Jahresbericht der Vereinigung für angewandte BotaniJc Achter Jahrgang 1910 Mit 8 Textabbildungen und 2 Tafeln -^H^<- Berlln Verlag von Gebrüder Borntraeger W35 Schöneberger Ufer 12 a 1911 * 16. Mai 1852 /^ AuiÄßi^^'^< t 23. März 1911 Der Vorstand der Vereinigung für angewandte Botanik er- füllt hiermit die traurige Pflicht, die Mitglieder von dem am 23. März 1911 erfolgten Tode des I.Vorsitzenden der Vereinigung, Herrn Professor Dr. Eduard Zacharias, Direktors der Hamburgischen Botanischen Staatsinstitute, in Kenntnis zu setzen. Der Verstorbene war seit dem Jahre 1905 Vorsitzender unserer Vereinigung. Seiner tatkräftigen Leitung verdankt sie ein erfreuliches Aufblühen, eine stetige Zunahme der Mitgliederzahl und anregende Versammlungen. Mitten aus freudigem Schaffen, im besten Mannesalter und in voller Rüstigkeit wurde er durch eine Herzschwäche dahingerafft, die sich 6 Tage nach einer an und für sich glücklich verlaufenen Darmoperation einstellte, die wegen beginnenden Carcinoms vor- genommen werden muBte. Eduard Zacharias war am l(j. Mai 1852 in Berlin geboren. Einige Jahre später verlegte sein Vater den Wohnsitz nach Ham- burg, der Heimatstadt der für Kunst und Wissenschaft be- geisterten Mutter. Im elterlichen Hause lernte der Sohn den kaufmännischen Geist und, da der Vater als Mitglied der Ham- burgischen Bürgerschaft lange Jahre im öflfentlichen Leben gewirkt hat, hamburgisches Wesen kennen; so erwuchs er als echter Hamburger. Er besuchte die Gelehrtenschule des Johanneums (Gymnasium) und bestand am 28. April 1870 die Aufnahmeprüfung zum Akademischen Gymnasium, einer Mittelanstalt zwischen Gym- nasium und Universität, an dem er 2 Jahre lang die Vorlesungen der Professoren H. G. Reichenbach und F. Wibel hörte und im chemischen Laboratorium arbeitete. Sodann bezog er die Universität und widmete sich in Heidelberg, Tübingen und Stras- burg unter Leitung der Professoren Hofmeister, Hegelmaier, de Bary und Fittig botanischen und chemischen Studien. In Straßburg war es besonders de Bary, der ihn fesselte und bei dem er auch 1877 seine Doktordissertation über die Anatomie des Stammes der Gattung Ncpenthcs vollendete. Bereits im Jahre 1879 habilitierte er sich dort als Privatdozent und wurde 1882 zum auüerordentlichen Professor ernannt; erfolgreich wirkte er als Universitätslehrer und als Forscher auf dem Gebiete der Zellenlehre. In Strasburg rief er auch die alte Philomatische Ge- sellschaft wieder ins Leben, deren Vorsitzender und späteres Ehren- mitglied er wurde. Im Jahre 1883 verheiratete er sich mit Olga Bülau, der Tochter eines bekannten Hamburger Arztes; der Ehe sind 3 Söhne und 4 Töchter entsprossen. Als einige Jahre nach dem Tode Reichenbachs die Stelle eines wissenschaftlichen Assistenten am Botanischen Garten zu Hamburg geschaffen wurde, folgte Zacharias im Frühjahre 1894 dem an ihn ergangenen Rufe in seine Heimatstadt. Er wurde mit der Leitung des Gartens beauftragt, zu dessen Direktor er dann 1897 ernannt wurde. Nach dem Abgange von Professor Sadebeck im Jahre 1901 wurden auch das Botanische Museum und Laboratorium für Warenkunde seiner Leitung übergeben. Mit der Absicht, eine räumliche Vereinigung der vordem getrennten Anstalten herbeizuführen, machte er im Herbst 1903 eine Reise zur Besichtigung der größeren botanischen Institute Europas, um die gesammelten Erfahrungen für einen Neubau zu verwerten, der als monumentales Gebäude die Hamburgischen Botanischen Staats- institute in dem schönen Botanischen Garten aufnehmen sollte und der am 25. Juni 1908 eingeweiht werden konnte. Die wissenschaltlichen Forschungsarbeiten von Zacharias bezogen sich zumeist auf das Gebiet der Zellenlehre, so Unter- suchungen über die Spermatozoidcn (Bot. Ztg. 1881), den Zellkern (B. Z. 1882), Eiweiß, Nuklein und Plastin (B. Z. 1883) und den Nukleolus (B. Z. 1885), Beiträge zur Kenntnis des Zellkerns und der Sexualzellen (B. Z. 1887), Verhältnis des Zellprotoplasmas zum Zellkern während der Teilung (Ber. D. B. G. 1887), Kern- und Zellteilung (B. Z, 1888), Entstehung und Wachstum der Zellhaut (Ber. D. B. G. 1888 und Jahrb. f. wiss. Bot. 1889), Zellen der Cyanophyceen (D. B. G. 1889 und B. Z. 1890), Bildung und Wachs- tum der Zellhaut bei Wurzelhaaren von Chara (D. ß. G. 1890 und Flora 1891), chemische Beschaffenheit von Cytoplasma und Zell- kern (D. B. G. 1893), Chromatophilie (D. B. G. 1893), Beziehungen des Zellenwachstums zur Beschaffenheit des Zelikeriis (D. B G. 1894), Verhalten des Zellkerns in wachsenden Zellen (Flora 1895), Nach- weis und Vorkommen von Nuklein (D. B. G. 1898) , über die Cyanophyceen (Abh. Naturw. Ver. Hbg. 1900 und Jahrb. Wiss. Anst. Hbg. 1903), Sexualzellen und Befruchtung (Verh. Naturw. Ver. Hbg. 1900 und D. B. G. 1901), achromatische Bestandteile des Zellkerns (D. B. G. 1902). Statohthen bei Chara (D. B. G. 1905) und schließlich ein Sammelreferat über die chemische Beschaffen- heit von Protoplasma und Zellkern (Progr. rei bot. 1910). In der Botanischen Zeitung finden sich ferner vielfach kritische Be- sprechungen von Arbeiten aus diesem Gebiet, die ihm manche wissenschaftliche Fehde eingetragen haben. Auch die Lebermoose, für die er im Botanischen Garten ein eigenes Haus eingerichtet hatte, bildeten in letzter Zeit ein Lieblingsstudium, so Pellia calycina (Verh. Naturw. Ver. Hbg. 1906) und die Periodizität bei Lebermoosen (ebenda 1908). Blütenbiologische Beobachtungen (ebenda 1905 und 1906) hatten ihn dazu geführt, den mangelhaften Ertrag der Vierländer Erdbeeren (ebenda 1903 und Ver. f. ang. Bot. 1906) und die Unfruchtbarkeit bei Johannisbeeren (Ver. f. ang. Bot. 1907) zu erforschen. In den letzten Jahren schließlich be- schäftisrte er sich mit dem Blühen und Fruchtansatz bei Obst- bäumen (eine einleitende Mitteilung in Schlesw.-Holst. Zeitschr. f. Obst- u, Gartenb. 1906). Mit diesen Arbeiten hatte er auch das Gebiet der angewandten Botanik betreten. In Hamburg beschäftigten ihn zahlreiche Aufgaben. Es seien hier nur genannt: Die Oberleitung und der Ausbau der 7 große Abteilungen umfassenden Botanischen Staatsinstitute, die Vor- lesungen, mikroskopischen Kurse und praktischen Übungen im AUgememen Vorlesungswesen, die Vorlesungen am Hambur- gischen Kolonialinstitut, die Mitwirkung im Professorenrat bei der Verwaltung und bei der Erweiterung dieser Einrichtungen. Die Landwirtschaft im hamburgischen Gebiet suchte er zu fördern durch Verbesserung der Obstbaumpflege und des Vogel- schutzes mit Hilfe eines am Botanischen Garten angestellten Baum- warts und eines Vogel warts. Das Lebensbild von Zacharias würde aber kein voll- ständiges sein, wenn nicht seiner erfolgreichen Tätigkeit in vielen Vereinen rühmend gedacht würde. Schon bald nach seiner Über- siedelung nach Hamburg wählte ihn der Gartenbau -Verein zu seinem 1. Vorsitzenden. Mit Eifer widmete er sich den ihm durch die im Jahre 1897 in Hamburg veranstaltete All- gemeine Gartenbau-Ausstellung erwachsenen Aufgaben, und der große Erfolg der Ausstellung hat seine vielen Mühen und reichliche Arbeit gekrönt. Als Vorsitzender des Gartenbau- Vereins erkannte er aber auch die Notwendigkeit des Zusammenschlusses der zahl- reichen, im hamburgischen Staatsgebiete wirkenden Garten-, Obst- und Gemüsebau- Vereine zwecks Erreichung wirtschaftlicher Forde- rungen, Verbesserung der Kulturen u.a. Der Leitung des im Jahre 1908 aus 18 Vereinen gegründeten Zentralvereins für Obst- und Gartenbau gab er sich mit Interesse und der ihm eigenen Energie hin. Auch im Naturwissenschaftlichen Verein war er eine Zeitlang Vorsitzender und ständig Vorsitzender der Botanischen Gruppe, mit der allmonatlich botanische Exkursionen zu veranstalten, ihm ein besonderes Vergnügen bereitete. Auch im Verein Heimat- schutz, im Volksheim, im Verein zur Förderung der schulentlassenen Jugend und in anderen Vereinen war er im Vorstande tätig. Gern nahm er auch an den Alte Herren-Abenden seines Korps, dem er mit Begeisterung von seiner Universitätszeit her angehörte, teil. Der erfolgreichen Leitung der Vereinigung für angewandte Botanik ist schon eingangs Erwähnung getan worden. Außer seinen wissenschaftlichen Arbeiten sichern dem all- verehrten Manne aber auch sein gerader Charakter, sein liebens- würdiges Wesen und seine stete Hilfsbereitschaft ein dauerndes Andenken im Kreise seiner Freunde und Fachgenossen. Brick Jahresbericht der Vereinigung für angewandte Botanil( Achter Jahrgang 1910 Mit 8 Textfiguren und 2 Tafeln LIBRAKV _^ NEW YOKK BOTANICAL ÜARÜßN. Berlin Verlag von Gebrüder Borntraeger W35 Schöneberger Ufer 12 a 1911 Alle Rechte vorbehalten Druck von E. Buchbinder (H. Duske), Neuruppiu Inhalts-Verzeichnis Bericht über die 8. Hauptversammlung der Vereinigung in Münster i. Westf. 12.— 13. Mai 1910, erstattet von C. Brick Darin enthalten folgende Berichte, Diskussionenusw. Geschäftssitzung: Jahresbericht, nächstjähriger Ver- sammlungsort Diskussion zu Spieckermann, Bakterienring- und Blattroll- krankheiten der Kartoffelpflanze Diskussion zu Müller, Prüfung von Mitteln zur Schädlings- bekämpfung und ihre Verwertung für die Praxis . . Diskussion Appel, Bekämpfung des Getreidebrandes . . . Wehmer, C, Kulturen einiger Holzpilze, Merulius lacrymans, Coniophora cerebella und Polyporus vaporarius .... Diskussion zu Heinze, Mitwirkung und praktischer Wert der Mikroorganismen bei der Stickstoffversorgung des Bodens und der Pflanzen Besichtigungen König^, J., Der osmotische Druck im Boden (m. 1 Textfig.) Besichtigung der Provinzial-Heidekultureu in der Brechte Sitzung der Freien Vereinigung für Pflanzengeographie und systematische Botanik Generalversammlung der Deutschen Botanischen Gesellschaft V— Seite XXVIII VI VII XII XV XIX XX XXTTI XXIII xxvn XXVIII XXVIII librab NEW YO BOTArJU UaRI>£ Protokoll über die Sitzung der Kommission zur Beratung über eine phytotherapeutische Organisation . . . XXIX- -XXX 2. Vorstand im Jahre 1910 XXXI Mitgliederliste für 1910 XXXI— XLIV Vorträge und Abhandlungen Spieckermann, A., Beiträge zur Kenntnis der Bakterienring- und Blattrollkrankheiten der Kartoffelpflanze .... Nachtrag Müller, K., Die Prüfung von Mitteln zur Schädlingsbekämpfung und ihre Verwertung für die Praxis Heiiize, B., Über die Mitwirkung und den praktischen Wert der Mikroorganismen bei der Stickstofi"- Versorgung des Bodens und der Pflanzen (mit Taf. I u. II) I* 1- 173- -19 -177 20—28 29—78 jy Inhalts -Verzeichnis Heiaze, B., Kalkstickstoflf und Kalksalpeter als Stickstoffdünger 79 — 94 Gaßner, Gr., Beobachtungen und Versuche über den Anbau und die Entwicklung von Getreidepflanzen im subtropischen Klima (mit 6 Fig.) • . . 95—163 Brick, C, Zythia resinae (Fr.) Karst, als unangenehmer Bau- holzpilz 164—170 Voigt, A., Hydnocarpus venenata Gaertn., die Stammpflanze des zur Backa- Margarine verwendeten giftigen Cardamom- (Maratti) Fettes 171 — 172 4. Gutachten aus dem Gebiete der angewandten Botanik Wehmer, €., Hansschwamm-Gutachten 178—198 I. Merulius lacrymans 178 II. Coniophora cerebella 184 III. Unbestimmte Holzpilze 193 Manrizio, A., Ein Mischfutter vor den Gerichten des Kantons Zürich 199—208 Verhandlungen der II. internationalen Konferenz für Samen- prüfung in Münster und Wageningen am 13. — 15. Mai 1910 Bericht über die Versammlung, erstattet von A. Voigt. . . . 211—218 Darin enthalten: Programm 211 Besprechung der Vorträge 212 Voigt, Vergleichende Keimversuche 213 v. Degen u. Schribaux, Antrag betr. Maßnahmen zur Er- mittlung der Fehlerquellen der Samenprüfungen] . . . 214 Dorph-Petersen, Reinheit und fremde Beimischungen . . 216 Voigt, Provenienzbezeichnung 216 Voigt, Einschüriger Klee 217 Besuch in Wageningen 217 Hiltner, L., Die Prüfung des Saatgutes auf Frische und Ge- sundheit (m. 1 Fig.) 219—238 Dorph-Petersen, K., Kurze Mitteilungen über Keimunter- suchungen mit Samen verschiedener wildwachsenden Pflanzen, ausgeführt in der Dansk Frekontrol 1896—1909 239—247 Lehmauu, E. , Neuere Untersuchungen über Lichtkeimung (Sammelreferat) 248—257 Correns, C, Über die Keimung verschiedenartiger Früchte bei derselben Spezies nach Untersuchungen des Herrn stud. Becker 258—259 Schwappach, A., Keimprüfungen der Koniferensamen .... 260 — 262 Voig't, A., Über Probenziebungsapparate 263 — 268 Pammel, L. H., Seed testing in Iowa 269 — 273 Bericht über die 8. Hauptversammlung der Vereinigung für angewandte Botanik in Münster 1. Westf. am 12. und 13. IVlai 1910. In Rücksicht auf den in der Pfingstwoche vom 14. bis 22. Mai 1910 in Brüssel stattfindenden Internationalen Botaniker -Kongreß war auf der 7. Hauptversammlung der Vereinigung in Geisenheim beschlossen worden, die diesjährige Zusammenkunft vor diesem Kon- greß in Münster i. Westf. abzuhalten. Der Vereinigung schloß sich, wie im Jahre 1906 in Hamburg, eine Sitzung der Vorstände der Samenprüfungsanstalten an. Auch die Freie Vereinigung für Pflanzengeographie und systematische Botanik sowie die Deutsche Botanische Gesellschaft veranstalteten ihre Versamm- lungen am 14. Mai in Münster. Eine vorläufige Mitteilung mit den beabsichtigten Veranstaltungen wurde den Mitgliedern am 10. Februar 1910, das endgültige Programm mit den Vortragsanzeigen und den geplanten Besichtigungen Ende April übersandt. Folgende 41 Mitglieder nahmen an den Sitzungen in Münster teil: Appel-Dahlem, Behrens-Dahlem, Benecke-Bonn, Bitter- Bremen, Brick- Hamburg, Correns-Münster, v. Degen -Budapest, Dorph-Petersen-Kopenhagen, Edler- Jena, Eichinger-Halle, Esser- Cöln, Grosser-Breslau, Heinze-Halle, Hillmann-Berlin, Issa- tschenko-St. Petersburg, Kolkwitz -Steglitz, Kornauth-Wien, Leh- mann-Kiel, Lemcke -Königsberg, Lenz -Lübeck, P. Magnus -Berlin, Mortensen-Lyngby, Müller - Augustenberg, Muth- Oppenheim, Neger - Tharandt, Oetken - Hadmersleben, Pethybridge - Dublin, Raatz-Kl. Wanzleben, Schwappach-Eberswalde, Simon -Dresden, S pi eck er m ann - Münster, Steglich - Dresden, Stürmer - Halle, Tobl er- Münster, Vitek-Prag, Voigt- Hamburg, Weh m er -Hannover, Widen-Örebro, Wieler-Aachen, Wortmann-Geisenheim, Zacha- rias-Hamburg und als Gäste stud. H. Becker-Münster, Geheim- rat Prof. Dr. König-Münster, stud. W. Plester-Münster, Prof. VI Bericht über die 8. Hauptversammlung der Vereinigung Dr. A. Schulz-Halle, Schweder-Bonn, Samenhändler L. Strat- mann-Münster, Thienemann-Münster und Samenhändler A. Wald- mann- Osnabrück. Die Sitzungen fanden im Hörsaal des Botanischen Instituts der Universität statt, den Herr Prof. Dr. Correns freundlichst zur Ver- fügung gestellt hatte. Als Vorsitzender leitete die Versammlung Prof. Dr. E. Zacharias-Hamburg, Schriftführer war Dr. C. Brick- Hamburg. Mittwoch, den iL Mai, besichtigten nachmittags die bereits eingetroffenen Teilnehmer unter Führung von Dr. Spieckermann die Sehenswürdigkeiten der Stadt Münster, den Zoologischen Garten, das Naturhistorische Museum und den Botanischen Garten. Abends fand eine Begrüßung im Hotel Moormann statt. Donnerstag, den i2. Mal, eröffnete der 1. Vorsitzende der Vereinigung, Prof. Dr. Zacharias, um 9 Vi Uhr bei Anwesenheit von 31 Mitgliedern die Tagung und dankte zunächst den Herren in Münster, Prof. Dr. Correns und Dr. Spieckermann, für die vortreffliche Vorbereitung. In der als erster Punkt der Tagesordnung vorgesehenen Geschäftssitzung weist der Vorsitzende zunächst auf den Jahresbericht hin, der den Mitgliedern vor der Versammlung im 7. Hefte der Vereinigung zu- gegangen ist. Von den dort aufgeführten 271 Mitgliedern sind uns leider Dr. F. Hartmann-Geisenheim (f 18. XI. 1909), Prof. Dr. J. V. Szyszylowicz-Lemberg (f 17. II. 1910) und Reichsrat Dr. E. V. Buhl-Deidesheim (f 12. IV. 1910) durch den Tod ent- rissen worden. Die Versammlung ehrt das Andenken der Ver- storbenen durch Erheben von den Sitzen. Ausgetreten sind 7 Mit- glieder. Eingetreten sind im Jahre 1910: Dr. Brunner- Hamburg Prof. Dr. Correns - Münster, Prof. Dr. Dam mann - Montevideo Dr. Fickendey - Victoria, Hofrat Issatschenko - St. Petersburg Dr. Lehmann - Kiel, Prof. Dr. Miczynski - Dublanyi, Prof. Dr Nemec-Prag, Dr. Pethybridge - Dublin, Dr. Schröder - Bonn Geheimrat Prof. Dr. Schwappach - Eberswalde, Prof. Dr. Shibata Sapporo, Dr. Wächter- Steglitz, Dr. Wagner- Quedlinburg und Frl Dr. Westerdijk-Amsterdam. Ende 1910 beträgt die Mitglieder zahl 276. Diskussion: Bakterienring- und Blattrollkrankheiten der KartoflFelpflanze VII Der Rechnungsführer Regierungsrat Dr. 0. Appel -Dahlem gibt sodann eine Übersicht üher den Stand der Kasse und der Aus- gaben und bemerkt, daß die Kosten der Berichte möglichst einge- schränkt werden müßten. Bei der Wahl des Ortes und der Zeit für die Versamm- lung im Jahre 1911 berichtet der Vorsitzende, daß schon im vorigen Jahre Bromberg und Danzig auf eine von dort ergangene Ein- ladung hin in Aussicht genommen gewesen wären, daß aber der An- schluß an den Brüsseler Kongreß für Zeit und Ort der diesjährigen Zusammenkunft maßgebend war. Als Zeit scheint Anfang August 1911 von der Mehrzahl der Mitglieder und auch von den Danziger Herren am passendsten befunden zu werden. Dr. Hillmann -Berlin spricht den Wunsch aus, daß auch gelegentlich wieder die Pfingstzeit berücksichtigt werde. Die Versammlung beschließt gemäß den Vor- schlägen des Vorsitzenden. In der dann folgenden wissenschaftlichen Sitzung spricht von 9-"'" — 10^" Dr. A. Spieckermann-Münster über Beiträge zur Kenntnis der Bakterienring- und Blattroll- krankheiten der Kartoffelpflanze (s. S. 1-19) und zeigt nach Schluß des Vortrages Präparate des durch Chryso- phlyctis endohiotica Schilb. hervorgerufenen Kartoffelkrebses aus dem Regierungsbezirk Arnsberg in Westfalen vor. In der an den Vortrag sich anschließenden Besprechung be- merkt Prof. Dr. P. Magnus Berlin : Die vom Vortragenden in der kranken Kartoffel gefundenen Pilze VerticiUium und Fusarium sind unvollkommene Entwickelungsstadien von Nectriaceen. Es wäre wichtig, wenn man an den durch VerticiUium erkrankten und dann abgestorbenen Stengeln Schlauchfruchtkörper der zugehörigen Nec- triacee findet. Diese Fruchtform würde eine bedeutende Rolle bei der Übertragung der Krankheit spielen. Erwin Smith hat gefunden, daß eine Nectrien-Erkrankung durch Neocosmospora vasinfeda bei Baumwolle, Cucurbitaceen u. a. eine große wirtschaftliche Bedeu- tung hat. Dr. Spieckermann : Diese Fragen sind selbstverständlich mit in Bearbeitung genommen. VIII Bericht über die 8. Hauptversammlung der Vereinigung Reg.-Rat Dr. Appel-Dahlem: Die Forderung des Herrn Prof. Magnus, bei den Kartoffel-Fusarien einen besonderen Wert auch auf die Perithecien zu legen, ist theoretisch natürlich berechtigt. Es steht ihr nur die Schwierigkeit entgegen, daß, trotzdem auf fast allen kranken und faulenden Kartoffeln Fusarien vorhanden sind, nur äußerst selten die Schlauchform gefunden worden ist. Trotz- dem wir das reiche Material der Deutschen Kartoffelkulturstationen. (2 — 3000 kranke Knollen) durch die Hand bekommen und seit. 2 — 3 Jahren besonders genau auch auf das Vorhandensein von Peri- thecien untersuchen, ist es uns bis heute nicht gelungen, auch nur in einem einzigen Falle zu Fusarien gehörende Perithecien zu finden. Andere Ascomyceten, z. ß. Chaetomium und Melanospora , traten häufig auf. Auch unsere Bemühungen, von anderen Stationen Kar- toffel-Fusarien mit ihrer Schlauchforra zu erhalten, waren leider bis- her vergeblich. Was den von Prof. Magnus besonders hervor- gehobenen Fall von Neocosmospora anlangt, so scheint auch dieser Fall nicht ganz geklärt zu sein. Nach einer persönlichen Mitteilung von E. Smith nämlich ist es ihm nachträglich zweifelhaft geworden^ ob die von ihm als pathogen beschriebenen Fusarium- und Neocos- 7nospora- Arten wirklich zusammen gehören, oder ob nicht vielleicht eine Vergesellschaftung beider vorgelegen hat. Dieser Zweifel findet eine gewisse Bestätigung durch Versuche Butlers mit denselben Orga- nismen, die sich als sicher verschieden herausstellten. Eine Täuschung ist um so leichter möglich, als Neocosmospora tatsächlich Sichel- konidien hat, diese aber bei der angenommenen großen Variabilität bisher nur schwer auseinanderzuhalten waren. Unsere bisherigen Versuche, einen Nährboden für die Gewinnung von Schlauchformen zu erhalten, waren nur in 4 Fällen erfolgreich, und auch da waren die Bedingungen verschieden, sodaß die Aussicht, einen Universal- nährboden für diesen Zweck zu gewinnen, verhältnismäßig gering zu sein scheint. Das spärliche Vorkommen der Schlauchform und ihre vorläufig noch schwierige Züchtbarkeit drängten zu einer Bearbeitung der Fusarien an sich. Nur dadurch war es möglich, für Impfver- suche mit Fusarien eine Grundlage zu schaffen und die Pathogenität einzelner Arten festzustellen '). ^) Inzwischen hatte Herr Prof. Berthold, Göttingen, die Freundlich- keit, uns konservierte Kartoftelstiicke mit Fusarien -Perithecien aus seinem Material und dem von Herrn Dr. Pethybridge, Dublin, zu schicken. Da- gegen war es Herrn P., an den wir uns nunmehr direkt wandten, trotz eifrigen Suchens nicht möglich, uns frisches Material für Kulturen zu übermitteln. Diskussion: Bakterienring- und Blattrollkrankheiten der Kartoffelpflanze IX Als Ausgangspunjit für die Bearbeitung der einzelnen Arten dienten stets Kulturen, die aus einer Konidie hervorgegangen waren, was für die Gattung Fusarium deswegen besonders wichtig ist, weil selbst in einzelnen in der Natur gefundenen Sporodochien nicht selten mehrere Arten vergesellschaftet sind^). Eine Trennung der Kartoffelknollen in einen inneren Kern und eine äußere Hülle durch Zerfall des Gewebes in der Gefäßbündel- region als Folge einer Bakterieninfektion habe auch ich häufiger be- obachtet. Ein besonders typischer Fall dieser Art wurde im vorigen Herbst näher untersucht und dabei ein fluoreszierendes Bakterium isoliert, das Herr Dr. Schuster in meinem Laboratorium zum Aus- gang weiterer Studien-) benutzt hat. Bei Impfungen mit der Pra- vazspritze in das Kartoffel fleisch tritt eine typische Weichfäule ein; auch das durch Alkoholfällung gewonnene Enzym tötete das Proto- plasma und löste die Mittellamellen. Das Bakterium verhält sich also ebenso wie Bacterium phytophthorum. Danach scheint es, daß dieses eigenartige Auslösen der Gefäßbündelregion nicht auf eine be- stimmte Eigenschaft eines Bakteriums zurückzuführen ist, sondern daß die Infektion vom Gefäßbündel ausgehend sich in diesem und dem angrenzenden parenchymatischen Gewebe zunächst verbreitet und dieses zum Zerfall bringt. Ob diese Fäulnis dann weiter um sich greift und zu einem Verfall der ganzen Knolle führt, dürfte von äußeren Umständen abhängen. Auch bei der Bakterienringkrankheit kommen Fälle vor, bei denen von den abgetöteten Gefäßen aus eine Weichfäule der ganzen Knolle eintritt. Bakterien , die eine Weichfäule hervorrufen können, werden zurzeit 4 Arten in meinem Laboratorium ver- gleichend untersucht, nämlich das soeben erwähnte fluoreszierende Bakterium, Bacterium phytophthorum, B. solanisaprum und B. atro- septicum. Diese 4 Arten, die sich gut voneinander unterscheiden, sind mit dem von Spieckermann beschriebenen Bakterium nicht *) Als Ergebnis der Untersuchungen sind inzwischen eischienen: Appel und Wollenweber, Grundlagen einer Monographie der Gattung Fusarium (Link). (Arb. aus d. Kais. Biol. Anst. f. Land- u. Forstwirtschaft, Bd. Vlir, Heft 1. 207 S. mit 10 Textabb., 2 schwarzen und l färb. Doppeltafel). Appel und Wollen w eher, Die Kultur als Grundlage zur besseren L^nterscheidung systematisch schwieriger Hyphomyceten. (Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. Bd. XXVIII, Heft 8). -) Die Arbeit ist inzwischen abgeschlossen. Eine vorläufige Mitteilung über den als Bacterium xanihochlorum Schuster bezeichneten Organismus findet sich in Heft 1 1 der Mitteil. a. der Kais. Biol. Anstalt. X Bericht über die 8. Hauptversammlung der Vereinigung identisch, da sie sämtlich Gelatine verflüssigen. Bei uns in Deutsch- land scheint B. phytoijhthorimi weitaus das häufigste zu sein, das durch seine schnelle strumpfförmige Verflüssigung der Gelatine bei Stichkultur leicht zu erkennen ist. Die Bakterienringkrankkeit ist in den letzten Jahren augen- scheinlich viel seltener aufgetreten als früher. Wenigstens war sie auf dem Dahlemer Versuchsfeld, wo sie vor einigen Jahren ziemlich verbreitet war, nicht mehr vorhanden. Die Gegend, in der sie am verbreitetsten war, ist das Lahntal in der Nähe von Limburg. Dort wurde ihr Auftreten hauptsächlich durch Auslegen von zerschnittenen Kartoffeln gefördert. Als Gegenmittel war das Auslegen ganzer Knollen und Saatgutwechsel empfohlen worden, t^ber den Umfang des Auftretens der Krankheit in der dortigen Gegend ist mir nichts bekannt. Mit der von Spieckermann beschriebenen Krankheit scheint die Bakterienringkrankheit nicht identisch zu sein. Für diese ist charakteristisch das kümmerliche Wachstum der aus kran- ken Knollen hervorgehenden Triebe und das von unten nach oben stattfindende frühzeitige Absterben der Blätter. Über den Erreger der Bakterienringkrankheit ist leider noch nichts Näheres bekannt. Auch die erschienene Arbeit von Coleman „The ring disease of potatoes" enthält zwar eine Abbildung, aber keine zur Wieder- erkennung ausreichende Beschreibung des sie hervorrufenden Orga- nismus. Die Blattrollkrankheit betreffend möchte ich auf eine Arbeit von A. Mayer in Wageningen aus dem Jahre 1903 hinweisen, die anscheinend bisher übersehen worden ist. Sie bezieht sich auf eine Krankheit, die unter dem Namen „Kringerigheid" in Holland be- kannt ist und die möglicherweise mit der Blattrollkrankheit in Be- ziehung steht. Sie ist in Holland schon seit Jahren als stark schä- digend erkannt worden, und man sucht sie im wesentlichen durch Saatgutwechsel zu bekämpfen. Mayer hat nun nachgewiesen, daß die Krankheit um so stärker ist, je geringer der Kalkgehalt des Bodens ist; er konnte auch feststellen, daß in der Asche kranker Knollen wesentlich geringere Mengen Kalk vorhanden sind als in ge- sunden. Daß die Kartoffeln ihre Eigenschaften auf verschiedenen Böden in gewissem Grade ändern und diese erworbenen Eigenschaften, wenn diese Kartoffeln auf den ursprünglichen Boden zurückgebracht werden, auch noch oft mehrere Jahre beibehalten, ist nicht neu, sondern schon vor Jahren durch Versuche von Osterspey in Frankenthal erwiesen worden. Kreitz hat diese Tatsache in meinem Laboratorium Diskussion : Bakterienring- und Blattrollkrankheiten der Kartoffelpflanze XI für die Schalendicke der Knollen ebenfalls festgestellt. Von beson- derem Interesse für die Blattrollkrankheit sind auch Beobachtungen, die von Lochow in Pettkus gemacht hat. Dieser Züchter hat die Sorten Wohltmann in eine Anzahl von Typen aufgelöst, die er in reinen Linien weitergezogen hat. Dabei ergab sich, daß bestimmte Verwandtschaftskreise wesentlich mehr zur Blattrollkrankheit neigen als andere, so daß man schon im Verwandtschaftsverhältnis einen ge- wissen Anhaltspunkt hat, ob eine Sorte Aussicht hat, widerstands- fähig zu bleiben oder nicht. Dr. Störmer- Halle: Nach den in Halle vorgenommenen Unter- suchungen der Blattrollkrankheit, deren vorläufige Resultate im 7. Jahresbericht der Vereinigung veröffentlicht sind, steht die Krank- heit im Zusammenhang mit Bodeneinflüssen. Man kann sich vor- stellen, daß diese auch auf die Zusammensetzung des Plasmas Ein- fluß haben. Von dem Material der Deutschen Kartoffelkulturstation wurden besonders die beiden kranken Sorten Niedersachsen und Johanna und die beiden gesunden Sorten Böhms Erfolg und Hassia studiert und zwar von acht verschiedenen Herkünften. Es ließ sich feststellen, daß auf den guten Böden die Kartoffeln gesund blieben und auf den schlechten Böden krank wurden. Kartoffeln derselben Sorte sind sehr verschieden; die Magnum bonum-Kartoffel aus West- falen ist nicht zu vergleichen mit solcher aus Bayern, sie sind innerlich verschieden infolge von Boden- und Witterungseinflüssen. Wenn man chemische Untersuchungen und Vergleiche zwischen ge- sunden und kranken Knollen anstellen will, so müssen sie derselben Herkunft sein. Wir konnten nur in 30 " u der Fälle Yerticülium und in wenigen "^'o Fusarium finden und halben daher keine Ursache, die Infektion mit parasitären Pilzen als Grund der Erkrankung anzu- nehmen. Sie sind nur sekundäre Erscheinungen, haben aber viel- leicht einen großen Einfluß auf das Bild der Krankheit; aber das erste und ausschlaggebende Moment sind die Bodenverhältnisse. Prof. Magnus: Wenn aus gewissen Fusarium -K\\\inxen die Nectriaceen - Fruchtkörper nicht zu erziehen gewesen sind, so lassen sich Schlüsse daraus nicht herleiten, da die Bildung der Schlauch- fruchtformen (Perithecien) häufig von äußeren Umständen abhängt. Nectria cinnaharina erzeugt auf den Stämmen in der Luft nur die Tubercidaria, erst auf abgefallenen Ästen bilden sich die Perithecien der Nectria. Bei Monilia auf Crataegus wurde eine Sclerotinia von Di ed icke vermutet, aber 10 Jahre suchte er sie vergeblich, erst im 11. Jahre trat sie sehr schön auf; die Früchte lagen etwas tiefer XII Bericht über die 8. Hauptversammlung der Vereinigung unter der Oberfläche, waren mehr mit Laub bedeckt, und das Früh- jahr war feuchter. Andere Sclerotinia- Arten sind angewiesen auf die ausschheßliche Fortpflanzung durch die Askusfrüchte der über- winterten Sklerotien. Die Askosporenfrüchte müssen mehr in die biologische Betrachtung gezogen werden^). Dr. Stürmer macht auf den Zusammenhang von Fusarium nivale mit Nectria graminicola aufmerksam. Von lO''" — 11^'' sprach Dr. K. Müller -Augustenberg über Die Prüfung von Mitteln zur Schädlingsbekämpfung und ihre Verwertung für die Praxis (s. S. 20 — 28). In der Diskussion bemerkt Geheimrat Prof. Dr. Behrens -Dahlem: Der Bemängelung der Berichterstattung kann ich nur beistimmen; man weiß nicht, was anderwärts schon untersucht und was von den mit großer Reklame ver- breiteten Mitteln schon bekannt ist. Aus dieser Erkenntnis ist denn auch die Einfügung eines über die Pflanzenschutzmittel handelnden Abschnittes in den Bericht über die Krankheiten und Beschädigungen der Kulturpflanzen hervorgegangen. Der Abschnitt verweist aller- dings nur auf die Literatur unter Verzicht auf Referate. Diese sind aber auch nur insofern wertvoll, als sie auf die Originalliteratur auf- merksam machen im übrigen sind sie nur ein dürftiger Notbehelf. Bei den Bekämpfungsmitteln ist äußerste Zurückhaltung gegenüber den sog. Geheimmitteln, die mit großer Reklame angepriesen werden und ihre Bezeichnung häufig ändern , zu empfehlen. Wo bewährte Mittel, wie Kupferkalkbrühe, Schwefel u. a. zur Verfügung stehen, sollte man die Prüfung von Geheimmitteln jederzeit möglichst ablehnen. Die Untersuchung der Mittel hat verschiedene Aufgaben, zu- nächst die chemische Untersuchung zur Feststellung, ob eine Wirk- samkeit des Mittels überhaupt möglich und ob es preiswürdig ist, und die exakte Prüfung der fungi- bezw. Insektiziden Eigenschaften im Laboratorium. Beides festzustellen und weiterzugeben ist ohne ^) Nachträgliche Bemerkung. In Brüssel sah ich auf der Aus- stellung von Pilzkulturen, die Frl. Dr. Westerdijk, assistiert von Frl. Dr. Sluiter, ausgestellt hatte, das Fusarium und die daraus gezogenen Perithecien der Neocosmospora vasinfeda in prächtigen Kulturen. Frl. Dr. Westerdijk hatte die große Freundlichkeit mir eine Fusarium -Kn\\.nr zuzusenden, aus der ich mit Leichtigkeit die Perithecien der Neocosmospora vasinfeda erzog. Ebenso erzogen die Herren Prof. Zettnow und Dr. Cl außen auf ab- geimpften Kulturen das Fusarium und die Perithecien der Neocosmospora. Beide Fruchtformen traten häufig an demselben Mycelium auf. (Magnus.) Diskussion: Mittel z. Schädlingsbekämpfung u. i. Verwertung f. d. Praxis XIII weiteres möglich. Die weitere Aufgabe besteht darin, die Mittel unter den Verhältnissen der Praxis zu erproben. Sie ist nur in An- griff zu nehmen, wenn die vorläufige Prüfung Aussichten auf Wirk- samkeit der Mittel eröffnet. Versuche im Freien, z. B. in Wein- bergen, verlaufen aber oft iingleichmäßig; ein Mittel kann an der einen Stelle gut wirken, an der andern versagen. Witterungseinflüsse, Sorten Verschiedenheiten, Erziehungsarten usw. sind von großem Ein- fluß. Man hat auch nicht immer das geeignete Gelände zur Ver- fügung; bei der Schädlingsbekämpfung ist man vielfach auf große zusammenhängende Flächen angewiesen, weil kleine Flächen zu leicht von außen wieder verseucht werden. Parallel versuche auf kleinen Flächen, wie man sie bei Düngungs- und Anbauversuchen anlegt, sind deshalb nicht angängig. An ihre Stelle tritt die Wiederholung des Versuchs in verschiedenen Gegenden. Die Ergebnisse eines ein- maligen Versuchs in die weiteste Öffentlichkeit hinaus zu bringen, hat auch große Bedenken. Es kann vieles auf Zufall beruhen. Eine Organisation auf dem Gebiete des Pflanzenschutzes besteht ja. Als Zentralsteile, bei der die Nachrichten zusammenlaufen und welche diese weitergeben soll, hat der Vortragende besonders die Biologische Anstalt genannt. Die Anstalt kann schon heute die ein- gehenden Nachrichten an sämtliche Pflanzenschutzstellen weitersenden. Die Untersuchungsstationen müßten aber freiwillig die Nachrichten einsenden. Ich verspreche mir aber nicht viel von einer auf dem guten Willen beruhenden freiwilligen Organisation, und Zwangs- organisation ist unmöglich. Vielleicht könnte auch der Vorstand der Vereinigung für angewandte Botanik die Sache übernehmen, oder es könnte eine eigene Kommission dafür gebildet werden. Die Berichte über das Auftreten der Pflanzenkrankheiten können nicht eher erscheinen, da die Jahresberichte der einzelnen Pflanzen- schutzstellen erfahrungsgemäß nicht früh genug einlaufen. Man legt mit Recht auch mehr Wert auf Zuverlässigkeit und Gründlichkeit als auf frühes Erscheinen. Die Gründung einer neuen Zeitschrift ist nicht zu empfehlen. Auch die Biologische Anstalt könnte neue Einrichtungen nach dieser Richtung hin nicht treffen. Vielleicht dürfte es genügen, wenn zur Veröffentlichung der Untersuchungsergebnisse in einer verbreiteten Zeitschrift aufgefordert würde. Die VeröffentHchung in den Lokalblättern ist übrigens auch Pflicht der Anstalten. Da die Versammlung kaum in der Lage sein dürfte, alle hier auftretenden Zweifel zu klären, so gibt der Redner anheim, dem XIV Bericht über die 8. Hauptversammlung der Vereinigung Vorstande der Vereinigung oder einer zu wählenden Kommission die Anregung des Herrn Vortragenden zur weiteren Behandlung zu überweisen. Dr. Hillmanu - Berlin : Wenn in phytopathologischen Zeitschriften die Ergebnisse veröffentlicht werden, so gelangen sie nicht an die große Praxis. Das Verfahren bei der D. L. G. besteht darin, daß über Schwindelsachen Flugblätter aufklären, die in Tausenden von Exemplaren gedruckt und verteilt werden. Das wirkt, ist nicht zu teuer und findet genügende Verbreitung. Von einer amtlichen Stelle wird man solche Schwindelmittel nicht so zusammenstellen wollen, weil man Angriffen ausgesetzt ist; eine private Gesellschaft kann die Sache mehr humoristisch auffassen. Die Mitteilungen der D. L. G. würden kurze Mitteilungen wohl gern aufnehmen, ebenso wie sie schon über neue Futterpflanzen und Futtermittel Nachrichten bringen. Geheimrat Prof. Dr. Wortmann Geisenheim: Wenn an manchen Versuchsanstalten wöchentlich zwei bis drei neue Mittel und mehr eingehen mit der Aufforderung, sie alsbald zu prüfen und günstige Resultate womöglich schon nach zwei Wochen zu liefern, so wird man gleichgültig. Die meisten dieser Mittel verdienen von vorn- herein keine Beachtung, von den anfänglich für wertvoll gehaltenen Mitteln erweist sich die größte Zahl ebenfalls als wertlos. Unter dem Rest finden sich wieder nur bedingt taugliche Sachen. Wenn man in der Praxis aber erst kleinere Versuche und dann solche im Großen macht, so erfordert dies doch länger dauernde, unter Um- ständen jahrelange Untersuchungen. Auch kann durch eine einzelne Stelle oder Versuchsstation nicht für alle Fälle ein abschließendes Urteil gewonnen werden; es müssen mehrere Anstalten sich daran beteiligen, und dann muß die große Praxis sich anpassen. Damit ist noch immer nicht gesagt, daß das Mittel sofort für die große Praxis anwendbar und brauchbar ist. Gute Mittel machen sich in der Praxis von selbst bekannt. Geheimmittel werden von den Fabrikanten vielen Versuchsstationen zugeschickt mit der Absicht, falls etwa nur irgendwie Erfolg erhoffende Ergebnisse erzielt werden, diese dann sofort zu einer weitgehenden Reklame zu benutzen. Dr. Muth- Oppenheim: Man muß zweierlei auseinanderhalten. Die Mittel gegen Krankheiten, gegen die wir bereits gute Bekäm- pfungsmittel besitzen, wie z. B. die Kupferkalkbrühe gegen Peronospora. haben mit der Veröffentlichung keine Eile. Anders ist es bei Schäd- lingen, gegen die wir ein Mittel nicht haben, wie z. B. gegen den Heu- und Sauerwurm. Da ist es nötig, daß solche Mittel, die eine Diskussion: Die Bekämpfung des Getreidebrandes XV Aussicht auf Erfolg versprechen, möglichst bald mitgeteilt werden. Auf diese Fälle sollte sich die Berichterstattung beschränken. Prof. Dr. Zacharias- Hamburg: Es müßte auch die Gärtnerei berücksichtigt werden. Geheimrat Behrens hat den Vorschlag ge- macht, mit der Bearbeitung der Angelegenheit eine Kommission zu betrauen, die der nächstjährigen Sitzung dann Vorschläge zu machen hätte. Mit dem Recht der Zuwahl werden in diese Kommission zur Beratung über eine phytotherapeutische Organisation von der Versammlung gewählt Dr. Müller- Augustenberg, Geheimrat Behrens-Dahlem und Geheimrat Wortmann-Geisenheim^). Um 11^*^ erhält das Wort Regierungsrat Dr. 0. Appel- Dahlem zu einem Vortrage Über die Bekämpfung des Getreidebrandes. Der Inhalt des Vortrags wird in dem Flugblatt Xr. 48 der Kaiserl. Biologischen Anstalt für Land- und Forstwirtschaft, das dem Jahresbericht der Vereinigung beigelegt wird, behandelt werden. Konsulent Mag. sc. Moi'tensen-Lyngb y : In den letzten drei Jahren habe ich mich mit der Entpilzung von Saatgut beschäftigt. Von den Brandkrankheiten haben nur der Gerstenflugbrand (Ustilago nuda) und der Weizenstinkbrand (Tilletia caries) in Dänemark größere Verbreitung und Bedeutung, jener außerdem nur auf Winter- gerste und Hannchengerste. Seit J. L. Jensen Ende der achtziger Jahre die Warmwasserbehandlung erfand, ist diese in Dänemark immer in recht großer Ausdehnung benutzt worden. In den letzten 10 Jahren haben wir bei den genossenschaftlichen Molkereien und bei Brauereien Warmwasserbehandlungsaustalten eingerichtet. Eine solche Anstalt kostet in allem nur 400 — 500 M.; ihre Leistungs- fähigkeit ist ungefähr 10 Doppelzentner in einer Stunde, also in 10 Stunden 100 Doppelzentner, was auch für große Güter genügt. Ich kann also mit dem Vortragenden nicht einverstanden sein, daß die Warmwasserbehandlung nicht für solche Güter brauchbar sein soll. Eine Warmwasserbehandlungsanstalt besteht hauptsächlich aus einem großen, mit einem Hebel versehenen Betonbehälter von 4 — 6 cbm Inhalt für das warme Wasser. An dem einen Ende dieses Hebels ist ein Stativ für 4 Körbe, deren jeder ungefähr 25 — 30 kg Getreide fassen kann. Mittels des Hebels wird das Getreide 20 mal im Laufe von 5 Minuten in das warme Wasser getaucht, jedesmal ungefähr *) Siehe das Protokoll der Kommission hinter diesem Sitzungsberichte. XVI Bericht über die 8. Hauptversammlung der Vereinigung 10 Sekunden in ihm belassen und dann 5 Sekunden über dem Wasser gehalten. Danach wird das Getreide ausgeschüttet und so schnell wie möglich abgekühlt. Wenn wir Gerste zur Warmwasserbehandlung vorbehandeln, Avas hauptsächlich nur geschieht, wenn Gerstenflugbrand bekämpft werden soll, quellen wir das Getreide erst 3 Stunden in kaltem Wasser (gewöhnlichem Brunnenwasser) ein, lassen die Gerste dann 10 Stunden naß liegen und behandeln sie darauf mit warmem Wasser von 50 bis 51^ C. \\'egen des großen Warm Wasserbehälters und der ständigen Dampfzuführung läßt die Temperatur sich stets innerhalb Schwankungen von V^*^, höchstens Va" C halten. Wo Flugbrand nicht vorliegt, wird die Gerste gewöhnlich ohne Vorbehandlung bei 56—57" C behandelt. Nackter Gerstenbrand (Ustilago nuda) kann durch Warmwasserbehandlung bei 50 — 51" C nach Vorquellung in 3-|- 10 Stunden mit völliger Sicherheit bekämpft werden, so daß auf großen Feldern gar keine Brandähren mehr zu finden sind. Wenn man in Dänemark in großem Umfange das Saatgut von Gerste dem Warmwasserverfahren unterwirft, so geschieht es nicht allein und nicht einmal vorzugsweise gegen Brand, sondern vielmehr gegen die Streifenkrankheit (Helminthosporium gramineum) und Blatt- fleckenkrankheit {Helminthosporium teres), die eine sehr große öko- nomische Bedeutung haben, wogegen Gerstenbrand eine verhältnis- mäßig kleine Rolle spielt. Nach meinen Versuchen kann die Ernte selbst bei einem mittelmäßigen Befall durch die Streifenkrankheit um 30 7o vermindert werden. Auch die Blattfleckenkrankheit spielt in Dänemark, namentlich in feuchten Jahren, eine große Rolle, weil wir hauptsächlich Prentice- Gerste bauen, und diese Gerste eben von dieser Krankheit sehr stark zu leiden hat. In diesem Jahre habe ich gefunden, daß auch der Schneeschimmel (Fusarium nivale) durch Warm Wasserbehandlung mit völliger Sicherheit bekämpft wer- den kann. Eine Notiz hierüber ist in unserer monatlichen Übersicht für April 1910 veröffentlicht. Auch Kupfervitriol hat gegen dem Schneeschimmelpilz sicher gewirkt, so daß wir gar nicht das wegen seiner Giftigkeit immer sehr bedenkliche Sublimat (nach Hiltner) an- zuwenden brauchen. Formaldehyd in 0,1 Voiger Verdünnung hat da- gegen in der von uns angewandten Form nur wenig gegen Fusarium gewirkt. Wir haben nach meiner Anweisung in den letzten 2 — 3 Jahren die Formalinbehandlung gegen Weizenstinkbrand und Hafer- flugbrand in der Weise ausgeführt, daß wir den Getreidehaufen unter Die Bekämpfung des Getreidebrandes XVII Umschaufeln mit der Lösung übersprengt haben. Zu 100 kg Getreide benutzen wir 15 Liter 0,l7oiger Formaldehydlösung. Nach der Be- handlung wird das Getreide zusammengeschaufelt und mit nassen, in die Formalinlösung getauchten Säcken zugedeckt. So bleibt es über Nacht liegen und wird dann zum Trocknen ausgebreitet. In Dänemark werden über die beobachteten Krankheiten der landwirtschaftlichen Kulturpflanzen monatliche Berichte ausgearbeitet und ungefähr am 10. Tag des folgenden Monats versandt. Ähnliches müßte sich in andern Ländern auch durchführen lassen. Appel: Ich habe nicht gesagt, daß man das Warm wasserverfahren auf größeren Gütern nicht durchführen kann, vielmehr habe ich große Güter gemeint, die mehrere 1000 Zentner Saatgetreide vorbereiten müssen und vor allem auch Saatzuchtwirtschaften, die präpariertes Saatgut verkaufen wollen. I^iese müssen das Getreide wieder voll- kommen trocknen, und für diese ist es besser mit trockener Wärme zu arbeiten. Daß die andern Organismen abgetötet werden, kann ich bestätigen. Über die Wirkung auf Fusarium habe ich bereits im Jahresbericht der Kaiserl. Biol. Anstalt für das Jahr 1907 hingewiesen. Dr. K. Müller - Augustenberg : Das Neue an der Appelschen Methode ist, daß die Samen in warmem Wasser vorgequollen und nachher auf bestimmte Temperatur erhitzt werden. Sind diese Ver- suche nur im Laboratorium gemacht oder liegen auch schon Feld- versuche vor? Ich habe ähnliche Versuche bei Rotklee ausgeführt und habe damit die Hartschaligkeit zum großen Teil beseitigt. Im freien Felde keimten aber die Samen schlecht aus. Verursacht die Methode keinerlei Schaden? Appel: Schäden sind häufig vorhanden; man muß mit 10% Verlust rechnen. Solche Schädigung tritt aber auch bei anderen Bei- zungen ein. Man kann wohl annehmen, daß sie in einem gewissen Verhältnis zu den im Saatgut vorhandenen verletzten Körnern steht. 10% Verlust sind in der Praxis aber nicht schlimm, da unsere Landwirte die Aussaat noch immer reichlich stark bemessen. Die Versuche sind auch im praktischen Betriebe ausgeführt, und zahl- reiche Landwirte sind schon zu dieser Methode übergegangen und haben sie in ihren Wirtschaften eingeführt. Dr. Störmer-Halle: Ich möchte um nähere Angabe über die Zeit des dänischen Verfahrens bitten. Mortensen: Wenn man eine gleichmäßige Temperatur hält, brauchen Schädigungen nicht einzutreten. Getreide, das vor der Be- handlung 97% Keimfähigkeit zeigte, keimte auch nachher und bei Jahresbericht der Vereinigung für angewandte Botanik VIII H XVIII Bericht über die 8. Hauptversammlung der Vereinigung Versuchen im Freien in gleicher Zahl. Auf die Anfrage von Dr. Stör m er wiederhole ich, daß bei der Behandlung die Saat 3 Stunden unter Wasser bleibt, sie wird dann 10 Stunden liegen gelassen und dann in warmes Wasser von 50" C gebracht, worin sie etwa 20 mal auf- und niedergetaucht wird. Dr. Stornier: Bei unseren Versuchen hat die Keimfähigkeit ge- litten. 10°/o ist die Mittelzahl; es kommen aber viel größere Schäden vor. 50" C dürften der Gerste wenig schaden, beim Sommerweizen aber, wo man höhere Temperaturen anwenden muß, sind Schäden nicht zu vermeiden. Bei der Saatgutanerkennung möchte ich bitten von einer allzu strengen Beurteilung des Flugbrandes abzusehen. Saatzuchtleiter Oetken-Hadmersleben: Für den Züchter ist eine wichtige Frage, wie weit der Brand durch das Herüberfliegen der Sporen verbreitet werden kann. In der Praxis würde es bei Wind ganz unmöglich sein, die Saat ganz rein zu bekommen. Es wäre vielleicht auf gesetzlichem Wege die Brandbekämpfung überall zu fordern. Dr. Hillmaim- Berlin: Es ist in der D. L. G. nicht beabsichtigt, die Ansprüche hinsichtlich Freiheit von Flugbrand schnell zu steigern. Es gibt aber Jahre, in denen man Flugbrand auf Hafer gar nicht findet. Wenn anderseits bei Gerste Flugbrand allgemein verbreitet ist, kann man nicht zu streng urteilen. Appel: Durch Aufstellung von Pilzfallen haben wir feststellen können, daß Brandsporen 150 — 160 ra weit geflogen sind. Bei einem Versuch mit Cronartium ribicola fand v. Tubeuf, daß die Sporen des Peridermium strohi von der Weymouthskiefer 120 m weit auf Johannisbeerpflanzen übertragen wurden. Derselbe hat Infektionen durch Gymnosporangium sabinae noch auf mehr als 500 m nach- weisen können. Es richtet sich dies aber nach den örtlichen Ver- hältnissen. Schon bei 48 — 50*^ C kann man den Brand bekämpfen. Eine wirkliche Schädigung tritt eigentlich nur bei Weizen ein; durch den Maschinendrusch entstehen viele angeschlagene Körner. Das Auf- und Niedertauchen beim dänischen Verfahren muß zum Austreiben der Luft dienen, bei unserem Verfahren wird aber die Luft durch das Sprudeln entfernt. Von 12^^' — 12-'^ sprach Dr. C. Brick-Hamburg unter Herum- gabe des Belegmaterials über Zythia resinae als unangenehmen Bauholzpilz (s. S. 164—170). Kulturen einiger Holzpilze XIX Sodann zeigte Prof. Dr. C. Wehmer-Hannover Kulturen einiger Holzpilze, Merulius lacrymans, Coniophora cerebella und Polyporus vaporarius, in Reagenzgläsern und größeren Erlenmeier-Kolben auf verschiedenen Substraten, wie Kartoffel, Agar, Gelatine u. a., um daran die leichte Unterscheidbarkeit dieser drei häufigeren Holzschädlinge zu demon- strieren. Weiterhin führte er an zwei größeren Versuchen Vegetationen von Coniophora vor, welche den Beweis lieferten, daß dieser Pilz auch lufttrocknes Holz infiziert, Nässe also nicht Vorbedingung seines schädigenden Auftretens in Bauten ist. Die Versuche waren in der Weise angeordnet, daß Reagenzglaskulturen des Pilzes neben geschnittenen Holzplatten von ungefähr 5 X 10 X 1 cm in größere Zylindergläser eingestellt waren; sobald diese Gläser mit den einge- schliffenen Glasstopfen verschlossen werden, beginnt das Mycel alsbald aus den Reagenzgläsern durch den Wattepfropf herauszu- wachsen und geht in langen cremefarbenen Strängen auf die Glas- wände des Zylinders sowie auf alle eingestellten Objekte über. Die Holzstücke werden dicht überzogen, ähnlich Watte, Papier u. a. ; sie sind bald von einer üppigen C oniophor a-Yegetsiüon bedeckt. Läßt man die Glaszylinder offen, so bleibt der Pilz in seiner Reagenz- glaskultur, dies gilt auch für Merulius und Polyporus, selbst wenn die Deckel aufgesetzt werden. Es wächst also nur Coniophora in dieser eigenartigen Weise aus seinen Kulturgefäßen heraus, dies Ver- halten kann direkt als diagnostisches Hilfsmittel dienen. Voraus- setzung für die Ausbreitung einer Coniophora-V egetation ist also nicht Nässe, sondern stagnierende Luft; der Pilz geht dann mit Leichtigkeit auf lufttrocknes Holz — zu den Versuchen war Eichen-, Buchen- und Fichtenholz benutzt — über, um sich hier weit auszubreiten. Luftmycelbildung kann man in kleinen Reagenz- glaskulturen desselben auch leicht durch Aufsatz einer Gummikappe erzielen. Coniophora tritt bekanntlich in Häusern häufig auf und zersetzt Fußbodenbretter samt Tragebalken schnell und intensiv, nicht selten wird der Pilz für Hausschwamm gehalten, dem er unter günstigen Verhältnissen an schädlicher Wirkung nahe steht; eine Hauptrolle spielt dabei nach diesen Versuchen die Beschaffenheit des ihn umgebenden Luftraumes, anscheinend der andauernd gleichmäßige Feuchtigkeitsgehalt desselben. Blick: Coniophora cerebella ist auch nach meiner Erfahrung ein außerordentlich häufiger und sehr energisch zerstörender Bau- II* XX Bericht über die 8. Hauptversammlung der Vereinigung holzpilz. Er kann unter Umständen das Holzwerk des ganzen Hauses zerstören, wie ich dies vor mehreren Jahren (Januar 1907) an einem zweigeschossigen Hause in Wandsbek beobachtete, in dem durch den Einbau einer Zentralheizung die Schäden entdeckt wurden. Bei Schwammuntersuchungen treffe ich ihn sehr oft, vielfach mit andern Holzschwämmen zusammen in demselben Hause. Polyporus vapo- rarius kann unter günstigen Umständen fast ebenso schnell wirken wie der echte Hausschwamm, Merulius laerymans. Wenn ganze Deckenschalungen infolge seiner Zerstörungen herunterfallen, so ist er doch wohl als ebenso schädigend zu betrachten wie der echte Hausschwamm, wenngleich seine Beseitigung eine sicherere sein mag als die von Merulius. Um V2I Uhr erhält das Wort Dr. B, Heiüze-Halle zu einem Vortrag Über die Mitwirkung und den praktischen Wert der Mikro- organismen bei der Stickstoffversorgung des Bodens und der Pflanzen (s. S. 29— 7.S und Taf. I— H). In der Diskussion bemerkt Dr. Simon Dresden : Dem Wunsche des Herrn Kollegen Hein ze nach näheren Mitteilungen über den unter dem Namen „Azotogen" neu herausgegebenen Impfstoff für Hülsenfrüchte leiste ich natürlich gerne Folge, ich möchte zunächst jedoch mit einigen Worten auf die vorangegangenen Ausführungen zurückkommen. Bezüglich der Arteinheit der Leguminosenbakterien teile ich die Ansicht des Vor- tragenden, obgleich die sogenannte neutrale Bodenform noch durchaus Hypothese ist. Die Knöllchenbakterien gehören einer Art an; in den Anpassungs-Rassen findet eine mehr oder minder starke Entfremdung ihren Ausdruck, deren physiologische Natur nicht mit morpholo- gischen Unterschieden in der Form der Knöllchen und Bakteroiden Hand in Hand geht. Wie Dr. Heinz e eine Auffrischung von Azoto- bakter-Stämmen durch flüssige Bodenpassagekulturen erzielt, so gelingt auch eine völlige Regenerierung der sogenannten Knöllchenbakterien durch eine zwischengeschobene Kultur in geeigneter Erde, durch welche geschwächte Knöllchenbakterien -Rassen binnen wenigen Gene- rationen in ihrer Vegetationskraft erneut werden. Auf diese Tatsache, die für die Praxis der Bodenimpfung von Bedeutung ist und auch die Grundlage für unser neues Impf verfahren darstellt, habe ich bereits 1907 an dieser Stelle hingewiesen. Eben dort finden auch Versuche Erwähnung, welche es wahrscheinlich machen, daß die be- Diskussion: Mikroorganismen b. d. Stickstoffversorg, d. Bod. u. d. Pflanzen XXI kannten Unverträglichkeitserscheinungen, Rotklee nach Wicke, Serra- della nach Rotklee oder Wicke u. a., in bakteriologischen Momenten begründet sind. Wenn Herr Kollege Heinze eine Unverträglichkeit von Serradella und Rotklee für den schweren Boden nicht gelten lassen will, so kann ich dem nur bedingt zustimmen. Auf einem schweren, in bester Kultur befindlichen Boden, der an sich schon über ein so hohes Stickstoffkapital verfügt, daß die Kulturpflanze auf eine Ernährung durch die Wurzelknöllchen nicht angewiesen ist, treten die erwähnten Unverträglichkeitserscheinungen nicht ein ; im gegenteiligen Fall sowie auf leichten Böden machen sie sich nur all- zu oft nachteilig geltend. Der Wert der bekanntlich von Nobbe und Hiltner einge- führten Hülsenfruchtimpfung steht nach den zahllosen in der Praxis erzielten günstigen Resultaten außer allem Zweifel. Mißerfolge finden ihre Erklärung nicht nur in einem evtl. physiologischen Minderwert der Impfkulturen, sondern auch in der Beschaffenheit des Saatgutes sowie häufig in lokalen Verhältnissen. Das Bodenklima ist auch für die Knöllchenbakterien von großer Bedeutung. Zu den letzteren stehen gewisse Bakterienarten des Bodens in einem antagonistischen Verhältnis, ein Vorherrschen der letzteren kann die Impfwirkung in Frage stellen. Diese kann ferner, wie Hiltner und Störmer ge- zeigt haben, durch Ausscheidungsstoffe mancher Kultursamen schwer geschädigt werden. Die /on den Genannten empfohlene Beigabe von Nährsalzen kann zwar unter Umständen günstige Erfolge bewirken, häufig stellt sie aber eine zweifelhafte Wohltat dar, indem sie das Überhandnehmen schädlicher Keime begünstigt. Infolgedessen haben wir von Dresden aus die Beigabe von Nährstoffen zunächst unter- lassen, seit 1907 aber den Zusatz von Humusstoffen als sehr geeignet in Anwendung gebracht. Eine Verbesserung des Impfstoffes muß vor allem auf die Ge- winnung hochwirksamer Rassen und die Verwendung möglichst ge- eigneter Nährböden für die Fortkultur und Aufbewahrung derselben bedacht sein. In letzter Richtung ist außer den schon angeführten Momenten die Tatsache von Bedeutung, daß die Knöllchenbakterien durch die Kultur auf gelatinösen Substraten, mehr noch in flüssigen Nährlösungen eine folgenschwere Schwächung erfahren können. Be- sonders die Kultur oder Aufbewahrung in Lösungen hat sich bei unseren Versuchen nicht bewährt. Es ist deshalb auch scharf zu unterscheiden zwischen Hiltnerschem Nitragin, mit dem ja bekannt- lich vortreffliche Resultate erzielt wurden, und Kühnschem Nitragin, XXII Bericht über die 8. Hauptversammlung der Vereinigung das bei unsern vergleichenden Versuchen entweder gar keine oder nur geringe Impfwirkung betätigte. Unsere Untersuchungen über die Biologie der Knöllchenbakterien, insbesondere über ihre Wider- standsfähigkeit gegen Trocknung, den Einfluß der Humusstoffe u. a., führten uns zur Verwendung von Ackererde. Entgegen früheren An- schauungen wachsen auf dieser die Knöllchenbakterien äußerst üppig und gelangen nach dieser ihnen zusagenden Kultur wohlvorbereitet für den Kampf ums Dasein in den Boden, dem sie nicht entfremdet waren. Die auf diese Weise gezüchteten Impfstoffe haben sich in der Praxis sehr bewährt, sodaß die Versuchsstation Dresden sich zu ihrer Entlastung gezwungen sah, die Herstellung und den Vertrieb einer Firma zu übergeben, welche den Impfstoff nunmehr unter dem Namen „Azotogen" herausgibt. Im Sitzungssaal hatte Prof. Dr. P. Lindner- Berlin farbige Photographien von Pilzkulturen ausgestellt und hatte dazu eine kleine Beschreibung: Eine neue Offenbarung des Pilzorganismus. Pilzmalerei und Pilzrosengärten (Aus der Natur, Jahrg. VI, 1910, 8 S. m. 1 färb. Taf.) den Anwesenden freundlichst zur Verfügung gestellt. Außerdem lag die vom Autor gesandte neue Auflage seines „Atlas der mikroskopischen Grundlagen der Gärungskunde mit be- sonderer Berücksichtigung der biologischen Betriebskontrolle" (Berlin, P. Parey, 1910) zur Ansicht aus. Konsulent M. L. Moi'tensen-Lyngby hatte unter Bezugnahme auf den Vortrag über die Bekämpfung des Getreidebrandes die als Flug- blatt erschienene 7de Meddelelse fra de samvirkende Danske Land- boforeningers plantepatologiske Fors0gsvirksomhed : Vejledning til Afsvampning af Byg (Anleitung zur Entpilzung von Getreide) zur Verteilung übergeben und ebenso die Maanedlige Oversigter over Sygdomme hos Landbrugets Kulturplan ter XXIX, April 1910. In einem neben dem Hörsaal gelegenen Zimmer hatte Prof. Dr. Correns-Münster Teile der von dem f Prof. Dr. W. Zopf-Münster hergestellten und bearbeiteten Sammlung von Flechtenfarb- stoffen, die Eigentum des Botanischen Instituts in Münster sind, ausgestellt. Schließlich lag zur Verfügung der Teilnehmer an dem vorge- sehenen Ausflug in die Provinzial- Heidekulturen ein Bericht über Entstehung und Entwicklung des Provinzialgutes in der Brechte aus. Schluß 1 Uhr. König, Der osmotische Druck des Bodens XXIII Nach einem gemeinsamen Mittagsmahl im Hotel Moormann wurde am Nachmittag zunächst die Landwirtschaftliche Ver- suchsstation der Landwirtschaftskammer besucht. Das Arbeits- gebiet dieser im Jahre 1871 von ihrem jetzigen Leiter, Geh. Rat Prof. Dr. König, gegründeten Anstalt ist ihrer ganzen Entwicklung nach in erster Linie die Agrikulturchemie. Sie besitzt Abteilungen für Boden-, Dünger-, Futtermittel- und Nahrungsmitteluntersuchung. Erst seit 1899 ist eine botanische Abteilung vorhanden, deren Auf- gabe Samenkontrolle, Pflanzenschutz und landwirtschaftliche Myko- logie ist. Seit 1907 besteht auch eine Abteilung für Hydrobiologie. Die Einrichtungen der Station sind einfach, aber zweckmäßig. Von den in der frühen Jahreszeit erst in geringer Zahl im Oange befindlichen Versuchen interessierten besonders die über die Beziehungen zwischen physikalisch-chemischen Eigenschaften und der Eruchtbarkeit der Ackerböden. Von der Station aus begaben sich die Teilnehmer in die nahe gelegene Dampf mühle von Kiesekamp, einer der größten Inlands- mühlen mit den modernsten Einrichtungen. Nach einem Spaziergange über die Promenaden und durch die gärtnerischen Anlagen der Stadt Münster unter Führung von Dr. Spieckermann vereinigten sich die Teilnehmer abends im Hotel Monopol am Servatiiplatz. Freitag, den 13. Mai, wurde die Sitzung um 8^ 4 Uhr bei Anwesenheit von 41 Personen eröffnet. Sie fand gemeinsam mit der öffentlichen Sitzung der IL Internationalen Konferenz für Samenprüfung statt. Den ersten Vortrag hielt von 8^'' — 8^" mit Vorführung von Experimenten Geheimrat Prof. Dr. J. König- Münster: Der osmotische Druck des Bodens. Unter osmotischem Druck versteht man bekanntlich die Kraft, mit der die wässerige Lösung eines Stoffes, die durch eine hemi- permeable Membran von reinem Wasser getrennt ist, dieses anzu- ziehen bestrebt ist. Diese Kraft ist abhängig von der Menge des gelösten Stoffes und seiner Molekulargröße; der osmotische Druck kann daher einen Ausdruck für den Löslichkeitsgrad der Boden- bestandteile liefern. In die Praxis hat das Verfahren allerdings bis jetzt nur wenig Eingang gefunden, weil die hemipermeable Membran bei den in Betracht kommenden hohen Drucken nicht dicht hält. XXIV Bericht über flie 8. Hauptversammlung der Vereinigung Ohne auf die vielen Vorschläge, welche zur Abstellung dieses Übel- standes gemacht worden sind, hier näher einzugehen, wollen wir nur kurz beschreiben, welches Verfahren wir angewendet haben. Wir haben gefunden, daß sich bei Böden zu den Versuchen die sog. Pasteur-Chamberlandschen Filterkerzen am besten eignen. Es eignen sich aber nur solche Filterkerzen, die eine hinlängliche und unter sich gleiche Durchlässigkeit besitzen. Man prüft die Zylinder hier- auf in der Weise, daß man mit der Saugpumpe Wasser durchsaugt. Am besten eignen sich solche Zylinder, welche bei 1,5 Atmosphären- druck in 10 Minuten etwa 900 ccm Wasser durchtreten lassen. Die Filterkerzen werden zunächst mit einer heißen 6 Voigen Gelatine- lösung getränkt und darauf in eine 4 Voige Lösung von Formaldehyd gebracht. Die Gelatine geht hierdurch in eine in Wasser unlösliche Verbindung über. Nach mehrtägiger Einwirkung wird die Luft aus den Tonzjdindern entfernt und alsdann in die Zylinder eine 4,2 "/oige^ Ferrocyankaliumlösung gegeben, während sich außen 5 %ige Kupfer- sulfatlösung befindet. Nach zwei Tagen ersetzt man die 4,2 Voige Ferrocyankaliumlösung durch eine 6 "/oige und verschließt gleichzeitig den Zylinder mit Stopfen, der ein längeres Glasrohr trägt. Infolge der höheren Konzentration der Innenlösung findet eine Wasserbewegung nach innen statt, und die Flüssigkeit beginnt in dem Glasrohr zu steigen. Man erreicht hierdurch eine allmähliche Verstärkung der Membran, ohne ein Zerreißen befürchten zu müssen. Nach zwei Tagen nimmt man die Steigrohre ab, füllt die Lösung aus und hängt die Tonzylinder in Glaszylinder, die mit destilliertem Wasser gefüllt sind, ebenso füllt man die Tonzylinder mit destilliertem Wasser. Das Wasser wird innen und außen so oft erneuert, bis die Membran- bildner entfernt sind. Ist dieses der Fall, so bewahrt man die Zylinder in Wasser auf, dem man etwas Formaldehyd zugesetzt hat. Mit den auf diese Weise angefertigten Zylindern haben wir zunächst den osmotischen Druck des Bodens durch Bestimmung der Druckhöhe zu ermitteln gesucht. Auf diese Weise konnten aber keine übereinstimmenden Ergebnisse erlangt werden. Zum Teil mag das daran liegen, daß durch Wasser zuerst nur wenig gelöst wird — erst allmählich werden schwer lösliche Verbindungen gelöst — , daß aber gleichzeitig der Druck des Quecksilbers im Manometer der Wasseraufnahme durch den Boden entgegenwirkt. Es wurde daher dieser Weg verlassen und der osmotische Druck des Bodens in der Weise festzustellen versucht, daß bei gleichem aber sehr geringem Überdruck die von verschiedenen Böden in gleicher König, Der osinotisehe Druck des Bodens XXV Zeit aufgenommenen Wassermengen bestimmt wurden. Die Aus- führung des Verfahrens geschieht in folgender Weise: 15 g Boden werden mit etwas Asbest vermischt, mit Wasser durchfeuchtet und in die Tonzylinder eingefülH. Diese werden mit einem doppelt durchbohrten Gummistopfen verschlossen, dessen eine l )ffnung ein heberartig gebogenes Kapillarrohr trägt, das mit Spindelöl vom spez. Gewicht 0,9091 gefüllt ist. Die andere Öffnung wird durch ein zugeschmolzenes Kapillarrohr geschlossen. Der ganze Apparat wird alsdann in ein großes Gefäß mit destilliertem Wasser gebracht, welches durch elektri- sche oder sonstige Heizung, bezw. durch Kühlung mittels eines Ther- moregulators auf eine bestimmte Temperatur eingestellt werden kann. Nach kurzer Zeit dringt Wasser durch die hemipermeable Membran zu der Bodenlösung, gleichzeitig tropft eine der eingetretenen Wasser- menge gleiche Menge Ol aus dem Heberrohr aus. Das austropfende Öl wird in graduierten Zylindern aufgefangen und täglich zur selben Stunde gewogen. Die gewogene Menge Ol wird auf Wasser umge- rechnet, und die Ergebnisse werden für 100 g Boden und einen Tag berechnet. Es wurden so für sechs Bodenarten, die drei Jahre, ohne ge- düngt zu sein, Hafer und Erbsen getragen hatten, folgende Zahlen gefunden : Bodenart Sand- Lehm. Lehm- 1 Kalk- Ton- Schiefer- boden Sand- boden boden boden 1 boden 1 boden Aufgenommene Menge g \ g \ g g g g Wasser für 1 Tag und 100 g Boden 0,836 0,690 1,240 2,259 2,864 1,468 Ernte an Pflanzen- ' Trockensubstanz . 29,40 11,47 24,66 32,79 57,09 42,54 XXVI Bericht über die 8. Hauptversammlung der Vereinigung Die vorstehenden sechs Bodenarten erhielten in einer zweiten Keihe eine Düngung von 74 mg KsS04, 139 mg 18 Vuiges Super- phosphat und 120 mg Salpeter für 1 kg Boden. Die Bestimmung der osmotischen Wasseraufnahme lieferte für diese Böden folgende Zahlen : Bodenart Sand- boden Lehm. Sand- boden Lehm- boden Kalk- boden Ton- boden Schiefer- boden g g s s e s Aufgenommene Menge Wasser für 1 Tag und 100 g Boden 1,706 2,088 2,345 2,598 3,906 1 3,220 Ernte an Pflanzen- i Trockensubstanz . 51,42 36,49 46,49 55,04 49,40 52,46 Wie man sieht, ist die osmotische Wasseraufnahme trotz der geringen Zufuhr von löslichen Salzen erheblich gestiegen. Im Ein- klang damit sind auch die geernteten Mengen an Pflanzen-Trocken- substanz bei allen Böden — nur der an sich nährstoffreiche Ton- boden macht eine Ausnahme — gestiegen. Das osmotische Verfahren ist daher imstande, sogar die geringen Mengen von Nährsalzen, die durch eine Düngung in den Boden gebracht werden, anzuzeigen. (König.) Prof. Dr. F. W. Neger-Tharandt demonstrierte sodann Ambrosia- pilze. Es sei hier auf die Veröffentlichungen in den Berichten der Deutschen Botanischen Gesellschaft XXVI a, 1908, S. 735—754 m. 2 Textfig. u. Taf. XII, sowie XXVII, 1909, S. 372—389 m. 3 Textfig. und Taf. XVII, und XXVIII, 1910, S. 455—480 m. 4 Textfig. u. Taf. XIV verwiesen. Die nun folgenden Vorträge werden in einem besonderen Teil dieses Jahresberichts zum Abdruck gelangen. Es sprachen: 35o_g4o pj-of j)j. i Hiltlier-München : Die Prüfung des Saat- guts auf Frische und Gesundheit (s. S. 219—238). 910 — iQ(K, Direktor Dorph Petersen -Kopenhagen: Mitteilungen über Keimuntersuchungen mit Samen verschiedener wild- wachsenden Pflanzen (ausgeführt im Laboratorium der Dansk Erokontrol 1896—1908) (s. S. 239-247). Besichtigung der Provinzial-Heidekulturen in der Brechte XXVII 10"^ — 10^° Privatdozent Dr. E. Lehmann-Kiel: Neuere Unter- suchungen über den Einfluß des Lichtes auf die Keimung (Sammelreferat) (s. S. 248—257). 10^-^ — 11-^ Prof. Dr. C. Corren^-Münster: Über die Keimung verschiedenartiger Früchte bei derselben Spezies nach Unter- suchungen des Herrn stud. Becker (s. S. 258 — 259). 11"-' — 11'^^ Prof. Dr. Scliwappacll-Eberswalde : Keimprüfungen von Koniferensamen (s. S. 260 — 262). 1145 — 12 Prof, Dr. A. Voigt-Hamburg: Über Probenziehungs- apparate (s. S. 263—268). Die Diskussion der Samenkontroll- Vorträge fand in der nachmittags von 2 — 5^ vorgesehenen internen Konferenz der Vorstände derKontroll- stationen statt. In der Pause um 10'^" bot Herr Prof. Correns den Anwesenden in den Nebenräumen des Hörsaals freundlichst ein Frühstück dar. Nach Schluß der Sitzung um 12'' fand wiederum ein gemeinsames Mittagessen im Hotel Moormann statt. Für den Nachmittag dieses Tages war eine Besichtigung der Provinzial-Heidekulturen in der Brechte vorgesehen. Gleich nach dem gemeinsamen Essen erfolgte die Abfahrt auf der Bahn nach Ochtrup. Hier erwarteten die Ausflügler die Wagen der Gutsver- waltung des Provinzial-Heidegutes Brechte, die sie in etwa einstündiger Fahrt durch die westfälische Heide in die Kulturen des Gutes brachten. Das Heidegut ist auf Veranlassung des verdienstvollen Pioniers in Moor und Heide, Grafen Dr. Max von Landsberg, vom West- fälischen Provinziallandtag seit 1898 als ein Beispiel zur Xacheiferung auf besonders schwierigem Ödlande im Kreise Steinfurt geschaffen worden. Ursprünglich zur späteren Aufteilung in Rentengüter be- stimmt, hat die Provinz später das Gut als Ganzes behalten und nur 4 Pächter mit 8,2 bis 23,8 ha eingesetzt. Das Gut selbst ist zurzeit etwa 260 ha groß, von denen etwa 178 ha Acker, 42 ha Wiesen und und 38 ha Holz sind. Die Hauptfrucht ist Petkuser Roggen. Die Düngung besteht in Gründüngung (Serradella, Lupine) und Kunst- düngung (Thomasmehl, Kainit, Salpeter, Ammoniaksalz). Die Ver- zinsung beträgt zurzeit 3Vo- Die Kulturen haben auf die umliegende Gegend sehr anregend gewirkt und auch aus anderen Teilen Westfalens pilgern allsommerlich Hunderte von Landwirten dorthin. Die Führung durch die Kulturen übernahm der seit 1898 in der Brechte tätige verdienstvolle Gutsinspektor, Herr Elpert. Nach der Besichtigung vereinigte ein ländlicher Kaffee die Teilnehmer im XXVIII Bericht über die 8. Hauptversammlung der Vereinigung Gutshause. Dann gings durch den herrHchen Maienabend im Wagen zurück nach Ochtrup und von dort mit der Bahn nach Münster. (Spieckermann.) Abends kam man zur Begrüßung der Freien Vereinigung für Pflanzengeographie und systematische Botanik und der Deutschen Bo- tanischen Gesellschaft im Hotel Moormann zusammen. Sonnabend, den 14. Mai, fand zunächst morgens von 8V2 — 9' ü^ die 8. Zusammenkunft der Freien VereinigungfürPflanzengeographie und systematische Botanik statt, in der nach Erledigung einer Satzungsberatung Privat- dozent Dr. E. Lehmann-Kiel über: „Stammesgeschichtliche und pflanzengeographische Ergeb- nisse von Untersuchungen an der Feromca-Sektion Alsinebe" (Engl. Botan. Jahrb. XLV, Beibl. 103, S. 5—6 und Zeitschr. f. Bot. II, S. 577—602) einen Vortrag hielt. Ein Bericht über die Sitzung ist in Englers Botanischen Jahrbüchern XLV, Beiblatt 103, S. 1 — 9 veröffentlicht. Im Anschluß hieran tagte die Deutsche Botanische Ge- sellschaft, in der nach Erledigung einiger geschäftlichen Angelegen- heiten folgende Vorträge gehalten wurden: Prof. Dr. B. Nemec-Prag: Über das Schicksal der syndi- ploiden Kerne und Zellen. (Ber. d. D. B. G. XXVIIl, S. 113—115). Prof. Dr. H. Win kl er- Tübingen: Über das Wesen der Pfropf- bastarde. (Ber. d. D. B. G. XXVIIl, S. 116—118). Privatdozent Dr. H. Fischer-Berlin: Einige neuere Erfah- rungen der Bodenbakteriologie. [Ber. d. D. B. G. XXVIIl, S. (10)-(20).] Frl. Dr. R. Stoppel-Straßburg: Über den Einfluß des Lichtes auf das Öffnen und Schließen einiger Blüten. [Zeitschr. f. Bot. 11, S. 369—453 ra. 1 Textfig. u. Ber. D. B. G. XXVIIl, S. (4)— (5).] Ein Bericht über diese Sitzung findet sich in den Berichten der D. B. G. XXVIIl. S. (1)— (5). Mit den Mittagszügen verließen die Teilnehmer am Inter- nationalen Botanischen Kongreß in Brüssel die schöne alte Stadt Münster, nachdem schon die an der IL Internationalen Kon- ferenz für Samenprüfung beteiligten Mitglieder der Vereinigung für angewandte Botanik auf dem Wege über Wageningen zur Besichtigung ■ der dortigen Samenprüfungsanstalt am Freitag Abend nach Brüssel abgereist waren. Brick. Phytotherapeutische Organisation XXIX Protokoll über die in Dahlem am 7. Dezember 1910 in der Kaiserl. Biologischen Anstalt abgehaltene Sitzung der Kommission zur Beratung" über eine phytotherapeutische Organisation. Anwesend waren die in Münster in die Kommission gewählten Mitglieder und zwar die Herren Geh. Rat Prof. Dr. J. Behrens-Dahlem, Dr. K. Müll er- Augustenberg und Geh. Rat Prof. Dr. J. Wortmann- Geisenheim sowie Prof. Dr. C. Brick- Hamburg und Dr. A. Spiecker- mann- Münster. Zum Berichterstatter wurde der Unterzeichnete ge- wählt. Als Ergebnis längerer Beratungen wurde folgender Beschluß ge- faßt: Die Kommission begrüßt es, daß die Kaiserl. Biologische Anstalt sich zur Sammlung und Weitergabe der phytotherapeutischen Unter- suchungsergebnisse an die Interessenten (Pflanzenschutzstellen) bereit erklärt. Sie hält ferner den Ausbau des 5. Teiles der von der Bio- logischen Anstalt bearbeiteten Berichte über das Auftreten von Krank- heiten und Beschädigungen an Kulturpflanzen für wünschenswert. Als besonders geeignetes Mittel zur besseren Ausgestaltung der Phytotherapie empfiehlt sie den Fachgenossen die Bearbeitung und Veröffentlichung von Referaten und Sammelreferaten aus dem Gebiete der Phytotherapie. Im Interesse des baldigen Erscheinens und der weiten Ver- breitung wird als geeignetes Organ der Veröffentlichung das Zentral- blatt für Bakteriologie und Parasitenkunde II. Abteilung in Aussicht genommen. Der Vorstand der Vereinigung für angewandte Botanik wird gebeten, sich mit dem Redakteur der genannten Zeitschrift, sowie zur Gewinnung von Referenten mit geeigneten Personen in Verbindung zu setzen. Die Einteilung des zu referierenden Stoffes könnte am zweck- mäßigsten wie nachstehend nach der Art der Kulturpflanzen erfolgen: 1. Getreide: a) Pilze, b) Tiere. 2. Kartoffeln. 3. Rüben. XXX Phythotherapeutische Organisation 4. Futterpflanzen. 5. Handels , Öl- und Gemüsepflanzen. 6. Obst und Beerenobst: a) Pflanzliche Schmarotzer, b) Tierische Schmarotzer. 7. Weinstock: a) Pflanzliche Schädiger, b) Tierische Schädiger, 8. Forstgehölze: a) Pflanzliche Schädiger, b) Tierische Schädiger. 9. Gärtnerische Pflanzen. K. Müller. Vorstand — Mitgliederliste XXXI Vorstand im Jahre 1910. Professor Dr. E. Zacharias, Hamburg, 1. Vorsitzender, (123. III. 1911), „ „ 0. V. Kirchner, Hohenheim, 2. Vorsitzender, „ C. Brick, Hamburg, 1. Schriftführer, „ „ R. Meißner, Weinsberg, 2. Schriftführer, Regierungsrat Dr. O. Appel, Dahlem, Kassierer. Mitgliederliste der „Vereinigung für angewandte Botanik ' für 1910. (Adressenänderungen bezw. Unrichtigkeiten im Verzeichnis bittet man dem Schriftführer der Vereinigung, Prof. Dr. Brick, Station für Pflanzenschutz, Hamburg 14, anzuzeigen.) Abromeit, J., Dr., Privatdozent, Königsberg i. Pr., Botanischer Garten Ahrens, C, Dr., Beeidigt. Handelschemiker, Hamburg 11, Deichstr. 2 Appel, Otto, Dr., Regierungsrat, Mitglied der Kaiserl. Biologischen Anstalt für Land- u. Forstwirtschaft, Dahlem-Steglitz b. Berlin Ascherson, Paul, Dr. phil. et med., Geh. Regierungsrat, Professor an der Universität, Berlin W., Bülowstraße 50 Bassermann-Jordan, Ludwig, Dr. jur., Bürgermeister und Wein- gutsbesitzer, Deidesheim (Bayer. Pfalz) Baur, Erw., Dr., Privatdozent der Botanik an der Universität Berlin Behn, Dr., Ständiger Mitarbeiter an der Kaiserl. Biologischen Anstalt, Dahlem-Steglitz bei Berlin Behrens, Johannes, Dr., Professor, Direktor d. Kaiserl. Biologischen Anstalt f. Land- und Forstwirtschaft, Dahlem- Steglitz bei Berlin Benary, Heinrich, Erfurt, Brühlerstr. 39c Benecke, W., Dr., a. o. Professor an der Universität, Bonn, Bota- nischer Garten Bernegau, L., Korpsstabsapotheker a. D., Berlin W. -Haiensee, Kur- fürstendamm 101 Beyrodt, Otto, Kgl. Ökonomierat, Gärtnereibesitzer (Orchideen), Marienfelde bei Berlin XXXII Mitgliederliste Bierberg, Dr., W., Assistent an der Hefe-Reinzucht-Station der Kgl. Lehranstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau, Geisenheim a. Rh. Bitter, G., Dr., Direktor des Botanischen Gartens, Bremen Bolle, Job., Direktor d. k. k. Landwirtsch. -chemisch. Versuchsstation, Görz (Istrien) Borries, v., Rittergutsbesitzer, Eckendorf b. Heepen, Lippe-Detmold Braun, K., Dr., Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Kaiserl. Biolog.- Landwirtschaftl. Institut, Amani (Deutsch-Ostafrika), Hafen Tanga Brick, C, Dr., Professor, Leiter der Station für Pflanzenschutz, Ham- burg 5, St. Georgskirchhof 6 Brinkmann, Theodor, Dr., Privatdozent, Jena Broili, Jos., Dr., München, Äußere Maximilianstr. 5 11 Bruijning jr., F. F., Direktor der Rijksproefstation voor Zaadcontrole, Wageningen (Holland) Brunner, K., Dr., Assistent an den Botanischen Staatsinstituten, Hamburg 36, Jungiusstr. Bubak, Franz, Dr., Professor an der Landwirtschaftl. Akademie, Tabor in Böhmen Buchwald, J., Dr., Vorsteher der Botan. Abteilung der Versuchs- anstalt für Getreideverarbeitung, Berlin NW. 87, Levetzowstr. 17 Buhl, Franz, Weingutsbesitzer, Präsident des Deutschen Weinbau- Vereins, Deidesheim (Bayer. Pfalz) Büsgen, M. , Dr., Professor der Botanik an der Forstakademie, Hann.- Münden Busse, Walter, Dr., Regierungsrat, Privatdozent der Botanik an der Universität, Reichskolonialamt, Berlin W., Wilhelmstr. 62 von Canstein, Freiherr, Dr., Kgl. Landes-Ökonomierat, Berlin NW. 52, Thomasiusstr. 14 Coleman, Leslie C. , Government Mycologist and Entomologist, Bangalore, Brit. Indien Correns, Dr., Professor der Botanik an der Universität Münster i. Westf. Cuboni, G. , Dr., Professor, Direttore della Stazione di Patologia vegetale, Rom, Santa Susanna Dammann, H., Dr., Professor für Pflanzenbau am Instituto de Agronomia, Montevideo-Sayago (Uruguay) Degen, A. v., Dr., Direktor der Samenkontrollstation, Budapest II, Kis-Rökus-utcza 11/ b Dern, A., Landesökonomierat, Kgl. Bayer. Landesinspektor f. Weinbau, Neustadt a. d. Haardt Derndinger, Job., Domänenrat, Karlsruhe i. B., Ettlingerstr. 27 Mitgliederliste XXXIII Diels, L., Dr., Professor der Botanik, Marburg a. L., Botanisches Institut Dingler, Hermann, Dr., Professor, Aschaffenburg Dinklage, M., Kaufmann, Hamburg 13, Oberstr. 56 Dorph Petersen, K., Direktor der Statsanstalten Dansk Frökontrol, Kopenhagen V, Bülowsvej 13 a Drude, 0., Dr., Geh. Hof rat, Professor der Botanik an der Tech- nischen Hochschule und Direktor des Kgl. Botanischen Gartens, Dresden-A., Botanischer Garten Edler, W., Dr., Geh. Hof rat, Professor, Landwirtschaft]. Institut der Universität, Jena Ehatt, P., Kgl. Ökonomierat, Trier Eichinger, A., Dr., Kaiserl. Biolog.-Landw. Institut, Amani (Deutsch- Ostafrika) Engler, Adolf, Dr., Geh. Ober-Regierungsrat, Professor der Botanik an der Universität, Direktor des Kgl. Botanischen Gartens und Museums, Dahlem-Steglitz bei Berlin Eriksson, Jakob, Dr., Professor, Experimentalfältet bei Stockholm Ernst, A., Dr., Professor der Botanik an der Universität, Zürich Esser, P., Dr., Direktor des Botanischen Gartens, Dozent der Botanik und Mikroskopie an der Handels Hochschule zu Köln a. Rh., Volksgartenstr. 1 Evvert, R., Dr., Professor, Leiter der Botanischen Abteilung der Ver- suchsstation des Pomologischen Instituts, Proskau bei Oppeln O.-Schl. Faber, F. v. , Dr., Botaniker am Ackerbau-Departement, Buitenzorg (Java) Fabricius, L., Dr., Privatdozent der Forstwissenschaft, k. Forstamts- assessor, Grafrath bei München Fickendey, Dr., Chemiker der Versuchsanstalt für Landeskultur, Victoria (Kamerun) Findlay, Wm. M., Agricultural Department, Marishai College, Aberdeen (Schottland) Fischer, Alfred, Dr., Professor an der Universität, Direktor des Bo- tanischen Instituts und Gartens, Basel Fischer, Chr., Regierungsrat, Frankenthal (Bayer. Pfalz) Fischer, Hugo, Dr., Privatdozent, Vorstand der Bakteriol. Abteilung an der Agrikulturchemischen Versuchsstation in Berlin, Char- lottenburg, Marchstr. 15 Fischer, Jos., Kgl. Weinbauinspektor, Lehrer an der Kgl. Lehranstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau, Geisenheim a. Rh. Jahresbericht dar Vereiiiiguug für angewandte Botanik VllI ^'■^ XXXIV Mitgliederliste Fitting, H., Dr., Professor, Botanisches Institut, Halle a. S. Freudl, Eligius, Assistent an der k. k. Samen-Kontrollstation Wien II/2, k. k. Prater 174 Fr oe lieh, G., Kgl. Ökonomierat, Edenkoben (Bayer. Pfalz) Fr ö lieh, Gust., Dr., Göttingen, Wilhelm Weberstr. 8 Fruwirth, C, Professor an der k. k. Technischen Hochschule, Wien IV Fünfstück, Moritz, Dr., Professor der Botanik an der Kgl. Tech- nischen Hochschule, Stuttgart, Ameisenbergstr. 7 G all er, H., Dr., Weinsberg (Württbg.). (Adr. Herrn Lehrer Gehring). Gassner, G., Dr., Professor, Wiss. Hilfsarbeiter an den Botan. Staats- instituten, Hamburg, Birkenau 28 Geduldig, W., Kunstgärtner, Aachen (Haus Weißenberg am Königs- hügel) Gerneck, R., Dr., Assistent an der Kgl. Bayer. Weinbauschule, Veits- höchheim bei Würzburg Giesenhagen, K., Dr., Professor an der Tierarzt!. Hochschule, München Gilbert, Ad., Dr., Handelschemiker, Hamburg 11, Deichstr. 2 Gilg, E., Dr., a. o. Professor der Botanik, Kustos am Kgl. Bota- nischen Museum, Steglitz bei Berlin, Arndtstr. 33 Graebner, P. , Dr., Professor, Kustos am Kgl. Botanischen Garten, Groß-Lichterfelde W. bei Berlin, Viktoriastr. 8 Grevillius, Anders Yngve, Dr., Landwirtschaftl. Versuchsstation, Kempen (Rheinprovinz) Grosser, W. , Dr., Direktor der Agrikultur -botanischen Versuchs- und Samenkontrollstation d. Landwirtschaftskammer, Breslau 10, Matthiasplatz 1 Güssow, H. T. , Dominion Botanist, Central Experimental Farm, Ottawa, Ont. (Canada) Gutzeit, Dr., Professor, Milchwirtschaftliches Institut der Universität, Halle a. S. Hacke, Wilh., Administrator, Fideikommiß Mahndorf b. Halberstadt Hanausek, T. F., Dr., k. k. Regierungsrat, Gymnasialdirektor, Krems a. d. Donau Hansen, Adolf, Dr., Geh. Hof rat, Professor der Botanik und Direktor des Botanischen Gartens, Gießen, Leberstr. 21 Haselhoff, E. , Dr., Professor, Vorsteher der Landwirtschaftlichen Versuchsstation, Harleshausen b. Kassel Haupt, Hugo, Dr., Nahrungsmittelchemiker, Bautzen i. S., Georgstr. 13 Hecke, Ludwig, Dr., Professor an der k. k. Hochschule für Boden- kultur, Wien XVIII, Hochschulstr. 17 Mitgliederliste XXXV Heering, W., Dr., Wissenschaf tl. Hilfsarbeiter an den Hamb. Bota- nischen Staatsinstituten, Altena, Alsenstr. 3 Hegyi, D., Adjunkt an der k. Ungar. Versuchsanstalt f. Pflanzen- physiologie u. Pflanzenkrankheiten, Magyarüvar (Ung. Altenburg) Heil, G., Rittergutspächter, Tuckelhausen bei Ochsenfurt (Unterfranken) Heinsen, E., Dr., Wissenschaf tl. Hilfsarbeiter an den Botanischen Staatsinstituten, Hamburg 20, Hudtwalckerstr. 18 Heinz e, B., Dr., Vorsteher der Bakteriologischen Abteilung an der Agrikultur-chemischen Versuchsstation, Halle a. S., Karlstr. 10 Henneberg, W., Dr., Abteilungsvorstand im Institut für Gärungs- gewerbe, Berlin N. 65, Seestraße Hensler, Karl, Kgl. Landwirtschaftslehrer, Vorstand der Kgl. Land- wirtschaftsschule, Landau (Pfalz) Herzberg, Dr., Direktor der Landwirtschaft!. Winterschule, Neu- haldensleben (Prov. Sachsen) Hill mann, Paul, Dr., Vorstand der Saatzuchtstelle der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft, Berlin SW. 11, Dessauerstr. 14 Hiltner, L. , Dr., Professor, Direktor der Kgl. Bayer. Agrikultur- botanischen Anstalt, München-Schwabing, Osterwaldstr. 9f Hinneberg, P., Dr., Altona-Ottensen , Flottbeker Chaussee 29 Holtmeier, Hermann, Dr., Beamter der Landwirtschaftskammer, Königsberg i. Pr., Paradeplatz 7 D 2 Höstermann, G., Dr., Vorstand der Pflanzenphysiolog. Abteilung und Lehrer an der Kgl. Gärtner-Lehranstalt in Dahlem-Steglitz bei Berlin Hunger, F. W. T., Dr., Direktor der Allgemeen Proefstation, Sala- tiga (Java) Issatschenko, Boris, Hofrat, Direktor der Versuchs- und Samen- kontroll-Station am Kais. Botanischen Garten, St. Petersburg Jaap, 0., Lehrer, Hamburg 25, Burggarten la Jaeger, Fräulein Julie, Coblenz-Lützel, Triererstr. 115 Jaekel, Hugo, Chemiker, z. Zt. Überlingen a. Bodensee Jakowatz, A., Dr., Professor an der Landw. Akademie, Tetschen- Liebwerd (Böhmen) Johnson, T., Dr., Professor, Royal College of Science, St. Stephen's Green, East, Dublin (Irland) Jost, L. , Dr., Professor an der Universität und Direktor des Bota- nischen Gartens und Instituts, Straßburg i. E. Jungclaussen, C. A., Medizinalassessor, Hamburg 5, Beim Stroh- hause 10 III* ^XXVI Mitgliederliste Junge, E., Kgl. Garteninspektor, Geisenheim a. Rh. Kab.4t, Jos. E., em. Zuckerfabriksdirektor, Turnau (Böhmen) Kaiserfeld, W., Dr., Kanzleidirektor, Graz Kern, H., Dr., Assistent an der kgl. Ungar. Versuchsstation fürPflanzen- pbysiologie und Phytopathologie, Magyar-Ovär (Ungar. Altenburg) Kießling, L. , Dr., Adjunkt an der Kgl. Saatzuchtanstalt, Weihen- stephan bei Freising Killer, J., Dr., Botanischer Assistent an der Kaiserl. Landwirtschaft!. Versuchsstation, Colmar i. E., Kleberstr. 8 Kirchner, 0. von, Dr., Professor der Botanik an der Königl. Württemberg. Landwirtschaftlichen Hochschule, Vorstand des Botanischen Gartens, der Samenprüfungsanstalt und des Instituts für Pflanzenschutz, Hohenheim bei Stuttgart Kirchner, R. , Dr., Assistent am Botanischen Institut der Kgl. Württemb. Landwirtsch. Hochschule, Hohenheim bei Stuttgart Kirsche, Dr., Saatzuchtanstalt A. Kirsche-Pfiffelbach, Domäne Sund- hausen (Herzogt. Gotha) Klammer, Gutsbesitzer, Ebensfeld bei Pettau (Steiermark) Kiebahn, H., Dr., Professor, Assistent an den Hamburgischen Bota- nischen Staatsinstituten, Hamburg 36, Jungiusstr. Klein, L., Dr., Geh. Hofrat, Professor der Botanik an der Gr. Bad. Techn. Hochschule, Direktor des Botan. Gartens und Instituts, Karlsruhe i. B. Koch, Alfred, Dr., Professor, Direktor des Landwirtschaf tl.-bakteriolog. Instituts, Göttingen, Schildweg 13 Köck, K., Dr., Adjunkt an der k. k. höheren Lehranstalt für Wein- und Obstbau, Klosterneuburg bei Wien Kolkwitz, Richard, Dr., Professor, Privatdozent der Botanik, Mitglied der Versuchs- und Prüfungsanstalt f. Wasserversorgung und Ab- wässerbeseitigung, Steglitz bei Berlin, Hohenzollernstr. 2 Kornauth, K. , Dr., k. k. Regierungsrat, Oberinspektor, Vorsteher der k. k. Landwirtschaft!. -bakteriolog. und Pflanzenschutzstation, Wien II, Trunnerstr. 1 Kosaroff , P., Dr., Direktor der Landwirtschaftlichen Versuchsstation, Sofia (Bulgarien) Krasser, Fr., Dr., a. o. Professor der Botanik und Warenkunde an der Deutschen Technischen Hochschule, Prag I, Hußgasse 5 Kraus, C, Dr., Geh. Hofrat, Professor der Landwirtschaft an der Technischen Hochschule, Oberleiter der Königl. Saatzuchtanstalt in Weihenstephan, München, Luisenstr. 24 II Mitgliederliste XXXVII Kroemer, K., Dr., Vorstand der Pflanzenj)hysiologischen Versuchs- station der Kgl. Lehranstalt für Wein- , Obst- und Gartenbau, Geisenheim a. Rh. Krüer, H., Apothekenbesitzer, Ahrensburg bei Hamburg Krüger, F., Dr., Professor, Ständiger Mitarbeiter an der Kaiserl. Biolog. Anstalt für Land- und Forstwirtschaft, Dozent an der Kgl. Landwirtschaf tl. Hochschule, Dahlem-Steglitz b. Berlin Kühle, L., Mitinhaber der Saatzüchterei Aderstedt, Gunsleben (Kreis Oschersleben) Kumm, F., Dr., Professor, Direktor des Westpreußischen Provinzial- museums, Danzig, Langermarkt 24 Kur mann, Franz, k. k. Weinbauoberinspektor am k. k. Ackerbau- ministerium, Wien I, Liebiggasse 6 Ladewig, C, Leiter der Molive-Pflanzungs-Gesellschaft, Berlin W. 35, Schöneberger Ufer 16 Lafar, Franz, Dr., Professor der Gärungsphysiologie u. Bakteriologie an der Technischen Hochschule, Wien IV, Karlsplatz 13 Lakowitz, C, Dr., Professor, Danzig, Frauengasse 26. (Naturforsch. Gesellschaft) Landauer, Robert, Apotheker, Obstgut Gesundbrunnen b. Würzburg Lang, Hans, Dr., Vorstand der Großh. Badischen Versuchsanstalt für Pflanzenzüchtung, Hochburg bei Emmendingen (Baden) Lang, W., Dr., Assistent an dem Botan. Institut der Landwirtschaftl. Akademie, Hohenheim (Württemberg) Laubert, Richard, Dr., Ständiger Mitarbeiter an der Kaiserl. Bio- logischen Anstalt für Land- und Forstwirtschaft, Dahlem- Steglitz bei Berlin Lehmann, E., Dr. Privatdozent in Kiel, Yorkstr. 8 III. Lemcke, Alfred, Dr., Vorsteher der Pflanzenschutzstelle der Land- wirtschaftskammer für die Provinz Ostpreußen, Königsberg i. Pr., Lange Reihe 3 Lenz, Dr., Professor, Direktor des Naturhistorischen Museums, Lübeck Liebenberg, Adolf Ritter von, Dr., k. k. Hof rat, Professor an der k. k. Hochschule für Bodenkultur, Wien XVIII, Hoch- schulstr. 24 Lindau, Gustav, Dr., Professor, Privatdozent der Botanik, Kustos am Kgl. Botanischen Museum, Dahlem-Steglitz bei Berlin Lindinger, L., Dr., Wissenschaftl. Hilfsarbeiter an der Station für Pflanzenschutz, Hamburg 14, Versmannkai XXXVIII Mitgliederliste Lindner, Paul, Dr., Professor, Vorsteher der Abteilung für Reinkultur am Institut für Gärungsgewerbe, Berlin N. 65, Seestr. 4 Linhart, G., Dr., Kgl. Rat, Professor an der Kgl. Ungar. Landwirt- schaftlichen Akademie, Magyarövär (Ungar. Altenburg) Linsbauer, L., Dr., Professor an der k. k. höheren Lehranstalt für Wein- und Obstbau, Klosterneuburg bei Wien Lopriore, G., Dr., Professor der Botanik an der Universität, Direktor d. R. Stazione Sperimentale Agraria, Modena Lüstner, Gustav, Dr., Professor, Vorstand der Pflanzenpathologischen Versuchsstation der Kgl. Lehranstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau, Geisenheim a. Rh. Maaßen, Dr., Regierungsrat, Mitglied der Kaiserl. Biologischen Anstalt für Land- und Forstwirtschaft, Dahlem-Steglitz bei Berlin Mährlen, Weinbauinspektor, Weinsberg (Württemberg) Magnus, Paul, Dr., Professor der Botanik an der Universität, Berlin W., Blumeshof 15 Magnus, W., Dr., Professor, Privatdozent, Pflanzenphysiol. Institut der Landwirtschaf tl. Hochschule, Berlin N., Invalidenstraße Martinet, G., Chef de l'Etablissement föderal d'essais et de controle de semences, Lausanne (Schweiz) Maurizio, A. , Dr., Professor der Botanik und Warenkunde an der k. k. Technischen Hochschule, Lemberg (Galizien) Mayer, W., Dr., Porto Rican Leaf Tobacco Company, Caguas, P. R (Adresse für Drucksachen Max Scheel, Pößneck i. Thür.) Mayrhofer, Dr., Professor, Vorstand des städtischen Untersuchungs- amtes, Mainz Meinecke, E. P., Dr., Legaciön Alemana, Esmeralda 1048, Buenos Ayres (Argentinien) Meißner, Richard, Dr., Professor, Vorstand der Kgl. Württemberg. Weinbau -Versuchsanstalt, Weinsberg (Württemberg) Mertens, A., Dr., Professor, Direktor d. Stadt. Museums für Natur- und Heimatkunde, Magdeburg, Domplatz 5 Meuschel, Gottlob, Kgl. Kommerzienrat, i. Fa. J. W. Meuschel sen., Weingutsbesitzer, Buchbrunn bei Würzburg (Unterfranken) Meuschel, Otto, Kgl. Kommerzienrat, Weingutsbesitzer, Buchbrunn bei Würzburg (Unterfranken) Mez, C, Dr., Professor der Botanik an der Universität und Direktor des Botanischen Gartens, Königsberg i. Pr. Miczynski, K., Dr., Professor, Landwirtschaftliche Akademie, Dublany (Galizien) Mitgliederliste XXXIX Mikosch, C, Dr., Professor an der Technischen Hochschule, Brunn Möller, J., Dr., Professor, k. k. Pharmakognostisches Institut der Uni- versität, Wien Molz, E., Dr., Abteilung für Pflanzenschutz der Chemischen Fabrik, Flörsheim a. M. Morpurgo, G. , Professor an der Handelshochschule der Revoltella- Stiftung, Direktor des Museo Commerciale, Triest Morstatt, H.. Dr., Leiter der zoologischen Abteilung am Biologisch- Landwirtschaftlichen Institut, Amani (Deutsch-Ostafrika) Mortensen, M. L., Mag. scient., Konsulent für Pflanzenkrankheiten der Dänischen Landwirtschaft!. Vereine, Lyngby (Dänemark) Müller, H. C, Dr., Professor, Vorsteher der Agrikultur -chemischen Versuchs -Station der Landwirtschaftskammer für die Provinz Sachsen, Halle a. S., Karlstr. 10 Müller, K. , Dr., Assistent an der Großherzogl. Landwirtschaft!. Versuchsstation, Augustenberg bei Grötzingen (Baden) Müller-Thurgau, Hermann, Dr., Professor, Direktor der Schweize- rischen Versuchsanstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau, Wädenswil bei Zürich (Schweiz) Muth, Franz, Dr., Lehrer der Naturwissenschaften an der Großherzogl. Weinbauschule, Oppenheim a. Rh. Naumann, A., Dr., Professor, Dozent für Botanik an der Kgl. Tier- ärztlichen Hochschule und Assistent am Kgl. Botan. Garten, Dresden- A., Borsbergstr. 26 I Neger, F., Dr., Professor der Botanik an der Forstakademie, Tha- randt Nemec, B., Dr., Professor der Botanik an der Czechischen Universität Prag Nestler, Anton, Dr., Professor für Pflanzen-Anatomie u. Physiologie, Oberinspektor der Untersuchungsanstalt für Lebensmittel an der k. k. Deutschen Universität, Prag, Wenzelsplatz 53 Neumann, M. P., Dr., Vorsteher der chemischen Abteilung der Ver- suchsanstalt für Getreideverarbeitung, Berlin N. 65, Seestr. 4 a Nilsson, N. Hjalmar, Dr., Professor, Svalöf (Schweden) Oetken, W., Saatzuchtleiter der F. Heineschen Saraenzüchterei Kloster Hadmersleben (Bez. Magdeburg) Orth, A., Dr., Geh. Regierungsrat, Professor an der Landwirtschaft!. Hochschule, Berlin W., Ziethenstr. 6 b Osterspey, Dr., Direktor der Landwirtschaftsschule, Frankenthal (Pfalz) XL Mitgliederliste Pammel, L. H., Dr., Department of Botany, Jowa State College of Agriculture and Mechanic Arts, Arnes (Jowa) Paul, H., Dr., Assistent der Kgl. Bayer. Moorkulturanstalt, Bernau am Chiemsee (Oberbayern) (November — März: München, Keller- straße 22 a) Peter, von, Dr., Direktor der Landvvirtschaftsschule , Heppenheim a. d. Bergstraße Peters, W., Dr., Preßhefefabrikant, Hamburg 15, Grünerdeich 60 Pethybridge, George, H., Dr., Royal College of Science, Dublin Petkoff, St., Dr., Professor der Botanik an der Universität, Sofia (Bulgarien) Petzet, Th., Oberapotheker am Allgem. Krankenhaus, Hamburg- Eppendorf Pflug, Heinrich, Gutsbesitzer, Baltersbach, Post Ottweiler, Bezirk Trier Picht, H. F., Direktor der Deutschen Kautschuk -Akt. -Ges., Berlin NW. 40, Kronprinzenufer 8 Pilger, R. , Dr., Privatdozent an der Universität Berlin, Dozent für Botanik an der Technischen Hochschule in Charlottenburg und Kustos am Botanischen Museum, Dahlem-Steglitz Portele, Karl, Dr., Professor, Hof rat, landwirtschaftlich -technischer Konsulent im k. k. Ackerbau-Ministerium, Wien Pott er, M. C. , Dr., Professor der Botanik am Durham College of Science, Newcastle-on-Tyne Puchner, Dr., Professor, Weihenstephan bei Freising Raatz, W., Dr., Leiter der Abteilung für Rübensamenzucht der Zucker- fabrik, Kl. Wanzleben bei Magdeburg Ravn, Kölpin, Dr., Professor an der Landbohejskolen, Kopenhagen V, Koschvej 25 Reinhardt, 0., Dr., Professor, Privatdozent der Botanik, Berlin W. 50, Ansbacherstr. 40 Reinitzer, Friedr., Professor an der Technischen Hochschule, Graz Ret zl äff, Max, Direktor der Westafrikan. Pflanzungs- Gesellschaft „Bibundi", Hamburg 36, Tesdorpfstr. 9 Riehm, E., Dr., Wissenschaftl. Hilfsarbeiter an der Kaiserl. Biologi- schen Anstalt, Dahlem bei Berlin Ringleben, Job., Rittergutsbesitzer, Götzdorf bei Bützfleeth, Kreis Kehdingen (Prov. Hannover) Rohling, Alfred, Dr., Approbierter Nahrungsmittelchemiker am Hygie- nischen Institut, Hamburg 36, Jungiusstr. Mitgliederliste XLl Rümker, C. v. , Dr., Professor, Direktor des Instituts für landwirt- schaftliche Produktionslehre, Breslau XVI, Birkenwäldchen 7 Ruhland, W., Dr., Privatdozent der Botanik, Ständiger Mitarbeiter an der Kaiserl. Biologischen Anstalt für Land- und Forstwirt- schaft, Dahlem-Steglitz bei Berlin Schaffnit, E., Dr., Assistent an der Abt. f. Pflanzenkrankheiten des Kaiser Wilhelm -Instituts für Landwirtschaft, Bromberg, Roonstr. 7 Schander, R. , Dr., Vorsteher der Abteilung für Pflanzenkrankheiten des Kaiser Wilhelm -Instituts für Landwirtschaft in Bromberg, Hohenzollernstraße 4 Schätzlein, Christian, Dr., Leiter der chemischen Abteilung der Kgl. Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau, Neustadt a. d. Haardt. Schellenberg, H. C, Dr., Professor der Landwirtschaft am Eidgenöss. Polytechnikum, Zürich, Hofstr. 40 Schenck, H., Dr., Geh. Hofrat, Professor der Botanik an der Tech- nischen Hochschule und Direktor des Botanischen Gartens, Darmstadt, Nikolaiweg 6 Schindler, Franz, Professor an der k. k. Deutschen Technischen Hochschule, Brunn (Mähren) Schindler, Josef, Leiter der Versuchsstation der Landwirtschaf tl. Landeslehranstalt, S. Michele a. E. (Tirol) Schmitthenner, F., Dr., Assistent an der Pflanzenphysiologischen Versuchsstation, Geisenheim a. Rh. Schober, A., Dr., Professor, Schuhnspektor, Hamburg 23, Papenstr. 50 Schoffer, Heinrich, Kgl. Landesökonomierat , Vorstand der Königl. Weinbauschule, Weinsberg (Württemberg) Schröder, Henry, Dr. Privatdozent, Bonn. Schröter, C, Dr., Professor der Botanik am Eidgenössischen Poly- technikum in Zürich V, Merkurstr. 70 Schumann, P., Dr., Vorstand der Botan. Abteilung der Agrikultur- chemischen Kontrollstation der Landwirtschaftskammer für die Provinz Sachsen, Halle a. S., Karlstr. 10 Schuster, Jul., Dr., z. Zt. Botan. Laboratorium I der Kaiserl. Biolo- gischen Anstalt, Dahlem-Steglitz bei Berlin Schwappach, A., Dr., Prof., Geh. Reg.-Rat, Forstmeister, Eberswalde Schwede, R., Dr., Assistent an der Kgl. Technischen Hochschule, Dresden, Gutzkowstr. 28 Seufferheld, C, Kgl. Weinbauinspektor, Administrator, Rittergut Grünhaus a. d. Ruwer bei Trier XTJI Mitgliederliste Shibata, K., Dr., Professor der Botanik an der Universität Sapporo (Japan), z. Z. Botan. Institut der Universität Leipzig Siebert, A., Kgl. Landesökonomierat und Gartenbaudirektor, Direktor des Palmengartens, Frankfurt a. M. Simon, J., Dr., Pfianzenphysiologische Versuchsstation, Dresden-A., Botanischer Garten Snell, K., Dr., Landwirtschaftliche Akademie, Bonn a. Rh. Solereder, H., Dr., Professor der Botanik und Direktor des Bota- nischen Gartens, Erlangen Sonder, Chr., Dr., Apothekenbesitzer, Oldesloe (Holstein) Sonntag, P., Dr., Professor, Oberlehrer, Saspe-Neufahrwasser b. Danzig Spieckermann, Dr., Abteilungsvorstand in der Versuchsstation, Münster i. W. Stahl, Ernst, Dr., Geh. Hof rat, Professor der Botanik und Direktor des Botanischen Gartens, Jena Stebler, G., Dr., Direktor der Schweiz. Samenuntersuchungs- und Versuchsanstalt, Zürich (Schweiz), Eidgen. Chemiegebäude Steglich, Dr., Professor, Pflanzenphysiologische Versuchsstation, Dresden, Stübel-Allee 2 Steinle, Domänenrat, Schwaigern (Württemberg) Störmer, Kurt, Dr., Versuchsstation für Pflanzenkrankheiten der Land- wirtschaftskammer, Halle a. S., Karlstr. 10 Thiele, R. , Dr., Dozent für tropische Landwirtschaft an der Deut- schen Kolonialschule, Witzenhausen Thoms, H., Dr., Professor der pharmazeutischen Chemie an der Kgl. Universität, Direktor des Pharmazeutischen Instituts, Steglitz bei Berlin, Hohenzollernstr. 3 Thost, Robert, Dr., Verlagsbuchhändler, Groß-Lichterfelde bei Berlin, Wilhelmstr. 27 Tischler, A., Dr., General-Stabsarzt a. D., Marburg (Steiermark) Tschermak, E. v. , Dr., Professor an der k. k. Hochschule für Bodenkultur, Wien XVIII, Hochschulstraße Tubeuf, C. Freiherr von, Dr., Professor für Anatomie, Physiologie und Pathologie der Pflanzen an der Universität und Vorstand der botanischen Abteilung der Kgl. Forstlichen Versuchsanstalt, München, Amalienstr. 67 Uhlworm, Oskar, Dr., Professor, Oberbibliothekar, Herausg. d. „Cen- tralbl. f. Bakteriologie u. Parasitenkunde",Berlin W.,Nachodstr. 17 Vanha, Johann J., Professor, Direktor der Landwirtschaftl. Landes- versuchsstation für Pflanzenkultur, Brunn (Mähren) Mitgliederliste XLIII Vitek, E., Vorstand der Samenkontrollabteilung der Chemisch- physiologischen Versuchsstation an der k. k. Böhm. Technischen Hochschule, Prag, Wenzelsplatz 47 Vogel sang, von, Kammerherr, Rittergutsbesitzer und Saatzüchter, Hovedissen (Lippe) Voigt, Alfred, Dr., Professor, Vorstand der Abteilung für Samen- kontrolle, Hamburg 36, Botanische Staatsinstitute Volkens, G., Dr., Professor, Kustos am Kgl. Botan. Garten, Vor- stand der Botan. Zentralstelle für die Kolonien, Dahlem bei Berlin Wächter, W., Dr., Sekretär der deutschen Botanischen Gesellschaft, Steglitz, Dünterstr. 5 Wagner, Dr., Landwirtschaftslehrer an der Landwirtschaftsschule Quedlinburg Wahl, C. von, Dr., Assistent an der Großherzogl. Landwirtschaftl. Versuchsanstalt, Augustenberg bei Grötzingen (Baden) Wanner, A. , Kaiserl. Landwirtschaftsinspektor, Aufsichtskommissar für Reblausangelegenheiten, Straßburg i. E., Villenstr. 6 Warburg, Otto, Dr., Professor, Privatdozent der Botanik an der Universität und Lehrer am Orientalischen Seminar, Berlin W., Uhlandstr. 175 Warth, Karl, Stadtpfleger, Vorstand des Württembergischen Wein- bau-Vereins, Stuttgart Weber, C. , Dr., Professor, Moorversuchsstation, Bremen, Friedrich- Wilhelmstr. 24 Wehmer, C, Dr., Professor an der Technischen Hochschule, Hannover, Alleestr. 35 Weigmann, Dr., Professor, Vorstand des Instituts für Milchwirt- schaft, Kiel Weigert, Leop., Dr., k. k. Regierungsrat, Direktor der k. k. höh. Lehranstalt für Wein- und Obstbau, Klosterneuburg bei Wien Weiler, Justo, Direktor der Westafrikan. Pflanzungs- Gesellschaft „Bibundi", Hamburg I, Brandsende 29 Weinzierl, Th. Ritter von, Dr., Hofrat, Direktor der k. k. Samen- kontrollstation (k. k. Landwirtschaftlich - botanische Versuchs- station), Wien, Prater 174 Weiß -Ecker, Weingutsbesitzer, Metz Westerdijk, Fräulein Johanna, Dr., Directrice des Phytopathol. Laboratorium Willie Commelin Schölten, Amsterdam Widen, J., Vorsteher der Chemischen und Samenkontroll- Station, Örebro (Schweden) XLIV Mitgliederliste Wiedersheim, W., Dr., Leiter der Privatlehranstalt für Obst- und Gartenbau, Hemigkofen-Nonnenbach (Württemberg) Wieler, Arwed, Dr., Professor, Dozent für Botanik und Vorstand des Botanischen Instituts der Technischen Hochschule, Aachen, Nizzaallee 71 Wilhelm, Karl, Dr., Professor der Botanik an der k. k. Hochschule für Bodenkultur, Wien XVIH, Hochschulstr. 17 Will, H., Dr., Professor, Vorstand der physiol. Abteilung der Wissen- schaftl. Station für Brauerei, München, Reichenbachstr. 32 Wißmann, Apotheker, Geisenheim a. Rh., Landstr. 41 Wittmack, Ludwig, Dr., Geh. Regierungsrat, Professor an der Kgl. Landwirtschaft!. Hochschule und an der Universität, Berlin N. 4, Invalidenstr. 42 Wohltmann, Ferdinand, Dr., Geh. Regierungsrat, Professor an der Universität, Direktor des Landwirtschaftlichen Instituts, Halle a. d. Saale, Gr. Steinstr. 19 Wolf, Leopold, Leiter der Wiener Redaktion des „Ungarischen Wein- handels", Fachreferent des „Landesverbandes der ungarischen Weinproduzenten und Weinhändler", Wien XI, Hauptstr. 54 Wortmann, Julius, Dr., Professor, Geh. Regierungsrat, Direktor der Kgl. Lehranstalt f. Wein-, Obst- u. Gartenbau, Geisenheim a. Rh. Zacharias, Eduard, Dr., Professor, Direktor der Hamburgischen Botanischen Staatsinstitute, Hamburg 17, Sophienterrasse 15a (t 23. in. 1911) Zang, Wilhelm, Dr., Assistent am Botanischen Institut, Hohenheim bei Stuttgart Zederbauer, E., Dr., Assistent an der k. k. Forstlichen Versuchs- anstalt, Mariabrunn bei Wien Zimmermann, H., Dr., Vorstand der Abteilung für Pflanzenschutz an der Landwirtschaftl. Versuchsstation, Rostock (Mecklb.) Zornig, H., Dr., Pflanzenphysiologisches Institut, München, Karlstraße Zschokke, Achilles, Dr., Direktor der Kgl. Bayer. Wein- und Obst- bauschule, Neustadt a. d. Haardt Zweifler, Franz, Direktor der Landes-Wein- und Obstbauschule, Marburg a. d. Drau (Steiermark) Beiträge zur Kenntnis der Balei teilweiser gleichzeitiger N- Düngung — etwas größere Mengen organischer Substanz in Form von Zucker, Stroh, Zellulose, Stallmist usw. zusetzt. Bei sofortiger Bestellung oder nach relativ kurzer Lagerzeit ist kaum eine deutliche Depression zu beob- achten, wie sie stets besonders auffallend bei Nichtleguminosen auf- zutreten pflegt (vergl. Taf. I); im Gegenteil, man kann vielfach schon eine Mehrernte an Masse und an N, zumal bei längerer Vegetationszeit der Leguminosen sehen. In ähnlicher Weise wie bei den Nichtleguminosen treten solche Mehrernten ziemlich auffallend dann ein, wenn man z. B. den zuckerbehandelten Boden vor der Bestellung mit Leguminosen längere Zeit lagern läßt. (Vergl. Taf. IL Einiges über Erntezahlen siehe Landw. Jahrb. 1910, Ergbd. III, Bodenbakt. Untersuchungen: 3. Ver- suche d. Verf. über Knöllchenorganismen und Leguminosenkulturen.) Obgleich nun von vielen Autoren durch zahlreiche und lang- wierige Untersuchungen über die spezifischen Organismen der Legumi- nosen, vor allem auch über die praktische Ausnützung derselben, schon manches klargelegt ist, so bleibt doch noch immer viel zu klären übrig. Weiß man doch noch nicht einmal Sicheres über den eigentlichen Vorgang und die Stärke der N- Assimilation während der *) Nach vorläufigen Versuchen mit Serradella- und lupinenfähigem Sand- boden von Groß -Lübars. S. auch Landw. Jahrb. 1910, Ergbd. III. 56 B- Heinze. einzelnen Entwickelungsstadien der Pflanzen, ebensowenig ist etwas Näheres bekannt über den Abbau der gebildeten N- Assimilations- produkte und die allmähliche Ausnützung derselben durch die Legumi- nosen, über die direkte Aufnahme des löslichen Boden -N und Stall- mist-N durch diese Pflanzen, über die Wirkung direkter N-Düngungen mit Salpeter im Vergleich zu Ammoniak- und Amid- (Kalkstickstoff-) Düngungen, insbesondere ist auch wenig bekannt über den angeblich immer sehr schädlichen Einfluß solcher N-Düngungen auf die Ent- wickelung der spezifischen Knöllchenorganismen. Alles das ist erst sehr oberflächlich geklärt, und es müssen nach mancherlei neueren Versuchen die bisherigen Ansichten über die „Aufnahme des Boden-N" und über die „Assimilation des elementaren N durch die Leguminosen" in verschiedener Hinsicht modifiziert werden (siehe auch Landw. Jahrb. 1910, Ergbd. III). Jedenfalls beginnt die Knöllchenbildung nicht erst bei großem oder vollständigem Mangel an löslichem N im Boden und setzt auch keineswegs erst in verstärktem Maße ein, wenn ein gewisser Mangel an löslichem N im Boden eintritt; beide Pro- zesse — direkte Aufnahme des BodenN und Assimilation des elemen- taren N — dürften vielmehr immer nebeneinander verlaufen, wenn erst einmal die Knöllchenbildung und weiterhin auch die Assimilation des freien N begonnen hat. Freilich werden diese Prozesse oft in recht verschieden starker Weise nebeneinander verlaufen. Übrigens wird auch von den Leguminosen der lösliche N ') nicht nur als Sal- peter, sondern auch als Ammoniak N und sehr wahrscheinlich auch als Amid-N aufgenommen, und manche Beobachtungen sprechen da- für, daß gerade von diesen Pflanzen der Ammoniak- und Amid-N vielleicht allgemein besser aufgenommen und ausgenützt wird als der Salpeterstickstoff (vergl. Landw. Jahrb. 1910, Ergb. III, S. 337 u. 339). Wenn man zunächst von Versuchen mit sterilisierten Töpfen ab- sieht, so eignen sich zur Prüfung derartiger Fragen z. B. gerade Serra- della und Lupine besonders gut auf allen schwereren Böden, auf welchen beim ersten Anbau ohne jede Impfung keine Knöllchen ge- bildet werden, wohl aber bei Verwendung von „Impferden" oder Reinkulturen von Knöllchenorganismen oder aber ohne jede Impfung beim wiederholten Anbau. Auch lassen sich durch analytische Be- stimmungen nunmehr diejenigen N-Mengen ziemlich genau feststellen, welche die Leguminosen als Futter- oder Nahrungsmittelpflanzen ^) Nacli speziellen Versuchen mit sterilisierten Töpfen mit variierter X- Düngung usw. wie auch mit teilweiser CSg- Behandlung. Wert der Mikroorganismen bei der Stickstoff -Versorgung des Bodens. 57 bezw. als Gründüngungspflanzen einerseits aus der Luft andererseits direkt aus dem Boden entnehmen. Viele Landwirte und selbst manche Agrikulturchemiker halten allerdings die ganze Leguminosenfrage schon längst für genügend auf- geklärt und daher auch weitere Versuche für überflüssig. Aus allen neueren von vielen Autoren angestellten Untersuchungen geht indessen wohl zur Genüge hervor, wie es in dieser nur scheinbar befriedigend geklärten Frage sowohl in wissenschaftlicher als auch in praktischer Hinsicht noch gar manches zu tun gibt. Noch weit mehr Arbeit ist alsdann auf anderen Gebieten der Boden bakteriologie notwendig, um z. B. hinsichtlich der allgemeinen N Frage besonders auch die neueren Forschungsergebnisse über die N- Bindung durch freilebende Bodenorganismen möglichst vorteilhaft auszunützen. Größere praktische Erfolge konnten aber naturgemäß bisher gar nicht erzielt werden, weil sehr viele Landwirte und auch manche Agrikultur- chemiker noch viel zu wenig Interesse und Verständnis für den Wert der Bodenbakteriologie in Verbindung mit der Pflanzenphysiologie zeigen, und weil infolgedessen bei uns in Deutschland — im auf- fallenden Gegensatz zum Auslande — die notwendigen Forschungs- mittel noch immer äußerst spärlich fließen. Wurde doch von manchen Agrikulturchemikern, besonders von Pfeiffer- Breslau, der natürlichen N-Bindung im Boden bis vor kurzem noch jegliche Bedeutung ab- gesprochen und lediglich eine event. verstärkte Aufschließung des bereits vorhandenen Bodenstickstoffes zur befriedigenden Klärung aller beim Pflanzenbau gemachten Erfahrungen für ausreichend erachtet. Allerdings muß zugegeben werden, wie schon früher betont worden ist, daß es hier gegenüber den N- sammelnden Knöllchenorganismen ungleich schwerer hält, die Forschungsergebnisse auf die Praxis zu übertragen. Immerhin sind schon jetzt recht gute Aussichten vor- handen, um allmählich einen nicht unbeträchtlichen Teil an jenen großen Summen zu sparen, welche bei Mangel an Stalldünger usw. zur Erzielung möglichst hoher Ernten alljährlich für die verschieden- sten künstlichen Stickstoffdünger, und zwar obendrein zum größten Teile noch an das Ausland gezahlt werden müssen. Es wurde schon erwähnt, daß allein die deutsche Landwirtschaft jetzt pro Jahr für etwa 200 Millionen Mark künstliche N-Dünger ver- braucht, und daß bei mehr allgemeiner und rationeller Anwendung nach Schätzung verschiedener Autoren auch recht gut bedeutend mehr — etwa 400 bis 600 Millionen Mark im Jahr — für diese unbedingt not- wendigen N- Düngemittel ausgegeben werden könnten; diese Summe 58 B- Heinze. würde sich sicherlich noch gut rentieren. Nehmen wir nun bloß einen Betrag von 10 Vo an, welchen wir an den großen Summen für diese künstliche N-Zufuhr durch viel billigere indirekte Maßnahmen ') sparen würden, so ergeben sich alljährlich schon ganz ansehnliche Summen — 20 bis 60 Millionen Mark. Solche Maßnahmen sind z. B. immer mehr verbesserte Bodenbearbeitung (s. auch später), Zufuhr von Kali und Phosphorsäure event. auch von Kalk in relativ geringen Mengen -) schon während der Bodenbearbeitungsmaßnahmen (siehe auch Kap. II u, Landw. Jahrb. 1907 u. 1910), Zufuhr kleinerer Stallmistmengen zur besseren Verrottung der zeitig umgebrochenen Stoppel, der Grün- düngung, zur besseren Ausnützung der Zellulose, der Humusstoffe für die NSammlung u. a. m. Durch alles das kann in letzter Linie auch die natürliche Ammoniak- und Salpeterbildung erheblich ge- steigert werden und mithin in vielen Fällen eine wesentliche Reduktion der unbedingt notwendigen Zufuhr an künstlichen N- Düngern ein- treten. Jedenfalls können durch eine solche Reduktion der direkten N- Düngung tatsächlich nicht unerhebliche Summen gespart werden. Auch durch ein besseres Studium und eine vorteilhaftere Ausnützung der Grün- und Stallmistdüngung sowie durch eine verbesserte Wiesen- und Waldkultur ließen sich noch viele Millionen an N- Werten ge- winnen bezw. an direkter N-Zufuhr sparen. Vergleicht man nun lediglich mit den schon genannten, ziem- lich sicher abzuschätzenden großen Summen, welche sich alljährlich ohne größere Mühen und Kosten indirekt ziemlich leicht an Stickstoff- werten aus der Luft würden mehr gewinnen bezw. sparen lassen^), diejenigen Mittel, welche gegenwärtig überhaupt erst pro Jahr in ganz Deutschland aufgewandt werden, um die allgemeine bodenbakterio- logische Forschung, im speziellen auch die Studien über die äußerst wichtige bakteriologische Stickstofffrage zu fördern, so ergeben sich leider fast verschwindend kleine Summen: es kommt da für das ganze Reich kaum eine Summe von einigen hunderttausend Mark ') Sie dienen also zur Förderung der natürlichen N- Anreicherung eines Bodens und zur besseren Aufschließung des assimilierten Luftstickstoffes wie auch des bereits vorhandenen Bodenstickstoffes. ^) Die später für die Pflanzen selbst meist noch notwendigen und üb- lichen größeren Kali- und Phosphorsäuremengen werden von diesen Maßnahmen zunächst natürlich nicht berührt. ^) Nämlich einmal 20 bis 60 Millionen Mark durch verbesserte Boden- bearbeitungsmaßnahmen usw. und dann 120 Millionen Mark durch verbesserte Leguminosenkulturen. Wert der Mikroorganismen bei der Stickstoff -Versorgung des Bodens. 59 zusammen ; diese steht aber in gar keinem Verhältnis zum wirtschaft- lichen Werte eines Objekts, bei welchem tatsächlich alljährlich schon viele Millionen gewonnen werden, und bei dem auch noch weitere Millionen sich gewinnen und damit an direkter N- Düngung würden sparen lassen. An den meisten landwirtschaftlichen Versuchsanstalten sind noch nicht einmal besondere bakteriologische Laboratorien für diese erweiterte Bodenforschung usw. vorhanden, und dort, wo bakterio- logische Abteilungen angegliedert sind, fließen die Forschungsmittel im allgemeinen nur sehr spärlich; vor allem aber sind an den meisten hier in Betracht kommenden Instituten auch die vorhandenen spe- ziellen Arbeitskräfte keineswegs ausreichend, um dieses wichtige For- schungsgebiet seiner Bedeutung entsprechend intensiver zu bearbeiten. Ohne nähere Kenntnis all der Schwierigkeiten'), mit denen die Forschung gerade hier zu kämpfen hat, ohne ausreichendes Ver- ständnis für die ganze Sachlage kann man vielfach auch aus Kreisen, welche sonst für bakteriologische Fragen ziemlich viel Interesse zeigen, unter Verwunderung hören, wie wenig eigentlich — außer vielleicht in der Leguminosenfrage und abgesehen natürlich von den land- wirtschaftlichen Gewerben — in der landwirtschaftlichen Bakteriologie für die praktische Landwirtschaft bisher geleistet worden ist. Solchen Äußerungen braucht jedoch nur entgegengehalten zu werden, daß sich wohl auf allen Gebieten nach mancherlei wissenschaftlichen Erfolgen sichere praktische Erfolge im allgemeinen immer erst dann er- geben, wenn auch größere Mittel zur weiteren Durchführung wichtiger Versuche zur Verfügung stehen oder bereit gestellt werden. Im übri- gen kann in unserem speziellen Falle die großen Schwierigkeiten der Untersuchungen wie überhaupt die ganze Lage wohl nur derjenige einigermaßen beurteilen, welcher auch selbst etwas längere Zeit auf diesem Gebiete oder analogen Gebieten praktisch gearbeitet hat. Wenn wir hier — besonders im Vergleich zur medizinischen Bakteriologie, zur menschlichen und tierischen Gesundheitspflege — tatsächlich, was praktische Erfolge anbelangt, noch relativ weit zurück sind, so dürfte das wohl kaum an einer erheblich größeren Schwierig- keit der Probleme liegen, wenngleich die Fragen der Bodenbakterio- logie zweifellos etwas schwieriger zu fassen sind; ebensowenig liegt es wohl an einem größeren Mangel an Forschungskräften. Wichtig, ^) Zumal bei den großen Schwierigkeiten, welche die Untersuchung als solche schon bietet, vor allem mit Reinkulturen, mit mannigfach kom- binierten reinen Mischkulturen, sowie schließlich auch mit den Verhält- nissen der Praxis möglichst angepaßten Rohkulturen. 60 B- Heinze. wenn nicht direkt entscheidend für die ganze Sachlage, müssen wir vielmehr mit H. Fisch er- Berlin die äußeren Umstände ansehen (siehe diesen Jahresber. 1908, Bd. VF, S. 43, ebenso Bakt. Centralbl. 2. Abt. 1909, Bd. 23, S. 144). Von Anfang an war die praktische Bedeutung pathogener Organismenstudien, das Studium der verschie- densten Krankheitserreger beim Menschen und bei den Tieren viel einleuchtender; bei Hocli und Niedrig mußte diese Spezialforschung allgemeinstes Interesse erregen. Jedenfalls ist so die medizinische Bakteriologie von vornherein in einer sehr beneidens- werten Lage gewesen, indem sie bekanntlich als besonderer Forschungs- zweig in einer größeren Anzahl selbständiger Institute betrieben werden konnte, und die Erfolge sind ja auch nicht ausgeblieben. Auf ein ebenso lebhaftes Interesse konnte nun naturgemäß die landwirtschaftliche Bakteriologie, besonders die Boden- bakteriologie zunächst nicht rechnen, aber nicht etwa deshalb, weil sie ein größeres Interesse vielleicht überhaupt nicht verdiente, sondern lediglich deshalb, weil in absehbarer Zeit ein praktischer Nutzen mit weniger Wahrscheinlichkeit oder mit weit geringerer Sicherheit zu erwarten war, oder weil anfangs ein solcher Nutzen bei weitem noch nicht so auffallend in Erscheinung trat wie beim Studium der menschlichen und tierischen Infektionskrankheiten. Besonders die überaus wichtige bakteriologische N-Frage als teilweise praktische Düngerfrage ist jetzt auch in finanzieller Hinsicht ziemlich leicht zu überschauen und zu beurteilen. Sie muß aber naturgemäß um so mehr an Bedeutung für die landwirtschaft- liche Praxis gewinnen, als der Bedarf bezw. der Verbrauch an künst- lichen Stickstoffdüngern sich bald noch sehr steigern wird; trotz der aufstrebenden und bald schärfer konkurrierenden Luftstickstoff- industrie sind aber leider nur äußerst geringe Aussichten (vergl. Kap. I) auf eine event. später wieder eintretende bessere Konjunktur auf dem N- Düngermarkte vorhanden. Verschiedene Auslandstaaten machen schon seit längerer Zeit große Anstrengungen, mehr und mehr jüngere Herren besonders auch in der Bodenbakteriologie meist bei uns in Deutschland ausbilden zu lassen, und ziemlich reiche Mittel werden in jenen Ländern zu diesen Spezialforschungen bereits zur Verfügung gestellt. Bei uns ist bisher im allgemeinen sehr wenig getan worden. Es werden zwar hier und da einige jüngere Herren ausgebildet; die meisten müssen jedoch ihre Stellen bald wieder aufgeben und sich nach geeigneten Stellen in anderen für ihr Fortkommen aussichts- reicheren Gebieten umsehen, da gerade auch die bakteriologischen Wert der Mikroorganismen bei der Stickstoff -Versorgung des Bodens. 61 Assistentenstellen meist ohne jede Aufbesserung auf eine ganze Reihe von Jahren hinaus im Vergleich zu anderen Berufen noch immer völlig ungenügend besoldet werden, und etwas bessere Stellen mit event. späterem Aufrücken bekanntlich im ganzen Reiche nur sehr wenige vorhanden sind. Bei dieser hier nur kurz skizzierten schwie- rigen Lage der ganzen Bodenl>akteriologie wie auch weiterhin der all- gemeinen landwirtschaftlichen Bakteriologie sollten die Landwirte nicht mehr zögern, in ihrem eigenen großen wirtschaftlichen Interesse bald reichlichere Mittel für bodenbakteriologische Forschungszwecke flüssig zu machen. Alsdann werden sicherlich auch hier weitere praktische Erfolge nicht lange mehr ausbleiben, zumal ja neuerdings gerade bezüglich der bakteriologischen N- Frage gar manche wichtigen Forschungsergebnisse als Anhaltspunkte für eine allmählich auch mehr praktische Ausnützung bereits gewonnen worden sind. Freilich äußern sich besonders unter den Agrikulturchemikern noch immer manche recht skeptisch nicht nur über den praktischen Wert sondern auch über den wissenschaftlichen Wert der Boden- bakteriologie im Dienste der angewandten Naturwissenschaften, speziell im Dienste der landwirtschaftlichen Bodenkunde. Mancher hat aber neuerdings seine Ansichten auch schon geändert, und andere werden folgen müssen. Vor allem aber sollten auch die Landwirte selbst sich hüten, unter den gegenwärtigen Verhältnissen Erwartungen zu hegen, welche noch gar nicht erfüllt werden können und sich zum Teil wohl überhaupt niemals werden erfüllen lassen. Einen Fortschritt bedeutet jedoch die richtige Verwertung der Bakteriologie in der allgemeinen Bodenkunde auf jeden Fall. Ihr großer Wert für die wissenschaftliche Bodenkunde steht bereits längere Zeit außer allem Zweifel fest; aber auch ihre Bedeutung für einen Teil der angewandten Bodenkunde, insbesondere für die praktische Landwirtschaft, wird all- mählich mehr und mehr anerkannt und gewürdigt werden. Der weitere Fortschritt kann hier zunächst nur von der Bakteriologie kommen, selbstverständlich aber nur unter sorgfältiger Berücksichti- gung der Chemie und Bodenphysik, welche beide in letzter Zeit bei bodenbakteriologischen Forschungen leider vielfach vernachlässigt worden sind. Vor allem müssen auch pflanzenphysiologische Unter- suchungen ergänzenden Prüfungen unterzogen werden, um so mehr als ja über die einzelnen Pflanzennährstoffe wie auch über die Nähr- stoffaufnahme selbst noch vieles keineswegs vollauf befriedigend geklärt ist. Nach diesen hier eingeflochtenen, mehr allgemeinen Erörterungen über die Bedeutung der Bodenbakteriologie mögen nunmehr in der 62 B- Heinze. N-Frage noch einige Punkte näher besprochen werden, welche beson- ders für die Landwirtschaft in praktischer Hinsicht wichtig sind. Als besonders vorteilhafte Maßnahmen zur allgemeinen Förde- rung von Organismenprozessen im Boden, wie im speziellen auch der N-Assimilation, der Ammoniak- und Salpeterbildung wurden schon erwähnt gute Bodenbearbeitung, Brache, wo sie finanziell und be- triebswirtschaftlich überhaupt angebracht ist, und Teilbrache, event. wiederholtes Hacken von Rüben, Kartoffeln und Getreide; dadurch wird in letzter Linie immer auch die natürliche Salpeterbildung wesentlich gefördert. Auch beim Kulturverfahren nach Demtschinski u. a. ist dessen fördernder Einfluß auf das Pflanzenwachstum zu einem Teile wenigstens mit auf eine durch dasselbe erzielte, verstärkte natürliche Salpeterbildung zurückzuführen. Schließlich ist auch eine allmähliche zweckentsprechende Vertiefung der nutzbaren Ackerkrume sehr wichtig — zunächst allerdings vor allem vom wissenschaftlich bak- teriologischen Standpunkte aus. Die dahinzielenden Maßnahmen sind aber um so beachtenswerter, als man in der praktischen Landwirtschaft schon seit Jahrzehnten bestrebt ist, durch Vertiefung der nutzbaren Krume bessere Ernten zu erzielen und zwar in vielen Fällen auch bereits mit recht gutem Erfolge, soweit man nach den Erörterungen in der landwirtschaftlichen Presse usw. urteilen kann. Freilich darf besonders vom bakteriologischen Standpunkte keineswegs nur der Untergrund gelockert und gelüftet werden, sondern es muß vor allem auch eine möglichst weitgehende Mischung des organismenarmen Untergrundes, des sog. „toten" Bodens, mit der organismenreicheren Oberkrurae, dem „lebendigen" Boden, angestrebt und durchgeführt werden. Dabei ist nach neueren Versuchen der bakteriologischen Ab- teilung der Versuchsstation Halle ^) noch besonders zu beachten, daß ein durch Sonne und Wind stark ausgetrockneter, fast lufttrocken gewordener Boden ^) vielleicht allgemein auffallend gärkräftiger und fäulniskräftiger ist als derselbe feucht erhaltene, frische Boden, sobald man ersteren wieder auf normalen Wassergehalt bringt oder mit frischem Boden mischt. Die ursprüngliche Trockenerde oder die mit lufttrockenem Boden gemischte Frischerde gibt infolge- dessen nach weiteren Beobachtungen mit Lauchstädter Boden vielfach ^) Siehe vorläufige Mitt. des Verf. im Jahresber. f. angewandte Botanik Bd. V, 1907, und die näheren Untersuchungen von O. Rahn im Bakt. Centralbl. II. Abt. 1908, S. 38: Bakt. Untersuchungen über das Trocknen des Bodens. ^ Mit diesen kann unter iDraktischen Verhältnissen die oberste Boden- schicht verglichen werden. Wert der Mikroorganismen bei der Stickstoff -Versorgung des Bodens. 63 auch auffallend bessere Erträge als der reine feucht erhaltene Boden. Dieses Verhalten dürfte nach den bisher gewonnenen Erfahrungen zum Teil mit besonderen Organismenwirkungen der ausgetrockneten Erde (Sporenbildnern), zum Teil aber auch mit dem Zustande der Trocken erde selbst zusammenhängen, indem nämlich verschiedene Bestandteile derselben nach einer scharfen, event. wiederholten Aus- trocknung einer schnelleren Zersetzung (Aufschließung) anheimfallen als dieselben Bestandteile der entsprechenden Frischerden. Im übrigen muß es natürlich dem Landwirt selbst mit seinen reicheren Erfahrungen zunächst überlassen bleiben, ob er eine intensivere Boden- durchlüftung usw. durch gut bearbeitete Schwarzbrache oder durch häufigeres Hacken der Früchte erreichen will, oder ob er in seine Fruchtfolge frühreifende Früchte einschalten kann, welche eine öftere, ausgiebige Bearbeitung des Feldes noch im gleichen Herbste durch- zuführen gestatten, oder ob er sich schließlich mit Einschaltung von Hackfrüchten bezw. Anwendung der Hackkultur bei Getreide oder aber mit Bodenbearbeitung durch frühes Schälen der Stoppel und späteres Tiefpflügen begnügen will und kann. Für die Praxis dürften kleine Stallmistgaben schon beim zeitigen Umbrechen der Stoppeln insofern von Wert sein, als die Stoppel schneller verrotten und für die N Sammlung besser ausgenutzt werden kann. Damit gewinnen in manchen Fällen auch Strohdüngungen an Bedeutung; ferner wird die Bedeutung der Stallmist- und Gründüngung erhöht. Beide Dünger müssen auch als indirekte N- Dünger, nämlich als C- Lieferanten für Azotobakter usw. Berücksichtigung finden. Wichtig sind kleine Stallmistgaben event. in Verbindung mit den früher erwähnten kleinen Mengen Phosphorsäure und Kali zur schnelleren und besseren Auf- schließung von Gründüngungsmassen, vorausgesetzt, daß eine schnellere Verrottung überhaupt erwünscht und zulässig ist. Der Stallmist hat aber zweifellos öfters auch insofern eine weit höhere Bedeutung als indirektes N-Düngemittel, als er der Träger von zahlreichen verschie- denen Organismenkeimen ist. Vor allem müssen also alle schwereren, organismenarmen Böden durch Stallmistzufuhr in ihrer „Tätigkeit" in verschiedener Hinsicht bedeutend gesteigert werden. Was übrigens das Unkraut anbelangt, so ist es beim Unterbringen nicht nur wichtig für Fäulnisorganismen aller Art, sondern es gewinnt auch noch weitere Bedeutung für die N-Sammler als C-Quelle, insbesondere bei etwaiger Brachehaltung. Nach den Ergebnissen der neueren bakteriologischen Forschung dürfte nämlich das Unterpflügen des Unkrautes bei der „Brache" noch einen ganz anderen Zweck haben, als dasselbe lediglich (34 B- Heinze. zu vernichten. Dieser besondere Zweck muß aber überall dort vereitelt werden, wo man das Unkraut abzuweiden pflegt, ganz ab- gesehen davon, daß durch das auf die Bracheäcker getriebene Vieh, und das Wiederfesttreten der Felder die „Gare" fast vollständig wieder vernichtet wird, denn während der Brache, dieser nur scheinbaren Ruhezeit, muß der Boden neben anderen Faktoren ') vor allem auch wegen des in verschiedener Richtung sich mächtig entfaltenden Orga- nismenlebens infolge der größeren Mengen von Gärprodukten, be- sonders von CO-2, in ähnlicher Weise aufgehen wie der Brotteig unter der Wirkung der Hefe oder des Sauerteigs. Im übrigen haben wir es bei der Brache neben einer verstärkten Mineralstoffaufschließung nicht nur mit einem verstärkten bloßen N-Abbau (Ammoniak- und Salpeterbildung) im Boden sondern nach neueren Forschungsergeb- nissen"^) zweifellos auch mit einer etwas verstärkten N- Assimilation des Bodens gegenüber anderem Ackerlande zu tun. Die oben skizzierten Vorgänge über die N-Assimilation im Boden selbst, welche sich in der Hauptsache als ein Zusammenwirken ver- schiedener N- Sammler, besonders von Azotobakter usw. mit Algen, Zellulose- Pektinvergärern und Pilzen, als wichtigsten, direkten und indirekten C- Lieferanten darstellen, wurden nun nach mancherlei Vorversuchen dadurch in möglichst verstärktem Maße nachgeahmt, daß dem Boden relativ viel Zucker oder Stroh usw., event. in wieder- holten Gaben, als C- Nahrung für die N- assimilierenden Organismen zugemischt wurde und solcher Boden längere Zeit lagern blieb (Ver- suche in den Jahren 1906 — 1910). Die N- assimilierenden Organismen speichern bekanntlich auf Kosten des Zuckers usw. ziemlich kräftig Luftstickstoff und zwar im allgemeinen unter den bisher gefundenen günstigsten Bedingungen pro 1 g Zucker etwa 10 mg N, entsprechend etwa 60 mg Eiweiß oder Salpeter; mit anderen Stoffen, beispiels- weise mit Pektinstoffen, Zellulose, Pentosen, Pentosanen (in Stroh und Wurzelrückständen) scheint man jedoch viel sparsamer wirt- schaften zu können, soweit man wenigstens nach den bisherigen in geeigneter Weise angestellten Versuchen ein Urteil abgeben kann. Jedenfalls kann so der Boden u. U. ganz gewaltig mit Stickstoff an- gereichert werden, wie auch im Kap. II schon kurz erwähnt wurde. ^) Wie z. B. besserer Erhaltung des Wasservorrates, Einfluß der Colloid- substanzen usw. ^) Vergl. hierzu W. Krüger und B. Heinze, Über das Wesen der Brache, I. (Landw. Jahrb. 1907, Bd. 36, S. 383) und B. Heinze, Bodenbakt. Unters., 1. Versuche über die Brache. (Landw. Jahrb. 1910, Ergb. III.) Wert der Mikroorganismen bei der Stickstoff -Versorgung des Bodens. 65 In großen Töpfen mit etwa 25 kg Boden (in etwa 30 cm tiefer Schicht) bei mehrfach wiederholter normaler Zuckergabe von 2 " o und ausreichenden Kalkmengen gelangten wir bisher zu analytisch sicheren Gesamt-N-Zunahmen bis zu 66 *'/o im Maximum, wie dies einige hier auszugsweise wiedergegebene Zahlen zeigen: Art der Boden- behandlung (a, b : Kontrollparzellen) Gesamt-Stickstoffgehalt des Bodens pro 100 g trockener Erde Zu Beginn Nach der I. Behand- lung Nach der V. Behand- lung mg Stickstoff b 1 a b ! 1 a 154,4 159,6 158,9 161,2 154,4 168,9 172,4 207,7 154,4 166,4 175,2 245,8 Im Maximum : Zunahme an Stickstoff im Mittel mg Stickstoff Ohne Zucker, ohne Phos- phorsäure Mit Zucker, ohne Phos- phorsäure Mit Zucker, mit Phosphor- 154,4 154,4 154,4 157,8 208,8 243,3 Ditferenzen liegen innerhalb der Fehlergrenze 53,9 mg N 90,2 mg N Solchen beträchtlichen Gesamt-N-Zunahmen würde im Maximum eine Menge von etwa 100 Zentner Stickstoff oder 600 Zentner Eiweiß bezw. Chilesalpeter auf einer Bodentläche von 1 ha Größe entsprechen, wenn man der Berechnung eine Tiefe von 25 cm zugrunde legt. Diese großen Mengen von assimilierten Luft-N sind zunächst bekanntlich in Eiweißform (als Organismeneiweiß) vorhanden, werden aber bei weiterer Lagerung zum Teil wohl durch eine Art „Selbst- gärung" der Organismen, zum Teil durch andere Mikroben allmäh- lich zum großen Teile in Ammoniak und weiterhin in Salpeter über- geführt, so daß wir pro 100 g Boden etwa 40 mg löslichen Stick- stoff (vorwiegend Salpeter) gegenüber 5 mg Salpeter im unbehandelten Lauchstädter Boden bisher im Maximum haben feststellen können. Das sind ganz gewaltige, auf natürlichem Wege ohne besondere N- Zufuhr gebildete Salpetermengen (l'ast die Hälfte des genannten assi- milierten Luftstickstoffs) und würde pro Morgen etwa 60 Zentner Sal- peter ausmachen gegenüber etwa 6 — 8 Zentner Salpeter, welche von uns in Lauchstädter Lagererden (in Töpfen) ohne jede besondere Be- handlung, wie auch in Freilanderden bisher in den günstigsten Fällen gefunden wurden. Weiteres über Salpeterzahlen in Zucker behandelter Topf- und Freilanderden siehe Landw. Jahrb. 1910, Ergbd. III, Tab. S. 336. Diese mögen auch hier auszugsweise wiedergegeben werden. Jahresbericht der Vereinigung für angewandte Botanik VIII 5 66 B. Heinze. Milligramm N (Salpeter) für lüO g Boden trocken (Lauchstädter Lösslehm). (Im Mitte] von je 2 Kontrollparzellen bezw. Kontroll topfen und je 3 Einzelbestimmungen.) Zeit der einzelnen Unter- suchungen Boden Boden Boden Boden Boden I, II. III. IV. V. 1 9! II Ohne Zu( ohne P Mit Zuc + Kai phosph Mit Zuc + Thon mehl Mit Zuc + Sup* phosph Boden VI. , s c X2 O O ^z 03 S3 a) Versuche auf kleinen Freilandparzellen. Anfang Mai .... Juni (bis September)^) Oktober Anfang Dezember (mild) Mitte Januar .... April Anfang Juni .... 1,2 1,0 1,3 1,1 1,2 4,2 1) 0,0^) 0,0') 0,0 1) 0,0») 2,5 0,4 1,0 1,0 0,8 3,6 1,5 2,5 2,5 2,2 1,8 1,8 2,3 2,5 2,3 1,2 1,9 2,8 2,6 2,6 2,5 3,8 5,4 5,8 5,5 1,0 3,0 1) 3,5 3,8 3,3 2,0 2,4 NB. Im Juni wurden diese kl. Parzellen noch mit Buchweizen bestellt. b) Desgl. Versuche mit Erden derselben Parzellen. (Anfang Dezember in Töpfe gefüllt, bei Zimmertemperatur gelagert.) 3,8 2,9 4,0 5,0 4,6 Anfang Dezember Januar .... Februar .... März April 3,6 1,5 2,5 2,5 2,2 3,0 3,8 5,0 4,6 4,8 3,4 5,2 6,1 6,4 5,5 3,8 6,3 8,1 8,5 8,1 4,2 9,0 10,4 10,2 10,8 Aus den vorstehenden Zahlen geht zugleich der fördernde Ein- fluß der PäOö auf den Abbau der organischen Stoffe und weiterhin auch auf die Salpeterbildung hervor. Nach den bisherigen Analysen- ergebnissen wird meist schon nach relativ kurzer Zeit fast die Hälfte des gesamten oben angegebenen assimilierten Luft-N in lösliche Form übergeführt. Ähnliche und teilweise noch größere Mengen Salpeter-N (als die oben erwähnten) konnten übrigens festgestellt werden in Lager- erden (in Töpfen mit etwa 15 kg Boden), welche einen entsprechend hohen Zusatz von N-haltiger Substanz in Form von schwefelsaurem NHs, Asparagin, Harnstoff, Pepton, Kasein usw., erhalten hatten. All ^) In den weiteren Monaten Juli, August, September w'urde nur quali- tativ geprüft mit ganz ähnlichen Resultaten. (Es wurden nur Spuren Salpeter gefunden.) Wert der Mikroorganismen bei der Stickstoff -Versorgung des Bodens. 67 diese Stoffe werden nach unseren bisherigen Versuchen auffallend schnell notifiziert; nur sehr langsam erfolgte nach den bisherigen Untersuchungen die Salpeterbildung inamer aus den Kalkstickstoffen, auch bei geringen Konzentrationen. Aus all diesen Versuchen geht zu- gleich hervor, daß selbst sehr reichliche Mengen organischer Substanz und auch relativ große NHs-Mengen die Nitrifikation in Lagererden nicht im geringsten hindern oder auch nur auffallend verzögern, wie man aus früheren, für die Nitrifikation sehr ungeeigneten Versuchen mit Bodenaufschwemmungen und Nährlösungen vielfach ohne weiteres glaubte schließen zu müssen. Näheres über die Versuche, die vor- wiegend gemeinschaftlich mit 0. Rahn angestellt wurden, wird noch im Bakt. Centralblatt berichtet. Neben mancherlei anderen Versuchen mit Nährlösungen, Ver- suchen mit Sandgemischen, durchtränkt mit spezifischen Nähr- lösungen und Versuchen mit Bodenaufschwemmungen, haben wir vor allem den eben skizzierten Weg mit Lagererden benutzt, um allmählich die Bedingungen immer besser kennen zu lernen, unter denen die N-Assimilation und N-Anreicherung im Boden selbst sich möglichst ergiebig gestalten läßt. Dabei zeigte sich ganz allgemein bei allen zur Untersuchung herangezogenen Bodenarten, wie auch bei verschiedenartig behandeltem oder gedüngtem Boden, daß besonders eine spezielle Phosphorsäurezufuhr ^) die N-Assimilation durch Azotobakter usw. wesentlich verstärkt. Ferner wirkt der Kalk sehr günstig auf die Entwickelung dieser Organismen und ihre N-assimi- lierende Kraft ein, und schließlich mag nochmals der außerordentlich günstige Einfluß der Humusstoffe auch auf Reinkulturen von Azoto- bakter besonders hervorgehoben werden (vergl. Kapitel II). Durch Zusatz geringer Mengen von Humussäure konnte so die N-Zunahme im Maximum auf mehr als das Doppelte gesteigert werden. Der günstige Einfluß guter Bodenbearbeitung auf die Prozesse der N-Assi- milation ist schon erwähnt worden. Alsdann sind zu einer reichlichen Bindung des elementaren N auch nicht zu niedrige Temperaturen notwendig. Bis zu 10 ° C konnte eine sichere N-Zunahme in zucker- behandeltem Boden von uns noch nicht nachgewiesen werden, wohl aber eine recht erhebliche schon bei 15 " C, eine noch stärkere bei *) In Form der neutralen oder schwach alkaUschen Kali- oder Kalzium- salze (Präzipitat und Triphosphat, Knochenmehl) oder bei längerer Lagerzeit auch in Form der sauren Salze (z. B. als Super- und Doppelsuperphosphat) gegeben. 68 B. Heinze. 25 — 30 "^ C, in Bodenaufschwemmungskulturen jedoch schon bei Temperaturen von 6 — 7 " C eine sicher eingetretene N-Assimilation festgestellt werden. Auch auf kleinen Freilandparzellen konnten bei wiederholter Zucker- bezw. Strohbehandlung schon analytisch sichere N-Zunahmen erzielt werden, wenn auch noch keine so bedeutenden wie die oben angegebenen (15 — 20 Vo)- Ohne jeden Zusatz von C- Verbindungen wurden allerdings im Freilande, selbst bei Brache- bearbeitung, bisher noch keine deutlichen N-Zunahmen von uns be- obachtet. Die öfters festgestellten geringen N-Zunahmen, welche im allgemeinen nur wenig außerhalb der Fehlergrenze liegen, sprechen jedoch für eine geringe N-Assimilation schon mit Hilfe der natür- lichen C- Quellen des Bodens. Das Verfahren, mit Hilfe von Zucker den Boden an Gesamt-N anzureichern, ist natürlich praktisch zunächst nicht ausnutzbar, weil es viel zu teuer kommen würde. Aber man wird mit großer Aussicht auf Erfolg andere billigere C-haltige Stoffe an Stelle des Zuckers versuchen können, wie Zellulose und Pentosane in Stroh- und Pflanzenresten; insbesondere wird man den Humus des- Bodens, vor allem dessen schwer zersetzbaren Teil in geeigneter Weise besser aufzuschließen und für die natürliche N-Assimilation und Stickstoffanreicherung des Bodens vorteilhafter auszunutzen suchen müssen. Die N- assimilierenden Bodenorganismen verwenden den Luft- stickstoff, wie genugsam bekannt ist und schon im Kapitel II er- wähnt wurde, zunächst zum Aufbau ihres eigenen Körpers, und es fragt sich, ob die Pflanzen den N aus solcher Organismenkörpersubstanz auch zu ihrer Ernährung verwenden können, da ja hiervon schließlich die praktische Bedeutung dieser Organismen abhängig ist. Daß dies nun tatsächlich der Fall ist, geht schon indirekt aus den oben an- geführten Zahlen über die äußerst starke Salpeterbildung in zucker- behandelter Erde bei etwas längerer Lagerzeit deutlich hervor. Weiterhin geht das aber auch aus geeigneten Vegetationsversuchen hervor. Wenn man zunächst versucht, in einem Boden, welcher durch Zucker- oder Strohbehandlung mit Luftstickstoff beträchtlich angereichert wurde, nach einigen Monaten Lagerzeit Pflanzen zu ziehen, so findet man, daß besonders durch eine Zuckerbehandlung (2 *^/o) die Ernten an Masse, wie auch an N sehr erheblich steigen und zwar bei einzelnen Pflanzen fast auf das Dreifache, wie aus einigen hier beispielsweise wiedergegebenen Zahlen (siehe auch Tafel I u. II) hervorgeht: Wert der Mikroorganismen bei der Stickstoff -Vorsorgiing des Bodens. 69 Grunddüngung für 1 Gefäß: 1 g lösl.PoOa (Super) -|- 2,5 g Gemisch von 1 g KCl, 1 g K0SO4, 0,50 g MgSO^) + 10 g CaCO,s. ßeliandlung Winter-Roggen Buchweizen EnghRaygras (in 2 Schnitten) während der Körner | Stroh N-Ernte von 3 Ge- fäßen: Kör- ner -f Stroh 0 S c S Stick- stoff SO £ g Lagerung des Bodens 0 Ernte von 3 Ge- fäßen Stick- stoff Ernte von 3 Ge- fäßen S Stick- stoff Stick- stoff S % s 7o g % j g 7o g Ohne Zucker, ohne Phosphorsäure, ohne Stickstoff . 23,5 1,05 0,25 37,8 0,21 0,08 0,33 45,4 1,02 0,46 63,1 1,23 0,78 Mit Zucker, ohne Phosphorsäure, ohne Stickstoff . 48,1 1,22 0,59 66,2 0,25 0,17 0,76 91,5 0,99 0,91 104,7 1,04 1,09 Mit Zucker, mit Phosphorsäure, ohne Stickstoff . 57,6 1,28 0,74 86,0|0,28 0,24 0,98 126,7 1,03 1,31 156,1 0,98 1,53 Ohne Zucker -|- 1 g N pro Topf (Salp.) bei d. BesteUung 60,8 0,94 0,57 131,7 0,34 0,45 1,02 — — — 159,8 1,15 1,84 Frühere Versuche mit Zucker- und Strohlagererden (Freiland- lagererden in Töpfe gefüllt) hatten zunächst z. B. folgende Ernten von drei Gefäßen (trocken) ergeben, welche erst relativ spät be- stellt waren: Buchweizen 1906 Buchweizen 1907 (1. Jahr) (2. Jahr) Ohne Zusatz . . . 19,3 g 19,5 g Mit Zucker . . . . 34.2 „ 34,9 „ Mit Stroh . . . . . 26,8 „ 28,9 „ Im Freilande, auf 9 qm großen Parzellen, waren die Unter- schiede zum Teil noch etwas erheblicher zugunsten der Behandlung, und zwar schnitten hier die Parzellen mit Stroh sogar etwas besser ab als die entsprechenden Parzellen mit Zucker. Sehr auffallende Mehrernten wurden neuerdings mit Lagererden erzielt, die wiederholt mit organischer Substanz behandelt worden waren (siehe obige N- Zahlen u. Tat. II). Es betrug bei gleichmäßiger Grunddüngung wie vorher die Ernte von je drei Gefäßen (trocken): ^) Bei sofortiger Bestellung sog. Zuckerlagererden starke Depressionen (s. Tafel I und auch Landw. Jahrb. 1910, Ergbd. III, S. 331 u. 333). 70 B- Heinze. Buchweizen bezw. Hafer 18,9 33,9 ß u c n w e 1 Boden und Behandluno;; », g 7o ]S g ^ V^Lauchst. Erde + Va Sand o.N, o.Z 43,0 0,97 0,42 Vh L. Erde + Vs Sand ra. Z, o. N . 171,9 1,35 2,32 -„,„ V3 L.Erde + 2 3Sd.+ lgN(Salp.),o.Z 117,8') 1,33 1,57 75,9 L. Erde ohne Sand ohne Stroh . . 72,9 1,04 0,72 23,8 L. Erde ohne Sand ohne Stroh + 1 g N (Salpeter) 200,8') 1,32 2,65 77,3 2) L. Erde ohne Sand mit Stroh o. N 136,3 1,13 1,54 37,6 L.Erde ohne Sand mit Stroh o.N^J^) 162,0 1,20 1,94 47,5 Dabei ist zunächst besonders auffallend, daß die mit Zucker behandelte Lagererde sogar noch weit höhere Ernten (gleichmäßig bei allen Töpfen) geliefert hat als die entsprechenden mit Salpeter ge- düngten Töpfe (Taf. II). Es erklärt sich dies jedoch ohne weiteres daraus, daß die Zuckerlagererde einen bei der Bestellung der Töpfe an Gesamt-N und auch schon an Salpeter-N außerordentlich stark an- gereicherten Boden vorstellt. Auf Grund der analytischen Ergebnisse (siehe oben) wurde der Sandzusatz (^/.s Sand) so gewählt, daß bei der Bestellung die Töpfe mit Zuckerlagererden nach der Analyse eben- soviel löslichen N (Salpeter) enthielten wie die unbehandelten, normal gedüngten Salpetertöpfe. Der Versuch zeigt somit, daß während der Vegetation die weitere natürliche Salpeterbildung in den sog. Zucker- töpfen erheblich stärker gewesen sein muß als in den entsprechenden Salpetertöpfen; oder es müßte denn sein, daß in den Salpetertöpfen relativ viel größere Mengen löslichen N wieder als Organismeneiweiß festgelegt worden sind als in den sog. Zuckertöpfen. Dies ist jedoch sehr unwahrscheinlich. (Vergl. hierzu auch Tafel IL) In ähnlicher Weise zeigen auch neuere Freilandversuche auf kleineren Parzellen, welche wiederholt mit organischer Substanz be- handelt waren, daß zugunsten der Behandlung noch erheblich höhere Mehrernten erzielt werden können als bei den oben angeführten früheren Versuchen. Schon nach diesen Versuchen dürften also die Pflanzen den von Bodenorganismen assimilierten elementaren N recht gut verwerten *) Bei der ersten Bestellung wurde 1 g N pro Topf gegeben. Die N- Analysen liegen bei der Nachfrucht Hafer noch nicht vor. ^) Zur Nachfrucht Y2 § ^ bei der Nachbestellung pro Topf gegeben. ^) J = Impfung: Fäulnisorganismen-Zusatz bei der Bestellung gegeben. Vergleiche hierzu auch Tafel II. Wert der Mikroorganismen bei der Stickstoff -Versorgung des Bodens. 71 können. Freilich könnte ev. mit Recht noch der Einwand erhoben werden, daß dieses von den Pflanzen hier (zu einer sehr bedeutenden Mehrproduktion) aufgenommene „Mehr" an Stickstoff gar kein um- gewandelter, assimilierter Luftstickstoff (umgewandeltes Organismen- eiweiß) ist oder aber höchstens zu einem sehr geringen Teile aus dieser Quelle stammt, und daß vielmehr dieser N nichts anderes als in verstärktem Maße aufgeschlossener, löslich gewordener Bodenstick- stoff ist. Gegen eine solche Auffassung sprechen jedoch schon die oben erwähnten, auffallend hohen Salpeterzahlen in zuckerbehandelten Lagererden im Vergleich zu den bisher gefundenen Maximalzahlen für unbehandelten Boden. Ferner kann aber durch analytische Unter- suchungen von Lagererden in Töpfen durch Zusatz von Massen- kulturenmaterial leicht nachgewiesen werden, daß das Körpereiweiß von Azotübakter usw., von Algen, Hefen, Pilzen in ähnlicher Weise ziemlich bald in Ammoniak und Salpeter übergeführt wird wie der organische, pflanzliche und tierische Stickstoff (z. B. Albumin und Kasein). Schließlich zeigt auch der direkte Vegetationsversuch in Töpfen mit N-Zusatz in Form von getrockneten Massenkulturen von Azotobakter usw., daß der Eiweißstickstoff ziemlich leicht in lös- lichen N übergeführt wird und damit den Pflanzen als N-Nahrung dienen kann. Einige hier auszugsweise wiedergegebene Zahlen illu- strieren dies sehr deutlich: Boden mit Zusatz von (bei der Bestellung) Ohne Stickstoff (N) . Ohne N + Stärke (12 g) Mit Salpeter-N . .. . Mit N (Kasein) . . . Mit N (Azotobakter) . Hieraus folgt zugleich, daß bei diesen Versuchen der Wirkungswert des Organismeneiweißes (von „Azotobakter" usw.) dem von Salpeter nicht wesentlich nachsteht. Übrigens kann sich durch einfache Zucker- düngungsversuche (mit 2 ^/o Zucker und 2 °/oo P2O5) in etwas größeren Versuch I Versuch II (0,5 g N pro Gefäß) (1,0 gN pro Gefäß) Ernte von je 3 Ge fäßen (trocken) g (bei sonst üblicher normaler Grunddüngung) Senf Buchweizen (ziemlich spät erst best eilt) 24,8 44,6 10,7, — 38,9 168,5 36,0 140,0 35,0 ') ■ T TT 1 120,4 0 _1 _^. 1I7:.-1 i. ^) Ähnliche Erntezahlen wurden auch bei Kulturen mit Eiweißzusatz von Hefen, Algen, Pilzen gefunden vergl. Landw. Jahrb. 1910, Ergbd. III, S. 331). 72 B. Heinze. Blumentöpfen jedermann leicht selbst davon überzeugen, wie kräftig die N- assimilierenden Bodenorganismen wirken, und wie sich unter ihrer Mitwirkung die Pflanzen sehr wohl mit LuftstickstofE neben den Bodenstickstoff mengen ernähren können; diese letzteren reichen bekanntlich zu einer normalen freudigen Entwickelung der Pflanzen, im allgemeinen wenigstens, bei weitem nicht aus (s. Taf. II). Wenn die Bestellung erst nach einer Lagerzeit von 5—6 Monaten erfolgt, so werden meistens auffallende Mehrernten von 100 — 200 ^/o resultieren. Als sehr einseitig muß also nach den vorstehenden Erörterungen die von manchen Agrikulturchemikern (bis vor kurzem besonders auch von Pfeiffer-Breslau) vertretene Ansicht bezeichnet werden, nach welcher die spezifischen, elementaren N- assimilierenden Boden- organismen keinerlei Bedeutung für die praktische Landwirtschaft hätten und alle ihnen zugeschriebenen landwirtschaftlichen Erfolge lediglich auf die Ausnützung der „alten Kraft", des bereits vorhan- denen N-Kapitals des Bodens durch die Pflanzen, also auf eine aus- schließliche Aufschließung des schon vorhandenen Bodenstickstoffes zurückgeführt werden müßten. In neuester Zeit scheint allerdings Pfeiffer seinen schon längst unhaltbar gewordenen früheren Stand- punkt aufzugeben und auch den N-assimilierenden Bodenorganismen eine gewisse praktische Bedeutung nicht mehr abzusprechen. Auch die Bakteriologen wissen, daß ein solches N-Kapital im Boden zweifellos vorhanden ist; sie wissen weiter, daß dieser N im allgemeinen nur langsam abgebaut und von den Pflanzen unter verschiedenen Be- dingungen verschieden stark ausgenützt wird. Vor allem aber kann der Abbau dieses alten N-Kapitals durch verschiedene Maßnahmen erheblich beschleunigt und verstärkt werden. Ebenso unzweifelhaft ist jedoch von der modernen Bakteriologie auch eine gewisse natürliche N- Anreicherung des Bodens durch verschiedene, im Kapitel II kurz be- sprochene Mikroorganismen nachgewiesen, und daß von diesem N die Pflanzen sich ebenfalls zum großen Teile ernähren, ist durch die soeben besprochenen Versuche wohl klar genug gezeigt worden. Alle noch vorhandenen Skeptiker werden allerdings erst durch solche positiven Versuche ') völlig überzeugt werden können, bei welchen Pflanzen in ursprünglich N-freien Sandgemischen gezogen werden. Solche Sand- kulturen werden event. wiederholt mit N- freier oder C-freier Nähr- lösung bezw. mit N- freier, aber C- haltiger Nährlösung durchtränkt *) Versviche in größeren Vegetationsgefäßen oder auch im Freien in kleinen oder größeren, vollständig ausgemauerten Gruben. I Wert der Mikroorganismen bei der Stickstoff -Versorgung des Bodens. 73 oder Übergossen ; sie bleiben unter natürlichen Verhältnissen im Freien stehen und werden zum Teil mit N-assimilierenden Organismen ge- impft, wenn die spontane Infektion sich aus irgend welchen Gründen zunächst als nicht genügend wirksam erweisen sollte. Die später ge- zogenen Pflanzen werden sich in denjenigen Sandgefäßen, die einen Zusatz von reichlichen Mengen organischer, N-freier Substanz (Zucker, Pentosanen, Zellulose usw.) erhalten haben, allmählich auffallend besser entwickeln als in den entsprechenden N-freien bezw. N-armen Kulturgefäßen, welche keine besondere Zufuhr C-haltiger Stoffe er- halten haben und nur kümmerlichen Pflanzenstand zeigen. Wie unsere Erörterungen auf Grund mannigfacher Versuche zeigen, sind nach der Auffassung vieler Autoren die N-assimilierenden Orga- nismen zweifellos auch praktisch schon recht wichtig geworden, und sie werden sicherlich bald noch an Bedeutung gewinnen, nicht nur in der allgemeinen Landwirtschaft, sondern auch in obst- und garten- baulichen Betrieben sowie in der Forst- und Teichwirtschaft. Auch bei der Ernährung der Fluß- und Meerwasserpflanzen, insbesondere bei der Bildung des Planktons, sind N-assimilierende Organismen, wie oben schon erwähnt wurde, mit beteiligt. Nach alledem dürfte Wagner vollkommen Recht haben, wenn er glaubt, daß die reichen Erträge, welche manche hessischen Wirtschaften bei mäßiger N-Dün- gung erzielen, in der Hauptsache darin ihren Grund haben, daß N-assimilierende Organismen in dem oft gelockerten, beschatteten und feucht gehaltenen Boden der Zuckerrübenfelder gute Vorbedin- gungen für ihre Tätigkeit finden. Nach Wagner wurden vielfach mit Rübenvorfrucht auffallend mehr Getreidekörner geerntet als nach Gerste, obwohl die Gerste dem Acker nur etwa halb soviel N ent- zieht wie die Rüben. Unter ähnlichen Verhältnissen konnte von uns in Lauchstädt beobachtet werden, daß in Rübenfeldern gerade „Azoto- bakter" sehr reichlich und vor allem in einem auffallend wirksamen physiologischen Zustande vorkommt. Ähnlich liegen die Verhältnisse, wenn man durch ein frühzeitiges Schälen der Stoppel, durch Hacken der verschiedensten Kulturen dafür sorgt, daß Luft und Licht möglichst reichlich in den Boden gelangen, so daß nach der Überzeugung vieler Autoren oft sehr er- heblich an direkter N- Düngung gespart werden kann. So erklärte schon Märe k er, daß einmaliges Hacken ungefähr ebensoviel hilft, als wenn man einen Zentner Chilesalpeter auf den Morgen gibt, und Rimpau hielt eine Leguminosengründüngung nicht mehr für nötig, da er den Stickstoff in den Boden hackte. 74 B- Heinze. Eine gute Bodenbearbeitung begünstigt zugleich die Humus- zersetzung und fördert vor allem auch solche Organismen in ihrer Entwickelung , welche neben anderen Faktoren bei der Herstellung der „Bodengare" beteiligt sind. Nach neueren Beobachtungen dürften hierbei neben dem Ve^-halten der Kolloidsubstanzen und anderen Fak- toren sicher auch manche Organismen, wie z. B. Zellulose und Pektin- vergärer, Streptothrix-Arten, säurebildende Pilze, eine nicht unwichtige Kolle spielen. Ferner wird zugleich die natürliche Salpeterbildung bezw. der voraufgehende Abbau der stickstoffhaltigen Stoffe im Boden schon außerordentlich begünstigt. All diese Prozesse kcinnen aber durch zeitweise Zufuhr von Stallmist als Nährstoff für Boden- organismen und Träger von mancherlei Organismenkeimen, durch Zufuhr von Kalk in größeren oder öfters wiederholten kleineren Gaben, durch Zufuhr von relativ kleinen Mengen von Mineral Stoffen ^), während der einzelnen Bodenbearbeitungsmaßnahmen wesentlich ge- fördert werden. Durch solche Maßnahmen wird man übrigens im allgemeinen auch eine weit bessere und, wo erwünscht, auch schnellere Auf Schließung des Stallmistes und des Gründüngers und damit zu- gleich eine vorteilhaftere Ausnützung dieses Stickstoffes, wie auch der organischen, N-freien Substanzen als wertvolle C-Quelle für N- Sammler anbahnen können. Wie oben schon erwähnt wurde, unter- stützen lösliche Humusstoffe, wie z. B. Humussäure, die Tätigkeit der N- assimilierenden Azotobakter-Arten usw. in auffallender Weise. Neuere Versuche haben ergeben, daß Ammoniak- und Salpeterbildung gleichfalls durch Zusatz von Humusstoffen wesentlich gefördert werden kann. Neben manchen anderen Fragen bedarf alsdann die Frage über die Ausnutzung der künstlichen N-Dünger (des Salpeters, des schwefel- sauren Ammoniaks usw.) sehr wohl noch der weiteren Klärung. Die älteste Form der N- Düngung ist bekanntlich der Stallmist; und doch sind die Ansichten über seine Wirkung, die beste Art seiner Aufbewahrung und Verwendung zum Teil noch recht abweichende, so daß von einer befriedigenden Klärung dieser wichtigen Frage noch gar keine Rede sein kann. Vor allem sind zunächst auch noch weitere Studien über die Aufbewahrung des Stallmistes und die möglichste Vermeidung von N -Verlusten geboten. Auch ein- gehendere mikrobiologische Studien über die vorteilhafteste Unter- ^) Diese sind ziemlich klein im Vergleich zu den meist unbedingt not- wendigen größeren Mengen Kali und P2O5, die noch bei der Bestellung der Felder zur ausreichenden Ernährung der Pflanzen gegeben werden müssen. Wert der Mikroorganismen bei der Stickstoff -Versorgung des Bodens. 75 bringung wären nicht unangebracht, da auch hier die Ansichten noch sehr abweichend lauten. Nach manchen Autoren kann der leicht flüchtige Stickstoff des Stallmistes überhaupt noch nicht auf genügend billigem Wege in nennenswerten Mengen festgehalten werden, weshalb auch viele Landwirte der Ansicht sind, daß der schwerlösliche Stick- stoffanteil des Mistes der praktisch wertvollste sei, wofern ihm nur genügend Zeit zur Wirkung gelassen wird. Beim gegenwärtigen Stande der mikrobiologischen Forschung muß man es entschieden für richtiger halten, größere anfängliche N -Verluste bei Stallmist- düngung dadurch zu vermeiden, daß der Mist nach dem Ausbreiten sofort untergepflügt wird. Wenn ein längere Zeit ausgebreitet ge- legener Stalldünger hie und da besser gewirkt hat als ein sofort untergepflügter, so mag der Grund vielleicht darin zu suchen sein, daß im ersten Falle größere N -Verluste anfangs nur verdeckt werden, indem nämlich der schwer lösliche N durch den reichlicheren Luft- zutritt stärker aufgeschlossen wird, als dies beim sofortigen Unter- bringen des Mistes möglich ist. Wenn somit der leicht lösliche N des Stalldüngers möglichst erhalten und sein schwerer löslicher Teil besser aufgeschlossen wird, wenn man ferner die relativ sehr billige Gründüngung auf leich- teren und schwereren Böden, soweit es betriebswirtschaftlich möglich ist, noch etwas auszudehnen oder wenigstens die Kultur der Leguminosen durch geeignete Maßnahmen (siehe Kapitel II) zu ver- bessern und zu sichern sucht, wenn man immer mehr das verwertet, was uns der Fortschritt der Elektrizität in den neuen künstlichen N-Düngern gebracht hat und noch bringen wird '), und wenn schließ- lich der gesamten Bodenpflege, insbesondere auch der Assimilation des Luftstickstoffs durch Bodenorganismen, künftighin eine größere Aufmerksamkeit und erhöhtes allgemeineres Interesse ge- schenkt wird, so wird man bezüglich der wichtigen und schwierigen N-Frage wohl ohne allzugroße Sorge sein können. Eine spätere wesentliche Verbilligung der N- Düngung durch erhöhte Produktion und etwaige erhebliche Herabsetzung des Preises für alle N-Dünger wird jedoch nach den Erörterungen im Kap. I wohl schwerlich jemals eintreten. Ein etwas billigeres Wirtschaften mit N-Düngern wird vielmehr nur insofern möglich sein, als man einen Teil der meist *) Inzwischen wird auch Aluminiumstickstoff gewonnen, und als be- sonders wichtig scheint auch die technische elektrolytische Gewinnung von Ammoniak aus den Elementen nunmehr in größerem Maßstabe möglicli ge- worden zu sein. 76 J3- Heinze. notwendigen reichlicheren N-Zufuhr in möglichst billiger Weise noch auf natürlichem Wege, zu beschaffen sucht, also die natürliche N- Düngung, Ammoniak- und Salpeterbildung zu steigern sucht. Die bei der natürlichen N -Versorgung des Bodens und der Pflanzen sich abspielenden Organismenprozesse haben von verschiedener Seite, im allgemeinen wenigstens, schon eine weitgehende Klärung erfahren. Auch sind schon manche praktischen Erfolge erzielt worden. Im besonderen harren freilich noch manche Prozesse fast ganz der näheren Aufklärung, so z. B. vor allem die Bildung und Wieder- zersetzung der HumusstofEe, Prozesse, welche bekanntlich zum großen Teile mit auf Organismenwirkungen beruhen. Gerade diese Prozesse verdienen umsomehr Beachtung, als nach neueren Beobachtungen neben speziellen Bodenpilzen, wie Dematium, auch Streptofhrix- Arten, die als Humusvergärer schon bekannt sind, als N- assimi- lierende Organismen Berücksichtigung finden müssen (vergl. Kap. II und Landw. Jahrb. 1910, Ergbd. III). Überhaupt bilden ja Humus- stoffe neben Zellulose und anderen Stoffen bezw. die Spaltungs- produkte derselben die natürliche, dauernd fließende „C-Quelle" für alle N-Sammler. Eine der wichtigsten, aber auch schwierigsten Auf- gaben der Bodenbakteriologie hinsichtlich der N-Frage ist daher für die nächste Zeit darin zu suchen, den Bodenhumus, insbesondere den schwer zersetzlichen Teil desselben, sowie den durch Gründünger- und Stalldüngerzufuhr neu entstehenden Humus bezw. auch die Zellulose durch geeignete Maßnahmen, wie z. B. durch Kalk und Förderung von Humus und Zellulose vergärenden Organismen, noch besser auf- zuschließen und zunächst für die Prozesse der Assimilation des ele- mentaren N durch Organismen, dann aber auch für die Prozesse der Ammoniak- und Salpeterbildung möglichst vorteilhaft auszunützen (vergl. auch Landw. Jahrb. 1910, Ergbd. III). Nach weiteren, nicht unwichtigen wissenschaftlichen Ergebnissen der Forschung werden in der Bodenbakteriologie schließlich auch weitere praktische Erfolge, besonders in der sehr bedeutsamen N-Frage, nicht ausbleiben. Im allgemeinen werden sich diese natur- gemäß aber nur dann zeitiger einstellen können, wenn im ganzen Reiche bald auch größere Forschungsmittel für dieses wichtige Spezial- gebiet der Bodenkunde bereit gestellt werden. Um die äußeren Schwierigkeiten, welche der Bodenmikrobiologie z. Zt. noch ent- gegenstehen, möglichst bald ganz zu überwinden, muß mit H. Fischer auch die Forderung nach größerer Selbständigkeit dieses Forschungs- zweiges erneut gestellt und damit betont werden, daß es unbedingt Wert der Mikroorganismen bei der Stickstoff -^'ersorgung des Bodens. 77 notwendig ist, diesen jüngsten Zweig der angewandten Botanik mehr, als es bisher der Fall ist, als selbständigen Forschungszweig anzu- erkennen. Wenn sodann für dieses Spezialgebiet der Bodenkunde auch mehr selbständige Abteilungen an landwirtschaftlichen Versuchs- anstalten oder entsprechende Spezialinstitute geschaffen werden, so wird sich ein derartiges Vorgehen, das sich bekanntlich bisher in allen anderen Zweigen der angewandten Mikrobiologie, ganz besonders auch in der medizinischen Bakteriologie, schon sehr gut bewährt hat, zweifellos auch hier recht gut bewähren. Noch immer hat auf jedem Gebiete die Naturforschung gerade dann ihre meisten und wohl auch besten Leistungen aufzuweisen, wenn ihr neben ausreichenden For- schungsmitteln auch ein gewisses, unbedingt notwendiges Maß von Freiheit der Forschungsrichtungen nicht fehlte. Erst nach Erfüllung solcher Bedingungen wird auch die Bodenbakteriologie sowohl im allgemeinen wie auch im speziellen hinsichtlich der verschiedenen, jetzt im Vordergrunde des Interesses stehenden Fragen noch mehr als bisher leisten können; vor allem wird sie dann in der Tat sicherlich bald auch mehr praktische Erfolge aufzuweisen haben. Erläuterungen zu den Tafeln I U. II. (Vergl. auch die Texttabellen.) In den beiden Tafeln wird uns sehr deutlich der verschieden- artige Einfluß der organischen Substanz in Form von Zucker und Stroh (Pentosanen) — ganz ähnlich wirkende Stoffe sind Stärke, Zellu- lose usw. — demonstriert. Bei sofortiger Bestellung eines mit relativ großen Mengen organischer Stoffe behandelten Bodens mit Nicht- leguminosen, ebenso noch bei Bestellung nach relativ kurzer Lagerzeit treten die bekannten, oft sehr starken Depressions- erscheinungen auf; damit sind meist sehr auffallende Minder - ernten verbunden. Recht deutlich veranschaulichen uns dies die zwei Aufnahmen ein und desselben Versuches der Tafel I^) (a und b). Da bei den mit Zucker (oder ähnlichen Stoffen) behandelten Töpfen viel löslicher N zur Umsetzung der or- ganischen Substanz verbraucht wird, so steht den einzelnen Pflanzen solcher Kulturen gegenüber den unbehandelten Kulturen zunächst sehr wenig N zur Verfügung, und sie können sich naturgemäß bei einer zu zeitig vorgenommenen Bestellung aus Mangel an löslichem N meist ^) Nach verschiedenen Vorversuchen: Versuche 1910 von Heinz e und Kichert. 78 B- Heinze. Wert d. Mikroorganism. b. d. Stickstoff -Versorg, d. Bodens. nur äußerst kümmerlich entwickeln. Dies geht aus der zeitigeren und späteren Aufnahme deutlich hervor. Nach unseren bisherigen Erfahrungen scheinen sich übrigens die Nichtleguminosen unter denselben Bedingungen (Zusatz von 1 bis 2 Vo Zucker usw.) keineswegs völlig gleich zu verhalten. Im Gegensatz zu den Nichtleguminosen konnten unter gleichen Verhältnissen bei Leguminosen bisher keinerlei auffallende De- pressionserscheinungen und Minderernten beobachtet werden. Dies steht im Einklänge mit unseren gegenwärtigen Anschauungen über die Entwickelung der Leguminosen. Diese scheinen sich jedoch bisweilen ziemlich abweichend zu verhalten, wenigstens nach den bisher gemachten Erfahrungen. Bei längerer Vegetationszeit wurden übrigens zuweilen schon deutliche Mehrernten beobachtet. Tafel II (a und b) zeigt uns Versuche mit Stroh und wieder- holt mit 2% Zucker behandeltem Boden, welcher erst nach längerer Lagerzeit bestellt wurde. Bisher wurden schon öfters bedeutende Mehrernten, im Maximum hier von ca. 400 ''/o Trockenmasse und bis zu ca. 550 7o N, beobachtet. Der Sandzusatz erfolgte bei Versuch a erst beim Ansetzen der Töpfe. Die sog. Zuckerlagererden hatten nach längerer Lagerzeit ganz gewaltige Salpetermengen gebildet. Der Sand- zusatz wurde so bemessen, daß bei der Bestellung die Töpfe (ca. 7 kg Boden) mit Zuckerlagererden nach der Analyse ebensoviel löslichen N (Salpeter) enthielten, wie die normal (mit 1 g N) gedüngten Salpeter- vergleichstöpfe. Bei V3 Sandzusatz war in diesen beiden Topfreihen der Anfangsgehalt an löslichem N (Salp.) gleich. (Vergl. hierzu auch die zugehörige Texttabelle u. d. viel besseren Stand d. Zuckertöpfe.) Möglicherweise werden mit Strohlagererden später noch bessere Resultate erzielt, wenn ein Zusatz von Fäulnisorganismen bezw. auch von Gärungsorganismen, pektin vergärenden und zellulosevergärenden Organismen, schon während der Lagerung der Erden erfolgt. Siehe Versuch b und Texttabelle: Töpfe mit und ohne Organismen-Zusatz. Interessant ist schließlich, daß auch Leguminosen in zucker- behandeltem bezw. strohbehandeltem Boden, nach längerer Lagerung desselben erst bestellt, in ähnlicher Weise wie die Nicht- leguminosen erhebliche Mehrernten zu liefern vermögen, wenn auch nach den bisherigen Erfahrungen bei weitem nicht so auffallende Mehrernten wie dort. Jedoch scheinen die einzelnen Leguminosen sich auch in diesen Fällen oft verschieden zu verhalten. Jahresbericht der Vereinigung für angeicandte Botanik VIII Tafel 1 Einfluß der organischen Substanz auf das Pflanzenwachstum bei baldiger Bestellung von Lauchstädter Boden nach seiner Behandlung mit Zucker a) Zeitige Aufnahme ein und desselben Versuches Hafer Boden ohne mit Zucker Buchweizen ohne mit Zucker B o h n c n ( Vifia faha) ohne mit Zucker behandelt b) Spätere Aufnahme ein und desselben Versuches H a f e r Boden ohne mit Zucker Buchweizen ohne mit Zucker Bohnen ( Virin faha) ohne mit Zucker behandelt B. Heime, Stickstoffvcrsonjung des Bodens und der Pflmizen. Jahresbericht der Vereinigung für angeicanätc Botanik VIII Tafel II Einfluß der organischen Substanz auf das Pflanzenwachstum bei Bestellung nach mehrmonatlicher Lagerung des behandelten Bodens Buchweizen a) Versuch mit Sandzusatz (ca. ^U Lauchstädter Lösslehm -\- "A Sand) f ii 4 -*■ \ , > r V, .»-V ^ .■; •4< aT" -» ^' *"**" ^^^ ^1 -i 'P,l '^•^'<' 7^'j^•: ^ 1^ jg9k.> o ^ fk iihfnl fMIH^^ BBjfPi "3", ''■*i . -^ VrErVCni^H '^''flrSa? 9I4n* -^-J ;^- /i raj^M^,, ^r <^i3M P|m " r^^^^i^*-^ ■iwljp^if^^ ^ liBJ ^^^ T^ffiS-' ■"2^ I^Mv^ y ^ ^pMRHi i^T jUl^rag- J IMHe^^'' ^aüM r ^Ik^ ^ i^ m jB «9 I^B*- mm << ■I 747 1^^^ 1 IPh».,. wmm Boden obne Zucker ohne Zucker + 1 g N (Salpeter) pro Topf ohne Stickstoff Gesamt-N-Ernte: 1,57 g N 0,42 g N (für 3 Gefäße) und N- Gehalt . . (1.33 »/qJ^") (0.970/0 N) mit Zucker behandelt ohne Stickstoffzusatz 2,32 g N (1,35% N) b) Versuch ohne Sandzusatz mit reinem Lauchstädter Boden Boden ohne Stroh + 1 g N (Salp.) pro Topf Gesamt-N-Ernte: 2,65 g N (für 3 Gefäße) und N- Gehalt . . (1,32 »'o ^') oline Stroh mit Stroh mit Stroh behandelt ohne N ohne N ohne N- Zusatz ohne Päulnisorganism.- mit Fäulnisorg.-Zusatz 1,54 g N 1,94 g N 0,74 g N (1,02 % X) (1,13 Vo N) jB. Heime, Stickstoffversorgung des Bodens und der Pflanzen. (1,20 0/0 N) B. Heinze. Kalkstickstoff und Kalksalpeter als Stickstoffdünger. 79 Kalkstickstoff und Kalksalpeter als Stickstoffdünger. \'on Dr. ß. Heiuze, Halle a. Saale. (Mitteilungen aus der bakt. Abtg. der Agrikultur -ehem. Versuchsstation Halle a. Saale ^). In den einzelnen landwirtschaftlichen Betrieben, wie auch im Obstbau und Gartenbau, insbesondere beim feldmäßigen Gartenbau, hat man bekanntlich bei Stalldüngermangel schon längst zu mancherlei künstlichen Düngemitteln greifen müssen, um möglichst hohe Erträge zu erzielen, und zwar neben den verschiedenartigsten phosphorsäure-, kali- und kalkhaltigen Düngemitteln vor allem zu den N-haltigen Handelsdüngern, zum Chilesalpeter, schwefelsauren Ammo- niak sowie zu einigen weniger wichtigen und weniger wertvollen organischen Handelsdüngern. Unter solchen Umständen ist gerade die Zufuhr von künstlichen N- Düngern umsomehr geboten, als ja der Stickstoff neben einer rationellen Wasserversorgung im allgemeinen wohl immer den wichtigsten Faktor bei der Erhöhung der Erträge unserer landwirtschaftlichen und gärtnerischen Kulturen bildet. Dabei mag hier allerdings gleich vorausgeschickt und betont werden, daß man Maximalernten, wenigstens in den speziellen land- wirtschaftlichen Betrieben, regelmäßig wohl niemals mit Mineral- düngern allein wird erzielen können, sondern lediglich bei gleich- zeitiger Anwendung von Stalldünger und Mineraldünger, d. h. wenn man dem Boden wenigstens alle zwei bis drei Jahre eine wenn auch nur relativ kleine oder mittlere Stallmistgabe einverleibt. Jedenfalls ^) Nach der einschlägigen Literatur unter besonderer Berücksichtigung der Ergebnisse eigener Untersuchungen des ^'erfassers unter Mitwirkung von 0. Rahn und W. Reidemeister. Vorläufige Mitteilungen sind schon in Landw. Jahrb. 1910, Ergbd. III, unter Arbeiten der Versuchsstation Halle, Bodenbakt. Untersuchungen, und in Landw. Mitt. f. d. Provinz Sachsen, Beilage d. Hall. Ztg. 1909, erschienen. Mitteilungen anderer Autoren in Lafars Technischer Mykologie, im Centralblatt für Bakteriologie, in Landw. Versuchsstat. usw. 80 B- Heinze. wird man besonders auch vom bakteriologischen Standpunlite aus im allgemeinen niemals Maximalernten erzielen , wenn man lange Jahre ohne jede Stallmist- oder Gründüngung zu wirtschaften sucht und alljährlich nur Mineraldünger in geeigneter Form und Menge dem Boden zuführt. Bei einer von Zeit zu Zeit erfolgenden Zufuhr von Stallmist muß man neben dessen direkter Düngewirkung und einer durch ihn bewirkten allgemeinen Bodenverbesserung auch seine besondere Bedeutung als indirektes Düngemittel beachten und zu würdigen suchen und zwar als Träger von mancherlei Organismen- keimen und damit zugleich als ein äußerst vorteilhaftes Impfmaterial, wenn es gilt, gewisse Umsetzungen im Boden zu beschleunigen bezw. auch zu verstärken. In ähnlicher Weise dürfte übrigens auch zur vorteilhafteren Verrottung von Gründüngungsmassen, zu einer schnelleren und besseren Aufschließung derselben, eine gleichzeitige oder spätere Zufuhr kleiner Stallmist- oder Jauchenmengen oftmals von nicht zu unterschätzender Bedeutung sein, natürlich unter der Voraussetzung, daß eine solche schnellere Verrottung überhaupt er- wünscht und zulässig ist. Unter allen N -haltigen Düngemitteln hat nun neben dem Chile- salpeter das schwefelsaure Ammoniak eine von Jahr zu Jahr steigende Verbrauchsziffer aufzuweisen. Letzteres wird bekanntlich als Neben- produkt bei der Gas- und Koksfabrikation gewonnen, und unsere hei- mische Industrie, welche in früherer Zeit die ihr in genannter Rich- tung zur Verfügung stehende und auszubeutende N-Quelle nur in recht beschränktem Maße ausnutzte, sucht nun neuerdings dem Umstände, daß der N-Bedarf fortwährend steigt und auch der Chilesalpeterpreis immer weitere Steigerungen erfuhr, insofern mehr und mehr Rechnung zu tragen, als sie ihre Produktion an schwefelsaurem Ammoniak in den letzten Jahren schon recht erheblich gesteigert hat und wohl auch noch weiter zu steigern gedenkt. Man kann infolgedessen beobachten, wie rein zahlenmäßig der Ammoniakstickstoff bereits in eine immer schärfere Konkurrenz mit dem Chilesalpeter getreten ist. Dies geht aus folgenden Zahlen ^) über den Verbrauch unserer heimischen Land- wirtschaft an beiden Düngemitteln in den Jahren 1900 — 1910 ohne weiteres hervor. ^) Vergl. hierzu Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich 1900 bis 1910 und im besonderen auch W. Seh neide wind, N-QueUen und N-Düngung. BerUn (P. Parey) 1908, S. 63 und 64. Kalkstickstoff und Kalksalpeter als Stickstoffdünger. 81 Verbrauch der deutschen Landwirtschaft an den beiden wichtigsten N-Düngern^). Chilesalpeter Schwefelsaures Ammoniak^) 1900: 3 527 890 dz 1200000 dz 1901: 3 870 200 „ 1420000 „ 1902: 3 392150 „ 1620 000 „ 1903: 3 371602 „ 1690000 „ 1904: 3 638 227 „ 1860 000 „ 1905: 3 902 887 „ 2 260 000 „ 1906: 4 283 392 „ 2 500000 „ 1907: 4 238120 „ 2 630000 „ 1908: 4 356 810 „ 2 910000 „ 1909: 4 780 730 „ 3 330000 „ 1910: — (geschätzt auf: 4100000 „ im Min.) '^) Übrigens werden die bei uns in Deutschland produzierten Mengen an schwefelsaurem Ammoniak fast ausschließlich von der Landwirt- schaft verbraucht. Ammoniakdünger kommt bekanntlich auch in Form von Ammoniaksuperphosphaten zur Anwendung. Auf die Vorteile und Nachteile ihrer Verwendung soll hier nicht weiter ein- gegangen werden und in dieser Beziehung u. a. nur auf die genannte Schrift von W. Schneidewind verwiesen sein. Einige Bemerkimgeu über den Wirkiingswert von Ammoniak-N und Salpeter-N. Es würde hier natürlich viel zu weit führen, den im allgemeinen etwas niedrigeren Wirkungswert des Ammoniak-N gegenüber dem Salpeter -N etwas eingehender zu erörtern. Es mag daher nur kurz erwähnt und betont werden, daß die bald mehr, bald weniger auf- fallend schlechtere Ausnützung des Ammoniak-N nach unseren gegenwärtigen Kenntnissen über die ganze Frage sehr wahrscheinlich in der Hauptsache auf folgende vier wichtigeren Punkte zurück, zuführen ist und zwar 1. auf eine teilweise Verflüchtigung von NHs durch den CaCOs des Bodens, wenn auch nach Ansicht des Verfassers diese etwaige Verflüchtigung in den weitaus meisten Fällen wohl nur äußerst gering ist und infolgedessen auch praktisch nur wenig in Be- tracht kommt; ') Vergl. Anm. ^) Seite 80. ^) Nach spez. Mitteilung der Deutschen Ammoniak -Verkaufsvereinigung Bochum. Ende November 1910. Jahresbericht der Vereinigung für angewandte Botanik VIII 6 82 B. Heinze. 2. auf die mit Organisraenwirkungen zusammenhän- genden, unter gewissen Umständen möglichen N-Verluste, welche durch Entweichen von frei werdendem N in die Luft, z. B. bei der Denitrifikation oder auch bei der Salpeterbildung aus Ammoniak und event. gleichwertiger, bezw. nachfolgender Salpeter- zersetzung, entstehen können; diese N-Verluste dürften im allgemeinen auch praktisch schwerlich eine größere Rolle spielen; 3. auf eine teilweise Festlegung von NHb durch den Boden als solchen: durch Bodenbestandteile wie Kalk, Zeolithe, Humus u. a. m. ; durch derartige Ammoniakabsorptionsvorgänge dürfte in der Tat manchmal eine auffallend schlechtere Ausnützung hervor- rufen werden, und schließlich 4. namentlich auf eine teilweise, verstärkte Festlegung von Ammoniak-N durch niedere pflanzliche Organismen (in Form von Organismensubstanzen), also auf eine stärkere mikro- biologische Amid- und Eiweißbildung aus NHs als aus Salpeter, soweit man natürlich nach mancherlei neueren Beobachtungen bisher ein sicheres Urteil überhaupt gewinnen kann. Möglicherweise spielen bei dieser speziellen Art der Festlegung von Ammoniak-N und Salpeter-N auch mancherlei niedere tierische Organismen wie Infusorien, Amöben, Flagellaten u. a. gleichfalls eine gewisse Rolle. Auf alle Fälle aber werden sich je nach den gerade vorhandenen speziellen und verschiedenartigen Bodenverhältnissen, insbesondere auch je nach der voraufgegangenen Vorfrucht, je nach der Art der Unterbringung des Düngers, wie auch nach der Art der jeweiligen Bodenbearbeitung diese Erscheinungen auf den Feldern in verschie- dener Stärke bemerkbar machen. Im Gegensatz zu dieser vielfach schlechteren Ausnützung des Ammoniak-N gegenüber dem Salpeter-N sind jedoch auch manche Versuche bekannt, nach denen der Ammoniak-N nicht nur ebensogut wie Salpeter-N, sondern sogar auffallend besser gewirkt hat. Jeden- falls sind die oben angeführten Zahlen über den Verbrauch an beiden Düngern für unsere Landwirtschaft wie für die speziellen obst- und gartenbaulichen Betriebe von nicht zu unterschätzender Bedeutung, umsomehr als bekanntlich die chilenischen Salpeterlager schon nach wenigen Jahrzehnten abgebaut sein werden, und andere abbauwürdige bisher nicht aufgefunden wurden. Erst in allerneuester Zeit will man in Chile und wohl auch in Peru weitere abbauwürdige große Lager aufgefunden haben; auch will man mit Hilfe verbesserter Verfahren Kalkstickstoff und Kalksalpeter als Stickstoffdünger. 83 das bisherige minderwertige Material, wie auch die alten Abfallmassen noch recht gut ausnützen können ^). Alles das ist natürlich auch dann noch von ganz erheblicher Bedeutung, wenn es gelingt, in absehbarer Zeit die neuesten künst- lichen N-Düngemittel, welche schon recht preiswert hergestellt werden können, in bedeutend größeren Mengen zu beschaffen, als es bisher möglich ist, zumal ja auch der N-Bedarf sich noch ganz ge- waltig steigern kann und auch steigern wird. Allerdings kommen gegenwärtig diese neuesten N-Düngemittel wegen der relativ kleinen herstellbaren Mengen praktisch noch kaum in Betracht bezüglich des ganzen Weltbedarfs. Es sind dies bekanntlich die sog. Kalkstick- stoffe, der Stickstoffkalk und der Kalkstickstoff (beides Kal- ziumzyanamid) und der Kalksalpeter (Kalziumnitrat), alles N-Dünger, welche nach langjährigen Vorversuchen aus dem elementaren N der Luft auf rein chemischem Wege mit Hilfe billiger elektrischer Kraft nunmehr schon preiswert gewonnen werden können. Übrigens wird die schon zu einer gewissen Volkstümlichkeit gelangte Bezeichnung „Kalkstickstoff", welche wenig schön klingt und obendrein die Sache selbst nur wenig kennzeichnet, wohl schwerlich wieder zum Verschwinden gebracht werden können. Besser und vor allem auch sinngemäßer wäre wohl eine Bezeichnung als „Karbidstickstoff" oder irgend eine andere ähnliche Bezeichnung gewesen. Schließlich mag schon an dieser Stelle betont werden, daß der Kalksalpeter diejenige Form der Salpetersäure bezw. des Salpeters vorstellt, in welcher diese N- Verbindung auch in der Natur im Boden selbst vor- kommt bezw. hier gebildet wird. Beide Dünger sind aber im wahrsten Sinne des Wortes auch künstliche Düngemittel. Spezielle Betrachtungen über die neuen N-Düngemittel. Die soeben aufgeführten neuen N-Dünger stellen übrigens recht wichtige künstliche Düngemittel vor. Zweifellos werden die- selben nicht nur in speziellen landwirtschaftlichen sondern auch in obstbaulichen und gärtnerischen Betrieben, besonders in bezug auf die viel N beanspruchenden Gemüsearten im Laufe der Jahre eine um so größere Bedeutung gewinnen, als ja nach mannigfachen, von verschiedener Seite angestellten Versuchen die Wirkung derselben derjenigen des Salpeters und des schwefelsauren Ammoniaks im all- 0 Vergl. hierzu auch die weiteren Bemerkungen des Verf. in diesem Jahresberichte in der Abhandlung über N -Versorgung des Bodens und der Pflanzen. 6* 84 B. Heinze. gemeinen wenigstens nicht viel nachsteht, wie oben schon kurz an- gedeutet wurde. Bevor indessen die Art der Wirkung, die sog. N- Ausnützung, wie auch die Art und Weise der Anwendung der neuen Produkte und "deren Bedeutung für Landwirtschaft, Obst- und Gartenbau etwas näher erörtert wird, mögen auch hier erst einige Worte über ihre Herstellung ^) gesagt werden, welche von besonderem allgemeinerem Interesse sind. Wenn auch weiterhin gerade die Produktion von schwefelsaurem Ammoniak als Nebenprodukt bei der Gas- und Koks- fabrikation allmählich zweifellos noch weiterhin gesteigert werden kann, so ist die Bedeutung der neuen N-Dünger darum doch nicht geringer, da ja gerade ihre Produktion bei Vorhandensein billiger elektrischer Kraft sich wahrscheinlich in völlig ungeahnter Weise wird steigern lassen. Außerordentlich große Projekte sind auch schon geplant bezw. in Angriff genommen. Sehr beachtenswert sind auch verschiedene neuerdings wiederholt gemachte Hinweise, eine Aus- nützung der bedeutenden Wasserkräfte unserer Kolonien Kamerun und Ostafrika zu event. Kalkstickstoff- bezw. Karl^idgewinnungsanlagen dabei in ernstliche Erwägungen zu ziehen. Augenblicklich kommen freilich, wie oben schon einmal hervorgehoben wurde, die in nächster Zeit herstellbaren, relativ kleinen Mengen praktisch kaum in Betracht in bezug auf die Deckung des Bedarfs der ganzen Welt an N-Dünger. Auf alle Fälle dürfte jedoch die billige Überführung des freien, un- gebundenen N der Luft in gebundenen, nämlich in Kalziumzyan- amid, also die Herstellung des sog. Kalkstickstoffes oder besser Karbidstickstoffes durch Adolf Frank und seine Mitarbeiter zweifellos zu den glänzendsten Errungenschaften der modernen Chemie zu rechnen sein. Seine Bedeutung ist um so größer, als uns ja in der atmosphärischen Luft mit etwa ^/ö N eine geradezu unerschöpfliche NQuelle zur Verfügung steht; hat man doch in der über 1 ha Land ruhenden Luftsäule nicht weniger als etwa 790 000 dz N berechnet, eine Menge, welche in Form von Salpeter etwa 5000000 dz ausmachen würde, d. h. also etwas mehr, als zurzeit von der gesamten deutschen Landwirtschaft an Chilesalpeter zu Düngezwecken verbraucht wird. a) Die Herstellung von Kalkstickstoff. Um die hier zunächst in Betracht kommenden beiden Produkte zu gewinnen, verwendet man das sog. Kalziumkarbid, den be- kannten zu Leuchtzwecken benutzten Stoff, zu dessen Gewinnung aus ^) S. u. a. W. Schneide wind, X-Quellen und X-Düngung. Berlin 1908. Kalkstickstoff und Kalksalpeter als Stickstoffdünger. 85 Kalk und Kohle wiederum große und billige elektrische Kräfte, so wie sie nur durch geeignete Wasserkräfte beschafft werden können, erforderlich sind. Das N-Produkt wird nun entweder aus dem Karbid an Ort und Stelle seiner Erzeugung gewonnen, oder aber es wird das Karbidprodukt von auswärts bezogen und auf den N-haltigen Dünger verarbeitet, und zwar geschieht dies dadurch, daß man nach Frank und Caro in geeigneter Weise von Sauerstoff weitgehend befreite, also möglichst sauerstoffarme und N-reiche Luft über geschmolzene, hoch- erhitzte Massen von Kalziumkarbid leitet. Auch kann man direkt mit einer Kalk- und Kohleschmelze arbeiten. Bei dem betreffenden Verfahren resultiert ein alkalisch reagierendes, grauschwarzes Pulver mit etwa 20 ^/o N. Zur praktischen Verwertung und Ausnützung dieser hochbedeutsamen Entdeckung wurde von der Firma Siemens & Halske und der Deutschen Bank die sog. Zyanidgesellschaft gegründet, welche jetzt in fast allen Kulturländern Fabrikanlagen ge- schaffen hat bezw. zu schaffen gedenkt. b) Die Herstellung des Stickstoffkalkes. Der Stickstoffkalk, welcher in seiner Zusammensetzung und auch seinen Eigenschaften dem Kalkstickstoff fast ganz gleich ist, wird von der Gesellschaft für N-Dünger in Westeregeln (Bezirk Magde- burg) G. m. b. H., nach dem Verfahren von Polzeniusz hergestellt. Von dem vorher genannten unterscheidet sich dieses Verfahren nur dadurch, daß dem Kalziumkarbid 10% Chlorkalzium zugegeben wird. Dadurch wird erreicht, daß die N- Aufnahme schon bei einer be- deutend niedrigeren Temperatur (bei etwa 700*' C) vor sich geht, während bei dem ersten Verfahren ungefähr 2000 ^ C notwendig sind. Hierbei wird ein Produkt in derselben Form wie im Kalkstickstoff — Kalziumzyanamid — mit etwa 17 — 19 7o N gebildet. Die Gesell- schaft hat inzwischen eine weitere viel leistungsfähigere Anlage in der Nähe von Cöln a. Rh. gegründet. Auch ist es jedenfalls von einiger Bedeutung, daß gerade letzteres Fabrikat bei uns in Deutschland be- reits gegenwärtig in etwas größerem Maßstabe gewonnen wird, und daß ferner der Preis des Stickstoffkalkes wie auch des Kalkstickstoffes schon jetzt bei gleicher N- Menge wie auch bei annähernd gleicher Wirkung wie die bisher fast ausschließlich verwandten N-Düngemittel, Salpeter und Ammoniak sich immerhin erheblich niedriger als der des Chilesalpeters stellt. Übrigens haben schon seit fast zwei Jahren die beiden sich früher ziemlich lebhaft bekämpfenden Einzelgesellschaften eine einzige 86 B. Heinze. Verkaufsgemeinschaft gebildet, welche die beiden Produkte nunmehr nur noch unter einem Namen „Kalkstickstoff" auf den Markt bringt. c) Die Herstellung des Kalksalpeters. Weiterhin wird auch der Kalksalpeter in ähnlicher Weise auf elektrolytischem Wege gewonnen; bei dem diesbezüglichen Verfahren (nach Birkeland-Eyde, Christiania) hat man eine direkte Oxydation des elementaren Luftstickstoffs vor sich. Sobald übrigens die elek- trischen Entladungen eines mäßig hoch gespannten Wechselstromes innerhalb des magnetischen Feldes in Form einer Scheibe gepeischt werden, wird die Verbrennung des elementaren N außerordentlich be- fördert. Bei weit geringerer elektrischer Spannung können neuerdings größere Mengen Luft passieren, aus denen eine billigere wie auch be- deutend höhere Ausbeute an Salpetersäure als bisher erzielt wird. Den Prozeß läßt man sich in einem trommeiförmigen Luftverbrennungs- ofen bei etwa 3000 ^ C vollziehen. Es wird zunächst Stickoxyd (NO) erhalten. Bei schneller Abkühlung soll man es jetzt ohne nennens- werte Verluste erhalten. Das bei etwa 600 — 700*^ C dem Ofen ent- strömende NO verbindet sich mit 0 zu NO^» , welches durch ver- schiedene Türme geleitet wird und hier mit H^O gewaschen eine etwa öOVoige Salpetersäure liefert; letztere wird mit Kalk gesättigt. Zur besseren praktischen Verwendung — der Kalksalpeter ist be- kanntlich sehr hygroskopisch — bringt man trotz erhöhter Produktions- kosten bereits ein teilweise entwässertes Salz auf den Markt; ferner bringt man statt Kalziumnitrat jetzt auch Kalziumnitrit in den Handel, welches an und für sich weniger hygroskopisch ist. Der Kalksalpeter enthält etwa 13 7o N und dieser N selbst wird ungefähr zum Chile- salpeterpreise abgegeben. Die Produktion desselben ist jedoch noch eine recht geringe, so daß die deutsche Landwirtschaft jedenfalls vor- läufig mit ihm praktisch noch wenig zu rechnen haben wird. Über den Wirkungswert von Kalkstickstoff und Kalksalpeter. Über die sog. N-Ausnützung, die Wirkung des Kalkstickstoffes und des Stickstoffkalkes, sind nun im Vergleich zur Wirkung des Chilesalpeter-N und Ammoniak-N in den letzten Jahren schon recht zahlreiche Versuche eingeleitet und durchgeführt worden^). Weniger zahlreiche Versuche wurden bisher über die Wirkung des norwegischen Kalksalpeters angestellt. Solche Versuche waren aber in ausgedehn- ^) Vergl. W. Schnei de wind, N- Quellen und N- Düngung, u. Jahres- berichte der Versuchswirtschaft Lauchstedt, Arbeiten der Agrikultur -ehem. Versuchsstation Halle a. S. Vergl. auch die Arbeiten anderer Autoren. Kalkstickstoff und Kalksalpeter als Stickstoffdünger. terem Maße zunächst auch weniger notwendig, da ja der Kaisalpeter eine X-Form vorstellt, deren Wirkung von vornherein ziemlich klar liegt. Bei seiner Zusammensetzung muß er eben in ganz ähnlicher Weise wie der Chilesalpeter auf die Pflanzenentwicklung einwirken. Etwas anders muß sich naturgemäß seine Wirkung bei regelmäßig wiederholter Gabe auf den Boden selbst bemerkbar machen. Hier muß er viel günstiger als der Chilesalpeter wirken, der infolge seines Natrongehaltes zumal auf tonige Böden sehr ungünstig einwirken kann, indem er eine oft mehr, oft weniger starke Verschlemmung desselben und damit eine teilweise Aufhebung der Krümmelstruktur und Über- führung in die Einzelkornstruktur hervorruft. Auch ist ja der Kalk- salp et er als Kalziumnitrat diejenige Form des Salpeters, als welche er vorwiegend in natürlicher Weise im Ackerboden vorkommt, und welche aus dem organischen Boden-N allmählich durch Organismen- wirkungen gebildet wird, und zwar nach früheren Untersuchungen von W. Krüger und dem Verfasser wie auch nach den weiteren diesbezüglichen gemeinschaftlichen Versuchen des Verfassers mit O. Rahn, E. John, W. Reidemeister und G. Ritter immer nur bis zu einem jeweiligen Maximalgehalte des humosen Lauchstedter Bodens von etwa 5 mg N pro 100 g wasserfreien oder etwa 47^ ing N pro 100 g frischen Bodens mit normalem Wassergehalte. Im Gegen- satz zum Lauchstedter Boden war bei anderen Böden, Sand-, Ton-, anmoorigen Böden, der Gehalt an Salpeter-N auffallend geringer. Weit größere Salpetermengen wurden allerdings von uns schon beobachtet, wenn man dem Boden kleinere oder größere Mengen N in Form ver- schiedener N -Verbindungen zusetzte und denselben etwa zwei bis drei Monate lagern ließ. Einige Zahlen zeigen dies sehr deutlich: a) Töpfe mit stedter und N-Zusatz 15 kg Lauch- Boden in Form von N- Zusatz pro 100 g Boden mg N Anfangs- gehalt an Salpeter-N pro 100 g Boden mg N Endgehalt an Salpeter-N pro 100 g Boden mg N Ammonsulfat . [kleine Gabe 1 große Gabe 5 50 1,80 1,80 11,20 22,89 Asparagin . . [kleine Gabe l große Gabe 5 50 1,80 1,80 10,00 29,37 Pepton . . . (kleine Gabe 5 1,80 6,44 1 größere Gabe 50 1,80 25,29 Kasein . . 1 kleine Gabe \ größere Gabe 5 50 1,80 1,80 5,26 16,73 Ohne Zusatz ohne Zusatz 1,80 2,80 B. Heinze. b) Töpfe mit je 13 kg Lauch- stedter Boden lind N-Zusatz in Form von N-Zusatz mg pro 100 g mg N Anfangs- gehalt an Halpeter-N pro 100 g Boden mg N Maximal- gehalt an Salpeter-N pro 100 g Boden mg N Ammonsulfat Asparagin Harnstoff Pepton Kalkstickstoff Ohne Zusatz Andere Versuche ohne N- Zusatz 30 30 30 30 30 ohne N 1,01 1,01 1,01 1,01 1,01 1,01 ohne N i ca. 1,00 25,95 16,54 28,64 23,00 2,69 1,75 ca. 5,00 Ähnhch höhere Salpeter-N-Zahlen werden übrigens erhalten, wenn man den betreffenden Boden mit größeren Mengen organischer Substanz in Form von Zucker, Stärke, Stroh, Zellulose usw. behandelt und ihn längere Zeit lagern läßt^). Der Kalksalpeter wirkt naturgemäß ganz ähnlich wie der Chile- salpeter auf das Pflanzenwachstum ; auch das Kalziumnitrit muß immer ähnlich wirken, wenn seine weitere Oxydation normal und vor allem schnell genug verläuft. Wie aber wirkt der Kalkstickstoff im Boden und wie er- klärt sich seine Wirkung auf Boden und Pflanzenwachstum, welche Umsetzungen erleidet er im Ackerboden? Über die Umsetzungen, über die wirksamen Bestandteile des „Kalkstickstoffs" können uns natur- gemäß die zahlreichen, von den verschiedensten Autoren angestellten Feldversuche keinerlei genaue Auskunft geben; eine größere oder völlige Klarheit kann vielmehr durch geeignete Laboratoriumsversuche in Verbindung mit Keimungs- und exakten Düngungsversuchen, Vege- tationsversuchen nur dann erlangt werden, wenn man die Umsetzungen sowohl in bestellten wie auch in unbestellten Töpfen verfolgt. Nach allen bisherigen anderweitigen Untersuchungen, besonders nach denen von Immendorff und Kappen, Perrotti, Ulpiani, Remy, dann von Löhnis, Wagner usw. wie auch nach unseren eigenen Unter- suchungen und Beobachtungen in Halle bezw. Lauchstedt, kann man den Verlauf der Umsetzungen des Kalkstickstoffes im Boden nunmehr wohl als einen relativ einfachen bezeichnen. Nach allen bisherigen Versuchen ist er zweifellos einfacher, als man anfangs meist glaubte. ') Vergl. hierzu Landw. Jahrb. 1910, Ergbd. III und die Abhandlung in diesem Jahresber. über N -Versorgung des Bodens und der Pflanzen. Kalkstickstoö" und Kalksalpeter als Stickstoffdünger. 89 Aus den beiden in der Hauptsache Kalziumzyanamid enthal- tenden N-Düngern, aus dem „Kalkstickstoff" wie auch aus dem „Stick- stoffkalk" wird man sehr bald in einem Boden, welcher sich in gutem Kulturzustande befindet — und für solche Böden wird man zunächst den Kalkstickstoff als geeignetes N-Düngemittel erklären müssen — eine Abspaltung von freiem Zyanamid beobachten können, gleich- zeitig aber auch die Abspaltung von Ätzkalk, welcher indessen bald von den Bodenbestandteilen festgelegt und gewissermaßen un- schädlich gemacht wird. Auf die aller Wahrscheinlichkeit nach zu- nächst entstehenden, event. verschiedenartigen Zwischenprodukte, die basischen Kalziumzyanamidverbindungen, wie auch auf die etwaigen späteren Zwischenprodukte, vor allem die wahrscheinliche Bildung von Ammoniumzyanat — durch Anlagerung von H2O und die darauf folgende Umlagerung in Harnstoff — soll hier nicht näher eingegangen werden. Im Gegensatz zu manchen anderweitigen Untersuchungen wird nach unseren Beobachtungen beim Lagern der Erden der Kalk- stickstoff bezw. das frei werdende Zyanamid^) zum Teil wenigstens schon auf rein chemischem Wege in Ammoniak umgewandelt; andererseits aber scheint das frei gewordene Zyanamid wahschein- lich nur dann, wenn es in nicht zu starker Konzentration vorhanden ist, was ja aber bei einer normalen gewöhnlichen Düngung so gut wie ausgeschlossen ist, durch gewisse, noch nicht näher bekannte und erst wenig studierte Bodenorganismen auffallend schnell ebenfalls in Ammoniak übergeführt zu werden, welches nach neueren For- schungen zum Teil schon direkt als solches oder aber durch weitere Organismenwirkungen in Salpeter übergeführt, als Pflanzen- nahrung dienen kann. Dies ist u. a. besonders durch die neueren Untersuchungen von W.Krüger mit sterilisierten Töpfen gezeigt worden. Diese direkte Ammoniakaufnahme durch die Pflanzen, also ohne vorherige t'berführung in Salpeter, findet auch durch die weiteren Vegetationstopf- und Freilandversuche des Verfassers ihre Bestätigung, ^) Inzwischen ist eine wichtige weitere Arbeit von Kappen erschienen (Fühlings Landw. Zeitg. I'JIO, Bd. 59, H. 19), welche leider eingehender während des Druckes dieser Abhandlung nicht mehr berücksichtigt werden konnte. Es möge u. a. als besonders wichtig hier nur erwähnt werden, daß nach Kappen die intermediäre Bildung von Harnstoff vollständig sichergestellt ist ; außerdem werden Harnstoff und Ammoniak auch nach ihm wahrscheinlich fast ausschließlich oder vorwiegend auf rein chemischem Wege aus dem Zyan- amid gebildet durch Vermittelung von anorganischen Bodenbestandteilen als Katalysatoren, insbesondere durch Mangan- und Eisenverbindungen. .Jedenfalls wird die Zersetzung des Zyanamids in dem einen Boden mehr auf chemischem, in einem anderen mehr auf mikrobiologischem Wege erfolgen. 90 B. Heinze. u. a. vor allem durch zum Teil ohne besondere Sterilisierung durch- geführte Versuche ohne und mit Salpeter- und Ammoniakdüngung und gleichzeitiger Schwefelkohlenstoff-Behandlung. Durch eine solche kann die Salpeterbildung aus Ammoniak-N, organischem N monatelang vollständig unterdrückt werden, während die Ammoniak- bildung aus Boden-N oder zugesetztem organischen N keine nennens- werte Hemmung erleidet (nach Versuchen in bestellten und unbestellt gebliebenen Töpfen wie auch nach Freilandversuchen). Zur Beurteilung der ganzen Frage nach unseren gegenwärtigen Kenntnissen ist schließlich vor allem auch die Tatsache nicht unwichtig, daß dieses meist auffallend schnell aus dem „Kalkstickstoff" ge- bildete Ammoniak im allgemeinen nur sehr langsam in Salpeter umgewandelt wird. Dies geht auch aus unseren speziellen Versuchen und folgenden hier nur auszugsweise wiedergegebenen Zahlen über Ammoniak- und Salpeterbildung deutlich hervor: Lagererden in Töpfen 21 kg Erde mit ca. 15"/, H,0 Zusatz von 25 mg N in Form von (25 mg N pro 100 g frischer Erde) Stickstoffgehalt des trockenen Bodens bei Beginn des des Versuchs Ammo- niak-N Sal- peter-N pro 100 g Trockenerde mg N mg N nach ca. 20 Tagen Ammo- niak-N Sal- peter-N pro 100 g Trockenerde mg N i mg N nach ca. 36 Tagen Ammo- niak-N Sal- peter-N pro 100 g Trockenerde mg N I mg N Ammonsulfut Kalkstickstoff Fleischmehl . Knochenmehl Ohne N-Zu.satz 29,4 29,4 29,4 29,4' 1,4 1,4 1,4 1,4 1,4 •2,0 20,7 1,0 1,3 32,41 6,70 22,49 21,58 2,21 18,30 28,92 8,53 23,36 21,02 2,86 Das aus dem Kalkstickstoff bezw. aus Zyanamid gebildete Ammoniak bleibt demnach als solches ziemlich lange im Boden absorbiert, bevor es in Salpeter übergeführt wird. Auf Organismen armen Böden wie auch auf solchen mit ge- ringer Absorptionskraft und verschiedenartiger mechanischer und chemischer Zusammensetzung können alsdann bald stärkere, bald weniger starke Abweichungen von dem hier für den normalen Boden erörterten Verhalten des „Kalkstickstoffs" eintreten. Diese Ab- weichungen dürften zuweilen, wie verschiedentlich schon angeführt und beobachtet worden ist, zu einer Ansammlung von giftigen Stoffen in Form von Zyanamidverbindungen und Dizyan- diamid führen, wenn auch unsere eigenen bisherigen Versuche mit Kalkstickstoff und Kalksali^eter als Stickstoffdünger. 91 Kalkstickstoff und direkter Dizyandiamiddüngung noch keinerlei schäd- liche Wirkung auf Keimung und Entwicklung der Pflanzen haben erkennen lassen. Eine von anderer Seite hervorgehobene schädliche Wirkung von Phosphorwasserstoff und Azetylen, von Stoffen, welche in geringen Mengen beim Anfeuchten des „Kalkstickstoffs" entstehen, dürfte wohl kaum ernstlich in Frage kommen; eher könnte schon u. E. der ent- stehende Ätzkalk in größeren Mengen zuweilen etwas schädlich auf die Pflanzenentwicklung wie auch auf manche Organismenprozesse ungünstig einwirken, z. B. auf die Vergärung von N-armen oder N- freien, C-haltigen, kohlehydratartigen Stoffen, und zwar durch Unter- drückung bezw. Verzögerung derselben infolge der stärkeren Alkalität der getroffenen Bodenschicht. Durch die vorstehenden Erörterungen ül)er die Umsetzungen des „Kalkstickstoffs" im Boden dürften sich nunmehr wohl auch fast alle bei Düngung mit ihm bisher beobachteten Erscheinungen einigermaßen befriedigend erklären lassen. Nach mannigfachen von vielen Autoren, insbesondere auch von Schneide wind und Meyer ^), bisher angestellten Versuchen mit den neuen, oben genannten N-Düngemitteln, und zwar nach umfangreicheren Topf- und Freilandversuchen, sind dieselben recht gut wirksam, haben sogar manche Vorzüge, stehen jedoch unter den meisten Boden- und klimatischen Verhältnissen in ihrer Wirkung etwas hinter der Wirkung des Ammoniaksalzes zurück. Übrigens zeigen Kalkstickstoff und Stick- stoffkalk, im allgemeinen wenigstens, ganz die gleiche Wirkung; der Kalksalpeter zeigt ungefähr dieselbe Wirkung wie der Chilesalpeter, wie oben schon des nähern ausgeführt wurde. Im allgemeinen zeigt der Kalkstickstoff auf Lehmboden eine weit bessere Wirkung als auf Sandböden. Da alsdann die verschiedenen Kulturpflanzen auf den Kalk-N verschieden reagieren, so ist es nach W. Seh neide wind weniger richtig, mit Durchschnittszahlen zu operieren, sondern mit solchen, welche speziell für die einzelnen Pflanzen ermittelt worden sind. Nach seinen Erfahrungen wie auch nach denjenigen anderer Autoren kann der „Kalkstickstoff" entschieden mit viel größerem Vorteile bei der Kartoffel und dem Getreide als bei der Rübe an- gewandt werden. Da nun besonders nach W. Krügers^) Untersuchungen das 0 W. Seh neide wind, Berichte über die Versuchswirtschaft Lauchstedt und W. Schneide wind, N-Quellen und N-Düngung. ^) W. Krüger, Über die Nitrifikation, Landw. Jahrbücher Bd. 35, 1905; Arbeiten der Agrikult.-chem. Versuchsstation Halle II. 92 I»- Heinze. Ammoniak wohl von sämtlichen Kulturpflanzen in mehr oder weniger hohem Maße direkt aufgenommen wird und verwertet werden kann, und die Kartoffel eine mehr ammoniakliebende, die Rübe aber eine mehr salpeterliebende Pflanze ist, und da nach weiteren Unter- suchungen und Beobachtungen des Verfassers^) über Salpeterbildung im Boden gerade der „Kalkstickstoff" zwar sehr bald in Ammoniak, im allgemeinen aber nur sehr langsam in Salpeter umgewandelt wird, so ist es sehr wahrscheinlich, daß von der Kartoffel der größere Teil des Kalkstickstoffs schon in Form von Ammoniak aufgenommen wird, was bei der Rübe entschieden in viel weniger hohem Maße der Fall ist. Übrigens ist der Umstand einer auffallend langsamen Salpeter- bildung im Boden aus Kalkstickstoffen bei der Düngung mit denselben in vielen Fällen wohl insofern nicht unvorteilhaft, als man sicherlich weniger große Verluste durch die sog. Auswaschung zu befürchten hat, da ja das Ammoniak von den oberen Bodenschichten leicht und reichlich absorbiert und festgehalten wird, also auch nur in geringeren Mengen ausgewaschen werden kann. Über die Verwendung der Kalkstickstoffe möge alsdann nicht unerwähnt bleiben, daß sich dieselben, nach den bisher gesammelten Erfahrungen wenigstens, nur wenig oder schlecht für saure Humus- böden und für leichte Sandböden eignen; auf allen anderen, besonders auf den feinerdigen Böden mit reichlicherem Kalkgehalte, wird man sie indessen meist mit gutem Erfolge anwenden können. Wie schon von W. Seh neide wind betont wird, werden diese Düngemittel zu Sommerfrüchten am besten schon etwa 8 Tage vor der Bestellung gegeben, und man krümmere, pflüge oder hacke sie auch gleich nach dem Ausstreuen ein, damit sie ihre event. schädigenden Wirkungen verlieren. Ob ihre Anwendung zu Wintergetreide besser im Herbst vor der Aussaat oder im sehr zeitigen Frühjahr erfolgt, ist nach Schneidewind u. a. noch nicht entschieden. Es wird dies nach den verschiedenen Bodenarten jedenfalls auch ziemlich verschieden sein. Nach weiteren Versuchen scheint auf besseren Böden die Düngung im Herbst der Frühjahrsdüngung entschieden vorzuziehen zu sein. Recht schwierig ist das Ausstreuen der Dünger, so wie dieselben jetzt noch in den Handel kommen wegen ihres unangenehmen, meist sehr durchdringenden Geruches (nach Azetylen) und starken Stäubens, so daß ein Austreuen im großen ohne Düngermaschinen kaum mög- lich ist. Kleine Mengen lassen sich wohl ganz bequem mit der Hand *) S. auch Landw. Jahrbücher 1910 unter Arb. III d. Versuchsst. Halle: bodenb. U. Kalkstickstoff und Kalksalpeter als Stickstoffdünger. 93 ausstreuen, nachdem man ungefähr die doppelte Menge Erde, und zwar nicht zu feuchter Erde, beigemengt hat. Durch besseres Roh- material und durch ein besonderes Verfahren hofft man jedoch auch diesem Übelstande bald abhelfen zu können. In ähnlicher Weise wird man auch im Obst- und Gartenbau, besonders beim Gemüsebau, die neuen N-Dünger recht gut anwenden können, wenn man auch bisher mit denselben allem Anscheine nach erst relativ wenige systematische Versuche angestellt hat. Etwas ausgedehntere Versuche sind allerdings mit denselben schon bei man- cherlei gärtnerischen Kulturpflanzen gemacht worden, besonders von R. OttoProskau, E. Wein -Weihenstephan, P. Wagner-Darmstadt. Nach den bisherigen speziellen Untersuchungen und Beobachtungen kann man wohl mit einiger Berechtigung sowohl den Stickstoffkalk als auch den Kalkstickstoff — mit dem Kalksalpeter sind noch wenig umfangreichere Versuche angestellt worden — als sehr beachtungs- werte Düngemittel für gärtnerische Kulturen der verschiedensten Art, besonders für Gemüsearten, bezeichnen. In ihrer Wirkung haben sie sogar häufig schon den Chilesalpeter bei gärtnerischen Kulturen über- troffen. Auch hat man in manchen Fällen schon eine viel bessere Marktware als mit Chilesalpeterdüngung zu produzieren verstanden. Da gerade Gemüse (mit einseitiger Mineraldüngung produziert) meist weniger haltbar sind, so soll man den Mineraldünger möglichst nur als Beidünger in Anwendung bringen. Auch ist mit einseitiger über- reichlicher N-Düngung vielfach eine auffallende Qualität s Verschlech- terung der Gemüse verbunden; dies ist aber kaum noch der Fall, wenn gleichzeitig Phosphorsäure und Kali in richtigem Verhältnis mitgegeben werden. Das vorher erwähnte Verhalten der Kalkstick- stoffe bei Gartenkulturen dürfte sich nun neben anderen Faktoren (u. a. sorgfältigerer, günstigerer Bodenbearl)eitung im Garten, sehr langsamer Salpeterbildung aus Kalk-N) sowohl auf den Kalkgehalt der Produkte wie auch darauf zurückführen lassen, daß der in diesen Düngemitteln in organischer Form (als Amid-N) vorhandene N im Boden zunächst und bald in Ammoniak-N umgewandelt wird, der ja gut absorbiert bleibt und demnach auch viel weniger ausgewaschen werden kann. Ferner darf nicht unbeachtet bleiben, daß im allge- meinen der Ammoniak-N in vielen Böden in weit höherem Maße als der Salpeter-N festgelegt, d. h. in eine für die Pflanze zunächst nicht sofort aufnehmbare Form (Körpereiweiß) übergeführt wird und zwar durch mancherlei Organismenwirkungen. Es ist jedoch sehr wahr- scheinlich, daß derartiger nur vorübergehend festgelegter N infolge 94 B. Heinze. Kalkstickstoff und Kalksalpeter als Stickstoffdünger. besserer Bodenbearbeitung in gärtnerischen Betrieben den Pflanzen späterhin um so leichter wieder disponibel gemacht werden kann. Die in vorliegender Abhandlung berührte wichtige Stickstofffrage gehört zweifellos zu den sog. brennenden Fragen der Gegenwart wie auch noch der nächsten Zukunft in der gesamten landwirtschaftlichen Produktion, da der Chilesalpeter als N -Ersatzdünger für Stallmist immer teurer geworden ist und die Salpeterlager in Chile mehr und mehr erschöpft werden. Trotz der gesteigerten Produktion von schwefel- saurem Ammoniak als N-Dünger ist daher die Gewinnung und Ver- wendung der im vorstehenden etwas näher erörterten neuen, aus dem elementaren N der Luft hergestellten N-Dünger nicht hoch genug anzuschlagen, denn neben der Heranziehung und einer allmählich späterhin auch besseren Ausnützung von Organismenwirkungen (siehe diesen Jahresbericht: Abhandlung über N-Versorgung des Bodens und der Pflanzen) muß es und wird es zunächst vor allem mit Hilfe dieser neuen Produkte auch gelingen, einen keineswegs unbeträchtlichen Teil an den großen Summen zu sparen, welche alljährlich allein für Salpeter von der deutschen Landwirtschaft an das Ausland gezahlt werden. Es sind dies zurzeit noch immer etwas mehr als 100 Millionen Mark, Die weiteren großen Summen für N- haltige Düngemittel bleiben wenigstens im Lande. Schließlich mag hier nochmals betont werden, daß wir es in bezug auf die neuen, aus dem elementaren N der Luft gewonnenen N-Düngemittel im wahrsten Sinne des Wortes mit künstlichen Düngern zu tun haben. Dieser Umstand hat ja auch die Aufmerksamkeit der gesamten landwirtschaftlichen Betriebe in stärkstem Maße auf die- selben gezogen; zugleich stellt ihre Gewinnung einen großen Erfolg der deutschen wissenschaftlichen und technischen Chemie vor. Jeden- falls ist es außerordentlich wichtig und geradezu erstaunlich, daß es ihr gelungen ist, in dem Kalkstickstoff und dem Kalksalpeter Produkte zu gewinnen, welche mit den natürlich vorkommenden N- Verbindungen wie auch mit dem bei der Gas- und Koksfabrikation als Nebenprodukt gewonnenen Ammoniak schon erfolgreich konkurrieren können ; obwohl die neuen Luftstickstoffdünger keineswegs leicht herzustellen sind und obendrein auch mit ziemlich hohen Kosten belastet sind, so werden sie doch z. T. schon zum weitaus billigsten Preise auf den Markt gebracht, und auch als N-Düngemittel stehen sie nach mannigfachen Versuchen der Wirkung der bisher noch völlig dominierenden Dünger Ammoniak und Chilesalpeter im allgemeinen wenigstens nicht wesentlich nach. G. Gassner. Anbau u. PZntwicklung v. Getreidepfl. im subtrop. Klima. 95 Beobachtungen und Versuche über den Anbau und die Ent- wicklung von Getreidepflanzen im subtropischen Klima. Von Professor Dr. GiistaA' Gassner. I. Die vorstehende Mitteilung enthält neben eigenen Versuchen Beobachtungen aus der Praxis des Getreidebaus im Klima der La Plata- Staaten, im besonderen Uruguays, wozu mir ein dreijähriger Aufenthalt in diesem Lande (1907 — 1910) Gelegenheit bot. Es kann nun nicht meine Absicht sein, hier eine vollständige Darstellung des dortigen Getreidebaus zu geben; dazu sind meine Aufzeichnungen und Beobachtungen zu lückenhaft, auch hatte eine derartige Dar- stellung nie in meiner Absicht gelegen. Es handelt sich im folgenden vielmehr nur um die Wiedergabe vereinzelter Beobachtungen aus der Praxis, wie ich sie bei meinen Reisen im Lande und bei Gelegenheit von Besuchen landwirtschaftlicher Betriebe habe machen können, und die mir im Hinblick auf die immer steigende Bedeutung des süd- amerikanischen Getreidebaus einerseits und unserer mangelhaften Kenntnisse der dortigen Verhältnisse andererseits eine wenn auch lückenhafte Wiedergabe immerhin von allgemeinerem Interesse er- scheinen ließen. Den größeren Teil der vorstehenden Arbeit umfassen weiter eigene Versuche über den Anbau von Getreidepflanzen und ihre Ent- wicklung im Klima von Uruguay. Auch hier hatte die hier vorliegende Veröffentlichung dieser Versuche ursprünglich nicht in meiner Absicht gelegen, und viele Lücken sind hierauf zurückzuführen. Die Versuche waren vielmehr größtenteils zur Klärung der Rostfrage in Südamerika angelegt; bei der während der Untersuchungen sich herausstellenden Abhängigkeit des Auftretens der Rostpilze von dem Entwicklungs- zustand der Pflanzen ergab sich die Notwendigkeit, fortlaufende Be- obachtungen über die Entwicklung, Schossen usw. anzustellen, und diese Beobachtungen sind es in der Hauptsache, die ich jetzt nach 96 Gustav Gassner. meiner Rückkehr nach Deutschland in der vorliegenden Form zu- sammengestellt halie. Einen dritten Teil der Arbeit umfassen schließlich besondere Versuche, die ich in Anlehnung an frühere, in Gemeinschaft mit 0. AppeP) ausgeführte Untersuchungen über den Einfluß niederer Keimungstemperaturen auf die spätere Entwicklung von Getreide- pÜanzen angestellt habe. Die Versuche selbst wurden im Botanischen Garten bezw. auf dem phytopathologischen Versuchsfeld der Landwirtschaftlichen Fa- kultät der Universität Montevideo angestellt, die beide in Sayago bei Montevideo (34° 51' südlicher Breite) gelegen sind. Über die hier herrschenden Temperaturverhältnisse berichten die Tabellen I und II des tabellarischen Anhangs, die ich dem Boletin del Observatorio Nacional Fisico Climatologico de Montevideo entnommen bezw. nach den Angaben desselben berechnet habe. Die mittlere Jahrestemperatur ergibt sich im Freien auf Grund achtjähriger Beobachtungen (1901 — 1908) mit 17,1 ^'; die Monate Dezember — Februar mit etwas mehr als 23 " sind die heißesten, die Monate Juli — August mit etwa 10" Durchschnittstemperatur sind die kältesten Monate des Jahres. Die täglichen Temperaturschwankungen sind ganz bedeutende; die mittlere tägliche Temperaturschwankung beträgt in der Zeit Frühjahr — Sommer — Herbst ungefähr 20 ^' (im Dezember 1908 24,9"!); im eigentlichen Winter ist sie geringer (13 bis 14 "). Die absoluten Extreme sind natürlich noch viel bedeutender als diese Durchschnittswerte. Dementsprechend liegen die maximalen und minimalen Temperaturen in einem Monat sehr extrem (im November 1907 z. B. neben einem absoluten Maximum vom 40,7 " ein Minimum vom 1,2"; im Oktober 1908 36,4" und — 1,1"; siehe Tabelle II). Die jährlichen Regenmengen schwanken nicht unbedeutend und betragen im Jahresdurchschnitt etwa 760 mm ; sie verteilen sich in ziemlich regelloser Weise über das ganze Jahr, so daß in be- stimmten Monaten regelmäßig wiederkehrende Trockenperioden nicht vorkommen. Längere Perioden ohne Niederschläge können vielmehr in den verschiedensten Jahreszeiten auftreten und machen sich infolge der höheren Temperatur und geringeren Luftfeuchtigkeit im Sommer meist mehr fühlbar als im Winter. — Die relative Luftfeuchtigkeit ^) Appel und Gassner, Der schädliche Einfluß zu hoher Keimungs- temperaturen auf die spätere Entwicklung von Getreidepflanzen, Mitteil. a. d. Kais. Biolog. Anst. f. Land- und Forstwirtschaft Heft 4, pag. 5, 1907. Anbau u. Entwicklung v. Getreidepflanzen im subtropischen Klima. 97 beträgt im Jahresmittel 74 '^o (maximales Monatsmittel 81*^,o im Juni, minimales Monatsmittel 66 '^/o im Dezember); entsprechend den starken täglichen Temperaturschwankungen sind auch die täglichen Schwan- kungen der relativen Luftfeuchtigkeit sehr starke; dieselbe beträgt im Jahresdurchschnitt frühmorgens um 5 Uhr etwa 85 ^o, fällt dann bis mittags 2 Uhr bis auf etwa 60 " o um dann am Abend wieder schnell anzusteigen und am frühen Morgen mit 85 Vo ihr Maximum zu erreichen. — ■ Die Bewölkung des Himmels ist eine geringe, es herrschen wolkenlose oder doch heitere Tage vor; die geringste Be- wölkungsziffer zeigt der Januar, die größte Zahl der trüben Tage der Juni (16 trübe Tage im Durchschnitt). Über weitere Einzelheiten des Klimas sei auf das oben schon erwähnte Boletin del Observatorio Nacional Fisico Climatolögico de Montevideo verwiesen. Der Verlauf der jährlichen Temperaturkurve ist, wie ein Ver- gleich zeigt, in den einzelnen Jahren annähernd der gleiche; derartige Schwankungen, wie wir sie z. B. in Deutschland zwischen den einzelnen Jahren haben, wo wir zwischen zeitigem und spätem Frühjahr, warmen und kalten Wintern und Sommern unterscheiden können, kommen im Klima von Uruguay nicht vor; vielmehr ist der jährliche Verlauf der Temperatur eine als ziemlich konstant anzusehende Erscheinung (vergl. z. B. die in den Tabellen wiedergegebenen Daten der Jahre 1901 bis 1908). In der Darstellung meiner sich auf drei Jahre erstreckenden Beobachtungen ist daher, abgesehen von der tabellarischen Aufzählung des Versuchsmaterials, von einer Trennung der Versuche nach Ver- suchsjahren Abstand genommen, vielmehr sind im Hinblick auf den gleichartigen Verlauf des Klimas in den einzelnen Jahren die Be- obachtungen der Jahre 1907 — 1910 in gemeinschaftlicher Darstellung als Beobachtungen eines Jahres zusammengefaßt (siehe z. B. graphi- sche Darstellung Figur 1 und tabellarische Belege in Tabelle III — V des tabellarischen Anhangs). Was die Gliederung des Stoffes anbetrifft, so gebe ich im folgenden zunächst eine t^bersicht über die Entwicklung der Haupt- getreidearten Weizen, Roggen, Gerste und Hafer bei ihrem Anbau in Uruguay (Abschnitt II — V), wobei auch die Beobachtungen aus der Praxis an den entsprechenden Stellen wiedergegeben sind. In den letzten Abschnitten gehe ich dann näher auf die oben schon erwähnten Versuche über die Bedeutung der Keimungstemperatur für die spätere Entwicklung der Getreidepflanzen ein. Ein Vergleich dieser Versuche und der aus den vorher wiedergegebenen Anbauversuchen sich ergebenden Versuchsergebnisse führt dann schließlich zu einer Jahresbericht der Vereinigung für angewandte Botanik VIII 7 98 Gustav Gassner. Besprechung der Vegetationsdauer, der dieselbe bedingenden Faktoren, der Korrelationen der Vegetationsdauer zu Ertrag usw. Es ist bei allen Versuchen gerade auf die Feststellung der Vegetationsdauer bei verschiedenen Aussaatzeiten besonderes Gewicht gelegt und der Versuch gemacht, die Länge der Vegetationsdauer in ihrer Abhängigkeit von der Saatzeit als physiologisches Merkmal für die verschiedenen Getreidearten zu verwenden bezw. auf innere physiologische Eigenschaften zurückzuführen. Jedoch habe ich aus verschiedenen Gründen nicht die ganze Vegetationsdauer als charakte- ristisch angegeben, sondern nur die zwischen Aussaat und dem Aus- schossen der Ähren liegende Zeitspanne. Die Vegetationsdauer der Getreidepflanzen setzt sich ja in bekannter Weise aus Keimung, Be- wurzelung, Bestockung, Schossen, Blühen und Reifen zusammen. Von allen diesen Prozessen ist für die schließliche Festlegung der Vege- tationsdauer das Ausschossen der wichtigste, in dem auch die größten Unterschiede sich bemerkbar machen; nach einmal erfolgtem Aus- schossen vollziehen sich Blüte und Reife nach bestimmten und klimatisch leicht erklärlichen Gesetzmäßigkeiten, bei großer Hitze und Trockenheit schnell, bei kühler und feuchter Witterung entsprechend langsamer. Sortenunterschiede können sich hier natürlich auch geltend machen, diese sind jedoch gering im Vergleich zu den in der Gesamt- vegetationslänge auftretenden Differenzen. Anders steht es nun mit dem Prozeß des Ausschossens. Der Unterschied zwischen Wintergetreide und Sommergetreide macht sich ja in bekannter Weise am auffälligsten darin geltend, daß im Früh- jahr gesätes Wintergetreide nicht zum Schossen kommt, sondern „sitzen bleibt". Das Moment des Ausschossens ist es hier also, das den Charakter des Getreides bestimmt; die Vegetationsdauer des Wintergetreides hängt in letzter Linie von den Faktoren ab, die das Ausschossen bedingen. In derselben Weise bestimmt auch bei Sommer- getreide vor allem das Ausschossen die Vegetationsdauer, frühe Sorten schössen früh aus, späte Sorten später. In der späteren Entwicklung, Blüte und Reife können sich die im Schossen vorhanden gewesenen Unterschiede sogar verwischen und treten in der Reifezeit meist nicht so auffällig hervor, wie während des Ausschossens selber. Ich habe daher auf Grund dieser Erwägungen gerade den Zeit- punkt des Hervorschossens der Ähren als besonders charakteristisch für die Entwicklungsdauer der einzelnen Getreidearten und -Sorten wiedergegeben (siehe Tabelle III — XI des tabellarischen Anhangs und graphische Darstellung Figur 1 — 5). Wenn das Ausschossen sich Anbau u. Entwicklung v. Getreideptianzen im subtropischen Klima. 99 regelmäßig vollzieht, stößt eine genaue Festlegung des Augenblicks, in dem die jungen Ähren das Licht der Welt erblicken, auf keinerlei Schwierigkeiten. Es kommen nun aber auch häufig große Unregel- mäßigkeiten vor; das Schossen kann z. B. bei verspäteter Frühjahrs- aussaat nicht so einheitlich erfolgen, sondern erstreckt sich über einen längeren Zeitraum, oft über viele Wochen. Da mir an einer über- sichtlichen Darstellung der Gesetzmäßigkeit des Schossens in seiner Abhängigkeit von der Saatzeit lag, habe ich, um eine derartige Dar- stellung in graphischer Weise zu ermöglichen, in diesem Fall den Zeitpunkt als Moment des Schossens angeführt, in dem nach Schätzung die Hälfte der Pflanzen geschoßt war. Ich habe hier also das durch- schnittliche Mittel der zu den verschiedenen Zeiten geschoßten Pflanzen wiedergegeben. In der Tabelle ist durch einen entsprechenden Ver- merk darauf in jedem einzelnen Fall hingewiesen. Das Klima von Uruguay gestattet, wie sich aus den in diesem Abschnitt mitgeteilten Daten erkennen läßt, Aussaaten zu allen Jahres- zeiten, insbesondere stellt der Winter keine Unterbrechung der Vege- tation der Getreidepflanzen dar. Die Entwicklung der Pflanzen zu den verschiedensten Aussaatzeiten ist in der im folgenden gegebenen Darstellung durch eine Kurve charakterisiert, wobei die Saatzeiten als Abszissen, die Zeiten des Schossens als Koordinaten aufgetragen sind. Die so erhaltene Kurve gibt ein übersichtliches Bild über die Entwick- lung jeder Getreideart in seiner Abhängigkeit vom dortigen Klima und kennzeichnet in bestimmter Weise die physiologischen Eigenschaften der betreffenden Getreideart. Es mag auf den ersten Blick scheinen, als ob ich dem Zeitpunkt des Ausschossens und seiner Festlegung in der Abhängigkeit von der Saatzeit im folgenden zu viel Aufmerksamkeit zuwende; auf die be- sonderen Gründe, die mich zu dieser ausführlichen Darstellung ver- anlaßten, kann ich erst im letzten Teil der Arbeit näher eingehen. II. Unter den Getreidepflanzen nimmt neben dem Mais, der hier nicht behandelt werden soll, der Weizen die erste Stelle in Uruguay ein. Seine Aussaat erfolgt in der Praxis in den Wintermonaten Juni — August, vor allem im Juli, der Aussaat entsprechend findet das Ausschossen in der zweiten Hälfte des Oktober oder im November statt, die Ernte im Lauf des Dezember. Die üblichen Saatmengen sind geringe, etwa 40 kg pro ha bei rechtzeitiger Bestellung im Juli, bei späterer Aussaat muß die Saatmenge erhöht werden und kann 7* 100 Gustav Gassner. dann bis zu 100 kg pro ha betragen. Höhere Saatmengen sind nach den Angaben der Praktiker ohne Bedeutung auf die Erträge; der dadurch erzielte Mehrertrag entspräche kaum der mehr aufgewendeten Saatmenge. Ich selbst habe im Winter 1907 und 1908 Versuche mit ver- schiedenen Saatdichten angestellt, um den Einfluß derselben auf die Intensität des Rostbefalls festzustellen; die Saatmengen betrugen auf ha umgerechnet 40, 60, 80, 120 kg. Einen Unterschied im Rost- befall habe ich nicht feststellen können, aber gleichzeitig auch keinen nennenswerten Unterschied in der Standdichte der einzelnen Parzellen. Im Winter 1909 hatte mein früherer Kollege Prof. Dr. Dammann- Montevideo die Freundlichkeit, mir einen größeren von ihm ange- stellten Versuch, bei dem Saatmengen von 30, 45, 60, 75, 90 und 100 kg pro ha zur Aussaat gelangt waren, zu Beobachtungszwecken zur Verfügung zu stellen; ein Unterschied im Rostbefall war auch hier zwischen den einzelnen Parzellen nicht wahrzunehmen, aber gleich- zeitig fiel mir auch hier die Tatsache auf, daß in der Standdichte so gut wie keine Unterschiede vorlagen. Die von R. Heinrich^) fest- gestellte Erscheinung der Selbstregulierung (Bildung immer nur einer bestimmten Anzahl von Halmen auf einer gegebenen Saatfläche) innerhalb verschiedener Saatdichten scheint also beim Weizenbau in Uruguay eine besondere Rolle zu spielen und der weiteren Steigerung der Erträge durch Anwendung höherer Saatmengen einen Riegel vor- zuschieben. Die Verwendung europäischen Saatguts in der Praxis ist eine untergeordnete; meist wird der im Lande akklimatisierte sog. Trigo criollo angebaut, der natürlich keine einheitliche Sorte darstellt. Über einige mit Saatgut verschiedener Herkunft in Südbrasilien dicht an der Grenze von Uruguay angestellte Anbauversuche hatte Herr Dr. Wellhäuser die Freundlichkeit, mir zu berichten. Danach haben sich dort Bordeauxweizen (Heine-Hadmersleben), Ble Dattel (bezogen von Vilmorin-Paris) nicht bewährt; ein harter polnischer Weizen, sowie ein anderer harter Weizen (Trigo de Alemiejo) gaben gut, ebenso zwei begrannte italienische Weizen, Orig. Barleta und Orig. Rieti. Die besten Ergebnisse erhielt er einmal mit dem schon er- wähnten akklimatisierten Landweizen, sodann mit einem italienischen Weizen ,,Fucense"; der letztere verlangt eine sehr frühe Bestellung, *) R. Heinrich, Versuche über Saatstärke mit Hafer. Ann. d. Mecklen- burg. Patriot. Vereins, XX, 1881. Ref. Centralbl. f. Agr. Chemie 1884. Anbau u. Entwicklung v. Getreideptlanzen im subtropischen Klima. 101 um regelmäßiges und rechtzeitiges Schossen zu erzielen, pflegt dann aber sehr gute Erträge zu geben. Rost ist auf Weizen in Uruguay stets zu finden (Puccinia triticina und P. graminis, niemals P. glumarum) und ist namentlich in den Norddepartementen der Republik und in Südbrasilien bei der Aus- saat in Berücksichtigung zu ziehen. Frühere Saat als im Juli ist dort wegen zu hoher Rostgefahr meist nicht zu empfehlen, da bei zu frühem Schossen der Rostbefall während der Blüte so stark werden kann, daß die ganze Ernte in Frage gestellt wird. Dementsprechend wird hier etwa der 1. Juli als frühester Saattermin eingehalten; im Süden und Südwesten der Republik Uruguay hat der Rostbefall nicht dieselbe Bedeutung, wenigstens sind mir keine Fälle bekannt, wo er die Ernte in Frage gestellt hat. Dementsprechend wird hier sehr häufig schon im Juni gesät. Spätere Aussaat als der August ist andererseits wegen der damit verbundenen häufigen Erscheinung der Notreife durch zu spätes Schossen und Blühen, sowie wegen des dann stattfindenden Verlaufs der ganzen Vegetation bei hohen Temperaturen nicht ratsam und kommt wohl auch nur in Ausnahmefällen vor. Die mir seitens der Praktiker gemachten Mitteilungen über Er- träge des Weizens in Uruguay geben sehr verschiedene Werte an; die maximale Angabe ist 1400 kg pro ha, der Durchschnitt dürfte weniger als 1000 kg pro ha betragen. Bei meinen eigenen Versuchen kamen vor allem deutsche Sorten zur Verwendung^). Neben Rostbeobachtungen sollte in erster Linie die Frage entschieden werden, ob deutsches Wintergetreide oder Sommer- getreide zum Anbau geeignet ist. Bei dem Fehlen eigentlicher Herbst- und Frühjahrsbestellung in der Praxis ist die Frage nicht ohne weiteres zu beantworten; die im Lande übliche Winterbestellung steht in der Mitte zwischen beiden Aussaatmöglichkeiten; außerdem ist von vorn- herein anzunehmen, daß der Winter von Uruguay in seinen physio- logischen Wirkungen nicht dem Winter Mitteleuropas gleichgesetzt werden darf. Das erkennt man zunächst daran, daß das Wachstum der Pflanzen im Winter nicht unterbrochen wird, wenngleich natürlich die niedrigen Temperaturen in den eigentlichen Wintermonaten ein Schossen und Blühen des Weizens in diesen verhindern. Der im Herbst zur Aus- saat gelangte Weizen bestockt sich während des Winters sehr stark ^) Für die wiederholte Beschaffung und Zusendung deutschen Saatgutes sage ich Herrn Dr. Hill mann- Berlin und Herrn Reg.-Eat A p p e 1 - Dahlem- Berlin meinen verbindlichsten Dank. 102 Gustav Gassner. und kommt im Frühjahr zum Blühen. Ähnlich steht es mit der schon besprochenen Winteraussaat; auch hier findet noch bei allen untersuchten Sorten ein mehr oder minder regelmäßiges Ausschossen im Frühjahr statt. Bei Frühjahrsaussaat dagegen machen sich zwischen Winter- und Sommergetreide die Unterschiede in auffälligster Weise durch das sog. Sitzenbleiben des ersteren geltend. Der im September gesäte deutsche Winterweizen kommt größtenteils nicht mehr zum Schossen, sondern bleibt niedrig, die Pflanzen leiden in diesem Zu- stande später äußerst stark unter der sommerlichen Hitze, so daß sich nur ein kleiner Teil über den Sommer in den Winter hinein zu erhalten vermag; dieser pflegt sich dann im Winter zu erholen und schließlich im Frühjahr des nächsten Jahres auszuschossen. Ähnlich verhält sich der Winterweizen bei Aussaat in den folgenden Monaten; bei Aussaat von Januar ab leidet er unter der Hitze nicht mehr so stark, kommt vielmehr leidlich in den Winter und schoßt im nächsten Frühjahr relativ normal aus. Auch einige deutsche Sommerweizensorten kommen bei Anbau im späten Frühjahr und Sommer nicht mehr zum Schossen, sondern bleiben sitzen und gehen dann durch die sommerliche Hitze größten- teils zugrunde. Andere deutsche Sommerweizen dagegen kommen bei Aussaat während des ganzen Sommers zum Schossen. Der zwischen dem Hervorschossen der Ähren und Eintreten der Reife liegende Zeitraum ist natürlich je nach der Jahreszeit ver- schieden. Beim Schossen im Oktober beträgt er etwa sieben Wochen, beim Schossen im November sechs Wochen, beim Schossen im Dezember verringert er sich von sechs auf vier Wochen, beim Schossen im Januar sogar auf drei Wochen, um dann noch bei später stattfindendem Schossen allmählich wieder zu steigen. Erfolgt das Schossen in den Herbstmonaten, so findet wegen der immer kälter werdenden Jahres- zeit kein Reifen mehr statt, die Ähren gehen schließlich im Winter zugrunde. Die Ausbildung der Körner steht natürlich im Zusammenhang mit diesen Zeiten; dem längsten Zeitraum von sechs bis sieben Wochen entspricht im allgemeinen die beste Kornausbildung, die Entwicklung im Januar ist dagegen als Notreife zu bezeichnen. Im folgenden gebe ich eine Übersicht über das Schossen einiger deutscher Weizensorten bei verschiedenen Saatzeiten und Anbau in Uruguay. Die Ergebnisse des in den Tabellen IH — V des tabellari- schen Anhangs enthaltenen Versuchsmaterials sind in Fig. 1 graphisch dargestellt (Saatzeiten als Abszissen, Schoßzeiten als Koordinaten). Anbau u. Entwicklung v. Getreidepflanzen im subtropischen Klima. 103 V \ '> > \ --- > \ \ N \ ^^. 1 \\ \ i 1 1 \ t 1 1 1 Juni Mai Ajiril März Febr. Jan. Dez. Nov. Datum des Ausschossens Okt. J4 o3 O x . 'S 3 1 uj t3 ^ o3 Fig. 1. Graphische Darstellung der Schoßzeiten verschiedener deutscher Weizensorten bei Anbau in Uruguay. Die vollgezeichnete Kurve enthält die Angaben für Orig. Svalöfs Extra Squarehead als Winterweizen, die einfach punktierte Kurve für Orig. Rimpaus Roten Schlanstedter Sommerweizen und die strichpunktierte Kurve für Orig. Heines Kolbensommerweizen. 104 Gustav Gassner. Der Winterweizen zeichnet sich vor den Sommerweizen zunächst dadurch aus, daß er stets später schoßt als diese; der früheste Termin ist etwa Mitte November, im Gegensatz zu den Sommerweizensorten, die schon im Oktober zum Schossen kommen. Wir haben hier also das umgekehrte Verhalten dieser Sorten zu ihrem Heimatlande, wo der Winterweizen bekanntlich vor der Sommerfrucht zum Schossen gelangt. Unter den Sommerweizensorten machen sich ebenfalls Sorten- unterschiede geltend, Rimpaus Roter Schlanstedter schoßt stets später als Heines Kolbensommerweizen. Weiterhin ist bemerkenswert, daß das frühere oder spätere Schossen in bestimmter Beziehung zu dem Endverlauf der Kurve des Schossens zu stehen scheint. Winterweizen, der am spätesten schoßt, hat den frühesten Endpunkt der Kurve auf- zuweisen; er muß vor Anfang September gesät sein, um im Sommer noch zum Schossen zu gelangen, bei späterer Aussaat bleibt er sitzen. Rimpaus Schlanstedter schoßt bei Aussaat vom zweiten Drittel des November an ebenfalls nicht mehr, während der die geringste Vege- tationsdauer besitzende Heines Kolbensommerweizen unabhängig von der sommerlichen Temperatur während des ganzen Sommers bis in den Winter hinein zum Schossen kommt, wobei natürlich die Ausbildung der Ähren eine sehr mangelhafte sein kann. Die obere Grenze des Schossens (Anfang bis Mitte Februar) wird hier durch das Eintreten des Winters festgelegt, der bei noch späterer Aussaat das Schossen bis zum Frühjahr des nächsten Jahres hinauszögert. Außer den eben erwähnten Weizensorten habe ich noch 35 andere deutsche Weizen verschiedentlich ausgesät, die, soweit sie Winterweizen waren, in ihrem Schossen und Entwicklung der Kurve des eben besprochenen Winterweizens folgten, wobei sich vor allem der ostpreußische Eppweizen durch noch späteres Schossen und noch früheres Sitzenbleiben (schon bei Augustsaat) hervortat. Die Sommer- weizen bewegten sich in ihrem Verhalten zwischen den beiden oben angeführten Sommerweizensorten. Der im Lande gebaute sog. Trigo criollo folgt etwa der Kurve von Heines Kolbensommerweizen, womit seine Physiologie des Schossens charakterisiert ist. Ein aus Argentinien stammender Sommerweizen (Trigo del Chubut) zeichnete sich vor dem Kolbensommerweizen durch noch kürzere Vegetationsdauer aus, so daß die Kurve des Schossens dieses Weizens annähernd parallel und außerhalb der Kurve des Kolben- sommerweizens verläuft. Von sonst angebauten Weizensorten muß ich hier noch einen mir von Herrn Prof. Dammann -Montevideo als „Mazamorraweizen" Anbau u. Entwicklung v. Getreidepflanzen im subtropischen Klima. 105 zur Verfügung gestellten harten Weizen erwähnen, der für mich vor allem deswegen so interessant war, weil er physiologisch in der Mitte zwischen deutschem Winterweizen und Sommerweizen steht und den Übergang zwischen diesen vermittelt. Er schoßte: Bei Aussaat Anfang April: am 10. November, „ 1. Juni: am 18. November, „ „ 15. Juli: am 1. Dezember, „ „ 17. August: Mitte Dezember, „ „ 21, September: Mitte Januar, unregelmäßig. Bei Aussaat am 7. Oktober kam nur noch ein kleiner Teil der Pflanzen im Februar zum Schossen, weitaus der größte Teil blieb sitzen. Bei noch späterer Aussaat fand, abgesehen von vereinzelten Halmen, die zuweilen ausschoßten, ein ganz regelmäßiges Sitzenbleiben statt. Die Kurve dieses Weizens würde, wenn man sie in derselben Weise in das Koordinatennetz eintragen würde, ziemlich genau in der Mitte zwischen deutschem Sommer- und Winterweizen verlaufen. Auf eine weitere Beurteilung der das Schossen charakterisierenden Kurven sowie der Entwicklung der verschiedenen Weizensorten soll erst später im Zusammenhang eingegangen werden. Es sei hier nur noch die im Anfang dieses Abschnittes gestellte Frage beantwortet, welche deutsche Weizensorten sich zum Anbau in Uruguay eignen. Schon die Feststellung, daß der im Lande übliche Landweizen in seinem physiologischen Verhalten des Schossens dem deutschen Sommerweizen sehr nahe kommt, gibt einen Hinweis; es sind in der Tat nur die deutschen Sommerweizensorten, die bei meinen Ver- suchen normale Kornentwicklung und Erträge aufwiesen ; und zwar darf ihre Aussaat nicht wie in ihrer Heimat im Frühjahr erfolgen, sondern muß bereits in den eigentlichen Wintermonaten stattfinden. Der deutsche Winterweizen schoßt zwar bei entsprechend frühem Anbau ebenfalls noch einigermaßen regelmäßig, jedoch war der Korn- ertrag stets ein sehr geringer. Noch besser als die deutschen Sommerweizen erscheinen die aus Südeuropa eingeführten oder schon im Lande akklimatisierten Weizen- sorten. Da mir jedoch die seinerzeit mit Hilfe meines früheren Assistenten Herrn E. Llovet in Montevideo ausgeführten Korngewichts- und Ertragsbestimmungen augenblicklich nicht zur Verfügung stehen, bin ich leider nicht in der Lage, hier absolute Werte anzugeben. III. Praktische Erfahrungen über den Anbau von Roggen im Klima von Uruguay dürften bis jetzt nicht oder nur in geringem Maße vor- 206 Gustav Gassner. liegen, wenigstens habe ich denselben auf meinen zahlreichen Reisen im Lande nicht angebaut gefunden. Wie mir meine eigenen Versuche zeigten, zeichnet sich der Roggen in Uruguay zunächst dadurch aus, daß er unter Rost nicht zu leiden hat; die den Roggen schädigenden Rostarten fehlen im dortigen Klima vollständig; ein Übergehen der auf Weizen und anderen Ge- treidearten vorkommenden Rostpilze findet nur ganz ausnahmsweise statt und bietet nur Interesse für den Phytopathologen. Bei der Festlegung der Saatzeit braucht also auch nicht wie beim Weizen auf die Möglichkeit eines zu starken Rostbefalls Rücksicht genommen zu werden, vielmehr hängt die Frage der richtigen Saatzeit ausschließlich von den physiologischen Eigenschaften der einzelnen Roggenarten ab. In ähnlicher Weise wie beim Weizenanbau erhebt sich hier die Frage, welche Sorten, insbesondere ob mitteleuropäisches Winter- getreide oder Sommergetreide sich im dortigen Klima zum Anbau eignen. Ich habe daher mit einigen deutschen Roggensorten zu den verschiedensten Jahreszeiten Aussaatversuche angestellt und gebe zu- nächst im folgenden wieder eine Übersicht über das Schossen der verschiedenen Roggensorten in seiner Abhängigkeit von der Aussaat. Die vollgezeichnete Kurve der in Fig. 2 gegebenen graphischen Dar- stellung der Schoßzeiten bezieht sich auf Jägers Norddeutschen Cham- pagnerroggen als Winterroggen, die punktierte Kurve auf den Petkuser Sommerroggen (tabellarische Belege siehe Tabelle VI und VII des tabellarischen Anhangs). Der Unterschied zwischen Winter- und Sommergetreide tritt auch hier deutlich hervor. Der Winterroggen schoßt in den Monaten Sep- tember bis März, der oberen Grenze entspricht Mitte Oktober als Aussaatzeit; später gesäter Winterroggen bleibt sitzen und kommt, wenn er den Sommer übersteht, erst nach Ablauf des nächsten Winters, also im September des nächsten Jahres zum Schossen. Im allgemeinen zeigte sich der sitzen gebliebene Winterroggen wider- standsfähiger gegen die sommerliche Hitze als der gleichzeitig gesäte Winterweizen; die im Hochsommer gesäten Roggenparzellen leiden ja auch sichtlich unter der Hitze, kommen jedoch größtenteils ganz gut in den Winter, erholen sich in demselben und schössen schließlich aus. Der im Sommer gesäte Winterroggen schoßt meist schon im September; bei Aussaat in den Monaten März und April verzögert sich das Schossen in den Oktober; bei Aussaat von Ende Mai bis Anfang Juli findet es im November statt. Dem Ausschossen im Dezember entsprechen die Monate Juli und erste Hälfte August als Saatzeit. Das Ausschossen der noch später (zweite Hälfte August Ins Anbau u. Entwicklung v. Getreidepflanzen im subtropischen Klima. 107 ^ \ Sk ^ ^ N. \ \ \ \ s.. \ \ N \ \ \ k \ \ \ \ \ \ \ \ > 0 \ \ \ \^ fe l^; ^ CS C J- Juni Mai April März Febr. Jan. Dez. Nov. Okt. - Datum des Ausschossens Sei)t. c3 « Q Fig. 2. Graphische Darstellung der Schoßzeiten von deutschem Winter- und Sommerroggen bei Anbau in Uruguay. Mitte Oktober) gesäten Parzellen findet in den Monaten Januar bis März mit immer größer werdender Unregelmäßigkeit statt, bis schließ- lich bei noch späterer Aussaat vorläufig überhaupt kein Ausschossen erfolgt, sondern die Pflanzen sitzen bleiben. 108 Gustav Gassner. Im Gegensatz zum Winterroggen kommt der Sommerroggen fast das ganze Jahr zum Ausschossen und zeigt so eine auffallende Un- abhängigkeit der Vegetationsdauer von der Saatzeit. Es kann hier im Hinblick auf die tibersichtlichkeit der graphischen Darstellung von einer Aufzählung der zu den einzelnen Saatterminen gehörigen Zeiten des Schossens abgesehen werden; das Ausschossen kann selbst in den eigentlichen Wintermonaten stattfinden; gewöhnlich stellt die Aussaat Mitte März eine trennende Grenze dar, vorher gesäter deutscher Sommer- roggen schoßt noch im Juli, später gesäter dagegen erst im September. Was die Kornentwicklung des Sommerroggens anbetrifft, so ist zu bemerken, daß derselbe natürlich nicht zu allen Zeiten, in denen er zum Schossen kommt, imstande ist, normal ausgebildete Körner zur Reife zu bringen; die sommerliche Hitze wie die winterliche Kälte beschränken die Zeit der normalen Kornausbildung in der Weise, daß nur die von Ende September bis Anfang November geschoßten Pflanzen eine gute Kornentwicklung aufweisen. Diesen optimalen Schoßzeiten entsprechen die Monate Mai — Juli als beste Saatzeiten für den Sommer- roggen. Die früher gesäten Parzellen zeigen eine auffallend hohe Anzahl tauber Ährchen, was vor allem auf Nachtfröste zurückzuführen ist; bei den später gesäten Parzellen leidet die Kornausbildung sicht- lich unter der Hitze. Die in der folgenden Tabelle mitgeteilten 1000 -Korngewichte von Sommerroggen bei verschiedener Aussaat finden so ihre Erklärung. 1000-Komgewiclit von Petkuser SommeiTOggen bei verschiedener Aussaat. Datum der Saat 1000 Korn- gewicht Bemerkungen 22. März Ähren größtenteils taub. 1. April [27,5] Sehr große Anzahl der Ähren taub, sind bei Berechnung des 1000-Korngewichtes nicht in Berücksichtigung gezogen. 5. Mai 27,1 Gleichmäßige Kornentwickelung. 15. Juli 28,1 „ ., 30. Juli 24,5 » » 17. August 31. August 26,2 18,9 Große Schwankungen im Gewicht der einzelnen Körner. 21. September 14,5 Körner sehr ungleichmäßig. 7. Oktober 14,7 (notreif?) Anbau ii. Entwickking v. Getreidepflanzen im subtropischen Klima. 109 Beim Winterroggen ist die Gefahr eines zu frühen Schossens nicht in dem Maße vorhanden, zeitige Herbstaussaat ist daher das Beste. Bei Aussaat nach dem Juni läßt die Kornausbildung schon zu wünschen übrig; das Ausschossen selbst verläuft schon etwas un- regelmäßig, ebenso wie auch die Ausbildung der Körner mit ver- späteter Aussaat immer mehr in die heiße Jahreszeit fällt. Diese letzten Ausführungen über die Kornentwicklung bei Winter- und Sommerroggen sowie auch ein Vergleich ihrer Kurven des Schossens ergeben nun weiter, daß es im Klima von Uruguay eine Aussaatzeit geben muß, wo deutscher Winter- und Sommerroggen, gleichzeitig gesät, beide eine normale Kornentwicklung aufweisen, wo sich also die Unterschiede zwischen Winter- und Sommergetreide trotz gleichzeitiger Aussaat kaum bemerkbar machen. Diese Zeit ist der Monat Mai; die folgende Tabelle enthält Angaben über das Aus- schossen, die Ernte und das 1000-Korngewicht verschiedener deutscher Sommer- und Winterroggen bei gleichzeitiger Aussaat am 5. Mai 1909. Die Halmlänge betrug überall 120 — 125 cm (nur der Ostpreußische Johannisroggen etwas weniger, 110 cm), die durchschnittliche Ähren- länge schwankte zwischen 14,5 cm (Buhlendorfer Roggen) und 19,2 cm (Heines Klosterroggen). lOGO-Korngewicht verschiedener Roggensorten bei gleichzeitiger Aussaat am 5. Mai 1909. geschoßt geerntet 1000-Korn- Sorte gewichte am am a Petkuser Sommerroggen . 3. Okt. 24. Dez. 27,1 Erzgebirgs-Sommerroggen . „ „ 27,9 Petkuser Winterroggen . . 18.— 23. Okt. 27. Dez. 30,7 Jägers Norddeutscher Cham- pagnerroggen „ 28,2 Himmels Champagnerroggen )j » 29,1 Buhlendorfer Roggen . „ „ 28,3 Waldecker Staudenroggen 23.-27. Okt. 31. Dez. 29,8 Heydenreichs Riesen -Winter- roggen !1 » 28,1 Rimpaus Schlanstedter Roggen „ „ 27,2 Heines Klosterroggen . 1. Nov. 5. Jan. 29,7 Ostpreußisch. Johannisroggen 8. Nov. 17. Jan. 19,3 110 Gustav Gassner. Das Korngewicht der gleichzeitig gesäten Winter- und Sommer- roggen ist also, wie die Tabelle zeigt, annähernd dasselbe; eine Aus- nahme macht der Ostpreußische Johannisroggen, der sich auch durch besonders spätes und auch schon etwas unregelmäßiges Schossen aus- zeichnet; er ist sichtlich an kälteres Klima gewöhnt, im Gegensatz zu den übrigen Roggensorten, denen das Klima von Uruguay in keiner Weise geschadet hat. In der Entwicklung selbst machen sich, wie schon aus dem Schossen hervorgeht, einige Unterschiede zwischen den einzelnen Roggensorten, insbesondere Sommer- und Winterroggen geltend; der Winterroggen schoßt etwas später; er bleibt bis kurz vor dem Hervorschossen der Ähren niedrig, während der Sommerroggen in seinem Höhenwachstum bis zum Schossen keine derartige Unter- brechung aufweist. Dementsprechend bieten die im Mai gesäten Parzellen im September ein sehr verschiedenes Bild, jedoch gleichen sich die Unterschiede in den folgenden Monaten fast völlig aus. Über die Art der Kornentwicklung in den verschiedenen Jahres- zeiten ist im obigen schon das Notwendigste gesagt; es fehlen noch Angaben über die zwischen dem Hervorschossen der Ähren und der Kornreife liegende Zeit. Beim Schossen Ende September beträgt dieselbe mehr als 10 Wochen, fällt beim Schossen im Oktober auf 8 und im November auf 6 Wochen; die im Dezember und Januar geschoßten Ähren brauchen 4 Wochen bis zur Reife, bei noch späterem Ausschossen verlängert sich die Zeit wieder, bis schließlich beim Ausschossen im Spätsommer und Herbst keine Reife mehr eintritt. IV. Gerste wird in Uruguay ziemlich häufig gebaut, und zwar aas- schließlich zu Futterzwecken; Braugerstenbau findet bisher nicht statt. Die gewöhnliche Aussaatzeit in Uruguay ist der Herbst oder be- ginnende Winter; die so gesäte Gerste zeigt in den Wintermonaten ein äußerst üppiges Wachstum und findet daher mit Vorteil als Grün- futter Verwendung. Sie wird während des Winters grün geschnitten, bestockt sich dann von neuem und bleibt dann entweder zur Körner- ernte oder aber liefert noch wiederholte Schnitte. Die im Lande angebauten Gersten sind stets vier- oder sechs- zeilig; sie werden daselbst als Wintergerste bezeichnet, unterscheiden sich jedoch, wie später gezeigt werden soll, nicht unwesentlich von unsern deutschen Wintergersten. Sie stehen physiologisch den deutschen Sommergersten näher. Anbau ii. Entwicklung v. Cietreidepflanzen im subtropischen Klima. Hl Über die Möglichkeit des Braugerstenbaues hat Dam mann-') Montevideo in den letzten Jahren verschiedentlich Versuche angestellt, deren Ergebnisse mit den in Europa gemachten Erfahrungen überein- stimmen. Er fand, daß der hohe Proteingehalt der Körner, den die deutschen Braugersten bei Anbau in Uruguay aufweisen, sinkt, wenn einmal an Stelle der Frühjahrsaussaat die Winteraussaat gewählt wird, wodurch die Vegetationsdauer sich verlängert und mehr in die kühlere und feuchtere Jahreszeit fällt, und ferner, wenn der starke natürliche N-Gehalt des Bodens durch geeignete Vorfrüchte heruntergedrückt sowie in seiner Wirkung durch nicht stoff haltige Düngemittel, vor allem Phosphorsäure, abgeschwächt wird. Seine Versuche geben also eine weitere Bestätigung des von Märcker und Remy aufgestellten Prinzipes, daß die qualitätsverringernde Steigerung des Proteingehalts bei N-Reichtum des Bodens (bezw. N-Düngung) um so weniger hervor- tritt, je mehr alle anderen Wachstumsbedingungen (H2O, P2O5, K2O usw.) die Erzielung hoher Ernten begünstigen "). Unter Anwendung dieser Erfahrung gelang es Dam mann, den Proteingehalt von Svalöfs Hannchen Gerste, der bei Aussaat im September 1907 mehr als 15 'Vo betragen hatte, im folgenden Jahre bei Aussaat am 16. Juli (also Winteraussaat) und Anwendung geeigneter Düngung und Buchweizen als Vorfrucht bis auf 7,75 7o herunterzudrücken. Die Möglichkeit des Braugerstenbaus im Klima von Uruguay ist also vorhanden. Wie schon aus dem in der Praxis üblichen Anbau der Gerste zu Grünfutterzwecken und der Möglichkeit eines mehrfachen Schnittes hervorgeht, hat die Gerste die Fähigkeit, sich nach dem Abschneiden der grünen Halme von neuem zu bestocken. Das ist nicht sonderlich bemerkenswert; wichtiger erscheint mir die Beobachtung, die ich so ziemlich bei allen Versuchen machen konnte, daß auch normal zur Reife gekommene Gerstenpflanzen nach einiger Zeit aus den alten Stöcken wieder neue Halme treiben und dies sogar nach dem Ab- sterben auch dieser Halme, die ich als sekundär bezeichnen will, wiederholen können. Ich habe auf diese Weise ein und dieselbe Gerstenpflanze länger als ein Jahr am Leben erhalten und drei ver- schiedene Blüte- und Reifeperioden in dieser Zeit beobachten können; so z. B. trieben die im Januar 1909 aus ausgefallenen Körnern ent- ^) Dam mann, Ensayos sobre el valor de cultivo de diferentes clases de cebada, Montevideo, Rev. de Agronomia, III, pag. 40, 1908. Derselbe, Ensayos para producir cebadas apropiadas ä la cerveceria, Montevideo, Rev. de Agro- nomia, V, pag. 201, 1909. -) Schindler, Der Getreidebau, Berlin 1902, pag. 266. 112 Gustav Gassner. standenen und im Monat August abgestorbenen Gerstenpflanzen aus ihren Stöcken Ende August neue Halme, die im November aus- schoßten und Ende Dezember reiften; diese sekundär gebildeten Halme waren ja bei weitem nicht so hoch und kräftig wie die ursprüng- lichen, zeigten aber doch ein normales Schossen und normale Frucht- entwicklung. Während der im Dezember erfolgten Reife der sekun- dären Sprosse bestockten sich dieselben Pflanzen nochmals von neuem ; die hier gebildeten „tertiären" Sprosse schoßten im März 1910 aus. In ähnlicher Weise bestockten sich die im Juli gesäten und Anfang Dezember gereiften Pflanzen Ende Dezember von neuem usw. Die Fähigkeit der Gerste zu wiederholter Bestückung im Klima von Uruguay findet vielleicht eine teilweise Erklärung darin , daß gewöhnlich ein Teil der milchreifen Körner von Vögeln gefressen wird, also nicht zur Reife kommt und daß dies einer vorzeitigen Ernte in ihrer physiologischen Wirkung gleichkommt. Es besteht aber auch die Möglichkeit, daß wir es hier mit einem wirklichen Perennieren zu tun haben, wie es z. B. für den Roggen im Gebiete der Donschen Kosaken und im Gouv. Stawropol (Südrußland) schon seit längerer Zeit bekannt ist. Meine Versuche mit Gerste sind nicht so umfangreich wie mit den anderen Getreidearten. Ich habe schon deswegen der Gerste weniger Aufmerksamkeit zugewendet, weil hier die Rostfrage einfacher liegt als bei den anderen Getreidearten. Gerste wird nur von einer Rostart, Puccinia graminis, befallen; das Hauptauftreten dieses Pilzes fällt in den Herbst und beginnenden Winter; der Befall ist jedoch meistens nicht derartig stark, daß eine Gefährdung der Ernte eintreten kann, vor allem nicht in den für die normale Entwicklung der Pflanzen hauptsächlich in Betracht kommenden Frühjahrsmonaten. Von den untersuchten Gersten vermag ich nur für die bekannte Svalöfs Hannchen Sommergerste ein einigermaßen lückenloses Bild der Entwicklung, insbesondere des Ausschossens, bei Anbau während des ganzen Jahres zu entwerfen. Die mit deutscher Wintergerste wie mit der in Uruguay akklimatisierten Gerste angestellten Versuche ge- statten keine zusammenhängende graphische Darstellung. Das Ausschossen von Svalöfs Hannchen Gerste in Uruguay findet mit Ausnahme einer sehr kurzen Unterbrechung in den eigentlichen Wintermonaten während des ganzen Jahres statt und zeigt so, ähnlich dem Sommerroggen, eine große Unabhängigkeit von den Jahreszeiten. Aus der in Fig. 3 gegebenen graphischen Darstellung (tabellarische Belege siehe Tabelle VIII des tabellarischen Anhangs) ergeben sich Anbau u. Entwicklung v. Getreidepflanzen im subtropischen Klima. 113 ^^ Juni Mai April März Febr. Jan. Dez. Nov. Okt. — Datum des Ausschossens Sept. '^ S5 .4_} Cä ^ c3 o ai u Ol n 1; ^ (li c D zi '^ Q < t Fig. 3. Graphische Darstellung der Schoßzeiten von Svalöfs Hannchen- Sommergerste bei Anbau in Uruguay. ohne weiteres die zu den einzelnen Saatzeiten gehörigen Zeiten des Schossens; das Schossen selbst findet fast ausnahmslos sehr regelmäßig statt. Die zwischen Ausschossen und Reife der Körner liegende Zeit beträgt bei Ausschossen im September etwa sieben Wochen, fällt Jahresbericht der Vereinigung für angewandte Botanik VIII o 114 Gustav Gassner. dann allmählich bei Ausschossen im Oktober auf sechs, im November auf fünf Wochen und erreicht bei Ausschossen im Dezember und Januar ihr Minimum mit etwas weniger als vier Wochen. Bei noch später erfolgendem Ausschossen verlängert sich die bis zur Reife er- forderliche Zeit wieder entsprechend der immer kälter werdenden Jahreszeit. Die beste Kornentwicklung findet bei Ausschossen im Oktober statt, welcher Zeit die Monate Mai bis Juli, also der be- ginnende Winter als beste Saatzeit entsprechen. Die übrigen deutschen Sommergersten folgen teilweise genau dem hier wiedergegebenen Entwicklungsgang; andere zeigen jedoch nicht unbedeutende Abweichungen. Rimpaus Hannagerste zeigt stets eine längere Entwicklung als Svalöfs Hannchen; bei Aussaat Mitte März schoßt sie erst Mitte Oktober (Svalöfs Hannchen schon Anfang September), bei Aussaat Anfang Mai erst Ende Oktober (Svalöfs Hannchen Ende September). In den folgenden Monaten sind die Unterschiede nicht so stark, jedoch bleibt während des ganzen Sommers eine Differenz von mindestens einer Woche bestehen, um welche Rimpaus Hannagerste stets später schoßt als Svalöfs Hannchen. Die Kurve des Schossens von Rimpaus Hannagerste wird also in ihrer ersten Hälfte bedeutend höher liegen, in ihrer zweiten Hälfte dagegen sich der Kurve von Svalöfs Hannchen nähern und in geringem Ab- stand auf der Innenseite von dieser verlaufen. Rimpaus Hannagerste zeigt also, was das Schossen anbetrifft, eine gewisse Annäherung an die noch zu besprechende deutsche Wintergerste, was auch ferner daraus hervorgeht, daß sie bei Aussaat im Hochsommer sehr häufig nicht zum Schossen kommt, sondern niedrig bleibt und schließlich durch Hitze zugrunde geht. In umgekehrter Weise gibt es andere deutsche Sommergersten, die eine noch kürzere Vegetationsdauer als Svalöfs Hannchen be- sitzen, deren Kurve also außerhalb dieser Kurve verlaufen würde. Hierher gehört z. B. Heines Hannagerste. Auch hier ist die Differenz am auffälligsten in den Monaten August-September, bleibt jedoch auch während des ganzen Sommers und Herbstes bestehen. Mit deutscher Wintergerste sind nur einige wenige Versuche angestellt. Dieselbe zeigt bei entsprechend zeitigem Anbau (Aussaat in den Herbstmonaten oder beginnendem Winter) normale Entwick- lung und Kornausbildung, stimmt also darin mit dem deutschen Winterroggen überein und steht wie dieser im Gegensatz zum deutschen Winterweizen. Über das Schossen selbst gibt die folgende kleine Zu- sammenstellung einigen Aufschluß. Mahndorfer Wintergerste schoßte Anbau u. EntAvicklung v. Getreideptlanzen im subtropischen Klima. 115 bei Aussaat am 13. März 07 Mitte Oktober 07, 2. Jiüi 07 „ November 07, „ „ Mitte Dezember 07 im Sommer durch Hitze stark gelitten, der Rest der Pflanzen schoßte Anfang Oktober 08, 1. Februar 08 Anfang Oktober 08, „ 19. Mai 08 Ende Oktober 08, „ „ ,, 8. Juni 08 „ „ 08, „ „ „ 4. November 08 der größte Teil nicht zum Schossen gekommen, durch sommerliche Hitze schließ- lich abgetötet, ein kleiner Teil geschoßt im März 09. Die im Lande angebaute und dort als Wintergerste bezeichnete Gerste zeichnet sich bei Herbst- und Winteraussaat vor der gleich- zeitig gesäten deutschen Wintergerste zunächst dadurch aus, daß sie nicht wie diese zunächst niedrig bleibt und dann im Frühjahr ziem- lich plötzlich in die Höhe schoßt, sondern daß sie ebenso wie die deutsche Sommergerste von Anfang an ein gleichmäßiges Höhen- wachstum zeigt. Ihre Verwendung zu Grünfutterzwecken verdankt sie ebenfalls vor allem dieser Eigentümlichkeit; deutsche Wintergerste ist wegen ihres anfänglichen Sitzenbleibens dazu nicht so geeignet, während sich andrerseits deutsche Sommergerste zu diesem Zwecke sehr eignen würde. Eine weitere Übereinstimmung zwischen deutscher Sommergerste und uruguayischer Wintergerste liegt in den die Vege- tationsdauer charakterisierenden Zeiten des Ausschossens. Die im Land angebaute „Wintergerste" folgt ziemlich genau der Kurve von Rimpaus Hannagerste, also einer deutschen Sommergerste. In ähnlicher Weise, wie es in Uruguay möglich ist, deutschen Winterroggen und Sommerroggen bei derselben Aussaatzeit beide zur normalen Entwicklung zu bringen, lassen sich auch Winter- und Sommergerste beide gleichzeitig mit Erfolg anbauen. Bei Aussaat in den Monaten Mai und Juni finden beide eine durchaus normale Ent- wicklung und Kornausbildung. V. Über den Anbauwert des Hafers in Uruguay gingen die Meinun- gen der Praktiker bis vor kurzem noch sehr auseinander; jedoch ist aus der Zunahme, die der Haferbau in der letzten Zeit erfahren hat, der 116 Gustav Gassner. Schluß zu ziehen, daß seine Gegner mehr und mehr im Schwinden begriffen sind, und im vorigen Jahr hat sogar die Landwirtschafts- gesellschaft der Republik auf einem Kongreß den Beschluß gefaßt, gerade den Hafer als besonders geeignete Futterpflanze zu empfehlen. Es liegen nun unzweifelhaft eine Reihe äußerst schlechter Erfahrungen mit Haferbau in der Republik Uruguay vor; eine Nachprüfung der näheren Umstände zeigte mir jedoch ausnahmslos, daß die Mißerfolge, die eine ganze Reihe von Landwirten zur Stellungnahme gegen den Haferbau veranlaßten, ausschließlich mit unmittelbar aus Europa, hauptsächlich aus England importiertem Saatgut eingetreten waren. Dieser europäische Hafer verhält sich nun, wie später gezeigt werden soll, zunächst physiologisch vollständig verschieden von dem seit vielen Jahren dort nachgebauten Landhafer, und wird außerdem im Gegensatz zu diesem von Puccinia coronifera derartig stark befallen, daß die Pflanzen durch Rost am Ausschossen verhindert und schließ- lich abgetötet werden. Für den Haferbau in Uruguay eignet sich also nur der dort akklimatisierte Landhafer, den ich im folgenden kurz als Uruguayhafer bezeichnen werde; die folgenden Ausführungen über die Praxis des Haferbaues beziehen sich auch nur auf diesen. Als Saatzeit kommt in erster Linie ebenfalls der Winter in Be- tracht, jedoch kann je nach dem Zweck auch eine Sommer- oder Herbstaussaat stattfinden. Wird der Hafer ausschließlich der Körner wegen gebaut, so erfolgt die Saat ebenso wie beim Weizen vor allem im Monat Juli, die Blüte Ende Oktober und die Ernte im Dezember. Die angewandten Saatmengen schwanken um 50 kg pro Hektar herum; die Erträge bewegen sich nach den mir von Landwirten gemachten Angaben zwischen 1100 und 2500 kg pro Hektar bei normaler Be- stellzeit im Winter. Vielfach ist nun die Körnerernte beim Haferbau nicht der alleinige Zweck, sondern handelt es sich auch darum, während der futterarmen Zeit Grünfutter zu produzieren; in diesem Fall erfolgt die Saat früher, oft schon im Sommer. Der im Sommer oder Herbst gesäte Hafer bestockt sich sehr stark und bildet zunächst niedrige, nicht über 30 cm hohe Horste, die etwa vom dritten Monat ab ein Abweiden durch das Vieh gestatten. Will man mit der Erzielung von Grünfutter eine Körnerernte verbinden, so muß das Abweiden spätestens vom Monat August an unterbleiben. Ausschossen, Blüte und Ernte erfolgt dann ebenso wie bei Winteraussaat. Die Landwirte in Uruguay pflegen nun vielfach ein abgeerntetes Haferfeld nicht wieder umzupflügen und neu zu bestellen, sondern Anbau u. Entwicklung v. Getreidepflanzen im subtropischen Klima. 117 Überlassen dasselbe zunächst sich selbst; gegen Ende des Sommers sollen sich dann aus den alten Stöcken teilweise neue Pflänzchen bilden, während andrerseits auch vor allem aus den ausgefallenen Körnern sich neue Pflanzen entwickeln. Der Hafer gilt in Uruguay vielfach als mehrjährige Pflanze. Die Bildung neuer Pflänzchen aus den alten Stöcken ist, wie ich mich überzeugt habe, möglich; ob sie es jedoch allein ist, die eine Neubestellung des Haferfeldes unnötig macht, erscheint mir fraglich, vielmehr scheinen mir vor allem die ausgefallenen Haferkörner dazu beizutragen, daß auch normal ab- geerntete Haferfelder in Uruguay ohne Neubestellung sich wieder ent- wickeln und dann in ähnlicher Weise wie die ursprünglich gesäten Felder ausgenutzt werden können. Der Anbau des Hafers in Uruguay zu Futterzwecken ist für die Landwirte deswegen so wertvoll, weil derselbe im Gegensatz zur Gerste ein Abweiden gestattet; er wird daher neuerdings zuweilen auch aus- schließlich zu Weidezwecken angebaut. Das Abweiden kann alljährlich bis in den Sommer hinein fortgesetzt werden, muß jedoch während des Sommers selbst auf mehrere Monate unterbrochen werden, um den Pflanzen Gelegenheit zur Samenbildung zu geben. Die an kümmerlichen Blütenständen sich bildenden Samen werden nicht ge- erntet, sondern fallen schließlich ab, um an Ort und Stelle wieder auszukeimen und so die Erhaltung des Haferfeldes zu sichern. Die Lebensdauer eines derartigen „Avenals" wird auf 3 — 5 Jahre an- gegeben. Wie schon die im obigen kurz erwähnte verschiedene Beurteilung des Haferbaues bei den Landwirten von Uruguay erkennen läßt, ist die Sortenfrage, insbesondere was die Verwendung europäischen Saat- guts betrifft, für den Haferbau in Uruguay, und wie ich nebenbei bemerken will, auch in Argentinien und Südbrasilien von größter Bedeutung. Meine ersten in Montevideo angestellten Haferanbauver- suche (Herbst und Winter 1907), bei denen die verschiedensten deutschen Hafersorten zur Aussaat gelangt waren, hatten überein- stimmend ein zuerst sehr gutes, fast zu üppig erscheinendes Wachs- tum der jungen Pflanzen ergeben, mit dem dann jedoch ein überaus starker Rostbefall (ausschließlich Puccinia coronlferä) Hand in Hand ging, der schließlich die Pflanzen derartig schädigte, daß sie nicht mehr zum Schossen kamen, sondern abstarben. Meine auf Grund dieser Versuche gefaßte Meinung, daß Hafer in Uruguay wegen über- mäßig starken Befalls von Puccinia coronifera sich überhaupt nicht kultivieren läßt, habe ich dann im Oktober desselben Jahres anläßlich 118 Gustav Gassner. einer Exkursion nach dem Westen der Republik in dem Sinne ein- schränken müssen, daß sie nur für den Anbau europäischen Saatguts Gültigkeit hat. Denn ich konnte auf dieser Exkursion zu meiner Überraschung an den verschiedensten Stellen ausgezeichnet stehende und in voller Blüte befindliche Haferfelder beobachten; das Saatgut zu diesen Feldern stammte aber nicht unmittelbar aus Europa, sondern wurde mir als „Avena del pais ", d. h. einheimischer Hafer, bezeichnet, eine Bezeichnung, in welcher der langjährige Nachbau dieses Hafers im dortigen Klima zuin Ausdruck kommt. Von europäischen Sorten habe ich in Uruguay angebaut: Beseler II, Fichtelgebirgshafer (Aussaat an den in Tabelle IX des tabellarischen Anhangs angegebenen Zeitpunkten). Beseler III, Strubes Schlanstedter, Lüneburger Kley- Hafer, Duppauer Hafer, Leutewitzer Gelbhafer, Sobotkauer Fahnenhafer, Heines Traubenhafer, Svalöfs Ligowo (Aussaaten am 13. März, 25. April, 2. Juli, Mitte November, Mitte Dezember 1907, S.Juni, 10. Juli 1908, 5. Mai, 9. August 1909). Svalöfs Goldregen, Svalöfs Siegeshafer, Kirsches Hafer, Behrens Schlanstedter, Rimpaus Milton und zwei in Montevideo gekaufte eng- lische und ein französischer Hafer (Aussaaten am 5. Mai und 9. August 1909). Alle diese Hafersorten verhielten sich bei ihrem Anbau in Uruguay in ihrem Wachstum und im Rostbefall, abgesehen von ganz minimalen Unterschieden, völlig gleich, so daß als Beispiel im fol- genden der Hafer Beseler II behandelt sei, von dem auch die meisten Aussaatversuche vorliegen (vergl. Tabelle IX des tabellarischen An- hangs). Die erste Entwicklung der jungen Haferpflanzen ist ganz all- gemein, d. h. bei Aussaat in den verschiedenen Jahreszeiten eine gute und ziemlich gleichmäßige, wenn man von Störungen durch anormal lange Trockenheitsperioden absieht. Die im Sommer gesäten Pflanzen zeigen ein nicht so üppiges Wachstum wie bei Winteraussaat, er- reichen auch nicht dieselbe Höhe; Winteraussaat und Sommeraussaat stimmen jedoch darin überein, daß bei beiden das Höhenwachstum der Pflanzen sich in gleichmäßigem Verhältnis zum Alter vollzieht, daß also weder bei Sommeraussaat ein „Sitzenl)leiben" stattfindet noch der Winter eine Unterbrechung des Wachstums hervorruft. Dieses gleichmäßige Höhenwachstum zu den verschiedensten Aussaatzeiten läßt theoretisch einen ebenso gleichmäßigen Verlauf des Schossens während des ganzen Jahres erwarten ; wenn trotzdem gerade das Schossen sich im Anbau u. Entwicklung v. Getreidepflanzen im subtropischen Klima. 119 hohen Maße von der Saatzeit abhängig zeigt, so ist daran, wie sich experimentell zeigen läßt, ausschließlich der zu verschiedenen Jahres- zeiten ganz unglaublich starke Rostbefall durch Puccinia coronifcra schuld. Ich habe im Herbst und Winter 1908 an verschiedenen Stellen isoliert Pflanzen von Beseler II so kultiviert, daß sie einmal durch ihre vereinzelte Stellung (dichter Stand ist ja bekanntlich rost- fördernd), sodann auch durch Sträucher, Hecken und weite Entfernung von andern Haferfeldern möglichst gegen Rost geschützt wuchsen; in diesem Fall war es teilweise möglich, auch bei Herbst- und Winter- aussaat den Rostbefall so lange hinauszuzögern oder abzuschwächen, daß die Pflanzen zu einem einigermaßen normalen Schossen kamen. Der europäische Hafer würde, wie sich aus den Versuchen schließen läßt, wenn er nicht unter Rost zu leiden hätte, bei seinem Anbau in Uruguay annähernd dieselbe Abhängigkeit des Schossens von der Saatzeit zeigen, wie es oben für den von Europa eingeführten Sommer- roggen in Fig. 2 graphisch dargestellt ist. Im Anbau unter normalen Verhältnissen macht nun der Rost- befall stets in der Weise seinen Einfluß geltend, daß der vom Februar bis August, also bei Herbst- und Winterbestellung gesäte europäische Hafer trotz anfänglich teilweise sehr guter Entwicklung, abgesehen von einigen kümmerlichen Halmen, überhaupt nicht zum Schossen kommt, sondern durch Rost abgetötet wird. Dementsprechend umfaßt beim europäischen Hafer die Kurve des Schossens beim natürlichen An- bau (siehe die punktierte Kurve von Fig. 4) überhaupt nur einen Bruchteil der obigen Kurve; sie beginnt mit der Septemberaussaat und endet mit der Januaraussaat; diesen Aussaatzeiten entsprechen die Monate Dezember — April als Zeit, in der das Schossen eintritt. Die eigenartige Erscheinung, daß ein einigermaßen regelmäßiges Schossen nur bei Frühjahrs- und Sommersaussaat stattfindet, wird dadurch erklärt, daß das Auftreten von Puccinia coronifcra zur Zeit des Schossens in den Sommermonaten relativ am schwächsten ist. Die erzielten Erträge sind jedoch auch bei diesen Aussaatzeiten ent- sprechend der in den heißen Sommermonaten stattfindenden Blüte und Fruchtausbildung nur geringe und lohnen nicht den Anbau, wie aus der auf Seite 122 gegebenen Zusammenstellung hervorgeht. Im Gegensatz zvi den sämtlichen angebauten europäischen Hafer- sorten steht nun, sowohl was physiologisches Verhalten wie Rost- anfälligkeit betrifft, der in Uruguay akklimatisierte Landhafer. Der zu meinen Versuchen verwendete Hafer entstammte zwei verschiedenen Quellen ; das erste Material erhielt ich von einem Ackerbauer zwischen 120 Gustav Gassner. ^ m — . ^V \ \ \ \ \ _ \ l r^ 02 oä ^ ^ >^ Fig. 4. ^. Mai April März Febr. Jan. Dez. Nov. Okt. < Datum des Ausschossens Graphische Darstellung der Schoßzeiten von Hafer Beseler II und Uruguayhafer bei Anbau in Uruguay. Anbau n. Entwicklung v. GetreidepÜanzen im subtropischen Klima. 121 Mercedes und Fray-Bentos im Oktober 1907 bezw. Winter 1908, und im Juni 1909 hatte der Estanciero Herr Dr. Gallinal die Freundlich- keit, mir von seiner Estancia Santa Helena weitere und größere Proben uruguayischen Landhafers zur Verfügung zu stellen. Beide Proben stammen also aus dem Westen der Republik und erwiesen sich in ihrem Verhalten völlig gleich. Die sehr zahlreichen Anbauversuche mit Uruguayhafer (siehe Tabelle X des tabellarischen Anhangs) ergaben zunächst die große Widerstandsfähigkeit dieses Hafers gegen Rost im Vergleich zu den europäischen Sorten. Rost (Puccinia coronifera, zuweilen auch P. graminis) fehlt ja auch hier nie ganz, der Befall ist jedoch fast stets ein äußerst schwacher und in keiner Weise imstande, auf die Entwicklung und Erträge eine schädigende Wirkung auszuüben. Ent- sprechend dieser hohen Widerstandsfähigkeit gegen Puccinia coroni- fera ist auch die Aussaatzeit in keiner Weise durch Rost beschränkt, hängt vielmehr ausschließlich von inneren physiologischen Eigen- schaften ab. Die sonstigen physiologischen Unterschiede, die zwischen euro- päischem Hafer und dem südamerikanischen Landhafer bestehen, treten bei normalem Anbau, d. h. Winteraussaat, nicht wesentlich hervor; die im Juli gesäten Parzellen z. B. zeigen annähernd das gleiche Wachstum, nur daß die Entwicklung des Uruguayhafers nicht eine derartig üppige ist, die Plätter nicht so breit und saftig scheinen und die Stengel nicht denselben starken Durchmesser haben, dafür aber sichtlich fester gebaut sind, worauf auch die größere Lagerfestig- keit dieser Sorte zurückzuführen ist. Ganz anders ist nun das beiderseitige Verhalten bei Aussaat im Sommer, z. B. in den Monaten Dezember — Januar. Während der europäische Hafer ein seinem Alter parallel gehendes Höhen Wachs- tum zeigt und im Spätsommer bezw. Herbst noch schoßt, bleibt der Uruguayhafer niedrig, bestockt sich äußerst stark und bildet so dichte Horste; in diesem Zustande verharrt er den ganzen Herbst und Winter, um erst im Frühjahr, d. h. im Monat Oktober auszuschossen ; er bleibt bei Aussaat im Sommer sitzen, zeigt also Wintergetreidetypus. Die graphische Darstellung in Fig. 4 ermöglicht in übersichtlicher Weise das Schossen des Uruguayhafers in seiner Abhängigkeit von der Saatzeit und gleichzeitig auch den großen Unterschied im Ver- gleich zum Beseler Hafer zu verfolgen; bei Aussaat Dezember — Juni findet Schossen Ende Oktober statt, bei Aussaat Juni — September im November, bei Aussaat Oktober im Dezember und bei Aussaat 122 Gustav Gassner. November (und erste Tage Dezember) in der Zeit Januar — März. Wir haben also einen ähnlichen Verlauf der Kurve wie z. B. beim Anbau europäischen Winterroggens und Winterweizens unter denselben Be- dingungen (vergl. graphische Darstellung in Fig. 1 und 2). Die normalste Entwicklung findet der Uruguayhafer unzweifel- haft, wenn die Saatzeit so gewählt wird, daß das Schossen noch im Monat Oktober stattfindet. Das zeigt sich auch in den Ernteerträgen; die folgende Zusammenstellung enthält die Erträge des Uruguayhafers bei verschiedener Aussaat im Herbst, Winter und Frühling; die auf 5 qm großen Parzellen angestellten Versuche (Aussaatmengen je 25 g) sind natürlich viel zu klein, um einwandsfreie absolute Werte über die Ertragsmengen zu geben, dürften aber immerhin ein richtiges relatives Bild darbieten. Zum Vergleich sind auch die gleichzeitig ausgeführten Versuche über Hafer Beseler H wiedergegeben. Erträge von Haferanbauversucheu mit Yerschiedener Saatzeit. (Größe der Parzellen 5 qm, Saatmenge 25 g = 50 kg pro ha.) Datum Hafer B 3 seier II Uruguayhafer der Saat Erntemenge Ertrag pro ha l]rntemenge Ertrag pro ha g kg 2' kg 1. April 1909 = 0 = 0 1570 3140 27. April = 0 = 0 — — 5. Mai = 0 = 0 2190 4380 15. Juli ==0 ==0 1830 3660 30. Juli 33 66 1730 3460 17. August 115 230 1710 3420 31. August 320 640 1630 3260 21. September 305 610 1030 2060 7. Oktober 290 580 850 1700 21. Oktober 210 420 320 640 5. November 255 510 290 580 19. November 150 300 120 240 Auffallend ist das starke Sinken der Erträge des Uruguayhafers beim Übergang von Winteraussaat zur Frühjahrsaussaat; die im Früh- jahr gesäten Pflanzen, deren Vegetationsdauer eine kürzere ist, zeigen eine schwächere Entwicklung und geringeres Höhenwachstum ; auch die Ausbildung der Rispen läßt meist schon deutlich zu wünschen Anbau u. Entwicklung v. Getreidepflanzen im subtropischen Klima. 123 Übrig; je später die Bestellung um so unregelmäßiger auch das Schossen, bis schließlich bei Aussaat im Dezember zunächst überhaupt kein Schossen eintritt, sondern dieses bis zum Frühjahr des nächsten Jahres verzögert wird. Während aber sonst mit Aussaat von Wintergetreide im Sommer eine starke Schädigung der horstförmig wachsenden Pflanzen ver- bunden ist, die sich durch gelbliches Aussehen, oft auch völliges Ab- sterben kund gibt, zeigt der Uruguayhafer nichts derartiges; die im Januar gesäten Parzellen z. B. bleiben zwar niedrig und horstförmig, erfreuen aber durch einen auffallend guten Stand und gesundes Aus- sehen, so daß man ihre Entwicklung kaum als krankhaft bezeichnen kann. Es scheint vielmehr, als ob sich dieser Hafer vollständig an die höheren Temperaturen des Landes angepaßt hätte, so daß man wohl berechtigt ist, ihn auch anderweitig zum Anbau in Ländern mit warmem Klima zu empfehlen. Die Zeitdifferenz vom Hervorschossen der Rispen bis zur Voll- reife der Samen beträgt bei Uruguayhafer im dortigen Klima je nach dem Zeitpunkt des Schossens 6V2 — 4 Wochen, und zwar gilt der erste Wert für den Fall, daß das Schossen Ende Oktober oder An- fang November erfolgt; findet dasselbe im Dezember statt, so ver- ringert sich die bis zur Vollreife erforderliche Zeit auf 5, und für Schossen im Januar auf 4 Wochen. Die Gesamt vegetationsdauer für die verschiedenen Aussaatzeiten läßt sich auf Grund dieser Angabe unter Berücksichtigung der Schoßzeit leicht berechnen, weswegen von einer besonderen Wiedergabe derselben hier ebenso wie bei den vor- her behandelten Getreidearten abgesehen sei. VI. Die Tatsache, daß der uruguayische Landhafer bei Aussaat im Sommer nicht schoßt, sondern sitzen bleibt, hat mich nun weiter veranlaßt, gerade diesem Umstände, der den „Wintercharakter" dieser Hafersorte zum Ausdruck bringt, durch besondere Versuche Rechnung zu tragen. In einer kurzen gemeinschaftlichen Mitteilung im Jahre 1906 haben Appel und ich^) die Aufmerksamkeit auf die merkwürdige Tat- sache gelenkt, daß Getreidepflanzen sich bei Aussaat im Hochsommer normal entwickelten, wenn sie bei niedrigen Temperaturen aufliefen, während bei Keimung bei hohen Temperaturgraden die Entwicklung eine krankhafte war, insbesondere auch das Schossen nicht so regel- *) Appel und Gassnei', 1. c. 124 Gustav Gassner. mäßig ausgelöst wurde. Auf diese unsere Mitteilung fußend, hat dann ein Jahr später Gutzeit ^) an derselben Stelle eine kurze Mitteilung veröffentlicht, in welcher er unsere damaligen Ergebnisse für Roggen bestätigt und an der Hand einei- Photographie zeigt, daß Winterroggen auch bei Aussaat im Sommer zum Schossen kommt, wenn er nur bei genügend tiefen Temperaturen zum Auflaufen gebracht wird. Eine weitere ausführliche Mitteilung über unsere damaligen Versuche werden Appel und ich demnächst in den Arbeiten aus der Kaiserl. Biologischen Anstalt für Land- u. Forstwirtschaft veröffentlichen. Auf Grund dieser Ergebnisse nun habe ich in Uruguay weitere Untersuchungen über den Einfluß der Keimungstemperatur auf die spätere Entwicklung von Getreidepflanzen angestellt und bin dabei, gerade was den Uruguayhafer betrifft, zu sehr auffallenden Ergeb- nissen gekommen. Die Versuchsanstellung war die folgende : Mit reinem , ange- feuchtetem Quarzsand gefüllte Schalen wurden mit Getreidekörnern beschickt; die Schalen waren vorher entsprechend temperiert und wurden unmittelbar nach dem Auslegen der Samen wieder in den Thermostaten bezw; in den Eisschrank gestellt, dem sie entnommen waren. Die eine Hälfte der in den Quarzsand ausgelegten Samen gelangte also in dem Thermostaten bei durchschnittlich etwa 25 °, die andere im Eisschrank bei etwa 6 — 10" zum Auflaufen. Betrug die Länge der jungen Keimblätter etwa 2 — 4 cm, so wurden die kleinen Pflänzchen vorsichtig (Quarzsand durch Abspülen entfernt) in Blumentöpfe mit guter Gartenerde umgepflanzt und zunächst auf einen Tag in den Schatten eines Baumes gestellt, sodann vollständig ins Freie. Nach einer weiteren Woche etwa erfolgte das Austopfen in den Ackerboden des Versuchsfeldes, so daß die Pflanzen dann unter vollständig natürlichen Verhältnissen weiter wuchsen. Derartige Versuche wurden nun zu den verschiedensten Jahres- zeiten wiederholt angesetzt; soweit sie mit Uruguayhafer angestellt wurden, sind sie in der Tabelle XI des tabellarischen Anhangs kurz aufgeführt; die erste Spalte enthält die Temperatur während der Keimung, die zweite die Saatzeit, die dritte das Datum des Um- pflanzens aus den Sandschalen in Blumentöpfe und die vierte schließlich das für die Entwicklung so wichtige und dieselbe charak- terisierende Datum des Schossens. Die Versuche wurden ferner größten- ') Gut zeit, Versuche über das Schossen der Rüben und anderer Pflanzen. Mitt. a. d. Kais. Biolog. Anst. f. Land- und Forstwirtschaft Bd. 6, 1908, pag. 20. Anbau u. Entwicklung v. Getreidepflanzen im subtropis^ohen Klima. 125 teils so angesetzt, daß die im Warmen zum Keimen gebrachten Samen entsprechend später ausgelegt wurden als die kalt auflaufenden, damit beide möglichst am gleichen Tage ins Freie gebracht werden konnten und dort von Anfang an denselben klimatischen Einflüssen ausgesetzt waren. Das Ergebnis dieser Versuche ist nun gleichzeitig in graphischer Weise in Fig. 5 wiedergegeben. Die einfach punktierte Kurve stellt die Schoßzeiten der im Warmen gekeimten Samen vor; die strich- punktierte die der kalt aufgelaufenen; die voll gezeichnete Kurve ist die schon im vorigen Abschnitt besprochene Kurve der Schoßzeiten des Uruguayhafers bei gewöhnlicher Aussaat im Versuchsfeld. Ein Vergleich der Kurve der Warmpflanzen und der Kaltpflanzen ergibt zunächst, daß bei Aussaat von Ende Februar bis Anfang Juni Unterschiede im Schossen durch verschiedene Temperaturen nicht hervorgerufen werden. Das Schossen findet vielmehr bei beiden in ganz regelmäßiger Weise Ende Oktober statt. Bei Aussaat in den folgenden Monaten machen sich, und zwar in immer steigendem Maße, Unterschiede in dem Sinne geltend, daß der kalt gekeimte Hafer früher schoßt als der warm gekeimte. Es schössen (Durchschnittswerte auf Grund der graphischen Dar- stellung) : kalt gekeimt warm gekeimt 1. November 1. November 3. November 8. November 8. November 18. November 17. November 3. Dezember 3. Dezember 23. Dezember 25. Dezember 22. Januar 25. Januar Ende Oktober 1. März Ende Oktober 10. April Ende Oktober. Die stärksten Unterschiede bieten die Aussaaten vom Ende November bis Ende Februar, wo die kalt gekeimten ganz normal 8 — 9 Wochen nach der Aussaat ausschossen, während die warm ge- keimten vorläufig nicht zum Schossen kommen, sondern sitzen bleiben; ihr Ausschossen findet erst nach Ablauf des Winters im Frühjahr der nächsten Vegetationsperiode statt. War die Notwendigkeit einer Kälteperiode zum Einleiten des Schossens schon aus den im vorigen Abschnitt erwähnten Aussaat- versuchen durch das Sitzenbleiben bei Sommerbestellung bewiesen, so Aussaat 1. Juni „ 1. Juli „ 1. August „ 1. September „ 1. Oktober „ 1. November „ 1. Dezember „ 1. Januar 1. Februar 126 Gustav Gassner. ^ V \ •- ... >s s \ s \ \ \ \ \ \ i \ \ \ \ \ V \ \ \ t \ \ \ > < 1 4 k Mai April März Febr. Jan. Dez. Nov. Okt. •( — Datum des Ausschossens X' ^ 0 '-i 03 Ö C3 es Sh _, O) ^ .«I Ö 3 •3 t 5 I lä =2 --2 ® cS =3 3 '>> "^i >> Oj 03 » 3 3 3 bc &C ÖC 3 Ö 3 t) U P © O • e O • Fig. 5. Graphische Darstellung der Schoßzeiten des Uruguayhafers bei verschiedenen Keimtemperaturen und verschiedener Saatzeit. Anbau u. Entwicklung v. Getreidepflanzen im subtropischen Klima. 127 liegt in diesen Versuchen eine weitere experimentelle Bestätigung, die aber auch gleichzeitig zeigt, daß eine Kälteperiode in verschiedenen Entwicklungsstadien der Pflanze einwirken kann, um denselben Effekt zu erzielen; es genügt die Temperatur der Keimung von 6 — 10°, um das Ausschossen auszulösen; es genügt aber auch bei Ablauf des Keimprozesses bei 25" die Einwirkung der winterlichen Kälte in einem späteren Stadium der Entwicklung. Auf diesen Punkt wird später nochmals eingegangen werden. Sehr lehrreich ist nun weiter ein Vergleich des Verhaltens des Uruguayhafers und seines Schossens bei gewöhnlicher Aussaat im Freien. Um einen unmittelbaren Vergleich zu ermöglichen, habe ich in der graphischen Darstellung Fig. 5 neben der Kurve des Schossens der warm und kalt gekeimten Pflanzen nochmals die des Schossens bei gewöhnlicher Aussaat im Versuchsfeld eingetragen. Der Vergleich ergibt nun, daß diese Kurve in ihrem Anfangs- und Endpunkt, also in ihrem Anfangs- und Endverlauf fast ganz der Kurve der warm gekeimten Samen gleicht, in ihrem mittleren Verlauf dagegen mit der Kurve der kalt gekeimten Samen identisch ist; sie entspricht also teilweise der Entwicklung der warm gekeimten und teilweise der der kalt gekeimten Samen. Ein Vergleich mit den zu den Saatzeiten herrschenden Bodentemperaturen (vergl. Tabelle I und II des tabella- rischen Anhangs) zeigt nun weiter, daß das Verhalten und Schossen des Uruguayhafers bei natürlicher Aussaat tatsächlich mit von den zur Saatzeit herrschenden Bodentemperaturen abhängig sein muß; denn in dem Teil der Kurve, welcher der Kurve der kalt gekeimten ""Samen folgt, sind die Bodentemperaturen zur Zeit der Aussaat niedrige, wäh- rend sich mit dem Steigen der Bodentemperaturen der allmähliche Übergang zu der Kurve der warm gekeimten Samen vollzieht. VII. In derselben Weise wie mit dem uruguayischen Landhafer habe ich nun auch Versuche mit anderen Getreidearten im Klima von Uruguay angestellt. Bei deutschem Winterweizen (Orig. Svalöfs Extra Squarehead), der teils bei 6 — 10°, teils bei 25° zum Auflaufen ge- bracht war, ergaben sich keine Unterschiede in der späteren Ent- wicklung, die auf einen besonderen Einfluß der Keimungstemperatur deuten könnten; insbesondere wurde bei den in der warmen Jahres- zeit gesäten Pflanzen kein Auslösen des Schossens durch niedere Keimungstemperaturen beobachtet. Die kalt gekeimten blieben hier ebenso sitzen wie die warm gekeimten, während andererseits bei den 128 Gustav Gassner. im Spätherbst und Winter gesäten das Schossen im nächsten Früh- jahr in gleichmäßiger Weise unabhängig von der Keimungstemperatur eintrat. Die Versuche zeigen also, daß bei deutschem Winterweizen in Uruguay die Keimungstemperatur von 6 — 10" nicht imstande ist, das Ausschossen zu bewirken, sondern daß hier klimatische Faktoren in anderer Weise die Ursache bilden müssen. Beim deutschen Winterroggen (Jägers Norddeutscher Champagner- roggen) machen sich je nach der Jahreszeit Unterschiede geltend. Während aber beim Uruguayhafer diese Unterschiede vor allem bei Aussaat in der warmen Jahreszeit auftreten, wurden beim deutschen Winterroggen Unterschiede nur bei Aussaat im Winter, und auch hier nur in bescheidenem Maße festgestellt; bei Aussaat im Frühjahr und Sommer blieben beide, sowohl die warm wie die kalt gekeimten Pflanzen, in gleichmäßiger Weise sitzen, woraus ohne weiteres hervor- geht, daß ebenso wie beim deutschen Winterweizen die Keimungs- temperatur von 6 — 10° allein nicht genügt, um das Schossen aus- zulösen. Während sich aber beim Winterweizen überhaupt kein Einfluß dieser Keimungstemperatur feststellen ließ, ist ein der- artiger Einfluß beim Winterroggen bei Versuchsbeginn während des Winters unverkennbar. Die Unterschiede zwischen kalt und warm gekeimten Samen machen sich hier in der Weise bemerk- bar, daß die ersteren früher und regelmäßiger schössen als die letzteren. ^ion den Versuchen mit Winterroggen seien die folgenden angeführt. I. Winterroggen, bei 6 — 9*^ zum Keimen gebracht, aufgelaufen und ins Freie gepflanzt am 26. Juli 09 und Winterroggen, bei 25" zum Keimen gebracht, aufgelaufen und ins Freie gepflanzt am 26. Juli 09, zeigten in der ersten Entwicklung keine nennenswerten Unterschiede. Am 26. November beginnen die kalt gekeimten sehr regelmäßig aus- zuschossen; die gleichzeitig, aber nach Keimung bei 25" aufgelaufenen beginnen mit dem Ausschossen erst am 6. Dezember und zeigen einen viel schleppenderen Verlauf des Hervorschossens der Ähren. Am 18. Dezember waren von den 20 kalt gekeimten Pflanzen 66 Ähren geschoßt, von den 20 warm gekeimten nur 18 Ähren. Die kalt ge- keimten reifen schließlich Mitte Januar 1910, die warm gekeimten erst Anfang Februar, viele sogar erst Ende Februar. Anbau u. Entwicklung v. Getreidepflanzen im subtropischen Klima. 129 II. Winterroggen, bei 6 — 10° zum Keimen gebracht, aufgelaufen und ins Freie gepflanzt am 18. November 09, und Winterroggen, bei 25*' zum Keimen gebracht, aufgelaufen und ins Freie gebracht am 18. November 09, kommen beide während des ganzen Sommers nicht mehr zum Schossen, sondern bleiben beide sitzen, Unterschiede im Wachstum sind nicht wahrzunehmen. Aus diesen Versuchen ergibt sich also: Bei einer Keimungs- temperatur von 6 — 10" und späterer winterlicher Kälte (= Versuchs- beginn im Herbst und Winter) findet das schnellste und regelmäßigste Ausschossen des deutschen Winterroggens in Uruguay statt; bei Keimungstemperatur von 25^ und späterer winterlicher Kälte tritt ebenfalls Ausschossen ein, aber bereits verzögert und unregelmäßiger; bei Verlauf der Keimung bei niedriger oder bei hoher Temperatur ohne spätere winterliche Kälte (= Versuchsbeginn im Frühjahr und Sommer) tritt kein Schossen ein. Die angewandte niedrige Keimungs- temperatur allein ist hier also nicht imstande, das Schossen auszu- lösen, sie kann aber das durch die winterliche Kälte (vor allem wohl durch die ziemlich starken Nachtfröste) hervorgerufene Schossen be- schleunigen und regelmäßiger gestalten. Die mit verschiedenen deutschen Sommergetreidearten angestellten Versuche ergeben nicht immer Unterschiede zwischen warm und kalt gekeimten Pflanzen. In vielen Fällen lagen unzweifelhaft Unterschiede vor, in anderen dagegen nicht. Wichtig ist nun, daß die etwa vor- liegenden Unterschiede sich stets in dem Sinne bemerkbar machten, daß die kalt gekeimten Pflanzen eher und besser schoßten als die warm gekeimten; der umgekehrte Fall wurde nie l)eobachtet. Das deutet darauf hin, daß auch die Sommergetreidearten ganz allgemein günstig durch den Verlauf der ersten Vegetationsperiode bei niederen Temperaturen beeinflußt wurden, wenn es auch nicht immer gelang, diesen Einfluß zutage treten zu lassen. Am deutlichsten und ganz unzweifelhaft trat der Einfluß der Keimungstemperatnr auf die spätere Entwicklung und das Schossen von Rimpaus Hannagerste hervor. Bei einem Versuch, der im Ok- tober 1909 begonnen wurde, schoßten die kalt gekeimten Pflanzen Anfang Januar 1910 normal aus, bei den warm gekeimten dagegen blieben die Ähren größtenteils stocken. Noch auffallender war das Ergebnis des am 5. November (kalt gekeimt) bezw. 15. November (warm gekeimt) begonnenen Versuches, wo die kalt gekeimten Samen Mitte Januar voll ausschoßten, die Pflanzen aber, die sich aus bei Jahresbericht der Vereinigung für angewandte Botanik VIII J IgO Gustav Gassner. 25" gekeimten Samen entwickelt hatten, überhaupt nicht zum Schossen kamen, sondern schließlich durch Hitze zugrunde gingen. Bei Ver- suchsanstellung im Winter trat der Einfluß der Keimungstemperatur auf Rimpaus Hannagerste nicht so deutlich hervor, ihr Einfluß wurde in diesem Falle sichtlich durch die später einwirkende Kälte aus- geglichen. Nicht ganz so stark, aber doch in der Mehrzahl der Versuche deutlich wahrnehmbar, war die das Schossen beschleunigende Ein- wirkung der niederen Keimungstemperaturen beim Roten Schlanstedter Sommerweizen. Bei den übrigen Sommergetreidearten war diese Wirkung ebenfalls vielfach unverkennbar, allerdings nicht immer festzustellen. Inwieweit die späteren Temperaturverhältnisse, sei es nun winterliche Kälte oder zu große sommerliche Hitze, einen Ein- fluß der Keimungstemperatur wieder aufheben oder nicht zur Geltung kommen lassen, geht aus den bisherigen Versuchen nicht mit Sicher- heit hervor. Wichtig erscheint mir, um es nochmals hervorzuheben, die Beobachtung, daß, falls Unterschiede vorlagen, diese auch hier stets zugunsten der kalt gekeimten Pflanzen waren, die früher und regelmäßiger schoßten als die warm gekeimten. Da die Abhängigkeit des Schossens der einzelnen Sommergetreide- arten von der Einwirkung niedriger Keimungstemperaturen sich in verschiedener Weise bemerkbar macht, lassen sich dieselben nach dem Grade der Abhängigkeit in verschiedene Gruppen teilen; Rimpaus Hannagerste zeigte die größte Abhängigkeit, kann also als Haupt- vertreter der einen Gruppe dienen ; die Mehrzahl der deutschen Sommergetreidearten scheint der zweiten Gruppe anzugehören, läßt also einen Einfluß der Keimungstemperatur auf das Schossen nur in viel schwächerem Maße erkennen. Bemerkenswert erscheint mir noch ein mit deutschem Sommer- roggen im März 1909 angestellter Versuch, wo sich nicht nur im Schossen, sondern auch schon vorher in der ganzen Entwicklung Verschiedenheiten bemerkbar machten; die kalt gekeimten Pflanzen zeigten von Anfang an ein mehr in die Höhe gerichtetes Wachstum, die Halme der warm gekeimten dagegen ein mehr am Boden kriechendes (siehe Fig. 6, Seite 139). Die Unterschiede im Schossen selbst waren bei diesem Versuch sehr deutlich; die kalt gekeimten schoßten fast drei Wochen früher als die warm gekeimten. Das Gesamtergebnis der mit deutschen Getreidearten angestellten Versuche ist bei weitem nicht so auffallend wie bei dem uruguayischen Landhafer; jedoch tritt auch hier vielfach eine gewisse Abhängigkeit Anbau u. Entwicklung v. Getreidepflanzen im subtropisclien Klima. 131 der späteren Entwicklung von der Keimungstemperatur zutage; der Fall, daß die warm gekeimten Pflanzen sich schneller entwickelten als die gleichzeitig, aber nach kalter Keimung aufgelaufenen, wurde nie beobachtet. Die etwa vorhandenen Unterschiede bestanden stets in dem beschleunigten und besseren Schossen der aus kalt gekeimten Samen hervorgegangenen Pflanzen. Wenn auch diese mit verschiedenen Keimungstemperaturen an- gestellten Versuche in keiner Weise genügen, die Frage über den Einfluß der Keimungstemperatur auf die spätere Entwicklung der Getreidepflanzen zu lösen, so haben sie immerhin insoweit ein brauch- bares Ergebnis geliefert, als sie zeigten, daß einmal ein derartiger Einfluß vorliegen kann, und daß weiter in dem Verhalten der ein- zelnen Getreidearten ganz bedeutende Unterschiede vorhanden sind. Auf diese Unterschiede soll im folgenden näher eingegangen werden. Die Versuche hatten ergeben, daß der deutsche Winterweizen in keiner Weise durch die Keimungstemperatur von 6 — 10*^ beeinflußt wird. Da andrerseits die Erfahrung zeigt, daß Winterweizen nur bei Durchlaufen einer Kälteperiode schoßt, muß angenommen werden, daß die angewandten Temperaturgrade nicht genügend tiefe waren. Beim deutschen Winterroggen ist ebenfalls die Keimungstempe- ratur von 6 — 10 '• nicht imstande, das Schossen auszulösen; sie ist aber nicht wie beim Winterweizen ohne jeden Einfluß, sondern unter- stützt immerhin das durch die winterliche Kälte eingeleitete Schossen und gestaltet dasselbe regelmäßiger. Wenn also hier auch die Keimungstemperatur von 6 — 10° noch nicht ausreichend ist, um allein das Schossen auszulösen, so ist sie doch schon tief genug, um unter gewissen Umständen ihren Einfluß geltend zu machen. Für den Uruguayhafer genügt die Keimungstemperatur von 6 — 10" in jeder Weise, um das Schossen auszulösen. Die deutschen Sommergetreidearten bedürfen meist nicht einer so niedrigen Keimungstemperatur wie der von 6 — 10'', kommen viel- mehr gewöhnlich auch schon nach Keimung bei höheren Temperaturen zum Schossen. Es gibt jedoch Sorten (vor allem Rirapaus Hanna- gerste), bei denen der Verlauf der Keimung bei 6 — 10" eine sichtlich beschleunigende Wirkung ausübt, wo zuweilen sogar nur die bei niederen Temperaturen gekeimten Pflanzen zum Schossen kommen, was eine gewisse Annäherung an den Typus des Wintergetreides dar- stellt. Bei anderen Sommergetreidearten ist der Einfluß der niederen Keimungstemperaturen ein viel geringerer; seine Wirkung macht sich hier weniger in einer Beschleunigung des Schossens als darin geltend. 132 Giistay Gassner. daß die kalt gekeimten Pflanzen anscheinend regelmäßiger schössen als die bei höheren Temperaturen aufgelaufenen. Die mit Keimungstemperaturen von 6 — 10° ausgeführten Ver- suche ergeben also, daß diese Temperatur während der Keimung auf die einzelnen Getreidearten und Sorten sehr verschieden wirkt; für die einen ist sie in keiner Weise ausreichend, für andere ist sie es, während noch andere ihrer zum Schossen nicht bedürfen. Diese relativen Unterschiede gestatten Rückschlüsse auf innere Eigenschaften der Pflanzen, und zwar können wir sagen, daß der deutsche Winter- weizen von den untersuchten Getreidearten die höchsten „Kälte- ansprüche" besitzt, ihm nahe steht, aber bereits hinter ihm, der deutsche Winterroggen (mit Wintergerste sind keine Versuche an- gestellt), dann folgt der Uruguayhafer, sodann die deutschen Sommer- getreide vom Typus des Roten Schlanstedter und Rimpaus Hanna- gerste und schließlich die anderen deutschen Sommergetreide, wie Heines Kolben-Sommerweizen, Svalöfs Hannchen usw. Es läßt sich daher das Ergebnis dieser Versuche in der Weise ausdrücken, daß man sagt, die einzelnen Getreidearten und -Sorten besitzen verschieden- artige Ansprüche in betreff niederer Temperaturen im jugendlichen Entwicklungsstadium, um zum normalen Ausschossen und damit zur normalen Entwicklung zu kommen. Es ist nun weiter von Interesse, zu sehen, daß dieselben Be- ziehungen, die aus den mit verschiedenen Keimungstemperaturen angestellten Versuchen hervorgingen, sich auch aus den in den ersten Abschnitten wiedergegebenen sukzessiven Aussaatversuchen im Freien im Klima von Uruguay feststellen lassen. Entsprechend dem An- steigen der Temperaturkurve beim Übergang von Winter zum Früh- jahr und Sommer erhöhen sich die Temperaturen bei den in dieser Zeit aufeinanderfolgenden Aussaatversuchen in bestimmter Weise; der obere Endpunkt der Kurve des Schossens gibt uns den äußersten Zeitpunkt der Aussaat, bei dem noch ein Schossen in derselben Vege- tationsperiode stattfindet, und kann so ebenfalls als Maßstab für die „ Kälte bedürfnisse" der einzelnen Getreidearten im jugendlichen Stadium genommen werden. Aus einem Vergleich der Kurven und Daten des Schossens folgt nun, daß dieselbe Reihenfolge in den „Kälteansprüchen" im jugendlichen Stadium, die aus den Versuchen mit verschiedenen Keimungstemperaturen hervorging, auch hier vorliegt. Der deutsche Winterweizen, bei dem die Keimungstemperatur von 6—10** in keiner Weise genügte, um auf das Ausschossen ein- Anbau u. Entwicklung v. Getreidepflanzen im subtropischen Klima. 133 zuwirken, hat den Anfang September, also den frühesten Termin als äußerste Saatzeit, bei der noch ein Schossen ausgelöst wird, bei späterer Aussaat bleibt er sitzen. Er hat also das größte „Kälte- bedürfnis". Der deutsche Winterroggen, bei dem die Keimungstemperatur von 6 — 10 "^ allein nicht genügt, um das Ausschossen auszulösen, wohl aber, um dasselbe za fördern, hat die Mitte Oktober als letzte Saat- zeit, bei der noch ein Ausschossen erfolgt; er hat also bereits ein geringeres „Kältebedürfnis" als der Winterweizen. Der uruguayische Landhafer, bei dem die Keimungstemperatur von 6 — 10" zum Auslösen des Schossens ausreichte, zeigt in der graphischen Darstellung des Schossens den Anfang Dezember als letzte Saatzeit, bei der noch ein Ausschossen stattfindet. Er hat also noch geringere Kälteansprüche als der deutsche Winterroggen. Rimpaus Hannagerste sowie der Rote Schlanstedter Sommer- weizen stellen den Übergang zu den übrigen deutschen Sommer- getreidearten dar; sie bleiben bei Aussaat im Sommer nicht eigentlich sitzen wie die Wintergetreide, sondern machen meist noch Anstalten zum Ausschossen, jedoch bleiben die Halme dann stecken und die Pflanzen gehen durch Hitze zugrunde. Sie haben also ein größeres Kältebedürfnis als die übrigen Sommergetreidearten, reichen jedoch nicht an die eigentlichen Wintergetreide heran. Die eigentlichen deutschen Sommergetreide (Svalöfs Hannchen, Heines Kolben-Sommerweizen usw.) zeigten bei Versuchen mit ver- schiedenen Keimungstemperaturen eine nur geringe Beeinflussung des Schossens durch dieselben, und ebenso sprechen die Aussaatversuche, bei denen ein Ausschossen bei Aussaat während des ganzen Jahres, insbesondere auch des Sommers erfolgt, in derselben Weise für das minimale „Kältebedürfnis" dieser Pflanzen. So ergeben auch die Beobachtungen über das Schossen beim Übergang von Winteraussaat zu Sommeraussaat im Klima von Uruguay, daß jede Getreideart ganz bestimmte Ansprüche in betreff niederer Temperaturgrade im jugendlichen Stadium hat, um ein normales Ausschossen und damit eine normale Ent- wicklung zu erzielen. Die Kurve des Schossens bei verschiedener Aussaat gibt uns ein relatives Bild der physiologischen Eigenschaften der betreffenden Pflanze, und dies war der Grund, weshalb in der obigen Darstellung gerade der Behandlung des Schossens ein derartig breiter Raum eingeräumt wurde. 134 Gustav Gassner. VIII. Die im Eintreten oder Nichteintreten des Schossens liegenden Unterschiede bringen am auffälligsten den Einfluß der Temperatur und die Notwendigkeit der Einwirkung niederer Temperaturgrade im jugend- lichen Entwicklungsstadium unserer Getreidepflanzen zur Darstellung, scheinen jedoch nicht die einzigen wahrnehmbaren Folgen dieses Ein- flusses zu sein. Der deutsche Winterweizen z. B. kommt ja auch im Klima von Uruguay auch bei rechtzeitiger Saat noch zum Schossen, aber das Schossen verläuft schon etwas unregelmäßig, und Halmhöhe wie Ausbildung der Ähren, also Stroh- und Kornertrag, lassen mehr als zu wünschen übrig. Es ist also nicht allein das Schossen selbst, das sich von dem Durchlaufen einer Kälteperiode abhängig zeigt, sondern auch die Art des Schossens und die Ausbildung der Halme. Der Winter von Uruguay ist zwar noch kalt genug, um das Ausschossen auszulösen, aber nicht mehr, um eine normale Halm- und Korn- ausbildung zu gewährleisten. Im dortigen Klima macht sich also die nicht völlige Erfüllung der Kälteansprüche noch nicht in einem Nicht- schossen, sondern in einem mangelhafteren Schossen und allgemeiner schlechterer Entwicklung bemerkbar und zwar zeigte sich, daß die deut- schen Winterweizen wie ostpreußischer Eppweizen, die die größten Kälte- bedürfnisse besitzen, auch die kümmerlichste Entwicklung aufweisen. Für den uruguayischen Winterhafer habe ich ebenfalls beobachten können, daß die nicht völlige Erfüllung der Kälteansprüche (z. B. bei Frühjahrsaussaat) zwar noch nicht das Schossen verhindert, aber das- selbe unregelmäßig gestaltet und bewirkt, daß die Halme sehr oft im Schossen stecken bleiben und geringere Höhe und kümmerlichere Entwicklung aufweisen als die zu gleicher Zeit geschoßten Pflanzen, die aus kalt gekeimten Samen, also unter ausreichender Erfüllung der Kältebedürfnisse, hervorgegangen waren. Da diese Unterschiede sich bei gleichzeitig geschoßten Pflanzen bemerkbar machten, ist der Einwand hinfällig, daß nur die sommerliche Hitze die schlechte Ent- wicklung des einen Teils hervorgerufen hätte, wenngleich natürlich ein Einfluß dieses Faktors hier nicht in Abrede gestellt werden soll. Beim Wintergetreide macht sich also, wie diese Beispiele zeigen, der Einfluß des Winters in der Weise geltend, daß ein genügend kalter Winter die Grundlagen für normales Schossen und gute Aus- bildung der Pflanzen schafft; genügen die dargebotenen Kältegrade nicht völlig, so tritt zwar noch Schossen ein, aber dieses ist unregel- mäßig und die Entwicklung läßt zu wünschen übrig, und sind die- selben völlig unzureichend, so tritt überhaupt kein Schossen mehr ein. Anbau u. Entwicklung: v. Getreidepflanzen im subtropischen Klima. 135 Beim Sommergetreide kann der Einfluß der niederen Tempe- raturen im jugendlichen Entwicklungsstadium nicht so offensichtlich wie beim Wintergetreide sein, vor allem, weil hier das Schossen auch ohne die Einwirkung einer vorhergehenden Kälteperiode einzutreten pflegt. Ein etwaiger Einfluß dieses Faktors kann sich daher nicht in so extremer Weise wie beim Wintergetreide durch Schossen oder Nichtschossen, sondern nur durch die Art des Schossens bemerkbar machen, und darin lassen sich in der Tat Unterschiede feststellen, die darauf hindeuten, daß das Sommergetreide zu seiner normalen Entwicklung ebenfalls niederer Temperaturen im jugendlichen Ent- wicklungsstadium bedarf. Bei meinen Versuchen mit verschiedenen Keimungstemperaturen zeigten die kalt gekeimten Sommergetreide- pflanzen neben einer nach den Sorten sehr verschiedenen oder auch fehlenden Beschleunigung des Schossens auffallend häufig einen regel- mäßigeren Verlauf dieses Prozesses und bessere Entwicklung der Pflanzen. Daraus erscheint der Schluß berechtigt, daß auch das Sommergetreide Kältebedürfnisse im jugendlichen Stadium besitzt, wenn diese auch bei weitem nicht so stark sind wie beim Winter- getreide. Bei den deutschen Sommergetreidearten, die wie z. B. der Rote Schlanstedter Sommerweizen und Rimpaus Hannagerste, sich, wie oben gezeigt, schon im Eintreten oder Nichteintreten des Schossens durch größere Kältebedürfnisse vor den übrigen Sommergetreidearten auszeichnen, lassen sich Unterschiede in der Entwicklung der Pflanzen in Abhängigkeit von früheren Temperaturgraden natürlich viel deut- licher feststellen. Daß tatsächlich die Temperaturen im jugendlichen Entwicklungs- stadium für die spätere Entwicklung des Sommergetreides von Be- deutung sind und die Nichterfüllung der „Kälteansprüche" eine Herab- setzung der Erträge bedingt, dafür möchte ich die Hellriegelschen Versuche mit Sommergerste als Beweis anführen, wenngleich Hell- riegeP) selbst das Ergebnis seiner Versuche nicht in derselben Weise ausdrückt, wie ich es hier getan habe. „Die kleine vierzeilige Gerste", sagt Hellriegel, „findet bei übrigens günstigen Vegetationsbedingungen .... die geeignetsten Temperaturverhältnisse dann, wenn sich die mittlere Tageswärme in der ersten Hälfte der Vegetation, d. h. in der Blatt- und Halmbildung, auf zirka 12" R oder 15° C, in der zweiten Hälfte der Vegetation aber, d. h. in der Periode der Ährenentwicklung und Körner- ausbildung, auf etwa 14 " R oder 17— 18° C . . . . erhält". Hell- ^) Hellriegel, Beiträge zu den naturwissenschaftl. Grundlagen des Ackerbaues; Braunschweig 1883, S. 134. 136 Gustav Gassner. riegel teilt also die Entwicklung der Sommergerste in zwei Perioden: die Zeit bis zum Schossen und die Zeit nach dem Schossen, und findet, daß beide Zeiten verschiedene Temperaturoptima haben, so nämlich, daß eine Erhöhung des Temperaturmittels während der ersten Entwicklung der Pflanzen auf die für den Verlauf der Blüte und Fruchtausbildung optimale Temperatur schädlich ist und sich in einer schlechteren Entwicklung und geringeren Erträgen zum Ausdruck bringt, dasselbe Ergebnis, das ich in anderer Weise so ausgedrückt habe, daß die Sommergetreide ebenfalls gewisse Ansprüche an niedere Temperaturgrade im jugendlichen Entwicklungsstadium besitzen, deren Nichterfüllung unregelmäßigen Verlauf des Schossens und schlechtere Entwicklung der Pflanzen bedingen kann. — Auch die im obigen schon zitierten Versuche von Appel und Gaßner^), aus denen eine Schädigung von Sommergetreide durch zu hohe Temperaturen während der Keimung hervorging, sind als Beweis dafür anzusehen. Wir können daher ebenso wie für das Wintergetreide auch für das Sommergetreide sagen, daß die Erträge einer bestimmten Ge- treideart in einem bestimmten Klima u. a. auch von dem Einfluß klimatischer Faktoren in dem ersten Entwicklungsstadium abhängen, in der Weise, daß Sorten höherer Kälteansprüche in ihrer Jugend ein kälteres Klima beanspruchen als Sorten geringerer Kälteansprüche, und daß eine nicht völlige Erfüllung dieser Ansprüche schlechtere Entwicklung und Herabsetzung der Erträge bedingt. In derselben Weise wie z. B. der deutsche Winterweizen bei Anbau im subtropischen Klima infolge des nicht genügend kalten Winters keine normale Entwicklung mehr findet, können auch die Sommergetreidearten, insbesondere diejenigen, die sich durch höhere Kälteansprüche auszeichnen, wie Rimpaus Hannagerste und der Rote Schlanstedter bei später Aussaat keine gute Entwicklung zeigen. Für den Roten Schlanstedter hat z. B. auf Grund vieljähriger Anbauversuche Edler-) gezeigt, daß dieser nur bei genügend früher Saat befriedigende ^) Appel und Gaßner, a. a. 0. ^ Edler, Anbauversuche mit verschiedenen Sommer- und Winter- weizensorten, Arbeiten der D. L. G., Heft 32, 1898, S. 47. Vergl. auch Edler, Anbauversuche mit verschiedenen Sommer- und Winterweizensorten, Arbeiten der D. L. G., Heft 63, 1901, S. 66. „Schon die früheren Versuche haben ge- zeigt, daß sowohl der Rote Schlanstedter als auch der Noe nur dann ihre Ertragsfähigkeit zur Geltung bringen können, wenn sie früh gesät werden und wenn die Frühlingswitterung der ersten Entwicklung tunlichst förderlich ist. Es kann deshalb nicht überraschen, daß diese Sorten durch das ungünstige Wetter des Frühjahrs 1900 und besonders auch durch die dadurch bedingte Anbau u. Entwicklung v. Getreidepflanzen im subtropischen Klima. 137 Erträge liefert, während er bei später Saat von den meisten übrigen deutschen Sommerweizen übertroffen wird. Edler schließt daraus, daß der Rote Schlanstedter (und der diesem ähnliche Noeweizen) nur für solche Gegenden Anbauwert besitzen, „in denen eine ihrer langen Vegetationszeit Rechnung tragende frühe Bestellung möglich ist". Derartige Beobachtungen zeigen, daß die Feststellung der Kälte- ansprüche der einzelnen Getreidearten auch für die Beurteilung von Sortenanbau versuchen in unserem Klima großen Wert besitzt, weil die Erklärung für den verschiedenen Anbauwert bestimmter Sorten in verschiedenem Klima wenigstens zum Teil in der Verschiedenartigkeit der Kältebedürfnisse im jugendlichen Stadium begründet ist. Es ist bisher auf diesen Punkt so gut wie kein Gewicht gelegt worden, wie überhaupt unsere Kenntnisse der physiologischen Eigenschaften unserer Hauptnutzpflanzen noch sehr im argen liegen und dringend einer Be- arbeitung bedürfen. Das zeigt z. B. in schlagender Weise der anormale Winter 1908/09 in Deutschland. In diesem war bekanntlich das im Herbst gesäte Wintergetreide infolge andauernder Trockenheit nicht im Herbst oder Winter, sondern größtenteils erst im Frühjahr auf- gelaufen, und es erhob sich für die Landwirte die Frage, ob dieses erst im Frühjahr aufgelaufene Wintergetreide im Sommer eine nor- male Entwicklung findet und schoßt, oder aber ob es sitzen bleibt, woraus sich die weitere Frage ergab, ob dieses Wintergetreide um- gebrochen oder auf dem Feld bleiben sollte. Die Unsicherheit, die in der Beantwortung dieser Frage zutage trat, zeigt am treffendsten unsere bisherigen Unkenntnisse über die Kältebedürfnisse des Winter- getreides. Es wurde dann von wissenschaftlicher Seite die Losung ausgegeben, daß das im Frühjahr aufgelaufene Wintergetreide nicht zum Schossen kommt, und daß es also empfehlenswert sei, dasselbe umzubrechen und durch Sommeraussaat zu ersetzen. Die Erfahrung hat gezeigt, daß diese Prophezeiung eine irrige war, und die land- wirtschaftlichen Zeitungen des Jahres 1909 bringen eine überwältigende Anzahl von Mitteilungen der Praktiker, daß das im Frühjahr auf- gelaufene Wintergetreide im Sommer normal schoßte und eine, wenn auch nicht gerade sehr gute, aber doch ganz leidliche Ernte brachte. späte Aussaat dermaßen in ihrer Ausbildung geschädigt sind, daß ihre Erträge gegenüber den anspruchsloseren Sorten zurückblieben, während sie in den für sie günstigeren Jahren 1898 und 1899 diese letzteren im Kornertrage über- trafen. Wie groß der Einfluß der früheren oder späteren Saat auf die Erträge der Sorten ist, erkennt man, wenn man die Versuche der drei Jahre trennt in solche, in denen der Weizen vor und nach dem 10. April gesät wurde." 138 Gustav Gaesnei*. „Aus den gesammelten Angaben geht wohl unzweifelhaft hervor, daß das Schossen in keinem Fall, auch nicht bei Aufgang im April, unterbleibt", sagt Fruwirth,^) und fährt dann fort: „Maßgebend ist nur, daß im Herbst gesät wurde. Das Wesentliche dabei scheint mir zu sein, daß noch Fröste oder doch sehr niedere Temperaturen auf die gekeimte oder wenigstens keimende Pflanze einwirken". Fru- wirth drückt sich sehr vorsichtig aus, immerhin lassen seine Worte mit Sicherheit erkennen, daß er ebenfalls einen Einfluß der Keimungs- temperatur auf das Schossen für möglich hält. Ich selbst möchte die Beobachtungen des Jahres 1909 als einen im großen Maßstabe gelieferten Beweis über den Einfluß der Keimungstemperatur auf die spätere Entwicklung der Pflanzen bezeichnen. Die Tatsache, die sich auch aus meinen Versuchen ergeben hatte, daß die Keimungstemperatur in bestimmter Weise das Aus- schossen und damit die ganze Entwicklung der Pflanzen zu bestimmen vermag, hat auf den ersten Blick etwas Überraschendes, vor allem deswegen, weil zwischen Ursache und Wirkung hier eine bedeutende Zeitspanne zu liegen scheint. Es sei daher hier darauf hingewiesen, daß die Bildung der jungen Ähren bereits in sehr jugendlichem Stadium erfolgt; bei unserem Wintergetreide in Deutschland sind nach Nowacki^) Ähren und Ährchen bei rechtzeitiger Aussaat sogar schon im Herbst zu erkennen, also im Alter von wenigen Wochen. Die ersten Anlagen gehen daher noch viel weiter zurück. Ein Zu- sammenhang zwischen Ausbildung der Ähren und der zur Zeit ihrer allerersten Anlage herrschenden klimatischen Verhältnisse ist daher sehr wohl annehmbar, und auch die zwischen Hervorschossen der Ähren und der Keimungstemperatur bestehenden Beziehungen er- scheinen im Hinblick auf die so frühzeitige Entwicklung derselben im Herzen der jungen Pflanze nicht mehr so auffallend, wenn sich auch ein unmittelbarer Zusammenhang noch nicht verfolgen läßt. Außerdem können sich bereits vor dem Hervortreten der Ähren deutliche Unterschiede zwischen warm und kalt gekeimten Pflanzen bemerkbar machen. Auf ein durch zu hohe Keimungstemperatur hervorgerufenes Absterben und Vergilben der Blätter junger Getreide- pflanzen als Krankheitserscheinung haben Appel und ich^) bereits hingewiesen. Bei meinen Versuchen in Uruguay habe ich dieses ^) Fruwirth, Über erst im Frühjahr aufgehendes Getreide, Landw. Presse 1909 S. 981. ^) Nowacki, Anleitung zum Getreidebau, Berlin 1899, S. 72. ^) Appel mid Gaßner a. a. O. Anbau u. Entwicklung; v. Getreidepflanzen im subtropischen Klima. 139 Bild nur sehr selten feststellen können und möchte für diese ab- weichenden Beobachtungen die starken täglichen Temperaturschwan- kungen, insbesondere die nächtlichen Temperaturerniedrigungen ver- antwortlich machen. Wohl aber habe ich andere Unterschiede im jugendlichen Alter feststellen können, vor allem bei dem uruguayischen Landhafer, aber auch beim Roggen, für den ich sie oben schon kurz erwähnt habe: die Halme der im Warmen aufgelaufenen Pflanzen zeigen ein mehr am Boden kriechendes Wachstum, während die der kalt gekeimten Pflanzen von Anfang an mehr in die Höhe wachsen. Fig. 6. Petkuser Sommerroggen, links kalt, rechts warm aufgelaufen (Versuchsbeginn Ende März, photographiert Mitte Sept. 1909). Bei einem mit Uruguayhafer angestellten Versuch vom 9. bezw. 22. Juli (ins Freie gepflanzt am 26. Juli) machten sich diese Unter- schiede von Anfang September, also etwa fünf Wochen nach dem Auflaufen und etwa neun Wochen vor dem Ausschossen bemerkbar. Die in diesem Versuch (siehe Tabelle XI) im Ausschossen schließlich zutage tretenden Unterschiede von zehn Tagen sind als gering zu bezeichnen gegenüber den lange vorher sichtbar gewesenen Unter- schieden im Wachstum. In Abb. 6 gebe ich eine Photographie eines änlichen, aber nicht so starken Unterschiedes beim Sommerroggen: die links befindlichen Pflanzen sind kalt, die rechts befindlichen Pflanzen warm aufgelaufen. 140 Gustav Gassner. Auch diese Beobachtungen, daß bereits lange vor den schHeßlich im Schossen zwischen warm und kalt gekeimten Pflanzen auftretenden Unterschieden sich in bestimmter Weise Verschiedenheiten im Wachs- tum bemerkbar machen können, lassen den Einfluß der Keimungs- temperatur auf das Schossen nicht so unvermittelt erscheinen; über die Art des Zusammenhangs zwischen beiden sind sie natürlich auch nicht imstande, Aufschluß zu geben. Ich habe in meinen Versuchen in Uruguay stets nur mit Tempe- raturen von 6 — 10^ arbeiten können; es erscheint natürlich sehr wünschenswert, diese hiermit im Klima von Uruguay erhaltenen Er- gebnisse durch Versuche mit anderen Temperaturen und außerdem im anderen Klima zu ergänzen sowie auch experimentell die Ein- wirkung niederer Temperaturen in einem späteren Entwicklungs- stadium festzustellen. Für den Uruguayhafer, wo ich die Verhält- nisse am genauesten studiert habe, hat sich ergeben, daß gerade die ersten Tage der Keimung die ausschlaggebenden sind. Ich habe Versuche in der Weise angestellt, daß die Samen zuerst auf kurze Zeit kalt keimten und dann bei warmer Keimung zu Ende aufliefen, und andere zuerst kurze Zeit warm keimten und dann bei 6^ — 9° auf- liefen. Einen Versuch dieser Art gebe ich im folgenden wieder. Versuche mit Uruguayhafer und kalt -warmer bezw. warm -kalter Keimung. 2 'S m gesät am Temperatur während der Keimung aufgelaufen und ins Freie gepflanzt am erster Beginn des Schossens I 10. Jan. dauernd 6— 9° 23. Jan. 10. März 11 14. Jan. bis 24. Jan. 6— 9<', vom 24. bis 25. Jan. 25" 25. Jan. 12. März III 18. Jan. bis 23. Jan. 6— 9", vom 23. bis 25. Jan. 25« 25. Jan. 15. März IV 14. Jan. bis 15. Jan. 25", vom 15. 23. Jan. am 25. April noch nicht ge- bis 23. Jan. 6—9" schoßt, V VI 18. Jan. 22. Jan. bis 20. Jan. 25", vom 20. bis 25. Jan. 6—9" dauernd 25" 25. Jan. 25. Jan. Schossen nicht vor Oktober zu erwarten Anbau u. Entwicklung v. Getreidepflanzen im subtropischen Klima. 141 Das Ergebnis des Versuches war das folgende: Am 10. März begannen die Samen der Serie I (vollständig kalt aufgelaufen) mit dem Schossen, am 12. März die der Serie II (zehn Tage kalt, einen Tag warm aufgelaufen), und am 15. März die der Serie III (fünf Tage kalt, zwei Tage warm aufgelaufen). Alle drei schoßten ganz normal, die Höhe der Pflanzen betrug etwas mehr als 1 Meter, Rispen und Kornausbildung waren trotz Versuchsbeginn im Hochsommer sehr gut. Von den Serien IV — VI, die zuerst warm und dann kalt (Serie IV einen Tag warm, sieben Tage kalt, Serie V zwei Tage warm, fünf Tage kalt) oder dauernd warm (Serie VI) aufgelaufen waren, war bis zum 25. April, wo der Versuch abgebrochen wurde, nichts ge- schoßt, vielmehr waren alle Pflanzen gleichmäßig niedrig geblieben. Dieser Versuch zeigt, daß die ersten Tage des Keimungsprozesses von ganz besonderer Bedeutung sind; der Uruguayhafer fünf Tage kalt gekeimt und dann im Warmen aufgelaufen (Serie III), zeigt normales Ausschossen; derselbe, nur einen Tag warm gekeimt und dann weitere sieben Tage im kalten aufgelaufen (Serie IV), bleibt sitzen und kommt nicht zum Schossen! Auf dieselbe Weise hatte auch ein mehrtägiger Aufenthalt der im Warmen aufgelaufenen Samen bei 0'^ kein Aus- lösen des Ausschossens bewirken können. Da nun aber, wie die Aussaatversuche im Freien zeigen, auch die winterliche Kälte bei nicht genügend tiefen Keimungstemperaturen doch noch ein Aus- schossen auslösen kann, muß angenommen werden, daß in diesem Fall entweder Temperaturen unter 0" oder längere Einwirkung etwas höherer Temperaturen oder beides notwendig sind. Auf jeden Fall ist anzunehmen, daß die das Schossen einleitenden Temperaturen je nach dem Entwicklungsstadium der Pflanzen verschieden sind, und zwar scheinen diese um so tiefer zu liegen und um so länger ein- wirken zu müssen, je älter die Pflanzen sind. IX. Mit der Feststellung, daß die einzelnen Getreidearten ganz be- stimmte und verschiedene Ansprüche inbetreff niederer Temperaturen im jugendlichen Entwicklungsstadium haben, ist die Möglichkeit einer genaueren physiologischen Charakterisierung derselben gegeben, als es bisher der Fall war. Die bisherige physiologische Einteilung in Winter- getreide und Sommergetreide sowie die Wertschätzung der Vegetations- dauer als physiologisches Merkmal sind in jeder Weise unzulänglich; die Unterscheidung von Wintergetreide und Sommergetreide läßt schon 142 Gustav Gassner. im Stich, wenn man sie auf den Getreidebau in wärmeren Ländern, wo nur Winteraussaat üblich ist, anwendet; hier finden sich auch Sorten, die physiologisch in der Mitte zwischen beiden stehen, die sich also nicht in das obige Schema einordnen lassen. In derselben Weise gibt auch die Vegetationsdauer in ihrer Abhängigkeit vom Klima kein eigentliches physiologisches Merkmal einer Getreideart, da sie unter verschiedenen klimatischen Verhältnissen sehr verschieden sein kann. In welchem Umfange bisher gerade die Vegetationsdauer als physio- logisches Merkmal angesehen wurde, dafür gibt z. B. Tschermak') ein typisches Beispiel. Er bezeichnet ausdrücklich die Dauer der Vegetationsperiode als ein „Anpassungsmerkmal in ganz besonderem Sinne" und sieht den Unterschied von Winter- und Sommerroggen in der verschiedenen Dauer der Vegetationsperiode. Nun bestände ja an und für sich die Möglichkeit, daß die Vegetationsdauer tatsächlich so in bestimmtem Zusammenhang mit inneren physiologischen Eigenschaften einer Getreidepflanze steht, daß Unterschiede in derselben, wie sie uns z. B. in der Bezeichnung frühe oder späte Sorten entgegentreten, als Maßstab dieser Eigenschaften genommen werden können, daß also z. B. in jedem Klima ganz be- stimmte Beziehungen zwischen Vegetationsdauer und den Ansprüchen in bezug auf niedere Temperaturen im jugendlichen Stadium stets in derselben Weise zutage treten. Daraus ließe sich dann die Berechti- gung ableiten, die relative Vegetationsdauer als physiologisches Merkmal der einzelnen Getreidearten anzusehen. Einen Versuch dieser Art will ich im folgenden wiedergeben. Die Reihenfolge inbetreff Vegetationsdauer der einzelnen Weizenarten ergab sich zu den verschiedensten Aussaatzeiten in Uruguay wie folgt: Ostpreußischer Eppweizen, Svalöfs Extrasquarehead, Mazamorraweizen, Rimpaus Roter Schlanstedter, Heines Kolbensommerweizen, Trigo del Chubut. Die obere Grenze der Saatzeit, bei der noch ein Schossen in derselben Vegetationsperiode stattfindet, die also als Maßstab für die Kältebedürfnisse der einzelnen Sorten genommen werden kann, ergibt die folgende Reihe: ^) Tschermak. Über Züchtung neuer Getreiderassen, Zeitschr. f. d. Landwirtschaft!. Versuchswesen in Österreich, 1906. u. a. : „Der sommerUche Charakter einer Form, d. h. die relativ kurze Vegetationsperiode ....". „Der winterhche Charakter, d. h. die relativ lange Vegetationsperiode . . . . " usw. Anbau u. Entwicklung v. Getreidepflanzen im subtropischen Klima. 143 Letzte Saatzeit, folge Weizensorte bei der noch Schossen in derselben Vegetationsperiode eintritt I Ostpreußischer Eppweizen Mitte August II Svalöfs Extrasquarehead Anfang September III Mazamorra Anfang Oktober IV Rimpaus Roter Schlanstedter Ende November V Heines Kolbensommerweizen \ Kommen bei Aussaat zu jeder VI Trigo del Chubut j Jahreszeit zum Schossen. Soweit Versuche mit verschiedenen Keimungstemperaturen an- gestellt waren (siehe Abschnitt VII), ergibt sich weiter die Reihe: Svalöfs Extrasquarehead, Rimpaus Roter Schlanstedter, Heines Kolben- weizen, der erste mit den größten, der letzte mit den geringsten Kälteansprüchen. Alle diese Reihen sind identisch, der Schluß erscheint berechtigt, daß die Vegetationsdauer als Merkmal der Kältebedürfnisse der ein- zelnen Sorten anzusehen ist, wobei die Gesetzmäßigkeit zutage tritt, daß die Sorten längster Vegetationsdauer die größten Kältebedürfnisse besitzen, l^ezw. die Sorten größter Kältebedürfnisse die längste Vege- tationsdauer aufweisen. Für Roggen in Uruguay ließe sich die gleiche Reihenfolge Ostpreußischer Johannisroggen , Jägers Champagnerroggen, Petkuser Sommerroggen sowohl in Vegetationsdauer wie in Kälteansprüchen aufstellen, und ebenso bei der Gerste entsprechend Mahndorfer Winter- gerste, Rimpaus Hannagerste, Svalöfs Hannchen, Heines Hannagerste. Beim Hafer hatte sich auf Grund der früher mitgeteilten Ver- suche ergeben, daß der Uruguayhafer als Winterhafer größere Kälte- ansprüche aufweist, als der europäische Sommerhafer; hier läßt sich jedoch die Gesetzmäßigkeit lange Vegetationsdauer große Kälte- ansprüche nicht mehr bei allen Aussaatzeiten feststellen, vielmehr schoßt bei Aussaat in den Monaten September — Oktober der Uruguay- hafer eher als der ßeseler, die Kurven des Schossens schneiden sich also. Diese Unterschiede sind nicht etwa nur auf eine durch starken Rostbefall hervorgerufene Verzögerung des Schossens des Beselerhafers zurückzuführen, sondern zeigen sich in derselben Weise bei den isoliert kultivierten und von Rost nur wenig befallenen Pflanzen. Die beim Weizen, Roggen und Gerste anscheinend zutage tretende Beziehung: Sorten langer Vegetationsdauer besitzen große Kälteansprüche im jugendlichen Stadium und umgekehrt, 144 Gustav Gassner. verliert auf Grund der Beobachtungen beim Hafer ihre absolute Gültigkeit. Die weitere Betrachtung der Versuchsergebnisse lehrt, daß die Vegetationsdauer des europäischen Sommerhafers (und ebenso der anderen eigentlichen Sommergetreide) eine viel konstantere Größe darstellt als die des Winterhafers (und der übrigen Wintergetreide). Bei diesem müssen die Temperaturverhältnisse während der Keimung oder im jugendlichen Alter ihren besonderen Einfluß auf die Vege- tationsdauer geltend machen, während derselbe bei den ersteren nur sehr gering sein kann. Die Vegetationsdauer des Uruguayhafers ist am kürzesten, wenn einmal die erste Entwicklung bei Temperaturen vor sich geht, die mit Sicherheit das spätere Ausschossen auslösen, und weiter, wenn das Ansteigen der Temperatur nach dieser Periode sehr rasch erfolgt. Diese Verhältnisse liegen für den Uruguay haf er bei Aussaat in den Monaten September — Oktober vor und bedingen dessen relativ kurze Vegetationsperiode bei dieser Saatzeit im Gegensatz zum gleichzeitig gesäten Beselerhafer, dessen Vegetationsperiode einen konstanteren Wert besitzt und keine derartig starke Abhängigkeit des Moments des Schossens von früheren Temperaturen erkennen läßt. Daß diese Erklärung richtig ist, zeigen nun in noch besserer Weise die mit niederen Keimungstemperaturen angestellten Versuche. Hier ist bei Versuchsbeginn im Frühjahr und noch mehr im Sommer das Ansteigen der Temperaturkurve von 6 — 10 ^ während der Keimung auf die Temperatur des Frühjahres oder Sommers noch viel rascher und extremer als unter natürlichen Verhältnissen bei Übergang von Winter zu Sommer. Dementsprechend wird die Vegetationsdauer des Uruguayhafers eine äußerst kurze; der Beselerhafer behält im Gegen- satz dazu seinen für die betreffende Jahreszeit annähernd konstanten Wert der Vegetationsdauer bei, schoßt also unter diesen Umständen bedeutend später als der gleichzeitig ausgesäte Winterhafer, wie die folgende Zusammenstellung zeigt. Nach Keimung Differenz- Hafersorte bei G— 9° aufge- geschoßt am Aufläufen laufen am = Schossen Uruguayhafer . 27. Oktober 10. Dezember 44 Tage Beselerhafer . )) 5. Januar 70 „ Uruguayhafer . . 19. Januar 10. März 50 „ Beselerhafer . !) 20. April 91 „ Anbau u. Entwicklung v. Getreidepflanzen im subtropischen Klima. 145 Diese Versuche ergeben also, daß es nicht möglich ist, eine einfache und allgemein giltige Beziehung zwischen den den Pflanzen wirklich eigentümlichen Kälteansprüchen einerseits und der Vegetationsdauer andererseits aufzu- stellen, da diese nicht nur von den Kältebedürfnissen der betreffen- den Getreideart sondern auch vor allem von klimatischen Verhältnissen abhängig ist. Wenn die Vegetationsdauer bisher als physiologische Eigenschaft galt und als solche auch in korrelativen Zusammenhang mit anderen Eigenschaften der Pflanze gebracht wurde, so hat das seinen Grund darin, daß im gemäßigten Klima und insbesondere bei langsamem Ansteigen der Temperaturkurve im Frühjahr im allgemeinen tatsächlich die Beziehung besteht, daß die Sorten langer Vegetations- zeit größere Kälteansprüche besitzen als die Sorten kurzer Vegetations- zeit. Diese Beziehung hat, wie im obigen gezeigt ist, keinen absoluten Wert, kann jedoch für ein bestimmtes Klima richtig sein, womit die bisherige Anwendung der Vegetationsdauer als physiologisches Merk- mal ihre Erklärung findet. Wenn die Vegetationsdauer in Abhängigkeit von den Kälte bedürfnissen der einzelnen Getreidearten steht, so müssen weiter die bisher festgestellten Korrelationen der Vegetationsdauer zu anderen Eigen- schaften der Getreidepflanzen sich auf Korrelationen der Kältebedürf- nisse zu diesen Eigenschaften zurückführen lassen. Es sind natürlich noch andere Faktoren, die den Einfluß des bisher als Vegetations- dauer bezeichneten Faktors bedingen; eine durch ganz allmähliches Ansteigen der Temperatur im Frühjahr bedingte Verlängerung der Vegetationsdauer kann nicht ohne Einfluß bleiben und eine Ver- kürzung der Periode der Fruchtentwicklung durch übermäßige Hitze und Trockenheit natürlich ebenfalls nicht. Andererseits aber lassen gerade die gewöhnlich als Beispiele für den Einfluß der Vegetations- dauer auf den Ertrag angeführten Versuche von Wollny') und Haberlandt-) deutlich erkennen, daß die bisher festgestellte gleich- sinnige Korrelation „lange Vegetationsdauer -Ertragsfähigkeit" wenig- stens zu einem Teil auf die Beziehung „Erfüllung der Kälteansprüche — hoher Ertrag" zurückzuführen ist. Der Vergleich der verschie- denen Erträge bei früher und später Herbst- und früher und später Frühjahrsaussaat zeigt mit großer Deutlichkeit, daß bei den letzteren ') Wollny, Zeitschrift des landwirtschaftlichen Vereins in Bayern 1883, Januar — März, Saat und Pflege, S. 489. ^ F. Haberlandt, zitiert nach Schindler, Lehre vom Pflanzenbau, S. 175, Wien 1896. Jahresbericht der Vereinigung für angewandte Botanik VIU 1'-' 146 Gustav Gassner. nicht die Verkürzung der Vegetationslänge allein die Erträge sinken läßt, sondern daß diese nur eine untergeordnete Rolle spielen kann. Die mit Winterroggen angestellten Versuche von Wollny hatten das folgende Ergebnis: Saatzeit Erntezeit Anzahl der Tage von der Saat Körnerernte bis zur Ernte K 18. August 10. JuH 327 1536 2. September 13. „ 315 1488 16. September 17. „ 305 1475 30. September 18. „ 292 1056 14. Oktober 23. „ 283 830 28. Oktober 28. „ 274 517 Für Sommergetreide gibt Haberlandt die folgenden Daten bei verschiedener Aussaatzeit: Kornernte Kornernte Kornernte Kornernte Saatzeit Weizen Roggen Gerste Hafer R g R K 1. April 188,1 142,3 291,3 288,0 15. „ 92,3 58,3 177,3 207,2 1. Mai 37,8 27,4 114,7 87,2 15. „ 0,67 4,3 61,5 31,3 Aus einem Vergleich der beiden Versuche ergibt sich, daß das Sinken der Erträge mit Verspätung der Bestellung bei Wintergetreide und Sommergetreide in ganz anderer Weise vor sich geht. Während bei dem ersteren das Sinken annähernd proportional der Verkürzung der Vegetationslänge erfolgt, ist dieses beim Sommergetreide ein viel zu rasches, als daß es sich auf die verhältnismäßig geringe Verände- rung der Vegetationslänge zurückführen ließe. Beim Wintergetreide machen nun sowohl die früh wie die spät gesäten Parzellen in der- selben Weise während des Winters eine Kälteperiode durch, Unter- schiede infolge verschiedener Erfüllung der Kältebedürfnisse können sich daher hier nur in beschränktem Maße geltend machen, und dementsprechend ist das allmähliche Sinken der Erträge tatsächlich vor allem auf die allmählich sich verringernde Vegetationslänge zurück- zuführen. Im Gegensatz dazu ist beim Sommergetreide die Verkürzung Anbau u. Entwicklung v. Getreidepflanzen im subtropischen Klima. 147 der Vegetationslänge eine viel geringere, dagegen werden die auch beim Sommergetreide als vorhanden anzunehmenden Kälteansprüche je nach der Saatzeit in sehr verschiedener Weise erfüllt. Mangelnde Erfüllung der Kälteansprüche (und natürlich auch Verlauf der Blüte und Frucht- ausbildung bei zu hohen Sommertemperaturen) sind es hier, die in der Hauptsache das Sinken der Erträge in so plötzlicher Weise bedingen. Es ergibt sich also auch hieraus, daß es nötig ist, den bisherigen Begriff der Vegetationsdauer und ihren Einfluß in verschiedene Faktoren zu zerlegen und zu untersuchen, was tatsächlich auf längere oder kürzere Vegetationsdauer zurückzuführen ist, und was auf die Ver- änderung anderer Bedingungen, wie vor allem auch Verschiedenheiten im ersten Entwicklungsstadium der jungen Pflanze. Die bisherige Hauptkorrelation „lange Vegetationsdauer — hohe Erträge" wird im engeren Sinne bestehen bleiben können, daneben aber werden andere Beziehungen festzulegen sein, unter denen die Beziehung: gute Er- füllung der Kälteansprüche — hohe Erträge nicht fehlen darf. — Von sonstigen Korrelationen physiologischer Art sei hier noch kurz auf eine hingewiesen, deren Zusammenhang bisher etwas Rätsel- haftes hatte: die gegensinnige Korrelation Winterf estigkeit - Ertrags- fähigkeit. Sorten hoher Ertragsfähigkeit (z. B. der englische Square- head) sind nicht so frosthart, während andererseits die frostharten Sorten nicht so ertragsfähig sind. Da nun weiter Kälteansprüche der einzelnen Sorten einer Getreideart sichtlich mit Frosthärte im Zu- sammenhang stehen (der ostpreußische Eppweizen ist sehr frosthart und hat die größten Kälteansprüche, der Squarehead ist nicht so frost- hart und hat geringere Kälteansprüche, Sommerweizen ist noch viel weniger frosthart und hat die geringsten Kälteansprüche usw.), läßt sich die merkwürdige Beziehung Frosthärte -Ertragsfähigkeit anschei- nend auf die Beziehung „Kältebedürfnisse -Ertragsfähigkeit" zurück- führen und fände damit eine verständliche Erklärung. Eine genauere Darstellung dieser Verhältnisse muß ich mir für spätere Untersuchungen vorbehalten. Ich habe dieses letzte Beispiel hier nur angeführt, um zu zeigen, in welcher Weise die Feststellung der physiologischen Eigenschaften unserer Getreidearten imstande sein kann, für bekannte Erscheinungen eine Erklärung zu geben, und will mit einem weiteren Beispiel dieser Art schließen. Bei Kreuzungsversuchen zwischen Wintergetreide und Sommer- getreide hat sich bekanntlich herausgestellt, daß die Kreuzungsprodukte zwischen Winter- und Sommerweizen sich physiologisch anders ver- 10* 148 Gustav Gassner. halten als die zwischen Winter- und Sommerroggen und Winter- und Sommergerste. „Beim Weizen zeigt im Gegensatz zum Roggen, wo der Sommertypus gegenüber dem Wintertypus dominiert oder prävaliert, der Wintertypus deutlich höhere Wertigkeit als der Sommertypus," „Bei der Gerste scheint ähnlich wie beim Roggen — im Gegensatz zum Weizen — der Sommertypus über den Wintertypus zu präva- lieren." ^) Die folgenden Betrachtungen gehen davon aus, daß der Begriff des Wintertypus und Sommertypus kein einheitlicher ist. Meine Ver- suche zeigten, daß unter den Getreiden hoher Kälteansprüche, die wir als Wintertypus zusammenfassen können, ebenso wie unter den Getreidearten geringer Kälteansprüche, die dem Sommertypus ent- sprechen, große Unterschiede bestehen, daß also z. B. Wintertypus und Wintertypus ganz verschiedene Sachen darstellen können. Es hatte sich im besonderen ergeben, daß der deutsche Winterweizen höhere Kälteansprüche besitzt als der deutsche Winterroggen (und auch die deutsche Wintergerste), daß er also ein extremeres Winter- getreide darstellt als diese. Das heißt also, daß bei einer Kreuzung von Winterweizen mit Sommerweizen in viel stärkerer Weise winter- liche Charaktere vererbt werden müssen als bei Roggen und Gerste. Setze ich z. B. die Kälteansprüche des Winterweizens = 10, die des Winterroggens, die geringer sind, = 8, die der Wintergerste, die noch geringer sind, = 7, und die des Uruguay hafers, die die geringsten sind, = 5, und setze ich weiter die Kälteansprüche der Sommer- getreide übereinstimmend =: 1, so ergeben sich unter der Annahme, daß die Kreuzungsprodukte Mittelstellung zwischen den Eltern ein- nehmen, für die einzelnen Kreuzungsprodukte folgende Kälteansprüche: Winterweizen X Sommerweizen = — ^^^ = 5,5 Winterroggen X Sommerroggen =: Wintergerste X Sommergerste = Winterhafer X Sommerhafer = z Ist nun z. B. ein Klima so beschaffen, daß bei Aussaat im Frühjahr die Sorten mit Kältebedürfnissen von mehr als 5 nicht mehr ') Tschermak in Fruwirth, Die Züchtung der landwirtschaftlichen Kulturpflanzen Bd. IV. Berlin 1907, S. 139 und 262. Anbau n. Entwicklung v. Getreidepflanzen im subtropischen Klima. ] 49 schössen, so muß das Kreuzungsprodukt Winterweizen X Sommer- weizen sitzen bleiben, die der übrigen aber zum Schossen kommen. Mit andern Worten: beim Weizen muß scheinbar der Wintertypus prävalieren, bei den übrigen Getreidearten dagegen der Sommertypus. Es braucht sich also hier nicht um ein wirkliches Dominieren oder Prävalieren eines Typus zu handeln, sondern nur um den Ausdruck der verschiedenen Kältebedürfnisse der einzelnen Getreidearten. Auf jeden Fall ist aus diesen Erwägungen die Folgerung zu ziehen, daß die physiologischen Eigenschaften unserer Getreidearten erst einer genaueren Definierung und Präzisierung bedürfen, bevor wir daran denken können, die Ergebnisse der Kreuzungsversuche mit Getreide- sorten auf physiologischem Gel)iete in richtiger Weise zu deuten. Die bisherigen Begriffe Wintergetreide und Sommergetreide sind dazu in keiner Weise ausreichend. Schlußwort. Wenn ich das Ergebnis der vorstehenden Untersuchungen kurz zusammenfassen soll, möchte ich es in dem einen Satze tun, daß die physiologischen Eigenschaften unserer Getreidepflanzen, insbesondere ihre klimatischen Anpassungen und Anforderungen einer besonderen experimentellen Bearbeitung dringend bedürfen und zwar einer Be- arbeitung von allgemeinen Gesichtspunkten aus und nicht, wie nur zu häufig, unter den Gesichtspunkten der klimatischen Verhältnisse eines einzelnen Landes. Ich habe in der vorstehenden Arbeit einen mit unzureichenden Mitteln angestellten und unvollkommenen Ver- such dieser Art wiedergegeben und dabei den Einfluß der Temperatur- verhältnisse in den ersten Entwicklungsstadien in den Vordergrund gestellt. Es hat mir natürlich durchaus ferngelegen, das ganze Leben unserer Getreidepflanzen auf diesen Faktor zurückzuführen, und ich bin mir auch durchaus bewußt, daß ich in den letzten Abschnitten zur Erklärung bekannter Erscheinungen mittels der erhaltenen Ver- suchsergebnisse und im besonderen der „Kältebedürfnisse" auch teil- weise zu Schlüssen gekommen bin, für die ich den absoluten Beweis vorläufig schuldig bleiben mußte. Ich habe diese Wiedergabe trotzdem und mit voller Absicht getan, da ich nicht weiß, ob und wie ich in der nächsten Zeit Gelegenheit haben werde, mich wieder mit diesen Fragen zu beschäftigen, so daß die vorliegende Arbeit wenigstens dazu dienen kann, für weitere Untersuchungen anregend zu wirken. Noch ein Wort über den Einwand, daß derartige Untersuchungen keinen praktischen Wert haben, da wir ja die Beeinflussung des 150 Gustav Gassner. Wetters nicht in der Hand haben. Das ist richtig, das Klima selbst können wir nicht ändern, wohl aber innerhalb gewisser Grenzen die Pflanzen, und es ist zu hoffen, daß klimatisch-physiologische Grund- sätze bei der Züchtung unserer Hauptkulturpflanzen mehr als bisher und vor allem mit vollem Verständnis Anwendung finden. Praktische Ergebnisse werden dann nicht ausbleiben. Umzüchtungen von "Wintergetreide in Sommergetreide und umgekehrt unter künstlicher Beeinflussung und Abänderung der Temperatur- verhältnisse in den ersten Entwicklungsstadien erscheinen mir als eins der Gebiete, wo begründete Hoffnung vor- handen ist, zu neuen und praktisch bedeutungsvollen Er- gebnissen zu kommen. Botanisches Institut der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin, Oktober 1910. Tabellarischer Anhang. Tabelle I. Monatliche Temperaturmittel im Klima von Uruguay (Montevideo), Durchschnittswerte von 1901 — 1908. Temperaturen im Freien gemessen 2 cm über Rasenfläche mittlere Monat mittlere Temperatur durchschnitt- liches absolutes Maximum durchschnitt- liches absolutes Minimum Bodentempe- raturin 30 cm Tiefe Januar 23,5 42,8 6,5 24,0 Februar 23,4 42,0 6,7 24.1 März 21,9 40,1 4.9 22,7 April 17,5 34,6 3,4 19,3 Mai 13,5 29,9 — 0,6 15,3 Juni 11.7 25,8 -1,6 12,9 Juli 10,3 27,5 — 3,3 11,6 August 10,2 26,5 — 3,9 11,3 September 13,6 32,0 -1,7 13,9 Oktober 16,4 33,8 1.4 16,8 November 19,9 38,0 2,6 19,6 Dezember 23,3 41,3 6,5 22,5 Anbau u. Entwicklung v. Getreidepflanzen im subtropischen Klima. 151 Tabelle IL Temperaturen im Klima von Uruguay (Montevideo), 1907 — 1909. Tem perature n im Freien gemessen 2 cm über Rasenfläche Mittlere Jahr Monat Ol ^ Ol !- H 1 1 11 Mittlere tägliche Schwankung Maximale tägliche Schwankung Minimale tägliche Schwankung Erdtem- peratur in 30 cm Tiefe 1907 Jan. 23,7 42,3 6,0 — — — 23,9 Febr. 23,8 40,0 7,8 — — — 24.4 März 22,0 36,1 8,0 — — — 22,4 April 17,4 29,7 5,7 — — — 18,9 Mai 11,5 26,9 -2,6 — — — 13,8 Juni 10,0 26,5 -4,4 — — — 11,8 Juli 9,2 25,9 -2,6 — — — 10,1 Aug. 9,9 25,6 — 2,8 — — — 11,1 Sept. 11,7 27,5 -3,2 — — — 12,5 Okt. 16,0 33,9 1,4 — — — 17,1 Nov. 20,5 40.1 1.2 — — — 20,1 Dez. 23,6 42,0 4,3 — — — 23,3 1908 Jan. 22,9 40,7 7,5 19.2 27,0 7,5 24,0 Febr. 22,1 37,0 7.2 18.6 24.8 11,3 23,5 März 21,5 39,0 3.0 18.6 27,1 7,2 22,5 April 16,9 35,5 2,8 17.1 29.4 2,9 18,9 Mai 12,5 27,9 — 0,6 15,9 26,0 6,1 14.3 Juni 11,1 28,5 -2.5 13.4 22.1 2,4 12,4 Juli 10,3 22,9 -4,8 13.7 22,9 6,1 11,6 Aug. 9,2 27,1 — 6,5 13,5 22,7 4,2 10,7 Sept. 13,5 28,5 1,1 15.8 27,9 2,4 14,2 Okt. 17,5 36,4 -1,1 20,3 30,4 8,8 17,2 Nov. 19,8 38,9 2,0 21,3 29,3 9,5 19,1 Dez. 24,1 45,3 7,2 24,9 33,5 11,8 22,5 1909 Jan. 23,8 42,1 7,5 19.4 27,5 8,0 23,4 Febr. 22,8 43,0 7,2 19,0 29,2 7,3 24,2 März 20,5 40,1 2,4 20,8 27,5 12,1 22,5 April 18,1 37,3 1,3 21,7 30,7 14,2 19,6 Mai 11,2 28,9 — 3,0 19,6 30,4 8,1 14,8 Juni 9,3 25,9 — 4.2 13,7 20,6 5,8 11,0 162 Gustav Gassner. Tabelle III. Ausschossen von Heines Kolben-Sommerweizen bei verschiedener Saatzeit in Uruguay. gesät am geschoßt am Bemerkungen 22. März 07 2. Juli 07 Mitte Dez. 07 1. Febr. 08 19. Mai 08 8. Juni 08 10. Juli 08 5. Sept. 08 4. Nov. 08 22. März 09 1. April 09 27. April 09 5. Mai 09 15. Juli 09 30. Juli 09 17. Aug. 09 81. Aug. 09 21. Sept. 09 7. Okt. 09 21. Okt. 09 5. Nov. 09 19. Nov. 09 4. Dez. 09 22. Dez. 09 5. Jan. 10 1. Febr. 10 15. Febr. 10 Mitte Okt. 07 Anf. Nov. 07 Ende Febr. 08 Mitte Mai 08 Ende Okt. 08 Anf. Nov. 08 5. Nov. 08 23.— 28.Okt.09 Mitte Nov. 09 27. Nov. 09 2. Dez. 09 12. Dez. 09 18. Dez. 09 1. Jan. 10 8. Jan. 10 Ende Jan. 10 20. Febr. 10 11. März 10 Anf. April 10 (Mai 10?) regelmäßig geschoßt ziemlich regelmäßig geschußt regelmäßig geschoßt nicht selbst beobachtet, nach Notiz des In- stitutsdieners Anf. Dez. 08 geschoßt nicht selbst beobachtet, nach Notiz des In- stitutsdieners Mitte Januar 09 geschoßt regelmäßig geschoßt unregelmäßig geschoßt unregelmäßig geschoßt, Pflanzen haben stark unter Hitze gelitten unregelmäßig geschoßt, Pflanzen haben stark unter Hitze gelitten sehr unregelmäßig geschoßt, viele Pflanzen nicht zum Schossen gekommen Versuch am 25. April 10 abgebrochen, Pflanzen zu dieser Zeit dicht vor Schossen, dürften im Mai sehr regelmäßig ausschossen Versuch am 25. April 10 abgebrochen. Pflanzen etwa 30 cm hoch, noch nicht geschoßt Anbau u. Entwicklung v. Getreidepflanzen im subtropischen Klima. 153 Tabelle IV. Ausschossen von Rimpaus Roter Schlanstedter bei verschiedener Saatzeit in Uruguay. gesät am geschoßt am Bemerkungen 22. März 07 2. Juli 07 Mitte Dez. 07 1. Febr. 08 19. Mai 08 8. Juni 08 10. Juli 08 5. Sept. 08 4. Nov. 08 22. März 09 1. April 09 27. April 09 5. Mai 09 15. Juli 09 30. Juli 09 17. Aug. 09 31. Aug. 09 21. Sept. 09 7. Okt. 09 21. Okt. 09 5. Nov. 09 19. Nov. 09 Ende Okt. 07 Anf. Nov. 07 Ende Okt. 08 Anf. Nov. 08 25.-31.Okt.09 Mitte Nov. 09 2. Dez. 09 9. Dez. 09 21. Dez. 09 28. Dez. 09 10. Jan. 10 22. Jan. 10 regelmäßig geschoßt regelmäßig geschoßt, einige Tage später als Heines Kolben-Sommerweizen im Laufe des Sommers abgestorben, ohne zu schössen einige Halme im Mai 08 geschoßt, der größere Teil der Pflanzen nicht zum Schossen ge- kommen sondern im Winter verfault; der Rest schoßt im Okt. 08 regelmäßig geschoßt letzte Beobachtung am 5. Nov. 08, Pflanzen standen unmittelbar vor Ausschossen nicht selbst beobachtet, nach Notiz des In- stitutsdieners Mitte Dez. 08 geschoßt nicht selbst beobachtet, nach Notiz des In- stitutsdieners Anf. Febr. 08 geschoßt regelmäßig geschoßt regelmäßig geschoßt, etwas später als Heines Kolben-Sommerweizen regelmäßig geschoßt, etwas später als Heines Kolben-Sommerweizen regelmäßig geschoßt unregelmäßig geschoßt nicht zum Schossen gekommen oder im Schossen stecken geblieben und dann ab gestorben. Ende März 10 keine lebenden Pflanzen mehr 154 Gustav Gassner. gesät am | geschoßt am Bemerkungen 4. Dez. 09 22. Dez. 09 5. Jan. 10 1. Febr. 10 15. Febr. 10 Versuch 25. April 10 abgebrochen, noch nichts geschoßt, viele Pflanzen tot, der Rest niedrig, kränklich Versuch 25. April 10 abgebrochen, noch nichts geschoßt, viele Pflanzen tot, der Rest niedrig, kränklich Versuch 25. April 10 abgebrochen, bis zu diesem Zeitpunkt nichts geschoßt, Pflanzen 30 cm hoch, stark gelbspitzig Versuch 25. April 10 abgebrochen, bis zu diesem Zeitpunkt nichts geschoßt, Pflanzen 30 cm hoch, gesund aussehend Versuch 25. April 10 abgebrochen, bis zu diesem Zeitpunkt nichts geschoßt Tabelle V. Ausschossen von Svalöfs Extra Squarehead bei verschiedener Saatzeit in Uruguay. gesät am geschoßt am Bemerkungen 22. März 07 2. Juli 07 Mitte Dez. 07 1. Febr. 08 19. Mai 08 8. Juni 08 10. Juli 08 5. Sept. 08 Mitte Nov. 07 Anf. Dez. 07 Anf. bis Mitte Nov. 08 (Febr. 09) regelmäßig geschoßt ziemlich unregelmäßig geschoßt, Pflanzen haben sichtlich stark gelitten Pflanzen im Sommer 07/08 größtenteils ab- gestorben, der Rest im Frühjahr 08 un- regelmäßig schossend nicht selbst beobachtet, nach Notiz des Insti- tutsdieners Mitte Nov. 08 geschoßt nicht selbst beobachtet, nach Notiz des Insti- tutsdieners Ende Nov. 08 geschoßt nicht selbst beobachtet, nach Notiz des Insti- tutsdieners Ende Nov. 08 geschoßt nicht selbst beobachtet, nach Notiz des Insti- tutsdieners Mitte Dez. 08 geschoßt nach Notiz des Institutsdieners (und eigener Besichtigung im März 09) war ein kleiner Teil der Pflanzen im Febr. 09 unregelmäßig ausgeschoßt. Viele Pflanzen im Laufe des Sommers abgestorben Anbau u. Entwicklung v. Getreidepflanzen im subtropischen Klima. 155 gesät am geschoßt am 4. Nov. 08 22. März 08 1. 'April 09 27. April 09 5. Mai 09 15. Juli 09 30. Juli 09 n. Aug. 09 31. Aug. 09 21. Sept. 09 7. Okt. Ö9 21. Okt. 09 5. Nov. 09 19. Nov. 09 4. Dez. 09 22. Dez. 09 5. Jan. 10 1. Febr. 10 15. Febr. 10 Mitte Nov. 09 Ende Nov. 09 10. Dez. 09 20. Dez. 09 Anf. bis Mitte Jan. 10 Ende Jan. 10 Bemerkungen im Sommer08/09 abgestorben, ohne zu schössen ziemlich regelmäßig schossend viele Pflanzen verfault, der Rest ziemlich regelmäßig schossend ziemlich regelmäßig schossend unregelmäßig geschoßt, ein großer Teil der Pflanzen vorher umgekommen unregelmäßig geschoßt, Pflanzen haben sicht- lich unter Hitze gelitten Versuch am 25. April 10 abgebrochen, bis zu dieser Zeit nichts geschoßt, sehr viele Pflanzen abgestorben, der Rest niedrig und kränklich Versuch am 25. April 10 abgebrochen, bis zu dieser Zeit nichts geschoßt, sehr viele Pflanzen abgestorben, der Rest niedrig und kränklich Versuch am 25. April 10 abgebrochen, bis zu dieser Zeit nichts geschoßt, sehr viele Pflanzen abgestorben, der Rest niedrig und kränklich Versuch am 25. April 10 abgebrochen, bis zu dieser Zeit nichts geschoßt, sehr viele Pflanzen abgestorben, der Rest niedrig und kränklich Versuch am 25. April 10 abgebrochen, bis zu dieser Zeit nichts geschoßt, sehr viele Pflanzen abgestorben, der Rest niedrig und kränklich alle Pflanzen abgestorben Versuch am 25. April 10 abgebrochen, bis zu dieser Zeit nichts geschoßt, Pflanzen niedrig, kränklich, viele abgestorben Versuch am 25. April 10 abgebrochen, bis zu dieser Zeit nichts geschoßt. Pflanzen niedrig, horstförmig, stark gelbspitzig Versuch am 25. April 10 abgebrochen, bis zu dieser Zeit nichts geschoßt. Pflanzen niedrig, horstförmig, stark gelbspitzig Versuch am 25. April 10 abgebrochen, bis zu dieser Zeit nichts geschoßt, Pflanzen niedrig, horstförmig, stark gelbspitzig 15ß Gustav Gassner. Tabelle VI. Ausschossen von Jägers Norddeutschem Champagnerroggen bei ver- schiedener Saaatzeit in Uruguay. gesät am geschoßt am Bemerkungen 13. März 07 Ende Sept. 07 regelmäßig geschoßt 2. Juli 07 Ende Nov. 07 ziemlich regelmäßig geschoßt Mitte Dez. 07 Ende Sept. 08 soweit nicht im Sommer zugrunde gegangen, regelmäßig geschoßt 1. Febr. 08 Ende Sept. 08 im Winter teilweise verfault, sonst regel- mäßig geschoßt 19. Mai 08 Mitte Okt. 08 regelmäßig geschoßt 8. Juni 08 Anf. Nov. 08 „ 10. Juli 08 — nicht selbst beobachtet, nach Notiz des Insti- tutsdieners im Laufe des Dez. 08 geschoßt 5. Sept. 08 — nicht selbst beobachtet, nach Notiz des Insti- tutsdieners im Laufe des Jan. 09 geschoßt 4. Nov. 08 — im Laufe des Sommers zugrunde gegangen, ohne zu schössen 22. März 09 1. Okt. 09 regelmäßig geschoßt 1. April 09 )) » !) „ 27. April 09 Mitte Okt. 09 " 5. Mai 09 20. Okt. 09 „ 15. Juli 09 1. Dez. 09 unregelmäßig beginnend zu schössen, schließ- lich regelmäßig geschoßt 30. Juli 09 10. Dez. 09 unregelmäßig schossend 17. Aug. 09 Ende Dez. 09 unregelmäßig schossend (von Mitte Dez. bis Anfang Jan.) 31. Aug. 09 Anf. Jan. 10 unregelmäßig schossend, einige erst Anfang Febr. geschoßt 21. Sept. 09 Anf. Febr. 10 unregelmäßig schossend, einige erst Anfang März geschoßt 7. Okt. 09 Ende Febr. 10 unregelmäßig schossend, die ersten Halme schoßten Ende Januar, die letzten Mitte März, im Durchschnitt Ende Februar 21. Okt. 09 — bis auf 3 Halme nichts geschoßt. Versuch am 2.5. April 10 abgebrochen ö. Nov. 09 — bis auf 4 Halme nichts geschoßt. Versuch am 25. April 10 abgebrochen .inbau u. Entwicklung v. Getreidepflanzen im subtropischen Klima. 157 gesät am geschoßt am B e m e r k u n gen 19. Nov. 09 — Versuch am 25. April 10 dahin nichts geschoßt abgebrochen , bis 4. Dez. 09 — Versuch am 25. April 10 dahin nichts geschoßt abgebrochen , bis 22. Dez. 09 — Versuch am 25. April 10 dahin nichts geschoßt abgebrochen , bis 5. Jan. 10 — Versuch am 25. April 10 tlahin nichts geschoßt abgebrochen , bis 1. Febr. 10 — Versuch am 25. April 10 dahin niclits geschoßt abgebrochen, bis 15. Febr. 10 — Versucli am 25. April 10 abgebrochen , bis dahin nichts geschoßt Tabelle VII. Ausschossen von Petkuser Sommerroggen bei verschiedener Saatzeit in Uruguay. gesät am geschoßt am Bemerkungen 13. März 07 Anf. Juh 07 regelmäßig geschußt 2. Juli 07 Mitte Okt. 07 „ Mitte Dez. 07 Ende Febr. 08 1. Febr. 08 20. April 08 „ 19. Mai 08 1. Okt. 08 „ 8. Juni 08 5. Okt. 08 „ 10. Juli 08 1. Nov. 08 „ 5. Sept. 08 — nicht selbst beobachtet, nach Notiz des In- stitutsdieners Ende Nov. 08 geschoßt 4. Nov. 08 — nicht selbst beobachtet, nach Notiz des In- stitutsdieners ]\Iitte Jan. 09 geschoßt 22. März 09 Anf. Sept. 09 regelmäßig geschoßt 1. April 09 Anf. Sept. 09 „ 27. April 09 20. Sept. 09 „ 5. Mai 09 3. Okt. 09 „ 158 Gustav Gassner. Tabelle VIII. Ausschossen von Svalöfs Hannchen- Sommergerste bei verschiedener Saatzeit in Uruguay. gesät am geschoßt am Bemerkungen 13. März 07 Anf. Sept. 07 regelmäßig geschoßt 2. Juli 07 Mitte Okt. 07 >, >, Mitte Dez. 07 Mitte Febr. 08 ziemlich regelmäßig geschoßt, aber sehr schlechter Stand der Pflanzen, viele Ähren beim Schossen stecken geblieben 1. Febr. 08 20. April 08 ziemlich regelmäßig geschoßt 19. Mai 08 Anf. Okt. 08 regelmäßig geschoßt 8. Juni 08 Mitte Okt. 08 j) j) 10. Juli 08 20. Okt. 08 „ 5. Sept. 08 — nicht selbst beobachtet, nach Notiz des In- stitutsdieners Ende November 08 geschoßt 4. Nov. 08 — nicht selbst beobachtet, nach Notiz des In- stitutsdieners Anf. bis Mitte Jan. 09 geschoßt 22. März 08 Anf. Sept. 09 regelmäßig geschoßt 1. April 09 27. April 09 5. Mai 09 Mitte Sept. 09 25. Sept. 09 2. Okt. 09 !) I) 15. Juli 09 Ende Okt. 09 „ )1 30. Juli 09 3. Nov. 09 „ 17. Aug. 09 11. Nov. 09 )) » 31. Aug. 09 15. Nov. 09 n ,> 21. Sept. 09 1. Dez. 09 ,. 7. Okt. 09 7. Dez. 09 » ,. 21. Okt. 09 20. Dez. 09 » » 5. Nov. 09 31. Dez. 09 unregelmäßig schossend, am 25. Dez. be- ginnend, die letzten erst am 10. Jan. geschoßt 19. Nov. 09 20. Jan. 10 ziemlich regelmäßig geschoßt 4. Dez. 09 Anf. Febr. 10 unregelmäßig geschoßt, viele Ähren beim Schossen stecken geblieben 22. Dez. 09 20. Febr. 10 ziemlich regelmäßig geschoßt 5. Jan. 10 Anf. März 10 » .. »> 1. Febr. 10 12. April 10 regelmäßig geschoßt 15. Febr. 10 — Versuch am 25. April 10 abgebrochen, bis zu dieser Zeit noch nichts geschoßt Anbau u. Entwicklung v. Getreidepflanzen im subtropischen Klima. 159 Tabelle IX. Ausschossen von Hafer Baseler II bei verschiedener Saatzeit in Uruguay. gesät am geschoßt am Bemerkungen 13. März 07 25. April 07 2. Juli 07 Mitte Dez. 07 19. Mai 08 8. Juni 08 10. Juli 08 5. Sept. 08 4. Nov. 08 22. März 09 1. April 09 27. April 09 5. Mai 09 15. Juli 09 30. Juli 09 Ende Febr. 08 Mitte Dez. 08 Mitte Jan. 09 einige wenige Halme Ende September ge- schoßt, fast alle Pflanzen durfh Rost ab- getötet, bevor sie zum Schossen kamen durch Rost fast vollständig vernichtet ein kleiner Teil der Halme im Laufe des November geschoßt, bei weitem der größte Teil durch Rost vernichtet ziemlich regelmäßig geschoßt Versuch 5. Nov. 08 abgebrochen, bis zu diesem Tage noch nichts geschoßt, fast alle Pflanzen durch Rost so gut wie vernichtet Versuch 5. Nov. 08 abgebrochen, bis zu diesem Tage noch nichts geschoßt, fast alle Pflanzen durch Rost so gut wie vernichtet Versuch 5. Nov. 08 abgebrochen, bis zu (iieseiii Tage noch nichts geschoßt, fast alle Pflanzen durch Rost so gut wie vernichtet nicht selbst beobachtet, nach Notiz des In- stitutsdieners Mitte Dezember 08 geschoßt nicht selbst beobachtet, nach Notiz des In- stitutsdieners Mitte Januar 09 geschoßt durch Rost fast völlig vernichtet, einige wenige Halme schössen im Oktober 09 und noch später durch Rost fast völlig vernichtet, einige wenige Halme schössen im Oktober 09 und noch später durch Rost fast völlig vernichtet, einige wenige Halme schössen im Oktober 09 und noch später durch Rost fast völlig vernichtet, einige wenige Halme schössen im November durch Rost fast völlig vernichtet, einige wenige Halme schössen im November ein kleiner Teil der Pflanzen schoßt Ende November bis Anfang Dezember, der größere Teil, durch Rost vernichtet, kommt nicht zum Schossen 160 Gustav Gassner. gesät am geschoßt am Beme^rkungen 17. Aug. 09 — ein Teil der Pflanzen schoßt Anfang De- zember, der größere Teil kommt wegen Rost nicht zum Schossen 31. Aug. 09 10. Dez. 09 durch Rost vorher stark gelitten, kommt aber schließlich noch zu einigermaßen regel- mäßigem Schossen 21. Sept. 09 Mitte Dez. 09 trotz anfänglich ^starken Rostliefalls ziemli<'h regelmäßig geschoßt 7. Okt. 09 20. Dez. 09 ziemlicli regelmäßig gesclioßt 21. Okt. 09 Anf. Jan. 10 » 5. Nov. 09 Anf. Jan. 10 „ 19. Nov. 09 25. Jan. 10 „ 4. Dez. 09 Mitte Febr. 10 durch Heuschrecken und Hit/e gelitten, un- regelmäßig geschoßt 22. Dez. 09 Anf. März 10 ziemlich regelmäßig geschoßt 5. Jan. 10 etwa 1. Apr. 10 unregelmäßig geschoßt 1. Febr. 10 Versuch am 25. April abgebrochen. Pflanzen kolossal stark rostig, vollständig braun, absterbend, werden auf keinen Fall zum Schossen kommen 15. Febr. 10 Versuch am 25. April abgebrochen, Pflanzen kolossal stark rostig, vollständig braun, absterbend, werden auf keinen Fall zum Schossen kommen Tabelle X. Ausschossen von Uruguayhafer bei verschiedener Saatzeit in Uruguay. gesät am geschoßt am Bemerkungen Mitte Nov. 07 Ende Jan. bis Anf. Febr. 08 etwas unregelmäßig geschoßt Mitte Dez. 07 Ende Okt. 08 regelmäßig geschoßt 4. Febr. 08 » ,) „ 19. Mai 08 „ „ ,1 8. Juni 08 >i » )) .1 » 10. Juli 08 » )1 >! " 5. Sept. 08 Anf. Nov. 09 Anbau u. Entwicklung v. Getreidepflanzen im subtropischen Klima. 1(51 gesät am geschoßt am 26.Okt.09 5. Nov. 09 10. Nov. 09 'I )> '1 15. Nov. 09 4. Nov. 08 28. Dez. 08 M 30. Jan. 09 ' 25. Febr. 09 22. März 09 1. April 09 27. April 09 5. Mai 09 15. Juli 09 30. Juli 09 17. Aug. 09 31. Aug. 09 21. Sept. 09 26. Nov. 09 7. Okt. 09 11. Dez. 09 21. Okt. 09 ! Ende Dez. 09 5. Nov. 09 j Ende Dez. 09 bisAnf.Jan.lO 19. Nov. 09 Ende Jan. 10 4. Dez. 09 im Laufe des März 10 22. Dez. 09 — 5. Jan. 10 Bemerkungen 1. Febr. 10 15. Febr. 10 nicht selbst beobachtet, nach Notiz des Insti- tutsdieners Mitte Januar 09 gesclioßt regelmäßig geschoßt unregelmäßig geschoßt ziemlich regelmäßig geschoßt unregelmäßig, höchstens die Hälfte der Pflan- zen geschoßt, Versuch am 25. Ai)ril 10 ab- gebrochen, die andere Hälfte zu dieser Zeit noch nicht geschoßt Versuch am 25. April 10 abgebrochen, ab- gesehen von einigen wenigen Rispen noch nichts geschoßt. Pflanzen größtenteils horst- förmig Versuch am 25. April 10 abgebrochen, bis zu dieser Zeit nichts geschoßt, Pflanzen sind horstförmig Versuch am 25. April 10 abgebrochen, bis zu dieser Zeit nichts geschoßt. Pflanzen sind horstförmig Versuch am 25. April 10 abgebrochen, bis zu dieser Zeit nichts geschoßt. Pflanzen sind horstförmisr Jahresbericht der Vereinigung für angewandte Botaniii VIII 11 162 Gustav Gassner. Tabelle XL Ausschossen von Uruguayhafer bei verschiedener Saatzeit und ver- schiedenen Keimungstemperaturen in Uruguay. Tempe- gesät ins Freie geschoßt ratur bei gepflanzt Bemerkungen Keimung am am am 8—10° 1. Febr. 08 10. Febr. 08 Anf. April 08 regelmäßig geschoßt 24° )) » )i 5. Febr. 08 Ende Okt. 08 » » 7—10° 5. Mai 08 14. Mai 08 „ „ )) )> 22° „ „ » 9. Mai 08 » )1 !) » » etwa 7-10° 2 6. Febr. 09 ? 22.-26. Okt. 09 von 30 Pflanzen 2 Rispen ge- schoßt im Laufe des Mai, bei weitem der größte Teil erst Ende Okt. 09 7—10° 14.März09 23.März09 22.— 26. Okt. 09 regelmäßig geschoßt 25° 19.März09 „ « >. » ,. , 7—10° 22.März09 30.März09 )i » )i , 25° 27.März09 31.März09 „ „ , 7—9° 19. Mai 09 I.Juni 09 » I) )) , 25° 26. Mai 09 30. Mai 09 Ende Okt. 09 . 6—9° 9. Juli 09 26. Juli 09 5. Nov. 09 , 25—27 ° 22. Juli 09 )) )) )! Mitte Nov. 09 , 6—9° 13. Juli 09 29. Juli 09 5. Nov. 09 25° 24. Juli 09 28. Juli 09 Mitte Nov. 09 G— 9° 18.Sept.09 4. Okt. 09 26. Nov. 09 25° 1. Okt. 09 „ „ .. 24. Dez. 09 6—9° 13. Okt. 09 27. Okt. 09 10. Dez. 09 , 25° 25. Okt. 09 28. Okt. 09 15. Jan. 10 unregelmäßig geschoßt 6-9° 5. Nov. 09 19. Nov.09 28. Dez. 09 regelmäßig geschoßt 25° 15.Nov.09 )j » » Mitte Febr. 10 unregelmäßig geschoßt, Versuch abgebrochen am 25. April 10, einige Pflanzen bis zu diesem Zeitpunkt nicht gescboßt 6—9 ° 13. Nov. 09 26. Nov.09 5. Jan. 10 regelmäßig geschoßt 25° 23. Nov.09 27. Nov.09 Anf. bis Ende März 10 sehr unregelmäßig geschoßt 6—9° 4. Dez. 09 16. Dez. 09 1. Febr. 10 regelmäßig geschoßt 25° 11. Dez. 09 14. Dez. 09 Versuch am 25. April 10 abge- brochen, bis zu diesem Tage nichts geschoßt, Pflanzen horst- förmig, Schossen erst im Früh- jahr (Okt. 10) zu erwarten 6—9° 8. Jan. 10 19. Jan. 10 10. März 10 regeh Tiäßig gescboßt Anbau u. Entwicklung v. Getreidepflanzen im subtropischen Klima. 163 Tempe- ratur bei Keimung gesät am ins Freie gepflanzt am geschoßt am Bemerkungen 25° 17. Jan. 10 21.. Tan. 10 Versuch am 25. April 10 abge- brochen, bis zu diesem Tage nichts geschoßt. Pflanzen horst- förmig, Schossen erst im Früh- jahr (Okt. 10) zu erwarten 6—9° 10. Jan. 10 23. Jan. 10 10. März 10 regelmäßig geschoßt 25° 22. Jan. 10 26. Jan. 10 Versuch am 25. April 10 abge- brochen, bis zu diesem Tage nichts geschoßt. Pflanzen horst- förmig, Schossen erst im Früh- jahr (Okt. 10) zu erwarten 6—9° 24. Jan. 10 7. Febr. 10 2. April 10 regelmäßig geschoßt 25° 2. Febr. 10 6. Febr. 10 Versuch am 25. April 10 abge- brochen, bis zu diesem Tage nichts geschoßt, Pflanzen horst- förmig, Schossen erst im Früh- jahr (Okt. 10) zu erwarten 11^ 164 C. Brick. Zythia resinae (Fr.) Karst, als unangenehmer Bauholzpilz. Von Prof. Dr. C. Brick, Hamburg. Im Mai 1910 wurde mir ein Abschnitt eines Fensterrahmens aus Kiefernholz aus einem neuen Hause in Hamburg - St. Pauli überbracht, bei dem der weiße Öü'arbenanstrich des Holzes stellen- weise eine hell- oder dunkelviolette bis schmutzigrote Färbung sowie Flecken und größere Stellen von rauchgrauer bis dunkelgraubrauner Farbe zeigte. Mehrfaches Überstreichen oder Abkratzen der Ölfarbe und Erneuerung des Anstrichs hatte keinen Erfolg gehabt, da die violette Färbung immer wieder auftrat, so daß der Anstrich immer schmutzig aussah. Die Erscheinung zeigte sich in größeren oder kleineren Stellen an mehreren Fensterrahmen und Türen in allen Stockwerken des Hauses. Fenster und Türen waren für den Neubau von demselben Tischler geliefert. Bei der Betrachtung der verfärbten violetten bis schmutzig- braunen Stellen des weißen Ölfarbenanstrichs mit einer Lupe finden sich auf ihnen in großer Menge herdenweise oder zerstreut sehr kleine punktförmige, rundliche, hellbraune, seltener violette, orangefarbige, dunkelbraune und schwarze Pusteln. Zwischen Gruppen dieser Pusteln sind im Farbanstrich vielfach Risse, so daß er in kleine Felder ge- teilt ist. Von manchen Feldern ist die Farbe abgesprungen, und die Pusteln entstehen dann hier und da auf dem Holze direkt. Untersucht man die Pusteln mikroskopisch, so erweisen sie sich als Gruppen nahezu kugeliger, weicher, hellbrauner Pilzfruchtkörper, Pykniden, von 100 — 250 ^a Durchmesser, die am oberen Pole eine dünnere, kreisrunde Partie der Wandung mit ringförmiger Umgrenzung besitzen. Die Pusteln enthalten 4 — 7 oder zuweilen mehr, selten weniger dieser Fruchtkörper; die Zahl 7 schien mir am häufigsten zu sein. Bei einem leisen Druck auf das Deckglas treten aus ihnen Ranken von hyalinen, einzelligen Körpern heraus; sie sind elliptisch oder rundlich, von verschiedener Größe, 3,5 — 5 // lang und 2,5 — 3,5/^ breit. Neben ihnen finden sich in den Ranken vielfach noch kleinere hyaline Körper von verschiedener Gestalt, so daß die Rankenmasse den Ein- druck des nicht ausgereiften Fruchtkörperinhaltes macht. Der Pilz Zythia resinae (Fr.) Kargt, als unangenehmer Bauholzitilz. 165 gehört zu den Sphaeropsidales und zwar wegen der weichen, hell- farbigen kugeligen Gehäuse zu den Nectrioidaceae-Zythieae und bei diesen wiederum wegen der deutlichen, an die Gattung Nectria er- innernden Mündungspapille zur Gattung Zythia. Das Kiefernholz des Fensterrahmens, der besonders stark die violette Färbung des weißen Anstrichs zeigte, ist auf etwa 25 cm Tiefe dunkelgrau verfärbt. Ob die Tiefenausdehnung dieser Zone von eingedrungenem Regenwasser bestimmt wird, läßt sich nicht sagen. Auf der in radialer Richtung geführten Schnittfläche fallen senkrecht verlaufende, feine, schwarze Striche verschiedener Länge auf, die meistens den festeren Partien der Jahreslagen nach innen hin an- liegen; ferner bemerkt man eine sehr feine, horizontale, dunkelgraue bis bräunliche Streifung oder Strichelung. Dementsprechend erscheinen auf dem Hirnschnitt des Holzes schwarze Punkte und eine feine schwärzliche radiale Streifuug. Mikroskopisch läßt sich leicht fest- stellen, daß die genannten Striche bez. Punkte die Harzkanäle im Holze sind und die Streifung von den Markstrahlen herrührt. In den senkrecht im Holze verlaufenden weiten Harzkanälen wuchern aber in dichter, netzartiger Anordnung dunkelbraune, septierte Hyphen von 4 — 6 /^ Dicke. Zuweilen finden sich auch dickere (etwa 12//), sehr kurzgliedrige Mycelfäden. Auch die den Harzgang begleitenden Parenchymzellen sind in ähnlicher Weise von den braunen Hyphen durchzogen. Dagegen sind in den Tracheiden nur einzelne, gerade oder etwas geschlängelt verlaufende Hyphen vorhanden. Dicht erfüllt von den braunen Pilzfäden sind ferner die querstreichenden Mark- strahlen und zwar in ihnen nur die mittleren eigentlichen Markstrahl- zellen, während die sie oljen und unten einfassenden, charakteristischen, zackig verdickten, tracheidalen Markstrahlzellen frei davon sind. Von dem Gehalt des Holzes an den braunen Hyphen rührt auch seine graue Verfärbung her. Mit dem braunen Mycel im Holze stehen die Zythia-Frucht- körper außen in Zusammenhang; man findet an ihnen die braunen Hyphen wieder. Undeutlich wahrnehmen konnte ich sie auch unter dem weißen Ölfarbenanstrich. Worauf aber die violette Verfärbung der weißen Ölfarbe beruht, hat sich nicht aufklären lassen. Was nun die Artbestimmung des Pilzes betrifft, so werden auf Pinus und auf Coniferen von Saccardo im Sylloge fungorum und von Allescher in Rabenhorst's Kryptogamen-Flora, Pilze VH. Abtlg., zwei Arten angegeben, von denen nur Zythia resinae (Ehrenbg.) Karst, in Betracht kommt; sie ist auf frischem Kiefernharze in Deutschland, jgß C. Brick. Österreich und Finnland gefunden worden. Mit unserm Pilz stimmt in den dort gegebenen Diagnosen nicht die Angabe der Farbe der Fruchtgehäuse, die „schmutzig-rot oder orange-ziegelfarbig" sein soll. Die Farbe der Pykniden scheint zu schwanken. In dem mir im Herbar der Station für Pflanzenschutz zu Hamburg zur Ver- fügung stehenden Material dieses Pilzes befinden sich in der Sammlung 0. Jaap, Fungi selecti exsiccati 256 (Biatorella resinae), aus dem Sachsenwalde bei Hamburg stammende Rinden- und Holzstücke von Fichten mit Harzüberzug mit zahlreichen, kleinen, unscheinbaren Exemplaren von Zythia resinae von hellbräunlicher oder Holzfarbe zwischen jungen, prachtvoll hellorangefarbenen, auffälligen Frucht- körpern von Biatorella resinae. Der Sammler^) bemerkt hierzu, daß der Konidienpilz „sich von dem gelb gefärbten Harz oft nur wenig abhebt". Dieselbe Farbe zeigen von mir im Sachsenwalde auf harzenden Fichten gesammelte, sehr vereinzelt zwischen Biatorella resinae sich findende Fruchtkörper der Zythia resinae und, in gleicher Weise wachsend, solche auf Harz und harzender Rinde von gewöhnlicher Kiefer und Weymouthskiefer aus der Umgegend von Schwartau bei Lübeck (lg. G. Keuer). Äußerlich stimmen die auf dem Holze des Fensterrahmens wachsenden Fruchtkörper sehr gut mit den Exem- plaren überein, die G. Lindau auf Fichtenharz bei Haindorf in Böhmen gesammelt hat und die als Zythia resinae (Ehrenbg.) Karst, in der Sammlung von Kabat und Bubak, Fungi imperfecti exsiccati 472 — leider nur in sehr dürftigem Material — herausgegeben sind. Lindau bemerkt auf dem beigegebenen Zettel: „Die Pykniden sind zuerst orangefarben und dunkeln später nach, bis sie fast schwarz werden" 2). ') O. Jaap, Drittes Verzeichnis zu meinem Exsikkatenwerk „Fungi selecti exsiccati", Ser. IX — XII (Nr. 201 — 300), nebst Beschreibungen neuer Arten und Bemerkungen. (Abhdlg. d. Botan. Vereins d. Provinz Brandenburg Bd. L, 1908, S. 32—33). ^ Absehen muß man dabei von den auf diesem Exsikkat gleichzeitig vorkommenden schwarzen kugeligen Pilzfruchtkörpern, die braunschwarze, kugelige Sporen enthalten; sie gehören zu Coniothyrium resinae Sacc. et Berl., das ebenfalls auf Harz wächst. Die schwarzen Sporen kleben zuweilen bei gemeinsamem Vorkommen der beiden harzbewohnenden Arten den Frucht- gehäusen von Zythia resinae äußerlich an, wahrscheinlich durch Regen hinauf- geschwemmt. Ich finde den Durchmesser der Sporen 5 — 7 \>. groß, während Saccardo, Sylloge fung. X, S. 269, und nach ihm Allescher (in Rabenhorst's Krypt.-Fl., Pilze VII, S. 50) den Durchmesser mit 1,5 — 2\>. angeben. Vergleichs- material stand mir leider nicht zur Verfügung. Zythia resinae (Fr.) Karst, als unangenehmer Bauholzpilz. 167 Die Größe der kugeligen Sporen von Zythia resinae wird von Snccardo^) und Allescher ^) mit 1,5 — 2/^ Durchmesser angegeben. Diese Maße sind durch v. Thümen-^) zuerst gemessen, und auch Karsten*) gibt sie wieder. FuckeP) erwähnt sie mit „ca. 3 Mik. im Durchmesser" und Jaap^) bemerkt, daß die Sporen eine Größe bis zu 3,5 n erreichen,' was ich an den von ihm herausgegebenen Exemplaren bestätigen kann. Sporen aus Pykniden, die auf Wey- mouthskiefern wuchsen, maß ich mit 2 — 3,5 n Durchmesser. Demnach scheint die Größe der Sporen bei der Art sehr schwankend zu sein. Abweichend wäre ferner auch die Form der aus den Pykniden des Fensterrahmens herausgetretenen hyalinen Körper, wenn man diese als Sporen auffassen will, gegenüber den im reifen Zustande stets kugel- runden Konidien von Zythia resinae. Wegen der sehr ungleichen Größe der in den Ranken befindlichen Körper müssen sie aber wohl als unreife Inhaltsstoffe der Pykniden angesehen werden. Die Gattungs- diagnose von Zythia lautet übrigens hinsichtlich der Sporenform: „Sporen eiförmig oder länglich". Nur Z. resinae macht mit ihren im reifen Zustande kugeligen Sporen eine Ausnahme. Ich stehe deshalb nicht an trotz der vorhandenen Abweichungen den auf und in dem harzigen Kiefernholze vorhandenen und die schmutzigviolette Verfärbung des weißen Ölfarbenanstrichs veranlassenden Pilz vorläufig zu Zythia resinae zu ziehen. Der eigenartige, mit seinen braunen Mycelfäden im Kiefern- und Fichtenharz und in den Harzgängen und Zellen des Holzes wachsende Pilz hat seine Gattung reichlich gewechselt. Er ist zuerst 1815 von El. Fries ^) als Sphaeria resinae aus der Gruppe SimpUces- Brachystomae (astomae) nach Exemplaren, die Swartz auf Fichtenharz gesammelt hatte, beschrieben worden. Der Autor macht darauf aufmerk- sam, daß die Art nicht mit Lecidea resinae (jetzt Biatorella resinae) verwechselt werden darf, die er an demselben .Orte bei Femfiö gesammelt hat. Fries erwähnt Sphaeria resinae mit derselben Bemerkung dann ^) Sylloge fungorum X, S. 405. -) Rabenhorsf s Kryptogamen-Flora, Pilze VII, S. 300. ^ Fungi austr. Nr. 79 unter Tuberciüaria resinae (Österr. Bot. Ztsclir. XXX, 1880, S. 313). *) Symbolae ad Mycologiam Fennicam XXI. (Medd. Soc. Fauna et Flora fenn. XIV, 1887, S. 104—105). ^) Symbolae mycologicae. 1. Nachtr. S. 44 unter Retinocijclus flavus. «) A. a. 0. S. 32. ') Observationes mycologicae I, p. 180. Havniae 1815. 168 C. Brick. weiter 1817 in seineu üppställning af de i Sverige funne Värtsvam- par (Scleromyci) ^) von Grankäda. C. G. Ehrenberg bringt sie 1818 in seinen Sylvae mycologicae berolinenses -) als Cytospora rcslnae. Diesen Nanaen verweist Fries 1823 in seinem Systeraa mycologicum •') unter die Synonymen seiner Sphaeriae rcsinae, die unter B. Simplices Sect. V Superficiales Trib. XIX Denudatae der großen Gattung Sphaeria untergebracht und als häufig auf Fichtenharz angegeben wird. Unter dieser Benennung findet der Pilz sich dann auch in den älteren Pilz- floren, z. B. bei Wallroth 1833, Rabenhorst 1844 u. a. Im Jahre 1849 scheidet El. Fries in den Summa vegetabilium Scandinaviae^) bei den Pyrenomycetes-Sphaeriacei die Arten mit mem- branartigen, dünnen, lebhaft gefärbten Gehäusen als Nectria von den Arten mit kohligen, schwarzen Perithecien, die bei Sphaeria bleiben; deshalb führt er den Pilz auch als Nectria resinae Fr. — allerdings nur mit dem Namen und der Angabe des Vorkommens in Norwegen und Schweden — auf, während er ihn bei Sphaeria nicht mehr er- wähnt. Zu der im gleichen Bande '') bei den Pyrenomycetes - Peri- sporiacei neu aufgestellten Gattung Zythia zieht er den Pilz nicht; dies blieb Karsten 1887 vorbehalten. In seinen im Jahre 1869 erschienenen Symbolae mycologicae genannten Beiträgen zur Kenntnis der rheinischen Pilze fügt L. Fuckel'^) bei Nectria resinae Fr. hinzu: „Sphaeria Resinae Fr. olim. Fungus spermogonium . . . Fungus ascophorus ignotus est". Anfänglich vermutete er sie als Spermogonien- form von Nectria ciicurhitula, später (1871)^) aber sagt er: „Endlich bin ich, nach längerem Beobachten und Verfolgung seiner Entwicklung, über die Natur der Nectria Resinae (Fr.) im klaren. Sie steht un- zweifelhaft in genetischer Beziehung zu Pezicula Resinae (Fr.). Nicht allein sah ich wiederholt beide aus einem und demselben Mycelium oder gelber fleischiger Unterlage oder Fortsatz entspringen, sondern ich sah auch wie die Mündung der Nectria Resinae, nachdem sie die bekannte weiße Sporenmasse ausgestoßen, sich nach und nach ') Kgl. Vetensk. Akad. Handl. XXXVIII (1817), S. 264. 2) S. 28 Nr. ;J8a. Berlin 1818. 3) Vol. II, Sect. II, p. 453. Luudae 182:3. ^) Sect. II, p. 387—388. Holmiae et Lipsiae 1849. ^) S. 407—408. ") S. 179, (Jahrb. Nassauisch. Ver. f. Naturk. XXII I u. XXIV. Wies- baden 1869). ') Symbolae mycologicae. Erster Nachtrag S. 44. (Jahrb. Nassauisch. Ver. f. Naturk. XXV u. XXVI, S. 332. Wiesbaden 1871). Zythia resinae (Fr.) Karst, als unangenehmer Bauholzpilz. 169 erweiterte und zuletzt die vollkommene cupula der Pezicula Resinae bildete. Jedoch geht dieses Wachstum äußerst langsam von statten, in *Ai Jahre bemerkte ich kaum ein Voranschreiten." Fuckel gibt dem Gesamtpilze einen neuen Gattungs- und Artnamen, Retlnocyclus flavus. V. Thümen brachte 1880 unsern Pilz in einer Aufzählung von Fungi austriaci') in die Gattung Tubcrciilaria, wo ihn auch Saccardo im Sylloge Fungorum anfänglich'-) beließ, später-) aber, nachdem P. A. Karsten^) 1887 ihm seine jetzige Stellung in der Gattung Zythia angewiesen hatte, zu dieser Gattung stellte. Zythia resinae ist demnach bekannt aus Norwegen, Schweden, Finnland, Deutschland und Österreich auf Harz von Fichten und und verschiedenen Kiefernarten (Pinus silvestris, P. austriaca, P. strohus). Der Pilz wächst auch mit seinem Mycel in den harzreichen Gängen und Zellen des Holzes und dringt aus diesem hervor. Ferner ist er auf den Harzgallen der Kieferntriebe, die durch die Raupe des Harzgallenwicklers {Rctinia resinclla L.) gebildet werden, zuweilen vorhanden (lg. 0. Jaap). Der Pilz findet sich in der Natur fast stets vergesellschaftet mit dem Scheibenpilz Biatorella resinae (Fr.) Mudd aus der Familie der Pezizineae-Patellariaceae. Bereits El. Fries macht, wie erwähnt, wiederholt (1815 u. 1817) darauf aufmerksam, daß er nicht mit der am gleichen Orte vorkommenden Lecidea resinae (jetzt Biatorella) verwechselt werden dürfe. Den Zusammenhang beider Pilze hat wohl zuerst W. Nylander^) 1861 ausgesprochen; er sagt in seiner Bearbeitung der Flechten Skandinaviens: „Lecidea resinae Fr. Obs. Myc. I, 180. Peziza resinae Fr. Syst. Myc. II, 149 .... potius sit fungus. Sphacria resinae Fr. ejus sistat spermogonia." Aus dem gemeinsamen Auftreten schloß auch Fuckel, dessen Angaben oben schon wiedergegeben sind, auf die Zusammengehörigkeit; seine Beob- achtung, daß der Scheibenfruchtkörper der Biatorella zuweilen aus der Zythia entstehen soll, bedarf jedoch noch der Bestätigung und dürfte sogar wohl auf einer Täuschung beruhen. Jaap (a. a. 0.) gibt gleichfalls an, daß beide Pilze „auf dem frisch ausgeflossenen Harz das ganze Jahr hindurch wachsen, besonders aber im Frühling. ^) österr. Bot. Zeitschr. XXX, 1880, S. 313. 2) IV, S. 649 und X, S. 404. ^) Symbolae ad Mycologiam Fennicam. Pars XXI. (Medd. Soc. Fauna et Flora Fenn. XIV, 1887, p. 104). *j Lichenes Scandinaviae. (Notiser ur Sällskapet pro Fauna et Flora Fennica Förhandl. V, S. 213. Helsingfors 1861.) 170 C). Brick. Zythia resinae (Fr.) Karst, als unangenehmer Banholzpilz. Zuerst erscheint stets der Konidienpilz . . . Man kann dann leicht weiter beobachten, wenn man sich diese Harzstückchen angemerkt hat, wie sich auf denselben alsbald die Biatorella entwickelt". Bei der Durchsicht des im Herbar der Station für Pflanzenschutz befind- lichen Materials von Biatorella resinae fanden sich bei dem aus der Umgebung von Hamburg und Lübeck stammenden harzigen Rinden- stücken von Fichte, Kiefer und Weymouthskiefer zwischen den Scheiben- fruchtkörpern überall vereinzelt Pykniden der Zythia resinae. Es könnte zweifelhaft erscheinen, ol» der von Fries 1815 als Sphaeria resinae beschriebene Pilz die jetzige Art Zythia resinae ist. Saccardo (Syll. fung. X, p. 404), Allescher (Pilze VIT, S. 300) u. a. nehmen Ehrenberg als ersten Autor an. Ch. Richon^) glaubt, daß der von ihm 1877 in Frankreich aufgefundene und 1881 be- schriebene, jetzt Nectriella resinae (Rieh.) Sacc. genannte Harzpilz die von Fries bezeichnete Art Sphaeria oder Nectria resinae sei. Rehm (in Rabenhorsts Krypt. -Flora, Pilze III, S. 306) sagt vorsichtig: „Jedoch soll unter Nectria resinae Fr. auch der von Saccardo (Syll. fung. II, S. 451)-) als Nectriella aufgeführte Pyrenomycet verstanden worden sein". Dieser Auffassung kann ich mich nicht anschließen, denn Nectriella resinae (Rieh.) Sacc. ist bisher nur in Frankreich von Richon beobachtet; ich finde sie in keiner der mir zugänglichen Pilzfloren. Sie kommt daher anscheinend in Schweden gar nicht vor und kann demgemäß auch Fries nicht vorgelegen haben, der seine Sphaeria resinae als „frequens in resina Pini Abietis" angibt. Damit kann, da Biatorella (=^ Lecidea) resinae von Fries besonders aus- geschlossen wird, dann nur die häufige Zythia resinae gemeint sein. Als erster Autor des Pilzes ist daher Fries anzusehen und dessen Name — nicht Ehrenberg — in Klammern vor Karsten dem Pilz- namen zuzufügen. ^) De l'Hydnum erinaceum et de quelques especes de Nectria. (Bull. Soc. Bot. de France XXVIII, 1881, ö. 182—184, m. Taf. IV u. V). Richon bildet die Fruchtkörper seiner Nectria resinae auch mit kurzem Schnabel ah und fügt der Fries'schen Diagnose „(vel piriforraibus)" hinzu, während Fries nur „peritheciis globosis" angibt. ^ Der dort angegebene Jahrgang des genannten Bulletin de la Soc. Bot. de France stimmt nicht; es muß 1881 heißen. A. Voigt. Hydnocarpus venenata Gaertn., die Stammpflanze usw. 171 Hydnocarpus venenata Gaertn., die Stamm pflanze des zur Margarine „Baclis in den Keller, hat also einen außerordent- lichen Umfang angenommen; der Holzfußboden von Küche, Korridor und Hausflur ist völlig zerstört, die Fachwerkbalken bis über 1 m Höhe sind angefressen und samt dem Mauerwerk pilzdurchwachsen. Da alle Holzteile nur den normalen Feuchtigkeitsgehalt haben, ])e- durfte es dazu zweifellos längerer Zeit, mindestens vieler Monate, vielleicht mehrerer Jahre. Auch die Beschaffenheit der freigelegten Fachwerkbalken spricht für ein höheres Alter, ihre Pilzbildungen waren — wie der Ausfall eines Kulturversuches mit einer abgesägten größeren Holzscheibe ergab — bereits abgestorben, was beim Haus- schwamm in der Regel erst nach Jahren stattfinden soll. Für Ent- stehung des Schwammes kommt offenbar eine ganz bestimmte Stelle innerhalb der Wohnung in Frage — anscheinend ist das hier die Küche — von hier aus hat sich derselbe dann allmählich durch das Erdgeschoß verbreitet; selbst die zersetzte Fußleiste eines an der Vorderfront gelegenen Wohnzimmers (Außenseite) wies bereits eine offenbar ältere Zerstörung durch den Pilz auf, das ganze Bild macht also den Eindruck einer alten, vor Jahren erfolgten Infektion. Von ausschlaggebender Bedeutung für die Beurteilung wäre ein Balkenstück, das Kläger bei Gelegenheit der Besichtigung vorzeigte, sofern dieses nachweislich im Jahre 1906 bereits — wie Kläger an- gibt — bei Reparatur des Küchenfußbodens aufgenommen ist. Das- selbe ist intensiv schwammzersetzt und stimmt in allem mit der augenblicklichen Zersetzung überein; hiernach wäre das Vorhanden- sein des Schwammes im Jahre 1906 positiv festgestellt. Aus den im Termin gegebenen Beschreibungen des Klägers scheint das gleich- falls hervorzugehen. Aber auch abgesehen davon, deuten die gesamten Erscheinungen im Einklang mit den Zeugenaussagen darauf hin, daß das fragliche Wohnhaus am 10. März 1906 bereits schwammkrank gewesen ist. Hannover, den 23, März 1909. II. Coiiiopliora cerobolla. 1. Gutachten betreffend den Schwammschaden im Hause K.straße Nr. 57 zu Friedland i. M. Anfang Mai dieses Jahres übermittelte Herr H. S. in F. i. M. verschiedene Stücke morscher Fußbodenbretter, Träger und Fuß- Gutachten aus dem Gebiete der angewandten Botanik. 185 leisten^) mit dem Ersuchen einer näheren Untersuchung und Begut- achtung. Das Material stammte aus einem Wohnwesen zu Friedh^nd i. M.), war vor ca. einem Jahre bei Ausführung von Reparaturarbeiten aus demselben entfernt und hatte nach Angabe bereits ca. 10 Monate auf dem Hofe an freier Luft gelegen. Gleichzeitig empfing ich zwei frühere diesen Fall Ijetreffende Gutachten der Herren Prof. Dr. M. -Halle und Prof. Dr. M. -Greifswald zur Gegenäußerung. 1. Die Untersuchung der kranken Dielenbretter ergab, daß die Bretter durchweg stark vermorscht sind (leicht zerl)röckelnd, zerreiblich, rötlichbraun, unterseits würfelartig zerrissen) teils durch das ganze Brett, teils bis zur halben Brettdicke; ihre Zersetzung ist zweifelsohne Folge einer Pilzwirkung (Schwammzersetzung). Pilzbil- dungen fanden sich auf ihnen als feine dunkelbraune Stränge (bis ca. 1 mm dick) in größerer Zahl, nur vereinzelt gelblich grauweißer Belag. Beide gehören wohl demselben Pilz an, sicher ist das nicht zu ent- scheiden. Sporenbildende oder sonstige charakteristische Teile, die eindeutig auf einen ganz bestimmten Pilz hinweisen, fehlen; nach dem Aussehen des vorhandenen Belags handelt es sich aber weder um Hausschwamm (Merulius) noch um den sogenannten Polijporus vaporarius, deren Vegetationen ohne weiteres kenntlich sind. Die braunen Stränge gehören m. E. der Coniophora eerebeUa an, einem Pilz, der auf Holz in dieser bezeichnenden Weise auftritt; die tief braunschwarze Farbe ist für ihn charakteristisch. Dieser Pilz erzeugt auch in alten Reinkulturen jenes dunkle Pigment ; junge Vegetationen desselben sind hell gelblichweiß, ihnen entspricht im Aussehen der stellenweis vorhandene helle Belag der Bretter. Durch Kulturversuche mit größeren Proben des vorliegenden Holzes wurde dann weiter geprüft, ob dieser Pilz noch lebend war, bezw. ob etwa auch noch andere Pilzarten in dem Material lebend vorhanden waren. Es könnte zum Beispiel die Gegenwart von Haus- schwamm-Fäden innerhalb des Holzes immerhin noch angenommen werden, durch das zehnmonatelange Liegen an der Luft wären sie voraussichtlich nicht abgetötet worden. Diese Versuche ergaben jedoch ein negatives Resultat (Kulturdauer 10 Tage), lebende Holzpilze waren nicht mehr nachzuweisen. Die feuchten Brettstücke blieben frei von jeder aus dem Innern herauswachsenden Pilzbildung. ^) Es lagen vor: a) zwei Stück Dielenbretter schweren Pitch-pine-Holzes, ca. 0,80 X 0,15 m (stark zerfressen), b) zwei Stück Fußbodenlager, ca. 0,40 X 0,04 m (völlig morsch), c) zwei Stück Fußleisten, ca. 0,50 X 0,10 m (wie a), d) Backsteine der Unterlage (mit Coniophora-Strängen). 186 Gutachten aus dem Gebiete der angewandten Botanik. 2. Auf Grund dieser Untersuchung komme ich zu folgender Beurteilung: Die Zersetzung der Bretter des fraglichen Fußbodens ist die Folge der Wirkung von Coniophora. Hinweise auf echten Hausschwamm {Merulius) fehlen ganz. Die vorhandenen Cow/op/iora- Stränge haben sich nicht etwa während des zehnmonatigen Lagerns in Wind und Wetter auf dem Hof des Wohnwesens ge- bildet, sondern waren zweifelsohne bereits vorher da, als der Fuß- boden aufgebrochen wurde; schon damals handelte es sich um eine alte ausgebreitete Vegetation des Pilzes, die wohl mindestens Monate alt war. Im Freien wächst dieser Pilz auf Brettern nicht weiter, sondern stirbt ab. Übrigens weicht die Art der Holzzerstörung durch Coniopliora nicht wesentlich von der durch Merulius ab. Coniophora vermag Holz von normalem Feuchtigkeitsgehalt unter günstigen Be- dingungen (stagnierende feuchte Luft) mit erheblicher Schnelligkeit völlig zu zersetzen, Fußbodendielen von weichem Nadelholz können innerhalb eines Jahres zum Durchbrechen gebracht, die sie tragenden Balken mehrere Zentimeter tief angefressen werden. Dieser Pilz wächst und arbeitet nach den von mir gesammelten Erfahrungen unter ihm zusagenden Verhältnissen weit schneller als Polyporus vaporarius und Verwandte, er scheint auch, einer der häufigsten Holzzerstörer gerade in jüngeren Bauten zu sein und kann fast ebenso schädlich wie Merulius auftreten, sofern er nur günstige Umstände für seine Entwickelung vorfindet. Mehrfach von mir gemachte Beob- achtungen weisen darauf hin, daß gerade dieser Pilz häufig von vorn- herein mit dem Holz in die Häuser eingebaut wird. In einem neuer- dings beobachteten Falle sah ich ihn anläßlich eines Wasserrohrbruches in allen Stockwerken eines zehnjährigen Hauses gleichzeitig auftreten, ohne daß eine besondere Nässe der Fußböden vorhanden war. Coniophora durchwächst ohne Wasserzufuhr in abgeschlossener Atmosphäre sogar den freien Luftraum auf größere Entfernung, geht dezimeterlang auf Glas, Stein, Watte, Papier usw. über und steckt so selbst weiter entfernt liegendes gesundes Holz an. Sie teilt diese Infektiosität also mit dem echten Hausschwamm und ist nach meinen Beobachtungen auch auf Grund schnellen Wachstums weit gefähr- licher als Polyporus- Alten. Diese auf Experimenten fußenden Fest- stellungen sind, wie ich hier bemerke, neueren Datums; abweichend davon ist die bislang übliche Wertschätzung dieses Pilzes, man sah in ihm mehr einen Schädling nassen Holzes, und ich selbst war früher gleicher Ansicht. Gutachten aus dem Gebiete der angewandten Botanik. 187 8. In vorliegender Sache sind bereits drei Gutachten von anderer Seite abgegeben, zu denen ich in folgendem noch kurz Stellung zu nehmen habe. A. Gutachten des Herrn Prof. Dr. M. -Halle vom 22. Sep- tember 1908. Der Sachverständige konstatierte an dem unter- suchten Dielenstück tiefbraune neben gelblichvveißen Pilzbildungen; das deckt sich allem Anschein nach mit meinem Befund. Außer- dem kultivierte derselbe aus dem frisch aufgenommenen Holz direkt Co)>iophora cerebella heraus, für die er gleichfalls tiefbraune Stränge als kennzeichnend angibt. Hausschwamm-Anzeichen, die jedem sach- kundigen Beobachter ja zur Genüge geläufig sind, ohne daß er dazu mikroskopische Untersuchungen zu machen braucht, wurden nicht gefunden. Unsere Befunde stimmen also überein, nur die Meinungen hinsichtlich der Wertschätzung der Coniophora als Schädling gehen auseinander; aber auch ich stelle Coniophora dem Meruliiis nicht völlig gleich. B. Gutachten des Herrn Prof. Dr. M. -Greifswald vom 25. Januar 1909. Der Gutachter hat eine Lokalbesichtigung und mikro- skopische Untersuchungen ausgeführt; Kulturversuche, die in zweifel- haften Fällen allein aussohlaggebend sind und hier in erster Linie in Frage kamen, wurden nicht gemacht. Über die Farbe der Pilz- stränge ist nirgend etwas gesagt, auch nicht angegeben, welche Struktur sie zeigten, so daß aus der Beschreibung eigentlich nichts Präzises entnommen werden kann. Der Gutachter vermag auch selbst nicht zu sagen, welcher Pilz vorlag und übersieht anscheinend, daß man die hier in Frage kommenden Pilze sehr wohl nach anderen Merkmalen als nach Fruchtkörpern und Sporen unterscheiden kann. Trotzdem der Gutachter Hausschwammteile nicht antraf, schließt er aber aus der Art der Holzzersetzung sowie aus dem Vorkommen von Strängen auf Stein und Mörtel usw., daß Hausschwamm vor- handen gewesen sein kann. Anscheinend haben ihn hier die braunen Stränge der Coniophora — die aber nirgend erwähnt wird — vor- gelegen^). Diese Meinung schwebt meines Erachtens in der I^uft, doch erübrigt es sich, auf die weiteren Deduktionen näher einzu- gehen, sie sind wenig einleuchtend, geschweige denn beweisend. Wenn Hausschwamm (Merulius) früher einmal vorhanden gewesen wäre, so müßte er in einem fünfjährigen Gebäude doch noch lebend anzutreffen sein, und er war dann aus den Objekten herauszu- ') Braune Stränge kommen bei Merulius nicht vor. 188 Gutachten aus dem Gebiete der angewandten Botanik. züchten. Diese Forderung erscheint selbstverständlich. Nach- gewiesenermaßen kann die Lebensdauer seiner Hyphen im Holz nahezu fünf Jahre ungeschwächt andauern (siehe Mez, Der Haus- schwamm [1908] Seite 63). C. Gutachten des Herrn Prof. Dr. M.-Halle vom 31. März 1909. Bezugnahme auf das schon früher (Nr. 3A) Gesagte unter Erörterung des vorstehend erwähnten Gutachtens. Der Gutachter findet als in Frage kommenden Schädling nur Coniopliora und zeigt die geringe Stichhaltigkeit der Gründe von Prof. M. -Greifswald rücksicht- licli des Verdachtes auf MeruUus. Nach dem bereits Gesagten kann man sich diesen Ausführungen, die in ihren Einzelheiten den sach- kundigen Beurteiler dokumentieren, nur anschließen. In dem bereits erwähnten Punkte (Schädlichkeit der Coniopliora) weiche ich aller- dings von der Ansicht des Gutachters insofern ab, als ich eine Como2?Aora- Infektion bei stärkerer Entwicklung hinsichtlich der Be- denklichkeit höher veranschlage, sie also mindestens der durch „Polyporus vaporarius'' und ähnliche bewirkten an die Seite stelle. Mit anderen Worten wäre das: Wenn Wandlung bei Anwesen- heit des letztgenannten Pilzes begründet ist, so mache ich unbedingt dieselbe Forderung geltend bei Nachweis der Coniophora, dieses erhel)- lich gefährlicheren Holzschädlings. Wie sich der Erfolg von Repara- turen in einem solchen Falle {Coniophora) stellt, wäre einmal genauer nachzuprüfen; eine Statistik liegt darüber bislang nicht vor. Nur auf eins weise ich hier nachdrücklich hin : Wenn tatsächlich , wie Kläger angibt, bereits im Jahre 1907 der Fußboden eines Zimmers wegen Schwammzersetzung vom Beklagten unter allen Vorsichtsmaß- regeln (Desinfektion mit Carbolineum) repariert wurde, so zeigt gerade der vorliegende Fall, wo trotzdem der Pilz wiederum nach kaum einem Jahre beträchtlichen Schaden angerichtet hat, die Erfolglosig- keit der Reparatur gleichwie die Bedenklichkeit der Coniophora in aller Schärfe. Für mich ist das zur Beurteilung dieser Streitsache ausschlaggebend. Eine solche in kurzen Zwischenräumen wiederholt not- wendig gewordene Schwammreparatur muß — mag der Pilz sonst heißen wie er will — den Wert eines Hauses offenbar erheblich mindern; nach der einmal gemachten Er- fahrung kann auch diese zweite Reparatur keine Bürgschaft für völliges Gelingen bieten. Hannover, den 18. Mai 1909. Gutachten aus dem Gebiete der augewandten Botanik. 189 2. Gutachten lietreffend die im Hause B.str. 45 festgestellten Schwamraschäden. Auf Grund einer Untersuchung der von Herrn M. A. , hier, eingesandten Fußbodendielen und Einsichtnahme der Akten komme ich zu folgenden Ergebnissen: Die eingelieferten Stücke der bei den Reparaturen entfernten Fußbodenbretter waren unterwärts von deutlichen Pilzbildungen be- deckt, deren jüngere Teile ausgebreitete gelbliche Häute von glatter oder flockiger, auch faseriger Beschaffenheit bildeten ; ältere Teile hatten unansehnliche graue Farbe. Vereinzelt fanden sich Ansätze zur Bildung dünner gelblicher bis dunkler (brauner) Stränge. Sporenbil- dung war nirgends nachweisbar. Unterhalb der Pilzbildungen war das Holz, von außen nach innen fortschreitend, bräunlich verfärbt und mehr oder minder zersetzt, stellenweise zeigen sich Schwindrisse und die bekannte konvexe Verkrümmung, welche man an Brettern, deren Unterseite durch Schwamm zerstört ist, auch sonst wohl beob- achtet; hier war das Holz bis über 1 cm tief völlig morsch. Ursache der Holzzerstörung ist zweifelsolme der Pilz. Aus l'roliestücken konnte dieser in watteartigen gelblichen Liäsciien spär- lich herauskultiviert werden, die oberflächlichen Vegetationen erwiesen sich dagegen als tot; die Brettstücke hatten bereits ein halbes Jahr an freier Luft gelegen, bevor diese Untersuchung ausgeführt wurde. Nach dem Aussehen insbesondere der die Dielenunterseite weit aus- greifend bedeckenden faserigen, grauen bis gelblichen Häute und trotz der stark zersetzenden Wirkung auf das Holz ist der Pilz nicht als echter Hausschwamm (MeruUus lacrymans) sondern als Coniophora cereht'lla (Kellerschwamm) anzusprechen. Von den mancherlei meist recht harmlosen Holzschwämmen unterscheidet ihn neben der Schnellig- keit des Wachstums die Intensität seiner Wirkung, von dem ähnlich wirkenden Poren-Hausschwamm (Polyporus vaporarius) und echtem Hausschwamm (MeruUus lacrymans) u. a. Farbe und Aussehen der Häute (Mycelien), wenigstens gilt das für solche Fälle, wo — wie hier — die sonst gute Unterscheidungsmerkmale liefernden sporenbildenden Organe dieser Pilze (Fruchtkörper) nicht vorliegen. Mikroskopische Unterscheidungsmerkmale sind nicht immer sicher auffindbar, also mit Vorsicht zu verwerten. Über die Herkunft des Schwammes ist noch folgendes anzu- geben. Jeder Schwammschaden setzt natürlich das ursprüngliche Vorhandensein lebender Keime und einen gewissen Feuchtigkeitsgrad 190 Gutachten aus dem Gebiete der angewandten Botanik. voraus; ohne letzteren können sich jene nicht entwickeln. Die Keime werden im allgemeinen entweder bereits mit den verschiedenen Materialien in den Neubau eingeführt, oder die Infektion geschieht später in irgendeiner Weise, vorzugsweise bei Reparaturen (Verwen- dung kranken Holzes u. dergl.). Letzterer Fall ist im ganzen seltener, (bei Merulius aber der gewöhnliche), ersterer findet häufiger statt. Aus dem fast gleichzeitigen Auftreten des Schwamms in allen Etagen des betroffenen Hauses (explosionsartig) ergibt sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für unseren Fall, daß auch hier die Keime von vornherein im Hause vorhanden waren, also schon beim Bau hineingebracht sind; eine andere Erklärung ist für jene Erscheinung kaum zu geben. Gewöhnlich geschieht das nun durch Verwendung von altem Bauschutt als Fußbodenfüllung (Gehalt an kranken Holzteilen aus infizierten Häusern stammend), von krankem Holz für Fehlböden oder dergl. Für gut ausgetrock- nete und trocken bleibende Bauten hat das zwar zunächst kaum eine Gefahr, da Mangel an Feuchtigkeit die Pilzentwickelung hindert, min- destens aber stark einschränkt. Irgendwie herbeigeführte, vielleicht nur eng lokalisierte Durchfeuchtung der Holzteile, des Füllmaterials usw. pflegt dann aber den Anstoß zur schnellen Weiterentwickelung zu geben, selbstverständlich kann das nur Wirkung haben, solange die Keime noch leben. Im vorliegenden Falle ist der Anstoß dem Anschein nach durch den konstatierten Wasserrohrbruch in der 3. Etage (Sommer 1906) gegeben. Aus der Tatsache, daß kaum 1 Jahr später bereits im ganzen Hause starke Schwammschäden nachweisbar waren, ergibt sich nicht allein der gefährliche Charakter dieses Schwammes, viel- mehr ist daraus zu folgern, daß derselbe nicht bloß in lebensfähigen Keimen vorhanden war, sondern auch daß diese Keime schon in einer gewissen, wenn auch stark eingeschränkten Entwickelung begriffen, die Umstände hierfür somit überhaupt nicht ganz ungünstig waren. Ich schließe dies aus dem Alter des Hauses, das ich als etwa 10 jährig annehme; ruhende Schwammkeime (Mycel) in trocknen Brettern, Bauschutt usw. dürften kaum 10 Jahre sich lebend erhalten, selbst bei 5 Jahren wäre es schon zweifelhaft. Darauf deutet auch der erbrachte Nachweis des Schwammes in der Parterre -Wohnung, denn es scheint doch kaum annehmbar, daß die volle Wirkung des Rohr- bruches in der dritten Etage sich bis hierher erstreckte; Parterre- räume bieten schon an sich der Pilzentwickelung günstigeren Boden. Aus der Tatsache, daß der Schwammschaden bislang nur in wenigen Gutachten aus dem Gebiete der angewandten Botanik. 191 bestimmten Räumen der verschiedenen Stockwerke nachgewiesen wurde, ist nichts gegen jene Entstehungsursache zu folgern. Es ist das vielmehr wohl verständlich, da diese Räume (Vorplatz, Kammern) eingeschlossene Lage, überdies weiches, leichter angreif- bares Nadelholz (Fichte) — gegenüber dem Eichenfußboden der Frontzimmer — haben. Schließlich ist heute aber noch gar nicht zu übersehen, in welchem Umfange Schwamm Wucherungen und -Schädigungen in dem Hause überhaupt vorhanden sind; bislang sind lediglich die direkt reparaturbedürftigen Stellen ausgebessert, Ermitt- lungen über die Verbreitung also überhaupt nicht angestellt. Zum mindesten sind in den bislang von direkten Schäden betroffenen Räumen Pilzkeime in weiterer Verbreitung anzunehmen; es hängt dann aber nur von den Umständen ab, ob und wann hier weitere sicht- bare Zeichen der Pilzwirkung festgestellt werden. Nach allem erachte ich das Haus für erklärt schwamm- krank (Coniophora-krank) und den Schwamm darin als seit Jahren vorhanden. Hannover, 22. Juli 1909. 3. Gutachten betr. Coniophora. Seitens des Herrn Rechtsanwalts und Notars Dr. R. zu W. wurde mir die Abschrift eines von dem Chemiker Herrn Dr. W. als ge- richtlichem Sachverständigen ausgearbeiteten Gutachtens in Sachen R. — F., abgegeben am 8. Januar 1910 zu B., mit dem Ersuchen um Stellungnahme zu demselben unterbreitet. Nach Durchsicht des W. sehen Gutachtens komme ich zu folgender Beurteilung des vor- liegenden Streitfalles. Das fragliche Wohnwesen ist offenbar ausgesprochen schwamm - krank, speziell Co)iiophora-kTa.nk. Dieser Pilz ist in mehreren Räumen des Erdgeschosses in Begleitung einer starken Holzfäule (Vermorschen zahlreicher Lager, z.T. auch der Fußbodenbretter) nachgewiesen; ein Zweifel, daß er Ursache der Holzschäden ist, besteht nicht, fraglich ist nur, welche Stellung ihm gegenüber einzunehmen ist. Der genannte gerichtliche Sachverständige beurteilt diesen Pilz {Coniophora cerehella) und die durch ihn verursachten Schäden ent- sprechend der auch sonst üblichen Auffassung von der relativen Harmlosigkeit desselben und stellt ihn den bislang als Hauptschäd- lingen von Bauten angesehenen Pilzen {Merulius lacrymans, Polyporus vaporarius) nicht gleich. Diese Auffassung bedarf zweifelsohne der 192 Gutachten aus dem Gebiete der angewandten Botanik. Korrektur, und solche wird sie auch erfahren, sobald das Gebiet dieser praktisch wichtigen Holzzersetzungsvorgänge einmal etwas intensiver durchgearbeitet ist. Auf ein näheres Eingehen verzichte ich hier, die Aufführung einzelner für die Beurteilung wichtiger Tat- sachen mag genügen. Coniophora ist keineswegs ein Schwamm, der Nässe liebt oder nur in ihrer Folge auftritt. Lediglich stagnierende Luft von gleich- mäßigem Feuchtigkeitsgehalt genügt für ein intensives Umsichgreifen, sobald der Pilz an irgend einem Punkt des Hauses einmal zur Ent- wicklung gekommen ist. Er breitet sich in allseitig geschlossenem Raum mit großer Schnelligkeit nicht nur über lufttrockenes Holz sondern auch über anorganische Stoffe (Stein, Glas usw.) aus, und infiziert auf seinem Wege lufttrockenes Holz unter Zersetzung (Eiche, Buche, Fichte). Für diese Tatsache habe ich experimentelle Belege. Coniophora ist weit verderblicher als die meist sehr langsam wachsenden Polijporus- Arien (einschließlich P. vaporarius!) sowohl durch Schnelligkeit der Entwicklung wie Intensität der Wirkung. Sowohl hierfür wie für die Unsicherheit, mit der auch Pveparaturen in solchen Fällen verljunden sind, habe ich Beweise aus der Praxis. Man hat m. E. früher mehrfach OowiojL»Aora - Schäden einfach als Hausschwamm-Infektionen beurteilt, trotzdem Merulius völlig anders wächst; die Wirkung kann aber eine ganz ähnliche und ähnlich schnelle sein. Jeder Schwammschaden in Gebäuden ist schließlich durch Reparaturen zu Ijeseitigen, nur um den erforderlichen Umfang dieser — also die Kosten — handelt es sich; in dieser Hinsicht stellen die einzelnen Holzschwämme verschiedene Ansprüche. Trocken- legung ist bei Coniophora zwecklos, da sie keine Nässe braucht. Eine noch auf ganz bestimmte kleinere Teile des Hauses beschränkte Infektion durch diesen Pilz ist wohl unschwer durch Reparatur usw. zu beseitigen. Ich setze jedoch ein Wohnwesen, das in weiterem Umfange durch ihn infiziert ist, einem ilien(/m5 - kranken Hause gleich, die Reparaturen sind nicht geringer und ebenso kostspielig, sie sind auch, wie die Tatsachen zeigen, bei sorgloser Ausführung ebenso unsicher. In dem fraglichen Falle bedarf es m. E. — so- weit ich mir da aus den Angaben des Gutachtens ein Urteil bilden kann — völliger Erneuerung der Lager und Dielen des Erdgeschosses sowie entsprechender Sicherungsmaßregeln, da andernfalls der Zu- stand nach einigen Jahren wohl wieder der gleiche sein wird. Ob nicht schon früher solche Reparaturen ausgeführt sind, wäre von Gutachten aus dem Gebiete der angewandten Botanik. 193 Interesse festzustellen. Dieser Pilz gehört zu den intensivsten Holz- schädlingen. Über die Frage der Wertminderung eines solchen Gebäudes brauche ich mich nach dem Gesagten wohl nicht mehr zu äußern. Hannover, den 27. Februar 1910. in. Unbestimmte Holzpilze. 1. Gutachten betreffend Schwammschaden. Am 29. Juni d. J. sind von Herrn W. L., Architekt in Hamm (Westf.) verschiedene Holzproben in versiegeltem Paket zur Unter- suchung und Begutachtung vorgelegt. Dieselben bestandei? aus ca. zehn Stück Fußboden-Dielenstücken von ungefähr 60 cm Länge und 10 — 20 cm Breite (Nadelholz). Dies Material reicht zu einer richtigen Beurteilung völlig aus. Die Bretter zeigten folgende besonderen Merkmale : 1. Hohen Feuchtigkeitsgehalt; sämtliche Stücke hatten einen weit über das Normale hinausgehenden Wassergehalt, was durch Aussehen und hohes Gewicht derselben ohne weiteres festzu- stellen war („nasses Holz"). 2. Alle waren mit Pilzbildungen bedeckt; Pilze (weiß, grauweiß, gelblich, braun) in dichten Bezügen oder feinen Strängen, nur als Mycelien, keine Fruchtkcirper (so- genannte echte Holzpilze, llolzschwämme). o. Das Holz unterhalb der Pilzmassen war mehr oder weniger l^raun verfärbt und morsch; einige der Bretter waren durch die ganze Dicke weich und 1)röcklich, also völlig zersetzt, mit den sonstigen Kennzeichen der Zerstörung durch Schwamm. Hiernach ist der Fußboden, dem die Proben entnommen sind, ausgesprochen schwammkrank; die Erkrankung ist, da die Pilze lebten, noch im Fortschreiten begritfen, sie besteht nach Aussehen der völlig zerstörten Brettstücke immerhin einige Jahre. Die besondere Art der Pilze (botanische Spezies) ist — zumal auch beim Fehlen von Fruchtkörpern — nicht ohne weiteres mit Sicherheit anzugeben, das läßt sich nur durch besondere Versuche ermitteln (Kul- tur). Anscheinend sind mehrere Arten nebeneinander vorhanden (Holz- schwämme schlechthin). Ob darunter Meridius (echter Hausschwamm) ist, bleibt noch festzustellen, vielleicht ist Polyporus va^jorarius zu- gegen (weiße Mycelien), wahrscheinlich auch ConiopJiora cerchella (gelbliche Stränge) und verwandte Arten'). Der letztgenannte Pilz ') Eine weitere Untersucliung wurde in diesem Falle niflit vorgenommen; es hallen die Parteien sich wohl verglichen. Jahresbericht der Voreinigung für angewandte Botanik VIII lo 194 Gutachten aus dem Gebiete der angewandten Botanik. ist ein gefährlicher Holzverderber , er wirkt — trotz gegenteihger Angaben in Büchern usw. — weit schädlicher als Polyporus; auf einen intensiv wirkenden Schwamm weist hier die starke Zersetzung einiger der Probestücke hin. Anlaß und Begünstigung der vorliegenden Schvvammerkrankung sind offenbar durch den abnormen Feuchtigkeitsgehalt der Bretter gegeben; worin dieser seinen Grund hat, ist von hier aus nicht zu ersehen, entweder handelt es sich um einen schlecht ausgetrockneten Bau, oder es hat von irgend einer Seite andauernder Zutritt von Nässe stattgefunden. Es ist das auch für die offenbare Tatsache, daß das fragliche Haus an übermäßiger Nässe leidet, zunächst gleich- gültig. Dementsprechend wird die Schwammzersetzung weiter um sich greifen und fortgesetzt entsprechende Reparaturkosten verlangen, dafür ist die besondere Art der Pilze zunächst ohne nennenswerten Belang. Speziell Coniophora ist nur durch sorgfältige Reparaturen zu beseitigen, andernfalls vernichtet dieser Pilz — wie Erfahrungen gezeigt haben — binnen wenigen Jahren auch wieder das neueingebaute Holz. Die Kosten werden voraussichtlich mit den Jahren größer werden; bleibt das Haus in dem jetzigen Zustande, so wird in ab- sehbarer nicht ferner Zeit das gesamte Holzwerk der feuchten Räume völlig morsch sein. In einem solchen Zustande eines Wohnhauses muß man natür- lich einen erheblichen Mangel sehen, er führt zu großen Kosten für Reparaturen, die der Käufer sich wahrscheinlich gespart hätte, wenn er darüber vor Abschluß des Kaufvertrages unterrichtet gewesen wäre, augenfällig werden konnte ihm derselbe erst mit der Zeit, die durch Nässe bedingte Schwammwirkung tritt erst allmählich zutage. Wenn unter den Pilzen sich Merulkis oder Polyporus befinden, so ist damit ein gesetzlicher Grund zur Wandlung gegeben ; es würde sich das nötigenfalls durch genauere Untersuchung feststellen lassen. Falls der Käufer das Objekt in dem nicht einwandsfreien feuchten Zustande übernommen hat, so scheint mir aber schon ein Grund vor- zuliegen, den Verkäufer verantwortlich zu machen; es kann jener zu Folgewirkungen führen, die in ihren Einzelheiten vorläufig noch gar nicht klar zu übersehen sind. Hannover, 15. Juli 191 Ü. Gutachten aus dem Gebiete der angewandten Botanik. 195 2. Gutachten über schwammkranke Holzproben. I. Der Befund des eingegangenen Materials ergab: 1. Die Dielenbretter und Fußleisten usw. sind unterseits mehr oder weniger durch Pilzwirkung angefressen, im allgemeinen jedoch trotz reichlicher Pilzvegetation noch gut erhalten ; nur einzelne Stücke sind stärker zersetzt. Die vorhandenen Pilze sind zweierlei Art; a) Überwiegend ist ein hellfarbener Pilz vorhanden und zwar in der Form von zarten Überzügen, feinen dichten Häuten, kompakterem dicken Belag und dünnen langen Strängen, unterseits die Brettstücke reichlich bedeckend. Farbe leicht gelblich bis grau- weiß, teilweise (dickerer Belag) ins Rötlichbraune spielend. b) Untergeordnet an einzelnen Probestücken finden sich hell- schokolade- bis rostfarbene wollige Rasen eines von jenem ver- schiedenen Pilzes, nur stellenweise hervorbrechend. Über die besondere Art der beiden Holzschwämme ist zunächst nichts Bestimmtes anzugeben, da sporenbildende oder sonstwie charakteristische Teile fehlten. 2. Ein Mörtelstück mit ansitzenden hellgrauweißen Strängen des Pilzes unter a. 3. Ein Stück Steinkohlenschlacke mit ansitzenden Häuten und Strängen wie Nr. 2. 4. Hellfarbene Strangbildungen und Häute, abgelöst (in be- sonderer Packung) von Pilz a in gleicher hellgelblichweißer Farbe. 5. Füllmaterial (Steinkohlenschlacke usw.) ohne sichtbare Pilz- bildungen, das einzelne alte Holzreste enthält. Die Beurteilung des Gesamtmaterials ergibt bestimmtes nur in- sofern, als Anzeichen für Vorhandensein von echtem Haus- schwamm (Merulius) fehlen. Zwecks Sicherstellung dieses Befundes und etwaiger Aufklärung der genaueren Natur der zwei Pilze wurden Kulturversuche angestellt, die folgendes ergaben. n. Untersuchung (3. Mai bis 1. Juni). Kultur der Proben im feuchten Raum, 5 getrennte Versuche, davon 4 mit abgesägten größeren Stücken (ca. 10 cm) von drei verschiedenen Bretterproben, 1 mit Kohlenschlacke (einschließlich zweier beigemengten alten Holz- stücke). Das Resultat war negativ ; nur aus einer einzelnen Holzprobe (Fußleiste) wuchs spärlich ein gelblichgraues Mycel hervor, das einem unbestimmbaren Holzpilze angehörte; sonst fand ein Wachstum der Pilze nicht statt, die Proben bedeckten sich lediglich mit den üblichen 13* 196 Gutachten aus dem Gel>iete der angewandten Botanik. Schimmelpilzen; auch die Schlacke blieb in dem großen Versuch völlig steril. Hausschwammentwickelung fand in keinem der Ver- suche statt. Die beiden Holzschwämrae sind hiernach bereits ab- gestorben, bei dem hellfarbigen (1 a) nur die Oberfläche der Bretter überziehenden war das im voraus anzunehmen. In dem Holze sind hiernach lebensfähige Pilze (auch kein Merulius) nicht bezw. nicht mehr vorhanden. Hausschwamm pflegt unter solchen Kultur- bedingungen innerhalb der ersten 1 — 2 Wochen in schneeweißen voluminösen Rasen herauszuwachsen, vermag sich übrigens jahrelang in derartigen Brettern lebend zu erhalten. Das Ergebnis dieser Untersuchung entspricht also dem vor- herigen Befunde. Da die zwei Pilze nicht mehr entwickelungsfähig waren, ist im übrigen hinsichtlich ihrer Spezies-Natur bestimmtes nicht anzugeben, es handelt sich wohl um irgend welche der zahl- reichen Agaricus- oder Polyporus- Arten bezw. diesen nahestehende Spezies. Ihrer Art nach sind sie jedenfalls harmlos, Schaden können sie nur bei hinreichender Feuchtigkeit im Holz anrichten. Austrocknen desselben tötet nach den bisherigen Erfahrungen derartige Holzschwämme gewöhnlicli liinnen kurzem ab; 7Ai erhalten vermögen sie sich nur in feuchtem Holze oder an lufttrockenem Holz in feuchten gegen Luft- wechsel geschützten Lokalitäten. III. Beurteilung. Nach den mir seitens des Architekten B.- Dortmund gegebenen Auskünften handelt es sich um ein ca. drei- jähriges Wohnhaus, in dessen einem Vorderzimmer zumal die mitt- leren Trägerbalken des Fußbodens und die Fußleiste der rückwärts gelegenen Wand stärker schwammkrank sind. Der Hauptherd der Pilzwucherungen unterhalb der Dielen und an den Trägern liegt un- gelahr auf der mittleren Linie des Zimmers, ca. ein Drittel von der Innenwand entfernt. Minder angegriffen sind die seitlichen Fußleisten (stockig), Dielen und Balken. Die Pilzvegetation hat sich hiernach offenbar von einem unterhalb der Dielenbretter in Mitte der inneren Hälfte des Zimmers gelegenen Punkte ausgebreitet; allem Anschein nach ist hier also der Entstehungsort zu suchen. Mitwirkung äußerer Feuchtigkeit (also unvorsichtiges Umgehen mit Wasser) wird nach Angabe als ausgeschlossen betrachtet. Was zunächst die Herkunft der Pilze betrifft, so sind sie nach diesem Befund mit dem Holz eingebaut, zumal der Ausgang des Pilzwachstums von einem bestimmten Orte aus deutet darauf hin, daß hier ein bereits erkranktes Brett oder ebensolcher Balken Gutachten aue dem Gebiete der angewandten Botanik. 197 eingefügt wurde. Im übrigen haften bekanntlich auch dem gesunden Bauholz in der Regel bereits Keime von Holzjnlzen an; wenn aber nur dieser Fall hier in Frage käme, so hätte man eine ziemlich gleichmäßige Schwammentwickelung unterhalb des ganzen Fußbodens erwarten dürfen. Ausgangspunkt ist auch nicht die als Füllmaterial verwendete Schlacke usw., die schon nach obiger Untersuchung keim- frei war. Lediglich in Frage kommen könnte noch eine nachträgliche Infektion, etwa durch krankes Holz bei Reparaturen, solche sind aber in dem erst dreijährigen Bau wohl noch nicht ausgeführt. Wo der Deckenfüllung oder dem Mauerwerk Pilzbildungen ansaßen, sind sie, wie das gewöhnlich der Fall ist, vom Holz auf dieses übergegangen. Eine Infektion durch Luft oder Tagewässer scheidet nach Lage der Sache hier aus. Unmittelbare Veranlassung des Schwammschadens sind natür- lich die genannten Pilze, sie sind aber keineswegs die zugrunde liegende eigentliche Ursache. Diese ist in anderen Umständen zu suchen, ohne welche die Pilze wirkungslos wären. Holzpilze dieser Art setzen ihre Entwickelung nur fort, wenn hierfür eine gewisse genügende Feuch- tigkeit vorhanden ist, sei es im Holze selbst oder in dem das Holz umgebenden Luftraum; sie zerstören also nicht lufttrockenes Holz bei freiem Luftwechsel. Die Entwickelung derselben ist im vorliegenden Falle nur dadurch ermöglicht worden, daß dem verbauten Holz nicht genügende Gelegenheit zum völligen Austrocknen bezw. Trockenbleiben gegeben war; daran sind voraussichtlich der unterhalb der Dielen befindliche abgeschlossene Raum mit stagnierender feuchter Luft so- wie die Art und Beschaffenheit des Füllmaterials (poröse Schlacke, Kohlenasche) schuld; aus dem tatsächlichen Befund schließe ich wenigstens auf das Fehlen von Lüftungskanälen. Möglicherweise war auch die eingebrachte Deckenfüllung feucht. Die an sich sehr geringfügige Wirkung, welche der dichte Pilzbelag auf die Unterseite der Dielenbretter ausgeübt hat, deutet darauf, daß diese in der Haupt- sache zwar trocken waren, nur ihre mit der feuchten Luft in direkter Berührung stehende Oberfläche ist auf ein bis zwei Millimeter ange- griffen. Weiter nach innen hat sich die Pilzwirkung nicht erstrecken können. Stärker durchfeuchtetes Holz wird demgegenüber auch von sonst harmlosen Holzpilzen ohne Schwierigkeit binnen weniger Jahre in seiner ganzen Substanz verfärbt und zersetzt. Von den ursprüng- lich vorhandenen kranken Holzteilen ausgehend, hat sich dann die Zersetzung langsam ausgel)reitet ; nehme ich für das Alter derselben zirka drei Jahre an, so entspricht das ungefähr der .mäßigen Entwicklungsschnelligkeit solcher Pilze. Holzschwämme gefährlicher 198 Gutachten aus deoi Gebiete der angewandten Botanik. Art (wie Merulius, Coniophora) hätten unter diesen Umständen un- gleich verderblicher gewirkt, event. schon im Verlauf eines Jahres wäre der größte Teil der Dielen, Balken usw. bis zum Einbrechen des Fußbodens zerstört worden; Schnelligkeit und Intensität der Wirkung sind da wesentlich andere. Es ist deshalb unnötig, hier noch besonders zu betonen, daß die Merkmale des an dem Material hauptsächlich vorhandenen gelblich- bis grauweißen Schwammes ihn scharf von Merulius mit seinen aschgrauen Häuten und schneeweißen jungen Mycelien unterscheiden, selbst wenn man das Resultat obiger Kulturversuche außer Rechnung lassen wollte. Aus dem Gesagten ergibt sich die Art der Bekämpfung ohne weiteres. Es genügt gründliches Austrocknenlassen der erkrankten Holzteile (teil weises Aufnehmen des Fußbodens), soweit sie nicht reparaturbedürftig sind, am besten in Verbindung mit einem der zahlreichen pilzwidrigen Anstriche. Weiterhin ist in erster Linie für Luftzirkulation unterhalb der Dielen Sorge zu tragen. Daß als Decken- füllung zweckmäßiger Flußsand, Schmirgel, Kieselgur usw. als Schlacke, Kohlenasche, Lehm und anderes Verwendung finden, ist bekannt und entspricht auch wohl den Erfahrungen der Architekten. Die gestellten Fragen beantworte ich also kurz, wie folgt: 1. Die besondere Spezies des bezw. der beiden Pilze war mangels charakteristischer Merkmale (Fruchtkörper usw.) bislang nicht fest- zustellen, es handelt sich jedoch nicht um den echten Haus- schwamm (Merulius), sondern um relativ harmlose sogenannte Holz- schwämme, die voraussichtlich mit dem Bauholz in das Haus ein- geführt sind. 2. Für die eingetretene Erkrankung der Holzteile des betreffenden Zimmers unter Einwirkung dieser Pilze sind aliein die besonderen Umstände bestimmend gewesen. Zur Ausbesserung des Schadens ge- nügt eine gewöhnliche Reparatur. Hannover, den 4. Juni 1909. Gutachten aus dem Gebiete der angewandten Botanik. 199 Ein Mischfutter vor den Gerichten des Kantons Zürich. Nach den Akten dargelegt von Prof. Dr. A. Maurizio, Lemberg. In der Schweizerischen Landwirtschaftlichen Zeitschrift erschien i. J. 1906 ein Artikel, der sich mit einem Futtermittel, genannt „Rosen thaler Mast- und Futtermehl", beschäftigte. Der von der Kritik getroffene Fabrikant klagte auf Schadenersatz. Der Prozeß währte drei Jahre. Die folgende Darstellung ist ein wörtlicher Auszug aus den Akten mit verbindendem Text. Das Bezirksgericht Zürich, II. Abteilung, hat auf die Klage des K, St., Müllereibesitzer in M., Kt. Thurgau, gegen A. M., Professor in L., Österreich, über die Streitfrage zu entscheiden gehabt: „Ist der Beklagte verpflichtet, dem Kläger 10000 Franken Schadenersatz nebst 5"/o Zinsen seit 25. August 1906 zu bezahlen?" Der Kläger hat im J. 1903 begonnen, in der ihm gehörigen Mühle in R. ein sogen. Mast- mehl herzustellen, welches in der Folge dann unter dem Namen Rosenthaler Mastmehl in den Handel gebracht wurde. Die Mühle des Klägers war seit dem J. 1903 eine Kontrollfirma. Die auf Grund des Kontrollvertrages von der Agrikulturchemischen Anstalt in Zürich ausgeführten Analysen des Mehles lauteten anfangs günstig, gaben jedoch später Anlaß zu Beanstandungen, die indessen vom Kläger nicht anerkannt wurden. In Nr. 27 der Schweizerischen Landwirtsch. Zeitschrift vom 6. Juli 1906 erschien nun nachfolgender Artikel des Beklagten, der damals Privatdozent am Eidg. Polytechnikum und I. Assistent der Agrikulturchemischen Anstalt in Zürich war. Rosenthaler Misch- und Mastfuttermehl. (Stark gekürzt.) Ganz und gar abzuweisen sind die gemischten Kraft- futtermittel, denn hier kann keiner der Entschuldigungsgründe vor- halten, welche etwa zugunsten der gemischten Düngemittel sprechen. Die Vorteile liegen durchaus auf selten des Händlers, dem es auf diesem Wege möglich wird, Futtermittel abzusetzen, die für sich un- verkäuflich wären, entweder weil sie zur Ernährung untauglich, in irgend welcher Hinsicht minderwertig oder häufig genug verdorben sind. Jedes Jahr bringt ein neues Mischfutter Wenn wir gar sechs, neun und mehr verschiedene Bestandteile, wie im Rosenthaler Misch- und Mastfuttermehl, von Sendung zu Sendung in 200 Gutachton aus dem Gebiete der angewandten Botanik. anderem Verhältnisse gemischt antreffen, so ist von vornherein anzu- nehmen, daß der Bauer, welcher eine solche wunderliche Mischung kauft, in irgend einer Weise übervorteilt wird. Er würde niemals auf die Idee verfallen, solche nichtssagenden Mischungen herzustellen. Die Fabrikationsmethode und der Vertrieb aller dieser Futtermittel sind die gleichen , die folgenden Zeilen charakterisieren denn auch in diesem Futtermittel die ganze Gattung und nur aus diesem Grunde müssen wir uns mit dieser Spezialmarke beschäftigen. Die Mischfutter werden, wie wir am Beispiele von Kölln's Kraft- futter u. a. m. ersehen, mit „Garantie" verkauft. Im Rosenthaler Futter wird ein Gehalt von 20 bis 25 7ü Protein und 8 bis 5 "/o Fett garantiert. . . . Ein weiteres gemeinsames Merkmal ist, daß die gleiche Ware zu derselben Zeit zu verschiedenen Preisen angeboten wird. Das Futtermittel kostet franko Station Fr. 18 ohne Sack, Fr. 19 mit Sack, daneben aber auch Fr. 20, 22 bis 23 pro 100 kg. Die untersuchten 11 Proben wurden sämtlich den Landwirten der Ostschweiz meist in der Nähe des Händlers oder Müllers angel)oten. Immerhin ist dieser Preis noch lange nicht so schwankend wie der- jenige der mit Hafermehl gemischten Reisabfälle, welche, wie ich feststellte, als la amerikanisches Hafermehl besonders in Graubünden massenhaft abgesetzt wurden. Diese wurden verkauft zu Fr. 22 bis Fr. 30, ja in einem Falle zu Fr. 34, während die gedruckte Offerte Fr. 26,50 pro 100 kg angab (vergl. Schweiz. Landw. Zeitschr. 34. Jahrg., 1906, S. 112)^. In beiden Fällen richtete sich der Preis offenbar nicht nach dem schwankenden „Gehalte" sondern nach dem Gutfinden des Händlers, welcher harmlose Leute mehr zahlen läßt als diejenigen, bei denen er etwas Kritik voraussetzt. Die untersuchten Muster des Rosenthaler Produktes hatten folgende Zusammensetzung: 1. Gequetschter Roggen, Gerste und Gerstenschalen, Spitz- al)gang des Weizens, Sesam-, Erdnuß- und Leinkuchen. Ziemlich viel Kornrade und Buchweizen, etwas Wachtelweizen, zirka Va ist Ölkuchen. Sand 0,49 7o. 2. Die gleichen Bestandteile wie die vorige Probe, dazu Raps- kuchen. Außer den genannten Unkräutern fanden sich folgende Ver- unreinigungen vor: Wicken in größerer Menge, Ackerspörgel, etwas Brandsporen und kolossale Mengen von Milben. In der Probe scheint der Spitzabgang des Weizens zu fehlen. Sand 0,59 Vo- ^) Auf Grund dieser Anschuldigung wurde der Händler von Graubündner Gerichten wegen Betruges zu 2 Wochen Gefängnis verurteilt. A. M. Gutachten aus dem Gebiete der angewandten Botanik. 201 3. Geschrotete Roggen und Gerste nebst Spitzabgang des Weizens und Gerstenspreue. liein-, Raps- und Sesainkuchen, ganz wenig Erd- nußkuchen. Viele Unkräuter: Kornrade, Acker senf, Raps, Wicken, Labkraut, zum großen Teil in ganzen Samen. Brandsporen; auch Stroh und Holzstückchen. Große Mengen von Milben. Sand 0,58%. 4. Geschrotete Roggen und Gerste nebst Gerstenspelzen, wenig Weizen. Roggen ziemlich viel, mehr als in den Mustern 1 bis 3. Sehr wenig Sesam-, mehr Lein- und Erdnußkuchen; auch Erdnuß - hülsen. Raps nur alsUnkraut, nicht als Kuchen. Sehr viel Unkräuter, vor allem Kornrade, Senf, Buchweizen, Wicken. Sand 0,62%. 5. Von den Cerealien im wesentlichen Gerstenschrot und Gersten- abfall, viel Gerstenspelzen, etwas Roggen und Weizen - Spitzabgang. Zirka ^U Leinkuchen und Erdnußhülsen, kein Erdnußkuchen. Spuren Sesamkuchen, etwas Leguminosen (Erbsen und Bohnen). Von Unkräutern : gequetschte Körner der Kornrade, Raps (kein Rapskuchen), Senf, Ackerspörgel. Sand 0,61 7o- 6. Gequetschte und geschrotete Cerealien : Roggen, Gerste nebst etwas Weizenmehl und viel Abfall in Form der Spreue, Spelzen und Mühlstaub; der Roggen überwiegt. Viel Leinkuchen, weniger Erd- nußkuchen; zusammen zirka ^'.j des Ganzen. Sehr wenig Sesam- und Spuren Mohnkuchen. Die Probe enthält viel Verunreinigungen: Raps (kein Rapskuchen), Kornrade, Wicken; sehr viel Brand- sporen, die im ganzen Material verteilt sind, doch auch in fast un- verletzten und halben brandigen Körnern vorkommen. Sand 0,71%. 7. Roggen und Gerste nebst ihrem Abfall, Weizen auch als Schrot. Viel Leinkuchen , Spuren Sesamkuchen und nur geringe Spuren von Erdnußkuchen und Erdnußhülsen. Viel allerlei Unkraut, Kornrade und anderes mehr und einige Holzstückchen. Sand 0,46"/o. 8. Die gleichen Getreidearten, wie in 7, und ihr Abfall, aber kein Weizen. Viel Leinkuchen, wenig Erdnuß und Spuren Sesam. Von Unkräutern sind zu nennen: Kornrade und allerlei andere Nelkengewächse, Buchweizen, Raps und Senf, Brandsporen massen- haft vorhanden, auch in halben brandigen Körnern. 9. Roggen, Gerste, gequetscht und geschrotet, und ihr Abfall, nebst Mühlenstaub, etwas Weizen, wohl meist als Spitzabgang. Von Fettkuchen viel weniger als in den bisherigen Proben: Lein-, Sesam- kuchen, nebst Erdnußkuchen und Hülsen. Etwas Bohnenmehl. Ver- unreinigungen: Kornrade, Wicken, Senf, sehr viel Brandsporen, auch radige Körner (mit Anguülula trifici). Sand 0,45%. 202 Gutachten aus dem Gebiete der angewandten Botanik. 10. Roggen und Gerste, geschrotet und gequetscht, viel Gersten- spelzen, kein Weizen. Sesam- und Leinkuchen, viele Erdnußhülsen und Spuren Erdnußkuchen. Ewas Mehl von Leguminosen. Nicht viel Unkraut, am meisten Kornrade, etwas Buchweizen. 11. Viel Roggen, wenig Gerste im gleichen Zustande wie in andern Proben. Viel Lein-, wenig Erdnußkuchen, sonst keine anderen Fettkuchen. Sehr viel Unkräuter, besonders Kornrade und Buch- weizen. Große Mengen von fein verteilten Brandsporen. Kolossale Mengen Milizen, auch Insektenlarven. Sand 0,567o- Das Material ist eine kunterbunte Mischung, in welcher nach dem Sieben fast jeder größere Klumpen als aus anderen Bestandteilen bestehend erkannt werden kann. Die große Menge verschiedener Stoffe erschwert die Schätzung der Mengenverhältnisse, es scheint im Bestreben des Fabrikanten zu liegen -/s Müllerei-Produkte mit Vs Fett- kuchen zu mischen. . . . Von Fettkuchen sind bald 4 verschiedene zugesetzt, bald nur deren 2. . . , Um die Reklame wirkungsvoller zu gestalten, wird auf Atteste verwiesen, welche Landwirte ausstellen. Der Landwirt sollte, um ja nicht in den Verdacht zu kommen, am Absätze der Mischfutter interessiert zu sein, solchen Zumutungen gegenüber die größte Zurück- haltung beobachten. Noch schlimmer ist es, wenn solche Futtermittel auf Grund von Fütterungsversuchen empfohlen werden, die noch nicht beendigt sind. Es kann nicht schaden, wenn derjenige, welcher sich herbeiläßt, solche Versuche zu unternehmen, dies mit dem aus- drücklichen Vorbehalte tut, daß die gewonnenen Resultate ohne seine Zustimmung, weder während der Dauer des Versuches, noch nach Beendigung desselben zu Reklamezwecken gebraucht werden dürfen. Soweit der eingeklagte Artikel. Der Fabrikant richtet darauf zwei Zuschriften an die Redaktion mit dem Erfolge, daß der Kritiker in seiner Erwiderung neues Tatsachenmaterial anführt und seine Behauptung aufrecht hält. Darin ist folgender Passus für die Angelegenheit wichtig (vergl. Schweiz. Landwirtsch. Zeitschr. Nr. 34 vom 24. August 1906): „Im übrigen mag Hr. St. die Verordnung, betreff, die Überwachung des Handels mit Düngemitteln, Futtermitteln, Sämereien usw., des Schweiz. Landwirtschafts -Departements v. 10. Juni 1903 nachlesen; er wird finden, daß sein Produkt den Bestimmungen in § 1 u. § 2 Futter- mittel Abs. 2 und § 2 b und c nicht entspricht und schon darum unzulässig ist". Die zitierte Verordnung führt durch die §§ 1 u. 2 eine Art Deklarationszwang der Kontrollfirmen ein. Darnach hätte Gutachten aus dem Gebiete der angewandten Botanik. 203 die eidgenössische Agrikulturchemische Anstalt in Zürich die Annahme der Untersuchung des Futtermittels verweigern oder von sich aus gegen ein solches einschreiten können. Bald darauf schied die Kontroll- firma als solche aus, da sie durch den Kontrollvertrag sich nicht geschützt fand. Der Kläger ließ vor Gericht u. a. folgendes vortragen: Zur Begründung der Schadenersatzklage werden alle in bezug auf das Rosenthaler Futtermehl in dem Artikel aufgestellten Behaup- tungen „als unwahr" und das „Präparat als ein in jeder Hinsicht ganz ausgezeichnetes Produkt hingestellt". Da durch den Angriff sowohl der Geschäftsumsatz des Beklagten als auch „sein Kredit und seine Geschäftsehre gelitten haben", so werde die Klage auf die Art. 50 und 55 des Schweizerischen Obligationen-Rechts gestützt. Mittlerweile wurden als Zeugen vernqmmen: verschiedene Landwirte in den Kan- tonen Zürich, Thurgau und Graubünden, welche dem Beklagten Proben des Mischfutters zur Untersuchung einsandten, Dr. G. Glättli, Direktor der landwirtschaftlichen Schule Plantahof, Mühlebach, Direktor der landwirtschaftlichen Schule Arenenberg und Herzog, Verwalter der Thurgauer Staatsdomäne Münsterlingen , sowie der Obermüller und sonstige Angestellte des Klägers. Als zudem die Gutachten der beiden vom Gerichte bestellten Experten, der Herren Prof. Dr. C. Hartwich und a. Direktor Dr.H. Schneebeli, am 28. April und am 30. Dezember 1908 einliefen, hatte sich der Kläger eines andern besonnen und unterbreitete dem Beklagten vor dem Gericht folgenden Vergleichsvorschlag: der Kläger zieht die Klage zurück, verzichtet auf den Schadenersatz von 10000 Fr. und zahlt dem Be- klagten 500 Fr., falls dieser die bisher entstandenen Gerichtskosten übernähme. Der Beklagte hat diesem Antrage nicht zugestimmt. Die Urteile des Bezirksgerichts Zürich Abt. II (vom 27. September 1909 Nr. 1064/06) und der I. Appellationskammer des Obergerichts des Kts. Zürich (vom 23. Februar 1910 Nr. 431) ziehen die Resultate des Verfahrens zusammen. Folgende Feststellungen des Beweisverfahrens sind hier von Interesse : 1. Inwieweit die botanisch erschlossene Zusammensetzung der 11 Proben mit ihren jeweilen 9 und mehr Bestandteilen an- erkannt wurde, 2. der Nachweis minderwertiger Stoffe in feiner die Erkennung erschwerender Vermahlung, wie er im Düngerstaub aus Erd- nußhülsen vorlag, 204 Gutachten aus dem Gebiete der angewandten Botanik. 3. die Empfehlungen der Landwirte, welche irriger Anschauung über die Zusammensetzung oder ungenügender Schätzung der botanischen Analyse antsprangen. Wo nicht besonders bemerkt, entstammen die in Gänsefüßchen gesetzten Worte dem Texte der beiden Urteile. Andere sind den Gutachten u. a. m. entnommen. Zu 1. Die Zusammensetzung der 11 vom Beklagten unter- such teji Muster stimmt „nicht genau überein mit dem Resultate der Untersuchung des Experten Hartwich". „Soweit die Resultate in- dessen nur bezüglich der in dem Mehl gefundenen Unkrautsamen imd Früchte differieren — und es ist dies nur unwesentlich der Fall — , ist aus den vom genannten Experten angeführten Gründen darauf kein besonderes Gewicht zu legen, und es können die Angaben des Beklagten in dieser Hinsicht als richtig betrachtet werden. Als nicht richtig l)ezw. nicht bewiesen steht jedoch die Behauptung des Beklagten da", daß in 3 Mustern die Unkräuter in ganzen Samen und die Brandsporen in „fast unverletzten und halben brandigen Körnern auftreten". Der Experte H. konnte dies nicht bestätigen, „er müßte annehmen, daß der Beklagte die erwähnten Samen und Körner nicht in das Muster zurückgelegt habe " . . . „es ist dies deshalb von Bedeutung, weil diese Behauptung bezüglich der übrigen Mehl- muster nicht aufgestellt ist. . . . Bei all den Konstatierungen, welche der Beklagte im übrigen hinsichtlich der Zusammensetzung des kläge- rischen Produktes gemacht hat, und welche von den Ex- perten als richtig anerkannt worden sind, ist es ihm nicht zu ver- argen, wenn er es an der Genauigkeit seiner Untersuchung einmal etwas fehlen ließ und er dazu kam, eine unrichtige Behauptung be- züglich der Form, in welcher die Unkräuter in einigen Mustern vor- gekommen seien, aufzustellen. Angesichts der übrigen Resultate seiner Untersuchung, die sich in der Folge ja als richtig herausgestellt haben, hatte der Beklagte aber auch gar keine Veranlassung, gerade in diesem Punkte Zweifel in die Richtigkeit seiner Untersuchung zu setzen und diese daher zu wiederholen bezw. zu vertiefen." Die Frage „ob man es bei diesen Mustern überhaupt mit Rosen- thaler Mastmehl zu tun habe", wird durch das Urteil bejaht. Die Untersuchung der von 2 Zeugen zurückbehaltenen Mehlproben, sowie der der Agrikulturchemischen Anstalt in Zürich seinerzeit eingesandten Proben ergab nach C. Hart wich „hinsichtlich der Zusammensetzung das gleiche Resultat wie die Untersuchung der 11 Muster des Beklagten, Gutachten aus dem Gebiete der angewandten Botanik. 205 so daß auch der leiseste Zweifel an der Identität dieser mit dem klägerischen Produkt ausgeschlossen ist". Das Urteil geht dann zu den übrigen „vom Kläger als unrichtig beanstandeten Behauptungen". Nach dem Gutachten von H. Schnee- beli enthalten „die 11 untersuchten Muster Bestandteile, die für sich unverkäuflich und zum Teil nutzlos, zum Teil geradezu schädlich für das Vieh sind" „Wenn also, sagt das Urteil, der Beklagte das Produkt des Klägers als eines derjenigen gemischten Kraftfutter- mittel bezeichnet, in welchem Futtermittel abgesetzt werden, die für sich unverkäuflich wären, entweder weil sie zur Ernährung untauglich, in irgend welcher Hinsicht minderwertig oder weil sie häufig genug verdorben sind, so hat er nicht zu viel gesagt.'' „Die Behauptung des Beklagten, das Rosenthaler Mastmehl sei von Sendung zu Sendung in anderem Verhältnisse gemischt anzu- treffen, ist von Prof. C. Hart wich nicht bestätigt worden. Dieser bezeichnet dasselbe allerdings als ein sehr ungleichmäßiges Material . . . und konstatiert, daß mit Recht von starken Differenzen in den Mischungsverhältnissen gesprochen werden könne. Daneben hat er aber auch wieder gut untereinander stimmende Muster gefunden. . ." „Die Erwähnung von Köllns Kraftfutter als einer ähnlichen Mischung wie das klägerische Produkt erscheint hinwiederum nach den Aus- führungen von H. Schneebeli als gerechtfertigt", da nach S. die beiden Produkte, obwohl .... „doch einander insofern ähnlich sind, als beide stark verunreinigte Mischungen verschiedener Futter- stoffe sind, deren Art und Menge "aus dem Namen der Mischungen nicht ersichtlich sind, und als beide zum Teil die nämlichen Ver- unreinigungen aufweisen " . „Die Behauptung, daß das Rosenthaler Mastmehl zu derselben Zeit zu verschiedenen Preisen angeboten werde, ist durch die Akten belegt. " Zu 2. „Wenn der Beklagte ausführte, die Unkräuter und der Abfall seien keine zufällige Verunreinigung, so ist ihm hierin von Ijeiden Experten wenigstens mit Bezug auf einen Teil der Abfälle Recht gegeben worden." Die nachträglich an die Experten ge- richteten Fragen ergaben, daß ein Teil der Unkräuter aus Weizen- abgang herrührte, und daß die Experten darin eine absichtliche Ver- unreinigung erblickten. „Damit ist die Behauptung des Klägers, daß allfällig vorhandenes Unkraut nur in minimalen Mengen vorhanden" und dergleichen mehr „in unzweideutiger Weise widerlegt". Ferner ist von Interesse die Art der Vermahlung. Es fand sich nämlich im 206 Gutachten aus dem Gebiete der angewandten Botanik. Besitze des Klägers eine sogenannte Perplex-Mahlmaschine vor, über deren Zweck die Ansichten der Zeugen weit auseinandergingen. Der Prospekt über diese Mühle enthält Empfehlungen der Käufer, die besagen, sie verarbeite „Gerstenschalen fast wie zu Pulver" und ähn- liches mehr, während der Maschinenbauer selbst die Mühle mit den Hinweisen empfiehlt: „Sie liefert aus Stroh und Heu ein über- raschend schönes kleieförmiges Produkt", ist „unersetzlich zum Aus- mahlen von Raden, Hintergetreide, Roggenkleie, Spreu sowie allen nur denkbaren Abfällen". Die im Lager der Mühle wie in den Proben vorgefundenen Erdnußhülsen waren Veranlassung zur kontra- diktorischen Zeugeneinvernahme. Die Angestellten wußten über die Verwendung nichts zu berichten, während der Kläger selber be- hauptete, er stelle mittels der Perplex-Mühle aus den Hülsen Dünger- staub her, der „als Einstreumaterial in die Ställe und in die Jauche verwendet und von sämtlichen Mühlen der Ostschweiz" erzeugt werde. Mit dieser Aussage und der Berufung auf die allgemein übliche Verwendung der Hülsen verhielt es sich ähnlich wie mit dem wechselnden Preise des Mischfutters. Nach dem Gutachten des Experten Schneebeli dienen die Erdnußhülsen öfters zur Verfälschung der Mischfuttermittel. Er sagt: „Ob sie häufiger als Packmaterial Verwendung finden, ist mir nicht bekannt. Das von mir angefragte eidgenössische Bureau für Handelsstatistik in Bern konnte hierüber keine Auskunft geben, man wußte dort nur, daß Erdnußhülsen von Müllern bezogen wurden." Der Experte meint weiter: „Davon, daß der Zusatz von gemahlenen Erdnußhülsen bei der Fabrikation von Düngemitteln in der Schweiz üblich oder auch nur allgemein bekannt sei, kann sonach keine Rede sein." Zwar verkaufen die Mühlen den erdigen Abfall der ersten Reinigung des Getreides als Schwarz- oder Düngerstaub. „Die von mir angefragten Vertreter der Mühlen- industrie haben übereinstimmend erklärt, daß sie selbst niemals Erdnußhülsen vermählen und mit dem Düngerstaub ver- mischt hätten, daß ihnen aber auch nicht bekannt sei, daß dies anderwärts geschehe." Dies sei nach Schneebeli schon deshalb höchst unwahrscheinlich, „weil der Ankaufspreis der grobzerkleinerten, also unvermahlenen Ware weit höher zu stehen kommt als der Verkaufs- preis des Düngerstaubes." Letzterer koste 5 — 6 Fr. im Handel, Erd- nußhülsen mit Fracht und Zoll kosten im Ankauf 8 — 9 Fr. pro 100 kg. Aus den Büchern der Mühle wird vom Experten Schneebeli festgestellt, „daß Erdnußhülsen nur während eines Teiles der Zeit, in welcher Rosenthaler Mastmehl fabriziert wurde, angekauft und daß Gutachten aus dem Gebiete der angewandten Botanik. 207 sie weder vor noch nach dieser Periode bezogen worden sind." Von Interesse sind die Berechnungen des Experten Schneebeli über den Gewinn des Fabrikanten. Der Schlußpassus seines Gutachtens lautet: „Da sich nach meinen Berechnungen die Kosten der fertigen Mischung auf 18 Fr. stellen, würde der Kläger auf 100 kg Mastmehl nur 50 Rappen verdienen, während in allen anderen Fällen die Produktions- kosten den Verkaufspreis übersteigen, im Mittel etwa um 30 Rappen, in den ungünstigsten Fällen um ca. Fr. 1,10. Nach den klägerischen Ansätzen für die Preise der Rohmaterialien würde das Defizit gar Fr. 1,14 bis Fr. 2,74, im Mittel Fr. 1,90 betragen. Entweder muß also mit Verlust gearbeitet oder es müssen minderwertige Roh- materialien verarbeitet worden sein. Prof. C. Hartwich hat nach- gewiesen, daß der Weizen in Form gemahlenen Ausputzes zugesetzt worden sein muß. Wenn angenommen wird, „daß an Stelle des ge- samten Anteils von Weizenkleie zu 15 Rappen pro Kilogramm Weizenausputz zu 6, mit dem Mahllohn zu 8 Rappen verwendet wurde," so würden nach weiterer Berechnung Schneebelis „im Mittel 82 Rappen pro 100 kg verdient werden". In Verbindung mit der Frage der Vermahlung bezog der Experte Prof. C. Hart wich aus Mühlen schlechtestes, ungereinigtes Getreide und gelangte zur Über- zeugung, daß „in diesen letzteren der Unkrautgehalt viel niedriger war als in den eventuell zum Rosenthaler Mehl verwendeten Roggen und Gerste." Diese Annahme, sagt das Urteil, „daß die Unkräuter nur aus dem Roggen und der Gerste stammen, würde also falsch sein. Ihr widerspricht die Form, in der die Unkräuter zugegen sind, ganz deutlich." H. hat sich in gründlicher Weise „von der gleich- mäßigen Zerkleinerung des Weizens und der Unkräuter" überzeugt. Zu 3. Das Urteil des Bezirksgerichts bemerkt hierzu Folgendes: „Was endlich dann noch die Bezeichnung der von Landwirten dem Kläger ausgestellten Zeugnisse als Gefälligkeitszeugnisse betrifft, so ist an Hand der Ausführungen des Experten Dr. Schneebeli zu sagen, daß der Beklagte sehr wohl annehmen konnte, daß die von Fr. ausgestellten Zeugnisse, die dem Beklagten als Beilagen der klägerischen Preisofferten wohl einzig zu Gesicht gekommen und daher wohl auch allein gemeint sind, Gefälligkeitszeugnisse seien. Wie Dr. Schneebeli ausführt, war der Versuch ebenso wie der Versuch des Zeugen H. „viel zu kurz, um zuverlässige Schlüsse auf die Qualitäten des klägerischen Mehles zuzulassen". Die Expertise des Direktors Schneebeli und sonstige Prozeßakten ergeben, wie die Warnung der Landwirte vor GefäUigkeitszeugnissen allgemeiner ver- 208 Gutachten aus dem Gebiete der angewandten Botanik. standen sein will. Davon ist einiges in die Tagespresse gedrungen. So berichtet der Freie Rätier in Nr. 163 (43. Jahrg. 1910), die Tätig- keit Dr. Glättiis im Plantahof hervorhebend, die dieser in der Be- kämpfung dieses Mischfutters leistete: „Er befand sich darin im Gegensatz zu einem andern Direktor einer schweizerischen landwirt- schaftlichen Schule, der dem genannten Gemische insofern Gevatter stand, als er dem Fabrikanten Rat erteilte bei der Namengebung seines Produktes." Der AnM'alt des Beklagten, Dr. E. Huber-Zürich, hat sich vor beiden Instanzen mit Recht darüber aufgehalten. Nicht genug, daß dem Kläger St. von dieser Seite geraten wurde, den ursprünglichen Namen Rosenthaler „Universalfuttermittel", der „zu sehr diskreditiert sei", mit einem andern zu tauschen, dem kein Vorurteil entgegen- stehe , und daß die Resultate von Fütterungsversuchen des Zeugen H., denen der Experte Dr. Schneebeli jede Beweiskraft absprach, in Versammlungen und in der Presse immer wieder hervorgezogen wurden, hatte man den Beklagten brieflich von dem Kampfe gegen das St.sche Produkt abzuhalten gesucht. Der Zeuge M. riet dem Beklagten, bald nach Erscheinen des Aufsatzes im Jahre 1906, doch lieber mit andern von ihm namhaft gemachten Geheimmitteln sich zu befassen, er „halte dies mindestens so dringend und lohnender als die Untersuchung gewisser Futtermittel und die Bemängelung einwandfreier Untersuchungen der Praxis." Der Standpunkt, den die Züricher Gerichte beider Instanzen einnahmen, ist um so beachtenswerter, als das aargauische Ober- gericht wenige Jahre vorher einen Landwirt zu einer Geldstrafe ver- urteilte, weil er das Verdünnen der Kleie mit Reisschale zwar kräftig, doch in allgemein verständlicher Weise benannte. Das Bezirksgericht Zürich hat die Klage abgewiesen „unter Kosten und Entschädigungsl'olge des Klägers", und tlas Obergericlit hat dies Urteil ]>estätigt. Verhandlungen der II. internationalen Konferenz für Samenprüfung in Münster uud Wageningen am 13.— 15. Mai 1910 Jahresbericht der Vereinigung für angewandte Botanik VlII 14 II. Internationale Konferenz für Samenprüfung am 13. — 15. Mai 1910 in Münster und Wageningen. Der vom 14. bis 22. Mai in Brüssel tagende Internationale Botaniker-Kongreß bot eine günstige Gelegenheit, die an der Samen- kontrolle interessierten Fachgenossen zu einer zweiten Tagung auf- zufordern, um die in Hamburg 1906 begonnene gemeinsame Arbeit unter diesen günstigen Umständen wieder aufzunehmen und fortzu- setzen. Eine vorläufige Rundfrage im Herbst 1909 ergab die Bereit- willigkeit des größeren Teils der Fachgenossen. Da die Vereinigung für angewandte Botanik schon dem ersten Kongresse Anschluß ge- währt hatte und mit Rücksicht auf den Brüsseler Kongreß ihre Ver- sammlung 1910 nach Münster i. W. kurz vor dem Beginn der Sitzungen in Brüssel einberufen hatte, so erschien es zweckmäßig, die Vorträge und einen Teil der Besprechungen bereits in Münster abzuhalten. Auf dem Wege nach Brüssel bot sich ferner die Ge- legenheit, die Samenprüfungsanstalt zu Wageningen in Holland zu besuchen. Es kam dann das folgende Programm zustande: Freitag, den 13. Mai, Tagung der Konferenz in Münster gleich- zeitig mit der Vereinigung für angewandte Botanik. Sonnabend, den 14. und Sonntag, den 15. Mai, Besichtigung der landwirtschaftlichen Institute und im besonderen der Samen- prüfungsanstalt in Wageningen. Fortsetzung der Beratungen daselbst. Montag, den 16. Mai und folgende Tage ev. Fortsetzung der Besprechungen in Brüssel. Wie schon vorauszusehen war, fand sich in Brüssel keine Zeit, neben den andern Veranstaltungen auch noch die Samenprüfungs- konferenz unterzubringen. Es bestätigten sich die Erfahrungen, die bereits in Wien gemacht worden waren. Wenn es sich auch empfiehlt, die internationalen Besprechungen an die großen Kongresse anzu- schließen, so ist es doch geboten, sie vorher an einem in der Nähe gelegenen Orte abzuhalten, 14* 212 Verhandlungen der II. internationalen Konferenz für Samenprüf ung. Die Sitzung am Freitag Vormittag war fast ausschließlich Vor- trägen über Samenprüfung reserviert. Es sprachen die Herren Prof. Dr. Hiltner, München, über die Prüfung des Saatgutes auf Frische und Gesundheit, Direktor Dorph-Petersen, Kopenhagen , über Keimunter- suchungen mit Samen verschiedener wildwachsender Pflanzen (aus- geführt im Laboratorium von Dansk Fr0kontrol 1896,1909), Privatdozent Dr. E.Lehmann, Kiel, über neuere Untersuchungen über den Einfluß des Lichtes auf die Keimung (Referat), Prof. Dr. Correns, Münster, über die Keimung verschiedenartiger Früchte bei derselben Spezies nach Untersuchungen von stud. Becker, Geheimrat Prof. Dr. Schwappach, Ebers walde, über Keim- prüfungen von Coniferensamen, Prof. Dr. Voigt, Hamburg, üher Probenziehungsapparate. Die Vorträge sind in diesem Berichte im folgenden vollständig abgedruckt. Die Besprechung der Vorträge fand dann am Freitag Nachmittag statt. Zum Vortrag Hiltner schlägt Voigt vor, die Anregungen des Vortragenden wenn möglich bei den Untersuchungen zu berück- sichtigen. V. Degen glaubt, daß die Untersuchung auf biologische Momente nur auf Wunsch vorgenommen werden sollte. Die Ver- sammlung ist der Ansicht, daß die Reinheitsanalyse im allgemeinen stets neben der Keimprüfung aaszuführen ist. Wenn die Reinheit nicht verlangt wird, soll event. eine Bemerkung über die allgemeine Beschaffenheit der Saat hinzugefügt werden. Im Anschluß an den Vortrag von Dorph-Petersen macht Simon auf die Saisonkeimung aufmerksam. Sodann spricht die Versammlung Herrn Lehmann ihren Dank für das umfassende Referat über die Lichtkeimung aus. Man ist allgemein der Ansicht, daß die ganze Frage seit der Hamburger Tagung wesentliche Förderungen erfahren hat, wenn auch zur voll- ständigen Klärung noch manches zu tun übrig bleibt. Hiltner schlägt vor, bei den Versuchen in verschiedenfarbigem Licht mög- lichst einheitliche Farbengläser zu verwenden, damit die Lichtabsorp- tionen übereinstimmen. Zum Vortrag Schwappach regt Voigt vergleichende Keim- versuche an. Hiltner wünscht, daß die Lichtkeimung für Coniferen- samen in Zukunft nicht prinzipiell festgelegt werde. Schwappach Verhandlungen der II. internationalen Konferenz für Samen prüfung. 213 empfiehlt, die Methoden erst noch weiter auszubauen und auch im Dunkehl Keimversuche anzustellen. Die Schnittprobe sollte grund- sätzlich verworfen werden, es soll nur das Resultat der Keimprobe angegeben werden. Die Versammlung einigt sich dahin, daß man danach streben soll, durch Entwicklung der Keimmethode von der Schnittprobe abzukommen. Solange aber die Keimprüfung nicht sicherer ausgestaltet ist, soll die Schnittprobe beibehalten und event. Kontrollversuche ausgeführt werden. Schwappach regt an, die Laboratoriumsversuche durch Feldversuche zu ersetzen. Neger macht darauf aufmerksam, daß eine Kürzung der Keimdauer bei Coniferen- samen möglich ist. Hiltner verweist auf die Bestimmungen des Verbandes der landwirtschaftlichen Versuchsstationen. Schwappach ist auch der Ansicht, daß die Keimzeit im Durchschnitt zu groß gewählt ist. Für Fichte genügen 15 — 20 Tage. Die Versammlung empfiehlt die Berücksichtigung der Schwappach sehen Vorschläge. Zum Vortrag Voigt wird die Meinung geäußert, daß es wünschens- wert ist, daß sich die Proben stets nur auf ein bestimmtes Waren- quantum beziehen und daß für größere Partien mehrere Proben vor- zulegen sind. Die Proben sind ferner einzeln zu analysieren und nicht zu vermischen. Hiltner hält den Probenziehungsapparat für Rüben für unzweckmäßig. Daran knüpft sich eine längere Diskussion, bei der von verschiedener Seite die Meinung ausgesprochen wird, man sollte diese Rübenuntersuchungen dahin vereinfachen, daß nur die Prozentzahl der gekeimten Knäule angegeben würde. Sodann berichtet Voigt über die vergleichenden Keim- versuche, die kurz vor der Versammlung von ihm mit Rotklee, Gelb- klee, Knaulgras, Wiesenfuchsschwanz, Fioringras und Wiesenrispengras eingeleitet worden sind. Beteiligt haben sich an diesen Untersuchungen von deutschen Stationen: Augustenberg, Breslau, Hohenheim und Hamburg, von ausländischen Stationen: Budapest, Kopenhagen, Örebro, Paris, Wageningen, Wien und Zürich. Obgleich besondere Abmachungen über die Methodik nicht getroffen waren, haben die Resultate der feineren Gräser gute Übereinstimmung ergeben; mit Ausnahme von Wiesenrispengras stimmen die feineren Gräser im Ge- brauchswert innerhalb 5 7o überein. Dagegen zeigten sich bei den Kleesaaten erhebliche Abweichungen, die namentlich auf eine ab- weichende Auffassung über die Reinheit zurückzuführen sind; auch scheint sog. Ritzbruch die Differenzen in den Keimresultaten erhöht zu haben. Jedenfalls haben die Versuche ergeben, daß für die feineren Gräser kein Grund vorliegt, besondere Methoden für die 214 Verhandlungen der II. internationalen Konferenz für Saraenprüfung. Untersuchung festzusetzen; viel eher erscheint es notwendig, für die Kleearten eine klarere Definition des Begriffes „Reinheit" zu geben. Im Anschluß an diese Besprechung legt v. Degen, Budapest, den nachstehenden Antrag betr. Maßnahmen zur Ermittelung der Fehlerquellen der Samenprüfungen vor, den er gemeinsam mit Schribaux, Paris, stellt. Paris und Budapest, Dezember 1909. Eine Revision der Samenprüfungsmethoden zum Zwecke der Erreichung möglichst übereinstimmender Untersuchungsergebnisse ist ein lange gehegter Wunsch vieler Stationen. Um die Ursachen der oft vorkommenden Divergenzen der Untersuchungsergebnisse ausfindig machen und beheben zu können, wäre alljährlich eine Verteilung von einigen Mustern solcher Samen wünschenswert, deren Untersuchungsergebnisse erfahrungsgemäß größere Differenzen aufzuweisen pflegen. Die Verteilung würde zwischen jenen Stationen erfolgen, welche sich bereit erklären, an der Klärung dieser Frage teilnehmen zu wollen. Nach Einlauf der Ergebnisse in eine Zentrale wäre das Er- gebnis streng vertraulich sämtlichen Stationen mitzuteilen. Die Stationen, deren Ergebnisse eine größere Dift'erenz gegenüber dem Mittel der innerhalb der Fehlerlatitude liegenden Mehrzahl der Er- gebnisse aufweisen, würden die Verpflichtung übernehmen, ihr Muster sowohl mit einem Muster, welches ein mittleres Ergebnis gegeben hat, als auch mit dem das entgegengesetzte Extrem gegebenen Muster auszutauschen und die Untersuchung zu wiederholen. Der Austausch müßte im Wege privater Korrespondenz erfolgen, welche zugleich eine möglichst genaue Beschreibung des angewandten Verfahrens enthalten müßte. Die Mitteilung der angewandten Unter- suchungsmethode würde in vielen Fällen die Ursache der Differenz erklären, welche sodann leicht behol^en werden könnte. Durch Anmeldung der Ergebnisse der neueren Untersuchung wäre die Zentrale in der Lage, im Laufe der Jahre eine internationale Gültigkeit beanspruchende Fehlerlatitude -Tabelle oder wenigstens das Material hierzu zusammenzustellen, welcher in Ländern, wo Ge- setze eine Deklaration der in den Verkehr gebrachten Saatware vor- schreiben, eine eminente Wichtigkeit zukommt. Was die Fehlerlatitude -Tabelle betrifft, so sind sich die Unter- fertigten der Schwierigkeiten bewußt, welche mit der Zusammen- stellung einer solchen verbunden sind. An ein und derselben Station werden die Fehlerlatituden kleiner sein, noch mehr werden sie ver- Verhandlungen der II. internationalen Konferenz für Samenprüfung. 215 mindert, wenn die Untersuchungen immer von ein und derselben Person durchgeführt werden. Bei dem Vergleich von Untersuchungsergebnissen verschiedener Stationen wird sich immer die Schwierigkeit ergeben, festzustellen, welches Ergebnis der Wahrheit, d. i. dem Durchschnitt der betr. Muster, zunächst steht und daher als richtig anerkannt werden soll. Es schweben uns einige Methoden vor, nach welchen auch diese Schwierig- keit gelöst werden könnte; die Wahl derselben ließe sich aber besser nachträglich, nachdem die Resultate wenigstens eines Jahres vorliegen, treffen und wäre am besten vorläufig jener Station zu überlassen, welche mit der Durchführung des Versuches betraut werden soll. Es würde sich also vorläufig nur um das Sammeln von Daten handeln, welche im Laufe der Jahre zu einem statistischen Material heranwachsen könnten, aus welchen der Durchschnitt und das Maximum der Abweichungen festgestellt werden könnte. Als Maximum schwebt uns jene Zahl vor, welche sich erst nach Eliminierung jener Fehler ergeben wird, welche die abweichende Arbeitsmethode mit sich bringt. Die Unterfertigten erlauben sich, Ihnen nunmehr die Frage vor- zulegen, ob ein in diesem Sinne gelegentlich des nächsten internatio- nalen Samenprüfungs-Kongresses einzubringender Antrag, dessen Text hier beiliegt, auf Ihre Zustimmung rechnen darf, und ob Sie geneigt sind, den Antrag so, wie er hier folgt, oder mit einer zu begründenden Änderung zu unterfertigen Die Antwort ersuchen wir möglichst bald einem der Unter- fertigten zukommen zu lassen. V. Degen Schribaux Vorstand der Kgl. üng. Samenkontroll- Direktor der Samenkontroll -Station Station in Budapest in Paris, II. Kis Rokus u. 15. 4, rue Cervantes prolongee. Alltrag betreffend Maßnahmen, welche es ermöglichen sollen, die Fehlerquellen der Samenprüfungen zu ermitteln und Material zu einer Fehlerlatitude- Tabelle zu sammeln. 1. Eine vom Kongreß zu wählende Station möge alljährlich ein größeres Muster in möglichst gleichförmige kleinere Muster jedoch von entsprechender Größe zerteilen und die einzelnen Muster an alle jene Stationen behufs Untersuchung einsenden, welche sich bereit erklären, die Untersuchung der Muster durchzuführen. 216 Verhandlungen der II. internationalen Konferenz für Samenprüfung. 2. Es sollen möglichst wenige, aber landwirtschaftlich wichtige Arten untersucht werden, in erster Linie solche, deren Unter- suchung erfahrungsgemäß die größten JDifferenzen aufv/eist. Die Antragsteller schlagen vor, im Laufe der ersten Jahre Versuche mit 1. Beta vulgaris saccharifera, 2. Trifolium pratense, 3. Medicago sativa, 4. Cannahis sativa, 5. Dactylis glomerata, 6. Poa pratensis, 7. Festuca ovina, 8. Alopecurus pratensis, 9. Lupinus luteus, 10. Daueus carota einzuleiten. 3. Die Muster wären auf Reinheit und Keimfähigkeit zu unter- suchen und das Resultat der Zentrale anzumelden, welche das Gesamtergebnis streng vertraulich den einzelnen Stationen mitteilen würde. 4. Die Stationen, deren Ergebnisse die entgegengesetzten Extreme aufweisen, tauschen die übriggebliebenen Muster miteinander aus, wobei sie sich die bei der Untersuchung angewandte Untersuchungsmethode möglichst ausführlich mitteilen. Zugleich tauschen sie auch einen Teil des Musters mit einer zweiten Station aus, die ein Ergebnis erreicht hat, welches dem Durchschnittsergebnis der Mehrzahl nahe kommt. 5. Die Resultate der zweiten Untersuchung wären wieder der Zentrale anzumelden. 6. Die jedes Jahr wiederholten Versuche würden die Zentrale auch in die Lage versetzen, das Material zu einer inter- nationalen Fehlerlatitude- Tabelle zu sammeln und dieses dem nächsten Kongreß vorlegen zu können. 7. Mit der Annahme der Wahl zur Zentrale wäre auch diese Verpflichtung zu übernehmen. Im Verfolg dieses Antrages wird beschlossen, die vergleichenden Versuche fortzusetzen und zunächst Beta, Schafschwingel und Daueus vorzunehmen. Dorph-Petersen ist der Ansicht, daß neben der Angabe der Reinheit stets auch die Art der fremden Beimischung (Kultur- samen, Unkrautsamen, Spreu, Sand) angegeben werden soll. Jeden- falls sollten die Namen der wichtigeren fremden Samen, vor allem der Unkräuter, aufgeführt werden. Er erwähnt ferner, daß die Be- kämpfung der Unkräuter dadurch wirksam unterstützt werden könnte, daß man den Prozentsatz der gefundenen Unkrautsamen bei der Fest- stellung der Reinheit doppelt oder mehrfach in Abzug bringt. Voigt regt eine Aussprache über die Provenienzbezeichnung an und fordert, daß möglichst die verwirrenden Bezeichnungen abgeschafft, Verhandlungen der II. internationalen Konferenz für Samenprüfung. 217 aber jedenfalls nicht neu eingeführt werden, so z. B. die handelsübliche Bezeichnung „deutscher Rotklee" im Gegensatz zu amerikanischem und südeuropäischem Rotklee. Da die spezielle Bezeichnung nach Ländern und Provenienzen kaum aufrechtzuerhalten ist, könnte man für einen Teil der europäischen Provenienzen die Bezeichnung „mittel- europäisch" wählen. Schwappach betont, daß für Coniferensamen die Angabe der speziellen Provenienz dringend erforderlich ist, da südfranzösische, ungarische und nordische Saaten für unser Klima ungeeignet sind. Voigt regt noch eine Aussprache über sog. „einschürigen Klee" an. Die Aussprache ergibt, daß eine späte Sorte darunter zu verstehen ist, die aber nicht absolut konstant ist, sondern unter andern klimatischen Bedingungen ebenso viele Schnitte liefert wie die ge- wöhnlichen Sorten. Sodann bittet er um weiteres Material für die s. Zt. zur Ham- burger Konferenz gemachte Zusammenstellung über die technischen Vorschriften, besonders sind Zeichnungen und Photographien von Apparaten erwünscht, aber nur von den im Betriebe wirklich er- probten Apparaten. Am Freitag Abend fuhren dann v. Degen-Budapest und Frau, Dorph Petersen-Kopenhagen, Frankfurt-Kiew, Grosser-Breslau, Hillmann-Berlin, Hiltner-München und Frau, Issatschenko- Petersburg,Mortensen-Lyngby, Müller-Augustenberg, Pethybridge- Belfast, Schwappach -Eberswalde, Vitek-Prag, Voigt -Hamburg und Widen-Örebro nach Wageningen, wo am Sonnabend Morgen dann die Samenprüfungsanstalt des Herrn Bruijning jr., die Land- wirtschaftliche Kolonialschule und die Pflanzenpathologische Station besehen wurden. Es sei gestattet, dem Kollegen Bruijning an dieser Stelle den besten Dank aller Beteiligten auszusprechen für die große Bereitwilligkeit, mit der er die Vorbereitungen für den Besuch in Wageningen übernommen hat, und für die herzliche Liebenswürdigkeit, mit der er und seine Assistenten die Führung durch die Samen- kontrollstation und durch sein Futtermittel-Laboratorium vorgenommen haben. Die mustergültigen Einrichtungen der beiden Stationen boten allen Beteiligten viel Anregendes und Nachahmenswertes. Am Sonnabend Nachmittag fand in den Räumen des Labo- ratoriums noch eine Fortsetzung der Beratungen statt, die namentlich die Klärung des Begriffes „Reinheit" zum Gegenstand hatte. Hiltner wünschte neben Reinheit und Keimkraft noch einen weiteren Begriff, 218 Verhandlungen der II. internationalen Konferenz für Samenprüfung. da man zerbrochene Körner z. B. doch nicht als fremde Bestandteile ansehen kann. Dorph Petersen bemerkt, daß in Dänemark an Stelle der Bezeichnung „fremde Bestandteile" der Ausdruck „Abfall" neben fremden Samen und Unkrautsamen eingeführt sei. Voigt weist darauf hin, daß bei Ölsaatanalysen die zerbrochenen Körner zur Reinheit gerechnet werden, da die Saaten nur technisch verwendet werden. Frankfurt hält den Begrifl „fremde Bestandteile" für aus- reichend. Damit schließen die Besprechungen. Da die Regelung von Vorschriften für die Samenprüfung in den einzelnen Ländern nicht in den Wirkungskrsis der Internationalen Konferenz gehören kann, so sind bei den Beratungen auch bindende Beschlüsse oder Propositionen nicht gefaßt worden. Die Vorträge und die gegenseitige Aussprache boten aber wiederum soviel des An- regenden und Zweckmäßigen, daß von ihnen eine weitere Förderung der einheitlichen Ausgestaltung der Untersuchungsmethoden zweifellos erwartet werden darf. Voigt. L. Hiltner. Die Prüfung des Saatgutes auf Frische und Gesundheit. 219 Die Prüfung des Saatgutes auf Frische und Gesundheit. Von Professor Dr. L. Hiltuer, Direktor der k. Agrikulturbotanischen Anstalt, München. Vor vier Jahren wurde mit auf meinen Vorschlag in Iphofen in Mittelfranken eine Genossenschaft für Anbau und Verkauf alt- fränkischer Luzerne gebildet. Die Veranlassung dazu hatte der Um- stand gegeben, daß dort einige Jahre zuvor mehr als 20 ha Wein- berge infolge des Auftretens der Reblaus vernichtet worden waren und deshalb anzustreben war, den Boden auf andere Weise nutz- bringend anzubauen. Daß dabei die Wahl auf die dort einheimische Luzerne fiel, ist wohl begründet; denn die Luzerne gedeiht auf den dortigen Gipsböden ausgezeichnet, wie der Umstand lehrt, daß bei Iphofen Luzernefelder vorhanden sind, die nachweislich schon 50, 60 ja sogar über 100 Jahre alt sind und trotzdem einen guten Stand aufweisen. Lange Ausdauer, Winterfestigkeit, Widerstand gegen Pilz- befall und verhältnismäßig gute Ertragsfähigkeit zeichnen diese alt- fränkische Luzerne aus, während die dort in den letzten Jahrzehnten immer mehr eingeführten fremden Herkünfte, namentlich jene aus südlicheren Gegenden, Bestände liefern, die schon längst nicht mehr dazu berechtigen, von „ewigem Klee" zu sprechen. Auch ein von uns seit vier Jahren durchgeführter vergleichender Anbauversuch ist bisher zugunsten der Iphofener Luzerne ausgefallen. Es ist unter diesen Umständen wohl begreiflich, daß für das Saatgut dieser Luzerne von der Genossenschaft ein etwas höherer Preis gefordert wird; besteht doch die strengste Kontrolle darüber, daß die Genossenschaft tatsächlich nur solche Luzernesamen abgibt, die nachweislich seit mehreren Generationen aus dem selbst geernteten Saatgut gewonnen wurden. Die Iphofener Genossenschaft mußte aber bald unliebsame Er- fahrungen machen, ja es drohten ihr sogar Prozesse. Der von ihr gelieferte Luzernesamen bewährte sich zwar auf dem Felde, nicht aber in den Laboratorien der Samenkontrollstationen und zwar, weil 220 L. Hiltner. er sich in den ersten Jahren bis zu 50 "o hartschalig erwies und infolgedessen nur eine Keimfähigkeit von 45 — 50 "^ o ergab. Wir stehen hier also vor der eigentümlichen Tatsache, daß eine Saat, die eben ihrer vorzüglichen Eigenschaften wegen große An- erkennung findet, den Anforderungen der Samenkontrolle nicht ent- spricht, und dies führt uns sofort zu der Frage, worin denn eigentlich die Aufgabe der Samenkontrolle bestehe. Man sollte meinen, ihre wichtigste Aufgabe sei es, zu ermitteln, ob und in welchem Maße eine Saat die ihrer Art, Sorte und Herkunft entsprechenden Eigen- schaften besitze und ob sie frisch und gesund und natürlich auch möglichst gut gereinigt sei. Die offizielle Samenkontrolle lehrt aber, daß eine gute Luzerne- saat zu mindestens 80 — 90 "/o keimen müsse; eine solche mit nur 50 "/o Keimfähigkeit muß sie daher verwerfen. Die Frage, ob nicht vielleicht gerade diese auffallende Hartschaligkeit mit die Haupt- ursache für die lange Ausdauer der Luzerne bildet, der Umstand, daß sich diese Luzerne allem Anschein nach immer wieder selbst verjüngt, dadurch daß zahlreiche Nachzügler immer wieder die Lücken ausfüllen, bleiben bei der üblichen rein zahlenmäßigen Wert- beurteilung unberücksichtigt. Trotzdem allgemein anerkannt wird, daß die hartschaligen Samen der Leguminosen nicht, wie man sich ausdrückt, vollständig wertlos sind, werden sie nach den deutschen Vorschriften bei der nach einer bestimmten mathematischen Formel aufgestellten Wertberechnung von Sämereien in keinerlei Weise berücksichtigt, da diese Formel nur keimende und nichtkeimende Samen kennt. Zwischen dem einen Fall, wo bei einer Keimfähigkeit von nur 50 "/o die nichtkeimenden Samen hartschalig oder etwa infolge von Druschverletzungen zer- brochen sind und jenem, wo die 50 '^ o Keimfähigkeit bei einer alten verlegenen Saat nur künstlich noch dadurch erreicht wird, daß man sie unter den günstigsten Keimungsbedingungen prüft, macht die Formel und der sich ihr bedienende Samenkontrolleur keinen Unter- schied. An einigen außerdeutschen Stationen wird V:? oder ein anderer Bruchteil der Zahl der hartschaligen Samen dem Keimprozent zuge- rechnet; aber nach meinem Dafürhalten äußert sich darin eine be- sonders große Anerkennung des rein zahlenmäßigen ßeurteilungsmodus der Samen, den man schon deswegen in Deutschland nicht nach- zuahmen gewillt ist, weil nach unseren Auffassungen der Samen- kontrolleur gerade, soweit es sich nur um zahlenmäßige Angaben handelt, lediglich über die tatsächlichen Befunde zu berichten hat. Die Prüfung des Saatgutes auf Frische und Gesundheit. 221 Weit auseinander gehen aber in Deutschland die Auffassungen darüber, ob die Verpflichtung oder auch nur die Berechtigung be- stehe, aus den Beobachtungen während der Keimprüfung irgendwelche Schlüsse zu ziehen und diese dem Einsender mitzuteilen, sofern diese Beobachtungen nicht in den ermittelten Zahlen zum Ausdruck ge- langen. Die bei weitem vorherrschende Anschauung wird wieder- gegeben in einer Besprechung der erst seit 1. März ds. Js. geltenden neuen Technischen Vorschriften für Samenprüfungen des Verbandes landwirtschaftlicher Versuchsstationen im Deutschen Reiche durch P. Filter in der Illustrierten Landwirtschaftlichen Zeitung 1910, Nr. 25. Es wird dort ausdrücklich bestätigt, daß der Zweck der Bestimmung der Keimfähigkeit, sowie sie heute geübt wird, d. h. wie sie eben in den Technischen Vorschriften zum Ausdruck gelangt, der ist, die Keimfähigkeit der Samen unter den für jede Art bestmög- lichen Bedingungen zu ermitteln, wobei aber alle künstlichen Ein- griffe in den Verlauf der Keimung auszuschließen sind. Gegen diese rein mathematische Auffassung des Zwecks der Keimfähigkeitsprüfung kämpfe ich schon seit mehr als einem Jahr- zehnt; ich glaubte schon in meiner im Jahre 1901 erschienenen Arbeit über die Keimungsverhältnisse der Leguminosensamen genügend Beweismaterial dafür erbracht zu haben, daß dieser Satz in seiner Verallgemeinerung auf alle Samenarten falsch und irreführend sei, daß er geradezu dazu verleite, vorhandene schlechte Eigenschaften einer Saat, die leicht feststellbar sind, künstlich zu verdecken oder auch umgekehrt in manchen Fällen, wo die ermittelte Keimfähig- keitsziffer trotz bester Beschaffenheit des Saatgutes niedrig bleibt, über dessen eigentlichen Wert ein unzutreffendes Bild zu geben. Aber die Erfahrungen, die ich in der letzten Zeit namentlich bei den Beratungen über unsere neuen Technischen Vorschriften gemacht habe, haben mir gezeigt, daß ich mit meinen Anschauungen noch ziemlich vereinzelt stehe; jedenfalls sind sie in diesen Vorschriften kaum berücksichtigt worden. Dies fordert gerade dazu heraus, den Kampf aufs neue zu beginnen und weitere Unterlagen dafür zu erbringen, daß die Samen- kontrolle mehr, als es bisher geschehen ist, auch biologischen Gesichts- punkten bei der Beurteilung der Saaten Rechnung tragen muß. Bei der rein zahlenmäßigen Beurteilung muß stillschweigend vorausgesetzt werden, daß sich die Keimfähigkeit der Samen inner- halb kurzer Zeit nicht wesentlich ändert, denn sonst könnte dabei ja nicht mit solcher Sicherheit mit den gewonnenen Zahlen operiert werden. Zum mindesten muß ihr die Voraussetzung zugrunde liegen. 222 ^- Hiltner. daß die Keimfähigkeit einer Saat zu einer ganz bestimmten Zeit eine feststehende, nur innerhalb gewisser Fehlergrenzen schwankende Größe darstellt. Aber beide Voraussetzungen sind nach meinem Dafürhalten nicht immer richtig, und so sehr ich das Bestreben der einzelnen Verbände und der internationalen Samenkonferenz unterstütze, es zu erreichen, daß sämtliche Samenkontrollstationen so weit als irgend möglich nach gleichen Methoden arbeiten, um die für den Handel sowohl als für das Ansehen der Samenkontrollstationen notwendige Übereinstimmung der Ergebnisse zu erzielen, so sehr bezweifle ich deshalb, daß dieses Ziel jemals vollständig erreicht wird. Jede neue Enquete wird hierfür wiederum Beweise liefern. Für sehr nützlich halte ich es auch , für jede Samenart die günstigsten Keimungsbedingungen festzustellen und anzuwenden; aber ich möchte davor w^arnen, in allen Fällen den Samen ausschließlich diese günstigsten Bedingungen darzubieten. Eine möglichst hohe Keimziffer, die dabei erreicht wird, ist nicht in allen Fällen ein Be- weis dafür, daß die Saat nun auch in dieser Beziehung wirklich gut ist; bei vielen Samenarten wechseln außerdem die Bedingungen, die für ihre Keimung am günstigsten sind, selbst sehr stark, je nach dem Reifungsgrad der Samen, je nachdem dieselben gesund und frisch oder alt, je nachdem sie von Bakterien oder Pilzen befallen sind usw., so daß es gar nicht möglich ist, für alle Samenarten mit Bestimmt- heit anzugeben, für sie sei diese oder jene Keimmethode unter allen Umständen die beste. Fassen wir zunächst die Veränderungen der Keimfähigkeit ins Auge, welche gesunde, frische Samen innerhalb kurzer Zeit erfahren können, so tritt uns bezüglich der schon erwähnten Hartschaligkeit der Kleesämereien die allbekannte Tatsache entgegen, daß sie im Frühjahr gewöhnlich geringer ist als im Herbst oder mit anderen Worten, daß sich die Ziffer für die Keimfähigkeit im Frühjahr, zur Zeit also, zu welcher die Aussaat erfolgt, in der Regel höher stellt als zur Zeit, wo der Großhandel seine Einkäufe be- reits auszuführen pflegt. Unter den verschiedenen Ursachen, die dabei eine Rolle spielen, dürften außer dem Frost hauptsächlich die kleinen unsichtbaren Ver- letzungen in Betracht kommen, welche die Samen bei den wieder- holten Reinigungsprozessen, beim Umsacken usw. erleiden; aber auch bei kleinen Proben, etwa jenen, die den Samenkon trollstationen im Herbst zur Untersuchung zugehen, können, wenn sie den Winter über in trockenen oder gar geheizten Räumen aufbewahrt werden, sehr } Die Prüfung des Saatgutes auf Frische und Gesundheit. 223 leicht Änderungen im Grade der Hartschaligkeit eintreten, und zwar kann, wie ich dies an zahlreichen Beispielen gezeigt habe, die Hart- schaligkeit dabei auch wesentlich zunehmen. Namentlich ist dies der Fall bei den Samen jener Leguminosenarten, die man durch vor- sichtiges Trocknen künstlich hartschalig machen kann, wie z. B. bei den Lupinensamen, bei denen aus diesem Grunde schon oft, wenn bei aufgetretenen Differenzen zwischen mehreren Stationen die vor- handenen Proben zur Nachprüfung ausgetauscht wurden, die wunder- lichsten Ergebnisse herauskamen. Eine derartige Zunahme habe ich aber auch schon wiederholt bei gewissen Kleesämereien und anderen Leguminosenarten feststellen können. Sehr zu berücksichtigen ist jedenfalls, daß die Intensität der Hartschaligkeit der Samen bei den einzelnen Leguminosenarten und je nach Jahr und Herkunft auch bei derselben Art eine sehr ver- schiedene sein kann. h-1. fi 1« % Ich möchte hier verweisen auf das Ergebnis eines Versuches, den ich schon vor Jahren mit drei Proben von Vicia villosa aus- geführt habe. Der Keimungsverlauf (vergl, Figur) illustriert nicht nur diese verschiedene Stärke der Hartschaligkeit, sondern er läßt zugleich erkennen, wie falsch es ist, schließen zu wollen, daß bei einer be- stimmten Samenart die raschest keimenden Samen, jene also, welche die stärkste Keimungsenergie besitzen, auch immer die besten seien. 224 ^- Hiltner. Ganz anders liegen die Verhältnisse bei den Getreidekörnern. Von ihnen wissen wir, daß sie unter unseren klimatischen Verhält- nissen in vielen Jahren zur Zeit der Ernte noch nicht die volle Keintireife besitzen, daß sich z. B., während völlig ausgereifter Weizen in drei Tagen schon zu 100 "o keimt, die Keimung bei dem der Nachreife bedürftigen Weizen sehr oft wochenlang hinzieht. In früheren Jahren hat dies, da an manchen Samenkontroll- stationen trotzdem der Abschluß des Keimversuches bereits am 10. Tage erfolgte und dem Einsender lediglich die bis dahin ermittelte Keim- ziffer mitgeteilt wurde, sehr oft zu unliebsamen Auseinandersetzungen und selbst zu Prozessen Veranlassung gegeben. Es ist nun bekannt, daß die Nachreife solcher Getreidekörner durch Trocknen bei mäßigen Temperaturen beschleunigt werden kann und daß sie sich schon mehr oder minder schnell vollzieht, wenn die Samen auf dem Speicher lagern. Vielfach hat man früher an- genommen, daß der dabei eintretende Wasserverlust das ausschlag- gebende Moment sei, daß die nachreifebedürftigen Samen mit anderen Worten lediglich einen zu hohen Wassergehalt hätten. Verschiedene Versuche haben aber dargetan, daß dieser Zusammenhang nur teil- weise besteht. Ich selbst konnte nachweisen, daß Getreidesamen von mangelnder Keimreife rasch keimen, wenn man sie vor dem Ver- bringen ins Keimbett anschneidet oder ansticht. Inzwischen weiter- geführte zahlreiche Versuche lassen keinen Zweifel mehr darüber, daß die Keimungshemmung hier fast ausschließlich in der Schale liegt und zwar scheint bei solchen Körnern in den innersten Schichten der Schalen ein den Sauerstoff absorbierendes Agens von wahrschein- lich enzymatischer Natur enthalten zu sein, das es verhindert, daß der zur Auslösung des Keimprozesses nötige Sauerstoff in das Innere der Samen eintreten kann. Darauf ist es jedenfalls zurückzuführen, daß auch die Behand- lung derartiger Samen mit gewissen Giftstoffen die Keimungsunreife vollständig aufhebt, wie wir demnächst in einer ausführlichen Arbeit näher darlegen werden. Durch Atterberg haben wir dann erfahren, daß keimungs- unreife Getreidekörner auch rasch keimen, wenn der Keimprozeß bei niedriger Temperatur durchgeführt wird. Diese auffallende Tatsache dürfte sich dadurch erklären, daß der in der Schale enthaltene Sauer- stoff absorbierende Körper (der nebenbei bemerkt jedenfalls auch die Giftigkeit frischer Kleie für Mäuse und selbst für größere Tiere ver- anlaßt) erst bei einer Temperatur von über 12 — 15 ^ in Aktion tritt. Die Prüfung des Saatgutes auf Frische und Gesundheit. 225 Die von Atterberg festgestellte Tatsache erklärt ferner, warum nach- reifebedürftige Getreidesamen, die man im Herbst oder Frühjahr aus- sät, in der Regel ebenso rasch auflaufen wie vollständig ausgereifte, da ja im Boden gerade um diese Jahreszeiten meist niedrige Tempe- raturen herrschen; außerdem scheint nach einigen Beobachtungen, die wir gemacht haben, der Boden an sich einen Einfluß auf die Keim- geschwindigkeit solcher Körner auszuüben. Das meist normale Auflaufen nicht vollständig ausgereifter Ge- treidekörner im Freien könnte nun zu dem Schlüsse führen, daß mangelnde Ausreifung derselben, mindestens soweit sie als Saatgut benützt werden, praktisch bedeutungslos sei und daß infolgedessen bei deren Prüfung stets Verfahren einzuschlagen seien, bei denen die Keimung möglichst in normaler Zeit verläuft. Steglich hat denn auch schon vor einer Reihe von Jahren angeregt, es sollten Getreide- samen stets im Linhartschen Apparat geprüft werden, da in ihm auch die nachreifebedürftigen schnell keimten; in neuerer Zeit pflegt man Getreide an manchen Stationen von vornherein nur bei niedriger Temperatur zu prüfen. Gilt der Grundsatz, daG die Samen nur unter den für sie günstigsten Bedingungen zu prüfen seien, allgemein, so ist dagegen nichts einzuwenden. Hat jedoch die Samenkontrolle auch die Auf- gabe, den Zustand der Samen zur Zeit der Untersuchung festzustellen, so ist wohl kaum zu bezweifeln, daß die ausschließliche Anwendung der in diesem Falle günstigsten Keimungsbedingungen diesen Zustand vollständig verdecken kann. Die volle Aufdeckung dieses Zustandes erscheint mir aber aus mehrfachen Gründen unerläßlich. Ich erinnere daran, daß heutzutage die Beizung des Getreides mit Kupfervitriol oder Formalin oder die Behandlung desselben mit heißem Wasser oder heißer Luft gegen Brand eine ganz außerordentliche Rolle spielt. Ein Versuch, den ich schon vor 15 Jahren ausführte, hat aber ergeben, daß noch nicht völlig ausgereifte Weizenkörner gegen die Einwirkung der üblichen Kupfervitriollösungen ungemein empfindlich sind und daß sie auch gegen Warmwasserbehandlung ganz anders reagieren als ausgereifte Körner. Wenn in neuerer Zeit namentlich zur Beizung der Gerste von den verschiedensten Seiten Heißwasser- oder Heißluftbehandlung empfohlen wird, so möchte ich dringend raten, ja dabei den Reifungs- zustand der Gerste nicht unberücksichtigt zu lassen; denn wenn in einem Jahre das Saatgut vollständig ausgereift ist, wird eine Einbuße der Keimfähigkeit bei richtiger Durchführung des Verfahrens kaum Jahresbericht der Vereinigung für angewandte Botanik VIII 15 226 ^- Hiltner. eintreten, während im anderen Jahre bei gleicher Ausführung die Keimfähigkeit außerordentlich leiden kann, wie wir dies durch mehr- jährige Versuche direkt feststellen konnten. Bekannt ist auch, daß voll ausgereiftes Getreide ohne Schaden einer Temperatur von 80 ^' und darüber ausgesetzt werden kann, während das noch nicht ausgereifte schon große Schädigungen er- leidet, wenn es längere Zeit über 40 ^ erwärmt wird. Auch auf dem Lager ist das nicht ausgereifte Getreide größeren Gefahren ausgesetzt, da es sich bei dem notwendigen Schwitzprozeß leicht mit Wasser beschlägt, und deshalb, falls es nicht sehr sach- gemäß behandelt wird, dem Befall durch Schimmelpilz unterliegt. Ich glaube, das sind Gründe genug, davor zu warnen, bei der Getreideprüfung in allen Fällen nur die günstigsten Keimungsbedin- gungen zur Anwendung zu bringen. Zwar könnte man noch ein- wenden, daß der Zustand der Nachreife bedürftigkeit zur Zeit der Saat wohl meist schon verschwunden sei; dies trifft nun zwar in vielen Fällen zu, in nicht minder häufigen aber auch nicht. In unseren Gebirgsgegenden, z. B. im Bayerischen Wald, kann allgemein der frisch geerntete Winterroggen erst im nächsten Jahre zur Saat ver- wendet werden. Der vorjährige Sommerweizen, der, mindestens in Süd- und Mitteldeutschland, infolge der Ungunst der Witterung viel- fach erst im September und Oktober schnittreif wurde, zeigte bei zahlreichen Proben, die wir in der letzten Zeit untersuchten, also im März und April ds. Js., noch einen sehr mangelhaften Aus- reif ungszustand, und es dürfte kein Zufall sein, daß uns erst kürzlich eine Probe von Sommerweizen zuging, die durch die übliche Beizung mit Kupfervitriol ihre Keimfähigkeit fast vollständig verloren hatte. Ein ganz besonders auffallendes Verhalten zeigten Gerste- und Haferproben, die uns aus einer im vorigen Sommer von Hagelschlag betroffenen Gegend Niederbayerns zur Untersuchung zugesandt wurden. Die nicht total verhagelten Sommerfelder hatte man stehen lassen; die Ernte konnte aber erst im Spätherbst vorgenommen werden, und die Folge ist, daß die betreffenden Körner noch jetzt den Zustand der Nachreifebedürftigkeit in hohem Maße aufweisen. Weniger bekannt als beim Getreide ist die Tatsache, daß Schnitt- und Keimreife bei den Grassämereien nicht immer zu- sammenfallen. Gerade bei ihnen können aber eine geringe Keimungs- geschwindigkeit oder, um den alten Ausdruck zu gebrauchen, eine niedrige Keimungsenergie und eine innerhalb der festgesetzten Frist sich ergebende auffallend niedrige Keimziffer, je nach dem Zustand der Die Prüfung des Saatgutes auf Frische und Gesundheit. 227 am Abschlußtage noch ungekeimt verbliebenen Körner, ebenso häufig dafür sprechen, daß die Samen durchaus frisch und gesund und nur noch nicht völlig keimreif oder aber schon alt und mehr oder minder verdorben sind. Die bloße Keimziffer sagt hier mindestens in den Fällen, wo sie niedrig bleibt, gar nichts; der Zustand der nichtkeimenden Samen ist für die Beurteilung allein maßgebend. Freilich ist es oft schwierig, diesen Zustand wirklich richtig zu taxieren. Schon in meinem beim ersten Samenkongreß in Hamburg ge- haltenen Vortrag habe ich darauf hingewiesen, daß Samen von Olyceria fluitans bei einer am 3. September vorgenommenen Prüfung nach sechs Tagen bei konstant 20^ nur 5 °/o, bei abwechselnder Temperatur 19 ''io Keimlinge lieferten. Ich kann diese Angaben heute dahin ergänzen, daß bei diesem Versuch die bei 20 " gehaltenen Samen bis zum 25. Keimungstage nur 39 °/o Keimlinge geliefert hatten; als die restierenden Samen dann angestochen wurden, stieg der Prozent- satz in weiteren drei Tagen bis zu 89. Unter dem Einfluß der inter- mittierenden Erwärmung dauerte es 20 Tage bis 90 "/o Keimfähigkeit erreicht wurden. Bei der Wiederholung der Keimversuche mit dem gleichen Samenmaterial am 8. November, also etwas mehr als zwei Monate später, lieferten dagegen die Samen bei konstant 20 ^, ohne Vorquellung „ „ „ 6 Std. vorgequellt „ „ „ belichtet . „ „ „ angestochen . „ „ „ angestochen und 6 Stunden vorgequellt ... 94 „ 98 „ 98 bei konstant 20 °, 3 Sek. mit konzen- trierter Schwefelsäure gebeizt . bei konstant 30 '^, ohne Vorquellung „ „ „ 6 Std. vorgequellt „ abwechselnd 20/30*^, ohne Vor- quellung 89 „ 94 „ 95,5 „ bei abwechselnd 20/30 o, 6 Stunden vorgequellt 89 „ 95 „ 96 „ Dieses Beispiel zeigt nicht nur, wie rasch sich die Keimungs- verhältnisse bei solchen Samen ändern können, sondern zugleich, daß 15* 1 3 Tagen in 6 Tagen in 12 Tagen 57 Vo 72,5 % 73,5 % 71 „ 76 „ 79 „ 86,5 „ 91 „ 95,5 „ 85,5 „ 94,5 „ 97 „ 96 )> 96 » 97 9 )) 56 n 58 67 73 » 73 228 L. Miltner. auch abwechselnde Erwärmung nicht genügt, um die noch zu frischen Samen innerhalb kurzer Zeit zur vollen Keimung zu bringen; der günstige Einfluß des Anstechens und vor allem der Beizung der Samen mit konzentrierter Schwefelsäure beweist außerdem, daß hier, ebenso wie bei den Getreidesamen, die Keimungshemmung allem Anschein nach ausschließlich in der Schale liegt. Es hat demnach dieser Versuch bewiesen, daß bei Glyceria fluitans, und ähnlich verhalten sich verschiedene andere Grasarten, durch alle jene künstlichen Mittel, die wir gewöhnlich benutzen, um die Keimziffer bei solchen Gräsern zu erhöhen, wie abwechselnde Temperatur, dann vor allem auch Belichtung, lediglich eine in der Schale vorhandene Keimungshemmung aufgehoben wird. Wir sind gerade zurzeit damit beschäftigt, festzustellen, wie in dieser Beziehung niedrige Temperatur, Giftstoffe und gewisse Salzlösungen usw. auf Grassamen einwirken. Auf alle Fälle muß mit der Tatsache gerechnet werden, daß die mit solchen Samen zu erreichende Keimziffer keine mathematisch feststehende Zahl ist und daß daher, falls derartige Samen noch frisch sind, trotz abwechselnder Temperatur, Belichtung usw. die Ergebnisse innerhalb kurzer Zeit auch zwischen verschiedenen Stationen recht stark schwanken können. Die Belichtung der Samen und insbesondere der Grassaraen während des Keimprozesses, auf deren Wirkung ich beim ersten Kongreß die Aufmerksamkeit mit dem Erfolge lenkte, daß diese Frage fast den Hauptgegenstand unserer heutigen Beratungen bilden wird, hat sich unter den Maßnahmen, die wir treffen können, um viele Samen- arten zur rascheren und vollständigen Keimung zu bringen, als eine der bedeutsamsten erwiesen. Sind die Samen aber noch sehr frisch, so vermag auch die Belichtung nicht zu verhindern, daß die Keimung noch einen zögernden Verlauf nimmt; sind sie dagegen schon alt, so kann andererseits durch Belichtung ebenfalls meist kein wesentlicher Effekt mehr erzielt werden. Gerade in gewissen Stadien der Reife und besonders in der Vollreife wirkt die Belichtung auf gesunde, frische Samen vieler Grasarten außerordentlich beschleunigend. Dabei handelt es sich aber nicht immer wie bei Glyceria fluitans bloß um die Behebung einer in der Schale sitzenden Hemmung, sondern viel- fach auch um einen Einfluß auf Vorgänge, die sich bei manchen Grasarten auch im Innern des Keimes abspielen. Besonders deutlich tritt dies z. B. hervor bei Poa- Arten, deren Keim vor Eintritt der Keimung ergrünt. Die Prüfung des Saatgutes auf Frische und Gesundheit. 229 Ähnlich liegen Ja die Verhältnisse auch bei Koniferensamen, die infolgedessen auf Belichtung meist ebenfalls günstig reagieren. Weiter auf die Belichtung und ihre Wirkung einzugehen, liegt für mich keine Veranlassung vor, da ja Herr Dr. Lehmann darüber referieren und sicherlich auch Herr Geheimrat Schwappach den Einfluß der Belichtung auf die Koniferensamen eingehend besprechen wird. Ich möchte nur noch auf die Tatsache hinweisen, daß zweifel- los in vielen Fällen die Belichtung auch deshalb günstig wirkt, weil sie das Auftreten oder die Wirkung von den Samen schädlichen Organismen beeinträchtigt. Wenn wir z. B. frisch geklengte, gesunde, unvermischte Kiefern- samen unbelichtet zur Keimung ansetzen, so werden wir finden, daß sie fast ebenso rasch wie Klee zu 90 und mehr Prozent keimen. Wir haben dies schon seinerzeit in Tharandt, wo wir alljährlich von der Klenganstalt Laussnitz die Klengprodukte zur Untersuchung zu- geschickt erhielten, feststellen können. Leider hat sich nun schon seit langer Zeit ganz allgemein der Gebrauch eingebürgert, veranlaßt wohl durch die hohen Preise der Kiefernsamen, dieselben nicht in unvermischtem Zustande in den Handel zu bringen, sondern mit alten, nicht mehr keimfähigen Samen meist in einem solchen Ver- hältnis angemischt, daß die Ware im Durchschnitt etwa 70 "/o Keim- fähigkeit ergeben soll. Prüft man nun derartige Kiefernsamen unter Ausschluß des Lichtes, so findet man sehr häufig, daß diese Keim- fähigkeit nicht erreicht wird, ja daß nicht selten, wie fast alljährlich wiederkehrende Differenzen beweisen, derartige Saaten nur zu 40 und 50 "^/o keimen, und der Rest sich als verfault erweist. Es macht sich hier offenbar während des Keimprozesses ein schädlicher Einfluß der zugemischten alten Samen auf die frischen geltend. Bei der Licht- keimung bleibt dieser Einfluß dagegen aus, weil jene Organismen, die von den alten auf die frischen Samen übergehen, unter dem Einfluß des Lichtes, wie es scheint, nicht recht zur Geltung ge- langen können. So sehr ich im allgemeinen dem Belichtungsverfahren bei allen Samenarten, die darauf reagieren, auch heute wieder das Wort reden möchte, so sehr möchte ich doch andererseits aus Gründen, die aus dem angeführten Beispiel sich ergeben, dem Wunsche Ausdruck geben, es möchte vermieden werden, daß durch auschließliche An- wendung der Belichtungsmethode bei den Keimprüfungen schlechte Eigenschaften der Samen verdeckt werden. 230 L. Hiltner. Den Gegensatz zu den noch nicht völlig ausgereiften Samen bilden, wenn man sich so ausdrücken darf, die überreifen, d. h. jene, die, in der Frucht eingeschlossen, noch längere Zeit auf dem Feld verblieben, nachdem der normale Reifungszustand bereits ein- getreten war. Es machen sich hier vielfach noch Einflüsse auf die Samen geltend, die beim bloßen Lagern und Trocknen der zur normalen Zeit geernteten Samen nicht mehr zur Geltung gelangen. Als ein besonders instruktives Beispiel hierfür können die Eübenknäule dienen. Auf Veranlassung von Nobbe wurden vor etwa 20 Jahren von Rittergutsbesitzer Steiger-Leutewitz die Rüben- samen derselben Sorte zu verschiedenen Zeiten, u. a. auch mehrere Wochen nach der normalen Reife, geerntet und alsdann in Tharandt untersucht. Die Ergebnisse waren nach meiner Erinnerung — die genauen Zahlen stehen mir leider nicht zur Verfügung — ungefähr folgende: Es keimten Samen von 100 Knäulen : 14 Tage vor der Vollreife geerntet . 70 — 80 In der Vollreife 270 14 Tage nach der Vollreife ... 170. Hier äußerte sich demnach der Zustand der Überreife durch ein auffallendes Zurückgehen der Keimfähigkeit, das veranlaßt wird, wie ich schon an anderer Stelle ausführte, durch eine zu starke Ver- wachsung des Fruchtdeckels mit den übrigen Fruchtteilen. Wie ich später gezeigt habe, läßt sich diese von mir als Hart- schaligkeit der Rübenknäule bezeichnete Eigenschaft, ebenso wie die Hartschaligkeit der Leguminosensamen, durch Beizung mit konzen- trierter Schwefelsäure beseitigen. Bei der handelsüblichen Beurteilung der Rübensamen, bei der lediglich die Zahl der Keime von 100 Knäulen oder von einer Ge- wichtseinheit der Knäule festgestellt wird, werden diese Verhältnisse leider nicht berücksichtigt. Es ist aber woh] selbstverständlich, daß eine Rübensaat, die nur wegen Hartschaligkeit, bei der der eigent- liche Same meist ganz normal ist, hinter der erwarteten Keimhöhe zurückbleibt, anders zu beurteilen sein wird, als eine solche, die ge- ring keimt, weil die Samen selbst schlecht ausgebildet oder zum größten Teil infolge ihres Alters schon keiraunfähig geworden sind, so daß sie im Keimbett verfaulen. Nur nebenbei sei hier bemerkt, daß sich die Beizung hart- schaliger Rübenknäule mit Schwefelsäure bei vielen Versuchen, über Die Prüfung des Saatgutes auf Frische und Gesundheit. 231 die ich selbst, dann M. Hoffmann u. a. und neuerdings Schander berichteten, sehr gut bewährte, namentlich auch bezüglich der Schnelligkeit in der Entwicklung und der Gesundheit der aus ge- beizten Knäulen hervorgehenden Pflänzchen. Andererseits habe ich schon ausführlich darauf hingewiesen, daß auf manchen Böden solche gebeizten Samen und zwar auch jene, die mit anderen Mitteln gebeizt wurden, oder auch geschälte Samen schlechter auflaufen als unbehandelt gebliebene, weil sie den Boden- organismen leichter zum Opfer fallen. Kommen alle diese Verfahren daher für die Praxis wenig in Betracht, so wird die Beizung mit Schwefelsäure doch von uns bei Ausübung der Samenkontrolle noch immer gelegentlich angewendet, wenn wir uns über den wirklichen Zustand einer zweifelhaften Rübensaatprobe vergewissern wollen. Namentlich in der heurigen Saison hat ja die Hartschaligkeit der Rübenknäule eine überaus große Rolle gespielt, da die vorjährigen ungünstigen Witterungsverhältnisse vielfach zu einer Notreife der Rübensamen führten. Dieselbe äußerte sich darin, daß die Rüben - samen der vorjährigen Ernte fast allgemein eine schlechte Entwick- lung und eine geringe Keimfähigkeit aufwiesen; besonders charakte- ristisch ist aber, daß auch bei diesen notreif en Knäulen ein oft hoher Prozentsatz der Samen nur wegen eingetretener Hartschaligkeit nicht zur Keimung gelangt. Einen gewissen Einfluß auf die Zahl der l)eim Keimversuch hartschalig bleibenden Rübenknäule übt die intermittierende Er- wärmung; sie ist aber durchaus nicht imstande, diese Keimungs- hemmung vollständig zu beheben. Namentlich aus der Reihe der wildwachsenden Pflanzen ließen sich noch verschiedene Beispiele für die durch eingetretene t'berreife sich geltend machenden Keimungshemmungen anführen, wie ja auch die Hartschaligkeit der Leguminosensamen, namentlich wildwachsender Arten, hauptsächlich auf derartige Einflüsse zurückzuführen ist. Haben, wie ich wohl annehmen darf, schon meine bisherigen Augführungen zur Genüge bewiesen, daß die bloße zahlenmäßige Be- urteilung der Keimfähigkeit der Samen, namentlich in allen Fällen, wo diese Keimfähigkeit gering ausfällt, unter Umständen irreführend wirken kann, daß es demnach mit zu den Aufgaben der Samen- kontrolle gehört, sich stets bei den Untersuchungen alle Möglichkeiten vor Augen zu halten, die bei der betreffenden Samenart überhaupt in Betracht kommen können, so wird uns dies noch weit schärfer in 232 I- Hiltner. jenen Fällen entgegentreten, wo wir es mit Alterserscheinungen der Samen zu tun haben oder wo ein Befall der Samen vorliegt. Hier kann namentlich eine hohe Keimziffer sehr leicht über den wirklichen Zustand der Samen hinwegtäuschen, und gerade hier kann das wirkliche Verhalten der Samen auf dem Felde zeigen, daß der Samenkontrolle, ich möchte fast sagen glücklicherweise, auch noch andere Aufgaben zufallen, als lediglich zu ermitteln, wie viele der Körner unter den ihnen gebotenen günstigsten Bedingungen noch einen Keim zu entwickeln vermögen. In meiner Arbeit über das Verhalten der Leguminosensamen habe ich den Nachweis geführt, daß dieselben, wenn man sie zur Behebung der Hartschaligkeit mit konzentrierter Schwefelsäure be- handelt, im Keimbett weit rascher und besser keimen und daß sie auch in verschiedenen Bodenarten rascher und besser auflaufen, daß sie aber umgekehrt in gewissen Böden, wie z. B. in jenem des Dahlemer Versuchsfeldes, das hauptsächlich aus Diluviallehm besteht, in hohem Prozentsatz zugrunde gehen infolge der Einwirkung pektin- vergärender Bakterien. Da durch die Schwefelsäure nur ein Teil der Schale abgebeizt wird, so ist daraus der Schluß zu ziehen, daß die Schale in normalem Zustande einen Schutz gegen diese Pektinvergärung gewährt. Dies ist nun auch tatsächlich der Fall. Wie ich zusammen mit Dr. Störmer nachweisen konnte, ist in der Schale frischer Leguminosen- samen ein Schutzstoff enthalten, der beim Aufquellen der Samen ausgeschieden wird. Mit dem Altern der Samen büßt dieser Stoff aber immer mehr seine Wirksamkeit ein, und daher kommt es, daß derartige Samen, mögen sie in unseren Keimvorrichtungen noch so ausgezeichnet keimen,, in gewissen Bodenarten nur mehr sehr schlecht auflaufen. Von zwei Proben Erbsensamen z. B., die beide im Sand oder Filtrierpapierkeimbett gegen 95 *^/o Keimlinge ergaben, lief die eine im Dahlemer Boden bei Topf- und Freilandversuchen auch zu ungefähr 95 ^/o auf, die andere dagegen nur zu etwa 5 '^/o. Durch zahlreiche Versuche, die sich auf mehrere Jahre erstreckten, konnte ich dartun, daß das so oft beobachtete schlechte Auflaufen gut keimender Lupinen- samen mit diesen Verhältnissen zusammenhängt und daß solche auch bei Kleesämereien eine nicht unwichtige Rolle spielen, und inzwischen weiterhin gemachte Beobachtungen haben ergeben, daß auch bei Samen aus anderen Pflanzenfamilien ein teilweises oder vollständiges Ver- sagen der Samen im Boden trotz guter Keimfähigkeit vorkommen Die Prüfung des Saatgutes auf Frische und Gesundheit. 2oS kann, nicht weil der Boden an und für sich ungünstige Keimungs- bedingungen bietet, sondern in erster Linie infolge gewisser Eigen- schaften der Samen. Nur nebenbei sei bemerkt, daß allem Anschein nach dieselben Schutzstoffe, die in den Samenschalen der Leguminosen enthalten sind, auch in den Wurzeln der betreffenden Pflanzen sich vorfinden. Das auffallende Versagen älterer Samen in manchen Böden trotz guter Keimfähigkeit erklärt uns schon, warum die Landwirte, vor allem aber auch die Gärtner, so großes Gewicht darauf legen, möglichst frisches Saatgut, d. h. solches letzter Ernte, zu verwenden. Besonders die Gärtner scheinen aber auch noch andere Gründe zu haben. Es ist bekannt, daß sie das Auftreten gewisser krankhafter Erscheinungen an den Pflanzen, so z. B. die schlechte Ausbildung des Herzens bei Kohlpflanzen, auf die Verwendung alten Saatgutes zurückführen. Da über derartige Fragen einwandfreie Versuche nicht vor- liegen, so haben wir solche bereits im vorigen Jahre in ausgedehntem Maße begonnen, und wir behalten uns vor, über die Ergebnisse seinerzeit zu berichten. Insbesondere haben wir, wie ich gleich bei- fügen will, die Versuche auch ausgedehnt auf Knollen und Zwiebeln, indem dieselben einerseits zur rechten Zeit, andererseits zu mehreren verspäteten Terminen ausgelegt wurden. Derartige Versuche mit Kartoffelknollen, die zur Zeit des Aus- legens bereits Alterserscheinungen zeigten, lieferten im vorigen Jahre blattrollkranke Pflanzen; wir vermuteten daher, das plötzliche Auf- treten der Blattrollkrankheit in den Jahren 1905 06 ließe sich vielleicht darauf zurückführen, daß das damals verwendete Saatgut zur Zeit des Auslegens bereits zu alt war, und zwar weil es infolge der anormalen Trockenheit der Sommer 1904 und 1905 schon viel früher als sonst reif, wenn auch nur notreif wurde. Auf alle Fälle stehe ich nach wie vor auf dem Standpunkt, daß jene trockenen Jahre die Haupt- veranlassung zur Entstehung dieser Krankheit gegeben haben, wenn auch die dabei stattgehabten Einflüsse nach unseren späteren Beob- achtungen in der Hauptsache in anderer Richtung liegen als im Alter der Saatknollen. Genügt, wie es scheint, bei der Kartoffel, namentlich bei den in dieser Beziehung empfindlichen Sorten, schon ein verhältnismäßig kurzes Überschreiten der Zeit, die von der Ausreifung bis zum Aus- legen verstreicht, um schlechtes Auslaufen und unter Umständen auch eine mangelhafte Entwicklung der Pflanzen zu veranlassen, weil eben 234 L. Hiltner. die Lebensdauer der Kartoffelknollen sehr beschränkt ist, so treten natürlich bei Samen die Alterserscheinungen, die sich an ihnen selbst vor dem Rückgang der Keimfähigkeit einstellen, im allgemeinen um so später auf, eine je größere Lebensdauer die betreffende Samenart besitzt. Meist genügt aber die Überjährigkeit, um bei empfindlicheren Arten Mängel der beregten Art hervortreten zu lassen, ja bei Erbsen, Lupinen und ähnlichen Samenarten konnten wir oft schon 4 — 5 Monate nach der Ernte die Merkmale des Alterns der Samen feststellen. , Die Samenkontrolle hat von diesen Verhältnissen bisher noch keinerlei Notiz genommen ; für sie gilt auch hier wieder nur die Zahl, und es ist bezeichnend, daß man vielfach der Auffassung begegnet, es sei ganz gleichgültig, ob eine Saat ein- bis zwei- oder vieljährig sei, wenn nur die Keimfähigkeit nicht gelitten habe. Ob auch die Keim- kraft und nicht nur die Keimfähigkeit dabei noch besonders groß ist, wie bei gesunden, jugendlichen Samen oder ob sich etwa die Samen bereits im letzten Stadium der Lebensfähigkeit überhaupt befinden und dies beispielsweise bei manchen Leguminosensamenarten dadurch bekunden, daß sich die Wurzeln nicht mehr gerade strecken, sondern korkzieherartig krümmen, bleibt dabei völlig unberücksichtigt. Freilich kann man hier einwenden, daß zurzeit noch kein all- gemein anwendbares Verfahren bestehe, um Alterserscheinungen an Samen bei der Prüfung mit Sicherheit nachzuweisen, falls nicht schon die Keimfähigkeit erheblich gelitten hat. Ich muß dies zugeben, obgleich ich anführen kann, daß zurzeit an unserer Anstalt an der Gewinnung eines solchen Verfahrens gearbeitet wird. Keineswegs aber kann ein solcher Einwand gemacht werden, wenn es sich um den Befall der Samen durch Organismen handelt, mag derselbe bereits auf dem Felde oder erst auf dem Lager eingetreten sein. Schon bei mehrfachen Gelegenheiten habe ich die Aufmerk- samkeit darauf gelenkt, daß Getreidekörner, namentlich Roggen und Hafer, trotz vorzüglichster Keimfähigkeit schlecht auflaufen können infolge des Befalles der Körner durch Fusarium. Wir haben mit absoluter Sicherheit durch nun dreijährige zahlreiche Versuche und Beobachtungen den Nachweis geführt, daß dies Fusarium identisch ist mit dem Schneeschimmel, und daß das so häufig zu beklagende Auswintern des Roggens ganz besonders häufig durch Verwendung befallenen Saatgutes eintritt. Aus einer umfangreichen Veröffent- lichung, die in allernächster Zeit endlich hierüber erscheinen wird, wird hervorgehen, daß zahlreiche vergleichende Anbauver.suche mit Die Prüfung des Saatgutes auf Frische und Gesundheit. 235 Koggen und anderen Getreidearten, auch jene der D. L. G., ein voll- ständig falsches Bild über das Verhalten und die Erträge mancher Sorten lieferten, weil zu den Versuchen, ohne daß man es wußte, be- fallenes Saatgut verwendet wurde ; daß ferner die allgemein verbreitete Furcht vor später Roggensaat vielleicht hauptsächlich auf schlimme Erfahrungen zurückzuführen ist, die man jedenfalls seit Jahrhunderten immer wieder machte, weil das Saatgut befallen war. Ist das Saatgut gesund oder wird es durch Beizung mit 1 "/oo Sublimatlösung von dem Schädling befreit, so kommt der Roggen, wie unsere mit zahlreichen Sorten durchgeführten mehrjährigen Ver- suche beweisen, meist gut durch den Winter, auch wenn die Saat erst im November oder Anfang Dezember erfolgte; während auf Ver- gleichsparzellen, auf denen zur gleichen Zeit befallenes und ungebeizt gebliebenes Saatgut bestellt worden war, im Frühjahr kaum noch eine Pflanze zu sehen ist. Der Mangel des Saatgutes ist hier also offenkundig; wir können ihn nach dem von uns beschriebenen Verfahren innerhalb 10 Tagen mit Sicherheit auch dem Grad nach nachweisen, ja wir sind sogar imstande, ihm abzuhelfen; aber dennoch wird mir entgegengehalten, daß es nicht Aufgabe der Samenkontrolle sei, festzustellen, wie sich ein Saatgut auf dem Felde verhalte, und in der schon erwähnten Besprechung der neuen Technischen Vorschriften in der Illustrierten Landw. Zeitung wird unser Verfahren zur Prüfung des Getreides auf Fusarium-Betall auf die gleiche Stufe gestellt mit dem Scharf sehen Verfahren, nicht nur die Keimfähigkeit sondern auch die Keimkraft der Rübenknäule zu prüfen, dessen Grundgedanke im übrigen sehr gut ist. Mir ist dieser Standpunkt völlig unverständlich; freilich kann kein Samenkontrolleur mit Sicherheit angeben, wie sich eine Saat, mag sie noch so frisch und gesund sein, auf dem Felde ver- halten wird, da ja dieses Verhalten von Faktoren mit abhängig ist, die wir nicht in unserer Gewalt haben. Wenn wir aber imstande sind, einen solchen Faktor, und zwar einen der wichtigsten, schon durch eine einfache Untersuchung des Saatgutes mit aller Sicherheit festzustellen und wenn wir dadurch sogar die Möglichkeit gewinnen können, diesen Faktor von vornherein auszuschalten, so ist es nach meinem Dafürhalten eine unerläßliche Pflicht der Samenkontroll- stationen, diese Prüfung mindestens in allen verdächtigen Fällen auszuführen. Im Verbände Deutscher Versuchsstationen bin ich vor zwei Jahren mit meinen Anschauungen über die Beurteilung des Fusarium- 236 L. Miltner. Befalls des Getreides mindestens soweit durchgedrungen, daß der Beschluß gefaßt wurde, es sollte die Prüfung auf diesen Befall vor- genommen werden, wenn der Einsender diese besonders beantrage; gegenüber meinem Vorschlag, es sollte diese Prüfung ohne weiteres in allen verdächtigen Fällen vorgenommen werden, da ja die Ein- sender meist keine Ahnung von dem Befall haben und daher auch keinen Antrag auf eine dahingehende Untersuchung stellen werden, bedeutete dieser Beschluß herzlich wenig. Aber auch dieser ist in den neuesten Technischen Vorschriften nicht mehr zu finden, da die Prüfung des Getreides und anderer Samenarten auf Befall und ähn- liche, angeblich weniger wichtige Dinge erst in einem besonderen Anhang zu diesen Vorschriften aufgenommen werden sollen. Dadurch ist es glücklich erreicht, daß in unseren neuen Tech- nischen Vorschriften das rein mathematische Prinzip unbeschränkt zur Geltung gelangt. Außer bei Getreidekörnern kommt ein Fusarium -BefaW sehr häutig auch bei Grassamen und ähnlichen Samenarten vor, wobei er ähnliche Erscheinungen wie beim Getreide, namentlich auch gewisse Fußkrankheiten, veranlassen kann. Auf die Übertragung von Pilzen oder Bakterien verschiedener Art durch gärtnerische Sämereien habe ich schon vor 20 Jahren in einem besonderen Aufsatz aufmerksam gemacht; es sei hier nur er- innert an den Befall der Levkojensamen durch Botrytis und einige andere Pilzarten, der häufig bewirkt, daß große Beete von Levkojen wieder absterben, an den Befall der Erbsensamen durch Äscochyta, auf welchen ich zuerst die Aufmerksamkeit gelenkt habe, der schon häufig die Veranlassung dazu gab, daß ganze Erbsenfelder ertraglos blieben, an den ähnlichen Befall von Bohnensamen durch verwandte Pilze, sowie durch Bakterien und endlich auch an die Übertragung tierischer Schädlinge durch das Saatgut und die Bedeutung der durch solche an Samen veranlaßten Fraßwunden. Schließlich bleibt noch zu besprechen der Befall, den die Samen auf dem Lager oder während des Transportes er- leiden können. Ist derselbe nicht besonders stark, so daß die Keim- fähigkeit durch ihn gar nicht oder nur in geringem Maße leidet, so wird er natürlich vielfach bei der Prüfung vollständig übersehen, falls dabei nur die günstigste Methode zur Anwendung gelangt, da ja alsdann die Keimung so rasch verläuft, daß die Pilze oder die Bakterien, die den Befall veranlaßten, überhaupt nicht zur sichtbaren Entwicklung gelangen. Die Prüfung des Saatgutes auf Frische und Gesundheit. 237 Anders aber liegen die Verhältnisse, wenn ein derartiges Saat- gut, etwa ein Weizen, der sich auf dem Lager sehwach erwärmt hat, trotzdem aber noch seine volle Keimfähigkeit zeigt, zur Saat ver- wendet wird. Sind die Boden- und sonstigen Keimungsverhältnisse besonders günstig, so wird man von den Folgen des Befalles wenig merken. Liegen aber, wie so oft, Verhältnisse vor, unter denen die Keimung sich lange hinzieht, so wird der Landwirt vergeblich auf das Auflaufen der Saat warten, und wenn er endlich Nachschau hält, so wird er finden, daß die Körner vollständig vom grünen Pinsel- schimmel überzogen und darunter erstickt im Boden liegen. Es vergeht fast kein Jahr, wo uns nicht solche Fälle gemeldet werden, und da wir bei der Prüfung des Getreides auch auf diese Art des Befalles besonders achten, so sind wir sehr häufig imstande, die Landwirte rechtzeitig auf solche verdächtige Eigenschaften des Saatgutes, die sich so leicht hinter einer guten Keimfähigkeit ver- bergen, aufmerksam zu machen. Im ■ heurigen Frühjahr konnten wir diesen Befall besonders häufig beim Sommerweizen feststellen, von dem ich schon erwähnte, daß er heuer meist auch im April noch nicht vollständig ausgereift war. Es sind uns zahlreiche Proben nicht nur aus Bayern, sondern auch aus anderen deutschen Staaten zugegangen und zwar sicher gerade deswegen, weil es bekannt ist, daß wir uns nicht damit be- gnügen, dem Einsender lediglich mitzuteilen, daß der Weizen in drei Tagen etwa zu 20, in zehn Tagen zu 70 '^/o keime, sondern weil wir genau unterscheiden, ob es sich dabei lediglich um eine Unreife der Samen handelt, die kein größeres Bedenken gegen die Aussaat in sich schließt, oder ob der Weizen auf dem Lager eine starke Selbst- erwärmung durchgemacht hat und infolgedessen schlecht keimt oder ob, wie es besonders häufig der Fall war, beide Momente zusammen- kamen und ob schließlich gar, was ebenfalls vorkam, Fusarium- Befall vorlag. Als die D. L. G. vor etwa 20 Jahren deutschen Weizen nach Südamerika und Australien verfrachten und wieder zurückbringen ließ, lediglich zur Feststellung, ob der Weizen die zweimalige Reise über den Äquator überstehen würde ohne Einbuße seiner Keimfähig- keit,, hatten wir in Tharandt die Untersuchung der Proben vor der Absendung und nach der Rückkehr von der Reise vorzunehmen, wobei sich herausstellte, daß der wieder zurückgekommene Weizen seine Keimfähigkeit fast vollständig verloren hatte und zwar infolge der Zerstörung der Keime durch Aspergillus. 238 L. Hiltner. Die Prüfung des Saatgutes auf Frische und iGesundheit. Es hat mir dies in den nächsten Jahren Veranlassung gegeben, Untersuchungen darüber anzustellen, unter welchen Verhältnissen' gerade ein solcher Befall des Keimes stattfinde, wobei sich, wie zu erwarten war, herausstellte, daß die Hauptbedingung in der Ein- wirkung feuchtwarmer Luft besteht. Die alljährlichen Beobachtungen gelegentlich der Saraenkontrolle haben dann zu dem interessanten Ergebnis geführt, daß bei deutschem Getreide diese Art des Befalles verhältnismäßig selten vorkommt, während indischer oder argen- tinischer Weizen sie häufig zeigt. Insbesondere erweisen sich auch die Keime der Maiskörner sehr häufig von gewissen Aspergillus- Arten befallen. Auch hier kommt es vor, daß der Befall nicht intensiv genug ist, um die Keimung unter den günstigsten Bedingungen zu verhindern, während bei etwaiger Verwendung solcher Körner als Saatgut- ein schwerer Ausfall an auflaufenden Pflanzen unausbleib- lich ist. Ich will damit schließen, wiewohl sich für die Zweckmäßigkeit, ja Notwendigkeit, bei der Samenkontrolle auf derartige Dinge mehr zu achten, noch verschiedene andere Beispiele bringen ließen. Gerade durch die Berücksichtigung solcher biologischer Verhältnisse erhält nach meinem Dafürhalten die Samenkontrolle ihren Reiz, sie wird es bedingen, daß man immer mehr damit aufhört, die Samenkontrolle als eine rein mechanische Tätigkeit anzusehen, die ohne weiteres von jedem ausgeübt werden kann, der außer der nötigen Gewissenhaftig- keit nur noch die Fähigkeit besitzt, gut zählen und abwägen zu können; sie erschwert zwar die Samenkontrolle, und ich bin mir wohl bewußt, daß sie sogar vielfach gerade jenen Bestrebungen, welche hauptsächlich die internationalen Samenkongresse ins Leben gerufen haben, etwas hinderlich im Wege steht, jene Bestrebungen, Ver- fahren zu finden und einzuführen, die möglichste Übereinstimmung der Ergebnisse gewährleisten; aber es ist jedenfalls besser, vorher die Schwierigkeiten ins Auge zu fassen und mit ihnen von Anfang an zu rechnen, als sich späterhin erst von ihnen überraschen zu lassen. K. Dorph- Petersen. Keimuntersuchungen mit Samen usw. 2o9 Kurze Mitteilungen über Keimuntersuchungen mit Samen verschiedener wildwachsenden Pflanzen,*) ausgeführt in der „Dansk Frokontrol" 1896 — 1909. Von K. Dorph-Petersen, Direktor der Statsanstalten Dansk Frokontrol, Kopenhagen. An der Staatsanstalt „Dansk Frokontrol", welche jetzt als die älteste aller bestehenden Samenkontrollanstalten beinahe 40 Jahre be- standen hat, fing man auf Initiative meines Vorgängers, des Magisters 0. Rostrup, im Jahre 1896 an, einige Keimversuche mit Samen verschiedener wildwachsenden Pflanzen, besonders von Unkraut- pflanzen, anzustellen. Die Untersuchungen sind bis jetzt fortgesetzt; die Assistentin Fräulein I. Jacobson hat die mit den Keimunter- suchungen verbundene, oft große tägliche Arbeit gehabt. Da die Resultate dieser Untersuchungen meiner Ansicht nach von allgemeinem Interesse sind, erlaube ich mir, auf Aufforderung über dieselben einige Mitteilungen zu machen. Da aber die Zeit so außerordentlich knapp zugemessen ist, muß ich mich im Anschluß an die nachstehenden sechs Tabellen mit ganz kurzen Bemerkungen begnügen. Aus demselben Grunde will ich auch nicht auf die übrigens nur spärliche Literatur über dieses Thema eingehen. In den jährlichen Berichten der „Dansk Frokontrol" von 1898 bis 1906, die sich in der „Tidsskrift for Landbrugets Planteavl" be- finden, sind eine Reihe von Mitteilungen über die Keimung der Samen von ca. 350 verschiedenen Pflanzenarten angegeben. Wir haben in den letzten Jahren diese Untersuchungen fortgesetzt; ich will nun aus dem gesamten Material das meiner Ansicht nach Bemerkens- werte in Kürze erwähnen. Ein großer Teil dieser Samen kommt als Unkraut in den Saaten der verschiedenen landwirtschaftlichen Kulturpflanzen vor. Die Resultate zeigen, daß viele dieser Unkraut- *) Diese und andere Unkrautuntersuchungen sind ausführlicher erwähnt in „Tidsskrift for Landbrugets Planteavl" XVII. Bd., p. 584—626. 240 K. Dorph- Petersen. samenarten ebenso wie die Samen der Kulturpflanzen keimen, wenn sie auf die erwärmten Keimapparate gelegt werden (bei uns der Jacob- sensche, in Deutschland als der Kopenhagener Apparat bekannt). Meistens keimen die Samen wildwachsender Pflanzen indessen be- deutend langsamer als verwandte Kultursamen. Häufig keimt der größte Teil der Samen erst in dem Frühjahr, das auf den Herbst folgt, in dem sie reif geworden sind. Bei nicht wenigen Arten war aber die Keimung unvollständig und deutlich anormal auf den erwähnten erwärmten Keimapparaten. Mit diesen Arten wurden deshalb Untersuchungen angestellt, wie die Keimung wohl auf einem Apparate verlief, der in einer nicht er- wärmten Veranda aufgestellt war mit einer im Winter bisweilen unter 0 ° sinkenden Lufttemperatur, so daß das Wasser im Apparate gefror. Tabelle I. Keimuntersuchungen von Samen unter verschiedenen Temperatur- Verhältnissen. Schrägstehende Zahlen 17 — 21 " C. Geradestehende Lufttemperatur. a; • GO OS O ■t— 1 rXi Potamogeton natans 0 2 2 0 2 0 0 8 48 12 74 L. 0 2 4 0 32 0 6 2 6 30 2 84 Alliaria officinalis Andr. 0 1 9 0 0 0 45 0 0 0 14 0 0 0 29 72 0 1 2 2 — 99 76 7 3 0 14 0 3 0 23 15 1 — 66 Anthriscus silvestris 0 2 4 8 8 2 2 — — — — 26 (L.) Hoffm. 0 96 — — — — — — — — 96 Primula elatior (L.) 0 0 0 0 0 0 0 0 46 — — 46 Jacq. 0 100 — — — — — — — — — 100 Datura stramonium 0 0 0 0 0 1 0 98 — — — 99 L 0 0 0 0 1 1 0 0 0 0 0 2 geschlossen Galeopsis tetrahit L. 2 22 0 4 0 14 0 2 0 18 0 16 0 2 0 2 34 2 — 36 82 Cuscuta racemosa Mart. 42 0 27 3 — — — — — — — 72 Keimuntersuchungen mit Samen verschied, wildwachsenden Pflanzen. 241 I In der Tabelle I sehen wir einzelne Resultate dieser ver- gleichenden Untersuchungen. Die schrägstehenden Zahlen zeigen die Keimresultate auf dem erwärmten Apparate, die geradestehenden Zahlen die Ergebnisse der Keimung bei Lufttemperatur. Wir bemerken große Unterschiede. Während die vier an- gegebenen Arten am besten, regelmäßigsten und schnellsten bei Luft- temperatur keimten, keimte Datiira stramonhim eigentlich gar nicht auf diese Weise sondern erst, sobald die Samen auf den erwärmten Apparat gelegt wurden. Die Kürze der Zeit erlaubt mir leider nicht, darauf näher einzugehen. Mehrere der untersuchten Arten keimen sowohl bei Luft- als auch bei Zimmertemperatur nur langsam, oft dauert es 8 — 10 Jahre und noch länger. Dasselbe sehen wir in der Tabelle IL Alle darauf angegebenen Samenarten sind bei Luft- temperatur untersucht worden. Man sieht, daß Samen von so ge- wöhnlichen Unkrautpflanzen, wie Thlaspi arvense, Sinapis arvensis, Oeranium molle und Malva vulgaris, selbst unter günstigsten Keimungs- Tabelle IL Keimungsversuche mit Samen verschiedener wildwachsenden Pflanzen (1890—1908). Art CS c 60 c S ^ 1—1 2 •-5 2 CS ■i 1-5 9 I-- in 'S 2 A oS 1-5 2 2 1-5 C5 (D CS 1-5 o 1-H 'S »-5 7— ( 1—1 03 1-5 (M 1—1 ilO /o /o /o 7o /o 7o /o /o 7o 7o 7o /o g Stellaria nemorum L. Sisymbrium Sophia L. Sisymbrium offici- 5. 7. 97 16. 8.97 1 2 34 19 3 26 2 — — — — — 87 20. 9. 98 8. 10. 98 0 0 54 15 — — — — — — — — 69 nale Scop. . . . 24. 8. 96 11. 9.96 6 15 47 23 2 — " — — — — — — 93 Sisymbrium offici- nale Scop. . . . 20. 9. 98 8. 10. 98 14 32 2 3 39 1 — — — — — — 91 Thlaspi arvense L. 27. 7. 96 22. 8.96 1 0 9 7 1 0 29 36 4 — — ■ — 87 jj 28. 8. 97 1. 9.97 73 4 1 0 16 — — — — — — — 94 ,^ 8.04 9. 9.05 96 — — — — — — — — — — — 96 Sinapis arvensis Tj. 11. 8. 99 i 2. 9.99 21.9.03 5.10.03 12 35 11 12 15 10 18 22 26 1 3 1 — — — — 86 80 Geranium molle L. 31. 7. 96 22. 8.97 35! 11 16 13 11 2 4 0 1 — — — 93 Malva vulgaris Fr. 24. 8. 96 11. 9.96 29 10 5 7 3 2 10 22 3 2 0 1 94 Gynoglossum offici- nale L 10. 8. 99 4. 9.99 0 0 0 0 52 10 13 7 — — — — 82 BaJlota nigra L. . 8. 8. 96 27. 8.96 15 20 2 12 12 3 9 — — — — — 73 Jahresbericht der Vereinigung für angewandte Botanik VIII 16 242 Dorph- Petersen. Verhältnissen oft 6 — 12 Jahre brauchen, bevor alle gesunden Samen zum Keimen kommen. Ich weise besonders darauf hin, daß die Samen der Arten, von welchen mehrere Keimresultate angegeben sind, verschiedenen Ernten entstammten. Die letzte der drei auf der Tabelle angeführten Thlaspi arv ense-Vr ohen keimt im Gegensatz zu den beiden anderen bereits gleich im ersten Jahre; diese Probe war aber ein ganzes Jahr trocken aufbewahrt worden, ehe sie zur Keimung gelegt wurde, während alle anderen Proben, mit Ausnahme von Geranium nioUe, gleich einige Tage nach der Samenernte gelegt wurden. Die zuletzt erwähnte Samenart keimte indessen erst im Laufe von 9 Jahren fertig — hier scheint die trockene Aufbewahrung die Keimung also nicht zu befördern. Es muß überhaupt bemerkt werden, daß diese Kesultate für die angeführten Arten nicht als all- gemein gültig angesehen werden können, weil der Jahrgang, der Reifegrad und vieles andere auf den Verlauf der Keimung von großem Einfluß sind, was wir ja unter anderem auch an den drei Proben Thlaspi arvense sehen. Untersuchungen von Samen, die verschieden reif waren, haben ergeben, daß der Reifegrad einen großen Einfluß auf den Verlauf der Tabelle III. Keimversuche mit halbreifen und ganz reifen Samen. o a ganz reif 93 85 77 40 9 Plantago 7najor . . . halbreif 96 87 36 1 nicht geschlossen !! ganz reif 97 100 81 13 Keimuntersuchungen mit Samen verschied, wildwachsenden Pflanzen. 243 Keimung ausübt. Die unreifen Samen keimen oft schneller als die reifen, obgleich sie doch von demselben Pflanzenbestand geerntet wurden. Die reifen Samen erreichen indessen in der Regel eine be- deutend höhere Keimfähigkeit als die weniger reifen und bewahren, wie wir es auf Tabelle III sehen, sie auch länger. Übrigens behalten die verschiedenen Unkrautsamen, wie be- kannt, ihre Keimkraft in sehr verschiedenem Grade, und es ist für die landwirtschaftliche Praxis von größtem Interesse, zu wissen, wie lange die Samen ihre Keimfähigkeit im Boden bewahren. Im Herbst des Jahres 1899 wurden deshalb im Untersuchungsgarten der „Dansk Frokontrol" 25 kleine (ca. 5 cm hohe) Blumentöpfe ungefähr 30 cm unter die Erdoberfläche eingegraben, also eben unter der ge- wöhnlichen Pflugtiefe, nachdem 100 Samen von Sinapis arvensis und 100 von Plantago lanceolata in die unkrautfreie Erde jedes Topfes gelegt worden waren. In jedem darnach folgenden Frühjahr wurde dann ein Blumentopf aus dem Boden genommen und der In- halt desselben, die Erde mit den Samen, in die eine Hälfte eines flachen, größeren Tonbehälters gelegt, worin sich unkrautfreie Erde befand. In die andere Hälfte wurden nun für die vergleichende Tabelle IV. Keimversuche mit Samen, welche teils trocken aufbewahrt, teils 30 cm unter die Erdoberfläche eingegraben sind; geerntet und eingegraben 1899. Die Samen aufgegraben Plantago lanceolata Sinapis arvensis und zur Keimung ge- legt den trocken im Zimmer auf- bewahrt in die Erde gegraben trocken im Zimmer auf- bewahrt in die Erde gegraben 7o 7o 7o 7o 6. 4. 1900 98 35 82 77 10. 4. 1901 94 13(?) 91 81 17. 4. 1902 97 40 89 86 18. 5. 1903 94 40 66 64 27. 4. 1904 87 31 50 81 9. 4. 1905 73 23 58 66 22. 4. 1906 42 21 61 94 27. 4. 1907 33 32 54 85 16. 4. 1908 22 30 33 80 13. 5. 1909 0 8 24 87 le" 244 Dorph - Petersen. Keimuntersuchung wieder 100 Samen von jeder der vorher erwähnten Samenarten derselben Proben eingelegt (die im Zimmer trocken auf- bewahrt waren). Die Resultate sehen wir auf der Tabelle IV. Diese sind wohl etwas variierend, teils weil nur 100 Samen zur Keimung gelegt sind, teils weil bisweilen vielleicht Regenwürmer und ähnliches in die ein- gegrabenen Blumentöpfe gekommen sind und störend eingewirkt haben können. Die erlangten höchsten Keimresultate sind jedenfalls als die richtigsten anzusehen. Während die Samen von Plantacjo lanceolata in den ersten Jahren die Keimfähigkeit bei trockener Aufbewahrung behalten haben, sind nun alle diese Samen tot, während von den eingegrabenen Samen, von denen zwei Drittel gleich im ersten Jahre nach der Eingrabung tot waren, nach 10 Jahren noch 8*^/0 keimfähig sind. Sinapis arvensis zeigt sehr interessante Resultate, obgleich sie leider für den Landwirt höcht unbehaglich sind. Die eingegrabenen Samen haben nämlich noch 10 Jahre nach der Eingrabung ganz dieselbe Keimfähigkeit wie von Anfang an, während die meisten der trocken aufbewahrten tot sind. Ich kann hier hinzufügen, daß die dieses Jahr am 26. April aufgegrabene Probe schon am 10. Mai mit 80°/o gekeimt war. Das ist wohl einer der Hauptgründe, weshalb diese Pflanze ein so schädliches Unkraut ist. Ein besonderes Interesse hat es auch, zu wissen, wie die Samen ihre Keimfähigkeit in den verschiedenen Tiefen unter dem Boden bewahren, weshalb wir 1904 Samen verschiedener Kultur- und Un- krautpflanzen in kleinen Blumentöpfen (wie die vorher erwähnten) 8, 20 und 30 cm tief in den Erdboden eingruben. Von 1905 bis 1909 haben wir jedes Frühjahr die Keimfähigkeit dieser Samen untersucht und sie mit den trocken aufbewahrten Samen verglichen. Die Resultate, welche wir in der Tabelle V sehen, zeigen, daß die Samen, welche am tiefsten im Boden lagen, ihre Keimfähigkeit am besten bewahrten, was man ja auch im voraus erwarten konnte. Die kleinkörnigen Samen keimen ungefähr ebensogut bei 20 wie 30 cm Tiefe. Die Samen der Kulturpflanzen, besonders die der Gräser, ver- lieren ihre Keimfähigkeit im Boden in der Regel viel schneller als damit verwandte Unkrautsamenarten. Einige derselben, wie z. B. Agrostemma githago, verlieren doch schon im ersten Jahre ganz die Keimfähigkeit im Boden. Keimuntersuchungen mit Samen verschied, wildwachsenden Pflanzen. 245 Tabelle V. Keimversuche mit Samen, welche trocken im Zimmer aufbewahrt oder 8, 20 und 30 cm unter die Erdoberfläche eingegraben sind, den 23. Oktober 1904. Die Art des Samens Anfäng- liche Keim- fähigkeit 1904 Aufbewahrung des Samens Keimfähigkeit in Vo 1905 1906 1907 1908 1909 1910 Brassica campestris L. rapifera 7o Trocken im Zimmer 90 85 71 65 65 — 100 8 cm unt«r der Erde 20 „ „ „ „ 30 „ „ „ „ 13 20 15 2 3 20 4 9 10 1 5 14 1 3 11 — 46 + Trocken im Zimmer 88 59 41 32 14 — Trifolium 54 7« 8 cm unter der Erde 63 2 1 1 1 — pratense L. „harte" 20 „ .. „ „ 47 5 16 8 9 — Körner . 30 „ „ „ „ Trocken im Zimmer 63 76 48 18 26 37 — Lolivm yercnne S6 8 cm unter der Ei'de o 0 — — — — L. 20 „ „ „ „ 1 0 ■ — — — — 30 „ „ „ „ 5 0 — — — — !lS Trocken im Zimmer 100 81 95 20 6 — Silene inflata 8 cm unter der Erde 52 26 — 21 16 — Sm. 20 „ „ „ „ 91 52 38 37 47 — 30 „ „ „ „ 88 65 61 36 12 — ( Trocken im Zimmer — — 92 50 33 — Rumex crispus 1 100 ' 8 cm unter der Erde — — 64 42 14 — L. 20 „ „ „ „ — 86 74 89 59 — 30 „ „ „ „ — 91 70 79 63 — ^ Viele Landwirte sind der Ansicht, daß Unkrautsamen dadurch unschädlich gemacht werden können, wenn man sie zur Fütterung verwendet. Im Jahre 1904 und 1908/09 haben wir deshalb bei der „Dansk Frokontrol" in Verbindung mit zwei der Versuchsstationen in dieser Richtung eine Reihe von Untersuchungen angestellt. Die Tabelle VI zeigt, daß die Resultate der Untersuchungen absolut nicht mit jener Ansicht vieler Landwirte übereinstimmen. Von so ge- wöhnlichen Unkrautsamen, wie Plantago lanceolata und Matricaria inodora, die bekanntlich oft im Heu vorkommen, geht, wie die Tabelle zeigt, die Hälfte bezw. der vierte Teil der Samen unbeschädigt und keimfähig durch den Magen und Darm der Kuh, und von ebenso schäd- lichen Samen, wie Rumex acetosella und Chenopodium album, geht 246 Dorph- Petersen. Tabelle VI. Keimversuche mit Samen, welche den Verdauungskanal der Kuh oder des Schweins passiert haben. Samenart Anzahl 1000 keimfähige Samen im Futter in der Düngung gefunden Kuh: Plantago lanceolaia . Mairicaria inodora . Schwein: Cerastium vulgatum Spergula arvensis Äiropsis sp. . . . Myosotis sp. . . . Rumex acetosella Chenopodiuyn alhum Veronica sp. 89 574 606 72 41 19 14 11 22 45 150 in 7o 51 26 11 7 9 40 55 ca. die Hälfte unangefochten durch den Verdauungskanal des Schweins. Auch die Samen, welche durch den Darm von Hühnern passierten, haben wir untersucht. Die meisten Samen wurden wohl auf diesem Wege zer- malmt, doch gehen ca. 15*^/0 der letztgenannten zwei Samenarten noch unbeschädigt durch die Verdauungsorgane der Hühner hindurch. Im Futter gegeben können die Haustiere also die Unkrautsamen weder vernichten noch unschädlich machen. Nun ist es freilich die Meinung der Landwirte, daß die Keim- fähigkeit bei den meisten Samen verloren geht, wenn man das un- krauthaltige Futter auf Mühlen mahlt. Herr Assistent Bjerre hat von verschiedenen Mühlen in Jütland 37 verschiedene Proben von solchem unkrauthaltigen Futter gesammelt und zwar vor und nach dem Gemahlenwerden desselben. Unsere Untersuchungen dieser Proben zeigten, daß sie noch alle Unkrautsamen, oft in großen Mengen enthielten: durchschnittlich 10 Arten mit ca. 16000 keim- fähigen Samen pro kg vor dem Mahlen, während die entsprechenden Proben nach dem Mahlen im Durchschnitt noch 5 Arten mit ca. 10000 keimfähigen Samen pro kg enthielten. Besonders fand man viele Samen von Chenopodium alhum, Polygonum lopathifolium und Stellaria media, von denen ca. die Hälfte auch nach dem Mahlen Keimuntersuchungen mit Samen verschied, wildwachsenden Pflanzen. 247 noch keimfähig war. Alle diese Untersuchungen beweisen uns leider die Wahrheit des bekannten Sprichwortes: „Unkraut vergeht nicht!" Wir wissen ja auch, daß der rationelle Landwirt stets einen energischen und hartnäckigen Krieg mit dem Unkraut führen muß, wenn er den Boden davon reinhalten will. Dem kleinen Dänemark allein kostet das Unkraut jährlich mehrere Millionen Mark! Des- halb ist es außerordentlich wichtig, daß die Landwirte den Boden nicht noch mehr durch Verwendung von unkrauthaltiger Saat und unkrauthaltigem Dünger verunreinigen. Den Untersuchungen der „Dansk Frokontrol" nach enthalten gewöhnlich gute Gras- und Kleesamen im Durchschnitt ca. ^U *^/o Un- kraut. Aber selbst bei so geringem Prozentanteil macht dies bei den großkörnigen dieser Samenarten, wie Rotklee, Raygras und ähnlichen, ca. 5000 — 7000 Unkrautsamen pro kg, und bei den kleinkörnigen Sorten, z. B. Trifolum repens, ca. 20000 pro kg. Oft werden aber auch Samen an die Landwirte verkauft, die ein oder mehrere Prozent Unkraut enthalten, weil jene gar zu selten die Beschaffenheit des gekauften Samens durch Nachuntersuchungen kontrollieren lassen. Selbst, wenn das geschieht, tut man es in der Regel nur, um eine gewisse garantierte Reinheit und Keimfähigkeit zu kontrollieren, wäh- rend der Maximalgehalt von Unkraut überhaupt nicht garantiert wird. In den letzten Jahren haben doch einige unserer Sameneinkaufs- vereine auch in dieser Beziehung eine Garantie verlangt. Nach unsern dänischen Vergütungsregeln muß der Verkäufer 15 *^/o des festgesetzten Preises erstatten für jedes Prozent Unkrautsamen mehr in der Ware, als er garantiert hatte. Auf unserem Analysenschein geben wir in Gewichtsprozenten speziell an, wie viel Unkraut sich in der Probe befindet und geben die Namen der gefundenen Arten an. Von den schädlichsten ver- zeichnen wir außerdem, nach Untersuchung von 20 — 40 g der Probe, wie viele Unkrautsamen sich darin pro kg befinden. Meiner Meinung nach darf man bei der Analyse nie die Unkrautsamen zusammen mit anderen Bestandteilen der Probe angeben, wenn es sich um Saat handelt. Wir versuchen kurz und gut die Landwirte so viel wie möglich über das Vorkommen des Unkrauts in den Proben aufzuklären und sie davor zu warnen, den Boden mit unkrauthaltiger Saat zu besäen. Sicher können die Samenkontrollanstalten sehr viel im Kampfe gegen das Unkraut tun und dadurch dazu beitragen, den Ertrag des Bodens zu erhöhen. 248 Ernst Lehmann. Neuere Untersuchungen über Lichtkeimung. (Sammelreferat. ) Von Privatdozent Dr. Ernst Lehmann, Kiel. Dem mir erteilten Auftrag gemäß werde ich Ihnen im folgenden eine gedrängte Übersicht geben über die Entwicklung, welche in neuerer Zeit die Untersuchungen genommen haben, die sich mit der Einwirkung des Lichtes auf die Samenkeimung beschäftigen. Wenn ich als Nichtpraktiker hier vor einem Auditorium sprechen werde, dessen Mitglieder an die praktische Verwertung theoretischer Ergeb- nisse gewöhnt sind, so wird das vielleicht zu einigen Schwierigkeiten Anlaß bieten. Indessen ich hoffe, wir werden zu einem gegenseitigen Verständnis gelangen. Blicken wir eingangs flüchtig zurück auf die Entwicklung der Lichtkeimungsfrage in früheren Jahren, so müssen wir uns zuerst einer Angabe von Caspary (1860) erinnern, der zufolge die Samen von Bulllarda aquatica DC. nur im Lichte zu keimen imstande sind. Ihr schließt sich dann die Mitteilung Wiesners (1878) an, daß auch die Samen von Viscum alhum des Lichtes zur Keimung unumgäng- lich benötigen, was später durch eingehende Versuche bestätigt wurde. Sodann aber war es vor allem Stehler, welcher zum ersten Male für die Lichtkeimungsfrage ein Interesse in weiteren Kreisen wachrief. Er machte meines Wissens zuerst unter Heranziehung von belegenden Experimenten im Jahre 1881 auf die verschiedene Keimfähigkeit von Grassamen im Lichte und im Dunkeln aufmerksam. Stehler experimentierte in erster Linie mit den Samen von Poa nemoralis und Poa pratensis. Er fand als Durchschnittskeimung bei diesen beiden Arten im Lichte 60 7u, im Dunkeln 5%. Andere Grassamen zeigten sich weniger oder gar nicht lichtempfindlich. Diesen Steh 1er sehen Versuchsergebnissen trat dann aufs ener- gischste vor allem Nobbe entgegen. Dieser findet für Poa pratensis sogar Verzögerung im Licht, für andere Grassamen aber keine erheb- Neuere Untersuchungen über Lichtkeimung. 249 liehen Unterschiede. Die an zehn verschiedene Samenkontrollstationen verschickten Samenproben bringen ganz verschiedene Ergebnisse. Wiederum ein Jahr später folgen dann die Untersuchungen von Cieslar, welche für Poa nemoralis und Agrosiis stolonifera ein schnelleres Keimen im Lichte ergeben, während andere Gräser sich hiernach indifferent verhalten. Cieslar betont sodann schon den erheblichen Einfluß der Temperatur auf die Lichtkeimung, ebenso wie er die Beteiligung der verschiedenen Lichtsorten an der Wirkung auf die Keimung in den Kreis seiner Betrachtungen zog. Weiterhin dehnte er seine Unter- suchungen schon über die Gräser hinaus aus und stellte auch für die Keimung der Samen von Nicoüana macrophylla eine fördernde Wir- kung des Lichtes fest. Ganz besonders eingehend mit unserer Frage hat sich dann Jönsson befaßt. Auch er hat bei den verschiedensten Samen die fördernde Wirkung des Lichtes festgestellt. Wir werden auf die be- deutsamen Resultate dieser Arbeit an verschiedenen Stellen noch zurückzukommen haben. Aus den genannten Arbeiten der älteren Periode ergibt sich also als wichtigstes Ergebnis mit völliger Sicherheit, daß das Licht auf die Keimung der Samen einer Reihe von Pflanzen, besonders einiger Gräser, einen fördernden Einfluß ausübt. Ja im Dunkeln angestellte Versuche können unter Umständen vollständige Keimungsunfähigkeit vortäuschen. Ein mehr zufälliges oder wenigstens z. Z. noch nicht genügend geklärtes Zu- sammentreffen ist es dagegen, daß es durch andere Methoden möglich ist, die Wirkung des Lichtes bei den zuerst zu den Untersuchungen herangezogenen Grassamen zu ersetzen. So hat es recht verwirrend gewirkt, daß die Samen von Foa im Dunkeln dann zu keimen im- stande sind, wenn sie bei wechselnder Temperatur gehalten werden, eine ja jetzt allgemein bekannte Tatsache, auf die wohl zuerst Eidam (Bot. Sekt. d. schles. Ges., Ber. f. 1883, S. 232—237) hingewiesen hat, die aber im Zusammenhange mit der Lichtkeimung erst von Jönsson genügend beleuchtet wurde. Da aber diese Arbeit schwedisch ge- schrieben war, so hat sie im allgemeinen nicht die Würdigung ge- funden, die sie verdient hätte, und auch der eben erörterte Punkt hatte darunter zu leiden. Die Arbeiten der neueren Zeit beginnen mit der kurzen Mit- teilung von Heinricher aus dem Jahre 1899, in welcher für Veronica peregrina eine beschleunigende Wirkung des Lichtes auf die Keimung 250 Ernst Lehmann. ermittelt wurde. 1900 gibt Raciborski ganz dasselbe für Nicotiana an und nun folgt in den nächsten Jahren eine ganze Reihe von Mitteilungen, in denen für die verschiedensten Pflanzen eine för- dernde Wirkung des Lichtes bei der Keimung festgestellt wird. Es sind unter denselben die Arbeiten von Heinricher, Kinzel, Bessey, Figdor und Lehmann zu nennen. Alle Übergänge von einfacher Förderung durch das Licht bis zur unbedingten Notwendig- keit für die Keimung, diese z. B. bei den Samen einiger Bromeliaceen nach Heinricher oder den der Gesneriaceen nach Figdor, konnten festgestellt werden. Von besonderem Interesse war es aber dann, daß sich auch Fälle fanden, in denen das Licht im Gegenteil einen hemmenden Einfluß auf die Keimung ausübte oder diese sogar völlig hintanhielt. Diese ursprünglich von Nobbe fälschlicherweise für Grassamen ge- machte Annahme erwies sich jetzt als zutreffend durch die Unter- suchungen von Remer für Phacelia tanaeetifoUa, woran dann noch eine Reihe anderer Fälle anzuschließen ist. Von ihnen ist in erster Linie der Untersuchungen Kinzels an den Samen von Nigella sativa zu gedenken. Die frisch geernteten Samen dieser Pflanze werden bei einer Temperatur von ca. 20 ^ derartig beeinflußt, daß sie monatelang im Keimbett liegen können, ohne auch nur im geringsten Miene zu machen, sich zur Keimung anzuschicken, während doch gleichzeitig verdunkelte Samen völlig normal keimen. Die belichteten Samen keimten sogar nicht, wenn sie nachträglich ins Dunkle über- führt wurden. Sie sind, wie Kinzel es ausdrückt, lichthart geworden. Auch die Samen vieler AUium-kxiQV]. werden durch das Licht an der Keimung behindert oder wenigstens zurückgehalten, was z. B. auch für die Samen der bekannten Gartenpflanzen Nemophüa insignis, Whitlavia grandiflora und in geringerem Maße auch für Phlox Druminondii gilt. Die ganze Frage der Lichtkeimung war also mit diesen Ergeb- nissen in ein ganz neues Stadium gekommen, indem man nun nicht naehr einfach fragte, ob das Licht einen fördernden oder gar keinen Einfluß auf die Samenkeimung hatte, sondern Beispiele für alle denkbaren Fälle gefunden hatte, von solchen Pflanzen, welche, wie die Mistel usw., das Licht zur Keimung unbedingt benötigten, über in- differente Fälle zu solchen, wo das Licht hemmend wirkt. Die früheren, so widersprechenden Ergebnisse der verschiedenen Forscher fanden nun aber in einer Entdeckung ihre Erklärung, welche, schon von Jönsson gemacht, in den Arbeiten der neueren Forscher Neuere Untersuchungen über Lichtkeimung. 251 immer wieder ihre Bestätigung und Erweiterung fand. Schon Jönsson hatte Samen derselben Samenprobe von Poa- Arten zu verschiedenen aufeinander folgenden Zeiten zur Aussaat gebracht und gefunden, daß die Lichtempfindlichkeit nach und nach abnahm. So keimten von Poa pratensis am 7.10.1891 im Licht 88 7o, im Dunkeln 1%, „ 9. 9. 1892 „ „ 80%, „ „ 78 7o. Es tritt also mit der Zeit ein Ausgleich ein. Ganz ähnlich verhält es sich z. B. mit den Samen von Nigella sativa'. Frisch geerntete Samen zeigen im Lichte bei 20° keine einzige Keimung. Anders bei gelagertem Material. Von Haage und Schmidt bezogene Samen ergaben mir im März nach dreitägiger Be- leuchtung innerhalb einer Woche 87 Keimlinge von 100 Samen, wäh- rend dauernd beleuchtete in derselben Zeit noch 19 mal keimten. In anderer Weise hat nach Heinricher die Samenruhe Einfluß auf die Lichtkeimung von Veronica peregrina. Frisch geerntete Samen, welche allerdings erst nach zweimonatiger Ruhe keimen, zeigen im Licht und Dunkeln ca. gleiche Keimprozente mit nur geringer Ver- zögerung der Dunkelsamen, während abgelagerte Samen im Dankein sehr starke Verzögerungen erleiden. Diesen Beispielen ließe sich dann nach den neueren und neuesten Untersuchungen -noch eine lange Reihe anderer anschließen. Gerade auf diesen Punkt aber dürfte wohl in der Praxis der Samen- kontrolle der größte Nachdruck zu legen sein, und manche Differenz wird sich sicher auf diesem Wege noch aufklären lassen. In die Wechselwirkung zwischen Licht und Keimung greift dann als weiterer wichtiger Faktor die Temperatur ein. Schon Cieslar hatte, wie erwähnt, darauf bei seinen Grasuntersuchungen aufmerksam gemacht. Ganz besonders aber hat Kinzel in neuester Zeit die ver- schiedensten Beispiele hierfür erbracht. So berichtet er, daß die keimungshemmende Wirkung des Lichtes auch bei frischen Samen von Nigella sativa nur in so ausgesprochener Weise zustande kommt, wenn die Temperatur nicht unter 20° sinkt; bei 10° und auch noch bei 15" tritt Keimung im Lichte ein, allerdings mit Verzögerung von mehreren Wochen. Für Asphodelus ramosus bringt derselbe Autor folgende Angabe: dunkel hell Versuch A nach 14 Tagen bei 20° 90% 35% B „ 16 „ „ 20° 90% 42% „ 16 „ „14° ? 90°/o 252 Ernst Lehmann. Auch für die Samen von Bcmunculus sceleratus konnte ich den Einfluß der Temperatur auf die Lichtkeimung feststellen. Für die Praxis geht also daraus die Lehre hervor, daß bei Untersuchungen über Lichtkeimung eine annähernd gleichmäßige Temperatur des Keimbettes Erfordernis ist. Andererseits hat sich allerdings auch ergeben, daß kleinen Schwankungen der Temperatur nicht allzugroßer Wert beizulegen ist. Jedenfalls kann man bei einer Anzahl Samen die Temperatur verändern wie man will, ohne auch nur im geringsten Keimung zu erlangen, wenn man nicht das Licht auch in der für den betreffenden Samen erforderlichen Weise berücksichtigt. Es soll damit nur betont werden, daß keineswegs möglich ist, etwa das Tvicht immer durch die Temperatur zu ersetzen. Verschiedene Forscher haben sodann ihr Augenmerk darauf ge- richtet, ob auch die Bedingungen, unter denen der Same reift, bezw. unter denen er im reifen Zustande aufbewahrt wird, einen Einfluß auf die Lichtkeimung auszuüben imstande sind. Es hat sich er- geben, daß verregnete Saat oft ein anderes Verhalten nachher dem Lichte gegenüber zeigt als in trockenem Zustande geerntete. Dafür erbringen Heinricher und Kinzel Beispiele. Sehr eingehend hat Tammes die Frage untersucht, ob das Licht auf getrockneten Samen Einfluß ausübt. Sie kommt zu einem negativen Ergebnis. Hein- richer dagegen glaubt einen fördernden Einfluß der Aufbewahrung im Lichte bei den Samen von Veronica peregrina gefunden zu haben, wäh- rend Laurent für eine Reihe von Samen das Gegenteil feststellt, was indessen jedenfalls noch durch erneute Versuche zu bestätigen sein dürfte. Ehe wir uns nun der Frage zuwenden, wie Licht verschiedener Brechbarkeit auf die Keimung einwirkt , eine Frage , die uns von selbst zu einem Erklärungsversuch der Einwirkung des Lichtes auf die Keimung überhaupt überführt, sei erst noch erörtert, wie lange das Licht auf die Samen im Keimbett einwirken muß, um einen fördernden oder hemmenden Einfluß auszuüben. Aus dem Vorher- gesagten ergibt sich da natürlich ohne weiteres, daß Nachreife- erscheinungen und Temperatur die Einwirkungsdauer des Lichtes in hohem Maße beeinflussen werden. Bei Nigella sativa genügen nach Kinzel bei frischgeernteter Saat und nach 24 Stunden Dunkelkeimung drei Minuten Belichtung, um eine merkliche Veränderung der Keim- kraft zu veranlassen. Raciborski fand, daß seine Tabaksamen eine Belichtung vOn einer Stunde benötigten, um nachher im Dunkeln noch zu keimen. Weniger emptindlich sind andere Samen, für welche dieser Faktor bestimmt wurde. Neuere Untersuchungen über Lichtkeimung. 258 Wenden wir uns nun der besonders in neuerer Zeit von ver- schiedenen Seiten betriebenen Frage der Keimung lichtempfindlicher Samen in verschiedenen Lichtsorten zu. Wie schon erwähnt, hatte schon Cieslar sich auch mit dieser Frage beschäftigt. Er hatte gefunden, daß die Keimung bei Poa nemoralis im gelben Licht der- jenigen im weißen ungefähr gleichkommt, während die im violetten Licht der Dunkelkeimung sich nähert. Dasselbe fand dann Hein- richer für seine Veronica peregrina. Für die durch Dunkelheit geförderten Samen von Phacelia tanacetifolia fand Rem er eine be- sondere Förderung durch die grünen Strahlen, während Heinricher vor allem die blauen Strahlen als wirksam erkennt. Man sieht jedenfalls ein Wirken mehr gegensätzlicher Strahlen bei diesen Samen. Und das scheint übrigens im allgemeinen die Regel zu sein, daß die Lichtsamen in der schwächer brechbaren, die Dunkelsamen in der stärker brechbaren Hälfte des Spektrums besser keimen. Dabei er- geben sich allerdings allerlei Komplikationen, auf die vor allem Kinzel aufmerksam gemacht hat. So ist nach ihm bei Veronica peregrina keineswegs ein sukzessiver Abfall der Keimungsintensität von Dunkel über blau und rot nach weiß zu konstatieren, sondern Dunkelheit beeinflußt unter Umständen die Keimung viel günstiger als z. B. blau. Für blau konnte er eine Hemmung der Stärkebildung und damit wohl einen chemischen Einfluß auf den Keimungsvorgang feststellen. Ebenso konnte bei Poa pratensis in gewissen Nachreife- stadien der Samen eine hemmende Wirkung des Blau festgestellt werden, wie auch Rostrup dasselbe für Poa trivialis und Holcus lanaius fand. Für eine Reihe von Samen fand dann Kinzel einen besonderen Einfluß einzelner Strahlenarten. So soll nach ihm das Grün auf verschiedene Samen besonders günstig wirken. Indessen dürften hier vielfach weitere Untersuchungen mit erheblich größerem Material noch anzustellen sein; auch sind Temperatur, Nachreifeerscheinungen usw. in hohem Maße zu berücksichtigen; wechselt doch nach mehreren Autoren die Beeinflussung der Samenkeimung durch die verschiedenen Strahlensorten in der Weise, daß in höherer Temperatur andere Farben wirksam sind als in niederer. So zahlreich aber auch die Unter- suchungen über diese Fragen in letzter Zeit geworden sind, eine ab- geschlossene klare Erkenntnis über den Grund, warum in dem einen Falle die eine Strahlensorte, in dem anderen Falle die andere wirksam ist, können wir zurzeit noch nicht erbringen. Eine Arbeit aus neuester Zeit von dem Italiener Masulli will die Förderung der Keimung durch die einzelnen Lichtsorten auf das verschiedene thermische 254 Ernst Lehmann. Vermögen derselben zurückführen. Indessen verschiedene Erfahrungen scheinen diese Annahme als nicht ohne weiteres annehmbar zu machen. Jedenfalls werden wir durch die neueren Untersuchungen, welche Kniep und Minder (Zeitschr. f. Bot. 1909, I, S. 619) über die Ein- wirkung verschiedenfarbigen Lichtes auf die Assimilation jüngst dar- legten, zu größter Vorsicht auch auf diesem Gebiete angeregt. Die genannten Untersuchungen kamen ja zu dem Ergebnis, daß nicht die verschiedene Brechbarkeit des Lichtes, sondern vielmehr die ver- schiedene Intensität desselben ihren ausschlaggebenden Einfluß auf die Keimung ausübte. Wenn wir die Angaben von Kinzel durch- sehen, so sind es einzelne Bemerkungen, welche uns diese Auffassung auch für unseren Fall als möglicherweise in Betracht kommend er- scheinen lassen. So sagt der genannte Autor, daß auf die Unter- schiede, ob hell oder dunkel, bei den einzelnen Farben ganz besonders zu achten sei. Die Ansicht jedenfalls, die man zuerst über den fördernden Einfluß des Lichtes allgemein hatte, daß nämlich das Licht insofern in Frage käme, als es die frühere Ausbildung des Chlorophylls ver- anlaßte, hat sich durch die neueren Untersuchungen nicht bestätigen lassen. Hat doch Heinricher z. B. für die Samen von Veronica peregrina festgestellt, daß hier mit etwa früh einsetzender Assi- milationswirkung des Lichtes nicht zu rechnen ist, da die keimungs- fördernde Wirkung des Lichtes auch im kohlensäurefreien Räume eintrat. Vielmehr nimmt Heinricher eine chemische Wirkung des Lichtes und eine hierdurch vielleicht erfolgende frühere Reaktivierung der Reservestoffe an. Auch Kinzel schreibt der im Lichte früher erfolgenden Chlorophyllbildung in den Samen von Poa keine Assi- milationswirkung, sondern eine Wirkung auf die Verteilung der Reservestoffe zu. Andere Forscher vertraten dann wieder die Auffassung, daß das Licht die Transpirationsgröße der Samen beeinflusse und dadurch die verschiedene Wirkung bei der Keimung erzielt wird. Diesen An- schauungen ist ebenfalls Kinzel entgegengetreten durch Kulturen von Samen, die er unter Wasser bei gleicher Temperatur einmal im Licht, das andere Mal im Dunkeln anstellte. Er erhielt z. B. mit Veronica anagallis auch hier ganz dieselben Resultate wie sonst. Wir werden durch alle bisher vorliegenden Untersuchungen meiner Ansicht nach zu der Annahme gedrängt, daß das Licht irgendwelche chemischen Umsetzungen in den Samen auslöst oder hemmt und da- durch seinen Einfluß ausübt. Für diese Annahme haben wir ja auch Neuere Untersuchungen über Lichtkeimung. 255 positive Anhaltspunkte gewonnen. Zuerst erinnere ich nochmals an die Hemmung der Stärkebildung in den Samen von Veronica pere- grina. Weiterhin war es ja Kinzel gelungen, seine lichtharten Samen von Nigella durch Behandlung mit gewissen Chemikalien wieder zur Keimung zu bewegen. Endlich konnte ich zeigen, daß frischgeernteter Samen von Ranunculus sceleratus bei einer Tempe- ratur von 20^ im Dunkeln nicht oder fast nicht zu keimen im- stande ist, dagegen bei Behandlung mit Knopscher Nährlösung daselbst vorzüglich auskeimt, so daß wir also in diesem Falle von einem Er- sätze der Lichtwirkung durch Chemikalien zu sprechen imstande sind. Es wird eben nun eine Aufgabe der Zukunft sein, durch Ein- wirkung verschiedener Chemikalien auf die Samen dem ganzen Probleme etwas näher zu kommen. Vielleicht läßt sich eine Be- ziehung der wirkenden Stoffe zu den Reservestoffen feststellen, viel- leicht ist auch gewissen Stoffen eine katalysatorische Wirkung zuzu- schreiben, womit wir dann zu einer möglichen Parallele zur Lichtwirkung kämen, da ja Stoffe bekannt sind, die erst im Lichte katalysatorisch wirken. Fassen wir nun unsere Ergebnisse nochmals kurz zusammen^ so haben die neueren Untersuchungen über die Lichtkeimung einmal die früheren Angaben über fördernde und hemmende Wirkung des Lichtes in einer langen Reihe von Einzelbeispielen bestätigt und er- weitert. Sodann haben sie ganz in erster Linie gezeigt, daß den Nebenumständen außerordentliche Aufmerksamkeit zu widmen ist. Alter des Saatgutes, Temperatur des Keimbettes, Beschaffenheit der Sämereien spielen bei den Untersuchungen über Lichtkeimung eine außerordentlich große Rolle. Was aber die Erklärung anbetrifft, warum das Licht in dem einen Falle die Keimung begünstigend, im anderen Falle sie hemmend wirkt, darüber sind wir zurzeit noch ganz im unklaren. Vielleicht wird uns darüber eine Untersuchung der chemischen Einwirkungen verschiedener Körper einmal nähere Aus- kunft erteilen, vielleicht wird auch bei Würdigung der neuen von Kniep und Minder eingeführten Methode eine weitere Prüfung der Keimung unter verschiedenen Lichtsorten uns hier fördern. Unterdessen teilte noch Gassner mit, daß auch die Samen einiger südamerikanischer Chloris-Arten des Lichtes zur Keimung be- dürfen. Er wies ganz besonders darauf hin, daß bei ihnen die Ver- dunkelung der Samen im Keimbett für die nachfolgende Keimung schädlich wirkt, eine Eigentümlichkeit, die ihn veranlaßt, Chloris mit Ranunculus sceleratus in einer biologischen Gruppe zu vereinigen 256 Ernst Lehmann. und anderen Samen gegenüberzustellen, die, wie Gesneriaceen usw. nach der Verdunkelung unbeschadet wieder auskeimen. Literaturverzeichnis. . (Ich beschränke mich hier auf die Aufzählung der allerwichtigsten älteren und aller derjenigen neueren Arbeiten, welche sich direkt mit der Einwirkung des Lichtes auf die Samenkeimung beschäftigen. Bezüglich aller Arbeiten aus älterer Zeit, von geringerer Bedeutung und solcher, welche nur gelegentlich auf die Lichtkeimung zu sprechen kommen, verweise ich auf die Literaturliste Kinzels in den Berichten der Deutschen Botanischen Gesellschaft XXVI a, 1908, S. 663 ff. Dort findet sich auch eine Reihe neuerer Arbeiten zitiert, die in indirekter Beziehung zu den Fragen der Lichtkeimung stehen.) 1. Caspary, Bulliarda aquatica DC. (Schriften der Physikalisch-ökonomischen Gesellschaft Königsberg 1860, I, S. 82.) 2. Nobbe, Handbuch der Samenkunde, 1876, S. 240. 3. Wiesner, Die heliotropischen Erscheinungen im Pflanzenreiche. (Denk- schrift der k. k. Akademie der Wissenschaften Wien 1878, XXXIX, ■ S. 48.) 4. Stehler, Über den Einfluß des Lichtes auf die Keimung. (Botan. Zentral- blatt, 1881, VII, S. 157, 158.) 5. Nobbe, Übt das Licht einen vorteilhaften Einfluß auf die Keimung der Grassamen? (Landwirtschaftliche Versuchsstationen 1882, XXVII, S. 347 bis 355.) 6. Cieslar, Untersuchimgen über den Einfluß des Lichtes auf die Keimung der Samen. (Forschungen auf dem Gebiete der Agrikulturphysik 1883, VI, S. 270—295.) 7. Jönsson, Jaktagelser öfver Ljusets betydelse för fröns groning. (Lunds Univ. Aarsskrift 1883, XXIX.) 8. Rostrup, Aarsberetning fra dansk Frökontrol 1893, 1895, 1896, 1899 bis 1900. 9. Wiesner, Vergleichend -physiologische Studien über die Keimung euro- päischer und tropischer Arten von Viseum und Loranthus. (Sitzungsbericht der k. k. Akademie der Wissenschaften Wien 1894, CHI, S. 401.) 10. Heinricher, Ein Fall beschleunigender Wirkung des Lichtes auf die Samenkeimung. (Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1899, XV, S. 503—516.) 11. Raciborski, Über die Keimung der Tabaksamen. (Extr. de ITnst. Bot. de Buitenzorg Nr. 6.) 12. Tammes, Über den Einfluß der Sonnenstrahlen auf die Keimfähigkeit der Samen. (Landw. Jahrb. 1900, XXIX, S. 467—482.) 13. Laurent, Sur le pouvoir germinatif des graines ä la lumiere solaire. (Compt. rendus de l'Acad. d. sc. de Paris 1902, S. 1295—1298.) 14. Remer, Die Keimung von Phacelia tanacetifoUa. (Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1904, S. 328—339.) 15. Heinricher, Notwendigkeit des Lichts und befördernde Wirkung des- selben auf die Samenkeimung. (Beih. z. Botan. Zentralblatt 1902, XIII, S. 164—172.) Neuere Untersuchungen über Lichtkeimung. 257 16. Ernst, Das Keimen der dimorphen Früchtchen von Synedrella nodiflora (L.l Grtn. (Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. XXIV, 1906, S. 450—458.) 17. Figdor, Über den Einfluß des Lichtes auf die Keimung der Samen einiger Gesneriaceen. (Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1907, XXV, S. 582—585.) 18. Kinzel, Über den Einfluß des Lichtes auf die Keimung. „Lichtharte Samen". (Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1907, XXV, S. 269—276.) 19. Heinricher, Beeinflussung der Samenkeimung durch das Licht. (Wiener Festschrift 1908, S. 263—279.) 20. Heinricher, Die Samenkeimung und das Licht. (Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1908, XXVI a, S. 298—301.) 21. Kinzel, Die Wirkung des Lichtes auf die Keimung. (Ebenda XXVI a, S. 105—115.) 22. Kinzel, Lichtkeimung. Einige bestätigende und ergänzende Bemerkungen zu den vorläufigen Mitteilungen 1907 und 1908. (Ebenda S. 631—645.) 23. Kinzel, Lichtkeimung. Weitere bestätigende Mitteilungen usw. (Ebenda S. 654—665.) 24. Bessey, The Florida Strangling Figs. (Annual Report of the Missouri Botan. Garden 1908, XIX, S. 25—33.) 25. Heinricher, Die Keimung von Phacelia tanacetifolia Benth. und das Licht. (Botan. Zeitung 1909, LXVH, S. 45—66.) 26. Masulli, Influenza delle varie radiazione suU plante. (Bull. Orto Bot. Xapoli, 1909, II, S. 329—400.) 27. Lehmann, Zur Keimungsphysiologie und Biologie von Ranunculus scele- ratus L. und einigen anderen Samen. (Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1909, XXVII, S. 476— 494.) 28. Kinzel, Lichtkeimimg, Erläuterungen und Ergänzungen. (Ebenda 1909, XXVII, S. 536—546.) 29. Gassner, Über Keimungsbedingungen einiger südamerikanischer Grami- neensamen. (Ebenda 1910, XXVIII, S. 350 — 364. Jahresbericht der Vereinigung für angewandte Botanik VIII 1 ' 258 C. Correns. Über die Keimung verschiedenartiger Früchte bei derselben Species nach Untersuchungen des Herrn stud. Becker. Von Prof. Dr. C. Correns, Münster. Mit Rücksicht auf die spätere Publikation des Herrn stud. Becker seien hier nur einige Ergebnisse kurz mitgeteilt: 1. Wenn merkliche äußere Verschiedenheiten zwischen den Früchten oder Samen einer Pflanze (Compositen, Chenopodiaceen, Cruciferen) vorkommen, so daß man zweierlei oder gar dreierlei unter- scheiden kann, zeigen sich fast immer auch merkliche Unterschiede in der Keimung, und zwar entweder in der Schnelligkeit (Keim ungs - energie) oder in der definitiven Prozentzahl an Keimlingen (Keim- kraft) oder in beiden Punkten. Dieses verschiedene Verhalten bei der Keimung ist nicht immer proportional der Auffälligkeit der äußeren Unterschiede; speziell können auch bei geringen äußeren Unterschieden (z. B. im Pappus bei den Compositen) sehr auffällige Differenzen im Verhalten bei der Keimung vorkommen. Zuweilen zeigen die einen Früchte resp. Samen eine größere Keimungsenergie, die andere eine größere Keimkraft, so daß das definitive Resultat für die langsamer keimenden Früchte günstiger ausfallen kann. Die langsamer keimenden Früchte resp. Samen bewahren oft ihre Keimkraft länger und zahlreicher, als die schneller keimenden, so daß je nach dem Alter des Materials verschiedene Resultate er- halten werden können. 2. Die physiologische Natur der Blüte (ob zwittrig oder weiblich) und die morphologische Stellung derselben in dem Blüten- stand entscheidet nicht sicher über das Verhalten der daraus hervor- gehenden Früchte bei der Keimung. Bei den Compositen zeigen z. B. die Früchte aus den weiblichen Blüten resp. den Randblüten gewöhnlich eine verzögerte Keimung; Odlinsoga jedoch zeigt unter anderen das umgekehrte Verhalten, hier keimen die Randfrüchte schneller. Bei Atriplex nitens und A. hortensis keimen die aus Keimung verschiedenartiger Früchte bei derselben Species. 259 weiblichen Blüten entstandenen senkrechten schwarzen Früchte viel schwerer als die ebenfalls aus weiblichen Blüten entstandenen senkrechten hellbraunen Früchte, aber etwas leichter als die aus Zwitterblüten entstandenen horizontalen schwarzen Früchte, usw. 3. Die rascher keimenden Früchte sind oft, aber nicht immer leichter und haben auch oft eine weniger dicke Hülle um den Embryo. 4. Oft, nicht immer, verhalten sich die verschiedenartigen Früchte resp. Samen im intakten Zustand äußeren Einflüssen (Licht, Wärme, chemischen Reizen) gegenüber ungleich; die einzelnen Species derselben Familie reagieren aber durchaus nicht immer gleich- sinnig und gleich stark, zuweilen sogar in entgegengesetztem Sinne. Allgemeine Regeln haben sich einstweilen nicht finden lassen. 5. Die Hüllen um den Embryo können von sehr großem Ein- fluß sein, und zwar die Frucht- resp. Samenschale, zuweilen auch das umschließende Deckblatt (z. B. bei Zacyntha). Nach ihrer Ent- fernung keimen die Embryonen der verschiedenartigen Früchte ge- wöhnlich sehr viel ähnlicher. Bei stufenweise zunehmender Befreiung des Embryo nimmt (bei Dimorphotheca hyhrida) die Keimungsenergie der Randfrüchte im gleichen Schritt zu. 6. Meist bleiben aber bei den herausgeschälten Embryonen doch noch geringe Unterschiede erhalten, je nachdem sie aus der einen oder anderen Art von Früchten stammen; weitere Unter- suchungen lehren vielleicht, daß auch dieser Rest durch äußere Ver- hältnisse induziert worden ist. 7. Die Wirkung des Schälens dürfte meist weniger auf der Erleichterung des Wasserzutrittes oder in der Beseitigung einer mechanischen Hemmung beruhen, als auf der Erleichterung des Sauerstoff Zutrittes, wie schon Crocker für Xanthium usw. fand. Die Wirkung des Sauerstoffzutrittes suchen wir aber nicht mit Crocker in der gesteigerten Atmung des Samens, sondern in einem chemischen Reiz, den der Sauerstoff ausübt. 8. Vom teleologischen Gesichtspunkt aus kann man sagen, daß im allgemeinen die leichter verbreitbaren Früchte rascher keimen (z. B. die Flugfrüchte von Calendula- Arien rascher als die Hacken- und besonders die Larvenfrüchte). Es gibt aber auch Ausnahmen; bei Hypochoeris glabra und Oalinsoga keimen z. B. die pappuslosen Randfrüchte schneller. Herr Becker setzt seine Versuche noch fort. 260 ^- Schwappach. Keimprüfung der Koniferensamen. Von Geh. Regierungsrat Prof. Dr. A. Schwappach, Eberswalde. Unter den forstlichen Sämereien gelangen weitaus am häufigsten jene der Koniferen zur Untersuchung, und die Ausbildung der hierfür geeigneten Prüfungsmethoden besitzt daher besondere Bedeutung. Die bisher angestellten Ermittlungen haben ergeben, daß die verschiedenen Arten sich keineswegs gleichmäßig verhalten, sondern eine oft recht verschiedene Behandlung erfordern. Die Technik der Untersuchung hat besondere Rücksicht zu nehmen auf a) Temperatur, b) Feuchtigkeit, c) Licht und d) Keimdauer. Am gleichmäßigsten verhalten sich die Sämereien hinsichtlich der Temperatur, bei welcher die Untersuchung vorzunehmen ist. Im allgemeinen können 25 ** C als jener Wärmegrad betrachtet werden, bei welcher der Keimungsprozeß am besten und raschesten verläuft. Kleine Schwankungen um einige Grade nach oben und unten spielen keine Rolle. Eine Ausnahme macht anscheinend nur die Weimuts- kiefer, deren Same zweckmäßig zunächst vier Wochen in einem un- geheizten, frostfreien Zimmer liegt und dann in den auf 25" erwärmten Keimraum gebracht wird. Wie sehr das Ergebnis der Prüfung durch die Temperatur be- einflußt wird, zeigt nachstehende kleine Tabelle. Es haben gekeimt nach 60 Tagen: zuerst 14 Tage kalt, zuerst 30 Tage kalt, dann 25" dann 25" 79,0 87,0 79,7 84,3 75,0 88,7 80,3 — 81,3 — Der Grad der Feuchtigkeit wird außer durch direkte Ein- wirkung des Menschen wesentlich beeinflußt in der Art des Keim- bettes. Für die meisten Arten ist Filtrierpapier das günstigste Keim- >be Nr. bei 25" u 80,0 Vo 303 65,1 „ M 60,3 „ A 72,3 „ 23 72.3 „ Keimprüfung der Koniferensaraen. 261 bett, Pinus süvestris z. B. keimt hier ganz wesentlich besser als auf Tonplatten. Umgekehrt verhält sich Pseudotsuga Douglasii, die auf letzteren erheblich höhere Prozente liefert als auf Filtrierpapier. Für die Ahies- Arten bildet feuchter Sand das beste Keimbett. Bei ihnen kommt außerdem noch die Keimruhe in Betracht. Im Herbste aus- gelegte Ahies -tarnen fangen überhaupt erst nach 60 Tagen an zu keimen und brauchen 100 Tage zur Beendigung des Keimprozesses, während solche, die im März und später eingelegt werden, schon nach 20 Tagen ausgekeimt haben. Große Schwierigkeiten haben sich lange Zeit aus der wohl auch von Nobbe vertretenen Ansicht ergeben, daß die Keimprüfung bei Ausschluß des Lichtes versagen könne und müsse, während doch die meisten Arten im vollen Lichtgenuß erheblich rascher iind besser keimen als im Dunkeln. Wenn die jetzt ermittelten günstigen Bedingungen geboten werden, so verläuft die Keimprüfung erheblich rascher als in den Bestimmungen des Verbandes deutscher landwirtschaftlicher Versuchsstationen vor- gesehen ist. Eine Keimdauer von 20 Tagen ist bei den meisten Arten vollständig ausreichend, die vereinzelten etwa noch später keimenden Körner kommen bei der Aussaat im Freien überhaupt nicht zur Geltung. Eine längere Dauer erfordert Pseudotsuga Douglasii (40 Tage) und namentlich die Weimutskiefer (60 Tage). Die einheitliche Be- handlung der letzteren ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil durch Ausdehnung der Untersuchung über viele Monate (bis zu 300 Tagen) von den betreffenden Anstalten wesentlich höhere Keim- prozente erzielt werden als bei Beschränkung auf 60 Tage. Eine kürzere Prüfungsdauer entspringt aber nicht nur den Bedürfnissen der Praxis überhaupt besser, sondern ist gerade hier von besonderer Bedeutung, weil die sich erst im Spätsommer und Frühherbst ent- wickelnden Pflanzen vor Eintritt der Fröste nicht mehr ausreifen und daher wertlos sind. Hierdurch komme ich auf die sehr wichtige Frage zu sprechen: Wieweit soll die Keimprüfung auf die Verhältnisse der Praxis Rücksicht nehmen? Sollen wir uns nur bemühen, solche Methoden auszubilden und anzuwenden, die möglichst hohe Prozente ergeben, oder solche, die sich den Verhältnissen, die sich bei der Aus- saat im Freien ergeben, mehr nähern? Daß die Bedingungen, unter denen die Samen an den Prüfungs- anstalten untersucht werden, wesentlich günstiger sind als jene der 262 A.. Schwappach. Keimprüfung der Koniferen. Freikultur, und daß daher die Zahlen der in den Apparaten gefundenen Keimlinge in der Praxis höchstens in ganz seltenen Ausnahmen er- reicht werden, bedarf ja keines besonderen Beweises. Die Keimprozente der Prüfungsanstalten können infolgedessen stets nur als Anhalt für die Bewertung der Sämereien dienen, das Verhältnis der unter ver- schiedenen Bedingungen bei der Aussaat im Freien zu erzielenden Keimpflanzen zu den in den Keimapparaten gefundenen muß durch be- sondere Versuche festgestellt werden. Aber auch die Methoden der Prüfungsanstalten können doch sehr verschiedene Ergebnisse liefern. Außer dem schon angeführten Beispiel verschiedener Keimdauer bei der Weimutskiefer führe ich als besonders in die Augen fallend die Er- gebnisse der Untersuchung des Weißtannensamens an, je nachdem man die Schnittprobe oder die Aussaat in feuchtem Sand verwendet. Erstere liefert etwa 60— 70Vo, letztere selten mehr als 20—25%. Der Handel wird selbstverständlich die ersteren Zahlen bevorzugen, der praktische Wert wird dagegen mehr durch die letztgenannten Zahlen dargestellt. Nach meiner Ansicht scheint mir aus diesem Grunde eine möglichste Übereinstimmung der Anstalten hinsichtlich der von ihnen anzuwendenden Methoden sowie die Ergänzung der Ergebnisse in den Apparaten durch Aussaaten im Freien erforderlich. Zum Schlüsse gestatte ich mir noch die Ansicht der Herren über einige Fragen zu erbitten, die mir gelegentlich meiner Praxis der Samenprüfung entgegengetreten sind. Als solche führe ich nament- lich folgende an: 1. In welchem Verhältnis soll die Zahl der zu untersuchenden Proben zur Größe der Lieferung stehen, um ein Urteil über deren Güte zu gewinnen? 2. Wodurch erklären sich die gelegentlich vorkommenden er- heblichen Abweichungen bei Untersuchung des gleichen Samens durch verschiedene Anstalten trotz grundsätzlich übereinstimmender Methoden? 3. Soll die Reinheitsbestimmung der Saat in allen Fällen vor- genommen werden, auch wenn ein diesbezüglicher Antrag nicht vor- liegt? Diese Frage besitzt besondere Bedeutung wegen der erheblich geringeren Keimkraft aller, wenn auch nur leicht beschädigten Körner. A. Voigt. Über Probenziehungsapparate. 263 Über Probenziehungsapparate. Von Prof. Dr. A. Voigt, Hamburg. Im Jahre 1904 wurde auf einer vom Deutschen Handelstag in Berlin veranstalteten Versammlung von Deutschen und Niederländern einerseits sowie Russen und Rumänen anderseits der Deutsch-Niederlän- dische Vertrag für Teilladungen von dem Schwarzen Meere, dem Asow und der Donau festgesetzt. 1906 erhielt der Vertrag unter Mitwirkung von Dänen und Schweden eine abgeänderte Fassung und heißt von der Zeit an „Deutsch-Niederländischer Vertrag für Getreide von dem Schwarzen Meere, dem Asow und der Donau". Dieser Vertrag, der die Kauf- und Lieferbedingungen regelt, sieht für die russische Futter- gerste. eine Besatzklausel vor, die besagt: „Gute Durchschnittsqualität .... nicht mehr als 3"/o Besatz enthaltend. Weitere 3*^ o Besatz sind gestattet, sofern sie aus Weizen, Roggen und Hafer (außer Wild- oder Flughafer) bestehen". Diese Bestimmung führte dann zu Meinungsverschiedenheiten über den Flughafer, über die im Jahres- bericht der Vereinigung für angewandte Botanik VI (1908) berichtet worden ist. Es kam dann zu einer Änderung des letzten Satzes der Klausel, die folgendermaßen lautet: „Weitere 3*^/0 sind gestattet, sofern sie aus Weizen, Roggen und höchstens 1^/4% Hafer bestehen". Infolge dieser Vorschriften wurde die Analysierung der Gerstenproben auf Reinheit erforderlich. Der Kontrakt schreibt nun ferner vor, daß die Proben für je 50 Tonnen zu ziehen sind und ferner, daß die Analysen an dem Orte der Arbitrage stattzufinden haben. Da Hamburg der Hauptimportplatz von russischer Gerste ist und da jährlich über 1 Million Tonnen importiert werden, so hatte das Laborarorium für Warenkunde der Botanischen Staatsinstitute Gelegenheit, jährlich über 20000 Proben zu untersuchen und dabei Vergleiche anzustellen über die Zuverlässig- keit der Probenziehung. Die Ladungen werden in Hamburg mit Saughebern gelöscht. In den Hebern befinden sich Wägekasten, die zurzeit 2 Tonnen fassen. Es wird nun aus den Wägekasten mit einem Rohr an zwei Stellen 264 A. Voigt. je von einem Vertreter des Abladers und des Käufers die Probe gezogen. Die Proben von 25X2 Tonnen, also von 50 Tonnen, werden zusammen- geschüttet und aus ihnen in geeigneter Weise die Proben für die Analyse genommen und versiegelt. Diese Art der Probenziehung ist vielfach bemängelt worden, und man glaubte, durch mechanische Ein- richtung zuverlässigere Durchschnittsmuster zu erhalten. Die große Anzahl der in unserm Laboratorium in einem Jahre untersuchten Proben bot nun die Möglichkeit, die Genauigkeit des Verfahrens und die Fehlergrenze festzustellen. Nach den gemeinsamen Abmachungen wird die Gerstenprobe zunächst ganz gesiebt zur Feststellung des Sandgehaltes. Dieser Besatz bietet einen guten Anhaltspunkt zum Vergleich der verschiedenen zu einer Ware gehörenden Proben. Dabei hat sich herausgestellt, daß die mittlere Differenz im Sandgehalt unter den zusammengehörenden Proben nur 0,4274 Vo beträgt. Die nach- stehende Tabelle (S. 265) gibt eine Übersicht über die Differenzen. Die Übersicht umfaßt die Untersuchungen von 9367 Proben, die zu 3251 Partien gehören. Von diesen Partien bestanden 2256 aus 100 Tonnen, hatten also 2 Proben, 137 aus 150 t mit 3 Proben, 584 aus 200 t mit 4 Proben und so fort bis zu einer Ladung von 2100 t mit 42 Proben. Dabei zeigten die 42 Proben nur eine größte Abweichung im Sandgehalt von 0,8 °/o, während 2 Proben aus einer Ware von 100 t 9'''o im Sandgehalt aufwiesen. Wenn trotz- dem die mittlere Differenz noch nicht 0,5*^/0 beträgt, so ist nach meinem Dafürhalten die Art der Probenziehung als durchaus zuver- lässig zu bezeichnen. Sie besteht allgemein gesagt darin, daß von möglichst vielen Stellen kleine Teilproben genommen werden. In diesem Falle für 50 Tonnen 25 mal 2 Einzelproben aus je 2 Tonnen. Im weiteren Verlauf der Verhandlungen wurde dann von russischer Seite die Zuverlässigkeit der Entnahme der engeren Mittel- probe für die endgültige Analyse im Laboratorium bezweifelt. Nach- dem dort die ganze Probe von etwa 1500 g gesiebt und der Besatz gewichtsmäßig ermittelt worden ist, wird die so vorgereinigte Probe in einer flachen Schale etwa 3 — 4 cm hoch unter Vermeidung jeg- licher starker Erschütterung vorsichtig ausgebreitet, dann werden mit 'einer flachen Schaufel 2 mal 100 g für 2 getrennte Analysen ent- nommen. Auch für die Differenz dieser beiden Parallelanalysen wurde der mittlere Fehler festgestellt; er ergab sich ebenfalls unter 0,5 "/o und zwar für 9846 Parallelanalysen 0,385%. An Stelle dieser Probenziehung für die Laboratoriumsanalysen wurde vorgeschlagen, Apparate zu verwenden, die mechanisch eine Reduktion der 1500 g über Probenziehungsapparate. 265 Tabelle L Differenzen der engeren Mittelproben A und B nach dem 22. Dezember 1901). Probenzahl Prozent Ohne 89 i 0,9 0,01 bis 0,09 1482 15,1 0,10 „ 0,19 1667 16,9 0,20 „ 0,29 1521 15,4 0,30 „ 0,39 1217 i 12,4 0,40 „ 0,49 1009 10,2 ] 0,50 „ 0,59 786 8,0 0,60 „ 0,69 616 6,3 0,70 „ 0,79 421 4,3 0,80 n 0,89 320 3.2 0,90 „ 0,99 221 2,2 1,00 „ 1,09 153 1.6 1,10 „ 1,19 110 1,1 1,20 „ 1,29 74 0.7 1,30 „ 1,39 48 0,5 1,40 » 1,49 39 0.4 1,50 „ 1,59 24 0,2 1,60 „ 1,69 10 0.1 1,70 „ 1,79 9 0,1 1,80 ,. 1,89 7 0.1 1,90 „ 1,99 8 0,1 2,00 „ 2,09 1 ^ 2,10 „ 2,19 3 2,20 „ 2,29 2 2,30 „ 2,39 1 2,40 „ 2,49 3 2,50 „ 2,59 1 0,2 2,60 „ 2,69 1 2,70 „ 3,09 — 3,10 „ 3,19 2 3,20 ,, 3,39 — 3,40 1 9846 100,0 Mittel 1,38. /o 0,385 266 A. Voigt. schweren Probe auf die für die engere Analyse notwendigen Menge von 100 g bewirkten. Zu diesem Zwecke wurde ein Apparat empfohlen, der seit langem am Schwarzen Meer zum Probenziehen Verwendung findet. Mit einem solchen konnten nun in unserm Laboratorium Versuche angestellt werden, die aber keine befriedigenden Ergebnisse brachten. Der Apparat hat folgende Anordnung: Aus einem größeren automatisch zu öffnenden Trichter fällt das Getreide über einen Kegel, wird von diesem kreisförmig verteilt und gelangt in acht gleich große Gefäße von der Gestalt eines Kreissektors, die zusammen eine runde Untersatzschale unter dem Kegel bilden. Es wurde nun absolut reine Gerste, mit Sand, schwarzer Erde oder verschiedenen anderen Sämereien gemischt, in den Trichter gefüllt und über den Kegel in die Behälter fallen gelassen. Es zeigte sich, daß in den einzelnen Behältern die Menge der gewählten Beimischungen prozentuell ganz verschieden war. Die nachstehenden Tal)ellen geben einige Beispiele. Tabelle IL Reine Gerste wurde gemischt mit Es be- I II III IV fanden sich im Fach 7% Sesam 7o 3 7o Tabak 7o 10 7o Grobsand 7o 10 7o Feinsand 7o natur. Gerste mit 5,3 7o Sand /o 1 9 3 7,75 8 10 2 11 4,25 8 7V2 5,7 3 11,25 4 1/2 8,33 . 6,75 4,4 4 6 31/2 10 91/2 11,1 5 4,75 1 V2 12 1 2 14,25 4,1 6 ( 2,25 13 V 2 15,25 5,9 7 3,75 2,25 12 10 V2 8,5 8 4 1,75 9,33 8 4,6 größte 1 Schwan- kung 7 V'2 ^ 3 5,75 8V2 7 Bemerkungen zu I: Die Misciiung von den drei Samensorten ist der- artig zusammengestellt, daß sich die drei Komponenten leicht durch Siebe wieder trennen lassen. Die Sesamsaat hat die Größe von kleineren Unkraut- samen, der Tabaksame ist so klein, daß er die Stelle des Sandes vertreten kann. Zu I bis IV: Eine einfache Übersicht lehrt, daß auch das Mittel aus je zwei gegenüberliegenden Fächern (1 und 5 usw.) ebenfalls stark abweichende Werte gibt. über Probenziehungsapparate. 267 Tabelle III. Reine Gerste wurde schichtweise in Es war den Trichter gebracht vorhan- den im Fach I- II. III. 10 7o Sand ca. 107o Erde 7o 7o 1 10 8 7,4 2 11 ' 10 8,9 3 10 10 10,4 4 11 11 11,5 5 11 10 13,9 6 10 12 16,1 7 8 11 13,1 8 9 S 8,3 Größte Abwei- chung mithin 8,7 Die Differenzen in den einzelnen Fächern betragen je nach der Beimischung 2 — 10 "/o. Die Bewegung des Getreides aus dem Trichter über den Kegel bewirkt mithin eine starke Entmischung. In Rußland versucht man diese Fehlerquelle dadurch auszugleichen, daß man nach dem ersten Durchlaufen einer Probe den Inhalt des ersten, dritten, fünften und siebenten Sektors und ebenso denjenigen des zweiten, vierten, sechsten und achten Sektors wieder vereinigt. Es gleichen sich dann tatsächlich — wie auch eine Betrachtung der Tabelle nach dieser Richtung hin einwandfrei ergibt — die großen Abweichungen annähernd aus. Man hat dann aber, wenn man z. B. von einer Probe von 1600 g ausgegangen ist, zunächst nur eine Probe von 800 g und muß diese noch dreimal auf die Hälfte reduzieren, bis man ein Muster von 100 g erhalten hat. Wenn man nun be- denkt, daß nur eine einzige Verwechslung zweier Becher sofort die Richtigkeit stark beeinflußt und ferner die Zeit ins Auge faßt, die zur Erlangung einer Untersuchungsprobe nötig ist, so wird man diese Apparate sicher nicht empfehlen können. In dem Laboratorium der Berliner Börse, das dort für die Gerstenanalysen von dem Verein der Getreidehändler errichtet worden ist, wurde nun für die Analysen ein Apparat benutzt, der auf denselben Prinzipien beruht wie der eben geschilderte, der aber die Untersuchungsprobe nur einseitig aus der von dem Kegel herabstürzenden Getreidemenge auffängt. Die 268 ■^- Voigt. Über Probenziehungsapparate. Zahlen der obigen Tabelle beweisen zur Genüge, daß diese einseitig abgezogene Probe in der Zusammensetzung von der Gesamtprobe wesentlich abweichen wird. Außerdem wurde dieser Apparat nicht nur benutzt, um engere Mittelproben zu ziehen, sondern er besaß außerdem einen Mischzylinder für eine größere Zahl zu einer Ware gehörender Proben, die dann sämtlich durch den Trichter geschickt wurden und ebenfalls wie jede Einzelprobe nur 400 g für die Analyse in den Auffangbecher abgaben. Es war so obendrein vollständig ausgeschlossen, durch getrennte Analyse event. Fehler in der Analy- sierung der Einzelproben festzustellen. Aus diesen Beobachtungen glaube ich nicht, den mir bekannt gewordenen Probenziehungsapparaten das Wort reden zu dürfen, vor dem Berliner Apparat muß ich direkt warnen. Die Apparate beweisen, daß jede unnötige Bewegung das Ge- treide entmischt und die Zusammensetzung verschiebt. Es empfiehlt sich, zur Erlangung möglichst richtig zusammengesetzter engerer Mittel- proben sowohl aus der Ware selbst als auch aus der Analysenprobe im Laboratorium die Entnahme von relativ kleinen Mengen von möglichst vielen Stellen. Diese Annahme findet in dem oben mit- geteilten mittleren Fehler der Parallelanalysen ihre Bestätigung. L. H. Pammel. Seed testing in Iowa. 269 Seed testing in Iowa. By Professor Dr. L. H. Pammel, Arnes, Iowa. A number of states in the Union have passed laws regulating the sale of seeds; in some states like Maine seeds can only be sold under a guaranty. The Iowa law is somewhat niore comprehensive. An attempt was made to fix Standards of purity and vitality. Seeds sold must be up to the Standards required by law. Seeds with certain class of weed seeds, like Canada Thistle (Cirsium arvense), Quack Grass (Agropyrura repens), Dodder (Cuscuta epithymum and C. ar- vensis), and some others are only permitted in small traces. A second class of weed seeds, like Sweet Clover (Melilotus alba), Black Medick (Medicago lupulina), Bur Clover (Medicago denticulata), Buckhorn (Plantago lanceolata), Bracted Plantain (Plantago aristata), Evening Catchfly (Silene noctiflora), Dock (Eumex crispus), and Sheep Sorrel (Rumex acetosella), and some others are permitted when the amount is not over 2 percent. Practical experience has shown that in many cases it is impossible to separate all of these weed seeds from clover and alfalfa. In some cases the weed seeds are so nearly like the commercial seed that none of the machines can separate them. There are special devices for separating the Buckhorn by utilizing the fact that the seeds of this plant are mucilaginous when moistened. The great trouble has been that farmers often desire a cheap article and hence seeds are purchased with many weed seeds in them. The growing of clover seed for the market is often an incidental matter. If the crop promises well the f armer harvests the clover crop seed. The cleaning of seed is largely a mechanical process, but in some seasons the clover crop is much more weedy than in others, because the red clover may have been winter killed or the drouth of Summer may have influenced the plants in such way that the clover plants are more or lese scattered in the field. Generally speaking clover seed from Iowa has the following impurities, Smart- weed (Polygonum persicaria and P. pennsylvanicu7n), Small Rag- 270 L. H. Pammel. weed (Ambrosia artemisiaefoUa), Large Ragweed (Ambrosia trifida), Foxtail (Setaria glauea and 8. viridis) from southern Iowa, Bracted Plantain (Plantago aristata), Nimblewill (Mulilenhergia mexicana), occasionally some Buckhorn (Plantago lanceolata), Carrot (Daucus carota). So far as I know very little Canada Thistle (Cirsium arvense) seed occurs in clover seed grown in Iowa. The Thistle plant does not seed as freely in this state as in the East, Canada, and Europe. I do not apprehend so much difficulty in the establishment of Standards of purity because cleaning is a mechanical process, and many seeds can be separated from clover provided the clover is grown in clean fields. More attention miist be paid to the matter of clean fields in our agricultural practice. When it comes to the establishment of Standards of vitality the question is a vere different one. The vitality of seeds varies with the season. This is well shown in such a cereal as maize, which varies greatly in different seasons. There are wide fluctuations in regard to the vitality of maize, depen- ding on the aniount of moisture during the ripening season, and the amount of precipitation in the fall when seed maize is gathered. The conditions under which seeds germinate have by no means been determined. The writer and Miss King') have made a study of the germination of a large number of weed seeds. One of the striking facts brought out in this study is the vitality Variation in different seasons. Some more rapid method of determining the amount of impurity in samples of seed submitted to analysis should be made. For the purpose of facilitating the work the following method has been devised. I am under obligations to Miss Charlotte M. King for the deter- mination of the weights of weed seeds. This method was published in a former publication ^). *) A paper on this subject will be published in füll in the Proceedings of the Iowa Academy of Science for 1910. A brief resume was given at the Winnipeg meeting of the British Association for the Advancement of Science 1909. See also Beal, Proc. Soc. Prom. Agr. Sei. 1899, and Waldron, Bull. N. Dak. Agr. Exp. Sta. 62, and the references in Detmer, On germination of seeds. -) L. H. Pammel, R. E. Buchanan and Charlotte M. King in Bull. Iowa State Expt. Sta. 88 : 58. The analysis given in another buUetin „Results of Seed Investigation for 1907" by L. H. Pammel and* Charlotte M. King, indicates the value of this method. See*Bull. Iowa State College Expt. Sta. 99 : 71. Seed testing in Iowa. 271 Weight Table for Weed Seeds. To determine number of any kind of seed to the ounce, multiply number per gram, as given in table, by 28 • 3, to find number to the pound, multiply as before, the number per gram by 453 "öS. Name of seed Number of seeds per gram Weight of one seed in Milligrams Ahutilon avicennae (Velvet Leaf) . Acnida tiiberculata (Water Hemp) Ägropyrum repens (Quack Grass) . Amarantus retroflexus (Tumbleweed) Aynhrosia artemisiaefolia (Small ragweed) Anthemis cotula (Mayweed) Arcfium lappa (Burdock) Avena fatua (Wild Oats) ., sativa (Oats) Brassica nigra (Black Mustard) . . . „ arvensis (Wild Mustard) . . . Bromus arvensis (Brome Grass) Camelina sativa (False Flax) .... Cassia chamaecrista (Partridge Pea) . Chenopodium alhum (Lamb's-quarter) Cichorium intyhus (Chicory) .... Cirsium arvense (Canada Thistle) . „ discolor (Common Thistle) . . ;, lanceolatum (Bull Thistle) Chilean Dodder Cuscuta arvensis (Dodder) „ epithymum (Clover Dodder) . Cyperus esculentus (Nut Grass) . . . Dalea alopecuroides (Dalea) Dactijlis glomerata (Orchard Grass) . . Datura stratnonium (Jimson Weed) . Daucus carota (Wild Carrot)] .... Elymus virginicus (Wild Rye) .... Euphorbia Freslii (Spurge) Hihiscus trionum (Mallow) Ipomoea purpurea (Morning-glory) 109 9- 2800 360 2- 2684 2500 2- 4200 320 o ö 45 22- 38 26- 1200 496 2 533 1- 900 1- 119 8- 1440 6500 880 1- 174 6- 456 2- 1688 3840 540 1- 350 2- 1370 146 6- 1250 190 5- 1720 304 3- 41 24- 15 357 '77 37 •4 238 12 •22 1 '782 •02 89 11 •4 69 154 13 79 19 8 592 26 85 855 73 25 8 '27 581 28 •4 272 L. H. Pammel. Name of seed Numbei" of seeds per gram Weight of one seed iu Milligrams Lepidium apetalum (Peppergrass) . Liatris punctata (Blazing-star) . Medicago denticulata (Bur Clover) ,, lupulina (Yellow trefoil) „ sativa (Alfalfa) .... Monarda fistulosa (Horsemint) . . Muhlenbergia glomerata (Drop-seed) „ ynexicana . . . . Nepeta cataria (Catnip) .... Oxyhaphus nydaginea (Oxybaphus) Panicum capiUare (Old Witch Grass) „ crus galli (Barnyard Grass) „ gldbrum (Smooth Crabgrass) „ sajiguinale (Grab grass) . Paspalum Fhleum pratense (Timothy) . Physalis puhescens (Ground Cherry) Plantago aristata (Bracted Plantain) „ laneeolata (Rib-grass) . . ,, Rugelii (Rugel's Plantain) Poa prateyisis (ßlue-grass) . . . „ serotina (False Red Top) . Polygonum incarnatum (Smartweed) „ persicaria (Lady's Thumb) „ hydropiper (Smartweed) . „ hydropiperoides (Smartweed) „ convolvulus (Black Bindweed) „ pennsylvanicum (Smartweed) Potentilla norvegica (Five-finger) Bumex acetosella (Sheep Sorrel) „ crispus (Curly Dock) ,. obtusifolius (Dock) . Saponaria vaccaria (Cowherb) . Salsola Jcali Serophularia yiodosa (Simpson Honey Weed) Setaria glauca (Pigeon Grass) 2515 300 370 692 452 1080 9400 1076 404 2592 1400 3700 3640 2888 760 1152 1704 17050 10370 640 712 216 200 11880 2000 728 846 228 1300 6690 368 Seed testing in Iowa. 27B Name of seed Number Weight of of seeds one seed in per gram Milligrams 544 1 28 815 469 1000 1 135 1000 1 900 1 11 496 2 02 1604 623 662 1 49 1904 529 34 29 4 34 29 4 1028 972 2408 •413 Setaria italica (Millet) „ viridis (Green Foxtail) . . . Sido, spinosa (Sida) Silene noctiflora (Catchfly) .... „ sieUata Thalictriim purpurascens (Meadow-rue) Trifolium hybridum (Alsike) „ pratense (Red Clover) . „ repens (White Clover) . . Triticum sativum (Winter Wheat) . . ,; „ (Spring Wheat) . . Verhena strieta (Vervain) urticaefolia (Vervain) . . , Jahresbericht der Vereinigung für angewandte Botanik VIII 18 Verlag von Gebrüder Borntraeger in Berlin W 35 Schöneberger Ufer 12a Botanisches mikroskopisches Praktikum für Anfänger von Professor Dr. M. Möbius. Zweite veränderte Auflage. Mit 15 Abbild. Geb. 3 Mk. 20 Pfg. Die Bedeutung der Reinkultur Eine Literaturstudie von Dr. Oswald Richter, Privat- dozenten und Assistenten am Pflanzenphysiologischen In- stitut der Deutschen Universität in Prag. Mit drei Text- figuren. Geheftet 4 Mk. 40 Pfg. Handbuch der landwirtschaftlichen Bak- teriologie von Dr. Felix Löhnis, Privatdozenten an der Universität Leipzig. Geheftet 36 Mk. Gebunden 41 Mk. Landwirtschaftlich - bakteriologisches Praktikum Anleitung zur Ausführung von landwirtschaftlich -bakterio- logischen Untersuchungen und Denionstrations-Experimenten von Dr. Felix Löhnis, Privatdozenten an der Universität Leipzig. Mit 3 Tafeln und 40 Abbildungen im Text. Ge- bunden 3 Mk. 40 Pfg., geb. und mit Schreibpapier durch- schossen 4 Mk. Einführung in die Mykologie der Nahrungs- mittelgewerbe von Professor Dr. Alexander Kossowicz, Privatdozent an der Technischen Hochschule in Wien. Mit 21 Ab- bildungen im Text und auf Tafeln. Gebunden 5 Mk. Unter der Presse befindet sich: Einführung in die Mykologie der Genußmittel und in die Gärungsphysiologie von Professor Dr. A. Kossowicz. Mit vielen Text- abbildungen und zwei Tafeln. Geheftet ca. 5 Mk. Inhalt: Mykologie der Brauerei, der Brennerei, der Rumfabrikation, Preßhefefabrikation, der Weinbereitung, Cltampagnerfabrikation, der Essig- fabrikation, Senffabnkation, der Kaffee-, Tee-, Kakaogärung und der Tabakfermentation. Ausführliche Prospekte gratis und franko Verlag von Gebrüder Borntraeger in Berlin W 35 Schöneberger Ufer 12a Arten und Varietäten und ihre Entstehung durch Mutation. An der Universität von Kalifornien gehaltene Vorlesungen von Hugo de Vries. Ins Deutsche übertragen von Professor Dr. H. Kleb ahn. Mit 53 Textabbildungen. Geheftet 16 Mk., gebunden 18 Mk. Das Problem, der Befruchtungsvorgänge und andere cytologische Fragen von Professor Dr. B. Nemec, Vorstand des pflanzenphysiologischen Institutes der k. k. böhmischen Universität Prag. Mit 119 Abbildungen im Text und 5 lithographischen Doppeltafeln. Geh. 2U Mk. Geb. 23 Mk. 50 Pfg. Studien über die Regeneration von Professor Dr. B. Nemec. Mit 180 Textabbildungen. Geheftet 9 Mk. 50 Pfg., gebunden 11 Mk. 50 Pfg. Lehrbuch der allgemeinen Botanik von Professor Dr. E. Warming u. Professor Dr. W.Jo- hannsen. Herausgegeben von Dr. E. P. Meinecke. Mit 610 Textabbildungen. In Ganzleinen gebunden 18 Mk. Monographia Uredinearum seu specierum cognitarum omnium ad hunc nsque diem descriptio et adumbratio systematica auctoribus P. et H. Sydow. Volumen I: Genus Puccinia. Cum XLV tabulis. Ge- heftet 75 Mk. Volumen II: Genus Uromyces. Cum XIV tabulis. Ge- heftet 50 Mk. Thesaurus litteraturae mycologicae et liehe nologicae ratione habita praecipue omnium quae adhuc scripta sunt de mycologia applicata quem con- gesserunt G. Lindau et P. Sydow. 2 Volumina. A— Z. Geheftet 140 Mk. Ausführliche Prospekte gratis und franko Verlag von Gebrüder Borntraeger in Berlin W35 Schöneberger Ufer I2a Einführung in die experimentelle Ver- erbungslehre von Professor Dr. phil. et med. Erwin Baur. Mit 80 Textfiguren und 9 farbigen Tafeln. In Ganzleinen gebunden 10 Mk. Jahresbericht der Vereinigung für angewandte Botanik Der Jahresbericht verfolgt die Aufgabe der Förderung und Vertiefung der ivissenschaftlichen Erkenntnis im Dienste von Land- und Forstioirtschaft , Handel und Gewerbe durch botanische For- schung. Gerade die landwirtschaftlich -praktische Botanik ist in kurzer Zeit zu einem Wissenszweig herangewachsen, der bei voll- ständiger Selbständigkeit in seinen Errungenschaften bereits hervor- ragend maßgebend geworden ist für den weiteren Fortschritt auf den bezeichneten Gebieten. Der Jahresbericht dient daher als Sammelpunkt für die auf landwirtschaßlichen und verivandten Gebieten ausgeführten botanischen Forschungen. Bis jetzt liegen vor: Erster Jahrgang 1903 Geheftet 4 Mk. Zweiter Jahrgang 1903—1904 . Geheftet 5 Mk. 20 Pfg. Dritter Jahrgang 1904—1905. Mit zwei Tafeln und 10 Text- abbildungen Geheftet 10 Mk. Vierter Jahrgang 1906. Mit acht Tafeln und 7 Textabbil- dungen Geheftet 14 Mk. Fünfter Jahrgang 1907. Mit fünf Tafeln und 5 Textabbil- dungen Geheftet 16 Mk. 40 Pfg. Sechster Jahrgang 1908. Mit zwei Tafeln und 7 Textabbil- dungen Geheftet 16 Mk. Siebenter Jahrgang 1909. Mit sieben Tafeln und 52 Text- abbildungen Geheftet 16 Mk. Ausführliche Prospekte gratis und franko Verlag von Gebrüder Borntraeger in Berlin W 35 Schöneberger Ufer 12a Jahresbericht der Vereinigung für angewandte Botanil( Der Jahresbericht verfolgt die Aufgabe der Förderung und Vertiefung der ■wissenschaftlichen Erkenntnis im Dienste von Land- und Forstwirtschaft, Handel und Gewerbe durch botanische Forschung. Gerade die landwirtschaftlich-praktische Botanik ist in kurzer Zeit zu einem Wissenszweig herangewachsen , der bei vollständiger Selb- ständigkeit in seinen Errungenschaften bereits hervorragend maß- gebend geworden ist für den weiteren Fortschritt auf den bezeich- neten Gebieten. Der Jahresbericht dient daher als Sammelpunkt für die auf landwirtschaftlichen und verwandten Gebieten ausgeführten botanischen Forschungen. Bis jetzt liegen vor: Erster Jahrgang 1903. Geheftet 4 Mk. Zweiter Jahrgang 1903—1904. Geheftet 5 Mk. 20 Pfg. Dritter Jahrgang 1904—1905. Mit 2 Tafehi ii. 10 Textabb. Geheftet 10 Mk. Vierter Jahrgang 1906. Mit 8 Tafeln und 7 Textabb. Geheftet 14 Mk. Fünfter Jahrgang 1907. Mit 5 Tafehi und 5 Textabb. Geheftet 16 Mk. 40 Pfg. Sechster Jahrgang 1908. Mit 2 Tafehi und 7 Textabb. Geheftet 16 Mk. Siebenter Jahrgang 1909. Mit 7 Tafeln und 52 Textabb. Geheftet 16 Mk. Ausführliche Prospekte gratis und franko Jahresbericht der Vereinigung für angewandte Botanik Neunter Jahrgang 1911 Mit 22 Textabbildungen und 1 Tafel ->^^ Berlin Verlag von Gebrüder Borntraeger W 35 Schöneberger Ufer 12 a 1912 Jahresbericht der Vereinigung für angewandte Mmk Neunter Jahrgang 1911 Mit 22 Textabbildungen und 1 Tafel ^~< Liei^ARY NEW YORK ßOTANICAL ÜAKWUN. Berlin Verlag von Gebrüder Borntraeger W 35 Schöneberger Ufer 12 a 1912 Alle Rechte vorbehalten Druck von E. Buchbinder (H. Duske), Neurupjjin. Inhalts-Verzeichnis Seite 1. Bericht über die 9, Hauptversammlung der Vereinigung in Bromberg und Danzig 4. — 15. Augu^it U»ll, erstattet von C. Brick und H. Fischer V— XXXTX Darin entlialten u. a. Versammlung von Vertretern der Organisation des Pflanzen- schutzes im Deutschen Reiche VI Ger lach, Ziele, Aufgaben und Einrichtungen des Kaiser Wilhelms Instituts für Landw irtschaft in Bromberg . . VIII — XIII Seh and er, Die Abteilung für Pflanzenkrankheiten .... X — XIII Diskussion zu Schaffnit, Biologie der Getreide-Fusarien . . XIII — XVII Schauder, R., Brombergs Holzhandel XVIII— XXII Wolff, M., Demonstration eines Miniatur- Scheinwerfers und einer Drehljrause für photographisclie Zwecke . . XXII — XXIII Scbaffait, E., Mikroskopische Futtermittelprüfung . . . XXIII — XXVI Diskussion XXVI— XXVIII Kommission zur Forderung und einheitlichen Ausgestaltung der botanischen Untersuchungsmethoden für Futtermittel XXVIII Diskussion zu Rüggeberg, Anatomie des Zuckerrübenkeim- lings XXVIII— XXX Diskussion zu Krause, Blattfleckenkrankheit am Getreide XXX — XXXII Ausflug nach dem Zwergbirkenhochmoor von Neulinum und dem Parke des Grafen Alvensleben in Ostrometzko . XXXII Generalversammlung der Deutschen Botanischen Gesellschaft XXXIII Geschäftssitzung: Jahresbericht, phytotherapeutische Or- ganisation, Vorstandswahlen XXXIII — XXXV Naniuana, A., Einige Krankheiten gärtnerischer Kulturge- wächse, usw XXXVI Exkursionen XXXVI— XXXIX 2. Vorstand im Jahre 1911 und 1912 XL Mitgliederliste 1911 L— LIV 3. Vorträge Schauder, R. , Die Berücksichtigung der Witterungsverhält- nisse in den Berichten über Pflanzenschutz der Haupt- sammelstellen für Pflanzenkrankheiten 1 — 22 I* IV Inhalta-Verzeichnis Treibich, Welches Material kann die Meteorologie der Phyto- Seite pathologie liefern? 23 — 25 Schauder, R., Einrichtung von Beispielen der Schädlings- bekämpfung im praktischen Betriebe 26—38 Schaffüit, E., Beiträge zur Biologie der Getreide-Fusarien . 39 — 51 Riig'g'eberiu;", H., Beitrag zur Anatomie des Zuckerrübenkeim- lings 52—57 Wolft", M., Untersuchungen über die Biologie der Nonne . . 58 — 81 Wolff, M., Über Biologie und Bekämpfung des Kiefernspanners 82—102 Krause, F., Eine Blattfleckenkrankheit am Getreide . . . 103—116 Schander, R., Einriclitungen zur Erzielung niederer Tem peraturen für Versuchszwecke 117 — 139 Souutag', P., Die Torsionserscheinungen der Pflanzenfasern l)eim Anfeuchten und die mikroskopische Unterschei- dung von Hanf und Flachs 140 — 163 Beruegau, Mitteilungen über die Kolanuß 164 — 173 Bernegaii, Ülier Aufbereitung der westafrikanischen Ananas frucht 174—176 Beruegrau, Vorläufige Mitteilung über das Bananenaroma . . 176 Morteusen, M. L., Die Technik der Feldversuche .... 177—187 Vogel, J., Neuere Ergebnisse der Bodenbakteriologie . . . 188 — 197 Naumann, A., Einige Kranklieiten gärtnerischer Kulturgewächse und eigenartige Frostschädigungen an Apfelfrüchten 198 — 217 Mnth, Fr., Üljer die Beschädigung der Vegetation durch oxal- saure Salze und über die Aufnahme von schlechten Geruchsstoffen durch die Trauben 218—240 Bericht über die 9. Hauptversammlung der Vereinigung für angewandte Botanil< in Bromberg und Danzig vom 4. bis 15. August 1911. Bereits auf der Versammlung in Geisenheim im August 1909 lag eine Einladung des Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins zur Abhaltung einer Botaniker- Versammlung in Danzig in einem der nächsten Jahre vor, und die Herren vom Kaiser Wilhelms-Institut für Landwirtschaft in Bromberg hatten gleichfalls um einen Besuch der Vereinigung für angewandte Botanik ersucht. Demgemäß war auch auf der Versammlung in Münster beschlossen worden, die Zusammenkunft für 1911 im August in Bromberg und Danzig abzuhalten. Gleichzeitig hatten auch dieFreie Vereinigung für Pflanzengeographie und systematische Botanik und die Deutsche Botanische Gesellschaft Danzig für ihre nächstjährige Versammlung bestimmt. Ferner beabsichtigte die Deutsche Den dro- logische Gesellschaft vom 5. bis 10. August ihre Jahres- versammlung und ihre Ausflüge in Danzig und Westpreußen zu veranstalten. Diese Beschlüsse wurden unsern Mitgliedern durch Rundschreiben vom 15. September 1910 mitgeteilt. Für Bromberg hatte sodann Dr. Schander nach Rücksprache mit Professor Dr. Gerlach, Direktor des Kaiser Wilhelms-Instituts, und für Danzig Prof. Dr. Kumm, Direktor des Westpreußischen Provinzialmuseums, gemeinsam mit Prof. Dr. Lakowitz, Direktor der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig und Vorsitzender des Westpreußischen Botanisch- Zoologischen Vereins, Vorschläge für ein vorläufiges Programm ge- macht, die einer gemeinsamen Beratung von Vorstandsmitgliedern der beteiligten drei botanischen Gesellschaften am 5. Februar 1911 im Kgl. Botanischen Museum in Dahlem unterzogen wurden; anwesend waren dabei Geheimrat Prof. Dr. Engler und Prof. Dr. Gilg für die F. V. f. Pfl. u. s. B., Prof. Dr. Volkens und Dr. Wächter für die D. B. G., Prof. Dr. Zacharias und Prof. Dr. Brick für die V. f. VI Bericht über die 9. Hauptversammlung der Vereinigung a. B. sowie Prof. Dr. Kumiu. Ein vorläufiges Programm wurde sodann unsern Mitgliedern am 1. Mai und das endgültige, für die drei Gesellschaften gemeinsame Programm am 19. Juli 1911 zugesandt. Folgende 31 Mitglieder nahmen an der Versammlung in Bromberg teil: Appel-Dahlem, Behrens-Dahlem, Bredemann-Harleshausen, Brick-Hamburg, Bubak-Tabor, Dingler- Aschaffenburg, Engler- Dahlem, Ewert-Proskau, H. Fischer-Friedenau, Gaßner- Hamburg, G ü 11 üg- Bromberg, Herold-Bromberg.Hiltner-München, Jakowatz- Tetschen, Kor n au th - Wien, Krau se -Bromberg, Kühle-Guns- leben, Lemcke- Königsberg, Merkel -Berlin, Mortensen-Lyngl)y, K. Müll er- Augustenberg, Naumann-Dresden, Plaut-Halle, Riehm- Dahlem, Schaffnit-Bromberg, Schander-Broraberg, Schikorra- Bromberg, Voigt -Hamburg, Wagner -Quedlinburg, Frl. Westerdyk- Amsterdam, Wolff-Bromljerg und ferner als Gäste Borchers- Bromberg, Dr. H. Detzner- Bromberg, Prof. Dr. Gerlach -Bromberg, He nn ig -Bromberg, Dr. Kienitz-Bromlierg, Kies che -Bromberg, Prof. Dr. Krüger-Bernburg, Nordmann-Bromberg, W. A. Orton- Washington, D. H. Rüggeberg-Bromberg, Dr. W. Stockberger- Washington, Dr. Wollenweber-Dahlem und G. Woycziechowski- Bromberg. Zu Danzig kamen ferner hinzu Bern egau- Berlin, Kumm- Danzig, Lakowitz-Danzig, Maurizio-Lemberg, Sonntag-Neufahr- wasser, Vogel -Bromberg und als Gast Prof. Dr. Th. Bail-Danzig; an den Ausflügen beteiligten sich ferner von unseren Mitgliedern Bitter-Bremen, Pilger-Dahlem, Reinhardt-Berlin, Thost-Berlin und Wächter- Steglitz. Donnerstag, den 3. August, fand eine Versammlung von Vertretern der Organisation des Pflanzenschutzes im Deutschen Reiche unter dem Vorsitz des Direktors der Kaiserl. Biologischen Anstalt für Land- und Forstwirt- schaft, Geheimrat Prof. Dr. Behrens, im Kaiser Wilhelms-Institut für Landwirtschaft in Bromberg statt. Außer mehreren anderen Gegen- ständen wurde beraten über die Benutzung der Witterungsberichte für die Berichte über Pflanzenschutz (s. S. 1 — 22), und über die Unterlagen, welche die Meteorologie dem Pflanzenschutz liefern kann (s. S. 23 — 25), sowie über Einrichtungen von Beispielen der Schädlingsbekämpfung im praktischen Betriebe (s. S. 26 — 38). Ein gut besuchter Begrüßungsabend vereinigte im Restaurant „Zum Reichskanzler" die an dieser Beratung beteiligten mit den im Laufe des Tages eingetroffenen Mitgliedern unserer Vereinigung und den Bromberger Herren. VII Freitag, den 4. August, eröffnete an Stelle des amtlich am Erscheinen verhinderten 2. Vorsitzenden der 1. Schriftführer der Vereinigung, Professor Dr. ßrick, die erste Sitzung im großen Hörsaal des Kaiser Wilhelms - Instituts für Landwirtschaft bei Anwesenheit von 40 Mitgliedern und Gästen um 9V4 Uhr mit folgenden Worten: Bei der Eröffnung der diesjährigen 9. Hauptversammlung der Vereinigung für angewandte Botanik begrüße ich zunächst die von ferne und aus der Nähe hergekommenen Mitglieder, welche den weiten Weg und die große Hitze nicht gescheut haben, um an der Zusammen- kunft, den Vorträgen und deren Besprechungen sowie an den sonstigen Beratungen sich zu beteiligen. Herzlichst heiße ich auch die er- schienenen Gäste willkommen. Wenn ich diese Versammlung eröffne, so geschieht es mit einer gewissen Wehmut. Es fehlt hier an dieser Stelle der Mann, der seit mehreren Jahren unsere Versammlungen mit großem Interesse und innerer Freude vorbereitete und leitete. Unser Professor Zacharias ist uns im März dieses Jahres durch den Tod plötzlich entrissen worden. Ich habe versucht, ein kurzes Lebens- bild von Zacharias in einem Nachruf zu geben, der dem Jahres- hefte der Vereinigung beigelegt und dem auch ein Ihnen jedenfalls willkommenes, wohlgelungenes Bildnis des Verstorbenen mitgegeben war. Ihnen allen ist ja Professor Zacharias bekannt und Sie wissen, daß die Vereinigung ihm ein großes Aufblühen verdankt. Ich glaube, daß wir nichts Besseres tun können, als der Devise treu zu bleiben, die der Verstorbene für unsere Versammlungen aufgestellt hat: „Interessante Vorträge, lehrreiche Besichtungen, gemütliche Zusammen- künfte und Ausflüge." Ich bin sicher, daß Sie alle dem Verstorbenen ein treues Andenken bewahren werden. Ich bitte Sie, sich zu Ehren des Verstorbenen von Ihren Plätzen zu erheben. (Es geschieht). Ich danke Ihnen. Das diesjährige Programm ist sehr umfangreich und auf zwei Städte verteilt. Eine Vorversammlung wird in Bromberg stattfinden, wo die botanisch-landwirtschaftlichen und die phytopathologischen Vor- träge gehalten werden, während die allgemeineren Vorträge für Danzig vorgesehen sind. Für die Zusammenstellung und Durchführung des schönen Programms sind wir verschiedenen Herren zu Dank verpflichtet, so für Bromberg Herrn Dr. Schander, der die Besichtigungen und Ausflüge ausgearbeitet hat, und Herrn Professor Ger lach, der das schöne neue Kaiser Wilhelms -Institut für Landwirtschaft unserer Vereinigung für ihre Sitzungen hier freundlichst zur Verfügung gestellt VIII Bericht über die 9. Hauptvereammlung der Vereinigung hat. Schon beim ersten Eintritt in das Gebäude gewinnt man den Eindruck, daß hier ein großes und modernes wissenschaftliches Institut geschaffen ist. Professor Dr. Gerlach - Bromberg begrüßte als Direktor des Kaiser Wilhelms -Instituts für Landwirtschaft die Versammlung so- dann mit folgenden Worten: Hochverehrte Herren! Es ist meinen Kollegen und mir eine Ehre und große Freude, Sie in den Räumen des Kaiser Wilhelms- Instituts für Landwirtschaft zu begrüßen. Ich heiße Sie herzlich willkommen und werde mich freuen, wenn Ihre hiesige Versamm- lung Ihnen die vollste Befriedigung und der Wissenschaft großen Nutzen bringt. Durch Ihren Herren Vorsitzenden ist mir mitgeteilt worden, daß es Ihnen angenehm sein würde, etwas Näheres über die Ziele, Aufgaben und Einrichtungen des neuen Instituts zu erfahren. Ich komme diesem Auftrag sehr gern nach. Das genannte Institut wurde im Sommer 1906 eröffnet. Die Aufgaben, welche ihm gestellt worden sind, ergeben sich aus § 2 der Satzungen. Dieser lautet: „Das Institut hat die Aufgabe, durch wissenschaftliche For- schungen und praktische Versuchstätigkeit diejenigen Bedingungen zu ermitteln, nach denen unter den besonderen klimatischen, Boden- und Wasserverhältnissen der östlichen Provinzen die Landwirtschaft in ihren verschiedenen Zweigen am wirksamsten gefördert werden kann. Durch Einrichtung von regelmäßig wiederkehrenden Vortrags- kursen, durch Demonstrationen und durch Anregung, Anstellung und tlberwachung von Versuchen in den Wirtschaften der Land- wirte soll das Institut gleichzeitig der unmittelbar praktischen Förderung der Landwirtschaft dienstbar gemacht werden." Das Kaiser Wilhelms-Institut für Landwirtschaft hat demnach eine ausgedehnte Versuchstätigkeit, sowie eine umfangreiche Lehr- tätigkeit zu entfalten und enthält Arbeitsräume, sowie Hörsäle, welche mit den neuesten Einrichtungen versehen und mit den in Betracht kommenden Apparaten ausgestattet sind. Es untersteht dem Ministe- rium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten und gliedert sich in die Abteilung für 1. Agrikulturchemie, Bakteriologie und Saatzucht, 2. Meliorationswesen, 3. Pflanzenkrankheiten, 4. Tierhygiene. Ziele, Aufgaben und Einrichtungen d. Kaiser Wilhelmslnstituts IX Der Abteilung für Agrikulturchemie, Bakteriologie und Saat- zucht liegt ein Studium aller jener chemischen Prozesse ob, welche die P^ntwicklung der Pflanzen und Tiere beeinflussen. Sie hat sich ferner mit der Erforschung derjenigen Bakterien zu befassen, welche das Wachstum der gesunden Pflanzen fördern oder beeinträchtigen und die Aufgabe, neue Stämme der landwirtschaftlichen Kultur- pflanzen auf ihren Anbauwert zu prüfen, sowie selbst an der Züch- tung neuer Stämme pp. mitzuarbeiten. In das Gebiet der Abteilung für Meliorationswesen gehören wissenschaftliche und praktische Versuche über die Ent- und Be- wässerung der Wiesen und Felder, sowie solche über Bodenmischung und Bodenbearbeitung; kurz Untersuchungen, welche der Agrikultur- ]thysik angehören. Dieser Abteilung ist das Bureau für Wetterkunde und Wettervorhersage angegliedert, welches während der Sommer- monate täglich telegraphisch Nachrichten über das Wetter in den nächsten 24 Stunden an Landwirte pp. zu übermitteln hat. Die Abteilung für Pflanzenkrankheiten beschäftigt sich nicht allein damit, die Erreger der verschiedensten Pflanzenkrankheiten auf- zufinden und zu studieren, sondern auch Mittel und Wege zu ihrer Bekämpfung unter Verhältnissen der landwirtschaftlichen Praxis aus- findig zu machen. Der Abteilung für Tierhygiene ist die Erforschung und Be- kämpfung der verschiedenen Tierkrankheiten zugewiesen. Sie ist gleichzeitig bestrebt, Vorbeugungsmittel ausfindig zu machen, um eine Erkrankung unserer Haustiere zu verhindern. Hierher gehört demnach nicht nur eine rein tierärztliche Untersuchung der erkrankten Tiere, sondern ein eingehendes wissenschaftliches Studium der verschiedenen Krankheiten, die Darstellung von Schutzstoffen und die Gewinnung von Mitteln, welche eine schnelle und sichere Diagnose der Krank- heiten ermöglichen. Zu der Abteilung für Agrikulturchemie gehört das Versuchsgut Mocheln, welches 350 Morgen umfaßt. Jeder Landwirt ist berechtigt, sich über landwirtschaftliche Fragen, welche in das Arbeitsgebiet des Kaiser Wilhelms-Instituts fallen, Auskunft zu holen. Außer der kurz geschilderten Versuchstätigkeit hat das Kaiser- Wilhelms-Institut für Landwirtschaft, wie bereits erwähnt, eine um- fangreiche Lehrtätigkeit auszuüben, um die Resultate der Forschung auf landwirtschaftlichem Gebiete möglichst allen Kreisen der Land- wirte zugänglich zu machen. Es werden jährlich kürzere und längere X Bericht über die 9. Hauptversammlung der Vereinigung Vortragskurse für Landwirte, sowie Kurse zur Ausbildung von Spezia- listen auf verschiedenen, der Landwirtschaft nahestehenden Gebieten abgehalten. Neben diesen Kursen finden Vorträge über allgemein interessierende Gegenstände statt, zu welchen jedermann Zutritt hat. Eine Lehrtätigkeit in Form von semesterweisen Vorlesungen für jüngere Landwirte, d. h. deren wissenschaftliche Ausbildung ähnlich wie an den landwirtschaftlichen Hochschulen findet zurzeit nicht statt. Dagegen nimmt das Kaiser Wilhelms- Institut Landwirte und Herren, welche eine naturwissenschaftliche Vorbereitung genossen haben, als Praktikanten auf und bildet sie in den eingangs erwähnten Abteilungen auf dem Gebiete der landw. Botanik, Bakteriologie und Chemie, der Tier- und Pflanzenkrankheiten, sowie der Meliorations- technik weiter aus. Dieses, meine Herren, sind kurz angedeutet die Aufgaben, welche dem neuen Institut gestellt worden sind. Indem ich Sie nochmals hier herzlich willkommen heiße, hoffe ich, daß die Beziehungen zwischen Ihnen und uns, welche bereits angeknüpft sind, sich in den nächsten Tagen noch fester gestalten und im Laufe der Zeit immer häufiger und nutzbringender für die Wissenschaft und Praxis werden. — Der Vorsitzende ' dankte für die freundlichen Begrüßungsworte. Es fand sodann eine Besichtigung der Abteilung für Pflanzen- krankheiten statt, bei welcher der Vorsteher Dr. Schimder folgendes zur Erläuterung ausführte: Die Abteilung für Pflanzenkrankheiten wurde im Jahre 1906 als selbständige Abteilung des Kaiser Wilhelms-Instituts für Landwirtschaft gegründet. Sie hat die Aufgabe durch wissenschaft- liche Forschungen und praktische Versuchstätigkeit diejenigen Be- dingungen zu ermitteln, durch welche unter den besonderen klima- tischen Boden- und Wasserverhältnissen der östlichen Provinzen eine normale Entwicklung der landwirtschaftlichen Kulturpflanzen gewähr- leistet wird, bezw. einer anormalen Entwicklung derselben vorgebeugt werden kann. Insbesondere hat sie die Bedingungen, unter welchen die Kulturpflanzen erkranken, sowie die biologischen Verhältnisse der als Schädiger in Frage kommenden pflanzlichen und tierischen Para- siten zu studieren. Der Bedeutung des Vogelschutzes für die Be- kämpfung tierischer Schädlinge ist durch Einrichtung einer Vogel- schutzstation Rechnung getragen worden. Die Tätigkeit der Abteilung in der landwirtschaftlichen Praxis hat durch die Einrichtung als Hauptsamraelstelle für Pflanzenschutz Ziele, Aufgaben und Einrichtungen d. Kaiser Wilhelms-Instituts XI in den Provinzen Posen und Westpreußen mit 26 Sammelstellen und etwa 1200 Sammlern eine wesentliche Erweiterung erfahren. Da- durch ist die Abteilung für die Provinzen Posen und Westpreußen eine Auskunftsstelle geworden, die in allen Fragen der Pflanzen- ernährung und des Pflanzenschutzes von der Praxis stark befragt wird. Im Jahre 1910 betrug die Zahl der untersuchten Einsen- dungen 1321, der erteilten Auskünfte 2938. Die Übernahme der Hauptsammelstelle bedingt naturgemäß für die Provinzen Posen und Westpreußen auch eine größere Propaganda für Pflanzenschutz, die durch Aufsätze in den Tageszeitungen und landwirtschaftlichen Fach- blättern sowie durch Ausgabe von Flugblättern und Abhaltung von Vorträgen befriedigt wird. Weiterhin hat die Abteilung noch eine gewisse Lehrtätigkeit zu entfalten dadurch, daß sie an den im Kaiser Wilhelms-Institut abgehaltenen Kursen beteiligt ist und selbst Spezial- kurse über Pflanzenkrankheiten abhält. Das wissenschaftliche Personal der Abteilung besteht aus einem Vorsteher, einem wissenschaftlichen technischen Hilfsarbeiter (1. Assi- stent) und zwei wissenschaftlichen technischen Gehilfen (2. Assistenten). Bei Durchführung besonderer Arbeiten werden ihr ein 'oder mehrere wissenschaftliche Hilfsarbeiter zeitweise zur Verfügung gestellt. Zur- zeit setzt sich das wissenschaftliche Personal zusammen aus fünf Botanikern, zwei Zoologen und (für die Sommermonate) einem Landwirt. Die Laboratorien sind im Hauptgebäude des Kaiser Wilhelms- Instituts untergebracht und sind, wenn auch einfach ausgestattet, mit modernen, zweckmäßigen Einrichtungen versehen. Besonders ist die Einrichtung einer größeren Kältemaschinenanlage zu erwähnen. Als Vegetationsstation dient eine flache, nach Dahlemer Muster aus- geführte Glashalle, die allerdings den zu stellenden Anforderungen nicht voll genügt. Neben der Vegetationsstation sind der Abteilung 140 ar Versuchsfeld überwiesen, auf dem eine kleine Baumschule und ein Vogelschutzgehölz angelegt worden sind. 120 ar dienen den verschiedensten Versuchen mit landwirtschaftlichen Kulturpflanzen. Da es naturgemäß in den seltensten Fällen möglich ist, Krankheiten der Pflanzen auf einem Versuchsfelde zu beobachten, stellt die Ab- teilung einen großen Teil ihrer Versuche in den landwirtschaftlichen Betrieben selbst an. Als weitere Arbeitshilfsmittel sind die Bibliothek und die Samm- lungen zu nennen. Die Bibliotheksverhältnisse des Kaiser Wilhelms- Instituts sind derart geordnet, daß jede der 4 Abteilungen eine be- XII Bericht über die 9. Hauptversammlung der Vereinigung sondere Handbibliothek besitzt, deren Vermehrung die Spezialgebiete der betreffenden Abteilungen berücksichtigt. Die Abteilung für Pflanzenkrankheiten enthält demnach die botanische, zoologische und phytopathologische Literatur. Die Sammlung gliedert sich in eine biologische und eine syste- matische Abteilung. Die biologischen Präparate sind in 14 eisernen Glasschränken untergebracht, enthaltend die wichtigsten Krankheiten und Schädlinge der landwirtschaftlichen, gärtnerischen und forstlichen Kulturpflanzen, und dienen im wesentlichen als Anschauungsmaterial für die die Abteilung besuchenden Landwirte, für Kurse und Vor- träge. Der systematischen Sammlung ist von vornherein die größte Sorgfalt gewidmet worden, weil die verschiedenartigen Einsendungen und Anfragen das Vorhandensein genügend reichhaltigen Vergleichs- materials erfordern und die Abgelegenheit des Instituts von anderen wissenschaftlichen Sammlungen sowohl für die Weiterbildung des wissenschaftlichen Personals als auch für die Durchführung der wissen- schaftlichen Arbeiten die Anlage größerer systematischer Sammlungen wünschenswert erscheinen ließ. Dadurch, daß in diesen Sammlungen die Flora und Fauna der Provinzen Posen und Westpreußen berück- sichtigt werden, beteiligt sich die Abteilung mit ihren botanischen und zoologischen Mitarbeitern naturgemäß auch an der Erforschung dieser Gebiete. Das Kryptogamenherbar enthält 972 Spezies Algen, 336 Pilze, 539 Flechten, 985 Moose und 427 Spezies Farne. Das Phanerogamenherbar enthält zunächst ein von Prof, Bock, dem Her- ausgeber der Bromberger Taschenflora, erworbenes Herbar des Kreises Bromberg mit 1055 Spezies (es fehlen 203 meist häufig vorkommende Spezies). Die Standorte der im Bromberger und diesem benachbarten Kreisen vorkommenden selteneren Phanerogamen und Gefäßkrypto- gamen sind durch Eintragungen in Meßtischblätter festgelegt. Im übrigen besitzt die Abteilung ein etwa 10000 Spezies enthaltendes größeres Phanerogamenherbar. Die zoologischen Sammlungen sind vertreten durch 98 Spezies Wirbeltiere, 119 Zoocecidien, 92 Cocciden, 1419 Coleopteren, 636 Hymenopteren , 555 Makrolepidopteren, 2040 Mikrolepidopteren, 119 Dipteren und 19 Spezies Orthopteren. Kataloge der einzelnen Gruppen sind z. T. bereits vorhanden. Die wissenschaftlichen Publikationen sowie der Jahresbericht der Abteilung werden in den Mitteilungen des Kaiser Wilhelms-Instituts und den landwirtschaftlichen Jahrbüchern sowie in den verschieden- sten Fachzeitschriften veröffentlicht. Der Pflanzenschutzstelle dienen als Organe die Berichte über Pflanzenschutz (Verlag Paul Parey, Erzielung niederer Temperaturen; Feldversuche XIII Berlin) und die Flugblätter der Abteilung (Verlag des Landwirtsch, Zentral blatts Posen). Der Versammlung wurden die soeben erschienenen Berichte über Pflanzenschutz, Vegetationsperiode 1908/09 (161 S. m. 18 Textabb.), und die bisher herausgegebenen Flugblätter der Abteilung für Pflanzen- krankheiten überreicht. Sodann wurde die Abteilung für Meliorationswesen be- sichtigt, namentlich die Bewässerungsversuche von Kartoffeln und Gräsern. Um 10 Uhr fanden sich die Teilnehmer der Versammlung in einem Kellergelaß der Abteilung für Pflanzenkrankheiten wieder zu- sammen, wo Dr. Schander eine dort aufgestellte neue Kälte- maschine demonstrierte und dabei über Einrichtungen zur Erzielung niederer Temperaturen für Versuchszwecke (s. S. 117—139) sprach. Die weiteren Vorträge fanden wieder im großen Hörsaal des Institutsgebäudes statt. Prof. Dr. Brick ersuchte den Kassenführer, Regierungsrat Dr. Appel, die weitere Leitung der Sitzung zu über- nehmen. Von 10 V4 — 11 Uhr sprach sodann Consulent Mag. sc. M. L. Morteusen-Lyngby über die Technik der Feldversuche (s. S. 177—187) und von 11 — 11,40 Uhr Dr. E. Schatluit Bromberg über Beiträge zur Biologie der Getreide-Fusarien (s. S, 39 — 51). in der sich anschließenden Diskussion bemerkt Regierungsrat Dr. Appel: Schon seit mehreren Jahren haben wir in Dahlem Unter- suchungen gemacht über das Vorkommen von Fusarium an Getreide und sind zu mehreren von den Befunden des Vortragenden abweichen- den Ergebnissen gekommen. Durch Prüfung von Material aus den verschiedensten Gegenden haben wir eine ganze Reihe von i^- Arten an Getreide feststellen können; einige Stämme schreiten leicht zur Askusbildung, andere nicht. So gehört F. rostratum, das mit dem F. discolor des Vortragenden vielleicht identisch ist, zu Oihherella Saiibinetii. Ferner wurden gefunden F. suhulatum, das aber an vielen pflanzlichen Substraten, besonders auch an Kartoffel, vor- kommt, F. metachroum, der eben genannten Art nahe verwandt, F. ruhiginosum und F. nivale, dieses aber nur in einem Falle, bei dem in der zweiten Abimpfung auch die Nectria graminicola er- XIV Bericht über die 9. Hauptversammlung der Vereinigung zogen wurde. Auf Getreide kommen ferner vor F. dimerum und F. segetale, das dem F. didymum Harting nahe steht. Der Auf- fassung des Vortragenden über F. nivcde kann ich vollkommen bei- treten, Sorauer hat keine einzelne Art vor sich gehabt und seine Diagnose ist ganz unbestimmt; so hat er z. B. das lachsfarbige F. udum mit 49 — 56 fi langen und gleichfalls 3 fach septierten Koni- dien nicht von dem ockerfarbigen F. nivale getrennt. Auf Grund dieser Befunde bin ich der Ansicht, daß es nicht genügt, nur nachzuweisen, ob Fusarium vorhanden ist, vielmehr muß festgestellt werden, welche Art vorliegt. Daß nämlich nicht alle Fusarium- Arten bezüglich ihrer Pathogenität gleich zu bewerten sind, ist sicher. Vorläufig steht aber noch von den wenigsten fest, welche Rolle sie bei der Erregung von Krankheiten spielen. Außer der Schädigung, die die Fusarien am Korn durch Beeinträchtigung der Keimung hervorrufen, kommen sie auch als Schädiger des Halm- grundes in Betracht, worauf ich bereits in dem Bericht über die Tätig- keit der K. B. A. im Jahre 1907 hinwies. Aber auch hier bleibt noch festzustellen, welche Arten die Krankheit verursachen können und welche Bedingungen das Auftreten begünstigen. Was über diese Fragen bekannt ist, hat Mortensen vor kurzem in einer sehr ver- dienstvollen Arbeit zusammengestellt, aus der auch hervorgeht, daß die Frage der Pathogenität der Fusarien schon von mehr Autoren beleuchtet worden ist, als bisher bekannt war. Infektion durch Sporenaussaat gelingt bei reichlicher Wasser- zufuhr, findet im Freien also vermutlich bei nasser Witterung statt. Darauf deutet auch ein stark befallenes Saatgut, das von einem ver- hagelten Feld stammt; die Halme waren meist geknickt und die Ähren dem Boden nahe, so daß sie sich in einer für Infektion ge- eigneten Atmosphäre befanden. Ebenso kann auch Lagern wirken. Versuche zur Bekämpfung der Fusarien-Krankheit der Getreide- körner sind mit Kupfervitriol nach Mortensen, Silbernitrat nach Schröder-Bonn, Formalin, heißem Wasser, heißer Luft und Subhmat von mir vorgenommen worden. Alle Mittel haben unter gewissen Bedingungen die Keimfähigkeit des Getreides erhöht und eine Ver- ringerung des Fusarium-FWzes herbeigeführt. Getreide, bei dem die Keimfähigkeit auf 30 °/o herabgesunken war, wurde durch diese Be- handlung soweit verbessert, daß es mit 84 "/o keimte. Dr. Scliatfnit: Ich habe nicht alle auf Getreide vorkommenden Fusarien bearbeitet, sondern nur solche, die ich als beteiligt an der Schneeschimmelerscheinung erkannt habe. Von der als Fusarium Diskussion: Beiträge zur Biologie der Getreide-Fusarien XV rostratiim aus der Mischart F. roseum abgesonderten und als zu Oibherella Sauhinetii gehörig festgestellten Art fehlt vorerst die Diagnose. Die Feststellung dieser Art ist also noch gar nicht mög- lich. Nach den vorläutigen in den „Grundlagen einer Monographie der Gattung Fusarium" zerstreut angegebenen Daten erscheint je- doch eine Verwechslung jetzt schon so gut wie ausgeschlossen. Die beiden Arten F. subulatum und F. metacJiroum habe ich bereits als auf den Getreidekörnern vorkommende Arten erwähnt. Die drei übrigen von Appel genannten Arten habe ich bis jetzt noch nicht gefunden, dagegen außerordentlich häufig F. ruhig inosum. Das Beizen mit Sublimat halte ich immerhin in gewissen Fällen für bedeutungsvoll, wenn z. B. das Getreide bei der Ernte stark von Regen durchnäßt wurde und lange vor der Ernte auf dem Felde liegen mußte. Die Beize wird in diesem Fall außerordentlich wert- voll und wirksam sein, weil der Pilz in diesem Entwicklungsstadium des Kornes nicht mehr tiefer in das Korn eindringen und den Em- bryo zu schädigen vermag, sondern sich lediglich auf der Samen- schale entwickelt und hier — oberfiächlich — sicher abgetötet wird. An der Halmbasis von fußkranken Getreidepflanzen habe ich nicht dreifach septierte, sondern die fünffach septierten, sehr charak- teristischen Konidien von Fusarium ruhiginosufri gefunden. Mag. sc. Morteiiseu-Ljngby: Wenn Dr. Schaf fnit gesagt hat, daß der Schneeschimmel nicht auf Getreide aufgetreten ist, auch wenn dieses mit Fusarium infiziert war, so ist dies doch kein Be- weis, daß die Körnerinfektion nicht doch von Belang ist. Helmin- thosporium tritt auf denselben Saatproben auf, auf denen Fusarium vorkommt. Rostrup zeigte im Jahre 1893, daß auch Hafer und Gerste befallen werden und daß die Warmwasserbehandlung nach Jensen auch gegen (ietreidefusarien wirksam ist. Die Infektion ist bald mehr äußerlich, bald mehr innerlich. Meine Versuche (Tidsskr. f. Landbrugets Planteavl 1911, p. 177—272) haben erwiesen, daß die Warmwasserbehandlung das sicherste Mittel ist und auch gegen Bodeninfektion gut wirkt. Mit den chemischen Mitteln waren die Erfolge verschieden; Kupfervitriol wirkt ebensogut wie Sublimat und sogar meist noch besser, Prof. Dr. Hiltuer- München: Der Vortragende hat angegeben, wir hätten den Fehler begangen, nicht ausgesuchte Körner zu den Versuchen benutzt zu haben. Die Berechtigung dieses Vorwurfes kann ich aber durchaus nicht anerkennen; denn bei unseren Ver- XVI Bericht über die 9. Hauptversammlung der Vereinigung suchen kam es nicht darauf an, festzustellen, ob etwa außer Fusarium nivale noch andere Fusarium- krien gelegentlich in ähnlicher Weise am Getreidekorn und auf dem Felde auftreten können, sondern wir hatten in erster Linie praktische Ziele im Auge. Daß wir solche erreicht haben, darüber kann kein Zweifel bestehen; denn durch die von uns vorgeschlagene Beizung des Roggens, namentlich mit Subli- mat, sind in den letzten Jahren in Bayern Erfolge erzielt worden, welche die Aufmerksamkeit der Landwirte in hohem Maße auf sich lenkten. Ich kann daher auch den Folgerungen von Dr. Schaffnit, die er aus seinen Versuchen zieht, nicht zustimmen, wonach dem Fusarium-BeiSiW des Korns geringe Bedeutung zukomme und der Schneeschimmel mehr vom Boden als vom Korn ausgehe. Seinen wenigen Versuchen, auf die er diese Ansicht gründet, stehen Hunderte von Beobachtungen in allen Kreisen Bayerns gegenüber. Die hervor- ragendsten Roggenzüchter Deutschlands haben bereits mit Erfolg das Sublimatbeizverfahren, z. T. im Großen, zur Anwendung gebracht und zahlreiche kleinere bayerische Landwirte haben uns dafür ihren Dank ausgesprochen, daß sie infolge dieser Beizung ihren Roggen gut durch den Winter gebracht hatten, während der ungeheizte um- gepflügt werden mußte. Wenn die Versuche von Dr. Schaffnit zu von den unserigen durchaus abweichenden Ergebnissen führten, so ist das vielleicht auf besondere Umstände zurückzuführen, die noch näher zu ergründen sind; keineswegs aber darauf, daß wir aus unseren Beobachtungen falsche Schlüsse gezogen haben. Wir hätten es im Gegenteil in Anbetracht der Aufgaben, die wir uns gestellt haben, für einen schweren Fehler gehalten, wenn wir nicht mit den gesamten Getreideproben, sondern mit daraus ausgelesenen Körnern, die schon durch ihre Färbung usw. als stark von Fusarium befallen sich erwiesen, die Versuche angestellt liätten. Der praktisch bei weitem wichtigste und häufigste Fall ist der, daß man dem Roggen- saatgut den Fusarium-'EeisiW durchaus nicht anmerkt, sondern daß er erst bei der Prüfung nach der von uns angegebenen Methode oder auf dem Felde hervortritt. Erst vor wenigen Monaten habe ich im Felde gesehen, wie die Beizung gewirkt hat; dort, wo der Schnee sehr lange liegen geblieben war, zeigte sich das ungeheizte Korn vollkommen verschwunden, während von der gebeizten Saat nichts ausgegangen war. Fusarien befall führt beim Roggenkorn da- zu, daß besonders bei der Keimung im Boden die Halmscheide auf- fallend kurz bleibt. Eine von uns in den Mitteilungen der K. Bayr. Agrikulturbotanischen Anstalt (Landw. Jahrb. f. Bayern 1, 1911) Diskussion: Beiträge zur Biologie der Getreide-Fusarien XVII veröffentlichte Abbildung zeigt die Erscheinung des gebeizten und ungebeizten Kornes. Dr. Schaflüit: Die Verkrüppelungszustände lassen sich durch Sublimatbeize nicht völlig verhindern. Verkrüppelte Keime habe ich aus gebeizten Körnern in der Kultur massenhaft erhalten. In vielen Fällen ist eben die Infektion auf der Ähre (ausschlaggebend ist der Zeitpunkt, zu dem die Infektion erfolgt) eine so tiefgreifende, daß sie durch die Beize nicht beseitigt werden kann. Mag. sc. Mortensen: Die Warmwasserbehandlung hat sich auch bei Bekämpfung der Getreide-Fusarien außerordentlich bewährt. Fußkrankheiten des Getreides sind in diesem Jahre in Dänemark stark aufgetreten, hauptsächlich hervorgerufen durch Fusarium rubi- ginosum, F. inetachroum und vielleicht auch F. nivale. Auch an Hafer trat durch sie die Form der Krankheit auf, bei der die Halme umknicken. Dr. Wollenweber: Die Warmwassermethode gibt bei vorheriger Vorquellung der Saat eine mittlere Proportionale bei den Methoden der Entpilzung. Die Saatproben sind sehr verschieden; eine Probe gibt mit Kupfervitriol die beste Entpilzung, bei einer anderen erreicht man mit Sublimat oder Silbernitrat guten Erfolg. Feuchtigkeit im Saatgut bei der Ernte scheint Bedingung für das parasitische Auf- treten des Pilzes zu sein. Dr. Appel: Bewährt hat sich die Warmwasserraethode in einer kleinen Abweichung von der bei der Brandbekämpfung üblichen Anwendungsweise; man braucht nämlich nur zwei Stunden vor- zuquellen, um vollen Erfolg zu erzielen und hat dadurch den Vor- teil, daß das Saatgut weniger empfindlich wird. Gegen das Sublimat bestehen Bedenken wegen seiner Giftigkeit. Prof. Dr. Hiltlier: Wir sind nicht Gegner der Warmwasser- behandlung; sie hat auch bei uns gut gewirkt. Sie macht aber Schwierigkeiten, während die Sublimatbeizung leicht ist. Gegen das Bedenken der Giftigkeit schützen wir uns durch behördliche Be- scheinigung, daß der betreffende Benutzer eine geeignete Persönlich- keit ist. In den Weinbergen werden ja auch Arsenmittel verwendet. Von 12^*^ — 1^-^ spricht Dr. M. Wolff- Bromberg unter Vorführung von Lichtbildern über Biologie und Bekämpfung des Kiefern- spanners (s. S. 58) und Studien über die Biologie der Nonne (s. S. 82). Nach einem gemeinsamen Mittagessen im „Hotel Adler" bestieg man um 3 Uhr einen am Dampferanlegeplatz in der Hermann Jahresbericht der Vereinigung für angewandte Botanik IX jj XVIIl Bericht über die 9. Hauptversammlung der Vereinigung Franke-Straße bereit liegenden Dampfer, um auf der Brahe abwärts zu fahren und das große Holzlager und den Holzverwertungs- betrieb der Firma David Francke Söhne in Karlsdorf und die neuen Hafenanlagen in Brahnau zu besichtigen. Dr. Schänder nahm hierbei Gelegenheit zu berichten über Brombergs Holzhandel. Bromberg gewinnt auch für den angewandten Botaniker Interesse durch seinen großen Holzhandel und die durch diese bedingte Holz- industrie; die Vorbedingimgen hierfür sind der große Holzreichtum seiner näheren und weiteren Umgebung und seine Lage an der Brahe. Die Brahe, welche dem auf der südlichen Abdachung des pommerschen Landrückens gelegenen Schmolosee entspringt, durch- fließt mit 233 km Länge in nordsüdlieher Richtung einen großen Teil der Provinz Westpreußen und den Kreis Bromberg, wendet sich in Bromberg, wo sie das alte Thorn-Eberswalder Haupttal erreicht, nach Osten und mündet bei Brahmünde in die Weichsel. Ihr Nieder- schlagsgebiet (mit einer Niederschlagshöhe von 545 mm bei Konitz und 501 mm bei Bromberg) ist 4654 qkm groß. Der fast aus- schließlich aus diluvialem Sande bestehende Boden desselben be- günstigt die Waldwirtschaft und so sind denn auch heute noch 1230 qkm = 26,4 °/o des ganzen Brahegebietes mit Wald, meistens Kiefernwald bestanden. Wenn auch der Oberlauf der Brahe infolge der vielen Windungen und des starken Gefälles für die Schiffahrt unbrauchbar ist, so diente er doch seit altersher dem Floßverkehr, durch welchen die großen Waldungen des Brahegebietes erst nutzbar gemacht werden konnten. Es gingen an Flößholz lfd. m ä 4 m Breite von der Oberbrahe im Jahre zum Einschnitt n. d. als Flößholz durch den Bromberger Mühlen Bromberger Kanal 1886/1890 i. D. — 47 400 1891/1895 i. D. — 28 409 1896/1900 i. D. — 31525 1901 13 492 31808 1902 12 555 21443 1903 23 047 17911 1904 12 823 25 122 1905 15 618 10 532 Schander, Brombergs Holzhandel XIX Weiterhin befinden sich aber um Bromberg herum selbst aus- gedehnte Kiefernwälder. Rings um die Stadt herum liegen die Ober- förstereien Bartelsee, Jagdschütz, Glinke und Wtelno mit etwa 200 qkm Waldbestand, dessen Einschlag auf etwa 40000 Festmeter Nutzholz geschätzt wird. Ebenso liefern die großen am rechten und linken Weichselufer gelegenen Wälder Holz nach Bromberg, wenn auch der größere Teil desselben von anderen Orten aufgenommen werden dürfte. Von weit größerer Bedeutung sind aber die Holzmengen, welche auf der Weichsel von Ostpreußen, Rußland und Galizien eingeführt werden. In den Jahren 1901 — 1905 wurden auf diesem Wege 3 445135 Tonnen eingeführt, während die Einfuhr auf der Memel bei Schmalleningken nur 3 048 546 und auf der Warthe bei Pogorzelice nur 64 105 Tonnen betrug; nur der kleinere Teil dieser Holzmengen geht die Weichsel abwärts oder wird von den Weichselstädten Thorn, SchuHz, Fordon usw. aufgenommen. Im Jahre 1906 wurden z. B. 61 "^/o der bei Schillno die Grenze passierenden Hölzer der Brahe zu- geführt. Dieser enorme Holzhandel wird durch die Anlage des Brom- berger Kanals bedingt, der eine direkte Verbindung der Brahe mit der Netze herstellt und somit gestattet, das russische Holz auf dem billigen Wasserwege bis tief nach dem Westen Deutschlands, Berlin und Hamburg zu schaffen. Wie bereits bemerkt, mündet die Brahe bei Bromberg in das alte Thorn-Eberswalder Haupttal. Als die Weichsel ihren Lauf nach Norden grub, folgte ihr nur die Brahe, während die Netze ihre Richtung nach Westen in dem Bette des alten Urstroms beibehielt. Es bildete sich so eine neue Wasser- scheide zwischen den Zuflüssen der Oder und denen der Weichsel. Der dazwischen liegende Teil des Urstrombettes — zwischen den Städten Nakel und Bromberg — versumpfte. Als Friedrich der Große im Jahre 1772 das Netzegebiet be- reiste, folgte er sehr bald dem Rate seiner Vertrauten, besonders dem Minister von Brenkenhoff, die Netze mit der Brahe durch einen Kanal zu verbinden. Das Gelände zwischen Bromberg und Nakel ist meist flach mit sandigem Untergrunde, auf dem stellenweise eine 5 — 7 m mächtige Torf- und Mergelschicht lagert. Der von Friedrich II. an- gelegte Kanal hatte eine Gesamtlänge von 26,85 km. Davon kommen auf den Scheitel 16,32 km, auf den Abfall nach der Brahe 8,54 und auf den Abstieg nach der Netze 1,99 km mit einem Gefälle von 26,1 bezw. 8,8 m. Die Wasserzuführung, welche bis heute Schwierig- II* XX Bericht über die 9. Hauptversammlung der Vereinigung keiten macht, wurde durch einen Speisekanal von der oberen Netze her bewirkt. Längs des Kanals wurden 40 Kolonistenfamilien an- gesiedelt, denen die Räumung des Kanals oblag. Für die damalige Zeit bedeutete der Kanalbau eine Kulturtat ersten Ranges, die nicht unwesentlich zur Hebung der unter polnischer Herrschaft vernach- lässigten Gebietsteile beitrug. Das ungünstige sumpfige Gelände, die in früheren Zeiten mangelhafte Technik der Kanalschleusen und nicht zuletzt der immer mehr sich steigernde Verkehr veranlaßten des öfteren Umbauten und Erweiterungen der Kanal- und Schleusen- anlagen, denen sich die Kanalisation der Unterbrahe sowie der Netze anschloß. In neuester Zeit erfährt nun die gesamte wichtige Wasserstraße eine vollkommene Umänderung. Der Anfang dazu wurde 1906 ge- macht durch Fertigstellung des 95 ha großen Brahemünder Holzhafens, den wir mit seinen interessanten Anlagen, Stauwesen usw. besichtigen werden. Seine Schleusen und Wehranlagen stauen die Unterbrahe bis zum Kanal derart an, daß die gesamte Strecke eine Fahrtiefe von 2 m hat. Zurzeit ist man dabei, den alten Bromberger Kanal zu verbrei- tern und teilweise zu verlegen. Während bisher die geringen Aus- messungen der Kanalanlagen nur sogen. Finowkanalkähne von 40 m Länge, 4,6 m Breite, 1,25 m Tiefgang und 200 Tonnen Inhalt für den Verkehr zuließen, wird der neue Kanal mit seinen Schleusen Schiffe von 400 Tonnen Inhalt, die 55 m lang, 8 m breit sind und einen Tiefgang von 1,4 m besitzen, fassen. In den Brom- In den berger Säge- werken wurden Durch den Gesamte Bromberger Sägewerken Im Jahre verarbeitet Tonnen (10 qm Floßholz =1,85 1) Kanal gingen weiter Holzmenge wurden demnach verarbeitet i. D. Tonnen Tonnen 7o 1875—1879 22 940 511827 534 767 4,3 1880—1885 28 120 537 747 601 867 4,7 1886—1890 57 438 743 122 800 560 7,2 1891—1895 77 153 373 446 450 599 17,1 1896—1900 124 719 441 534 566 253 22 1901—1905 229 263 396 861 626 124 86,6 1906 444 000 444 000 888 000 50 Während geflößt und in früher das Holz meistens weiter westlich gelegenen durch den Kanal durch- Holzverwertungsinstituten Schander, Brombergs Holzhandel XXI verarbeitet wurde, hat sich in den letzten 10 — 20 Jahren, wie oben- stehende Tabelle zeigt, ein erheblicher Umschwung zugunsten Brom- bergs bemerkbar gemacht. Man ist immer mehr bestrebt, das Holz direkt an der Brahe zu verarbeiten und dann alles Schnittholz per Schiff weiter zu transportieren. Dies hat seinen Grund einmal darin, daß die Floßlöhne immer teurer geworden sind und es deshalb vor- teilhafter ist, Schnittholz, das V 3 des Volumens einnimmt, statt Rund- holz zu transportieren. Wesentlich spricht hier aber die Konjunktur im Holzhandel mit. Im Herbst ist das Holz billiger, kann aber dann gewöhnlich nicht mehr durch den Kanal geflößt werden und die Folge davon ist, daß es während des Winters in der Weichsel und auf der Brahe lagern muß und im Frühjahr gewöhnlich zu spät an die Holzverwertungsstelle kommt, um im selben Jahre noch als Bauholz verwertet werden zu können. Diese und andere Umstände haben zu der Entwicklung der großen Brom berger Holzindustrie ge- führt, deren Etablissements, wie Sie auf der Brahefahrt feststellen konnten, fast alle verfügbaren Plätze an den Ufern der Unterbrahe besetzt haben. Im allgemeinen sind es Sägemühlen, wie wir Ihnen eine solche (David Franke Söhne) vorführen konnten, die das Floß- holz in Balken und Bretter zerlegen und höchstens noch die Ver- wertung von Abfallprodukten, z. B. Herstellung von Holzbriketts, be- treiben. Dem schließen sich aber auch Werke an, mit denen große Bautischlereien, Parkett -Holzfabriken, Imprägnieranstalten usw. ver- bunden sind. In hohem Maße ist auch die Entwicklung der Klein- holzindustrie gefördert worden. Das auf der Weichsel eingeführte Holz kommt, wie ich bereits ausführte, aus Ostpreußen, Polen und Galizien und die Abnahme des Holzbestandes sowie der steigende Bedarf hat dazu geführt, daß das Holz aus immer weiteren Entfernungen herangeflößt wird. Die billigere Wasserfracht bedingt, daß das ostpreußische Holz nur zum kleineren Teil mit der Eisenbahn nach dem Westen ver- frachtet wird. Der größere Teil gelangt auf dem Pissek, einem Neben- fluß der Narew (1892 : 6192 Tonnen), und auf der Drewenz (1892 : 8892 Tonnen) in die Weichsel und von dort über Schillno nach Deutschland. Das russische Holz entstammt dem Flußgebiet des Wieprz, der Narew, des Bug, dem oberen Niemen und der Pilitza, einem linksseitigen Nebenfluß der Weichsel. Besonders aus dem Gouvernement Wolhy- nien werden alljährlich große Menge eichene Schwellen und Mauer- latten auf der Weichsel nach Deutschland eingeführt. Galizien liefert aus dem Flußgebiet des Samflusses und den Nebenflüssen der oberen XXII Bericht über die 9. Hauptversammlung der Vereinigung Weichsel besonders Rundkiefer, Rundtannen, eichene Plancons (zu Schiffhölzern und Waggons verwendbar), die vielfach nach England und Frankreich exportiert werden. Das Holz wird in Rußland von deutschen und russischen Groß- händlern, letztere meist Juden, aus den kaiserlichen und privaten Forsten angekauft und nach Deutschland geflößt. Während die deutschen Händler ihr Holz meist direkt der Brahe zuführen, wird dasjenige der russischen Händler in Thorn verhandelt und gelangt zum Teil in die Brahe, während der Rest die Weichsel abwärts verfrachtet wird. Die Hauptholzarten sind Kiefer, Eiche und Else. Nach dem Bericht der Handelskammer betrug der Eingang im Brahmünder Hafen im Jahre 1905: Kiefernrundholz 683 802 Festmeter, Kiefern- kantholz 119 717, Kiefernschwellen 14813, Eichenrundholz, Plancons und Schwellen 8313, Fichtenrundholz und -Kantholz 45 379, Elsen- rundholz 113 061 und Eschen, Birken, Espen, Rüstern 908 Festmeter. Andere Teilnehmer der Versammlung fuhren 2^*^' nach Oplawitz, um den Standort von Oymnadenia cucuUata aufzusuchen. Am Abend traf man sich mit Herren der Abteilung für Natur- wissenschaften der Deutschen Gesellschaft für Kunst und Wissenschaft in Bromberg im Restaurant „Zum Reichskanzler". Sonnabend, den 5. August. führte um 9V4 Uhr Prof. Dr. R. Ewert-Proskau eine Reihe von farbigen Aufnahmen vor und sprach über die Lumiere-Platte im Dienste der Pflanzenpathologie und Dr. Gr. A. Kienitz- Bromberg zeigte Naturaufnahmen von Pflanzen mit Blitzlicht. Dr. M. Wolff- Bromberg demonstrierte einen neuen für mikro- und makro - photographische Arbeiten äußerst wertvollen Miniatur- Scheinwerfer, dessen an jede Lichtleitung schaltbare Bogenlampe als automatische Fixpunktbogenlampe (Modelle für Gleich- und für Wechselstrom) ausgebildet ist. Der neue Miniatur - Scheinwerfer „Ewon" ist von der bekannten Photo -Werkstätte E. Geiger, München, koristruiert und in den Handel gebracht worden. Wegen des geräusch- losen und absolut gleichmäßigen Brennens bei geringem Strombedarf steht der Scheinwerfer als wertvolles Hilfsmittel für die bezeichneten Arbeiten unter allen künstlichen Lichtquellen an erster Stelle. Ferner wird eine bei sehr sparsamem Wasserverbrauch äußerst schnell photographische Negative und Kopien auswaschende, auf dem Prinzip Schaffnit, Mikroskopische Futtermittelprüfung XXIII des Segnerschen Wasserrades beruhende Drehbrause der gleichen Firma gezeigt. Prof. Dr. A. Naumann -Dresden legte den von ihm bearbeiteten und mit zahlreichen Tafeln ausgestatteten Teil „Botanik" des Werkes K. W. Wolf- Czapek: Angewandte Photographie in Wissenschaft und Technik (Berlin, Deutsche Verlagsgesellschaft Union) vor. Um 9^^ ergreift das Wort Dr. E. Schaffnit-Bromberg zu einem Vortrage über Mikroskopische Futtermittelprüfung. Der Aufforderung des Vorstandes, über mikroskopische Prüfung der landwirtschaftlichen Futterstoffe zu sprechen, bin ich nachge- kommen, weil ich diese aus eigener Anschauung während eines zwei- jährigen Aufenthaltes an einer agrikulturchemischen Versuchsstation kennen zu lernen Gelegenheit hatte, und es mir daher möglich ist, die Bedeutung der mikroskopischen Kontrolle und die sich an ihre weitere Ausgestaltung knüpfenden Forderungen zu beleuchten. Ich will zunächst ein kurzes Bild über die Entwicklung der Institute geben, an denen die mikroskopische Kontrolle ausgeübt wird. Die Aufgaben der landwirtschaftlichen Versuchsstationen waren ur- sprünglich : 1. die Vertiefung des Studiums pflanzenphysiologischer Vorgänge und agrikulturchemische und technische Untersuchungen, 2. die Kontrolle der im landwirtschaftlichen Betriebe verwendeten Dünge- und Futterstoffe und Sämereien. Während ursprünglich die wissenschaftliche Tätigkeit im Vordergrunde stand, mußte diese je länger je mehr durch die ins ungeheure wachsende Kontrolltätigkeit in den Hintergrund treten. An den nicht staatlichen Stationen, die noch eine größere Versuchstätigkeit entfalten, ist diese in den meisten Fällen getrennt und den land- wirtschaftlichen Instituten der Universitäten unterstellt oder in einer anderen Form losgelöst, so daß an der ursprünglichen Versuchs- station nur mehr die Kontrolle ausgeübt wird. Die Prüfung der Düngemittel beruht auf rein chemischen Methoden und erstreckt sich auf die Ermittelung des Gehaltes an Phosphorsäure, Kali und Stickstoff im Thomasmehl, Superphosphat, Salpeter, Ammoniumsulphat, Kainit usw. Der Futtermittelprüfung liegt in chemischer Hinsicht die Er- mittelung des Protein- und Fettgehaltes zugrunde, während durch die botanische Kontrolle die Identität des Rohstoffes, Reinheit, Ge- sundheit, Verfälschungen, Verunreinigungen und Verdorbenheit durch XXIV Bericht über die 9. Hauptversammlung der Vereinigung Schimmelpilze usw. festgestellt wird. In der Samenkontrolle er- mittelt die botanische Prüfung die Keimfähigkeit, die Reinheit, den Besatz mit Unkrautsamen, die Provenienz, den Gebrauchswert, die Ver- unreinigungen usw. Außerdem sind zum Teil den Versuchsstationen neuerdings die Pflanzenschutzstellen angegliedert worden. Bis auf wenige Ausnahmen sind alle diese verschiedenen Untersuchungsstellen als Abteilungen unter eine gemeinsame Direktion gestellt. Welche Bedeutung hat nun die chemische Analyse, von den Düngemitteln abgesehen, im Verhältnis zu der botanischen Kontrolle an den Kontrollstationen? Die chemische Analyse erstreckt sich, wie oben bereits erwähnt, auf die Untersuchung von Düngemitteln und teilweise auf Futtermittel, für die sie wohl den Protein- und Fett- gehalt zahlenmäßig angibt, nie jedoch deren Qualität. (Die Quali- tätskontrolle umfaßt die bereits oben genannten Gesichtspunkte: Prüfung auf Identität, Reinheit, Verfälschungen usw.). Hierfür mögen einige Belege erwähnt werden. Indischer Senfkuchen oder stark mit Unkrautsamen durchsetzter Preßkuchen kann den gleichen Protein- gehalt wie der als Futtermittel geschätzte europäische Rapskuchen aufweisen, der erstere ist jedoch als Futtermittel nicht nur wertlos, sondern kann infolge seines Gehaltes an giftigen Senfölen auch erheb- liche Schäden hervorrufen. Ist der Preßkuchen zur Zerstörung der Senföle hoch erhitzt, so ist seine Verdaulichkeit und damit sein V^^ert gemindert. In jedem Fall muß also die mikroskopische Kontrolle der Bewertung des Rapskuchens zugrunde gelegt werden. Durch die vergleichende Anatomie des Baues der Samenschalen wird die Identität der zur Pressung verwendeten Ölsamen nachgewiesen. Enthält ein Rapskuchen, Leinkuchen usw. Unkrautsamen, so läßt die chemische Analyse, wenn der Besatz nicht sehr hoch ist, ebenfalls im Stich, denn die Unkrautsamen enthalten natürlich ebenso Protein wie die Samen der Kulturpflanzen. Die Unkrautsamen, namentlich hartschalige , passieren nachgewiesenermaßen den Tierkörper, ohne hierbei oder bei dem nachfolgenden Aufenthalt auf der Dünger- stätte ihre Keimfähigkeit zu verlieren und bilden daher eine Quelle für die Verunkrautung des Ackers. Oder aber der Ölkuchen enthält Verfälschungsmittel wie Schinuß-, Bassia- oder Rizinus-Preßrückstände, deren Verfütterung namentlich an junge Tiere schon in geringer Menge höchst gefährlich werden kann. Es sei nur an den Fall auf den Gütern des Herrn von Bismarck erinnert, der ja genugsam durch die Presse bekannt und besprochen worden ist. Selbst ein Zusatz von nur 2 % Schinuß, der durch die chemische Analyse unbemerkt Schaftnit, Mikroskopische Futtermittelprüfung XXV bleiben kann, vermag nachgewiesenermaßen Darmkatarrh heftigster Art und den Tod junger Tiere hervorzurufen, während diese Ver- fälschung bei gewissenhafter mikroskopischer Prüfung leicht nach- gewiesen werden kann. Zum Nachweis von Schinuß- und Illipe- Samenfragmenten dienen, wie ich bei der Bearbeitung der Anatomie dieser Samen nachgewiesen habe und hier nebenbei anführen möchte, der Bau der Zellwand des embryonalen Gewebes (vergl. Mikrophoto- gramme in Landwirtsch. Versuchsstat. Bd. 65), der Samenschale sowie eine mikrochemische Reaktion mittels Kalilauge, bei der sich die braunen Inhaltsstoffe mit 15%iger Kalilauge dunkelblau bis grün färben. Für die Rückstände aus dem Müllereibetrieb, die Kleien, lassen eich zahlenmäßige chemische Werte, denen der Preis der Ware zugrunde gelegt werden könnte, überhaupt nicht aufstellen, ihre Prüfung ist eine rein botanische. Diese hat ihr Augenmerk, ent- sprechend der Deklaration der Ware, zu richten auf den Gehalt an fremdem, im Preis niedriger stehenden Getreide, z. B. in Roggen, Weizen, vor allem aber auf die so häufigen Verfälschungen mit wert- losen Streckungsmitteln, wie Reis-, Hirse- und Haferspelzen, Kartoffel- pülpe. Erdnußhülsen, Kartoffelschalen, Holzmehl, Olivenkernmehl, Steinnußdrehspäne usw. Schon aus diesen wenigen Beispielen ist zu ersehen, daß die mikroskopische Analyse für die Futtermittel- prüfung außerordentlich wichtig ist. Den Beweis in praxi liefert die Kontrolltätigkeit der Agrikulturbotanischen Anstalt in München. Bei dieser wird jetzt vielfach lediglich die botanische Prüfung beantragt. Die Erfolge, welche die Anstalt auf dem Futtermittelmarkt in Bayern erzielt hat, sind geradezu staunenswert. Der Grund, weshalb bis jetzt an den Stationen der Landwirt- schaftskammern in den meisten Fällen die mikroskopische Kontroll- tätigkeit vielfach noch zu wenig gewertet wird, liegt hauptsächlich in dem Mangel an einheitlichen qualitativen und quantita- tiven Untersuchungsmethoden. Erst wenn solche ausgearbeitet sind und allgemein zur Anwendung gelangen, wird auch die botani- sche Kontrolle gebührend gewürdigt und anerkannt werden. Ich hatte s. Z. nach den Anregungen von Herrn Professor Schulze, dem Direktor der agrikulturchemischen Station in Bres- lau , einige Gesichtspunkte für eine Methode zur quantitativen Schätzung von Verunreinigungen und Verfälschungen in Futter- mitteln vorgeschlagen, ohne daß mir oder dem langjährigen Leiter der Station die für einzelne Fälle ausgearbeitete bereits existierende exakte holländische Methode bekannt war. Derartige quantitative XXVI Bericht über die 9. Hauptversammlung der Vereinigung Methoden existieren jedoch bis jetzt nur für ganz bestimmte Fälle, selbst die qualitative Untersuchungstechnik ist vielfach noch eine recht mangelhafte. Mir ist der Verfolg dieser Fragen mit meiner Übersiedlung an das Kaiser Wilhelms-Institut in Bromberg nicht mehr möglich, ich will aber nicht verfehlen, die Aufmerksamkeit der Ver- einigung für angewandte Botanik auf sie zu lenken, für die es im Interesse einer gedeihlichen Ausgestaltung der mikroskopischen Kon- trolle an den landwirtschaftlichen Kontrollstationen eine gegebene Aufgabe sein dürfte, die einheitliche Ausgestaltung und Vertiefung der Untersuchungsmethodik in Angriff zu nehmen. Zu diesem Zweck schlage ich der Vereinigung die Wahl einer Kommission vor, die diese besondere Aufgabe übernimmt, auf den folgenden Tagungen über ihre Ergebnisse berichtet und sie späterhin in einheitlicher Form als Anleitung zur botanischen Kontrolle der landwirtschaftlichen Futterstoffe usw. der Öffentlichkeit übergibt. Regierungsrat Dr. Appel regt an, auch Anbau versuche in das Programm aufzunehmen. Prof. Dr. Hiltlier: Den Ausführungen des Vortragenden stimme ich im allgemeinen zu. Für die Reinheitsbestimmung ist namentlich in jenen Fällen, wo es sich um möglichst genaue quantitative An- gaben handelt, die Berücksichtigung des Ergebnisses der chemischen Untersuchung oft unerläßlich. Bezüglich des Antrages, eine Kom- mission zur einheitlichen Ausgestaltung der Untersuchungsmethoden zu bilden, ist darauf hinzuweisen, daß der Verband landwirtschaft- licher Versuchsstationen im Deutschen Reiche bereits einen Ausschuß für Futtermitteluntersuchungen besitzt, der sich mit ähnlichen Fragen beschäftigt. Vorschläge dieses Ausschusses, die vom Verband ange- nommen werden, sind für sämtliche Verbandsstationen bindend. Für alle jene Mitglieder der Vereinigung, die gleichzeitig dem Verband angehören, kann es sich infolgedessen nur darum handeln, durch die Bestrebungen der Vereinigung eventl. neue Erfahrungen auf diesem Gebiete zu sammeln und sie dann dem Verbände zur Berücksichtigung zu empfehlen oder umgekehrt dahin zu wirken, die Methoden des Verbandes möglichst zur internationalen Geltung zu bringen. Auf alle Fälle muß vermieden werden, daß in dieser Richtung die Ver- einigung und der Verband vollständig getrennt vorgehen. Prof. Dr. Brick: Die beiden Kommissionen könnten miteinander in Verbindung treten, und man könnte die Botaniker in der Kom- mission der Versuchsstationen, die gleichzeitig Mitglieder unserer Ver- Diskussion: Mikroskopische Futtermittelprüfung XXVIl einigung sind , in die vom Vortragenden vorgeschlagene neue Kom- mission wählen. Prof. Dr. Voigt: Auch auf dem Gebiete der Samenkontrollc arbeiten zwei Kommissionen nebeneinander. Prof. Dr. Krilger-Bernburg: In der Futtermittelkommission der landwirtschaftlichen Versuchsstationen sitzen nur Chemiker. Diffe- renzen müssen wir nach Möglichkeit vermeiden. Dr. Bredemaun: Die Kommission der landwirtschaftlichen Ver- suchsstationen befaßt sich z. Z. mit den botanischen Untersuchungen bereits sehr eingehend. Dr. Scliaffnit: Das ist mir bis jetzt völlig unbekannt gewesen, und es scheint mir im Interesse der Vermeidung von Kollisionen mit dem Verband in diesem Fall richtiger mit dem Verbände zusammen zu arbeiten. Vielleicht läßt sich das gemeinsame Arbeiten mit diesem in Erwägung ziehen. Kühle- Gunsleben: Vom Standpunkt des Landwirts ist die Fest- stellung des Nährwerts die Hauptsache. Dr. Plaut-Halle weist darauf hin, daß an einigen Versuchs- stationen die mikroskopische und biologische Untersuchung der Futter- mittel von Botanikern ausgeführt werden, während an andern auch Chemiker die botanische Prüfung vornehmen. Im allgemeinen ist erstrebenswert, daß die botanischen Untersuchungen nur vom Bo- taniker ausgeführt werden. Was die Aufgabe des zu gründenden Ausschusses betrifft, so ist momentan die Ausarbeitung von Methoden für die quantitative Futtermittelprüfung besonders notwendig. Die Verunreinigung von Leinkuchen quantitativ einigermaßen genau zu bestimmen, ist schon recht schwierig, ein brauchbares Resultat bei der Bestimmung des Gehaltes von Weizen in Roggenkleie zu erhalten kaum möglich. Von holländischer Seite, z. B. „Adolf Mayer, die an holländischen Ver- suchsstationen übliche quantitative Reinheitsbestimmung von Lein- kuchen und ähnlichen Futtermitteln (Fühlings landwirtschaftliche Zeitung 1908, S. 777—786)" und „J. C. Schoute, Zur quantitativen Reinheitsbestimmung von Leinkuchen und Leinkuchenmehlen (1909, Bd. 70, S. 181 — 247)" sind neue quantitative Verfahren für die Be- stimmung der Verunreinigung von Leinkuchen in Vorschlag gebracht, doch muß die Zuverlässigkeit der Holländer Methode erst von anderer Seite erprobt werden. Sich damit zu beschäftigen und Unter- suchungen anzuregen, wäre Aufgabe des Ausschusses. XXVIII Bericht über die 9. Hauptversammlung der Vereinigung Prof. Dr. Hiltner: Der Wert der mikroskopischen Futtermittel- untersuchung wird auch in praktischen Kreisen immer mehr an- erkannt. In München ist vor 9 Jahren die botanische Futtermittel- kontrolle auf die neu gegründete Agrikulturbotanische Anstalt über- gegangen, während die chemischen Untersuchungen nach wie vor an der K. Zentralversuchsstation ausgeführt werden. In letzter Zeit ist allerdings angeregt worden, zu bewirken, daß die chemische und botanische Untersuchung wieder an einer Anstalt ausgeführt werden, und es läßt sich wohl nicht leugnen, daß dafür zum Teil gewichtige Gründe sprechen. Daß die Beurteilung der Futtermittel nach dem mikroskopischen Befund sich bereits außerordentlich eingebürgert hat, geht daraus hervor, daß unsere Anstalt im vergangenen Jahre gegen 400 Proben mehr zu untersuchen hatte als die Zentralversuchsstation. Ich bin aber weit davon entfernt, behaupten zu wollen, daß die chemische Untersuchung der Futtermittel eine geringere Bedeutung besitzt als die botanische. Prof. Dr. Evvert: In Proskau ist auf Anregung aus Praktiker- kreisen hin eine Versuchsstation für Pflanzenzüchtung eingerichtet; allerdings soll sie nur gärtnerischen Zwecken dienen. Prof. Dr. Voigt: Wir können unsere Wünsche wohl dahin aus- sprechen, daß, wenn Pflanzen gezüchtet, behandelt und untersucht werden sollen, dies ein Botaniker und nicht ein Chemiker zu machen hat. Die Kommission soll keine Normen festsetzen, sondern nur die Untersuchungsmethoden zu fördern versuchen. Regierungsrat Dr. Appel als Vorsitzender: Aus dem Vortrage und der nachfolgenden Besprechung scheint der Wunsch hervorzu- gehen, daß die Vereinigung an die Regierungen und Landwirtschafts- kammern in geeigneter Form herantritt mit dem Ersuchen , die Vertiefung der Samenprüfung, der botanischen Futtermittelkontrolle, und des Pflanzenschutzes an den Versuchs- und Kontrollstationen dadurch zu fördern, daß diese Untersuchungen durch wirkliche Sach- verständige, d. h. Botaniker, geübt werden. Ein Widerspruch erhebt sich nicht. Es wird beschlossen, eine Kommission zur Förderung und einheitlichen Ausgestaltung der botanischen Untersuchungsmethoden für Futtermittel einzusetzen. In diese Kommission werden gewählt Dr. Großer- Breslau, Prof. Dr. Hiltner-München, Dr. Schaffnit-Bromberg, Dr. Spieckermann- Münster und Prof. Dr. Voigt- Hamburg. Um 10^/4 Uhr spricht Dr. H. Rüggeberg über Beiträge zur Anatomie des Rübenkeimlings (s. S. 52 — 57). Diskussion: Beiträge zur Anatomie des Rübenkeimlings XXIX In der Diskussion bemerkt Dr. Appel: Ich glaube nicht, daß der Vortragende die Be- hauptung, die Abbildungen des Flugblattes über den Wurzelbrand stellten gesunde Pflanzen dar, bei denen die primäre Rinde ganz normal abgestoßen wird, aufrecht erhalten kann. Soviel mir bekannt ist, sind die Abbildungen nach Material gemacht, das von Infektions- versuchen herrührt, und es ist mir nicht zweifelhaft, daß der Nach- weis, welcher Organismus die betreffende Erscheinung hervorgerufen hat, geliefert worden ist, ehe das Material für das Flugblatt ab- gebildet worden ist. Dr. M. Plaut-Halle: Der Redner hat zum Teil ausführlich die Resultate von Untersuchungen wiedergegeben, die ich vor kurzem in den Mitteilungen des Bromberger Instituts veröffentlicht habe ^). Die Endodermisuntersuchungen stehen in Beziehung zu der Reihe der von Marburg ausgegangenen Arbeiten von Kroemer, Rumpf, Müller, Mayer, Baeseke und von mir bei Gymnospermen und Equiseten erhaltenen Ergebnissen. Man unterscheidet drei Arten resp. Entwicklungsstadien der Endodermis: 1. das Primärstadium, gekennzeichnet durch das Auftreten des Casparischen Streifens in der Zellmembran, 2. das Sekundärstadium, bei dem die Endodermis- zellmembran außer dem Casparischen Streifen eine Suberinlamelle be- sitzt, und 3. das Tertiärstadium, bei dem Casparischer Streifen, Suberin- lamelle und aufgelagerte Kohlenhydratlamellen vorhanden sind. Im Rübenkeimling verhält sich nun die Endodermis folgender- maßen: In der Nähe der Wurzelspitze ist Embryonalendodermis, etwas weiter davon entfernt ist Primärendodermis, an der Basis der Wurzel Sekundärendodermis vorhanden, im hypokotylen Glied findet sich im unteren Teil wieder Primärendodermis, im oberen fehlt die Endodermis. Ob verschiedene Züchtungen sich in bezug auf diese und andere anatomische Verhältnisse verschieden verhalten, ist noch zu prüfen. Die Endodermisschicht ist als Regulationsschicht für die aufzunehmenden Nährsalze zu betrachten. Eine Beziehung der Endodermis zu einer Veränderung im anatomischen Bau der Wurzelspitze (Metakutisierung), wie sie jetzt in weiter Verbreitung von Müller bei Monokotyledonen, von mir bei Cycadeen, Koniferen und einer Reihe von Laubbäumen nachgewiesen werden konnte, ist bei der Rübe bis jetzt nicht bekannt. ^) Menko Plaut: Epiblem, Hypodermis und Endodermis der Zucker- rübe. (Mitteilungen des Kaiser Wilhelms-Instituts für Landwirtschaft zu Bromberg Bd. III, Heft 2, S. 63—68). Dort die weitere Literatur. XXX Bericht über die 9. Hauptversammlung der Vereinigung Die Stadien der Endodermis bieten nun besonderes Interesse dadurch, daß sie für die phylogenetische Stellung der Pflauzenklassen zu verwenden sind; so haben phylogenetisch ältere Farne wie Osmunda, Todea und Iriehomanes und die Equisetaceen nur Primär- endodermen, während höhere Farne und viele Mono- und Dikotylen auch Sekundär- und Tertiären dodermen aufweisen. Endodermis- untersuchungen bei Rüben müssen also im Zusammenhang mit den bei anderen Pflanzenklassen erhaltenen Ergebnissen dargestellt und gewertet werden. Von 11-*^ — 12 trägt F. Krause- Brom berg vor Über eine Blattfleckenkrankheit am Getreide (s. S. 103 — 116). Appel: Die Krankheit, die in Schleswig-Holstein verbreitet ist, aber auch in Pommern, Mecklenburg, Brandenburg und wohl noch anderwärts vorkommt, ist mir wohl bekannt, da ich sie sowohl in Heide in Holstein an Ort und Stelle gesehen, als in Erde von dort in Dahlem kranke Pflanzen gezogen habe, die die Erscheinung deut- lich aufwiesen. Diese Krankheit ist aber schon im äußeren Aus- sehen verschieden von der Erscheinung an den hier vorgelegten Prä- paraten. Bei der Dörrfleckenkrankheit tritt, wenn die Pflanzen etwa 3 — 4 Blätter haben, meist in der Mitte des Blattes eine kranke Ge- webestelle in Form eines sich bräunenden Flecks auf. Dieser Fleck vergrößert sich und, wenn er sich über die ganze Breite der Lamina ausgedehnt hat, knickt der obere Teil des Blattes um und vertrocknet. Genau diese Erscheinung zeigte sich, wenn Hafer in Erde von kranken Feldern aus Heide eingesät wurde und zwar auch dann noch, wenn die Erde mit Dahlemer Boden im gewissen Verhältnis gemischt wurde; erst wenn der Dahlemer Boden überwog, ging die Erscheinung zurück und hörte in einer bestimmten Mischung ganz auf. Daß es sich bei dieser Krankheit um Xematoden handelt, ist gänzlich ausgeschlossen; auch sind damals die Pflanzen vom Zoologischen Laboratorium der K. B. A. ausdrücklich daraufhin untersucht worden. Festgestellt werden konnte schon damals, daß Chilisalpeter die Krank- heit befördert, schwefelsaures Ammoniak dagegen ihr entgegen wirkt. Frl. Dr. Westei'dijk- Amsterdam: Ich habe viele Haferpflanzen mit der Dörrfleckenkrankheit untersucht, aber niemals Xematoden gefunden. Ob die Alkaleszenz des Bodens mitwirkt, vermag ich nicht zu sagen. Die Krankheit ist in Holland in den letzten Jahren sehr zurückgegangen, namentlich infolge Düngung mit schwefelsaurem Ammoniak. Die Ursache ist aber doch unklar. Diskussion: Über eine Blattfleckenkrankheit am Getreide XXXI Prof. Dr. Krüger -Bernburg: Die Krankheitserscheinung ist ähn- lich, wie wir sie bei Rüben und anderen Pflanzen beobachtet bezw. erzeugt haben, wo es sich um Herzfäule handelt. Wir haben die Krankheit sofort erhalten, wenn wir die Pflanzen mit Nitraten, be- sonders des Natriums, in Sand ernährten. Um eine Nematoden- Krankheit handelt es sich nicht. Die Erscheinung tritt auf den verschiedensten Böden und in mehreren Örtlichkeiten auf. Die Herz- fäule des Hafers hat mit einem Parasiten nichts zu tum. Beim Tabak tritt ohne Gegenmaßregeln (Gips usw.) die Herzfäule auf. Gips verhütet die Krankheit, kohlensaurer Kalk hebt die Wirkung des letzteren wieder auf. Auf die Umsetzung der Stoffe im Boden vorwiegend durch die Pflanze kommt es hier an. Wie war die Reaktion des Bodens V Die humussauren Salze wirken nicht so schäd- lich wie die kohlensauren Salze. In der Dörrfleckenkrankheit haben wir es mit nichts anderem zu tun, wie mit der Herzfäule der Pflanzen, die bei allen Kulturgewächsen vorkommt, z. B. auch bei Hafer. Prof. Dr. Hiltner: Bei der Dörrfleckenkrankheit handelt es sich wie bei vielen anderen Krankheiten in erster Linie um Ernährungs- störungen, bei denen Nematoden höchstens gelegentlich und dann sekundär auftreten. Der sicherste Beweis dafür ist die Tatsache, daß bei Wasserkulturversuchen Haferpflanzen, die in verschieden zu- sammengesetzten Nährlösungen gezogen wurden, in der Knopschen Lösung die typische Dörrfleckenkrankheit zeigten, während sie in allen anderen Lösungen davon befreit blieben. Die Knopsche Lösung enthält viermal mehr Monokaliumphosphat als die Vergleichs- lösungen. Durch diese Feststellung ist es uns gelungen, auch im Boden die Dörrfleckenkrankheit künstlich zu erzeugen. Mag. sc. Mortensen: Auch in Dänemark und Schweden ist die Krankheit seit 20 — 30 Jahren bekannt, aber früher fälschlicherweise auf Scolecotrichum graminis zurückgeführt. In den letzten 5 — 6 Jahren haben wir erkannt, daß die Krankheit physiologischer Natur ist. Nematoden sind niemals gefunden worden. Es sind Ernährungs- störungen, die vielleicht auf Giftaufnahme aus dem Boden zu er- klären sind. In Dänemark wird die Krankheit durch Düngung mit schwefelsaurem Ammoniak und Superphosphat und auch durch Kainitdüngung bekämpft. Die Krankheit, die mit der von C lausen beschriebenen Erscheinung ganz übereinstimmt, ist namentlich in Jütland sehr verbreitet und zeigt sich etwa auf Vs des Areals; sie kommt auch auf schwachsaurem Boden vor. Nach dem von Krause gegebenen Bilde ist die vom Vortragenden beschriebene Krankheit XXXII Bericht über die 9. Hauptversammlung der Vereinigung ganz verschieden; in Dänemark wird diese Erscheinung Hellflecken- krankheit des Hafers genannt. Schluß der Sitzung 12\2 Uhr. Nach einem gemeinsamen Mittagessen im „Hotel Adler" unter- nahm die Mehrzahl der Teilnehmer um 1 ^^ eine Eisenbahnfahrt nach Damerau, um das von der Staatsforstverwaltung als Natur- denkmal geschützte Hochmoor von Neulinum mit der nordischen Zwergbirke, Betula nana, ferner B. intermedia (B. nana X pubescens), Salix myrtilloides, S. myrtilloides X aurita und anderen Vertretern der Moorflora zu besichtigen. Den 3 km langen Weg von Damerau zum Zwergbirkenmoor brachten uns vom Grafen Alven sieben freundlichst bereitgestellte Wagen, die uns nach der Besichtigung des Moores zu dem 9 km entfernten Park des Grafen Alvensleben in Ostrometzko führten. Nach einer liebens- würdigen, bei dem heißen Wetter um so dankbarer empfundenen Bewirtung wurde unter der freundlichen Führung des Besitzers ein Rundgang durch den schönen Park unternommen. Um 6^- wurde von Ostrometzko aus mit der Bahn die Rückkehr nach Bromberg angetreten. Eine größere Zahl der Teilnehmer fuhr abends nach Marien- burg, um Sonntag, den 6. August, vormittags die Ordensburg und die Stadt Marienburg zu besichtigen. Nachmittags ging es dann über Dirschau nach Danzig, wo Ge- heimrat Prof. Dr. Conwentz, Prof. Dr. Lakowitz und Prof. Dr. Kumm die Ankommenden am Bahnhof empfingen. Nach kurzem Aufenthalt in den Hotels wurde ein Rundgang durch die noch viele altertümliche Reste aufweisenden Straßen der interessanten Stadt an- getreten, der im Ratskeller endete. Hier fanden sich auch die weiteren inzwischen eingetroffenen Mitglieder der Deutschen Bo- tanischen Gesellschaft und der Freien Vereinigung für Pflanzengeographie und systematische Botanik zu zwang- losem Beisammensein ein. Im Laufe des Abends wurde der über dem Ratskeller gelegene Artushof, der den Danziger Kaufleuten als Börse dient, und die zugehörige Danziger Diele besichtigt. Prof. Dr. Kumm überreichte allen Teilnehmern als Erinnerung an die Danziger Tagung ein außerordentlich geschmackvolles, bronzenes Ab- zeichen, das in der Mitte in roter und weißer Emailleeinlage das Danziger Wappen zeigte, am Rande in blauer Emaille die Bronze- inschrift ,, Botanikertag Danzig 1911" trug. Geschäftssitzung XXXIII Montag, den 7. August, fand um 9 Uhr zunächst die Generalversammlung der Deutschen Botanischen Gesellschaft statt, in der Geheimrat Prof. Dr. Con- wentz- Berlin über Westpreußische Botaniker der Vergangenheit [Ber. d. D. B. G. XXIX, S. (6)— (15)] und Prof. Dr. Dingler- Aschaffen- burg über Periodizität europäischer Laubbäume in den Tropen [ebenda S. (4) — (5)] sprachen. Nach der Sitzung fand eine Besichtigung der Sammlungen des Westpreußischen Provinzialmuseums unter Führung des Direktors, Prof. Dr. Kumm, statt. Um 11 Uhr hielt die Vereinigung für angewandte Botanik in den Räumen der Naturforschenden Gesellschaft ihre Geschäftssitzung unter dem Vorsitz des 1. Schriftführers, Prof. Dr. Brick, ab. Der Vorsitzende dankte zunächst der Naturforschenden Gesellschaft, die ihre Räume zur Verfügung gestellt hat, und den Herren vom Lokal- komitee für die sorgsamen Vorbereitungen der Versammlung in Danzig und für die liebenswürdige Überreichung von: Führer durch Danzig, h. V. Magistrat der Stadt Danzig; Illustrierter Führer durch Danzig und Westpreußen; Waldkarte von Oliva und Zoppot, Ost- und West- preußen, h. V. Verkehrsverband f. Ost- u. Westpreußen. Aus dem sodann erstatteten Jahresberichte geht hervor, daß die Vereinigung zurzeit 265 Mitglieder zählt. Ausgetreten sind 15, ge- storben 4 Mitglieder und zwar die Herren Graf Arnim -Schlagen- thin (t 20. VIII. 10), Prof. Dr. E. Zacharias (f 23. IIL 11), Prof. Dr. J. Vanha (f VII. 11) und Landesökomierat Dr. Freiherr v. Can- stein (t 24. VII. 11). Die Anwesenden erheben sich zu Ehren der Verstorbenen von ihren Plätzen. Eingetreten sind Dr. Bredemann- Harleshausen , Z. Chmielewski - Dublany, Landwirtschaftslehrer Gull üg- Bromberg, Dr. Herold -Bromberg, F. Krause- Bromberg, Dr. Merkel-Berlin, Prof. J. Percival-Reading, Dr. M. Plaut-Halle, Dr. Schikorra-Bromberg, Dr. Schlumberger-Dahlem und Dr. M. Wolf f -Bromberg. Die auf der Versammlung in Münster im Vorjahre gewählte Kommission zur Beratung über eine phytotherapeutische Organi- sation hat im Dezember 1910 eine Sitzung abgehalten, deren Pro- tokoll bereits im vorjährigen Jahreshefte S. XXIX — XXX veröffent- licht wurde. Die Vorschläge beziehen sich auf Sammlung und Weitergabe der phytotherapeutischen Untersuchungsergebnisse an die Interessenten (Pflanzenschutzstellen) sowie auf Veröffentlichung von Jahresbericht der Vereinigung für angewandte Botanik IX JJJ XXXIV Bericht über die 9. Hauptversammlung der Vereinigung Referaten und Sammelreferaten aus dem Gebiete der Phytotherapie im Zentralblatt für Bakteriologie und Parasitenkunde. Für die einzelnen Gruppen der Kulturpflanzen ist eine Zahl von Referenten gewonnen worden; mehrere Herren haben abgelehnt, und es muß Ersatz für sie noch gesucht werden. Die Versammlung erklärt sich mit den getanen Schritten einverstanden. Der Kassierer, Regierungsrat Dr. Appel, erstattete den Kassen- bericht, wobei er darauf hinwies, daß die Kosten des Jahresberichtes und die Verteilung der Sonderabdrucke aus Justs Jahresbericht die Einnahmen fast völlig aufbrauche. Es sei daher wünschenswert, der Gesellschaft recht viele neue Mitglieder zuzuführen, um der in er- freulicher Weise steigenden Inanspruchnahme des Jahresberichtes zu Originalveröffentlichungen auch in Zukunft gerecht werden zu können, dabei aber trotzdem das in früheren Jahren aufgesammelte kleine Kapital für besondere Fälle zu vergrößern. Der Vorsitzende begrüßt mit herzlichen Worten den inzwischen erschienenen Nestor der Danziger Botaniker, Prof. Dr. Th. Bail, der durch seine Pilzstudien auch auf dem Gebiete der angewandten Botanik die gebührende Anerkennung gefunden hat. Aus der sodann vorgenommenen Wahl des Vorstandes für die nächsten drei Jahre gehen hervor Geheimrat Prof. Dr. J. Behrens-Dahlem als 1. Vorsitzender, Prof, Dr. C. Brick- Hamburg als 2. Vorsitzender, Dr. H. Fischer- Friedenau als 1. Schriftführer, Dr. K. Müll er- Augustenberg als 2. Schriftführer, Regierungsrat Dr. 0. Appel -Dahlem als Kassierer. Zu Kassenrevisoren werden die Herren Prof. Dr. Gi lg -Dahlem und Prof. Dr. Kolkwitz- Steglitz vorgeschlagen und gewählt. Geheimrat Behrens übernimmt den Vorsitz. Bei der Wahl des nächstjährigen Versammlungsortes wird vorgeschlagen, wiederum mit den beiden anderen botanischen Gesellschaften zu Pfingsten in Freiburg i. B. zu tagen. Prof. Voigt regt an, die Versammlung nur alle zwei Jahre abzuhalten. Der Vorsitzende sagt zu, den Vorschlag im Vorstande in Erwägung zu ziehen. Prof. Dr. Lakowitz begrüßt als Direktor der Naturforschenden Gesellschaft und Vorsitzender des Westpreußischen Botanisch-Zoolo- gischen Vereins die Vereinigung, wünscht einen guten Verlauf der Sitzungen in Danzig und der Ausflüge in die Umgebung sowie er- folgreiche Exkursionen in West- und Ostpreußen und überreicht im Vogel, Ergebnisse der Bodenbakteriologie XXXV Namen des Vereins den Teilnehmern C. Lakowitz, Die Algenflora der Danziger Bucht (141 S. m. 70 Texfig. , 5 Doppeltaf. u. 1 Vege- tationskarte. Danzig 1907) und H. Preuß, Die Vegetationsverhältnisse der westpreußischen Ostseeküste (119 S. mit 20 Textabb. u. 1 Karte. Danzig 1910). Der Vorsitzende dankt dem Redner für seine Begrüßungsworte und für die freundlichst überwiesenen Werke. In der wissenschaftlichen Sitzung spricht von 12 — 12'''' Dr. Cr. Gaßner- Hamburg über Untersuchungen zur Frage der Licht- keimung und der Einwirkung intermittierender Tempera- turen im Keimblatt. (Der Vortrag ist als „Vorläufige Mitteilung neuerer Ergebnisse meiner Keimungsuntersuchungen mit Chloris ciliata" in den Ber. d. D. B. G. XXIX, S. 708—722 veröffentlicht.) Von 12^*^ bis 1""' sprach Herr Dr. J. Vogel -Bromberg über Neuere Ergel)nisse der Bodenbakteriologic (s. S. 188 — 197). In der Diskussion bemerkte Dr. Hugo Fischer: Ich hal)e den hohen Wert solcher Arbeiten, welche die Stickstoffumsetzmig im Boden verfolgen, niemals verkannt und abgeleugnet und ha])e nur ilie Methode der Wasserkulturen nach Remy-Löhnis, die ja auch von Vogel und fast allen andern ver- lassen ist, bekämpft, und andererseits allerdings die Einseitigkeit betont, die darhi liegt, daß man fast nur uocli solche chemisch- analytische Untersuchungen vornahm und im übrigen die Biologie der Bodenbakterien, zumal die botanische Seite, ganz mit Nichtach- tung behandelte. Schluß der Sitzung 1 "^ Uhr. Nachmittags fand eine Dampferfahrt nach der Halbinsel Heia statt, wo namentlich die Dünenbefestigungs- und Aufforstungsarbeiten Interesse erregten. Floristisch waren die Dünenmoore, mit Erica Tetralix, Empetrum niyrnm usw., und die Strandflora, mit Linaria odorn, Lathyrus maritimns u. a. m., beachtenswert. Dienstag, den 8. August, begann die Sitzung 9'^^ mit einem Voi'trage von Prof. Dr. V. Sountag- Danzig : Die mikroskopische Unterscheidung der Hanf- und Flachs- faser und die Drehungserscheinungen beim Anfeucliten von Fasern (s. S. 140—163). 111* XXXVI Bericht über die 9. Hauptversammlung der Vereinigung Darauf sprach von 9^° bis 10^" Prof. Dr. A. jS^aumann - Dresden über : Demonstrationen und ergänzende Mitteilungen über Krankheiten einiger gärtnerischer Kulturgewächse (s. S. 198—217). In der anschließenden Diskussion berichtete Geheimrat Prof. Dr. Behrens über bisher stets mißlungene Infektions versuche an Erica; es kommen jedenfalls mehrere Oidium - Spezies auf Erica- Arten vor; zur Unterscheidung derselben muß man auf die I»halts- körper der Sporen genau achten. Herr Dr. Schaf fnit fragte an, wie denn die Anfänge der Rißbildung an den Äpfeln in Erscheinung treten, und was wohl die Ursache sei und ob nicht Frostwirkung dabei mitspielen könne. Herr Prof. Naumann antwortete darauf, daß starke Abkühlung der von Regen durchnäßten Früchte wohl die Rißbildung hervorrufe. Dagegen bemerkte Herr Geheimrat Behrens, daß die über- schüssige Feuchtigkeit wohl die Hauptursache sei. Bei Orangen sei übrigens das Aufreißen vielfach erblich. Herr Profef^sor Naumann betonte, daß ihm drei verschiedene Apfelsorten in solchem Zustande eingeschickt worden seien, immerhin sei größere oder geringere Disposition bestimmter Sorten luöglich. Von 10^^ — 10^'' trug Herr Prof. Dr. A. Voigt-Hamburg vor über Terminologie in der Warenkunde. (Ein Manuskript des Vortrages ist bisher nicht eingeliefert worden.) Darauf ergriff Herr Korpsstabsapotheker a. D. L. Bernegau- Berlin um lO*^*^ Uhr das Wort zu: Mitteilungen über die Kolanuß (s. S. 164 — 173) und Über die Herstellung von kondensiertem Ananassaft (s. S. 174—176) Eine Diskussion fand nicht statt. Schluß der Sitzung um 11 Uhr. Am Nachmittag wurde eine Fahrt nach Oliva unternommen. Die Besichtigung des prachtvollen königlichen Parkes verlief ziemlich kurz und ohne Führung, da der Kgl. Garteninspektor Wocke von der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft mit Beschlag belegt war. Vom Park stiegen wir hinauf zum Karlsberg, wo die zierliche Goodyera repens wächst, die sonst süddeutschen Arten Hypericum pulohrum und Teucrium Scorodonia, u. a. m. Dann ging Exkursionen XXXVII es zu Wagen nach dem Espenkruge r See, aus welchem Herr Dr. Preuß, plötzlich im Badekostüm erscheinend, tief ins Wasser watend uns die schönsten Sachen herausholte, wie Isoetes in mehreren Varietäten, Litorella juncea, u. a. m. Mittwoch, den 9. August, hatten die Mitglieder der Vereinigung für angewandte Botanik Ge- legenheit, einige Vorträge der Vereinigung für Pflanzengeo- graphie und systematische Botanik mit anzuhören. Nachmittags fuhr man mit der Bahn nach Klein-Katz, von wo im Walde bei Hocli-Redlau der größte deutsche Bestand von Pirus siiecica besucht wurde; von da erreichte man den Strand von Gdingen, wo viel Erynghtm maritimum (jetzt unter Schutz!) wächst, weiter gegen Oxhöft Botrychium rutaceum und andere seltene Pflanzen. Donnerstag, den 10. August, begann die große auf 6 Tage berechnete Exkursion, die eine stattliche Teilnehmerzahl vereinigte. Nach längerer Bahnfahrt von Danzig bis Zuckau stieg man in das liebliche Radau netal hinab mit seiner teils an südlichere Lagen, teils an höhere Waldgebirge gemahnenden Flora: Lilium martagon, Listera ovata, Aconitum variegatum, Bu- pleurum longifolium, Pleurospennum austriaciim, Chaerophyllum hirsiätim, Laserpitiwn pruthcnicum, Digitalis amhigua u. a. Von da Wagenfahrt nach Karthaus, dann mit der Bahn durch die an landschaftlichen Reizen gar nicht so arme Tuchler Heide, nach Konitz, in dessen Nähe in der Aljenddämmerung noch das Vor- kommen von Nuphar puniilum und der Kreuzung mit N. luteum (N. intermedium) festgestellt wurde. Freitag, den II. August, fuhr man schon um 5 Uhr früh von Konitz ab nach dem Abrauer Moor, mit Betida humilis und ihren Kreuzungen, Salix livida, Sweertia perennis, Dianthus superbus, Saxifraga hircuhis, u. a. ; von der seltenen Pedicularis sceptrum Carolinum wurde ein einziges, nicht einmal sehr stattliches Exemplar aufgetrieben, das aber doch die Botaniker von allen Seiten auf den einen Punkt hin konvergieren machte. Weiter ging's nach Forst Lindenbusch, mit Pulsatilla vernalis, P. patens und dem Bastard beider, dann nach dem Zies- buch mit seinen zahlreichen prächtigen z. T. sehr alten Taxusstämmen, XXXVIII Bericht über die 9. Hauptversammlung der Vereinigung dann wieder durch ein Moor mit Ledum, Arctostaphylos u^vv., zuletzt mit der Bahn nach Seh wetz. Sonnabend, den 12. August, ging es wieder mit Wagen zum ÜI»erga,ng8ni(jor von Wilhelmsmark mit (Salix myrtiUoides und Batstarden) zur Weichselfähre und über Kulm zu den hohen Weichsel ufern mit ihrer interessanten pontischen Flora: Stupa pennata und St. capiUnta, Lavatera thuringiaca, Adonis vernalis, Oxytropis pilosa, Campanula sibirica, usf. ; in anderer Richtung von Kulm, im Fril)betal , ein Bestand von Prunus fruticosa, dabei Aster amellus u. a. Nach langer Bahnfahrt gelangte man am Abend nach Elbing. Sonntag, den 13. August. wurde in Rücksicht auf die Anstrengungen der letzten Tage und auf die drückende Hitze einiges am Programm gestrichen. Man fuhr mit der Haffuferbahn nordwärts, dann ging es zu Fuß durch Wälder und über Höhen, durch den dicht bewaldeten Pruzzengrund hinauf auf eine Höhe im Buchenwald, mit entzückenden Durch- blicken auf das tief unten liegende Cadinen, wohin wir nun hin- abstiegen. Von dort gelangten wir mit der Bahn nach Königsberg. Montag, den 14. August. brachte uns die Samlandbahn nach Neukuhren, von wo wir stundenlang z. T. durch prachtvoll waldige Schluchten, an der Steil- küste hinwanderten bis Warnicken, zum Standort der Campanula latifoUa. Mit der Bahn nach Cranz gelangt, Avanderten wir nun wieder langhin auf die Kurische Nehrung, bis zu der Stelle, wo die niedliche Gymnadenia cucullata steht; die mächtige Wirkung des Windes auf die Baum Vegetation war dort besonders charakteristisch. Auf dem Rückweg, nahe bei Cranz, schon stark im Dunkeln, erreichte man noch den Rand des großen Moores, auf dem Rubus chaniaevioyus noch in Mengen wächst. Dienstag, den 15. August, fuhr man mit dem Schiff über das Haff nach Rossitten, wo die Vogelwarte besichtigt und dann das Möwen bruch besucht wurde, mit Microstylis, Liparis und Coralliorrhiza. Von dort stiegen bezw. wateten wir die berühmte hohe Wanderdüne hinan, ein höchst interessanter Anblick; freilich, alle Botanik hört hier auf, Sand, nichts Exkursionen XXXIX als Sand, de8sen schon bei mäßigem Wind nicht stillstehende Bewegung kein Samenkörnlein aufkeimen läßt. Bei strömendem Regen, einer großen Seltenheit im Sommer 1911, gelangten wir nach Pillkoppen, von wo man mit Wagen, Dampfschiff und Eisenbahn nach Königsberg zurückkehrte. Mittwoch, den 16. August, fanden sich noch einige Teilnehmer im Botanischen Garten dort- selbst ein, zu einem interessanten Rundgang unter Führung von Professor Dr. Mez. Besonders erwähnt sei hier die überaus reichhaltige Sammlung, die der Genannte in langjähriger Beschäftigung mit dem HausBchwamm und anderen holzzerstörenden Pilzen zusammen- gebracht hat. Brick und Fischer. XL Vorstand — Mitgliederliste Vorstand für das Jahr 1912. Geheimrat Prof. Dr. J. Behrens, Dahlem, 1. Vorsitzender, Professor Dr. C. Brick, Hamburg, 2. Vorsitzender, Dr. H. Fischer, Friedenau, 1. Schriftführer, Dr. K. Müller, Augustenberg, 2. Schriftführer, Regierungsrat Dr. 0. Appel, Dahlem, Rechner. Mitgliederliste der „Vereinigung für angewandte Botanik'' für Juni 1912. (Adressenänderungen bezw. Unrichtigkeiten im Verzeichnis bittet man dem Schriftführer der Vereinigung, Dr. H. Fischer, Berlin-Friedenau, Goßlerstr. 5 anzuzeigen.) Appel, Otto, Dr., Regierungsrat, Mitglied der Kaiserl. Biologischen Anstalt für Land- u. Forstwirtschaft, Dahlem-Steglitz b. Berlin Ascherson, Paul, Dr. phil. et med.. Geh. Regierungsrat, Professor an der Universität, Berlin W., Bülowstraße 50 Bassermann-Jordan, Ludwig, Dr. jur., Bürgermeister und Wein- gutsbesitzer, Deidesheim (Bayer. Pfalz) Baur, Erw., Dr., Professor der Botanik an der Kgl. Landwirtsch. Hochschule, Friedrichshagen b. Berlin Behn, Dr., Ständiger Mitarbeiter an der Kaiserl. Biologischen Anstalt, Dahlem-Steglitz bei Berlin Behrens, Johannes, Dr., Professor, Geh. Regierungsrat, Direktor d. Kaiserl. Biologischen Anstalt f. Land- und Forstwirtschaft, Dahlem- Steglitz bei Berlin Beke, L. von, Assistent am K. ungar. Pflanzenphysiologischen und -pathologischen Institut, Magyarovar Benary, Heinrich, Erfurt, Brühlerstr. 39c Benecke, W., Dr., Professor der Botanik an der Universität, Berlin, Dorotheenstr. 6 Bernatsky, J., Dr., Budapest I, Marväny n. 23. Bernegau, L., Korpsstabsapotheker a. D., Berlin W.- Haiensee, Kur- fürsten dämm 101 Mitgliederliste XLI ßeyrodt, Otto, Kgl. Okonomierat, Gärtnereibesitzer (Orchideen), Marienfelde bei Berlin Bierberg, Dr., W., Assistent an der Hefe-Reinzucht-Station der Kgl. Lehranstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau, Geisenheim a. Rh. Bitter, G., Dr., Direktor des Botanischen Gartens, Bremen Borries, v., Rittergutsbesitzer, Eckendorf b. Heepen, Lippe-Detmold Braun, K., Dr., Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Kaiserl. Biolog. - Landwirtschaftlichen Institut, Amani (Deutsch-Ostafrika), Hafen Tanga Bredemann, G. , Dr., Assistent a. d. Landwirtsch. Versuchsstation, Harleshausen b. Kassel Brick, C, Dr., Professor, Leiter der Station für Pflanzenschutz, Ham- burg 5, St. Georgskirchhof 6 Broili, Jos., Dr., Bromberg, Kaiser- Wilhelm -Institut f. Landwirtschaft Bruijning jr., F. F., Direktor der Rijksproef Station voor Zaadcontröle, Wageningen (Holland) Brunner, K., Dr., Assistent an den Botanischen Staatsinstituten, Hamburg 36, Jungiusstr. Bubak, Franz, Dr., Professor an der Landwirtschaf tl. Akademie, Tiibor in Böhmen Buchwald, J., Dr., Wissensch. Direktor der Versuchsanstalt für Getreideverarbeitung, Berlin NW. 23, Klopstockstr. 49 Buhl, Franz, Weingutsbesitzer, Reichsrat, Präsident des Deutschen Weinbau-Vereins, Deidesheim (Bayer. Pfalz) Büsgen, M., Dr., Professor der Botanik an der Forstakademie, Hann.- Münden Busse, Walter, Dr., Geh. Regierungsrat, Vortragender Rat im Reichs- kolonialamt, Friedenau b. Berlin, Kaiserallee 65 Chmielewski, Z., Assistent an der Pflanzenschutzstation d. Landw. Hochschule, Dublany bei Lwow (Galizien) Coleman, Leslie C, Government Mycologist and Entomologist, Bangalore, Brit. Indien Correns, Dr., Professor der Botanik, Direktor des Bot, Gartens u. des Bot. Instituts an der Universität Münster i. Westf. Cuboni, G. , Dr., Professor, Direttore della Stazione di Patologia vegetale, Rom, Via Santa Susanna Dammann, H., Dr., Professor für Pflanzenbau am Instituto de Agronomia, Montevideo- Sayago (Uruguay) Degen, A. v. , Dr., Direktor der Kgl. Ungarischen Samenkontroll- station, Budapest II, Kis-Rökus-utcza Il/b XLII Mitgliederliste Dern, A., Landesökonomierat, Kgl. Bayer. Landesinspektor f. Weinbau, Neustadt a. d. Haardt Derndinger, Job., Domänenrat, Karlsrube i. B., Ettlingerstr. 27 Diels, L., Dr., Professor der Botanik, Marburg a. L., Botanisches Institut Dingler, Hermann, Dr., Professor, Aschaffenburg Dorph Petersen, K., Direktor der Statsanstahen Dansk Frökontrol, Kopenhagen V, Bülowsvej 13 a Drude, 0., Dr., Geh. Hofrat, Professor der Botanik an der Tech- nischen Hochschule und Direktor des Kgl. Botanischen Gartens, Dresden-A., Botanischer Garten Edler, W., Dr., Geh. Hofrat, Professor, Landwirtschaftl. Institut der Universität, Jena, Schloßgasse 17 Ehatt, P., Kgl. Ökonomierat, Trier Eichinger, A., Dr., Kaiserl. Biolog.-Landw. Institut, Amani (Deutsch- Ostafrika) Engler, Adolf, Dr., Geh. Ober-Regierungsrat, Professor der Botanik an der Universität, Direktor des Kgl. Botanischen Gartens und Museums, Dahlem-Steglitz bei Berlin Eriksson, Jakob, Dr., Professor, Experimentalfältet bei Stockholm Esser, P., Dr., Direktor des Botanischen Gartens, Dozent der Botanik und Mikroskopie an der Handels -Hochschule zu Köln a. Rh., Volksgartenstr. 1 Ewert, R., Dr., Professor, Leiter der Botanischen Abteilung der Ver- suchsstation des Pomologischen Instituts, Proskau bei Oppeln O.-Schl. Faber, F. v., Dr., Botaniker am Ackerbau-Departement, Buitenzorg (Java) Fickendey, Dr., Chemiker der Versuchsanstalt für Landeskultur, Victoria (Kamerun) Findlay, Wm. M., Agricultural Department, Marishai College, Aberdeen (Schottland) Fischer, Alfred, Dr., Professor an der Universität, Direktor des Bo- tanischen Instituts und Gartens, Basel Fischer, Chr., Regierungsrat, Franken thal (Bayer. Pfalz) Fischer, Hugo, Dr., Wissenschaf tl. Mitarbeiter der Deutschen Garten- bau-Gesellschaft, Berlin-Friedenau, Goßlerstr. 5 Fitting, H., Dr., Professor, Hamburg, Curschmannstr. 6, I Freudl, Eligius, Assistent an der k. k. Samen-Kontrollstation Wien II/2, k. k. Prater 174 Froelich, G., Kgl. Ökonomierat, Edenkoben (Bayer. Pfalz) Mitgliederliste XLIII Frölich, Gust., Dr., Professor, Jena, Wildstr. 6 Fruwirth, C, Professor an der k. k. Technischen Hochschule, Wien IV Fünfstück, Moritz, Dr., Professor der Botanik an der Kgl. Tech- nischen Hochschule, Stuttgart, Ameisenbergstr. 7 Galler, H., Dr., Weinsberg (Württbg.). (Adr. Herrn Lehrer Gehring.) Gassner, G., Dr., Wiss. Hilfsarbeiter an den Botan. Staatsinstituten, Hamburg, Birkenau 28 Geduldig, W., Kunstgärtner Aachen (Haus Weißenberg am Königs- hügel) Gern eck, R., Dr., Assistent an der Kgl. Bayer. Weinbauschule, Veits- höchheim bei Würzburg Giesenhagen,K.,Dr,, Professor an der Tierärztl. Hochschule, München, Schackstr. 2 11 Gilg, E. , Dr., a. o. Professor der Botanik, Kustos am Kgl. Bota- nischen Museum, Steglitz bei Berlin, Grenzburgstr. 5 Graebner, P. , Dr., Professor, Kustos am Kgl. Botanischen Garten, Groß-Lichterfelde W. bei Berlin, Viktoriastr. 8 Grevillius, Anders Yngve, Dr., Landwirtschaft!. Versuchsstation, Kempen (Rheinprovinz) Grosser, W., Dr., Direktor der Agrikultur -botanischen Versuchs- und Samenkontrollstation d. Landwirtschaftskammer, Breslau 10, Matthiasplatz 1 Gullüg, Landwirtschaftslehrer, z. Z. Abteilung für Pflanzenkrankheiten d. Kaiser Wilhelms-Instituts, Bromberg, Bülowplatz Güssow, H. T. , Dominion Botanist, Central Experimental Farm, Ottawa, Ont. (Canada) Gutzeit, Dr., Professor, Milchwirtschaftliches Institut der Universität, Halle a. S. Hall, J. J., Direktor Dr., Buitenzorg, Java Hanausek, T. F., Dr., k. k. Regierungsrat, Gymnasialdirektor, Wien, VII/3, Schattenfeldgasse 82 Hansen, Adolf, Dr., Geh. Hofrat, Professor der Botanik und Direktor des Botanischen Gartens, Gießen, Leberstr. 21 Haselhoff, E. , Dr., Professor, Vorsteher der Landwirtschaftlichen Versuchsstation, Harleshausen b. Kassel Haupt, Hugo, Dr., Nahrungsmittelchemik., Bautzen i. S., Muettigstr. 35 Hecke, Ludwig, Dr., Professor an der k. k. Hochschule für Boden- kultur, Wien XVIII, Staudgasse 13 Heering, W., Dr., Wissenschaftl. Hilfsarbeiter an den Hamb. Bota- nischen Staatsinstituten, Altona, Alsenstr. 3 XLIV Mitgliederliste Hegyi, D., Vorsteher der k. Ungar. Versuchsanstalt f. Pflanzen- physiologie u. Pflanzenpathologie, Magyarövär (Ung. Altenburg) Heil, G., Rittergutspächter, Tuckelhausen bei Ochsenfurt (Unterfranken) Heinsen, E. , Dr., Wissenschaf tl. Hilfsarbeiter an den Botanischen Staatsinstituten, Hamburg 20, Hudtwalckerstr. 18 Heinze, B., Dr., Vorsteher der Bakteriologischen Abteilung an der Agrikultur-chemischen Versuchsstation, Halle a. S., Karlstr. 10 Henneberg, W. , Dr., Abteilungsvorstand im Institut für Gärungs- gewerbe, Berlin N. 65, Seestraße Hensler, Karl, Kgl. Landwirtschaftslehrer, Vorstand der Kgl. Land- wirtschaftsschule, Landau (Pfalz) Herold, Dr., Kaiser Wilhelms-Institut, Bromberg, Bülowplatz Herzberg, Dr., Direktor der Landwirtschaftl. Winterschule, Neu- haldensleben (Prov. Sachsen) Hillmann, Paul, Dr., Geschäftsführer der Saatzucht- und Kolcaial- abteilung der Deutschen Landwirtschafts -Gesellschaft, Privat- dozent a. d. Kgl. Landw. Hochschule, Berlin SW. 11, Des- sauerstr. 14 Hiltner, L. , Dr., Professor, Direktor der Kgl. Bayer. Agrikultur- botanischen Anstalt, München-Schwabing, Osterwaldstr. 9f Hinneberg, P., Dr., Altona-Ottensen , Flottbeker Chaussee 29 Holtmeier, Hermann, Dr., Beamter der Landwirtschaftskammer, Königsberg i. Pr., Paradeplatz 7 D 2 Höstermann, G. , Dr., Vorstand der Pflanzenphysiolog. Abteilung und Lehrer an der Kgl. Gärtner-Lehranstalt in Dahlem-Steglitz bei Berlin, Steglitz, Südendstr. 12 Hülsen, von, Dr., Vorsitzender der Landwirtschaftskammer f. d. Prov. Brandenburg, Berlin, Kronprinzenufer 6/7 Hunger, F. W. T., Dr., Amsterdam, Van Eeghenstraat 52 Issatschenko, Boris, Hofrat, Direktor der Versuchs- und Samen- kontroll-Station am Kais. Botanischen Garten, St. Petersburg Jaap, 0., Lehrer, Hamburg 25, Burggarten la Jaeger, Fräulein Julie, Coblenz-Lützel, Triererstr. 115 Jaekel, Hugo, Chemiker, z. Zt. Überlingen a. Bodensee Jakowatz, A., Dr., Professor an der Landw. Akademie, Tetschen- Liebwerd (Böhmen) Johnson, T., Dr., Professor, Royal College of Science, St. Stephen's Green, East, Dublin (Irland) Jost, L. , Dr., Professor an der Universität und Direktor des Bota- nischen Gartens und Instituts, Straßburg i. E. Mitgliederliste XLV Jungclaussen, C. A. , Medizinalassessor, Hamburg 5, Beim Stroh- hause 10 Junge, E., Kgl. Garteninspektor, Geisenheim a. Rh. Kabät, Jos. E., em. Zuckerfabriksdirektor, Turnau 544 (Böhmen) Kaiserfeld, W., Dr., Kanzleidirektor, Graz Kern, H., Dr., Assistent an der kgl. Ungar. Versuchsstation für Pflanzen- physiologie und Phytopathologie, Magyar-Ovar (Ungar. Altenburg) Kießling, L. , Dr., Professor a. d. Landwirtsch. Akademie und Vor- stand der Kgl. Bayer. Saatzuchtanstalt, Weihenstephan bei Freising Killer, J., Dr., Botanischer Assistent an der Kaiserl. Landwirtschaf tl. Versuchsstation, Colmar i. E., Kleberstr. 8 Kirchner, 0. von, Dr., Professor der Botanik an der Königl. Württemberg. Landwirtschaftlichen Hochschule, Vorstand des Botanischen Gartens, der Samenprüfungsanstalt und des Instituts für Pflanzenschutz, Hohenheim bei Stuttgart Kirchner, R. , Dr., Assistent am Botanischen Institut der Kgl. Württemb. Landwirtsch. Hochschule, Hohenheim bei Stuttgart Kirsche, Dr., Saatzuchtanstalt A. Kirsche-Pfiffelbach, Domäne Sund- hausen (Herzogt. Gotha) Klammer, Gutsbesitzer, Ebensfeld bei Pettau (Steiermark) Kleb ahn, H., Dr., Professor, Assistent an den Hamburgischen Bota- nischen Staatsinstituten, Hamburg 30, Curschmannstr. 27 Klein, L., Dr., Geh. Hofrat, Professor der Botanik an der Gr. Bad. Techn. Hochschule, Direktor des Botan. Gartens und Instituts, Karlsruhe i. B., Kaiserstr. 2 Knischewsky, Frl. Olga, Dr., Vorsteherin d. Abteilung f. Pflanzen- schutz d. Chemischen Fabrik Dr. Nördlinger, Flörsheim a. Main Koch, Alfred, Dr., Professor, Direktor des Land Wirtschaft!. -bakteriolog. Instituts, Göttingen, Schildweg 13 Köck, K., Dr., Professor an der k. k. höheren Lehranstalt für Wein- und Obstbau, Klosterneuburg bei Wien Kolkwitz, Richard, Dr., Professor, Privatdozent der Botanik, Mitglied der Versuchs- und Prüfungsanstalt f. Wasserversorgung und Ab- wässerbeseitigung, Steglitz bei Berlin, Rothenburgstr. 30 Kornauth, K. , Dr., k. k. Regierungsrat, Oberinspektor, Vorsteher der k. k. Landwirtschaftl. -bakteriolog. und Pflanzenschutzstation, Wien IX, Rögerstr. 36 Kosaroff , P., Dr., Vorstand der K. Hagelversicherungsanstalt, Sofia (Bulgarien) XLVl Mitgliederliste Krasser, Fr., Dr., Professor der Botanik und Warenkunde an der Deutschen Technischen Hochschule, Prag I, Hußgasse 5 Kraus, C, Dr., Geh. Hofrat, Professor der Landwirtschaft an der Technischen Hochschule, Oberleiter der Königl. Saatzuchtanstalt in Weihenstephan, München, Luisenstr. 24 II Krause, F., Assistent an der Abteilung für Pflanzenkrankheiten d. Kaiser Wilhelms-Instituts, Bromberg, Bülowplatz Kroemer, K., Dr., Vorstand der Pflanzenphysiologischen Versuchs- station der Kgl. Lehranstalt für Wein- , Obst- und Gartenbau, Geisenheim a. Rh. Krüer, H., Apothekenbesitzer, Ahrensburg bei Hamburg Krüger, F., Dr., Professor, K. Technischer Rat, Ständiger Mit- arbeiter an der Kaiserl. Biolog. Anstalt, Dozent an der Kgl. Landwirtschaft!. Hochschule, Großlichterfelde, Hobrechtstr. 10 Kühle, L., Mitinhaber der Saatzüchterei Aderstedt, Gunsleben (Kreis Oschersleben) Kumm, P., Dr., Professor, Direktor des Westpreußischen Provinzial- museums, Danzig, Langermarkt 24 Kur mann, Franz, k. k. Weinbauoberinspektor am k. k. Ackerbau- ministerium, Wien I, Liebiggasse 6 Ladewig, C, Leiter der Molive-Pflanzungs-Gesellschaft, Berlin W. 35, Schöneberger Ufer 16 Lafar, Franz, Dr., Professor der Gärungsphysiologie u. Bakteriologie an der Technischen Hochschule, Wien IV, Karlsplatz 13 Lakowitz, C, Dr., Professor, Danzig, Brabank 3 Lang, Hans, Dr., Vorstand der Großh. Badischen Versuchsanstalt für Pflanzenzüchtung, Hochburg bei Emmendingen (Baden) Lang, W., Dr., Assistent an dem Botan. Institut der Landwirtschaftl. Akademie, Hohenheim (Württemberg) Laubert, Richard, Dr., Ständiger Mitarbeiter an der Kaiserl. Bio- logischen Anstalt für Land- und Forstwirtschaft, Zehlendorf W. bei Berlin, Elfriedenstr. 5 Lehmann, Ernst, Dr., Privatdozent, Tübingen, Botan. Institut, Lust- nauerallee Lemcke, Alfred, Dr., Vorsteher der Pflanzenschutzstelle der Land- wirtschaftskammer für die Provinz Ostpreußen, Königsberg i. Pr., Köttelstr. 11 Lenz,H., Dr., Professor, Direktor d. Naturhistorischen Museums, Lübeck Liebenberg, Adolf Ritter von, Dr., k. k. Hof rat, Professor an der k. k. Hochschule für Bodenkultur, Wien XVIII, Hochschulstr. 17 Mitgliederliste XLVII Lind, Jens, Konsulent für Pflanzenkrankheiten, Lyngby, Dänemark Lindinger, L., Dr., Wissenschaft). Hilfsarbeiter an der Station für Pflanzenschutz, Hamburg 14, Versmannkai Lindner, Paul, Dr., Professor, Vorsteher der Abteilung für Reinkultur am Institut für Gärungsgewerbe, Charlottenburg, Wilmersdorfer- straße 66 a Linhart, G., Dr., Kgl. Rat, Professor an der Kgl. Ungar. Landwirt- schaftlichen Akademie, Magyarövär (Ungar. Altenburg) Linsbauer, L., Dr., Professor an der k. k. höheren Lehranstalt für Wein- und Obstbau, Klosterneuburg bei Wien Lopriore, G., Dr., Professor der Botanik an der Universität, Direktor d. R. Stazione Sperimentale Agraria, Modena Lüstner, Gustav, Dr., Professor, Vorstand der Pflanzenpathologischen Versuchsstation der Kgl. Lehranstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau, Geisenheim a. Rh. Maaßen, Dr., Regierungsrat, Mitglied der Kaiser!. Biologischen Anstalt für Land- und Forstwirtschaft, Dahlem-Steglitz bei Berlin Mährlen, Weinbauinspektor, Weinsberg (Württemberg) Magnus, Paul, Dr., Professor der Botanik an der Universität^ Berlin W. 35, Blumeshof 15 Magnus, W., Dr., Professor, Privatdozent, Pflanzen physiol. Institut der Landwirtschaft!. Hochschule, Berlin W., Friedrich Wilhelm- straße 26 Martinet, G., Chef de l'Etablissement federal d'essais et de contröle de semences, Lausanne (Schweiz) Maurizio, A. , Dr., Professor der Botanik und Warenkunde an der k. k. Technischen Hochschule, Lemberg (Galizien) Mayer, W., Dr., Porto Rican Leaf Tobacco Company, Caguas, P. R (Adresse für Drucksachen Max Scheel, Pößneck i. Thür.) Meinecke, E. P., Dr., Legaciön Alemana, Esmeralda 1048, Buenos Ayres (Argentinien) Meißner, Richard, Dr., Professor, Vorstand der Kgl. Württemberg. Weinbau -Versuchsanstalt, Weinsberg (Württemberg) Merkel, Dr., Berlm, Deutsche Landwirtschaftsgesellsch., Berhn SW, Dessauerstr. 14 Mertens, A., Dr., Professor, Direktor d. Stadt. Museums für Natur- und Heimatkunde, Magdeburg, Domplatz 5 Meuschel, Otto, Kgl. Kommerzienrat, Weingutsbesitzer, Buchbrunn. bei Würzburg (Unterfranken) XLVIII Mitgliederliste Mez, C, Dr., Professor der Botanik an der Universität und Direktor des Botanischen Gartens, Königsberg i. Pr. Miczynski, K., Dr., Professor, Landwirtschaftliche Akademie, Dublany bei Lwow (Galizien) Mikosch, C, Dr., Professor an der Technischen Hochschule, Brunn Moeller, J. , Dr., Professor, k. k. Pharmakognostisches Institut der Universität, Wien JMolz, E., Dr., Stellvertr. Vorstand d. Versuchsstation für Pflanzen- krankheiten d. Landwirtschaftskammer f. d. Provinz Sachsen, Halle a. S., Karlstr. 10 Morpurgo, G. , Professor an der Handelshochschule der Revoltella- Stiftung, Direktor des Museo Commerciale, Triest Morstatt, H., Dr., Leiter der zoologischen Abteilung am Biologisch- Landwirtschaftlichen Institut, Amani (Deutsch-Ostafrika) Müller, H. C, Dr., Professor, Vorsteher der Agrikultur -chemischen Versuchs - Station der Landwirtschaftskammer für die Provinz Sachsen, Halle a. S., Karlstr. 10 Müller, K. , Dr., Assistent an der Großherzogl. Landwirtschaftl. Versuchsstation, Augustenberg bei Grötzingen (Baden) Müller-Thurgau, Hermann, Dr., Professor, Direktor der Schweize- rischen Versuchsanstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau, Wädenswil bei Zürich (Schweiz) Muth, Franz, Dr., Professor, Lehrer d. Naturwissenschaften an d. Groß- herzogl. Weinbauschule, Oppenheim a. Rh. Naumann, A., Dr., Professor, Dozent für Botanik an der Kgl. Tier- ärztlichen Hochschule und Assistent am Kgl. Botan. Garten, Dresden- A., Borsbergstr. 26 I Neger, F., Dr., Professor der Botanik an der Forstakademie, Tha- randt Nemec, B., Dr., Professor der Botanik an der Czechischen Universität Prag V, Slupy 433 Nestler, Anton, Dr., Professor für Pflanzen-Anatomie u. Physiologie, Oberinspektor der Untersuchungsanstalt für Lebensmittel an der k. k. Deutschen Universität, Prag II, Sluper Gründe Neu mann, M. P. , Dr., Vorsteher der chemischen Abteilung der Versuchsanstalt für Getreideverarbeitung, Berlin N. 65, See- straße 4 a Nilsson, N. Hjalmar, Dr., Professor, Svalöf (Schweden) Oetken, W., Saatzuchtleiter der Fr. Strubeschen Saatzucht Schlan- stedt (Bez. Magdeburg) Mitgliederliste XLIX Orth, A., Dr., Geh. Regierungsrat, Professor an der Landwirtschaft!. Hochschule, BerHn W., Ziethenstr. 6 b Osterspey,Dr. , Direktor der Landwirtschaftsschule, Frankenthal (Pfalz) Pammel, L, H., Dr., Department of Botany, Jowa State College of Agriculture and Mechanic Arts, Arnes (Jowa) U. S. A., The Col- lege Library Paul, H., Dr., Assessor der Kgl. Bayer. Moorkulturstation, Bernau am Chiemsee (Oberbayern) (November — März: München, Königin- straße 3 o) Percival, John, M. A., Professor of Agricultural Botany, University College, Reading (England) Peter, von, Dr., Direktor der Landwirtschaftsschule , Heppenheim a. d. Bergstraße Peters, G., Kaiserl. Biolog. Anstalt, Dahlem, Post Steglitz Peters, W., Dr., Preßhefefabrikant, Hamburg 15, Grünerdeich 60 Pethybridge, George, H., Dr., Economic Botanist and Director of the Seed Testing Station, Dublin (Irland) Petkoff, St., Dr., Professor der Botanik an der Universität, Sofia (Bulgarien) Pflug, Heinrich, Gutsbesitzer, Baltersbach, Post Ottweiler, Bezirk Trier Picht, H. F., Direktor der Deutschen Kautschuk -Akt. -Ges., Berlin NW. 40, Kronprinzenufer 8 Pilger, R. , Dr., Privatdozent an der Universität Berlin, Dozent für Botanik an der Technischen Hochschule in Charlottenburg und Kustos am Botanischen Museum, Steglitz, Ahornstr. 25. Plaut, M., Dr., Agrikulturchemische Kontrollstation d. Landwirt- schaftskammer für die Provinz Sachsen, Halle a. S., Friedrich- straße 56 Portele, Karl, Dr., Professor, Hof rat, landwirtschafthch- technischer Konsulent im k. k. Ackerbau-Ministerium, Wien Potter, M. C. , Dr., Professor der Botanik am Durham College of Science, Newcastle-upon-Tyne, 14 Highbury, West Jesmond Puchner, Dr., Professor, Weihenstephan bei Freising Raatz, W., Dr., Leiter der Abteilung für Rübensamenzucht der Zucker- fabrik, Kl. Wanzleben bei Magdeburg Ravn, Kölpin, Dr., Professor an der Landbohojskolen, Kopenhagen V, Koschvej 25 Reinhardt, 0., Dr., Professor, Privatdozent der Botanik, Berlin W. 50, Ansbacherstr. 40 Reinitzer, Friedr. , Professor an der Technischen Hochschule, Graz Jahresbericht der Vereinigung für angewandte Botanik IX IV L Mitgliederliste Retzlaff, Max, Direktor der Westafrikan. Pflanzungs - Gesellschaft „Bi^jundi", Hamburg 36, Tesdorpfstr. 9 Riehm, E., Dr., Wissenschaftl. Hilfsarbeiter an der Kaiserl. Biologi sehen Anstalt, Großlichterfelde bei Berlin, Ringstr. 8 Ringleben, Joh., Rittergutsbesitzer, Götzdorf bei Bützfleeth, Kreis Kehdingen (Prov. Hannover) Rümker, C. v. , Dr., Professor, Direktor des Instituts für landwirt- schaftliche Produktionslehre, Breslau XVI, Birkenwäldchen 7 Ruhland, W., Dr., Professor, Botanisches Institut, Halle a. S., Schillerstr. 54 Schaffnit, E., Dr., Assistent an der Abt. f. Pflanzenkrankheiten des Kaiser Wilhelm-Instituts für Landwirtschaft, Bromberg, Hempel- straße 26 Schander, R. , Dr., Professor, Vorsteher der Abteilung für Pflanzen- krankheiten des Kaiser Wilhelm-Instituts für Landwirtschaft in Bromberg, Hohenzollernstr. 4 Schätzlein, Christian, Dr., Leiter der chemischen Abteilung der Kgl. Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau, Neustadt a. d. Haardt. S(3hellenberg, H. C, Dr., Professor der Landwirtschaft am Eidgenöss. Polytechnikum, Zürich, Hofstr. 63 Sehen ck, H., Dr., Geh. Hofrat, Professor der Botanik an der Tech- nischen Hochschule und Direktor des Botanischen Gartens, Darmstadt, Nikolaiweg 6 Schikorra, W., Dr., Assistent an der Abteilung für Pflanzenkrank- heiten d. Kaiser Wilhelm-Instituts, Bromberg, Bülowplatz Schindler, Franz, Professor an der k. k. Deutschen Technischen Hochschule, Brunn (Mähren) Schindler, Josef, Direktor der Versuchsstation der Landwirtschaftl. Landeslehranstalt, S. Michele a. E. (Tirol) Schlum berger, Otto, Dr., K. B, A., Dahlem, Post Steglitz Schmitthenner, F., Dr., Assistent an der Pflanzenphysiologischen Versuchsstation, Geisenheim a. Rh. Schober, A., Dr., Professor, Schulinspektor, Hamburg 23, Richardstr. 86 Schoffer, Heinrich, Kgl. Landesökonomierat , Vorstand der Königl. Weinbauschule, Weinsberg (Württemberg) Schröder, Henry, Dr., Professor, Botanisches Institut, Kiel, Nie- mannsweg 61 Schröter, C, Dr., Professor der Botanik am Eidgenössischen Poly- technikum in Zürich V, Merkurstr. 70 Mitgliederliste LI Schumann, P., Dr., Vorstand der ßotan. Abteilung der Agrikultur- chemischen Kontrollstation der Landwirtschaftskammer für die Provinz Sachsen, Halle a. S., Karlstr. 10 Schuster, JuL, Dr., Privatdozent in München, Hildegardstr. 8 Schwapp ach, A., Dr., Prof., Geh. Reg.-Rat, Forstmeister, Ebers- walde Schwede, R. , Dr., Assistent an der Kgl. Technischen Hochschule, Dresden, Gutzkowstr. 28 Seufferheld, C, Kgl. Weinbauinspektor, Administrator, Rittergut Grünhaus a. d. Ruwer bei Trier Shibata, K., Dr., Professor, Frankfurt a. M., Varrentrappstr. 55 Siebert, A., Kgl. Landesökonomierat und Gartenbaudirektor, Direktor des Palmengartens, Frankfurt a. M. Simon, J, , Dr., Pflanzenphysiologische Versuchsstation, Dresden- A., Stübel-Allee 2 Snell, K., Dr., Leiter d. ßotan. Abteiig. d. Landw. Versuchsstation der Societe Khedivale d'Agriculture, Kairo (Adr. Essen a. d. Ruhr, Gutenbergstr. 11 Solereder, H. , Dr., Professor der Botanik und Direktor des Bota- nischen Gartens, Erlangen Sonder, Chr., Dr., Apothekenbesitzer, Oldesloe (Holstein) Sonntag, P., Dr., Professor, Oberlehrer, Saspe-Neufahrwasser b, Danzig Villa Möwenblick Spieck ermann, Dr., Al)teilung8Vorstand in der Landwirtschaft!. Versuchsstation, Münster i. W. , Plöniesstr. 51 Stahl, Ernst, Dr., Geh. Hofrat, Professor der Botanik und Direktor des Botanischen Gartens, Jena Stehler, G., Dr., Direktor der Schweiz. Samenuntersuchungs- und Versuchsanstalt, Zürich (Schweiz), Eidgen. Chemiegebäude Steglich, Dr., Professor, Pflanzenphysiologische Versuchsstation, Dresden, Stübel-Allee 2 Steinle, Domänenrat, Schwaigern (Württemberg) Störmer, Kurt, Dr., Vorsteher der Anstalt für Pflanzenbau u. Pflanzen- schutz der Landwirtschaftskammer für die Provinz Pommern, Stettin, Mühlenstr. 6 Thiele, R., Dr., Dozent für tropische Landwirtschaft an der Deut- schen Kolonialschule, Witzenhausen Thoms, H., Dr., Professor der pharmazeutischen Chemie an der Kgl. Universität, Direktor des Pharmazeutischen Instituts, Steglitz bei Berlin, HohenzoUernstr. 6 IV* m Mitgliederliste Thost, Robert, Dr., Verlagsbuchhändler, Groß-Lichterfelde bei Berlin, Wilhelmstr. 27 Tjebbes, K., Dr., Bussum, Holland, het Mouwtje; nach 1. V. 1912: Hilleshögs Nygärd pr. Landskrona, Schweden Tob 1er, Dr., Professor, Münster i. W., Langenstr. 17 Tschermak, E. v. , Dr., Professor an der k. k. Hochschule für Bodenkultur, Wien XVIII, Hochschulstr. 17 Tubeuf, C. Freiherr von, Dr., Professor für Anatomie, Physiologie und Pathologie der Pflanzen an der Universität und Vorstand der botanischen Abteilung der Kgl. Forstlichen Versuchsanstalt, München, Amalienstr. 67 ühlworm, Oskar, Dr., Professor, Oberbibliothekar, Herausg. d. „Cen- tralbl. f. Bakteriologie u. Parasitenkunde", Berlin W., Hohen- zollerndamm 4 Vitek, E., Vorstand der Samenkontrollabteilung der Chemisch- physiologischen Versuchsstation an der k. k. Böhm. Technischen Hochschule, Prag, Wenzelsplatz 47 Vogelsang, von, Kammerherr, Rittergutsbesitzer und Saatzüchter, Hovedissen (Lippe) Voigt, Alfred, Dr., Professor, Vorstand der Abteilung für Samen- kontrolle, Hamburg VII, Wandsbeker Ring 13 Volkens, G., Dr., Professor, Kustos am Kgl. Botan. Garten, Vor- stand der Botan. Zentralstelle für die Kolonien, Dahlem bei Berlin Wächter, W., Dr., Sekretär der deutschen Botanischen Gesellschaft, Steglitz, Düntherstr. 5 Wagner, Dr., Landwirtschaftslehrer an der Landwirtschaf tl. Schule Quedlinburg Wahl, C. von, Dr., Assistent an der Großherzogl. Landwirtschaft!. Versuchsanstalt, Augustenberg bei Grötzingen (Baden) Wanner, A., Kaiserl. Landwirtschaftsinspektor, Aufsichtskommissar für Reblausangelegenheiten, Straßburg i. E., Villenstr. 6 War bürg, Otto, Dr., Professor, Privatdozent der Botanik an der Universität und Lehrer am Orientalischen Seminar, Berlin W., Uhlandstr. 175 Warth, Karl, Stadtpfleger, Vorstand des Württembergischen Wein- bau-Vereins, Stuttgart Weber, C, Dr., Professor, Moorversuchsstation, Bremen, Friedrich- Wilhelmstr. 24 Weh m er, C, Dr., Professor an der Technischen Hochschule, Hannover, Alleestr. 35 Mitgliederliste LIII Weigmann, Dr., Proi'essor, Vorstand des Instituts für Milchwirt- schaft, Kiel Weigert, Leop., Dr., k. k. Regierungsrat, Direktor der k. k. höheren Lehranstalt für Wein- und Obstbau, Klosterneuburg bei Wien Weiler, Justo, Direktor der Westafrikan. Pflanzungs - Gesellschaf t „Bibundi", Hamburg I, Brandsende 29 Weinzierl, Th. Ritter von, Dr., Hof rat, Direktor der k. k. Samen- kontrollstation (k. k. Land wirtschaftlich -botanische Versuchs- station), Wien, Prater 174 Weiß -Ecker, Weingutsbesitzer, Metz Werth, E., Dr. phil., Hilfsarbeiter a. d. Kais. Biolog. Anstalt Dahlem Weste rdijk, Fräulein Johanna, Dr., Directrice des Phytopathol. Laboratorium Willie Commelin Schölten, Amsterdam, Roemer Vischerstraat 1 Widen, J. , Vorsteher der Chemischen und Samenkontroll -Station, Örebro (Schweden) Wieder s heim, W., Dr., Leiter der Privatlehranstalt für Obst- und Gartenbau, Hennigkofen-Nonnenbach (Württemberg) Wieler, Arwed, Dr., Professor, Dozent für Botanik und Vorstand des Botanischen Instituts der Technischen Hochschule, Aachen, Nizzaallee 71 Wilhelm, Karl, Dr., Professor der Botanik an der k. k. Hochschule für Bodenkultur, Wien XVHI, Hochschulstr. 17 Will, H., Dr., Professor, Vorstand der physiol. Abteilung der Wissen schaftl. Station für Brauerei, München, Reichenbachstr. 32 Wißmann, H. , Assistent a. d. Kgl. Lehranstalt f. d. Wein-, Obst u. Gartenbau, Geisenheim a. Rh., Landstr. 41 Wittmack, Ludwig, Dr., Geh. Regierungsrat, Professor an der Kgl Landwirtschaftl. Hochschule u. an der Universität, Berlin NW. 4 Platz am Neuen Tor 1 Wohltmann, Dr., Geh. Regierungsrat, Professor an der Universität Direktor des Landwirtschaftlichen Instituts, Halle a. d. Saale Gr. Steinstr. 19 Wolff, Max, Dr., Assistent a. d. Abteilung für Pflanzenkrankheiten d. Kaiser Wilhelm-Instituts, Bromberg, Schröttersdorf Wort mann, Juhus, Dr., Professor, Geh. Regierungsrat, Direktor der Kgl. Lehranstalt f. Wein-, Obst- u. Gartenbau, Geisenheim a. Rh. Zang, Wilhelm, Dr., Assistent am Botanischen Institut, Hohenheim bei Stuttgart JjXV Mitgliederliste. Zederb aller, E., Dr., Assistent an der k. k. Forstlichen Versuchs- anstalt, Mariabrunn bei Wien Zimmermann, H., Dr., Vorstand der Abteilung für Pflanzenschutz an der Landwirtschaft!. Versuchsstation, Rostock (Mecklb.) Zornig, H., Dr., Kustos am Pflanzenphysiologischen Institut, München- Nymphenburg, Nördl. Auffahrts-Allee 69 II Zschokke, Achilles, Dr., Direktor der Kgl. Bayer. Wein- und Obst- bauschule, Neustadt a. d. Haardt Zweifler, Franz, Direktor der Landes -Wein- und Obstbauschule, Marburg a. d. Drau (Steiermark) Vorträge Die Berücksichtigung der Witterungsverhältnisse in den Berichten über Pflanzenschutz der Hauptsammelstellen für Pflanzenkrankheiten '). Von Dr. R. Seh and er, Bromberg. Die durch den Erlaß des Herrn Ministers für Landwirtschaft vom 10. Dezember 1905 auch für Preußen eingerichtete Organisation zur Bekämpfung der Pflanzenkrankheiten ist wohl nun seit etwa 4 bis 5 Jahren in allen Provinzen durchgeführt worden, ein Zeitraum, der genügen dürfte, um von gewissen Erfahrungen sprechen zu können. Soweit mir bekannt ist, hat diese Einrichtung trotz der ihr naturgemäß anhaftenden Mängel vielfach eine günstige Aufnahme seitens der prak- tischen Landwirte gefunden , wenn auch heute noch viele Landwirte abseits stehen und von den Auskunftsstellen keinen Gebrauch machen. Letzteres liegt meines Erachtens weniger an der Organisation selbst, wenn diese sich auch noch mehr als bisher geschehen, den prakti- schen Verhältnissen anpassen kann und muß, als vielmehr an dem Umstand, daß die Pflanzenschutzstationen vielfach nicht in der Lage sind, die Anfragen der Landwirte mit praktisch durchführbaren Maß- nahmen zu beantworten. Hierfür darf die Tatsache nicht außer acht gelassen werden, daß unsere Kenntnisse der Pflanzenkrankheiten vielfach noch un- genügende sind. In nicht seltenen Fällen kann aber eine praktische Anweisung zur Vorbeugung oder Bekämpfung deshalb nicht gegeben werden, weil den Einsendungen und Anfragen jede nähere Mitteilung über die Umstände, welche zur Erkrankung der Pflanzen führten, fehlt. Aber gerade die durch die Organisation geschaffene enge Be- rührung der Pflanzenpathologie mit der praktischen Landwirtschaft ^) Der Vortrag wurde auf der Versammlung von Vertretern der Pflanzen- schutz-Organisation im Deutschen Reiche in Bromberg am 3. August 1911 gehalten. Jahresbericht der Vereinigung für angewandte Botanik IX i 2 R. Schander. dürfte geeignet sein, unsere Kenntnisse der Krankheitsursachen zu vertiefen, insbesondere aber die Wege zur Verhütung und Abwehr der Krankheiten zu weisen. Die Pflanzenschutzstation muß aber, soll sie ihre Pflicht erfüllen, mit der landwirtschaftlichen Praxis die engste Fühlung nehmen und die von ihr empfohlenen Maßnahmen den praktischen Erfahrungen der Landwirtschaft aufs engste anzupassen suchen. Will sie diese Forderungen erfüllen, so darf das Gebiet des praktischen Pflanzenschutzes nicht zu eng gefaßt werden. Sie kann sich nicht allein darauf beschränken, die Ursache jeder anormalen Entwicklung unserer Kulturpflanzen zu studieren, sondern hat auch die Aufgabe, sorgfältig zu prüfen, inwieweit die beobachteten patho- logischen Erscheinungen durch unrichtige kulturtechnische Maßnahmen oder anormale Ernährungsbedingungen verursacht und gefördert werden und inwieweit eine Änderung dieser Verhältnisse praktisch durch- führbar ist. Der praktische Pflanzenschutz erfordert deshalb eine sorgfältige Beobachtung aller Forschungsergebnisse des allgemeinen und speziellen Pflanzenbaues und besonders der Physiologie der Ernährung unserer Kulturpflanzen. Daraus ergibt sich von selbst die Forderung, auch die Ent- wicklungsbedingungen der normal gewachsenen Kulturpflanzen zu berücksichtigen, denn es erscheint unmöglich, anormale Zustände und deren Ursachen an Kulturpflanzen zu studieren und zu beurteilen, wenn nicht vorerst die normalen genau bekannt sind. Wenn der oben erwähnte Erlaß bestimmt, daß die Organisation geschaffen wird „zur Bekämpfung der Krankheiten, die an landwirt- schaftlichen, gärtnerischen und forstlichen Kulturpflanzen auftreten, und um den Land- und Forstwirten im weitesten Maße zu ermög- lichen, das Auftreten der Krankheiten rechtzeitig zu erfahren und sich über Mittel und Wege zu ihrer Bekämpfung zu unterrichten", so wird man diese Forderungen dahin auslegen können, daß die Pflanzen- schutzstationen die Aufgabe haben, alle diejenigen Faktoren in ihrer Einwirkung auf die landwirtschaftlichen Kulturpflanzen zu studieren, von denen ein normales oder anormales Wachstum derselben ab- hängig ist. Die notwendigen Unterlagen für diese Tätigkeit erhalten die Hauptsammelstellen einmal durch eigene Beobachtungen und durch ihre Forschungstätigkeit, die an den meisten Stationen einer weiteren Ausdehnung dringend bedarf, sodann aber in ihrer Tätigkeit als Berücksicht. d. Witterungsverhältn. in d. Berichten usw. 3 Auskunftstellen, indem sie die Anfragen der Praxis beantworten und die zur Untersuchung eingesandten kranken Pflanzen untersuchen. Wenn auch von der letzten Einrichtung nach den Jahresberichten der Hauptsanamelstellen von der Praxis in steigendem Maße Gebrauch gemacht wird und sich dadurch das zur Verfügung stehende Material vermehrt, so genügt dasselbe doch nur in den seltensten Fällen, um ein einigermaßen zutreffendes Bild über die Verbreitung einer Krank- heit, viel weniger über die die Krankheit bedingende Ursache zu geben. Hierzu bedarf die Hauptsammelstelle dringend der Berichte ihrer Sammler und es wird ihre Aufgabe sein, ihre Sammler so zu instruieren, daß sie verwendbares Material einliefern. Die an der Hauptsammelstelle in Bromberg gemachten Erfahrungen haben er- geben, daß die seitens der Sammler eingesandten Berichte von Jahr zu Jahr brauchbarer geworden sind; dabei wird hier auf briefliche, oder, wenn es geht, mündliche Mitteilung mehr Wert gelegt, als auf die Ausfüllung der Fragebogen. Während sich die Berichterstattung der Sammler in den ersten .Jahren auf die Aufzählung einzelner Be- obachtungen der Pflanzenkrankheiten beschränkte, liefern die Samm- ler jetzt ausführliche Berichte über die Gesamtentwicklung einzelner Arten der Kulturpflanzen unter besonderer Berücksichtigung der an diesen beobachteten Krankheiten. Durch diese Einrichtung wird der Berichterstatter genötigt, die Entwicklung der Pflanzen ständig zu beobachten. Er lernt dabei eine anormale Erscheinung von einer normalen schärfer zu unterscheiden, als wenn er sich auf die Meldung gelegentlich beobachteter Pflanzenkrankheiten beschränkt. Wir er- halten durch solche Gesamtberichte, worauf wir besonders Wert legen, auch Mitteilungen über solche anormale Wachstumserscheinungen, die, weil unbekannt, für gewöhnlich nicht als Krankheiten angesprochen werden, deren weiteres Studium uns aber, es seien nur die einzelnen Keimlingskrankheiten des Getreides genannt, für die landwirtschaft- liche Praxis überaus wichtig erscheint. Weitere Orientierung bieten der Hauptsammelstelle die ein- schlägigen Aufsätze und Notizen in den Tagesblättern, den land- wirtschaftlichen Fachzeitungen, Mitteilungen des Statistischen Amtes, des Landwirtschaftsrats usw. Erst wenn alle diese Quellen, die in ihrer Gesamtheit auch noch sehr mangelhaft sind, genügend aus- genutzt werden, ist die Hauptsammelstelle unseres Erachtens in der Lage, ein einigermaßen zutreffendes Bild der Entwicklung der Kultur- pflanzen und der Verbreitung einer Krankheit in ihrem Beobachtungs- gebiet und der eventuell in Frage kommenden Ursache zu gewinnen. 1* 4 R. Schander. Die Hauptsammelstelle ist verpflichtet, alljährlich ihre Be- obachtungen zu einem Berichte an die Kaiserlich Biologische Anstalt in Dahlem zusammenzufassen, die ihrerseits die eingegangenen Be- richte zu einer Gesamtdarstellung der im deutschen Reiche beob- achteten Pflanzenkrankheiten verwendet^). Dieser Berichterstattung ist der große Vorzug nicht abzusprechen, daß er die Hauptsammelstellen veranlaßt, ihre sämtlichen Beobach- tungen zusammenzufassen und sich nach Beendigung einer Vegetations- periode einen Überblick aller derjenigen Faktoren zu verschaffen, die das normale oder anormale Wachstum der Kulturpflanzen in ihrem Beobachtungsbezirk bedingt haben. Sehr unterstützen kann man wohl auch die auf der Versamm- lung der Leiter der Hauptsammelstellen in Dahlem am 4. März 1910 erhobene Forderung, daß die Berichte der einzelnen Hauptsammel- stellen gedruckt und in landwirtschaftlichen Kreisen nach Möglich- keit verbreitet werden, weil sie naturgemäß die örtlichen Verhältnisse ihres kleinen Bezirkes viel mehr berücksichtigen können als der Ge- samtbericht der Biologischen Anstalt. Diese Einzelberichte haben weiterhin den nicht zu unterschätzenden Vorteil, daß sie ein Binde- glied zwischen der Hauptsammelstelle und den Vertrauensmännern (Sammlern) schaffen. Sie können nicht nur der dauernden Instruktion der Sammler dienen, indem sie gerade diejenigen Erscheinungen be- sonders betonen , auf die der Sammler achten soll , sondern sind ge- eignet, den Landwirt auf allgemein gemachte wirtschaftliche Fehler hinzuweisen. In günstigster Weise werden diese Ziele natürlich dort erreicht werden können , wo die Erfahrungen der Hauptsammelstelle nicht in einem einmaligen Berichte, sondern in einer allen Sammlern zur Verfügung stehenden Zeitschrift mitgeteilt werden, wie dies z. B. im Königreich Bayern durch die Kgl. Agrikulturbotanische Anstalt in den praktischen Blättern für Pflanzenbau und Pflanzenschutz geschieht. Halten wir an dem oben ausgesprochenen Grundsatz fest, daß die Pflanzenschutzstation die Aufgabe hat, den Einfluß aller der Faktoren zu ermitteln, welche ein normales oder anormales Wachs- tum der Kulturvorpflanzen bedingen, so wird man neben Berück- sichtigung der parasitären Krankheitserreger, der Bodenverhältnisse, Düngung, Vorfrucht usw. an erster Stelle die Witterungsverhältnisse, ^) Krankheiten und Beschädigungen der Kulturpflanzen im Jahre 1905 bis 1909 (Berichte über Landwirtschaft, herausgegeben im Reichsamte des Innern, Heft 5, 13, 16, 18, 25. Berlin, P. Parey, 1907 — 1911). Berücksicht. d. Witterungsverhältn. in d. Berichten usw. 5 insbesondere die Verteilung der Niederschläge, der Lufttemperatur, der relativen Luftfeuchtigkeit, der Windstärke und der Windrichtung berücksichtigen müssen. Dort, wo Angaben über Erdtemperaturen zur Verfügung stehen, wird man diese z. B. zur Bearbeitung der Auswinterungsschäden gern heranziehen. Welchen Einfluß die Witterungsverhältnisse auf die Entwicklung unserer Kulturpflanzen ausüben, zeigt wieder in recht deutlicher Weise der heurige Sommer. Vielfach begegnet man deshalb auch der Ansicht, daß die durch Krankheiten und Parasiten hervorgerufe- nen Schädigungen sehr viel geringer und gar nicht in Betracht zu ziehen seien gegenüber den oft durch ungünstige Witterung verur- sachten Ernteausfällen. Mir erscheint es deshalb wünschenswert, bevor ich auf die Fälle besonders eingehe, in denen der Pflanzen- schutz den Einfluß der Witterungsverhältnisse zu berücksichtigen hat, zu untersuchen, in welcher Weise Schädigungen durch Pflanzenkrank- heiten einerseits und der Einfluß der Witterung andererseits im Er- trage, d. h. in der Erntestatistik zum Ausdruck kommen. Dabei ist besonders zu betonen, daß in der Erntestatistik Krankheitsepidemien wie Witterungseinflüsse nur dann in Erscheinung treten, wenn diese Faktoren in extremer Stärke auftreten und eine allgemeine Ver- breitung gefunden haben. Die Erntestatistik umfaßt immer größere Landesteile, Regie- rungsbezirke, Provinzen oder Staaten. Örtliche Verschiedenheiten und selbst solche zwischen kleineren Bezirken, Kreisen usw. bleiben ohne Berücksichtigung. Die Unterlagen bestehen aus Angaben der land- wirtschaftlichen Vereine oder einzelner Landwirte. Erfahrungsgemäß wird bei diesen Feststellungen stets ein sehr niedriger Durchschnitt genommen, so daß auch dadurch ein Ausgleich stattfindet. Deshalb kommen auch in der Erntestatistik Witterungseinflüsse nur in ihren Extremen zum Ausdruck. Berücksichtigt man, daß in diesem Frühjahr den Kulturpflanzen eine überraschend große Menge Bodenfeuchtigkeit zur Verfügung stand, so kann es nicht wunder- nehmen, daß die tief wurzelnden Winterhalmfrüchte durch die im Mai eintretende Trockenheit wenig geschädigt wurden. Dagegen mußte die Trockenheit für die Sommerung, besonders aber für die Hack- früchte sehr ungünstig wirken. Nach den Mitteilungen des Statisti- schen Amtes sind die Ernteschätzungen für die Provinzen Posen und Westpreußen in diesem Jahre die folgenden: R. Schander. ■* 00 Ol CD 00 lO CO o CO CD CD -rH a § ü^ t~ C- CD OO 00_ er: o^ -* CO UO ""1 CO__ "^ s M Ci th" i-T T-T tH i-T 1—1 oT oi" OD 1—1 C c o i .3 ^ 1—1 1—1 1—1 o o (^ T 1 tH 1—1 CD CD CD t^ -^ CD "^ Ol CD (D 1—1 -H C^ t- t^ >J0 lO lO >o CD ^_ CD CD_ 0_ c *H , 1— 1 -_ '^^ 00_ os_ oo__ 't-^ o ö bC 05 t^ > c ri4 rH T-T T-\ 1— 1 1—1 i-T T-T T-T tH T-T I-T 1-h" i-T s ^ o o U -ö .2 o o O CO O T-l rN 00 lO lO CO ^ ,-H Ol 1 1 ^ 00^ t- oi_ o_ os_^ > C O ^ T-l cf c^" 1—1 1— ( 1—1 T— 1 (M" i-T rJ3 öc H o 'S _ o o t' ■* G PU U3 3

O S Cß j 19 9,45—9,50 M " 25 11,85—11,90 M „ 26 9,371/2— 9,42 V:i M 31 12,95—13,00 M Juni 2 9,721/2—9,75 M August 7 12,821/2-12,871/2 M „ 9 9,65—970 M » 14 14,20—14,25 M )) 16 9,90—9,95 M „ 21 13,95—14,05 M )) 23 10,00—10,05 M )) 28 14,521/2-14,571/2 M „ 29 10,20—10,25 M „ 30 15,15—15,20 M Ebenso ist nach den gemachten Beobachtungen anzunehmen, daß der starke Befall der Sommerung durch Läuse auf die Ent- Berücksicht. d. Witterungsverhältn. in d. Berichten usw. 9 Wicklung und die Körnerausbildung von großem Einfluß gewesen ist. Da aber auch hier Trockenheit und Läusebefall gleichartig wirkten und der Trockenheit sicher der größere Einfluß zuzuschreiben ist, kommt der durch die Läuse verursachte Schaden in der Statistik nicht zum Ausdruck. Ebenso ist es meist unmöglich, den Einfluß der Witterung und des Getreidefliegenschadens auf das Ernteergebnis auseinander zu halten. Wohl ist das Auftreten der Getreidefliegen, insbesondere der Fritfliege auf ein Nichtbeachten der Saatregel, die Herbstsaaten erst Ende September, die Sommersaaten so früh als möglich zu säen, zurückzuführen. Aber selbst bei sorgfältiger Innehaltung der Saat- regel kann außergewöhnliche Witterung die Ursache eines starken Befalls mit Getreidefliegen werden. Selbst bei Herbstsaaten haben wir beobachtet, daß bei anhaltend trockener Herbstwitterung nach dem 18. September gesäte Saaten noch befallen werden. Im Früh- jahr kann jedoch die Witterung in mehrfacher Weise das Auftreten dieser Getreideschädlinge begünstigen. So bewirkte starke Verspätung des Frühjahrs verspätete Saat und begünstigte dadurch den Befall der jungen Saaten mit Getreidefliegen. Noch häufiger tritt aber der Fall ein, daß durch Trockenheit, kalte Witterung oder frühzeitige Hagelschäden die Entwicklung rechtzeitig gesäter Sommerung derart zurückgehalten wird, daß die Pflanzen dann wie späte Saaten von den Fliegen befallen werden. So war z. B. der geringe Ertrag der Hafersaaten in den Jahren 1908 und 1909 unstreitig in erster Linie der Fritfliege zuzuschreiben. Westpreußen Posen 1907 2,01 Tonnen pro ha 1907 2,00 Tonnen pro ha 1908 1,73 „ „ „ 1908 1,77 „ „ „ 1909 1,86 „ „ „ 1909 1,03 „ „ „ Der Fritfliegenschaden wurde aber bedingt durch ungünstige Witterung. In den beschriebenen Fällen, denen noch viele andere gleich- artige angeschlossen werden könnten, wirkten Witterung und Epidemie insofern gleichartig, als die Witterungsfaktoren sowohl eine ungünstige Entwicklung der Kulturpflanzen zur Folge hatten, als auch andererseits die Entwicklung der Läuse und Getreidefliegen begünstigten. Eine entgegengesetzte Wirkung von Witterung und Parasiten- befall tritt ein, wenn die Witterungsfaktoren sowohl die Entwicklung der Pflanzen als auch die Entwicklung der Parasiten begünstigen. Regen- reiche, warme Sommer befördern besonders auf allen leichteren Böden ^Q E. Schander. — auf schweren Böden tritt das Gegenteil ein — die Entwicklung der Kartoffeln. Andererseits findet bekanntlich die Phytophthora unter derartigen Witterungsverhältnissen die 8tärkste Verbreitung. Da nun ein Teil der Sorten widerstandfähig ist und nur wenig durch den Pilz geschädigt wird, braucht im Ernteergebnis der Phytophthora- schaden nicht zum Ausdruck zu kommen, da der durch Phytophthora an den empfindlichen Sorten verursachte Schaden durch die bessere Entwicklung der widerstandsfähigen Sorten ausgeglichen wird. In den Jahren 1908 und 1909 trat Phytophthora in dem Reg. -Bez. Bromberg nicht oder doch nur sehr vereinzelt auf, dagegen war sie stark verbreitet im Sommer 1910. Die Folge davon war, daß im letzteren Jahre der Prozentsatz fauler Knollen — es ist dies der einzige Maßstab, der uns zur Feststellung der Verbreitung der Phyto- phthora zur Verfügung steht — auf 6,8 "/o stieg. Trotzdem waren der gesamte Ertrag und der Durchschnittsertrag pro Hektar höher als in "anderen Jahren. 1908 152,92 Tonnen pro ha 2,6^/0 faule Knollen 1909 156,25 „ „ „ 2,70/0 „ 1910 165,47 „ „ „ 6,8 o/o „ Den Einfluß der Witterung auf die Verbreitung der Phyto- phthora im Sommer 1910 erkennt man wiederum daran, daß in Nord -Posen mit einem regenreichen Sommer — Juli bis September 200,9 mm — der Prozentsatz fauler Knollen mit 6,8 "/o, in dem in diesem Sommer regenärmeren Süd-Posen — Juli bis August 177 mm — aber nur 4,9 '^' 0 fauler Knollen festgestellt wurden. Die Berichte meldeten dementsprechend auch für Nordposen öfter frühzeitiges Ab- sterben der Kräuter infolge Befall durch Phytophthora als für Südposen. Vielfach kommen aber auch, wie oben bereits bemerkt, Schädi- gungen, die durch parasitäre Krankheiten hervorgerufen werden, in der Erntestatistik überhaupt nicht zum Ausdruck, weil es sich doch in den meisten Fällen nur um lokale Schädigungen handelt, die im Ernteergebnis nur beim Vergleich kleiner Einheiten hervortreten. Dasselbe gilt vielfach auch von Schäden, die durch extreme Witterungsverhältnisse hervorgerufen werden. Spätfröste treten z. B. oft so lokal auf, daß sie trotz anscheinender größerer Verbreitung bei den Erntefeststellungen für eine Provinz oder einen Regierungsbezirk ohne Einfluß bleiben. So liegen uns z. B. aus dem Sommer 1911 eine große Anzahl von Mitteilungen vor, daß Roggen, besonders auf leichterem Boden und an tiefer gelegenen Ackerstellen, erfroren ist. Trotzdem ist in diesem Jahre der Durchschnittsertrag vom Hektar Berücksicht. d. Witterungsverhältn. in d. Berichten usw. H von 1,71 auf 1,74 Tonnen gestiegen. Die von uns vielfach fest- gestellte Notreife und geringere Keimfähigkeit des Roggens in diesem Sommer kommt nicht zum Ausdruck , 1 . weil auch diese Schädi- gung lokal auftrat und 2. weil der durch die Herbsttrockenheit bedingte geringe Aufgang der Wintersaaten in viel höherem Grade zur Wirkung gelangte und den durch mangelhafte Ausbildung des Keimes bedingten Keimvorgang gar nicht in Erscheinung treten ließ. Deshalb aber durch Parasiten oder extreme Witterung ver- ursachte Schäden gering zu achten, wäre meines Erachtens ein wirt- schaftlicher Fehler. Wenn die Wirkung eines rationellen Pflanzenschutzes sich auch nicht immer ohne weiteres in der Erntestatistik nachweisen läßt, so kann ein vernünf- tiger Pflanzenschutz doch dem einzelnen Landwirt Werte erhalten, die oft nicht unbeträchtlich sind. Aber auch dort, wo der beobachtete Schaden lokal auftritt, hat meines Erachtens die Pflanzenschutzstelle zu erforschen, welcher direkte oder indirekte Anteil den Witterungsverhältnissen beizu- messen ist, denn die Hauptsammelstelle benötigt zuverlässige An- gaben über den Verlauf der Witterung bereits bei der Beurteilung vieler Krankheitseinzelfälle und der Untersuchung der ihr einge- sandten Pflanzen. Auch hierfür seien einzelne Beispiele angeführt. Die Einsendungen und Mitteilungen aus der Praxis kann man gruppieren in solche, die tierische und pflanzliche Parasiten betreffen, und in solche, bei denen die Krankheitserscheinungen direkt durch Witterungseinflüsse gekennzeichnet sind, z. B. Wirkung von Frost, Hagel, Dürre usw. Wie leicht oft ungenaue Feststellung der Ursachen einer Schädigung zu falschen Ergebnissen führen kann, ergab die Unter- suchung der Auswinterungsschäden in den Provinzen Posen und Westpreußen im Jahre 1908/09. Die Mitteilungen der Statistischen Korrespondenz stellten im Mai 1909 den Stand der Winterung wie folgt festi): Reg.-Bez. a) Winterroggen b) Winterweizen Danzig .... 3,3 2,9 Marien Werder . . 3,4 3,1 Bromberg ... 3,5 3,4 Posen .... 3,3 3,2 ') Es bedeutet 1 = sehr gut, 2 = gut, H = mittel (durchschnittlich), 4 = gering, 5 = sehr gering'. 12 E. Schander. Als wegen Auswinterung, Mäuseschäden u. dergl. umgepflügt werden angegeben für Reg.- Bez. Danzig . Marienwerder . Bromberg . Posen Reg.-Bez. Danzig . Marienwerder . Bromberg . Posen Winterroggen 2878 ha = 3,17 'Vo der Anbaufläche 3261 „ = 1,18 „ „ 6380 „ = 2,76 „ „ 7865 „ = 2,04 „ „ Winterweizen 792 ha = 3,81 „ „ 617 „ = 1,41 „ „ 2256 „ = 8,45 „ „ 2814 „ = 6,52 „ „ Weniger scharf kommt der Schaden besonders beim Roggen in der Feststellung des Ernteergebnisses zum Ausdruck, da günstige Witterung im Sommer die Entwicklung des Roggens sehr begünstigte. a) für Winterweizen Erntefläche ha Tonnen pro ha in Westpreußen 1907 52 222 1,43 1908 69 554 2,15 1909 71849 2,10 „ Posen . . 1907 72 990 1,84 . . 1908 70 937 2,17 „ , . . 1909 69 369 1,93 b) für Winterroggen in Westpreußen 1907 381 131 1,45 1908 379 919 1,70 1909 383 683 1,53 ,, Posen . . 1907 640 279 1,56 . . 1908 640 084 i,76 ,, „ . . 1909 643 877 1,70 Von der St. K. werden diese Schäden hauptsächlich als Aus- winterungsschäden bezeichnet. Auch der Landwirt bezeichnet den schlechten Stand als „schlecht durch den Winter gekommen". Nun wissen wir, daß Auswinterung durch die verschiedensten Ursachen bedingt werden kann und die verschiedenen Ursachen auch wiederum ganz verschiedene Abwehrmittel bedingen. Im allgemeinen wird man aber unter Auswinterung ein Absterben der jungen Pflanzen durch Berücksicht. d. Witterungsverhältn. in d. Berichten usw. 13 Barfrost, Auswässern, Ausfaulen oder ähnlich wirkende Witterungs- einflüsse verstehen. Es kann aber i\.uswinterung auch durch Insekten- schäden und, wie wir feststellen konnten, durch Kainitdüngung im Winter auf vereisten Flächen hervorgerufen werden. Unsere Untersuchungen ergaben nun für den Winter 1908/09, daß meistens überhaupt keine eigentliche Auswinterung vorlag, sondern daß der Schaden bereits im Herbst 1908 infolge von großer Trocken- heit und dadurch bedingtem ungenügenden Aufgang verursacht worden war und daß die Witterungsverhältnisse im Winter der Saat eher ge- nützt als geschadet haben. Spricht man die oben angeführten Schäden als Auswinterungsschäden an, und läßt man sich verleiten, daraus Schlüsse auf die verschiedene Widerstandsfähigkeit der einzelnen Sorten usw. zu ziehen, so würde man zu vollkommen falschen Resultaten kom- men. Der dünne Stand der Saaten im Frühjahr 1909 war eine Trock- nungswirkung des Herbstes 1908. Wenn überhaupt Schlüsse gezogen werden, so kann man in diesem Falle nur die Widerstandsfähigkeit der einzelnen Getreidesorten gegen die Trockenheit und die Ein- wirkung von Saatmenge, Saatzeit usw. in Berücksichtigung ziehen. Da die Hauptsammelstelle Bromberg bereits mehrfach festgestellt hat, daß die in den Provinzen Posen und Westpreußen etwa zwischen dem 5. und 15. Oktober gesäten Saaten häufig durch Trockenheit leiden, ergibt sich aus unseren Ermittlungen die praktische Folgerung, die Winterung möglichst zu einem früheren Termine auszusäen. Im Juni 1911 konnten wir beobachten, daß Kartoffeln auf im Herbste gepflügtem Lande nicht durch den Spätfrost vom 10. Juni zu leiden hatten, während die Kartoffeln auf demselben Feldstück, das erst im Frühjahr gepflügt worden war, stark beschädigt wurden. Gerste auf tief gepflügtem Acker hatte im Sommer 1911 stärker unter Trockenheit zu leiden als solche auf flach gepflügtem. Dies alles sind Beobachtungen, die meines Erachtens sehr wichtig sind und not- wendigerweise angestellt werden müssen. Sehr oft liegen erkrankte Pflanzen vor, an denen sich weder pflanzliche noch tierische Parasiten feststellen lassen, der Einfluß von Witterungsschäden sich aber auch nicht ohne weiteres einwandsfrei erkennen läßt. Meist handelt es sich um Ernährungsstörungen, deren letzte Ursachen aber in der Tat in ungünstigen Witterungsverhält- nissen zu suchen sind. So wird im Frühjahr nicht selten Weizen eingesandt , der sich durch eine auffallend gelbe bis rotgelbe Färbung besonders an den Spitzen auszeichnet. Nur dadurch, daß wir die herrschenden Witterungsverhältnisse genau kannten, war es 14 K. Schander. uns möglich, festzustellen, daß es sich hierbei vielfach um Prost- wirkung handelte. Sowohl der Roggen als auch der Weizen können bekanntlich niedere Temperaturen vertragen, so lange sie sich in der Entwicklungsruhe befinden. Sehr empfindlich sind sie aber, sobald sie während des Wachstums von niederen Temperaturen be- troffen werden, besonders dann, wenn das Wachstum in der ersten Periode durch auffallend warme Witterung begünstigt wird, wie diese nicht selten Ende März und Anfang April eintritt. Dieses verschiedene Verhalten hat wohl seinen Grund darin, daß die bei verschieden hoher Temperatur gebildeten Eiweißstoffe gegen Temperatur -Er- niedrigungen sehr verschieden empfindlich sind. Der Roggen be- kommt dann eine blaurötliche Farbe, die Blattei; rollen schwach ein, der Landwirt bezeichnet ihn als „spitz". Der Weizen wird gelb und bekommt rötlich gelbe Spitzen. Beide Getreidearten werden durch eine derartige Frostwirkung in ihrer Entwicklung sehr geschädigt und bestocken sich weniger. Dabei ist auffallend und besonders bemerkenswert, daß dasselbe Getreide, wenn es durch kalte Witterung zurückgehalten worden ist und im Wachstum nicht besonders fortschreitet, durch dieselben Temperaturerniedrigungen gar nicht beeinflußt wird, sondern sich normal weiter entwickelt. Besonders charakteristisch ist aber, daß die Wirkung eines solchen Frostes auf empfindlich gewordenes Getreide sich meist erst später durch verringerte Bestockung und schwächere Halmbildung zeigt. Der Landwirt läßt sich vielfach durch den vollen Bestand solcher Felder täuschen und wartet darauf, daß die Schädigung überwachsen wird. In solchen Fällen kann nun die Pflanzenschutzstation, wenn sie die Ursache erkannt hat, dem praktischen Landwirt sehr wohl wertvolle Ratschläge erteilen, indem sie ihm empfiehlt, trotz des an- scheinend guten Bestandes durch Bodenbearbeitung (Hacken bezw. Eggen) und Chilisalpeterkopfdüngung die Pflanzen zu kräftigen. Unstreitig werden noch manche Wachstumsstörungen, deren Ursachen zurzeit nicht erkannt sind, auf das Konto extremer Wachs- tumsverhältnisse oder plötzlicher Witterungsumschläge zu setzen sein. Diesen durch nicht parasitäre Einflüsse hervorgerufenen Schädi- gungen stehen nun solche gegenüber, die direkt oder indirekt durch tierische oder pflanzliche Parasiten verursacht werden. Auch hierbei ist die Zahl derjenigen Untersuchungen, bei denen wir den Einfluß der Witterungsfaktoren außer acht lassen können, eine geringe. Vielfach ist die Entwicklung der Parasiten von der Witterung abhängig, wie z. B. bei Fhytophthora infestans, Plasmo- Berücksicht. d. Witterungsverhältn. in d. Berichten usw. 15 dara viticola, den verschiedenen Rosten usw., bei den Blattläusen, Ge- treidefliegen usw. In anderen Fällen ist die durch die Witterung bedingte Entwicklung der Kulturpflanzen maßgebend für die Er- krankung bezw. den Befall. Früh gesäte Sommerung ist zur Zeit der Flugzeit der Fritfliege bereits so widerstandsfähig, daß die In- sekten sie nicht mehr zu infizieren vermögen. Wird aber die Ent- wicklung der frühen Saaten durch ungünstige Witterung behindert, so kann auch die früheste Saat von Fritfliegenbefall beschädigt werden. Ebenso wird eine genügende Erkenntnis der biologischen Verhältnisse, unter denen sich die einzelnen Parasiten entwickeln, kaum möglich sein ohne ein genaues Studium des Einflusses, den die einzelnen Witterungsfaktoren ausüben. Dafür gibt die pflanzen- pathologische Literatur zahlreiche Beispiele. Hier seien nur zwei Beispiele aus unseren eigenen Erfahrungen angeführt. Ein eigenartig plötzliches Auftreten von Puccinia triticina wurde 1908 im Sommer konstatiert. Die Weizensaaten des Versuchsfeldes der Abteilung waren bis zu Beginn der Blüte ziemlich rostfrei und zeigten plötzlich an einzelnen Sorten intensiv Gelbrost, Puccinia glumarum, so daß für den Sommer 1908 bereits mit einer Gelbrostepidemie gerech- net wurde. Plötzlich änderte sich der Befall. Der Gelbrost verbreitete sich nicht weiter, dagegen trat an seine Stelle Puccinia triticina, der nicht nur auf den bereits befallenen, sondern auch auf anderen Sorten starke Verbreitung fand. Eine Erklärung findet dies eigenartige Ver- halten beider Rostarten nur in den wechselnden Witterungseinflüssen. Nach einer regenreichen Periode im Mai und der ersten Hälfte des Juni trat Mitte Juni plötzlich Trockenheit ein. Während die mittleren Regenmengen im Beobachtungsgebiet vom 1. — 15. Mai 32,9, vom 16. — 31. Mai 41,9, vom 1. — 15. Juni 36,4 mm betrugen und die mittlere relative Luftfeuchtigkeit mit 74, 77, 75 angegeben wurde, sank die Regenmenge in der Zeit vom 16. — 28. Juni auf 7,7 mm, die relative Luftfeuchtigkeit auf 69. Vom 16. — 28. .luni betrugen z. B. die Gesamtniederschlagsmengen in Bromberg 1 mm. In der ersten Periode betrug die durchschnittliche Tagestemperatur 10,4, 15,6 und 15,7^' C. Die niedrigste Tagestemperatur im Mittel 5,6, 10,8, 10,4" C; die höchsten Tagestemperaturen 14,8, 21,6 21,3^0. In der zweiten Periode vom 16. — 28. Juni betrug die durchschnitt- liche Tagestemperatur 18,3, die niedrigste 12 und die höchste 24,1" C. Diese Periode zeichnet sich also durch geringe Niederschläge, geringe relative Feuchtigkeit und höhere Temperaturen aus. In diese Zeit fiel das starke Auftreten des Gelbrostes. Er zeigte sich zunächst 16 R. Schander. im Sortiment am Griechischen Bartweizen von Castilien und Griechi- schen Bartweizen von Catania und verbreitete sich in mehr oder weniger starkem Befall auch auf andere Sorten. Anfang Juli hörte die weitere Verbreitung des Gelbrostes plötzlich auf, und an seine Stelle trat eine viel intensivere und weiter verbreitete Infektion mit Puccinia triticina. Gleichzeitig war ein Umschlag der Witterung ein- getreten. Bereits am 28. Juni gibt Bromberg einen Niedergang der Temperatur auf 13,7, am 30. Juni auf 12,8*^' C. ; am 29. Juni fielen 12 mm Regen; die relative Luftfeuchtigkeit stieg von 57 bezw. 56 am 27. und 28. Juni auf 91 bezw. 84 am 29. und 30. Juni. In der ersten Hälfte des Juli wurden die Mittel der Beobachtungen für das Beobachtungsgebiet verzeichnet: Niederschläge 32,5 mm, relative Luftfeuchtigkeit 76, mittlere Tagestemperatur 16,9, durchschnittliche höchste Temperatur 22,1, durchschnittliche niedrigste Temperatur 11, ö'' C. Der trocknen heißen Periode vom 16.— 28. Juni folgte also eine Witterungsperiode, welche sich durch größere Niederschlags- mengen, Erniedrigung der Lufttemperatur und Erhöhung der relativen Luftfeuchtigkeit auszeichnete. Da, wie bereits bemerkt, auch gleich- zeitig ein Wechsel des Rostbefalles eintrat, dürfte der Schluß be- rechtigt sein, letzteren mit den veränderten Witterungsverhältnissen in Zusammenhang zu bringen. Es bedarf aber besonderer Betonung, daß derartige Beobachtungen für die Biologie der Rostarten erst Be- deutung gewinnen können, wenn sie durch ähnliche gleichartige oder experimentelle Prüfung Bestätigung finden. Es sei z. B. erwähnt, daß in dem regenreichen, kühlen Sommer 1907 nur der Gelbrost zur stärkeren Entwicklung gelangte. (Vergl. Schander, Getreideroste, lllustr. Landw. Zeitung 1908, S. 503.) Die Witterungsverhältnisse im Sommer, besonders aber im Herbst 1907 verursachten einen selten beobachteten starken Befall der Roggenherbstsaaten mit Braunrost, Puccinia dispersa, der dahin führte, daß die Roggensaaten vielfach umgepflügt wurden oder doch sehr schwach durch den Winter gelangten. Wenn wir auch nicht in der Lage sind, die Witterungsverhältnisse zu ändern, so bieten sich doch manche kulturelle Maßnahmen, ihre extreme Wirkung zu mindern bezw. die Widerstandsfähigkeit der Pflanzen zu erhöhen. In anderen Fällen wird man in der Lage sein, bei Kenntnis der Witterungsverhältnisse rechtzeitig Vorbeugungs- maßregeln empfehlen zu können. So unterliegt es wohl keinem Zweifel, daß eine ge- naue Kenntnis der Witterungsverhältnisse sowohl bei der Berücksicht. d. Witterungsverhältn. in d. Berichten usw. 17 Feststellung einzelner Schäden bei der Auskunftserteilung als noch mehr für das Studium der Lebensverhältnisse einzelner Parasiten von größtem Einfluß sein kann. Die Untersuchungsergebnisse und die gemachten Beobachtungen bilden nun z. T. die Grundlage für die Bearbeitung der Jahresberichte. Ein solcher Jahresbericht kann und darf sich nicht mit einer ein- fachen Zusammenstellung der erhaltenen Ergebnisse begnügen, denn dann würde er meines Erachtens sowohl den praktischen als auch wissenschaftlichen Zwecken nicht gerecht werden. Der .Jahresbericht soll vielmehr alle erhaltenen Ergebnisse zu einem organischen Ganzen zusammenfassen, welches imstande ist, den Landwirt zu belehren und auf begangene Kulturfehler aufmerksam zu machen. Der Bericht wird aber andererseits die erhaltenen Er- gebnisse wissenschaftlich so verarbeiten, daß Ursache und Wirkung deutlich zu erkennen sind. Hierbei stoßen wir nun, sobald wir den Einfluß der Witterung berücksichtigen wollen, auf gewisse Schwierigkeiten. Wir erkennen nämlich, daß selbst in kleineren Gebieten die örtlich klimatischen Verhältnisse sehr verschieden sind und naturgemäß sowohl auf die Kulturpflanzen als auch auf die Welt der Parasiten eine verschiedene Wirkung ausüben. Insbesondere ist z. B. die Menge der Nieder- schläge in den Sommermonaten oft sehr verschieden groß. Wir können nicht selten beobachten , daß benachbarte Güter Unter- schiede bis zu 100 und mehr mm aufweisen. Sofern es sich um Krankheiten handelt, die, wie es z. B. bei der Herz- und Trockenfäule der Rüben der Fall zu sein scheint, bei Befall durch Rost, Phytophthora usw. der Fall ist, von der Menge der im Boden vorhandenen Feuchtigkeit bezw. von der Menge der Niederschläge abhängig sind, wird man bei der Bearbeitung der Faktoren, die die Krankheit bedingen, auf möghchst kleine Einheiten zurückgreifen müssen. Im großen und ganzen aber haben die in unserem Beobachtungsbezirk der Provinzen Posen und Westpreußen von uns gemachten Beobachtungen ergeben, daß die Witterung und ihre Wirkung auf das Wachstum der Pflanzen in einzelnen Gebieten des Bezirks verhältnismäßig gleichmäßig sind. Es gehören allerdings jahrelange Erfahrungen dazu, um über die Witterungsverhältnisse in einem größeren Bezirke genügend orientiert zu sein. Bei unseren Untersuchungen hat es sich herausgestellt, daß die Gebiete mit an- nähernd gleichen Witterungs Verhältnissen sich in den einzelnen Jahren verschieben. Wir haben unser Gebiet nach der Entwicklung Jahresbericht der Vereinigung für aug'ewandte Botanik IX 2 18 R. Schander. der Pflanzen und denn Auftreten der Schädlinge in der Vegetations- periode 1908/09 in drei Vegetationsbezirke geteilt. Diese Einteilung ist noch eine sehr rohe und wird sich erst allmählich verfeinern lassen. Auf Grund der uns zugehenden Beobachtungen und Verwen- dung der Mitteilungen der meteorologischen Stationen unterscheiden wir für die Vegetationsperiode 1908/09 zwischen einem Trocken- gebiet — es umfaßt den nördlichen Teil der Provinz Posen und den südlichen Teil der Provinz Westpreußen — , einem mäßigen Trocken- gebiet (der Norden und Osten der Provinz Westpreußen) und einem mäßig feuchten Gebiete, dem Südosten der Provinz Posen. Die Ursache, durch welche die verschiedenen Witterungsverhältnisse in den genannten Gebieten bedingt werden, kennen wir im einzelnen noch nicht. Man wird für den Norden Westpreußens die Lage an der Ostsee, für Nord-Posen und Süd -Westpreußen die Beeinflussung durch das kontinentale Klima Rußlands und für Süd-Posen die Nähe des Riesengebirges in Betracht ziehen müssen. Weiterhin dürften die Niederung einerseits und die Plateaus andererseits, die ausgedehnten Brüche, die Verteilung des Waldes, besonders aber die Verschieden- heit des Kulturbodens von größtem Einfluß auf die Witterungsver- hältnisse sein. Auch für das Jahr 1909/10 konnten wir diese Ein- teilung im großen und ganzen festhalten, nur daß sich in diesem Jahre Süd-Posen durch Trockenheit auszeichnete, während in Nord-Posen und Westpreußen reichliche Niederschläge niedergingen. In der Vegetations- periode 1910/11 zeichnet sich der Küstenstrich der Provinz West- preußen und das nördliche Weichseltal durch reichliche Niederschläge aus. Der südwestliche Teil der Provinz Posen ist als mäßig trocken zu bezeichnen, während das ganze übrige Gebiet, besonders der Norden der Provinz, extrem trocken war. Die verschiedenen Witterungsverhältnisse kamen natürlich auch in dem Auftreten von Krankheiten und Schädlingen zum Ausdruck. So herrschte z. B. die Phytophthora im Jahre 1908/09 in Süd-Posen, 1909/10 in Nord- Posen vor. Welche Unterlagen stehen uns nun zur Beurteilung der Witterungs- verhältnisse zur Verfügung? Meines Erachtens sind es vornehmlich 1. die Feststellungen der meteorologischen Stationen und 2. die Mitteilungen der einzelnen Sammler und Landwirte. In unserem Beobachtungsbezirk bestehen in Posen sechs meteoro- logischen Stationen, von denen aber nur vier Untersuchungen über die relative Luftfeuchtigkeit anstellen. In Westpreußen bestehen Berücksicht. d. Witterungsverhältn. in d. Berichten usw. 19 ebenfalls sechs Stationen, von denen drei die relative Luftfeuchtigkeit bestimmen. Die Zahl der Stationen dürfte in unserem Bezirk und wohl auch in anderen ßeobachtungsbezirken ausreichen. Es ist aber sehr schwierig, die Untersuchungsergebnisse der meteorologischen Stationen zu erhalten. Meines Wissens können die Ergebnisse der einzelnen Stationen des Königl. Meteorologischen Instituts in Berlin erst so spät verarbeitet und dem Publikum zugänglich gemacht werden, daß sie für unsere Berichte nicht mehr verwendbar sind. Noch weniger ist dies natürlich der Fall für die laufenden Arbeiten der Pflanzenschutz- station, und doch muß, wie ich oben ausgeführt habe, jede Haupt- sammelstelle dauernd über die Witterungsverhältnisse ihres Bezirks unterrichtet sein. Wir haben uns nun in Bromberg derart geholfen, daß wir uns dank der Liebenswürdigkeit des Königl. Meteorologischen Instituts in Berlin und der einzelnen Stationen die Tagebücher aus- gebeten und die Aufstellungen selbst gemacht haben. Das ist aber eine sehr große Arbeit, die bei weitem nicht so genau und zuverlässig aus- geführt werden kann wie durch die meteorologischen Institute, weil ein genügend eingearbeitetes und mit den vorzunehmenden Korrektionen genügend vertrautes Personal fehlt. Ein engeres Zusammen- arbeiten zwischen der Organisation für Pflanzenschutz und den meteorologischen Instituten ist also sehr zu wünschen. Weiterhin ist es als ein Mangel anzusprechen, daß einzelne meteorologischen Stationen sehr ungleichmäßig verteilt sind und sehr verschieden große Gebiete zu bearbeiten haben. So kommen z. B. für ganz West-Posen nur Glinau, für den ganzen östlichen Teil von Westpreußen nur Graudenz und Marienburg in Frage, die beide nicht nur in der Mitte der Provinz liegen, sondern auch durch die Weichsel- niederung beeinflußt werden. Erkennt die heutige Versammlung die Notwendigkeit der Ver- wendung der Witterungsverhältnisse als eine der Unterlagen für die Arbeiten der Hauptsammelstellen an, so wäre es sehr erwünscht, wenn Wege ausfindig gemacht würden, den Hauptsammelstellen die Berichte über die Witterungsverhältnisse rechtzeitig zugängig zu machen. Abgesehen davon, daß es erwünscht wäre, diese Unter- lagen auf Grund der Beobachtungen sämtlicher meteorologischen Stationen eines Beobachtungsbezirkes und der in der Nähe der Grenze liegenden Wetterstationen benachbarter Bezirke auf- zustellen, müßten diese Mitteilungen den Hauptstellen möglichst schnell zugänglich gemacht werden. Dabei könnte man von der Mitteilung der täglichen Beobachtungen absehen. Es würde meines Erachtens 20 ^- Schander. vollkommen genügen, wenn die Mittel von fünf- bezw. achttägigen Beobachtungen den Arbeiten der Haiiptsammelstellen zugrunde ge- legt würden. Nur dann, wenn besondere kurzfristige extreme Witterungs Verhältnisse vorliegen, wären auch diese zu notieren. Als weiterer Wunsch könnte ausgesprochen werden, daß möglichst sämt- liche meteorologischen Stationen auch Beobachtungen über die relative Feuchtigkeit anstellen, da die Kenntnis der relativen Feuchtigkeit besonders für die Beurteilung der Pilzepidemien von der größten Wichtigkeit ist. Vielleicht kann uns Herr Dr. Treibich in seinem nächsten Vortrag die Wege weisen, welche wir einzuschlagen haben, um das erforderliche Material zu erhalten. Ebenso wäre es erwünscht, von sachkundiger Seite zu erfahren, ob noch weitere meteorologische Unterlagen außer den oben genannten vorliegen, die bei der Be- urteilung des Einflusses der Witterungsverhältnisse auf die Ent- wicklung unserer Kulturpflanzen von Wichtigkeit sind. Trotz dieser Unterlagen wird man, wie oben bereits angeführt, in vielen Fällen die Mitteilungen der Sammler nicht entbehren können. In den Sommermonaten ist die Verteilung der Niederschläge oft eine außerordentlich verschiedene, und daraus erklärt sich nicht selten das verschiedene Wachstum der Kulturpflanzen und das ver- schieden starke Auftreten von Krankheiten auf nahe benachbarten Gütern. In den meisten Fällen wird man sich auf allgemeine Mit- teilungen der Berichterstatter beschränken müssen. Dort, wo Regen- messer vorhanden sind, ist es erwünscht, daß die täglich beobachteten Regenfälle der Hauptsammelstelle mitgeteilt werden. Wir stellen in solchen Fällen, wo uns die Kenntnis der örtlichen Niederschlags- mengen von Wichtigkeit erscheint, Regenmesser leihweise zur Ver- fügung. Da die meteorologischen Stationen nun im ganzen Gebiet ebenfalls Regenstationen eingerichtet haben, ließen sich vielleicht die dort gemachten Beobachtungen den Hauptsammelstellen zugängig machen. Es erscheint allerdings nicht notwendig, daß diese Notizen in die oben gewünschten regelmäßigen Mitteilungen aufgenommen werden, weil zu befürchten steht, daß dadurch die Berichterstattung zu kompliziert wird. Dagegen wäre es sehr erwünscht, wenn den Hauptsammelstellen seitens der meteorologischen Stationen mitgeteilt würde, wo sich diese Regenstationen befinden und den Hauptsammelstellen die Aufnahmen dieser Regenstationen in solchen Fällen, in denen diese zur Be- Berücksicht. d. Witterungsverhältn. in d. Berichten usw. 21 urteilung bestimmter Krankheiten benötigt werden, zur Verfügung gestellt werden könnten. Um weiteren Aufschluß über die Verschiedenheiten der Vege- tationsverhältnisse in unserem Beobachtungsgebiet zu erhalten, lassen wir von Sammlern, die dafür Interesse und Verständnis zeigen, phänologische Beobachtungen anstellen. Wir beschränken uns aber auf die Feststellung der Blüte- und Reifezeit der Hauptgetreidearten und Laubverfärbung der wichtigsten Obst- und Beerensträucher sowie einiger Wildbäume, die im Bezirk in großen Beständen auftreten und deren Wachstum und Entwicklungs- verhältnisse typisch den Einfluß der klimatischen Witterungsverhält- nisse erkennen lassen. So geht unser Streben dahin, unseren Beobachtungsbezirk, die Provinzen Posen und Westpreußen, in bestimmte Vegetationsbezirke einzuteilen und dadurch eine weitere Unterlage zur Beurteilung der- jenigen Umstände zu erhalten, von denen die Entwicklung unserer Kulturpflanzen abhängig ist bezw. die zu ihrer Erkrankung führen. Es bedarf wohl keiner besonderen Betonung, daß auch die anderen die Entwicklung unserer Kulturpflanzen bedingenden Faktoren eine entsprechende Würdigung bei der Beurteilung von Krankheits- zuständen der Pflanzen verdienen. Die Schwierigkeiten, die erforder- lichen meteorologischen Unterlagen zu erhalten, sind, wie ich oben zeigte, nicht geringe, doch ist zu erwarten, daß durch Unterstützung des Königl. Meteorologischen Instituts in Berlin und der meteoro- logischen Stationen die wichtigsten Daten den Hauptsammelstellen zur Verfügung gestellt werden können. Gemeinschaftlich mit den Mitteilungen der Berichterstatter werden sie voraussichtlich eine genügend breite Unterlage für die Beurteilung der Witterungsverhält- nisse in einem Bezirk und deren Einfluß auf das normale Wachstum der Kulturpflanzen geben. Viel schwieriger erscheint es, den Einfluß der Bodenverhält- nisse, der Qualität des Saatgutes, der Saatzeit, Bodenbearbeitung usw. festzustellen. Hier sind wir vornehmlich auf die Mitteilungen aus der Praxis und unserer Berichterstatter angewiesen. Dabei ist es aber schon oft für die geschulten Beobachter sehr schwer, diese Faktoren und ihren Einfluß auf die Entwicklungsverhältnisse der Kulturpflanzen richtig zu würdigen. Um nur die Bodenverhältnisse zu erwähnen, so sind diese in bezug auf die Zusammenstellung des Bodens, die Wasser Verhältnisse usw. überaus verschieden. Die Wirkung der Dünger äußert sich unter verschiedenen örtlichen Wachs- 22 R- Schander, Berücksicht. d. Witterungsverhältn. in d. Berichten. tumsverhältnissen keineswegs gleichmäßig. Saatqualität und Saat- menge sind sehr verschiedene, und doch wird der Pflanzenschutz in seinen Arbeiten Angaben über diese Faktoren nicht missen können. Ich würde es deshalb begrüßen, wenn zur weiteren Klärung dieser Frage die Organisation für Pflanzenschutz beitragen und in ihren späteren Versammlungen Vorträge über den Einfluß der oben ge- nannten Faktoren auf die Entwicklung unserer Kulturpflanzen ab- halten würde. Jedenfalls würden dann derartige Versammlungen auch die Grundlagen für den weiteren Ausbau des praktischen Pflanzen- schutzes geben. Treibich, Welches Material kann die Meteorologie usw. 23 Welches Material kann die Meteorologie der Phytopathologie liefern? Von Dr. Treibich, Leiter der Wetterdienststelle in Bromberg. (Vortrag auf der Versammlung von Vertretern der Organisation des Pflanzenschutzes im Deutschen Reiche in Bromberg am 3. August 1911.) Das über Deutschland ausgebreitete Netz meteorologischer Stationen ist dicht genug, um besondere lokale Eigentümlichkeiten der Witterung zu erkennen. Auch die Temperaturen und Nieder- schläge von Gegenden, die keine meteorologischen Stationen besitzen, lassen sich durch Vergleichung der herumliegenden benachbarten Stationen leicht, ohne wesentliche Fehler befürchten zu müssen, er- mitteln. Das vorhandene Beobachtungsmaterial wird daher für die Zwecke der Phytopathologie zunächst ausreichend sein. Die Bearbeitung und Drucklegung dieses Materials erfolgt in den meteorologischen Zentralbureaus der einzelnen Bundesstaaten. Hierbei zeigt sich, daß die kleineren Staaten ihre Witterungsübersichten rascher herausbringen als die größeren. So ist z. B. von Sachsen der Jahrgang 1908, von Baden 1909 bereits erschienen, während Preußen wegen der Fülle des Materials erst den Jahrgang 1907 herausgeben konnte. Diese Veröffentlichungen gestatten also erst nach Verlauf einiger Jahre Untersuchungen über den Zusammenhang meteorologischer Ver- hältnisse mit dem Auftreten bestimmter Pflanzenkrankheiten an- zustellen. Für viele Zwecke ist es erwünscht, schon früher über Einzel- heiten orientiert zu sein. Die Deutsche Seewarte gibt daher die Witterungsberichte für die Landwirtschaft für je 10 Tage heraus, und die Wetterdienststellen bringen die Monatsübersichten ihrer 24 Treibich. Stationen. Dies Material wird mit möglichster Beschleunigung be- arbeitet und ist fast unmittelbar nach Schluß der Perioden erhältlich. Für viele Zwecke wird sich dieses Material sehr gut verwenden lassen. Es enthält zwar nur die Beobachtungen eines Teils der meteorologischen Stationen, und man muß daher bei besonderen Untersuchungen, bei denen die örtlichen Verhältnisse von ausschlag- gebender Bedeutung sind, noch weiter auf das Urmaterial zurück- greifen. Hierfür kommen die Monatstabellen der einzelnen Stationen in Frage. Diese Tabellen werden jetzt unmittelbar nach Schluß des Monats den Zentralstellen übersandt, und zwar sind in Preußen be- reits die Monatssummen und Mittel berechnet. Auch ist eine kleine Übersichtstabelle angegliedert, die die Zeiträume von je 5 Tagen um- faßt. Diese Pentadenübersichten würden ein vorzügliches Material liefern, das gestatten würde, sich nach ganz kurzer Zeit einen genauen Überblick über spezielle Witterungseigentümlichkeiten be- stimmter Gegenden zu verschaffen. Es würde nur eine Methode zu finden sein, es rechtzeitig zu veröffentlichen bez. in die Hände der Interessenten zu bringen. Die allgemeine Bearbeitung und Druck- legung durch die Zentralstellen würde meiner Ansicht nach zu viel Zeit beanspruchen. Es wird ferner für die Pflanzenschutzstationen hauptsächlich nur der eigene Bezirk zur Bearbeitung in Frage kommen. Es scheint daher zunächst aussichtsreicher, wenn von den meteoro- logischen Beobachtern selber diese kurzen Tabellen gleich zu Beginn des folgenden Monats an die Pflanzenschutzstation, in deren Bezirk sie liegen, eingeschickt würden. Die Kosten hierfür würden sich wohl erschwingen lassen, da die jährlichen Remunerationen mit den meteorologischen Zentralstellen verabredet werden könnten. Es ist versucht worden, besondere Wetterlagen, die durch die Verteilung des Luftdrucks bestimmt sind, für das Auftreten mancher Pflanzenkrankheiten verantwortlich zu machen. Und wir haben ja in diesem Sommer reichlich Gelegenheit gehabt, den andauernden Einfluß des kontinentalen Hochs auf unsere Witterung und damit auf unsere Kulturpflanzen zu studieren. Bei derartig großen Luft- druckgebilden und ihrer andauernden Herrschaft ist dies auch leicht festzustellen. Anders verhält es sich aber mit der Wirkung bevor- zugter Zugstraßen der Tiefs. Diese Bahnen sind doch so breit und zeigen eine so wechselnde Ausdehnung, zumal es sich auch meist um vorübergehende Erscheinungen handelt, daß vorläufig wenig Aus- sicht besteht, hieraus nutzbringende Schlüsse auf das vorliegende Arbeitsgebiet zu ziehen. Welch. Material kann d. Meteorologie d. Phytopathologie liefern? 25 Wie weit mein Vorschlag, die Pentadenübersichten der einzelnen meteorologischen Stationen für die Phytopathologie auszunützen, Er- folg haben wird, kann nur ein Versuch in der Praxis zeigen. Sollten auch diese Übersichten noch nicht genügende Einzelheiten aufweisen, dann bliebe nichts weiter übrig, als direkt auf die Tabellen der Stationen zurückzugehen, die jeden Tag einzeln aufführen- Das wäre allerdings, da es ja besonders auf die schnelle Beschaffung des Materials ankommen würde, ein sehr arbeitsreiches Unternehmen. 26 R- Schander. Einrichtung von Beispielen der Schädlingsbekämpfung im praktischen Betriebe. Von Dr. R. Schander, Bromberg. (Vortrag auf der Versammlung von Vertretern der Organisation des Pflanzenschutzes im Deutschen Reiche am 8. August 1911 in Bromberg.) Als eine der wichtigsten Aufgaben der Hauptsammelstellen darf es bezeichnet werden, für die Einführung eines rationellen Pflanzen- schutzes in den Kreisen der praktischen Ijandwirte Propaganda zu machen. Vielfach findet man auch heute noch die Ansicht verbreitet, daß die Ziele des Pflanzenschutzes mit der Schaffung direkter Be- kämpfungsmethoden gegen einzelne Parasiten erschöpft seien. Es wird dabei oft viel zu wenig berücksichtigt, daß solche Methoden nur gegen wenige Parasiten wirksam sein können und daß ihre An- wendung zudem aus wirtschaftlichen Gründen oft unmöglich ist. In der Hauptsache werden die direkten Bekämpfungsmethoden auf die Abwehr oder Vertilgung einzelner Pilzkrankheiten oder tierischer Parasiten beschränkt bleiben. Die große Menge derjenigen Pflanzen- krankheiten, die nicht durch Parasiten verursacht werden, aber auch ein Teil der durch Pilze und Insekten hervorgerufenen Schädigungen werden durch die verschiedensten Einflüsse des Klimas, der Boden- verhältnisse, der Kulturmethoden verursacht oder befördert, und es ist einleuchtend, daß man derartigen Krankheiten nur dann wirksam wird begegnen können, wenn man die Ursachen der Erkrankung be- seitigt. Dadurch gewinnen die sogenannten indirekten Bekämpfungs- maßregeln, die durch verschiedenartige Maßnahmen durchgeführt werden können , wie Sortenwechsel , Änderung der Kulturmethoden usw. erhöhte Bedeutung. Einrichtung von Beispielen der Schädlingsbekämpfung usw. 27 Die Aufgabe der Pflanzenschutzstationen ist es nun, die praktischen Landwirte einmal überhaupt mit den Krankheits- erscheinungen vertraut zu machen, sie aber dann auf die Ursachen und Beseitigung derselben hinzuweisen. Eine derartige Propaganda läßt sich mit Erfolg durchführen. a) durch Auskunftserteilung und Untersuchung kranker Pflanzen, b) durch Veröffentlichungen (Jahresberichte, Flugblätter, Auf- sätze in den landwirtschaftlichen und politischen Zeitungen), c) durch Vorträge, d) durch direkte persönliche Fühlungnahme mit den prak- tischen Landwirten. Obwohl durch eine derartige Propaganda sehr viel erreicht werden kann und insbesondere auch früher die Pflanzenschutzstellen der D. L. G., jetzt die Organisation zur Bekämpfung der Pflanzen- krankheiten im Deutschen Reiche, für die Einführung eines ver- ständigen Pflanzenschutzes schon viel getan haben, haftet einer solchen Propaganda doch vielfach der Mangel an, daß sie zu wenig an- schaulich wirkt. Es fehlt das praktische Beispiel, welches bekannter- maßen in der praktischen Landwirtschaft mit außerordentlichem Vorteil z. B. im Düngerwesen, aber auch bei Sortenanbauversuchen usw. angewendet wird. Meines Erachtens ist es notwendig, daß auch die Pflanzen- schutzstationen bezw. die Hauptsammelstellen in ähnlicher Weise vorgehen. Es gilt, den praktischen Landwirten zunächst einmal nahe zu führen, daß verschiedene Bekämpfungsmethoden sehr wohl durchgeführt werden können und daß dieselben auch wirtschaftlich lohnen. Das kann nun einmal dadurch geschehen, daß man die Ausführung derartiger Versuche unterstützt, indem man die Be- kämpfungsmittel und Bekämpfungsapparate den Versuchsanstellern kostenlos zur Verfügung stellt, weiterhin aber dadurch, daß die Hauptsammelstellen in der Praxis selbst Versuche ausführen. Letztere Methode ist zwar umständlicher, hat aber den großen Vorzug, daß die Versuche dort ausgeführt werden können, wo Krankheiten unter bestimmten örtlichen Verhältnissen besonders stark auftreten, was auf den Versuchsfeldern nur selten möglich ist. Die Beispiels- versuche lassen sich durch die Hauptsammelstellen wohl überall gut durchführen, da ihnen die Sammler und Sammelstellen zur Verfügung stehen, welche die Ausführung der Versuche sehr gern übernehmen werden. Weiterhin werden aber landwirtschaftliche Vereine, besonders die landwirtschaftlichen Schulen dafür zu interessieren sein. 28 ^- Schander. Was nun die Durchführung dieser Beispiele anbetrifft, so wird es sich selbstverständlich empfehlen, zunächst mit den allereinfachsten Methoden zu beginnen. Hier sind zu nennen : Bekämpfung des Hederich durch Eisenvitriol und streubare Pulver, Bekämpfung der Feldmäuse durch Gifte, Bakterienpräparate und Rauchgase, Bekämpfung des Wurzelbrandes der Rüben durch Bodenbearbeitung und Kalk- düngung und so fort. In diesen Beispielen wird man sich aber zweckmäßig darauf be- schränken, nur bewährte Methoden zur Vorführung zu bringen, bei denen man des sicheren Erfolges gewiß ist. Die eigentlichen Versuche, bei denen es darauf ankommt, neue Methoden zu erproben, müssen von den Hauptsammelstellen bezw. den Pflanzenschutzstationen selbst ausgeführt werden, wenn auch dem nichts im Wege stehen wird, daß man sich auch hierbei der Unterstützung der Sammler und Vertrauensmänner versichert. Werden solche Versuche der großen Praxis vermittelt, wie es leider geschehen ist, so wird durch die dabei oft erhaltenen negativen Resultate mehr geschadet als genützt. Trotzdem steht dem nichts entgegen, daß auch bei den Beispielen versucht wird, neue Gesichtspunkte in der weiteren Ausarbeitung dieser oder jener Methode zu erlangen. Wir geben alljährlich unseren Sammlern eine Liste derjenigen Versuche bekannt, die wir zur Aus- führung empfehlen. So wurden u. a. nachstehende Beispiele durch- geführt : 1. Bekämpfung des Hederichs mit Eisenvitriol, streubaren Pulvern und durch Bodenbearbeitung. 2. Einführung von Beizapparaten zur Bekämpfung des Getreide- steinbrandes in großen Wirtschaften. 3. Bekämpfung des Flugbrandes durch die Heißwassermethode. 4. Bekämpfung der Mäuse durch Mäusetyphusbazillen , Gifte, Fallen und Rauchgase. 5. Wirkung der Kochsalzdüngung auf Zuckerrüben. 6. Bekämpfung des Wurzelbrandes der Rüben durch Kalk- düngung und Bodenbearbeitung. 7. Anwendung des Karbolineums im Obstbau. 8. Bekämpfung des amerikanischen Stachelbeermehltaus durch rechtzeitigen Schnitt und durch Schwefelkalkbrühe. 9.U. 10. Bekämpfung des falschen Mehltavis des Weinstockes sowie des Apfel- und Birnenschorfes durch Kupferkalkbrühe. U.U. 12. Bekämpfung des echten Mehltaues des Weinstockes und des Rosenmehltaus durch Schwefelpulver. Einrichtung von Beispielen der Schädlingsbekämpfung usw. 29 13. Bekämpfung der Blattläuse durch Quassia und Tabak- seifenlauge. Zur Ausführung von Beispielen der Hederichbekämpfung wurden wir dadurch veranlaßt, daß in beiden Provinzen unseres Be- obachtungsbezirkes trotz starker Verunkrautung der Felder mit Hederich die Bekämpfung mit Eisenvitriol insbesondere in den kleineren Wirtschaften noch wenig geübt wird. Wenn wir auch keineswegs diese Methode als die wirtschaftlich beste ansehen, sondern der Meinung sind, daß überall dort, wo sich der Hederich durch Bodenbearbeitung bewältigen läßt, diese Methode vorzuziehen ist, so ist doch die Verwendung von Eisenvitriol überall dort, wo Arbeiter- mangel herrscht, sehr zu empfehlen. Diese Methode hat weiterhin den Vorteil, daß sie am schnellsten zum Ziele führt. Wie primitiv die Hederichbekämpfung teilweise noch behandelt wird, ergeben auch unsere Ermittlungen, die wir in dem Bericht über Pflanzenschutz zusammengestellt haben. Es wurden danach angewendet: Bei Mel- dungen 'S =^ G ^ o •-9 a 3 o i Pflügen Eggen /o c N o 1908 800 2 33 11 6 21 11 16 1909 200 1 23 11 15 15 11 21 Wir haben uns nun bemüht, durch Aufsätze in den landwirt- schaftlichen Fachblättern und durch Verbreitung einer großen Zahl von Flugblättern die allgemeine Bekämpfung des Hederichs zu fördern. Doch waren leider unsere Bemühungen nur von geringem Erfolge. Auch unsere Sammler teilten uns vielfach mit, daß die Propaganda allein leider nichts nütze und daß es zweckmäßig sei, besonders den kleinen Landwirten die Bekämpfung des Hederichs an Beispielen vorzuführen. So schreibt z. B. ein Berichterstatter aus dem Kreise Czarnikau: „Bei allen Hederichbekämpfungsversuchen hat sich das Bespritzen als am zuverlässigsten bewährt. Wenn das Wetter einigermaßen günstig ist und die Sache richtig gehandhabt wird, verschwindet der Hederich vollkommen. Aber in meinem Kreise scheuen die Land- wirte vielfach noch die mit der Hederichbekämpfung verbundene Arbeit und fürchten, daß das Bespritzen die Saaten schädigt. Ich habe Mühe gehabt, diese Versuche bei Nachbarn durchzuführen, aber der Erfolg hat doch den Leuten gezeigt, daß ihre Furcht unbegründet 30 R- Schander. war. Der gute Erfolg hat sie teilweise veranlaßt, sich Spritzen zu beschaffen und die Bekämpfung des Hederichs nun regelmäßig durch- zuführen." Zu der Einführung von Beispielen der Hederichbekämpfung veranlaßte uns auch weiterhin der Umstand, daß diese Versuche ver- hältnismäßig leicht durchführbar sind. Diejenigen Sammler, die mit der Durchführung dieser Beispiele Erfolg gehabt haben, haben sich später von selbst bereit erklärt, auch andere Beispielsversuche auszuführen. Die Hederichbekämpfungsbeispiele werden nun ebenso wie auch die anderen Beispielsversuche von den Berichterstattern oder aber von landwirtschaftlichen Vereinen selbst durchgeführt. Wir stellen nur die Spritzen kostenfrei zur Verfügung und dort, wo es angängig und notwendig ist, auch Eisenvitriol und streubare Pulver in beschränkten Mengen. Von vornherein gingen wir aber von dem Grundsatze aus, den Beispielen einen bestimmten Versuchsplan zugrunde zu legen, um die Ausführenden an die regelrechte Durchführung von Feldversuchen zu gewöhnen. So erhielten z.B. die Versuchsansteller für die Hederich- bekämpfungsversuche nachfolgendes Anschreiben : Hederichbekämpfungsversiiche 1909. In den diesjährigen Hederichbekämpfungsversuchen sollen mit- einander verglichen werden: Die Wirkung einer Bespritzung mit 15- und 20prozentigen EisenvitrioUösungen gegen a) bisherige Bekämpfung des Hederichs durch Hacken und Jäten, b) streubare Pulver. Die Bespritzung ist vorzunehmen, sobald der Hederich ca. 8 bis 10 cm hoch geworden ist, bezw. 2 bis 3 Blätter gebildet hat, bei regenfreiem, trockenem Wetter. Zur Bekämpfung junger Hederich- pflanzen genügen löprozentige Lösungen, bei älteren Pflanzen sind 20prozentige Lösungen zu verwenden. Die Streupulver sind auszustreuen entweder mit der Hand oder mit Düngerstreumaschinen, wenn die Pflanzen 2 bis 3 Blätter ge- bildet haben. Hier ist es aber notwendig, die Arbeit morgens im Tau oder nach Regen vorzunehmen, damit die Pulver genügend fest an den Blättern haften bleiben. Die einzelnen Parzellen der Versuche sind mindestens einen Morgen groß zu nehmen. Im einzelnen sind festzustellen 1. die Kosten der Bespritzung, 2. die Dauer der Bespritzung für den Morgen, Einrichtung von Beispielen der Schädlingsbekämpfung usw. 31 3. die Menge der für die Bespritzung notwendigen Flüssigkeit, 4. die Wirkung der Bespritzung, 5. wenn möglich, der Stroh- und Körnerertrag der einzelnen Parzellen. (Vergl. auch beiliegendes Flugblatt Nr. 6 „Die Bekämpfung des Hederichs"). Wir bitten ergebenst darum, den umstehenden Fragebogen nach Beendigung der Versuche möglichst ausführlich beantwortet an die Abteilung für Ptianzenkrankheiten zurücksenden zu wollen. Diesem Anschreiben wurde ein Fragebogen beigelegt, in dem nachstehende Fragen verzeichnet waren: 1. Größe der Versuchsparzelle. 2. Wie stark war der Besatz des Hafers mit Hederich bezw. Ackersenf? 3. Wann wurde die behandelte Sommerung ausgesät? 4. Wann wurde die Bekämpfung vorgenommen? 5. Wie hoch waren zu dieser Zeit a) die Sommerung, b) der Hederich? 6. Zu welcher Tageszeit wurde die Behandlung vorgenommen? 7. Wie wirkte die Behandlung dem Augenscheine nach? 8. Welche Arbeitskräfte wurden für den Morgen verwendet? 9. Welche Mengen des Bekämpfungsmittels wurden benötigt? 10. Wie hoch waren a) der Strohertrag, b) der Körnerertrag der behandelten Parzelle? Diese Art hat sich bei uns sehr gut bewährt. Wie wir uns selbst überzeugen konnten, wurden die Versuche übersichtlich und sachgemäß angelegt und die Fragebogen ausführlich und zweckent- sprechend beantwortet. Die Berichterstatter benützten die in den Beispielen erhaltenen Resultate, um in ihren landwirtschaftlichen Vereinen darüber zu berichten. Zur Einführung von Beizapparaten zur Entbrandung des Getreides veranlaßte uns der Umstand, daß die jetzt geübte Kupfervitriolbeize vielfach nicht sachgemäß ausgeführt wird und ihre Einführung auf großen Gütern mit beträchtlichem Zeitverluste ver- liunden ist. Die Einführung von Beizapparaten kann natürlich nur auf größeren Gütern in Frage kommen, hat aber hier den Vorteil, daß die Arbeit sehr schnell vonstatten geht und auch von ungeübten 32 R- Schänder. Kräften durchgeführt werden kann. Weiterhin ist die Behandlung des Getreides eine gleichmäßigere, als es mit dem gewöhnlichen Ver- fahren geschehen kann, und vor allen Dingen wird ein unnötig langes und ungleichmäßiges Vorquellen des Getreides vermieden. Wir be- sitzen die Apparate von Dehne -Halberstadt, Wachtel -Breslau und Heid-Stockerau. Diese Apparate stellen wir nun den Versuchs- anstellern kostenfrei zur Verfügung, insbesondere natürlich den Saat- bauvereinen, den landwirtschaftlichen Kreisvereinen und größeren landwirtschaftlichen Betrieben. Wenn uns auch nur eine geringe Anzahl von Apparaten zur Verfügung steht und infolgedessen in jedem Jahre nur wenige Beispiele durchgeführt werden können, so haben wir doch recht gute Erfolge zu verzeichnen, insofern als bereits eine größere Anzahl von Gütern derartige Beizapparate beschafft haben und damit sehr zufrieden sind. Gerade solche Versuche werden gewöhnlich einer größeren Anzahl von Landwirten zugänglich ge- macht; weiterhin sorgt natürlich die Empfehlung und die Aus- sprache in landwirtschaftlichen Vereinen dafür, daß auch wenige Beispiele genügen, um eine größere Anzahl von Landwirten zu in- teressieren. Diese Vorführungen verschiedener Apparate haben noch den Vorteil, daß gleichzeitig eine Prüfung der Apparate selbst stattfindet. Während früher in der Provinz nur der Dehnesche Apparat bekannt war, hat sich doch bei den verschiedenen Beispielsversuchen heraus- gestellt, daß sich der Apparat von Heid-Stockerau am besten bewährt. So schreibt z. B. einer der Herren Versuchsansteller: „Der einzig brauchbare Apparat ist meines Erachtens der von N. Heid-Stockerau, wenigstens was das Absieben der Schwemmkörner anlangt. Bei den anderen Apparaten ist das nicht möglich. Wenn die Behandlung des Saatgutes eine genügende ist, um es vom Brand frei zu machen, so ist jedenfalls die Heidsche Beizmaschine auch deswegen besonders empfehlenswert, weil sie schnell und gründlich zu reinigen geht. Ich habe mir sofort eine solche Maschine gekauft und in Betrieb genommen." Daß aber auch die anderen Apparate Vorzügliches leisten, geht daraus hervor, daß diejenigen Güter, die sie eingeführt haben, mit ihren Leistungen sehr zufrieden sind, z. B. wird auf einem Gute im Kreise Wirsitz, wo schon seit Jahren der Dehnesche Apparat in Tätigkeit ist, mit ihm sämtliches Getreide außer Roggen gebeizt. In den ausgedehnten Weizenkulturen ist Steinbrand in keinem Jahre anzutreffen, auch nicht in den von auswärts bezogenen Saaten. Einrichtung von Beispielen der Schädlingsbekämpfung usw. 33 Die Bekämpfung des Flugbrandes durch die Heißwasser- metliode ist keineswegs allgemein zu empfehlen. Es ist ja be- kannt, daß der Ausführung dieser Methode noch große wirtschaftliche Schwierigkeiten entgegenstehen und daß bei unrichtiger Handhabung leicht große Keimverluste eintreten können. Immerhin scheint es aber doch zweckmäßig, die Saatgutwirtschaften mit derselben, be- sonders mit ihrer Wirkung, vertraut zu machen. Für diesen Zweck wurden zwar auch in einzelnen Fällen Apparate kostenfrei zur Ver- fügung gestellt, in der Hauptsache ist aber derartig verfahren worden, daß die Landwirte selbst kleinere Mengen von Getreide der Hauptsammelstelle einsandten, die dann hier behandelt und den Ver- suchsanstellern zur Aussaat zugesandt wurden. Der außerordentliche Schaden, den alljährlich die Feldmäuse anrichten, veranlaßt uns, der Bekämpfung der Feldmäuse immer wieder von neuem unser größtes Interesse entgegenzubringen. Die regelmäßigen Mitteilungen unserer Berichterstatter im Frühjahr und Herbst über das Auftreten und die Verbreitung der Mäuse setzen uns unter Berücksichtigung der Witterungsverhältnisse in den Stand, die Ausbreitung von Epidemien rechtzeitig zu erkennen und die Landwirte immer wieder auf die Wichtigkeit der rechtzeitigen Be- kämpfung der Mäuse hinzuweisen. Für dieses Jahr ist z. B. in jeder Gemeinde ein Anschlag vorgesehen, in dem die wichtigsten Be- kämpfungsmaßregeln verzeichnet sind. Wenn wir auch der Meinung sind, daß besonders bei Epidemien die rechtzeitige Anwendung von Mäusetyphusbazillen die sicherste und beste Wirkung verspricht, so haben wir uns doch entschlossen, in unseren Beispielen besonders auch auf die Anwendung der Rauchgase hinzuwirken. Die Anwendung der Mäusetyphusbazillen, der Gifte usw. scheitert nicht selten an der Bequemlichkeit der Landwirte, oft auch an den großen Ausgaben. Zu diesen Verfahren wird immer erst dann geschritten, wenn die Mäuse sich kolossal verbreitet und die Feldbestände halb aufgefressen haben. Dem Landwirt müssen deshalb Verfahren in die Hand ge- geben werden, die er jederzeit zur Hand hat und durch seine Leute leicht ausführen lassen kann. Dazu gehören einmal die Verwendung von Fallen (100 Stück 8 M), ein Verfahren, das auf einzelnen Gütern in der Provinz mit sehr gutem Erfolge angewendet wird, und andererseits die Verwendung von Rauchgasen. Sowohl die Fallen als auch die Rauchapparate können auf den Gütern dauernd vorrätig gehalten werden. Letztere kann auch jeder Gutsschmied für etwa 3 — 5 M das Stück selbst anfertigen. Der Landwirt ist also in der Jahresbericlit der Vfrrinigungr für aiigewaniUo Botanik IX ß 34 R- Schander. Lage, sobald er frische Mäuselöcher auf seinem Lande bemerkt, so- fort einen Arbeiter mit den Fallen oder dem Rauchapparat anzu- stellen. Das ist ja gerade bei der Bekämpfung der Mäuseplage die Hauptsache, daß das Verfahren rechtzeitig angewendet wird und die Mäuse schon dann vertilgt werden, wenn sie erst in geringen Mengen vorhanden sind. Auch diese Beispiele suchen wir dadurch zu unter- stützen, daß wir den Versuchsanstellern Rauchapparate und Fallen kostenfrei für ihre Versuche zur Verfügung stellen. In ähnlicher Weise werden auch die übrigen Beispielsversuche durchgeführt. Aus den vorliegenden Berichten seien als Beispiele noch zwei angeführt. Bekämpfung von Obstbaumschädlingen. „Zum ersten Mal wurde im April mit Kupferkalkbrühe gespritzt. Nach dem Fruchtansatz kam die zweite Spritzung, ebenfalls Kupferkalkbrühe, welche jetzt auf 100 1 Lösung 1 1 Arseniklösung erhielt. Diese Spritzung tötete recht viele Raupen, welche von der Lösung etwas abbekommen haben. In früheren Jahren ohne Spritzung litten die Früchte sehr an der Obstmade, dieses Jahr aber auffallend wenig. Auch sind die Früchte größer und vollkommener geworden als sonst. Die erzielten Erfolge veranlassen mich, mir selbst eine Spritze zu beschaffen, deren Bezug ich zu vermitteln bitte." Versuche zur Bekämpfung des amerikanischen Stachel- beermehltaues. „Auf jeder Versuchsparzelle standen 80 Sträucher der folgenden Sorten: Früheste von Wied, Sämling von Maurer, Rote Eibeere, Rote Preisbeere, Rote Triumphbeere, Früheste Gelbe, Weiße Triumphbeere. An den Triebspitzen zeigten sich im Frühjahr vor Be- ginn der Behandlung Wintersporen des Mehltaues und zwar sehr stark an Früheste von Neuwied, stark an Sämling von Maurer, Rote Eibeere, mäßig stark an Rote Prei.sbeere, Rote Triumphbeere und Früheste Gelbe, fast gar nicht an Weiße Triumphbeere. Parzelle 1. Die erkrankten Triebspitzen wurden zurück- geschnitten und die Sträucher im März vor dem Austrieb mit 0,8 ^/o und nach der Blüte am 16. April mit 0,4" d Schwefelkalkbrühe in Abständen von 20 zu 20 Tagen bespritzt. 3 Wochen vor der Ernte der grünen Beere (18. Juni) wurde mit dem Spritzen aufgehört. Die Früchte konnten unbeschädigt geerntet werden. Es zeigte sich erst nach der Ernte in geringem Maße Befall der Triebspitzen mit Mehl- tau. Einzelne Sträucher, die versuchsweise mit 0,8*^/0 Lösungen auch in belaubtem Zustande bespritzt wurden, ließen fast sämtliche Blätter und zum Teil auch die Früchte fallen. Nur rote und weiße Triumph- Einrichtung von Beispielen der Schädlingsbekämpfung usw. 35 beere behielten einen Teil ihrer Belaubung. Die Blätter dieser Parzelle zeigten allerdings während des ganzen Sonomers ein nicht ganz frischgrünes Aussehen, was doch wohl der Wirkung der Schwefel- kalkbrühe zugeschrieben werden muß. Parzelle 2. Die Sträucher wurden behandelt wie Parzelle 1. Nur wurde statt mit Schwefelkalk- mit Kupferkalkbrühe gespritzt und zwar in unbelaubtem Zustande mit 2Vo Brühe, in belaubtem Zustande mit 1 °/o Brühe. Auffallend war die frischgrüne Belaubung, die diese Parzelle aufwies und die bis spät in den Herbst hinein anhielt. Das Laub blieb sehr lange hängen. Die Früchte konnten sowohl im grünen, wie auch im reifen Zustande unbeschädigt ge- erntet werden. Mehltau zeigte sich an dieser Parzelle überhaupt nicht. Die mit den von Parzelle 1 zu gleicher Zeit geernteten grünen Früchte dieser Parzelle waren bedeutend größer als die der Parzelle 1. Parzelle 3. Es wurde gespritzt wie Parzelle 1 , aber der Rück- schnitt der Spitzen fiel fort. Hier zeigten sich bei einzelnen Sorten, insbesondere für Früheste Gelbe, schon vor der Ernte auch an den Früchten Mehltauiiecke , doch konnte immerhin ein bedeutender Prozentsatz grüner Früchte rein geerntet werden. Nach der Ernte wurde ein größerer Teil der Triebe als bei Parzelle 1 und dieser auch stärker befallen. Parzelle 4. Gespritzt wde Parzelle 2, also mit Kupferkalk- brühe; der Rückschnitt fiel fort. Auch hier die auffallend frisch- grüne Belaubung, die bis in den Herbst hinein dauerte. Die Aus- bildung der Früchte war besser als bei 1 und 3, auch wiesen die- selben einen geringeren Mehltaubefall auf als die der Parzelle 3. Außer der Frühesten Gelben zeigten auch hier alle Sorten bei der Ernte der grünen und reifen Früchte keinen Mehltau. Parzelle 5. Es wurden nur die vom Mehltau befallenen Triebspitzen abgeschnitten und nicht gespritzt. Hier war auffallend, daß die Sträucher frühzeitig im Herbst das Laub warfen, während ein stärkerer Befall durch den Mehltau als bei 3 und 4 im großen und ganzen nicht zu verzeichnen war. Parzelle 6. Unbehandelt. Die Folge war frühzeitiger Laubfall, vermehrtes Auftreten von Mehltau. Ein recht beträchtlicher Prozent- satz der grün geernteten Früchte dieser Parzelle mußte als unbrauch- bar ausgeschieden werden. Schließlich ist noch zu bemerken, daß auf den beiden letzten Parzellen, wenn auch in diesem Jahre allerdings nur vereinzelt, die 3* 36 R- Schander. Larve der Stachelbeerblattwespe auftrat, was l^ei den bespritzten Parzellen nicht der Fall war. Aus diesen Versuchen geht hervor, daß die Behandlung der Sträucher durch Bordelaiser Brühe, verbunden mit Rückschnitt, den günstigsten Erfolg gezeitigt hat. Allerdings wirkt der besonders bei der Grünernte noch vorhandene Kupferkalküberzug störend beim Verkauf. Wo demnach die ganze Ernte verkauft werden soll, wird man doch zweckmäßiger mit Schwefelkalklösung spritzen. Es bleibt allerdings noch dahingestellt, wie weit die schon seit Jahren mit Schwefelkalklösungen durchgeführte Bekämpfung bei den Erfolgen des Jahres 1910 mitgewirkt hat. Die Kosten der Behandlung betragen: 1. für den Rückschnitt pro Strauch 2,25 Pfg. 2. für eine Spritzung mit 0,4 "/o Schwefelkalklösung pro Strauch 0,3 Pfg. 3. für eine Spritzung mit Bordelaiser Brühe pro Strauch 0,5 Pfg. bei einem berechneten Stundenlohn von 0,30 M und An- rechnung der Kleinhandelspreise der zur Spritzung erforder- lichen Materialien." So ließen sich aus unseren Vergleichsversuchen noch eine große Anzahl von Beispielen anführen, die über günstige Resultate berichten, trotzdem wir wegen Mangel an Mitteln in jedem Jahre nur eine geringe Anzahl von Beispielsversuchen unterstützen können. Die vorhandenen Spritzen z. B. werden im Winter zu Karbolineumver- suchen, im Sommer sowohl zu Hederichbekämpfungsversuchen als auch zu Bekämpfungsversuchen mit Kupferkalkbrühe usw. im Obst- bau verwendet. Auch andere Anstalten berichten über die Anstellung solcher Beispiele sehr günstig. Hier sei unter anderen ein kurzer Bericht des Herrn Prof. Dr. Hiltner, Direktor der Königl. Bayerischen Agrikulturbotanischen Anstalt in München, angeführt: „Was die Anfrage betrifft, ob und in welcher Weise wir Bei- spiele von Schädhngsbekämpfung vorführen, so darf ich wohl sagen, daß wir diesen Weg schon sofort nach Gründung der Anstalt be- schritten haben, daß wir aber bald weitergingen. Wir gehen in der Regel da, wo sich irgend ein Schädling geltend macht, so vor, daß wir in den Fällen, wo brauchbare Abwehr- oder Vorbeugungsmaß- nahmen bereits bekannt sind, die nötigen Apparate und Bekämpfungs- mittel für Durchführung einiger Demonstrationsversuche unentgeltlich zur Verfügung stellen. Die Ausführung der Versuche übernimmt Einrichtung von Beispielen der Schädlingsbekämpfung usw. 37 dabei je nach Umständen der Interessent selbst oder der Inhaber der betreffenden Auskunftsstelle oder endlich ein Beamter der Anstalt. Ist gegen den Schädling ein wirksames Verfahren nicht bekannt, so pachten wir in dem befallenen Gebiete ein oder mehrere Grundstücke und richten Versuchsfelder ein, von denen manche schon jahrelang betrieben werden. Hier werden dann alle in Betracht kommenden Verfahren und Mittel erprobt und, sobald sich ein Erfolg zeigt, wird das Verfahren auf den Nachbarfeldern weiter durchgeführt. In allen Fällen aber, w^o Erfolge zu erzielen sind und wo durch Vorführung von Beispielen diese Erfolge bereits demonstriert wurden, setzt eigentlich erst unsere Haupttätigkeit ein, indem wir, zum Teil aus eigenen Mitteln, zum Teil unter Erbittung größerer Zuschüsse vom Königl. Staatsministerium, unsererseits Zuschüsse an Abnehmer von Spritzapparaten gewähren, diese Apparate .selbst vermitteln und vor allem für die Bekämpfungsmittel nicht nur die Rezepte geben, sondern sie womöglich selbst herstellen und zum Selbstkostenpreise, vielfach auch ganz unentgeltlich abgeben. Gerade jetzt sind wir mit der Errichtung einer technischen Abteilung beschäftigt, in der Mäuse- bekämpfungsmittel, Spritz- und Bestäubungsmittel und dergl. im großen hergestellt werden sollen. Besonders gelungene Ergebnisse führen wir auch auf photo- graphischen Reproduktionen mit kurzen Erläuterungen und auf Merk- blättern vor, die in den dafür interessierten Gegenden in allen Schulen, in Wirtshäusern und dergl. ausgehängt werden." Es liegt also wohl im Interesse des praktischen Pflanzenschutzes, wenn seitens der Hauptsammelstelle derartige Beispielsversuche in recht großem Maße durchgeführt werden. Die Hauptsammelstellen dürften aber dadurch vielfach in eine noch viel engere Verbindung mit der Praxis kommen, was ebenfalls wiederum als ein großer Vorteil bezeichnet werden darf. I.eider wird aber, wie auch bisher, die Durchführung dieser Beispiele oft an dem Mangel genügender Mittel scheitern. Der Hauptsammelstelle Bromberg stehen für jede Provinz 1000 M, in Summa 2000 M, zur Verfügung. Von dieser Summe sollen die Porto- unkosten, der Druck der Fragebogen, Flugblätter, Jahresberichte usw. bestritten werden. Bei größter Sparsamkeit bleibt infolgedessen für die Beispiele wenig übrig. Trotzdem ist es uns gelungen, in jedem Jahre unser Inventar an Bekämpfungsapparaten, Hederichspritzen usw. fortlaufend zu vermehren. 38 Schander, Einrichtung von Beispielen der Schädlingsbekämpfung. Verhältnismäßig leicht dürften sich die Beispiele an allen den Hauptsamroelstellen durchführen lassen, die direkt einer Landwirt- wirtschaf tskamna er, einer landwirtschaftlichen Versuchsstation oder einer anderen Institution angeschlossen sind, weil hier bestehende Einrichtungen verwendet werden können. So werden z. B. von den Kammern Mäusevertilgungspräparate schon seit langem hergestellt, und andere Einrichtungen ähnlicher Art werden sich schaffen lassen, die ebenfalls eine Einnahmequelle darstellen, aus welcher ein Teil der für den Pflanzenschutz nötigen Mittel beschafft werden kann. Es sollte nur Prinzip werden, solche Einnahmen auch wieder für den Pflanzenschutz ausgeben. Andere Hauptsammelstellen, die diese Vor- teile nicht genießen, haben schon deshalb mit größeren Schwierigkeiten zu rechnen, weil ihnen Mittel aus eigenen Einnahmen nicht zur Ver- fügung stehen. Z. B. werden in unserem Bezirk die Mäusebekämp- fungspräparate durch das Bakteriologische Institut der Landwirtschafts- kammer in Danzig und für Posen durch die Molkereiversuchsstation in Wreschen verschrieben. Obwohl wir als Hauptsammelstelle mit den Landwirtschaftskammern der Provinz Posen und Westpreußen in eng- ster Fühlung stehen , da diese die Träger der Organisation sind , so stehen uns doch die Einrichtungen der Kammern nicht zur Verfügung, und wir sind einzig und allein auf die obengenannten geringen Zu- schüsse von je 1000 M angewiesen. Von der Ansicht ausgehend, daß die Deutsche Landwirtschafts- Gesellschaft, trotzdem sie die Organisation für Pflanzenschutz als solche abgegeben hat, doch an der Einführung eines praktischen Pflanzenschutzes das größte Interesse haben mul^, erlaubte ich mir dieselbe um einen Zuschuß zu derartigen Versuchen zu bitten. Dieser Antrag bei der Deutschen Land wirtschafte- Gesellschaft gab auch Veranlassung zu dem vorliegenden Referat. E. Schaffnit, Beiträge zur Biologie der Getreide-Fusarien. 39 Beiträge zur Biologie der Getreide-Fusarien. Von Dr. E. Schaffuit. (Aus d. Abteilung für Pflanzenkiankheiten d. Kaiser-Wilhelms- Instituts für Landwirtschaft in Bromberg.) Auf dem Getreide treten unter geeigneten Entwicklungs- bedingungen bekanntlich als Schädlinge Fusarien auf, deren Biologie und Systematik noch unvollständig bekannt ist. Den Anlaß, mehrere Arten in den Kreis unserer Untersuchungen zu ziehen, gaben Arbeiten über die Entwicklung, Überwinterung und Auswinterung unserer wintergrünen Kulturpflanzen. An den Auswinterungsschäden der Saaten im Frühjahr sind Fusarien beteiligt, deren äußere Erscheinungsform als Schneeschimmel bezeichnet wird. Als dessen Erreger wurde bis jetzt eine einzige Art der Gattung Fusarium, das Fusariuin nivale Sor. angesprochen, während ein später zu besprechendes Ergebnis unserer Untersuchungen ist, daß an dieser Erscheinung mehrere Fusarium-Arten beteiligt sind. Die praktische Bedeutung des Schneeschimmels ist bereits von Sor au er und Hiltner in größeren Arbeiten behandelt worden, und namentlich durch Hiltner s Veröffentlichungen hat im letzten Jahre diese Frage in den Kreisen der Saatzüchter und Landwirte erhöhtes Interesse gewonnen. Hiltner sucht in seinen Veröffentlichungen nachzuweisen, daß das Auftreten des Schneeschimmels auf die In- fektion des Saatgutes zurückzuführen und durch zweckentsprechende Beizung desselben zu bekämpfen sei. Danach ergaben sich für den engeren Kreis unserer Beobachtungen folgende Gesichtspunkte: I. Gewinnung eines Überblicks über die Verbreitung der Fusarien am Getreide im allgemeinen, Prüfung ihrer systematischen Verhältnisse und Untersuchungen über die biologischen Ver- hältnisse in besonderer Rücksicht auf ihre Beteiligung an dem Auswintern des Getreides. 40 E. Schaffnit. II. Untersuchungen über die Bedeutung der Korninfektion und über die vom Saatgut unabhängige Feldinfektion für das Auftreten des Schneeschimmels. III. Untersuchung über die Wirkung chemischer Mittel auf das Kornfusarium zur Nachprüfung der Hiltnerschen Versuche. Ich will zunächst eine Übersicht über die an Getreidekörnern und auf -Pflanzen bis jetzt von uns aufgefundenen Arten geben und dann näher auf ihre Biologie eingehen. Vom Saatgut verschiedenster Provenienz wurden die durch makroskopische Merkmale (Rotfärbung, Braunfärbung, Lockerung der einzelnen Testaschichten) erkennbaren Körner ausgesucht und in Kultur genommen. Sie wurden einige Stunden vorgequollen, auf feuchtes Filtrierpapier gelegt, und nach einigen Tagen wurden die Keime entfernt. Von dem entwickelten Myzel oder den entstandenen Konidienlagern wurde auf Nährsubstrate (Getreideähren, Getreideagar, Getreidekörner) überimpft. In gleicher Weise wurden von jungen Getreidepflanzen Myzel und Konidien ent- nommen und weiter kultiviert. Die von Myzel gewonnenen Konidien wurden wiederum auf geeignetes Nährsubstrat übertragen , so daß schließlich mit Sicherheit Reinkulturen vorlagen. Trotzdem seither als alleiniger Erreger der Schneeschimmel- krankheit eine Art angesehen wurde, unterliegt es keinem Zweifel, daß die seitherigen Beobachter bereits Formentypen von Konidien bei der mikroskopischen Prüfung vor sich hatten, die verschiedenen Arten angehörten. Sorauer beschreibt Konidien, die „eine be- deutend größere Längenausdehnung (bis 60 fi) mit vermehrter Scheide- wandbildung (5 — 7 Fächer) und scharfer Zuspitzung der Endfächer aufweisen", während mit der Verkürzung eine Abrundung der End- fächer und Verringerung der Septenzahl eintreten soll, und führt (Z. f. Pflk. 1901 S. 220) die wechselnden Verhältnisse auf Temperatur- schwankungen, Standortsverschiedenheiten usw. zurück. Wenn auch die Temperaturverhältnisse und die Septenzahl bei Fusarium niv. schwankt, so ist es doch ausgeschlossen, daß bei dieser Art bis sieben Scheidewände auftreten und daß vor allem wohl ausgebildete Konidien jeuiiils eine Länge von 60 // erreichen. Die Konidien, die Sorauer vor sich hatte, gehörten zweifellos nicht der guten Art Fusarium niv. an. Ebenso hat Ihssen Konidien der gleichen Form an jungen Getreidepflanzen aufgefunden, die durch ein Fusarium abgetötet worden waren. Ihssen hat ferner Konidien beobachtet, die mehr als dreizellig, jedoch in der Form dem Fusarium niv. ähnlicher waren. Auch diese haben kaum zu Fusarium niv. gehört. Beiträge zur Biologie der Getreide-Fusarien. 41 Hiltner und Ihssen erwähnen (Baktl. Zentralblatt 1910, Landwirt- schaf tl. Jahrbuch für Bayern 1911), daß sie neben dem Schnee- schimmelfusarium -noch eine weitere Art am Korn vorgefunden haben, die Hiltner (a. a. O. S. 30) jedoch als harmlos anspricht und deren Auftreten er als beiläufige, häufige Beobachtung an nicht keimfähigen Getreidekörnern und anderen Samen im Keimbett erwähnt. Die als Erreger der Schneeschimmelkrankheit angesprochene Art ist nach Hiltner vorwiegend parasitärer Natur. Zu dieser Anschauung wurde er wohl geführt, weil seine Bemühungen den geschlossenen Ent- wicklungsgang des Pilzes in der künstlichen Kultur zu erreichen er- folglos waren. Mir ist dies jedoch gelungen, und ich kann Ihnen nachher Kulturen demonstrieren, die Myzel, Konidien und Perithezien von Nectria graminicola, zu der Fusaviuin nivale als Konidienform gehört, aufweisen. (Demonstration von Kulturen.) Die Kultur er- folgte auf sterilisierten grünen Getreideähren, die Perithezienbildung trat an der gleichen Stelle auf, an der vorher die Konidien aus- gebildet waren. Damit ist auch der Beweis erbracht, daß die nachweislich parasitär auftretende Nectria graminicola ihren gesamten Entwicklungsgang rein saprophytisch zurück- zulegen vermag. Auch physiologisch -chemische Untersuchungen lassen nicht erkennen, daß das Fusarium nivale weniger toter orga- nischer Substanz als Substrat und spezifisch der heranwachsenden Pflanze angepaßt ist als die übrigen Fusarienarten. Die Untersuchung des aus dem Myzel nach der Buchn ersehen Methode gewonnenen Preßsaftes, sowie der aus dem Preßsaft gefällten Enzyme ergab, daß Fusarium nivale ebenso wie die übrigen Arten neben Proteasen, Oxydasen, Peroxydasen und Katalasen auch Diastase absondert, also Stärke als Nährsubstanz zu verarbeiten vermag. Eben- so gelingt es mühelos, den Pilz auf reifen Roggenkörnern, denen Wasser zugesetzt ist, zu kultivieren. Die Arten, die wir bis jetzt von Roggen und Weizen isolieren konnten, habe ich in der Tabelle auf folgender Seite zusammengestellt. Mit diesen Arten habe ich sowohl Infektionsversuche angestellt, als auch die mit ihnen infizierten Körner kultiviert und konnte Er- scheinungen hervorrufen, wie sie als charakteristisch für das Fusa- rium nivale angesprochen werden. Die Bezeichnung Schnee- schimmel stellt also einen mehrere Arten, darunter die gute Spezies Fusarium nivale umfassenden Sammelbegriff dar. Es wird unsere weitere Aufgabe sein, an der Hand möglichst reichhaltigen Materials genaue Unterlagen über die natürliche Ver- 42 E. Schaffnit. Formentypus ^) der Konidien Art Besondere morpliol. u. biolop'. Merkmale Fundort Bemerkunn-en Fus. discolor. Kultur Nr. 12. Fus. nihigi noxum. VarietasV Myzel färbt sich ren'ehuiißii;' karminrot, ockergelb bis kafl'ee- braun. Sporodoehien laclis- farbig-, beim Eintrocknen schmutzig braunrot bis braun- gelb, falsche Köpfchen gold- gelb, durchschnittl. Sporengröße 50 — 67 ^u, durchschnittl. Sep- tierung : 5. Parasitäre Sp. Eogsenkörncr, Haferkörner, junge Eoggen- pflanzen, Halm- basis von aus- gewachsenen Tioggenpflauzen. Hungerforni auf Getreide- pflanzen, ähn- lich wie Fus. nivale , aber mehr septiert, mit zugespitzter typisch ausge- bildeter End- u. Fußzelle, lag vermutlich auch Ihssen vor. Fus. suhida- ium. Kultur Nr. 2. Fus. sulula- tiim. Kultur Nr. o. Fus. -subid. I Yergl. Grundlagen einer Mono- Appel U.Wollen- I grapliie v. Appel u. Wullen- weber. , weber. kaum parasitär auf- tretende Sp. FuK. meta- cliroam. A]i]iel u. Wollen- weber. Roggenkörner, Weizenkörner, Gerste u. Ähren, junge Gersten- und Eoggen- pflanzen. Morpliol. identisch mit meta- chroum, Appel u. Wollenweber, biolog. von diesem verschieden durch ausgesprochenes Ober- flächeuwachstum des Myzels (vergl. Appel u. Wollenweber a. a. 0.). Parasitäre Sp. Koggenkörner, Weizenkörner, Hafer, junge Roggenpflanzen. Die vermut- lich von So- rauer u. fhssen beobachtetcu Spezies. Fus. subula- tum. Kultur Nr. 4. Fus. meta- chroum. Varietas V Weicht von Fus. metachroum Roggenkörner, hinsichtlich der Sporengröße 1 junge Eoggen- und Länge et\\'as ab. I pflanzen. Fus. solani. Kultur Nr. 1. Fus. nivale ). Sorauer Koni- dien V. Nectria graminicola Berk et Br. Fus. solani. Kultur Nr. G Weicht von Fu.^. nivale ab. Fus. lolii'^ Fus. dimerum'^ Bildet keinen Karminfarbstotf, durchschn. Sporengröße 20 ^, „ Septierung : 3, bildet in der künstlichen Kultur Peri- thezien. Sporodoehien rosa, klein. Parasitäre Sji. syu. mit Fus. nivale, Caes., „ hibernans, Lindau, „ minimum, Fuckel, „ oxyspofum, Schlecht.? Junge Roggen- pflanzen und Körner. Auf Roggen- pflanzen größere Variabilität in bezug auf Sporengröße u. Septierung. Oberflächenmyzel ähnlicli wie Fus. nivale. Parasitäre Sp. .Junge Roggeu- pfianzen und Körner. breitung, Häufigkeit und Beteiligung dieser und weiterer Arten an der Schneeschimmelkrankheit zu gewinnen. Auffallend ist die auf ■') Vergl. Aiijiel u. Wollen weber: (hnnullagen eini'r Monographie doi- (iattung Fusariiun (Link). Arbeiten aus d. Kais. Biolog. Anstalt f. Laiid- und Forstwirtschaft Bd. VIII (1910). -) Die genaue Diagnose dieser Ai't folgt in einer n-röl.ieren deninäclist erscheinenden Arbeit. Beiträge zur Biologie der Getreide-Fusarien. 43 weite Verbreitung oder besondere biologische Anpassungen hinweisende Erscheinung, daß wir bis jetzt von jungen Roggenpflanzen am häufig- sten die gute Art Fusarium nivale, von Korn häutiger andere Arten isolieren konnten. Zur Nachprüfung des Zusammenhanges der Korninfektion mit dem Auftreten des Schneeschimraels auf dem jungen Getreide hat Ihssen seine Schneeschimmelpflanzen nicht unter sterilen Außen- bedingungen und einzeln, sondern gleichzeitig mehrere Pflanzen in Zinkkästen und in Töpfen kultiviert. Diese Versuche konnten nach dieser Methodik nicht als beweisend angesehen werden. Es galt da- her zunächst in einwandfreier Weise nachzuprüfen, ob und inwieweit das Kornfusarium als Infektionsquelle für die heranwachsende Pflanze in Betracht kommen kann. Ich habe im ganzen zirka 600 Fusarien- körner einzeln kultiviert und zwar unter folgenden Bedingungen. Reagenzröhren von zirka 22 — 25 cm Länge und 3'/o cm Breiten- durchmesser wurden mit 30 g grobem Ziegelpulver, das sich aus technischen Gründen, wie z. B. höhere Wasserkapazität, besser als Sand eignet, und 7,5 g Wasser beschickt, mit einem Wattestopfen lose verschlossen und dreimal im Autoklaven je V2 Stunde bei einem Druck von 250 Atmosphären sterilisiert. Die ausgesuchten Fusarien- körner wurden kurz mit Sublimatlösung abgewaschen und darauf in einem Auswaschapparat ^), der sich direkt an die Wasserleitung an- schließen läßt, zur Entfernung anhaftender Pilzkeime eine Stunde lang gewässert. Der Nachweis, daß das Waschen mit Sublimat und Wässern das Objekt äußerlich völlig sterilisiert, ist leicht zu führen, denn man kann in dieser Weise vorbehandelte Samen und selbst Pflanzenstecklinge in Nähragar kultivieren, ohne daß eine Bakterien- oder Pilzaußeninfektion eintritt. Allerdings kommt uns unser Leitungs- wasser sehr zu Hilfe, es ist so gut wie keimfrei. Wo dies nicht der Fall ist, dürfte oft wiederholtes, gründliches Waschen in sterilisiertem Wasser genügen. Die gewässerten Getreidekörner wurden mit sterili- sierter Pinzette in die Reagenzgläser 1 — 2 cm tief in das Ziegelpulver eingeführt, die Gläser mit den Wattestopfen geschlossen, in große, feuchte Kammern unter Sublimatlösung gebracht und bei diffusem Tageslicht gehalten. Nach 16 Tagen wurden die heranwachsenden Pflanzen untersucht. Die Ergebnisse faßt nachstehende Tabelle, die die Durchschnittszahlen von sechs Versuchen mit je 100 Körnern darstellt, zusammen: ') Vgl. Zeitschr. für wiss. Mikroskopie 1911. 44 E. Schafinit. Anzahl der Körner 100 Körner verpilzte I nicht verpilzte Pflanzen Pflanzen nicht gekeimte Körner 27 73 0 In der Mehrzahl der Fälle ist der Pilz also unter allerdings sehr günstigen Kulturbedingungen zur Entwicklung gelangt. Vom Be- stockungsknoten aus konnte das Myzel an der jungen Pflanze entlang bis über die Blattscheide hinaus verfolgt werden. Damit ist also bestätigt, daß das Korn-Fusarium als Infektionsquelle für die junge Saat in Betracht kommen kann und die heranwachsende Pflanze in der Kultur als Schneeschimmel zu schädigen vermag. Unter natür- lichen Verhältnissen ist aber die vom Korn ausgehende Infektion der Pflanze zeitlich getrennt vom Auftreten des Schneeschimmels, und schon deshalb erscheint die Korninfektion als Schneeschimmelerreger fraglich. Ich komme auf diese Verhältnisse später zu sprechen. Von den verpilzten Pflanzen wurde nach kurzem Aufenthalt in der feuchten Kammer Myzel übergeimpft, Konidien und Reinkulturen gewonnen und bei deren Bestimmung Fusarienarten nachgewiesen, die eingangs bereits auf der gegebenen Übersicht zusammengestellt wurden, nicht etwa allein Fusarium nivale. Im Gegensatz zu diesem Resultat steht, wie schon erwähnt, die Beobachtung, daß von Feldpflanzen, ebenso von Einsendungen aus der Praxis, selbst von dem gleichen Saatgut, an dem verschiedene und andere Arten nachgewiesen wurden, vorwiegend Fusarium niv. isoliert wurde. Nachdem Anhaltspunkte für die Annahme eines besonderen Parasi- tismus für Fusarium niv. nach unseren bis jetzt vorliegenden Be- obachtungen noch nicht gewonnen wurden, konnte neben größerer Verbreitung auf dem Felde eine artlich verschiedene Anpassung an bestimmte Temperaturwerte in Betracht kommen, Fusarium niv. konnte mit andern Worten eine Spezies darstellen, deren Entwicklung in besonderem Maße an niedere Temperaturen angepaßt ist, während die gleichen Temperaturen für die Entwicklung der übrigen auf- gefundenen Arten nicht genügten. Mehrere Stämme von verschiedenen Arten wurden in Reagenzröhren von zirka 20 cm Länge bei ver- schiedenen Temperaturen auf Agar kultiviert, denen in der beim Er- kalten schräg gelegten Röhre ein ausgiebiges Längenwachstum ermög- licht war. Da die Wachstumsgeschwindigkeit mit der Häuflgkeit der Myzelübertragung zunimmt, wurde das Keimungsmyzel nach fünfmal wiederholter Übertragung auf Agar in die Versuchsröhren gebracht, um den Versuchen gleichmäßiges Material zugrunde zu legen. Von Beiträge zur Biologie der Getreide Fusarien. 45 den Röhren wurden die ausgesucht, in denen das Myzel am gleich- mäßigsten gewachsen war und der Längenzuwachs des Myzels in bestimmten Zeitabschnitten gemessen. Kultur be Längenwachstum in zwei Tagen i Temperaturen von durchschnittl ich Nr. 0,6" 4,2» 1 7,7« 12,3" 19,2" 1 0,28 cm 0,55 cm 0,93 cm 1,5 cm 1.86 cm 2 0,26 „ 0,47 „ ! 0,7 „ 0,98 „ 1,55 „ 3 0,27 „ 0,47 „ 0,74 „ 0,92 „ 1,35 „ 4 0,17 ,. 0,32 „ 0,6 „ 0,8 „ 1,2 „ 12 0,27 „ 0,5 „ 0,79 „ 1 1,73 „ Die Ergebnisse stellen Durchschnittswerte aus Tabellen, deren Wiedergabe als Belegmaterial an anderer Stelle erfolgen wird, dar. Aus ihnen folgt, daß 1. das Fusarium nivale zwar ein stärkeres Längenwachstum aufweist, als die übrigen Arten, aber 2. in seiner Entwicklung nicht im besonderen Maß an niedere Temperaturen angepaßt ist, sondern daß das Wachstum- optimum ebenso wie bei den übrigen Fusarienarten bei höheren Temperaturen liegt, 3. auch die übrigen Arten bei niederen Temperaturen ent- wicklungsfähig sind. Als letzter Gesichtspunkt für das überwiegend häufige Auftreten von Fusarium nivale als Schneeschimmelerreger unter natürlichen Verhältnissen konnte jetzt nur noch, wenn wir hier von der Frage der Bedeutung des Parasitismus der verschiedenen Arten, die später gewürdigt werden soll , absehen , eine besonders hohe Verbreitung auf dem Acker und als deren Folge die Feldinfektion in Frage kommen. Dafür, daß dieser eine größere Bedeutung als der Korninfektion zukommt, sprechen folgende experimentelle Ver- suche und Überlegungen. I. Versuch. Boden von unserem Versuchsfeld wurde mit Fusarium nivale enthaltenden organischen Pflanzenresten infiziert, in Holzkästen von zirka V2 qm gefüllt, und in diese wurden gesunde Roggenkörner eingesät. Die heranwachsenden Pflanzen wurden in einem Raum von nahezu dampf gesättigter Atmosphäre bei zirka 10" C. gehalten. In einem zweiten Versuchskasten wurden in Erde ohne künstliche Infektion mit Fusarium gleichfalls gesunde Roggenkörner kultiviert. Auf der Bodenoberfläche des ersten Kastens erschien 46 E. Schaff nit. stellenweise langfädiges Myzel. Nach 14 Tagen entwickelten sich in beiden Versuchskästen typische Schneeschimmelpflanzen aus dem Roggen unter genau den gleichen Erscheinungsformen, wie sie Hilt- ner und Ihssen dargestellt haben. Die Pflanzen wurden dicht über der Basis rosettenartig von einem Myzelkranz umsponnen, die Blatt- scheide wurde durch den Pilz gebräunt und schließlich resultierte ein Bild, wie ich es Ihnen hier auf einer Farbenphotographie vor- führen kann. (Demonstration einer Lumierplatte.) Die Pflanzen- substanz ist von einem mehr oder weniger dichten Myzelbelag über- sponnen, der sich unter dem Einfluß des Lichtes rosa verfärbt hat. Dieser verdichtet sich schließlich zu watteartigen Polstern und in diesem oder direkt auf den Blättern entstehen kleine Sporodochien, die mitunter als Pionnotes zusammenfließen. In einem weiteren Stadium, wenn die vom Pilz übersponnene Pflanzenmasse abzusterben beginnt, aber noch grün gefärbt ist, er- scheinen auf den Blättern Perithezien, die ich Ihnen als Herbar- material hier vorzeigen kann. Bei genauer Beobachtung und vor- sichtigem Ausziehen von jungen Pflanzen zu dem Zeitpunkt, zu dem die Myzelrosette an der Blattscheide erscheint, sind die den Boden durchziehenden und auf die Basis des jungen Pflänzchens über- greifenden Myzelfäden oft schon makroskopisch sichtbar. Das Myzel umspinnt zunächst den Bestockungsknoten , greift das peripherische Gewebe, die Halmscheide, an und durchwächst diese. Werden die Schneeschimmelpflanzen in dem ursprünglichen Räume bei hoher Luftfeuchtigkeit belassen, so erscheint die Myzelrosette oft schon ganz dicht oder fingerhoch über der Bodenoberfläche. Wird der fort- schreitende Befall mikroskopisch verfolgt, so beobachtet man, wie der Pilz das Gewebe der Blattscheide an der Basis vollständig durch- setzt hat und wie sich das Myzel an der Oberfläche der Innenseite der Blattscheide rasch ausbreitet. Bringt man Pflanzen in dem ersten Stadium des Pilzbefalls dagegen in Räume, deren Feuchtigkeits- gehalt nur 60 "/u beträgt, so beobachtet man kein Oberflächenmyzel, werden sie jedoch nach einigen Tagen wieder in den ursprünglichen Raum, in dem das Hygrometer 90 — 100 7o Feuchtigkeit anzeigt, zurückversetzt, so erscheint am Ende der Blattscheide — nicht an der Basis — dichtes Oberflächenmyzel, rosettenartig die junge Pflanze umgebend. Der Hohlraum zwischen Blattscheide und Pflanze kann als dampfgesättigter, zugfreier, in sich geschlossener Raum angesehen werden. Hier findet der Pilz unabhängig von dem Feuchtigkeits- Beiträge zur Biologie der Getreide-Fusarien. 47 gehalt der Außenatmosphäre seine Existenzbedingungen und vermag also hier weiter zu wachsen. Sobald die Außenatmosphäre nahezu oder völlig dampfgesättigt ist, wird auch das äußerlich in Erscheinung tretende Oberflächenmyzel gebildet. IL Versuch. Auf dem Versuchsfeld wurde bei einer Tempe- ratur von zirka 0 — 8 Grad über eine schneefreie Fläche Winterroggen ein Siebkasten gestülpt. Der obere Teil wurde mit Schnee oder wallnuß- bis apfelgroßen Eisstücken zirka 10 cm hoch beschickt, mit Glasplatten bedeckt und darüber, sobald die Temperatur höher ^ieg, als Isolierschicht eine mit Holzmehl gefüllte starke Decke gebreitet. Das bei Plus -Temperaturen entstehende Schmelzwasser sickert lang- sam durch den Siebboden und stellt in dem Hohlraum eine dauernd dampf gesättigte, zugfreie Atmosphäre her, in dem sich die Pflanzen befinden. Durch diese Versuchsanstellung sind also die natürlichen Verhältnisse bei eintretender Schneeschmelze gegeben. Nach acht Tagen trat Schneeschimrael auf. Bei der Untersuchung erwiesen sich Teile wie namentlich die Blattspitzen der bekanntlich mehr oder weniger dem Boden flach angedrückten Roggenpflanzen, die mit dem Boden in Berührung gekommen waren, als infiziert, während die Basis der Pflanzen teilweise frei von dem Pilz war. Die Erscheinung der In- fektion von der Basis der Pflanze wie in der Kultur wurde bei diesen Feldversuchen jedenfalls nie beobachtet. Damit kann selbstverständ- lich nicht in Abrede gestellt werden, daß das Kornfusarium auch auf dem Feld als Infektionsquelle in Frage kommen kann. In der Natur sind aber die Bedingungen für die Entwicklung des Fusariums am Korn nach der Aussaat im Herbst kaum je so günstig, wie in der Kultur. Vor allem fehlt hier die für die Pilzentwicklung not- wendige dampfgesättigte stagnierende Atmosphäre. Bei normaler Aussaat auf dem Feld gelangt das Korn 1 — 2 cm tief in den Boden. Die Keimpflanze muß also rasch an die Oberfläche gelangen, wo dem Pilz die Existenzbedingungen entzogen sind. Das Auftreten des Pilzes in Form von Schneeschimmel ist also im Herbst gar nicht möglich, dagegen soll sich der Pilzbefall hier nach Hiltners Beobachtungen in einer anderen Form geltend machen, in Hemmungserscheinungen der normalen Entwicklung der jungen Pflanze, die sich äußern in Verkrümmungen und Verkrüppeiungen des infolge des Pilzbefalls heliotropisch reizlos gewordenen Keimlings und mangelhaftem Auflaufen. Diese Hemmungszustände sollen sich beseitigen lassen durch die Sublimatbeize, die das Kornfusarium ab- tötet. Wir haben die Hiltn ersehen Versuche nachgeprüft mit dem 48 E. Schaflfnit. Resultat, daß sich zwar eine Reduktion der Myzelentwicklung an der Basis der Keimpflanze erzielen läßt, daß die Hemmungszustände bei der Keimung jedoch nicht beseitigt werden. Die Durchschnittszahlen der Beizversuche sind auf der folgenden Tabelle (Versuch B.) zu- sammengestellt : Versuch A. Die Zahlen stellen Durchschnittswerte von 22 Versuchen dar. Anzahl der verpilzte 1 nicht verpilzte nicht gekeimte Körner Pflanzen Pflanzen Körner 1. ungeheizt. 100 braune 72 4 26 100 rote 70 3 27 2. gebeizt. 100 rote 78 7 15 100 braune 88 2 11 Versuch B. Anzahl der normale verkrüppelte nicht gekeimte Körner Pflanzen i Pflanzen 1 Körner 1. gebeizt. 100 rote 64 14 22 100 braune 44 25 31 2. ungeheizt. 100 rote 71 13 16 100 braune 66 19 15 Der Prozentsatz an verpilzten Pflanzen ist zwar in der Tabelle sehr hoch; durch die Kultur der Pilze ließ sich aber nachweisen, daß es sich in den meisten Fällen um die fast stets am Korn mit Fusarium vergesellschaftlichten Cladosporiumpilze u. a. handelte, die offenbar der Sublimatbeize erheblichen größeren Widerstand bieten. Von Fusarium war im Durchschnitt nur ^/m der verpilzten Pflanzen befallen. Hiltner und Ihssen haben offenbar den Fehler begangen, daß sie nicht mit ausgesuchten kranken Körnern, also einheit- lichem Material, gearbeitet und die Pflanzen unter den für die Pilzentwicklung günstigsten Bedingungen kultiviert haben. Was die Beiträge zur Biologie der Getreide-Fusarien. 49 Verkümmerung der Blattscheide anlangt, in deren Folge der Keim- ling heliotropisch reizlos mangelhaft aufläuft, so ist bis jetzt nicht erwiesen, daß sie eine Folge des Fusariumbef alles ist, die Erscheinung kann auch rein physiologische Ursachen haben. Sollte aber die Hiltner- sche Annahme sich trotzdem als richtig erweisen, so kann sich die Folge des Fusariumbef alls auf keinen Fall erst bei der Keimung des Kornes geltend machen. Auch die Annahme, daß der Fusarium- befall während der Entwicklung des Kornes auf der Ähre bereits eine Verkümmerung der Blattscheidenanlage zur Folge hat, erscheint mir noch unwahrscheinlich, denn ich habe einige 100 Körner unter- sucht, um festzustellen, wie weit das Pilzmyzel in das Korn eindringt, und es gelang mir nicht, dieses an infizierten Körnern tiefer als bis zum Beginn der den Embryo lückenlos umschließenden Aleuronschicht in weiter Ausdehnung noch zu finden. Immerhin ist es ein großes Verdienst von Hiltner, diesen seither übersehenen, vielfach recht erheblichen Mangel des Saatgutes entdeckt zu haben, und die Er- scheinung verdient weiteres Studium. Für das Auftreten des Schneeschimmels im folgenden Frühjahr auf der jungen Saat vom Boden her läßt sich aber noch eine ganze Reihe anderer Gesichtspunkte geltend machen, die für die Feld- infektion sprechen: 1. steht a priori fest, daß in und auf dem Boden soviel orga- nische Reste von Getreidepflanzen vorhanden sind, daß Fusarien bei genügender Bodenfeuchtigkeit ebenso wie andere organische Rest- substanzen zerstörende Mikroorganismen einen dauernden Bestand des Ackers bilden (den experimentellen Beweis liefert unser Versuchs- feld, für das dies sicher zutrifft), denn 1. herrscht bei sämtlichen Fruchtfolgen weitaus die Halm- frucht vor, 2. wird die Zwischenfrucht (Hackfrucht Leguminosen) in Stall- mist gebracht, wobei dem Boden neben der bereits vor- handenen untergepflügten Stoppel weitere (letreidereste zu- geführt werden. 2. kommt für die Infektion des Kornes, sei es, daß diese während der Entwicklung auf der Ähre oder während der Ernte er- folgt, die Feldinfektion in Betracht, und es liegt daher auch gar kein Grund gegen die Annahme der Feldinfektion für die Infektion im Frühjahr vor. Nicht nur die Perithezien und Dauersporen, sondern auch die Konidien sind nach meinen Versuchen selbst in feuchtem Jahresbericht der Vereinigung für angewandte Botanik IX ^ 50 E- Schaffnit. Zustand äußerst resistent gegen Kälte. So ertragen die Konidien von Fusarium nivale, ruhig inosum, subulatum u. a. unbeschadet bis 20 Grad Kälte selbst bei mehrtägiger Einwirkungsdauer. 3. fehlt bisher die Erklärung dafür, daß der Schneeschimmel fast ausschließlich im Frühjahr auf Roggen auftritt, selten auf Weizen usw., während in der künstlichen Kultur auch die Infektion von Weizen und Gerste leicht gelingt und der Pilz auch auf anderer vegetabilischer Substanz leicht gezüchtet werden kann. Diesen Gesichtspunkt möchte ich zum Schluß etwas eingehender be- sprechen. Der Roggen bestockt sich bekanntlich bereits im Herbst und bildet deshalb weitaus mehr organische Pflanzensubstanz als das übrige Wintergetreide. Je früher die Aussaat erfolgt, desto üppiger entwickelt sich die Saat. Ein ganz anderes Vegetationsbild bietet der Weizen, er bestockt sich erst im Frühjahr und ist ausgangs des Winters meist in einem Zustand, in dem ihn der Nichtpraktiker überhaupt nicht mehr für entwicklungsfähig hält, wie es mir selbst erging, bevor ich erst durch Feldbesichtigungen einige Erfahrungen gesammelt hatte. Abgesehen von dem Mangel des Bestockungs- vermögens im Herbst ist der Weizen bekanntlich weniger widerstands- fähig und wintert in stärkerem Maße aus als der winterhärtere Roggen. Er vermag demnach den Schneeschimmelf usarien niemals organische Substanz in so reichlichem Maß zu üppiger Entwicklung zu bieten wie der Roggen. Je üppiger der Roggen bereits im Herbst entwickelt ist, desto stärker ist bekanntlich im Frühjahr unter ge- eigneten Entwicklungsbedingungen für den Pilz der Schneeschimmel- schaden. Diese Beobachtung in der Praxis hat auch Hiltner be- stätigt (a. a. 0. S. 35). Bei schwächerem Bestand infolge später Aussaat hat Hiltner zwar ebenfalls den Pilz nachgewiesen, und auch dann soll der Pilz erhebliche Auswinterungsschäden verursachen, was Beobachtern in Norddeutschland entgangen sein soll (a. a. 0. S. 41). Im Gegensatz hierzu zitiere ich die Beobachtung eines Praktikers (a. a. 0. S. 42) aus Hiltners Arbeit, in der dieser mitteilt, daß der erste von ihm gesäte Roggen sich so kräftig entwickelt habe, daß er ihn anfangs Dezember abweiden ließ. „Auffallenderweise hat sich nun, soweit dieses Abweiden erfolgte, keinerlei Schimmelpilz gezeigt und steht hier die Saat noch heute (20. April) sehr schön, während sich da, wo die Saat nicht abgeweidet wurde, Schimmelpilze bildeten und Pflanzen absterben. Es wurden auch zum Teil noch anfangs November, ja sogar noch Ende November Aussaaten vorgenommen. Die Saat von anfangs November steht jetzt ausgezeichnet schön, die Beiträge zur Biologie der Getreide-Fusarien. 51 letzte Saat hat im Januar durch Frost gelitten, ist aber gesund und steht nur etwas dünner." Dieser Bericht stimmt also mit Hiltners Angaben, daß auch lückenhafter Bestand dem Pilz erliege, nicht überein und ebensowenig mit der Korninfektionstheorie. Hier hat sich die Saat vom gleichen Saatgut trotz Korninfektion in einem Fall ausgezeichnet entwickelt, während sie im anderen Fall durch den Schneeschimmel vernichtet wurde. Das Abweiden erfolgt vorwiegend in Süddeutschland dann, wenn der Roggen im Herbst zu üppig steht und hat denselben Effekt wie späte Saat : Verringerung der organischen Masse. Lag wirklich eine Korninfektion vor, so konnten nach Hiltner nicht unter den gleichen äußeren Bedingungen in einem Fall Pflanzen von gleichem Saatgut vernichtet werden, in dem anderen Fall einen ausgezeichneten Stand aufweisen. Als wichtigste Infektionsquelle müssen wir nach unseren Beobachtungen im wesentlichen den Acker selbst ansehen. Den Herd bildet die reichlich vorhandene organische Masse in dampf gesättigter Atmosphäre unter der schmelzenden Schneedecke. Wo diese fehlt, erlangt der Pilz in der Regel nicht die Entwicklung, daß er die Pflanze ab- zutöten vermag. 52 Hermann Rüggeberg. Beitrag zur Anatomie des Zuckerrübenl cm lang werden können. Es kann aber auch die Erscheinung eintreten, daß der untere Teil des Hypokotyls und manchmal auch noch das obere Ende der Wurzel rings herum dunkel werden und ein glasiges Aus- sehen bekommen. Diese Art des Beginns der Platzung könnte leicht mit Wurzelbrand verwechselt werden, hat aber mit ihm nicht das geringste zu tun. In beiden Fällen reißt nach einigen Tagen, einmal an einem oder mehreren der dunklen Streifen, das andere Mal an einer oder mehreren beliebigen Stellen der dunkel gewordenen Region die Rinde auf, und vielfach — doch ist nicht gesagt, daß dieses immer der Fall ist — dringen an diesen Stellen Seiten wurzeln hervor. De Vries bringt zwar die Entstehung derselben mit der Platzung in ursäch- lichen Zusammenhangt), doch ist dieses nach meinen Beobachtungen nicht der Fall, denn sie kommen sowohl erst lange nach der Platzung ») a. a. O. S. 462. Beitrag zur Anatomie des Znckerrübenkeimlings. 55 und vielfach an ganz anderen Stellen zum Vorschein, und man findet ferner ihre Spitzen schon als dunkle nadelstichartigc Punkte in der Rinde, wenn diese noch nicht geplatzt ist und erst später an anderen Stellen aufreißt. Die Platzung schreitet nun langsam vorwärts, und wir bekommen ganz verschiedene Bilder je nach der Art ihres Beginns. Tritt ursprünglich nur ein Riß auf und kommen keine weiteren hinzu, so schält sich der Zentralzylinder allmählich aus dem Spalt der unverletzt bleibenden Rinde heraus, und man sieht diese ihm noch eine ganze Zeitlang nur am oberen Teile befestigt anhängen. Der am häufigsten auftretende Modus ist jedoch der, daß, wie ich oben zeigte, zwei oder mehrere, ja ein netzförmiges System von Rissen, am Übergang beginnend, auftritt. Die Risse erweitern sich infolge des Druckes des in die Dicke wachsenden Zentralzylinders, und die einzelnen Fetzen verlieren ihren Zusammenhang mit der Unterlage. Sie sterben ab und bekommen eine dunkle Farbe. Auf dem Körper der Rübe hängen bleibend, bilden sie dunkle Striche oder geben die netzadrige Zeichnung, die man so häufig an den in Erde gewachsenen Pflanzen sieht. Nun kann man leicht dazu kommen, diese Erscheinungen, die ganz normaler physiologischer Natur sind, für Ausheilung von Wui'zelbrand zu erklären, wie man den Beginn der Platzung für seinen Anfang ansprechen kann, wenn die Weiter- entwicklung des Prozesses nicht genau verfolgt wird. Daß eine solche Verkennung der Tatsachen in dem Flugblatt 44 der Kaiser- lichen Biologischen Anstalt über „Wurzelbrand" vorliegt, zeigt der Text und am deutlichsten seine Abbildungen. Auf diese Weise verliert die junge Rübe ihre primäre Rinde und bekommt ein Periderm, das ihr für die Dauer ihres Lebens bleibt. Die Abstoßung der primären Rinde übt einen bedeutenden Ein- fluß auf die Entstehung der Sekundärendodermis aus und bewirkt, daß diese oft den Weg der normalen langsamen, gleichmäßigen Entwicklung, wie er vorhin beschrieben wurde, verläßt. Die ersten Anzeichen der Platzung sind der oder die dunklen Streifen in der primären Rinde. Auf einem Querschnitt sieht man, daß diese Erscheinung eine Folge der Braunfärbung sowohl der Membranen als des Inhaltes der Rindenzellen in dieser Zone ist, die in diesem Stadium , keilförmig sich nach innen zu verschmälernd, gegen die Endodermis vordringt. Die Zellen dieser Stellen führen, falls sich einmal Stärke im Stengel finden sollte, keine da- von. Die der Mittellamelle aufgelagerten Schichten der Zellwandungen sind gewellt und scheinen sich von ihr abzulösen, die Interzellularen 56 Hermann Rüggeberg. sind bedeutend vergrößert und tragen in ihren Winkeln dunkel ge- färbte Stoffe. Vielfach finden sich schon Pilzhyphen in ihnen. Diese Absterbeerscheinungen dringen von einer oder mehreren Seiten zum Zentralzylinder vor. Ihn schützt die Pflanze an den be- treffenden Stellen durch Ausbildung von Sekundärendodermzellen auch dann schon, wenn sie ihn noch gar nicht direkt berühren, sondern noch eine oder zwei Zellagen davon entfernt sind. Dafür, daß nur die dem Zentralzylinder drohende Gefahr die Pflanze zur Bildung von Sekundärendodermzellen an diesen Stellen verajilaßt, spricht der Umstand, daß bei gleichaltrigen unter gleichen Bedingungen gezogenen Pflanzen, bei denen keine Platzungser- scheinungen eingetreten sind, sich die ersten von ihnen erst in tieferen Regionen des Hypokotyls finden, gemäß dem normalen lang- samen Emporwandern der Endodermis. Die Platzungserscheinungen veranlassen aber nicht nur, daß die Endodermzellen an den be- drohten Stellen verkorken, sondern sie bewirken auch, daß dort, wo dieser Schutz nicht auszureichen scheint, eine Verkorkung der dar- unter liegenden Perikambiumzellen , also Peridermbildung eintritt. Dieses geschieht allerdings erst dann, wenn der in Zersetzung be- griffene Keil in der primären Rinde einen größeren Umfang erreicht hat, z. ß. Vs der gesamten Rinde umfaßt. Regelmäßig aber reicht die verkorkte Zone der Endodermis links und rechts 2 — 4 Zellen weit über die Zersetzungszone hinaus. Nimmt man nun den Fall , daß ein breiter Streifen der Rinde abgestorben, vielleicht schon ein klaffender Riß entstanden ist, und sich auf der gesunden Seite ein oder mehrere dunkle feine Streifen am Stengel entlang ziehen, so erhält man auf dem Querschnitt nach Färbung mit Sudan in der Endodermis auf '/s ihres Umfanges Peri- derm und unter den übrigen dunklen Stellen sekundäre Zellen. Dazwischen Primär- oder gar Embryonalendodermzellen. Treten Absterbeerscheinungen der primären Rinde im Hypokotyl von solchen Pflanzen auf, die an der betreffenden Stelle schon eine normalerweise entstandene Sekundärendodermis besitzen, so begegnen sie der dem Zentralzylinder von der in Zersetzung begriffenen Zelle ausgehenden Gefahr durch Verkorkung der unter dieser gelegenen Zellen des Perikambiums. Nicht allein aber durch die so beschriebenen Erscheinungen, daß nämlich Verkorkung der Endodermis oder Peridermbildung an den Stellen, an denen der Zentralzylinder von den Platzungsrissen in der primären Kinde berührt wird, dem normalen Wachstum voraneilen, Beitrag zur Anatomie des Zuckerrüben keimlings. 57 schützt die junge Rübe ihn vor drohender Infektion, sondern auch durch Auflagerunng von Korklamellen auf die Innenseite der auf beiden Seiten des Risses von Epidermis zu Endo- dermis sich hinziehenden Primärrindenzellen. Meiner Meinung nach besteht ein bestimmter Zusammenhang zwischen dem Aufwärtswandern der Endodermis und der Bildung dieser „Schutzschicht". Wundkork kann man sie nur nennen, wenn man die Platzungsrisse als physiologische Wunden in Betracht zieht. Außerdem fehlt ihm die die Bildung von Kork charakterisierende Zone des spontanen Wachstums, ein Korkkambium. Man findet diese Korkbildung meistens dort, wo ein tiefgehen- der Platzungsriß sich sehr hoch am Hypokotyl hinaufzieht, weit über die Region hinaus, wo bei normalem Wachstum die Anfänge der Sekundärendodermis sich finden würden. Auf einem Querschnitt sieht man die bis zum Zentralzylinder vordringende Lücke in der primären Rinde. Der Zentralzylinder selber wird auf der Strecke, wo ihn der Riß berührt, durch 4 — 8 Sekundärendodermzellen und evtl. verkorkte Perikambiumzellen ge- schützt. Mit deren Bildung scheint für den Augenblick die Kraft der Pflanze zur Bildung weiterer erschöpft zu sein, und die von dem Platzungsriß in die gesunden Teile der primären Rinde eindringende Infektion könnte von ihr aus in den ungeschützten größeren Teil des Zentralzylinders vordringen. Um dieses zu verhindern, werden von den dem Riß zunächstliegenden Rindenzellen in der Nähe der Epidermis 2 — 3 Schichten verkorkt, weiter nach innen zu eine Lage. Nicht nur ein sondern auch mehrere solche an ihren Rändern verkorkte Risse können sich finden, und so befindet sich die Pflanze im Schutze eines sie rings umgebenden Korkmantels, gebildet ein- mal von der die intakte Rinde umziehenden Kutikula, ferner von dem an den Rändern des Risses herablaufenden Korkstreifen, drittens dort, wo die Risse die Endodermis berühren, von Sekundärendoderm- zellen oder, falls diese schon verquetscht sind, von Peridermzellen. Der „Schutzkork" verschwindet mit der Ausbildung der allmählich nachdringenden normalerweise entstandenen Sekundärendodermis, wie sie sich leicht auf Serienschnitten durch einen geplatzten Rübenkeim- ling feststellen läßt, damit deren Ausbildung seine Punktion erschöpft ist. Zum Schluß möchte ich Ihnen noch Photographien von ge- platzten Rübenkeimlingen zeigen und ferner Mikrophotographien des zuletzt erwähnten Schutzkorkes. Auf den mit Sudan -Methylenblau gefärbten Schnitten tritt er sehr deutlich hervor. 58 Max Wolff. Untersuchungen über die Biologie der Nonne. Von Dr. Max Wolff, ßromberg. (Aus der Abteilung für Pflanzenkrankheiten des Kaiser -Wilhelms- Institutes für Landwirtschaft in Bromberg.) M. H. Ich möchte Ihnen heute in großen Zügen über Be- obachtungen und Untersuchungen berichten, die ich seit dem vorigen Herbst gesammelt und ausgeführt habe mit der Absicht, einige Lücken in unserer gegenwärtigen Kenntnis der Biologie der Nonne auszufüllen und vor allem mehr Klarheit hinsichtlich des Problems der Abwehr der von der Nonne drohenden Gefahren zu erlangen. Wie bei manchem Schädling, so liegt es gerade auch bei der Nonne. Es genügt nicht, irgendwelche rein-wissenschaftlich vielleicht in hohem Maße interessierende Fragen durch emsige Arbeit zu klären. Die ganze Situation, ich kann es vielleicht am besten bezeichnen: die natürliche praktische Fragestellung drängt viel mehr als auf solche Studien, ja viel mehr sogar als auf Bemühungen, eine Andeutung prinzipiell neuer Wege der direkten Bekämpfung zu finden, darauf hin, Antwort zu geben auf die Fragen : Können die bisher emp- fohlenen Mittel, vor allem also der Leimring, helfen oder nicht, können sie es in allen Fällen oder nur in vereinzelten, und wie ist das Gegebensein der dem einen oder anderen Falle entsprechenden Be- dingungen zu erkennen und endlich, — wenn, wie ich mit Bestimmt- heit behaupten möchte, in der erdrückenden Mehrzahl der Fälle nichts direkt zur Vernichtung gegen den Schädling unternommen werden kann, — ist es möglich, die Weiterentwicklung der Kalamität zeitig, d. h. mindestens noch im Laufe des Fraßjahres vorauszusagen? Als ich vom Vorsteher der Abteilung für Pflanzenkrankheiten, Herrn Dr. Schander, in Gemäßheit eines besonderen Erlasses des Untersuchungen über die P>iologie der Nonne. 59 Herrn Ministers für Landwirtschaft, Domänen und Forsten vom 13. August 1910 beauftragt wurde, die Biologie der Nonne unter be- sonderer Berücksichtigung ihrer Bekämpfbarkeit in den preußischen Staatsforsten zu studieren, stellte ich mir in erster Linie die Beant- wortung der eben charakterisierten Fragen zur Aufgabe. Ich kann nicht unterlassen, hervorzuheben, daß die Arbeiten, über die ich Ihnen heute einiges, wesentlich in Beziehung zu den genannten Problemen stehendes, mitteile, erst ermöglicht wurden durch besondere Dispositionen und Bewilligung der nötigen Mittel seitens des Herrn Ministers für Landwirtschaft, Domänen und Forsten, ferner durch die weitgehendste Bereitstellung aller Mittel der Abteilung für Pflanzenkrankheiten seitens des Herrn Abteilungsvorstehers, Dr. Schander, der auch speziell dafür Sorge trug, daß ich mich seit dem Frühjahr 1911 ungestört ganz ausschließlich meinen forst- zoologischen Arbeiten, meinen Studien über die Nonne und der Voll- endung meiner bereits vorher im Auftrage des Herrn Ministers begonnenen Arbeiten zu einer Monographie des Kiefernspanners, widmen konnte. Vor allem war ich in der glücklichen Lage, jederzeit und solange, wie es im Interesse meiner Studien jeweils zu liegen schien, die vom Nonnenfraß in Preußen zurzeit betroffenen Reviere aufzusuchen. So besuchte ich speziell die Fraßgebiete der Tucheier, Letzlinger und Lüneburger Heide. Ein vierwöchiger Aufenthalt in Klinger, einem einsamen, mitten in der Tucheier Heide gelegenen Waldkruge, wo ich mir ein kleines Laboratorium einrichtete, gestattete mir, auch noch die subtilsten mikroskopischen Untersuchungen an Ort und Stelle auszuführen, vor allem aber unter völlig natürlichen Bedingungen ein sehr wertvolles Material von Wipfelkrankheit sicher freier Raupen aus dem Ei aufzuzüchten. Ohne dieses Material wären meine ex- perimentellen Untersuchungen über das Wesen der Wipfelkrankheit nicht möglich gewesen. Ein nahe bei Bromberg gelegenes Revier mit sehr starkem Fraß an Kiefer lernte ich in der Oberförsterei Schirpitz kennen. Hier wurden meine Studien in liebenswürdiger Weise von Herrn Oberförster Kniehase gefördert und unterstützt. Das gleiche war seitens der Königl. Regierungen Marienwerder, Lüneburg und Magde- burg und der Herren Revierverwalter der dort in Frage kommenden Fraßgebiete der Fall. Allen genannten Stellen möchte ich schon hier, wo ich zum ersten Male etwas über die natürlich erst zum 60 Max Wolff. Teil zu einem Abschluß geführten Untersuchungen mitteile^), meinen aufrichtigen Dank für alle mir und meiner Arbeit zuteil gewordene Unterstützung aussprechen. I. Beobachtungen und Untersuchungen zur Frühdiagnose des Nonnenbefalles. Es war im Verlaufe meiner diesjährigen Untersuchungen natur- gemäß, daß ich, nachdem meine während des Winters 1910/11 un- unterbrochen fortgesetzten Bemühungen, außer sonstigen Krank- heiten'-) irgendwelche Spuren einer Übertragung dei' Wipfelkrankheit auf das Ei nachzuweisen, erfolglos geblieben waren, zunächst meine Aufmerksamkeit darauf richtete, die Praxis der Frühdiagnose des Nonnenbefalles weiter zu studieren. Die Nonne besitzt eine ganze Reihe biologischer Eigentümlich- keiten, die dem praktischen Forstmann, besonders wenn er noch keinen größeren Nonnenfraß miterlebt hat, oft weniger bekannt .sind trotz der hohen ihnen zukommenden Bedeutung, die darin besteht, daß sie auch die Anwesenheit geringer Mengen (ebenso und sehr zeitig die von großen Mengen!) des Schädlings verraten. Wie wir gleich sehen werden, lagen die Verhältnisse für Be- obachtungen hierüber sehr günstig. Die Nonne hatte offenbar im Sommer des Vorjahres in den von mir näher studierten Revieren — in der Tucheier Heide Charlottenthal und Belauf Osche der an- grenzenden Oberförsterei Osche — starken Flug gehabt. In den fraglichen Beständen konnten allenthalben die leeren Puppenhüllen, und zwar in bedenklicher Menge gefunden werden. In 30 jährigen Stangenholz-Beständen wurden am 8. — 4. Stamm 2 — 3 Stück mühe- los bis zu einer Höhe von etwa 2V 2 m festgestellt. ^) Der Teil meines Vortrages, der in der Sitzung am 4 August 1911 aus Gründen der knappen Zeit im Vordergrund meiner Ausführungen stand, die Schilderung der Befallsbilder in den Fraßgebieten des Bromberger, Lüneburger und Magdeburger Reg. Bezirks, die ich durch zahlreiche, nach meinen Auf- nahmen gefertigte Diapositive anschaulich zu machen suchte, ist in der vor- liegenden Fassung fast ganz zurückgestellt, da ich hier die nötigen Photogramme nicht bringen kann. Diese werden a. a, O. zur Veröffentlichung gelangen. ^) Vergl. weiter unten die Ausführungen über Eierkrankheiten. Daß unsere zunächst mit aller Vorsicht für die Lüneburger Reviere aufgestellten Prognosen (auf Grund der Eieruntersuchung) in dem Maße eintreffen würden, wie es sich später tatsächlich herausstellte, ahnte icli damals ja natürlich noch nicht. Untersuchungen über die Biologie der Nonne. 61 Allerdings wurden in den Letzlinger Revieren, vereinzelt auch in Charlottenthal Reste vorjähriger Raupen gefunden, deren Aussehen Zweifel darüber entstehen ließ, ob es sich um normale, von der letzten Häutung herrührende Exuvien oder um mumifizierte Reste von kranken Raupen gehandelt haben könnte. Es wurden deshalb derartige Raupenreste in der Letzlinger Heide und im Revier Charlottenthal sehr sorgfältig gesammelt und nach Behandlung mit aufweichenden Reagentien in Klinger eingehend mikroskopisch unter- sucht. Es fanden sich aber keinerlei Anhaltspunkte, daß die Tiere an einer spezifischen Raupenkrankheit verendet waren. Speziell die Wipfelkrankheit wäre auch jetzt noch, falls die mumifizierten Reste von wipfelkranken Raupen hergerührt hätten, mit Sicherheit nach- zuweisen gewesen. Zunächst konnte nun in Charlottental keine be- friedigende Erklärung dafür gefunden werden, wo die Nonne eigent- lich geblieben war. Aus diesem und den anderen in Frage kom- menden Revieren (mit einziger Ausnahme der Oberförsterei Schütten- walde) lauteten die übereinstimmenden Bescheide der Revierverwalter dahin, daß Eiablagen nicht gefunden worden seien, die Nonne also vermutlich infolge der naßkalten Witterung während des Fluges im vorigen Sommer verschwunden sei. Diese Angabe schien zunächst nicht ganz unwahrscheinlich zu sein. Es wäre ja denkbar gewesen, daß bei der nach Angabe der betr. Revierverwalter sehr naßkalten Witterung zur Zeit des Fluges die männlichen Falter verklamt an den Stämmen und in den Wipfeln sitzen geblieben wären und die Weibchen nicht oder nur sehr spät begattet hätten. Auch in dem letzten Falle würde nach allem, was wir bis jetzt über die Biologie der Eiablage bei der Nonne wissen, ein Ausbleiben der Ablage ent- wicklungsfähiger Eier denkbar gewesen sein. Ich habe nun, um sicher zu gehen, falls sich etwa zurzeit (Ende April) für die Revierbeamten aus irgendwelchen Gründen das Vorhändensein einer normalen Eiablage oder der um diese Jahreszeit schon zu erwartenden jungen Räupchen schwer erkennen ließ und darum unbeachtet geblieben war, versucht, Stellen ausfindig zu machen, an denen unter allen Umständen junge Räupchen zu finden sein mußten, wenn die Nonne irgendwo im Revier sich noch gehalten hatte, d. h. im Vorjahr zu einer normalen Eiablage geschritten war. Solche Stellen boten sich im Hinblick auf eine eventuelle Belegung der Altholzstände in Gestalt von zwei nicht unbedeutenden Holz- plätzen, die dicht bei meinem Standquartier, dem Kruge Klinger, lagen und zu zwei Schneidemühlen gehörten. 62 Max Wolflf. Schon am dritten Tage meines Aufenthaltes in Klinger traf ich an einzelnen Stämmen des Holzplatzes der Bach sehen Schneide- mühle, die zum Teil erst auf dem Platze, zum Teil vor der Anfuhr auf dem Platze entrindet waren, dann aber gerade unter den Ast- abgangsstellen immer noch Rindenreste trugen, eben ausgeschlüpfte Nonnenräupchen munter umherkriechend an. In dem Maße, wie das anfangs ziemlich kühle Wetter einer wärmeren, schließlich sogar ungewöhnlich heißen Witterung wich, nahm die Zahl der an den frag- lichen Stämmen festgestellten Nonnenraupen zu, und es wurden weitere Stämme gefunden, an denen (d. h. aus ihrer darunter am Boden liegenden Rinde bez. aus noch anhaftenden Rindenresten) Nonnen- räupchen zum Vorschein kamen. Mir wurde nun auf meine Nachfrage von dem Besitzer der Schneidemühle, Herrn Bach, sehr bereitwillig Auskunft erteilt, aus welchen Revierteilen die fraglichen Stämme angefahren worden waren. Als ich dann die betreffenden Jagen während der nächsten Tage, d. h. noch vor Ende April aufsuchte, fand ich tatsächlich an dem dort noch lagerndem Langholz völlig normale typische Raupenspiegel. Die Spiegel befanden sich auf der Grenze zwischen gröberer und glätterer Rinde in einer Zahl bis zu 8 — 10 Stück. Aus dem Zustande der noch vorhandenen Reste der Eischalen und der relativen Kopfgröße der Räupchen ließ sich der Schluß ziehen, daß die Räupchen etwa vor einer halben Woche ausgeschlüpft sein mochten. Es wurden auf der Mehrzahl der untersuchten Stämme mühelos wenigstens 5 — 6 Spiegel, jeder etwa 40 — 50 Räupchen zählend, gefunden. Weitere Nachforschungen in den Dickungen ergaben, daß dort einzelne noch nicht geschlüpfte Eiablagen zu finden waren , sie wurden sofort in mein improvisiertes Laboratorium in Klinger ein- getragen, dort auf ihren Gesundheitszustand sorgfältig untersucht und einzeln in Petrischalen weitergezüchtet. Um einem etwaigen Befall der im Stangenholzalter stehenden Be- stände des Re vieres Charlottenthal auf die Spur zu kommen, wurden von mir alle Holzablagen (von Stangenhölzern) sorgfältig abgesucht. Schon die ersten Nachforschungen waren von positivem Erfolge, und das Bild wurde mit vorrückender Jahreszeit ein immer traurigeres, insofern am Ende der zweiten Woche des Aufenthaltes in Klinger und vor allem während der dritten Woche, in der Zeit vom 5. — 13. Mai, die Massen der Spiegelräupchen, die an derartigen Holz- ablagen, an Kampzäunen und an den unteren, der näheren Besichti- gung direkt zugänglichen Partien des stehenden Holzes typische Untersuchungen über die Biologie der Nonne. 63 Schleier bildend oder unter Zurücklassung eines feinen , mit un- regelmäßigen Maschen den Flechtenüberzug und die Spalten und Risse der Rinde überziehenden Gespinnstes an den Stämmen wieder- aufbaumend angetroffen wurden, ganz erheblich zunahmen. Die Durchwanderung der Belaufe Charlottenthal, Neuhaus, Grüneck und einiger zum Belauf Ottersteig gehöriger Stangenholz- bestände sowie des Belauf es Schwarzwasser ergab, daß die Nonne im ganzen Revier Charlottenthal verbreitet ist. Unbedeutend war der Befall, nach den (auf den vorjährigen Flug einen Rückschluß zulassenden) Puppenresten und der Zahl der jetzt aufbäumend oder an Holzablagen gefundenen Spiegelräupchen zu urteilen, höchstens im Belauf Schwarz wasser. In einigen unter Führung des Herrn Forstmeisters Ehlert be- suchten etwa 30 jährigen Stangenholzbeständen der Belaufe Charlotten- thal, Neuhaus und Grüneck (zum Teil wohl noch zu Ottersteig gehörig) mußte der Befall schlechthin als ein starker bezeichnet werden. Denn da die Spiegelräupchen höchstens ein Alter von 1^/2 bis 2 Wochen hatten^), das Wetter aber außerordentlich wind- still war und demnach anzunehmen ist, daß nur ein sehr kleiner Teil durch Herabwehen in das direkte Beobachtungsbereich gelangte, und auch dann wieder sicher nur ein geringer Teil der aufbaumenden Räupchen jeweils wahrgenommen wurde, da ferner nachgewiesener- maßen immer noch bis Anfang Mai Räupchen ausschlüpften (Be- obachtungen auf dem B achschen Holzplatz), so konnte kein Zweifel darüber bestehen, daß 1. die Nonne, die nach Maßgabe des derzeitigen Befundes an leeren vorjährigen Puppenhüllen und nach der eigenen Aussage des Revierverwalters im vorigen Jahr in recht ansehnlicher Stärke flog, auch wirklich zu einer normalen (hinsichtlich der Entwicklungs- fähigkeit der Eier) Eiablage geschritten war; 2. daß unter diesen Umständen nicht angenommen werden konnte, daß in Revieren, die ähnhch, wie das Charlottenthaler Revier während des vorjährigen, fast überall (soweit wir hierüber Berichte erhalten haben) in ansehnlicher Stärke erfolgten Fluges naßkalte Witterung hatten, die Ablage normaler, befruchteter Eier irgendwie nennenswert beeinträchtigt worden wäre; vielmehr war auch für diese 1) Erst gegen Ende meines Aufenthaltes, z. B. am 10. Mai traten ver- einzelte Einhäuter, leicht an Kopfbreite, Beborstung und Zeichnung erkennbar, auf, später, am 20. Mai, waren in den Zuchten 40% Einhäuter, der ßfest noch Spiegelraupen. 64 Max Wolfi'. Eeviere zu befürchten, daß sie in diesem Jahre stark befressen werden würden. Zum Teil, wie z. B. in einigen Stangenholzbeständen des Belaufes Neuhaus, die schon in den vorangegangenen Fraßjahren sehr stark mitgenommen worden und jetzt nur noch sehr dürftig benadelt waren, war eventuell stellenweise mit Kahlfraß zu rechnen. Was die eben angeschnittene Frage der Verbreitung der Nonne in solchen Revieren anlangt, in denen trotz vorjährigen Fluges der Schädling angeblich verschwunden sein sollte, so sei bemerkt, daß auch Herr Oberforstmeister Kr anold die eben zum Ausdruck gebrachte Befürchtung aussprach, als ich am 10. Mai Gelegenheit gehabt hatte, ihn und Herrn Forstrat Gädicke in die besonders instruktiven Nonnenbestände des Belaufes Grüneck der Oberförsterei Charlotten- thal zu führen. Es ist ja auch in der Tat kaum einzusehen, wes- halb hier Begattung und Eiablage ein anderes Resultat gezeitigt haben sollten wie in anderen Revieren der Tucheier Heide, in denen nach Versicherung des Herrn Oberforstmeisters Kr anold der Flug der Nonne im Vorjahr in ziemlich gleicher Stärke erfolgt war. Danach war zu befürchten, daß ähnliches auch für andere Regierungsbezirke gelten könnte, in denen nach amtlichen, der Ab- teilung zugegangenen Berichten die Nonne verschwunden sein sollte. So meldete später Oberforstmeister Barth -Bromberg, daß in der Oberförsterei Schirpitz die Nonne doch nennenswert auftritt. Daran, daß von einer irgendwie gesetzmäßig (durch noch nicht näher bekannte Verhältnisse und Faktoren) begrenzten Fraßzeit der Nonne, etwa einer dreijährigen, und zwar hinsichtlich ihres Auftretens in einem größeren Gebiet nicht die Rede sein kann, — daran er- innert vor allem der Befund, den die Reviere Planken und Colbitz in der Letzlinger Heide darboten. Ich habe während der zweiten Woche meines Aufenthaltes in Klinger die beiden genannten Reviere aufgesucht und die am meisten gefährdeten Bestände besichtigt. Infolge der wärmeren Witterung waren die Nonnenraupen hier nach Aussage der Herren Revierverwalter und der Beiaufsbeamten schon etwas früher ausgeschlüpft, als dies offenbar in der Tucheier Heide der Fall gewesen war. Wiederaufbaumende Spiegelräupchen (die also die Krone schon erreicht gehabt hatten) wurden überall, vor allem in den am meisten gefährdeten Beständen (ältere und jüngere Stangenorte) des Belaufes Packsföhrde gesehen. Numerisch schien der Befall in der Oberförsterei Colbitz zwar erheblicher zu sein. Er wird dort jedoch, da die Benadelung der heimgesuchten Untersuchungen über die Biologie der Nonne. 65 Bestände noch gut ist, in diesem Jahre ceteris paribus kaum so ver- hängnisvoll werden, wie dies für die besuchten Fraßjagen des Revieres Planken befürchtet werden muß. Auffallend ist, daß auch hier, in der Letzlinger Heide, die Nonne durchgängig sehr hoch am Stamm die Eier abgelegt hat. Es ist sicher lohnend, über die Eiablage in den nächsten Jahren weitere Beobachtungen überall, wo die Nonne auftritt, zu sammeln. Denn ich habe bis jetzt erst in einem einzigen Fraßgebiet (und auch da nicht überall) in der Lüneburger Heide Verhältnisse gesehen, die eine Bekämpfung der Nonne durch Leimen theoretisch diskutabel er- scheinen lassen — selbstverständlich nur in Gestalt einer Hoch- leimung, für die ein rationeller Modus erst noch zu finden wäre, und nur, soweit es sich um die Kiefer handelt. In den Fraßgebieten der Tucheier und Letzlinger Heide würde jede Leimung gegen die Nonne völlig erfolglos sein. Die Eiablagen liegen hier durchgängig zum größten Teil in der Wipfelregion, in Stangen- wie in Altholzorten, so daß einmal das Anbringen von Leimringen unmöglich sein, ferner aber unter allen Umständen der Zweck des Leimringes durch die allenthalben den Raupen sich bietenden Brücken illusorisch gemacht werden würde. Der Angabe Nitsches, daß an jüngeren Stämmen gerade die Eiablage „nament- lich die unteren Teile bis zur Brusthöhe" betreffe, muß jedenfalls die Allgemeingültigkeit abgesprochen werden. Wie an gefälltem und stehendem Stangenholz (Kiefer) sowohl in der Letzlinger wie in der Tucheier Heide sich noch erkennen ließ, ist die Nonne durchaus nicht in dem Maße, wie das bisher an- genommen wurde, ihrer Legeröhre wegen auf dickborkige Stammteile als Substrat der Eiablage angewiesen, weil ihr, vor allem unter den Astwinkeln, genügend rissige Stellen zur Verfügung stehen, an denen der Legeapparat eine seinem Bau entsprechende Verwendung finden kann. In solchen Revieren, wo die Eiablage vorwiegend sehr hoch am Stamm stattfindet, kann nun, wenn bei den regelmäßigen Nach- forschungen nach Forstschädlingen nur das stehende Holz beobachtet wird, die Anwesenheit der Nonne tatsächlich sehr leicht übersehen werden. Es heißt dann eben : Die Nonne ist trotz vorjährigen starken Fluges verschwunden. Witterung, Degeneration (ein gewöhnlich ganz unbestimmbarer Begriff, mit dem — die Herren der Praxis werden mir es nicht übelnehmen, wenn ich das unumwunden ausspreche — etwas zuviel ge wirtschaftet wird), Abwanderung sollen dann das Verschwinden der Nonne verursacht haben. Jahresbericht der Vereinigung für angewandte Botanik IX 5 66 Max Wolft. Wenn aber einige Aufmerksamkeit von vornherein auf ein anderes, sehr wichtiges Phänomen gerichtet wird, dann stellen sich solche optimistische Annahmen — leider nur zu oft — als nicht be- gründet heraus. Es handelt sich um das praktisch sehr wichtige Schleiern und Spinnen der jungen Nonnenraupen. Das Phänomen des Schleierns der herabgewehten Spiegelräupchen trat vor allem in der Oberförsterei Colbitz in großartiger Weise auf. Hier war z. B. ein Wildgatter, so weit das Auge reichte, girlanden artig von den jungen Räupchen, die zu Tausenden und Abertausenden in der Schleiermasse herumkrochen, besponnen. In der näheren Umgebung dieses Gatters waren auch andere, sich um 1 oder 2 m über den Boden erhebende Gegenstände, wie Pfosten, Stubben, untergebaute junge Fichten usw. über und über von den Spiegelräupchen ver- schleiert. Ähnliches konnte aber auch in Charlottenthal allenthalben an Holzablagen, besonders schön an einem Kampgatter im Belauf Grüneck beobachtet werden. Merkwürdig war in diesem letzterwähnten Falle die Richtung, welche die Raupen beim Kriechen auf den horizontal liegenden Stangen des einen ziemlich großen kreisförmigen Platz von etwa 150 m Durch- messer umgebenden Gatters einschlugen. Sie bewegten sich nämlich fast ohne Ausnahme im Verlaufe von Stunden an allen Stellen in Uhrzeigerrichtung. Die Erscheinung zeigt jedenfalls, daß die Räupchen nicht heliotaktisch reagieren, da sie auf der einen Gatterseite dem Lichteinfall entgegen, auf der anderen aber gleichsinnig mit dem Lichteinfall sich bewegten. Hervorzuheben ist, daß das Schleiern an Holzablagestellen und Zäunen von den ersten Anzeichen eines beachtenswerten Nonnen- befalles (d. h. der tatsächlichen Anwesenheit von zahlreichen Räupchen in den Wipfeln) das auffallendste ist, so daß auch einfache Unterbe- amten, wenn sie erst einmal auf seine Bedeutung aufmerksam ge- macht worden sind, die Erscheinung nicht so leicht vergessen werden. Noch früher zeigte sich aber eine andere, auf die oben am Stamme wipfelwärts weiterkriechenden Räupchen hinweisende Spur — die früheste, die bei hoher Eiablage überhaupt beobachtet werden kann, und der daher eine besondere, bisher nicht genügend gewürdigte Bedeutung zukommt. Es ist bekannt, daß die jungen Spiegelräup- chen nicht nur, wenn sie herabgeweht werden, sondern überhaupt bei jeder Bewegung ihren Weg durch einen Spinnfaden markieren. Diese Spinnfäden sind nun nach meinen Beobachtungen schon viel früher mit genügender Sicherheit an den Stämmen zu erkennen, als es Untersuchungen über die Biologie der Nonne. 67 glückt, der einen oder anderen herabgewehten Raupe selbst ansichtig zu werden. Daß dem so sein muß, ist ja ohne weiteres einzusehen. Die Gelege schlüpfen, wie bekannt ist und durch meine Beobachtungen bestätigt wird, sehr ungleichmäßig aus. Am frühesten schlüpfen die an der Südseite gelegenen und auch da wieder zuerst die am meisten der Einwirkung der Sonnenwärme exponierten. Diese zuerst ausge- kommenen und also zunächst geringeren Raupenmengen gelangen an sich, wenn sie herabgeweht werden und dann wieder aufbäumen, nicht so leicht zur Beobachtung. Wohl aber bleiben und summieren sich also von Tag zu Tag ihre Spuren, die erwähnten Spinnfäden. Mit Gespinnsten von anderen Insekten oder von Spinnen können diese vorwiegend der Stammachse parallel (oder in spitzem Winkel zu ihr) aufwärts ziehenden Fäden nicht verwechselt werden. Der praktische Erfolg ergab auch im Revier, daß die Herren, die ich auf diese „Kriechspuren" aufmerksam gemacht hatte, nach längerem Suchen regelmäßig an solchen Stämmen aufbaumende Räupchen fanden, die ihnen sonst, wie sie selbst meinten, sicher entgangen wären. Vor allem sind diese glitzernden Fäden auch für Augen leicht wahrzunehmen, die infolge von Krankheit oder wegen mangelnder Übung die oft recht schwer auf dem Flechtenüberzug und auf der dunkler gefärbten Borke zu erkennenden Spiegelraupen nur sehr schwer oder gar nicht zu unterscheiden vermögen. Nach dem Gesagten glaube ich, daß es vielleicht bei weiteren Forschungen über die Nonne, aber auch für den in der forstlichen Verwaltung eingeführten Meldedienst nicht unerwünscht sein könnte, Merkmale, wie die eben geschilderten und einige noch später zu be- schreibende, sowie die übrigen bisher gewöhnlich in den Vordergrund gerückten Erkennungszeichen des Nonnenbefalles in fiugblattähn- licher Form zusammenzufassen und damit ihre genaue Kenntnis noch mehr den breitesten Schichten der Schutzbeamten zu vermitteln. Ich hoffe vor allem, daß es sich bei dem dann doch gewiß erleichterten Nachweise von selbst relativ schwach befallenen Orten mit größerer Exaktheit zeigen lassen wird, daß es eigentliche „Herde", von denen immer und immer wieder geschrieben wird, und von denen manche Waldbesitzer sich mindestens unzutreffende Vor- stellungen machen, doch nicht gibt. Auch die Angaben über Infektion weit entlegener Revierteile durch „Überflug" werden wahr- scheinlich bei genauerer Kontrolle des „eisernen Bestandes" weniger häufig und weniger schnell erhoben werden, als dies zurzeit doch wohl geschieht. Ich beabsichtige daher, ein derartiges Flugblatt, 68 Max Wolti. das durch photographische Wiedergabe charakteristischer Bilder, wie sie von mir bei meinen Reisen beobachtet und aufgenommen werden konnten, noch besonders instruktiv gestaltet werden wird, auszuarbeiten. Aber noch einen anderen, für die Frühdiagnose des Nonnen- befalles wichtigen Punkt möchte ich mit einigen Worten streifen. In der Praxis scheint mir der Laubholz -Unterwuchs viel zu wenig Beachtung als zeitiges Erkennungsmittel des Nonnenbefalles gefunden zu haben. Und doch tritt hier (an jungen Birken, Haseln, Buchen und sogar an der Roteiche) der Fraß weit früher deutlich und un- verkennbar in Erscheinung als am Nadelholz, und die Räupchen sind hier auch leichter als am Nadelholz zu finden. Das Fraßbild ii^t übrigens am entwickelten Laubholzblatte so charakteristisch (kantig umgrenzter Löcherfraß, später „Ankerfraß" Nitsches), daß der NachAveis der Raupe (der nie schwierig ist) nur sekundäre Bedeutung hat. Der früheste Laubholzfraß betraf in diesem Jahre in Charlotten- thal die amerikanischen Eichen (Roteichen), die im Belauf Grüneck in der Nähe der Försterei und auf einigen Schulplätzen desselben Belaufen angepflanzt sind. Hier waren die eben austreibenden Blatt- knospen an manchen Bäumen fast vollständig von der Nonne (deren Räupchen noch in der Knospe fressend angetroffen wurden) zerfressen worden. In einigen von der Nonne befallenen ca. 30 jährigen Stangen- hölzern des Belaufes Ottersteig war die Anwesenheit der Nonne direkt nur schwer, leicht aber an den gelegentlich eingesprengten Haseln durch das charakteristische Fraßbild nachzuweisen. Es wird also wohl lohnen, auf die Beachtung des Laubholz- unterwuchses zwecks rechtzeitiger Erkennung des Nonnenbefalles die Beamten in der oben angedeuteten Weise aufmerksam zu machen, denn mit dem typischen Fraßbild am Laubblatte scheinen die vor- wiegend in reinen Nadelholzrevieren tätig gewesenen Beiaufsbeamten doch weniger bekannt zu sein. IL Beobachtungen über die erste Nahrung der Spiegelraupe und über die Biologie der älteren Raupe. Teils aus Rücksicht auf die zur Verfügung stehende Zeit, teils, weil eine ganze Reihe hierher gehöriger Beobachtungen noch im nächsten Jahre weiter fortgesetzt werden soll, möchte ich nur einige wenige Beobachtungen über die Biologie der Raupe heute schon mit- teilen. Ganz allgemein will ich aber das eine vorausschicken und Untersuchungen über die Biologie der Nonne. 69 hervorheben, daß mir bei meinen Untersuchungen überhaupt, nicht zum wenigsten in rein technischer Beziehung, von größtem Wert und vorbildlich gewesen sind die schönen Arbeiten, die wir den österreichischen Nonnenforschern, allen voran jenen drei Männern, welche die Nonnenforschung geradezu in neue Bahnen gelenkt haben, verdanken: Kornauth, Sedlaczek und Wahl. In jedem Satze fast wäre der Mitteilungen eines dieser vortrefflichen Beobachter zu gedenken. Und wenn es heute bei der kurzbemessenen Zeit nicht eben nur meine Aufgabe wäre, wenigstens einen Teil meiner Unter- suchungen zu schildern, würde ich selbstverständlich besonders auf die österreichische Nonnenliteratur einzugehen haben. Erst recht wäre das der Fall, wollte ich, was ich hoffe auf einer späteren Tagung nachholen zu können, Ihnen ein lückenloses Bild des der- zeitigen Standes unserer Kenntnis der Biologie der Nonnenraupe entrollen. Zunächst möchte ich einige Beobachtungen und Versuche über die Hungerzeit der Spiegelraupen und deren erste Nahrung mitteilen. Ich stellte an normal im Freien ausgekommenen und als ganz junge Spiegelräupchen im Laboratorium gehaltenen Raupen fest, daß die Aufnahme von pflanzlicher Nahrung unter den in diesem Jahre realisierten Witterungsverhältnissen erst ziemlich spät, nämlich erst nach Vi-i bis 2 Wochen, erfolgte. Vorher nährten sich die Räupchen tatsächlich, ganz gemäß der immer wieder angezweifelten Angabe Ratzeburgs, von den Eischalen, wie an einer anderen Versuchsreihe gezeigt werden konnte. Ich vergiftete einige Eierhaufen äußerlich mit einer 5°/o Subli- matlösung. Von einem Teil dieser Haufen wurde das Sublimat nach 3 Wochen durch einstündiges Wässern wieder so gut als mög- lich entfernt. Eine weitere Portion von Eiern wurde nicht mit Sub- limat behandelt. Die verschieden behandelten Eihäuten wurden nun getrennt in Zuchtgläser gebracht und Ende Februar im Laborato- rium binnen einer Woche erbrütet. Die Spiegelräupchen , welche aus überhaupt nicht behandelten und aus durch Waschen vom Sub- limat wieder befreiten Eierhaufen geschlüpft waren, blieben zwei Wochen am Leben, befraßen die Eier deutlich und verzehrten sie bis auf geringe Reste, produzierten auch dementsprechend reichlich Kot. Die Räupchen aus den oberflächlich mit Sublimat vergifteten Eiern schlüpften ganz normal aus, fingen auch an die Eier zu be- nagen, produzierten dagegen nur eine ganz minimale Menge Kot und gingen schon nach 2 Tagen sämtlich ein. 70 Max Wolff. Nun noch einige Worte über die Geschwindigkeit der Spiegelräupchen und die beim Aufbäumen wirksamen richtenden Reize. Ausgedehnte Beobachtungsreihen im Laboratori- um in Klinger sowie im Revier (hauptsächlich in Charlottenthal, einige hierher gehörige Beobachtungen konnten auch während der Bereisung der Letzlinger Heide gemacht werden) ergaben, daß die herabgewehten Spiegelräupchen mit einer mittleren Geschwindigkeit von 5 mm in der Sekunde bei sonnigem, warmen Wetter (18 "^C) aufbäumen. Das ergibt also in 5 Minuten einen Anstieg von iVi m Höhe. Eine Höhe, in der sich die Räupchen der direkten Beobach- tung von unten her vollkommen entzogen haben, wird also von der herabgewehten Spiegelraupe außerordentlich schnell, in wenigen Mi- nuten erreicht. Dieser Umstand ist wesentlich, weil sich daraus die Erklärung dafür ergibt, weshalb vor allem am ungeleimten Stamm auf die Zahl der im Wipfel sitzenden Raupen keine sicheren Schlüsse gezogen werden können, wenn man nicht noch andere Befallsmerk- male (Häufigkeit der Gespinnstfäden, Fraß auf dem Unterwuchs usw.) mit heranzieht. Denn es ist klar, daß die einzeln, gewissermaßen „tropfenweise" herabgewehten Raupen (das „tropfenweise" Herabwehen ist bei nicht zu windigem Wetter, und wenn die Kronen nicht zu dürftig und zu sehr gelichtet sind, der reguläre Zustand selbst in stark befallenen Beständen) sehr häufig schneller aus dem Sichtbereich wieder nach oben entkommen, als sie von dem suchenden Auge ge- funden werden können. Werden durch heftige Erschütterungen ein- mal größere Raupenmengen gleichzeitig herabgeworfen (und gelangen diese wirklich alle bis zum Boden), so hängt es vom Zufall ab, ob der Beobachter gerade in dem Augenblick an Ort und Stelle ist, wo sich die aufbaumenden Raupen in Sichtweite befinden. Anders verhält sich allerdings die Spiegelraupe bei trübem oder gar regnerischem Wetter. Im Freien war bei trübem, naßkalten Wetter (-|- 10^ C und weniger) die Beweglichkeit der Raupe und die Energie, mit der sie stammaufwärts kroch, stark herabgesetzt. Die Räupchen legten bei solchem Wetter oft kaum 1 mm in der Sekunde zurück. Wie Versuche ergaben, die in Frostnächten im Freien angestellt wurden, blieben die Räupchen bei -|- 2" C unbeweglich, wie verklamt, am Stamm sitzen, wurden aber sonst durch solche Kälte in keiner Weise geschädigt. Nicht uninteressant war es, die gerade in bezug auf die Nonne noch wenig diskutierte Frage nach den die baumaufwärts gerichtete Bewegung der Raupen bedingenden „richtenden Reizen" zu unter- Untersuchungen über die Biologie der Nonne. 71 suchen. Als solche kommen in erster Linie die Schwerkraft und der Lichteinfall in Frage. Letzterer spielt Jedoch, wie sich aus zahl- reichen, in mannigfacher Weise modifizierten Versuchen ergab, keine Rolle. Vielmehr beruht das Aufwärtsbaumen der Raupen aus- schließlich auf negativem Geotropismus. Ich habe auch in Khnger Versuche über die Tragkraft des Spinnfadens angestellt, besonders unter Berücksichtigung der ver- schiedenen Lebensalter der Raupe. Die Beobachtungen in Klinger und ihre Fortsetzung in Bromberg ergab die praktisch wichtige Tat- sache, daß selbst ältere Raupen sehr gern am frei hängenden Spinn- faden wieder aufbäumen, also gar nicht in die Wirkungssphäre von Leimringen gelangen. in. Über Wanderungen der Xoune in vertikaler und horizontaler Richtung. Meine Untersuchungen über Stellung einer Frühdiagnose des Nonnenbefalles im Revier legten es nahe, von vornherein auf die Möglichkeit und das Vorkommen aktiver und passiver Wanderungen der Nonne (gleichviel in welchem Stadium ihrer Entwicklung) ein besonderes Augenmerk zu richten. Zunächst einige Worte über die Verschleppung der Nonne mit Holz tr ans p orten. Weit häufiger, als bisher angenommen zu werden scheint, wird die Nonne durch Holztransporte aller Art ver- schleppt. Das zeigt ja schon der Erfolg des Aufsuchens der Nonne auf Holzplätzen, der oben näher geschildert wurde. Für die Ver- schleppung kommt natürlich hauptsächlich das Eistadium in Be- tracht. Ich habe festgestellt, daß in dieser Beziehung das Entrinden im Revier nicht verhindert, daß noch eine große Menge Raupen auf den entrindeten Stämmen auskommen. Es hat dies seinen Grund darin, daß gerade die noch am Stamm verbleibenden Rindenreste (unter Astabgangsstellen usw.) Prädilektionsstellen für die Eiablage sind. Gefährlich wird wohl nur die Verschleppung mit dem (kaum jemals im Revier entrindeten) Klobenholz, das als Brennholzvorrat in Gärten und gartennahen Höfen in Dörfern usw. aufgeschichtet wird. Einen derartigen Fall hatte ich in Colbitz zu beobachten Gelegen- heit. Der Ort liegt so weit vom Walde ab, daß ein Verwehen der Spiegelräupchen nach dort gar nicht in Frage kommt. Flug hatte dort auch nicht stattgefunden. Gleichwohl waren nach Schilderung von Herrn Forstmeister Zinnius ganz erhebliche Mengen von Nonnen- raupen in den Gärten, so daß (ganz wie in dem bekannten, von Pfeil 72 Max Wolff. 1854 beobachteten Falle) die aufgehängte Wäsche in der Oberförsterei mit Spiegelräupchen über und über bedeckt war. Vielleicht gibt dies Verhalten der Nonne auch für manche der von Pfeil beobachteten Fälle, in denen die Räupchen nach „mehrere 1000 Schritte vom Walde entfernten Ortschaften" verweht worden sein sollten, eine zutreffendere Erklärung ab als die Verwehungshypotbese, die Pfeil auf alle derartigen Fälle anwendet. Dasselbe habe ich jetzt übrigens in Schröttersdorf bei Bromberg in meinem eigenen Garten beobachtet. Auch dorthin kann die Nonne nur mit dem auf dem Hofe aufgestapelten Brennholz eingeschleppt worden sein. Sogar mit Flößholz scheint die Nonne, wenigstens als Ei, wenn auch wohl meist in nicht mehr weiter entwicklungsfähigem Zustande verschleppt werden zu können. Ich konnte nämlich durch einen zufälligen Fund das Vorhandensein von Nonneneiern im Fluß- sande des Schwarzwasserflußes, und zwar an einer seichten Stelle, wo sich das Flößholz häufig längere Zeit staut, nachweisen. Die von mir gefundenen Nonneneier waren aber offenbar durch den langen Aufenthalt im Wasser getötet. Eine nicht geringe Bedeutung kommt dagegen im Revier selbst, vor allem in der Nähe von Schonungen, dem leichten Verwehtwerden der Spiegelraupen zu. Von der leichten Verwehbarkeit der lang- behaarten Spiegelraupen kann man sich experimentell überzeugen. Speziell die aerostatischen Borsten sind von ihren Entdeckern, Wachtl und Kornauth, als Anpassungen an die besonderen Lebens- bedingungen der Spiegelräupchen, und zwar als das Verwehen der Räupchen (durch Verringerung des spezifischen Gewichts) erleichternde Organe aufgefaßt worden. Ich finde allerdings, daß aus dem Bau der Bläschen, vor allem ihrer z. T. nicht unerheblichen Wandstärke hervorgeht, daß sie diesem Zweck wohl kaum in besonderem Maße dienen können. Weitere Untersuchungen über die zurzeit tatsäch- lich noch ziemlich unklare Bedeutung dieser Borsten sind im Gange. Ein recht weites Verv.ehen der Spiegelräupchen konnte im Belauf Charlottenthal der Oberförsterei Charlottenthal sehr schön studiert werden. Hier fanden sich nämlich selbst mitten auf einer von Altholzbeständen (die erheblichen Flug gehabt hatten) umgebenen ca. 400 m breiten Kiefernschonung (5 jährig, mit zwischengebauten jungen Birken und Eichen) an Nadel- wie an Laubholz junge Spiegel- raupen, ebenso natürlich auch auf den übrigen Teilen der Schonung. Die Räupchen müssen daher, da eine Eiablage (von vereinzelten Untersuchungen über die Biologie der Nonne. 73 gelegentlich beobachteten Fällen abgesehen) in derartigen Schonungen nicht stattzufinden pflegt, etwa 200 m weit in der Luftlinie von den Wipfeln der Altholz-Bestandesränder her verweht worden sein. Als für die Theorie des Verwehens nicht ganz unwichtig möchte ich noch mit wenigen Worten einiger Versuche über die Empfind- lichkeit der Raupen gegen Erschütterungen gedenken. Ich hatte Gelegenheit, eine nicht unwichtige Erscheinung, auf die auch schon ältere Beobachtungen hinweisen, im Revier und im Laboratorium experimentell näher zu studieren. Es läßt sich nämlich leicht zeigen, daß das Spiegelräupchen erheblich leichter durch Erschütterungen aller Art, Wind usw. zum Sichfallenlassen veranlaßt wird, als der Einhäuter. Auf dieses Verhalten ist aus dem Grunde praktisch einiges Gewicht zu legen, weil der Schutzbeamte eventuell leicht zu dem falschen Schluß verführt wird, daß die Nonne sehr schnell, d. h. nachdem sie kaum das Spiegelraupenstadium hinter sich hat, aus dem Revier verschwunden sei. Zuerst sind ihm die Massen herab- gewehter, in normaler Weise wieder aufbäumender oder an Holz- ablagen, Kampumzäunungen Wildgattern, usw. schieiernder Spiegel- räupchen allenthalben im Revier aufgefallen. Mit einem Male ist dann nichts mehr von der Nonne zu sehen. Die in den Schleiern sitzenden Räupchen sind z. T. verhungert, z. T. von anderen Insekten vertilgt worden, z. T. auch vielleicht an den Unterwuchs gegangen oder wohl gar von dort aus noch zu guterletzt zum Aufbäumen gelangt. Also der Bestand der „unten" befindlichen Räupchen ist aus sehr naheliegenden Gründen ganz erheblich gelichtet. Von „oben" wird er aber bald nur noch sehr spärlich oder so gut wie gar nicht ergänzt, weil die ältere Raupe nicht so leicht „herabgeschüttelt" wird. Das angebliche Wandern und Verwehtwerden des Falters ist ein zu wichtiges und zu heiß umstrittenes Problem, als daß ich es heute vor ihnen mit wenigen Worten abtun dürfte. Ich muß es mir daher versagen, meine einschlägigen Beobachtungen näher mitzuteilen und den von mir eingenommenen, sich ganz mit dem Sedlaczeks deckenden Standpunkt zu begründen. Ich werde darüber aber angesichts der Wichtigkeit der Frage möglichst bald das, was ich dazu zu sagen habe, a. a. 0. veröffentlichen. IV. Experimentelle Untersuchungen und Beobachtungen über die Wipfelkraukheit der Xonne. Ich wende mich nunmehr zu meinen Untersuchungen über das Wesen der Wipfelkrankheit und beziehe mich zunächst hinsichtlich 74 Max Wolff. meiner kurzen älteren Mitteilungen und der Geschichte der Chlamy- dozoentheorie auf das, was ich vorhin in meinem Vortrage über den Kiefernspanner angeführt habe. Ich will zunächst kurz über die Versuche berichten, die ich im Frühjahr und Sommer dieses Jahres angestellt habe, um die von mir in meiner Bupalus piniarms-Arheit aufgestellte Chlamydozoenhypothese experimentell auf ihre Gültigkeit zu prüfen. Es war mir damals gelegentlich meiner Spannerstudien gelungen, außer in den spezifisch erkrankten Puppen des Kiefernspanners auch in einem kleinen mir zufällig in die Hände gelangten Vergleichs- material wipfelkranker Nonnen- und Schwammspinnerraupen ganz ähnliche Gebilde nachzuweisen, wie sie Prowazek in gelbsüchtigen Seidenraupen aufgefunden und auf Grund ihres morphologischen und mikrochemischen Verhaltens als zu der von ihm geschaffenen Proto- zoenordnung der Chlamydozoa gehörig erkannt hatte. Die uns hier allein interessierenden Chlamydozoen der wipfel- kranken Nonnenraupe habe ich damals näher beschrieben und zwar auf Grund einiger morphologischer Besonderheiten als neue Spezies, die ich Chlamydozoon Proivazeki nannte. Meine an dem damals mir zur Untersuchung vorliegenden Spannermaterial sowie an den kranken Spinnerraupen erhobenen mikroskopischen Befunde, vor allem des Bild der Beziehungen zwischen der Intensität der Erkrankung und der Ausbildung einer mehr oder minder entwickelten Mischinfektion boten, wie in meiner Spannerarbeit des näheren nachzulesen ist, eine höchst auffallende Übereinstimmung mit den klinischen und mikroskopischen Befunden, die Prowazek und sein Mitarbeiter de Beaurepaire-Aragäo in ihrer neusten Variolaarbeit mitgeteilt haben. In dieser Arbeit haben die beiden Forscher auch zum erstenmal für eine echte Chlamydozoonose den exakten Beweis erbracht, daß die durch geeignete Filtration isolier- baren Chlamydozoen die spezifischen Erreger der Krankheit sind. Mein Bestreben richtete sich nun begreiflicherweise darauf, in ähnlicher Weise den exakten Nachweis zu erbringen, daß die von Prowazek bei der Seidenraupe und von mir bei einer Anzahl von forstschädlichen Raupen, und zwar bei einer durch das Auftreten spezifischer Reaktionskörper (Polyeder) charakterisierten Erkrankung derselben, aufgefundenen Gebilde, deren Kleinheit ihnen noch die Passage von Berkefield- und Pukallfiltern gestattet, die spezifischen Erreger der betreffenden Erkrankungen sind. Untersuchungen über die Biologie der Nonne. 75 Meine Hoffnung, ein ausreichendes Material von wipfelkranken Nonnenraupen zu bekommen, das zur Gewinnung einer genügenden Menge von Impfstoff unbedingt erforderlich ist, hat sich in diesem Sommer in über Erwarten hohem Maße erfüllt, da ich aus einigen Nonnenrevieren , z.B. aus Schirpitz und aus Jävenitz , wipfelkranke Raupen pfundweise erhielt. Auch das erforderliche Material an Raupen, die sicher frei von der Wipfelkrankheit sein mußten, um eine exakte Beurteilung des Impferfolges zu gestatten, konnte ich mir in meinem improvisierten Laboratorium in Klinger (Oberförsterei Charlottenthal, Tucheier Heide) aus dem Ei heranzüchten. In dieser Beziehung lagen sogar die Verhältnisse für mich so günstig, wie wohl seit langem nicht für einen Forscher, der sich mit der Biologie der Nonne beschäftigt hat. Die Eiablagen, die ich zur Zucht verwendete, wurden von mir durchgängig sorgfältig auf das Auftreten etwaiger Krankheiten^) unter- sucht und einem Revierteil entnommen, der nachweislich in den Vorjahren frei von Wipfelkrankheit gewesen war. Auch bei dem Futter, das ich zur Aufzucht meiner für ineine Versuche bestimmten Raupen verwendete, war ich sowohl hier in Klinger, wie auch später, als ich nach vierwöchigem Aufenthalte im Revier die Zuchten in mein Bromberger Laboratorium überführte, sicher, daß auf den betreffenden Futterpflanzen seit Jahren die Nonne überhaupt nicht gefresser hatte und mithin die Wahrscheinlichkeit, daß das Futter schon infiziert gewesen sein könnte, gleich Null war. Die Aufzucht der Räupchen aus 24 sorgfältig ausgewählten Ei- ablagen erfolgte mit bestem Resultate in einfachen Petrischalen. Je ein Schalenpaar diente zur Aufnahme einer Ablage. Später wurden die Räupchen in größere Drygalskischalen und schließlich nach Bedarf die aus einer Ablage gewonnene Zucht auf mehrere derartige Schalen verteilt. Sorgfältige Etikettierung verhinderte eine Verwechslung der Zusammengehörigkeit der Zuchten. Hinsichtlich der Sauberkeit und Bequemlichkeit beim Futterwechsel und bei der Beobachtung der Tiere mittels des Binokulars halte ich die Petri- und Drygalskischalen für derartige Zuchtzwecke als ganz unübertrefflich geeignet. Die Im- pfungen nahm ich mit sterilisierbaren Injektionsspritzen mittels ver- schieden feiner Pravazscher Nadeln vor und zwar bei Zweihäutern, Dreihäutern, Vierhäutern und Fünf häutern. ^) Vergleiche meine kurze ^Mitteilung in Bd. IV, H. 1 der Mitteilg. d. Kaiser Wilhelm-Instituts Bromberg. 76 Max Wolff, Wie bekannt, markiert sich durch Freßunlust der Häutungs- termin immer eine geraume Zeit vorher mit ziemlicher Deutlichkeit. Wenn man mit Zuchten in der Weise arbeitet, wie ich es eben angegeben habe, kann man auch ruhig die Häutung einiger Raupen abwarten, da die aus einer Ablage stammenden Geschwister (gleicher Häutungszahl) sich nie ganz gleichzeitig zu häuten pflegen. Nimmt man also dann die Impfung vor, so kann man sicher sein, daß die Mehrzahl der Raupen mehr oder weniger dicht vor der Häutung steht. Jedenfalls ist es sehr wichtig, die Impfung bei allen Versuchen kurz vor der Häutung vorzunehmen, da, wie schon Bolle gelegentlich betonte, zu diesem Zeitpunkt die Empfänglichkeit der Raupe am größten ist. Würde man zu beliebigen Terminen die Impfung vornehmen, so würden die Impfresultate bei gleicher Aktivität des Virus sehr ver- schieden ausfallen und nicht gut vergleichbar sein. Jede meiner Zuchten (da mir einige verloren gingen, verfügte ich schließlich über 18) umfaßte 60 — 100 Raupen. Aus den wipfel- kranken Raupen stellte ich mir das Impf- resp. Infektionsmaterial in folgender Weise her. Die Raupen wurden in einem Mörser zerrieben und mit physiologischer Kochsalzlösung aufgeschwemmt, zum Teil auch direkt verwendet. Dann allerdings nur zum Bestreichen des Futters. Die Aufschwemmung wurde durch Fließpapier filtriert, um sie von den gröberen Bestandteilen zu reinigen und so z. T. für die direkte Injektion mittels der Pravazschen Nadeln mechanisch geeignet zu machen, z. T. sie für die weitere Filtration durch Berkefield- und Pukallfilter, welche mittels einer einfachen Wasserstrahlluftpumpe erfolgte, vorzubereiten. Diese Kerzen- resp. Ballonfilterfiltrate enthielten weder Polyeder noch Bakterien, sondern nur Chlamydozoen. Mit diesen Filtraten wurden sowohl Futterinfektionen durch Bestreichen als auch Injektio- nen vorgenommen. Injektionen nahm ich auch vor mit einem Filtrat, das ich dadurch gewann, daß ich das Kerzenfiltrat durch eine Agarschicht (nach dem Vorgange Provazeks) hindurchsaugte und so von allen geformten Bestandteilen befreite (Ultrafiltrate). Bei jeder Versuchsreihe wurden selbstverständlich Kontrollen angesetzt, die genau gleich behandelt wurden, nur daß die „Futter- infektion" und die „Impfung" mit Material vorgenommen wurde, das von gesunden Nonnenraupen gewonnen worden war. Jede Versuchs- reihe bestand demnach aus 2 — 4 Kontrollen (Futter- und Stichinfek- tionen mit verschieden vorbereitetem Material) und 4 — 5 Versuchen mit virulentem Infektionsstoff, resp. mit daraus gewonnenem Ultrafiltrat. Untersuchungen über die Biologie der Nonne. 77 Auf die 6- — 10 Versuche jeder Reihe verteilten sich tunlichst gleichmäßig die jedesmal zur Verfügung stehenden 60 — 100 Versuchs- raupen, so daß jeder Versuch etwa an 10 — 20 Raupen gemacht werden konnte. Zur Impftechnik, auf die ich hier im übrigen nicht näher eingehe, mag noch bemerkt werden, daß ich die Kanüle stets nach Wahls Vorgang in die Bauchfüße einführte, vorher aber, um sicherer arbeiten zu können, die Tiere immobilisierte und zwar durch eine leichte Chloroformnarkose. Die Wunde verschloß ich sofort mit einem Collodiumtröpfchen. Bei dieser Impftechnik hatte ich ganz außerordentlich wenig Verluste. In den Kontrollen meiner 18 Ver- suchsreihen ist nur ein einziges Mal Wipfelkrankheit vorgekommen. In keinem meiner Versuche betrug der Verlust durch Eingehen geimpfter Raupen vor Ausbruch der Wipfelkrankheit mehr als 17*Vo. Bei den Futterinfektionen hatte ich in maximo Verluste von S^/o. Ich habe alle Arbeiten persönlich ausgeführt und absolut keiner Assistenz mich bedient. Ich kann also persönlich für meine Versuche die Verantwortung in vollem Maße tragen, was sich bei umfang- reichen experimentellen Untersuchungen ja nicht immer durchführen läßt. Einzig gelegentlich einer zweimaligen kürzeren dienstlichen Abwesenheit hatte Frl. Woycziechowsky , Hilfsassistentin an unserm Institut, die Freundlichkeit, das von mir selbst vorher zurecht gestellte Futter den Raupen zu verabreichen — selbstverständlich unter Beobachtung der nötigen Vorsichtsmaßregeln. Die Ergebnisse meiner Untersuchungen kann ich kurz so zu- sammenfassen : Ich finde das Resultat der höchst verdienstvollen und unter recht schwierigen Verhältnissen durchgeführten Arbeiten Wahls in vollem Umfange bestätigt: Die Wipfelkrankheit läßt sich mit in- fiziertem Futter und mittels Injektion von virulentem Material auf gesunde Raupen übertragen. Ferner ergaben mir Impfversuche mit Gelbsuchtmaterial, daß der Erreger der Gelbsucht nur für Seiden- raupen, nicht für Nonnenraupen pathogen ist. Auch hierin kann ich Wahl nur beipflichten. Auch die Artberechtigung meines Chlmnidozoon Proiuazeki dürfte damit eine weitere Stütze erfahren. Die Chlamydozoen sind als Erreger der Krankheit anzusprechen, denn nur das Infektionsmaterial erweist sich als virulent (bei Futter- wie bei Stichinfektion), das die Chlamydozoen enthält. Ultrafiltrate sind wirkungslos. Die Gegenwart der Polyeder ist ohne Belang. Die Anlage meiner Versuchsprotokolle — jede Versuchsreihe umfaßte jeweils die einer Zucht angehörigen Raupen — können Sie 78 Max Wolff. aus der hier dargestellten Versuchsreihe N (mit der Zucht N) ersehen. Es handelt sich hier gerade um die einzige Versuchsreihe, wo, wahr- scheinlich infolge eines Fehlers beim Arbeiten, in einer Kontrolle ein Fall von Wipfelkrankheit vorkam. Zucht N. 25 Zweihäuter (a) -|- 51 Dreihäuter (ß). I. Kontrolle Futterinf. „ ,^ , III. Kontr. IV. Kontr. II. Kontr. ^ . „ ^ ^^. , . . Futtennf. m. i Futterinf. Stichinf. WKK33| ^K.F. V. Kontr. Stichinf. wie III VI. Kontr. Stichinf. wie IV Stückzahl 8 (3« + 5^) 8 (3« + 5/:/) 4« + 8^ 4a + Sß 6« + 12/9 5« + 13;9 W. K. t 0 1 12 12 15 18 Jedenfalls hatte ich nun bei diesen überaus mühevollen Unter- suchungen die Freude, meine früheren Mitteilungen^) über den wahren Erreger der Wipfelkrankheit experimentell voll be- stätigt zu finden. Ich fand wieder regelmäßig in dem durch den charakteristischen Tetraeder-Befund sich als wipfelkrank erweisenden Materiale die von mir als zu den von S. v. Prowazek entdeckten Chlamydozoen ") gehörig erkannten und als Chlamydozoon Prowazehi beschriebenen Gebilde, die als die eigentlichen Krankheitserreger an- zusprechen sind, da nur bei ihrer Anwesenheit die Infektionsversuche ein positives Ergebnis hatten. Soviel heute in aller Kürze über diese Arbeiten, denen ich übrigens mehr theoretischen als praktischen Wert beimessen möchte. Über den Verlauf der Wipfelkrankheit im Revier möchte ich noch folgendes bemerken. Soweit die bisherigen Untersuchungen Schlüsse zulassen, halte ich es für sehr wahrscheinlich, daß in der Tat die Wipfelkrankheit in mehrere Perioden zerfällt, wie das vor allem von Wahl neuerdings angegeben wird. Es gehen nämlich nicht alle, am selben Zweige oder Triebe fressenden und also in gleicher Weise der Infektion ausgesetzten Raupen ein, wenn die Wipfel- krankheit unter ihnen ausgebrochen ist. Ein in meinen Versuchen ') Über eine neue Krankheit der Raupe von Bupalus piniarius L. In Mitteilungen a. d. Kaiser- Wilhelm-Institut f. Landwirtschaft in Bromberg, Bd. III, Heft 2. Außerdem vergl. Verh. a. d. XXXVIII. Vers. d. Preuß. Forstv. in Dt. Eylau. 1911. =) Arch. f. Protistenkunde, Bd. X, 1907, p. 358 u. ff. Untersuchungen aber die Biologie der Nonne. 79 allerdings geringer Teil bleibt zunächst gesund, fällt aber dann (und zwar durchschnittlich nach 2 Wochen), wenn das erste Zweigmaterial mit den toten Raupen im Zwinger verblieb, der Krankheit schließlich, wie der Polyederbefund ergibt, doch zum Opfer. V. Eierki-ankheiteu und ihre Bedeutung für Prognosestellungeu. Zum Schlüsse seien hier noch einige Worte über meine Be- obachtungen über Eierkrankheiten angefügt. Ihre praktische Be- deutung sehe ich darin, daß es mir mit ihrer Hilfe gelungen zu sein scheint, eine Voraussage für die weitere Entwicklung der Kalamität im nächsten Jahre zu geben ; wenigstens geht das aus den Beobachtungen hervor, die in diesem Jahre in den Fraßgebieten der Lüneburger Heide gemacht sind, für die ich Anfang des Winters 1910/11 und zwar im November auf Grund meiner damals schon abgeschlossenen Untersuchungen (nur das allerdings seltene Vorkommen von Polyedern im Nonnenei war mir damals noch nicht bekannt) Prognosen gestellt hatte. Diese Prognosen trafen sämtlich ein. Wo der Gesundheits- zustand der Eier ein schlechter war, erlosch die Kalamität. Im Sommer 1911 kam es in den betreffenden Jagen zu gar keinem oder doch keinem nennenswerten Fräße mehr. Ich habe über diese Untersuchungen eigentlich erst später im Zusammenhange etwas publizieren wollen. Allein von anderer Seite veröffentlichte Mitteilungen über denselben Gegenstand veranlaßten mich, in den Mitt. a. d. Kaiser Wilhelms - Institut , Bd. IV H. 1, wenigstens eine kurze Notiz zu bringen. Abgesehen von dem mir erst vor kurzem gelungenen Nachweis von Polyedern im abgelegten Ei (wonach die Möglichkeit der Ver- erbung der Krankheit auf die Spiegelraupe wohl denkbar wäre, wenn sie wohl auch wegen der Seltenheit der Erscheinung praktisch kaum große Bedeutung haben dürfte), habe ich der erwähnten Mitteilung über den Gegenstand heute nichts Neues hinzuzufügen, was ich bis- her hätte zum Abschlüsse bringen können. Speziell über die Blasen- krankheit und über die Eimykosen sind allerdings weitere Unter- suchungen im Gange. Ich muß mich daher heute damit begnügen, folgendes auszuführen. Meine 1910 in der Lüneburger Heide und an dem von dort stammenden Material gesammelten Beobachtungen decken sich im wesentlichen mit dem, was Escherich ^) vor wenigen Wochen über den Gegenstand publiziert hat, 1) Forstl. naturw. Zeitsclir. f. Forst- u. Landwirtsch. 9. Jahrg., S. 237. 80 Max Wolff. Nach den von mir beobachteten Symptomen kann ich die kranken Eier in folgende Kategorien einteilen , wobei bemerkt sei, daß, abgesehen von der letzten, nur „diesjährige", d. h. vor dem Dezember des Ablagejahres untersuchte Eier gemeint sind : 1. Eier, die noch Ende November einen schmutzig -gelblichen, homogenen, das Ei voll ausfüllenden Inhalt haben; 2. Eier, die größere Luftblasen enthalten, in denen aber die Raupe zur Entwicklung gelangt ist und zunächst (Ende November) nicht ohne weiteres erkennen läßt, ob sie eingeht; 3. Eier, die eine kleine, unregelmäßige, nicht von Schlupfwespen herrührende Öffnung zeigen, leer sind, perlmutterglänzend aussehen (diese Erscheinung pflegt oft das ganze Gelege, oder aber ein größerer Teil, seltener nur ein einzelnes Ei zu zeigen) und offenbar von anderen Insekten (Rhynchoten u. a. Kerfen) ausgesaugt wurden; 4. Eier, in denen das junge Räupchen jauchig zerfallen ist und mit verklebten Haaren der Eiwand anliegt, als ob man einen verfaulten Goldfisch an die Wand eines Goldfischglases an- gedrückt hätte (die Innenwand des Eies ist noch feucht; im übrigen ist das Ei von einem Gas angefüllt, das allem An- schein nach der jauchigen Zersetzung des Inhaltes seine Ent- stehung verdankt). 5. Eier, die im Mai 1911 noch nicht ausgekommen sind, dabei ganz wie normale, ein oder zwei Monate alte Eier, nur etwas dunkler gefärbt aussehen und offenbar tot sind. In den unter 4 und 5 aufgezählten Eiern findet man der Ei- schale innen dicht anliegende Pilzhyphen. Hinsichtlich der Frage, wie diese Pilzhyphen in das Eiinnere gelangt sein könnten, sei be- merkt, daß feine Porenkanäle von geknicktem Verlauf die Eischale durchsetzen. Ob die Räupchen nur sekundär durch eindringende Pilze zersetzt werden, oder ob diese als primäre Todesursache in Frage kommen, konnte bisher nicht entschieden werden. 6. Eier, in deren Ausstrich sich Polyeder in geringer Zahl nach- weisen lassen, die also wipfelkrank sind. Derartige Eier werden nur in sehr stark verseuchten Revieren und auch da nur sehr selten gefunden. Ob sich eventuellaus ihnen wenigstens kurze Zeit frei lebende Spiegelraupen entwickeln, kann ich noch nicht sagen. Ich will aber nicht unterlassen zu bemerken, daß ich in diesem Frühjahr, nachdem ich in der Tucheier Heide Tausende von Spiegel- Untersuchungen über die Biologie der Nonne. 8l räupchen vergeblich auf Polyeder untersucht hatte, in wipfelkrankem Raupenmateriale aus der Letzlinger Heide wipfelkranke Spiegelräup- chen, durch den Besitz der aerostatischen Borsten als solche sicher charakterisiert, zwischen älteren wipfelkranken Raupen gefunden habe, also die betreffenden älteren Beobachtungen Escherichs bestätigen kann. Alle übrigen, von mir über die Biologie des Nonneneies an- gestellten Untersuchungen, die mich übrigens zu Resultaten geführt haben, die sich nicht immer ganz mit den Ergebnissen der anderen Autoren decken, z. B. in bezug auf die Frage der Notwendigkeit des Kältereizes, muß ich heute zurückstellen. Jahresbericht der Vereinigung für angewandte Botanik IX 82 Max Wolff. Über Biologie und Bekämpfung des Kiefernspanners. Von Dr. M. Wolflf, Bromberg. (Aus der Abteilung für Pflanzenkrankheiten d. Kaiser Wilhelms-Instituts für Landwirtschaft in Bromberg.) Die Bedeutung des Kiefernspanners, Bupalus piniarius L., ist lange Zeit in der forstlichen Literatur eine stark umstrittene gewesen. Es hat nicht an Unterschätzung seiner Bedeutung gefehlt, und ich glaube, ich kann sagen, es fehlt heute noch nicht daran. Bisweilen ist allerdings in einzelnen Fällen gewiß die vernichtende Wirkung des Fraßes übertrieben worden, so daß man mit einer gewissen Berech- tigung sagen konnte, daß der Schaden der empfindlichste gewesen sei, der durch übereilten Abtrieb verloren gegebener Bestände entstanden war. Es wäre verfehlt zu sagen, daß hier die Wahrheit in der Mitte läge. Die Sache liegt so: Es ist ein großer Unterschied, ob der Spannerfraß gutwüchsige Reviere in einem niederschlagsreichen Klima und mit einer etwa relativ niedrigen Durchschnittstemperatur der ersten Jahreshälfte heimsucht, oder ob Bestände entnadelt werden, deren Regenerationsvermögen ohnehin infolge der ungünstigen Boden- und Witterungsverhältnisse nur unbedeutend ist, und wo ein un- gewöhnlich trockenes Klima den Verlust der Benadelung unter allen Umständen verhängnisvoll macht. Denken Sie noch an die Möglich- keit, daß die Spannerfraßjahre durch warme Frühjahre ausgezeichnet sind, so wird jeder verstehen können, daß unter solchen Verhältnissn ein langer Spannerfraß und Raupen, die Zeit genug zur Erlangung der Vollwüchsigkeit gehabt haben, anders wirken müssen, als es unter solchen Verhältnissen, wie ich sie eben hypothetisch konstruiert hatte, der Fall sein muß. Daß solche Verhältnisse in Wirklichkeit gegeben sein können, hat vor allem der Spannerfraß der letzten Jahre in den Revieren der über Biologie und Bekämpfung des Kiefernspanners. 83 Regierungsbezirke Marienwerder und Danzig gezeigt, den ich infolge eines Auftrages des Ministeriums für Landwirtschaft, Domänen und Forsten wenigstens in seinen letzten Ausläufern zu studieren Gelegen- heit hatte, und über dessen Entwicklung ich mir durch in entgegen- kommender Weise gestattete Einsicht in das gesamte amtliche Ma- terial ein recht vollständiges Bild verschaffen konnte. Ratzeburg ist, soviel ich sehe, der erste gewesen, der, auf exakte wissenschaftliche Beobachtungen gestützt, die große Schädlichkeit des Kiefernspanners betont hat, die er in die Nähe von der der Nonne und der Eule, nur einen Grad niedriger, wie er sich anfangs aus- drückte, später aber fast gleich mit den beiden Schädlingen stellte. Das Schlimme ist eben beim Spannerfraß, wie wir später noch genauer sehen werden, daß dann, wenn er mit seinem Fraß die Be- stände wirklich zum Eingehen bringt, so daß diese abgetrieben werden müssen, eine sehr unwirtschaftliche Nutzung resultiert. Denn nicht das mehr oder weniger schlagreife Altholz, sondern gerade das jüngere Stangenholz (20 — SOjährig) wird am schwersten gefährdet, wenn es zu weitgehendem Kahlfraß kommt. Wie übel der Spanner dem von ihm bevorzugten älteren Stangenholz mitspielen kann, da- von habe ich mich mit eigenen Augen überzeugt. Sehr treffend hat jedenfalls Kranold, dessen großzügiger Ini- tiative wir die wissenschaftlich und praktisch höchst wichtige Durch- führung der umfangreichen Bekämpfungsversuche in der Tucheier Heide verdanken, zum Ausdruck gebracht, was in trockenen Heide- gebieten der Forstmann vom Spanner zu erwarten hat: „Der Spanner bereitet wenigstens ebenso große Sorgen, wie die Nonne • ^). Es war also gewiß an der Zeit, bei dem letzten großen Span- nerfraß, dem in der Tucheier Heide, einmal ganz energische Be- kämpfungsversuche anzustellen. Einmal mußte befürchtet werden, daß hier eine gleiche Katastrophe, wie in der Colbitz-Letzlinger Heide eintreten könnte. Dann aber lag die Bekämpfungsfrage wenig- stens theoretisch nicht so schwierig, wie bei manchen anderen Forst- insekten (Nonne!), da der Spanner sich einmal in seinem Leben geraume Zeit, nämlich den größeren oder größten Teil des Winters über, während der Überwinterung in der Streu (Puppe) in unserer Gewalt befindet. Mit dem eben Ausgeführten soll nun aber durchaus nicht gesagt sein, daß man in früherer Zeit den Kiefernspanner etwa nicht be- achtet und bekämpft hätte. Schon 1797 hat der Oberforstmeister 1) Dt. Forstztg. 1909, S. m. 84 Max Wolö. von Burgsdorf das Streurechen in Grund und Boden verdammt, und schon 1814 hat man die Streu in Haufen zusammengeharkt und die zur Vernichtung der Puppen höchst wichtige Erhitzung der Haufen richtig beobachtet und ihrem praktischen Werte nach erkannt! Im selben Jahre haben wir ein Beispiel von außerordentlich energischer Bekämpfung des Spanners in den Gemeindewaldungen von Burglengenfeld in der Oberpfalz. Dort wurde, wie Nitsche in seinem Lehrbuch berichtet, nicht nur die Waldstreu entfernt, sondern man rupfte sogar, etwas überflüssigerweise, die Grasbüschel aus, der ganze Waldboden wurde festgetreten, die von den Bäumen herabgeprellten Raupen gesammelt, und während der Verpuppungszeit die Erde um die Stämme aufgehackt, zu Haufen zusammengelegt und festgestampft. Zu so komplizierten Mitteln, wie die eben erwähnten es sind, deren Empfehlung heute aus praktischen, finanziellen und ande- ren Gründen nur mit Kopfschütteln aufgenommen werden würde, brauchen wir glücklicherweise nicht zu greifen, um auch dieses Schädlings Herr zu werden. Doch ehe ich Sie von der Möglichkeit einer rationellen Bekämpfung des Kiefernspanners zu überzeugen suchen werde, mögen einige kurze Ausführungen über die Biologie des Kiefernspanners vorausgeschickt werden. Das kann freilich heute nur in großen Zügen geschehen. Das Wichtigste, was für das Verständnis der Bekämpfung unbedingt not- wendig ist, werde ich natürlich genügend eingehend behandeln. Sie werden das alles lückenlos — nach dem derzeitigen Stand unserer Kenntnis — in einer monographischen Bearbeitung des Kiefern- spanners finden, die ich in Bälde abzuschließen hoffe. Dort werden Sie auch das gesamte wertvolle Beobachtungsmaterial verarbeitet finden, das in den Berichten der Herren Revierverwalter und der kgl. Regierungen niedergelegt ist. Auch das kann heute, angesichts der knapp bemessenen Zeit, nur in aller Kürze berücksichtigt werden. Die Entwicklungsstadien des Kiefernspanners. Wir wollen zunächst die einzelnen Entwicklungsstadien des Spanners etwas näher betrachten. Die Eier sind von oben gesehen oval geformt, etwas in der Richtung von oben nach unten, d. h. nach der Unterlage hin, dellenförmig zusammengedrückt, so daß sich folgende durchschnittlichen Maße angeben lassen: Länge . . . 1 mm Breite . . . V2 mm Höhe .... Vi mm über Biologie und Bekämpfung des Kiefernspanners. 85 Die Eier sind hellgrün gefärbt, oder richtiger mit einem Stich ins Spangrüne, vor allem kurz nach der Ablage. Ihre Oberfläche ist glatt. Die, wie Ratzeburg es anschaulich ausdrückt, etwa halb mohnkorngroßen Eier werden nun normalerweise in Reihen von etwa 6, 7 oder 8 Stück an der Unterseite der Nadeln abgelegt. Vereinzelte Ablage von Eiern oder gar klumpenförmige deutet auf eine Er- krankung oder auf Schwächezustände der Weibchen hin. Auf die Fruchtbarkeit des einzelnen Weibchens werden wir noch weiter unten zu sprechen kommen. Kurz vor dem Ausschlüpfen der Räupchen nehmen die Eier eine mehr gelbliche Färbung an. Das eben ausgeschlüpfte junge Räupchen ist gleichmäßig hellspangrün gefärbt. Im Laufe des weiteren Wachstums geht die Farbe mehr in ein helles gelbliches Laubgrün über, und eine charakteristische Längsstreifung gelangt zu deutlicherer Ausbildung. Ein gelblichweißer Streifen zieht in der Mittellinie des Rückens entlang, rechts und links von ihm in ziemlichem Abstände zwei ähnlich gefärbte aber viel feinere und durch dunkleres Grün eingefaßte Streifen. Jederseits läuft dann noch unter den hellbraun gefärbten Tracheenöffnungen ein breiteres gelbliches Band. Die drei Bänder der Rückenseite setzen sich deutlich, das subtracheale etwas ver- waschen über den Kopfrand hinweg auf die Kopf kapsei fort, wo jederseits etwa da, wo das subtracheale Band endigt, fünf Punktaugen stehen. Die Unterseite der Raupe läßt ebenfalls gelbe dunkel eingefaßte Längsstreifen erkennen, sonst ist alles grün gefärbt, auch die Brust- und Afterfüße. Auf die Nachschieber geht dagegen das gelbe Seiten- band über. An dem spitzen Hinterleibsende ist bemerkenswert, daß rechts und links von ihm auf der Rückenseite der Nachschieber ein scharfes Fleischdörnchen sitzt. Eine schwache Behaarung ist vor- handen, aber mit bloßem Auge nicht wahrnehmbar. Die Länge der ausgewachsenen Raupe beträgt ungefähr 3 cm. Die Puppe des Kiefernspanners ist ziemlich gedrungen gebaut und etwa bis 17 mm lang. Das Hinterende der Puppe spitzt sich allmählich zu. Das Kopfende ist sanft gerundet. Die bis über die Hälfte des Puppenkörpers reichenden Flügelscheiden sind ziemlich deutlich gerippt. Die Scheiden der Hinterflügel ragen nur wenig hervor. Die Fühlerscheiden lassen die Gliederung gut erkennen. Beim Männchen sind sie, der Kämmung entsprechend, breiter. Bei beiden Geschlechtern erreichen die leicht gebogenen Fühlerscheiden die eng aneinander stoßenden Flügelscheiden nicht ganz. Die Rüssel- 86 Max Wolff. scheide ist etwas kürzer als die Fühlerscheide. Der Halsschild der Puppe trägt ein feines Mittelleistchen und läßt sechs Härchen er- kennen. Der Hinterleib ist grob punktiert. Wichtig für die Erkennung der Puppe des Kiefernspanners ist das Afterglied der Puppe. Hier steht nämlich hinter dem After ein kleiner runder mehr oder weniger deutlich konzentrisch gerundeter Höcker, der mit einem kurzen Griffelfortsatz endigt, der in eine einfache Spitze ausläuft. Die jungen Puppen sind vollkommen grün gefärbt. Im Laufe des Wachstums verschwindet diese von der Nah- rung der Raupe herrührende Färbung und bleibt bis zuletzt eigent- lich nur auf die Flügelscheiden beschränkt. Wenigstens pflegen diese bei gesunden Puppen im allgemeinen immer noch einen grün- lichen Ton zu behalten. Die männlichen Puppen sind etwas kleiner als die weiblichen. Im allgemeinen ist die Puppengröße sehr variabel und kann außerordentlich hinter der Norm zurückbleiben, wenn z. B. durch ungünstige Witterung die Fraßzeit der Raupen sehr stark abgekürzt worden war. Man erhält dann unter Umständen Puppen von kaum 1 cm Länge und wenig über 2'^! 2 mm Stärke. Auf das Aussehen kranker Puppen werden wir erst später bei Besprechung der Feinde des Kiefernspanners einzugehen haben. Hier sei nur soviel bemerkt, daß gesunde Puppen stets eine große Beweg- lichkeit des Hinterendes zeigen, wenn man sie z. B. mit einer Pin- zette leicht drückt. Geibsüchtige oder vertrocknete Puppen zeigen solche Beweglichkeit nie. Von Schlupfwespen oder Raupenfliegen befallene können sie eine geraume Zeit noch besitzen, verlieren sie aber mit fortschreitender Entwicklung des Schmarotzers ebenfalls. Welchen praktischen Wert diese Erscheinung hat, werde ich später noch genauer nachweisen. Über die äußere Beschaffenheit des Männchens gibt schon der wissenschaftliche Artname „piniarius" einige Auskunft. Linne hat nämlich denjenigen Spannern, deren Männchen gekämmte Fühler haben, Artnamen mit der Endung „aria" gegeben, dagegen denen, deren Männchen gleich den Weibchen faden- oder borstenartige Fühler besitzen, Namen mit der Endigung „ata". Der männliche Schmetterling ist dunkler oder heller gelblich- weiß gefärbt, aber so ausgiebig mit breiten schwarzbraunen Zeich- nungen auf der Flügeloberseite bedeckt, daß diese als dunkel und mit hellen Flecken, die von der Flügel wurzel ausstrahlen, besetzt erscheint. Außerdem hat der Vorderrand der Flügel z. T. und in regelmäßiger Fleckung der Fransen besatz ihrer Hinterränder die helle über Biologie und Bekämpfung des Kiefernspanners. 87 Grundfarbe bewahrt. Auf die unwesentlichen Differenzen der Vorder- und Hinterflügel gehe ich hier nicht ein. Nur das sei bemerkt, daß die Unterseite der Flügel weniger dicht und mit mehr ins Rötliche ziehenden Zeichnungen bedeckt ist. (Im übrigen sehen Sie die Einzel- heiten der Flügelzeichnung am besten, wenn Sie das hier aufgestellte Material betrachten wollen.) Die lang gekämmten Fühler sind schwarz- braun gefärbt. Auf Brust und Leib stehen helle und dunkle Schuppen in buntem Durcheinander. Der weibliche Schmetterling hat eine braunrostrote Grundfarbe der Flügel mit im übrigen ähnlichen Zeichnungen nur von hellerer Tönung und verwaschenerer Begrenzung als beim Männchen. Die größere Verwaschenheit der Zeichnung ist auch für die Unterseite der weiblichen Flügel charakteristisch. Die hellen Fleckenstrahlen an der Unterseite der Hinterflügel sind vom reinsten Weiß. Die Fühler des Weibchens sind borstenförmig und von bräunlicher Farbe. Die größere Schwere des Weibchens, die ihre Ursache in der mächtigen Ent- wicklung der Eiersäcke und einer entsprechenden größeren Dicke des Hinterleibes hat, bedingt eine kräftigere Entwicklung der die Flügel bewegenden Brustmuskulatur, so daß auch der diese einschließende Thorax erheblich stärker entwickelt ist als beim Männchen. Ich erörtere diese Verhältnisse deshalb, weil sie praktisch von nicht geringer Bedeutung sind. Der Forstmann kommt nicht selten in die Lage, tote, mehr oder weniger schlecht erhaltene Schmetterlinge daraufhin untersuchen zu müssen, ob es sich um Kiefernspanner, oder weiter, ob es sich um männliche oder weibliche Spanner ge- handelt hat. Diese Notwendigkeit tritt auch ein, wenn man die Wirkung des Streurechens im Revier durch geeignete Versuche fest- stellen will. Zum Schluß sei bemerkt, daß Männchen und Weibchen beim Kiefernspanner ziemlich gleich groß sind, was die Flügelspannung anlangt. Sie beträgt, da natürlich nicht alle Individuen gleich groß sind, etwa 30 — 38 mm. Durchschnittlich ist die Flügelspannung der Männchen allerdings um ein geringes größer als die der Weibchen. Die Körperlänge beträgt bei beiden Geschlechtern durchschnittlich 15 mm. Die Lebensweise des Kiefernspanners. Ich will nun in kurzen Zügen ein Bild der wichtigsten biologischen Verhältnisse des Spanners entwerfen. Was seine geo- graphische Verbreitung anlangt, so ist zu bemerken, daß der Kiefern- 88 Max Wolft". Spanner, wenn wir von seiner Verbreitung durch ganz Sibirien ab- sehen, ein typischer Europäer ist, den wir von Skandinavien bis in das mittlere Spanien und Italien antreffen. Nur in den Polar- regionen fehlt der Schmetterling begreiflicherweise ebenso wie seine Wirtspflanze. Systematisch nimmt der Kiefernspanner ebenso wie in biologi- scher Hinsicht eine Sonderstellung ein, die seine von den Zoologen vorgenommene Isolierung als einzige Art eines besonderen Genus durchaus rechtfertigt. Während die übrigen Spannerarten sämtlich Nacht- oder üämmerungstiere sind, die man kaum, wenn sie nicht auf- gestört werden, am Tage fliegen sieht, ist der Kiefernspanner ein aus- gesprochenes Taginsekt, das sich gerade im stärksten Sonnenschein mit Vorliebe im raschen taumelnden Fluge um die freiesten Wipfel des Be- standes tummelt. Während die anderen Spanner in der Ruhe die Flügel flach ausgebreitet halten und so tagsüber möglichst nahe dem Boden an vor Wind geschützten Stellen sitzen, ruht der Kiefernspanner mit erhobenen Flügeln, also ähnlich wie die typischen Tagfalter, aus. Wie schon erwähnt, ist der Flug ein ziemlich lebhafter, taumelnder, auch bei dem ein wenig trägeren Weibchen. Über die genauere Flug- zeit lassen sich ganz allgemein gültige Angaben wohl kaum machen. Ich kann nur sagen, daß in den von mir bereisten Revieren über- einstimmend die Erfahrung gemacht worden ist, daß etwa die Vor- mittagsstunden von ^28 — V/211 Uhr und dann wieder die Nachmittags- stunden von 2 bis gegen 6 Uhr die Hauptflugzeit des Spanners dar- stellten. Einer Korrektur bedürfen aber nach den Beobachtungen ge- legentlich der letzten großen Spanner-Kalamitäten die älteren Angaben über die Flughöhe des Spanners. Es ist durchaus nicht richtig, daß der Spanner nicht höher als 20 — 30 Fuß fliegen könne, und aus diesem Grunde auf die jüngeren Stangenorte angewiesen sei. In der Tucheier Heide hat ei- recht erheblich auch Althölzer von 90 Jahren und mehr belegt. Bei so ungewöhnlich beweglichen Faltern liegt es nahe, die Frage aufzuwerfen, ob Wanderung, speziell Überfliegen in noch unberührte Fraßgebiete, was ja von größter praktischer Bedeutung wäre, stattfindet. Wie steht es nun mit dem Spanner? Ich muß da auf Grund von in der Tucheier Heide gemachten Beobachtungen der allgemein verbreiteten Anschauung widersprechen, daß der Kiefernspanner aktiv wandere, wie das von der Nonne auch nur in sehr wenigen, wirtschaftlich kaum in ihrer Bedeutung richtig, über Biologie und Bekämpfung des Kiefernspanners. 89 d. h. übertrieben bewerteten Fällen als erwiesen gelten kann. Leb- hafte, längere Zeit in einer bestimmten Richtung wehende Winde können natürlich den Spanner, wie jedes andere fliegende Insekt ver- wehen. Aber der nachts ruhig sitzende Falter ist einer ganzen Reihe von Einflüssen entzogen, die als auslösende Reize bei der Nonne speziell auf deren Männchen wirken. Dahin gehört das Licht und zwar vor allem das Mondlicht. Aber dem Kiefernspanner geht auch der Trieb ab, sich, wie die Nonne, gegen eine (nicht zu starke) Luftströmung einzustellen und nun in der Richtung weiter zu fliegen, aus der der Wind kommt. Nein, m. H., ich kann auf das bestimmteste versichern: aktiv wandert, überfliegt der Spanner nicht, ebensowenig wie die Raupe wandert, was schon die alten Beobachter wußten. Wenn die Falter nicht mit katastrophaler Gewalt verweht werden — ein Vorgang, dessen Möglichkeit ich natürlich nicht bestreiten will — , bleiben sie in dem Jagen oder in dem Wipfelbereiche, der ihre Puppenwiege in der Moos- oder Nadelstreu beschattete, und der ihre Raupen ernährte. Das folgt aus der Tatsache, daß nach erfolgtem Streu- rechen der Befall scharf da abschneidet, wo berechte und unberechte Orte aneinander angrenzen. Aber auch mit den passiven Wanderungen ist das so eine eigene Sache. Denken Sie ja nicht, daß nun jeder heftige Sturm schon eine Gefahr für die in der Windrichtung liegenden Reviere bilden wird! Der Kiefernspanner ist ein sehr zarter Organismus, ein recht gebrechliches Gebilde. Ein solcher Sturm, der den Falter in noch fortpflanzungsfähigem Zustande verwehen könnte, müßte schon aller- hand Bedingungen erfüllen, vor allem dürfte er nicht mit nennens- werten Niederschlägen verbunden sein, denn diese werden fast stets der Untergang des Spannerfluges. Wir kennen Fälle, wo die Wald- wege nach einem Regengusse dicht mit toten Faltern bedeckt waren. Mit wenigen Worten möchte ich noch die Biologie der Ei- ablage berühren. Daß die Eier unter normalen Verhältnissen von gesunden Weibchen stets in einer Reihe an der Unterseite der Nadeln abgelegt werden, erwähnte ich schon. Nachzutragen wäre hier eine merkwürdige Beobachtung von Bernas, daß nämlich auch mitunter die Eier in zwei Parallelreihen abgelegt werden. Die Ablage erfolgt stets so, daß die Längsachse der Eier gleich- sinnig mit der Längsachse der Nadel läuft und ein Ei das vorher- gehende berührt. Weiter ist bemerkenswert, daß die Eiablage stets im eigentlichen Flugrevier der Falter, nämlich in der Krone erfolgt. 90 Max Wolff. Nach meinen Beobachtungen beträgt die Zahl der von einem Weibchen abgelegten Eier durchschnittlich 80 Stück, was mit den Zählungen der Revierbeamten zwar gut übereinstimmt, aber wohl kaum die Höchstzahl darstellt und wohl nicht der durchschnittlichen Norm entsprechen wird, da meine Weibchen ihre Eier in Zucht- gefäßen und unter auch sonst zeitlich und örtlich anormalen Bedingungen ablegten, und im Revier die Zählungen sich auf die mit bloßem Auge als ausgebildet erkennbaren Eier erstreckten. Ich habe aber keine genaueren Zahlen zu finden vermocht. Nitsche hat auf einer 85jährigen 12 m hohen Kiefer von 15 cm Mittelstärke 87 Nadeln mit Eiern belegt gefunden und zwar durchschnittlich auf der Nadel fünf Stück gezählt, im Maximum 19 Stück. Bernas hat auf einer Nadel sogar 25 Stück gefunden. Seinem Triebe, die freien Wipfel zu umschwärmen und dort die Copula mit erhobenen Flügeln einzugehen, kann der Schmetter- ling nur im Innern zusammenhängender Bestände folgen. Zugige Ränder und stark parzellierte Forsten werden daher vom Falter gemieden. Dagegen ist es die Empfindlichkeit der Raupe und Puppe gegen Nässe im Winterlager^), die es bedingt, daß feuchte oder gar moorige Strecken vom Fräße auffallend verschont bleiben. Bei meinen Laboratoriumszuchten schlüpften nach 4 — 5 Tagen die jungen Räupchen aus. Sie sind kurz nach dem Ausschlüpfen schon 4 mm lang und im Gegensatz zu den Jungräupchen verwandter auf der Kiefer fressender Spanner nicht dunkel sondern grünlichgelb gefärbt. Anfangs wachsen sie ziemlich langsam und sind auch nicht besonders lebhaft. Ihre Spinnendrüsen sind jedoch sofort gut ent- wickelt und funktionieren. Auch die charakteristische Spannerstellung wird sofort von den jungen Räupchen eingenommen. Wir wollen an dieser Stelle einige Einzelheiten des Fraßes der verschieden alten Raupen erörtern, da Sie ja das rein zoologische Detail der Entwicklung der Raupen nicht weiter interessieren wird. Die jungen Räupchen benagen ziemlich oberflächlich die Nadeln an der spitzen Hälfte und zwar die Nadelspreite. Die ältere Raupe frißt die Nadel vom Rande her an und läßt die Mittelrippe unberührt. Der Fraß beginnt stets, auch seitens der älteren Raupe, von der Spitzenhälfte der Nadel, und zwar wird nicht etwa der ganze Rand ohne Unterbrechung abgetragen, sondern es bleiben unregelmäßig *) Die fressende Raupe ist gegen Frost und Niederschläge, wie heute behauptet werden muß, äußerst unempfindlich. über Biologie und Bekämpfung des Kiefernspanners. 91 sägezahnartige Reste an der Mittelrippe zurück. Oft werden auch nicht einmal beide Ränder, sondern nur ein einziger befressen. An den Wundstellen treten feine Harztröpfchen aus. Bei starkem Fraß wird die Nadel fast bis zur Basis befressen. Nach Ratze burgs Beobachtungen ist der Fraß der Spanner- raupe, ähnlich wie der der Nonne, ein ziemlich verschwenderischer. Nach Ecksteins Beobachtungen, die ich nur bestätigen kann, beißt sie aber nur selten die Nadel in der Mitte durch und beginnt dann erst den Stumpf zu benagen. In der Regel setzt das Benagen nahe der Nadelspitze ein und schreitet, indem die Raupe immer nur von der Seite aus nagt, von da mehr oder weniger weit bis zur Basis fort^). Zu Anfang der Fraßzeit werden gewöhnlich nur die Nadeln der einjährigen Triebe befressen , erst später greift die Raupe, wohl durch beginnenden Nahrungsmangel gezwungen , das harzreichere Material der Mai triebe an. Die Lieblingsfraßpflanze des Spanners ist natürlich die Kiefer und zwar die gemeine Art. Es werden aber auch andere Kiefern- arten, vor allem die Weimutskiefer befressen. An Fichte, Tanne und Wacholder geht der Kiefernspanner nur, wenn die Kiefernbestände, in denen jene als Unterholz vorkommen, schon vollkommen kahl gefressen sind. Reine Fichtenbestände werden notorisch nicht be- fressen und wohl überhaupt nicht, auch von verwehten Spannern nicht, mit Eiern belegt. Die Fichtennadeln werden übrigens, wie Nitsche beobachtet hat, stets an der oberen Hälfte befressen und stets nur von einer Seite her, so daß der entgegengesetzte Rand stehen bleibt. Der nicht befressene Teil der Nadel bleibt lange grün. Mit Eintritt der kälteren Witterung, bisweilen schon im Oktober, verläßt die Spannerraupe, meist an einem langen, freihängenden Spinnfaden, ihren Fraßort und begibt sich nach unbedeutender, nie einige wenige Meter überschreitender Wanderung in die Bodendecke zur Überwinterung. Ganz irrig ist es, wenn vielfach angenommen wird, daß plötz- lich einsetzender Frost den Raupen etwas anhaben könne. Auch Feuchtigkeit kann in der kritischen Zeit des Abbaumens die Raupen direkt sicher nicht irgendwie schädigen. In Junkerhof erstarrten bei einem mit —10^' C. am 18. Okt. 1909 einsetzenden Nachtfrost die abbaumenden Raupen, die in großen Mengen in diesem Zustande an *) Eingehenderes werde ich hierüber in meiner Spannermonographie abhandeln. 92 Max Wolff. den Stämmen angetroffen wurden. Aber schon unter der Einwirkung der Mittagssonne wurden die Tiere nicht nur wieder munter, sondern bäumten sogar von neuem zu ihren alten Fraßplätzen auf. Die Verpuppung findet bisweilen ziemlich spät erst in der Streudecke statt, oft werden noch Ende Dezember unverpuppte Raupen gefunden. Nur ausnahmsweise, soweit es sich nicht über- haupt um Verwechslung mit Eulenpuppen handelt, liegt die Puppe nach meinen Beobachtungen im mineralischen Boden, sonst stets im dichtesten Filz der Streudecke selbst. Übersicht der mit dem Kiefernspanner vergesellschaftet auftretenden Spannerarten. Mit dem Kiefernspanner vergesellschaftet treten eine Anzahl teils ganz harmloser, teils doch nur seltener für sich oder nur in untergeordnetem Maße mit schädlich werdender Spannerarten auf, von denen wenigstens den bemerkenswertesten einige kurze Worte gewidmet sein mögen. Die auf den Gewächsen der Bodendecke lebenden Arten halten sich auch als Schmetterlinge in meist nicht erheblicher Höhe über dem Boden oder am Boden auf, was der Kiefernspanner normaler- weise nicht tut, außer beim Ausschlüpfen und kurz vor seinem Tode (nach der Begattung resp. nach Ablage der Eier), ev. auch bei der bisweilen sehr schleunigen Copula mit dem eben ausschlüpfenden Weibchen. 1. Geometra prosaparia L. Der gebänderte Kiefernspanner, stets niedriger als der gewöhn- liche Spanner fliegend und kenntlich an zwei hellen Querstreifen auf den laubgrün gefärl^ten Vorderflügeln und einem ebensolchen auf den Hinterflügeln, hat zwei Generationen im Jahre. Die aus den Eiern der Herbstfalter ausgeschlüpfte rötlich braune Raupe über- wintert nach kurzer Fraßzeit in einem lockeren Gespinnst am Stamm oder zwischen den Nadeln, frißt noch einmal im Frühjahr und ver- wandelt sich nach kaum zweiwöchentlicher Puppenruhe (die wieder nicht im Boden stattfindet) gegen Ende Mai zum Falter, der der Erzeuger der Frühjahrsgeneration wird. Diese braucht zur vollen Entwicklung wenig über zwei Monate. Der gebänderte Kiefernspanner vermag höchstens dann und wann den Fraß des Bupalus piniarius zu verstärken. Da er nicht zur Verpuppung in den Boden geht, ist eine Bekämpfung unmöglich. über Biologie und Bekämpfung des Kiefernspanners. 93 2. Macaria lüurata Gl. Der veilchengraue Kiefernspanner hat ebenso wenig selbständige Bedeutung wie der vorerwähnte. Dieser, hinsichtlich seiner Färbung durch seinen deutschen Namen hinreichend charakterisierte Falter ist etwas kleiner als der Kiefernspanner. Seine Lebensweise ist noch wenig erforscht. Da er auch in meinen Laboratoriumszuchten viel früher als der echte Kiefernspanner flog, halte ich die Angabe Speyers, daß der veilchengraue Spanner zwei Generationen habe, für wahrscheinlicher als die Ratzeburgs, daß er ganz wie der gemeine Kiefernspanner lebe. In einigen Neustädter Fraßorten war etwa ein Viertel der Spanner dieser Art zugehörig. Die Puppe überwintert jedenfalls im Boden. 3. ßoarmia crepuscularia Hbn. Dieser Baumspanner ist gewöhnhch ein Laubholzbewohner, geht aber auch, wie ich besonders wieder an der Hand von Neu- städter Material bestätigen kann, unter Umständen an die Kiefer und beteiligt sich dort am Fräße. Die charakteristische Zeichnung sehen Sie an den hier aufgestellten Exemplaren. Zu beachten sind vor allem die W- förmigen Zacken des hinteren Querstreifens der Vorderflügel, die durch ihre dunkle Färbung ohne weiteres auffallen. Daß dieser Spanner in den Neustädter Fraßgebieten wirklich sich am Kiefernnadelfraße mit beteiligt hat, schließe ich aus dem Vorkommen der Puppen in Beständen (Stangenhölzer), die frei von anderen Laubhölzern waren und nur sehr wenig Heidelbeerkraut hatten, das ebenfalls eine beUebte Fraßpflanze seiner Raupe ist. Je nach der Fraßpflanze variiert die Färbung der Raupe in sehr weiten Grenzen. Von diesem Spanner kennt man übrigens einen speziell auf seine Rechnung zu setzenden Fraß aus der Dresdener Heide. Die Bekämpfung würde der des gemeinen Kiefernspanners in allen Stücken gleich sein müssen. 4. Boarmia consortaria Fabr. Auch von dieser Art kennt man einen Kahlfraß aus Kohlfurter Revieren, und zwar an Fichten, die wohl infolge Unterbau unter Kiefern nicht besonders widerstandsfähig waren. Ich fand in dem Neustädter Material nur ein einziges Exemplar. Die gewöhnhchen Wirtspflanzen dieses Spanners scheinen Eichen, Pappeln, Weiden und Schlehen zu sein. 94 Max Wolff. Wie die vorherbesprochene Art hat auch dieser Falter zwei Generationen. In unseren Provinzen scheint er keine sonderliche Bedeutung zu haben. 5. Boarmia consonaria Hb. Ich erwähne diese Art nur, weil die ebenfalls in der Erde überwinternde Puppe häufig mit der des Kiefernspanners ver- Avechselt wird. Daß der Spanner auf Kiefern gefressen hätte, ist mir nicht bekannt geworden. Seine gewöhnlichen Wirtspflanzen sind Buche, Eiche, Birke und Linde. Auch auf diesen Laubhölzern wird der Fraß allem Anschein nach nie so stark, daß er forstliche Bedeutung gewönne. Harmlose Arten. Als vollkommen harmlos nenne ich die mir massenhaft unter Spannerpuppen zugeschickte Emafurga (liomaria L. Die Puppe ist gelbbraun, wenig glänzend, die Flügelscheiden schwach runzelig, die Leibringe ziemlich schwach punktiert mit glattem langen, spitzigen, am Ende kurzgabeligen Cremanter. Dieser Falter hat zwei Generationen im Jahre. Er ist an den Blüten von Beifuß, Ginster, Heide, Ampfer, Esparsette, Hauhechel usw. an- zutreffen. Das Bild und die Entwicklung der Spannerepidemie im Revier und die natürlichen Feinde des Kiefernspanners. Nur kurz lassen Sie uns das Bild, das die Spannerkalamität im Revier bietet, streifen^). Wir können mit Ratzeburg im wesent- lichen drei Arten von Fraßbildern, entsprechend dem sog. Halb- oder Naschfraß, dem Kahlfraß und dem Zustande der Wieder- begrünung, unterscheiden. Halbbefressene Zweige haben im Gegen- satz zu den kahlgefressenen ein scheckiges Aussehen. Reproduzie- rende Zweige zeigen eigentümlich büschelförmige Spitzen, da die Triebe kurz und zusammengedrängt sind infolge der allgemeinen Wachstumshemmung. *) In der Niederschrift meines Vortrages glaubte ich diesen Abschnitt um so eher ganz aphoristisch lassen zu dürfen, als das Gesagte doch nur an der Hand der demonstrierten Photogramme, deren Reproduktion an dieser Stelle nicht möglich ist, dem Fernerstehenden genügend anschaulich werden dürfte. über Biologie und Bekämpfung des Kiefernspanners. 95 Die Hauptgefahr des wiederholten starken Fraßes liegt zweifel- los, wie auch schon Ratzeburg angegeben hat, darin, daß in einem so gut wie ganz entnadelten Bestände die Spannerraupe gezwungen ist, die Maitriebe selbst sehr frühzeitig zu vernichten. Daß die Wiederholung des Fraßes in fast kahlgefressenen Orten, die Ratzeburg aus der Oberförsterei Borntuchen auf Grund eigner Anschauung kannte, durchaus nicht so selten ist, wie Ratzeburg meint, das haben die Verhältnisse in Westpreußen leider recht deutlich gezeigt. Mit dem vielgerühmten Instinkt des weiblichen Schmetter- lings, seine Eier nur dorthin zu legen, wo die Nachkommenschaft reichliches Futter findet, ist das eben eine sehr eigene Sache. Bei Massenvermehrung besteht ein solcher Instinkt bestimmt nicht. Und daß er sonst auch nur ein Phantasma der dem Menschen immer noch tief — infolge seiner anthropozentrischen Denkweise — im Blute steckenden, selbstverständlich wissenschaftlich wertlosen teleo- logischen Anschauungen ist, kann für sehr viele Arten schon heute als bewiesen gelten. Schon Ratzeburg, der mit dem für solche Fragen besonders geschärften Sinn des alten Mediziners beobachtete und die praktische Bedeutung der einzelnen Forstinsekten und das Fraßbild zu würdigen verstand, hat hervorgehoben, was auch der letzte Spannerfraß in den Neustädter Revieren wieder gezeigt hat, daß keineswegs, bloß weil Kahlfraß eingetreten ist, gleich auf den Tod des betreffenden Be- standes zu schließen und sein Abtrieb anzuordnen ist. Maßgebend, das kann ich auf Grund der Kenntnis der Fraß- reviere des Marienwerder Bezirkes durchaus betätigen, ist die Kom- plikation des Kahlfraßsymptoms mit anderen Erscheinungen, deren Vor- liegen der Revierverwalter richtig beurteilen muß. Die Prognosis mala ist aber, daran hat von Ratzeburg bis Eckstein noch kein ernst zu nehmender forstlicher Schriftsteller gezweifelt, dann unbedingt zu stellen, wenn mit gewissen „ungewöhn- lichen" (in der Tucheier Heide sind sie das leider nicht!) Einflüssen und Gefahren gerechnet werden muß, als da sind: trockne Witterung, Doppelfraß, Borkenkäfer! In solchen Fällen muß der kahlgefressene Bestand aufgegeben und aus bekannten Gründen, die nicht nur aus forstwirtschaftlich-technischen, sondern auch aus den bekannten Regeln des Forstschutzes (Borkenkäfer) sich ergeben, ungesäumt zum Abtrieb geschritten werden. Auch das konnte wieder in der Tucheier Heide bestätigt werden, daß das Absterben der Bestände, die unter solchen 96 Max Wolff. (ungünstigen) Verhältnissen befressen werden, stets von unten nach oben erfolgt. Da in der Tat also die Vorausbestimmung einer Wiederholung des Fraßes praktisch den größten Wert haben muß, haben schon die älteren Autoren der Frage einer zuverlässigen Prognosestellung ihre Aufmerksamkeit zugewendet. An sich wesentlich in diesem Sinne ist natürlich nicht etwa der starke Flug in den im Vorjahr befressenen Beständen, sondern die Feststellung einer regelmäßigen d. h. einer reihenweisen Eiablage, von deren Vorhandensein man sich durch Probefällungen zu über- zeugen hat. Was sonst der Praktiker gern als Merkmale der von ihm er- sehnten und darum sehr gern aus allen möglichen, meist ziemlich irrelevanten Merkmalen abgeleiteten „Degeneration" des Falters an- zusehen pflegt, ist belanglos. Weiter halte ich aber doch für sehr wichtig, daß man nicht erst bis zum Fluge mit der Prognose wartet, sondern durch die Untersuchung der Puppen, die bei dem selbstverständlichen Probe- sammeln gefunden wurden, sich ein Urteil über deren Gesundheits- zustand zu bilden sucht. Zweifellos läßt sich auf Grund der in der letzten Zeit und vor allem in Westpreußen gesammelten Beobachtungen sagen: Von den natürlichen Feinden des Spanners kommt nur den Ichneumonen und Tachinen eine größere Bedeutung zu. Vögel, besonders Drosseln, können, wenn sie sich zufälhg einstellen, sehr nützlich werden, aber sie sind zu unsichere Kantonisten, als daß auf ihr Kommen gerechnet und die Bekämpfungsmethoden etwa im Hinblick auf sie modifiziert werden könnten. Über die im Fraßgebiet vorkommenden Ichneumonen und Tachinen des Spanners haben die Untersuchungen folgende wichtigen Resultate ergeben. 1. Es handelt sich durchweg um Arten, die nur den im Raupen- stadium befindlichen Wirt mit Eiern belegen. Solche Ichneumon- Arten, die den Wirt erst im Puppenstadium mit Eiern belegen, konnten aus dem Puppenmaterial nicht gezüchtet werden. Es wird ali^o keineswegs a) durch einfaches Lockern der Bodendecke die Puppe dem suchenden Ichneumonenweibchen zugänglich gemacht (die Be- obachter haben sich durch das eigentümliche Gebahren der Ichneumonenweibchen irreführen lassen, die im Frühjahr, eben über Biologie und Bekämpfung des Kiefernspanners. 97 ausgeschlüpft, allerdings mit vibrierenden Fühlern, wie suchend, am Boden hin und her laufen, in Wirklichkeit aber mit der Eiablage warten müssen, bis der Wirt im geeigneten Ent- wicklungsstadium vorhanden ist. Viele Ichneumonen und gerade die auch im Kiefernspanner lebenden Schmarotzer der Nonne müssen zu diesem Zweck sogar überwintern.), noch wird b) durch Aufbringen der Streu in Haufen und Wälle der Schädling dem Wirkungsbereich der Ichneumonen undTachinen entrückt. c) Es wird aber auch nicht das Auskommen des Schmarotzers durch die Streuhaufen usw. verhindert. • Denn es konnte nachgewiesen werden, daß ganz besonders große Hindernisse solcher Art, die der Schmetterling niemals zu überwinden vermag, von seinen Schmarotzern (Ichneumonen und Tachinen) spielend leicht durchbrochen werden. 2. Die Mehrzahl der aus dem Spannermaterial gezüchteten Ichneumonen und Tachinen sind teils von mir selbst schon früher auch aus der Nonne erhalten worden, teils sind die in Frage kommenden Arten seit längerer Zeit in der forstlichen Literatur als notorische Nonnenschmarotzer bekannt. Bei den wenigen übrig bleibenden Arten von Spanner-Ichneumonen ist ein Vorkommen in der Nonne physio- logisch durchaus möglich. Hinsichtlich der Vermehrung der Schmarotzer- insekten und Tachinen arbeitet also die Nonne dem Spanner vor und umgekehrt. 3. Die Verteilung der Ichneumonen (natürlich im ungünstigen Sinne!) im Fraßgebiet ist eine durchaus ungleichmäßige. In manchen Revieren sind sie selten, in manchen außerordentlich zahlreich. In dem einen treten nach dem Ergebnis von Zuchten im Laboratorium und von Beobachtungen an Ort und Stelle die Ichneumonen unter den Spannerschmarotzern so hervor, daß sie fast allein das Feld be- herrschen, in anderen Revieren sind wieder die Spannerraupen fast ausschließlich von Tachinen bewohnt. Z. B. wurden aus Neustädter Material fast ausschließlich, und zwar in enormer Zahl (70*^/0 Befall), Tachinen erzogen, aus Wildunger Material dagegen ebenso ausschließ- lich Ichneumonen. Wie bei so manchen Punkten der Spannerbiologie (und der Biologie anderer Schädlinge) sind also aus voreiliger Verallgemeinerung eines lokalen Befundes schiefe und irreführende Anschauungen ent- standen und in die forstzoologische Literatur übergegangen, wie eben Jahresbericht der Vereinigung für ange'wandte Botanik IX y 98 Max Wolff. z. B. die, daß bei der Dezimierung des Kiefernspanners die Schlupf- wespen die erste Rolle spielten im Gegensatz zu den Tachinen, die wieder für die Vernichtung von Nonne und Eule von der weitaus größeren Bedeutung seien. 4. Die Ichneumonen zeigen als Puppen (in der Puppenhülle des Wirtes liegend) eine auffallende Widerstandsfähigkeit gegen große Trockenheit, gegen große Feuchtigkeit und die die Wirtspuppen an- greifenden Fäulnisprozesse. 5. Die Ichneumonen und Tachinen erwerben während ihres Schmarotzerlebens gewisse, durch niederste tierische Parasiten erzeugte Krankheiten ihres Wirtes („Polyeder"-, richtiger Wipfelkrankheit, Chlamydozoen-Krankheit) des Kiefernspanners, ohne äußerliche Ver- änderungen zu zeigen und Störung ihres Wohlbefindens zu erleiden. Dieses Verhalten wurde von mir schon früher an zufällig ebenfalls aus Westpreußen stammenden Spannerpuppen, die krank (= Chlamydozoen-krank) und gleichzeitig von Ichneumonen und Tachinen besetzt waren, entdeckt und jetzt an den Puppenmaterialien aus der Tucheier Heide, besonders solchen, die aus den Revieren Junkerhof und Königsbruch stammten, wieder bestätigt gefunden. Außer dem vorhin über die Bedeutung der Beziehungen zwischen Nonne- und Spannerschmarotzern Gesagten wird also auch die eben erwähnte Identität der Chlamydozoonose von Nonne und Spanner Mitberücksichtigung bei der Wahl der zu ergreifenden Gegenmaßregeln verdienen. Es erscheint nach alledem zweifellos — und mehrere Revierver- walter konnten diese Annahme bestätigende Beobachtungen machen — , daß die von mir neuentdeckte Spannerkrankheit ihren Ursprung in irgendwelcher Weise bei den, in vorhergehenden Jahren oder gleich- zeitig fressenden Nonnen genommen hat, die nachweislich wipfelkrank waren. Daß nach dem oben Mitgeteilten die Schmarotzerinsekten, die ja beiden Schädlingen gemeinsam sind, eine Rolle bei der Über- tragung spielen werden, ist mehr wie wahrscheinlich. Die Bekämpfung des Kiefernspanners. Von den gegen den Kiefernspanner empfohlenen Methoden hat sich bei dem letzten großen Fraß das Zusammenharken der Streu- decke in genügend große Wälle und Haufen ausgezeichnet bewährt. Nicht bewährt haben sich zwei an und für sich rationell erscheinende Mittel: der Eintrieb von Schweinen und Hühnern. über Biologie und Bekämpfung des Kiefernspanners. 99 Diese Maßnahmen scheitern an der Ungunst der Verhältnisse, wie sie sich in rauhen, unwirtlichen Heidegebieten nun einmal unabänderlich realisiert finden. Näher kann ich heute auf diese Methoden leider nicht eingehen. Es sei mir nur gestattet, einiges über die Wirkung der Streu- haufen auszuführen. Es wurden von mir Beobachtungen im Fraß- gebiete selbst, außerdem aber auch eine ganze Reihe von Experi- menten auf dem Versuchsfelde der Abteilung angestellt, und zwar über die hemmende und den Spanner zurückhaltende Wirkung ver- schieden hoher Haufen, Verlauf der Erhitzung, Entwicklung der Puppen auf mit Streu bedecktem und von Streu entblößtem Sande usw. Diese Versuche bestätigen im wesentlichen ältere Angaben. Heute eingehend über diese Versuche zu berichten, würde uns zu weit führen. Hervorzuheben wäre folgendes : Es war für eine richtige Beurteilung der Bekämpfungsfrage sehr wichtig, daß mir in dem Revier Charlottenthal (Bez. Marienwerder) und in den Revieren Neustadt und Gohra die verschiedenen Methoden des Losmachens und Zusammenbringens der Bodendecke (Rechen, Abplaggen, Eggen) praktisch vorgeführt wurden, so daß ich das Gesehene mit meinen Beobachtungen über die verschiedene Be- schaffenheit der Streudecke in den einzelnen Revieren in Beziehung bringen konnte. Es ergab sich dabei als ein entschieden für die ganze Be- kämpfung sehr glücklicher Umstand, daß die nur mit sehr großen Unkosten zu bewältigenden Streudecken (soweit sie nicht wegen ihres unterholzartigen Bewuchses für den Spanner außer Frage kommen) sämtlich für diejenigen Reviere charakteristisch sind, in denen der Spannerfraß ohnehin wegen der klimatischen Verhältnisse (vergl. das oben Ausgeführte) weniger verhängnisvoll wird, und daß sie ferner in einen so dichten Filz, dicht über dem mineralischen Boden, übergehen, daß ein einfaches Umdrehen der Bodendecke in größeren Plaggen mit der Plaggenhacke schon genügt, um den Spanner am Ausschlüpfen ebenso sicher zu verhindern, als ob er in einem hohen Haufen läge. Es fällt dann das besonders teure Aufbringen der schweren Plaggen in Haufen ganz fort. Wo die lebende Bodendecke nicht so stark entwickelt ist und wo sie vor allem keinen intensiven Beerkraut-, Heidekraut- oder Unterholzwuchs trägt, da sind auch die Bedingungen gegeben, unter denen der Spannerfraß wirklich unter allen Umständen, außer etwa, wenn sehr starker Befall durch Schmarotzer oder 100 Max Wolff. Dezimierung durch andere Krankheiten vorliegt und rechtzeitig fest- gestellt wird, sofort (ohne daß man sich erst auf die natürlichen Bundesgenossen verläßt) energisch durch Zusammenbringen der Streu in genügend hohe, feste Wälle bekämpft werden soll. Das läßt sich mit den zur Verfügung stehenden Geräten: Harke, Kranoldscher Grubber, Eh 1er t sehe Egge — je nach Stärke und Festigkeit der Streudecken anzuwenden, — in völlig befriedigender Weise, sowohl was den Erfolg als was die Kosten anlangt, erreichen. Alle in Frage kommenden Faktoren, sowohl die in der Lebens- weise des Schädlings und der seiner Feinde als wie die im Walde pflanzenphysiologisch und physikalisch realisierten, drängen geradezu auf diese Art der Bekämpfung des Schädlings hin. Über die einzelnen Ausführungsarten der Methode ist meist dann eine negative Kritik geübt worden, wenn der Beurteiler nur die be- sonderen Verhältnisse bestimmter Reviere im Auge hatte, für die eben der betreffende Modus der Ausführung von vornherein nicht berechnet war. Man darf nicht von einem Grubber, der für die Nadel- und Hungermoos -Decke eines typischen dürren Tucheier Heide - Reviers konstruiert ist, verlangen, daß er nur mit der Plaggenhacke zu be- wältigende Bodenteppiche befriedigend bearbeitet, wie sie selbst auf Dünensand stockende Bestände bei genügender Feuchtigkeit • des Bodens hervorbringen. Was haben wir aus dem letzten Auftreten des Kiefernspanners gelernt? Als wichtigstes Ergebnis der zoologischen Untersuchungen im westpreußischen Spannerfraßgebiet und der Verwertung der dort im Laufe der letzten Jahre gemachten Beobachtungen wird die Fest- stellung zu betrachten sein, daß die Kgl. Regierung mit vollem Rechte in den Fraß- gebieten der südöstlichen Tucheier Heide eine energische und großangelegte Bekämpfung des Spanners durch Streu- harken durchgeführt hat. Zu dieser Feststellung hat nicht etwa eine vage Interpretation und auf solche gestützte ursächliche Verknüpfung von Maßnahmen und Endbefund geführt, sondern es kann mit aller Bestimmtheit aus der Untersuchung des im Frühjahr mir zugegangenen Puppenmateriales, ferner der ebenfalls von mir selbst an Ort und Stelle vorgenommenen über Biologie und Bekämpfung des Kiefernspanners. 101 späteren Prüfung der in den Streuwällen enthaltenen Puppen und der im Bestände wahrnehmbaren Unterschiede des Wiederbegrünens verschieden behandelter Bestände gefolgert werden, daß 1. das Streuharken und Zusammenbringen der Streu in Wälle eine rationelle Methode der Spannerbekämpfung ist (Die Methode ist als rationell zur Spannerbekämpfung seit 1814 — im damaligen Fürstentum Saalfeld — bekannt und zwar auch in allen wichtigen Einzelheiten schon damals richtig erkannt und verstanden worden; auch zu Ratzeburgs Zeit ist sie mit Erfolg — 1866 in Cösliner Privatforsten — ausgeführt worden. Sie ist also durchaus nicht etwa neueren Datums ebenso wenig wie der Schweineeintrieb. Das scheint aber vielfach irrigerweise angenommen zu werden). 2. Daß die natürlichen Schädlichkeiten (Nachstellungen durch Insektenfresser, Schmarotzer, Krankheiten anderer Art, Witterungsunbilden usw.) in dem am schwersten betroffenen Teil der Tucheier Heide (speziell in den Revieren Junkerhof, Königsbruch und Rehhof) entweder viel zu geringfügig wäh- rend des Verlaufes der Epidemie in Aktion getreten sind oder keineswegs die Wirkung haben konnten, die ihnen ganz irrigerweise immer wieder von vielen Forstleuten zugeschrieben wird (große Frostbeständigkeit von Raupe und Puppe!), so daß es höchst verhängnisvoll gewesen wäre, wenn man sich darauf verlassen und darauf gewartet hätte, daß diese Fak- toren der Spannerkalamität ein natürliches Ende bereiten sollten. Es ist eben ein großer Unterschied, ob, wie z. B. in Junkerhof, nach mehrjähriger Dauer eines starken Fraßes erst ein sehr geringer Schmarotzerbestand sich entwickelt hat, oder ob, — wie z. B. in Wildungen und dann vor allem auch in Neustadt, — ein durchschnittlich viel schwächerer oder aber ganz lokaler Fraß bei einem die Wiederbegrü- nung stark begünstigenden Klima (Neustadt) und einer ge- radezu enormen Anreicherung der Schmarotzerfauna im Bestände (bis 80 u. 90 'Vo Tachinen und Ichneumonen wurden aus den Spanner-Puppen dieser Reviere gezüchtet) vorliegt. Unter solchen Verhältnissen ist es ohne weiteres verständlich, daß in dem einen Falle (z. B. in Junkerhof) die Wirkung des Streu- harkens, einer Bekämpfungsmethode, die ihrem ganzen Wesen nach von vornherein als zweckmäßig betrachtet werden durfte, sehr deutlich, in dem anderen Falle (z. B. in Wildungen) Avenig oder gar nicht zu 102 M. Wolff, Über Biologie und Bekämpfung des Kiefernspanners. sehen war, daß ferner in dem einen Falle (es sei wieder auf Junker- hof Bezug genommen) das Unterlassen (unfreiwilligerweise, weil die Arbeitskräfte nicht ausreichten) des Harkens sich schon im nächsten Jahre als sehr verhängnisvoll erwies, weil die Bäume nunmehr den Rest bekamen, sich später nicht wieder begrünten und abstarben, während in dem anderen Falle zum Teil die Epidemie ein natür- liches Ende fand, zum Teil die mehrfach befressenen Bestände infolge der hohen Luftfeuchtigkeit, reichlicher Taubildung usw. ein weit höheres Maß von Widerstands- und Regenerationsfähigkeit besaßen. Fritz Krause, Eine Blattfleckenkrankheit am Getreide. 103 Eine Biattfleckenkrankheit am Getreide. Von Fritz Krause, Bromberg. (Aus der Abteilung für Pflanzenkrankheiten des Kaiser Wilhelms-Instituts für Landwirtschaft in Bromberg.) Im Sommer 1908 erhielt die Abteilung für Pflanzenkrankheiten von dem Besitzer eines größeren Gutes aus dem Süden der Provinz Posen folgende Mitteilung: „Auf meiner Feldmark macht sich seit einigen Jahren bei allen Kulturpflanzen eine Kjankheitserscheinung bemerkbar, welche recht unangenehme Folgen hat. Die Pflanzen bekommen eine gelbgrüne Farbe und gehen teilweise ganz ein. Die Krankheit erscheint immer auf denselben Stellen; besonders zeigen sich derartige Flecke auf leichterem Boden. Vor einigen Wochen habe ich einige Roggenpflanzen zur Untersuchung an die Versuchs- station in Posen gesandt und erhielt zur Antwort, daß die Erkrankung durch die Hessenfliege erzeugt würde. Die Krankheitserscheinungen traten besonders auf bei sämtlichem Getreide, Kartoffeln, Rüben, Klee, Serradella, also bei allen Früchten, die hier gebaut werden. Da nun die Flecke größer werden und neue hinzukommen, wäre es er- wünscht, wenn eine Besichtigung von sachverständiger Seite erfolgen könnte, um die Ursache zu ergründen." Eine im Juni vorgenommene Besichtigung durch Dr. Schander ergab denn auch, daß die vom Besitzer beschriebenen Erscheinungen tatsächlich, sowohl in der Winterung als auch in der Sommerung, große Ausdehnung angenommen hatten. Die kranken Stellen zeich- neten sich schon von weitem durch dünnen Stand und helle Farbe aus. Oft nur wenige Quadratmeter umfassend, hatten sie auf anderen Feldern die Größe von ^ 2 Morgen und mehr. Da der Bestand zur Zeit der Besichtigung schon teilweise verschwunden war, oder aber die noch verhandenen Pflanzen bei krankhaftem Aussehen doch nur sehr geringen Körnerertrag geben konnten, war eine große Schädigung 1Q4 Fritz Krause. des Ertrages ganz offensichtlich. Zunächst hatte es den Anschein, als wenn Bodenverhältnisse die Krankheit bedingten. Die damals vorgenommenen Erduntersuchungen zeigten jedoch, daß selbst in größerer Tiefe der zwar leichte Boden keine besonderen Beschaffen- heiten aufwies. Kiesgallen konnten in keinem Falle nachgewiesen werden, ebensowenig ließ sich an Ort und Stelle ein bestimmter Schädiger feststellen. Bei späteren Untersuchungen erkrankter Weizen- pflanzen fanden sich in den unteren und mittleren Blattscheiden im Halme die Larven von Clinodiplosis equestris in Gestalt roter 1 mm langer Maden. Zwei andere Proben von Gersthafer zeigten Befall mit Fritfliege. Als Ursache der eigenartigen vorliegenden Krankheits- erscheinungen konnten diese Schädlinge aber nicht angesprochen werden , da an in derselben Weise erkrankten Pflanzen von anderen Schlägen die genannten Schädlinge nicht festgestellt werden konnten. Auch weitere Einsendungen und Untersuchungen wollten zu keinem positiven Resultate führen. Da die Krankheit sich im Jahre 1909 weiter verbreitete und auch in der Winterung 1909/10 größere Dimensionen angenommen hatte, wurde ich mit den weiteren Untersuchungen an Ort und Stelle beauftragt. Mit Hilfe eines auf dem Gute eingerich- teten Laboratoriums konnte ich die Krankheit an Ort und Stelle studieren und hatte dadurch auch Gelegenheit, tägliche Beobachtungen auf den Feldern anzustellen. In den Jahren 1900 — 1905, in welchen die Krankheit schon von dem Pächter des Rittergutes A. beobachtet wurde, blieb sie nur auf einige Schläge lokalisiert, ohne daß dabei die typischen Beschädigungen an den genannten Pflanzen besonders deutlich zum Ausdruck ge- kommen wären. In der Folgezeit, namentlich aber in den letzten beiden Beobachtungsjahren 1909/10 vergrößerten sich die erkrankten Feldstellen zusehends, und die Krankheit setzte gleich von Anfang an mit einer auffallend starken Intensität ein. Selbst Schläge, die noch nie ähnliche Erscheinungen merken ließen, wurden von ihr heim- gesucht. Nach und nach bildeten sich aus ganz kleinen unschein- baren Infektionsstellen größere Krankheitsherde aus. Wo en infolge günstigerer Bodenverhältnisse den Pflanzen auch gelang, sich noch am Leben zu erhalten, blieben sie doch dauernd geschwächt, so daß z. B. die Winterung nach einem leichteren Regen am 7. Mai schon starkes Lagern aufwies, während die gesunden Pflanzen nicht von demselben benachteiligt wurden. Schon im Herbste und während des Winters 1909/10 zeigten sich die ersten sichtbaren Schäden in mehr oder weniger großer Aus- Eine Blattfleckenkiankheit am Getreide. 105 dehnung nesterweise auf verschiedenen Roggen- und Weizenschlägen. Die Krankheitssymptome waren dabei so typisch, daß es ohne weiteres leicht wurde, die betreffenden Stellen schon aus größerer Entfernung deutlich wahrzunehmen. Namentlich ließen sie sich während der Mo- nate November und Dezember im Winterweizen gut beobachten. Im Anfang April war der Stand des Getreides auf den erkrankten Stellen z. T. schon ein sehr kümmerlicher. Später ließen sich ganz analoge krankhafte Vegetationszustände auch an der Sommerung, an Lein, Pferdebohnen und Rüben beobachten. Gewöhnlich nahmen sie dort größere Dimensionen an, wo es sich um etwas leichteren Boden handelte. Ebenso wiesen die frühzeitig bestellten Saaten einen in- tensiveren Krankheitsbefall auf als die später bestellten. Die Ausdehnung der Krankheit beschränkte sich nicht nur auf das engere Untersuchungsgebiet, sondern ließ sich auch auf einigen Rustikalfeldern der Nachbarschaft feststellen, ebenso später in anderen Teilen der Provinz. Ein ganz eigenartiges Bild bezüglich der Krank- heitsverbreitung bot u. a. ein in bäuerlichem Besitze befindliches Feld in der Nähe des zum Rittergute C. gehörigen Vorwerks D. in- sofern, als die eine Hälfte besagten Terrains sehr stark unter der Krankheit zu leiden hatte, während die andere einen vollkommen normalen Pflanzenbestand zeigte. Die Grenzlinie zwischen erkrankten und gesunden Pflanzen hielt hier fast genau die Mitte des Schlages inne. Selbst für einen ungeschulten Beobachter entstand so ein äußerst prägnantes, weithin sichtbares Bild in der Abgrenzung ge- sunder und kranker Roggenpflanzen. Das allgemeine Krankheitsbild bestand anfänglich darin, daß die erkrankten Feldstellen einen gelblichgrünen bis gelblichweißen Farbenton annahmen, und infolge dieses auffallenden Kolorits sich als scharf begrenzte Stellen von ihrer Umgebung deutlich abhoben. Gleichzeitig ließ sich auch, im Verhältnis zu den normalen Beständen, ein kümmerhches Wachstum auf diesen Stellen beobachten. Mit fortschreitender Vegetation wurde der Wachstumsrückstand immer merklicher, und endlich gingen die von der Krankheit betroffenen Pflanzen gänzlich ein, so daß daraus später große Fehlstellen in den übrigen gesunden Beständen resultierten und einer üppigen Unkrautflora Platz machten. Am häufigsten war sie vertreten durch Cirsium arvense, Änthemis arvensis, Papaver rhoeas, Centaurea cyanus und Equisetum arvense, wiewohl auch andere Unkräuter reichlicher vorhanden waren. Bald nach Eintritt der ersten Blattverfärbungen zeigten die ßlattspreiten der kranken Pflanzen an verschiedenen Stellen und in 106 Fritz Krause. sehr verschiedener Ausdehnung hellere Flecke, an denen die Blätter später umbogen und wie welk — besonders an den Getreidehalmen — herunterhingen. Im weiteren Krankheits verlauf bräunten sich dann die erwähnten Flecken und die Blätter starben endlich unter lokaler Braunfärbung gänzlich ab. Dies typische KrankheitsVnld wurde jedoch — so auch im Frühjahr 1910 — oft durch die gleich- zeitige Anwesenheit eines starken Fritfliegenbefalls sehr nachteilig beeinflußt und gab dann ganz unbestimmte Eindrücke von dem eigentlichen Aussehen der primären Beschädigungen, zumal der Frit- fliegenbefall sich in der Hauptsache auf die kranken Feldstellen beschränkte. Die von der Fritfliege verschont gebliebenen Pflanzen verhielten sich aber habituell ganz verschieden von jenen und zeigten für die einzelnen Pflanzenarten nachstehende Krankheitsbilder: Winterweizen. Das anfängliche Dunkelgrün der relativ üppig entwickelten Blattmassen schlägt zunächst in einen hellgelblich- grünen Farbenton um. Schon nach kurzer Zeit hängen die verfärbten Blätter wie bei anhaltender Trockenheit umgebogen und schlaff an den Halmen herunter und verraten die ersten Spuren eines beginnen- den Fleckigwerdens. Nach und nach treten die Flecke immer deut- licher hervor, gehen ineinander über und erstrecken sich endlich über größere Blattpartien. Die Flecke selbst sind gelblich oder weißlich gefärbt, unregelmäßig und ohne irgendeinen scharf abgesetzten farbigen Rand. Entweder treten sie zuerst in der Mitte oder an der Basis der Blattspreite auf und es erfolgt dann später, nach Zerstörung der Blatt- gewebe, an diesen Stellen ein Umknicken der Blätter. Seltener nehmen sie ihre Anfänge in der Spitzenregion des Blattes. Die so erkrankten Weizenpflanzen bleiben bald sehr stark in der Entwicklung zurück, oder sind schon vollkommen von der Oberfläche verschwunden resp. nur als abgestorbene Reste noch wahrnehmbar. Das Wurzel- system der Pflanzen erschien noch vollkommen normal, jedenfalls ließen sich bei der Untersuchung merkbare Anomalien nicht feststellen. Roggen. Ein ganz analoges Krankheitsbild wie beim Weizen, nur daß hier die Flecke nicht so häufig waren und sich meistenteils mehr auf die Blattmitte beschränkten. Hafer. Am ehesten und intensivsten treten die obigen Blatt- beschädigungen am Hafer auf, ebenso zeigte sich auch ihre Aus- dehnung hier am größten. Gerste. Obwohl die gleichen Krankheitssymptome wie für die anderen Getreidearten auch für die Gerste gelten, treten sie im Vergleich zu jenen doch nicht mit derselben Schärfe hervor. Wenn Eine Blattfleckenkrankheit am Getreide. 107 eich auch hier die hellgelben Verfärbungen der Blätter weithin sicht- bar von dem Dunkelgrün der normalen Pflanzen abheben, konnten die charakteristischen Flecke auf denselben weniger häufig beobachtet werden. Nach dem ganzen Verhalten der kranken Pflanzen auch in den späteren Entwicklungsstadien zu urteilen, scheint die Gerste gegen die fraglichen Krankheitserreger am widerstandsfähigsten von den Halmfrüchten zu sein. Lein. Beim Lein erstreckte sich die Blattverfärbung nicht wie bei den bisher genannten Pflanzen gleichmäßig über den ganzen vegetativen Apparat, sondern begann an den oberen Pflanzenteilen und griff nur ganz langsam auf die unteren Blätter über, die aber auch die typischen Flecken trugen. Allmählich starben die fleckigen Blätter unter Braunfärbung ab und ebenso nach kümmerlichem Wachstum die ganze Pflanze. Pferdebohnen. Umgekehrt wie beim Lein verfärbten sich an den Pferdebohnen zunächst die unteren Blätter, bräunten sich und starben ab, ohne jedoch die typischen Flecke zu entwickeln. Das Wachstum der Pflanzen war zwar auch kümmerlich, schien aber doch wohl mehr durch nicht zusagende Bodenverhältnisse begründet zu sein. Zuckerrüben. Das anfänglich gute Wachstum der Zucker- rübenpflänzchen zeigte plötzlich einen auffallenden Stillstand. Zeit- weise schleppten sich die Pflanzen nur mühsam dahin, bekamen dann gelbe Blätter und gingen vereinzelt ein, wobei Blattflecken und -bräunung fehlten. Möhren und Kartoffeln. Die während der Beobachtung untersuchten Mohrrüben und Kartoffeln blieben von der Krankheit verschont. Auch bei späteren Besichtigungen waren irgendwelche Anzeichen für dieselbe nicht zu beobachten und die Pflanzen gesund. Am stärksten und schnellsten wurden von den Getreidearten Hafer und Weizen von der Krankheit befallen, dann folgten Roggen und endlich Gerste; diese blieb am widerstandsfähigsten. Ein ganz interessantes und sehr instruktives Bild für die Krankheits- intensität und die Widerstandsfähigkeit der Halmfrüchte bot ein größerer Schlag Gersthafer. Auf den erkrankten Stellen des Schlages war Anfang Juni von dem genannten Gemenge nur noch die Gerste sichtbar, wogegen die Haferpflanzen schon zum größten Teile ab- gestorben oder äußerst stark erkrankt waren, während die Schäden der Gerste weniger offensichtlich zutage traten. Abgesehen von einem stärkeren Fritfliegenbefall konnten bei der mikroskopischen Untersuchung der abgestorbenen Blätter und Blatt- 108 Fritz Krause. Partien eine Anzahl ganz typischer Getreidepilze konstatiert werden. In den Blattflecken selbst ließen sich jedoch in keinem Falle Orga- nismen irgendwelcher Art feststellen, weder in den ersten Anfangs- stadien derselben noch in ihren Endstadien. Ebensowenig wollte es auch gelingen, durch Einbringen der Blattfleckenfragmente in und auf Nährböden etwaige Krankheitserreger aus ihnen zu isolieren. Auf den abgestorbenen Blättern oder solchen, bei denen die Absterbe- erscheinungen schon recht weit fortgeschritten waren, ließen sich von Pilzen feststellen : Cladosporium herbarum , Ascochyta graminis, Septoria graminum, Erysiphe graminis, Sclerotium rhizodes, Sco- lecotrichum graminis und Rostpilze. Wie eingangs bereits erwähnt, ließ das Krankheitsbild zunächst auf ungünstige Bodenverhältnisse schließen. Die bis zu 2 m Tiefe vorgenommenen Bohrungen im Jahre 1908/09 ließen Unterschiede in den Bodenverhältnissen kranker und gesunder Stellen desselben Schlages nicht feststellen. Da auch die im Frühjahr 1910 vor- genommenen Bohrungen keine wesentlichen Unterschiede erkennen ließen, wurde auf weitere Untersuchungen nach dieser Richtung hin verzichtet. Die Konstitution des Bodens hatte nur insofern einen Einfluß auf die Ausbreitung und die Intensität der Erkrankung, als die Hauptinfektionsstellen immer auf leichteren Bodenstrichen lagen. Besonders möchte ich bei dieser Gelegenheit aber noch hervorheben, daß der Kalkgehalt einmal auf den gesunden, ein anderes Mal auf den kranken Stellen ein höherer war. Nach Festlegung des Krankheitsbildes und der Ausbreitung der Krankheit auf den einzelnen Schlägen sollte nun mit Hilfe der auf- gefundenen Organismen versucht werden, die Krankheit rein will- kürlich zu erzeugen. Diesem Zwecke diente eine Reihe von Topf- und Feldversuchen. Für die ersteren wurden größere Blumentöpfe mit Erde, die aus der Gärtnerei eines benachbarten Gutes stammte und bisher nie Getreide getragen hatte, gefüllt und in diese Sommer- weizen eingesät. Nachdem die Weizenpflänzchen eine Größe von etwa 10 cm erreicht hatten , wurden sie mit den von kranken Pflanzen isolierten Pilzen infiziert, und zwar erhielten die Pflanzen von je vier Töpfen einen Sporenaufguß von Scolecotrichum graminis, Septoria graminis und Ascochyta graminis. Auf einer weiteren Versuchsreihe wurden die Blattfragmente der Blattflecken kranker Pflanzen befestigt. Die Töpfe der letzten Versuchsreihe wurden end- lich mit Erde von erkrankten Feldstellen versehen und zwar wurde diese nur oberflächlich in einer etwa 1 cm dicken Schicht auf die Eine Blattfleckenkrankheit am Getreide. 109 Versuchstöpfe ausgestreut. Vier weitere Töpfe blieben als Kontrolle unbehandelt. Mit Ausnahme der Versuchsreihe, bei welcher Erde auf die Töpfe gebracht worden war, entwickelten sich alle Pflanzen normal, ohne daß also eine Infektion zustande gekommen wäre. Ein Küm- mern, Gelbwerden der Blätter oder Auftreten von Blattflecken im Sinne der erkrankten Feldpflanzen ließ sich in keinem Falle be- obachten. Anders bei den Töpfen mit der Erdinfektion. Wenn auch bei ihnen die Anzeichen der zu eruierenden Krankheit nicht be- sonders prägnant waren, so zeigten sich doch wenigstens Spuren hierfür. Bei eingehender mikroskopischer Untersuchung des Wurzel- systems konnten in den feineren Faserwürzelchen Rübennematoden festgestellt werden und Mitte Juni waren die Wurzeln mit den schon makroskopisch sichtbaren Cysten des genannten Nematoden besetzt. Das Auftreten von Nematoden an den erkrankten Pflanzen wies dar- auf hin, daß sie durch die Erde von den erkrankten Feldstellen in die Töpfe übertragen worden waren, und es erschien daher der Schluß berechtigt, die Nematoden als die fraglichen primären Krankheits- erreger in Betracht zu ziehen. Gleichzeitig mit den Topfversuchen gelangte ein Feldversuch auf einem verseuchten Feldstück zur Ausführung. Aus der erkrankten Stelle eines Weizenschlages wurde hierzu ein 200 qm großes Versuchs- stück herausgeschnitten, umgepflügt und zur Saat hergerichtet. Da nach den sonst sehr zuverlässigen und einwandfreien Beobachtungen des Pächters das Auftreten der Krankheit nicht an eine bestimmte Frucht gebunden sein, sondern sich auf allen angebauten Pflanzen beobachten lassen sollte, gelangten auf dem Versuchsstück alle die landwirtschaftlichen Kulturpflanzen zur Aussaat, die in dem Beobachtungsgebiete gebaut wurden und zwar: 1. Gerste, 2. Hafer, 3. Weizen, 4. Pferdebohnen, 5. Zuckerrüben, 6. Möhren, 7. Lein, 8. Rotklee, 9. Weißklee und 10. Kartoffeln. Die Anbauversuche zeigten denn auch sehr bald, daß es sich um einen Krankheitserreger handelte, der sich nicht nur auf die Getreidearten beschränkte, sondern auch auf andere Pflanzen über- zugehen in der Lage ist. Schon kurz nach dem Aufgehen wiesen Hafer und Weizen die zweifelhaften Flecken auf und in ihrem Wurzelinnern Nematoden. Die Gerste war widerstandsfähiger und blieb ohne Flecken, obwohl auch bei ihr Nematoden nachgewiesen werden konnten. Rüben zeigten eine gelbliche Farbe und beherbergten zahlreiche Nematoden, ebenso fanden sich im Lein die genannten 110 Fritz Krause. Tiere ; bei diesem waren zudem wieder die charakteristischen Flecke bemerkbar. Kartoffel , Klee und Möhren zeigten in unsern Ver- suchen keinerlei Beschädigungen. Im Laufe der Vegetationedauer trat das Krankheitsbild an den Versuchspflanzen immer stärker hervor. Anfang Juni waren von den Haferpflanzen nur noch vereinzelt kümmerliche kleine Pflanzen übrig geblieben. In noch stärkerem Grade hatte der Weizen gelitten, von dem sämtliche Pflanzen der ganzen Versuchsparzelle zugrunde gegangen waren. Die Gerste war in ihrem Wachstum weniger stark beeinflußt worden; aber auch sie blieb in ihrer Entwickelung gegenüber dem zu derselben Zeit ausgesäten Weizen eines gesunden Nachbarschlages zurück. Ihre Bestockung war eine relativ geringe, die Halme kurz und schwach und nur vereinzelter war die Bildung von Ähren zu beobachten. Bei den Rüben und Pferdebohnen zeigten sich dagegen die Beschädigungen weniger sichtbar, besonders die letzteren hatten sich sichtbar erholt und die Erkrankung scheinbar überwunden. Auf der Leinparzelle konnten größere Fehl- stellen nicht beobachtet werden. Die Pflanzen kümmerten aber eben- falls und zeigten bereits Anfang Juli Absterbeerscheinungen. Möhren und Kartoffeln hatten sich in normaler Weise weiter entwickelt und ließen irgend welche Krankheitssymptone nicht erkennen. Die Pflanzen zeigten im Gegenteil ein freudiges Wachstum und eine durchaus gesunde Farbe ihres Laubes. Ende Juli wurde der Versuch abgebrochen und die Versuchs- pflanzen eingehend untersucht. Wie bereits erwähnt, konnten als einzige Krankheitserreger nur Nematoden festgestellt werden und zwar fanden sich an allen Pflanzen, welche das charakteristische Krankheits- bild aufwiesen, an den Wurzeln die Cysten der Rübennematode. Da- gegen erwiesen sich alle gesunden Pflanzen als nematodenfrei. Auch diese Versuche schienen klar erkennen zu lassen, daß der Nematoden- befall mit der Krankheit der Pflanzen in ursächlichem Zusammenhang stehen müsse. Der Pächter des Gutes hatte bereits früher die Beobachtung gemacht, daß es durch eine starke Mergelung möglich sei, die Krankheit zu verringern. Bei der Aushebung eines Teiches hatte er nämlich den hierbei gewonnenen Mergel auf eine kranke Feldstelle gefahren, da die meisten Pflanzen hier schon abgestorben und die noch erhalten gebliebenen so stark erkrankt waren, daß sie keinen nennenswerten Ertrag mehr erwarten ließen. Im nächsten Jahre wurde das ganze Feldstück gleichmäßig mit Weizen bestellt. Während des Winters traten auf besagtem Schlage wieder die ersten Spuren der beginnenden Krankheit auf. Dabei blieben jedoch die Eine Blatt flecken krankheit am Getreide. m gemergelten Partien inmitten der kranken Feldstellen gesund und zeichneten sich scharf von ihrer Umgebung ab. Im Frühjahre hatte das Umsichgreifen der Krankheit schon rapide Fortschritte gemacht, und der Acker war bald mit hochgradig erkrankten Pflanzen bedeckt, so daß Mitte Juni schon große Fehlstellen im Bestände vorhanden waren. Bei den gemergelten Stellen, die anfänglich gesund waren, traten zu genanntem Zeitpunkt nur ab und zu kleine Infektions- stellen auf. Im großen und ganzen bheb jedoch die Wirkung des Mergels unverkennbar und bot einen Fingerzeig dafür, daß man eventuell durch höhere Kalkgaben dem Übel zu steuern in der Lage sei. Auf Grund dieser Beobachtung gelangte ein weiterer Versuch, ebenfalls auf einem erkrankten Feldstück, zur Ausführung, bei dem wir den einzelnen Parzellen verschieden große Mengen von Kalk und Kainit verabfolgten und zwar erhielten Parzelle a. Ätzkalk 20 Ztr. pro Morgen. b. Scheideschlamm 100 Ztr. pro Morgen. c. Kainit 10 Ztr. pro Morgen. d. Kainit 10 Ztr. pro Morgen und Ätzkalk 20 Ztr. pro Morgen. e. frei als Kontrollparzelle ohne Düngung. Als Versuchspflanze diente Gerste. Im Laufe der Vegetations- periode ließen die Pflanzen der Kontrollparzelle deutlich die typischen Symptome der Krankheit erkennen. In demselben Grade erkrankten die Pflanzen der Versuchsparzelle b, während die Krankheit auf der mit Ätzkalk beschickten Parzelle zwar ebenfalls deutlich, aber weniger stark zu erkennen war. Wesentlich günstiger wirkte die Kainitdüngung. Besonders zeigten die Pflanzen der Parzelle c, abgesehen von einem starken Fritfliegenbefall, einen kräftigen Wuchs. Krankheitsanzeichen ließen sich nur vereinzelt feststellen. Im Juni hatte sich das Krankheits- bild zu Ungunsten der Kalkversuche verändert. Die Parzellen, welche Kalk und Scheideschlamm erhalten hatten, blieben wie die Kontroll- parzelle nicht nur in ihrer Entwickelung stark zurück, sondern waren in hohem Maße erkrankt. Am gesundesten und kräftigsten entwickelten sich die Pflanzen auf der Parzelle c, die nur Kainit erhalten hatte. Selbst der Vorsprung in der Vegetation von 14 Tagen bei den Gersten- pflanzen der umliegenden Felder wurde innegehalten, ja sogar noch überholt. Die vorgenommenen Untersuchungen der Pflanzen von den geschilderten Versuchen ergaben wiederum das auffallende Resultat, daß die Wurzeln der erkrankten Pflanzen stark mit Nematoden besetzt 222 Fritz Krause. waren, während an den Pflanzen der Kainitparzelle keine solche gefunden wurden. So wies denn auch dieser Versuch darauf hin, daß der Nematodenbefall mit der Entwickelung der Pflanzen und dem Auftreten der Krankheit im Zusammenhang zu stehen scheine. Andererseits ergab er die auffallende Tatsache, daß bei starker Kainit- düngung die Nematoden die ihnen zusagenden Entwickelungsbe- dingungen nicht vorfinden Durch weitere Versuche wird jedoch erst festzustellen sein, ob die hier beobachtete Wirkung des Kainits eine allgemeine ist oder aber ob sie nur als zufällige angesprochen werden kann. Durch eine weitere Versuchsreihe sollte endlich ermittelt werden, ob es wohl möglich sei, bereits erkrankte Pflanzen durch starke Chili- salpeterdüngungen soweit zu kräftigen, daß sie die Krankheit bis zu einem gewissen Grade überwinden könnten. Die einzelnen Versuchs- parzellen erhielten 25, 50, 75 und 100 kg Chilisalpeter pro Morgen. Eine sichtbare Beeinflussung der allerdings schon stark erkrankten Pflanzen ließ sich nicht beobachten. Die geschilderten Anbauversuche in nematodenhaltiger Erde wurden in den verschiedensten Modifikationen auch an der Abt. f. Pflanzenkrankheiten in Töpfen wiederholt. Hierbei stellte sich heraus, daß die Rübennematode ohne weiteres von Rüben auf Weizen, von diesem auf Hafer, Lein usw. und umgekehrt von Weizen auf Rüben usw. übersiedelte. Die Hypothese, die Rübennematode spalte sich in verschiedene biologische Formen und diese infizieren je nach ihrer Anpassung Rüben oder eine andere Feldfrucht in höherem Grade, müssen wir für unsere Fälle auf Grund der gewonnenen diesbezüglichen Beobachtungen als wenig wahrscheinlich ansprechen. An Mohrrüben konnten bisher weder auf dem Versuchsgut noch in anderen Fällen von uns Nematoden festgestellt werden. Sie scheinen sogar die Ausbreitung derselben nicht unwesentlich behindern zu können, wofür der nach- stehende Fall ein ganz eklatantes Beispiel bot. Im Jahre 1909 hatte nämlich der Gutspächter einen Schlag zur Hälfte mit Möhren, zur anderen mit Zuckerrüben bestellt. Im darauffolgenden Jahre wurde der ganze Schlag gleichmäßig mit Rübenstecklingen versehen. Während sich zur genannten Zeit die Rüben auf der Schlaghälfte mit der Vorfrucht Möhren kräftig und gesund erhielten und einen durchaus normalen Stand besaßen, blieben die Stecklinge auf der anderen Schlaghälfte bald auffallend in ihrer Entwicklung zurück. Eine Feldbesichtigung im Juli ergab, daß die Stecklinge nach Zuckerrüben nur V/:! der Größe von den Pflanzen erreicht hatten, die nach Möhren standen. Dabei waren die Pflanzen schwach, mit gelber Belaubung und an den Eine Blattfleckenkrankheit am Getreide. 113 Wurzeln stark mit Nematoden besetzt; kurz, sie boten das Bild einer totalen Mißernte. Man konnte außerdem die Trennung zwischen den beiden Schlaghälften scharf und deutlich verfolgen, ich möchte sagen, die Hälfte war wie mit einer Meßrute gegeneinander abgegrenzt. Da, wie die Untersuchung zeigte, andere Krankheiten nicht vorlagen, konnten die geschilderten Wachstumshemmungen und das krankhafte Aussehen der Pflanzen nur auf Konto der Nematoden gesetzt werden. Mit Hilfe der Jodjodkaliumtinktion und nachfolgender Beobachtung in Glyzerin wurden in den Wurzeln des Wintergetreides Nematoden schon im November festgestellt. Auch an verschiedenen Unkräutern, die zwischen den Kulturpflanzen standen, wurden sie häufiger be- obachtet, so z. B. an Anthemis arvensis, Oeranium pratense, Sonchus oleraceus, Stellaria media, Atriplex hortensis, Solanum nigrum u. a. m. Auffällig muß es nun allerdings erscheinen, daß bei den Topf- versuchen in Nematodenerde, die an der Abt. f. Pflanzenkrankheiten ausgeführt wurden, es bisher niemals gelingen wollte, die typischen Krankheitsbilder wie bei den Feldversuchen zu erzielen. Die Versuchs- pflanzen beherbergten zwar in manchen Fällen ziemlich bedeutende Mengen von Nematoden, ebenso konnten später deren Cysten an ihnen beobachtet werden, aber die charakteristischen Krankheitsbilder des freien Feldes fehlten. Dafür zeigten sich meist nur bedeutendere Wachstumshemmungen und eine auffallend starke Entwickelung des Wurzelsystems, wobei die Ährenbildung häufig vollkommen unterblieb. Um über die Verbreitung der Nematoden und das Auftreten von Flecken während der Vegetationsperiode einigermaßen orientiert zu sein, wurden uns von dem Gutspächter in kleineren Zeitabschnitten Proben von kranken Feldstellen zur Untersuchung übersandt. Nach den Untersuchungsprotokollen erhielten wir für einen kranken Weizen, der in verschiedenen Zeiten demselben Felde entnommen worden war, nachstehendes Bild: Datum der l'rube 2. 5. 11. 10. 5. 11. Bemerkungen ül)er Aussehen Pflanzen schlecht aussehend, weich und gelb Gelbliches Aussehen , deutliches Auftreten von Flecken tlntersuchungs- ergebnis Jahresbericht der Vereiuigung für angewandte Botanik IX Viele Larven Massenhaft Larven 8 114 Fritz Krause. Datum der Probe Bemerkungen über Aussehen Untersuchunga- ergebnis 15. 5. 11. Pflanzen gelb, sehr spitz und zurück- geblieben Viele Larven 24. 5. 11. Durchweg gelbe Farbe, zurückge- blieben, deutliche Fleckenbildung Viele Larven 30. 5. 11. Dieselben Erscheinungen Massenhaft Larven 8. 6. 11. desgl. Massenhaft Larven u. sehr zahlr. Cysten 14. 6. 11. Durchweg klein und zurückge- Massenhaft Larven, blieben, gelbes Aussehen, ver- sehr starke Cysten - einzelt aus der Hose tretend bildung 22. 6. 11. Zurückgeblieben, z. T. geschoßt, Viele Cysten, zahl- Halme bis Vs m hoch reiche Larven Bei den Literaturstudien wurde ich nun auf eine Krankheits- erscheinung aufmerksam gemacht, die der von uns beobachteten habituell sehr ähnlich erschien und die auf eine Bodenalkaleszenz zurückgeführt wurde. Cl aussen -Heide berichtet in den Mitteilungen der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft von 1910, Heft 44, aus- führlicher hierüber und bezeichnet die hauptsächlich an Hafer auftretende Krankheit dort als „Dörrfleckenkrankheit" des Hafers. Nach seinen Schilderungen verlieren die unteren Halmblätter des Hafers im Mai oder Juni von ihrem Chlorophyll, vielfach oder meistens zuerst in der Mitte der ßlattspreite. Der Turgor läßt dann an diesen Stellen nach, so daß ein Einknicken der Blätter recht häutig die Folge ist, wobei der Farbenton mehr weißgelb wird. Die schwächeren Pflanzen gehen später gänzlich zugrunde. Die Ausbreitung der Krankheit vollzieht sich entweder in Flecken oder in Streifen. Feldstellen, die einmal erkrankt waren, zeigten sich bei der folgenden Neubestellung immer wieder zuerst krank, und von ihnen aus erfolgte die Weiter- verbreitung der Krankheit. Da, wie aus dem Gesagten ersichtlich, die habituellen Krankheitsbilder sich mit den von uns beobachteten vollkommen zu decken schienen, wandten wir uns mit der Bitte um Vergleichsmaterial an Herrn Dr. Cl aussen. Auch in den Wurzeln des uns in liebenswürdiger Weise übermittelten Materials konnten größere Mengen von Nematoden nachgewiesen werden, obwohl die Pflanzen einem Herbar entnommen waren. Auf Grund eines Ver- gleichs beider Krankheitsbilder und der Anwesenheit von Nematoden möchte ich die Vermutung aussprechen, daß wir es in beiden Fällen Eiue Blattfleckenkrankheit am Getreide. 115 mit einer ähnlichen, wenn nicht mit derselben Krankheit zu tun haben. Der Anschauung Claussens, die Flecken als eine Folge der Alkales- zenz anzusprechen, kann ich mich dann allerdings nicht anschließen. Im Sinne Claussens berichtet in dem Landwirtschaftlichen Jahrbuch Bd. 40 (1911), Heft 3/4, auch Hudig über eine eigentüm- liche Bodenkrankheit. Letzterer hatte sich die Dörrfleckenkrankheit des Hafers persönlich bei Claussen ansehen und feststellen können, daß diese mit den von ihm beobachteten, gleich zu erwähnenden Krankheitserscheinungen vollkommen übereinstimmen. Den Aus- druck „Dörrfleckenkrankheit des Hafers" bezeichnet er jedoch als nicht ganz zutreffend, da er die gleichen Krankheitsbilder bei allen Gramineen feststellen konnte. Nach seinen Berichten werden die Blätter kurz nach der Bestückung allmählich gelblich, wälirend sie sich schlapp anfühlen und dürre Stellen von eigentümlich grauer Farbe bekommen, an welchen sich das Blatt faltet und später um- knickt. Infolge dieser Identifizierung der vorliegenden Schäden mit den Beobachtungen Claussens würden dann auch unsere Krankheits- bilder den Hudigschen analog sein. Als Krankheitsursache führt auch Hudig die Alkaleszenz des Bodens an und meint weiter, daß die dem Boden einverleibten alkalischen oder physiologisch alkalischen Stoffe, zu welchen auch der Chilisalpeter zu rechnen sei, Schuld an den Krankheitserscheinungen seien, während die sauren und physiologisch saueren Substanzen günstig auf die Krankheit einwirken. Freie Säuren zeigen jedoch keine Wirkung. Kranke Pflanzen sollen nach ihm nur auf alkalisch reagierenden Böden auftreten. Hiermit steht allerdings eine weitere Angabe desselben in Widerspruch, daß nämlich die kranken Böden entweder neutral oder alkalisch reagieren und ferner, daß auf „kranken Erden" die Pflanzen trotz einer starken Kalkdüngung und hoher Gaben von Chilisalpeter gesund blieben. Um die Wirkung von alkalischen Stoffen bei hoher Salpeter- düngung zu studieren, benützte Hudig in einem seiner Versuche auch ein Grundstück, das seit „Menschengedenken" nicht gekalkt wurde. Das Resultat dieser Versuche war ein vollkommen gesunder Haferbestand, selbst bei starker alkalischer Bodenbehandlung. Die negativen Resultate bezüglich der Fleckenbildung deutet der Versuchs- ansteller dahingehend, daß mit diesen Versuchen demonstriert sei, das Krankwerden des Bodens sei ein Prozeß, zu dessen Verlauf eine ziemlich geraume Zeit unbedingt nötig ist. Sollten unsere Krankheits- bilder, wie wir nach dem Vergleich mit dem Claussenschen 116 Fritz Krause, Eine Blattfleckenkrankheit am Getreide. Material vermuten, sich auch tatsächlich mit den Hudigschen decken, wofür seine Beschreibung des allgemeinen Krankheitsverlaufs spricht, so würde der letzte von ihm angeführte Versuch eher für die von uns angenommenen Nematoden zeugen als für eine Boden- alkaleszenz. In diesem Falle wird es sich dann gewiß nur um einen Boden gehandelt haben, der noch nicht von Nematoden verseucht war. Interessant ist ferner die Beobachtung beider Versuchsansteller, daß gewalzte oder festgetretene Stellen in kranken Böden gesunde Pflanzen produzieren. Auch dieser Umstand würde eher zugunsten unserer Nematodentheorie sprechen, denn es ist nicht ersichtlich, in welcher Weise die Alkaleszenz, wenn diese allein für die Krankheits- bilder maßgebend wäre, durch das Walzen wirkungslos werden sollte. Ebensogut kann auch der Einfluß der Witterung auf die Ausbreitung und die Intensität der Krankheit, wie ihn Hudig anführt, bei etwa vorliegenden Nematodenschäden als maßgebend angenommen werden. Ein warmes, trockenes Wetter wird hier insofern befördernd für die Krankheit sein, als dann die Pflanzen versuchen werden, durch eine stärkere Bewurzelung Feuchtigkeit zu erlangen. Hierdurch werden aber ständig neue Wurzeln als Angriffsstellen für die Nematoden ge- schaffen und die durch die Trockenheit an und für sich schon ge- schwächten Pflanzen werden noch in bedeutend höherem Grade unter den Nematoden zu leiden haben. Gegen die von Hudig vertretene Alkaleszenztheorie würden auch die zum Teil günstigen Erfolge sprechen, die wir bei einer Mergelung des Bodens schon oben anführten. Für die von uns ver- tretene Anschauung, die vorliegenden Schäden auf Nematoden zurück- zuführen, mag auch noch der folgende Versuch, den wir im ver- flossenen Jahre in der Praxis durchführten, angeführt werden. Eine Feldstelle, die in besonders starker Weise die Krankheitserscheinungen zeigte, wurde tief (60 cm) rigolt. Im Verlaufe des letzten Sommers zeigte sich nun die Krankheit auf den ligolten Stellen nicht, wohl aber auf den nicht rigolten Rändern der markierten Krankheitsstelle. Die Untersuchungen über die von uns beobachteten und hier beschriebenen Krankheitserscheinungen sind z. Z. noch nicht abge- schlossen. Sollte sich der Verdacht jedoch bestätigen, daß die Nematoden als primäre Krankheitserreger tatsächlich in Frage kämen, so müssen weitere Beobachtungen noch zeigen, welche Wechselbe- ziehungen zwischen dem Nematodenbefall und dem Auftreten von Blatt- flecken bestehen und aus welchem Grunde die typischen Krankheits- bilder und die Fleckenbildung in den Topfkulturen bisher stets fehlten. R. Schänder, Einrichtuugen z. Erzielung niederer Temperaturen. II7 Einrichtungen zur Erzielung niederer Temperaturen für Versuchszwecke. Von Dr. R. Schander. (Aus der Abteilung für Pfianzenkrankheiten des Kaiser Wilhelms-Instituts für Landwirtschaft in Bromberg.) Zu den jedem ph^'siologischen Laboratorium notwendigen Ein- richtungen gehören solche, welche für die verschiedensten Zwecke die Erzielung konstanter Temperaturen unter 0 ermöglichen lassen. Dort, wo Mittel in unbeschränktem Maße zur Verfügung stehen, ist es bei dem heutigen hohen Stande unserer Kälteindustrie ein leichtes, Ein- richtungen zu schaffen, die auch den weitgehendsten Anforderungen genügen. Kleinere Institute, wie das unsrige, müssen sich aber mit einfacheren Einrichtungen behelfen. Meine Aufgabe soll es sein, Ihnen unter besonderer Berücksichtigung der in der Abteilung für Pflanzenkrankheiten vorhandenen und hier erprobten Kälteerzeugungs- und Kälteerhaltungsapparate einen kurzen Überblick derartiger An- lagen zu geben, ohne aber den Anspruch zu erheben, nur einiger- maßen erschöpfend sein zu wollen. Wir benötigen niedere Tempe- raturen besonders in der mikroskopischen Technik (Gefriermethode) und zu den verschiedensten physiologischen Versuchen. Von den uns bekannten Methoden zur Kälteentwicklung: Der Abkühlung 1. durch Strahlung und Leitung, 2. durch Expansion ohne Änderung des Aggregatzustandes und 3. durch Änderung des Aggregatzustandes (Lösung, Verdampfung, Verdunstung) kommen praktisch für unsere Zwecke nur die letzteren beiden in Betracht. Bei der Änderung der Aggregatzustände , bei der Umwandlung von festen Körpern in flüssige und bei Umwandlung von Flüssigkeiten in dampfförmige (Verdampfung, Verdunstung) findet, besonders in letz- terem Falle, fast gleichzeitig auch eine Volumveränderung statt. Diese Art der Kälteerzeugung ist bekanntlich schon seit langem j^j^g R. Schänder. bekannt und wurde z. B. im Altertum zur Kuhlhaltung des Trink- wassers in porösen Gefäßen verwendet. Wir bringen dieselbe Methode bei der Verwendung von tönernen Kulturgefäßen in Anwendung, die den großen Vorzug besitzen, sich weniger stark zu erhitzen als Metall- (Zink-) Gefäße. Wenn diese Eigenschaft z. T. der geringen Leitfähigkeit des Tones zugeschrieben werden muß, so wird sie doch auch durch die bei nicht besonders gut glasierten Tongefäßen immer vorhandene Verdunstung des von den Innenwänden aus dem Gefäßinhalt entnommenen Wassers bedingt. Andererseits wird man bei allen Versuchen, bei denen eine Ver- dunstung der Bodenfeuchtigkeit durch die Gefäßwände störend wirkt, Gefäße mit undurchlassenden Wänden (Metall, Glas oder glasierte Tongefäße) verwenden müssen, trotzdem diese sich bei Besonnung oft sehr stark erwärmen. Im Laboratorium verwendet man, um niedere Temperaturen zu erzeugen, dasselbe Prinzip. Nur benutzt man hier Flüssigkeiten, deren Siedepunkt möglichst niedrig liegt, wie Äther, Chloräthyl, Schwefelkohlenstoff, Kohlensäure, flüssige Luft usw. Indem man für schnellen Abzug der entstehenden Dämpfe sorgt, oder aber die be- treffenden Flüssigkeiten direkt in einen luftverdünnten Raum ver- dampfen läßt, erniedrigt man den Siedepunkt noch weiter und bewirkt durch die dadurch bedingte intensive Verdampfung natur- gemäß auch eine schnellere und intensivere Temperaturermäßigung. Hierauf beruht z. T. wenigstens die Kühlung mikroskopischer Prä- parate unter dem Mikroskop und die Einrichtung der Gefriertische der Mikrotome. Aber auch die größeren und kleineren Kältemaschi- nen , wie sie weiter unten beschrieben werden , arbeiten nach dem- selben Prinzip. Ebenso war es auch bereits im Altertum bekannt, daß zur Auflösung von Salzen Wärme benötigt wird und dadurch eine Abkühlung erreicht wird. Auf dieser Erscheinung beruht die Wirkung der sogenannten Kältemischungen, Bei der Kältemischung löst man Salze in Flüssigkeiten. Die dadurch erreichte Abküh- lung ist einmal von der Natur des Salzes bezw. der Misch- flüssigkeit, dann aber von der Umgebung abhängig. Der Nutzeffekt wird ein um so höherer sein, je wirkungsvoller man verhindert, daß die zur Auflösung benötigte Wärme aus der Flüssigkeit selbst ent- zogen wird. Durch Verhinderung der Zuführung der Außenwärme wird bei dem Lösungsprozeß die benötigte Wärme aus der Flüssigkeit selbst entzogen. So ist es bekannt, daß Lösungen von Salz in Wasser Einrichtungen zur Erzielung niederer Temperaturen usw. 119 Temperaturerniedrigungen in höherem Grade bewirken (Lösungswärme). Mischungen von einem Teil fein gepulvertem Salmiak und zwei Teilen Wasser kühlen sich von -f- 10 ** auf — 10 " C. ab. Gleiche Teile Schwefelzyankalium und Wasser kühlen sich von -|- 1^ ° auf — 21,3" C. ab^). Den Chinesen war bereits im 12. Jahrhundert eine Abkühlung des Wassers durch Salj)etermischungen bekannt. Eine bedeutend wirksamere Kältemischung erhält man, wenn man anstatt des Wassers Schnee oder fein gestoßenes Eis verwendet. Durch die Molekularanziehung zwischen den Teilen des Salzes und des Schnees wird letzterer Hüssig und in dem flüssig gewordenen Schnee oder Eis löst sich das Salz auf. Hierbei wird Wärme be- nötigt, 1. um den Schnee in den flüssigen Zustand überzuführen und 2. die Lösung des Salzes zu bewirken. Die Temperaturgrenze in solchen Kältegemischen wird durch die Gefriertemperatur der betref- fenden Lösung bestimmt, da beim Gefrieren die dadurch frei werdende Wärme die Mischung immer wieder bis zum Gefrierpunkte der Lösung erwärmt. Der Gefrierpunkt einer gesättigten Kochsalzlösung liegt nach Rüdorf bei — -21" C. Durch eine Kältemischung von Eis und Kochsalz wird daher immer nur eine Temperaturerniedrigung von — 21 ^ C. zu erreichen sein. Da nun schon zum Schmelzen des Eises 79 Wärmeeinheiten gebraucht werden, wird von der Kälte- mischung zunächst nur soviel gelöst, als notwendig ist, um die Kälte- mischung auf — 21" C. abzukühlen, denn eine weitere Abkühlung würde das Wasser wieder aus der Lösung gefrieren. Der etwa -'A des ursprünglichen Gemisches betragende Rest kommt erst nach und nach zur Wirkung und Auflösung in dem Grade, als von außen hin- zutretende Wärme eine Erhöhung der Temperatur über — 21 " be- dingt. Ein Kältegemisch wird also um so länger wirksam sein, je besser es isoliert ist. Geringere Mengen Kochsalz ergeben geringer konzentrierte Lösungen und da deren Gefrierpunkt höher liegt, natur- gemäß auch Abkühlungen, die immer nur bis zu dem Gefrierpunkte der betreffenden Tiösung reichen. So kann man annähernd durch das Verhältnis von Eis und Schnee auch die Kältewirkung einer Kältemischung von vornherein bestimmen. Operiert man mit der in Kochsalz - Schneemischungen höchsten Temperaturerniedrigung von — 21 ^, so ist es aber ebenfalls empfehlenswert, nicht mehr Kochsalz zuzusetzen, um nach vollständiger Auflösung des Gemisches eine konzentrierte Sole zu erhalten. Wird mehr Kochsalz beigesetzt, so ^) Wülln er, Adolf. Die Lehre von der Wärme, 5. Auf 1. Leipzig 1896. 120 R- Schander. bleibt dieses ungelöst und unwirksam. Im Gegenteil wird die Wir- kung des Kältegemisches herabgesetzt, weil ja das überschüssige feste Salz ebenfalls mit abgekühlt werden muß. In ganz derselben Weise verhalten sich auch andere Salze. Auch bei ihnen wird die höchste zu erreichende Temperaturerniedrigung durch den Gefrierpunkt der gesättigten Lösung bestimmt. Eine Kältegemisch von drei Teilen Chlorkalium und zwei Teilen Schnee kühlen sich auf — 33 "^ ab. Zwei Teile Chlorkalium und ein Teil Schnee ergeben — 42 ". In der nebenstehenden Tabelle sind die Gefrierpunkte einiger Salzlösungen angegeben ^). Kältegemische lassen sich auch unter Verwendung solcher Flüssigkeiten herstellen, die infolge ihrer Verwandtschaft zum Wasser Eis oder Schnee zum Schmelzen bringen. Voraussetzung ist aber auch hier, daß die entstehenden Lösungen einen niederen Gefrier- punkt haben. Dieser bestimmt auch die zu erreichende Temperatur- erniedrigung. Solche Kältegemische lassen sich herstellen durch Mischungen von Schnee mit Schwefelsäure oder einer anderen erst bei niederen Temperaturen gefrierenden Säure wie Salz-, Salpetersäure usw. Am häufigsten werden im botanischen Laboratorium wohl niedere Temperaturen am Mikroskop zur Beobachtung der Wirkung niederer Temperaturen auf die Zelle sowie zur Herstellung von so- genannten Gefrierschnitten am Mikroskop benötigt. Eine der ältesten Vorrichtungen zur Herstellung niederer Tem- peraturen am Mikroskop beschrieb, wenn wir von dem einfachen Kältekasten von Müller-Thurgau absehen. Molisch in seinen „Untersuchungen über das Erfrieren der Pflanzen" (Jena 1897). Der Apparat besteht der Hauptsache nach aus einem Holzkasten, in den zwei weitere kleinere Kästen eingebaut sind. In dem inneren Kasten, an dem ein die beiden äußeren Kästen durchbrechender Luftschacht angebracht ist, steht das Mikroskop. Dieser innere Kasten wird durch einen zweiten innen zinkblechausgeschlagenen Kasten um- schlossen, der zur Aufnahme der Kältemischung bestimmt ist. End- lich umgibt das ganze ein dritter Kasten, der mit einer Isoliermasse, bei Moli seh mit Sägespänen, gefüllt ist. Besondere Einrichtungen ermöglichen von außen die Bewegung des Spiegels und des beweg- lichen Objekttisches. Je nach der Art der verwendeten Kältemischung ^) Weitere Angaben bei Lando It Börnetein u. Meyerhoffer, Phy- sikalisch-chemische Tabellen. Berlin 1905, S. 517 f. Einrichtungen zur Erzielung niederer Temperaturen usw. 121 o 00 IT- L- ^ i-H .. 1 CO CO 1 co" ^ CO CO '± ::- <^^ (M (M CO ^ CO oj ^7 -'7 2 7 Tj< 00 '^- CO CO ^ lO oo" ö" CO O O t- ^1 C5 ^ kO_ lO lO^ O CK) "^ ^- Co" ^ »C "* "* '^ I 3- "^ I CO' I ^ t- o o_ o o o o o o rt '. ^ -A i; '. ö -^ ä3 .' ^ bc 3 '^ '■ P O ^ H- IM <= ,.1—1 Ol °CÖ *^S MI^ |?^"S3-s ^^^'^Sl ii^s^SI ]^22 ^- Schander. ist man in der Lage, die Temperatur im Mikroskopkasten zu er- niedrigen. Der Kasten wird von Reichert -Wien zum Preise von 90 M hergestellt. Abgesehen davon, daß die Beschickung des Eiskastens und die Bedienung des Mikrokopes gewisse Umständlichkeiten mit sich bringen, erschien es mir bedenklich, bessere Mikroskope und ihre Objektive längere Zeit so großer Kälte auszusetzen. Wir benutzen deshalb einen an unserem Institut von Dr. Schaffnit konstruierten Kälte-Objekt- tisch, der äußerlich bekannten Modellen heizbarer Objekttische ähn- lich ist und seine Abkühlung durch verdampfende Kohlensäure er- hält. Dr. Schaffnit hat diesen Objekttisch in der Zeitschrift für wissenschaftliche Mikroskopie und mikroskopische Technik, Bd. XXVIII, ^ 45 — 48 wie folgt beschrieben: „Der Kälteobjekttisch besteht aus einem viereckigen flachen Metallkasten von 9 cm Länge und Breite und 2 — 2,5 cm Höhe, dessen Deckel aus Glas in einer Führung aus- und einschiebbar und in der Mitte mit einer runden Öffnung, in welche die Objektive passen und eingeführt werden können, versehen ist. Ebenso ist der Boden des Kastens in der Mitte über der Blenden- bezw. der Kondensoröffnung des Objekttisches zur Lichtzufuhr mit einer entsprechenden Öffnung ausgestattet. Durch Schlitze an den Seitenwänden wird der (etwa 15 cm lange) Objektträger eingeschoben, und gleichzeitig durch je zwei leichte Druckfedern derart festgeklemmt, daß er bequem verschiebbar bleibt. Die beiden anderen Seitenwände sind zum Abströmen der zur Erzeugung von Kälte benutzten Kohlensäure mit Öffnungen versehen. Durch eine etwas größere mit Führung versehene Öffnung in der Mitte der von dem Mikroskop abgewendeten Seitenwand wird ein empfindliches in Vio oder Vioo Grade eingeteiltes Thermometer so weit eingeführt und zwischen Korkeinlagen l)efestigt, daß sich die Kugel in unmittelbarer Nähe des Objektträgers befindet. Ebenso lassen sich aber auch dünne Drähte von Thermoelementen zu dem Präparat führen, wenn es sich um ganz genauen Verfolg der Temperaturen handelt. Auf dem Boden der Kältekammer sind zwei Uhrschälchen befestigt, die zur Aufnahme von Äther dienen, der mit einer Pipette eingeführt werden kann. Die eine seitliche Wand trägt ein geriffeltes Ansatzrohr, über das ein starkwandiger Gummischlauch mit Segeltucheinlage gezogen und mit Draht befestigt wird. Dieser stellt die Verbindung mit einer dicht beim Mikroskop aufgestellten Kohlensäureflasche her. Die Kälte- kammer wird durch Schrauben am Objekttisch des Mikroskopes be- festigt. Für Fälle, in denen mit stärkeren Vergrößerungen gearbeitet Einrichtungen zur Erzielung niederer Temperaturen usw. 123 werden soll, wie namentlich für die Beobachtung von gefrierenden Mikroorganismen, empfiehlt e« sich, in den Kälteobjekttisch einen Kondensor einzuschalten. Durch den an eine Stahlflasche mit Kohlen- säure, wie sie für Gefrierzwecke benutzt wird, angeschlossenen Kälte- tisch wird durch Öffnen des Verschlusses der Flasche ein kontinuier- licher Kohlensäurestrom geleitet. Infolge des Überganges der Kohlensäure in gasförmigen Zustand und gleichzeitige Mischung mit den Dämpfen des aus den Uhrschälchen verdunstenden Äthers in der Gefrierkammer tritt eine erhebliche Abkühlung ein. Es lassen sich je nach der Regulierung bequem bis — 30" C. und mehr in kurzer Zeit erreichen. Die mikroskopische Beobachtung erfolgt in gewöhn- licher Weise. Die Objektive werden durch die Öffnung des Deckels eingesenkt, dem von der Seite eingeschobenen Objektträger genähert und auf das Objekt scharf eingestellt. Um das (wenn die Deck- gläschen vorher kalt aufbewahrt sind) nie beim Gefrieren, leicht aber beim Auftauen durch die rasche Erwärmung eintretende Beschlagen des Deckgläschens zu vermeiden, wird dieses oberflächlich mit einer Masse präpariert, wie sie zum gleichen Zwecke zur Vermeidung des Beschlagens von Augengläsern Verwendung findet und bei jedem Optiker in Bleistiftform zu haben ist. Das Deckgläschen wird mit der Masse eingestrichen und dann vorsichtig blank gerieben. Das Linsensystem leidet durch die starke Abkühlung in keiner Weise. Es ist mir auch bei stärkster Kühlung nicht passiert, daß Linsen eines Zeißschen Mikroskopes gesprungen sind. Läßt man den Kohlensäurestrom länger ohne Unterbrechung fließen, so kann es vorkommen, daß die Düse der Stahlflasche ver- stopft wird infolge starker Abkühlung durch Übergang der Kohlen- säure in festen Zustand ; dem läßt sich durch schwaches Erwärmen mit einer Gas- oder Spiritusflamme oder Lötlampe leicht abhelfen. Die Kohlensäureflasche ruht am besten umgekippt in einem eisernen Gestell oder ist aufrecht links vom Mikroskop am Tischbein befestigt, so daß man ohne Hilfe mit der linken Hand bequem den Kohlen- säurezufluß durch Drehen der Verschlußschraube selbst während der Beobachtung regulieren kann." Bei unseren Untersuchungen hat sich dieser Objekttisch, der sich insbesondere durch Handlichkeit und bequeme Einstellung der gewünschten Temperatur auszeichnet, recht gut bewährt. Mit großem Vorteil benutzen auch wir die Verwendung niederer Temperaturen bei der Herstellung von Mikrotomgefrierschnitten. Für diesen Zweck sind ja bekanntlich eine große Anzahl von Konstruk- 124 ^- Schander. tionen in den Handel gebracht worden^), bei denen das Objekt auf einer verschieden konstruierten metallenen Gefrierkaramer lagert, in der durch Verdunstung von Äther, Chloraethyl, Kohlensäure usw. eine Temperaturerniedrigung herbeigeführt wird, die das in Wasser ein- gelegte oder z. B. in Gelatine eingebettete Präparat gefrieren und an den Gefriertisch anfrieren läßt, so daß es sich bequem schneiden läßt. Noll gab eine Vorrichtung an, die Ätherdämpfe mit einer Luftpumpe zu entfernen, wodurch naturgemäß eine intensive Ver- dampfung des Äthers und eine schnellere Abkühlung erreicht wird. Während wir früher zu diesem Zweck das bekannte Jungsche Studentenmikrotom verwendeten, benutzen wir Jetzt mit großem Vor- teil das in unserem Institut entstandene kleine Mikrotom nach Mi not der Firma Zimmermann, welches unter Zuhilfenahme des von Dr. Wolff konstruierten Gefriertisches sich für die Gefriermethode ausgezeichnet eignet'-). Als Verdampfungsflüssigkeit verwenden wir Äthylchlorid, welches wir in mit regulierbarem Ausstrahlhahn ver- sehenen Fläschchen von Dr. G. H. Henning, Berlin SW. 48 beziehen. Wir sind an der Abteilung seit mehreren Jahren mit Unter- suchungen über das Auswintern des Getreides beschäftigt. Während wir die hierfür notwendigen Beobachtungen über die Einwirkung niederer Temperaturen auf die pflanzliche Zelle mit Hilfe des oben beschriebenen Mikroskopiertisches ausführten, benutzten wir in der ersten Zeit, um Pflanzen und Pflanzenteile zu kühlen, Kältemischungen. Der dazu verwendete Apparat bestand aus einem 52 cm hohen und 30 cm Durchmesser haltenden Zylinder aus Zinkblech, der mit einem durch Filzplatten gut gedichteten 10 cm dicken Deckel verschlossen wurde. Der Deckel war durch eine ebenfalls gut gedichtete Thermo- meterführung unterbrochen. Dieser eigentliche Kühlraum wurde von einem zweiten, oben offenen Zylinder von 70 cm Höhe und 50 cm Durchmesser aus Zinkblech umgeben, der zur Aufnahme des Kälte- gemisches diente. Dieser Apparat wurde nun in eine Holzkiste von 113 cm Höhe, 113 cm Länge und 90 cm Breite gesetzt. Die zwischen dem äußeren Zinkzylinder und der Kistenwand verbleibenden Zwischen- ^) Vergl. Enzyklopädie der mikroskopischen Technik 1910, in der S olger eine historische Entwicklung der mikroskopischen Technik und weitere Literatur gibt, und Strasburger, Das botanische Praktikum. Jena 1902- ^) Näheres siehe Wollf, M. : Über Gefriermethoden und Gefriermikro- tome im allgemeinen, sowie über einen neuen Gefriertisch für die Zimmer- mannschen Mikrotome und über die Behandlung freier Schnitte (Zeitschr. f. wisBeqschaftl. Mikroskopie und mikroskopische Technik, Bd. XXV, S. 169-184). Einrichtungen zur Erzielung niederer Temperaturen usw. 125 räume wurden mit Sägespänen (ebenso zweckmäßig dürfte Torfmull sein) ausgestopft. Die Kiste wurde durch einen doppelwandigen mit Filz abgedichteten Holzdeckel verschlossen. Von dem zweiten Zink- zylijider führte ein Abflußrohr durch die Isoliermasse nach außen, um die Schmelzwässer abzuführen. So einfach eine solche Einrichtung ist, so genügt sie doch für viele vollständig. Nur ist es schwer, konstante Temperaturen zu er- zielen, weil die Wirksamkeit der Kältemischung doch infolge der ungenügenden Isolierung nur von kurzer Dauer ist. SelbstverständKch ist sie von der Höhe der Außentemperatur abhängig, weshalb es sich empfiehlt, den Ajiparat nur in kühlen Räumen aufzustellen. Aus demselben Urunde empfiehlt es sich, Versuche mit niederer Tempe- ratui- möglichst im Winter durchzuführen. Der Apparat versagt aber, wenn es sich darum handelt, Objekte längere Zeit bei konstanten Temperaturen zu kühlen, oder wenn größere Objekte z. B. Pflanzen in Töpfen usw., gekühlt werden sollen. Wohl wäre es möglich, auch größere Räume durch Kältemischungen zu kühlen, doch wachsen naturgemäß die Schwierigkeiten. Vor allen Dingen werden solche Versuche zu teuer. Das Gefäß für die Kältemischung ist bei unserem Apparat 0,1 cbm groß, faßt also etwa 100 Liter Kältemischung, zu deren Herstellung etwa 50 kg Kalziumchlorid und 30 kg Eis erforderlich sind. 100 kg Kalziumchlorid kosten 10 M, 100 kg Eis 1 M, folglich betragen die Unkosten für eine Füllung ohne Arbeitslöhne etwa 5,30 M. Für andere Salze wurden nachstehende Preise für 100 kg bezahlt: Kaliumnitrat 65 M, Natriumchlorid 5 M, Magnesiumchlorid 15 M, Ara- moniumchlorid 65 M, Kalziumchlorid 10 M, Magnesium sulfat 9,75 M. Aus diesen Gründen ist man- auch in wissenschaftlichen Be- trieben schon vielfach zur Aufstellung von Kältemaschinen über- gegangen. Hier sind besonders zwei Systeme zu nennen: die Kalt- luftmaschine und die Kaltdampfmaschine. In den Kaltluftmaschinen wird Luft stark zusammengepreßt und die zusammengepreßte Luft stark abgekühlt. Läßt man nun die zusammengepreßte Luft expan- sieren, so nimmt sie aus ihrer Umgebung große Mengen von Wärme auf. Wird Luft von 20 *^ unter Druck von einer Atmosphäre an- gesaugt und auf 2,3 bezw. 4 Atmosphären verdichtet, so tritt eine Temperaturerhöhung bis auf 85, 130 bezw. 165° ein. Wird nun diese Luft auf -j- 30 " abgekühlt, so entstehen durch Expansionen Temperaturen von — 25, — 35 bezw. — 70 ". Derartige Maschinen arbeiten aber sehr unökonomisch, weil die geringe Wärmebindungs- 126 I^' Schander. fähigkeit der Luft die Bewältigung großer Luftmengen erfordert und dementsprechend sehr große Maschinen benötigt werden. Die Wärme- bindungsfähigkeit beträgt für 1 " C. nur 0,237 Wärmeeinheiten pro 1 kg oder 0,3 Wärmeeinheiten pro 1 cbm. Eine bedeutend günstigere Wirkungsweise hat die Technik durch Konstruktion der Kalt- dampfmaschinen erzielt. Es sind dies Maschinen, bei denen kon- densierbare Dämpfe verwendet werden. Hier unterscheidet man wiederum zwischen sog. Absorptionsmaschinen und Kompressions- maschinen. Bei ersterer ist das Kältemedium Ammoniak. Das Ammoniak wird aus einer wässerigen Lösung verdampft und oft noch mit Hilfe einer Pumpe in einen Kondensor unter Zuhilfenahme von Abkühlung verflüssigt. Aus dem Kondensor tritt das Ammoniak in den Verdampfer, in dem es wieder gasförmig wird und infolgedessen der Umgebung große Mengen von Wärme entzieht. Endlich wird das Ammoniak wiederum durch Wasser absorbiert und der Prozeß beginnt von neuem. Vielfach hat man auch das Wasser durch Glyzerin ersetzt, weil das Glyzerin das SOOfache seines Volumens an Ammoniak aufnimmt. Derartige Maschinen sind aber ebenfalls unwirtschaftlich wegen ihres großen Dampf- und Kühlwasserverbrauchs; zudem bedeutet der hohe Druck im Kondensor eine dauernde Gefahr für das Arbeitspersonal. Vielfach hat man auch bei diesen Maschinen das Ammoniak durch schweflige Säure ersetzt, bei welcher man als Absorption flüssigen Oxalsäuren Äther verwendet. Dadurch kommt man mit einem geringeren Druck im Kondensor aus, benötigt aber infolge der geringen Verdampfungswärme der ÜO^ sehr große Dimensionen der Maschine. Einen bedeutend günstigeren Nutzeffekt haben die sog. Kom- pressionsmaschinen. Diese bestehen aus dem Kompressor, das ist eine mit selbsttätigen Ventilen sersehene Luftpumpe, die durch eine Druckleitung das Kältemedium in einen Kondensor drückt. Dieser besteht aus einem Spiralrohrsystem, das von fließendem und meist durch ein Rührwerk in Bewegung gehaltenem Kühl- wasser umflossen ist. In diesem Kondensor wird das Kältemedium dauernd gekühlt und verflüssigt. Der Kondensor wird durch ein Regulierventil mit dem Verdampfer verbunden. Der Verdampfer besteht wiederum aus einem Rohrsystem, das entweder direkt in den zu kühlenden Raum eingeführt oder aber von einer Salzlösung um- flossen wird. Das im Kondensor verflüssigte Kältemedium tritt durch das Regulierventil in die luftleer gehaltenen Rohre des Verdampfers Einrichtungen zur Erzielung niederer Temperaturen usw. 127 und wird hier infolge des geringen Druckes dampfförmig. Durch die Verdampfung des Kältemediums in dem Verdampfer wird der Um- gebung wiederum Wärme entzogen. Wird durch den Verdampfer eine Salzlösung abgekühlt, so kann diese Salzlösung an eine weiter abgelegene Verwendungsstelle geführt werden- Der Verdampfer ist nun weiterhin mit dem Kompressor verbunden, der dauernd den Kälteträger ansaugt, um ihn wiederum dem Kondensor zuzuführen. Es ist nun eine Hauptaufgabe der Bedienung, dafür zu sorgen, daß das ganze System möglichst luftleer gehalten wird und mit Hilfe der Regulierventile die richtige Druekverteilung im Kondensor und Ver- dampfer eingehalten wird. Es kann hier nicht meine Aufgabe sein, die Kältemaschinen im einzelnen zu besprechen. Es gibt eine große Anzahl von Kon- struktionen, die nach dem obigen Prinzip gebaut sind, im einzelnen aber in der Verwendung des Materials, in der Anordnung der ein- zelnen Teile usw. wesentliche Unterschiede erkennen lassen^). Man wird sich natürlich in erster Linie auf die Angaben der Fabrik ver- lassen müssen. Wichtig ist aber die Wahl des Kälteträgers. Zur Verwendung kommen neben Wasserdampf, der unwirtschaftlich arbeitet, Äther und Chlormethyl, welche wegen Feuergefährlichkeit nicht in Frage kommen, hauptsächlich NH3, SO2 und CO2. Wichtig ist zunächst die Frage, in welcher Weise die Kälteträger die Maschine angreifen. NH3, C0> und SO2 sind unter atmosphäri- schem Drucke innerhalb weiter Temperaturgrenzen gasförmige Körper, die sich in reinem Zustande gegen Gußeisen, Stahleisen und Schmiede- eisen so gut wie gänzlich neutral verhalten. NH3 greift Metalle, besonders Kupfer, nur bei Gegenwart von Sauerstoff bezw. Luft und Wasser an. Geringe Mengen sind nicht bedenklich, doch läßt sich ein vollkommener Abschluß nur schwer erreichen, da kleine Un- dichtigkeiten nicht zu umgehen sind. Man siebt deshalb bei Am- moniakmascliinen von der Verwendung des Kupfers für die Ver- dampfungsschlangen und Kondensorschlagen nach Möglichkeit ganz ab. Auch im übrigen ist es notwendig, daß das NH3 öfter geprüft wird, da Unreinigkeiten und Wasser auch durch das Schmieröl bezw. Kompressionsül dem Ammoniak mitgeteilt werden. Eine oft an- *) Zur weiteren Orientierung sind zu empfehlen: Lorenz, Dr. H. und Heinel, Dr. Ing., Neuere Kältemaschinen (Oldenburgs techn. Handbibliothek Bd. 1, Verlag von R. Oldenburg, München Berlin , 4. Aufl. 1909) und Stete- feld, R.: Eis und Kälteerzeugungsmaschinen. Ein Kompendium der ge- samten Kälteindustrie. Stuttgart, Max Waag, 1901. 128 K.- Schander. gegebene Explosionsgefahr bei NHs besteht nicht, da der für die Explosion in Frage kommende H erst bei Glühhitze frei wird. CO2 greift im allgemeinen ebenfalls die Metallteile nicht an. Grünhut hat aber nachgewiesen, daß einfach hergestelltes kohlen- saures Eisen Eisenoxydh^drate sowie Chloride und Sulfate des Eisens enthält. Da diese Verbindungen auf die Gegenwart von Salz- und Schwefelsäure hinweisen, sind sie sehr gefährlich und ist es deshalb zweckmäßig, nur natürliche Kohlensäure zur Füllung von Kälte- maschinen zu verwenden. Der Zutritt der Luft ist nur dann be- denklich, wenn gleichzeitig größere Mengen vorhanden sind. Reine flüssige SO2 greift in nachweisbarer Weise Eisen erst bei 96 '^ an. Solche hohen Temperaturen kommen aber im Betriebe nicht vor. Praktisch hat sich die schweflige Säure auch in dieser Beziehung ausgezeichnet bewährt, vor allen Dingen auch deshalb, weil man bei ihr für den Verdampfer kupferne Röhren verwenden kann. Dagegen ist bei Verwendung schwefliger Säure noch die Giftigkeit der schwefligen Säure gegen Pflanzen in Betracht zu ziehen. Selbst bei der größten Sorgfalt läßt es sich, besonders dann, wenn die Maschine längere Zeit gestanden hat, nicht vermeiden, daß etwas schweflige Säure in den Raum gelangt. Es ist daher darauf zu achten, daß der Kältemaschinen -Kompressor, aus dem bei nicht ganz sach- gemäßer Wartung SO2 entweichen kann, in einem besonderen Räume, der von dem Kühlraume bezw. dem Räume, in dem der Kühlschrank aufgestellt ist, abgeschlossen werden kann, zur Aufstellung gelangt. In unserer Anlage ließ sich eine solche Aufstellung wegen Raum- mangels leider nicht erreichen. Wir haben uns bei der Aufstellung einer Kältemaschine für eine Schweflige Säure-Maschine der Firma A. Borsig in Tegel entschieden und zwar haben wir Modell Nr. 0 aufgestellt. Diesel l>e besteht aus 1. Einem Kompressor stehender Bauart mit geräuschlos arbei- tenden Klappenventilen. Patent Gutermuth. 2. Einem Tauchkondensator mit rundem , schmiedeeisernem Blechgefäß und Kupferschlangen. 3. Einem Solekühler mit schmiedeeisernem, geschlossenem Blech- gefäß mit Kupferschlangen und in den Kühlschrank eingebaut. 4. Den Verbindungsleitungen für die schweflige Säure sowie der notwendigen Isolierung derselben und der ersten Füllung der Maschine mit wasserfreier schwefliger Säure sowie mit Salz (Chlormagnesium). Einrichtungen zur Erzielung niederer Temperaturen usw. 129 5. Einem Vorgelege mit Ausrücker usw. zum Kompressor- antrieb (185 M). Der Gesamtpreis beträgt 4385 M. Der Antrieb des Kompressors erfolgt durch einen fünfpferdigen elektrischen Motor der Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft, Berlin. Es genügt aber auch bereits ein dreipferdiger Motor. Das zur Kühlung notwendige Wasser wird der Wasserleitung entnommen. Das Wasser derselben besitzt eine im Sommer und Winter ziemlich konstante Temperatur von -\- 8 bis -j-10° C. Anschluß der Wasserleitung usw. erforderten 72,92 M, die Maurerarbeiten 195,60 M. Einer der wichtigsten Bestandteile einer Kälteanlage ist der Kühlschrank. Sein Innenraum muß leicht zugänglich sein, um un- nötige Kälteverluste beim Öffnen zu vermeiden. Insbesondere müssen aber seine Wände und Türen gut isoliert sein, um Kälteverluste nach Möglichkeit zu vermeiden. Während man in anderen Instituten oft ganze Räume als Kältekammern benutzt, sind wir aus wirtschaftlichen Gründen davon abgegangen und haben einen besonderen Kühlschrank konstruiert. Die Zeichnungen und die Berechnung der Isolierfähigkeit der Wände wurde in liebenswürdiger Weise von der Firma Borsig ausgeführt. Der Schrank selbst wurde unter unserer Aufsicht von Herrn Tischlermeister Klawonn in Bromberg gebaut. Die Kosten betragen: a) Holzarbeiten 741,13 M, d) Beschläge, Spiegelscheiben usw. 125,85 M. Die äußeren Durchmesser des Schrankes sind 167,5 cm Höhe, 200,0 cm Breite, 195,0 cm Tiefe. Das Gerüst des Schrankes besteht aus 8 und 10 cm starken eichenen Bohlen. Die äußeren und inneren Wände bestehen aus sorgfältig verspundeten 2^2 cm starken kiefernen Brettern. Der 25 cm weite Innenraum der Wände ist mit imprägnierten Kork- platten der Firma A. Haake & Co., Celle und Breslau, ausgefüllt. Alle Zwischenräume zwischen den Platten wurden sorgfältig mit Fugenkitt gedichtet. Die Wände sind insgesamt 30 cm stark. Der Schrank wird durch zwei Türen verschlossen. Die innere besteht aus 1 cm dicken Spiegelglasscheiben, die in starke Eichenrahmen gefaßt sind. Die äußere ist, wie die Schrankwände, doppelvvandig und mit Kork isoliert. Alle Flächen der Türen sind durch Filzeinlagen gedichtet. Der Raum zwischen beiden Türen wird durch gut isolierende Holz-Einsätze mit Korkeinlage ausgefüllt. Das Innere des Schrankes ist mit geriffeltem und an den Rändern verlötetem Zinkblech ausgekleidet. Im Innenraum befindet sich ein größeres, mit Chlormagnesium lösung gefülltes Kupfergefäß. Jaliresbeiiclit der Vereinigung für angewandte Botanik IX 130 1^- Scluinder. Die Kühl- bezw. Verdampfungsschlangen sind teilweise im Schrank selbst und zwar im oberen Teil desselben angebracht, teils reichen sie in die Salzlösung hinein. Der benutzbare Innenraum des Schrankes ist 139 cm breit, 115 cm hoch, 65 cm tief. Durch diese Einrichtung sind wir in der Lage, nicht nur sehr niedrige Temperaturen bis — 30 ° zu erzielen, sondern, wie wir noch weiter unten sehen werden, auch diese Temperaturen verhältnismäßig lange konstant zu halten. Es war uns nun besonders erwünscht, in dem Schranke Pflanzen in Töpfen sowohl von oben wie von unten zu kühlen; deshalb ist die obere und untere Wand des Schrankes durch je fünf 15 cm Durchmesser habende runde Löcher durch- brochen worden, durch welche 1 m lange Gefäße, die mit Erde be- schickt und bepflanzt sind, eingeführt werden können. Um in die unteren Öffnungen des Schrankes ebenfalls genügend hohe Gefäße bis zu ihrem Rande versenken zu können , so daß nur die oberste Bodenschicht gekühlt wird , steht der Schrank auf 80 cm hohen ge- mauerten Sockeln, so daß unter dem Schranke ein genügend tiefer Raum verbleibt. Durch diese Einrichtung verfolgen wir aber noch einen anderen Zweck. Es ist natürlich ganz klar, daß durch öfteres Öffnen der Türen dem Schranke bei hohen Außentemperaturen sehr viel Wärme zugeführt wird. Durch die Öffnung in der Decke des Schrankes können wir Kühlgefäße einsetzen und in diesen kleine Gegenstände kühlen. Dadurch, daß wir diese Einsätze nun ganz verschieden tief in den Schrank einstellen können, sind wir außerdem in der Lage, zur selben Zeit verschieden tiefe Temperaturen zu erzielen. Der Innenraum kann nun, ganz gleich, ob die Töpfe eingeführt sind oder nicht, außerdem noch zu den verschiedensten Zwecken der Kühlung verwendet werden. Bei Nichtgebrauch können die Öffnungen in der Decke und in dem Boden des Schrankes durch Holzklötze, die an den Rändern mit Filz beschlagen sind, abgedichtet werden. Als besonders wünschenswert hat es sich herausgestellt, auch einen Raum zu besitzen, in welchem man bei niederen Temperaturen Pflanzensäfte filtrieren kann. Die Verwendung des Innenraunies des Kühlschrankes ist in diesem Falle unvorteilhaft, weil die Filter natürlich des öfteren nachgesehen werden müssen und dann immer eine starke Erwärmung des Raumes eintritt. Aus diesem Grunde haben wir auf dem Schrank Aufsatzkästen angebracht, die durch die oberen Öffnungen gekühlt werden. Wir sind auf diese Weise in der Lage, überaus sparsam mit der in dem Schrank lerzieten Kälte umzugehen. Einrichtungen zur Erzieliing niederer Temperaluren usw. 131 Wenn nun auch in erster Linie die in der Maschine erzeugte Kälte dem Kälteschrank zugute kommt, so sind wir doch jederzeit in der Lage, Einrichtungen anzubringen, um die Kälte auch an andere Stellen zu führen. Wir brauchen dann nur einen zweiten Verdampfer einzuführen, der uns dann natürlich die Kälte z. B. in einen zweiten Schrank abführen kann. Als ein Nachteil der Einrichtung muß es bezeichnet werden, daß wir nur in der Lage sind, Pflanzen im Dunkeln zu kühlen. Solange es sich um Versuche mit sehr niederen Temperaturen handelt, dürfte es ziemlich gleichgültig sein, ob die Pflanzen im Dunkeln oder im Licht gekühlt werden, da in der gefrorenen Pflanze die Stoff- wechselprozesse sistiert sind und zudem die Kühlungen meist nur kürzere Zeit andauern. In jedem Falle gestattet die Schrankkühlung aber nur die Kühlung weniger Pflanzen in Töpfen, wenn es auch unsere Einrichtungen ermöglichen, durch Kühlung der Töpfe von oben her eine Versuchsanordnung zu treffen, die sich den natürlichen Verhältnissen nähert. Immerhin wäre es zum Studium der Kälte- wirkung auf Getreide erwünscht, auf im freien Lande gewachsene Getreidepflanzen bestimmte niedere Temperaturen einwirken lassen zu können. Die Kühlung im geschlossenen , dunklen Kühlkasten ist aber dann vollkommen unbrauchbar, wenn Wachstumsprozesse, speziell des Getreides, unter möglichst natürlichen Verhältnissen studiert werden sollen. Das Getreide wächst bis zum Schossen bei Tempe- raturen von -|- 0 bis etwa 4~ 10 "^ C. In dieser Zeit vollzieht sich insbesondere der wichtige Vorgang der Bestockung. Nach dieser Richtung hin weitere vergleichsweise Untersuchungen bei den ver- schiedenen Sorten der Winterung anzustellen, erscheint jjraktisch und theoretisch gleich wichtig. Alle diesbezüglichen genaueren Unter- suchungen im freien Lande scheitern daran, daß hier die Tempera- turen im Laufe des Herbstes, Frühjahrs und Winters so wechselnde sind, daß sich exakte Beobachtungen kaum anstellen lassen. Für alle derartigen Untersuchungen, die in ihrem Umfange nur angedeutet sein sollen, sind Vorrichtungen notwendig, die den Anbau des Ge- treides unter möglichst natürlichen Bedingungen gestatten und doch während der Wintermonate eine Regulierung der die Pflanzen um- gebenden Temperatur ermöglichen lassen. Bei der Einrichtung unserer Kühlanlage ist daher von vorn- herein darauf Rücksicht genommen worden, eine Kühleinrichtung im freien Lande gewachsener Getreidepflanzen anschheßen zu können. 9* 132 ^- Schänder. Die Kältemaschine ist in einem nach Südwesten zur ebenen Erde gelegenen Räume aufgestellt worden. Vor demselben ist ge- nügend Raum vorhanden, der die Anlage einiger Beete gestattet. Wenn diese Beete auch in der nächsten Nähe eines Gebäudes an- gelegt werden müssen, um einer übermäßigen Verlängerung der Lei- tungen und damit verbundenen Kälteverlusten vorzubeugen, so dürfte doch trotzdem die freie und sonnige Lage des Platzes eine normale Entwicklung der Pflanzen gewährleisten. Die einzelnen Beete sollen die wichtigsten Bodentypen, Moor, schweren Lehm, leichten Lehm, lehmigen humosen Sand enthalten und mit leicht beweglichen Früh- beetkästen umgeben werden. Die Kühlung erfolgt durch über der Erde angebrachte Kühlschlangen. Eine Regulierung der Lufttempe- ratur dürfte sich auf diese Weise leicht ermöglichen lassen. Was nun die Leistungsfähigkeit der bereits bestehenden Kälte- anlage anbetrifft, so ist diese natürlich einmal von der Leistungs- fähigkeit der Maschine und sodann von der Isolierfähigkeit des Kälte- schrankes abhängig. Wenn auch die Bedienung des von uns auf- gestellten kleinen Modells der Borsigschen Kältemaschine eine sehr einfache ist und von jedem intelligenten Arbeiter ausgeführt werden kann, so ist doch ihre Nutzwirkung von der Einhaltung gewisser Vorschriften abhängig. Insbesondere ist stets darauf zu achten, daß die richtige Füllung mit SO2 vorhanden ist. Wie ich bereits er- wähnte, kommt es vor, daß dann, wenn die Maschine längere Zeit gestanden hat, bei der Inbetriebsetzung kleine SO2- Verluste eintreten. Wenn auch diese Verluste immer kleiner werden, je mehr die Be" dienung mit der Maschine vertraut wird, so werden sie sich doch niemals ganz vermeiden lassen, weil die Maschine bei uns — ■ in anderen Instituten wird es nicht anders sein — nicht dauernd das ganze Jahr über in Betrieb gesetzt wird. Bei dauerndem Betriebe ist jedoch der SO2 -Verlust praktisch gleich Null; so haben wir während zweier Monate, in der die Maschine fast täglich, wenn auch nur immer kurze Zeit, arbeitete, keine Nachfüllung notwendig gehabt. Ebenso bewirkt aber auch eine Überfüllung def Maschine mit SO2 eine Herabsetzung der Leistung. Daß letztere von der gesamten In- standhaltung der ganzen Maschine ebenfalls abhängig ist, braucht keiner besonderen Betonung, insbesondere ist auch der Reinigung des Kompressors große Sorgfalt zu widmen. Die Isolierfähigkeit des Schrankes ist in hohem Grade von der Höhe der Außentemperatur bezw. von dem Verhältnis der Temperaturen zur Außentemperatur abhängig. Bei einer Außentem- Einrichtungen zur Erzielung niederer Temperaturen usw. 133 peratur von -{- 20 " C. und einer Innentemperatur von — 15 bis — 24^ stieg das Thermometer im Schranke nur bei Stillstand der Maschine im Durchschnitt längerer Versuchsreihen z. B. pro Stunde um 0,3 bis 0,6 ° C, während bei einer Außentemperatur von -\- 4 bis -j- 6 ° und einer Innentemperatur von — 15 bis — 24 "^ nur eine Temperaturzunahme von 0,15 bis 0,2 ° festgestellt werden konnte. Eine absolute Konstanz der Temperaturen läßt sich in dem Schrank jedoch nur dann erzielen, wenn in entsprechenden Zwischenräumen die Maschine in Gang gehalten wird. Größere Kälteverluste entstehen natürlich bei jedem Öffnen des Schrankes. Abgesehen von der Dauer der Öffnung ist auch hier die Erhöhung der Temperatur im Schrankinnern von der Außentemperatur abhängig. Die Temperaturerhöhung setzt sich kurze Zeit auch nach dem Schließen des Schrankes fort; sodann beginnt das Thermometer wieder zu fallen, bis zwischen der Temperatur im Salzbade und der Luft des Schrankinnenraumes ein Ausgleich stattgefunden hat. So betrug z. ß. bei einem Versuche die Außentemperatur -|-10", die Innentemperatur des Schrankes vor dem Öffnen —11,3". Durch das Öffnen stieg die Temperatur nach 3 Minuten auf — 11 '^, nach 5 Minuten auf — 10,4 ^\ Nachdem der Schrank geschlossen war, trat nach weiteren 2 Minuten eine Temperaturerhöhung auf — 9,8 ^, nach 7 Minuten auf 9,6*^' ein, bis nach 11 Minuten der Höchststand mit 9,2 "^ erreicht war und von da ein langsames Sinken der Tem- peratur beobachtet werden konnte, bis das Thermometer nach 55 Minuten — 10,4 ° C. zeigte. Bei einer Außentemperatur von -j- 10 "^ bewirkte ein 5 Minuten dauerndes Öffnen eine Temperaturerhöhung um 2,1 '^ und es dauerte etwa 45 Minuten, bis ein Ausgleich der Temperaturen im Innern des Schrankes wieder hergestellt war. Bei einer Außentemperatur von -j- 5 "^ stieg die Temperatur des Schrankes bei 1 Minute andauerndem Öffnen um 0,6 °. In ganz ähnlicher Weise fiel eine große Anzahl anderer Versuche aus. Der verhältnis- mäßig langsam vor sich gehende Ausgleich der Temperaturen im Innern des Schrankes dürfte z. Teil auch darauf zurückzuführen sein, daß das Quecksilber im Thermometer bei niederen Temperaturen allen Temperaturänderungen nur langsam folgt. Man wird als an- nehmen können, daß ein Ausgleich der Temperaturen im Schranke bereits etwas früher eintritt, als das Thermometer anzeigt. Zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Anlage und der entstehenden Betriebskosten seien noch einige Versuchsreihen mit- geteilt, die gelegentlich der Ausführung von Kühlversuchen gewonnen ;[34 ^- Schander. sind. Bei einer Lufttemperatur von -j- 20 ° und einer Schrank- temperatur von -|- 14 ° erzielten wir in 15 Stunden eine Abkühlung im Schranke auf — 25 ^. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die An- lage wochenlang nicht im Betrieb war und die Isoliermasse des Schrankes erst abgekühlt werden mußte. Bei diesem Versuch wurden 35 KW. verbraucht. Da eine KW. -Stunde in Bromberg 18 Pf. kostet, kostet die benötigte Elektrizitätsmenge 6,30 M. Für jeden Grad wurde etwa ein KW. benötigt. Berechnet man die Kühlung des Schrankes von O*' Schranktemperatur an, so wurden pro Grad 1,56 KW. verwendet ^21 Pfg. Hierzu treten noch die Kosten des Kühlwassers, die, da in der Minute im Durchschnitt 9 Liter benötigt werden, 8100 Liter betrugen. Das Wasser kostet 24 Pfg. für 1 cbm, in Summa 1,75 M. In einem Versuche wurde der Einfluß niederer Temperaturen auf verschiedenen Bodenarten und die in diesen enthaltenen Organismen untersucht. Um ein Öffnen des Schrankes und die damit unver- meidlich verbundenen Kälteverluste zu vermeiden, wurden die kleinen Erdproben in die oberen Kühleinsätze eingesetzt. Etwa alle 12 Stunden wurden die Objekte gewechselt. Dadurch traten gewisse, wenn auch kleine, Kälteverluste ein. Der Versuch währte insgesamt 90 Stunden. Die Außentemperatur war -{- 20 ^, die Temperatur im Schrankinnern vor dem Versuch + 18 °. Zur Durchführung des Versuches wurden Temperaturen von — 18 bis — 25 " benötigt. Die Erniedrigung der Schranktemperatur von +18 auf -\ 0° erfor- derte 6 Stunden Maschinenleistung, von -\ 0 auf — 16 ° ebenfalls 6 Stunden, so daß für die Stunde eine Herabsetzung von 2,5 bis 3*^ erzielt wurde. Bei weiterer Temperaturerniedrigung und Erhaltung der niedrigen Temperaturen betrug die Stundenleistung nur 0,6 '^. Insgesamt war die Maschine in Zwischenräumen 56 Stunden im Be- triebe. In dieser Zeit wurden insgesamt 53,5^ Temperaturerniedrigung erzielt, pro Stunde also 0,96 ". Der Stromverbrauch betrug 133 KW., also 23,94 M; in einer Stunde 2,38 KW. oder 42,84 Pf. Berechnet auf die Gesamtversuchsdauer von 90 Stunden betrugen die Kosten pro Stunde 25,5 Pfg. für Strom und 13 Pfg. für Wasser. 2. Versuch. Außentemperatur + 18 bis + 20 ^ C. Zu einer Temperaturerniedrigung von — 1 auf — 9 ^ wurden im Mittel von drei Versuchsreihen 1,5 M Stunden mit 3,5 KW. Stromverbrauch be- nötigt. Pro Stunde wurde eine Temperaturerniedrigung von 5,3^ erzielt. 3. Versuch. Außentemperatur -|- 8 bis -f- 12 " C. Tempera- turerniedrigung von +6 auf — 16 °. Versuchstemperatur — 14 bis — 16 °. Versuchsdauer 144 Stunden. Dazu waren insgesamt 17^/4 M. Einrichtungen zur Erzielung niederer Temperaturen usw. 135 Stunden notwendig mit 60 KW. Stromverbrauch. Pro Stunde 3,4 KW. Temperaturerniedrigung pro Stunde 2,4 °. 4. Versuch. Außentemperatur -f 6 bis -\-8^. Temperatur- erniedrigung von -|- 6 auf — 6 *^. Versuchstemperatur — 4 bis — S^. Versuchsdauer 322 Stunden. Gesamtmaschinenleistung 8V4 Stunden, mit 31 KW. Stromverbrauch, pro Stunde 3,5 KW., Temperatur- erniedrigung pro Stunde 3,5^. Während des 322 stündigen Versuches wurden also bei 12maHger Öffnung des Schrankes 31 KW. = 5,58 M verbraucht oder pro Stunde 0,1 KW. = 1,8 Pfg. , sowie 3,6 cbm Wasser. Dazu kommen in jedem Falle Kosten der Bedienung und die Kosten für den sehr geringen Ölverbrauch. 5. Versuch. Außentemperatur 8 — 10 *^, Temperaturerniedri- gung von — 3 auf — 11 *^. Versuchstemperatur — 10 bis — 12 '*, Versuchsdauer 144 Stunden. Gesamtmaschinenleistung 7^/2 Stunden, mit 24 KW. Stromverbrauch, pro Stunde 3,2 KW. Temperatur- erniedrigung pro Stunde 3,1 ". Bei 5 maliger Öffnung wurden während des 144 stündigen Versuches verbraucht 24 KW. = 4,32 M (pro Stunde 1,7 KW. = 30,6 Pfg.) und 4,05 cbm Wasser. 6. Versuch. Außentemperatur 8 — 10 ^ C. Temperaturerniedri- gung von — 7,5 auf —15". Versuchstemperatur — 13 bis — ^15''. Versuchsdauer 144 Stunden. Gesamtmaschinenleistung 9 Stunden mit 28 KW. Stromverbrauch = pro Stunde 3,1 KW. Temperatur- erniedrigung pro Stunde 2,2 ^\ Bei 7 maliger Öffnung und 144- stündiger Versuchsdauer wurden verbraucht 28 KW. = 5,04 (pro Stunde 0,19 KW. = 3V2 Pfg.) und 4,86 cbm Wasser = 1,17 (pro Stunde 0,034 cbm). 7. Versuch. Außentemperatur 8 bis 10 ° C. Temperatur- erniedrigung von — 2 auf — ■ 21 **. Versuchstemperatur — 18 bis 21'^. Versuchsdauer 72 Stunden. Gesamtmaschinenleistung 5^/4 Stunden mit 17 KW. Stromverbrauch pro Stunde 2,9 KW. Tem- peraturerniedrigung pro Stunde 1,9 *'. Bei dreimaliger Öffnung und 72 stündiger Versuchsdauer wurden 17 KW. = 2,96 M (pro Stunde 0,23 KW. = 4,14 Pfg. und 3,11 cbm Wasser = 0,74 M (pro Stunde 0,04 cbm = 0,9 Pfg.). 8. Versuch. Außentemperatur 7 ". Temperaturerniedrigung während des Versuches von —11,5 auf —24°. Versuchsdauer 6I/2 Stunden. Gesamtmaschinenleistung 6V2 Stunden mit 20 KW. Strom verbrauch pro Stunde 2,9 KW. Kosten: 3,60 M für Stromverbrauch (pro Stunde 55 Pfg. und 0,82 M für Wasser). 136 R. Scliander. Zusammenst elliin g der Strom- Außentem peratur Temperatur- erniedrigung pro Maschi- nenstunde Versuchs- temperatur Yer suchs- dauer 'S ^ Ä OD in Nr. Ge- samt Std. M 3 + 8 bis + 12« 2,4» — 14 bis— 16» 144 173^ 60 4 -j- 6 bis -f 8 « 3,50. — 4 bis —6» 322 8V4 31 5 8 bis 10 «^ 3,1» — 10 bis — 12 » 144 7V2 24 6 8 bis 10° 2,2» — 18 bis — 15» 144 9 28 7 8 bis 10» 1,9» — 18 bis — 21 » 72 5^/4 17 8 70 1,8» — 1 bis— 24,5» 6V2 6V2 20 Diese Versuche zeigen also, daß die Leistung der Maschine, berechnet auf die erzielten Temperaturerniedrigungen pro Stunde, mit dem Sinken der Versuchstemperatur abnimmt. Bei einer Versuchs- tem]ieratur von — 4 bis — 6 » beträgt die stündliche Temperatur- erniedrigung 3,5», bei einer Versuchstemperatur von — 18 bis — 21» nur noch 1,9 ». Bei starker Temperaturerniedrigung des Verdampfers tritt ein langsamerer und schwererer Gang der Maschine ein. In- folgedessen nimmt auch der Stromverbrauch ab. Die für die Kühlstunde zu machenden Aufwendungen sind ab- hängig von der Tiefe der Versuchstemperatur und dem Verhältnis der benötigten Maschinenstunden zu der Gesamtdauer des Versuches- Sie erhöhen sich mit dem Sinken der Versuchstemperatur und sind um so geringer, je länger die erreichte Temi)eratur des Schrankes ausgenutzt werden kann, ohne die Maschine arbeiten zu lassen. In den Versuchsreihen 4 — 7 beobachten wir eine Steigerung der Kosten für Strom von 1,7 Pfg. auf 4,25 Pfg. pro Stunde, entsprechend der Erniedrigung der Versuchstemperatur von — 4 bis — 6 » auf — 18 bis — 21 » C. Die pro Stunde entstehenden Kosten sind aber in diesen Versuchsreihen so gering, weil das Verhältnis der benötigten Maschinenstunden zu der Gesamtdauer der Versuche ein sehr weites ist. In der Versuchsreihe Nr. 8 handelt es sich darum, festzustellen, welche Arbeitsleistung der Maschine notwendig ist, um eine Tem- peraturerniedrigung von — 11 » auf — 24,5 » zu erzielen. Eine weitere Ausnutzung dieser Temperatur war nicht beabsichtigt. In- folgedessen steigen die Kosten für Elektrizität auf 55 Pfg. und für Einrichtungen zur Erzieluug niederer Temperaturen usw. 137 Versuchsreihe 3 bis 8. verbrauch Kosten Wasser KW. für Elektrizität Verbrauch Kosten pro Ma- schinen- stunde pro Ver- suchs- stunde Gesamt M pro Versuchs- stunde Pfg. Gesamt cbm pro Versuchs- stunde Liter Gesamt M pro Versuchs- stunde Pfg. 3,4 0,4 10,80 7,5 9,59 66,6 2.30 1,6 3,5 0,1 5,58 1,7 4,46 13,9 1,09 0,33 3,2 0,17 4.32 3,0 4,05 28,1 0,97 0,7 3,1 0,19 5,04 3,5 4,86 33,7 1,17 0,81 2.9 0,24 3,06 4,25 3,105 43,1 0,75 1,03 2,9 3,08 3,60 55 3,51 540 0,84 12,96 Wasser auf 12,96 Pfg. pro Stunde. Nehmen wir eine Temperatur- erhöhung des Schrankes von 0,2 " an , so wäre ohne weitere Ma- schinenleistung die Temperatur erst in 20 Stunden auf — 20,5 " ge- sunken. Diese Zeit hätte zu Versuchszwecken ausgenutzt werden können. Dann ermäßigen sich die Kosten pro Stunde auf 13,6 Pfg. für Elektrizität und auf 3,2 Pfg. für Wasser. Die Abkühlung der Töpfe bezw. der in den Töpfen kultivierten Pflanzen entspricht den natürlichen Verhältnissen am meisten, wenn die Töpfe bis zu ihrem oberen Rande isoliert eingesetzt werden können und die Temperaturerniedrigung nur die Pflanzen bezw. die (3berfläche des Bodens trifft. Eine derartige Versuchsanordnung war durch die Einrichtung unseres Schrankes gegeben. Um die Erde in einer Tiefe von 5 cm von -{- 11 ^ bis — 20 *^ abzukühlen, waren bei einer Außentemperatur von 18 " 10 Maschinenstunden notwendig. In einer Tiefe von 50 cm zeigte das Thermometer aber noch 4- 14,5 " C. Bei einem anderen Versuche zeigte das Thermometer in einer Tiefe von 5 cm — 4°, in einer solchen von 10 cm — 3 *', von 15 cm — 2 ", von 20 cm — 1,5 ^. Diese Versuchsanordnung soll uns insbesondere bei unseren Untersuchungen über die Ursachen des Auswinterns des Getreides zur Bestimmung des Verhaltens der ein- zelnen Getreidearten und Sorten gegen verschiedene Kältewirkung und Kältedauer dienen. Ausführlich werden diese Versuche an anderer Stelle besprochen werden. Entschieden bietet diese Art der Kühlung viele Vorteile gegen- über dem Kühlen der ganzen Töpfe, weil im letzten Falle auch die 138 R- Schander. Gesamtwurzel den niederen Temperaturen ausgesetzt wird. In der Natur sind nur die oberirdischen Pflanzenteile und die oberen Teile der Wurzel der Kälte ausgesetzt, während der tief gehende untere Teil der Wurzel in nicht gefrorenem Boden auch weniger stark in Mitleidenschaft gezogen wird. Es erscheint nun aber trotzdem wichtig, auch die Widerstandsfähigkeit der Wurzel gegen niedere Temperaturen festzustellen bezw. zu ermitteln, wie sich die Widerstandsfähigkeit der Wurzeln zu den oberirdischem Teile verhält. Deshalb haben wir in unserem Kühlschrank die Anordnung getroffen, 80 cm lange Töpfe auch von unten her kühlen zu können. Die Töpfe werden dann durch die oberen Öffnungen eingesetzt. Bei diesen Versuchen wird der oberirdische Teil der Pflanze nicht abgekühlt. Wir erreichten bei einer Außentemperatur von 20 " innerhalb 15 Stunden folgende Abkühlungen: In einer Tiefe von 5 cm von -}- 14 ° auf -|~ 1^)5 ", 90 _1_ 1 4. 0 I 7 0 „ „ „ „ 50 „ „ +14« „ -50. Wie bereits ausgeführt, dienen uns die Öffnungen in der Decke des Schrankes auch dazu, Einsätze einzuführen, die den Zweck haben, kleinere Objekte zu kühlen, ohne den Schrank zu öffnen. Je nach- dem die Einsätze verschieden tief eingeführt Averden, gelingt es, in denselben auch verschieden tiefe Temperaturen zu erhalten, und zwar beobachteten wir bei einer Schranktemperatur von — 15«, wenn die Einsatzgefäße 70 cm in den Schrank hinein reichten, — 11", bei 55 cm — 10 «, bei 40 cm — 8,5 «, bei 25 cm — 7,5 « und bei 10 cm -j 0 «. Natürlich ist eine dauernde Kontrolle der Thermometer notwendig, um durch Verschieben der Einsatzgefäße die Temperatur möglichst konstant zu erhalten. Endlich kann auch der Schrank zur Herstellung von Kunsteis verwendet werden. Dieses Verfahren empfiehlt sich im Sommer jedoch nur dann, wenn der Apparat gleichzeitig auch für andere Zwecke in Betrieb gesetzt werden muß und wenn es sich darum handelt, bakterien freies Kunsteis zu erzeugen. Im Winter stellt sich dagegen die Erzeugung von Kunsteis in dem beschriebenen Apparat billiger als Kaufeis, besonders dann, wenn der Schrank gleichzeitig auch zu anderen Versuchen benötigt wird. Man hat nur notwendig, mit Wasser gefüllte Gefäße in den Schrank einzusetzen. Besonders wertvoll ist, wie bereits bemerkt, die Eiserzeugung dann, wenn man bakterienfreies Eis braucht. Man sterilisiert Wasser in geeigneten Eiarichtungen zur Erzielung niederer Temperaturen usw. 139 Apparaten und stellt diese dann in den Eisschrank. Dadurch werden auch die in den Laboratorien häufig verwendeten kleinen Kälte- maschinen, von denen besonders die Eismaschinen nach Prof. Lieb- reich (arbeitet mit Kältegemischen) und nach dem Patent Flöß für Handbetrieb (Schwefelsäuremaschine) benutzt werden, überflüssig. Zur Aufbewahrung von Objekten verwendet man bisher vielfach gewöhn- liche Eisschränke. Solange diese in kühlen Räumen stehen, genügen sie. Im allgemeinen arbeiten sie aber wenig sparsam. Für diese Zwecke ist insbesondere der Gefrierapparat „Frigo" zu empfehlen, der mit Kältemischung beschickt auch zur Kühlung kleiner Objekte bei niederen Temperaturen dienen kann. 140 P. Sonntag. Die Torsionserscheinungen der Pflanzenfasern beim An- feuchten und die mil M? C2 Ms D2 Ml) E2 Mio A2 Mu B2 M12 bezeichnet die Längsrichtung der Äcker. Wir berechnen dann für die Parzelle Ai, wie viel sie mehr oder weniger als der Durchschnitt von Ml und M2 gegeben hat, für Bi, wie viel sie mehr oder weniger als der Durchschnitt von M2 und M3 gegeben hat usw. Schließlich berechnen wir, wie viel alle M- Parzellen im Durchschnitt gegeben haben, und wie viel alle Parallelparzellen von A, B usw. durch- schnittlich mehr oder weniger als die umliegenden Maßstabparzellen ergeben haben. Auf Ländereien, die seit mehreren Jahren gleichartig und mit großer Sorgfalt behandelt und gedüngt sind, liefert diese Methode überaus schöne Resultate, indem man hier im wesentlichen nur mit wellenförmigen Ungleichheiten im Boden, namentlich im Untergrunde zu tun hat. Bei lokalen Versuchen, bei denen man mit mehr fleckenweisen Ungleichmäßigkeiten infolge unregelmäßiger Düngung und Bodenbehandlung Jahr um Jahr rechnen muß, ist die Maßstabmethode von geringerer Bedeutung. Man muß nämlich be- denken, daß sie eine bedeutende Vergrößerung der Parzellenanzahl mit sich bringt, oder, wenn das Areal gegeben ist, eine Einschränkung der Zahl der Parallelparzellen. In manchen Fällen zeigt es sich dann, daß man bessere Resultate bekommt, wenn man die Maßstabparzellen wegläßt und dadurch für mehr Parallelparzellen Platz gewinnt. In anderen Fällen geht man den Weg, nur jede dritte Parzelle als Meß- probeparzelle einzurichten. Ein großer Vorteil bei der Anwendung des Meßprobesystems ist es, daß man eine vorzügliche Kontrolle mit den Zahlen aller Einzelparzellen erlangt, was in anderer Weise schwer zu erreichen ist. Die Maßstabparzellen sollen immer normal ent- wickelt sein und womöglich zu den besten gehören. So wählt man z. B. bei einem Düngungsversuche allseitig gedüngte und nicht un- gedüngte Parzellen zum Maßstab, bei einem Sortenversuche mit Weizen nimmt man eine durchaus winterfeste, nicht lagernde Sorte usw. Die Anordnung der Parallelparzellen ist selbstredend nicht gleichgültig; sie müssen über das Versuchsfeld so gleichmäßig wie möglich verteilt sein. Es lassen sich auch hier, wie auf allen Gebieten der Versuchstechnik, bestimmte mathematische Regeln herleiten, auf die ich mich jedoch nicht bei dieser Gelegenheit einlassen will. Bei der Verteilung der Parzellen zu berücksichtigen ist ferner die Beschaffen- heit des Bodens, nämlich einerseits die Unebenheiten, die von seiner 186 M. L. Mortensen. natürlichen Beschaffenheit im Ober- und Untergrund herrühren, seine Porosität, Feuchtigkeitsverhältnisse usw., die sich gewöhnlich im Terrain wellenförmig zeigen werden, und andererseits die Uneben- heiten, die von der Bearbeitung des Bodens stammen, und die wir „ Ackerstreif ung" nennen können, darunter Ackerfurchen und Acker- rücken einbegriffen. Ein Versuch muß immer so angelegt werden, daß die Parzellengrenzen parallel mit den Ackerfurchen bezw. recht- winklig auf sie gehen ; zugleich müssen alle Fragen gleich oft in der- selben Parzellenreihe wiederholt werden. Der Einfluß der Acker- streif ung wird dadurch so gut wie ganz ausgeschlossen. Die Wirkung der wellenförmigen Unebenheiten in der natürlichen Beschaffenheit des Bodens ist schwieriger zu beseitigen, indem es immer schwer zu erreichen ist, daß die Parzellen im Verhältnis zu diesen gleichmäßig liegen. Eine große Anzahl Parallelparzellen helfen sehr den hier- durch erscheinenden Fehlern ab, und noch mehr erreicht man, wenn man die Parzellen so anbringt, daß alle Versuchsfragen sich gleich oft auch in der Querrichtung wiederholen. Stationäre und lokale Versuche. Bei Versuchen auf festen Versuchsfeldern ist das Areal in der Regel l^egrenzt, so daß man oft gezwungen wird , die Parzellengröße oder die Anzahl der Parallelpar- zellen einzuschränken oder die Zwischenstreifen zu streichen. Dafür hat man den Vorteil, daß diese festen Versuchsfelder Jahr um Jahr mit der größten Sorgfalt in jeder Beziehung behandelt werden, so daß alle fleckenweisen Unregelmäßigkeiten vermieden werden. Be- sonders spielt es eine große Rolle, daß jeder Dünger, auch der Stall- mist, jedes Jahr für jede Parzelle für sich abgewogen und sorgfältig verteilt wird. Wenn ein Versuchsfeld ein Jahr lang z. B. zu Sorten- versuchen benutzt gewesen ist, kann es selbstredend nicht gut wie- der das nächste Jahr zu Versuchen benutzt werden, sondern es muß zuerst eine Egalisierungssaat tragen. Ist ein Feld zu Düngungs ver- suchen oder ähnlichen Versuchen benutzt gewesen, die den Boden sehr uneben machen, wird es in einer längeren Reihe von Jahren zu anderen Versuchen unbrauchbar sein. Bei lokalen Versuchen hat man in der Regel Platz genug zur Verfügung; man hat deshalb sehr viel Freiheit in bezug auf die Parzellengröße und die Parzellenanzahl sowie mit der Anwendung von Isolationsstreifen. Dagegen muß man hier mit größeren fleckenweisen Unregelmäßigkeiten im Boden rechnen. Die vorstehenden Ausführungen sollten einen Begriff davon geben, zu welchem Standpunkt wir in Dänemark in versuchstechni- scher Beziehung gelangt sind. Ich will bemerken, daß wir Resultate Die Technik der Feldversuche. 187 von Versuchen, die in technischer Hinsicht zu wünschen übrig lassen, überhaupt nicht anerkennen, und es fällt uns deshalb auch schwer, auf die Resultate mancher ausländischen Versuche Wert zu legen. Im Verhältnis zu der Größe des Landes werden in Dänemark mehr Feldversuche als irgendwo sonst ausgeführt. Außer den zahlreichen Versuchen, die bei den acht festen Versuchsstationen des Staates gemacht werden, wird von den landwirtschaftlichen Vereinen eine sehr große Anzahl lokaler Versuche ausgeführt, wohl mehr als 2000 alljährlich. Durch eine so große Versuchsarbeit werden selbstredend zahlreiche Erfahrungen gemacht, auch in versuchstechnischer Be- ziehung, und das, was ich hier mitgeteilt hal)e, darf nur als das meiner Meinung nach wichtigste betrachtet werden. J. Vogel. Neuere Ergebnisse der Bodenbakteriologie. Von Dr. J. Vogel, Bromberg. Meine Herren! Fortschritte und Probleme der Boden bakterio- logie sind sciion mehrfach in Ihrem Kreise besprochen worden. Die liisherigen Vortragenden haben dabei bestimmte Fragen in den Vor- dergrund ihrer Erörterungen gestellt, wie z. B. das Schwefelkohlen- stoffproblem, die Bedeutung der Stickstoffsammlung für die Stickstoff- ernährung der Kulturpflanzen, die Impfung der Hülsenfrüchte mit Reinkulturen von Knöllchenbakterien. Auch ich möchte zunächst über einen bestimmten Teil des bodenbakteriologischen Arbeitsgebietes referieren, mit welchem ich mich in den letzten Jahren viel be- schäftigt habe, nämlich mit der Methodik der bakteriologischen Bodenuntersuchung. Über den Stand dieser Angelegenheit hat Ihnen H. Fischer bereits im Jahre 190'S Bericht erstattet. Er hat damals nicht nur die von Remy angegebene Methodik, sondern auch die ihr zugrunde liegende Idee verurteilt und der Überzeugung Ausdruck gegeben, daß die Bestimmung der Zahl und ein genaues Studium der Arten der in einem Boden vorkommenden Bakterien am besten über seinen biologischen Gesamtcharakter orientieren können. Ich weiß nicht, ob Fischer noch heute auf diesem ablehnenden Standpunkt steht, glaube aber, daß er den weiteren Ausbau der chemisch-bakteriologi- schen Untersuchungsmethodik, wie er von Remy selbst, ferner be- sonders von Löhnis, Lipman, Lemmermann und seinen Mit- arbeitern und auch von mir in den letzten Jahren erstrebt und bis zu einem gewissen Grade verwirklicht wurde, als Fortschritt an- erkennen und jetzt auch zugeben wird, daß der eingeschlagene Weg richtig ist, wenn auch das Verfahren als solches erklärlicherweise immer noch der Verbesserung bedarf. Neuere Ergebnisse der Bodenbakteriologie. Ig9 Stellen wir einmal die Frage, was eigentlich die von uns an- gestrebte genaue und quantitative Ermittelung der wichtigeren bak- teriellen Kräfte des Bodens bezweckt, so kann die Antwort kurz lauten : Sie will uns darüber orientieren, wie weit die Ertragsfähigkeit des Bodens, seine natürliche Fruchtbarkeit, von der Intensität seiner biologischen Leistungen abhängig ist, inwieweit diese also den Kultur- wert eines Bodens bestimmen und beeinflussen. Die Fruchtbarkeit eines Bodens wird ja niemals allein von seinen bakteriellen Eigen- schaften oder etwa gar von einer einzigen voll und ganz abhängen, wohl aber werden sich konstant wiederkehrende Beziehungen zwischen den wichtigeren biologischen Bodenfunktionen, etwa zwischen der nitrifizierenden Energie des Bodens, und seiner Produktionskraft fest- stellen lassen. An eine solche Möglichkeit dürfen wir um so eher glauben, als die Stärke der biologischen Kräfte des Bodens ihrerseits wieder abhängig ist von der Gesamtheit aller den Bodencharakter bedingenden Eigentümlichkeiten, also der ganzen Summe der äußeren und inneren, der chemischen und physikalischen Bodeneigenschaften. Wenn nun die gleichen Umstände, welche diese in der Bodenfrucht- barkeit zum Ausdruck kommende Gesamtheit aller Faktoren günstig beeinflussen, auch auf die uns interessierenden biologischen Kräfte des Bodens fördernd einwirken, dann werden konstante Beziehungen zwischen der biologischen Aktivität eines Bodens und seiner Ertrags- fähigkeit zutage treten. So wird unter Umständen auch einer ein- zelnen biologischen Bodenfunktion eine sehr weitgehende Bedeutung zukommen können, da sie eben schon aus der Summe aller vor- liegenden chemischen und physikalischen Bedingungen resultiert. Wenn — um ein Beispiel anzuführen — die kräftigere Ent- wicklung der nach dem Kulturverfahren von Demtschinsky be- handelten Pflanzen, wie Schneidewind vermutet, zum großen Teil auf eine durch das Behäufeln verursachte gesteigerte Salpeterbildung in der Erde zurückzuführen ist, dann hätte die gleiche Manipulation, welche die Produktionskraft des Bodens erhöhte, nämUch das Be- häufeln der Saaten, auch zur Steigerung einer wichtigen und be- stimmbaren bakteriellen Funktion, der nitrifizierenden Energie, Veranlassung gegeben. Daß die Wirksamkeit der nitrifizierenden Organismen in besonderem Maße von dem Gehalt des Bodens an abschlemmbaren Teilen, an mineralischen Nährstoffen und Humus- substanzen, von seiner Durchlüftbarkeit, Wasserkapazität und Tem- peratur abhängig ist, hat sich bei einschlägigen Arbeiten stets gezeigt. Mein Bestreben ging deshalb dahin, durch genaue Bestimn?ung 190 J. Vogel. der nitrifizierenden Energie des Bodens im Laboratorium ein Urteil über seinen Fruchtbarkeitszustand zu gewinnen und die erzielten Resultate durch Vegetations- und Feldversuche zu ergänzen. Auf Einzelheiten der Methodik, über welche an anderer Stelle ') Näheres gesagt ist, möchte ich nur ganz kurz eingehen. Nachdem es sich bei der Bestimmung der Fäulniskraft unter Verwendung von Peptonlösungen nach dem Vorgange Remys gezeigt hatte, daß t3^pische Unterschiede in der peptonspaltenden Energie verschiedener Böden nicht hervortraten, ging ich dazu über, die interessierenden Vorgänge im Boden selbst zu verfolgen und ersetzte das Pepton durch Horn- mehl, das vor jenem eine Reihe von Vorzügen hat. Nunmehr traten in der Intensität der Hornmehlaufschließung an sich, noch weit mehr aber bei der weiteren Nitrifikation des zunächst gebildeten Ammoniaks charakteristische und erhebliche Abweichungen ein. Der Verlauf der Salpeterbildung aus Hornmehl wurde zunächst an fünf verschieden behandelten Böden des Versuchsfeldes während eines Jahres (Sep- tember 1908 bis Oktober 1909) verfolgt^). Aus den erhaltenen Zahlenwerten konnte geschlossen werden, daß sich im Oktober ein starker Anstieg der nitrifizierenden Energie auf allen Parzellen be- merkbar machte, welchem bei den schwach salpeterbildenden Erden schon im November, bei den stärker nitrifizierenden erst im Dezember ein starker Abfall des Salpeterbildungsvermögens folgte. Diese fallende Tendenz blieb bis April-Mai bestehen und machte dann wiederum einem Anstieg Platz, der jedoch die Höhe der Salpeterbildung in den Herbstmonaten nicht erreichte. Der Einfluß der Jahreszeit trat also sehr stark in Erscheinung. Die im Salpeterbildungsvermögen an erster Stelle stehenden Parzellen wiesen bei sämtlichen Probenahmen einen höheren Wassergehalt auf, als die übrigen Versuchsböden. P]ine bestimmte unveränderliche salpeterbildende Kraft ein und der- selben Erde gibt es daher nicht. Diese biologische Funktion erfährt vielmehr im Laufe des Jahres Änderungen. Immerhin zeigten die vergleichenden Untersuchungen, daß manche Böden mit einem starken, andere mit einem geringeren Salpeterbildungsvermögen ausgestattet *) Mitteilungen des Kaiser Wilhelms -Instituts für Landwirtschaft in Bromberg, Bd. II, Heft 4. *) Beim Verfolg der Zersetzungen leisteten mir die in der erwähnten Publikation beschriebenen, im hiesigen Institut ausgearbeiteten analytischen Methoden gute Dienste. Sie können deshalb bei Arbeiten ähnlicher Art emp- fohlen werden. Neuere Ergebnisse der Bodenbakteriologie. 191 sind, und es war zu prüfen, ob Beziehungen zwischen diesen Diffe- renzen und der Fruchtbarkeit der Erden bestehen. Ehe ich auf diesen wichtigsten Teil meiner Arbeiten eingehe, will ich die naheliegende, und von Remy^) auch bereits aufgeworfene Frage beantworten, warum zu den Versuchen an Stelle des Horn- niehls nicht einfacher schwefelsaures Ammoniak oder ein anderes Ammoniaksalz Verwendung fand. Ich habe solche Versuche seit April 1909 häufig ausgeführt und dabei beobachtet, daß zwar die charakteristischen Differenzen in der Nitrifikationsstärke auch bei Zugal)e des Ammoniaksalzes (3 g (NH4)2S04 auf 500 g Erde) hervor- traten, daß jedoch das im Boden aus Hornmehl entstehende Am- moniak viel leichter und rascher in Salpeter umgewandelt wird, als das in Form des Ammoniaksalzes zugeführte. Daher waren nach Ablauf der zwölftägigen Versuchsdauer bei den Hornmehl - Erde- mischungen stets bedeutend größere Salpetermengen vorhanden, als in den Mischungen der Erden mit Ammoniumsulfat-). Noch auf einen weiteren, von Remj"*) erhobenen Einwand soll kurz eingegangen werden, da sich hier Gelegenheit dazu bietet. Remy meint, daß ich die Bedeutung der nitrifizierenden Energie des Bodens überschätze, oder daß doch wenigstens das bisher von mir beigebrachte Material mich nicht dazu berechtige, ganz bestimmte Beziehungen zwischen der Ertragsfähigkeit eines Bodens und seiner salpeterbilden- den Kraft zu behaupten. Abgesehen nun davon, daß ich schon in meiner Publikation darauf hinweisen konnte, daß mir außer dem veröffentlichten noch weiteres im Einklänge mit meiner Auffassung stehendes Material schon damals zur Verfügung stand, habe ich aus meinen Befunden nur geschlossen, daß bestimmte Beziehungen zwischen Nitrifikationskraft und Fruchtbarkeitszustand bestehen, nicht aber, daß dieser einzig und allein von jener abhängt. Eine überragende Bedeutung wird allerdings der nitrifizierenden Energie des Bodens aus den eingangs erwähnten Gründen beizumessen sein, dann aber auch deshalb, weil ja der neben der Wasserversorgung wichtigste Wachstumsfaktor, die Stickstoff ernährung , von ihr maßgebend be- einflußt wird. Der Salpeter ist eben die einzige Form, in welcher ^) Remy und Rösing, Zentralbl. f. Bakt. II. Abt., Bd. 29, S. 43. ^) Die gleiche Beobachtung veröffentlichte inzwischen H. Fischer (Landw. Jahrbücher 1911, S. 785). Bei seinen Versuchen war von dem in organischer Form (Blutmehl) gegebenen Stickstoff in zwei Wochen fast doppelt so viel nitrifiziert. als von dem in Form von Ammoniak dargebotenen. ^) Remy und Rösing, a. a. O. S. 44. 192 J- Vogel. der im Boden vorhandene und durch Bakterientätigkeit nutzbar ge- machte Stickstoff aufgenommen wird^). Es ist also nichts Auf- fallendes, sondern im Gegenteil etwas durchaus Selbstverständliches, daß die salpeterbildende Kraft eines Bodens seinen Fruchtbarkeits- zustand weitgehend beeinflußt, oder daß doch zum mindesten ein bestimmtes Verhältnis zwischen nitrifizierender Energie und Frucht- barkeit insofern besteht, als ein Boden mit starkem Salpeterbildungs- vermögen an sich höhere Erträge liefern kann, als ein solcher, in welchem unter sonst gleichen Bedingungen sich nur wenig oder kein Salpeter bildet. Stellen wir nun die bei der Laboratoriumsuntersuchung der oben erwähnten 5 Versuchsparzellen des Streifens III ermittelten Nitrifikationswerte den auf dem Felde erzielten Erträgen gegenüber, so tritt zunächst die außerordentliche Überlegenheit der hinsichtlich der nitrifizierenden Energie an erster Stelle stehenden Parzellen klar zutage-). Auch bei den übrigen Teilstücken bestehen klare Be- ziehungen zwischen den ermittelten Nitrifikationsstärken und den erzielten Erträgen. Vereinzelte Abweichungen, die ebenfalls beobachtet wurden, dürften nicht allzuschwer ins Gewicht fallen, da die perio- disch vorgenommene Untersuchung der übrigen Parzellen des Ver- suchsfeldes im allgemeinen wieder völlige Übereinstimmung zwischen Nitrifikationskraft und Ertragsfähigkeit ergab. So lieferte von den 5 Parzellen des Streifens II (Parzellen 6 — 10) bisher stets die Par- zelle 10 die höchsten Erträge und die höchsten Nitrifikationswerte. Bei einer Probenahme vom 5. Mai 1909 war beispielsweise die von diesem Teilstück gebildete Nitratmenge (71 mg) mehr als dreimal so hoch als bei den übrigen Erden desselben Streifens (20 — 23 mg). Die Erträge des Jahres 1909 (Roggen) betrugen an Trockensubstanz in kg pro ha: Bei Parzelle 6: 3926 7: 3168 „ 8: 2950 9: 3431 „ 10: 6239 *) Hieran ändert aucl> die siclier erwiesene direkte Aufnalimefähigkeit des Ammoniaksticksloffs durch die Pflanzenwurzeln nichts, da unter den ge- wöhnlich obwaltenden Verhältnissen eine Nitrifikation dieser Stickstoffforni stattfinden wird. -) Auf eine Wiedergabe des z. T. bereits veröffentlichten Zahlenmaterials soll hier verzichtet werden. Sie wird im Zusammenhang an anderer Stelle erfolgen, wenn die noch im Gange befindlichen Versuche abgeschlossen sind. Neuere Ergebnisse der Bodenbakteriologie. I93 Als sehr brauchbar und zuverlässig erwies sich das Verfahren bei der Untersuchung der Parzellen 16—20 des Streifens IV. Hier ergaben die im Mai und Juni 1909 vorgenommenen Prüfungen einen auffallenden, weder durch die Behandlung und Lage noch durch die Analyse des Bodens erklärhchen Abfall der nitrifizierenden Energie von Parzelle 20. Bei der Ernte der auf dem ganzen Streifen an- gebauten Zuckerrüben trat denn auch die durch die Laboratoriums- untersuchung wahrscheinlich gemachte Minderwertigkeit dieses Teil- stücks deutlich hervor. Die Parzelle 20 war genau so behandelt worden wie Parzelle 16, sie produzierte jedoch nur 84 mg Nitrat- stickstoff aus Hornmehl unter den gleichen Bedingungen, unter welchen der Boden von Parzelle 16 127 mg bildete. Die Ernte ergab folgende Erträge: Rüben Kraut Parzelle 16 ... . 497,5 325 dz pro ha 20. . . . 399,0 220 „ „ „ Hier hat also die chemisch-bakteriologische Bodenuntersuchung sehr schätzbare, in anderer Weise nicht zu erlangende Aufschlüsse über den Bodenzustand gegeben. Sie hat in klarer Weise erkennen lassen, daß eine bestimmte Parzelle aus besonderen, bis heute noch nicht aufgeklärten Gründen aus dem Rahmen des Versuches herausfällt. Auch Remy^) führt ein eklatantes Beispiel dafür an, daß ein bei der chemischen und physikalischen Untersuchung normal er- scheinender Boden sich bei der biologischen Prüfung und in seinen Erträgen als minderwertig erwies. Die Ergebnisse exakt durchgeführter Feldversuche werden daher meines Erachtens für gewöhnlich eine befriedigende Überein- stimmung mit den Werten für das Nitratbildungsvermögen aufweisen. Anders können die Dinge liegen, wenn die Resultate der Prüfung im Laboratorium nur mit der durch Erfahrung bekannt gewordenen Ertragsfähigkeit des Bodens verglichen werden müssen, wenn also eine von dem Besitzer des ])etrcffenden Bodens herrührende Boni- tierung die Grundlage des Vergleiches bildet. Vor eine solche Auf- gabe war ich gestellt, als mir anfangs April 1910 10 Bodenproben mit dem Ersuchen übergeben wurden, sie nach der Höhe ihrer nitri- fizierenden Energie zu begutachten. Die Proben stammten von ver- schiedenen Schlägen zweier Güter, deren Besitzer eine bestimmte Reihenfolge der Ertragsfähigkeit auf Grund seiner Erfahrungen an- *) Remy und Rösing, a. a. 0., S. 69. Jahresbericht der Vereinigung für angewandte Botanik IX 13 194 J- Vogel. gegeben hatte. Die von mir nur auf das Salpeterbildungsvermögen basierte Einschätzung der Böden wich in mehreren Fällen von dieser Reihenfolge ab. Besonders fiel ein humusreicher, schwach lehmiger Sand erheblich aus der Reihe heraus, er stand in seiner Nitrifikations- kraft an erster Stelle, während ihm der Besitzer erst den achten Platz angewiesen hatte. Es scheint in der Tat, daß die Produktions- kraft derartiger humoser Sandböden in keinem rechten Verhältnis zu ihrer meistens sehr hohen nitrifizierenden Energie steht. Es war aber auch bei einigen anderen dieser 10 Böden keine befriedigende Übereinstimmmung zwischen der Bonitierung des Landwirts und meiner Einschätzung vorhanden. Ich beschaffte mir daher im Früh- jahr 1911 einige Zentner des erwähnten humosen Sandbodens (Gwia- zdowo, Schlag Ib) und eines von mir zu ungünstig taxierten Lehm- bodens (Strumin, Schlag V) und benutzte diese und einige andere typische Bodenarten zur Ausführung von Vegetationsversuchen. Die Erden wurden in Mengen von 12,5 kg in je 5 Tongefäße eingefüllt, erhielten pro Gefäß eine Düngung von 6 g Dikaliumphosphat, 0,5 g Chlornatrium und 0,5 g Magnesiumsulfat und wurden mit Hafer bepflanzt. Die Bestimmung der nitrifizierenden Kraft ergab für Erde Gwiazdowo ... 80 mg Nitrat-N „ Strumin .... 8,2 mg „ Die Erträge von 5 gleich behandelten Gefäßen waren: Erde Gwiazdowo 153,6 g Trockensubstanz und 1,40 g N „ Strumin . 133,3 g „ „ 1,29 g N Der fragliche humose Sand war wiederum in seiner nitrifizieren- den Energie, jetzt aber auch in der Ertragsfähigkeit, an erster Stelle. Allerdings sind die Differenzen in den Erträgen nur gering- fügig gegenüber den großen Unterschieden in der Nitratbildung. Es dürfte dies z. T. auf das durch achttägiges Lagern der Erden im Glashause bewirkte ziemlich scharfe Vortrocknen vor Ausführung der Versuche zurückzuführen sein, wobei anscheinend eine Schädigung der nitrifizierenden Organismen erfolgt. Im April 1910 hatten jeden- falls die gleichen Erden, welche jetzt 80 bezw. 8 mg Nitrat aus Hornmehl produzierten, 176 bezw. 85 mg Nitrat unter sonst gleichen Verhältnissen gebildet. Damals war der Untersuchung kein Vor- trocknen vorausgegangen. Es dürfte sich daher empfehlen, die zu derartigen Vegetationsversuchen zu verwendenden Erden ohne jede vorherige Lagerung in dem Zustande zu verwenden, in welchem sie vom Felde kommen. Neuere Ergebnisse der Bodenbakteriologie. I95 Von weiteren Gefäßversuchen, die zur Klärung der interessieren- den Frage beitragen sollten, sei schließlich noch ein Versuch des Jahres 1910 erwähnt. Von einer auffallend stark nitrifizierenden Erde (vom Rittergut Stein stammend) wurde erwartet, daß sie einer- seits ohne jede Stickstoff düngung gute Erträge liefern, und daß andererseits Ammoniak- und organischer Stickstoff zu besonders guter Wirkung auf ihr kommen würden. Der Gefäßversuch bestätigte diese Annahme, denn es wurden geerntet : Hafer In 4 gleichbehandelten Gefäßen: Trockensubstanz Stickstoff Ohne Stickstoff 169,9 g 1,96 g V2 g Stickstoff im Natriumnitrat . . 23 2,1 g 4,05 g V2 g „ „ Ammoniumsulfat . 231,5 g 3,49 g V2 g „ „ Hornmehl . . . 233,9 g 3,42 g lg „ „ Natriumnitrat . . 232,8 g 4,90 g Es hat also nicht nur der Ammoniakstickstoff, sondern auch der Hornmehlstickstoff schon im ersten Jahre den Salpeterstickstoff übertroffen. Vä g N in jenen Düngemitteln hat den gleichen Mehr- ertrag erbracht, wie 1 g N im Natriumnitrat. Nach alledem darf wohl behauptet werden, daß die Ergebnisse exakt durchgeführter Gefäß- und Feldversuche mit den Resultaten der Laboratoriumsuntersucliung im allgemeinen gut übereinstimmen. Daß es Böden gibt, bei welchen eine solche Proportionalität zwischen nitrifizierender Energie und Ertragsfähigkeit nicht besteht, soll nicht geleugnet werden, es wird sich da aber um Ausnahmefälle han- deln, und es wird gelingen, diese Bodentypen allmählich so genau abzugrenzen, daß sie von vornherein ausgeschieden werden können^). Im großen und ganzen gibt uns die nitrifizierende Energie eines Bodens schätzbare Aufschlüsse über seinen Frucht- barkeitszustand und gleichzeitig wertvolle Hinweise auf die voraussichtliche Wirkung aller einer Nitrifikation im Boden unterliegenden stickstoffhaltigen Düngemittel. Es ist nun von Interesse, daß sich in neuerer Zeit Stimmen erheben, welche erklären, daß die Nitrifikation nicht mehr als bio- *) Es dürften hier hauptsächlich solche Böden in Frage kommen, die bei einer verhältnismäßig hohen nitrifizierenden Energie nur eine geringe Ertragsfähigkeit besitzen, also in erster Linie die bereits erwähnten sehr humusreichen, auch verhältnismäßig viel Stickstoff enthaltenden Sandböden, ferner die von Remy (a. a. O. S. 44) angeführten, an bestimmten mineralischen Nährstoffen ausgeraubten Böden. 13* 196 J. Vogel. logischer Vorgang aufgefaßt werden könne. Ich verweise nur auf eine vor kurzem erschienene Arbeit von Mooser^), in welcher mit Nachdruck der Standpunkt vertreten wird, daß die erheblichen Diffe- renzen im Verhalten der nitrifizierenden Organismen in der künst- lichen Kultur und unter natürlichen Verhältnissen zu einer Aufgabe der biologischen Theorie zwingen. Ich habe jedoch schon an anderer Stelle^) dargelegt, daß das dürftige Material Moosers zu so weit- gehenden Folgerungen nicht berechtigt. Moos er glaubt die Erreger der Nitrifikation unter den Kolloiden suchen zu müssen. Mir scheint es, daß seine Versuchsanordnung keine Gewähr für einen völligen Ausschluß der Winogr ad sky sehen Organismen bot, und ich begreife es nicht, wie Moos er es unterlassen konnte, sich durch Abimpf ungen aus seinen Versuchserden in entsprechend zusammengesetzte Nähr- lösungen von dem Vorhandensein oder Fehlen der fraglichen Mikro- organismen zu überzeugen. Die Möglichkeit einer Nitratbildung im Boden durch gewisse Kontaktwirkungen, durch kolloidale Stoffe oder durch noch unbekannte Organismen soll zugegeben werden, sicher erwiesen ist in diesen Richtungen jedoch noch nichts. Auch auf anderen Gebieten der Boden bakteriologie sind neue und bemerkenswerte Ergebnisse zu verzeichnen. Es sei nur darauf hingewiesen, daß Hiltner^) durch Verwendung gewisser „Beibak- terien" neben den eigentlichen Knöllchenbakterien beachtenswerte Erfolge bei der Hülsenfruchtimpfung erzielte, und daß Dr. Simon - Dresden"*) von neuen Gesichtspunkten ausgehend ein sehr brauch- bares Impfmittel für Hülsenfrüchte hergestellt hat, das unter dem Namen Azotogen im Handel erhältlich ist. Pfeiffer und Blanck^) haben Untersuchungen über die Kalk- feindlichkeit der Lupine ausgeführt mit dem Resultat, daß weniger eine allgemeine Kalkwirkung als vielmehr eine Alkaliwirkung in Betracht kommt. Die Lupine ist überaus alkaliempfindlich und scheint selbst von sehr schwach alkalisch reagierenden Nährmedien geschädigt zu werden. Mit Rücksicht auf diese Befunde ist es in- teressant, daß Hiltner Lupinen auch auf einem sehr kalkreichen Boden zu üppiger Entwicklung brachte, wenn er sie mit verdünnter Eisenvitriollösung bespritzte. ') Mooser, Die landw. Versuchsstationen Bd. 75, 1911, S. 53. 2) Zentralbl. f. Bakteriologie, II. Abt., Bd. 32, S. 252. 8) Hiltner, lilustr. landw. Ztg. 1910, Nr. 33. *) Simon, Deutsche landw. Presse 1911, Nr. 22. ^) Pfeiffer u. Blanck, Mitt. d. landw. Inst. Breslau Bd. 6, 1911, S. 273. Neuere Ergebnisse der Bodenbakteriologie. ' I97 Die Stickstoffsammlung durch frei lebende Bodenbakterien, be- sonders durch Azotobakter, hat nach verschiedenen Richtungen hin Bearbeitung gefunden. A. Koch^) und Pringsheim-) sind mit Untersuchungen über die Verwertung der Zellulose als Energiequelle bei der Stickstoffbindung durch Azotobakter beschäftigt. Sie konnten bereits zeigen, daß auf Kosten der Zellulose eine Stickstoffbindung erfolgen kann, wenn gleichzeitig bestimmte zelluloselösende Bakterien, wie sie beispielsweise im Stallmist vorkommen , zugegen sind. Pfeiffer"^) hat neuerdings bedeutende Stickstoffgewinne bei ßilanz- versuchen in Vegetationsgefäßen erzielt. Er schließt sich daher den- jenigen Forschern an , die die Möglichkeit einer außergewöhnlich energischen Stickstoffbindung im Boden experimentell nachgewiesen haben. Eine Beobachtung, die erhebliches Interesse beanspruchen darf, ist von Pfeiffer und seinen Mitarbeitern gelegentlich der er- wähnten Stickstoffbilanzversuche gemacht und von Lemmermann*) und Mitarbeitern bestätigt worden. Es ergab sich nämlich, daß der weiße Senf in geringem Grade aktiv zur Stickstoffbindung beiträgt, und daß er daher anderen Nichtleguminosen gegenüber eine Sonder- stellung hinsichtlich der Stickstoffsammlung einzunehmen scheint. Wenn ich hiermit schließe, so habe ich keineswegs alle neueren Ergebnisse der Bodenbakteriologie erwähnen können; Sie wissen, wie umfangreich die Literatur dieses Gebietes ist, und wie sie ständig mehr anschwillt. Meine Absicht war, auf einige wichtigere schwebende Fragen hinzuweisen, und es würde mich freuen, wenn Sie den Ein- druck gewonnen hätten, daß deren weitere Bearbeitung wissenschaft- lich und praktisch von Nutzen sein wird. ') A. Koch, Zentralbl. f. Bakt. II. Abt., Bd. 27, Nr. 1, Bd. 31, S. 567. '') Pringsheim, Zentralbl. f. Bakt. II. Abt., Bd. 23, S. 300, Bd. 26, Ö. 222. ^) Pfeiffer, Guttmann u. Thiel, Mitteil, des landw. Inst. Breslau, Bd. V, 1910. *) Lemmermann, Blanck u. Staub, Die landw. Versuchsstationen, Bd. 73, 1910, S: 425. 198 •^- Naumann. Einige Krankheiten gärtnerischer Kulturgewächse, und eigenartige Frostschädigungen an Apfelfrüchten. Von Prof Dr. A. Naumann, Dresden. I. ßhododenclrou ')- Schädigungen. Bei dem begreiflichen Interesse, welches für die Dresdner Pflanzenschutzstation der Gesundheitszustand der Großkulturen von Rhododendron (und Azaleen) besitzen muß, habe ich schon im Jahres- bericht 1909^) über tierische und pilzliche Schädigungen an Rhodo- dendren berichtet, sodaß die folgenden kurzen Mitteillungen als eine notwendige Ergänzung jener Veröffentlichung anzusehen sind. a) Trieb-Gallenkrankheit an Rhododendron indieum {■= Azalea indica). Dieselbe wurde durch ein noch nicht mit Sicherheit systematisch gruppiertes Exobasidium hervorgerufen, und ich sprach am Schluß meiner damaligen Ausführungen die Hoffnung aus, daß durch Ab- schneiden und Vernichten der Gallen unter gleichzeitiger vorbeugender Kupferspritzung die Krankheit vielleicht gehoben werden könne. Das bloße Abschneiden der Gallen hat nicht zum Ziele geführt, denn mit dem Austreiben der Blätter von März bis Mai waren die Trieb-Gallen in vielen Fällen wiederum aufgetreten. Anders verhielten sich sechs Pflanzen, welche von mir nach dem Entfernen der Gallen in Tenax getaucht worden waren. Dieselben sind bisher gesund geblieben. Diese Versuche werden in unserer phytopathologischen Station von mir fortgesetzt und zwar um so eifriger, als sich diese Krankheit in den Azaleen-Kulturen immer häufiger zeigt (allerdings wohl nur durchgängig an belgischem Import) und eine schwere Gefahr für dieselben zu werden droht. Hierbei sei bemerkt, daß mir auch aus Bayern Einsendungen Exobasidium -kranker Azaleen zugegangen *) „Rhododendron" in erweitertem Sinne, die Untergattung Azalea ein- schließend. ') Einiges über JS/tof/ot/enf/ron-Schädlinge S. 171 — 188. Einige Krankheiten gärtnerischer Kulturgewächse usw. 199 sind. Der Obergärtner einer Dresdner Azaleen - Großkultur schreibt mir: „Der Schaden ist ganz bedeutend. Manche Sorten: Fritz Seidel, Anna Thun und Siegismund Rucker waren gar nicht zu verwenden." Außerdem führt er als besonders empfänglich an „Ernst Thiers". Ein anderer Züchter fügt hierzu noch die Sorten : Professor Walther und die Richterschen Neuheiten. Von Bedeutung erscheint mir auch die Angabe, daß die Gallen an Veredelungen reichlicher auftreten als an wurzelechten Pflanzen. b) Septoria -Krankheit an Azaleen. In Leipzig war ein Bestand von 2000 Azaleen durch eine Septoria geschädigt worden. Die Blattspitzen der Pflanzen waren bis etwa zur Blatthälfte herab gebräunt und nicht, wie Voglino angibt, „rotgelb". Ich fand im Innern der gebräunten Teile nur ein sehr feines Myzel, ohne irgend welche Sporenbildung. Erst in der feuchten Kammer entwickelten sich die Pykniden, die verhältnismäßig kleine und nur einmal geteilte stäbchenförmige Sporen lieferten. Die Größe der Pykniden betrug 50 — 70 fji, die Sporen waren 8 — 12 fi, lang und IV2 — 2 fi breit. Die von Voglino beschriebene Septoria Azaleae besitzt Sporen von 12 — -18 (i Länge und 2 (i Breite, außerdem zeigten dieselben eine leichte Einschnürung. Sie ist demnach kaum mit der von mir gefundenen identisch. Von A. Maublanc wird eine Septoria azaleaeindicae auf lebenden Blättern von Azälea indica als neu beschrieben^). Leider ist mir seine Arbeit nicht zugänglich gewesen, so daß mir die zum Vergleich nötige Beschreibung mangelt. Ob bei der reichen Artenzahl der Gattung Septoria in der von mir be- schriebenen eine • Neuentdeckung vorliegt, soll einer späteren Ver- öffentlichung vorbehalten bleiben. c) Stephanitis Oherti Koll., eine Hautwanze an Freiland- Rhododendren (vergl. Fig. 1). Eine Dresdner Großfirma hatte an die Gräfl. Chotekische Garten- verwaltung in Großpriesen (Nordböhmen) eine Anzahl großer und wertvoller Bhododendron -P^anzen geliefert. Dieselben wurden an ihrem neuen Standort durch eine saugende Wanzenart von eigen- tümlicher Tracht (vergl. Fig. 1) ganz erheblich geschädigt. Die Blätter rollten sich, vertrockneten und fielen schließlich ab. Dabei waren ^) Sur quelques especes nouvelles ou peu connues de Champignons inf^rieurs. 200 A. Naumann. sie, ähnlich wie beim Thrips-Befall, von dunklen teerigen Exkrement- tropfen reichlich bedeckt. Der (lüte des Direktors des Königl, Zoologischen Museums zu Dresden, Herrn Prof. Dr. Jacobi, verdanke ich den Namen dieses sehr interessanten mit Tingis Pyri nahe ver- wandten Insektes. Dasselbe lebt auf Vaccinium-Arten und ist höchst- wahrscheinlich von dort zu der ihm zusagenderen Rhododendron- Nahrung übergegangen. Es ist so ziemlich über ganz Europa ver- breitet und wird von Deutschland, Österreich, Rußland, Russisch- Armenien, Schweden und Portugal angegeben. G. Flohr in seinen Rhyncho- ten Livlands Dorpat 1860 p. 369 gibt an: „Im Juli, August, Septem- ber in Menge vom Grase, nament- lich von Strickbeerbüschen, in Tan- nenwäldern {Pinus silvestris) ge- schöpft. Obert fand diese Art zuerst bei Dorpat, Kolenati erhielt sie später aus Armenien zwischen getrockneten Malvaceen. Die bei- gegebene Abbildung ist von mei- nem wissenschaftlichen Hilfsarbeiter Herrn Johannes Hartmann, gepr. Obergärtner, gezeichnet worden. Fig. 1. Stephanitis Obcrti Kol. (Vergr. 20). II. Erikenkraiikheiteu. a) Eriken -Mehltau {Oidium ericinum Erikss.) Im Juli 1910 erhielt ich durch eine Dresdner Gärtnerei drei erkrankte Erica gracilis. Die älteren Zweige derselben schimmerten grau, einzelne Triebe infolge dichten Befalles fast weiß. Es war nur das Pflanzenmaterial eines Hauses, welches ein- und zweijährige Eriken-Pflanzen enthielt, befallen. Nach Aussage des Kulturober- gärtners hatte die feuchte Brutwärme des Mai 1910 die Krankheit besonders gefördert. Da bisher die Kulturen der Firma völlig gesund waren und eine Übertragung durch Import völlig ausgeschlossen er- scheint, war anzunehmen, daß die Pflanzen während ihres sommer- lichen Aufenthaltes im Freien angesteckt wurden. Es waren vor dem sichtbaren Ausbruch der Krankheit von diesen Pflanzen Stecklinge geschnitten, die dem Obergärtner völlig gesund erschienen ; aber nach der Bewurzelung zeigte sich beim Pikieren ebenfalls der oben be- Einige Krankheiten gärtnerischer Kulturgewächse usw. 201 schriebene Mehltau -Befall und vernichtete einen großen Teil der Stecklingskultur. Bei den mehltaubet'allenen Pflanzen bräunten sich die nadel- förmigen Blätter von der Basis aufwärts und fielen leicht ab. Nur ■1 A/ iÄ« ^^H^E^S^^^^^BWm^^nk^ f'i.^' ¥ ^jPÜ^^^^^^^^^^I '**-^^ ^"^ M^^:^i#;- -i-^^ m *" ■ 1 'jWlf- "^'^' i^jl^^m mK^- w^^^ Fig. 2. Mehltau-Kranke Erica gracilis. die jüngsten Triebspitzen machten einen frischgrünen Eindruck, um späterhin ebenfalls einem starken weißen Pilzbefall zu unterliegen (vergl. Fig. 2)i). *) Über die eigenartige photographische Technik, mittels welcher diese Photographie angefertigt wurde, vergl. Wolf-Czapek, Angewandte Photographie in Wissenschaft und Technik Abschnitt Botanik v. Prof. Dr. Naumann II, 11. 202 A. Naumann. Der mikroskopische Befund zeigte die Oidiumform irgend einer Mehltau -Gattung. Beim Durchmustern der Literatur war aber ein Mehltau an Kap-Eriken weder in Salmons ausführlicher Monographie, noch im Saccardo, noch in den Annales Mycologici, noch im Sorauer- schen Handbuch, auch nicht in Tubeufs Pflanzenkrankheiten auf- zufinden. Nur in Franks Handbuch fand sich die kurze Bemerkung: Oidium ericinum Erikss. an Erica gracilis. So ist auch in meinen „Pilzkrankheiten gärtnerischer Kulturgewächse" ^) dieses Pilzes keine Erwähnung getan worden. Bei eingehendem Studium der Literatur fand ich eine Erwähnung des Pilzes in den so gründlichen „Beiträgen zur Biologie der Erysipheen" von F. W. Neger'"*). Der Autor zitiert hierbei eine Mitteilung Erikssons: Über Spezialisierun g des Parasitismus bei den Getreiderostpilzen ^). Zugleich bemängelt er, daß Eriksson Taei der Aufzählung von Mehltau - Arten , die er nur in Oidiumform beobachtete, diesen Eriken-Mehltau als neue Art: Oidium ericinum Erikss. beschrieben habe, indem Neger es für unzulässig hält, bei Aufstellung neuer Arten die Gestalt und Größe der inkonstanten Mehltau -Konidien zugrunde zu legen. Ich werde auf diese Frage später zurückkommen. Durch die Liebenswürdigkeit des Stockholmer Gelehrten erhielt ich die Original- Abhandlung über den Eriken-Mehltau*) gütigst zu- gesandt. Indem ich an dieser Stelle dafür meinen Dank ausspreche, führe ich in der Übersetzung die betreffenden beschreibenden Worte an, um so lieber, da diese Abhandlung so manchen Autoren ent- gangen ist: ,,Eine andere, dem Ysop-Mehltau ähnliche, im Konidien-Zustande bleibende Mehltau-Form hat man schon seit mehreren Jahren beobachtet bei Rosendal an im Topf kultivierten Eriken, besonders bei Erica gracilis. Dieser Mehltau kommt vor im Monat Juli bis zum Hoch- sommer, wo die Pflanzen ins Freie gebracht sind, aber auch zu anderen Zeiten des Jahres. Dieses Oidium unterscheidet sich von dem früher beschriebenen darin, daß das Hyphen-Gewebe besonders locker ist und die Konidienträger ziemlich weit voneinander stehen. Es kommt vor sowohl am Stengel als auf beiden Seiten des Blattes, bewirkt, daß die Blätter bald abfallen, und führt sogar den Tod der ^) Verlag von C. Heinrich, Dresden-N. 2) Flora, Bd. 88, S. 338. ») Ber. d. D. Bot. Ges. Bd. XII, S. 292. *) Bitrag tili Kännedomen om vära odlade vaxtere sjukdomar I af Jakob Eriksson, Stockholm 1885. Einige Krankheiten gärtnerischer Kulturgewächse usw. 203 ganzen Pflanze herbei. Solange man keine Sporengehäuse auf ihnen gefunden hat, muß man ihn wie den Ysop -Mehltau zur Gattung Oidium rechnen und könnte ihn bis auf weiteres benennen: Oidium ericinum Erikss. nov. spec. Hyphi conidiophori solitarii, 60 — 80 (x longi, folia et caules ubique incolentes. Sporae ellipticae, utrinque rotundatae 34 — 46 (.i longae, 12 — 16 ß latae." Die mikroskopische Prüfung des mir vorliegenden Eriken-Mehl- taues bestätigt im allgemeinen die sehr kurze Diagnose Erikssons. Fig. 3. Oidium ericinum. A Konidien träger am Erikenblatt. B Einzelne Gidiumsporen. C Keimende Konidie. D Oidium - Hyphen mit Appressorien. E Konidienträger an Erica gmeilis. F Konidienträger an E. persoluta. — A Vergr. 200/1, B— D 500/1, E u. F 400/1. Schon mit der Lupe konnte man die vom Erikenblatte nach allen Seiten abstehenden Konidienträger wahrnehmen, welche bei dieser Vergrößerung Drüsenhaaren glichen (vergl. Fig. 3A). Dieselben bestanden aus 3 — 5 Zellgliedern, von denen sich die Endzellen zu großen ovalen, mit vielen Vakuolen versehenen Sporen entwickelten. Die Sporen sind glattwandig und zeigen im Mittel die erhebliche Größe von etwa 40 fi. Die Breite beträgt 13—20 ^. Die Gestalt der Sporen ist veränderlich, teils breit-oval, teils lang-rechteckig (vergl. 204 A. Naumann. Fig. 3 B). In Wasser unter dem Deckglase erfolgt die Keimung bereits nach sechs Stunden, ganz besonders kräftig in der Nähe von Luft- blasen. Hiernach wird feuchte Luft die Keimung begünstigen. Der zarte Keimschlauch bildet alsbald Querwände (vergl. Fig. 3C). Die Keimung erfolgt meist am Pol-Ende. In die Oberhaut eindringende Haustorien konnte ich nicht nach- weisen, wohl aber knorrige Anschwellung einzelner Hyphenglieder, welche als Appressorien anzusprechen sind (vergl. Fig. 3D). Die sterilen Hyphen besitzen eine Breite von 6 — 9 jii. Die durch Zopf), besonders an den Konidien von Podosphaera Oxyacanthae beschriebenen Fibrosinkörper konnte ich nicht auffinden. Neger bildet auf seiner „Phytopathologischen Wandtafel der Mehltau- pilze" diese schwer erklärlichen Körper als schwarze, reichlich um die Vakuolen gruppierte Stäbchen in Profilstellung ab (an Sphaeroiheca humuli). Der Entdecker Zopf beschreibt sie bald als schalenförmige, bald als hohlkegel- bis zylinderförmige Gebilde von 2 — 8 /i Durch- messer. Unter den von ihm angegebenen Reaktionen ist kein Tinktionsmittel. Auch Neger^) sagt, daß er eine charakteristische Farbreaktion nicht ausfindig gemacht habe. Ich wendete die von Zopf beschriebene Kalilaugen-Reaktion an, welche die Fibrosinkörper in der Wärme zu stark lichtbrechenden Körpern aufquellen läßt und probierte auch das von Neger empfohlene Zufließenlassen verdünnter Schwefelsäure. Beide Reaktionen versagten. Hieraus könnte nach Negers Mitteilungen'^), daß die Mehltau- Gattungen: Sphaerotheca, Uncinula und Podosphaera Fibrosinkörper führen, darauf geschlossen werden, daß der Eriken-Mehltau diesen Gattungen nicht zugehöre. Ich hebe diese Tatsache umsomehr hervor, als mit ihr mein Gedanke hinfällig würde, daß Podosphaera myrtillina^) von benachbarten im Kiefernwalde wachsenden Heidelbeersträuchern auf die Eriken-Kulturen übergegangen sei. Freilich hat Neger von Podo- sphaera nur die Art tridactyla zur Untersuchung herangezogen und betrachtet auch die Fibrosinkörper nicht als Gattungs-Merkmal, 1) Ber. d. D. Bot. Ges. 1887, S. 275. 2) Flora Bd. 88, S. 339. 8) a. a. 0. S. 340. *) Nach Salmon: A Monograph of the Erysiphaceae geht Podosphaera myrtillina Kze. in Podosphaera Oxyacanthae DC. auf. Alsdann würden als Wirtspflanzen in Betracht kommen die Gattungen: Amelanchics, Crataegus, Dioapyros, Prunus, Pyrus (Sorbus, Mespüus, Cydonia), Spiraea und Vaccinium. Einige Krankheiten gärtnerischer Kulturgewächse usw. 205 sondern, wie er später sagt, als ein konstantes Merkmal einer und derselben Art. Es blieb mir somit zur Bestimmung dieser Mehltau-Gattung nur Form und Größe der Konidien. Die Form der Konidien ist wenig charakteristisch (bis etwa auf Phyllacünia und Sphaerothecd) , und die Größe der Konidien ist selbst bei derselben Art außerordentlich wechselnd. Neger^) nennt sie ein durchaus inkonstantes Merkmal und betrachtet wechselnde Luftfeuchtigkeit und anderes Nährsubstrat als größenändernde Faktoren. Meine Erfahrungen decken sich hiermit, gemäß folgender Beobachtung: In unserem botanischen Garten trat 1910 ein Oidium an Erica persoluta auf, welches weit schlankere Träger und längere Sporen entwickelte. Hiervon gelangen Infektionen auf Erica gracilis mit kurzgliedrigeren Trägern und kürzeren Sporen. Anbei die Maße (vergl. Fig. 3E und 3F). Trägerlänge Sporenlänge Sporenbreite an Erica persoluta . . bis 130 fx 40 — 60 fx 15 — 18 n „ gracilis . . 80—90 fx 30—42 n 13—20 n Eine von der Firma Seidel eingesandte mehltaukranke Erica liiemalis ergab wiederum andere, sich der persoluta nähernde Konidien- maße, zum Vergleich führe ich nochmals die Maße des von Eriksson an E. gracilis beschriebenen Pilzes an Trägerlänge Sporenlänge Sporenbreite 60—80 |U 34—46 /t* 12—16 ^u Messungen des auf persoluta vorkommenden Pilzes durch Bubäk- Tabor, welchem ich Material mit der Bitte um seine Ansicht zu- sandte, ergaben für die Konidien 47— 61 ji* Länge und 12 — 20^ Breite. Die Veränderlichkeit der Sporenausmaße ist hierdurch er- wiesen. Die Konidien der polyphagen Mehltaupilze Sphaerotheca und Erysiphe sind wesentlich kleiner. Hieran möge sich folgende Bemerkung Erikssons schließen über sein Oidium ericinum: „Ein besonderes botanisches Interesse bietet diese Mehltauform dadurch, daß Vaccinium myrtillus und in Amerika V. vaccillans und pensylvanicum die einzigen Ericaceen sind, welche man bisher als mehltauempfänglich kennen gelernt hat. Deshalb hat E. Fries in seinem Systema mycologicum die Ericaceen mit den Koniferen, Sukkulenten, Wasserpflanzen und Kryptogamen als eine ») a. a. 0. S. 338. 206 -^- Naumann. Familiengruppe angesehen, „in welcher Mehltau nur ungern seine Nahrung findet". Um die Gattung einwandfrei zu bestimmen, müßten die Peri- thecien aufgefunden werden. Ich habe bisher leider vergeblich dar- nach gesucht. Perithecien-Bildung wird nach von Neger aufgestellten Regeln^) am leichtesten eintreten an einem aus älteren Pflanzenteilen bestehenden durch Konidien noch nicht erschöpften Nährboden, besonders wenn ein reich entwickeltes Luftmyzel vorangeht. Ein reiches Luftmyzel ist bei der Nadelform der Blätter wohl kaum zu erzielen. Ältere Nadeln wurden infiziert, ohne daß sie Perithecienbildung zeigten, außerdem gab ich auch den befallenen Eriken die Level 11 eschen Bedingungen der Perithecienbildung, nämlich Änderung der Tem- peratur und Feuchtigkeit, aber ohne jeden Erfolg. Vielleicht hängt das Nichtauftreten der Schlauchfrüchte doch zusammen mit dem Fehlen eines winterlichen, beziehentlich herbstlichen Abschlusses der Vegetationsorgane, wie es in ähnlicher Weise bei dem Oidium an dem immergrünen Evonymus japonica wahrzunehmen ist. Bei letztgenannter Pflanze versagt übrigens auch die Negersche Ansicht, daß ein stark entwickeltes Luftmyzel eine der Vorbedingungen für Perithecienbildung darstelle, denn solches wird bei dieser Pflanze in oft erstaunlicher Weise entwickelt. Man könnte hoffen, daß dieses Oidium ericiniim, welches ich mit wechselndem Glück weiter kultiviere, im Laufe der Jahre zu Perithecienbildung schreitet; wissen wir doch von Uncinula spiralis und Podosphaera leuco- tricha, daß manche Oidiumform erst nach langjähriger Anpassung an ein neues Substrat und klimatische Bedingungen seine Schlauch- früchte ausbildet. Kurz nach dem Erscheinen meiner vorläufigen Mitteilungen im Handelsgärtner ^) „Ein Mehltau der Kultur-Eriken" und in der Garten- weit^) teilte mir Professor Dr. Brick -Hamburg mit, daß der dortigen Station am 16. Juli 1909 ein Oidium auf Erica gracilis aus Bernau (Provinz Brandenburg) übermittelt wurde, und daß eine kurze Mittei- lung im Jahresberichte XII darüber erscheinen würde ''). Gleichzeitig benutzte die Agrikulturabteilung der Schwefelproduzenten in Hamburg 1) a. a. O. S. 343. 2) Handelsgärtner 1910, Nr. 25. 3) Gartenwelt XIV, 27. *) C. Brick, XII. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Pflan- zenschutz, S. 15. Einige Krankheiten gärtnerischer Kulturgewächse usw. 207 die Gelegenheit, mir mitzuteilen, daß der Bernauer Handelsgärtner Großmann mit dem von ihr gelieferten Schwefel gelungene Versuche zur Bekämpfung des Eriken-Mehltaues angestellt habe. Im Herbste 1909 wurden von ihm die jungen in die Häuser eingeräumten Pflanzen mit Schwefel bestäubt und bis zum Juli 1910 war die Krankheit nicht wieder aufgetreten, so daß Großmann schreibt, „daß Schwefeln als Vorbedingung für eine gesunde Kultur der Eriken anzusehen sei". Nach Erikssons Mitteilungen wurde gegen den Eriken-Mehltau auch in Rosendal (Schweden) geschwefelt, hatte sich aber nicht durch- gängig als Bekämpfungsmittel erwiesen. Von mir wurde den Dresdner Kulturen reichliches Lüften, trocknere Kultur und Einschwefeln empfohlen. Diese Maßregeln haben gute Erfolge gezeigt. Von einem gewissen historischen Interesse ist es, daß nach einem Verschollensein von etwa einem Vierteljahrhundert (seit 1885) ein mit dem Erikssonschen jedenfalls identischer Mehltau an Erica gracilis wieder aufgefunden wurde. b) Erikenrost, Uredo Ericae n. sp. Von Eriken- Großkulturen des Leipziger Bezirkes erhielt ich eine Anzahl kurzgliedrig gehaltener Erica gracilis eingesandt, welche an den nadeiförmigen Blättern reichlich mit den orangegelben Sporen- häufchen eines Rostes bedeckt waren. Die Sporenmassen entwickelten sich so reichlich, daß viele gesunde Blätter und Zweiglein mit Sporen überschüttet waren. Die Krankheit trat vom JuH bis August des Jahres 1910 in den Kulturen geradezu besorgniserregend auf und hatte ein Bräunen und Abfallen der Nadelblätter im Gefolge, sodaß die Pflanzen von unten aus kahl wurden, ja einzelne ältere bis auf die grünen Endtriebe völlig kahl dastanden. Dieselben haben jedoch im Jahre 1911 wieder ausgetrieben und waren zum großen Teil völlig gesundet. Die Sporenhäufchen fanden sich oft zu dreien an den Nadeln vor (vergl. Fig. 4A). Nicht selten zeigten sich einzelne Sporenpolster weißlich verbleichend. Bei einer Besichtigung der Kulturen an Ort und Stelle wurde diese Krankheit nicht nur in den Eriken-Beständen des Einsenders, sondern in allen Eriken-Kulturen des Ortes aufgefunden und zwar in den meisten Fällen stark um sich greifend. Bei der aufmerksamen Beobachtung dieser Gärtnereien fiel mir auf, daß das als Unkraut vorhandene Gras auf den Wegen und innerhalb der offenen Kästen einen starken Rostbefall zeigte. Es waren Puccinia rubigo vera DC. an Festuca, Fuccinia coronata 208 A. Naumann. Cord, an Holcus und Puccinia Poarum Niels, auf der überall ver- breiteten Poa annua, letztere nur in der Uredoform. Selbst die Gräser der angrenzenden Grasplätze und eines Wiesenstückes waren mit den genannten Rostarten, zumal Puccinia Poarum stark behaftet. Dieser Allgemeinbefund konnte dartun, daß die Örtlichkeit sowie die Wetterlage 1910 einer Entwickelung der Rostarten sehr förderlich war, es konnte aber auch (bei der Neigung der Rost- arten zu einem Wirtswechsel) ein innererZusammenhang zwischen Grasrost und Erikenrost bestehen'). War dies auch in hohem Fij^. 4. Uredo Ericae n. sp. A Mit Uredosporen befallene Nadel von Erica gracilis, Vergr. 20. B Nadelquerschnitt mit Uredo- häufchen, Vergr. 45. C Sporen, Vergr. 400. D Paraphysen, Vergr. 400. Grade unwahrscheinlich, so lag doch nicht gerade eine Unmöglichkeit vor. Ich erinnere hierbei an die mit Sicherheit nachgewiesene Pleophagie von Cronartium asclepiadeinn-), bei welchem die Uredo- Sporen -auf vier verschiedene Pflanzen aus vier verschiedenen Familien ^) Ich empfahl deshalb den Erikenzüchtern die Entfernung der Gräser als eine notwendige Vorsichtsmaßregel. *) vergl. Klebahn, Die wirts wechselnden Rostpilze. Berlin, 1904, S. 374 u. s. f. Einige Krankheiten gärtnerischer Kulturgewächse usw. 209 Übertragbar waren, nämlich auf Vincetoxicum, Paeonia, Nemesia und Verbena. Ich hielt es deshalb für meine Pflicht, mit Poa und Erica ent- sprechende Infektionsversuche anzustellen. Beide Versuche mißlangen jedoch. Ich konnte weder mit Uredo Ericae eine Poa annua noch mit den Uredo-Sporen von Puccinia Poarum die Erica gracilis infizieren^). Hiermitmußte der Gedanke einer gegenseitigen Beziehung zwischen Grasrost und Erikenrost fallen. An dieser Stelle sei eingefügt, daß sich der Erikenrost Leipziger Herkunft auf jüngere Pflanzen in Dres- den gezüchteter Erica gracilis nur schwer übertragen ließ, trotzdem im allgemeinen Uredo-Infektionen leicht ausführbar sind. Allerdings ist ja auch durch die Erikssonschen Versuche mit Gelbrost ein spröderes Verhalten bei Uredo-Infektion erwiesen. Nach Befragung der mir zugänglichen Literatur, sowie nach freundlicher Mitteilung des vortrefflichen Rostkenners Dr. Di etel- Zwickau war der von mir aufgefundene Pilz neu. Es lag mir natürlich daran, wenigstens die Gattungs- oder Gruppen-Zugehörigkeit festzustellen. Die mikroskopische Untersuchung war bei der Zartheit der Objekte nicht leicht. Eine bei einzelnen Querschnitten sichtbar werdende peridien- ähnliche Bildung, das gelegentliche Auftreten keuliger Paraphysen (vergl. Fig. 4D) sowie ein kurzes reihenweises Abschnüren der Sporen (vergl. Fig. 4B) erschwerte mir die Bestimmung des Pilzes. Manchmal schien es, als wären Aecidium-ähnliche Bildungen unter den Uredo- sporenhäufchen auf den Eriken-Nadeln vorhanden. Di etel- Zwickau, welchem ich den Pilz übersandte, schreibt mir dagegen, daß er von einer reihenweisen Abschnürung der Sporen nichts bemerkt habe, ebenso wenig von einer Peridie. Die Uredosporen selbst waren rundlich bis tropfenförmig (vergl. Fig. 4C) und zeigten die Größe 28—32 /ii X 19—24 fi. Die Membran war gekörnelt und ohne Keimporen. Der Inhalt war lebhaft orangerot. Da Teleutosporen weder an der Pflanze noch auf den ab- geworfenen Blättern aufzufinden waren, blieb ich zur ungefähren Festlegung der Gattung auf die eben erwähnten Merkmale angewiesen. Bisher ist auf der Gattung Erica überhaupt kein Rostpilz beobachtet worden ; es lag dabei nahe, daß der Pilz von einheimischen Ericaceen auf Erica gracilis übertragen worden ist, denn ein Import 8) Ich möchte trotzdem die Tatsache nicht unerwähnt lassen, daß im Kgl. Botanischen Garten zu Dresden vorher rostfreie Poa, zwischen welche ich über Sommer rostkranke Eriken gestellt hatte, gegen Ende des Sommers starken Rostbefall zeigte (spontan!). Jahresbericht der Vereinigung für angewandte Botanik IX 14 210 A. Naumann. aus der südafrikanischen Heimat der Pflanzen ist völlig ausgeschlossen. Rost - Gattungen , welche auf einheimischen Ericaceen vorkommen, gehören alle zu den Melampsoraceen, und da dort die Uredosporen keine Keimporen aufweisen, dürfte die Zugehörigkeit unseres Pilzes zu dieser Unterordnung wahrscheinlich sein. In folgendem gebe ich eine Übersicht der Ericaceen bewohnenden Melampsoraceen: Übersicht der auf einheimischen Ericaceen vorkommenden Melampsoraceen. Gattung Arten Chrysomyxa Ehododendri (DC) de Bary Ledi (Alb. et Schw.) de Bary Pirolae (DC.) Rost. = pirolatum (Körnicke) ^) Cassandrae Gobi auf Ändromeda caly- culata Puceiniastrum Vacciniorum (Lk.) Diet. Pirolae (Gmel.) Diet, Calyptospora Ooeppertiana Kühn auf Vaccinium Vitis idaea Nach dieser Übersicht mußte die Gattung Calyptospora mit unbekannten Uredosporen und die Gattung Puceiniastrum infolge der sich lochförmig öffnenden Peridie bei dem von mir beschriebenen Erikenrost mit seinen peridienlosen Uredo- sporen ausgeschlossen sein. Unter der Annahme einer kurzen reihenweisen Abschnürung, die ich an vielen Sporenhäufchen beob- achtet habe, würde dieser Uredo Ericae am nächsten der Chryso- myxa Pirolae DC. stehen. Bei dieser Art sind die Uredosporen wischenwirt Uredo Fichte Fichte durch reihen- unsicher! Fichte? weises Ab- schnüren ohne Peridie unbekannt unbekannt mit loch- förmig sich unbekannt öffnender Peridie Weißtanne unbekannt ^) In Rabenhorsts Kryptogamen- Flora I, 1 S. 254 findet sich unter den isolierten Uredo Formen ein Uredo Pirolae (Gmelin). Hier sind die Sporen- lager rundlich gelb, einzeln oder gruppenweise und von einer am Scheitel geöffneten Pseudoperidie umschlossen. Die feinstacheligen orangegelben meist oblongen Sporen sind 20 — 35fi- lang und 12— 20 (j. dick. Dieser Rost ist an allen einheimischen Pirola-Arten gefunden worden. Einige Krankheiten gärtnerischer Kulturgewächse usw. 211 in kurzen Reihen abgeschnürt und bilden bald pulverige nackte Häufchen. Die Sporengröße ist 19 — 32 X 16—22 /n (bei dem Eriken- rost 28—32 X 19—24). Die Sporen sind eckig bis rund, die Membran ist gekörnt, der Inhalt orangerot, leicht verblassend. Auch diese Merkmale stimmen mit dem Erikenrost sehr überein. Die genannte Chrysomyxa kommt besonders vor an Pirola rotundifolia und secunda, zwei Arten, welche in den Laubwäldern Leipzigs stellenweise verbreitet sind. Wenn auch im näheren Umkreis der betreffenden Eriken-Kulturen keine Pirola gedeihen würde, so könnten doch Sporen aus entfernteren Waldgebieten zugeweht worden sein. Es erschien mir auch nicht unmöglich, daß die zu den Eriken- Kulturen verwendete Heideerde die Rostsporen enthielte, viel- leicht auch an Resten von Piro/a-Blättern die blutroten krustenartigen Teleutosporen-Lager. Die auf mein Verlangen eingesandte Eriken-Erde wurde in vielen Stichproben durchmustert, aber keine der charakteri- stischen Rostsporen waren auffindbar. Trotz dieses negativen Befundes haben die dortigen Gärtnereien ihre Pflanzerde, welche sie früher von Altenburg bezogen, neuerdings von Eilenburg genommen. Es wurde ferner auf meinen Rat hin mit Kupfersoda-Lösung gespritzt bez. getaucht. Hierzu mußte ^/aprozentige verwendet werden, da sich Iprozentige für die Pflanzen als schädlich erwies. Es steht fest, daß die Rost-Krankheit in den betroffenen Kulturen im Jahre 1911 stark zurückgegangen ist, ob freilich durch die angewandten Mittel, bleibt fraglich, da die Trockenheit des Sommers überhaupt der Rost- Entwicklung ungünstig war. Von besonderem Interesse ist die Erfahrung, daß sich dieser Rost von E. gracüis auf E. hiemalis übertragen ließ, dort aber nur einen schwachen, sich bald verlierenden Rostbefall erzeugte. Bis auf weiteres muß ich diesen Rostpilz als eine neue Uredo- Form betrachten mit der begründeten Annahme einer Zugehörigkeit zu den Melampsoraceen. Die Diagnose lautet: Uredo Ericae n. sp. Uredo in rundlichen bis länglichen V2— 1 mm breiten orange- roten Häufchen, welche, anfangs von der Oberhaut bedeckt, unter Aufreißen derselben punktförmig hervorbrechen, hie und da weiß verblassend. Die Sporen entstehen einzeln oder in kurzen Reihen und sind selten von keulenförmigen Paraphysen begleitet. Sie sind rundlich, oft tropfenförmig bis polygonal, 28—30 lang, 19—24 breit ihre Membran ist mit feinen Körnchen bedeckt, ihr Inhalt orangerot. 14* 212 A. Naumann. III. Zweigdürre an Cainellien. In einzelnen Gärtnereien der Umgebung Dresdens zeigt sich an den Camellien ohne äußere Ursache ein plötzliches Welken einzelner Fig. 5. Camellia, links mit einem im Welken begriffenen Zweig. Zweige. Auf das Schlaffwerden ganzer Blatttriebe folgt ein mit Blattrollung verbundenes Abtrocknen der Camellien-Zweige (vergl. Fig. 5). Einige Krankheiten gärtnerischer Kulturgewächse usw. 213 Schließlich werden die Blätter geworfen, und die Camellien stehen mit einzelnen blattlosen, abgestorbenen Ästen unverkäuflich im Kultur- hause. Nach einiger Zeit dringen aus Rissen der silbergrauen Rinde, unterhalb des abgestorbenen Triebes, kleine mennigrote Gallert- läppchen hervor (vergl. Fig. 6A und B). Dabei zeigen sich die Augen in den Achseln noch vorhandener Blätter völlig vertrocknet. Unter dem Mikroskope stellen sich diese mennigroten Schleimklümpchen als ein Haufwerk schwach rosa gefärbter, einzelliger langelliptischer bis ovaler, schwach gekrümmter Sporen dar. Die Maße derselben sind 18 — 27 /t X 5 |U. Die Keimung erfolgt an oder nahe den Sporenenden (vergl. Fig. 6C), in Wasser schon nach einem Tage. Bei gleichzeitiger Keimung an beiden Enden schien mir eine leichte Einschnürung und die Bildung einer zarten Querwand zu erfolgen. Meine Bestim- mung ergab die Zugehörigkeit des Pilzes zur Gattung Myxosporium, und ich fand durch die Lindausche Bearbeitung im Engler-Prantl bestätigt, daß einzelne Arten dieser Gattung bereits als Erreger von Zweigkrankheiten be- kannt waren, darunter M. devastans Rostr., welches nach Rostrup an Betula verrucosa die Gipfeltriebe welken läßt und schließlich zum Absterben bringt. In Tubeuf: Pflanzen- krankheiten, wird noch M. carneum Lib. als Parasit der Eichenzweige und M. laneola Sacc. et Roum. als Ursache eines Gipfelsterbens junger Buchen angeführt. Um zu prüfen, ob der von mir gefun- dene Pilz die Ursache der Camellienzweig-Dürre und nicht nur ein sekundärer Saprophyt sei, wurde an drei gesunden Camellien ein Infektionsversuch gemacht. Das Sporenmaterial wurde mittels eines Skalpelles in eine Ritzwunde der Rinde gebracht. Nach etwa zwei Wochen trat an zwei der Versuchs-Camellien das beschriebene Welken an den infizierten Zweigen auf. Die Pflanzen wurden zwar öfter gespritzt, mußten sich aber sonst mit der trocknen Zimmerluft im Laboratorium der Tierärztlichen Hochschule begnügen. Um nun an den Infektionsstellen wenigstens Fig. 6. Myxosporium an Camellia. A und B Sporenlager aus der Rinde hervorbrechend (B ver- größert), C Sporen, z. T. kei- mend. Vergr. -tOü. 214 A. Naumann. die durch Spritzen hervorgerufene feuchte Luft der Kulturhäuser nachzuahmen, wurden Zweige in Glaszylinder eingeschlossen. Nach etwa weiteren 14 Tagen zeigte sich an den umschlossenen Zweigen ein zarter weißer Anflug. Es waren zwar nicht die von den natürlich kranken Pflanzen bekannten rosaen Läppchen, doch löste sich dieser Anflug unter dem Mikroskope in Sporen von derselben Größe und Form auf. Wenn auch das Myzel, nach welchem in Holz und Rinde gesucht wurde, bisher nicht nachgewiesen ist, so möchte ich doch nach dem oben geschilderten Infektionsbefund diesen Pilz als Erreger der Zweigdürre ansprechen, hoffe aber an weiterem Material diese Tatsache noch einwandfreier erhärten zu können. IV. Eigenartige Frostschädigungen an A])f elf rächten. Statt aller Beschreibung des äußeren Befundes der frost- geschädigten Äpfel verweise ich auf die nach Photographie hergestellte Figur 7 '). Hiernach zeigen die Früchte eine starke meridianartige Furchung. Die Äpfel wurden mir vom Geschäftsführer des Sächsischen Landesobstbauvereins, Herrn Lindner, mit dem Bemerken eingesandt, daß diese eigenartige Verunstaltung eine Folge des starken Maifrostes vom 20. zum 21. V. 1911 sei. Zugleich erhielt ich eine schriftliche Versicherung des Züchters, daß diese Früchte von Kordons des sog. Eveapfels herstammen, und daß sämtliche Früchte dieser Sorte, welche zur Frostzeit bereits Walnußgröße erreicht hatten, infolge des harten Maifrostes aufgeplatzt waren. Ähnliche Frostspuren zeigten sich auch an Landsberger Reinette, und Herr Lindner fügt dieser Sorte nach seinen Erfahrungen noch hinzu: Gelber Edelapfel und gelbe sächsische Reinette. Alle diese Sorten sind dünnschalig und dem- gemäß einem Platzen leicht ausgesetzt. Lehrreich ist bei Frostschädigungen nicht nur die Temperatur des betreffenden Frosttages, sondern vor allem die Witterung vorher- gehender und nachfolgender Tage. Ich habe deshalb für die Witterungsverhältnisse vom 17. bis 31. Mai die graphische Darstellung, wie sie in unserem Königlichen Botanischen Garten üblich ist, in Figur 8 reproduziert: Nach einem starken Regenfall (13 mm) in der Nacht vom 20. zum 21. sank die Lufttemperatur auf 0^, die Erd- bodentemperatur auf — 3^. Von jenem Tage ab hält sich das Minimum der Lufttemperatur stets über 0^ und bei fast täglichem Sonnen- *) Fig. 7 und 8 sind mir von der Redaktion der Zeitschrift für Obst- und Gartenbau freundlichst zum Abdruck überlassen. Sie finden sich in Heft 2, Dr. A.Naumann: Eigenartige Frostschädigungen an Apfelfrüchten. Einige Krankheiten gärtnerischer Kulturgewächse usw. 215 schein steigt die Lufttemperatur bis über 25*'; am Insolationsthermo- meter werden sogar 32*' abgelesen. Eine besondere Bedeutung gewinnt meines Erachtens der dem Frost vorausgegangene starke Regenfall. Hierdurch wurden tM die Fruchtfleisch-Zellen prall mit Wasser gefüllt, so daß bei der Aus- dehnung des Wassers durch den Frost und bei dem schroffen Temperaturwechsel (12 Sonnenschein-Stunden am 21. Mai) das Auf- springen der dünnen Apfelschale recht erklärlich ist. Während nun bei regnerischer Wetterlage die Früchte wahrscheinlich gefault wären, 216 A, Naumann. war das folgende warme und regenfreie Wetter einem normalen Aus- heilen der Frostrisse recht günstig. Die anatomischen Verhältnisse lassen sich an einem Querschnitt durch die abgebildeten Längsfurchen gut verfolgen an Figur 9. Bei e wird die gesprengte Epidermis mit der starken weißglänzenden Kutikula sichtbar. Längs der Rißstelle findet sich eine Art Wund- kork k mit zum Teil gebräunten, abgesprengten und vertrockneten Gewebepartien g. In der radialen Verlängerung der Kernhauskanten befindet sich, wie schon am Apfelquerschnitt (Figur 7 a) sichtbar wird, Einige Krankheiten gärtnerischer Kulturgewächse usw. 217 ein Gewebe mit radial gestreckten, vielleicht mechanisch längsgezerrten Zellen (Figur 91). Sorauer, welcher den Prostschädigungen ein besonderes Studium gewidmet hat, bildet in seinem Handbuch der Pflanzenkrankheiten ^) den jungen frostgeschädigten Frucht- körper eines Apfels ab mit nur tangentialen Gewebelücken, und die von ihm ferner beschriebenen^) Rostringe sind nur insofern eine ähnliche Erscheinung, als es sich auch hier um eine Kultikular- sprengung handelt. Eine völlig ähnliche Erscheinung bildet Prof. Lüstner-Geisenheim in Heft 3 der „Deutschen Obstbauzeitung" ab. Dessen Äpfel entstammten dem Magdeburger Bezirk und waren ebenfalls durch den Frost vom 20. zum 21. Mai geschädigt worden. Lüstner nimmt im Gegen- satz zu meiner Erklärung an, daß die Gewebepartien erst durch den Frost abgetötet und beim Weiter- wachsen der Früchte auseinander gerissen wurden, bis schließlich ihre Heilung durch eine Korkschicht erfolgte. Diese sonst recht ein- leuchtende Begründung des Befun- des gibt aber meines Erachtens keine befriedigende Erklärung für die „meridianartigen" Froststreifen. Bei meinen Ausführungen lege ich besonderen Wert auf die genaue Verfolgung und Ausdeutung des Witterungs- verlaufes, denn gerade hierin kann man einen neuen erfreulichen Beweis erblicken für die Wichtigkeit der Meteorologie bei Beurteilung von Pflanzenschädigungen. Fig. 9. e Epidermis, k Korkgewebe, g abgerissene und getötete Gewebepartien, 1 längsgestreckte Zellen. ») Bd. I, S. 520. 2) Sorauer, Handbuch der Pflanzenkrankheiten Bd. I, S. 522 u. 523. 218 Fr. Muth. Über die Beschädigung der Vegetation durch oxalsaure Salze und über die Aufnahme von schlechten GeruchsstofTen durch die Trauben. Von Prof. D. Fr. Muth, Oppenheim a. Rh. (jutachten in Saclien R. gegen K. & Co. über die schädlichen und lästigen Einflüsse der Auswurfstoffe der chemischen Fabrik von R. K. & Cie. in Ö. auf das Anwesen der Frau R. Wwe. in Ö. Frau R. in Ö. hat mich beauftragt, über die Ursachen der Schäden und Mißstände in ihrem Anwesen in Ö., sowie über die diesbezüglichen Ansichten und Angaben der beklagten Firma K. & Co. in Ö. und ihrer Vertreter in diesem sowie in dem über den gleichen Gegenstand von ihr in den Jahren 1898 — 1900 geführten Prozesse mich zu äußern und ein Gutachten zu erstatten. Bereits im Jahre 1908 hat mich Frau R. ersucht, ihr Anwesen von Zeit zu Zeit zu besichtigen und die Einwirkung der Auswurf- stoffe der K. 'sehen Fabrik auf dasselbe zu verfolgen. Zu diesem Zwecke habe ich den R.'schen Burggarten') dreimal eingehend be- sichtigt, und zwar in den Jahren 1908, 1909 und 1910. Ein typisches Bild für den schädlichen Einfluß dieser Aus- wurfstoffe aus der Fabrik auf die Bäume des hinteren Teiles des Burggartens gibt die beiliegende photographische Aufnahme (Abb. 1). Der derzeitige Tatbestand ist, soweit die Bäume im hinteren Teile des Burggartens in Betracht kommen, aus dem Gartenplan Abb. 2 zu ersehen. Die relativen Größenverhältnisse und die Ent- fernungen der einzelnen Bäume voneinander sind dabei nicht ganz genau eingehalten, da der Plan nur nach dem Augenmaß entworfen ist. Die Kreise sollen die Bäume darstellen, die dunkel gehaltenen Teile dieser Kreise den Grad und die Seite der Beschädigung der ^) Burggarten ist der Name des in Frage stehenden Grundstückes. über die Beschädigung der Vegetation durch oxalsaure Salze. 219 einzelnen Bäume. Ist ein Kreis ganz dunkel, so ist damit angedeutet, daß der Baum vollständig abgestorben ist. Die erste Besichtigung des R.' sehen Anwesens habe ich am 6. November 1908 direkt vor der Lese der Trauben vorgenommen. Dabei habe ich folgendes festgestellt. Der ganze hintere, nordöstliche Abb. 1 Photographische Aufnahme der an die Fabrik angrenzenden Seite des R.schen Burggartens. Teil des Burggartens (vergl. den Gartenplan), die Bäume, die Reben, der wilde Wein, der Efeu, die Wege, die Mauern, der Rasen, der Boden usw., alles war mit einem schwarzweißen Staub bedeckt. Dichte, schwarze Rauchwolken stiegen aus der Fabrik empor, die sich direkt auf den Burggarten senkten. Ein eigentümlich wider- 220 Fr. Math. lieber, unausstehlicher Geruch, der mich persönlich wenigstens an den Geruch erinnerte, den man nach dem Abbrennen von Raketen wahrnimmt, machte den Aufenthalt in dem genannten Teile des /f/.^...^ Gartens fast unerträglich. Aus einer Dachluke vis ä-vis der Nordost- ecke des Burggartens kam ein weißer Staub heraus, der teilweise in das R.'scbe Anwesen herüberflog. über die Beschädigung der Vegetation durch oxalsaure Salze. 221 Die Vegetation zeigte im Burggarten weitgehende Beschädigungen. Die Blätter der Reben und des Efeus hatten braune, abgestorbene Ränder und Flecken. Oft war auch die halbe oder ganze Blattfläche abgestorben. Die Trauben, die bereits zum großen Teil edelfaul waren, waren von dem schwarzweißen Staub mehr oder weniger stark inkrustiert. Die Beschädigung der Rebenblätter des Weinbergs im Burg- garten nahm von dessen Nordostseite nach dem Hause und dem Rheinufer allmählig ab. Es war zu konstatieren, daß dieser Er- scheinung entsprechend auch der Gehalt des Staubes an weißen Be- standteilen geringer wurde. Es lag die Vermutung nahe, daß dieser weiße Bestandteil des Fabrikstaubes eine wesentliche Rolle bei der Beschädigung der grünen Organe der Reben spielte. Aus diesem Grunde veranlaßte ich, daß durch einen Sachverständigen Proben des Staubes in verschiedener Entfernung von der Nordostecke des Burg- gartens entnommen und untersucht wurden. Dies geschah durch Herrn Dr. Alfa, Inspektor des chemischen Untersuchungsamtes für die Provinz Rheinhessen in Mainz. Das Gutachten des Vorstandes dieses Institutes, des Herrn Professor Mayrhofer über das Ergebnis der Untersuchung der entnommenen Proben liegt bei den Akten. Es ergab sich, daß dieser Fabrikstaub direkt an der Nordostecke des Burggartens sehr große Mengen Oxalsäure (27,60*^/0!!) in der Haupt- sache als Natrium salz enthielt und daß der Gehalt des Staubes an diesem giftigen und gefährlichen Körper mit der Entfernung von der Nordostecke abnahm und schließlich verschwand. Ich selbst habe mir eine Portion dieses Staubes aus ver- schiedenen Teilen des Burggartens, soweit die Vegetation dort Be- schädigungen aufwies, gesammelt, gut gemischt und zur Untersuchung sowie zu Versuchen mit Pflanzen verwendet. ^ ^ Die Untersuchung ergab: Trockenrückstand 98,45 7o Glührückstand 70,45 % Wasserlöslicher Teil 16,46 Vo Glührückstand des wasserlöslichen Teiles 12,80 % Alkalität des wässerigen Auszuges, als Natriumkarbonat berechnet. . . 0,883 7o Wasserlösliches oxalsaures Salz, als oxal- saures Natrium berechnet , . . 14,43 %. Die Prozentangaben beziehen sich alle auf den Staub, wie er zur Untersuchung verwendet wurde. 222 Fl'- Muth. Mit dem Staube habe ich dann Versuche mit Reben und mit verschiedenen Topfpflanzen angestellt. Über deren Ergebnis wird später berichtet. Die zweite Besichtigung des Burggartens habe ich am 7. Ok- tober 1909 vorgenommen. Dieser bot zunächst das gleiche Bild wie bei der ersten Besichtigung am 6. November 1908. Die Bäume waren, soweit sie durch die Auswurfstoffe der K.' sehen Fabrik nicht bereits abgestorben, noch belaubt. Die Blätter zeigten typische Ver- brennungserscheinungen. Es sei in dieser Beziehung auf die Ab- bildungen auf der Tafel I verwiesen. Besonders intensiv und weit- gehend haben die Blätter gelitten (vergl. Tafel I Fig. a). Es ist dies natürlich auch der Grund, warum gerade die Nußbäume im hinteren Teile des Burggartens am raschesten abgestorben sind. Die Blätter vertrocknen vom Rande her, der grüne Farbstoff ist fast auf der ganzen Blattfläche vernichtet, so daß die Blätter alle ein mehr oder weniger bräunliches Aussehen zeigen. Die wenigen Nüsse, welche die beschädigten Bäume tragen, sind sehr klein (vergl. die Fig. b der Tafel I, die eine solche Nuß in natürlicher Größe und Farbe wieder- gibt). Diese Nüsse hatten eine weißliche, weiche, dünne, leicht zer- brechliche Schale. Ein beschädigtes Blatt von dem großen Roßkastanienbaum in der Nordostecke des hinteren Burggartens (vergl. den Gartenplan) gibt die Fig. c auf der Tafel I wieder. Die Blätter der Roßkastanie sind eigentümlich zerfetzt und oft eingerollt. Im übrigen haben wir an diesen ganz analoge Erscheinungen wie an den Blättern der Nuß- bäume, nur ist meistens wenigstens ein Teil der Blattfläche noch grün, 80 daß die Assimilationstätigkeit nicht vollständig sistiert ist. Die Fig. d der Tafel I gibt ein Blatt eines der beiden beschädigten Ca^a^^a-Bäume im hinteren Teile des Burggartens wieder. Der Rand ist abgestorben und nach unten eingerollt, auf dem noch grünen Teile der Blattfläche befindet sich noch eine größere, braune, kreis- förmige, abgestorbene Stelle. Diese letztere Beobachtung war auch an den Blättern der anderen beschädigten Pflanzen nicht selten zu machen. Es sei hier auch noch eingeschaltet, daß die Blätter der Hasel- nußsträucher im hinteren Burggarten ebenfalls solche Verbrennungs- erscheinungen in recht weitgehendem Maßstab überall da aufwiesen, wo sie nicht durch Bäume vor dem Fabrikstaub geschützt waren. So konnte bei diesen ebenso wie bei den Bäumen wiederholt konstatiert werden, daß einzelne Zweige eines Busches stark beschädigte Blätter über die Beschädigung der Vegetation durch Oxalsäure Salze. 223 aufwiesen, während die anderen vollständig gesunde Blätter hatten. Auch boten die erkrankten Bäunae insofern ein auffallendes Bild, als sie der Fabrikseite zu abstarben oder bereits abgestorben waren, während die andere Seite noch gesund oder wenigstens noch lebens- fähig war. Auf dem Gartenplan sind die vorgefundenen Verhältnisse, wie bereits erwähnt, angedeutet. Recht intensive Verbrennungen wiesen die Reben im Burggarten auf. Einen solchen beschädigten Rebentrieb zeigt in typischer Weise die Fig. e der Tafel 1. Am meisten litten die Reben der Planke an Nordmauer des Burggartens. Auch im Jahre 1909 war dieselbe Be- obachtung, wie im Jahre vorher zu machen. Die Verbrennungs- erscheinungen an den Reben nahmen nach Westen und nach Süden ab, um schließlich ganz zu verschwinden. Diese Tatsache ist noch besonders deshalb zu betonen, weil Rebkrankheiten eventuell ähn- liche Erscheinungen an den Blättern hervorrufen könnten. Eine ein- gehende Besichtigung der Reben ergab außerdem, daß sie in jeder Beziehung in guter und sachgemäßer Behandlung waren und daß Peronospora , Rotbrenner oder ähnliche Ursachen bei diesen Blatt- beschädigungen nicht in Frage kommen konnten. Der Efeu wies bei dieser Besichtigung ebenfalls wieder sehr starke Beschädigungen der Blätter auf, ebenso der wilde Wein an der Nordostecke des Burggartens. Auch alle anderen Pflanzen in dem hinteren Teile des Burg- gartens waren mit dem Fabrikstaub bedeckt und mehr oder weniger beschädigt. Bei dieser Besichtigung des R. 'sehen Anwesens versuchte ich auch zwei Proben des Weines, der im Jahre 1908 im Burggarten geerntet worden war. Beide Proben hatten einen abscheulichen, an Karbolpräparate erinnernden, abstoßenden Geschmack. Die dritte Besichtigung des Burggartens nahm ich am 30. Sep- tember 1910 vor. Das Zerstörungsbild, das die Bäume im hinteren Burggarten boten, war im wesentlichen dasselbe, wie in den beiden Vorjahren und wie es der Gartenplan angibt. Fabrikstaub bedeckte wie früher die Bäume, die Pflanzen, die Wege usw. Nur fiel es auf, daß dieser Staub nicht mehr soviel weiße Bestandteile, wie in den beiden Vorjahren aufwies. Die Dachluke vis-ä-vis der Nordostecke des Burggartens war mit Sackstoff verhängt. Das Dach wird, wie Herr Verwalter B. angibt, jeden Morgen mit Wasser abgebraust. Dem den hinteren Burggarten durchfließenden, kleinen Bach (vergl. den Gartenplan) entströmten heiße Dämpfe, die einen eigen- 224 Fr. Muth. tümlichen Geruch hatten. Auf meine Frage, woher das heiße Wasser mit seinen Belästigungen komme, erklärte Herr Verwalter B., daß es aus der K. 'sehen Fabrik stamme. Morgens sei das Wasser im Bach meistens „kalkig", gelblich-schmutzig und rieche schlecht. Wenn wenig Wasser vorhanden sei, würden sich die Massen im Bach zersetzen und sehr schlecht riechen, was besonders im Sommer oft der Fall sei. Dieser Geruch sei mitunter so intensiv, daß der Auf- enthalt im hinteren Teile des Burggartens ganz unmöglich sei. Die Obstbäume entlang dieses Baches bringen nie richtig reife Früchte; meistens faulen diese sehr früh, wovon ich mich selbst überzeugen konnte. Die eingehende Besichtigung ergab bei diesem Besuch, daß die Blätter der Bäume, der Reben, sowie die der übrigen Pflanzen im Burggarten keine oder nur unbedeutende Verbrennungserscheinungen aufwiesen. Die Vegetation im hinteren Burggarten zeigte überhaupt, soweit es sich nicht um bereits sehr weitgehend beschädigte Bäume handelt, ein mehr normales Aussehen, wie in den beiden Vorjahren; der Efeu, der Rasen, der wilde Wein im hinteren Burggarten waren im wesentlichen frei von Verbrennungserscheinungen, wie sie früher so intensiv und reichlich vorhanden waren. Wie bereits erwähnt, wurden mit dem Flugstaub aus der K. 'sehen Fabrik, den ich im November 1908 im Burggarten sammelte, Versuche angestellt, um seine Wirkung auf die grünen Pflanzenorgane zu prüfen. Es traten dabei die gleichen Verbrennungserscheinungen zutage, wie sie die Vegetation im hinteren Teile des R.'schen Anwesens auf- wiesen. Die Versuche wurden in der Weise angestellt, daß die Ver- suchspflanzen mit Wasser übersprüht und dann auf einzelne Teile derselben mit Hilfe eines feinen Haarpinsels Flugstaub aufgepudert wurde. Die Pflanzen wurden am Fenster im Zimmer gehalten, in normaler Weise gegossen und von Zeit zu Zeit mit Wasser über- sprüht. Die Versuchspflanzen waren vorher alle vollständig gesund ohne irgend welche Beschädigungen oder Krankheitserscheinungen. Die Verbrennungs- und Absterbeerscheinungen an den Blättern begannen fast stets vom Rande und besonders von der Spitze aus und schritten nach dem Innern der Fläche zu vor. Am schnellsten und intensivsten traten die Verbrennungen auf, wenn der Flugstaub auf die untere Seite der Blätter aufgetragen wurde. Die Abb. 3 gibt einen Versuchsstock von einer Oesterreicher- Rebe wieder. Auch auf der Photographie, welche die Beschädigungen über die Beschädigung der Vegetation durch oxalsaure Salze. 225 nur mangelhaft widergibt, sind die typischen Verbrennungserschei- nungen auf den Blättern a und b recht deutlich zu erkennen. Die Blätter c und d hängen bereits halb abgestorben am Trieb. Die Blätter des Stockes, die nicht mit dem Fabrikstaub eingepudert wurden, blieben während des Sommers vollständig gesund. Die Blatt a Blatt b Blatt c Blatt d Abb. 3 Österreicher Stock, dessen Blätter teilweise mit dem Fabrikstaub bestäubt waren. Abb. 4 zeigt eine weitere Versuchspflanze. Der untere Teil der Erica hiemalis wurde mit dem Staube eingepudert, der obere blieb frei. Die Blätter, die bestäubt waren, wurden alsbald braunrot und fielen schließlich ab; die Blüten verfärbten sich ebenfalls und schrumpften ein. Jahresbericht der Vereinigung für angewandte Botanik IX J^5 226 Fr. Muth. Sieben weitere Versuchspflanzen sind auf der Abb. 5 wieder- gegeben. Pelargonium Scarletti, Myosoüs alpestris, Cöleus Ver- schaffelti, Begonia Credneri, Iresine Lindeni, Viola tricolor, Im- patiens Sultani. Alle Versuehspflanzen zeigten an den Teilen, auf die der Flugstaub gebracht wurde, die typischen Verbrennungs- beh. Abb. 4. Erica hiemalis, deren Triebe an der Basis mit dem Fabrikstaub eingepudert wurden. erscheinungen. Diese gibt die Abbildung allerdings teilweise recht unvollkommen wieder. Die ganz eingepuderten Blätter starben meistens vollständig ab. Als besonders empfindlich erwiesen sich Myosoüs alpestris, Begonia Credneri und Impatiens Sultani. Es seien noch kurz die wichtigsten Beobachtungen an den einzelnen Versuchspflanzen mitgeteilt. über die Beschädigung der Vegetation durch oxalsaure Salze. 227 Bei Pelargonium Scarletti bekamen die bestäubten Blätter als- bald braune, eintrocknende Ränder und Flecken. Bei stärkerem oder wiederholtem Aufstreuen des Flugstaubes starben die Blätter ganz ab, um alsbald abgestoßen zu werden. Die Blätter derselben Pflanzen, auf die kein Flugstaub gekommen war, blieben noch lange grün und gesund. Das in den Gärten häufig kultivierte Alpenvergißmeinnicht (Myosotis alpestris) erwies sich als außerordentlich empfindlich gegen- über der giftigen Wirkung des Flugstaubes. Die bestäubten Blätter bekamen schnell braune Stellen, die in kurzer Zeit die ganze Ober- Abb. Verschiedene Versuchspflanzen, teilweise mit dem Fabrikstaub bestäubt. 1 Pelargonium Scarletti. 2 Myosotis alpestris. 3 Coleus Verschaffelti. 4 Begonia Credneri. 5 Iresine Lindeni. 6 Viola tricolor. 7 Jmpatiens Sitltani. fläche einnahmen und die Blätter zum Verwelken brachten. Puderte man einzelne Blätter nur teilweise, z. B. von der Spitze bis zur Mitte ein und sorgte beim Übersprühen dafür, daß die staubfreie Hälfte von dem Staub und seinen löslichen Teilen frei blieb, so zeigte sie noch längere Zeit ein grünes und gesundes Aussehen. Die große Empfindlichkeit der Myosotisblätter gegenüber den giftigen Wirkungen des Flugstaubes rühren von ihren zahlreichen Drüsen her, die die gelösten Oxalsäuren Salze in das Innere der Blätter gelangen lassen. 15* 228 ^^- Muth. Coleus Versehaffelti erwies sich als verhältnismäßig widerstands- fähig. Die intensiver bestäubten Blätter vertrockneten mit der Zeit und fielen ab; die schwach bestäubten dagegen bekamen nur Flecken, Einf ranzungen und Löcher. Iresine Lindenii verhielt sich ähnlich, war aber sichtbar emp- findlicher, wie Coleus Verschaffelti. Die Blätter und Blüten der Begonia Credneri reagierten sehr rasch und intensiv auf die giftigen Bestandteile des Staubes, ebenso das Stiefmütterchen (Viola tricolor) und die Balsamine (Impatiens Sultani). Wir sehen an unseren Versuchspflanzen ebenso wie an den Bäumen und anderen Gewächsen im Burggarten eine verschiedene Empfindlichkeit gegenüber den giftigen Eigenschaften des Flugstaubes. In den Akten des früheren Prozesses ist auf die ätzende Wirkung der Auswurfstoffe der K.'schen Fabrik auf junge und reifende Früchte hingewiesen. Diese sollten ebenfalls Verbrennungsstellen aufweisen, be- sonders bei Birnen soll dies der Fall gewesen sein. Aus diesem Grunde wurde ein Versuch mit Äpfeln und Birnen gemacht. Die Versuchs- objekte hatten bereits zwei Monate im Keller gelegen. Sie wurden mit Wasser übersprüht und dann mittels eines Haarpinsels teilweise mit dem Flugstaub tüchtig eingepudert. Sie wurden dann von Zeit zu Zeit mit Wasser übersprengt. Auf unverletzten Früchten entstanden auf diese Weise keine Veränderungen. Anders gestaltete sich die Sache, als ich mit einer Piatinnadel feine Stiche in die Schale der Früchte machte. Nach kurzer Zeit zeigten sich nun gelbe Stellen, die all- mählig zunahmen. Parallelversuche an staubgeschützten Stellen der Früchte verliefen negativ. Die Äpfel erwiesen sich als empfindlicher wie die Birnen. Es ist nach dem Ergebnis dieses Versuches nicht zu bezweifeln, daß auch die Obstfrüchte, abgesehen davon, daß sie in jugendlichem Stadium jedenfalls bei längerer Einwirkung der giftigen Bestandteile des Flugstaubes leicht beschädigt werden, nach Verletzungen durch Insekten oder auf andere Weise durch die giftige Beschaffenheit des Flugstaubes unter Umständen mehr oder weniger beschädigt oder verunstaltet werden können. Die ausgeführten Versuche lassen keinen Zweifel darüber, daß die Verbrennungs- und Absterbeerscheinungen an den Gewächsen des hinteren Burggartens in erster Linie durch die giftigen Bestandteile des Flugstaubes der K.'schen Fabrik verursacht worden sind. Dies ist auch nach dem analytischen Befund gar nicht anders zu erwarten. Daß die Oxalsäure und ihre löslichen Salze giftig sind, ist bekannt. über die Beschädigung der Vegetation durch oxalsaure Salze. 229 Es sei hier nur auf Versuche von Trzeb in ski^) hingewiesen. Dieser sagt: „Ich brachte zu diesem Zweck (um die Veränderungen bei der Vergiftung des Plasmas mit verschiedenen Giften zu verfolgen) kleine Stücke von gesunden, jungen Blattstielen, sowie auch junge Keim- pflanzen in wässerige Lösungen von Oxalsäure. Bereits nach einigen Stunden verwandelt sich die grüne Farbe der Gewebe in eine stroh- gelbe. Nach 3 Tagen verfiel das Plasma der Epidermiszellen in große, farblose oder grünliche Kugeln, mitunter mit braunen Punkten." Bei unseren Versuchen drehte es sich in erster Linie um die Feststellung des Grades der giftigen Einwirkung des Flugstaubes auf die grünen Organe der Pflanzen. Außer den löslichen Oxalsäure- verbindungen enthält dieser noch Natriumkarbonat. Daß dieses auf grüne Pflanzenteile giftig wirkt, ist bekannt. Auch die häufigen Ver- brennungserscheinungen an Reben bei der Verwendung von Kupfer- sodabrühe zur Peronosporabekämpfung sind meistens auf einen Gehalt an überschüssiger Soda zurückzuführen. Von der Klägerin wird besonders darüber Klage geführt, daß die Weine aus dem Burggarten durch die Auswurfstoffe und Aus- dünstungen der K. 'sehen Fabrik geschmacklich recht ungünstig be- einflußt werden und daß sie infolgedessen nur schwer und zu ver- hältnismäßig niedrigen Preisen zu verkaufen sind. Ich habe mich, wie bereits bemerkt, selbst bei zwei Proben des 1908er Burggarten- weines davon überzeugt, daß sie tatsächlich geschmacklich und ge- ruchlich sehr viel zu wünschen übrig lassen und daß sie einen fremd- artigen, abstoßenden, an Karbolpräparate erinnernden Geschmack hatten. Es kann nach der Sachlage keinem Zweifel unterliegen, daß diese Erscheinung auf die von der Klägerin angenommenen Ursachen zurückzuführen ist. Schon die Ergebnisse der chemischen Unter- suchung des Burggarten wein es durch Herrn Professor Mayrhofer in Mainz-) und durch das Kreuznacher Nahrungsmitteluntersuchungsamt, die zur Beanstandung des Burggartenweines wegen seines durch den Fabrikstaub erhöhten Natrongehaltes führten, beweist dies. Der ^) Vergl. Soraner, Zeitschrift für Pflanzenkrankheiten, Jahrgang 1907, S. 331. 2) Die Analyse ergab in 100 ccm Wein: K^O = 0,1346 Gramm, Na^O = 0,0232 „ In 100 Gramm Mineralbestandteilen des Weines: KjO = 39,25 „ NajO = 6,77 Diese Menge Natriumoxyd in der Asche ist abnorm hoch. 230 Fr. Muth. Rechtsbeistand der beklagten Firma ist nun der Meinung, daß die Klägerin selbst insofern ein Verschulden an diesem Mißstande treffen würde, als sie die Trauben des Burggartena vor der Kelterung nicht habe abwaschen lassen. Ganz abgesehen von der eventuell recht weitgehenden qualitativen und quantitativen Beeinträchtigung des Lesegutes ist von einer solchen Prozedur kein genügender Erfolg zu erwarten. Ich habe heute noch eine Rieslingtraube in Formalinlösung, die ich bei meiner Besichtigung des Burggartens im November 1908 mitgenommen habe. Sie entspricht der durchschnittlichen Be- schaffenheit der Trauben zu dem angegebenen Zeitpunkt. Der größere Teil derselben war bereits edelfaul; die Beeren waren teilweise schon mehr oder weniger eingeschrumpft. Die Beeren, die noch gesund waren, wiesen wenig von dem schwarzweißen Fabrikstaub auf, die edelfaulen dagegen waren vielfach förmlich damit inkrustiert. Es ist für jeden Fachmann ohne weiteres klar, daß ein Abwaschen der Trauben in diesem Zustand ausgeschlossen ist. Auch wäre dies ganz zwecklos. Die Trauben und besonders die edelfaulen mit ihren dünnen, brüchigen Häuten sind bekanntlich durch ein sehr großes Aufnahmevermögen für riechende Stoffe ausgezeichnet. Es sei nur an die „Kreosot-" und „Kresol" -Weine erinnert. Erstere haben einen ausgesprochenen Kreosotgeschmack infolge der Verwendung kreo- sotierter Pfähle im Weinberg oder infolge der Nähe von Kreosotierungs- anstalten, letztere den unentfernbaren Kreosolgeschmack durch die Nähe von Reblausherden, die mit Kresol desinfiziert wurden. Es ist nicht der erhöhte Natriumgehalt der Weine, der sie minderwertig und schwer verkäuflich macht. Diesen Fehler als solchen schmeckt wohl auch der beste Sachkenner nicht heraus. Was die Weine so entwertet, ist der bereits wiederholt erwähnte ekelhafte Beigeschmack. Dieser wird nach meiner Ansicht jedenfalls nicht ausschließlich durch den Staub übertragen, sondern auch aus der Luft von den Trauben aufgenommen. Die Ausdünstungen aus der Fabrik wurden bei der ersten Besichtigung des Burggartens näher charakterisiert. Auch die aus dem Bache im hinteren Burggarten aufsteigenden schlechten Geruchstoffe kommen dabei in Betracht. Durch die Tätigkeit des Heu- und Sauerwurms wird die Gefahr der ungünstigen Beeinflussung des Weines infolge der Aufnahme von Bestandteilen des Fabrik- staubes und von schlechten Geruchstoffen aus der Luft durch die verletzten Beeren noch erhöht. Ein Abwaschen der Trauben zur Beseitigung der genannten ungünstigen Beeinflussung des Weines ist aus den angeführten Gründen ohne wesentlichen Wert. über die Beschädigung der Vegetation durch oxalsaure Salze. 231 leb habe bisber nur von Scbäden im Burggarten gesprochen, deren Ursachen ich selbst feststellen konnte. Es fragt sich aber, ob früher oder vielleicht auch jetzt noch andere für die Zerstörungen und Schäden im Burggarten verantwortlich zu machen sind. Es geht schon aus den mir vorliegenden Akten des ersten Prozesses hervor, daß jedenfalls auch noch durch andere Momente die Vegetation in den Grundstücken, die an die K.'sche Fabrik angrenzen, beschädigt worden ist. Soweit ich aus diesen Akten ersehen kann, werden oder wurden in der Fabrik folgende Präparate dargestellt: Oxalsäure und oxalsaure Salze, Ameisensäure, Fluornatrium, Fluorchrom, Chrom- beizen, Chromoxyd, Antimonoxyd, Fluorantimon, Antimonoxalat, Zink- vitriol, Kupfervitriol. Bei der Herstellung verschiedener dieser Präpa- rate haben nach den Angaben in den Akten die Apparate nicht immer richtig funktioniert oder man hat sich während deren Repa- ratur Vorrichtungen bedient, die schädliche Stoffe in die Umgebung der Fabrik gelangen ließen. So heißt es z. B. in dem Gutachten des Herrn Gewerberates Stumpfe vom 15. Oktober 1898: „Nach Mitteilung des Direktors Herrn Dr. W. sollen jedoch im vorigen Jahre während der Reparatur der Vakuum apparate allerdings diese Laugen in offenen Pfannen eingedampft worden sein, was, wie in den Akten festgestellt ist, Schädigung der in der Nähe liegenden An- pflanzungen zur Folge gehabt hat, und dies ist auch erklärlich, da die Temperatur beim Abdampfen der Laugen in offenen Pfannen eine viel höhere ist, als im Vakuum, und namentlich kann bei unauf- merksamer Bedienung und bei gleichzeitiger zu starker Konzentration die Temperatur so hoch steigen, daß Zersetzung der stark schwefel- säurehaltigen Oxalsäurelööungen eintritt und damit schädigende Pro- dukte (Ameisensäure usw.) erzeugt werden können, was bei dem Vakuumbetrieb ausgeschlossen ist." Man darf nicht übersehen, wie leicht solche giftige Ein- wirkungen, wenn sie auch nur vorübergehend sind. Bäume weitgehend und in nicht mehr gutzumachender Weise schädigen können. In- wieweit in dieser Beziehung die für die Pflanzen so giftige Flußsäure, von der in den Akten des ersten Prozesses öfters die Rede ist, in Betracht kommt, läßt sich heute natürlich nicht mehr ermitteln. Nach den Akten scheinen auch die Feuerungsanlagen und die Höhe der Schornsteine früher teilweise ungenügend und für die direkte Umgebung der Fabrik schädlich gewesen zu sein. Aus unseren Feststellungen und Versuchen geht ohne jeden Zweifel hervor, daß der Fabrikstaub aus dem K.'schen Betrieb weit- 232 Fr. Muth. gehende Vegetationsschäden in dem Burggarten verursacht hat. Es ist nun in den Gutachten des ersten Prozesses versucht worden, alle möglichen anderen Ursachen für diese Schäden heranzuziehen und vor allem den Besitzer R. selbst für das Absterben der Bäume ver- antwortlich zu machen. Auch in den Ausführungen des vorbereitenden Schriftsatzes der Vertreter der beklagten Firma, der Herren Rechts- anwälte Dr. F. B. und J. Seh. geschieht dies wieder. Aus diesem Grunde ist es nötig, auf die in dieser Hinsicht in Betracht kommenden Ausführungen etwas näher einzugehen. Es ist von den Gutachtern des ersten Prozesses mit Ausnahme des Herrn Landesökonomierat Göthe behauptet worden, daß die Bäume im hinteren Burggarten zu eng gepflanzt seien, daß sie schlecht gepflegt und gedüngt seien usw., daher das Absterben derselben! Schon das ganze Krankheitsbild kann gar keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, daß die Ursache der Zerstörung aus der K.' sehen Fabrik kommt. Diese nimmt mit der Entfernung von der Fabrik ab, um schließlich ganz zu ver- schwinden. Alle Bäume erkrankten zuerst auf der der Fabrik zuge- kehrten Seite. Wenn der „zu enge Stand" der Bäume die Veranlas- sung gewesen wäre, was aber schon deshalb recht fraglich erscheinen mußte, weil auch einzeln stehende Bäume im oberen nördlichen Teil des hinteren Burggartens Krankheitserscheinungen aufwiesen, während die im unteren, südlichen Teile des Gartens dicht und eng stehenden, den Auswurfstoffen der Fabrik nicht mehr ausgesetzten Bäume keine oder nur unbedeutende Schäden aufwiesen, so hätten doch die unteren Äste der Bäume zwischen denselben zuerst absterben müssen, sowie die kleineren, von den größeren Bäumen überschatteten Exemplare. Statt dessen sterben gerade die oberen, freien Äste zuerst ab, und zwar stets auf der Fabrikseite, während die niederen Bäume und Sträucher erst 8päter, und zwar dann absterben, wenn sie des schützenden, überschattenden Daches beraubt sind. Ein typisches Beispiel ist die frei und hoch aufragende Pappel sowie die Pyramiden- akazie! Auch beweisen die an dem Efeu, dem wilden Wein, den Reben, dem Rasen und an den anderen Gewächsen des hinteren Burggartens aufgetretenen Verbrennungen und Beschädigungen die vollständige Haltlosigkeit der an'geführten Vermutungen und Be- hauptungen. Es wäre bei den bisherigen Verhältnissen deshalb auch ganz zwecklos gewesen, wenn im hinteren, bedrohten Teile des Burg- gartens Bäume frisch angepflanzt worden wären. Die jungen Bäume wären nur den giftigen Auswurfstoffen aus der Fabrik zum Opfer gefallen. Die Behauptung, der Rauch der Rheinschiffe habe deii; über die Beschädigung der Vegetation durch oxalsaure Salze. 233 Schaden mitverursacht, bedarf keiner Widerlegung. Sonst müßten solche intensive Vegetationssehäden recht häufig am Rhein sein und im R. 'sehen Anwesen müßten sie in erster Linie auf der südlichen, dem Rhein zu gelegenen Seite auftreten. Auch tierische und pflanzliche Schädlinge hat man für die Schäden verantwortlich gemacht. Es wäre eigentümlich, wenn diese gerade auf die Pflanzen im hinteren Burg- garten erpicht wären und die Bäume gerade alle von der Fabrikseite her attackierten. Es muß auch noch daran erinnert werden, daß diese Vegetationsschäden nicht nur im R. 'sehen Anwesen, sondern auch auf den angrenzenden Grundstücken aufgetreten sind. Der vor- liegende Fall ist ein Musterbeispiel für die Beschädigung der Vege- tation durch die Industrie. Aus unseren Ausführungen geht hervor, daß die Vegetation im R. 'sehen Burggarten viele Jahre hindurch eine weitgehende Be- schädigung durch die Auswurfstoffe der K.' sehen Fabrik erlitten hat. Daß der Besitzer desselben dadurch einen großen Schaden erfahren, ist außer Zweifel. Die Taxation des Direktors der Mainzer landwirt- schaftlichen Winterschule, Herrn Pozniczek, ist in dieser Beziehung illusorisch, da sie nur den heutigen Wert der beschädigten Bäume be- rücksichtigt. Daß beschädigte Blätter schlechte Arbeiter sind und weniger und minderwertige Früchte und Produkte liefern, wie gesunde und normale, bedarf keiner Erläuterung. Wie weit speziell der Er- trag und die Qualität des Burggarten weines, abgesehen von seiner geschmacklichen Beeinträchtigung durch die Auswurfstoffe der Fabrik, in den einzelnen Jahren seit dem Bestehen der K. 'sehen Fabrik auf diese Weise beeinträchtigt wurde, ist heute schwer festzustellen. Daß dies aber der Fall gewesen, ist außer Zweifel. Der viele Rauch, der ekelhafte Geruch aus der Fabrik und aus dem Bache, die Beschädigung und Verrussung der Vegetation, die Verunreinigung der Wege, Bänke und Mauern, das Eindringen des Rauches und schlechten Geruches in die Wohnung, alles dies macht wohl keinem Besitzer Vergnügen. Das ganze Besitztum wird durch diese Umstände bis zu einem bestimmten Grad entwertet und in seiner Nutznießung weitgehend beeinträchtigt. Auf die Giftigkeit und Gefährlichkeit der Oxalsäure im Flugstaub auch für die Menschen sei noch besonders aufmerksam gemacht. In letzter Zeit ist die Dachluke, aus der speziell die oxalsäure- haltigen Bestandteile des Flugstaubes zu kommen scheinen, mit Sack- stoff verhängt worden, wodurch die Vegetationsschäden im hinteren Teile des Burggartens eine sichtbare Minderung erfahren haben. Man 234 *'■• Muth. muß sich fragen, warum eine derartige Vorsichtsmaßregel nicht schon früher angebracht worden ist. Jedenfalls wäre nach meiner Meinung auf diese Weise ein großer Teil der Vegetationsschäden vermieden worden. Man darf aber nicht übersehen, daß auch nach der Ab- stellung dieses Mißstandes die anderen vor wie nach eine große und schwere Belästigung des Burggartenbesitzers darstellen, die den Wert und die Nutznießung des Anwesens auch in Zukunft weitgehend beeinträchtigen. Versuche über die Einwirkung von Oxalsäure und von Oxalaten auf grüne Pflanzenteile. Vorstehendes Gutachten war die Veranlassung zu einigen dies- bezüglichen Versuchen, die nachstehend noch mitgeteilt werden sollen. In der mir zur Verfügung stehenden Literatur über industrielle Schäden konnte ich darüber nichts finden. Der Fabrikstaub enthielt neben oxalsaurem Natrium noch ge- ringe Mengen von Natriumkarbonat und von Natriumhydroxyd. Aus diesem Grunde wurde deren Einfluß in Verbindung mit Natrium- oxalat besonders berücksichtigt. Sämtliche bei diesen Versuchen verwendeten Präparate waren von E. Merck in Darmstadt als chemisch rein bezogen. Als saures Alkalioxalat wurde Kalium- bioxalat, als neutrales Salz Natriumoxalat genommen. Die einzelnen Präparate wurden in einem Porzellanmörser fein pulverisiert und mit Talkpulver sorgfältig gemischt. Da Freilandversuche durch mancher- lei Faktoren in ihren Ergebnissen sowohl in positiver wie in negativer Richtung beeinflußt werden können, wurde zunächst als Versuchs- pflanze eine kräftig entwickelte Topfrebe genommen, die längere Zeit im Kalthause kultiviert worden war. Es war ein roter Gutedel mit sogenannten halbgeschlitzten Blättern, der mit dem Namen Fernand bezeichnet war. Diese Blätter haben starke Zähne, am Rand und auf der Unterseite an den Nerven spärliche kleine Haare. Die einzelnen Blätter des Stockes wurden auf das genaueste auf etwaige Beschädi- gungen und Verletzungen untersucht. Nur ganze intakte Blätter dienten zum Versuche. Das Weitere über diesen ist aus der nach- folgenden Zusammenstellung ersichtlich. Über die Ausführung selbst sei noch bemerkt, daß je zwei Blätter des Stockes mit den einzelnen Pulvern behandelt wurden. Die Blätter wurden von beiden Seiten mit destilliertem Wasser fein überbraust und die Pulver dann mit einem Haarpinsel aufgepudert und zwar so, daß einzelne Teile des über die Beschädigung der Vegetation durch oxalsaure Salze. 235 einzelnen Blattes von oben, andere von unten und wieder andere auf beiden Seiten bestäubt wurden. Die Markierung der einzelnen Mischungen erfolgte durch Bindfaden mit wechselnder Knotenzahl. Die Rebe stand während des Versuches auf einem Tisch in einem Eckzimmer, das von zwei Seiten Licht hatte; sie wurde nach Be- dürfnis mit gewöhnlichem Leitungswasser gegossen, die behandelten Blätter jeden zweiten Tag mit destilliertem Wasser vorsichtig über- braust. Die unbestäubten Blätter blieben während und nach dem Versuche normal grün und vollständig gesund. Auch die übrigen Teile des Stockes waren während und nach dem Versuche gesund. Versuch Nr. 1 (Rebe im Zimmer). Es wurde auf die Blätter aufgestäubt Innerhalb 10 Tagen wurde festgestellt 1. Talkpulver Die Blätter zeigen nur an den besonders dicht eingepuderten Stellen auf der Unterseite kleine Intumeszenzen, sonst aber keinerlei Veränderung 2. 33,30 7o Oxalsäure /COOK I + 2 H,o ; \COOH + 66,70 7o Talkpulver In kurzer Zeit treten intensive Verbrennungs- erscheinungen auf. Besonders die von unten bestäubten Partien sterben rasch ab. Die auf der Oberseite eingepuderten Stellen sterben vom Blattrand aus ab. Dieses Absterben be- ginnt fast ausnahmslos an den Blattzähnen. Die Farbe der abgestorbenen Partien ist hell- gelbbräunlich bis rötlichbraun 33,30 7o Kaliumbioxalat /COOK ^ I -f HjO \COOK , 4- 66,70 7o Talkpul 4. 33,30 7o Natriumoxalat /COONaV I + 66,70 7o VCOONa/ Talkpulver Die Blätter haben abgestorbene, bräunliche Blatt- zähne Die Blätter zeigen abgestorbene, bräunliche Blatt- zähne. Die Verbrennungen sind nicht so in- tensiv, wie bei dem Kaliumbioxalat 5. l7o Natrium hydroxyd (NaOH) + 997o Talkpulver Die Blätter weisen an den Zähnen ganz gering- fügige Verbrennungen auf, d. h. nur die Spitzen derselben sind braun. Dagegen zeigen die eingepuderten Stellen eine gelbliche Farbe, was besonders bei durchfallendem Lichte deutlich hervortritt. Die Blätter zeigen ähnliche, aber weniger inten- sive Erscheinungen, wie bei Nr. 5 6. 1,0 7o wasserfreies Na- triumkarbonat (NajCOg) 4- 99,00 7o Talkpulver 236 Fr. Muth. Es wurde auf die Blätter aufgestäubt Innerhalb 10 Tagen wurde festgestellt 7. 1,0 7o Natriumhydroxyd, 33,30 7o Natriumoxalat + 65,70 7o Talkpulver 3. 1,0 °/o Natriumkarbonat wasserfrei, 33,30% Na- triumoxalat u. 65,70 7o Talkpulver Die Blätter weisen stärkere Verbrennungserschei- nungen auf, wie bei Nr. 4 u. 5; sie sterben von den Blattzähnen und vom Blattrand aus ab. Die abgetöteten Partien haben eine rötlich- dunkelbraune Farbe. Die eingepuderten Stellen der Blattfiäche werden gelblich durchscheinend, wie bei Peronospora-Infektionen. Die von unten bestäubten Partien zeigen diese Erscheinung besonders auffallend. Die Verbrennungen sind ähnlich, doch nicht so intensiv wie bei Nr. 7; speziell gilt dies be- züglich der dort am Schlüsse erwähnten Er- scheinung Vorstehender Versuch zeigt, daß weitaus am raschesten und am intensivsten schädlich die freie Oxalsäure auf die Rebenblätter gewirkt hat, es folgt im weiten Abstand das saure Salz, am wenigsten giftig hat das neutrale Salz gewirkt. Es beweist dies, daß in der Oxal- säure in erster Linie die H-Ionen die giftige Wirkung hervorbringen COO und erst in zweiter Linie das l -Ion. Die noch zu besprechenden COO Freilandversuche bestätigten das Resultat des ersten Versuches. Dieser zeigt ferner, daß die giftige Wirkung des Natriumoxalates auf das Rebenblatt schon durch kleine Mengen Natriumhydroxyd wesent- lich erhöht wird; das gleiche gilt in geringerem Grade auch für das Natriumkarbonat. Aber auch diese zuletzt erwähnten Mischungen haben nicht so intensiv und nicht 80 rasch zerstörend auf die Blätter gewirkt, wie dies der Fabrikstaub bei den Versuchen getan hatte. Er muß also doch wohl noch Stoffe enthalten , die die pflanzen- schädliche Wirkung des Oxalsäuren Natriums auch in Verbindung mit Natriumhydroxyd und Natriumkarbonat steigern. Diese Stoffe sind wohl in erster Linie in den Bestandteilen des Kohlenstaubes zu suchen, die für sich und unter der Einwirkung der genannten Natriumverbindungen die giftigen Eigenschaften der Auswurfstoffe der Fabrik erhöht haben. In den Freilandversuchen II und III wurden Pflanzen auf dem kleinen Versuchsfeld beim Laboratorium, wie sie dort gerade zur Verfügung standen, verwendet. Die Ausführung war im wesentlichen dieselbe, wie sie bereits beschrieben wurde. Die Versuche gelangten über die Beschädigung der Vegetation durch oxalsaure Salze. 237 0 > G eö fe ^ o 0 s s IS 9 c 03 13 P4 •5 o ^ OJ 'S i^ — fl a ® bc ^ -- *^ Q J3 yj ™ . OD .S =« 5:^ 9 «^ ti O O .2 ^ fl :i: o e* fl s .9 u 0) 03 o o CO .-« 2 I Q ^ :o3 « o -5 .2 ö fe ^ ^ c .-. 33 ^ C 73 C fl Ö OD C O Ol 9 t> 5 § .2 ^ 3 O s fl M s pq Q O) CD « O a 3 fl fl fl j:j V n a fi) ÖC s fl Xi 3 'S " S u ■iJ 0> Q © ^ W H Ph H -fl & -fl a I s ^ Ö 3 9 > 03 -^ Z fl B © ^S .9 w '.S Dh fl 0) 03 -1^ ■73 -^ o 'S 3 fl fl UJ -1 03 •X a3 es C3 C3 ^ o M 'S ^ m a fl hO 3 ii) M i(^ 53 «M W (1) 33 b m OJ 03 03 T! rs fl 0) o 0} s 43 s (fl ,Q S3 fr Ö OD 03 a o -4-> J3 o o OJ 7J fl P a ri 9> H~^ ÖU &D fl •w 2 s 43 > tJÜ >H »H O > 238 Fr. 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Es wurden an der meteorologischen Station unserer Anstalt folgende Niederschlagsmengen notiert: 25. Juni 0,7 mm - 1. Juli 0,6 mm 26. „ 1,2 „ 8. „ 0,6 „ 27. „ 0,1 „ 4. „ 10,8 „ 30. „ 1,9 „ 5. „ 0,9 „ Die obigen Freilandversuche bestätigen, wie bereits betont, im wesentlichen die Beobachtungen des ersten Versuches am Gutedel- stock. Sie zeigen ferner, wie die Versuche mit dem Fabrikstaub, daß die einzelnen Pflanzenarten verschieden empfindlich gegenüber der Giftwirkung der Oxalsäureverbindungen sind. Haare und Drüsen befördern diese und ganz besonders natürlich Verletzungen durch Schädlinge und durch Atmosphärilien. Die Bestäubung der Unter- seite der Blätter brachte auch hier stets intensivere Verbrennungen hervor, wie die der Oberseite. Daß die Blüten, soweit sie bei den Versuchspflanzen bestäubt wurden, intensiver beschädigt wurden, wie die Blätter, sei nur nebenbei erwähnt. Bezüglich der praktischen Bedeutung dieser Versuche sei noch bemerkt, daß dabei die Be- stäubung der Versuchspflanzen allerdings gründlich, aber nur einmal vorgenommen wurde. Es ist natürlich, daß bei laufenden industriellen Betrieben die Beschädigungen der Vegetation durch lösliche Oxal- säureverbindungen infolge deren ständigen Zufuhr viel intensiver und nachhaltiger werden, wie bei einer solchen einmaligen Bestäubung. Auf den Boden scheinen diese Oxalsäureverbindungen keine schädliche Wirkung auszuüben. Trotz der langjährigen und starken Zufuhr derselben in den in Frage stehenden Garten zeigten Pflanzen, die daraufhin untersucht wurden, ein normales und gesundes Wurzel- werk. Auch schon das ganze Krankheitsbild macht es wenig wahr- scheinlich, daß die Wurzeltätigkeit der durch den Flugstaub be- schädigten Pflanzen durch diesen direkt in Mitleidenschaft gezogen worden ist. Es sind jedenfalls in erster Linie die Kalkverbindungen im Boden, die für die Unschädlichmachung der löslichen Oxalate in diesem verantwortlich zu machen sind. JaJiresbericM der Vereinigimg für angemaiuite Botanik jßC Taf.I Gemcdi dotcRiOSccMilA. I^.Zcute.J^it/z..Jnst.£erän,. Verlag von Gebrüder Borntraeger in Berlin W 35 Schöneberger Ufer i2a Jahresbericht der Vereinigung für angewandte Botaniic Der Jahresbericht verfolgt die Aufgabe der Förderung und Vertiefung der wissenschaftlichen Erkenntnis im Dienste von Land- und Forstwirtschaft, Handel und Geiverbe durch botanische Forschung. Gerade die landwirtschaftlich -praktische Botanik ist in kurzer Zeit zu einem Wissenszweig herangetoachsen , der bei vollständiger Selb- ständigkeit in seinen Errungenschaften bereits hervorragend maß- gebend geworden ist für den weiteren Fortschritt auf den bezeich- neten Gebieten. Der Jahresbericht dient daher als Sammelpunkt für die auf landwirtschafllichen und verwandten Gebieten aufgeführten botanischen Forschungen. Bis jetzt liegen vor: Erster Jahrgang 1903. Geheftet 4 Mk. Zweiter Jahrgang 1904. Geheftet 5 Mk. 20 Pfg. Dritter Jahrgang 1905. M. 2 Tafeln u. 10 Textabb. Geh. 10 Mk. Vierter Jahrgang 1906. M. 8 Tafeln u. 7 Textabb. Geh. 14 Mk. Fünfter Jahrg. 1907. M. 5 Taf. u. 5 Textabb. Geh. 16 Mk. 40 Pfg. Sechster Jahrgang 1908. M. 2 Tafeln u. 7 Textabb. Geh. 16 Mk. Siebenter Jahrgang 1909. M. 7 Tafeln u. 52 Textabb. Geh. 16 Mk. Ächter Jahrgang 1910. M. 2 Tafeln u. 8 Textabb. Geh. 20 Mk. Ausführliche Verlagsverzeichnisse kostenfrei New York Botanical Garden Librar 3 5185 00263 6395