufen. 1890 erhielt er den Titel Geheimer Regierungsrath, nachdem er schon früher den Rothen-Adler-Orden III. Klasse mit der Schleife erhalten hatte. Er legte sein Amt wegen Krankheit Ende 1890 nieder, wurde Ehrenbürger von Breslau, ging nach dem fernen Süden, um dort Genesung und Hei- lung zu suchen, und starb in San Remo am 5. März 1891. Da die Amts- periode Friedenburgs erst mit dem 10. März zu Ende ging, so war er der erste im Dienste dahingeschiedene Oberbürgermeister von Breslau; daher gestalteten sich die Einholung der Leiche vom Bahnhofe, ihre Ueberführung nach dem Rathhause und die am 12. März stattfindende Beerdigung auf dem neuen Kirchhofe der Elisabethgemeinde in Gräb- schen zu den grossartigsten Trauerfeierlichkeiten. — Breslau hat diesem Manne viel zu danken. Mit weiser Sparsamkeit hat er in Zeiten, die finanziell keine glänzenden zu nennen waren, für die Wohlfahrt und das Gedeihen der Stadt in umfassendster Weise gesorgt. Unter seiner Ver- waltung ist die Patronatsablösung erfolgt, die erst nach Ueberwindung beträchtlicher Schwierigkeiten ins Werk gesetzt werden konnte. Andere grosse Projekte hat er soweit gefördert, dass sie ihrer baldigen Voll- 4% 8 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. endung entgegengehen: so die Einführung der elektrischen Strassen- beleuchtung, die Anlage der elektrischen Strassenbahn, der geplante Südpark und das neue Schulhaus auf dem Kanonenhofe. In der Frage der Oderregulirung hat er mit Festigkeit und Energie die Interessen der Stadt wahrgenommen. Für die Verschönerung der Stadt, für die Hebung ihrer Gesundheitsverhältnisse ist unter seiner Leitung sehr Erhebliches und Dankenswerthes geschaffen worden. Die Renovation des altehr- würdigen Rathhauses gelang aufs Glänzendste; die städtischen Prome- naden wurden durch Zuschüttung der Ohlemündung und Einverleibung des Knorr’schen Gartens beträchtlich erweitert und der Scheitnig’er Park erhielt eine bedeutende Ausdehnung durch den Göpperthain. Nicht weniger als vier neue feste Brücken wurden dem Verkehr übergeben: die Mauritiusbrücke, die Dombrücke, die Gneisenaubrücke und die Fürstenbrücke. Durch die Aufführung des neuen Sparkassen - Gebäudes wurden schwer empfundene Uebelstände abgestellt. Eine stattliche An- zahl von Schulbauten und die Anlage des botanischen Schulgartens sind beredte Zeugnisse um die Entwickelung unseres Schulwesens. Als be- sonders segensreich wirkt die Errichtung der Irrenanstalt in der Göppert- strasse. Eine schwierige Angelegenheit fand einen gedeihlichen Abschluss durch den Erlass des Communalsteuer-Regulativs. Auch für die schlesi- sche Gewerbeausstellung im Jahre 1881 gebührt ihm der Dank Breslaus. Endlich sei noch des Verdienstes gedacht, das sich Friedensburg, be- sonders als Mitglied des Herrenhauses, bezüglich der projektirten Aen- derungen der Breslau’er Umgehungsbahn erworben hat. — Friedensburg war lange Jahre hindurch der Führer der Fortschrittspartei in Breslau und Vorsitzender des fortschrittlichen Weahlvereins; auch nach seiner Ernennung zum Oberbürgermeister hat er treu an seinen freisinnigen Ueberzeugungen festgehalten. Friedensburg gehörte nicht zu den Män- nern, deren Vorzüge man auf den ersten Blick gewahr wird. Sein reiches inneres Leben erschloss sich erst Demjenigen, der mit Vertrauen sich ihm näherte. Er war ein Mann in des Wortes edelster Bedeutung, unbeugsam in seiner Gerechtigkeitsliebe, jeder Sache auf den Grund gehend, niemals von persönlichen Rücksichten geleitet, immer nur das Wohl der Gesammtheit ins Auge fassend. Allgemein bewundert wur- den die Fülle seiner juristischen Kenntnisse, die Klarheit seines Urtheils und die Fähigkeit, sich in den schwierigsten Verhältnissen leicht zurecht- zufinden. So klar und unzweideutig wie seine Schreibweise war auch die Art seiner Rede, Ein Meister des Worts, hat er die Phrase stets verschmäht. Litterarisch ist er nur insoweit thätig gewesen, als er einen Leitfaden des älteren Subhastationsverfahrens veröffentlicht hat. Doch ist hervorzuheben, dass er für das gesammte Geistesleben seiner schlesischen Heimath und deren geschichtliche Vergangenheit das regste Interesse besass und dasselbe durch Mitgliedschaft bei den in Betracht | | Nekrologe. 9 kommenden Vereinen stets rege bethätigt hat. Unserer Gesellschaft hat er seit 1880 als wirkliches Mitglied angehört, Friedrich Holtze, Dr. med. und Kgl. Sanitätsrath in Kattowitz, wurde am 9. Februar 1824 zu Belk, Kreis Rybnik, als Sohn des Wirth- schafts-Inspeetors Friedrich Holtze geboren, besuchte das Gymnasium zu Ratibor und die Universität Breslau, woselbst er im Jahre 1850 nach bestandenem medieinischen Staatsexamen als Dr. med. promovirte. Am 2. November 1850 liess er sich als praktischer Arzt und Geburtshelfer in dem damaligen Dorfe Kattowitz nieder. Mit richtigem Blicke er- kannte er, dass dem damals so unbedeutenden Gemeinwesen durch die aufblühende v. Thiele-Winkler’sche Industrie eine mächtige Entwickelung bevorstand, und er entwickelte hier neben seiner ärztlichen Praxis eine ungemein energische Thätigkeit als Pionier des Deutschthums in der damals noch ganz polnischen, vom Verkehr abgeschiedenen Gegend. Holtze’s Thätigkeit und nie rastende Schaffenslust bewirkte es, dass die Dorfgemeinde Kattowitz im Jahre 1866 zur Stadt erhoben wurde, und wenn Kattowitz heut anerkanntermaassen als die schönste und ansehn- lichste unter den Städten des oberschlesischen Industriebezirks genannt wird, so ist dies in allererster Linie Holtze’s Werk. Fast fünfund- zwanzig Jahre hindurch hat er seit Begründung der Stadt als Stadtver- ordneten-Vorsteher seine beste Kraft dem Gemeinwesen gewidmet. Seiner Initiative waren die Gründung von Wohlfahrtseinrichtungen, von das Deutschthum fördernden, deutscher Cultur und Sitte den Weg bahnenden Vereinigungen, wie des Vorschuss-Vereins, des Sterbekassen-Vereins, des Musikvereins und des Männer-Turnvereins ete. zu verdanken, an deren Spitze er zumeist bis an sein Lebensende gestanden hat. Auch der hier begründeten Loge „Zum Licht im Osten‘ gehörte der Verstorbene bis zu seinem Tode als Meister vom Stuhle an. Auf allen Gebieten der Communal-Verwaltung, des evangelischen Gemeindewesens und des Ver- einslebens entwickelte er eine geradezu Staunen erregende Thätigkeit, Dabei nahm seine Berufsthätigkeit den grössten Theil seiner Zeit in Anspruch; er wirkte als gesuchter Arzt, der mit fast nie trügendem Blicke die Krankheit und deren Ursache erkannte, von früh bis spät zum Wohle seiner leidenden Mitbürger. Und trotz alledem gewann er noch Musse, um auch ausserhalb der engen Grenzen seines oberschlesi- schen Berufsfeldes für die Förderung des Gemeinwohles zu arbeiten. In den Jahren 1874—1880 vertrat Holtze den Wahlkreis Beuthen O8, als Abgeordneter im preussischen Landtage, wo er als Mitglied der national- liberalen Partei namentlich in verschiedenen Commissionen eine frucht- bringende Thätigkeit entfaltete; viele Jahre hindurch wirkte er als Mit- glied des Schlesischen Provinzial-Landtages für das Wohl der Heimaths- provinz. Daneben war er vielfach als Schriftsteller thätig. Eine Anzahl 10 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. werthvoller statistischer Arbeiten, insbesondere über die Lebens- und Gesundheitsverhältnisse der oberschlesischen Arbeiter, geben Zeugniss von seinem unermüdlichen Fleisse. Auch war er Mitarbeiter der „Katto- witzer Zeitung‘, der ,Schlesischen Zeitung“ ete. Seine grossen Ver- dienste hat der Staat wiederholt anerkannt. Im Jahre 1871 wurde ihm der Kronen-Orden IV. Klasse mit dem Genfer Kreuz, im Jahre 1872 der Charakter als Sanitätsrath, im Jahre 1890 der Kronen-Orden III. Klasse verliehen. Er starb plötzlich in der Nacht vom 26. zum 27. Januar 1891 am Gehirnschlag. Schlesien verlor in dem tüchtigen Manne einen seiner besten Söhne, dessen Name in der Chronik der Stadt Kattowitz mit ehernen Lettern stehen wird. Unserer Gesellschaft hat der Verewigte seit 1839 angehört, Robert Jäschke, Rentier hierselbst, entschlief nach langen Leiden am 7. November 1891. Derselbe war am 20. Januar 1813 geboren, erhielt seine Schulbildung in Breslau, widmete sich hierselbst später dem Kaufmannsstande und trat in das Geschäft (Roh- und Stangeneisen) seines Vaters ein, das er nach dessen Tode mit seinem Bruder Ludwig fortführte. Er leistete seiner Vaterstadt als Stadtverordneter Dienste und war Mitglied des Verwaltungsraths des Schlesischen Bankvereins. — Wir verloren an ihm einen eifrigen Förderer der Zwecke unserer Gesellschaft, der besonders die naturwissenschaftliche Erforschung seiner Heimathsprovinz Schlesien sich angelegen sein liess, wovon seine ver- schiedenartigen, auf Reisen zusammengebrachten Naturalien-Sammlungen Zeugniss ablegen. Er gehörte unserer Gesellschaft seit 1881 an und besuchte von unseren Sectionssitzungen besonders die Sectionen für Obst- und Gartenbau, die naturwissenschaftliche und die botanische, bis er durch schweres körperliches Leiden daran mehr und mehr verhindert wurde. Besonders die älteren Mitglieder der genannten Sectionen werden dem stets gern gesehenen, jovialen und humorvollen alten Herrn, dessen naturwissenschaftliche Kenntnisse weit über den Rahmen seines Berufes hinausragten, ein dauerndes Andenken bewahren. Carl Emanuel Klopsch, Dr. med., Geheimer Medieinalrath und Professor hier, wurde am 16. März 1829 als der jüngste Sohn des Gym- nasial-Direetors Dr. Klopsch zu Gross-Glogau geboren. In einer Ele- mentarschule für den Gymnasialunterricht vorbereitet, trat er Ostern 1837 in das unter der Leitung seines Vaters stehende Gymnasium ein und verliess dasselbe Ostern 1847 mit dem Zeugnisse der Reife, um in Halle Philologie zu studiren. Er verblieb hier bis Ostern 1849 und war während eines Jahres Mitglied des philologischen Seminars. Dann be- zog er die Universität Erlangen und blieb hier bis Ostern 1851. Klopsch hatte nur auf den Wunsch seines Vaters das philologische Studium er- Nekrologe. 11 wählt, während eigene Neigung ihn stets zu den Naturwissenschaften und zur Mediein drängte. Er genügte dem Willen seines Vaters auch in- sofern, als er nach beendigtem 4jährigen Studium der Philologie sich der Prüfung pro facultate docendi in Greifswald unterzog. Dann erst erlangte er die väterliche Einwilligung, sich dem Studium der Mediein zu widmen. Nachdem er im 18. Infanterie-Regimente seiner Dienstpflicht genügt, bezog er die Universität Breslau, studirte hier von Michaeli 1852 bis Michaeli 1855 Medicin, wurde am 12. September 1855 rite zum Dr. med, und chir. promovirt und machte im darauf folgenden Winter das medieinische Staatsexamen, worauf er mit dem Prädicat „vorzüglich bestanden‘ als praktischer Arzt, Wundarzt und Geburtshelfer approbirt wurde. Ostern 1856 wurde er als Assistent am physiologischen Institut der hiesigen Universität angestellt und leitete als solcher vorzugsweise die Arbeiten im physiologisch-chemischen Laboratorium. In dieser Stellung blieb er bis Michaeli 1857, als er die Leitung des von Professor Remer begründeten orthopädischen Instituts zu Breslau übernahm, das er in freundschaftlicher Verbindung mit Geh. Rath Professor Dr. Middel- dorpf erweiterte und dem er bis zu seinem Lebensende vorstand. Im Jahre 1859 habilitirte er sich in der medicinischen Faeultät der Uni- versität zu Breslau als Privatdocent und begann am 1. Juli seine akademischen Vorlesungen. Das Kriegsjahr 1864 führte den jungen Chirurgen nach Schleswig, wo er als Arzt des Johanniter-Feldlazarethes eine unermüdete und erfolgreiche Thätigkeit entwickelte. Seine Leistungen, namentlich beim Sturm auf die Düppeler Schanzen, wurden durch Verleihung des Düppeler Schanzenkreuzes ausgezeichnet. Kurz vor dem Kriege 1866 zum ausserordentlichen Professor ernannt, machte er den Feldzug in Böhmen und Mähren als Stabsarzt eines schweren Feldlazarethes mit. Dort hatte er Gelegenheit zu angestrengtester und segensreichster Wirksamkeit, namentlich in dem mit 395 Kranken be- legten Baracken-Lazareth in Karthaus, in welchem er an den grössten- theils schwer Verwundeten eine grosse Anzahl der wichtigsten Ope- rationen mit ungewöhnlich günstigem Resultate ausführte. Seine Thätig- keit in diesem Feldzuge wurde durch Verleihung des Kronen-Ordens III. Klasse am Bande des Hohenzollerschen Hausordens anerkannt. Nach Beendigung des Feldzuges kehrte er nach Breslau zurück und wurde 1868 an Stelle seines verstorbenen Freundes und Lehrers Mitteldorpf zum Königlichen Medieinalrath und Mitglied des Medieinal-Collegiums für die Provinz Schlesien ernannt. — Im Jahre 1870 folgte er dem Rufe des Königs und zog als Regimentsarzt des 2. Schlesischen Dra- goner-Regiments nach Frankreich, von wo er erst nach Beendigung des Krieges zurückkehrte. Seine während desselben bewiesene ärztliche Thätigkeit wurde durch Verleihung des Eisernen Kreuzes und des Rothen Adler-Ördens Allerhöchst anerkannt, Seine Ernennung zum Ge- 12 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. heimen Medicinalrath erfolgte 1882. Im letzten Jahre seines Lebens übernahm er noch die Stellung als dirigirender Arzt des Maltheser Krankenhauses. Infolge der in den Feldzügen erlittenen Anstrengungen und der aufreibenden Wirksamkeit als einer der gesuchtesten Aerzte und Öperateure Breslaus hatte er sich ein Herzleiden zugezogen, von dem er wusste, dass es unheilbar sei, und welches in ihm öfter den Gedanken an sein baldiges Hinscheiden aufkommen liess. Trotzdem war er in seinem Berufe unermüdlich thätig und für das Wohl seiner Kinder als treuer liebender Vater in jeder freien Stunde aufopfernd be- sorgt. Leider erfüllte sich das Vorausgesehene früher, als er und die Seinen erwartet; nachdem er von einem Krankenbesuche zurückgekehrt war, verschied er plötzlich am 17. September 1891 infolge eines Herz- schlages. Mit der Schlesischen Gesellschaft, deren wirkliches Mitglied der Verewigte seit 1880 war, trauert auch die Prov.-Grossloge von Schlesien, deren Prov.-Grossmeister er war. Sein Leben war ein reich begnadetes zu nennen. Von hoher Begabung und voll edelsten Geistes war er auch Dichter von Gottesgnaden, dessen Poesien noch lange fortleben werden. Durch ungewöhnliche Beredsamkeit ausgezeichnet, war er nicht nur der allbereite, hilfreiche Tröster am Krankenbette in Hütte und Palast; er verstand auch überall versöhnend und vermittelnd einzutreten, wie er selbst stets herzlich und mild im Verkehr war. Ein immer bereiter Helfer in allen Lebensverhältnissen, zeigte er sich als ein Musterbild treuester Freundschaft, als der liebevollste Gatte und Vater. Sein stets regsamer, nach dem höchsten strebender Geist, für den es keinen Augen- blick ohne Verwendung gab, wohnte in einem scheinbar nie ermüdenden Körper und obwohl er genau den Markstein seines Lebens kannte, war ihm Bangen vor dem Tode völlig fremd. Wilhelm Rudolph Korn, Landes-Oekonomierath, wurde am 15. December 18283 zu Riegersdorf, Kreis Neustadt in Oberschlesien, als Sohn des dortigen Rittergutsbesitzers Korn geboren. Nach dem Besuch der Gymnasien zu Neisse und Breslau widmete sich Korn, innerem Drange folgend, im Jahre 1847 dem landwirthschaftlichen Berufe und bezog nach zweijähriger praktischer Thätigkeit zu Niclasdorf, Kreis Strehlen, die Akademie Hohenheim, welche er nach einem mit dem Prädicat einer „öffentlichen Auszeichnung“ bestandenen Abgangsexamen im Jahre 1850 verliess. Korn kehrte sodann wieder nach Breslau zurück, hörte hier naturwissenschaftliche und volkswirthschaftliche Dis- ciplinen und nahm, nachdem er noch zu seiner fachlichen und allgemeinen Ausbildung grössere Reisen unternommen, im Jahre 1852 wieder die praktische Thätigkeit auf. 1854 erfolgte der Ankauf des Ritterguts Gross-Woitsdorf, Kreis Wartenberg, zwecks Errichtung einer Acker- bauschule; dieser Plan kam indessen wegen Verkaufs des Guts nicht Nekrologe. 13 zur Ausführung. Späterhin, 1857, erwarb Korn das Rittergut Wengry, Kreis Adelnau (Posen); dort sehr bald zum Landschafts-Deputirten be- rufen, ward ihm neben der Ausübung seines Berufs ein weiterer Wir- kungskreis in Wahrnehmung der ziemlich umfänglichen Pflichten jenes Ehrenamtes. Indessen erwiesen sich die Verhältnisse für den deutschen Gutsbesitzer inmitten einer polnischen Bevölkerung auf die Dauer nicht in dem Maasse angenehm, dass die im Jahre 1862 gebotene Gelegenheit zu einem vortheilhaften Verkauf nicht hätte wahrgenommen werden sollen. Korn siedelte wieder nach Breslau über und begann alsbald in Fachzeitschriften (agronomische Zeitung, preussische Annalen u. s. w.) eine ausgedehnte journalistische Thätigkeit, die ihn in dem Maasse an- zog, dass bald der Wunsch auf Begründung eines eigenen Fachorgans lebendig wurde. Dazu kam die in der Provinz Schlesien mächtig auf- strebende Thätigkeit der landwirthschaftlichen Vereine, welche ein weites Feld des Wirkens und Schaffens auch auf fachlich litterarischem Ge- biete bot. Korn widmete sich dem Vereinswesen, dem er sich gleich- zeitig zuwandte, mit unermüdlichem Eifer, er wurde Geschäftsführer des landwirthschaftlichen Vereins zu Breslau und hauptsächlichster Mit- begründer der internationalen Maschinen - Ausstellungsmärkte (1864), welche unter seiner ständigen Leitung sich zu einem überaus bedeut- samen Unternehmen entwickelten. 1865 rief Korn die landwirthschaft- liche Zeitschrift den „Landwirth‘“ ins Leben und kam hiermit, sowie durch die Art seiner Schreibweise und seiner redactionellen Thätigkeit dem Bedürfniss der Zeitrichtung glücklich entgegen. Die Redaction des „Landwirth“, welcher im Jahre 1866 Organ .des landwirthschaftlichen Centralvereins für Schlesien ward, führte Korn bis zum Jahre 1878, während er die Oberleitung dieser inzwischen eine der angesehensten Fachschriften gewordenen Zeitung als Herausgeber bis zu seinem Tode beibehielt. Im Jahre 1865 wurde Korn zum Generalsecretair des land- wirthschaftlichen Centralvereins für Schlesien gewählt und damit auf einen Platz gestellt, welcher ihm Gelegenheit zur vollen Entfaltung seiner hervorragenden Begabung bot. Korn widmete sich seinem Amte mit treuester Hingebung. Getragen von dem Vertrauen der Präsidenten des Centralvereins — zunächst Graf von Burghauss, dann Graf von Pückler- Burghauss — und der landwirthschaftlichen Vereine gelang es seiner nie erlahmenden und vor Schwierigkeiten nicht zurückschreckenden Energie, das landwirthschaftliche Unterrichtswesen und das in seiner Bedeutung lange unterschätzte Ausstellungswesen in Bahnen zu leiten, welche her- vorragende Erfolge erzielen liessen. Hatte Schlesien 1865 nur eine Ackerbauschule (Poppelau) und das agricultur - chemische Institut zu Saarau, so entstanden während seiner Amtsführung die Landwirthschafts- schulen zu Brieg und Liegnitz, die landwirthschaftliehen Winterschulen zu Schweidnitz, Neisse, Oppeln und Görlitz, die agrieultur-chemische und 14 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. agrieultur-botanische Versuchsstation zu Breslau, das milchwirthschaft- liche Institut zu Proskau, die Obstbauinstitute zu Brieg und Liegnitz, sowie die Lehrschmiede zu Breslau; endlich hat Korn einen wesent- lichen Antheil an der Errichtung des landwirthschaftlichen Instituts an der Universität Breslau. Daneben wurde das Vereins- und Ausstellungs- wesen sachgemäss geordnet und erheblich erweitert, wie es ferner das Verdienst Korns ist, eine Reihe sonstiger, die provinzielle Landwirth- schaft fördernder Institutionen geschaffen zu haben (Bullenstationen, Zuchtstierversicherungs-Gesellschaft u. s, w.). 1871 war Korn berufen, an der Begründung des deutschen Landwirthschaftsraths mitzuwirken, dem er sodann als Vertreter Schlesiens angehörte, 1874 wurde er auch in das Landes-Oekonomie-Collegium delegirt. Ausser den umfänglichen Berichten und sonstigen Arbeiten, an deren Veröffentlichung Korn in seiner Eigenschaft als Generalsecretair betheiligt war, gab er heraus „Berichte über die in Verbindung mit der XX VII, Versammlung deutscher Land- und Forstwirthe vom 10.—15. Mai 1869 zu Breslau veranstalteten Ausstellungen (1869), den „amtlichen Bericht über die XXVII. Versamm- lung deutscher Landwirthe zu Breslau vom 10.,—15. Mai 1869 (1869), den „amtlichen Bericht über die Versammlung der Delegirten aller zum Norddeutschen Bundesgebiete gehörenden landwirthschaftlichen Central- und Hauptvereine zu Berlin vom 12.—16. Februar 1870“ (in Verbindung mit Oekonomierath von Schlicht-Potsdam), endlich „Grundzüge, betreffend die Organisation der landwirthschaftlichen Ausstellungen‘ (Breslau 1378). Korn war ein durch die vortrefflichsten Eigenschaften ausgezeichneter Beamter. Von unermüdlichem Pflichteifer und Schaffensdrang erfüllt, besass er einen scharfen, durchdringenden Verstand und ein ganz her- vorragendes Organisationstalent. Reiches, vielseitiges Wissen und eine wahrhaft vornehme Gesinnung verband er mit den liebenswürdigsten Umgangsformen; die Lauterkeit seines Gemüths, seine jederzeit bilfs- bereite Selbstlosigkeit haben alle schätzen gelernt, welche zu ihm in Beziehung getreten waren. Die Feier der 25sten Wiederholung des Maschinenmarktes (1888) und Korn’s 25jähriges Amtsjubiläum als Ge- neralsecretair (1890) zeigten, in welchem Grade sich derselbe der all- meinen Achtung erfreute; aus ersterem Anlasse errichtete der Breslauer landwirthschaftliche Verein die „Wilhelm Korn-Stiftung‘, aus deren Er- trägniss den Bestimmungen des nunmehr Dahingeschiedenen gemäss junge schlesische Landwirthe Stipendien zum Besuch der landwirth- schaftlichen Lehranstalten des Centralvereins empfangen. Die Verdienste Korn’s wurden durch die Verleihung des Ehrenkreuzes des fürstlich Hohenzollernschen Haus-Ordens III. Klasse (1873), des Rothen Adler. Ordens IV. Klasse (1879), sowie des Kronen-Ordens III. Klasse (1881) und des Rothen Adler-Ordens III. Klasse mit der Schleife (1890) be- lohnt, ferner erhielt er 1885 den Titel eines Landes-Oekonomieraths, Nekrologe. 15 nachdem er im Jahre 1874 zum Oekonomierath ernannt worden war. Korn war nicht verheirathet; „er habe zum Heirathen keine Zeit ge- habt“, pflegte er scherzend zu sagen, und in der That ging er voll- ständig in den Aufgaben auf, die er sich gestellt hatte. Schlesien, seine Heimathsprovinz, liebte er über alles, seine Erholung fand er, obgleich kein Feind der Geselligkeit und des Verkehrs, im Freundeskreise, in einem einsamen Spaziergang durch Feld und Wald, namentlich auf seiner Besitzung zu Bad Landeck. Er empfand es deshalb auf das Schmerz- lichste, als zunehmende Kränklichkeit ihn mehr und mehr an das Zimmer fesselte und ihm ein Fussleiden das Gehen erschwerte und schliesslich fast unmöglich machte. Im letzten Lebensjahre Korn’s ver- sehlimmerte sich sein Zustand zusehends; trotz schweren Leidens und von der Ahnung eines nahen Todes erfüllt, reiste er Ende October nach Davos, woselbst er nach hartem Todeskampfe am 13. November verstarb. Seine Beisetzung erfolgte zu Breslau am 20. November auf dem Kirehhofe zu St. Maria-Magdalenen. Der Schlesischen Gesellschaft hat Korn seit 1866 angehört. Eugen Otto Franz Krocker, Dr. phil., Professor an der ehe- maligen Akademie für Landwirthe zu Proskau, der bekannten Familie entstammt, welche Breslau drei berühmte Aerzte geschenkt, wurde hier am 9. Juli 1818 geboren und besuchte von 1829—1835 das hiesige Matthias- Gymnasium, welches er als Primaner verliess, um in der Apotheke von Olearius hier die „Apothekerkunst“ zu erlernen. Im Jahre 1329 be- stand er sein Gehilfenexamen, ging dann nach Dresden und vollendete seine Studien an dem dortigen pharmaceutischen Institute und an der Universität Berlin und bestand 1844 in Berlin seine Staatsprüfung ‚‚vor- züglich gut“. Im folgenden Jahre immatrieulirte er sich an der Univer- sität Giessen, wo er unter Liebig’s Leitung arbeitete und 1846 die philosophische Doctorwürde erwarb, nachdem er das examen rigorosum permagna cum laude bestanden. Von Ostern 1846—1847 war er als Assistent im physiologischen Institute bei Professor Purkinje angestellt und wurde von hier am 1. October 1847 als Lehrer der Chemie, Physik und Technologie an die damals gegründete landwirthschaftliche Lehranstalt nach Proskau berufen, welche später zur landwirthschaft- lichen Akademie erhoben wurde. Hier entfaltete Krocker als Lehrer und Analytiker 30 Jahre lang eine ungemein rege und segensreiche Thätigkeit, von seinen Collegen hochgeachtet und geliebt. Im Jahre 1852 wurde er zum Professor ernannt und 1858 durch Verleihung des Rothen Adler-Ordens IV. Klasse ausgezeichnet. Hier vermählte er sich 1849 mit der Tochter des Direetors der Anstalt, Geh. Raths Heinrich, mit welcher er bis 1886 in höchst glücklicher Ehe lebte. Mit der Auf- lösung der Akademie 1881 wurde Krocker unter Belassung seines vollen 16 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Gehaltes in den verdienten Ruhestand versetzt. Er lebte seit dieser Zeit in Breslau als Director eines viel in Anspruch genommenen Privat- laboratoriums, bis im Sommer 1890 ein Schlaganfall ihm jede wissen- schaftliche Thätigkeit unmöglich machte. Schon hoffte man auf völlige Wiederherstellung, als ein erneuter Anfall ihn wieder aufs Krankenlager warf, bis ihn der Tod am 26. Februar 1891 von seinen schweren Leiden erlöste. Krocker war ausschliesslich Analytiker und durfte als einer der vornehmsten Vertreter der angewandten Chemie in Schlesien gelten. Von seinen wissenschaftlichen Werken sei nur sein Leitfaden für agri- eultur-chemische Analyse erwähnt, ein ausgezeichnetes Buch, das im Jahre 1861 erschien, mehrere Auflagen erlebte und in mehrere Sprachen übersetzt wurde, Von den von Krocker erfundenen chemischen Apparaten sind besonders sein Kartoffelprober und seine Milchentrahmungs- maschinen bekannt geworden, Weit über die Grenzen seiner Heimaths- provinz hinaus hatte Krocker’s Namen einen guten Klang, so stand er als Ehrenmitglied in den Listen mehrerer ausserschlesischer landwirth- schaftlicher Vereine. Unserer Gesellschaft hat er seit 1881 als wirkliches Mitglied angehört, Hermann Krocker, Dr. med. und Geh. Sanitätsrath in Breslau, wurde hier am 4. November 1810 geboren, besuchte von 1818—1822 das Privatinstitut des Rector Reiche, von da bis 1828 das Matthias- Gymnasium hierselbst. Von 1828—1833 studirte er in Breslau Mediein und wurde am 13, September 1833 auf Grund der Dissertation ‚De plantarum epidermide“ zum Doctor promovirt. Im Herbste desselben Jahres begab er sich nach Berlin, um sich der medieinischen Staats- prüfung zu unterziehen, nach deren Beendigung er eine Reise durch Deutschland nach Paris und London antrat, von welcher er im Sommer 1835 nach Breslau zurückkehrte, um sich hier als praktischer Arzt, Wundarzt und Geburtshelfer niederzulassen. Seit 1839 lehrte er an der medieinisch-chirurgischen Lehranstalt bis zu deren Auflösung. Selten dürfte ein Arzt durch ein ganzes Leben mit gleicher idealer Begeisterung seinem Berufe nachgegangen sein, wie es Krocker gethan hat. Nicht entfernt an materiellen Vortheil denkend, widmete er seine Zeit und sein ganzes Dasein nur der Linderung des Leidens seiner Mitmenschen, Wenn ein Kranker seiner bedurfte, dann galten Tages- und Nachtzeit gleich, jedes eigene Vorhaben unterblieb und augenblicklich folgte er dem ergangenen Rufe. Rastlos eilte er von einem Patienten zum andern, ohne nur Zeit zu seinen mässigen Mahlzeiten zu finden. Drei bis vier Stunden Schlaf mussten ihm genügen, so dass er oft an einem Tage 50—60 Kranken hilfsbereit nahen konnte. Dabei galt ihm der ärmste Mensch und der entlegenste Stadttheil so viel wie der Reiche, der seinen Wagen zu ihm schickte. Für Reisen, Spaziergänge oder gesellige Ver- Nekrologe. 17 gnügungen fand er, der liebenswürdigste Gesellschafter, doch niemals Zeit. Ungezählte Arme pflegte er völlig umsonst, denen, die in besseren Ständen in gedrückten Verhältnissen lebten, verlangte er zartfühlend nur ein winziges Anstandshonorar ab. So folgte ihm die Dankbarkeit aller seiner Patienten über das Grab hinaus. Diese ausgedehnte Praxis musste er, gebeugt durch schwerste Schicksalsschläge, seit dem Jahre 1878 ein- schränken, besonders als ihn im Jahre 1885 ein Schlaganfall betraf, für den er in Landeck Genesung suchte. Doch war er auch mit 80 Jahren noch im Stande, Vor- und Nachmittags mehrere Stunden in seinem Be- rufe zu wirken und nach alter Weise schwer kranke Patienten noch Abends um 10 Uhr zu besuchen. Denn je mehr der Schmerz — er hatte den Tod einer geliebten Gattin und von 6 Kindern zu beklagen, nur eine Tochter blieb ihm erhalten — ihn innerlich von der Aussen- welt löste, um so ausschliesslicher beherrschte ihn das Verlangen zu helfen und Gutes zu thun. So sehr diesem seltenen Manne jede äussere Huldigung, jedes persönliche Geltendmachen widerstrebte, wurde er doch auf das Wohlthuendste und Wärmste von der Feier berührt, welche, angeregt von der Schlesischen Gesellschaft, der er bereits seit 1335 an- gehörte, im Jahre 1876 der hundertjährigen ärztlichen Thätigkeit der Krocker’s (Grossvater, Vater und Sohn) in hiesiger Stadt galt. Sein 50jähriges Doctor-Jubiläum 1833 drängte ihn zu einer Reise nach Wien, Triest und Venedig, denn er wollte jeder Feier entgehen, da ihm in der zusammenfassenden Erinnerung nur die schmerzlichen Verluste nachklangen. Die unerwartete Ernennung zum Ehrendoetor der philo- sophischen Facultät der Universität Breslau warf jedoch einen freund- lichen Lichtstrahl auf jene Tage. Der Tod seines Bruders, des Pro- fessors Franz Krocker, mit welchem er im innigsten Verkehr lebte brach seine letzte Kraft. Wenige Tage nach dem Begräbnisse stellten sich Besorgniss erregende Zustände ein, welche, in Verbindung mit einer Verkalkung der Blutgefässe, nach schweren Leiden am 25. August 1891 das Ende herbeiführten. — Trotz seiner anstrengenden ärztlichen Thätig- keit behielt Krocker doch stets wissenschaftliche Fühlung nach aussen, der er freilich ‚hauptsächlich durch nächtliche Lectüre genügen musste, wie er unablässig medicinischen Studien oblag. Den Vorlesungen der Schlesischen Gesellschaft suchte er soviel als möglich beizuwohnen und ausserdem besuchte er bei verschiedenen Professoren Fortbildungskurse für Aerzte etc. Seine liebste Erholung gewährte ihm allzeit die Musik. Ständiger Abonnent der Orchester- und der Akademie-Concerte wusste er bisweilen das Unmögliche möglich zu machen, um einer Aufführung beiwohnen zu können. Ebenso führte ihn seine Freude an der bilden- den Kunst und sein feines Verständniss für dieselbe in den letzten Jahren noch öfter in das Museum. Diesem reichen, vielseitigen Geiste wohnte auch ein milder, köstlicher Humor bei, welcher die Kranken 18 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. und Hilfesuchenden oft erquickte, daher wurde auch sein 80. Geburtstag umgeben von inniger Liebe und Verehrung gefeiert. Dr. med. Langner, Geh. Sanitätsrath und Brunnenarzt in Landeck, war am 21. November 1321 zu Breslau geboren. Er besuchte das Gymnasium in Glatz, wohin seine Eltern übergesiedelt waren. Seine Universitätsstudien absolvirte er in Breslau und das Staatsexamen als praktischer Arzt bestand er 1850 in Berlin. Nachdem er dann einige Zeit Assistent an der geburtshilflich-gynaecologischen Klinik in Breslau gewesen war, liess er sich in Landeck als Bade- und Brunnenarzt nieder, Dort hat er 40 Jahre lang bis zu seinem am 16. Sepember 1891 er- folgten Tode praktieirt. Längere Zeit hindurch hat der Verstorbene der Königlichen Bade- und Brunnen-Commission zu Landeck angehört. Im Jahre 1866 war er dirigirender Arzt der drei grossen in Landeck er- richteten Lazarethe. Seine Thätigkeit wurde durch Verleihung des Kronen-Ordens IV. und I. Klasse, des letzteren mit dem rothen Kreuz, anerkannt. Später wurde er noch durch Verleihung des Hohenzollerschen Hausordens ausgezeichnet. Ueber die Quellen von Landeck und die Umgebung des Kurortes erschien im Jahre 1868 ein Werk des Ver- storbenen unter dem Titel: Bad Landeck. Ein Handbuch für Kurgäste und Touristen. Im Wesentlichen durch die Bemühungen des Verstor- benen wurde im Jahre 1867 eine Stiftung ins Leben gerufen, deren Protectorat Ihre Kgl. Hoheit die Frau Prinzessin Karl von Preussen an- zunehmen geruhte. Von dem gesammelten Fonds wurde ein Militair- Kurhaus erbaut, dessen dirigirender Arzt der Verstorbene bis zu seinem Tode gewesen ist. Langner war unablässig für das Wohl des Bades Landeck thätig, wo er bis kurz vor seinem Ende die ärztliche Praxis ausgeübt hat. Er war mit Leib und Seele Arzt und leistete jederzeit sern Jedem ohne Ansehen der Person seine Hilfe. Der Schlesischen Gesellschaft hat er seit 1864 als auswärtiges Mitglied angehört. Vietor von Richter, Professor der Chemie an der Universität Breslau, wurde am 15. April 1842 zu Dobeln in Kurland als Sohn des dortigen Predigers, der später Bischof in St. Petersburg wurde, geboren. Mit seinen Eltern 1850 nach St. Petersburg übergesiedelt, besuchte er zuerst die reformirte Schule, später die St. Annenschule (classisches Gym- nasium), deren Reifezeugniss ihn 1858 auf die Universität Dorpat be- gleitete. Hier erwarb er nach erfolgreichen physikalischen und chemi- schen Studien im Jahre 1863 auf Grund einer Arbeit: ‚Ueber die or- ganischen Säuren mit drei Sauerstoffatomen“, den Grad eines Candidaten der Chemie. Von 1864—72 war er Assistent am technologischen In- stitut in St. Petersburg, unter Mendelejeff, wo er 1868 an der Univer- sität auf Grund einer Arbeit: „Ueber die Constitution der Derivate der Nekrologe. 19 Propionsäure“ und nach einem wohlbestandenen Examen zum Magister der Chemie befördert und mit der Leitung des praktischen Unterrichts in der Chemie und mit Vorlesungen über analytische Chemie betraut wurde. Neben dieser Thätigkeit am technologischen Institut war v. Richter seit 1871 zugleich besoldeter Docent an der Universität zu St. Petersburg, woselbst er 1872, nach Vertheidigung seiner Schrift: „Ueber die Structur der Benzolderivate‘“ den Grad eines Doctors der Chemie erhielt. Von zwei gleichzeitig an ihn ergehenden Berufungen als Professor an die Universität zu Kasan und an die land- und forst- wirthschaftliche Akademie in Nowo-Alexandria in Polen, gab er der letzteren den Vorzug und wirkte daselbst bis 1874. Im Sommer des- selben Jahres gab er seine Professur auf und schied gleichzeitig aus dem russischen Staatsdienste, um zunächst im Auslande zu reisen und dann in Bonn unter Kekul@’s Auspicien seine wissenschaftlichen Arbeiten fortzusetzen. In diese Zeit fällt auch die Entstehung seiner beiden Lehrbücher der „anorganischen Chemie“ 1875 und der „Chemie der Kohlenstoffverbindungen‘‘ 1878. Im December 1875 habilitirte er sich in Breslau als Privatdocent mit einer öffentlichen Vorlesung ‚über das periodische System der Elemente und das neu entdeckte Element Gal- lium“. Er übernahm die Leitung der Abtheilung für organische Chemie im chemischen Universitäts- Laboratorium des Geh. Rath Löwig, wurde 1879 zum ausserordentlichen Professor ernannt und durch Ministerial- Erlass vom 16. October 1890 mit der Direction des zu einem selbst- ständigen Institut für technische Chemie erhobenen bisherigen landwirth- schaftlich-technologischen Zweig-Instituts beauftragt. Richter’s Gesundheit liess in den letzten zehn Jahren viel zu wünschen übrig, sein Lungen- leiden führte ihn wiederholt nach Görbersdorf; er war zur Wiederher- stellung seiner Gesundheit im Sommer-Semester 1890 und Winter -Se- mester 1890/91 beurlaubt und konnte auch im Sommer 1891 seine Vorlesungen noch nicht aufnehmen, als er am 8. October v. J. plötzlich in Folge eines Blutsturzes, der ihn auf der Strasse ereilte, starb. Rich- ter’s wissenschaftliche Arbeiten bewegen sich hauptsächlich auf dem Gebiet der synthetischen Chemie, sie waren vorzugsweise dem Benzol zugewandt und namentlich der Frage nach der gegenseitigen Stellung der substituirenden Elementaratome oder Atomgruppen im Benzol, welche ihn, wie fast alle Chemiker in den 60er und 70er Jahren unseres Jahr- hunderts, lebhaft beschäftigte und an deren Lösung er sich mit wech- selndem Glücke betheiligte.. Wir zählen gegen 50 wissenschaftliche Abhandlungen, welche von ihm und seinen Breslau’er Schülern vorzugs- weise in den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft veröffent- licht worden sind, unter ihnen 13 Dissertationen, die unter seiner Lei- tung im chemischen Laboratorium der Universität entstanden waren. Seine am meisten und in weiten Kreisen bekannten wissenschaftlichen 20 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Leistungen sind seine Lehrbücher, deren gedrängte Fassung bei grossem Reichthum des Inhalts und klarer Darstellung, den Bedürfnissen des Lehrers wie der Studirenden so sehr entsprach, dass sie in dem Zeit- raum von 15 Jahren nicht weniger als sechs Auflagen erlebt haben und ins Russische, Englische, Italienische und Holländische übersetzt wurden. Die letzte (6.) Auflage der Chemie der Kohlenstoffverbindungen erschien im Mai 1891 und giebt, wie der Präsident der deutschen chemischen Gesellschaft A. W. v. Hofmann in der Sitzung derselben am 26. Octo- ber 1891 es aussprach, „ein glänzendes Zeugniss von der zähen Ener- gie des Verfassers, der die Musse zur Bearbeitung derselben den Anfällen seines quälenden Leidens abzugewinnen wusste“, v. Richter besass, entsprechend seiner grossen Begabung, ein reiches Wissen bei völliger Beherrschung seines Arbeitsgebiets, er war im Besitz der Liebe seiner Schüler, deren wissenschaftliche Arbeiten er mit grosser Selbstlosigkeit veröffentlichen liess. Auch die schlesische Gesellschaft, der er seit 1883 angehörte, verliert in ihm ein überaus thätiges Mitglied; die Resultate seiner wissenschaftlichen Arbeiten wurden oft zuerst ihrer naturwissenschaftlichen Section vorgelegt. Friedrieh Wilhelm Rosenbaum, Kaufmann und Königlicher Commerzienrath hier, Schatzmeister der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur, wurde am 25. September 18338 zu Breslau als ältester Sohn des Riemermeisters und Stadtverordneten gleichen Namens geboren und besuchte bis zu seinem 16. Jahre das hiesige Real-Gym- nasium. In dieser Zeit legte er den Grund zu den umfassenden Kennt- nissen auf dem Gebiete der Naturwissenschaften, besonders der Chemie, welche er späterhin durch angestrengtes Selbststudium auszudehnen und zu vertiefen bemüht geblieben ist. Die in jenen Jahren gewonnenen Grundlagen bildeten von nun an den Kernpunkt seiner geschäftlichen Stellung, wie seiner gesammten Lebensanschauung. Mit 16 Jahren trat er (1854) in das bekannte Handelshaus von Bernhard Joseph Grund ein, welches sich damals zwar an der nämlichen Stelle wie heute befand, aber in weit engeren Rahmen bewegte — um zuerst als Lehrling, weiterhin als Commis und als Reisender 10 Jahre darin thätig zu sein. 1864 übernahm er den gleichen Posten in einem in verwandter Richtung arbeitendem Berliner Hause, 1865 in einem ebensolchen zu Coblenz. Die Eindrücke, welche ihm die neue, für sein empfängliches Naturell ungemein anregende Wirksamkeit in dem viel- gestaltigen Treiben der preussischen Hauptstadt, dann inmitten des hochentwickelten industriellen Lebens der Rheinprovinz lieferte, die Erfahrungen, die er dort sammelte, verstand er vortrefflich auszunutzen, Denn fort und fort blieb er darauf bedacht, sich durch systematische ernste Arbeit alle Fortschritte der Technik anzueignen und so dem Nekrologe. 21 raschen Fluge der Zeit stetig zu folgen. Die im sang- und sagenreichen Rheinlande verlebten Lern- und Wanderjahre wurden ihm jedoch zugleich eine Quelle edelster geistiger und künstlerischer Genüsse. Weit über das Bereich des Geschäftlichen hinaus wurden durch sie innere Beziehungen geknüpft, persönliche Bande geschaffen, welche er bis zu seinem Ende auf das liebevollste gepflegt hat. Mit der Rückkehr in die Heimath (1. Januar 1868) kehrte er auch in das Haus Grund wiederum zurück, jetzt allerdings als dessen Theilhaber, bald als Um- und Neugestalter. Es galt, neben dem bis dahin fast ausschliesslich berücksichtigten Handel in Colonialwaaren den in Droguen zur Geltung zu bringen: eine fundamentale Neuerung, die eben nur ein auf chemischem, wie technischem Gebiete so gründlich durchgebildeter Kaufmann wie er ins Werk zu setzen, solchen Erfolgen entgegenzuführen vermochte. Wirklich hob sich die Bedeutung des Hauses durch die Macht seiner Persönlichkeit und deren schöpferisches Durchgreifen von Jahr zu Jahr: so sehr, dass es sich nicht nur in Schle- sien die erste Stelle in der genannten Branche errang, sondern auch weit über dessen Grenzen hinaus einen hervorragenden Platz in der gesammten Handelswelt einnahm. | Das ausserordentliche Vertrauen, welches er sich durch die hier entfaltete Thätigkeit bei seinen Mitbürgern erworben, fand beredten Ausdruck in einer grossen Zahl von Ehrenstellungen, mit denen diese ihn bekleideten. Sowohl das Amt als Handelsrichter, wie als Mitglied der Handelskammer verwaltete er mit rastloser Hingebung zum Wohle seiner Berufsgenossen, seines Standes, seiner Vaterstad. Als Mitglied des Volkswirthschaftsrathes aber wirkte er zugleich für die grossen Interessen seiner Provinz, von der er bald als gewählter Vertreter, bald als Vertrauensmann bei den verschiedensten kritischen Anlässen nacd der Reichshauptstadt entsendet wurde. Wenige in der That waren mehr hierzu berufen als er, der durch die Schärfe seines Blickes und die Klarheit seines Urtheils nicht nur befähigt war, das Beste zu erkennen, sondern vermöge der hinreissenden Kraft seiner Rede zugleich im Stande auch die Zweifelnden und Widerstrebenden von dessen Nothwendigkeit zu überzeugen. Andererseits waren auch darum Wenige zu solch öffent- licher Thätigkeit gleich geeignet, wie er, der in strenger eigener Schule, aus unmittelbarer Erfahrung mit den mannigfachsten Richtungen, Bedürfnissen und Hilfsmitteln des modernen Verkehrslebens vertraut geworden war, und das um so mehr, insofern er theils durch geschäft- liche Pflichten, welche ihm sein eigenes Haus auferlegte, theils durch seine Betheiligung an zahlreichen wohlbekannten Unternehmungen auf dem Gebiete der chemischen Grossindustrie mit allen Kreisen der Handelswelt in nahen Beziehungen stand, u Fi 29 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Indess nach all diesen Seiten hin liess er sich nicht an den noch so sehr in die Augen fallenden Erfolgen seines Wirkens genügen. Vielmehr gehörte er zu jenen auserwählten Vertretern der Handelsinteressen, welchen der Drang innewohnt, allen ihren Erfahrungen einen wissenschaftlichen Hintergrund zu verleihen, und welche eben dadurch so recht berufen sind, die grossen Lehren der Volkswirthschaft für das praktische Leben nutzbar zu machen. Von diesem seinem Streben gaben seit langem regelmässi- ges Zeugniss die Berichte, mit welchen er am Jahresschluss eine Ueber- sicht über die national-ökonomische Entwickelung in der abgelaufenen Periode zu geben pflegte. Die Grenzen der unmittelbar zu lösenden Aufgabe kundigen Auges überschreitend, unterzog er hier die verschie- densten Erscheinungen des wirthschaftlichen Lebens, alle Tagesfragen diesseits wie jenseits des Oceans einer auf Statistik, wie auf eine selbst- ständige Kritik gestützen Besprechung. Dass ein solcher Mann eine der Haupttriebfedern der Begründung einer neuen Section unserer Gesell- schaft, der volkswirthschaftlichen, werden musste, kann sicherlich Nie- manden überraschen und ebenso, dass er sich als eine. ihrer festesten Stützen bewährte, als sie 1887 ins Leben getreten war. Theils indem er die thätige Theilnahme dafür in immer weitere Kreise zu tragen wusste, theils indem er mehrfach seine Ansichten über Themata dar- legte, welche im Vordergrunde der allgemeiner Erörterung standen, ge- wann er ihr neue Kräfte, durch sein Beispiel selbstarbeitende Anhänger. Noch ist der Vortrag in lebendiger Erinnerung, welchen er zu Beginn dieses Jahres über die Mac-Kinley-Bill gehalten hat. Denn packend in der That war das von ihm ausgemalte Bild der Stellung, welche auf Grund des neuen Gesetzes Europa’s Productionskraft in der Volks- wirthschaft der Zukunft einnehmen werde. Immer geschah das mit der ihm eigenen Lebendigkeit und mit jener Wärme der Ueberzeugung, die seine ganze Persönlichkeit erfüllte: Eigenschaften, welchen überall, selbst seitens der Gegner, die höchste Achtung gezollt wurde. Für sich selbst schlicht und anspruchslos, wie es einem echten selfmade-man geziemt, für Andere in seltenem Grade zu jedem Opfer der Freundschaft, der Nächstenliebe bereit, hat er Aussergewöhnliches für das Gemeinwesen geleistet. In einer Humanität, die aus der Tiefe eines warmen Herzens quoll, ward er bis in seine letzten Lebenstage nicht müde, die Fülle seiner Gaben, wie seine reichen Mittel zur Unterstützung jedes Zweckes, jeder Bestrebung zu verwenden, von welcher er überzeugt war, dass sie das allgemeine Wohl fördern oder der Noth der Bedürf- tigen, der Schwachen und Kranken steuern sollte. Das Bild eines so segensreichen Mannes muss und wird Allen, die ihm im Leben je näher getreten, immer unvergesslich sein. Sein nach kurzer Krankheit am 15. December 1891 erfolgter Tod war für die Schhlesische Gesellschaft, welcher der Verstorbene seit 1880 als Mit- Nekrologe. 33 glied angehörte, ein sehr schmerzlicher Verlust. Rosenbaum war Mit- begründer der volkswirthschaftlichen Section, Mitglied des Präsidiums und seit Beginn des Jahres 1891 Schatzmeister der Gesellschaft, die gerade von seiner zielbewussten Kassenführung die Verwirklichung mehrerer viel- erwogener und vielbestrittener Reformen erhoffte und die überzeugt war, dass es seiner bewährten Umsicht gelingen werde, alle davon etwa zu befürchtenden üblen Folgen zu vermeiden, Dr. Carl Ferdinand Roemer, Geheimer Bergrath, ordentlicher Professor und Director des mineralogischen Museums der Universität Breslau, wurde am 5. Januar 1818 zu Hildesheim geboren, wo sein Vater Obergerichtsrath war. Bis zu seinem 18, Jahre besuchte Ferd. Roemer das evangelische Gymnasium Andreanum seiner Vaterstadt, an welchem er durch den an demselben angestellten Lehrer der Mathematik, Dr. Muhlert, auf Excursionen und durch Sammeln zuerst zu naturhisto- rischen Beobachtungen angeregt wurde, welche im Verkehr mit seinen Brüdern stets neue Förderung fanden. Vor allen war es sein ältester Bruder, Friedrich Adolf Roemer, sodann Fr. Hoffmann und Quenstedt, welche von ihm auf ihren gelegentlichen Excursionen begleitet wurden und dabei in ihm besonders die Liebe zur Geologie erweckten, Als Ferd. Roemer das Gymnasium absolvirt hatte, war es denn auch sein lebhafter Wunsch, sich ganz den Naturwissenschaften zu widmen, er nahm aber auf Abrathen seines Bruders wegen der Unsicherheit des Lebensberufes davon Abstand, und studirte in Göttingen 1836 — 1839 Rechtswissenschaft. Jedoch widmete er sich auch in dieser Zeit vor- zugsweise den Naturwissenschaften, die ihn unentwegt mit unwidersteh- lichem Reiz anzogen. Mit grossem Eifer hörte er Geognosie bei Haus- mann, der auf zahlreichen Ausflügen ein vortrefflicher Lehrer war; während des in Heidelberg verbrachten Sommersemesters 1833 besuchte er besonders Bronn’s Vorlesungen über Zoologie. Entscheidend für Roemer’s späteren Lebensgang wurde der Umstand, dass ihm bei der Meldung zum Examen für die höhere juristische Laufbahn ohne sein Verschulden aus Gründen der Politik Schwierigkeiten gemacht wurden. So beschloss er, sich ganz der Geologie zuzuwenden. Zu Ostern 1840 ging Roemer nach Berlin, hörte bei Chr. Sam. Weiss Mineralogie und Krystallographie, bei Gustav Rose Geognosie und Mineralogie, bei H. von Dechen Geologie Deutschland’s und besuchte auch die Vorlesungen des berühmten Johannes Müller, die des Zoologen Lichtenstein, des Physikers Dove, sowie der Chemiker Mitscherlich und Heinrich Rose. Am 10. Mai 1842 erwarb er dann zu Berlin die philosophische Doctorwürde auf Grund einer paläontologischen Dissertation „de astartarum genere‘“. Die nächsten Jahre vielfach auf wissenschaftlichen Reisen, hielt sich Roemer nur während der Wintermonate in Berlin auf. Die Frucht 24 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. seiner Arbeiten in dieser Zeit war die im Jahre 1844 erschienene geognostische Schrift „das rheinische Uebergangsgebirge“, ein Werk, welches Jahrzehnte hindurch die Grundlage für die geologische Forschung im genannten Gebiet geblieben ist. Alsbald wandte sich Roemer der Untersuchung anderer Theile des rheinisch-westphälischen Gebirges zu, besonders auch dem Teutoburger Walde; jedoch trat er bald darauf, im Frühjahr 1845 eine mehrjährige naturwissenschaftliche Reise nach Nord- amerika an, ausgestattet mit reichen, zum Theil von der Berliner Aka- demie gewährten Mitteln, und versehen mit warmen Empfehlungen an die amerikanischen Fachgenossen von Seiten Alexanders von Humboldt und Leopolds von Buch. Auf dieser Reise besuchte Roemer die meisten der Vereinigten Staaten, nahm aber besonders einen anderthalbjährigen Aufenthalt in Texas, zur Erforschung von dessen fast noch ganz unbe- kannten natürlichen Verhältnissen. Kurz nach der Rückkehr erschien der Reisebericht: „Texas, mit besonderer Rücksicht auf deutsche Aus- wanderung und die physikalischen Verhältnisse des Landes nach eige- ner Beobachtung geschildert; mit einem naturwissenschaftlichen An- hange und einer topographisch - geognostischen Karte von Texas, Bonn 1849“, Als weitere Frucht der amerikanischen Reise erschien 1852 eine Monographie der texanischen Kreidefauna und 1860 eine Monographie der silurischen Fauna des westlichen Tennessee, Der besondere Werth dieser Abhandlungen, abgeseben von der Beschreibung neuer Formen, liegt hauptsächlich in den mit den gleichaltrigen Faunen Eurapa’s gezogenen Vergleichen; ein wissenschaftliches Verfahren, wie es in damaliger Zeit fast noch einzig dasteht. Im Sommer 1848 habilitirte sich Ferdi- nand Roemer bei der philosophischen Facultät der Universität in Bonn als Privatdocent für die mineralogisch-geologischen Wissenschaften, ins- besondere für Paläontologie. Zu Ostern 1855 erhielt Roemer einen Ruf als ordentlicher Professor und Director des „‚„mineralogischen Cabinets“ nach Breslau. Dieses „‚Cabinet‘“ enthielt nur einige wenige Mineralien, wie sie heute kaum zum Unterricht auf einer Realschule als genügend erachtet werden würden; überdies war das Cabinet in durchaus unzweck- mässigen und unzureichenden Räumen untergebracht, im zweiten Stock- werk des sogenannten Convictgebäudes auf der Schmiedebrücke. Roemer sah es als seine ganz besondere Aufgabe an, hier Wandel zu schaffen. Er hat diese Aufgabe in glänzendster Weise gelöst. Als Roemer im Sommer 1860 einen ehrenvollen Ruf nach Göttingen erhielt, lehnte er ihn ab; man wird hiermit die Erfüllung seines Wunsches nach einem Neubau in Verbindung bringen dürfen, indem bei Gelegenheit des Bres- lauer Universitäts-Jubiläums von “Seiten des Königlichen Ministeriums die Zusage zu einem solehen Neubau ertheilt wurde, welcher ausser einem ,‚Mineralogischen Museum“, in den anderen Stockwerken das physikalische Cabinet und das pharmaceutische Institut aufnehmen sollte. Nekrologe. 25 Dieser Neubau, an der Oder zwischen Schuhbrücke und Universitätsplatz errichtet, wurde im Frühjahr 1866 seiner Bestimmung übergeben, und war vielfach, besonders natürlich in Bezug auf die für das Museum be- stimmten Räumlichkeiten des zweiten Stockwerkes, nach Roemer’s An- gaben eonstruirt. Hier hat Roemer eine, sowohl an Mineralien wie an Petrefacten, überaus reiche und wohlgeordnete Sammlung geschaffen. Für die Ordnung und Aufstellung speciell der mineralogischen Samm- lung wusste Roemer einen unübertrefflichen Mitarbeiter an dem dama- ligen Oberbergrath Martin Websky zu gewinnen, der bald seine bis- herige Laufbahn aufgab, um sich ganz der Wissenschaft zu widmen. Es ist hier nicht der Ort, um die Verdienste dieses ausgezeichneten Gelehrten zu würdigen, der 1868 zum ausserordentlichen Professor in Breslau ernannt und 1873 als Nachfolger Gustav Rose’s nach Berlin be- rufen wurde; — jedoch soll hier hervorgehoben werden, dass es ein ganz besonderes Verdienst Roemer’s um die Mineralogie ist, Martin Websky für die Wissenschaft „gerettet‘‘ zu haben. Neben dem unge- wöhnlichen Organisationstalent, das sich an der Einrichtung des mine- ralogischen Museums bewährte, kommt aber auch in den nicht öffentlich ausgestellten Sammlungen des Museums, den für die Vorlesungen und für die Studirenden zum Repetiren bestimmten Sammlungen, Roemer’s hervorragendes Lehrtalent zum Ausdruck, Ferd, Roemer’s Lehrsamm- lungen sind unter den Fachgenossen geradezu weltberühmt. Roemer’s Meisterschaft der Didaktik, die Klarheit seines Vortrages in allen von ihm behandelten Capiteln, das ungewöhnlich Anregende seiner Lehrweise wurden naturgemäss die Veranlassung, dass Roemer eine ganz beträcht- liche Anzahl von Schülern, wohl mehr als irgend ein anderer Geologe, herangezogen hat, die sich fürs Leben den geologisch - mineralogischen Wissenschaften widmeten. So bedeutendes Gewicht aber auch Roemer auf seinen Lehrberuf legte, und so gross auch seine Liebe zum Lehren bis an sein Ende war, eben so unermüdlich und fruchtbar war stets auch seine Forscher-Thätigkeit. (Ein vollständiges Verzeichniss der wissenschaftlichen Arbeiten Römer’s findet sich im ‚Neuen Jahrbuch für Mineralogie und Geologie‘ Jahrg. 1892, Bd. I.) Es mögen hier nur noch einige seiner wichtigsten Arbeiten hervorgehoben werden. Nachdem Roemer noch in Bonn eine Neubearbeitung von Bronn’s Lethaea geo- gnostica „Erste Periode, Kohlengebirge‘“ übernommen hatte, beschäftigte er sich auch in Schlesien zuerst vorzugsweise mit Untersuchungen von Petrefacten der paläozoischen Formation. Daneben zog ihn besonders das Studium der erratischen Blöcke an. Er begnügte sich aber nicht, neue Arten aus Geschieben zu beschreiben, sondern sah die Hauptauf- gabe der Erforschung der Geschiebe in der Bestimmung ihrer Heimath und somit ihres Transportweges,. Die Beschreibung einer reichen Sammlung von Geschieben, welche bei Sadewitz, unweit Oels, vorkamen, 26 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. ist in der Gratulations-Schrift unserer Schlesischen Gesellschaft an die Universität Breslau zu deren 50jährigem Jubiläum 1861 gegeben. Im nächsten Jahre wurde vom Preussischen Handelsministerium die Her- stellung einer geognostischen Karte von Oberschlesien angeordnet und an Roemer die wissenschaftliche Leitung dieses Unternehmens über- tragen. Acht Jahre nahm die Herstellung dieser Karte in Anspruch, zu welcher Degenhardt, Eck und Halfar als Mitarbeiter zugezogen wurden. Die Ergebnisse der Untersuchungen bei dieser Kartirung brachte das 1870 erschienene dreibändige Werk ‚Geologie von Oberschlesien“, Als der Plan gefasst worden war, Bronn’s Lethaea geognostica in erweiter- tem Umfange neu erscheinen zu lassen, übernahm Roemer wieder die Bearbeitung der palaeozoischen Formationen, die als Lethaea palaeozoica in einem abgeschlossenen Werke erscheinen sollte; 1876 kam zunächst ein Atlas mit 62 Tafeln heraus, dem 1880 die erste und 1833 die zweite Lieferung des Textbandes folgte. Leider ist dieses Werk unvollendet geblieben; aber noch bei Lebzeiten hat Roemer die Fortsetzung des- selben einem jüngeren Gelehrten übertragen. Dass Roemer aber keines- wegs arbeitsmüde geworden war, das zeigen die noch in ununterbroche- ner Reihenfolge bis zu seinem Tode erscheinenden kleineren und grösse- ren Abhandlungen, von denen hier nur noch die über die Knochenhöhlen von Ojecow in Polen (1883), die Lethaea erratica (1885) und die über eine oberturone Fauna von Texas (1838) erwähnt sein mögen. Aus unermüdlicher Thätigkeit, in voller Frische seines reichen Geistes und ungeschwächter körperlicher Rüstigkeit, plötzlich und unerwartet, wurde Ferdinand Roemer am 14. December 1891 in früher Morgenstunde vom Tode abberufen. Zu besonderem Danke ist dem Verewigten auch un- sere Schlesische Gesellschaft für vaterländische Cultur verpflichtet. Dem Gedeihen und der wissenschaftlichen Thätigkeit der Gesellschaft brachte Roemer stets das regste Interesse entgegen, wie auch die grosse Zahl von Vorträgen beweist, welche er in der naturwissenschaftlichen Section gehalten hat; als deren Secretair fungirte Roemer von 1858—1861 und von 1865 bis zu seinem Tode. Ferdinand Roemer war ein in jeder Beziehung freidenkender Mann, doch achtete er auch die Ueberzeugung Anderer. Ein fester, selbstständiger Charakter, war er eine durch und durch vornehme Natur. Die Vielseitigkeit seiner Bildung war erstaunlich. Nicht nur beherrschte er in einem immer seltener werdenden Maasse alle beschreibenden Naturwissenschaften, er besass auch eine eingehende Kenntniss der klassischen wie der modernen schönen Literatur. Be- neidenswerth war seine Fertigkeit in fremden Sprachen, welche ihm natürlich bei seinen vielen Reisen sehr zu statten kam. Von seiner grossen amerikanischen Reise war schon oben die Rede. In Europa hat er wohl kein Land unbesucht gelassen; häufig war er in England, in der Schweiz und Italien, wiederholt in Spanien, auch in Frank- Nekrologe. 27 reich, Irland, Norwegen, Schweden, Russland und in der Türkei bis Constantinopel. Seine Liebenswürdigkeit und seine lebendige Unter- haltungsgabe gewannen ihm die Zuneigung aller Fachgenossen. So ist es erklärlich, dass Roemer im Auslande wohl der bekannteste und ge- feiertste deutsche Geolog war. Allen, die mit ihm in Berührung kamen, wird sein feiner Humor und treffender Witz unvergesslich sein, der auch sarkastisch werden konnte, wenn des geistreichen und scharf beobach- tenden Mannes feine Empfänglichkeit für das geistig und körperlich Schöne sich gereizt fühlte. Ein begeisterter Verehrer des klassischen Alterthums, besass er in seinem Wesen etwas von olympischer Heiter- keit, die bis in seine letzten Lebenstage in Stunden frohen Zusammen- seins mit gleichgestimmten Freunden zum Ausdruck kam. Ihm war auch wie wenigen Glücklichen beschieden, befriedigt auf die Summe seines Lebens zurückblicken zu können. Auch sein letzter Wunsch, nicht hin- siechend den Beschwerden des Alters zu erliegen, sondern lieber im Vollbesitz seiner Kräfte von einem raschen Tode abberufen zu werden — „wen die Götter lieben, den nehmen sie mit dem Blitze zu sich‘, pflegte er zu sagen —, auch dieser Wunsch ist ihm in Erfüllung gegangen. Ein ehrenvolles dankbares Andenken ist ihm für alle Zeit gesichert. Oswald Ludwig Theodor Ernst Sack, Ober-Regierungsrath a. D. hier, wurde am 24. October 1809 zu Gross-Glogau geboren, wo- selbst sein Vater, Ernst Leberecht Sack, das Amt eines Kreis -Steuer- Einnehmers bekleidete. Seine Schulbildung genoss er auf dem dortigen Gymnasium und widmete sich nach absolvirtem Abiturienten- Examen dem Studium der Rechtswissenschaft auf den Universitäten Halle, Heidel- berg und Berlin. Im Jahre 1831 wurde er beim Ober-Landesgericht zu Gross-Glogau als Auscultator vereidet und arbeitete dort, bis er 1835 zur Verwaltung übertrat und an die Regierung zu Oppeln versetzt wurde. Nach abgelegtem Staatsexamen wurde er zum Regierungs- Assessor be- fördert und ihm die commissarische Verwaltung der Landrathsämter zu Neustadt, Ober-Glogau und Gleiwitz anvertraut. 1843 erhielt er die Ernennung zum Landrath des Kreises Rosenberg 08. 1849 wurde er von dem Wahlkreise Kreuzburg-Rosenberg mit grosser Majorität als Abgeordneter in die zweite Kammer gewählt. 1850 kam er zufolge seines Wunsches als Regierungsrath nach Oppeln. Hier stellte er im Auftrage der Behörde die im Regierungsbezirke daselbst geltenden polizeilichen Strafverordnungen zum amtlichen Gebrauche zusammen, welche Arbeit 1852 bei W. Clar in Breslau im Buchhandel erschien. 1862 wurde er zum Ober-Regierungsrath und Dirigenten der Abtheilung des Innern ernannt und 1863 in gleicher Eigenschaft nach Breslau ver- setzt. Hier bekleidete er im Nebenamt von 186571 die Stelle eines 28 Jahresbericht der Schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur. Landarmen-Direcetors und war Stellvertreter des Regierungs - Präsidenten im Bezirksrath. Bei der Reorganisation der Verwaltungsbehörden wurde er im Jahre 1381 auf seinen persönlichen Wunsch zur Disposition ge- stellt, nachdem er dem Staate ein halbes Jahrhundert treu gedient hatte. Se. Majestät der König verlieh ihm 1869 den Rothen-Adlerorden 3. Kl. mit der Schleife und 1881 den Kronenorden 2. Klasse. In den ver- schiedenen Stellungen, die er eingenommen, wurden stets die reichen Gaben seines Geistes und Herzens anerkannt. Seine unermüdliche Ar- beitskraft, sein sicheres Urtheil, wie sein praktischer Blick in allen ge- schäftlichen Verhältnissen erwarben ihm das volle Vertrauen seiner Vorgesetzten, sein wahrhaft collegialischer Sinn die Freundschaft und Liebe seiner Mitarbeiter und sein humanes Wesen die dankbare Ver- ehrung seiner Untergebenen. Mit Stolz hing er an seiner Heimaths- provinz Schlesien, der er seine ganze amtliche Thätigkeit gewidmet und die er auch nie verlassen wollte, obgleich ihm in andern Provinzen manche ehrenvolle Stellung angeboten wurde. In voller geistiger wie körperlicher Frische, ohne die Leiden des Alters zu empfinden, war es ihm noch zehn Jahre lang vergönnt, den wohlverdienten Ruhestand zu ge- niessen. Ein heftiger Bronchial-Katarrh raffte nach wenigen Krankheits- tagen am 6. October 1891 den bisher gesunden, kräftigen Mann dahin. Unserer Gesellschaft hat der Verstorbene seit 1866 als wirkliches Mit- glied angehört. Hermann Schweitzer, Banquier, ist am 29. November 1829 in Breslau geboren und am 19. Februar 1891 hier gestorben. Er hat ein hiesiges Gymnasium besucht und sich dann, wie sein Vater, dem Kauf- mannsstande gewidmet. Er hat sich gern bei gemeinnützigen und wohl- thätigen Bestrebungen betheiligt und ist z. B. der Begründer der hiesigen Volksbibliothek und unter Anderem auch einer Stiftung für arme Kranke in Meran geworden. Wenn er auch nach Aussen wenig hervortrat, so hat er doch im Stillen durch Wohlthun viel Gutes gestiftet und nament- lich auch wissenschaftliche Bestrebungen gern unterstützt. Unserer Ge- sellschaft hat der Verstorbene seit 1863 als wirkliches Mitglied angehört. Friedrich, Johann Bellier de Launay, Justizrath, Rechts- anwalt und Notar in Breslau, entstammte einer französischen Familie, die im Jahre 1783 als Refugie’s aus Frankreich auswanderte und in Ostpreussen eine neue Heimath fand, wo sie von der katholischen zur reformirten Kirche übertrat. Er wurde am 22. Mai 1823 zu Braunsberg geboren. Sein Vater, mehr Gelehrter als Kaufmann, war Compagnon des Commerzienraths Oestreich, dessen jüngste Tochter er 1810 heirathete. Nach dem Tode der Mutter gelangte der Knabe in das Haus seiner viel älteren Schwester, der Frau Baronin v, d. Trenk auf Woischnuren bei Nekrologe. 29 Rastenburg, wo er erzogen wurde. Seine juristischen Studien absolvirte er auf der Universität Königsberg. Er wurde 1857 Assessor und 1858 Kreisrichter in Ortelsburg. In den 60er Jahren wurde er als Abgeordneter der Fortschrittspartei in den preussischen Landtag gewählt. Hier in Berlin lernte er die Familie des Frauenarztes, Geh. Rath Dr. Carl Mayer, kennen, mit dessen Tochter er sich 1865 vermählte. Darauf ging er 1867 als Rechtsanwalt nach Gross-Glogau, wo er bald Stadtverordneter wurde und viele Jahre das Amt eines Stadtverordneten-Vorstehers be- kleidete. 1879 siedelte er als Rechtsanwalt nach Breslau über, wo ihn das Vertrauen seiner Mitbürger auch bald zum Stadtverordneten wählte. Er starb hier am 23. December 1891, nachdem ihm drei Monate vorher von seinen drei Kindern der einzige Sohn nach langer Krankheit ent- rissen worden war. Bellier de Launay war auch litterarisch thätig, denn er war Mitarbeiter an einer juristischen Wochenschrift. Unserer Ge- sellschaft hat er seit 1884 als wirkliches Mitglied angehört. Schliesslich sei es mir gestattet, den Hinterbliebenen und Freunden unserer verstorbenen Mitglieder für die freundliche Mittheilung der betreffenden Lebensnachrichten den verbindlichsten Dank auszusprechen. Auch sei bemerkt, dass die Nekrologe über Korn von Herrn Dr. phil. Kutzleb, über v. Richter von Herrn Geh.-Rath Prof. Dr. Poleck, über Rosenbaum von Herrn Geh.-Rath Dr. Ponfick und über Roemer von Herrn Prof. Dr. Hintze im Manuseript eingesendet wurden. &. Limpricht. Druck von Grass, Bartı & Comp. (W. Friedrich) in Breslau, hi Du au 1 \ Na ei er Hier 2 f a NER. $ Sr ER RN Er ea i h Re Be u A A en ah = Re u Kult Maas ac Ra \ un vs ade a Rs a N a | TR Jar: ’ ’ IA 2% j 1a 0 HON d ha F e% a %* j She / { v KH ii " rs ‘ . h N Pd ea 22cm, Kr (di Au wre Ki N wo vr je a h | | \ ! K u }- RN {7 A fe N, . " 5 y r } he j R R) j Pr. ER A nf F} ! > , + "An. die Mitglieder der. Gesellschaft zur ‚Beförderung der "Nakurkuntie, "ag ä Beiträge zur Enkomolneie, werfasst von Eh Mitgliedern- der entom.-Section; Ei “Dr. JG. Galle, Grundzüge‘. der schles. Klimatologie, 1857, 4 40,. 127 «Dr. H. Lebent, Klinik des acuten Gelenkrheümatismug, Gratulationsschrift . Dr. Ferd. Römer, Die fossile Fauna der 'siluischen. Diluvi a R „Verzeie Es 4, Einzelne nö Sehen A Zwei Reden. nehafie von: dem Reg. -Quartiermstr, "Müller und- ER Re e Feier des Stiftungstages ‚der. Gesellschaft zur Beförüegum der a e - Schlesiens, am 17. December 1894. 8%: 48 ‚Seiten. und an sämmtliche Schlesier, von-Reetor jeiche 418097. 8%, BR wa Oeffentlieher Actus’der Schles. Gesellschaft 7. vater]. ‚Cultar, ‚gehaligh am 1. Feier ihres: Stiftungsfestes. - 8°, 40 8: 7 Joh. George‘ Thomas, ‚Bandb., d. Titeraturgeschichte v. Schlesen, 1825: Be a Preisschrift: "x: Die schtes. Bibliothek der Schles. Gesellschaft v. K, G.Nowack;. 8°. 1835 oder später ei Denkschrift der Schles. Gesellschaft zu ihrem 50jähr. Bestehen, enthaltend ae e -Schles. ' Gesellschaft: ‚und Beiträge. zur Natar =. “und. gr Mit 10 lithogr. Tafeln” 4°, 382 S. Dr.J.A.Hoennicke;, Die Mineralquellen der Broyinz ER iss7. Br Dr. J. Kühn, Die zweckwässigste Ernährung: des’Rindviehs, 1859. .8°, Re Jubiläum des ‚Geh. 'San.-Raths Dr. Ant. Kro.cker. he 1860... E schiebe von. in Sehlesien, mit 6 lithogr. u. 2 Kupfer- -Tafeln, 1861. 4% 70 Be . Lieder zum Stiftungsfeste der, entomoldgisehen und botanischen Section der‘ \ als Manuseript gedruckt. 1867.80, 92 S. Verzeichniss der in. ‚den. Sehriften der ‚Schles,, Gesellschaft: von 300g ie 3 Aufsätze in‘ “alphab; Ordnung.von Letzner..- 2868. 8% ir „Fortsetzung der in den Schriften der Schles. Gesellschaft für vaterl. ‚Cultur von‘) 5 enithaltenen Aufsätze, geordnet nach‘ den Verfassern in alphab. 0) General- Sachregister der in den. Schriften ‘der Schles. Gesellschaft für. vater. Cultur've bis. 1876 incl. enthaltenen Aufsätze, geordnet in alphab. Folge‘ von ‚Dr. Schnei | 2. Periodische: Sehriften.. SER IP Sef: Endingen u egeliächaft f. Naturkunde u: Industrie Schlesigns. 8. Bi 1, alt, | re "Bit. 2, 112-8. 1806... Desgl. Bd. IL, +1. Heft, 1807... =" z . Oorrespondgnzblatt der Sehlesischen Gesellsehaft ‚für ‚vaterländiche Cultur r OIBÄE: 4,4810, 98 8.4 ®, „Jahrg. 111,.1812, 96.8 | Jahrg, NL ed 1 ıv. 1613 ten je0B, ss. VI,.3815, Correspondenz st Schles. Gesellschaft. f. waterl. Cultur. 82. B4uH 61,7 'S- mit Abt Fo! 1820. “Desgl. Bd.JI (Heft 1), 80 S. mit Abbild: 1820. * 2: RE Be; ‚Bulletin der naturwissensehaftl. Section der ABER: Gesellschaft Fer SE e ER, SEAL HACETY 00 ee .do.. ER | A "Uebersicht der Arbeiten (Beriehte sänmil. ‚SEoliönen) und Veränderungen der Sehen, ; "für vaterl. Cultur: * Jahrg. 1529. Abth.11808.H, er a A, m Seite Jahrg. 1824. 55 Seiten. 4°. =... 5.445, met, Beobael E l ı BA „00 46,» "1850. Abtheil, I, 2068., 13 er sm 318 Seit, ® "2 %2,Abth, O, ‚36,8. = R N "1851. 194 Seitens. yet. ei : . in 2 >13 ee 1 Ä a T 1852. 212 Ze > © i Er en ” 1829.72 44, BT CT er ea ia „TB. A BO a ve ee, 71831. 9% 4 nt: 1006,00 Su 2. 1882.103 7,440 TREE, UL EAN ee = Pauee 1,2700 [BESSERE 1 m ABOT Bar AT Fr 3. RB 143.5... 006 es 1. 92 a I ARE, 2 21889, 22..,%ı ar An egal 1Br° 74 2.5.1860, 202 a, Ge RE ILLTE ie » 2 186114825), 8° onehet 2 op ” 1838, .184 4°. . a OR vn » : 1839, 226 7, 4°, „... 1862. 162 -Seit, 8°. nebst ER ? 1840. 151 4, Hr Abhandt, 416 S FF > 1811880, 8 „ 1863) 156 Seiten. ®°. Ss; nA ZIEGE RI „1864, Abhan Seiten. 8°, nebst, ner > 788.69 9, Abhand ik 1845, 16647, 4°. nebetl 52 $S. meteörol, Beob. „m. .1846. 320 Seit, 4°, nebst | .. est S ”, 47 8. meteorol, Beob, | in. 1867. a ar. ne „ .„1847.,404 Seit. 40, Beob.| = „.n,%Abhandl. 191 8 2,0 44 S. meteorpL-Beob, | =: „. ”,1868, 300. Seit. 8°. ee, m» . 1848, 248”Seiten, 2% „ %».. » Abhandl,. E : . Ra RE . a 1 - ’ £ - » 2 Hrn a ne ni F . 177 ne =; \ . . ie s Fr er 7 PT er y u > . : / - A i x TE # s & Erz T D * I i “ N ji N vn. ‘ % f iR a Er i on ’ - Ss s Be , N F | II] | 218 514 °