r'^^'^A '^-■\. r : .\^^N^ ";-. ^^ '7V' ' pkaru 0f i\it glxiscum OF COMPARATIVE ZOÖLOGY, AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS. jFountie"ö h^ jcfijate suöscrfptfon, fn 1861. The gift of LOUIS AGASSIZ. m///. -« ' //^ vtU • it. JAHRESHEFTE des Vereins für vaterländische Natiirkuncfe in WÜRTTEMBERG. Herausgegeben von dessen Redactionscommission Prof. Dr. H. v. Mohl in Tübingen; Prof. Dr. H. v. Fehllnff, Prof. Dr. O. Fraas, Prof. Dr. T. Krauss, Dr. W. Menzel in Stuttgart. ACHTZEHNTER JAHRGANG, (Mit fünf Steiutafelu. , STUTTGART. Verlag von Ebner & Seiibert. ' 1862. Druck von E. Grein er in Stiittgiu Inhalt. I. Angelegenheiten des Vereins. Seite ßerielit über die sechszehnte Generalversammlung in Stuttgart den 24. Juni 18G1. Von Prof. Dr. Krauss 1 Kechenschaftsbericbt für 1860—61. Von Prof. Dv. Krauss. . 2 Zuwachs der Vereinssammlung 4 Zuwachs der Vereinsbibliothek 10 Rechnungsabschluss. Von Hospital-Verw. Seyffardt. ... 16 Wahl der Beamten 10 Wahl des Versammlungsorts für 1862 20 Nekrolog des Herzogs Paul Wilhelm von Württemberg. Von Oberstudienrath Dr. v. Kurr 20 Nekrolog des Oberfinanzraths v. Nördlinger. Von Finanz- rath Dr. Zell er 24 11. Aulsätze und Vorträge. 1) Zoologie und Anatomie. Ueber einige für Württemberg neue Säugethiere und über die in Württemberg erlegte Gemse. Von Prof. Dr. Krauss . 32 Ueber einen weissen Dachs und andere Varietäten württemb. Säugethiere. Von Prof. Dr. Krauss 36 Ueber einen Rehbock mit monströsem Geweih. Von Prof. Dr. Krauss 43 Ueber Papagaien-Zucht in Württemberg. Von W. Neubert 49 Ueber das Gift des Erdsalamanders. Von Oberamtsarzt Dr. Finckh in Urach • 132 2) B 0 t a n i k. Ueber das Wachsthuin der Weliingtonia gigantea. Von Kunst- gärtner A. Hvass 30 Ueber rankende Gewächse. Von Obermedicinalrath Dr. v. Jäger. 62 Die württemb. Oscillatorien. Von Finanzrath Dr. Zell er . . 71 Die Laubmoose Württembergs. Von Georg von Martens . 76 Seite Beiträge zur württemb. Flora. Von Oberamtsarzt Dr. Finkli in Urach 189 Die Farben der Pflanzen. Von Georg von Martens. (Hiezu Farbentafel V.) 239 3} Mineralogie und Geognosie. Ueber die geologischen Verhältnisse des Tunnels zwischen Heilbronn u. Weinsberg. Von Bauinspektor Binder . . 45 Ueber den Lehm. Von Prof. Dr. Fr aas 59 Ueber die Verunreinigung der Kohlenstadelquelle zu Ulm und die Entfernimg des Uebelstandes. Von Dr. B ruckmann 135 4) Paläontologie. Ueber ein Schädelstück eines Keupersauriers. Von Finanzrath Eser 47 Die tertiären Hirsche von Steinheim. Von Prof. Dr. Fr aas. (Hiezu Taf. I und II) 113 Der Hohlenstein und der Höhlenbär. Von Prof. Dr. Fr aas . 156 Die Streitberger Schwammlager und ihre Foraminiferen-Ein- schliisse. Von Bergmeister Gümbel in München. (Hiezu Taf. III u. IV) 192 5) Physik und Chemie, Ueber den sogenannten Muskelkalk zum Betelkauen. Von Oberstudienrath Dr. v. Kurr 30 Ueber die Erscheinungen der Spectral-Analyse. Von Prof. Dr. Zech 59 I. Angelegenheiten des Vereins. Bericht über die secliszelinte Generalversammlung* den 24. Juni 1861 in Stuttgart. Von Prof. Dr. Krauss. Die Versammlung -wurde wie bisher in den Sälen des Mu- seums gehalten. Herr A. Hvass hatte die Gefälligkeit, daselbst eine kleine Ausstellung schöner und interessanter Gewächshaus- pflanzen in best kultivirten Exemplaren zu machen. Unter diesen sind hervorzuheben : Araucaria Cimninghami glauca , Crescentia nohilis, schöne Palmen, wie Chamaedorea Ernesti Augusti, Tri- thrinax mauritiaeformis Martius , prachtvolle Musaceen : 3Iusa glauca, M. zebrina, ferner eine Sammlung brasilianischer Coni- feren und mehrere seltene Farnkräuter. Ausser dieser -und andern Pflanzen waren einige seltene Säugethiere aus Württemberg aufgestellt, unter welchen insbe- sondere der im vorigen Jahr beim Schloss Wartstein, OA. Mün- singen erlegte Gemsbock, ein Geschenk Sr. Majestät des Königs, unseres gnädigsten Protectors, ferner ein Rehbock mit abnormer Bildung des Geweihs, welchen Herr Oberförster Ploch- mann in Blaubeuren dem Verein geschenkt hat , und zwei weisse Spielarten vom Dachs, die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf sich zogen. Auch die Paläontologen hatten Gelegenheit, einige interessante FossiUen zu sehen; sehr merkwürdig waren die von Kriegsrath Kap ff meisterhaft herausgemeiselten Schädelbruch- stücke von Belodon Kapffii und Teratosaurus suevicus H. v. Meyer aus dem Stubensandstein. Württemb. naturw. Jahreshcftc. 1862. Is Heft. 1 — 2 — Die Verhandlungen, wozu sich die Mitglieder aus allen Theilen des Landes zahlreich eingefunden hatten, begannen nach 9 Uhr. Der Geschäftsführer, Oberstudienrath Dr. v. Kurr eröffnete die Versammlung und übernahm dann auf den allgemeinen Wunsch der Mitglieder das Amt des Vorsitzenden. Der Vereinssecretär Prof. Dr. Krauss trug folgenden Rechenschaftsbericht für das Jahr 1860 — 61 Yor: Meine Herren! Von Ihrem Ausschuss habe ich den ehrenvollen Auftrag er- halten, über die Thätigkeit des Vereins im verflossenen Jahr Bericht zu erstatten. Der Verein hat nun sein siebenzehntes Jahr zurückgelegt. Es gereicht mir zum Vergnügen den Mitgliedern mittheilen zu können, dass auch im abgelaufenen Jahr die Verhältnisse dessel- ben in erfreulicher Weise vorwärts geschritten sind und dass die Theilnahme an unserem gemeinnützigen Institut fortwährend im Wachsen begriffen ist. Die Jahreshefte konnten diessmal, obwohl die J. (j. Spran- del'sche Buchdruckerei zur Herausgabe derselben nicht sehr för- dernd mitwirkte, dennoch zu Anfang dieses Monats vollständig in die Hände der Mitglieder abgeUefert werden. Die darin ent- haltenen Aufsätze behandeln fast ausschliesslich die vaterländische Naturgeschichte oder beziehen sich darauf. Sie liefern aufs Neue den Beweis, dass unser engeres Vaterland immer noch Stoff genug zur Bearbeitung der verschiedenen Zweige der Naturgeschichte dar- bietet. Ihr Ausschuss hat desshalb geglaubt, ein Circular an die württembergischen Naturforscher und insbesondere an diejenigen Mitglieder, welche sich mit einem Theil der speciellen Naturge- schichte beschäftigen , mit der Bitte ergehen lassen zu sollen, sie möchten die Resultate ihrer Beobachtungen und Untersuchungen in unseren Jahresheften niederlegen. Die vaterländische Naturalien-Sammlung hat im ver- gangenen Jahr einen Zuwachs von 46 Säugethieren in 19 Arten, von 53 Vögeln in 37 Arten, von 2 Arten Keptilien, 3 Fischen, — 3 — 11 wirbellosen Thiereii, 124 Arten Pflanzen und 217 Stück Bohrpro- ben erhalten. Ich habe das Vergnügen, Ihnen auch diessmal wieder die Mittheilung machen zu können, dass die Vereinssammlung unter diesem Zuwachs mit einigen Thieren deren Vorkommen in der württembergischen Fauna bisher nicht bekannt war, ferner mit eini- gen seltenen Spielarten, welche auch für die allgemeine Naturge- schichte von Interesse sind, und mit 28 für Württemberg neuen Pflanzen bereichert worden ist. Das Nähere hierüber "werden Sie in dem Verzeichniss über den Zuwachs der Vereinssammlung und heute noch in einem Vortrag über die zum Theil hier ausgestellten Gegenstände erfahren. Der Verein verdankt diese Beiträge den unverdrossenen und uneigennützigen Bemühungen mehrerer Mit- glieder und Gönner, deren Namen in dem Jahresbericht und an den Gegenständen selbst aufgezeichnet sind, und welchen Ihr Ausschuss hiefür den Dank öffentlich auszudrücken sich gedrungen fühlt. Aus den öffentlichen Blättern werden Sie vernommen haben, dass die vaterländische Naturalien - Sammlung den Sommer über viermal wöchentlich des Nachmittags von 2 — 4 Uhr zur Besichtigung ge- öffnet ist. Die Vereinsbibliothek hat sich durch Geschenke und durch den Austausch der Jahreshefte im verflossenen Jahr um 73 Bände und Jahresberichte und fast ebenso viele Hefte und Brochüren ver- mehrt; auch hat Ihr Ausschuss einen neuen Tausch mit dem Verein für Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse in Kiel, der k. physikalisch-ökonomischen Gesellschaft zu Königsberg und der zoologischen Gesellschaft in Frankfurt a. M. eingeleitet. Im Ganzen steht der Verein gegenwärtig mit 3 inlän- dischen und 59 auswärtigen Instituten, Akademien und Gesellschaf- ten in Verbindung. Die Bibliothek ist den Vereiusmitgliedern jeder Zeit zur Benützung zugänglich. In den Winter-Versammlungen wurden wie bisher auch im ver- flossenen Winter die üblichen belehrenden Vorträge gehalten, und zwar für die Vereinsmitglieder von Oberreallehrer Dr. Blum über die mechanische Wärmetheorie, für die Mitglieder mit ihren Frauen und Töchtern von — 4 — Prof. Dr. Fraas über das Mammiitlifeld bei Cannstatt, Prof. Dr. Köstlin über den Schlaf der Menschen und Thiere, Dr. Zech über die Fixsternwelt. Endlich bleibt mir noch die traurige Pflicht übrig, die Mitglie- der aufzuzählen, welche der Verein im letzten Jahr durch den Tod verloren hat. Vor allen haben wir den Verlust des ersten Ehren- mitglieds des Vereins, des Herzogs Paul Wilhelm von Württem- berg Hoheit tief zu beklagen. Ein Verlust, der für die Wissenschaft um so empfindlicher ist, als er mitten in der Thätigkeit im Ordnen der auf seinen vielen Reisen gesammelten Beobachtungen und na- turhistorischen Sammlungen hinweggerafft wurde. Die verstorbenen Mitglieder sind : Mechanikus Seeger in Stuttgart, Oberjägermeister V. Hiller in Gürtringen, Apotheker Roser in Hall, Revierförster Riegel in Adelmannsfelden, Apotheker Hahn in Grüglingen, Prof. Dr. Schlossbergerin Tübingen, Oberfinanzrath v. Nördlingerin Stuttgart. lieber das letzgenannte Mitglied sowie über das erste Ehren- mitglied des Vereins, werden Sie heute noch beredte Worte der Erinnerung vernehmen. Der Nekrolog über Prof. Schlossberger wird später nachfolgen. Die Vereins- Sammlung hat vom 24. Juni 1360 bis 1861 folgenden Zuwachs erhalten : I. Säuge thiere. a) Als Geschenke: Ves])eriiuo mystacinus Leisler^ Weibchen, Mus Baiius L., in beiden Geschlechtern, alt und jung, 3fus decunianus L,, altes Männchen , yon Herrn Schulmeister Ackermann in Sershelm; Vesperugo discolor Keys, u. Jjlas,, Männchen, von Herrn Reviertorster Stützen berger in Mochenthal; Vesperiilio Dauhentonü Leisler, altes Männchen, — 5 — Vesperiilio mysiaciniis Leisler, Männcten und Weibchen, Vespertilio murinus Schreh., Männeben, Flecotus aiü'itus Keys, u. Blas., Männeben, Schirus vulgaris L., Männeben, grauliche Varietät, Yen Herrn Kaufmann Hermann Reichert in Nagold; Crocidura (Sorex Sdireh.J Araneus Wagler , Ton Herrn Oberförster Paulus in Zwiefalten ; 3£us musculus Z., Männchen, isabellgelbe Varietät, von Herrn H. Ploucquet; JJijpudc&us terreslris i., Weibchen, weiss auf dem Kopf, von Herrn Apotheker Mayer in Heilbronn; Tespertilio mystacinus Leisler, Männchen und Weibchen, von Herrn Forstwarts-Verweser Gawatz in Pflummern; Tesperugo Nathusii Keys, u. Blas,, Männchen und Weibchen , Crocidura leucodon Wagler, Männchen und Weibchen, Arvicola arvalis S. Longch., Männchen und Weibchen, Mus syhaticus L., Männchen und Weibchen, von Herrn Prof. Dr. Krauss. b) Durch Kauf: 2feles Taxus Fall, jun. , acht Monate altes Männchen von Eglos- heim, Meles Taxus Fall, var, alba., Männchen, weisse Varietät, bei Hossingen, Talpa europaea L,, altes Männchen und Junge, von Stuttgart, Synotus Barbastellus ICeys, u. Blas., Männchen von Sersheim, Mustela Erminea L., im Uebergangskleid, von Sersheim, IL Vögel, a) Als Geschenke: Fratincola (Saxicola Bechst.) ruhetra Koch, junges und altes Weibchen, Cortus C'orone L,, junges Männchen, Sylvia hortensis Lath., altes Weibchen, Sylvia cinerea Bechst., altes Männchen, Sylvia Ilypolais Lath., altes Männchen, von Herrn Schulmeister Ackermann in Sersheim; Garridus glandarius Briss., junges Männchen, von Herrn Seifensieder W. Gärttner in Sersheim; Mypoiriorchis subbuteo Boie, altes Männchen. Bonasia sylvestris Brehm, altes Männchen, von Herrn Dr. Emil Schüz in Calw; Ästur palumharius Bechst., Weibchen im Jugendkleid, von Herrn Revierförster Blattmacber in Steineck; Pierocyanea circia Bonap., altes Weibchen mit einem Jungen, Syrnium ÄIucoBoie, dreiwöchige Junge, FuJica aira L., einwöchige Junge, Corvtis monedula L., achttägige Nesthocker, Piciis major L., Nesthocker, Yon Herrn Apotheker Val et in Schussenried; Mareca (Anas L.) Penelope Gould , Mannchen und Weibchen, Mergus alhellus i., Weibchen, Milcus regalis Briss., Junges , von Herrn Revierförster Probst in Heiligkreuzthal j CoJymbus sejptemtrionalis L., junges Weibchen, von Herrn Schreiber in üeberlingen; Colymbus arcticus L., junges Weibchen, Ayiser arvensis Brehm, alt, Bonasia sylvestris Brehm. , 1, 4 und 6 Tage alte Junge, (die Eier wur. den durch Unterlegen einer Bruthenne ausgebrütet). von Herrn Hermann Reichert in Nagold; Dryocopus fPicus L.) marihis Boie , altes Männchen, von Herrn August Reichert in Nagold; Oiis ietrax L., altes Weibchen, am Böckinger See geschossen, Ton Herrn Fabrikant Richard Schäuffelen in Heilbronn Ajiser arvensis BreJim , altes Männchen , Podiceps cristatus Baili,^ junges Männchen , Mergus merganser X., vier Junge mit der Alten , von Herrn Fabrikant LaNicca in Langenargen; Mergus merganser L., zweijähriges Männchen, von Herrn Revierförster Gönner in Neufra , Mareca (Anas L.) Penelo'pe Gould, junges Männchen, von Herrn Baron von Gültlingen; Corvus frugilegus L., altes Weibchen, Buticilla iithys Brehm, altes Weibchen, von Herrn Prof. Dr. Krauss. b) Durch Kauf: Mareca (Anas L.J Penelope Goidd , Männchen von Heiligkreuzthal , Ardea cinerea L., junges Männchen aus Friedrichshafen, Mareca Penelope Goidd, altes Weibchen bei Riedlingen, Clangida Glaucion Boie, altes Weibchen von Neufra, Cygnus musicus Bechst., altes Männchen in Spaltbach , OA. Crailsheim, Mergus serrator L,, altes Weibchen von Friedrichshafen, Ardea minuia L., altes Weibchen, Athene noctua Goidd, junges Männchen und Weibchen, — 7 — JErythacus rubecida Cuv,, altes Mannclien, PyrrhuJa Ruhieilla Fall., Männchen, sämmtlich von Sersheim» III. Reptilien. Als Geschenke: Coroyiella laevis Laur., Weibchen mit Embryonen , Ton Fabrikant Carl Deffner; J3ufo tulyaris Laur., Jun^e bei Beimerstetten , von Prof. Dr. Krauss. lY.. Fische. AlsGesc henke: Leuciscus rutilus Tal., mittleren Alters, aus dem Neckar , von Herrn Kaufmann Fr. Drautz in Heilbronn; Eine Reihenfolge der mit Sachkenntniss und Pünktlichkeit gesammelten Jugendzustände unserer Bachforelle, vom eintägigen bis zu einem Jahre alten Jungen in 10 verschiedenen Altersstufen, theils^ aus dem Zuchtkasten, theils aus dem Albbach, ferner Fetromyzon fluviaiilis X., aus dem Albbach , von Herrn Dr. Kleinertz in Herrenalb, Y. Insekten. Als Geschenke: Larven von IlyrmeUoyi formicarium L.^ vom "Wildbad, von Herrn Apotheker Völter in Bonnigheim ; Sechs Species Dyiiscus u. Ilydrophilus aus Schussenried, von Herrn Apotheker Valet daselbst; Larve von Cossus ligniperda Schaeff.^ aus Stuttgart, von Herrn Prof. Dr. Krauss. YI, Annulaten. Als Gesche nk: Tubifex rivulorum Lamlc,, aus Wassergräben, von Herrn Apotheker Yalet in Schussenried. YII. Helminthen. Als Geschenk: Oxyuris veinnicularis Bud,, aus dem Mastdarm eines Knaben , von Herrn Prof. Dr. Krauss. VIII. Mollusken. Als Geschenk: ^ Fisidium fontinale Pfeiff,^ aus Sümpfen von Winnenden , von Herrn Präparator Bauer. IX. Gebirgsarten. Als Geschenke: 50 Stücke Bohrproben yon Bulbach, 48 Stücke Bohrproben von Teinach, 119 Stücke Bohrproben yom Elsenthal bei Stuttgart und von Berg, Ton Herrn Oberfinanzrath v. Nördlinger. X. Pflanzen. (Zusammengestellt von G. \, Martens.) Vor zwei Jahren wurde ein Grundstück in der Nähe von Waiblingen mit Abfällen von ausländischer Wolle gedüngt, in demselben Jahre noch erschienen zwei Arten der Spitzklette, die gemeine, Xanthium struma- rium L,, und die stachlige, Xanthium spinosum i., auf demselben Grund- stück und erhielten sich auch im folgenden Jahre, doch in geringerer Anzahl , ein merkwürdiges Beispiel der Verbreitung dieser im südlichen Europa häufigen einjährigen Gewächse, deren Früchte sich durch zahl- reiche Hacken fest an die Wolle der vorbeigehenden Schafe hängen, da- her die Pflanze in Italien den Namen Strappa lana , Wollrupfer , er- halten hat. Herr Apotheker Dieterich in Waiblingen hat die Güte gehabt, uns schöne Exemplare von beiden für das Vereinsherbar zu übersenden. Von Herrn Oberamtsarzt Dr. ß. Finckh in Urach erhielten w^ir sieben Arten, von denen drei uns noch fehlten, darunter Oarex hinervis Sinith, von Herrn Apotheker Frickhinger in Nördlingen an trockenen — 9 — Eainen bei Thannhausen, Oberarats Ellwangen, entdeckt, dem südlichsten Standorte dieser Segge. Herr Regimentsarzt Dr. Hegelmaier theilte zwei Ton ihm bei Ulm aufgefundene für unsere Flora neue Pflanzen mit, Erigeron droebachien- sis MilUer, eine der von der Hier herabgeführten Alpenpflanzen, und eine von ihm neuentdeckte Bastarddistel Cirsium lanceolatum-eriophorum Hegelmaier ^ das erste Beispiel einer Bastarderzeugung durch die woll- köpfige Distel. Herr Bergrathsregistrator Krauser gab uns Melittis 2IelissophyUum L, und Centaurea maculosa Lam, Von Herrn Professor Dr. Kraus s erhielten wir drei bei Stuttgart gefundene Pilze , wovon zwei , Spumaria alba Dec, die wie ein Schaum Erdbeerstiele überzog, und Hydnum spadiceum F,, in Württemberg noch nicht beobachtet worden waren. Herr Apotheker Valet in Schussenried erfreute uns durch Ueber- sendung \on 43 Arten und Abarten, wovon 8 im Herbar fehlten und weitere 7 noch nicht als in Württemberg einheimisch bekannt waren. Die interessanteste unter den letzteren ist Coccochloris Pila Suhr , zuerst von dem dänischen Hauptmann v. Suhr in der Eider entdeckt, dann Yon Lenor'mand bei Vire in der Normandie, und jetzt von Valet im Schweigfurtweiher bei Schussenried , im November 1860 und weniger gut erhalten im März 1861 aufgefischt; es sind runde Kugeln von der Grösse einer Nuss bis zu der eines Apfels, in der Jugend angewachsen, später frei auf den Wellen tanzend, getrocknet bleibt wie bei Ilydrurus nur 2 Procent der Masse als Bild der lebenden Pflanze auf dem Papier zurück. Aehnliche Kugeln , Coccochloris stagnitia Spr. , sind in den Ebenen des nördlichen Europas nicht selten, aber nie südlicher, als bei Darmstadt im Springbrunnen des Hofgartens zu Bessungen gesehen W'Orden, ein Versuch , sie von dort in einen ähnlichen Springbrunnen in Stuttgart zu versetzen, hatte keinen Erfolg. Herr Finanzrath Zell er entdeckte diesen Frühling im oberen See des Schlossgartens in Stuttgart eine Alge aus der bei uns sparsam ver- tretenen Familie der Desmidieen, Closteriuni lineatum Ehrenberg, in zahl- loser Menge und theilte sie uns mit, nebst einer in Gräben bei Canstatt entdeckten neuen Diatornee, Surirella suevica Zeller, Bei weitem unsere meisten Pilze erscheinen mit den ersten Herbst- nebeln und scheiden wieder bei dem ersten Frost, diese oft sehr kurze Frist und die Schwierigkeit ihrer Erhaltung sind Ursache, dass noch nicht der vierte Theil der in Württemberg wahrscheinlich vorkommenden bisher wirklich beobachtet worden ist , so hat der Gustos des Vereins^» herbars die Pilzzeit im Herbst 1860 vom 21. September bis 28. October benützt und in den Wäldern um Stuttgart 61 Pilzarten gesammelt, wo- von 15 noch nicht als württembergisch bekannt waren und 14 weitere' — 10 — dem Vereinsherbar noch fehlten. Auch lieferte ihm in diesem Herbst der vor dem Neckarthor aufgehäufte Schutt den nur in einzelnen Jahren mit langen Intervallen bei Stuttgart erscheinenden Stadtgänsefuss , Cheno- jpodium urhicuin L, , und der Garten eines Freundes als verhasstes Un- kraut den Himmelthau, Panicum sanguinale i. , der den Slaven eine angenehme und nahrhafte Grütze liefert. Das Vereinsherbar ist sonach seit dem letzten Rechenschaftsbericht um 124 Gewächse bereichert worden, wovon 54 in demselben noch fehl- ten und 23 neu für Württemberg sind. Die Yereinsbibliothek hat folgenden Zuwachs er- halten: a) Durch Geschenke: Ueber die Krystallfornien des zweifach chromsauren Ammoniak -Queck- silberchlorids. Von Ritter v. Zepharovich. (Separatabdruck von den Wiener Sitzungsberichten). Wien 1860. 80. Geschenk vom Verfasser. Address delivered at the Anniversary Meeting of the geological Society of London on the 17. Febr. 18G0; etc. by J. Phillips President of the Society. "London 1860. 8^. (Separatabdruck. Quat. Journ. Vol. XVI.) Geschenk vom Verfasser. Die Klassen und Ordnungen des Thierreichs , wissenschaftlich dargestellt in Wort und Bild. Von Dr. H, G. Bronn. Bd. IL Lief. 9—13. 1860. 8. Geschenk vom Verleger. Observations on the Genus Unio etc. by Isaac Lea. With 25 Plates. Vol. VIL Philad. 1860. fol. Geschenk vom Verfasser. Verhandlungen des naturhistorisch-medicinischen Vereins zu Heidelberg. Bd. IL Nr. 2, 3. Geschenk vom Verein. Ueber die Krystallformen des essigsalpetersauren Strontian und des wein- — 11 — steiusauren Kali-Litliion von Y. Ritter v. Zepharovich. Wien 1860, 8^. (Separatabdruck. ^Yiene^ Sitzungsberichte). Geschenk vom Verfasser. Der zoologische Garten. Organ für die zoologische Gesellschaft in Frank- furt, herausgegeben von Dr. AVeinland. Jahrgang I. etc. 7 — 12 sammt Index. Yom Verleger zur Anzeige. Illustrazione della Mumia peruviana esistente nel civico Museo di Milano letta dal Dottore Emilio Cornalia. Milano 1860. (Separatab- druck.) Vom Verfasser zur Anzeige in den Jahresheften. Denkschriften der k. Bayer, botanischen Gesellschaft zu Regensburg. Bd. IV. Abth. 1, Mit 9 Taf. Regensb. 1859. 40. Von der Gesellschaft. Dritter Jahresbericht des naturhistorischen Vereins in Pas sau für 1859. Passau 1860. 8«. Yom Verein. Bericht über Gründung und Thätigkeit des landwirthschaftlichen Vereins zu Nossen in Sachsen, zur Feier des 25jährigen Bestehens des Vereins. 1860. 4^ Vom Verein. Erster Bericht des Offenbacher Vereins für Naturkunde über seine Thätigkeit von seiner Gründung am 10. März 1859 bis zum 13. Mai 1860. OfTenbach 1860. 8«. Vom Verein. Denkschriften der naturwissenschaftlichen Gesellschaft Isis zu Dresden. Festgabe zur Feier ihres 25jährigen Bestehens. Dresden 1860. 8^. Von der Gesellschaft. Jahresbericht der naturwissenschaftlichen Section der KK. mälirisch- schlesischen Gesellschaft für Ackerbau, Katur- und Landes- kunde für 1858 und 1859. Brunn 1859. 8«. Von der Gesellschaft. Siluria. The history of the oldest Known Rocks containing organic remains , with a brief sketch of the distribution of gold over the earth by Sir R. J. Murchison. London 1854. 8. Geschenk von Med. Dr. Theod. Günther in Stuttgart. H. Crosse, Kotice sur les Bulimes de la Nouvelle Caledonie et des- cription de deux especes nouvelles. H. Crosse, Observations sur le genreCone et description de 3 especes nouvelles. n. Crosse, Kote sur le genre Dibap hus et description d"une nouvelle espece de Capulus. (Extraits Mag. Zool.) 12 H. Crosse, Descriptions de Coquilles nouvelles (Extr. Journ. Conchyl.) Geschenke vom Verfasser. Zehnter Jahresbericht der naturhistorischen Gesellschaft zu Hannover von Michaelis 1859 bis dahin ISGO. Hannover 186Ö. 8^, Geschenk von der Gesellschaft. Zwanzigster Bericht über das Museum Francisco-Carolinum nebst 15. Lie- ferung der Beiträge zur Landeskunde von Oesterreich ob Enns.. Linz 18G0. 80. Geschenk von Carl Ehrlich. Das Denkmal L. v. Buchs im oberösterreichischen Alpengebiete von Carl Ehrlich. 80. Geschenk des Verfassers. Die Trinkwasser von Frankfurt a. M. in chemischer, physiologischer und hygieinischer Beziehung untersucht u. beleuchtet v. Dr. G. Kern er» Geschenk von Apotheker Kern er. Bericht über die Thätigkeit der St. Gallischen naturwissenschaftlichen Gesellschaft während der Vereinsjahre 1858 —60. St. Gallen., 1860. 8^ Geschenk von der Gesellschaft. b) Durch Austausch unser er Jahr esh efte, als F ortsetzung: Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft, Bd. XL Heft 3. 4. Bd. XH. Heft 1. 2. Berlin 1859—60. 8. Neunter und zehnter Jahresbericht über die Wirksamkeit des Werner- Vereins zur geologischen Durchforschung von Mähren und Schle- sien im Vereinsjahr 1859 und 1860. Brunn 1860—61. 40. Jahresbericht der naturforschenden Gesellschaft Graubündens. Iseue Folge. Jahrgang V. 1858—59. Chur 1860. 8«. Verhandlungen der KK, zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wie n. Jahrgang 1859. 1860. Bd. IX. X. Wien 1860. 80. The Quaterly Journal of the geological Society. Vol. XVL P. 2. 3. 4. „ XVIL P. 1. Nro. 62—65. London 1860—61. 80. Natuurkundig Tijdschrift voor Nederlandsch Indie, uitgegeven door de natuurk. Vereeniging in Nederlandsch Indie onder Hoofdre- daktie van Dr. P. Bleeker. - Deel XX. Vierde Serie Deel VL Aflevering 1—6. „ XXI. XXII. 5 „ „ I. II, „ 1. 2. Batftvift 1859—60. 80. — 13 — Bulletin de la Societe geologique de France. XYI. P^euill. 65—73. 2feme Serie. Tome XYII. „ 21—52. „ XYIII. „ 1—21. Paris 1859 — 1861. 80. Bulletins de TAcademie Koyale des Sciences, des Lettres et des Beaux Arts de Belgique. 28e Annee. 2e serie. T. VII. YIII. 1859. Bruxelles. 8«. Annuaire de l'Acad. Royale etc. de Belgique. 1860. 26e Annee. Bruxelles 1860. 8». Rymbybel yan Jacob van Maerlant, met Yorrede, Varianten van Hss., Aenteekeningen en Glossarium , ob Last van het Gouvernement en in Naem der k. Akademie van Wetenschappen , Lettern en fraeije Künsten, voor de eerste mael uitgegeven door J. David. Deel L— III. Brüssel 1858—59. 8«. Der Naturen Bloeme van Jacob van Maerlant, met Inleiding, Varianten van Hss. etc. voor de eerste mael uitgegeven door J. H. Bormans. Deel L Brüssel 1857. 80. 9r, lOr und 19r über das Museum Francisco-Carolinum. Linz 1847. 48. 59. 4P. 8r Bericht der .Oberhessischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Gi essen 1860. 8«. 13r Bericht des naturhistorischen Vereins in Augsburg. Veröffentlicht im Jahre 1860. 8«. 26r Jahresbericht des Mannheimer Vereines für Naturkunde. Mann- heim 1860. 80. Annales des Sciences physiques et naturelles d'Agriculture et d'Industrie publiees par la Soc. imper. d'Agriculture etc. de Lyon. 3e ser. T. II. III. 1858—59. 80. Memoires de TAcademie imper. des sciences, belles-lettres et arts de Lyon. Classe des Sciences. T. VIII. IX. „ „ Lettres. Nouv. ser. T. VIL Lyon 1858—59. 80, YVürttembergische Jahrbücher für vaterländische Geschichte, Geographie, Statistik und Topographie , herausg. v. k. stat. topogr. Bureau. Jahrg. 1858. Heft 1. 2. 1860. 80. Memoires de la Societe Linneenne de Normandie. Annees 1856 — 59. Vol. XI. Paris 1860. 40. Memoires de la Soc. imp. des sciences naturelles de Cherbourg. T. VI. VU. 1858. 59. Paris 1859—60. 80. 37r Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur. Enthält Arbeiten und Veränderungen der Gesellschaft im J. 1859. Breslau. 40. 14 Smithsonian Contributions of Knowledge. Vol, XI. "Wasliingt. 1860. foJ, Report of the Commissoner of Patents for the Year 1858. 59. Agricul- ture. Wash. 1859—60. 8». Chek Lists of the Shells of North America. Prepared for the Srnithso- nian Institution by J. Lea etc. Wash. 1860. 80. Instructions in referrence to coUecting Nests und Eggs of N. american Birds. 1860. 80. Proeeedings of the American Association for the Ad\ancement of Science. XIII. Meeting. Aug. 1859. Cambridge 1860. 8«. Boston Journal of natural history. Yol. V. Boston 1847. „ YII, 1. „ 1859. 80. Proeeedings of the Boston Society of nat. bist. Yol. YII. Bog. 13. 14. 15. Proeeedings of the Acad. of nat. Sciences of Philadelphia for 1859. p. 271—355. 1860. p. 1—96. Phil. 8«. Jaarboek van de k. Akademie van Wetenschappen te Amsterdam Yoor 1859. 80. Yerslagen en Mededeelingen der k. Akademie van "SYetenschappen. Afdeel. Natuurkunde Deel X. Amsterd. 1860. 80. Catalogus van de Boekerij der k, Akad. v. \Yetensch. te Amsterdam» Deel I. Stuck 2. Amsterd. 1860. 80. Yerslag over den Paalworm , nitgegeven door de natuurk. Afdeeling der k. Akad. v. Wetensch. Amsterd. 1860. 80. Abhandlungen der naturforschenden Gesellschaft zu Halle. Bd. Y, Heft 2—4. Halle 1860. 40. Jahrbuch der kk. geologischen Reichsanstalt. Jahrg. XI, 1. 1860. AYien 1860. 80. Bulletin de la Soc. imp^r. des Naturalistes de Moscou. 1859, 2 — 4» 1860, 1. Moscou 1859—60. 80. Nouveaux Memoires de la Soc. imper. des Natural* de Moscou. T. XL XII. XIII. (— T. XYII. XYIII. XIX, de la Collection) Moscou 1859—60. 40. Yerhandlungen der naturforschenden Gesellschaft in Basel. Bd. H, Heft 4. Basel 1860. 80. Annales de l'Observatoire physique central de Russie etc. par Kupfer, Annee 1857. nr. 1. 2. St. Petersb. 1860. 40. Compte-Rendu aimuel etc. par Kupfer, Annee 1858. St. Petersburg 1860. 40, Recherches experimentales sur Telasticite des metaux faites a Tobserva- toire physique central de Russie par Kupfer. T. I. St. Petersb, 1860, 4P, Abhandlungen der naturforschenden Gesellschaft zu Görlitz. Band X. Görlitz 1860. 8. — 15 — Jahresberichte über die Fortschritte der Chemie, Physik, Mineralogie und Geologie. Bericht über die Fortschritte der Chemie und verwand. ter Theile anderer Wissenschaften. Für 1859. Giesscn 1860. 8» Sitzungsberichte der kais. Akademie der "Wissenschaften. Math, natur- wissensch. Klasse. Bd. 38—42. Wien 1859-60. 8^. Mathematische, desgl. Physikalische Abhandlungen der k. Akademie der Wissenschaften in Berlin. Aus dem Jahre 1859. 4P. Memoires de la Societe Royale des sciences de Liege. T. XV. Liege. 1860. 80. Bulletin de la Soc. d'hist. natur. du Depart. de la Moselle, Cah. 9. Metz 1860. 80. Verhandlungen des naturhist. Vereins der preussischen Rheinlande und Westphalens. Jahrg. XVIL Heft 1. 2. Bonn 1860. 80. W^ürzburger naturwiss. Zeitschrift. Herausg. v. d. physik. -medicini- schen Gesellschaft. Bd. I. Heft 2—4. Würzburg 1860. 80. Bulletin de la Societe Vau dois e des sciences naturelles. T. VL Nr. 47. Laus. 1860. 80. Correspondenzblatt des zoologisch-mineralogischen Vereins in Regens- burg. Jahrg. 14. Regensburg 1860. SO. Jahresbericht der Wetterauer Gesellschaft für die gesammte Naturkunde in Hanau pro 1858—60. Hanau 1861. 80. Memoires de la Societe des sciences naturelles de Neuchatel. T* L n. HI. Neuch. 1835-46. 4o. Monatsberichte der k. preuss. Akademie der Wissensch. zu Berlin. 1857. Jan. — Aug. 1860. Berlin 1861. 80. Register vom J. 1836—1858. Berlin 1860. 80. Uebersicht der Witterung im nördl. Deutschland nach den Beobachtungen des meteorologischen Instituts zu Berlin. Jahrg. 1859 u. 1860. 40. Bulletin de la Societe Linneenne deNormandie. Vol. V. Annee 1859 — 60. Caen 1861. Tübinger Universitätsschriften aus dem Jahre 1860. Tübingen 1861. 40. VII. Zuwachsverzeichniss der k. Univ. Bibliothek zu Tübingen 1859 -60. 40. 7 Medicinische Dissertationen 80 und 40. Die Metamorphose des Caryoborus (Bruchus) gonagra Fabr. mit Abb. von H. L. Elditt. (Von der k. phys.-öcon. Gesellsch. in Königsberg dem Prof, Dr. Rathke zum 25jährigen Jubiläum gewidmet.) Kö- nigsberg 1860. 40. c) Durch erst in diesem Jahre eingeleiteten Tauschverkehr: Mittheilungen des Vereins nördlich der Elbe zur Verbreitung naturwissen- schaftlicher Kenntnisse. Heft 1—4, Kiel 1857—60. 8«. — 16 — Schriften der k. physikalisch -öconomisclien Gesellschaft zu Königsberg, Jahrg. I. Abth. 1. Königsberg 1860. 40. Der zoologische Garten. Organ für die zoologische Gesellschaft zu Frank- furt. Herausg. von Dr. D. F. Weinland. Jahrg. II. Nr. 1—6. 1861. 80. Hospitalverwalter Seyffardt übergab als Kassier des Ver- eins folgenden Kechnungs-Abschluss für das Jahr 1860 — 61 der in seiner Abwesenheit von Prof. Dr. Krauss vorgelesen wurde. Meine Herren! Nach der revidirten und abgehörten 17. Rechnimg pro 1. July 1860 — 61 betragen die Einnahmen A. Reste. 1) Rechners Kassenbestand auf 30. Juni 1860 17 fl. 38 kr. 2) Activ-Ausstände .... 2 fl. 42 kr. 20 fl. 20 kr. B. Grundstock. Heiiibezahlte Kapitalien 1000 fl. — kr. C. Laufendes. 1) Activ-Kapital-Zinse . . . 156 fl. 14 kr, 2) Beiträge von den Mitgliedern 1066 fl. 30 kr. 3) Staats-Beitrag 75 fl. — kr. 4) Ausserordentl. Einnahmen . 46 fl. 32 kr. 1344 fl. 16 kr. Haupt-Surame der Einnahmen — :• 2364 fl. 36 kr. Ausgaben. A. Reste. — fl. — kr. B. Grundstock. Kapitalien gegen Verzinsung hiugeliehen . . 1100 fl. — kr. — 17 — C. Laufendes. 1) Für Vermehrung der Samm- lungen 173 fl. 59 kr, 2) Buchdrucker- und Buchbin- derkosten 870 fl. S kr. 3) fürMobilien 11 fl. 48 kr. 4) für Schreibmaterialien, Ko- pialien, Porti etc 42 fl. 31 kr. 5) Bedienung , Reinigungsko- sten, Saalmiethe etc. . . 155 fl. 38 kr. 6) Steuern etc 11 fl. 2G kr. 7) Ausserordentliche Ausgaben 3 fl. 20 kr. 1268 fl. 50 kr. Haupt-Summe der Ausgaben — :• 2368 fl. 50 kr. Werden von den Ausgaben im Betrage von 2368 fl. 50 kr. die Einnahmen 2364 fl. 36 kr. abgezogen, so erscheint am Schlüsse des Rech- nungsjahrs ein Guthaben des Rechners von 4 fl. 14 kr. Vermögens - Berechnung. Kapitalien 4036 fl. — kr. Hie von ab Guthaben des Rechners .... 4 fl. 14 kr. Rest, Vermögensstand auf 1. July 1861 . . 4031 fl. 46 kr. Da derselbe vom l.July 1860 3956 fl. 20 kr. betrug, so stellt sich gegenüber dem Vorjahre eine Vermögens -Zunahme von — :• 75 fl. 26 kr. heraus. Nach der vorigen Rechnung war die Zahl der Mitglieder und Actien 388. Iliezu die neu eingetretenen Mitglieder, nämüch die Herren : Wiirttemb. naturw. Jahresheftc. 1862. Is Heft. ^ — 18 — Professor Dr. Strecker von Tübingen , Graf Otto v. SalmHoogstraeten, Oekonom Chr. Hai dien auf dem Schaichliof, Revierförster Pfitzenmaier von Bebenhausen, Forstassistent P r e s eh e r von Bebenhausen , Apotheker K e r n e r in Besigheim , Oberförster Paulus von Zwiefalten , Revierförster Tritschler von Schussenried, Binkhorst van den B i n k h or s t von Mastricht , Chemiker H a 1 b r e i t e r von Heilbronn, Director F ü r e r , Collegienrath Dr, v. Buch holz, Dr. Kleinertz von Herrenalb, Director Leidenfrost, Apotheker S u c r o von Langenburg , Georg Heinrich S ch ö t tl e, Oberregierungsrath B i t z e r , Dr. Th. Günther, Werkmeister Arnold, Dr. Dulk, Oberjustitzrath Köstlin, Richard Schaeuffelen von H e i 1 b r o n n , Apotheker Walter, Reallehrer Albert Fischer, Salineninspector Schlönbach in Salzgitter, van Carp aus Holland, Apotheker Finckh, Inspector Schub 1er von Esslingen, Zusammen 28 — :• 416 Hievon ab die ausgetretenen Mitglieder , und zwar die Herren : Oberförster v. Fromm von Esslingen, Fabrikant Dr. Weidenbusch von Darmstadt, Holzverwalter W a 1 c h e r von Wolfegg , Hofrath v. Sauce rotte von Strasburg, Flossinspector K u 1 1 r o f f von Calmbach , 19 Freiherr Ferd. v. Hörnst ein von Weiterdingen, Revierfürster J a e g c r von Lichtenstern , - Stadtbaumeister Fritz, Repetent Wagner von Schönthal, Posamentirer W, A. B r u n n a r i u s , Apotheker Fr. N e i d h a r d t , Dr, Hall wachs, 12 die gestorbenen Mitglieder, nämlich die Herren: Professor H o c h s t e 1 1 e r von Esslingen , Kaufmann Weiler, Mechanikus S e e g e r , Professor Dr. Schlossberger von Tübingen , Oberfinanzrath von Nördlinger, Apotheker G. R o s e r von Hall, Oberjägermeister v. Hill er von Gärtringen, Apotheker Hahn v. Güglingen , Revierförster Riegel von Adelmannsfelden, 9 21 über deren Abzug die Zahl der Mitglieder und Actien am Rech- nungsschluss beträgt 395 , somit Zunahme gegen fernd 7 Mitglieder und Actien. Wahl der Beamten. Der erste Vorstand, Professor Dr. v. R a p p in Tübingen, der zweite Vorstand, Oberstudienrafth Dr. v. Kurr in Stuttgart, sowie die statutengemäss austretenden Ausschussmitglieder wurden durch Acclamation wieder gewählt. DerAusschuss besteht somit aus folgenden Mitgliedern: Zurückgebliebene: Oberreallehrer Dr. Blum in Stuttgart, Finanzrath Eser in Stuttgart, Professor Dr. Fleischer in Hohenheim, Professor Dr. Fr aas in Stuttgart, Obermedicinalrath Dr. v. Jäger in Stuttgart, Professor Dr. Köstlin in Stuttgart, - — 20 — Oberstudienratli Dr. v. Kurr in Stuttgart, Finanzrath Dr. Zell er in Stuttgart, Wiedergewählte : Professor Dr. v. Fehl in g, Medicinalrath Dr. Hering, Generalstabsarzt Dr. v. Klein, Professor Dr. Krauss, Kanzleirath v. M a r t e n s , Dr. W.Menzel, Bergrath Dr. v. S ch ü b 1 e r , Hospitalverwalter Seyffardt, sämmtlich in Stuttgart. Zu Ergänzungs-Mitglieclern des Ausschusses wur- den in der Sitzung des Ausschusses vom 5. September gewählt : Professor C. W. Baur, Oberjustizrath Gmelin, Chemiker Haas, Chemiker Dr. M a r x , Dr. Paul Zech, sämmtlich in Stuttgart. In eben derselben Sitzung des Ausschusses wurden die bishe- rigen Secretäre, Generalstabsarzt Dr. v. Klein und Professor Dr. Krauss, sowie der bisherige Kassier, Hospitalverwalter Seyffardt ersucht, ihre Aemter beizubehalten. Die Versammlung schritt alsdann zur Wahl des Ortes für die nächste Generalversammlung. Es wurde Esslingen und Fabrikant Karl D e f f n e r zum Geschäftsführer erwählt. Nekrologe. Nekrolog des Herzogs Paul Wilhelm Friedrich v o n W ü r t- t e m b e r g , vorgetragen von Oberstudienrath Dr. v. Kur r. IcLi erfülle heute eine ebenso schmerzliche als ehrenvolle Pflicht , wenn ich es versuche , ein gedrängtes Bild von dem lieben und Wirken eines Mannes zu entwerfen, dessen Namen seitdem Entstehen unseres Vereins unter der kleinen Zahl seiner Ehren- mitglieder geglänzt, wie er in der Reihe reisender Naturforscher von jeher eine ehrenvolle Stelle eingenommen hat. Wenn Fürsten Kunst und Wissenschaft fördern und beschützen, so hat es immer 21 die Mit- und Nachwelt mit gebührendem Dank erkannt, wenn sie aber selbstlhätig sich dabei erweisen , ja Gut und Bhit dafür einsetzen und den schönsten Theil ihres Lebens der "Wissenschaft aufopfern, so verdient diess gewiss in noch höherem Grad unsere Anerkennung, denn dadurch wird die Wissenschaft nicht nur ge- ehrt, sondern auch wesentlich erweitert und gefördert. S. Höh. Herzog Paul Wilhelm Friedrich von Württemberg war der zweite Sohn des verewigten Herzogs Eugen Friedrich Hein- rich von Württemberg aus dessen dritter Ehe mit der verewigten Frau Herzogin Louise, gebornen Prinzessin von Stolberg-Godern und wurde geboren den 25. Juni 1797. Er erhielt seine Erziehung in Stuttgart unter der Vorsorge des verewigten Königs Friederich, welcher es sich zur Pflicht machte, ihm die besten Lehrer zu verschaffen. Ausser den Spra- chen zog ihn besonders der Unterricht des Professor Lebret, eines in der Schule Cuvier's, Jussieu's, Hauy's und Gay-Lussac's heran- gebildeten Mannes, an, welcher ihm eine gründliche Anleitung zum Studium der Naturwissenschaften gab und die Seele des Schülers für die Naturgeschichte insbesondere zu begeistern verstand. Schon im Mai 1S06 ernannte ihn sein königlicher Oheim zum Hauptmann ä la suite in seiner Garde. Ob und wie lange er in dem activen Dienststand, wissen wir nicht. Am 20. Mai 1817 trat er, bereits zum Generalmajor befördert, aus und widmete sich von nun an ausschliesslich dem Studium der Naturgeschichte , so dass er schon im October 1822 seine erste Reise nach dem nördlichen Amerika antreten konnte; dieselbe dauerte bis Dezember 1824 und wurde in Begleitung eines der Jagd kundigen Dieners ausgeführt. Sie erstreckte sich über die Länder am Mississippi , Ohio und Missouri und wurde zu naturhistorischen und ethnographischen Beobachtun- gen aller xVrt, sowie zum Einsammeln von Mineralien, Pflanzen und Tliiercn aus allen Classen, besonders aber von Vögeln, ver- wendet, welche ihn immer ganz besonders anzogen. Die Ergeb- nisse dieser mit grossen Strapazen und mancherlei Fährlichkciteu verbundenen Reise wurden in einer Schrift : „Erste Reise nach dem nördlichen Amerika in den Jahren 1822—24, Stuttgart Cotta 1835" niedergelegt, welche, in Form eines Tagebuchs abgefasst und von — 22 — einer schonen Karte begleitet , den Beweis liefert , dass der Rei- sende niclit nur zu beobachten und zu sammeln , sondern auch zu schildern verstand, und dass sein menschenfreundliches Betragen ihm überall Eingang und Anerkennung verschaffte. Am 17. April 1827 vermählte er sich mit der Prinzessin Sophie Dorothea Caroline von Thurn und Taxis , und erhielt das vormals deutsch- meistersche Schloss Mergentheim zur Residenz angewiesen , wo er hinlänglich Raum fand , seine ersammelten Naturalien aufzustellen und zu ordnen. Aus dieser Ehe ist ihm ein Sohn, Herzog Maxi- milian, geblieben, welcher den 3. September 1828 geboren wurde. Im Jahre 1829 unternahm er seine zweite Reise nach Amerika und durchforschte bis 1832 die nördlichen Provinzen von Mexico, die angrenzenden Theile der Vereinigten Staaten und die noch wenig bekannten Inseln und Küsten des mexicanischen Meerbusens. Als im J-ahre 1834 die deutschen Naturforscher undAerzte in Stutt- gart ihre Versammlung hielten und er selbst persönlich zu erschei- nen verhindert war, wurde in seinem Auftrag ein Theil seiner Zeichnungen und Beobachtungen denselben vorgelegt, welche all- gemeine Anerkennung fanden. Im September 1839 unternahm er eine Reise in die theilweise noch unerforschten Länder des obern Nil, indem er sich an eine militärische Expedition anschloss, welche der Vizekönig von Egypten, Mehemed Ali, unternehmen Hess, von dessen Seite ihm auch die freundlichste Unterstützung zu Theil wurde. Dieselbe erstreckte sich über Oberegypten , Nubien und einen Theil von Fazogl, und bot dem erlauchten Reisenden viel- fachen Stoff dar, geographische, physikalisch-meteorologische und naturhistorische Beobachtungen anzustellen und seine Sammlungen zu erweitern. Im August 1840 kehrte er vielfach befriedigt zurück und nun galt es die reichen Schätze näher zu untersuchen und zu ordnen. Dazwischen folgten kleinere Reisen nach Algerien , Eng- land, Frankreich und Oesterreich; auch nahmen ihn Arbeiten bei der Kammer der Standesherren , deren Mitglied er war , vielfach in Anspruch. Im Frühjahr 1849 wurde eine dritte Reise nach Nordamerika gemacht, welche sich bis zum Herbst 1856 verlän- gerte; er reiste über Bremen nach New-Orleans, Texas, Durango und Mazatlan, sodann über den Isthmus von Panama, durch- 23 kreuzte die östlichen und nördlichsten Theile der Vereinigten Staaten, die Felsengebirge , später auch Südcarolina, und wollte auch noch nach Australien abgehen , allein das Schiff, welches er zu diesem Behufe in Xew-York bestiegen hatte , musste in Brasilien landen, und er sah sich nun veranlasst, von Bahia aus Rio Janeiro, Montevideo und Uruguaj" zu besuchen. Als ihm hierauf von dem Befehlshaber der französischen Station im Laplata Gelegenheit ge- boten wurde, durch die Maghellanische Meerenge an die Westküste von Südamerika zu gelangen, benützte er dieselbe, um der Reihe nach Chile, Bolivia, Peru und Ecuador zu besuchen. Abermals durchzog er die Landenge von Panama, durchforschte das Ufer- gebiet der südlichen vereinigten Staaten , einen Theil von Canada und das Oregon-Gebiet, zuletzt noch Florida, bis er im Herbst 1S56 glücklich und reichlich beladen mit Schätzen zurückkehrte. Sein Aufenthalt in Europa wurde theils in Bremen , theils zu Carls- ruhe in Schlesien zugebracht und dann eine abermalige Reise nach dem untern Mississippi unternommen , um weitere Untersuchungen über das Delta anzustellen. Im Jahr 1S58 sehen wir ihn im Begriff das Endziel seiner ^Yünsche , Australien zu besuchen, so dass er am 10. August 1858 von Melbourne aus berichten konnte, er sei nach einer glücklichen Fahrt von 94 Tagen glücklich in der Phi- lippsbay auf Xeuholland angekommen. Von hier aus gedachte er der Reihe nach Adelaide, New-Sidney, Neu-Seeland, Tasmanien, die Sundainseln, Ceylon und China zu besuchen und dann über Egypten zurückzukehren, was auch zu Anfang des Jahrs 1859 ge- schah. Nach seiner Rückkehr wurde eifrig an dem Ordnen seiner umfassenden Manuscripte und Sammlungen gearbeitet. Im Novem- ber 1860 kehrte er aus Carlsruhe in Schlesien nach Mergentheim zurück, am 21. November erkrankte er und erlag am 25. desselben einer kurzen , aber schmerzlichen Krankheit , ohne die Freude er- lebt zu haben , die Ergebnisse seiner vielfachen Mühen und Stra- pazen in gewünschter Ordnung aufgestellt zu sehen und zum Ge- meingut der Wissenschaft gemacht zu haben. Seine Sammlungen erstrecken sich nicht nur auf geographische , ethnographische und antiquarische Gegenstände , sondern auch auf alle Zweige der Mi- neralogie, Geognosie, Botanik und Zoologie und bieten daher den — 24 — Besuchern des Schlosses. Mergentheim, wo sie aufbewahrt sind, vielfaches Interesse dar. Seine hinterlassene Bibliothek und viele Mappen mit den werthvollsten Zeichnungen ausgestattet, sowie die zahlreichen Manuscripte des Verewigten verdienen sicher auch in weiteren Kreisen bekannt zu werden. Hoffen wir, dass alle diese Schätze unserem engeren Vaterland erhalten werden! Herzog Paul war ein stattlicher, eben so liebenswürdiger als vielseitig gebildeter und kenntnissreicher Mann, dessen Freundlich- keit und Wohlvvollen nicht allein näherstehende Freunde und Be- kannte , sondern auch Fremde und Nothleidende zu gemessen hatten. So traf er z. B, auf seiner letzten Reise über den Isthmus einen jungen Landsmann , welcher aus Californien zurückkehrend, nicht nur alle seine Habseligkeiten, sondern auch seine Gesundheit eingebüsst hatte. Kaum war der Herzog davon in Kenntniss ge- setzt, so suchte er den Kranken auf, verschaffte demselben die nöthige Pflege und verliess ihn nicht eher, bis er ihn hergestellt sah und mit Mitteln für seine Weiterreise versehen hatte. Sein Name wird in den Jahrbüchern der Naturwissenschaften und der Länder- und Völkerkunde stets unvergessen bleiben. Nekrolog des Oberfinanzraths v. Nördlinger, vorgetragen von Finanzrath Dr. Zell er. Meine Herren ! Bald ist ein Jahr vorüber seit aus unserer Mitte der Nestor dieses Vereins geschieden ist, ein Mann , der wie jener alte Grieche nicht bloss drei Menschenalter durchlebte, sondern auch bis tief in das dritte hinein eine körperliche und geistige Frische bewahrt hat, um die manche Jüngeren ihn beneiden moch- ten. Die eigenthümliche Art , wie sein Talent unter gedrückten äusseren Verhältnissen sich Bahn gebrochen und die vielseitige Thätigkeit , womit er viele Jahre lang in verschiedenen Berufszwei- gen gewirkt hat , werden es rechtfertigen , wenn ich mir erlaube, Ihnen aus seinem Lebenslauf nach den veröffentlichten Nekrologen und seinen von der Familie des Entschlafenen mir freundlich mitge- theilten eigenen Aufzeichnungen Einiges vorzutragen. Am 28. September 1771 wurde dem Bortenmacher Christoph Friedrich Nördlinger in Pfullingen sein erstes Kind , Julius Simon, geboren, mit dem er im folgenden Jahr, um besseren Fortkommens willen, nach Tübingen übersiedelte. Der Knabe, durch Fleiss und Talent ausgezeichnet, war in allen Klassen der lateinischen Schule, die er besuchte, fast immer der Erste und konnte als eine Selten- heit von sich rühmen, dass er ganze Jahreskurse ohne Anwendung des damals vorherrschenden hölzernen Zuchtmittels durchlaufen habe. Der dem hervorragenden Schüler sehr gewogene Rector Schmid suchte zu bewirken, dass sein Vater ihn studir^n lasse; in- dessen hatte der Junge selbst keine Lust dazu, weil ihm bei den beschränkten Mitteln seiner Eltern nur das durch die unentgelt- liche Yerpfiegung in den Seminarien erleichterte Studium der Theo- logie , das ihm nicht zusagte, in Aussicht stand. Er wurde nun im Alter von 14 Jahren als Bortenmacher-Lehrling bei seinem Vater eingeschrieben. Allein das Handvrerk , obgleich er es mit Fleiss und Gründlichkeit erlernte, befriedigte ihn nicht. Er hatte be- sondere Anlage zum Zeichnen und zur Mathematik. In jenem bildete er sich weniger durch den dürftigen Unterricht, den er um 2 — 3 kr. für die Stunde erhielt, als durch gemeinschaftliche Ue- bung mit einigen strebsamen Freunden aus, zu denen gewöhnlich die Sonntags-Xachmittage verwendet wurden , während A'ormittags anstrengende Spaziergänge den Grund zu der kräftigen Körperbe- schaffenheit legten, durch welche der in den Knabenjahren eher schwächliche und viel von Kinderkrankheiten heimgesuchte Mann später sich auszeichnete. Mathematische Studien trieb Nördlinger theils in seiner Dachkammer bei Mondschein, theils während er am Stulil arbeitete; denn er hatte sich angewöhnt, neben der Web- arbeit Bücher zu lesen. Treulich stand ihm hiebei sein Freund Buzengeiger, nachher Professor der Mathematik in Freiburg , zur Seite. Der Hang zur Malerei veranlasste in Nördlinger den Wunsch, in die hohe Karlsschule aufgenommen zu werden; als er aber einst seinen Vater wie zufällig fragte, was wohl geschehen könnte, wenn ein junger Mensch persönlich den Herzog um Aufnahme bäte und ihm die Antwort wurde: „wenn er so gross wäre, wie du, könnte er wohl in die Legion (die damalige Leibgarde) gesteckt werden," vergingen ihm alle derartige Gedanken. Vom 17. Jahr an wurde Nördlinger von seinem Vater von Zeit 26 zu Zeit auf Reisen geschickt , um Seidehandel zu treiben ; im Jahr 1792 ging er als Geselle auf die Wanderschaft und arbeitete in Frankfurt, Mainz und Strassburg, wohin er, statt der National- kokarde ein Sträusschen von blauen , rothen und weissen Blumen am Hut , unangefochten kam. Als Anhänger der Grundsätze der französischen Revolution besuchte er in Strassburg Abends fleissig den Jakobinerklubb , zog auch für seinen Meister in dessen National- gardisten-Uniform auf die Wache. Aber bald empörte sich sein sittliches Gefühl und sein Verstand gegen die immer zügellosere Richtung der zur Herrschaft gelangten Jakobiner , und als nach der Absetzung des allgemein geachteten Maire Dieterich unwürdige Menschen in die Munizipalität gelangten , unter Anderen ein Schu- ster, über den ihm im Beiseyn von dessen Gesellen der Spott ent- fiel: ,,der Schusterkneipen werde sich schön neben der dreifarbigen Schärpe ausnehmen," fühlte er sich in Strassburg nicht mehr sicher und gelangte nicht ohne Gefahr, durch die Schweiz, 1793 wieder in die Heimath. Auf dieser Reise wurde ihm von einem Lieutenant, mit dem er zusammen reiste, und der seine durch den Zustand der Kasse begründete Vorliebe für frische Milch bemerkte, vergeblich zugeredet, Melker bei dessen Vater zu werden. Durch Buzengeiger mit dem kirchenräthlichen Forstgeometer Zais bekannt gemacht, trat Nördhnger, der seine Lieblingsstudien, Zeichnen und Mathematik neben dem Handwerk nie vernachlässigt hatte, bald darauf bei diesem als Gehülfe ein, musste jedoch 1796 Soldat werden, wobei er aber auf Verwendung des Kirchenraths bedeutende Erleichterung im Dienst und endlich seinen Abschied erhielt. Von nun an arbeitete er 8 Jahre lang selbstständig und mit grossem Erfolg an der Vermessung und Kartirung der kirchen- räthlichen Waldungen in verschiedenen Theilen des Landes, beson- ders in der Gegend von Heidenheim, wo er, längere Zeit in Königs- bronn sich aufhaltend, sich mit den dortigen Hüttenwerken bekannt machte und daneben eifrig Mineralogie , Botanik, Entomologie und Chemie studirte. Durch eine für die Hüttenverwaltung gefertigte Arbeit über ein neues Cyhndergebläse erregte er die Aufmerksam- keit des nachmaligen Ministers von Otto ; eine Abhandlung über die Basaltfindlinge in der Gegend von Offenhausen veranlasste die na- — 27 — - turforschende Gesellschaft in Schwaben, ihn zum correspondirenden Mitglied zu ernennen. Hauptsächlich aber bewirkten im Jahr 1804 eine nach der damals neuen Lehmann'schen Manier ausgeführte Terrainkarte der Gegend von Heidenheim, welche auf Befehl des Kurfürsten den Genieoffizieren zur Nachahmung zugestellt wurde und ein spcäter in den Verhandlungen der Forstacademie zu Dreis- sigacker, welche den Verfasser zum Mitglied ernannte, 'gedruckter Aufsatz über Waldwerthsberechnung, dass ihm auf Antrag des Kirchenraths die Mittel zu einer wissenschaftlichen Reise auf Staats- kosten gewährt wurden. Auf dieser meistens zu Fuss und unter manchen Abenteuern und Entbehrungen ausgeführten Reise, welche vom August ISO 4 bis October ISOG dauerte, besuchte Xördlinger alle bedeutenderen Berg- und Hüttenwerke Deutschlands und Ungarns, hielt sich län- gere Zeit in den Forst-Instituten zu Tharand, Dreissigaclvcr und Dillenburg, auch in Berlin und Göttingeu auf, machte die Bekannt- schaft der ausgezeichnetsten Gelehrten der damaligen Zeit und wurde als ein Mann , dessen Arbeiten bereits Aufmersamkeit erregt hatten, überall mit einer Freundlichkeit aufgenommen , die er in seiner Bescheidenheit kaum gehörig zu benutzen verstand. Zu schüchtern z. B. um Humboldts Einladung zu einem Abschiedsbe- such zu folgen, erfuhr er erst später, dass derselbe bereits eine Anzahl Empfehlungsbriefe, mit denen er ihn verschen wollte, ge- schrieben hatte. Desto eifriger benützte er seine Reise zu minera- logischen, chemischen und botanischen Studien, machte mit seiner grossen Rüstigkeit und Ausdauer Excursionen nach allen Richtun- gen und brachte werthvolle Sammlungen und Notizen aller Art zu- sammen, wovon einige an die Regierung eingesandte und mit Bei- fall aufgenommene Abhandlungen zeugen. Doch fehlte es auch nicht an anderen Genüssen; z. B. während eines mehr\föchigen Aufenthalts in Eisenstadt in Ungarn, wo Nördlinger die unter Haydns Direction stehende Kapelle des Fürsten Esterhazy bewunderte und mit dem Componisten Hummel gewöhnlich zusammen speiste. Während der Reise wurde er durch die Ernennung zum Professor der Kameralwissenschuften in Tübingen überrascht, welche aus Veranlassunf? eines Antrags des Kirchenraths auf weitere Reiseun- — 28 — terstützung am 6. August 1805 erfolgte. Bei der holieii Vorstellung, welche er als Autoclidact sich von den wissenschaftlichen Erforder- nissen zu einer solchen Stelle machte, glaubte er derselben nicht gewachsen zu sein, auch befürchtete er, sein früherer Beruf konnte seinem Wirken in Tübingen hinderlich sein und bat um Enthebung von der Professur , welcher anfangs abgewiesenen Bitte durch seine Ernennung zum Forst- und Bergrath den 17. März 1806 ent- sprochen wurde. Im Jahr 1809, nach Ablehnung eines aus Eisenstadt erhal- tenen Antrags in die Dienste des Fürsten Esterhazy zu treten, wurde er zum Oberöconomierath im landwirthschaftlichen De- partement ernannt , behielt sich jedoch seine bisherige Stelle vor und wurde, nachdem er die Gestütswaiden zu Offenhausen und Marbach eingerichtet hatte, 1S12 von der landwirthschaft- lichen Stelle wieder enthoben. Yfährend dieser drei Jahre war er gleichzeitig Oberöconomie -, Forst-, Berg-, Salinen- und Münzrath und hatte in fünf verschiedenen Collegien Dienste zu leisten. 1818 zum Oberiinanzrath ernannt, war er alleiniger Refe- rent der Oberfinanzkanmier in allen Forst-, Berg-, Hütten- und Salmen-Angelegenheiten und versah , nur in Forstsachen vom Jahr 1840 an durch einen zweiten Rath unterstützt, diese umfangreiche Stelle bis zu seinem 80. Jahre, indem er 1850 bei Auflösung der Obernnanzkammer mit der Eigenschaft als Ehren- Vorsitzender der neu gebildeten Forstdirection in den Ruhestand trat. Doch nahm er auch nachher an den Sitzungen dieser Behörde sowohl, als auch der Centralstelle für die Landwirthschaft , deren Mitglied er seit 1847 war, häufig Theil und selbst, nachdem im Mai 1857 ein Schlaganfall seine Kräfte geschwächt hatte, erschien er noch von Zeit zu Zeit in den Sitzungen, bis zunehmende Altersschwäche ihm das Ausgehen verbot und er nach wiederholten apoplectischen An- fällen am 28. Juni 1S60, fast 89 Jahre alt, sanft entschlief. Von seiner vielseitigen Berufsthätigkeit sei es nur gestattet, die vielen durch ihn besorgten Waldankäufe, forstlichen Wirthschafts- plane , die Einrichtung der Scheiterholzflösserei auf dem Kocher, die nach seiner Anleitung ausgeführte Erbohrung des Steinsalzwerks Wilhelmsglück, Bohrungen in den Bädern zu Wildbad und Teinach, — 29 — die Einriclitimg der Köhlereien im Elhvanger Forst, die im Ster- nenfelser Stiibeiisandstein 1818 nicht ohne Erfolg vorgenommene Goldwascherei, anzuführen. Er bewirkte die Bildung einer Actien- gesellschaft zur Bodenseedampfschifffahrt und besorgte 30 Jahre lang unentgeltlich alle technischen Geschäfte derselben; ihr 1824 in Betrieb gesetztes Dampfboot Wilhelm war das erste Dampfschiff in Deutschland. Er war Mitbegründer und bis zum Jahre 1840 Vor- stand des hiesigen Kirchengesang-Vereins, Mitglied des Lieder- kranzes, des Kunstvereins, der Weinverbesserungsgesellschaft, des Griechenvereins etc. Auch unser Verein für vaterländische Natur- kunde verdankt ihm, wenigstens indirect, die Auffindung mancher interessanter Pflanzen und Thiere, hauptsächlich aber die Aufbe- wahrung der Ergebnisse der unter seiner Leitung vorgenommenen Bohrungen, welche, nebst vielen interessanten naturwissenschaft- lichen Notizen, von der Familie des Entschlafenen für unsere Samm- lungen bestimmt sind. Nördlinger erfreute sich nicht bloss einer guten Gesundheit, sondern er war auch gegen Strapazen ungewöhnlich abgehärtet. Noch im Alter von mehr als 70 Jahren konnte er Wochen und Mo- nate lang Tag für Tag und bei jeder Witterung die anstrengendsten Märsche ausführen, angelaufene Flüsschen halbentkleidet überschrei- tend und zu jeder Jahreszeit bei offenem Fenster schlafend. Bei den Forstvisitationen hatte mancher jüngere Förster nicht über das per- sönlich humane Benehmen des bejahrten Visitators, wohl aber über das Maass von körperlicher Anstrengung und Enthaltsamkeit, das er bei seinen Begleitern in Anspruch nahm, zu klagen. Wie sein Körper, so war auch sein Charakter zäh und fest, unbeugsam an dem für richtig Erkannten festhaltend, rückhaltslos und scharf ent- gegenstehende Meinungen bekämpfend. Neue Projecte eignete er sich nur nach der sorgfältigsten Prüfung an. Grosse Sorge machte ihm die unter den jüngeren Forstmännern nach und nach zur Gel- tung gekommene Ansicht über die Zulässigkeit von stärkeren Holz- fälluugen und liberalerer Behandlung der Wald-Ausstockungs-Ge- suche , der er mit Entschiedenheit entgegentrat. „Ich würde mich gerne in den Pvuhestand zurückziehen," sagte er mir vor etwa 15 Jahren, ,,aber es ist mir um meine Bäume." „Auf vorübergehend — 30 — wohlfeilere Holzpreise," prophezeite er zu Anfang des letzten Jahrzehends, „werde eine um so grössere Theurung folgen," und diese Yorhersagung ist allerdings noch bei seinem Leben in Erfül- lung gegangen. Nördlinger war zweimal verheirathet. Aus der ersten Ehe überleben ihn eine verheirathete Tochter und drei Söhne, aus der zweiten eine Tochter. Die hervorragenden Eigenschaften des Va- ters haben sich auf die Söhne gleichsam vertheilt, indem der Eine im Gebiet der bildenden Kunst, der Zweite im Forstfach, der Dritte als Eisenbahn-Techniker, dem Namen ihres Vaters Ehre machen. Vorträge. I. Kunstgärtner A. Hvass theilte seine Erfahrungen über das Wachsthum der Wellingtonia gigantea mit und zeigte an schönen Exemplaren, wie die aus Samen gezogenen Pflanzen einen stärkeren und regelmässigeren Wuchs haben, als die , welche durch Stecklinge vermehrt werden. Diese Pflanze verdient nach seiner Ueberzeu- gung die grösste Aufmerksamkeit von Seiten der Forstwirthschaft, da es ausser Zweifel sei , dass sie in unserm Klima im Freien aus- dauere. Die Kultur ist äusserst einfach und ganz den übrigen Co- niferen analog; nur ist zu bezweifeln, ob der Samen im Freien keimen wird. Allein selbst wenn die erste Anzucht in Frühbeeten geschehen müsste , w^ie diess bis heute der Fall war , so lohnt es doch , dieselbe im grösseren Massstabe vorzunehmen , weil für die Bestockung einer bedeutenden Fläche verhältnissmässig sehr wenige Pflanzen erforderlich sind und man so lange bis sie gehörig erstarkt den übrigen Raum für andere Kulturen benützen kann. Ausserdem wächst der Baum rascher als alle übrigen Coniferen und muss dem- zufolge auch bald einen Ertrag gewähren. — Er richtet die drin- gende Aufforderung an sämmtliche Förster des Landes, unverweilt diesen für die künftigen Generationen so nützlichen Baum in unsern Wäldern zu pflanzen. IL Oberstudienrath Dr. v. K u r r sprach über den sogenann- ten Muschelkalk, welcher in Ostindien beim Betelkauen verwendet wird. o 1 Ol — Bekanntlich ist in Indien der Gebrauch des Betels unter dem Volk so allgemein wie in manchen Gegenden Deutschlands derjenige des Tabaks, und zwar ist es das Kauen der Blätter vom Piper Betle L., welches unter Zusatz von zerriebener Arekanuss und etwas Kalk allgemein getrieben wird. Die Betelblätter sind scharf und gewürzhaft und erregen beim Kauen eine vermehrte Speichel- und Schleimabsonderung im Hunde, welche, wie es scheint, durch die eben erwähnten Zusätze gesteigert wird, ^yie weit das Betel- kauen erregend auf das Nervensystem und vielleicht schützend ge- gen nachtheilige klimatische Einflüsse wirke, und wie w^eit es Hun- ger und Durst stille oder sonst Befriedigung gewähre , vermag ich nicht anzugeben , es scheint aber hierin eine ähnliche Wirkung wie der Tabak zu äussern, und jedenfalls ist so viel gewiss, dass durch frühen und anhaltenden Gebrauch desselben die Zähne dermassen leiden, dass mau häufig junge Männer von kauiff*25 Jahren sehen kann, welche dadurch um alle Zähne gekommen sind. Dieser Ue- belstand scheint hauptsächUch dem Zusatz des Kalkes zugeschrieben werden zu müssen, welcher wie Betel unch Arekanuss sammt Reib- apparat in besonderen oft zierlichen Büchsen in der Tasche getragen wird. Dieser Kalk (wovon ich hier ein Muster zur Einsicht vor- lege) stellt ein schneeweisses Pulver dar , und hat einen alkalischen Geschmack. Nach der Angabe eines glaubwürdigen schon lange in Indien ansässigen Bekannten wird er aus einer Baumrinde durch Einäscherung gew^onnen und sehr theuer verkauft. Die Rinde, wovoa ich ebenfalls ein Stück vorlege, stammt vom Kalappenbaum (Termi- nalia coriacea Migh.) einem stattlichen, zu der Familie der Comhre- taceen gehörigen Baume , welcher in Ostindien häufig ist. Ich war begierig zu erfahren, ob es wahr sei, dass die Asche derselben , wirkhch so kalkreich sei, und äscherte daher ein Stück davon ein. Wirklich lieferten dieselben durchs Verbrennen eine schneeweisse kalkreiche Asche, welche mit dem aus Indien erhaltenen Kalkmehl äusserlich übereinstimmte. Sie ist besonders in der verhältniss- mässig sehr dicken Bastschichte in solcher Menge enthalten , dass man nach dem Verbrennen ein förmliches Faserskelett erhält , das vor dem Lötlirohr wie Kreide leuchtet und die vom Kalk be- kannte Röthung der Flamme verursacht. Mit destillirtem Wasser — 32 — * übergrossen löst sich etwas kohlensaures Kali daraus auf und die Lösung bläut das geröthete Lakmuspapier stark; der weisse Rückstand löst sich unter lebhaftem Aufbrausen völlig in verdünnter Salzsäure. Der weisse staubartige Kalk aus Ostindien dagegen gibt in reinen Wasser eine nur geringe Menge Kali ab , so dass es scheint, die Asche sei mit Wasser ausgelaugt worden ehe sie als Kalk in den Handel gebracht wurde. Ob nun das vorliegende Kalkmehl allein aus der angeführten Rinde stammt oder vielleicht mit gebranntem gewöhnlichem Kalk oder gebrannten Muschel- schalen vermischt wird, vermag ich nicht anzugeben; jedenfalls scheint es mir der Beachtung werth zu sein, dass die Rinde des Kalappenbaums eine so erhebliche Menge kohlensauren Kalkes durch Einäscherung liefert. in. Professltr Dr. Krauss sprach über einige für Württem- berg neue Säuge thiere und über die in Württemberg erlegte Gemse. Es ist eine der Aufg'aben, die sich der Verein gestellt hat, zur Kenntniss der geographischen Verbreitung der Thiere genaue Ver- zeichnisse über die in Württemberg vorkommenden Arten zu geben. Schon in früheren Jahrgängen der Vereinsjahreshefte sind desshalb Verzeichnisse über die Arten einzelner Thierklassen bekannt ge- macht worden. Indessen sind durch die dankenswerthen Bemü- hungen mehrerer Mitglieder und Freunde des Vereins wieder einige Säugethiere eingeschickt worden , welche bisher in der Zusammen- stellung von Obermedizinalrath Dr. v. Jäger (Jahrg. I. p. 236) und in den Beiträgen zur Fauna W^ürttembergs von Landbeck (Jahr- gang IV. p. 88), Dr. A. Günther (Jahrg. IX. p. 224), Baron R. Kö- nig-Warthausen (Jahrg. XII. p. 72) und von mir (Jahrg. XII. p. 117, XIV. p. 53, XV. p. 44) als in Württemberg vorkommend nicht an- geführt worden sind. Als einheimische Fledermäuse sind bis jetzt 8 Arten: Rhinolophus hipposideros Herm.y Rh. ferrum equinum Leach, Pleco- tus aurltus Keys, et Blas., Synotus Barhastellus Keys, et ISlas., Ves- perugo Noctula K et BL, V. Pipistrellus K. et BL, V. discolor K. et Bl. und VespertiUo murinus ßchreh., angeführt worden. Hiezu kommen : — 33 — Vesj^erugo Nathusii Keys, et Blas. Blasius, Säugethiere Deutschlands pag. 58. Diese Zwergfledermaus ist von der sehr verwandten V. Pipi- strellus nur durch die Grösse und durch kleine Abweichungen in der Form der Zähne verschieden und desshalb bis jetzt übersehen wor- den. Icli habe sie in vorigem Herbst in Stuttgart gefangen. Vespertilio mystacinus Leisler. Blasius, 1. c. pag. 96. Die Bartfledermaus scheint bei uns nicht selten vorzukom- men, denn ich habe sie im vorigen Jahre vom Mai bis Septem- ber in mehreren Exemplaren von unseren für die Vermehrung der vaterländischen Sammlung sehr thätigen VereinsmitgUedern Hermann Reichert aus Nagold, Schulmeister Ackermann aus Sers- heim und von Forstwart Gawatz in Pfummern efhalten. Vespertilio Dauhentonii Leisler. Blasius, 1. c. pag. 96. Von der seltenen Wasserfledermaus hat die Sammlung ein Männchen im Mai 1860 u. April 1861 ebenfalls durch Kaufmann Hermann Reichert aus Nagold erhalten. Zu den früher verzeichneten den Insektenfressern angehöri- gen Spitzmäusen: Crossopus [Sorex Fall.) fodiens Wglr und Sorex vulgaris L., (Araneus L.J habe ich zwei weitere Arten hin- zuzufügen : Grocidura (Sorex Herrn.) leucodon Wagler. Blasius, 1. c. pag. 140. Die Feldspitzmaus ist durch die weissen Zähne und von der folgenden Art durch den sehr kleinen dritten einspitzigen Backen- zahn des Oberkiefers leicht zu unterscheiden. Sie ist im Stutt- garter Thal häufig und von mir mehremal in Gärten gefangen worden. Schulmeister Ackermann hat im März auch ein Exem- plar von Sersheim eingeschickt, das in einem Garten durch Ab- nagen der Nelken grossen Schaden verursacht hat. Die Spitz- maus soll die Blätter nicht angenagt, dagegen die ausserhalb AVürtteinb. iiatarw. Jalii'osliefto. 18C2. Is Hoft. ^ — 34 — der Erde liegenden holzigen Ranken und Wurzeln verzehrt haben, was sich auch bei der Section bestätigt habe. Grocidura (Sorex Schreh.) Arayieus. Blasius, 1. c. pag. 144. Die Hausspitzmaus, obwohl sicherlich ebenso verbreitet als die vorhergehende Art, habe ich aus Zwiefalten durch Oberför- ster Paulus und aus Nagold durch H. Reichert erhalten. Unter den Spitzmäusen sind der Vereinssamlung am häufig- ten die Wasserspitzmaus (C. fodiens) und die Feldspitzmaus (C. leucodon) eingeschickt worden; es ist zu erwarten, dass die weit verbreitete Zwergspitzmaus (Sorex i^ygmczus Pallas) auch noch bei uns aufgefunden werde.* Diesen eben verzeichneten , nunmehr Württemberg als ein- heimisch angehörigen Säugethieren füge ich noch ein weiteres bei, das jedoch keinen Anspruch auf das Bürgerrecht in unserem engeren Vaterland machen kann. Ich meine nemlich die Gr e m s e welche den 22. September 1859 bei dem alten Schloss Wartstein auf der Markung Erbstetten OA. Münsingen durch den Jagd- pächter S ti e h 1 e in Erbstetten geschossen worden ist. Seine Maje- stät der König hat das frische Thier von Landjäger Reutter in Hayingen zum Geschenk erhalten und die Haut in die vaterlän- dische Naturaliensammlung gestiftet. In den alten würt. Chroniken ist nirgends eine Notiz zu finden, nach welcher jemals eine Gemse in Württemberg vorge- kommen sein soll. Auch ist anzunehmen, dass dieser Gemsbock aus den bayerischen Alpen oder dem Voralberg auf irgend eine Weise verjagt wurde oder sich verirrt hat. Immerhin bleibt es auffallend, dass das Thier eine so weite Strecke durchlaufen und so lange in dieser Gegend sich aufhalten konnte, ohne erkannt und getödtet worden zid sein. * Die yerehrlichen Mitglieder des Vereins werden ersucht, ihre Auf- merksamkeit auch unsern kleinen Thieren, insbesondere den Fleder- und Spitzmäusen zuzuwenden und die Thiere sogleich nach dem Tode an mich zu schicken, Kraus.s. 35 Landjäger Reutter hat mir über ihren Aufenthalt bei uns mitgetheilt, dass die Gemse schon etwa ein Vierteljahr, ehe sie erlegt wurde, durch Jagdpächter Krauss in den Gemeindewal- dungen Ehestetten im obern Lauterthal bemerkt, aber für einen jungen Hirsch gehalten worden sei. Uügefähr 14 Tage nachher sei sie auch durch Förster Federle in den Fürstenberg'schen Wal- dungen Reisach und 5—6 Wochen vor ihrem Tod dreimal durch Waldschütz Maier in den Freiherrn v. Späth'schen W^aldungen in der Nähe von Anhausen und zu gleicher Zeit durch Hirten- knaben, die sie für ein schwarzes Scliaaf hielten, auf den höch- sten Felsen des Lauterthals gesehen worden. Stichle, der sie für einen Bastard-Gaisbock gehalten hat, hat sie schon am 19. Sept. gesehen und längere Zeit auf sie gelauert. Der Gemsbock, der 48 Pfd. gewogen hat, ist, nach den Hörnern zu schliessen, etwa 2 Jahre alt und im Sommerkleid mit Haaren im Uebergang ins Herbstkleid. Die graue Rostfarbe des Leibes und der hell rostgelbliche Bauch der Gemsen im vollständigen Sommerkleid ist bei unserem Bock matt und abgeschossen Der Fleck vor den Augen, zwischen den Nasenlöchern und der Oberlippe, sowie der Nasenrücken ist matt fahlgelblich. Die Stirne, Backen, Lippen und das Kinn sind gelblichweiss. Der Vorderhals, die Brust und die Vorderseite der Oberarme ist schwärzlich mit Braungrau gemischt. An der Seite des Leibs unmittelbar hinter den Vorderbeinen ist ein drei- eckiger grauschwarzer Fleck. Am ganzen Thier ist nur die Stelle zwi- schen den Hinterbeinen und zwischen den Hoden und dem Schwanz weiss. Die Vorderbeine sind vorn braunschwarz, hinten mit fahl- gelblichen Haarspitzen, die Hinterbeine vorn und hinten sowie über den Fersen braunschwarz, aussen auf dem Unterschenkel, so- wie vorn und hinten am Mittelfuss mit fahlgelblichen Haarspitzen. Länge des Kopfs von dem Rand der Oberlippe über den Nasenrücken bis zwischen die Hörner 18 C.M., Länge des Ko- pfes an der Seite, von der Nasenkuppe bis zur Mitte des Ohrs gemessen 20 CM,, Breite der Stirn, von dem Innern Rand des einen Auges bis zum andern gemessen, 9 CM. , Höhe des Thie- res an der Schulter 70 CM., Höhe des Thieres am Kreuz 74 CM., 36 Länge des ganzen Thieres, von der Oberlippe über die Stirne und den Rücken bis zur Schwanzspitze 105 CM. lY. Prof. Dr. Krau ss sprach ferner über einen: weissen Dachs und andere Varietäten w^ürttemberg i- scher Säugethiere. Das Vorkommen der von dem gewöhnlichen Kleid abweichen- der Färbungen mancher Thiere bleibt immerhin eine noch nicht gehörig erklärte Erscheinung und ist für die Specialfauna eines Landes ebenso interessant als für die Naturgeschichte der Thiere im Allgemeinen. Aus diesen Gründen sind alle Varietäten unserer Thiere, ob sie sich nur auf einzelne Körpertheile be- schränken oder über den ganzen Körper erstrecken, für die vaterländische Naturalien-Sammlung stets erwünscht, daher die Mitglieder und Gönner des Vereins wiederholt um gefällige Ein- sendung aller Farben-Abweichungen auch der der gemeinsten Thiere ersucht werden. Schon im 12. Jahrgang unserer Vereinsschrift hat Freiherr R. König- Warthausen interessante Spielarten von Feldmäusen (Arvicola arvensis S. Longch.) und eine weissgraue Varietät eines Feldhasen bekannt gemacht, auch sind von mir im 14. und 15. Jahrgang mehrere Varietäten, unter anderm das seltene Vorkom- men eines vollkommen weissen Steinmarders, Feldhasen und Eich- hörnchens, beschrieben worden. Es ist- auffallend, dass der Sammlung von manchen württem- bergischen Thieren nicht selten Abweichungen in der Färbung eingeschickt werden und dass solche überhaupt auch in andern Ländern zuweilen vorkommen, wie z. B. die vom Maulwurf, Fuchs, Marder, Eichhörnchen, Hasen, Reh, von den Mäusen und Ratten, während Varietäten bei mehreren andern Thieren: den Fleder-, Spitz- und Haselmäusen, dem Igel, Dachs, Fischotter, Iltis, Wildschwein gar nicht oder höchst selten vorzukommen scheinen. Andere, bei uns regelmässig das Hermelin und zu- weilen auch der Wiesel, wechseln mit der Jahreszeit ihre Farbe und legen im Winter ein w^eisses Kleid an. — 37 — Zu den seltensten Vorkommnissen gehört die weisse Varietät vom Dachs. Schreber führt im 3. Theil seiner Säugethiere an, dass 1724 in Sachsen ein weisser Dachs mit gelbröthlichen und duukelkastanien- farbigen Flecken erlegt worden sei. Blasius gibt in seiner Natur- geschichte der Säugethiere Deutschlands keine Varietät vom Dachs an und kennt nach mündlichen IMittheilungen auch nicht eine solche. S6ltsamer^Yeise wurden in Württemberg in einem Zeitraum von einem Jahr zwei weisse Dachse und zwar in ganz entgegenge- setzten Theilen des Landes erlegt. Beide kamen leider erst, nach- dem sie durch unkundige Hände als Schwarte zum Verkauf an den Kürschner abgezogen waren, zu unserer Kenntniss. Es war daher nicht mehr zu ermitteln, ob sie die rothen Augen der Kakerlaken hatten und welchem Alter sie angehörten. Das eine Thier, wahrscheinlich ein Weibchen, wurde im Lem- bergwald bei Poppenweiler, OA. Ludwigsburg im Oktober 1859 geschossen und befindet sich durch die Bemühungen des Herrn Theodor Lindauer in der Sammlung des Vereins. Es ist weiss und an einigen Stellen ganz unsymetrisch graulich gefärbt, ähnlich, aber heller, wie an den Seiten des gewöhnlichen Dachs. Es hat zwischen den Augen und Ohren und zwar auf der linken Seite viel deutlicher als auf der rechten, einen graulichen Streifen, der das schwarze Band beim gewöhnlichen Dachs andeutet; hinter dem linken Ohr wird dieser Streifen fast Handbreit und reicht bis fost an die Schulter, hinter dem rechten Ohr verschmälert er sich ohne soweit rückwärts zu verlaufen. Die Ohren sind inn wendig und an der Basis des Aussenrandes ebenfalls graulich gefärbt. Die grösste Ausdehnung erhält die grauliche Färbung auf dem Rücken und zwar wiederum vorzugsweise auf der linken Seite. Sie beginnt oben hinter der linken Schulter mit einer Spitze, breitet sich nach hinten und links immer mehr aus und erstreckt sich bis zum Schwanz, linken Hintertheil und bis herab zum linken Fuss, der am Fersen einen grauen Flecken hat, der der dunkelste am ganzen übrigen Körper ist und an den schwarzen Fuss des gewöhnlichen Dachs erinnert. Auf der rechten Seite dagegen sind 38 nur am Kreuz und in der Nähe des Schwanzes einzelne dunkler- gefärbte Haare wahrzunehmen. Die beiden Vorderfüsse und der rechte Hinterfuss sind vollständig weiss. Der Schwanz ist etwas blasser als beim gewöhnlichen Dachs. Die Krallen sind weisslich. Das andere Thier, ein altes Männchen, w^urde im Herbst 1858 bei Hossingen, OA. Balingen geschossen und Herrn H. Ploucquet überbracht, der es später der Vereins-Sammlung zu überlassen so freundlich war. Es ist grösser und noch weisser als unser Exem- plar und zeigt ebenfalls einige unsymetrische grauHche Flecken, aber sie sind noch heller als bei diesem, rundlich, fast gleich gross, von der Grösse einer Hand. Sie sind in der Weise ver- theilt, dass je einer auf der rechten Schulter, mitten auf dem Rücken, oberhalb des linken Schenkels und vor dem Schwanz sich befindet. Ausserdem sind nur noch die Ohren inwendig und an der Basis des Aussenrandes einfarbig blassgraulich, an allen übrigen Theilen ist das Thier einfarbig weiss. Die Krallen sind w^eisshch. Die grauliche Färbung, die übrigens bei beiden Thieren schwächer ist als beim gewöhnlichen Dachs, wird durch die Farbe der steiferen Haare hervorgebracht, die an der Spitze weiss, etwa fingerbreit unter dieser bräunlich oder graulich gefärbt und an ihrer Basis immer weiss sind. Aber bemerkenswerth ist es, dass gerade die reiuschwarze Färbung des gewöhnlichen Dachs, am Kopf, Bauch, an der Brust und allen Füssen, von der weissen voll- ständiger verdrängt ist als die hellere , graumelirte auf dem Rücken, w^o die Haare auch beim gewöhnlichen Dachs an der Basis weiss sind. Ein ähnliches Verhältniss der Färbung habe ich auch an dem surinamischen Tayra (Galictis barbara L.) beobachtet, wovon Kappler ausser mehreren gewöhnlichen auch zwei Exemplare einer gelblichweissen Varietät geschickt hat. Hier hat gerade der Vorderkopf dieselbe hellbraune Farbe, also auch wieder den hell- sten Theil der Färbung, wie beim gewöhnlichen Tayra beibehalten, während die übrigen Theile des Körpers und alle Füsse, die sonst dunkelschwarz, bei der Varietät rein einfarbig gelblichweiss ge- färbt sind. 39 Grauliclnveisse Varietät vom Fuchs. In der Sammlung von Sr. Durchlaucht dem Fürsten Hohen- lohe-Langenburg in Weikersheim befindet sich eine interessante Varietät eines Fuchses von gewöhnlicher Grösse, der im Januar 1859 bei Weikersheim geschossen wurde und etwa 2 — 3 Jahre alt, also nicht wegen hohen Alters grau gefärbt war. Die Farbe des Körpers ist graulich weiss, und zeigt nur auf dem Rücken wegen der blassgelblichen Haarspitzen einen röth- lichen Schimmer. Die Wollhaare sind bläulich grau. Zwischen der Nase und den Augen ist er graulich mit gelblichem Anflug, zwischen den kohlschwarzen Schnurrhaaren und dem Auge hat er einen schwärzlich grauen Fleck. Hinter den Ohren ist er schwarz und auf der Brust weiss wie der gewöhnliche Fuchs. Die schwarze Färbung der Füsse erstreckt sich etwas höher herauf als beim gewöhnlichen, und durch einige weisse Haarspitzen er- scheint die Färbung wie melirt, was an den Hinterfüssen am deut- lichsten ist. Am Schwanz sind die Haare oben röthlich grau mit schwarzen Spitzen. Schw^ärzliche Varietäten vom Fuchs. Solche Spielarten kommen häufiger vor als die graulich- weisse. Die vaterländische Naturalien-Sammlung besitzt zwei Exemplare. Ein schönes Männchen wurde von Seiner Kön. Hoheit dem Kronprinzen in dem Staatswald von Böbhngen im Januar 1858 geschossen und von Seiner Hoheit dem Prinzen Hermann zu Sachsen Weimar dem Verein zum Geschenk gemacht. Dieser Fuchs hat einen schwärzlichen Fleck zwiscken dem Auge und den Bartborsten, ist am Kinn, an der Kehle, Brust und mit scharfer Abgränzung am Bauch mattschwarz und hat in der Mitte der Brust und zwischen den Hinterbeinen einen weissen Fleck, Der übrige Theil des Körpers ist graulich mit leichtem rothgelbem Anflug. Der Schwanz, an der Spitze weiss, und die Füsse, vorn schwarz, hinten rothgelb, sind wie beim gewöhnlichen Fuchs. Ein altes Weibchen von Donzdorf, im Januar 1853 erlegt 40 und von dem verstorbenen Revierförster Haussier dem Verein geschenkt, hat eine ähnliche Färbung, aber es ist am übrigen Theil des Körpers mehr rothgelb und dadurch der Färbung des gemeinen Fuchsen ähnlicher. Ein drittes Exemplar, das sich im K. Naturalien-Kabinet be- findet und 1832 bei Feuerbach geschossen wurde, ist noch dunkler als die beiden oben beschriebenen. Der Fleck vor dem Auge, die Kehle und der Bauch sind braunschwarz, der übrige Theil des Kopfes und die Brust, die ebenfalls einen weissen Fleck hat, ist schwärzlich mit Weiss gemischt. Die Beine sind, was am auffallend- sten ist, ganz schwarz, mit einzelnen rothbraunen und weisslichen Haarspitzen am obern Theil der Beine. Der übrige Theil des Körpers ist etwas dunkler gefärbt als beim gemeinen Fuchs. Unter den meisten Nagethieren Württembergs sind Spiel- arten nicht selten. Eine grosse Farbenabv>'eichung zeigt das Eichhörnchen. Die Vereins-Sammlung besitzt 6 schwarze Eichhörnchen, welche in den Monaten September bis März erlegt worden sind. Sie haben all.) rein schwarze Schwänze, dagegen am Körper bald eine ins Graue oder Braune übergehende schwarze Färbung mit weissem Bauch, bald haben sie zwischen dem weissen Bauch und der schwärzlichen Färbung des Körpers eine mehr oder weniger deuthche grau und braunroth gemischte Einfassung. Bei den graulichen Spielarten habe ich dieses rothe Saalband bis jetzt nicht gesehen. Die halbgewachsenen Eichhörnchen haben schwarze Ohren- pinsel, einen dunkelbraunrothen Schwanz , weissen Bauch und sind am übrigen Theil des Körpers dunkelbraunroth, mit Grau gemischt. Das Vorkommen eines rein weissen Eichhörnchens wurde schon im 15. Jahrgang pag. 44 angeführt. Unter den Mäusen habe ich diessmal nur eine in Stuttgart gefangene Wanderratte, ein Geschenk von Herrn Ploucquet, zu erwähnen, welche an der Schnauze, den Füssen und dem Schwanz weiss, sonst aber wie die gewöhnliche gefärbt ist. Ferner hat Herr Apotheker Mayer in Heilbronn eine Sc herrmaus — 41 — (Hypudaeus terrestris L.) dem Vereine geschenkt, welche auf dem Kopf einen ^Yeisscn Fleck hat. Auch die Hasen zeigen eine grosse Mannigfaltigkeit in der Färbung. Weissgraue Varietät des Feldhasen. Dieser Hase ist auf der Stirn und dem Rücken schwarz und weiss melirt, was ihm eine silbergraue Färbung gibt, die an den Seiten des Kopfs und Körpers sowie an der vordem und äussern Seite der Beine verblasst, manchmal einen röthlichbräunlichen An- flug erhält und an der Kehle und am Bauch in "Weiss übergeht. Die Brust ist graulich weiss. Die Ohren sind weiss eingefasst, inwendig weisslich, am äussern Rand der iimern Fläche und am Innern der Aussenfläche ebenfalls schwarz und weiss melirt, an der Spitze schwarz. Der Schwanz ist v.ie beim gemeinen Hasen oben schwarz, unten weiss. Die Schnurrhaare sind weiss. Der Pelz ist folgendermassen beschaffen. Auf dem Rücken sind die Woll- haare an der Basis weiss atlasglänzend, an der Spitze schwarz, die Steifhaare schwarz, in der Nähe der Spitze blendend weiss ge- ringelt; an den Seiten der Hinterbeine geht die schwarze Farbe der Woll- und Steifhaare in Grau über und der Grund der Woll- haare ist matt weiss. Am Hals, an den Seiten des Körpers und am Bauch sind die Haare an der Basis grau, an der Spitze bald weiss, bald ins Röthlichbräunliche oder Grauliche übergehend. Dieser Hase, ein Ivlännchen, wurde bei Ulm im Februar 1860 geschossen und befindet sich in der Vereinssammlung. Ein anderes Männchen, das etwa um dieselbe Zeit bei Mössin- gen OA. Tübingen erlegt wurde und sich im zoologischen Museum von H. Ploucquet befindet, ist blasser als das obenbeschriebene und hat ausser einem Streifen über den Augen keinen röthlich bräunlichen Anflug. Eine ähnliche aber noch hellere Spielart, ganz weiss an Kehle, Brust und Bauch, mit graulich weissen Füssen und braun und weissgefleckten Schnurrhaaren befindet sich im K- Katuralien- Kabinet und wurde 1824 in Württemberg gescliossen. Die Fusssohlen sind bei allen 3 Varietäten wie beim gemeinen Hasen schmutzig gelblichgrau. Von gleicher Farbe sind auch die — 42 — der ganz weissen Spielart, welche ich schon im 14. Jahrgang S. 53 angeführt habe und überall, selbst an der Spitze der Ohren weiss ist. Merkwürdig ist eine w eissgescheckte Hasenspielart aus Württemberg vom Jahr 1833, ebenfalls im K. Naturahenkabinet aufgestellt. Der Kopf ist mit Ausnahme eines weissen Flecks (Sterns) auf dem Scheitel sonst wie beim gemeinen Hasen. Die Oberseite des Körpers ist fahlgelblich grau, auf dem Rücken mit Weiss vermischt, die Brust, die Seiten des Körpers, der Bauch und die Vorderfüsse sind rein weiss, nur an der Schulter und am Vorderlauf der linken Seite sind einige röthlichgelbe Flecken. Die Hinterbeine sind weiss und fahlgelb gefleckt, die Zehen ganz weiss. Die Schnurrhaare weiss und dunkelbraun. Ausser diesen ist im K. Nat.-Kabinet aus Württemberg ein Feldhase vom Jahr 1833, der einen weissen Streifen von dem Scheitel bis zur Nasenspitze hat, ferner eine leicht rothgelbe Spielart, weiss an der Kehle und am Bauch, bei welcher die dunkle oder schwarze Farbe des gemeinen Hasen gänzlich in Kothgelb umgewandelt ist und daher selbst die Unterhaare, der Fleck aussen an der Spitze der Ohren und die Oberseite des Schwanzes die rothgelbe Farbe haben. Unter unsern wildlebenden Wiederkäuern kommen weisse Spielarten hin und wieder vor. Ein junger einfarbig schmutzig weisser R e h b 0 c k von 22 Pfund Schwere hat Herr Fr. Mauchert in den letzten Tagen Januars dieses Jahrs bei Eberstadt, OA. Weinsberg ge- schossen. Das Thier hatte noch vollständig die zerbrechlichen Winter- haare. Es war aber merkwürdig, dass alle Haare auf der Ober- seite des Thiers, wenn der Pelz auseinandergeblasen wurde, voll- ständig weiss, dagegen die auf der ganzen Unterseite, nemlich vorn am Hals, an der Brust, an den Seiten und unten am Bauch sowie an den Seiten der Beine mehr oder weniger rosenroth gefärbt waren. Betrachtete man nemlich ein einzelnes Haar unter der Lupe, so war es mit Ausnahme -der schmutzigweissen Spitze — 43 — seiner ganzen Länge nach durchscheinend und von schöner ro- renrother Farbe, die aber wieder verschwand, sobald das aus- gestopfte Thier völlig trocken war. Die Geweihe waren so klein, dass sie nicht über die Haare hinausragten. Schliesslich habe ich noch den einzigen Insektenfresser zu erwähnen , der seine Farbe sehr oft zu wechseln scheint , nem- lich den M a u 1 w u r f. Herrn Dr. Schüz in Calw verdanken wir vom Oktober 1859 zwei interessante Farben-Abweichungen, welche die im 14. Jahrgang p. 33 beschriebeneu vervollständigen. Beide sind Männchen aus einem Nest. Das eine ist silber- grau mit röthlichgelbem Untergrund und hat in der Schulter- gegend einen grossen Fleck, wo die Haare au der Spitze und am Grunde einfarbig grau §ind. Das andere ist schmutzig röth- lichgelb und von gleicher Färbung am Grunde der Haare, zeigt aber einige graue Fleken an der Schulter und am Kreuz, wo die Haare entweder ganz einfarbig grau oder an der Spitze grau und an der Basis schmutzig röthlichgelb sind; an der Seite des Kopfs und an der Kehle ist es rothgelb. Die graue Form schliesst sich an die von Hohenheim, die andere an die weissgelbliche von Degerloch und Schussenried an. V. Prof. Dr. Krauss zeigte einen Rehbock mit mon- strösem Geweih vor. Herr Oberförster PI och mann in Blaubeuren hat den 1. Juni 1860 einen Kehbock mit abnormem Geweih der Sammlung zum Geschenk überschickt und dazu bemerkt, dass er im Staats- wald Siesserhalde, Reviers Bermaringen im O.A. Blaubeuren ver- endet gefunden wurde, und dass auf dem Platze, auf dem er lag, der Boden vom Laub ganz befreit und in einem Umkreis von der doppelten Grösse des Bocks ganz abgerutscht, bez. fest- gedrückt war. Es ist wohl anzunehmen, dass der Bock durch den Druck des abnormen Geweihs auf das Gehirn zu Grunde gegangen ist, oder dass der zu Boden gefallene Bock wegen des Gewichts des — 44 — schweren Geweihs nicht mehr aufstehen konnte und verhungern musste. Auch beweist der Umstand, dass die Haare auf seiner ganzen linken Seite und auf der innern der rechten Beine be- schädigt, an manchen Stellen gänzlich abgerieben waren, dass das Thier auf der linken Seite, auf die es umgefallen war, liegen bleiben und dass ein längerer Todeskampf Statt gefunden ha- ben musste. Der Bock, der zu den grossen und alten zu rechnen ist, hatte am Kopf, Hals, auf dem Rücken und der ganzen rechten Seite des Leibs, wo er unverletzt ist, fast vollständig noch seine "VVinterhaare , nur an wenigen kleinen Stellen brachen die rost- rothen Sommerhaare durch. Im Fleisch war das Thier nicht gerade abgemagert. Beide Geweihe sind mit zahlreichen häutigen Auswüchsen von ziemlich fester Consistenz überzogen, und durch diese zu einem nur an der Spitze in zwei Zapfen getheiiten Klumpen von 26 CM. Höhe und 15 CM. Breite verwachsen. Die Aus- wüchse stellen längliche, rundliche Lappen und Knollen von 1/2 — 2 Zoll Grösse dar, die dicht und traubenförmig an einander gereiht sind und überall mit röthlichgrauen Haaren überzogen sind. Sie sind mit einer Art Stiel auf dem Geweih selbst ange- heftet, und auf der vordem Seite des Klumpens kleiner, mehr zusammengedrängt, kürzer gestielt und gleichförmiger als auf der hintern Seite, wo einige sogar bis zwischen die Ohren herab- hängen, jedoch bei weitem nicht in dem Maasse, als bei einer ähnlichen Abnonnität des Rehbockes, die Oslander in seinen Epigramata in diver sas res musei sui anatomici, Gott. 1814 auf Tafel 6 abgebilrlet hat und bei welchem sie über das Gesicht und am Halse herunterhängen. Von welchem Gewicht und von welcher Grösse diese Abnor- mität ist, erhellt daraus, dass sie mit dem Schädel, nachdem die Kopfliaut, das Gehirn und alles Fleisch entfernt war, noch 9 Pfd. und 6 Loth gewogen hat. Zu ihrer Conservation w^urde sie längere Zeit in eine Auflösung von arseniksaurem Natron ge- legt und dann getrocknet. Nach einer Mittheiiung des Herrn Oberförsters Plochmann 45 waren die Hoden bei diesem Bock ^.ehr klein nnd äusseiiich kaum sichtbar. Aelmliclie Beobachtungen haben auch Andere gemacht. Bei einem llehbock mit einem viele zapfenförmige Auswüchse bildenden Geweih, welches im Mai 1809 dem K. Naturali en-Ka- binet eingeliefert wurde, fand sich bei Eröffnung des Thicrs so- gar, dass der Hodensack sammt den Hoden fehlte und die Ruthe sehr dünn war. Mau nimmt daher an, dass die Verkümmerung der Geschlechtstheiie während der Neubildung des Geweihs die Ursache dieser hixurirenden Entwicklung des Geweihs sei. Werden die häutigen und mit vielen Gefässen durchzogenen Knollen und Lappen durch Maceration entfernt, so erscheint das Geweih als eine gewissen Madreporen nicht unähnliche poröse Knochenmasse, die mit zahlreichen dicht aneinander gedrängten und verschiedenartig gestalteten Zacken und Verästelungen überzogen ist und ein grösseres Volumen zeigt, als das Geweih in seinem normalen Zustand haben würde. Die Nebensprossen sind entweder von der Hauptstauge deutlich getrennt oder mit dieser zu einer knorrigen Masse verwachsen. In dem K. Natu- ralien-Kabinet befinden sich mehrere solcher Geweihe in mace- rirtem Zustande, von welchen das kleinste nur 4 CM. hoch und ebenso dick ist und aus mehreren Zacken besteht. Das grösste Paar hat eine Stange von 4 CM. Durchmesser an der Basis und eine Länge von 21 CM. und zeigt an der rechten Stange 2, an der hnken 3 Sprossen. Bei Andern sind die Stangen eines Paars unsymetrisch, bald ungleich in der Länge, bald nach ver- schiedenen Seiten gerichtet. Bei einem unsymetrischen Geweih, das wir der Güte des Hrn. Oberförster v. Scheitel verdanken, sind die Stangen so stark in madreporenähnhche Masse umge- wuchert, dass die Stange an der Basis 5, am E-osenstock sogar 8 CM. Durchmesser hat. VI. Bauinspector Binder aus Heilbronn sprach über die geo- logischen Verhältnisse des 3110 Fuss langen Tunnels, welcher gegenwärtig zwischen Heilbronn und Weinsberg durch die Gyps- mergel des untern Keupers getrieben wird. Die Gypsmergel zwischen der Lettenkohle und den Schilf- — 46 — Sandsteinen liegend, sind überall wo sie auftreten als bunte, rothe, blaue, grüne mehr oder weniger feste, jedoch stets brüchige und schüttige Mergel bekannt, um so mehr als sie in Weinge- genden zur Verbesserung des Bodens sehr gesucht und häufig aufgedeckt sind. Solche Mergel stehen an dem Hügel , welcher mit dem Tunnel durchbrochen wird, in einer Mächtigkeit von ca. 400 Fuss an; zur sicheren Orientirung in ihnen dient auf der Heilbronner Seite eine Schichte aus mehreren Kalkbänken bestehend, welche sehr zahlreiche kleine Muscheln und häufig eingesprengten Blei- glanz enthält. Es war nun in hohem Grade auffallend, dass beim Fortgang des Baues, im Innern des Berges ein ganz anderes Gestein an- gebrochen wurde, ein sehr fester schwarzer Thon, durchzogen von einzelnen Bänken derben, festen, grauen Gypses, der sich auch in Nestern, Klüften und Spalten findet. - Die angestellten Beobachtungen haben ergeben, dass dieser Zustand der Ablage- rung zweifellos der normale ursprüngliche (wenigstens älteste) ist und dass derselbe je mehr gegen Tag ein um so mehr ver- änderter wird, offenbar nur durch den Einfluss des Wassers, welches theils durch Erosion theils durch chemische Kräfte wirkt. An den Stellen wo das Wasser anfängt einzubrechen, ist der Thon brüchiger und hat eine hellere grünlichschwarze Färbung, an manchen Orten auch eine intensiv dunkelrothe. Der Gyps in den Nestern und Klüften nimmt ebenfalls eine hellere, häufig rothe Färbung an und erhält ein krystallinisch fasriges Gefüge. Je näher gegen Tag das Wasser mehr einwirkt, um so brüchiger und um so heller und bunter gefärbt wird der Thon; er erhält immer mehr das Ansehen der Mergel wie wir sie zu Tage kennen, und gleichzeitig wird auch der Gyps immer mehr zersetzt, so dass er am Ende nur noch als Pulver und Staub an den Mergeln haftet, und sehr häufig bis auf die kleinste Spur verschwindet. Besonders auffallend ist es, dass im Innern die leitende Petrefaktenschichte aus einem Wechsel von Gyps- und Kalk- — 47 — bänken besteht und die verkalkten Muscheln im Gypse liegen^ Auch in dieser Schichte wird der Gyps allmälig vom Wasser vollständig zersetzt und ausgewaschen, daher sie am Ausgehen- den nur noch in einzelne Kalkbänke gespalten mit zwischen- liegenden Petrefaktentrümmern auftritt. Es war Anfangs schwierig den Zusammenhang der in ver- schiedenen Stadien der Umwandlung begriffenen Ablagerung zu erkennen, und zu seiner genauem Feststellung, sowie zu näherer Untersuchung der wirkenden Kräfte hat der Vortrag hauptsäch- lich den Zweck die Geologen auf diesen Aufschluss aufmerksam zu machen und sie zur Einsichtnahme einzuladen; freilich ist diese nur noch in beschränkter Weise und bis in die ersten Monate des Jahrs 1862 möglich. Nach Vollendung des Tunnels werden die Verhältnisse vollstän- diger dargestellt werden können, und steht eine mit Profil-Zeich- nungen erläuterte Abhandlung für die Jahreshefte in Aussicht. — VII. Kriegsrath K a p f f zeigte prachtvolle Schädelstücke von Belodon Kapffi und Teratosaurus suevicus H. v. Meyer aus dem Stubensaudstein vor und wies auf die Zeitschrift „Palaeonto- graphica'' hiu, in welcher von H. v. Meyer diese beiden neuen Arten beschrieben und abgebildet worden sind. VIII. Finanzrath Es er sprach über ein Schädelstück eines Keupersauriers von Aixheim. Angeregt durch die ausgezeichneten Funde des Hrn. Kriegs- raths Kapff in dem Stuttgarter Stubensaudstein und in der Erwä- gung dass für die Erforschung dieses Gliedes der Keuperformation bis auf die letzten Jahre viel weniger geschehen ist, als es ver- dienen dürfte, beschloss ich mein Glück in der besagten Keuper- schichte, jedoch gegen 30 Stunden von hier, bei Aixheim, OA. Spaichiugen zu versuchen, wo ich schon früher einige Reptil- reste gefunden hatte. Der Erfolg war ein über Erwartung gün- stiger, indem ich die dortigen Steinbrüche in lebhaftem Betriebe fand, und Herr Strassenbau-Inspector Calwer von Rottweil, dessen beständige Aufmerksamkeit auf diese Fundstätte gerichtet — 48 — ist, mir eben aufgefundene ansehnliche Theile eines Saurier- Schädels zu überlassen die Güte hatte. Ich habe das Schädelfragment sogleich in Arbeit genommen, von dem Gestein befreit, und sanimt den von mir früher an dem gleiclien Fundorte gesammelten Gegenständen hier aufgestellt. Von Belodon Kapffi v. Meyer unterscheiden sich diese Reste durch charakteristische Eigeuthämlichkeiten der Schädelbiiduug, welche sich besonders in der Stirnlinie durcli delphinartiges ra- sches Abdachen von der Zone der Nasenöffnungen an gegen die Schnauze und durch glatte Bildung des Zwischenkiefers ausspre- chen, während die Kieferbildung von Belodon Kapffi 4 bis 5 mal höher ist, als diejenige des von mir vorgelegten Exemplares. Hinsichtlich des Vorkommens des Stubensandsteins in jener Gegend ist zu bemerken, dass derselbe, weil die mächtigen La- gen des Bau- oder Schilfsandsteins fehlen, statt wie in unserem Thale die Anhöhen zu krönen, an den tiefsten Stellen der Thal- sohle des Prim-Flusses unter einer nur 3 bis 4 Fuss mächtigen Humusdecke auftritt, und zwar der obere Theil in dünnen, als Baumaterial unbrauchbaren Platten, die zur Bereitung des Stu- bensands benützt werden, während die untern Lagen einen ge- schätzten Baustein liefern. Beide Abtheilungen enthalten Fossile, die manchmal schon unmittelbar unter der Humusdecke gefunden w^erden. Dieselben beschränken sich auf Wirbelthierreste, da die Zwischenlagen von bunten Mergeln mit fossilen Mollusken nicht vorkommen. Wie aus Vorstehendem ersichtlich, fehlen hier auch die an andern Orten den grobkörnigen weissen Sandstein be- deckenden rothen Thone. Nicht minder vermisst man, dem Thalrande sich zuwendend, das Bone-Bed zwischen Keuper und Lias und selbst die Angulaten-Schichten des letztern; vielmehr findet man auf den nächsten Anhöhen gegen Osten schon die Arcuatenkalke entwickelt und durch Steinbrüche aufgeschlossen. Eine Stunde weiter, in nordöstlicher Richtung erscheinen sodann bei Frittlingen die bekannten Posidonienschiefer mit Ichthyo- sauren und Fischen am Fusse der aus braunem Jura bestehenden Gosheimer Höhe, w^elche von den weissen Kalken des Lembergs, dem westlichen Abhänge des Oberhohenbergs überragt wird. 49 IX. W. Neubert in Stuttgart sprach über Papagaien- Zuclit in Württemberg. Als Freund hübscher Vögel zogen mich auch die lieblichen australisclien Zebra-Papagaien (Melopsittacvs nndidatus Goidd) ganz besonders an, ich begrüsste es desshalb auch mit Freuden, als die grössere Einfuhr dieser kleinen Antipoden nach Europa, den Anfangs ganz enormen Preis derselben (das erste Pärchen wurde mit Tausend Gulden bezahlt) so weit ermässigte, dass es Privatleute mit ihrer Kasse vereinbar finden konnten , sich ein Pärclien zu verscliaffen. Meine vielfältigen, hauptsächlich der Pflanzen- und Garten- Wissenschaft gewiedmeten Reisen brachten mich schon öfters nach England, wo namentlich in London bedeu- tende Handelsgeschäfte mit fremden Tliieren existiren, die ich je- desmal besuche. Bei dem bedeutendsten dieser Händler, einem Deutschen Namens J am räch, fand ich im Jahre 1855 ausser allen möglichen grossen und kleinen Thieren, von der Maus bis zum Ele- phanten, unter Anderen auch die kaum glaubliche Anzahl von 1500, sage fünfzehnhundert Zebra-Papagaien in einer ganz schlechten Kammer beisammen herumfliegen. * Des ungelieuren Yorraths wegen war damals der Preis dieser Yögel ein ungewöhn- lich billiger, der mich auch verleitete, vier Pärciien zu kaufen, deren zwei ich an einige Freunde abtrat, die beiden andern aber selbst behielt. Jedes Paar kam in einen besondern Käfig, welcher 4 Fuss läng und mit Nistkästchen versehen war, weil ich wusste, dass diese Yögel sehr gerne in hohle Räume schlüpfen. Im nächsten Jahre bekam eines der Männchen eine eigenthümliche Krankheit * Jiimrach's EtScÄ. I. Esslingen, Hochstetter. 6163 d. * P. truneata 5r. et Seh. Auf feuchtem Boden, Aecker, an Wassergrüben, in abgelassenen Weihern, häufig. Frühling. I. Stuttgart, Martens. Tübingen, Schübler. Ellwangen, Mohl. Mer- gentheim, Bauer. II. Wildbad, Kerner. Alpirspach, Köstlin, IV. Riedlingen, Balluf. Roth, Ducke. Wolfegg, Wangen, Jung, 6165. * b. major Seh. I. Degerloch, Closs. Am Rothenberg, Hochstetter. Comburg bei Hall, Rathgeb. II. Alpirspach, Köstlin, 6166. P. Heimii Br. et Seh. Am Ufer der Bäche, Mai, Juni. I. Ellwangen, Fröhch. 6167. Anaealypta Starkeana Hornschuch. Auf Mergelboden. Fe- bruar, März. I. Ellwaiigen, Frölich. 6168. * A, lanceolata Rohling. Häufig in Weinbergen und auf Aeckern. Frühling. I. Stuttgart, Martens. Tübingen, Schübler. Backnang, W. Ilartmann. Schorndorf, Haist. Ellwangen, Frö- lich. IV. Roth, Ducke. 6170. — 84 — * Didymodon rubellus Br. et Seh. An Felsen, Mauern und auf steinigem Boden. Herbst. I. Stuttgart, Sontheimer. Schorn- dorf, Haist. Waldscliluclit bei Kottspiel, Kemmler. III. Urach am Obern Weg zum Wasserfall, Schimper. 6213. * D. luridus Hornsch. Auf feuchtem Boden und verwittertem Sandstein. I. Schorndorf an einer Mauer und am Tannenwald, Haist. n. Teinach, Schüz. 6178. * Encladium vertieillatum Br. et Seh. Auf Kalktuff trie- fender Felsen. Sommer. I. Dürzbach, Frölicli. III. Uracher Was- serfall, Hochstetter. IV. In einer Höll bei Wolfegg, Ducke. Wan- gen, Jung. 6242. Familia 15 Distichieae. * Distiehium capillaceum Br. et Seh. An Felsen und Mau- ern. Sommer. III. Bisher nur an Kalkfelsen bei Heidenheim von Haist gefunden. 6219. Familia 16. C erato donteae. * Ceratodon purpureus Brkl Das häufigste unserer Laub- moose , in ausgehauenen Wäldern oft grosse Strecken purpurroth überziehend. April, Mai. I. Stuttgart, Closs. Böblingen , Mar- tens. Winzenweiler, im Wald bei Kammerstatt, Oberamts Ell- -wangen, auf einer alten Kohlplatte , Kemmler. Mergentheim an Kalksteinen, Fuchs. II. Wiidbad, Kerner. III. An alten Wänden der Schopflocher Torfgrube, Martens. Am Michelsberg bei Ulm, Martens. Urach am obern Weg zu dem Wasserfall, Finckh. lY. Ueberall, Jung. 6251. Familia 17. Trichostomeae. * Leptotrichum tortile Hampe. An Hohlwegen und Gräben. Winter. I. Ellwangen im schattigen Thaie bei der Glasschleif- mühle, Frolich. 6214. * L. homomallum Seh. An Hohlwegen und Abstürzen« Herbst. I. Schorndorf, Haist. Im Wald bei Engelhofen, Ober- amts Gaildorf, Kemmler. II. Am Wege von Freudenstadt nach Rippoldsau, Martens. Alpirspach am Abhänge eines eingestürzten Grubenschachts, Köstlin. 6216. — 85 — L. pallidum Ha7npe. Auf nacktem Waldboden , Mai, Juni. I. Stuttgart selten, Sontbeimer, 6217. * L. glauceseens Hamjye. An Mauern und Felsen. Sommer. I. Ellwangen, Frölich. 6218. Trichostomum rigidulum Smith. An schattigen Felsen und Mauern. Frühling. I. Schorndorf, Haist. Ellwangen bei den Lautenhüfeu, Rathgeb. Mergentheim, Fuchs, lll. Urach an Tuff- steinen im unteren Thiergarten, Schimper.^ 6211. * Tr. tophaceum Brid. An nassen Tufffelsen. Winter. I. Tübingen, Molil. Comburg bei Hall, Frölich. 6210. * Tr. crispulum Bruch. Auf der Erde und an Felsen. Juni, Juli. I. Mergentheim in der Spalte einer Yv^ellenkalkwand des Altenbergs am "Wege nach Holzbronn , Fuchs. * Barbula aloides Br. et Seh. An Weinbergsmauern und auf Lehmboden. Frühling. I. Esslingen, Hochstetter. Schorndorf, Haist. 6183. * B. unguieulata Hedw. Hcäufig in W^einbergen und an alten Mauern. Frühling. I. Stuttgart, Martens. Esslingen, Hoch- stetter. Tübingen, Schübler. Schorndorf, Haist. Ellwangen, Frölich. Mergentheim , Fuchs. Nagold , Zeller. Oberndorf, Rathgeb. II. Calw, Schüz. Wildbad, Kerner. Alpirspach, Köstlin. III. Hohen Urach, Finckh. IV. Riedlingen , Balluf. Roth, Ducke. Wolfegg, W^aldburg, V^^angen, Jung. 6185. * B, fallax Hedw. Auf festem Boden und Mauern häufig. Herbst und Winter. I. Stuttgart und Tübingen, Mohl. Schorndorf, Haist. Holenstein, Tannenburg, Oberamts Ellwangen, Kemmler. Mergentheim, Bauer. Oberndorf, Rathgeb. II. Calw, Emma Gärtner. III. An den Quellen des Kochers bei Unter-Kochen, Rathgeb. IV. Roth, Ducke. 6188. * B. paludosa Schwaegr. In Sümpfen. Herbst. I, Ellwan- gen , Rathgeb. 6186. B. eonvoluta Hedw. An sonnigen Anhöhen. Mai, Juni. II. Alpirspach, Köstlin. III. Im Brühl bei Urach, Schimper. 6195. * B. tortuosa W. et Mohr. An Felsen und auf steinigem Bo- den. Sommer. I. Im Bürgerwald bei Mergentheim, Fuchs. Horb, Rathgeb. III. Hohen-Urach und am unteren Weg zu dem Wasser- — 86 — fall, am Thiergartenberg , ScMmper. Auf dem Plettenberg bei Schönberg, Oberamts Rottweil, Rathgeb. lY. Wolfegg, Prass- berg, Oberamts Wangen, Jung. 6191. * B. muralls Timm. Ueberall bäufig an Mauern und auf Ziegeldächern , im Sonnenschein mit goldenem Glänze schimmernd. April, Mai. 6196. * B. subulata Brld. In Wäldern auf der Erde und am Fusse der Bäume. April, Mai. I. Stuttgart, Martens. Tübingen, Schübler. Kottspiel, Kemmler. Mergentheim, Bauer. II. Tei- nach , Schtiz. Alpirspach , Köstlin. III. Urach am oberen Weg zu dem Wasserfall, Schimper. 6198. B. latifolia 5r. et Seh. An alten Baumstämmen, besonders Pappeln und Weiden. Frühling selten. IV. Wolfegg, Ducke. 6202. * B. ruralis Hedw. An alten Bäumen, auf Stroh- und Ziegel- dächern. Frühling. I. Stuttgart, Martens. Vaihingen, Bilhuber. Mergentheim , Fuchs. Sulz , Rathgeb. II. Calw , Gukenberger Christophsthal, Martens. Wildbad, Kerner. Alpirspach auf Feld- mauern, Köstlin. IV. Auf der Waldburg, Jung. 6204. Tribus YII. Cjirimmiaceae. Familia 18. Cinclidoteae. Ciuelidotus fontinaloides Beauvois. An Holz und Steinen in Flüssen und Bächen. März, April, selten, I. Stuttgart im Flossgraben und am Neckarwehr bei dem Wasserhaus, Martens. 6492. C. aquatieus Br. et Seh. An Steinen in reissenden Bergwas- sern. Frühling. III. Nur einmal in der Blau bei Blaubeuren mit Hydrurus crystallophorus , Winterliu. 6491. Familia 19. Grimmieae. ""^ Grimmia apoearpa Hedw. An Felsen und Mauern, beson- .ders der Weinberge, häufig. Februar, März. I. Stuttgart, Closs, Tübingen, Schübler. Schorndorf, Haist. Mergentheim, Bauer. II. Wildbad, Kerner. Alpirspach, Köstlin. III. Urach, Einckh. IV. Riedlingen, Balluf. Wangen, Jung, 6297. — 87 — g. rivularis Turner. II. An Steinen im Glaswaldbach "bei Alpirspach , Köstliu. G297 c. Gr. crinita Hampe. Am Mörtel trockener Mauern. Herbst. I. Esslingen, Hochstetter. III. Hohen-Urach rechts vom Eingang in den zweiten gewölbten Gang, Schimper. 6327. * Gr. pulvinata >S'm//A. Häufig an Felsen, Mauern und auf Ziegeldächern. April, Mai. I. Stuttgart, Martens. Tübingen, Gmelin. Schorndorf, Haist. Mergentheim, Bauer. II. Wildbad, Kerner. Alpirspach , Köstlin. 111. Ulm , Martens. IV. Riedlin- gen, Balluf. Gr. ovata W. et M. Auf Felsen und Mauern. Sommer. II. Im Glaswald bei Alpirspach, Köstlin. 6320. b. afönis Sornsch, IL Auf dem Tobel, Mohl. 6321. * Racomitrium aciculare Brkl An oft benetzten Steinen. Frühhng. II. Calw , Haist. Wildbad , Kerner. Im Vorbach bei Freudenstadt, Haist. Im Glaswaldbach bei Alpirspach , Köstlin. 6299. * R. heterostichum Brid. An Felsen. Frühling. I. Stutt- gart im V\^ald bei der Häslacher Sandgrube , Martens. Schorndorf, Haist. II. Wildbad , Kerner. Christophsthal und im Glaswald bei Alpirspach an Granit, Martens. 6303. R. lanuginosum Brid. An Felsen. Frühling und Sommer nicht oft. II. Auf Sandstein der Hornisgründe , Martens. Auf dem Tobel, Mohl. Christophsthal, Martens. Auf Granit bei Röthenbach , Köstlin. 6305. R. caueseens Brid. Auf Sand- und Heidebodon. Frühling selten. I. Stuttgart am Wald gegen den Pfaffensee, bei den Stein- brüchen der Feuerbacher Heide und im Burgholz bei Cannstatt, Martens. Tübingen, Schübler. Neuler, Oberamts Ellwangen, Rathgeb. II. Enzklösterle, Wildbad, Kerner. Alpirspach , Köst- lin. 6306. g. ericoides Brid. II. Im Glaswald bei Alpirspach, Martens. 6306 c. Familia 20. Hedwigieae. * Hedwigia ciliata Ehrhart. An Sandsteinfelsen. Frühling. I. Stuttgart im Wald gegen Sillenbuch, Martens. Adelmannsfelden, — 88 — Oberamts Aalen , Rathgeb. IL Calw, Schüz. Wildbad, Kerner. Häufig bei Alpirspach , Köstlin. 6292. Familia 21. Ptycliomitrieae. Coseinodon pulvinatus Sprengel. An Sandsteinfelsen. Früh- ling. I. Adelmannsfelden, Rathgeb, 6340. Ptychomitrium polyphyllum Br. et Seh. An Granitfelsen. Winter. II. Alpirspach, Köstlin. 6341. Familia 23. Orth o triebe ae. * Ulota Ludwigii Brid. An Baumstämmen. Herbst. I. Stuttgart an Ahorn , Martens. Schorndorf, Haist. Ellwangen, Mohl. Hausen , Oberamts Gaildorf, Kemmler. II. Alpirspach an Fichten, Köstlin. 6353. * Orthotrichum cupulatum Hoffin. An Steinen. Mai, Juni. I. An der Bühler bei Eschenau, Oberamts Hall, Kemmler. IV. Roth , Ducke. 6348. * O. anomalum Heclw. Häufig an Felsen , Steinen , Mauern und Dächern. Frühling. I. Stuttgart, Martens. Tübingen, Schtib- 1er. Schorndorf, Haist. Mergentheim, Fuchs. II. Wildbad, Ker- ner. Calw, Schüz. Alpirspach, Köstlin. III. Ulm an der Frauen- steige, Martens. IV. Riedlingen, Balluf. 6350. * O. obtusifolium Schrad. An Baumstämmen. Mai. I. Schorndorf, Haist. Ellwangen an Pappeln , Frölich. 6354. O. pumilum Swartz. An Baumstämmen. Mai, Juni. I. Stuttgart im Schlossgarten an Pappeln, Martens. Tübingen, Mohl. IV. Roth, Ducke. 6355. O. affine Schrad. An Baumstämmen. Juni , Juli. I. Stutt- gart und Esslingen an Pappeln, Martens. Schorndorf, Haist. Ell- wangen an Linden, Rathgeb. Mergentheim, Fuchs. II. Calw, Schüz. IV. Roth, Ducke. 6360. * 0. patens Bruch. An Baumstämmen. Mai. I. Esslingen, Martens. Schorndorf, Haist. 6359. O. pallens Bruch. An Bäumen. Mai, Juni. I. Stuttgart auf dem Hasenberg an Eichen, Martens. 6371. * O. stramineum Hornsch. An Bäumen. Juni. I. Schorn- dorf, Haist. 6370. — 89 — * O. diaphaniim Schrad. An Bäumen, April. I. Stuttgart im Sclilossgarten an Pappeln, Mohl. Tübingen, Schübler. Lorch, Haist. 6373. * O. leioearpum Br. An Baumstämmen. April, Mai. I. Stutt- gart, Martens. Schorndorf au Fichten , Haist. II. Christophsthal an Fichten, Martens. Wildbad, Kerner. Alpirspach, Köstlin. IV. Ulm an den Pappeln der Schützen-xillee , Martens. Roth, Ducke. 6375. Familia 24. Tetraphideae. "^ Tetraphis pellueida Hedw. An feuchten Felsen, faulendem Holze, Torfboden. Frühling. I. Stuttgart selten, Sontheimer. II. Calw, W. Hartmann. Wildbad, Kerner. Alpirspach an alten Fich- tenstumpen, Köstlin. IV. Saulgau, Wolfegg, Wangen, Jung. 6470. Familia 25. Encalypteae. * Encalypta vulgaris Hedw. Auf Mauern, an steilen Rainen. März, April. I. Stuttgart, Closs. Tübingen, Schübler. Backnang, W. Hartmann. Schorndorf, Haist. Kapfenburg, Rathgeb. Ellwan- gen, Mohl. Mergentheim, Fuchs. II. Wildbad, Kerner. HI. Auf dem Mösselberg bei Donzdorf, Martens. Ulm, Leopold. IV. Ried- lingen im alten Steinbruch, Balluf. Wolfegg, Leupolz. Eisenfurt, Oberamts Waldsee, Jung. 6333. '^ E. eiliata Hedw. An Felsenritzen und alten Mauern. Som- mer. I. Am Waldrand bei Markertshofen, Oberamts Crailsheim, Kemmler. Westerhofen, Oberamts Ellwangen , Frölich. IV. Wolf- egg, Leupolz, Eisenfurt, Jung. 6335. E. streptocarpa Hedw. An Felsen und Mauern. Sommer. IH. Urach an Tufffelsen rechts vom Wasserfall, Schimper. IV. Ban- holz bei Wolfegg, Ducke. 6339. Tribus MII. 8ehistostog«aco^erth von ohngefähr 75,000 Gulden jährlich weit versendet werden. Mai bis Juli. L Stuttgart auf dem Bopser, Martens. Tübingen, Gmeliu, im Vfald gegen Kresbach, Martens. Vaihingen, Bilhuber. Winzenweiler am Haspelhäuaer See, Oberamts Gaildorf, Kammerstatt, Kemmler. Ellwangen, Rathgeb. Mergent- heim, Bauer. IL Wildbad, Kerner. Enzklösterle, Schübler. Im Pfaf- fenwald bei Freudenstadt, Martens. Alpirspach, Köstlin. IIL Hen- gen, Oberamts Urach, Finckh. Galgenberg bei Sanct Johann und am Rossberg , Simon Kerner, Gmünd, Werfer. Torfgruben bei Schwen- ningen, Sturm. Blaubeuren, V/idenmann. Gross Jungfernhaar, im Eselsberg im Mayen, Leopold, -ß. Ulmensis. IV. Wangen, Zengerle. Eisenharzer Wald bei Isny, Martens. Auf der Adelegg, Zeller. üeberall, Jung. 6487. - 97 — Tribus XIII. Buxbaumi«aceae. Familia 38. Buxbaumieae. * Diphyscium foliosum Mohr. Im Walde , an Hohlwegen. Sommer. I. Stuttgart im Lerclienrain, Closs, Bopser- und Deger- locber Wald, Martens. Schorndorf an der Strasse nach Berken, Haist. Unter-Sontheim, Kemmler. Ellwangen im Spitalholz, Rath- geb. IL Alpirspach an lichten Stellen des Romanshorner Waldes, Köstlin. IV. Wangen, Wolfegg, Jung. 6490. * Buxbaumia aphylla L. An öden Heidestellen auf nackter schwarzer Erde einzeln zwischen Cladonia coccifera, schwer zu fin- den. Februar bis Juni. I. Stuttgart im Kräherwald und Degerlo- cher Wald, Martens. II. Alpirspach, Köstlin. III. Heidenheim auf den Allmanden von Mergelstetten, Haist. 6488. Sectio II, Pleurocnrpi, Tribus I. Fontinalaeeae. Familia 39. Fontinaleae. * Fontinalis antipyretica L. Häufig in Bächen, Flüssen und Seen unter Wasser an Steinen, Pfählen, Baumwurzeln, aber selten mit Früchten, weil sie solche nur entwickelt , wenn das Wasser ab- nehmend sie vcrlässt. Linne nannte sie gegenfeurig , weil man sie zur Löschung von Feuersbrünsten besonders wirksam glaubte. Sommer. I. Im Neckar bei Berg und Höfen , Martens. Im Pfaffen- see, Closs. In der AVeissach bei Backnang, W. Hartmann. Im See bei Oelbronn, Hiller. Mergentheim, Bauer. IL Alpirspach, Köstlin. III, In der Erms bei Urach, Finckh. Im Blautopf bei Blaubeuren, Eduard Martens. In der Fils in Gross-Süssen , Martens. IV. In der Donau bei Riedlingen, Balluf, und Ulm, Martens. Im Bleicher- graben bei Ulm, Leopold. Im Schweigfurtweiher bei Schussenried' Valet. In der Aach bei Isny, Martens. 6498. *F. squamosa L. In Quellen, Bächen, Flüssen. Sommer. I. Mergentheim, Bauer. IL Freudenstadt in den hölzernen Wasser- rinnen der Friedrichsthaler Schmelzhütte, die sie ganz dicht über- zieht, Martens. 6499. Württemb. naturw. Jahresbefte. 1862, Is lieft. 7 — 98 — Tribus II. IVeckeraceae. Familia 43. Neckereae, *Neckera pennata Hedw. An Baumstämmen. März, April. I. Ellwangen an Buchen, Mohl, Oberndorf, Köstlin, IV. Saulgau, Wolfegg, Wangen, Jung. 6629. *N. erispa Hedw. An Baumstämmen, vorzüglich Buchen, sel- tener an Kalkfelsen, ein schönes, über spannelanges glünzendgrünes Moos, Frühhng. I. Stuttgart, Martens. Tübingen , Schübler. Ell- wangen, Rathgeb. Oberndorf, Rathgeb. IL Wildbad am Weg zur Grünhütte, Martens, Alpirspach, Köstlin. III. Blaubeuren an Fel- sen des Tiefenthals, Martens. Heidenheim an Felsen, Kaist. IV. Wangen, Jung. 6631. * N. eomplanata B7\ et Seh. An Waldbäumen. Frühling. I. Tübingen, Schübler. Vaihingen, Bilhuber. Unter-Sontheim an Bu- chen, Kemmler. Mergentheim, Bauer. II. Teinach, Emma Gärtner. Wildbad, Kerner. Alpirspach an Hagebuchen, Köstlin. IV. Ried- lingen, Balluf. 6511. * Homalia triehomanoides Seh. Au Baumstämmen, seltener an Steinen. Frühling. I. Stuttgart im Wald bei Häslach, Martens. Tübingen, GmeHn. Schorndorf, Haist. Ellwangen, Bathgeb. Mer- gentheim selten, Bauer. III. Ulm im Oerlinger Holz, Martens. IV, Roth, Ducke. Riedlingen, Balluf. 6512. Familia 44. Leuco donteae. * Leucodon sciuroides Selacaegr. An alten Obst- und Wald- bäumen ziemlich häufig , seltener an Weinbergsmauern, selten mit Früchten zu Anfang des Frühlings. I. Stuttgart, Martens, Schorn- dorf, Haist. Ellwangen, Rathgeb. Mergentheim, Bauer. II. Tei- nach, E. Gärtner. Alpirspach, Köstlin. IV. Ulm, Martens. 6628. * Antitrichia eurtipendula Brid. An Waldbäumen, seltener an Steinen. April. I. Stuttgart in der falschen Klinge, Closs. Tübin- geD, Schübler. Unter-Sontheim an Buchen, Kemmler. Mergent- heim am Fusse der Eichen, Fuchs. IL Alpirspach im Glaswald an den Aesten der Fichten und auf Granitielsen, Köstlin. 6510. — 99 — Tribus III. Hookeriaceae. Familia 46. Hookerieae. * Pterygophyllum lucens Brid, An Gebirgsquellen , selten im Spätherbst mit Früchten. I. Ellwangen im Klapperschenkel, Rathgeb. II. Wildbad, Kerner, Im Glaswald bei Alpirspach, Köst- lin. 6523. Tpibus lY. Leskeaceae. Familia 47. Leskeae. Leskea polycarpa Ehrh. An Baumstämmen und Stumpen. I. Tübingen, Schübler. 6516, Anomodon longifolius Hartm. An Baumwurzeln und Stei- nen. November bis März. UI. Urach unmittelbar über dem Wasser- fall, Schimper. 6522. *A. attenuatus Hartm. An Baumwurzeln und Hohlwegen. Herbst. I. Stuttgart*^ im Wald gegen Sillenbuch, Martens. Tübin- gen, Schübler. Mergentheim, i'uchs. III. Hohen-Urach und über dem Wasserfall, Schimper, 6520. * A. vitieulosus Hool:. In Wäldern an Baumstämmen und Stei- nen häufig, oft an den zu Markt gebrachten Buchenscheitern. Früh- ling. I. Stuttgart in der Vogelklinge, Closs, am Bopser, Martens. Tübingen, Schübler. Schorndorf, Haist. Ellwangen, Rathgeb. Mer- gentheim, Bauer. Nagold, Zeller. III. Hohen-Urach, Finckh, Reut- linger Alp und Ulm, Martens. 6509. Familia 49. Thuidieae. * Thuidium tamariseinum Br. et Seh. In Wäldern auf der Erde und an Stämmen, doch selten mit Früchten. November bis März. Eines der passendsten Moose zu aufgeklebten Landschaften und Arabesken. I. Stuttgart, Closs. Tübingen, Gmelin. Schorn- dorf und Lorch, Haist. Mergentheim, Bauer. II. Wildbad, Kerner Teinach, Emma Gärtner. III. Urach am Thiergartenberg, Finckh. Farn-Moos, in Wäldern ob Ueberlingen , Leopold. Ulm im 0er- linger Holz , Martens. IV. Roth , Ducke. Wolfegg , Wangen, Jung, 6534. — 100 — Th. delieatulum Br. et Seh. In schattigen Hainen und auf feuchten Wiesen. Mai, Juni, selten. III. Urach im Walde an der Hochwiese an Steinen, kurz ehe der Weg anfängt, der in das Brühl hinabführt, Schimper. 6533. * Th. abietinum Br. et Sek. In trockenen, sandigen Heiden und Nadelwäldern häufig. Mai , Juni , in Württemberg noch nicht mit Früchten gefunden. I. Stuttgart, Closs. Tübingen, Schübler. Schorndorf, Haist. Nagold, Zeller. IL Wildbad , Kerner. III. Ho- hen-Urach, Finckh. Ulm, Martens. IV. An allen Orten, Jung. 6530. Tribus V. Fabroniaceae. Familia 50. Fabronieae. * Anaeamptodon splachnoides Brid. An mit Wasser gefüll- ten Asthöhlungen alter Buchen und auf Baumstumpen. Mai, Juni. I. Stuttgart, Mohl. Welzheim, Rathgeb. Unter-Sontheim, Kemmler. Ellwangen auf Fichtenstumpen, Frölich. IL Calw, Mohl. 6503. Tpibus \I. Hypnaceae. Familia 52. Pterogonieae. Pterigynandruni filiforme Hedw. An Baumstämmen und be- schatteten Steinen. Mai, Juni. IL Auf den Hornisgründen , Seu- bert. 6508. Familia 53. Cylindrotheceae. Platygyrium repens Br. et Seh. An Baumstämmen, besonders Kiefern und Birken , seltener an Steinen. Frühling. I. Ellwangen, Mohl. 6505. * Climaeium dendroides W. et M. Auf feuchten Wiesen und Rainen, am Fusse alter Mauern, nur selten im Herbst mit Früchten, eines unserer schönsten Moose. L Stuttgart bei dem Pfaffensee, Closs, und am Wege nach Sillenbuch, Mohl. Schorndorf, Haist. Am Zaisersweiher See bei Maulbronn, Martens. Im Muggenthal bei Ellwangen unter Erlen, Mohl. Mergentheim im Hofgarten, Rathgeb. IL Wildbad, Kerner. Alpirspach, Köstlin. lY. Riedlin- gen im Laushölzle, Balluf. Saulgau, Wangen, Wolfegg, Jung. 6524. — 101 — Familia 54, Pylaisieae. * Pylaisia polyantha Seh. An Feldbäumen , Zäunen , selte- ner an Steinen. Herbst, Winter, I. Stuttgart an alten Weiden, Martens. Backnang, W. Hartmann. Schorndorf, Haist. Ellwan- gen , Ratbgeb, Mergentbeim im Hofgarten an Linden , Fucbs. HL Ulm im Oerlinger Holz, Martens. IV. Rotb , Ducke. 6514. Familia 55. Hypneae. * Isothecium myurum Brid. In Wäldern , an Baumwurzeln und Steinen. Februar , März. I. Stuttgart auf dem Hasenberg, Martens. Schorndorf, Haist. IV. Roth, Ducke. An allen Orten. Jung. 6601. * Homalothecium sericeum Br. et ScIi. An Laubholzstäm- men in Feld und Wald , an Ruinen und Feldsteinen. Spätherbst. I. Stuttgart an Weiden , Martens. Tübingen, Schübler. Schorn- dorf, Haist. Ellwangen, Frölich. Mergentheim , Bauer. II. Wild- bad, Kerner. Alpirspach, Köstlin. HL Ulm, Martens. IV. Ried- lingen , Balluf. Roth , Ducke. Saulgau, Wangen , Wolfegg , Jung. 6513. * Camptotheeium lutescens Br. et Seh. Häufig an der Schat- tenseite der Vreinbergsmauern und am Waldrande. Frühling. L Stuttgart, Martens. Tübingen, Schübler. Schorndorf , Haist. Ell- wangen an Felsen bei Neuler , Rathgeb. Mergentheim, Bauer. IV. |loth, Ducke. Saulgau, Wolfegg, Jung. 6617. * C. nitens Br. et Seh. Auf sumpfigen Wiesen. Sommer. I. Ellwangen bei Muggenthal , Mohl. II. Teinach , Emma Gärtner, 6619. * Brachythecium salebrosum Br. et Seh. Auf Waldboden, an Steinen und Wurzeln alter Bäume, besonders Weiden. Herbst. I. Stuttgart und Tübingen, Martens. Schorndorf, Haist. Neuler, Rathgeb. Mergentheim, Fuchs. III. Urach am Fahrweg auf den Schlossberg, Schimper. Ulm, Martens. 6615. Br. albicans Br. et Seh. An begrasten trockenen Abhängen, Waldwegen. Februar, März. IV, Saulgau, Jung. 6609. * Br. velutinum Br. et Seh. Auf Waldboden, an Baumwur- zeln, Steinen und Mauern. Frühling. I. Kottspiel, Kemmler. — 102 — Ellwangen, Rathgeb. Mergentheim an feuchten Baumstumpen, Fuchs. ly. Riedlingen, Balluf. An vielen Orten , Jung. 6624. * g. intrieatum Seh. I. Schorndorf, Haist. Ellwangen, Rathgeb. 6624 c. Br. Starkii Br. et Sek. Auf Waldboden, an Steinen und Baum- stumpen, Frühling. IV. Wangen , Wolfegg , Jung. 6625. * Br. Rutabiüum Br. et Seh. Häufig im Schatten an Steij^en, Baumwurzeln, feuchter Erde in zahlreichen Formen. November bis März. I. Stuttgart, Martens. Tübingen, Schübler. Schorn- dorf, Haist. Ellwangen, Rathgeb. Mergentheim , Bauer. Nagold, Zeller. H. Wildbad, Kerner. Teinach, Emma Gärtner. HI. Ulm, Martens. lY. Riedlingen, Balluf. Roth, Ducke. Saulgau, Wan- gen, Jung. 6626. Br. rivulare Br. et Seh. Im Wald an Quellen, bespülten Fel- sen und Gemäuern. Herbst. lU. Urach unter dem Wasserflall, Schimper. 6627. Br. populeum J5r. et Seh. An Baumstämmen. Herbst bis Frühling. I. Stuttgart, Sontheimer. 6610. Eurhyncliium myosuroides Seh. In Bergwäldern auf der Erde, an Felsen und Baumwurzeln. Herbst. II. Wildbad, Kerner. Alpirspach, Köstlin. 6602. * E. striatiim Seh. In Wäldern auf der Erde und an Steinen. Frühling. I. Schorndorf, Haist. Winzenweiler , Kemmler. Ell- wangen , Rathgeb. Mergentheim , Bauer. II. Alpirspach im Glas- wald, Köstlin. IV. Roth, Ducke. Wangen, Wolfegg, Jung. 6567. * E. piliferum Seh. Auf Grasboden selten. Frühling. I. Bei Winterbach, Oberamts Schorndorf, Haist. E. praelongum Seh. Auf der Erde , an faulendem Holze , in schattigen Hainen und Gärten. Winter. I. Mergentheim, Bauer. III. Urach am obern Weg zum Wasserfall in der Gegend des Aconi- tum Lyeoctonum, Schimper. 6575. Rhyuehostegium confertum Br. et Seh. An beschatteten Steinen und Mauern. Februar bis April. I. Ellwangen, Rathgeb. 6591. * Rh. murale Br. et Seh. An schattigen Weinbergs- und Gar- tenmauern. Frühling. I. Stuttgart, Martens. Tübingen, Schub- — 103 — ler. Schorndorf, Haist. Ellwangen, Rathgeb. Mergentheim^ Bauer. II. Alpirspach, Köstlin. 65S4. * Rh. rusciforme Br. et Seh. An Steinen und Holz unter Wasser, Brunnen und Mühlrädern. October bis April, selten, I. Stuttgart in der Stadt, in den Wasserfällön bei Häslach und im Neckar bei Berg, Martens. Sulz im Neckar, Martens. Schorndorf und Adelberg in Brunnen, Haist. Mergentheim, Bauer. II. Calw in einem Brunnen, E. Gärtner. Wildbad, Kerner. Im Bache des Glasw^aldes, Köstlin. III. Im Thierbach bei Geislingen, Eduard Martens. In der Blau bei Blaubeuren, Martens. In den Quellen des Kochers , Frölich. lY. In der Argen bei Isny , Martens. 6583. * Thamnium alopecurum Br. et Seh. An Felsen in feuchten Waldschlucliten. Herbst bis Frühling. I. Stuttgart im Wald bei Böhmisreute, Closs. Ramsbach, Oberamts Hall, Haist. Ellwan- gen, Batligeb. II. Alpirspach, Köstlin, 6535. * Plagiothecium silesiacuni Seh. An faulenden Baumstäm- men, daher bei uns selten. Sommer. I. Ellwangen, Rathgeb. II. ImNagoldthal, Valet. III. Urach am Fahrweg zum Schlossberg. 6553. PI. sylvaticum Seh. In Wäldern auf der Erde und an nassen Felsen. Sommer. II. Alpirspach, Schramberg, Köstlin. lY. Wan- gen, Wolfegg, Jung. 6581. PI. iindulatiim Seh. Auf feuchtem Waldboden. Sommer. II. Wildbad im Wald am Weg zur Grünhütte, Martens. Alpirspach im Reutiiinwald, Köstlin. 6582. * Amblystegium subtile Seh. An Baumstämmen. August. I. Mergentheim an Linden im Hofgarten, Fuchs. III. Urach an Buchen am untern Weg zu dem Wasserfall, Schimper. 6517. * A. serpens Seh. An Bäumen, Steinen, faulem Holze häufig und vielgestaltig. Frühling, Sommer. I. Stuttgart, S. Kerner. Tübingen, Gmelin. Schorndorf, Haist. Schwabsberg, Oberamts Ellwangen, an einem in einem Teich liegenden Brunnenteichel, Kemmler. Meckelbach, Oberamts Hall, Kemmler. Ellwangen, Rathgeb. Mergentheim, Bauer. IL Wildbad, J. Kerner. Teinach, E. Gärtner. III. Urach am Thiergartenberg , Finckh. IV. Ulm im Gehölz an der Hier, Martens. Roth, Ducke. An allen Orten, Jung. 6604. — 104 — * A. irriguum g. fallax ßch. Im Wasser an Felsen und Mau- ern. Mai, I. Ellwangen, Ratligeb. III. Im Egerursprung bei Auflmusen, Oberamts Neresbeim, Kemmler. 6606. * A. riparium Seh, Auf morscbem Holz im Wasser , an Wei- den und bölzernen Wasserleitungen. Juni. I. Stuttgart im Floss- graben bei Berg, Martens. Tübingen, Schübler. Eschenau und in der Roth bei Kammerstadt, Kemmler. Ellwangen, Frölich. IV, Roth, Ducke. 6607. Hypnum Halleri L.fil. An Kalkfelsen. Frühling, Sommer, III. Im Filsthal, Ducke. 6571. * H. ehrysophyllum Bricl An feuchten Kalkfelsen, seltener auf der Erde. Sommer. I. Stuttgart im Wald bei Häslach, Mar- tens. Mergentheim, Fuchs. III. Urach, Schimper. 6569. * H. stellatum Schreb, Auf Sumpfwiesen. Sommer. I. Stutt- gart in der Klinge bei Böhmisreute , Martens, Kottspiel, Kemmler. Schönthal, W. Hartmann. 6570. * H. aduncum L, In Sümpfen. Juni selten. I, Stuttgart in Lachen am Kräher wald, Martens, Schorndorf, Haist, IV. Roth, Ducke. 6537. H. uncinatum Hedw, In sumpfigem Wasser. Frühling. I. Esslingen, Hochstetter. II. Im Wald bei Christophsthal , Martens. 6558. H. eommutatum Hedw. An Quellen, Bächen und Gräben. Frühling. I. Stuttgart am Bach in der Klinge bei Böhmisreute, Martens. Tübingen im Wankheimer Thal, Gmelin. Esslingen, Hochstetter. Mergentheim , Bauer. III. Urach unter dem Wasser- fall, Schimper. 6563. * H. filicinum L, An feuchten und nassen Stellen an Steinen, Mauern und Holz. Frühling. I, Schorndorf, Haist. Ellwangen, Rathgeb. Mergentheim, Bauer. * H. rugosum L. Zwischen den Weinbergen, an Waldrän- dern , an sonnigen trockenen Stellen , daher bei uns noch nie mit Früchten gefunden, die im Juli reifen sollen. I. Stuttgart gegen Gaisburg und auf dem Hasenberg, Martens. Tübingen, Schübler, Unter - Sontheim und Markertshofen , Kemmler. Mergentheim, Bauer. II. Wildbad, Kerner. III. Urach am Schlossberg, Schim- — 105 — per. Ulm , Blaubeuren auf den Felsen des Tiefenthals , Härtens. Kloster Anhausen , Kemmler. G540. * H. cupressiforme L. Sehr häufig auf der Erde, am Fusse der Waldbilume, an Steinen und Mauern, an trockenen und feuch- ten Stellen, Anfänger durch die mannigfaltigsten Formen so häufig täuschend, wie Carex glauca Scop. Februar bis April. I. Stuttgart, Closs. Tübingen, Scliübler. Unter-Sontheim und Engelhofen an Nadelholzstumpen, Kemmler. Mergentheim, Fuchs. IL Teinach, E. Gärtner. Wildbad, Kerner. III. Ulm im Oerlinger Holz, Här- tens. lY. Roth, Ducke. Ueberall, Jung. G545. * e. filiforme Brid. An Nadelholzstämmen bei dem Haspelhäuser See, Oberamts Gaildorf, Kemmler. 6545 d. * H. molluscum Hedw, Häufig im Wald an Steinen und Baumwurzeln , doch selten im Frühling und Sommer mit Früchten. I. Stuttgart auch auf den Dächern , Martens. Tübingen, Gmelin. Unter-Sontheim, Kottspiel, Kemmler. Ellwangen, Rathgeb. Mer- gentheim, Fuchs. IL Am wilden See, Schübler. Alpirspach im Glaswald an Granitfelsen, Köstlin. III. Urach am Thiergartenberg, Finckh. Heidenheim , Haist. IV. An allen Orten, Jung. 6561. * H. Crista castrensis L. Auf der Erde , vorzüglich in Na- delwäldern, gesellig, aber nicht häufig. Herbst. Unser zierlich- stes Moos, trefflich zu aufgeklebten Mooslandschaften. I. Schorn- dorf, Haist. Ellwangen, Mohl. Mergentheim, Bauer. Nagold, Zeller. H. Calw,Kurr. Wildbad, Kerner. III. Urach am oberen Weg zum Wasserfall, Schimper, IV. Roth, Ducke. Riedlingen im Kichert, Balluf. 6560. * H. palustre Hedw. An Steinen und Holz in Bergbächen, Sommer. I. Ellwangen , Fröhlich. III. Urach unter dem Wasser- fall, Schimper. 6542. * H. cordifolium Hedw. Auf Sumpfwiesen, in Wiesengräben. Mai,- Juni. I. Baknang, W. Hartmann. Ellwangen bei Muggen- thal,Mohl. 6597. * H. cuspidatum L. Sehr häufig auf sumpfigen Wiesen, aber selten im Sommer mit Früchten. I. Stuttgart im Schlossgarten und über einen Fuss lang in einer Wassergrube bei Degerloch, Martens. Tübingen, Schübler. Mergentheim, Bauer. IL Tel- 106 nach, E. Gärtner. Wildbad, Kerner. Röthenberg im Kessler- Moor, Köstlin, IV. Ulm, Martens. Roth, Ducke. 6598. * H. Sehreberi Willcl Auf Heiden und in Wäldern. Herbst. 1. Stuttgart auf dem Hasenberg, Martens. Baknang, W. Hartmann. Mergentheim im Bürgerwald, Fuchs. H. Wildbad, Kerner. 6596. * H. purum L. Nicht selten in lichten Laub Waldungen am Fusse der Bäume und auf der Erde, aber nur selten im Frühling mit Früchten, I. Stuttgart, Martens. Vaihingen, Bilhuber. Schorn- dorf, Haist. Ellwangen, Rathgeb. Kottspiel, Kemmler. Mer- gentheim, Bauer. H. Wildbad, Kerner, 6595, H. stramineum DicTcson. Selten auf Sumpf- und Torfwiesen. Frühling. I. Im Muggenthal bei Ellwangen, Frölich. 6599. * H. seorpioides L. In Torfstimpfen. Frühling, Sommer. I. Schorndorf, Haist. II. Kesslermoor bei Röthenberg, Köstlin. 6541. * Hylocomium splendens ^ch. Häufig in schattigen Wäl- dern auf der Erde. Frühling. I. Stuttgart, Closs. Tübingen, Schübler. Schorndorf, Haist. Ellwangen, Rathgeb. Mergent- heim , Bauer. IL Calw , Schüz. HI. Urach , Finckh. Ulm , Leo- pold. IV. Am Bodensee, Fuchs. An allen Orten, Jung. 6536. * H. brevirostre Seh. An Felsen und Baumwurzeln. Früh- ling. I. Im Wald bei Winzenweiler , Oberamts Gaildorf, Kemmler. 6566.' * H. squarrosum Seh. An schattigen Grasplätzen , in Wäl- dern. Herbst, selten. I. Stuttgart in feuchten Klingen , Martens. Tübingen, Schübler. Schorndorf, Haist. Kottspiel, Kemmler. Mergentheim , Bauer. IV. Roth, Ducke. Saulgau, Jung. 6564. * H. triquetrum Seh. In Wäldern auf der Erde. Frühling. Unser häufigstes und grösstes Waldmoos , daher vorzugsweise zu Kränzen, zur Ausschmückung von Gartenhütten und zur Ver- packung von Pflanzen benützt. I. Stuttgart, Closs. Tübingen, Schübler. Schorndorf, Haist. Mergentheim, Bauer. II. Calw, Schüz. Wildbad, Kerner. HL Urach, Finckh. Ulm, Martens. IV. Roth, Ducke. Riedlingen, Balluf. An allen Orten, Jung. 6565. * H. loreum Seh. In feuchten Bergwaldungen. Winter, — 107 — Frühling. I. Ellwangen , Rathgeb. II. Wildbad , Plieninger. III. Urach am Thiergartenberg, Finckh. Am Piattenberg bei Dottern- hausen, Rathgeb. 656S. Classis IL Sphagna. * Sphagnum acutifolium Ehrh. In feuchten Wäldern und Heiden, an Gebirgsquellen, bildet in allen Hochmooren den Grund des weichen, mit Andnvneda j^olifolia, Vaccinium Oxycoccos und Drosera rotimdi/olia durchwirkten Teppichs und mit ihnen abster- bend den Torf, fehlt aber in den niederen Torfgründen und Rie- dern an den Flüssen , nicht , wie schon angegeben wurde , wegen des Kalk- und Gypsgehaltes des Wassers, sondern weil es längst durch üeberschwemmungen , die es mit Sand und Schlamm bedeck- ten, erstickt und Boden für ganz andere,Pflanzen geschaffen worden ist. Juni , Juli. I. Stuttgart in einer kleinen Torfpfütze im Wald über Wangen, Härtens, und in einem Graben des Waldes hinter Böhmisreute, Hermann Nördlinger. Tübingen am Birkensee am Eselstritt, Schübler. Kottspiel, Holenstein, Winzenweiler, Gera- bronnhof, Kemmler. Ellwangen am Griesweiher bei Neuler, Frö- lich, und am Schönbergerhof, Rathgeb. Mergentheira im Bühl bei Garrenberg, Bauer. Schwenningen , Sturm. II. Calw, Schüz. In Menge am wilden See, Martens. Simmersfeld, Mohl. Alpir- spach , Köstlin. III. Schopflocher Torfgrube , Härtens. IV. Ried- lingen, Balluf. Wurzach, Schübler. Im oberen Wald bei Vogt, Jung. Isny im rothen und eisenharzer Moos, Härtens. 6111. Sph. ümbriatum Wüs. In Torfsümpfen. Sommer. II. Im Hurgthal , Schimper. * Sph. cuspidatum Ehrh. In Torfsümpfen. Sommer. I. Bei Lorch, Haist. In Nadelwaldungen um Ellwangen, Kemmler. II. Am wilden See, Hohl. 6110. d. plumosum Seh. Untergetaucht. IV. Riedlingen im Wald bei Dürmentingen , Balluf. 6112. * Sph. squarrosum Fers. An kalten Gebirgsquellen, selten in Torfmooren. August. I. Im Wald bei Kottspiel, am Haspel- häuser See, bei Gerabronn, Oberamts Ellwangen und dem Vör- hardsweiler Hof, Oberamts Aalen, Kemmler. Ellwangen am Gries- 108 weiher, Frölich. II. Am wilQen See, Schübler. Im Glaswald bei Alpirspach , Köstlin. 6108. * Sph. rigidum b. compactum ScL Auf trockneren Torf- gründen. Juli. I. Im Wald bei Kammerstadt , Oberamts Ell wan- gen,Kemmler. II. Auf den Hornisgründen, A. Braun. 6113. * Sph. subseeundum Nees et Hornsch. In Gräben torfiger "Wiesen. Juni , Juli. I. Im Wald bei Sulzbach , Oberamts Baknang, Martens. Am Haspelhäuser See, Oberamts Gaildorf, bei Kammer- stadt, Hinter-Uhlberg, Oberamts Crailsheim, Kemmler. 6114. * b. eontortum Schultz. I. Im Wald bei Gerabronn, Oberamts Ellwangen, Kemmler. * SplL eymbifolium Ehrh. Auf nassem Wald- und Heide- boden, in Torfmooren den Saum bildend. I. Stuttgart im Walde zwischen Degerloch und Häslach, Mohl, und bei der Solitude, Closs. Tübingen am Birkensee, Schübler. Im Wald bei Kammer- stadt, am Haspelhäuser See , bei Hinter-Uhlberg und Gerabronn, Kemmler. Ellwangen in der braunen Hardt und bei Dornholz- weiler , Rathgeb. II. Am wilden See , Martens. Alpirspach, Köst- lin. III. Schopflocher Torfgrube, Martens. IV. Riedlingen, Balluf. Isny im rothen und eisenharzer Moos, Martens. 6107. Wie vielerlei Laubmoose die ganze Erde nähre, ist eine Frage , welche sich nicht einmal annähernd beantworten lässt , da einerseits die Laubmoose, wie viele Kryptogamen , grosse Verbrei- tungsbezirke haben, mehrere Arten, welche überall auftreten, dann in den am wenigsten erforschten, also die meisten neuen Arten versprechenden Tropenländern diese Feuchtigkeit und Kälte liebende Pflanzenklasse hinter der kräftigeren Entwicklung hö- herer Klassen zurücktreten muss , andererseits der Hauptsitz der Moose, die Alpenregion, ausser Europa noch sehr wenig durch- forscht ist und sich auch nicht voraussehen lässt, wie weit das Trennen der Gattungen und Arten nach den kleinsten und uner- heblichsten Unterschieden, die Aufstellung neuer Arten durch blosse Spaltung längst bekannter, noch getrieben werden wird. — 109 — Steudels im Jahr 1824 erschienener Nomenciator zählt mit Einschluss mancher zweifelhaften 1264 Arten auf, seit jener Zeit sind viele neue entdeckt und beschrieben worden, aber niemand hat es mehr versucht, eine Aufzählung Aller zu geben, und so dürfte die von Schimper jH-ophezeite Zeit noch in weiter Ferne liegen, wo die Zahl der genau bekannten Arten von Laubmoosen die aller Pflanzen zu Linnes Zeiten , 8000 , übersteigen wird. Am meisten ist natürlich in Europa geleistet w^orden und hier finden wir in Schimpers trefflicher Synopsis den heutigen Stand un- serer bryologischen Kenntnisse für diese Begrenzung auf 147 Gat- tungen mit 708 Arten festgestellt, weit über die Hälfte der von Steudel für die ganze Erde angegebenen. Dieses europäische Moosgebiet theilt Schimper in drei Floren. Die südliche Mo osflora vom sechs und dreissigsten Breiten- grade, Malta und Gibraltar, bis zum sechs und vierzigsten am süd- lichen Saume der Alpen, also der F.ora mediterranea entsprechend, zählt auf eilf Breitengrade 400 Arten. Die mittlere Moos- flora vom sieben und vierzigsten Breitengrade, der Wasser- scheide der Alpen, bis zum vier und sechszigsten, Archangel und Lapplands Südgrenze, zählt auf achtzehn Breitengrade 598 Arten, die nordische Moosflora vom fünf und sechszigsten Breiten- grade , Island und Lappland, bis zum Pol hat auf sechs und zwanzig Breitengrade 470 Arten. Erwägt man nun , dass das Gebiet der mittleren Flora bei wei- tem das grösste ist, indem von dem der nordischen mehr als die Hälfte mit Eis bedeckt und noch unbetreten ist, im übrigen Theile aber das Land nur eine geringe Fläche, das Meer die grössere, einnimmt, dass diese mittlere Flora die grösste Mannigfaltigkeit der Standorte hat, in den Hochalpen gewissermassen in die nor- dische übergreift , die günstigste Mitte zwischen der heissen Dürre südlicher Sommer und der trockenen Kälte nordischer Winter hält, und dass sie endlich die Wohnsitze der eifrigsten und tüchtigsten Bryologen der Vergangenheit wie der Gegenwart umfasst, so muss der geringe Unterschied dieser Zahlen auffallen; da man ferner in ganz Europa 708 Arten kennt, in der mittleren Flora aber 598, so besitzen die beiden andern Floren miteinander nur 110 ihnen eigen- 110 thümliclie Moose (Schimper nennt 46 für die nördliche, 33 für die südliche). Unser Württemberg dehnt sich von 47» 35' bis 49^ 35' 30" der Breite aus, gehört somit zu dem südlichsten Theile der mittleren Flora; der Höhe nach umfasst es einen Theil der Schimperschen Getreideregion mit 425 pariser Fuss über dem Meere an dem Was- serspiegel des Neckars bei dessen üebertritt in das Grossherzog- thum Baden, bis 1500 Fuss, und dessen ganze Bergregion mit seinen höchsten Punkten , dem Dreimarkstein auf den Hornisgrün- den im Schwarzwald, 3550 pariser Fuss, und dem schwarzen Grat der Adelegg am Saume der Algäuer Alpen im Oberamt Wan- gen, 3420 p. Fuss. Dagegen fehlen uns ausser dem untersten Theil der Getreide- region auch Schimpers subalpine, alpine und überalpine Region und mit diesen alle hochnordischen Moose. Bis heute sind in diesem Gebiete 228 Arten von Laubmoosen gefunden worden, wovon sich zwar nur 164 in der Sammlung des Vereins für Naturkunde befinden, jedoch beinahe alle in der eben- falls von mir angelegten der Centralstelle des lan d wir th schaftlichen Vereins in Württemberg. Die Vertheilung dieser Laubmoose nach den Hauptformationen ist sehr ungleich; das mit' L bezeichnete Unterland, das grösste Gebiet mit dem grössten Wechsel der Formationen , vorherrschend Keuper- und Muschelkalk, wo Obermedicinalrath von Frölich, Professor von Mo hl, Dr. Bauer, Apotheker Rathgeb und Pfarrer Kemmler sammelten, zählt 170 Arten, drei Viertheile der Gesammtzahl; der den Laubmoosen besonders günstige, an Feuchtigkeit und Schatten reiche, mit II. bezeichnete Schwarzwald, bunter Sandstein und Granit, hat 113 Moosarten, oder die Hälfte der ganzen Zahl , vorzüglich durch die vieljährigen Bemühungen des verstorbenen Dr. Köstlin in Alpirspach, dann durch den Um- stand , dass der schroffe Gegensatz dieses Gebirgs in seinem Reicli- thum an Kryptogamen bei grosser Armuth an Phänogamen den dasselbe besuchenden oder bewohnenden Botaniker auf die ersteren verweist. Dass Oberschwaben, das weite, aber einförmige, mit IV. — 111 — bezeichnete Gebiet der Mo Ilasse, 96 Arten zählt, verdanken wir theils seinem Zusammenhang mit den Voralpen, theils den gefälli- gen Mittheilungen der Herren Apotheker B alluf in Riedlingen und Ducke in Wolfegg, so wie einem älteren, mit Sachkenntniss ver- fassten, aber leider nicht von Original -Exemplaren begleiteten Verzeichnisse der Moose seiner Umgegend des Reallehrers Jung in Wangen. Am schlechtesten kommt unsere schöne, romantische Alp weg, wir kennen von diesem, mit III. bezeichnetem Gebiete des Jura- kalks nur 73 Arten, kaum ein Drittheil der Gesammtzahl und ver- danken auch diese Zahl vorzüglich einem Besuche Schimpers in Urach; zum Trost für die wackern Botaniker, welche in diesem Gebiete wohnen, vor Allen ihres würdigen Seniors, Oberamtsarzt Dr. Finckh in Urach, müssen wir jedoch bemerken, dass Schim- per den Jurakalk für den ungünstigsten Boden für seine Lieblinge erklärt , und dass sich hier sehr schön derselbe Gegensatz , wie auf dem Sclnvarzwald , herausstellt, Mangel an Moosen, weil Reich- thum an Phänogamen, wie dort Mangel an Phänogamen, weil Ueberfluss an Moosen, ein Wink dafür, dass mit dem Vorrücken gegen den Aequator, mit dem Herabsteigen von den Alpenhöhen, die Laubmoos-Bevölkerung abnehmen muss. Iilin Blick in die meisterhafte Synopsis muscorum wird uns in- dessen belehren, wie weit wir noch vom Ziele sind, wie vieles noch zu leisten ist. Vergleichen Avir nämlich unsere Moosfiora mit dem in der Ein- leitung zu erwähnter Spiopsis Seite LXXV bis LXXXIV angeführ- ten des mitteleuropäischen Gebiets, so finden wir schon in Dr. von Kl ingg raff s Flora von Königsberg trotz der Einförmigkeit dieses Gebiets nur 18 Arten weniger (210), in der eben so einför- migen, aber ausgedehnteren Flora der Niederlande von Dozy undMolkenbör bereits 24 Arten mehr (252), endlich in der Flora von Sclilesien nach Milde undPlukar über ein Drittheil mehr (350). Dieselbe Zalil von 350 Arten gibt Schimper nur für die Ge- treideregion des Rheinthals von Basel bis Mainz an, freilich das am meisten von ihm selbst und den ausgezeichneten Bryologen 112 Bruch und Gümbel mit dem grössten Eifer und unermüdlicher Beharrlichkeit durchforschte Gebiet; Professor Seubert führt für das ganze Grossherzogthum Baden 360 Arten auf*, und diese Zahl werden wir wohl als das in Württemberg zu erstrebende Maximum annehmen können, eben so für den schwäbischen Jura insbesondere die von Friedrich Arnold im fränkischen Jura gefundenen 160 Arten , da selbst in dem hoch in die Alpenregion emporsteigenden Kalkgebirge des Algäus nur 190 Arten gefunden wurden **. * Zusammenstellung der bis jetzt im Grossherzogthum Baden beob- achteten Laubmoose von Professor Dr. Moriz Seubert in Karlsruhe, in den Berichten über die Verhandlungen der naturforschenden Gesellschaft zu Freiburg i. B. 1861. 8. Band II. Heft 3 Seite 262 bis 311. ** Die Laubmoose des Algäus, nach den hinterlassenen Manuscrip- t«n Otto Sendtners und den Beobachtungen mehrerer seiner Freunde zusammengestellt von G. Gerber, im vierzehnten Bericht des natur- historischen Vereins in Augsburg. 1861. 8. Seite 42 bis 55. 3. Die tertiären Hirsche von Steinheim. Von Dr. Oscar Fr aas in Stuttgart. Mit Taf. I. & II. Die grosse Zersplitterung der tertiären Hirscharten — Giebel zählt in seiner Fauna der Vorwelt schon mehr als 60 Species auf — hat ihren Grund vielfach in der mangelhaften Er- haltungsweise der zu Grunde liegenden Funde, in welchen der Palaeontologe nur vereinzelte und zerstückelte Reste erhielt, weit aus ungenügend, um mit Sicherheit darauf Arten zu bauen. Der Fund eines in seiner Weise so vollständigen Hirsches, wie der auf Taf. I. abgebildete, ist ein seltenes Ereigniss: erfreulich genug, sofern es ein Bild des ganzen Thieres bietet, unter welchem die länger schon gekannten Zähne, Kopf und Fusstheile vereinigt sind. Immerhin bilden aber auch die in nachstehender Abhand- lung veröffentlichten Funde nur Beiträge, keineswegs erschöpfen- des Material zur Kenntniss des so weit verbreiteten Tertiär- Hirsches, den wir vorläufig mit dem Namen: Cervus furcatus bezeichnen. Die auf Taf. I. & II. abgebildeten Stücke stammen sämmtlich aus dem Tertiär von St ein he im, das seit den ältesten Zeiten schon bekannt eine richtige Deutung dennoch sehr schwer zulässt. Eines scheint mir in Betreff der Lokalität klar zu sein, dass die sog. Steinheimer Tertiäi'-Mulde nicht als eine" für sich bestehende locale Ablagerung in der Tertiärzeit anzu- sehen ist, sondern als Rest einer weithin verbreiteten Formation, die mit den Bildungen im Ries ebenso als mit denen von Ulm zusammenhing und einzig nur darum uns erhalten blieb, weil vor der Denudationsperiode, in welcher die übrige Tertiärbedeckung der Alb weggewaschen wurde, jener Tertiärfleck in Folge einer Württemb. iiaturw. Jahreshefto. 18G2. 2s Heft. 8 — 114 — grösseren Trichterbildung im Massenkalk des Juras eingesunken war. Ich glaube nicht, dass bei näherer Untersuchung der dor- tigen Gegend eine Anschauung zulässig ist, wie sie z. B. Jäger (fossile Säugethiere von Württemberg pag. 61}- äussert, der sich das Becken von Steinheim als von Jura-Kalk-Ufern umflossenen See denkt, welcher die zahlreichen Fische und Muscheln beher- bergt, und in welchen der Giessbach aus dem Windthal und an- dere Zuflüsse die Reste von Säugethieren theilweis erst später einschwemmte. Abgesehen von den Lagerungs- Verhältnissen, welche nirgends horizontale Schichtung, sondern überall geneigte und verstürzte Tertiärbänke erblicken lassen, abgesehen von dem Gürtel jurassischen Schuttes — nicht abgerundeten Geschiebes, sondern eckigen, scharfkantigen Schuttes, der zwischen den Ter- tiärbänken und dem Jura liegt, ist es kaum denkbar, wie in dem kleinen, kaum '/4 Quadratmeile grossen See, eine so massenhafte Bildung von Organismen hätte vor sich gehen sollen, dass die Schichten, welche das Becken füllen, rein nur aus Schnecken und Fischen und ihren Trümmern bestehen, ausser zahlreichen Säuge- thieren, Schildkröten und Vögeln, deren Reste vom Ufer aus in den See geschwemmt worden wären. Wenn auch Valvata multi- formis, die auf der Steinheimer Alb als Feg-Sand gebraucht wird, eben nur auf Steinheim beschränkt erscheint und weder im Ries noch in Ulm sich bis jetzt gefunden hat, so ist doch das locale Vorkommen einer Species etwas so Gewöhnliches, dass es als Be- weis für die locale Bildung des ganzen Beckens nimmermehr gelten darf. Die meisten andern xVrten finden in dem Tertiär von Ulm, Mainz, Auvergne und dem Süden von Frankreich ihres gleichen wieder. Demnach wird wohl Niemand mehr daran zweifeln, dass unser Steinheimer Tertiär ein Glied und Ueberrest einer weit verbreiteten Formation sei, welche jedenfalls in die Zeit der zweiten Tertiärperiode, in die Lebensepoche de^Falaeo- theriums von Orleans {Anchitheiium aurelianense), des Nashorns ohne Hörn (Aceratheriimi incisivicm) und anderer fällt. Eine ge- nauere Parallele zu ziehen, hat ihre grosse Schwierigkeiten und wird zur Zeit, ehe wir weitere Anhaltspunkte gefunden haben, nahezu unmöglich sein. — 115 — Der Erste, der tertiärer Wiederkäuer überhaupt Erwähnung thut, ist Cuvier im Art. VI. seiner fossilen Hirsche, Geweih- stücke und Zähne einer neuen Hirschart , an Grösse dem Reh vollständig gleich waren ihm aus dem Steinbruch von Montabu- sard, dep. du Loiret, in Gemeinschaft mit Resten von Lophiodon und Mastodon mitgetheilt worden. Drei hintere Unterkieferzähne ghchen so sehr dem Reji, dass selbst das geübteste Auge sie nicht zu trennen vermochte. Dagegen Hessen die Zähne des Oberkie- fers und die Geweihstücke starke Unterschiede beobachten. Er- stere zeigten an den 3 hinteren Backenzähnen starke Hügel auf der Aussenseite des Zahnes vor jedem Halbcylinder und einen Halskragen auf der Innenseite an der Basis der Krone. Insbe- sondere aber fielen die 2 vorderen Backenzähne auf, die einfach sind, schneidend und Slobig und der zweite gleichfalls mit einem Halskragen versehen, während die 3 ersten Backenzähne der sonst bekannten lebenden Hirscharten aus 2 einfachen Halbmonden, der eine vor dem andern, bestehen. Die Gabelung des (sehr frag- mentarischen) Geweihstücks erinnert am meisten an den Hirsch von Timor , Cervus Peronii. So mangelhaft das Material war, das Cuvier vorlag, so sah er doch an Geweih und Zähnen schon den Unterschied zwischen dem fossilen Hirsch und dem Reh, verzichtete jedoch auf einen Speciesnamen und nannte ihn schlechtweg den „Hirsch von Montabusard." L artet hat ge- glaubt, den Namen Dicrocerus crassus und neuerdings den Gray'schen Namen Hyaemoschus auf Cuviers Hirsch anwenden zu sollen. Dagegen konnte ich an den Cuvier'schen Original- stücken, die ich unlängst im jardin des plantes mir ansah, einen merklichen Unterschied zwischen dieser und unserer Steinheimer Art nicht herausfinden. \Yeiter beschrieb Geoffroy St. Hilaire 1833 aus der Auvergue 2 Wiederkäuerformen mit langen , oberen Eckzähnen unter dem neuen Namen Dremotherium , das Geschlecht soll zur Familie Moschus gehören und die Lücke ausfüllen zwischen Mo- schus und Tragalus. Geweihe beobachtete man nicht. Zur gleichen Zeit fand Mandelslohe zum ersten Mal unsere Wiederkäuer von Steinheim, gleichfalls 2 Grössen, deren — 116 — _ er in seinen geognostischen Profilen der schwäbischen Alb 1834 pag. 6 als Cervus elaphus und capreolus Erwähnung thut. Im Jahr darauf 1835 wurden die damals bekannten Reste sofort von Jäger (foss. Säugethiere Würtembergs) pag. 61 ff. beschrieben. Es stunden Jäger 11 Stück Knochen und Zähne von der kleinen und 21 Stücke von der grossen Art zu Gebot; unglück- licher Weise waren es solche Skelettheile, an welchen keine oder nur unbedeutende Abweichungen von lebenden Arten beobachtet werden konnten, wesshalb er auch keinen Anstand nahm, die kleine Art mit unserem Reh, die grosse mit dem gemeinen Hirsch zu vergleichen, die Identität jedoch immerhin als zwei- felhaft gelten zu lassen. Abgebildet wurden auf Taf. 3. ein pha- lanx Fig. 1 — 3, radius Fig. 4, astragalus Fig. 5 — 8, 2 metatarsus Fig. 9, 11, scaphoi-cuboideum Fig. 10, tibia Fig. 13 — 15, femur Fig, 16, humerus Fig. 17, 2 vordere obere Backzähne T. 9. Fig. 7, 8 und ein Halswirbel Fig. 9. Mit Ausnahme des metatarsus findet Jäger keinerlei Abwei- chung von Cervus capreolus. An dem Mittelfussknochen fällt ihm jedoch die innere tiefe Rinne auf, welche beim Reh kaum auge- deutet, nur bei C. virginianus ähnlich stark ausgedrückt ist. Von der 2ten Hirschart, welche ungefähr die Grösse des ge- wöhnlichen Hirsches hatte, sind auf Taf. IX. abgebildet ein 3. und 4. unterer Backenzahn Fig. 10 — 13, 3 Stücke von Wirbeln, ein condylus femoris, ein Bruchstück von scapula und humerus, 5 Carpalknochen und Phalangen: unter welchem os hamantum am meisten von dem des lebenden Hirsches abweicht. Die Abwei- chung war nicht erheblich genug, um den lebenden Hirsch vom Steinheimer zu trennen, andererseits gaben auch die aufgefunde- nen Reste keinen bestimmten Beweis ab für die Uebereinstim- mung beider. Zehn Jahre später nahm die Anschauung unserer Wiederkäuer eine bestimmtere Richtung, indem im 1. Band unserer Jahreshefte Taf. I. pag. 152 Graf Mandelslohe einen Unterkiefer mit vollständiger Zahnreihe von der kleinen Art abbildete. Er wird dort ohne Beschreibung und nähere Motivirung Palaeomeryx Scheuchzeri H. v. M. genannt. Der Name wurde vom Autor des — 117 — Geschlechts und der Art selbst gegeben und auf dessen Autorität hin Avurden seither die in Steinheim und Ulm gefundenen Reste kleinerer und grösserer "Wiederkäuer Palaeomeryx genannt, umso mehr alsH. v. Meyer durch Aufstellung von 8 Arten dafür gesorgt hatte, dass verschiedene Grössen und mehr oder minder erheb- liche Abweichungen der Stücke unter einander mit Namen be- nannt werden konnten. Im Jahr 1833 hatte nämlich H. v. Meyer unter den fossilen Knochen und Zähnen von Georgensgmünd in Bayern {Museum Sen- kenbergianuDi Suppl. zu Band I, 1834) Wiederkäuerreste als offen- bar generisch von den bekannten lebenden verschieden beschrieben und den Namen Palaeomeryx gegeben. Pal. Bojani nennt er das grössere. Pal Kaupii das kleinere Thier, welchem die Zähne und Kieferreste auf Taf. IX. und X. Fig. 75—80 zugehören. Die Basis der Zähne ist breit , die äusseren Halbmonde der Unterkieferzähne sind spitzwinkliger , die 2 inneren Hauptspitzen höher als bei lebenden Formen, die inneren Nebenspitzen deutlich konisch , die Länge des lezten Backenzahns vonP. Kaupii beträgt 0,023, die Breite 0,013, von Bojaru 0,029 und 0,013. Der vorletzte Backenzahn des Kaupii misst 0,017 und 0,013 , des Bojani 0,019 und 0,014. Aehn- lich verhalten sich die oberen Backenzähne, die Halbmonde an der Innenseite sind spitzer gekrümmt, die Nebenspitzen an der Aussen- seite auffallend stark und konisch , worin der fossile einige ent- fernte Aehnlichkeit mit Moschus zeigt. Um dieselbe Zeit hatte Kaup in Eppelsheim ein neues Wieder- käuer-Geschlecht mit 7 Zähnen (?) im Unterkiefer entdeckt , das er Dorcatherium nannte, dessen Zähne am ein Dritttheil kleiner als die de^i Pal Kaupii sind, dessgleichen fand Kaup einen Cervus nanus, dessen Zähne mit lebenden Wiederkäuern stimmten, während die von Dorcatherium durch den Mangel der konischen Nebenspitzen und die ganze Struktur der Zähne sich ebenso von den lebenden Formen als von Palaeomeryx unterscheiden. Ausserdem hatte Schinz in der Braunkohle von Käpfnach 2 Wiederkäuerformen gefunden , die eine grössere vom Edelhirsch kaum zu unterscheiden, die andere der Antilope dorcas ähnlich. Alle diese Funde bestunden in mangelhaften Stücken, über die — 118 — 'Hauptfrage bei Bestimmung der Wiederkäuer, ob das Thier Geweih odet Hörner oder keines von beiden trug , konnte nichts gesagt werden , vom Gebiss fanden sich nur einzelne Zähne, keine Zahn- reihen, so dass z. B. die Eckzähne des Thieres, welche den Namen Dremotherium veranlassten und bei Palaeomeryx gleichfalls vorhan- den sind, an letzterem nicht gekannt waren. Dessgleichen fand zwar Kaup im Eppelsheimer Sande einzelne Geweihgabeln auf langem Rosenstock, denen er verschiedene Namen gab, aber in Ver- bindung mit Schädeln oder ganzen Skeletten konnten sie nicht ge- setzt werden. Während dieser Zeit hatte der berühmte Hügel von Sansan dep. du Gers, der ein wahres zoologisches Museum aus der Tertiär- zeit der Miocene bildet, auch eine'Reihe Wiederkäuer zu Tage ge- fördert, mit einfachen Geweihgabeln auf langem ^osenstock, mit und ohne gebogene Eckzähne , von verschiedenen Grössen, die E.L artet Dicrocerus nennt und davon 1851 3 Arten publicirte : D. elegans, crassus, magnus. Laut mündlicher Mittheilung soll die 2te Spezies zu Hyaemosclms Gray gestellt, die 3te mit Palaeomeryx Bojani v. Meyer vereinigt werden. Die Vergleichung der kleinen Steinheimer Art mit Dicrocerus elegans von Sansan aber zeigte eine auffallende Uebereinstimmung , die an einer Reihe von Gebissen und einzelnen Knochen durchgeführt wurde und auf welche wir bei der Beschreibung des Thieres zurückommen werden. Die letzte mir bekannte Abhandlung verdanken wir Herrn Reinhold Hensel in Berlin, (Zeitschrift der deutsch-geologischen Gesellschaft XI. B. 2. Heft). Er hatte das Glück aus dem Tertiär von Kieferstädel in Oberschlesien ein Geweihstück und einen gebo- genen Eckzahn von unserem Wiederkäuer zu erhalten ; beide sind eben die wichtigsten Merkmale zur Bestimmung und wissenschaft- lichen Stellung des Thieres und veranlassten den Namen Prox furcatus. Er machte insbesondere, und dies mit vollem Recht, auf die 3 ersten Backenzähne im Unterkiefer der Wiederkäuer aufmerk- sam , welche bei Bestimmung der Arten in Betracht zu ziehen sind und vergUch die Zähne von Dicrocerus elegans mit lebenden For- men, namentlich mit den lebenden Muntjacs, aufweiche die Aehn- lichheit der Geweihe hinweist. — 119 — Endlich hat A. v. Nordmann in seiner Palaeontologie Süd- russlands * 2 Zähne eines ^.Falaeomeryx^'- abgebildet aus dem Step- pen-Kalk von Odessa und erwähnt eines Geweih-Fragments eben daher , die jedoch zu mangelhaft erhalten und beschrieben worden sind, als dass sie verglichen werden könnten. Es ist mehr das geo- gnostische Moment von Interesse , indem die genannten Reste zu- gleich mit Lutra, Delj)]iinus^ Trionyx, Vögeln und Fischknochen in einem Schnecken-Conglomerat sich finden. Die zahlreichen Erfunde an Wiederkäuer-Resten aus Steinheim haben doch entschieden nicht mehr als 2 Arten uns kennen gelehrt eine kleine Art {Cervus furccttus) und eine mehr als noch einmal so grosse {Cervuspseudoelaphus). Von ersterer Art liegen mehr Reste vor als von der grösseren. — Es stimmt dieses Yerhäitniss des Vorkom- mens mit dem an den verschiedensten Localitäten überein, überall, wo gehörig gesammelt wurde, sind es hauptsächlich 2 Formen, die immer und immer wieder begegnen, die Hirschform und die Rehform, Fangen wir mit letzterer an. A. X)ie kleinere Art. 1. Grössenverhältniss. Taf. I. Die Gesammtlänge des Thieres von der Schnautze bis zum Kreuzbein mag nahezu 1 Meter betragen haben; eine genaue Mes- sung ist wegen der Verschiebung der Knochen im Gestein nicht möglich. Dazu kommt die Schwanziänge mit gQ^(!^xi 0,15. Die Höhe des Thieres oder die Gesammtlänge von Hand, Vorderarm, Oberarm und Schulterblatt 0,68. Diese Grössen - Verhältnisse stimmen mit denen eines virginischen Hirsches auffallend überein, mit dem überhaupt auch noch in anderer Beziehung auffallende Aehnlichkeit sich lierausstellen wird. Die Länge des Schädels 0,2. 2. Das Geweih. Taf. H. Fig. 2. und 10. Ein einfach gegabeltes Geweih sitzt auf einer rings mit Perlen besetzten Rose, getragen von einem langen, runden Rosenstock. Die obere Gabel des Geweihs (Augensprosse) ist namhaft kleiner Helsingfors 1859. Pag. 249. — 120 — und schwächer, als die untere Gabel (Stange). Beide sind stark gefurcht und laufen die Furchen zwischen den Perlen der Rose aus. Die Perlen sind auf der Innenseite der Rose ausgebildeter, als auf der Aussenseite. Der Rosenstock zeigt nur schwache Furchen, beziehungsweise Spuren von Gefäss-Eindrücken , und war wie bei dem lebenden Muntjac genau in der Ebene des Vorderhauptes nach hinten gerichtet. In Fig. 2. ist das vollssändigste der bisher in Steinheim gefundenen Geweihstticke abgebildet. Am Rosenstock hängt noch ein Stück Hirnschale und ein Theil der Augenhöhle. Die Länge des Rosenstocks von der Augenhöhle bis zum unteren Rand der Rose beträgt 0,105. Der Rosenstock , nach aussen schwach convex , ist in der Mitte rund , am Oberende unter der Rose oval , an seiner Basis verliert sich die Rundung und treten Kanten hervor , unter denen die stärkste oben über die Augen- höhlen hinlauft. Die Rose steigt etwas schräge von vorne nach hinten und von innen nach aussen auf, dass somit ihre Ebene nicht senkrecht zur Axe des Rosenstocks liegt. Ihre Form ist oval , die beiden Durchmesser 0,05 und 0,035. Auf 3 Seiten, vorne, innen und hinten sind ausgezeichnete Perlen, während auf der Aussen- seite mehr nur ein schärferer Rand der Rose zu beobachten ist, 30 Millimeter (bei andern Exemplaren auch 35 und 40) über der Rose gabelt sich ein stark gefurchtes Geweih in 2 ungleiche Theile in ein kurzes inneres , schwach nach hinten gebogenes Stück und ein längeres , deutlich nach innen gekrümmtes. Betrachtet man das hintere, längere Stück als Stange, so ist das kurze, vordere die Augensprosse. Fig. 10. ist ein kleineres Geweih von einem jüngeren Thiere abgebildet. Es hat durch Verwitterung wohl schon vor der Ein- hüllung in die Schichte stark Noth gelitten , doch lassen sich die Grössen-Verhältnisse des Stocks, der Rose und der Gabel beobach- ten, ebenso hängt auch an diesem Stück noch ein Fetzen Hirnschale, wodurch die Stellung des Geweihs klar wird. Weitere Bruchstücke unserer Sammlung zeigen die gleichen Verhältnisse und lassen an einem derselben die Beobachtung machen , dass die Rose nicht abgebrochen, sondern abgeworfen wurde, eine Beobachtung, die auch L artet bei Dicrocerus bestätigt. — 121 — Vergleichen wir damit andere Geweih-Formen, die hieher ge- hören , so finden wir zunächst das schlesische Geweih des Prox furcatus Hensel (Jalirh. d. d. G. G. XI. Taf. X. 1 und 2) durchaus übereinstimmend. Nur in Einem kann ich nicht mit Hensel über- einstimmen , wenn er pag. 264 über die Stellung des Geweihs sagt, die Ebene der Rose sei bei gewöhnlicher Haltung des Kopfes un- gefähr horizontal gewesen. Wenn ich unsere Steinheimer Geweihe mit ihren über zollbreiten Stücken der Stirnschale an meinen Muntjacschädel halte ,^so kann ich bei der Lage der Augenhöhle, der Stirn und der Kronennaht für Cervus furcatus durchaus keine andere Stellung des Geweihs annehmen, als es beim lebenden Muntjac der Fall ist. Von einer auch nur annähernd horizontalen Stellung der Rose kann kaum die Rede sein , es würde diese bei unsern Exemplaren eine steile Stellung der Stirne voraussetzen, die mit den übrigen Verhältnissen im Widerspruch wäre. Dage- gen bin ich mit Hensel ganz einverstanden, wenn die Stücke von Sansan {Dicrocerus elegans Lartet) als specifisch verschieden an- gesehen werden. Es liegen vor mir 3 Stücke von dort mit kurzem starken Rosenstock von nur 0,06 Länge, nicht rund in der Mitte, sondern oval. Anhängende Schädelstücke von Stirn- bein lassen, wie Hensel bemerkt, eine steilere Stellung des Ge- weihs als bei Muntjac vermuthen, ob sie jedoch so steil war, als beim Reh möchte ich, wenn ich Schädel von lebenden daneben halte, wohl bezweifeln. Die Rose misst entsprechend von vorne nach hinten 0,055, von innen nach aussen 0,03. Perlen sind nur wenige auf der Innenseite , wodurch die Rose bei weitem nicht den ausgesprochenen Kranz bildet, wie bei Cervus furcatus. Die Gabelung ist nicht so ungleich, viel- mehr sind die 2 Zinken an ihrer Basis nur wenig verschieden, der Raum zwischen beiden an der Basis ist breit. In die Aecht- heit der Spitze auf Taf. X. 3. setze ich mit Hensel gerechte Zweifel. Ich besitze zwar kein ganz vollständiges Geweih von Sansan, doch finde ich eine abgebrochene Geweihspitze sehr spitz und glatt auslaufen. — Bei aller Verschiedenheit der Geweihe von Sansan einerseits und Steinheim-Kieferstädel andererseits ist doch die typische Uebereinstimmung der Formen höchst erfreu- — 122 — lieh; hier wie dort tragen die am häufigsten vorkommenden Wie- derkäuer einfache Geweihgabehi auf einem verUlngerten Rosenstock wie es heutzutage nur von dem subgenus Cervulus Bl. oder Stylo- cerus H. Smith oder Prox O^iVoj bekannt ist. Die Kaup'schen Arten C. anocerus und dicraiiocerus von Epi>elsheim beruhen, wie Hen sei zeigt, auf zu mangelbaften Belegstücken, doch zeigen auch sie den Typus einer einfachen Geweihgabel auf einem lan- gen Rosenstock. 3. Die Zähne. Zahnsystem ^^^^ ■^ 4. 0. 6. 6 Bac kenzähne, 1 Eckzahn im OJjerkiefer. Auf was Cuvier am Hirsch von Montabiisard schon aufmerhsam macht, als Unterscheidungsmerkmal von lebenden Arten, was H. v. Meyer an dem Pcdaeomeryx Bojani und Kaupil von Georgensgmünd auszeicbnet, sind die starken Schmelzfalten an der Aussenseite der 3 hinteren Backenzähne. Cuvier nennt es,, des points plus gros- ses ä ia face externe, en avant de chaque demicylindre", Meyer bezeichnet sie als starke conische Nebenspitzen. Der Schmelz der Kalbcylinder faltet sich auf der Aussenseite dermassen, dass, die Schmelzfalten bei jüngeren Thieren selbstständige Nebenspitzen bilden, die erst bei voranschreitender Abkauung in Gebrauch kommen und mit der übrigen Zahnfläche sich in Verbindung setzen. Dies ist bei Cervus furcatus^ wie auch bei Dicrocerus elegans ausserordentlich karakteristisch und trennt die fossile Form von den lebenden. Meyer vergleicht dies annähernd mit Moschus, mehr noch als bei Moschus finde ich jedoch bei Cervus muntjac die Falten entwickelt, jedoch lange nicht in dem Maase als bei C.furcatus. Auf der Innenseite zeigen die Zähne einen Kragen von Schmelzwarzen, den ich jedoch ähnlich auch bei lebenden beobachte, am stärksten ist dieser Halskragen an den Zähnen von Sansan ausgebildet, die ich Herrn Lartet verdanke. Die vordere Hälfte der Backenzälme zeigt ähnliche Eigenthüm- lichkeiten, namentlich die 2 ersten Zähne, auf die Cuvier schon hinweist. Die zwei hinteren Zähne sind durchweg tiefer als breit*, * Unter der Breite des Zahns verstehe ich die Richtung von vorne nach hinten, unter der Tiefe die Richtung von aussen nach innen. — 123 — die 2 vorderen sind umgekehrt breiter als tief, ihre einfache, schneidende, Slappige Form Avar es, die Cuvier schon als Unterschied von bekannten, lebenden Wiederkäuern bezeichnete. Der 3te Backenzahn besteht aus 2 einfachen Halbmonden, der eine hinter dem andern. Die Eckzähne betreffend, hat unser Cervus furcatus 2 aus- gesprochene Alveolen am vordem Ende des maxillare, aus wel- chen die Zähne allerdings ausgefallen sind. Dagegen finden sie sich wohl vereinzelt. Aus dem ülraer Landschneckenkalk besitzen wir lange, gekrümmte Eckzähne mit schneidender Schärfe. Na- mentlich besitzt Hr. Finanzrath Eser ein Exemplar von 0,035 Länge und am breitetesten Theil von 0,009 Breite, gekrümmt wie ein Muntjac-Zahn und auf der Innenseite messerscharf. An Dorcatherium beschrieb Kaup schon längst Eckzähne, die weit aus dem Kiefer ragten. Sollte — was ich nicht zu entschei- den vermag aber mit andern vermuthe — dieses Thier doch blos 6 Backzähne haben und die Beobachtung eines 7ten Zahns etwa auf unregelmässigem Zalmwechsel oder auf Zählung eines stehen- gebliebenen Milchzahns oder dergleichen beruhen, so wird w^ohl dereinst auch Dorcatherium zur Gruppe unserer Wiederkäuer fallen und schliesslich die Hirsche mit den Gabel - Geweihen sich vereinigen lassen. Auffallend ist, dass L artet aufs Bestimmteste versichert, niemals Eckzähne bei Dicrocerus elegans gefunden zu haben, dagegen legt er solche der anderen Spezies von Sansan bei, die er früher Dicrocerus crassus jetzt nach Gray Hyaemo- schus crassus nennt. Diese Zähne sind die gleichen, wie sie bei uns sich finden: gekrümmt, sehr flach und nach hinten schnei- dend, lieber den Taf. II. Fig. 3. abgebildeten Eckzahn der grösseren Art siehe unten pag. 129. 6 Backenzähne, 4 Schneidezähne im Unterkiefer. Henselhat in seiner Abhandlung über den fossilen Muntjac aus Schlesien, die so viele schätzenswerthe Notizen enthält, bei der Untersuchung der Wiederkäuer auf die 3 ersten unteren Backen- zähne aufmerksam gemacht, in deren Beschaffenheit die wesent- lichen Arten -Unterschiede begründet seien. Wenn auch wogen der verschiedenen Stadien der Abnutzung es häufig sehr schwer — 124 — fällt, sich das richtige Bild von dem eben in Frage stehenden Zahn zn machen und die Form der Loben bei ein und derselben Art mit der Altersverschiedenheit wechselt, so unterliegt es doch keinem Zweifel, dass unter allen Zähnen des Ober- und Unter- kiefers die 3 ersten unteren Backenzähne bei der Artenbestimmung, die wichtigsten sind. Zu dem Ende habe ich im Anschluss an die von H e n s e 1 auf Taf. XI. loc. cit. abgebildeten Zähne in Fig. 13 und 14 die Zähne von Cervus mexicanus und Moschus moschiferus, die Hensel nicht beobachten konnte, zur Yergleichung abgebildet, dessgleichen ein von Hrn. L artet erhaltenes Stück Dicrocerus elegans von Sansan in Fig. 12., da die Abbildung Hensels auf Taf. XI., 9. undeutlich und unvollständig ist. Am Kieferstück eines jungen, im Zahnwechsel nahezu be- griffenen Individuums lassen sich Fig. 15. die Milchzähne be- obachten neben den theilweise schon herausgetretenen bleibenden Zahnkronen. Der Ite und 2te Milchzahn unterscheidet sich im Wesentlichen von dem Iten und 2ten bleibenden Backenzahn nicht. Jene sind nur um etwas kleiner und schmäler als diese, hier wie dort bleibt der Hauptkarakter : einfache, dreispitzige Zähne. Dagegen ist der dritte Milchbackenzahn ein durchaus anderer , als der 3te permanente, er ist aus zweimal drei Spitzen zusammen- gesetzt und sieht so dem letzten (6ten) permanenten Backenzahn ähnlich, mit dem einzigen Unterschied, dass am 6ten Backenzahn die 2 hinteren Spitzen die kleineren sind, an dem letzten Milch- backzahn dagegen die vorderen. Dadurch wird eine Vermitt- lung zwischen den Milchzähnen und den 3 allmählich heraus- wachsenden hinteren Backenzähnen hergestellt und beim Zahn- wechsel brechen hinter den Milchzähnen nacheinander hervor : Backenzahn 4. 5. 6. 1. 2, 3. Der 3te permanente Backenzahn ist der letzte, an Fig. 15. ist die Krone noch ganz zart, der Schmelz papierdünn , während 2 und 1 bereits fertig in der Zahnhöhle sitzen und der erste Backenzahn den ersten Milchzahn bereits in die Höhe zu schieben im Begriff steht. Der letzterscheinende 3te permanente Backenzahn ist es nun vor allen, der bei verschiedenen Arten Eigenthümlichkeiten zeigt. Seine Stellung zwischen den bei allen Arten verschiedenen verde- 125 ren und hinteren Backenzähnen lassen ihn bald den Typus der vorderen tragen (C muntjac)^ bald den der hinteren (C. virginianus). C. furcatus gehört zur ersteren Gruppe : hier zeigt der 3te Backen- zahn durch alle Stufen der Abnutzung den Karakter des 2. und 1. Backenzahns , d. h. er ist und bleibt einfach an seiner Basis Sspitzig im frischen Zustand, die 3 Spitzen schlagen nach innen Falten , die im frischen Zustand als isolirte Nebenspitzen, bei vorschreitondcr Abnutzung aber in Verbindung mit jenen mehr und mehr heraustreten , breiter und damit einfacher Averden. Taf. IL Fig. 9. gehört zu dem auf Taf. 1. abgebildeten schon sehr alten Individuum. Die Zahnreihe in Fig. IL, einem jünge- ren Thiere angehörig zeigt den Verlauf der von den 3 Spitzen des Zahns nach innen abzweigenden Falten sehr deutlich. Di- crocerus von Sansan ist vollständig vom gleichen Zahnbau, eine kleine Abweichung nur in der Grösse, die bei jedem Zahn etwa 1 MM. beträgt, um den Dicrocerus grösser ist als C. furcatus. Werfen wir einen kurzen Seitenblick auf lebende Formen, so lassen sich die Cariacus-Arten C. virginianus und C. mexicanus (Fig. 13.) an Zahn 1 und 2 von C. furcatus keine Abweichung beobachten, es sind einfache, Slobige Zähne, vom äusseren höhe- ren Zahnrand aus gehen nach innen Falten, die sich jedoch noch nicht isoliren, wie solches am 3ten Zahn der Fall wird. Dadurch verliert der 3te Backenzahn die Finfachheitdesersten und zweiten, die isolirten inneren Schmelzfalten machen ihn bei vorschreiten- der Abnutzung immer mehr zu einem deutlich doppelten Zahn, wie es die Zähne 4 — 6 sind. — Noch faltenreicher als Caria- <;us ist Moschus. Ein Blick auf Fig. 14 Moschus moschiferus Linne (aus Sibirien) lehrt die Abweichung von C. furcatus ebenso als von C-di'iacus. Schon die hintere Hälfte des 2ten Backzahns wird doppelt , beim dritten vollens sind ganz bestimmt innere und äussere Schmelzhügel getrennt. Es kann also in dieser Hin- sicht schon von einer Verwandtschaft der Typen keine Rede sein, worauf auch schon Quenstedt (Jahresheft VL pag. 179) auf- merksam machte. Eine Vergleichung mit C. muntjac von Tenasserim hat Hen- sel angestellt. Der Schädel unserer Sammlung gehört einem 126 jungen Individuum mit Milchzähnen an und eignet sich somit zu einer Vergleichung nicht. Hensel sagt vom 3ten Backenzahn, er könne gewissermassen nur als grössere Ausbildung des zweiten angesehen werden, während dieser wiederum in demselben Yer- hältniss zum ersten steht. Nach der Abbildung auf Taf. XL 8. isoliren sich schon ziemlich stark die inneren Zahnhügel von dem äusseren Schmelzblech , so dass ein Terfliessen der Falten erst bei weiterer Abnutzung stattfinden wird. Eine gewisse Aehnlich- heit mit C furcatus ebenso , als mit Dicrocerus lässt sich daher aus dem Gesagten gar nicht läugnen. lieber die übrigen Backenzähne ist wenig mehr zu sagen: Schmelzhöcker auf der Aussenseite des Zahns, je zwischen zwei Halbmonden, hommen trotz ihrer Lage an der Basis des Zahns bald zur Ankauung wie Fig. 11. zeigt. In ihrem sonstigen Bau stimmen die aller Wiederhäuer mit einander überein. Die Länge der vollständigen Reihe der 6 Backzähne misst bei:, ,. C. furcatus 0,070 Dicrocerus 0,078 C. virginianus 0,075 C. mexicanus 0,077 Moschus 0,045 Muntjac 0,065 Schliesslich ein Blick auf die Zahnlücke und die Schnei- dezähne. Erstere misst 0,045, also zwei Drittheile der Backen- zahnreihe, AehnUch bei dem virginischen und mexikanischen Hirsch. Das starke Foramen unter dem ersten Backenzahn an Fig. 9. scheint individuell zu sein. Die Schneidezähne sind ganz von der Grösse und Gestalt des virginischen Hirsches, der erste ist breit und stark, die 3 anderen schmal und schlank. 4. Rumpf und Extremitäten. Rumpf und Extremitäten des auf Taf. I. abgebildeten C furcatus bedürfen kaum einer eingehenden Beschreibung, Die Lage von Kopf und Wirbelsäule, deren Krümmung, sowie die Biegung der Kniee ist die eines gefallenen Thieres. Der Cada- ver lag auf der rechten Seite, so dass linker Vorder- und Hinter- — 127 — fiiss oben zu liegen kamen. Vom rechten Yorderfuss sielit man die' scapula, über welcher die darauf liegende Wirbelsäule weg- gebrochen ist , Brüchstücke und Eindrücke des Oberarms sind noch sichtbar, das Uebrige versteckt sich in dem Gestein, ebenso ist der ganze rechte Hinterfuss und ein Theil des Beckens der Beobachtung entzogen. Die 6 ersten Halswirbel liegen klar und gut erhalten vor , dagegen haben Rücken- , Lenden- und Schwanz- Wirbel sehr Noth gelitten, Wirbel-Körper wie Fortsätze sind abgeschiefert und ein wahres noli me tangere. Besser sind die Extremitäten erhalten. Die Länge der einzelnen Knochen differirt kaum um einige Millimeter von den Knochen des C. vir- ghiicmus, die Knochen selbst zeigen nichts Autfälliges. Im Allge- meinen sind sie noch schlanker und feiner als beim virginischen Hirsch, sowohl die Handwurzelknochen als der Mittelhan dknochen. Ulna und radius sind fest mit einander verwachsen. An den Condylen des metacarpiis sitzen noch zierliche Sesam-Beine (Taf. H. Fig. 17.). Unter allen Knochen sind die Sprungbeine die häufigsten; ausser dem vollständig erhaltenen Hinterfuss liegen 22 Stück astragalus von Steinheim vor mir, sämmtlich an Grösse und Gestalt sich gleich, d. h. um nicht mehr als einige Millimeter von einanden abweichend. Fig. 16. ist der linke astragalus un- seres vollständigen Thieres von der Vorderseite aufgenommen, er misst 0,030 in der Länge, 0,020 über die Rolle zum scaphoi- deum. Die Sprungbeine des Dicrocei^us elegans von Sansan, die mir zu Gebot stehen, sind um 2 — 3 Mm. stärker. Auf die starke Rinne am metatarsus , die bei C. virginianiis schon vorhanden, bei C. furcatus noch ausgeprägter ist, hat schon Jäger 1. c. pag. 62 aufmerksam gemacht. Fig. 17. zeigt noch die zierlichen Ne- benzehen am metatarsus , ganz auf die gleiche Weise wie sie unser Skelett vom virginischen Hirsche hat. Auch die Zehen und Fussknochen zeigen keinerlei Abweichung. Schliesslich die Frage nach der Nomenclatur! Wir haben den Gattungsnamen Cervus gewählt, gegen den keinerlei Einwen- dung erhoben werden kann. Verlaugte man die Nennung eines Untergenus, so könnte man ohne allen Anstand Cervulus Bl. setzen. Die Diagnose stimmt , so weit überhaupt bei Fossilen, — 128 — die nur Skelett-Reste aufzuweisen im Stande sind, es stimmen kann. „Cornua parva simplicia, aut propugnaculo brevissimo in- structa, cerasphoriis longis imposita , dentes laniarii in utroque sexu, marium exserti etc." Ogilby's Prox und H. Smith's Styloceros sind spätere Namen für das gleiche Untergenus. Sollte ein neuer Genusname gegeben werden, so wäre Dremotherium Greoffroy St. Hilaire der älteste und dem H. v. Meyer'schen Palaeorneryx vorzuziehen. Es ist aber aus dem Vorstehenden wohl Jedem einleuchtend, dass unter ein so weit umfassendes Genus wie Cervus , in das zwei so verschiedene Thiere wie Renn- thier und Muntjac fallen, mit gleichem, ja noch mit mehr Recht, der Hirsch von Steinheim gezählt werden darf. Unter den Species-Namen ist Hensels Name: furcatus der beste. Um Priorität kann es sich bei der Mangelhaftigkeit der bisherigen Erfunde und der Beschreibung nicht liandeln. Syno- nyme wage ich nicht zu geben. Sehr wahrscheinlich ist es jedoch, dass Cuviers Hirsch von Montabusard, Kaup's Dorcatherhun Nau% V. Meyer's Palaeorneryx Bclieuchzeri , Lartets Dicrocerus crassus oder Hyaemoschus, Hensels Prox furcatus theilweise ein und dasselbe bezeichnen wollen. B. Die grössere Art. Ausser Cervus furcatus bietet das Tertiär von Steinheim noch einen 2ten Hirsch, mehr als noch einmal so gross, denn jener, nacji den bisher gefundenen Resten in Bildung des Zahn- systems mit furcatus tibereinstimmend , sonst aber wegen mangel- hafter Erfunde zur Beschreibung wenig geeignet. Das Vollstän- digste was wir von diesem grossen Hirsch besitzen ist derinTaf. II. Fig. 1. abgebildete linke Unterkiefer mit tadelloser Zahn- reihe. Alle Verhältnisse des (7. furcatus , die Faltung der Schmelzbleche , die Isolirung der Schmelzhöcker und die ganze Art der Abnutzung sind bei dieser Art stark und um das Dop- pelte vergrössert wiedergegeben. Namentlich zeigt der 3te Backen- zahn auf den, wie wir oben sahen, am meisten Gewicht zu legen ist, denselben einfachen Karakter und dieselbe Art der Faltung, wie der 2te und Ite Zahn , anschliessend an das Verhalten bei — 129 — C. furcatus. Die 6 Zähne messen hier 0,146 , bei C. furcatut 0,070. Die Ansicht von oben Fig. 7. lässt an diesen 3 zusam- mengehörigen Zähnen die Art der Faltung vortrefflich sehen. An Grösse übertrifft dieser Hirsch den Edelhirsch noch namhaft, denn die Zahnreihe des letzteren misst nur 0,120, ebenso ist er um ein Namhaftes grösser als Palaeom. Bojani H. v. Meyer von Georgensgmünd, dessen letzter Zahn 0,023 misst, während der entsprechende Steinheimer 0,037 beträgt. Ob der Fig. 3 abgebildete Eckzahn, der lose gefunden wurde und beim Ausgraben sehr Noth litt, wirklich zu diesem grossen Hirsche gehört, ist nicht sicher. Diese Art dünnen, feinen Schmelzes, diese flache gedrückte Form lassen den Zahn kaum einem andern Thiere zuschreiben. Wie es mit dem Geweih steht, darüber haben wir leider keinerlei Anhaltspunkt. Da können nur weitere Erfunde das Richtige lehren! Eben so können die Schneidezähne Fig. 4. 5. 6. kaum einem andeni Thiere angehören. Gleichfalls entspricht der astragalus Fig. 8, der 7 Centimeter misst, ebenso der Grösse des Unterkiefers, als der astragalus Fig. 16 dem Unterkiefer des C. furcatus. Der Blick auf die Literatur hat uns gezeigt, dass die grosse Art Hirsche, welche an vielen verschiedenen Orten zugleich iiiit C. furcatus gefunden wird , von vielen Autoren mit C. elaphas verglichen worden ist. Davon ist nun natürlich keine Rede, ebensowenig passt aber auch eine der sonst beschriebenen Grös- sen und nennen wir es vorlüufig C. pseudoelaphus. Anhangsweise erwähnen wir noch der zu den grössten Selten- heiten gehörigen Carni vor en. Das unter Fig. 18, a. b. abgebildete Kieierstück mit 3 Zähnen ist der einzige Rest eines Fleischfressers, der mir seit 6 Jahren begegnet ist. Bei Vergleichung mit leben- den Formen bietet die krallenlose Fischotter des Caplandes Lutra inunguis Cuv. am meisten Anhaltspunkte. An dem Stück ist sicht- bar 1) die Alveole zu einem starken Eckzahn, welche bis zum 3ten Lückenzahn zurückgreift, und den ersten vollständig ver- drängt hat, dass nur noch dessen verwachsene Alveole sichtbar ist ; 2) Lückenzähne : der erste verkümmerte augenscheinlich neben Württemb. naturw. Jahreshefte. 1862. 2s Heft. 9 -- 130 — dem Eckzahn, der 2te misst an der Basis 0,007, der 3te 0,009, die schlanken, etwas rückwärts gebogenen Spitzen sind an der Basis von einem sehr ausgesprochenen Halskragen eingefasst. Mit Lutra verglichen stimmt die schlanke Form mehr mit L, vulgarü als mit L. inunguis, die Zähne übertreffen aber jene wie diese Species an Grösse; 3) der Fleischzahn besteht aus 3 Stücken, aus der 2spitzi- gen Aussenseite des Zahns und dem innern Ansatz. Letzterer ist nur mit der vorderen Zahnspitze verwachsen, während die hintere isolirt bleibt. Dieses ist mehr Mephitis Charakter als Lutra eigen, an welch letzterer der innere Ansatz sich an die ganz breite Seite des Fleischzahns anschliesst. 4) Vom Kauzahn ist nur eine Spur der Alveolen noch vorhanden. Aus diesem Stück kann begreiflich nicht viel gemacht werden. Ich führe es indess als Palaeomephitis Jaegeri an, indem Jäger in seinen Säugethieren II., pag. 78, Taf. X, 7. 8 das Geschlecht auf Grund eines Schädel- stückes aufgestellt hat. Unsere Zähne setzen eine grössere Art, als Palaeomepliitis Steinheijnensis war, voraus, was eine Vergleichung von Schädel und Zahnreihe der Lutra lehrt. Hr. Finanzrath Es er besitzt noch ein spitzes, schlankes Schneidezähnchen, das wohl keinem andern Thiere angehörte und nach Form und Grösse passt. Endlich zeigt Fig. 19 den Unterkiefer einer Maus, die den Resten nach zu urtheilen, nicht selten war. Wenigstens liegen 4 Unterkiefer mit vollständiger Zahnreihe vor. Es stecken in demselben ausser dem Schneidezahn 4 Backenzähne, die aus ein- zelnen Schmelzpfeilern zusammengesetzt sind, von welchen nur der erste vordere Backzahn eine complicirte wellige Faltung zeigt, die übrigen comprimirte rhombische Falten zeigen. An lebende Formen gehalten stehen sie den Chincliillen Südamerika's am nächsten. Aehnliche Formen beschreibt _ Gervais aus den Süd- wassermergeln von Jssoire als Archaeomys Laurillardi. Yielleicht gehört der Abdruck eines Schneidezahns, den Jäger einem Palaeotragus Steinheimensis zuschreibt , unserer Art an. Um mehr darüber sagen zu können , haben wir auch hier noch bessere Er- funde abzuwarten. 131 Ausser den genannten Säugethierresten warten noch 2 Formen von Rhinoceros oder Aceratherium , von denen das eine entschieden Rh. incisivus ist, das andere minutiis Cuv. oder Steinheimensis Jaeger einer näheren Untersuchung, die jedoch vor der Hand wegen mangelhaften Materials unmöglich ist. Erklärung der Tafeln. Taf. I. Cervus furcatiis. 1/3 der natürlichen Grösse. Das Thier liegt auf der rechten Seite, wesshalb nur die linken Extremitäten sichtbar sind. Taf. n. Fig. 1. Cervus pseudoelap?ius linker Unterkiefer mit vollstän- diger Zahnreihe. „ 2. C. furcatus , linkes Geweih. „ 3. C, pseudoelaphus , zweifelhafter Eckzahn. „ 4 — 6. derselbe, Schneidezähne, „ 7. Ders., die 3 ersten Backenzähne von oben. „ 8. Ders., linker astragalus, „ 9. C, furcatus , vollst. Unterkiefer des Taf. I. abgebildeten Individuums. „ 10. Ders. , Geweih eines jüngeren Thiers. „ 11. Ders., Zahnreihe im Unterkiefer von einem jüngeren Thier. „ 12. D^crocents eZe^a>2s von Sans an, 3 ersten unteren Backen- zähne. ,, 13. Cervus mexicanus, dieselben. ,, 14. Moschus moschiferus, dieselben. „ 15. C, furcatus, Milchzahnreihe. ,, 16. Ders., linker astragalus. „ 17. Ders., [metatarsus, Unterende mit den rudimentären Nebenzehen. „ 18. a. b. Pdlaeomephitis Jaegeri. obere Backenzähne. ,, 19. Archaeomys Steinheimensis, Unterkiefer. 4. lieber das Gift des Erd-Salamanders. Von Oberamtsarzt Dr. Finckli in Urach. Der gefleckte Erdsalamander oder Regenmolch fSalamandra maculosa Laur.J wurde im Alterthum, z. B. von Plinius, für aus- serordentlich giftig gehalten, während die Neueren ihm giftige Eigenschaften ganz oder beinahe ganz absprechen. So heisst es in dem Verzeichniss der Reptilien Württembergs im Jahrgang 1847 dieser Jahreshefte, S. 203, der Salamander sei ein harm- loses, weder giftiges noch sonst schädliches Thier. Andere Schrift- steller der neueren Zeit gestehen dem Milchsaft aus der Parotis und den Hautdrüsen des Salamanders giftige Wirkungen zu, wenig- stens in Beziehung auf Eidechsen , kleinere Vögel, Mäuse u. s. w. Nach neueren Untersuchungen der Franzosen Gratiolet und Cloez (Comptes rendus hebd. de FAcad. de sc. tom. XXXIV, p. 729) reagirt jener Saft sauer, schmeckt widrig bitter, wirkt aber örtlich nicht scharf reizend, wie Manche annehmen. Sie vergleichen die Wirkung dieses Saftes mit schwachem Schlangen- gift und fanden, dass dieser Saft, directer ins Blut gelangt, kleinere Vögel, Eidechsen, Mäuse u. s. w. unter Convulsionen tödte. Dass aber dieser Saft auch grösseren Thieren tödtlich sein kann, beweist nachstehender Fall. Im Mai v. J. , an einem warmen Abend, traf eine Viertel- stunde von Urach ein hellbrauner, kräftiger, lOjähriger Penscher- hund auf einen etwa 6 Zoll langen Regenmolch , bellte ihn zuerst an, biss ihn dann in den Kopf und nahm ihn ins Maul. Auf Geheiss seines Herrn Hess er den Molch wieder fahren, packte ihn aber aufs Neue und so einigemal. Hiebei wurde der Molch über und über weiss von ausgeschwitztem Schaum , der auch dem — 133 — Hund am Maul hängen blieb. Nachdem der Hund den Molch das letztemal gepackt hatte, lief er noch eine kleine Strecke mit, seinem Herrn fort und fing dann an, mit den Kinnladen Bewe- gungen zu machen, wie wenn er etwas Widriges aus dem Maul entfernen wollte; bald darauf taumelte er wie berauscht, wankte auf den Füssen, und während er die genannten Kaubewegungen fortsetzte, erfolgte ein heftiges Erbrechen einer weissen, schau- migen Flüssigkeit. Darauf fing er an mit den Füssen zu scharren, schien nicht mehr recht zu sehen , legte sich auf den Rücken und bekam heftige clonische Krämpfe, wobei die Augäpfel weit her- vorgetrieben wurden und worauf der Tod eintrat, nachdem die ganze Scene kaum eine halbe Stunde gedauert hatte. Bei der 14 Stunden nachher vorgenommenen Section war der Leichnam im Zustand der Erstarrung, ohne alle Fäulnissspuren. Die Schleimhaut des Mauls, der Zunge, der Nase zeigte nichts abnormes; sie war blass, doch nicht weiss, nirgends entzündet, erweicht oder abgelöst. Eine Verletzung an diesen Theilen war nicht wahrzunehmen. Die Lungen waren normal , auf der Schnitt- fläche hellroth, ohne Inhalt. Die rechte Herzhälfte enthielt weiche, schwarze ßlutgerinsel ; die Consistenz des Herzens war normal. Die grossen Venen in der Brusthöhle enthielten schwar- zes, dünnflüssiges Blut. Der rechte Leberlappen war abnorm fest (der Hund hatte ein Jahr vorher eine Leberkrankheit ge- habt); die Gallenblase war voll; der Magen halb voll von Wasser und Speiseresten; die Schleimhaut des Magens war blass, nur gegen den Pylorus hin waren einige kleine Stellen über den Wandungen der Blutgefässe des Magens unabwaschbar geröthet; die Schleimhaut des Dünndarms war blass, die Harnblase zusam- mengezogen. Sonst nichts abnormes. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass der Hund, der zu- vor ganz munter und gesund gewesen war und nach so kurzer Zeit verendete, durch den Salamander seinen Tod gefunden hat und es beweist dieser Fall, dass der weisse Schaum, den die Salamander in gereiztem Zustand aus ihren Hautdrüsen aus- schwitzen, ein wirkliches Gift ist, nicht bloss, wie Oken u. A. glauben, eine scharfe, aber sonst ungiftige Flüssigkeit, die hoch- — 134 — stens eine Darmentzündung bewirken könne; eine Ansicht, die durch obigen Fall widerlegt wird, sofern der Tod des Hunds ausserordentlich bald erfolgte und die Schleimhäute des Munds, des Magens und Darms unversehrt gefunden wurden. Die kleinen rothen Stellen an der Magenschleimhaut in der Nähe des Pylorus können, da der Magen halb voll von Flüssig- keit war, nicht durch jenen Milchsaft verursacht worden sein. Der Saft wirkte also hier nicht als ein blosses Acre, sondern als wahres Gift, das durch die Schnelligkeit und Art seiner Wirkung den Cyanverbindungen und den Strychneen ähnlich ist, welche vorzugsweise auf die vorderen Bündel des Rückenmarks wirken und daher Krämpfe und Lähmungen hervorbringen. Mit dem Secret der Salamander stimmt das der Kröten über- ein und es ergiesst sich dasselbe hier wie dort nicht bloss aus den Hautdrüsen, sondern auch aus der Ohrspeicheldrüse (Parotis), von welcher bei jenen Thieren kein Kanal in die Mundhöhle, sondern zahlreiche feine Oeffnungen durch die Haut nach aussen gehen. 5. lieber die bedeutende Verunreinig-ung- der städti- schen Kohlenstadelquelle zu Ulm und die Entfer- nung* des Uebelstandes. Yom Ingenieur und Geologen Dr. Bruckmann in Stuttgart. Die Stadtgemeinde Ulm beabsichtigt seit einigen Jahren eine Restaurirung, resp. Umgestaltung ihrer Brunnenwerke nach besserem und einfacherem Systeme vorzunehmen und hat zu diesem Zwecke schon mehrere Gutachten von in- und ausländischen Ingenieuren, in neuester Zeit auch von mir eingefordert. Meine Aufgabe bestand hauptsächlich darin, Vorschläge für Gewinnung weiteren reinen und gesunden Trinkwassers zu machen, damit man nicht mehr in den Fall komme , das Quellwasser der Brunnenwerke zu gewissen Zeiten mit Blauwasser (Stadtgrabenwasser, Wasser des Flusses „Blau") vermischen zu müssen und ich habe nach vorgenommener geognostisch-hydrographischer Untersuchung der dortigen Gegend meine Vorschläge in einer ausführlichen Relation vom 30. Dec. 1858 niedergelegt, Das Wesentlichste derselben ist in Nro. 17 der Schwäbischen Kronik vom 21. Januar 1859 in Kürze, aber richtig aufgefasst, publicirt worden, und ich verweise auf diese Darstellung, um zeitraubenden Schilderungen zu entgehen. Das Quellwasser der Ulmer Brunnenwerke hat seinen Sitz im Diluvium (Sand, Kies, Gerolle), welches auf Krebsscheren- kalk (weissem Jura z Quenstedt) abgelagert ist, worunter der Korallenkalk (weisse Jura g) folgt. Die Quellen der Anhöhen in der nächsten Umgegend Ulms: Braunland, Alber, Albecker Steige, Michelsberg (Ruhethalrevier) und Kuhberg, entspringen — 136 — aus miocenen Süsswassermergeln nebst Kalkbänken , die den Krebsscherenkalk überlagern — einer Formation, welche, wie die Lettenkohle zwischen Keuper und Muschelkalk, und das Dilu- vium mancher Thalgründe, zu den quellenreichsten des ganzen Königreiches gehört *. Vor allen Dingen und ehe an die projectirte Umgestaltung der Brunnenwerke geschritten werden wollte und konnte , lag die Ab- sicht zu Grunde, sich des benöthigten Quantums guten Quell- wassers zu vergewissern, wozu ich die erforderlichen Vorschläge und Berechnungen in meiner Relation vom 30. December 1858 aufgestellt hatte, und es wurden zur Erreichung dieses Zweckes bereits einleitende Schritte- gethan. Da theilte mir am 21. Oct. 1860 Stadtbaumeister Schmid von Ulm, während ich noch in Heilbronn mit Vollendung eines artesischen Brunnens beschäftigt war**, aus Auftrag der städtischen Collegien mit, dass auf ganz unerwartete Weise die Kohlenstadelquelle seit kurzem durch seit- liche Einbrüche auf sehr bedenkliche Weise verunreiniget worden sei, indem er mir gleichzeitig ein Fläschchen voll von diesem Wasser einhändigte, welches eine trübe, schmutzige Farbe und einen ekelhaften Geruch hatte. — Ein sehr fatales Intermezzo für die bevorstehende Restaurirung der Brunnenwerke! Ehe ich mich über die Frage, wie dem grossen Uebelstande abzuhelfen sei, aussprechen konnte, — die Kohlenstadelquelle speist nämlich mehrere öffentliche laufende Brunnen und liefert etlichen * S. meine Schrift: .,Die denkwürdigen artesischen Brunnen zu Oberdischingen in Württemberg, in geognostisch- hydrographischer und constructiver Beziehung. Mit einer Steintafei. Heilbronn am Neckar. J. D. Classische Buchhandlung. 1836." ** S. Seite 57 — 58 meiner Schrift: ,,Die neuesten artesischen Brun- nen in der Gustav Schäuffelen'schen Papierfabrik zu Heilbronn, die alten Bohrbrunnen und der Kirchbrunnen dieser Stadt; die neue Brunnenstube zu Bönnigheim und ein Beitrag zur Kenntniss der Lettenkohlenformation des Württembergischen Unterlandes , nebst Schilderung des wieder er- schlossenen Murenbrunnens über dem Hauensteintunnel. Mit einer lith. Tafel. Stuttgart, E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung und Buch- druckerei. 1861." — 137 — Bierbrauereien das Wasser — hielt ich zuvörderst eine chemische Untersuchung des Wassers für absolut nothwendig, wandte mich zu diesem Behufe an meinen Freund, Chemiker Ignaz Halb- reiter, und es haben sich folgende Resultate ergeben: I. Das ab filtrirte Wasser unterscheidet sich von anderen guten Brunnenwassern nur dadurch, dass es Ammoniaksalze und harnsaure Salze aufgelöst enthält. Das Wasser aus dem mir überreichten Fläschchen zeigte eine saure Reaction, welche sich aber nach kurzem Stehen an der Luft in eine schwach alkj^lische umwandelte, wie diess besonders beim Harn der Fall ist, — ein Beweis, dass stickstoffhaltige organische Substanzen mit dem Wasser in Berührung kommen. Andere Verunreinigungen durch Metalle etc. waren nicht nachzuweisen, bei längerem Stehen und höherer Temperatur bildeten sich jedoch Spuren von Schwefel- wasserstoff und Schwefelwasserstoffammon, welch' beide Gase haupt- sächlich den Übeln Geruch des Wassers bedingen und einge- athmet, höchst nachtheilig für die Gesundheit sind, indem sie zersetzend auf das Blut einwirken. Ammoniaksalze zersetzen ferner das Bier und bringen es zum Umschlagen. H. Der auf dem Filter befindliche Rückstand wurde mit dem Mikroskope geprüft. Er wurde zusammengesetzt gefunden aus Pflanzen niederer Art, nämlich Algen, und Theilen thierischer Excremente von Pflanzenfressern, wie es scheint vorherrschend von Menschen und Pferden. Die fraglichen Algen entstehen in dem unreinen verdorbenen Wasser, sind also im vorliegenden Falle als eine secundäre Bildung anzusehen. Diese beiden Untersuchungen zeigten deutlich, dass die Ver- unreinigung der Kohlenstadelquelle bewirkt wird durch den Ein- fluss aus nicht wasserdichten Abtrittgruben , Güllenlöchern von Ställen , oder Dunglegen , oder durch ein in der Nähe befindUches Wasser, in welches anhaltend unreine Flüssigkeiten geschüttet werden. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass das unreine Wasser aus einem Sumpfe kommt , weil wegen Mangels an Stickstoff sich keine Ammoniaksalze bilden könnten, vorausgesetzt, dass nicht Unreinigkeiten, z. B. Urin und thierische Abfälle continuirlich und in Menge hineingeführt würden. 138 Diess mein erster Blick in die Katastrophe, so weit er, vom Schauplatze derselben entfernt, in sie geworfen werden konnte. Vom Stadtschultheissenamte dringend aufgefordert, begab ich mich, sobald ich konnte, nach Ulm, um den Sachverhalt an Ort und Stelle zu prüfen und Vorkehrungen zur Abhülfe des einge- tretenen Uebelstandes zu treffen, denn die städtischen Collegien und speciell deren Vorstand, Stadtschultheiss Schuster nahmen es sich sehr zu Herzen, dem grossen Missstande mit allen nur zu Gebote stehenden Mitteln zu begegnen und die seit langer Zeit in Anwendung befindliche, werthvolle und reichhaltige Kohleustadel- quelle guten Wassers, wenn nur immer möglich, auch für die Zukunft zu retten, d. h. zu ihrer ursprünglichen Reinheit und Güte zurückzuführen. Anfangs November 1860 in Ulm eingetrolien (früher dahin zu reisen war mir wegen meiner laufenden Geschäfte in Heil- bronn leider unmöglich), erfuhr ich, dass sich bereits auch die Apotheker Dr. Gustav Leube und J. G. Kissling mit Unter- suchung des verdorbenen Wassers der Kohlenstadelquelle be- schäftiget hatten. Sie sind, nach ihrem Berichte vom 16. Nov. desselben Jahres, im Wesentlichen zu den gleichen Ergebnissen ge- langt, wie die vorgeschildesten. Kissling hatte schon eine Partie -des fraglichen schlechten Wassers nebst Algen an Pro- fessor Dr. Hugo von Mo hl in Tübingen geschickt, welcher ihm darüber am 21. October 1860 folgende interessante Worte zugehen liess: „Ich habe die Substanzen, welche in dem mir übergebeneu Wasser aus den Ulmer Brunnenleitungen enthalten waren, mikro- skopisch untersucht. Die Hauptsache besteht aus Leptomitus lac- teus Äg. (Co7iferva lactea Roth). Diese Pflanze wird zwar unter den Algen aufgeführt, ist aber wohl gewiss keine solche, sondern besteht sicher aus Schimmelfäden , die sich im Wasser , als einem ihnen nicht zusagenden Medium , auf anomale Weise ent- wickeln und nicht zur Fructification gelangen. Aehnliche Pflan- zen, die ebenfalls zu Leptomitus- AxXtn erhoben wurden, bilden sich nicht selten in den Apotheken in verdorbenen destillirten — 139 — Wassern u. s. w. , kurz , wo organische Substanzen im Wasser in Zersetzung übergehen." „In diesen Leptomitaceen des Ulmer Wassers fanden sich nun nebenbei Unreinigkeiten aller Art: Fäden von Baumwolle, Flachs, Wolle, Infusorien aller Art in Menge, Diatomeen, wie sie in sumpfigen Gruben vorkommen." „Das Wasser ist also in hohem Grade unrein , mit faulenden organischen Substanzen geraengt , stammt wahrscheinlich zum Theile aus Sumpfgruben. Eine solche ekelhafte und abscheuliche Unreinlichkeit ist mir noch nie in einem Brunnenwasser vorge- kommen. Sie ist nur aus der Annahme zu erklären, dass die Ulmer Wasserleitung an grossen Gebrechen leidet und gegen das Eindringen von schlechtem Wasser nicht geschützt ist." Das Quellwasser des Kohlenstadels wird , wie das der übrigen öffentlichen Brunnen, mittels eines Saug- und Druckwerkes ge- hoben und so in den betreffenden Wa^erleitungsröhren den Brun- nen zugeführt. Dr. Gustav Leube hat theils vor meinem Ein- treffen in Ulm, theils wähi-end meines dortigen Aufenthaltes das verdorbene Kohlenstadelwasser, wie auch das Wasser einiger nach- barlichen Pumpbrunnen (Militärspital und Spediteur Kielmann etc.) mehrfach untersucht und ich habe u. a. nachstehende Notiz, d, d. Ulm, 16. November 1860, von ihm in Händen: „Am 17. October 1860 wurden mir zwei Bouteillen Wassers vom Kohlenstadelbrunnenwerke zur chemischen Untersuchung übergeben, da am Kessel und in den Röhren sich kryp togamische Gebilde gezeigt hatten (Leptomitus lacteus oder Corferva lactea). Es war die Untersuchung eine nur qualitative , da es sich nur darum ge- handelt hatte, ob überhaupt fremde Bestandtheile im Wasser ent- halten sind. Es fand sich eine nicht unbeträchtliche Menge thi e- rischer Substanzen." Ferner händigte er mir folgende Zusammenstellung seiner Analysen ein: 140 Bestandtheile 1860. in 1 Schoppen Wasser Vorkommen des Wassers. in Granen. § ffl II 'S ^ CS CO Octbr. 26. No. 1. Aus der unteren Quelle des Kohlen- stadelbrunnenwerkes V2 3 3V2 rt ti No. 2. Vom Cylinder des KoWenstadels . 53/4 3 83/, n p No. 3. Vom Kessel des Kohlenstadels . . 6V2 4 10V2 n w No. 4. Vom Hahnen am Graben .... 4 3 7 n II No. b. Von der breiten Stiege .... 3 3V8 6V8 n II No. ß. Aus der untern Quelle im Kohlen- stadel 3/4 3V2 41/4 Novbn 8. No. 1. Quelle im Kohlenstadel bei Zufluss Yon Blauwasser 1 32/3 42/3 it II No. 2. Dessgleichen, eine andere Stelle . V2 3 3V2 " 12. Quelle Tom Kohlenstadel bei grossem Zu- fluss von Blauwasser V5 IV5 2V5 tt II Wasser des Pumpbrunnens im Militärspital e V2 3 3V2 it II Dessgleichen bei Spediteur Kielmann's Haus V5 4V2 42/5 it II Blauwasser Yor der Falle am Kohlenstadel- brunnenwerke Vs IVs 13/4 Ausser der kleinen Menge thierischer Stoffe kein Salpeter, nichts Metallisches etc. Die Verdünnung der organischen Stoffe = 53,760 fach. n 14. Wasser aus einem 16 ' tiefen Schachte, wel- cher durch Dr. Bruckmann, dem Koh- lenstadelwerke gegenüber, am linken Ufer des Stadtgrabens im Kiese abge- teuft "worden ist V2 2V2 3 — 141 — Da es nach meinen sämmtlichen Forschungen und Nachwei- sungen ausser allen Zweifel gesetzt war , dass die Verunreinigung der Kohlenstadelquelle nur durch Einflüsse aus Abtrittgruben (Cloaken), Güllenlöchern und Dunggruben herbeigeführt wurde, so ist es wesentlich, zu bemerken, dass zu Ulm, wie in einigen anderen Orten Oborschwabens seit langer Zeit der Gebrauch be- steht, die Abtrittgruben — oft weit und tief — als Senkgruben meist mit Trockengemäuer zu behandeln , und mit keinem wasser- dichten Boden zu versehen; ja, die Sohle dieser Gruben, welche wie die Pumpbrunnen der Stadt sämmtlich im Diluvium (Sand und Kiese) angelegt sind , hat gar keinen künstlichen Boden , son- dern besteht fast durchgängig nur aus dem dort abgelagerten Sande und Kiese, der in grössere Tiefe niedersetzt und dem Flui- dum (Urin) das Niedersinken gestattet, insofern nicht die nach unten abgelagerten festeren Substanzen (Excremente), welche sich mit der Zeit in eine Art Moder umwandeln , bei ihrer allmähligen Anhäufung den flüssigeren einen Damm entgegensetzen. Es gehen oft viele Jahre dahin, bis solche Abtrittgruben gereiniget, d. h. von ihrem Inhalte befreit werden , und der Bildung solcher natür- licher Dämme ist es allein zuzuschreiben , dass nicht schon früher eine Verunreinigung der öffentlichen Brunnenquellen überhaupt und eine sehr merkbare Infection aller Pumpbrunnen in der Stadt erfolgte. Nun zur weiteren Schilderung meiner Detailerhebungen au Ort und Stelle, wobei ich rein Technisches möglichst umgehe, als nicht für die Hefte des Vereines sich eignend. Am 8. November 1860, nachdem das Wasser im Quellen- schachte des Kohlenstadelwerkes durch angestrengtes Auspumpen tief genug niedergehalten war, untersuchte ich denselben in Gegen- wart des Stadtschultheissen Schuster und Stadtbaumeisters Schmid, und fand, dass das schmutzige Wasser tief unten an zwei Stellen aus Sand und Kies von einer Schachtseite her lebhaft einströmte. Warum aber gerade jetzt dieser fatale Einbruch und früher nie? Diese Frage beantworte ich wie folgt: Im Laufe der Zeit entstand in Folge der nicht wasserhaltigen Abtrittgruben im engen Sinne des Wortes „Senkgrubeu" eine — 142 — Schwängerung der die Kohlenstadelquelle umgebenden Kiesmasse mit unreinen Stoffen bis auf eine gewisse Tiefe hinab, wohl zu- erst veranlasst durch einige ungewöhnlich tiefe Gruben in diesem Reviere, und hierzu gesellte sich der sehr bemerkenswerthe Um- stand, dass der Wasserspiegel der fraglichen Quelleuregion seit kurzem so hoch angestiegen war, wie in vielen Jahren nicht, wodurch das Wasser Gelegenheit fand, die von Unrath erfüllte Terrainmasse zu erweichen , zu bespülen und von einigen nachbarlichen Senkgruben aus zum Einbrüche nach der Brunnen- stube (Quellenschacht) zu bringen. Nach meiner Messung am 17. November 1860 betrug die Wasserhöhe in letzterer 6' 5" 5'", während sie sich in trockenen Jahrgängen nur auf 2', in mittleren aber höchstens auf 3 bis 31/2' gestaltet; der städtische Brunnen- meister erinnerte sich, noch nie einen so hohen Wasserstand wahrgenommen zu haben wie damals ; — ich finde letzteren durch den sehr regnerischen Sommer des Jahres 1860 bedingt, welcher eine wesentliche Vermehrung des Diluvial wassers überhaupt creirte und dadurch die successive Ansteigung des Wasserspiegels der allgemeinen Quelleuregion ins Leben rief. Die Algen (Leptomitus lacteus) bildeten sich namentlich oben im Kessel des Brunnenhauses und in einer provisorisch zum Ab- flüsse des verdorbenen Wassers nach aussen gerichteten hölzernen Rinne aus, ihre Vermehrung ging ins Ungeheure und sie gaben zu vorübergehender Verstopfung der Teichel Veranlassung. Sie setzten sich schleimartig an, erreichten höchstens die Grösse eines Taubeneies bis kleinen Kinderballes , zeigten im frischen Zustande eine weissliche ins bräunlichgraue spielende Farbe, an ihren An- wachsstellen aber eine rostgelbe bis roströthliche und sahen wie Wurzelknollen, blaseuähnlich aufgetrieben aus. Nach einigen Tagen lösten sie sich von selbst ab, wurden aber stets wieder durch Nachwuchs massenhaft erneuert, und. der Luft ausgesetzt, schrumpften sie bald ein, während sie durch Ofenwärme getrock- net (wozu jeweils ein Paar Tage erforderlich waren) zu Papier- dünne zusammenfielen und dann eine grünlichgelbbraune Farbe annahmen unter Fntwickelung und Beibehaltung eines sehr ekel- haften Geruches. Eine Platte voll dieser Algen, welche ich im • — 143 — November 1860 in Ulm trocknete und in einer Schachtel aufbe- wahrte, verräth diesen eigentlichen Abtrittgeruch bis zur Stunde (Februar 1862) noch. Ich Hess einmal zur Zeit meines Aufent- haltes in Ulm, (November und Dezember 1860) auf dem Münster- platze den Hahnen eines Theilkastens der Wasserleitung heraus- nehmen, um die Röhren auszuspülen und ein Bild über die Ansammlung der Algen zu bekommen : in wenigen Minuten wurden Tausende derselben mit Ungestüm im Geleite des trüben mit grosser Geschwindigkeit herströmenden Wassers ausgestossen unter Verbreitung eines, rostgelblichen bis roströthlichen Scheines und eines widerlichen Geruches. Derselbe Geruch trat Einem je- w^eils entgegen, sobald man das Kesselhaus des Brunnenwerkes betrat. Nun war die Hauptaufgabe diese, die grosse Calamität zu heben. Weil die missliche Katastrophe in die Zeit des Bier- brauens fiel (Monat November) und das Quellwasser der Kohlen- stadelbrunnenstube durch Ammoniaksalze etc. notorisch so sehr verdorben war, dass es ohne Gefahr, Schaden zu bereiten, zum Bierbrauen nicht verwendet werden konnte, so habe ich in der Stadtrathsitzung vom 13. November 1860, in welcher ich über den Stand der Dinge vorläufig mündlichen Bericht erstattete, vor- geschlagen , als eine provisorische Anstalt einstweilen und so lange nur filtrirtes Blauwasser in das Brunnenwerk und dadurch in die betreffenden Teichellagen und Brunnen strömen zu lassen, bis dem besagten Uebelstande abgeholfen sein wird. Mein Antrag wurde einstimmig angenommen, der zu diesem Zwecke erforder- liche grosse, wasserhaltige Dielenkasten noch aa deinselben Tage bestellt und gegen Ende des Novembers eingesetzt. Gleichzeitig ist die Vorrichtung getroffen worden, zu jeder beliebigen Zeit auch das inficirte Quellwasser, nach Abstellung des Blauwassers wieder einlassen zu können, um in gewissen Intervallen zu er- forschen, in wie weit sich ersteres nach und nach gebessert haben wird. Erfreulicher Weise hatte eine Analyse des Dr. Gustav Leube gezeigt, dass das nur einigermassen filtrirte Blauwasser, dessen Einfrieren im Winter durch gewisse Vorkehrungen ver- hindert wurde, trinkbar und zu allen technischen Verwendungen 144 namentlich auch zum Bierbrauen tauglich ist. Man begnügte sich also vorderhand mit diesem durch die Noth gebotenen Pro- visorium. Wegen Neutralisirung des Uebelstandes tauchte u. a. das Project auf, die Quellschachtwand, in welcher das schlechte Wasser ausbricht, zu verdammen oder zu betoniren: allein diesem Plane trat ich mit aller Entschiedenheit entgegen, weil ich einsah , dass in Folge eines solchen Verschlusses das Wasser nur von einer anderen Schachtseite aus im Sande und Kiese sich einen Ausbruch suchen und einen solchen in der lockeren Diluvialmasse mit Sicherheit finden würde. Hätte man aber sämmtliche Schachtwände betoniren oder cementiren wollen, so würde sich der Wasserausbruch ebenso sicher auf die kiesige Schachtsohle concentrirt haben , und ein ^wasserdichter Verschluss auch noch von dieser , wäre gleich der Erstellung eines trockenen Schachtes — ohne Wasser — gewesen. Nachdem von Realisirung des genannten Projectes Umgang genommen worden , richtete ich mein Augenmerk vornehmlich auf möglichste Entfernung des Grundübels , indem ich dafür zu sorgen mich bestrebte, dass die Einbrüche des schlechten Wassers all- mählig und für immer verschwinden. Diess konnte nach dem was ich seither zur Kenntniss des Lesers gebracht, nur durch sorgfältige Betonirung (wasserdichte Herstellung) derjenigen Gruben geschehen, welche einen Theil ihres Unheil-stiftenden Inhaltes nach der Kohlenstadelquelle sandten. Die schwierigste und practisch wichtigste Aufgabe war es nun, möglichst genau die Stellen ausfindig zu machen, von welchen aus das verderbliche Fluidum in die Brunnenstube geführt wird und ich habe diesem Gegenstande meine volle Thätigkeit gewid- met. Ich gelangte nach allen vorhandenen Indicien zunächst zu der Ueberzeugung , dass die das Quellwasser verunreinigenden thierischen Stoffe, aus keiner grossen Entfernung in die Brunnen- stube gelangen konnten , denn würden sie einen langen Weg nach letzterer zurückzulegen haben, so hätten sie aus xiem Sande und Kiese, den sie durchflössen, in ungleich mehr geläutertem Zustande zum Vorscheine kommen müssen, w^eil solche Terrainmassen be- — 145 — kanntlich die besten Filtrirmaterialieu für das Wasser überhaupt und die Quellen des Diluviums desshalb meist von vorzüglicher Güte sind. * In Folge der Parallele, ^Yelche ich zwischen der Lage des BrunnenAverkes , der Umgebung desselben und den Einbruchsteilen des schlechten Wassers gezogen , habe ich in meinem dem Stadt- rathe am 3. Dezember 1860 überreichten Berichte über den Ein- bruch des unreinen Wassers nebst Vorschlägen zur Abhülfe des Uebelstandes, vorerst siebzehn Stellen (Abtrittgruben etc.) als die Unheil-schwangeren detaillirt geschildert und ihre solide Betonirung beantragt, zu deren Ausführung nianmitLeube'schem Cement schritt. Der Erfolg dieser technischen Operationen war , wie wir bald sehen werden, ein . guter , obgleich noch nicht sämmtliche von mir angegebenen (17) Stellen in Angriif genommen w'aren , denn man stiess auf practische Schwierigkeiten, nemlich auf Oppositionen einiger Grundeigenthümer, deren nähere Erörterung nicht hierher gehört. . Meine bald gewonnene Ansicht, dass die Hauptinfection der Kohlenstadelquelle von der Stadt sei te her (rechtes Ufer des Stadtgrabens) erfolgte, obgleich einige Abtrittgruben im Reviere des linken Stadtgrabenufers unweit des Kohlenstadels (Militär- spital und Spediteur Kielmann) auch etwas verdächtig erschie- nen, hat sich durch eine Schachtabteufung bestätigt, welche ich bewerkstelligen Hess. Diese Grube, 16' lang, 6' weit und 16' tief, durch welche auch ein allgemeines Bild über die Aus- dehnung der vor sich gegangenen Verunreinigung der diluvialen Kiesmasse geliefert wurde, die das Koblenstadelwerk zunächst umgibt, Hess ich in der Richtung zwischen letzterem und dem Militärspitale , hart am linken Ufer des Stadtgrabens öffnen. In *) S. i. B. Seite 31 meiner Schrift: „Der wasserreiche artesische Brunnen im alpininischen Diluvium des oberschwäbischen Hoch- landes zu Isny etc. Nebst einem Beitrage zur Kenntniss der Diluvial- ger'ölle der Bodenseegegend. Mit einer lith. Gebirgsdurchschnittszeich- nung. Stuttgart. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung und Buch- druckerei. 1851." Württemb. naturw. Jahreshefte. 1862. 2ä Heff. 1^ — 146 — der genannten Tiefe von 16' und als noch für Einsetzung einer Pumpe ein 2' tiefes Kesselloch ausgeräumt war, stiess man im reinen sandigen Kiese auf die Quellenregion des Diluviums und gewahrte deutlich, dass das stark andringende Wasser, welches am 14. November 1860 mit viereckigen Kastenpumpen nur auf 0,85' gewältiget werden konnte, von unten — der Sohle der Grube — nachstieg , und von der Htigelseite aus (Promenadeweg , Rich- tung gegen das Militärspital und Spediteur Kielmann's Haus) sichtbarlich nichts einfloss. Die Analyse dieses Wassers ergab nach der weiter vorneu gegebenen Dr. G. Leube'schen Zusammen- stellung (16. November) V2 Grran thierischer (organischer) Sub- stanzen in 1 Schoppen Wassers, wobei aber bemerkt werden muss , dass damals auch Blauwasser in die Kohlenstadelbrunenstube eingelassen worden ist. Um nun zu ermitteln, ob diese dem Quellwasser der neuen Grube mitgetheilten thierischen Stoffe vom Militärspitale her oder von der Kohlenstadelquelle selbst eindringen, Hess ich am 17. November 1860 von Abends 9 Uhr bis den 18. November Mittags 12 Uhr das Blauwasser abstellen und das Brunnemverk gänzlich ruhen, damit die verunreinigte Kohlenstadelquelle Zeit und Ge- legenheit finde, sich im Sande und Kiese ungehindert und ohne Beimischung von Blauwasser ausbreiten zu können, und Dr. Leube's Analyse des jetzt (am 18. Nov. Vormittags) aus der Grube geschöpften Wassers zeigte in dieser kurzen Zeit in einem Schoppen Vio Grran thierischer Substanzen mehr als am 14. No- vember. Das Quellwasser der neuen Grube , welches am 18. November 8,74' unter dem Spiegel der hart v.orbeif liessenden Blau stand, mit ihr also entfernt nicht communicirte , hatte bei einer äusseren Lufttemperatur von + 3^2^ Reaumur, zur Zeit des Aus- pumpens -f- 71/4O, während das nahe und 8,74' höher stehende Blauwasser des Stadtgrabens nur -f 6^ und die Kohlenstadel- quelle selbst + 6V2^ zeigte, auch ergab ein Nivellement, dass der Spiegel der letzteren nur 0,18' höher stand als der Wasserspiegel in der Grube; — hätte man aber das Brunnenwerk noch länger stille stehen lassen und das Blauwasser gleichfalls länger abstellen — 147 — können , so würden sich sicher bei der so geringen Höhedifferenz von nur 0,18' die beiden Wasserspiegel der Grube und der Brun- nenstube in Ein Niveau gestellt haben, und man darf sonach von beiden sagen , dass sie gleich tief unter der Blau liegen und beide Wasser auf keinerlei Weise mit ihr in Verbindung stehen. Die etwas geringere Temperatur der Kohleustadelquelle im Gegensatze zu derjenig-en des Quellwassers der Grube erklärt sich einfach aus der vorangegangenen Abkühlung der ersteren durch eingeflossenes Blauwasser. Durch diese Untersuchungen war es ausser allen Zweifel ge- stellt, dass kein Blauwasser in die neu geöffnete Grube und in die Brunnenstube des Kohlenstadelwerkes eindrang, dass die Quellwasser der beiden letzteren mit einander in einer sich lang- sam äussernden Communication stehen, dass die chemisch nach- gewiesene grössere Verunreinigung des Quellwassers der Grube der Hauptsache nacli nur durch die verdorbene Kohleustadelquelle selbst erfolgen konnte, w^elche ihr unreines Wasser in der Kies- masse schon ziemlich weit ringsumher verbreitete und dass man endlich den Hauptsitz des Uebels am rechten Ufer des Stadt- grabens, nämlich auf der Stadtseite zu suchen hatte, obwohl ich eine , wenn auch geringe schädliche Influenz vom linken Uferge- biete her nicht ganz in Abrede stellen mochte. Schenken wir jetzt dem Stadium der Besserung des Kohlen- stadelquellwassers unsere Aufmerksamkeit. Als ich in Folge eines Eufes des Directoriums der Schweizeri- schen Centralbahn gerade damit beschäftigt war, die Quellen- verhältnisse des Hauensteintunnels zu erforschen und darüber zu berichten (S. Seite 65—83 meiner schon citirten Schrift: „Die neuesten artesichen Brunnen in der Gustav Schäuffelen'schen Pa- pierfabrik zu Heilbronn etc. etc."), erhielt ich vom Stadtschult- heissenamte Ulm unterm 28. März 1861 eine Nachricht über die eingetretene Besserung des Quellwassers im' Kohlenstadelwerke und folgende Zusammenstellung einiger neueren Analysen des Dr. Gustav Leube: — 148 In einem Schoppen Wasser Zeit. 's II II 'S § CO N s 1 Bemerkungen. Gran. Gran. Grau. am 8. Januar 1861 1,66 0,21 1,45 Mit Blauwasser Yermischt am 21. „ „ 1,87 0,41 1,46 Ohne Blamvasser. am 8. Februar „ 1,87 0,22 1,65 dito. am 12. März „ 2,20 0,44 1,76 dito im Kasten. ?J JJ 5J » 2,00 0,30 1,76 An der Stelle geschöpft, wo das schlechte Wasser eindrang. Diese willkommenen Ergebnisse veranlassten die städtischen Behörden, von Anlegung einer Wasserleitung vom Michelsberge her (Revier des Ruhethaies, wovon ich in meiner Relation vom SO.Dec. 1858 u. a. für gewisse Eventualitäten gesprochen) einstweilen um so mehr Umgang zu nehmen, als gegründete Hoffnung auf weitere Besserung des Kohlenstadelquellwassers vorhanden ist und als der Ankauf von irdenen Teichein , denen ich in gewissen Fällen, namentlich wenn sie keinen sehr starken Wasserdruck auszuhalten haben, vor allen anderen den Vorzug einräume, * vom Ruhethal bis zur Stadt nach einer Berechnung des Stadtbau- meisters Schmid allein auf 10500 fl. zu stehen käme, und end- lich, als man die Wassermenge der Ruhethalquelle (wegen seiner Güte bekannt) als eine ungenügende erkennen wollte. Nachdem ich aus einem Berichte des Stadtbauamtes, d. d. Ulm 21. März 1861 , ersehen hatte , dass die von mir beantragte Betonirung der- jenigen Stellen, die ich in Folge der herrschenden Situation in eine verderbliche Communication mit der Kohlenstadelquelle brin- * S. Seite 148 — 149 meiner Schrift: ,, Wegweiser durch den Berg- und Brunnenbohrwald etc. etc." Darmstadt 1852. Verlag der Hofbuch- handlung Yon G. Jonghaus. — 149 — gen miisste, immer noch iiiclit vollständig realisirt worden isty gab ich, vom Hauensteine zurückgekehrt, dem Stadtschultheissen- amte Ulm auf seine Nachricht vom 28. März 1861 , von Stuttgart aus am 6. Mai e. a. folgende Rtickäusserung : I. ,,üm über das Wasserquantum der Ruhethalquelle ein richtiges Bild zu erhalten, müsste eine genaue Messung des erste- ren vorgenommen werden, damit man erfahre, wie viel Kubik- fuss pro Stunde oder in 24 Stunden dermalen (bei nicht hoch g e 1 e g t e m A u s g u s s e) ausfliessen. Die dortige Gebirgsformation sowohl (miocene Süsswassermergel) , als die Configuration des Terraines berechtigen zu der Hoffnung, dass durch zweckmässig geleitete Xachgrabungen eine grössere Wassermenge erschlossen werden werde, wie ich in meinem Gutachten vor zwei Jahren (30. Dezember 1858) angedeutet habe." Ich füge hier bei, dass ich in derselben Relation , auf meine Localuntersuchungen gestützt, die Unmöglichkeit des Gelingens artesischer Brunnen in Ulm, ausgesprochen hatte. n. „Nach dem Berichte des Stadtbaumeisters Schmid vom 21. März 1861 sind die von mir^ in meinem neueren Gutachten (3. Dezember 1860) vorgeschlagenen Ausführungen noch nicht ganz in solcher Ausdehnung vorgenommen worden , um annehmen zu können, dass die Verunreinigung der Kohlenstadelquelle in Bälde gänzlich beseitigt werden werde, obgleich bereits eine Bes- serung dieses Quellwassers eingetreten ist. — Bei der vorhandenen Sachlage wäre mein Rath: Man fahre in der von mir angegebenen Weise mit weiterer Consolidirung von Abtrittgruben etc. fort und warte vorerst die Resultate, resp. die Einwirkung auf die Kohlenstadelquelle ab. — Im Nothfalle steht das letzte Mittel: Erschliessung weite- ren Qu eil Wassers im R u he thalre viere, immer noch zu Gebot." Man kann aus diesen Worten entnehmen , wie viel mir an der Erhaltung der Kohlenstadelquelle gelegen ist; in die Ver- hältnisse des öffentlichen Brunnenwesens der Stadt Ulm einge- weiht, ist mir genau bekannt, dass der Verlust dieser Quelle ein sehr fühlbarer, drückender, ja ein recht schmerzlicher und — 150 — fataler wäre: sie könnte allerdings mit grossen Kosten durch Zu- leitung guten Quellwassers von aussen (zunächst vom Ruhethal- reviere her) ersetzt werden, allein ohne die grösste Noth soll man nie Quellwasser auf Umwegen nach dem Orte seiner Be- stimmung bringen, wenigstens habe ich in meiner dreissigj ährigen Praxis stets den Grundsatz festgehalten, Trinkwasser nie un- nöthig spazieren zu führen, denn sonst wird, abgesehen von den ersten Baukosten, durch eine solche Procedur der bestehen- den Generation wie allen künftigen eine permanente Unterhal- tungslast einer langen Wasserleitung aufgebürdet. Zudem ist Ulm eine Festung geworden — ein Grund mehr, die Ausführung nach aussen greifender Wasserleitungen, wenn immer möglich zu ver- meiden, damit durch Feindeshand das Trinkwasser, wenn auch nur zum Theile, nicht abgeschnitten werden kann. Sehr wünschenswerth und von den besten practischen Er- folgen begleitet, müsste die Creirung einer Verordnung erschei- nen, in Folge deren jede Abtritts enkgr übe, jedes Güllen- loch, jede Dungstätte u. s. w. der Stadt in eine wasser- dichte Grube oder Cisterne umzugestalten wäre; "durch ein solches Vorgehen würden auch alle anderen Brunnenwerke sowie die Pumpbrunnen Ulms, die Diluvialwasser mögen im Laufe der Zeit von neuem ansteigen wie sie wollen, gegen Infection für immer geschützt. Durch die Drainirung der P^xcremente und des ürines nach der Donau mittelst Canalisirung, entzöge man viel Dünger landwirthschaftlichen Zwecken, überhaupt würden sich der Durchführung eines solchen Systemes noch andere Bedenken und Schwierigkeiten entgegenstellen. — Sind die fraglichen Gruben einmal alle restaurirt , d. h. ganz wasserdicht hergestellt , so würden die betreffenden Eigenthümer von selbst dazu kommen, den Inhalt derselben in ziemlich regelmässigen Intervallen aus- räumen zu lassen und sicherlich vorziehen, ihn in seiner vollen Masse auf nutzbringende Weise der Landwirthschaft zu über- geben, statt denselben zum grossen Nachtheile des öffentlichen Brunnenwesens und der Sanitätsverhältnisse, theilweise vom Bo- den (Sand und Kies) absorbiren und die dichteren Substanzen, — 151 — durch Auslaugung des Ammouiakes , in einen weniger werthvoUen Moder sich umwandehi zu lassen. Mau beherzige ja diese wohlgemeinte Andeutung, um nicht am Ende noch die Wiederholung einer analogen schlimmen Kata- strophe zu erleben, welche die Kolilenstadelquelle betroffen. Andere hydraulische Angelegenheiten führten mich in Folge einer Einladung der K. Württemb. Genie-Direction im Januar 1862 wieder nach Ulm. bei welcher Gelegenheit ich mich natürlich auch nach dem Schicksale der Kohlenstadelquelle erkundigte, über welche ich seit neun Monaten nichts mehr gehört hatte. Man war gerade damit beschäftiget, dem Kohlenstadelwerke gegenüber am linken Ufer des Stadtgrabens einen Hülfsschacht auf Quell- wasser abzuteufen, um die Kohlenstadelquelle bei eintretendem Wassermangel nicht mehr mit Blauwasser vermischen zu müssen, welche Schachtabsenkung ich schon in meiner Relation vom 30. December 1858 besprochen hatte. Das Stadtschultheissenamt veranlasste mich, diesen Schacht zu inspiciren und über den Er- fund zu berichten: ersteres geschah am 20. Januar 1862, letzteres von Stuttgart aus am 28. desselben Monates. Eine Nachricht über diese Schachtabteufung, die von recht guten Folgen begleitet zu werden verspricht, gehört eigentlich nicht in den Bereich meiner gegenwärtigen Betrachtungen, allein es versteht sich von selbst, dass ich die mir gebotene günstige Gelegenheit benützte, das ganze Kohlenstadelbrunnenwerk von unten , seinem Saug - und Druckwerke an , bis ins Kesselhaus hinauf zu visitiren: als ich letzteres am 20. Januar d. J. in Be- gleitung des Stadtbaumeisters Schmid betrat, kam mir trotz dem voll ausströmenden Wasser kein widerlicher Geruch mehr entgegen (allerdings war gerade auch eingelassenes' Blauwasser mit dem Quellwasser vermischt), das in den Kessel fliessende Wasser war rein und klar, und hatte einen guten milden Ge- schmack, die ehedem in Unzahl aufgetretenen, knollig oder schwammartig aufgetriebenen Algen waren verschwunden und nur an einigen Stellen des Kessels entdeckte ich einen schleimartigen Ueberzug, der an die frühere Entwickelung dieser Algen er- — 152 — innerte; kurz, ich war freudig ergriffen, denn eine neue Besse- rung des Quellwassers war in die Augen springend. Nachdem ich nun die neuesten Brunnenacten durchging, fand ich die Richtigkeit meiner gemachten Wahrnehmungen bestätiget; — um mich kurz zu fassen: das inficirte Quellwasser des jS^ohlen- stadelwerkes hatte sich iii so weit gebessert, dass es wenigstens für die Gesundheit unschädlich und wieder geniessbar gewor- den ist. Kreismedicinalrath Dr. Leube zu Ulm sagt hinsichtlich dieses Gegenstandes in seiner Aeusserung vom 2. December 1861 u. a. folgendes: „Nach der Untersuchung vom 2. November (1861) erscheint gegen die früheren Untersuchungen und insbesondere gegen die letzte vom 25. October der Gehalt des Wassers allerdings etwas besser; es fanden sich 0,11 Gran weniger organische Materie und 0,29 Gran weniger unorganische Bestandtheile (Salze). — Ueber den Kohlensäuregehalt ist nichts Näheres gesagt, als dass er normal war; die Temperatur zeigte sich bei gleicher äusserer Temperatur von 10^ R. V2 Grad kühler, d. h. sie hatte statt 90, wie am 25. Oct. 8V2^- — Gross ist freilich hienach die Bes- serung desZustandes nicht; man kann zwar das Wasser nach dem physikatamtlichen Gutachten ohne Nachtheil für die Gesundheit trin- ken, allein 0,28 Gran organischer Bestandtheile in einem Schop- pen Wasser, von denen nicht gesagt ist, ob sie thierischen oder vegetabilischen Ursprungs sind, gehören nicht in ein reines Quellwasser" u. s. w. Ich enthalte mich, auf das Weitere was diese Aeusserung enthält, einzugehen, weil ich es nicht in allen Theilen mit meinen an Ort und Stelle gewonnenen Resultaten in Einklang zu bringen vermag; — meine Ueberzeugung über die Grundursache der Ver- unreinigung der Kohlenstadelquelle und die zur Beseitigung des Uebelstandes anzuwendenden Mittel sind in den gegenwärtigen Blättern geschildert. Die Bestandtheile des Kohlenstadel quellwassers zeigen zuweilen ein variables Verhalten; es lässt sich manchmal mit Appetit, hin und wieder mit einiger Unlust trinken und nach den Be- — 153 — obaclitimgen des Stadtbaumeisters Sclimid, die er mir kürzlich mündlich mittheilte, steht die vorübergehende Besserung und Ver- schlimmerung des Wassers im Quellenraume des Kohlenstadels gegenwärtig mit der Ausräumung und Füllung einer zur Zeit noch nicht corrigirten Abtrittgrube (der Stelle Num. 17 meines Be- richtes vom 3. Dezember 1860) in wahrnehmbarem Zusammen- hange. Ich habe der Sache Erwähnung gethan in meinem neuesten Gutachten vom 28. Januar 1862 : „die Gewinnung weiteren Trink- wassers für das Kohlenstadel werk mittels Abteufung eines Schach- tes am linken Ufer des Stadtgrabens betreffend," weil das Schick- sal dieses Schachtes strenge genommen organisch mit dem der Kohlenstadelquelle zusammenhängt — einige Worte über denselben : Das wichtigste vorläuhge Ergebniss dieses 31' langen und 14' breiten Hülfsschachtes , welcher am 20. Jan. 1862 eine Tiefe von 14' 3" 2'" erreicht hatte mit einer Quellwasserhöhe von 2' 2" 5'", ist, dass der Spiegel des in ihm angehauenen Wassers 12' unter dem der vorbeifliessenden Blau (Stadtgraben) stand. Der zwischen dem Scliachte und dem Stadtgrabenufer stehen ge- bliebene Terrainklotz ist 10' stark und bildet erfreulicher Weise einen wasserdichten Damm, welcher die Vermischung des Blau- wassers mit dem im Diluvium bereits erschlossenen Quellwasser verhindert; letzteres ist klar, dem Geschmacke nach mild und gut, dringt von der Sohle senkrecht aufwärts empor und wird in grösserer Tiefe auch noch weitere und bedeutendere Zuflüsse erhalten, der Quellwasserzunahme in anderen Diluvialgebilden analog. Temperaturmessungen des Schacht- und Blauwassers nahm ich, um Täuschungen zu entgehen, keine vor, weil die Schachtpumpen gerade nicht in Activität gesetzt werden konnten und die Lufttemperatur (ungefähr 10<^ Kälte) auf das im offenen Schachte ruhig stehende Quellwasser influirte. — Dass diese bei- den Wasser (das des Hülfsschachtes und der Blau) nicht mit ein- ander communiciren , ward auch durch die grosse Differenz der Höhenlage ihres Wasserspiegels (12') vollkommen bestätigt: die Befürchtung, man sei auf Blauwasser gestossen, oder selbiges influenzire auf den Schacht, entbehrt also jeglichen Grundes; dass übrigens das neue Quellschachtwasser in einer wenn auch nur — 154 — langsam sich äussernden Communication mit dem der Kohlen- stadelquelle stehen wird , ist in dem dortigen Diluvialterraine un- bedingt anzunehmen, jeden Falles muss aber in Folge der Situa- tion beider Punkte oder der Entfernung derselben von einander, das Quellwasser des Schachtes besser als das gegenwärtige des Kohlenstadels sein. Analysen werden s. Z. das Nähere besagen. Die geringe Menge organischer (thierischer) Stoffe, welche das Kohlenstadelquellwasser jetzt noch enthält, mögen daher rühren, dass der stark inficirte Terrainstock noch nicht lange genug durch die Thätigkeit der Pumpen im Brunnenwerke ausgelaugt worden, oder auch, dass die in meinem Berichte vom 3. December 1860 beantragte Abhülfe „wasserdichte Betonirung verschiedener Gru- ben" immer noch nicht in der gehörigen Ausdehnung durchge- führt worden ist. Der letztere Umstand, ich möchte sagen „Uebelstand" hat am meisten Wahrscheinlichkeit für sich, denn es ist und bleibt beobachtete Thatsache, die nie und nimmer in Abrede gestellt werden kann, dass das verdorbene Quellwasser des Kohlenstadel- werkes von der Zeit an nach und nach besser geworden ist, in welcher mehrere von mir beantragte Abtrittsenkgruben etc. wasserdicht hergestellt worden sind ; — wäre nach diesem Systeme auf die in meinem Berichte vom 3. December 1860 bezeichnete Weise bis zu Ende fortgefahren worden, so hätte das fragliche Quellwasser höchst wahrscheinlich bereits seine ursprüngliche Güte wieder vollständig erlangt. Von meinem Standpunkte ausgegangen bin ich also noch nicht ganz zufrieden gestellt ; hoffen und wünschen wir aber , dass es den fortgesetzten Bemühungen der städtischen Behörden gelinge, die noch im Wege stehenden, zwar widerlichen , keinesAvegs aber unüberwindlichen practischen Hemmnisse vollends zu beseitigen, und dass ich bald in den Fall kommen möge, verkündigen zu können : „Das Verhalten der Kohlenstadelquelle lässt nichts mehr zu wünschen übrig; sie ist ganz zu ihrer ursprünglichen Güte und Reinheit zurückgekehrt, und die Anlegung einer kostspieligen Wasserleitung vom Michelsberge nach der Stadt ist dadurch über- flüssig geworden." — 155 — Wenn Professor Dr. Hugo von Mohl zu Tübingen, in seinem Schreiben an Apotheker J. G. Kissling (21. October 1860) u. a. sagt, „Eine solche ekelhafte und abscheuliche Un- reinlichk^it ist mir noch nie in einem Brunnenwasser vorge- kommen,^- so möchte ich, da ich schon so manche Quellenläufe, Brunnenstuben und Wasserleitungen im In- und Auslande zu untersuchen und zu corrigiren hatte , wohl noch weiter gehen und behaupten, dass eine so kolossale Verunreinigung eines Quell- wassers nebst der organisch damit zusammenhängenden Bildung von Algen in Unzahl, wie es bei der Kohlenstadelquelle in Ulm der Fall war, — in den Annalen des Brunnenwesens von ganz Deutschland, ja vielleicht von ganz Europa nicht zu finden sein wird, und wohl einzig in ihrer Art dasteht! 6, Der Hohlenstein und der Höhlenbär. Von Dr. Oscar Fr aas in Stuttgart. Das riüsschen Lone oder auch Londel auf der Höhe der ülmer Alb gehört zu den seltenen Flüssen, die mitten in ihrem Lauf in zerklüftete Gebirge verschwinden, um nach einigen Stun- den unterirdischen Laufes wieder hervorzuquellen. Der Fluss entspringt 1726 P.F. über dem Meer im Dorfe Urspring aus einem 15' tiefen Kessel, ein frisches, herrliches Albwasser mit Forellen, das ringsum saftige Wiesen schafft, eine wahre Oase in dem dürren Felsenland. Doch nicht lange währt die Freude. Schon nach 2stündigem Laufe unterhalb Breitingen, wo der Lon- del die letzte Mühle treibt, wird er von 1000 zu 1000 Fuss schwächer und kleiner und verschwindet endlich ganz. Sein Thalbett freilich hört nicht auf, aber mit Ausnahme der Schnee- wasserzeit und lange währender Regenfälle lauft kein Tropfen darin. 4 Stunden lang geht man durch das romantische Trocken- thal mit seinem Felsen- Gehäng und Buchenrand, das nur bei Nerstetten und Setzingen im Gebiet der Platten-Kalke sich et- was verflacht. Verfolgt man das Thal in seinen vielfachen Win- dungen, so wird man bei Dorf Lonthal plötzlich wieder von Wasser überrascht: jede Felsspalte wird hier zur Quelle und mit dem sog. Hürbel (bei Hürben entspringend) vereinigt mündet unterhalb Burgberg schliesslich wieder ein recht anständiger Fluss in die Brenz. Auf unterirdischen Wegen, denen freilich kein Mensch zu "folgen vermag, fliesst der Londel dahin, das ganze w^eisse Jura-Gebirge ist dort wie unter der Erde so auch am Tage zerklüftet. Erdfälle, Trichter, Höhlen in historischer und vorhistorischer Zeit gebildet bezeichnen die Gegend. Zwi- — 157 — sehen Aselfingen und Bissingen, auf ersterer Markung tritt ein massiger Marmorfels 50' hoch, über 100' breit in das Lonethal herein, es ist der Hohlenstein. Eine hoch gesprengte Grotte, der Stadel genannt, füllt alsbald in die Augen, sie ist geräumig, um über 100 Menschen zu fassen und war offenbar in früherer Zeit verschanzt. Eine 4' hohe Brustwehr-Mauer schützt den Ein- gang; sie soll römischen Ursprungs sein. Wohl möglich, denn ein kleines Versuchsloch in dem schwarzen, humusreichen Boden der Grotte brachte alsbald etrurische Scherben von terra siglllata zu Tag. Im Hintergrunde des Stadels führt ein schmaler Schlupf noch tief in den Fels hinein. Ist man eine kleine Strecke gekrochen, so kann man bald wieder auf die Beine stehen, all- mählich aber wird die Höhlung zur engen Gebirgsspalte, eine vortreffUche Bergfeste für Reinecke Fuchs und Grimmbart den Dachs. Westlich von der Grotte, nur wenige Schritte vom Ein- gang 1643' ü. d. M. ist eine zw^eite niedrige Oeffnung vom Wald- gebüsch fast zugedeckt, sie führt 120 Fuss lang durch einen ähnlichen schmalen Gang, in dem man nur gebückt vorwärts kommt. Da erweitert sich auf einmal der Gang zu einer 30' hohen Halle, 40' im Durchmesser, hinter ihr folgt eine zweite noch breitere und weitere und am Ende eine dritte sehr weite aber niedrige, von welcher noch verschiedene Gänge und Klüfte in das Innere abzweigen, durch die sich ein Mann jedoch nicht mehr winden kann. Jagdhunde schlupfen noch tief in den Berg, dass man sie kaum mehr bellen hört, viele fanden schon ihren Tod in den Labyrinthen. Der Boden der im Ganzen 250' langen Höhle besteht aus fettem gelbem Lehm, kalkfrei, unlöslich in Säure, demselben Lehm, der in der Gegend das Jura -Gebirge deckt, vermengt mit eckigen vom Wasser durchaus nicht ge- schobenen Kalkbruchstücken in der verschiedensten Grösse. Der Lehm ist augenscheinlich vom Wasser, das stets vom Dach der Höhle herab träufelt, hereingewaschen, die Kalkbruchstücke von der Grösse einiger Linien an bis zu Felsblöcken von 100 Cent- nern und darüber sind ebenso augenscheinlich vom Hangenden losgebrochen und gleichen vollständig dem Schutt, der am Fuss aller Jura -Felsen sich anlagert. Diese Höhle nun war — nach — 158 — den Kesultaten mehrwöchentlicher sorgfältiger Ausgrabungen — zu verschiedenen Zeiten, und zwar in geschichtlicher wie in vor- geschichtlicher Zeit, die Zufluchtstätte von Menschen und Thieren: Die Reste der Ersteren liegen in dem obersten Fuss Lehm, die der Letzteren in den unteren 6 — 15 Füssen. In der ersten Halle, die zugleich das tiefste Niveau einnimmt, lagen die Reste dieser alten Höhlenbewohner so zahlreich, dass jeder Hieb Knochen, Zähne und Scherben hervorbrachte. In den ersten Ta- gen der Ausgrabungen war die Erscheinung sehr bedenklich, dass Thonscherben rohen Fabrikates und Kohlenreste mit Zähnen und Knochen von Höhlenbär ganz entschieden nebeneinander lagen: es war keinerlei Täuschung möglich, denn in der ganzen ersten Halle zog sich ein schwarzes Kohlenband 1 — 4 Zoll mächtig durch den Lehm; es war die Zeit, da Menschen in der Höhle ihre Zu- fluchtstätte fanden. lieber dem Kohlenband mit seinen Gefäss- Scherben und Kunstprodukten lagen durchschnittlich 8 Zoll Lehm, ganz derselbe Lehm wie unter der Kohle, voll Knochen und Zähnen von Höhlenbär. Bald aber klärte sich die Erscheinung auf: der Boden der Höhle ist durchwühlt von Fuchs und Dachs und wenn auch von Menschen Hand der Boden noch unberührt da lag, die Wühlarbeiten der Vierfüssler waren so energisch, dass auf ihre Rechnung allein die 8 Zoll Lehm über der Kohl- platte zu schreiben sind. Bald zeigte sich auch, dass in diesem oberen Lehm zwar Zähne, Wirbel, Phalangen, Fusswurzel-Kno- chen, überhaupt nur kleinere Knochen und Knochenstücke lagen, Stücke aber von grösserer Dimension und Schwere, wie Schädel, Schenkel-, Armknochen u. s. w. nicht gefunden wurden. Hienach sonderten sich bald die Reste der Kohlplatte als aus historischer Zeit stammend von denen der untern Lehme, welche dem Alter des Mammuth und Höhlenbären angehören. Der historischen Reste soll hier nur kurz Erwähnung geschehen, ihr Alter von Sachkennern bestimmt, bürgt vollends dafür, dass an ein Zu- sammenleben von Mensch und Bär in diesem Falle nicht gedacht werden darf. Gleich am Eingang in die erste Halle, dem Ein- tretenden zur rechten Hand, war augenscheinlich die Feuerstelle der Menschen, hier war die Kohlenschichte im Lehm am stärk- — 159 — sten und viele hundert Scherben von Schüssehi, Häfen und Tel- lern lagen in der Asche zugleich mit angebrannten oder frischen Knochen von Hirsch, Schwein, Schaf u. s. w. Von einer Zu- sammenfügung der mehr oder minder rohen Scherben war keine Rede mehr, in der Regel sind sie auch so klein zerschlagen, dass selbst die Form und Umrisse des Gefässes nicht mehr erkannt werden konnten. Am Eingang zur Höhle lagen sie am häufig- sten, doch zerstreuten sie sich von der Kohlplatte über die ganze Halle und fanden sich mit ihnen noch Steinbeile aus Serpentin, Bronce-Stücke, durchbohrte Pferdezähne als Amulett getragen, Knochen und Geweih -Stücke von Hirsch, die roh verarbeitet scheinbar zu Handgriifen oder Aelmlichem gedient haben moch- ten. Der ausgezeichnete Kenner altgermanischer Kunst-Gegen- stände, H. Linden Schmidt in Mainz gab sein lichtvolles Gut- achten über die Menschenreste des Hohlensteius dahin ab, dass die Gefässscherben aus verschiedenen Jahrhunderten stam- men, jedoch selbst die ältesten aus keiner früheren Zeit, als dem ersten Jahrhundert vor Christus. Diese ältesten sind Fragmente grosser Töpfe mit starker Wandung, von cylindrischer Gestalt, Die Thonmasse sieht kaum gebrannt aus und ist stark mit Quarz- sand und Bohnerzkörnern gemengt; diese Mengung hat ihren Grund einerseits in dem Umstand, dass der unvermengte feinere Thon schon beim Formen, das aus der Hand geschah, leichter reisst, andrerseits, dass mangelhaft gebrannte Gefässe, wie z. B. alle altgermanische Grab-Urnen geeigneter werden, den Wechsel von Erhitzung und Abkühlung bei einem durch Luftzug beweg- ten Feuer auf offenem Felde leichter zu überdauern. Der Ober- rand der Gefässe ist nur wenig überworfen, entweder in sehr stumpfem Winkel oder in leichter Biegung, nicht weit unter dem Rand lauft eine Art Ornamentik in Gestalt eines umgelegten Strickes oder mit kreisförmigen, durch Eindrücke der Finger- spitzen hervorgebrachten Einkerbungen. — Jünger ist die zweite Art von Scherben, die bereits eine weiter vorgeschrittene Be- handlung des Thones zeigt und ein Streben nach Verzierung mit- telst paralleler Streifung, die bei den grössern urnenartigen Ge- fässen am Halse, bei den Schüsseln und Tellern an den Innern — 160 — Seite des breiten Randes angebracht ist. Ihre Färbung durch Gelb, Roth und Schwarz, letzteres durch Graphit, ist unverkenn- bar. Theilweise besteht hier noch die Mischung mit Quarzsand, theilweise ist der Thon schon sorgfältig gereinigt und eine ge- schmackvollere Ausführung bemerkbar. — Die dritte Art Scher- ben umfasst Gefässe von unzweifelhaft römischer Technik vor der Mitte des 4ten Jahrhunderts n. Chr. Sie stimmen voll- ständigst mit anderem römischen Fabrikate, das z. B. in Bonn, Mainz, Trier, Cöln gefunden wird. „Es fallen demnach" — meint Linden Schmidt — „Die Gefäss-Scherben des Hohlensteins in „den Zeitrahmen vom Isten Jahrhundert vor bis zum 4ten Jahr- „hundert nach Christi Geburt. Selbst die ältesten der ersten ,,Art sind besser gebrannt, als es bei den Gefässen der ,,Stein- „periode" der Fall ist, besonders fehlen auch die kleinen Tassen „und Becher, wie man sie aus den alten Grabhügeln kennt. Das „höchste Alter der Hohlenstein-Reste dürfte etwa mit dem der „Schweizer Pfahlbauten zusammengestellt werden. Nun gleichen „aber die Kulturzustände auch der ältesten Pfahlbauten voll- „kommen denjenigen, welche die Römer zuerst bei den deutschen ,, Stämmen fanden und durch die Kunst des Webens, Stricke- „flechtens, des Waizen- und Obstbaues, vorgeschrittene Töpferei, „Bohrung der Steinäxte u. s. w. bezeichnet werden. Der Fund „von Steinäxten im Hohlenstein steht mit solcher Altersbestimm- „ung durchaus nicht im Widerspruch. Die beliebte Zeitstellung „dieser als Waffe und Werkzeug gleichmässig benüzten Geräthe „in eine Frühzeit von mehr als einem Jahrtausend vor Christus „ist um so weniger hier gestattet, als die sorgfältige Bearbeitung, „der schöne Schliff, die ganze Form mit den Steinbeilen stimmt, „welche z. B. in Mainz in römischen Cisternen gefunden wurden, „die ihre Zerstörung nach Erstürmung des Lagers durch die ,, Germanen fanden. Das Steinbeil reiht sich an die mit Hörn „geschärften Lanzenspitzen, deren Plinius erwähnt, an die brand- „harten Speere und andere alterthümliche oder naturzuständliche „Waffen der historischen Zeit. — Die durchbohrten Pferdezähne „sind Reste eines freilich barbarischen Halsschmucks, vielleicht „als Amulett getragen, Bärenzähne zwischen Bernsteinperlen — 161 — „finden sich z. B. noch in fränkischen Gräbern. Die Fibula von „Bronce ist entschieden römisches Fabrikat, und aus dem Alter „der Urnenscherben Xr. IL Als Ornamentik ist auf derselben „der Zickzack zu bemerken, der am ehesten auf spätrümische „Zeit hinweist. — Solche Auseinandersetzungen des sachkundigen Archäologen unterdrückten vollends jeden Gedanken, als lägen, im Hohlenstein Reste von Ureinwohnern, die etwa noch im Kampf gelegen hätten mit dem vorhistorischen Höhlenbären : zudem zeigte schliesslich weder der Menschenschädel, der in der Kohlplatte lag, noch die Knochen und Zähne von Hirsch, Schwein, Pferd, Ochse, Schaf, Ziege, Reh u. s. w. irgend eine Abweichung von den lebenden Arten. Der Höhlenbär. Ursiis Sjjelceus Blb. Erst unter der Kolilplatte mit den Menschen-Resten lagen die massenhaften Anhäufungen von Knochen, die zu 98 Procen- ten dem Bären angehören. Es überstieg ihre Menge an einigen Stellen in der That alle Begriffe, jeder Hieb traf auf Knochen, die grösstentheils wohl erhalten, theilweise wie frisch macerirt aus dem feuchten, fetten^ Lehm sich herausschälten. Ueber 7000 Stück Knochen wurden des Transports nach Stuttgart für würdig erachtet, über 3000 mögen bei der Grabarbeit zerschlagen oder als mangelhaft nicht mitgenommen worden sein, so dass zum Mindesten 10,000 Stücke gefördert wurden. Diese Knochen alle lagen in den 2 vorderen Hallen, welche jedoch nur auf 6' aus- gegraben werden konnten. Der Lehm ist zwar viel mächtiger, ein Versuchsloch in Gemeinschaft mit einem Fuchsrohr zeigte gegen 15' Fuss Lehm ; ohne grossen Kostenaufwand war es aber nicht möglich tiefer zu gehen, zumal bald auch ein Zustand der Sättigung eintrat, da eben immer und immer nur Bären-Reste zum Vorschein kamen. Höchstens traf man ausser ihnen noch Spuren ihrer Mahlzeiten in Gestalt von angenagten oder zer- brochenen Knochen von Pferd, Elennthier, Hirsch, Ochse, Ele- phant. Sämmtliche Knochen lagen zerstreut im Lehm , kein Wirbel neben Wirbel, oder Wadenbein neben Schienbein, alles lose für sich, ohne jegliche Spur von Zusammenhang. Vom Leim WUrttemb. naturw. Jahreshefte. 1862. 23 Heft. 11 ._ 162 — des Knochens ist nur wenig verloren gegangen, wenn das sp. Ge- wicht eines frischen Knochens 1,69 beträgt, so ist das der Hohlen- stein Knochen 1,65. Ihr frisches Aussehen, ihre ausgezeichnete Erhaltung berechtigt zu der Annahme, dass sie nie am Tage gelegen und etwa erst in Folge irgend eines Ereignisses in die Höhle geführt worden wären. Vielmehr kann man sich, je länger man den Knochenlagern nachgeht, um so weniger dem Eindruck entziehen, dass die Bären in der Höhle fielen und faulten. Die Kadaver blieben liegen bis die Bänder sich lösten , worauf die Knochen von den lebenden Bären verschleppt, zerstreut oder in den immer feuchten Boden getreten wurden, der namentlich bei Regen- wetter durch Verwaschung des zu Tage liegenden Lehmes einst wie jetzt noch in der Höhle sich bildete und die auf der Ober- fläche liegenden Gegenstände nach und nach einhüllte. Die Zahl der Individuen auch nur zu schätzen, ist kaum möglich. Viele hundert gaben jedenfalls ihre Knochen her nur für unsere Aus- grabungen. 40 Schädel und 70 Schädel- Stücke weisen auf 110 Individuen, 375 Unterkiefer-Hälften auf mindestens 186 hin. Nun passen aber die Unterkiefer-Hälften weder unter sich zusammen, noch zu den Oberkiefern und Schädeln, so dass man wohl 400 Individuen nur aus den Kopfstücken erhält, 90 Atlase, 80 Epi- stropheus, 200 Halswirbel u. s. w. passen gleichfalls weder unter sich, noch zu den Condylen des Hinterhaupts, dass auch aus diesen wieder ein neuer Zuwachs zu der Gesammtzahl der Individuen erwächst u. s. w. Alle Altersstufen sind vertreten vom zartesten Fötal-Knochen an bis zur Altersdegeneration, vom Milchzahn bis zu den Zähnen, die bis zur Wurzel abgekaut sind, ebenso die Geschlechter, endlich Krankheiten und Wunden, dass eine voll- ständige Monographie des Höhlenbären auf Grund des ausge- grabenen Knochen -Materials geliefert werden kann. In Nach- folgendem möchte ich zu den vielen schätzenswerthen Arbeiten, die schon über den Höhlenbären erschienen sind, einige sicher- lich nicht uninteressante Beiträge aus dem Hohlenstein liefern. 163 I. Knochen des Kopfes. Die nachstehenden Messungen -werden zeigen, welche Grösse der Höhlenbär erreichte, eine Grösse, welche weder die in Fran- ken, noch in Belgien und Frankreich, noch im Süd-Russland ge- fundenen Stücke aufzuweisen im Stand sind. Schmerlings gröss- ter Schädel misst 468 Mm., Nordmann's 488, aus dem Hohlen- stein übersteigen mehrere dieses Mass, wenn auch die durch- schnittliche Grösse nur 475 beträgt. So wenig irgend ein Zweifel an der Species „Ursus spelceus^ bei Verarbeitung des colossalen Materials aus dem Hohlenstein auftauchte, so sicher gehören alle dort gefundenen Stücke eben auch nur zu dieser Species, Von anderen Arten wie j^^^^^^^ ? arctoides , Pitorrü wenn sie wirklich als vollwichtige Species sich herausstellen sollten , ist im Hohlenstein keine Spur zu finden. Die Verschiedenheit der Maasse, sowie die Verschiedenheit der Stärke der Hauer dürften entschieden in Alters- und Geschlechts-Ünterschieden ihren Grund finden. In der nachfolgenden Tabelle habe ich die Grössen- Ver- hältnisse des U. Feroxy die Nordmann in seiner Monographie des Höhlenbären pag. 6. mittheilt und die des U, arctos^ nach dem eines ausgewachsenen Individuums zur Vergleichung auf- genommen. 1) Der Schädel, Was vor Allem an dem ausgewachsenen Schädel in die Augen ftillt, ist die hohe Stirne und die weite Schläfengrube. Die entsprechende Muskel-Fülle des musculus tem- poralis erforderte eine reichliche Versorgung mit Blutgefässen daher die starken Gefässöffnungen im Keilbein und die Knochen- wülste am Jochbein. Vergleicht man mit dem ausgewachsenen Schädel den eines jungen noch im Zahnwechsel begriffenen Thie- res, so fällt es in der That schwer, auch nur annähernde Aehn- lichkeit in beiden zu erkennen. Bei der geringen Grösse,*) * Nota. Im December 1861 brachte die Bärin in Wemer'fl zoolo- gischem Garten 2 Junge zur Welt, von denen Eines vollkommen aUBge- 164 Yergleiclicnde Maasse vonBärensehädeln in Mm. ? ? 5 ? ? ^ s ?, 0 ?; 0 c ^ ^ I> 2. tJi 9 9.. 0 a B B g g o B Bi CR B c 5= 3 2. 1 1 C p &> W ^ B s p4 S 00 W ti Oi h-i KA IsS l<5 t>S M. l^^ 1 «>03CiOi-^oi----'iococ»'SOO 0^0000^4^ OC^Otfä.' über den Jochbogen. y^ H.,^^h^>-^H-H-H-^ ^H-H-^^H^l ^-^ OO«^00«^O?0OG0l^SO•S 0 l* 0 Oi GO 0 rf^ OD 0 0 0 Ci C^ 0 0 t>S ! >_i.M-H*>-it-^l-it-^l— 'l-A f-ih-it-il-ll-il— il Länge der Schnauze < ooCÄa)-^TOCoooGooocorf^-a'sos bis zur vordem 1 Augenhöhle. fei 1>S K^ t>S t« 05 0 l>£ t>£ li 0 Cr« 0 0 0 tc 0 0 Höhe der Schnauze. '-S iNi 0 CJ« 0 GO 0 Ol 0 C-^ O' 0 C« 0 0 tO P' 5 OOOOOOOOOOOOOO-ICOOO Breite der Hinter- haupts-Condylen. ►3 Ü^OÜ^OiOOO^t^C^O OOtf^O j OQOI-ibStSObSOlNÖO^M-^OSÜ'OSCT» j Durchmesser des § Hiuterhauptsloch. ,»J.|_l.)-l-h^H^I— 1.1— !.(— l^^l— l l-i. |_lH^|_l)_l. B Gehör-Oeffiiungen. 0 (—Ih-l-l— ^1— ^l-l|— tH^ 1— l )— 1. Abstand beider OM-ooo>-ioooooüvh-ciOD'-^-'-'-)-'-K-'.t>S)->->-i>-'-OOtC)OOl-'CCiO CntxjOOÜiOrf^OOOO CnOGCOOCC letzten Backenzähne. •ö »-1. l-i - H* i Abstand der zwei ,P «0000«5©00«OOOOCCOOC»0 Hauer. Qo osooo >^c;^i>s tf». 00 1 C5 , Abstand z\\ischeu CJ^Oü^ütasoc;"0^ü^OO^^■OOCfv^s^;^ 1; dem Hauer & einem | «a i^iiü'Cn QOü^c;?^, ►f^. OCr«o Backenzahn. ^f^rf^©^;>.rfi^ CT« ►?>.*>> ü^O 0 0 hf^ rf^ rf^ 00 0 Länge des letzten Backenzahns. t-l l-l )_L 1-1 >-i 1—1. Länge der Backen- zahnreihe. OOOOOOOOOOOOOQOO-a-J H^Ütt-i.C>'SC;^0 WO'QOÜ'OGO ö -:::::: q q c; •. 0 öoöäggg tr- «!S«»wSSS « g p oc .^ « p^ .^ f^ l^ P. ^ Cl. ci.^ , ^ 1 1-^ IHill i 5^ B S 5t JT g 1- s. ■- ? S ' ►§ 1 s"^ a P ? 1: »^ 1;^ •- - _ 165 — welche die jungen Bären überhaupt zeigen, fällt der Alters-Ünter- schied auch bei U. arctos sehr auf, jedoch nicht in dem Maasse wie bei spelceus. Es gewährt daher grosses Vergnügen, die Altersstufen auch an den einzelnen Knochentheilen des Schädels zu verfolgen, wie sich, gewisse Verhältnisse in der ersten Jugend sclion bestimmt ausprägen. Vom Stirnbein besitzen wir einige Duzend ganz junger Individuen, das kleinste von 60 Mm. Länge hat die Grösse, die sich an dem 0^/2 monatlichen Bären -Skelett von Werner be- obachten lässt: an diesem ist bereits die protubercmtia marginis supraorbitalis sehr stark -entwickelt, welche dem ausgewachsenen Huhlenbärenschädel eine so eigenthümliche Physionomie verleiht. Die Hirnhöhle ist bei unserm Schädel Nr. 1 bereits nahezu so gross, als bei einem der ausgewachsenen ader alten Individuen, wie Gyps-Ausgüsse der Hirnhöhlen von Nr. 1. und Nr. 6, bewei- sen, deren grosses Gehirn zwischen 102 und 105 Mm. misst, und doch ist diess Verhältniss der Schädellänge wie 2:5. (s. Tabelle) Mit dem Wachsthum der Thiere wachsen nemlich am Stirnbein nur noch die sinus frontales. Am kleinsten Stirnbein, dessen Wandung erst einige Millimeter misst, zählt man bereits 5 — 7 längs sich zur Nase ziehende Höhlen, die mit dem Wachsthum des Schädels immer grösser, geräumiger und blasiger werden, sich schliesslich vielfach theilen und verästeln und den Raum ausfüllen zwischen der Hirnhöhle und der Nase. An alten Exemp- laren, an denen weder Kronennaht noch Pfeilnaht mehr zu sehen ist, kann man folgende Maasse beobachten: von der crista sagit- talls zur basis ossis sphenoidei 140 Mm., der Piaum für das Ge- hirn beträgt 70 Mm., 10 Mm. ist das Keilbein dick, fallen die übrigen 60 Mm. auf den sinus pariefalis, während der davor lie- gende sinus frontalis über dem Kolben des Siebbeins gemessen bildet war und 1 Tag lebte. Es misst 175 Mm. von der Schnauze zum Schwanz. Von den Zähnen ist keine Spur vorhanden. Ein 3V2 Monate älterer Blir aus der Nähe von Petersburg 520 Mm. bei einer Höhe von 240 Millimetern. — 166 — 100 Mm. Durchmesser zeigt. Ganz ähnlich ist es mit dem Wachsthum des Scheitelbeins. Vor dem Verwachsen der Pfeilnaht zeigt der Knochen eine Dicke von 10 Mm., mit ihrem Verwachsen schwillt der sinus um das 6fache seines Volums an, bildet sich spongiöse Knochen-Masse und die hohe, scharfe crista sagittalis, welche den Schädel des Höhlenbären vor lebenden Arten auszeichnet. Das Hinterhauptsbein. An jungen Schädeln ist weder der pars basilaris noch die squama occipitis mit den condyli ver- wachsen. Es besteht vielmehr das Hinterhauptsbein aus den ge- nannten 3 besonderen Theilen, die leicht auseinanderbrechen. Bald jedoch verwachsen diese Nähte spurlos und bildet sich auf dem Basilartheil eine protuherantia pharyngeal auf dem Schuppen- theil eine scharfe crista nuchm aus , die beide am braunen Bären vermisst werden, während am Eisbären wenigstens letztere be- obachtet werden kann. Im Gelenktheil liegen die 2 Canäle in das kleine Gehirn (das foram. jugulare und co7idyloideum) ganz auf dieselbe Weise wie bei den lebenden Bären. Dagegen bildet sich am Basilartheil zum Felsenbein je ein protuherantia jugularis aus, welche bedeutend über dieses hinabragt. Es scheint diess dem U. spele&us eigenthümlich zu sein; bei den Schädeln leben- der Arten ist es nicht der Fall, hier überragt vielmehr das Felsenbein die Protuberanz des Grundbeins. Die Breite des Grundbeins über den Condylen verändert sich mit dem Alter nur wenig, dessgleichen der Durchmesser des Hinterhauptslochs, wie unsere tabellarische Uebersicht zeigt. Es hängt diess mit dem geringen Wachsthum des ganzen Gehirns zusammen, wie wir beim os frontale und parietale gesehen haben. Das Keilbein zeigt keine nennenswerthen Eigenthümlich- keiten. An geöffneten Schädeln sieht man den Verlauf der 5 hintereinander liegenden foramina in der Gehirn-Höhle. Das vorderste kleinste an das Stirnbein stossende foramen dient zu Gefäss- Verbindungen und mündet neben den 2 Lappen des gros- sen Gehirns, hinter ihm kommt das foramen opiicum, dann fora- men rotu7idum und ovale. lieber den olfactorius und opticus kann kein Zweifel sein. — 167 — Das dritte foramen muss verbunden mit der ßssura orhitalis su- perior als f. rotundum angesehen werden zur Durchlassung des 3ten und 4ten, des ersten und zweiten Astes vom 5ten und end- lich des 6ten Nerven. Das vierte foramen wäre ovale für den dritten Ast des 5ten, maxillaris inferior. Das fünfte diente für Gefässe und den nervusvidianus. Auf dem Grund des Keilbeins vorne liegt endlich ein entwickeltes foramen vomerobasilare und nach hinten der canalis caroticus und die tuba Eustachii, Auffallend stark entwickelt findet sich wieder das Schläfenbein. Der Grund hievon sind abermals die sinns temporales. Durchsägt man alte Schädel, so trifft man hier ebenso grosse Höhlen und Blasen wie in der Stirn - Höhle , nach aussen folgt spongiöse Knochen-Masse, immer dichter werdend und härter, bis sie in der Gelenk-Grube vollkommen fest und glatt geworden ist. Die furchtbare Stärke des procesms zygomaticus, der Gelenk -Grube und des Gelenk -Hügels verlangt weiter einen starken processus viastoideiis , welche mit einander dem Bärehschädel von unten angesehen den imposanten Ausdruck verleihen. Zwischen dem Zitzenfortsatz und dem Gelenkbein liegt der äussere Gehörgang, der 16 Mm. hoch, von ovaler Gestalt beginnt, 50 Mm. weit in dem Tympanbein sich hinzieht und dabei auf 8 Mm. sich ver- engt. Ein sehr regelmässiges Oval mit dem Tympanring mündet in die grosse Paukenhöhle, die in 3 Kammern getheilt ist, in der in- neru mündet die tuba Eustachii, in die äussere der facialis, von den "Wänden der Paukenhöhle hängen tropfsteinartig Knochenzäpfchen einige Mm. laug herab. In ausgezeichneter Weise Hessen sich an einigen Exemplaren die Gehör -Knochen prepariren und finden sich noch in ihrer Lage Hammer, Ambos, Steigbügel, Der erstere (malleus) ist 10 Mm. lang, der Handgrifi" misst 5, rechtwinklig zum Handgriff ein feiner proc. Folianus, am Kopf eine grosse Gelenkgrube für den Ambos fincusj. Dieser ist eigenthümlich gebaut, 5 Mm. lang, einer Keule zu vergleichen, der Körper sitzt mit seinem Kopf in der Gelenk -Grube des Hammers mit dem selben ein Knie bildend; am Ende des grossen Fortsatzes, der breit und dünn wird, ist der überaus zierliche, 3 Mm. lange, 1 Mm. breite Steigbügel (stapes) angebracht. Er sitzt in der — 168 — feiiestra ovalis, da sein Durchmesser grösser ist, als der Eingang zuv fenestra, so kann er nicht in die Paukenhöhle herausfallen. Um ihn zu erhalten, muss der Vorhof aufgesägt werden. Die Ineinanderfügung der 3 ossicula liegt vollkommen klar vor Augen : der am Trommelfell befestigte Handgriff setzt mittelst des knie- förmigen Doppel-Hebels den in der fenestra angebrachten Steig- bügel in Bewegung, durch welchen die Schallwellen in das Innere des Ohrs hindurchgehen. Vom vestibulum aus führt ein seitlicher Gang zur Schnecke und fenestra rotunda. Gerade aus durch's Fenster hindurch sieht man die äusserst zarte und feine Oeff- nung des ersten halbcirkelförmigen Canals, unter rechten Win- keln liegen die 2 andern zu dem ersten, also dass die Canäle nach den 3 Dimensionen des Raums den äusserst harten Knochen durchziehen. Die Kanäle sind so eng und schmal, dass es kaum gelingt, eine Borste durchzuzwängen, und man ihren Verlauf nur durch mühsames Auffeilen verfolgen kann. Das Siebbein des Höhlenbären ist nicht weniger eigen- thümlich. Es bildet — von innen gesehen, 2 Kolben , in wel- chen die 2 Lappen des grossen Gehirns liegen und die Reihe von Riechnerven durch die foramina crihrosa in Empfang nehmen. Von aussen gesehen ist das Bein ein regelmässiges Kreuz. Eine Knochenwandung bildet nach oben die Scheidewand der Stirn- Höhle, nach unten eine Gräthe gegen den vomer, die 2 Queer- balken sind die Basis für die zahlreichen, faltigen Knochenzellen, die in der Nasenmuschel immer dünner und blasiger werden. Ueber die Gesichts-Knochen lässt sich nicht viel sagen. Die Eigenthümlichkeit des Höhlenbärenschädels wird hauptsächlich im Stirn- und Schläfenbein zu suchen sein. 2) Die Zähne des Oberkiefers. So gründlich und viel- fach schon das Zahnsystem des Höhlenbären beschrieben worden ist, so reich und einladend ist doch das Hohlenstein-Material, wor- nach hier eine kurze Zusammenstellung gegeben werde. a) Die 6 Schneidezähne. Der Ite ist dreispitzig, vier- eckig an der Basis, die äussere Spitze überragt um das doppelte die beiden inneren, von welchen wiederum der vordere Hügel höher und stärker ist als der hintere. Er wird vom Iten und — 169 — 2ten Schneidezahn des Unterkiefers angekaut. — Der 2te gleicht dem Iten vollständig, nur ist er stärker, und die 2 inneren Hü- gel sind wenig an Höhe und Stärke verschieden. Wird vom 2ten und 3ten untern Schneidezahn angekaut. — Der 3te ist einspitzig, die Spitze nach aussen und nach unten gebogen, gleichfalls vier- eckig an der Basis. Statt der inneren Hügel trägt er einen wulstigen Schmelzrand, die Wurzel hat auf der Vorderseite eine Rinne. Diese 3 Zähne stehen in Einer Linie nebeneinander, 1 und 2 vor dem foramen incisivum, 3 nimmt so viel Platz ein, als 1 und 2 miteinander. Bei alten Individuen fallen die Zähne leicht aus und gehört es wirklich zu den grössten Seltenheiten", die Schneidezähne noch im Kiefer steckend anzutreffen. b) Die 2 Eckzähne oder Hauer überragen mit ihrer 35—40 Mm. langen Krone die übrige Zahnreihe. Mit der Wurzel wer- den sie 120 Mm. lang, am dicksten Theil 40 breit. Die convexe Seite der Wurzel ist nach innen , die concave nach aussen ge- richtet. Au der Krone* ist das kleine von den Schmelz -Kanten eingefasste Feld nach innen gestellt. Die Ankauung greift den Zahn auf der Vorderseite der Krone an durch die Hinterseite des untern Eckzahns. Selten und erst bei sehr starker Abnutz- ung nimmt der 3te untere Schneidezahn an einer seitlichen An- kauung an der Basis der Krone noch Theil. — Neben dieser Form starker, kräftiger Eckzähne linden sich Individuen mit nur 96 Mm. langen und 22 — 25 breiten Zähnen. Es sind die schlan- kere Formen, der Zahn erscheint spitziger, die Zahnmasse härter und fester, indem sie weniger Brüche und Abnutzung zeigen als die der dicken Form. c) 6 Backenzähne. Der Ite misst 20 Mm. in der Länge, 16 in der Breite, (der grösste 22 und 19), ist zweiwurzlig und dreispitzig. Der vordere von der ersten Wurzel getragene Höcker ist der grösste, die hintere breitere Wurzel trägt 2 kleinere Höcker, unter denen wiederum der innere kleiner und niederer ist als der äussere. An der Basis des letzteren heftet sich ein Schmelzrand an, der w^ohl auch noch zu einem weiteren Höcker sich ausbildet. 3Ian nimmt mit Recht an, dass in diesen Formen der Höcker ein Hauptmoment zur Unterscheidung der Arten liege. — 170 — Dem Eisbären z. B. fehlt er durchaus. — Der 2te, 27 lang, 20 breit, (der grösste 30 und 23), ist dreiwurzlig, eine breite Wurzel nach innen, 2 lange schmälere aussen, an der hinteren äusseren Wurzel wuchert gerne noch eine 4te Wurzel aus. An der Aussenseite sitzen auf den 2 Wurzeln 2 Haupthöcker mit 2 Nebenhöckern. Bedeutend niederer zieht sich auf der Innen- seite eine Reihe von 3 und 4 Höckern hin. — Der 3te 46 lang, 23 breit, (der längste 50), ist von der Zusammensetzung und Be- schaffenheit des 2ten Backenzahns mit einem hintern Ansatz von Schmelzwarzen, die unregelmässig zu einzelnen Höckern anstei- gen. Zu 2 breiten Hauptwurzeln kommt eine noch breitere dritte, manchmal eine vierte, zwischen denen bei alten Exemplaren noch einzelne Nebenwurzeln sich einschieben. — Der Zahnwechsel im Oberkiefer ging gleichen Schritts mit dem im Unterkiefer vor sich, wenigstens zeigt ein Stück Oberkiefer den 2ten Backenzahn bereits ausgebildet und ausgewachsen, während der 3te noch in der p?^Zpöf sitzt, der Iste aber nur einige Millimeter mit seiner höchsten Spitze herausschaut. Der Eckzahn ist an diesem Stück noch ganz versteckt im Kiefer. Zugleich sieht man noch die Alveolen des Milchlückenzahns und Milcheckzahns. 3) Der Unterkiefer. Es liegen gegen 400 Unterkiefer vor, von fötalen oder kaum geborenen Individuen an bis zu ur- alten, die nur noch abgenützte Zahnstummel im Kiefer zeigen. Anschliessend an die, Messungen Nordmann's (a. a. Ort p. 11) folgen hier gleichfalls übersichtliche Maasse von 12 Individuen, die je nach Alter und Form verschieden sind. Ebenso, ja mehr noch als an den Schädeln treten an den Unterkiefern 2 Formen hervor, eine starkknochige mit dicken, massigen Eckzähnen und breiten Backenzähnen und eine schlanke Form mit spitzen, schär- feren Zähnen. Nach der Analogie der lebenden Bären wird man wohl nicht irren, die grosse und breite Schädelform mit den starken Hauern den männlichen Individuen zuzuschreiben, w^ährend die schlanke Form mit den spitzen, härteren Zähnen dem weiblichen Geschlecht eigenthümlich wäre. 171 Vergleiehendo Maasse von Untorkieforii dos P. speloeus. Ja C 3 5 . S •= .-; y .^ "S 'O "5 » u .« s . !=■ 1» 2 §« ^ II II 3g •IS 11 o O ^ ü 03 n 'S N TS ^P3 «1 Fe N 1 11 tiS =2 cJ S 1^ Iapgmiilina d'Orb. 14) Margiuulina irregularis n. sp. Taf. III. Fig. 15a, 15b. 17 u. 18. Gehäuse unregelmässig, walzenförmig, glatt oder durch kno- tige Erhöhungen und seichte Vertiefungen puppenförmig , nach — 221 — unten mit einem verdickten Knopfe seitlich gekrümmt, nach oben in einen kurzen nach hinten stehenden Hals zulaufend, im Quer- schnitte etwas elliptisch. Die Kammern sind nicht deutlich er- kennbar, jedoch durch mehr oder weniger deutliches Ausbauchen des Gehäuses angedeutet. Länge des Normalexemplars Fig. 15: 0,88 Mm. Dicke: 0,20 Mm. Hier sind einige sehr häufig bei Streitberg vorkommende Formen unter einem gemeinsamen Namen vereinigt, deren Zu- sammengehörigkeit ich zwar nicht verbärgen kann, welche aber zugleich durch Uebergänge und Zwischenfoi'men so eng verbun- den sind, dass ich eine bestimmte Grenze der Abscheidung nicht erkennen konnte; wie denn überhaupt der Umstand, dass der Körper nicht durchscheinend ist, die Genauigkeit der Bestimmung schwierig macht. Die Oberfläche ist wie incrustirt und rauh, durch die an vielen Exemplaren bemerkbaren knolligen Erhöhun- gen noch besonders uuregelmässig gestaltet. An einem Exem- plar, das in Fig. 18 abgebildet ist, zeigt sich sogar eine knie- förmige Krümmung. Trotz dieser Besonderheit und einer über das gewöhnliche Maas weit hinaus reichende Grösse dieses Indi- viduums konnte dasselbe doch nicht specifisch von der Normal- form abgetrennt werden; da es durch die Zwischenformen F. 16 und F. 17 mit demselben eng verbunden ist. Fundort: Grabenbach, Muschelquelle und Reitzenstein- haus bei Streitberg. 15) Marginulina Beierana n. sp. Taf. III. Fig. 20a und 20b. Gehäuse in die Länge ausgedehnt, schmal zusammengedrückt, nach oben gerade, nach unten seitlich gekrümmt, fast gleich breit, nach Oben nur um Weniges breiter, glatt, mit 10— 12 schiefstehen- den Kammern ohne Einschnürungen. Die Seitenflächen sind nur wenig gewölbt, fast eben, so dass im Querschnitte sie fast als gerade Linien erscheinen. Länge 1,10 Mm. Grösste Breite oben: 0,34, unten: 0,29 Mm. — 222 — Diese Art besitzt eine Aelmlichkßit mit Cristellaria antiquata d'Orb. des Lias, ist jedoch viel stärker zusammengedrückt, daher viel flächer, kürzer und am untern Ende nur seitlich gekrümmt, nicht eingerollt, wesshalb diese Form zu Marglmdina gestellt wer- den musste. Fundort: Grabenbach bei Streitberg, 16) Marginulina jtirassiea n. sp. Taf. III. Fig. 21a ii. 21b. und var. substriata Taf. III. Fig. 22. Gehäuse kurz, breit, stark zusammengedrückt, Seitenflächen nur schwach gewölbt, nach unten verschmälert, in einer etwas verdickten, seitlich gebogeneu Anfangskammer endigend; Quer- schnitt länglich elliptisch; Kammern wenig zahlreich, sehr schief gestellt, Oberfläche glatt oder bei der Varietät substriata mit ganz schwachen Längsstreifchen verziert. Länge: 0,90 Mm. Grösste Breite: 0,37 Mm. Dicke: 0,15 Mm. Hiermit ist die liasische *M. Terquemi d'Orb. zu vergleichen, welche jedoch nicht flach gedrückt ist und deutliche Einschnü- rungen an den Kammeruähten zeigt, während bei der Juraform solche Einschnürungen nicht bemerkbar sind. Die als Yar. substriata hierhergezogene Form scheint trotz einer grösseren Breite und gedrungener Gestalt kaum von der Normalform getrennt werden zu können, weil bei der Zartheit, der Streifen diese selbst leicht unsichtbar werden, die Dimensionen gewiss grösseren Schwan- kungen unterworfen sind und andere Momente der Unterscheidung nicht vorliegen. Fundort: Grabenbach bei Streitberg. 17) Marginulina serratoeostata n. sp. Taf. III. Fig. 23a und 23b. Gehäuse in die Länge gestreckt, dreiseitig, nach unten stark verjüngt und in einer seitlichen Krümmung endigend; die nacli vorn — 223 — gerichtete Fläche mit 3 dornig gezackten Längsrippchen und die dornartigen Zacken unter sich verbindenden Querleistchen ver- ziert, zwischen diesen Hervor Agungen vertieft, die spitzwinklig nach hinten zusammenstossenden Seitenflächen schwach gewölbt mit 3 — 4 schwachen Längsstreifchen bedeckt, welche von den An- deutungen der Kammernähte in schiefer Richtung durchkreuzt werden. Die sehr zahlreichen Kammern sind zur Achse schief gestellt; die obere Endfläche gewölbt. Länge: P/^ Mm. Grösste Breite: 0,33 Mm. Grösste Dicke: 0,30 Mm. Diese unter allen Formen jurassischer Foraminiferen die eigenthümlichste und ausgezeichnetste hat nur in der liasischen M. spinata Terq. eine aber sehr entfernte Verwandte. Fundort: Mergelgrube am Reitzensteinhaus bei Streitberg. 18) Marginulina flabellata n. sp. Taf. III. Fig. 24a, 24b. u. 24c. Gehäuse sehr flach, glatt gedrückt, breit nach unten rasch sich verschmälernd in eine kugelige Erdkammer verlaufend; die breiten Seitenflächen etwas gewölbt, wellig uneben, nach vorn und hinten mit einer abgerundeten Kaute zusammenstossend, von fächerförmig aus einander laufenden Längsrippchen verziert, der vordere Rand ist an den Kammernähteu schwach vertieft, daher grob gekerbt; weniger deutlich ist diess am hinteren Rande der Fall. Die zahlreichen schief verlaufenden Kammern sind nur un- deuthch kenntlich; die Endfläche ist gewölbt und trägt nach hinten eine kurze Spitze mit der runden, von kurzen radialen Streifchen umgebenen Oefihung. Länge: 1,64 Mm. Breite: 0,56 Mm. Dicke: 0,19 Mm. Auch diese Form ist einzig in ilirer Art, nähert sich jedoch wieder mehr denen des Lias: M. undulata und Mete^isis Terq. Zu ihrer Unterscheidung bedarf es keiner weiteren Auseinander- setzung. Fundort: Sehr selten im Grabenbache bei Streitberg, — 224 — • VIII. Cristellaria Lamarck. 19) Cristellaria jurassiea n. sp. Tat IlL Fig. 2oa, 25b u. 25c. Gehäuse breit, sehr flach gedrückt, nach unten rasch und stark verschmälert, kurz eingerollt ; Seitenflächen fast eben, schwach gewölbt, Rücken und Bauch schmal abgerundet, ohne Einker- bungen an den Nähten; Kammern zahlreich sehr schief gestellt nach oben sehr erweitert; Oberfläche glatt, matt. Länge: 1,12. Grösste Breite: 0,54, Dicke: 0,25. Aehnliche Formen finden sich in mehreren Formationen: C. simplex d'Orb. C. intermedia Rss. unter dem liasischen C. matutina d'Orb. Die Juraart unterscheidet sich von diesen durch ihre zusammengedrückte Form und die deutliche Abgrenzung des kleinen eingerollten Tbeiles. Fundort: Nicht selten im Grabenbache bei Streitberg. 20) Cristellaria spongiphila n. sp. Taf. III. Fig. 26. Gehäuse in die Länge gestreckt, flachgedrückt, nach oben fast gerade, wenig erweitert, nach unten kurz eingerollt, an den Kammernähten schwach eingekerbt; Seitenflächen etwas gewölbt, Rücken- und Bauchrand abgerundet; Kammern nicht, sehr zahl- reich, schief gestellt; Oberfläche glatt. Länge: 0,69. Breite: 0,29. Dicke: 0,12. Diese Art, welche mit der vorigen sehr nahe verwandt ist, bleibt viel kleiner und zeichnet sich besonders durch die fast gleiche Breite des oben gerade gestreckten Theiles, so wie durch eine geringere Anzahl wenig schief gestellter Kammern so sehr vor jener aus, dass ich nicht wagen konnte, sie damit zu ver- einigen. Fundort: Häutig im Grabenbache, an der Muschelquelle und am Keitzensteinhause bei Streitberg. 225 21) Cristellaria franconica n. sp. Taf. III. Fig. 27a, 27b u. 27c. Gehäuse länglich, von der Seite schwach zusammengedrückt, so dass der Querschnitt länglich elliptisch erscheint, die Seiten sind gewölbt, wie der vordere und hintere Rand; das nach unten rasch verschmälerte Gehäuse ist stark eingerollt; doch reichen die eingerollten Kammern nicht bis zur halben Höhe des ganzen Gehäuses, aber über den halben vorderen Rand; die Kammern sind nicht sehr zahlreich, dabei sehr schief gestellt und an ihren Nähten oberflächlich schwach, aber merklich vertieft, so dass auf dem hintern Rande flache Einschnürungen sich bemerkbar machen. Die Oberfläche ist glatt. Länge: 1,06 Mm. Breite: 0,62 Mm. Dicke: 0,44 Mm. G. prima d'Orb aus dem Lias von Metz steht der oben ge- nannten Art nahe; die letztere lässt jedoch wegen grösserer Dicke geringerer Einrollung und Fehlen der Kieles eine Verwechslung mit jener nicht wohl zu. Fundort: Grabenbach bei Streitberg. 22) Cristellaria triquetra n. sp. Taf. III. Fig. 28a, 28b u. 28c. Gehäuse in die Länge gestreckt, dreiseitig, nach unten schwach verjüngt und eingerollt, nach oben fast gerade, die Seitenflächen wenig gewölbt, nach hinten in einer gekielten Kante zusammen- laufend, nach vorn mit abgerundeten Kanten an die schwach concave, vordere Seite stossend, der eingerollte Theil reicht nur bis über das untere Drittel der vorderen Seite hinauf; die obere Endfläche ist stark gewölbt, von einem wulstigen Rand umgrenzt, der nach vorn sich convex ausbiegt. Die Nähte der schiefstehen- den Kammern ragen um ein Weniges (vielleicht in Folge einer Abwitterung?) über die Oberfläche, welche etwas rauh erscheint, vor. Länge: 1,12 Mm. Dicke: 0,56 Mm. Breite: 0,62 Mm. Württemb. natunv. Jalireshefte. 1862. 2s HetU 15 • 226 - Diese sehr ausgezeichnete Species schliesst sich zunächst an C. arcuata d'Orb. von Wien und Passau, ohne jedoch mehr, als eine entfernte Aehnlichkeit damit zu besitzen. Nach den ange- gebenen Merkmalen ist diese Art leicht zu erkennen. Fundort: Grabenbach bei Streitberg, selten, 23) Cristellaria alata n. sp. Taf. IV. Fig. la u. Ib. Gehäuse flach, zusammengedrückt, breit mit schmalem abge- plattetem Rücken, welcher von fast ganz flachen, breiten Seiten- flächen beiderseits durch eine kielartige Leiste abgegrenzt wird; die Einrollung ist sehr stark, so dass sie bis zu der weit herabrei- chenden Endfläche emporreicht; die Kammern sind stark gekrümmt, an ihren bogenförmigen Nähten ist die Oberfläche vertieft, zwischen ihnen gewölbt, rauh oder mit kleinen Höckerchen besetzt; die schmale hohe Endfläche ist gegen den Rand von einer Leiste begrenzt, flach oder etwas vertieft. Länge: 1,00 Mm. Breite: 0,63 Mm. Dicke: 0,19 Mm. Diese ganz flache, durch ihren schmalen, glatten, gekielten Rücken ausgezeichnete Form gehört wegen der in einer ausgezo- genen Spitze befindlichen runden Mündung zum Genus Cristel- laria; ob die vertieften Nahtränder an der Oberfläche nur ein- fach rauh, oder vielleicht durchlöchert sind, konnte, nicht deut- lich erkannt werden, wie überhaupt die Oberflächenverzierung selten gut erhalten scheint. Fundort: Selten im Grabenbache bei Streitberg, 24) Cristellaria Quenstedti n. sp. Taf. lY. Fig. 2a u. 2b. Gehäuse scheibenförmig, rundlich, etwas zusammengedrückt, gegen die Mitte schwach vertieft, stark eingerollt, deutlich gekielt; die Nahtränder der stra'k gebogenen Kammern stehen über den gewölbten Seitenflächen leistenartig vor und verlaufen aus der etwas vertieften Mitte mit einer nach vorn convexen, grossen Biegung gegen den Kiel, wo sie sich nach vorn concav umbiegen — 227 — und au den Kiel anschlicssen; die Oberflüche ist glatt, matt; die breite, berandete Endfläche hochgewölbt. Grüsste Höhe: 1,45 Mm. Breite: 1,06 Mm. „ Dicke: 0,56 Mm. Diese stattliche Art hat unter den Liasarten von Metz kei- nen Repräsentanten; sie zeichnet sich in gleicher Weise durch Grösse und Verzierung der Oberfläche vor den übrigen verwand- ten Formen aus. Fundort : Selten Mergelgrube am Eeitzensteinhause bei Streitberg. XI. Robullna, d'Orbigny. 25) Robulina jurassofraneoniea n. sp. Taf. rv^ Fig. .3a u. 3b. Gehäuse scheibenförmig, rundlich, hoch gewölbt, eingerollt, mit einer Nabelschwiele in der Mitte, stark gekielt; an den Naht- rändern schwach vertieft; Oberfläche rauh, d. h. zwischen glatten glänzenden Stellen, feinkörnig, matt schimmernd. Mündung drei- eckig, am obern Ende der gewölbten, breiten Endfläche. Länge: 1,62 Mm. Breite: 1,11 Mm. Dicke: 0,87 Mm. Diese grosse Ai't sclieint einigen Veränderungen unterworfen zu sein, indem sich Exemplare, vorzüglich grössere, fanden, bei denen der Kiel weniger deutlich bemerkbar war, bei anderen, na- mentlich kleineren Individuen, stand die Nabelschwiele weiter vor und sie besassen zugleich auch eine glatte, glänzende Oberfläche, die wie durch Abreibung, nur stellenweise rauh erschien. E. clypei- formis d'Orb. ist eine verwandte, doch viel glättere Form. Fundort: Nicht selten im Grabenbache bei Streitberg. X. Outlulina d'Orbigny. 26) Guttulina strumosa n. sp. Taf. IV. Fig. 13a, 13b, 14a u. 14b. Gehäuse birnförmig, oval, nach oben zugespitzt in einen die runde Mündung tragenden Hals verlängert, flach zusammenge- — 228 — drückt, nach unten in einen kropfartig erweiterten, abgerundeten, etwas seitlich gerückten Ende auslaufend, mit 4 Kammern, welche länglich convex durch seichte Einbuchtungen getrennt, schräg an einander gereiht sind. Die Oberfläche ist glatt. Länge: 0,62—0,75 Mm. Breite: 0,22—0,31 Mm. Dicke: 0,12—0,17 Mm. Es sind hier zw^ei Formen, welche in ihren Extremen ziem- lich auffallende Unterschiede zeigen, vereinigt, weil Uebergänge zwischen beiden vorkommen. Die kleinere Form zeichnet, sich durch ihre mehr grade Gestalt und den kurzen Hals, die grössere, durch die einseitige Entwicklung das seitliche Vortreten des ku- geligen unteren Endes und den langen Hals aus. Einige Aehn- lichkeit zeigte G. austriaca d'Orb. Fundort: Ziemlich häufig im Grabenbache bei Streitberg. 27) Guttulina jurassiea n. sp. Taf. IV. Fig. 15a u. 15b. Gehäuse spindelförmig, oval, wenig zusammengedrückt, nach oben und unten spitz zulaufend, mit 4 convexen, dicht an einan- der schliessenden , schräggestellten Kammern. Die Oberfläche ist glatt, fast ohne Vertiefungen zwischen den Kammern. Länge : 1 Mm, Breite: \ Mm. Dicke: 0,34 Mm. Diese mit der vorigen Art verwandte Form unterscheidet sich, abgesehen von ihrer beträchtlicheren Grösse, durch ihre ziemlich gleiche Zuspitzung nach beiden Enden und grösserer Abrundung der Kammern. Fundort: Selten in der Mergelgrube am Reitzeusteinhause bei Streitberg. XI. Textilaria. Defraiice. 28) Textilaria jurassiea n. sp. Taf. IV. Fig. 17a u. 17b. Gehäuse keilförmig, langgestreckt, plattgedrückt, aus zahlrei- chen schiefgestellten keilförmig in einander greifenden Kammern — 229 — bestehend, welche wenig gewölbt und an den Wänden nur schwach eingetieft sind; Oberfläche glatt, die schmalen Seitenränder abge- rundet, nicht gekielt. Länge: 1,06 Mm. Grösste Breite: 0,37 Mm. Dicke: 0,12 Mm. T. Icevigata d'Orb. hat Aehnlichkeit mit dieser Art, welche sich durch ihre glatte Form und die Abrundung an den schmalen häufig kielartig zugeschärften Randseiten kenntlich macht. Die Dicke nimmt nach Unten etwas ab , die Anfangszeile ist kugelig etwas dicker, als die nächsten Kammern. Fundort: Grrabenbach bei Streitberg. 29) Textilaria franconiea n. sp. Taf. IV. Fig. 18a u. 18b. Gehäuse keilförmig, geradegestreckt, flachgedrückt mit zahl- reichen, gewölbten, an den Nähten schwachvertieften schiefgestell- ten, keilförmig in einander greifenden Kammern, die schmalen Randseiten abgerundet, durch die Vertiefungen der Kammernähte gekerbt; Oberfläche glatt. Länge: 0,81 Mm. Grösste Breite: 0,31 Mm. 'Dicke: 0,19 Mm. Diese mit der vorigen sehr verwandte Art unterscheidet sich von dieser durch ihre verhältnissmässig kürzere, dicker gedrun- genere Form, durch höhere Wölbung der Kammern und tiefere Vertiefungen an den Nähten ; die Kammern selbst sind im Umrisse mehr kugelig, die Anfangskammern gross und dick. Fundort: Mergelgrube am Reitzensteinhause bei Streitberg. XII. Rotalina, d'Orbigny. 30) Rotalina franconiea n. sp. Taf. lY. Fig. 9a u. 9b. Gehäuse scheibenförmig, ungleichseitig, rundlich, gekielt, nach oben conisch zulaufend zu einer grossen Nabelschwiele, nach un- ten convex gewölbt, gegen die Mitte vertieft, Windungen hoch mit — 230 — zahlreichen Kammern, deren Wände über die Oberfläche leisten- artig vorstehen; die Oberfläche ist glatt, glänzend, mit rauhen Erhöhungen. Durchmesser: 1,06 Mm. Höhe: 0,44 Mm. Diese Art, welche in die Gruppe der R. Partsclüana d'Orb. gehört, ist in dem vorliegenden Exemplare an der Mündung zu- sammengebrochen und undeutlich. Fundort: Grabenbach bei Streitberg. 31) Rotalina turbinella u. sp. Taf. IV. Fig. 10 a u. 10b. Gehäuse flach, conisch, im (Jmriss rundlich, unten flach, nicht vertieft nach oben conisch zulaufend, in der Mitte mit einer klei- nen, glatten Nabelschwiele versehen; Windungen nicht sehr zahl- reich mit nicht deutlich erkennbaren Kammern; Oberfläche kör- nig rauh. Durchmesser: \ Mm. Höhe: 0,19 Mm. Diese kleine, häufig vorkommende Art, lässt sich sogleich an ihrer geringen Grösse , rauhen Oberfläche , und ebenen unteren Fläche leicht und sicher erkennen. Fundort: Häufig im Grabenbache, an der Muschelquelle und am Reitzensteinhause bei Streitberg. XIII. Rosalina, d'Orbigny. 32) Rosalina aspera n. sp. Taf IV. Fig. 8a u. 81). Gehäuse flach, scheibenförmig, zusammengedrückt rundlich, unten nach der Mitte zu stark vertieft, oben flachconisch zulau- fend; Windungen spiral eingerollt, nicht hoch, am Rücken abge- rundet, mit zahlreichen engen Kammern, deren Wände schwach durchscheinen; Oberfläche rauh, feinkörnig. Grösster Durchmesser: 1,10. Grösste Höhe: 0,56. 231 Diese Art hat einige Aehnlichkeit mit Rosalina dubia d'Orb. von Wien. Die schmalen Windungen, die durch keine Einschnitte von einander getrennt sind, die fast nicht bemerkbare Einschnü- rungen an den Kammerwünden , lassen die jurassische Art leicht erkennen. Fundort: Sehr selten im Grabenbach bei Streitberg. XIV. Polystomella, Lamaick. 33) Polystomella (?) polypora n. sp. Taf. lY. Fig. 6a u. Gb. Gehäuse länglichrund, stark zusammengedrückt, flach, einge- rollt, die Seitenflächen wenig gewölbt, der Rücken gerundet; Kam- mern zahlreich, ihre Wände bogenförmig gekrümmt, über die Ober- fläche vorstehend und von grösseren Poren dicht besetzt; die Ober- fläche zwischen den Rippchen ist körnig, porös (?); die Endfläche berandet, mit Poren dicht besetzt, nach oben in eine Art Spitze zulaufend; grössere Mündung nicht deutlich wahrnehmbar. Länge: 1,31 Mm. Breite: 0,81 Mm. Dicke: 0,29 Mm. Das Genus dieser ausgezeichnet verzierten Art konnte wegen Ge- steinsausfüllung nicht sicher festgestellt werden. Während die ganze, in die Länge gedehnte, flache Form, das Vorhandensein einer Spitze, ähnlich wie bei Cristellaria^ eine Zugehörigkeit zu diesem Genus in der Nähe der hier beschriebenen Cristellaina alata vermuthen lässt, ohne dass jedoch die runde Oefi'nung in dieser Spitze er- kannt werden konnte, sprechen andere Merkmale, namentlich das Vorhandensein einer Mündung ähnlichen Vertiefung am unteren Ende der Mündungsfläche für das Genus Nonionina. Das mit grösster Wahrscheinlichkeit anzunehmende Vorhandensein mehr- facher Mündungen entscheidet endlich zu Gunsten von Polystomella, Fundort: Sehr selten im Grabenbache bei Streitberg. Daran reiht sich als von zweifelhafter Genus vielleicht zu Spi- ralina gehörig: — 232 — 34) Spiralina (?) Streitbergensis n. sp. Taf, IV. Fig. 7 a u. 7 h. Gehäuse in die Länge ausgedehnt, oben fast gleich breit, zu- sammengedrückt, nach unten bis zur Hälfte des vorderen Randes eingerollt und mit einer Nabelschwiele versehen; der Rücken ist abgerundet, ungekielt, die vordere Randfläche neben den 2 seit- lichen rinnenartigen Depressionen in der Mitte leistenartig erhöht, Kammern zahlreich, schief gestellt, ihre Wände nicht vorstehend; die Oberfläche matt, die Endfläche schwach concav, neben der . leistenartigen Randwulst mit Poren (?) besetzt. Länge: 1,30 Mm. Breite: 0,44—0,50 Mm. Der allgemeine Habitus erinnert sehr an Cristellaria^ wozu auch eine spitzenartige Erhöhung der obersten Kammer überein- stimmen würde. Da sich jedoch auf der Endfläche mehrfache Oeffnungen (Mündungen?) vorfinden, so konnte denn doch eine Zurechnung zu diesem Genus nicht gewagt werden. Erst das Auffinden mehrerer und vollständiger erhaltener Exemplare wird über die generische Stellung klaren Aufschluss bringen. Fundort: Sehr selten im Grabenbache bei Streitberg. XV. Nonionina, d'Orbigny. 35) Nonionina maeromphalus n. sp. Taf. IV. Fig, 4a u. 4b. Gehäuse dick, scheibenförmig, rundlich, eingerollt, in der Mitte mit einer abgegrenzt vorstehenden Nabelschwiele versehen, scharf gekielt; Oberfläche glatt, glänzend, an den Nahträndern etwas eingesenkt. Länge: 0,85 Mm. Breite: 0,69 Mm. Dicke: 0,48 Mm. Das Genus Nonionina ist aus den Lias noch nicht bekannt, die nächsten Formen sind tertiäre, aber auch unter diesen fehlen sehr ähnliche. Fundort: Selten im Grabenbache bei Streitberg. 233 36) Nonionina Fraasana n. sp. Taf. lY. Fig. 5a u. 5b. Gehäuse länglich rund, stark eingewickelt, gegen die Mitte abgerundet, vertieft, mit .breitem, vollständig abgerundetem Rücken, ungekielt, durch die etwas über die Oberfläche vorstehenden Kam- nierwände im Umriss troppenförmig eckig; Kammern zahlreich, ihre Wände fast ganz radial gestellt, unmerklich ausgebogen; die Oberfläche hinter denselben schwach eingeschnürt, glatt, doch nicht glänzend, sondern matt schimmernd. Länge: 0,88 Mm. Breite: 0,69 Mm. Dicke: 0,40 Mm. Diese bei Streitberg nicht seltene Art ist meist nur dürftig erhalten, so dass die rundliche Mündung auf der Endfläche nicht absolut sicher erkannt werden konnte. Es wäre daher wohl möglich, dass sie zu einem andern Genus gehört. Uebrigens sind die angeführten Merkmale so eigenthümlich , dass die Species sicher daraus zu erkennen ist. ~ Fundort: Nicht selten bei Streitberg. XYI. Biloeiilina, d'Orbigny. 37) Biloculina applanata n. sp. Taf. lY. Fig. 16a, 16b u. 16c. Gehäuse linsenförmig kreisrund, einerseits flach, andernseits gewölbt, an den Seitenrändern mit einem w^ulstigen Saume ver- sehen: Oberfläche rauh, wie gerissen; Mündung auf einer vor- stehenden Verlängerung des Gehäuses, schmal, spaltenförmig. Länge: 0,75 Mm. Breite: 0,50 Mm. Dicke: 0,21 Mm. Diese etwas fremdartige Form glaubte ich am besten in die- sem Genus unterzubringen, obgleich die Undeutlichkeit der Mün- dungsbeschaffenheit keine volle Sicherheit gewährt, dass diese Auffassung die richtige sei. Unter den Biloculinen kommen ähnliche Formen vor; doch ist an der jurassischen Art die einseitig flache Beschaffenheit, — 234 — die Verlängerung zu einem die Mündung tragenden Halse und die Abrundung des wulstigen Randes (statt einer scharfen Kante) auffallend. Leider fand sich bis jetzt nur ein Exemplar die- ser Art. Fundort: Mergelgrube am Reitzensteinhause bei Streitberg. Damit schliesst die Reihe der den Foraminiferen mit Sicher- heit zuzuzählenden, bestimmbaren Formen aus den Schwamm- schichten bei Streitberg. Es muss aber bemerkt werden, dass damit keineswegs die ganze Fülle der Arten erschöpft ist, welche sich daselbst finden, vielmehr kamen mir noch so viele meist nur in kleinen Fragmenten erhaltene oder undeutlichere Reste vor, dass die Fauna sicher noch eine namhafte Bereicherung in dieser Richtung erwarten lässt. Einige der minder deutlichen Formen, welche mit Sicherheit den Foraminiferen nicht zuzuweisen waren, kommen so häufig vor und scheinen so charakteristisch für diese Schwammmergel, dass sie hier in einem Anhange einer kurzen Erwähnung wohl werth erscheinen. Es sei hier noch ausdrücklich bemerkt, dass das bei Streit- berg in den Formaniferen-Schwammmergeln entdeckte Couo- dictyum striatum Mü., welches neuerdings fragweise von Reuss der Familie der Ainmodiscineen angeschlossen wurde, nach meinen wiederholten Untersuchungen nicht zu den Formaniferen gestellt werden kann. Der kreiseiförmige Körper ist im Innern ganz von Gestein ausgefüllt, ohne Spur einer Kammerung, und allseitig von einer dünnen Kalkkruste umschlossen, welche netz- artig, wie bei Bryozoen, gestaltet ist. Diese Kruste ist zusammen- gesetzt aus eng an einander schliessenden- 6seitigen Zellen, welche in ihrer Mitte eine w^ite Mündung zeigen. Zumeist ist diese Mün- dung von Gestein ausgefüllt und nicht sichtbar und tritt erst nach Auswitterung des Mergels hervor. Ob an dem unteren stielartigen Ende eine Oeifnung sich vorfindet, konnte nicht coustatirt werden. — 235 — Zweifelhafte Foraminiferen-ähnlielie Thierreste. 1) Siderolina-ähnliche Formen. (Taf. lY. Fig. 19) bestehen aus 4 gleich Langen nach aussen stumpf zuUxuf enden, gegen die Mitte sich zu einem breiten Körper vereinigenden Aesten, welche in ihrer Mitte einen leistenartigen Yorsprung tragen ; das Centrum der Yereinigung nimmt eine nabelschwieleähnliche, rundliche Er- höhung ein, um welche die Astleisten sich vereinigend eine Art Hof bilden; die Oberfläche ist sonst glatt; Mündung konnte keine beobachtet werden; beide Seiten sind gleich; Durchmesser: 1 Mm. Diese mit Siderolina grosse Aehnlichkeit zeigende, weisse opake Sternchen kommen bei Streitberg häuhg vor, zugleich mit ähnlichen, aber sehr unregelmässig gestalteten kreuzfvörmigen Körperchen, welche eher für Accessorien von Schwämmen etc, als für selbsständige Gehäuse zu halten sind. Uebergänge zwischen solchen kreuzförmigen Gestalten in die oben beschriebenen For- men machen es zweifelhaft, ob auch diese für mehr, als für Stern- haare anzusehen sind. 2) Bulimina- ähnliche Körperchen (Taf. lY. Fig. 20) von puppenähnlicher Gestalt, bestehen ganz aus Gesteinssubstanz und lassen weder Kammern, noch eine Oeifnung erkennen. Doch kehren diese Formen in dieser ganz bestimmten Gestaltung zu häufig wieder, um in ihnen eine blosse Yereinigung kleiner, oolitischer Klümpchen annehmen zu können. Häufig bei Streitberg, 3) Gl obulina- artige Formen haben die Gestalt einer Flasche und lassen weder Kammern, noch Mündung erkennen. Ihre Ober- fläche besteht aus einer krumösen Masse, welche, wie durch Sprünge, in eine Menge kleiner, rauher Wärzchen zertheilt ist. (Taf. lY. Fig. 21.) Sie finden sich im Grabenbache bei Streitberg. 4) Grosse, länglich runde bis eiförmige Körperchen, gehören zu den häufigsten Begleitern der Foraminiferen von Streitberg. Sie erinnern zunächst an Oolithkörner; der Mangel jeder Spur einer schaligen Struktur und ihre bemessene Grösse widersprechen dieser Zuweisung, wogegen der Mangel von erkennbaren Kammern und einer Mündung nicht erlaubt, sie den Foraminiferen anzu- schliessen. Der steinige Körper ist oberflächlich rauh oder matt — 236 — und durch kleine Erhöhungen und Vertiefungen wellig knollig, wie gewisse Sorten länglich runder Kartoffeln. Zuweilen glaubt man eine Mündung zu sehen (Taf. IV. Fig. 22), doch ist diese sehr unbestimmt. Auch bei einem angeschliffenen Exemplare konnte ich keine Kammerwände wahrnehmen. Erklärung der Abbildungen. Sämmtliche Figuren sind gleichförmig im 20faclien (linear") der natürlichen Grösse gezeichnet. Tafel III. Figur 1 a. Lagena franconica, Seitenansicht. „ Ib. ,, ,, von oben gesehen. ,, 2 a. Lagena compressula, Seitenansicht. „2 b. 5, „ von oben gesehen. ,, 2 c. ,, ,, von unten gesehen. ,, 3 a. Lagena (?) Streitbergensis, Seitenanansicht. j, 3 b. ,j ,, von oben gesehen. ,, 4, 5 und 6. Nodosaria nitidula. „ 4 a, 5 a und 6 a. Seitenansicht verschiedener Formen. ,, 4 b, 5 b und 6 b. dieselben von oben gesehen, „ 7 a und 8 a. Nodosaria Münsterana, Seitenansicht. „ 7 b und 8 b. ,, ,, von oben gesehen. ,, 9 a. Nodosaria jurassica, Seitenansicht. ,, 9 b. ,, ,, von oben gesehen. ,, 10 a. Nodosaria corallina, Seitenansicht. 5, 10 b. ,, ,, von oben gesehen. „ IIa, Dentalina Goldfussana, Seitenansicht. „ 11 b. „ „ von oben gesehen. „ 12 a. Dentalina raphanistriformis, Seitenansicht. „ 12 b. ,, „ von oben gesehen, j, 13 a. Frondicularia franconica, Seitenansicht. j, 13 b. ,, ,, von vorn gesehen. „ 13 c. ,, ,, von oben gesehen. ,, 14 a. Vaginulina jurensis, Seitenansicht. ,, 14 b. ,, „ von oben *; gesehen. „ 1 4c. „ „ besondere Form. „ l5a, 16, 17, 18. Marginulina irregularis, Seitenansicht. 5, 19.^ ' ,, ,, Fig. 15a von oben gesehen. — 237 — Figur 20 a. Marginulina Beierana, Seitenansicht. „ 20 b. „ ,, von oben gesehen. „ 21 a. Marginulina jurassica, Seitenansicht. ,, 21 b. • ,, , „ von oben gesehen. ,, 22, ,, ,, var. substriata. „ 23 a. Marginulina serratooostata, Seitenansicht, „ 23 b. „ „ Frontansicht, „ 24 a. Marginulina flabellata, Seitenansicht. ,, 24 b. ,, ,, von vorn gesehen, ,, 24 c. ,, ,, von oben gesehen. ,, 25 a, Cristellaria jurassica, Seitenansicht, „ 25 b. ,, „ von vorn gesehen. „ 25 c. ,, ,, von oben gesehen. „ 26. Cristellaria spongiphila, Seitenansicht. „ 27 a. Cristellaria, franconica, Seitenansicht. ,, 27 b. ,, ,, von vorn gesehen. ,, 27 c. ,, ,, von oben gesehen. „ 28 a. Cristellaria triquetra, Seitenansicht. ,, 28 b. ,, ,, von vorn gesehen. „ 28 c. „ -„ von oben gesehen. Tafel lY. Figur 1 a. Cristellaria alata, Seitenansicht. ,, 1 b. ,, ,, von vorn gesehen. „ 2 a. Cristellaria Quenstedti. Seitenansicht. ,, 2 b. ,, ,, Frontansicht. ,, 3 a. Robuiina jurassofranconica, Seitenansicht. „ 3 b. ,, ,, ,, Frontansicht, ,, 4 a, Xonionina macromphalus, Seitenansicht. ,, 4 b. ,, ,, Frontansicht. ,, 5 a. Noninonina Fraasana, Seitenansicht. ,, 5 b. „ „ Frontansicht. ,, 6 a. Polystomella (?j polypora, Seitenansicht. ,, 6 b. „ „ P'rontansicht. „ 7 a. Spiralina (?) Streitbergensis, Seitenansicht. „ 7 b. „ „ Frontansicht. ,, 8 a. Rosalina aspera, Seitenansicht. }, 8 b. „ „ Frontansicht. ,, 9 a. Rotalina franconica, Seitenansicht. ,, 9 b. „ „ Frontansicht. „ 10 a. Rotalina turbinella, Seitenansicht. V 10 b. y,' „ Frontansicht. „ IIa. Spirillina polygyrata, Seitenansicht. ^ 11 b. „ „ Frontansicht. « llc. „ , stark vergrössertcb Stück d. Oberfläch». — 238 — Figur 12 a. Spirillina tenuissima, Seitenansicht. „12 b. „ „ Frontansicht. „ 13 a, 14a. Guttulina strumosa Seitenansicht. „ 13 b, 14b. „ „ von oben gesehen. „ 15 a. Guttulina jurassica, Seitenansicht. „ 15 b. „ „ von oben gesehen. „ 16 a. Biloculina applanata, von vorn gesehen. « 16 b. „ „ von hinten gesehen. « 16 c. „ „ von oben gesehen. „ 17 a. Textilaria jurassica, Seitenansicht. „ 17 b. „ „ von vorn gesehen. „ 18 a. Textilaria franconica, Seitenansicht. „18 b. p „ von vorn gesehen, „ 19. Siderolina-ähnliche Körperchen. „ 20. Bulimina- ähnliche Körperchen. „ 21. Globulina-ähnliche Körperchen. „ 22. Oolith-artige Körperchen. 9. Die Farben der Pflanzen. Von Georg von jNIartens. Mit Tafel V. I. Der Regenbogen. Siehe den Regenbogen an, und lobe den, der ihn gemacht hat ; denn er hat sehr schöne Farben, Sirach Cap. 43, V; 12. Wenn auf einer Seite des Himmels Regen fällt, während auf der gegenüberstellenden Seite die Sonne scheint, so erblickt man, der Sonne den Rücken zuwendend, im grauen Regenschleier einen bunten Bogen. Die auf die kugelförmigen Wassertropfen treffen- den Sonnenstrahlen werden auf der vorderen W^and des Tropfens bei ihrem Eintreten aus der dünneren Luft in das dichtere Wasser abwärts gebrochen, von der liinteren Wand des Tropfens theil- weise auf die vordere wie von einem Spiegel zurückgeworfen und hier bei* ihrem Austreten aus dem dichteren Wasser in die dünnere Luft aufv/ärts gebrochen. Während dieses doppelten Durchgangs durch die Wasser- tropfen wird der weisse Strahl in farbige Strahlen von verschie- dener Brechbarkeit zerlegt, der am schwächsten gebrochene, rothe Strahl gelangt unter einem Winkel von 40^2' in das Auge des Beobachters, der am stärksten gebrochene, violette Strahl unter einem Winkel von 42^17', wodurch der Bogen eine Breite von 20 15' erhält. So bestimmen die Stellen der Sonne, des Tropfens und des Beobachters die der Farbe, jeder Zuschauer sieht den Bogen an einer andern Stelle, jeder Tropfen spiegelt nur eine Farbe« auf 240 einmal, aber fallend schnell nach einander alle, so rasch von sei- nen Nachfolgern ersetzt, dass der in raschem Wechsel begriffene Bogen, wie das Bild der Sonne in schnell fliessendem Wasser, als ruhend erscheint. Diese Ruhe ist jedoch noch in einer weiteren Beziehung nur scheinbar, der Regenbogen hält gleichen Schritt mit der Sonne, aber in entgegengesetzter Richtung, wie das Gegengewicht an dem Zeiger einer Thurmuhr ; der Morgenregenbogen senkt sich daher und rückt dabei von Süden nach Norden, der Abendregenbogen, steigt und rückt von Norden nach Süden, zusammen mit einer Geschwindigkeit von 15 Minuten eines Grades auf eine Minute Zeit. Der Mittelpunkt des Kreises, w^ovon der Bogen ein Abschnitt ist, befindet sich der Sonne gegenüber an der Stelle, v-ohin der Schatten des Kopfes des Beobachters fällt, d. h. in drr Verlän- gerung einer von der Sonne durch seinen Kopf gezo5,enen Linie, da also die Sonne nothwendig über dem Horizont stehen muss, um einen Regenbogen zu bilden, so fällt er mit gleicher Nothwendig- keit immer unter den Horizont ; der Regenbogen übersteigt daher selbst im günstigsten Falle des Sonnenuntergangs im Meere nicht die Hälfte des Kreises und wird um so flacher, je höher die Sonne steht, da seine Höhe schneller abnimmt, als seine Breite; dieses verleiht ihm eine grosse architektonische Schönheit der Form, leb- haft an unsere schönsten Brückenwölbungen erinnernd. Erreicht die Höhe der Sonne über dem Horizont 42<^, so fällt der ganze Kreis unter den Horizont und damit die Möglich- keit weg, dass ein Regenbogen erscheine. Je stärker es regnet, je reiner der Sonnenschein ist und je dunkler der Hintergrund, desto lebhafter und schöner ist der Re- genbogen, in grösster Vollkommenheit erscheint er mit einem Neben regen bogen; dieser entsteht über dem Hauptbogen durch eine ähnliche Strahlenbrechung, aber so, dass ein auf die untere Oberfläche der Wasserkugel treffender Strahl gebrochen wird, während es bei dem Hauptbogen ein die obere Oberfläche der- selben treffender ist, und dass die Strahlen erst nach einer dop- pelten Zurückwerfung an der hinteren Wand des Tropfens sechs- mal schwächer als am Hauptbogen und in umgekehrter Ordnung — 241 — unter einem Winkel von 50*^44' bis 54^24' in das Auge gelangen, er ist daher 3^40' breit, also um 1^25' mehr als ein Drittheil, breiter als der Hauptbogen. Der 8^27' betragende Zwischenraum zwischen beiden Bogen erscheint dunkler als der übrige Himmel, der Kugelabschnitt zwischen dem Hauptbogen und dem Horizont heller, weil die oberhalb des Hauptbogens fallenden Tropfen uns nur von ihrer Vorderseite zurückgeworfene Strahlen zusenden, die unterhalb derselben fallenden aber auch von ihrer hinteren Wand. Eine Folge davon ist es, dass die äussere Seite des Haupt- regenbogens schärfer begrenzt ist, als die innere, dagegen bei dem Nebenregenbogen die innere schärfer als die äussere. Zuweilen sieht man am inneren oder unteren Rande des Hauptbogens noch eine melirfache Wiederholung der Farben in schmäleren Bändern, doch nur am obersten oder mittelsten Theil desselben. Bei beschränkterem Regeufall und theilweisem Hervortreten des blauen Himmels ersheint nur ein Theil des Bogens, eine Wassergalle; man sieht daher auch selten einen vollständigen Regenbogen auf einmal erscheinen, noch seltener auf einmal ver- schwinden, auch ist er gewöhnlich von ungleicher Stärke an ver- schiedenen Stellen, von rechts gegen links oder umgekehrt be- ginnend, zunehmend, abnehmend, verschwindend. Sehr selten sind Regenbogen in der Abend- oder Morgen- röthe, mit stark vorherrschendem Roth und ohne Blau; ich habe in meinem langen Leben keinen in der Abendröthe, nur zwei in der Morgenröthe gesehen. Ebenso habe ich nur einmal einen Mondregenbogen ge- sehen, da hier zu den übrigen Bedingungen noch die eines star- ken Mondscheins, also um die Zeit des Vollmondes herum, hin- zukommt. In unserer gemässigten Zone treten die Bedingungen des Regenbogens am häufigsten im Sommer bei Gewittern ein und zwar nie vor, immer nach dem Gewitter; diese Beobachtung ist sehr alt: Gleichwie der Regenbogen stehet in den Wolken, wenn es geregnet hat, sagt schon Hesekiel c. 1, v. 28 ; sie hat die Deu- Württemb. naturw. Jahresliefte. löG2. 2s Heft. 16 — 242 — tung des Regenbogens als Zeichen, dass keine Sündfluth mehr kommen solle, veranlasst (1 Buch Moses c. 9, v. 12 — 15); der Grund davon ist, dass die Sommer- und Herbstgewitter Nachmit- tags von Westen heraufziehen, also vor ihrem Ausbruch die Sonne verdecken, welche erst hervortreten kann, wenn sie schon vor- übergezogen sind und in Osten den dunkeln Hintergrund bilden. Im Frühling hat man zwar bis zur Sonnenwende zuweilen verkehrte Gewitter, welche von der Ostseite kommen, diese treten aber in den Morgenstunden ein und verhalten sich also zur Sonne gleich den andern. Gegen den Winter wird die Erscheinung immer seltener, bis sie ganz wegfällt, eben so gegen die Pole, während sie gegen den Aequator an Glanz und Häufigkeit zunimmt, innerhalb der Wendekreise ihr Maximum erreicht, obgleich der Stand der Sonne ihr innerhalb der Polarkreise, wo er nie 42 ^ erreicht, am günstig- sten wäre, innerhalb der Wendekreise dagegen, wo er 90^ er- reicht, über die Hälfte des Tages hindurch den Regenbogen un- möglich macht, aber die Gewitter sind in den Tropenländern stets Nachmittagsgewitter, sie haben einen um so rascheren Verlauf um so grössere und häufigere Regentropfen, je höher die Tem- peratur ist, und liefern gegen die Pole bei niedriger Temperatur wegen allgemeiner Verbreitung der Wolken und Kleinheit der Wassertropfen keine Regenbogen mehr, schon lange ehe solche unter 0. sinkend dieselben ganz unmöglich macht. Es wäre interessant, die Grenze des Regenbogens nach Klima und Jahreszeit zu bestimmen, allein so weit hat es die Meteorolo- gie noch nicht gebracht. Die Sprachen der germanischen Stämme bezeichnen die schöne Erscheinung mit dem prosaischen, nüchternen Namen Regenbo- gen, holländisch Regenboog, englisch Bainbow, bei den romani- schen Stämmen hört man im Volke von Venedig bis Lissabon ganz gleichlautend den poetischen Ärco Celeste, französisch Arc-en- ciel, himmlischer Bogen, wahrscheinlich schon uritalienisch, wäh- rend die Dichter den mythologischen, griechischen Namen Iris, Iride anwenden. In Toskana hört man ihn auch Arco haüno. Blitzbogen, nennen, ein Name, der die Erscheinung an Gewitter — 243 — knüpft, und in Portugal hat man neben dem vorherrschenden Arco Celeste der Römer auch den germanischen Regenbogen, -^rco chuvoso und den sich an Zaubersagen knüpfenden Arco da velhe^ Bogen des alten Weibes. # II. Das Prisma. Ganz nach denselben Gesetzen und unter denselben Bedin- gungen, wie bei Gewitterregen, erscheinen grössere oder kleinere Bruchstücke eines Regenbogens an Wasserfällen, Springbrunnen, Mühlrädern. In dem beim Rudern aufspritzenden Wasser beob- achtete sie schon Aristoteles, was damals, als alle grossen Schiffe Galeeren waren, viel häufiger und besser geschehen konnte, als später; jetzt kann man dieses Farbenspiel wieder häufig an den Rädern der Dampfboote beobachten. An diese irdischen Farbenbogen schliesst sich die ebenfalls durch Reflexion entstehende Erscheinung des Irisirens an, ein lieb- liches Spiel der sich bei jeder Bewegung des irisireuden Körpers oder des Beobachters ändernden Regenbogenfarben; man sieht sie au den Federn mehi-erer Vögel, dem Pfau, dem Halse der wilden und der diesen ähnlich gefärbten zahmen Tauben, beschränkter an den Flügeln der darnach benannten Schmetterlinge, an den Flügel- decken einiger Käfer, an den silbernen Schuppen vieler Fische, be- sonders schön an vielen Schalthieren, der inneren und der von der Oberhaut entblössten äusseren Fläche der Kreiselschnecken fTro- chusj, Mondschnecken (Turbo) ^ Meerohren (Haliotis) und Perlen- muscheln (Meleagrina), dem Labradorstein, Chalcedon, verwittern- dem Glase, Seifenblasen, aber nie an Pflanzen. Dass eckige Glasstücke das Farbenspiel der Iris auch am durchgehenden Licht hervorbringen, erwähnt schon Seneca und wendet diese Beobachtung zur Erklärung des Regenbogens an (Quaest. nat. Liber /, cap. 7) ; diess führte zum bunten Luxus der gläsernen Kronleuchter, wurde aber noch durch das blitzende Farbenspiel geschliffener Diamanten übertroffen, welche davon den Xamen Brillanten erhielten. 244 Vitellio, der im 13ten Jahrhundert lebte, erwähnt in seiner Optik, dass ein mit Wasser gefülltes Glas im Sonnenschein ein Farbenbild auf den Boden werfe. So %elangte man zur Hervorbringung eines Farbenbildes, welches die Farben des Regenbogens in gleicher Ordnung enthält, vermittelst eines dreiseitig geschliffenen Glases, Prisma genannt. Francesco Maria Grimaldi, der im Jahr 1663 starb, warder erste, welchem die längliche Gestalt dieses Farbenbildes auffiel und der daraus den Schluss zog, dass bei der Brechung die beiden Seiten des Lichtstrahls aus einander giengen. Im Jahr 1666 verfinsterte Isak Newton ein von der Sonne beschienenes Zimmer durch genau schliessende Läden, nur ein La- den hatte eine kleine, runde Oeffnung, durch diese fiel das Son- nenlicht auf einen weissen Papierbogen als kreisrundes Sonnen- bild. Nun hielt er ein Prisma so vor die Oeffnung, dass die eine Kante, die Brechungskante genannt, nach unten gekehrt war. Jetzt erschien das Sonnenbild nicht an der früheren Stelle, son- dern über derselben, nicht kreisrund, sondern fünf Mal länger als breit und nicht weiss, sondern regenbogenfarbig. Hierauf fing er das ganze Farbenbild durch ein Brennglas auf und erhielt so ein dem früheren gleiches, rundes, weisses Sonnenbild an der früheren Stelle. Aus diesen Versuchen schloss Newton, dass das weisse Licht kein einfaches, sondern ein aus einer unzählbaren Menge farbiger Strahlen zusammengesetztes Licht sei. Mit einander vereint mach- ten diese Strahlen das weisse Licht aus, da sie aber eine ver- schiedene Brechbarkeit hätten, so entfernten sie sich durch die Brechung in dem Prisma von einander und bildeten so das Spec- trum genannte Farbenbild. In dieser ebenso zahlreichen, als wegen der unmerklichen Uebergänge schwer zu unterscheidenden Farbenreihe nahm New- ton sieben einfache oder Grundfarben an, nach der steigenden Brechbarkeit von unten nach oben gezählt: Both, Orange, Gelb, Grün, Hellblau, Dunkelblau. Violett. Diese 7 Farben haben weder eine gleiche Breite, noch eine gleiche Lebhaftigkeit. Theilt man das Farbenbild nach seiner — 245 — Länge in 360 Grade oder Theile, so kommen davon auf Roth 45, Orange 27, Gelb 48, Grün 60, Hellblau 60, Dunkelblau 40, Violett 80, hiebei steigt die Lebhaftigkeit oder Stärke des farbigen Lichtes von Roth an, erreicht in Gelb und Grün ihr Maximum und nimmt von da an eben so gleichförmig wieder ab. Man kann dieselbe Schrift, von dem gelben oder grünen Lichte erhellt, in einer grösseren Entfernung lesen, als von dem rothen oder violetten beleuchtet. III. Die Farbentafel. Lange vor Newton zählte auch Franz Maurolycus von Mes- sina im Regenbogen sieben Farben, diess mochte Newton wohl unbekannt geblieben sein, indessen scheint es doch, dass er diese Zahl nicht erfunden, sondern sich einem alten Volksglauben an- geschlossen habe. Die urälteste auf die Mondsviertel gegründete Zeiteintheilung erhob die Zahl sieben zu einer Wichtigkeit, welche ihre Uebertragung auf die heterogensten Dinge veranlasste. So finden wir in der heiligen Schrift sieben Schöpfungstage, Kains Tod soll siebenfach gerochen werden, Lamech sieben und siebzig Mal, in Egypten folgen 7 Theurungsjahre auf 7 fruchtbare, 7 Lampen brennen in der Stiftshütte, in der Offenbarung Johannis 7 Sterne und 7 Leuchter der 7 Gemeinden, ein Buch mit 7 Siegeln, 7 Engel mit 7 Posaunen, 7 andere mit den 7 letzten Plagen und 7 goldenen Schalen, hei den Griechen 7 Wunderwerke und 7 Weise, und so sollte auch der himmlische Bogen 7 Farben haben. Allein schon Aristoteles zählte am Regenbogen nur 3 deut- liche Hauptfarben, ebenso Tobias Mayer in Göttingen. Diese drei einfachen Grundfarben sind Roth, Gelb und Blau, jede der- selben vermischt sich mit ihren beiden Nachbarn, an Stärke ab- nehmend, je näher sie ihnen kommt; so bilden sich, wo zwei an^ grenzende Farben sich auf halbem Wege zu einander das Gleich- gewicht halten, drei secundäre Farben : Orange, Grün und Violett, zwischen diesen secundären Mittelfarben und den Hauptfarben tertiäre Mittelfarben und so in's Unendliche fort. In von Middendorffs trefflicher Reise in den äussersten Nor- den und Osten Sibiriens, St. Petersburg 1848—1851, 11 Bände 4,, 246 äussert der Bearbeiter der Meergewächse, Dr. F. J. Ruprecht, den Wunsch nach einer vollständigen Farhentafel, auf die man sich bei Angabe der Farben, für welche die Sprache oft kein Wort hat, beziehen könnte, ein Wunsch, dem die bisherigen Ta- feln, z. B. Mirbels und Willdenows, nicht genügend entsprechen und dem ich mit der anliegenden Tafel entgegenzukommen hoffe. Auf dieser Tafel wird eine kreisrunde Scheibe durch Radien in 24 keilförmige Abschnitte getheilt, welche die Farben des Re- genbogens und Spectrums in ihrer Reihenfolge bis zur vierten Abstufung darstellen. Der Mittelpunkt des Kreises, den man mit 0 bezeichnen kann, ist der Abwesenheit alles Lichts, schwarz, gewidmet, der Rand oder die Peripherie, mit O zu bezeichnen, der Anwesenheit des vollen Lichtes, weiss. Zwischen beiden bilden 9 concentrische Kreise in jedem Fache 8, die Intensität der Farbe angebende, mit a bis h bezeichnete Vierecke, 8 Far- bentöne des üebergangs von der Nähe der schwarzen zu der der weissen Farbe gebend, so erhält man 192 Farben, die ganz kurz durch Angabe der Zahl und des Buchstabens, z. B. rosen- roth 24 f, himmelblau 17 e, bezeichnet werden. Diese Farben sind indessen, wie die des Regenbogens, sämmt- lich, so weit sie nicht /einfach sind, binär, es fehlt also die grös- sere Zahl der aus allen drei Grundfarben zusammengesetzten ter- nären Farben, die aber, wie Misstöne in der Musik, trüb und düster sind, lividus, luridus, squalidus, und leichter entbehrt wer- den können, und ebenso eine Abstufung des reinen Schwarz durch Dunkelgrau und Hellgrau bis zu Weiss. Ich hatte schon lange meine Farbentafel durch meine Tochter Luise ausführen lassen, ein Exemplar derselben meinem Sohn Eduard auf seine Reise nach Ostasien mitgegeben, auch diese Tafel in der Vorrede zu meinem Bohnenbuch beschrieben, als ich von meinem verehrten Freunde Dr. Schnitzlein, Professor der Botanik in Erlangen, des geistreichen Lecoq pflanzengeogra- phische Studien erhielt und zu meiner Ueberraschung des be- rühmten Chevreul Plan einer ähnlichen Farbentafel darin fand. Chevreul nimmt dieselben drei Grundfarben Roth, Gelb und Blau und dieselben drei secundäre Farben Orange, Grün und — 247 — Violett an, dann Uebergänge dritter, vierter Stufe u. s. w. Die von mir mit Zahlen bezeichneten Farben nennt er Abstufungen (Nuances)^ die von mir mit Buchstaben bezeichneten Grade der Intensität Töne (Tons)^ eine ganze Reihe solcher Töne in einer Abstufung eine Tonleiter (Gamme). Jede Farbentonleiter besteht aus einer Normalfarbe, die sich in einer Kichtung durch Zusätze von Schwarz verdunkelt, in der entgegengesetzten durch Zusätze von Weiss erhellt, bis sie diese beiden Farben erreicht. Soweit stimmen wir vollkommen mit einander überein, statt aber dass mir bei Entwerfung meiner Tafeln das Bild einer Wind- rose oder eines Schiffskompasses vorschwebte, soll die seinige die Nachahmung einer Erdkarte, eines Planiglobs sein. Schwarz und Weiss wären die beiden Pole, im Aequator oder richtiger in der Ekliptik lägen die Normalfarben, die sich mit allmähliger Verengerung ihres Feldes einerseits verdunkelnd dem schwarzen, andererseits erblassend dem weissen Pol nähern würden; die Bezeichnung der Stufe geschähe durch den Längengrad, die des Tons durch den Breitengrad, da aber die Eintheilung mit 360 Graden zu schwierig und überflüssig sei, so genüge es an Feldern von 10 Graden Länge und Breite, so dass jede Hemisphäre 18 Abstufungen und in jeder Abstufung 18 Töne hätte, eine Hemisphäre wäre den binären Farben gewidmet, die andere den ternären. Durch Wendekreise und Polarkreise könnte man grös- sere Abtheilungen der Töne bezeichnen. Ob eine solche Farbentafel auch wirklich ausgeführt worden ist, wird niclit gesagt, es scheint bei dem Vorschlag geblieben zu sein; mir scheinen nach den von mir gemachten Erfahrungen und angestellten Versuchen 18 Abstufungen zu wenig und 18 Töne zu viel zu sein, auch scheint es mir passender, die Verdunke- lung durch Verengerung, das Lichterwerden durch Erweiterung der Felder zu bezeichnen. Ich habe versucht, den vorhandenen Farbenbenennungen durch meine Tafel einen festen Sinn zu geben, den sie bisher nicht hat- ten, wie man aus den Beispielen mancher Blumen sehen kann, welche bei gleichen von der Farbe entlehnten Beinamen abweichende Far- ben haben; indessen ist es mir nicht gelungen, für jeden Farben- — 248 — ton einen passenden Namen zu finden oder zu erfinden, und so sind in der Nomenklatur einige Lücken stehen geblieben. Die Farben sind nach Analogie des Schiffskompasses: 1. Roth. 2. '/s Roth, Vs Gelb. Roth-Orange-Roth. 3. 3/4 Roth, V4 Gelb. Orange-Roth. 4. % Roth, 3/8 Gelb. Orange-Orange-Roth. 5. 1/2 Roth, 1/2 Gelb, Orange. 6. 'k (>elb, 3/8 Roth. Orange-Orange-Gelb. 7. 3/4 Gelb, 1/4 Roth. Orange-Gelb. 8. '/s (>elb. i/s Roth. Gelb-Orange-Gelb. 9. Gelb. 10. '/s Gelb, i/s Blau. Gelb-Grün-Gelb. 11. 3/4 Gelb, 1/4 Blau. Grün-Gelb. 12. % C^elb, 3/8 Blau. Grün-Grün-Gelb. 13. 1/2 Gelb, 1/2 Blau. Grün. 14. % Blau, 3/8 Gelb. Grün-Grün-Blau. 15. 3/4 Blau, 1/4 Gelb. Grün-Blau. 16. "/s Blau, Vs Gelb. Blau-Grün-Blau. 17. Blau. 18. 'k Blau, i/s Roth. Blau-Violett-Blau. 19. 3/4 Blau, 1/4 Roth. Violett-Blau. 20. 5/8 Blau, 3/s Roth. Violett-Vlolett-Blau. 21. V2 Blau, 1/2 Roth. Violett. 22. % Roth, 3/8 Blau. Violett-Violett-Roth. 23. 3/4 Roth, 1/4 Blau. Violett-Roth. 24. Vs Roth, Vs Blau. Roth-Violett-Roth. Bestimmuung der lateinischen und deutschen Farbennamen nach der Tafel: 0 Ater. Kohlschwarz, Pechschwarz. 1, a. Atrorubens. Schwarzroth, Tiefroth. b. Ruberrimus. Hochroth. c. Cinnabarinus. Zinnoberroth. d. Corallinus. Corallenroth. e. Ruber, Roth. f. RubeUus. Hellroth. g. Rubens. Röthlich. h. Alborubescens. Röthlichweiss. — 249 — 2, a. Rubiaceus. Krapproth. b. Obscure coccineus. Dunkel- Scharlachroth, e. Coccineus. Scharlachroth. d. Balaustinus. Granatblüthe. e. Auroreus. Morgenroth. f. Carneus. Incarnat. g. Pallide carneus. Hellincarnat. h. Rutilans. Blassröthlich. 3, a. Obscure rubens. Indisch-Roth. b. Candens. Glühendroth. c. Tgneus. Feuerroth. d. Flammeus. Flammroth. e. Lateritius. Ziegelroth. f. Rubescente heholus. Gelbröthlich. g. Pallens. Bleich, h. Pallidus. Blass. 4, a. Hepaticus. Leberfarbig. b. Cuprinus. Kupferroth. c. Rufus. Fuehsroth. d. Testaceus. Topfroth. e. Pallide testaceus. Hell-Topfroth. f. Helvolus. Rothgelblich. g. Rufescens. Hellfuchsröthlich. h, Alborufescens. Fuchsröthlichweiss. 5, a. Brunnens. Rothbraun. b. Miniatus. Meunigroth. c. Aurantiacus. Orange, Pomeranzengelb. d. Flavescente-rufus. Rothgelb. e. Pallide aurantiacus. Hellorange. f. Carneo-lutescens. Gelblich-incarnat. g. Flavescente-rubens. Orangeröthlich. h. Alutaceus. Rothgelblichweiss. 6, a. Badius. Kastanienbraun. b. Ferrugineus, Rubiginosus. Rostgelb. ■ c. Croceus. Safrangelb. d. Fulvus. Fahl. e. Aureo-rubescens. Messinggelb. f. Rubescente Intens. Röthlichgelb. g. Rubescente-ochroleucus. Blassröthlichgelb. h. Fulvescens. Fahlgelblichweiss. — 250 — 7, a. Cinnamomeus. Zirametfarbig. b. Spadiceus. Braungelb. c. Ochraceus. Ockergelb. (Siena Erde.) d. Vitellinus. Dottergelb. e. Aureus. Goldgelb. f. Rubescente-flavus. Hellröthlichgelb. g. Isabellinus. Isabellfarbig. h. Eburneiis. Elfenbeinfarbig. 8, a. ruscus. Braun. b. Fuscesciis. Hellbraun. c. Fuscoluteus. Bräunlichgelb. d. Intensive luteus. Indisch Gelb. e. Luteo-aureus. Dunkelgoldgelb. f. Gilvus. Fahlgelb. g. Ochroleucus. Blassgelblich. h. Obsolete ochroleucus. Gelblichweiss. 9, a. Olivaceo-fuscus. Olivenbraun. b. Argillaceus. Thonfarbig. c. Corneus. Hornfarbig. d. Luteus. Dunkelgelb. e. Flavus. Gelb. f. Citrinus. Citronengelb. g. Sulfureus. Schwefelgelb. h. Cereus. Wachsgelb. 10, a. Olivaceus. Olivengrtin. b. Pallide olivaceus. Hellolivengrün. c. Luteoviridis. Dunkelgelbgrün. d. Flavovirens. Apfelgrün. e. Flavicante-virens. Gelbgrünlich.*) 11, b. Vernalis. Frühlingsgrün. d. Flavescente-viridis. Gelblichgrün. e. Prasinus. Lauchgrün. f. Pallide prasinus. Hell-Lauchgrün. g. Dilute prasinus. Yerwaschen-Lauchgrün. h. Prasino-albus. Lauchgrünlich weiss. 12, a. Aestivalis. Sommergrün. c. Herbaceus. Grasgrün. *) Für die Farbentöne 10, f bis h unb die in den folgenden Stufen ausgelassenen Buchstaben fehlen mir passende Namen. — 251 — 13, a. Atrovirens. Schwarzgrün. b. Obscure viridis. Dunkelgrün. c. Viridis. Grün. d. Virens. Hellgrün. e. Dilute-viridis. Yerwaschengrün. f. Chrysoprasiniis. Chrysoprasfarbig. g. Yirescens. Grünlich. h. Albovirescens. Grünlichweiss. 14, b. Smaragdinus. Smaragdgrün. f. Beryllinus. Beryllgrün. 15, d. Caerulescente-viridis. Bläulichgrün, e. Aeruginosus. Kupfergrün. g. Viridi-caesius. Graugrünlich. 16, a. Caerulescente-niger. Schwarzblau, b. Chalybeus, Stahlblau. e. Virescente-caeruleus. Grünlichblau. f. Glaucus. Wasserblau. , g. Glaucescens. Wasserbläulich. h. Alboglaucescens. Hellwasserbläulich. 17, a. Atro-coeruleus. Tiefülau. b. Azureus. Azurblau. c. ültramarinus. Ultramarinblau. d. Coeruleus. Blau. e. Coelestis. Himmelblau. f. Caesius. Hellblau. g. Caerulescens. Bläulich. h. Lacteus. Milchweiss. 18, a. Cyanomelas. Schwärzlichblau. b. Lapis Lazuli. Königsblau, Victoriablau, h. Argenteus. Silberfarbig. 19, a. Indigoticus. Indigoblau. b. Violaceo-coeruleus. Violettblau. c. Cyaneus. Kornbluinenblau. d. Obscure-lilacinus. Dunkel Lilafarbig. e. Lilacinus. Lilafarbig. f. Pallide-lilacinus, Hell Lilafarbig. h. Obsolete lilacinus. Lilafarbig weiss. 20, d. Coeruleo-rufescens. Röthlichblau. 21, a. Obscure violaceus. Dunkelviolett. — 252 — 21, b. Violaceus. Violett. c. Janthinus. Hellviolett. h, Yiolaceo-albus. Weissviolett. 22, a. Caeruleo purpureus. Bläulich purpurroth. b. Yiolaceo-purpureus. Purpurröthlich-violett. c. Amethystinus. Ametliystfarbig. f. Pallide-amethystinus. Hell Amethystfarbig. 23, a. Xerampelinus. Dunkelpurpurroth. b. Purpureus, Puniceus. Purpurroth. c. Amarantinus. Amaräntroth. d. Malinus. Apfelblüthroth. e. Persicinus. Pfirsichblüthfarbig. f. Pallide purpureus. Hellpurpurroth. g. Purpurascens. Purpurröthlich. h. Purpurascente-albus. Purpurröthlich weiss. 24, a. Sanguineus. Blutroth. b. Carmosinus. Karminroth. c. Pallide-carmosinus. Hellkarminroth. e. Obscure-roseus. Dunkelrosenroth. f. Roseus. Rosenroth. g. Pallide-roseus. Hell Rosenroth, h. Roseo-albus. Rosenröthlichweiss. O Albus. Candidus. Mveus. Weiss. Von der Tafel ausgeschlossene Farben. 1) Der Uebergang von Schwarz in Weiss. © b. Niger. Negerfarbig. c. Schistaceus. Schieferfarbig. d. Murinus. Mausfarbig. e. Griseus. Grau. f. Cinereus. Aschgrau. g. Incanus. Hellgrau, h. Albidus. Weisslich. 2) Aus allen drei Grundfarben zusammengesetzte Farben. Aeneus. Erzfarbig. Cervinus. Hirschbraun. Fuligineus. Russfarbig. Fumosus. Rauchfarbig. Leucophaeus. Hellbraun. Lividus. Livid. Todtenfarbig. — 253 Luridus. Lederfarbig, Pullus. Dunkelbraungrau. Squalidus. Sohmutzigbraun. Tabacinus. Tabakfarbig. Umbrinus. Umberbraun. Das Farbenspiel in der Pflanzenwelt. I. Die Wurzel. Jede Gefässpflanze hat eine indifferente Stelle, eine Scheibe oder einen idealen Querschnitt, von welchem an die sich ent- wickelten Theile ein entgegengesetztes Streben zeigen, die un- teren nach unten centripetal, dem Mittelpunkte der Erde zu, in der Kichtung der Schwerkraft, die oberen centrifugal, der Sonne zu, in der Richtung der Schwungkraft. Mit der Benen- nung eines negativen und eines positiven Pols hat man diese Ei'scheinung bezeichnet, keineswegs erklärt. Mir scheint dieses Streben ein praktisches zu sein, die Pflanze strebt, sich durch die Wurzel Wohnung und Nahrung zu erringen, einen festen, sichern Halt und hinreichende Feuchtigkeit, beides findet sie unter der Oberfläche der Erde und opfert für ihren untern Theil den Genuss des Lichtes, zum Theil auch der Wlirme, dafür auf. Je weicher, wärmer, trockener der Boden ist, je gerader und tiefer dringt die Wurzel senki'echt in denselben hinab, so bei Sandpflanzen, Echinophora, Daucus, ^pocynum venetum^ bei vielen Doldengewächsen, deren senkrechte Wurzel dem senk- rechten Stengel entspricht. Wo aber die Pflanze das Gesuchte nicht in der Tiefe findet, auf Hindernisse stösst, nehmen ihre Wurzeln eine andere Rich- tung an, so Linaria Cymbalaria Mill, Ceterach officinarum Sw., Asplenium trichomanoides und Euta muraria L. , an senkrechten Mauern wachsend, eine völlig wagerechte; auf dem Bopser bei Stuttgart steht ein Forchenwald auf einer Bank von Keupersand- stein, die Wurzeln erreichten bald dieselbe und sahen sich — 254 — genöthigt, eine horizontale Richtung anzunehmen, der Regen hat im Laufe der Jahre die schwache Schicht von Pflanzenerde und verwittertem Sande weggespült, und die Wurzeln liegen vielfach verschlungen und gebogen zu Tage; im Eisenharzer- Wald in Oberschwaben traf ich einen Fichtenwald auf Torfboden ; obschon der Torf die senkrechte Richtung der Wurzeln mecha- nisch nicht verhindert hat, drangen die Wurzeln der Fichten doch nicht in denselben ein, sondern breiteten sich wagerecht in der oberen schwachen Schichte von Pflanzenerde aus, dem Bedtirfniss der Nahrung den der Festigkeit aufopfernd, wie einige vom Sturm umgerissene Bäume bewiesen. In der höhern Alpenregion und in den Polarländern findet man die höchste Temperatur, das Maximum der Wärme da, wo "der Boden die Sonnenstrahlen auffängt, ein paar Zoll über und unter der Erdoberfläche ; hier ist das Bedürfniss der Wärme das vorherrschende, denn was hilft das Wasser, wenn es gefroren ist; Wurzeln und Stengel ziehen daher die wagerechte Stellung der senkrechten vor und wachsen parallel statt in entgegengesetzter Richtung, so auffallend bei Arctostaphylos alpina Spr. , -^zdlea procumhens 1j. ^ Empetriim nigrum L., Salix Mysinites^ reticulata^ retusa, herbacea L. An steilen Ufern gepflanzte Weiden und Pappeln senden gerne ihre Wurzeln wagerecht ins Wasser hinaus, selbst das Licht nicht scheuend, welches sie röthlich färbt. Indem nämlich die Wurzeln auf Licht verzichten, verzich- ten sie auch auf Farbe ; in der ersten Jugend glasartig farblos, zeigen sie später nur eine bleiche Mischung von Gelb, Schwarz und Roth, aber ohne eine Spur von Blau, eine unendliche Ton- folge einer trüben, braunen Färbung von braun f bis h, selten an der Oberhaut der dunkleren Hälfte der Farbentöne angehö- rend, wie bei der hienach benannten Schwarzwurzel {Scorzonera hispanica L.,) der schwarzen Nieswurz {Hellehorus niger L.), dem Winterrettig {Raphanus sativus a niger Dec.) und manchen an- dern nie rein schwarzen, sondern nur tief dunkelbraunen, den- noch auffallenden Wurzeln. — 255 — Anders gefärbte Wurzeln sind seltene Ausnahmen, oft Cul- turprodukte; am häufigsten findet man noch die der braunen nächst verwandte gelbe Farbe, doch selten rein, gewöhnlich mit einem kleinen Zusatz von Roth, so bei dem Sauerdorn (Berbe- ris vulgaris L.) 9 f, dem Maulbeerbaum (Monis alba L.) 8 f, den zahlreichen gelben Thalictrum- Arten, der gelben Rübe (Daucus Carola L.), deren verschiedene Spielarten von Blassgelb 8 f, durch dunkelgelb 8 d bis in Orange 5 c und 4 c tiber- gehen, während die vergebens angepriesene Riesenmöhre und die wilde Stammart weissliche Wurzeln haben, die Curcuma longa L., von den Franzosen Safran de terre genannt 7 e, der Costus arablcus L. 7 f, der Rhabarber und mehrere andere Rheumarten, wie einige Rumexarten 6 e, die Runkelrübe {Beta altissima Beckmann) schon zu Ende des vorigen Jahrhun- derts als Surrogat des Zuckerrohrs empfohlen, 5 c, d. Näher an Roth stehen die Wurzeln der Asperula t'mctoria und cynanchica L. 4 d, der berühmten, das türkische Garn und die Knochen der sie fressenden Thiere färbenden Färberröthe, 2 b, und der ihr ähnlichen wilden Färberröthe (Rubia pere- grina L.) 2 d, auch einiger andern Rubiaceen. Seltener findet man an Wurzeln die rothe Farbe mit einem kleinen Zusätze von Blau, also der janthinischen Farbenreihe angehörend, so bei der rothen Rübe 23 b, dem rotlien Monat- rettig 23 b — e, theilweise an der Runkelrübe 23 c und d, am obern Ende der weissen Rübe 23 e, bei Änchusa tinctorla L. und Lithos per räum tinctorum L. 22 a und selbst bei unserem Acker- steinsamen (Lithospermwn arvense L.) 22 b. Bei den von mir beobachteten Pflanzenwui'zeln ist sonach 22, Violett- Violett-Roth ^/^ Roth und % Blau die äusserste Grenze der farbigen gegen Blau, 21 Violett bis 17 Blau fehlen gänz- lich, und Grün kommt nur abnorm am obersten Theile ein- zelner Wurzeln vor, welche aus der Erde hervorstehend, mit der Stellung des Stengels auch eine Annäherung an seine Farbe er- halten. Aus demselben Grunde sind die Wurzeln der Mistel (Viscura und Loranthus) gi'ün, weil sie im Lichte keimen und — 256 — im Fortgang ihres Wachsthums mehr von den späteren Holz- schichten überwachsen werden, als tief in den Ast eindringen. Die bei den Pflanzenwurzeln ausser den höchst entschieden vor- herrschenden Farben Weiss und Braun noch vereinzelt vorkom- menden beschränken sich sonach auf 2 bis 9 und 22 bis 23, noch nicht die Hälfte der 24 Farben der Tafel. II. Der Stengel. Die Stengel und Stämme der Pflanzen und ihre Verzwei- gungen haben in der Jugend die Farben der Blätter, bei den einjährigen Gewähcsen, welche ihr Leben auf die Dauer von 6 bis 8 Monate beschränkend in kälteren Gegenden dem Froste des Winters, in wärmeren der Trockenheit des Sommers ent- gehen, also immer, eben so bei den zweijährigen, wie Disteln, Wollenblumen, vielen Doldengewächsen, Kohl, Rüben u. s. w., welche zweijährige Wurzeln, aber nur einjährige Stengel haben und den mit der Abnahme der Temperatur an Zahl zunehmenden perennirenden Pflanzen, welche zwar mehrere oft viele Jahre lebende Wurzeln, aber auch nur einjährige Stengel haben und sich so unter der Erde und der schützenden Schneedecke der Strenge polarer und alpinischer Winter entziehen. Im Alter zeigen dagegen die Stengel und Stämme der Pflan- zen die Farben der Wurzeln, grau oder braun in allen Abstu- fungen, oft mit vorherrschender gelber oder rother Farbe, so orange bei Crataegus Oxyacantha L., Fraxinus aurea Wild., roth bei Cornus sanguinea und alba L., beinahe violett 22 a, bei AngeUca sylvestris L. bis violettblau bei mehreren Eryngium- Arten, beinahe schwarz wie Ebenholz bei Datura fastuosa L. Auch der an den Früchten häufigere bläulich graue, staub- artige Duft tritt schon am Stengel einzelner Gewächse auf, so besonders schön am Wuuderbaum {Ricinus) und an der AngeUca, nie aber rein binär und häufig durch den Einfluss des Lichtes dunkler, so dass die Farben der Wurzeln in die oberen Töne e bis h, die der Stämme und Aeste in die unteren a bis d fallen und man diese Farben denen der Säugethiere vergleichen könnte, die der Stämme denen des dem Lichte zugekehrten Rückens, — 257 — die der Wurzeln denen des davon abgewendeten Bauches. Wurzel- farbig sind die Stengel und Stämme der von den Polen gegen den Aequator an Zahl der Arten wie der Individuen absolut wie relativ zunehmenden über dem Boden ausdauernden Gewächse. Bunte Stämme, wie am gestreiften Ahorn, oder Stengel, wie am Conium maculatum L. und einigen andern Doldenpfianzen, sind seltene Ausnahmen. Von den merkwürdigen Schmarozerpflanzen , welche ihren Nahrungssaft schon verarbeitet aus andern Pflanzen saugen, theilen die auf den Zweigen der Bäume zwischen den Blättern wachsenden die grüne Farbe der letzteren, so viele tropische Orchideen und Tillandsien, in Europa die Misteln; den Parasiten der Wurzeln aber fehlt mit den Spaltöffnungen und dem Athmungsprozess auch die Fähigkeit, Chlorophyll zu bilden und somit die grüne Farbe, ihre Stengel sind, sich an die Wurzelfarbe anschllesend, um so farb- loser, bleicher, weiss oder röthlichgelb , je schattiger und licht- ärmer ihr Standort ist, bei stärkerem Lichte, wie die Stämme, braun oder trübroth; die Blätter, ihres wichtigen Dienstes bei andern Gewächsen enthoben, verkümmern zu unscheinbaren, stiel- losen Schuppen und theilen wie die Deckblätter und Kelche, wo letztere vorkommen, die Farbe des Stengels. Wir haben in Württemberg sechszelm in vier Familien ver- theilte Pflanzen dieser Lebensart, die bleichste ist die in schat- tigen Wäldern auf den Wurzeln der Buchen tief im modernden Laub und Moos vergraben lebende Schuppenwurz {Lathraea squa- maria i..), lebend beinahe rein weiss, getrocknet aber schwarz. An sie schliesst sich der ebenfalls im Waldschatten auf den Wurzeln der Buchen und Kiefern wachsende Baumsauger {Mono- tropa Hypopitys L.) an, die ganze Pflanze sammt der Blume bleich- röthlichgelb, 5 g. Die verhasste Flachsseide, auch Teufelszwirn genannt {Cus- cuta europaea L., C. Epithymum L. und C. Epilinum '[Veihe), be- sonders dem Leine und der Lucerne schädlich, ist nach Umständen weiss, z. B. in dichten Leinfeldern, oder purpurröthlich, 23 e. Aehnlich verhält es sich mit unsern schmarozenden Orchideen, die Korallenwurzel {Corallorhiza innata R. Br.) ist die bleichste, WUrtt*:mb. miturw. Jahre&hefte. 1862. 2ä HciU 1< — 258 — 11 g, dann folgt das seltene, auf faulendem Holz wachsende Epipogium Gmelini Rieh. 6 g. und das blassbräunliche Vogelnest (Neottia Nidus avis Rieh.). Die dunkelsten, rothbraunen Farben, doch auch stets ohne Spur Yon grün, zeigen die zahlreichen Gewächse der Erbsen- würgerfamilie {Orohancheae)^ weil sie, meist auf niedrigen Pflanzen echmarozend, von allen am meisten Licht empfangen, auch er- halten sie sich im Herbar am Besten. In den Urwäldern der heissen Zone erreicht auch diese Pflanzenform, wie viele andere, ihre höchste Entwicklung, sich den Pilzen nähernd, eben so lichtscheu, so rasch sich entwickelnd und verwesend, eben so bleich und grünscheu. Endlicher hat die beiden hieher g ehörigen Familien, Balanophoren und Rafflesiaceen^ mit den subtropischen Cytineen unter dem Namen Rhizantheae, Wurzelblumen, vereinigt und tiefer als die Gräser unter die Acrobrya gestellt, oft ohne Stengel, oder wenn einer auftritt, mit sehr unvollkommenen Gefässen, die zu Schuppen verkümmerten Blätter ganz ohne solche, aus blossen Zellen zusammengesetzt, wie bei den Cryptogamen. Die berühmtesten dieser Schmafozer sind die Rafflesien auf den Sundainseln ; Rafflesia Horsßeldi R. Broitm erscheint auf Java im dichten Urwalde auf den Wurzeln der Lianen, Cissus, zuerst wie ein trüb blauröthlicher Kohlkopf, dann sich öffnend als Blume von drei Fuss Durchmesser, in Farbe und Geruch verwesendem Fleische gleichend, w-ie die kapische Stapelia hirsuta, und so wie diese eine Menge Fliegen anlockend, welche ihre Befruchtung fördern, während die eigene Brut als Opfer ihres Irrthums umkommt, III. Die Knospen. Die Knospen der Bäume sind anfangs, wenn sie sich im August bilden, hellbraun, werden aber mit dem Abfallen der Blätter immer dunkler , a der Farben zwischen Roth und Gelb, gewöhnlich noch dunkler, bei den Eschen völlig schwarz, was von der Kälte veranlasst Wärme gibt t diese Farbe zeigt sich aber nur an den frei der unmittelbaren Einwirkung des Lichts und der Kälte ausgesetzten Theilen der Schuppen; die bedeckten — 259 — Theile strecken sich im Frühling hellgrün oder geröthet, wie bei der Hainbuche, hervor, sehr schön kann man diese Zweifarbig- keit an den grossen, sich öffnenden Knospen der Rosskastanien sehen. Die innern Schuppen gehen in abfallende Deckblätter über, so bei Carpimis, Fagtcsj oder in Blätter, wie bei Lonicera. Cornus hat durch ungeschützte Blattembryonen gebildete Knospen, und auch an den Endlmospen der Esche sah ich solche Blattem- bryonen, kammartig zusammengelegt, eben so schwarz, wie die Schuppen der Seitenknospen. IV. Die Blätter. 1) Fr ühlings tr ach t. Dem Lichte vollständig entzogen, im geschlossenen Keime, im Samen unter dem Boden, in den Köpfen unseres Kohls und Salats, in den gebundenen Endivienbüscheln, in den keimenden Spargeln, an den Trieben der in dunkeln Kellern aufbewahi'ten Gemüsen sind Stengel und Blätter farblos, dann weiss, dann mit fortschreitender Entwicklung dem Lichte zustrebend gelb, wenige Stunden Sonnenlicht aber genügen, die blaue Farbe hervorzurufen, welche, indem sie sich mit der gelben verbinde^, beide grün färbt; so fand ich an einer Lauchpflanze {AUiwa Porrum Z.), die ich im Januar untersuchte, die Wurzel, Zwiebel und den untersten Theil der sich als Scheiden umschliessenden Blätter rein weiss, weiter nach oben giengen die verhüllten Blätter die Stufen der rein gelben Farbe 9 von h durch g bis zu f, Citronengelb, durch, dann sich öffnend und dem Lichte- zugewendet schnell ergi-ünend durcli 11 e prasinus, lauchgrün, in 12 e, 12 d und endlich 13 c, rein Grün, über. Ebenso war Selleri im Keller 9 f, wurde bald 10 d e und im Freien endlich 11 a bis 12 a. Dieselbe Lrscheimmg zeigt sich im Früliling, die an das Licht tretenden Blätter sind nicht nur heller, sondern auch gelber als späler; die beständigste Pfiaiizenfarbe, Gelb, tritt zuerst schon in der Knospe auf, die flüchtigste, Blau, gesellt sich um so reichlicher zur gelben, je längeren und wärmeren Sonnenschein das Blatt erhält, so fiel die Farbe der Blätter von dreizehn am 28. März 1862 vergliche- nen Pflanzen bei sieben auf 11 b, einer auf 11 e und fünf auf — 260 — 12 b bis d, kein Blatt hatte ein reines Grün, 13, keines den tiefsten Ton a seiner Stufe erreicht. Gegen den Sommer findet bei den einzelnen Blättern zugleich mit dem dunkler werden ein Fortrücken von Gelb gegen Blau statt; so fand ich bei dem Mas- holder (Acer campestre L.J die eben geöffneten Blätter 10 c, ent- wickeltere 11 b, vollendete 12 a, die Hainbuche zeigte die Ueber- gänge 10 a, 11 b, 12 a, 13 a, der Geisfuss (Aegopodium Poda- graria L.) 10 c, dann 11 b, zuletzt 13 b. Birnbaumblätter gehen von 11 b bis 14 a. Eschenlaub von 11 a bis 13 a. Espen- laub von 11 b bis 13 a, Buchenlaub von 11 c bis 13 a, die Rothtanne von 11 e bis 12 a. Die Silbertanne von 11 e bis 13 a, die untere Seite von 11 e bis 14 g. Andere, wie es scheint, vorzüglich Monokotyledoneen , schreiten nur in einer Stufe vom Hellen zum Dunkeln fort, ohne das Yerhältniss der gelben zur blauen Farbe zu ändern; so fand ich die Blätter der Gartenhya- ciuthe innerhalb der Zwiebel weiss, nach oben zu unmerklich, aber schnell in dem Masse, als sie auseinander giengen, die ganze Tonleiter von 11 h bis 11 a durchlaufend, ohne durch hinzu- kommendes Blau in 12 überzugehen. Ebenso fand ich die Blätter der gelbrothen Eintagsblume (Hemeroccdlis fulva L.) den 25. März 11 e, im August 11 a. Diese Farbenreihen kann man an denselben Zweigen gleich- zeitig wahrnehmen, so lange sich dieselben fortentwickeln, beson- ders schön an der Rebe, zugleich kann man an den Blättern den Wechsel längerer Epochen heiterer und trüber, bewölkter Tage bemerken, da die im Sonnenschein gedunkelten ilire Farbe unver- ändert beibehalten haben, während diejenigen, welche sich in den nachfolgenden trüben Tagen entwickelten, nocli bleich geblieben sind. Dieser Unterschied zwischen dem Grün der jüngsten und dem der älteren Blätter einer und derselben Pflanze ist in der heissen Zone eben so auffallend, so fand mein Sohn in Singapur an demselben Strauch die Blätter der frischen Sprosse 10 d und selbst 10 e, der älteren Zweige II a. Tritt im Frühling und Vorsommer rauhe, kalte Witterung ein, so röthen sich die jungen empfindlichen Blätter, da aber die rothe Farbe, 1 b, die grüne nicht verdrängt, sondern sich nur ihr zu- , — 261 — gesellt, so entsteht dadurch eine ternäre Farbe, ein trübes Brann- roth, am tiefsten am Rande und an der Spitze des Blattes, mei- stens beschränkt auf das Parenchym, so dass häufig die Gefäss- bündel (Blattnerven) grün bleiben, und bei der Farbentwicklung des Blattes allmählig wieder verschwindend. So sah ich bei der Sommereiche die Frühlingsfarbe 11 c durch 2 b getrübt, bei der Zimmtrose 11 c durch 24 b, bei der canadi?chen Himbeere 11 a durch 1 a, bei Spiraea cha- maedri/foUa Z. 11 a durch 24 b, bei dem Sauerdorn (Berheris vulgaris L.) 11 a durch 2 b, ein ähnliches Erröthen zeigten die Espe und die Hainbuche. Den 3. Mai gesäte Lychnis Haageana und Lupinus Hartwegii giengen grün auf und blieben es längere Zeit, als aber anfangs Juni nach starken Hagel- Gewittern die Temperatur schnell von 22 ^ auf 12^ sank, trat Roth zum Grün, und Cotyledonen, Blattstiele und untere Blattfläche färbten sich braunroth. Dieselbe Erscheinung tritt häufig bei Pflanzen ein, welche aus den Gewächshäusern in die freie Luft versetzt werden, so fand ich bei Begrmia nitida a alba Ait. die jungen Blätter 12 b mit purpurnem Anflug, die erwachsenen 12 a ohne Roth. Bei manchen Pflanzen tritt die dunkelrothe oder braune Farbe der noch unentwickelten Blätter regelmässig ein, so bei einer darnach benannten Taubnessel {Lamium purpureum L.), bei Ampelopsis he- deracea Dec, einigen amerikanischen Ahornarten, besond^'s Acer laciniatum Duroi, bei Glechoma hederacea Z/., Euphorbia sylvatica Jacq,, Erythroniwn Deni canis L., Scilla hifolia Z., Gagea lutea R. et. S., bei der Monatrose, der Stechpalme, dem Nussbaum und vorzüglich auffallend, gleichsam die dunkelrothe Blume im Voraus ankündigend, 24 b durch 13c getrübt, bei den frühe und kräftig dem Boden entsteigenden Gichtrosen (Pceonia oßcinalis L.). Diese Jugendröthe tritt im ganzen Gebiet der Vegetation von den Polen bis zur Linie ein, dass sie mit der Kälte zunimmt, liegt in der Natur der Sache, aber auch innerhalb der Tropen begegnet man ihr. Seitdem ich hier darauf achte, schrieb mir mein Sohn den 6. März aus Bukif Tima auf Singapur, l^N. Br., finde ich viele Kräuter und Sträucher, deren jüngste Blätter roth — 262 — sind, sei es auf beiden, sei es nur auf der unteren Seite, ersteres meist bei hellerem Roth , etwa 23 d , letzteres bei dunklem Araarantroth, 23 a bis b, das Roth ist aber immer durch Beimischung von Grün getrübt, selbst ein Farn {Blechnum) ist darunter und zwar unter den beiderseits rothen. Da es jetzt hier viel regnet und die Temperatur nicht besonders drückend heiss ist, so würde dieses der Annahme nicht widersprechen, dass die TOthe Farbe der jungen Blätter Folge niedrigerer Temperatur sei. 2) Sommertracht. Bei einer Vergleichung der Sommertracht der Pflanzen- welt mit meiner Farbentafel fiel mir zuerst auf, dass die Farben der Blätter denen der Tafel an Schönheit und Lebhaftigkeit um eben so viel nachstehen, als die der Blumen sie übertreffen, es zeigt sich bei allen eine matte Trübung, welche auf eine ternäre Farbenverbindung hinweist, das Chlorophyll der inneren Zellen wird durch farbigen Zellensaft, durch die oberste chlorophyllleere Zellenschicht und durch Duft, Flaum oder Haare bald stärker, bald schwächer getrübt. Sodann fand ich das Grün der Pflanzen mit dem der Tafel verglichen sehr einförmig, die Tafel hat zwischen Gelb und Blau sieben Farbenstufen, jede mit 8 Farbentönen, zusammen 56 Far- ben; bei der Untersuchung der Sommerfarbe von 640 Pflanzen- arten aus den verschiedensten Familien hatten LO a. __ — — — — — 2. 10 b bis h. keine. U a. — — __'— 129 IIb. — _ — _ _ 44 11 c. — — — — — 6^ ^^^• 11 d. — — — — — 3 11 e bis h. keine. 12 a. — _ — — — 173 12 b. — — — — — 90, ^^„ 12 c. 23^ 2^^- 12d. — — — — ~ 1 12 e bis h. keine. — 263 — 13 a. _- — — — — 49 13.b. _ — — — _ 36 13 c. 9l ^^^ 13 (i. — _ — — — 13 e. — — _ — — 3\ 13 f. — — — — — 2 '' 13 g und h keine. 14 a. _ _ _ — - 14 14 b. — — — — — 6 1 14 c. _ _ — _ — 12/ 14 d. ll 40. 'S 14 e. — — — — - 14 f. ______ 14 g. _ _ _ - _ 14 h keine. 15 a. — — — — - 1 15 b. — — — — — 4 15 c. — — — — — 2j 15 d. — — — — — 9V 22. 15 e. — — — — — 2| 15 f. _____ _ 1 15 g. _____ _ 3 15 h. keine. 16 a bis h keine. Es sind also von den 56 Farben der Tafel in diesen 640 Pflanzenarten nur 29 vertreten. Gelbgrüngelb mit "/§ Gelb sind nur zwei Pflanzen, aber Grün- gelb mit % Gelb schon 182, und auf Grüngrüngelb mit ^/g Gelb fällt die höchste Zahl mit 287, so dass diese zwei Stufen schon über zwei Drittheile der Gesammtzahl enthalten. Grün mit Gelb und Blau im Gleichgewicht hat mit 107 Arten noch den sechsten Theil der Gesammtzahl, aber mit dem Uebergewicht der blauen Farbe sinkt die Zahl schnell herab, Grüngrünblau mit % Gelb hat nur 40 Arten, Grünblau mit ^4 Grelb nur 22, und Blaugrün- blau mit % Gelb fehlt gänzlich. Es fällt sonach nicht einmal der zehnte Theil der beobachteten Pflanzen auf die drei Stufen mit überwiegendem Blau, im vollständig ausgebildeten Chlorophyll der Sommertracht überwiegt in der grossen Mehrzahl der Fälle — 264 — die gelbe Grundfarbe das hinzugetretene Blau, wenn auch nicht so stark, wie in dem unausgebildeten der Frühlingstracht. Zugleich zeigt sich eine bedeutende Intensität der Farbe, ein dunkler werden als Hauptzug der Sommertracht, Folge der Ein- wirkung des Sonnenlichts, welches alles Lebende färbt, alles Todte bleicht ; von den 640 Pflanzen fallen nicht weniger als 548 auf die zwei tiefsten Töne a und b, 74 auf die zwei anderen der dunkleren Hälfte der Töne c und d. und nur 18 auf die lichtere Hälfte der Tonleiter e bis h. Hiebei kommt noch in Erwägung, dass selbst in diesen seltenen Fällen der Grund der helleren, meistens zugleich blaueren Farbe nicht im Chlorophyll liegt, son- dern in einem milchweissen oder lichtgrauen Dufte, wie bei dem echten Rohr {Arundo Donax Z.), der grauen Segge {Carex gkmca Scop.), der grauen Calandrinie (Calandrmia glauca Schrad.)^ dem Kohl, dem Meerkohl {Crambe maritima L.), dem Gartenmohn und vielen Aloen, Cactus, Sedum und andern Fettpflanzen, oder in einer weissen oder grauen Behaarung, welche das Chlorophyll des Zellgewebes nur wenig durchschimmern lässt, wie bei der "Wollenblume {Verhascum Tapsus L.), der Balvia aethiops jL., der Salvia argentea Z., einigen Potentillen und Gnaphalien, der Arti- schoke und als zusammentreffende Extreme bei vielen Alpen- und Meerstrandpflanzen, z. B. Senecio iyicanus L., Artemisia glacialis L. nnd maritima L., A.coerulescens L. und Cineraria mari- tima L. Auch der schöne, sammtartige, blaugraue Schimmer des Blaublattes {Cyanophyllum speciosum und magnificum) entsteht durch die Behaarung der an sich grünen Blätter. Dieses lichte Graugrün auf die Alpen- und Meerstrandi-egion, Sandwüsten und tropische Felsenberge beschränkend, kann man im Grossen für den Eindruck der Gesammtvegetation nur drei Farbentöne annehmen : 1) Das Grasgrün der Saaten und Wiesen, grüngrüngelb, um 12 c, im lichtarmen Norden vorherrschend, vielgeriihmt im nebelreichen Albion, an welches sich in Mitteleuropa das Grün der ausserhalb ihres natürlichen Verbreitungsbezirks unmalerischen Rebe anschliesst. — 265 — 2) Das Dunkelgrün der Laubwälder, grüngrünblau, um 14 a, im August culminireud, wenn nach vollendetem Wachstimm der diessjährigen Blätter sich die Knospen der nächstkünftigen zu bilden beginnen. Die verschiedenen Baumarten zeigen hier sehr geringe Abweichungen, oft genaue üebereinstimmung, so dass man sie aus der Ferne wohl nach ihren 1 mrissen, nicht leicht aber nach ihrer Farbe unterscheiden kann; endlich 3) Das Schwarz grün der immergrünen Bäume und Sträu- cher, in den Tropenländern vorherrschend, in Südeuropa durch immergrüne Eichen (Quercus Jlex L. und Suber L.y, durch Lor- beerbäume, Vihurnum Tinus Z., Pistacia Lentiscua i>., Cypressen, Pinien und mehrere andere Zapfenbäume, im übrigen Europa bei- nahe nur durch die Nadelwälder vertreten, welche die treffenden Benennungen des Schwarzwaldes, des Harzes, Schwarzenberg, Montenegro^ Tschernagora veranlasst haben. Trotz dieser Eintönigkeit der grossen Massen herrscht auch in der Sommertracht der Pflanzenwelt ausser diesen Gegensätzen noch, wie bei dem einfarbigen Himmel und Meer, eine unendliche Mannigfaltigkeit durch den Lichtwechsel der Tai-cs/eiten, die be- rühmte, unerschöpfliche und fast unerreichbare Stimmung der Landschaft. Bei Nacht sind alle Bäume, wie nach dem Sprüch- wort alle Kühe, schwarz, aber schon der Mond bringt silber- schimmernde Partien in die schwarze Masse, bei anbrechendem Tage ist die Landschaft einfarbig, aber unaussprechlich schön ist das Farbenspiel der Morgenröthe und der ihr entsprechenden Abendröthe mit seinen Uebergängen von weiss durch gelb in roth, als würde sie durch eine ganze Reihe gefärbter Gläser an- geschaut, Lieblingsstimmungen der Maler, leider so flüchtig und so sparsam vorkommend, dass sie nur von sehr begabten Künst- lern in völhger Treue festgehalten werden können, während an- dere bald zurückbleibend, bald übertreibend ein Phantasiegebilde statt der Wahrheit geben. Einen andern Wechsel der Stimmung bewirkt die Witterung; bei niederem Barometerstande, bedecktem Himmel und durchsich- tiger Luft die grösste Eintönigkeit, während bei hohem Baro- meterstande und heiterem Himmel ein leichter Duft die Abstufungen — 266 — des Vor-, Mittel- und Hintergrundes stark hervorhebt, der Nähe ein dunkleres Grün gibt, die Ferne mit dem lichten Blau der Meerstrandpflanzen umhüllt. Andere Farbenabstufungen bildet der Regen, andere der Wechsel vorüberziehender, nur einzelne Stellen beschattender Wol- ken, ein schönes Farbenspiel bringen die Strömungen der Luft durch ümkehrung der Blätter an den sich neigenden Halmen und Zweigen hervor, die untere Blattfläche ist, weil vom Lichte abgewendet, wie die untere Seite der Thiere, bleicher als die obere, wechselt sie nun mit dieser im Spiel des Windes ab, so zeigen wallende Saatfelder ganz den Farbenwechsel der Meeres- wellen, ebenso die Bäume, besonders schön die Weiden, am schön- sten die Silberpappel. Das Hinzutreten der blauen Farbe zu der ursprünglichen gelben, die Verwandlung des Xantophylls der Chemiker in ihr Chlorophyll, hält gleichen Schritt mit dem Athmungsprozesse des Blattes, der Aushauchung des Sauerstoifes durch die obere Blatt- fläche im Sonnenlichte; diese Fläche wird um so tiefer grün, je länger und stärker die Sonne sie bescheint. So ist Sonnenschein dringendes Bedürfniss der Blätter, und es ist wunderbar, welche Anstrengungen die Pflanzen machen, um mit möglichst vielen Blättern das Sonnenlicht zu geniessen; am Rande eines Waldes, vor Allem am östlichen und südlichen, treiben alle Bäume ihre stärksten, längsten Zweige und Aeste nach aussen; wird eine Strasse durch einen Wald gebahnt, so beeilen sich die stehen ge- bliebenen Bäume, sie zu überwölben, mit ihren Aesten die von den gefallenen hinterlassene Lücke wieder auszufüllen ; je dichter di-e Pflanzen stehen, im Druck nennen es die Forstmänner, j€ mehr stre- ben sie nach oben, entwickeln kräftig ihren Gipfel, während die unteren, des Sonnenlichts ganz beraubten Aeste absterben, wie man am schönsten an den stets beschattenden Nadelhölzern und in den Urwäldern der heissen Zone sieht. Wie so die ganz^ Pflanzen in die Wette einander auszuweichen, das Sonnenlicht zu gewinnen streben, ebenso die Blätter der einzelnen Pflanzen, sie stellen sich stets so, dass möglichst viele von der Sonne beschie- nen werden, die unteren die von den oberen gelassenen Lücken — 267 — ausfüllen, kein Sonnenstrahl verloren gehe. Die Zweige, welche, so lange sie grün sind, das gleiche Bedürfniss haben, unterstützen dieses Streben; der Winkel, den sie mit dem Stamme machen, steht im Verhältniss zu der Grösse und Zahl der bald spiral, bald kreuzständig entgegengesetzt, bald im Kreise gestellten Blätter, und tritt einmal der Fall ein, dass der Zweig, unfähig die Last der Blätter und Früchte zu tragen, sich zur Erde neigt, so helfen sich die Blätter durch Verdrehung des Stiels, um am Zweige eine verkehrte Stellung einzunehmen, die Unterseite des Blattes der Spitze des Zweiges zugewendet. Hängende Zweige sind indessen in der freien Natur eine sel- tene Erscheinung, in Europa fast nur an der Birke und der Roth- tanne, seltener an der Weisstanne , in ximerika an Schinus Molle L. und Amyris polygama Cavanilles, in Australien an den blatt- losen Casuarinen. Häufiger sind sie ein Kunstprodukt der Gärt- ner, wie die unnatürliche Hangesche, deren steife, zähe Zweige nicht einmal durch ihr Gewicht herabgezogen werden, ja selbst unsere viel besprochene Trauerweide {Salix babylonica L.) dürfte ein solches, wahrscheinlich in China zu Stande gekommenes Kunst- produkt sein; sie war den Alten unbekannt, liinne hat sie zwar für den in der Bibel, Psalm 137 Vers 2 erwähnten und von Rauwolf Seite 1S2 beschriebenen und Nro. 160 abgebildeten Garb gehalten, allein der angeführte Psalm sagt von dieser Weide nichts, als dass sie am Wasser wachse, was bei vielen Weiden der Fall ist, und dass die Juden ihre Harfen daran hingen, wozu die Trauerweide am wenigsten passt; nach Rauwolf sind ihre Zweige stärker als die der deutschen Weiden, die Blätter zwei Finger breit, was wieder nicht passt, und das auffallendste Hauptkenn- zeichen der Trauerweide, die hängenden Zweige, erwähnt keine der beiden Stellen. Nach Sprengel hist. rei herbarice /., pag. 270 wäre sie der Garb des Avicenna, allein dieser sagt von solchem gar nichts, als dass dessen Rinde, Blätter, Blumen als Arznei angewendet und 'eine der besten Sorten Borax darauf gesammelt werde, was Alles nicht auf die Trauerweide passt. Gegenwärtig ist die Trauerweide über die ganze gemässigte Zone von Asien, Europa und Amerika, von Japan bis zum Missisippi — 268 — verbreitet, allein nirgends -wild, der Umstand, dass es überall nur weibliche Blume sind, lässt vermuthen, dass sie nur die unermess- liche Verm3hrung eines einzigen Baumes durch Stecklinge sind, und der Mangel an Samen, durch welche der Baum [zu seiner Stammart zurückgeführt werden könnte, schneidet jede Möglich- keit einer Widerlegung oder Bestcätigung jener Vermuthung ab. Ob die Cypressen mit hängenden Zweigen (Ciqyressus pendula Tli'xnh. aus Japan und C.glauca Lam. aus Goa) naturwüchsig oder Kunsterzeugnisse sind, getraue ich mir nicht zu entscheiden. 3) Herbstracht. Hat die Pflanze ihren Lebenslauf von der Keimung bis zur Reifung der Frucht, bei den Bäumen vom Aufbrechen der Knospe bis zur Ausbildung der nächstjährigen, vollendet, so beginnt das Athmen der Blätter abzunehmen, und mit der Abnahme der Saaerstoffaushauchung hält das Abnehmen der blauen Farbe glei- chen Schritt: hat erstere ganz aufgehört, so ist auch die letztere gan^ verschwunden, die Blätter kehren, die ältesten zuerst, zur gel- ben Farbe der Kindheit zurück, der ^Yind, der ihr ganzes Leben hin- durch bald sanft, bald unsanft, mit ihnen gespielt hat, löst sie fort- spielend von den schwankenden Zweigen ab und legt sie in's Grab. Diese gelbe Farbe ist aber selten rein, unter 126 von mir beobachteten Fällen zeigten nur in 15 die Blätter ein reines Gelb, 9 b bis g, drei ein mittleres Gelbgrüngelb, 10 c und e; wäh- rend sich nehmlich die in den inneren Zellen enthaltenen Chloro- phyllkörner wieder in Xanthophyllkörner umwandeln, nimmt der wasserhelle Zellsaft eine rothe Farbe an , und da beide Farben neben einander auftreten, so entsteht oft an einem und demselben Blatte , immer im Gesammteindruck der Herbstlandschaft , eine unendliche Mannigfaltigkeit von Farben, welche sich im auffallend- stea Gegensatze zu der Einförmigkeit des sommerlichen Grüns der Fülle der Farbenabstufungen der Blumenblätter anschliesst. Ich beobachtete in 108 Fällen 43 Farbenstufen und Töne, am häufigsten, in 12 Fällen, ein mittleres Orangegelb 7 e , in 10 Fällen ein mittleres Gelborangegelb 8 d. Die äussersten — 269 — Grenzen dieses dreizehn Stufen umfassenden Farbenspiels waren ein mittleres Gelbgrtingelb , 10 e bei der schwarzen Maulbeere und bei Cydonia japonica Fers, und Violettviolettroth bei der Gichtrose, 22, a, und dem Wasserholder {Viburnuni Opulus L.) 22 c, es beginnt also die Reihe dicht an der Grenze des Blatt- grüns, ohne je auch nur den halben Weg von Rotli zu Blau in der violetten Farbe zu erreichen. Dafür, dass diese rothe Färbung durch starkes Licht bei nied- riger Temperatur enstehe, habe ich entscheidende Beweise er- halten. Die gelbe Farbe der sterbenden Blätter tritt um so rei- nei- und lichter auf, je tiefer im Waldschatten der Strauch steht oder je mehr diese Blätter von den andern desselben Baumes beschattet und verdunkelt werden. Die oben als die äusserste Grenze gegen Grün erwähnten Blätter der schwarzen Maulbeere und der japanischen Quitte waren ganz vom Sonnenlicht abge- schnitten, an einem grossen, von kleineren Obstbäumen umgebenen Birnbaum färbten sich alle Blätter der unteren viel im Schatten stehenden Zweige lebhaft gelborangegelb 8 e, die der oberen im vollen Sonnenschein stehenden dunkel violettroth 23 a; an dem amerikanischen Epheu {Ämpelopsis hederacea Dec.) an der Mittags- seite einer Gartenlaube hatte sich ein Blatt dicht über das an- dere gelegt, das ganze obere Blatt und die hervorschauenden Theile des unteren hatten im Herbst die gewöhnliche tiefe Kar- minfarbe 24 a b, dieses beliebten Strauches angenommen, als ich aber das obere wegnahm, zeigte das untere, so weit es bedeckt gewesen war, eine scharf begrenzte lichtgelbe Farbe 8 f. Dieses bunte, schöne Farbenspiel der Herbstblättor tritt am lebhaftesten im wärmeren Theile der gemässigten Zone auf, z. B. im südlichen Jiluropa, wo die Holzpflanzen mit abfallenden Blät- tern im Mittelpunkt ihres Verbreitungskreises, ungestört ihren jährlichen Lebenslauf vollenden können. Dem Wendekreise nähert sich dieser Trachtenwochsel um so mehr, je continentaler oder ostküstiger die Temperaturen sind. So schildert Fortune *j die *) Robert Fortune's Wanderungen in China während der Jahre 1843 bis 1815^ nebst dessen Reisen in die Theegegenden Chinas und Indiens 1848 bis 1851, aus dem Englischen übersetzt von Dr. J. Th. Zenker. Leipzig 1854. 8 0. — 270 — Herbsttracht auf Kintang (der Silberinsel) an Chinas Ostküste unter 300 nördlicher Breite mit folgenden Worten: Ein ruhiges und schö- nes Thal lag zu meinen Füssen, hie und da sah man eine kleine Bauernhütte, und das ganze Thal war auf allen Seiten von reich mit Sträuchern und Bäumen bekleideten Hügeln umschlossen. Es war ein schöner Herbsttag und viele Blätter waren schon roth und gelb gefärbt, die des Talgbaums (Stillingia sebifera Michx.) und eines Ahorns hatten eine leuchtende blutrothe Farbe angenommen, andere waren beinahe weiss, und der Abstand zwischen diesen Farben und dem dunkeln Nadelholze machte einen höchst eigen- thümlichen Eindruck, während Büsche von schönem Bambus und der Sing, eine Fächerpalme {Chamcerops excelsa Thunb.^ die nörd- lichste Palme in Ostasien wie Chamcerops hamilis L. in Europa) der Landschaft einen tropischen Charakter gaben. Je weiter man dagegen nach Norden geht, je grösser wird die Zahl der Pflanzen, die sich der Polargrenze ihrer Verbrei- tung nähernd oder künstUch über dieselbe noch hinaus versetzt, mitten in. ihrem Sommerleben vom Herbstfroste überrascht, eines gewaltsamen Todes sterben. So sah ich bei Trient Ende Octo- bers die Abhänge der Berge vom dichten Gebüsch des Perüken- baumes {Rhus Cotinus L.) glühend roth gefärbt, in Stuttgarts Gärten aber fielen die von den Octoberfrösten getödteten Blätter in voller grüner Sommertracht ab. Auch die Thränen weide und der Flieder {Syringa vulgaris L.) erinnern durch ihren Uebergang zum Tode ' ohne vorgängiges Erbleichen an ihre Herkunft aus wärmerer Heimath, und wie viele unserer Gartengewächse fallen im Herbste bald früher, bald später, ohne Farbenwechsel dem Froste zum Raub, wie die Sonne an trüben Tagen ohne Abend- roth von uns scheidet. Innerhalb der Wendekreise fällt mit unsern Jahreszeiten auch die deutliche Trennu^ig einer Frühlings-, Sommer- und Herbst- tracht der Pflanzenwelt weg, an die Stelle des Wechsels der ge- mässigten Zonen tritt dort der einfachere der nassen und trockenen Jahreszeit; erstere mit der Sonne im Zenith, dennoch durch die ungeheure Wassermasse tropischer Regen, w^elche die Tempe- ratur der oberen xitm' -^ph^re der unteren zuführen, weniger heiss, — 271 — wird der Sommer genannt, weil die Zeit der raschesten Ent- wicklung der üppigen Vegetation, letztere der Winter, weil der Wassermangel ähnlich dem Froste wirkt, es ist für die organische Natur gleich schlimm, wenn das Wasser als Wasser fehlt, ob es zu Dampf verflüchtigt oder ob es zu Eis erstarrt sei. Mein Sohn Eduard schildert mir in seinen Briefen aus Ostindien einen solchen tropischen Winter. Es ist gegenwärtig (19. Januar) hier in Siam, etwa 13 <* Nordbreite, Winter; ein frisch angekommener Europäer wird es freilich nicht einsehen, wenn ihn die Hitze schon um 9 Uhr Morgens nach Hause treibt, wenn er den Staub der Strassen, das Grün der Wälder, die Menge reifer Orangen, Bananen und Cocosnüsse sieht, Schlangen und Eidechsen im Hause umherlaufen und er im Kalender eine Mitteltemperatur von 20 ^ R. für diesen Monat findet ; aber bald fällt ihm eine Reihe grosser Bäume auf {Plumieria acuminata Alton) voll weisser Blüthen an den Spitzen der glatten dichoto- mischen Aeste, ohne alle grüne Blätter oder mit solchen, die eben gelb 11 b aus den Knospen hervorbrechen, er denkt an unsere Obstbäume und glaubt sich im Frühling: dann sieht er die er- bleichenden, oft schön gelben g e Blätter der durstenden Bana- nen, einzelne rothe Blätter an andern Bäumen und denkt: es ist Herbst. Die Knospen sind auch hier gelb, die sich entwickelnden Blätter gehen durch Aufnahme von Blau stufenAveise von 11 b und 12 b in das tiefe satte Grüü 13 a der gleichzeitig vor- handenen, im Ton der Landschaft vorherrschenden alten über, diese wieder nicht gleichzeitig, sondern nach und nach einzeln in unsere Herbsttracht, so dass alle drei Trachten an den meisten Bäumen gleichzeitig vorhanden sind. Gelb gewordene Blätter habe ich an Musa paradisiaca L. , Carica Papaya Z., einigen Bambusarten und einigen andern Bäumen bemerkt, rothe und zwar schön vermillion nur an Einem Baume mit grossen , etwas wolligen Blättern, an diesem aber sehr häufig; abgefallen findet man dann auf dem Boden vielerlei Abstufungen von Roth 1 b zum gewöhnlichen Hellbraun des verwelkten Laubes, so reichen sich Frühling und Herbst hier die Hand. — 272 — Von Bukit Tima, dem Aequator näher, schreibt er: Blätter, die erst mit dem Alter roth werden, tinde ich hier nicht viele, doch einige, namentlich die grossen Blätter der Terminalia Catappa L., dann einer Melastoma. Die Farbe ist eine andere, als die der jnngen rothen Blätter, mehr scharlachroth, 1 b, 2 c, 3 d. Diese Gleichzeitigkeit der verschiedenen Trachten kann man auch bei uns an tropischen und subtropischen Pflanzen in Ge- wächshäusern beobachten, besonders an solchen, welche im Sommer in's Freie gestellt werden. So fand ich den 8. Juli 1861 an einer jungen cac?a Aiophantha Willd. aus Neuholland den Stamm trüb braunroth 23 a, das noch' geschlossene Blatt 6 c. eiu junges schon offenes Blatt gelbgrün 12 c mit purpurnem 23 b Baume an der untern Seite der Blättchen, während ihre obere, im Schiat geschlossene und geschützte Fläche ganz grün war. Aeltere Blätter befanden sich in voller Sommertracht, lebhaft grün 13 c. das unterste, absterbende Blatt endlich war röth- lich-gelb 8 c mit tiefrothem Saume 1 a. Die Herbsttracht der Blätter erhält sich im Freien nur so lange, als noch etwas Leben in ihnen ist, ganz todt verfallen sie der allgemeinen braunen Farbe der Pflanzenleichen, im Trockenen erbleichend, in der Nässe verdunkelt bis zum Schwarzbraun des Humus; schnell für das Herbar getrocknet erhält sich aber die rothe und noch mehr die gelbe Farbe dieser Herbsttracht viel besser, als das leicht in Braun, zuweilen, wie bei den darnach benannten Cytisus nigricans L. und Orohus niger L., auch bei vielen Rhinanthaceen selbst in Schwarz übergehende Grün der Frühlings- und Somm.ertracht. 4) W i n t e r t r a c h t. Unser berühmter von Mohl hat auf einen periodischen, mit jedem Winter bei ausdauernden Blättern sich wiederholenden Farbenwechsel aufmerksam gemacht, indem sich die gelbliche Wintertracht solcher Blätter mit kommendem Frühling wieder in die sommerliche grüne Farbe umwandle, und nachgewiesen, dass hiebei das Chlorophyll selbst seine sattgrüne Farbe einbüsse und eine gelbliche annehme. 273 Der ausgezeichnete Handelsgärtner Hvass in Stuttgart ver- sicherte mich ebenfalls, dass die im Winter braunen Nadeln der Coniferen im Sommer wieder grün werden. Mein Freund von Kurr hatte die Güte, mich am 23. Febr. 1861 nach einem strengen Winter, in welchem wir eine Kälte von mehr als 20^ R. unter Null überstanden hatten, in den Gar- ten des Herrn Gutsbesitzers Klein einzuführen; den 31. Juli des- selben Jahres wiederholten wir diesen Besuch, und ich erhielt mit Hinzufügung der in andern Gärten und im Walde gemachten Aufzeichnungen folgende Ergebnisse : Farbe immergrüner Blätter im Sommer. Neue. Alte. Winter. Geschützte. BlosgesteUte Abies excelsa Dec i 11 e. — pectinata Dec. . . . 11 e. Buxus sempervirens L. . . 12 b. Calluna vulgaris Salisb. Cryptomeria japonica Don . 11 d. Hex Aquifolhim L. , . Juniperus communis L. — Sabina L. — virginiana L. . , ! 13 d. Mahonia Aquifolium Nutall. . 11 c. Pinus austriaca Trattinik . 13 c. — balsamea L 11 c. — canadensis Aiton. — coerulea Loddiges — Pinea L 15 d. — Pinsapo Steudel. — Pumilio Haenke. . . 12 b — Sabiniana Douglas — Strobus L IIb. c. — sylvestris L. . . Taxus baccata L. . . Thuja aurea Hort 11 a, — compacta Hort. . , . 11 a. — occidentalis L. . . . 12 b. — Orientalis L. . . — : Wareana Hort. . Wellingtonia gigantea Hort. Württemb. naturw. Jahreshefte. 1862. 2s Heft. 12 a. 13 a. 12 a. 12 b. 12 b. 13 b. 15 e. 13 a. 14 b. 11 a. b. 13 a. 13 a. b. 12 c. Uc. 14 b.. 13 a. 12 a. 15 d. 42 a. b. 13 c. 13 a. 14 a. 11 b. 13 a. 12 a. 13 a. 12 b. 11 a. 12 b. 13 b. 8 c. 13 a. b. 3 b. 13 c. 12 c. 10 c. 14 a. 12 b. 10 a. 12 a. 1 a. 2 a. 4 a. Iabis2a. 2 a.- 1 a. 1 a. b. c. 0 c. 13 a. b. 8 b. 3 b. 12 c. 10 a. 7 a. 1 a. 1 a. 2 a. 1 a. 2 a. 18 274 Es hatten sich nehmlich im Winter die Blätter an einer und derselben Pflanze sehr verschieden gefärbt, die innersten, am meisten durch die äussern bedeckten und geschützten hatten ihre Sommerfarbe wenig oder gar nicht verändert, die äussern aber sich um so mehr durch Verlust von Blau und Hinzutritt von Roth geröthet und gebräunt, je mehr sie dem Sonnenlicht, der Kälte, dem Thau und Reif ausgesetzt waren und je wärmer die natürliche Heimath der Pflanze war. Dieses Braunwerden der Nadelwaidungen und der Heiden gibt im Norden, noch erhöht durch den Gegensatz des Schnees, der Landschaft im Winter die ernste, dunkle Stimmung, welche in südlicheren Gegenden die trockene Hitze des Spätsommers bewirkt. Dass diese Farbenveränderungen lediglich in der Temperatur ihren Grand haben, die Folge trockener Kälte bei starkem Lichte, bei uns der Ostwinde sind, beweist der Umstand, dass die Arau- carien und Cupressus pendula Thunb. im Winter im Gewächshause lebhaft grün 12 c waren, im Mai aber in's Freie gestellt sich rötheten und so die umgekehrte Erscheinung durch die gleiche Ursache hervorgebracht wurde. Im Allgemeinen waren stark geröthete Nadeln verloren und fielen im Frühling ab oder vertrockneten, schwach gebräunte aber wurden im Sommer wieder grün. Wie oft sich dieser Wechsel wiederhole, darüber sind mir keine Beobachtungen bekannt geworden, ich selbst fand an der Kiefer oder Forche, die Zwischenräume des Stammes zwischen den Astkreisen als Jahre gezählt, 4 — 5jährige Nadeln, aber keine älteren. 5) Farbige und bunte Blätter. Wir haben gesehen, dass die Blätter in der Kindheit und im Alter gelb und roth sind, auch haben kränkelnde oder, wie die Gärtner sagen, zurückgehende Pflanzen oft die Bleichsucht und gehen vor der Zeit von grün in gelb zurück, aber in voller Kraft und. Gesundheit, in der Sommertracht, sind die Blätter weitaus überwiegend grün. Indessen fehlt es in der freien Natur — 275 — nicht an zahlreichen Fällen andersfarbiger Blätter, und die uner- müdlich nach Neuigkeiten und Sonderbarkeiten strebenden Han- delsgärtner haben von uralten Zeiten bis auf heute, von Jeddo und Peking bis Paris und London ihre ganze Kunst aufgeboten, um die Pflanzenliebhaber mit nicht grünen oder buntblätterigen Pflanzen zu versehen. Allein das Blau lässt sich von einem ge- sunden Blatte nicht leicht verdrängen, das Gelb gar nicht, es gibt daher keine weissen und keine blauen Blätter, sehr wenig gelbe. Nur die rothe Farbe entschliesst sich leicht zu bleiben, ohne jedoch die beiden andern verdrängen zu können, daher sie während der Sommertracht trüb und dunkel bleibt, nur dann in ihrer ganzen Schönheit auftretend, 'wenn das Blau noch nicht er- schienen oder schon wieder verschwunden ist. Kunstprodukte dieser Art sehen wir häutig in unsern Gärten, so die Blutbuche , deren jüngste Blätter im Sonnenschein das schönste Karmin 24 a durchschimmern lassen, während die äl- teren an der oberen Fläche beinahe schwarz, an der unteren bei- nahe violett 22 a gefär])t sind, der rothe Wunder1)aum {Rici- 7ms sanguüieus Hort.), die indische Melisse (Perilla ocymoides L.) 22 a, das rothe Basilienkraut 22 a, die rothe Gartenmelde 23 b, der rothe Gänsefuss {Chenopodium atriplicis L.) 23 b, mehrere Amarante {Amarantus sanguineus L., caudatus L., hypo- chondriacus L., melanchoUcus L., cdropurpureiis Moxb., cruentus L., purpurascens Otto 23 a), neuere Spielarten der Cardinalsblume {Lolelia fulgens Willd.) und des Blumenrohrs (Canna coccinea Äit.), die rothe Rübe, deren purpurne Blätter 23 a später durch grün getrübt beinahe schwarz erscheinen und der rothe Kohl; merk- würdig ist es an den beiden letzten Pflanzen, dass während die blaue Farbe streng überall fehlt, wo das Licht fehlt, die purpurne sich auch in der Finsterniss entwickelt, so in der Wurzel der rothen Ptübe. Bei dem rothen Kohl sind die äussersten freien Blätter durch grün und durch einen grauen Duft getrübt, die des geschlossenen Kopfes aber noch lebhafter und schöner pur- purroth 22 b, als die Farbentafel, die innersten eng zusammen- gepressten, nie dem Lichte zugänglich gewesenen Blätter sind die schönsten, am lebhaftesten gefärbten, doch nur in den äussersten — 276 — Zellenschicliten beider Oberflächen, niacM man einen Durchschnitt, so zeigt sich das Innere des Stengels, der Blattnerven und selbst des Zellgewebes ganz weiss, ohne eine Spur von störendem Gelb oder Grün. Eine andere Spielart des Kohls fand ich weisslichgelb 9 h, nur die Rippe und Nerve purpurroth 22 e, die innersten gelber, 8 f. Eben so hat man Spielarten des kraussen Winterkohls, woran, nur der krausse Rand grün ist, die innere Fläche rosenroth oder geljjlichweiss. Von wildwachsenden Pflanzen mit ganz rothen Blättern habe ich nur den Drachenblutbaum in Gewächshäusern gesehen, Dracaena ferrea L. 23 a, Dracaena terminaUs L. 23 b; auch könnte man die zahlreichen Orohayichen hieher rechnen, deren zu Schuppen verkümmerte Blätter wie der Stengel und die Kelche roth- braun sind. Dagegen gibt es viele Pflanzen, bei denen sich die bleiche untere Blattfläche röthet, während die obere grün ist, so sehr schön bei vielen Begonien, z.B. B. orega?ia Hort., kommend oben 10 b, unten 1 b, erwachsen oben 12 a bis 13 b, unten 23 b bis 24 b, bei allen Cyclamenarten, z. B. C. europceum L. oben 14 a mit hellen I*lecken 14 d, unten 22 b, bei Calandrinia glauc.a Schrader oben 14 c, unten 23 c, bei Anemone Hepatica L. , Tradescantia discolor Herit. Oefters wird die obere grüne Fläche der Blätter durch an ein- zelnen Stellen auftretendes Rothbraun gefleckt, so bei Armm macu- latumLi., Erythronium Dens canis Ij..^ Orchis macidatalj., Phyteuma spicatum L., Ranuncidus acris L., Äjuga reptans L. , Sanseviera guineensis Willd., Oxalis maculata Desf., fuscata Jacq., punctata. L., tetraphylla Cav., Medicago maculata Willd., Hypochoeris maculata L. Bei Pelargo?iiu7n zonale L. und einigen andern hat der roth- braune Flecken die Gestalt eines Gürtels oder Halbkreise, bei Trifolium pictum Savi die eines Pfeils, bei Polygonum Persicaria L., lapatliifolium L., tenuiflorum Spr. die eines Halbmondes, bei Coleus Blumei Bentham und Coleus Verschaffelti Hort, aus Java die eines Dreieckes. Bei allen diesen Pflanzen sind die Flecken an jungen Blättern am dunkelsten, aber nicht sehr beständig, — 277 — treten zuweilen gar nicht auf und verschwinden oft auf den erwaclisenen BHtttern. Ein reines Gelb 9 ist jnir bei normalen Blättern nie vor- gekommen, sie fallen immer der rothen oder der blauen Farbe zu, am nächsten kommt ihm eine ziemlich unbeständige Spielart des Riesenkürbisses (Cucurbita maxima Duchesne)^ an welcher Stengel, Blätter und unreife Früchte lebhaft gelb-orange-gelb 8 e gefärbt sind. Nicht häufig, weil leicht ausartend und durch Verschwinden der rothen, der gelben oder dieser beiden Farben zum normalen Grün zurückkehrend, aber doch wohl bekannt ist das Tausend- schön oder die Papageifeder, dessen Blätter der Quere nack scharf abgetrennt, gegen den Stiel tiefroth 1 a, in der Mitte licht orangegelb 7 f , gegen die Spitze grasgrün 12 c sind. Es scheint eine sehr alte Erfindung der Chinesen und von China schon frühe über Ostindien und Arabien nach Europa gekommen zu sein. Sprengeis Annahme, dass es die- Gromphena alternis viri- dibus foseisque per caulem foliis des Plmius hist. nat. Lib. 26, cap. 7 sei, ist zwar unsicher, sicher dag"egen, dass es die Gelisia der im Jahr 1180 verstorbenen Aebtissin von Bingen, Hildegard (Physica 2, 153) -ei, das grün, roth und gelbe Kraut fühi't nämlich in Spanion den Namen Celosia, Eifersucht, Fleur de Jalousie in Frankreich, welchen Linne durch Verwechslung auf den ächten Amarant {Celosia cristata L.) übergetragen hat, der getrocknet seine Gestalt und Farbe behält, während er unpassend das vergängliche Tausendschön Amarantus tricolor, den dreifar- bigen Unverweiklichen, genannt hat. Blätter mit helleren Flecken kommen an wilden Gewächsen noch häufiger vor, als solche mit dunkleren Flecken, meistens sind aber die Flecken nur lichter gefärbte Stellen in gleicher Farbenstufe, so bei Ranuuculus repeiis L. 12 a mit 12 b gefleckt, bei dem Wiesenklee 12 a mit 12 c, Trifolium repens L. 11 a mit 11 g, mehreren andern Kleearten, dem Gartenmohn, der Wachsblume (Ceriiithe minor L. und alpina Kit) 13 c mit 13 f, der italienischen Katzenmünze (Nepeta italica L.y*, einer Taub- nessel, Lamium maculatum L., 11 a mit 11 h Flecken; auch diese — 278 — Flecken sind an den jüngsten, den Frühlingsblättern am deut- lichsten und verschwinden oft gegen den Sommer. Beständiger sind die lichten Flecken mehrerer Aloen, z. B. bei Aloe acinacifolia Jacq. 13 c, die Flecken 13 g, dann die Warzen, bei Aloe Radida Jacq, 15 h auf dunklem 15 b Grunde, ebenso bei A. margaritifera Alton und A subfasciata Sahn Dyck. Auch die Blätter sind beständiger, auf welchen die lichten Flecken netzartig den Blattrippen folgen, wie bei Arum italicum L., Saxifraga sarmentosa L., einigen Abarten des Kürbisses, Cucurbita polymorpha Duchesne 13 a und f, Carduus leucographus L., der in Roms Campagna häufigen, in deutschen Gärten leicht ver- wildernden Mariendistel {Carduus marianus L.), deren milchweisse Flecken 13 g auf 12 c eine alte Yolkssage der von Maria auf der Flucht nach Egypten verschütteten Milch zuschreibt. Es ist der Kunst der Gärtner gelungen, bei einer grossen Zahl von Pflanzen Spielarten mit Gelb bis elfenbeinfarbig 9 h gefleckten oder am Rande eingefassten Blättern, wie sie im wilden Zustande oft im Herbst oder an kränkelnden Pflanzen einzeln vorkommen*), hervorzubringen, doch können diese pana- schirten Pflanzen nicht durch Aussaat, nur durch Wurzeltheilung, Ableger, Stecklinge oder Propfen vermehrt werden, kommen also nur bei ausdauernden, am schönsten bei immer grünen Gewächsen vor. Eine in den Jahresheften des Yereins für vaterländische Naturkunde, Jahrgang 1854, S. 30 angegebene Ausnahme, dass sich eine Rosskastanie mit panaschirten Blättern auch durch Aus- saat erhalten habe, bedarf noch sehr der Bestätigung. Beispiele solcher künstlich hervorgebrachten Pflanzen mit hellgefleckten Blättern sind unter den Dicotjdedoneen: Acer Negundo L. 12 b mit 10 g. Aesculus Hippocastanum L. 12 a mit 8 e. Aphelandra Leopoldii Hort. Aucuba japonica L. 12 b mit 8 g. Boßhmeria argentea Hort, *) Weinmann hat in seiner Phytantoza-Jconographica 14 dieser Pflanzen abgebildet. — 279 — Buxus sempervirens L. 12 a mit 7 f oder mit 9 h gefleckt oder umsäumt. Coronilla vakntina L. 13 d mit 9 f. Evonymus japonicus L. Fagus sylvatica L. 13 a mit 9 e. Hedera Helix L. 13 a mit 9 f oder 9 h. Hydrangea japonka Siehold. Hex Aquifolium L. 13 b und 9 f. Ligiistrum vulgare L. 13 a und 8 g. Lonicera Caprifolium L. 13 c und 9 f. Myrtus commmm L. 14 e mit 8 g oder mit 9 h. Pelargonium marginatum Willd. 11 a, margine lÖ g. Rhammis Akiternus L. 13 a mit 8 e oder 9 h umsäumt. Salvia officinalis L. 15b mit 10 e oder 9f oder 9 g umsäumt. Sambucus nigra L. 12 a mit 10 li. Sempervivum arhoreum L. 12 d mit 23 g umsäumt, das sich am Rande zu 23 e verdunkelt. Thymus SerpyUum L. 12 b mit 8 e. ,, vulgaris L. 13 d init 9 e. Vinca major L. 12 a und 10 f. ,. i^osea L. 12 a und 12 h. Witheringia pogonandra Hort. Bei den Monocotyledoneen reilien sicli in Folge ihres Baues mit meist geringer Breite und parallelen Nerven, die lichten Flecken wie die Blattpilze zu schmalen langen Bändern, so be- sonders schön' bei dem allgemein beliebten und verbreiteten Bandgras {Phalaris arundinacea p' picta L.) 12 a bis 13 b, ge- bändert mit 8 g bis 9 h und in Stideuropa bei dem noch schöneren Bandrohr (Ärundo Donax L.) 14 e und 8 h; da die Monocoty- ledoneen keine abgegliederten Stiele und aus diesem Grunde keine abfallenden Blätter haben, so laufen die Bänder bei diesen Grrä- sern ununterbrochen an der Blattscheide bis zum Knoten herab, bei einer gebänderten, der Blüthe nahen Agave americana L. im botanischen Garten zu Neapel sah ich die Bänder 8 g auf 15 b ununterbrochen am Stamm herablaufen, bis sie auf ein anderes Blatt trafen. — 280 — Ebenso verhält es sich mit den gebänderten Blättern bei dem goldgestreiften Blumenrohr, Canna aureovittata Loddiges, der Kaiserkrone (FritÜlaria imperialis L.^, der Maiblume IIa mit 10 g und der 12 a mit 12 h gestreiften Plectogyne variegata Hort. Eine Schwertlilie fand ich 13 c mit 11 Ti gebäudert und gesäumt, bei der Tradesca7itia vittata Hort., einer panaschirten Spielart der Tr. discolor Heritier, ist die Unterseite der Blätter schön purpur- roth mit durchscheinenden hellen Längsstreifen. Die Blätter der Yucca rufoclncta Haworth sind dreifarbig gebändert, in der Mitte grasgrün 12 c, zu beiden Seiten weissgrün 12 h und am Rande lichtkarmin 24 c umsäumt. Diese lichten Flecken und Bänder dürften Stellen des Blattes sein, an welchen das Chlorophyll in den Zellen sparsam vorhanden ist, ganz weisse, also chlorophyilleere Blätter hat man aber nicht zu Stande gebracht, die sogenannten weissen Abarten der Gai ten- melde (Atriplex hortensis 1j. ß albaj 11 e und des Mangolds fBeta vulgaris ß alba Bauhin) sind nur heller grün, wie Atrij)leT alba Scopoli, Tilia alba Michaicx, Abics alba Poiret, Basella alba L. und manche andere. Nach Courtin (Grartenzeitung I, 90) ist die Panaschirung beständig, wenn sie sich gleichmässig am Rande der Blätter zeigt, veränderlich aber, wenn sie nur als zerstreute Flecken erscheint, wovon nur Äucuba japonica L. eine Ausnahme mache, deren unregelmässig gefleckte Blätter doch nie ganz grün sind. Mit andern Worten dürfte man dieses Gesetz dahin ausdrücken, dass die Flecken und Streifen der Blätter um so unbeständiger sind, je unregelmässiger sie auftreten. Y. Die Nebenblätter. Die Nebenblätter (stipulaej^ welche bei einer grossen Zahl dicotyledonischer Familien vorkommen, bei den monocotyledo- nischen aber fehlen und eben so häufig durch Blattscheiden er- setzt werden, haben die Bestimmung, die Blätter in ihrer frühesten Jugend zu beschützen, gehen daher denselben in der Entwicklung voraus und entwickeln sich nicht weiter oder fallen ab, sobald 281 das Hauptblatt herangewachsen ist, in der Farbe unterscheiden sie sich nicht von den Blättern, höchstens sind die schuppen- förmigen bleicher, von der Farbe des Blattstiels. \I. l>ie Deckblätter. Die Deckblätter (hracteae) sind im Fortschreiten der Pflanzenmetamorphose vereinfachte und verkleinerte Blätter, welche die noch schlummernden Biüthen auf gleiche Weise schützen, wie die Schuppen die Knospen und die Nebenblätter die Blätter, sich also aucli ebenso vor den Biüthen entwickeln und stehen bleiben oder abfallen, wenn die Reihe der Entwicklung an die Blumen kommt. Bei den Monocotyledoneen treten sie häufig als Scheiden (spathae) auf, so bei allen Palmen und vielen Li- liaceen. Ihre Farbe ist gewöhnlich die der Blätter, dasselbe Grün, und wenn die Blätterfarbe durcli roth getrübt ist, dasselbe Roth, so bei Perilla ocymoides L. Die Farbe der künftigen Blume kündigt sich aber häufig im Voraus an, oft schon am Stengel, wie bei den Kartoffeln, Dahlien, Fuchsien, Heliotropien, der dun- kelrotheu Cardinalsblume' '{Lobelia falgens Willd.) und dem dunkel- rothen Blumenrohr {Caima coccinea Alt.), weniger an den Blät- tern, denen grün su sein Bedürfniss ist, stärker aber au den Deck; blättern, w^elche den Blumen viel näher stehen. Die Deckblätter sind daher bleicher als die Blätter , wenn die Blumen bleich sind; so an den Linden die Blätter 11 a, das Deckblatt 11 f, die Blumenblätter 7 g; bei der Wiesendistel {cirsium oleraceum Scop.) die Deckblätter lOf, die Blumenblätter 5 g; bei einer Daklia fand ich die äussersten zurückgeschlagenen Blätter der Blüthen- hülle dunkelgrün wie die Blätter, 13 a, die inneren angedrückten hellgelb-grüngelb 10 d, die Blumenblätter hellrosenfarbig 23 g, am Grunde gelb 9 e. Ebenso sind die Blüthenscheiden der hell- blumigen Monocotyledoneen häufig bleich, Alllum^ Narcissus, oder vertrocknend und farblos, Iris pallida Lam.^ bei Arum maculatum und itcdicuia L. hellgrün-grüngelb 12 g, bei Calla aethiopica und palustris L. schneeweiss. — 282 — Stehen die Blumen in der blaurothen Beihe, so sind häufig auch die Deckblätter geröthet, ^yie bei den Taubnesseln, der Stachys alpina Z. , Ajuga reptans und genevensis L. , Origanum vulgare L. 22 b, Salvia sylvestris L . 22 c, Monarda^ Thymus und vielen anderen Pflanzen der Labiatenfamilie, in welcher sowohl Deckblätter als blaurothe Blumen vorherrschen, bei den Astrantie?!, Ist die Blüthe gelb, so gehen oft auch die Deckblätter in diese Farbe über, so bei Chrysosple^iium stuienv^eise von dem tiefen Grüngrüngelb 12 b der Wurzelblätter bis in das reine Gelb 9e der Blumenblätter, 'bQv Bupleurum protractum Link, ei- nigen Wolfsmilcharten, Eupliorhia Cyparissias L., verrucosa Lam., palustris L. , mehreren Compositen mit vertrocknender Blüthen- hüiie, wie Gnaphallmn Stoechas L., angustifolium Lam, und splen- didum Thunh. 8 6, Gnaphalium Orientale L., arenarium L. und siculura Spr,_ 9 f. Zuweilen tritt die reinste Farbe der Blumenkrone verfrüht schon in den Deckblättern auf, so erscheinen an der westindischen Äjjhelandra cristata R. Br-. Deckblätter, Blumenstiele, Kelch und Krone vom reinsten Gelb 9 e, an der Brasilianischen Salvia splendens Ker dieselben Theile vom schönsten Scharlachroth 2 c. Yf eicht die Farbe des gefärbten Deckblattes von der der Blume ab, so ist ersteres röther, so bei unserem die Kornfelder schmückenden Kuhweizen {Melampyrum arvense L.) die Blumen- kronen violett- violett-roth 22 b und gelb 9 f-, die Deckblätter ganz von ersterer Farbe 22 c, bei dem Muskatellerkraut (Salvia Sclarea L.) die Blumen milchweiss 17 g, die Deckblätter licht rosenroth 24 g. Bei heterochromen Compositen vertreten oft die inneren Blätter der trockenen Blüthenhülie die strahlenden Eandblüthen, so sind bei Aimnohium alatum R. Br. die Blüthenhülie weiss, die Büthen 9 e, bei Helichrysum fulgidum Willd. erstere weiss-gelb 9 e, 8 d e, orange 5 c, orangeroth 3 b bis purpurroth 23 a, während die Blüthen hellgelb 9 f bleiben, weil die Kunst der Gärtner sich lediglich mit der Hülle, nicht mit den unscheinbaren Blüthen be- schäftigt hat, ebenso bei den Strohblumen (Xeranthemum annuum L.y), die man in Gärten mit weisser und purpurröthlicher 23 c, — 283 — 22 e f bis carminrother 24 b Blüthenhülle bei blassgelblichen Blüthen antrifft. Als seltener Fall treten über den normalen Deckblättern der Blumen an der Spitze des Stengels noch einige Paare blüthen- loser, grösserer, lebhaft gefärbter Deckblätter auf, welche gleich- sam die unscheinbaren Blumen vertreten, dieses ist bei Melam- pi/rum nemorosum L. der Fall, mit kleinen lichtgelben 9 f Blu- men und licht-violett-violett-blauem 20 f Schöpfe, noch schöner bei Salviallorminum L. mit violetten 21 b u. g Blumen, hier ist der Schopf gewöhnlich violettroth 23 e, bei einer selteneren Spielart dunkel- violett 21 a und getrocknet dunkel violett-blau 19 a, der äusser- sten Grenze der Deckblätterfarbe von Roth gegen Blau, welches ganz fehlt, da selbst die schönen Farben der Zweige und Dolden- Irnllen einiger Mannstreu -Arten nicht über Violett-violett-blau, Eryngiurn auietliysünum L., planum L. und creticum Lam. 20 c, und Violettblau , Eryngiinn maritimum L. 19 g, triquetrum Vahl 19 e, hinausgehen. Die Deckblätter der Gräser {glumae) haben häufig, wie die andern Theile der Pflanze, auf der Sonnenseite einen violetten Anflug, um so lebhafter, je kälter der Standort, so in der Alpenregion und in Grönland, die der Cyperaceen sind häufig gelbbraun oder rothbraun, wie bei den meisten Cyperusarten, wo- von mehrere davon den Namen führen, a, adustus Presl^ auran- tiacus H. et B., aureus Tenor e, auricomus Sieber ^ badius Desf.^ ca- staneus Willd., chrysomelimis Link, cinnamomeus Metz, croceus Vahl, cruentus Rottboell, cupreus Presl, ferrugineus Po\r., flavescens L. , flavicom'is Michi:, flavidus Retz, flavissimus Schrad., fiavus Presl, fidvus R, Br., fuscescens Willd., haematodes End,, ochraceus Vahl, olivaceus Vahl, j)urpurascens Vahl, rubicundus Vahl, rufus H. B., sanguinevs Balbis, bei vielen Scirpus- und Schoenusarten. Andere sind beinahe schwarz oder völlig geschwärzt, wie bei Cyperua fuscus L., atropurpureus P,, ater Vahl, niger R. et P., melanocephalus R, Br., melanostachys TL et B.^ ustulatus Rieh., Schoenus nigricans L. und in der Alpenregion Carex atrata L., aterriina Hoppe, atrofusca Steven, nigra Torrey, nigricans Meyer, während es in Grönland wohl braune, aber keine schwarze Ried- — 284 — gräser gibt, weil das Licht nicht hinreichend intensiv dazu ist. Diese Verdiinkhmg der Farbe, in kalten Regionen auch an den Insekten, Käfern, Schmetterlingen häufig, begünstigt die Erwär- mung durch das Sonnenlicht. Andere sind beinahe weiss, wie bei Cyperus albus Presl, alhidus Retz^ alhostriatus Schind., ccmus PresI, leucocephalus Retz, leucostachys Wüld., margaritaceus Vahl, niveus Retz, pallesce7is Desf.^ paUidus Nees, ßchoenus albus L., Carex baldensis L., alba ßcop. Bei vielen Pdedgräsern hat das grüne Deckblatt zwei braune oder schwarze Striche. Die Binsen (Juncaceae) verhalten sich ganz wie . die Cype- raceen, man hat auch einen Juncus castaiieus Smith, fuscoate'f Schreb., atratus Lam., melananthus Rchb., melanocephahu: Frivaldshy^ eine Luzula spadicea Dec, albida Dec,^ nivea Desv. Auf ähnliche Weise sind die Deckblätter der kätzchentragen- den Pflanzen {Amentaceae) häufig braun, um so dunkler, je näher der Schneeregion. Merkwürdig ist die Familie der Zapfenträger (Coniferae) nebst vielen anderen Eigenthümlichkeiten auch dadurch, dass bei ihr die Deckblätter zur Frucht werden, entweder kapseiartig ver- trocknend und die grüne Farbe in die des Todes, braun, ver- wandelnd, wie bei den Tannen, Fichten, Föhren, Pinien, Zirbel- nüssen, Araucarien, Cypressen und Lebensbäumen, oder selbst zu einer Beere zusammenwachsend und deren Farben annehmend, roth 1 c bei dem Eibenbaum {Taxus baccata L.), dunkelroth mit bläulichem Dufte bei Juniperus macrocarpa Sibth., Oxycedrus L., phoenicea L., schwarz mit gleichem Dufte bei unserem Wach- holder, dem virginischen Wachholder und dem Sewenbaum (/. Sabina L.). YII. Dei- Kelch. Der Kelch {calyx) ist der Abschluss des Zweiges oder Sten- gels und der Anfang der Blume, einer Endknospe, welche statt weiterer Knospen die Keime getrennter Individuen entwickelt und so das Wachsthum des alten beschliesst. Er hat daher, wie die Deckblätter, in der Regel die Farbe der Blätter, vor- 285 herrschend grün, häufig mehr oder weniger geröthet und' zwar stärker als dieselben, weil das Grün leichter zurücktritt, nament- lich gerade an seiner, dem Lichte durch die anderen BHithen- theile entzogenen oberen Seite, so bei allen Pflanzen mit rothen Blättern, bei mehreren Amaranten 23 a, dem Hahnenkamm 23 a b, 24 a, dem Kugelamarant {Gomphreiia globosa L.) 22 b, den roth- blühenden Sileneen, z. B. Dianthus carthuslanorum L. 23 d, Lych- nis diurna Sibth. 23 b, während er bei der nahe verwandten L. vespertina Sibth. grün bleibt, Lychnis Flos Cuculi L. 23 a, L. Vis- caria L. 23 c, Saponaria ocymoides L. 23 c, bei vielen Labiaten, z. B. Origanum vulgare L. 22 b, Thymus Serpyllum L. 22 e, dann bei Dictamnus Fraxinella Lam. 23 a, Epilobium angustifoiium L. 22 b, bei der Pfirsche, der Aprikose 23 e, dem Granatapfel 3 d, der klebrigen Robinie 2 b. Wie bei den Deckblättern, so verursacht auch an den Kelch- spelzen der Gräser die Kälte eine violette Färbung, so stark in Grönland, wo Calamagrostis purpurascens R. Br., Dupontia psi- losantha liupr., Foa ceni^ia All., Agrostis rubra L., Glyceria va- ginata Lange^ Festuca ovina L., Triticum violaceum Hornemann 21 c und 22 c angeflogen sind. Auch in anderen Farben schliesst sich der Kelch gern an die Farbe der Krone an, so sind bei Lopezia miniata Dec. beide rein roth 1 e, bei Lopezia coronata der Kelch 1 c, die Krone carminroth 24 b bis f, bei Echeveria secunda Bot. Reg. aus Mexico der Kelch 2 c, die Krone äusserlich ebenso, innen gelb- orange-gelb 8 e , bei den Gartenvarietäten des Vanillenkrauts {Heliotropium peruvianum L.) der Kelch um so dunkler, je dunkler die Krone, an der Etoile de Nancy bis 20 a; b'ei dem Lavendel ist die Krone 20 d, der Kelch, weil durch grün getrübt, 20 c, bei Calamintha alpina Lam. ebenso; blüht dagegen die Pflanze gelb, so ist der Kelch oft heller als die Krone, so bei dem Sauerdorn {Berberis vulgaris L.), ersterer 9 f, letztere 9 e, bei Rhinanthus major Ehrh. der Kelch 11 f, die Krone 9 e, bei Anthyllis Viäneraria L. der Kelch 9 h, die Krone 9 e, dieses Wundkraut erhält in den Alpen oft eine rothe Farbe 24 b, (A. V. ß rubriflora Dec) und dann ist auch der Kelch roth. — 286 — Ungewöhnlich gefärbte Kelche sind die weissen der Celosia argentea L., der Christwnrz {Hellehorus niger L.), der Hydrangea arhorescens L., der Schneeballen (Viburmtm Opulus L.). Die Kelche der Hortensia sind anfangs hellgrünlich 11 f, dann heller 11 g, endlich rosenroth 24 f bis e. Man hat sich sehr bemüht, durch künstliche Erden blaue Hortensien zu erhalten, aber es höchstens bis auf Violettblau 19 d gebracht. Der Kelch der durch ihre zierlichen hängenden Blumen so beliebt gewordenen südamerikanischen Fuchsien ist schön karmin- roth 24 b, die Krone dunkehiolett 21 a, Staubfäden und Griffel wieder von der Farbe des Kelchs; die Kunstgärtner haben sich viele Mühe gegeben, andere Farben zu erhalten, aber mit ge- ringem Erfolg, indem man kaum um 2 Stufen gegen gelb vor- rückte durch 1 c bis 2 d, dagegen gar nicht gegen blau, die Krone brachte man von 21 a bis auf 2 d und erzielte so statt eines stärkeren Gegensatzes oft völlige Uebereinstimmung ihrer Farbe mit derjenigen der übrigen Biumentheiie. Etwas besseren Erfolg hatte das Bestreben, weisse Fuchsien zu erlangen, zwar blieb die Krone dunkel, kam nicht über den Farbenton d in 2 hinaus, aber den Kelch erhielt man durch alle Töne bis weiss, nur an der Aussenseite etwas grünlich. Den Hahnenkamm hat m^n nicht weiter gebracht, als von karminroth 24 a bis eine Stufe über orange hinaus 6 b, c, d. Die artenreiche, meerliebende Gattung Statice hat trockene, gelblich-weisse Kelche und schön violettblaue Kronen, bei einer Art aber, der mittelländischen Statice smuat'a L. kehrt sich dieses Verhältniss um, der ansehnliche Kelch ist lebhaft violett- violett- blau 20 d , die Krone gelblich-weiss 9 h. Bei den einquirligen Dicotyledoneen (ilio^^ocA/^wft/e«?) fehlt die Krone, die Metamorphose der Blätter springt vom Kelch unmittel- bar auf die Staubgefässe über, häufig bleibt dann der Kelch grün, Urticece, Che7iopodecB, mehrere Amaranten und Ampfer, oft aber sucht er die Lücke dadurch auszufüllen, dass er sich mehr oder weniger vollkommen kronenartig verdünnt und färbt, am häufigsten roth, wie bei den Sauerampfern, bei Polygonum Persi- caria L. 23 c d, Orientale L, 23 c, amphibium L. und Bistorta L. — 287 — 23 e, Hf/drojjiperh. minus Huch. und mite Sc]ircüik2^ f, vivipariim L. und Fagopyrum L. 24 f, Daphnc Cneorum L. 23 d, Z). Mezereum L. 22 b, Sanguisorba offic inal is 1j. 22 a, Empetrum nigrumlj, 22 c, Anemone pavonina und stellata Lam. 24 b, hepatica L. 22 c, y«/>o- Tizc« Äo?'^. 22 d, seltener violett, Anemone Pidsatilla L. 21 b, coro- naria \^. 21 d, hepatica L. 29 c, bei welcher 3 Deckblätter den Kelch, 5 Kelchblätter die Krone vollständig vertreten , welche nur in den gefüllten Gartenspielarten durch rückschreitende Metamorphose der Staubgefässe gleichfarbig auftritt, die Leber- blume ist zugleich die äusserstc Grenze des Roth gegen das fehlende Blau, zuweilen weiss, Polygoniim aviculare L., Thesium, Anemone nemorosa L., narcissißora L., sylvestris L., selten gelb, Aristolochia Clematitis L. 8 f, Anemone ranunculoides L. 8 e, Cattha palustris L. 8 e. Aber auch da, wo sich eine Krone vollständig entwickelt, schliesst sich ihr oft der Kelch in Gestalt und Färbung so innig an, dass er selbst von vielen Botanikern nicht von ihr unter- schieden wird, nur an dem etwas derberen Bau und der Lage als unterer wechselständiger Quirl noch erkennbar ist. Dieses ist besonders häufig bei den Monocotyledoneen der Fall, bei denen als der niedriger stehenden Klasse eine entschiedene Trennung des Kelchs von der Krone laiige nicht so häufig wie bei den Dicotyledoueen vorhanden ist. Zuweilen bleibt dieser kronenar- tige Kelch noch an der untern oder äussern Seite seiner 3 Blät- ter der Länge nach in der Mitte grün, so bei der wilden Tulpe, {Tidipa sylvestris L.) 11 d, bei Getliyllis, Hypoxis, den vielen Arten der gelben und weissen Vogelmilch, Gagea 12 c und Or- nithogalwn 13 d, welche geschlossen grün, der Sonne geöffnet goldgelb oder silberweiss schimmern, wie das liebliche Ornitho- galum umhellatum L., von den Engländern der Stern von Betlehem, von den Franzosen, weil sich spät der Sonne öffnend, die Dame der elften Stunde genannt, der gemeinen Zwiebel, 15 c, und mehreren andern Alliumarten. Bei den durch keine Scheiden in ihrer Kindheit geschützten Tulpen haben die 3 Kelchblätter in der Blumenknospe völlig die Farbe der Stengelblätter, 13 c, zuweilen bleibt eines dieser — 288 — 3 Kelchblätter bei raschem "Wachsthiim an dem Stengel zurück, bleibt der Länge nach zur Hälfte grün und nimmt auf der an- dern Hälfte die bunten Farben der andern 5 Blumenblätter an; man erhält dann durch diese Missbildung eine höchst klare An- schauung der Metamorphose der Stengelblätter in Kelch- und Blumenblätter, indem das Blatt auf halbem Wege stehen bleibt. Zuweilen nehmen die Kelchblätter mit abweichender Richtung auch abweichende Farbenstufen und Töne an, wie bei den Schwert- lilien (/m), meist aber werden sie den Kronenblättern völlig gleich- farbig, so bei dem Sturmhut {Äco7iitnm), vielen Ritterspornen (Delphinium)^ bei Trollius^ Clematis, Ati^agene, Nuphar^ der gan- zen Familie der Liliaceen, AmarT/lUdeen, Asparageen und Col- chicaceen. Eine einzeln stehende, aber dieser allgemeinen nahe ver- Avandte Erscheinung kann man oft in Gärten an Schlüsselblumen sehen, der Kelch verwandelt sich in eine Krone, die eigentliche Krone lässt sich dadurch in ihrer Entwicklung nicht stören, und so entstehen zwei Kronen gleich zwei in einander gesteckten Trichtern, ich beobachtete diese Erscheinung nur an rother Pri- mula elatior Jacq, 3 b und 23 c. Bei den nicht durch Deckblätter geschützten papaveraceen besorgt ein meist den Blättern, gleichfarbiger, wohl schliessender Kelch diesen Schutz, fällt aber ab, sobald die Krone erwacht und sich ihrer Wiege entwindet, die Blume scheint dann nie einen Kelch gehabt zu haben. Je mehr dagegen das Deckblatt diesen Schutz übernommen hat, je weniger betheiligt sich der Kelch daran, er bleibt während der Blüthezeit in der Entwicklung zurück, um sich später als Hülle oder Schale der Frucht zu entwickeln, Umhelliferae, Dip- saceae, Compositae, Evon^miis, Phi/saUs, Nicandra^ oft besorgt er bei- des zugleich, der obere, die Krone schützende Theil verwelkt dann mit ihr, der untere bildet sich, Grösse und Farbe verändernd, zur Schale der Frucht aus, Cucurhitaceae^ Pomaceae, Rosa. — 289 — VIII. Die Krone. Das Blattgrün hat sich in der fortschreitenden Metamorphose der Pflanze von den Blättern durch die Deckblätter bis zum Kelche fortgesetzt, hier aber abgeschlossen, um nur zuletzt noch einmal in der unreifen Frucht wieder aufzutreten, mit ihm endigt auch die davon untrennbare Aushauchung von Sauerstoff. Es tritt nun die Blumen kröne (corolla) als zweiter Quirl {verticillus) der Blumen auf, welche den Sauerstoff einsaugt und Kohlensäure aushaucht, der Grund, warum Blumen in geschlosse- nen Bäumen der Gesundheit nachtheilig sind. Da der Krone die Chlorophyllkörner fehlen, so liegt der Sitz ihrer Farben allein im Zellensaft, die grosse Durchsichtigkeit der ausserordentlich zarten Zellenwandungen lässt diese Farben ungetrübt in ihrer höchsten Vollkommenheit durchschimmern, so dass nur ein Theil davon. Gelb, Orange, Karminroth, Blau, in der Farbentafel er- reicht werden konnte, ein anderer Theil, besonders die blaurotheij Stufen 20 bis 23 unerreiclibar geblieben ist, während umgekehrt die Farben der andern Pflanzentheile gewöhnlicli von den ent- sprechenden der Tafel an Glanz und Lebhaftigkeit übertroffen werden. So tritt die Krone, stets in der Kindheit durch Deckblätter, Kelch oder beide zugleich geschützt, schnell entwickelt, zart und leicht in blendender Schönlieit als "iiöchster Schmuck der Pflanze, als ihr Hochzeitkleid auf, aber flüchtig und durch ihre Vergänglich- keit eben so berühmt, wie durch ihren Glanz und Wohlgeruch*); die Eintagsschöne ( Hemer ocallis), welche ihren Namen von dieser Vergänglichkeit erhielt, theilt solche mit vielen, besonders tropi- schen Blumen; so öffnet sich die prächtige Blume des west- indischen Cereus grandifloinis Miller nach Sonnenuntergang, um sich vor Sonnenaufgang auf immer zu schliessen, die peruanische Wunderblume {Mirahilis lalapa L.) hält es bei hoher Temperatur eben so, was ihr die Namen Belle de nidt, Don Diego de noclie^ Fior di notte, Boas noytes (gute Nacht) verschafft hat, welche aus gleichem Grunde zum Theil aucli einer Winde, Ipomoea Bona *) Flores vero odoresque in diem gignit magna admonitione ho miyiiLm quae sjpectatissime ßoreant, cejlerime marcescere. Plin. hist. nat. XXI. 1. Württejjib. naturw. Jahreshefte. 1862. 2s Heft. 19 — 290 — fiox L. gegeben werden. Die tropische Stundenblume {mhiscus mutahilis L.) geht Morgens weiss auf, ist Mittags rosenfarbig, Abends purpurroth und den andern Morgen verwelkt. Unsere Leinfelder prangen an heitern Sommermorgen mit vielen tausend blauen Blüthen, deren Blätter Abends auf dem Boden liegen. Ungemein kurz ist die Dauer 4er zahlreichen bunten Irideen, welche die weiten Gefilde des südlichsten Afrikas zwischen den Winterregen und der Sommerdürre auf kurze Zeit schmücken, und mehrere haben von dieser Flüchtigkeit den Beinamen erhal- ten, so Moraea fugax Jacq.^ Viesseuxia fugax Delaroche, Ms fu- gax Pers., deren Blumen nur eine Dauer von drei Stunden haben. Derbe Blumenkronen sind grosse Seltenheiten, so die flei- schigen der Stapelien, der Wachsblume {Hoya carnosa R. Br.) und einiger andern Asdepiadeen^ die kleinen der gelben Seerosen (Nuphar), die steifen der Xüopien, häufiger sind unansehnliche, verkümmerte, Cardamine impatiens L., Lepidhim ruderale L., Ce- rastium hrachypetalum Desportes, oft fehlen sie ganz und werden durch den Kelch ersetzt und vertreten. Im Sonnenschein sind die Farben der Blumen glühender, die der blaurothen Reihe, z. B. der durchscheinenden Glockenblumen (Campanula pyramidalis L., rotundifolia L.. pusilla Haenke) röther, manche Maler stellen daher die Blumen, welche sie malen wollen, in die Sonne. 1) Farbenverhältnisse der Blumenkronen in Württem- bergs freier und Garten-Flora. Um die Gesetze der Farbenvertheilung in den Blumen zu erforschen, habe ich die Farben der in Württemberg wild wach- senden Pflanzen aufgezeichnet; unsere Flora umfasst 1341 Pflan- zenarten, wovon aber 364 ohne Blumenkrone blühen, es bleiben sonach- 977 Arten, die in den Bereich dieser Untersuchungen fallen, da ich jedoch bei diesen die bunten, gefleckten, zweifar- bigen, wie viele Gorymhiferen, bei jeder ihrer Farben aufgezeich- net habe und ebenso die Farbenvarietäten, z. B. bei Polygala vid- — 291 — garis L. blau, roth und weiss, so ist die Zahl der Farben dadurch auf 1088 gestiegen. Sodann habe ich zur Vergleichung und Gegenprobe die Far- ben von 1200 in Gemüs- und Blumengärten, kalten und warmen Gewächshäusern gezogenen Pflanzen verzeichnet; hier übersteigt die Farbenzahl noch weit mehr die der Arten und beträgt 2159, theils weil man unter diesen aus allen Welttheilen vorzugsweise ihrer Schönheit wegen eingeführten Blumen mehr bunte, wie Convolvulus tricolor L., Gilia tricolor Lodd., Schwertlilien und Gladiolen findet, theils und vorzüglich aber in Folge des Bestre- bens der Handelsgärtner, neue Farben zu erzielen und in Um- lauf zu bringen. So gelangte ich zu folgenden Ergebnissen: Die gelbe Farbe, von allen die leuchtendste, tritt als Grund- ton der ganzen Pflanzenwelt in der Blumenkrone sehr häufig auf, meist ganz rein oder nur um eine Stufe der Nachbarfarbe ge- nähert, grössere Annäherungen sind seltener, sie zeigt, seitdem sie mit (^em Zurückbleiben des Chlorophylls sich von der blauen getrennt hat, nicht die mindeste Neigung, sich mit derselben zu verbinden, und es ist ein Hauptcharakter der Blumenkrone, dass sie höcht selten grün ist. Während unter den 977 Blumen der württembergischen Flora die rein gelbe Farbe in 253 auftritt, hat schon Gelbgrüngelb mit Vg Blau nur 20 aufzuzählen, und von diesen haben nur die Spitzen der 3 Ki'onenblätter der Frühlingsglocke, welche, indem sie ihr Weiss an die 3 Kelchblätter mittheilten, deren Grün angenommen haben, eine etwas tiefere Farbe, 10 d, die anderen bilden eine Reihe von bleichen, unscheinbaren Blumen, wie die Einbeere {Paris qua- drifolia L.) 10 e, Astragalus ghjcyphyllus L. 10 f, der Wau und die gelbe Reseda 10 g, Trifolium ochroleucum L. 10 g, der Epheu 10 g, Pyrola chlor antha Sw, 10 g, das Beinholz {Lonicera Xylosteum L.) 10 h, vier Orchideen 10 h. In der folgenden Stufe, Grüngelb, sinkt die Zahl schon auf 15 herab. Grüngelb blühen unsere Niesswurzarten , Ilellehorus viridis und foetidus L. 11 b, drei Convallarien 11 d, die seltene Adoxa moschatellina L. 11 e, fünf Orchideen Hg, die Zaunrübe — 292 — 11 g, der Kreuzdorn 11 g, Ribes alpinum L. 11 g, der Spindel- baum 11s ii. Grimgrüngelb finden wir nur noch bei 4 Blumen, an der lebiiaft violetten Krone des Solanum Dulcamara L. au der Basis jedes Abschnittes zwei schön grüne, 12 b, durch einen weissen Saum von der violetten Farbe getrennte Flecken, die Kroneu- blätter der zierlichen Schneetropfen haben an der Spitze einen grünen Flecken, 12 c, Veratrum albumlj. blüht 12 f, Streptopus amplexifolius Dec, 12 g. Hier schliesst sich in der württembergischen Flora die An- näherung der gelben, stets das Uebergewicht behauptenden Farbe gegen die blaue ab, ein reines Grün und der dreistufige üeber- gang von Grün zu Blau fehlen gänzlich. Die rothe Farbe sondert sich in den Blumenkronen nicht so schroff, wie die blaue, von der gelben ai), die Zahl der gelben Blumen, welche in der achten Stufe durch V^ roth eine wärmere -Farbe angenommen haben, 57, beträgt beinahe das dreifache der grünlichen der zehenten Stufe, 17 haben ^1^ roth, 4 % roth, und 12 stellen sich in Orange zwischen beiden Hauptfarbeu in die Mitte; '% roth haben, doch nur theiiweise, 5 Blumen, Hypericum' pidchrum L. und Pedicidaris Sceptrum Carolinum L. 4 c, Gcum rivale L,, Orohanche ruhens Wallroth und Orohanche minor Button 4 f. Drei andere Orohanchen und die schöne Adonis aestivalis L., ein Schmuck unserer Getreidefelder, haben ^l^ roth, und 7, darunter die hübsche Anagallis arvensis L., '/§ roth , es tritt so- nach in dieser Flora die gelbe Farbe in 253 Blumen rein auf, in 106 in Verbindung mit roth, in 39 in Verbindung mit blau, im Ganzen also in 398 Blumen oder % der Gesammtzahl. Die gelben Blumen gehören überwiegend den helleren Tönen an, das Braun der tiefsten meidend und sich in den leuchtenden mittleren Normaltönen e und f am Besten gefallend. Von den erwähnten 253 Blumen fallen nur 19 auf d, eine auf c, keine auf a und b, dagegen 175 auf e, 52 auf f, 5 auf g und 9 auf h, von den 106 der rothgelben Stufen fallen 83 auf die vier lich- teren Töne, nur IS auf die 4 dunkleren und von den 41 der grün- gelben Stufen 31 auf die 4 licliteren, 10 auf die 4 dunkleren Stufen. — 293 — Bei den 1200 verglichenen Cnlturgewäclisen treten einige Ab- weichungen von diesen Ergebnissen der freien Flora eines ge- mässigten Himmelsstrichs auf, es macht sich der Eintluss tropi- scher und subtropischer Floren geltend und mehr noch das Stre- ben der Kunst- und Handelsgärtner nach Prachtblumen, blenden- den und ungewölmlichen Farben und Abbeugungen von dem ge- wöhnlichen Gange der Xatur. Die gelbe Farbe tritt hier mächtiger auf, in 656 Blumer, etwas über die Hälfte der Gesammtzahl, aber von diesen blühen nur 237, also wenig über ein Drittheil, rein gelb, weil die gelbe Farbe in Europa nicht, wie in China, die Lieblingsfarbe ist. Noch weniger beliebt ist die grüne Farbe in den Blumen, doch duldet man sie an vielen Pflanzen, welche nicht der Blume wegen cultivirt werden, so an mehreren Bäumen, dem Perücken- baum (JRhus Cotinus L.) 10 e, dem Tulpenbaum 10 f, Acer laci- niatwn Duroi 10 f, Acer Xegundo L. 10 g- ^ophor japonicci L., welche in Stuttgart die Winterkälte aushält, aber keine Früchte ansetzt, was sie in Rom tliut, 10 h. Rhus TodcocJendron L. und typhinum L. 11 f , Ampelopsis hederacea Dec. 11 f, Acer ta- taricura L. und Gleclitschia triacanthos L. 12 f, bei einigen zu ökonomischen Zwecken gebauten Gewächsen, wie ein paar Ta- baksarten {Nicotiana rustlca und panicidcäa L.) 10 f. Petersilien 10 h, Stachelbeere 11 c, Zwetschge 11 g, Rebe 12 f, so dass sich im Ganzen unter jenen 1200 Pflanzen 50 auf die Stufen 10 bis 14 fallende befinden, der 24. Theil, bei der Flora Württem- bergs nur der 25. Sehr auiiallendist dagegen die Vermehrung der Blumen der roth- gelbeu Reihe in den Gärten, da Orange und Scharlacliroth zu den l)e- liebtesten Farben gehören, die aus allen Welttheilen lierbei zu holen und mit der grössten Geduld und Ausdauer künstlicli her- vorzubringen gestrebt wird. Wer kennt nicht die Ringelblume {Ccdendida arvensis L.) 6 b c, mit welcher der Italiener seine Todten schmückt, die perua- nische Kapuzinerkresse {Tropaeolum majus L.) 5 a bis c, die Feuerlilie 5 b, den Saflor 5 b, wie glänzen die Farben von Phlornis Leonurus L. 5 c, Gesneria bidbosa L. 5 c, Aquüegia cana- — 294 — densis L. 5 c, Asclepias curassavica L. 5 c, Papaver Orientale L. 4 b, Hemerocallis fulva L. 4 d. Pelargonium inquinans L. 3 c bis 2 c, Canna indica L. 2 c, Salvia splendens Ker 2 c, Emilia son- chifolia Dec. 2 c und Ipomoca coccinca L. 2 d. So ist es gekommen, dass ich in der Gartenflora im Gegen- satz zur wilden nicht weniger als 369 Blumen erhalten habe, welche der rothgelben Reihe 2 bis 8 angehören, mehr als die Hälfte der ganzen gelben Farbe. Die gleiche Erscheinung zeigt sich in der Intensität der Farbe, von den 237 rein gelben Blumen fällt keine auf a bis c, 8 fallen auf d, 154 auf e, 47 auf f, 21 auf g und 7 auf h. Ebenso fallen von den 50 Blumen der grüngelben Stufen nur 8 auf die 4 dunkleren Töne, 47 auf die 4 helleren, selbst die grünen Farben einiger nach denselben als einem auffallen- den Kennzeichen benannten Blumen, der Aquilegia viridiflora Pal- las, Correa viridis Fischer, Iloya viridiflora R. Br,, Gonolohus vi- ridiflorus Nutall, Solanum viridiflorum Ruiz et Pavon, Erica viri- diflora Andrew, Erica virescens Link, Ixia viridiflora Lam. fallen alle in die helleren Töne der überwiegend gelben Stufen 10 bis 12. Nicht so in der gelbrothen Reihe, zwar folgt die gelbe Farbe in 8 demselben Gesetze, indem von 131 Blumen nur 29 auf die 4 dunkleren, 102 auf die 4 helleren Töne fallen, allein schon in der folgenden Stufe 7 bei ein Yiertheil Roth theilen sich die 46 Blumen in zwei gleiche Hälften, und von 6 an tritt ein üeber- gewicht der dunklen Töne immer stärker auf, bis in 2 mit sie- ben Achtel Roth 51 Blumen auf a bis d, nur 5 auf e bis h kommen, die tiefen Töne die hohen um das zehnfache übertreffen. Es ist eine besondere Eigenthümlichkeit der gelben Farbe, dass sie bei bunten Blumen immer die innerste, tiefste, dem grünen Kelche am nächsten stehende Stelle einnimmt, so bei der drei- farbigen Winde, der Ackerwinde, bei allen Vergissmeinnichtarten, den Löwenmäulern, bei Euphrasia officinalis L., Linum catharti- cum L., Rosa Thea Hort.^ Ormenis bicolor Cassini, Chrysanthe- mum tricolor Andr,, Nierembergia gracilis Hooker, den Schlüssel- blumen, Aurikeln, Narcissus poeticus L., Gladiolus psittacinus Lind- ley, Tigridia pavonia Pers., Erythronium Dens canis L.; die Ta- — 295 — zette S e, Nectarium 8 d, ändert ab mit weissen Blumenblättern, der innere Becher bleibt aber dunkelgelb 8 d oder wird höch- stens um einen Ton heller, 8 e, auf weiss hat man ihn nicht bringen können; bei den Gorymhiferen mögen die zungeuförmigen Strahlenblüthen jede beliebige Farbe haben, blau wie bei Aster, roth wie bei Se?iecio elegans L., Erigeron, weiss wie bei Bellis^ Chrysanthemum, Matricaria, Anthemis^ stets sind die röhrenförmi- gen Scheibenblüthen gelb, beinahe immer rein gelb 9 e, in den seltenen Fällen einer dunkleren Färbung braun oder dunkelorange, wie bei Sonvitalia procumhens Lam. 5 a, bei Gazania, Rudbeckia purpurea L., einigen Astern, getrübt, aber nie ganz der gelben Reihe entfremdet, ebenso bei den Randblumen der Calliopsis hi- color Rchh. 8 e, am Grunde 4 a, der Gaillardia aristata Pursh 8 e, am Grunde 3 b. Die gelbe Farbe der Blumen ist die dauerhafteste und er- hält sich in Herbarien von allen am Besten, nur wenige haben die sonderbare Eigenheit, bei zu langsamem Trocknen oder in feuchten Herbarien grün zu werden, so die Blumen des Schoten- klee's {Lotus comiculatus L.), der Chlorocrepis staticifolia Griese- hach, des Arnopogoii Dalechampii L., der Gattung Tolpis, die gelben Schlüsselblumen. Bei verwelkenden Blumen steigt die gelbe Farbe gewöhnlich zu einem tieferen Ton derselben Stufe herab oder macht einige Schritte gegen Roth, wie bei Gaura mutabilis Cav., welche hie- von den Beinamen erhielt, bei mehreren Nachtkerzen {Ceiiothera suaveölens L., hienriis L. etc.) aufgehend 9 e, welkend 3 c; bei einigen Kleearten gehen die Blüthen schön goldgelb auf, ver- trocknen dann ohne einzuschrumpfen, nehmen aber eine dunkel- braune Farbe an, so geht Trifolium agrarium L. von 9 d in 7 0 über, Trifolium hadium Schreher von 8 e in Zimmtbraun 7 a, Trifolium spadiceum L. von 9 e in ein tiefes Schwarzbraun; bei Aster mutabilis L. ist die Scheibe aufgehend 9 e, welkend 3 a, die weissen Blumenblätter der Rosskastanie haben in der Jugend am Grunde gelbe Flecken 8 e, welche alternd in karminroth 24, b übergehen, was den grossen Blüthensträussen, in welchen siclu die Blumen nicht gleichzeitig öffnen, ein buntes Aussehen gibtp — 296 — bei den Lantanen rückt die anfangs am Saume der Krone auf- tretende rothe Farbe gegen den Schlund vor, bis sie die gelbe ganz verdrängt, Lantana Camara L. ist in der Knospe hellroth 1 e, offen gelb 9 e mit rothgelbem Schlünde 7 e, alternd kar- minroth 24 c mit orangerothem Schlünde 3 b, was sie, da ihre Blumen ebenfalls nicht gleichzeitig aufgehen, auch vielfarbig macht : nach Lecoq sind die Blumenblätter des dem Alpenmohn verwand- ten pyrenäischen Styloplioruni cainbricuni Spr., so lange sie noch im Kelche eingeschlossen sind, orange, offen vom reinsten Gelb; legt man aber die Pflanze ein, so sind die getrockneten Blumen wieder rothgelb. Nur in seltenen Fällen bleicht die gelbe Krone alternd in Weiss aus, so bei den kleinen Blüthen des Alyssum calycinum L., bei Kerria japonica Dec, der Duc van Thol Tulpe und der gel- ben Hyacinthe. Der geistreiche Decandolle nahm, auf die Trennung der in den Ernährungsorganen vereinigten zwei Grundfarben in den Ee- produktionsorganen anspielend, in den Blumen zwei Farbenreihen an, welche er die xanthische und die kyanische nannte: allein mit diesem Gegensatze linden wir einen zweiten innig vereinigt, den zuerst von Arago klar erkannten und ausgesprochenen der sich ergänzenden, das heisst zur Herstellung des weissen Lichts nöthigen Farben. Da nämlich die Farbentafel nicht zwei, sondern drei Haupt- farben hat, so tritt der merkwürdige Umstand ein, dass der eine Hauptfarbe bezeichnende Radius des Kreises, 1^ 9, 17, zum Durch- messer der Scheibe verlängert, nicht auf eine andere Hauptfarbe, sondern auf die beiden andern im Gleichgewichte trifft, Roth auf Grün, Gelb auf Violett, Blau auf Orange; nehmen wir also Gelb als Grundton der Pflanzenfarben an, so tritt in den Blumen an die Stelle eines Gegensatzes von Gelb und Blau der vollständige n'ou Gelb und Violett; die der xanthi sehen gegenüber stehende Jieihe muss also nicht als die kyanische, sondern als die jan- t h i n i s c h e bezeichnet werden. Ich zähle zu der xanthi sehen Farbenreihe alle Stufen der 1 «"arbentafel, welche noch etwas Gelb, wenn auch nur ein Achtel, — 297 — entlialten, also 15 Stufen, 2 bis 16. So bleiben für die ganz gelbfreie Jan tili ni sehe Reihe nur 9 Stufen, von 17 rein blau bis 1 rein roth, übrig, dennoch tibenviegt die Zahl der in dieser Reihe blühenden Arten die der xanthischen, in der Flora von Württemberg stehen den 398 Blumen der zweiten bis sechszehenten Stufe 435 der siebenzehenten bis ersten gegenüber, in der Garten- flora den -656 der ersteren 1149 der letzteren, der Grund davon ist, dass hier, wie im Lomberspiel, zwei gegen einen stehen; wollte mau die Hauptfarben nach ihrem Ueberwiegen so theilen, dass jede 8 Stufen erhielte, Gelb die Hälfte von 5 bis zur Hälfte von 13, Blau von der Hälfte von 13 bis zur Hälfte von 21 und Roth von da bis zur Hälfte von 5 , so träte die Ueberlegenheit der gelben Farbe trotz ihrer engeren Begrenzung jedem der beiden andern gegenüber in der württembergischen Flora Aviedcr hervor, wir erhielten eine xanthische Reihe von 376 Arten, eine ery- thrinische von 322 Vo und eine k panische A^on 1 34 V2 Arten. Die blaue Farbe spielt hiernach im bunten Farbenspiel der Blumen die kleinste Rolle, und dieses erklärt wieder, warum in der janthinischen Reihe die meisten Blumen nicht violett, sondern purpurroth, näher bei Roth blühen, die Verbündeten treten so auf, dass in 261 Arten die rothe Farbe überwiegt, in 69 beide sich das Gleichgewicht halten und nur in 92 die blaue Farbe vorherrscht. Etwas anders würde sich bei dieser Vertheilung die Garten- flora verhalten, 4971/2 Arten der xanthischen Reihe, 1028 '/o der erythrinischen und 269 der kyanischen, hier spielt also die xantliische Reihe eine kleinere Rolle, die kyanische ist zwar wieder die kleinste, übersteigt aber doch die Hälfte der gelben, die sie dort weit nicht erreicht; am auffallendsten ist die Menge der rothen Blumen, anderthalb mal so viel, als gelbe und blaue zusammengenommen, was wieder auf wärmere Himmelsstriche Auswahl der Sammler und Liebhaberei der Blumenfreunde be- ruht, die rothe Farbe ist als die glänzendste und lebhafteste bei weitem den meisten Menschen die angenehmste, die rothe Blume die schönste, so die Rose, von welcher der Name der Farbe stammt. Die rothen Blumen haben, wie Lecoq treffend bemerkt, — 298 — vor den andern allen den Vortheil voraus, beinahe immer das Grün der andern Pflanzentheile als Unterlage zu haben, welches als Ergänzungsfarbe durch den Gegensatz ihre Fai'be lebhafter her- vorhebt, als wo dieser volle Accord fehlt. Als weitere Folgen des Gegensatzes der beiden Ergänzungs- farben gegen die Hauptgrundfarbe tritt die auffallend geringe Zahl der rein roth oder blau blühenden Pflanzen, besonders in gemässigten und kalten Himmelsstrichen auf; wir finden in unserer Flora nur vier ganz rein roth blühende Pflanzen, alle vier nicht ursprünglich einheimisch, sondern mit dem Getreide aus Asien eingeführt, Ädonis ßammea Jacq, und die Klatschrose oder Ackerschnalle 1 b, dann Papaver Argemone und duhium L. 1 d. Die Zahl der rein blauen Blumen ist, wenn auch doppelt so gross, doch sehr gering und fällt überdem noch meist auf die lichteren Töne, am lebhaftesten 17 d blüht die mehr als Gartenflüchtling zu be- trachtende Sternhyacinthe (Scilla amoena L.) ; unsere vier Yergiss- meinnichtarten blühen hellblau 17 e, noch heller 17 f Echino- spermum Lappula Lehm, und Glohularia vulgaris L., endlich der Schwarzkümmel {Nigella arvensis L.) 17 g; alle andern blauen Blumen, unsere Gentianen, Ehrenpreisarten, Kornblumen, Cichorien, Glockenblumen, Wiesensalbei, Sinngrüu, Natternkopf u. s. w. sind nicht ganz frei von Roth und fallen in die Stufen 18 bis 20. In der Gartenflora tritt der vorhin erwähnte Umstand ein, dass ein reines Roth als Lieblingsfarbe stark, durch 84 Arten, vertreten ist, freilich immer noch wenig über den dritten Theil der rein gelben, indessen befinden sich viele theils natürliche, theils künstlich hervorgebrachte, sehr häufige und verbreitete Blumen darunter, welche sämmthch den alten Griechen und Römern unbekannt waren; zu der in der Blüthezeit der italieni- schen Republiken aufgekommenen Gartennelke, der wie diese eben- falls aus der Flora der Mittelmeerländer stammenden Sulla {Redy- sarum coronarium L.) und der im sechszehenten Jahrhundert aus dem Orient eingeführten Tulpe {Tulipa sylvestris L.) lieferte Ostindien durch die Portugiesen die Balsamine und das Blumen- rohr (Ca7ina coccinea Aito?i), durch die Britten die Potentilla atro- sanguinea und fonnosa Don, erstere als Kinder des Tieflandes — 299 — vom leichtesten Froste getödtet, letztere als vom Himalaja herab- gestiegen unserem Winterfroste ti'otzend, aus Japan erhielten unsere Gärten die frühblühende japanische Quitte, unsere Ge- wächshäuser die schon in Genua im Freien gedeihenden Camellien, von der Südspitze von Afrika ihre zahlreichen, nun durch Kunst zahllosen Pelargonien, die meisten rein rothen Blumen aber lieferte das wärmere Amerika, so die prächtigen Dahlien, Fuchsien und Verbenen, die Kai'dinalsblumen {Lobelia cardinalis L. und fulgens Willd.) , den Scharlachsalbei (Salvia cocciriea L. und Pseudococci7iea Jacq.), den vierblättrigen Sauerklee, den Korallenbaum {Erythrina Corallodendron und Crista galli L.), die schönste aller Cactusblumen [Cereus speciosissimus Dec), die kletternde Trompetenblume {Bignonia radicans L.) und den grossblumigen Portulak. In der rein blauen Stufe dagegen herrscht in der Garten- flora eine ebenso grosse Armuth, wie in der wilden, ich fand unter 1200 Arten nur 7, den chinesischen Rittersporn 17 b, die japanische Commeline und eine Farbenvarietät der Akelei 17 c, Scilla amoena L. 17 d, Scilla italica L. und ein Lithospermum 17 e und Gretchen im Busch (Nigella damascena L.) 17 f. Zwar fehlt es unsern Gärten so wenig, als unseren Wiesen und Wäl- dern, an blauen Blumen, allein mit einem Zusatz von roth, so sind Borago offiicinalis L., mehrere Rittersporne, der Rosmarin, der Hyssop, dsiS Echiumfastuosum Jacq., die Purpurwinde, die blauen Seerosen {Nymphaea coerulea Sav, und cyanea Roxh.), das Garten- vergissmeinnicht {Omphalodes verna Moench), einige Salbeiarten, besonders die prächtige mexikanische Salvia patens L., Symphytum asperrimum und Centaurea depressa Bieb. aus dem Kaukasus, Clitoria ternatea L , PonteAeria azurea Sw., plumbago coeruleaH. etB. präch- tig blau, aber nicht Kobaltblau 17, sondern ültramarinblau 18. Die blaue Farbe nimmt als die lichtbedürftigste im Gegen- satz zur gelben immer den obersten oder äussersten Theil der Blumen ein und geht oft nach Innen zu in weiss über, so bei Lohelia Erinus L., Browallia elata L., Borago officinalis L., Con- volvulus tricolor L., Omphalodes verna Moench, Nemophila insignis Benth. ' — 300 — Ein weiterer Gegensatz der janthinischen Reihe zur xanthischen ist das viel liäiiiigere Auftreten der tieferen Farbentöne in der ersteren; während in der gelben Farbe der 5te Ton e als die Normalfarbe erscheint, welche am häufigsten vorkommt, tritt m der blauen und rothen Farbe schon der zweite Ton b als solche auf, wir zählen in Württembergs Flora in den 4 dunkleren Tönen der janthinischen Farbenreihe 300, in den 4 helleren 220 Arten, in der Gartenflora in ersteren 702, in letzteren 447. Dass bei eingelegten Pflanzen die biaurothen Farben sich nicht so gut erhalten, wie die gelben, hat seinen Grund darin, dass es gemischte, Süchtigere Farben sind, am schlimmsten ist der Sammler mit den überwiegend blauen Blumen daran; gelingt es ihm auch, durch möglichst rasches Trocknen zwischen erwärmtem, täglich zweimal gewechseltem Fliesspapier Gentianen, Glocken- blumen oder Kornblumen in ihrer ganzen Schönheit zu erhalten, wie dieses bei dem grossen Meister in der Einlegekunst, Hoppe in Regensburg, der Fall war, so bleichen sie doch im wohlver- wahrten Fascikel allmählig aus und haben häufig im zweiten oder dritten Jahr ihre ursprüngliche Farbe ganz eingebüsst: nur der Rittersporn macht eine rühmliche Ausnahme und behält auch flüchtig eingelegt sein prächtiges Violett 21 b c fast unver- ändert bei. Aufblühend schreiten die Knospen der janthinischen Reihe häufig, durch Desoxydation, wie nicht ohne Widerspruch ange- nommen wird, von roth gegen blau vor, besonders auifallend in der an blauen Blumen reichen Familie der Boragineen, Linne's Asperifolien, so bei Symphytum asperrimum Bieb. von 24 c auf 18 c, bei Borago oß-lcinaUs L. von 23 f auf 18 c, ebenso bei Lithospermiim purpureo-coeruleum L., bei Myosotls j^cihistris Witli. von 23 f auf 17 e, Myosotis versicolor p. von 7f auf 19 d, bei Echium vulgare L. von 23 e auf 23 c, Anchusa officinaUs L. von 23 c auf 21b, Tulmonaria virginica L. von 22 d auf 19 e. Auch die Purpurwinde ist in der Knospe 23 c, geöffnet 18 e. Vey^hena officinaUs von 24 c auf 22 c bis f, Vicia Cirtcca L. von 22 c auf 21 b; auch bei mehreren Arten der Gattung Campamda tritt die blaue Farbe später zur rothen. — 301 — Bei dem Ver)}lühen nehmen auch die Blumen dieser Reihe gleichsam trauernd dunklere Töne an und schreiten dabei öfters von roth gegen blau vor, wenn auch nicht so stark wie bei dem Aufblühen, so Aesculus Pavia L. von 24 d auf 22 b, Malva mau- ritiana L. von 23 a und d auf 21 a und c, Petunia violacea Hooker von 21 g auf 19 d und eine Spielart derselben von 23 a auf 20 b, Rosa Lord Raglan Hort, von 23 b auf 22 b, Rubus odoratus L. von 23 c auf 22 c, ebenso Swainsonia pur pur ea Hort. Ein reines Schw^arz, die Verneinung aller Farbe, mit all seinen Tönen durch dunkelgrau und hellgrau kommt an den Blumenkronen nie vor, alle Versuche der Kunstgärtner und Blu- menliebhaber, es zu erhalten, sind vergeblich gewesen, sie spre- chen zwar wohl von schwarzen Kosen, Nelken, Dahlien, Herbst- rosen, haben es aber, wie der flüchtigste Blick zeigt, nur dahin gebracht, die ursprüngliche rothe oder purpurne Farbe dieser Blumen durch ihre Verdunkelung der schwarzen möglichst zu nähern, oft noch über den tiefsten Ton a hinaus, während die überwiegend blauen Stufen der janthinischen Reihe und die der ganzen xanthischen Reihe nicht die geringste Neigung zu einer solchen Verdunkelung zeigen, wenn gleich die blaue Farbe nach Göthe der schwarzen am nächsten verwandt sein soll. Ein solches dunkles Purpurroth oder Violett sind auch genau, besonders gegen das Licht betrachtet, die Flecken, Striche und Zeichnungen an der chinesischen Iselke, am Grunde der Gilia tricolor Benth. und des Gossypium puniceuin Jacq.^ am Schlünde der Viola tricolor L. und an den beiden oberen Blättern mehre- rer Pelargonien^ endlich alle die Blumen, welche wiegen der auf- fallenden Tiefe ihrer Farbe den Beinamen der schwarzen erhal- ten haben, wie Pelargonimn raelananthos Jacq.^ Erica nigrita L., Empetrurn nigrum L. , Satyimim nigrum L., Veratrum nigrum L., Nigrina viscosa L., Hyoscyamus niger L., tief violett geädert, ist so Wenig schwarz, als Hyoscyamus cdhus L. weiss: freilich getrocknet, besonder» langsam getrocknet, werden diese Blu- men zuweilen wirklich schwarz, daher manche von ihnen nach dergleichen ' Exemplaren benannt worden sein mögen, wie Orobus niger L. und Cytisus nigricans L. nach ihren . — 302 — schwarE werdenden Blättern. Am reinsten scheint die schwarze Farbe, wie schon Pythagoras annahm, in den Flecken der weissen Blume der Ackerbohnen ( Vicia Faba L.) aufzutreten, allein auch hier beweist die rothblühende Spielart dieser Bohne, da&s man nur ein verdunkeltes Purpurroth vor sich habe. An diese angeblich schwarzen Blumen reihen sich einige wenige an, in welchen ein schwaches Gelb mit dunklem Purpur oder Violett vermischt, nicht stark genug, den vollen Accord der: weissen Farbe zu bewirken, einen trüben Misston hervorbringt. Hieher gehören unsere zwei berüchtigsten Giftpflanzen, das Bil- senkraut {Hyoscyamus niger L.) und die Tollkirsche {Atropa Bella- donna L.), ersteres mit trübviolettem Netze 22 a auf trübroth- gelblichem Grunde 6 f, letztere düster braunroth 23 a, Dr. Schüz in Calw entdeckte aber in einem Fichtenwalde eine Tollkirschen- staude mit lauter trübgelblichen Blumen 4 f, die sich auch in der zweiten Generation im botanischen Garten zu München im vollen Sonnenschein unverändert erhielten, hier hatte sich das bleiche Gelb behauptet, während von den beiden dunklen Farben kaum eine Spur zurückblieb. Aehnliche trübdunkle ternäre Far- ben zeigen Gerariium phaeum L., Comarum palustre L. und meh- rere unserer Orchideen, Ophrys muscifera, aranifera und apifera Hudson, Ophrys arachnites Reichard und Cypripedium Calceolus L. Unter unsern Gartenblumen finden wir ähnliche Missfarben an manchen Aurikelu, dem Gewürzstrauch {calycanthus floridus L.), der Auciiba japonica L., der Tolpis barhata Oaertn., dem Jakobsklee {Lotus jacohaeus L.) und mehreren Asciepiadeen , so an den capi- schen Stapelien, der Periploca graeca L.,. der ostindischen Cero- pegia juncea Roxh.^ dem karolinischen Gonolohus macrophyllus Michaux^ besonders aber an einigen Schwertlilien, (7m sambucina L. und lurida Aiton), denen man den Kampf zwischen violett und gelb ansieht, und vor Allem der prächtigen Wittwe im Trauer- flor, Lirio franciscano der Spanier (Iris susiana L.); durch Kunst hat man wider Willen solche schwankende Farben durch die Versuche hervorgebracht, in den Blumen die gelbe Farbe durch die blaurothe zu verdrängen, so bei der schmalblätterigen Schwert- lilie {Iris Xiphium L.) , den Pensees {Viola tricolor L.) und den Aurikeln; endlich verbinden drei in unsern Gärten selten gewor- — 303 — dene Blumen mit der sonderbaren Eigenschaft, im Sonnenlicht geruchlos, bei Nacht einen starken Wohlgeruch zu verbreiten, trübe ternäre Farben, welche durch ihren Namen angedeutet werden, die Nachtviole [Hesperis tristis L.) hat trüb grüngelbliche 11 g, schwärzlich 23 a geäderte Blumen, ähnliche Farben zeigt die Nachtlevkoje {Mathiola tristis Dec.)^ das Nachtgeranium {Pe- largojiium triste L.), eine schwärzliche 23 a Palmenzeichnung auf leichenfarbigem Grunde. Weiss, die Vereinigung aller Farben, die volle Zurück- strahlung des begierig gesuchten Lichtes, an sich nur Ein Ton, verbindet sich in allen Stufen mit allen andern Farben und schliesst, unmittelbar an h grenzend, wie schwarz an a, die Leiter ihrer Töne ab. Ich fand ein reines Weiss in der württembergischen Flora an 255, in der Gartenflora an 337 Blumen, in beiden also an nicht viel weniger als einem Drittheil der Gesammtzahl. 2) Farbenäuderungen der Blumenkronen. Im freien Naturzustande hat jede Blume ihre bestimmte feste Farbe, und Ausnahmen von dieser Regel bleiben immer seltene isolirte Erscheinungen. Am seltensten ändern Blumen der xanthischen Reihe ihre Farbe, die Flora von Württemberg liefert zwei Beispiele davon, welche jedoch von den jetzigen Botanikern verneint werden, in- dem sie die Linne'sche Art in zwei besondere spalten, so die violettblaue AnagalUs coeruUa Schreb. 19 b von der normalen rothorangerothen Aiiagallis arvensis L. 2 d, das violett-violettrothe Symphytum patens Sibih. 22 c von dem normalen weissgelben Symphytwn officinale L. 9 g. Bei dem Schotenklee {Lotus corni- culatus L.) und dem Wundkraut (AnthyUis Vuhieraria L.) tritt oft bei starkem Lichte und geringer Wärme an der normal gel- ben Blume ein scharlachrother Anflug auf. Die gelbe Medicago falcata L. erzeugt zuweilen mit dem vio- letten Luzernerklee die sonderbarsten Uebergänge durch grün in violett, eine ganze Farbenreihe, welche man unter dem Namen Medicago media P., richtiger M. hyhrida Gaudin, zusammenge- fasst hat ; sie lauft ganz parallel mit dem Uebergang der schma- len Blätter der M. falcata L. in die breiten der M. sativa L. — 304 — In andern Fällen beschränkt sich die Aenderung auf ein blosses bleicher werden, so geht in den Kornfeldern oft die feuer- rotiie Ado7iis aestivalis L. 3 d in ein blasses Orangegelb 7 f über, Impatiens Noli längere L. von 8 e in 8 f, Verbascum Lychnitis L. von 9 f in 9 h, Melilotus oßicinalis L. von 9 e in weiss^ die so- genannte M. Petltplerreana Willd. Bei den Grartenblumen finden wir üebergänge von gelb in roth, meist mit gleichzeitiger Verdunkelung, bei Tidipa sylvestris L. von 8 f in 1 b, bei Tulipa suaveolens Roth von 9 e in 2 b, bei Tidipa Gesneriana L. von 9 e in 2 a. bei den Aurikeln von 8 f in 3 a, Primida elatior Jacq. 9 f bis 3 b, Frimala oficincdis L. 8 6 bis 2 a, Ranunculus asiaticus L. 8 e bis 2 b, bei den peruanischen Calceolarien von 9 e bis 2 a, bei CaUiopsis bicolor Rchh. von 8 e in 4 a, bei dem Goldlack von 8 d in 3 a, bei der Kapuzinerkresse von 5 a und c bis 9 a und bei der gelben Rose in der Spielart Rosa bicolor L. von 9 e ohne üebergänge auf 3 b. Uebergriffe der xanthisclien Reihe in die janthinische sind seltener, sie finden Statt bei Calceolaria von 9 e bis 22 a, bei Primida elatior Jacq. von 9 f bis 22 c, bei den xlurikeln von 8 f bis 20 c, bei der Gartenranunkel von 8 e bis 22 b, bei Tulipa Gesneriana L. von 9 e bis 21 c, bei Tulipa sylvestris L. von 8 f bis 22 a, bei Priimda acaidis Jacq, von 9 g bis 21 d. Lichter werden kommt hier nicht oft vor, doch geht die Ringelblume von 6 b bis 9 e, 8 f und 5 g, die Sonnenblume von 8 e in 9 f, Tagefes erecfa L. von 7 d in 8 f und 9 f, Tagetes patida L. von 3 durch 4 b, 5 a b, Gab, 7 c d bis 8 d e, die Granatblüthe von 2 d ohne üebergänge auf 8 e, die Kaiserkrone von 4 c auf 9 e und 4 h, das Malteserkreuz (Lychnis clicdcedonica L.J von 2 b auf 2 f, Calceolaria von 9 e bis 9 h. Noch seltener ist der üebergang einer Blume der xanthischen Reihe in weiss: in der Flora von ^Württemberg kommt er gar nicht vor, in den Gärten bei der Feuerbohne von 3 d durch 2 c und f in der zweifarbigen zu weiss in der weissen Spielart, bei Chrysanthemum coronarium L. von 9 e, bei der Tazette von 8 e, — 305 — bei Primula elatior Jacq.^ bei Primula acaulis Jacq.^ bei den Tul- pen und nach Weinmann auch bei der Gartenranunkel und der Aurikel. Eine merkwürdige Eigenthümlichkeit der Familie der Corym- biferen ist das häufige Vorhandensein von zweierlei ganz ver- schieden gestalteten und gefärbten Blumen in einem Blumenkopf, die inneren sind kleiner, röhrenförmig, gelb, die Randblumen dagegen zungenförmig und von allen Farben ; indem man nun bei den unrichtig gefüllt genannten Gartenblumen die kleinen Röh- renblumen in grosse Zungenblumen verwandelt, nehmen erstere mit der Gestalt auch die Farbe der letzteren an, roth z. B. bei Senecio elegans L., Chrysanthemum indicum L., Bellis pei^ejinis L., weiss bei Matricaria Parthenium L., Anthemis iiobilis L., Achillea Ptarmica L. und selbst blau oder richtiger violett 20 f bei Aster chinensis L., während sonst die Farbenänderungen der xanthischen Reihe in die janthinische nie weiter hereinreichen, als höchstens um drei Stufen, bis 22 violett-violettroth. In der janthinischen Farbenreihe kommen auch Uebergänge von einer Farbe in die andere bei der freien Pflanzenwelt nicht oft vor, so bei Polygala vulgaris L. von violett -violettblau 20 c in violett-violettroth 22 c, bei der Sternhyacinthe (Scilla Ufolia L.) von violettbLau 19 b in lichtrosa 23 h, bei der Ackerscabiose von violett 21 e in 21 c d, 20 e bis 22 f, bei Scabiosa columbaria L. von 20 d im Spätherbst erröthend in 21 c d oder erbleichend in 20 e bis f, seltener bei Succisa pratensis Mmnch von 21 c in 23 e, bei dem Yergissmeinnicht von 17 e in rosa 23 f, bei dem Wiesensalbei von violett 2 1 b c in violett-violettblau 20 b d oder Violettroth 23 e, bei Ajuga reptans L. von 19 c in 24 e oder g, so dass die Farbenänderung in der Regel von blau in roth geht. Ziemlich häufig, doch in geringer Zahl von Exemplaren, fin- det man in der freien Natur den Albinismus, das Ueberspringen einer Blume von ihrer normalen Farbe in weiss, meist bei zu sehr beschatteten oder kränklichen Pflanzen, zuweilen mit Ueber- gangstönen, häufiger aber ohne solche, so bleibt bei Polygala vul- garis L. zuerst die blaue Farbe aus, dann auch die rothe, das Heidekraut bleicht von 22 d durch e bis h endlich in o aus, Ajuga Württtimb. naturw. Jalireshefte. 1862. 2s Hett- 20 _ 306 — reptans L. 19 c wird lebhaft rotli 23 e, dann bleichroth 23 g, endlich weiss, ebenso der Wiesensalbei ; im Ganzen hat man schon 47 unserer württembergischen rothblauen Blumen weiss angetrof- fen und zwar von der Stufe 17 blau 1 18 blau-violettblau 3 19 violettblau 3 20 violett-violettblau 2 21 violett 12 22 violett- Violettroth 18 23 Violettroth 7 24 roth-violettroth , . 1, so dass es scheinen könnte, dass die violetten und purpurnen Blumen am meisten dem Albinismus ausgesetzt seien; dem ist aber nicht so, die Vertheilung ist sehr unregelmässig und das regelmässige Zu- und Abnehmen in vorstehender Uebersicht mehr Folge der Zu- und Abnahme der in den einzelnen Farben blü- henden Arten, es bilden nehmlich die zuweilen weissblühenden Ge- wächse in der Stufe 17 den achten Theil der Gesammtzahl, in 18 den fünften, in 19 den neunten, in 20 nur den fünfundzwauzigsten, dagegen in 21 den fünften, in 22 den sechsten, in 23 den fünfzehnten und in 24 nur den dreiundvierzigsten Theil derselben. Bei weitem häufiger als im freien Zustande ändern die Blu- men der janthinischen Reihe ihre Farbe unter der Hand der Kunstgärtner, welche hier ihren weitesten Spielraum gefunden haben; zwar ist mir von einer Versetzung einer rein blauen Blume der Stufe 17 in eine andere Stufe nichts bekannt geworden, da- gegen ist es häufig gelungen, Blumen der drei folgenden Stufen nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch dadurch von blau in roth zu verwandeln, dass bei dem Erbleichen in weiss die blaue Farbe als die flüchtigste bälder ausbleibt als die rothe; so gehen — 307 — in der Stufe 18 Hyaciuthen und Hyssop bis in hellkarmin 24 c bis f über, in der neunzehnten Iponma purpurea L. bis 23 c, Centaurea Cyanus L. bis 24 e bis h, in der zwanzigsten Anemone hepatica L. von 20 c durch 22 c bis 22 g, Aquilegia vulgaris L. von 20 b bis 22 b bis f, der Rittersporn (Delphinium Consolida L.) von 20 b bis 24 e und da, wo viele Cichorie gebaut wird, auch diese von 20 c bis 24 d. Dasselbe ist der Fall bei einigen sehr häufigen violetten Blumen, Aster chiiiensis L. 21 b bis 24 c bis g, Delphinium Aja- eis L. 21 b bis 23 d bis f und Papaver somniferum L. 21 e bis 1 b bis d, die viel bearbeiteten Pensees aber hat man in dieser Richtung nicht weiter treiben können als von 21 a bis zu 22 a bis g. In der violett-violettrothen Stufe hat man die beliebten Bal- saminen, in Venedig schöne Männer genannt, von 22 c durch 23 und 24 bis 1 b d gebracht, die noch beliebteren Levkojen aber nur um eine Stufe von 22 a und b bis 23 b bis e, ebenso die chinesische Schlüsselblume von 22 d auf 23 f, Senecio cruentus Dec. von 22 d bis 24 e und Petunia violacea Hooker von 22 c auf 23 a bis h; in violettroth finden wir noch die Bartnelke, welche von 23 c bis 24 a bis e geht. Rückwärts, durch Verlust von roth gegen blau, gehen von den drei Stufen, in welchen die blaue Farbe schon die überwie- gende ist, nur zwei in der letzten dieser Stufen 20 stehende Blumen, Aquilegia vulgaris L. von 20 b auf 17 c und Delphinium Consolida L. von 20 d auf 19 g ; von den violetten Blumen geht Aster chinensislj . von 21 b auf 20 f g, Delphinium Ajacis L. von 21 b auf 20 d bis g und Viola tricolor L. von 21 a auf 20 a bis d. In der nächsten Stufe geht die Sommerlevkoje von 22 b auf 21 d bis f, Malcolmia maritima Br. von 22 d auf 21 d bis h, Petunia violacea Hook, von 22 c auf 20 c und Senecio cruentus Dec. von 22 d bis auf 18 c d. In der Purpurstufe finden wir die Vexirnelke (Agrostemma coronaria L.) von 23 e auf 20 g zurückgeliend, die Herbstrose von 23 c auf 21 a bis f, die Löwenmäuler von 23 c auf 22 c d, — 308 — die Dahlien von 23 b auf 22 a bis h, die Bartuelke von 23 c auf 22 a bis e, Paeonia Moutaii Sims von 23 b auf 21 f, Fritillaria Meleagris L. von 23 b und e auf 22 c und h, endlich Pelargonien von 23 e auf 22 a bis e. In der karminrothen Stufe geht Azalea indica L. von 24 c auf 22 c zurück, Diantims chinensis L. von 24 a auf 22 a bis f, Phlox Dru77imondi Hooker \on 24: h auf 21 f, Portulaca grandiflora Hook, von 24 b auf 23 b c und Rosa indica L. von 24 f auf 22 a b. Von rein rothen Blumen geht Camellia japonica L. von 1 c bis 24 b c d, die in Süddeutschland sehr selten gewordene schöne Gartenanemone von 1 b bis 21 c f, die Gartennelke von 1 a bis 22 a bis g und die diesen weit nachstehende, dennoch zur Mode- blume gewordene Verhena chamaedryfolia Juss. von 1 c bis auf 20 d. Zu diesen 19 Fällen einer von blau gegen roth vorschrei- tenden Blume und 25 einer von roth gegen blau schreitenden kommen noch 17 Fälle, wo Blumen der janthinischen Reihe die Grenze derselben überschreitend sich der gelben Farbe nähern oder dieselbe sogar erreichen. Von blauviolettblau 18 d hat man die Hyacinthe bis auf blass orange 5 g gebracht, die Fuchsien von dunkelviolett 21 a auf scharlachroth 2 d, den chinesischen Aster auf 9 f und h, doch stehen diese drei Fälle sehr isolirt da, in den übrigen sind es überwiegend rothe Blumen der drei äus- sersten Stufen 23, 24 und 1, die Herbstrose von 23 c bis 7 f, Chrysanthemum indicmn L., etwas aus der Mode gekommen, von 23 b bis 9 e, die Dahlien von 23 b bis 9 e, die Schweizerhose von 23 b bis 8 d, die Modepelargonien von 23 e nur auf 2 b und Zinnia elegans Jacq. von 23 e bis 8 e. Aus der Karminstufe ist Azalea indica L. von 24 c bis auf 8 f gekommen, Portulaca grandiflora Hook, von 24 b bis 9 e und f, die bengalische oder Monatrose {Rosa iiidica L.) von 24 f bis 9 e f h ; endlich sind unter den reinrothen Blumen die Klatsch- rose von 1 b auf 4 c, das Scharlachgeranium von 1 d auf 3 c, die Gartenanemone von 1 b auf 9 e, die Gartennelke von 1 a auf 9 g und Verhena chamaedryfolia Juss, von 1 c auf 2 c ge- bracht worden. — 309 — Weit besser, als die Hinüberleitung in eine andere Stufe, ist die Veränderung des Farbentons, ein dunkler oder heller werden desselben gelungen, die Verdunkelung bei den Herbstrosen c auf a, Gartenanemonen b auf a, Löwenmäulern c auf b, Aquilegia vulgaris L. b auf a, Aster chineiisis L. b auf a, Dahlien b auf a, Paeonia Moutan Sims b auf beinahe schwarz, Bartnelken c auf a, Hyacinthen d auf a. Balsaminen c auf a, Petunia violacea Hook. c auf a, Phlox Drummondi Hook, b auf a , Vinca minor L. d auf a, Sejiecio cruentus Dec. d auf b, Verbe?ia chamaedryfoUa Juss. c auf a, und selbst bei Normaltönen der lichteren Hälfte bei dem Gartenmohn, den Pelargonien und Zimiia elegans Jacq. von e auf a der bengalischen Rose und den x\urikeln von f auf a. Bei weitem häutiger als die Verdunkelung kommt das lichter werden bis zum reinsten weiss vor, bald schrittweise, wie bei Rosen, Dahlien, Xelken, Levkojen, Verbenen, Paeonia Moutan Sims, bald als plötzliclier Sprung ohne vermittelnde Uebergänge, wie bei der dreifarbigen Winde, den Glockenblumen, dem Laven- del, Polenionium coeruleum L., Syringa vulgaris L., Galega offici- nalis L., Tradescantia virginica L., Agrostemma coronaria L., Dic- tamnus Fraxinella P. , Hibiscus syriacus L., Iris germanica L., Lavatera trimestris L., Hedysarum coronarium L,, Lunaria annua L., dem Oleander und manchen andern. Sehr auffallend ist es, dass während ich in der xanthischen Reihe 9, in der janthinischen 77 bis in weiss übergehende Blu- men gefunden habe, die von Natur weissen Blumen so ganz und gar keine Neigung zeigen, eine andere Farbe anzunehmen, so geht in unserer Flora keine Alsinee, kein Anthericum, Arabis, Thlaspi, Lepidium, Capsella, Prunus, Fragaria, Daucus, Pimpi- nella u. s. w. je in eine andere Farbe über, nur bei wenigen Arten erscheint die Blume bei niederer Temperatur hell purpur- roth 23 gefärbt, so bei Chaerophyllum hirsutam L. , Heracleum Sphondylium L., Achillea Millefolium L. oder an der unteren Fläche der Blumenblätter gegen die Spitze, d. h. so weit sie aus der Knospe schutzlos hervorstanden, purpurroth angeflogen, wie bei Staphylea pinnata L., Anemone nemorosa L., der Apfelblüthe und den den Frühling verkündigenden Erstlingen der lieblichen — 310 — ' Blume, welche in den romanischen Sprachen Marguerite , Mar- gherita, Margarita (Perle), in Krain Marietizza (Mariechen), in Deutschland allzuprosaisch Gänseblume genannt wird. Dieser Gänseblume haben sich die Gärtner angenommen, sie haben ihre Scheibenblüthen in Zungenblüthen verwandelt und sie dahin gebracht, alle Töne ihres natürlichen Anflugs 23 a bis h anzunehmen, in eine andere Stufe hat sie sich aber nicht hin- überziehen lassen, und drei weitere weisse Blumen, die zu färben es gelungen ist, sind merkwürdigerweise in die gleiche Stufe ge- kommen, der rothblühende Weissdorn 23 e, das Basilicum, welchem bei dem schwarzroth färben der Stengel und Blätter die Röthe, wenn auch lichter 23 d, bis in die Krone drang, und die Mai- blume 23 f. Fassen wir das Ergebniss der angeführten Thatsachen zu- sammen, so erhalten wir für die Farbenmetamorphose der Blumen folgende Regeln: 1) Weisse Blumen lassen sich nicht verändern , von diesem Gesetze fand ich unter 337 Gartenblumen nur drei Ausnahmen, nicht einmal ein Procent. 2) Mit den gelben Blumen ist auch nicht viel anzufangen, die ganze xanthische Reihe hält an ihren Normalstufen fest, unter den von mir aufgezeichneten 656 Gartenblumen dieser Reihe fand ich, wenn man die Metamorphose der gelben Scheiben- blüthen der Corymbiferen in anders gestaltete und gefärbte Randblüthen ausser Berechnung lässt, nur 18 Blumen, kaum drei Procent, welche in andere Stufen übergehen, darunter zwei- stufige 6, drei-, vier-, fünf-, sechs-, acht- und zehenstufige je eine, zwölfstutige 3, dreizehenstufige 2 und als höchste Zahl die Aurikel mit sechszehen Stufen, 1 bis 9 und 20 bis 24 und als Versuche, die blaue Farbe von der andern Seite zu erreichen, IIb und 15 b. Die Aurikel, ursprünglich Alpenpflanze, früher noch be- liebter und häufiger als gegenwärtig, hat überhaupt die äussersten Grenzen der Farbenänderungen einer Blume erreicht, nur fünf grüne und drei blaue Stufen blieben der ursprünglich gelben Blume unerreichbar. — 311 — 3) Am ehesten gehen noch gelbe Blumen in rothe über, von jenen 18 nehmlich 15, dagegen in' violett nur 2, in violett-violett- blau nur die erwähnte Aurikel, in noch blauere Stufen gar keine. 4) In der janthinischen Reihe ist das Verhältniss der ver- änderlichen Blumen zu den unveränderlichen den ersteren gün- stiger, ich fand unter 1149 Gartenblumen dieser Reihe 44, bei- nahe vier Procent, .veränderlich, darunter zweistufige 12, drei- und vierstufige je 6, fünfstufige 2, sechsstufige 7, siebenstufige 2, aclit-, neun- und zehenstufige je eine, elfstufige 2, zwölfstufige J und dreizehenstufige eine. 5) Von den Farben dieser Reihe erwiedern die rothen die freundnachbarliche Zuneigung der gelben, vierzehen kommen ihnen bis in die xanthische Reihe entgegen, darunter drei bis gelb- orange-gelb 8, sechs bis rein gelb 9. 6) Bei den violetten und blauen Blumen ist es dagegen nie gelungen, eine einzige bis zu einem ordentlichen Gelb zu bringen, von dem näheren Weg durch grün konnte gar keine Rede sein, und auf dem langen durch roth brachte man die Fuchsien nur auf scharlachroth, den chinesischen Aster als Erinnerung an die ursprüngliche Farbe seiner Scheibenblüthen auf ein bleiches Gelb 9 f bis h, endlich die Hyacinthe als die einzige von einer über- wiegend blaaen Stufe bis in die 'Nähe von gelb gebrachte Blume auf ein sehr bleiches und flüchtiges Orange 5 g und h. 7) Die überwiegend rothen Blumen der janthinischen Reihe haben gar keine Neigung, in überwiegend blaue überzugehen, von 29 Arten sind nur 3 um eine Stufe über violett hinaus auf 20 gekommen, unASenecio cruentus Dec. (die Cinerarien der Gärtner) steht als einziges Beispiel da, dass eine zwar dicht au violett grenzende rothe Blume bis auf die an reines Blau grenzende Ultramarinstufe gebracht worden ist ; man hat, durch dieses ausserordentliche Ereigniss ermuthigt, in England einen hohen Preis auf die Erzeugung einer blauen Dahlie gesetzt, doch bis jetzt ohne Erfolg, und die Angabe der Chinesen, dass sie Paeonia Moutan Sims auf blau und auf gelb gebracht hätten , hat sich als unwahr erwiesen. 8) Keine rein blaue Blume hat sich jemals geröthet, dagegen — 312 — zeigen sioh die 9 vorwiegend blauen veränderlichen Blumen der Stufen 18 bis 20 geneigter, in überwiegend rothe überzugehen, als diese in jene, drei erreichen violett- violett-roth, eine purpur- roth und die übrigen 5 sogar karminroth mit nur % blau, zu reinem Roth gelangt jedoch auch von diesen keine. Mit andern Worten, in der blaurothen Farbenreihe gelingt leicht eine Stei- gerung der rothen^Farbe, fast nie eine der blauen, der isolirtesten aller Blumenfarben. 9) Am leichtesten und häufigsten kommt die Veränderung des Tons der Farbe vor, besonders das durch geringere Stärke des Lichts bedingte Erbleichen derselben, ich beobachtete an den 1200 Arten von Gartenblumen eine solche Veränderung, bald mit üebergängen, bald sprungweise, bei 101 Arten, also etwas über 8 Procent. 3) P a n a s c h i r t e Blumen. Ist einmal eine farbige Blume in die Reihe der w' eissen tiber- getreten, so theilt sie mit diesen die Abneigung gegen die An- nahme anderer Farben, eine schrittweise Rückkehr zur Normal- farbe von Ton zu Ton findet nicht Statt, dagegen kann eine andere merkwürdige Erscheinung eintreten ; die Panaschirung der Blütheu, sagt der erfahrene Stuttgarter Kunstgärtner Albert Courtin in der dort erscheinenden Gartenzeitung (Band I von 1857, S. 15), ist das theilweise Zurückgehen einer hellfarbigen Varietät auf die Grundfarbe der Species, von welcher sie ur- sprünglich abstammte, und zeigt sich bei der ersten Generation nur schwach, bei den darauf folgenden aber viel deutlicher und in breiteren, dunkleren Streifen. Lecoq bestätigt unbewusst dieses Gesetz, wenn er (Seite 341) sagt, dass die Belle de nuit lange nur rothe oder gelbe Blumen gehabt habe und die panaschirten erst später erzielt worden seien, wann sagt er freilich nicht, und Weinmann hat schon im Jahr 1742 gute Abbildungen davon ge- liefert. Auch die Dahlien haben nach Lecoq lange der Pana- schirung widerstanden. Diese Blumen, welche man gesprenkelte oder gestreifte nen- nen könnte, zeichnen sich durch einen hellen, weissen, gelben — 313 — oder lichtrothen Grund aus, auf welchem statt einer allgemeinen Farbenänderung nur einzelne scharf begrenzte kürzere oder längere dunkle Streifen auftreten, an denen man keine andere Regel- mässigkeit -wahrnimmt, als dass sie alle der Länge der freien oder yerwachsenen "Blumenblätter nach in der Richtung der Blattnerven vom Mittelpunkt der Blume ausstrahlen, ohne die mindeste Biegung zu machen, wohl aber mit Zunahme der Breite in ihrem Fortschreiten gegen den Rand der Blume; zunehmend fliessen diese Keile oft zusammen, und zuweilen findet man einzelne Blumen, welche in der Längenrichtung genau zur Hälfte hell, zur andern Hälfte dunkel gefärbt sind; solche Blumen fand ich bei den Schweizerhoseu, dem Rittersporn und der Nelke, einmal auch als gewaltigeren Sprung bei Iris ßorentina L. , deren weisse Blume zur Hälfte zur Stammart Iris germanica L. zurückgekehrt war, von jedem der drei Kreise, den 3 herabgebogenen Kelch- blättern, den 3 aufrechten Kronenblättern und den 3 Abschnitten der Narbe fielen je anderthalb auf jede Farbe, einander deckend, so dass eine haarscharf gezogene Linie die Blume senkrecht in zwei gleiche Hälften theilte, deren eine blau-violett-blau, die andere milchweiss war; alle andern Blumen dieser Pflanze waren weiss und lieferten den Beweis, dass es sich hier um eine Rückkehr zur ursprünglichen Farbe handelte*). Gestreifte oder panaschirte Blumenkronen beobachtete ich theils selbst, theils fand ich sie in Weinmanns Blumenwerk**) bei folgenden Blumen: I. In der janthinischen Reihe. 1) Bei normal rothen Blumen: Dianthus Caryophyllus L. in grosser Mannigfaltigkeit, der Grund weiss oder hell 9, 8, 24, 23, 22, die Streifen dunkel 3, 1, 24, 23, 22. Anemone coronaria L. Grund weiss oder licht 9, 8, 5, 1, *) Jahreshefte des Vereins für vaterländische Naturkunde in Württem- berg 1853. S. 366 bis 369. **) Johann Wilhelm Weinmann Phytanthoza iconographica, Regens- burg 1737 bis 1745. lY Bände. Fol. — 314 — 23, Streifen umgekehrt, unten zusammenfliessend, nach oben ge- theilt und zugespitzt, tief 1, 24 oder 23. Papaver Rhoeas L. O "^^^ 1 h. Caviellia japonica L. O init 1 c. 2) Bei überwiegend rothen Blumen: Paeonia offichialis L. 24 f mit 24 b. Pelargonium VAvenii^ Duhus Q ^i^ 24 b und d. Azalea indica L. Q mit 1 b. Mirahills Jalapa L. Q ^^^^ ^^ ^ *^^®^ ^ ^ ^^^ ^^ ^' ^^^^ Lecoq höchst selten auch Q ^^^^ ^ ^• Dahlia variabilis Willd. 9 e oder f mit 23 b. Antirrhinum majus L. Q mit 23 c. i?05a gallica L. 23 f oder g mit 23 d. Zinnia elegans Jacq. 8 h mit 23 e. Matthiola incana R. Br. Q ^i* 22 c oder 23 c. Hesperis mcitro7ialis L. Q mit 22 d. Petimia violacea Hook Q "^i^ 22 c. Impatiens Balsamina L. Q ^^^i^ ^2 c oder 23 c oder 1 b. Amygdalus Persica L. Fortune's gefüllte Pfirschenblüthe aus China Q "^it 23 f. 3) Bei -violetten Blumen : Viola odorata L. Q ^it 21 b. F/o?a tricolor L. 9 e oder f mit 21b. Aster chinensis L. Q ^^^^ 21 b oder 23 b. 4} Bei überwiegend blauen Blumen : Aquilegia vulgaris L. Q ^^^ 20 b oder 22 b. Delphinium Consolida L. Q ^^^i' 22 f mit 20 b. Coiwolvulus tricolor L. erst seit 1861, Q ^^^ ^^ ^• Ipomcea purpurea L. seit 1859, O ^^it 19 b. II. In der xanthischen Reihe. Tulipa Gesneriana L. Q o^^^' ^ ^ ^^^r 9 f mit 8, 6, 3, 2, 24, 23, 22, 21 oder ternärem Braun. Tulipa suaveolens Roth 9 e mit 2 b. Tidipa sylvestris L. 8 f oder 9 e mit 7, 6, 4, 3, 2, 1, 24, 23, 22. — 315 — Ranunculus asiaticus L. Q oder 8 e mit 24 a b oder c. Tagetes patida L. 8 d mit 5 a oder 4 b. Primida Auricida L. Q ^^^i^ 24 e oder 8 e mit 2 c. Die Panascliirung tritt sonach bei rein oder doch überwiegend rothen Blumen häutiger auf, als bei allen andern zusammen ge- nommen, von 30 Fällen gehören 17 hieher, bei violetten Blumen kommen drei, bei überwiegend blauen vier Fälle vor, bei rein blauen keiner. Sodann ist es auffallend, dass von diesen 30 gestreiften Blumen 27 den Dicotyledoneen angehören, den Monocotyledoneen nur die Tulpen, welche etwas abnorm mehr geflammt als ge- streift sind. In den alten griechischen und römischen Schriftstellern habe ich keine sichere Spur dieser buntgestreiften Blumen finden können, die Alten scheinen keine grossen Blumenkünstler ge- wesen zu sein, von obigen 29 Blumen, bei welchen eine Panaschirung vorkommt, waren ihnen nur 8 bekannt, und auch von diesen mag kaum die Hälfte in den Gärten gezogen, von den Blumenhändlerinnen zu Kränzen geflochten worden sein, sie legten auf den Geruch der Blumen einen grösseren Werth, als auf die Farbe, daher Rosen, Lilien, Levkojen und Goldlack ihre Lieblingsblumen waren, paucissima nostri genera coronamentorum inter hortensia novere^ ac pene violas rosasque tantum, Plhiius hist. nat. Liher 21. cap. 3. Dass indessen die Cultur panaschirter Blumen alt ist, be- weist schon ihre französische, von unserri deutschen Gärtnern und Blumenliebhabern angenommene Benennung fleurs panachees^ gefederbuschte Blumen, von Panache, Federbusch, eine Yer- gleichung derselben mit den bunten Federbüschen auf den Helmen der Ritter. Mehrere dieser gestreiften Blumen sind seit Jahrhunderten bekannt und stammen aus der Zeit, wo die Blumencultur vom Morgenland und von dem Vaterlande der ältesten botanischen Gärten, Italien, welches vielleicht selbst die Anregung dazu von den Saracenen erhielt, aus verbreitet wurde, so die Nelken, Ane- monen, Ranunkeln, Rittersporne, Tulpen. — 316 — Als später die Fortschritte in Kunst und Wissenschaft ihren Antrieb von Nord-Europa erhielten, nahm der Geschmack an schönen Farben ab, man sieht jetzt mehr auf Grösse und Bau der Blume als auf die Farbe, hat die gestreiften Balsaminen theilweise durch die minder schönen, mit bleichen runden Flecken auf rothem Grunde verdrängt, zahlreiche Verbenen, Fuchsien und Pensees mit minder schönen Farben, als der ursprünglichen, erzeugt und hält es , nur auf Neuigkeiten bedacht , für Gewinn, die purpurne Dahlie, die hellrothe chinesische Schlüsselblume und die ultramarinblaue Lohelia Erinus in weisse verwandelt zu haben; so führt der ausgezeichnete Kunstgärtner Adolph Hvass in Stuttgart in seinem Pflanzenverzeichnisse von 1857 nicht weniger als 174 mit eigenen Namen bezeichnete Pelargonien auf, deren unendliche Mannigfaltigkeit in Bau, Grösse und Farbe sich innerhalb der engen Grenzen von fünf Farbenstufen, 22 bis 2 bewegt, sich von der ursprünglichen Farbe nach jeder Seite kaum um zwei Stufen entfernt. 4) Normal bunte Blumen. Der chinesische Aster und die Sammtblume, bei welchen die helle Farbe immer die Mitte, die dunkle den Rand jeder zungen- förmigen Blüthe einnimmt, bilden den Uebergang von den pana- schirten Blumen zu den regelmässig gezeichneten, bei welchen alle Blumen einer Pflanze genau die gleiche Zeichnung haben und deren die Kunst auch einige zu Stande gebracht hat, so Phlox Radezkü und eine Yerbene mit schmalem weissem Bande auf jedem Abschnitte, den weissumsäumten Feldmohn und einige Pensees und Dahlien, und diese bilden wieder den Uebergang zu den ursprünglich bunten Blumen, mit dunklen Flecken an der Basis jeden Blattes, wie bei Ilibiscus syriacus L., JZ Trionum L., dem Baumwollenstrauch, vielen Papaveraceen und einigen Cistus ; bunt getüpfelt oder gefleckt, wie viele Saxifragen^ Dianthus su- perbus, barbatus, Armeria und chiiiensis L., Bignonia Catalpa L., die Rosskastanie, Campanula punctata Lani., Gentiana punctata L., Digitalis purpurea L., die Calceolarien, sehr viele Orchideen^ Li- lium Martagon L. und L. tigrinum Gawh, Tigridia pavonia P., 317 Pardanthus chinensis Ker\ der Länge nach gestreift wie einige Malven und Geranien^ Oralis Acetosella L. ; seltener der Quere nacli wie Stapelia variegata L. und >S^^. europaea Guss.; anasto- mosirend geädert wie J7c/a sylvatlca L., Dictamnus Fraxinella Lam.^ Hi/oscyamiis niger L., Abutilon striatum Herit., Momordica Elaterium L., Iris susiaiia und var^iegata L. ; oder endlich mit re- gelmässiger dunklerer oder hellerer Zeichnung, wie bei vielen Pelargonien, manchen Rhododendron, am häufigsten an Blumen aus den von Linne in der Classe Didynamia zusammengefassten Familien. Unter starker Vergrössei'ung, dem Sonnen- oder Lampenmi- ki-oskop, erblickt man diese Zeichnungen wunderschön als regel- mässige Anordnung gleicher Zellen, gefüllt mit verschieden ge- färbtem Safte. Lecoq macht (S. 402) darauf aufmerksam, dass in manchen Fällen die zweite Farbe der zweifarbigen Blumen die Ergänzung der Farbentrias ist, und führt als Beispiele Tigridia coelestis Hort.^ Gilia tricolor Benfh., Corydalis nohiUs P., Iris persica L., Strelitzia reginae Ait. und Linaria alpina Miller an, doch sind solche Fälle nicht häufig, in den meisten treten nur mehr als ein Farbenton, nicht mehr als eine Farbenstufe auf. Die Farbe der normal bunten Blumen steht in enger Bezie- hung zu der Gestalt derselben, mögen die Kronenblätter frei (Corolla polypetala) oder mit einander verwachsen (Corolla mono- petalaj sein, stets haben sie, wenn sie gleichgestaltet sind, auch gleiche Farben, Cruciferce, Bosacece, Älalvacece, Boraginece^ Pri- midacece. Sind dagegen die Kronenblätter einander nicht gleicli- gestaltet, so sind sie auch nicht gleich gefärbt, Papilionacece, Vio- larice, Pelargonium, Rhododendron, Labiatee, Personatoi^ Scrophu- larinecB, Orchideoi. Linne hat für die ersteren den schon früher üblichen Namen regelmässige Blumen, für die letzteren den der unregelmässigen Blumen beibehalten, ich möchte sie lieber gleichblättrige (flores isopetali) und ungleichblättrige fflores heteropetali) nennen, denn regelmässig sind alle gebaut, der ganze Unterschied besteht da- rin, dass bei den gleichblättrigen so viele durch ihren Mittel- — 318 — punkt gezogene gerade Linien, als die Blume Blätter hat, die- selbe in zwei gleiche sich symmetrisch entsprechende Hälften thei- len, bei dem Spindelbaum z. B. 4, bei der Nelke und der Auri- kel 5, bei Tulpen und Hyacinthen 6, bei den ungleicliblättrigen, z. B. den Feyisees, dem Löwenmaul, aber nur eine einzige Linie; erstere entsprechen hierin gerade den untersten Thierklassen, Radiarien und Zoophyten, die in einen Kreis gestellten Blätter bilden einen Stern, daher Anspielungen darauf in den Namen Stellaria L., Stellanthe Benth,^ Asterias Reneahn, Asteranemia Rchb., Asteranthos Desf. und manchen andern, letztere den höheren Thierklassen, der strengen Symmetrie der Schmetterlingsflügel, dem Bau der Wirbelthiere, daher Anspielungen auf diese Thier- klassen in den Bezeichnungen als Papilionacece, Perso?iatce, Gale- opsis L,, Oriiithidium Salisb., Ornithocephalus Hooker, Orchis 7ni- litaris L., Orchis Sinüa Lam., Ophrys Scolopax Cav., Ophrys an- thropophora L. und die vielen nach Insekten benannten. Die Blumen der in unsern Gärten gezogenen Gewächse zei- gen nur da mannigfaltige Farbenänderungen, wo diese der Zweck des Anbaues sind; baut man eine Pflanze der Wurzel, Blätter oder Frucht wegen, so variirt nur der bezweckte Theil derselben, und die Blume erhält sich bei allen Spielarten unverändert, so bei dem Kohl, dem Rettig, den gelben Rüben, allen Obstarten; kaum dass sich hie und da eine Spielart schon in der Farbe ihrer Blumen leise andeutet, so bei Aepfeln durch grössere oder geringere Röthe, bei weissen, rothen und blauen Kartoffeln, bei den Gartenbohnen schwarz durch lichtviolett, roth durch blass- rosa, gelb gar nicht, da alle gelben Bohnen so weiss wie die weissen blühen. 5) Farbenverhältnisse der Blumenkrone in andern Floren. Nachdem ich die Gesetze der Farbenvertheilung in den Blu- men an denen unserer freien und Gartenflora zu erforschen ver- sucht hatte, gieng ich zu ähnlichen Nachforschungen und Ver- gleichungen in andere Floren über, welche hinreichend von den — 319 — ersteren verschieden wären, um nicht blos als Echo, sondern als Probe für diese Gesetze zu dienen. Ich wählte drei kältere, der Alpen, von Grönland und von Spitzbergen, dann als wärmere und eigenthümlichste die Strand- und Küstenflora Europas; für die Alpen- und Strandflora hatte ich schon viele eigene Beobachtungen, ich ergänzte sie durch Aufzeichnungen nach guten Abbildungen, vorzüglich der Flora Danica^ Jacquins Prachtwerken Flor^a Austriaca und Hortus Vindobonensis und Sturms Deutschlands Flora; Grönlands Blu- men konnte ich ganz nach den meisterhaften Abbildungen der Flora Danica bestimmen, für Spitzbergen freilich musste ich mich begnügen, die wenigen Arten dieser Flora nach alpinen und grön- ländischen Exemplaren zu bestimmen. So gelangte ich zu folgen- den Ergebnissen. 1. Flora der Alpenregion. Die Alpenregion unserer Alpenkette, 45 bis 47 ^ Breite und von 6000 p. Fuss über der Meeresfläche aufwärts, bietet den Pflanzen einen kurzen, durch Nebel, Regen und Schnee oft ge- störten Sommer, viele nasse, wenige windstille, licht- und wärme- reiche Tage, endlich einen langen, strengen Winter, aber in die- sem Schutz zum Winterschlafe durch eine reichliche Schneedecke. Die mittlere Temperatur der sechs Herbst- und Wintermonate fällt auf diesen Höhen überall unter den Gefrierpunkt, im Früh- ling übersteigt sie solchen nur am geschützten Posthause des an seltenen Gewächsen so reichen Mont Cenis, 45<^ 14' Br. 6000 p. F. Höhe, mit + 4,67 o. Die für die Flora entscheidende mittlere Temperatur des Juni bis August beträgt auf dem Mont Cenis + 11,13^, so ziemlich die höchste der ganzen Alpenregion, denn am Hospiz des Set. Gotthard, 46» 32' Br. 6650 p. F. über das Meer, beträgt sie schon nur -|- 5,67*^, am Hospiz des Set. Bern- hard, 450 50' Br. 7670 p. F. Höhe, -j- 4,90 <^ und auf dem Faul- horn, 460 40' Br. 8250' Höhe, + 2'670 R. Ueberfluss an Wasser und doch Mangel an Wasserpflanzen wegen dessen niedriger Temperatur und wenig Sonnenschein hat 320 die Alpenregion mit der Polarregion gemein, aber der höhere Stand der Sonne und die viel geringere Dichtigkeit der Atmos- phäre bedingen eine weit grössere Stärke des Lichts und diese intensivere Farben der Pflanzentheile. Grössere Blumen als das Tiefland besitzt die Alpenflora nicht, sondern nur verkürzte Gewächse mit gleich grossen Blumen, da- her die Täuschung, wie bei Zwergen, denen man grosse Köpfe zuschreibt, weil man diese nicht mit denen erwachsener Männer, sondern mit den Köpfen gleich grosser Kinder vergleicht. Mein Verzeichniss der in der Alpenregion lebenden Phäno- gamen enthält 400 Arten von Dicotyledoneen und 81 von Mono- cotyledoneen , zusammen 481 , von den Dicotyledoneen haben nur 19 Apetalae und Amentacece^ also der einundzwanzigste Theil oder 5 Procent keine Blumenkrone, von den Monocotj'ledoneen dagegen 74 Glujiiacece oder 91 Procent, und auch bei den 7 üb- rigen kommen nur corallenartige Blumenhüllen ohne deutliche Scheidung des Kelchs von der Krone vor. • Nach Abzug dieser 93 kronenlosen Blüthen bleiben 388, und zählt man 61 derselben, welche mit zwei Farben blühen, jeder dieser Farbe zu, also doppelt, so erhält man 449 Arten. Von diesen 449 Arten blühen 115, also 25 Procenl oder ein Viertheil weiss. Gehen wir die übrigen 334 nach der Farbentafel durch, so finden wir< zwei rein rothe Blumen 1 , Pedicularis acaulis Scop, und atrorubens Schi. Tief Orangeroth 5, eine ganz isolirte Erscheinung in Floren kalter Länder, blüht ein schönes Habichtskraut [Hleracium auran- tiacum L.y*, drei andere Blumen, Valeriana celtica L., Cirsium spinosisshmim Scop. und Fhaca frigida L. zählen zwar auch zur fünften Stufe, aber nur zu deren bleichen Tönen, und zu orange- orange-gelb 6 kann man Sedum atratum L., Androsace carnea L. und die Punkte auf den gelben Blumenblättern der häufigen Saxifraga aizoides L. zählen. So haben wir für die ersten sechs Stufen nur 9 Blumen, aber so wie wir uns der gelben nähern, ändert sich schnell das Verhältniss, 10 Blumen halten schon in der siebenten Stufe die Mitte zwischen orange und gelb, 27 nähern 321 sich auf der achten nur um einen Schritt der rothen, und 108 blühen rein gelb, beinahe eben so viele, als rein weiss, vorzüglich Rosaceen, Corymbiferen und Cichoraceen. Mit diesem Culminationspunkte bricht aber die selbstständige gelbe Blumenfarbe ab, der Verbindung mit blau noch abgeneigter, als der mit roth. Schon den nächsten Schritt 10 deuten nur zwei bleiche Blumen leise an, Heracleum sibiricum L. und ChamoB- orchis alpina Rieh., beide wenig verbreitet, 11 fehlt, 12 g blüht Zahlhruknera paradoxa Rchb., 13 g Sempervivum Braunii Funk und S. Widfeni Hoppe, 14, 15 und 16 sind gar nicht vertreten. Ein Hauptzug in dem Charakter der Alpenflora ist ihr Reichthum an blauen Blumen, 13 Pflanzenarten blühen rein blau, 14 blau- violett-blau , 12 violett-blau und 19 violett- violett-blau, so das« 58 Blumen, das ist 13 Procent, auf die Farbenstufe rein blau bis an die Grenze yon violett fallen; es sind vorzüglich die Familien der Veilchen, Schmetterlingsblumen, Glockenblumen, Gentianen und Boragineen, welche mit oft weit verbreiteten und gesellig in grosser Anzahl auftretenden Arten diesen Reichthum an blauen Blumen bewirken. Violett blühen 26 Arten, violett-violett-roth 23, violettroth oder purpurfarbig 55, und roth-violett-roth oder karminroth 14, so dass 92 Arten zwischen violett und roth stehen. Es tritt als Hauptergebniss die entschiedene Selbstständig- keit der gelben Farbe hervor, 108 rein gelbe Blumen gegen 44 mit einem Zusätze von roth und 4 mit einem Zusätze von blau, und als schroffer Gegensatz die enge Verwandtschaft der beiden andern Grundfarben, rein roth nur 2, rein blau 13, aber zwischen blau und roth 163 oder etwas über 36 Procent. Forscht man aber nach dem Umfange jeder der drei Grund- farben in ihrer Verschmelzung mit ihren beiden Nachbarn, so stellt sich ein anderes Verhältniss heraus, gelb finden wir in den Farbenstufen 2 bis 16 bei 157 Arten, blau in 10 bis 24 bei 181 und roth in 1 bis 8 und 18 bis 24 bei 209 Arten, also gelb bei 35 Procent, blau bei 40 Procent und roth bei 47 Procent der farbig blühenden Alpenpflanzen. Württemb. natura. Jahresheft». 1862. 3s Heft, 21 — 322 — Es wird nehmlich hier z. B. eine Blume, deren Farbe 24 aus Vs roth und i/s ^^^^ gemischt ist, beiden Farben gleich zu- gezählt, und da gelb sich am wenigsten mit den Xachbarfarben mischt, bleibt es in der Zahl zurück; berechnet man aber die Farben nach Quotienten, so dass z. B. von 8 Arten obiger Far- benstufe 24, sieben der rothen, eine der blauen Farbe zugezählt werden, so stellt sich das wirkliche Verhältniss wieder heraus, die Zahl der blauen Farbe ist dann 81 "4 ? der rothen 104^^4, der gelben 144 Vs. Die Intensität der Farben betreffend, finden wir auf dem tiefsten Tone- a 12 Arten, auf b 24, also doppelt so viele, auf c 52 als nochmalige Verdoppelung, dann in d mit 43 eine kleine Abnahme, in e aber mit 105 die dritte Verdoppelung, f hat 59 Arten, wenig über die Hälfte von e, g mit 27 kaum die Hälfte von f und h mit 12 kaum die Hälfte von g. Zu den vier tiefsten Tönen a bis d gehören 131 Arten, zu den vier helleren e bis h 203, zieht man aber von den letzteren e als die besonders in den gelben Blumen vorherrschende Normal- farbe mit 105 ab, so bleiben für die Töne f bis h nur 98 Arten, bedeutend weniger, als für die vier tiefsten Töne, etwas über 29 Procent aller farbigen Blumen, während bei den 3 folgenden Floren die drei hellsten Töne die vier dunkelsten übersteigen und bei der Meerstrandflora gegen 37 Procent, bei der von Grönland 41 Procent und bei der von Spitzbergen beinahe 57 Procent aller farbigen Blumen umfasst. Auch in der Mannigfaltigkeit der Farben übertrifft die Alpen? flora diese drei aus dem natürlichen Grunde, dass sie viel reicher an Arten ist, von den 26 Farben unserer Tafel sind hier 19 vorhanden, von den 194 Tönen 77. 2. Flora von Grönland. Grönlands Südspitze liegt unter 59^ 40' nördlicher Bmte, gegen den Pol ist Kane bis 8P vorgedrungen, ohne das nörd- lichste Ende der Insel oder die Eisgrenze ihrer Flora zu erreichen. Die mittlere Temperatur des Frühlings und Herbstes ist in Gtodhaab, 64^ 10' Br., unter dem Gefrierpunkt, in Lichtenau, — 323 — 6O0 35' Br., erreicht sie nicht lOR., so bleiben der Vegetation nur die drei Soimnermonate , deren mittlere Wärme kaum in Godhaab 4«, in Lichtenau 5^ erreicht.* Die Flora beschränkt sich, wie Grönlands Fauna, auf die Küsten bis höchstens zehen Meilen landeinwärts, denn ein unge- heurer Gletscher bedeckt das ganze völlig unzugängliche Inland. Man hat bis jetzt an diesen Küsten 329 Phänogamen ge- funden, von welchen 137, also 42 Procent oder über zwei Fünf- theile ohne Blumenkrone blühen (Apetalae , Amentaceae und Glumaceac). Von den übrigen 192 blühen 69, also beinahe 36 Procent oder über ein Drittheil rein weiss. Gehen wir die 123 oder die 4 zweifarbigen doppelt zählend die 127 farbigen Blumen nach der Farbentafel durch, so finden wir keine rein roth 1, ein üebergang zu orange 5 fehlt, wie diese warme Farbe selbst, erst jenseits derselben hndet man in Plantago maritima L. eine leise Andeutung der sechsten Stufe, von hier an steigt aber rasch die Häufigkeit der Farbe, wir be- gegnen 3 orangegelb, dann 6 gelb-orange-gelb blühenden Pflanzen und gelangen zu 51 rein gelben Blumen. Zwischen gelb und blau treffen wir auf die grösste Kluft, schon die nächste Stufe 10 gelb-grün-gelb ist nur durch vier Arten vertreten, Potentilla pulchella R. Brown, Pyrola chlorantha Sw. und zwei Orchideen, Gymnadenia albida R. Br. und Flatan- thera hyperhorea Lindley; zwei andere Mitglieder dieser sonder- baren Familie, Piatanthera Königii Retz und Corallorhiza innata R. Br., gehen noch einen Schritt weiter zu 11 grüngelb, aber selbst diese geringe Annäherung an grün findet ihre Erklärung darin, dass bei den Orchideen die Krone zugleich den Kelch vertritt. Die fünf Stufen 12 bis 16 fehlen, und rein blau sind nur zwei Blumen, die kleine Gentiana nivalis L. und die bleiche Draba lactea Adams. Nun nehmen die Farben mit Schwankungen gegen roth zu, drei Arten, Gentiana serrata Gunner, Vcronica alpina L. und Pinguicula vulgaris L. sind blau- violett-blau , eine, Pleurogyne — 324 — rotata Griesebach, ist violettblau, die violett-violett-blaue Farbe schmückt 5 Arten, die violette deren 9, die violett- violett-rothe, 6, und Violettroth erreicht mit 22 Arten die höchste Zahl, denn roth-violett-roth blühen nur noch 12 Arten. So tritt auch in dieser Flora als Hauptergebniss die Selbst- ständigkeit der gelben Grundfarbe hervor, 51 rein gelbe Blumen gegen 11 mit roth und 5 mit blau gemischte, und als Gegensatz die innige Schwesterschaft der beiden andern, keine Blume rein roth, nur zwei rein blau, aber 58, deren Farbe eine Mischung von blau und roth ist. Zählt man jede Blume der Grundfarbe zu, die in ihrer Mischung, wenn auch in noch so geringem Grade, vorkommt, also die meisten bei zwei Grundfarben, so stellen sich die Farben beinahe gleich, roth bei 58 Arten, blau bei (iC^^ gelb bei 67; um die wirkliche Ungleichheit hervortreten zu lassen, muss man daher die Quotienten berechnen, dann erhält man für blau 23 V4, für roth 38'/^, für gelb 64Vs5 also für gelb mehr als für blau und roth zusammen. Forschen wir nach der Intensität der Farben, so linden wir in a 2 Arten, in b 4, in c 11, in d 12, in e 46, in f 37, in g 10 und in h 5, also von der Grenze der schwarzen Farbe an ein Steigen bis e, das als die Normalfarbe betrachtet werden kann, dann ein Sinken bis an die Grenze von weiss. Zugleich zeigt sich ein Ueberwiegen der hellen über die dunkeln Farben, auf die vier tiefsten Töne fallen 27 Arten, auf die vier hohen 98, und wenn man auch e abzieht, bleiben immer noch für die drei hellsten Töne 52 Arten, doppelt so viel, als die vier tiefsten haben. Ein Versuch, Grönland durch den Polarkreis in Nord- und Süd-Grönland abzutheilen, lieferte für die Farbenverhältnisse keine erhebliche Verschiedenheit, da auch Südgrönland, von Inlandeis und Treibeis rings umgeben, ganz der arktischen Flora angehört. 3. Flora von Spitzbergen. Spitzbergen liegt unter 75 bis 81 0 nördlicher Breite, die mittlere Temperatur der drei Sommermonate beträgt wenig über 325 10 R. , die der andern neun Monate bleibt tief unter dem Gefrierpunkt. Ton dieser nördlichsten Flora der Erde kennt man 74 Phänogamen, und von diesen haben 22, also 30 Procent, keine Blumenkrone. Eben so viele blühen rein weiss, obschon keine im Schatten wachsen, denn an die Stelle des Waldschattens treten hier die langen Schatten der Berge wegen des niederen Standes der Sonne und die vorherrschende Trübung der Luft durch Wolken und Nebel. So bleiben nur 30 farbig blühende Arten, und gehen wir diese nach der Farbentafel durch, so fehlen rein rothe bis orangegelbe Blumen 1 bis 7 gänzlich. Dagegen bilden rein gelbe Blumen 9, wenn wir den 14 ganz gelben noch Erigeron uniflorum L. wegen seiner Scheibenblüthen hinzufügen, die Hälfte aller farbigen. Drei weitere Arten, Ranunculus nivalis L., Potentilla emar- ginata Pursli und Saxifraga ßagellaris Willd., nähern sich durch etwas wärmere Farbe in 8 nur um einen Schritt der rothen, und Potentilla imXchdla R. Br. scheint sich mit 10 c eben so viel der grünen Farbe zu nähern. Es bilden sonach die gelben Blumen 60 Procent oder drei Fünftheile aller farbigen Blumen von Spitzbergen. Nun folgt die grosse Kluft der grünen Farben, aber auch die blauen fehlen, wir finden eine Lücke von 11 grüngelb bis 20 violett-violett-blau. Auf der violetten Stufe finden wir nur die Wiesenkresse {Cardamine pratensis L.^; die Rauschbeere vertritt die violett- violett-rothe Stufe, die Farbe von 6 Arten ist violettroth, und 4 Arten blühen roth-violettroth. So gehören die Blumen der sieben zwischen blau und roth stehenden Farben sämmtlich der überwiegend rothen Hälfte dieser Stufen an und bilden mit einander 40 Procent oder zwei Fünf- theile aller farbigen Blumen von Spitzbergen. Wir haben auch hier, wie in Grönland, ein bedeutendes Uebergewicht der gelben Farbe über die beiden andern, sowohl — 326 — in Bezug auf Häufigkeit, als auf Reinheit , denn blau und rotli kommen nicht nur rein gar nicht vor, sondern es fehlen auch ihre Uebergangsfarben zu gelb, orange und grün. Eine Zusammenstellung der drei Grundfarben nach ihrem ganzen Umfange liefert in Spitzbergen abweichend von den andern Floren das natürliche Yerhältniss, blau ist mit 12 Arten die seltenste Farbe, roth tritt in 14 auf, gelb in 18, und die Be- rechnung nach Quotienten lässt das gleiche Ergebniss nur schärfer hervortreten, blau 2^/s, roth 8% gelb ISi/o- Die Intensität der Farben betreffend, finden wir auch hier ein Steigen bis zur Normalfarbe, dann ein Sinken bis in die Nähe von weiss, aber mit der grösseren Nähe des Pols blassere Farben, a und b fehlen gänzlich, der dritte Ton ist nur durch zwei Arten vertreten, Saxifraga oppositifolia L. 22 c und Pedi- cularis Ursuta L. 24 c; d fehlt wieder, e hat 11 Arten, f 10, g 5 und h 2. Es sind also die 2 dunkelsten purpurroth, von den 11 nor- malfarbigen 10 gelb, von dem Tone f 6, also über die Hälfte, wogegen in g und h nur je eine Art der gelben Farbe angehört. Den 4 dunkelsten Tönen gehören nur 2 Arten an, den 4 andern 28 und auch nach Abzug der Normalfarbe noch 17, also den drei hellsten Tönen mehr als acht Mal so viele, als den vier dunkelsten. Von den 26 Farben der Tafel kommen an den Blumen von Spitzbergen 8 vor,' nur halb so viele als in Grönland, von den 194 Farbentönen 16, nur ein Drittheil der in Grönland gefundenen. 4. Europäische Meerstrandflora. In der mir näher bekannten europäischen Pflanzenwelt bildet die Küsten- und Strandflora den stärksten Gegensatz zur Flora der Alpenregion und zu den dieser verwandten polaren Floren. Ich habe daher eine Zusammenstellung der maritimen Phä- nogamen von Dänemark, Deutschland und Italien zur Untersu- chung ihrer Farbenverhältnisse versucht und folgendes Ergebniss erhalten. — 327 — Die zwar sehr eigenthümliche, aber doch arme und mono- tone Flora der im Bereich des Salzwassers liegenden Ufer jener Länder zählt nur 217 Arten von Phänogamon, 143 mehr als die von Spitzbergen, aber 112 weniger als die von Grönland. Von diesen 34 Familien angehörenden, salzliebenden Pflanzen blühen 87, also 40 Procent oder zwei Fünitheile, ohne Blumen- krone (Apetalm und Glumacecß). Von den andern 130 blühen 25, also etwas über 19 Procent oder beinahe ein Fünftheil weiss. Zählt man von den übrigen 105 Arten vier mit zweifarbigen Blumen {Aster Tripoliuvi L., Tripleurospermum maritimwn Schultz^ Btachys maritima L. und Teuer tum Polium L.) zu beiden Farben, so erhält man 109 farbig blühende Salzpflanzen. Von diesen blühen nur die sehr unscheinbare Euphorbia Pe- plis L. hellroth 1 f, Scabiosa rutaefolia Vahl hell incarnat 3 g, aber vier rothgelblichweiss 5 h, es zeigt sich also schon ein An- fang der in der Tropenflora culminirenden rothgeiben Blumen- farben. Die gelbe Farbe tritt eben so häufig als rein auf, vorherr- schend in den Papilionaceen und Compositen, dann in einzelnen Arten aus Familien, welche gewöhnlich andere Farben zeigen, so in den Papaveraceen mit Glaucium luteum Scop., in den Li- neen mit Linum maritimum h., in den Convolvulaceen mit Cressa cretica L., in den Gentianeen mit Erythraea maritima Tenore-^ ich zählte 28 Arten, welche rein gelb blühen, 12, die nur einen Schritt gegen roth machen und eine mit einem Schritte gegen blau, die unscheinbare Artcmisia variabilis Tenore, zusammen 41 Arten, beinahe 38 Procent oder über ein Drittheil aller farbigen. Wie immer und überall fehlen auch hier den Blumenkronen die grünen Farben der Blätter und Kelche, von den sechs Stu- fen 11 bis 16 ist eine einzige, 12 grüngrüngelb, bei zwei Blumen leicht angedeutet, ßilene Mandralisci Farlatore 12 g und Crith- murn maritimum L. 12 h. Eine andere häufige Doldenpflanze, die Seemannstreue {Eryn- gium maritimum L.), hat rein bläuliche ßlüthen 17 g. — 328 — Den drei Stufen zwischen blau und violett gehören 16 Arten an, und -8 blühen violett, eine ungewöhnlich starke Zahl, bewirkt durch die mit 20 Arten auftretende Gattung der Meernelken (Statice). Zwischen violett und roth fallen 35 Arten. Wir haben also auch hier das gleiche Ergebniss, wie in den andern Floren, doch weniger entschieden, 21 rein gelbe Blumen gegen 17 sich zu roth und 3 sich zu blau neigende, und als Ge- gensatz nur eine rein rothe und eine rein blaue gegen 59 üeber- gänge von blau in roth. Der ganzen janthinischen Reihe von 17 bis 1 gehören 61 Arten an, das ist 56 Procent, die Blumen die- ser Reihe überwiegen die der xanthischen 2 bis 16 und ver- halten sich zu ihnen wie 61 zu 41 oder drei Fünftheile zu zwei Fünftheilen. Zählt man jede Blume der Grundfarbe zu, die in ihrer Mi- schung noch vorkommt, wenn auch nur zu Vs? so kommt gelb bei 48 Arten vor, blau bei 63, roth bei 77. Berechnet man aber jede Farbe nur nach ihren Quotienten, so erhält man die Zahlen 27^4 für blau, 40% für roth und 42 "^/s für gelb, blau bleibt be- deutend in der Minderzahl, aber gelb hat nur ein geringes Ueber- gewicht über roth. Diese Verhältnisszahlen mit denen der Flora von Grönland verglichen zeigen 1) eine beinahe gleiche Zahl von Blüthen ohne Blumen- krone, indem die zahlreichen Chenopodeen der Strand- flora den zahlreichen Riedgräsern des Nordens das Gleichgewicht halten, dagegen 3) beinahe nur halb so viele weisse Blumen, 3) weniger gelbe, 4) etwas mehr rothe und 5) beinahe doppelt so viele blaue. Forschen wir auch hier nach der Tiefe der Farben, so fin- den wir in a 2 Arten, in b 8, in c 11, in d 13, in e 35, in f 15, in g 15, in h 10, also ein Steigen bis zum Normalton, dann ein langsames Sinken; die Farben sind lebhafter, als in den Po- larfloren, das Ueberwiegen der bleichen Farben über die tiefen 329 ist zwar auch vorhanden, aber in geringerem Grade, den \ier tiefsten Tönen gehören 34 Arten an, den vier hohen 75, und wenn man e als Normalfarbe abzieht, bleiben nur noch 40, also für die drei hellsten Töne nur ein Siebentel mehr, als für die vier dunkelsten. Die Mannigfaltigkeit der Farben ist nicht so gross als man glauben sollte, durch ein sonderbares Zusammentreffen stimmen die Zahlen der in dieser Flora an den Blüthen vorkommenden Farben der Tafel genau mit denen der grönländischen überein, 16 Farbenstufen mit 43 Farbentönen, hierin liegt nur in so fern eine grössere Mannigfaltigkeit, als diese gleichen Zahlen bei einer geringeren Zahl von Pflanzenarten vorliegen, in Grönland bei 192, hier bei 130 Arten. 6) V e r t h e i 1 u n g der Farben der B 1 u m e n k r o n e nach den Jahreszeiten. Nach Linne*) blühen die Pflanzen im Frühling vorzugs- weise weiss, im Sommer roth, im Herbst gelb; ich habe nun die Jahreszeiten nach Dove so getheilt, dass die Monate März bis Mai den Frühling, Juni bis August den Sommer, September bis November den Herbst bilden und erhielt nun in der Flora von Württemberg 438 Frühlingsblumen, 1033 Sommerblumen und 288 Herbstblumen. Die Zahlen fielen darum so gross aus, weil ich mehrfarbige Blumen in jeder ihrer Farben aufnahm und Blumen, welche in mehr als einer Jahreszeit blühen, in jeder derselben; so haben von den 438 Frühlingsblumen nur 134 am ersten Juni schon vollständig abgeblüht, und von den 288 Herbstblumen beginnen sogar nur 6, die Zeitlose und der Epheu, welche die Samen erst im folgenden Frühling reifen, und vier Gentianen, erst nachdem 31. August zu blühen, weitaus die meisten sind Nachblumen des Sommers, besonders auf den Wiesen, wo die durch die *) Caroli Linnaei Phüosophia botanica. Editio 4ta itudio Curtn Sprengel. Halae ad Salam 1809. S o. — 330 — Sense verstümmelten Pflanzen ihr Aeusserstes thun, um wie die Vögel, denen die Eier geraubt wurden, eine zweite Brut zu Stande zu bringen, freilich meist vergebens, da die zweite Blüthe der Oehmdernte zum Opfer fällt , wie die erste , wenn sie sich nicht «ehr beeilte, der Heuernte. Es blühen nun I. im Frühling: 1, rein roth 1 = V438 ' 2 bis 4, überwiegend roth gegen gelb 5 = 1/9 s 5, orange 3 = Vi 46 6 bis 12, überwiegend oder rein gelb 142 = 1/3 17, rein blau 6 = Vßo 18 bis 20, überwiegend blau 56 = Vg 21, violett 29 = V15 22 bis 24, überwiegend roth gegen blau 88 = V5 0, weiss 108 = V4 II. im Sommer: 1, rein roth 5 = V207 2 bis 4, überwiegend roth gegen gelb 15 = ^69 5, orange 11 == 1/94 6 bis 12, überwiegend oder rein gelb 340 = V3 17, rein blau 8 = Vi 2 9 18 bis 20, überwiegend blau 79 = V13 21, violett 68 = 1/15 22 bis 24, überwiegend roth gegen blau 298 = 1/3 0, weiss 209 = 1/5 III. im Herbst: 1, rein roth keine 2 bis 4, überwiegend roth gegen gelb 2 == Vi 4 4 5, orange 2 = 1/144 6 bis 12, überwiegend oder rein gelb 100 = V3 17, rein blau 3 = 1/9 g 18 bis 20, überwiegend blau 20 = Vi 4 21, violett 21 = Vi4 22 bis 24, überwiegend, roth gegen blau 99 = V3 0, weiss 41 = Vt 331 oder die Farbentafel nach den drei Grundfarben abgetheilt: I. im Frühling: von der Hälfte von 5 bis zur Hälfte von 13 gelb 143 = V3 von der Hälfte von 13 bis zur Hälfte von 21 blau 76= Ve von der Hälfte von 21 bis zur Hälfte von 5 roth 112= V4 weiss 108 = 1/4 II. Im Sommer eben so gelb 345 = V3 blau 121 = Vs roth 357 = V3 weiss 209 = V5 III. im Herbst: gelb 101 etwas über V3 blau 33 = Vi) roth 112, über V3 weiss 41 = V7. Hiernach ist es richtig, dass die weissen Hlumen im Früh- ling am häufigsten sind, wenn gleich nur der vierte Theil aller Frühlingsblumen, da im Sommer nur der fünfte, im Herbst nur der siebente Theil weiss blüht; dieses Verhältniss scheint mit der Temperatur im Zusammenhang zu stehen, so dass eine Jahres- zeit um so mehr weisse Blumen hat, je niedriger ihre Tempera- tur ist, denn die mittlere Temperatur von Stuttgart ist im Früh- ling 7,57 R. , im Sommer 14,38, im Herbst 7,86, wobei freilich die Störung eintritt, 'dass der Sommer noch viele Frühlingsblumen, der Herbst aber noch weit mehr Sommerblumen und desswegen die geringste Zahl von weissen hat. Dagegen hat der Sommer zwar etwas mehr rothe Blumen, als der Frühling, aber nicht ganz so viele als der Herbst, und was die gelben Blumen betrifft, so bilden solche in jeder der drei Jahreszeiten den dritten Theil der blühenden Gesammtzahl. Die relative Zahl der blauen Blumen ist im Frühhng am grössten, ein Sechstel, und nimmt wie die weisse mit dem Fort- gang des Jahres ab, ein Achtel im Sommer, ein Neuntel im Herbst. 332 7) Vertheilung der Farben der Blumenkrone in den Familien der Pflanzen. Für die Vertheilung der Farben der Blumen in den Pflan- zenfamilien habe ich kein anderes Gesetz entdecken können, als das sich von selbst verstehende , dass eine Farbe in einer um so grösseren Zahl von Familien auftritt, je häufiger sie überhaupt vorkommt. Ich habe zur Bestimmung dieser Farben, da grün 13 fehlt, eben so schwarz, die andern Stufen der Tafel in sechs Farben abgetheilt, 1) rein oder überwiegend gelb 6 bis 12, 2) gelb und roth im Gleichgewicht, orange 5, 3) rein oder überwiegend roth 1 bis 4 und 22 bis 24, 4) roth und blau im Gleichgewicht, violett 2!, 5) rein oder überwiegend blau 14 bis 20 und 6) vreiss 0. Die Flora von AYürttemberg umfasst 111 Familien, von wel- chen 27 keine Blumenkrone haben, also 84 hieher gehören. Gelbe Blumen findet man in 52 dieser 84 Familien, und unter diesen 52 Familien befinden sich 9, in welchen die gelben Blumen die Hälfte der Gesammtzahl übersteigen, die also vor- wiegend gelb blühen, darunter 5 mit mehr als 10 Arten in jeder, die Ranunculaceen mit 45 Arten, wovon 23 gelb blühen, die Co- rymbiferen mit 52 gelben unter 63, die Cichoraceen mit 49 gelben und nur 4 anders gefärbten, die Rhinanthaceen mit 10 gelben unter 16 und die Primulaceen mit 10 unter 15 Arten. Bei zwei grossen Familien kommt die Zahl der gelben Blumen der Hälfte der Gesammtzahl nahe , bei den Cruciferen 30 unter 63 und bei den Papilionaceen 31 von 70; dass in elf Familien ausschliesslich nur gelbe Blumen vorkommen, wie bei deli Berberideen, den Hypericineen, den Balsamineen, fällt wie bei den folgenden Farben weniger in's Gewicht , weil es lauter Familien sind, welche nur wenige Vertreter, oft nur einen, in dieser Flera haben. Die rothen Blumen schliessen sich, in 51 FamiHen auftre- tend, dicht an die gelben an: unter diesen 51 Familien befinden — 333 — sich 11, in welchen mehr als die Hälfte der Arten roth blühen, darunter die Sileneen mit 19 von 25 Arten, die Onagrarien mit 11 von 15, die Cynarocephalen mit 24 von 30 und die Labiaten mit 28 von 53. In zwei monocotyledonischen Familien kommt die Zahl der rothblühenden Arten der Hälfte der Gesammtzahl nahe, bei den Orchideen mit 20 unter 45 , bei den Liliaceen mit 10 unter 23 ; endlich haben 9 Familien, darunter die Malvaceen, dia Lythrarieen, die Tamariscineen und die Ericineen, in unserer Flora nur rothe Blumen. Weiss ist die dritte Farbe, welche in Württemberg bei mehr als der Hälfte der 84 Familien vorkommt, man hndet sie in 46. Mehr als die Hälfte der Arten blüht in sechs dieser Familien weiss, am auffallendsten bei den Alsineen, von denen 26 schnee- weiss und nur zwei der kleineren, Lepigonum medium und rubrum Wahlenb., hell purpurrotli 23 g und e blühen, dann in der grossen Familie der Umbelliferen 47 unter 54 und bei den Stellaten 11 unter 18. Nicht viel unter der Hälfte beträgt die Zahl der weiss- blühenden Cruciferen, 27 von 63, und 9 Familien haben nur weisse Blumen, darunter die Amygdaleen, die Pomaceen, die Olea- ceen, die Corneen und die Amaryllideen. Blau ist die einzige Hauptfarbe, welche in weniger als der Hälfte der hier in Frage stehenden Familien vorkommt, von den 84 haben nur 22, also wenig über den vierten Theil, blaue Blu- men, in vier blüht mehr als die Hälfte der Arten blau, bei den Polygaleen 4 von 5, bei den Gentianeen 7 von 13, bei den Bo- ragineen 15 von 23 und bei den Antirrhineen, vorzüglich durch die Gattung Yeronica, 17 von 33; die drei Familien, welche wild nur blau blühen, sind die Apocyneen mit Vmca minor L., die Polemoniaceen mit Polemonium coeruleum L. und die Globu- larien mit Globularia vulgaris L., drei wenig verbreitete, cultivirt leicht in weiss übergehende Pflanzen. Von den zwei vorkommenden Mittelfarben, findet man Vio- lett in 17 Famiüen, darunter die der Farbe den Namen geben- den Violarieen mit 8 unter 13 Arten, die Campanulaceen mit 12 unter 18. - 334 — Orange kommt am wenigsten vor, nur in 10 Familien, meist bleich , wie in Monotropa Hipopitys L. 5 g , welche die einzige ausschliesslich in dieser Farbe blühende Familie bildet. Die Farben sind in den 84 Familien der württembergischen Flora so vertheilt, dass die Zahl der Familien in dem Grade zu- nimmt, in welchem die der Farben abnimmt, wobei freilich die an Farben ärmsten Familien auch die ärmsten an Arten sind. Alle sechs Farben kommen nur in zwei Familien vor, den Corym- biferen und den Labiaten, in beiden sind auch zweifarbige Blumen häufig, sieben Familien blühen in fünf Farben, zehen in vier, dreizehn in drei , neunzehen in zwei und drei und dreissig nur in einer Farbe. Oft tritt eine Farbe ganz isolirt und fremdartig in einer Fa- milie auf, so unter den wesentlich gelben Cichoraceen die rothe Pvenanthes purpurea L. 23 d, die blaue Lactuca perennis L. 19 d, die der Familie den Namen gebende Cichorie 19 d, Mulgedium alpinum Lessing 18 d, das schöne violette Fragopogon porrifolium L. 21 d, dagegen unter den rothen Cynarocephalen die ihnen den Namen gebende Artischoke blau 18 d, der Saflor orange 5 b, die Gattung Scolymus lebhaft gelb 8 e und in der grossen Gattung Centaurea neben den vorherrschenden purpurrothen Arten die blauen Kornblumen 19 c, C. montana L. 20 b, C. de- pressa Bieberst. 18 c, die goldgelben C. solstitialis L. , C. meli- tensis L., C. benedicta L. Unter den Labiaten zeichnen sich die Arten der Salbeigat- tung durch die Mannigfaltigkeit ihrer Farben eben so selir aus, wie durch die Schönheit derselben, schon unter den einheimischen finden wir Salvia pratemis L. blau 20 c, S. verticillata L. roth 22 d und die bleiche, weil im Waldschatten lebende S. glutinosa L. schwefelgelb 9 f, unter den tropischen unserer Gärten aber neben der ultramarinblauen S. patens Cav. 18 b, der hellblauen S. Sdarea L. 19 g und der violetten S. officinalis L. 21 c und S. Horminum L. 21 b die karminrothe 8. dulcis Hort. 24 b und die schar lachrothen S. cardinalis H. et B. 2 c, S. coccinea L. 1 b und )S. splendens Ker 2 c. — 335 — Lecoq macht auf das häutige Auftreten gelber Blumen mitten uirter blauen aufmerksam, so Aconitum Lycoctonum und A. Anthorah., Linum maritimum und L. fiavum L., Viola hiflora L.. Lupinus luteus L., Geiitiana lutea L. , Campanula aurea L. iil., Gyanella lutea L., gelbe und blaue Schwertlilien, ähnliche Fälle unter den Boragineen und der erwähnte umgekehrte bei den Cichoraceen ; aber auch in den sonst rothblühenden Gattungen treten solche einzelne gelbblühende. Arten auf, wenn auch weder absolut noch weniger relativ so häufig, so Rosa Eglanteria L. und sulfurea Ait., Saponaria lutea L., Euphrasia lutea L., Papaver nudicaule L., die Opuntien unter den Cacteen, und umgekehrt Potentilla formosa und atrosanguinea Don. Fremdartige Seltenheiten sind eine von Lecoq erwähnte himmelblaue Meconopsis aus dem Himalaya unter den Papaveraceen, die neuholländische Trachymene cyanea Cunningham 20 e unter den Umbelliferen. Die meisten Arten der Gattung Ranunculus blühen lebhaft gelb, die im Wasser und in der Alpenregion lebenden aber weiss, unsere Nymphäaceen sind weiss oder gelb, die tropischen auch roth und blau. 8) Verhältuiss der Farbe zum Geruch der Blumen. Der Geruch der Blumen ist noch weit mehr als ihre Farbe von der Temperatur abhängig, mit welcher, vorausgesetzt dass es an Feuchtigkeit nicht fehlt, die Lebensthätigkeit der Pflanzen steigt und fällt; die späten Herbstblumen der Monatrosen und Reseda in unsern Gärten lassen den Wohlgeruch der sommer- lichen kaum ahnen, dieselben Blumen riechen im südlichen Europa viel stärker als im nördlichen, so konnte ich in Albano den Wohlgeruch der Petunia violacea Hook., in Mira den der von Sphinx Convolvuli umschwärmten Mirabilis Jalapa L. auf mehrere Schritte Entfernung wahrnehmen, in Stuttgart kaum auf einige Spannen; indessen besteht keine Grenze zwischen riechenden und geruchlosen Blumen, eine Menge verbreitet unter günstigen Umständen einen Geruch, hinreichend, um Insekten zur Förderung ihrer Befruchtung anzulocken, aber zu schwach, um von dem — 336 — Menschen beachtet zu werden ; ich habe daher meine Unter- suchungen auf die, wie die Farben, oft ganz vereinzelt mitten in einer Familie oder Gattung geruchloser auftretenden stark- riechenden Blumen beschränkt, besonders solche, welche vorzüg- lich ihres Geruchs wegen in Gärten gezogen werden, wie die Reseda, oder zu Markt gebracht, wie die Veilchen und Mai- blumen, freilich sind mir viele starkriechende Blumen der Tro- penländer der Farbe und dem Geruch nach unbekannt geblieben, und selbstverständlich wurden alle diejenigen Pflanzen ausge- schlossen, bei welchen nicht die Blumen, sondern die Blätter und andere grüne Theile stark riechen, -^ie die Pelargonien, Dictamnus, Calendula, Tagetes^ Balsamita und sehr viele Labiaten. So habe ich ein Verzeichniss von hundert und elf Arten zusam- mengebracht, von welchen 31 der Flora von Württemberg ange- hören, die meisten einen angenehmen und nur zehen einen un- angenehmen Geruch verbreiten. Unter den weissen Blumen findet man die meisten wohl- riechenden, 35, ein Drittheil der Gesammtzahl, darunter sehr ausgezeichnete und beliebte, die schon von Salomo gerühmte weisse Lilie, während ihre farbigen Schwestern geruchlos sind, die Tuberose, die Pomeranze, die Myrte, drei echte und zwei unechte Jasmine, die Gardenien, den Cereiis grandiflorus Mill., die weisse Narcisse, die ungemein lieblich riechende kleine Blüthe des Oelbaums und unter unsern einheimischen den gefeierten Waldmeister, die Maiblume, den Holder, die schattenliebenden Pyrola uniflora L. und Piatanthera hifolia Rieh, und die Nacht- blumen der Lychnis vespertina Sibth,, deren purpurrothe Schwes- ter Lychnis sylvestris Scop. geruchlos ist. Zu den übelriechenden weissen Blumen kann man die Schlehe, die den Spaziergänger in 'Stuttgarts Schlossgarten belästigende Traubenkirsche und den gern am Wege blühenden Attich rechnen. Den weissen Blumen kommen die rothen am nächsten, mit 30 Arten, etwas über den vierten Theil der Gesammtzahl, darunter die beliebte Gartennelke, die Federnelke und die Pfingst- nelke, die Rosen, Sommer- und Winter-Levkojen, der Oleander — 337 — (Neriimi odorum Ait.), die orientalische Seidenrose (Bcacia Juli- brissin Willd.) und der Gewürzstrauch {Calycanthus floridus L.), unter den wildwachsenden der Seidelbast, zwei Nelken, Dianthus superhus L. und caesius Smith, das Chocoladkraut {Plantago media L.), die Weinrose {Rosa rubiginosa L.), die Mairose {Rosa cinnamomea L.) , die nächtliche Silene rioctiflora L. und eine Orchidee, Gymnadenia odoratissima Rieh. ; zwei andere Orchideen, Nigritella angustifolia Rieh, und suaveolens Koch, berühmt in der Schweiz als Brentle, im Zillerthal als Braunellen, zeichnen sich unter den Alpenpflanzen durch ihren durchdringenden Vanillen- geruch noch mehr aus, als durch ihre an schwarz grenzende Pui*purfarbe. Als übelriechende rothe Blume haben Römer und Schultes eine Tulpe, TuUpa maleolens, bezeichnet, deren schwacher Mehl- geruch diesen Namen nicht verdient. Den dritten Rang unter den starkriechenden Blumen nehmen die gelben ein, 21 Arten; hier finden wir den so allgemein ver- breiteten Goldlack, die Oenothera suaveolens Desf., Jasminum odoratlssbiium L., Ribes aureum L., die Theerose, das in w^eiss und roth hinüberschwankende Geisblatt, Tidipa suaveolens Roth, Narcissus Jonquilla, odorus und Tazzetta L., die grünliche Ptelea trifoliata L. und den Mangel an Schönheit gleich der Reseda reichlich durch herrlichen Geruch ersetzend die gelbgrüne Blüthe der Rebe; unter den einheimischen gehören die Schlüsselblume, die Linden und als einzige Wasserpflanze mit wohlriechenden Blumen die gelbe Seerose hieher, Uebelriechend kann man die gelben Blumentrauben des Sauerdorns {Berberis vulgaris L.) nennen. Violett fand ich nur 9 wohlriechende Blumen, das Vanillen- kraut {Heliotropium peruviamnn L.) als die einzige starkriechende Boraginee, die seltene Datura fastuosa L., Petunia violacea Hook., jetzt eine Modepflanze, Syringa chinensis Willd., die auch rosa und weiss blühende spanische Wicke {Lathyrus odoratus L.), die ebenfalls vielfarbige Hyacinthe, Hyptis suaveolens Poit. und unter den einheimischen das Veilchen und die bleichere, aber ebenso angenehm riechende Viola mirabilis L. Württemb. natiirw. Jahreshefte. 1862. 3s Heft. 22 — 338 — Auffallend wenig wohlriechende und keine übelriechende Blume hat der vorwiegend blaue Theil der janthinischen Reihe; ich fand nur 4 hieher gehörige Blumen, die Hyacinthe, die Trau- benhyacinthe {Muscari racemosum Mill.), die Aprikosenblume (Iris graminca L.) und den Flieder {Syringa vulgaris L.). Orange fand ich nur eine in Deutschland fast unbekannte, Meher gehörige Blume, welche, weil sie zuerst im Jahr 1611 in dem farnesischen Garten in Rom gezogen wurde, den Namen Acacia Farnesiana Willd. fiihrt , ihre sehr angenehm riechenden Blumen werden zwischen die Wäsche gelegt und von den Spaniern Aromo genannt. Sechs Arten starkriechender Blumen haben ternäre, in der Farbentafel nirgends hinpassende Blumen, zwei derselben, die Nachtviole (Hesperis tristis L.) und das Nachtgeranium, Geranie notturno der Italiener {Pelargonium triste Cav.), sind bei Tag geruchlos und verbreiten bei Nacht wie die Belle de nuit einen äusserst angenehmen, die Dämmerungsfalter anlockenden Geruch; zwei andere haben einen widrigen, eckelhaften Geruch, die hohe Ailanthus glandidosa Desf. und die Stapelia hirsuta L:, deren Farbe und Aasgeruch die Fliegen verführt, ihre Eier darauf zu legen; die übrigen sind Muscari moschatum Desf. mit Bisamgeruch und Iris sambucina L. mit dem Geruch der Holderblumen. Endlich gibt es noch vier sehr übelriechende Blumen ohne Krone, die essbare Kastanie, die nur durch die Hoffnung auf die süsse Frucht den widrigen Geruch, den sie w^eit herum ver- breitet, erträglich macht, und der dieses Trostes mangelnde Stink- baum (Sterculia foetida L.), dann Arum Dracunculus L. und A. crinitum Alt., welche beide wie jene capische Stapelie durch Farbe und Geruch verw^esenden Fleisches den zudringlichen Aas- fliegen verderblich werden. IX. Staubfäden, Staubbeutel, Blumenstaub. Ist die Blumenkrone noch so lebhaft gefärbt, so bleibt doch der unterste, nicht an das Licht gelangende Theil derselben im Kelche farblos, glasartig oder kaum weisslich getrübt, Nelken, — 339 — Schlüsselblumen, Rochea; aus demselben Grunde sind die Staub- fäden {füamenta) , welche einen oder mehrere Kreise innerhalb der Krone bilden, farblos, so lange oder so weit sie durch ihre Umhüllungen dem Lichte unzugänglich bleiben. Treten aber die Staubfäden durch ungewöhnliche Verlänge- rung über die ihre Basis verhüllende Krone heraus, so färben sie sich bald gleich der Krone, wie bei Schotia latifolia Jacq., Vero- nica Fortieri Hort., bald davon abweichend, wie bei Fuchsia coc- cinea L., wo sie die Farbe des Kelchs wiederholen, bei Metrosi- deros albiflora Gacrtn. und Echium vulgare L., bald harmonisch mit dem gelben Blumenstaub , wie bei vielen Acacien, besonders den neuholländischen 9 e, Thalictrum flavum L. 9 e, Nierembergia gracilis Hook. 9 g, Echeveria secunda Bot. Reg. 9 g , Acacia Farnesiana Willd. 8 d, Clematis integrifolia L. 7 g, Verbascum floccosum Willd. 6 c, iMesembryanthemum aurcum L. fil. 5 f, bald in der Ergänzungsfarbe zu demselben, wie bei dem nach seinen schönen Staubfäden benannten Callistemon speciosum Dec. 24 b, eben so schön karminroth bei den meisten Fuchsien, deren hän- gende Blumen in ihrer regenreichen Heimath, den Cordilleren von Mexiko bis zum Feuerlaud und den Falklandsinseln , die Staubkolben vor Regen schützen, ohne ihnen die Sonne zu neh- men, purpurroth bei Portulaca grandiflora Hook. 23 b, Hibiscus Trionum L. 22 a, ^"erbascum phoeyiiceum L. 22 c, Plantago media L. 22 e, Thalictrum atropurpureum Jacq. 22 h ; violett bei Vero- nica Fortieri Hort. 21 b ist die äusserste Grenze gegen blau, welche die Staubfäden erreichen, denn selbst bei unserem violett- blauen Natterkopf {Echium vulgare L.) bleiben sie der Purpur- farbe 23 e treu, welche die Krone vor dem Aufblühen zeigte. Unter allen Theilen der Pflanze haben die Staubbeutel (aniherae) das dringendste Bedürfniss nach Sonnenlicht, um ver- trocknend aufzuspringen und den durch seine ölige Beschaffenheit vor zu starker Vertrocknung geschützten Blumenstaub auszu- streuen ; dieses Bedürfniss zu ])efriedigcn steigt die Blume auch der entschiedensten Wasserpflanze über den Wasserspiegel empor, wendet sich jede aufgehend der Sonne zu, schliesst sich oder senkt sich bei Nebel. Thau oder Regen. Gentia?ia, Portulaca, Erythraea, — 340 — Ornithogalum, Tulipa; nur wenige machen eine Ausnahme, so die Pflanzen ohne trockenen Blumenstaub, Asclepiadeen, Orchideen, die nicht grünen Schmarotzer, Lathraea, Monotropa, Orohanche, Cytinus^ Rafflefia, einige andere schattenliebende G-attungen, Cyclamen^ Asarurn, Aristolochia, und die vor OeiFnung der Erone sich im Verborgenen befruchtenden Campanulaceen. Diese so nothwendige Erwärmung und Trocknung wird häufig durch die dunkle Farbe der Staubbeutel im Gegensatze zu der bleichen der sie tragenden Fäden befördert, und häufig ist daher der Staubbeutel der am dunkelsten gefärbte Theil der Blume, so vom tiefsten Purpurroth, beinahe schwarz, bei Arhutus Unedo und Ut>a ursi L., Erica carnea L., multiflora L. und vielen andern Heidekräutern, Borago qfficinalis L., Anchusa officinalis L., Papa- ver Rhoeas L. , Veratrum nigrum L., etwas weniger dunkel bei Astrantia major L. 23 c, dem Buchweizen, dessen weisser Blüthe die purpurnen Staubbeutel einen rothen Schimmer verleihen, dem Teufelsabbiss 23 e, der rothen Hyacinthe 22 b , Lychnis grandiflora Jacq. 22 c und vielen Disteln 22 c bis e. Dunkelviolett 21 a sind die Staubbeutel der Petunia violacea Hook., des Augentrostes gleich der Linienzeichnung an der weissen Blumenkrone, des Faulbaums, der Justicia paniculata Vahl, der Bignonia capensis Thunb., des Muscari mosckatum Desf. und vieler Tulpen, etwas heller 21 c die von Carduus nutans L., eine Stufe weiter gegen blau, bis 20 b, gehen die Staubbeutel der blauen Hyacinthen und der Nardosmia fragrans Rchb. ; bei der drei- farbigen Winde entsprechen die Staubfäden der weissen Mitte der Blume, die Staubbeutel 19 a dem Saume derselben, diejeni- gen der Kugeldistel sind 18 c, rein blaue 17 Staubbeutel habe ich aber nie gesehen, und die etwas unbestimmt als blau angege- benen von Phacelia, Nemophila, Gilia und Hydrolea dürften kaum violettblau überschreiten. Verlassen wir die janthinische Reihe und schreiten in der xanthischen von roth gegen gelb, so werden die in der Farbe mit dem entgegenkommenden Blumenstaub übereinstimmenden Staubbeutel immer häufiger und überwiegen weit diejenigen, welche seiner Farbe als Ergänzungsfarben gegenüber stehen; die — 341 — Staubbeutel von Lilium chalcedonkum und pomponium L. haben die Farbe der Blume 3 b, die der Reseda gehen eine Stufe wei- ter 4 e ; die Staubbeutel von Galanthus nivalis L. fand ich 6 d, von Solanum Pseudocapsicv.m L. und Amorpha fruticosa L. 7 d, bei den meisten Pflanzen sind sie rein gelb, grüne und weisse gibt es nicht. Der Blumenstaub {pollen) ist der einzige Theil der Pflanze, welcher beinahe bei allen Gewächsen gelb ist, in der ungeheuren Mehrzahl rein gelb 9 d bis f oder eine Stufe gegen roth 8 d bis f, grössere Entfernungen von diesen Farben sind seltene Aus- nahmen, ich beobachtete in vielen Jahren nur folgende: heller 9 g bei Echeveria secunda Bot. Keg. und den Fuchsien, beinahe weiss 9 h bei der Ulme, bei Gonvolvulus tricolor L, , Nardosmia fragrans Rchb. , dem Majoran und Canna iridica L. ; orangegelb ist der Bluntenstaub bei der Platterbse {Lathyrus sativus L.) 7 e, ßine Stufe röther bei dem Türkenbund {Lilium Martagon L.) 6 b und der Schafgarbe 6 c, ebenso bei mehreren Arten der Gat- tung Verbascunu bei Colutea arborescens und orientalis L., Hibis- cus Trionuni L., Anthericum Liliage und ramosum L. ; der Blumen- staub von Lilium lancifolium Thunb., chalcedcmicum und pompo- nium. L. ist völlig orange 5 b, bei der Rosskastanie 4 c, h^iAlo'e barbadensis Miller 3 f, bei den Erythrinen 11 f, bei Malva mau- ritiana L. 22 h; bei den Tulpen mit schwarzvioletten Staubbeu- teln fand ich auch den Blumenstaub von gleicher Farbe, Petunia violacea Hook, hat schön blauviolettblauen Blumenstaub 18 d. X. Die Frucht. 1) Farbige Griffel und Narben. Dtr Stempel (pistillum), durch seinen Namen an die Apo- theker als Förderer der Pflanzenkunde erinnernd, ist der innerste Kreis oder Wirtel, die letzte Metamorphose der Blätter, von allen am meisten geschützt und verhüllt, daher am seltensten gefärbt; indessen fehlt es nicht ganz an Beispielen farbiger Griffel und Narben, das bekannteste ist der durch seinen arabischen Namen an die Saracenen erinnernde Safran 6 c, die einzige Pflanze, — 342 — deren Griffel einen brauchbaren Farbestoff liefert, auch die Griffel der andern Crocusarten haben bald wie er im Gegensatz zur Krone, bald wie bei Crocus luteus Lam. in Uebereinstimmung mit derselben eine rothgelbe Farbe. Lebhaft orange 5 b fand ich den Griffel von Echinocactus corynodes Hort, berol., scharlachroth 2 c den der Granatblüthe und mehrerer Cannaarten, bei Fuchsia und Metrosideros hat der Griffel genau die schöne Karminfarbe 24 b der Staubfäden, kar- minroth sind auch die kleinen Narben der Haselstaude und die grösseren des Wunderbaums als Ergüuzungsfarben zu den gelben Staubbeuteln, bei Hibiscus Trionum L. sind Griffel und Narbe dunkelviolett 22 a, bei Veronica Fortieri Hort, etwas lichter 22 b, bei Bignonia capensis Thunb. 21 a, Petunia violacea Hook, hat eine tiefgrüne Narbe 12 a. Bei den so mannigfaltigen blauen, violetten und gelben, nie rothen Schwertlilien hat der dreitheilige Griffel mit der Gestalt auch die Farbe der Blumenblätter angenommen, den aufrechten der Krone gleich oder doch nahe stehend; so fand ich ihn gelb bei Iris sambucina L. 9 c, Pseudacorüs L. und variegata L. 9 e, squalens L. 9 f, violett bei Iris spuria L. 21 d und sibirica L. 20 c, weiss bei Iris plicata Lam. 2) Der Fruchtknoten. Zeigen auch zuweilen Griffel und Narben bunte schöne Far- ben, so ist dieses doch nie bei dem Fruchtknoten {germen) der Fall , dieser ist ohne Ausnahme bleich, wie die Blätter anfangs gelblich, später durch Aufnahme von blau grün. Indessen zeigt sich bei völliger Gleichheit der eine Sauerstoffaushauchung an- zeigenden Farbe doch der merkwürdige Unterschied, dass die unreifen Früchte das Licht eben so eifrig fliehen, als die Blät- ter dasselbe suchen, wohl weil erstere zu ihrer Entwicklung das Wasser dringender bedürfen ; nebenbei wird noch der weitere Zweck erreicht, die künftige Brut durch Verborgenheit, wie durch Farbe, Geruchlosigkeit und sauren, herben Geschmack den Nach- stellungen der Thiere und Menschen möglichst zu entziehen. — 343 — Es ist bewunderungswürdig, durch wie mannigfaltige und oft sinnreiche Mittel dieser Zweck, möglichst viel Licht für die Blume, möglichst wenig Licht für die junge Frucht, erreicht wird. Am einfachsten sehen wir bei den meisten unserer Wald- und Obstbäume, den Buchen und Eichen, Weiden und Erlen, wie bei den Ptirschen und Kirschen, Aepfel und Birnen, die ßlüthe den Blättern zuvorkommen und die ganze Fülle der Frühlingssonne geniessen; während dann die Blüthen ihr kurzes Dasein beschliessen, treten die Blätter hervor und verdecken die ihnen gleich gefärbten Früchte. Aehnliches geschieht bei niede- ren Gewächsen, an welchen Blätter und Zweige sich verlängernd die Frucht überwachsen, wie bei den Veilchen, dem Ehrenpreis, den Schlüsselblumen. Die Zeitlose schmückt noch im späten Herbst unsere feuchten Wiesen mit ihren schönen nackten Blumen, die Frucht bleibt den Winter über sicher verborgen tief im Boden zurück, aus welchem sie erst im folgenden Sommer von den Blättern umhüllt hervor- kommt. Bei Stellaria und vielen andern Alsineen, bei Talinujn, Calan- drlnia, Echeveria, Pachy^hytum bildet der Blumenstengel einen Bogen, die Knospen befinden sich an demselben in einer Reih'e über einander, die sich öffnende stets aufrecht im Scheitel des Bogens die Sonne anschauend, ist sie verblüht, so senkt sich ihr Stiel abwärts, so dass die Spitze der durch den Kelch bedeckten Kapsel wieder nach unten steht, der Stengel richtet sich auf bis zur nächsten der schlummernd herabhängenden Knospen, die nun erwacht und sich aufrichtet, um nach kurzer Freude das Loos der Vorgängerin zu theilen und ihre Stelle einer jüngeren Schwester zu überlassen ; die Vergissmeinnichtarteu, Heliotropien und andere Asperifolien gehen einen Schritt weiter und bilden statt des ein- fachen Bogens eine in sich eingerollte Spirale. Berühmt wie der ausgezeichnete Arzt, dessen Andenken sie erhält, ist die Vallisneria durch die schraubenförmige Verkürzung ihres schlanken Blumenstiels, wodurch die Blume von dem Was- gerspiegel, wo sie an einem heitern Vormittag im Sonnenschein Besuche empfieng, wieder in die dunkle Tiefe hinabgezogen und — 344 — unter den bandförmigen Blättern verborgen wird, aber dieses Untersinken theilen die Früchte aller Wasserpflanzen mit ihr, die einen zurückgedrängt von den fortwachsenden Zweigen, wie bei Trapa natans L., Potamogeton^ Ranunculus aquatiUs L., an- dere durch Entweichung der sie tragenden Luft , wie bei den Ütricularien, und wieder andere durch Zunahme ihrer Schwere, wie bei den Seerosen. Die herabziehende Schraube der Vallisneria steht auch nicht vereinzelt da , alle Arten der schönen Gattung Cydamen ziehen so die heranwachsende Frucht dicht an die Erde herab. Sonderbarer noch sind einige Pflanzen, welche, nachdem sie im Sonnenschein geblüht haben, die Frucht in die Erde hinab- bohren und begraben, so Trifolium subterraneum L., Morisia hypogaea Gay und zwei in den Tropenländern sehr beliebte Hül- senfrüchte, die Erdnuss, Pistache de terre {Arachis hypogaea L.) und die Bohrblume, Haricot de terre (Glycine subterranea L.), welche wie die Kartoffeln ausgegraben werden. 3) Saftige Früchte. Die Frucht der Pflanze reift auf zweierlei Weise, entweder wasserreicher, saftiger werdend, oder vertrocknend. Früchte, welche reifend wasserreicher werden, sind dadurch in den Stand gesetzt, auch nach dem Tode der Pflanze, welche sie entwickelt hat, ja selbst getrennt von derselben ihr Leben noch einige Zeit fortzusetzen, so am längsten die Aepfel, deren Lebenszähigkeit ihren Hauptwerth als Winterobst bildet; ich habe oft auf dem Markte neben neuen Aepfeln vorjährige gesehen, und Sicklers zwei Jahre dauernde Reinette, welche erst gegen Pfing- sten ihre völlige Reife erreicht, hält sich selbst länger als zwei Yolle Jahre. Einige Monate lang halten sich auch mehrere Win- terbirnen, die Trauben und die Wintermelone. So bieten diese Früchte Menschen und Thieien eine willkommene gesunde Nah- rung und diese dienen wieder der Pflanze, indem sie einen Theil ihrer Samen unverdaut dem Boden zurückgeben. Die reifen Früchte stimmen höchst selten in der Farbe mit der vorangegangenen Blume überein ; kaum ist der Schnee ver- 345 schwunden, so bedecken sich in unserer gemässigten Zone Bäume und Sträucher mit Millionen schneeweisser Blumen, im Walde leuchten die Blüthen der Erdbeeren, Brombeeren und Maiblumen, am Waldsaume schimmern die Schlehen und der Weissdorn, an den Landstrassen und um die Dörfer die Kirschen-, Pflaumen-, Birn- und Aepfelbäume, aber diese letzteren allein erinnern durch einen leicliten rothen Anflug an eine der mannigfaltigen Farben, welche im Herbst die nie weissen Kinder dieser immer weissen Blumen sclimücken werden. Eben so wenig stimmt die Farbe der Blüthen südlicherer Obst- bäume mit der ihrer Früchte überein, der herrlichen Blüthe der Mandelbäume folgen unscheinbare grüne Früchte und umgekehrt auf die unansehnliche Blüthe der Rebe die prächtigen Trauben, tiuf die weissen Blümchen der Oelbäume schwarze Oliven; bei den berühmten Agrunii ist die Blüthe weiss, die Frucht orange oder gelb, bei den beliebten Pomi d'oro die Blüthe gelb, die Frucht scharlachroth: ähnlich verhält es sich bei dem spanischen Pfeffer, den Naciitschatten, den Mispeln, Quitten, den Gattungen Soi^bus^ Lonicera, Bryonia und der ganzen Familie der Asparageen, nur die Pfirschen, einige Kürbisse, Gurken, Melonen und Rosen zei- gen in Blume und Frucht ähnliche Farben. Ganz anders ist das Verhältniss der Farbe saftiger Früchte zu derjenigen der Blätter, es theilen sich nehmlich die Früchte in zwei Unterabtheilungen, je nachdem sich bei der Blume der Fruchtknoten ausserhalb, unter derselben {ßores superi), oder innerhalb, über derselben {flores inferi) befindet. D^r wesent- liche Unterschied besteht darin, dass im ersteren Falle der den Blättern nahe verwandte Kelch die Oberfläche der Frucht bildet, in dem letzteren aber eine Schale oder Haut, welche einem noch innerhalb der Blumenblätter und Staubfäden liegenden innersten Kreise angehört. 1. Unterblumige Früchte. Die unterblumigen saftigen Früchte entwickeln genau die Farben, in welchen die Blätter zur Zeit der Herbsttracht glänzen, Gelb und Roth mit allen Zwischenstufen zwischen diesen beiden — 346 — Gründfarben. Ich habe die Farben von 385 unterblumigen Früch- ten theils nach dem Leben, theils nach guten Abbildungen ver- glichen und an 96 ein reines Gelb gefunden, so an Crataegus flava Ait, den Melonen, mehreren Kürbissen, an Sorbits domestica L., den Quitten, 37 Birnen- und 53 Apfelsorten. Wenige mehr, 99, waren grünlichgelb 10 bis 12, die blaue Farbe hatte die Frucht nicht ganz verlassen, doch überwog die gelbe entschieden, so bei der Schlangengurke 10 e, einem Kürbiss 10 f, den Bananen 10 d, Sicyos angulata L. 10 d, einer Feige 10 b, Adoxa Moschatell'ma L. 11 e, Stachelbeeren 11 c, der Cantalupmelone 12 h mit 12 a gefleckt, dem Flaschenkürbisse 12 g h, den Bändern einiger Kürbisse 12 a b, der welschen Nuss 12 b, deren fleischige Hülle absterbend schwarz wird, wie das abgefallene Laub der Birnbäume , endlich 55 Birnen und 27 Aepfel. Eine rein grüne Farbe fand ich nur an 5 Cucurbitaceen und 4 Birnsorten, erstere sind Trichosanthes colubrina Jacq., der biruför- mige Kürbiss weisslich grün mit dunkelgrünen Bändern, welche jedoch zuletzt in röthlichgelb 8 e übergehen, Cucu7^hita variegata SteudellS h mit 13 b gefleckt, Cucurbita Melopepo L. und die in Süd-Europa so beliebte Wassermelone, eine wunderschöne, mehrere Pfund schwere Frucht, die Schale dunkelgrün, nach Innen ein ungeniessbares weisses Fleisch, dann aber ein wohlschmeckendes blutrothes 24 b, um so saftiger und süsser, je näher an den schwarzen Samen. Beinahe eben so oft, wie durch blau gedämpft, findet man bei den unterblumigen Früchten die gelbe Farbe durch roth ge- hoben, ich zählte 95 Früchte der Farbenstufen 6 bis 8, darunter Cucumis pictus Jacq. 7 d mit dunklen Flecken, den Warzenkür- bis 6 c bis 7 b, den Pomeranzenkürbis 6 c, den gemeinen Kür- bis 6 c bis 8 e, den Sternkürbis 8 f und den Centnerkürbis (Cucurbita ma^hna Duchesne)^ die grösste Frucht im ganzen Pflan- zenreich, bis 120 Pfund schwer, 8 d, die Beeren des Loranthus europacus L, 7 f, die bräunlichen Mispeln und Elsenbeeren (>S^c»r- hus torminalis Gr.), 40 Birnen und -38 Aepfel. Orange ist auch bei den Früchten eine gegen den Aequator zunehmende Farbe, warm wie die Luft, wo ,,im dunkeln Laub — 347 — die Goldorangen glühen." Hieher gehören die berühmte Anannas- frucht 0 I), die Zucca santa {Cucurbita urnigera Schrad.), die Gurke und der Balsamapfel {Momordica Balsamina L.) sämmtlich 5 c, ein nordamerikanischer Weissdorn (Crataegus parvifolia Ait.), 7 Birnen und 6 Aepfel, zusammen 19 Früchte. Bei den Licht suchenden Blumen nimmt, wie wir gesehen haben, gegen die Pole mit der Stärke des Lichtes auch die In- tensität der rothen Farbe ab, bei den lichtscheuen Früchten findet das Gegentheil statt, das Liclit färbt sie, wie die Blätter, um so reiner und tiefer roth, je niedriger die Temperatur ist; in Süd-Europa treten nicht rothe Südfrüchte an die Steile der dort seltenen oder ganz fehlenden, meist rothen nordischen Bee- ren, ich sah in ganz Italien nur einmal auf dem MarLte in Mo- dena Stachelbeeren und zwar nur grüne, in Venedig sind die Jo- hannisbeeren erst durch die Oesterreicher so bekannt geworden, dass man sie seit einigen Jahren auch bei den Obstverkäufern findet, Birnen und Aepfel sind in Italien viel häufiger einfarbig gelb oder grünlich ohne rothe Backen, als in Deutschland, so der Pero naranzin 9 f, der häufige Pero spada 11 e, die beliebten Peri brutti e buoni, in Toscana Pera bugiarda, lügende Birnen, genannt, weil sie noch unreif scheinen, wann sie schon völlig reif sind, 12 d, ebenso der Pomo di San Piero, dall' oglio, di ferro und manche andere. Auch nördlich der Alpen sind die im Herbst reifenden Kern- obstsorten häufiger und stärker geröthet, als die noch im vollen Sommer, im Juli und anfangs August zur Reife gelangenden, wie die Johannisbirnen 7 f. Margarethenbirnen 9 f, Schnabelbirnen 10 e, Wachsbirnen 11 d und Magdalenenbirnen 11 e, der Jo- hannisapfel 12 g und der Jakobsapfel 10 e. Von 130 unterblumigen gelblich rothen Früchten kann man nur drei Kürbisse . welche 2 f , 3 d und 4 b gefärbt sind, uud etwa noch den Azerolapfel 2 c zu den südlichen Früchten zählen, die andern sind sämmtlich Mittel- oder Xordeuropäisch und Nord- amerikanisch, so die rothen Stachelbeeren und die grosse Moos- beere {Vaccinlum macrocarpum Ait.) 2 a, Cornus Suecica L. und Crataegus coccinea L. 2 b, Cornus florida L., Rosa rubiginosa L. — 348 — und R. collina Jacq. 2 c, der Traubenhollunder und die Vogel- beere 3 c, der Sanddorn {Hippophae rhamnoides L.) und der feurige Busch {Crataegus pyracantlia L.) 4 c, endlich 58 Birnen und 62 AepfeL Unter den 71 rein rothen hieher gehörigen Früchten ist die kirschenähnliche Frucht des Kaffees 1 b die einzige warmer Himmelsstriche; zu den andern gehören Bryonia dioica Jacq., Cornus canadensis L., fünf Weissdorne, fünf Loniceren und fünf Rosen, Johannisbeeren und Stachelbeeren , Ribes alpinum L^ Viburnum Opulus L., Sorhus domestica L. und 8, Aria Cr., Pyrus arbutifolia und baccata L., Pyrus BoUwyleriana Dec, 22 Birnen und 20 AepfeL Roth mit einem kleineren Zusatz von blau fand ich 59 Früchte, die Dürrlitzen {Cornus mascula L.), die Preiselbeeren und die Frucht der Rosa Eglanteria L. karminroth 24 a, die Moos- beere {Vaccinium Oxycoccos L.), eine Feige, die indische Feige {Opuntia minima Dec.) und die olivenförmigen Früchte der Tu- pelobäume in Nordamerika {Nyssa integrifolia und denticulata Ait.) .22 a, dann drei Birnen und 48 AepfeL Violette und blaue unterblumige Früchte gibt es nicht, wie es keine violette oder blaue Herbstblätter gibt, Lonicera coeridea L., deren Frucht als violettblau abgebildet wird, dürfte diese Farbe, wie die Heidelbeere und die Sumpfbeere {Vaccinium uli- ginosum \j.) einem bläulich weissen, abstreif baren Anflug von Wachs verdanken; die Sprützgurke (Momoi^dica Elaterium L.) 14 b und drei Birnen 14 e gehen nur eine Stufe über grün gegen blau hinaus. Zwar scheinen die vom Kelch bekleideten Früchte darin von den Herbstblättern abzuweichen, dass sie zuweilen schwai'z sind, dass aber diese schwarze Farbe nur ein sehr dunkles Purpurroth sei, wie es auch an Herbstblättern vorkommt, dafür sprechen manche Umstände, die schwarzen Früchte gehören oft zu Gat- tungen, deren andere nahe verwandte Arten rothe Früchte haben, so bei Junipeinis , Rosa , Vaccinium , Sambucus , Viburnum^ sie gehen stets reifend schrittweise von grün durch roth in schwarz über, indem die rothe Farbe mit dem Verschwinden der blauen zuerst in lichten Tönen auftritt und allmählig dunkler wird ; roth — 349 — bleibt auch das Innere, Fleisch und Saft der Frucht, und selbst die Haut oder Schale erscheint abgezogen und gegen das Licht gehalten purpurroth. Ich zählte unter den beobachteten Früchten dieser Abthei- lung 28 schwarze, die meisten der, gemässigten und. kalten Zone angehörend, wie die Felsenbirnen {Aronia rotundlfoUa und Bo- triapium P.J, Cotonea^er vulgaris Lindl., Bryonia alba L,, Gornus sangubiea L., Juniperus communis L., nana Willd., vlrginiana und Sabina L., Lonicera nigra L., Ribes nigrum und aureum L., Mosa pimpinellifolia L., Sambucus nigra und Ebulus L., Viburnum Lan- tana L., Vaccinium Myrtillus und uligiiiosum L. Zu den schwarzen Früchten wärmerer Himmelsstriche gehören die stille Myrte, die schwarzen Feigen, Vibumum Tinus L. und Putoria calabrica P. Während so die bei den Blumen beinahe unerhörte schwarze Farbe bei den Früchten öfters auftritt, gehört die dort so häufige weisse Farbe hier zu den grössten Seltenheiten, schneeweiss wie- eine Lilie oder eine Alsinee ist keine Frucht. Die Mistelbeeren sind gelblich weiss 9 h, Cornus alba L., Benincasa cerifera Savi und Symphoricarpos vulgaris Mx. haben milchweisse Früchte 15 h bis 17 h, eben so die weissen Spielarten der Heidelbeere und der Myrte, während die in der Flora danica abgebildete weisse Spiel- art der hochnordischen Preiselbeere röthlich -veiss 24 h ist. 2) U e b e r b 1 u m i g e Früchte. Wie unter den im Bereiche meiner Beobachtung gelegenen unterblumigen Früchten die Pomaceen, Birnen, Aepfel, Quitten, Mispeln, Weissdorn, Sorbus, Aronia^ (Jotoneasier, Photinia, zu- sammen von 383 Früchten 258, beinahe drei Viertheile, die Mehr- zahl bilden, so unter den überblumigen die Amygdaleen, Mandeln, Pfirschen, Aprikosen, Pflaumen, Kirschen, zusammen von 326 Früchten 191, mehr als die Hälfte, verschieden von jenen durch dünnere, glattere Schale oder Haut (nur die Mandeln und Pfir- schen machen in letzterer Beziehung eine Ausnahme), stets ein- fächerig und meist auch durch Fehlschlagen eines Eychens ein- samig, mit weicherem Fleische und härterer Samenhülle, daher im Gegensätze zum Kernobst Steinobst genannt. — 350 — Statt des vertrockneten Theils des Kelches, welchen das Steinobst schon in frühester Kindheit ganz abstreift, zeigt hier die dem Stiel entgegengesetzte Stelle der meist runden Frucht nur die kaum sichtbare Narbe des abgefallenen Griffels als kleinen Punkt. * In den Farben zeigt sich gleich bei gelb die Unabhängigkeit dieser in der Jugend bleicheren, weil melir geschützten Früchte von den Farben der Blätter, nur 29 sind rein gelb und zwar meist südliche, die berühmte Citrone, im Auslande mehr gesucht und geschätzt als in der Heimath, wo sie fast nur zu Limonade und Sorbetti verwendet und die bittere Schale weggeworfen wird, drei holzige Nachtschatten {Solarium pyracanthos Jacq., margina- tiim und sodomaeum L.), zwei Alraune {Mandragora vernalis und autumnalis Bertoloni), die nordamerikanische Arbutus xanthocar-pa Wangenheim, 10 Pfirschen, 7 Pflaumen und 5 Kirschen. Noch schwächer tritt die grünlichgelbe Farbe auf, nur in 25 Obstarten, der weissen Monaterdbeere 10 g, fünf Ptirschen und eben so vielen Pflaumen, darunter die beliebte Reine Claude, so dass sie noch viel seltener wäre, hätte nicht die mehr noch als wegen ihrer süssen nahrhaften Frucht, wegen des daraus be- reiteten berauschenden Saftes berühmte und beliebte Rebe, bis an die äussersten Grenzen der Möglichkeit ihres Anbaus ver- pflanzt, in den kälteren Ländern nur nothdürftig reifend die dunkle Purpurfarbe verloren und dafür in 14 Spielarten ein bleiches grünlichgelb 10 b bis 12 f angenommen. Noch seltener sind überblumige Früchte rein grün, ich fand nur drei, ein Drittheil der unterblumigen, die unbenutzte Frucht der Kartoffeln, die Mandel und die Zwergmandel. Eben so kommen die bei den Herbstblättern so häufigen röthlichgelben Farben 6 bis 8 bei den unterblumigen Früchten drei Mal häufiger vor, als bei den überblumigen, wo ich 38 fand, meist subtropische und tropische, wie die gelbe Spielart des spanischen Pfeffers 8 c, Lycium afrum L. 8 c, Diospyros Lotus und virglniana L. 6 d, den echten Lotus der Lotophagen {Zizy- phus Lotvs y^iW^.) 6 c, Passiflora ciliata Ait. 6 c, der Papaya- baum mit melonenförmigen und der mit birnförmigen Früchten — 351 — {Carica i apaya und Posoposa L.), 2 Erdbeeren, 2 Aprikosen, 4 Kirschen, 6 Pfirschen und 9 Pflaumen. Was das Tempera turhedürfniss der Früchte hier schon an- zeigte, bestätigt sich in den rein orangefarbigen, dass nehmlich rothgelb bei den Früchten wie bei den Blumen eine gegen den Aequator zunehmende Farbe sei ; wir tinden in dieser Farben- stufe zuerst durch das üebergewicht des Wärmebedürfnisses über die Verwandtschaft zu den Blättern mehr über blumige als unter- blumige Früchte, 27 gegen 19, vor Allen die auch im Auslande mehr als in der Heimath gerühmte Frucht, welche der Farbe den Namen gibt, dann drei Passionsblumen {Passiflora coerulea L., laurifolia L. und imhricaulis Jacq.), Capsicum frutescens Willd., Physalis viscosa L., Solanum Balbisii Dunal, die Frucht des Pa- piermaulbeerbaums, die gelbe Himbeere, 3 Pfirschen, 2 Kirschen, 5 Aprikosen und 8 Pflaumen. Gelblichroth 2 bis 4, meist lebhaft scharlachroth , fand ich in dieser Abtheilung 82 Früchte, bedeutend weniger als in der ersten, was blos von der grossen Zahl rothbackiger Birnen und Aepfel herrührt, welche in den wenigen schwächer gerotteten Pfirschen und Aprikosen kein hinreichendes Gegengewicht haben, denn von andern Früchten, als Gartenobst, gehören 38 hieher, doppelt so viel, als zu den unterblumigen, darunter 13 nordische, wie die Bärentraube 2 c, der gemeine und der Alpen-Seidelbast 2 b, der Bittersüss 2 b, die Himbeere 2 b, die Multbeere {Ruhus ChamaeTiiorus L.) 3 d, die Judenkirsche 3 b, die deutsche Arons- wurzel 4 c, der Spargel, die Maiblume, das Zweiblatt {Majan- themum bifolium Dec.) und der Drehfuss (Sfreptopus ampleTifo- lius Dec.) sämmtlich 3 c. Von den südlichen hieher gehörigen 25 Früchten sind viele nahe Verwandte der nordischen, so der Erdbeerbaum 2 c, Daphne Gnidium L. , collina Willd. und glandulosa Si)r., sämmtlich 2 b, sechs Nachtschatten, darunter die Pomi d'oro 3 c und die Koral- lenkirsche 2 d, Physalis flexuosa und sonmifera L. 4 c, die welsche Aronswurzel, sehr häufig in den pontinischen Sümpfen, 4 c, Aspa- ragus albus L.. scaber und tenuifolius R. et S. und der Mäusedorn, 352 welcher in Südeuropa die Maus von dem hängenden Brodkorb abhält, sämmtlich 3 b. Von andern Südgewächsen gehören hieher die Brustbeere (Zizyphus vulgaris WiWd.J, Vielehe unreif lichtgrün 13 f, sich nicht gleichförmig, sondern durch schärf begrenzte, allmählig zusammeu- fliessende braunrothe Flecken färbt, bis sie endlich teig werdend mit der Säure auch jede Spur von grün verliert und eine schöne Scharlachfarbe 3 c annehmend abfällt, Lycium europaeum L. 2 b und harbarum L. 3 b , die schönen, in Süditalien wohl gedeihen- den peruanischen ^chinus Molle und Areira L. 3 c, die Fäclier- palme 4 a und die tropische Carica citriformis Jacq. 3 d. Die hieher zu rechnenden Obstsorten sind 2 Erdbeeren, 2 Trauben, 3 Pflaumen, 8 Pfirschen, 13 Aprikosen und 16 Kirschen. Rein rothe überblumige Früchte zählte ich 57, den Sauerdorn 1 b c, die ihm verwandte schöne Nandina domestica Thunb. 1 b, den Erdbeerspinat 1 a bis d, Hex Aquifolium und Cassine L., vomitoria Ait. und chinensis Sims, den hochnordischen Rubus arc- ticus L., Rubus saxatilis L., Rhamnus Alaternus L. und persicifo- lius Moris, Capsicum aiinuum L., chineyise Jacq., cerasi forme und frutescens Willd., Passiflora edulis Sims und gracilit: Jacq. und Ardisia crenulata Ventenat aus den Antillen, dann eine Pfirsche, eine Aprikose, 2 Trauben, 5 Erdbeeren, 14 Pflaumen und 14 Kirschen. Die Zahl der überblumigen zwischen roth und violett fallen- den Früchte ist 76, sie übertrifft also die der unterblumigen beinahe um ein Drittheil, es sind lauter essbare, Capsicum vio- laceum H. et B., Empetrum rubrum Vahl, die canadische Himbeere 24 b, die rothe Maulbeere 23 a, die Mangostanen (Garcinia Man- gostana und celebica L.) 22 a, die türkische Kirsche (Prunus cera- sifera Ehrh.) 24 a b, eine Erdbeere, eine Aprikose, 6 Trauben, 20 Pfirschen, 20 Kirschen und 24 Pflaumen. Die in der ersten Abtheilung völlig fehlende violette Farbe tritt in der zweiten an sieben ebenfalls sämmtlich essbaren Früch- ten auf, besonders schön und lebhaft an der in Südeuropa oft zu Markt gebrachten Melanzane (Solanum Melongena L.), an 2 Trauben und an 4 Pflaumen. — 353 — Auf die drei Stufen zwischen blau und violett fallen nur zwei unbedeutende ausländische Früchte, Passiflora suherosa L. und die jetzt in unsern Gärten häutige nordamerikanische Mahonia Aquifolium Nuttal, deren Frucht 20 b in den Ergänzungsfarben zur gelben Blüthe reift. Rein blaue und zwischen blau und grün fallende Früchte fand ich auch unter den überblumigen nicht, dagegen tritt hier häufi- ger und stärker, als bei den unterblumigen, der dort erwähnte zarte, bei jeder Berührung verschwindende milchfarbige Duft auf, ein lockerer Ueberzug von Wachs, welcher die Frucht wie die Stengel vieler Pflanzen vor Nässe schützt, wie das Fett die Fe- dern der Wasservögel. Dieser Duft verleiht der Frucht je nach ihrer Grundfarbe einen hellen, aber glanzlosen Schimmer, so dass schwarzrothe und dunkelviolette Früchte eine bläuliche Färbung erhalten. Wie dort die Aepfel und Kürbisse, so und noch viel ent- schiedener zeigen hier Pflaumen und Trauben eine solche Bestau- bung, während man dort an den Birnen, hier an den Pfirschen und Kirschen keine Spur davon bemerkt. Diese flüchtige, durch den Duft erzeugte Farbe fand ich bei den sogenannten weissen Trauben 10 f und g, 13 g, 14 g, bei den schwarzen 17 f und g, 18 e f g, 19 d und f, 20 c, 22 c und g, bei hellen Pflaumen 8 h, 13 f, 14 f und h, bei den dunklen 16 c, 18 c d e und h, besonders häufig 19 c d und e, dann 20 e g und h, 21 f. Schwarze Früchte sind unter den überblumigen beinahe vier Mar häufiger als unter den unterblumigen, sind aber auch hier nur über a noch hinaus gehende purpurne und häufig Gattungs- genossen der rothen, wie bei Ruhus, Daphne, Asparagus und Convallaria. Ich zählte 79 aus den verschiedensten Familien, darunter giftige, wie die berüchtigte Atropa Belladonna L,, Actaea spicata L. , Paris quadrifolia L. und die minder gefährlichen Schwarzen Nachtschatten {Solanum nigrum L., bomhense und cestri- folium Jacq.), ungeniessbare wie der Epheu, die Ampelopsis he- deracea Dec, Ligustrum vulgareh,, Phytolacca decatidrah., Prunus Padus und Mahaleh L., sechs Schwarzdornarten, vier südliche Württemb. naturw. .Taliresliefbe. 1862. P.s Heft. op, ^-- 354 - Spargeln und drei Convallarien, endlich viele essbare meist süsse^ Ärctostaphylos alpina Spr., drei Celtis, die schwarze Maulbeere, die Olive, die verdächtige aber in Südeuropa häufig genossene Kirschlorbeere, die Schlehen, Brombeeren, 9 Pflaumen, 11 Kir- schen, 15 Trauben und die kaum hieher zu rechnenden schwar- zen Pfirschen und Aprikosen. Um so seltener sind auch in dieser Abtheilung weisse Früchte, ich fand nur drei, sämmtlich essbar, die honigsüsse weisse Maul- beere, die Eierpflanze, welche nur eine leichte Spielart der Me- lanzane ist, und dieCamarinhas der Portugiesen (jE7?ipe^rw7?i albumL.). Als allgemeines Resultat ergibt sich ein grösseres Wärmebe- dürfniss für die tiberblumigen, als für die unterblumigen Früchte oder vielmehr ein Ueberwiegen der ersteren in wärmeren, der letzteren in kälteren Zonen, dann ein Ueberge'wicht der überblu- migen in Orange, Purpur, Violett und Schwarz, während in den andern Stufen die unterblumigen die Mehrzahl bilden. Rechnet man die weissen Früchte zur xanthischen Reihe, die schwarzen zur janthinischen, so ergeben sich für die erstere 469 unterblumige und 160 überblumige Früchte, für die letztere 207- unterblumige und 221 überblumige; die vom Kelch bekleideten Früchte schliessen sich durch ihr starkes üebergewicht in der xanthischen Reihe an die Herbstblätter an, bei welchen ich auch 99 der xanthischen und nur 27 der janthinischen Farbenreihe angehörende fand. 3, P a n a s c h i r t e Früchte. Die Panaschirung kommt auch hei den Früchten, wie bei den Blumen vor, doch weit seltener, übrigens ebenso immer als Kunsterzeugniss an Culturgewächsen ; so sind einige Kürbisse, be- sonders der kleine birnförmige der Länge nach grün 13 c und grünlich weiss 13 h gestreift, die Melonenbirne oder Schweizer- bergamotte gelb 9 f, roth 2 c und grün 12 c. Am häufigsten kommen gestreifte Aepfel vor, so in Württemberg die beliebten liUiken, die rothe 9 g mit 24 b und c gestreift, die weisse Luike 9 h mit Ö4 a bis 6- Die sonderbare Erscheinung, dass eine Frucht der Farbe nach aus zwei verschiedenen Hälften zusammengesetzt scheint, — 355 — beobachtete ich drei Mal, zwei Mal war es ein Apfel, dessen eine Hälfte der Länge nach scharf begrenzt karminroth 24 a war, die andere Hälfte lichtgelb 9 g mit 24 c gestreift, das dritte Mal eine Weinbeere, an welcher eben so scharf begrenzt die eine Hälfte den weissen Trauben, die andere den schwarzen angehörte, natürlich sind es wie bei den Blumen ganz vereinzelte Fälle, welche sich nicht vermehren lassen, da sie sich nicht an der ganzen Pflanze wiederholen. Noch zufälliger sind die scharfrandigen gelben Flecken; welche dadurch entstehen, dass eine Spinne oder eine Raupe ein Blatt an der Sonnenseite eines Apfels befestigt und dadurch auf der zugedeckten Stelle die Röthung verhindert; man ist hiedurch auf eine Spielerei geleitet worden, welche darin besteht, dass man Silhouetten, Namenszüge oder andere Figuren aus Papier ausschneidet und an der Sonnenseite der Borsdorfer oder ähn- licher Aepfel aufklebt, ehe sie sich röthen. 4. F a r b e n V e r h ä 1 1 n i s s e der saftigen Früchte in e i n i g e u F 1 0 r e n. Eine Vergleichung der bei den Blumen untersuchten vier Floren ergab wegen der geringen Zahl ihrer saftigen Früchte ein sehr dürftiges Ergebniss. Die Alpenflora hat unter 481 Pflanzen nur eine einzige beerentragende, Arctostaphylos alpina Spr, und diese ist schwarz. Mit der Flora von Spitzbergen verhält es sich eben so, ihre einzige beerentragende unter 74 Pflanzen, die Rauschbeere, ist ebenfalls schwarz. Nur Grönland hat unter 329 Pflanzen doch elf, welche zum Theil häufig gesammelte und genossene Beeren liefern. Von die- sen ist eine rein roth, llubus saxatilis L. 1 b, fünf sind gelblich roth, Rubus Chamaemoms L. 3 d, Sorbus americana Pursh 3 c, Cornus suecica L. 2 b, Arctostaphylos Uva ürsi Spr. 2 c und Streptopus amplexifolius Dec. 3 c, und zwei sind purpurroth, Vac- cinhüu Vitis idaea L. 24 a und V, Ooci/coccos L. 22 a. Endlich sind drei schwarz, Vaccinium idiginosum L, , Ennpetruin nigrum L. und Juniperus nana Willd. Die Preiselbeere und die Rausch- — 356 — beere kommen auch zuweilen sehr bldch, doch nicht ganz weiss vor. Wie in diesen drei Floren die Kälte, so ist in der Strand- flora die Trockenheit, der Mangel an süssem Wasser, den saftigen Früchten ungünstig; sie enthält unter 217 Pflanzen nur vier, welche kleine unbenutzte Beeren tragen, alle einer Gattung ange- hörend, zwei gcharlachroth 3 b, Asparagus scaher R. et S. und albus L. und ZAvei schwarz, Asparagus apliyllus und horridus L. ; orange, gelbe, grüne und violette Früchte fehlen in allen diesen Floren, sie umfassen nur 6 Farbenstufen zwischen 22 und 3 nebst schwarz. 5) Trockene Früchte. Den saftigen Früchten stehen die trockenen gegenüber, bei welchen mit dem Entweichen der blauen Farbe auch das Wasser entweicht ; die Frucht, welche die Samen ernährt und ausgebildet hat, vertrocknet, sobald die Samen ihrer nicht mehr bedürfen, und vertauscht sterbend die Sommertracht der Blätter mit der braunen Winterfarbe des abgefallenen Laubes. Eine solche Lei- chenfarbe tritt bei den Früchten der grossen Mehrzahl der Pflan- zen ein, bei den grössten Familien, allen Cruciferen, Cyperaceen, Gräsern, den meisten Umbellifereu , Compositen, und den schön- sten Blumen der Malvaceen, Scytamineen, Amaryllideen, Irideen, Liliaceen, unsern Camellieu, Azaleen, Rhododendron, Nelken. Zuweilen geht die grüne Farbe der unreifen Frucht nicht so schnell in die braune der vertrockneten über, es liegt zwischen beiden ein der Herbsttracht der Blätter entsprechender Zwischen- zustand, in welchem die Frucht, wie der Himmel an einem schönen Abend, gelb und roth erscheint; so bei Ricinus africanus Mill. rein roth 1 c, der aufgeblasene Kelch von Physalis Alkekengi L. verändert das frühere Grün in Scharlachroth 3 c, der Kelch des Spindelbaumes in licht Karminroth 24 c und der der Sanguisorba officiiialis L. behält sein dunkles Schwarzroth 22 a; besonders häutig tritt ein solcher Uebergang bei den Hülsenfrüchten ein, so färben sich die Hülsen des Zuckerschotenbaums (G^/ec^iY^c/«« tria- canthos L.) dunkelpurpurroth wie seine Stacheln, sehr schön die — 357 — Hülsen mancher Gartenbohnen, lichtgelb bei Phaseolus compressus oca/ithocarpus 9 g, Ph. gonospemms purpureus 8 g, Ph. ellipticus saccharatus 7 g, hellorange bei Ph. compressus candidus 6 e, gelb mit rothen Flammen bei Ph. sphaericus purpureovariegatus 9 g mit 1 b, Ph. sphaericus haematocarpus 8 e mit 1 b, Ph, ob- longus Sargentone 8 f mit 1 b, Ph. Pardus carneus 9 e mit 2 a, die Hülsen einiger schwarzen Bohnen gehen durch purpurviolett 22 b bis d reifend völlig in schwarz über. Diese farbenweehselnden Früchte bilden den üebergang von den saftigen zu den trockenen. Die vielsamigen trockenen Früchte leisten sterbend und selbst nach dem Tode den Samen einten Dienst, indem sie sich mecha- nisch öffnen und sie ausstreuen, letzteres zuweilen plötzlich mit elastischer Gewalt, Avie Phaseolus., Viola .^ Euphorbia.^ vor allen der westindische Streubüchsenbaum {Hura crepitans L.), dessen Kapsel der Sonnenhitze ausgesetzt mit einem, einem Pistolenschuss gleichenden Knall in zwölf Stücke zerplatzt. Einige lösen sich jedoch vertrocknend in so viele Theile auf, als sie Samen enthalten, und diese Theile fallen mit dem darin eingeschlossenen Samen ab, so die Gliederhülsen {lomenta) von Scorpiurus, Coronilla, Hippocrepis^ Hedysarum^ die Diachaenen der Doldengewächse, die Flügelfrucht der Ahorne, sie bilden den üebergang zu den einsamigen Früchten, welche jede ihren Samen eng umfassend, ihn in's Grab als Sarg begleiten und erst bei seiner Auferstehung verlassen. Diese einsamigen Früchte wurden, wenn sie klein waren, bis nach Linne's Zeiten für Samen gehalten und werden es noch von der grossen Mehrzahl der Menschen, ja es kostete selbst unter den Pflanzenforschern einen langen Kampf, heftige Angriffe auf den Glauben an nackte Samen, bis sich die Ansicht geltend machte, dass solche auf wenige Familien, Zamiae, Coniferae, beschränkt seien. Man erfand nun für diese Nichtsamen, da die alten Frucht- namen nicht auf sie passen wollten, mehrere Namen: Schliess- frucht (Ache/iiwn) für Rosaceae^ Gompositae^ Labiatae, einen Theil der Ranunculaceae^ Nüsschen {Niicula) für Asperifoliae^ Najadeae, — 358 — Schlauchfrucht (Utriculus) für Dtpsaceae^ Lemnaceae ^ Hautfrucht {Caryopsis) für Glumaceae. Indessen hindert dieses nicht, dass auch der gelehrteste Bo- taniker mit dem LandAvirth und dem Gärtner von den Samen des Lattichs, der Petersilie, des Majorans spricht, wie man vom Aufgang und Untergang der Sonne spricht, ohne an die schwe- ren Kämpfe zu denken, die es gekostet hat, bis man die Ach- sendrehung der Erde zur allgemeinen Anerkennung brachte. Die Farbe dieser trockenen Hülsen, Schoten, Capseln, Nüsse u. s. w. ist bei der grossen Mehrzahl braun durch alle Töne, ein verdunkeltes, durch schwarz und roth getrübtes gelb, so dunkel- braun bei dem Johannisbrod , den meisten Compositen, ümbelli- feren und Labiaten, schwarzbraun bei der Röhrencassie, dem Ma- joran, dem Buchweizen und andern Polygonumarten. Nach braun ist schwarz die häufigste Farbe dieser Früchte, so bei dem Körbel, der Ferula, dem Basilicum, dem Salbei^ Mi- rabilis Jalapa L., Andryala, Bidens^ Cineraria^ Tagetes; unter den Boragineen zeichnen sich die Vergissmeinnichtarten durch leb- haften Glanz bei vollkommener Schwärze aus, in der Gattung Chenopodium fand ich alle Früchte schwarz, aber die von Ch. albimi, maritimum^ Quinoa und urhicum L. glänzend, die von Ch. glaucum und Scoparia L. und olidum Lam. ohne Glanz. Weisse trockene Früchte fand ich bei Acroclinium roseum Hort., Carthamus tmctorius L. Lieblingsfutter der Papageien, Li- thospermmn officinale L., dem Reis und dem nordamerikanischen Wasserhaber {Zizania palustris L:). Die zweifarbigen trockenen Früchte zeigen meistens nur ver- schiedene Töne der gleichen Stufe, so viele dunkelbraune Früchte der ümbelliferen mit hellbraunen Rippen; die Birkenfrucht ist 7 a mit 5 f Flügel, die der Casuarinen schwarz mit 5 f Flügel, bei der Cichorie ist die bleiche Frucht 5 h, schwärzlich gesprenkelt, bei der Artischoke hellgrau und lebhaft schwarz gefleckt, bei Mirahilis longißora L. 6 c mit schwarzen Flecken. Zu den zweifarbigen Früchten kann man auch die mit einer trockenen Krone (pappus) versehenen zählen. Diese Haarkrone ist am häufigsten rein weiss, wie bei den Wollgräsern (Eriopko- — 359 — rum) , dem Federgras (Stipa pennata L.) , den Gattungen Chon- drilla, Preyianthes , Lactuca, Ptcridium, Crepis, Senecio; bei den Compositen, bei welchen die Haarkrone am häufigsten vorkommt, ist sie auch häufig blass gefärbt, so unterscheidet sich die Gattung Hieraciwn durch ihre gelblich graue Krone 7 g von Crepis; Helichrysum fulgiclum Willd. hat bei goldgelber Blüthenhülle auch eine gelbe Ilaarkrone S e, ist aber die Blüthenhülle weiss, so ist es auch die Haarkrone. Die Haar kröne von Baccharis ivaefolia L. fand ich 3 f, von Erigeron acris und alpinus L. 5 f, die dunkelsten, jedoch vielleicht erst im Herbar so geworden, fand ich bei drei von dem Vorgebirg der guten Hoffnung erhaltenen Compositen, bei Jnida pinifolia L. und Pteronia memhranacea Thunb. 4 e und bei Pteronia viö-com Thunb. 3 e; noch dunklere Haare findet man wohl an andern Pflanzentheilen, z. B. an der Blüthenhülle einiger Hieracien, an dem Stengel des Dictamnus, aber nie an der Frucht. Farbenspielarten kommen bei den trockenen Früchten im wilden Zustande gar nicht, in Gärten selten vor, so hat die Sonnenblume {Helianthus cDinuus L.) bald schwarze, bald graue, bald grau und weiss gestreifte Achenien, bei dem Kopfsalat unter- scheiden die Gärtner schwarz Korn, gelb Korn 7 a und weiss Korn hellgrau. Die Getreidearten sind jede in ihrer Farbe fest und einander in der Farbe noch ähnlicher, als in der Gestalt, Weizen und Dinkel 3 f bis 4 f, Einkorn 3 f, Gerste und Haber 4 g, Hirse 7 e, Kolbenhirse {Panicum italicum L.) 7 c; man spricht zwar von schwarzer Gerste, weissem und schwarzem Haber, blassgelber, blutrother, grauer und schwarzer Hirse, rother Kolbenhirse {Pa- nicum erythrospermvm Hornemann), allein es sind allemal nicht die Früchte selbst, sondern die solche verhüllende Spelzen, welche diese Farben mehr oder weniger deutlich annehmen, wie bei dem Reis, dessen rothgelbe Spelzen 4 f bei einer Spielart zie- gelroth 3 e sind, ohne dass der Reis selbst darum weniger weiss ist. Fast eben so verhält es sich mit der in warmen Ländern ihrer" Fruchtbarkeit und der Leichtigkeit ihres Anbaues wegen — 360 — trotz ihrer geringen Güte weit verbreiteten, nördlich der Alpen aber nicht zu völliger Reife gelangenden Mohrhirse; ich fand bei Sorghum vulgare Pers. das Korn 6 a, die Spelzen 6 c, bei Ä saccharatum P., neuerlich mit Uebertreibung als Futterkraut und Zuckerrohr empfohlen, das Korn ebenfalls 6 a, die Spelzen aber 1 a, bei ,S'. 7iigru7n Link das Korn wieder 6 a und nur die Spelzen glän- zend schwarz; S. caffrorum Arduino, einst als Zuckerrohr em- pfohlen, hat allein ein helleres Korn 5 d bei weissgelblichen Spelzen 5 h. Von dieser Einförmigkeit der Farbe bei den Halmfrüchten, wie von der in denselben vorherrschenden Unscheinbarkeit macht Eine Pflanze eine auffallende Ausnahme. Der Mais ist die beste und reichste Gabe, welche die alte Welt von der neuen empfangen hat, so allgemein als solche an- erkannt, dass er jetzt in allen fünf Welttheilen überall gebaut wird, wo ihm nicht das Klima eine Grenze setzt, vom Aequator bis zum 44. bis 51. Grad der Breite, das heisst so weit gegen die Pole, als die Rebe, gegen den Aequator weiter als diese. Als uralte Culturpflanze mythischen Ursprungs hat der Mais mancherlei Spielarten, man unterscheidet der Grösse nach den tropischen {Zea Mays exaltata Kunth) bis achtzehn Fuss hoch, stark behaart, dessen Anbau in Europa vergeblich versucht wor- den ist; den gewöhnlichen (Zea Mays coramunis Kunth) in Süd- europa bis zwölf, in Deutschland nicht über sechs Fuss hoch; den Dreimonats Mais (Zea Mays praecox Pers.) in Italien Cin- quantino genannt, weil er 50 Tage nach dem gewöhnlichen un- mittelbar nach der Weizenernte gesäet wird, nicht leicht über vier Fuss hoch; endlich den Zwergmais oder Hühnermais {Zea Mays pumila Martens) nur einen bis zwei Fuss hoch mit sehr klei- nen Körnern. Nach der Zahl der Körnerreihen an einem Kolben gibt es 6, 8, 10, 12, 14, 16, 18, 20 und 22 zeiligen Mais, ungleiche Zahlen kommen nicht vor, weil die Zeilen paarweise stehen, so dass die Körner zweier Zeilen immer unter sich gleich, mit den angrenzenden aber wechselständig laufen. — 361 - Von sechszeiligem Mais, ^velcl^ell man für die Urform zu hal- ten geneigt wäre, sali ich nur ein Mal zwei Kolben, der achtzei- lige ist bei weitem der häufigste, viel häutiger als alle andern zusammengenommen, weil er der ergiebigste ist, mit den längsten Kolben und grössten Körnern; so wie eine Maispflanze mehr Zeilen hat, bleiben sowohl die Körner, als auch die Kolben, ja alle übrigen Theile der Pflanze bis auf die Haare hinaus kleiner; über 12 Zeilen, der Verdoppelung von 6, hinaus werden die Zeilen weniger beständig, von den ausgesäeten Körnern eines Kolbens kann man dann Kolben mit 14 bis 18 oder 18 bis 22 Zeilen erhalten. Die Farbe betreffend, die uns hier zunächst angeht, so ist die Normal- oder ursprüngliche Farbe der Maiskörner röthlich gelb, bei dem tropischen Mais 7 g, bei dem gemeinen achtzeili- gen (3 c, bei Uzeiligem fand ich sie 6 b und d, bei 22zeiligem 7 d. Die durch Cultur entstandenen Farben sind: 1) Weisser Mais 7 h, im nördlichen Tirol häutig gebaut, in Italien, wo man einen Werth auf die gelbe Farbe des Mehls legt, beinahe unbekannt. 2) Dunkelroth 2 a und noch dunkler, beliebt, wo man die Maiskolben an die äussere Wand der Häuser befestigt, um da- mit auf dem hellen Grunde den Namenszug und andere Mosaik- figuren zu bilden. 3) Bläulichgrau. 4) Bunter Mais, jedes einzelne Korn einfarbig, aber ganz regellos einige Körner weisslich 7 h, andere gelb 8 e, violett 21 c, bläulich grau. 5) Geflammter oder panaschirter Mais, die Körner gelb G e mit rothen 4 b Flammen oder Bändern, diese Bänder beginnen alle an dem Punkte, wo der Griffel sass, und werden nach unten keilförmig breiter, ohne Symmetrie ; einzelne Körner sind nur zur Hälfte gestreift , zur Hälfte einfarbig gelb , keines ganz ohne Streifen. Kolben, welche zugleich ganz rothe, ganz graue und gestreifte Körner gehabt hätten, habe ich nie gesehen, ich vermuthe daher, dass die bunten ihre Entstehung der Befruchtung einzelner Kör- — 362 — ner durch den Samenstaub verschiedenfarbiger Nachbarn ver- danken, so dass je die gelben, rothen, grauen Körner einen an- dern Vater hätten, diese wären sonach von der Normalfarbe sich entfernende, die geflammten dagegen zur Normalfarbe zurückkeh- rende Kolben, wie die panaschirten Blumen. XI. Der Samen. "Weit mehr, als die Fortdauer des vergänglichen Einzelnen, ist in der Natur die Fortdauer der Gattung gesichert, durch un- ermessliche Verschwendung der Keime, durch die mannigfaltigsten Mittel zu ihrer Verbreitung, Flügel, Federn, Fallschirme, Haken, elastisch schnellende Früchte, anlockende nahrhafte Früchte mit in harter Schale wohlgeschützten, schwer verdaulichen oder durch Bitterkeit abstossenden Samen, durch vielfältige Verhüllungen. Man sollte aus letzterem Grunde glauben, dass die Samen eben so bleich und farblos sein müssten, wie die Wurzeln, sie sind es auch im unreifen Zustande und bleiben es nicht nur in ihren inneren Theilen, dem Keime mit seinen Cotyledonen, dem weissen Stärkmehl, sondern auch in den übrigen Theilen, wo die Frucht den einzelnen Samen fest umhüllt und sich erst bei der Keimung von ihm trennt, aber für Samen, die bestimmt sind, nackt in den Boden zu sinken, in welchem sie zu einem neuen Leben erwachen sollen, wäre durch eine helle Farbe schlecht gesorgt, ihre Schale (testa) hat in der Regel mehr oder minder die Farbe des Bodens, der sie umgibt, vom dunkelsten Schwarzbraua der nassen Pflan- zenerde, des eisenhaltigen Schlammes stehender Gewässer, durch das Rothbraun des von Eisenoxyd durchdrungenen Lehms bis zum Hellgrau des trockenen Sandbodens. Ein ternäres Braun in allen Tönen ist daher, wie bei den todten trockenen Früchten, so auch bei den schlafenden Samen die häufigste Farbe. Sie fallen in die Stufen 1 bis 9, roth bis gelb, immer durch einen Zusatz von schwarz getrübt und daher nie mit einer dieser binären Farben genau übereinstimmend. Ich habe die Samen von 689 Pflanzenarten und Spielarten untersucht und darunter 153 gefunden, welche eine dunkelgelb- 363 braune Farbe 6 a bis 10 a und dunkler haben, beinahe ein Vier- theil der ganzen Zahl. Hieher gehören viele Papilionaceen, wie die Erdnuss (Arachis hijpogaea L.) 6 a , die schöne Acacia Jidibrissin Scop. , Biserrula Pelecinus L., Cytisus argenteus L., Phaca alpina Willd., Sparthnn scoparium L., sämmtlich 7 a, Astragaliis gylcyphijlbi.s ^ hamnsns und Onobryckis L. 8 a, sehr viele Cruciferen, die Mandel, Pfir- schen-, Kirschen- und Pflaumenkerne sämmtlich 8 a, Annona mu- ricata L. 9 a, die essbaren Samen der BerthoUetla excelsa H. et B. 7 a, die dunkelbraunen Rosenkranzkugeln der Canna indica L., die essbaren Kastanien 6 a, die Bucheckern, der Stern-Anis 6 a, die Samen des Lorbeerbaums, der Lecythis Ollaria L., der Leinsamen 7 a, die Muskatnüsse, die gewürzhaften Kerne der Ocotea Pichurim H. et B., der Tabaksamen 7 a ^Yie der Schnupf- tabak, also Samen gleich dürrem Laub, die Apfel- und Quitten- kerne 6 a bis 8 a, Traubenkerne bei völliger Reife 8 a, die ein treffliches Oel liefernden Samen der Linden. Weniger zahlreich sind die dunkelbraunen Samen, in welchen die rothe Farbe die gelbe überwiegt, 1 a bis 5 a und dunkler, ich fand deren 66, darunter die Rosskastanie 3 a, den Kohl, die weissen Rüben, den Reps, die Samen des Johannisbrodes 4 a. Ojcalis stricta L. 3 a, Hibiscus Trionum L., Lathyrus latifolius und sylvestris L., mehrere Winden, Silenen, Birnkerne, sämmtlich 2 a. Aehnlich verhält es sich mit den hellbraunen Samen in den Tönen b bis d, ich fand 37 überwiegend gelbe und 21 überwie- gend rothe Samen ; unter den ersteren die Coloquintenkerne und die der Gleditschia triacanthos L. und sinensis Lam. 8 b, Wall- nusskerne 7 c, Wachholderkerne, Dattelkerne, Pignolen, Zirbel- nusskerne, sämmtlich 7 b, unter den letzteren mehrere Kleearten, Trichosanthes colubrina Jacq. 4 c, Tulpensamen 4 d, Draba verna L. 3 d, Erodium gruiyium Herit. 1 b. So fand ich im Ganzen unter 689 Samenarten 277 braune, nicht viel weniger als die Hälfte. Nach den erdfarbigen Samen sind die schwarzen die häufig- sten, ich fand 124 vollkommen schwarze und 48 graue, zusam- men 172 oder den vierten Theil der Gesammtzahl, — 364 — Mit diesen scliwarzen Samen verhält es sich ziemlich wie mit den schwarzen Blumen, sie sind halbreif sehr häufig roth, purpurfarbig, bei den Gichtrosen so schön karminroth wie die Blume , zuweilen, wie bei den Gartenbohnen, selbst violett und greifen so in die janthinische Farbenreihe hinüber, ohne jedoch je die Stufen zu erreichen, in welchen die blaue Farbe überwiegt, erst trocken nehmen sie mit völliger Reife auch eine völlig schwarze Farbe an. Einige dieser schwarzen Samen sind ohne Glanz, matt glatt, wie die Samen der Wassermelone, der Cucurbita variegata Steu- del, der Lufa Jacquini Schrad. , die Tonkabohne {Baryosma Tongo Gaertn.), welche wie der Bisamkäfer ( Ceramhyx moscha- tus L.) in die Dosen gelegt wird, um dem Schnupftabak ihren Wohl- geruch mitzutheilen , Acacia lophantha Willd. , alle Samen der Gattungen ÄUiimi, Asphodelus, Anthericum, Cereus, Chlora, Gom- melma, Datura, Delphinlum, Dianthus^ die Kicherlinge (Cicer arietinumL.), die schwarzen Spielarten der Linsen, Ackerbohnen und Dolichosbohnen, die Samen der Kaute, der Purpurwinde und des Kuh Weizens, der seinen antiken Namen Melampyrum von ihrer Farbe erhalten hat. Andere Samen sind fein gekörnt oder chagrinirt, wodurch sie, besonders wenn sie mehr in's Graue fallen , kleinen Erd- klümpchen täuschend ähnlich sind, so bei Sileiie, Agrostemma, Saponaria, Ccdandrima, Montia. Endlich zeichnen sich die schwarzen glatten Samen häufiger als andere durch einen lebhaften glasartigen Glanz aus, so die der Gattungen Amarantusy Aqullegia^ Celosia, Dictanuuis, Paeonia, bei Arenaria peploides und trinervia L., Moehringia muscosa L., während die grauen wie die braunen in der Regel ohne Glanz sind; isolirte Erscheinungen sind Thlaspi arvense L., die einzige mir vorgekommene Pflanze, deren Samen zugleich gekörnt sind und glänzen , dann Euphorbia platyphyllos L. und Portulaca gran- diflora Cambessedes , eine Zierde unserer Blumengärten, deren Samen mit der Farbe des Bleis auch dessen lebhaften metalli- schen Glanz erhalten. Weiss habe ich nur die Samen von Cticiirbita Melopepo L., — 365 — StÜlingia sehifera Mich., Symphoricarpos racemosa Mich, und meh- rerer Bohnensorten gefunden, dagegen gibt es mehrere Samen, deren Farben auf die drei hellsten Töne der xanthischen Reihe fallen und die daher im gemeinen Leben weiss genannt werden, in diesem Sinne ausgedehnt habe ich die Samen von 95 Pflanzen weiss gefunden, darunter die Feigbohne (Licjnnus albus L.) 2 g, die Erve und die Kneifelerbse 3 f, die Feld- und Brockelerbsen 3 g, die Samen der Adansonia^ von Cucumis prophetarum L., Opu7itia minima Dec. 4 f, Galanthus nivalis L. 4 g, Melonenkerne, die häufig als Thee benützten Kerne der Rosa canina L. 5 f, die Samen der Feigen und des weissen Mohns 5 g, die Kerne der Citronen und Pomeranzen, der gemeinen und Flaschenkür- bisse, der Gurken, der Goldäpfel und des spanischen Pfeffers. Zu diesen helleren Samen gehören theilweise auch die Kaffee- bohnen, welche ganz frisch bläulichgrün 14 g, mit dem A'erluste der Keimkraft in's Bräunliche oder Graue übergehen. Ein alber- nes Vorurtheil bestimmt viele Käufer, auf schöne Farbe einen Werth zu legen und grünliche Bohnen den andern vorzuziehen, während die Kaffeebohne um so besser ist, je älter sie ist. Die- ses Vorurtheil hat noch die schlimme Folge, dass der Kaffee oft, wie der grüne Thee, mit der Gesundheit keineswegs zuträglichen Stoffen künstlich gefärbt wird, um Käufer anzulocken. In Stuttgart hat man jetzt sechs Kaffeesorten, drei bräun- liche und drei grünlichgraue, deren Farbenunterschied Folge der Art, sie aut trockenem oder nassem Weg von ihrer Umhüllung zu befreien , sein wird ; von den bräunlichen ist der berühmte Stammvater aller übrigen, der Mocca-Kaffee mit den kleinsten Bohnen der dunkelste, trüb 4 e, dann folgt brauner Java 4 g und als der hellste gelber Java 6 g; zwischen den grünlichgrauen ist der unterschied geringer, der dunkelste ist der Ceylon Kaffee © d, dann folgt Surinam 0 e und als der hellste blauer Java 0 f, der den Beinamen blau so wenig verdient, als die blauen Katzen. Dem grossen Reichthum an Samen der xanthischen Reihe steht eine grosse Armuth an Samen der janthinischen gegenüber; hier, im Abschluss des alten und Anfang des neuen Pflanzenlebens — 366 — tritt die blaue Farbe am stärksten- zurück, ein blaues Samenkorn ist mir nie vorgekommen, kaum dass sich an Euphorbia Pinea und Peplis L. und drei Gartenbohnen, Phaseolus Pardus lacteus Martens, Ph. ellipticus Bocconi M. und Ph.elHpticus fasciatus M. 17 h die weisse Farbe der blauen nähert; in welche Stufe die Bohnen des Cyanospermum tomentosum Wight et Arnott gehören, ist mir nicht bekannt, rein blau werden sie wohl nicht sein. Grün sind wohl viele unreife Samen, äusserst wenige aber bei vollendeter Reife, die rein grüne Stufe 13 fand ich nie, ein trübes grtingrünblau 14 c ist die Farbe der Samen des in den Tropenländern beliebten Gombo (Hibiscus esculentus L.), grün- grüngelb fand ich nur drei gebaute Samen, die Knight Marron Erbse 12 e, die Klunkererbse 12 f und die Laoner Dattel- bohne 12 g, Phaseolus Mungo L., im innern Afrika häufig gebaut und in Italien niclit unbekannt, ist dunkel gelbgrüngelb 10 a. Lebhafte Farben sind an Samen noch seltener, als trübe an Blumen, die Samenhaut (arillus) der Iris foetidissi?na L. ist koral- lenroth 1 c, die des Spindelbaums lebhaft pomeranzengelb 5 c; trüb purpurroth sind die Samen der Rauschbeere, del' Pistacie und des Terpentinbaums. Auch bunte Samen sind selten, die Samen der Levkojen und des Lepigonum marginatum Koch 7 a mit hellem Rande, der Myrte glänzend schwarzbraun, 5 h eingefasst, des Wunderbaums {Ricinus) 2 g mit 2 a marmorirt, von Euphorbia dendroides L. 5 h, grau marmorirt, einer Spielart der Wassermelone {Cucurbita CitruUus ß saccharina Martens) 4 f mit schwarzen Punkten; die drei in einer dreifächerigen Blase eingeschlossenen kugelrunden Samen des Cardiospermum Halicacabuia L. Pols de merveille, Paternostri di San Domenico, und der 17 andern Arten dieser Gattung sind kohlschwarz mit einem weissen Flecken von regel- mässig herzförmiger Gestalt. Die grosse Familie der Hülsenfrüchte, von Endlicher mit Recht als die oberste des Plianzenreichs aufgeführt, mit vielen Bäumen, windenden und rankenden Gattungen, gegliederten, ge- dreiten oder gefiederten Blättern (man musste bis nach Neuhol- land gehen, um einfachblättrige Leguminosen zu entdecken), mit 367 dem deutlichsten Schlaf, der berühmten Reizbarkeit der Sinn- pflanzen, schönen bunten Blumen, hat wahrscheinlich auch mehr lebhaft gefärbte und bunte Samen, als alle andern Familien mit einander. Dunkel bis lebhaft scharlachroth 2 a bis b sind die Samen der ostindischen Adenatithera pavonbia L. , purpurroth die zu Hals- und Armbändern verwendeten von Dolichos Faba nigrita Forsk., hellroth 2 e die schmackhaften von Dolichos sinensis L., trüb violett 21 b die des Wiesenklees und der Anagyris foetida L. Bunte Samen haben Pflanzen dieser Familie schon in der deutschen Flora, so Ervum hirsutum L. 10 e scliwarz punktirt, Lathynis Aphaca L. 10 e schwarz punktirt mit lebhaftem Glänze, die Felderbse 10 f dunkel punktirt, die Zuckererbsen und meh- rere Wicken. In Südeuropa kommen manche weitere hinzu, wie Bonjeanea hirsuta Rchb. 9 b mit schwarzen Flecken, drei Platterbsen und drei Wolfsbohnen , unter den Culturgewächsen zwei gefährliche Platterbsen, Lathyrus Cicera L. aschgrau mit rostgelbeu Flecken und L. sativus L. 8 f braun gefleckt, danrt die niedlichen, wohl- schmeckenden Fasioletti dall' occhio (Dolichos melanophthalmos Dec.) hell incarnat 3 g mit schwarzem Auge, und die verschie- denen Spielarten der im Orient zu Lauben benützten egyp- tischen Bohne (Lablab vulgaris Savi) schwarz, kaffeebraun oder röthlichgelb 6 g, alle mit einem ^symmetrischen weissen Halbmond, Schönere bunte Leguminosensamen treten innerhalb der Wendekreise auf, so Aeschinomene aspera L. braun mit schwarzen Punkten, Glycine carihaea Jacq. lebhaft glänzend grau und schwarz marmorirt, die Taubenerbse, Pois de Congo {Cytisus Cajan L.) in Afrika von Kairo bis zum Cap, in Ost- und W^estindien häutig gebaut, röthlichgelb (3 g mit dunkleren Flecken G c, die Bohnen der Korallcnbäume (Erythrina) feuerroth 3 c mit symmetrischen, fest begrenzten schwarzen Flecken und die eben so gefärbten kleineren Rosenkranz-Erbsen (Abrus precatorius L.), welche beide gegen die Sitte vieler Hülsenfrüchte alternd ihre Farbe nicht ver- — 368 — ändern, daher sie in Menge zu Hals- und Armbändern, Rosen- kränzen und andern Schmuckarbeiten verwendet werden. Im ganzen Pflanzenreich gibt es kein Gewächs, dessen Samen die bunte Mannigfaltigkeit, den üppigen Farbenreichthum der weit verbreiteten Gartenbohne erreichte, wir finden unter ihren hun- dert und zwanzig Spielarten sieben schwarze, drei graue, zwölf braune, drei hellbraune, neun und zwanzig helle oder ganz weisse, neunzehn lebhaft gefärbte, darunter violette, purpurrothe, pome- ranzengelbe, dottergelbe, goldgelbe, schwefelgelbe, endlich nicht weniger als acht und sechszig bunte, darunter die gebänderten Zebrabohnen, die gefleckten Pantherbohnen, die gezeichneten Adlerbohnen, einige, die halb weiss, halb purpurroth oder dunkel- gelb sind, helle mit dunklen Flecken und dunkle mit hellen Flecken, endlich dreifarbige; da es sich aber nur von übergehen- den Spielarten handelt, so hat keine dieser bunten Bohnen die fest begrenzte unveränderliche Zeichnung des Labiah, des Abms oder der Erythrina. Der grösste Theil dieser Farben ist bei halbreifen Bohnen noch viel schöner und lebhafter, geht aber leider absterbend, das heisst wann die Bohne die Fähigkeit zu keimen verliert, in ein dunkles trübes Braun über, was mich hauptsächlich zur Heraus- gabe meines Bohnenbuchs bestimmte, um diese Farbenmannigfal- tigkeit durch Abbildungen festzuhalten, da es nicht durch Samen- sammlungen geschehen kann. Die Zahl der Farbenstufen belauft sich bei den Gartenbohnen auf zwanzig, die der Farbentöne auf acht und vierzig. Auf ähnliche Weise, wenn auch in weit geringerem Grade, wechseln die Farben der Feuerbohnen, des Phaseolus inamoenus L., des Phaseolus lunatus L. und einiger andern in warmen Län- dern der Samen wegen gebauten Bohnen. — 369 - Die Farben der Kryptog-amen. I. Die Farne. Bei allen von mir gesehenen Farnen (Filices) fand ich die Wurzel dunkel , schwarz , grau oder schwärzlich braun, nur die schwimmenden der Salvinia natans All. bilden als blass eine Ausnahme. Wurzelstock, Stamm, Schuppen, Haare und Frucht sind meist gelbbraun 7 a, oft dunkler, selten heller, wie die Frucht von Polypodium aureum L. 7 b, von Pteris crispa und cretica L. und Lindsaya falcata Drj'ander 8 b. Zuweilen ist der Wurzelstock dunkelrothbraun, so bei Acrostichum plumosum Fee 2 a. Diese tief rothbraune Farbe zieht sich oft an den Stiel hin- auf, welcher dann so schwarz wie Ebenholz ist, so bei Adiantum Capillus Veneris L. , hienach benannt, da man billig der Venus als Griechin glänzend schwarzes Haar zuschrieb , bei Gymnogramme Calomelanos Kaulfuss, Lomaria Spicant Desv., Pteris atropurpurea Lt., allosora Link und Calomelanos Sw., Asplenkmi mar'inum Dec, monanthos, Trichomanes und Adiantum nigrum L., Asplenium ebe- neum und melanocaulon Willd., Asph furcatum Thunb. und Aspl. heterochroum Kunze. Bei Asplenium viride L. beschränkt sich die rothbraune Fär- bung auf den untersten Theil des Stiels und geht, ehe die Fie- derblättchen beginnen, in hellgrün über, bei andern Farnen sind nur der Wurzelstock und dessen Behaarung dunkelbraun, wie bei dem Adlerfarn, dessen gegliederte Haare von Lyngbye und Agardh als Mycinema pteridis zu den Algen gezogen wurden, wie von andern die ähnliche Behaarung des einst berühmten Polypodium Baromez L. und anderer Farne, in neuerer Zeit als blutstillend empfohlen, als Conferva aureofulva Kg. 9 a bis kaffeebraun. Das Laub (Frons) der Farne mit Einschluss der Schachtel- halme, Wasserfarne und Bärlappen ist ohne Ausnahme sehr ein- förmig grwn, beschränkt auf die tiefsten Töne a bis c der Stufen 11 bis 13, Polystichum Filix mas Roth z. B. rollt sich IIb aus der Knospe auf und verdunkelt im Sommer zu 12 a. Württemb. oaturw. Jahreshefte. 1862. 3.s Heft. 24 — 370 — Es beschränken sich demnach die Farben dieser blüthenlosen Gewächse auf wenige Stufen der xanthischen Reihe, nur als sel- tene Ausnahme tritt hie und da eine andere Farbe auf, so sind die Stengel des schönen Equisetum Telmateja Ehrh. so weiss wie Elfenbein, die Scheiden von Equisetum hyemale L. weiss mit schwarzem Eande; mein Sohn Eduard sah im Innern von Su- matra das jüngste Laub einiger Farne und Lycopodiaceen rosen- roth mit Stich in Grün: bei Notochlaena nivea Desv. und N. hypoleuca Kunze hat das Laub auf der untern Seite einen weis- sen Ueberzug, hei Gymnogramme chrysophylla Kaulf. einen goldgel- ben 8 e. Gelb sind auch die Früchte der Mondraute und schwe- felgelb, beinahe weiss 9 g bis h, das Bärlappenmehl. Lycopodium haematodes Kunze aus Südamerika erhielt seinen Xamen von der blutrothen Farbe seines glatten Stengels und Lycopodium caesium Hort. Bonn, von einem leichten bläulichen Schimmer seines grü- nen 14 d Laubes, die schwarzen Früchte der Onoclea sensihilis L. aben einen violetten Schimmer, die blaue Farbe fehlt gänzlich in der ganzen Klasse. 51. Die Armleiichtepgewäeli?^e. Die kleine Klasse der Armleuchtergewächse (Characece) ist noch ärmer an Farben, als die der Farne, sie zeigt uns deren nur drei, die Wurzeln sind farblos, Stengel und Laub grün, leb- haft bei den glänzenden Nitellen, matt weil getrübt durch einen Niederschlag von kohlensaurem Kalk bei den Charen ; die künst- lich gebaute Frucht ist bei allen schwärzlich grau, die den An- theridien der Moose analogen Kügelchen sind lebhaft cinnober- roth 1 c. III. Die Moose. Die Moose (Musci) bilden die dritte Klasse der Kryptogamen, deren Farben sich auf die xanthische Reihe, grün, gelb und braun beschränken, doch hier mit etwas mehr Mannigfaltigkeit, als in den beiden vorhergehenden. Die ästigen gegliederten Fäden fCotyledonidiaJ, welche die Stelle der Samenblätter vertreten und die Entwicklung keimen- - 371 — der Laubmoose beginnen, sind bald grasgrün, wie bei Phascum und bei Polytrichum aloides L., bald olivenbraun wie bei Orthotri- chwn, bald dunkelbraun wie bei Funaria. Das Laub der Lebermoose wie das der Laubmoose spielt in den unteren Tönen der Stufen 11 bis 13, selten heller, wohl aber oft durch seidenartigen Glanz, wie bei Leskea sericea Hedw., Hypnum velutinum L. , splendens Hedw., nitens Schreb., bei Schi- stostega osmundacea Weber, in lichtere Töne und gelbere Stufen hinüberschimmernd und dadurch eine in Alpenlandschaften sehr wirkungsvolle Mannigfaltigkeit der Farben bewirkend. Nur bei wenigen Moosen nimmt das helle Laub, wenn durch Trockenheit ein Stillstand in ihrem Wachsthum eintritt, eine blassere Farbe an, S'o bei den darnach benannten Riccia glauca L., Bryum ar- genteum L. , Trichostomum glaucescens Hedw. und Leucobryum vulgare Hampe 14 f und bei der ganzen Gattung Sphag- num 12 e. Bei vielen Laubmoosen geht die Mittelrippe des Blattes über dasselbe als weissliches oder silberfarbiges Haar hinaus, wodurch der ganze Rasen hellgrau erscheint, so bei der häufigen Barhula muralis Timm, bei Racomitrium canescens Bridel, Grimmia affinis Horusch., leucophaea Grev., crinita Brid. und pulvinata Hooker und bei manchen andern Laubmoosen. Dunkler belaubte Moose werden dagegen durch Trockenheit schwarzgrün, so besonders in den Gattungen Orthotrichum und Polytrichum. Die dunkelsten Laubmoose findet man in den Alpen, wo starkes Licht und niedere Temperatur auch andere Gewächse und selbst Insekten schwärzen, hieher gehören Weissia crispula var. atrata Nees, Racomitrium aciculare Brid., Grimmia atrata Mielichhofer, Hypnum atrovirens Smith. Ein in Süd-Europa in schnell fliessenden Bächen häufiges, oft ihren Grund ganz überziehendes Laubmoos, Cinclidotus aqua- ticus Br. et Seh., sieht untergetaucht völlig schwarz aus, ebenso unsere Fontinalis antipygretica und squamosa L., das Laub der an Baumstämmen in Wäldern häufigen FruUania dilatata und ta- marisci Raddi ist jung dunkelgrün 13 a, alt schwarzbraun, das- jenige der Jungermannia ruhella Nees rothbraun, bei Sphagnum — 372 — findet man oft das Laub durch Austrocknen des Torfmoors ge- röthet 23 e. Die Fruchtstiele und die Büchsen der Laubmoose sind in der Jugend grün wie das Laub, nehmen aber bälder oder später eine gelbe, gelbbraune oder rothbraune Farbe an, welche sich an der Basis des Stiels am frühesten und dunkelsten zeigt und fortschreitend zur Büchse hinaufrückt; so schimmert Barbula mu- ralis Timm an feuchten Garten- und Weinbergsmauern zur Zeit der Fruchtentwicklung in der Morgensonne mit dem schönsten Goldglanz , Ceratodon purpureus Brid. an lichten Waldstellen glänzend purpurroth 24 b. Hiebei ist immer die Büchse dunkler als der Stiel, die abfallende Haube aber heller als beide, bleich gelblich oder bräunlich; die Sporen sind endlich nach Gattung und Art grünlich gelb, blass gelblich, gelb oder bräunlich. Die meist Schatten und Feuchtigkeit liebenden Moose sind vorzugsweise Bewohner kälterer Länder, in den Wäldern ersetzen sie den Kompass, indem sie sich an der Nordseite der Baum- stämme ansiedeln, nur wenn diese schief stehen, ziehen sie, wie an den Aesten, ohne Rücksicht auf die Himmelsgegend die obere dem Regen ausgesetzte Seite der trockeneren nach unten ge- kehrten vor. Die zwei schönsten Moose sind hochnordisch, die grosse Frucht von Splachnum rubrum L. ist prächtig karminroth 24 b, die von Splachnum luteum L. lebhaft citronengelb 9 f. Die von mir an Moosen beobachteten Farben umfassen die Stufen 1 bis 14, dann 23 und 24, die blauen und violetten 15 bis 22 fehlen gänzlich, ein Alpenmoos, Catoscopium nigritum Brid., erhielt seinen Namen von seiner glänzend schwarzen Büchse; zu weiss lassen sich nur nothdürftig die Haarspitzen der Blätter mehrerer Moose und die Zähne der Büchse von Leucodon sciu- roides Schwaegr. ziehen. Diesen drei an Farben armen Kryptogamen-Klassen, Farne, Armleuchtergewächse und Moose, stehen drei farbenreiche gegen- über, die Flechten, die Algen und die Pilze. — 373 — IV. Die Flechten. Alle Pflanzen wachsen nur so lange, als sie Wasser haben, fehlt solches, weil es sich zu Eis crystallisirt hat, so können sie* nur durch den Winterschlaf dem Tode entgehen, ebenso durch den Sommerschlaf, wenn das Wasser in Dampf verwandelt sie verlässt. Die Flechten (Lichenes) können unter allen Gewächsen die Entziehung des Wassers auf beiderlei Art am besten ertragen, so ist ihnen kein Ort zu kalt, Agassiz traf sie in den Alpen noch auf dem Gipfel der Jungfrau, 12,860 p. F. über dem Meere an und auch gegen die Pole gehen sie weiter, als jede andere Pflanze ; ebenso findet ihre Fähigkeit, Trockenheit und Hitze zu ertragen, gegen den Aequator keine Grenze und macht es ihnen möglich, auf Baumrinde, Steinen, selbst Eisen, z. B. auf dem sonnigen Ge- länder der Brücke von Canstatt, zu gedeihen, an Stellen, wo sie nur so lange wachen und wachsen, als Regen, Nebel oder Thau sie benetzt. Dass sie dennoch Standorte mit reichlicher Feuch- tigkeit vorziehen, ist sehr natürlich, ins Wasser steigen sie zwar nicht hinab, Endocarpon fluviat'de Dec. und CoUema fluviatile Schaerer an Steinen in seichten Bächen können kaum als Aus- nahme gelten, aber ihre Grösse, Häufigkeit und Fruchtbarkeit steigt mit der Höhe des Standorts, mit der Rauheit des Klimas und dürfte in der Alpenregion und der Nähe der Polarkreise den höchsten Grad erreichen. Das Laub {Thallus) der meisten Flechten hat, so lange es nass ist, eine hellgrüne oder graulichgrüne , bei einigen, wie Gyrophora^ CoUema , dunkel oder bouteillengrüne Farbe, weil dann die obersten Zellenschichten das Chlorophyll der inneren durchscheinen lassen, im trockenen Zustande werden aber helle Flechten heller, oft ganz oder beinahe weiss, dunkle dunkler, oft ganz oder beinahe schwarz, so sind bei Parme/ia jmriethia Ach., wenn sie nass ist, Laub und Frucht gelblichgrün 1 1 d, im trocke- nen Zustande ersteres citronengelb 9 f bis gelbgrüulich 10 e, letztere dunkelgelb 9 d, bei Parmelia stellaris Ach. nass das Laub 14 e, die Brutzellen (Soredia) 12 d. trocken ersteres wasserbläu- — 374 — lieh 16 g, letztere beryllgrün 14 f, bei Lecanora suhfusca Ach. nass das Laub graugrünlich 15 f, die Frucht dunkel olivengrün 10 a, trocken ersteres hell wasserbläulich 16 h, letztere kaffee- braun bis schwarzbraun, bei Peltigera das Laub nass schön gras- grün, trocken heller oder dunkler grau. Die untere Fläche des Laubes ist bald heller als die obere, wie bei Peltigera venosa Hoffm,, Solorina crocea und saccata Ach., bald dunkler, wie bei Parmelia pertusa Seh., ceratophylla Wallr., sirmosa Ach., Cetraria glauca Ach., die Frucht ist in der Regel dunkler, tiefer gefärbt als das Laub, selten von gleicher Farbe, nie heller. Ich habe, um eine üebersicht der Farbenmannigfaltigkeit der Flechten zu erhalten, die Farben der Flechten zusammenge- stellt, welche in der Flora danica abgebildet sind, diesem mit seltener Beharrlichkeit durch beinahe hundert Jahre, von 1761 bis 1853, mit immer steigender Schönheit und Genauigkeit fort- gesetzten Prachtwerke, einem Ehrendenkmal der Könige von Dänemark; es sind 216 Arten, darunter viele norwegische, islän- dische und grönländische. Unter diesen 216 Flechten haben 7 schwarzes oder graues Laub, 24 schwarze Früchte und bei 33 ist beides schwarz oder grau, diese Farbe findet man also beinahe bei einem Drittheil dieser Flechten , vorzugsweise bei hochnordisehen und alpinen, wie Nephroma arcticum Fr., Lecidea arctica Sommerf. und geo- graphica Seh., mehreren Gyrophoren, allen Calicien und Ope- graphen, vielen Urceolarien und Collemen. Xaeh der schwarzen Farbe ist braun, meist mit einem Zu- satz von grau, die häufigste Farbe, sie kommt 61 mal vor, so bei dem isländischen Moos, allen nicht ganz schwarzen Gyrophoren, der Frucht vieler Parmelien und Gladonien und aller Peltigeren und Cetrarien. Die dritte Farbe ist grün 11 bis 15 am trockenen Laube von 47 Flechten, vorzüglich den ästigen Baumflechten, Usneen, Ramalinen , Physcien, Sticten, dann den meisten Gladonien, die Frucht ist trocken nie grün; eine Untersuchung der Flechten im nassen Zustande würde natürlich ein ganz anderes Ergebniss — 375 — liefern und die grüne Farbe zur vorherrschenden erheben, man sieht und malt jedoch die Flechten bei weitem seltener in diesem Zustande. Die Grundfarbe des Pflanzenreichs, gelb 7 bis 10, zeigen 29 dieser Flechten, darunter die schöne in der Waldregion der Alpen oft an den Lärchenstämmen wachsende Cornicularia vul- pina Seh. 9 e, die Alpenflechten Cetraria juniperina Ach. 8 e, C. cucullaia Ach. 9 g, C. nivalis x^ch. 10 g und Cornicularia ochroleuca Ach. 10 g, die bis in die Schneeregion steigende Le- cidea geographica Seh. , welche die dunklen nackten Felsen des Gottharts schön citronengelb übertüncht, und zwei unserer häu- figsten Flechten, Lecanora parietina Ach. an Bäumen und Bretter- zäunen und Lecanora murorum Ach. an Mauern und Dächern, beide im Schatten bleicher, an sonnigen Stellen lebhafter gelb; die letztere, meist vermengt mit der milch weissen Lecanora mu- ralis Seh. die Dachziegel bunt bemalend, ist ein sicherer Maas- stab für die Regenmenge eines Ortes, ich vermisste sie auf den Dächern von Modena und Ancona, fand dagegen die Dächer von l'Ariccia im Albanergebirg so vollständig damit überzogen, dass solche von ferne aus lauter gelben Ziegeln zu bestehen schienen, und schloss daraus, dass es in TAriccia weit häufiger regnen müsse, als in Modena und Ancona, w^as auch der Fall sein wird, da l'Ariccia sich an der Westseite des Appennins in einer Höhe von 1306 p. F. über dem Meere befindet, die beiden andern Städte aber an dessen Nord- und Ostseite wenige Fuss über dem Meere liegen. Roth, L bis 4, zeigen 23 dänische Flechten, darunter bei 4 nur das Laub, Goniocarpon cinnaharinum Dec. 1 e, Lecidea deci- piens Ach. 3 d, L. squalida Ach. 2 e und L. globifera Ach. 2 f, diese drei mit schwarzen Schüsseln , bei drei Laub und Frucht, bei der Stürme liebenden Lecanora ventosa Ach. Laub 3 g, Frucht 3 c, bei L. miniata Ach. beides 3 d und bei L. haematomma Ach. Laub 4 h, Frucht 1 c ; bei allen andern ist nur die Frucht roth, oft sehr lebhaft, wie bei Cladonia coccifera Baumg. und einigen andern Becherflechten schön siegellackroth 4 c, bei Par- melia ruhina Ach. rubinroth 3 c. — 376 — Die weisse Farbe kommt theils ganz rein, theils als hellster Ton h anderer Farben auch bei 23 dieser Flechten vor, aber in scharfem Gegensatze zur rothen nur am Laube, während die Frucht oft kohlschwarz ist, so bei Lecidea alba Schi., Candida Ach. und atroalha Ach., bei JJrceolaria calcarea und scruposa Ach., bei Verrucaria glabrata Ach. Unter den 14 orangefarbigen Flechten zeichnet sich die auf Granit der Alpen und Pyrenäen, in Lappland und Grönland vor- kommende Solorina crocea Ach. durch ihr Laub aus, dessen obere Fläche dunkelgrün, die untere lebhaft orange 5 c ist, dann das hochnordische Nephroma arcticum Seh. durch auffallend grosse orangefarbige Früchte 5 c auf grünem Laube 13 b. Rein blau ist keine Flechte, aber 8 der Flora danica sind doch bläulich, so Cetraria glauca Ach. oben 18 g, unten seh v/arz, Parmelia caesia und stellaris Ach. Laub 16 g, Früchte 18 a, Lecidea alhocoeridescens Ach. Laub 18 f, Früchte schwarz. Schaerer bildet zwar sein Collema atrocoeriäeum wasserblau 16 d ab, be- schreibt es aber als plumbeo-rufescens, am blauesten fand ich noch unter allen Flechten Collema azureum Ach. aus Südamerika, welches nass wirklich wasserblau 16 c ist. Zu den Purpurstufen 22 bis 24 kann man nur die Frucht von vier der in der Flora danica abgebildeten Flechten zählen, sämmtlich sehr licht auf weissem Laube, Baeomyces roseus Ach. pfirschenblüthfarbig 23 e, Arthoyiia impolita Seh. und Lecanora tartarea Ach. um einen Ton heller 23 f, endlich Lecanora rubra Ach. hellamethystf arbig 22 g. Violett fehlt gänzlich. &"■ Y. Die Algen. Die Algen (Älgae) sind in scharfem Gegensatze zu den an- dern Kryptogamen weitaus zum grössten Theile Bewohner des Meeres, weniger der süssen Gewässer, am wenigsten und nur mit Arten der niedersten Gattungen des Landes, wie mehrere Arten der Gattungen Protococcus^ Gloeocapsa, Palmogloea, Phor- midiu?n, Chthonoblastus, Symploca,. Scytonema^ Sirosipho7i, Prasiola, — 377 — ^ Vaucheria, die an der Nordseite der Bäume und Mauern häutige Botrydina vulgaris Brebisson, Palmella cruenta Ag. am Fusse der Mauern, das auf Sandwegen nach Längerem Regen erscheinende Nostoc commune V., Botrydium argillaceum Wallr., Ulothrix radi- cans Kg., alle nur an nassen oder wenigstens feuchten schattigen Stellen, manche wohl nur gerade durch Mangel an Wasser in ihrer Entwicklung gehemmte Anfänge anderer Algen oder andern Klassen zuzuweisen, wie Stigonema und Lichina den Flechten, Cryptococcus, Ulvina, Hygrocrocis, Chroolepus den Pilzen. Die Farbe ist bei den Algen in ihrer Mannigfaltigkeit so beständig, dass sie schon längst bei der Bildung der Gattungen und Familien berücksichtigt wurde. William Harvey, einer unserer berühmtesten und geistreichsten Algologen, welcher in allen fünf Welttheilen Algen beobachtet und gesammelt hat, theilt nach der Farbe die ganze Klasse in drei grosse Ordnungen: die Schwarz- samigen {Melanospermeae)^ die Rothsamigen {Rhodos per meae) und die Grünsamigen {Chlor ospermeae); zwar ist hiebei die Farbe der Sporen zu Grunde gelegt, diese unterscheidet sich aber von der Farbe der übrigen Theile der Alge nur durch einen tieferen Ton der gleichen Stufe. Die Schwarzsamigen sind die eigentlichen Tange, die grössten und ausgebildetsten Formen der Klasse, merkwürdig da- durch, dass sie vom Aequator gegen die Pole an Grösse, von den Polen gegen den Aequator an Yollkommenheit der Bildung durch Trennung von Stengel , Blatt und Frucht zunehmen, es herrschen innerhalb der Wendekreise die Sargasseen vor, selten über zwei Fuss lang, aber die einzigen Algen mit achselständigen Zweigen und Früchten, wie bei den Phänogamen, in den ge- mässigten Zonen die unvollkommeneren Cystosireen, deren grösste Länge ich an Cystosira abrotanifolia Ag. von Neapel 2 Fuss 9 Zoll fand, im hohen Norden rohe Fucusarten, Desmarestien und Chordarien, 12 Fuss lange Himanthalien, über 24 Fuss lange Laminarien und die riesige, nach Heinrich Mertens bis über 300 Fuss lange Nereocystis; dieser entsprechend gegen den Südpol die früher übertreibend bis zu 1500 Fuss und selbst noch von Humboldt zu 800 Fuss lang angegebene Macrocystis, die Ecklonia — 378 — huccinalis Hörnern., deren Stamm Bory 45 Fuss Länge gibt, die ästigen bis 30 Fuss langen Lessonien und Durvilleen. Bei allen diesen Meertangen wird die grüne Farbe der Chlorophyllkörner durch einen mehr oder weniger braunen Zel- lensaft olivengrün 10 a und b getrübt, im Trocknen bleicht die grüne Farbe aus und die braune dunkelt, so dass sie dunkel- braun bis kohlschwarz werden, wie man sie in allen Herbarien findet. Von den kleineren Gattungen dieser Ordnung sind einige grüner, so Desmarestia viridis Lx,, Chorda lomeiitaria Lgb., einige Dictyoten und Punctarien, völlig grün 13 a und b nur mehrere Arten der Gattung Ectocarpus^ kleine, zarte, fadendünne Ge- wächse, welche in geringer Tiefe leben und sich bis in die Fluss- mündungen ziehen, Ectocarpus fluviatilis nach Kützing in den Ti- mavo, E. amphibius Harvey nach Hooper bei Xewyork in den Hudson. Die rothsam igen Algen sind eben so entschiedene Be- w^ohner des salzigen Wassers , als die schwarzsamigen , die in süssem fliessendem Wasser früher nur in der Nähe des Meeres, nun aber von einem unserer trefflichsten Pflanzenforscher, Pfarrer Kemmler zu Untersontheim , auch in Württemberg entdeckte Hildenbrandtia rosea ß fluviatilis Breb. ist bis jetzt die einzige sichere Ausnahme, da Leprieurs Angabe von Florideen in Brun- nen Guiana's noch sehr zu bezweifeln ist. Diese Algen zeichnen sich durch ihre Zartheit und Schönheit aus, überschreiten nur selten in wenigen Arten, wie Sphaerococ- cus co7ifervoides ß procerrimus Turner und Gelidium corneum ,3 sesquipedale Clemente, die Länge von zwölf Zoll und haben eine hellere oder tiefere Purpurfarbe, welche im Leben durch einen kleinen Zusatz von grün der Chlorophyllkörner getrübt ist, trocknet man sie aber im Finstern, so verschwindet die grüne Trübung und die rothe Farbe tritt lebhafter hervor, z. B. wunderschön 23 c bis 24 d bei Trichoihamnion coccineum Kg., Plocamium coc- cineum Lgb., Delesseria sanguinea Lx. Die dunkelsten, tief vio- letten oder schwarzrothen Rhodospermeen, wie Rhodomela, Ryti- phlaea, Polysiphonia, Bostrychia, trocknen noch dunkler bis völlig — 379 — schwarz, wie die Melanospermeen; die kalkhaltigen Corallineen sind dagegen hell rosenroth und behalten getrocknet diese Farbe, auch zählt Harvey zu dieser Ordnung die bleichgrünen 13 g bis h Liagoren, welche auf dem Meeresgrunde zwischen den dunkle- ren anderen Seegewächsen silberweiss hervorschimmern. Im Gegensatz gegen die schwarzsamigen sind die rothsami- gen Algen gegen das Licht sehr empfindlich und bleichen unge- mein leicht aus, sie sind daher lichtscheu, gehen im Wasser am tiefsten hinab und lieben durch überhängende Felsen oder grössere Meergewächse beschattete Stellen, in eigentliche Höhlen gehen sie aber doch nicht hinein, ich fand in der blauen Grotte auf Capri wohl Madreporen, aber keine Algen, und in der Donnergrotte bei Pausilipo nur Gelid'mm corneum Lx. nahe an ihrer Mündung. Laurencia ohtusa Lx., welche ich bei Venedig im Innern der Pfahlgruppen des Hafens schön purpurroth gefunden hatte, fand ich bei Neapel an untiefen offenen Stellen gelblich, daher Ber- toloni sie Fucus luteus genannt hat, ebenso fand ich Hypnea mus- ciformis Lx. und Ceramium rubrum Ag. als wohlgeschützte Pa- rasiten anderer Algen purpurroth, an nackten, vom Meer nur wenig bedeckten Felsen hellgrün, gelblich bis weiss, obschon noch lebend und wachsend. Bekannt ist das ehemals häufiger vom Kap der guten Hoffnung gebrachte und von Esper treu abgebil- dete Gelidium cartilagineum Lx., an einem Exemplar sieht man dunkclrothe Stellen, andere scharlachroth, orange, gelb, kupfer- grün bis beinahe weiss; es sind am Strande im Auswurf des Mee- res aufgelesene Exemplare, welche mit andern Sachen vermengt und theilweise von ihnen bedeckt ungleich ausgebleicht sind, und dunkelroth allein ist ihre ursprüngliche Farbe; man kann solche bunte Rhodospermeen auch aus schon getrockneten Exemplaren leicht künstlich darstellen, wenn man einzelne Stellen derselben mittelst eines Pinsels mit einer bald stärkeren, bald schwächeren Auflösung von Chlorkalk in destillirtem oder Regenwasser be- streicht, im gesunden Zustande sind jedoch alle Algen einfarbig. Nitophyllum versicolor Griffiths hat seinen Namen nur davon er- halten, dass es in süsses Wasser gelegt seine Purpurfarbe in Orange verändert, dieses geschieht aber, wie ich selbst in Neapel — 380 — an Aglaophyllum ocellatum Eudl., an Griffitbsien und Polysipho- nien beobachtete , durch Endosmose , das eindringende süsse Wasser sprengt die Zellen, welche platzend ihren purpurnen Inhalt theilweise ausstossen, das Wasser färben, selber aber blas- ser werden ; ungemein reich an solchem Purpursaft ist Rytiphlaea tinctoria Ag., womit die Cretenser ihre Kleider färbten, die Rö- merinnen sich schminkten. Die dritte Ordnung der tilgen, die Grün sämigen, liebt das Licht und geht daher im Meere am wenigsten tief hinab; die meisten hieher gehörigen Algen sind schön grasgrün 12 b bis e, so ülva^ Codium, Bri/opsis, Valonia, Udotea, Halimeda; die als auf Sandboden lebend ganz einzig dastehenden Caulerpeen haben bei lebhaft grünem Laube weisse Wurzeln, andere sind hellgrtinlich, wie Äcetabularia, PeniciUiis, keine reine Meergattung hat eine andere Farbe , denn die von Harvey bei den Ulven gelassene Porphyra hat Kützing mit vollem Recht zu den Rho- dospermeen versetzt, mit denen sie nicht nur die Farbe, sondern auch das schnelle und vollständige scheinbare Wiederaufleben im Wasser gemein hat, während alle Ulvaceen sich nur sehr un- vollkommen und nicht viel besser, als trockene Salat- oder Spi- natblätter, aufweichen lassen. Am Strande bleichen die Chlorospermeen durch gelb in weiss aus, doch nicht so bald, wie die Rhodospermeen, im Her- bar erhalten sie sich fast unverändert. Der Hauptunterschied zwischen dieser Ordnung und den bei- den vorhergehenden besteht darin, dass die grünsamigen Algen aus dem Meere durch Brackwasser in süsses Wasser übergehen, so dass alle Süsswasseralgen mit höchst wenigen, kaum erwäh- nungswerthen Ausnahmen ihr angehören, und mit diesem Ueber- gang ist zugleich eine bedeutende Mannigfaltigkeit der Farben verbunden. Letzteres ist gleich bei der überwiegend marinen Gattung Bangia der Fall, von dieser führt Kützing 18 Arten auf, darun- ter 4 der Flüsse: Bangia coccinea, coccineo-purpurea, roseopur- purea und atropurpurea, die andern 14 im Meere lebenden Arten sind ebenfalls von dunkel- bis rosenroth mit wenigen Abweichungen, — 381 — welche Folge des Ausbleichens zu sein scheinen, wie bei Bangia lutea J. Ag., aurantia Kg., pallida Kg. und versicolor Kg., welche als braun, violett und purpur mit grün gefleckt beschrieben wird. Das der Gattung Phormidium verwandte Trichodesmium ery- ihraeum, von Ehrenberg im December 1823 im Hafen von el Tor am Fusse des Sinai entdeckt, von Dupont auf einer Strecke von 256 Seemeilen von Kosseir bis el Tor beobachtet, färbt das Meer so roth , dass Montagne den uralten Namen des rothen Meers davon herleitet. Stets grün, doch in verschiedenen Stufen und Tönen, sind drei andere dem Meere und süssen Wasser gemeinschaftliche grosse Grattungen: Enteromorpha, Cladophora und Vaucheria. Unter den ausschliessend im süssen Wasser lebenden Fami- lien sind die Hydrodyctien und Desmidieen schön grün, ebenso die meisten Zygnemaceen, bei denen jedoch Staurospermum und Zygogonium auch schwärzlich violette xlrten haben; diesen letz- teren ähnliche Farben haben die Lemanien, Thorea ist lebend dunkelgrün, geht aber trocknend in schwarzviolett bis in das schönste Veilchenblau 21 b über, und Batrachospermum wechselt vom schönsten Kupfergrün bis stahlblau und purpurroth; die. Oscillarineen und Nostochineen sind ebenfalls bald licht blaugrün 14 f, bald olivengrün, bald stahlblau und scheinen oft völlig schwarz, z. B. Oscillaria 7iigra V. ; von den 5 Arten der Gattung Campsopogon ist C. aeruingosus Kg. kupfergrün, die andern sind stahlblau 16 a und b, stahlblau ist auch die Mehrzahl der 12 Arten der Gattung Chantransia, aber Ch. violacea Kg. violett 21 a, Ch.coccinea Kg. dunkelroth und Ch. investiensLenormanYOsenroth24: f; stahlblau oder wasserblau 16 a bis eist auch die Farbe der Süss- wasseralgen, welche man als blau bezeichnet hat, wie Nostoc coeru- leum Lgb., Chroolepus coeruleum Naegeli, Sphaerozyga cyanea Kg. Am mannigfaltigsten ist die Farbe der Landalgen, wenn gleich auch hier die grüne vorherrscht, oft lebhaft und schön, wie bei den 10. Ulothrixarten und 4 Schiiogonien, welche auf dem Lande leben, und den 12 Prasiolen, von welchen Prasiola crispa Ag. in Dänemark und Schweden selbst die Strohdächer der Bauernhäuser besetzt; andere sind schwarzgrün, wie das be- 382 kannte Nostoc commune V., Symploca lucifuga Breb., Protococcus atrovirens Kg., oder ganz schwarz wie Chroolepus eheneum Ag., Gloeocapsa coracina und atrata Kg., Polycoccus punctiformis Kg. Stahlblau 16 a sind mehrere ausserhalb des Wassers wach- sende Oscillarien und Phormidien, Symploca muralis Kg. und cyanea Meneghini, Protococcus coeruleus Kg., violett 21 a bis c Gloeocapsa violacea Kg. und janthina Naegeli. Unter den jiurpurrothen Landalgen ist Palmella cruenta Ag. die häufigste, man sieht sie fast das ganze Jahr in den Strassen am Fusse der Mauern, vergossenem Blute ähnlich, meist in Ge- sellschaft des schwärzlichen Phormidium, vulgare Kg. ; berühmt ist der vielbesprochene rothe Schnee {Protococcus nivalis Ag.), durch dessen Entdeckung der unergiebigen ersten Polarreise des Capi- täns Ross ein höherer Werth beigelegt werden wollte, obgleich Saussure schon lange vorher auf ihn aufmerksam gemacht hatte ; hieher gehören ferner Protococcus pluvialis Flotow und roseus Men., Gloeocapsa sanguinea^ sanguinolenta , hämatodes^ purpurea und rosea. Kg. Zwischen roth und gelb finden wir den Protococcus miniatus und cinnamomeus Kg., Fr. Clementii Men., besonders aber eine vielleicht besser mit andern Linneischen Byssusarten zu den Pilzen zu stellende Gruppe von schimmelartigen Gewächsen, welche lebend dunkelrothgelb 3 c, noch so sorgfältig und schnell getrocknet doch nach dem Tode ihre Farbe in ein blasses Grünlichgrau ver- ändern: hieher gehören der berühmte Veilchenstein {Chroolepus JolitJius Ag.), von Haller zu den Flechten, von Nees zu den Pil- zen gestellt, auf Granit wachsend, angefeuchtet einen Veilchenge- ruch verbreitend, das viel häufigere, ebenso gefärbte Chroolepus aureum Kg. an feuchten schattigen Felsen und Weinbergsmauern, das zarte Chroolepus cohaltigineum Kg., welches auf unserer würt- tembergischen Alp, z. B. in den Ruinen von Hohen-Gerhausen und an der Uracher Steige, dem weissen Jurakalk eine flüchtige Porphyrfarbe verleiht , und einige andere auf Baumrinde wach- senden Chroolepus^ wahrscheinlich auch Bulbotrlchia peruana Kg. Rein gelb 9 e ist keine Alge, das zweifelhafte Chroolepus flavum Kg. an den Zweigen und Blättern der Bäume in Peru und — 383 — Chile so wenig als Palmella flava und Stypopodium flavum Kg. dagegen haben mehrere Landalgen eine bald mehr bald weniger derjenigen der Seetange sich nähernde braune Farbe, so Proto- coccus Orsinü, 7nacrococcus, ci?i?ianiomeus, aureoviridis, aurantiofuscus und fusco-ater Kg., Gloeocapsa mellea und fulva Kg ; gelbbraun 7 a ist auch lebend das Heer der kieselgepanzerten Diatomeen, an der Grenze des Pflanzen- und Thierreichs, seit Anfang dieses Jahrhunderts von einem halben Dutzend Arten auf mehr als tausend gestiegen. Endlich ist noch das Schillern einiger Algen zu erwähnen, Bory hat eine Rhodospermeen-Gattung darnach Iridaea benannt, von welcher einige Arten, wie I. Augustinae und I. micans Bory^ unter Wasser in den schönsten Regenbogenfarben schillern sollen; nach Harvey schillert Haierica ericoides Kg. im Meere glänzend in grün und blau, auch Chondrus crispus Lgb. irisire zuweilen, und am Cap sah er an lebenden Champia compressa Harv. und Chy- locladia iridescens Harv. lebhafte Regenbogenfarben, Miss Hutchins sah Cladophora Hutchinsiae Kg. im Meer bläulich und weiss schim- mern, und ich erkannte im Golf von Neapel Zonaria pavonia Ag. noch in einer Tiefe von zwei Klaftern an einem milchweissen Schimmer, welcher verschwand, so wie ich sie aus dem Wasser an die Luft brachte. Als Hauptergebniss der Untersuchung der Algenfarben dürfte sich herausstellen: 1) Alle Algen sind im normalen gesunden Zustande einfarbig, selbst die Bänder der Zonarien sind keine Farbenänderung des Laubes, sondern Sporenreihen. 2) Die häufigsten Farben sind grün, olivenfarbig und pur- purroth. 3) Violett, orange und schwarz kommen selten vor. 4) Die drei reinen Grundfarben, Stufe 1, 9 und 17, so wie weiss fehlen gänzlich. \f. Die Pilze. Den vorstehenden Kryptogamen-Classen steht eine sechste und letzte gegenüber, von allen die grösste; Rabenhorst führt in — 384 — seiner Kryptogamenflora Deutschlands 6742 Arten auf, und von diesen stehen 4079 in der Classe der Pilze (Fimgi), 2663 in den fünf andern zusammengenommen. Dagegen steht diese letzte Classe an Grösse der einzelnen Arten allen andern nach, von der einfachen mikroskopischen Zelle erhebt sich die Mehr- zahl der Pilze nicht bis zu der Höhe eines Zolls, wenige zu der einer Spanne, höchst selten einzelne Exemplare der allergrössten Arten, wie eines Agaricus procerus Scopoli oder eines Polyporus frondosus Fries, bis zu der eines Fusses; nur au Masse und Ge- wicht übertreffen mehrere Pilze alle Moose und Flechten. Den Algen am meisten, doch nur in den untersten Bildun- gen, verwandt unterscheiden sich die Pilze darin wesentlich von ihnen, dass sie nie im Wasser, selten auf Steinen wachsen; zu den Pilzen gehört zwar die Mehi'zahl der von Kützing als Mycophy- ceae unter die Algen versetzten Bildungen, allein diese schimmel- artigen, meist farblosen, auf andern Organismen oder in künst- lichen Flüssigkeiten , wie in ßiasolettos Apotheke auftretenden Wesen sind meist nur unvollkommeue Anfänge von Pilzen, Reihen oder Netze von Zellen (Hyphasma^ Mycelium)^ welche den Coty- ledonidien der Moose {Protonemd) entsprechend die Stelle der Samenblätter einnehmen und untergetaucht gar nicht zur Ent- wicklung gelangen, wenige schwimmend, die meisten^ erst bei Ver- dunstung der zu reichlichen Flüssigkeit, denn bei aller Wasser- scheu lieben die Pilze die Feuchtigkeit, welche kaum die hol- zigen Polyporen auf einige Zeit entbehren können. Ebenso sind die Pilze lichtscheu, ohne das Licht ganz ent- behren zu können, in ganz finstern Kellern und an den Stütz- balken in Bergwerken findet man da, wo das Licht ganz fehlt, wie im Wasser, nur meist farblose, nicht zur Entwicklung gelan- gende Vorbildungen, wovon die Wetterzotten (Byssus suhterranea Scopoli) das schönste Beispiel sind, grosse an dem Holze in den Stollen hängende, baumwollenähnliche Flocken, welche zu Wasser zerfliessen, wenn man sie pflücken will ; nur wenige, wie die Trüf- fel, gedeihen in völliger Finsterniss. Fast durchgehends Parasiten auf kranken, sterbenden oder verwesenden Pflanzen, selbst Laubmoosen und andern Pilzen, 385 iiianclie sogar auf thieiischcn Sloffoii, erscheinen die Pilze an dumpfen t'euchlen Orten, am häutigsten im Herbste bei abneh- mender Wärme und zunehmender Feuchtigkeit in Wäldern, ge- speusterartig itber Nacht aufsteigend und eben so schnell wieder verschwindend , von echt germanischen Völkerstämmen wie die Würmer und Schlangen ohne T/ntorscliied als eckelhaft und giftig gehasst und gemieden, von vieleii andern thoilweisse als unschul- dig und nahrhaft begierig aufgesucht und genossen. Den Pilzen fehlt, wie den untersten Algen, das Cldoropliyll der andern (Gewächse, der berühmte i^otaniker Reichenbach be- zeichnete sie daher als grttnlose Pflanzen {Achloroplnjta)^ indessen fehlt ihnen bei der grossen Mannigfaltigkeit ihrer Fai'ben auch die grüne nicht ganz. Wie ])ei den Flechten, habe ich auch bei den Pilzen die Farben ^der in der Flora danica abgebildeten 753 Pilze zusam- mengestellt, im Ganzen auch nach Abzug einiger Wiederholungen und unklarer ternärer Farben, da viele davon zwei Farben zeigen, also doppelt zählen^ 793. Die bei diesen Pilzen am liäufigsten auftretende Farbe ist die ihrer Standorte, der Baumrinde, des abgefallenen Laubes und der Walderde, IHS Arten sind braun in allen Tönen, von dem dunklen Kastanienbraun der jMorcbeln. des Hydnum iinbricatum L. und des Boletus castcmeKs ßuHiard bis zu dem lichten Hell- liraun des Agaricus dypeolariia: Bull. , des ikwdharcllus lutescens Fr. und des Polypoms frondosus Y\\ : diese Zahl wäre noch grösser, wenn man die Gattungen Tapliruta, Erincian und Phylle- r'wm liinzufügte, diese gehören aber, wie Fee nachgewiesen hat. nicht zu den Pilzen , es sind durch Insekten veranlasste Aus- wüchse, wie die Galläpfel, der Bedeguar und die Weidenrose. Auch schwarz -ind viele Pilze, so der Brand im Getreide, die Bulgar'ai inqainanti Fr., lidvella atru Koenig, (deoglosdimi glahiu.ia P. , llypojylon polymorphiuu Link, viele Sphärien un